Die Stadt der Neuchristen: Konvertierte Juden und ihre Nachkommen im Trani des Spätmittelalters zwischen Inklusion und Exklusion [Illustrated] 305005977X, 9783050059778, 9783050059785

Verfolgt von der Inquisition, traten im Königreich Neapel in den Jahren um 1292 tausende von Juden zum Christentum über:

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Die Stadt der Neuchristen: Konvertierte Juden und ihre Nachkommen im Trani des Spätmittelalters zwischen Inklusion und Exklusion [Illustrated]
 305005977X, 9783050059778, 9783050059785

Table of contents :
Vorwort
Einleitung
1. Thema und Forschungsstand
2. Fragestellung
3. Konzeptualisierungen von Integration: Zur Analytik von Inklusion und Exklusion
4. Quellen, Methoden und Gang der Untersuchung
I. Gescheiterte Herrschaftszentralisierung: Ursachen und Folgen der Massenkonversion von 1292
1. Kumulative Radikalisierung: Inquisitorische Judenverfolgung und die Massenkonversion von 1292
2. Die politische Stellung der konvertierten Juden bis Ende des 14. Jahrhunderts
Releventur a corpore Iudeorum: Die Auseinandersetzung um den Beitrag der Konvertiten zur Subventio Generalis
Die Neapolitanische Inquisition: Die Einrichtung der Dominikanerprovinz Regni Sicilie und die inquisitorische Verfolgung der konvertierten Juden
II. Von Homines Ecclesiae zum Rang der adligen Kaufleute: Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert
1. Zwischen Erzbischof und Universitas: Die Neuchristen in der Stadtgemeinde bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts
Aufstand gegen den Erzbischof
Das Ende der erzbischöflichen Herrschaft über die Neuchristen
2. Die Neofiti von Trani als Teil der Universitas bis 1466
Die Stadtverfassung von 1413
Confisi de Magnificentia laudabilibus virtutibus: Die Neuchristen in der Stadt bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts
Die Neofiti in den innerstädtischen Konflikten (1440er-Jahre bis 1466)
3. Von Neofiti zu Mercatores: Die Neuordnung des Stadtregiments von 1466 und die neue Markierung der Differenz
III. Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft
1. Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jahrhunderts
Der Endogamievorwurf des Inquisitors
Netzwerkanalyse: Zum Ansatz
Die Netzwerke der Geschäftsbeziehungen der Neofiti von Trani
Die Neofiti von Trani im Gesamtnetzwerk der Zeugenbeziehungen
2. Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener: Wirtschaftliche Aktivität und Karrieren der Neuchristen
Wirtschaftliche Aktivität konvertierter Juden und ihrer Nachkommen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
Die Handelsaktivitäten der Neuchristen von Trani im 15. Jahrhundert
3. Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum
Inklusion, Exklusion und der Raum
Unvollständige Überschreibungen: Die ‚mental map‘ Iudayca und die Massenkonversion
Anordnungen und Handlungsraum: Räumliche Praktiken und die Produktion von Jewishness
IV. Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich 1510 und 1514
1. Das Ende der süditalienischen Aragonesen und die Neuchristen
Sukzessionskrise und Krise der Inklusion
2. Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514
Die gescheiterte Einführung der Spanischen Inquisition und das Vertreibungsedikt vomNovember 1510
Das Vertreibungsedikt von 1514 und seine Folgen
V. Sprache und soziale Praxis: Die Neuchristen im Wissen der Zeitgenossen
1. Neofiti, Cristiani Novelli und die anderen: Semantik der Differenz zwischen Inklusion und Exklusion
Ehemalige Juden – Neue Christen: Kategorien für getaufte Juden und ihre Nachkommen 1267 bis 1495
Neuchristen und andere Christen – oder: inkludierende Exklusion
Marrani, Cristiani Novelli, Christiani de natura: Vom inklusiv exkludierenden Sprachgebrauch zur Semantik der Exklusion
2. Religiöse Selbstexklusion? Oder: Wie „jüdisch“ waren die Neuchristen?
VI. Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden
1. Die Jüdin, die die Kommunion empfing, oder: Die Rückverwandlung der Neuchristen in Juden
2. Die Denkmäler des süditalienischen Judentums: Ernst Munkácsi träumt vom jüdischen Trani
3. Die Wiedergeburt der jüdischen Gemeinde von Trani und die Rekonversion der Synagoge Scola Nova
Abschließende Überlegungen
Anhänge
1. Prosopografie der Neuchristen von Trani im Spätmittelalter
Einleitung
Die Neuchristenfamilien von Trani und ihre Mitglieder
Neuchristen, die sich keiner Familie zuordnen lassen
2. Transkriptionen wichtiger Quellen
Vorbemerkung
Regesten
Volltexte bzw. ausführliche Auszüge
Siglenverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Ungedruckte Quellen
Gedruckte Quellen
Literatur
Internetressourcen ohne Autor
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Register

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Benjamin Scheller Die Stadt der Neuchristen

Europa im mittElaltEr

Band 22

Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik Herausgegeben von Michael Borgolte und Wolfgang Huschner

Benjamin Scheller

Die Stadt der Neuchristen Konvertierte Juden und ihre Nachkommen im Trani des Spätmittelalters zwischen Inklusion und Exklusion

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Alexander von Humboldt Stiftung

Einbandgestaltung: hauser lacour Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. © 2013 Akademie Verlag GmbH www.degruyter.de/akademie Ein Unternehmen von De Gruyter Gedruckt in Deutschland Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-05-005977-8 eISBN 978-3-05-005978-5

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Thema und Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konzeptualisierungen von Integration: Zur Analytik von Inklusion und Exklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Quellen, Methoden und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . .

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I. Gescheiterte Herrschaftszentralisierung: Ursachen und Folgen der Massenkonversion von 1292 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kumulative Radikalisierung: Inquisitorische Judenverfolgung und die Massenkonversion von 1292 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die politische Stellung der konvertierten Juden bis Ende des 14. Jahrhunderts Releventur a corpore Iudeorum: Die Auseinandersetzung um den Beitrag der Konvertiten zur Subventio Generalis . . . . . . . . . . . . . Die Neapolitanische Inquisition: Die Einrichtung der Dominikanerprovinz Regni Sicilie und die inquisitorische Verfolgung der konvertierten Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Von Homines Ecclesiae zum Rang der adligen Kaufleute: Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . 1. Zwischen Erzbischof und Universitas: Die Neuchristen in der Stadtgemeinde bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . Aufstand gegen den Erzbischof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Ende der erzbischöflichen Herrschaft über die Neuchristen . . . . 2. Die Neofiti von Trani als Teil der Universitas bis 1466 . . . . . . . . . . Die Stadtverfassung von 1413 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Confisi de Magnificentia laudabilibus virtutibus: Die Neuchristen in der Stadt bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Neofiti in den innerstädtischen Konflikten (1440er-Jahre bis 1466) 3. Von Neofiti zu Mercatores: Die Neuordnung des Stadtregiments von 1466 und die neue Markierung der Differenz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

III. Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Endogamievorwurf des Inquisitors . . . . . . . . . . . . . . . . . . Netzwerkanalyse: Zum Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Netzwerke der Geschäftsbeziehungen der Neofiti von Trani . . . . . . Die Neofiti von Trani im Gesamtnetzwerk der Zeugenbeziehungen . . . 2. Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener: Wirtschaftliche Aktivität und Karrieren der Neuchristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Aktivität konvertierter Juden und ihrer Nachkommen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Handelsaktivitäten der Neuchristen von Trani im 15. Jahrhundert 3. Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum Inklusion, Exklusion und der Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unvollständige Überschreibungen: Die ‚mental map‘ Iudayca und die Massenkonversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnungen und Handlungsraum: Räumliche Praktiken und die Produktion von Jewishness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden . . . . . . . . . 1. Die Jüdin, die die Kommunion empfing, oder: Die Rückverwandlung der Neuchristen in Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich 1510 und 1514 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Ende der süditalienischen Aragonesen und die Neuchristen . . . . . Sukzessionskrise und Krise der Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514 . . Die gescheiterte Einführung der Spanischen Inquisition und das Vertreibungsedikt vom November 1510 . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Vertreibungsedikt von 1514 und seine Folgen . . . . . . . . . . . V. Sprache und soziale Praxis: Die Neuchristen im Wissen der Zeitgenossen . 1. Neofiti, Cristiani Novelli und die anderen: Semantik der Differenz zwischen Inklusion und Exklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ehemalige Juden – Neue Christen: Kategorien für getaufte Juden und ihre Nachkommen 1267 bis 1495 . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuchristen und andere Christen – oder: inkludierende Exklusion . Marrani, Cristiani Novelli, Christiani de natura: Vom inklusiv exkludierenden Sprachgebrauch zur Semantik der Exklusion . . . . 2. Religiöse Selbstexklusion? Oder: Wie „jüdisch“ waren die Neuchristen?

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Inhaltsverzeichnis 2. Die Denkmäler des süditalienischen Judentums: Ernst Munkácsi träumt vom jüdischen Trani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Wiedergeburt der jüdischen Gemeinde von Trani und die Rekonversion der Synagoge Scola Nova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abschließende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prosopografie der Neuchristen von Trani im Spätmittelalter Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Neuchristenfamilien von Trani und ihre Mitglieder Neuchristen, die sich keiner Familie zuordnen lassen . . 2. Transkriptionen wichtiger Quellen . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regesten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volltexte bzw. ausführliche Auszüge . . . . . . . . . . .

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Siglenverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen . . . . . Gedruckte Quellen . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . Internetressourcen ohne Autor

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Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Dieses Buch ist ein Berliner Buch, auch wenn es größtenteils in Italien geschrieben wurde. Es entstand während meiner Zeit als Assistent von Michael Borgolte im Zusammenhang mit Überlegungen über die Möglichkeiten einer transkulturellen Mittelalterforschung, aus denen unter anderem die Konzeption des Schwerpunktprogramms 1173 der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Integration und Desintegration der Kulturen im Europäischen Mittelalter“ hervorging. Eine erste Fassung des Manuskripts wurde im Jahr 2009 von der Philosophischen Fakultät I der Humboldt-Universität zu Berlin als Habilitationsschrift angenommen. Der Sprung auf das „Bewerberkarussell“ noch während des Habilitationsverfahrens und meine Berufung nach Essen im Frühjahr 2011 verzögerten die Drucklegung. Ohne die Unterstützung von Institutionen, Kollegen, Freunden und Familie hätte das Buch nicht geschrieben werden können. Zuallererst ist Michael Borgolte zu nennen, der seinem Mitarbeiter die Freiheit ließ, seinen Forschungsinteressen zu folgen. Prof. Dr. Bernd Schneidmüller (Heidelberg) und Prof. Dr. Johannes Helmrath (HU Berlin) übernahmen das Zweit-und Drittgutachten im Habilitationsverfahren. Das Manuskript als Ganzes lasen Marcel Müllerburg und Susanne Härtel, Teile davon Michael Brauer und Tillmann Lohse. Die Archivrecherchen, ohne die das Quellenmaterial, auf dem das Buch beruht, nicht hätte erhoben werden können, finanzierte eine Reisekostenbeihilfe der Fritz-Thyssen Stiftung. Ein Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglichte mir einen einjährigen Forschungsaufenthalt an der Universität Pisa, während dessen der größte Teil des Manuskriptes geschrieben wurde. Außerdem gewährte die Alexander von Humboldt-Stiftung einen großzügigen Druckkostenzuschuss. Dank gebührt außerdem meinem Gastgeber an der Universität Pisa, Prof. Dr. Michele Luzzati sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Archive und Bibliotheken in Bari, Bitonto, Florenz, Rom, Neapel und Trani, die immer wieder kreative Wege fanden, um dem Gast aus dem Norden in der immer viel zu kurzen Zeit seiner Aufenthalte möglichst viel Material zur Ansicht vorzulegen. Die größte Dankbarkeit jedoch empfinde ich gegenüber meinen Töchtern Elisabeth und Josephine. Sie gaben mir die Kraft weiterzumachen, wenn der Weg steinig wurde und das Ziel in weite Ferne entrückt schien. Ihnen ist das „dicke Buch aus Italien“ gewidmet. B.S. Essen, im März 2013

Einleitung

1. Thema und Forschungsstand In diesem Buch geht es um die Folgen eines Ereignisses, das einen Einschnitt in der Geschichte Europas bedeutete, dennoch aber auf keiner Zeittafel zur europäischen Geschichte zu finden ist. Gemeint ist die einzige Massenkonversion von Juden zum Christentum in der Geschichte Europas im Mittelalter außerhalb der iberischen Halbinsel bzw. der spanischen Herrschaften. In den Jahren um 1292 traten im Königreich Neapel über 20 Judengemeinden gleichsam kollektiv zum Christentum über. Diese lagen vor allem in Apulien und Kampanien. In der historischen Forschung hat die Massenkonversion der Juden Apuliens und Kampaniens bis heute jedoch kaum Beachtung gefunden. Zwar wird sie in praktisch allen Handbüchern und Überblicksdarstellungen zur Geschichte der Juden in Süditalien im Mittelalter erwähnt.1 Bereits 1912 hatte Umberto Cassuto ihr unter dem bezeichnenden Titel „Un ignoto capitolo di storia ebraica“ eine kurze Abhandlung gewidmet. Nach Cassuto kamen Joshua Starr 1946 und David Abulafia in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts eigens auf die Massenkonversion der süditalienischen Juden unter Karl II. zurück.2 Erst unlängst jedoch wurde eine eingehende Analyse der Vorgänge, die im Königreich Neapel während der frühen 90er Jahre des 13. Jahrhunderts zum Übertritt so vieler Juden führten, auf der Basis des gesamten verfügbaren Quellenmaterials vorgelegt.3 Noch weniger untersucht als die Konversion selbst ist die Geschichte der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen. Diese lassen sich in den Quellen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts und teilweise auch darüber hinaus unter den Bezeichnungen neofiti (von griechisch neophytos, neu gepflanzt) und christiani novi bzw. cristiani novelli fassen. 1

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Abulafia, Mezziogiorno peninsulare (1996), 19–24; vgl. Ders., L’età sveva angioina, 68–73; Milano, Storia degli ebrei (1963), 99–104; Roth, Jews of Italy (1946), 100–102; Ferorelli, Gli Ebrei (1915), 53–58. Cassuto, Un ignoto Capitolo (1912); Starr, Mass Conversions (1946); Abulafia, Monarchs and Minorities (1996), 251–256; vgl. Ders., Verfolgung der Juden in Süditalien (1999), 102f. Scheller, Mission, Inquisition und Konversion (2008); Ders., Die politische Stellung der Juden (2009).

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Einleitung

Dabei konzentrieren sich die Belege seit der Mitte des 14. Jahrhunderts zusehends auf Apulien, vor allem auf die nördliche Terra di Bari und die angrenzenden Regionen der Capitanata. Hier existiert mit einem Aufsatz von Vito Vitale aus dem Jahre 1926 eine Lokalstudie zur Geschichte der Neofiti in Trani im Spätmittelalter.4 Ihr zur Seite stehen verschiedene Abhandlungen aus dem Umkreis Cesare Colafemminas seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, die neben den Juden auch die Neofiti im Süden Italiens zum Gegenstand haben. Sie haben das Verdienst, bisher unbekannte oder weitgehend unbeachtete Quellen publiziert und der historischen Forschung zugänglich gemacht und damit auf die kontinuierliche Präsenz der Neuchristen in zahlreichen Städten Apuliens im Spätmittelalter und darüber hinaus hingewiesen zu haben.5 Verstreute Informationen zur Geschichte der Neuchristen im Königreich Neapel finden sich außerdem in einer Vielzahl vor allem älterer Arbeiten zu unterschiedlichen Themen, seien es die Herrschaften einzelner Könige, die Inquisition, Stadtgeschichten oder natürlich die Geschichte der Juden, die bislang allerdings noch nie gesammelt und systematisch ausgewertet wurden.6 Wie wenig erforscht die Geschichte der Neofiti im spätmittelalterlichen Königreich Neapel ist, wird daran deutlich, dass ihre Existenz der Autorin einer unlängst entstandenen Arbeit über die Geschichte der Juden, die auf Sizilien nach 1492 konvertierten, also über einen Gegenstand, der äußerst nahe bei den Neofiti des Königreichs Neapel liegt, offenbar gänzlich unbekannt war.7 Dieser Forschungsstand kontrastiert aufs Schärfste mit der schier unüberschaubaren Literatur, die die Forschung zu den Massenkonversionen von Juden auf der iberischen Halbinsel produziert hat, vor allem zu den massenhaften Übertritten in den Königreichen Kastilien und Aragón im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert und ihren Folgen.8

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Vitale, Un particolare ignorato (1926); vgl. Aber mittlerweile Scheller, Fremde in der eigenen Stadt? (2010). Die wichtigsten hiervon sind: Colafemmina, Cristiani Novelli a Manfredonia (1990); Ders., Ebrei in Puglia (1990); Ders., Ebrei e Christiani Novelli (1991); Ders., Documenti Bitonto (1993); Ders., Ebrei a Taranto (2005); Curci, Tragedia degli ebrei pugliesi (1997); Galante, Tre nuovi Documenti (1997); Pupillo, Matrimonio tra Neofiti (1998/99); vgl. auch Coniglio, Ebrei e Cristiani Novelli a Manfredonia (1968); Ognissanti, Ebrei a Manfredonia (1980–82), 87–89. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 90–94; 2 (1930), 280, 299; Amabile, Santo Officio (1892), 61, 65f., 80f., 95, 100; Vitale, Trani (1912), passim; Ferorelli, Gli Ebrei (1915). Anders lässt sich nicht verstehen, wenn Zeldes, Former Jews (2003), 2, behauptet, Sizilien sei als einzige Region außerhalb Spaniens, “that witnessed the independent formation of a large population of New Christians by the end of the Middle-Ages” ein “unique case”; auch Shatzmiller, Jewish Converts to Christianity (1995), erwähnt die Neofiti des Königreichs Neapel nicht; vgl. mittlerweile Zeldes, Legal Status of Jewish Converts (2010), das allerdings ausschließlich auf der älteren Literatur beruht. Vgl. hierzu etwa den Überblick von Netanyahu, Origins of the Inquisition (1995); Vones, Vom Pogrom zur Vertreibung (1994).

Fragestellung

13

2. Fragestellung Die folgende Untersuchung der Massenkonversion der Juden im Königreich Neapel um 1292 und ihrer Folgen nimmt ihren Ausgang bei Überlegungen, die in einigen jüngeren Arbeiten zu jüdischen Konvertiten und dem Phänomen Konversion im Allgemeinen vorgetragen worden sind. Ihnen gemeinsam ist, dass sie versuchen, die Frage zu reformulieren, die die Beschäftigung mit Konversionen und Konvertiten vom Judentum zum Christentum seit dem späten Mittelalter geprägt hat und sie auf diese Weise heuristisch fruchtbar zu machen für eine breiter angelegte Erforschung von Konversion und Konvertiten in allgemeinhistorischer Absicht. Gemeint ist die Frage: „Wie jüdisch waren bzw. blieben die Konvertiten?“ Lange Zeit wurden Konversionen vor allem als ein religiöses Phänomen betrachtet. Die inneren Beweggründe der Konvertiten standen im Mittelpunkt des Interesses und die Frage, ob die Konvertiten ‚wirklich‘ zu ihrem neuen Glauben übergetreten seien oder insgeheim weiterhin ihrem alten Glauben anhingen. Nicht erst in der modernen Forschung, sondern schon im späten Mittelalter standen sich dabei zwei konträre Auffassungen gegenüber. Bereits im Spanien des 15. Jahrhunderts war nach der Massenkonversion der Juden eine intensive Debatte über die Frage entstanden, ob die Conversos wahre Christen geworden oder der Taufe zum Trotz Juden geblieben seien.9 Die moderne Forschung hat dieses Narrativ dann im Wesentlichen fortgeschrieben. Fritz Baer zufolge sind die spanischen Conversos in der überwältigenden Mehrheit ihrem alten Glauben heimlich treu geblieben, also ‚Kryptojuden‘ gewesen.10 Die Gegenposition hat zuletzt noch einmal vehement Benzion Netanyahu vertreten. Er untermauerte 1999 nochmals seine bereits über 30 Jahre zuvor formulierte These, die Conversos, „were not Jews, in practice or in spirit, but assimilated to the core, christianized and anti-Jewish.“ 11 Sie seien nicht verfolgt worden, weil sie weiterhin versucht hätten, als Juden zu leben. Vielmehr seien sie Projektionsfläche eines alten, ununterbrochenen Judenhasses gewesen, der der spanischen Gesellschaft tief eingeprägt gewesen sei.12 Die Inquisition habe den Kryptojudaismus daher nicht bekämpft, sondern vielmehr geradezu erst hervorgebracht.13 Bei allem Antagonismus teilen diese Ansichten jedoch die freilich unausgesprochene Grundannahme, dass über den Bruch der Massenkonversion hinaus Kontinuität bestanden habe, sei es der jüdischen religiösen Praxis, sei es des Antijudaimus der ‚altchristlichen‘ Umwelt der Conversos. Seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich allerdings zunehmend Positionen etabliert, die versuchen, die seit Langem etablierte Redeweise über die Konvertiten vom Judentum zum Christentum aufzugeben und das Phänomen jenseits des bipolar codierten Masternarrativs neu zu fassen. 9 10 11 12 13

Nirenberg, Enmity and Assimilation (2003), 139. Vgl. hierzu zuletzt auch Zeldes, Former Jews (2003), 2. Netanyahu, Marranos of Spain (1999), 205; Ders., Marranos (1963). Netanyahu, Origins of the Inquisition (1995), 827, 1086. Netanyahu, Marranos of Spain (1999), 3; Salomon, Inquisitorial Deception (1998).

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Einleitung

Ein Meilenstein war hierbei sicherlich Brian Pullans Buch über die iberischen Conversos vor den Tribunalen der venezianischen Inquisition, in dem er erstmals grundsätzlich die Ambiguität ihrer religiösen und sozialen Identität und Situation konstatiert hat.14 Auf einer ähnlichen Perspektive hat David L. Graizbord die Geschichte jener Conversos untersucht, die im 16. Jahrhundert aus Spanien in die Niederlande flohen und sich dort jüdischen Gemeinden anschlossen, danach aber zahlreich wieder nach Spanien zurückkehrten und versuchten, als Christen zu leben. Auf diese Weise hat er gezeigt, dass sie in den jüdischen Exilgemeinden und in der christlichen Gesellschaft „neither full outsiders nor full insiders“ waren.15 Auch Shlomo Simonsohns hat die Lage der Konvertiten als uneindeutig zwischen christlicher Mehrheitsgesellschaft und jüdischer Minderheit beschrieben und in eine räumliche Metapher gefasst: „The converts found themselves in a no-man’s-land between the Jewish and Christian societies.“ 16 Am Beispiel der Juden Siziliens, die 1492 die Taufe nahmen, um der Vertreibung zu entgehen, hat Nadja Zeldes auf eine besondere soziale Situation der Konvertiten vom Judentum zum Christentum hingewiesen, die weitgehend unabhängig von ihrer religiösen Praxis gewesen sei. Sie seien als eine „Gruppe für sich“ wahrgenommen worden, lange bevor jemand die Frage nach ihrer religiösen Orthodoxie gestellt hatte. Religiöse Orthodoxie sei nur ein Aspekt des Problems gewesen, vor das die sizilianische Gesellschaft durch die Existenz einer „disctinct minority group“ gestellt gewesen sei.17 Diese und ähnliche Positionen beschreiben jüdische Konvertiten als eine dritte, gewissermaßen hybride Gruppe, die eben dadurch charakterisiert gewesen sei, weder eindeutig Christen noch eindeutig Juden zu sein. Sie als „group apart“ zu charakterisieren bzw. in einem „no-man’s-land“ zu verorten, birgt freilich das Risiko einer zu statischen Betrachtung. Es erweckt den Eindruck, als ob über die Frage ihrer Zugehörigkeit zur christlichen Mehrheitsgesellschaft bereits vom Augenblick ihrer Taufe an die Entscheidung gefallen gewesen wäre. Und dies wird dem komplexen Verhältnis von Inklusion und Exklusion der Konvertiten und ihrer Nachkommen und dem historischen Wandel, dem dieses unterliegen konnte, nicht gerecht. Die Geschichte der Conversos auf der iberischen Halbinsel seit dem 15. Jahrhundert etwa lässt sich heute vielleicht am sinnvollsten als ein historischer Prozess beschreiben, in dem ganz verschiedene Akteure – die Conversos selbst, die städtischen Eliten, die lokale und überlokale Amtskirche, das Königtum und die Spanische Inquisition – aus ganz unterschiedlichen Motiven miteinander um die Inklusion der Conversos in die christliche Gesellschaft bzw. deren Exklusion rangen; ein Prozess, in dem sich die Allianzen und Konfliktlinien immer wieder verschieben oder sogar umkehren konnten. Und auch Nadia Zeldes’ Untersuchung zu den konvertierten Juden Siziliens nach 1492 lässt immer wieder erkennen, dass unterschiedliche Akteure – die Krone, lokale und regionale Gewalten, die lokale Amtskirche und Amtsträger und

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Pullan, Jews of Europe (1983). Graizbord, Souls in Dispute (2004), 104. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 7 (1991), 369. Zeldes, Former Jews (2004), 2.

Fragestellung

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die Spanische Inquisition – die sizilianischen Neofiti zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich stark innerhalb oder außerhalb der christlichen Gesellschaft verorteten.18 Die Stellung der sizilianischen Neofiti in der christlichen Gesellschaft stand mit deren Konversion also nicht ein für alle Mal fest, sondern wurde vielmehr von den genannten Akteuren ständig verhandelt. Die Frage, „Wie jüdisch waren die Konvertiten?“, erhält an dieser Stelle in neuer Weise Relevanz, allerdings nicht als Suche nach einer historisch unwandelbaren Essenz. Die ‚Jewishness‘ der Konvertiten und ihrer Nachkommen war vielmehr Produkt von oftmals geradezu dialektischen Prozessen von Kontinuität und Diskontinuität. Im Spanien des 15. Jahrhunderts etwa bedurfte es „eines hohen Maßes an theologischem und gesellschaftlichem Wandel, um die Conversos zurück in Juden zu verwandeln.“ 19 Im Mittelpunkt der folgenden Geschichte der Konvertiten von 1292 und ihrer Nachkommen im spätmittelalterlichen Königreich Neapel steht deshalb die Analyse der Prozesse, in denen die ‚Jewishness‘ der Konvertiten und ihrer Nachkommen in unterschiedlichen Kontexten von konkreten Akteuren mit benennbaren Motiven jeweils (re-) konstruiert oder dekonstruiert, überschrieben oder gar gelöscht und so Inklusion bzw. Exklusion der Konvertiten in die christliche Gesellschaft bzw. aus der christlichen Gesellschaft verhandelt wurde. Ich bediene mich dabei ganz bewusst des englischen Wortes ‚Jewishness‘, um so auch durch den Sprachgebrauch deutlich werden zu lassen, dass es hier um eine konstruierte Jewishness geht, die deswegen natürlich nicht weniger real war. Dabei betrifft die Frage nach der Jewishness der Konvertiten und ihrer Nachkommen freilich nicht nur, ja nicht einmal in erster Linie ihre religiöse Praxis. Selbstverständlich war das Fundament der Jewishness die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die sich selbst durch ihre Religion definierte und von ihrer nicht jüdischen Umwelt über diese definiert wurde. Doch markierte die Religion eine Differenz zu den Christen, die auch einer Reihe von anderen zentralen Dimensionen des Lebens eingeschrieben war.20 Die Juden hatten in den meisten europäischen Reichen des Mittelalters einen besonderen politischen und fiskalischen Status.21 Das gilt nicht zuletzt für den italienischen Süden. Und ohne die Besonderheiten des politischen Status der Juden im italienischen Süden ließe sich die Massenkonversion der Juden Kampaniens und Apuliens nicht erklären. Zudem genossen die Judengemeinden in vielen europäischen Ländern in unterschiedlichem Maße Autonomie bei der Regelung ihrer internen Angelegenheiten, auch

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Scheller, Rez. Zeldes (2004). Nirenberg, Figures of Thought (2006), 417. Zur Stellung der Juden im Europa des Mittelalters vgl. Battenberg, Zeitalter der Juden (1990); Stow, Alienated Minority (1992); Cluse (Hg.), Europas Juden im Mittelalter (2004); Chazan, Jews of medieval Western Christendom (2006); für weitere Literatur zu den im Folgenden genannten Dimensionen von Jewishness s. die jeweiligen Kapitel. Abulafia, Servitude of Jews and Muslims (2000); Patschovsky, Rechtsverhältnis der Juden zum König (1993).

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in Süditalien.22 Sie bildeten eigene Gemeinden. Und diese Gemeinden waren nicht nur rechtliche, sondern auch soziale Tatsachen, denn Judentum wie Christentum verboten Ehen mit Andersgläubigen.23 Fremd- und Selbstexklusion führten daher dazu, dass Juden und Christen, zumindest was ihre „starken“ sozialen Beziehungen betraf, getrennte soziale Kreise bildeten. Im mittelalterlichen Süditalien bewohnten die Juden zudem spezifische Gegenden der Stadt, die als iudayce bzw. volkssprachlich giudecche bezeichnet wurden und als spezifisch jüdische Räume verstanden werden müssen, auch wenn sie nicht ganz ausschließlich von Juden bewohnt wurden.24 Schließlich und endlich konzentrierte sich die wirtschaftliche Aktivität der Juden im Süditalien des 13. Jahrhunderts auf ein spezifisches Gewerbe: nicht etwa den Geldverleih, sondern die Seidenfärberei. Für alle diese Bereiche, denen die Differenz zwischen Christen und Juden eingeschrieben war, konnte die Massenkonversion von 1292 nicht ohne Folgen bleiben. Und nach diesen Folgen und ihren Wechselbeziehungen zur Inklusion bzw. Exklusion der Neuchristen fragt diese Arbeit: Inwiefern etwa wurde die Jewishness ihrer politischen Stellung dekonstruiert und die konvertierten Juden so politisch in die christliche Gesellschaft eingeschlossen und inwiefern blieb sie erhalten bzw. wurde (re-)konstruiert und die Konvertiten und ihre Nachkommen politisch ausgeschlossen? In ähnlicher Weise wird nach der Jewishness sozialer Beziehungen, des Raumes, des Wirtschaftens und natürlich auch der Religiosität der Neuchristen gefragt werden. Für die Analyse der Prozesse, in denen die Jewishness der Konvertiten von 1292 und ihren Nachkommen jeweils (re-)produziert, aber auch dekonstruiert bzw. überschrieben wurde, und der Frage, wie dies in Relation zu ihrer Inklusion bzw. Exklusion stand, ist es nötig, die Betrachtung übergreifender politischer Entwicklungen und Ereignisse mit der Analyse der Prozesse vor Ort zu verschränken. Es muss zum einen immer wieder gleichsam in der ‚Totalen‘ das gesamte Königreich in den Blick genommen werden. Dies gilt vor allem für die Vorgänge, die 1292 in die Massenkonversion mündeten. Aber auch das Ende der hier untersuchten Geschichte ist wesentlich durch überlokale politische Ereignisse geprägt. Der Zug Karls VIII. von Frankreich nach Neapel 1495 löste im ganzen Reich Pogrome gegen Juden und in manchen Orten auch gegen konvertierte Juden und ihre Nachkommen aus.25 Nach dem endgültigen Untergang des neapolitanischen Zweiges des Hauses Aragon übernahm König Ferdinand der Katholische 1503 auch die Regierung in Süditalien.26 Sein Versuch, die Spanische Inquisition im König-

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Finkelstein, Jewish Self-Government (1924); Cluse, Jüdische Gemeinde als „Sondergemeinde“ (2004). Brundage, Law, Sex, and Society (1987); Ders., Intermarriage between Christians and Jews (1988). Zu den Giudecche Apuliens im Mittelalter vgl. Manchia/Serini, Comunità ebraiche e Giudecche (1991); ein besonders gut dokumentiertes Beispiel aus Kampanien beleuchtet Gambardella, Ebrei a Salerno (1994). Bonnazzoli, Ebrei del regno di Napoli 1 (1979), 501–505; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 196–206; allgemein zur Invasion Karls VIII. vgl. Abulafia, The French Descent (1995). Zuletzt hierzu Abulafia, Ferdinand the Catholic and the Kingdom of Naples (2006).

Fragestellung

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reich Neapel einzuführen, scheiterte zwar; allerdings nur um den Preis, dass der König 1510 die Vertreibung von Juden und Neuchristen und 1514 abermals der Neuchristen aus dem Königreich befahl.27 Die Vertreibungsedikte und ihre Folgen bilden den zeitlichen Endpunkt der Untersuchung. Zum anderen bedarf es jedoch der ‚Nahaufnahme‘ der Verhältnisse auf lokaler Ebene. Denn nur in konkreten lokalen Zusammenhängen lassen sich Räume und soziale Beziehungen der Neuchristen untersuchen. Und auch ihre politische Inklusion bzw. Exklusion war eine Frage, die seit der Mitte des 14. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts vor allem auf lokaler bzw. regionaler Ebene verhandelt wurde. Diese Fragen sollen am Beispiel jener Stadt untersucht werden, der in der Geschichte der Neuchristen im Königreich Neapel eine herausragende Bedeutung zukam: der apulischen Hafenstadt Trani.28 In Trani ist eine Judengemeinde erstmals 1155 belegt.29 Benjamin von Tudela zufolge zählte sie um diese Zeit gut 200 Mitglieder.30 Heinrich VI. und Friedrich II. nahmen die Juden von Trani 1195 und 1221 in ihren Schutz.31 Friedrich II. verlieh ihnen 1231 das Monopol auf den Handel mit Seide in seinem Reich.32 Diese Förderung durch den König hatte allem Anschein nach eine Blüte der Gemeinde zur Folge, die nun zu den bedeutendsten des Reichs gehörte. Trani war dann einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Schauplatz der Ereignisse, die zur Massenkonversion von 1292 führten. Nach 1292 ist in Trani die höchste Zahl von Haushalten konvertierter Juden im ganzen Königreich belegt: 310. Damit war Trani allein zahlenmäßig die ‚Metropole‘ der Neofiti im Königreich Neapel. Es spricht zudem einiges dafür, dass es spezifische politische Auseinandersetzungen in Trani waren, die zur Folge hatten, dass hier und in Apulien – anders als in Kampanien – auch noch die Nachkommen der Konvertiten von 1292 als Neofiti bzw. Cristiani Novelli bezeichnet wurden, es diese also als in irgendeiner Form distinkte Gruppe über 200 Jahre ‚gab‘. In Trani sind die Neuchristen bereits Ende des 14. Jahrhunderts als politische Akteure im politischen Raum der Stadtgemeinde belegt. Mitte des 15. Jahrhunderts werden auch sie in die massiven Konflikte verwickelt, die in dieser Zeit die Stadtgesellschaft spalten. Die Neuchristen von Trani bildeten während des Spätmittelalters zudem gleichsam das Rückgrat der Neofiti-Population Apuliens. Traneser Neuchristen traten in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als hohe Würdenträger des Königreichs hervor. Im

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Ruíz Martin, Expulsion (1949); Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), v. a. 190–96; Abulafia, Ferdinand the Catholic and the Kingdom of Naples (2006), 152–157. Grundlegend für die Geschichte Tranis im Spätmittelalter ist immer noch Vitale, Trani (1912); vgl. auch Prologo, Primi tempi (1883); Beltrani, Antichi ordinamenti (1873); Vitale, Patriziato Urbano (1980); Dies., Socio-Topografia di Trani (1981); Ronchi, Indagine (1984). Prologo, Carte (1877), Nr. 82. Benjamin von Tudela, ed. Schmitz (1988), 8. Prologo, Carte (1877), Nr. 83f.; Winkelmann (Hg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 221; Prologo, Carte (1877), Nr. 83f. Winkelmann (Hg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 785.

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Jahr 1495 kam es dann jedoch zur Vertreibung der Neuchristen aus Trani, die den Versuchen von 1510 bzw. 1514 vorausging, die Neuchristen aus dem gesamten Königreich zu vertreiben. Die Stadtgesellschaft von Trani ist für die Frage nach Inklusion bzw. Exklusion der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen also offensichtlich geradezu emblematisch. Jede Geschichte der Neuchristen im Königreich Neapel im Spätmittelalter muss daher bei ihr ansetzen. Die Verschränkung von Makro- und Mikroperspektive trägt zudem der politischen Entwicklung im Königreich Neapel während der über 200 Jahre Rechnung, die den Untersuchungszeitraum bilden.33 Wie in so vielen Staaten des mittelalterlichen Europa ist auch auf dem süditalienischen Festland die Geschichte der Monarchie die Geschichte des Dualismus von Zentralmonarchie und lokalen bzw. regionalen Gewalten. Dabei gehört das regno zu jenen Monarchien, in denen sich die Gewichte im Verlaufe des späten Mittelalters zugunsten der lokalen und regionalen Gewalten verschoben. Die Peripetie in dieser Entwicklung wird zumeist in der Regierungszeit Johannas I. (1343–1382) angesetzt.34 Allerdings hat man unlängst bereits am Beginn der Regierungszeit Karls II. (1285–1309) den Übergang zum „Ständestaat“ sehen wollen.35 Zwar war der Rückgang der Königsgewalt keineswegs ein linearer Prozess. Vor allem Alfonso I. (1442–1458) und seinem Sohn Ferrante I. (1458–1494) gelang es, die Gewichte wieder deutlich zugunsten der Monarchie zu verschieben. Doch rangen die Barone und teilweise auch die Städte den Königen in den politischen Krisen des Königreichs, das formell stets ein päpstliches Lehen blieb, vor allem in den häufigen Sukzessionskrisen immer wieder wichtige Zugeständnisse ab.36 Der Aufstieg der lokalen und regionalen Gewalten war daher keine Transformation eines ‚prämodernen‘ bürokratischen Zentralstaates in eine Feudalmonarchie.37 Die normannisch-staufische Verwaltung, für die Marongiù einst das immer wieder zitierte Etikett des ‚Idealstaats‘ gefunden hatte, wurde von den Königen aus den Dynastien Anjou und Aragon übernommen und partiell weiterentwickelt.38 Dabei zeigte sich die Monarchie wiederholt in der Lage, wichtige Institutionen der Zentral- und der Steuerverwaltung zu reformieren.39 Dennoch blieb die

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Die beste Synthese zur Geschichte des Regno di Napoli im Spätmittelalter bietet Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992); Ders., Mezzogiorno spagnolo (2005), immer noch anregend ist Croce, Regno di Napoli (1965); Die Zeit Alfonsos I. steht im Mittelpunkt der Darstellung von Ryder, Kingdom of Naples (1976); vgl. Ders., Alfonso (1990); Ders., Papal States and Kingdom of Naples (1998). Ein immer noch wertvoller Überblick über die Strukturen des Reichs in der Zeit der Anjou ist Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922); vgl. jetzt auch Abulafia, The South (2004), Ders., The italian South (2000). Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992), 312; Abulafia, The South (2004), 214. Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 114, 534. Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992), 743. Ebd., 394. Delle Donne, Regia Camera della Sommaria (1991), 42–61; vgl. Ders., Cancellerie dell’Italia Meridionale (1994); Marongiu, „Modellstaat“ (1982). Vgl. Marino, Pastoral Economics (1988), zur Reform der Dogana delle Pecore.

Fragestellung

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königliche Bürokratie stets ein lockeres institutionelles Gefüge in einem Herrschaftsgebiet, in dem feudale, kommunale und kirchliche Herrschaften und Jurisdiktionen stets präsent blieben, „neben, unter und oftmals gegen die königliche Verwaltung“.40 Deutlich sichtbar wird dieses Neben-, Unter- aber auch Gegeneinander von Staatsverwaltung und lokalen Gewalten nicht zuletzt in den Städten.41 Friedrich II. hatte versucht, jegliche gemeindliche Autonomie zu ersticken und die Städte ausschließlich durch königliche officiales verwalten zu lassen.42 Damit rissen praktisch überall ältere Traditionen kommunaler Selbstbestimmung ab.43 Das gilt auch für Trani, das in der Geschichte mittelalterlicher städtischer Gesetzgebung durch die ordinamenta maris aus dem 11. Jahrhundert durchaus seinen Platz hat.44 Bereits Karl I. Anjou und seine Nachfolger Karl II. und Robert I. förderten bzw. approbierten dann bestimmte Ansätze städtischer Selbstverwaltung, achteten dabei jedoch darauf, dass diese ein gewisses Maß nicht überschritt. Den höchsten Grad an Selbstbestimmung erreichten die Gemeinden des süditalienischen Festlandes dann in der Zeit der Aragonesen, vor allem Ferrantes I.45 Doch auch hier gilt, dass zahlreiche Städte ihre Angelegenheiten zwar auf vielen Gebieten selbstständig regeln konnten, jedoch niemals vollständig unabhängig von der Monarchie wurden, die mit ihren Amtsträgern in den Städten stets präsent blieb und einen von Stadt zu Stadt unterschiedlich starken Einfluss auf die Verhältnisse vor Ort nahm. Einen entscheidenden Impuls erhielt die städtische Selbstverwaltung aus dem Steuerwesen. Bereits Karl I. forderte die Städte des Reichs auf, jährliche Versammlungen abzuhalten, auf denen die Steuereinnehmer und die probi viri gewählt werden sollten, die die Steuerregister führten. Gleichzeitig gestattete er den Stadtgemeinden seines Reichs, die Iudices Annales, die für die Beurkundung von Rechtsakten zuständig waren, und die Magistri Iurati, die polizeiliche Funktionen innehatten, zu wählen.46 Aus der Zeit Karls II. und Roberts I. stammen dann die ersten Belege dafür, dass in einigen Städten neben den Parlamenta städtische Räte existierten, die in der Regel zwischen vier und zwölf Mitglieder hatten. Sie wurden in vielen Städten aus Angehörigen des städtischen Adels und des Populus gewählt. Denn Adel und Volk wurden getrennt besteuert. Und vielerorts sind bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts eigene Universitates von Adel und Volk belegt.47 Auseinandersetzungen zwischen Nobiles und Populares über ihren Anteil am Stadtregi-

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Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992), 325. Grundlegend immer noch Calasso, Legislazione Statuaria (1929); sowie Faraglia, Comune (1883); neuere Synthesen sind Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992), 406–455, sowie Muto, Istituzioni dell’Universitas (1991); wenig hilfreich ist der einzige deutschprachige Beitrag, Cilento, Stadt und städtische Gesellschaft (1984). Calasso, Legislazione Statuaria (1929), 18. Zu diesen jetzt Oldfield, Urban Government (2007). Di Maggio, Trani e gli statuti marittimi (2003); Beltrani, Antichi ordinamenti (1873). Calasso, Legislazione Statuaria (1929), 211–216; Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992), 752. Calasso, Legislazione Statuaria (1929), 181. Ebd., 129; Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 391f.

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ment gehören zu den Konstanten der süditalienischen Stadtgeschichte vom späten 13. bis zum 15. Jahrhundert.48 Aus dem frühen 14. Jahrhundert stammen Belege für eidliche Zusammenschlüsse und damit für Ansätze der Bildung von Kommunen, wie sie in Mittel- und Norditalien zu dieser Zeit bereits etabliert waren. Der König ging gegen diese coniurationes jedoch streng vor und verbot den Städten 1324 auch, eigene Siegel zu führen.49 Seit dem 15. Jahrhundert wählten die Stadtbewohner dann vielerorts Syndici, die die Stadt gemeinsam mit den Räten regierten.50 Doch wurde die Tätigkeit der gemeindlichen Gremien und Amtsträger in allen Städten, die zur königlichen Domäne gehörten, durch den Capitano kontrolliert. Dieser war der wichtigste königliche Amtsträger vor Ort und hatte auch gerichtliche Befugnisse.51 In den apulischen Hafenstädten existierte zudem der byzantinische Protontinus weiter. Er hatte die niedere Gerichtsbarkeit über Matrosen und alle gente del mare inne.52 Die Befugnisse der kommunalen Behörden und der königlichen Amtsträger konnten von Stadt zu Stadt variieren. Die Spannung zwischen der Autonomie der Universitates und ihrer Unterordnung unter den König zeigt sich besonders deutlich an der städtischen Gesetzgebung. Auch die süditalienischen Gemeinden fassten selbstständig Beschlüsse und stellten Normen auf, die das städtische Leben regelten. Diese sogenannten Kapitel (capitula bzw. capitoli) mussten jedoch dem Königshof zur Approbation vorgelegt werden.53 Zwar wurde die Mehrzahl der Kapitel durch den König abgesegnet. Doch dies bedeutet nicht, dass die königliche Approbation ein reiner Formalakt gewesen wäre.54 Es sind genug Fälle belegt, in denen der König die Approbation eines Kapitels verweigerte. Möglicherweise noch häufiger widerrief der König bereits approbierte Kapitel auf Intervention ganz unterschiedlicher Akteure, die sich von ihm betroffen sahen. Die Kapitel spiegelten also stets die spezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Verhältnissen vor Ort und der Zentralverwaltung wider, und dies gilt auch für jene Kapitel der Università von Trani, in denen es um die Neuchristen der Stadt ging.

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Hierzu immer noch Schipa, Nobili e popolani (1925). Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 361–364. Calasso, Legislazione Statuaria (1929), 211–216. Faraglia, Comune (1883), 158. Ryder, Kingdom of Naples (1976), 292f.; vgl. auch Vitale, Patriziato Urbano (1980), 123. Massaro, Potere politico e comunità locali (2004). Calasso, Legislazione Statuaria (1929), 208.

Konzeptualisierungen von Integration

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3. Konzeptualisierungen von Integration: Zur Analytik von Inklusion und Exklusion Die leitende Fragestellung dieser Arbeit steht einerseits in der Tradition der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Konvertiten vom Judentum zum Christentum. Andererseits ist sie inspiriert von Gegenwartserfahrungen, die die wissenschaftliche Beschäftigung mit konvertierten Juden und ihren Nachkommen in neuer Weise relevant erscheinen lassen. David L. Graizbord hat unlängst versucht, die Gründe zu benennen, warum die Forschung zu konvertierten Juden seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts zusehends Interesse an deren uneindeutiger Situation im weitesten Sinne entwickelt hat, also gleichsam an ihrer Hybridität.55 Dabei ist er jedoch über eine Beschreibung dieser Entwicklung nicht hinausgelangt.56 Denn es ist nur die Kehrseite der gewachsenen Aufmerksamkeit für die Hybridität der Konvertiten, dass die Tendenz nachgelassen hat, sie einem ‚Lager‘, dem christlichen oder dem jüdischen, zuzuordnen und sie je nach ihrem Bekenntnis zu diesem Lager moralisch zu bewerten. Weiterführender sind daher Beobachtungen zu den Wert- und Gegenwartsbezügen, die die Forschung zu Konvertiten vom Judentum zum Christentum lange Zeit dominiert haben. Man hat zeigen können, dass etwa Baer und Netanyahu bezüglich der Jewishness der spanischen Conversos zwar diametral entgegengesetzte Sichtweisen vertraten bzw. vertreten: Für Ersteren stand sie außer Frage. Letzterer hat sie wiederholt vehement bestritten. Gleichzeitig waren beide jedoch durch geradezu identische Gegenwartsbezüge geprägt, wenn nicht motiviert, die unter dem Einfluss der zionistischen Bewegung standen. Es geht allerdings zu weit, dies als ideologisch zu kritisieren.57 Denn jede Erforschung der Vergangenheit wird von den Wertbezügen und Gegenwartserfahrungen derer gelenkt, die sie erforschen, ohne dass sie hierdurch ihre Wissenschaftlichkeit einbüßte.58 Man muss daher davon ausgehen, dass auch die gewachsene Sensibilität für die Hybridität jüdischer Konvertiten eine Reaktion auf Gegenwartserfahrungen war, die Historikerinnen und Historiker seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts machten und die die Homogenität von Religionen und Kulturen immer weniger als Regel und Hybridität immer weniger als Ausnahme erscheinen ließen. Zu denken ist wohl vor allem an die Massenmigration in die westlichen Gesellschaften und ihre Folgen.59 Es ist wohl kein Zufall, wenn David Nirenberg die Massenkonversion der spanischen Juden als „Migration“ in die christliche Gesellschaft bezeichnet.60

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Zum Begriff der Hybridität und seiner Verwendung in der Mittelalterforschung vgl. Scheller, Migrationen und kulturelle Hybridisierungen (2012). Graizbord, Souls in Dispute (2004), 12. Yovel, Marrano Dualities (1999); vgl. Graizbord, Souls in Dispute (2004), 8. Klassisch hierzu Weber, „Objektivität“ (1988). Bronfen/Marius/Steffen (Hg.), Hybride Kulturen (1997). Nirenberg, Enmity and Assimilation (2002), 140; Ders., Figures of Thought (2006), 417.

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Dies hat Folgen für die zweite Frage, die die Forschung zur Geschichte konvertierter Juden und ihrer Nachkommen seit Langem bestimmt und um die es auch in dieser Arbeit geht: die nach ihrer Integration in die christliche Gesellschaft. Die Frage nach der Jewishness der iberischen Conversos hing ja eng mit der Frage zusammen, warum ihre Position in der christlichen Gesellschaft seit dem ersten Drittel des 15.Jahrhunderts zusehends prekär wurde. Lag es letztlich an der religiösen Selbstexklusion der Conversos, die ihrem Glauben treu bleiben wollten und deshalb die Integration in die christliche Gesellschaft „verweigerten“, oder lag es am unwandelbaren Antijudaismus ihrer christlichen Umwelt, der ihnen unmöglich machte, in der christlichen Gesellschaft anzukommen? Geht man nicht von einer eindeutigen Jewishness bzw. einer eindeutigen Assimilation der Konvertiten und ihrer Nachkommen aus, stellt sich die Frage nach der Integration jedoch auf neue Weise. Sie lautet dann: Wie integrieren bzw. desintegrieren Gesellschaften hybride Minderheiten mit uneindeutigen Identitäten und Zugehörigkeiten, und was sind die Ursachen dafür? Damit erhält die Erforschung von Konversionen und ihren Folgen eine zentrale Rolle für die Frage nach der Integration und Desintegration der Kulturen in der Geschichte Europas, die vom Nebeneinander der verschiedenen monotheistischen Religionen ausgeht.61 Zugleich gewinnt die Geschichte der Neuchristen des Königreichs Neapel im Spätmittelalter eine Relevanz, die über den Einzelfall hinausweist. Denn in vergleichender Perspektive dienen die Befunde, die sich bezüglich ihrer Inklusion bzw. Exklusion in die christliche Gesellschaft erheben lassen, nicht zuletzt der Überprüfung von verallgemeinernden Aussagen, die auf der Basis der Geschichte der Conversos der iberischen Halbinsel gemacht wurden. Die gegenwärtig avancierteste Form der wissenschaftlichen Rede über Integration ist ohne Zweifel die Analytik von Inklusion und Exklusion, wie sie im Kontext der Systemtheorie elaboriert wurde.62 Denn diese knüpft an die soziologische Tradition der Erforschung sozialer Differenzierung an und führt sie weiter. Dies ist nur ein scheinbares Paradox. Denn jede Gesellschaft ist als differenziert zu denken. Und daher lässt sich die Frage, wie eine Gesellschaft integriert, nur beantworten, wenn man zuvor geklärt hat, wie eine Gesellschaft differenziert.63 Der Begriff der Differenzierung steht geradezu „für die Einheit (oder die Herstellung der Einheit) des Differenzierten.“ 64 In diachroner Perspektive lassen sich die Gesellschaften des Mittelalters – idealtypisch – als stratifikatorisch-segmentär differenziert beschreiben. Das heißt: Die gesellschaftliche Ordnung beschreibt sich selbst als Rangordnung. Die Teilsysteme integrieren sich unter der Leitdifferenz oben/unten zu einem Ganzen, dessen Letztbegründung dann jedoch außergesellschaftlich in religiösen Zusammenhängen gesucht und gefunden wird. 61

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Borgolte, Christen, Juden, Muselmanen (2006), 9–11, 57, 300–302; Ders./Schiel, Mediävistik der Zwischenräume (2007), 17f. Einen Überblick hierüber bietet Farzin, Inklusion/Exklusion (2006); zur Konzeptualisierung von Integration vgl. Friedrichs/Jagodzinski, Theorien sozialer Integration (1999). Luhmann, Inklusion und Exklusion (1995), 226. Luhmann, Gesellschaft der Gesellschaft (1998), 595.

Konzeptualisierungen von Integration

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Dabei erfolgt die Integration der einzelnen Individuen wie in segmentären Gesellschaften immer noch als Vollinklusion der Person in ein Segment, das heißt vor allem in Familien oder Haushalte und über diese in das Stratum, das heißt in den mittelalterlichen Gesellschaften in einen Stand bzw. Rang.65 Zwar bestand dabei stets eine Spannung zwischen Gesellschaftsstruktur und Semantik. Zudem existierten in vielen Regionen des mittelalterlichen Europas genossenschaftliche Zusammenschlüsse, deren Angehörige auch verschiedenen Ständen angehören konnten, nämlich unterschiedliche Formen der Schwureinungen wie Gilden, Stadtkommunen oder Universitäten.66 Man hat vorgeschlagen, die mittelalterliche Gesellschaft deshalb als korporativ differenzierte Gesellschaft zu bezeichnen.67 Allerdings lässt sich beobachten, dass auch genossenschaftlich verfasste Korporationen im Mittelalter immer wieder Stratifikationen, also Stände oder Ränge, als Binnendifferenzierung ausbildeten.68 Zudem spielten im spätmittelalterlichen Süditalien genossenschaftliche Zusammenschlüsse auf der Basis von Schwureinungen im Spätmittelalter eine sehr untergeordnete Rolle, sodass es auch aus diesem Grund gerechtfertigt erscheint, hier mit dem Modell der stratifiziert-segmentären Gesellschaft zu operieren.69 Dabei gilt es freilich zu beachten, dass Stratifikation nicht das einzige dominierende Differenzierungsprinzip der mittelalterlichen Gesellschaften war. Mit der Etablierung des Christentums als Staatsreligion im spätantiken Römischen Reich hatte sich die Differenz christlich/nicht christlich gleichsam als Primärdifferenz vor die stratifikatorische Ordnung geschoben.70 Dabei stand die Inklusionssemantik des Christentums aufgrund ihres Postulats der Vollinklusion unabhängig von sozialen Attributen in einer Spannung zum Differenzierungsprinzip der Stratifikation.71 Vor allem aber regelte sie den Zugang zu den als christlichen Ordines beschriebenen Strata der Gesellschaft, ja bereits zu den Segmenten. Praktisch die gesamte innergesellschaftliche Inklusion/Exklusion wurde also ‚christlich‘ gehandhabt. Und nach dem Zerfall der römischen Reichsgewalt übernahm die seit der ‚Papstrevolution‘ des 11. Jahrhunderts immer stärker juristisch durchorganisierte Kirche „selbst die Entscheidung über ‚Exkommunikation‘ mit gravierenden weltlichen Konsequenzen.“ 72

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Luhmann, Gesellschaft der Gesellschaft (1998), 697; Farzin, Inklusion/Exklusion 2006), 25; Oexle, Stand, Klasse (1990). So die Kritik von Oexle, Luhmanns Mittelalter (1991), an der systemtheoretischen Beschreibung der mittelalterlichen Gesellschaft als stratifizierte Gesellschaft. Breuer, Staat (1998), 152. Zuletzt hierzu Arlinghaus, Rituale in systemtheoretischer Perspektive (2004). Klassisch zur Frage, inwieweit es in Süditalien im Spätmittelalter Gilden gab, ist: Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 278–286. Deutlich wird dies nicht zuletzt an der spätantiken Gesetzgebung zu Juden und Ketzern; Pakter, Canon Law and the Jews (1988), 40–43; Ragg, Ketzer und Recht (2006), 27–29; zu den Beschlüssen der spätantiken Konzilien bezüglich der Juden vgl. Grayzel, Beginnings of Exclusion (1970). Farzin, Inklusion/Exklusion (2006), 25; Bohn/Hahn, Patterns of Inclusion and Exclusion (2002), 15. Luhmann, Gesellschaft der Gesellschaft (1998), 624; vgl. Borgolte, Christen, Juden, Muselmanen (2006), 441–461.

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Einleitung

Seit dem Hochmittelalter etablierten sich in den Gesellschaften des europäischen Mittelalters zunehmend auch Ansätze zu funktionaler Differenzierung, vor allem im Bereich der Wirtschaft, der Wissenschaft, aber auch der Intimbeziehungen.73 Und dies hatte tendenziell die Inklusion auch der Angehörigen nicht christlicher Religionen in die Funktionssysteme zur Folge. Denn Funktionssysteme wie das marktförmige Wirtschaftssystem inkludieren nicht ‚integral‘ ganze Personen, sondern nur in der jeweils spezifischen Rolle und sind dabei Religion gegenüber indifferent.74 Vor allem seit dem 4. Laterankonzil 1215 reagierte die kirchliche und weltliche Gesetzgebung auf solche Nivellierungstendenzen jedoch mit Versuchen, die Differenz in diesen Bereichen zu restabilisieren, etwa durch die Kennzeichnungspflicht und durch die Wuchergesetzgebung.75 Fragt man also, inwiefern und wie die süditalienische Gesellschaft des Spätmittelalters und die Stadtgesellschaft von Trani die zunächst einmal hybride Minderheit der Neuchristen integrierten, muss man also auch fragen, wo diese innerhalb der stratifiziert gedachten Gesellschaft verortet wurde. Allerdings gehört es gerade zu den Leistungen der Analytik, die mit der Opposition Inklusion/Exklusion operiert, eine Begrifflichkeit ersetzt zu haben, die Stratifikation vor allem in Termini von Schichtung beschreibt. Sie bezieht sich nicht auf Distributionen im statistischen Sinne, sondern auf gegebene Relationen bzw. Interaktionsbeziehungen. Inklusions- bzw. Exklusionsordnungen bestehen dabei aus einer „Mehrzahl für Lebensführung relevanten Berechtigungen“, sodass Inklusion und Exklusion stets kumulative Sachverhalte sind.76 Und auf die Kopplung bzw. Entkopplung der verschiedenen Inklusionen bzw. Exklusionen muss daher besonderes Augenmerk gelegt werden.

4. Quellen, Methoden und Gang der Untersuchung Das Untersuchungsdesign dieser Arbeit als Fallstudie ist auch durch die Überlieferungssituation bedingt. Die Bestände des Archivio di Stato di Napoli wurden im April 1943 bekanntlich fast vollständig durch die deutsche Wehrmacht zerstört. Dabei wurde fast die gesamte Überlieferung der königlichen Bürokratie ein Raub der Flammen, darunter die legendären Kanzleiregister aus der Zeit der Dynastie der Anjou, aber auch der größte Teil der Überlieferung der aragonesischen sowie der frühen vizeköniglichen Epoche.77 Als Leitüberlieferung für die Geschichte der konvertierten Juden steht die Kanzleiüberlieferung daher nicht mehr zur Verfügung. Zwar sind die Quellenverluste nicht total. Denn zum einen haben sich Registerfragmente u. Ä. erhalten, die der Überlieferungszu-

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Fried/Grebner (Hg.), Wissenskultur am Hof (2006); Nirenberg, Communities of Violence (1996). Luhmann, Religion der Gesellschaft (2000), 208. Zur kirchlichen Gesetzgebung Grayzel, Jews and Ecumenical Councils (1967), 296–301. Stichweh, Inklusion/Exklusion (1997), 125–127. Hierzu zuletzt Klinkhammer, Abteilung Kunstschutz (1992); Esch/Kiesewetter, Abschriften aus den verlorenen Anjou-Registern (1994); Houben, Juden und Sarazenen in Sizilien (1994), 335.

Quellen, Methoden und Gang der Untersuchung

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fall an andere Orte verschlagen hatte.78 Zum andern haben zahlreiche Gelehrte seit dem 16. Jahrhundert Transkriptionen oder Regesten von Dokumenten aus den Registern der königlichen Kanzlei und anderer Behörden der Zentralmonarchie wie etwa der Regia Camera della Sommaria erstellt. Auf dieser Basis hat man sich nach 1945 daran gemacht, die Register der königlichen Kanzlei zu rekonstruieren. Gegenwärtig liegen 50 Bände vor, die bis 1295 reichen.79 Obwohl die darin registrierten Dokumente teilweise nur noch quasi den Verlust markieren – der Umfang der Einträge reicht vom Kurzregest bis zur ausführlichen Urkunde – und auf unterschiedlichem editorischen Niveau sind, sind diese registri recostruiti eine wichtige Materialbasis. Für die Zeit nach 1295 jedoch, und das heißt praktisch für den gesamten Untersuchungszeitraum, ist es unumgänglich, direkt auf abschriftlich erhaltenes Material zu rekurrieren. Auch aus diesem Grund erscheint eine Auswahl des Falles Trani geradezu zwingend. Sind doch in den Nachlässen der apulischen Gelehrten Giovanni Battista Beltrani (aus Trani) und Eustachio Rogadeo (aus Bitonto) zahlreiche Transkriptionen von Dokumenten der königlichen Behörden aus der Zeit der Anjou, der Aragonesen und der frühen spanischen Vizekönige zur Geschichte der Neofiti von Trani überliefert, die heute verloren sind, daneben aber auch Abschriften von Quellen lokaler Provenienz.80 Dabei handelt es sich bei den Abschriften aus dem Nachlass Rogadeos durchgehend um Regesten, während der Nachlass Beltranis viele vollständige Dokumente in Abschrift enthält. Aus beiden Beständen werden wichtige Dokumente im Anhang dieser Arbeit erstmals abgedruckt. Eine weitere Eigenheit der Überlieferung zur Geschichte der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen im Königreich Neapel besteht in der fast völligen Abwesenheit von Quellen, in denen die Zugehörigkeit der Konvertiten und ihrer Nachkommen gleichsam diskursiviert worden wäre. Ein Traktat des salentinischen Humanisten Antonio de Ferraris, der heute unter dem Titel „De neophytis“ bekannt ist, aus der Zeit kurz nach 1495 ist das einzige bekannte Stück Traktatliteratur, das sich den Nachkommen der konvertierten Juden widmet.81 Ebenfalls sehr spärlich fließen die Quellen, in denen Juden die Massenkonversion ihrer Glaubensbrüder und -schwestern thematisieren. Einzige bisher entdeckte zeitgenössische Quelle für die Konversion ist hier eine Elegie des Rabbi Zidkiah man ha-Anavim aus Rom.82 Über 200 Jahre später erwähnen auch Samuel Usque, Salomon Ibn Verga und Joseph Ha-Kohen die Massenkonversion.83 Rabbinische Responsen sind erst für das

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Vgl. etwa Mazzoleni, Codice Chigi (1965). Registri ricostruiti da Filangeri et al. 1–50 (1950–2010); zur Rekonstruktion der Kanzleiregister der Anjou vgl. Mazzoleni, Storia della Ricostruzione (1987). BCBi, Fondo Rogadeo; vgl. hierzu Colafemmina, Documenti Bitonto (1993); BPCB, Fondo Beltrani; s. u., 462. De Ferrariis, Epistole, ed. Altamura (1959), 220–225. Curci, Tragedia degli ebrei pugliesi (1997). Cassuto, Un ignoto Capitolo (1912), 396–398.

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Einleitung

frühe 16. Jahrhundert überliefert.84 Allerdings ist nicht immer klar, ob es in ihnen um jene Juden geht, die 1495 während der französischen Invasion die Taufe nahmen oder um Abkömmlinge der Konvertiten von 1292. Soweit die erwähnten Dokumente in hebräischer Sprache verfasst wurden, liegen sie in Übersetzungen vor. Schließlich und endlich fehlen auch Prozessakten der Inquisition und damit die dritte Quellensorte, aus der vor allem die Forschung zu den Conversos auf der iberischen Halbinsel und in den spanischen Herrschaften, aber auch zu den venezianischen Marrani des 16. Jahrhunderts ihre Informationen über die Abweichungen von der christlichen Orthodoxie bezog, die man diesen unterstellte.85 Zwar ist die Verfolgung der Neofiti von Trani und Apulien durch Inquisitoren belegt; doch enthalten die wenigen Dokumente selten einmal Informationen, die den Vorwurf, die Neofiti ‚judaisierten‘, konkretisieren, also detailliert Praktiken, Riten, Bräuche oder gar Glaubensvorstellungen benennen, die von den Neuchristen ausgeübt worden wären oder denen sie angehangen hätten. Die vorliegende Arbeit trägt daher auch der Quellenlage Rechnung, wenn sie nicht in erster Linie danach fragt, inwieweit die Neofiti weiterhin dem jüdischen Glauben anhingen oder nicht, sondern multiperspektivisch verschiedene Dimensionen von Jewishness unter dem Gesichtspunkt ihrer Relevanz für die Inklusion und Exklusion der Neuchristen analysiert und dabei soziale Praktiken im umfassendsten Sinne in den Mittelpunkt des Interesses rückt. Das Material, in dem die Präsenz der Neuchristen im spätmittelalterlichen Trani und Umgebung fassbar ist, besteht praktisch ausschließlich aus Rechtsquellen: Königsurkunden, Privilegien, aber vor allem Mandate, einige Papsturkunden sowie die capitula bzw. capitoli aus Trani und den Nachbarstädten lassen erkennen, dass und wie Inklusion und Exklusion der Neofiti von Trani von unterschiedlichen Akteuren verhandelt wurden, von Königtum, Bischofskirche, Inquisitoren, Stadtgemeinde und nicht zuletzt den Neuchristen selbst. Sie befassen sich vor allem dann mit den Neofiti von Trani, wenn es über deren Inklusion und Exklusion zu Konflikten kommt. Viele in diesem Zusammenhang wichtige Dokumente sind bereits von der Lokalforschung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ediert worden.86 Sholomo Simonsohns monumentale Quellenedition „The Apostolic See and the Jews“ hat jedoch jüngst noch einige Papsturkunden zugänglich gemacht, die für die Geschichte der Neuchristen von Trani große Bedeutung haben.87 Daneben ist die Präsenz der Neuchristen in der Stadt vor allem in Privaturkunden und Verwaltungsschriftgut dokumentiert. Um dieses für die Fragestellung unverzichtbare Material auszuwerten, war es unumgänglich, sich personengeschichtlicher Methoden zu bedienen, das heißt eine Prosopografie der Neofiti von Trani zu erstellen.88 Nur 84 85 86 87 88

Zimmels, Marranen (1932), 30–32, 40, 52, 57, 69–71, 84, 88, 99, 101f. Zur Problematik hiervon vgl. grundsätzlich Salomon, Inquisitorial Deception (1998). V.a. von Beltrani, Cesare Lambertini (1884); Vitale, Trani (1912). Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988). Zur Methode der Prosopografie vgl. jetzt Keats-Rohan (Hg.), Prosopography (2007), klassisch: Stone, Prosopography (1971).

Quellen, Methoden und Gang der Untersuchung

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auf dieser Basis lassen sich etwa die zentralen Fragen nach der sozialen und der räumlichen Jewishness der Neuchristen und ihrer Relevanz für die Inklusion in die städtische Gesellschaft untersuchen. Wichtigste Grundlage der Prosopografie der Neofiti von Trani sind dabei zunächst einmal sämtliche für die Zeit zwischen 1292 und 1530 erhaltene Privaturkunden aus Trani. Von diesen wurden 104 bereits zu Ende des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Giovanni Battista Beltrani und Francesco Carabellese ediert.89 Darüber hinaus wurden die 198 in der Biblioteca Diocesana in Trani erhaltenen unedierten Privaturkunden erstmals systematisch ausgewertet. Ebenfalls erstmals systematisch ausgewertet wurden außerdem drei Zinsregister der erzbischöflichen Kirche von Trani aus der Zeit um 1408, um 1432/33 und um 1511. Die Zinsregister aus dem 15. Jahrhundert sind heute nur noch abschriftlich im Nachlass von Beltrani überliefert.90 Das Zinsregister von circa 1511 ist dagegen im Original in der Biblioteca Comunale in Trani erhalten.91 Eine wichtige Quelle für die Frage nach der sozialen Vernetzung der Neuchristen waren zudem die Imbreviaturbücher des Notars de Tauris aus Bitonto, die die Zeit zwischen 1446 und 1495 umfassen und die zweitältesten erhaltenen Imbreviaturen aus Apulien sind.92 Personengeschichtliche Informationen konnten außerdem zahlreichen in den Nachlässen von Beltrani und Rogadeo abschriftlich überlieferten Dokumenten entnommen werden. Darüber hinaus wurden zahlreiche Urkundeneditionen und andere Quellenpublikationen ausgewertet. Grundsätzlich gilt dabei freilich, dass die Quellenlage für die städtischen Gesellschaften Apuliens nicht einmal ansatzweise mit der für die ober- und mittelitalienischen Kommunen vergleichbar ist. Es gibt praktisch keine städtische Geschichtsschreibung. Ratsprotokolle sind nur vereinzelt erhalten. Und auch das privaturkundliche Material ist vergleichsweise schwach überliefert. Das gilt nicht zuletzt für Trani, das mehrfach schwere Quellenverluste erlitten hat.93 Die Untersuchung ist in fünf Hauptabschnitte gegliedert. Im ersten Abschnitt werden zunächst die Vorgänge untersucht, die zur Massenkonversion der apulischen und kampanischen Juden in den Jahren um 1292 führten. Daran an schließt sich die Betrachtung der Politik des Königtums und der Inquisition gegenüber den konvertierten Juden bis circa zur Mitte des 14. Jahrhunderts und der lokalen Reaktionen auf diese, infolge derer sich die Auseinandersetzungen um Zugehörigkeit der Neofiti auf die lokale bzw. regionale Ebene verlagerten. Er basiert vor allem auf abschriftlich oder in Editionen aus der Zeit vor 1943 erhaltenen Königsmandaten (bzw. Regesten derselben) sowie auf anderem urkundlichen Material.

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Beltrani, Cesare Lambertini (1884); Carabellese, La Puglia 2 (1910). BPCB, Fondo Beltrani 61/1. BCT, Ms. C 22. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris; die Imbreviaturen des Notars de Tauris wurden teilweise gedruckt von Carabellese, Puglia nel Secolo XV 1 (1907); zu Notariat und Imbreviaturen in Süditalien im Spätmittelalter vgl. die Beiträge in: Magistrale (Hg.), Protocolli Notarili (1993), v.a. Cordasco, Più antichi registri di Imbreviature Pugliesi (1993). Mazzatini (Hg.), Archivi della storia d’Italia 1 (1897), 152f.; Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), 13f.

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Einleitung

Abschnitt zwei untersucht die Auseinandersetzungen um die politische Inklusion der Neuchristen in die Stadtgemeinde von Trani vom 14. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Hier geht es vor allem um die Art und Weise, wie die Neofiti von Trani durch die Kirche und Stadtgemeinde politisch verortet wurden. Von besonderem Interesse ist dabei der Zusammenhang von politischer Stellung und der Verfolgung der Neofiti von Trani durch Inquisitoren, zu der es Mitte des 15. Jahrhunderts noch einmal kam. Quellenbasis dieses Kapitels sind abermals erhaltene Königsurkunden, daneben Papsturkunden sowie Kapitel der Stadt Trani und anderer Städte Apuliens. Auch personengeschichtliche Ergebnisse, die auf der Basis des privaturkundlichen Materials gewonnen wurden, spielen hier bereits eine Rolle. Im dritten Abschnitt geht es um die Stellung der Neuchristen in der Stadtgesellschaft von Trani. Er behandelt soziale Netzwerke, das Wirtschaften und die Räume der Neofiti von Trani und beruht vor allem auf einer umfassenden Analyse des personengeschichtlichen Materials. Abschnitt vier behandelt die Versuche der Exklusion der Neuchristen am Ende des 15. Jahrhunderts und zu Beginn des 16. Jahrhunderts und ihre Folgen, nämlich erstens die Vertreibung der Neuchristen aus Trani im Jahr 1495 und zweitens die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514 gegen die Neuchristen. Auch dieses Kapitel verbindet die Analyse von städtischer Überlieferung und personengeschichtlichen Quellen. Zudem steht für diese letzte Phase des Untersuchungszeitraums vermehrt auch wieder die Überlieferung der königlichen Bürokratie zur Verfügung. In Abschnitt fünf wird nach den kulturellen Prozessen der Produktion von Jewishness und ihren Wechselbeziehungen zu Inklusion und Exklusion gefragt, nach der Semantik der Differenz, die die süditalienische Gesellschaft angesichts der Massenkonversion von 1292 ausbildete und ihrem Wandel sowie nach dem Wissen über die religiöse Jewishness der Neuchristen und seinem Verhältnis zur religiösen Praxis. Hierbei werden zum einen eine Reihe von Quellen, die bereits in anderen Abschnitten analysiert wurden, abermals in neuer Hinsicht befragt, vor allem die Urkunden, die sich mit der Häresie der Neuchristen von Trani und Apulien während des 15. und 16. Jahrhunderts befassen, sowie Mandate der Regia Camera della Sommaria, die auf verschiedene Folgen der Vertreibungsedikte von 1510 und 1514 auf lokaler Ebene reagieren. Ein Epilog in drei Episoden und eine Zusammenfassung schließen die Arbeit ab. Die heterogene, spröde und teils nur bruchstückhafte Überlieferung, auf der diese Arbeit beruht, bringt es mit sich, dass diese sich nicht allein eines Ansatzes und einer Methode bedienen kann, sondern mit einer ganzen Reihe von Ansätzen und Methoden operieren muss, von der Analyse sozialer Netzwerke über Überlegungen aus dem Kontext des sogenannten ‚spatial turn‘ bis zur historischen Semantik. Diese Ansätze und Methoden werden jeweils zu Beginn der Kapitel erläutert, in denen sie zum Tragen kommen. Um den Argumentationsgang und den Lesefluss nicht immer wieder durch lange Methodenkapitel zu bremsen, wurde sich dabei darauf beschränkt, diese Ansätze und Methoden soweit vorzustellen, dass transparent wird, wie die Ergebnisse zustande kommen, die mit ihrer Hilfe erzielt wurden. Gleichzeitig bringt es die Quellenlage mit sich, dass die Arbeit formal zum Genre der ‚Untersuchenden Darstellung‘ (Droysen) gehört, also eine „Mimesis des Suchens und

Quellen, Methoden und Gang der Untersuchung

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Findens“ darstellt.94 Liebhabern der historischen Erzählung kann daher im Folgenden weniger geboten werden, als der Autor gerne bieten würde. Ebenfalls durch die Quellenlage bedingt ist, dass die konvertierten Juden und ihre Nachkommen, um die es hier geht, fast nur im Kollektiv und nicht als Einzelne fassbar werden. Erst am Ende des Untersuchungszeitraums wird es möglich, einige wenige Individuen stärker zu profilieren. Für die konvertierten Juden und ihre Nachkommen werden in der Arbeit synonym entweder die Bezeichnungen gebraucht, derer sich auch ihre zeitgenössische christliche Umwelt bediente, also Neofiti, Christiani Novi bzw. Cristiani Novelli sowie die deutsche Übersetzung der letzteren Bezeichnung, also Neuchristen. Wenn in der Arbeit vom ‚Königreich Neapel‘ die Rede ist, dann bedient sie sich einer Bezeichnung, die zwar bereits Mitte des 14. Jahrhunderts in Gebrauch kam, jedoch erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch auf dem süditalienischen Festland offizieller Sprachgebrauch der königlichen Kanzlei geworden war.95 Denn bis dahin hatten die Könige in Neapel ihr Reich weiterhin als Königreich Sizilien bezeichnet und damit immer wieder für diplomatische Konfrontationen mit den Herrschern der Insel gesorgt, die sich mit der Vesper 1282 abgespalten hatte und deren Status als autonomes Königreich Karl II. Anjou 1302 anerkennen musste. Die historische Forschung bedient sich der Bezeichnung ‚Königreich Neapel‘ als Vereinbarungsbegriff für die festländische süditalienische Monarchie ab 1282, nicht zuletzt um Irritationen und Missverständnisse zu vermeiden, die der offizielle Titel, Königreich Sizilien diesseits des Faro, mit sich bringen könnte.96 Personennamen werden in der Form gebraucht, die in der Forschung am geläufigsten ist, bzw. in der Form, die am häufigsten in den Quellen erscheint. Nur die Namen der Neuchristen werden für die Zeit ab dem 15. Jahrhundert vereinheitlicht in der volkssprachlichen Form verwendet.97

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Droysen, Historik, hg. v. Leyh (1977), § 90. Hierzu und zum Folgenden vgl. Epifanio, Origini del Regno di Napoli (1938); Galasso, Mezzogiorno angioino e aragonese (1992), 1–7. Hierzu Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 13f. S. hierzu auch u. Prosopografie, Einleitung.

I. Gescheiterte Herrschaftszentralisierung: Ursachen und Folgen der Massenkonversion von 1292

1. Kumulative Radikalisierung: Inquisitorische Judenverfolgung und die Massenkonversion von 1292 Zu den Rätseln der Massenkonversion der Juden im Königreich Neapel um 1292 gehört die Frage, warum sie die Zeitgenossen so wenig motivierte, zur Feder zu greifen, um von ihr zu erzählen und sie zu deuten. Das einzige Stück zeitgenössischer christlicher Geschichtsschreibung ist eine annalistische Notiz eines Klerikers aus Bovino bei Foggia, die dieser einer Bibelhandschrift hinzufügte. Zum Jahr 1292 berichtet er mit dürren Worten: „Zu Zeiten des Herrn Papstes Nikolaus IV. und während der allerruhmreichste König Karl II. das Königreich Sizilien regierte, wurde durch die Brüder Inquisitoren Guillelmus de Tocco, Bartholomäus d’Aquila und Iohannes de San Martino vom Orden des hl. Dominicus, die der erwähnte Herr Papst als Inquisitoren in Apulien eingesetzt hatte, eine große Zahl von Juden in verschiedenen Städten und Orten Apuliens zur geheiligten Religion der Römischen Kirche bekehrt.“ 1

Einen Flickenteppich von Wissensversatzstücken bietet die einzige zeitgenössische ‚Geschichte‘ der Massenkonversion der apulischen und kampanischen Juden eines jüdischen Autors, eine Elegie des römischen Rabbiners Zidkiah man ha-Anavim.2 Auch in ihr ist von den Inquisitoren die Rede und davon, wie sie die Juden des regno bedrängten. Außerdem beklagt sie den Steuerdruck der Kirchen und die Treulosigkeit einzelner Juden gegenüber dem Glauben der Väter. Ein Zusammenhang zwischen alldem wird freilich ebenso wenig erkennbar gemacht wie Ort und Zeit des Geschehens. Doch konnte der Rabbiner das Wissen darum bei den Adressaten seiner Klage wohl voraussetzen.

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Vatasso, Bibbie di Bovino (1900), 39: Memorandum est quod sub tempore domini Nicolai pape quarti et regente regnum Sicilie gloriosissimo rege Karolo secundo, inquisitoribus fratre Guillelmo de Tocco, fratre Bartholomeo de ciuitate Aquile et fratre Iohanne de sancto Martino de ordine beati Dominici, ad hoc per predictum dominum papam constitutis in Apulia, quam plurima turba Iudeorum per diuersas ciuitates et loca Apulie conuersa est ad sacrosanctam religionem Romane Ecclesie, anno dominice Incarnationis millesimo cclxxxxij, quinte Indictionis feliciter. Curci, Tragedia degli ebrei pugliesi (1997), v. a. 5–8 (Übersetzung); zum Autor der Elegie vgl. Graetz, Geschichte der Juden 7/1 (1863), 161.

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Gescheiterte Herrschaftszentralisierung

Erst mit zunehmender räumlicher und zeitlicher Entfernung wird Wissen über die Massenkonversion der Juden des Regno di Napoli zu Erzählungen geformt, in denen nicht nur Akteure erwähnt, sondern diesen auch Absichten zugeschrieben werden, als deren Folge die Massenkonversion erscheint, und damit das kontingente Ereignis der Massenkonversion mit Sinn unterlegt. Für den Pisaner Dominikanerprediger Giordano, der seit dem 16. Jahrhundert ‚da Rivalto‘ genannt wird (circa 1260–1311), ist es Stoff für ein Exempel, das er am 9. November 1304 zu Florenz predigt.3 Dies war der Tag, an dem der Passio imaginis Salvatoris gedacht wurde, der frevelhaften Verletzung eines Bildes des Erlösers in Beirut und eines sich daran anschließenden Blutwunders.4 Am gleichen Tag hielt Giordano noch eine weitere Predigt. In der ersten Predigt ging es darum, wie die Juden die Passion Christi wiederholten. Sie diente als Negativexempel für die Christen, die sich ebenfalls dieses Verbrechens schuldig machten, worum es in der zweiten Predigt ging. Eine der Formen, in denen die Juden Giordano zufolge die Passion des Herrn wiederholten, war die Wiederholung der Passion an seinem Abbild, wobei Giordano noch zwei Varianten unterschied: Die Wiederholung an einem gemalten Abbild Christi und die Widerholung an einem Menschen als Abbild Gottes. Und eben um Letzteres geht es in dem Exempel, dessen Inhalt die Massenkonversion der Juden im Königreich Neapel bildet. Seine Hörer sollten wissen, so Giordano, dass die Juden jedes Jahr, so sie könnten, ein christliches Kind entführten und ans Kreuz schlügen, wie sie Christus gekreuzigt hätten. „Schaut Euch nun jene schlimme Sache an und erkennt, wie Gott aus jeder ihrer Untaten und Sünden viel Gutes werden lässt.“ Durch einen Bruder Bartolomeo, der Minister war, habe der König Karl II. erfahren, dass die Juden von Trani „diese Begebenheit und Missetat“, also den Ritualmord, begangen hätten. Der König habe die Juden daraufhin zum Tode verurteilt, sich jedoch bereit erklärt, sie zu begnadigen, wenn sie sich zum Christentum bekehrten. Daraufhin hätten sich über 8 000 Juden taufen lassen, die restlichen seien geflohen, sodass es keine Juden mehr im Reich des Königs gebe. Das Ganze sei vor circa zehn bis 15 Jahren geschehen, und er habe es von einem der Konvertiten, der heute Mitglied des Ordens sei, erfahren. Giordano konnte bei seinen Zuhörern in Florenz offensichtlich keine Kenntnisse über die Massenkonversion der Juden Apuliens voraussetzen, denn er leitet sein Exempel mit den Worten ein: „Was Euch vielleicht nicht bekannt ist, müsst Ihr wissen.“ Obwohl die Beziehungen zwischen den Anjou und dem guelfischen Florenz seit jeher eng waren, hatte die Nachricht von der Massenkonversion die räumliche Distanz zwischen Kampanien bzw. Apulien und der Toskana nicht überwunden.5

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Giordano da Rivalto, Prediche, ed. Moreni (1831), Nr. 60; Delcorno, Giordano da Pisa (1975), 25, 284; vgl. hierzu Lotter, Predigt des Giordano da Pisa (1996). Lotter, Predigt des Giordano da Pisa (1996), 59. Vgl. etwa Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 466f.; Petralia, Toscani nel Mezzogiorno (1988), 299f., 307f.

Inquisitorische Verfolgung und die Massenkonversion

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Nach Giordano wird die Massenkonversion erst über 200 Jahre später wieder Gegenstand von Erzählungen, bei Samuel Usque, Salomon Ibn Verga und Joseph Ha-Kohen, also bei jenen spanischen Exilanten, die man als die ‚lacrimose‘ Schule der jüdischen Geschichtsschreibung bezeichnet.6 Nach Usque, dem Ha-Kohen mit geringfügigen Abweichungen folgt, hätten die Juden von Neapel und Trani dem König, der in einen langen und gefährlichen Krieg verwickelt gewesen sei, ihr gesamtes Vermögen zur Verfügung gestellt. Nach siegreicher Beendigung des Krieges habe der König den Juden dies in vielfältiger Weise vergolten und sie auf eine Stufe mit den Adligen des Reiches gestellt, worauf sie so hochmütig geworden seien, dass sie ihre Treue gegenüber Gott vergessen hätten. Diesem Hochmut sei jedoch ein tiefer Fall gefolgt. Als der König starb, habe er seinen Sohn aufgefordert, sich den Juden gegenüber in gleicher Weise großzügig und wohlgesinnt zu erweisen. Darauf sei der neue König zu dem Schluss gelangt, die größte Wohltat, die er den Juden seines Reichs erweisen könne, bestünde darin, sie zum christlichen Glauben zu bekehren, um sie so vor der ewigen Verdammnis zu bewahren. Die Juden des Königreichs hätten dem König daraufhin mitgeteilt, sie seien zur Konversion bereit, wenn sie danach Eheverbindungen mit den Großen des Reiches eingehen könnten. Sie hätten gehofft, der König würde dies ablehnen und von seinem Ansinnen absehen, sie zu bekehren. Stattdessen hätte der König ihre Bedingung jedoch akzeptiert und einen Befehl ausgegeben, dass alle Juden seines Reiches die Wahl zwischen Taufe oder Tod hätten. Daraufhin hätten die Juden bis auf einige Ausnahmen aus Angst vor dem Tod ihrem Glauben abgeschworen.7 Ibn Verga zufolge war die Massenkonversion Folge der Hinterlist eines Priesters in der Stadt Trani. Nach einem Streit mit einem Juden habe er nachts heimlich ein Kruzifix in den Abfällen des Juden deponiert und dann am nächsten Morgen verkündet, er habe im Traum gesehen, dass die Juden das Kreuz in den Abfall geworfen hätten. Daraufhin seien die Christen der Stadt ausgezogen um nachzuforschen, und hätten prompt das Kruzifix in den Abfällen des Juden gefunden. Dem daraufhin aufbrandenden Volkszorn hätten sich die Richter zunächst noch entgegengestellt. Als sie jedoch sahen, dass sie ihn nicht zügeln konnten, hätten sie den Juden geraten, sich zu retten, indem sie die Taufe nähmen.8 Usques und Ibn-Vergas Erzählungen verwenden Informationen, die teilweise unmittelbar oder mittelbar auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen, der sie die Namensformen der erwähnten Städte und die – falsche – Jahreszahl (1240/5000) entnommen haben, eine „wenig individuelle[.] Sammlung von verschiedenartigsten Berichten und Notizen, die, häufig umgeformt, durch mehrere Hände gegangen sind“ und die letztlich auf mündliche Überlieferung zurückgehen.9 Außerdem verwendeten sie wohl auch unmittel-

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Cassuto, Un ignoto Capitolo (1912), 396–398; zur lacrimosen Schule vgl. Yerushalmi, Zachor (1988), 67–78. Usque, Consolation, trans. Cohen (1977), 178–180. Aben Verga (Ibn Verga), Buch Schevet 2, übertr. Wiener (1856), 133f.; vgl. Cassuto, Un ignoto Capitolo (1912), 396. Baer, Quellen und Komposition des Schebet Jehuda (1923), 37; Cassuto, Un ignoto Capitolo (1912), 400.

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Gescheiterte Herrschaftszentralisierung

bar mündliche Überlieferungen. Zumindest Ibn-Verga berichtet, dass die Quelle seines Wissens zum Teil Erzählungen der Alten seien.10 Auch Giordano da Rivalto hatte sein Wissen über die Massenkonversion nicht aus erster Hand, sondern, wie er angab, aus Erzählungen eines Mitbruders aus Neapel bezogen, der angeblich einer der konvertierten Juden gewesen sei. Außerdem sind die Erzählungen Usques, Ibn-Vergas und Giordanos stark durch ihre jeweiligen didaktischen Ziele bestimmt. Das in ihnen repräsentierte Erinnerungswissen hatte also sowohl den „primären als auch den sekundären Verformungsfaktoren des Gedächtnisses“ unterlegen. Dies bedeutet zwar nicht, dass nicht manche Wissensbestände – etwa die Namen von Orten (Trani) und Personen (Karl II.) – der Verformung durch das kollektive und individuelle Gedächtnis widerstanden hätten.11 Dennoch erscheint etwa der Streit fruchtlos, ob Giordano da Rivalto mit dem bei ihm erwähnten fra Bartolomeo, ch’era ministro, den Dominikaner und Inquisitor Bartholomäus d’Aquila gemeint hat oder den Protonotar Bartholomäus von Capua. Denn nach dem, was man über die Übertragung erinnerten Wissens weiß, kann es ebenso gut sein, dass beide historisch belegte Figuren in der Erzählung miteinander „kontaminiert“ wurden.12 Wer versucht, nicht nur das Ausmaß der Massenkonversion der Juden im Königreich Neapel unter König Karl II. und den Zeitraum, in dem sie sich ereignete, zu erschließen, sondern auch plausible Hypothesen über ihre Ursachen zu bilden, ist gut beraten, zurückhaltend gegenüber den Deutungsangeboten von Erzählungen zu sein, die in räumlich und zeitlich großer Entfernung produziert wurden. Stattdessen wird er von den zeitgenössischen Berichten aus dem Königreich Neapel ausgehen und sie mit anderem zeitgenössischen Quellenmaterial von dort konfrontieren. Daten und Fakten 1: Das Ausmaß der Massenkonversion Das Ausmaß der Massenkonversion lässt sich näherungsweise aufgrund einer Gunst erschließen, die König Karl II. zwischen Mai und Juni 1294 ehemaligen Juden in zahlreichen Städten seines Reichs gewährte: Zeit ihres Lebens sollten sie von der allgemeinen Steuer der Subventio Generalis und vergleichbaren Abgaben befreit sein.13 Entsprechende Mandate ergingen an die königlichen Amtsträger der Orte, in denen die Konvertiten lebten und enthielten im Anhang eine Liste der nunmehr von der Steuer befreiten Neofiti. Von ihnen sind heute nur noch die Ausfertigungen für Neapel und Salerno abschriftlich überliefert.14 Das Privileg für die konvertierten Juden von Amalfi enthält nur eine

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Aben Verga (Ibn Verga), Buch Schevet 2, übertr. Wiener (1856), 133; vgl. Cassuto, Un ignoto Capitolo (1912), 397. Fried, Schleier der Erinnerung (2004), 49–56. Ebd., 50. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 55. RCA 46, ed. Cubellis (2002), 85f. (Neapel); RCA 47, ed. Pilone (2003), 55f. (Salerno); vgl. Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 265f.; Marongiù, Ebrei di Salerno (1937), Beilage III; CDS 3, ed. Carucci (1946), Nr. 206.

Inquisitorische Verfolgung und die Massenkonversion

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unvollständige Liste der Konvertiten.15 Auszugsweise dokumentiert sind noch die Privilegien für Manfredonia und Gravina.16 Ein Regest mit einer unvollständigen Liste der Konvertiten liegt für Capua vor,17 Kurzregesten sind für Caserta, Venafro und Sessa überliefert.18 Nicola Ferorelli erwähnt in seiner „Storia degli ebrei nell’Italia meridonale“ von 1915 noch weitere zwölf und damit insgesamt 21 Städte, in denen konvertierte Juden 1294 von Karl II. Anjou auf Lebzeiten von Steuern und Abgaben befreit wurden, und die jeweilige Anzahl der dort erwähnten Konvertiten. Ihre Zahl reichte von gerade einmal einem in Pontecorvo bis zu 310 in Trani, für das damit die weitaus größte Zahl von Konversionen belegt ist.19 Insgesamt hat Ferorelli knapp 1 300 erwachsene männliche Konvertiten gezählt, die 1294 namentlich erwähnt wurden. Da die Subventio Generalis auf der Basis der Leistungskraft des jeweiligen Haushalts erhoben wurde und da in den Listen nur männliche Konvertiten erwähnt werden, enthalten diese offensichtlich nur die steuertechnisch relevanten Haushaltsvorstände. Ferorelli hat die Gesamtzahl der Konvertiten daher auf 6 000 bis 8 000 Personen geschätzt, je nachdem, welche Haushaltsgröße man annimmt.20 Spätere Quellen etwa aus Salerno oder aus Neapel zeigen jedoch, dass die Privilegien von 1294 nicht alle konvertierten Juden erfasst hatten. Denn sie erwähnen Konvertiten, die in den entsprechenden Dokumenten nicht genannt werden.21 Außerdem ist auch für das kampanische S. Germano, das Ferorelli nicht anführt, belegt, dass dort 1294 „viele“ konvertierte Juden von Steuern und Abgaben befreit wurden.22 Zu Beginn des 14. Jahrhunderts sind Neofiti in Altamura bezeugt, unter diesen auch eine Familie, die aus Matera stammt.23 Weder Altamura noch Matera finden sich jedoch auf Ferorellis Liste. Man muss daher davon ausgehen, dass die Zahl der Übertritte von Juden zum Christentum im Königreich Neapel noch höher war, als von Ferorelli auf der Basis seiner Zählung geschätzt (vgl. Tabelle 1). Dies ändert freilich nichts an der Tatsache, dass sich das Ausmaß der Konversionswelle nicht exakt bestimmen lässt. Die Zahl der Übertritte war erheblich, regional jedoch wohl unterschiedlich und hatte nicht alle Juden des Königreichs erfasst. Ein Mandat für Salerno berichtet, dass dort die Juden „fast alle“ (universaliter fere) konvertiert wären.24 Und wie dort wurde auch in Bari die iudeca infolge der Übertritte zunächst in ruga nova

15 16 17 18 19 20 21

22 23 24

Camera, Città e Ducato di Amalfi (1876), 348. Colafemmina, Ebrei e Christiani Novelli (1991), 30f. RCA 45, ed. Scalera (2000), 58, 86. Ebd., 87. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 55; vgl. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 299. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 55. Galante, Nuove Pergamene di San Giorgio di Salerno 2 (1997), Nr. 5f., 9–13, 19, 34f., 37, 45; vgl. Dies., Nuovi documenti sui cristiani novelli a Salerno (1993). S. u. Quellenanhang, Nr. 1/1. Pupillo, Matrimonio tra Neofiti (1998/99). RCA 40, ed. Ascione (1993), 72.

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Gescheiterte Herrschaftszentralisierung

Tabelle 1: Belegte steuerbefreite Haushalte jüdischer Konvertiten 1294 Ort

Haushalte

Trani Tarent Salerno Neapel Manfredonia Bari Melfi Aversa Capua S. Germano Casalnuovo Sessa Aurunca Venfro Troia Amalfi Alife Foggia Caserta Gravina S. Severo Teano Pontecorvo

310 172 150 138 75 72 > 70 60 45 multi 34 34 34 33 20 19 10 7 6 2 >1 1

Gesamt

> 1293

umbenannt, später dann sogar in ruga neophitorum; auch hier war offensichtlich der Großteil der Gemeinde übergetreten.25 Juden, die der Konversion entgehen konnten, sind für Trani nachgewiesen.26 Allerdings heißt es in einer Quelle von 1328, dass der Großteil der Juden der Stadt zum Christentum übergetreten sei.27 In Neapel dagegen scheint nur etwa die Hälfte der Juden konvertiert zu sein.28 Von der Konversionswelle offensichtlich überhaupt nicht erfasst wurden die bedeutenden Judengemeinden Kalabriens. Denn unter den Städten, in denen 1294 Neofiti von der Subventio Generalis befreit wurden, findet sich keine einzige, die in Kalabrien liegt. Die Gemeinden, für die Konversionen belegt sind, liegen alle in Kampanien und Apulien (vgl. Abbildung 1). Und es fehlt auch sonst jeglicher Beleg dafür, dass es Ende des 13. Jahrhunderts auch in Kalabrien zu Übertritten gekommen wäre. Um ihren Glauben

25 26 27 28

CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116, Nr. 148. Ebd., Nr. 79. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 336. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 43.

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Inquisitorische Verfolgung und die Massenkonversion

Wohnorte der 1294 belegten konvertierten Juden

Spoleto er Tib

Aquila

Pescara

ra sca Pe

Chieti

Rom

Tivoli

Adriatisches Meer

ro

g an

Ostia

S

Monte Cassino

Ponza

Capua Aversa Ischia Capri

Lucera

Benevent Caserta Neapel Amalfi

Manfredonia Foggia to

fan

O

Barletta Trani Bari

Melfi

Salerno

K Ö NIGR EIC H N E AP EL

Brindisi Tarent

Policastro

Otranto

Tyrrhenisches Meer Cosenza Cotrone Liparische Inseln

Palermo Messina

Reggio

Catania Agrigent

Mittelmeer Syrakus

Wohnorte konvertierter Juden Abbildung 1: Wohnorte der 1294 belegten konvertierten Juden

0

50

100

150 km

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nicht verleugnen zu müssen, scheint allerdings auch eine nicht abschätzbare Anzahl von Juden geflohen zu sein. Zumindest baten einige Juden 1294 König Karl II. um Erlaubnis, in das regno zurückkehren zu dürfen.29 Zu Beginn des 14. Jahrhunderts ermittelte der Inquisitor Andreas Doto in Kreta gegen konvertierte Juden wegen relapsus ad iudaismum und holte deswegen consilia des bekannten Juristen Oldrado da Ponte ein.30 Bereits Joshua Starr hatte spekuliert, dass es sich bei diesen Konvertiten um Flüchtlinge aus dem Königreich Neapel gehandelt haben könnte.31 Daten und Fakten 2: Der Zeitraum, in dem sich die Massenkonversion ereignete Die Hauptwelle der Konversionen fiel dabei allem Anschein nach in das Jahr 1292. Für Neapel sind zwar bereits 1290 zahlreiche Übertritte belegt.32 Zum Jahr 1292 jedoch vermerkt die erwähnte annalistische Notiz aus Bovino die Konversion einer quamplurima turba von Juden in Apulien.33 Auch mehrere Königsmandate belegen das Wirken der erwähnten Inquisitoren und bzw. oder den Übertritt von Juden zum Christentum im Jahr 1292.34 Und auf dem Provinzialkapitel der römischen Provinz der Dominikaner in Rom wird im Mai 1292 schließlich beschlossen, dass jeder Priester des Ordens täglich eine Messe lesen sollte pro iudeis conversis ad fidem in regno Cecilie.35 Ob es nach 1292 zu weiteren Konversionen kam, lässt sich weniger deutlich erkennen. Auf jeden Fall ist für 1293 belegt, dass zwei spanische Dominikaner von Stadt zu Stadt zogen und dort contra iudeos predigten, und das auch auf Hebräisch.36 Doch ist nicht klar, ob sich diese Predigten an die bereits konvertierten Juden richteten oder an Juden, die noch zum Übertritt bewegt werden sollten. Inquisitorische Judenverfolgung Die zitierte Randnotiz aus Bovino führt die Massenkonversion von 1292 auf das Wirken dominikanischer Inquisitoren zurück. Auch die urkundlichen Quellen machen deutlich, dass die Massenkonversion ein Ergebnis der Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren war. Und der Rabbi Zidkiah man ha-Anavim aus Rom beklagte ja die Verfolgung der Juden durch Inquisitoren. Doch welche Rolle spielten die Bedrängnis durch die Bischöfe und die Apostaten vom jüdischen Glauben, die der Rabbiner ebenfalls beklagte? Und welchen Einfluss auf das Geschehen nahm der König, den er nicht erwähnt, dem

29 30 31 32 33 34

35 36

Ebd., 54. Jacoby, Venice, the Inquisition and the Jewish Communities (1970), 140. Starr, Mass Conversions (1946), 64. RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 62, 195f.; Morelli, Carte di Léon Cadier (2005), Nr. 143. Vatasso, Bibbie di Bovino (1900), 39. RCA 40, ed. Ascione (1993), 72f.; Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 158–173, hier 161, Anm. 12; CDSL, ed. Egidi (1917), Nr. 85. Acta Capitulorum Provinciae Romanae (1243–1344), ed. Kaeppeli (1941), 110. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 299; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 54.

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jedoch in den Erzählungen eine große Rolle zugewiesen wird, die in räumlicher und zeitlicher Entfernung vom Geschehen entstanden? Die Geschichtswissenschaft ist tief durch ihr hermeneutisches Erbe geprägt. Sie neigt dazu, Ereignisse den Intentionen von Akteuren zuzurechnen, deren Motive es dann zu ‚verstehen‘ gilt. Und auch die Erklärungsversuche der Geschichtswissenschaft für die Massenkonversion von 1292 haben diese lange Zeit wie die mittelalterlichen Autoren entweder auf das intentionale Handeln des Königs oder aber der Inquisitoren zurückgeführt.37 Hierin ist implizit die Annahme enthalten, dass Gesellschaft prinzipiell durch herausragende Akteure oder Instanzen steuerbar ist. Andere Wissenschaften sind in Hinsicht auf die Steuerbarkeit von Gesellschaft deutlich skeptischer als die Geschichtswissenschaft, etwa die Systemtheorie, die jedoch ihrerseits dem Irrtum erliegt, erst die funktionale Differenzierung der Moderne habe die Steuerung von Gesellschaft durch politisches Handeln unmöglich gemacht.38 Dabei lässt die über die Grenzen der historischen Mittelalterforschung verbreitete Einsicht, dass es sich bei den politischen Verbänden des Mittelalters stets um Feudalmonarchien handelte, also um auf ihre Weise politisch differenzierte und komplexe Gebilde, die Annahme der Steuerbarkeit von Gesellschaft auch für das Mittelalter fragwürdig erscheinen.39 Die folgenden Überlegungen versuchen daher, die Komplexität der Wechselbeziehungen, die zwischen verschiedenen Akteuren und ihren Intentionen bestanden, nicht zu reduzieren, indem sie die Massenkonversion allein einem dieser Akteure und seinen Absichten zurechnen. Als besonders hilfreich hat sich dabei Max Webers Konzept der Wahlverwandtschaft erwiesen; Wahlverwandtschaft heißt, dass unterschiedliche Phänomene, die jeweils ihre Eigenlogik haben, sich gegenseitig in ihrem Bestand bzw. in ihrer Entwicklung begünstigen.40 Es wird sich zeigen, dass sich die Massenkonversion der Jahre um 1292 nicht sinnvoll als die gezielte Umsetzung eines Plans beschreiben lässt, sei es der Inquisitoren, sei es des Königtums. Sie war vielmehr Resultat einer inquisitorischen Judenverfolgung, die sich kumulativ radikalisiert hatte.41 Und im Vergleich mit anderen Regionen Europas wird deutlich, dass sie sich im Königreich Neapel kumulativ radikalisieren konnte, weil sie dort in eine politische Konstellation eingebettet war, die eine spezifische Wahlverwandtschaft mit sich brachte.

37

38 39

40

41

Abulafia, Monarchs and Minorities (1996), 251–256; vgl. Ders., Verfolgung der Juden in Süditalien (1999), 102f.; Starr, Mass Conversions (1946). Luhmann, Soziale Systeme (1983). Vgl. etwa hierzu die Überlegungen zum „überforderten König“ bei Moraw, Von Offener Verfassung (1985), 155f., der hierin ein allgemeines strukturelles Problem der europäischen Monarchien im Spätmittelalter ausgemacht hat. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1972), 201; implizit enthalten sind die hier ausgeführten konzeptionellen Überlegungen bereits bei Scheller, Mission, Inquisition und Konversion (2008). Diese bleibt gänzlich unerwähnt bei Stow, Ebrei e Inquisitori (1986).

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Von einzelnen Konversionen zur Massenkonversion Der großen Welle von Konversionen im Jahr 1292 waren bereits kleinere vorangegangen. Erste, einzelne Übertritte von Juden zum Christentum sind unmittelbar für die Zeit kurz nach dem Herrschaftsantritt Karls von Anjou in Süditalien nachgewiesen: 1267 und 1270. Weitere Nachrichten über Konversionen sind für die Jahre 1290 und 1291 belegt, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass es zumindest in der Zeit zwischen 1270 und 1283 ebenfalls zu Übertritten von Juden zum Christentum kam. Mit vereinzelten Übertritten von Juden zum Christentum, die in den späten 60er-Jahren des 13. Jahrhunderts einsetzten, kam ein Prozess in Gang, der sich mit den Worten Solomon Grayzels folgendermaßen beschreiben lässt: „Conversion was followed by regret, and regret by inquisition.“42 Dieser Prozess lässt sich Ende des 13. Jahrhunderts auch in anderen europäischen Reichen beobachten. Nur im Königreich Neapel folgte hierauf allerdings noch eine weitere Radikalisierungstufe: Inquisition führte hier zu Massenkonversion. Im Folgenden sollen zunächst die Eigenlogik herausgearbeitet werden, der die Verfolgung der Juden durch die Inquisition folgte, und das Verhältnis von Monarchie und Inquisitoren. In einem dritten und letzten Schritt wird es dann endlich um die besondere Stellung der Juden im mittelalterlichen Süditalien gehen, um so deutlich zu machen, dass diese ein wesentlicher Faktor war, um die im europäischen Vergleich einzigartig permissive Haltung der süditalienischen Monarchie zur Verfolgung der Juden durch Inquisitoren zu erklären – eine Haltung, die für den Erfolg der inquisitorischen Bemühungen zentral war. Dies wird in Form einer Rückblende geschehen, die bis in die Zeit Friedrichs II. zurückblickt. Wie es Ende der 60er-Jahre des 13. Jahrhunderts zu den ersten Übertritten von Juden zum Christentum kam, lässt sich im Einzelnen nicht nachvollziehen; es fällt allerdings auf, dass sie erst nach dem Dynastiewechsel von den Staufern zu den Anjou 1266 einsetzen. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass die Bettelorden, die damals in das regno zurückkehrten, aus dem sie Friedrich II. 1239 vertrieben hatte, hiermit etwas zu tun hatten.43 Eine Reihe von Dominikanermönchen, die als Inquisitoren fungierten, agierten nachweislich als Prediger.44 Zu deren Aufgaben gehörte allem Anschein nach auch die Judenmission. Mit dem Herrschaftsantritt der Dynastie Anjou wurde also auch das Königreich Sizilien in die Missionskampagne der Bettelorden integriert, die zu diesem Zeitpunkt schon die Königreiche Aragón und Frankreich sowie die Grafschaft Provence erfasst hatte.45

42 43 44

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Grayzel, Popes, Jews and Inquisition (1979), 184. Fonseca, Federico II. e gli Ordini Mendicanti (1996). Acta Capitulorum Provinciae Romanae, ed. Kaeppeli (1941), 58: Bartholomäus d’Aquila, Iohannes de San Martino (1281); 90: Guillelmus de Tocco (1288); 103: Matheus de Aversa und Angelo da Trano (1291). Scheller, Mission, Inquisition und Konversion (2008); Chazan, Daggers of Faith (1989); Cohen, Friars and the Jews (1982).

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Bereits 1267 verlieh Karl I. einem Mann namens Manuforte, „der vom Irrtum des jüdischen Unglaubens zum christlichen Glauben umgekehrt ist und mehr noch in diesem Glauben fest verharrt und sich freilich auch bemühte, andere Juden durch seine Predigt und Ermahnung auf den Weg der Wahrheit zurückzurufen“,

eine jährliche Rente von sechs Unzen aus den Einkünften der Färberei der Stadt Trani.46 Im Jahr 1270 erhob derselbe Manuforte, der einst judeorum synagoge magister gewesen war, dann beim König einen Vorwurf aus dem Repertoire des neuen dominikanischen Antijudaismus, nämlich dass die rabbinische Literatur, vor allem der Talmud, Blasphemien gegen Jesus Christus und die Jungfrau Maria enthielte. Die Justitiare des Reichs erhielten deshalb die Anweisung, auf Veranlassung des Manuforte und mit Rat des Dominikanerpriors und des Franziskanerguardians an den Orten, an die sie von ihnen geführt würden, sorgfältig nachzuforschen, die Bücher zu beschlagnahmen und sie unverzüglich an den Hof zu schicken.47 In Pozzuoli bei Neapel ist 1270 ein Konvertit namens Fra’ Sebastiano belegt.48 Ihn hatte offensichtlich ein Angehöriger des Dominikaner- oder Franziskanerordens aus der Taufe gehoben und ihm seinen Namen gegeben. Nicht alle bekehrten Juden zeigten in ihrer neuen Religion einen Eifer wie der Traneser Konvertit Manuforte. Denn dieser berichtet dem König im Mai 1270, quod multi Iudei ad fidem Christianam conversi fuerunt et deinde ad Iudaismum sunt reversi et latitant in diversis Regni partibus. Gleichzeitig verlangte er, dass diese ‚rückfälligen‘ Konvertiten gezwungen werden müssten, den christlichen Glauben zu bewahren.49 Die Verfolgung solcher Juden, die zum Christentum übertraten und später zum Judentum zurückkehrten, war Aufgabe der Inquisition, galt der relapsus ad iudaismum doch als Apostasie und das heißt als Häresie.50 Doch nicht nur solche relapsi, sondern auch Juden, die niemals konvertiert waren, wurden nun vor das Gericht der Inquisitoren gezogen. Denn bereits im Juni 1270 klagen die Juden Apuliens darüber, dass sie von den Inquisitoren genötigt würden, jene Juden zu denunzieren, die zum christlichen Glauben übergetreten und später zum Judentum zurückgekehrt seien.51 Knapp drei Jahre zuvor, am 26. Juli 1267, hatte Papst Clemens IV. die Bulle Turbato Corde ausgehen lassen. In dieser beauftragte der Papst die Inquisitoren, unter Christen und Juden wegen Christen, die zum Judentum übergegangen sind, zu ermitteln, gegen diese wie gegen Häretiker zu verfahren und auch die Juden, die sie zum Übertritt verleiteten, mit der 46

47 48 49 50

51

Codice Diplomatico 1, ed. del Giudice (1863), Nr. 116: Karolus etc. Noverit Universitas vestra quod nos manuforti de Trano qui a Judayce infidelitatis errore ad fidem christianam conversus nedum in fide ipsa persistit firmiter verum etiam Judeos alios ad viam veritatis predicatione ac exortatione sua revocare conatur sex uncias auri ad generale pondus Regni, in proventibus Tintorie Civitatis Trani presentium tenore concedimus ac etiam assignamus percipiendas ab eodem manuforti de predictis proventibus annis singulis usque ad nostre beneplacitum voluntatis […]. Codice Diplomatico 3, ed. del Giudice (1902), Nr. 122; vgl. Cohen, Friars and the Jews (1982), 86. Ambrasi/Ambrosio, Diocesi e Vecovi di Pozzuoli (1990), 210. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 139. Cohen, Friars and the Jews (1982), 48–50; Simonsohn, Apostolic See and the Jews 7 (1991), 345–352. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 158f.

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pena debita zu bestrafen.52 Zwar ist nicht explizit gesagt, dass es sich bei den genannten Christen, die zum Judentum übergingen, um ehemalige Juden handelte, die zum Christentum übergetreten waren und nun zu ihrer alten Religion zurückkehren wollten. Als Gregor X. die Bulle Turbato Corde 1274 abermals ausgehen ließ, wurde in diese jedoch ein entsprechender Passus eingefügt, der sich explizit auf jüdische Konvertiten bezog, die des relapsus ad iudaismum beschuldigt wurden. Er blieb Bestandteil aller späteren Neuauflagen der Bulle.53 Die späteren Versionen von Turbato Corde müssen deshalb wohl als Präzisierungen und nicht als Erweiterung der ersten Fassung von 1267 verstanden werden.54 Für die Stellung der Juden in den christlichen Reichen des okzidentalen Mittelalters markiert die Bulle Turbato Corde eine Zeitenwende. Denn sie schuf erstmals eine kirchenrechtliche Grundlage dafür, dass Inquisitoren nicht nur für ‚rückfällige‘ Konvertiten zuständig waren; diese galten der Kirche seit jeher als Christen und unterstanden somit schon immer der kirchlichen Jurisdiktion. Auf der Basis von Turbato Corde jedoch konnten Inquisitoren ihre Kompetenzen – und das heißt ihre Verfolgung – nun tendenziell auf die Juden als Gesamtheit ausdehnen. Voraussetzung dafür war, dass einzelne Juden zum Christentum übergetreten waren und nun im Verdacht standen, zum Judentum zurückgekehrt zu sein. Denn die Inquisitoren konnten dann auch Juden belangen, die verdächtig waren, ‚rückfällige‘ Konvertiten zu begünstigen, und dies konnte offensichtlich so weit gehen, dass ein jeder Jude, der nicht bereit war, verdächtige Konvertiten bei den Inquisitoren anzuzeigen, mit Zwangsmaßnahmen zu rechnen hatte. Denn eben darüber hatten die Juden Apuliens ja bereits 1270 Klage geführt. Bereits vereinzelte Konversionen konnten für die Judengemeinden so zu einer existenziellen Bedrohung werden. Aus dem Jahr 1281 ist eine Neuauflage der Bulle Sicut Iudeis überliefert, die offensichtlich Juden aus Sizilien bei Martin IV. erwirkt hatten, ist sie doch nur in Palermo überliefert. Diese weist einen bezeichnenden Zusatz auf, in dem die Befugnisse der Inquisitoren eingeschränkt und Prozesse gegen Juden zumindest teilweise in die Bahnen eines Anklageverfahrens gelenkt werden. Dem Kläger soll zumindest eine Art poena talionis drohen, für den Fall, dass er seine Anschuldigungen nicht beweisen kann.55 Außerdem legt sie fest, dass Juden, falls getaufte Juden mit ihnen aliquam familiaritatem hätten, nicht zu irgendeiner Strafe gezwungen werden dürften.56 Unmittelbar vor der Sizilischen Vesper wurden die Juden im Reich Karls I. also immer noch von den Inquisitoren belangt, die sie verdächtigten, konvertierte Juden zur Apostasie zu verleiten, und für diesen Verdacht reichten offensichtlich bereits soziale Kontakte aus. Für die Zeit von 1283 bis 1289 fehlen Nachrichten über inquisitorische Aktivität. Die Krise des Königreichs infolge der Sizilischen Vesper bedeutete für die Juden des regno also eine Atempause. Ab 1290 jedoch häufen sich die Nachrichten über die Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren. Dabei lautet der Vorwurf stets auf Beihilfe zur 52 53 54 55 56

Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 230. Ebd., Nr. 236, 260, 266. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 7 (1991), 346, Anm. 6. Zu diesem vgl. Trusen, Von den Anfängen des Inquisitionsprozesses (1993), 49. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 248.

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Apostasie. Vor allem aber stehen die Nachrichten über die Verfolgung und Verurteilung von Juden als fautores und receptatores hereticorum nun in unmittelbarer Nachbarschaft zu Zeugnissen über die Konversion von Juden. Die Dynamik der Judenverfolgung, die mit den ersten Übertritten begonnen hatte, erreichte also eine weitere Stufe: Inquisition führte nun zu Massenkonversion. Anfang 1290 verurteilen die Inquisitoren Iacobus de Theate und Bartholomäus d’Aquila einen Juden aus Neapel namens Ribamelis „wegen des Verbrechens der Häresie [...] bezüglich des Christen Paulus [!], der durch jenen Ribamelis und gewisse Juden zum Judentum (zurück)geführt“ worden sei, zu einer Buße von 30 Unzen Gold. Von diesen gingen zwei Drittel an die königliche Kammer, ein Drittel an die Inquisitoren.57 Dieser Verteilungsschlüssel galt seit Januar 1290.58 Doch nicht nur Ribamelis war von den Inquisitoren belangt worden, sondern auch andere Juden aus Neapel, möglicherweise jene, denen vorgeworfen wurde, gemeinsam mit ihm dem Konvertiten Paulus Beihilfe zum relapsus geleistet zu haben. Auf jeden Fall erhalten wohl Anfang März 1290 die Inquisitoren Andrea de Augusta und Severino de Platia jeder für dieses Jahr 5 Unzen angewiesen de pecunia condenpnacionis [!] Iudeorum Neapolis.59 Dieses Geld stammte wahrscheinlich aus dem Verkauf konfiszierten Besitzes. Denn ebenfalls im März 1290 berichten die Inquisitoren Bartholomäus d’Aquila und Iacobus de Theate, dass sie gewisse Häuser und terre laboratorie für den königlichen Fiskus eingezogen und zum Verkauf ausgesetzt hätten.60 Exakt in die gleiche Zeit wie diese Verfolgung durch die Inquisitoren fällt nun auch eine Reihe von Konversionen von Juden aus Neapel zum Christentum. Denn am 5. und 9. März 1290 ergehen zwei Königsmandate mit fast identischem Wortlaut, in denen zehn namentlich genannte Neofiti aus Neapel, die zuvor zum Christentum übergetreten waren, die Erlaubnis erhalten, eine Synagoge, von der sie versichern, sie habe ihren Vorfahren gehört, künftig als Oratorium zu nutzen.61 Wie für Neapel 1290 so sind für das apulische Trani 1291 zeitgleich die Verfolgung der dortigen Juden durch die Inquisition und auch zumindest eine Konversion eines Juden zum Christentum belegt. Ende Januar 1291 vermerkt ein Mandat, dass universi iudei Trani durch den Inquisitor Bartholomäus d’Aquila zu einer Strafsumme von 220 Unzen verurteilt worden waren.62 Am 4. Februar 1291 ergeht ein Mandat des Vikars 57

58 59 60 61 62

RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 66f.: […] Cum Ribamelis iudeus de Napoli, servus Camere Regie qui setentialiter estitit condempnatus per religiosos viros fratrem Iacobum de Theate et fratrem Bartholomeum de Aquila, ordinis Predicatorum, generales Inquisitores hereticorum in Regno Sicilie per Sedem Apostolicam constitutos ob crimen heresis, quod per Inquisitores eosdem inventum fuerat contra eum de Paulo Christiano, qui per eundem Ribamelem et quosdam Iudeos alias fuerat ad Iudaysmum reductus, in unciis auri triginta ponderis generalis, solvendis ex ipsis unciis auri viginti Regie Curie et reliquis decem Inquisitoribus supradictis […]. Ebd., 184. Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 161, Anm. 11. RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 68. Ebd., 62, 195f. RCA 35, ed. Orefice (1985), 211.

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Robert, Graf von Artois, in dem dieser alle ihm Untergebenen anweist, den konvertierten Juden Robert, der in Trani wohnt, gut zu behandeln.63 Nicht nur eine unmittelbare zeitliche Nähe, sondern einen fassbaren Zusammenhang zwischen der Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren und massenhaften Übertritten zum Christentum belegt schließlich ein Mandat des Prinzen Karl Martell an den Strategoten von Salerno und Vikar im dortigen Fürstentum, Petrus de Guinzac. Es datiert auf den 12. April 1292 und fällt damit in jenes Jahr, in dem sich nach allen Indizien der größte Teil der Übertritte der Juden Apuliens und Kampaniens ereignete. In ihm geht es um die Verfolgung der Judengemeinde von Salerno durch den Inquisitor Bartholomäus d’Aquila und den Übertritt fast der gesamten Gemeinde zum Christentum. Dem Wortlaut des Mandats zufolge hatte der Inquisitor Bartholomäus d’Aquila an den Hof gemeldet, es sei durch glaubwürdige Zeugen bewiesen, dass „in der großen Synagoge der Juden von Salerno mit Wissen und Mitwissen der Juden der Iudayca von Salerno, denen die Synagoge gehört, viele Häretiker und Abtrünnige vom Glauben Christi Aufnahme fanden, dort ein gewisser Christ namens Moyses beschnitten wurde, gewisse andere der Juden sich zur Häresie bekannten und im Becken der Synagoge ein gewisser Apostat vom Glauben Christi, Azarias, durch die Juden der Iudayca in Verletzung der Taufe abgewaschen wurde.“

Er habe deshalb „aufgrund der ihm übertragenen Machtbefugnis“ angeordnet, „dass die Synagoge den kanonischen Strafen gemäß bis auf die Grundmauern eingerissen“ werden sollte, wobei er sich bezüglich der Synagoge und ihres Besitzes vorbehielt, „über sie auch anderweitig zu verfügen, wenn es der Verbreitung des Glauben förderlich sein werde.“ Da am folgenden Tag tatsächlich „das Licht des katholischen Glaubens die Juden der genannten Iudayca fast alle erleuchtete, unter denen der Großteil zum ersten Mal schlimme Armut litt, änderte er den Spruch, dass die genannte Synagoge zerstört werden solle, und ordnete bezüglich jener Synagoge an, dass sie zu Geld gemacht werden solle, aus dem für die genannten, in der heiligen Taufe Armen vorgesorgt werden solle. Er befahl, die Synagoge durch zwei seit jeher christliche und getreue Prokuratoren zu verkaufen und den daraus erhaltenen Preis unter den genannten Armen zu teilen und verteilen, so wie es durch seinen schriftlich festgehaltenen Urteilsspruch feststünde.“

Dem allerdings hatte sich der Strategot Guinzac entgegengestellt und von den Prokuratoren des Inquisitors zwei Drittel des erzielten Preises für den Hof verlangt. Aus diesem Grund hatte Bartholomäus d’Aquila beim Hof darum gebeten, die Krone möge zugunsten der nunmehr verarmten ehemaligen Juden auf die „zwei Teile des Kaufpreises für die genannte Synagoge, die dem Hof zustehen“, verzichten. Die Gewährung dieser Bitte bildete den Rechtsinhalt des Mandats an den Strategoten.64 63 64

Ebd., 214. RCA 40, ed. Ascione (1993), 72f.: Pro fratre Bartholomeo de Aquila. Karolus primogenitus illustris Ierusalem et Sicilie regis, princeps Salernitanus et honoris Montis S. Angeli dominus ac eius in regno Sicilie vicarius, nobili viro domino Petro de Guinsac, militi vicario in Principatu et stratigoto Salerni

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Der Inquisitor Bartholomäus d’Aquila behauptete also, in der Hauptsynagoge von Salerno würden konvertierte Juden rituell wieder zum Judentum zurückgeführt; er hatte deshalb praktisch die gesamte Judengemeinde der Stadt nicht nur beschuldigt, Beihilfe zur Apostasie zu leisten, sondern diesen Vorwurf offensichtlich auch zum Anlass für einen regelrechten Inquisitionsprozess gegen die Judengemeinde von Salerno genommen, an dessen Ende ein Schuldspruch stand. Der Inquisitor betont, dass „rechtmäßige Zeugen“ die Quelle seines Wissens seien, seine Anordnungen trifft er „aufgrund der ihm übertragenen Machtbefugnis“ bzw. „den kanonischen Strafen gemäß.“ Folge einer Verurteilung als Häretiker war in der Regel die Konfiskation des Vermögens. Beihilfe zur Häresie wurde regelmäßig mit Geldbußen geahndet. Zudem liegt klar zutage, dass der Inquisitor das Gemeindevermögen der Juden infolge seines Schuldspruchs konfiszieren ließ. Forderte der königliche Amtsträger vor Ort doch zwei Drittel des Preises, den die Prokuratoren des Inquisitors beim Verkauf der Synagoge erzielt hatten, für die Krone und damit jenen Anteil, der der königlichen Kammer vom Vermögen eines verurteilten Häretikers zustand. Doch die Juden von Salerno gingen nicht nur ihres Gemeindevermögens, sondern offensichtlich auch beträchtlicher Teile ihres Privatvermögens verlustig. Der Großteil von ihnen litte „zum ersten Mal üble Armut“, bzw. sie seien „in der heiligen Taufe devoto suo, salutem et dilectionem sinceram. Exposuit excellentie nostre religiosus vir frater Bartholomeus de Aquila ordinis Fratrum Predicatorum inquisitor heretice pravitatis in regno Sicilie per sedem apostolicam constitutus, quod, dum pridem per legitimos testes, sibi plene conscientie quod in sinagoga maiori Iudeorum de Salerno, scientibus et conscientibus Iudeis Iudayce Salernitane ad quos predicta sinacoga spectabat, plures heretici apostate a fide Christi receptati fuerant in ea et quidem Christianus nomine Moyses fuerat circoncisus ibidem et quidam alii Iudeorum heresim profexi et in puteo vel fonte ipsius Sinagoge quidam nomine Azarias a fide Christi apostate in inuriam baptismatis per Iudeos Iudaice predicte fuerat ablutus. Ideo Sinagogam eandem iuxta canonicas sanctiones auctoritate sibi commissa mandaverit funditus dirui, reservata tamen in potestate ipsius super predicta Sinagoga et bonis eiusdem, ut possit alter de ipsis disponere si promotione fidei foret expediens. Sed, quia sequenti die divina gratia Iudeos Iudayce predicte universaliter fere illuminavit lumen catholice fidei, inter quos maior pars male primitus paupertatis, sententiam de predicta Sinagoga diruenda commutans et disponens de ipsa Sinagoga ut in pecunia convertatur, de qua in sacro baptismate provideatur pauperibus supradictis, Sinagogam eandem vendi mandavit per duos procuratores christianos antiquos et fideles, et pretium acceptatum de ipsa dividendum et dispensandum per pauperes supradictos, prout per sententiam ipsius latam in scriptis asserit plene constare, vos predictos procuratores christianos, contra predictam sententiam fratris Bartholomei in venditione dicte Sinagoge, petentes ab ipsis pro parte Curie nostre duas partes pretii Sinagoge ipsius molestatis et multipliciter perturbatis; propter quod nobis humiliter supplicavit ut providere super hoc misericorditer dignaremur. Nos igitur, volentes cum eisdem pauperibus misericorditer agere ne paupertate oppressi et noviter ipsi conversi ad fidem nondum renati sacro baptismate scandalum patiantur, predictas duas partes pretii dicte Sinagoge contigentes Curiam nostram divine pietatis intuytu pro eorum vestibus et elemosina pauperibus ipsis de speciali gratia relaxamus, volentes et devotioni vestre districte mandantes quatenus predictos procuratores christianos in venditione dicte Sinagoge et receptione pecunie pro ipsius pretio de cetero nullatenus molestetis, nec impendimentum aliquod propterea prestetis eisdem, immo favorem et auxilium impendatis in venditione Sinagoge predicte, ita quod ad nostram propterea recurrere Curiam non cogantur […].

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Arme“, betonte der Inquisitor und begründete hiermit seine Bitte, die Krone möge zugunsten der nunmehr verarmten Konvertiten auf die zwei Drittel des Gemeindevermögens verzichten, die ihr zustanden. Die hier gleichsam chiffrierte Ursache für die plötzliche Armut des Großteils der Salernitaner Juden kann aus der Logik der Vorgänge nur gewesen sein, dass der Inquisitor auch ihr Vermögen hatte konfiszieren lassen bzw. ihnen hohe Geldbußen auferlegt hatte, waren sie doch als Apostaten bzw. fautores et receptatores hereticorum verurteilt worden. Dass der Hof zustimmte, auf seinen Anteil am Verkaufspreis der Synagoge zu verzichten, wird ihm anbetrachts der Tatsache, dass ja zwei Drittel dieses konfiszierten Vermögens und der Geldbußen an die königliche Kammer fielen, nicht allzu schwer gefallen sein. Die Vorgänge in Salerno vermitteln einen Eindruck davon, wie die Inquisitoren im Königreich Neapel in den 90er-Jahren des 13. Jahrhunderts die Möglichkeiten nutzten, Juden zu verfolgen, die ihnen die Bulle Turbato Corde eröffnet hatte, und wie sie auf diese Weise den massenhaften Übertritt von Juden zum Christentum herbeiführten. Dass Juden einzelne Konvertiten angeblich oder tatsächlich zum relapsus verleiteten und dass dies in der Synagoge geschieht, bietet den Anlass dafür, eine ganze Judengemeinde als fautores et receptatores anzuklagen und zu verurteilen. Die finanzielle Bedrängnis, in die er die Juden durch die Konfiskationen bzw. Geldbußen gebracht hat, die aus seinem Schuldspruch resultierten, benutzt der Inquisitor Bartholomäus d’Aquila dann als Druckmittel, um diese zum Übertritt zu bewegen. Denn es ist auffällig, dass der Inquisitor zwar anordnet, „dass die Synagoge den kanonischen Strafen gemäß bis auf die Grundmauern eingerissen werden sollte“, sich gleichzeitig aber vorbehält, „über sie auch anderweitig zu verfügen, wenn es der Verbreitung des Glaubens förderlich sein werde.“ Man tut dem Zeugnis wohl keine Gewalt an, wenn man hierin ein Angebot erkennt, das der Inquisitor den verarmten Salernitaner Juden machte und das diese offensichtlich nicht ablehnen konnten. Denn am Tag darauf erleuchtete ja „das Licht des katholischen Glaubens fast alle Juden der genannten iudayca.“ Dass die Inquisitoren nicht nur die Juden von Salerno in finanzielle Bedrängnis gebracht und daraus ein wichtiges Druckmittel gewonnen hatten, sie zum Übertritt zu bewegen, dafür sprechen auch die Privilegien, mit denen Karl II. 1294 die konvertierten Juden auf Lebzeiten von der Subventio Generalis und anderen Steuern befreite.65 Solche Steuerbefreiungen gewährte die Krone in der Regel, wenn die wirtschaftliche Leistungskraft der Betroffenen, etwa einer Gemeinde oder Region, stark geschwächt war – aus welchen Gründen auch immer.66 Offensichtlich hatten die konvertierten Juden also auch andernorts erheblichen finanziellen Schaden erlitten. Allerdings sind für die Folgezeit auch Neofiti belegt, die über erhebliches Vermögen verfügten.67 Die konvertierten Juden waren also nicht alle in gleichem Maße finanziell geschädigt worden. Vielleicht hatten einzelne Juden auch versucht, einer Verurteilung als fautores et receptatores durch Kon-

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S. u., 64 f. Vgl. Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 554–556. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 103; 116; 124, 127, 128.

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version zuvorzukommen. Zudem standen den Inquisitoren neben finanziellen noch andere Bußen zur Verfügung, mit denen sie erheblichen Druck auf die Juden ausüben konnten. Die Aussicht auf Exil, lebenslange Kerkerhaft, indirekte Exkommunikation, also Boykott durch die Christen, wird wahrscheinlich ebenfalls manch einen Juden im Königreich Neapel zur Flucht in den Übertritt veranlasst haben.68 Die Haltung des Königtums zur inquisitorischen Judenverfolgung Die weltliche Gewalt im Königreich Sizilien setzte der inquisitorischen Judenverfolgung zwar zunächst offensichtlich noch einen gewissen Widerstand entgegen. Karl I. hatte 1270 der Bitte apulischer Juden ja noch entsprochen, er möge den Inquisitoren untersagen, sie zu zwingen, dass sie rückfällige Konvertiten denunzierten.69 Als sizilianische Juden elf Jahre später versuchten, Schutz vor den Inquisitoren zu erhalten, wandten sie sich jedoch bezeichnenderweise nicht an ihren König, sondern an den Papst.70 Offensichtlich erwarteten sie vom Königshof keinen wirksamen Schutz. Unter Karls I. gleichnamigem Nachfolger ließ die Monarchie den Inquisitoren bei der Verfolgung der Juden dann endgültig freie Hand und unterstützte sie dort, wo sie um Unterstützung nachsuchten. Dies zeigen die geschilderten Ereignisse von Salerno im Jahre 1292. Hier agiert der Inquisitor offensichtlich auf eigene Rechnung. Zumindest erfährt der Königshof erst von den Maßnahmen des Inquisitors gegen die Juden von Salerno, nachdem der königliche Amtsträger vor Ort den Verkauf der bereits konfiszierten Synagoge behindert. Als sich der Inquisitor daraufhin an den Hof wendet, erhält der Strategot von Salerno dann prompt die Anweisung, die Prokuratoren des Inquisitors beim Verkauf der Synagoge nicht zu behindern, sondern zu unterstützen.71 Im Dezember des gleichen Jahres weist Karls II. Sohn, Karl von Ungarn, den Capitano von Lucera an, gewisse Juden, hereticorum receptatores, fauctores et defensores, die vor den Inquisitoren nach Lucera geflohen seien und sich dort aufhielten, festzunehmen und an die Inquisitoren Guillelmus de Tocco und Iohannes de San Martino auszuliefern.72 Große Spielräume eröffnete Karl II. den Inquisitoren zudem bezüglich ihrer Einkünfte. Anfang 1290 überließ er ihnen für die Ausübung ihres officiums ein Drittel der Summen, die sie durch Konfiskationen und Geldbußen einnahmen.73 Dass die Inquisitoren nun nicht mehr, wie zur Zeit Karls I., feste jährliche Gagen erhielten, sondern die Höhe ihrer Einkünfte mit der

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Diese Strafen für die fautores und receptatores von relapsi sahen Juristen der Universität Bologna 1281 in einem Gutachten für einen Inquisitor aus Ferrara vor; vgl. Colorini, Ebrei in Ferrara (1983), 161, 184f.; vgl. auch Yerushalmi, Inquisition and the Jews of France (1970), 348–350. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 158f. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 248. RCA 40, ed. Ascione (1993), 73. CDSL, ed. Egidi (1917), Nr. 85. RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 184.

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Anzahl ihrer Verurteilungen und den aus diesen resultierenden Geldbußen und Konfiskationen korrespondierte, wird die Dynamik der inquisitorischen Judenverfolgung wohl eher befördert als gebremst haben.74 Unmittelbar danach gingen die Inquisitoren gegen die Juden von Neapel vor. Auch bezüglich der Übertritte von Juden zum Christentum, die die inquisitorische Judenverfolgung nach sich zog, ließ die weltliche Gewalt den Inquisitoren freie Hand und gewährte dort Unterstützung, wo die Inquisitoren diese forderten. Einige in diesem Zusammenhang bisher übersehene bzw. unbekannte, unmittelbar zeitgenössische Mandate, die in den Registern der königlichen Kanzlei überliefert wurden, belegen, dass Mitglieder des Königshofs, ja des Königshauses, Taufpatenschaften für Juden übernahmen. Schon im Jahr 1291 ist es der Vikar Robert von Artois, der einen Juden aus der Taufe hebt und ihm seinen Namen gibt.75 Und auch für den Kanzler Karls II., Adam de Douzy, ist belegt, dass er die Taufpatenschaft für einen Juden übernahm.76 Wohl im August 1296 wendet sich ein clericus neofitus aus Neapel namens Philippus dictus de Principe an den Hof Karls II., der vom König eine Pfründe versprochen bekommen hatte, quem Philippus filius noster Princeps Tarentinus de sacro fonte suscepit.77 Und im März 1296 erhält der Strategot von Salerno die Anweisung, jährlich aus den Einnahmen der Steuerverpachtung eine Unze an den Vormund eines Teobalducio […] neofito zu zahlen, den die Schwiegertochter Karls II., Clementia von Habsburg, aus der Taufe gehoben hatte.78 Dabei war die Gattin des Thronfolgers Karl Martell am Taufbecken vielleicht sogar mit dem Inquisitor Bartholomäus d’Aquila zusammengetroffen. Denn von den namentlich belegten 129 männlichen Juden, die infolge der Judenverfolgung 1292 in Salerno die Taufe nahmen, heißen nicht weniger als fünf Bartholomäus, davon zwei sogar genau wie der Inquisitor Bartholomäus d’Aquila.79 Mit ihrer permissiven Haltung gegenüber der inquisitorischen Judenverfolgung beschritt die Monarchie der süditalienischen Anjou in ihrer Zeit freilich einen Sonderweg. Denn auch in anderen südwesteuropäischen Reichen verfolgten Inquisitoren ab den 60er-Jahren des 13. Jahrhunderts Juden, denen sie vorwarfen, konvertierten Juden Beihilfe zum relapsus geleistet zu haben. Die Könige von Aragón und Frankreich und die Grafen der Provence ließen den Inquisitoren bei der Verfolgung dieser Juden allerdings nicht im gleichen Maße freie Hand – im Gegenteil. Es ist vielfach belegt, dass Inquisitoren dort auf harten Widerstand der weltlichen Autoritäten trafen, wenn sie versuchten, Juden vor ihre Tribunale zu zitieren.80

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RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 143, 210. RCA 35, ed. Orefice (1985), 214. RCA 46, ed. Cubellis (2002), 247. S. u. Quellenanhang, Nr. 1/2. CDS 3, ed. Carucci (1946), Nr. 257. RCA 35, ed. Orefice (1985), 214. Zum folgenden europäischen Vergleich vgl. Scheller, Mission, Inquisition und Konversion (2008), 111–114, mit ausführlichen Belegen.

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Im Königreich Aragón verfolgte das Königtum dabei im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts eine sehr konsequente Linie.81 So untersagte etwa König Jaume II. 1292 den Inquisitoren, Juden zu behelligen. Es sei allein seine Angelegenheit und nicht die der Inquisitoren, die Juden gegebenenfalls zu strafen, da die Juden weder dem katholischen Glauben angehörten noch den Gesetzen der Kirche unterstünden.82 Diese Haltung behielten die Könige von Aragón in der Folge zwar nicht bei; es sind zahlreiche Belege dafür vorhanden, dass die Inquisitoren gegen Juden vorgehen und diesen Bußen auferlegen konnten, ohne dass der König ihnen die Berechtigung hierzu grundsätzlich absprach. Die Könige behielten sich jedoch die Oberaufsicht über die Inquisitoren vor und hinderten sie daran, von der Verfolgung von relapsi zur Verfolgung ganzer Judengemeinden überzugehen, wie es den Inquisitoren im Königreich Neapel um 1292 gelungen war. Damit wurde die Dynamik der inquisitorischen Judenverfolgung erheblich gebremst. In Frankreich unterstützte das Königtum die Inquisitoren am Ende des 13. Jahrhunderts zwar phasenweise, doch wies auch König Philipp IV. wiederholt Ansprüche der Inquisitoren zurück, Jurisdiktion über Juden auszuüben und bremste so die inquisitorische Judenverfolgung.83 Eine ähnliche Haltung gegenüber den Inquisitoren wie der französische König nahmen auch die Grafen der Provence ein. Und dies ist im Vergleich von besonderem Interesse, denn Grafen der Provence waren ja in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Personalunion die Könige von Neapel, Karl I. und Karl II. Anjou.84 Auch in der Provence wechselten sich Phasen, in denen die weltliche Autorität die Inquisitoren gewähren ließ bzw. unterstützte, mit Phasen des Widerstands gegen die Inquisitoren ab, sodass auch hier die inquisitorische Judenverfolgung immer wieder durch die weltliche Autorität gebremst wurde. Am 25. März 1276 untersagte Karl I. Anjou auf Bitten einer Delegation provençalischer Juden den Inquisitoren, die Juden der Grafschaft Provence zu verfolgen, denen sie viele unangebrachte und unrechtmäßige gravamina zugefügt hätten, außer in den drei Fällen, die die Bulle Turbato Corde vorsehe. Wollten sie den Juden Geldbußen auferlegen, so müssten sie zuvor den gräflichen Hof konsultieren.85 Aber auch Karl II. zeigt sich wiederholt bestrebt, die inquisitorische Judenverfolgung durch gräfliche Beamte zu kontrollieren und widersteht dabei auch päpstlichem Druck. Denn Papst Nikolaus IV. hatte den Inquisitoren der Provence 1288 befohlen, die Juden zu verfolgen, die konver-

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Assis, Papal Inquisition and Aragonese Jewry (1987), 400–402; Ders., Golden Age of the Aragonese Jewry (1997), 59–62; Baer, Geschichte der Juden im Königreich Aragonien (1913), 63; Grayzel, Popes, Jews, and Inquisition (1979), 181f. Baer, Juden im christlichen Spanien (1929), Nr. 133. Chester Jordan, French Monarchy and the Jews (1989), 187f.; Grayzel, Popes, Jews, and Inquisition (1979), 182f. Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 518–521; Grayzel, Popes, Jews, and Inquisition (1979), 183; vgl. auch Shatzmiller, Inquisition et juifs de Provence (1973); Kriegel, Prémarranisme et inquisition (1974). Bouard (Hg.), Actes et Lettres de Charles Ier (1926), Nr. 946.

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tierten Juden Beihilfe zum relapsus leisteten, und 1290 die örtlichen Prälaten angewiesen, die Inquisitoren dabei zu unterstützen.86 Am 7. Oktober 1291 befahl Karl II. den Seneschallen der Provence, Sorge zu tragen, dass sie die Juden nicht festnehmen oder festzunehmen befahlen, außer in den Fällen, die in den päpstlichen Schriftstücken genannt waren, mit denen sich Inquisitoren autorisierten. Sollte es diesbezüglich irgendwelche Zweifel geben, sollten sie die Juden keinesfalls festnehmen, ohne vorher den Hof informiert zu haben.87 Und am 27. Juni 1292 und noch einmal am 13. Juli 1293 erteilt Karl II. den gräflichen Amtsträgern in der Provence abermals die Anweisung, Inquisitoren, die ihre Befugnisse überschritten, nicht mehr zu unterstützen, sondern diese daran zu hindern.88 Im darauf folgenden Jahr bestätigt der Graf den provençalischen Juden dann sämtliche Privilegien Karls I. und untersagt ausdrücklich, ihnen irgendwelche Belästigungen und Unrecht zuzufügen.89 Die Haltung Karls II. Anjou zur Verfolgung der Juden durch Inquisitoren unterschied sich in der Provence also fundamental von der in seinem süditalienischen Reich. Während er den Inquisitoren hier weitgehend freie Hand ließ, legte er ihnen dort deutliche Beschränkungen auf. Damit verbietet es sich geradezu, die inquisitorische Judenverfolgung im Königreich Neapel und die Massenkonversion, in die sie mündete, aus der persönlichen Einstellung des Monarchen gegenüber den Juden zu erklären. Stattdessen muss die Erklärung in der spezifischen politisch-strukturellen Konstellation gesucht werden, in der sich die inquisitorische Judenverfolgung vollzog. Denn hier gab es einen gravierenden Unterschied zwischen dem Königreich Sizilien bzw. Neapel und den anderen hier betrachteten Reichen. Die Könige von Aragón und Frankreich und auch der Graf der Provence traten den Inquisitoren nämlich vor allem deshalb entgegen, wenn diese Juden auf der Basis des Beihilfevorwurfs verfolgen wollten, weil sie hierin eine Beeinträchtigung ihrer Rechte sahen. Denn sie beanspruchten die Juden doch als ‚ihre‘ Juden. Diese direkte Unterstellung der Juden unter den König bzw. den Grafen hieß vor allem, dass dieser die Jurisdiktion über die Juden und die Einkünfte aus den Judensteuern ausschließlich sich selbst vorbehielt. Der fuero, also das Stadtrecht der aragonesichen Stadt Teruel von 1176, ist bekanntlich der älteste Beleg dafür, dass Juden in Europa als servi regis, die „allzeit dem königlichen Fiskus zugehörig“ seien (semper fisco regio deputati), bezeichnet wurden.90 Auch die französische Monarchie pochte auf eine unmittelbare Unterordnung der Juden unter die Königsherrschaft, auch wenn dies bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts nur die

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Les Registres de Nicolas IV., ed. Langlois. 2 Bde. Paris 1886/93, Nr. 320, 321; Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 263f. RCA 40, ed. Ascione (1993) 90f. Ruocco (Hg.), Regesto Angioino-Francescano (1938), Nr. 60, 64. Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 520. Patschovsky, Rechtsverhältnis der Juden zum deutschen König (1993), 353; Abulafia, Servitude of Jews and Muslims (2000), 689f.

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Juden der Krondomäne betraf.91 Als Graf der Provence hatte Karl I. von Anjou 1270 dort selbst die gräfliche tallia iudeorum eingeführt.92 Als er den Inquisitoren 1276 untersagte, den provençalischen Juden Geldbußen aufzuerlegen, begründete er dies folgerichtig damit, dass dieses Geld ihm und seiner curia gehöre.93 Die Versuche Karls II. aus den frühen 90er-Jahren des 13. Jahrhunderts, die Juden der Provence vor übermäßiger Verfolgung durch die Inquisitoren zu schützen, gehen Hand in Hand mit einer Erhöhung der gräflichen Judensteuer von 600 auf 1 600 Unzen jährlich.94 Zwischen Königtum und Kirchen: Die politische Stellung der Juden im mittelalterlichen Süditalien Auch als Könige von Sizilien bzw. Neapel beanspruchten Karl I. und Karl II. eine unmittelbare Unterordnung der Juden unter die königliche Kammer. Allerdings konnten sie diesen Anspruch nur begrenzt einlösen, denn sie konkurrierten dabei vielerorts mit anderen, lokalen Gewalten. Jurisdiktion über die Juden und Einkünfte aus den Judensteuern waren in Süditalien am Ende des 13. Jahrhunderts nämlich in fast allen Orten mit bedeutenden jüdischen Gemeinden ganz oder teilweise im Besitz der Kirche, vor allem der Bischofskirchen, aber auch einiger bedeutender Abteien.95 Die Kirchen konnten sich vielfach, jedoch nicht immer, auf königliche Privilegien berufen, mit denen sie die Gerichtsbarkeit über die Judengemeinden und die Einkünfte aus den direkten und indirekten Judensteuern übertragen bekommen hatten. Diese datierten teilweise bis in die Zeit vor der Errichtung der normannischen Einheitsmonarchie zurück.96 Viele Privilegien, auf die sich die Herrschaft der Kirchen über die Juden am Ende des 13. Jahrhunderts stützte, stammten jedoch aus der Krisenphase des Königtums, die mit dem Dynastiewechsel von den Hauteville zu den Staufern am Übergang vom 12. zum 13. Jahrhundert verbunden war.97 Friedrich II. hatte nach seiner Rückkehr in das Königreich Sizilien 1220 versucht, die Juden als Steuerzahler für die Monarchie gleichsam zurückzugewinnen, und den Anspruch der Monarchie auf direkte Unterordnung der Juden neu formuliert. Seine Erfolge dabei waren allerdings begrenzt, da ihm die Kirchen massiven Widerstand entgegensetzten. Er und seine Nachfolger aus der neuen Dynastie der Anjou versuchten

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Chester Jordan, The French Monarchy and the Jews (1989), 3–23; Langmuir, „Judei Nostri“ (1990); Ders., „Tamquam Servi“ (1990). Hierzu zuletzt Shatzmiller, Encore la Tallia Judeorum (1993). S. o., 49, Anm. 85. Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 492f. Zum Verhältnis der Bischofskirchen zu den Juden in Nord- und Mittelitalien vgl. Luzzati, Vescovi ed Ebrei (1990). Straus, Juden im Königreich Sizilien (1910), 19f.; Houben, Gli ebrei tra la metà dell’XI e l’inizio del XIII secolo (1996), 60–62; Ders., Möglichkeiten und Grenzen religiöser Toleranz (1994), 171. Tancredi et Wilhelmi III. Diplomata, ed. Zielinski (1982), Nr. 18, 33; Constantiae Diplomata, ed. Kölzer (1990), Nr. 59, 60, Dep. 36, 57; Friderici II. Diplomata 1198–1212, ed. Koch (2002), Nr. 70.

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jedoch weiterhin, die Herrschaft der Kirchen über die Judengemeinden wenigstens zu begrenzen, um die Ansprüche der Monarchie so weit wie möglich zu wahren. Dieser Konflikt zwischen Monarchie und Kirchen um die Judengemeinden war die spezifische politisch-strukturelle Konstellation, in der sich die inquisitorische Judenverfolgung kumulativ radikalisieren konnte. Friedrich II. hatte zu Beginn der 30er-Jahre des 13. Jahrhunderts im Rahmen seiner Wirtschaftsreformen, der sogenannten nova statuta, auch die Färbereien neu organisieren lassen, um so die Steuern, die auf gefärbten Stoffen lagen, zumindest teilweise wieder an die königliche Kammer fließen zu lassen.98 Die Seidenfärberei war im Königreich Sizilien ein ausschließlich von Juden ausgeübtes Gewerbe, iudeca und tintoria wurden vielfach geradezu als Synonyme gebraucht. Dabei agierten die Juden seit normannischer Zeit als Konzessionäre des Königs, der das Monopol auf das Färbereigewerbe und damit die indirekten Steuern für sich beanspruchte, die beim Kauf gefärbter Seidenstoffe fällig wurden. Wie die direkten Judensteuern waren vielerorts jedoch auch die indirekten Judensteuern aus dem Färbereigewerbe durch königliches Privileg oder Usurpation in die Hand von lokalen Gewalten gelangt. Friedrich II. ließ nun sämtliche Färbereien von Prälaten, Grafen und Baronen, die das königliche Färbereimonopol unterliefen, schließen und an allen Orten die Färbereien wieder in königliche Verwaltung nehmen, die von eigens dazu eingesetzten jüdischen magistri ausgeübt wurde.99 Dort, wo Bischöfe und Äbte die Färbereien bis dato aufgrund königlicher Privilegien besessen hatten, wurden diese nun durch Fixsummen abgelöst, die dem Durchschnittswert der Steuereinnahmen der letzen Jahre entsprachen.100 „Die Gewinne der Zukunft wollte der Staat nicht mit der Kirche teilen.“ 101 Die Kirchen waren nicht überall bereit, sich auf diesen Handel einzulassen, und auf den Widerstand der Kirchen reagierte der König, indem er seinen Anspruch auf Unterordnung der Juden unter seine Gewalt grundsätzlich neu formulierte. Dies zeigt der Konflikt Friedrichs II. mit den Mönchen von Montecassino. Dem Bericht Richards von S. Germano zufolge hatte der Erzbischof von Reggio di Calabria im September 1231 verhindert, dass zwei Juden die Giudecca von S. Germano im Auftrag des Kaisers beschlagnahmten, „und ihnen befohlen, dass sie sie in Frieden im Besitz des Klosters Monte Cassino lassen sollten.“ 102 Die königlichen officiales beharrten gegenüber der

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Zu den Wirtschaftsreformen Friedrichs II. und ihren Folgen vgl. Maschke, Wirtschaftspolitik Kaiser Friedrichs II. (1966); Kamp, Vom Kämmerer zum Sekreten (1974), v. a. 56–58; Percy, Indirect Taxes of medieval Sicily (1981). Winkelmann (Hg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 796. Girgensohn/Kamp, Urkunden und Inquisitionen (1961), 152. Kamp, Vom Kämmerer zum Sekreten (1974), 57. Richardus de Sancto Germano, Chronica, ed. Garufi (1938), 176: Tintorias omnes de regno ad opus fisci imperialis recipi precipit imperator, et super hoc suas mittit litteras generales. Quas cum Iudei pro iudeca Sancti Germani recipienda detulerint, ipsam Reginus archiepiscopus capi prohibuit mandans ipsis judeis, ut ipsam in pace dimittant monasterio Casinensi.

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Abtei allerdings noch 1234 darauf, dass alles, was die Giudecca hinzugewinne, an die kaiserliche Kammer abzuführen sei. Und die Mönche appellierten daraufhin an Papst Gregor IX.103 Der Vorwurf de iudecis ablatis quibusdam ecclesiis, den Gregor IX. 1236 dem Kaiser in einer series gravaminum der sizilischen Kirchen machte, bezieht sich daher höchstwahrscheinlich auf die Versuche Friedrichs II., die Färbereien wieder in königliche Regie zu nehmen.104 Und es war dieser Vorwurf, auf den hin Friedrich II. die grundsätzliche Unterordnung der Juden unter die Monarchie beanspruchte: Die Juden seien ihm tam in imperio quam in regno nach gemeinem Recht direkt unterworfen. Dennoch habe er sie keiner Kirche entfremdet, die bezüglich ihrer ein ius speciale vorgebracht hätte.105 Ebenfalls 1236 erscheint erstmals die berühmte Bezeichnung der Juden als servi camere nostre, und zwar im Privileg Friedrichs II. für die Juden des Reichs nördlich der Alpen vom Juli des Jahres.106 Im November 1237 erscheint der Begriff dann erstmals im Königreich Sizilien.107 Diese sogannte ‚Kammerknechtschaft‘ – so hat Alexander Patschovsky zeigen können – bezeichnete im Kern eben jene allgemeine, direkte Unterstellung der Juden unter den Kaiser bzw. König, auf der Friedrich II. zunächst gegenüber den sizilischen Kirchen und dann gegenüber Papst Gregor IX. beharrt hatte.108 Es spricht daher alles dafür, dass man das Konzept der Kammerknechtschaft am Hof Friedrichs II. entwickelt hatte, um die Ansprüche des Königs an die Juden in der Konkurrenz mit den lokalen kirchlichen Gewalten zu behaupten, in der sie im Königreich Sizilien standen. Die Unterstellung der Juden unter die Kirchen schmälerte jedoch nicht nur die Einkünfte des Königs aus seinem Färbereimonopol, sondern auch den Beitrag der Juden zur Subventio Generalis. Diese war eine allgemeine Kopfsteuer, zu der neben den Juden auch die Kleriker beitragen mussten, was die Konflikte Friedrichs II. mit der sizilischen Kirche verschärfte.109 Die Beteiligung an der Subventio Generalis erfolgte nach Leistungsfähigkeit und basierte deshalb auf einer jährlichen Schätzung des immobilen und mobilen Vermögens eines jeden Steuerzahlers, die seit der Zeit Karls I. Anjou dann durch gewählte Deputierte der Universitates vorgenommen wurde.110 Die Judengemeinden wählten eigene Steuereinnehmer und hafteten gesamtschuldnerisch für die ihnen auferlegte Steuer-

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 131. Simonsohn, Jews of Sicily 1 (1997), Nr. 212. Huillard-Bréholles, Historia diplomatica Friderici secundi 4/2 (1855), 912: Judeos autem, etsi tam in imperio quam in regno nobis communi iure immediate subiaceant, a nulla tamen ecclesia illos abstulimus que super eis ius speciale pretenderet, quod communi iure nostro merito preferretur. MGH Constitutiones 2, ed. Weiland (1896), Nr. 204. Simonsohn, Jews of Sicily 1 (1997), Nr. 214. Patschovsky, Rechtsverhältnis der Juden zum deutschen König (1993), 364; vgl. Willoweit, Vom Königsschutz zur Kammerknechtschaft (1988), 82f.; Abulafia, Servitude of Jews and Muslims (2000), 47f. Winkelmann (Hg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 873. Calasso, Legislazione Statuaria (1929), 181.

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summe.111 Allerdings zahlten die Juden niedrigere Sätze als die Christen. Aufgrund ihrer Unterstellung unter die Kirchen wurde ihr Immobilienbesitz nämlich nicht zu dem Vermögen hinzugezählt, auf dessen Schätzung der Beitrag zur Subventio beruhte. Eine Glosse zu Paragraf 10 des 3. Buchs des Liber Augustalis bestimmt, dass die Juden von Trani für Immobilienbesitz, den sie von Christen erwarben, nicht dem Erzbischof steuerpflichtig sein sollten, sondern weiterhin dem Königshof.112 Der ehemals christliche Besitz sollte also zur Bemessensgrundlage für den Beitrag zur Subventio gezählt werden und nicht für die Steuern an die Kirche. Durch die Unterstellung der Juden unter die Kirchen konkurrierte der König mit diesen also offensichtlich auch um die direkten Steuern der Juden. Denn eine Erhöhung der Abgaben, die die Kirche von den Juden forderte, ging auf Kosten von deren Beitrag zu den allgemeinen Steuern an die königliche Kammer. Und in diesem Licht muss man wohl auch das Privileg Friedrichs II. für die Juden von Trani von 1221 lesen, mit dem dieser deren Steuersumme an die Kirche von Trani auf 37 2/3 Unzen jährlich festgeschrieben hatte, womit er ein gleichlautendes Privileg seines Vaters Heinrich VI. erneuerte.113 Denn jede Erhöhung der Abgaben an die Kirche hätte den Beitrag der Juden zu der allgemeinen Steuer für den Königshof geschmälert. Wie Friedrich II. zeigte sich Karl I. bestrebt, den finanziellen Ansprüchen der Kirchen an die Juden Grenzen zu setzen. Im Dezember 1273 ließ er dem Erzbischof von Trani auf Klagen der dortigen Juden durch den Justitiar der Terra di Bari untersagen, von diesen mehr als 37 2/3 Unzen im Jahr zu fordern und sie anderweitig zu belästigen, obwohl „sie jährlich nur soviel und nicht mehr als Abgabe zu zahlen verpflichtet sind“. Er erneuerte also die Bestimmungen Friedrichs II. von 1221, auch wenn sich die Juden geschickterweise auf die Urkunde Heinrichs VI. von 1195 berufen hatten.114 Damit trat er Versuchen des Erzbischofs entgegen, die Juden von Trani mit drastischen Methoden zu Zahlungen zu nötigen. Denn dieser legte ihnen Zwangsanleihen (mutua) auf, erhob unbegründete Klagen gegen sie und kerkerte sie danach solange ein, bis sie sich durch Zahlungen aus dieser Lage befreiten.115 Dass er dabei nicht der Einzige war, dafür sprechen weitere Mandate Karls I. aus den 70er-Jahren des 13. Jahrhunderts, etwa für das insulare Agrigento oder für das festländische Bari.116 Gleichzeitig hielten Karl I. und Karl II. Anjou auch den von Friedrich II. formulierten Anspruch auf eine allgemeine, direkte Unterordnung der Juden unter die königliche Kammer aufrecht. Denn auch in ihren Mandaten werden Juden immer wieder als servi

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113 114 115 116

Vgl. etwa RCA 43, ed. Cubellis (1996), 152f.; Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 610f. Beltrani, Ordinamenti (1873), Nr. 15: Nota hoc facit pro judeis Trani ut de rebus stabilibus quas emerunt ab hominibus Trani non teneantur servire Archiepiscopo, sed potius debent de eis servire cum hominibus Trani, nam sicut venditor de ipsis rebus in omnibus exactionius Curie serviebat, ita et emptor servire debet, ut hic dicitur. Winkelmann (Hg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 221; Prologo, Carte (1877), Nr. 83f. Codice Diplomatico 1, ed. del Giudice (1863), Nr. 116, Anm. 1. Ebd. Ebd., Nr. 116.

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camere regie bzw. als servi nostri bezeichnet.117 Dass es auch ihnen hierbei nicht zuletzt darum ging, ihre eigenen Ansprüche auf die Steuern der Juden zu wahren, legen zahlreiche Konflikte um den Beitrag der Juden zur Subventio Generalis nahe, in denen seit der Zeit Karls I. außerdem zusehends die Städte als eigenständige Akteure erscheinen.118 Auch nach dem Dynastiewechsel zu den Anjou bestand der Konflikt zwischen Königtum und Kirchen um die politische Unterordnung der Juden, und das heißt vor allem um deren Steuern, fort. Es war dieser Konflikt, der die spezifische Konstellation für die inquisitorische Judenverfolgung im Königreich Neapel bildete. Ihre kumulative Radikalisierung lässt sich ohne sie nicht erklären. Aufgrund der politischen Stellung der Juden im mittelalterlichen Süditalien, die zwischen Königtum und Kirchen umstritten war, hatte der König hier nämlich wesentlich weniger Anlass, den Inquisitoren Widerstand entgegenzusetzen und so die inquisitorische Judenverfolgung zu bremsen, als etwa die Könige von Aragón und Frankreich und der Graf der Provence. Denn anders als dort war hier die Gerichtsgewalt des Königtums über die Judengemeinden davon nicht betroffen, befand sich diese doch in der Regel in den Händen der Kirchen. Das Gleiche gilt für die Einkünfte aus den direkten und indirekten Judensteuern. Die königliche Kammer erlitt, anders als Joshua Starr behauptet hat, durch die Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren also auch keine finanziellen Einbußen.119 Im Gegenteil: Die Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren erschloss dem königlichen Fiskus sogar neue Einkünfte. Denn zwei Drittel der Einnahmen, die die Inquisitoren aus Geldbußen und den Vermögenskonfiskationen erzielten, zu denen sie die Juden verurteilten, gingen ja an die königliche Kammer. Konversion und captio Vor allem unter Karl II. werden solche Einnahmen nicht gänzlich unerwünscht gewesen sein. Befand sich die Krone infolge der Sizilischen Vesper doch in einer höchst prekären finanziellen Situation. Denn durch diese brachen zum einen die enormen Einkünfte weg, die dem Königtum seit jeher von der Insel zugeflossen waren. Hinzu traten die Schäden aus dem Krieg der Vesper, der bis 1296 fast ausschließlich auf dem Festland stattfand und Kalabrien und große Teile der Basilikata und des Prinzipats verwüstete. Die direkten Steuereinnahmen brachen infolgedessen ein. Dafür wuchsen die Militärausgaben so stark, dass der Krieg der Sizilischen Vesper „die finanziellen Ressourcen des Reichs völlig aufzehrte.“ 120 Im Jahr 1292 bemerkte der König selbst, dass maior sit exitus quam introitus pecunie.121 Die Könige von Frankreich hatten seit 1210 wiederholt jüdisches Vermögen „schlicht und einfach“ konfisziert, um so „ihre eigenen Finanzen aufzubes-

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Ebd., Nr. 116, Anm. 1; Houben, Juden und Sarazenen in Sizilien (1994), Nr. 2, 7; RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 66f. S. u., 59–64. So Starr, Mass Conversions (1946), 205, 208f. Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 489. RCA 40, ed. Ascione (1993), 31; Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 490.

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sern.“ 122 Und die Aneignung jüdischen Vermögens durch die Krone infolge der inquisitorischen Judenverfolgung im Königreich Neapel weist nicht nur aus der Perspektive des Historikers Analogien zu diesen captiones auf. Die Witwe Karls I. Anjou, Königin Margarethe von Sizilien, erhielt vom Papst Bonifaz VIII. 1297 die Erlaubnis, einen Beichtvater zu bestellen, der sie von verschiedenen Sünden absolvieren sollte, darunter auch, dass sie bei Juden auf unerlaubte Weise Geld erpresst hatte, unter der Voraussetzung, dass dieses Geld an Kranke und Arme verteilt werde.123 Auch König Ludwig der Heilige von Frankreich hatte sich 1237 und 1257/58 besorgt gezeigt wegen der Folgen, die die captio jüdischen Besitzes für sein Seelenheil haben könnte, und sich 1237 deshalb an den Papst gewandt. Dabei ging es ihm jedoch vor allem um Vermögen, das aus Geldgeschäften stammte, die als Wucher betrachtet wurden.124 Eine ‚schlichte und einfache‘ captio jüdischen Vermögens wie im zeitgenössischen Frankreich war im Königreich Neapel allerdings nicht möglich. Denn hier ‚gehörten‘ die Juden ja den Kirchen. Und diese beanspruchten daher auch das Vermögen der Juden gleichsam als ihres. Anders lag der Fall jedoch, wenn diese Juden zuvor von einem Inquisitor verurteilt worden waren. Dies zeigt eine Begebenheit aus Salerno, die sich im März 1292 zugetragen hatte. Unmittelbar vor der Massenkonversion der Salernitaner Juden Anfang April 1292 beschwerte sich der Erzbischof von Salerno beim Königshof, der königliche Amtsträger vor Ort habe den Besitz einer intestat und ohne Erben verstorbenen Jüdin namens Letula, „Vasallin der Kirche von Salerno“, willkürlich beschlagnahmt, in quibus Salernitana ecclesia de iure succedit.125 Aus dem Status der Jüdin als „Vasallin der Kirche“ leitete der Erzbischof von Salerno also das Recht ab, ihren Besitz zu erben, da sie intestat und ohne Erben gestorben war. Allerdings hatte der Strategot von Salerno nicht aufgrund „eigener Willkür“ den Besitz der Letula beschlagnahmt, sondern auf Veranlassung des Inquisitors Bartholomäus d’Aquila, der sie verurteilt hatte – ob noch zu Lebzeiten oder erst postum ist unklar –, wegen eines „Verbrechens, das sie gegen den Glauben begangen hatte.“126

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LeGoff, Ludwig der Heilige (2000), 703; Chester Jordan, The French Monarchy and the Jews (1989), 66–69, 95f., 98, 100–104, 129–131. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 277. Grayzel, Church and the Jews 1 (1966), Nr. 90. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 23: […] Porrecta nobis noviter ex parte domini (Filippi) archiepiscopi Salernitani peticio continebat quod cum quedam Iudea, nomine Letula, specialis vassalla Salernitane Ecclesie, nullo testamento condito aut legitimis heredibus vel successoribus derelictis, diem nuper clausisset extremum, vos ad bona eiusdemIudee, in quibus Salernitana Ecclesia de iure succedit, ut dicit, manus vestras extendentes, ea cepistis et detinetis pro vestre arbitrio voluntatis […]. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 25: […] quedam Hebrea, nomine Letula, que, legitimis heredibus non relictis, diem suum clausit extremum, per … fratrem Bartholomeum de Aquila, ordinis Fratrum Predicatorum, inquisitorem heretice pravitatis, sententialiter dagmata (per dampnata) extiterit, propter certum crimen, quod commisisset contra fidem, et propterea bona mobilia omnia ipsi [!] Hebree de mandato dicti fratris Bartholomei pro parte nostre Curie fuerunt … per vos capta et etiam arrestata […].

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Dass die königliche Kammer den Besitz von Juden nur beschlagnahmen konnte, wenn diese zuvor durch einen Inquisitor verurteilt worden waren, bedeutete freilich auch, dass die Bekehrung der Juden für das Königtum ebenfalls nur dann finanziellen Nutzen hatte, wenn die Inquisitoren diese zuvor verurteilt hatten. Denn andernfalls wäre das Vermögen der Juden nicht an die königliche Kammer gegangen, sondern an die Kirche, die im Besitz der jeweiligen Judengemeinde war. Inquisitorische Judenverfolgung und Herrschaftszentralisierung: eine Wahlverwandtschaft Das alles soll nicht heißen, dass die Inquisitoren gleichsam Instrumente der fiskalischen Interessen des Königtums waren. Das Handeln der Inquisitoren folgte seiner eigenen Logik. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die Inquisition in dieser Zeit nicht nur in Süditalien, sondern auch in anderen Reichen des Mittelmeerraums versuchte, die Juden auf der Basis von Turbato Corde zu verfolgen, wo sie freilich immer wieder auf den Widerstand der weltlichen Autorität stießen. Nur im Königreich Neapel jedoch wurde die inquisitorische Judenverfolgung nicht durch die weltliche Gewalt gebremst und konnte sich daher kumulativ radikalisieren. Denn hier standen ihr die Interessen des Königtums nicht entgegen, sondern, im Gegenteil, in Wahlverwandtschaft zu ihr. Die Inquisitoren konnten die Verfolgung einzelner Juden, die unter dem Verdacht des relapsus standen bzw. dazu Beihilfe geleistet zu haben, auf die systematische Verfolgung ganzer Gemeinden als fautores et receptatores hereticorum ausweiten und hieraus die Druckmittel gewinnen, mit denen sie einen Gutteil der Judengemeinden des regno 1292 zum Übertritt zum Christentum brachten. Denn dies korrespondierte mit Bestrebungen der Monarchie, die Juden als servi camere regis ausschließlich der königlichen Kammer dienstbar zu machen – Bestrebungen, die jedoch stets auf den Widerstand der Kirchen gestoßen waren und seit Friedrich II. zu einem massiven Konflikt zwischen den Kirchen des Reichs und dem Königtum geführt hatten. Es wäre sicherlich überzeichnet, die Begünstigung der inquisitorischen Judenverfolgung und -bekehrung durch Karl I. und vor allem Karl II. Anjou als Fortsetzung der staufischen Politik mit anderen Mitteln zu bezeichnen. Vor allem hieße es, die Perspektive der Juden gänzlich auszublenden. Denn für sie bedeutete der Übergang von den Staufern zu den Anjou den Beginn einer Zeit der Verfolgung und Zerstörung ihrer Gemeinden. Dennoch wird man die religiöse Inklusion der Juden, die durch die Konversion erzielt wurde, letztlich als (wenn auch nicht intendierte) Folge der Versuche der Monarchie betrachten müssen, sie politisch aus der Herrschaft der Kirchen herauszulösen und gleichsam in den Untertanenverband der Monarchie einzugliedern. Auch die Massenkonversion der apulischen und kampanischen Juden im Jahr 1292 hatte ihren Ort also in Prozessen der Herrschaftszentralisierung. Und diese sowie der Widerstand gegen sie sollten auch die Auseinandersetzungen um Inklusion und Exklusion der nunmehr konvertierten Juden in die christliche Gesellschaft bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts und teilweise darüber hinaus prägen.

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2. Die politische Stellung der konvertierten Juden bis Ende des 14. Jahrhunderts Nach der Massenkonversion von 1292 bestand die Konstellation, die sie überhaupt erst möglich gemacht hatte, weiter und führte nun zu Auseinandersetzungen um die politische Stellung der konvertierten Juden. Dabei wird allerdings neben Königtum, Kirchen und Inquisitoren ein weiterer politischer Akteur zunehmend wichtig: die Stadtgemeinden. Sie verhandeln mit den genannten Akteuren die politisch-fiskalische Inklusion der konvertierten Juden in die christliche Gesellschaft. Dabei sind bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts vor allem zwei Fragen heftig umstritten: der Beitrag der konvertierten Juden zur Subventio Generalis und die Gewalt der Inquisitoren über die Konvertiten.

Releventur a corpore Iudeorum: Die Auseinandersetzung um den Beitrag der Konvertiten zur Subventio Generalis Für die königlichen Amtsträger, die mit der Steuererhebung befasst waren, kam die erste Welle der Massenkonversion völlig unerwartet. Im November 1290 sah sich der Königshof gezwungen, angesichts der „kompletten Verwirrung“, die bezüglich des Beitrags der Juden von Neapel zur Subventio Generalis dieses Jahres herrschte und der „unaufhörlichen Klagen und Beschwerden“, die ihn deshalb erreichten, zu reagieren. Ursache für das Chaos war, dass seit der Erhebung der letzten Subventio Generalis im Vorjahr die Giudecca von Neapel erheblich dezimiert worden war, „weil viele, die bis dahin Juden waren, danach zur Befolgung des christlichen Glaubens bekehrt wurden.“ Der Beitrag der Juden von Neapel zur Subventio Generalis war jedoch nicht angepasst, sondern in gleicher Höhe wie im Vorjahr veranschlagt worden. Der Königshof befand nun, dass es sowohl „unnütz und unbillig wäre“, den verbliebenen Juden dieselbe Summe aufzuerlegen wie im Vorjahr, als ihre Gemeinde noch nicht durch die große Zahl von Konversionen dezimiert gewesen war, als auch „jene, die eben erst zu Christen gemacht wurden, bei jener Subventio wie Juden zu besteuern.“ Die Juden sollten daher nur noch proportional zu ihrer geringeren Anzahl zur Subventio beitragen. Die Differenz zwischen diesem geringeren Beitrag und der Summe, die die Juden zuvor gezahlt hatten, sollte der Stadt Neapel auferlegt werden. „Die Christen, die ehemals Juden waren“, sollten dagegen künftig so besteuert werden, wie „die anderen Christen jener Stadt.“ Sie sollten also künftig zum allgemeinen Steueraufkommen der Stadtgemeinde beitragen.127 127

Morelli, Carte di Léon Cadier (2005), Nr. 143: […] Super inplicita confusione que vertitur in solutione pecunie presentis generalis subventionis imposite in yudaica civitatis Neapolis sic incessanter inpetimur et assidua querelatione vexamur, quod in illa prorsus volumus talis provisionis remedium adhiberi, per quam et querimonie sileant et curia sit indepnis. Attendentes ergo quod in judaica ipsa, occasione plurium hactenus ebreorum qui de inde a (così per ad) christiane fidei observantiam sunt conversi, est in parte non modica minorata, quodque irritum foret et impium vel imponi residuo

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Die Massenkonversion sollte für die konvertierten Juden mit der erzwungenen religiösen Zugehörigkeit zu den Christen als allererstes also auch die fiskalische Zugehörigkeit zu den Christen mit sich bringen. Weitere Mandate aus den Jahren 1292 und 1293 bekräftigen diese fiskalische Inklusion der Konvertiten aus Neapel: Es sei „fromm und nützlich“, dass die Konvertiten die Steuerlasten gemeinsam mit jenen trügen, „deren Glauben[sgemeinschaft] sie hinzugefügt wurden.“ 128 Die Juden, die zum Christentum übergetreten seien, sollten vom corpus der Juden von Neapel abgezogen und der Universitas der Christen zugefügt werden, und zwar in ihren jeweiligen Wohngebieten.129 Die „neuen Christen“ von Neapel sollten in ihren Wohngebieten, also mit den dortigen Christen besteuert werden.130 Mit der fiskalischen Eingliederung der konvertierten Juden in die Stadtgemeinden erfüllte der Königshof auch eine Forderung der Städte des Reiches. Denn diese hatten seit langem die gemeinsame Besteuerung der Juden mit den Christen angestrebt. Die Judengemeinden jedoch hatten sich dagegen immer wieder gewehrt. Und dies hatte seine Gründe. Für jede Subventio Generalis oder vergleichbare Abgaben legte die königliche Kammer die Gesamtsteuersumme für das Reich fest; die Justitiare erhielten die Summe mitgeteilt, die sie in ihrer Provinz erheben mussten, und legten sie auf die einzelnen territorialen Einheiten des Justitiariats, die Terrae und Universitates, um. Dabei sollte deren Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden, die von ihnen selbst ermittelt wurde. Seit

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judeorum ipsorum totam summam subventionis ejusdem, que certa de causa tanta est quanta fuit anno preterito, quo quidem ipsa judayca in nullo adhuc fuerat minorata, vel ipsos que (così per qui) facti sunt ex illa demum, ut predicitur, christiani in eadem subventione taxari aut opprimi ut judeos, cum de cetero sint in hiis et aliis tractandi clementius et benignius supportandi, devotioni vestre precipimus et mandamus quatinus, informati plenarie que jam judeorum ipsorum est nunc de toto hujusmodi universa residua et quantum proporsionaliter illam de subventione ipsa contingit, juxta morem quo hactenus contingebat, illud et non ultra de subventione ipsa exigatis pro parte curie ab eisdem. Reliquum vero quod extat usque ad totalem summam subventionis ejusdem imponatis generaliter universitati civitatis Neapolis et ejus casalium, que (così per qua) dicti olim judei a modo christiani cernuntur, in contributionibus et aliis servitiis aggregrati et deinde christianos hujusmodi jam judeos taxari faciatis ex illo juxta ritum et formam, que intus ceteros christianos universitatis ipsius in talibus observantur. Ita quod contributio et taxatio ipsorum christianorum, olim ut predicitur ebreorum, cum taxatione universitatis ejusdem efficiatur ut convenit idem corpus, et de eo quod supererit residuum de subventione predicta ea ratione quod dicti christiani non sunt in taxatione ipsa taxandi, amodo ut judei in eadem universitate communiter curia sit indempnis, non obstante mandato aliquo huic contrario, vel quod predicta subventio in eadem judayca in ea quantitate que fuit anno preterito est taxata […]. Ebd.: […] decernentes pium esse atque conveniens christianos ipsos cum illis in predictis conditionibus debere concurrere, quorum sunt fidei cultui agregati […]; vgl. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 38. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 52: Iudeis ad fidem christianam conversis, provisio quod releventur a corpore Iudeorum Neapolis in solutione subventionis, sed agregentur universitati christianorum de civitate in platea in qua habitant. RCA 44/2, ed. Palmieri (1999), 26: Notatur quod novi christiani Neapolis taxentur in plateis, in quibus habitant.

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Karl I. hielten die Stadtbürger Versammlungen ab, auf denen sie Deputierte wählten, die einerseits für die Vermögensschätzung zuständig waren, auf der die Besteuerung beruhte, und andererseits für die Einnahme der Subventio Generalis.131 Und die Vertreter der Städte brachten immer wieder Bitten um Steuererleichterungen vor.132 Erleichterungen, die eine territoriale Einheit innerhalb des Justitiariats erhielt, weil ihre steuerliche Leistungsfähigkeit durch Bevölkerungsverlust, wirtschaftliche Krisen o. Ä. vermindert war, mussten in der Regel jedoch durch die anderen Terrae und Universitates ausgeglichen werden, damit die Gesamtsumme der Provinz stabil blieb. Die Justitiare waren gegenüber der königlichen Kammer verantwortlich für die Steuersumme ihrer Provinz und hafteten persönlich dafür. Sie mussten solange auf eigene Kosten in ihrem Justitiariat bleiben, bis sie die Summe eingenommen hatten, die die königliche Kammer festgesetzt hatte. Allerdings reichten die Justitiare diese Verantwortlichkeit an die taxatores bzw. collectores der Städte weiter. Denn diese wurden gleichfalls persönlich für jede Unterschreitung ihrer Quote haftbar gemacht.133 Die Autonomie, die der König den Stadtgemeinden bei der Steuererhebung gewährt hatte und die ein wichtiger Stimulus für die Ausbildung kommunaler Leitungsorgane in den Städten des italienischen Südens war, war für diese also ein zweischneidiges Schwert; und das gilt auch für die Judengemeinden. Denn auch sie konnten ihre Steuereinnehmer zwar selbst bestimmen, genossen also Autonomie bei der Steuererhebung, hafteten dafür aber auch gesamtschuldnerisch für die ihnen auferlegte Steuersumme.134 Dabei lastete ein erheblicher Druck auf den königlichen Amtsträgern und den Gemeinden, die Steuersumme, die die königliche Kammer festgesetzt hatte, unter allen Umständen auch aufzubringen. Und es lag gleichsam in der Logik des Systems, dass die unterschiedlichen Akteure in der Kette der Verantwortlichen für die Aufbringung der Subventio Generalis immer wieder versuchten, diesen Druck an das nächstschwächere Glied weiterzugeben. Das schwächste Glied in dieser Kette waren die Juden. Und aus den 70er-und 80erJahren des 13. Jahrhunderts sind eine Reihe von Königsmandaten überliefert, mit denen der König auf Klagen von Judengemeinden über eine übermäßige Belastung durch die Subventio Generalis und ähnliche Abgaben reagiert. Besonders aussagekräftig ist ein Mandat für die Judengemeinde von Palermo vom 24. November 1277. Diese hatte Klage darüber geführt, dass sie in collectis, generalibus subvencionibus, taliis, mutuis aliisque oneribus, die der Stadt Palermo durch den Königshof auferlegt würden, von den Männern von Palermo über ihre Leistungsfähigkeit hinaus in Anspruch genommen würden. Der König hatte deshalb bereits angeordnet, dass in Palermo eine Schätzung sämtlichen beweglichen und unbeweglichen Vermögens durchgeführt werden sollte, und zwar sowohl des Vermögens der Christen als auch der 131

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Vgl. hierzu zuletzt Andenna, Fiscalità e Sviluppo Socio-Economico (1995), v. a. 200–202; Galasso, Regno di Napoli (1992), 501. Eine Aufstellung solcher Steuerbefreiungen bei Kiesewetter, Anfänge der Regierung Karls II. (1999), 554–556. Percy, Revenues (1964), 53f., 59–61. Straus, Juden im Königreich Sizilien (1910), 26.

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Juden. Hierzu sollten auf einer öffentlichen Versammlung (publicum parlamentum), an der sowohl die Christen als auch die Juden teilnehmen sollten, zwei Vertreter der Großen und Reichen (de maioribus et dicioribus), der Mittleren (de mediocribus), der Kleinen (de minoribus) und der Juden gewählt und vereidigt werden, die die Schätzung vornehmen sollten. Da der Vikar von Sizilien sich jedoch geweigert hatte, dieses Mandat des Königs auszuführen, mussten sich die Juden von Palermo abermals an den Hof wenden und dort um Hilfe nachsuchen.135 Offensichtlich hatte der höchste königliche Beamte auf der Insel also keinen besonderen Eifer dabei entwickelt, die Juden gegen die Stadtgemeinde von Palermo zu unterstützen. In Salerno hatte die Judengemeinde mit den christlichen Bewohnern der Stadt einen Vertrag über ihren Anteil an der Subventio Generalis und ähnlichen Abgaben abgeschlossen, die der Königshof von der Stadt verlangte. Dieser wurde auf 4,5 Prozent festgelegt.136 Im Jahr 1280 beklagten jedoch auch die Juden von Salerno, dass die Christen sie dazu zwängen, einen größeren Anteil als vereinbart zur Subventio Generalis beizutragen und das, obwohl die Juden von Salerno mittlerweile ärmer und weniger wären als zur Zeit, als der Vertrag über ihren Anteil an der Steuerlast geschlossen wurde.137 Bereits fünf Jahre zuvor hatten die Juden von Salerno über unerträgliche Belastungen (intolerabilia gravamina) geklagt, die viele Juden veranlasst hätten, die Stadt zu verlassen.138

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RCA 43, ed. Cubellis (1996), 152f.: […] Pro parte universorum Iudeorum civitatis Panormi nostrorum fidelium fuit coram nobis humiliter supplicatum ut, cum in collectis, generalibus subvencionibus, taliis, mutuis aliisque oneribus, que in terra Panormi pro tempore per nostram curiam imponuntur, per homines eiusdem terre Panormi aggravati sint ultra quam eorum supetunt facultates, apprecium in eadem terra Panormi bonorum omnium, tam mobilium, quam stabilium, cuiuslibet, tam Christianorum quam Iudeorum ipsorum, ut secundum illud quilibet eorum iusta facultates ipsius contribuat in eisdem collectis, subvencionibus, mutuis aliisque oneribus, que per nostram curiam eis pro tempore imponuntur, fieri benignius mandaremus. Nos autem ipsorum supplicacionibus inclinati, fidelitati tue precipiendo mandamus quatinus, facto in terra ipsa publico parlamento, ubi omes tam Christiani quam Iudei vel saltem due partes ipsorum intersint, in parlamento ipso duos de maioribus et dicioribus, duas a mediocribus et duos a minoribus ipsius terre ac duos de ipsis Iudeis fideles et ad hoc ydoneos eligi facias, qui Christiani iurati ad sancta Evangelia et predicti Iudei sub lege eorum Mosaica hec facere fideliter et prudenter, prece vel precio, odio vel amore, seu consanguinitate, vel affinitate remotis, huiusmodi apprecium […] faciant […]. CDS 1, ed. Carucci (1931), Nr. 310. Ebd., Nr. 368: Pro parte universorum Judeorum civitatis Salerni, servorum nostrorum, porrecta culmini nostro petitio continebat quod dudum inter homines eiusdem civitatis et eos certa pacta et conventiones habita fuerint et formata, quod ipsi Iudei in generalibus subventionibus et exactionibus aliis, que in eadem civitate pro tempore per curiam nostram imponi contingerit, certam quantitatem solvere tenerentur pro quolibet centenario unciarum. […] Nunc homines civitatis eiusdem, contra predicta pacta et convenciones illicite venientes, dictos Iudeos, licet pauciores et pauperiores existant quam tempore quo predicta pacta et convenciones habuerunt, extiterant, ad solvendum in presenti generali [subventioni] maiorem quantitatem pecunie quam pacta ipsa contineant, indebite compelluntur, eos inde multipliciter aggravantes […]. Ebd., Nr. 310.

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Der Vertrag zwischen der Universitas von Salerno und der dortigen Judengemeinde zeigt, dass der Anteil Letzterer nicht proportional zu ihrem Anteil an der Einwohnerschaft von Salerno war, sondern erheblich geringer. Das Mandat über die Befreiung der Salernitaner Konvertiten von der Subventio Generalis von 1294 erwähnt insgesamt 129 steuerpflichtige männliche Neofiti.139 Einem Mandat vom April 1292 zufolge waren damals fast alle Juden Salernos zum Christentum übergetreten.140 Und in den ersten Jahrzehnten nach 1292 sind in Salerno noch einige Neofiti belegt, die 1294 nicht erwähnt wurden.141 Die Anzahl der Haushalte der Judengemeinde von Salerno gegen Ende des 13. Jahrhunderts muss also größer als 129 gewesen sein. Einer Haushaltszählung von 1271 zufolge hatte die Stadt Salerno damals insgesamt 890 Haushalte. Allerdings ist nicht klar, ob die Juden hierbei mitgezählt wurden oder nicht.142 Nimmt man diese Zahlen als ungefähre Richtschnur, dann lag der Anteil der Juden an der Gesamtbevölkerung von Salerno Ende des 13. Jahrhunderts zwischen gut 14 Prozent (wenn sie in der Zahl von 890 Haushalten mitgezählt sind) und knapp 13 Prozent (wenn sie nicht mitgezählt sind); und das heißt: Er lag ungefähr um das Dreifache über ihrem Anteil an der Subventio Generalis von 4,5 Prozent. Dass die Juden niedrigere Sätze zahlten als die Christen, war Folge ihrer Unterstellung unter die Kirchen. Ihr Immobilienbesitz wurde nicht zu dem Vermögen hinzugezählt, auf dessen Schätzung der Beitrag zur Subventio beruhte, sondern für die Steuern an die Kirche.143 Dennoch versuchten die Gemeinden des Reiches immer wieder, die Juden steuerlich gleichsam zusammen mit den Christen zu veranlagen, und die höheren Sätze, die die Juden dann zahlen sollten, veranlassten sie zu den wiederholten Klagen, dass man sie über ihren Anteil hinaus zum Aufkommen der Subventio Generalis heranziehen wollte. Die Juden von Neapel und von Tarent lassen sich 1270 vom Königshof bestätigen, dass sie getrennt von der Universitas (der Christen) besteuert werden.144 Ein Effekt solcher Versuche, die Juden in gleicher Höhe wie die Christen an den direkten Steuern an den Königshof zu beteiligen, ohne deren Belastung durch die Judensteuern an die Kirchen in Rechnung zu stellen, war, dass immer wieder Teile der Judengemeinden abwanderten, um sich der Besteuerung zu entziehen. Die Judengemeinde von Salerno klagt 1275 über die intolerabilia gravamina, die viele Juden veranlasst hätten, die

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RCA 46, ed. Cubellis (2002), 85f. RCA 40, ed. Ascione (1993), 72f. Galante, Nuove Pergamene di San Giorgio di Salerno (1997), Nr. 13, 19. CDS 1, ed. Carucci (1931), Nr. 259. Beltrani, Ordinamenti (1873), Nr. 15: Nota hoc facit pro judeis Trani ut de rebus stabilibus quas emerunt ab hominibus Trani non teneantur servire Archiepiscopo, sed potius debent de eis servire cum hominibus Trani, nam sicut venditor de ipsis rebus in omnibus exactionius Curie serviebat, ita et emptor servire debet, ut hic dicitur. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 62: Judeis Tarenti, provisio super solutione collectarum, quia semotim ab universitate Tarenti consueverunt taxari; 143f.: Universitati Hebreorum Neapolis, provisio quod non cogantur comunicare cum aliis hominibus Neapolis, quia ipsi Hebrei cum immediate ad nostram Cameram pertineant, semotim solvunt nostre Camere omnes impositiones.

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Stadt zu verlassen.145 Und ein Jahr später beklagen auch die Juden von Brindisi den Schwund ihrer Gemeinde, der dazu geführt hätte, dass die ohnehin drückenden Lasten für die verbliebenen Juden endgültig unerträglich geworden seien. Interessant ist nun, wie der Königshof auf diese Klage reagiert. Er ordnete nicht etwa an, dass die Last der Judengemeinde auf das angemessene Maß reduziert werden sollte. Stattdessen befahl der Hof dem Justitiar der Terra d’Otranto, die Juden zur Rückkehr nach Brindisi zu zwingen, die ihren Wohnsitz in die Herrschaften von Kirchen, Grafen und Baronen verlegt hätten, um dem jährlichen Tribut an den König sowie den Belastungen durch Steuern, Abgaben, Anleihen, die Ausgabe neuer Münzen und andere Dienste, die ihnen durch den Hof auferlegt würden, zu entfliehen.146 Man kann sich vorstellen, dass die abgewanderten Juden nicht begeistert darüber waren, dass sie auf eine Klage ihrer Glaubensbrüder, die in Brindisi verblieben waren, in die Stadt zurückkehren mussten, um dort jene Steuern zu zahlen, denen sie hatten entfliehen wollen. Das System der Erhebung der Subventio Generalis führte also nicht nur zu Spannungen zwischen Christen und Juden, sondern auch zu Konflikten innerhalb der Judengemeinden. In Neapel beklagen sich bereits 1269 „die armen Juden“ (iudei pauperes), dass die Steuereinnehmer ihrer Gemeinde die Reichen ent- und die Armen belasteten. Der König ordnete daraufhin an, dass zwei zusätzliche Steuereinnehmer gewählt würden, offensichtlich durch die armen Juden.147 Auch in Salerno sah sich 1270 die universitas Judeorum pauperum von den reichen und mächtigen Juden der Stadt benachteiligt.148 Innerhalb der Judengemeinden wurde der Steuerdruck also ebenfalls von den Stärkeren an die Schwächeren weitergegeben. Es erscheint denkbar, dass solche Spannungen inner145 146

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CDS 1, ed. Carucci (1931), Nr. 310. RCA 43, ed. Cubellis (1996), 186 (= Houben, Juden und Sarazenen (1994), Nr. 7): […] Ex parte universitatis Iudeorum Brundusii, servorum camere nostre, maiestati nostre fuit expositum cum querela, quod nonulli de Iudeis ipsis, qui ut tributum, quod Iudei ipsi nobis anni singuli dare tenentur, nec non onera collectarum exactionum mutuorum denariorum novorum et aliorum serviciorum, que ipsis pro tempore per nostram curiam imponuntur, effugere valeant ad terras ecclesiarum et comitum et baronum et ad terram Tarenti, cum eorum rebus et familiis secum transtulerunt et transferunt incolatum et onera, que Iudeorum ipsorum comunes humeros exigunt, relinquuntur in ipsis intollerabiliter subeunda in exponencium ipsorum preiudicium manifestum. Quare celsitudini nostre fuit humiliter supplicatum, ut providere super hoc ipsis nostra serenitas dignaretur, quorum supplicationibus inclinati nec minus ad reintegrationem nostri demanii intendentes, fidelitati tue precipiendo mandamus quatinus, vocatis, qui fuerint evocandi, si tibi constiterit de premissis quoscumque de Iudeis ipsis, quos tibi constiterit fuisse de Iudeyca Brundusii supradicta et solvisse cum aliis Iudeys ipsius terre tributum et alia onera supradicta incolatum ipsius terre Brundusii inveneris dimisisse et ad terras alias accessisse, ut superius est expressum, quod ad habitacionem pristinam ipsius terre Brundusii cum rebus eorum familiis revertantur, qua convenit districtione compellas […]. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 23: Iudei pauperes de Neapoli conqueruntur quia Salomon sacerdos et Helias Theobaldus, collectores presentis collecte, alleviant divites et onerant pauperes. Mandat rex ut eligantur duo Iudei, qui dictis taxatoribus addantur. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 136: Universitati Judeorum pauperum Salerni, provisio contra Judeos ditiores et potentiores dicte terre, aggraventes eos […].

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halb der Judengemeinden dem Bekehrungsdruck der Inquisitoren eine zusätzliche Angriffsfläche geboten haben. Hatte doch der Inquisitor Bartholomäus d’Aquila die Juden von Salerno durch das Angebot zum Übertritt gebracht, die Gelder, die die Inquisition aus dem Verkauf der Hauptsynagoge von Salerno eingenommen hatte, für ihre Unterstützung zu verwenden. Dass die Städte im Königreich Neapel immer wieder versucht hatten, die fiskalische Differenz zwischen Juden und Christen gleichsam einzuebnen, wirft die Frage auf, ob dieses Interesse der Stadtgemeinden nicht ebenfalls zu den strukturellen Faktoren gehörte, die die kumulative Radikalisierung der inquisitorischen Judenverfolgung bis hin zur Massenkonversion von 1292 begünstigt hatten, denn diese führte ja zunächst zur fiskalischen Inklusion der konvertierten Juden in die christliche Stadtgemeinde, wie das Beispiel Neapel gezeigt hat. Zwei Jahre nach der Massenkonversion von 1292 vollzog der Königshof in der Frage der Beteiligung der konvertierten Juden an der Subventio Generalis und vergleichbarer Abgaben allerdings eine Kehrtwende. Ende April/Anfang Mai 1294 erging an die konvertierten Juden in Apulien und Kampanien das Privileg, von allen Steuern und Abgaben an die königliche Kammer befreit zu sein. Die Arenga des Privilegs führt die Bekehrung der Juden auf das Wirken des Herrn zurück: Jener, der niemanden verloren geben wolle, habe gnädig bewirkt, dass die aufgeführten ehemaligen Juden, die unlängst durch die Taufe wiedergeboren worden seien, den Irrweg des jüdischen Irrtums, auf dem sie bis dahin gestrauchelt seien, verlassen und den Weg der Wahrheit erkannt, sich von der jüdischen Ungläubigkeit abgewandt hätten und bekehrt worden und zur Ausübung des wahren Glaubens gelangt seien. Da sie sich durch ihre lobenswerte Konversion als würdig für Gnade und Wohlwollen erwiesen hätten, sollten sie, solange sie lebten und den Glauben an Christus pflegten, von der Subventio Generalis, Geschenken und allen anderen Abgaben befreit sein, die der jeweiligen Universitas, sei es durch den Hof, sei es durch die Universitas selbst, auferlegt würden, damit sich gegenüber ihrer Bekehrung das übliche Wohlwollen des Königs umso gnadenbringender erweise und bei den verbliebenen Juden in gleicher Weise Vertrauen auf Gnade und Wohlwollen bewirke.149 Die königlichen Beamten erhielten daher das Mandat, die Immunität der Konvertiten zu beachten; keinesfalls sollten sie sie zwingen, zur Subventio Generalis und den anderen genannten Abgaben beizutragen, noch sollten sie gestatten, dass andere sie dazu zwän-

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RCA 46, ed. Cubellis (2002), 85f. (Ausfertigung für Salerno): […] Dedit dignanter ille qui neminem vult perire subscriptis dudum hebreis renatis noviter fonte baptismatis iudaici erroris invio, quo laborarunt hactenus derelicto, viam veritatis agnoscere, ac iudaica perfidia detestabiliter abnegata converti et pervenire ad fidei vere cultum. Cumque ipsorum laudanda conversio dignos eis reddiderit gratia et favore, nos, ut huiusmodi eorum conversionis intuitu solita nostra benignitas facilior circa ipsos inveniatur ad gratiam, et proinde iudeis reliquis, si viam ipsorum elegerint favoris et gratie fiducia prebeatur. Neofidos ipsos dum vixerint, et coluerint fidem Christi a generalibus subventionibus, donis et collectis omnibus aliis, quas universitati civitatis […], sive per curiam sive per universitatem ipsam pro tempore taxari, et imponi contigerit, eximimus et immunes facimus tenore presentium de gratia speciali […].

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gen. Gleichzeitig betont das Mandat jedoch, dass nur die Konvertiten selbst, keinesfalls jedoch ihre Nachkommen in den Genuss der Immunität kommen sollten. Denn diese sollten dann „mit den anderen Christgläubigen“ zur Subventio Generalis herangezogen werden.150 Warum vollzog der Königshof im Frühjahr 1294 diese Kehrtwende und befreite die konvertierten Juden auf Lebzeiten von der Subventio Generalis und anderen Abgaben? Es ist denkbar, dass die königliche Kammer hierzu genötigt wurde, weil die finanzielle Belastbarkeit der konvertierten Juden durch die Konfiskationen und Geldbußen, die sie im Zuge der Verfolgung durch die Inquisitoren erlitten hatten, an ihre Grenze gekommen war.151 Außerdem hatte auch die fiskalische Eingliederung der konvertierten Juden in die christlichen Stadtgemeinden Probleme aufgeworfen. Ein Mandat vom 26. Juni 1292 zeigt, dass die fiskalische Inklusion der Konvertiten in die Stadtgemeinden nicht konsequent umgesetzt worden war. Konvertiten aus Neapel hatten sich an den Königshof gewandt, weil sie immer noch mit den Juden besteuert wurden, und dieser hatte daraufhin seine Entscheidung von 1290 nochmals bekräftigt und den Justitiar der Terra di Lavoro und den Capitano von Neapel angewiesen, die konvertierten Juden der Stadt gemeinsam mit den Christen zu besteuern.152 Ebenfalls aus dem Jahr 1292 ist ein Mandat für einen Magister Petrus und einen Robertus, olim Hebrei[.], überliefert, die in Neapel in Portanova wohnten, dort mit den Rittern (milites) ihre Steuern zahlten, jedoch von den Populares bedrängt wurden, zu

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Ebd.: Volentes et fidelitati vestre mandantes, quatenus immunitatem et exemptionem predictam servantes ipsas in eorum vita, et facientes inviolabiliter observari eos ad contribuendum cum hominibus civitatis eiusdem in generalibus subventionibus, donis et collectis aliis omnibus supradictis, nec vos compellatis nec compelli per alios permittatis mandato aliquo, […] ipsis vero neofidis vita functis defunctorumque heredes iuxta facultates suas in huiusmodi generalibus subventionibus, collectis et donis cum aliis Christicolis in civitate prefata locis videlicet quibus degunt contribuere teneantur […]. S. o., 43–48, 55–57. Morelli, Carte di Léon Cadier (2005), Nr. 143: […] Nunc autem querele murmur adicitur pro parte aliorum olim judeorum, post predictam ad cultum christiane fidei conversorum, quod predictis nostris nostris litteris penes predictum tuum justiciariatum habentibus, officii sui tempore executionis debite complementum, illo ab officio ipso ammoto, nec predicta servantur eisdem, nec ex tunc in antea ad fidem conversis habetur consideratio provisionis condigne quod in contributionibus subventionum et aliorum onerum predicte universitati Neapoli agregentur, propter quod omnes hujusmodi christiani humiliter supplicarunt ut providere eis super hoc misericorditer et secundum justiciam dignaremur. Quorum supplicationibus inclinati, decernentes pium esse atque conveniens christianos ipsos cum illis in predictis conditionibus debere concurrere, quorum sunt fidei cultui agregati, devotioni vestre precipimus quatinus predictarum litterarum forma diligenter attenta et successive, sicut ad vos directe fuissent per omnia observata, non obstante quod cedula taxande subventionis dicta judayca majorem contineat quantitatem, christianos ipsos quos vobis esse constiterit de judayca errore conversos, aggregantes universitati predicte in contributionibus subventionum et aliorum onerum que incumbunt, taxari mandetis et faciatis, in illis juxta facultates ipsorum sub modo et forma que in talibus observantur in platea in qua habitant et consueverunt conferre […].

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deren Steueraufkommen beizutragen.153 Die fiskalische Inklusion der beiden Konvertiten in die Christengemeinde hatte also die Frage aufgeworfen, welchem Stand sie innerhalb der christlichen Stadtgesellschaft angehören sollten: dem der Ritter oder dem der Populares, und diese Frage war nicht ohne Brisanz. Denn die Ritter waren wie alle Adligen von der Subventio Generalis befreit und zahlten insgesamt wesentlich geringere Abgaben.154 Die beiden erwähnten Konvertiten, die mit den Rittern besteuert werden wollten, waren keine Einzelfälle. Die Liste der Konvertiten aus Neapel von 1294 erwähnt einen Corradus de Griffo miles und einen Robertus de Griffo miles.155 Es ist nicht auszumachen, ob sie diesen Status erst seit ihrer Konversion oder bereits zuvor als Juden hatten. Muslimische Ritter gab es im Königreich Neapel zu dieser Zeit.156 Aus dem Jahr 1316 ist zudem belegt, dass drei Neofiti namens Oliviero, Orlando, Dionisio zu Rittern geschlagen wurden.157 Dass zumindest ein Teil der konvertierten Juden gemeinsam mit den Adligen zur Besteuerung herangezogen werden wollte, erklärt außerdem, warum eine gemeinsame Besteuerung mit den Juden für die Konvertiten als „Bedrängnis“ erschien, wie es in dem Mandat von November 1290 hieß.158 Denn die Juden zahlten zwar geringere Sätze als die Mehrzahl der Christen, aber wohl immer noch höhere als die Adligen. Deutlich ist auf jeden Fall, dass bereits unmittelbar nach der Konversion der Juden 1292 auch die Frage ihrer ständischen Zugehörigkeit innerhalb der christlichen Gesellschaft im Raum stand – eine Frage, die auch später noch von Relevanz sein sollte. Mit der Befreiung von der Subventio ließ sich das Problem, welchem Stand die konvertierten Juden fiskalisch zuzurechnen waren, zumindest vertagen, indem nun sämtliche Konvertiten zu Lebzeiten von der Subventio Generalis freigestellt und damit mit anderen Gruppen wie Rittern aber auch dem Klerus gleichgestellt wurden, die gleichfalls Immunität bezüglich der direkten Steuern an den König genossen. Der Konflikt zwischen den konvertierten Juden und ihrer christlichen Umwelt über ihren Beitrag zum Steueraufkommen wurde dadurch jedoch nicht entschärft, sondern, im Gegenteil, eher verschärft. Und dies machte nicht nur die Frage der Besteuerung der konvertierten Juden, sondern ihre Inklusion in die christliche Gesellschaft insgesamt problematisch. Denn mit der Befreiung von der Subventio Generalis wurden die Konvertiten fiskalisch zu einer Sondergruppe zwischen Juden und Christen, die nicht mehr Juden, aber

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RCA 38, ed. Palmieri (1991), 27: Pro magistro Petro et Roberto, olim Hebreis, qui habitant in Portanova et contribuebant cum militibus, licet per homines capitis plathee popularis vexarentur, ut cum ipsis contribuerent, rex vero ordinat quod, pendente cognitione, per populares non molestarentur. Percy, Revenues (1964), 56. RCA 47, ed. Pilone (2003), 56. CDSL, ed. Egidi (1917), Nr. 322, 371, 397, 399, 418, 443f. u. ö. S. u. Quellenanhang, Nr. 1/8. Morelli, Carte di Léon Cadier (2005), Nr. 143: […] vel ipsos que (così per qui) facti sunt ex illa demum, ut predicitur, christiani in eadem subventione taxari aut opprimi ut judeos […].

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auch noch nicht Christen waren. Die Befreiung der Konvertiten von der Subventio wurde mit ihrem Übertritt zum Christentum begründet. Spätere Bestätigungen der Immunität erwähnen diesen stets. Die Immunität basierte also auf der Überschreibung der Jewishness der Konvertiten, hielt diese jedoch gerade dadurch gegenwärtig. Aus der Perspektive der christlichen Stadtgemeinden knüpfte die fiskalische Sonderstellung der Neofiti zudem an die Sonderstellung der Juden bei der Erhebung der direkten Steuern an. Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Konflikte zwischen den Stadtgemeinden und den Juden um den Anteil Letzterer an der Steuerlast sich nach 1294 unter veränderten Vorzeichen fortsetzten, nun als Konflikte zwischen den Stadtgemeinden und Konvertiten. Denn Städte und königliche Amtsträger respektierten die Befreiung der konvertierten Juden von der Subventio Generalis vielfach nicht. Dies umso weniger, als die königliche Kammer selbst die steuerliche Immunität der konvertierten Juden bei der Festsetzung der Steuersummen für die einzelnen Städte nach 1294 keineswegs immer in Rechnung stellte, sondern die fiskalische Jewishness der Konvertiten gleichsam fortschrieb. Der Beitrag der Stadt Neapel zur Subventio Generalis wurde 1292 mit insgesamt 692 Unzen, 8 Tarì und 4 Grana veranschlagt: 648 Unzen, 7 Tarì und 11 Grana von den Christen, 43 Unzen, 23 Tarì und 13 Grana von den Juden der Stadt. Dies war offensichtlich geschehen, ohne die Konversion eines Teils der Neapolitaner Juden zu berücksichtigen (der ungefähr der Hälfte der Judengemeinde entsprach).159 Für die achte Indiktion, die am 1. September 1294 begann, musste das Steueraufkommen der Stadt Neapel dann wegen der Befreiung der Konvertiten von der Subventio in 668 Unzen, 7 Tarì und 9 Grana geändert werden.160 Ende 1298 wurde die Steuersumme für Neapel abermals mit 692 Unzen, 8 Tarì und 4 Grana veranschlagt, die die Stadt für die Subventio Generalis aufbringen musste. Doch wurde der Capitano der Stadt nun aufgefordert, die 24 Unzen abzuziehen, „mit denen die Neofiti der Stadt jedes Jahr durch den Hof besteuert zu werden pflegten, solange sie den jüdischen Irrtum pflegten.“ 161 Gut acht Jahre nach den ersten Nachrichten über die Konversion einer großen Zahl von Juden in Neapel und über vier Jahre nach dem Immunitätsprivileg für die konvertierten Juden hatte sich ihre Befreiung von den direkten Steuern an die königliche Kammer noch nicht in der Veranschlagung der Steuersumme, in der sogenannten cedula taxationis, niedergeschlagen. Diese veranschlagte immer noch die gleiche Summe wie vor der Konversion. Das bedeutet: In der Besteuerungspraxis sahen sich die Konvertiten von Neapel bis 1298 als Juden behandelt. Hieran hatte sich auch im Jahr 1313 noch nichts geändert. Denn in diesem Jahr wurde die Steuersumme der Stadt Neapel wieder mit 692 Unzen, 8 Tarì und

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RCA 39, ed. Mazzoleni (1992), 19. DHI Rom, Nachlass Sthamer, Scatola 1, Nr. 591. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1561r., s. u. Quellenanhang, Nr. 1/3: […] cedula generalis subventio imposita dictae civitati et eius casalibus in uncias 692, tarenos 8, grana 4, in qua quantitate includuntur uncias 24, quae neofitis eiusdem terrae anno quolibet taxari consueverunt per curiam dum hebraicam errorem colebant, a quibus mandavimus eos servari immunes […].

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4 Grana veranschlagt.162 Auch 19 Jahre nach der Befreiung der konvertierten Juden von der Subventio Generalis hatte die königliche Kammer diese bei der Festsetzung der Steuersummen für die Stadt Neapel nicht berücksichtigt und veranschlagte die Neofiti abermals gleichsam als Juden. In Salerno weigern sich 1297 die Bürger, den noch ausstehenden Betrag von 5 Unzen einer Abgabe zu zahlen, die sie sub nomine doni auferlegt bekommen hatten. Sie könnten dies nicht und müssten dies von Rechts wegen auch nicht, da unter anderem certos nunc neophitos, olim iudeos, qui […] e prestationibus fiscalium munerum sunt exempti, nicht zu der Abgabe beitragen würden.163 Der Vikar im Prinzipat und Strategot von Salerno erhielt daraufhin den Auftrag zu prüfen, ob die Neofiti von Salerno zum Zeitpunkt, als die Abgabe auferlegt wurde, bereits von Steuern und Abgaben an den Königshof befreit waren. Wenn ja, solle er den Betrag der Stadt Salerno um den Anteil der konvertierten Juden mindern und gleichzeitig gegenüber dem Hof Rechnung darüber legen, welcher Betrag den Neofiti von jeher oblegen hätte. Offensichtlich hatte die königliche Kammer 1297 keinen rechten Begriff von den Konsequenzen, die die Befreiung der konvertierten Juden von der Subventio Generalis und anderen Abgaben an den König zweieinhalb Jahre zuvor für das Steueraufkommen hatte. Und zwei Jahre später gab es abermals Unklarheiten über die Höhe der Summe, die die Stadt Salerno zur Subventio Generalis und zu einem subsidium für die Flotte beitragen musste. Es ist nicht ganz klar, ob sich der Königshof das Argument des Vertreters der Bewohner von Salerno zu eigen machte, dass der Anteil der Neofiti von der Steuersumme der Stadt abgezogen werden müsste. Deutlich ist jedoch, dass auf dem zuständigen Jusitiziar erheblicher Druck lastete, die Steuersumme möglichst schnell einzutreiben, und dass dabei die Befreiung der Neofiti von der Subventio Generalis und ähnlichen Abgaben schnell übergangen werden konnte.164

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BSSPN, Ms. XX D 40, 86r. CDS 3, ed. Carucci (1943), Nr. 305 (6.1.1297): […] Pro universitate hominum civitatis Salerni … quedam diebus istis per nuncium specialem et licteras facta expositio continet quod olim […] sub nomine doni certa fuit per universitatem eandem promissa pecunie quantitas dicto regi, de qua tunc certa parte soluta, unice auri quinque solvi residue remanserunt, quas nunc per te dictis hominibus per curiam postulatas solvere non posse se asserunt, nec iuste debere, pro eo quod certos nunc neophitos, olim iudeos, qui per nostram excellentiam e prestationibus fiscalium munerum sunt exempti […] certa contingebat exinde quantitas, que in presentiam ab ipsis causa premissa non potest exigi et haberi et sic de exactione huiusmodi se gravari querentes […] mandamus quatenus si dictis neophitis, ante impositam pecuniam dicti doni fuit per maiestatem concessa immunitas memorata, quam nolumus privatis aliquibus set nostre curie onus ferre, tu, deductis quinque unciis, quantitatem illam deducas et minuas civibus Salernitanis eisdem, nostre utique curie imputandam, quam neophitos ipsos, iuxta solitum et antiquum noveris rationabiliter contingisse […]. Ebd., Nr. 391 (2.12.1299): […] dicto magistro iusticiario iniunximus ut quia de residuis tam generalis subventionis quam subsidii pro armata anni scilicet proximi preteriti indictionis XI, uncie auri centum quatraginta vel citra recolligenda remanserunt in Salerno, dictus magister iusticiarius certificatus per vicarium Principatus et straticotum Salerni de dicti residui quantitate ac nominibus collectorum, qui residuum ipsum recolligere debuerunt, et a quibus etiam debentur, statim illud mandet et faciat cum

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Zwar gibt es Belege dafür, dass die königliche Kammer die Immunität der Neofiti bei der Veranschlagung der Steuersummen zumindest zeitweise in Rechnung stellte. Doch führte dies zu Deckungslücken im Haushalt, sodass königliche Amtsträger und Stadtgemeinden bald wieder versuchten, die konvertierten Juden zur Zahlung der Subventio heranzuziehen. Am 4. Juli 1294 etwa teilte König Karl II. dem Justitiar und aerarius der Capitanata mit, dass die Sarazenen von Lucera freiwillig versprochen hätten, ihm noch einmal die Hälfte der Summe als Geschenk zu verehren, die sie zur aktuellen Subventio Generalis beizutragen hatten, um so die Lücke in der Steuersumme zu schließen, die entstanden sei deducta quantitate contingente certos novos christianos habitantes in diversis partibus Capitanatae, iuxta immunitatem eis exinde per Curiam nostram indultam. Mit diesen Mitteln sollten der Sold des Justitiars, eines Notars und eines Falkners für einen Monat gezahlt werden.165 Die wenige Monate vorher verliehene Steuerimmunität der Neofiti wurde 1294 für die Capitanata also berücksichtigt. Allerdings hatte dies prompt eine Deckungslücke im Haushalt der Provinz verursacht, die nur eine Sonderzahlung der Muslime aus Lucera schließen konnte, die diese vielleicht auch weniger freiwillig leisteten, als der König behauptete. Viereinhalb Jahre später ergeht dann aber ein Königsmandat an den Justitiar der Capitanata, in dem dieser aufgefordert wird, die Subventio Generalis nicht von den konvertierten Juden zu fordern, sondern erst von deren Nachkommen, wenn sie selbst verstorben sein werden.166 Offensichtlich hatte dieser versucht, die Neuchristen zur Zahlung der Subventio heranzuziehen. Aus der Zeit zwischen 1298 und 1337 ist eine Reihe von Mandaten überliefert, mit denen der Königshof Konvertiten aus verschiedenen Städten des Königreiches die 1294 verliehene Steuerimmunität bestätigte. In einigen Fällen richteten sie sich an Einzelpersonen, meistens jedoch an die Neofiti eines bestimmten Ortes in ihrer Gesamtheit.167 Viele der Mandate, mit denen der König den Neofiti die Befreiung von der Subventio Generalis bestätigte, sind nur durch ihre Erwähnung in der Literatur oder als Kurzregesten überliefert, einige jedoch immerhin als etwas ausführlichere Regesten. Aus diesen

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omni celeritate recolligi ac … assignari erario deputato … penes eum … postmodum vero per syndicum hominum dicte civitatis Salerni … fuit expositum … quod de residuis huiusmodi universitas ipsa non ultra quam uncie auri centum triginta quinque, tareni decem et octo et grana sex nostre curie restituant ad solvendum de quibus solutam fuisse asseruit personis subscriptis pro parte nostre curie subdistinctam pecunie quantitatem et certam aliam sibis pro marenariis et neofitis dicte terre, qui de mandato nostro debent esse immunes a prestatione dicte subventionis et subisidii … excomputari debere, fuit … postulatum ut interim quoad plena declaratio nostre curie fieret de premissis mandare certum ei prorogari terminum dignaremus. Cuius .. petitionibus annuentes… usque per totum primo preteritum mensem novembris terminum huiusmodi per plures dilationes duximus prorogandum […] Quare mandamus quatenus certificati per straticotum predictum de dicti residui quantitate reliquum … quod inde restitit usque ad integram quantitatem que debetur per universitatem eandem, evestigio … mandes et facias .. recolligi et dicto erario assignari […]. CDSL, ed. Egidi (1917), Nr. 121. Egidi, Colonia Saracena (1912), 137. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 55, 61; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/ 4, 5.

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geht hervor, dass die Mandate auf Klagen der Neofiti reagierten, dass königliche Amtsträger und vor allem die Gemeinden ihre Steuerimmunität nicht berücksichtigen. So ergeht 1309 auf Gesuch der Neofiti von Bari der Befehl an den Justitiar der Terra di Bari, den Capitano der Stadt Bari und an die anderen Offizialen, die Befreiung der Neofiti von collectae und anderen Steuern zu respektieren und sie künftig nicht mehr zu belästigen.168 Auch in Nola hatten sich die Neofiti einige Jahre zuvor allem Anschein nach der Versuche der dortigen Universitas zu erwehren, sie zu den Steuern an den König mit heranzuziehen.169 Im Jahr 1313 klagen die Neofiti von Teano über die Verletzung ihrer Privilegien durch die Stadtgemeinde, zwei Jahre später die Neuchristen von Trani.170 Die Behandlung als fiskalische Sondergruppe, die weder mit den Juden noch mit den Christen zur Subventio Generalis beitrug, hatte also auch die Folge, dass die konvertierten Juden über lange Zeiträume immer wieder gemeinsam aktiv wurden, um sich vom Königshof ihre steuerliche Immunität bestätigen zu lassen. Sie bewirkte damit, dass die Konvertiten auch sozial eine Sondergruppe bildeten. Das Mandat für die Neofiti von Capua, mit dem sich diese 1312 ihre Befreiung von der Subventio Generalis abermals bestätigen ließen, erwähnt, wie das ursprüngliche von 1294, 45 Namen von Neofiti.171 Über einen Zeitraum von fast 20 Jahren blieb die Sondergruppe der Neofiti also personell stabil. Der fiskalische Sonderstatus, der die Konvertiten zwar aus der Judengemeinde herauslöste, sie aber nicht in die christliche Stadtgemeinde einschloss, beförderte so auch die soziale Selbstexklusion der Konvertiten, indem er sie zu gemeinsamem Handeln veranlasste. Dabei bestand die besondere Paradoxie der Situation darin, dass die Neofiti fiskalisch weder zu den Juden noch zu den Christen gehörten, in den Auseinandersetzungen um ihre Beteiligung an der Subventio aber in neuer Weise die fiskalische Jewishness der Konvertiten konstruiert wurde. Denn die Konflikte der Stadtgemeinden mit den Neofiti um die Beteiligung an der Subventio setzten nicht nur die Konflikte zwischen den Stadtgemeinden und den Juden unter neuen Vorzeichen fort. Auch die Methoden, auf die die Städte verfielen, um den Neofiti einen Teil der finanziellen Lasten zu übertragen, die der königliche Fiskus den Städten aufbürdete, reproduzierten die fiskalische Differenz als Jewishness. Die Bürger von Trani etwa legten den Neofiti ihrer Stadt 1315 eine Zwangsanleihe von 300 Unzen auf. Zumindest weigerten sie sich, den entsprechenden Kredit an die konvertierten Juden zurückzuzahlen.172 Und die Neofiti von Teano beklagten sich im selben Jahr über ein mutuum, das die Stadt in Verletzung ihres Immunitätsprivilegs von ihnen verlangt hätte.173 Vor ihrer Konversion hatten die Juden des Königreiches immer wieder 168 169 170

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BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 30, 103r (= Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 1). Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 90. Ebd., 299; BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 30, 106v (= Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 3). Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 55. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 30, 106v (= Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 3). Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 299.

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solche Zwangsanleihen auferlegt bekommen, allerdings nicht durch die Städte, sondern durch den König, die Juden von Trani auch durch den Erzbischof.174 Ein Konvertit aus Trani, der in Neapel lebte, hatte deshalb bereits 1269 bestätigt bekommen, dass er zu solchen Anleihen nun nicht mehr herangezogen werden dürfte.175 Doch es gab auch vollkommen neue Wege, die konvertierten Juden zu Zahlungen zu nötigen. So klagte der Justitiar der Terra di Bari die Neofiti von Trani wegen Wuchers an und nahm ihnen als Buße hohe Geldsummen ab. Dabei ging er aus eigener Initiative vor, ohne dass es eine Klage gegeben hatte.176 Auch die Städte Terlizzi und Molfetta beklagten 1315 die usura der Neofiti von Trani, Bari und Molfetta.177 Und im Jahr 1328 beteuerten einige Einwohner von Molfetta, sie seien durch den Wucher der Neofiti von Trani so ruiniert, dass sie nicht in der Lage seien, die ihnen auferlegten Abgaben an den Königshof zu zahlen.178 Auch der Wuchervorwurf rückte die Konvertiten in die Nähe von Juden. Allerdings wurde Wucher zu Beginn des 14. Jahrhunderts im Königreich Neapel noch nicht unbedingt als exklusiv jüdische Praxis wahrgenommen. Im Jahr 1325 berichtet ein königlicher Kommissar an den Hof, dass die konvertierten Juden von Trani Wuchergeschäfte tätigten und dass sie dabei dem schädlichen Vorbild der Kaufleute aus der Toskana, vor allem aus Florenz, und nicht etwa von Juden gefolgt seien.179 Die Auseinandersetzungen um die Beteiligung der konvertierten Juden an der Subventio Generalis zeigen, dass die Konstellation, die die Massenkonversion von 1292 ermöglicht hatte, nach der Massenkonversion weiterwirkte und nun maßgeblich dazu beitrug, dass Inklusion und Exklusion der Neuchristen in die bzw. aus der christlichen Gesellschaft in ein eigentümliches Spannungsverhältnis traten. Zunächst hatte die königliche Kammer die fiskalische Eingliederung der Konvertiten in die (christlichen) Stadtgemeinden angestrebt: Sie sollten mit diesen gemeinsam zur Subventio Generalis beitragen; 1294 bekamen die konvertierten Juden jedoch auf Lebzeiten Immunität in Bezug auf diese und ähnliche Abgaben verliehen. Die Neofiti wurden damit, um ein Mandat von 1292 zu zitieren, „vom Körper der Juden abgezogen“, nicht jedoch, wie es in dem Mandat weiter heißt, der „Gesamtheit“ der Christen hinzugefügt, sondern bildeten fiskalisch eine Sondergruppe zwischen Christen und Juden, deren Jewishness dennoch gegenwärtig blieb, und dies begünstigte die soziale Selbstexklusion der Neofiti. Zudem provozierte die königliche Kammer so Konflikte zwischen den Universitates des Reiches und den Neofiti, die in gewisser Weise die Steuerkonflikte zwischen den jüdischen Gemeinden und den Stadtgemeinden aus der Zeit vor der Konversion fortsetzten. Allerdings betraf die Verortung als fiskalische Sondergruppe zwischen Christen und Juden nur die Konvertiten selbst, nicht aber ihre Nachkommen. Für die meisten Städte 174 175

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Vgl. etwa RCA 44/2, ed. Palmieri (1999), 333. Beltrani, Ordinamenti (1873), 73: Johanni dicto de Trano, civi Neapolis, iudeo converso noviter ad fidem catholicam provisio quod non compellatur in mutuis praestandis. Caggese, Roberto d’Angio 2 (1930), 303; Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 6f. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 307. Ebd. Ebd., 596.

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Kampaniens sind die Königsmandate, die auf die Klagen der konvertierten Juden über die Missachtung ihrer Steuerimmunität ergingen, die letzten Quellen, in denen Personen erwähnt werden, die man als Neofiti bezeichnet. Mit dem steuerlichen Sonderstatus verschwand in den meisten Gegenden die Kategorie des ‚Neofitus‘. Dies ist ein Indiz dafür, dass der steuerliche Sonderstatus ein wichtiger Aspekt der Produktion der Ambiguität der konvertierten Juden war. Die Nachkommen der Konvertiten von 1292 wurden in den meisten Orten des Königreichs auch fiskalisch Christen, und damit entfiel für ihre christliche Umwelt allem Anschein nach ein wichtiger Anlass, ihnen Jewishness zuzuschreiben.

Die Neapolitanische Inquisition: Die Einrichtung der Dominikanerprovinz Regni Sicilie und die inquisitorische Verfolgung der konvertierten Juden Die Massenkonversion von 1292 war Resultat einer Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren, die sich kumulativ radikalisieren konnte, weil sie in Wahlverwandtschaft zu den Bestrebungen der Monarchie stand, die Juden politisch aus der Herrschaft der Kirchen herauszulösen und gleichsam in den Untertanenverband der Monarchie einzugliedern. Allerdings sollte sich bald zeigen, dass sich diese politische Inklusion der Konvertiten in den Verband der christlichen Untertanen des Königs mit der Massenkonversion von 1292 keinesfalls von selbst ergab. Denn der Konflikt bezüglich der politischen Zugehörigkeit der nunmehr konvertierten Juden setzte sich auch nach 1292 fort, wie die folgende Betrachtung der inquisitorischen Verfolgung der Neofiti im Königreich Neapel während des späten 13. und des 14. Jahrhunderts zeigen wird. Die ersten Belege für die Verfolgung der Konvertiten durch die Inquisition fallen in das gleiche Jahr wie ihre Befreiung von der Subventio Generalis. Wie ihre steuerliche Behandlung stand auch ihre Behandlung durch die Inquisitoren einerseits in Kontinuität zur Zeit vor der Konversion. Die Verfolgung der Konvertiten setzte die Verfolgung der Juden gleichsam nahtlos fort. Andererseits stand sie jedoch unter neuen Vorzeichen. Vor 1292 hatte es eine kleine Minderheit von Konvertiten gegeben, die die Inquisitoren der Apostasie bezichtigten und eine überwältigende Mehrheit von Juden, die von den Inquisitoren verfolgt wurde, die ihnen Beihilfe zur Apostasie vorwarfen. Nach 1292 stand zumindest in vielen Regionen des Königreiches Neapel einer Minderheit von Juden, die sich dem Verfolgungsdruck der Inquisitoren hatten entziehen können, eine Mehrheit von Konvertiten gegenüber. Das Verfolgungsinteresse der Inquisitoren verschob sich damit vom ‚Delikt‘ der Beihilfe zur Apostasie zum Vorwurf der Apostasie selbst. Gleichzeitig war für die Verfolgung dieser Häresie 1294 auch ein neuer administrativer Rahmen geschaffen worden. Am 1. September 1294 erging die Bulle Clara Ordinis Papst Coelestins V. Mit dieser wurde aus der römischen Provinz des Dominikanerordens eine Provincia Regni Sicilie herausgelöst, deren Grenzen identisch mit denen des Königreiches Sizilien war.180 180

BOP 7, ed. Ripoll/Bremond (1739), 49f.

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Coelestins Nachfolger Bonifaz VIII. bestätigte die Gründung der Provincia Regni Sicilie am 1. März 1295 mit der Bulle Attendentes olim, und auch das Generalkapitel des Dominikanerordens 1296 in Straßburg tat es dem Papst nach.181 Die Provincia Regni Sicilie war die dreizehnte Provinz des Dominikanerordens und stand von Rang her nur der römischen Provinz nach, aus der sie hervorgegangen war. Es war das erste Mal, dass eine Provinz des Dominikanerordens durch den Papst eingerichtet wurde. Die Initiative zur Einrichtung der Provinz war jedoch vom Königshof in Neapel ausgegangen. Der Bulle Clara Ordinis zufolge hatte Coelestin V. die eigenständige Provinz des Dominikanerordens für den Süden der Halbinsel auf Bitten Karls II. und der sanior pars der Dominikaner des regno eingerichtet. Die entsprechende Supplik hatte der König bereits kurz nach der Wahl Coelestins V. unterbreitet.182 Die Gründung der Provincia Regni Sicilie muss für den Königshof von Neapel also einen hohen Stellenwert gehabt haben.183 Die Bulle Clara Ordinis begründet die Notwendigkeit einer eigenständigen Provinz für das Königreich Sizilien damit, dass dessen Zugehörigkeit zur römischen Provinz die Entwicklung des Ordens im italienischen Süden hemme. Die römische Provinz sei so groß, dass die Priore der Provinz, die häufig aus der Toskana oder aus Rom stammten, nicht die ganze Provinz visitieren könnten und das Königreich Sizilien oft vernachlässigten. Da die Priore die Brüder im Süden auf diese Art nicht zu ihrem Heil ermahnen oder wie sie es verdienten, ermutigen könnten, sei es dem Orden unmöglich, einen Zuwachs an Brüdern und Konventen zu verzeichnen. Außerdem seien die großen Entfernungen, die die Brüder zurücklegen müssten, die sich zum Generalkapitel des Ordens begeben wollten, eine unzumutbare Belastung.184 Gerardo Cioffari hat darauf hingewiesen, dass diese Gründe vorgeschoben wirken. Die Priore der römischen Provinz stammten bis dahin keineswegs fast immer aus der Toskana oder Rom. Es hatte vielmehr auch eine bemerkenswerte Zahl von Prioren aus dem Süden gegeben. Außerdem stimmte es auch nicht, dass die Priore der römischen Provinz den Süden nicht visitiert hätten. Man müsse daher davon ausgehen, dass es Karl II. vor allem darum gegangen sei, „di servirsi più liberamente di quei frati che essi [gli Angioini] avevano scelto per la difesa della fede e la fedelta alla corona.“ 185 Und das heißt: der Inquisitoren. Am 5. August 1295 räumte Papst Bonifaz VIII. dem Prior der neugeschaffenen Provinz des Dominikanerordens explizit die volle Gewalt in seinen Befugnissen als Inquisitor ein, wie sie zuvor der Prior der römischen Provinz im Königreich Sizilien inne-

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Valle, Compendio (1651), 76f.; Acta capitulorum generalium 1, ed. Reichert (1898), 279; Mortier, Histoire des Maitres Généraux 2 (1905), 332; Cioffari, Dominicani in Puglia (1986), 58f.; Ders., Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 42f. BOP 7, ed. Ripoll/Bremond (1739), 49f.; Cioffari, Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 39f. Mortier, Histoire des Maitres Généraux 2 (1905), 331. BOP 7, ed. Ripoll/Bremond (1739), 49f. Cioffari, Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 41.

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hatte.186 Damit wurde die Leitung der Inquisition für das Königreich Neapel von Rom in den Dominikanerkonvent S. Domenico zu Neapel verlegt, in dem der Prior der Provinz residierte, und damit in die unmittelbare räumliche Nähe zur weltlichen Gewalt im Reich.187 Und die räumliche Nähe ging offensichtlich auch mit größerem Einfluss der weltlichen Gewalt auf die Inquisition einher. Als etwa der Inquisitor Guillelmus de Tocco 1300 die Gunst König Karls II. verlor, verlor er mit dieser auch sein Amt als Inquisitor.188 Bereits am 21. Juli 1295 waren zwei Königsmandate für den Inquisitor Angelo da Trani ergangen. Die Arenga des ersten streicht die Pflicht des christlichen Herrschers heraus, die Feinde des Glaubens zu verfolgen, und erteilt den Amtsträgern des Königreichs den Befehl, dem Inquisitor Angelo da Trani Gunst, Hilfe und Rat zu erweisen, der aufgrund päpstlicher Vollmacht den Auftrag habe, im Königreich Sizilien die Ketzer und die mit dem ketzerischen Makel Befleckten auszurotten.189 Außerdem werden dem Inquisitor weitreichende Vollmachten eingeräumt, darunter erstmals das Recht, die Folter anzuordnen.190 Die einzigen ‚Häretiker‘, die es im Königreich Neapel gab, als die Provincia Regni Sicilie 1294 eingerichtet wurde, waren konvertierte Juden, die der Apostasie verdächtigt wurden. Bereits im Frühjahr 1294, also parallel zur Einrichtung der Provinz, wurden solche in Bari durch den Inquisitor Iohannes de San Martino verfolgt, der bereits zwei Jahre zuvor maßgeblich bei ihrer Konversion mitgewirkt hatte.191 Bartholomäus d’Aquila, der 1292 die Juden von Salerno zum Übertritt gebracht hatte, war 1294 ebenfalls aktiv.192 Auch später ist die vermeintliche Apostasie konvertierter Juden und ihrer Nachkommen die einzige Häresie, deren Verfolgung durch die dominikanischen Inquisitoren einigermaßen kontinuierlich belegt ist, und zwar ausschließlich für Apulien. Zwar ist für 1297 sowie für 1354 bis 1362 die inquisitorische Verfolgung franziskanischer Spiritualen belegt. Doch lag diese in den Händen der Franziskaner und der Ordinarien.193 Die inquisitorische Verfolgung der Templer wurde 1309 ebenfalls in die Hände der Franziskaner und der Ortsbischöfe gelegt.194 Das zweite Mandat, das am 21. Juli 1295 für den Inquisitor Angelo da Trani erging, legte den Verteilungsschlüssel für die Einnahmen neu fest, die die Inquisitoren aus den Geldbußen und Besitzkonfiskationen verurteilter Häretiker erzielten. Unter Karl I. Anjou waren noch die gesamten Einnahmen, die aus den Urteilssprüchen der Inquisito-

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BOP 2, ed. Ripoll (1730), 44. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 62. Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 164. Valle, Compendio (1651), 68f.; vgl. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 62; Cioffari, Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 177f. Valle, Compendio (1651), 68f.; vgl. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 62. S. u., 78f. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1888f. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 62, 67–69. Ebd., 64.

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ren resultierten, an die königliche Kammer gegangen. Zur Deckung ihrer Kosten und ihres Lebensunterhaltes hatte der König den Inquisitoren Gagen aus unterschiedlichen königlichen Einkünften, etwa aus Zöllen und indirekten Steuern angewiesen.195 Im Januar 1290 hatte Karl II. den Inquisitoren dann ein Drittel der Summen überlassen, die aufgrund ihrer Urteile anfielen.196 Fünfeinhalb Jahre später verzichtete Karl II. nun auf ein weiteres Drittel der Konfiskationssummen. Die Sekreten und anderen königlichen Amtsträger sollten die durch die Inquisitoren angeordneten condemnationes ausführen, von den entsprechenden Beträgen jedoch nur noch ein Drittel für die königliche Kammer einbehalten. Ein Drittel sollte an die Inquisitoren gehen, ein weiteres sollte pro negotiis fidei verwendet werden. Man muss davon ausgehen, dass die Zweckbindung pro negotiis fidei auf den Ausbau der dominikanischen Infrastruktur auf dem süditalienischen Festland gerichtet war, deren Stagnation die Bulle Clara Ordinis beklagt hatte. Es ist zumindest wiederholt belegt, dass der König auch noch auf das Drittel verzichtete, das der königlichen Kammer verblieben war, damit dieses genau diesem Zweck zugeführt würde. Ende 1298 erhielten die Inquisitoren in Apulien die Erlaubnis, von dem Anteil der Krone an den Einkünften aus ihren condemnationes 100 Unzen an den Konvent der Prediger in Bari zu zahlen in subsidium perfectionis cenobii eiusdem.197 Der Konvent von S. Pietro Martire in Neapel erhielt 1299 sogar den gesamten königlichen Anteil der condemnationes, die die Inquisitoren Gullielmus de Tocco und Angelo Pisarino verfügten, pro perfectione operis.198 Zugunsten von S. Domenico Maggiore in Neapel sind zwei entsprechende Begünstigungen belegt, 1301 durch Karl II.199 Und noch 1324 verfügte Herzog Karl von Kalabrien, dass die Inquisitoren de pecunia proventuum dicti Inquisitionis officio pro tertia parte Regalem Curiam contingente que est et erit 50 Unzen Gold an Prior und Konvent von S. Domenico Maggiore in Neapel für die Fertigstellung der Kirche auszahlen sollten.200 Der Konvent der Dominikaner in Trani bekam 1302 von König Karl II. das Gelände geschenkt, auf dem sich zuvor der Friedhof der Juden von Trani befunden hatte.201 Auch dieser wird wahrscheinlich durch Konfiskation an die königliche Kammer gegangen sein. Möglicherweise handelte es sich auch bei einer Porticus in der „Schuhmachergasse“ (platea calcariorum) von Neapel, die Karl II. Ende 1304, Anfang 1305 dem Dominikanerkonvent von S. Pietro Martire in Neapel übertrug, um Vermögen von Neuchristen, das durch Konfiskation in den Besitz des Fiskus gelangt war. Zumindest lagen sie direkt neben den apotecae zweier Konvertiten.202 Wie bei der Übertragung des ehemaligen jüdi-

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RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 143, 210. RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 184. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1585r. Ebd., 1581r. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 62. Minieri Riccio, Saggio di Codice Diplomatico, Suppl. 1 (1882), Nr. 79. Beltrani, Antichi ordinamenti (1873), Nr. 6. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1978r, s. u. Quellenanhang, Nr. 1/6.

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schen Friedhofs von Trani wurde als Verwendungszweck auch hier die Fertigstellung des Kirchen- bzw. Klostergebäudes genannt. Doch nicht nur dominikanische Kirchenbauten wurden mit Einnahmen aus der Inquisition finanziert. Es wurden auch Einzelpersonen gefördert. Der bekannte dominikanische Prediger Giovanni de Regina erhielt während seiner Studienzeit an der Universität in Bologna 1298 4 Unzen aus den Einnahmen der Inquisitoren Landulfus Siginulfus und Guillelmus de Tocco, pro emendis libris.203 Ein Bruder namens Iakobus, Kapellan Herzog Roberts von Kalabrien, des späteren Königs, erhielt 1299 8 Unzen de pecunia proveniente ex condemnationibus contra hereticos ad nostram curiam pertinente, die der Inquisitor Angelo Pisarino aussprach.204 Ein Kapellan und Vertrauter König Roberts, Bruder Gualterius, erhielt am 17. Juni 1337 von dem Inquisitor Nicolaus de Lillo aus Barletta 2 Unzen und 4 Tarì de pecunia proventuum acquisita per eum racione dicte generalis inquisicionis heretice pravitatis.205 Für die Dominikaner des Königreiches Neapel hatte die Einrichtung der Provincia Regni Sicilie also jenes Wachstum (incrementum) zur Folge, das nach dem Wortlaut der Bulle Clara Ordinis durch die Zugehörigkeit des italienischen Südens zur römischen Dominikanerprovinz gehemmt worden war. Die finanziellen Mittel, die die inquisitorische Verfolgung der konvertierten Juden einbrachte, konnten nun im Königreich Neapel bleiben und für den Ausbau der Infrastruktur des Ordens auf dem süditalienischen Festland verwendet werden. Und diese Mittel spielten dabei offensichtlich eine erhebliche Rolle. Denn in Kalabrien, dessen Juden der inquisitorischen Verfolgung entgangen und nicht konvertiert waren und wo es daher auch zu keiner inquisitorischen Verfolgung von Konvertiten kam, gab es am Ende des 14. Jahrhunderts noch immer keinen einzigen Dominikanerkonvent.206 Der König, der die Einrichtung der eigenständigen Provinz für das Königreich Sizilien bei Papst Coelestin V. betrieben hatte, erhielt dafür einen größeren Einfluss auf die Inquisition in seinem Reich. Die Wahlverwandtschaft zwischen den Interessen des Königtums und denen der Inquisitoren aus dem Dominikanerorden, die die kumulative Radikalisierung der inquisitorischen Judenverfolgung und damit letztlich die Massenkonversion von 1292 ermöglicht hatte, wurde 1294 mit der Einrichtung der Provincia Regni Sicilie also gleichsam in einem regelrechten Bündnis institutionalisiert.207 Die Errichtung der Dominikanerprovinz für den italienischen Süden hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Einrichtung der Spanischen Inquisition knapp 200 Jahre später. Im Jahr 1478 gestattete Papst Sixtus IV. auf Bitten König Ferdinands des Katholischen und Königin Isabellas der spanischen Krone, Inquisitoren zu bestellen, um Ketzer wirksam verfolgen zu können. Und bei diesen Ketzern handelte es sich um niemand anderen als 203

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ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1571; vgl. Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 165, Anm. 3. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1646. Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 163, Anm. 11. Cioffari, Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 95. Ebd., 85.

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die Conversos, also die 1391/1415 konvertierten Juden bzw. deren Nachkommen.208 Anders als in Spanien, wo erst zwei bzw. drei Generationen nach den Konversionswellen von 1391/1415 eine besondere Inquisition für das Königreich eingerichtet wurde, die eng mit dem Königtum verbunden war, etablierten König, Papst und Dominikaner eine solche im Königreich Neapel bereits kurz nach der Massenkonversion der Juden Kampaniens und Apuliens im Jahr 1292 und schufen so einen neuen institutionellen Rahmen für die Verfolgung der nunmehr konvertierten Juden. Diese ‚Neapolitanische Inquisition‘ hatte jedoch eine wesentlich kürzere Lebensdauer als die Spanische, nämlich nur circa 75 Jahre. Letztmalig belegt ist die Verfolgung konvertierter Juden bzw. ihrer Nachkommen durch sie für das Jahr 1368.209 Allerdings ging die Initiative hierfür schon nicht mehr von Neapel, sondern von Papst Urban V. von Rom aus. Auf das Jahr 1403 datiert zwar noch eine Nachricht über die Verfolgung von Juden in Kalabrien, die wohl zumindest zum Teil Nachkommen von konvertierten Juden aus Apulien waren; allerdings ist nicht klar, ob hier dominikanische Inquisitoren aktiv waren.210 Spätere inquisitorische Verfolgungen von Neuchristen, die ab der Mitte des 15. Jahrhunderts wieder einsetzen, gehen auf lokale Initiativen zurück. Sie liegen nicht in den Händen von Dominikanern und finden bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts auch nicht mehr die Unterstützung des Königtums. Die einzige Aktivität der dominikanischen Inquisitoren, die nach 1368 noch sicher belegt ist, fällt in die Jahre 1379 bis 1384 und betrifft die Verfolgung der Anhänger des Gegenpapstes Clemens VII. Danach kommt die Aktivität der dominikanischen Inquisition völlig zum Erliegen.211 Als die letzte Königin aus dem Haus Anjou, Johanna II., 1427 die Privilegien der Juden des Königreiches aufhebt, die im Widerspruch zu den kirchlichen Gesetzen stünden, betraut sie den Franziskaner Giovanni Capistrano mit der Umsetzung.212 Für den Niedergang der dominikanischen Inquisition spielten sicherlich die dynastischen Auseinandersetzungen im Königreich Neapel nach dem Tod Johannas I. im Jahr 1382 eine Rolle und ebenso das große abendländische Schisma.213 Denn dieses verstärkte die dynastischen Konflikte noch und spaltete außerdem den Dominikanerorden im Königreich Neapel.214 Allerdings hatte die dominikanische Inquisition im Königreich Neapel schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts merklich an Wirksamkeit eingebüßt. Im November 1343 bekam der bereits erwähnte Giovanni de Regina von König Robert I. auf Lebzeiten 6 Unzen jährlich pro vestibus seu indumentis suis aus dem Anteil der königlichen Kam208 209 210 211

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Netanyahu, Origins of the Inquisition (1995), 915–922. S. u., 91–94. S. u., 94f. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 70–72; Monti, S. Offizio da Giovanna I a Giovanna II (1937), 289. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 646. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 72; Cioffari, Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 182. Cioffari, Dominicani nell’Italia meridionale 1 (1993), 86.

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mer proventuum composicionum et condenpnationum factarum et faciendarum Inquisicionis officii racione verliehen. Zwei Jahre später klagt er jedoch bei Königin Johanna I., dass er defectu pecunie composicionum et condenpnacionum huiusmodi nequit satisfieri sibi integre de predictis unciis auri sex sibi solvi provisis, und bat die Königin, sie möge ihm diese aus den Einkünften der Färberei von Neapel anweisen.215 Offensichtlich flossen die Einkünfte aus den Bußgeldern und Konfiskationen der Inquisitoren nicht mehr so reichhaltig wie noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts und vor allem nicht mehr regelmäßig. Das heißt: Die Zahl der Verurteilungen durch die Inquisition muss zurückgegangen sein. In die gleiche Richtung weist ein Schreiben Gregors XI. aus dem Jahr 1373, mit dem er Königin Johanna I. ermahnt, sie möge den vier Inquisitoren im Reich eine angemessene Summe von Goldflorin zukommen lassen, da diese sich sonst nicht angemessen unterhalten könnten.216 Dies muss nämlich keineswegs so interpretiert werden, dass die Königin den Inquisitoren nicht mehr den Anteil der Einnahmen aus ihren Urteilssprüchen überließ, den ihnen Karl II. 1290 und 1295 zugestanden hatte. Genauso gut kann es bedeuten, dass die Einkünfte aus der inquisitorischen Aktivität nicht mehr ausreichten, um den Inquisitoren den gewohnten Lebensunterhalt zu sichern. Vielerorts hatten lokale und regionale Gewalten bereits seit dem Ende des 13. Jahrhunderts den Inquisitoren erheblichen Widerstand entgegengesetzt, wenn diese versuchten, konvertierte Juden vor ihre Gerichte zu ziehen und ihr Vermögen zu konfiszieren. Im Laufe des 14. Jahrhunderts waren die Inquisitoren daher zusehends weniger in der Lage, gegen Person und Vermögen der Neofiti vorzugehen. Dies legen die Quellen für die inquisitorische Verfolgung der Neofiti in Apulien in der Zeit von 1294 bis 1368 nahe, die die einzigen Quellen für die Verfolgung der Neofiti des Königreiches Neapel während dieser Zeit sind. Sie beziehen sich auf drei Städte: Bari, Brindisi und Trani. Die inquisitorische Verfolgung der Neofiti in diesen Städten und die Widerstände gegen sie werden im Folgenden analysiert, jedoch nicht in chronologischer, sondern in systematischer Reihenfolge. Denn sie hatten jeweils andere Folgen für die politische Zugehörigkeit und die Markierung der Konvertiten als different. Unter den Schirm des hl. Nikolaus: Bari 1294–1311 Am ausführlichsten, wenn auch immer noch fragmentarisch, ist die inquisitorische Aktivität gegen die Konvertiten von Bari dokumentiert. Dabei werden vor allem die Strategien sichtbar, mit denen die Neofiti von Bari versuchten, ihren Besitz vor der Konfiskation durch die Inquisition zu schützen, und wie dies zu einer Transformation der Herrschaftsverhältnisse führte, in die die (konvertierten) Juden eingebunden waren. Die Neofiti von Bari gerieten allem Anschein nach als erste in das Visier der Inquisitoren. Wahrscheinlich schon im Mai 1294, also sechs Monate vor der Errichtung der Provincia Regni Sicilie, hatte dort der Inquisitor Iohannes de San Martino gegen einen

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Monti, S. Offizio da Giovanna I a Giovanna II (1937), 288. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 69f.

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konvertierten Juden namens Stefanus ermittelt. Denn am 30. April hatten alle Officiales des Reiches die Anweisung erhalten, dem Inquisitor alle Hilfe bei der Ausübung seines Amtes zu gewähren.217 Und an der Wende von Juni zu Juli 1294 bekam er bereits 4 Unzen monatlich aus dem Vermögen des Konvertiten Stefanus aus Bari angewiesen, der in Bezug auf den Glauben verdächtigt gewesen war und den er zum Verlust seines gesamten Besitzes verurteilt hatte.218 Dieses Urteil war freilich ein Kontumazurteil, denn Stefanus war gar nicht erst vor dem Gericht des Inquisitors erschienen, sondern hatte es vorgezogen zu fliehen. Zum Vermögen des verurteilten Konvertiten gehörten auch Kredite, die er vergeben hatte, dum Hebraycum errorem colebat, und die sich insgesamt auf eine Summe von 150 Unzen beliefen. Der Justitiar der Terra di Bari erhielt daher den Befehl, diese Kredite bei den Schuldnern des Stefanus für den königlichen Hof einzutreiben, wenn nötig auch mit Zwangsmaßnahmen. Unter den Schuldnern befand sich auch ein Angehöriger der Ravelleser Adelsfamilie Bos bzw. Bove aus Bitonto.219 Sowohl Kreditor als auch Debitoren versuchten jedoch, diese Pfändung der Kredite durch den Justitiar zu verhindern. Vier Jahre später, am 13. August 1298, übergibt ein Jude namens Manuel, Sohn des Stefanus novus christianus, einst Jude mit Namen Ionatha, Sohn des Ysaya aus Bari, einem Iohannes Magister Buctarius, Sohn des Magister Maio Buctarius, ein instrumentum puplicum, das unter anderem dokumentierte, dass sein Vater Maio und sein Bruder Iohannes dem Konvertiten Stefanus, dessen Söhnen Manuel und Ysaya und dessen Schwiegersohn Sabatus, Sohn des Manuel, allesamt Juden aus Bari, eine Unze Gold und sieben Tarì ex causa mutui schuldeten.220 Stefanus’ Sohn, der selbst allem Anschein nach der Konversion entgangen war, übergab also dem Sohn eines der Schuldner seines Vaters einen Schuldschein. Man muss daher annehmen, dass Maio und Iohannes zu den Schuldnern des Konvertiten Stefanus aus Bari gehörten, die nach dessen Verurteilung in Abwesenheit von der Pfändung durch den Justitiar bedroht waren. Und eben diese sollte wahrscheinlich durch die Abtretung des Schuldscheins an den Schuldner verhindert werden. Denn Iohannes, der Sohn des Schuldners Maio, versuchte auch später noch, sein Eigentum dem Zugriff des Justitiars zu entziehen.221 Zudem gingen die Inquisitoren im Jahr 1298 wieder einmal, oder immer noch, gegen die konvertierten Juden in Bari vor. Dabei trafen sie jedoch auf erhebliche Widerstände. Ende 1298 erhalten die Inquisitoren in Apulien die Anweisung, von dem Anteil der Krone an den Einkünften aus den condemnationes 100 Unzen an den Konvent der Prediger in Bari zu zahlen in subsidio prefectionis cenobii eiusdem.222 Und diese condemnationes betrafen aller Wahrscheinlichkeit nach die konvertierten Juden von Bari. 217 218 219 220 221 222

Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 61f. RCA 46, ed. Cubellis (2002), 152. Ebd., 153. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 79. S. u., 85. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1585.

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Denn im Februar 1299 ergeht ein Mandat an den Erzbischof von Bari, Romualdo Grisone, und den Dominikaner Angelo da Trani.223 Diese hatten in Ausübung ihres Amtes als Inquisitoren durch rechtskräftige Beweise ermittelt, dass neben anderen auch ein neofidus namens Bonusmirus aus Bari mit dem Makel der Häresie befleckt sei. Da auch Bonusmirus nicht vor dem Tribunal der Inquisitoren erschien, wurde er ebenfalls in Abwesenheit verurteilt, und zwar zur Konfiskation eines Drittels seines Vermögens, wobei sich die Inquisitoren die Verwendung der restlichen zwei Drittel zum Nutzen des Königshofes und ihres Amtes vorbehielten. Die Ausführung dieses Urteils erwies sich jedoch als sehr schwierig, ja kaum machbar, denn sie traf auf den Widerstand einer Dame aus dem hohen Adel. Eine Frau namens Mattaleona d’Aquila, die Witwe des Ritters Iohannes de Altamura, legte nämlich ein Notariatsinstrument vor, demzufolge der Konvertit Bonusmirus ihr eine Summe von 150 Unzen schuldete und für diese Summe seinen gesamten Besitz verpfändet habe. Und durch diesen Einspruch wurde die Ausführung des Urteils blockiert. 223

Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 178f.; vgl. Regest in ASN de Lellis, Notamenta III/2, 1580): […] Habuit [curia] nostra informacio [!] noviter facta [!] nobis, quod procedentes ad ipsum comissum vobis heretice pravitatis Inquisicionis officium invenistis quemdam inter alias nomine Bonusmirum de Baro neofidum per probaciones legitimas sorde labis heretice maculosum, contra quem dum velletis secundum iustitia iuris ex eodem officio vestro procedere, ipsum tanquam sibi forsitan male conscius latuit et se per contumaciam absentavit et sic eum de consilio sapientum ad terciam partem bonorum suorum omnium ex ipsa sua contumacia condenpnastis reliquis bonis eius ad opus Curie nostre et eiusdem vestri Inquisicionis officii annotatis. Hiis autem sic actis productum est ex parte Mattaleone de Aquila mulieris vidue, relecte [!] quondam Johannis de Altamura militis quoddam puplicum instrumentum, per quod dictus condenpnatus infectus [effectus?] monstrabatur mulieri prefate in unciis auri centum quinquaginta generalis ponderis debitor per quas bona sua omnia tam habita quam habenda obligarat eidem; cuius instrumenti obiectu, ad executionem condenpnacionis eiusdem dilatoria resultabant. Verum per vos instrumento prefato de collubio et falsitate arguto et exinde per certam confessionem factam coram vobis in judicio et per circunstancias alias exquisitas veritate [falsitate!] conperta, dum per hec velletis ad execucionem eandem operam procedere fuerunt ad vos nostre lictere impetrate ut dicte mulieri de prefata summa pecunie in bonis dicti condenpnati neofodi (sic) satisfacere curaretis Iusticiarii Terre Bari ad vos deinde requisicione subiuncta utrum velletis an ne satisfactionem huismodi adimplere. Licet autem circa hoc respondissetis eidem quod intendebatis dictam assignare pecuniam vel ipsi Justiciarii [!], vel alii [!] mercatores [!] communi, donec nobis de dicta falsitate conperta noticiam faceretis dictus tamen Justiciarius hoc actendere denegans […] deposueratis maiorem partem ipsius penes communem mercatorem per vos et dictam mulierem electum, Justiciarius ipse pignorare fecit quosdam debitores dicti neofidi, qui et a vobis extiterant pignorati, et sic executio mandati nostri huiusmodi de ipso solvendo debito in manibus nostris ex causa dicti Justiciarii extitit interrupta. In hiis ergo per vos provisione nostra petita precipimus, ut si res ita se habeat, revocato ad manus vestras toto processu in premissis habito ut preferto, et resignatis in manibus vestris per eundem Justiciarium, cui exinde scribimus, rebus huiusmodi pignoratis, si de falsitate dicti instrumenti, admissisis in hoc legitimis defensionibus mulieris eiusdem, liquido clareat, dictam terciam partem bonorum omnium dicti neofidi pro ipsa contumacia capiatis, reliquis duabus partibus ad opus ipsius Nostre Curie et eiusdem vestri ut debet officii remanentibus annotatis. Si vero de dicta falsiate non constet, deducto ex bonis eisdem debito memorato assignando mulieri prefate curetis presenti [!] Justiciario ipso, quem ad id racione sui officii pro Cautela Curie volumus interesse, pro dicta contumacia capere partem terciam reliquorum […].

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Die Inquisitoren überprüften daraufhin das Notariatsinstrument, und ihren Angaben zufolge erfuhren sie dabei, dass es eine Fälschung war. Dennoch konnten sie den Besitz des konvertierten Juden immer noch nicht konfiszieren lassen, denn die Witwe des Ritters hatte mittlerweile am Königshof ein Mandat an den Justitiar erwirkt, das die Konfiskation abermals verhinderte. Der Justitiar erhielt nun nämlich den Befehl, er solle veranlassen, dass Mattaleona d’Aquila ihre Ansprüche an den konvertierten Juden an dessen konfiszierten Besitz befriedigen könne. Der Justitiar fragte daraufhin bei den Inquisitoren an, ob sie diese satisfactio gewähren wollten, worauf diese zwar antworteten, sie wollten das Geld solange dem Justitiar selbst oder einem anderen mercator communis anvertrauen, bis sie den Königshof über die in Erfahrung gebrachte Fälschung in Kenntnis gesetzt hätten. Der Justitiar weigerte sich jedoch, dies abzuwarten, und wollte stattdessen die Frau mit dem Geld entschädigen. So deponierten die Inquisitoren den Großteil der konfiszierten Summe schließlich bei einem Kaufmann, den sie zusammen mit Mattaleona bestimmt hatten. Daraufhin ließ der Justitiar einige Schuldner des genannten Neuchristen pfänden, die zuvor bereits von den Inquisitoren gepfändet worden waren. Auch die Ausführung eines weiteren Mandats, dass die Kredite des Konvertiten an den Königshof zu tilgen seien, wurde so durch den Justitiar aufgehalten. Der König befahl schließlich, das gesamte Verfahren wieder in die Hände der Inquisitoren zu legen. Sollte die Fälschung des Notariatsinstruments, das die Schulden des Konvertiten bei der Witwe des Ritters dokumentierte, klar bewiesen werden, dann sollten die Inquisitoren das Vermögen des Konvertiten konfiszieren, andernfalls sollte die Witwe ihre Forderung erhalten. Im Sommer 1299 ergingen noch einmal zwei Mandate, deren Inhalt leider nicht genau bekannt ist, eines für Mattaleona und eines an den Justitiar, der die Inquisitoren auffordern sollte, einen Termin für den Prozess festzusetzen.224 Wir wissen daher leider nicht, wie der Prozess vor den Inquisitoren ausging, ob diese beweisen konnten, dass die Adlige den Schuldschein des Konvertiten Bonusmirus aus Bari gefälscht hatte, oder ob diese die 150 Unzen aus dessen Vermögen erhielt. Deutlich ist jedoch, dass die Konfiskation des Vermögens des Konvertiten auf erheblichen Widerstand einer Angehörigen des höchsten Adels traf. Denn Mattaleonas Ehemann Iohannes de Altamura war ein Sohn des Sparano de Bari, Logothet des Königreiches und magister rationalis des Großhofs unter König Karl II.225 Und der königliche Amtsträger vor Ort scheint im Zweifelsfall eher ihre Partei als die der Inquisitoren ergriffen zu haben. Zwischen dem Konvertiten Bonusmirus und der Adligen Mattaleona bestand zudem mehr als eine Geschäftsbeziehung. Als der Ehemann Mattaleonas d’Aquila, Iohannes de Altamura, 1296 starb, bestimmte er fünf tutores für seine minderjährigen Töchter, darunter einen Bonusmirus protontinus aus Bari, der ein Verwandter des Sparano war.226 In Anbetracht der Übereinstimmung des Namens und der Tatsache, dass zweimal ein

224 225 226

ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1639r; Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 177, Anm. 1. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 73. CDB 12, ed. Gianuzzi (1935), Nr. 68; CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 73.

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Bonusmirus aus Bari in Beziehung mit der Familie Sparanos de Bari und Mattaleonas d’Aquila belegt ist, hat Gerardo Cioffari vorgeschlagen, in dem Protontinus Bonusmirus, der 1296 als Tutor für die Töcher Mattaleonas eingesetzt wurde, und in dem Bonusmirus neofidus, der Mattaleona zufolge um 1298 ihr Schuldner für eine Summe von 150 Unzen war, ein und dieselbe Person zu sehen.227 Es ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich, dass der Konvertit Bonusmirus bereits zwei Jahre nach seiner Taufe das wichtige Amt des Protontinus übertragen bekommen und Zugang zu den Heiratskreisen des höchsten Adels gefunden hatte. Es ist daher plausibler, in dem Protontinus Bonusmirus aus Bari, der ein Verwandter des Ehemanns der Mattaleona war, den Taufpaten des Konvertiten zu vermuten. Denn die Taufpatenschaft hoher Adliger für die Juden im Rahmen der Massenkonversion wird nicht nur durch die Namen der Konvertiten aus Neapel, Salerno und anderen Städten nahegelegt, für die sich die Liste der getauften Juden erhalten hat, die an die Mandate über ihre steuerliche Immunität von 1294 angehängt war.228 Sie ist auch explizit belegt.229 Es bestand also offensichtlich eine personelle Vernetzung zwischen dem Konvertiten Bonusmirus und einer der einflußreichsten Adelsfamilien der Terra di Bari. Dies hatte die Folge, dass die Verfolgung des Bonusmirus durch die Inquisitoren den Widerstand dieser Familie provozierte, deren Oberhaupt zu dieser Zeit die Witwe Mattaleona d’Aquila war. Dabei wird freilich nicht deutlich, in welchem Verhältnis die Taufpatenschaft des Verwandten ihres Ehemanns für den Konvertiten zu der Behauptung der Mattaleona stand, dieser schulde ihr 150 Unzen. Hatte der Protontinus Bonusmirus einen Juden aus der Taufe gehoben, mit dem seine Familie in Geschäftsbeziehungen stand? Oder stand Bonusmirus durch die Taufpatenschaft in einer Art Klientelbeziehung zur Familie des Iohannes de Altamura, weshalb Mattaleona, wie die Inquisitoren behaupteten, einen Kredit fingierte, um so zumindest einen Teil des Vermögens des ‚Patenkindes‘ des Verwandten ihres Ehemanns vor der Konfiskation durch die Inquisitoren zu bewahren? Dass Neofiti sich in den Schutz mächtiger Adliger begaben, ist für Apulien auch anderweitig belegt.230 Zudem begaben sich die Konvertiten von Bari, darunter auch enge Verwandte des Bonusmirus, in der Zeit um 1300 allem Anschein nach vor allem unter den Schirm eines anderen mächtigen Schutzherrn: der Basilika von S. Nicola zu Bari. Am 2.September 1302 beurkundeten Nicolaus de Marsilio, Richter zu Bari und Lucas Thome, öffentlicher Notar, sowie elf Zeugen, dass am Vortag ihr Mitbürger, der neophidus Recuperus aus Bari, ehemals Jude mit Namen Joseph, Sohn des verstorbenen Juden Dactolus, sich, seine Söhne und deren Vermögen der Basilika des heiligen Nikolaus zu Bari übergeben habe.231 Dieser Recuperus war ein Bruder des Bonusmirus und

227 228 229 230 231

Cioffari, Dominicani in Puglia (1986), 69f. RCA 46, ed. Cubellis (2002), 85f.; RCA 47, ed. Pilone (2003), 55f. RCA 47, ed. Pilone (2003), 54. S. u., 91–93. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116.

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möglichwerweise gemeinsam mit diesem irgendwann Ende 1298 von den Inquisitoren in Abwesenheit verurteilt worden.232 Die Urkunde über die Oblatio des Recuperus hebt sich auffällig von anderen Urkunden über solche Oblationes ab. Stellt sie doch nicht nur die fromme Gesinnung, sondern auch den Glauben des Konvertiten an zentrale christliche Dogmen heraus, nämlich die Dreifaltigkeit und die Erlösung der Menschheit durch den Opfertod Christi. Dabei wird die christliche Lehre, dass Gottvater und Christus ein und dieselbe Person seien, auch noch zu einem Argument dafür, dass nicht nur Recuperus, sondern auch seine großteils bereits erwachsenen Söhne sich zusammen mit dem Vater der Basilika tradierten. Recuperus versicherte anlässlich seiner Oblatio nämlich, dass er, „nachdem die göttliche Gnade ihn vom Abweg auf den Weg zurückgeführt und ihn von der jüdischen Schlechtigkeit zur Klarheit des reinen Glaubens und zur Wahrheit des katholischen Glaubens gebracht“

habe, den Vorsatz gefasst habe, „dass er dem dreifachen und einigen Gott und dem allerseligsten Nikolaus, dem wundersamen und wundertätigen Bekenner mit Herz und Leib dienen“

wolle. Er habe weder „die Wohltaten vergessen, die er von der göttlichen Majestät empfangen habe, die ihn geschaffen und die Menschheit mit dem eigenen Blut erlöst habe und ihr gnädig sei, noch sei er undankbar für sie und noch weniger dafür, dass die göttliche Kraft ihn zum Gipfel des Glaubens an Christus gelenkt“

habe, „aus deren Gnade alle Güter entspringen.“ Weil es wahr sei, dass Gott dienen regieren heiße und Aufschub Gefahr auf sich zu ziehen pflege, habe der genannte Recuperus begehrt, „seinen frommen Vorsatz und seine lobenswerte Verpflichtung umgehend auszuführen.“ „Hierzu wollte er auf dem Weg der Oblatio gelangen, die er bezüglich seiner Person und gewisser Besitztümer zugunsten Gottes und des heiligen Nikolaus vornehmen wollte.“ Und weil man durch die Lehren der heiligen Kanones wisse, „dass Vater und Sohn als eine Person betrachtet werden und der Vater den Sohn mehr liebt als sich selbst“, sei der genannte Recuperus nicht damit zufrieden gewesen, dass er allein aus der genannten Wohltat Nutzen ziehen solle, und habe seine Söhne zum „Ursprung der genannten Freuden herbeigerufen.“ 233

232 233

CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11; CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116: […] Recuperus neophidus olim ebreus vocatus Iosep filius quondam Dactoli ebrei barensis, concivis noster, ad nostram presentiam [adiens] asseruit coram nobis, quod postquam divina clementia eundem Recuperum in viam reduxit ex invio adducens ipsum de pravitate Iudayca in orthodose (sic) fidei claritatem et veritatem Catholice fidei, proposuit idem Recuperus se deo trino et uni servire corde et corpore, et Beatissimo Nicolao Mireo et mirifico confessori, non oblitus neque ingratus beneficii recepti per eum a maiestate divina ipsum creante et humanem generationem proprio sanguine redimente atque pavente (sic), non minus quod de Iudaysmo ad christi fidem [!] verticem transtulit [eum] divina potencia, de cuius munere veniunt cuncta bona, verum

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Das Vermögen, das Recuperus und seine Söhne bei ihrer Oblatio der Basilika von S. Nicola übertrugen, bestand aus einem Haus mit einem halben Turm in der Ruga nova olim Iudeca zu Bari und einer Schaf- und Ziegenherde aus 300 Stück Vieh. Für beides behielten sie sich den Nießbrauch auf Lebzeiten vor, mussten der Basilika dafür jedoch einen jährlichen Zins von einer Unze zahlen.234 Sie blieben also im Besitz ihres Hauses und ihres Viehs, waren nun jedoch der Basilika des heiligen Nikolaus dafür zinspflichtig. Ein weiteres Haus, das ihnen gehörte, behielten sie und tradierten es nicht der Basilika. Recuperus war nicht der erste Konvertit in Bari, der sich und sein Vermögen der Basilika von S. Nicola tradierte. Bereits im Februar 1301 hatte ein novus christianus mit Namen Gualterius de Carbonara diesen Schritt getan.235 Er war ein Verwandter der Ehefrau des Recuperus, Iummata, die vor ihrer Taufe Saracena geheißen hatte, und fungierte bei der Oblatio der Familie des Recuperus als ihr Muntwalt.236 Ihn hatte offensichtlich ein Mitglied der Familie der Herren von Carbonara, südlich von Bari, aus der Taufe gehoben und ihm dabei seinen Namen und sein Cognomen gegeben.237 Gualterius war sogar in den Konvent von S. Nicola eingetreten, denn er wird 1302 als eiusdem ecclesie oblatus frater und 1311 als Gulaterius monachus bezeichnet.238 Zudem geht aus einer Urkunde von 1311 hervor, dass auch Recuperus und seine Söhne sowie Gualterius und ein weiterer Konvertit namens Petrus von der Inquisition zur Konfiskation ihres Besitzes verurteilt worden waren. Letzterer war möglicherweise identisch mit dem Petrus, der bei der Oblatio des Gualterius de Carbonara als Muntwalt von dessen Ehefrau Iummata fungierte. Auch Recuperus’ Bruder Bonusmirus und der mit diesem verschwägerte Gualterius de Carbonara hatten ihr Vermögen und sich selbst der Basilika des heiligen Nikolaus

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quia servire deo regnare est, et mora consuevit ad se periculum trahere, cupiebat instanter dictus Recuperus dictum suum pium propositum et laudabile debitum sortire effectum. Ad quod volebat per oblationis viam accedere, faciendo per eum de persona propria et certis rebus eiusdem deo et ecclesie beati Nicolai predicte. Et quia secundum quod sacri canones et sanctiones legitime dictare noscuntur persona patris et filii eodem [!] recensetur, et pater diligit filium plus se ipso, dictus Recuperus non contentus se solum dicto beneficio perfrui subscriptos filios suos naturales atque legitimos concives nostros videlicet Maionem neophidum olim ebreum vocatum Naday, Bonusmirum neophidum olim ebreum vocatum David, legitime etatis effectos, emancipatos ab eo, Iohannem neophidum olim ebreum vocatum Iubaday, pupillum maiorem annorum septem, minorem tamen quatuordecim annis, qui iam de sacris paternis exiverat vocavit ad predictorum principium gaudiorum […]. Ebd.: […] dictusque Recuperus obtulit etiam modo predicto subscriptas res suas […] videlicet domum unam suam sitam intus in Baro in Ruga nova olim Iudeca cum medietate turris ante ipsam domum existente […], iuxta aliam domum dicti Recuperi quam inhabitat […] Item trecenta animalia inter oves, capras ircos et arietes. Item unciam auri unam annuatim, in vita videlicet dicti oblati et dictorum etiam dictorum filiorum suorum oblatorum solvendam […] reservato tamen eidem Recupero usufructu omnium predictarum rerum […]. Ebd., Nr. 103. Ebd., Nr. 116. Martin, Émergence du Nom de Famille (1998), 86, verweist auf diesen Fall, freilich ohne die Ursache für den Namen des Konvertiten zu erkennen. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116; CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11.

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tradiert.239 Es ist allerdings nicht klar, ob dies geschah, bevor sie von den Inquisitoren verurteilt wurden oder danach. Angesichts der Verfolgung durch die Inquisitoren versuchten viele Konvertiten in Bari offensichtlich, sich wenigstens die Erträge ihres Vermögens zu sichern, indem sie diese und ihre Person unter den Schutz des heiligen Nikolaus stellten, dessen Basilika zu Bari wiederum direkt dem König unterstand. Damit konnten sie auch gleichzeitig den Pressionen der Bürger von Bari, die sie zur Beteiligung an den Steuerzahlungen der Gemeinde heranziehen wollten, entgehen. Denn 1302 hatte König Karl II. der Basilika des heiligen Nikolaus zu Bari noch einmal explizit bestätigt, quod homines eciam qui serviciis eiusdem ecclesie inerunt, cuiuscumque status existant, ab omnium fiscalium munerum prestacione sint liberi.240 Insgesamt sind neun solcher Oblationes von Konvertiten an die Basilika des heiligen Nikolaus zu Bari zu Beginn des 14. Jahrhunderts überliefert.241 Dazu sind noch vier weitere erwachsene männliche Verwandte dieser Konvertiten in den erhaltenen Notariatsinstrumenten über die Oblationes erwähnt. Das heißt: Von den 70 männlichen Konvertiten, die 1294 für Bari belegt sind, ist für knapp ein Fünftel überliefert, dass sie selbst oder Familienangehörige sich in den ersten Jahren des 14. Jahrhunderts mitsamt ihrem Besitz der Basilika von S. Nicola tradierten, angesichts der fragmentarischen Überlieferung eine bemerkenswert hohe Zahl. Um die gleiche Zeit kam es zudem zu einer regelrechten Serie von Oblationes von Personen, die in den entsprechenden Urkunden nicht als neophidus oder christianus novus bezeichnet werden.242 Sie waren wahrscheinlich also keine Konvertiten. In einem Fall ist jedoch belegt, dass ein solcher Oblat in Beziehungen zu Konvertiten stand. Es ist jener Iohannes Magister Buctarius, der 1298 als Schuldner des 1294 in Abwesenheit verurteilten Konvertiten Stefanus belegt ist.243 Stefanus war 1294 zur Konfiskation seines Vermögens verurteilt worden, und der Justitiar der Terra di Bari hatte den Befehl erhalten, die Kredite, die er vergeben hatte, bei dessen Schuldnern einzutreiben. Vier Jahre später händigte der Sohn des Stefanus, Manuel, dem Iohannes Magister Buctarius einen Schuldschein aus. Wiederum vier Jahre später tradierte sich Letzterer dann dem hl. Nikolaus. Geht man davon aus, dass auch jener Iohannes Magister Buctarius sich der Basilika von S. Nicola tradierte, um sein Vermögen vor dem Zugriff der Inquisitoren zu bewahren, dann erklärt dies auch, warum das Notariatsinstrument über die Übergabe des Schuldscheins von 1298 in den Urkundenbestand der Basilika eingegangen und dort überliefert worden ist. Es ist also durchaus möglich, dass die Welle von Oblationes von Personen, die keine Konvertiten waren, eine indirekte Folge der inquisitorischen Verfol239 240 241 242

243

CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 125. Ebd., Nr. 124, 127 u. 128; CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 104 (3.2.1301), 115 (31.8.1301), 117 (11.9.1302), 119 (10.2.1302), 121 (11.3.1302); 129 (31.10.1304); 143 (22.3.1305); 145 (27.1.1306). Ebd., Nr. 117.

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gung der Konvertiten in Bari war, dass es sich nämlich bei ihnen um Personen handelte, die mit den Neofiti persönliche und Geschäftsbeziehungen unterhalten hatten und deshalb ebenfalls den Schutz des Heiligen suchten, um ihre Habe vor den Inquisitoren zu bewahren, die in Bari versuchten, die Schulden der verurteilten Konvertiten einzutreiben. Allerdings stellt sich die Frage, wie wirksam der Schutz vor den Inquisitoren war, den der heilige Nikolaus zu Bari ihnen und vor allem den konvertierten Juden geben konnte oder zu geben bereit war. Gut dreizehn Jahre nachdem sein Bruder Bonusmirus vor den Inquisitoren geflohen war und über neun Jahre nachdem er und seine Söhne sich mitsamt ihrem Vermögen der Basilika von S. Nicola übergeben hatten, sah sich der Konvertit Recuperus – und nicht nur er – abermals mit den Inquisitoren konfrontiert. Am 24. November 1311 bestellte der Diakon Iohannes, Sohn des Magister Maio, Kanoniker der Kirche des heiligen Nikolaus zu Bari und deren Prokurator, den königlichen Richter, einen Notar und zahlreiche Zeugen in die Wohnung des verstorbenen Herrn Bonusmirus, in der zu dieser Zeit der edle Herr Raymundus Pauletti zusammen mit dem Herrn und Ritter Thomasius de Cimiterio de Nola, königlicher Portulan und magister salis für Apulien, ihren Aufenthalt genommen hatten, und brachte dort in Anwesenheit des Herrn Raymundus eine schriftliche Appellation vor, mit der die Basilika von S. Nicola auf Schritte der königlichen Amtsträger reagierte. Im Auftrag des Inquisitors in Apulien, Bruder Mattheus de Potiniano, hatten diese kirchliche und laikale Personen, universitates und collegia abgemahnt, binnen zweier Tage die Güter der Brüder Bonusmirus und Recuperus, des Madio und Onusbirus [!], Söhne des erwähnten Recuperus, des Mönchs Gualterius und des Petrus – allesamt Neofiti aus Bari, die der Bruder Mattheus einst verurteilt hatte –, den Vertretern des Inquisitors zu übertragen bzw. zurückzuerstatten. Denn sie hätten sie „aus eigener Kühnheit besetzt“ oder wollten sie besetzen. Der Inquisitor wollte nun also durch den weltlichen Arm den Besitz der beiden Konvertiten und ihrer Verwandten konfiszieren lassen. Auf diesen Versuch reagierte der Prokurator von S. Nicola mit einer Doppelstrategie: Auf der einen Seite argumentierte er, dass die Basilika durch die Oblatio der Konvertiten rechtmäßiger Eigentümer ihres Vermögens geworden sei und betonte dabei, dass die Oblationes vor der Verurteilung des Inquisitors erfolgt seien, als die Konvertiten „dem katholischen Glauben gemäß lebten und als katholische Christen galten.“244

244

CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11: […] cum asserentes vos habere in mandatis a fratre Matheo de Potiniano ordinis fratrum predicatorum inquisitore in Apulia heretice pravitatis monendum sub pena excommunicationis personas ecclesiasticas et laycales universitates et collegia bona quondam Bonusmiri et Recuperii [!] fratrum, Madii et Onusbiri [!] filiorum dicti Recuperi, Gualterii monachi ac Petri neophidorum de Baro per ipsum fratrem Matheum olim dampnatorum temeritate propria occupantes vel occupare volentes, ut infra biduum a die monitionis bona ipsa eius nomine vobis assignarent, monuistis eosdem intus in dicta ecclesia, quod bona vestra [wohl: ipsa] sub pena predicta [assignarent], et ex parte ipsorum fuerit responsum in ipso instanti, quod dictorum dampnatorum bona aliqua minime possidebant, set si qua bona habebant erant dicte ecclesie prioris et capituli

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Dies war von dem Inquisitor bestritten worden, dessen Mandat zufolge die Basilika von S. Nicola den ehemaligen Besitz des Recuperus propria temeritate, also ohne Rechtsgrundlage, besetzt hielt. Wie bereits erwähnt, betont das Notariatsinstrument über die Oblatio des Recuperus im Unterschied zu den anderen Notariatsinstrumenten über die Oblationes von Konvertiten auffällig dessen Rechtgläubigkeit, als wolle man diesbezüglichen Zweifeln bzw. Anfechtungen begegnen und die Rechtswirksamkeit der Oblatio sichern.245 Dass die Position der Basilika nicht über jeden Zweifel erhaben war, würde erklären, dass der Prokurator von S. Nicola die Ansprüche des Inquisitors zwar zurückwies, den Vertretern des Inquisitors auf der anderen Seite jedoch auch ein Angebot machte. Recuperus und seine Söhne hatten bei ihrer Oblatio eine Viehherde aus Schafen und Ziegen an die Basilika übergeben. Der Urkunde über die Oblatio von 1302 zufolge bestand sie aus 300 Tieren, 1311 dagegen ist von 500 Tieren die Rede. Offensichtlich hatten sich die Tiere binnen neun Jahren also erheblich vermehrt. Den usufructus der Herde hatten sich die Konvertiten gegen einen Zins von einer Unze jährlich auf Lebzeiten vorbehalten. Der Sinn der Oblatio bestand ja eben darin, sich angesichts der Verfolgung durch die Inquisitoren wenigstens diesen usufructus des Vermögens zu sichern, der bei einem Wachstum der Herde von 66 Prozent binnen neun Jahren offensichtlich die Chance bot, den Verlust binnen einer halben Generation wieder wett zu machen. Eben hierauf hatten die Basilika und ihre Oblati denn auch ein besonderes Augenmerk gelegt: „Weil die Kirche selbst die genannten Schafe und Ziegen besser schützen und hüten kann, wurden sie auf Wunsch des Recuperus und seiner Söhne danach im Namen der Kirche und für die Kirche in Obhut gegeben. Und trotzdem bezogen jene den usufructus bis zum vorher festgesetzten Zeitpunkt.“

„Besser schützen“ sollte die Kirche die Herde wohl vor allem vor den Inquisitoren. Dass Recuperus und seine Söhne nicht nur das Eigentum an ihrer Herde aufgaben, sondern diese auch nicht mehr selbst hüteten bzw. hüten ließen, sollte wohl eine weitere Hürde für eine eventuelle Konfiskation errichten.

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eiusdem. Adhuc ipsam responsionem secundum rei veritatem sequens nomine et pro parte ipsorum asserto [!], quod olim dum dictus Recuperus, Maio, Bonusmirus et Iohannes eius filii in fide catholica viverent et haberentur pro catholicis Christianis sollempniter obtulerunt personas eorum dicte ecclesie et ut partecipationem [orationum] haberent, dictus Recuperus trecenta animalia inter oves et capras et quilibet dictorum filiorum centum ad potestatem ipsius ecclesie donaverunt et tradiderunt reservato eis secundum superiorem distinctionem donec vixerint usufructu, et post mortem ipsorum usufructus proprietati consolidetur et ad ipsam ecclesiam deveniat pleno iure, et pro censu annuo obbligaverunt se solvere anno quolibet uncias [!] auri unam fabrice ecclesie antedicte. Ita quod si omnes viventes dictus Recuperus ipsam solveret et post mortem eius solvant filii, donec aliquis eorum supervixerit, post hec quia dictas oves et capras melius ipsa ecclesia poterat defensare et custodire et voluntate ipsorum Recuperi et filiorum date sunt custodiende nomine et pro parte ipsius ecclesie et pro ipsa ecclesia. Et nichilominus ipsi percipiebant usumfructum usque ad terminum pretaxatum. Nunc vero licet dici posset, quod terminus vite ipsorum sic [!] elapsus, pro eo quod morte civili mortuis [Ed.: morte civibus mortium!] reputantur et dictus usufructus per capitis diminutionem sit finitus […]. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116, s. o., 98.

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Konfrontiert mit den Forderungen, die die Vertreter des Inquisitors 1311 gegen die Basilika von S. Nicola erhoben, machte deren Prokurator ihnen gleichsam ein Vergleichsangebot. Anstelle der Oblati wollte die Basilika ihm den usufructus der Viehherde überlassen, freilich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Nach dem Tod der Oblati sollte er dann wie vorgesehen an die Kirche fallen.246 Dabei bemühte er ein interessantes juristisches Argument: Man könne sagen, dass das Leben der Oblati gleichsam beendet sei, „weil sie durch den bürgerlichen Tod (morte civili) als Tote betrachtet würden und der erwähnte Nießbrauch durch den Verlust der bürgerlichen Rechte zu Ende gegangen sei“,

so erwog der Prokurator von S. Nicola gegenüber den Vertretern des Inquisitors die Rechtslage.247 Die Rechtsfigur Mors Civilis, die der Prokurator von S. Nicola hier bemüht, ist eine Bildung des Mittelalters, die an verschiedene römische Rechtsfiguren anknüpft, mit denen eine Verminderung des Rechtsstatus einer Person rechtlich gefasst wurde.248 So zum Beispiel die capitis deminutio, von der auch 1311 im Fall der Konvertiten die Rede ist. Sie diente nicht der Begründung der verminderten Rechtsfähigkeit, sondern der vergleichenden Veranschaulichung. Die Betroffenen ähnelten Toten (pro mortuos habentur) weil sie keine (vollen) Rechtssubjekte mehr waren. Die Rechtsfigur der Mors Civilis wurde von den mittelalterlichen Juristen immer wieder bemüht, wenn es um die Frage ging, ob bzw. inwieweit Verträge, die eine Person abgeschlossen hatte, auch nach der Verminderung ihrer Rechtsfähigkeit noch gültig seien, oder ob die entsprechenden Verpflichtungen erloschen. Letztere Ansicht vertrat der Vertreter der Basilika von S. Nicola 1311. Woraus die verminderte Rechtsfähigkeit der Konvertiten resultierte, führte er allerdings nicht aus. Und dies hatte auch seine Gründe: Denn ein überzeugendes juristisches Argument für eine verminderte Rechtsfähigkeit gab es nicht. Denn weder aus der Unfreiheit, in die sich die Konvertiten durch ihre Oblatio begeben hatten, noch aus der Exkommunikation, der sie durch die Verurteilung als Häretiker verfallen waren, resultierte zwingend eine Mors Civilis. Servitutem mortalitati fere comparamus war zwar eine Rechtsregel, die sich bereits in den Digesten findet. Dennoch subsumierten die mittelalterlichen Juristen die Unfreiheit praktisch nie der Species Mors Civilis.249 Auch als Folge von Exkommunikation und 246

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248 249

CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11: […] respondeo et meo [!] offero nomine et pro parte supradicte ecclesie et domini cardinalis usufructum nostrorum animalium solvere, dare et assignare prout est iuris dari et assignari facere, cum de usufructu ipsa ecclesia nichil perceperit et adhuc unum vel plures in custodia ipsorum admittere, ut nulla fraus vel deceptio contra dictum fratrem Matheum circa usufructum valeat procurari […] post decessum ipsorum secundum eorum oblationem eadem restituere ecclesie antedicte […]. Ebd.: […] Nunc vero licet dici posset, quod terminus vite ipsorum sic [!] elapsus, pro eo quod morte civili mortui reputantur [Ed.: morte civibus mortium!] et dictus usufructus per capitis diminutionem sit finitus […]. Borgmann, Mors civilis (1972), 81. Ebd., 104.

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Bann, denen die Konvertiten durch ihre Verurteilung als Häretiker verfallen waren, wurde die Mors Civilis praktisch niemals angesehen. Und die Frage, inwieweit Vertragspartner von Exkommunizierten weiterhin an die Verträge mit diesen gebunden waren, wurde von den mittelalterlichen Juristen nicht einheitlich beantwortet. Die Mehrheit der Legisten vertrat sogar die uneingeschränkte und unbeschränkbare Vertragsfähigkeit der Exkommunizierten.250 Und auch die Rechtskundigen in Bari gingen vor 1311 offensichtlich nicht davon aus, dass Konvertiten durch ihre Oblatio oder durch ihre Verurteilung durch den Inquisitor ihre Rechtsfähigkeit verlören. Denn der Konvertit Gualterius de Carbonara hatte noch nach seiner Oblatio 1302 als Muntwalt für die Ehefrau des Konvertiten Recuperus fungiert.251 Das Argument, die Konvertiten hätten durch die Mors Civilis ihren Status als Rechtssubjekte verloren, stand also auf sehr schwachen Beinen. Hinzu kommt, dass es den Oblationes der Konvertiten gleichsam die Geschäftsgrundlage entzogen hätte. Sowohl eine Mors Civilis aufgrund von Unfreiheit als auch durch Exkommunikation hätte bedeutet, dass die Konvertiten keinerlei Anspruch auf das gehabt hätten, was die Oblatio an die Kirche ihnen sichern sollte: den Nießbrauch ihres Besitzes angesichts der Verfolgung durch die Inquisitoren. Denn entweder hätten sie bereits mit der Oblatio jeden Anspruch darauf verloren oder in dem Fall, dessen Folgen die Oblatio entgegen wirken sollte: der Verurteilung als Ketzer durch die Inquisition. Und nicht nur sie, denn auch die Basilika wäre des tradierten Besitzes verlustig gegangen. Es spricht daher einiges dafür, dass der Prokurator der Kirche des heiligen Nikolaus dem Inquisitor eher aus taktischen Gründen anbot, ihm die Erträge aus dem Vermögen der Oblati abzutreten, solange diese lebten. Denn es handelte sich um ein Angebot, das der Inquisitor kaum annehmen konnte bzw. ablehnen musste. Für den Inquisitor, der nicht ständig vor Ort war, wäre der Einzug der Erträge, die die Viehherde erbrachte, mit einem erheblichen logistischen Aufwand verbunden gewesen. Und in seiner Abwesenheit hätte ständig die Gefahr bestanden, dass die Zugriffsmöglichkeiten der Basilika von S. Nicola die Erträge der Herde auch noch erheblich geschmälert hätten. Das Interesse des Inquisitors musste sich deshalb darauf richten, die Herde beschlagnahmen und verkaufen lassen zu können. Er und seine Vertreter ließen sich denn auch nicht auf das Angebot ein und bestanden auf ihrer Forderung, dass die Kirche das ehemalige Vermögen der Konvertiten an die Inquisition ausliefern müsste. Der Prokurator von S. Nicola appellierte daraufhin an den Heiligen Stuhl.252 Leider ist nicht überliefert, wie der Streit zwischen dem Inquisitor und der Basilika von S. Nicola in Bari um das Vermögen des Konvertiten ausging. Auf ein Taktieren des Vertreters der Basilika deutet auch hin, dass dieser auch jenes Haus des Recuperus für den heiligen Nikolaus beanspruchte, das der Konvertit anlässlich seiner Oblatio der Basilika nicht tradiert hatte. Denn seine Begründung hierfür

250 251 252

Ebd., 126. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116. CDB 16, ed. Nitti de Vito (1941), Nr. 11.

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erscheint wenig glaubwürdig: Die Kirche des heiligen Nikolaus zu Bari hätte das Haus gepfändet, weil Recuperus den jährlichen Zins nicht gezahlt hätte, zu dem er sich bei seiner Oblatio verpflichtet hatte.253 Warum aber ließ die Basilika dem Recuperus und seinen Söhnen dann gleichzeitig die Erträge zukommen, die die Viehherde erbrachte? Die Behauptung, die Basilika habe das Haus gepfändet, hatte also offensichtlich den Zweck zu verhindern, dass dieses zugunsten des Inquisitors konfisziert würde. Mit ihrer Oblatio an den heiligen Nikolaus hatten Recuperus und seine Söhne also durchaus Schutz vor den Inquisitoren erworben. Und dies zeigt auch die Betrachtung des Faktors Zeit. Zwischen der Verurteilung der Brüder Bonusmirus und Recuperus durch die Inquisition und dem Versuch des Inquisitors, sich endgültig in den Besitz ihres Vermögens zu setzen, waren mehr als dreizehn Jahre vergangen, in denen zumindest Recuperus immerhin noch die Einkünfte aus diesem Vermögen hatte beziehen können. Die Oblatio hatte also das Vorgehen der Inquisitoren gegen die Konvertiten erheblich verzögert – und das heißt behindert. Für einen relativ wirksamen Schutz spricht auch, dass die Konvertiten von Bari sich in beträchtlicher Zahl in die Abhängigkeit von der Basilika des heiligen Nikolaus begaben. Bei aller angesichts der Quellenlage gebotenen Vorsicht lässt sich dennoch ein Bild des Ablaufs und der Folgen der Verfolgung der Neofiti von Bari durch die Inquisitoren um 1300 zeichnen. Die eigentliche Konstante war vor allem, dass die konvertierten Juden versuchten, ihr Hab und Gut vor der Konfiskation durch die Inquisition zu bewahren. Hierzu gaben sie dieses in die Obhut von Personen, zu denen sie in Geschäftsund anderen Beziehungen standen. Als wirksamer Schutz vor der Konfiskation durch die Inquisitoren erwies sich allem Anschein nach jedoch nur die Unterstellung unter den Schirm der Basilika des heiligen Nikolaus auf dem Weg der Oblatio. Die Stellung, die die Konvertiten von Bari nach ihrer Oblatio innehatten, ähnelte auf den ersten Blick jener vor ihrer Konversion. Sie unterstanden wieder der Kirche und waren dieser zu Abgaben verpflichtet. Die Kirche war jedoch nicht mehr dieselbe wie zuvor. Denn die Judengemeinde von Bari war zuvor – seit 1060 – der erzbischöflichen Kirche unterstellt gewesen. Die Verfolgung durch die Inquisition führte in Bari also dazu, dass die erzbischöfliche Kirche die Herrschaft über die nunmehr konvertierten Juden an die Basilika von S. Nicola verlor, mit der sie ohnehin schon seit langem um den Vorrang unter den Kirchen der Stadt konkurriert hatte. Und es ist vielleicht kein Zufall, dass 1298 bis 1299 auch der Erzbischof von Bari als Inquisitor an der Verfolgung der Neofiti der Stadt beteiligt war, die sich nach ihrer Konversion der konkurrierenden Basilika des heiligen Nikolaus unterstellt hatten. Ist dies doch der einzige Fall, in dem ein Bischof in dieser Zeit als Inquisitor belegt ist.254 Die Neofiti von Bari wurden zu Beginn des 14. Jahrhunderts also wieder homines ecclesiae, nun allerdings der ecclesia S. Nicolae. Die Rechtsgrundlage hierfür war die 253

254

Ebd.: […] Domum autem que fuit dicti Recuperi et est in ruga iudice [!] pignaverit ipsa ecclesia pro predicta uncia annua quam ipse Recuperus iis annis solvere neglexerit, secundum potestatem datam ecclesie memorate tempore oblationis eiusdem […]. Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 177.

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Oblatio. Diese wiederum beruhte darauf, dass sie „als Christen galten“, wie es 1311 im Konflikt zwischen Inquisition und Basilika um den Konvertiten Recuperus und seine Söhne heißt. In Bari hatte die Auseinandersetzung zwischen Inquisitoren und der lokalen Kirche die Folge, dass die konvertierten Juden unter den Christen verortet wurden, allerdings nicht mehr unter den cives der Stadt, sondern unter jenen Christen, die als Abhängige im Dienst der Kirche des heiligen Nikolaus standen. Flucht nach Kalabrien: Die Neofiti von Brindisi Knapp 70 Jahre nach der Verfolgung der Konvertiten von Bari wurden im Königreich Neapel zum letzten Mal Neofiti im Rahmen des institutionellen Bündnisses verfolgt, das Königtum und Inquisitoren 1295 mit der Errichtung der Provincia Regni Siciliae des Dominikanerordens geschlossen hatten. Auch diesmal war Apulien der Schauplatz der Verfolgung, genauer das in der Terra d’Otranto gelegene Brindisi und seine Umgebung. Wahrscheinlich irgendwann Anfang 1368 erreichte Königin Johanna I. von Neapel ein Brief Papst Urbans V., in dem dieser sie dringend zur Vernichtung der Häresie aufforderte, die man den Nachkommen der konvertierten Juden im südlichen Apulien nachsagte. Denn bis zu den „apostolischen Ohren“ war ein Gerücht gedrungen, „das den christlichen Glauben verächtlich machte und der göttlichen Majestät dem allerhöchsten Gottvater und seinem eingeborenen Sohn Jesus Christus, der ganzen unteilbaren Dreifaltigkeit und der glorreichen Mutter, der Jungfrau Maria, wie auch der Königin in Neapel Schande bereitete.“

So berichtet ein Mandat Königin Johannas I. vom 25. Februar 1368, mit dem sie sämtliche königlichen Officiales anwies, den Inquisitoren, Erzbischof Pino von Brindisi und Marchisino de Monopoli, jeglichen Beistand bei ihren Maßnahmen zu leisten, die gegen die Nachkommen der konvertierten Juden aus Brindisi und Alessano gerichtet waren. Urban V. hatte die Ketzerbekämpfung zu seinem Programm gemacht und seit 1363 immer wieder Initiativen unternommen, diese in verschiedenen Reichen Europas zu intensivieren. Im Jahr 1367 hatte er die päpstliche Residenz wieder nach Rom verlegt, und am 4. Januar 1368 hatte er mit Simon de Puteo einen Inquisitor für das Königreich Neapel bestellt. Es war wohl dieser, der ihn bald darauf wissen ließ, von welchen ketzerischen Umtrieben er dort erfahren hatte.255 Man berichtete nämlich, dass „gewisse Neophidi oder solche, die von Neophidi abstammen, aus der Stadt Brindisi und aus Alessano in der Terra d’Otranto und anderswoher in großer Zahl das christliche Bekenntnis geschändet haben und sogar von ihm abgefallen und wie Hunde zu ihrem Erbrochenen zur Finsternis der jüdischen Blindheit zurückgekehrt“

255

Vones, Urban V. und die dominikanische Inquisition (2004), 506.

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seien und neue Judengemeinden errichtet hätten. Sie fürchteten nicht im geringsten den Zorn des allerhöchsten Gottes und seiner Diener, da sie hofften, „durch die Gunst der Magnaten und Mächtigen […] beschützt“ zu werden.256 Nachdem sie ihre vormaligen Wohnorte verlassen hätten, seien sie in Lecce und Conversano in der erwähnten Provinz Terra d’Otranto aufgenommen worden, sodass „auf ähnliche Weise in eben jenen Gegenden der Terra d’Otranto und in denen des Herzogtums Kalabrien und insbesondere in den Orten der Magnaten des Grafen von Altamonte und von Montealto die Krankheit jener gottlosen Ketzerei, das heißt die Errichtung neuer Judengemeinden und Synagogen, sowohl durch die Abgefallenen als auch durch andere Juden, die sich in die Burgen und Orte flüchteten, zugenommen hat und mächtige neue Triebe“

hervorbringe, so sehr, dass man fürchtete, „die ansteckende Seuche“ könnte die Herde des Herrn schleichend befallen und die „fleckige Lepra“ die christliche Religion verderben.257 Der Regent der curia vicarie regni Sicilie erhielt daher den Befehl, die Inquisitoren bei ihrem Auftrag zu unterstützen, „die abfälligen Ketzer im Königreich und den erwähnten Gegenden mit der Wurzel auszurotten und die Judengemeinden, Synagogen und Moscheen zu zerstören, die jene oder andere Juden den kirchlichen Gesetzen entgegen errichtet“ hätten, „die zu der Zeit erlassen wurden, als die Juden, die es in diesem Königreich gab, beziehungsweise ein Großteil derselben, durch die Taufe wiedergeboren wurden.“ 258 Gleichzeitig erhielt der königliche Amtsträger explizit den Befehl, auf Anweisung der Inquisitoren Verdächtige der Folter zu unterziehen, damit ihnen über sich selbst und über andere die Wahrheit entlockt würde.259 Dabei bediente sich das Mandat

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CDBrindisi 2, ed. Pastore Doria (1964), Nr. 94: […] Sane insonuit noviter auribus nostris et molesta profecto relatio auditum nostrum infeste pulsavit quod quidam neophidi seu ex neophidis orti in copioso quippe numero de civitate Brundusii et terra Alexane de partibus terre Ydronti ac aliunde cristiana professione fedata quin potius neglecta et ad cecitatis ebraice caliginem redeuntes tamquam canis reversus ad vomitum novas instruxerunt iudaycas et ut in malignitate perverse pravitatis eorum crassari impune crederent iram Dei altissimi et ministrorum eius minime formidantes sed sperantes magnatum et potentum regni nostri favore protegi […]. Ebd.: […] pristinis habitacionibus eorum relictis in terris Licii et Convertini de dicta provincia Terre Ydronti receptati sunt et domicilia constiterunt ibidem quodque similiter in eisdem partibus Terre Ydronti et ducatus Calabrie et specialiter in terris et locis magnificarum personarum comitis Altimontis ac comitisse et comitis Montisalti huiusmodi morbus hereticitatis nephande seu institutionis iudaycarum et sinagogarum novarum tam per renegatos quam iudeos alios ad castra et loca confugientens eadem invaluisse fertur et radicitus pululare, adeo quod veretur ne illius infectiva contagio dominicum gregem obrependo inficiat et maculosa lepra christianam religionem perniciose corrumpat […]. Ebd.: […] ad extirpandum de ipso regno dictisque terris et locis huiusmodi renegatos hereticos ac heretica labe respersos nec non destruendum iudaycas et sinagogas ac mischitas de novo factas per illos seu iudeos alios contra canonica instituta a tempore scilicet quo iudey existentes in dicto regno seu magna pars eorum fonte sacri baptismatis renati fuerunt […]. Ebd.

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der gleichen Arenga wie das, das 1295 an Angelo da Trani ergangen war, in der die Pflicht des christlichen Königs herausgestellt wird, die Ketzer zu verfolgen.260 Die Nachkommen der Konvertiten von Brindisi (ex neophidis orti) waren also aus der königlichen Domäne abgewandert und hatten sich in die Herrschaften von weltlichen Magnaten in der Terra d’Otranto, aber auch in Kalabrien begeben, und unter deren Schutz lebten sie dort wieder als Juden. Besonders erwähnt werden hierbei die Herrschaften der Grafen von Altomonte und Corigliano. Die Inquisitoren hatten es hier also mit mächtigen Laienfürsten zu tun. In einem fast gleichzeitigen Mandat befiehlt Urban V. im Februar 1367 allerdings dem Erzbischof von Neapel, Bernardus de Bosqueto, er solle den Abt Guillelmus von Nardò absetzen. Diesem wirft er unter anderem vor, „auch Juden, die es in den Herrschaften des Klosters der Heiligen Maria zu Nardò gibt, die sich einst zum orthodoxen Glauben bekannt haben und nun auf den Abweg des Unglaubens zurückkehrten, das Judaisieren in den Riten, denen sie abgeschworen hatten, zu gestatten.“261

Ob der Vorwurf berechtigt war, sei dahingestellt, doch hatte auch in der Terra d’Otranto die Verfolgung der Neofiti mit dem Widerstand von Prälaten zu rechnen. Das Marienkloster zu Nardò hatte die Herrschaft über die dortige Judengemeinde 1195 durch Heinrich VI. verliehen bekommen und behauptete diese also auch nach der Konversion der Juden.262 Allerdings lautete der Vorwurf gegen die Nachkommen der Konvertiten aus Brindisi und Alessano nicht nur auf relapsus, sondern dass sie mit anderen Juden neue Gemeinden und Synagogen gegründet hätten. Kalabrien war ja von der inquisitorischen Judenverfolgung in den Jahren vor 1292 nicht betroffen gewesen, und die dortigen Juden waren daher auch nicht zum Christentum übergetreten. Die Urkunde verweist explizit auf das Herzogtum Kalabrien und die Herrschaften des Grafen von Altomonte und Corigliano. Ersteres liegt in der Nähe von Cosenza, wo es auch im 14. Jahrhundert eine bedeutende Judengemeinde gab.263 Offensichtlich waren die Nachkommen der Konvertiten von Brindisi zumindest teilweise bis nach Kalabrien gewandert, um unter den dortigen Juden wieder als Juden leben zu können. Dass Kalabrien in den Jahren vor 1292 den dominikanischen Inquisitoren nicht offen gestanden hatte, ermöglichte den Neofiti von Brindisi und der Terra d’Otranto die religiöse Reinklusion in jüdische Gemeinden durch Migration. Diese fand geografisch an einem neuen Ort statt, brachte aber auch eine neue politische Zugehörigkeit mit sich. Sie unterstanden nun nicht mehr der Kirche, sondern hatten sich unter den

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262 263

Valle, Compendio (1651), 68f. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 408: […] Iudeos quoque de terris dicti monasterii Beate Marie de Neritone existentes, olim ortodoxam fidem professos, ad infedilitatis devium relabentes, in abiuratis ritibus iudaizare permictit […]. Ughelli/Coleti, Italia Sacra 10 (1722), 298. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 301.

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Schutz der Grafen von Altomonte und Cornigliano begeben. Dabei knüpften die Nachkommen der Konvertiten vielleicht an Beziehungen an, die ihre Vorfahren bereits in der Zeit vor der Konversion geknüpft hatten. Die Juden von Brindisi waren in den 70er-Jahren des 13. Jahrhunderts in beträchtlicher Zahl aus der Stadt abgewandert und hatten sich in den Herrschaften von kirchlichen, aber auch weltlichen Magnaten angesiedelt, um so dem Steuerdruck zu entweichen, dem sie in Brindisi, das zur königlichen Domäne gehörte, ausgesetzt waren.264 Ihre Nachkommen entzogen sich knapp 100 Jahre später dem Druck, ihren Glauben aufgeben zu müssen, gleichfalls durch Migration und fanden dabei abermals die Unterstützung der lokalen Mächtigen, vor allem der Grafen von Altomonte und Cornigliano. Allerdings war wie im Falle der Neofiti von Bari auch diese Unterstellung unter den Schutz laikaler Adliger nur ein (wenn auch offensichtlich wesentlich längeres) Intermezzo. Denn gut 35 Jahre später, am 26. Juni 1403, kommt Papst Bonifaz IX. einem Gesuch von Juden aus Kalabrien und der Terra d’Otranto nach und weist die dortigen Bischöfe und Erzbischöfe an, dafür zu sorgen, dass die Juden nicht mehr von den Inquisitoren behelligt würden, sondern ausschließlich dem bischöflichen Gericht unterstehen sollten. Dabei wird nicht nur die Terra d’Otranto, sondern auch die terra Montisalti in der Diözese Cosenza erwähnt und damit das Gebiet, in dem die ‚rückfälligen‘ Neofiti aus Brindisi und anderen Orten zusammen mit anderen Juden jene „neuen Judengemeinden“ gegründet hatten, um die es in dem Mandat Johannas I. von 1368 geht. Erwähnt wird zudem, dass die Juden, die die Beschwerde führten, zum Teil aus dem regno Aragonie stammen. Möglicherweise handelte es sich bei ihnen um Conversos oder aber um Juden, die vor den Pogromen von 1391 geflohen waren.265 In den Judengemeinden von Alto264 265

S. o., 72f. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 502: […] Exhibita siquidem nobis nuper pro parte universorum Iudeorum, in ducatu Calabrie et provincia Idrontina, et presertim in terra Montisalti, Cusentine diocesis, ac Troppiensi, et aliis civitatibus, terris, castris et locis ducatus et provincie predictorum commorancium, et ad illam, tam de regno Aragonie quam de diversis aliis mundi partibus pro tempore confluencium utriusque sexus, peticio continebat, quod licet ipsi, de laboribus suis vivere cupientes, pro gratia contumeliam non reddant Christianis, tamen nonnulli heretice pravitatis inquisitores, tam de civitate Neapolitana quam aliis partibus, ad ducatum, provinciam, civitates, terras, castra et loca huiusmodi pro tempore declinantes, eosdem Iudeos quibusdam exquisitis coloribus, potissime ut ab ipsis pecunias extorquere valeant, diversis gravaminibus et iniuriis afficiunt, et eos quandoque carcerum mancipatione affligendo, ipsis in personis et rebus eorum, plus ex cupiditatis radice quam in favorem fidei Catholice, molestias et offensas inferunt ac iacturas; quare pro parte Iudeorum predictorum nobis fuit humiliter supplicatum, ut, cum non sit in illis partibus, qui congrua eis protectione subveniat vel de hiis faciat iustitie complementum exiberi, ipsique coram locorum diocesanis, in quorum civitatibus et diocesibus commorantur seu commorabuntur in futurum, vel eorundem diocesanorum in spiritualibus vicariis generalibus, sunt parati legitime stare iuri, eis in premissis de oportuno remedio providere, de benignitate apostolica dignaremur. Nos igitur, huiusmodi supplicationibus inclinati, fraternitatis [!] vestre per apostolica scripta mandamus, quatinus, si est ita, prefatis inquisitoribus, eisque in premissis auxilium, consilium et favorem prestantibus, presentis et futuris, auctoritate nostra, sub excommunicationis et aliis formidabilibus penis et sententiis, de quibus vobis videbitur, districtius inhibeatis, ne de predictis Iudeis aut eorum rebus seu bonis, de cetero se intromittere,

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monte hatten sich um 1400 also Nachkommen der Konvertiten von 1292 aus Apulien mit Konvertiten aus Spanien von 1391 und Juden aus Kalabrien zusammengefunden. Gemeinsam sahen sie sich zu Beginn des 15. Jahrhunderts von Inquisitoren verfolgt, die der Urkunde Bonifaz’ IX. zufolge aus der Stadt Neapel und aus anderen Gegenden kamen und den Juden unter verschiedenen Vorwänden Beschwernisse und Unrecht zufügten, um ihnen Geld abzupressen. Angesichts dieser Verfolgung baten die Juden den Papst, er möge sie der Gerichtsbarkeit der Ortsbischöfe unterstellen, da es in jenen Gegenden niemanden gebe, der ihnen einen angemessenen Schutz gewähren würde, und sie bereit seien, sich der Gerichtsbarkeit der Ordinarien bzw. ihrer Vikare zu unterwerfen. Über 100 Jahre nach der Massenkonversion von 1292 erhielten die Nachkommen der Konvertiten von Brindisi also wieder dieselbe Stellung wie vor der Konversion, religiös wie politisch. Sie lebten wieder als Juden – in dem Mandat Bonifaz’ IX. ist von Neofiti denn auch keine Rede – und sie unterstanden wieder der Herrschaft der lokalen Bischofskirche, nun allerdings an einem neuen Ort, nämlich in Kalabrien. Erzbischof vs. Inquisitoren: Trani Die dritte apulische Stadt, für die die Verfolgung der Konvertiten durch die Inquisition während des 14. Jahrhunderts belegt ist, ist Trani. Politische Zugehörigkeit wie Markierung der Differenz der Konvertiten, die aus dieser Verfolgung resultierte, bilden gleichsam die Mitte zwischen den Fällen Bari und Brindisi. Am 26. Januar 1328 erging eine Bulle Papst Johannes’ XXII. an die Inquisitoren in partibus Apulie. Denn der Elekt von Trani, Bartolomeo Brancaccio, hatte beim Papst Klage über die Inquisitoren geführt: „Die Juden, die es in der Stadt Trani gibt, sind seiner erzbischöflichen Mensa unterstellt, und die erwähnte Mensa bezog von ihnen, als es sie in größerer Zahl gab, beträchtliche Einkünfte.“

Die Inquisitoren hätten den Juden jedoch in vergangener Zeit solche Beschwernisse zugefügt, dass dort nur noch sehr wenige von ihnen übrig geblieben und außerdem noch in solche Armut herabgedrückt worden seien, dass die genannte Mensa von ihnen viel geringere Einkünfte bezöge. Sie würden nun auch die neophiti, die dort aus dem Volk der genannten Juden zum katholischen Glauben übergetreten seien, in gleicher Weise bedrücken, wobei sie bei ihnen eher weltlichen Gewinn suchten, als ihnen irgendeine geistliche Erbauung zu verschaffen.

vel huiusmodi auxilium, consilium vel favorem prestare, aut ipsos Iudeos vel aliquem eorum realiter vel personaliter, quacumque occasione vel causa, quovis quesito colore inquietare, aut eis molestias, gravamina, iniurias seu offensas agere quoquomodo presumant, sed eos secundum legem suam, dummodo coram diocesanis aut vicariis predictis parati sint, ut premittitur, legitime stare iuri, et in fidei orthodoxe ignominiam nil machinari presumant, in statu solito vivere permittant […].

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Brancaccio bat daher den Papst, bezüglich der erwähnten Gravamina Abhilfe zu schaffen, denn er sei bereit, wie es seinem Amt gebühre, die Juden, die ihm unterstünden, und die neophiti, die von den Juden zum Christentum übergetreten seien und noch übertreten würden, zu bessern, wo sie der Besserung bedürften. Johannes XXII. untersagte daraufhin den Inquisitoren zunächst für zwei Jahre, ohne Aufforderung des Elekten oder seiner officiales gegen die Juden und neophiti in der Diözese von Trani vorzugehen und auf Aufforderung nur mit deren Mitwirkung.266 Die erzbischöfliche Kirche von Trani sah sich also durch die Verfolgung der Juden durch die Inquisitoren und den fast vollständigen Übertritt der Juden von Trani in ihren Einkünften aus den Judensteuern geschädigt. Deshalb setzte sie nun der Verfolgung der konvertierten Juden in Stadt und Diözese durch die Inquisitoren ihren Widerstand entgegen. Dabei berief sich der Elekt von Trani auf seine Kompetenz als Hirte, über den Lebenswandel seiner Herde zu wachen und diese, wenn nötig, wieder auf den rechten Weg zurückzuführen. Die Inquisition durch in die Diözese entsandte Inquisitoren wurde daraufhin suspendiert, dem Wortlaut der Bulle Johannes’ XXII. nach zunächst einmal für zwei Jahre. Die Suspendierung der delegierten Inquisitoren hatte jedoch wesentlich länger Bestand, nämlich über 120 Jahre. Erst 1449 wurde der Auftrag der Inquisitoren, gegen häresieverdächtige Neofiti in Apulien vorzugehen, unter explizitem Bezug auf Trani durch Nikolaus IV. wiederhergestellt.267 Die Urkunde Johannes’ XXII. von 1328 für den Elekten von Trani lässt bereits erahnen, wie die erzbischöfliche Kirche von Trani darauf reagierte, dass es nach der Massenkonversion von 1292 in Stadt und Diözese Trani kaum noch Juden gab, von denen sie weiterhin Judensteuern hätte fordern können: Sie forderte die Abgaben, die ihr die Juden seit der Verleihung der Judensteuern an die erzbischöfliche Kirche im Jahr 1155 geschul-

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr: 336: […] Dilectis filiis inquisitoribus heretice pravitatis in partibus Apulie per sedem apostolicam deputatis, salutem. Petitio dilecti filii Bartolomei, electi Tranensis, nobis exhibita continebat, quod Iudei existentes in civitate Tranensi sunt subditi mense sue archiepiscopali Tranensi, ex quibus dicta mensa consuevit hactenus, quando erant in maiori numero, ampla emolumenta percipere et habere. Verum, vos tot gravamina retroacto tempore intulistis et continue infertis eisdem, quod valde pauci inibi remanserunt et illi, qui ibidem supersunt, tanta premuntur inopia, quod valde tenuis profectus potest deinceps ex dictis Iudeis succedere dicte mense; quodque etiam similem oppressionem infertis neophitis, qui ex plebe dictorum Iudeorum ad fidem Catholicam inibi sunt conversi, plus ab eis temporalia lucra querentes quam aliquam edificationem facere spiritualem. Quare idem electus nobis humiliter supplicavit, ut, cum ipse, prout ad suum spectat officium, dictos Iudeos sibi subditos et neophitos ex dictis Iudeis, ut premittitur, conversos ad fidem vel imposterum convertendos corrigere, ubi fuerint corrigendi, paratus existat, providere adversus predicta vestra gravamina de oportuno remedio dignaremur. Nos itaque eiusdem electi supplicationibus inclinati, vobis, quod usque ad biennium a data presentium computandum, contra Iudeos seu neophitos predictos aut eorum aliquos, eodem electo seu officiali aut vicario suo minime requisito, nisi cum prefato electo aut cum altero ex eisdem officiali seu vicario, si voluerint interesse, nullatenus procedatis, auctoritate presentium districtius inhibemus […]. Amabile, Santo Officio I (1892), 81.

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det hatten, nach deren Taufe einfach weiter. Und auch die Jurisdiktion über die Judengemeinde, die sie 1155 zusammen mit den Judensteuern verliehen bekommen hatte, beanspruchte sie weiterhin über die nun konvertierten Juden. Bereits 1305 hatte König Robert der Weise auf Gesuch der universitas neofitorum von Trani explizit erklärt, dass mit ihrer Konversion jegliche erzbischöfliche Autorität über sie erloschen sei, und seine Amtsträger angewiesen, die Konvertiten vor den Nachstellungen ihres Oberhirten zu schützen. Forderte dieser doch von der Gesamtheit der Neofiti eine jährliche Abgabe von über 30 Unzen Gold, das heißt knapp 80 Prozent jener Summe, die die Judengemeinde von Trani der erzbischöflichen Kirche seit den Privilegien Heinrichs VI. und Friedrichs II. als jährliche Steuer zahlte.268 Möglicherweise ist dies ein Indiz dafür, wie groß der Anteil der Gemeinde war, der 1292 konvertiert war. Im Falle, dass sich ein Konvertit an die weltliche Gerichtsbarkeit wandte, ließ die erzbischöfliche Kirche ihn einkerkern und erst gegen die Zahlung einer hohen Summe wieder frei.269 Damit setzte sie die Neofiti jenen Zwangsmaßnahmen aus, über die sich bereits die Judengemeinde von Trani 1273 bei König Karl I. beschwert hatte.270 Das Mandat König Roberts des Weisen blieb zunächst offensichtlich wirkungslos. Denn zwei Jahre später, am 6. April 1307, erging auf Klagen der konvertierten Juden von Trani noch einmal ein gleichlautendes Mandat.271 Bis in das 15. Jahrhundert hinein sollten die Erzbischöfe von Trani immer wieder die Unterstellung der Neofiti der Stadt unter die Herrschaft ihrer Kirche fordern.272 Der Widerstand, den die Kirche von Trani der Verfolgung der Neofiti durch die Inquisitoren entgegensetzte, zielte also auf den Weiterbestand der politischen Jewishness der Konvertiten, die durch die Massenkonversion infrage gestellt worden war. Die Konvertiten sollten nicht in den Verband der christlichen Untertanen des Königs eingeschlossen werden, wie dieser verlangte, sondern wie zuvor der Kirche steuerpflichtig sein und ihrer Gerichtsgewalt unterliegen. Die fragmentarische Überlieferung lässt nicht erkennen, wie die Kirche von Trani diese Fortschreibung der politischen Jewishness begründete, nur dass sie ihre Mittel, physische Gewalt auszuüben, gegen diejenigen einsetzte, die versuchten, sich ihr zu widersetzen. In Bari, Brindisi und Trani hatte die Verfolgung der Konvertiten durch Inquisitoren während des frühen 14. Jahrhunderts zur Folge, dass diese bzw. ihre Nachkommen sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten im 14. Jahrhundert unter der Herrschaft der Kirche wiederfanden, also wieder eine ähnliche politische Stellung innehatten, wie sie ihre Vorfahren seit dem 11. Jahrhundert nach und nach in fast allen wichtigen Städten des Reiches erhalten hatten. Die Neofiti von Bari und die Nachkommen der Konvertiten

268 269 270 271 272

Winkelmann (Hg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 221. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 90f. Del Giudice, Codice Diplomatico 1 (1863), Nr. 116, Anm. 1. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 91. S. u., 103–113.

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von Brindisi hatten sich dabei zu unterschiedlichen Zeiten selbst dem Schutz der Kirche unterstellt, in Trani dagegen war es der Erzbischof, der die Neofiti vor den Inquisitoren ‚schützte‘, um so deren Abgaben für seine Kirche zu behaupten. Allerdings bedeutete die neuerliche Unterstellung der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen unter die Kirche in keinem Fall eine einfache Rückkehr zum vorherigen Status; vielmehr wurde der Status als homines ecclesiae unter unterschiedlichen Bedingungen neu und nur in Brindisi und Trani als eine Form politischer Jewishness konstruiert. In Bari ähnelte der politische Status der Neofiti um 1300 zwar dem Status, den sie zuvor als Juden innehatten: Sie ‚gehörten‘ der Kirche. Allerdings war diese Kirche nicht mehr das Erzbistum Bari, sondern die Basilika von S. Nicola. Die Grundlage ihres politischen Status bestand in ihrer Oblatio, die voraussetzte, dass sie als Christen galten. Der Status der Nachkommen der Konvertiten von Brindisi und der Terra d’Otranto war dagegen um 1400 mit dem Status ihrer jüdischen Vorfahren praktisch identisch. Sie lebten mit Juden als Juden und unterstanden politisch der lokalen Kirche. Allerdings hatten sie diese politische wie religiöse Jewishness an einem anderen Ort reproduziert. Den Nachkommen der Konvertiten von Brindisi gelang um die Mitte des 14. Jahrhunderts die Reinklusion in jüdische Gemeinden, indem sie in Regionen innerhalb des Königreiches abwanderten, deren Judengemeinden 1292 von der Konversionswelle verschont geblieben waren. Angesichts andauernder inquisitorischer Verfolgung unterstellten sie sich dort selbst wieder der Kirche und rekonstruierten an anderem Ort so auch ihre politische Jewishness. Die Kirche von Trani dagegen rekonstruierte bzw. perpetuierte die politische Jewishness der konvertierten Juden. Sie sollten der Jurisdiktion des Erzbischofs unterstellt bleiben und Abgaben an ihn leisten, deren Höhe ungefähr 80 Prozent der früheren Judensteuern entsprach. Allerdings ging dies anders als bei den Konvertiten von Brindisi bzw. deren Nachkommen nicht mit einer Rekonstruktion ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinde einher. Anders als die weltlichen Herren, unter deren Schutz sich die Konvertiten der Terra d’Otranto begeben hatten, konnte die Kirche von Trani die Taufe der Juden wohl nicht einfach ignorieren. Sie hätte damit außerdem ihr Argument geschwächt, dass die Kirche von Trani selbst in der Lage sei, die konvertierten Juden dort zu bessern, wo sie der Besserung bedürften. So wurden die Konvertiten von Trani zu Christen mit dem politischen Status von Juden. Ihre spezifische Hybridität bestand also zunächst einmal in der Inkongruenz von religiöser Inklusion und politischer Exklusion. Die Verfolgung der Neofiti durch die Inquisitoren in Bari, Brindisi und Trani führte – wenn man so will – dazu, dass die politischen Folgen der Massenkonversion in ganz unterschiedlicher Weise durch eine neu konstruierte Abhängigkeit der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen von der Kirche gleichsam überschrieben wurden und so ihre angestrebte Inklusion in den Untertanenverband der Monarchie scheiterte. Es spricht alles dafür, dass dieses Scheitern der Eingliederung in den Untertanenverband nicht nur für die untersuchten drei Fälle galt, sondern flächendeckend war.

Die politische Stellung der konvertierten Juden bis Ende des 14. Jahrhunderts

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Neue Differenz: Die Folge der gescheiterten Herrschaftszentralisierung Über 140 Jahre nach der Massenkonversion der apulischen und kampanischen Juden beriet das Basler Konzil über die Reform der Kirche.273 Zu den Beschlüssen des Konzils gehört auch ein Dekret De Iudaeis et neophytis.274 Dieses sollte fördern, „dass die Juden und die anderen Ungläubigen sich zum rechten Glauben bekehren und nach ihrer Bekehrung standhaft darin verharren.“ Die diesbezüglich beschlossenen Maßnahmen waren unstrittig – bis auf eine. Das Konzil beschloss nämlich auch, dass einem Konvertiten „sein ganzer Besitz – Mobilien oder Immobilien – unangetastet und unbeschädigt erhalten“ bleiben sollte und untersagte, „unter Strafe des göttlichen Anathems kirchlichen und auch weltlichen Personen, die Neubekehrten in Besitzangelegenheiten unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand zu belästigen oder Belästigungen zu dulden.“275

Damit erneuerte es zwar nur einen Beschluss, den bereits das 3. Laterankonzil gefasst hatte.276 Dennoch kam es hierüber der „Historia Gestorum Generalis Synodi Basiliensis“ des Johannes de Segovia zufolge am 4. September 1434 zu einem kurzen Disput: „Der Bischof von Forli, Botschafter des Königs Ludwig, erhob sich und sagte, es müsse beachtet werden, dass die Fürsten der Klausel vielleicht nicht zustimmen würden, die da festlegt, dass die Juden, die getauft werden, ihre Güter behalten dürften, die sie zuvor besaßen; sein Herr, der König von Sizilien nämlich, hätte jene [die Güter] immer bekommen, wenn sie bekehrt wurden, aber er hätte ihnen auch vielfach eine freigiebige Schenkung gemacht; deshalb dürfte das Dekret nicht bei Strafe der Exkommunikation angeordnet werden, stattdessen könnte es bei Ermahnungen bleiben. Dem antwortete der Legat, dass die Könige nicht eo ipso die Herren des Besitzes seien, den ihre Untergebenen haben, so dass sie darüber nach ihrem Gutdünken beschließen könnten; daher gelte, wenn sie den Juden, die im Judentum verharrten, nicht ihren Besitz wegnähmen, um so weniger denjenigen, die zu Christus bekehrt worden wären; vielmehr müsste man auf die Verbreitung des Glaubens achten, und da es ja, wenn man ihnen den Besitz wegnähme, offensichtlich zur Weigerung beiträgt, die Taufe anzunehmen, obliege es der Kirche, Vorsorge zu treffen.“277

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Zum Basler Konzil vgl. jetzt die Beiträge in: Helmrath/Müller (Hg.), Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel (2007); vgl. auch Helmrath, Basler Konzil (1987). Zu diesem Dekret und seiner Rezeption s. immer noch Simonsohn, Judengesetzgebung (1912), 35–47; vgl. auch Helmrath, Basler Konzil (1987), 336f., 346. COD 2, ed. Alberigo/Jedin, (31973), 483: […] Proinde, ut Iudaei aliique infideles ad orthodoxam convertantur fidem, quique ad ipsam conversi fuerint in illa constanter permaneant […] Si quis eorum ad fidem catholicam converti voluerit, bona sua, quaecumque habet mobilia et immobilia, ei intacta illaesaque permaneant. […] sub poena divini anathematis tam ecclesiasticis quam saecularibus interdicens, ut nullam super his, quovis quaesito colore, molestiam inferant aut inferri patiantur […]. Ebd., 224. Johannes de Segovia, Historia Synodi Basiliensis 1, ed. Birk (1878), 750: […] In dicta rursus congregacione, cum diebus illis tam per deputatos quam per deputaciones deliberata extitisset forma decreti de Iudeis et neophitis, postquam lecta est concludenda, episcopus Foroiulensis, ambasiator

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Gescheiterte Herrschaftszentralisierung

Der Gesandte Ludwigs III. von Anjou versuchte also, das Dekret abzuschwächen, indem er an die Stelle der Exkommunikation ‚Ermahnungen‘ für diejenigen Fürsten treten lassen wollte, die dem Dekret entgegen weiterhin den Besitz konvertierter Juden für sich beanspruchten. Dem stellte sich der Legat mit grundsätzlichen Argumenten entgegen. Es war jedoch die abschließende Intervention des Erzbischofs von Tarent, Giovanni Berardi, die dazu führte, dass das Dekret in der vorliegenden Form beschlossen wurde: „Zuletzt sagte der Erzbischof von Tarent, dass im Königreich Neapel die Juden und die neophyti einstmals allgemein der Gerichtsbarkeit der Bischöfe unterstellt gewesen wären und dieser in mehreren von ihm benannten Städten auch jetzt noch unterstellt seien, obgleich sie auch in vielen den Fürsten unterstellt seien, was seiner Auffassung nach auf Gottes Ratschluss hin geschehen sei, ad magis conterendam per ipsos perfidiam iudeorum; obgleich also ihr Besitz nicht nur den Fürsten, sondern auch den Prälaten gehört, dürfe man sich deswegen der genannten Klausel nicht widersetzen, da sie die Verbreitung des Glaubens betreffe. Und so wurde die Form des Dekrets beschlossen, ohne dass jemand widersprochen hätte.“278

Es war also der Hinweis darauf, dass auch die Kirchen finanzielle Einbußen erlitten, wenn die Juden zum Christentum übertraten, mit dem der Erzbischof von Tarent die Annahme der Vorlage erwirkte. Denn in dem Königreich, in dem sein Bistum lag, standen die Juden vielerorts unter der Herrschaft der Kirche – und nicht nur diese, sondern auch die neophyti. Die Intervention des Erzbischofs von Tarent auf dem Basler Konzil bestätigt die Einsichten bezüglich der politischen Stellung der Konvertiten von 1292 und ihrer Nachkommen, die anhand der Fallbeispiele Bari, Brindisi und Trani gewonnen wurden, und differenziert sie gleichzeitig. Damit belegt sie außerdem das Scheitern der Versuche poli-

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regis Ludouici Cecilie, surgens dicebat attendendum fore, quoniam principes forte non consentirent in clausula determinante Iudeis baptizandis manere bona sua, que prius habebant; etenim dominus suus rex Cecilie, quandocumque conuertebantur, illa haberet, sed et pluries liberalem faciebat eis donacionem, ideoque non esset statuendum illud sub pena anathematis in decreto contenta, sed fieri possent exhortaciones. Huic legatus respondebat reges non eo ipso fore dominos bonorum, que subditi sui habent, vt possint de eis ad nutum disponere, quare, si remanentibus Judeis in iudaismo non tollerentur bona, quanto minus ad Christum conuersis; in hiis preterea, que fidei erant, ecclesia non ad commoda principum, sed attendere debebat ad fidei incrementum, et quoniam, si tollerentur bona eis, manifeste cedebat in retraccionem a suscepcione fidei, oportebat ecclesiam prouidere […]. Johannes de Segovia, Historia Synodi Basiliensis 1, ed. Birk (1878), 750f.: […] Postremo Tarentinus archiepiscopus dicebat in regno Neapolitano Iudeos et nephitos vt communiter pertinuisse quondam ad iurisdictionem episcoporum, et adhuc in pluribus ciuitatibus per eundem nominatis pertinere, quamuis eciam in multis ad principes pertinerent, quod credebat factum Dei iudicio ad magis conterendam per ipsos perfidiam Judeorum; quamuis igitur non solum ad principes, sed eciam ad prelatos bona eorum pertinerent, tamen cum dicta clausula decreti concerneret incrementum fidei, non propterea desisti deberet. Et sic forma decreti conclusa est nemine contradicente; dieser Wortwechsel hat in den Protokollen des Konzils keinen Niederschlag gefunden, vgl. Protokolle des Concils von 1434 und 1435, ed. Haller (1900), 198; zu Giovanni Berardi vgl. Walter, Art. „Berardi, Giovanni“ (1966).

Die politische Stellung der konvertierten Juden bis Ende des 14. Jahrhunderts

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tischer Zentralisierung, die die Massenkonversion von 1292 einerseits entscheidend begünstigt und andererseits auf sie reagiert hatten. Die Herrschaftsverhältnisse über Juden, konvertierte Juden und die Nachkommen der Konvertiten waren nun regional noch vielfältiger als zuvor. Denn während die Herrschaft über die Juden einst allgemein bei den Kirchen gelegen hatte, so lag die Herrschaft über Juden und Neofiti nun bei Kirchen und Fürsten. Und auch die Differenz von Christen und Juden war durch die Massenkonversion von 1292 nicht eingeebnet worden; stattdessen war noch eine neue Differenz, die zwischen Christen und Neofiti, dazugetreten. Die Auseinandersetzungen um diese Differenz sollten in der Folgezeit in erster Linie auf regionaler bzw. lokaler Ebene stattfinden, vor allem in jener Stadt, in der bereits 1292 die meisten Juden konvertiert waren und die während des 14. und 15. Jahrhunderts die Stadt der Neuchristen sein sollte: Trani.

II. Von Homines Ecclesiae zum Rang der adligen Kaufleute: Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

1. Zwischen Erzbischof und Universitas: Die Neuchristen in der Stadtgemeinde bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts Aufstand gegen den Erzbischof Die Neofiti von Trani sahen sich zu Beginn des 14. Jahrhundert gleich in doppelter Weise politisch exkludiert. Wie andernorts vielfach auch versuchte die Stadtgemeinde, die Neofiti in Missachtung des Immunitätsprivilegs von 1294 zu Zahlungen zu nötigen, und setzte so gleichsam die Auseinandersetzungen mit der Judengemeinde aus der Zeit vor der Konversion unter veränderten Vorzeichen fort.1 Außerdem forderte die Kirche von Trani von den Neofiti wie vor der Konversion weiterhin Steuern und die Unterstellung unter das erzbischöfliche Gericht.2 Stadtgemeinde und Kirche (re-)produzierten also die politisch-fiskalische Jewishness der Neuchristen, und diese blieben dadurch zunächst aus der politischen Stadtgemeinde ausgeschlossen. Auf diese doppelte Bedrängung durch die erzbischöfliche Kirche und die Stadtgemeinde reagierten die Neuchristen auf unterschiedliche Weise. Ein Teil von ihnen verließ die Stadt. Zumindest klagten 1315 einige Neofiti aus Trani, die ihren Wohnsitz in das knapp 30 Kilometer weiter südlich gelegene Giovinazzo verlegt hatten, über die Nachstellungen des Erzbischofs von Trani.3 Andere dagegen hatten möglicherweise vor, zu bewaffneter Selbsthilfe zu greifen. Im Jahr 1311 gewährte König Robert 21 Neofiti aus Trani die Erlaubnis, um ihrer Sicherheit willen Waffen zu tragen.4 Trani war wohl nicht die einzige Stadt, in der die Neuchristen zu Beginn des 14. Jahrhunderts mit dem Versuch der Kirche konfrontiert waren, ihre politische Jewishness zu reproduzieren. Zumindest klagten die Neofiti des kampanischen Suessa Aurunca im

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S. o., 70f. S. o., 96 f. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 21, s. u. Quellenanhang, Nr. 1/7. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 30 (= Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 4).

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Jahr 1310 darüber, dass die dortige Kirche weiterhin von ihnen Steuern forderte.5 Nur für Trani jedoch liegen Quellen vor, die erkennen lassen, wie die Kirche bis weit in das 14. Jahrhundert hinein versuchte, diese politische Jewishness der Neuchristen zu konservieren, und wann und warum ihr dies schließlich nicht mehr gelang. Eine wesentliche Ursache für die Dekonstruktion der politischen Jewishness war, dass sich Ende des 14. Jahrhunderts die Konstellation der innerstädtischen Konfliktlinien entscheidend änderte. In ihren Auseinandersetzungen mit dem Erzbischof gewannen die Neuchristen nun einen Verbündeten, mit dem sie zu Beginn des Jahrhunderts noch massive Konflikte gehabt hatten: die Stadtgemeinde. Im Jahr 1377 führten die Vertreter der Stadtgemeinde von Trani Klage bei Königin Johanna I. über die Behandlung der Neofiti von Trani durch den Metropoliten. Dieser trieb von den Neofiti und ihren Nachkommen, die sich der vollen Freiheit erfreuen sollten, derer sich die anderen Traneser erfreuten, verschiedene Geldsummen ein, legte ihnen willkürlich Steuern auf und zwänge sie vor sein kirchliches Gericht, um in allen möglichen Fällen Rede und Antwort zu stehen. Wenn die städtischen Justitiare oder die königlichen baiuli sie vor ihr Gericht zögen, dann würde er diese exkommunizieren und Synodalbeschlüsse gegen sie erlassen.6 Früher seien die Neofiti in großer Zahl in Trani zusammengeströmt, um dort ihren Wohnsitz zu nehmen. Weil sie jedoch die neuen und ungebührlichen Belästigungen des Erzbischofs scheuten, würden sie nun nicht mehr nach Trani kommen, um dort zu wohnen, und mehr noch: Auch diejenigen, die in Trani zu wohnen pflegten, seien von dort weggezogen bzw. bereiteten sich täglich darauf vor, ihren Wohnsitz zu verlegen. Da die Neofiti gemeinsam mit den Tranesern die allgemeinen Abgaben und die anderen subsidia, die den Einkünften auferlegt werden müssten, gezahlt hätten, würde nach dem Wegzug der Neuchristen die Last jener Abgaben vollständig auf den anderen Bürgern liegen, die daher bei der Zahlung der öffentlichen Abgaben über ihr Leistungsvermögen hinaus belastet geblieben wären und täglich höher belastet würden, sodass sie aufgrund der geringen Zahl der verbliebenen Bürger unfähig und ohnmächtig gemacht worden seien, die Abgaben und Lasten zu zahlen.7

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Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 300. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 35: […] Et inter alia quod ipse archiepiscopus a neophidis eorumque filiis qui gaudere debent libertate plena qua gaudent alii trani exigit diversas pecuniarum summas. Eisque collectas imponit pro libito et cogit eos coram suo et ecclesiastico suo iudicio in causis quibuscumque respondere excommunicando et constitucionem sinodalem divulgando tam contra iusticiaros nostros quam [contra] baiulos si dictos neophidos ad eorum iudicia traherent quoquo modo […]; vgl. Vitale, Un particolare ignorato (1926), 234. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 35: […] Propter quod secutum esse ingerunt, quod neophidi ipsi qui in civitate predicta Trani ad habitandum ibidem plurimum concurrebant aborrentes dicti archiepiscopi nova et indebita tedia illuc ad habitandum non veniunt quin potius multi ipsorum qui illic habitare consueverant abinde recessi sunt et cotidie disponuntur recedere transferentes ad loca alia incolatum. Unde evenit sicut dicunt quod neophidis ipsis, qui contribuebant cum tranensibus in collectis generalibus subsidiis aliisque introitibus imponendis, non contribuentibus, ut prefertur, onus collectarum huiusmodi solvendum restat integrum aliis Civibus et per quamdam consequentiam ultra

Zwischen Erzbischof und Universitas

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Es ist offensichtlich, warum die Stadt hier als Anwalt der Neuchristen von Trani auftrat: Es ging um ihren Beitrag zur Subventio Generalis, den sie gemeinsam mit den anderen Bürgern leisteten. Auch die Konvertiten von Trani waren 1294 von der Subventio befreit worden, ihre Kinder und Kindeskinder sollten sie jedoch wie die anderen Christen zahlen. Im Jahr 1358 beteiligten sich die beiden Neuchristen Leo und Parello de Buctunis auch an einer Umlage, mit der die Stadt die Instandsetzung der Stadtbefestigung finanzierte.8 Die Steuerforderungen der erzbischöflichen Kirche a neophidis eorumque filiis gefährdeten nun den Beitrag der Neuchristen zum städtischen Steueraufkommen. Abermals zeigt sich also, wie sehr die Frage der politischen Zugehörigkeit der Neuchristen durch strukturelle Konflikte geprägt war, die letztlich auf Reformen Friedrichs II. zurückgingen. Doch war die Situation wirklich so düster, wie sie die Vertreter der Stadt gegenüber der Königin zeichneten? Dass Neuchristen die Stadt angesichts der Bedrängung durch die erzbischöfliche Kirche verließen, ist zumindest für das frühe 14. Jahrhundert belegt.9 Also ist es durchaus denkbar, dass ein Teil der Neofiti von Trani auch um 1377 seinen Wohnsitz in andere Städte verlegte, um den Steuerforderungen des Erzbischofs von Trani zu entgehen. Interessant ist, dass die Syndici der Stadt von einem neuen Exodus der Neofiti aus der Stadt angesichts neuer Forderungen des Erzbischofs sprechen. Dies würde bedeuten, dass es der erzbischöflichen Kirche zwischen 1307 und 1377 nicht durchgehend gelungen wäre, ihren Anspruch auf die Steuern der und die Jurisdiktion über die konvertierten Juden und ihre Nachkommen durchzusetzen. Dies passt zu der Behauptung der Syndici der Stadt Trani, dass Neofiti aus anderen Städten in die Stadt Trani geströmt seien, denn hier waren sie seit 1328 außerdem noch vor der Verfolgung durch die Inquisitoren sicher. Nun jedoch wanderten sie aus der Stadt ab, und die verbleibenden Bürger sahen sich damit konfrontiert, die Steuerlast der abgewanderten Neofiti mittragen zu müssen. Die politische Stellung der Neuchristen in der Stadt Trani war freilich nur ein Aspekt in einem Streit zwischen der Universitas von Trani und dem dortigen Erzbischof, der im Jahr 1377 im wahren Sinne des Wortes tobte, und nicht einmal der wichtigste. Dennoch war diese Auseinandersetzung von großer Bedeutung, da sich hier erstmals ein grundsätzlicher Wandel dieser politischen Stellung abzeichnete. Der Gegenstand des Streits zwischen der Stadt Trani und ihrem Erzbischof war der Ort, an dem die Messe stattfand, die anlässlich des Festes des Traneser Stadtpatrons, S. Nicola Pellegrino, jedes Jahr im Mai abgehalten wurde. Denn hiermit waren erhebliche Einkünfte verbunden, die entweder die Kirche von Trani oder aber die Bürger von Trani aus der Vermietung von Standplätzen, Loggien, Lagergebäuden u. Ä. erzielen konnten.10

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facultates et possibilitates ipsorum in solucione dictorum puplicorum munerum agravati remanent et cotidie amplius agravantur, ex quo ad solvendum collectas ipsas et munera inspecta paucitate et numero remanencium civium effecti sunt et efficiuntur inhabiles ac eciam impotentes […]. Ebd., Nr. 22. S. u. Quellenanhang, Nr. 1/7. Vitale, Patriziato Urbano (1980), 113–115; Vitale, Trani (1912), 66f.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Vertreter der Stadt und der erzbischöfliche Kirche waren – gemeinsam mit dem Konsul der venezianischen Kaufleute – erst 1360 übereingekommen, die Messe, die zuvor außerhalb der Stadtmauern abgehalten worden war, in die Stadt in […] loco archiepiscopatus ante seu prope maiorem Tranensem ecclesiam zu verlegen.11 Nun aber, 17 Jahre später, wollten sie die Messe abermals verlegen. Auf einer Versammlung der Bürger ließen sie den Kaufleuten verbieten, künftig ihre Waren an dem Ort in der Nähe der Domkirche von Trani anzubieten. Dies hätte den Bürgern keinerlei Nutzen gebracht, sondern allein dem Erzbischof. Stattdessen sollten sie die Waren an andere Orte, Plätze und in Häuser der Bürger bringen, die sie für die Abhaltung der Messe bestimmt hatten. Der Erzbischof von Trani verklagte daraufhin im Juni 1377 die Stadt Trani bei Königin Johanna I. wegen des Bruchs des Abkommens von 1360. Er verlangte die Rückverlegung der Messe und die Erstattung der Verluste, die er dadurch erlitten hatte, dass die kürzlich abgehaltenen Messen an Orten stattfanden, die die Bürger bestimmt hatten.12 Dieser Klage hielten die Vertreter der Stadt Trani entgegen, König Karl II. habe die Messe der Stadt Trani zum Nutzen der Bürger und Einwohner verliehen. Die Bürger hätten daher das Recht gehabt, für diesen Nutzen Sorge zu tragen. Zum anderen habe der Erzbischof die Zustimmung der Stadt zum Abkommen von 1360, mit dem die Verlegung der Messe in die Umgebung der Domkirche beschlossen worden war, nur per vim et metum erreicht. Die Vertreter der Stadt versuchten also, das Abkommen mit dem Erzbischof von 1360 für ungültig zu erklären. Gleichsam um den Vorwurf glaubwürdig erscheinen zu lassen, der Erzbischof habe vim et metum gebraucht, um das Abkommen über die Verlegung der Messe zu erreichen, erhoben die Vertreter der Stadt Trani eine Reihe von Vorwürfen gegen den Metropoliten, die belegen sollten, dass die Verbreitung von Angst und Schrecken zu dessen üblichen Methoden gehörte, darunter an zweiter Stelle auch der Vorwurf, er verlange von den Neofiti von Trani ungerechtfertigte Abgaben und zwinge sie vor sein Gericht.13 Die Königin jedoch entschied zugunsten des Erzbischofs von Trani. Sie befahl dem Justitiar der Terra di Bari, den Erzbischof wieder in Besitz der Messe zu setzen und ihm künftig gegen etwaige Anfechtungen dieses Besitzes beizustehen. Außerdem sollte er die Gelder beschlagnahmen, die aus den Mieteinnahmen stammten, die die Bürger von Trani während der Messe erzielt hatten, und sie dem Erzbischof übergeben. Dabei handelte es sich um eine Summe von 150 Unzen. Bezüglich der zusätzlichen Vorwürfe, die die Vertreter der Stadt Trani gegen den Erzbischof vorgebracht hatten, sollte der Justitiar nichts unternehmen, also auch nicht bezüglich der Besteuerung der Neofiti von Trani und der angemaßten Jurisdiktion über diese durch die erzbischöfliche Kirche. Damit erkannte Johanna I. – anders als noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts ihr Vater Robert I. – nun also die Unterstellung der Neuchristen von Trani unter die dortige

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Beltrani, Antichi ordinamenti (1873), Nr. 18; vgl. Vitale, Patriziato Urbano (1980), 112. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 35. Ebd.

Zwischen Erzbischof und Universitas

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Kirche zumindest implizit an. Und das heißt: Erstmals gab ein König bzw. in diesem Fall eine Königin von Neapel den Anspruch auf die politische Eingliederung der Neuchristen in den Untertanenverband der Monarchie auf. Mit der Entscheidung der Königin war der Konflikt zwischen Stadtgemeinde und Erzbischof jedoch noch keineswegs ausgestanden. Denn als sie in Trani bekannt wurde, brach in der Stadt ein allgemeiner Aufstand gegen den Erzbischof los. Über diesen berichtet abermals eine Urkunde Königin Johannas I. vom 3. November 1377, in die eine Klageschrift des Erzbischofs von Trani über die während des Aufstandes erlittenen Schäden inseriert ist. Zunächst hinderten die Bürger von Trani den Erzbischof, der vom Königshof in Neapel zurückkehrte, am Betreten der Stadt. Gleichzeitig versuchten sie, die Gebäude zu zerstören, die die erzbischöfliche Kirche für die Messe errichtet hatte. Dabei kam es zu bewaffneten Zusammenstößen mit Gefolgsleuten des Erzbischofs sowie dem Kastellan von Trani.14 Als es dem Erzbischof schließlich doch gelang, die Stadt wieder zu betreten, belagerten ihn die Bürger anderthalb Monate lang, von Mitte August bis Ende September 1377, und organisierten einen allgemeinen Boykott der erzbischöflichen Kirche. Dabei kam es abermals zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern und den Anhängern des Erzbischofs, bei denen mehrere von ihnen verletzt wurden.15 An dem allgemeinen Aufstand der Stadtbürger gegen den Metropoliten beteiligten sich auch die Neuchristen von Trani, ob in ihrer Gesamtheit oder nur zum Teil, ist allerdings ungewiss. Eine Liste der Aufständischen, die in der Klageschrift des Erzbischofs enthalten ist, enthält immerhin vier Personen, die Cognomina tragen, die für verschiedene Familien von Neofiti in Trani belegt sind: Donato Bartholomei de Catalano, Leucio de Consulo, Urso de Consulo und Mucio de Roberto.16 Außerdem belegt die Urkunde über das Abkommen, mit dem die Stadt Trani und der Erzbischof am 24. April 1378 ihren Streit über die Messe zu S. Nicola schließlich beilegten, die Beteiligung der Traneser Neuchristen an den Kämpfen des Sommers 1377. Gegenstand dieses Abkommens waren nicht nur der Streit über den Ort der Messe, sondern auch „die Morde, Plünderungen, Brandstiftungen und anderen ruchlosen Ausschreitungen, die die Universitas bzw. die Männer derselben und andere, sowohl Kleriker wie Laien und Neophidi gegen den Erzbischof, die Kirche von Trani und seine Verwandten, Freunde und Vertraute begangen hatten.“ 17

Die Vertreter der Stadt erkannten nun grundsätzlich an, dass sich die Messe zu S. Nicola im ‚Besitz‘ der Metropolitankirche von Trani befand, und verzichteten ausdrücklich auf 14 15 16 17

Ebd., Nr. 36. Ebd. S. u. Prosopografie, Nr. VI/1; VII/2f.; XX/1. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 38 […] quam de nonnullis homicidiis disrobationibus incendiis et aliis nefandis excessibus patratis et factis ut ponitur per predictam universitatem seu homines universitatis ipsius ac alios tam Clericos quam Laycos et Neophidos contra ipsum dominum Archiepiscopum et ipsam Tranensem Ecclesiam Consanguineos amicos et familiares eius predictos […].

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

alle etwaigen Ansprüche auf die Messe.18 Der Erzbischof versprach dafür eine allgemeine Amnestie für die Schäden, die seine Kirche durch die Bürger von Trani und andere Personen erlitten hatte, nämlich durch Kleriker, Laien, Auswärtige und die Neofiti der Stadt.19 Dabei erließ er insbesondere Letzteren omnem culpam et offensam.20 Doch hatten die Vertreter der Stadt auch bezüglich des ursprünglichen Streitgegenstandes, der Messe von S. Nicola, zumindest eine graduelle Verbesserung der Position der Bürger erreicht. Bis 1377 hatte die erzbischöfliche Kirche den Bürgern von Trani kaum Möglichkeiten eröffnen wollen, während der Messe Mieteinnahmen zu erzielen, und außerdem den Traneser Kaufleuten die Teilnahme an der Messe erschwert. Das Abkommen von 1378 eröffnete den Bürgern von Trani zumindest ansatzweise wieder den Zugang zur erzbischöflichen Messe. Denn es legte fest, dass der Erzbischof den Bürgern von Trani Häuser und Loggien für die Messe zu den Bedingungen vermieten sollte, wie sie früher üblich waren, und nicht zu neuen, und dass die Armen, die während der Messe keine Loggia mieten konnten, für ihre hölzernen Verkaufstische (planca) dem Erzbischof eine Gebühr von einem Pfund Wachs im Jahr zahlen sollten.21 Wie der Besitz der Messe so wurde auch die Unterstellung der Neofiti unter den Erzbischof im Abkommen zwischen Bürgerschaft und Kirche von 1378 grundsätzlich bestätigt. Sie sollten weiterhin der Gerichtsbarkeit des Erzbischofs unterstehen. Doch machte dieser immerhin das Zugeständnis, sie curialiter zu behandeln.22 Auch hier hatten die Verhandlungen mit dem Erzbischof zwar keine substanzielle, aber doch eine graduelle Verbesserung der Lage erbracht. Dass die Stellung der Neuchristen in dem Abkommen von 1378 thematisiert wird, zeigt zudem, dass sie Gegenstand der Verhandlungen war, die zwischen Universitas und Erzbischof geführt worden waren. Die Allianz zwischen Bürgerschaft und den Neofiti, die diese im Streit mit dem Erzbischof eingegangen waren, hielt also auch noch, als die Stadt mit dem Metropoliten Frieden schloss. Waren Vertreter der Neuchristen gar selbst an den Verhandlungen mit dem Erzbischof beteiligt? Unter den Bürgern, die das Abkommen bezeugen, sind sie nicht zu finden. Der Versuch der Neuchristen von Trani von 1377, sich im Bündnis mit den anderen Bürgern von der Herrschaft des Erzbischofs zu befreien, war zwar gescheitert. Stattdessen konnte die Kirche von Trani die politisch-religiöse Hybridität der Neuchristen noch einmal aktualisieren, als Christen, die wie Juden besteuert wurden und wie diese der Ge18 19

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Ebd. Ebd.: […] remisit cessit et relassavit omnibus et singulis Tranensibus et personis aliis tam clericis quam laycis foresteriis etiam et Neophidis Civitatis Trani iamdicte omnes et singulas offensas Contumelias iniurias percussiones homicidia et incendia factas et illatas ac facta et illata eidem domino Archiepiscopo Consanguineis amicis et familiaribus suis predictis […]. Ebd.: […] Ac percepit remisit et relaxavit eisdem Neophidis ex causis premissis tam in spiritualibus quam temporalibus omnem culpam et offensam […]. Ebd. Ebd.: […] ita quod cum contingerit aliquem vel aliquos ex eis [i.e. Neophidis] habere litem vel questionem aliquam in eius Curia tam cum ipso domino Archiepiscopo quam cum quocumque alio ipse dominus Archiepiscopus et officiales sui tractabit seu tractabunt eos curialiter sicut alios Cives Civitatis predicte in eorum iustitia si et inquantum de iure fuerit […].

Zwischen Erzbischof und Universitas

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richtshoheit der Kirche unterstanden: politisch also gleichsam Juden waren. Mit ihrer Beteiligung an dem Aufstand der Universitas gegen den Metropoliten hatten sich die Neofiti von Trani jedoch aktiv an deren Politik beteiligt und damit ihren Anspruch angemeldet, politisch Bestandteil dieser Universitas zu sein, als Bürger, die – um die Beschwerde der Stadt Trani über den Erzbischof zu zitieren – sich „der vollen Freiheit erfreuen“ wollten, „derer sich die anderen Traneser erfreuten.“23 Und nicht lange nach dem Aufstand von 1377 gelang es den Neofiti von Trani dann auch, sich der Herrschaft des Bischofs zu entledigen und formal aktiver Teil der politischen Bürgergemeinde zu werden.

Das Ende der erzbischöflichen Herrschaft über die Neuchristen Knapp 45 Jahre nach den Ereignissen von 1377/78, im Februar und Mai 1422, ergingen zwei Königsurkunden, die einmal mehr auf Klagen des Erzbischofs von Trani über den Verlust von Rechten seiner Kirche reagierten, das heißt, in erster Linie über den Verlust seiner Herrschaft über die Neofiti von Trani. Seit der Zeit, als der Graf Alberico de Barbiano utiliter dominus der Stadt Trani gewesen sei – so legte es der Erzbischof Franciscus am Hof Königin Johannas II. dar –, sei seine Kirche sämtlicher Rechte entkleidet, nämlich der Iudayca von Trani mitsamt den Neofiti sowie den Rechten, die zu ihr gehörten, außerdem des Zehnten aus den Einkünften des Zolls zu Trani, der der Kirche von Trani gehörte, wie der Inhalt der Urkunden und Privilegien der erzbischöflichen Kirche belege.24 Der Condottiere Alberico de Barbiano war am 6. Mai 1383 von König Karl III. Anjou Durazzo zum Capitano von Trani ernannt worden. Damit entlohnte er ihn für die Dienste, die er ihm im Kampf gegen Johanna I. und Otto von Braunschweig bzw. Ludwig von Anjou geleistet hatte und noch leistete. Im Juni 1384 ernannte Karl III. ihn dann zum gran comestabulo des Reiches und verpfändete ihm kurz darauf die Steuereinnahmen der Städte Giovinazzo und Trani.25 Im Jahr 1390 bestätigt Karls III. Sohn und Nachfolger König Ladislaus I. die Verpfändung Giovinazzos an Alberico de Barbiano. Für Trani fehlt zwar ein vergleichbarer Beleg. Man muss aber davon ausgehen, dass auch die Verpfändung Tranis bestätigt wurde. Denn nach dem Tod Albericos übertrug Ladislaus I. 1409 das dominium utile über Trani an dessen Sohn Michele. Sechs Jahre später, 1415, ist das letzte Mal von der Herrschaft der de Barbiano die Rede. 1419 ver23 24

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Ebd., Nr. 35: […] qui gaudere debent libertate plena qua gaudent alii trani […]. Ebd., Nr. 78 (= Beltrani, Alberigo da Barbiano, Giovanna e gli Ebrei (1877), Nr. 1): […] Videlicet Judaycam Tranensem cum neoffidis ac iuribus rationibus et pertinentiis suis, nec non et decimam iurium fructuum reddituum et proventuum dohane dicte civitatis Tranensis ad eandem Tranensem Ecclesiam spectantes, secundum quod in privilegiis et licteris dicte maioris Ecclesie continetur, quibus ipsa Tranensis Ecclesia a tempore Alberici de Barbiane comitis Cunei magni Comestabuli Regni Sicilie tunc utiliter domini dicte Civitatis seu Civitatem ipsam tenentis citra extitit sicut fidedigne fuimus informate indebite et iniuste ac contra tenores dictorum privilegiorum et licterarum destituita et spoliata […]. Vitale, Trani (1912), 94–96.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

handelt die Republik Venedig über handelspolitische Fragen, über die sie zuvor mit Alberico de Barbiano oder seinen Repräsentanten verhandelte hatte, wieder mit der Universitas von Trani.26 Irgendwann zwischen 1415 und 1419 muss die Stadt also wieder unter die direkte Herrschaft des Königs zurückgekehrt sein. In der Urkunde Johannas II. vom Februar 1422 wird nicht deutlich, wer die Traneser Kirche zu Zeiten des Grafen Alberico der Giudecca samt den Neofiti beraubt hatte. Beltrani hat vermutet, es sei der Inhaber des dominium utile selbst gewesen, weil er den größtmöglichen Nutzen aus den fiskalischen Rechten des Königs in der an ihn verpfändeten Stadt habe ziehen wollen.27 Die Klagen des Erzbischofs betreffen zwar neben der Iudayca mitsamt den Neofiti auch die Zehnten aus dem Zoll von Trani und damit jenen Teil der königlichen Einkünfte, mit denen bereits die normannischen Herrscher die Kirche von Trani ausgestattet hatten, in seiner Gesamtheit. Hätte der Condottiere den Besitz der Giudecca samt Neuchristen von Trani allerdings als Teil der fiskalischen Rechte des Königs betrachtet und gemeinsam mit anderen solchen fiskalischen Rechten wahrgenommen, dann hätten diese mit den anderen Rechten des Königs nach dem Ende des dominium utile der de Barbiano an die königliche Kammer heimfallen müssen. Die Klage des Erzbischofs richtet sich jedoch nicht gegen die königliche Kammer, sondern gegen die Neuchristen selbst. Die zweite Urkunde Johannas II. für den Erzbischof von Trani vom Mai 1422, die sich abermals mit der Streitfrage befasst, datiert den Verlust der Iudayca samt Neofiti denn auch etwas anders und lässt daher eine andere Erklärung plausibel erscheinen. Ihr zufolge hatte die Kirche von Trani Jurisdiktion und andere Rechte (vor allem das Recht, Steuern aufzuerlegen) über die Juden, sooft es solche in der Stadt gab, und über jeden einzelnen neophidus seit sehr langer Zeit ausgeübt, bis zur Zeit des Schismas, das jüngst auf dem Konzil zu Konstanz aufgehoben worden sei.28 Und an anderer Stelle heißt es: „Zu Zeiten des Schismas, in denen die Rechte fast aller Kirchen des Königreiches Neapel in Unordnung gebracht wurden“, habe die Kirche von Trani aufgehört, die Jurisdiktion über die Neofiti und Juden von Trani zu besitzen, die sie bis zu den Zeiten des Erzbischofs Jacobus Tura besessen habe, der der Kirche zu Zeiten Königin Johannas I. und bis zum Ausbruch des Schismas vorgestanden habe. Nach dessen Versetzung und als der Graf Alberico de Barbiano dann die Stadt Trani innehatte und regierte, habe die Kirche weder die Jurisdiktion über Juden und Neofiti noch die Zehnten und die anderen Rechte ausüben können. Und seit jener Zeit sei die Kirche von Trani bis heute jener Rechte beraubt gewesen, ausgenommen eine gewisse jährliche Geldleistung, die die Neuchristen der Kirche zahlten, die jedoch wesentlich kleiner sei, als jene, die sie zuvor

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Ebd., 97, 113. Beltrani, Alberigo da Barbiano, Giovanna e gli Ebrei (1877). Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 82 (= Beltrani, Alberigo da Barbiano, Giovanna e gli Ebrei (1877), Nr. 3): […] dictasque Jurisdictiones et potestates exercuit in eosdem Judeos quotiens fuerunt Judei in Trano et in neophidos singulos civitatis Tranensis longissimis temporibus et usque ad tempus scismatis proxime in SinodoConstantiense sublati […].

Zwischen Erzbischof und Universitas

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zahlen mussten.29 Bereits mit dem Ausbruch des großen abendländischen Schismas 1378 hatte die Kirche von Trani demnach die Herrschaft über die Neofiti der Stadt eingebüßt. Das Schisma hatte sich sofort auch auf die erzbischöfliche Kirche von Trani ausgewirkt. Denn 1378 war Erzbischof Jacobus Tura nach Luni (heute La Spezia) versetzt worden.30 Und seit 1379 gab es in Trani dann zwei Erzbischöfe: Urban VI. hatte Antonio de Lamberto nominiert; Clemens VII. Matteo Spina.31 Gleichzeitig bewirkte das Schisma auch eine Spaltung der weltlichen Gewalt. Im Königreich Neapel standen sich bald konkurrierende Thronprätendenten gegenüber. Johanna I. von Neapel, deren Kinder alle früh gestorben waren, hatte ihren Cousin zweiten Grades, Karl von Durazzo, adoptiert, um so ihre Nachfolge im Königreich Neapel zu sichern. Im Jahr 1376 ging sie abermals eine Ehe ein: mit Fürst Otto von Braunschweig-Grubenhagen. Nach Ausbruch des Schismas stand Johanna I. auf Seiten des Gegenpapstes Clemens VII. Als sie 1380 Ludwig I. von Anjou, den zweiten Sohn König Johanns II. von Frankreich, adoptierte, eroberte Karl von Durazzo mit Unterstützung Papst Urbans VI. Neapel. Er nahm Johanna gefangen und ließ sie 1382 töten. Ludwig I. von Anjou führte den Kampf um das Königreich Neapel dann noch bis zu seinem Tod 1384 in Bari fort. Und der Krieg zwischen Ludwig I. von Anjou und Karl von Durazzo wurde in jenen Jahren vor allem in der Terra di Bari, das heißt in der unmittelbaren Umgebung von Trani geführt, das sich im August 1381 auf die Seite Karls von Durazzo gestellt hatte.32 Es ist unwahrscheinlich, dass der durch das Schisma gespaltenen Kirche von Trani gelang, was Erzbischof Jacobus Tura 1377 nur mit größten Mühen gegen den massiven Widerstand der Betroffenen und der Stadtgemeinde hatte erreichen können: die Durchsetzung des Anspruchs auf die Jurisdiktion über die Neofiti von Trani und auf ihre Abgaben. Nicht zuletzt, weil dieser dafür die Hilfe des Königtums benötigt hatte, das sich seit 1380 ebenfalls gleichsam im Schisma befand. Irgendwann zwischen 1378 und 1380 hatten die Neofiti von Trani daher wohl ihre Steuerzahlungen an den Erzbischof größtenteils eingestellt und sich nicht mehr vor dessen Gericht ziehen lassen. Damit hatten sie ihre politische Jewishness wenn auch nicht vollständig gelöscht, so doch zumindest überschrieben. 29

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Ebd.: […] Succedentibus vero pravis temporibus in dei Ecclesia infausto Scismaste predicto et turbatis fere ecclesiarum omnium iuribus regni huius, prefata Ecclesia Tranensis possidere desiit iurisdictionem predictam in neophidos et Judeos, quam exercuerat et retinuerat tam in iudeos, qui tunc reperiebantur, quam in singulos neophidos dicte civitatis usque ad tempus bone memorie fratris Jacobi de Senis archiepiscopi tranensis, qui ecclesie ipsi prefuit tempore clare memorie Johanne prime Regine Regni huius et usque ad tempus Ecclesie scissure predicte. Post cuius archiepiscopi Jacobi translationem et deinde Alberico Comite, Regni huius Magno Comestabulo tenente et gubernante civitatem tranensem, Ecclesia ipsa Tranensis tam iurisdictionem quam decimam et iura predicta consequi minime potuit, et ab illo tempore citra et usque nunc et nunc similiter Ecclesia ipsa fuit, stetit et adhuc stat Juribus ipsis spoliata, excepta quadam annua prestatione, sed minori longe illa quam antiquitus debeant, quam solvunt ipsi neophidi Ecclesie iamdicte […]. Zur Versetzung Turas nach Luni: Ughelli, Italia Sacra 7 (1721), 908. Ebd.; Vitale, Trani (1912), 73. Musca, Giovanna d’Angio e i suoi quatro mariti (1999); Vitale, Trani (1912), 90.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Zwar forderte der Erzbischof von Trani 40 Jahre später noch einmal die Rekonstruktion der politischen Jewishness der Neuchristen. Wie 1377 traf er in Trani dabei jedoch auf Widerstand. Eine zweite Urkunde Johannas II. für den Erzbischof Franciscus vom 10. Mai 1422 reagiert auf eine Klage, dass die Restitution der Iudayca samt den Neofiti an den Erzbischof vom Februar 1422 nicht ausgeführt worden war.33 Dabei war ein entsprechendes Mandat bereits am 1. März 1422 an den königlichen Kommissar in der Terra di Bari ergangen.34 Gleichzeitig legt die Urkunde die Ansprüche der erzbischöflichen Kirche wesentlich ausführlicher dar, als gelte es, Einsprüche gegen dieselben zurückzuweisen. Der Anspruch der Kirche von Trani, die Neofiti von Trani der Konversion ihrer Vorfahren zum Trotz politisch als Juden behandeln zu können, wird dabei allerdings eher wortreich beschrieben als mit neuen Argumenten unterfüttert. Der Erzbischof beruft sich zwar auf die Privilegien, mit denen die Könige der Kirche von Trani einst die Giudecca von Trani verliehen hätten, und das heißt: die Gerichtsgewalt über die Iudayca und die Vollmacht, von ihr jährlich eine bestimmte Geldsumme einzuziehen.35 Wie sich aus diesen Privilegien ableiten lässt, dass die Kirche von Trani auch über die Nachkommen getaufter Juden die Gerichtsgewalt besitzt und von ihnen Steuern fordern darf, obwohl diese ja keine Juden mehr sind, führt er jedoch nicht aus. Der Erzbischof unterstellt daher gleichsam die normative Kraft des Faktischen, wenn er betont, „dass die Kirche die erwähnte Gerichtsgewalt und Vollmachten über die Juden ausgeübt habe, sooft Juden in Trani waren und seit längst vergangenen Zeiten bis zur Zeit des Schismas über jeden neophidus der Stadt Trani.“ 36 Die Königin macht sich die Position der Kirche dennoch zu Eigen und fügt noch ein weiteres Argument hinzu: „Weil die Iudayca der Kirche von Trani einst geschenkt wurde, muss man urteilen, dass jene, die nun ebendort die Iudayca ist, die gleiche ist, die zu Zeiten des Schenkers bestand, wie viel Zeit auch immer vergangen ist.“

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Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 82 (= Beltrani, Alberigo da Barbiano, Giovanna e gli Ebrei (1877), Nr. 3). Ebd., Nr. 79 (= Beltrani, Alberigo da Barbiano, Giovanna II. e gli Ebrei (1877), Nr. 2). Ebd., Nr. 82 (= Beltrani, Alberigo da Barbiano, Giovanna II. e gli Ebrei (1877), Nr. 3): […] quod maior ecclesia Tranensis ab olim ex regum aliquorum Regni huius largitione obtinuit Judaycam Tranensem cum dominio et iurisdictione in omnibus causis, exceptis causis meri Imperii seu causis sanguinis seu ad regiam Curiam pertinentibus. Et cum potestate imponendi ipsi Judayce annis singulis pro subsidio archiepiscopi certam pecunie quantitatem, prout in privilegiis ipis latius continetur, quorum tenores ex certa scientia volumus haberi hic pro sufficienter expressis de verbo ad verbum particulariter annotatis, habuit seu exercuit ab olim prefata tranensis ecclesia supra omnes es singulos neophidos Tranensis civitatis, tamque ecclesie homines, iurisdictionem in omnibus causis et casibus causis, sangiunis exceptis, cum potestate penas pecunarias seu multas imponendi eisdem quotiens mandata eis facta transgrediebantur, et cum potestate imponendi et exigendi ab eisdem neophidis certam annuam prestationem […]. Ebd.: […] dictasque iurisdictiones et potestates exercuit in eosdem Judeos quotiens fuerunt judei in Trano et in neophidos singulos civitatis Tranensis longissimis temporibus et usque ad tempus scismatus proxime in Sinodo Constantiense sublati […].

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Sie befiehlt daher ihren Amtsträgern vor Ort, dass sie die Juden und Neofiti auffordern sollten, dem Erzbischof für seine Kirche den Treueid zu leisten, in der Art und Weise der anderen Vasallen der Kirche und Barone des Reiches, „die Juden freilich auf ihr Gesetz, die neophidi auf ein Evangeliar.“37 Die Neofiti werden hier also nicht nur als Bestandteil der Giudecca gefasst. Es wird zudem postuliert, dass diese iudayca cum neofidis weiterhin identisch mit jener Giudecca sei, die vor längst vergangenen Zeiten, im Jahr 1155, der Kirche von Trani durch König Wilhelm I. geschenkt worden war, als es in Trani nur Juden, aber keine Neofiti gab. Und hieraus wird abgeleitet, dass die Neofiti von Trani des Jahres 1422 denselben politischen Status innehätten wie ihre jüdischen Vorfahren und deren zeitgenössische Glaubensbrüder – den der vasalli ecclesie. Abermals wird hier die Inkongruenz zwischen der religiösen und der politischen Zugehörigkeit der Neuchristen deutlich. Denn ihren Treueeid sollten sie als Christen auf ein Evangeliar leisten. Sie hatten mit ihren jüdischen Vorfahren also nur den politischen Status der vasalli ecclesiae gemein. Der Erzbischof von Trani betrachtete sie auch 1422 eben nur als politische Juden und wollte diese Sicht nach über 40 Jahren wieder zur Geltung bringen. Es spricht allerdings nichts dafür, dass ihm dies gelungen wäre.

2. Die Neofiti von Trani als Teil der Universitas bis 1466 Die Stadtverfassung von 1413 Im Jahr 1413 hatte König Ladislaus I. der Stadt Trani und ihren Bewohnern eine Reihe von Bitten gewährt, die die Regierung ihrer Stadt betrafen. Diese Reform der Stadtverfassung stärkte zum einen die Autonomie der Bügerschaft. Zum anderen räumte sie den Bürgern, die nicht aus dem Adel stammten, größeren Einfluss auf die Führung der Stadt ein. Außerdem regelte sie erstmals auch die Beteiligung der Neuchristen von Trani am Regiment ihrer Stadt. Die Gemeinde und ihre Bürger erhielten 1413 das Recht, zur Regelung ihrer Angelegenheiten alle vier Monate einen kleinen Rat aus 16 Mitbürgern zu wählen. Von diesen sollten acht dem Adel angehören, sechs den Populares und zwei den Neofiti der Stadt.38 Die Neuchristen der Stadt sollten also ein Achtel der Sitze im Rat besetzen dürfen. 37

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Ebd.: […] Considerantes etiam, quod ex quo semel Judayca donata fuit Ecclesie Tranensi illa censetur esse que nunc est Judaica ibidem que tempore donatoris extitit, quantuscumque longus fluxisset annus annorum vobis et vestrum cuilibet in solidum tenore presentium de certa nostra scientia et propri nostri motus instinctu precipimus et mandamus quatenus eosdem Judeos et neophidos ad prestandum iuramentum fidelitatis eidem Archiepiscopo pro Ecclesia more aliorum vassallorum Ecclesiarum et baronum regni Judos siquidem supra ipsorum lege neophidos supra evangeliorum libro […] moneatis efficatius et inducatis […]. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 59: […] Volumus et dicte universitati et hominibus eiusdem tenore presentium de certa nostra scientia concedimus, quod quandocumque contigerit universitatem ipsam pro suis et dicte Civitatis exequendis negotiis in unum more et loco solitis pro maiori et saniori

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Außer dem Rat der 16 Männer durfte die Universitas künftig jährlich einen ihrer Bürger wählen, der die Geschäfte der Stadt führen sollte (gesturum sindicario nomine dicte universitatis agenda). Damit erhielt die Stadt erstmals einen Syndicus, der nicht nur ein Vertreter der Stadt zur Ausführung eines spezifischen Auftrags war, sondern ein ständiger Repräsentant der Stadt. Er musste sich bei seiner Amtsführung wohl in irgendeiner Form ins Benehmen mit dem sechzehnköpfigen Rat setzen, denn dieser war super ipsius civiatis negotiis eingesetzt, er selbst zur Führung der Geschäfte. Zu dem Syndicus trat außerdem noch ein Schatzmeister (erarius), den die Bürger nun ebenfalls jährlich wählen durften. Er sollte Buch führen über die Einnahmen, die der königliche Capitano in der Stadt aus seinem Gericht erzielte. Damit erhielten die Bürger größere Kontrolle über den wichtigsten königlichen Beamten in der Stadt, für dessen Gage sie aufzukommen hatte. Eine weitere Stärkung der Autonomie der Gemeinde bestand darin, dass König Ladislaus der Stadt gestattete, künftig wieder den Magister Iuratus zu wählen, der seit Johanna I. durch den Königshof bestimmt worden war. Die Stadtverfassung von 1413 etablierte ein fast vollständiges Gleichgewicht von Adel und Populus in der städtischen Führung. Fast alle wichtigen Kompetenzen der Gemeinde wurden paritätisch zwischen den zwei Ständen aufgeteilt, die sich so auch wechselseitig kontrollierten. Eine herausragende Bedeutung hatte dabei offensichtlich der Einfluss auf die Verpachtung der indirekten Steuern, die in der Stadt erhoben wurden. Denn an erster Stelle, noch vor dem Passus über die Etablierung des sechzehnköpfigen Rats, bestimmt das Privileg König Ladislaus’ von 1413, dass an der Kommission, die jährlich die Verpachtung der Abgaben der Stadt vornahm, künftig zu gleichen Teilen Vertreter des Adels wie des Populus beteiligt sein sollten. Der städtische Adel behielt zwar das Vorrecht, jedes Jahr die vier Iudices Annales und alle drei Monate zwei Catapani zu wählen. Doch mussten auch diese Ämter nun zur Hälfte mit Populares besetzt werden, während zuvor ausschließlich Adlige sie innegehabt hatten.39 Die Neuchristen der Stadt wurden 1413 offensichtlich den Populares zugerechnet. Denn in dem sechzehnköpfigen Rat, der 1413 etabliert wurde, standen ja den acht Vertretern ex nobilibus, sechs ex popularibus und zwei ex neophitis gegenüber. Zählt man die Neofiti zu den Populares, dann ergibt sich auch hier wie in den anderen Leitungsgremien der Gemeinde eine Parität von Adel und Populus.40 Die politische Inklusion in die Stadtgemeinde ging also einher mit einer ständischen Zuordnung der Neuchristen zu den Populares.

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parte congregari liceat et licitum sit universiati predicte ac libere universitas ipsa possit et valeat sexdecim ex suis concivibus, octo videlicet ex nobilibus, sex ex popularibus et duos ex neophitis dicte civitatis singulis quidem quatuor mensibus anni cuiuslibet eligere et super ipsius civitatis negotiis deputare, quorum electio duret et durare debeat per dictos tantum quatuor menses eiusdem anni cuiuslibet, set ipsis quatuor mensis elapsis alios loco ipsorum possit et valeat eadem universitas de quadrimestri in quadrimestre tempus modo quo supra distinguitur subrogare […]; vgl. Cioffari/ Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 22; Vitale, Trani (1912), 115–118; Ders., Un particolare ignorato (1923), 235. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 59; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 22. Vitale, Trani (1912), 480; Vitale, Patriziato Urbano (1980), 100.

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Über den Wahlmodus des Rats und der anderen Gremien bzw. Ämter enthält die Urkunde König Ladislaus’ von 1413 keine genauen Angaben. Sie bestimmt nur, dass der Rat, die Kommission, die die Verpachtung der Steuern vornimmt, sowie Syndicus und Erarius auf einer Versammlung der maior und sanior pars der Bürger gewählt werden sollten. Wie diese und die Vorauswahl der Kandidaten für die städtischen Ämter ablaufen sollten, wird nicht spezifiziert. Die Bestimmung über die Wahl der Richter und der Catapani enthalten jedoch einen wichtigen Hinweis auf die Art und Weise, wie die Kandidaten wahrscheinlich bestimmt wurden. Denn es heißt, dass diese de sedili in sedile [!] gewählt werden sollten.41 Als sedile bzw. volkssprachlich seggio bezeichnete man im Königreich Neapel des 15. Jahrhunderts zunächst einmal besondere Loggien, in denen sich die Adligen und die Populares der Stadt versammelten und Geselligkeit pflegten.42 Damit waren jedoch auch gleichzeitig die Gesellschaften gemeint, die sie bildeten und die sich dort versammelten. In Bari gibt es Mitte des 15. Jahrhunderts je einen Seggio des Adels und einen des Populus; und in einem Dokument von 1473 ist die Rede von einer universitas nobilium und einer universitas popularium.43 Nach ihrer Erwähnung im Privileg Ladislaus’ von 1413 werden die Sedilia des Adels von Trani erst in der Zeit um 1500 wieder erwähnt. Das Sedile des Populus ist sogar erst 1582 erstmals belegt.44 Der Traneser Jurist Cesare Lambertini gibt in seinem um 1500 entstandenen Traktat „De iure patronatus“ jedoch auch einige Hinweise auf das Traneser Stadtregiment, unter anderem, dass der Populus der Stadt Versammlungen abhielt, auf denen er seine Vertreter bestimmte.45 Außer Bari ist zudem auch für weitere benachbarte Städte belegt, dass es dort während der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Sedilia sowohl des Adels wie des Populus gab.46 Wie die Bildung der Stadtgemeinde hatte auch die Ausbildung dieser Sondergemeinden von Adel und Populus starke Impulse durch die Besteuerungspraxis, das heißt die Praxis der Erhebung der direkten Steuern, erhalten. Denn Adel und Volk hatten seit der Einführung der direkten Steuern unterschiedliche Sätze bezahlt. Und ihre jeweiligen Universitates hatten den Beitrag von Adel und Volk seit der frühen Anjou-Zeit getrennt eingezogen. Auch das Privileg Ladislaus’ von 1413 bestimmte immer noch, dass Adel und Populus von Trani ihren Anteil ex collectis et numeribus [!] fiscalibus jeweils gesondert erheben und an den königlichen Erarius bzw. die anderen Beamten abführen sollten, die der Königshof für die Steuereinnahmen einsetzte.47

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Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 59; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 22. Vitale, Trani (1912), 479; Schipa, Nobili e Populani in Napoli (1925). Bonazzi, Statuti della città di Bari (1876), 11; Carabellese, La Puglia 2 (1907), 189; Vitale, Trani (1912), 481. Beltrani, Documenti relativi agli antichi seggi (1883). Vitale, Trani (1912), 483. Ebd., 480f. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 59; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 22.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Wie in praktisch allen anderen Städten Apuliens auch baute die Stadtverfassung von Trani zu Beginn des 15. Jahrhunderts also auf den Sondergemeinden von Adel und Populus auf. Sie waren Träger der wichtigsten Pflichten und Rechte der Universitas: Einnahme der Steuern an den Königshof, Verpachtung der indirekten städtischen Steuern (der Gabelle bzw. Dacia), Bestimmung der städtischen Führung und der Inhaber der Ämter, deren Wahl den Bürgern oblag. Universitas neofitorum Im Unterschied zu den meisten anderen Städten des festländischen Süditalien gab es in Trani im frühen 15. Jahrhundert neben den Sondergemeinden von Adel und Populus noch eine weiterere Sondergemeinde: Denn auch die Nachkommen der konvertierten Juden bildeten eine Universitas, und auch diese Formierung der Neofiti als Sondergemeinde erhielt entscheidende Impulse aus der Besteuerungspraxis. Bis in die 30er-Jahre des 14. Jahrhunderts wenden sich auch die Neofiti von Trani immer wieder als Gruppe an den Königshof und klagen darüber, dass die Bürger der Stadt oder königliche Amtsträger das Privileg von 1294 missachten, dass sie wie die konvertierten Juden andernorts von der Beteiligung an den Subventio Generalis und anderen vergleichbaren Abgaben befreite.48 Danach entfiel dieser Anlass zur Gruppenbildung zwar. Denn das Immunitätsprivileg von 1294 galt nur für die Konvertiten von 1292, nicht jedoch für ihre Nachkommen. Und damit entfiel auch für die Stadtgemeinden und die königlichen Beamten ein wesentlicher Anlass, diese als fiskalische Juden zu behandeln, denn als fiskalische Christen lag ihr Beitrag zum Aufkommen der Subventio Generalis und anderer direkter Abgaben an den Königshof höher. In Trani jedoch wurden die Konvertiten durch die dortige Kirche politisch als Juden behandelt. Bezeichnenderweise ist für Trani explizit von einer universitas neofitorum die Rede, als diese 1305 beim Königshof darüber klagte, dass der Traneser Erzbischof von ihnen weiterhin die jährliche Abgabe von über 30 Unzen Gold forderte, die er zuvor von der Judengemeinde bezogen hatte, und die Neofiti ins Gefängnis warf, wenn sie sich an die weltliche Gerichtsbarkeit wandten.49 Die Kirche von Trani reproduzierte aber nicht nur die politische Jewishness der Konvertiten von 1292, sondern übertrug diese bis ungefähr 1380 auch auf ihre Nachkommen. Noch im Jahr 1422 versuchte sie, ihren Herrschaftsanspruch über die Nachkommen der Konvertiten von 1292 wieder durchzusetzen. Der Anspruch der Traneser Kirche, die Konvertiten der Stadt und ihre Nachkommen gleichsam politisch als Juden zu behandeln, war im Kern ebenfalls fiskalisch. Neben der Unterstellung unter seine Jurisdiktion forderte der Erzbischof von den konvertierten Juden und ihren Nachkommen die Zahlung jener Steuern, die ihm die Judengemeinde von Trani geschuldet hatte, seitdem König Wilhelm I. sie 1155 an die Kirche von Trani

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S. o., 70f. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 90f.

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verliehen hatte. Und dies muss die Bildung einer Sondergemeinde der Neofiti geradezu nach sich gezogen haben. Auch die universitas neofitorum muss ein strukturierter Personenverband gewesen sein, der in der Lage war, die Umlegung von Steuern auf die einzelnen Haushalte und eventuell auch die Zahlung derselben zu gewährleisten, solange der Erzbischof von Trani diese von ihnen forderte. Noch im Jahre 1422 zahlten die Neofiti von Trani eine jährliche Abgabe an die erzbischöfliche Kirche, auch wenn diese, wie der Erzbischof gegenüber der Königin beklagt, wesentlich geringer war, als die über 30 Unzen, die die Kirche noch 1377 hatte fordern können.50 Und zumindest eine spätere Quelle aus der Zeit nach der Vertreibung der Neuchristen aus Trani belegt, dass diese in Trani Steuern innerhalb der eigenen Gruppe erhoben hatten.51 Man muss daher davon ausgehen, dass die Neuchristen 1413 als Sondergemeinde in die Stadtverfassung integriert wurden, und zwar gleichsam als Sondergemeinde innerhalb der Sondergemeinde des Populus. Welchen Anteil die Sondergemeinde der Neofiti an den Rechten und Aufgaben des Populus genau hatte und wie sich das Verhältnis zwischen der Universitas der Neofiti und der des Populus gestaltete, als deren Bestandteil sie im Privileg Ladislaus’ von 1413 erscheint, bleibt jedoch größtenteils ungeklärt. Nur ihr Anteil an den Mitgliedern des Rats wird exakt bestimmt. Die Neuchristen stellten wie erwähnt zwei der acht Vertreter des Populus im Rat. Möglicherweise wählten sie wie die anderen Universitates auch ihre Kandidaten für den sechzehnköpfigen Rat aus. Vollkommen unklar ist jedoch, welchen Einfluss die Neofiti in jener Frage hatten, die den Stadtbürgern 1413 offensichtlich als die drängendste galt: die Frage der Verpachtung der indirekten Steuern in der Stadt. Dem Privileg König Ladislaus’ I. zufolge sollte die Kommission, die diese Verpachtung vornahm, paritätisch durch Vertreter von Adel und Volk bestimmt werden. Ob und inwieweit auch Neuchristen durch den Populus in diese Kommission delegiert wurden, blieb offen. Erst 1464 wurde diese Frage nach einer langen Zeit innerstädtischer Konflikte geklärt. Die Sondergemeinde der Neuchristen stand in Kontinuität zur Judengemeinde, sowohl personell wie wohl auch strukturell. Da dieselben Personen auch nach ihrer Konversion noch fast dieselben Steuern an die erzbischöfliche Kirche zahlen mussten, kann man wohl davon ausgehen, dass auch die Art und Weise, wie sie auf die einzelnen Haushalte umgelegt und von diesen eingezogen wurden, zunächst einmal dieselbe blieb. Die universitas neofitorum knüpfte also an die Strukturen der universitas iudeorum an. Diese Kontinuität war zunächst einmal eine erzwungene. Denn es war äußerer Druck, der die Neofiti von Trani nötigte, eine Sondergemeinde zu bilden: zunächst die Versuche, sie dem Immunitätsprivileg von 1294 zum Trotz zu Zahlungen zu zwingen, später ihre kontinuierliche Behandlung als politische Juden durch die erzbischöfliche Kirche. Die Reproduktion der politischen Jewishness durch die Kirche hatte also auch die Reproduktion einer sozialen Jewishness zur Folge. Denn als Sondergemeinde bildeten die Neuchristen eine exklusive soziale Gruppe. Wie stark die Gemeindebildung durch äuße-

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S. o., 110f. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14; s. u. Quellenanhang; Nr. 1/18.

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ren Druck veranlasst wurde, wird daran deutlich, dass nur in Trani, wo dieser äußere Druck nach den Konvertiten von 1292 auch auf deren Nachkommen übertragen wurde, noch nach dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts eine Universitas der Neofiti fassbar ist, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts dann in die Stadtgemeinde integriert wurde. In der intergenerationellen Übertragung reproduzierte sich hier also auch die soziale Jewishness der Neuchristen. In anderen apulischen Städten sind erst ab den 60er-Jahren des 15. Jahrhunderts Universitates von Neofiti belegt, und diese sind höchstwahrscheinlich nach dem Vorbild der Neofiti von Trani und möglicherweise unter Beteiligung von Neofiti aus Trani entstanden. Eine Sondergemeinde der Neofiti als Bestandteil einer Stadtverfassung findet sich außerhalb von Trani nirgends. Mit der Stadtverfassung von 1413 hatte die Sondergemeinde der Neofiti dann erstmals nicht mehr die Aufgabe, die Lasten zu verteilen, die ihnen aus der Zuschreibung fiskalischer bzw. politischer Jewishness entstanden. Vielmehr wurde sie als Sondergemeinde innerhalb der Sondergemeinde des Populus politisch in die Stadtgemeinde mit einbezogen. Die Nachkommen der konvertierten Juden erhielten so die politische Gleichstellung mit den anderen Bürgern. Trotz der Inklusion der Neofiti in die Stadtverfassung blieb jedoch ein Rest ihrer politischen Jewishness erhalten bzw. sichtbar: in der Bezeichnung der Gemeinde und ihrer Angehörigen als Neofiti, die ihre Herkunft von den konvertierten Juden gleichsam gegenwärtig hielt. Die Inklusion der Universitas der Neofiti in die politische Gemeinde bedeute zudem, ja beruhte geradezu darauf, dass die Neuchristen ihre soziale Jewishness nun erstmals aus eigenem Interesse reproduzierten. Damit die universitas neofitorum ihre Vertreter in den Rat entsenden konnte, musste sie als Gruppe eine eindeutige Außengrenze haben – es musste klar sein, welche Personen zu den Neuchristen gezählt wurden und welche nicht. Und damit die Neuchristen auch künftig im Stadtregiment vertreten sein konnten, musste die Differenz zu den Sondergemeinden von Populus und Adel in der intergenerationellen Übertragung reproduziert werden. Das heißt: Die biologische Reproduktion der Neuchristen musste in einer Weise erfolgen, die auch die Reproduktion der sozialen Differenz mit sich brachte. Stratifizierte Gesellschaften wie die Stadtgesellschaft von Trani sind Adelsgesellschaften. Das heißt, ihre Leitdifferenz ist zunächst einmal die von Adel und Volk. Dabei differenziert sich der Adel vom Populus oder der plebs durch ständische Lebensführung und Abstammung. In der intergenerationellen Übertragung reproduziert er diese soziale Differenz durch Endogamie.52 Für den Populus dagegen stellt sich die Frage nach der Reproduktion einer Systemgrenze nicht. Denn sie ist ex negativo definiert. Dem Populus wird seine Grenze durch die Distinktion des Adels gesetzt.53 Wie aber reproduzierten

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Zusammenfassend hierzu Luhmann, Gesellschaft der Gesellschaft (1997), 678–680. Zum Adel von Trani Vitale, Patriziato Urbano (1980); zu Adel und Populus in Neapel Schipa, Nobili e Populani in Napoli (1925). Ein Beispiel hierfür aus dem Apulien des 15. Jahrhunderts ist die reformierte Stadtverfassung von Barletta von 1491; vgl. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1893), Nr. 39.

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die Neofiti von einer Generation zur nächsten die soziale Differenz zum Populus, dem sie gleichwohl ständisch zugeordnet wurden? Es wird noch darauf zurückzukommen sein. Die Inklusion der Neofiti in die politische Gemeinde im Jahr 1413 löschte deren politische Jewishness also nicht, sondern überschrieb sie gleichsam. Die Neofiti waren nun keine homines ecclesiae mehr, aber die Universitas, die sie als solche nolens volens gebildet hatten und die die universitas iudeorum unter veränderten Vorzeichen gleichsam fortsetzte, wurde in die Stadtverfassung einbezogen und blieb so erhalten, ja wurde noch stabilisiert. Die politische und soziale Differenz wurde damit in die christliche Stadtgemeinde verlegt, in dieser aber – als inklusive Exklusion – weiterhin reproduziert.

Confisi de Magnificentia laudabilibus virtutibus: Die Neuchristen in der Stadt bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts Viele Formulierungen zeigen, dass das Privileg von 1413 politische Praktiken bestätigte, die bereits üblich waren, etwa wenn davon die Rede ist, dass sich die Stadtgemeinde auf übliche Weise am gewohnten Ort versammelte.54 Möglicherweise waren die Neuchristen von Trani also bereits vor 1413 an der Stadtregierung beteiligt. Bereits ab 1401 intervenieren zumindest Personen als Zeugen in Urkunden, die sich als Neuchristen identifizieren lassen. Von diesem Jahr an lassen sich bis zum Jahr 1422 in den Jahren 1404, 1407, 1410, 1413, 1417, 1419, 1421 und 1422 Neofiti als Zeugen in Notariatsinstrumenten aus Trani fassen, und zwar in 12 von insgesamt 54 erhaltenen Urkunden für den Zeitraum von 1401 bis 1422. Die persönlichen Eigenschaften, die ein Zeuge mitbringen musste, waren um 1400 immer noch dieselben, die Friedrich II. 1231 im Liber Augustalis bestimmt hatte. Er musste einen „guten und bewährten Leumund“ haben, bzw. „über jeden Einwand erhaben sein.“ Er musste also über ein gewisses Sozialprestige verfügen. Denn die Zeugen spielten im mittelalterlichen Süditalien für den Beweiswert der Urkunden eine größere Rolle als andernorts.55 Es fällt auf, dass vom September 1422 bis zum Oktober 1430 keine Interventionen von Neuchristen als Zeugen belegt sind. Diese acht Jahre sind bis zur Vertreibung der Neofiti aus Trani 1495 der längste Zeitraum, in dem keine Urkunden überliefert sind, in denen diese als Zeugen fungierten. Es ist daher unwahrscheinlich, dass diese ‚Lücke‘ durch Überlieferungsausfälle bedingt ist. Zumal aus den Jahren 1423 bis 1429 im jährlichen Mittel nicht weniger Urkunden erhalten sind als aus den Jahren 1401 bis 1422, sondern mehr: im Schnitt 2,86 (20 in sieben Jahren) im Vergleich zu 2,56 (54 in 21 Jahren). 54 55

Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 59; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 22. Stürner (Hg.), Konstitutionen Friedrichs II. (1996), 1/82 (De fide instrumentorum); vgl. hierzu Dilcher, Notariat in den Gesetzen des staufischen Sizilien (1981), 62f.; Caravale, Legislazione sul Notariato (1982), 106f., zur Rolle von Zeugen in der Beurkundung s. auch u., 170f.

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Die erhaltenen Privaturkunden aus Trani stammen fast alle aus dem Bestand der erzbischöflichen Kirche von Trani. Sie dokumentieren daher fast ausschließlich Rechtsgeschäfte, an denen diese in irgendeiner Form beteiligt bzw. von denen diese betroffen war. An acht von zehn Transaktionen zwischen 1401 und 1421, an deren Beurkundung Neofiti als Zeugen mitwirkten, war die Bruderschaft der Domkleriker von Trani als Stipulant oder Kontrahent beteiligt. Dass für den Zeitraum ab September 1422 bis 1430 keine Urkunden überliefert sind, die von Neofiti bezeugt wurden, kann also durchaus damit zusammenhängen, dass die erzbischöfliche Kirche von Trani in dieser Zeit versuchte, die politische Jewishness der Neofiti von Trani wiederherzustellen. Denn sie ist an 20 der 23 Rechtsgeschäfte aus der Zeit zwischen 1422 und 1430 direkt beteiligt. Das einzige Rechtsgeschäft aus diesem Zeitraum, zu dessen Beurkundung Neofiti herangezogen wurden, ist bezeichnenderweise eines von dreien, an denen die erzbischöfliche Kirche von Trani nicht beteiligt ist. Es stammt zudem aus dem Jahr, in dem diese erstmals seit über 40 Jahren versuchte, die Neofiti von Trani als vasalli ecclesiae für sich zu reklamieren und so ihre politische Jewishness zu aktualisieren.56 Die nächste Urkunde, in der Neofiti als Zeugen agierten, datiert dann auf 1430.57 Das heißt: Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss die Kirche von Trani ihren Widerstand gegen die politische Inklusion der Neofiti in die Bürgergemeinde aufgegeben haben. Wie sich die Bürger und die Bürgergemeinde von Trani zu diesem Boykott der Neofiti durch die Kirche von Trani verhielten, lässt sich leider nicht sagen, da die Anzahl der erhaltenen Urkunden ohne Beteiligung der Kirche zu gering ist, um hierauf irgendein Argument zu stützen. Die ersten Dokumente, die Rückschlüsse auf die Stellung der Neofiti in der Universitas von Trani zulassen, stammen erst wieder aus dem Jahr 1429. Sie sprechen dafür, dass zwischen 1422 und 1429 weder die Reputation der Traneser Neofiti in der Bürgerschaft von Trani noch ihre Möglichkeiten gelitten hatten, am Stadtregiment zu partizipieren. Das Abkommen mit Venedig 1429/30 Am 2. November 1429 versammelten sich die Männer der Universitas von Trani pro maiori et saniori parte zusammen mit ihrem Syndicus Francisco Caputo in der Kirche S. Maria Annunziata und wählten zwei Kommissionen aus je vier Männern, die für die Stadt Trani ein Abkommen mit der Republik Venedig aushandeln sollten, mit der sie wieder einmal wegen der Handelsprivilegien im Streit lagen, die die venezianischen Kaufleute in Trani genossen: „Nachdem sie sich zuvor von der Hochherzigkeit und den lobenswerten Tugenden überzeugt hatte“, die in ihnen wirkten, wählte die Versammlung einmal den „großartigen Ritter und Herrn“ Pietro Palagano, „ihren verehrungswürdigen Mitbürger“, sowie die „umsichtigen Männer“, die Notare Gregorio Caputo und Nardello

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Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 83. Ebd., Nr. 108.

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Tubino sowie Barisano de Donato.58 Die zweite Kommission sollte aus den Notaren Gregorio Caputo und Nardello Tubino sowie dem Gewürzhändler Pietro Spina und Rogerio, Sohn des Petro des Buctunis, bestehen.59 Und dieser zweiten Kommission gelang es ein gutes Vierteljahr später, den Streit mit der Serenissima beizulegen.60 Barisano de Donato und Rogerio Petri de Buctunis stammten aus zwei der führenden Geschlechter der Traneser Neofiti.61 Diese waren damit in beiden Kommissionen vertreten. Für eine ganze Reihe von Angehörigen der Familien de Barisano und de Buctunis ist ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts belegt, dass sie im Handel mit Venedig aktiv waren.62 Da Barisano de Donato und Rogerio de Buctunis 1429 in die Kommissionen gewählt wurden, die das Abkommen mit der Lagunenstadt aushandeln sollten, muss man davon ausgehen, dass diese Handelsbeziehungen bereits damals bestanden. In den Jahren 1429 bzw. 1430 vertraten also auch zwei Repräsentanten der Traneser Neofiti die Stadt als Sonderbeauftragte in einer wichtigen Angelegenheit, und die Versammlung der Stadtbürger bescheinigte ihnen wie den anderen Repräsentanten öffentlich die hierfür erforderliche „Hochherzigkeit und Tugend“. Dies spricht dafür, dass die Inklusion der universitas neofitorum in die Stadtgemeinde von Trani durch die Ansprüche des Erzbischofs von Trani 1422 weder beeinträchtigt noch gar rückgängig gemacht worden wäre. In den Jahren nach 1430 fehlt dann wieder jedwede Nachricht über die politische Zugehörigkeit der Neofiti von Trani. Doch spricht ihr kontinierliches Mitwirken an der Ausstellung von Urkunden dafür, dass sie weiterhin in die Stadtgemeinde einbezogen waren. Erst ab den 40er-Jahren des 15. Jahrhunderts sind dann neue Bestrebungen belegt, die Differenz der Neofiti zu den übrigen Bürgern wieder aus der politischen Stadtgemeinde heraus zu verlagern. Es ist allerdings nicht mehr die erzbischöfliche Kirche von Trani, die dies versucht, sondern ein Teil der Bürgerschaft. Der Versuch, die Neofiti aufs Neue aus der Bürgergemeinde auszuschließen, ist daher auch kein Versuch, ihre frühere politische Jewishness zu rekonstruieren, sondern setzt bei der vermeintlichen religiösen Jewishness der Neuchristen an.

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Ebd., Nr. 101: […] confisi prius ut dixerunt universitas et homines ipsi de Magnificentia laudabilibus virtutibus, que vigent in personam Magnifici Militis domini Petri Palagani de Trano eorum et nostrorum honorandi et reverendi concivis, et providorum virorum notarii Gregorii de Caputo, notarii Nardelli Tubini et Barizani de Donato concivium eorum […]; vgl. Vitale, Trani (1912), 146. Ebd.: […] Simile procuratorium factum fuit per dictam universitatem et homines Trani […] in personas notarii Gregorii de Caputo Petri Spina speciarii et Rogerii quondam Porelli de Victorio [! = Victunio]. Ebd., Nr. 104. S. u. Prosopografie, Nr. II; V. S. u. Prosopografie, Nr. III/1; V/4.

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Die Neofiti von Trani in der Epoche der innerstädtischen Konflikte (1440er-Jahre bis 1466) Inquisitorische Verfolgung und politische Exklusion Mitte der 40er-Jahre des 15. Jahrhunderts kommt es nach beinahe 120 Jahren erstmals wieder zu einer Verfolgung der Neuchristen von Trani durch Inquisitoren. Diese inquisitorische Verfolgung ist nur durch wenige Dokumente belegt: vier Papsturkunden, ein Notariatsinstrument, in das zwei der vier Papsturkunden inseriert sind, und zwei Regesten von Königsmandaten. Vor allem die Papsturkunden gehören zu den ausführlichsten Zeugnissen für die Frage der religiösen Jewishness der Neofiti von Trani und sind daher von besonderem Interesse. Gleichzeitig zeigen sie, dass die Auseinandersetzung über die religiöse Jewishness der Neofiti, die in Trani Mitte des 15. Jahrhunderts erstmals seit vier Generationen geführt wurde, eine Auseinandersetzung über ihre politische Inklusion bzw. ein Versuch der politischen Exklusion war. Die Initiative für die Verfolgung der Neofiti durch Inquisitoren ging nicht von Neapel aus, sondern kam aus Trani selbst. Die inquisitorische Verfolgung der Neofiti von Trani muss daher im Zusammenhang mit innerstädtischen Konflikten in Trani betrachtet werden, die Mitte der 50er-Jahre in bewaffnete Auseinandersetzungen mündeten. Sie markiert geradezu den Beginn einer Epoche innerstädtischer Unruhen. In den innerstädtischen Konflikten der 1440er- bis 1460er-Jahre stand auch die politische Inklusion der Neofiti in die Bürgermeinde zur Debatte. Am Ende der Epoche der innerstädtischen Konflikte kam es dann auch gleichsam folgerichtig zu einer Neubestimmung dieser politischen Inklusion. Im Folgenden soll zunächst die inquisitorische Verfolgung der Neofiti von Trani geschildert werden, der diese ab den 40er-Jahren des 15. Jahrhunderts wieder ausgesetzt waren. Im Anschluss daran sollen die Zusammenhänge zwischen der Problematisierung der religiösen Jewishness der Neofiti und den innerstädtischen Konflikten in Trani in der Mitte des 15. Jahrhunderts erörtert werden. Der Auftakt der Epoche der innerstädtischen Konflikte: Die Inquisitorische Verfolgung der Neofiti Am 26. Februar 1446 erging zu Rom eine Bulle Papst Eugens IV. für die Neofiti von Trani. Diese hatten beim Papst beklagt, dass man „ihnen und ihren Vorfahren, die vor längst vergangenen Jahren von der göttlichen Gnade erleuchtet vom Judentum zum katholischen Glauben übergetreten seien, nachsage, seit der Zeit ihres Übertritts gewisse Sitten, Bräuche und Lebensformen (mores, ritus seu vivendi modos singulares) befolgt zu haben und noch zu befolgen, die sich sehr von denen der anderen Christgläubigen jener Stadt und Diözese unterschieden. Die genannten anderen Gläubigen würden sie deshalb als Ketzer behandeln und bezeichnen und als solche auch meiden. Außerdem hätte es gegen sie und einige von ihnen, auch mit apostolischer Autoriät, einen Prozess wie gegen solche, die der Ketzerei verdächtigt würden, gegeben.“63 63

Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750: […] pro eo quod ipsi eorumque antecessores, licet a quamplurimis annis iam decursis, divina illustrati gratia, de Iudaismo ad Catholicam

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Pro evitanda infamia et sedandis scandalis huiusmodi, necnon eorum animarum salute, begehrten sie, die novelli christiani, deshalb, die besonderen und dermaßen unterschiedlichen Sitten, Bräuche und Lebensformen, wenn sie solche denn hätten, völlig aufzugeben und sich den anderen Christgläubigen in allem, besonders in dem, was den katholischen Glauben betrifft, anzupassen (conformare) und um einer leichteren Anpassung willen vom Papst eine sichere Lebensform oder eine Regel (certum vivendi modum, seu regulam) zu erhalten.64 Der Katalog religiöser Verhaltensregeln, den Eugen IV. den Neofiti von Trani darauf zukommen ließ und mit dessen Implementierung er den Erzbischof beauftragte, ist allerdings so allgemein gehalten, dass er kaum Rückschlüsse darauf zulässt, was denn die ritus, mores ac modi singulares waren, die die Neofiti von Trani über 150 Jahre, nachdem ihre Vorfahren konvertiert waren, ab illis aliorum Christifidelium ipsarum civitatis et diocesis unterschieden. Offensichtlich jedoch ist erstens, dass sie von den anderen Christen sozial geächtet wurden, zweitens, dass es bereits einen Inquisitionsprozess gegeben hatte, von dem man annehmen darf, dass er auf Initiative eben jener „anderen Christgläubigen“ (alii christifideles) zustande gekommen war. Drohte den Neofiti von Trani aufgrund desselben doch drittens die Infamierung, und das heißt der Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern.65 Unter der Bedingung, dass sie binnen zwei Wochen ihre besonderen Bräuche, Riten und Lebensformen bereuten und abstellten, absolvierte und befreite der Papst die Neuchristen auf deren Bitten hin nun von jedwedem Makel der Ketzerei sowie von Exkommunikation, Ausschluss, Interdikt und anderen Sentenzen, Zensuren und Strafen, kirchlichen wie weltlichen, und auch von Geldbußen und dem Verlust des Besitzes. Gleichzeitig erklärte er jeden Makel der Ungeeignetheit und Infamie, den sie sich aus genanntem Anlass zugezogen hatten, für nichtig. Niemand sollte sie mehr wegen Häresiedelikten beschuldigen, die sie bis dato vielleicht begangen hätten, noch diesbezüglich gegen sie ermitteln oder sie verurteilen, noch sie oder ihren Besitz irgendwie vor Gericht oder anderweitig belästigen und stören. Vielmehr sollten sie von allen Christen freundlich und mit aller Nächstenliebe und Wohlwollen und in jeder Hinsicht als treue Christen

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fidem conversi, ab illorum conversionis huiusmodi temporibus quosdam mores, ritus, seu vivendi modos singulares, plurimumque diversos ab illis aliorum Christifidelium ipsarum civitatis et diocesis observasse et oberservare dicuntur, per dictos alios fideles velut heretici habiti et reputati, nec non ut tales etiam evitati fuerint, ac contra eos vel ipsorum aliquos tamquam de heresi suspectos, etiam auctoritate apostolica, processum extiterit […]. Ebd.: […] ac, sicut exhibita nobis nuper pro parte ipsorum novellorum Christianorum petitio continebat, ipsi novelli Christiani pro evitanda infamia et sedandis scandalis huiusmodi, necnon eorum animarum salute, mores, ritus et modos singulares et diversos huiusmodi, si quos habent, penitus deserere et aliis Christifidelibus se in omnibus, presertim fidem Catholicam concernentibus, conformare, ac pro faciliori conformatione huiusmodi, eis per nos certum vivendi modum, seu regulam tradi, ferventius concupiscant […]. Zur Infamie und ihren Konsequenzen vgl. Ragg, Ketzer und Recht (2006), v. a. 69; Landau, Entstehung des kanonischen Infamiebegriffs (1966), 46–48, 97.

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behandelt und angesehen werden.66 Mit der Bestrafung von Neuchristen, die ihre besonderen Bräuche, Riten und Lebensformen nicht binnen zwei Wochen bereuten und aufgaben, wurde der Erzbischof von Trani beauftragt. Mit ihrem Appell an den Papst hatten die Neuchristen von Trani also nicht nur ihre Rehabilitierung erreicht, sondern auch, dass die Verfolgung etwaigen künftigen Fehlverhaltens durch sie dem Erzbischof von Trani übertragen wurde. Dies sollte sie wohl wie bereits vor knapp 120 Jahren vor der Verfolgung durch delegierte Inquisitoren schützen. Drei Jahre später erging allerdings abermals eine päpstliche Bulle, die sich mit den Neofiti von Trani befasste, diesmal offensichtlich jedoch nicht auf Ersuchen der Neofiti. Papst Nikolaus V. entsandte am 31. August 1449 den Franziskaner Matteo di Reggio in das Königreich Neapel und vor allem in die Städte Trani, Manfredonia, Monopoli und Benevent, da dort plurimos haereticos subcrevisse, qui vulgo Christiani novelli appellantur, quorum contagione plurimi alii Christifideles a fide debilitantur.67 Gleichzeitig hob er alle Priviliegien, Immunitäten und Gnadenerweise auf, aufgrund derer Diözesanbischöfe Inquisitoren untersagen durften, in ihrer Diözese zu ermitteln, und zwar insbesondere den Gunsterweis, den sein Vorgänger seligen Andenkens, Eugen IV., den Bischöfen von Trani gewährt hatte, in dem es geheißen hatte, dass niemand anders als der Bischof jenes Ortes gegen die Neuchristen inquirieren und sie vor sein Gericht ziehen dürfte.68 Es waren die Neuchristen von Trani gewesen, die 1446 bei Papst Eugen IV. erwirkt hatten, dass nur der Diözesanbischof von Trani gegen sie inquirieren durfte, nicht aber Inquisitoren von außerhalb, um so vor weiterer inquisitorischer Verfolgung geschützt zu sein. Die Aufhebung dieser Beschränkung und der Auftrag an den Franziskaner Matteo di Reggio, gegen die Cristiani Novelli in den genannten Städten zu inquirieren, war also eindeutig gegen sie gerichtet. Man muss daher davon ausgehen, dass die Bulle vom 66

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750: […] a cuiusvis heresis labe, necnon quibuscumque excommunicationis, suspensionis et interdicti, aliisque sententiis, censuris et penis, ecclesiasticis et temporalibus, etiam pecuniariis ac bonorum amissionis absolvimus et liberamus, necnon absolutos et liberatos fore censemus, omnemque ab eis et eorum quolibet inhabilitatis et infamie maculam sive notam, per ipsos vel eorum quemlibet, premissorum occasione contractam, abolemus; decernentes illos ex novellis Christianis predictis, qui mandato et precepto nostris huiusmodi infra dictos quindecim dies, realiter et cum effectu paruerint, occasione premisse vel alterius cuiuscumque heresis per eos hactenus forsan incurse, nullatenus accusari, inquiri, condamnari, seu alias quomodolibet in iudicio, vel extra, super personis, vel rebus eorum molestari aut perturbari posse, sed per quoscumque Christifideles benigne ac cum omnibus caritate et benevolentia tractari, et ut fideles Christianos censeri et reputari debere in omnibus et per omnia […]. Waddingus, Annales Minorum 12 (1932), Nr. 27. Ebd.: […] Non obstantibus privilegiis, exemptionibus et indultis, etiam quae locorum Dioecesanis super eo forsan, quod in suis civitatibus et dioecesibus ipsius pravitatis Inquisitores ad hujusmodi Inquisitionis officium admittere non debeant vel teneantur; ac indulto per felicis recordationis Eugenium Papam IV praedecessorem nostrum ipsis Diocesanis, sub diocesi Tranense pro tempore commorantibus concesso, in quo praesertim cavetur, ut nemo alius praeterquam ejusdem loci Diocesanus dictos Christianos novellos inquirere valeat, nec ipsi Christiani novelli a quoquam alio ad judicium evoxari possint, cujus tenorem de verbo ad verbum haberi volumus praesentibus pro sufficienter expresso, et cui quoad hoc specialiter et expresse derogamus […].

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31. August 1449 von jenen innerstädtischen Gegnern der Neofiti von Trani erwirkt worden war, die bereits vor 1446 einen Inquisitionsprozess gegen die Neuchristen von Trani bewirkt hatten. In dieser Bulle heißt es auch, dass Matteo di Reggio bereits vorher in dem genannten Königreich das Amt des Inquisitors ausgeübt hatte. Möglicherweise war er es also gewesen, der den Inquisitionsprozess geführt hatte, aufgrund dessen den Neofiti von Trani 1446 die Infamierung gedroht hatte. Den Neuchristen von Trani gelang es jedoch auch, dem Versuch, sie durch den Inquisitor Matteo di Reggio verfolgen zu lassen, etwas entgegenzusetzen. Dies zeigt die dritte und letzte ausführlicher dokumentierte Episode inquisitorischer Verfolgung der Neofiti von Trani aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Am 17. Januar 1454 schworen in Lucera 19 Neofiti öffentlich der Apostasie ab. Sie alle werden als Einwohner und nicht etwa als Bürger von Lucera bezeichnet. Möglicherweise waren sie also erst vor relativ kurzer Zeit in die Stadt in der Capitanata gezogen. Vier von ihnen stammten sicher aus Trani.69 Außerdem war der Prior des Konvents der Dominikaner in Trani, Paulus de Brundisio, anwesend. Ebenfalls anwesend waren der Bischof von Lucera, Ladislao Dentice, und ein Inquisitor, der die reuigen Neuchristen absolvierte, nachdem diese niedergekniet waren und feierlich auf ein Evangeliar geschworen hatten, künftig die Riten und Zeremonien der Juden nicht mehr zu befolgen. Dieser Inquisitor war allerdings nicht der Franziskaner Matteo di Reggio, den Papst Nikolaus V. 1449 mit der Verfolgung der Neofiti in Apulien beauftragt hatte, sondern der Dominikaner Petrus de Mistretta aus dem Konvent S. Pietro Martire in Neapel.70 Das Notariatsinstrument, das dieses Ritual protokolliert, überliefert auch die Abschriften zweier Papsturkunden, einer Bulle und eines Breve, mit denen sich der Inquisitor autorisierte. Sie lassen erkennen, dass der Schwur der 19 Neofiti vom 17. Januar 1454 am Ende von längerwierigen Verhandlungen zwischen dem Inquisitor und den Neuchristen stand – Verhandlungen, bei denen es letzteren gelungen war, maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. Die Bulle datiert auf den 18. September des Vorjahres, also 1453. Ihre Narratio beschreibt zunächst einmal, um wen es sich bei jenen Menschen handelt, die als Neofiti bezeichnet werden: „In verschiedenen Städten und Orten des Königreichs Sizilien diesseits des Faro leben viele Menschen beiderlei Geschlechts, die Neofiti genannt werden, die wie die anderen Christen öffentlich die Taufe und die anderen Sakramente der Kirche empfangen, deren Vorfahren freilich Juden waren, die man vor mehr als 150 Jahre mehr gezwungen als freiwillig zu Christen gemacht hatte und die in ihrer Mehrzahl bis zum heutigen Tage die Riten und Zeremonien der Juden beibehalten haben und nicht an die christliche Religion glauben.“

Später habe ein großer Teil von ihnen zu verschiedenen Zeiten wegen des Drucks der Ordinarien, Prediger und Inquisitoren und aus Angst vor weltlicher Strafe von Papst Eugen IV. Lossprechung und Vergebung von den genannten Irrtümern erhalten. Dabei

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S. u. Prosopografie, Nr. VII/9f.; Sammelbelege, Nr. 3. Lonardo, Abiura (1907); Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814; Nr. 817.

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hätten einige einmal, andere auch zweimal versprochen und geschworen, dass sie die Riten und Zeremonien der Juden nicht mehr beibehalten und dem Glauben der Christen gemäß leben wollten, den zu wahren sie bei der Taufe versprochen hätten. Später aber, nachdem Zwang und Angst geschwunden seien, seien sie in jene Häresie zurückgefallen dadurch, dass sie ausschließlich untereinander Ehen schlossen.71 Diese Erläuterung ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. Zunächst einmal, weil an ihr deutlich wird, dass offensichtlich nicht selbstverständlich vorausgesetzt werden konnte, was es mit jenen Menschen auf sich hatte, die man in Apulien als Neofiti bezeichnete. Umso frappierender ist daher, wie genau der kurze Abriss ihrer Geschichte vor allem in seinen Angaben über die Entstehung der ‚Neofitipopulation‘ ist. Dass diese aus der Taufe ihrer jüdischen Vorfahren resultierte, die vor mehr als 150 Jahren eher erzwungen als freiwillig erfolgt sei, ist zwar eine sehr verknappte, aber sowohl zeitlich als auch bezüglich der Umstände bemerkenswert treffende Repräsentation der Ereignisse von 1292. Auf diese beiden Aspekte wird noch zurückzukommen sein. Der dritte bemerkenswerte Aspekt der Narratio ist allerdings, dass sie mit einem Angebot endet, dass die Neofiti dem Inquisitor machten, damit dieser es an den Papst übermittelte: „Nun jedoch erkennen sie ihre Irrtümer und die Ruchlosigkeit der genannten Häresie. Und wenn sie sicher sein könnten, dass die Kirche sie verschont und sie nicht der Strafe des weltlichen Gerichts überlässt, dann würden sie sich alle zur Einheit des katholischen Glaubens zurückführen lassen, und sie würden freiwillig der genannten Häresie abschwören und demütig ihre Irrtümer bekennen und von nun an dem christlichen Glauben gemäß leben.“72

Auf dieses Angebot ging der Papst ein. Er erteilte dem Inquisitor die freie und volle Befugnis, die Strafe, die den Neofiti gebührte (penam ordinariam eis debitam), in eine kollektive Geldbuße von 2 000 Goldflorin zu kommutieren, die für den Kampf gegen die

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Lonardo, Abiura (1907); Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814: […] Nuper siquidem intelleximus, quod in diversis civitatibus et locis regni Cicilie citra Farum habitant quamplures homines utriusque sexus, neophiti nuncupati, qui baptismum et alia sacramenta Ecclesie in publico recipiunt sicut ceteri christiani, quorum antecessores fuerunt Iudei, quique pro maiori parte iam sunt elapsi anni centum quinquaginta quod magis cohacte quam voluntarie effecti fuerunt christiani et usque in hodiernum diem pro maiori parte servaverunt ritus et ceremonias Iudeorum non credentes fidei christiane; postea vero diversis temporibus pro magna parte cohactione ordinariorum ac predicatorum et inquisitorum timore pene temporalis, indulgentiam et remissionem de predictis erroribus a felicis recordationis Eugenio papa IIII predecessore nostro obtinuerunt, et aliqui eorum semel, sed aliqui bis, iuraverunt et promiserunt non servare ritus et ceremonias Iudeorum et vivere secundum fidem Christianam, quam promiserunt in baptismo servare, sed postea, cessantibus timore et coactione predictis, in eandem heresim relapsi fuerunt, matrimonia inter eos dumtaxat contrahendo […]. Ebd.: […] nunc autem, suos recognoscentes errores et perfidiam dicte heresis, si essent securi, quod Ecclesia eis parceret et non relinqueret eos iudicio seculari puniendos fere omnes ad unitatem Catholice fidei reducerentur, et voluntarie abiurarent prefatam heresim, ac humiliter suos profiterentur errores, et de cetero secundum fidem viverent Christianam […].

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Türken verwendet werden sollten, und die Neofiti dafür abermals von jedem Makel oder Mal der Ungeeignetheit und Infamie zu befreien, den bzw. das sie sich aus genanntem Anlass zugezogen hatten.73 Man darf wohl davon ausgehen, dass auch diese Geldbuße Teil des Angebots war, das die Neuchristen dem Inquisitor gemacht hatten und das dieser nach Rom weitergeleitet hatte. Möglicherweise hatten die Neofiti aber nicht nur eine Geldbuße als Gegenleistung für die Absolution angeboten, sondern auch darauf hingewiesen, dass diese Lösung nicht nur ihnen Unannehmlichkeiten ersparen würde. Denn in der Bulle Nikolaus’ V. vom 18. September 1453 heißt es auch, dass Berichte vertrauenswürdiger Leute den Papst vollständig ins Bilde gesetzt hätten, „dass die Zahl jener rückfälligen und von dem Makel jener Häresie befallenen Leute mehrere Hundert beträgt, die nicht ohne großen Aufruhr bestraft werden können.“74 Mit der Geldbuße war allerdings eine ‚Bewährungsauflage‘ verbunden: Die Neofiti sollten für die nächsten 50 Jahre Ehen nicht mehr, wie bisher bei ihnen üblich, ausschließlich untereinander, sondern mit anderen Christen schließen. Allerdings wurde diese Auflage abgeschwächt, da der Inquisitor die Erlaubnis erhielt, Dispense für Ehen zu erteilen, die Neuchristen untereinander abschlossen.75 Knapp einen Monat später erwies es sich jedoch als „ziemlich schwierig“, die Summe von 2 000 Goldflorin auf einmal einzusammeln, so das Breve, das auf den 16. Oktober 1453 datiert ist, propter diversitatem locorum, an denen sich die genannten Neofiti aufhielten. Deswegen stünde zu befürchten, dass sich von dort die Summe nicht vollständig würde abführen lassen. Der Inquisitor Petrus von Mistretta erhielt deshalb die Vollmacht, die Summe, die die Neofiti zahlen sollten, nach deren jeweiligem Vermögen neu zu schätzen und zu reduzieren.76 Die 19 Neofiti, die am 17. Januar 1454 in Lucera der 73

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Ebd.: […] Nos igitur, vices gerentes illius, cuius propium est misereri et parcere, volentes prout ex officio nobis commisso tenemur, super hiis salubre remedium adhibere […] discretioni tue, de qua plurimum in Domino confidimus, contra eosdem relapsos et dicte heresis labe infectos, qui ad unitatem fidei Christiane redire voluerint, solutis prius per eos tibi duobus milibus florenis auri de camera, in subsidium contra Theucros convertendis, ac prestito per ipsos corporali iuramento, quod de cetero similia non committent, nec ea commitentibus prestabunt auxilium, consilium vel favorem, benigne procedendi, ac penam ordinariam eis debitam commutandi […] plenam et liberam, tenore presentium facultatem concedimus […]. Ebd.: […] ac fidedignorum relatibus plenarie informati, quod relapsorum predictorum et huiusmodi heresis labe infectorum plura sunt centenaria, qui non sine magno scandalo puniri possent […]. Ebd.: […] necnon sibi, quod usque ad quinquaginta annos a data presentium computandos, matrimonia inter se ipsos, prout hactenus consueverunt, sed cum alis Christianis contrahere debeant, inhibendi, necnon matrimonia et sponsalia, si qua inter eos cum personis que tempore contractus huiusmodi ad contrahendum legitimam non habebant etatem dissolvendi, ac secum, ut cum veris Christianis, dummodo aliud canonicum non obsistat, matrimonium contrahere […], dispensandi, […] plenam et liberam, tenore presentium facultatem concedimus […]. Lonardo, Abiura (1907); Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 817: […] quod fidedigna relacione percipimus, quod admodum difficile redderetur huiusmodi pecuniarum summam insimul colligere propter diversitatem locorum, ubi supradicti neophiti commorantur, et verendum est, ne prefata quantitas integre inde possit deduci, capientes de tua probitate ac integritate fiduciam in

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Häresie abschworen und die Absolution erhielten, zahlten daher jeder eine Buße von 60 Dukaten.77 Die letzte ausführlicher dokumentierte Episode inquisitorischer Verfolgung der Neuchristen von Trani aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zeigt also ebenfalls, dass diese in Wechselbeziehungen zu Auseinandersetzungen um die politische Inklusion der Neofiti von Trani in die Stadtgemeinde stand. Auch die Bulle Nikolaus’ V. vom 18. September 1453 stellt wie die Bulle von 1449 eindeutig den Bezug zur Bulle Eugens IV. von 1446 für die Neuchristen von Trani her. Wie in dieser ist zu erkennen, dass Traneser Neofiti nicht zuletzt versuchten, der Infamierung, und das heißt dem politischen Ausschluss aus der Bürgerschaft, zu entgehen, in die sie spätestens seit 1413 eingeschlossen waren. In dieser Auseinandersetzung zeigen sich die Neofiti von Trani in einer bemerkenswert guten Verhandlungsposition. Sie verfügen zum einen über erhebliche finanzielle Ressourcen, die sie einsetzen, um päpstliche Bullen zu ihren Gunsten zu erwirken. Dass man fürchtet, man könne sie nicht wegen Häresie bestrafen, ohne Aufruhr zu verursachen, macht zum anderen aber deutlich, dass ökonomisches Kapital nicht die einzige Ressource war, auf die sie zurückgreifen konnten. Offensichtlich verfügten die Neuchristen von Trani Mitte des 15. Jahrhunderts auch über Rückhalt am Königshof. Der Inquisitor Petrus de Mistretta war Beichtvater der Isabella Chiaramonte, der Ehefrau des Kronprinzen und späteren Königs Ferrante I.78 Die letzten Nachrichten über die Verfolgung der Neofiti von Trani durch Inquisitoren sind zwei Mandate König Ferrantes I. vom 6. und 7. April 1464, mit denen er die inquisitorische Verfolgung der Neuchristen von Trani zu unterbinden versucht. Das erste bittet den Kardinal von Ravenna, er möge bei Papst Pius II. erwirken, dass dieser keine Inquisitionen gegen die Neofiti mehr genehmige, vor allem nicht gegen die von Trani.79 Das zweite forderte den luogotenente generale in Apulien, seinen Sohn Ferdinando, auf, er sollte die Neuchristen von Trani nicht mehr durch Häresieprozesse belästigen lassen.80 Diese letzten Nachrichten über die inquisitorische Verfolgung der Neofiti von Trani stehen in enger zeitlicher Nähe zum Ende der Epoche der innerstädtischen Konflikte, was abermals auf den Zusammenhang zwischen der neuerlichen inquisitorischen Verfolgung und der Frage der politischen Zugehörigkeit der Neuchristen von Trani verweist. Die Neofiti von Trani und die innerstädtischen Konflikte der Mitte des Jahrhunderts Die inquisitorische Verfolgung der Neofiti von Trani zeigt, dass bereits seit Mitte der 40er-Jahre massive Spannungen in der Bürgerschaft von Trani bestanden, und zwar zwischen den Neuchristen und jenen anderen Bürgern von Trani, die sie „als Ketzer behan-

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Domino specialem, harum serie concedimus, quod in absolutione fienda, prout tue conscientie visum fuerit, qualitate personarum et facultatibus pensatis, summam per eosdem neophitos solvendam taxes, moderes et ad tuum arbitrium reducas […]. Lonardo, Abiura (1907). Valle, Compendio (1651), 177. Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 18. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 510v; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/12.

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delten und bezeichneten und als solche auch mieden“, von denen 1446 die Rede ist. Allerdings repräsentierten diese offensichtlich nicht die gesamte Bürgerschaft. Denn auch nach 1446 intervenierten Traneser Neofiti noch als Zeugen in Urkunden. Sie wurden also nicht von allen Bürgern gemieden und für Ketzer gehalten, sondern galten einem Teil der Bürgerschaft immer noch als „über jeden Zweifel erhaben“, wie es das geltende Recht von Urkundenzeugen verlangte, und dies bedeutete auch ein unzweifelhaftes Bekenntnis zum christlichen Glauben.81 Mehrere dieser Rechtsgeschäfte, bei deren Beurkundung Neofiti als Zeugen agierten, waren Testamente, die auch Schenkungen für das Seelenheil beinhalteten.82 Erst nach 1457 verschwinden die Namen der Neuchristen für sieben Jahre aus den Zeugenlisten der Urkunden, sieht man einmal von einer einzigen Urkunde aus dem Jahr 1461 ab. Da ab den 50er-Jahren des 15. Jahrhunderts eine Spaltung der Traneser Bürgerschaft in zwei Parteien belegt ist, die sich auch bewaffnete Auseinandersetzungen lieferten, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Spaltung der Bürgerschaft zu den Konflikten stand, die die Traneser Neofiti mit einem Teil der Bürgerschaft hatten, bzw. ob die Gegner der Neofiti identisch mit einer der Parteien der Traneser Bürgerkriege waren, die 1454 ausbrachen, oder zumindest starke Überschneidungen mit ihr aufwiesen. Der Verlauf der innerstädtischen Auseinandersetzungen 1454 bis 1463 Die gewaltsamen Auseinandersetzungen innerhalb der Bürgerschaft von Trani, die Mitte der 50er-Jahre ausbrachen, sind mit dem Namen Simone Cacetta verbunden, auch wenn die Epoche der innerstädtischen Konflikte mit seinem Tod im Jahr 1459 noch nicht beendet war. Cacetta war ein Homo Novus, dessen aufwendiger Lebensstil an ‚Stadttyrannen‘ erinnert, wie sie auch aus deutschen Städten des späten Mittelalters bekannt sind.83 Sein heute noch erhaltener Stadtpalast in der Nähe des Hafens ist das bedeutendste spätgotische Bauwerk der Stadt. In den Auseinandersetzungen innerhalb der Bürgerschaft standen er und seine Anhänger der führenden Traneser Adelsfamilie Palagano und deren Parteigängern gegenüber. Cacettas Geschichte hat im kollektiven Gedächtnis der Traneser tiefe Spuren hinterlassen. Über 200 Jahre nach den Ereignissen verfasste ein Anonymus eine ‚Chronik‘, in der er die Kämpfe des Cacetta erzählte. Die Chronik ist zweimal im Druck herausgegeben worden, das erste Mal durch Arcangelo Prologo 1879 und das zweite Mal durch Giovanni Battista Beltrani 1884.84 Ihr Verfasser benutzte allerdings ältere, zeitgenössische Aufzeichnungen, darunter die Akten eines Prozesses vor dem Sacrum Regium Consilium, und er zitiert immer wieder wörtlich Aussagen von Zeitgenossen der Ereignisse, teilweise sogar unter Angabe des Jahres, aus dem eine Aussage stammt. Diese Zitate sind teilweise lateinisch, während die Chronik selbst volkssprachlich ist.85 Die entscheidenden Karriere81 82 83 84 85

Dilcher, Notariat in den Gesetzen des staufischen Sizilien (1981), 62. BDT A 438/472, A 449/482, A 463/496. Boockmann, Spätmittelalterliche Stadt-Tyrannen (1983). Prologo, Antichi ordinamenti (1879), 155 ff; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 167. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 167.

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stationen des Simone Cacetta und wesentliche Etappen der innerstädtischen Konflikte, an denen er beteiligt war, sind allerdings auch noch durch weitere Quellen belegt. Die Konflikte im Trani der Mitte des 15. Jahrhunderts waren jedoch nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen zwei Familien und deren Anhängern. Diese Anhänger hatten auch ein durchaus unterschiedliches soziales Profil.86 Denn es gibt Quellenbelege dafür, dass sich die Anhänger Cacettas vor allem aus dem popolo, die seines Hauptgegners Pietro Palagano aus den gentilomini rekrutierten.87 Wie in anderen Städten Apuliens flammten also auch in Trani Mitte des 15. Jahrhunderts die sozialen Auseinandersetzungen zwischen den Ständen wieder auf, zwischen denen die Stadtverfassung von 1413 eine gute Generation zuvor eine Machtbalance etabliert hatte.88 Allerdings sollten sie diesmal noch eine politische Komponente erhalten, die über den rein innerstädtischen Rahmen hinauswies. Verbanden sie sich doch mit der Parteinahme für bzw. gegen das Königshaus Aragón. Die Palagano hatten nach dem Tod Johannas II. 1434 großen Anteil daran gehabt, dass die Stadt aus dem Lager Renés von Anjou in das Alfonsos von Aragón wechselte, und waren seitdem die Anführer der aragonesischen Partei in Trani. Cacetta dagegen stand in Verbindung mit dem Fürsten von Tarent, Giovanni Antonio del Balzo Orsini, der sich seit 1442 in latenter Opposition zum aragonesischen Königshaus befand – eine Opposition, die nach dem Tod Alfonsos I. im Juni 1458 manifest wurde, als Orsini die Rebellion verschiedener Barone gegen Alfonsos Sohn Ferrante I. betrieb.89 Die innerstädtischen Konflikte gingen somit nahtlos in die Verwicklung in die dynastische Auseinandersetzung um das Königreich Neapel über, die erst mit dem Tod des Fürsten von Tarent im Oktober 1463 endete. Neu an den innerstädtischen Konflikten Mitte des 15. Jahrhunderts war außerdem, dass sie nun auch eine Auseinandersetzung um die Zugehörigkeit der Neuchristen zur Stadtgemeinde waren. Cacetta stand zunächst in Diensten seines späteren Gegners Pietro Palagano. Noch 1441 ist er als Prokurator Palaganos belegt und stand wie dieser nach dem Tod Königin Johannas II. auf Seiten Alfonsos von Aragón. Von diesem bekommt er ab 1437 verschiedene Ämter in der Finanzverwaltung übertragen, 1449 wird er Portulan und Sekret von Apulien und der Capitanata. Der Verlust dieses Amtes irgendwann zwischen März und September 1456 markierte den Sturz des Traneser Stadtyrannen.90 Seine Position war jedoch spätestens seit 1452 angefochten, als der Königshof eine Untersuchung der Amtsführung Cacettas und verschiedener Amtsträger anordnete, die von ihm abhängig waren.91

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Vitale, Trani (1912), 207, 212 u. ö.; Vitale, Patriziato Urbano (1982); Storti, Più bella guerra del mundo (2000), 332. Dispacci Sforzeschi 2, ed. Senatore (2004), Nr. 120; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 167. Zum „Mythos einer aufsteigenden Klasse“ vgl. Luhmann, Gesellschaft der Gesellschaft (1997), 706. Vitale, Patriziato Urbano (1980), 102. Vitale, Trani (1912), 209f. Ebd., 212f.

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Die Konflikte, die zwei Jahre darauf offen ausbrachen, lassen sich in drei Phasen gliedern. Die erste Phase umfasst die Jahre 1454 bis 1456. Sie beginnt mit dem Sieg Cacettas und seiner Anhänger in der bewaffneten Auseinandersetzung mit den Palagano im Sommer 1454 und endet mit seinem Sturz 1456, der ihn und seine Angänger zwingt, die Stadt zu verlassen. In ihre zweite Phase treten die Auseinandersetzungen innerhalb der Bürgerschaft von Trani dann ab 1458, als Cacetta und seine Anhänger abermals versuchen, sich der Stadt zu bemächtigen, was ihnen jedoch nur kurzfristig gelingt. Diese zweite Phase der Konflikte endet mit dem Tod Cacettas und seiner Brüder im Juli 1459. Von 1459 bis 1463 ist die Stadt dann in den dynastisch-politischen Kampf um die Herrschaft im Königreich Neapel verwickelt, und auch dies stand in Beziehung zu den innerstädtischen Gegensätzen. Denn bereits seit 1458 hatte der Fürst von Tarent, Giovanni Antonio Orsini, mit Cacetta paktiert. Der Krieg zwischen Orsini und König Ferrante I. dauerte noch bis zur Ermordung des Fürsten am 15. November 1463 in Altamura. Erst weitere knappe drei Jahre später jedoch wurde auch die Traneser Bürgerschaft endgültig befriedet. Die Neofiti von Trani und die Konfliktparteien Welche Rolle die Neuchristen von Trani in den Parteikämpfen Mitte des 15. Jahrhunderts spielten, ist nicht leicht zu erkennen. Vito Vitale zufolge standen sie auf Seiten Cacettas und seiner Anhänger. Allerdings basiert diese Ansicht weniger auf Quellenbelegen als auf einem zeitgebundenen Geschichtsbild. Da die Neuchristen vor allem Kaufleute waren, mussten sie gleichsam der popularen Partei angehören, also den Anhängern Cacettas. Die einzigen Quellenbelege, auf die Vitale sich zu stützen versucht, sind drei Quittungen der königlichen Schatzkammer zu Neapel über die Zahlung der Raten einer Geldbuße, zu der der König die Stadt Trani wegen der bewaffneten Tumulte von 1454 verurteilt hatte, und zwar vom 31. Dezember 1456 sowie vom 30. März und 25. Mai 1457.92 Aus diesen Quittungen geht hervor, dass Vertreter der führenden Familien der Neofiti der Stadt bzw. Handelsgesellschaften, die sich aus ihnen zusammensetzten, den Löwenanteil der belegten Zahlungen leisteten. Zum 31. Dezember 1456 quittierte die königliche Schatzkammer drei Abschlagszahlungen der Universitas von Trani auf die erste Rate der Geldbuße von 40 000 Dukaten. Für die erste und die dritte dieser Zahlungen werden dabei die Personen bzw. Personengesellschaften genannt, die sie leisteten.93 Diese namentlich erwähnten Personen gehörten bis auf den Adligen Spirito de Bonismiro und einen Leone de Baro, der möglicherweise mit einem Juden Leo de Baro identisch ist, der 1447 in Bitonto als Kaufmann nachgewiesen ist, zu den führenden Familien der Neofiti von Trani. Ähnliches gilt für die Quittung vom 30. März 1457.94 Sie belegt die Zahlung von zwei Raten der Geldbuße durch die Stadtgemeinde von Trani in Höhe von 3 069 92 93 94

Ebd., Nr. 19f.; 218f. Ebd., Nr. 19. Ebd., Nr. 20.

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bzw. 3 914 Dukaten. Für die zweite Zahlung sind auch hier die Personen bzw. Personengesellschaften genannt, die sie leisteten. Sie waren allesamt Neuchristen bzw. bestanden aus Neuchristen.95 Vitale kann diese Quittungen nur deshalb als Beleg dafür interpretieren, dass die Neuchristen von Trani in den Konflikten der 50er-Jahre zur Partei Cacettas zählten, weil er irrtümlich davon ausgeht, Cacetta sei zum Zeitpunkt der Umlegung und der Erhebung der Strafzahlung in Ungnade gefallen gewesen und die Partei der Palagno hätte in Trani wieder die Oberhand gehabt.96 Dies steht jedoch im Widerspruch zur Überlieferung. Der Chronik zufolge war es Cacetta selbst, der in Verhandlungen mit dem König erreicht hatte, dass die Stadt durch Zahlung einer Geldbuße Straffreiheit erhielt, und außerdem den Modus bestimmt hatte, mit dem die Summe auf die einzelnen Bürger umgelegt wurde, um so den eigenen Anteil an der Geldbuße zu minimieren.97 Auch Kapitel der Stadt vom 12. Juni 1455, als die Partei Cacettas das politische Handeln der Universitas bestimmte, belegen zum einen, dass die Stadt zu diesem Zeitpunkt bereits zu der Buße von 40 000 Dukaten verurteilt worden, und zum anderen, dass die Summe auch schon auf die einzelnen Bürger umgelegt worden war.98 Die Stadt hatte erhebliche Probleme, die Strafsumme aufzubringen, zu der sie der König verurteilt hatte. In den Kapiteln vom Juni 1455 bitten die Vertreter der Stadt den König deshalb zunächst darum, einen Beschluss zu approbieren, nachdem nicht nur Bürger, sondern auch Einwohner der Stadt, die dort bewegliche Habe oder Immobilien besäßen, zu der Geldbuße beitragen müssten. Das Hauptproblem bei der Aufbringung der Geldbuße war, dass viele der Betroffenen sich der Zahlung entziehen wollten und die Stadt deshalb verließen. Daher bat die Stadt darum, der König möge an alle Fürsten, Grafen, Barone und Städte der königlichen Domäne den Befehl ausgehen lassen, dass sie dem königlichen Kommissar, der mit der Eintreibung der Geldbuße beauftragt war, alle Bürger und auch Auswärtige übergeben oder vorführen müssten, die in ihre Gebiete geflohen seien, um sich der Zahlung zu entziehen.99 Zu diesen Flüchtigen gehörte auch ein erheblicher Teil der Neuchristen der Stadt. Und dies zeigt endgültig, dass diese wohl kaum Anhänger der Partei Cacettas gewesen sein können, die ab dem Sommer 1454 für zwei Jahre die Stadt beherrschte. Die Universitas von Trani bat König Alfonso im Juni 1455 nämlich unter anderem auch darum, er möge die Zusage einhalten, dass „jene drei christiani novelli, die in Andria und Barletta seien“, zu der Zahlung beitragen müssten, auch wenn diese argumentierten, sie seien zu Zeiten des Tumultes nicht in Trani gewesen. Die Stadt hielt dem entgegen, dass ein Teil ihrer Familie zu dieser Zeit in Trani gewesen sei und dass „ihre Differenzen“, also die der drei Neuchristen, schon begonnen hätten, bevor sie die Stadt 95

96 97 98 99

S. u. Prosopografie, Nr. III/4; IV/1, 4f.; V/5f., 8f., 11f.; VI/9; IX/8, 11; X, 2f.; XII/2f.; XIV/4; XIX/3; XX/6–8. Ebd., 220. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 167. Ebd., Nr. 160. Ebd.

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verließen. Wenn die Genannten nicht zahlten, würde der Universitas von Trani ein großer und untragbarer Schaden entstehen.100 Die drei namentlich nicht genannten Neuchristen, die die Stadt Trani im Juni 1455 gegen ihren Widerstand zur Beteiligung an der Geldbuße für die Tumulte von 1454 heranziehen wollte, waren also zum Zeitpunkt der Kämpfe zwischen den Anhängern Palaganos und Cacettas nicht in Trani gewesen. Mehr noch: Sie hatten die Stadt verlassen, weil es bereits vor Ausbruch der Kämpfe Konflikte zwischen ihnen und anderen Bürgern gegeben hatte. Die in dem Kapitel vom Juni 1455 erwähnten drei Neofiti waren keine Einzelfälle. Die Stadt bat im Juni 1455 nämlich auch darum, der König möge gewähren, dass alle Bürger, die aus der Stadt geflohen seien, um sich der Zahlung zu entziehen, oder dies noch vorhätten, gehalten sein sollten, in diese zurückzukehren und dort ihren Wohnsitz zu nehmen, bzw. keine Erlaubnis erhalten sollten fortzuziehen. Sollten sie das Recht hierzu verbrieft haben, dann sollten die entsprechenden Privilegien für null und nichtig erklärt werden.101 Eben ein solches Privileg hatten die Neuchristen von Trani, und zwar spätestens seit Anfang der 50er-Jahre des 15. Jahrhunderts. Denn ein Mandat König Alfonsos I. vom 1. März 1452 fordert den Gouverneur der Terra di Bari sowie Capitano, Männer und Universitas von Trani auf, gewisse, den Neofiti von Trani gewährte Capitoli zu beachten, denen zufolge sie einerseits drei Jahre lang von jeder Sonderkontribution befreit seien und andererseits ihren Wohnort in jede beliebige Stadt der königlichen Domäne verlegen dürften.102 Die diversitas locorum, an denen die Neuchristen von Trani sich dem Inquisitor Petrus de Mistretta zufolge 1453 aufhielten, war also nicht nur ein Resultat der inquisitorischen Verfolgung, sondern auch von finanziellen Bedrängnissen, denen sie in ihrer Stadt ausgesetzt waren. 100

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Ebd.: […] Item piu supplica la dicta universita ala prefata Maesta se degne observare quello che per Capitoli have promiso ala dicta universita che quelli tre christiani novelli che sonno in andre et barlecta stengano in lo dicto pagamento et si allegassero che tempore tumultus erano absenti responde la dicta universita che parte de loro famiglia ce era presente et che ante che se partissero de trani le loro differentie erano incomenczate secundo se expone in li dicti Capituli et la dicta Maesta have iurato et acceptato quelli. Et quod plus est vostra Maesta ha promisso ala dicta universita, che vertendose alcuno dubbio circa la interpretatione deli dicti Capituli quelli se debiano interpretare et declarare in favore et utile de la dicta universita. Et non pagando li dicti seria granda et insupportabile dampno dela dicta universita […]. Ebd. Mazzoleni, Codice Chigi (1965), Nr. 262: […] Item que la prefata Maiesta concedera et fara che per anni tre successive futuri non siano ne possano essere constricti ad pagare ne contruibere in alcuno pagamento che alloro se imponesse o demandasse per altro che per general imposicione o pagamento imposto o che se imponesse per sua Maiesta o sua regia Corte ne ancho per imposicione o pagamento dela Regia Corte in Trani o fora de Trani excepto per la rata alloro contingente. Item che sia lecito ad qual se vole delli dicti christiani novelli potere partirese et mutare suo domicilio dela dicta cita de Trani et andare et habitare et fare suo domicilio in altra terra demaniale de signore Re quale meglio li placera dove possa liberamente conducere sua famiglia et roba senza alcuno impendimento de officiali universitate et homini dela dicta citate de Trani o Gubernatore de terra de Bari et suo locotenente od altri qualsevole persona […].

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Als der Einfluss der Partei Cacettas in der Stadt auf seinem Höhepunkt war, versuchte diese also vehement, die Neuchristen von Trani an der Zahlung der Geldbuße von 40 000 Dukaten zu beteiligen und mit allen Mitteln zu verhindern, dass sie sich dem durch Wegzug aus der Stadt entzögen. Außerdem zeigt sich, dass die Neofiti von Trani bereits seit Beginn der 50er-Jahre begonnnen hatten, die Stadt zu verlassen, weil man dort wieder versuchte, sie zu Zahlungen heranzuziehen, die die anderen Bürger von Trani nicht leisten mussten, und weil man sie dort als schlechte Christen identifizierte und infamierte. Man darf vermuten, dass dies die Ursachen für die Differenzen zwischen den drei Cristiani Novelli und der Stadt waren, von denen das Capitolo vom 12. Juni 1455 spricht. Zudem fällt eine bemerkenswerte zeitliche Koinzidenz auf. Der Bürgerkrieg von 1454 wurde durch eine Überprüfung der Amtsführung Cacettas als Portulan ausgelöst. Der Beginn dieser Überprüfung fällt wie die Klagen der Neofiti, dass man sie in Trani zu Zahlungen heranziehen wollte, die die anderen Bürger nicht leisten mussten, in das Jahr 1452. Viele der Neofiti von Trani waren Kaufleute, die im Getreideexport aktiv waren.103 Dabei wurden Ausfuhrzölle fällig. Eine Reihe von Neofiti aus Trani hatte in den frühen 50er-Jahren des 15. Jahrhunderts Kredite an König Alfonso I. vergeben, die der König zurückzahlte, indem er seinen Gläubigern solange jeweils die Hälfte des Ausfuhrzolls auf Getreide erließ, bis der Kredit getilgt war. Dies zeigt eine erhaltene Abrechnung des Portulans von Barletta.104 Hatte der Doganiere von Trani, Simone Cacettas Bruder Baldessare, etwa von den Neofiti dennoch die Ausfuhrzölle gefordert? Waren dies die unrechtmäßigen Zahlungen, über die diese bereits 1452 bei König Alfonso I. Klage führten und um derentwillen sie aus der Stadt fortziehen wollten, unter anderem nach Barletta, wo man ihnen, wie die erwähnte Abrechnung von 1454 und 1455 belegt, den Zoll erließ, wie es die Verträge mit dem König vorsahen? Sei es, wie es sei: Keine der erhaltenen Quellen legt nahe, dass die Neuchristen von Trani zu den Anhängern des popularen Stadtyrannen gehörten. Näher liegt vielmehr das Gegenteil. Giuliana Vitale hat auf eine weitere Dimension der innerstädtischen Konflikte der Mitte des 15. Jahrhunderts hingewiesen. Sie waren auch eine Auseinandersetzung um eine der wichtigsten Ressourcen der Machtstellung der Palagano in Trani: das Amt des Protontino, das die Familie bereits 1422 als erbliches Lehen verliehen bekommen hatte. Als Trani 1454 in die Hände Cacettas und seiner Anhänger fiel, entzog König Alfonso I. den Palagano auf Bitten der Stadt das Amt des Protontino.105 Sofort nach der Niederlage Cacettas und seiner Anhänger ließen diese sich das Amt zurückerstatten. Umstritten war der Protontinat der Palagano allem Anschein nach wegen des besonderen Zuschnitts seiner Kompetenzen. Dadurch waren auch die Neuchristen von Trani betroffen. Der Protontino war ursprünglich der regionale Vertreter des königlichen

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S. u., 227–232. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Ebd., Nr. 204.

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Admirals, der für einen bestimmten Küstenabschnitt zuständig war. Seine Kernkompentenz war die Zivilgerichtsbarkeit über alle Seeleute an Land.106 Die Gerichtshoheit des Protontinats der Palagano betraf jedoch nicht nur Seeleute an Land, sondern von Anfang an auch Streitfälle zwischen diesen und den Kaufleuten dieser Stadt.107 Im Jahr 1450 hatte König Alfonso I. die Kompetenzen noch auf die niedere Strafgerichtsbarkeit über alle Seeleute und jene, die in vergangenen Zeiten als solche erachtet wurden, erweitert.108 Im Jahr 1453 protestierte Leucio Palagano dann dagegen, dass der königliche Capitano in Trani versuchte, die Männer, die durch königliches Privileg der Jurisdiktion des Protontino unterstünden, seinem Gericht zu unterstellen. Dem entgegnete der Capitano, dass dem Protontino nur die Gerichtshoheit über diejenigen zustünde, die tatsächlich den Beruf des Seemans ausübten, nicht jedoch über „Seeleute und andere“, wie es Palagano beanspruchte.109 Offensichtlich war also strittig, dass Palagano als Protontino nicht nur Gerichtshoheit über Seeleute, sondern auch über andere Personen beanspruchte, die zwar als Seeleute gefasst wurden, diesen Beruf jedoch nicht aktiv ausübten. Giuliana Vitale hat darauf hingewiesen, dass eine dermaßen elastische Definition ihrer Jurisdiktion den Palagano als Inhabern des Protontinats ermöglichte, größere Teile der Stadtbevölkerung in ein Klientelverhältnis zu sich zu bringen.110 Dies galt wohl vor allem für die Neuchristen der Stadt. Denn der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Aktivität lag Mitte des 15. Jahrhunderts bereits deutlich im Seehandel, sodass eine Gerichtshoheit über Personen, die zwar als Seeleute gefasst wurden, diesen Beruf jedoch nicht aktiv ausübten, sie geradezu betroffen haben muss. Zudem ist bereits in den Privilegien von 1422 und 1436, mit denen die Palagano den Protontinat verliehen bzw. bestätigt bekamen, die Rede davon, dass sie die Gerichtshoheit in Streitigkeiten zwischen Seeleuten und Kaufleuten haben sollten. Die Bezeichnung als mercator bzw. mercante erscheint ab den 60er-Jahren des 15. Jahrhunderts in Trani vielfach geradezu als Synonym für Cristiano Novello.111 Zudem ist es der Capitano der Stadt Trani, der zu Beginn der 50er-Jahre versucht, einen Teil der Personen, die bis dahin der Jurisdiktion des Protontino unterworfen waren, nun seinem Gericht zu unterstellen. Es ist ebenfalls der Capitano, an den sich gemeinsam mit den Männern und der Universitas von Trani 1452 die königliche Aufforderung richtet, die Kapitel, die die Neuchristen beim König erwirkt hatten, zu respektieren. Auch dies spricht dafür, dass die Personen, die Palagano 1453 gegenüber dem Capitano als seine Klientel beansprucht, die Neuchristen der Stadt waren.

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Ryder, Kingdom of Naples (1976), 292f.; vgl. auch Vitale, Patriziato Urbano (1980), 123. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 32. Vitale, Patriziato Urbano (1980), 124. Ebd., 126. Ebd., 126f. S. u., 140f.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Tatsächlich gibt es einen – wenn auch früheren – Beleg dafür, dass zwischen den Palagano und den Neuchristen von Trani so etwas wie ein Patronageverhältnis bestand. In der Sukzessionskrise nach dem Tod Johannas II. wechselte Trani unter der Führung Pietro Palaganos auf die Seite Alfonsos von Aragón. Bartholomeo Facio berichtet, der Anlass für den Seitenwechsel sei gewesen, dass der Patriarch von Aquileia, der auf Seiten des Thronprätendenten René von Anjou stand, den Neofiti von Trani eine hohe Sonderkontribution auferlegen wollte, um mit dieser den Kampf gegen Alfonso von Aragón zu finanzieren. Daraufhin habe sich die Stadt unter der Führung Palaganos erhoben und sich Alfonso unterstellt.112 Pietro Palagano erscheint hier also geradezu als Patron der Neuchristen, der diese durch den Parteiwechsel der Stadt vor Schaden bewahrt. Gleichzeitig zeichnen sich hier die Konturen der aragonesischen Partei in Trani ab, die von den Palagano angeführt wird und zu der auch die Neuchristen der Stadt gehören. Die Versuche, die Neuchristen politisch wieder aus der Stadtgemeinde auszuschließen, die ab 1446 erkennbar sind, müssen vor diesem Hintergrund daher wohl auch als Versuche interpretiert werden, die Stellung der führenden Adelsfamilie Palagano zu schwächen, indem man die Position ihrer Klientel in der Stadt untergrub. Auf diese Versuche reagierten die Neuchristen vor allem, indem sie die Stadt verließen. Bereits im März 1452 hatten sie sich das Recht bestätigen lassen, Trani zu verlassen und in andere Städte der königlichen Domäne überzusiedeln.113 Propter diversitatem locorum, an denen sich die Neofiti von Trani aufhielten, reduzierte Nikolaus V. am 16. Oktober 1453 die Summe von 2 000 Goldflorin, die sich diese zu zahlen verpflichtet hatten, um die Absolution zu erhalten.114 Drei ungenannte Neuchristen, die die Stadt Trani 1455 unbedingt zur Beteiligung an der Geldbuße für die Tumulte von 1454 bringen will, betonen gar explizit, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht in der Stadt waren. Viele Neofiti hatten Trani also schon verlassen, als die Konflikte zwischen den Parteien im Sommer 1454 in einen regelrechten Bürgerkrieg mündeten. Während des Bürgerkrieges ging der Exodus der Neuchristen aus der Stadt dann weiter. Ab 1457 verschwinden die Familiennamen der Neuchristen aus den Zeugenlisten der Notariatsinstrumente der Stadt. Am 11. Januar 1459 erhalten die Neuchristen Molillo de Buctunis und Nicola de Gello die königliche Erlaubnis, Trani zu verlassen und ihren Wohnsitz dahin zu verlegen, wo es ihnen beliebt.115 In einem Königsmandat Ferrantes I. vom April 1464 heißt es explizit, dass die Cristiani Novelli von Trani die Stadt verlassen hätten.116 Die Neofiti von Trani können also in den Auseinandersetzungen der Jahre 1454 bis 1459 keine aktive Rolle gespielt haben, da sie die Stadt zum einen oder anderen Zeitpunkt verlassen hatten. Die Mandate König Ferrantes I. vom April 1464 zeigen außerdem, dass die Neofiti von Trani auch nach der endgültigen Niederlage Cacettas und seiner Anhänger im Som112 113 114 115 116

Facio, ed. Pietragalla (2004), 212. Mazzoleni, Codice Chigi (1965), Nr. 262. Lonardo, Abiura (1907); Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 817. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 505r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/11. S. u. Quellenanhang, Nr. 1/12.

Die Neofiti von Trani als Teil der Universitas bis 1466

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mer 1459 und auch noch nach dem Ende des Krieges zwischen Ferrante I. und dem Fürsten von Tarent 1463 von Inquisitoren behelligt wurden.117 Teile der Bügerschaft von Trani waren den Neofiti also weiterhin nicht wohlgesonnen und in der Lage, ihnen erhebliche Unannehmlichkeiten zu bereiten. Trotz der belegbaren Nähe der Neofiti von Trani zu den Palagano können diese und ihre Anhänger für sie somit kein zuverlässiger Rückhalt in der Stadt gewesen sein. Nicht alle Neuchristen, die während der Zeit der innerstädtischen Konflikte Trani verlassen hatten, kehrten nach 1463 in ihre Stadt zurück. Exil und Zentralität der Neuchristen von Trani Bereits zu Beginn der Zeit der innerstädtischen Konflikte war Trani offensichtlich das Zentrum der apulischen Neuchristen. Angesichts der inquisitorischen Verfolgung sind es die Traneser Neuchristen, die die Initiative ergreifen und gleichsam für sämtliche Neuchristen Apuliens handeln. Im Jahr 1446 wenden sich die Neuchristen von Trani an Papst Eugen IV.118 Die Bulle Nikolaus’ V. von 1449 zeigt dann, dass diese inquisitorische Verfolgung sich nicht nur gegen Neuchristen in Stadt und Diözese Trani richtete, sondern auch gegen Cristiani Novelli aus Manfredonia, Monopoli, Benevent sowie anderen Orten.119 Da fast zeitgleich belegt ist, dass die Neuchristen von Trani die Stadt verließen und andernorts ihre Wohnsitze nahmen, liegt es nahe, dass die Neuchristen in den erwähnten Städten zu einem erheblichen Teil aus Trani stammten. Ein Kapitel von 1455 erwähnt dann noch explizit die Städte Andria und Barletta.120 Prosopografisch lassen sich zudem Bitonto und Lucera als Exilorte von Neuchristen aus Trani nachweisen.121 In diesen Städten lebten wahrscheinlich schon zuvor Neuchristen, die Beziehungen nach Trani unterhielten bzw. von dort stammten. Bereits im 14. Jahrhundert hatte es ja mehrere Zu- und Abwanderunsgwellen von Neofiti nach bzw. aus Trani gegeben. Das Breve für den Inquisitor Petrus de Mistretta vom Oktober 1453 hatte jedoch beklagt, dass die Bußsumme von 2 000 Dukaten, in die der Papst die Strafe der Neuchristen für ihre vermeintliche Apostasie kommutiert hatte, propter diversitatem locorum, an denen sich diese befanden, nicht aufgebracht werden konnte.122 Die inquisitorische Verfolgung hatte also eine stärkere geografische Zerstreuung der Neuchristen zur Folge gehabt. In Manfredonia etwa ist 1432 ein Elias Iannini de Pace de Trano als Zeuge nachgewiesen; sein Vater Iannino ist um das Jahr 1450 in einer Aufstellung der Neuchristen von Manfredonia aufgeführt.123 In der gleichen Aufstellung ist auch der Haushalt eines 117

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Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 18; BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 510v; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/12. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750. Waddingus, Annales Minorum 12 (1932), Nr. 27. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 160. S. u. Prosopografie, Nr. XII/1–4; XX/6, 9f. Lonardo, Abiura (1907); Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 817. Regesto S. Leonardo di Siponto, ed. Camobreco (1913), Nr. 289f.; Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Leucio de Mectulo erwähnt.124 Angehörige dieser Neuchristenfamilie sind bereits zuvor in Trani, danach in Trani und Manfredonia nachgewiesen.125 Leucio de Buctunis hat bereits 1440 Besitz in Manfredonia.126 In den 80er-Jahren des 15. Jahrhunderts und in einer Aufstellung der Neuchristen von Manfredonia von 1516 finden wir dann Angehörige der Traneser Neuchristenfamilien Catalano, de Mectulo und de Zardullo.127 Ähnliche Beobachtungen lassen sich für Barletta machen. Hier finden wir ab 1451 verschiedene Angehörige der Familie de Maffeo und de Nucio, ab 1454 der Familien de Zardullo, de Barisano und de Bisancio, ab 1459 der Familie de Roberto und ab 1462 der Familie de Riso.128 Im Februar 1466 sind mehrere von ihnen als Mitglieder des Rats der Stadt Barletta belegt.129 Zu ihnen kommen andere, die Trani in der Zeit der Unruhen verlassen hatten. So etwa Gabriele de Buctunis, der am 11. Mai 1457 noch als Richter in Trani, am 9. Januar 1462 dann als Richter in Barletta nachgewiesen ist, sowie Frederico Catalano, der gleichfalls am 11. Mai 1457 letztmalig in Trani belegt ist, also irgendwann zwischen diesem Zeitpunkt und dem Februar 1466 nach Barletta übergesiedelt sein muss.130 Von ihnen kehren Frederico Catalano zwischen Februar 1466 und dem 11. Dezember 1467 und Gabriele de Buctunis irgendwann zwischen 1466 und dem 30. Dezember 1468 nach Trani zurück. Denn ab dem jeweils letzteren Zeitpunkt sind sie wieder in Trani nachgewiesen. Die Familien de Maffeo, de Nucio und de Riso bleiben jedoch zumindest teilweise in Barletta.131 In Bitonto sind in den Abbreviaturen des Notars de Tauris mehrere Angehörige der Traneser Neofitifamilien de Roberto und de Iacobuzzo belegt. Die Herkunft des Gaudio de Roberto ist am 11. Oktober 1458 noch mit de Trano angegeben. Ab dem 31. Oktober desselben Jahres erscheint er durchgehend als de Trano cives Botontinus.132 Er hatte also das Bürgerercht von Bitonto erworben. Gleiches gilt für seine Söhne Iohannes und Gracioso, deren Herkunft am 16. April 1463 bzw. am 8. Oktober 1464 mit de Trano cives Botontinus angegeben wird.133 Auch Marsilio und Gabriele de Iacobuzzo sind ab 1459 bzw. 1463 als Bürger von Bitonto nachgewiesen.134 Letztere kehren 1465, Gaudio und Iohannes de Roberto bereits ein Jahr zuvor nach Trani zurück. Allerdings behalten sie ihr Bitontiner Bürgerrecht. Die innerstädtischen Konflikte und die durch sie verursachte Abwanderung der Neuchristen aus Trani hatten also offensichtlich die Folge, dass die überlokale Ver124 125 126 127 128 129

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Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1. S. u. Prosopografie, Nr. XV. Ebd., Nr. V/10. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 308. S. u. Prosopografie, Nr. III/3; IV/3; VII/8, 11–13; XIII/ 1f.; XVII/6f., 9; XIX/2, 4; XX/7. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1893), Nr. 37; s. u. Prosopografie, Nr. III/3; VII/8; XIII/1f.; XVII/7, 9; XIX/2, 4. S. u. Prosopografie, Nr. V/8; VI/9. Ebd., Nr. XIII; XVII; XIX. Ebd., Nr. XX/6. Ebd., Nr. XX/9f. Ebd., Nr. XII/1f.

Von Neofiti zu Mercatores: Die Neuordnung des Stadtregiments von 1466

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netzung der Neuchristen von Trani mit den Neuchristen anderer Städte noch verstärkt wurde. Diese Beziehungen sollten nach 1495 noch von Nutzen für sie sein. Die Zentralität der Neuchristen von Trani unter den Neuchristen Apuliens nahm durch die erzwungene Mobilität wahrscheinlich noch zu. Denn seit den 50er-Jahren des 15. Jahrhunderts finden wir viele Neuchristenfamilien, die aus Trani stammten, in Städten wie Barletta und Manfredonia. Und nur die Handelsgesellschaften der Neuchristen aus Trani sind im späten 15. Jahrhundert in sämtlichen bedeutenden Häfen Apuliens aktiv, während etwa die Neuchristen Manfredonias nur vom Hafen ihrer Heimatstadt aus ihre Exportgeschäfte betreiben.

3. Von Neofiti zu Mercatores: Die Neuordnung des Stadtregiments von 1466 und die neue Markierung der Differenz Die Rückkehr der Neuchristen nach Trani nach dem Ende der innerstädtischen Konflikte vollzog sich allem Anschein nach in zwei Etappen. Viele von ihnen kehrten nach dem Ende des Kriegs zwischen Ferrante I. und dem Fürsten von Tarent im September 1463 zurück. Ein Mandat König Ferrantes I. an seinen Sohn Ferdinand vom April 1464 erwähnt, dass Traneser Neuchristen die Stadt verlassen hätten, nun aber zurückgekehrt seien, um dort zu wohnen con grande giovamento di essa Città.135 Zudem ist auffällig, dass Neofiti von 1464 an bis 1495 durchgehend wieder als Zeugen in Notariatsinstrumenten aus Trani nachgewiesen sind, nach einer siebenjährigen Pause, die nur von einer einzigen Urkunde im Jahr 1461 unterbrochen wurde. Allerdings finden wir noch im Februar des Jahres 1466 eine ganze Reihe prominenter Traneser Neuchristen als Mitglieder des Rats des benachbarten Barletta. Sie kehrten erst zurück, nachdem König Ferrante I. am 5. August desselben Jahres die Stadtverfassung von Trani reformiert und dabei auch die politische Inklusion der Neuchristen in die Stadt neu geregelt hatte. Die entsprechenden Kapitel Ferrantes I. bildeten freilich den Abschluss einer Serie von Kapiteln, die bereits 1462 einsetzt und die eindeutig darauf abzielte, die Stadt nach der langen Phase innerstädtischer Konflikte und allgemeiner politischer Instabilität wieder zu befrieden. Ein wesentliches Element dieser Befriedungspolitik war dabei, diejenigen Bürger von Trani, die die Stadt in den konfliktreichen Jahren zuvor verlassen hatten, zur Rückkehr zu bewegen. Das bedeutete in erster Linie: die Neuchristen, die die Stadt verlassen hatten. Der Inhalt der Kapitel wiederum lässt Rückschlüsse auf die Fragen zu, die im Zentrum um die Auseinandersetzung der politischen Inklusion der Neuchristen in die Stadt gestanden hatten. Im März 1462 ließ sich die Stadt Trani zum einen bestätigen, dass alle ihre Privilegien weiterhin Gültigkeit besäßen und dass die Stadt auf immer zur königlichen Domäne ge-

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hören sollte.136 Zum anderen wurde nun die Sitzverteilung in dem vierköpfigen Gremium neu geregelt, das 1413 mit der Verpachtung der indirekten Steuern betraut worden war, die von der Stadt erhoben wurden. König Ladislaus I. hatte damals bestimmt, dass es sich aus je zwei Vertretern des Adels und des Populus zusammensetzen sollte. Nun jedoch wurde festgelegt, dass es fortan aus zwei Vertretern des Adels, einem des Populus und einem der Kaufleute bestehen sollte. Vitale hat auf zahlreiche Dokumente aus der Zeit nach der Vertreibung der Neuchristen aus Trani 1495 aufmerksam gemacht, in denen die Bezeichnungen mercatores bzw. mercanti und christiani novelli geradezu synonym gebraucht werden.137 Am 18. Juni 1497 etwa schreibt König Federico I. an den Botschafter der Republik Venedig wegen der mercanti et christiani novelli aus Trani. Zwei Tage später, in einem Schreiben an denselben Adressaten, ist gar von den mercanti christiani novelli die Rede.138 Dieselbe Identifizierung der Neuchristen von Trani mit den Kaufleuten bzw. vice versa belegt auch ein Kapitel der Stadt Molfetta von 1501. In diesem ist von den mercanti de Trano, chiamati christiani novelli die Rede.139 Und ein Mandat Ferrantes I. vom 7. April 1464, das leider nur als Regest überliefert ist, belegt, dass die Traneser Neuchristen bereits zu dieser Zeit auch als Kaufleute bezeichnet wurden.140 Mit den Kapiteln vom März 1462 wurde also die Regelung von 1413 präzisiert und die Teilhabe der Neuchristen als Mercatores in dem Quadrumvirat festgeschrieben, das über die Verpachtung der Gabelle entschied. Die Verpachtung der indirekten Steuern gehörte zu den heikelsten und daher konfliktträchtigsten Materien. Dass die Neuchristen als Mercatores nun gleichsam auf Kosten des Populus explizit einen Sitz erhielten, während die Adligen ihre zwei Sitze behielten, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Neuchristen während der innerstädtischen Konflikte in Opposition zu der popularen Partei Cacettas und nicht zur adligen der Palagano gestanden hatten. Dass man ihre Beteiligung an der Verpachtung der Gabelle eindeutig regelte, hatte wohl zum Ziel, die exilierten Neuchristen zur Rückkehr in die Stadt zu veranlassen. Im Mai 1462 fiel Trani dann allerdings in die Hände des Fürsten von Tarent, der die Stadt erst im Oktober desselben Jahres wieder an den König zurückgab. Zu Beginn des Jahres 1464 legten die Vertreter der Stadt Trani König Ferrante I. dann zwei Kapitel vor, die sich explizit mit den Exilierten befassten. Zum einen baten sie darum, der König möge zur Befriedung der Stadt alle Privilegien und Capitoli der Stadt bestätigen, die diese jemals erhalten hatte, damit die Bürger, die sich außerhalb der Stadt befänden, zum Nutzen für diese zurückkehren könnten. Denn bei einigen Bürgern der Stadt – vor allem bei solchen, die sich außerhalb, in anderen Städten befanden – gebe es große Zweifel, ob die Privilegien und Rechte der Stadt zu Zeiten aufgehoben worden seien, als die Stadt

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Vitale, Trani (1912), Nr. 41; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 46. Vitale, Un particolare ignorato (1926), 236–238. Vitale, Trani (1912), Nr. 80, 81. Magrone, Libro Rosso di Molfetta 3 (1905), 103. S. u. Quellenanhang, Nr. 1/12.

Von Neofiti zu Mercatores: Die Neuordnung des Stadtregiments von 1466

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sich in der Hand des Fürsten von Tarent befand. Vor allem möge der König geruhen, das Privileg zu bestätigen, das die Syndici von Trani am 22. März 1462 erhalten hatten.141 Es war also nicht nur allgemeine Rechtsunsicherheit, die viele der exilierten Neuchristen bis dahin abgehalten hatte, wieder in die Stadt zurückzukehren, sondern auch die Frage, ob die bereits getroffene Vereinbarung bezüglich ihrer Teilhabe am Stadtregiment und damit ihrer politischen Inklusion in die Stadt Gültigkeit besaß. Die Kapitel von 1464 hatten offensichtlich einen gewissen Erfolg. Denn das bereits mehrfach erwähnte Mandat König Ferrantes I. vom April 1464 spricht ja davon, dass die Neofiti zum großen Nutzen der Stadt zurückgekehrt seien. Zudem hatten die Syndici von Trani die Rückkehr der exilierten Bürger gleichfalls als Nutzen für die Stadt bezeichnet. Einer der beiden Syndici, die König Ferrante Anfang 1464 die Capitoli unterbreiteten, Gabriele Gentile, gehörte zudem selbst zu den Neofiti von Trani. Allerdings finden wir eine ganze Reihe von Neuchristen aus Trani noch im Februar 1466 in der Nachbarstadt Barletta, und zwar in politisch führender Rolle: als Mitglieder des Rats. Doch auch diese kehrten zumindest teilweise zurück, nachdem am 15. August 1466 die Teilhabe der Neofiti am Stadtregiment grundsätzlich neu geregelt und dabei gleichzeitig eine neue Markierung ihrer Differenz zu den anderen Bürgern der Stadt institutionalisiert worden war.142 Die Reform der Stadtverfassung vom 15. August 1466 orientierte sich stark an den Capitoli, die der König am 4. Februar desselben Jahres dem benachbarten Barletta bewilligt hatte, und ordnete die wichtigsten städtischen Führungsgremien neu. Geführt werden sollte die Stadt künftig von einem kleinen Rat von sechs ordinati bzw. priores, die – wie zuvor der sechzehnköpfige Rat – alle drei Monate neu gewählt werden sollten. Diese sechs „Verordneten“ bzw. „Vorsteher“ wiederum sollten aus den Mitgliedern eines vierzig- bis sechzigköpfigen großen Rats gewählt werden, dessen Legislatur ein Jahr betrug. Allerdings konnten sich die Mitglieder des großen Rats wiederwählen lassen. Der große Rat und das sechsköpfige Gremium der ordinati sollten aus Personen von verschiedener „Beschaffenheit“ (conditio) bzw. Rang (gradus) bestehen: aus nobiles, plebei und mercatores. Sie sollten zu gleichen Teilen den Rat bilden und die sechs Vorsteher (ordinati bzw. priores) der Gemeinde stellen.143

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Vitale, Trani (1912), Nr. 46; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 47. Vitale, Trani (1912), Nr. 46; vgl. Cioffari/Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 47. Vitale, Trani (1912), Nr. 49: […] Inprimis statutum et ordinatum est. Quod Consilium faciendum et congregandum pro quibuscumque negotijs universitatis predicte in ipsa Civitate Trani cum statu et fidelitate S.R.ie M.tis sit sexaginta personarum conditionis infrascripte videlicet viginti Nobiles viginti mercatores et viginti sint plebej […] siquis vel siqui ipsorum sexaginta […] Consiliariorum decesserint aut impediti fuerint […] alii de numero ipsius Consilii possint et valeant subrogare et eligere alium vel alios loco ipsorum eiusdem conditionis et gradus cuius erant hi qui decesserint vel ex dictis iustis causis impediti fuerint […] Item quod singulis tribus mensibus eligantur a dictis sexaginta seu paucioribus ut supra Consilio sex ordinati rectores, aut priores de numero et corpore ipsorum sexaginta seu pauciorum Consiliarorum Conditionis infrascripte videlicet duo nobiles, duo mercatores et duo plebey. Et isti sex ordinati priores in tribus mensibus eorum regiminis habeant

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Die Differenzierung in Adel, Volk und Kaufleute war in Trani 1462 zugrunde gelegt worden, als man die Besetzung des Gremiums neu regelte, das die Gabelle verpachtete, womit man die Neuchristen zur Rückkehr bewegen wollte. Im Februar 1466 hatte König Ferrante I. approbiert, dass sich im benachbarten Barletta der Rat aus den consiliarii der nobiles, der plebeii und der mercatores zusammensetzen sollte. Da die entsprechenden Kapitel auch die Liste der Ratsmitglieder beinhalten, wissen wir, dass eine ganze Reihe von Neofiti, die während der Jahre der inneren Unruhen aus Trani fortgezogen waren, in Barletta 1466 als Kaufleute zum Rat gehörten.144 Mit ihrer Rückkehr aus Barletta wird die Differenzierung in Adlige, Kaufleute und Plebejer auch der Besetzung des Rats sowie der Rekrutierung der ordinati in Trani zugrunde gelegt. Es liegt daher nahe, dass die Einführung der neuen Differenzierung auf Initiative der Neuchristen erfolgte und ihr Bestreben zum Ausdruck bringt, das problematische Etikett des Neofitus abzustreifen. Es lässt sich dahin gehend interpretieren, dass sie selbst also die politisch-soziale Inklusion in die Stadtgemeinde als Angehörige eines ‚Berufstandes‘ anstrebten und nicht mehr als Sondergemeinde, deren Bezeichnung immer noch eine diffuse Jewishness artikuliert hatte. Die erste überlieferte Nachricht über Spannungen in der Bürgerschaft von Trani ist die Klage der Neofiti von Trani von 1446 bei Papst Eugen IV., sie würden von den „anderen Christgläubigen“ der Stadt Trani als Ketzer erachtet und daher infamiert. Diese Infamierung hatte ihnen dann die erste Verfolgung durch Inquisitoren seit gut 120 Jahren eingebracht, die sie parallel zu den inneren Auseinandersetzungen erlitten. Inquisitorische Verfolgung und innerstädtische Konflikte hatten die Neofiti von Trani dann dazu genötigt, die Stadt zu verlassen. Angesichts der Verfolgung durch die Inquisitoren hatten die Neofiti von Trani 1446 gegenüber Papst Eugen IV. ihren Wunsch bekundet, sich den anderen Christgläubigen in allem, besonders in dem, was den katholischen Glauben betrifft, anzupassen.145 20 Jahre später erhielt eine neue Markierung ihrer Differenz geradezu Verfassungsrang und löste die Bezeichnung als Neofiti ab, die sie als jüdische Christen markiert hatte. Die Stadtverfassung vom August 1466 reinkludierte die Neofiti von Trani also unter einer neuen Bezeichnung in die Stadtregierung, die ihre politische Jewishness nun restlos strich. Gleichzeitig belegt sie, dass sich die Neuchristen als Kaufleute nun zusehends als eigener, distinkter Stand in der Stadt formierten. Die Stadtverfassung von 1413 hatte durchgehend mit der Leitunterscheidung Adel/Volk operiert. Die Neofiti erschienen dabei als Teil des Populus, dessen Anteil an den Ämtern, die dem Populus zustanden, allerdings vielfach nicht spezifiziert wurde. In der Stadtverfassung von 1466 erscheint die binäre Unterscheidung Adel/Volk (hier nobiles/plebei) nur noch an einer Stelle, bei der Rege-

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negocia et necessaria universitatis administrare gubernare et regere ac causas ipsius defendere cum potestatibus et auctoritatibus infra eis datis et concessis […]; vgl. ebd. 471–475; vgl. Cioffari/ Schiralli, Libro Rosso (1995), Nr. 50. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1893), Nr. 37; s. u. Prosopografie, Nr. III/3; V/8; VI/9; VII/8; XIII/1f.; XVII/7, 9; XIX/2, 4. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750.

Von Neofiti zu Mercatores: Die Neuordnung des Stadtregiments von 1466

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lung für den Fall, dass sich der Rat nicht auf einen Kandidaten für das Amt des Syndicus einigen konnte. Ansonsten differenziert sie durchgehend nach Adel/Kaufleuten/Volk, die sie zudem als Ränge (gradus) bezeichnet. Hiermit korrespondiert, dass mercator im Trani der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nicht nur eine Berufsbezeichnung wie confectarius, zappator, sutor pannorum etc. war. Denn eine Reihe von Neuchristen wird in Urkunden in Analogie zu Titulaturen wie etwa nobilis vir als egregius mercator bezeichnet.146 Man wird diese Titulatur als Ausdruck sozialen Distinktionstrebens des neuen Ranges der Kaufleute interpretieren müssen. Allerdings zielte das Distinktionsstreben vieler Neuchristen offensichtlich nicht nur auf das Sozialprestige eines neuen, gleichsam mittleren Ranges oder Standes zwischen Adel und Populus, sondern auf das des Adels. Nach der Mitte des 15. Jahrhunderts lässt sich immerhin für 27 Neuchristen belegen, dass sie als Adlige galten.147 Einige von ihnen wurden gar als nobilis mercator bezeichnet.148 Noch 1562 schließen die nobili Marina Catalano und Diana Catalano, Töchter des nobile Loyso Catalano aus Barletta und damit offensichtlich Nachkommen der Traneser Neuchristenfamilie de Catalano, die Ehe mit Leonardo und Mario Stellatello aus Manfredonia, secondo l’uso dei nobili mercanti de Trani.149 Die Neuchristen von Trani hoben sich als neuer Stand der Kaufleute nun so deutlich vom Populus bzw. von den Plebei der Stadt ab, dass die Differenz zwischen ihrer Ehre und der Ehre des Adels eingeebnet zu werden begann. Mit ihrer deutlichen Differenzierung zwischen Kaufleuten und Volk weicht die Traneser Stadtverfassung erheblich von ihrem Barlettaner Vorbild ab. Wie die Traneser Stadtverfassung von 1413 operiert die Verfassung von Barletta von 1466 mit der Leitunterscheidung von Adel und Volk. Die Kaufleute werden dabei – wie in Trani 1413 die Neofiti – zu den Plebei gezählt, und ihr Anteil an den Ämtern bzw. Sitzen, die diesen zustehen, wird nur in Bezug auf die ordinati genau bestimmt.150 Daran ändert sich auch nichts, als die Stadtverfassung 1473 reformiert wird. Zwar wird nun spezifiziert, dass den Kaufleuten zwölf der 72 Sitze im Rat zustehen. Dafür heißt es bezüglich der ordinati, sie sollten zu einem Drittel aus dem Adel und zu zwei Dritteln aus dem Volk stammen, ohne dass bestimmt würde, welchen Anteil die Kaufleute an den Sitzen der Plebei hatten.151 Mit der nächsten Reform der Barlettaner Stadtverfassung 1491 wird die Kategorie der Kaufleute dann sogar gänzlich wieder abgeschafft. Es wird nur noch mit der Unterscheidung Adel/Volk operiert. Und bezüglich der Wahl des Rats heißt es sogar ausdrücklich, dieser solle zu einem Drittel aus Adligen bestehen, zu zwei Dritteln jedoch aus anderen Bürgern, overo populari […] senza fare differentia inter mercanti ed altri […].152

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S. u. Prosopografie, Nr. III/19; V/10, 19; VII/10, 18. Ebd., Nr. II/2f.; III/9; V/10, 14, 18f., 23f., 26, 32; VII/20; IX/12, 17f., 20, 27, 28, 31f.; XIX/4f., 7, 9f.; XX/5f. Ebd., Nr. V/10; VI/33. CDBarl 9, ed. Santeramo/Borgia (1990), Nr. 177. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1893), Nr. 37. Ebd., Nr. 38. Ebd., Nr. 39.

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Die Neuchristen in Trani im 14. und 15. Jahrhundert

Als Kaufleute hatten sich die Neuchristen in Trani jedoch nicht nur deutlich von den Populares der Stadt abgegrenzt. Das Gewicht des neuen gradus der Kaufleute in den städtischen Führungsgremien ist 1466 anders als das der Neofiti 1413 genau spezifiziert und erheblich größer. Das Privileg König Ladislaus’ von 1413 hatte zwar festgelegt, dass sie als Teil des Populus zwei von dessen acht Vertretern in den Rat entsenden durften, für die anderen wichtigen Führungsgremien der Stadt jedoch keine vergleichbaren Regelungen getroffen und somit ungeklärt gelassen, welchen Anteil die Neofiti an den Sitzen hatten, die dem Populus von Trani zustanden. Die Verpachtung der indirekten Steuern, die von der Stadt erhoben wurden, war in die Hand eines vierköpfigen Gremiums gelegt worden, das sich aus zwei Vertretern des Adels und zwei des Populus zusammensetzte. In den Capitoli von 1462 wurde nun jedoch festgelegt, dass sich dieses Gremium fortan aus zwei Vertretern des Adels, eines des Populus und eines der Kaufleute zusammensetzen sollte. In den sechzehnköpfigen Rat der Stadtverfassung von 1413 hatten die Neofiti zwei Vertreter entsandt und damit ein Achtel der Mitglieder gestellt. Nun stellten sie als Kaufleute jeweils ein Drittel des großen Rates und der sechs ordinati. Am Ende der Epoche der inneren Unruhen hatten die Neuchristen von Trani eine stärkere Position in der Stadt inne als zuvor. In der städtischen Führung waren sie nun quasi in gleicher Zahl wie Adel und Populus vertreten. Ihre Teilhabe an dem wichtigen Gremium, das die indirekten Steuern verpachtete und daher großen Einfluss in der Stadt hatte, war nun klar geregelt. Außerdem hatten sie die Bezeichnung Neofiti abgestreift und somit den letzten Rest politischer Jewishness gleichsam beseitigt. Knapp 30 Jahre später jedoch sollten die Bezeichnungen Neofiti und Cristiani Novelli in den Kapiteln der Stadt Trani wieder aufleben und sogar noch um einen semantischen Import aus Spanien, Marrani, ergänzt werden. Dann, um die Menschen, die als solche bezeichnet wurden, als Häretiker und Feinde der Christen zu brandmarken und ihre Vertreibung aus der Stadt zu rechtfertigen.153

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Vitale, Trani (1912), Nr. 83, 775f.; Nr. 85, 795; Nr. 104, 824.

III. Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

1. Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jahrhunderts Der Endogamievorwurf des Inquisitors In der Bulle Papst Nikolaus’ V. für den Inquisitor Petrus de Mistretta vom 18. September 1453 heißt es, die Neuchristen hätten Ehen bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich untereinander geschlossen. Gleichsam als Bewährungsauflage ordnete der Inquisitor an, dass sie für die nächsten 50 Jahre Ehen nicht mehr wie bisher bei ihnen üblich ausschließlich untereinander, sondern mit anderen Christen schließen sollten.1 Der Bulle zufolge hatten die Neuchristen in den über 150 Jahren seit der Konversion also einen geschlossenen Heiratskreis gebildet, und das hieße, sie hätten die soziale Differenz zu den anderen von einer Generation auf die andere – wie der Adel der Stadt – durch Endogamie übertragen. Allerdings ist das Heiratsverhalten der Neofiti von Trani sehr schwach überliefert. Nur neun Ehen sind überhaupt belegt. Mit einer Ausnahme stammen sie alle aus der Zeit zwischen 1450 und 1500 und sind allesamt endogam.2 Nach der Vertreibung der Neuchristen aus Trani 1495 wollte die Stadt im Jahr 1509 zwar denjenigen, die Verwandte unter den Bürgern von Trani hatten, die Rückkehr gestatten.3 Es muss somit auch Ehen zwischen Neuchristen und „anderen Christgläubigen“ gegeben haben, also Bürgern bzw. Bewohnern der Stadt, die nicht zu den Neofiti gezählt wurden. Die Stadt hatte nach 1495 allerdings zunächst angestrebt, allen Neofiti die Rückkehr nach Trani untersagen zu lassen.4 Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Neuchristen und den anderen Bewohnern der Stadt waren deshalb wohl eher die Ausnahme, denn sonst hätte die städtische Führung ihre eigene Politik hintertrieben, als sie jenen Neuchristen die Rückkehr gestattete, die Verwandte unter den anderen Stadtbürgern hatten. 1 2

3 4

Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814; vgl. Lonardo, Abiura (1907), 581–591. S. u. Prosopografie, Nr. V/14, XXIV/6; VII/18, XX/24; IX/17, V/34; XVII/2, VII/31; XX/9, IV/12; XX/11, VI/7; V/10; XX/24. Vitale, Trani (1912), Nr. 104; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 60. Vitale, Trani (1912), Nr. 83, 85; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 98f.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Außerdem erhielt der Inquisitor Petrus de Mistretta 1453 von Papst Nikolaus V. die Erlaubnis, den Neuchristen Dispense für Ehen zu erteilen, die sie untereinander schlossen.5 Er trug also gleichsam Vorsorge für den Fall, dass sie gegen die Auflage verstoßen würden, ihre endogame Heiratspraxis aufzugeben. Auch dies spricht dafür, dass die Neuchristen tatsächlich Endogamie praktizierten und sich durch ihr Heiratsverhalten sozial von anderen Stadtbewohnern differenzierten. Der Inquisitor sah in diesem exklusiven Heiratsverhalten eine Form sozialer Jewishness. Heißt es doch in der Bulle vom 18. September 1453, die Neuchristen hätten in ihrer Mehrheit bis zum heutigen Tage die Riten und Zeremonien der Juden bewahrt und nicht an das Christentum geglaubt. Zwar hätten sie dem mehrfach abgeschworen, seien jedoch in ihre Häresie zurückgefallen – dadurch, dass sie lediglich untereinander Ehen schlossen.6 Um eben jene Relation von sozialer Jewishness und sozialer Inklusion der Neuchristen in der Stadtgesellschaft bzw. Exklusion aus derselben von Trani soll es im Folgenden gehen. Dabei wird allerdings nicht das Konnubium im Zentrum stehen. Die konkrete Heiratspraxis der einzelnen Neuchristen ist zu schwach belegt. Ein differenziertes Bild der Prozesse sozialer Inklusion und Exklusion der Neuchristen lässt sich auf ihrer Basis nicht zeichnen. Konnubium ist zwar in der Vormoderne, in der Ehen vor allem der Schließung von Allianzen dienten, ohne Zweifel ein besonders signifikanter Indikator für soziale Inklusion bzw. Exklusion. Denn es bringt zum Ausdruck, dass sich die Familien, aus denen die Ehepartner stammten, als ‚ihresgleichen‘ erachteten.7 Doch auch anhand der Analyse anderer sozialer Beziehungen lassen sich Rückschlüsse in Bezug auf die Inklusion bzw. Exklusion von Individuen und sozialen Gruppen in eine gegebene Gesellschaft ziehen. Denn auch andere soziale Beziehungen sind in unterschiedlichem Maße Indikatoren für soziale Nähe bzw. soziale Distanz. Doch nicht nur soziale Nähe und Distanz, sondern auch soziale Lagen lassen sich auf der Basis sozialer Beziehungen analysieren. Dabei sind für die Neuchristen von Trani im Spätmittelalter nur zwei Formen sozialen Handelns, die Manifestationen sozialer Beziehungen waren, ausreichend häufig belegt, dass sie mit den Methoden der Analyse sozialer Netzwerke untersucht werden können: Handelsgeschäfte und die Mitwirkung als Zeugen bei Beurkundungen in der Stadt.

Netzwerkanalyse: Zum Ansatz Komplexe Systeme miteinander verflochtener sozialer Beziehungen lassen sich als Netzwerke beschreiben und mit den Methoden der Netzwerkanalyse untersuchen. Der Ansatz der Netzwerkanalyse ist seit den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts im interdisziplinären Austausch von Fächern wie der Soziologie, Sozialpsychologie und Ethnologie entwickelt worden. Schon Georg Simmel hatte die Soziologie in Analogie zur Geometrie 5 6 7

Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814; vgl. Lonardo, Abiura (1907), 585; s. o., 156. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814; vgl. Lonardo, Abiura (1907), 584 f; s. o., 154. Klassisch hierzu: Weber, WuG (1972), 234f.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

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als formale Analyse sozialer Beziehungen definiert.8 Eine wichtige theoretische Weiterentwicklung stellt die Verbindung des Netzwerkansatzes mit der Kapitalsortentheorie Pierre Bourdieus dar.9 Soziale Beziehungen lassen sich als eine Form sozialen Kapitals verstehen. Die Netzwerkanalyse bietet somit auch einen neuen Zugang zur Sozialstrukturanalyse.10 Denn sie konzipiert soziale Strukturen nicht als statistische Größen, sondern untersucht, wie soziale Lagen emergent aus sozialen Beziehungen entstehen und im sozialen Handeln der Akteure (re-)produziert werden. Der Begriff des Sozialen Netzwerks wurde erstmals 1954 von dem australischen Soziologen Johan A. Barnes verwendet.11 Seit den 70er-Jahren ist die soziale Netzwerkanalyse zu einem der vorherrschenden Sozialforschungsparadigmen aufgestiegen. Eine erste Rezeption der Netzwerkanalyse durch die Geschichtswissenschaft setzte bereits in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts ein.12 Sie konnte an ältere Traditionen der Personengeschichte anknüpfen.13 Diese Erforschung personaler Verflechtung, wie der Ansatz in der Geschichtswissenschaft in der Regel bezeichnet wurde, bediente sich jedoch kaum der Methoden und Konzepte, die die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse für die Analyse sozialer Beziehungsmuster entwickelt hatte, sondern eher traditioneller statistischer Methoden. Seit den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts begann sich zwar der Begriff des Netzwerks bzw. verwandter Ausdrücke wie Vernetzung immer stärker in den Titeln der Arbeiten von Historikern zu verbreiten, darunter auch der Historiker des Mittelalters.14 Eine Auseindersetzung mit den Methoden der sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse fand jedoch nicht statt.15 Dabei gehört die zentrale Bedeutung personaler Beziehungen für die gesellschaftliche und politische Ordnung fraglos zu den Charakteristika der Vormoderne und vor allem des Mittelalters.16 Die Art und Weise, wie diese Beziehungen gefügt sind, muss daher als eine, wenn nicht die entscheidende Dimension mittelalterlicher Gesellschaftstruktur erachtet werden. Der Begriff Netzwerk bezieht sich auf eine Gruppe von Akteuren und die Beziehungen zwischen diesen. Beziehungen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit vorhanden sind und Muster bilden, lassen sich als die Struktur(en) des Netzwerkes verstehen. Mithilfe der Netzwerkanalyse lassen sich diese Strukturen herauspräparieren und unter8 9 10 11 12

13 14

15

16

Simmel, Soziologie (1992), 25. Bourdieu, Ökonomisches Kapital – Kulturelles Kapital – Soziales Kapital (1983). Burt, Brokerage & Closure (2005); Lin, Social Capital (2001). Faust/Wasserman, Social Network Analysis (1994), 10; Barnes, Class and Comitee (1954). Reinhard, Freunde und Kreaturen (1979); Ders., Oligarchische Verflechtung (1988); Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik (1986). Fouquet, Speyerer Domkapitel (1987). Kruse, Burgundischer Hof als soziales Netz (2002); Ewert/Selzer, Verhandeln und Verkaufen (2001). Eine ‚mediävistische‘ Studie von Seiten der Soziologie und gleichzeitig ein Klassiker der Netzwerkananalyse ist Padgett/Ansell, Robust Action and the Rise of the Medici (1993). Althoff, Verwandte, Freunde und Getreue (1990); vgl. Borgolte, Sozialgeschichte des Mittelalters (1996), 477f.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

suchen. Dabei hat die Netzwerkanalyse eine Reihe von Variablen identifiziert, mit deren Hilfe sich die Strukturen eines gegebenen Netzwerks beschreiben lassen.17 Bereits in den 30er-Jahren des 20. Jahrhundert entwarf Jacob Moreno das ‚Soziogramm‘, um die formalen Eigenschaften von sozialen Beziehungsgeflechten zu veranschaulichen. Diese konnten in Diagrammen dargestellt werden, in denen die einzelnen Akteure durch Punkte repräsentiert wurden und die sozialen Beziehungen zwischen den Akteuren durch Linien.18 Moreno setzte bei der Stellung einzelner Akteure innerhalb einer Gruppe an und schritt von dort aus zu größeren Beziehungsgeflechten fort. Jedes Individuum ist von einem Beziehungskern umgeben, der größer oder kleiner sein kann. Die einzelnen ‚sozialen Atome‘ bilden Beziehungsketten. Das Soziogramm war allerdings kein Analyseinstrument, sondern diente ausschließlich der veranschaulichenden Darstellung von Beziehungsstrukturen. Es konnte daher nur für kleine Gruppen angewendet werden, da die Soziogramme sonst zu unübersichtlich wurden. Einen Durchbruch für die Netzwerkanalyse bedeutete es daher, als die Sozialpsychologen Cartwright und Harary in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts Soziogramme erstmals als Graphen verstanden, so dass sie sich mithilfe der Graphentheorie analysieren ließen. Vor allem graphentheoretisch fundiert sind die Verfahren zur Bestimmung der wichtigsten Strukturvariablen sozialer Netzwerke, die auch in unserem Zusammenhang von Interesse sind: Dichte, Verbundenheit, Zentralität und die verschiedenen Formen der Subgruppen. Sie erlauben fundierte Aussagen sowohl über die soziale Inklusion bzw. Exklusion der Neofiti in der Stadtgesellschaft von Trani als auch über die Binnenstruktur der Beziehungsnetze, die die Neofiti von Trani knüpften. Die Anzahl und Qualität der sozialen Beziehungen, die Akteure und Gruppen in einem Netzwerk unterhalten, begründen deren Lage in diesem Netzwerk. Und die unterschiedlichen Lagen strukturieren das Netzwerk als Ganzes in Zentren und Ränder, Individuen und Gruppen, die in großer Nähe zueinander positioniert sind oder aber in Distanz zueinander stehen. Die wichtigste Variable, mit der sich die Struktur(en) von Netzwerken und damit auch der Netzwerke der Neuchristen aus Trani im 15. Jahrhundert analysieren lassen, ist die Zentralität. Zentralität Die Anzahl und die Qualität der sozialen Beziehungen eines Akteurs begründen dessen Zentralität im Netzwerk; sie kann hoch oder gering sein. Die Verteilung der Zentralitäten auf die verschiedenen Akteure ist eine der wichtigsten Dimensionen von dessen Struktur. Es ist offensichtlich, dass ein Akteur, der viele Beziehungen zu anderen unterhält, größere Chancen hat, im Zentrum eines Netzwerkes zu stehen, als ein Akteur, der in das 17 18

Faust/Wasserman, Social Network Analysis (1994), 3. Moreno, Who shall survive (1973).

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Netzwerk nur durch wenige Beziehungen eingebunden ist. Allerdings können Akteure, die eine geringere Zahl von sozialen Beziehungen in einem Netzwerk pflegen als andere, in diesem Netzwerk eine größere Rolle spielen als diese, wenn diese Beziehungen bestimmte Qualitäten aufweisen. Die Netzwerkanalyse unterscheidet deshalb verschiedene Dimensionen von Zentralität, von denen vier im Folgenden etwas ausführlicher vorgestellt werden sollen. Denn sie werden bei der Betrachtung der Stellung der Neofiti von Trani im Gesamtnetzwerk der städtischen Gesellschaft zentrale Analyseinstrumente sein. Über die Zentralitäten der einzelnen Akteure lassen sich zudem wichtige strukturelle Eigenschaften des Netzwerkes als Ganzes erschließen. Gradzentralität Die Gradzentralität gibt die Anzahl der Beziehungen eines Akteurs an. Bei Netzwerken, die aus asymmetrischen Beziehungen bestehen, unterscheidet man zwischen den eingehenden und den ausgehenden sozialen Beziehungen eines Akteurs. Bei symmetrischen, wie in den untersuchten Netzwerken der Neofiti von Trani, sind ein- und ausgehende Beziehungen identisch. Bonacich-Zentralität (B-Zentralität) Eine qualitative Modifikation der Gradzentralität ist die Bonacich-Zentralität, benannt nach ihrem „Entdecker“, Philipp Bonacich.19 Sie ist oftmals aussagekräftiger als die rein quantitative Betrachtung. Denn sie beruht auf der Annahme, dass sich die Zentralität eines Akteurs nicht nur an der Anzahl seiner sozialen Beziehungen in einem Netzwerk bemisst, sondern auch an der Anzahl der sozialen Beziehungen der Akteure, zu denen er in Beziehung steht, dass also die Zentralität eines Akteurs nicht nur von der eigenen Gradzentralität abhängt, sondern auch davon, ob er Beziehungen zu Akteuren mit niedriger oder mit hoher Gradzentralität unterhält. Verbundenheitszentralität Während die Gradzentralität nur die direkten Beziehungen eines Akteurs zu seinen unmittelbaren Nachbarn im Netz und deren Beziehungen zum Maßstab nimmt, bestimmt die Verbundenheitszentralität auf der Basis der Gesamtheit seiner direkten und indirekten Verbindungen zu anderen Akteuren im Netzwerk, wie gut ein Akteur mit sämtlichen Akteuren verbunden ist. Vor allen Dingen in größeren Netzwerken sind direkte Verbindungen mit anderen Akteuren eher die Ausnahme; die meisten Akteure sind indirekt über andere Akteure miteinander verbunden. Die Zahl der ‚Schritte‘, die ein Akteur zurücklegen muss, um einen anderen zu erreichen, wird in der Netzwerkanalyse als ‚geodätische Distanz‘ beschrieben. Der Weg von einem Akteur zum anderen als ‚geodätischer Pfad‘. Der kürzeste mögliche geodätische Pfad von einem Akteur zum anderen

19

Bonacich, Power and Centrality (1987).

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besteht, wenn diese direkt miteinander verbunden sind. Die geodätische Distanz zwischen ihnen beträgt dann ‚1‘. Jeder Mediator, der die Verbindung zwischen zwei Akteuren vermittelt, wird als weiterer Schritt gefasst. Der Grad der Eingebundenheit eines Akteurs bezeichnet eine weitere Dimension von Zentralität. Ein Akteur, der viele Akteure des Netzwerkes über kurze Distanzen erreichen kann, kann in einem Beziehungsnetzwerk tendenziell eine größere Rolle spielen als ein Akteur, der weite Wege zurücklegen muss, um bestimmte Regionen des Netzwerkes zu erreichen. Die Verbundenheitszentralität wird bestimmt, indem für jeden Akteur die Anzahl der Akteure, die er erreichen kann, durch die Summe der geodätischen Distanzen geteilt wird, die zwischen ihm und diesen Akteuren liegen. Die maximale theoretische Verbundenheitszentralität eines Akteurs beträgt ‚1‘, wenn ein Akteur mit jedem anderen Akteur eines Netzwerkes direkt verbunden ist. Betweennesszentralität Sowohl die beiden Formen der Gradzentralität als auch die Verbundenheitszentralität sind stark quantitative Parameter. Denn bei ihnen spielt die Anzahl der direkten Beziehungen, die ein Akteur unterhält, eine eminente Rolle für dessen Zentralität. Die Dimension der Betweenness erfasst dagegen auch die Zentralität von Akteuren, die nicht unbedingt viele direkte Beziehungen unterhalten, jedoch an strategisch wichtigen Orten innerhalb eines Netzwerks positioniert sind, und zwar so, dass die Beziehungen zwischen einer großen Zahl von Akteuren innerhalb des Netzwerkes ausschließlich über sie vermittelt werden. Graphentheoretisch formuliert weist ein Akteur dann eine hohe Betweennesszentralität auf, wenn viele geodätische Pfade über ihn führen. Daher kann zum Beispiel bereits ein Akteur mit nur zwei direkten Beziehungen innerhalb eines Netzwerkes eine hohe Betweennesszentralität aufweisen, wenn der Weg zwischen zwei verschiedenen Regionen des Netzwerkes ausschließlich über ihn führt. Zentralisierung des Netzwerkes Die Bestimmung der Zentralitäten der einzelnen Akteure eines Netzwerkes ermöglicht zudem auch Aussagen über die Verteilung der Zentralitäten: Idealtypisch lassen sich stark zentralisierte Netzwerke, in denen wenige Akteure mit hoher Zentralität vielen Akteuren mit niedriger gegenüberstehen, von schwach zentralisierten unterscheiden, in denen die Unterschiede in der Zentralität der Akteure gering sind. Idealtpypisch sind die Graphen solcher Netzwerke dann entweder stern- oder ringförmig. Subgruppen Mithilfe des Konzepts der Verbundenheit lassen sich zudem Cluster innerhalb des Gesamtnetzwerkes bestimmen, die besser vernetzt sind als das Gesamtnetzwerk, sie werden in der Forschung als „Cliquen“ bezeichnet. Dies ermöglicht es, Kernzonen intensiver Vernetzung von Randbereichen, die nur lose gekoppelt sind, zu unterscheiden und auf diese Weise auch wieder die Zentralität einzelner Akteure klarer zu profilieren.

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Netzwerktypen Bei der Analyse von Netzwerken und damit auch bei der Analyse der sozialen Netzwerke der Neofiti von Trani muss man zwei Typen unterscheiden: erstens persönliche (oder Ego-)Netzwerke und zweitens Gesamtnetzwerke. In beiden Fällen muss man zunächst eine bestimmte Menge von Akteuren und bestimmte Arten von Beziehungen festlegen, die untersucht werden sollen. Bei der Analyse von Gesamtnetzwerken geht es darum, für jeden Akteur zu ermitteln, zu welchen anderen Akteuren innerhalb der Gruppe Beziehungen bestehen und zu welchen nicht. Bei den persönlichen Netzwerken dagegen lautet die Frage, zu wem die einzelnen Akteure in Beziehung stehen, gleichgültig, ob diese alteri Mitglieder der Gruppe sind oder nicht. In diesem Kapitel soll zum einen das Egonetzwerk der Geschäftsbeziehungen der Neofiti von Trani untersucht werden. Die Leitfragen lauten dabei: Mit wem unterhalten die Neofiti von Trani Gesellschafterbeziehungen? Und: Wie ist das Netzwerk dieser Gesellschaftsbeziehungen grundsätzlich strukturiert? Zum anderen sollen die sozialen Beziehungen in Trani, die sich in der Bezeugung von Urkunden in der Stadt manifestieren, als Gesamtnetzwerk untersucht und die Position der Neofiti von Trani in diesem Gesamtnetzwerk bestimmt werden. Die wichtigsten Fragen hierbei lauten: Zu welchen Akteuren und Gruppen in diesem Gesamtnetzwerk stehen sie in sozialen Nahbeziehungen und zu welchen in Distanz? Und: Wie sind die Neuchristen im Gesamtnetzwerk positioniert? Auf dieser Basis lässt sich dann auch die Frage nach Zusammenhängen zwischen der Binnenstruktur der Neuchristen und ihrer Lage in der städtischen Gesellschaft aufwerfen. Die Netzwerkanalysen können allerdings nur für das 15. Jahrhundert vorgenommen werden. Denn nur für das 15. Jahrhundert liegen ausreichende Belege über Geschäftsbeziehungen und Zeugenkontakte von Personen vor, die sich prosopografisch als Neuchristen identifizieren lassen. Dabei wurden die Daten jeweils für zwei Zeiträume erhoben, um so historischen Wandel in der Vernetzung der Neofiti von Trani erfass- und analysierbar zu machen. Endpunkt der Erfassung ist in beiden Fällen das Jahr 1495 – das Jahr, in dem die Neofiti von Trani aus der Stadt vertrieben wurden; allerdings mit einer Ausnahme: Eine Urkunde von 1499 aus Giovinazzo belegt Handelsgesellschaften von Traneser Neofiti, die bereits vor ihrer Flucht aus der Stadt 1495 bestanden hatten.20

20

CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Die Netzwerke der Geschäftsbeziehungen der Neofiti von Trani Die Quellen Die Frage nach den Geschäftsbeziehungen der Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert lautet präziser: Mit welchen anderen Personen fanden sich die Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert zu Handelsgesellschaften zusammen? Und: Wie waren diese Personen durch diese Gesellschafterbeziehungen miteinander vernetzt? Das Material, auf dessen Basis sich diese Vernetzung ermitteln lässt, ist vor allem in drei Quellen überliefert. Erstens: den Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto, der dort von 1446 bis 1496 aktiv war 21; zweitens: den bereits erwähnten Quittungen über die Strafzahlung der Universitas von Trani aus den Jahren 1456 und 1457 für die Tumulte des Jahres 1454 im Rahmen der Cacetta-Unruhen22 und drittens: die Abrechnung des Bernardo Anghono, Magister Actorum beim Portulan Apuliens über die Getreideausfuhren aus den Häfen der apulischen Adria für die Jahre 1486/87.23 Hinzu kommen noch einzelne Belege aus anderen Quellen.24 In diesen Quellen ist immer wieder dokumentiert, dass Personen, die zu den Neofiti von Trani gezählt werden können, mit mindestens einer anderen Person Käufe bzw. Verkäufe tätigten, Zahlungen leisteten oder Exportgeschäfte tätigten. Es lässt sich zeigen, dass diese Handlungen Manifestationen von Gesellschafterbeziehungen sind. Denn dafür sprechen eine Reihe von Argumenten: Erstens werden die Personen teilweise explizit als socii bezeichnet.25 Zweitens lassen sich bestimmte Konstellationen über längere, teilweise sehr große Zeiträume beobachten.26 Die beteiligten Personen fanden sich also nicht okkasionell als Geschäftspartner zusammen, sondern tätigten dauerhaft gemeinsam Handelsgeschäfte. Drittens ist in einem Fall überliefert, dass drei Personen, die wiederholt gemeinsam Geschäfte tätigten, einen Gesellschaftsvertrag miteinander abgeschlossen hatten.27 Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass in den Quellen immer alle Personen genannt werden, die zur entsprechenden Handelsgesellschaft gehören. In der Registratur des Bernardo Anghono wird wiederholt nur ein Name genannt, ergänzt um den Zusatz et socii.28 Außerdem gibt es zwischen den belegten Personenkonstellationen immer wieder Überschneidungen. Um die daraus resultierende unvermeidliche Unschärfe zu minimieren, werden Personenkonstellationen, die gleichsam eine Teilmenge einer ande-

21

22 23 24 25 26 27 28

ASB, Notarile Bitonto 1: de Tauris 6–15, 21–25, 30/2, 32; vgl. Carabellese, La Puglia 1 (1901); zu Imbreviaturen s. die Literatur u., 171, bei Anm. 35. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1968), 3–79. Vitale, Trani (1912), 546–548; CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 45v; 21, 46v; 23, f. 43r., 52v, 57v, 62v, 63r. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 187; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 14, 1462/63, 94v. Vitale, Trani (1912), 198, Anm. 4. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati, 6f., 26, 33f., 39, 51–57.

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ren belegten Personenkonstellation bilden, nicht eigens erfasst, sondern der größeren Konstellation subsumiert. Die Handelsgesellschaften der Neofiti und ihr personelles Substrat Insgesamt sind zwischen 1452 und 1495 54 verschiedene Handelsgesellschaften belegt, an denen Neofiti aus Trani beteiligt waren (Tabelle 2). Diese 54 Handelsgesellschaften beruhten auf einem Substrat von 63 Personen. Nicht alle Personen waren jedoch über den gesamten Zeitraum aktiv. Es lassen sich daher zwei Generationen von Handelsgesellschaften unterscheiden: eine erste, die vor 1464 und eine zweite, die nach 1464 aktiv war. Die Netzwerke, die die Gesellschafterbeziehungen der Personen bilden, die an diesen Gesellschaften beteiligt waren, werden daher getrennt untersucht. Dies bietet gleichzeitig den Vorteil, den Wandel im Netzwerk der Gesellschafterbeziehungen der Neofiti von Trani beobachten zu können. Fragt man nach der Vernetzung der Gesellschafterbeziehung der Neofiti von Trani, dann gerät – wie bei jeder Netzwerkanalyse – natürlich nur die formale Beziehung in den Blick. Wie die Gesellschafter diese tatsächlich gestalteten, ob sie gut zusammenarbeiteten, oder ob sie versuchten, sich zu übervorteilen, bleibt unberücksichtigt. Dass es auch zu Konflikten zwischen den Gesellschaftern kommen konnte, versteht sich von selbst und ist zumindest in einem Fall auch belegt: Im Februar 1459 reicht Angelo de Roberto aus Trani, Einwohner von Barletta, Klage gegen seinen Gesellschaftspartner Balduccio de Gello ein. Vor über fünf Jahren hätte er sich mit diesem und mit Gabriele Gentile zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen, in die jeder der drei Gesellschafter 80 Dukaten eingebracht hätte. Dieses Geld sollte zu gemeinsamem Gewinn und Verlust in den Kauf von Tuch und anderer Waren investiert werden. Die Gesellschaft der drei Neuchristen war also eine sogenannte Commenda, eine Seehandelsgesellschaft, zu der sich mehrere Kapitalgeber für einen relativ kurzen Zeitraum, hier fünf Jahre, zusammenschlossen.29 Balduccio de Gello fungierte dabei quasi als Geschäftsführer der Gesellschaft. Er übernahm den Verkauf der Waren und führte die Bücher der Gesellschaft. Seiner Pflicht, den anderen Gesellschaftern die Abrechnung vorzulegen, war er jedoch nicht nachgekommen.30

29 30

Kellenbenz, Art. „Handelsgesellschaft“ (1989). Vitale, Trani (1912), 198, Anm. 4: […] quod cum iam sint anni plus quam quinque elapsi ipse exponens contraxit quamdam societatem cum Balducio de Gello et Gabriele Gentile de Trano hoc modo, quod exponens in dicta societate poneret ducatos octingentos et dicti Gabriel et Balducius ponerent alios ducatos octingentos et quod dicte pecunie ad comune commodum et incommodum deberent investiri in emptione pannorum et aliarum mercantiarum et quod per ipsum Balducium dicte mercantie venderentur et distraherentur et omnes pecunie sortis principalis et lucri in ipsum servarentur et quod ipse causa dictarum pecuniarum et dicte societatis librum seu computum rationis dicte societatis conficeret et teneret sicque ipsa societas usque nunc ita contracta duravit et nunquam ipse Balducius qui fuit casa et bursa comunis dicte societatis ac quinternum dictum tenuit et conservavit et omnia in dicta societate administravit […]; Vitale gibt das Dokument leider nur auszugweise wieder.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

An diesem Beispiel wird allerdings auch deutlich, dass die beiden Gesellschafter, die als stille Teilhaber fungierten, dem Gesellschafter, der die Geschäfte führte, ein erhebliches Vertrauen entgegengebracht haben müssen, auch wenn dieser es später vielleicht nicht rechtfertigte. Denn dieser konnte die Ein- und Verkäufe der Gesellschaft offensichtlich in eigener Regie tätigen. Und gerade weil solche Konflikte vorkommen konnten – es ging schließlich um erhebliche Summen –, muss man davon ausgehen, dass die Kaufleute bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner versucht haben, solche Risiken zu minimieren. Die formale Gesellschafterbeziehung eignet sich deshalb durchaus als Indikator für eine erhebliche soziale Nähe der beteiligten Personen. Die Mehrheit der Handelsgesellschaften, an denen sich Neofiti aus Trani im 15. Jahrhundert beteiligten, nämlich 30 von 54, waren denn auch Familiengesellschaften oder erweiterte Familiengesellschaften. Das heißt: Die Personen, aus denen sich die Gesellschaft zusammensetzte, waren sämtlich oder teilweise enge Verwandte, zumeist Väter und Söhne oder Brüder. Dabei bestanden in der Zeit bis 1464 zwölf von 19 Gesellschaften ganz oder teilweise aus engen Verwandten, in der Zeit von 1464 bis 1495 18 von 35 (Tabelle 3). Für Berlingerio de Gello (Tabelle 4, Nr. 46) ist zudem belegt, dass er ein Schwiegersohn des Molillo de Buctunis war. Zusammen mit seinen Schwägern Giliberto und Leucio de Buctunis finden wir ihn in zwei Handelsgesellschaften (Tabelle 2, Nr. 41, 43). Tabelle 2: Handelsgesellschaften, an denen Neofiti aus Trani im 15. Jahrhundert beteiligt waren A.

Handelsgesellschaften bis 1464

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

Petruccio de Antonello/ Palumbo de Riso Ronaldo de Barisano/ Francisco de Buctunis/ Molillo de Buctunis/ Nicola de Gello Iacobo/ Marino de Bisancio Gabriele/ Riso de Buctunis/ Frederico Catalano Gabriele de Buctunis/ Frederico Catalano/ Gabriele Gentile Leucio/ Molillo de Buctunis Manillo de Buctunis/ Nicola de Buctunis Molillo de Buctunis/ Angelo/ Gaudio/ Palumbo de Roberto Nicola/ Parello de Buctunis Parello de Buctunis/ Francesco de Ursino Balduccio de Gello/ Gabriele/ Gaspare Gentile Balduccio de Gello/ Gabriele Gentile/ Angelo de Roberto Nicola de Gello/ Francesco Bragandino Gabriele Gentile/ Marsilio/ Gabriele de Iacobuzzo Marsilio de Iacobuzzo/ Gaudio de Roberto Iohannes/ Zarulo de Riso Gaudio/ Gracioso de Roberto Gaudio/ Iohannes/ Palumbo de Roberto Gaudio de Roberto/ Angelo Helie de La Rossa

B.

Handelsgesellschaften nach 1464

20. 21. 22. 23.

Alfonso/ Baldessare de Barisano/ Sansonecto de Gello Alfonso/ Baldessare de Barisano/ Giliberto de Buctunis/ Palumbo de Gello Alfonso de Barisano/ Leucio de Buctunis Alfonso de Barisano/ Costantino de Gello

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54.

155

Baldessare de Barisano/ Leucio de Buctunis Rainaldo/ Mele de Barisano Rainaldo de Barisano/ Sansonecto de Zardullo Rainaldo de Barisano/ Angelo Sereno de Monopoli Taliano de Barisano/ Princivallo de Zardullo Angelo de Buctunis/ Sansonecto de Gello Angelo de Buctunis/ Princivallo de Zardullo Annibale de Buctunis/ Costantino de Gello Annibale de Buctunis/ Gello Arturi de Gello Francesco/ Annibale de Buctunis Francesco/ Tullio de Buctunis Francisco/ Leucio de Buctunis/ Palumbo/ Peregrino de Gello/ Sansonecto de Zardullo Francisco/ Troiano de Buctunis Gabriele de Buctunis/ Palumbo de Gello Gabriele/ Salvatore/ Victorio de Buctunis/ Bello de Bello Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello/ Sansonecto de Zardullo Giliberto/ Tullio de Buctunis Giliberto de Buctunis/ Berlingerio de Gello Leucio/ Princivallo de Zardullo Leucio de Buctunis/ Berlingerio de Gello/ Troylo de Bacho Octaviano/ Valerio Catalano Balduccio/ Bello de Bello/ Abraham Levi Palumbo de Gello/ Troiano de Mectulo de Manfredonia Sansonecto de Gello/ Sansonecto de Zardullo Nicola/ Peregrino de Gello Gabriele/ Marsilio/ Marino de Iacobuzzo Sergio/ Sigismondo de Iacobuzzo Gaudio/ Iohannes de Roberto Gaspare/ Gaytano de Zardullo Gaytano/ Salvatore de Zardullo Sansonecto de Zardullo/ Iacobo Pizono

Außerdem sind noch weitere Handelsgesellschaften belegt, an denen sich Mitglieder der Familien de Buctunis und de Gello beteiligten (Tabelle 2, Nr. 2, 21, 29, 31 f., 35, 37 f.). Die Beteiligung von angeheirateten Verwandten, vor allem von Schwägern bzw. Schwiegersöhnen, war bei den Handelsgesellschaften des Mittelalters weit verbreitet. Die Familien de Buctunis und de Gello werden daher unter den Traneser Neuchristen des 15. Jahrhunderts nicht die einzige Konstellation gebildet haben, in der angeheiratete Verwandte miteinander Gesellschaften bildeten. Es spricht somit einiges dafür, dass die Gesellschaften, an denen sich die Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert beteiligten, auf bereits bestehenden Verwandtschaftsbeziehungen und Allianzen aufbauten und dass ihre Gesellschaftsbeziehungen somit Verwandtschaftsbeziehungen widerspiegeln. Und damit gilt im Umkehrschluss: Die Zusammensetzung der Handelsgesellschaften, an denen sich die Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert beteiligten, ist ein weiteres starkes Indiz dafür, dass die Behauptung des Inquisitors Petrus de Mistretta tatsächlich zutraf, die Nachkommen der konvertierten Juden hätten Ehen nur unter ihresgleichen abgeschlossen.

156

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Denn zu Handelsgesellschaften schlossen sich die Neuchristen von Trani im 15. Jahrhundert fast ausschließlich mit anderen Neuchristen zusammen. Nur zu fünf von 54 Handelsgesellschaften, an denen die Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert beteiligt waren, gehörten auch Personen, die nicht aus dem Kreis der Neofiti von Trani stammten (Tabelle 2, Nr. 13, 19, 27, 45, 54). Das entsprach fünf von insgesamt 63 Personen, aus denen sich diese Gesellschaften zusammensetzten. Von diesen fünf Gesellschaftern waren zwei Juden aus Bitonto bzw. Bari (Tabelle 4, Nr. 20 u. 55), einer ein Kaufmann, der aus Venedig stammte, und ein Adliger aus Trani (Tabelle 4, Nr. 5 u. 57). Einer lässt sich keiner sozialen Gruppe zuordnen (Tabelle 4, Nr. 58).31 Tabelle 3: Handelsgesellschaften Traneser Neofiti im 15. Jahrhundert, die sich ganz oder teilweise aus Verwandten zusammensetzten Verwandte Personen A. 1.

Vor 1464

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Rainaldo de Barisano/ Francisco de Buctunis/Molillo de Buctunis/ Nicola de Gello Iacobo/ Marino de Bisancio Gabriele de Buctunis/ Riso de Buctunis/ Frederico Catalano Leucio/ Molillo de Buctunis Manillo de Buctunis/ Nicola de Buctunis Molillo de Buctunis/ Angelo/ Gaudio/ Palumbo de Roberto Nicola/ Parello de Buctunis Balduccio de Gello/ Gabriele Gentile/ Gaspare Gentile Gabriele Gentile/ Marsilio de Iacobuzzo/ Gabriele de Iacobuzzo Iohannes/ Zarulo de Riso Gaudio/ Gracioso de Roberto Gaudio/ Iohannes/ Palumbo de Roberto

B.

Nach 1464

13. 14.

Alfonso de Barisano/ Baldessare de Barisano/ Sansonecto de Gello Alfonso de Barisano/ Baldessare de Barisano/ Giliberto de Buctunis/ Palumbo de Gello Rainaldo de Barisano/ Mele de Barisano Francisco de Buctunis/ Annibale de Buctunis Francisco de Buctunis/ Tullio de Buctunis Francisco de Buctunis/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello/ Peregrino de Gello/ Sansonecto de Zardullo Francisco de Buctunis/ Troiano de Buctunis Gabriele de Buctunis/ Salvatore de Buctunis/ Victorio de Buctunis/ Bello de Bello Giliberto de Buctunis/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello/ Sansonecto de Zardullo

15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.

31

Verwandtschaftsverhältnis

Sohn/ Vater Sohn/ Vater Sohn/ Vater Sohn/ Vater Brüder Vater/ Sohn Brüder Brüder Vater/ Sohn Vater/ Sohn Vater/ Sohn bzw. Neffe/ Bruder bzw. Onkel

Vater/ Sohn Vater/ Sohn Brüder Brüder

Brüder

Die Personen, die keine Neuchristen waren, sind in Tabelle 2 kursiv gesetzt.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 22. 23. 24. 25. 26.

Giliberto de Buctunis/ Tullio de Buctunis Octaviano Catalano/ Valerio Catalano Balduccio de Bello/ Bello de Bello/ Abraham Levi Nicola de Gello/ Peregrino de Gello Gabriele de Iacobuzzo/ Marsilio Iacobuzzo/ Marino de Iacobuzzo

27. 28. 29. 30.

Sergio/ Sigismondo de Iacobuzzo Gaudio de Roberto/ Iohannes de Roberto Gaspare de Zardullo/ Gaytano de Zardullo Gaytano de Zardullo/ Salvatore de Zardullo

157

Onkel/ Neffe Vater/ Sohn Vater/ Sohn Bruder;Vater/ Bruder; Onkel/ Sohn; Neffe Vater/ Sohn

Die socii ihrer Handelsgesellschaften wählten die Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert also fast ausschließlich unter ihresgleichen aus, und da diese Handelsgesellschaften offensichtlich wiederum zu einem erheblichen Teil auf Verwandtschaftsbeziehungen beruhten, spricht dies dafür, dass sie auch ihre Ehepartner überwiegend innerhalb der eigenen Gruppe wählten. Welche Schlüsse sich bezüglich ihrer Exklusion aus bzw. ihrer Inklusion in die Stadtgesellschaft ziehen lassen, darauf wird später noch zurückzukommen sein. Zuvor soll jedoch noch die Binnenstruktur des Gesellschafternetzwerkes der Neuchristen kurz betrachtet werden. Strukturen der Gesellschafternetzwerke der Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert Von den insgesamt 63 Personen, aus denen sich die belegten Handelsgesellschaften der Neofiti von Trani rekrutierten, waren 30 nur bis 1464 aktiv, 33 nur nach 1464, zehn Personen waren in beiden Zeiträumen aktiv (Tabelle 4). Die Gesellschafterbeziehungen der Traneser Neuchristen zwischen 1452 und 1495 lassen sich daher in zwei zeitlich aufeinander folgende Netzwerke unterteilen, die durch eine intergenerationelle Brücke der zehn Akteure verbunden sind, die in beiden Zeiträumen aktiv waren. Das Netzwerk der Gesellschafter, die bis 1464 aktiv waren, besteht aus einer Hauptkomponente, in der 20 der insgesamt 30 Akteure miteinander verbunden sind. Die zehn restlichen verteilen sich auf drei Dyaden und eine Quatriade in Form eines Strahls (Abbildung 2). Das Gesellschafternetzwerk der Zeit nach 1464 ist größer. Es besteht aus 43 Akteuren, von denen zehn bereits vor 1464 aktiv waren. Sie bilden die erwähnte intergenerationelle Brücke zwischen den Netzwerken. Von den 43 Akteuren sind 31 in einer Hauptgruppe vernetzt, die zwölf restlichen bilden zwei Triaden und drei Dyaden (Abbildung 3). Betrachtet man die Zentralitätswerte für die Netzwerke als Ganzes, lässt sich erkennen, dass soziales Kapital unter den Neuchristen nur relativ schwach monopolisiert war. Sowohl vor als auch nach 1464 war das Netzwerk der Gesellschafterbeziehungen schwach zentralisiert, nämlich zu 9,61 Prozent bzw. 11,32 Prozent. Als Cluster sozialer Beziehungen waren die Neuchristen also eher horizontal als vertikal strukturiert. Der Vergleich der Netzwerke vor und nach 1464 macht außerdem wahrscheinlich, dass es innerhalb der Gruppe der Neuchristen von Trani eine erhebliche soziale Mobili-

158

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 4: Gesellschafter der Handelsgesellschaften der Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert 1. bis 1464 de Barisano 1 Rainaldo de Bisancio 2 Iacobo 3 Marino Catalano 4 Federico Bragandino 5 Francisco de Buctunis 6 Francisco 7 Gabriele 8 Leucio 9 Manillo 10 Molillo 11 Nicola 12 Parello 13 Riso de Gello 14 Balduccio 15 Nicola Gentile 16 Gabriele 17 Gapare de Iacobuzzo 18 Gabriele 19 Marsilo de La Rossa 20 Angelo Helie de Menna 21 Petruccio de Riso 22 Iohannes 23 Palumbo 24 Zarulo de Roberto 25 Angelo 26 Gaudio 27 Gracioso 28 Iohannes 29 Palumbo de Ursino 30 Francisco 2. ab 1464 de Bacho 31 Troylo de Barisano 32 Alfonso 33 Baldessare

34 Mele 1 Rainaldo 35 Talliano de Buctunis 36 Annibale 37 Angelo 6 Francisco 7 Gabriele 38 Giliberto 8 Leucio 39 Salvatore 40 Troiano 41 Tullio 42 Victorio de Catalano 43 Octaviano 44 Valerio de Gello 14 Balduccio 45 Bello 46 Berlingerio 47 Costantino 48 Gello Arturi 15 Nicola 49 Palumbo 50 Pellegrino 51 Sansonecto de Iacobuzzo 18 Gabriele 52 Marino 19 Marsilio 53 Sergio 54 Sigismondo Levi 55 Abraham Iudio de Mectulo de Manfridonia 56 Troiano Pizono 57 Iacobo de Roberto 26 Gaudio 28 Iohannes Sereno de Monopoli 58 Angelo de Zardullo 59 Gaspare 60 Gaytano 61 Princivallo 62 Salvatore 63 Sansonecto

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Francisco de Ursino

Riso de Buctunis

Gaspare Gentile

Frederico Catalano

Parello de Buctunis

Gabriele de Buctunis

Balduccio de Gello

159

Nicola de Buctunis

Gracioso de Roberto

Gabriele de Iacobuzzo Gabriele Gentile Marsilio de Iacobuzzo Gaudio de Roberto Angelo de Roberto Angelo Helie della Rossa Palumbo de Roberto Molillo de Buctunis Iohannes de Roberto Leucio de Buctunis

Manillo de Buctunis

Zarulo de Riso

FranciscoRainaldo de Buctunis de Barisano Nicola de Gello

Iohannes de Riso Palumbo de Riso

Francisco Bragadino

Petruccio de Menna Marino de Bisancio Iacobo de Bisancio

Abbildung 2: Das Gesellschafternetzwerk der Traneser Neofiti bis 1464

Salvatore de Zardullo Gaytano de Zardullo

Gello Arturi de Gello

Gaspare de Zardullo Valerio de Catalano

Annibale de Buctunis Nicola de Gello

Troiano de Buctunis

Octaviano de Catalano

Pellegrino de Gello

Sigismondo de Iacobuzzo

Troiano de Mectulo Iacobo Pizono

Sergio de Iacobuzzo Gaudio de Roberto Iohannes de Roberto

Costatino de Gello Giliberto de Buctunis

Alfonso de Barisano

Francisco de Buctunis Baldessare de Barisano Leucio de Buctunis

Berlingerio de Gello

Sansonecto de Zardullo

Palumbo de Gello Angelo Sereno de Monopoli

Marsilio de Iacobuzzo

Tullio de Buctunis

Troylo de Bacho Angelo de Buctunis

Gabriele de Buctunis Sansonecto de Gello

Rainaldo de Barisano Salvatore de Buctunis Victorio de Buctunis Princivallo de Zardullo Bello de Gello Mele de Barisano Taliano de Barisano

Marino de Iacobuzzo Gabriele de Iacobuzzo

Abraham Levi Iudio

Balduccio de Gello

Abbildung 3: Das Gesellschafternetzwerk der Traneser Neofiti nach 1464

160

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

tät gab. Denn einige Familien gewinnen deutlich an Zentralität, während andere erheblich an Zentralität einbüßen. Ausbauen konnten ihre Positionen vor allem die Angehörigen der Familie de Buctunis, die von Molillo de Buctunis abstammten. Dieser hatte vor 1464 zu den drei Akteuren mit den höchsten Zentralitätswerten gehört (Tabellen 6–9). Seine Söhne Leucio und Francisco gehören nach 1464 zur Spitze der Neuchristen. Daneben sind mit Giliberto und Troiano de Buctunis noch zwei weitere Söhne, mit Francisco de Buctunis’ Söhnen Annibale, Salvatore und Tullio zudem drei Enkel des Molillo de Buctunis im Gesellschafternetzwerk der Neofiti von Trani vertreten. Eine geringere Rolle spielen im Vergleich dazu die anderen Zweige der Familie de Buctunis, die mit Gabriele de Buctunis allerdings ebenfalls durch einen Akteur mit hoher Zentralität im Netzwerk vertreten sind (Tabellen 12–15). Ihre Positionen ausbauen konnten ebenfalls die Familien de Gello und de Barisano. Peregrino de Gello und Bello de Bello knüpfen an die Positionen ihrer Väter Nicola und Balduccio an, die im Netzwerk vor 1464 Positionen unmittelbar hinter der Spitzengruppe innehatten. Mit Palumbo gehört nun jedoch auch ein Angehöriger der Familie de Gello zu den Akteuren mit den höchsten Zentralitätswerten. Mit Alfonso, Baldessare und Rainaldo spielt die Familie de Barisano nach 1464 im Netzwerk der Gesellschafterbeziehungen quantitativ und qualitativ eine bedeutendere Rolle als vor 1464. Gänzlich neu ist die Position der Familie de Zardullo, die vor 1464 überhaupt nicht im Netzwerk erschien. Nach 1464 jedoch ist Sansonecto de Zardullo der Akteur mit dem zweithöchsten sozialen Kapital, und auch Princivallo de Zardullo kann noch zur Spitzengruppe des Netzwerkes gezählt werden. An Zentralität deutlich eingebüßt haben dagegen die Vertreter der Familien Gentile und de Roberto, aber auch Catalano und de Iacobuzzo. Im Netzwerk bis 1464 hatten die Brüder Angelo und Gaudio de Roberto sowie Gabriele Gentile gemeinsam mit Molillo de Buctunis die höchsten Zentralitätswerte (Tabellen 6–9). Sie waren also in diesem Zeitraum Persönlichkeiten, die das größte soziale Kapital auf sich vereinen konnten. Nach 1464 ist kein Angehöriger der Familie de Roberto noch mit zentralen Akteuren des Netzwerkes verbunden und gehört daher auch nicht mehr zur Hauptkomponente des Netzwerkes. Das Gleiche gilt für die Angehörigen der Familien Catalano und de Iacobuzzo (Abbildung 3). Überhaupt nicht mehr in Erscheinung treten die Gentile, die vor 1464 mit Gabriele Gentile einen in besonderer Weise profilierten Akteur im Netzwerk gestellt hatten. Die zentrale Position des Gabriele Gentile vor 1464 wird deutlich, wenn man die Subgruppen im Netzwerk der Gesellschafterbeziehungen bis 1464 betrachtet (Abbildungen 4 u. 5). Denn diese bilden eine Kernzone verdichteter sozialer Beziehungen innerhalb des Gesamtnetzwerkes. Die sozialen Platzierungen in dieser Kernzone sind daher in besonderem Maße aussagekräftig, bilden sie doch gleichsam die sozialen Platzierungen innerhalb einer ‚In-Group‘ ab. Die Gesellschafternetzwerke der Neuchristen von Trani bestehen aus den einzelnen Handelsgesellschaften, zu denen sich die einzelnen Akteure verbunden hatten, die über Akteure, die an mehreren Handelsgesellschaften beteiligt sind, miteinander vernetzt sind. Nimmt man als Mindestgröße für eine dicht vernetzte Subgruppe die Triade an,

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

161

dann zeigt sich, dass die Mehrzahl der Subgruppen innerhalb der Netzwerke identisch mit den belegten Handelsgesellschaften ist. Durch die Vernetzung der einzelnen Handelsgesellschaften entstanden aber auch neue Teilnetzwerke mit verdichteten sozialen Beziehungen. Im Gesellschafternetzwerk vor 1464 gab es acht solcher Teilnetzwerke (Tabelle 5; vgl. Tabelle 2). Sieben von Ihnen sind identisch mit Handelsgesellschaften (Nr. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8), eines jedoch entstand durch die Vernetzung der Akteure über verschiedene Handelsgesellschaften gleichsam neu (5). Tabelle 5: „Cliquen“ im Gesellschafternetzwerk vor 1464 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Rainaldo de Barisano/ Francesco de Buctunis/ Molillo de Buctunis/ Nicola de Gello (= HG 2) Molillo de Buctunis/ Angelo/ Gaudio/ Palumbo de Roberto (= HG 8) Gabriele de Buctunis/ Riso de Buctunis/ Frederico Catalano (= HG 4) Gabriele de Buctunis/ Frederico Catalano/ Gabriele Gentile (= HG 5) Balduccio de Gello/ Gabriele Gentile/ Marsilio de Iacobuzzo/ Angelo de Roberto Balduccio de Gello/ Gabriele Gentile/ Gaspare Gentile (= HG 11) Gabriele Gentile/ Marsilio de Iacobuzzo/ Gabriele de Iacobuzzo (= HG 14) Gaudio/ Iohannes/ Palumbo de Roberto (= HG 18)

Die Kernzone der verdichteten sozialen Beziehungen bestand also aus gut der Hälfte (16 von 30) der Personen, die in das Gesamtnetzwerk der Gesellschafterbeziehungen bis 1464 eingebunden waren. Sie gehören alle zur Hauptkomponente des Netzwerkes (Abbildungen 4 und 5). Iohannes de Roberto 8 Palumbo de Roberto Balduccio de Gello Gaudio de Roberto Marsilio de Iacobuzzo Gabriele de Iacobuzzo 2 Molillo de Buctunis 7 1 6 5 Angelo de Roberto Gaspare Gentile

Gabriele Gentile 4

Gabriele de Buctunis 3

Frederico Catalano

Riso de Buctunis

Abbildung 4: ‚Cliquen‘ im Gesellschafternetzwerk vor 1464

Nicola de Gello

Francisco de Buctunis Rainaldo de Barisano

162

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft Gaudio de Roberto

Iohannes de Roberto Gabriele de Iacobuzzo Balduccio de Gello Marsilio de Iacobuzzo

Nicola de Gello

Palumbo de Roberto

Angelo de Roberto

Rainaldo de Barisano

Molillo de Buctunis

Gaspare Gentile Francisco de Buctunis

Gabriele Gentile

Gabriele de Buctunis

Frederico Catalano

Riso de Buctunis

Abbildung 5: ‚Cliquen‘ im Gesellschafternetzwerk vor 1464

Die höchste Anzahl an ‚Mitgliedschaften‘ in den Cliquen weist mit vier von acht Gabriele Gentile auf. In der Kernzone der verdichteten Beziehungen der Teilnetzwerke hat er auch die höchste Gradzentralität von neun Beziehungen und die zweithöchste Betweennesszentralität (Tabellen 10 u. 11).32 Gabriele Gentile ist einer von zwei Neuchristen, die als Syndici von Trani belegt sind, und zwar im Jahr 1464.33 In diesem Jahr bemühte sich die Stadt um die Rückkehr jener Neuchristen, die zu diesem Zeitpunkt noch im Exil waren, in das sie während der Zeit der innerstädtischen Kämpfe gegangen waren. Die Netzwerkanalyse der Gesellschafterbeziehungen der Neofiti von Trani zeigt, dass sie dabei von einer Persönlichkeit vertreten wurden, die unter den Neuchristen in besonderer Weise gut vernetzt war. Damit macht sie abermals die Annahme plausibel, dass Akteure mit hoher Zentralität in einem Netzwerk soziale Ressourcen wie zum Beispiel Konsens mobilisieren können. Gleichzeitig verweist sie auf Interdependenzen zwischen den Strukturen des Netzwerkes und der Stellung der Neuchristen in der Stadtgesellschaft.

32

33

Die hohe Gradzentralität innerhalb des Cliquennetzwerks, die höher ist als die Gesamtzahl seiner sozialen Beziehungen innerhalb des Netzwerks, ergibt sich daraus, dass er mit einigen Personen gemeinsam in unterschiedlichen Cliquen erscheint, diese Personen also mehrfach gezählt werden. Vitale, Trani (1912), Nr. 46; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 47; vgl. ebd. Nr. 57.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 6: Gradzentralitäten im Gesellschafternetzwerk bis 1464 Rang

Akteur

Nr.

Grad

norm.

Anteil

1 2 2 4 5 6 6 6 6 6 11 11 11 11 11 11 11 11 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19

Gaudio de Roberto Molillo de Buctunis Gabriele Gentile Angelo de Roberto Palumbo de Roberto Frederico Catalano Gabriele de Buctunis Balduccio de Gello Nicola de Gello Gabriele de Iacobuzzo Rainaldo de Barisano Francisco de Buctunis Marsilio de Iacobuzzo Nicola de Buctunis Parello de Buctunis Riso de Buctunis Gaspare Gentile Iohannes de Roberto Iacobo de Bisancio Marino de Bisancio Francisco Bragadino Leucio de Buctunis Manillo de Buctunis Angelo dela Rossa Petruccio de Menna Iohannes de Riso Palumbo de Riso Zarulo de Riso Gracioso de Roberto Francisco de Ursino

26 10 16 25 29 4 7 14 15 18 1 6 19 11 12 13 17 28 2 3 5 8 9 20 21 22 23 24 27 30

8.000 7.000 7.000 6.000 5.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000

13.793 12.069 12.069 10.345 8.621 6.897 6.897 6.897 6.897 6.897 5.172 5.172 5.172 3.448 3.448 3.448 3.448 3.448 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724 1.724

0.095 0.083 0.083 0.071 0.060 0.048 0.048 0.048 0.048 0.048 0.036 0.036 0.036 0.024 0.024 0.024 0.024 0.024 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012

Tabelle 7: Bonacich-Zentralität im Gesellschafternetzwerk der Neuchristen bis 1464 Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 8

Akteur

Nr.

Grad

norm.

Gaudio de Roberto Angelo de Roberto Molillo de Buctunis Gabriele Gentile Palumbo de Roberto Gabriele de Iacobuzzo Balduccio de Gello Frederico Catalano Gabriele de Buctunis

26 25 10 16 29 18 14 4 7

17.184 15.437 15.261 14.540 13.414 9.615 9.287 8.135 8.135

12.160 10.924 10.800 10.289 9.492 6.804 6.572 5.757 5.757

163

164 10 11 12 12 14 15 16 17 17 19 20 20 22 23 23 23 23 23 23 29 29

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft Nicola de Gello Marsilio de Iacobuzzo Rainaldo de Barisano Francisco de Buctunis Iohannes de Roberto Gaspare Gentile Riso de Buctunis Angelo dela Rossa Gracioso de Roberto Leucio de Buctunis Nicola de Buctunis Parello de Buctunis Francisco Bragandino Iacobo de Bisancio Marino de Bisancio Petruccio de Menna Iohannes de Riso Palumbo de Riso Zarulo de Riso Manillo de Buctunis Francisco de Ursiono

15 19 1 6 28 17 13 20 27 8 11 12 5 2 3 21 22 23 24 9 30

7.587 7.919 6.491 6.491 5.641 4.835 3.936 3.045 3.045 2.816 2.445 2.445 1.903 1.135 1.135 1.135 1.135 1.135 1.135 1.291 1.291

5.369 5.604 4.594 4.594 3.992 3.422 2.785 2.155 2.155 1.993 1.730 1.730 1.347 0.803 0.803 0.803 0.803 0.803 0.803 0.913 0.913

Tabelle 8: Verbundenheitszentralität im Gesellschafternetzwerk bis 1464 Rang

Akteur

Nr.

Entferntheit

Verbundenheit

1. 2. 3. 4. 4. 6. 7. 7. 9. 10. 10. 12. 12. 14. 14. 14. 14. 18. 19. 20.

Angelo de Roberto Molillo de Buctunis Gaudio de Roberto Gabriele Gentile Palumbo de Roberto Marsilio de Iacobuzzo Gabriele de Iacobuzzo Balduccio de Gello Nicola de Gello Francisco de Buctunis Rainaldo de Barisano Leucio de Buctunis Iohannes de Roberto Gracioso de Roberto Gabriele de Buctunis Frederico Catalano Angelo dela Rossa Gaspare Gentile Francisco Bragandino Riso de Buctunis

25 10 26 16 29 19 18 14 15 6 1 8 28 27 7 4 20 17 5 13

34.000 36.000 37.000 40.000 40.000 42.000 44.000 44.000 50.000 51.000 51.000 54.000 54.000 55.000 55.000 55.000 55.000 57.000 68.000 72.000

55.882 52.778 51.351 47.500 47.500 45.238 43.182 43.182 38.000 37.255 37.255 35.185 35.185 34.545 34.545 34.545 34.545 33.333 27.941 26.389

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 9: Betweennesszentralität im Gesellschafternetzwerk bis 1464 Rang

Akteur

1 Molillo de Buctunis 2 Angelo de Roberto 3 Gabriele Gentile 4 Gaudio de Roberto 5 Nicola de Gello 6 Marsilio de Iacobuzzo 7 Gabriele de Buctunis 7 Frederico Catalano 9 Palumbo de Roberto 10 Balduccio de Gello 11 Parello de Buctunis 11 Nicola de Buctunis 13 Gabriele de Iacobuzzo alle anderen 0

Nr.

Betweenness

norm.

10 25 16 26 15 19 7 4 29 14 12 11 18

74.000 66.633 56.933 51.267 18.000 10.367 8.500 8.500 6.067 5.900 2.000 2.000 0.833

18.227 16.412 14.023 12.627 4.433 2.553 2.094 2.094 1.494 1.453 0.493 0.493 0.205

Tabelle 10: Gradzentralitäten in der Kernzone des Gesellschafternetzwerkes vor 1464 Rang

Akteur

Nr.

Grad

norm.

Anteil

1 2 2 4 4 4 4 8 8 10 10 10 13 13 13 13

Gabriele Gentile Molillo de Buctunis Angelo de Roberto Balduccio de Gello Gabriele de Iacobuzzo Gaudio de Roberto Palumbo de Roberto Frederico Catalano Gabriele de Buctunis Rainaldo de Barisano Francisco de Buctunis Nicola de Gello Riso de Buctunis Gapare Gentile Marsilio de Iacobuzzo Iohannes de Roberto

16 10 25 14 18 26 29 4 7 1 6 15 13 17 19 28

9.000 6.000 6.000 5.000 5.000 5.000 5.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 2.000 2.000 2.000 2.000

15.517 10.345 10.345 8.621 8.621 8.621 8.621 6.897 6.897 5.172 5.172 5.172 3.448 3.448 3.448 3.448

0.136 0.091 0.091 0.076 0.076 0.076 0.076 0.061 0.061 0.045 0.045 0.045 0.030 0.030 0.030 0.030

165

166

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 11: Betweennesszentralitäten in der Kernzone des Gesellschafternetzwerkes vor 1464 Rang

Akteur

Nr.

Betweenness

norm.

1 2 3 4 4 4 4 8 8

Angelo de Roberto Gabriele Gentile Molillo de Buctunis Frederico Catalano Gabriele de Buctunis Gaudio de Roberto Palumbo de Roberto Balduccio de Gello Gabriele de Iacobuzzo

25 16 10 4 7 26 29 14 18

56.000 46.000 36.000 6.500 6.500 6.500 6.500 4.500 4.500

13.793 11.330 8.867 1.601 1.601 1.601 1.601 1.108 1.108

Tabelle 12: Gradzentralitäten im Gesellschafternetzwerk nach 1464 Rang

Akteur

Nr.

Grad

norm.

Anteil

1 2 3. 4. 5 5. 7. 7. 9. 10. 10. 12. 12. 12. 12. 12. 12. 18 18 18 18 18 18 18 18 18 18 28

Leucio de Buctunis Sansonecto de Zardullo Palumbo de Gello Francisco de Buctunis Alfonso de Barisano Gabriele de Buctunis Bello de Bello Peregrino de Gello Baldessare de Barisano Sansonecto de Gello Giliberto de Buctunis Annibale de Buctunis Berlingerio de Gello Rainaldo de Barisano Victorio de Buctunis Salvatore de Buctunis Princivallo de Zardullo Troylo de Bacho Gabriele de Iacobuzzo Constantino de Gello Abraham Levi Angelo de Buctunis Tullio de Buctunis Marsilio de Iacobuzzo Gaytano de Zardullo Balduccio de Gello Marino de Iacobuzzo Gello Arturi de Gello Valerio de Catalano Taliano de Barisano

8 63 49 6 32 7 45 50 33 51 38 36 46 1 42 39 61 31 18 47 55 37 41 19 60 14 52 48 44 35

12.000 10.000 8.000 7.000 6.000 6.000 5.000 5.000 5.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 1.000 1.000 1.000

14.286 11.905 9.524 8.333 7.143 7.143 5.952 5.952 5.952 4.762 4.762 3.571 3.571 3.571 3.571 3.571 3.571 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 1.190 1.190 1.190

0.095 0.079 0.063 0.056 0.048 0.048 0.040 0.040 0.040 0.032 0.032 0.024 0.024 0.024 0.024 0.024 0.024 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.008 0.008 0.008

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Iohannes de Roberto Nicola de Gello Octaviano de Catalano Sigismondo de Iacobuzzo Mele de Barisano Troiano de Mectulo Iacobo Pizone Angelo Sereno Gaspare de Zardullo Gaudio de Roberto Troiano de Buctunis Salvatore de Zardullo Sergio de Iacobuzzo

28 15 43 54 34 56 57 58 59 26 40 62 53

1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000

1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190 1.190

Tabelle 13: Bonacich-Zentralität im Gesellschafternetzwerk nach 1464 Rang

Akteur

Nr.

Grad

norm.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24

Leucio de Buctunis Sansonecto de Zardullo Palumbo de Gello Francisco de Buctunis Gabriele de Buctunis Peregrino de Gello Alfonso de Barisano Baldessare de Barisano Sansonecto de Gello Bello de Bello Giliberto de Buctunis Berlingerio de Gello Princivallo de Zardullo Victorio de Buctunis Salvatore de Buctunis Rainaldo de Barisano Troylo de Bacho Annibale de Buctunis Tullio de Buctunis Constantino de Gello Angelo de Buctunis Iacobo Pizone Troiano de Mectulo Balduccio de Bello Abraham Levi Troiano de Buctunis Gabriele de Iacobuzzo Marsilio de Iacobuzzo Marino de Iacobuzzo Nicola de Gello Gaytano de Zardullo

8 63 49 6 7 50 32 33 51 45 38 46 61 42 39 1 31 36 41 47 37 57 57 14 55 40 18 19 52 15 60

29.192 25.565 22.712 16.599 15.004 13.962 12.722 11.592 8.956 8.012 7.295 6.891 6.178 5.668 5.668 5.661 5.356 5.020 4.222 3.650 3.407 3.378 3.112 3.027 3.027 2.544 2.457 2.457 2.457 2.298 2.224

20.969 18.364 16.315 11.924 10.778 10.029 9.138 8.327 6.433 5.756 5.240 4.950 4.438 4.071 4.071 4.067 3.847 3.606 3.033 2.622 2.448 2.426 2.236 2.174 2.174 1.827 1.765 1.765 1.765 1.651 1.598

26 27 30 31

0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008

167

168 32 33 35 36 38

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft Taliano de Barisano Mele de Barisano Angelo Sereno Gello Arturi de Gello Gaspare de Zardullo Salvatore de Zardullo Gaudio de Roberto Iohannes de Roberto Octaviano Catalano Valerio Catalano Sergio de Iacobuzzo Sigismondo de Iacobuzzo

35 34 58 48 59 62 26 28 43 44 53 54

1.575 1.527 1.527 1.467 1.207 1.207 1.103 1.103 1.103 1.103 1.103 1.103

1.131 1.097 1.097 1.054 0.867 0.867 0.792 0.792 0.792 0.792 0.792 0.792

Tabelle 14: Verbundenheitszentralität im Gesellschafternetzwerk nach 1464 Rang

Akteur

Nr.

Entferntheit

Verbundenheit

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 15 17 18 18 20 21 22 23 24 25 26 27 27 29 29 29

Leucio de Buctunis Sansonecto de Zardullo Palumbo de Gello Francisco de Buctunis Gabriele de Buctunis Peregrino de Gello Alfonso de Barisano Sansonecto de Gello Baldessare de Barisano Princivallo de Zardullo Berlingerio de Gello Troylo de Bacho Rainaldo de Barisano Iacobo Pizono Annibale de Buctunis Tullio de Buctunis Bello de Bello Victorio de Buctunis Salvatore de Buctunis Troiano de Mectulo Troiano de Buctunis Giliberto de Buctunis Constantino de Gello Angelo de Buctunis Nicola de Gello Taliano de Barisano Angelo Sereno Mele de Barisano Abraham Levi Gello Arturi de Gello Balduccio de Bello

8 63 49 6 7 50 32 51 33 61 46 31 1 57 36 41 45 42 39 56 40 38 47 37 15 35 58 34 55 48 14

55.000 58.000 63.000 64.000 66.000 69.000 73.000 75.000 76.000 79.000 80.000 82.000 83.000 87.000 88.000 88.000 89.000 91.000 91.000 92.000 93.000 94.000 96.000 97.000 98.000 108.000 112.000 112.000 117.000 117.000 117.000

54.545 51.724 47.619 46.875 45.455 43.478 41.096 40.000 39.474 37.975 37.500 36.585 36.145 34.483 34.091 34.091 33.708 32.967 32.967 32.609 32.258 31.915 31.250 30.928 30.612 27.778 26.786 26.786 25.641 25.641 25.641

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 15: Betweennesszentralität im Gesellschafternetzwerk nach 1464 Rang

Akteur

Nr.

Betweenness

norm.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14 15 16 17 18 19

Leucio de Buctunis Sansonecto de Zardullo Gabriele de Buctunis Francisco de Buctunis Rainaldo de Barisano Bello de Bello Palumbo de Gello Princivallo de Zardullo Annibale de Buctunis Alfonso de Barisano Peregrino de Gello Sansonecto de Gello Baldessare de Barisano Giliberto de Buctunis Berlingerio de Gello Constantino de Gello Tullio de Buctunis Angelo de Buctunis Gaytano de Zardullo

8 63 7 6 1 45 49 61 36 32 50 51 33 38 46 47 41 37 60

170.683 142.117 125.000 100.667 57.000 56.000 43.000 38.917 35.167 32.817 29.000 25.417 8.317 7.067 6.333 5.667 4.833 2.000 1.000

19.824 16.506 14.518 11.692 6.620 6.504 4.994 4.520 4.084 3.811 3.368 2.952 0.966 0.821 0.736 0.658 0.561 0.232 0.116

169

170

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Die Neofiti von Trani im Gesamtnetzwerk der Zeugenbeziehungen Die Position der Neofiti von Trani im Gesamtnetzwerk der städtischen Gesellschaft lässt sich nur anhand der sozialen Beziehungen überprüfen, die sich in einer sehr spezifischen Form des regelmäßig wiederkehrenden sozialen Handelns manifestierten: ihrer Mitwirkung als Zeugen bei Beurkundungen, genauer: bei der Erstellung von Notariatsinstrumenten. Nur hierfür liegen ausreichend Belege vor, die sich mithilfe der Netzwerkanalyse auswerten lassen. Doch welche Rückschlüsse auf die sozialen Bindungen zwischen den beteiligten Personen ermöglicht die Analyse der Bezeugungspraxis von Urkunden? Die Beziehungen zwischen Ausstellern und Zeugen Zeugen spielten in der Beurkundungspraxis des spätmittelalterlichen Süditalien eine wesentlich größere Rolle als etwa in Mittel- und Oberitalien. Dies hatte Folgen für die Beziehungen zwischen den Parteien von Rechtsgeschäften und den Zeugen. Für die Rechtskraft von Notariatsinstrumenten bedurfte es im mittelalterlichen Süditalien nämlich neben der Unterschrift des Notars auch der des Iudex ad Contractus sowie der eigenhändigen Unterschrift mindestens zweier Zeugen.34 Für die Parteien eines Rechtsgeschäfts verbot es sich daher geradezu, zu seiner Beurkundung Personen als Zeugen heranzuziehen, die sie nicht kannten, wie dies aus Ober- und Mittelitalien durchaus häufig belegt ist. Denn auch in Süditalien verzichteten die Parteien eines Rechtsgeschäfts in der Regel auf die kostspielige Ausfertigung einer Pergamenturkunde und ließen den Vertrag nur in die Imbreviaturen, also die Register der Notare aufnehmen. Erst dann, wenn sie einen Beweistitel brauchten, ließen sie den Akt mundieren.35 Die Bruderschaft der Domkanoniker von Trani zum Beispiel ließ sich im Jahr 1496 ein intercetera des Testaments des Neuchristen Antonio de Buctunis vom 2. Juli 1471 ausfertigen, das heißt eine Urkunde über das Legat, das er bzw. sein Vater Nicola de Buctunis der Bruderschaft vermacht hatte.36 Denn dieses war 25 Jahre nach der Aufsetzung des Testaments noch nicht ausgeführt, was nicht völlig ungewöhnlich war. Es war daher wahrscheinlich die Vertreibung der Neuchristen aus Trani ein Jahr zuvor, die für die Domkanoniker die Frage aufwarf, wie sie denn nun noch an ihr Legat kommen sollten, und sie veranlasste, sich sicherheitshalber ein Notariatsinstrument darüber ausstellen zu lassen. Anders als in Ober- und Mittelitalien genügte die Imbreviatur allein jedoch nicht als Beweismittel. Für die Mundierung eines instrumentum publicum bedurfte es auch der

34

35

36

Stürner (Hg.), Konstitutionen Friedrichs II (1996), 1/82; vgl. hierzu Dilcher, Notariat in den Gesetzen des staufischen Sizilien (1981), 62f.; Caravale, Legislazione sul Notariato (1982), 106f., 145. Zu dieser Praxis Meyer, Felix et inclitus notarius (2000), 4, 146; für den italienischen Süden Caravale, Legislazione sul Notariato (1982), 162. BDT A 675/712.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

171

Bekräftigung des Inhalts des Registereintrags durch mindestens einen der Zeugen, die bei dem Rechtsakt mitgewirkt hatten.37 Die Imbreviatur hatte in Süditalien also nicht die gleiche Rechtssicherheit wie eine ausgefertigte Urkunde. Nur wenn wenigstens einer der Zeugen, die einstmals an dem Rechtsakt beteiligt waren, ihren Inhalt bestätigte, konnte sie zu einer rechtskräftigen Urkunde mundiert werden. Die süditalienischen Rechtsgelehrten beschäftigten sich daher immer wieder mit den Problemen, die dadurch entstanden, dass Verträge, die nur als Imbreviatur aufgezeichnet worden waren, nach dem Tod der Zeugen nicht mehr als rechtskräftige Urkunde mundiert werden konnten.38 Für die Parteien eines Vertrags bedeutete dies nun, dass sie stark daran interessiert sein mussten, der Zeugen des Rechtsakts notfalls auch noch in nicht allzu naher Zukunft habhaft werden zu können. Es war daher ratsam, Personen als Zeugen heranzuziehen, bezüglich deren künftiger Erreichbarkeit eine gewisse Erwartungssicherheit bestand und die auch bereit waren, im eventuellen Streitfall, wenn aus der Imbreviatur eine Urkunde mundiert werden musste, den eigenen Rechtsanspruch zu bekräftigen. Man muss also von einer erheblichen sozialen Nähe zwischen den Vertragsparteien und ihren Zeugen ausgehen. ‚Loose ties‘: Die Beziehungen zwischen den Zeugen untereinander Doch bestanden nicht nur soziale Beziehungen zwischen den Parteien eines Rechtsgeschäfts und ihren Zeugen, sondern offensichtlich auch zwischen den Zeugen selbst. So erscheinen in den Zeugenlisten der Notariatsinstrumente aus dem Trani des 15. Jahrhunderts häufig mehrere Personen, die nach Ausweis ihrer Namen zur selben Familie gehörten und teilweise auch explizit als enge Verwandte qualifiziert sind, etwa Vater und Sohn oder Brüder.39 Und es stellt sich die Frage, ob nicht auch bestimmte Zeugen eines Rechtsgeschäftes Einfluss auf die Auswahl der Zeugen nahmen, indem etwa der Vater den Sohn zur Bezeugung mitbrachte oder ein Bruder den anderen. Die in den Quellen beobachtbare soziale Nähe zwischen den Zeugen lässt sich jedoch auch grundsätzlicher erklären. Mark Granovetter hat 1973 die Theorie der ‚unwahrscheinlichen Triade‘ formuliert, die in der Netzwerkanalyse Epoche gemacht hat: Sind in einem Netzwerk zwei Personen (B und C) mit ein und derselben dritten Person (A) verbunden, so ist es unwahrscheinlich, dass sie untereinander keine Beziehung unterhalten. Stattdessen müsse man davon ausgehen, dass auch sie (B und C) eine soziale Beziehung 37

38 39

Meyer, Felix et inclitus notarius (2000), 147; Caravale, Legislazione sul Notariato (1982), 109f., 145, 151; zu Imbreviaturen im spätmittelalterlichen Süditalien vgl. Cordasco, Più antichi registri di imbreviature (1993), mit der dortigen Literatur; allgemein vgl. Dolezalek, Art. Imbreviatur (1978). Caravale, Legislazione sul Notariato (1982), 118f., 145. BDT A 308/341, A 338/370, A 339/371, A 356/386, A 438/472, A 449/482, A 459/592, A 463/496, A 475/508, A 476/509, A 501/538, A 516/553, A 526/563, A 536/574, A 557/597, A 563/603, A 564/604, A 571/610, A 597/635, A 600/638, A 601/639, A 617/655, A 640/677, A 644/681, A 647/684, A 653/690, A 654/691, A 665/702, A 675/712; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 57f., 67, 77, 83, 99, 109, 112, 150, 174, 200, 217, 222, 247.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

unterhalten, auch wenn diese vermittelte soziale Beziehung nicht unbedingt die gleiche Stärke habe, wie die unmittelbare Beziehung (zu A). Granovetter klassifizierte sie deshalb als ‚schwache Beziehung‘ (‚loose tie‘).40 C

A

B

Abbildung 6: ‚Unwahrscheinliche Triade‘ nach Granovetter

Granovetters Theorem lässt sich am Netzwerk der sozialen Beziehungen, die zwischen Testatoren und Testamentszeugen im Trani des 15. Jahrhunderts bestand, verifizieren. Denn hier lässt sich häufig beobachten, dass Angehörige von Familien, die in Zeugenbeziehungen zu einer dritten Familie standen, auch untereinander solche Zeugenbeziehungen unterhielten. Dabei ergaben sich enge Vernetzungen zwischen den beteiligten Personen und Familien. Am 14. Januar 1412 etwa bezeugen mit Goffrido und Alberico gleich zwei Mitglieder der Familie Palagano das Testament der Margarita de Sifola. Dabei agieren sie auch gemeinsam mit Andreas de Campanino.41 Letzterer gehört dann zu den Zeugen, als am 21. Juni 1429 Margaritella Palagana ihr Testament macht, sodass sich die Triade der Zeugenbeziehungen zwischen den Familien Sifola, Palagano und Campanino schließt.42 Auch zwischen den Familien Palagano, Stanga und Bonismiro bestand eine solche ‚wahrscheinliche‘ Triadenbeziehung. Denn als 1447 Angelillo Palagano sein Testament macht, zieht er unter anderem Georgio Stanga und zwei Söhne des Iohannes de Bonismiro, Marino und Spirito, als Zeugen hinzu.43 Ihr Vater Iohannes gehört dann zehn Jahre später zu den Zeugen des Testaments der Elisabeth Stanga.44 Zahlreiche weitere Beispiele ließen sich anfügen. Die von Granovetter für Netzwerke angenommenen schwachen Beziehungen waren also auch unter den Familien gegeben, deren Angehörige im Trani des 15. Jahrhunderts gemeinsam Rechtsakte bezeugten. Im spätmittelalterlichen Süditalien manifestieren sich in der Bezeugung von Privaturkunden somit zwei Typen sozialer Beziehungen: erstens die Beziehungen zwischen den Zeugen und den Parteien des Rechtsgeschäfts und zweitens die ‚schwachen Bindungen‘ 40 41 42 43 44

Granovetter, Strength of Weak Ties (1973). Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 57. Ebd., Nr. 99. Ebd., Nr. 150. BDT A 476/509.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

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der Zeugen untereinander. Aus Gründen der Überlieferung und der Methode ist im Fall der Stadtgesellschaft von Trani im 15. Jahrhundert jedoch nur eine Analyse der Netzwerke möglich, die die sozialen Beziehungen bildeten, die sich in den Kontakten der Zeugen untereinander manifestierten. Untersuchungsdesign: Quellen, Aufnahme der Personen Quellengrundlage für die Netzwerkanalyse der Zeugenbeziehungen sind in erster Linie die erhaltenen 302 Notariatsinstrumente aus dem Trani des 15. Jahrhunderts sowie die Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto. Von den Notariatsinstrumenten aus Trani sind 104 bereits von Beltrani und Carabellese ediert worden.45 Die restlichen sind unediert. Sie stammen aus dem Bestand der erzbischöflichen Kirche von Trani und werden größtenteils in der Biblioteca Diocesana von Trani aufbewahrt.46 Diese 198 unedierten Notariatsinstrumente wurden für diese Arbeit erstmals ausgewertet. Auch die Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto sind auszugsweise durch Carabellese ediert worden.47 Dabei sind die Zeugenlisten jedoch nicht mittranskribiert worden, sodass diese hier gleichfalls erstmals ausgewertet werden. Wie bei der Analyse der Gesellschafterbeziehungen wurde auch bei der Untersuchung der Zeugenbeziehungen ein zeitlicher Schnitt vorgenommen, der im Jahr 1464 angesetzt wurde. Dies soll den Wandel in der Struktur des Netzwerkes fassbar machen. Doch auch durch die Überlieferungssituation ist der Schnitt gerechtfertigt. Denn mit dem Jahr 1464 setzt die kontinuierliche Präsenz der Neuchristen von Trani in den Zeugenlisten der Notariatsinstrumente wieder ein, die von 1457 bis 1464 (mit einer Ausnahme) unterbrochen war. Diese Unterbrechung war Folge der politischen Unruhen in der Mitte des 15. Jahrhunderts, während derer die Stellung der Neofiti in der Stadt grundsätzlich infrage gestellt wurde. Der zeitliche Schnitt im Jahr 1464 ermöglicht daher auch, die Stellung der Neofiti vor und nach der Phase der innerstädtischen Konflikte zu analysieren. Anders als bei der Analyse der Gesellschafterbeziehungen sind die Untersuchungseinheiten der Netzwerkanalyse, also die „sozialen Atome“ bzw. die Knoten des Netzwerkes der Zeugenbeziehungen, nicht Einzelpersonen, sondern Familien. Es geht um die Beziehungen von Familien und nicht von Individuen. Dies ermöglicht es, die Vernetzung in der Stadtgesellschaft von Trani über längere Zeiträume und in größeren Zusammenhängen zu untersuchen, als es die Analyse der Beziehungen von Einzelpersonen erlaubt hätte. Zudem trägt dieser Ansatz der Tatsache Rechnung, dass soziale Beziehungen als soziales Kapital in der Vormoderne kein Besitz war, über den der Einzelne frei verfügen konnte, sondern der wie andere Kapitalien gemeinsam mit Verwandten ererbt, erworben 45

46

47

Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 50f., 54f., 57f., 60f., 64, 66f., 70, 77, 80f., 83, 87, 89, 91, 95–97, 99–101, 105f., 108f., 112, 114f., 117, 120, 122, 127–129, 135, 137, 144, 147, 149–151, 155, 157–159, 163f., 174, 176f., 179, 181–183, 186f., 189, 190–193, 195, 197, 200f., 203, 205–208, 210, 212, 214–219, 222–225, 227–238, 243, 247f.; Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 88, 90f. Zu den Beständen der Biblioteca Diocesana von Trani vgl. Scarano, Regesto 1 (1982); Ders., Regesto 2 (o. J.). Carabellese, La Puglia 1 (1901), 66–223.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

und gepflegt wurde. Auch im Trani des 15. Jahrhunderts wurden zum Beispiel Eheallianzen über Generationen hinweg erneuert und die Bindungen zwischen den Familien immer wieder aktualisert.48 Der Datensatz, auf dem die Netzwerkanalyse basiert, beruht auf Personen, die sich aufgrund eines kontinuierlich verwendeten Cognomens bestimmten Familien aus dem Trani des 15. Jahrhunderts zuordnen, oder sich durch die Verwendung von Patronymen als Verwandtschaftsgruppen fassen lassen.49 In den untersuchten Netzwerken der ‚Zeugenbeziehungen‘ erscheinen aber lange nicht alle Familien, deren Namen in den Zeugenlisten der Privaturkunden aus dem Trani des 15. Jahrhunderts belegt sind. Vielmehr erfolgte eine Auswahl, die auf zwei methodischen Grundüberlegungen beruht. Die erste methodische Grundüberlegung betrifft die Frage, welche Zeugenkontakte als Manifestation einer sozialen Beziehung anzusehen sind. Notariatsinstrumente beurkunden in den allermeisten Fällen Rechtsgeschäfte, an denen zwei Parteien beteiligt waren. In der Regel geht aus ihnen nicht hervor, welche der beiden Parteien welchen Zeugen gestellt hat. Es lässt sich daher vielfach nicht klären, zwischen welcher der Personen, die an dem beurkundeten Rechtsgeschäft beteiligt waren, und welchem der Zeugen soziale Nahbeziehungen bestanden haben. Diese Unklarheit besteht auch bei Notariatsinstrumenten, die Testamente beurkunden. Zwar wurden Richter, Notar und Zeugen bei der Beurkundung letztwilliger Verfügungen auf Bitten des Ausstellers bzw. eines Beauftragten desselben an den Ort gerufen, an dem sich dieser gerade befand, also zumeist zu ihm nach Hause. Der Großteil der Vermächtnisse erfolgte zudem in der eigenen Familie, sodass gebende und empfangende Partei des Testaments identisch waren. Allerdings beinhalteten Testamente in der Regel auch Legate zugunsten Dritter, vor allem verschiedener Kirchen bzw. geistlicher und monastischer Gemeinschaften, aber auch an natürliche Personen. Man kann nicht ausschließen, dass sich dies nicht auch in der Auswahl der Zeugen niederschlug. Das bereits erwähnte Testament des Neuchristen Antonio de Buctunis vom 2. Juli 1471 etwa wurde von neun Personen bezeugt.50 Sieben von diesen gehörten zu Neuchristenfamilien aus Trani, die mit der Familie de Buctunis in belegten Nahbeziehungen standen. Hatten Angehörige dieser Familien mit Angehörigen der de Buctunis doch immer wieder Handelsgesellschaften gebildet. Als sich die Bruderschaft der Domkanoniker von Trani im Jahr 1496 das erwähnte Intercetera über ein Legat ausfertigen ließ, das Antonio bzw. sein Vater Nicola de Buctunis der Bruderschaft vermacht hatte, wurde dies von keinem der sieben Neuchristen unterschrieben, die das Testament bezeugt hatten. Denn diese waren, soweit sie 25 Jahre später noch am Leben waren, 1495 aus der Stadt vertrieben worden. Die Urkunde trägt nur die Zeugenunterschrift des Diakons Paulo de Franciscis. Man darf wohl davon ausgehen, dass dieser bereits 1471 gleichsam der Zeuge der Buderschaft war.

48 49 50

Vitale, Patriziato Urbano (1980), 131f. S. hierzu auch u. Prosopografie, Einleitung. BDT A 675/712.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

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Nur in wenigen Einzelfällen – wie dem geschilderten – erlaubt es die Überlieferung, die Zeugen so eindeutig den Parteien zuzuordnen, die an dem entsprechenden Rechtsakt beteiligt waren. Auch in diesem besteht noch eine Restunschärfe: Mit einem gewissen Antonio de Grosea ist noch ein weiterer Zeuge genannt, über dessen Beziehungen zu den Parteien sich keine plausiblen Hypothesen bilden lassen. Die belegten Kontakte der Zeugen lassen sich daher sinnvoll nur aufgrund formaler Kriterien als Manifestation von sozialen Beziehungen werten. In erster Linie wurden daher jene Zeugenkontakte in den Datensatz aufgenommen, die mindestens zweimal in verschiedenen Urkunden belegt sind. Zu diesen treten noch jene Doppelkontakte hinzu, die zwar nur in einem Dokument belegt sind, jedoch gleichsam das Missing Link einer unwahrscheinlichen Triade bilden, die aus Beziehungen besteht, die sich in mindestens zwei verschiedenen Kontakten bei Bezeugungen von Urkunden manifestierten. Eine Netzwerkanalyse der sozialen Beziehungen, die sich in Kontakten zwischen Zeugen und den Parteien eines Rechtsakts manifestierten, ist daher aus methodischen Gründen nicht möglich. Denn nur 12 bzw. 18 Familien sind in den beiden Untersuchungszeiträumen mit mehr als einem Stipulanten bzw. Kontrahenten von beurkundeten Rechtsgeschäften belegt. Das heißt: Ein Netzwerk der Beziehungen, die sich in Kontakten zwischen Stipulanten bzw. Kontrahenten in Rechtsgeschäften und Zeugen manifestierten, könnte rein theoretisch höchstens zwölf bzw. 18 Akteure haben. Diese Zahl reduziert sich noch weiter, da nicht alle mindestens doppelt als Partei belegten Familien in ihren Rechtsgeschäften so regelmäßig Zeugen aus denselben Familien heranziehen, dass dies aufgrund der gebildeten Kriterien als Manifestation einer sozialen Beziehung gewertet werden kann. Anders liegt der Fall des Netzwerkes der Beziehungen, die sich in den Kontakten der Zeugen zueinander manifestierten. Denn natürlich gab es im Trani des 15. Jahrhundert deutlich mehr Familien, die mindestens zwei Mal Zeugen bei Rechtsakten stellten. Allerdings erscheinen auch von diesen nicht alle in den im Folgenden untersuchten Netzwerken. Als mögliche Akteure für diese wurden nämlich zunächst einmal nur jene Familien ausgewählt, die hinreichend häufig Zeugen stellen, sodass überhaupt die Chance besteht, diese Kontakte als Ausdruck einer Anzahl sozialer Beziehungen werten zu können, die Aussagen über ihre Position im Gesamtnetzwerk zulässt. Es wurden daher nur jene Familien in Erwägung gezogen, die entweder in einem der beiden Untersuchungszeiträume insgesamt mindestens vier Mal mit Zeugen belegt sind; oder aber diejenigen, die in einem der Zeiträume zwar nur drei Mal, im gesamten Untersuchungszeitraum aber mindestens fünf Mal in entsprechender Weise belegt sind. Diese Kriterien erfüllten insgesamt 108 Familien aus dem Trani des 15. Jahrhunderts. Von diesen sind jedoch nur 32 während des gesamten Untersuchungszeitraums jeweils mindestens fünf Mal als Zeugen belegt. Vier Mal für den Untersuchungszeitraum bis 1464 belegt sind 28 Familien, 50 für den Untersuchungszeitraum bis 1495. Die Zahl der Familien in den Gesamtnetzwerken der sozialen Beziehungen, die sich in Kontakten bei der Bezeugung von Notariatsinstrumenten manifestieren, reduziert sich jedoch noch einmal. Denn nicht für alle Familien, die die genannten Kriterien erfüllen, ist auch mindestens zwei Mal ein Kontakt zu einer anderen Familie bei der Bezeugung von

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Notariatsinstrumenten überliefert. Zum untersuchten Netzwerk der Beziehungen, die sich in den Zeugenkontakten manifestierten, gehören daher für den Untersuchungszeitraum bis 1464 insgesamt 49 Familien. Für den Zeitraum von 1464 bis 1495 sind es 63 Familien. Die Netzwerke der Beziehungen, die hier analysiert werden, repräsentieren also eine Elite im Wortsinn, eine Auswahl aus den Familien Tranis des 15. Jahrhunderts, deren Mitgliedern das symbolische Kapital, über das ein Zeuge verfügen musste, mit einer gewissen belegten Häufigkeit zugeschrieben wurde. Unter den Zeugen der ausgewerteten Notariatsinstrumente finden sich sehr häufig Mitglieder des Domkapitels sowie Notare und Richter. Es stellt sich daher die Frage, ob die soziale Zusammensetzung dieser Auswahl durch die Provenienz des Materials und dessen Genre mitbestimmt wird – stammen doch die ausgewerteten Notariatsinstrumente größtenteils aus dem Bestand der erzbischöflichen Kirche von Trani und dokumentieren Rechtsgeschäfte, die für diese von Belang waren. Allerdings gehörten sowohl die Mitgliedschaft im Domkapitel als auch die Ämter des Notars bzw. Richters seit jeher zu den wichtigsten Statuspositionen in der Stadt, die von den führenden Familien besetzt wurden. Wie andernorts, waren auch in Trani viele Domkapitulare nachweisbar Adlige. Auch Notare und Richter stammten vielfach aus dem städtischen Adel. Bis 1413 waren die Richterämter sogar ein Monopol des Adels. Denn erst mit dem Privileg König Ladislaus’ I. von 1413 wird den Populares die Hälfte der Richterstellen eingeräumt, deren Inhaber freilich immer noch von den Adligen gewählt werden.51 Auch später noch genießen die iurisperti Adelsprivilegien. Die Stadtverfassung von 1466 bestimmt, dass sie im Rat stets zu den Nobiles gezählt werden sollen.52 Die Mitgliedschaft im Domkapitel und das Amt des Notars und Richters sind also Indikatoren für die Zugehörigkeit zur städtischen Elite. Dieses wird dadurch bestätigt, dass sich in den Zeugenlisten der wichtigsten Akten der Stadt Trani aus dem 14. und 15. Jahrhundert viele der Domkanoniker und Notare und Richter wiederfinden, die auch als Zeugen in den Notariatsinstrumenten erscheinen.53 Die Häufung von Domkanonikern und Rechtskundigen in den Zeugenlisten beruht also nicht auf einer strukturellen Nähe dieser Gruppe zum Material, sondern darauf, dass die Zeugen offensichtlich in der Regel aus den Reihen der Notablen der Stadt gewählt wurden. In den Zeugenlisten werden jedoch auch viele Personen erwähnt, die nicht als Domkanoniker, Richter, Notare oder Mitglieder städtischer Führungsgremien belegt sind. Und das heißt: Auf der Basis der Zeugenkontakte, die in diesen Notariatsinstrumenten überliefert sind, lässt sich ein Zugang zur Verteilung sozialen Kapitals gewinnen, der es ermöglicht, ein vollständigeres Bild der Struktur der städtischen Elite zu gewinnen. Dies gilt nicht zuletzt für die Position der Neuchristen von Trani in dieser Elite, auf deren Zusammensetzung und Wandel während des 15. Jahrhunderts zurückzukommen sein wird. 51 52 53

Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 59; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 22. Vitale, Trani (1912), Nr. 49; Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 50. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 38; 101.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

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Dabei kann man natürlich nicht davon ausgehen, dass die Position eines jeden Akteurs im Netzwerk der sozialen Beziehungen, die sich in den Zeugenkontakten und der Bezeugung von Testamenten manifestieren, seine Position in der städtischen Führungsschicht exakt und umfassend beschreibt. Die Netzwerkanalyse ermöglicht jedoch eine Annäherung an die Verteilung sozialen Kapitals in den Traneser Führungsschichten des 15. Jahrhunderts, mit deren Hilfe sich Aussagen über die generellen Linien von sozialen Beziehungen und deren Strukturen innerhalb der Elite der Stadt machen lassen. Die Zentralitätswerte der Familien innerhalb der Beziehungsnetzwerke, die sich in den Zeugenkontakten manifestieren, werden deshalb im Folgenden zwar vollständig in tabellarischer Form wiedergegeben, nicht jedoch immer bis ins Einzelne hinein interpretiert, sondern in Hinsicht auf die übergreifenden Aussagen bezüglich der sozialen Platzierung der Neuchristen und ihrer sozialen Nähe bzw. Distanz zu anderen Akteuren innerhalb der Stadtgesellschaft. Es ist daher bereits ein erster bemerkenswerter Befund, dass die Neuchristen von Trani zu den Familien gehören, deren Angehörige häufig als Zeugen herangezogen wurden. Bereits dies spricht dafür, dass die Neuchristen im Netzwerk der städtischen Gesellschaft Tranis im 15. Jahrhundert eine wichtige Rolle gespielt haben. Es wird im Folgenden zu analysieren sein, zu wem sie nach Ausweis ihrer Zeugenkontakte in Beziehung traten, welche Position sie in den Netzwerken der ‚Zeugenbeziehungen‘ einnahmen und wie sich diese Position im Laufe des 15. Jahrhunderts wandelte. Die Neuchristen im Zeugennetzwerk bis 1464 Zum Netzwerk der ‚Zeugenbeziehungen‘, die bis 1464 belegt sind, gehören zehn Familien, die eindeutig zu den Neofiti von Trani gezählt werden können. Die verschiedenen Gradzentralitäten im Zeugennetz von vor 1464 zeigen tatsächlich, dass einige Familien der Traneser Neuchristen in diesem gut positioniert sind (Tabellen 22 u. 23). Sie legen damit nahe, dass sie in der Stadtgesellschaft von Trani bereits vor 1464 einiges Gewicht hatten und das heißt vor der Epoche der Bürgerkämpfe. Denn zwischen 1457 und 1461 ist ja nur ein Fall belegt, dass ein Angehöriger einer der Familien der Neuchristen von Trani ein Notariatsinstrument bezeugt hat. Allerdings wird auch hier deutlich, dass die reine Gradzentralität noch nicht sehr aussagekräftig ist. Betrachtet man nur die Anzahl der Beziehungen und Kontakte, die die Akteure innerhalb des Netzwerkes unterhalten – also die ungewichtete und die gewichtete Gradzentralität –, dann erscheinen zwei Familien der Neuchristen in der Spitzengruppe der zehn Familien mit den meisten Kontakten: die Catalano und die de Gello. Eine weitere Familie aus ihrem Kreis weist zumindest eine überdurchschnittliche Gradzentralität auf: die de Buctunis (Tabellen 22 u. 23). Zu einem erheblich differenzierteren Bild führt jedoch die qualitative Analyse, die nicht nur die Zahl der Kontakte zum Maßstab nimmt, sondern die Frage, wie viele Bindungen zu anderen Akteuren im Netz durch diese Kontakte realisiert werden und welche Qualität diese Bindungen haben, kurz: die Betrachtung der Bonacich-Zentralität der Bindungen (Tabelle 24).

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft de Menna de Martino Spetiario

Capelli

de Zardullo de Buctunis Catalano

Carduccii de Marino

de Porcella

de Mectulo

de Gello de Roberto de Francisci de Iohanne

de Nucio

Pizono de Rocca

Rogadeo

de Guarino de LaBella

de Erariis

Cassaro Filangeri

Sifola

de Guadagnolo

de Carolo de Brayda de Iaquinto de Pando de Pascacarolo de Ameruciis Palagano Galocti de Sergna de Urso de Churistepahno de Petrillo

de Iohanello

de Nardo de Simonecto de Paluccio

Catina

Gentile

de Guidolo

de Silvestris

Castaldo Guastaferius de Campanino

Bonismiro

de Ambrosio

Abbildung 7: Das Netzwerk der Zeugenbeziehungen in Trani bis 1464 (Neofiti rot)

Denn dann ist keine der Familien der Neuchristen mehr in der Spitzengruppe der zehn Familien mit der höchsten Zentralität vertreten, unabhängig davon, ob man die gewichtete oder ungewichtete Bonacich-Zentralität betrachtet. Das heißt: Die Zahl der Kontakte der Neuchristen korrespondiert nicht mit einer ebenso hohen Zahl der Beziehungen im Netz. Diese Beziehungen wiederum unterhalten die Neuchristen nicht zu Akteuren mit hoher Zentralität. Ihre Vernetzung war also vor 1464 eher intensiv als extensiv. Besonders deutlich wird dies an der Familie de Gello. Legt man die gewichteten Beziehungen zugrunde, dann weist sie die fünfthöchste reine Gradzentralität im Netzwerk auf. Für die nicht gewichteten Beziehungen weisen sie nur den siebthöchsten Grad auf. Ihre Bonacich-Zentralität weist ihnen jedoch lediglichden 26. bzw. 29. Rang zu. Für die de Gello wie für die Neuchristen insgesamt gilt dabei außerdem, dass sie auch im Netzwerk der Zeugenbeziehungen in erster Linie mit anderen Neuchristen und weniger mit Akteuren aus dem Kreis der übrigen Stadtbürger vernetzt waren. Die zehn Neuchristenfamilien der Auswahl im Netzwerk von vor 1464 weisen insgesamt 88 Kontakte auf, das entspricht einem Anteil von 19,4 Prozent aller Kontakte innerhalb des Netzwerkes. Mit diesen 88 Kontakten realisieren die Neuchristenfamilien insgesamt 35 soziale Beziehungen. Da Zeugenkontakte erst ab einer zweimaligen Überlieferung als Manifestation einer Beziehung gewertet wurden, der Mindestwert für eine Beziehung also in zwei Kontakten besteht, zeigt sich bereits hieran, dass ein Teil der Beziehungen der Neuchristen sich in mehr als zwei Kontakten manifestiert, also eine größere Intensität aufweist.

179

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

Von den 35 Beziehungen der Neuchristenfamilien bestehen 24 innerhalb des Kreises der Neuchristenfamilien (Tabelle 16). Davon waren sechs reflexiv. Sie verliefen innerhalb ein und derselben Familie. 68,57 Prozent der Beziehungen, die die Neuchristenfamilien im Zeugennetzwerk unterhielten, bestanden somit innerhalb der eigenen Gruppe. Die Kontakte, in denen sich diese Beziehungen manifestierten, bestanden sogar zu 72,7 Prozent innerhalb der eigenen Gruppe: 64 von 88 Kontakten (Tabelle 16). Die Beziehungen von Neuchristenfamilien zu Neuchristenfamilien manifestieren sich damit in durchschnittlich 2,7 Kontakten. Sie haben also einen Intensitätsgrad von 2,7. Der Intensitätsgrad der Brückenbeziehungen der Neuchristenfamilien zu Familien außerhalb der eigenen Gruppe liegt dagegen nur bei 2,3.

Tabelle 16: Kontakte und Beziehungen der Neuchristen im Netz bis 1464 Familie

Kontakte gesamt

Neofiti

andere

Beziehungen gesamt Neofiti

andere

verm. and.

de Buctunis Catalano de Gello Gentile de Guidolo de Menna De Mectulo de Nucio de Roberto de Zardullo Gesamt %

10 28 20 6 2 2 7 7 4 2 88 100

8 17 16 6 2 2 7 2 2 2 64 72,72

2 11 4 0 0 0 0 5 2 0 24 27,28

5 11 6 3 1 1 2 3 2 1 35 100

1 5 2 0 0 0 0 2 1 0 11 31,4

0 10 10 0 0 0 0 10 3 0 33

4 6 4 3 1 1 2 1 1 1 24 68,6

Von den insgesamt 55 möglichen Beziehungen untereinander realisieren die Neuchristen vor 1464 insgesamt 15, das heißt, die Beziehungen in der eigenen Gruppe haben eine Dichte von knapp 24 Prozent. Die schwachen Beziehungen der Neofiti von Trani, die sich in den Zeugenkontakten manifestierten, waren bis 1464 also in einem erheblichen Maße redundant. Sie verliefen entlang der Bahnen der starken sozialen Beziehungen innerhalb der eigenen Gruppe, die in der Analyse zutage getreten sind. Außerdem waren sie gleichsam stärkere schwache Beziehungen als die zu anderen Akteuren innerhalb des Netzwerkes. Zwar weist die Zahl der Kontakte bzw. Beziehungen, die die einzelnen Neuchristenfamilien im Netzwerk unterhalten, eine erhebliche Varianz auf: von 28 bzw. 11 bis zwei bzw. eine. Dennoch erscheint dieses Muster allgemein unter den Neuchristen verbreitet. Denn mit einer Ausnahme unterhalten alle Neuchristenfamilien die überwiegende Mehrzahl ihrer Kontakte und Beziehungen im Netzwerk zu anderen Neuchristenfamilien. Allein die Familie de Nucio unterhält mehr Brückenbeziehungen und -kontakte zu anderen Familien.

180

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Die Brückenbeziehungen, die überhaupt unterhalten wurden, waren zudem von unterschiedlicher Qualität. Denn je nachdem, wie viele Beziehungen die Familien selbst unterhielten, zu denen die Neuchristen von Trani in Brückenbeziehungen standen, konnten sie über diese Brückenbeziehungen eine unterschiedliche hohe Zahl von zusätzlichen Familien außerhalb ihres eigenen Kreises erreichen. Drei Familien aus dem Kreis der Neuchristen unterhielten im Netzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 immerhin jeweils zehn vermittelte Brückenbeziehungen: die Familien Catalano, de Gello und de Nucio. Es ist auffällig, dass diese drei Familien auch die höchste Verbundenheitszentralität unter den Neuchristen aufweisen (Tabelle 26). Ihre Eingebundenheit in das Gesamtnetz basierte also auf ihren relativ starken Verbindungen zu Familien außerhalb der eigenen Gruppe. Die restlichen Neuchristen weisen für die Verbundenheitszentralität allesamt sehr niedrige Werte auf. Die weitgehende Exklusivität der sozialen Beziehungen innerhalb der eigenen Gruppe brachte also mit sich, dass die Neuchristen vor 1464 nur schwach in das Gesamtnetzwerk eingebunden waren. Dass die Familie de Catalano als einzige Neuchristenfamilie eine hohe Betweennesszentralität aufweist, liegt sicherlich auch daran, dass viele der Wege aus dem bzw. in das relativ geschlossene Netzwerk der Neofiti über sie verliefen (Tabelle 27).54 de Mectulo de Buctunis de Campanino

de Nucio Gentile

Catalano de Gello

de Porcella

Galocti

Castaldo de Francisci de Iohanne

Palagano

de Sergna

de Simonecto

de Brayda de Carolo

Rogadeo

de Iohanello

Pizono

de Ameruciis de Pascacarolo

Sifola

de Guadagnolo

de Nardo

de Pando de Churistepahno

Filangeri

de Iaquinto

Guastaferius

Abbildung 8: Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 (Neofitifamilien rot) 54

Der disproportinal hohe Wert der Betweennesszentralität der Familie de Buctunis dagegen birgt die Gefahr der Überinterpretation und muss deshalb hier außer Betracht gelassen werden.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

181

Diese Befunde erhärten sich weiter, wenn man die Kernzone des Netzwerkes ins Auge fasst (Abbildung 8). Das Netzwerk der sozialen Beziehungen, das sich in den Zeugenkontakten manifestiert, enthält vor 1464 23 Subgruppen, deren Mitglieder besonders robust miteinander verbunden sind (Tabelle 17). Diese Subgruppen bilden eine Kernzone des Netzwerkes, zu der insgesamt 29 Familien gehören, die in dieses besonders gut, nämlich über mindestens eine Triade, eingebunden sind. Von diesen wiederum stammen sechs aus dem Kreis der Neuchristen. Die Neuchristenfamilien sind in der Kernzone also proportional zu ihrem Anteil an den Akteuren im Gesamtnetzwerk vertreten. Tabelle 17: Subgruppen im Zeugennetzwerk vor 1464 (Neuchristenfamilien fett) 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: 16: 17: 18: 19: 20: 21: 22: 23:

de Carolo/ de Porcella/ Rogadeo/ de Simonecto de Carolo/ de Pascacarolo/ Rogadeo de Carolo/ Rogadeo/ Sifola de Brayda/ de Carolo/ Galocti de Brayda/ de Carolo/ de Sergna de Carolo/ Filangeri/ de Iaquinto de Carolo/ Palagano/ Sifola de Carolo/ de Pando/ de Pascacarolo de Ameruciis/ de Carolo/ de Pascacarolo de Buctunis/ Catalano/ Gentile de Campanino/ Castaldo/ Palagano Castaldo/ de Iohanello/ de Simonecto Castaldo/ Palagano/ Sifola Catalano/ de Francisci de Iohanne/ de Gello/ de Simonecto Catalano/ de Nucio/ de Porcella/ de Simonecto Catalano/ Pizono/ de Simonecto Catalano/ de Gello/ Gentile Catalano/ de Gello/ de Mectulo de Churistephano/ de Pando/ de Pascacarolo de Francisci de Iohanne/ de Iohanello/ de Simonecto de Guadagnolo/ de Iohanello/ Pizono/ de Simonecto de Guadagnolo/ Guastaferio/ Sifola de Iohanello/ de Nardo/ Pizono/ de Simonecto

In sechs der 23 Subgruppen sind auch Neuchristenfamilien vertreten, drei von diesen sechs Subgruppen bestehen ausschließlich aus Neuchristenfamilien, in den restlichen unterhalten Neuchristen gemeinsam mit Familien aus dem Kreis der anderen Stadtbürger robuste soziale Beziehungen. Es sind abermals diese Neuchristenfamilien, die die höchste Verbundenheitszentralität für die Kernzone des Netzwerkes der Zeugenbeziehungen aufweisen (Tabelle 30). Dies korrespondiert außerdem mit ihren Werten für den Parameter der Bonacich-Zentralität. Ganz besonders deutlich wird auch, dass die hohe Betweennesszentralität der Familien Catalano und hier mit Abstrichen auch de Gello sich einer Scharnierfunktion zwischen dem weitgehend geschlossenen Cluster der Neuchristen und dem restlichen Netzwerk verdankt.

182

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Im Netzwerk der Zeugenbeziehungen unterhielten die Neuchristenfamilien Brückenbeziehungen zu insgesamt sieben Familien, die nicht aus dem Kreis der Neofiti stammten (Tabelle 18). Die soziale Nähe zu diesen hatte offensichtlich ein berufliches Fundament. Sowohl die de Iohanello als auch die Familie des Gewürzhändlers Martino waren Kaufleute. Das Gleiche gilt wohl für Petrus de Francisci de Iohanne und auch seine Nachkommen, die zudem wie der Gewürzhändler Martino Einwanderer aus Venedig waren. Auch die Traneser Adelsfamilie de Pizono war im Handel aktiv, und ein Iacobo Pizono sollte noch Ende des 15. Jahrhunderts gemeinsam mit dem Neuchristen Sansonetto Zardullo Getreide exportieren.55 Daneben sind Angehörige der Familie Pizono als Mitglieder des Domkapitels belegt; das Gleiche gilt für die Familie de Porcella und de Silvestro. Eine regelrechte Juristendynastie war die Familie de Simonecto, die bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts zahlreiche Notare und Richter stellte. Die Neuchristen unterhielten im Netzwerk also einerseits Brückenbeziehungen zu Familien, die ein kaufmännisches Profil hatten, andererseits aber auch zu Familien, die die klassischen Statuspositionen innehatten, die als Ausdruck adliger Lebensführung gewertet wurden. Tabelle 18: Brückenbeziehungen der Neuchristen bis 1464 Neuchristenfamilie

Brückenbeziehungen

de Buctunis Catalano

(de) Martino Spetiario de Francisci de Iohanne de Porcella Pizono de Silvestro de Simonecto de Simonecto Keine Keine Keine Keine de Porcella de Simonecto de Iohanello Keine

de Gello Gentile de Guidolo de Menna Mectulo de Nucio de Roberto de Zardullo

Im Netzwerk haben die Familien, zu denen die Neuchristen Brückenbeziehungen unterhalten, fast alle zentrale Positionen. Einzige Ausnahme ist die Familie des erwähnten Gewürzhändlers Martino. Die Familien de Simonecto, de Silvestro, de Iohanello, Pizono, Porcella und de Francisci de Iohanne weisen für die verschiedenen Zentralitäten immer wieder hohe Werte auf; dies gilt vor allem für die Kernzone des Netzwerkes. Vor allem die Rechtsgelehrtendynastie de Simonecto ist bei allen Zentralitätsparametern stets an der Spitze platziert. 55

Zu den Pizono vgl. Vitale, Trani (1912), 594.

183

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. de Porcella

de Nucio

de Simonecto

de Silvestris Pizono

Catalano

de Francisci de Iohanne

de Mectulo de Buctunis de Gello

Gentile

Abbildung 9: Egonetz der Familie Catalano (Brückenbeziehungen blau)

de Simonecto Catalano de Francisci de Iohanne

de Mectulo

de Gello

Gentile

Abbildung 10: Egonetz der Familie de Gello (Brückenbeziehungen blau)

Betrachtet man die Spitzenränge der einzelnen Zentralitätsparameter als Ganzes, dann sind es neben den Familien de Simonecto und auch de Iohannello, die Beziehungen zu Neuchristen unterhalten, sowie den Neuchristenfamilien de Catalano und – mit Abstrichen – de Gello, vor allem die führenden Adelsfamilien der Stadt, die hohe Zentralitätswerte im Netzwerk der sozialen Beziehungen aufweisen, das sich in den Zeugen-

184

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

kontakten manifestiert, vor allem die Familien de Carolo, de Guadgnolo/ de Eugidiis, de Pascacarolo, Rogadeo, Sifola etc.56 de Simonecto

Catalano

de Porcella

de Nucio

Abbildung 11: Egonetz der Familie de Nucio (Brückenbeziehungen blau)

Auch dies spricht dafür, dass die Netzwerkanalyse dieser sozialen Beziehungen soziale Lagen innerhalb der städtischen Elite im Trani des 15. Jahrhunderts zumindest in ihren großen Linien angemessen repräsentiert. Die Neuchristen wiederum profiliert sie als weitgehend geschlossenen Cluster sozialer Beziehungen im Gesamtnetzwerk der städtischen Gesellschaft, der über einige Brückenbeziehungen an Familien angeschlossen ist, die die höchsten Ränge in der städtischen Gesellschaft innehaben, und mit bereits einer oder zwei Familien zum weiteren Kreis der städtischen Elite der führenden Adels- und Kaufmannsfamilien gehört. Die Neuchristen im Zeugennetzwerk nach 1464 Das Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 zeigt als allererstes, dass die Neuchristen nach dem Ende der Bürgerkämpfe deutlich an Einfluss in der Stadt gewonnen haben. Sie stellen zwar einen zahlenmäßig geringeren Anteil an den Familien im untersuchten Netzwerk: elf von 70 im Vergleich zu zehn von 49 im Netzwerk bis 1464. Der Gesamtanteil der Neuchristen an den Beziehungen im Netzwerk steigt nach 1464 aber erheblich, nämlich auf das Doppelte an, von 18,7 Prozent auf 36,1 Prozent, ihr Anteil an den Kontakten von 19,4 Prozent auf 42,1 Prozent! 56

Vitale, Patriziato Urbano (1980), 104; Vitale, Trani (1912), 587–589, 594.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

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Sieben der zehn Familien mit den höchsten Gradzentralitäten im Netzwerk stammen nun aus dem Kreis der Neuchristen, darunter die drei Bestplatzierten: Catalano, de Gello und de Buctunis. Unterdurchschnittliche Gradzentralitäten weisen nur zwei der elf Neuchristenfamilien im Netzwerk auf (Tabellen 32 u. 33). Vor 1464 waren es sieben von zehn! de Bervinellis de Eliazariis Stanga Filangeri Lambertini Passasepa de Maraldiciis de Rocca de Pascacarolo de Groppo Palagano de Masio de Cappuccio Pizzaguerra de Bisancio de Mangono Marrello Bonismiro Stinici de Francisci de Iohanne Lupo de Foggia de Iacobuzzo Oculi Albi de Carrello Pizono de Barisano de Nucio de Cambio de Barono de Zardullo Calcanio Gentile de Rado Fornaio Cassaro Rogadeo Castaldo Catalano de Gellode Buctunis Spina de Benedicto Doblassini de Tramunto de Roberto Vecze de Sussa de Frigoso Cammilli de Corsellis de Zarulo de Clemente de Florio Ypolito

de Imbumba de Guadagnolo

de Gregorio Sifola

de Sergna de Pissota

de Russo Suppa

de Bonito

de Pace

Abbildung 12: Das Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (Neuchristen rot)

Anders als für die Zeit vor 1464 wird dieses Bild durch die Betrachtung der BonacichZentralität nicht relativiert, sondern im Wesentlichen bestätigt (Tabelle 35). Die Neuchristen stellen hier zwar nur fünf der zehn Familien mit den höchsten Werten, darunter allerdings wiederum die drei bestpositionierten. Außerdem rangieren knapp dahinter zwei weitere Familien auf den Rängen elf und 13. Die Neuchristen unterhalten nun also nicht nur viele Kontakte und Beziehungen im Netzwerk, sondern auch Beziehungen zu Akteuren, die ihrerseits viele Beziehungen unterhalten, also einflussreich sind. Auch die Eingebundenheit der Neofiti im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 korrespondiert weitgehend mit der hohen Gradzentralität. Sie stellen sechs der zehn Familien, die am besten in das Netzwerk eingebunden sind, auch wenn sie hier nicht die gleichen Spitzenwerte erreichen (Tabelle 36). Eine gewisse Diskrepanz besteht weiterhin zwischen der Gradzentralität und der Betweennesszentralität (Tabelle 37). Hier weisen die Neuchristenfamilien deutlich niedrigere Werte auf. Nur vier von ihnen gehören zu den zehn Familien mit den höchsten Werten, und nur eine, die Catalano, ist an der absoluten Spitze platziert. Andere Familien im Netzwerk sind also in wesentlich höherem Maße an strategisch wichtigen Positionen platziert, die den Zugang zu bestimmten Teilen des Netzwerkes monopolisieren. Von den 92 Beziehungen, die die Neuchristenfamilien nach 1464 im Netzwerk der Zeugenbeziehungen unterhalten, bestehen 65 innerhalb der Gruppe der Neuchristen, 27 zu anderen Familien (Tabelle 19). Der Anteil der Beziehungen innerhalb der eigenen

186

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Gruppe steigt also leicht, von 68,6 Prozent auf 70,7 Prozent. Von den Kontakten, in denen sich diese Beziehungen manifestieren, bestehen 206 von 274 zu anderen Neuchristen. Und das heißt: Auch der Anteil der Kontakte innerhalb der eigenen Gruppe steigt, und zwar deutlicher, von 72,7 Prozent auf 76,1 Prozent. Die Intensität der Beziehungen der Neuchristen zu anderen Neuchristen stieg damit von 2,7 auf 3,2 an, die Intensität der Brückenbeziehungen von 2,3 auf nur 2,5.

Tabelle 19: Kontakte und Beziehungen der Neuchristen im Netz nach 1464 Familie

Kontakte gesamt

Neofiti

andere

Beziehungen gesamt Neofiti

andere

verm. and.

De Barisano De Bisancio De Buctunis Catalano De Gello Gentile De Iacobuzzo De Nucio De Roberto De Zardullo De Zarulo Gesamt %

25 26 32 57 50 7 18 12 17 23 7 274 100

25 16 24 43 34 7 11 10 14 17 5 206 75,2

0 10 8 14 16 0 7 2 3 6 2 68 24,8

9 10 11 15 15 3 8 5 5 8 3 92 100

0 4 4 5 6 0 3 1 1 2 1 27 29,3

0 6 6 12 7 0 7 0 1 7 2 48

9 6 7 10 9 3 5 4 4 6 2 65 70,7

Zudem verdoppelte sich im Vergleich mit der Zeit bis 1464 die Dichte der Beziehungen, die die Neuchristen untereinander unterhielten. Von 66 möglichen Beziehungen untereinander unterhalten die Neuchristen nach 1464 35 Beziehungen (bis 1464 15 von 55). Dies entspricht einer Dichte von 53,03 Prozent (bis 1464: 27,27 Prozent) (vgl. Abbildungen 13 u. 14). de Menna

de Nucio

de Guidolo de Buctunis

de Zardullo Catalano de Mectulo

de Roberto

de Gello

Gentile

Abbildung 13: Binnenvernetzung der Neuchristen bis 1464

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

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de Bisancio

de Buctunis de Nucio

de Iacobuzzo

de Roberto

de Zarulo

de Zardullo

de Gello Catalano

Gentile de Barisano

Abbildung 14: Binnenvernetzung der Neuchristen nach 1464

Die Zahl der indirekten Brückenbeziehungen, die die Neuchristen zu Familien außerhalb des eigenen Kreises unterhalten, geht nach 1464 deutlich zurück: in Relation zu den direkten Brückenbeziehungen und auch zur Zahl der Beziehungen insgesamt. Vor 1464 unterhielten die Neuchristenfamilien im Netzwerk insgesamt 35 Beziehungen, davon elf (Brücken-)Beziehungen zu Nicht-Neuchristen. Über Letztere realisierten sie 33 indirekte Brückenbeziehungen. Nach 1464 sind von 92 Beziehungen insgesamt 27 Beziehungen zu Nicht-Neuchristen. Über diese erreichen die Neuchristen indirekt 48 Akteure, die keine Neuchristen sind. Das heißt: Vor 1464 beträgt der Anteil der Brückenbeziehungen an den Beziehungen 31,4 Prozent. Die Relation von direkten zu indirekten Brückenbeziehungen ist 1 zu 3. Nach 1464 sinkt der Anteil der Brückenbeziehungen an den Beziehungen nur geringfügig auf 29,3 Prozent. Das Verhältnis von direkten zu indirekten Brückenbeziehungen sinkt jedoch deutlich auf 1 zu 1,77. Nach 1464 nimmt also die Zentralität der Neuchristenfamilien im Netzwerk deutlich zu. Weiterhin unterhalten sie die Beziehungen im Netzwerk jedoch zu mehr als zwei Dritteln innerhalb der eigenen Gruppe. Und über die direkten Brückenbeziehungen, die sie unterhalten, erreichen sie im Schnitt sogar noch deutlich weniger Akteure außerhalb des eigenen Kreises. Das heißt: Die Neofiti rücken nach 1464 gleichsam als weiterhin weitgehend geschlossener Cluster sozialer Beziehungen in das Zentrum des Netzwerkes. Die schwachen Beziehungen, die sich in den Zeugenkontakten manifestieren, korrespondieren weiterhin mit den starken Beziehungen innerhalb der eigenen Gruppe und werden nach 1464 sogar noch stärker.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Dieses Muster ist nun außerdem noch regelmäßiger belegt als zuvor. Denn es gibt nun überhaupt keine Neuchristenfamilie mehr, die mehr als 40 Prozent ihrer Beziehungen im Netzwerk zu Familien unterhält, die nicht zu den Neuchristen zählen. Die Eingebundenheit der Neuchristenfamilien in das Netzwerk korrespondiert nun auch nicht mehr in gleicher Weise wie vor 1464 mit der Anzahl ihrer indirekten Brückenbeziehungen. Nur die Catalano weisen bei beiden die höchsten Werte auf. Die de Iacobuzzo jedoch sind trotz ihrer sieben indirekten Brückenbeziehungen schlechter eingebunden als die de Barisano und die de Nucio, die beide überhaupt keine indirekten Brückenbeziehungen unterhalten. Die schlechte Eingebundenheit der de Iacobuzzo korrespondiert allerdings damit, dass sie als einzige Neuchristenfamilie nicht in einer Clique mit den de Catalano vertreten sind. Offensichtlich verdanken die Neuchristenfamilien ihre hohe Verbundenheitszentralität nach 1464 stärker der guten Eingebundenheit in die eigene Gruppe und weniger anderen Beziehungen. Die gestiegene Verbundenheitszentralität der Neuchristen ist somit gleichfalls ein Beleg für die stabile, ja gestiegene Binnenkohäsion der Neuchristen nach 1464, die nun zudem noch deutlich zentraler positioniert sind. Dies zeigt auch der Blick auf die Zone der robusten Beziehungen innerhalb des Netzwerkes, also der tridaischen Beziehungen (Tabelle 20; Abbildung 15). An 20 von 34 Subgruppen, die es im Netzwerk der sozialen Beziehungen nach 1464 gibt, sind Neuchristenfamilien beteiligt. Vor 1464 waren es nur acht von 27. In der Kernzone verdichteter sozialer Beziehungen sind die Neofiti also deutlich stärker präsent als vor 1464, obwohl der Anteil der Beziehungen außerhalb der eigenen Gruppe und der Anteil der Neofiti an der Zahl der im Netzwerk abgebildeten Akteure prozentual sogar sinkt. Mehr noch: Die Kernzone verdichteter Beziehungen besteht zu 56,3 Prozent aus den Beziehungen der Neuchristen. Diese unterhalten im Durchschnitt 5,1 Beziehungen, die Teil einer Triade sind, während der Durchschnittswert für alle Akteure, die in mindestens eine Triadenbeziehung eingebunden sind, bei 1,6, für die Akteure, die keine Neuchristen sind, bei 1,2 liegt. Die Neofiti von Trani sind also nicht nur in einem wesentlich höherem Maße robust miteinander verbunden als mit anderen Akteuren im Netz. Keine andere Gruppe ist so robust miteinander verbunden wie die Neuchristen. Die hohen Zentralitätswerte der Neuchristen innerhalb der Kernzone des Netzwerkes belegen daher vor allem die hohe Zahl und Dichte der Beziehungen, die die Neuchristen zu Neuchristen unterhalten (Tabellen 38–41). Tabelle 20: Subgruppen im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (Neofiti fett) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

de Barisano/ de Buctunis/ Catalano/ de Gello de Barisano/ Catalano/ de Gello/ de Roberto de Barisano/ Catalano/ de Gello/ de Zardullo de Buctunis/ Catalano/ de Gello/ de Nucio Catalano/ de Gello/ de Roberto/ de Russo Catalano/ de Gello/ de Sergna/ de Zarulo Cassaro/ Catalano/ Pizono Catalano/ de Florio/ de Sergna de Barisano/ de Bisancio/ de Buctunis/ Catalano

189

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34.

de Barisano/ de Bisancio/ Catalano/ Gentile de Barisano/ de Bisancio/ Catalano/ de Zardullo de Bisancio/ de Buctunis/ Catalano/ de Nucio Bonismiro/ Lambertini/ de Maraldiciis Bonismiro/ Lambertini/ de Pascacarolo Bonismiro/ Filangeri/ Palagano Bonismiro/ de Maraldiciis/ Palagano Cammilli/ de Clemente/ de Imbumba de Carrello/ de Mangono/ de Masio Cassaro/ Castaldo/ Pizono de Clemente/ de Sussa/ de Gregorio de Foggia/ Pizono/ Pizzaguerra de Foggia/ Pizono/ de Pascacarolo de Francisci de Iohanne/ de Iacobuzzo/ Palagano/ de Zardullo de Francisci de Iohanne/ de Gello/ de Iacobuzzo/ de Zardullo de Francisci de Iohanne/ Palagano/ de Rocca Cassaro/ de Frigoso/ Sussa de Bisancio/ Groppo/ Passasepa de Barisano/ de Buctunis/ de Gello/ de Iacobuzzo de Barisano/ de Gello/ de Iacobuzzo/ de Zardullo de Gello/ de Iacobuzzo/ Lupo de Gello/ Lupo/ de Nucio de Maraldiciis/ Palagano/ de Rocca/ Stanga Palagano/ de Rocca/ Stinici de Buctunis/ de Gello/ Vecze

Lambertini

Stanga

de Maraldiciis Bonismiro

de Rocca Palagano

de Pascacarolo de Foggia

Filangeri

Stinici

Pizzaguerra de Francisci de Iohanne de Iacobuzzo de Zardullo

Lupo

de Gello

Pizono de Barisano

de Buctunis Catalano

Vecze

Castaldo

de Nucio

de Roberto de Bisancio Gentile de Zarulo de Russo

Passasepa

de Sergna

de Florio

Cammilli

Cassaro de Sussa

de Clemente de Imbumba

de Frigoso de Gregorio

de Groppo

Abbildung 15: Subgruppen im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (Neofiti rot)

190

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Im Netzwerk nach 1464 unterhalten die Neuchristen insgesamt 27 Brückenbeziehungen zu 17 Familien außerhalb ihres Kreises (Tabelle 21). Mit sechs dieser 22 Familien stehen mehr als eine Neuchristenfamilie in Beziehung. Zu drei der 17 Familien hatten sie bereits vor 1464 in Beziehung gestanden: de Porcella, Pizono und de Francisci de Iohanne. Tabelle 21: Brückenbeziehungen der Neuchristen nach 1464 Familie

Brückenbeziehungen

de Buctunis de Bisancio

(de) Martino Spetiario de Cambio de Groppo Passa Sepa de Rocca Dobalassini Rogadeo Stinici Vecze Cassaro de Florio Pizono de Russo de Sergna Francisci de Iohanne de Frigoso Lupo de Russo de Sergna Vecze Francisci de Iohanne Lupo Palagano Lupo de Russo Francisci de Iohanne Palagano de Sergna

de Buctunis

Catalano

de Gello

de Iacobuzzo de Nucio de Roberto de Zardullo de Zarulo

Das Sozialprofil der Familien, zu denen die Neuchristen Brückenbeziehungen unterhalten, erscheint nach 1464 deutlich „adliger“ als das der Familien, zu denen die Neuchristen vor 1464 Brückenbeziehungen unterhielten. Vier der Familien gehörten zu Beginn des 16. Jahrhunderts einem der vier Seggi an und damit zum engeren Kreis der Adelsfamilien, der die Stadt beherrschte: die Palagano, Passasepa, de Rocca und Rogadeo. Zum Adel gehörten außerdem die Familien Groppo, de Russo und Pizono. Die restlichen Familien stellten entweder Domkanoniker (de Cambio, Frigoso, Lupo,

191

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

Vecze) oder Richter bzw. Notare (Cassaro, Doblassino, Francisci de Iohanne, Sergna, Stinici), nehmen also die Statuspositionen ein, die den Titel des dominus mit sich bringen. Ein im engeren Sinne kaufmännisches Profil hat nur noch die Familie de Francisci de Iohanne. Adelsfamilien wie die Palagano oder Pizono waren allerdings auch im Handel aktiv. Betrachtet man den Graphen der Kernzone des Netzwerkes, also der Triadenbeziehungen, dann lassen sich grob drei Zonen unterscheiden. Erstens der Cluster der Neuchristen (rot); zweitens ein Cluster, der vor allem aus den Familien des Adels besteht, die sich durch die Mitgliedschaft in einem der vier Seggi von den anderen Adelsfamilien abgrenzten (schwarz); drittens eine heterogenere Zone, in der sich zum einen Familien des alten Adels von Trani finden, die zu keinem der Seggi gehörten – wie die Pizono, Castaldo, Pascacarolo, Pizzaguerra–; zum anderen jedoch eine Reihe von Familien, die nur in den Zeugenlisten erscheinen und die sonst nicht weiter bekannt sind (Abbildung 16). Cammilli Lupo de Rocca Stanga

Stinici

Vecze

de Francisci de Iohanne de Iacobuzzo

de Imbumba

de Russo

de Clemente

de Gello de Buctunis de Roberto

Palagano

de Zarulo

de Maraldiciis

de Zardullo Filangeri

Bonismiro

de Barisano

de Nucio de Sussa

de Gregorio

de Sergna Catalano de Bisancio de Groppo Passasepa Gentile de Florio

Lambertini de Pascacarolo

Cassaro

de Frigoso

Pizono

de Foggia

Castaldo Pizzaguerra

Abbildung 16: Subgruppen im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (Neofiti rot; Seggi-Adel schwarz)

Als wichtigste Brückenbeziehungen der Neuchristen erscheinen hier die zu den Familien Cassaro, Pizono, Francisci de Iohanne und Palagano. Die Beziehungen zu den Familien Cassaro und Pizono eröffnen den Weg in die sozial heterogenere obere Zone des Netzwerkes und bestehen allesamt durch die Neuchristenfamilie Catalano.

192

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Robuster verbunden sind die Neuchristen von Trani mit der Zone des Netzwerkes, in der die adligen Familien der Seggi angesiedelt sind. Denn die Beziehungen zu dieser verlaufen direkt über die Palagano und indirekt über die de Francisci de Iohanne. Mit ihnen sind zwei bzw. drei Neuchristenfamilien verbunden: de Gello, de Iacobuzzo und de Zardullo, bzw. de Iacobuzzo und de Zardullo. Die Netzwerkanalyse spricht also ebenfalls dafür, dass die Neuchristen in den innerstädtischen Konflikten Mitte des 15. Jahrhunderts nicht zu den Gegnern der Palagano und ihrer Anhänger gehört haben. Soziale Jewishness oder soziale Schließung? Die Analyse des Gesamtnetzwerkes der Stadtgesellschaft von Trani im 15. Jahrhundert, soweit sich dieses aus den Zeugenlisten der erhaltenen Privaturkunden erschließen lässt, bestätigt und differenziert zum einen die Ergebnisse der Analyse der Gesellschafternetzwerke. Auch im Netzwerk der Zeugenbeziehungen bilden die Neuchristen während des gesamten 15. Jahrhunderts einen distinkten Cluster von hoher Kohäsion. Und dies macht abermals plausibel, dass der Inquisitor Petrus de Mistretta Recht hatte, als er 1453 die Eheschließungspraxis der Neuchristen als endogam beschrieb. Der Vergleich der Netzwerke zeigt zudem, dass die Platzierungen im Gesellschafternetzwerk und die im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nicht unbedingt miteinander korrespondierten. Dies belegt die Selbstreferentialität des Clusters der Neuchristen als soziales (Interaktions-)System. Status in der eigenen Gruppe und Status in der Stadt konnten, mussten aber nicht Hand in Hand gehen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die weitgehende soziale Abgeschlossenheit der sozialen Beziehungen der Neuchristen mit dem Inquisitor Petrus de Mistretta als Ausdruck einer sozialen Jewishness interpretiert werden kann, oder ob für sie nicht auch andere Prozesse sozialer Schließung eine Rolle spielten. Damit geht die Frage einher, inwieweit die Exklusivität der sozialen Beziehungen der Neuchristen von Trani selbstoder fremdbestimmt war. Man muss davon ausgehen, dass die politische Stellung der Neuchristen auf ihre sozialen Beziehungen bzw. auf deren Geschlossenheit einen starken, wenn nicht maßgeblichen Einfluss hatte. Bis in die 20er-Jahre des 15. Jahrhunderts hatte die Kirche von Trani immer wieder den Anspruch erhoben, dass die Neuchristen von Trani wie zuvor die Juden homines ecclesiae seien. Dies wird die Chancen der Neofiti von Trani nicht erhöht haben, Zugang zu den Heiratskreisen der „anderen Christgläubigen“ zu finden. Denn für die freien Stadtbürger hätten Eheverbindungen mit Neuchristen das Risiko mit sich gebracht, dass die Kirche von Trani die Kinder aus dieser Verbindung als ihre Abhängigen beansprucht hätte. Eheverbindungen mit Dienstleuten der Kirche jedoch müssen wiederum für die Neofiti unattraktiv gewesen sein. Denn sie selbst hatten den Anspruch der Kirche auf ihre Unterordnung ja immer wieder bestritten und hätten diesem Anspruch durch Verbindungen mit anderen homines ecclesiae Tür und Tor geöffnet. Solange ihre politische Stellung umstritten war, weil die Kirche sie als homines ecclesiae beanspruchte, sie selbst diesen Anspruch jedoch zurückwiesen, blieb den Neuchristen

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh.

193

von Trani daher kaum etwas anderes übrig, als ihre Ehepartner innerhalb der eigenen Gruppe zu wählen. Nur so konnten sie dem Risiko entgehen, dass sie ihre politischrechtliche Stellung weiter geschwächt hätten, und zu den Heiratskreisen der Stadtbürger konnten sie aufgrund der Risiken, die diese damit für die Nachkommen aus solchen Ehen eingegangen wären, wohl kaum Zugang finden. Die Kontinuität der politischen Stellung der Neuchristen zur politischen Stellung der Juden legte also auch eine Kontinuität des Konnubiums nahe und begünstigte so die soziale Abschließung der Neofiti gegenüber den Christen der Stadt, die nicht von Juden abstammten. Die Inklusion der Neofiti in die politische Gemeinde 1413 beruhte dann geradezu darauf, dass die Neuchristen ihre soziale Jewishness weiterhin und nun auch aus eigenem Interesse reproduzierten. Damit sie ihre Vertreter in den Rat entsenden konnten, mussten sie als Sondergemeinde eine erkennbare Außengrenze haben. Es musste klar sein, welche Personen zu den Neuchristen gezählt wurden und welche nicht. Damit die Gruppe der Neuchristen auch künftig im Stadtregiment vertreten sein konnte, musste die Differenz zu den übrigen Populares von einer Generation auf die nächste übertragen werden – auch dies war nur durch Endogamie möglich. Da die Neofiti ihre Geschäftspartner wiederum wie alle andern auch aus dem Kreis der Verwandten und Verschwägerten auswählten, trugen die Geschäftsbeziehungen kaum dazu bei, die soziale Abschließung zu nivellieren. Allerdings war die Struktur der sozialen Beziehungen der Neuchristen im 15. Jahrhundert nicht nur die Fortschreibung einer zunächst fremdbestimmten und später auch selbstgewählten sozialen Jewishness; zeigt doch die Analyse der sozialen Beziehungen, die sich in den Zeugenkontakten manifestieren, dass die Struktur ihrer sozialen Beziehungen nicht nur durch Kontinuität geprägt war, sondern auch erheblichem Wandel unterlag! Nach der Rückkehr der Neuchristen in die Stadt 1464 bzw. 1466 nimmt ihre soziale Exklusivität noch zu, und parallel dazu gewinnen sie erheblich an Einfluss in der Stadt. Denn sowohl die Zentralität der Neuchristen als auch Intensität und Dichte der Beziehungen innerhalb der eigenen Gruppe nehmen nach 1464 zu, im Falle der Dichte sogar erheblich. Giuliana Vitale hat auf Prozesse der sozialen Schließung innerhalb der Stadtgesellschaft von Trani während des 15. Jahrhunderts aufmerksam gemacht, genauer: auf Prozesse sozialer Schließung im Adel der Stadt.57 Innerhalb des Adels hatte ja sich spätestens 1413 eine Gruppe von Familien ständisch gegen die anderen Familien abgeschlossen – nämlich jene Adligen, die Angehörige der Seggi waren. In der Stadtverfassung von 1413 werden die Seggi erstmals erwähnt. Um die politischen Rechte der Adligen wahrnehmen zu können, musste ein Adliger Angehöriger eines Seggio sein. Die Familien des Seggi-Adels pflegten exklusive Heiratsbeziehungen.58 Vergleicht man die

57 58

Vitale, Patriziato Urbano (1980). Zu den Ehen des Adels der Seggi vgl. Vitale, Patriziato Urbano (1980), 132–138; Vitale, Trani (1912), 579–595.

194

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

belegten Eheverbindungen des Seggi-Adels mit ihren sozialen Beziehungen, die sich in Zeugenkontakten manifestieren, zeigt sich, dass auch bei ihnen die schwachen sozialen Beziehungen entlang der Bahnen der starken sozialen Beziehungen verliefen (Abbildungen 17–19). de Russo

Rogadeo

Pizono Sifola

de Rocca

Bonismiro Palagano

Lambertini de Maraldiciis Stanga

Filangeri

Abbildung 17: Eheverbindungen des Seggi-Adels

de Buctunis

de Zardullo

Cassaro

de Iacobuzzo Rogadeo

de Bisancio

de Francisci de Iohanne

de Groppo

Stinici Passasepa de Rocca Bonismiro Palagano

de Pascacarolo

Lambertini de Maraldiciis Filangeri

Abbildung 18: Zeugenbeziehungen des Seggi-Adels

Stanga

de Bervinellis

195

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. de Buctunis

de Zardullo

Cassaro

de Iacobuzzo Rogadeo

de Bisancio de Groppo

de Francisci de Iohanne

Stinici Passasepa Sifola

de Rocca

Bonismiro Palagano

de Pascacarolo

Lambertini

de Maraldiciis Filangeri

Stanga de Bervinellis

Abbildung 19: Eheverbindungen und Zeugenbeziehungen des Seggi-Adels

Doch nicht nur die Familien des Seggi-Adels formierten sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts als zusehends abgeschlossener Stand innerhalb der Stadt. Mit der Reform der Stadtverfassung von 1466 durch König Ferrante I. hatte sich aus dem Populus der Stand der Kaufleute herausdifferenziert, dessen Angehörige in der Mehrzahl Neuchristen waren. Innerhalb der Stadtgesellschaft von Trani war damit eine neue, doppelte – soziale – Differenz entstanden, zwischen Kaufleuten und Volk auf der einen und Kaufleuten und Adel auf der anderen Seite. Die neue soziale Exklusivität der Neuchristen nach 1464, die die gestiegene Intensität und Dichte ihrer sozialen Beziehungen in der eigenen Gruppe erkennen lässt, muss daher auch als Ausdruck ihrer Herausdifferenzierung aus dem Populus und ihrer Formierung als eigener Stand interpretiert werden – als Prozess sozialer Schließung, der mit der neuen sozialen Distinktion einhergeht, die die Titulatur als egregius bzw. nobilis mercator artikuliert.59 Die gleichzeitige ständische Formierung von ‚Patriziat‘ und Kaufleuten wird auch daran deutlich, dass die Familien des Seggi-Adels und die Neuchristen im Netzwerk nach 1464 parallel an Zentralität gewannen. Wie die führenden Familien der Neuchristen haben auch die Familien Palagano und Bonismiro sowie die Familie de Rocca und de Maraldiciis bei allen Gradzentralitäten hohe Werte (Tabellen 32–34). Allerdings fällt auf, dass die Neuchristen nach 1464 fast überall höhere Zentralitätswerte aufweisen als die führenden Adelsfamilien. Sie verfügten also nach 1464 über 59

BDT A 601/639, A 610/648.

196

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

einen deutlich höheren Anteil am sozialen Kapital, das in der städtischen Elite von Trani vorhanden war. Dieser Zuwachs an sozialem Kapital ging ja mit einem gleichfalls gestiegenen Anteil an symbolischem Kapital einher. Wurden doch zahlreiche Neuchristen ab der Mitte des 15. Jahrhunderts als nobilis apostrophiert. Die Netzwerkanalyse spricht also dafür, dass der neue Adel der „adligen Kaufleute“, der sich in seiner Mehrheit aus den Neuchristen rekrutierte, ab der Mitte des 15. Jahrhunderts dabei war, den alten Adel aus dem Zentrum der Stadtgesellschaft von Trani zu verdrängen.

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 22: Gradzentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (ungewichtet) Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

Anteil

1. 1. 3. 4. 5. 5. 7. 7. 7. 7. 7. 7. 13. 13. 13. 16. 16. 16.

de Simonceto de Carolo Catalano de Pascacarolo de Iohanello Rogadeo de Gello Sifola Pizono de Porcella de Guadagnolo Palagano de Buctunis Castaldo de Pando de Brayda de Churistephano de Francisci de Iohanne de Campanino de Silvestro de Iaquinto Catina Filangeri de Nardo de Nucio Gentile Galocti Bonismiro de Guarino de Sergna de Roberto Guastaferio de Ameruciis de Mectulo de Ambrosiis Cassaro de Petrello de Martino De LaBella de Marino de Rocca de Guidolo de Cappelli Carducci de Erariis

15.000 15.000 11.000 9.000 7.000 7.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 5.000 5.000 5.000 4.000 4.000

30.612 30.612 22.449 18.367 14.286 14.286 12.245 12.245 12.245 12.245 12.245 12.245 10.204 10.204 10.204 8.163 8.163

0.081 0.081 0.059 0.048 0.038 0.038 0.032 0.032 0.032 0.032 0.032 0.032 0.027 0.027 0.027 0.022 0.022

4.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000

8.163 8.163 8.163 6.122 6.122 6.122 6.122 6.122 6.122 6.122 6.122 4.082 4.082 4.082 4.082 4.082 4.082 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041 2.041

0.022 0.022 0.022 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.011 0.011 0.011 0.011 0.011 0.011 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005 0.005

16. 16. 21. 21. 21. 21. 21. 21. 21. 21. 21 21. 21. 21. 21. 21. 41. 41. 41. 41. 41. 41. 41. 41. 41. 41. 41.

197

198 41. 41. 41. 41.

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft de Palucio de Urso de Zardullo de Menna

1.000 1.000 1.000 1.000

2.041 2.041 2.041 2.041

0.005 0.005 0.005 0.005

Tabelle 23: Gradzentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (gewichtet) Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

Anteil

1 2 3 4 5 6 7 8 8 10 10 12 13 14 14 16 16 18 19

de Simonecto de Carolo Catalano de Pascacarolo de Gello Palagano Rogadeo de Iohanello Sifola Castaldo Pizono de Porcella de Guadagnolo de Brayda de Pando de Buctunis de Churistephano de Campanino de Francisci de Iohanne Galocti Bonismiro de Silvestro de Iaquinto de Nardo Filangeri de Nucio de Mectulo Catina Gentile de Ameruciis de Guarino de Sergna de Roberto Guastaferio de Petrello de Palucio de Cappelli Carducci De LaBella

39.000 34.000 28.000 25.000 20.000 17.000 16.000 15.000 15.000 14.000 14.000 13.000 12.000 11.000 11.000 10.000 10.000 10.000

13.265 11.565 9.524 8.503 6.803 5.782 5.442 5.102 5.102 4.762 4.762 4.422 4.082 3.741 3.741 3.401 3.401 3.401

0.087 0.076 0.062 0.056 0.044 0.038 0.036 0.033 0.033 0.031 0.031 0.029 0.027 0.024 0.024 0.022 0.022 0.022

9.000 9.000 8.000 8.000 7.000 7.000 7.000 7.000 7.000 6.000 6.000 5.000 4.000 4.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 3.000 2.000

3.061 3.061 2.721 2.721 2.381 2.381 2.381 2.381 2.381 2.041 2.041 1.701 1.361 1.361 1.361 1.361 1.020 1.020 1.020 1.020 0.680

0.020 0.020 0.018 0.018 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.013 0.013 0.011 0.009 0.009 0.009 0.009 0.007 0.007 0.007 0.007 0.004

19 21 21 23 23 23 23 23 28 28 30 31 31 31 31 35 35 35 35 39

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 39 39 39 39 39 39 39 39 39 39

de Marino de Martino de Guidolo de Ambrosiis de Rocca de Erariis Cassaro de Urso de Zardullo de Menna

2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000

0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680

Tabelle 24: Bonacich-Zentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (gewichtet) Rang

Akteur

Grad

norm.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

de Carolo Sifola de Brayda de Iohanello Castaldo Galocti de Guadagnolo de Simonecto de Pando de Silvestro de Jaquinto de Francisci de Iohanne de Ameruciis de Sergna de Nardo Catalano de Nucio Palagano Guastaferio Rogadeo de Mectulo Catina de Urso Pizono de Guarino de Porcella Gentile de Palucio de Gello de Churistephano Filangeri de Campanino

75.253 37.695 37.235 32.337 30.755 29.970 28.308 26.432 22.684 20.331 20.251

27.843 13.947 13.777 11.965 11.379 11.089 10.474 9.780 8.393 7.522 7.493

19.941 18.960 17.274 16.638 14.672 14.537 13.892 11.788 11.497 11.028 10.172 10.880 9.696 9.594 9.556 8.894 7.678 6.064 5.987 5.821 5.738

7.378 7.015 6.391 6.156 5.429 5.379 5.140 4.362 4.254 4.080 3.763 4.025 3.588 3.550 3.536 3.291 2.841 2.243 2.215 2.154 2.123

0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004

199

200 34 35 36 36 38 39 40 41 41 42 43 44 45 46 47

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft de Pascacarolo Cassaro De LaBella de Erariis de Marino de Petrello de Buctunis de Cappelli Carducci de Rocca Bonismiro de Ambrosiis de Martino de Menna de Roberto

5.427 5.119 4.677 4.677 4.399 3.961 3.786 3.645 3.645 3.357 3.140 2.677 2.447 2.447 1.939

2.008 1.894 1.730 1.730 1.628 1.465 1.401 1.349 1.349 1.242 1.162 0.990 0.905 0.905 0.717

Tabelle 25: Bonacich-Zentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (ungewichtet) Rang

Akteur

Grad

norm.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

de Carolo Sifola de Simonecto de Iohanello de Guadagnolo Castaldo de Pando de Brayda de Silvestro Francisci de Iohanne de Iaquinto Catalano Galocti de Pascacarolo Rogadeo de Nardo de Sergna de Porcella de Ameruciis de Nucio Palagano Pizono Guastaferio de Urso Catina de Gello Gentile

41.386 21.313 20.548 20.131 19.406 15.895 14.197 14.062 13.354

25.921 13.349 12.870 12.609 12.154 9.956 8.892 8.807 8.364

12.716 12.667 11.977 11.769 10.805 10.794 10.237 10.151 9.399 9.672 9.163 8.707 8.549 7.986 7.084 7.307 6.633 6.260

7.964 7.934 7.501 7.371 6.767 6.760 6.411 6.358 5.887 6.058 5.739 5.453 5.354 5.002 4.437 4.577 4.155 3.921

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 28 29 30 31 32 32 34 35 36 36 38 39 40 41 42 43 43 45 46 46

de Guarino Filangeri de Mectulo de Churistephano Cassaro de Palucio de Buctunis de Campanino de Erariis De LaBella de Marino de Petrello de Rocca Bonismiro de Roberto de Martino de Menna de Ambrosiis de Cappelli Carducci

5.141 4.973 4.736 4.203 4.021 4.021 3.564 3.419 3.087 3.087 2.963 2.588 2.587 2.434 1.980 1.524 1.524 1.503 1.172 1.172

3.220 3.115 2.966 2.632 2.518 2.518 2.232 2.141 1.933 1.933 1.856 1.621 1.620 1.525 1.240 0.955 0.955 0.941 0.734 0.734

Tabelle 26: Verbundenheitszentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 Rang

Akteur

Entferntheit

norm. Verbundenheit

1 2 3 4 5 6 7 7 9 9 11 12 12 14 14 14

de Carolo de Simonecto Rogadeo de Porcella de Silvestro Catalano de Pascacarolo Sifola Pizono Palagano de Iohanello Castaldo de Pando de Guadagnolo de Gello de Francisci de Iohanne de Nucio de Iaquinto de Brayda de Ameruciis Galocti Filangeri de Sergna

82.000 85.000 97.000 98.000 104.000 106.000 110.000 110.000 112.000 112.000 114.000 115.000 115.000 116.000 116.000

53.659 51.765 45.361 44.898 42.308 41.509 40.000 40.000 39.286 39.286 38.596 38.261 38.261 37.931 37.931

116.000 118.000 118.000 119.000 120.000 121.000 123.000 123.000

37.931 37.288 37.288 36.975 36.667 36.364 35.772 35.772

17 17 19 20 21 22 22

201

202 24 24 26 26 27 28 29 30 30 32 33 34 34 36 37 38 39 40 40 42 43 43

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft de Nardo de Urso de Palucio Cassaro Catina Guastaferio de Campanino de Rocca Bonismiro de Buctunis Gentile de Churistephano de Marino de Mectulo de Guarino de Petrello de Roberto de Erariis De LaBella de Ambrosiis de Martino de Menna

125.000 125.000 128.000 128.000 130.000 135.000 136.000 140.000 140.000 144.000 145.000 147.000 147.000 148.000 149.000 153.000 157.000 158.000 158.000 179.000 187.000 187.000

35.200 35.200 34.375 34.375 33.846 32.593 32.353 31.429 31.429 30.556 30.345 29.932 29.932 29.730 29.530 28.758 28.025 27.848 27.848 24.581 23.529 23.529

Tabelle 27: Betweennesszentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 Rang

Akteur

Betweenness

norm. Betweenness

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

de Carolo de Simonecto Catalano de Pascacarolo de Silvestro de Pando de Buctunis Rogadeo Palagano Castaldo de Iohanello Sifola de Porcella de Campanino de Guadagnolo de Brayda Catina de Gello Pizono Galocti de Iaquinto

444.585 333.559 204.090 108.785 98.464 93.106 85.000 76.264 66.219 54.914 53.686 43.914 43.810 43.000 35.386 27.000 22.335 21.410 16.979 9.856 7.606

39.414 29.571 18.093 9.644 8.729 8.254 7.535 6.761 5.870 4.868 4.759 3.893 3.884 3.812 3.137 2.394 1.980 1.898 1.505 0.874 0.674

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 22 23 24 25 26

de Francisci de Iohanne Bonismiro de Churistephano de Guarino Gentile

6.600 5.267 3.083 1.583 1.500

0.585 0.467 0.273 0.140 0.133

Tabelle 28: Gradzentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes bis 1464 Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

Anteil

1 2 3 4 5 5 7 8 8 10 10 12 13

de Simonecto de Carolo Catalano de Iohanello Sifola de Pascacarolo Pizono de Gello Rogadeo Castaldo Palagano de Porcella de Francisci de Iohanne de Guadagnolo de Brayda de Pando Gentile de Nardo de Nucio de Iaquinto Filangeri de Sergna de Campanino de Buctunis de Mectulo Guastaferio Galocti de Ameruciis de Churistephano

29.000 28.000 20.000 14.000 12.000 12.000 11.000 10.000 10.000 9.000 9.000 8.000

6.576 6.349 4.535 3.175 2.721 2.721 2.494 2.268 2.268 2.041 2.041 1.814

0.120 0.116 0.083 0.058 0.050 0.050 0.045 0.041 0.041 0.037 0.037 0.033

7.000 7.000 6.000 6.000 6.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000

1.587 1.587 1.361 1.361 1.361 0.907 0.907 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680 0.680

0.029 0.029 0.025 0.025 0.025 0.017 0.017 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012

13 15 15 15 18 18 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20

203

204

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 29: Bonacich-Zentralität im Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 25 27 28 29 29

de Simonecto Pizono de Iohanello de Porcella Catalano de Carolo Rogadeo de Gello de Francisci de Iohanne de Guadagnolo Sifola de Pascacarolo de Nardo de Nucio Castaldo Palagano Gentile de Pando de Brayda de Mectulo de Ameruciis de Buctunis Guastaferio Galocti de Sergna de Campanino de Churistephano Filangeri de Iaquinto

2.648 2.294 2.287 2.285 2.250 2.101 1.987 1.973

14.146 12.254 12.214 12.206 12.018 11.223 10.612 10.540

1.919 1.883 1.782 1.772 1.731 1.730 1.678 1.662 1.495 1.477 1.471 1.135 1.124 1.120 1.117 1.114 1.114 1.107 1.104 1.103 1.103

10.248 10.057 9.517 9.468 9.248 9.240 8.965 8.878 7.988 7.891 7.855 6.064 6.004 5.982 5.968 5.952 5.952 5.913 5.897 5.889 5.889

Tabelle 30: Verbundenheitszentralität im Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 Rang 1 2 3 4 5 6 7 7

Akteur

Entferntheit

norm. Verbundenheit

de Simonecto de Carolo de Porcella Rogadeo Catalano Sifola de Iohanello Pizono

45.000 46.000 54.000 55.000 61.000 62.000 63.000 63.000

62.222 60.870 51.852 50.909 45.902 45.161 44.444 44.444

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 9 10 10 10 13 14 15 16 16 18 18 20 20 20 20 24 25 26 27 27 29

Castaldo Palagano de Gello de Guadagnolo de Francisci de Iohanne de Nucio de Pascacarolo de Pando de Nardo de Brayda de Ameruciis Galocti de Iaquinto de Sergna Filangeri Guastaferio de Campanino Gentile de Buctunis de Mectulo de Churistephano

64.000 65.000 65.000 65.000

43.750 43.077 43.077 43.077

66.000 67.000 68.000 70.000 70.000 71.000 71.000 72.000 72.000 72.000 72.000 77.000 80.000 86.000 87.000 87.000 94.000

42.424 41.791 41.176 40.000 40.000 39.437 39.437 38.889 38.889 38.889 38.889 36.364 35.000 32.558 32.184 32.184 29.787

Tabelle 31: Betweennesszentralität im Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 Rang

Akteur

Betweenness

norm. Betweenness

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

de Carolo de Simonecto Catalano Sifola de Porcella Castaldo de Pascacarolo Rogadeo de Gello de Guadagnolo Palagano de Pando de Iohanello Pizono de Francisci de Iohanne de Brayda Gentile

192.310 150.177 62.173 27.192 26.502 21.818 18.125 16.243 16.161 15.629 15.367 9.375 7.619 7.344

50.876 39.729 16.448 7.194 7.011 5.772 4.795 4.297 4.275 4.135 4.065 2.480 2.016 1.943

1.967 0.500 0.500

0.520 0.132 0.132

16 17

205

206

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 32: Gradzentralitäten im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (ungewichtet) Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

Anteil

1 1 3 3 5 6 6 8 8 10 10 10 10 10 10 11 11

de Gello Catalano de Buctunis Palagano de Bisancio Pizono de Barisano de Iacobuzzo de Zardullo Bonismiro de Maraldiciis de Carrello de Rocca de Sergna Cassaro de Roberto de Francisci de Iohanne de Pascacarolo de Nucio de Clemente de Sussa de Foggia de Russo Cammilli Stinici Doblassini Marrello Vecze Lambertini Lupo de Gregorio de Zarulo de Florio de Frigoso Stanga de Imbumba Gentile Castaldo de Benedicto de Pissota de Groppo de Masio de Bonito Filangeri

15.000 15.000 11.000 11.000 10.000 9.000 9.000 8.000 8.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 5.000

23.438 23.438 17.188 17.188 15.625 14.063 14.063 12.500 12.500 9.375 9.375 9.375 9.375 9.375 9.375 7.813

0.059 0.059 0.043 0.043 0.039 0.035 0.035 0.031 0.031 0.024 0.024 0.024 0.024 0.024 0.024 0.020

5.000 5.000 5.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000

7.813 7.813 7.813 6.250 6.250 6.250 6.250 6.250 6.250 6.250 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 4.688 3.125 3.125 3.125 3.125 3.125 3.125

0.020 0.020 0.020 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.016 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008

11 11 15 15 15 15 15 15 15 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 34 34 34 34 34 34

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 34 34 34 34 34 34 34 47 47 47 47 47 47 47 47 47 47 47 47 47

de Mangono de Guadagnolo de Pace Spina de Cambio Pizzaguerra Passasepa de Barono de Eliazariis Oculi Albi Sifola de Bervinellis de Corsellis de Tramunto de Cappuccio Ypolito de Rado Fornaio Calcanio Suppa Rogadeo

2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000 1.000

3.125 3.125 3.125 3.125 3.125 3.125 3.125 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563 1.563

0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.008 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004 0.004

Tabelle 33: Gradzentralitäten im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (gewichtet) Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

Anteil

1 2 3 4 5 6 7 8 9 9 11 12 13 14 15 15 16 17

Catalano de Gello de Buctunis Palagano de Bisancio de Barisano de Zardullo Pizono de Rocca de Iacobuzzo de Roberto de Maraldiciis de Sergna Cassaro de Carrello Bonismiro de Nucio de Francisci de Iohanne de Foggia de Russo de Pascacarolo Vecze

57.000 50.000 32.000 29.000 26.000 25.000 23.000 22.000 18.000 18.000 17.000 17.000 15.000 14.000 13.000 13.000 12.000

9.896 8.681 5.556 5.035 4.514 4.340 3.993 3.819 3.125 3.125 2.951 2.951 2.604 2.431 2.257 2.257 2.083

0.088 0.077 0.049 0.045 0.040 0.038 0.035 0.034 0.028 0.028 0.026 0.026 0.023 0.022 0.020 0.020 0.018

11.000 10.000 10.000 10.000 9.000

1.910 1.736 1.736 1.736 1.563

0.017 0.015 0.015 0.015 0.014

18 18 18 21

207

208 21 23 23 23 23 23 23 29 29 29 29 33 33 33 33 33 33 39 39 41 41 41 41 41 41 41 41 41 41 41 52 53 53 53 53 53 53 53 53 53 53 53

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft Stanga de Clemente de Sussa Cammilli Stinici Doblassini de Eliazariis de Zarulo Marrello Gentile de Florio Lupo Lambertini de Frigoso de Gregorio de Imbumba Castaldo de Groppo Passasepa de Masio de Benedicto Filangeri de Pissota de Guadagnolo de Bonito Spina de Mangono Pizzaguerra de Pace de Cambio de Tramunto Oculi Albi Sifola de Bervinellis de Corsellis de Barono de Cappuccio Ypolito de Rado Fornaio Calcanio Suppa Rogadeo

9.000 8.000 8.000 8.000 8.000 8.000 8.000 7.000 7.000 7.000 7.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 5.000 5.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 3.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000 2.000

1.563 1.389 1.389 1.389 1.389 1.389 1.389 1.215 1.215 1.215 1.215 1.042 1.042 1.042 1.042 1.042 1.042 0.868 0.868 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.694 0.521 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347 0.347

0.014 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.012 0.011 0.011 0.011 0.011 0.009 0.009 0.009 0.009 0.009 0.009 0.008 0.008 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.006 0.005 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003 0.003

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 34: Bonacich-Zentralität der Beziehungen im Zeugennetzwerk nach 1464 (gewichtet) Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 22 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

Akteur

Grad

norm. Grad

de Bisancio de Rocca Cassaro Bonismiro de Nucio de Francisci de Iohanne Catalano de Carrello Stanga de Pascacarolo Palagano de Russo de Foggia Stinici Gentile de Sussa de Barisano de Zardullo de Clemente de Gello Cammilli de Groppo Passasepa Doblassini Pizono de Zarulo de Florio de Frigoso Lambertini de Buctunis Lupo Castaldo de Maraldiciis de Gregorio de Imbumba de Cambio de Iacobuzzo Filangeri de Sergna de Benedicto Pizzaguerra de Mangono de Masio de Bonito

38.142 28.151 20.500 19.078 18.745

27.677 20.428 14.876 13.844 13.602

16.619 15.286 14.996 14.561 13.962 13.480 13.281 13.111 12.450 12.371 11.585 11.506 10.914 10.769 10.527 10.193 9.972 9.972 9.811 9.709 9.924 9.203 9.153 9.072 8.798 8.728 8.635 8.468 8.020 7.614 7.549 7.596 6.409 6.051 5.864 5.689 5.518 5.518 5.407

12.059 11.092 10.881 10.566 10.131 9.782 9.637 9.514 9.034 8.977 8.406 8.349 7.920 7.814 7.639 7.397 7.236 7.236 7.120 7.045 7.201 6.678 6.642 6.583 6.384 6.333 6.266 6.145 5.820 5.525 5.477 5.512 4.651 4.391 4.255 4.128 4.004 4.004 3.924

209

210 45 46 47 48 49 50 50 52 53 54 55 56 57 58 59

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft Spina de Roberto de Pace de Pissota Vecze Oculi Albi de Rado Fornai de Bervinellis Suppa Ypolito de Corsellis de Barono Rogadeo Marrello de Guadagnolo

5.393 5.266 4.950 4.814 3.200 3.110 3.110 2.998 2.983 2.970 2.726 2.718 2.651 2.566 0.854

3.914 3.821 3.592 3.493 2.322 2.256 2.256 2.175 2.164 2.155 1.978 1.973 1.924 1.862 0.620

Tabelle 35: Bonacich-Zentralität der Beziehungen im Zeugennetzwerk nach 1464 (ungewichtet) Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

Akteur

Grad

norm. Grad

de Bisancio Catalano de Gello de Rocca de Nucio Cassaro Bonismiro de Francisci de Iohanne de Buctunis Palagano de Barisano Stinici de Zardullo de Pascacarolo Gentile de Russo de Iacobuzzo Pizono de Sussa de Carrello Lupo de Zarulo de Frigoso de Clemente de Foggia Doblassini Stanga

23.248 16.535 15.243 14.731 14.511 13.574 12.476

23.477 16.698 15.393 14.877 14.654 13.708 12.599

12.447 12.008 10.558 10.334 9.800 9.648 9.642 9.365 8.973 8.459 8.372 8.294 8.161 7.853 7.748 7.713 7.170 7.031 6.974 6.942

12.570 12.126 10.662 10.436 9.897 9.743 9.737 9.457 9.062 8.542 8.454 8.376 8.242 7.930 7.824 7.789 7.240 7.100 7.042 7.011

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 45 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59

Lambertini Cammilli de Florio Castaldo de Cambio de Maraldiciis de Groppo Passasepa de Sergna de Gregorio de Roberto Filangeri de Imbumba Pizzaguerra de Benedicto de Bonito Spina de Mangono de Masio de Pissota de Pace Vecze Rogadeo de Bervinellis Suppa Marrello de Barono Oculi Albi de Rado Fornaio Ypolito de Corsellis de Guadagnolo

6.540 6.474 6.280 6.246 5.838 5.754 5.673 5.673 5.606 5.354 5.244 4.925 4.835 3.956 3.859 3.683 3.615 3.478 3.478 3.102 3.074 2.730 2.525 2.341 2.140 2.130 2.063 2.036 2.036 1.893 1.886 0.807

6.604 6.538 6.342 6.308 5.896 5.811 5.729 5.729 5.661 5.407 5.296 4.974 4.883 3.995 3.897 3.719 3.651 3.513 3.513 3.133 3.104 2.757 2.550 2.364 2.161 2.152 2.084 2.057 2.057 1.912 1.904 0.815

Tabelle 36: Verbundenheitszentralität im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 Rang

Akteur

Entferntheit

norm. Verbundenheit

1 2 3 4 5 5 7 8 9 10 11

Catalano Pizono Cassaro de Gello de Bisancio de Buctunis Stinici de Zardullo Bonismiro de Barisano Palagano

38.000 147.000 150.000 157.000 166.000 166.000 167.000 168.000 169.000 170.000 172.000

42.029 39.456 38.667 36.943 34.940 34.940 34.731 34.524 34.320 34.118 33.721

211

212 12 12 14 15 16 16 18 19 20 20 20 20 20 25 25 27 28 29 30 30 32 32 34 35 36 37 38 38 39 39 39 42 42 44 45 46 46 48 49 50 51 52 53 54 54 56 56 58

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft de Frigoso de Pascacarolo de Nucio de Iacobuzzo de Sergna de Sussa de Francisci de Iohanne Castaldo de Rocca de Russo de Roberto de Zarulo Gentile de Florio de Foggia de Maraldiciis Lupo Pizzaguerra Vecze de Barono Filangeri Lambertini Marrello de Clemente Doblassini de Cambio Stanga Spina de Groppo Passasepa de Gregorio de Pissota Rogadeo de Bervinellis de Bonito Cammilli Suppa de Carrello Ypolito de Pace de Imbumba de Corsellis de Benedicto de Masio de Mangono de Rado Fornaio Oculi Albi de Guadagnolo

175.000 175.000 176.000 177.000 181.000 181.000

33.143 33.143 32.955 32.768 32.044 32.044

184.000 185.000 186.000 186.000 186.000 186.000 186.000 188.000 189.000 197.000 201.000 202.000 204.000 204.000 206.000 206.000 213.000 214.000 216.000 217.000 220.000 220.000 222.000 222.000 222.000 223.000 223.000 229.000 234.000 243.000 243.000 245.000 246.000 247.000 259.000 273.000 276.000 301.000 301.000 302.000 302.000 316.000

31.522 31.351 31.183 31.183 31.183 31.183 31.183 30.851 30.688 29.442 28.856 28.713 28.431 28.431 28.155 28.155 27.230 27.103 26.852 26.728 26.364 26.364 26.126 26.126 26.126 26.009 26.009 25.328 24.786 23.868 23.868 23.673 23.577 23.482 22.394 21.245 21.014 19.269 19.269 19.205 19.205 18.354

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 37: Betweennesszentralität im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 Rang

Akteur

Betweenness

norm. Betweenness

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32

Catalano Pizono de Pascacarolo Cassaro de Carrello Marrello de Gello de Buctunis de Sussa de Bisancio Palagano Bonismiro de Clemente Cammilli Castaldo Stinici de Sergna Doblassini de Frigoso de Foggia de Russo de Imbumba de Benedicto de Rocca Spina de Zardullo de Iacobuzzo de Florio de Pissota de Gregorio de Maraldiciis de Francisci de Iohanne de Barisano de Nucio de Pace Lambertini de Cambio de Bonito de Roberto Lupo

555.858 444.643 299.312 255.692 247.143 233.393 210.515 204.605 201.860 195.537 173.119 153.429 144.743 93.607 85.448 85.199 82.667 74.299 72.499 62.202 57.000 57.000 53.000 51.970 48.781 47.248 44.099 42.594 35.883 34.017 30.814

28.462 22.767 15.326 13.092 12.655 11.950 10.779 10.476 10.336 10.012 8.864 7.856 7.411 4.793 4.375 4.362 4.233 3.804 3.712 3.185 2.919 2.919 2.714 2.661 2.498 2.419 2.258 2.181 1.837 1.742 1.578

21.115 17.860 14.776 13.533 10.702 7.018 4.500 0.667 0.656

1.081 0.914 0.757 0.693 0.548 0.359 0.230 0.034 0.034

33 34 35 36 37 38 39 40

213

214

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 38: Gradzentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

Anteil

1 2 3 4 5 5 7 7 9 9 11

Catalano de Gello de Barisano de Buctunis Palagano de Zardullo de Bisancio de Iacobuzzo Pizono Bonismiro de Francisci de Iohanne de Nucio de Maraldiciis de Rocca Cassaro de Roberto de Sergna de Clemente Lupo de Sussa Lambertini de Foggia de Pascacarolo de Zarulo de Russo Gentile Stanga de Masio de Groppo de Imbumba Vecze de Carrello de Gregorio Cammilli de Mangono Filangeri Passasepa Stinici de Florio Pizzaguerra Castaldo de Frigoso

46.000 45.000 32.000 23.000 20.000 20.000 19.000 19.000 12.000 12.000

5.990 5.859 4.167 2.995 2.604 2.604 2.474 2.474 1.563 1.563

0.112 0.109 0.078 0.056 0.049 0.049 0.046 0.046 0.029 0.029

11.000 11.000 10.000 10.000 9.000 8.000 7.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 4.000 4.000 4.000 4.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000

1.432 1.432 1.302 1.302 1.172 1.042 0.911 0.781 0.781 0.781 0.781 0.781 0.781 0.521 0.521 0.521 0.521 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391 0.391

0.027 0.027 0.024 0.024 0.022 0.019 0.017 0.015 0.015 0.015 0.015 0.015 0.015 0.010 0.010 0.010 0.010 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007

11 13 13 15 16 17 18 18 18 18 18 18 24 24 24 24 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28 28

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 39: Bonacich-Zentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 Rang

Akteur

Grad

norm. Grad

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

de Barisano Catalano de Gello de Zardullo de Buctunis de Iacobuzzo de Bisancio de Roberto de Nucio de Francisci de Iohanne Palagano de Rocca de Maraldiciis de Sergna Bonismiro Pizono Gentile de Russo de Zarulo Stanga Cassaro Lupo Lambertini de Pascacarolo de Foggia de Sussa de Clemente Vecze de Florio Stinici Filangeri de Groppo Passasepa Castaldo Pizzaguerra de Frigoso de Gregorio Cammilli de Imbumba de Carrello de Mangono de Masio

2.913 2.836 2.755 2.729 2.649 2.541 2.532 2.184 2.179

16.490 16.050 15.595 15.448 14.996 14.383 14.332 12.359 12.334

2.170 2.130 1.865 1.860 1.797 1.693 1.686 1.645 1.636 1.629 1.602 1.585 1.453 1.411 1.406 1.401 1.393 1.386 1.095 1.081 1.070 1.067 1.063 1.063 1.057 1.054 1.052 1.049 1.043 1.043 1.036 1.036 1.036

12.282 12.058 10.554 10.526 10.169 9.582 9.545 9.311 9.260 9.222 9.070 8.971 8.223 7.986 7.956 7.932 7.882 7.846 6.196 6.119 6.056 6.039 6.016 6.016 5.984 5.966 5.955 5.935 5.901 5.901 5.866 5.866 5.866

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42

215

216

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 40: Verbundenheitszentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 Rang

Akteur

Entferntheit

norm. Verbundenheit

1 2 3 4 5 5 5 8 9 10 11 12

Catalano de Zardullo de Gello Pizono de Barisano de Bisancio Cassaro de Buctunis de Iacobuzzo de Nucio Palagano de Francisci de Iohanne de Sergna de Roberto de Russo de Zarulo Gentile de Pascacarolo de Florio Lupo de Foggia Bonismiro de Sussa Castaldo Vecze de Frigoso de Rocca Pizzaguerra de Groppo Passasepa de Maraldiciis Filangeri Lambertini Stanga Stinici de Clemente de Gregorio de Imbumba Cammilli

75.000 86.000 88.000 91.000 92.000 92.000 92.000 93.000 100.000 101.000 102.000

50.667 44.186 43.182 41.758 41.304 41.304 41.304 40.860 38.000 37.624 37.255

103.000 104.000 104.000 105.000 105.000 107.000 109.000 111.000 113.000 118.000 118.000 120.000 121.000 121.000 124.000 127.000 127.000 128.000 128.000 129.000 132.000 132.000 136.000 138.000 152.000 154.000 188.000 188.000

36.893 36.538 36.538 36.190 36.190 35.514 34.862 34.234 33.628 32.203 32.203 31.667 31.405 31.405 30.645 29.921 29.921 29.688 29.688 29.457 28.788 28.788 27.941 27.536 25.000 24.675 20.213 20.213

13 13 15 15 17 18 19 20 21 21 23 24 24 26 27 27 29 29 30 31 31 33 34 35 36 37 38

Soziale Jewishness? Netzwerke der Neuchristen von Trani während des 15. Jh. Tabelle 41: Betweennesszentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 Rang

Akteur

Betweenness

norm. Betweenness

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Catalano Cassaro Palagano de Sussa Pizono de Zardullo de Gello de Bisancio de Clemente de Pascacarolo de Iacobuzzo Bonismiro de Francisci de Iohanne de Buctunis de Barisano de Maraldiciis de Nucio Lambertini de Rocca de Foggia de Sergna Lupo de Roberto

316.741 202.700 142.201 136.000 133.079 111.363 94.419 76.952 72.000 61.315 37.147 35.477

45.056 28.834 20.228 19.346 18.930 15.841 13.431 10.946 10.242 8.722 5.284 5.046

32.408 19.675 16.793 14.159 11.000 7.402 7.336 3.929 2.450 1.119 0.333

4.610 2.799 2.389 2.014 1.565 1.053 1.044 0.559 0.349 0.159 0.047

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

2. Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener: Wirtschaftliche Aktivität und Karrieren der Neuchristen Wirtschaftliche Aktivität konvertierter Juden und ihrer Nachkommen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts Die wirtschaftliche Aktivität der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen ist sehr ungleichmäßig dokumentiert. Quellen aus dem frühen 14. Jahrhundert ermöglichen es, die Konturen der ökonomischen Betätigung der ersten Generation von Neofiti in Apulien und Kampanien nachzuzeichnen, um so immerhin Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Aktivität der Neuchristen in Trani zu ziehen. Denn diese ist erst für die Zeit ab der Mitte des 15. Jahrhunderts dokumentiert. Allem Anschein nach waren die konvertierten Juden Apuliens und Kampaniens nach 1292 zunächst noch in Gewerben und Berufen aktiv, die sie bereits vor ihrer Konversion ausgeübt hatten. Im Unterschied zu den Juden Mittel- und Norditaliens und des aschkenasischen Raumes stellten Geldgeschäfte für die Juden Süditaliens im Mittelalter keine zentrale Erwerbsquelle dar. Zwar waren unter ihnen auch Geldverleiher. Die Konstitutionen von Melfi hatten 1231 den Wucher zum crimen publicum erklärt und unter Strafe gestellt, den Juden jedoch den Geldverleih zu einem Zinssatz von zehn Prozent ausdrücklich erlaubt.60 Im italienischen Süden übten die Juden aber auch verschiedene Handwerke aus und betätigten sich in der Landwirtschaft.61 Thomas von Aquin konnte daher der Herzogin von Brabant in seinem berühmten Schreiben „De regimine Iudeorum“ empfehlen, statt von den Zinsgeschäften der Juden zu profitieren, eher die Juden zu zwingen, sich ihren eigenen Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, wie diese es in einigen Gegenden Italiens täten.62 Die Betrachtung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Neofiti unmittelbar nach der Konversion bestätigt dieses Bild und differenziert es gleichzeitig. In Bari sind in den 90er-Jahren des 13. Jahrhunderts Neofiti sowohl als Kreditgeber als auch als Kreditnehmer aktiv.63 Den Neofiti von Trani wird während der ersten drei Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts wiederholt Wucher vorgeworfen. Dieser Vorwurf hatte jedoch den Zweck, die Traneser Neuchristen zu Zahlungen nötigen zu können, mit denen Steuerausfälle gedeckt werden sollten, bzw. das Unvermögen oder den Unwillen einiger Bürger zu legiti60

61

62

63

Stürner (Hg.), Konstitutionen Friedrichs II (1996), 1/6,2; vgl. hierzu Dilcher, Sizilische Gesetzgebung (1975), 87f. Strauss, Die Juden im Königreich Sizilien (1910), 72–74; Yver, Commerce et Marchands dans l’Italie meridionale (1903), 189f. Thomas, Epsitola, ed. Dondaine (1979), 376: […] melius enim esset ut Iudeos laborare compellerent ad proprium uictum lucrandum, sicut in partibus Ytalie faciunt […]; vgl. hierzu zuletzt Hood, Aquinas and the Jews (1995), 105, der allerdings faciunt auf compellerent bezieht und daher zu einer falschen Übersetzung kommt. RCA 46, ed. Cubellis (2002), 153; Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 178f.; vgl. Regest in ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1580r), s. o., 79–82.

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener

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mieren, Steuern zu zahlen.64 Daher ist der Wuchervorwurf kein Beleg für eine besondere Aktivität der Neuchristen von Trani im Kreditgeschäft. Dass Neuchristen aus Trani Kredite vergaben, ist erstmals sicher für das Jahr 1399 belegt. Allerdings wurden die entsprechenden Darlehen gleichsam unter Neofiti vergeben. Der Neuchrist Paulus de Mennulo schuldet den Neuchristen Nicolaus de Gello und Thomas de Franchino fünf bzw. 15 Tarì ex puro mutuo.65 Der Bareser Konvertit Recuperus besitzt 1302 eine Herde von 300 Stück Vieh.66 In Foggia kauft ein Neuchrist namens Americus im Jahr 1294 die Erträge der königlichen Masseria.67 Da das Mandat, in dem dieser Kauf belegt ist, sich an den procurator gregariae ovium curiae richtet, war auch er wahrscheinlich Viehzüchter. Der Traneser Neuchrist Nicolaus Celli wird 1399 als piscator bezeichnet.68 Vielleicht war auch er nicht selbst Fischer, sondern Pächter oder Besitzer eines Küstenabschnitts mit den dazugehörigen Fischereirechten, wie es für das Trani des 14. und 15. Jahrhunderts vielfach belegt ist.69 Das Gewerbe der Juden war im hochmittelalterlichen Süditalien jedoch die Färberei, vor allem die Färberei von Seidenstoffen. ‚Iudayca‘ und ‚Tinctoria‘ erscheinen bis weit in das 13. Jahrhundert als Synonyme.70 Friedrich II. hatte 1231 außerdem den Handel mit Seidenstoffen in die Hände einer Gesellschaft von Juden aus Trani gelegt.71 Juden übten jedoch nicht nur das Färberhandwerk aus oder handelten mit Seidenstoffen. Sie traten vielfach auch als Pächter von Seidenfärbereien auf, die ja im mittelalterlichen Königreich Sizilien bzw. Neapel ein königliches Monopol waren. Dies belegt bereits eine Enquête aus Tarent aus dem Jahr 1247.72 Anlässlich einer Enquête über die Einkünfte der Färberei von Pozzuoli bei Neapel aus dem Jahr 1270 wird ein Jude namens Juda, Sohn des ehemaligen Pächters der Färberei Gaudio de Capite, befragt. Außerdem befindet sich unter den Befragten auch ein konvertierter Jude namens Fra’ Sebastiano.73 Im Laufe des 14. Jahrhunderts verschwindet die einheimische Seidenproduktion und mit ihr das Färbereigewerbe im Königreich Neapel fast vollständig. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts sind nur noch Tuche aus Florenz auf dem Markt.74 Ende des 15. Jahr-

64 65 66 67 68 69

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71 72 73 74

S. o., 71. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 86. CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 116, s. o., 84. Syllabus Membranarum 2/1 (1832), 128. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 86. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 11; BPcB, FondoBeltrani 61/1, 8r, 9r, 14v, 26r, 44r, 74r, Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 4, 150, 225. Etwa bei Richardus de Sancto Germano, Chronica, ed. Garufi (1938), 176; Ende des 13. Jhs. verleiht Karl I. jährliche Einkünfte von 12 Unzen aus der gabella Judaicae et Tinctoriae von Neapel an Bischof von Pozzuoli; Minieri Riccio, Regno Carlo I. 1275–1283 (1880), 5. Winkelmann (Hrsg.), Acta imperii inedita (1880), Nr. 785. Girgensohn/Kamp, Urkunden und Inquisitionen (1961), Nr. 9. Ambrasi/Ambrosio, Diocesi e Vecovi di Pozzuoli (1990), 210. Yver, Commerce et Marchands dans l’Italie meridionale (1903), 90f.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

hunderts unternimmt König Ferrante I. schließlich Anstrengungen, das Seidengewerbe in seinem Reich zu reetablieren. 1477 wird in Neapel eine Arte della Seta etabliert. Das Know-how hierfür muss der König bei dieser Gelegenheit importieren. Es liefern Unternehmer aus Genua und Florenz.75 Yver hat den Niedergang der Seidentuchproduktion darauf zurückgeführt, dass die Produzenten aus Süditalien in der Konkurrenz mit den mittelitalienischen Tuchproduzenten unterlegen seien.76 Es gibt jedoch auch Anzeichen dafür, dass die Massenkonversion der Juden, in deren Händen die Seidenproduktion lag, eine Rolle für den Niedergang spielte – wenn auch nicht ganz deutlich wird welche. Quellen aus Salerno und Tarent zeigen, dass die konvertierten Juden auch nach der Massenkonversion von 1292 weiterhin als Seidenfärber und Pächter der Färberei auftraten, ihre Nachkommen sich jedoch wohl bereits vor der Mitte des 14. Jahrhundert aus dem Seidengewerbe zurückzogen. Am 15. November 1306 beschweren sich die Pächter der Gabelle, also der indirekten Steuern auripellis, tintorie sete et cuculli von Salerno beim Königshof, dass gewisse neofiti aus Salerno, die das Gewerbe der Färberei ausübten, übereingekommen seien, Seide nicht mehr in der Färberei der Stadt zu färben. Stattdessen übten sie ihr Gewerbe heimlich in ihren Häusern aus, zum Schaden der Steuerpächter. Außerdem würden sie größere Mengen Seide im ganzen Prinzipat aufkaufen, obwohl auf dieser die Terziaria, also eine indirekte Steuer, liege, sie in ihren Häusern verstecken, um sie dann auf der Messe zu S. Matteo in Policastro zu verkaufen.77 Über 25 Jahre später, am 12. August 1332, bringt ein Francesco Guarna, miles, aus Salerno eine ähnliche Klage vor. Wie bereits seinen Vorfahren, die seit jeher die Färberei von Salerno besessen hätten, hätten auch ihm die Fürsten die Färberei von Salerno verliehen sub certo servicio proinde regie curie faciendo. Es gebe jedoch viele Privatpersonen, die in ihren eigenen Häusern die Färberei entgegen der Gewohnheit und Pflicht ausübten, zum Schaden des Hofs und Verlust des genannten Ritters.78 Die Färberei von Salerno wurde in den 30er-Jahren des 14. Jahrhunderts – also schon seit einiger Zeit – nicht mehr jährlich an den Meistbietenden verpachtet, sondern als Lehen ausgegeben, für das dem König bestimmte Dienste zu leisten waren. Gleichzeitig ist in der Beschwerde des Inhabers der Färberei keine Rede davon, dass diese von Neuchristen ausgeübt würde. In Tarent veranlasst der Fürst von Tarent in den Jahren 1329, 1334 und 1353 Enquêten über die Verteilung der Einkünfte der Färberei (und des Schlachthofs).79 Wie bereits bei den Enquêten aus den 30er- und 40er-Jahren des 13. Jahrhunderts geht es darum, welcher Anteil an den Einkünften aus der Verpachtung der Färberei von Tarent der erz-

75 76 77 78 79

Pescione, Arte della Seta (1923). Yver, Commerce et Marchands dans L’Italie meridionale (1907), 91. Caggese, Roberto d’Angio 1 (1922), 93, 280. CDS del Secolo XIV, ed. Carucci (1946), Nr. 52. Pergamene di Taranto, ed. Cordasco (1996), Nr. 24, 35; Ebrei a Taranto, ed. Colafemmina (2006), Nr. 46.

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bischöflichen Kirche bzw. dem Domkapitel von Tarent zukam.80 Bei diesen Enquêten wurden auch Personen befragt, die als Neofiti bezeichnet werden. Dabei fällt auf, dass die Neuchristen, die 1329 und 1334 befragt wurden, sehr genaue Kenntnisse über die Einkünfte der Färberei von Tarent und ihre Verteilung haben. Die Neofiti, die 1353 befragt wurden, wissen dagegen nur noch sehr vage Bescheid, stammt ihr Wissen doch nur noch vom Hörensagen.81 Die Neofiti, die 1329 und 1334 befragt worden waren, hatten dagegen ihr Wissen aus eigener Anschauung gewonnen, weil sie selbst und in einem Fall schon der Vater Pächter der Färberei gewesen waren.82 Im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert hatte die Färberei von Tarent zudem erheblich an Wert verloren. Der Konvertit Magister Angelus erinnert sich 1329, dass sein Vater Manuel die Färberei zur Zeit König Karls II. einmal für 15, einmal für 20 und einmal für 24 Unzen ersteigert hätte. Er selbst hätte sie zu Zeiten von Karls II. Sohn Phillip, der 1294 Fürst von Tarent geworden war, für Summen ersteigert, die nur noch im Bereich von acht oder zehn Unzen lagen.83 Andere Zeugen nennen Pachtsummen, die

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Girgensohn/Kamp, Urkunden und Inquisitionen (1961). Ebrei a Taranto, ed. Colafemmina (2006), Nr. 46: […] Magister dompnus neophidus de Tarento, testis iuratus et interogatus super dicta inquisitione et specialiter super cabella tinctorie, obmissis aliis de quibus dixit se nescire, dixit se hoc inde scire quod tempore condam bone memorie archiepiscopi Gregorii ipsius ecclesie Tarentine vidit certos cabellotos dicte cabelle tintorie solventes dictis clero et capitulo certas pecunarium quantitates pro dicta cabella; interrogatus qualiter vel quam pecunie quantitatem percipiebant dicti clerus et capitulum, dixit se audivisse dici, quod, ubi locabatur dicta cabella pro unciis decem, ipse uncie decem erant dictorum cleri et capituli […]; Magister Alamagnus neophidus, […] dixit se audivisse dici quod de cabella tintorie predicta solvebatur aliqualis pecunia dictis clero et capitulo; interrogatus que quantitas pecunie solvebatur, dixit se nescire […]. Pergamene di Taranto, ed. Cordasco (1996), Nr. 24: […] magister Angelus tintor, neophitus, iuratus et interrogatus super premissis, dixit quod ipse testis vidit quondam Manuelem, patrem suum exercere diversis temporibus ad extaleum dictam cabellam tintorie sub dominio dive memorie domini regis Caroli secundi […] Leonus de Antonio, neophitus, iuratus et interrogatus super predictis, dixit quod ipse testis, tempore officii iusticiariatus et vicariatus Rogerii de Oliveto, fuit duobus annis cabellotus dicte cabelle tintorie […] Angelus de Dompnello, neophitus, iuratus et interrogatus super premissis, dixit ut proximus, excepto quod non fuit principalis in cabella, set socius dicti Leoni, et quod non solvit ipse dictam pecuniam, sed vidit eam solvi ab eodem Leono idemque Leonus recepit dictam apodixam […]; Nr. 35: […] magister Angelus tintor, olim vocatus Gaudius, neophidus, testis, iuratus et interrogatus super premissis omnibus, dixit de hoc tantum inde scire quod ipse testis per diversas vices et tempora, tempore dominii dicti domini principis, fuit cabellotus cabelle tintorie dicte civiatis Tarenti […]. Pergamene di Taranto, ed. Cordasco (1996), Nr. 24: […] interrogatus pro quanta pecunia sibi locata fuerat annuatim cabella ipsa, dixit quod aliquando pro unciis auri quindecim et quandoque pro unciis auri viginti et aliquando pro unciis auri viginti quatuor; dixit etiam quod ipse testis diversis temporibus conduxit cabellam eandem, quandoque pro unciis decem et quandoque pro unciis octo, tempore dicti domini principis et de mandato vicariorum ipsius domini solvit capitulo et clero totam pecuniam locationis cabelle predicte et recepit exinde apodixam que fuit sibi amissa in suo computo rationis per vicarios supradictos […].

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

sogar noch deutlich niedriger waren: um die zwei Unzen.84 Fünf Jahre später berichtet auch Magister Angelus, dass er die Färberei von Tarent in jüngerer Vergangenheit für Summen ersteigert hätte, die bei viereinhalb bis fünf Unzen lagen. Er kontrastiert diese abermals mit dem höheren Wert der Färberei zur Zeit Karls II., die damals für durchschnittlich 15 Unzen versteigert worden wäre, und fügt dem gleichsam als Erklärung hierfür hinzu: quando scilicet Iudayca dicte civitatis Tarenti erat in stato suo.85 Nach 1292 war es in Tarent also zu einem massiven Wertverlust des Seidengewerbes gekommen, und dieser stand dem Konvertiten Magister Angelus zufolge in einem Zusammenhang damit, dass die Judengemeinde sich nicht mehr in stato suo befand, und das heißt: mit der Massenkonversion. Denn von einem anderen Ereignis, das den status der Judengemeinde von Tarent grundsätzlich verändert hätte, ist nichts bekannt. Welcher Zusammenhang genau zwischen der Massenkonversion von 1292 und dem Niedergang der Seidenfärberei bestand, darüber lässt sich freilich nur spekulieren. Fehlte es den Konvertiten durch die Konfiskationen der Inquisitoren an Kapital? Für einen Zusammenhang zwischen der Massenkonversion von 1292 und dem Niedergang des Seidengewerbes spricht außerdem, dass bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in einer Region des Königreiches Neapel weiterhin Seide produziert wurde: in Kalabrien. Die Dokumente über die Errichtung der arte della seta erwähnen explizit die Färberei von Catanzaro in Kalabrien. Hier wurde das Seidenfärbergewerbe von Juden ausgeübt.86 Kalabrien hatte den Inquisitoren 1292 nicht offen gestanden, und die dortigen Juden waren nicht konvertiert. Dort, wo die Juden 1292 nicht konvertiert waren, gab es also auch noch während des 15. Jahrhunderts eine florierende Seidenfärberei. In Kampanien und Apulien dagegen reißt nach der Massenkonversion von 1292 offensichtlich die Tradition des Seidengewerbes ab, die in den jüdischen Familien über Jahrhunderte hinweg weitergegeben worden war. Die letzten Juden, die noch Seidenfärber waren und die Seidenfärbereien pachteten, waren allem Anschein nach jene, die 1292 konvertierten. Danach ziehen sich die Familien jüdischer Herkunft offensichtlich aus dem Seidengewerbe zurück. Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Neuchristen von Trani im 15. Jahrhunderts stehen daher kaum in Kontinuität zu denen ihrer jüdischen Vorfahren.

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Pergamene di Taranto, ed. Cordasco (1996), Nr. 24: […] et emit cabellam eandem uno anno pro unciis duabus et tarenis quindecim et alio anno pro unciis duabus in auro […]. Pergamene di Taranto, ed. Cordasco (1996), Nr. 35: […] interrogatus pro quanta pecunie quatitate anno quolibet cabella ipsa extitit ei et sociis suis temporibus predictis locata, dixit quod quandoque pro unciis quinque et media et quandoque pro unciis quatuor ad aurum, dixit etiam quod, tempore dominii felicis recordationis domini regis Caroli secundi, quando scilicet Iudayca dicte civitatis Tarenti erat in stato suo, dicta cabella solebat locari annuatim quandoque pro unciis quindecim et quandoque pro maiori et quandoque pro minori quantitate […] vidit hoc fieri per alios tunc iudeos, cabellotos ipsius cabelle […]. Dito, Dimora degli Ebrei in Calabria (1916), 197f., 285.

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Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener

Die Handelsaktivitäten der Neuchristen von Trani im 15. Jahrhundert Mercator, Kaufmann: Dieser Zusatz findet sich im 15. Jahrhundert hinter den Namen zahlreicher Neuchristen aus Trani, vor allen in den Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto.87 Einige von ihnen führten die Bezeichnung Kaufmann geradezu als Titel: egregius mercator.88 In der Stadtverfassung von 1466 wurde die Teilhabe derjenigen, die 1413 als Neofiti offiziell am Stadtregiment beteiligt worden waren, als die Beteiligung der Mercatores festgeschrieben und ausgeweitet.89 In Quellen aus den Jahren nach 1495 werden die Bezeichnungen cristiani novelli und mercatores aus Trani geradezu als Synonym gebraucht. Offensichtlich also war der Handel im 15. Jahrhundert die Haupterwerbsquelle der Neuchristen von Trani. Das heißt jedoch nicht, dass der Handel ihr einziges Betätigungsfeld gewesen wäre. Außerdem eröffnete der Handel den Neuchristen von Trani in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts neue Karriereoptionen in der Finanzverwaltung des Königreiches Neapel. Für zwei Traneser Neuchristen, Iacobo de Gello und Troiano de Buctunis, ist belegt, dass sie als gelehrte Räte Karriere am Hof König Ferrantes I. von Neapel machten. Im Mittelpunkt der Handelsaktivitäten der Neuchristen von Trani standen im 15. Jahrhundert der Import von Tuch aus Norditalien nach Apulien und der Export von Öl und Getreide aus Apulien nach Venedig und an die dalmatische Küste. Eine deutlich geringere Rolle spielten andere Geschäftsfelder wie der Gewürzhandel, der Geldverleih und der Handel mit Vieh. Eine Handelsgesellschaft, die die Neuchristen Angelo de Roberto, Balduccio de Gello und Gabriele Gentile 1454 gründeten, investierte ihr Gesellschaftskapital in emptione pannorum et aliarum mercantiarum.90 Welches Gewicht die verschiedenen Waren und Güter im Handel der Neofiti von Trani hatten, davon geben die Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto einen Eindruck. Sie verzeichnen zwischen 1454 und 1489 insgesamt 79 Geschäfte, bei denen Neofiti aus Trani als Verkäufer bzw. Darlehensgeber auftreten. In 55 von diesen 79 Geschäften handeln sie mit Tuch, neun Geschäfte sind Verkäufe von Pfeffer, sechs sind Kredite, die übrigen sind Verkäufe von Vieh, Metallwaren, Getreide, Öl und Mandeln (Tabelle 42). Tabelle 42: Verkäufe der Neuchristen von Trani in den Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto Datum

HG

Quelle

Tuch 14.04.1452 17.04.1452 17.04.1452

Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso

ASB de Tauris 6, 1452, 53r ASB de Tauris 6, 1452, 54v ASB de Tauris 6, 1452, 55r

87

88 89 90

Carabellese, La Puglia 1 (1901), 87, 148, 200, 203; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 6, 53r, 54v, 55rv; 7, 35v, 36v, 37r; 14, 67v; 19, 50v; 13/1, 20v; 22, 44v; 68v; 23, 54v; 32, 24v; Vitale, Trani (1912), Nr. 62. BDT A 601/639, A 610/648; CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 315. S. o., 140–144. Vitale, Trani (1912), 198, Anm. 4, s. o., 153.

224 17.04.1452 17.04.1452 17.04.1452 17.04.1452 29.04.1452 15.04.1453 15.04.1453 17.04.1453 17.04.1453 24.04.1454 26.04.1454 27.04.1454 29.04.1454 29.04.1454 29.04.1454 15.04.1455 17.04.1455 17.04.1455 17.04.1455 17.04.1455 18.04.1456 19.04.1456 19.04.1456 19.04.1456 19.04.1456 18.04.1457 11.10.1458 12.04.1459 10.05.1459 31.03.1460 04.12.1460 11.06.1461 02.09.1462 08.10.1464 24.04.1466 14.04.1472 11.03.1473 22.04.1473 22.04.1473 22.04.1473 26.04.1473 26.04.1473 05.05.1473 09.06.1473 09.06.1473 09.06.1473 16.03.1474 08.04.1474 04.06.1474

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Molillo/ Leucio de Buctunis Gabriele/ Riso de Buctunis Balduccio de Gello/ Gabriele Gentile/ Angelo de Roberto Gabriele/ Riso de Buctunis Riso/ Gabriele de Buctunis Molillo/ Leucio de Buctunis Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Petruccio de Menna Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Zarulo/ Iohannes de Riso Leucio de Zardullo Gaudio/ Iohannes de Roberto Gaudio/ Palumbo/ Iohannes de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gaudio/ Iohannes de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gaudio/ Palumbo/ Iohannes de Roberto Gaudio de Roberto/ Gracioso de Roberto Gaudio/ Iohannes de Roberto Francesco/ Tullio de Buctunis Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Francesco/ Annibale de Buctunis Francesco/ Annibale de Buctunis Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Giliberto/ Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello

ASB de Tauris 6, 1452, 55v ASB de Tauris 6, 1452, 55v ASB de Tauris 6, 1452, 55v ASB de Tauris 6, 1452, 55r Carabellese 1, 127 f. ASB de Tauris 7, 1453, 35v ASB de Tauris 7, 1453, 35v ASB de Tauris 7, 1453, 36v ASB de Tauris 7, 1453, 37r ASB de Tauris 8, 1454, 42 v Carabellese 1, 152 ASB de Tauris 8, 1454, 45r ASB de Tauris 8, 1454, 46r ASB de Tauris 8, 1454, 46v ASB de Tauris 8, 1454, 46v ASB de Tauris 9, 1455, 44r ASB de Tauris 9, 1455, 44r ASB de Tauris 9, 1455, 44v ASB de Tauris 9, 1455, 44v ASB de Tauris 9, 1455, 45r Carabellese 1, 164 ASB de Tauris 10, 1456, 45r ASB de Tauris 10, 1456, 50v ASB de Tauris 10, 1456, 50v ASB de Tauris 10, 1456, 51r Carabellese 1, 168 ASB de Tauris 12, 1459, 8v ASB de Tauris 12, 1459, 76r Carabellese 1, 172 ASB de Tauris 131, 1460, 34r ASB de Tauris 13/2, 1461, 83r ASB de Tauris 13/2, 1461, 121v ASB de Tauris 14,1462/63, 52r ASB de Tauris 15, 14665, 9v Carabellese 1, 187 ASB de Tauris 22, 1472, 70r ASB de Tauris 23, 1473, 43r ASB de Tauris 23, 1473, 53v ASB de Tauris 23, 1473, 54r ASB de Tauris 23, 1473, 54r ASB de Tauris 23, 1473, 55v ASB de Tauris 23, 1473, 55v ASB de Tauris 23, 1473, 57v ASB de Tauris 23, 1473, 62v ASB de Tauris 23, 1473, 62v ASB de Tauris 23, 1473, 63r ASB de Tauris 24, 1474, 52rv ASB de Tauris 24, 1474, 60v ASB de Tauris 24, 1474, 79r

225

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener 05.12.1474 22.04.1475 02.06.1475

Angelo de Buctunis/ Princivallo de Zardullo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Abraham Levi/ Balduccio/ Bello de Bello

ASB de Tauris 25, 1475, 83v ASB de Tauris 25, 1475, 87r ASB de Tauris 25, 1475, 100v

Pfeffer 14.04.1472 14.04.1472 14.04.1472 14.04.1472 14.04.1472 15.04.1472 16.04.1472 16.04.1472 16.04.1472

Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello Peregrino de Gello

ASB de Tauris 22, 1472, 68v ASB de Tauris 22, 1472, 69r ASB de Tauris 22, 1472, 69rv ASB de Tauris 22, 1472, 69v ASB de Tauris 22, 1472, 69v ASB de Tauris 22, 1472, 71r ASB de Tauris 22, 1472, 71r ASB de Tauris 22, 1472, 71r ASB de Tauris 22, 1472, 72r

Kredite 31.10.1458 12.04.1459 13.08.1461 03.09.1461 10.02.1463 07.04.1463

Gaudio/ Iohannes de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gaudio/ Iohannes de Roberto Gaudio/ Iohannes de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gaudio/ Iohannes de Roberto

ASB de Tauris 12, 1459, 11v ASB de Tauris 12, 1459, 49v ASB de Tauris 13/2, 1461, 130v ASB de Tauris 14, 1462/63, 2v ASB de Tauris 14, 1462/63, 78v ASB de Tauris 14, 1462/63, 87r Carabellese 1, 163

16.04.1472

Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Balduccio de Gello/ Gabriele Gentile/ Angelo de Roberto Francesco/ Tullio de Buctunis

ASB de Tauris 8, 1454, 45v ASB de Tauris 22, 1472, 72r

Eisenwaren 08.08.1463 14.05.1465

Gaudio/ Iohannes de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo

ASB de Tauris 14, 1462/63, 94v ASB de Tauris 15, 14665, 42r

Getreide 08.10.1473 10.11.1473

Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo

ASB de Tauris 24, 1474, 9rv ASB de Tauris 24, 1474, 16v

Öl 24.04.1489

Costatino de Gello/ Alfonso de Barisano

ASB de Tauris 32, 1489, 24v

Mandeln 14.04.1472

Francisco de Buctunis

ASB de Tauris 22, 1472, 70r

Vieh 12.04.1456 27.04.1454

Der Verkauf der Waren erfolgte dabei stets auf Kredit. Das heißt, der Käufer hatte den Kaufpreis nach Ablauf einer bestimmten Frist zu entrichten. Dieser Verkauf auf Kredit brachte die Verkäufer während des 15. Jahrhunderts und vor allem nach 1495 wiederholt in große Schwierigkeiten. Denn in politischen Krisensituationen suchten die Käufer am Königshof immer wieder um Schuldenmoratorien nach, die zu erheblichen Zahlungsausfällen bei den Kreditoren sorgen konnten. Den 87 belegten Geschäften, in denen sie als Verkäufer von Waren bzw. als Darlehensgeber auftraten, standen 21 Geschäfte gegenüber, in denen Neofiti aus Trani zwi-

226

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

schen 1446 und 1473 in Bitonto als Käufer oder Darlehensnehmer agierten. In acht Fällen kauften sie Öl, vier Geschäfte waren Ankäufe von Getreide, in einem Fall wurden Getreide und Öl angekauft, hinzu kamen vier Darlehensgeschäfte, zwei Käufe von Gewürzen und je ein Kauf von Vieh und Tuch (Tabelle 43). Tabelle 43: Käufe der Neuchristen von Trani in den Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto Datum

HG

Quelle

Öl 18.02.1457 09.10.1458 26.09.1459 08.10.1459 10.10.1459 22.10.1459 31.10.1459 03.12.1459

Angelo della Rossa/ Gaudio de Roberto Marsilio de Iacobuzzo/ Gaudio de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo

ASB de Tauris 11, 1457, 14r ASB de Tauris 12, 1459, 8v ASB de Tauris 13/1, 7r ASB de Tauris 13/1, 9r ASB de Tauris 13/1, 1460, 9r ASB de Tauris 13/1, 1460, 12r ASB de Tauris 13/1, 1460, 14v ASB de Tauris 13/1, 1460, 20v

Getreide 22.11.1458 10.10.1459 03.12.1459 22.04.1473

Marsilio de Iacobuzzo/ Gaudio de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Marsilio de Iacobuzzo/ Gaudio de Roberto Francesco de Buctunis

Carabellese 1, 170 ASB de Tauris 13/1, 1460, 9v ASB de Tauris 13/1, 1460, 20v ASB de Tauris 23, 1473, 54v

Öl/ Getreide 20.07.1473

Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo

Carabellese 1, 200 Carabellese 1, 138

02.06.1466 18.01.1460

Petruccio de Menna Molillo de Buctunis/ Angelo, Gaudio, Palumbo de Roberto Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo

Carabellese 1, 148 Carabellese 1, 189 ASB de Tauris 13/1, 1460, 28r

Gewürze 16.08.1446 14.04.1452

Colucia de Naczo Gaspare Gentile

Carabellese 1, 90 ASB de Tauris 6, 1452, 52 v

Tuch 14.04.1468

Gabriele/ Marsilio de Iacobuzzo

Carabellese 1, 192

Vieh 20.03.1457

Gaudio de Roberto

ASB de Tauris 11, 1457, 27v

Kredite 09.11.1453 08.10.1454

Die Aktivität der Traneser Neuchristen im Tuchhandel hat auf den ersten Blick eine gewisse Nähe zur Präsenz ihrer jüdischen Vorfahren in der Seidenfärberei und vor allem dem Handel mit Seidenstoffen. Allerdings sind die Stoffe, mit denen die Neuchristen von Trani im 15. Jahrhundert handeln, vor allem Wollstoffe. Diese stammen auch nicht aus

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener

227

heimischer Produktion, sondern aus Norditalien.91 Die Neuchristen sind also in einem anderen Sektor des Textilgeschäfts aktiv als ihre Vorfahren zur Zeit vor der Massenkonversion von 1292. Zudem ist der Tuchimport im 15. Jahrhundert kein exklusives Geschäftsfeld der Neuchristen. Mit Tuch handeln auch auswärtige Kaufleute aus der Lombardei, dem Veneto und der Toskana, unter Letzteren auch die Gesellschaft Lorenzo de Medicis. Daneben sind verschiedene Familien des Adels von Trani im Tuchhandel aktiv, wie die Palagano, de Guarino, Pagano, Spaluccia, de Angelis und Stanga.92 Das Gleiche gilt für den zweiten Schwerpunkt der Handelsaktivitäten der Neuchristen von Trani, den Export von Agrarprodukten, vor allem Getreide und Öl aus Apulien nach Venedig und Dalmatien. Im Export nach Venedig und Dalmatien müssen die Neuchristen von Trani spätestens während des ersten Drittels des 15. Jahrhunderts aktiv gewesen sein. In die Kommissionen, die 1429 die Streitigkeiten mit der Lagune ausräumen sollen, werden mit Donato de Barisano und Rogerio de Buctunis auch zwei Neofiti gewählt.93 Im Jahr 1423 wohnt der Traneser Neuchrist Ventura, Sohn des Cola Fomay de Franchino, in Ragusa und kauft von einem Ragusaner Kaufmann Waren aus Alexandria.94 Für die Jahre 1454 bis 1457 belegt eine Abrechnung für die königliche Kammer Getreideexporte verschiedener Neuchristen aus Trani aus dem Hafen von Barletta. Ziel dieser Exporte ist stets Venedig oder die dalmatische Küste.95 Für die Zeit von 1. September 1486 bis zum 31. August 1487 dokumentiert das Register des Magister Actorum beim Portulan von Apulien, Bernardo Anghono, insgesamt 569 Getreideausfuhren aus den Häfen von Manfredonia, Barletta, Trani, Bisceglie, Bari, Giovinazzo und Poligno.96 Getreideausfuhren aus dem regno bedurften der Genehmigung durch die königliche Kammer. Der Konzessionär konnte die entsprechende Menge Waren dann entweder in eigener Regie ausführen oder sie durch Dritte abwickeln lassen. Die höchste Zahl von Exportkonzessionen erhielt in diesem Zeitraum die Gesellschaft der Medici, nämlich 94. Die zweithöchste Anzahl solcher Genehmigungen ging an den Katalanen Raymundo Paretes mit 38 Exportgenehmigungen, die nächsthöchste an die Pistoieser de Russis mit 18. Die wichtigsten einheimischen Akteure stammten aus Trani: Insgesamt zehn Exportgenehmigungen gingen an Gesellschaften der Neuchristenfamilien de Buctunis, de Gello und de Zardullo aus Trani, sieben an die Familie Passasepa. Die restlichen Exportgenehmigungen verteilten sich auf eine Vielzahl anderer Akteure, darunter mit Amadeo de Mectulo und Marino de Riso zwei weitere Neuchristen aus Trani. Bei der Organisation und Durchführung des Getreideexports aus Apulien waren die Traneser Neuchristen die führenden Akteure: 132 der 569 Getreidelieferungen, die 1486/87

91

92 93 94 95 96

Carabellese, La Puglia 1 (1901), 152; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 1454, 45r, 46r; 12, 1459, 76r; 19, 1456, 50v. Vitale, Trani (1912), 533; Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 87, 89f., 94, 98. S. o., 120 f. Popovic-Radenkovic, Ragusa e la Puglia (1959), 164, Anm. 3. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati, 3–79.

228

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

dokumentiert sind, werden unter ihrer Regie ausgeführt (Tabelle 44). Die Neuchristen aus Trani hatten im Getreideexport aus Apulien also eine wichtige Position inne. In ihrer Heimatstadt Trani spielte kein anderer Akteur im Getreideexport eine Rolle, der auch nur im Entferntesten an die Bedeutung der Gesellschaften der Neofiti herangereicht hätte. Eine Bilanz der Medici-Gesellschaft aus dem Jahr 1477 zeigt zwar, dass neben den Neuchristen auch Familien aus dem Adel von Trani im Export von apulischem Öl und Getreide aktiv waren, etwa die Familien de Rocca und de Angelis.97 Das Register des Bernardo Anghono für das Jahr 1486/87 macht jedoch deutlich, dass diese Aktivität weit hinter der der Neuchristen zurückblieb. Die einzige Familie aus Trani, die neben den Neofiti häufiger erwähnt wird, sind die Passasepa, die wie erwähnt immerhin sieben Exportkonzessionen erwarben. Bis auf eine wurden diese jedoch allesamt von Gesellschaften der Neuchristen aus Trani durchgeführt.98 Tabelle 44: Getreideexporte der Neuchristen aus Trani aus den apulischen Häfen 1486/87 Datum

Hafen

Exporteur

Quelle

12.10.1486 13.10.1486 03.11.1486 25.01.1487 29.01.1487 13.03.1487 03.04.1487 12.02.1487 27.02.1487 02.03.1487 19.04.1487 16.05.1487 07.09.1486

Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Manfredonia Barletta

FA 6, ed. Salvati (1971), 3 FA 6, ed. Salvati (1971), 3 FA 6, ed. Salvati (1971), 4 FA 6, ed. Salvati (1971), 6 FA 6, ed. Salvati (1971), 7 FA 6, ed. Salvati (1971), 10 FA 6, ed. Salvati (1971), 11 FA 6, ed. Salvati (1971), 8 FA 6, ed. Salvati (1971), 9 FA 6, ed. Salvati (1971), 9 FA 6, ed. Salvati (1971), 12 FA 6, ed. Salvati (1971), 16

29.09.1486

Barletta

03.10.1486

Barletta

05.10.1486 10.10.1486

Barletta Barletta

10.10.1486

Barletta

10.10.1486 30.10.1486 30.10.1486 31.10.1486

Barletta Barletta Barletta Barletta

Berlingerio de Gello Berlingerio de Gello Berlingerio de Gello Giliberto de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Gesualdo de Nucio Milano de Zardullo Baldessare de Gello Bectino de Buctunis Iohannes de Buctunis Gesmundo de Nucio Palumbo de Gello Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Sanzonnecto de Zardullo + socii Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis + socii Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Aloysio de Iacobuzzo Giliberto de Buctunis Giliberto de Buctunis Aloysio de Iacobuzzo

97 98

Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 88f., 99. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati, 33, 50, 52.

FA 6, ed. Salvati (1971), 25 FA 6, ed. Salvati (1971), 26 FA 6, ed. Salvati (1971), 26 FA 6, ed. Salvati (1971), 26 FA 6, ed. Salvati (1971), 26 FA 6, ed. Salvati (1971), 26 FA 6, ed. Salvati (1971), 44 FA 6, ed. Salvati (1971), 45 FA 6, ed. Salvati (1971), 45 FA 6, ed. Salvati (1971), 45

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener 31.10.1486 16.01.1487 17.01.1487

Barletta Barletta Barletta

17.01.1487

Barletta

17.01.1487 20.01.1487 20.01.1487 06.02.1487

Barletta Barletta Barletta Barletta

06.02.1487

Barletta

12.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 19.02.1487 28.02.1487 28.02.1487 28.02.1487 28.02.1487 28.02.1487 28.02.1487 28.02.1487 01.03.1487 08.03.1487 02.04.1487 18.04.1487 20.04.1487

Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta

31.04.1487 01.05.1487 08.05.1487 08.05.1487

Barletta Barletta Barletta Barletta

08.05.1487 13.05.1487

Barletta Barletta

14.05.1487 16.05.1487 16.05.1487

Barletta Barletta Barletta

Aloysio de Iacobuzzo Baldessare (de Barisano) Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis/ Alfonso/ Baldessare de Barisano Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis/ Alfonso/ Baldessare de Barisano Palumbo de Gello + socii Palumbo de Gello + socii Palumbo de Gello + socii Sanzoneto de Zardullo/ Sanzoneto (de Gello) Sanzoneto de Zardullo/ Sanzoneto (de Gello) Benedicto de Nucio Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Octaviano/ Valerio Catalano Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Baldessare de Barisano Peregrino de Gello Palumbo de Gello/ Gabriele de Buctunis Sansonecto de Zardullo Palumbo de Gello Amadeo de Buctunis Alfonso de Barisano/ Palumbo de Gello Baldessare de Barisano Leucio de Buctunis/ Princivallo de Zardullo Alfonso de Barisano Palumbo de Gello + socii Alfonso de Barisano

229 FA 6, ed. Salvati (1971), 46 FA 6, ed. Salvati (1971), 29 FA 6, ed. Salvati (1971), 29 FA 6, ed. Salvati (1971), 29 FA 6, ed. Salvati (1971), 29 FA 6, ed. Salvati (1971), 29 FA 6, ed. Salvati (1971), 29 FA 6, ed. Salvati (1971), 31 FA 6, ed. Salvati (1971), 32 FA 6, ed. Salvati (1971), 32 FA 6, ed. Salvati (1971), 32 FA 6, ed. Salvati (1971), 32 FA 6, ed. Salvati (1971), 32 FA 6, ed. Salvati (1971), 32 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 FA 6, ed. Salvati (1971), 33 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 33 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 33 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 34 FA 6, ed. Salvati (1971), 35 FA 6, ed. Salvati (1971), 36 FA 6, ed. Salvati (1971), 37 FA 6, ed. Salvati (1971), 37 FA 6, ed. Salvati (1971), 38 FA 6, ed. Salvati (1971), 38 FA 6, ed. Salvati (1971), 38 FA 6, ed. Salvati (1971), 38 FA 6, ed. Salvati (1971), 38 FA 6, ed. Salvati (1971), 39 FA 6, ed. Salvati (1971), 39 FA 6, ed. Salvati (1971), 39 FA 6, ed. Salvati (1971), 40

230

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

18.05.1487 22.05.1487 12.06.1487 03.07.1487 28.07.1487 07.09.1486

Barletta Barletta Barletta Barletta Barletta Trani

06.10.1486 06.10.1486 07.10.1486 10.10.1486 18.10.1486 24.10.1486 02.01.1487 08.01.1487 16.01.1487 16.01.1487 17.01.1487 17.01.1487

Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani

22.01.1487

Trani

23.01.1487 23.01.1487

Trani Trani

01.02.1487 11.02.1487 16.02.1487 16.02.1487 19.02.1487

Trani Trani Trani Trani Trani

22.02.1487 22.02.1487 14.03.1487 17.03.1487 18.03.1487 18.03.1487

Trani Trani Trani Trani Trani Trani

19.03.1487 30.03.1487 02.04.1487 03.04.1487 04.04.1487 06.04.1487 17.04.1487 23.04.1487

Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani

27.04.1487

Trani

29.04.1487 01.05.1487

Trani Trani

Palumbo de Gello Palumbo de Gello Palumbo de Gello Palumbo de Gello Sansonecto de Gello Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Costantino de Gello Angelo de Buctunis Marsilio de Iacobuzzo Gaspare de Zardullo Sansonecto de Gello Troylo de Bacho Stango de Ciarolo Giliberto de Buctunis Baldessare de Barisano Alto Catalano Leucio de Buctunis Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis + socii Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis + socii Sergio/ Sigismundo de Iacobuzzo Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Sansonecto de Gello + socii Giliberto de Buctunis + socii Baldessare Catalano Giliberto de Buctunis + socii Giliberto de Buctunis/ Sansonecto de Zardullo Leucio de Buctunis + socii Leucio de Buctunis + socii Palumbo de Gello + socii Bello de Bello Miraballo de Stango Alfonso/ Baldessare de Barisano/ Sansonecto de Gello Leucio de Buctunis Miraballo de Stango Baldessare de Barisano Martino (Marcilio) de Iacobuczo Gaytano/ Salvatore de Zardullo Gaspare/ Gaytano de Zardullo Sansonecto de Zardullo Leucio de Buctunis/ Palumbo de Gello Sansonecto de Zardullo/ Palumbo de Gello + socii Stango de Zarulo Baldessare (de Barisano)

FA 6, ed. Salvati (1971), 40 FA 6, ed. Salvati (1971), 40 FA 6, ed. Salvati (1971), 40 FA 6, ed. Salvati (1971), 40 FA 6, ed. Salvati (1971), 41 FA 6, ed. Salvati (1971), 50 FA 6, ed. Salvati (1971), 50 FA 6, ed. Salvati (1971), 50 FA 6, ed. Salvati (1971), 50 FA 6, ed. Salvati (1971), 61 FA 6, ed. Salvati (1971), 62 FA 6, ed. Salvati (1971), 65 FA 6, ed. Salvati (1971), 51 FA 6, ed. Salvati (1971), 51 FA 6, ed. Salvati (1971), 51 FA 6, ed. Salvati (1971), 61 FA 6, ed. Salvati (1971), 51 FA 6, ed. Salvati (1971), 51 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 52 FA 6, ed. Salvati (1971), 52 FA 6, ed. Salvati (1971), 52 FA 6, ed. Salvati (1971), 52 FA 6, ed. Salvati (1971), 53 FA 6, ed. Salvati (1971), 53 FA 6, ed. Salvati (1971), 53 FA 6, ed. Salvati (1971), 53 FA 6, ed. Salvati (1971), 53 FA 6, ed. Salvati (1971), 54 FA 6, ed. Salvati (1971), 54 FA 6, ed. Salvati (1971), 54 FA 6, ed. Salvati (1971), 54 FA 6, ed. Salvati (1971), 54 FA 6, ed. Salvati (1971), 55 FA 6, ed. Salvati (1971), 55 FA 6, ed. Salvati (1971), 55 FA 6, ed. Salvati (1971), 55 FA 6, ed. Salvati (1971), 55 FA 6, ed. Salvati (1971), 55 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 56 FA 6, ed. Salvati (1971), 56 FA 6, ed. Salvati (1971), 56 FA 6, ed. Salvati (1971), 57 FA 6, ed. Salvati (1971), 57

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener 01.05.1487 03.05.1487 06.05.1487

Trani Trani Trani

08.05.1487 08.05.1487 13.05.1487 14.05.1487 14.05.1487 14.05.1487 14.05.1487 17.05.1487 17.05.1487 18.05.1487

Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani

22.05.1487 12.06.1487 03.07.1487 23.07.1487 24.07.1487 25.07.1487 26.07.1487 26.07.1487 19.08.1487 08.09.1486

Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Trani Giovinazzo

10.12.1486 06.06.1487 05.05.1487

Molfetta Polignano Bari

Leucio de Buctunis Stango de Zarulo Leucio de Buctunis/ Baldessare de Barisano Raynaldo de Barisano Stango de Zarulo Leucio de Buctunis Sansonecto de Zardullo Sansonecto de Zardullo Palumbo de Gello Palumbo de Gello Leucio de Buctunis Palumbo de Gello Raynaldo de Barisano/ Sansonecto de Zardullo Sanczo de Zardullo Stango de Stango Sansonecto de Zardullo Sansonecto de Gello Leucio de Buctunis Peregrino de Gello Raynaldo de Barisano Palumbo de Gello Antonio de Zardullo Palumbo de Gello/ Giliberto de Buctunis Palumbo de Gello Ranaldo de Barisano Sansonecto de Zardullo

231 FA 6, ed. Salvati (1971), 57 FA 6, ed. Salvati (1971), 57 FA 6, ed. Salvati (1971), 57 FA 6, ed. Salvati (1971), 57 FA 6, ed. Salvati (1971), 57 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 58 FA 6, ed. Salvati (1971), 58 FA 6, ed. Salvati (1971), 58 FA 6, ed. Salvati (1971), 58 FA 6, ed. Salvati (1971), 58 FA 6, ed. Salvati (1971), 58 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 FA 6, ed. Salvati (1971), 63 FA 6, ed. Salvati (1971), 60 FA 6, ed. Salvati (1971), 60 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 FA 6, ed. Salvati (1971), 59 f. FA 6, ed. Salvati (1971), 64 FA 6, ed. Salvati (1971), 78 FA 6, ed. Salvati (1971), 78 FA 6, ed. Salvati (1971), 79 FA 6, ed. Salvati (1971), 72

Da auf den Exporten Zölle lagen, kam es im Königreich Neapel im 15. Jahrhundert zu einer Verknüpfung von Bank- und Exportgeschäften. Der König lieh sich bei den Fernhändlern Geld und tilgte die entsprechenden Kredite, indem er diesen solange einen Teil der Ausfuhrzölle erließ, bis die Kreditsumme – und die darin wahrscheinlich bereits eingerechneten Zinsen – erreicht war. Auf diese Weise zahlt König Alfonso 1454 einen Kredit bei den Neuchristen Francesco Ursino und Parello de Buctunis von 200 Dukaten zurück.99 Der Kredit von 3 000 Dukaten, den die Stadtgemeinde von Barletta König Alfonso ebenfalls 1454 gewährte, war wahrscheinlich größtenteils von Neuchristen aufgebracht worden, die Mitte des 15. Jahrhunderts aus Trani nach Barletta abgewandert waren. Die Stadt durfte die Hälfte des Ausfuhrzolls für Getreide aus ihrem Hafen solange einziehen, bis der Kredit getilgt war. Und unter den Kaufleuten, die mit Exportlizenzen der Stadt zwischen dem 8. Juni 1454 und dem 14. Mai 1456 Getreide aus dem Hafen von Barletta ausführten, waren zahlreiche Neuchristen aus Trani (Tabelle 45). Im November 1463 tilgt Alfonsos Sohn und Nachfolger, Ferrante I., einen Kredit von

99

CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 198.

232

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Tabelle 45: Getreideexporte von Neuchristen aus Trani aus dem Hafen von Barletta von Juni 1454 bis Mai 1457 Datum

Exporteur

Ziel

Frachtgut

Menge Quelle

14.08.1454 02.09.1454 05.09.1454 09.09.1454 11.10.1454 13.11.1454 18.11.1454 18.11.1454 19.11.1454 19.11.1454 16.12.1454 15.01.1455 01.02.1455 05.02.1455 05.02.1455 05.02.1455 12.02.1455 12.02.1455 12.02.1455 12.02.1455 03.03.1455 13.03.1455 13.03.1455 13.03.1455 29.03.1455 31.03.1455 01.04.1455 03.04.1455 11.04.1455 21.02.1457 25.02.1457 26.03.1457 12.04.1457 14.05.1457

Donato de Barisano Donato de Barisano Nanno Cicci de Trano Maffeo de Bisancio Nanno Cicci de Nucio Leucio de Zardullo Maffeo de Bisancio Elia de Maffeo Maffeo de Bisancio Elia de Maffeo Leucio de Zardullo Zardullo de Consulo Elia de Maffeo Leucio de Zardullo Leucio de Zardullo Elia de Maffeo Nanno Cicci de Nucio Nanno de Zardullo Nanno de Zardullo Pellegrino de Zardullo Roberto de Maffeo Iardullo (de Consulo) Roberto de Maffeo Roberto de Maffeo Elia de Maffeo Leucio de Zardullo Leucio de Zardullo Leucio de Zardullo Nanno Cicci de Nucio Elia de Maffeo Roberto de Maffeo Donato de Barisano Donato de Barisano Donato de Barisano

Venezia Ragusa Ragusa Ragusa Lesina Catera Catera k.A. Catera Ragusa Venezia Catera Ragusa Dalmatia Dalmatia Ragusa Ragusa k.A. k.A. Catera Ragusa Dalmatia k.A. k.A. Ragusa Corzula Ragusa k.A. k.A. Dalmatia Venecia Dalmatia Dalmatia k.A.

Frumentum (H)ordeum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum (H)ordeum Frumentum (H)ordeum Frumentum Frumentum Frumentum (H)ordeum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum (H)ordeum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum Frumentum (H)ordeum (H)ordeum Frumentum (H)ordeum (H)ordeum

30 31 25 5 25 40 31 28 29 19 15,5 10 40 25 2 20 36 15 1 40 28 4 15 9 28 9 35 26 27 31 35 10 21 24

CDB 11, Nr. 221, 354 CDB 11, Nr. 221, 354 CDB 11, Nr. 221, 354 CDB 11, Nr. 221, 354 CDB 11, Nr. 221, 355 CDB 11, Nr. 221, 355 CDB 11, Nr. 221, 355 CDB 11, Nr. 221, 355 CDB 11, Nr. 221, 355 CDB 11, Nr. 221, 355 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 356 CDB 11, Nr. 221, 357 CDB 11, Nr. 221, 357 CDB 11, Nr. 221, 357 CDB 11, Nr. 221, 357 CDB 11, Nr. 221, 357 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 358 CDB 11, Nr. 221, 359 CDB 11, Nr. 221, 359 CDB 11, Nr. 221, 359

100 Dukaten bei dem Neuchrist Elia de Maffeo – wohl ebenfalls auf dem Weg der befristeten partiellen Befreiung von Ausfuhrzöllen.100 Im Jahr 1480 schießen Leucio und Giliberto de Buctunis den Zöllnern der apulischen Häfen deren jährliche Einnahmen vor und tilgen diesen Kredit abermals durch partiell zollfreien Export.101 Vier Jahre später verpfändet König Ferrante I. sämtliche Einnahmen der Provinz Apulien an 100 101

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 107v. Vitale, Trani (1912), 557.

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener

233

die Neuchristen aus Trani, um so einen Kredit von 10 000 Dukaten aus dem Jahr 1482 zu tilgen.102 Diese Kreditgeschäfte begründeten allem Anschein nach ein enges, jedoch ambivalentes Verhältnis der Neuchristen von Trani zum König. Auf der einen Seite verwandte sich Ferrante I. immer wieder für die Neuchristen aus Trani. Aus den Jahren 1463, 1473, 1484 und 1488 sind solche Interventionen des Königs zugunsten einzelner Neuchristen belegt.103 Auf der anderen Seite waren die Kredite der Neuchristen von Trani zumindest teilweise auch Folge von Anfragen des Königs, die sie nicht ablehnen konnten und die sie in den 80er-Jahren des 15. Jahrhunderts bis über die Grenzen ihrer Liquidität hinaus beanspruchten. Der erwähnte Kredit von 10 000 Dukaten aus dem Jahr 1482 war eine regelrechte Zwangsanleihe König Ferrantes I. 4 000 Dukaten davon brachten verschiedene Angehörige der Familie de Buctunis auf, die zur Tilgung einmal wieder die befristete partielle Befreiung von Ausfuhrzöllen erhielten, diesmal auf Öl. Nicola und Berlingerio de Gello sowie Gabriele Gentile verweist der König 1484 an die Dogana delle Pecore, um die Schulden von 1 171 bzw. 121 Dukaten zurückzuzahlen. Auch der Kredit in Höhe von 1 500 Dukaten, den der König 1484 abermals von Mitgliedern der Familie de Buctunis bekam, war wahrscheinlich nicht ganz freiwillig. Denn diese mussten die Summe bzw. ihren Gegenwert in Naturalien, nämlich Öl, aufbringen, weil es ihnen an liquiden Mitteln fehlte.104 Im Jahr 1473 befahl der König sogar die Beschlagnahmung sämtlichen Besitzes der Traneser mercanti und das heißt der Neuchristen. Zwar revozierte er diese Andordung später wieder.105 Doch ließen diese und andere Demonstrationen des Huldverlustes die Neuchristen sicherlich spüren, wie abhängig sie vom Wohlwollen des Königs waren. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ist belegt, dass Neuchristen in Trani die klassische Statusposition des Rechtskundigen einnahmen, das heißt als Richter und Notare fungierten. Miccho Catalano ist bereits 1453 als Iudex ad Contracus bei Geschäften in Bitonto belegt, fünf Jahre später bekommt er dieses Amt bestätigt.106 Außer ihm fungierten als Richter noch die Neuchristen Iohannes de Roberto (1456), Gabriele de Buctunis (1457, 1468, 1471) und Florio de Buctunis (1498/99), Peregrino de Zardullo (1464–1492), Raynaldo de Barisano (1472, 1498) und Leucio de Ursino (1486–1506). Als Notare sind 1477 Leucio de Buctunis und 1490 Felix de Roberto belegt.107 Berlingerio de Gello studierte die Rechte an der Universität Neapel.108 Er war nicht der einzige Neuchrist aus Trani, der die Rechte studiert hatte.109

102 103 104 105 106 107 108 109

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 512r; s. u. Quelllenanhang, Nr. 1/15. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 506v; Vitale, Trani (1912), Nr. 62, 545f. Vitale, Trani (1912), 543. Ebd., Nr. 65. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 7, 35v; Vitale, Trani (1912), 229. Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 99; BDT A 634/671. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 12rv, 15r. Zu Troiano de Buctunis und Iacobo de Gello s. u. Prosopografie, Nr. V/14; IX/27.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Gleichsam eine Konvergenz zwischen der Betätigung im Handel und als Rechtskundiger bildeten Ämter der Finanzverwaltung des Reiches, die eine ganze Reihe von Neuchristen aus Trani nachweisbar seit der Mitte der 60er-Jahre des 15. Jahrhunderts innehatten. Gaspare Gentile ist von 1465 bis 1470 Statthalter des Portulans von Apulien und von 1470 bis 1485 Portulan von Fortore.110 Paolello de Zardullo ist 1470 stellvertretender Zöllner im fondaco di sale in Lucera, wo er 16 Jahre zuvor der Apostasie abgeschworen hatte.111 Donato de Barisano ist 1473 oder 1474 Repräsentant eines königlichen Kommissars, der verschiedene Steuern einzieht112; Costatino de Zardullo ist von 1483 bis 1496 doganiere del sale in Lucera113; Domenico de Zardullo ist 1491 in Melfi als Stellvertreter des Sekreten nachgewiesen.114 Im Jahr 1485 bekommen Berlingerio de Gello und Gesellschafter die Einnahme einer neuen Steuer in Canosa in der Terra di Bari übertragen.115 Wahrscheinlich war diese Übertragung Folge eines Kreditgeschäfts und diente abermals der Tilgung des Kredits. Am besten dokumentiert sind freilich die Karrieren zweier Neuchristen aus Trani, die diese in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis an die Spitze der königlichen Zentralbürokratie führen sollten: Troiano de Buctunis und Iacobo de Gello. Troiano de Buctunis war ein Sohn des Molillo de Buctunis und Bruder von Leucio und Francesco de Buctunis, also der beiden führenden Kaufleute der Traneser Neuchristen im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts. Er hatte die Universität besucht und dort den Titel des Doktors beider Rechte erworben – wo, ist nicht bekannt.116 Nicolò Toppi, der sich auf heute verlorene Dokumente aus den aragonesischen Kanzleiregistern stützt, berichtet, Troiano de Buctunis sei 1466 als regius consiliarius und auditor des Königssohns Ferdinandino belegt. Vier Jahre später sei er Mitglied des Sacrum Regium Consilium geworden und ab 1479 schließlich Präsident der Regia Camera della Sommaria. In den Jahren 1477 und 1478 ist er als auditor König Ferrantes I., 1497, 1498 und 1500 König Ferdinandinos belegt.117 Troiano de Buctunis unternahm mehrere Gesandtschaften an italienische und europäische Höfe, so etwa nach Rom, Florenz und Mailand im Jahr 1487.118 Von Ende 1498 bis Anfang 1501 ist Troiano de Buctunis gemeinsam mit Ruben Antonio Frixon in königlichem Auftrag am Königshof in Frankreich.119 Auf dem Rückweg empfängt ihn der Herzog von Ferrara und der venezianische Gesandte am dortigen Hof vermerkt, dass das Gefolge Troiano de Buctunis und seines Mitgesandten aus fünfzig Berittenen

110 111 112 113 114 115 116 117 118 119

Orefice, Funzionari (1979), 169, 171, 190. Ebd., 170, 220. Vitale, Trani (1912), 290. Orefice, Funzionari (1979), 170, 184. Ebd., 170, 184. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 18rv. Zapperi, Art. „Bottunis, Troiano de“ (1971). Toppi, De origine omnium tribunalium 3 (1666), 92. Regis Fernandi I Instructionum Liber, ed. Volpicella (1916), Nr. 61. Sanuto, Diarii 4, ed. Barozzi (1880), 1308.

Kaufleute, Rechtsgelehrte und Fürstendiener

235

bestand.120 Seine Karriere am Hof führte jedoch nicht dazu, dass Troiano de Buctunis den Handel aufgeben hätte. Im Gegenteil, sie ermöglichte ihm, Handelsgeschäfte und Ämter in der Finanzverwaltung miteinander zu kombinieren. Im Jahr 1480 bekam Troiano zusammen mit seinem Bruder Francisco de Buctunis für 1 200 Dukaten das Amt des Archivars bei den Portulanen und Sekreten von Apulien als erbliches Lehen verliehen. Die Einnahmen aus diesem Amt resultierten aus den Gebühren von je einem Tarì für die Registrierung der Exportlizenzen aus den Häfen Apuliens. Außerdem durften sie selbst jedes Jahr 40 Wagenladungen Getreide zollfrei ausführen.121 Im Jahr darauf erwarb Troiano, diesmal zusammen mit seinem Bruder Leucio, ebenfalls als erbliches Lehen einen neu geschaffenen Ausfuhrzoll, die sogenannte Terziaria del Ferro. Sie wurde für Fertigwaren aus Metall erhoben.122 Auch Iacobo de Gello hatte die Rechte studiert.123 Er war an der Universität Pavia Schüler des bekannten Gelehrten Giasone dal Maino gewesen. Ab 1494 ist er als Richter am Großhof belegt, danach in den Räten im Senat von Santa Chiara. Im Jahr 1501 schließlich wurde er Präsident der Regia Camera della Sommaria, zu deren Präsidenten er bis zu seinem Tod gehörte. Anders als Toppi angibt, muss dieser allerdings bereits vor 1514 und nicht 1517 eingetreten sein. Denn 1514 befindet sich sein Neffe und Erbe Antonio de Gello in einem Streit um einen Teil des Vermögens, das Iacobo de Gello ihm hinterlassen hatte.124 Unter den zeitgenössischen Rechtsgelehrten erlangte Iacobo de Gello eine gewisse Berühmtheit durch seinen Traktat „De Iure Adohamenti“. Daneben galt sein Interesse wohl auch humanistischen Studien. Beklagte er doch Toppi zufolge einmal die Dekadenz seiner Zeitgenossen vor der Folie einer idealisierten Antike: „Als man ihn irgendwann einmal fragte, ob es denn einen Unterschied gebe zwischen den Alten und den Modernen, antwortete er: ‚Jene bemühten sich um Erkenntnis, diese streben nach Besitz.‘ “125

Ob diese toposhafte Aussage mit eigenen Erfahrungen grundiert war, die er wie andere Neuchristen nach 1495 in seiner Heimatstadt Trani machte? Wie Troiano de Buctunis war auch Iacobo de Gello parallel zu seiner Karriere am Königshof weiterhin im Getreidehandel aktiv. Denn er besaß nachweislich größere Lagerkapazitäten für Getreide, nämlich gemauerte Gräben, die sogenannten Fosse, in denen in Apulien Getreide gelagert wurde.126

120 121 122 123 124 125

126

Ebd., 1632. Vitale, Trani (1912), 557. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 16r–19r. Das Folgende nach Toppi, De origine omnium tribunalium 3 (1666), 242f. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 22r. Toppi, De origine omnium tribunalium 3 (1666), 242: […] Interrogatus aliquando, quod nam discrimen esset inter antiquos & hodiernos? respondebat; illi scire curabant, isti possidere student […]. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 12rv, 15r.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts sind eine ganze Reihe von Neuchristen belegt, die den Titel des nobilis vir trugen.127 Und diesen Zuwachs an symbolischem Kapital hatten sich die Neuchristen von Trani sicherlich auch durch die neuen Karrieren als Rechtskundige und in der Bürokratie des Königreiches erschlossen. Rechtsgelehrte galten ebenso als adlig, wie auch die Mitgliedschaft in der Regia Camera della Sommaria die Zugehörigkeit zum Adel mit sich brachte. Und dies wurde auch sichtbar nach außen getragen. Am 18. August 1497 berichtet der venezianische Gesandte Marin Zorzi von der Krönung Federicos IV. durch den päpstlichen Legaten in Capua acht Tage zuvor. Dabei legt er großen Wert auf die zeremonielle Ordnung des Hofes, den er in zwei Gruppen auflistet: zum einen quelli hanno portato robe longe de broccato, unter diesen die königliche Familie und höchsten Würdenträger des Reiches, zum anderen quelli hanno portato robe longe de velluti et seti finissimi con jupponi de broccato et de siti carmosini, con catine et collari de oro. Unter letzteren erwähnt er auch Misier Troiano de Buctrinis [!] und Jacomo Fello [!].128 Der Überblick über Karrierewege der Traneser Neuchristen während des 15. Jahrhunderts zeigt: Die zunehmend zentralere Rolle, die diese nach Ausweis der Netzwerkanalyse nach 1464 in der Stadtgesellschaft von Trani spielten, korrelierte mit neuen Karrierewegen, die diese in exponierte Positionen in Handel und Verwaltung des Königreiches Neapel führten. In der Organisation und Durchführung des Getreideexports aus Apulien sind die Gesellschaften der Neuchristen von Trani die wichtigsten einheimischen Akteure in den wichtigen Häfen Apuliens. Außerdem sind sie wichtige Kreditgeber des Königs. In der Stadt nehmen Neuchristen nachweisbar seit Mitte des 15. Jahrhunderts die klassische Statusposition des Rechtskundigen ein. Karrieren in der Bürokratie des Königreiches stellen gleichsam eine Konvergenz der Karrieren in Handel und Rechtskunde dar und führen mindestens zwei Angehörige der führenden Neuchristenfamilien de Gello und de Buctunis Ende des 15. Jahrhunderts bis an die Spitze der Zentralbürokratie des Reiches. Von dort aus versuchten sie Ende des 15. Jahrhunderts, sich gegen die Anfechtungen zu verteidigen, denen die Neuchristen von Trani nach 1495 ausgesetzt waren.

3. Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum Inklusion, Exklusion und der Raum Die Analyse der Räume der Neofiti von Trani hat für die Frage nach ihrer Inklusion bzw. Exklusion in die bzw. aus der Stadtgesellschaft großes Gewicht. Denn Räume spielten und spielen für die gesellschaftliche Ordnung eine zentrale Rolle. Räumliche Konfigurationen sind auf der einen Seite offensichtlich Indikatoren von Teilhabe bzw. Nicht127 128

S. o., 143, Anm. 147. Sanuto, Diarii 2, ed. Berchet (1879), 718f.

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teilhabe. Schon die ältere sozialtopografische Forschung sah den Stadtplan als Abbild der Gesellschaft.129 Wichtige Dimensionen von Inklusion und Exklusion können daher über die Analyse räumlicher Verteilungen erhoben werden. Auf der anderen Seite sind Räume nicht nur Folgen von sozialem Handeln und Strukturen, sondern wirken ihrerseits auf das Handeln zurück: „Sie prägen und kanalisieren Verhalten und erinnern an erlernte Interpretationen. So entsteht eine ständige Wechselwirkung.“130 Diese Wechselwirkung zwischen Handeln und Raum ins Zentrum ihres Interesses gerückt zu haben, ist sicherlich das Hauptverdienst der neueren Reflexion des Themas ‚Raum‘, an dem sich unterschiedliche Disziplinen beteiligt haben.131 Von besonderem Interesse für Historiker sind dabei relationale Raumkonzepte, denn diese zielen darauf ab, Veränderungen von räumlichen Anordnungen als gesellschaftlichen und damit auch historischen Wandel analysierbar zu machen. Danach müssen Räume als Relationen von Menschen und Orten verstanden werden, wobei diese Relationen im Handeln der Akteure bestätigt oder verändert werden können.132 Relationale Raumkonzepte sind dabei keinesfalls mit voluntaristischen Raumkonzepten zu verwechseln. Auch die Neuchristen von Trani lebten „nicht innerhalb einer Leere, innerhalb derer man Individuen und Dinge einfach situieren kann […].“ 133 Ihre Raumkonstitutionen geschahen vielmehr unter vorstrukturierten Bedingungen. Strukturierend auf Raumkonstitutionen wirken neben natürlichen Verhältnissen vor allem Objektivierungen menschlichen Handelns wie Recht, Macht- und Kontrollbeziehungen, Eigentum und nicht zuletzt institutionalisierte Räume, also Räume, in denen die Relationen von Menschen und Orten über das eigene Handeln hinaus wirksam bleiben. Dabei spielen Prozesse des ‚mappings‘ eine wichtige Rolle, das heißt Wahrnehmungs-, Vorstellungs- oder Erinnerungsprozesse, die Orte und Menschen gleichsam zu einem Element zusammenfassen.134 Die Analyse der Raumkonstitutionen und ihrer Wechselwirkungen mit den Prozessen von Inklusion und Exklusion der Neofiti muss daher zunächst von den räumlichen Verhältnissen ausgehen, die zum Zeitpunkt der Massenkonversion von 1292 bestanden und dann fragen, wie diese räumlichen Verhältnisse, also mentale Landkarten und räumliche Verteilungen, infolge der Massenkonversion transformiert wurden. Heterotopien: Die Iudayce Süditaliens im Mittelalter Der Raum, den die Juden in der Stadt bewohnen, wird in den mittelalterlichen Quellen Süditaliens in der Regel als iudayca bezeichnet: in loco iudaycae, in iudayca. Diese topografischen Angaben finden sich in zahlreichen Dokumenten.135 Als Giudecca ist der Aus129

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Zur Sozialtopographie mittelalterlicher Städte vgl. zuletzt Meinhardt/Ranft (Hg.), Sozialstruktur und Sozialtopographie (2005). Löw, Raumsoziologie (2001), 55. Einen Überblick über die wichtigsten Beiträge geben Dünne/Günzel (Hg.), Raumtheorie (2006). Löw, Raumsoziologie (2001), 67, 113. Foucault, Von anderen Räumen (2006), 319f. Löw, Raumsoziologie (2001), 154–159. S. u. Tabelle 46, für Belege aus Trani.

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druck auch in die Volkssprache eingegangen und bezeichnet „eine Gegend, die hauptsächlich von Juden bewohnt wird.“ 136 Wesentlich seltener sind andere Bezeichnungen wie etwa plathea Iudeorum.137 Iudayca war jedoch mehr als eine topografische Angabe. Denn auch die Judengemeinde konnte mit diesem Wort bezeichnet werden.138 Es war also auch ein Synonym für Bezeichnungen wie iudei, universi iudei oder gar universitas iudeorum. Die Bezeichnung Iudayca setzte so in der Tat Menschen und Orte – Straßen, Plätze, Häuser, Kultorte – in Beziehung zueinander und konstituierte so als mentale Landkarte einen relationalen Raum im oben skizzierten Sinne. Anders als oft behauptet kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Iudayce in den Städten Süditaliens durch die spontane Ansiedlung der Juden um ihre Synagogen räumlich konstituiert hätten.139 Vielmehr wurde die Raumkonstitution Iudayca durch rechtliche und vor allem politische Rahmenbedingungen strukturiert. Dies zeigt deutlich der Fall der Juden aus Nordafrika (Garbum), die sich 1239 in Palermo niederlassen wollten.140 Da sie sich aus Gründen, die nicht überliefert sind, nicht mit den bereits in Palermo ansässigen Juden einigen konnten, baten sie den König darum, ihnen einen Ort und Grundstücke im Cassaro (cassarum vetus) zuzuweisen, also in jenem ältesten Teil der Stadt, den die Araber einst als Kasr bezeichnet hatten. An diesem Ort wollten sie eine neue Synagoge und ihre Häuser errichten. Außerdem sollte Friedrich II. einen der Alten von ihnen zu ihrem Magister ernennen. Der König jedoch wollte nicht, dass die Juden sich an dem von ihnen gewünschten Ort niederließen und wies den Sekreten von Palermo an, ihnen an anderen Orten, die dafür geeignet wären, Grundstücke zu verpachten. Des Weiteren erschien es ihm zum damaligen Zeitpunkt auch nicht günstig, den Juden zu erlauben, eine neue Synagoge zu errichten. Wenn es in Palermo jedoch eine alte Synagoge gebe, die nicht mehr genutzt werde, so sollte der Sekret den Juden aus Nordafrika erlauben, sie wieder zu errichten, wenn sie dies wollten.141 Der Versuch der Juden aus Nordafrika, sich in Palermo ihren eigenen Raum zu schaffen, wurde von einer ganzen Reihe von äußeren Faktoren beeinflusst. An erster Stelle stand der bereits existierende Raum der Juden von Palermo als institutionalisierte Be-

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Manchia/Serini, Comunità ebraiche e Giudecche (1991), 131. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 49v. Straus, Juden im Königreich Sizilien (1910), 24. Manchia/Serini, Comunità ebraiche e Giudecche (1991), 131. Mandalà, Ebrei del Garbum (2006). Simonsohn, Jews in Sicily 1 (1997), Nr. 216: […] De Iudeis vero de Garbo qui sunt in Panormo nec concordant cum aliis Iudeis Panormi, sicut tua capitula continebant, propter quod petunt sibi concedi locum in quo de novo construant sinagogam, et petunt casalina pro domibus construendis intra cassarum vetus Panormi, petunt etiam aliquem senem ex eis prefici in magistrum […] Quod eis locare debeas casalina pro domibus construendis intra vetus cassarum nolumus, sed si in aliis partibus Panormi fuerit locus utilis ipsis pro domibus construendis, locum ipsum eis loces. Sinagogam vero de novo non vidimus expedire ad presens quod ipsos construere permictamus, sed si in Panormo fuerit aliqua sinagoga vetus que vacet et voluerint ipsam rehedificare, permictas quod ipsam rehedificent […].

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ziehung von Menschen zu einem Ort. Da sich die Juden mit den dort bereits ansässigen Juden nicht einigen konnten – worüber, ist nicht überliefert –, konnten oder wollten sie sich nicht in der Giudecca von Palermo niederlassen. Um an einem anderen Ort in der Stadt ihren Wohnsitz nehmen zu können, brauchten die eingewanderten Juden die Erlaubnis des Königs, und dieser wiederum berücksichtigte bei seiner Entscheidung allem Anschein nach rechtliche Rahmenbedingungen. Bereits Kaiser Honorius (395–423) hatte den Juden des römischen Reiches 423 verboten, neue Synagogen zu errichten, ihnen jedoch erlaubt, alte zu reparieren und wiederherzurichten.142 Über Papst Gregor I., Yvo von Chartres und das Decretum Gratiani hatte das Verbot auch Eingang in den Liber Extra gefunden, der wenige Jahre zuvor promulgiert worden war.143 Möglicherweise jedoch hat der Kaiser dieses Verbot weniger aus grundsätzlichen, denn aus taktischen Erwägungen berücksichtigt. Heißt es doch in dem Mandat an den Sekreten von Palermo, dass er es gegenwärtig (ad presens) nicht für vorteilhaft halte, den Juden zu erlauben, eine Synagoge neu zu errichten. Und dies impliziert, dass eine solche Erlaubnis nicht grundsätzlich ausgeschlossen war, trotz des kirchenrechtlichen Verbots. Vielleicht wollte Friedrich II., der seit März 1239 zum zweiten Mal gebannt war, seinen Gegnern um Papst Gregor IX. im Dezember 1239 keine weitere Munition liefern.144 Der Einfluss der politischen Gewalt auf die Raumkonstitutionen der Juden erstreckte sich im mittelalterlichen Süditalien jedoch nicht nur auf die Räume, die diese durch Errichtung von Kultstätten und Wohnhäusern in der Stadt bildeten, sondern reichte bis in die Innenräume dieser Wohnhäuser. Dies zeigen einige Mandate König Karls I. aus den 70er-Jahren des 13. Jahrhunderts. Sie reagieren auf Klagen verschiedener Judengemeinden gegen Boten (cursores) und andere Amtsträger des Königs sowie gegen Privatleute (private persone). Denn diese forderten, wenn sie in die jeweilige Stadt kamen, von den dortigen Juden Geldzahlungen zur Deckung ihrer Ausgaben (collectas pro expensis eorum). Vor allem aber ließen sie durch Angehörige ihres Gefolges (per ipsorum familiares) die Türen der Häuser der Juden aufbrechen und aus den Häusern Betten, Tücher und Hausrat, vor allem aber Kupfergefäße wegtragen, die sie später nicht zurückerstatteten. Der König untersagte seinen officiales eine solche Behandlung der Juden wiederholt. Das Mandat, das auf eine Klage der Juden von Trani reagiert, gibt auch die Begründung dafür an, warum der König nicht wollte, dass seine Amtsträger die Wohnräume der Juden ihrer Einrichtung beraubten: Dies dürfe nicht geschehen, „damit nicht das Gefolge des Königs, sollte der Königshof sich in Trani aufhalten, der Bequemlichkeit der Betten beraubt werde“ (ut, cum curiam nostram Trani morari contigerit, gens nostra lectorum commodis non privetur). Der König befahl daher, dass der Magister Iuratus, ein dem Justitiar untergeordneter Beamter, den Empfang und die Rückgabe von „Betten 142

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Theodosiani libri XVI, ed. Meyer/Mommsen (1905), 16.8.22, 16.8.27; vgl. Pakter, Canon Law and the Jews (1988), 41. CIC 2, ed. Friedberg/Richter (1881), V/3, 7; vgl. Pakter, Canon Law and the Jews (1988), 105f. Zur Eskalation des Konflikts zwischen Friedrich II. und Gregor IX. im Jahr 1239 vgl. Stürner, Friedrich II. 2 (2000), 460–488.

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und Ähnlichem“ quittieren und für eventuell fehlende Gegenstände Schadenersatz leisten sollte.145 Der König verlangte also von den Juden des Reiches, dass sie seinem Hof „Betten und Ähnliches“ zur Verfügung stellten, wenn er in die jeweilige Stadt kam, und nach seinem Beispiel stellten auch verschiedene Amtsträger und „Privatpersonen“ solche Forderungen an die Juden. Es stellt sich daher die Frage, ob die Juden dieser Gegenstände ihrer Einrichtung nur dann beraubt wurden, wenn Letztere diese aus den Häusern der Juden entfernten. Denn für die Betten der Juden haftete nicht etwa der König, sondern der Magister Iuratus, der ihren Empfang quittiert hatte, mit seinem Eigentum. Zudem waren die Verbote des Königs nicht sehr wirksam. Denn die Juden von Gravina klagten noch 1284 darüber, dass Amtsträger und andere in ihre Häuser einbrachen und deren Einrichtung stahlen.146 Auf spätere Klagen aus Trani wird noch zurückzukommen sein. Auch die Innenräume der Juden waren somit politisch definiert. Denn sie standen dem König offen. Die persönlichsten Gegenstände der Juden, die der absoluten Intimsphäre angehörten, waren latenter Besitz des Königs, der selbst in ihren Betten stets gegenwärtig war. Für die Juden war es so eine körperlich spürbare Realität, dass sie als servi camerae regis beansprucht wurden. Gleichzeitig nivellierte die Offenheit der jüdischen Innenräume für die politische Gewalt offensichtlich auch für andere Mächtige die Schwelle zwischen Innen und Außen der jüdischen Räume. Denn auch „Privatpersonen“ brachen die Türen der Wohnhäuser der Juden auf und stahlen ihnen ihren Hausrat. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich hinter diesen „Privatpersonen“ nicht Amtsträger der jeweiligen Bischofskirche verbargen und damit, ob diese daher nicht auch politische Akteure waren. Denn der König war ja nicht die einzige politische Gewalt, die bestimmenden Einfluss auf die Räume der Juden in den Städten des hochmittelalterlichen Süditaliens ausübte. Hatten doch die Könige viele der Giudecche seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert an

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Del Giudice, Codice Diplomatico 1 (1853), Nr. 116, Anm. 1 (RCA 11, ed. Filangeri (1958), 65): […] Ex parte Iudeorum Civitatis Tranensis servorum camere nostre fuit lacrimabiliter propositum coram nobis, quod nonnulli tam officiales, quam alie private persone, cum ad eandem civitatem perveniunt, necnon castellanus Trani per eorum familiares faciunt frangi domos ipsorum et ex domibus episi aufferri, tam lectos et pannos, quam etiam vasa herea, et quamplura alia eorum bona mobilia violenter et quod inquius est nihil eis postmodum de bonis restituunt sic ablatis […] ut cum Curiam nostram Trani morari contigerit Gens nostra lectorum comodis non privetur presentium tenore districtius inhibemus, quod aliquis officialis Castellanus vel alia quecumque privata persona lectos aut alia quevis mobilia de Iudeorum ipsorum domibus extrahere vel aufferre de cetero propria auctoritate presumat. Cum vero Curiam nostram Tranum pervenire contigerit volumus et madamus, quod magister iuratus qui in Civitate Tranensis pro tempore fuerit lectos et hiis similia pro gente nostra in scriptis a Iudeis ipsis recipiat et restituat in scriptis eisdem et defectum si quis fuerit in restitutione lectorum et aliorum per eum ut predicitur taliter acceptorum de suo proprio Iudeis eisdem suppleat et emendet […]; vgl. die Mandate für die Juden von Bari (ebd., bzw. RCA 11, ed. Filangeri (1958), 63); Salerno (CDS 1, ed. Carucci (1931–34), Nr. 350), Agrigento und Gravina (Houben, Neue Quellen zur Geschichte der Juden (1994), Nr. 2f.); zum Zusammenhang ebd., 336–338. Colafemmina, Ebrei e cristiani novelli in Puglia (1991), 17f.

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die örtlichen Bischofskirchen (und einige Abteien) verliehen.147 Die Auseinandersetzungen, die Königtum und Bischofskirchen über ihre jeweiligen Ansprüche an die Judengemeinden seit Friedrich II. führten, hatten auch eine räumliche Dimension. Dass die Juden als homines ecclesiae dieser steuerpflichtig waren, wie alle anderen jedoch durch die königliche Kammer zur Subventio Generalis herangezogen wurden, warf die Frage auf, wie Immobilienbesitz, den Juden von Christen erwarben, in Bezug auf die Besteuerung zu behandeln sei. Und eine Glosse zu Paragraf zehn des dritten Buchs des Liber Augustalis bestimmt deshalb, dass die Juden von Trani für Immobilienbesitz, den sie von Christen erwarben, nicht dem Erzbischof steuerpflichtig sein sollten, sondern weiterhin dem Königshof.148 Die Giudecca war in Bezug auf die Subventio Generalis, die an den königlichen Hof zu zahlen war, also offensichtlich ein Immunitätsbezirk, dessen Häuser bei der Veranschlagung der Steuersumme nicht in Betracht gezogen wurden. Der König wollte nicht, dass sich dieser Immunitätsbezirk weiter ausdehnte. Zwar gibt es für Süditalien kein Dokument, das wie die Urkunde des Speyerer Bischofs Rüdiger von 1084 belegen würde, dass Bischöfe den Juden ihr jeweiliges Wohngebiet in der Stadt förmlich angewiesen hätten.149 Doch hat bereits Rafael Straus die These formuliert, dass auf dem süditalienischen Festland Iudayca zunächst ein topografischer Begriff gewesen und erst später auch zur Bezeichnung des Ortsverbandes der Juden geworden sei, „die dem Herrn des Bodens gehören, auf dem die Giudecca steht.“ 150 Im Jahr 1221 bestätigte Friedrich II. der Kirche von Salerno totam Iudecam ipsius civitatis nostre Salerni, cum Iudeis omnibus qui in eadem modo habitantes sunt et fuerint in futurum.151 Privaturkunden über Grundstücksverleihungen aus Salerno des 11. bis 13. Jahrhunderts zeigen, dass Grund und Boden in der Iudayca der Stadt zu einem beträchtlichen Teil verschiedenen Kirchen und Klöstern gehörten.152 Dabei erstreckte sich die Giudecca von Salerno entlang einer Straße, die parallel zur Küste zwischen zwei Stadtmauern verlief, einer oberhalb der Straße und einer unterhalb der Straße. Entlang der Straße sind die Grundstücke, auf denen die Juden ihre Häuser errichtet haben, gleichsam aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, sodass sich der Eindruck einer planmäßigen, rationalen Anlage der Giudecca auf dazu bestimmten Parzellen ergibt.153

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S. o., 51. Beltrani, Ordinamenti (1873), Nr. 15: Nota hoc facit pro judeis Trani ut de rebus stabilibus quas emerunt ab hominibus Trani non teneantur servire Archiepiscopo, sed potius debent de eis servire cum hominibus Trani, nam sicut venditor de ipsis rebus in omnibus exactionius Curie serviebat, ita et emptor servire debet, ut hic dicitur. Hilgard (Hg.), Urkunden Speyer (1885), Nr. 11; Schoeps/Wallenborn, Juden in Europa 1 (2001), Nr. 52. Straus, Juden im Königreich Sizilien (1910), 18. CDS 1, ed. Carucci (1931), Nr. 61. Ebd., Nr. 69, 147, 185, 265, 295, 344; Galante, Nuove Pergamene di San Giorgio di Salerno 2 (1997), Nr. 5f., 9–13, 19, 34f., 37, 45. Gambardella, Ebrei a Salerno (1994).

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In Trani gehört noch im 15. Jahrhundert ein erheblicher Teil der Häuser in der dortigen Iudayca der Kirche, wie die zwei Zinsregister aus dem ersten Drittel dieses Jahrhunderts belegen. Der Zins für einige der Häuser ist in Wachs zu entrichten, möglicherweise ein Rest der von der Kirche bis in die 20er-Jahre des 15. Jahrhunderts beanspruchten Herrschaft über die Juden und die Neofiti.154 Dass die Juden von den politischen Gewalten regelrecht als Teil der Iudayca im topografischen Sinne verstanden wurden, zeigt sich daran, dass diese ihnen keine Freizügigkeit zubilligten. Um abermals das Diplom Friedrichs II. für die Kirche von Salerno anzuführen: Als der Kaiser dem Bischof von Salerno 1221 die Herrschaft über die Giudecca von Salerno mitsamt allen Juden, die zu dieser Zeit dort wohnten und künftig dort wohnen würden, übergab, nahm er nämlich jene Juden aus, die aus Orten dorthin zögen, die zur königlichen Domäne gehörten.155 Und als ein Teil der Juden von Brindisi 1276 die Stadt verließ und ihre Wohnsitze in die Herrschaften der Kirchen, Grafen und Barone verlegte, um sich den Lasten der Besteuerung zu entziehen, befahl der König dem Justitiar der Terra d’Otranto, die Juden zur Rückkehr nach Brindisi zu zwingen.156 Im räumlichen Gefüge der Städte hatten die Iudayce zudem fast immer eine Randlage, quasi Rücken an Rücken mit der hochmittelalterlichen Stadtmauer. Dies zeigen zahlreiche Fälle aus dem insularen wie festländischen Süditalien.157 Auch in Trani erstreckte sich die Giudecca entlang der hochmittelalterlichen Ummauerung der Stadt, die diese zum Meer hin abgrenzte (Abbildung 20).158 Diese Lage am Rande der städtischen Siedlungen hatte sehr wahrscheinlich auch mit dem typischen Gewerbe der Juden zu tun: der Färberei. Iudayca und tinctoria bzw. tincta waren im hochmittelalterlichen Süditalien ja geradezu Synonyme. Das Färbereigewerbe verursachte jedoch Geruchsbelastungen, und in Neapel lagen noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Färbereien abgelegen von den Wohnhäusern.159 Da die Färberei ein königliches Monopol war, musste sie in einem Gebäude ausgeübt werden, das im Besitz des Königs war. Sie war also fest mit einem Ort verbunden, der mitvergeben wurde, wenn der König die Färberei verschenkte. Im Jahr 1221 etwa bestätigt Friedrich II., dass seine Mutter Konstanze die Färberei von Aversa mitsamt dem zugehörigen Haus der dortigen Bischofskirche geschenkt hatte.160 Noch deutlicher ist der Zusammenhang von Topografie, Gemeinde und Gewerbe in der erwähnten Bestätigung Friedrichs II. aus demselben Jahr für die Kirche von Salerno: Denn neben der Giudecca der Stadt und den

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BPCB, FondoBeltrani 61/1, 57v. CDS 1, ed. Carucci (1931), Nr. 61. RCA 43, ed. Cubellis (1996), 186 (= Houben, Juden und Sarazenen (1994), Nr. 7), s. o., 71f. Manchia/Serini, Comunità ebraiche e giudecche (1991); Fatta (Hg.) Architettura judaica in Italia (1993); Lacerenza, Topografia Storica delle Giudecche (2006); CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 86: […] que est in ruga iudece iuxta domum quondam Rabbiti ebrei iuxta muram antiquam dicte civitatis Bari […]. Vitale, Socio-Topografia di Trani (1981), 73. Ragosta, Stato, Mercanti, e Tintori (1983), 12. MGH DD Ks., ed. Kölzer (1990), Depp. Ks., Nr. 57.

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Die Lage der Giudecca von Trani im 12. und 13. Jahrhundert (nach Ronchi)

Adriatisches Meer Kathedrale

n

Hafe

Stauferkastell

Porta di Barletta

nach Barletta 0

20

40

60 m

Abbildung 20: Die Lage der Giudecca von Trani im 12. und 13. Jahrhundert (nach Ronchi)

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Juden, die dort wohnen und künftig wohnen werden, bestätigt der König der Kirche auch tinctam eiusdem nostre civitatis Salerni […] cum celendra nostra et cum omnibus appendicis, domo et aliis ad eandem tinctam et celendram pertinentibus.161 Die Giudecche Süditaliens waren im Hochmittelalter also Räume, die entstanden waren, indem die Juden mit bestimmten Orten und einer bestimmten Form des Wirtschaftens verbunden worden waren. Dabei hatten die politischen Gewalten Königtum und Bischofskirchen einen großen Einfluss ausgeübt, und ihre oftmals konfligierende Herrschaft über die Juden war den Giudecche, ja sogar den Innenräumen der Wohnhäuser in vielfältiger Weise eingeschrieben. Dabei waren die Iudayce keine homogen jüdischen Räume, denn in ihnen wohnten auch Christen, und in unmittelbarer Nähe der Synagogen lagen oftmals auch Kirchen. Allerdings lässt sich nicht immer bestimmen, ob sie an ihrem jeweiligen Ort errichtet worden waren, bevor dort die Iudayca bestand oder zu Zeiten, als diese bereits existierte. Einen Begriff von Foucault aufnehmend, kann man die Giudecche im mittelalterlichen Süditalien als Heterotopien bezeichnen. Heterotopien sind „gleichsam Orte, die außerhalb aller Orte liegen, obwohl sie sich durchaus lokalisieren lassen.“ Sie sind Platzierungen, die die besondere Eigenschaft haben, „andere Platzierungen zu spiegeln. Sie stehen mit anderen Platzierungen in Verbindung, und dennoch widersprechen sie ihnen.“ Wie im Spiegel sieht man in der Heterotopie, wo man nicht ist, und wird so gleichzeitig auf den Platz, den man tatsächlich einnimmt, verwiesen.162 Als Heterotopien machten die Giudecche Süditaliens und damit auch die Giudecca von Trani die Differenz zwischen Juden und Christen im Raum sinnlich wahrnehmbar und brachten sie damit auch immer wieder neu hervor. Und die Städte als Ganzes erhielten so eine bipartite räumliche Ordnung. Was passierte nun mit diesem Raum und der räumlichen Ordnung der Stadt als Ganzes, nachdem die Juden 1292 in ihrer Mehrheit zum Christentum übergetreten waren? Welche Folgen hatte dies für die mentalen Landkarten und räumliche Praktiken? Welche Auswirkungen hatte der historische Bruch der Massenkonversion von 1292 also auf die räumlichen Anordnungen?

Unvollständige Überschreibungen: Die ‚mental map‘ Iudayca und die Massenkonversion Einen Zugang zu den Folgen, die die Massenkonversion von 1292 für die mentale Verkartung des Raums hatte, ermöglichen vor allem Quellen über Besitzverhältnisse mit den in ihnen erhaltenen topografischen Angaben, das heißt Privaturkunden und Besitzverzeichnisse. In Bari existieren im 14. Jahrhundert unterschiedliche Bezeichnungen für den Raum der nunmehr konvertierten Juden. In den Jahren 1300 und noch 1372 ist die Ortsangabe

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CDS 1, ed. Carucci (1931), Nr. 61. Foucault, Von anderen Räumen (2006), 320f.; Löw, Raumsoziologie (2001), 164f.

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in ruga iudece bzw. in iudeca belegt. Aus dem Jahr 1306 ist die Bezeichnung in Ruga Neophidorum überliefert. Eine Urkunde aus dem Jahr 1302 erwähnt die Ruga nova olim Iudeca.163 Ein ähnliches, jedoch detailierteres Bild vermitteln Urkunden aus Salerno. Hier wird im Januar 1293, zehn Monate nach der Massenkonversion, die Lage eines Grundstücks mit den Worten beschrieben in loco ubi a la ruga Nova dicitur que olim vocabatur Iudayca Salerni […].164 Im Oktober 1296 ist dann erstmals die topografische Angabe in ruga nova ubi olim Iudayca fuit belegt.165 Diese Bezeichnung ist dann bis 1403 mehrfach belegt, bleibt also für einen Zeitraum von über 100 Jahren stabil.166 In den Urkunden findet sich nach 1371 die Ortsangabe a la ruga nova auch ohne den Zusatz ubi olim fuit Iudayca.167 Spätestens im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts bedurfte es dieses Zusatzes also nicht mehr, um die Lage der ruga nova exakt zu bestimmen. Es ist daher umso bemerkenswerter, dass die alte Bezeichnung Iudayca dennoch nicht gelöscht wurde. Eine Dorsalnotiz auf einer Urkunde von 1432 über eine Grundstücksverleihung in der ruga nova bestimmt die Lage des verliehenen Grundstücks als in platea Iudayca.168 Iudayca bleibt also gleichsam die Unterseite von Ruga Nova. Die Beispiele Bari und Salerno zeigen, dass mit der Massenkonversion von 1292 die mentale Landkarte Iudayca nicht ausgelöscht wurde. Zwar konnte der Raum, der mental bisher als Iudayca kartografiert worden war, eine neue Bezeichnung erhalten. Daneben bieb das Toponym Iudayca jedoch im Gebrauch oder blieb Bestandteil der neuen Bezeichnung. Es kam also zu einem unvollständigen ‚Remapping‘ des Raums. Bei diesem wurde die alte mentale Landkarte nicht ausgelöscht, sondern nur überschrieben und blieb wie ein Palimpsest gleichsam unter oder neben der neuen Bezeichnung stets lesbar. Der Raum, der einst die Iudayca war, ist damit doppelbödig: Seine Jewishness existiert nicht mehr und gleichzeitig immer noch. Auch in Trani lässt sich dieses unvollständige Remapping des Raums beobachten. In einer Urkunde von 1342 verleiht die Bruderschaft der Domkanoniker von Trani ein Haus in loco Iudayce seu sancti salvatoris.169 Auch hier lösen neue und alte Bezeichnung einander nicht ab, sondern stehen gleichsam nebeneinander. Allerdings ist diese doppelte Denomination nur einmal belegt und stellt daher eine Ausnahme dar. In der Regel wird entweder die Bezeichnung Iudayca oder die Bezeichnung S. Salvatore benutzt. Dabei verschoben sich im Laufe der Zeit freilich die Gewichte. Zwischen 1300 und 1399 ist die Bezeichnung Iudayca noch acht Mal urkundlich belegt. Aus dem 15. Jahrhundert stammen nur sechs urkundliche Belege; vor allem aber stammen diese sechs Urkunden mit einer Ausnahme alle aus der Zeit bis 1435. Danach verschwindet die 163 164 165 166 167 168 169

CDB 13, ed Nitti de Vito (1936), Nr. 86, 116, 148; CDB 28, ed. Cordasco (1985), Nr. 75. Galante, Nuove Pergamene di San Giorgio di Salerno 2 (1997), Nr. 12. Ebd., Nr. 19. Ebd., Nr. 34, 35, 45. Ebd., Nr. 37, 52. Ebd., Nr. 52. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 42.

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Angabe in loco Iudayce völlig aus den Urkunden. Die Bezeichnung in loco S. Salvatoris dagegen ist während des 14. Jahrhunderts nur in vier, während des 15. Jahrhunderts dagegen in 15 Urkunden belegt. Die Bezeichnung Iudayca ist also bis zum Ende des ersten Drittels des 15. Jahrhundert gebräuchlich, wird danach aber völlig durch die Denomination S. Salvatore verdrängt (Tabellen 46 u. 47). Topografische Angaben sind jedoch nicht nur in Urkunden, sondern in großer Zahl auch in drei Besitzverzeichnissen der erzbischöflichen Kirche von Trani aus den Jahren 1408, 1432/33 und 1511 überliefert. Letzteres gibt eine divisio bonorum wieder, die wahrscheinlich nötig geworden war, weil nach der Vertreibung der Neofiti aus Trani 1495 eine ganze Reihe von Immobilien keine Erträge mehr abwarfen. Zumindest hat es eine Rubrik census vacantes. Und einige von diesen sind eindeutig ehemaliger Besitz von Neofiti.170 Tabelle 46: Urkunden mit dem Toponym Iudayca im 14. und 15. Jahrhundert Datum

Quelle

15.08.1318 09.01.1335 02.04.1335 26.03.1343 26.10.1382 1382 10.03.1398 07.06.1399 20.05.1406 20.05.1406 04.10.1412 23.11.1435 24.06.1457

Carabellese 2, Nr. 19 Carabellese 2, Nr. 33 Carabellese 2, Nr. 41 Carabellese 2, Nr. 42 Carabellese 2, Nr. 77 Beltrani, Nr. 42 CDB 14, Nr. 17 Carabellese 2, Nr. 82 BDT A 315/348 BDT A 316/349 Beltrani, Nr. 60 Beltrani, Nr. 128 BDT A 476/509

Tabelle 47: Urkunden mit den Toponym S. Salvatore im 14. und 15. Jahrhundert Datum

Quelle

27.07.1326 18.03.1327 26.03.1343 03.10.1361 16.05.1404 20.05.1406 02.04.1408

Carabellese 2, Nr. 23 Beltrani, Nr. 9 Carabellese 2, Nr. 42 Carabellese 2, Nr. 63 BDT A 308/341 BDT A 316/349 BDT A 323/355

170

BCT, Ms. C22, 15v.

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum 28.08.1408 31.08.1409 22.05.1414 05.05.1427 07.03.1432 23.11.1435 28.02.1436 17.01.1446 27.10.1468 19.02.1470 29.10.1490 22.03.1498

247

BDT A 329/361 BDT A 330/362 Beltrani, Nr. 61 BDT A 397/428 BDT A 414/447 Beltrani, Nr. 128 Beltrani, Nr. 122 BDT A 445/478 Beltrani, Nr. 182 BDT A 508/545 Beltrani, Nr. 236 BPCB, Fondo Beltrani B 7/2, 15v–17r

Für die Raumwahrnehmung im spätmittelalterlichen Trani sind die Verzeichnisse jedoch eine nicht ganz unproblematische Quelle. Es ist nicht immer deutlich, aus welcher Zeit die Toponyme stammen, die sie belegen. Denn die Besitzverzeichnisse wurden auf der Basis von Urkunden erstellt und repräsentieren daher stellenweise nicht nur den aktuellen, sondern einen in dem einen oder anderen Fall sogar erheblich älteren Sprachgebrauch. Im Verzeichnis von 1432/33 wird an einer Stelle sogar das Toponym platea iudeorum benutzt, das im Hochmittelalter belegt ist, während des 14. und 15. Jahrhunderts aber vollkommen ungebräuchlich war.171 Stellt man dies jedoch in Rechnung, dann belegen auch die beiden Verzeichnisse aus dem 15. Jahrhundert die Tendenz, dass in diesem Jahrhundert die Bezeichnung Iudayca zusehends durch die Bezeichnung S. Salvatore verdrängt wurde. Denn das Besitzverzeichnis von 1408 situiert zwölf Immobilien der Kirche von Trani in der Iudayca, zehn in loco S. Salvatoris.172 Im Besitzverzeichnis von 1432/33 dreht sich das Verhältnis um zu acht zu elf.173 Das Verzeichnis von 1511 allerdings belegt, dass das Toponym Iudayca zwar nach 1435 aus den Urkunden verschwand, also offensichtlich an Evidenz einbüßte, jedoch nicht vollkommen ungebräuchlich wurde. Situiert es doch verschiedene Immobilien in loco Iudaice bzw. ad la Iodeca.174 Es ist der Gebrauch dieser volkssprachlichen Bezeichnung, der deutlich macht, dass hier nicht einfach ein älteres Toponym weiterverwendet wurde, sondern dass dieses für den zeitgenössischen Gebrauch aktualisiert wurde. Nach dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts verblasste die mentale Landkarte Iudayca zwar zusehends zugunsten der christlichen, auf das Erlösungswerk Jesu Christi verweisenden Superskription S. Salvatore. Sie wurde jedoch nicht ausgelöscht. Denn noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts gab es in Trani einen Raum, den man la Iodeca nannte. Es gab sogar zwei Räume, die als Giudecca bezeichnet wurden und die in völlig unterschiedlichen Gebieten der Stadt lagen.

171 172 173 174

BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 49v. Ebd., 6r, 8v (2), 10r, 10v (2), 24v (2), 25v, 26r, 26v; 12r, 13r, 13v (4), 15v, 17v, 19r, 20r. Ebd., 41v, 44r, 49v, 51v, 52r, 56v, 71r, 74r; 41v, 49r (3), 49v, 50r, 51v, 53r, 57v. BCT, Ms. C 22, 22r, 23r.

248

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Die Lage der Iudayca in der Stadt bis 1435 Wo die Einwohner von Trani während des 14. und 15. Jahrhunderts die Iudayca im urbanen Gefüge verorteten, lässt sich aus den erhaltenen Urkunden über Besitztransaktionen und den Besitzverzeichnissen der Traneser Kirche direkt und indirekt erschließen. Referenzpunkte sind dabei vor allem die Kirchen. Denn diese stehen vielfach heute noch, oder aber ihre Lage in der Stadt lässt sich aus Schriftquellen erschließen. Sie stellen gleichsam Fixpunkte im Fluss der städtischen Besitzverhältnisse dar. Für einige Häuser, die in Quellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert in der Iudayca verortet werden, gibt mitunter dieselbe Quelle an, dass diese neben einer bestimmten Kirche lagen.175 Vielfach lässt sich dieser Bezug allerdings nur durch den Vergleich mehrerer Quellenbelege herstellen. So besitzt der Neuchrist Nicola de Fomay 1408 zwei Häuser in loco Iudaice.176 Ein Ventura de Fomay bzw. Ventura Nicolay Thome ist im Zinsregister von 1432/33 als Besitzer eines Hauses in der Nachbarschaft der Kirche S. Maria de Cara belegt, die in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Synagoge S. Anna lag und als Nachbar eines Antonio Nicolai Palumbi, dessen Haus in Iudayca liegt.177 Im Zinsregister von 1408 wird das Haus des Antonio Nicolai Palumbi neben dem Gärtchen (orticellum) der Kirche S. Maria de Cara erwähnt.178 Außerdem ist 1408 ein Thoma de Franchino neofidus als Besitzer eines Hauses in Iudayca und eines Gärtchens in loco S. Marie de Cara belegt.179 Ein Notar aus Ragusa wiederum beurkundet 1423 ein Geschäft eines Ventura filius Chole Fomay de Franchino.180 Daraus ergibt sich: Der 1408 erwähnte Thoma de Franchino war der Vater des Nicola de Fomay, dessen Sohn wiederum Ventura de Fomay war. Deren Besitz, zwei Häuser und ein Gärtchen, in iudayca lag in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kirche S. Maria de Cara. Vor allem aus solchen ‚prosotopografischen‘ Analysen ergibt sich, dass der Raum, den die Einwohner von Trani auf der mentalen Landkarte ihrer Stadt als Iudayca bezeichneten, zwar keine klaren Grenzen, aber relativ eindeutige Umrisse hatte. Das Kerngebiet der Iudayca lag in der unmittelbaren Nachbarschaft dreier der vier Synagogen, die nach der Konversion von 1292 in Kirchen konvertiert worden waren. Denn die meisten Immobilien, die von den Quellen bis 1435 in der Iudayca situiert werden, lagen in der Nachbarschaft der Kirchen S. Maria Nova, SS. Qirico e Giovita (später S. Anna) und S. Leonardo. Von dort erstreckte sich die Iudayca offensichtlich entlang der heutigen Via S. Martino und Via Leopardi bis zur Via publica, die von der Porta Nova bis zum erzbischöflichen Messegelände führte. Bereits das Haus, das 1335 in der Iudayca verortet wird, lag wohl in der Nähe der Kirche S. Martino.181 Und eine ganze Reihe von

175 176 177 178 179 180 181

Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 77; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 42, 60, 128. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 10v, 24v. Ebd., 71r, 74r. Ebd., 6r. Ebd., 8v, 26r. Popovic-Radenkovic, Ragusa e la Puglia 2 (1959), 164, Anm. 3. Carabellese, La Puglia 2 (1907), 46. (222)

249

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

Immobilien, die zwischen 1398 und 1432 in der Iudayca situiert werden, lag dort, wo die Via S. Martino auf die Via publica traf, die zum Dom führte und möglicherweise sogar jenseits von ihr (Abbildung 21).

Lage der Giudecca im urbanen Gefüge von Trani im 15. Jahrhundert Adriatisches Meer

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell

Hafen

S. Simeone S. Martino S. Maria de Cara Kloster S. Giovanni Lionelli Porta di

S. Giovanni Lionelli

Barletta

Porta di nach Andria Barletta

nach Andria

Portanova

Kloster S. Chiara

Porta di Bisceglie

0

50

Abbildung 21: Die Lage der Giudecca im urbanen Gefüge von Trani im 15. Jahrhundert

100

150 m

250

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Das Zinsregister von 1432/33 vermerkt unter anderem die bona des Neuchristen Angelillo de Buctunis in der Iudayca der Stadt.182 Dieser Besitz bestand zu diesem Zeitpunkt aus mindestens drei Häusern. Denn am 10. März 1398 hatte die Bruderschaft der Domkanoniker von Trani Angelillo de Buctunis ein casile in iudayca und sieben Jahre später ebendort zwei weitere Häuser verliehen.183 Dieser Besitz lag am Rande der Iudayca an der Straße, die von der Porta Nova zum Dom führte, gegenüber dem Kloster S. Giovanni de Lionello. Denn als Nachbarn des Angelo de Buctunis nennen die Quellen 1406 und 1432/33 den Adligen Marino Bonismiro, von dem Angelo de Buctunis 1406 zusätzlich zu seinen gepachteten Häusern noch ein weiteres Haus anmietete.184 Eine Urkunde von 1457 erwähnt dann ein Haus, das dem Sohn des Angelo de Buctunis, Molillo, gehörte. Als Nachbar ist auch hier Marino Bonismiro gemeinsam mit seinen Brüdern Meulo und Spirito und zusätzlich ein Francisco Stanga erwähnt.185 Aus dessen Testament von 1494 geht hervor, dass sein Wohnhaus neben der Kirche S. Giovanni de Lionello lag.186 Dieser obere Rand der Giudecca wurde in den Quellen wiederholt allerdings auch als Teil eines anderen Raums kartografiert. Die erwähnte Urkunde von 1457, die ein Haus des Molillo de Buctunis erwähnt, sowie eine weitere von 1497 situieren den Besitz der Familie de Buctunis in der Nachbarschaft der Kirche S. Giovanni de Lionello nicht wie 1399, 1406 und 1432/33 in iudayca, sondern in Porta Nova.187 In diesen Urkunden ging es allerdings nicht um den Besitz der de Buctunis’, sondern um Besitz der Familien Palagano und Passasepa. Porta Nova war nicht einfach ein Toponym, sondern bezeichnete ebenfalls einen Raum, in dem Menschen und ein Ort in spezifischer Weise zusammengedacht wurden. Seinen Namen erhielt der Raum von jenem „Neuen Tor“, das 1213 erstmals erwähnt wurde und von dem eine via publica (die heutige Via Beltrani) zur Kathedrale führte.188 Der vicinatus, dem die Porta Nova ihren Namen gab, konnte in der Vorstellung der Einwohner des mittelalterlichen Trani offensichtlich bis weit diese Straße hinab, bis auf die Höhe der Via S. Martino reichen. In der Chronik über Simonce Cacetta wird Porta Nova neben S. Marco als eine der zwei piazze principali der Stadt bezeichnet, che vien magnificata dalla famiglia Palagano.189 Direkt neben der Porta Nova hatten die Palagno ihren Palast, der heute dort noch zu sehen ist.190 Der Raum, der als Porta Nova mental kartografiert wurde, war also ein Raum, der durch die adligen Familien, die in ihm lebten, gleichsam mit deren Prestige aufgeladen

182 183 184 185 186 187 188 189 190

BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 41v. CDB 14, ed. Cassandro (1938), Nr. 17; BDT A 316/349. BDT A 316/349. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 164. Ebd., Nr. 247. Ebd., Nr. 164, BDT A 680/717. Prologo, Carte del Capitolo Metropolitano di Trani (1877), Nr. 110. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 167, 553. Vitale, Socio-Topografia di Trani (1981), 50f.

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

251

wurde. An der Via Publica, die von der Porta Nova zum Dom führte, überschnitten und durchdrangen sich also ‚jüdischer‘ und ‚adliger‘ Raum. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die Wohnorte der Nachkommen des Angelo de Buctunis, von denen mehrere den Titel des nobilis führten, ab der Mitte des 15. Jahrhunderts einmal dem einen und einmal dem anderen Raum, dem jüdischen und dem adligen zugeordnet wurden.191 Die Synagogen In seinem Traktat „De iure patronatus“, das zwischen 1514 und 1523 entstand, zählt der Traneser Jurist Cesare Lambertini die vier Kirchen auf, die früher Synagogen gewesen waren: S. Leonardo Abbate, SS. Qirico e Giovita, S. Pietro Martire, S. Maria di Scola Nova. Dabei gibt sein Werk jedoch fälschlicherweise an, dass diese unter König Karl III. (statt Karl II.) in Kirchen umgewandelt worden wären – ein Irrtum, der möglicherweise auf einen Druckfehler zurückgeht (III. statt II.) und der sich bis heute in der Literatur findet.192 Zwei dieser ehemaligen Synagogen stehen heute noch: S. Maria di Scola Nova und die ehemalige Kirche SS. Qirico e Giovita, die ab 1520 einer Anna-Bruderschaft gehörte und seitdem das Patrozinium S. Anna hat.193 Ihre Lage im urbanen Gefüge ist daher ohne Probleme zu bestimmen. Von den beiden anderen ehemaligen Synagogen haben sich dagegen keinerlei bauliche Überreste erhalten. Ihre Lage lässt sich jedoch aus Schriftquellen erschließen. Die Synagoge, die nach ihrer Transformation in eine Kirche das Patrozinium S. Leonardo Abbate erhielt, lag einer Urkunde von 1382 zufolge in unmittelbarer Nähe der Kirche S. Maria de Cara und damit gleichsam auf halber Strecke zwischen den Synagogen/Kirchen S. Anna und S. Maria de Scola Nova.194 Die früheste Nachricht über den Ort der ehemaligen Synagoge, die als Kirchenpatron den Inquisitionsheiligen Petrus Martyr erhielt, ist ein Königsmandat aus dem Jahr 1511, das als Regest im Fondo Rogadeo der Biblioteca Comunale in Bitonto überliefert ist. Es erwähnt die Häuser, die einst dem Neuchristen Gabriele Gentile gehört haben, in der Nähe der Kapelle S. Pietro Martire bzw. in der platea del pendinello.195 Diese wiederum lag in der Nähe der porta antica und des locus cambii (Abbildung 22).196 Zu ihren spär-

191

192

193 194 195 196

Zu den Mitgliedern der Familie de Buctunis, die als nobilis apostrophiert werden s. u. Prosopografie, Nr. V/10, 14, 18f., 23f., 24, 32. Lambertini, De Iure Patronatus 1/ 2 (1572), 64v: […] Hodie extant ecclesiae quae antea erant sinagogae, scilicet ecclesia Sancti Leonardi Abbatis, ecclesia sanctorum Quirici et Iouitae, ecclesia sancti Petri martyris, et ecclesia sanctae Mariae scholae novae, in quibus adhuc sunt in marmoreis lapideis litterae hebraicae descriptae et apparent alia loca ceremoniarum hebraicarum, et haec conversio fuit tempore Caroli tertii [!], et illa conversio mala fuit, quia quamvis sunt elapsi trecentum anni semper iudaizarunt et adhuc iudaizant […]; vgl. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 249, Anm. 1. Belli d’Elia, Cultura Artistica (1996), 208 f, 217–224. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 77. BCBi, Fondo Rogadeo Ms. A 19, 150r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/21. Ronchi, Indagine (1984), 41.

252

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

lichen Einkünften gehört um 1430 auch der Zins eines Hauses, das in der Nähe der ehemaligen Synagoge Scola Nova lag.197

Lage der nach 1292 konvertierten Synagogen

Adriatisches Meer

Synagoge 1 S. Quirico e Giovita (später S. Anna) 2 S. Leonardo 3 S. Maria (di Scola) Nova 4 S. Pietro Martire

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell

Hafen

S. Simeone S. Martino Kloster S. Giovanni Lionelli Porta di

1

S. Maria de Cara 2 3 4 S. Giovanni Lionelli

Barletta

Porta di nach Andria Barletta

Portanova

Kloster S. Chiara

nach Andria

Porta di Bisceglie

0

50

100

150 m

Abbildung 22: Lage der nach 1292 konvertierten Synagogen

Über die Geschichte dieser vier Synagogen, die nach 1292 in Kirchen umgewandelt wurden, liegen nur wenige schriftliche Nachrichten vor. Aus der Synagoge S. Anna ist eine hebräische Inschrift erhalten, die die Errichtung der Synagoge auf das Jahr 5007 (1247 nach christlicher Zeitrechnung) datiert.198 S. Leonardo und S. Pietro Martire wer197 198

BPCB, FondoBeltrani 61/1, 73r. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 249, Anm. 1.

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

253

den in Urkunden und Besitzverzeichnissen des 14. und 15. Jahrhunderts einige Male erwähnt. Die meisten Quellen liegen für die ehemalige Synagoge vor, die Lambertini Anfang des 16. Jahrhunderts als S. Maria di Scola Nova bezeichnet. Sie ist erstmals 1327 in einer Urkunde Papst Johannes’ XXII. erwähnt. Aus dieser geht hervor, dass die ehemalige Synagoge den Namen Santa Maria Nova erhalten hatte.199 Unter diesem Namen ist sie während des 14. und 15. Jahrhunderts noch 1382, 1432/33 und 1498 belegt.200 In den Besitzverzeichnissen der erzbischöflichen Kirche von Trani aus den Jahren 1408 und 1432/33 ist die Kirche auch jeweils einmal unter dem Namen S. Maria de Nova erwähnt.201 Dieser Lapsus belegt die Mühe, die die neue Bezeichnung Santa Maria Nova hatte, den alten Namen Scola Nova zu verdrängen, der die ursprüngliche Funktion des Gotteshauses als Synagoge zum Ausdruck brachte. In der Bezeichnung S. Maria de Nove fehlt der Präposition „de“ das Bezugswort. Denn auf das Adjektiv nova kann es sich grammatikalisch nicht beziehen. Es verweist damit auf eine Leerstelle und wirft gerade dadurch die Frage auf, was an diese Leerstelle gehört. Das Bezugswort „Scola“, das die ursprüngliche jüdische Identität des Gotteshauses zum Ausdruck bringt, erscheint somit als getilgt, aber dennoch weiterhin präsent. Wie die Bezeichnung des Raums der Juden wurde nach der Massenkonversion also auch die Bezeichnung ihres Kultortes unvollständig überschrieben. Die Bezeichnung S. Maria di Scola Nova ähnelt in ihrer Ambiguität den Bezeichnungen wie ruga nova ubi olim iudayca fuit. Sie artikuliert eine andauernde Jewishness im in neuer Weise Christlichen. „Neben der Schule der Juden“: Die neue Iudayca der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Nach 1435 situiert nur noch eine einzige Urkunde aus Trani eine Immobilie in der Iudayca der Stadt; sie bezeichnet damit jedoch nicht den Raum, für den diese Bezeichnung bis 1435 reserviert war. Am 24. Juni 1457 macht Elisabeth Stanga, Ehefrau des Sansonecto de Silvis, ihr Testament.202 Darin vermacht sie unter anderem ihrem Ehemann ein Haus aus ihrer dos, das in loco iudaice liegt und dort unter anderem iuxta scolam iudeorum. In der Urkunde ist also die Rede von einer scola iudeorum in der Iudayca. Hätte man nur diesen Beleg, so würde man diesen wahrscheinlich so interpretieren, dass es sich bei dieser scola iudeorum um eine der Synagogen handelt, die nach 1292 in Kirchen konvertiert worden waren, und bei der Iudayca, in der diese situiert wird, um den Raum, der während des gesamten 14. und bis zum Ende des ersten Drittels des 15. Jahrhunderts so bezeichnet wurde und dessen Kerngebiet eben in der unmittelbaren Nachbarschaft der konvertierten Synagogen lag.

199 200 201 202

Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 335. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 42; BPCB, Fondo Beltrani 61/173r, 74r; BDT A 696/734. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 11r, 57v. BDT A 476/509.

254

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Es ist jedoch noch in zwei weiteren Quellen die Rede von dieser scola iudeorum. Und aus diesen wird ersichtlich, dass es sich dabei nicht um eine der vier mittlerweile schon seit gut 150 Jahren konvertierten Synagogen handelte und dass die Iudayca, in der sie sich befand, in einem ganz anderen Teil der Stadt lag. In einer weiteren Urkunde vom 21. August 1466 verleiht die Bruderschaft der Domkanoniker ein Haus iuxta scolas iudeorum de frontispicio.203 Hier ist also sogar die Rede von mehreren Schulen der Juden; doch handelt es sich hierbei vielleicht um einen Schreibfehler, denn in den anderen Quellen ist immer nur von einer scola die Rede. Situiert wird dieses Haus, das gegenüber der Synagoge liegt, in loco ecclesiae Sanctae Lucie. Die der hl. Lucia geweihte Kirche wiederum befand sich auf der nördlichen Seite des Hafens, die heute noch Molo S. Lucie heißt. In dem Besitzverzeichnis der Kirche von Trani von 1511 ist dann gleich mehrfach von der scola delli iudei die Rede.204 An einer Stelle erwähnt es das Haus der Tochter eines Georgio Fornario, namens Coletta ad la scola delli iudei.205 Die Lage dieses Hauses wiederum lässt sich sehr exakt bestimmen. Denn in seinem Testament vom 8. Februar 1477 vermacht Georgius Thome de Erario dictus Fornario seiner Tochter Colleta sein Wohnhaus in loco S. Agnetis; zu den angrenzenden Immobilien gehört unter anderem der Garten des Klosters S. Agnese.206 Das Kloster S. Agnese wiederum lag unterhalb der Kirche S. Lucia gleichfalls an der nördlichen Mole des Hafens. Die Synagoge, von der in den erwähnten Quellen die Rede ist, und die Iudayca, in der diese verortet wurde, befanden sich also an der nördlichen Hafenmole zwischen den Kirchen S. Lucia und S. Agnese (Abbildung 23). Alle diese Belege für diese Synagoge und die Iudayca, in der sie lag, sind von der Forschung bisher übersehen worden und damit auch die Konsequenzen, die aus diesen gezogen werden müssen: Um die Mitte des 15. Jahrhunderts bestand in Trani also wieder eine jüdische Gemeinde, die so zahlreich und auch wohlhabend war, dass sie eine neue Synagoge errichten konnte. Da das ganze Viertel um die Kirche S. Lucia im 17. Jahrhundert abgerissen wurde, haben sich von dieser leider keine baulichen Überreste erhalten. Für die Größe und die Architektur der neuen Synagoge gibt es daher keinerlei Anhaltspunkte. Möglicherweise war sie nur ein ‚Gebetsraum‘. Auf der anderen Seite war ihr Ort auch unter den Christen so bekannt, dass sie bei Immobilientransaktionen und im Besitzverzeichnis von 1511 als Referenzpunkt erwähnt wurde, mit dessen Hilfe die Lage von verschiedenen Häusern bestimmt wurde. Dies spricht dafür, dass sie eine gewisse Größe hatte und vielleicht auch nach außen hin als jüdischer Kultort erkennbar war. Um diese Synagoge konstituierte sich in der Stadt Mitte des 15. Jahrhunderts auch ein neuer jüdischer Raum, der wie einst jener Raum, der von der Nachbarschaft der ehemaligen Synagogen bis zur Straße von der Porta Nova zur Kathedrale reichte, als Iudayca bezeichnet wurde. 203 204 205 206

BDT A 494/529. BCT, Ms. C 22, 10r, 16r, 22v. Ebd., 22v: […] la casa de Collecta de Georgio fornario ad la scola delli Judei […]. BDT A 550/589.

255

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

Lage der Mitte des 15. Jahrhunderts erstmals bezeugten scola iudeorum Giudecca 1292 konvertierte Synagogen

Adriatisches Meer

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia

Scola iudeorum

Kloster S. Agnese

Stauferkastell

Hafen S. Simeone S. Martino

Kloster S. Giovanni Lionelli Porta di

S. Maria de Cara

S. Giovanni Lionelli

Barletta

Porta di nach Andria Barletta

nach Andria

Portanova

Kloster S. Chiara

Porta di Bisceglie

0

50

100

150 m

Abbildung 23: Lage der Mitte des 15. Jahrhunderts erstmals bezeugten scola iudeorum

Auch bei der Konstitution der neuen Iudayca von Trani im 15. Jahrhundert muss die Kirche eine bestimmende Rolle gespielt haben. Die Errichtung neuer Synagogen verstieß gegen das Kirchenrecht. Dieses gestattete nur die Wiedererrichtung alter Synagogen. Es ist vollkommen unwahrscheinlich, dass es am Ort der scola iudeorum, die ab 1457 in der Nachbarschaft der Kirche S. Lucia an der nördlichen Hafenmole nachgewiesen werden kann, irgendwann vorher schon einmal eine Synagoge gegeben hat, die Mitte des 15. Jahrhunderts wiedererrichtet worden wäre. Denn es gibt keinen Beleg dafür, dass hier bereits vorher einmal Juden gewohnt hätten. Und das heißt: Ohne dass die Kirche von Trani diesen Verstoß gegen das Kirchenrecht zumindest toleriert hat, können die Juden von Trani die neue Synagoge nicht errichtet haben.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Als Inhaber der Judensteuern hatte die Kirche von Trani ja auch durchaus ein Interesse an einer florierenden Judengemeinde in ihrer Stadt. Die Massenkonversion von 1292 hatte die Einahmen der Kirche von Trani aus den Judensteuern stark sinken lassen, weshalb die Kirche immer wieder und teilweise wohl auch mit Erfolg versucht hatte, die Judensteuern auch von den Neuchristen zu fordern, zum letzten Mal 1422. Danach jedoch hatten sich die Neofiti von Trani endgültig von der Kirche emanzipiert. Auch die Konstitution einer neuen Iudayca spätestens um die Mitte des 15. Jahrhunderts hat möglicherweise dazu beigetragen, dass die Bezeichnung Iudayca für den Raum, der bis 1435 so bezeichnet wurde, an Evidenz einbüßte und nach 1435 aus den Urkunden verschwand. Denn nun bestand wieder ein Raum, dessen Jewishness an der Oberfläche lag und als mentale Landkarte neben den Raum trat, den man in Trani bis 1435 stets als Iudayca kartografiert hatte, dessen Jewishness jedoch zunehmend überschrieben worden war. Die Analyse der Raumwahrnehmung, die sich in den Quellen über Besitzverhältnisse und -transaktionen aus Trani vom 14. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts niederschlug, zeigt die Transformationen der mentalen Landkarte Iudayca nach der Massenkonversion der Juden von 1292. Als Raum, dem eine eigene Jewishness eingeschrieben ist, verschwindet sie, bleibt aber doch vorhanden und entsteht Mitte und Ende des 15. Jahrhunderts in doppelter Weise wieder neu: als Bezeichnung für ein neues jüdisches Wohngebiet in der Stadt um eine neue Synagoge und als Aktualisierung der überschriebenen Jewishness des Raums, der einst der Raum der Juden gewesen war und noch nach deren Konversion lange als Iudayca bezeichnet worden war.

Anordnungen und Handlungsraum: Räumliche Praktiken und die Produktion von Jewishness Die Neuenstehung einer Iudayca im Trani des 15. Jahrhunderts an neuem Ort und das parallele Verblassen der Landkarte Iudayca für das Gebiet, das zuvor als solche kartografiert worden war, zeigt bereits, dass die Wahrnehmung der Räume, denen Jewishness zugeschrieben wurde, durch räumliche Praktiken, in diesem Fall einer neuen Anordnung von Juden im Raum, beeinflusst wurde. Im Folgenden soll daher das Verhältnis von Raumkonstitution, Raumwahrnehmung und räumlichen Praktiken genauer betrachtet werden. Als Relationen von Menschen und Orten können Räume durch soziales Handeln bestätigt, aber auch verändert werden. Vor allem Michel de Certeau hat die Kraft der Individuen zur praktischen Umformung, wenn nicht gar Destabilisierung diskursiver bzw. machtbestimmter Raumordungen betont.207 Es stellt sich daher einerseits die Frage, wie die Jewishness des Raums durch die Akteure produziert, aber auch destabilisiert wurde und wie andererseits der Raum die Jewishness von Akteuren produzierte bzw.

207

Certeau, Praktiken im Raum (2006), zu Certeau vgl. Löw, Raumsoziologie (2001), 300–302.

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

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destabilisierte. Daher interessiert hier in erster Linie das Handeln der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen im Raum. Im Zentrum steht die Frage nach der Aneignung des Stadtraums durch die Neuchristen im Trani des 14. und 15. Jahrhunderts und nach ihrem Handlungsraum. Allerdings fanden auch die Raumkonstitutionen der Neuchristen durch räumliche Praxis nicht in einem politischen Vakuum statt. Anordnung im Raum: Die Wohnorte der Neuchristen von Trani im 14. und 15. Jahrhundert Dass auch die Raumkonstitutionen der Neuchristen politisch strukturiert waren, macht bereits die erste Quelle über das Handeln der Neofiti im Raum deutlich. Es handelt sich bei ihr um ein Mandat König Roberts I. vom 4. März 1311, mit dem dieser auf ein Gesuch des Inquisitors Matteo di Ponciaco reagierte. Der Inquisitor hatte geklagt, dass es im Reich, vor allem in Apulien, eine größere Zahl von Neofiti gebe, die einst den jüdischen Irrtum hätten aufgeben wollen, durch die heiligen Wasser der Taufe wiedergeboren worden und zum christlichen Glauben gelangt seien, die nun aber in den Irrtum ihrer Blindheit abgeglitten seien. Derweil sie in der vormaligen, verdammenswerten Weise an einem Ort zusammenwohnten, steckten sie sich aufgrund der engen nachbarschaftlichen Kontakte mit der ketzerischen Schlechtigkeit an, und weil sie die vormaligen jüdischen Riten beibehielten, befleckten und verdürben sie die Festigkeit des erwähnten christlichen Glaubens in vielfältiger Weise. Der König wies daher die Capitanei und seine Officiales an, sie sollten unterbinden „dass die Neofiti an ein und demselben Ort oder in ein und derselben Gasse wohnten, ausgenommen diejenigen, die eigene Häuser besäßen, vielmehr sollten sie unter den anderen Christgläubigen, abgesondert von Zusammenleben und Gemeinschaft, die sie bisher gepflegt hatten, ihre Wohnung haben.“208

Der Inquisitor ging also davon aus, dass die räumliche Anordnung die Jewishness der konvertierten Juden produzierte. Die Kontinuität der räumlichen Ordnung (pristino more) über den Bruch der Konversion hinweg machte diese in seinen Augen unwirksam, da sie die Kontinuität jüdischer Riten (pristinos ritus Iudaicos) bewirkte. Eine neue Anordnung der konvertierten Juden im Raum, die sie voneinander isolierte und unter denjenigen, die schon immer Christen gewesen waren, verteilte, sollte diese Kontinuität unterbrechen und ihre Jewishness so auslöschen. Der Versuch des Inquisitors von 1311, die konvertierten Juden räumlich voneinander zu isolieren und unter den „anderen Christgläubigen“ zu verteilen, war allerdings wohl nicht sehr erfolgreich. Denn im Jahr 1343 geht das entsprechende Mandat auf Drängen eines anderen Inquisitors noch einmal aus.209 Bereits drei Jahre zuvor, 1340, hatte dieser außerdem gefordert, dass die Juden von den Neofiti räumlich segregiert werden soll-

208 209

Valle, Compendio (1651), 105–107, s. u. Quellenanhang, Nr. 2/2. Ebd.

258

Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

ten.210 Nicht nur die engen nachbarschaftlichen Kontakte untereinander, sondern auch die räumliche Nähe zu Juden produzierte für die Inquisitoren also eine tendenzielle Jewishness der Neuchristen. Die politische Dimension der Forderung nach Umsiedlung der Neuchristen wird daran deutlich, dass eigens betont wird, dass Neofiti, die eigene Häuser besäßen, nicht umgesiedelt werden sollten. Zielscheibe der Umsiedlungspläne der Inquisitoren waren also nicht zuletzt die Besitzer der Häuser, die die Konvertiten bewohnten. Das hieß auch im Fall von Trani: die Bischofskirche. Denn dieser gehörte ein beträchtlicher Teil der Immobilien in der Iudayca von Trani. Dass die Umsiedlungspolitik der Inquisitoren so wenig erfolgreich war, wird man daher auch darauf zurückführen dürfen, dass die Kirche von Trani sich ihr widersetzte. Ein Jahr nachdem der Inquisitor die Umsiedlung der Neuchristen Apuliens forderte, im Sommer 1312, beklagt sich eine Gruppe von Neofiti aus Trani, die ihren Wohnsitz nach Giovinazzo verlegt hatten, über Nachstellungen des Erzbischofs von Trani.211 Und 1328 erreichte die erzbischöfliche Kirche, dass die Inquisitoren, die die Umsiedlung der Neofiti betrieben, in ihrer Diözese nicht mehr ohne ihre Zustimmung agieren durften.212 Zudem ist fraglich, ob die königlichen Amtsträger, die Robert I. 1311 und seine Nachfolgerin Johanna I. 1343 mit der Implementierung der Umsiedlung beauftragten, hieran ein Interesse hatten. Denn auch diese zeigten sich eher bestrebt, die vormalige räumliche Ordnung zu reproduzieren, als mit ihr zu brechen. Im Jahr 1337 beklagen sich die Neofiti von Trani wie 60 Jahre zuvor die Juden darüber, dass die Offizialen des Justitiars der Terra di Bari in ihre Häuser eindrängen und sie nötigten, ihnen Betten, Tücher und anderen Hausrat zur Verfügung zu stellen.213 Über 45 Jahre nach der Massenkonversion von 1292 wurden die Räume der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen also von den Amtsträgern des Königs weiterhin als jüdische Räume behandelt, zu deren Innenbereich sie sich Zugang verschafften, um sie zu plündern. Wie bereits 60 Jahre zuvor, untersagte der König ihnen dies zwar – ob mit Erfolg, ist zweifelhaft. Die Anordnung der Neofiti im Raum und auch ihre Innenräume sind also Mitte des 14. Jahrhunderts Gegenstand der Auseinandersetzungen der politischen Gewalten, die diese entweder in Kontinuität zur Anordnung vor der Konversion behandeln oder aber mit dieser brechen wollen. Man muss also davon ausgehen, dass die Neuchristen bei ihren Versuchen, sich im Raum zu positionieren, sich mit den räumlichen Praktiken der verschiedenen politischen Gewalten auseinandersetzen mussten. Wie sich die Neuchristen selbst im Raum positionierten, ist für diese Zeit leider nur schemenhaft zu erkennen. Die erwähnte Klage der Neuchristen aus Trani, die auch in 210

211 212 213

Monti, Da Carlo I a Roberto d’Angio (1934), 180; vgl. ASN de Lellis, Notamenta IV/2, 847: Jubemus insuper vobis […] ut prohibeatis […] nullum ex predictis Judeis cohabitare in eodem loco seu platea cum neophidis sed in alio vico seu loco longe distanti ab habitacione prephatorum neophidorum […]. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 21, 133r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/7. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 336, s. o., 95f. Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 8.

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

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Giovinazzo durch den Erzbischof von Trani behelligt wurden, zeigt, dass sie zumindest teilweise ihr altes Wohngebiet verlassen haben müssen. Noch im Jahr 1377 sollen die Neofiti von Trani angesichts der Belastungen durch den Erzbischof in großer Zahl die Stadt und damit auch ihre bisherigen Wohngebiete verlassen haben, so behauptete es zumindest die Stadt Trani.214 Doch ist unklar, welche Ausmaße dieser Exodus annahm. Besitztransaktionen aus dem Trani des 14. Jahrhundert erwähnen immer wieder verfallene Häuser. Über ein Drittel von ihnen lag in der Iudayca.215 Allerdings ist auch klar, dass nicht sämtliche Neuchristen die Stadt verlassen hatten. Für das 14. Jahrhundert lassen sich die Wohnorte der Neofiti in der Stadt nicht in hinreichend großer Zahl erschließen, um Verallgemeinerungen zu bilden. Nur für vier Neuchristen sind in dieser Zeit die Wohnorte belegt. Von diesen Belegen stammen drei aus den letzten beiden Jahren des 14. Jahrhunderts. Die Neuchristen Angelillo de Buctunis, Nicola de Gello und Parello de Stanalio wohnen 1398 bzw. 1399 alle in iudayca, ebenso bereits 1335 ein Churulia neophidus.216 Vielleicht war außerdem jener Saminus de Falcone, der 1343 als Bewohner eines Hauses in der Iudayca belegt ist, identisch mit dem Konvertiten Simeon, der 1315 als Bruder eines Falco erwähnt wird.217 Deutlich höher ist die Belegdichte für das 15. und frühe 16. Jahrhundert, vor allem aufgrund der drei Besitzverzeichnisse der Kirche von Trani von 1408, 1432/33 und 1511, aber auch der größeren Zahl von Privaturkunden. Auf der Basis dieser Quellen lassen sich belastbare Aussagen über Wohnorte und Handlungsräume der Neuchristen von Trani machen. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts lassen sich 48 Immobilien ausmachen, die im Besitz von Neuchristen waren. 26 von diesen lagen in jenem Gebiet, das in den Quellen bis 1435 regelmäßig als Iudayca bezeichnet wird, 22 in anderen Vierteln der Stadt. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts halten sich Kontinuität und Diskontinuität zum vormaligen Siedlungsmuster die Waage. Gut 54 Prozent der Immobilien, die nachweislich im Besitz von Neuchristen sind, liegen auch vier Generationen nach der Massenkonversion von 1292 noch in der Iudayca. Allerdings wirken Besitzverhältnisse bei der Transformation von Räumen stark entschleunigend. Sie gehören zu jenen Faktoren, die jede neue Raumkonstitution vorstrukturieren und daher noch lange prägen.218 Dass zu Beginn des 15. Jahrhunderts immerhin fast 46 Prozent der Immobilien, die im Besitz von Neofiti sind, nicht mehr in der Iudayca liegen, sondern in Stadtvierteln, die teilweise erheblich von dieser entfernt liegen, wird man daher eher als Anzeichen für einen erheblichen Wandel in der Verteilung der Neofiti im Raum werten müssen. Für einen Wandel in der Verteilung der Neofiti im Raum sprechen auch die Belege für deren Immobilienbesitz aus der zweiten Hälfte des 15. und vom Beginn des 16. Jahrhunderts. Aus diesem Zeitraum stammen noch einmal 36 neue Belege für Immobilien, die im 214 215 216 217 218

Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 35, s. o., 124f. Vitale, Socio-Topografia di Trani (1981), 90, Anm. 161. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 31, 86; CDB 14, ed. Cassandro (1938), Nr. 17. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 42; Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 4. Löw, Raumsoziologie (2001), 155.

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Lage des Immobilienbesitzes von Neuchristen vor 1450 Giudecca 1292 konvertierte Synagogen

Adriatisches Meer

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell

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Abbildung 24: Lage des Immobilienbesitzes von Neuchristen vor 1450

Besitz von Neuchristen waren. Von ihnen liegen 13 in dem Gebiet, das bis 1435 immer wieder als Iudayca bezeichnet wird, 23 in anderen Gegenden der Stadt. Daneben erscheinen auch immer wieder Häuser und andere Immobilien, die bereits zuvor belegt sind, in den Quellen. Auch bei jenen Häusern etc. von Neuchristen, die nach 1455 erstmals erwähnt werden, kann es sich theoretisch also um älteren Besitz handeln. Fasst man die Belege für den gesamten Zeitraum des 15. Jahrhunderts zusammen, dann liegen 39 Immobilien im Besitz von Neuchristen in der Iudayca, 43 in anderen Gegenden der Stadt. Davon, dass die Nachkommen der konvertierten Juden noch unum locum zusammenwohnten, kann also keine Rede sein, auch wenn viele von ihnen noch Besitz in der ehemaligen Iudayca haben. Dabei fällt auf, dass die meisten ‚iudaycafer-

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Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

Lage des Immobilienbesitzes von Neuchristen vor und nach 1450 Adriatisches Meer

Immobilienbesitz von Neuchristen vor 1450 nach 1450 Giudecca 1292 konvertierte Synagogen

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell S. Simeone S. Maria S. Martino de Cara Kloster S. Giovanni Lionelli Porta di

Hafen

S. Giovanni Lionelli

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Porta di nach Andria Barletta

Portanova

Kloster S. Chiara

nach Andria

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Abbildung 25: Lage des Immobilienbesitzes von Neuchristen vor und nach 1450

nen‘ Wohnorte der Neofiti von Trani in der Nähe des Hafens liegen, also dort, wo die Neofiti von Trani, die in der Stadtverfassung von 1466 als Kaufleute erscheinen, ihre Exportgeschäfte abwickelten.

Handlungsraum: Die Bezeugung von Immobiliengeschäften durch die Neuchristen Die Analyse der Wohngebiete der Neuchristen ist für die Frage nach den Räumen, die diese konstituierten, zentral, weil das Wohnen wie kaum eine andere Praxis Orte zu Räu-

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

men verknüpft und mit Bedeutung auflädt. Daneben lässt sich für das 15. Jahrhundert jedoch noch eine andere räumliche Praxis der Traneser Neuchristen analysieren: ihre Intervention als Zeugen bei Immobilientransaktionen. Wie bereits erwähnt ist ihr Handeln als Zeugen in Rechtsgeschäften das einzige soziale Handeln der Neuchristen von Trani im Spätmittelalter, das einigermaßen umfassend dokumentiert ist: durch die überlieferten Urkunden über diese Geschäfte. Wenn es sich bei diesen Geschäften um Immobilientransaktionen handelte, wie es bei der großen Mehrheit der überlieferten Urkunden der Fall ist, dann hatte dieses soziale Handeln einen örtlichen Bezug. Direkt ersichtlich ist dieser bei der Bezeugung von Testamenten. Denn hierzu wurden die Zeugen in der Regel an den Ort gerufen, an dem sich der Testator befand. Sie mussten sich also auf den Weg machen und den Testator in seinem Wohnhaus aufsuchen. Häufig finden wir unter den Zeugen eines Testaments denn auch Nachbarn des Testators. Die Bezeugung ist damit eingebunden in den alltäglichen Handlungsraum der Zeugen. Mutatis mutandis gilt dies auch dann, wenn andere Rechtsgeschäfte bezeugt wurden, bei denen Immobilien vergeben wurden: Kauf, Pacht, Pfändung. Auch hier intervenierten oft die Anrainer des betreffenden Hauses o. Ä. als Zeugen. Außerdem bestanden, wie ebenfalls bereits erwähnt, zwischen den Personen, die das Rechtsgeschäft abschlossen, und den Zeugen oftmals soziale Beziehungen. Das Zeugenhandeln ist damit auch in diesen Fällen Indikator eines Handlungsraums, als Verknüpfung von sozialem Handeln, sozialen Beziehungen und Orten. Zwischen 1401 und 1464 intervenieren in 17 Urkunden, die Transaktionen von Immobilien innerhalb des Stadtgebiets dokumentieren, 34 Mal Neuchristen. Dabei fällt auf, dass die Stadtgebiete, in denen die Häuser, Gärten, Läden, Lagerräume etc. liegen, deren Verpachtung, Verkauf oder Vererbung die Neofiti (mit-)bezeugen, in den meisten Fällen mit den Stadtgebieten übereinstimmen, in denen irgendwann auch einmal Immobilienbesitz von Neofiti bezeugt ist. Allerdings ist das Gewicht der einzelnen Orte vielfach ein anderes als das der Orte, für die Besitz von Neuchristen bezeugt ist. Die einzige Ausnahme hiervon ist das Gebiet um die Kirche S. Giorgio im Süden der Stadt, für das innerhalb des Untersuchungszeitraums zu keinem Zeitpunkt Immobilienbesitz von Neuchristen belegt ist. Die hohe Korrelation von Nachbarschaftsbeziehungen und Zeugenhandeln, die generell aber auch am Fall der Neuchristen belegt ist, legt nahe zu vermuten, dass auch dort ein Wohngebiet von Neofiti lag, das in den Quellen nicht durch Hausbesitz dokumentiert ist. Gleichzeitig wirft die räumliche Analyse des Zeugenhandelns die Frage auf, ob die Neuchristen von Trani bereits während der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts einen neuen räumlichen Schwerpunkt im Viertel S. Lucia auf der nördlichen Hafenmole hatten, auch wenn Immobilienbesitz von Neuchristen dort erst nach 1464 häufiger bezeugt ist. Denn auffällig oft wirkten Neuchristen als Zeugen bei der Transaktion von Immobilien mit, die in diesem Gebiet lagen: nämlich in zehn von 34 Fällen, in denen sie bei der Vergabe von Immobilien als Zeugen herangezogen wurden. Insgesamt ergibt sich aus der Analyse der Bezeugungspraxis als räumlicher Praxis der Eindruck, dass die Neofiti von Trani bereits während der ersten Hälfte des 15. Jahrhun-

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Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

derts ihre Wohngebiete noch in erheblich stärkeren Maße außerhalb der Iudayca hatten, als dies die Betrachtung ihres Immobilienbesitzes vermittelt. Denn nur in drei Fällen wirkten Neofiti bei der Vergabe von Immobilien als Zeugen mit, die in dem Gebiet lagen, das bis 1435 immer wieder als Iudayca bezeichnet wird. In 31 Fällen jedoch bezeugten Neofiti die Vergabe von Häusern und anderen Immobilien, die in anderen Gebieten der Stadt lagen; bei einer Bezeugung lässt sich nicht klären, wo die entsprechende Immobilie lag (Abbildung 26).

Örtlicher Bezug der Zeugenintervention der Neuchristen bis 1464 Giudecca 1292 konvertierte Synagogen

Adriatisches Meer

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell

Hafen S. Simeone S. Martino

Porta di Barletta Porta di nach Andria Barletta

Kloster S. Giovanni Lionelli

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Abbildung 26: Örtlicher Bezug der Zeugenintervention der Neuchristen bis 1464

Nach 1464 wirkten die Neofiti zwar etwas häufiger als Zeugen bei der Vergabe von Immobilien mit, die innerhalb des Gebiets der Iudayca lagen, als bei der Vergabe von

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Besitz in anderen Gegenden der Stadt: 24 Mal im Vergleich zu 22 Mal. Legt man jedoch nicht die Zahl der Interventionen, sondern der Urkunden zugrunde, dann dreht sich das Verhältnis: Nur sieben der Transaktionen, bei denen 24 Mal Neuchristen als Zeugen fungierten, betrafen Immobilien in der Iudayca, bei 17 handelte es sich um Besitz, der nicht in ihr lag (Abbildung 27).

Örtlicher Bezug der Zeugenintervention der Neuchristen vor und nach 1464

Zeugenintervention von Neuchristen vor 1464 nach 1464 Giudecca 1292 konvertierte Synagogen

Adriatisches Meer

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell

Hafen S. Martino

Porta di Barletta Porta di nach Andria Barletta

Kloster S. Giovanni Lionelli

S. Simeone S. Maria de Cara

S. Giovanni Lionelli

Portanova

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Kloster S. Chiara

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Abbildung 27: Örtlicher Bezug der Zeugenintervention der Neuchristen vor und nach 1464

Dabei lagen fast alle Immobilien, deren Vergabe Neuchristen mitbezeugten, in Gebieten, in denen bereits vor 1464 Immobilien unter der Mitwirkung von Neofiti als Zeugen vergeben worden waren. Auch diese Stabilität des örtlichen Bezugs der Bezeugungspraxis spricht dafür, dass dieser mit sozialen Beziehungen korrelierte, deren örtlicher

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Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

Lage der 1517 belegten „Fosse“ im Besitz von Neuchristen

Adriatisches Meer

Giudecca 1292 konvertierte Synagogen

Dominikanerkloster S. Croce

Kathedrale S. Lucia Kloster S. Agnese Stauferkastell

Hafen

S. Simeone S. Martino

Porta di Barletta Porta di nach Andria Barletta

Kloster S. Giovanni Lionelli

S. Maria de Cara

S. Giovanni Lionelli

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Kloster S. Chiara

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Abbildung 28: Lage der 1517 belegten „Fosse“ im Besitz von Neuchristen

Bezug gleichfalls stabil war, also mit Nachbarschaftsverhältnissen. Zwar kann man nicht bei allen Immobilien, bei deren Transaktion während des 15. Jahrhunderts Neuchristen als Zeugen mitwirkten, davon ausgehen, dass sie in Nachbarschaft zu Besitz dieser Neuchristen lagen. Die Analyse des Handlungsraums der Neuchristen von Trani, der sich in ihrem Mitwirken als Zeugen bei Immobilientransaktionen dokumentiert, verstärkt aber dennoch den Eindruck, dass diese sich bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts den städtischen Raum umfassend auch jenseits des Gebiets aneigneten, das bis 1435 als Iudayca bezeichnet wurde, sowohl durch eine neue Verteilung im Raum als auch durch neue Handlungsräume. Neue Handlungsräume der Neuchristen wurden außerdem durch ihre wirtschaftliche

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Betätigung konstituiert, auch wenn deren örtlicher Bezug leider nur fragmentarisch belegt ist. Die Neuchristen von Trani waren in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor allem im Getreideexport aktiv. Getreide wurde in Apulien seit der Antike in unterirdischen, gemauerten Silos gelagert, den sogenannten fosse. Ein Dokument von 1517 dokumentiert die Lage von insgesamt 30 solcher Fosse, die vor 1495 Neuchristen von Trani gehört hatten.219 Der größte Teil von ihnen (22) liegt in der Nähe des Klosters Chiara, weitere (sechs) in der Nähe des Porta d’Andria und (zwei) am Hafen. Die 22 Silos in der Nähe von S. Chiara müssen erheblichen Platz beansprucht haben, ja ein regelrechtes Areal gebildet haben, wie der Piano delle Fosse del Grano, der im apulischen Cerignola heute noch gut zu erkennen ist (Abbildungen 29 u. 30). Betrachtet man sich dessen Dimensionen, dann muss man davon ausgehen, dass die 30 belegten Fosse der Neuchristen nur einen geringen Teil der Lagerkapazität ausmachten, den diese für ihre Exportgeschäfte benötigten. Auch durch ihre wirtschaftliche Aktivität konstituierten die Neuchristen in Trani also Handlungsräume jenseits der engen Gassen der ehemaligen Giudecca, in denen es keinen Platz für die Lagerkapazitäten gab, die die Kaufleute von Trani für ihren Getreidehandel im großen Stil benötigten. Parallel zum Verblassen der mentalen Landkarte Iudayca nach 1435 kam es also zu einer Destabilisierung der räumlichen Anordnung der Neuchristen in der Stadt, der die Inquisitoren noch Mitte des 14. Jahrhunderts unterstellt hatten, die Jewishness der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen (mit) zu produzieren. Diese Destabilisierung war eine Folge davon, wie sich die Neuchristen in der Stadt selbst platzierten. Man kann daher sagen, dass sich die Heterotopie Iudayca in Trani im Laufe des 15. Jahrhunderts zusehends auflöste. Allerdings verlief die zunehmende Inklusion der Neofiti in den urbanen Raum nicht ohne Krisen. Mitte des 14. und Mitte des 15. Jahrhunderts hatten die Nachkommen der konvertierten Juden die Stadt vorübergehend verlassen müssen. Nach 1464 kehrten zwar viele von ihnen wieder nach Trani zurück. Im Jahr 1495 wurden sie jedoch abermals aus der Stadt vertrieben und ihr Besitz konfisziert. Parallel dazu stiftete die Stadt Trani eine Kapelle, die dem Corpus Christi geweiht wurde, als wollte sie die Stadt so als ein Corpus Christianorum definieren. Aus diesem rein christlichen Raum, so forderte die Stadtführung von Trani nach 1495 wiederholt bei den politischen Gewalten, denen die Stadt unterstellt war, sollten die Nachkommen der konvertierten Juden für immer ferngehalten werden, weil sie „Ketzer und Feinde des christlichen Glaubens“ seien. Mit der Vertreibung von 1495 wurde in Trani also wieder eine heterotopische räumliche Ordnung etabliert, die wie vor der Massenkonversion der Juden auf einer klaren Leitunterscheidung beruhte. War es einst die Iudayca gewesen, die als Heterotopie die Differenz zwischen Juden und Christen verräumlicht hatte, so war es nun die Stadtgrenze selbst, die den Raum der Christen von den „Ketzern und Feinden“ der Christen schied.

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S. u. Quellenanhang, Nr. 1/26.

Überschreibungen und Transformationen: Die Neofiti im urbanen Raum

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Abbildung 29: Cerignola, Piano delle Fosse del Grano

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Netzwerke, Karrieren, Räume: Die Neuchristen in der städtischen Gesellschaft

Abbildung 30: Cerignola, Piano delle Fosse del Grano

IV. Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich 1510 und 1514

1. Das Ende der süditalienischen Aragonesen und die Neuchristen Sukzessionskrise und Krise der Inklusion Am 25. Januar 1494, dem Tag der Konversion des Paulus, wie die Chronisten notierten, starb in Neapel König Ferrante I.1 Sein Tod markierte eine Zeitenwende in der Geschichte des Königreiches Neapel. Denn mit ihm verlor es seine politische Selbstständigkeit und wurde für die nächsten 200 Jahre zur Provinz der spanischen Monarchie. Zwar folgten auf Ferrante I. noch drei weitere Könige aus der süditalienischen Linie des Hauses Aragón. Doch bereits mit dem Tod Ferrantes I. brach eine Sukzessionskrise aus, die alle bisherigen in der an solchen Krisen nicht armen Geschichte des Regno di Napoli in den Schatten stellte und in der sich Ferrantes I. direkte Nachfolger nur mithilfe auswärtiger Mächte behaupten konnten. Sie endete erst mit dem Herrschaftsantritt Ferdinands des Katholischen im Jahr 1503. Der rasche Wechsel der politischen Kräfteverhältnisse ist für den modernen Beobachter verwirrend und muss die Zeitgenossen tief verunsichert haben. Nach Ferrantes I. Tod trat zunächst sein ältester Sohn Alfonso (II.) die Nachfolge an, sah sich jedoch schon knapp ein Jahr später, am 23. Januar 1495, gezwungen, zugunsten seines Sohns Ferrante (II.), genannt Ferrandino, abzudanken. Bereits im Herbst 1494 war König Karl VIII. von Frankreich nach Italien gezogen, um das Königreich Neapel zu erobern. Dabei berief er sich auf die alten Ansprüche des Hauses Anjou, die 1481 nach dem Tod Herzog Karls V. von Anjou an Karls VIII. Vater Ludwig XI. übergegangen waren.2 Bereits am 22. Februar 1495 konnte er nach kurzer Belagerung in Neapel einziehen, aus dem König Ferrante II. zwei Tage zuvor geflohen war.3

1 2

3

Notar Giacomo, ed. Garzilli (1845), 178; Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 26. Zum Zug Karls VII. nach Süditalien 1494/95 vgl. die Beiträge in Abulafia (Hg.), French descent (1995); Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 8–26, 61–80. Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 78.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Seine Herrschaft im Königreich Neapel dauerte jedoch gerade einmal drei Monate. Bereits im März 1495 schlossen sich unter der Führung Papst Alexanders VI. Venedig, Mailand, der Papst, Habsburg und Spanien zur ‚Heiligen Liga‘ zusammen, mit dem Ziel, die Franzosen zum Rückzug zu zwingen. Am 20. Mai 1495 verließ Karl VIII. Neapel und zog sich zurück nach Frankreich. Ferrante II. konnte nun mit spanischer und venezianischer Unterstützung nach Neapel zurückkehren. Als Gegenleistung für die venezianische Hilfe musste er im Januar 1496 die apulischen Hafenstädte Otranto, Brindisi, Monopoli und Trani an die Signoria verpfänden.4 Und durch seine Heirat mit der Nichte Ferdinands des Katholischen, Johanna von Aragón, band sich Ferrante II. im August 1496 eng an den spanischen König.5 Nach dem frühen Tod Ferrandinos, am 7. Oktober 1496, mit gerade einmal 27 Jahren folgte auf ihn mit seinem Onkel Federico, dem zweiten Sohn Ferrantes I., der letzte König aus der Dynastie der süditalienischen Aragonesen. Für ihn wiederholte sich gleichsam die Geschichte. Denn er musste sich Anfang August 1501 angesichts einer abermaligen französischen Invasion aus dem regno zurückziehen.6 Am 11. November 1500 hatten Frankreich und Spanien im Vertrag von Granada die Aufteilung des Regno di Napoli unter sich beschlossen. An den französischen König Ludwig XI. gingen die Hauptstadt Neapel und der Königstitel sowie die Provinzen Terra di Lavoro, Abruzzen und Molise. Ferdinand der Katholische erhielt Apulien und Kalabrien. Allerdings bildete auch die französisch-spanische Doppelherrschaft auf dem süditalienischen Festland nur ein Intermezzo. Denn zwischen Franzosen und Spaniern kam es bald zu Konflikten über Einnahmen und den Zuschnitt der Provinzen Abruzzen und Apulien. Diese führten im Juni 1502 zum Krieg, den Spanien für sich entschied. Am 16. Mai 1503 konnte der Gran Capitano des spanischen Heers Gonzalo de Córdoba in Neapel einziehen, wo er bis 1506 als Vizekönig für Ferdinand den Katholischen regierte. Im Dezember 1503 kapitulierte schließlich das französische Heer.7 Auch für die Neuchristen Apuliens und vor allem für die Neuchristen von Trani markierten die dynastisch-politische Krise der Jahre 1494 bis 1503 und der Übergang des Reiches an Spanien das Ende einer Epoche. Zunächst einmal kam es in den Wirren nach dem Tod Ferrantes I. zur „più grave congiuntura antiebraica sperimentata dalla società meridionale“ oder zumindest seit der inquisitorischen Judenverfolgung des späten 13. Jahrhunderts.8 Und diese richtete sich auch gegen die Neuchristen Apuliens. Durch das ganze festländische Süditalien lief eine Pogrom- und Vertreibungswelle. Angesichts der grassierenden Gewalt ließen sich 1495 vielerorts wieder Juden taufen, die nun gleichfalls als Neofiti oder Cristiani Novelli bezeichnet wurden. Doch auch die Neuchristen von Trani und anderer Städte wurden von der Pogromwelle erfasst. Gemein-

4 5 6 7 8

Kidwell, Venice and the Apulian Ports (1995); Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 118–22. Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 122. Volpicella, Federico e la Fine del regno di Napoli (1908). Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 160–166. Bonnazzoli, Ebrei del regno di Napoli 1 (1979), 509.

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sam mit den Juden wurden sie in Trani und andernorts aus der Stadt vertrieben. Ihre Jewishness wurde also gewaltsam aktualisiert und so in neuer Weise zum Anlass der Exklusion. Grundsätzlich infrage gestellt wurde die Zugehörigkeit der Nachkommen der Konvertiten von 1292 zur christlichen Gesellschaft dann mit dem Herrschaftsantritt Ferdinands des Katholischen und seiner Frau Isabella. Denn der Anschluss des regno an die spanische Monarchie hatte einen ganz spezifischen Kulturtransfer zur Folge.9 Zum Programm der Herrschaftsübernahme gehörte von Anfang an die ‚Reinigung‘ des Königreichs von Juden und von allen Personen, die im Verdacht standen zu ‚judaisieren‘ – ein Programm, das zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts in die Vertreibungsedikte gegen Juden und Neuchristen des Reiches mündete. Über 200 Jahre nach der Konversion ihrer Vorfahren sahen sich die Neuchristen von Trani nun also nicht nur mit dem Versuch einer physischen und damit auch politischen und sozialen Exklusion aus der Stadt, sondern auch mit einem Versuch der Totalexklusion aus dem ganzen Königreich konfrontiert. Die Invasion Karls VIII., die Pogrome des Jahres 1495 und die Vertreibung der Neuchristen aus Trani Bereits bevor Karl VIII. Mitte Januar 1495 von Rom aus das regno erreichte, kam es zu ersten antijüdischen Ausbrüchen. So sahen sich etwa die Juden von Cosenza in multe et diverse cose bedrängt und belästigt. Adel und Università von Neapel legten dem gerade gekrönten Alfonso II. am 22. Januar eine Reihe von Statuten vor, die antijüdische Maßnahmen zum Inhalt hatten, die der König jedoch größtenteils nicht approbierte.10 Als das französische Heer das regnum sicilie citra farum erreichte, lief dann eine Welle von Pogromen durch das ganze Land. In fast allen Städten mit bedeutenden Judengemeinden wurden die Giudecche gestürmt, die Juden, die nicht rechtzeitig flohen, wurden vor die Alternative Tod oder Taufe gestellt, ihr Besitz wurde geplündert.11 In Lecce stürmte die aufgebrachte Menge die Synagoge und nahm sie symbolisch in Besitz, indem man Bilder der Jungfrau Maria und anderer Heiliger an die Wand malte.12 Am 17. Februar 1495 berichtet man in der Königlichen Camera della Sommaria, dass tucti li iudei de quisto regno sono stati sacchizati como ja vui sapite et ad ciascun è noto.13 Auf die Welle kataklysmischer Gewalt folgte die Anwendung systematischer Gewalt gegen Juden. Vielerorts ließen sich die lokalen Obrigkeiten bei jüdischen Kreditgebern einen teilweisen oder vollständigen Verzicht oder Moratorien bei der Rückzahlung der

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Zuletzt hierzu Abulafia, Ferdinand the Catholic and the Kingdom of Naples (2006). Bonnazzoli, Ebrei del regno di Napoli 1 (1979), 501. Ebd., 501–505; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 196–206. Guerrieri, Gli Ebrei a Brindisi ed a Lecce (1901), 251. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 199; Bonnazzoli, Ebrei del regno die Napoli 1 (1979), 502.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Schulden zusichern.14 Von dieser systematischen Gewalt wurden auch jene Juden nicht verschont, die sich während der Pogrome von 1495 hatten taufen lassen und die, wie die Nachkommen der konvertierten Juden von 1292, ebenfalls als cristiani novelli oder neofiti bezeichnet wurden. Viele der zwangsgetauften Juden flohen bereits in den Jahren unmittelbar nach 1495 aus dem Regno di Napoli und nahmen so gleichsam die Zwangsvertreibung der Jahre nach 1510 vorweg. Dabei nahm der Exodus in den Jahren nach 1495 bereits solche Ausmaße an, dass König Federico im Frühjahr 1497 anordnen ließ, kein Jude oder Cristiano Novello dürfe Geld oder Waren aus seinem Reich ausführen.15 In einigen Städten Apuliens schließlich richteten sich kataklysmische wie systematische Gewalt auch gegen die Nachkommen der Konvertiten von 1292, gegen die christiani novelli antiqui, wie sie in einer Urkunde aus Altamura bezeichnet werden16: eben in Altamura und anderen Städten des Binnenlandes der Terra di Bari wie Acquaviva delle Fonti und Gravina, der Hafenstadt Monopoli, Martina in der Nähe von Tarent und auch der Metropole der Cristiani Novelli, Trani.17 Wann genau die Neuchristen aus Trani vertrieben wurden, lässt sich nicht erkennen. Am 21. Februar 1495 schreibt der Mailänder Gesandte Coniger an den dortigen Hof: li iudei et marrani sono stati pigliati; li iudei sono stati tagliati a peze et li marrani sono salvati in mare.18 Doch ist nicht klar, ob er mit Marrani Juden meinte, die unlängst unter dem Eindruck der Gewaltwelle die Taufe empfangen hatten, oder die Nachkommen der Konvertiten von 1292, die man zu dieser Zeit ebenfalls als Marrani zu bezeichnen begann.19 Trani muss sich in der zweiten Märzhälfte 1495 dem französischen König ergeben haben. Denn am 20. März war Karl VIII. Herr des ganzen Regno di Napoli, und Ende des Monats wurden in Trani Notariatsinstrumente bereits nach seinen Herrscherjahren datiert.20 Am 14. April wiederum verlieh Karl VIII. den Besitz der Neuchristen „Palumbo [wohl de Gello], Francisco de Molillo [also de Buctunis] und Leucio de Buctunis“ an das Franziskanerkloster S. Pietro.21 Zu diesem Zeitpunkt hatten die Neofiti die Stadt also wohl schon verlassen müssen. Unter welchen Umständen dies geschah, ist nicht überliefert. In einem Regest aus dem Nachlass Rogadeos heißt es, dass die Neuchristen geplündert worden wären.22 Und aus anderen Städten sind Gewalttaten gegen

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Bonnazzoli, Ebrei del regno di Napoli 1 (1979), 503–505; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 203f.; Guerrieri, Gli Ebrei a Brindisi ed a Lecce (1901), 259. Bonnazzoli, Ebrei del regno di Napoli 1 (1979), 506f.; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 208. CDB 12, ed. Gianuzzi (1935), Nr. 443. Ebd., Nr. 377, 405, 443; Lucarelli, Documenti Acquaviva delle Fonti (1904), Nr. 29–32, 34f.; Nardone, Cacciata di Ebrei dimoranti in Gravina (1938); Carabellese/Zambler, Puglia e Venezia (1898), 183; Colafemmina, Ebrei a Taranto (2005), Nr. 97. Bonnazzoli, Ebrei del regno di Napoli 1 (1979), 502; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 200. S. hierzu u., 330–333. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 248. Mastrioanni, Atti Cancelleria Carlo VIII (1895), 540. Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 64.

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Neuchristen explizit belegt, etwa aus Altamura, wo ein Mann namens Ioanthomasio die Frauen der dortigen Neofiti in seinem Haus zusammentrieb und drohte, sie umzubringen.23 In Acquaviva und wahrscheinlich auch in Manfredonia hatten die Neuchristen Tote zu beklagen.24 Mit der Vertreibung der Neofiti verlor Trani ein knappes Achtel seiner Bevölkerung. Einem Capitolo von 1499 zufolge zählte die Stadt nach dem Exodus der Neofiti 120 Haushalte weniger. Die Gesamtzahl der Haushalte betrug zu dieser Zeit 1 022.25 Der größte Teil der Neuchristen zog in die benachbarten Hafenstädte Molfetta und Barletta. Vor allem Barletta ist immer wieder als neuer Wohnsitz der mercanti cristiani novelli belegt.26 Daneben sind Neofiti aus Trani 1499 als Bürger von Giovinazzo nachgewiesen.27 Die Neuchristen zogen vor allem in jene Städte, in die sie bereits Mitte der 50er-Jahre in der Zeit der Bürgerkämpfe gezogen waren und in die sie daher noch Verbindungen hatten. Denn nicht alle Neuchristen waren ja nach dem Ende der innerstädtischen Konflikte nach Trani zurückgekehrt.28 In diesen Städten fanden die Neuchristen aus Trani die Unterstützung der Stadtgemeinde und offenbar auch soziale Akzeptanz durch die Stadtbürger. Die Stadt Molfetta legte 1501 dem Gran Capitano der katholischen Könige, Gonzalo de Córdoba, ein Kapitel vor, in dem sie ihn ersuchte, die Kaufleute aus Trani, die cristiani novelli genannt würden, sollten von Molfetta aus unbelästigt ihren Handel betreiben dürfen.29 In ähnlicher Weise verwendete sich einige Jahre später auch die Stadt Barletta für die Neuchristen aus Trani.30 Notariatsinstrumente aus den späten 90er-Jahren aus Barletta zeigen zudem, dass Neuchristen aus Trani in Barletta nahtlos an ihre bisherigen Statuspositionen anknüpfen konnten. So sind Ronaldo de Barisano und Leucio Ursino beide wie schon zuvor in Trani als Richter belegt. Ebenfalls als Iudex ad Contractus wird 1498 und 1499 Florio de Buctunis bestellt.31 Gaytano de Zardullo amtiert 1498 als Procurator der Kirche des hl. Stefano.32 Die Neuchristen aus Trani wurden in den Städten, in die sie flohen, also nicht nur aufgenommen, sondern konnten auch ihre soziale Position behaupten. 23 24

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Carte Altamura, ed. Gianuzzi (1935), Nr. 405. Lucarelli, Documenti Acquaviva delle Fonti (1904), Nr. 32, 34f.; Colafemmina, Cristiani Novelli a Manfredonia (1990), 276; Serrichio, Iscrizioni di Siponto (1978), 65. Vitale, Trani (1912), Nr. 85 = Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 99. Vitale, Trani (1912), Nr. 80f., Nr. 85 = Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 99; vgl. Colafemmina, Ebrei e Cristiani Novelli in Puglia (1990), 72f. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. S. o., 137f. Magrone, Libro Rosso di Molfetta 3 (1905), 103f: […] Item, si supplica al prefato Ill.mo S.or per parte de dicta Universita, che li mercanti de Trano chiamati christiani novelli, quali stanno in molfechta con loro robbe, casamente, possessioni, mogliere et figlioli siani assicurati in havere et in persona, et che possano con loro brigate et robbe stare, et habitare, et traficare con loro mercantie, per tucto el regno, salvi et securi, sensa esserno molestati per qualsivoglia causa […]. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1893), Nr. 47; Vitale, Particolare Ignorato (1926), 245. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 79r; CDBarl 5, Santeramo/Borgia (1988), 51. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 79,118rv; CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), 275, 283, 286, 289–291 u.ö.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Ganz anders dagegen in ihrer Heimatstadt Trani. Denn diese versuchte nach 1495 immer wieder die physische Exklusion der Neuchristen aus der Stadt von verschiedenen Autoritäten absegnen zu lassen und so auf Dauer zu stellen. Gleichzeitig versuchte die Stadt, sich in den Besitz des Eigentums ihrer vertriebenen Mitbürger zu bringen. Dieses war nach der französischen Invasion und der Vertreibung der Neuchristen aus Trani durch den königlichen Fiskus beschlagnahmt worden und mit der Verpfändung Tranis an Venedig im Januar 1496 in die Obhut des venezianischen Gouverneurs übergegangen. Über die Umstände dieser Konfiskation liegen allerdings widersprüchliche Zeugnisse vor. Die früheste und gleichzeitig ausführlichste Quelle ist ein Brief König Federicos I. an den venezianischen Gesandten am Hof zu Neapel vom 20. Juni 1497, in dem er forderte, der Gouverneur Venedigs in Trani möge die Neuchristen, die sich im Exil in Barletta befanden, von dort aus in den Genuss der Einkünfte aus ihrem Besitz in Trani kommen lassen. Ein ähnliches Schreiben hatte der König bereits zwei Tage zuvor an den venezianischen Gouverneur gerichtet.33 Dem König zufolge seien die Traneser mercanti christiani novelli zur Zeit der französischen Invasion per discordie civili aus der Stadt vertrieben worden. Er selbst habe sich zu dieser Zeit in Apulien befunden und gesehen, dass die Neuchristen durch ihre Neider bzw. Rivalen in ihrem Eigentum geschädigt und in den Ruin getrieben worden seien. Um denjenigen Einhalt zu gebieten, die den Neuchristen gegenüber übelgesinnt waren, und um diesen ihr Eigentum zu erhalten, habe er angeordnet, dass die Einkünfte aus diesem Eigentum für den Königshof konfisziert würden, nicht, um die Neuchristen ihres Eigentums zu berauben, sondern um dieses für sie zu bewahren, da sie stets seine getreuen Vasallen gewesen seien. Nun habe er jedoch erfahren, dass der venezianische Gouverneur sich weigere, die Neuchristen wieder in den Besitz ihrer beweglichen und unbeweglichen Habe in Trani zu setzen, mit der Begründung, dass diese zum Zeitpunkt, als er nach Trani gekommen sei, für den Hof sequestriert gewesen sei, und dieser deshalb die Einkünfte daraus bezogen habe. Der Botschafter solle deshalb die illustrissima signoria informieren, sie möge geruhen, den Neuchristen ihr Eigentum zu restituieren und sie die Einkünfte aus diesem beziehen zu lassen, und den Gouverneur Pietro Marcello dementsprechend instruieren.34 33

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Vitale, Trani (1912), Nr. 80: […] Alcuni mercanti et Christiani novelli son partuti da Trani et andati ad habitar ad Barletta et lo providitor dela Ill.ma S.ria che sta in Trane per tale causa non permette che possano gaudere loro beni stabili quali teneno in Trane, che è contro omni honestà et ragione et ne persuademo non ne have notitia quessa Ill.ma S.ria perche ama le cose nostre et non consente che nissuno sia indebitamente oppresso: pertanto volimo fate intendere ad quesa Ill.ma S.ria quessa novità fa lo dicto proveditor ali preditti che son andati ad habitare in Barletta et che li piaccia ordinare al proveditor che li faccia gaudere liberamente li beni che tenino in Trane et per tale causa non li faccia novità alcuna et in questo farite con opportuna instantia […]. Vitale, Trani (1912), Nr. 81: Ambaxador: como a voi deve esser noto quando venne re de Francza ala invasione del regno, per discordie civile foro caczate da Trani li mercanti christiani novelli li quali non possendo per tale causa star in Trane se redussero ad habitar in Barlecta et altre terre del regno dove et de presente habitano, et trovandone noi in quillo tempo in la provincia de Pullia, videndo che per loro emuli li erano dannificate le possessione, et veneano ad ruina, per refrenar quelli che havevano

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Es ist belegt, dass verschiedene Bürger von Trani während der französischen Invasion 1495 sich tatsächlich den Besitz der vertriebenen Neuchristen aneigneten. Im Jahr 1512 ersucht Adaria de Roberto um die Restitution des Vermögens ihres Vaters Gracioso. Dieser sei zur Zeit der französischen Invasion aus der Stadt vertrieben worden. Und die Pächter seines Besitzes hätten sich diesen dabei „aus eigener Machtvollkommenheit“ angeeignet.35 Die Aussage des Königs, die Traneser Neuchristen seien 1495 in ihrem Besitz geschädigt worden, ist also glaubwürdig und angesichts der traditionell engen Beziehungen der Neuchristen zu den Aragonesischen Königen von Neapel auch, dass der König in deren Sinne tätig wurde. Allerdings ist ebenfalls belegt, dass König Federico Forderungen der Stadt Trani durchaus auch nachgab, Maßnahmen gegen die Neuchristen zu verkünden. Denn er gewährte den Bürger von Trani ein Moratorium für die Rückzahlung ihrer Schulden bei den Neuchristen der Stadt.36 Vielleicht wollte der Königshof mit der Sequestration des Vermögens der Neuchristen auch erst einmal Zeit gewinnen und sich für eine spätere Entscheidung über das Vermögen alle Optionen offen halten. Im Sommer 1497 allerdings hatte man sich am Hof von Neapel definitiv entschieden, Partei für die Neuchristen zu ergreifen, und zwar auf deren Ersuchen hin. Die Intervention des Königs beim venezianischen Gesandten hatte allerdings nur begrenzten Erfolg. Zwar beklagte die Stadt in Kapiteln, die sie dem venezianischen Senat im Januar 1498 und Juli 1499 vorlegte, wiederholt, dass die illustrissima signoria den marrani ihr Eigentum in Trani und die Einkünfte aus diesem zurückerstatten wollte, und warf den Neuchristen vor, sie hätten dies mit betrügerischen Schreiben (cum lectere subrepticie) beim König und auch beim Senat der Signoria unter Verschweigen der Wahrheit erreicht.37

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malivolo animo et provider ala conservacione dele possessioni e beni de dicti abitanti, ordinamo che le intrate e fructi de dicti boni se sequestrassero in nome dela regia corte non ad effecto de volerli quelli tollere, nè privar de loro beni, ma preservarli per ipsi per esser stati sempre nostri fedeli vaxalli. Novamente havimo inteso che lo magnifico messer Petro Marcello governator sive proveditor de Trane nega voler restituir le possession ali predicti et boni stabili quali teneno in Trane allegando che quando ipso venne in Trane erano sequestrate per la corte e perciò ne have perceputo et percepe li fructi: pertanto volimo siate con questa Ill.ma S.ria et de nostra parte li farete intender tutto lo supradicto et fate cum quella omne oportuna instancia che li piaccia far restituir tucti li boni et possessioni cum li fructi ali patruni, et provida che in futurum possano quilli gaudere et usufructuare como robbe et beni loro, como primo faceano et scriver oportunamente ad dicto messer Petro Marcello che non li facza dar impaczo circa dicte loro possessione et beni stabili et perceptione deli fructi de quilli ma permecta che liberamente possano quilli gaudere et conseguir li fructi de ipsi como primo accostumavano far, secundo vole honestà et iusticia, persuadendone che voi haverete poca fatica in obtinierlo per domandar cose iuste et honeste le quali ipsa Ill.ma Signoria ama et è accostumata sempre defender, ed a questo effecto farete omne opera et instancia necessaria che licet questa Ill.ma Signoria farà quello è suo solito, noi lo reputaremo ad piacer singular per respecto de li predicti exuli esser ad noi tanto affectati et deditissimi […]. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 264r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/22. Vitale, Particolare Ignorato (1926), 241; s. auch u. 330–333. Vitale, Trani (1912), Nr. 85: […] Et perché dicti christiani novelli cum lectere subrepticie dala M.tà del presente S.or Re et etiam lectere del Collegio dela Ill.ma S.ia hanno impetrato tacita

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Allerdings galt diese Rückerstattung nicht für alle Neuchristen, sondern nur für diejenigen, die sich in Trani aufhielten. Damit hatte Venedig den Anspruch der Neuchristen auf ihr Vermögen in Trani zwar theoretisch akzeptiert. Praktisch war die Lagune jedoch nicht erkennbar von der Position abgerückt, gegen die König Federico zwei Jahre zuvor auf Initiative der Traneser Neuchristen protestiert hatte. Denn in seiner Antwort auf das Kapitel vom Juli 1499 erklärte der Senat der Lagunenstadt es für seine Absicht und seinen Willen, dass das gesamte Eigentum hereticorum seu marranorum, die geflohen seien und deren Abwesenheit aus der Stadt festgestellt würde, weiterhin in Verwaltung des Fiskus bleiben sollte, die Besitztümer derjenigen, qui istic, also in Trani, vitam ducunt et commorantur remanere habeant in eo statu et esse in quibus in praesenciarum sunt et de illis nihil innovetur quoniam priusquam circa hoc aliquid deliberemus volumus informari ut consultius respondeamus. Der Stadt Trani ging jedoch bereits diese zu diesem Zeitpunkt rein theoretische Anerkennung des Anspruchs der Neuchristen auf ihr Vermögen in Trani zu weit. Im Januar und im Juli 1499 legte sie Widerspruch gegen jedwede Restitution des konfiszierten Eigentums der Neuchristen ein und verlangte von Venedig stattdessen die Übertragung des Eigentums oder wenigstens der Einkünfte aus diesem an die Stadt. Dabei verfolgte die Stadt zwei argumentative Strategien, um diesen Anspruch auf das Vermögen der Neuchristen zu legitimieren: Zum einen betonte sie, dass die Mittel aus dem enteigneten Vermögen der Stadt zustünden bzw. sie diese dringend benötigte. Im Januar 1499 führte die Stadt das Argument an, sie benötigte die Einkünfte aus dem Vermögen der Neofiti von gut 200 Dukaten im Jahr, damit sie mit diesem Geld die pagamenti fiscali von gut 180 Dukaten jährlich für die 120 Haushalte der vertriebenen marrani aufbringen könnte. Zwar hatte sich die Stadt diese finanziellen Lasten mit der Vertreibung der Neuchristen selbst aufgebürdet. Dennoch versuchte sie, diese Lasten an die ohnehin schon durch die Vertreibung geschädigten Neuchristen weiterzureichen.38

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veritate li siano restituite dicte robbe come cose loro proprie […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 99. Vitale, Trani (1912), Nr. 83: […] Item si expone ale V. S.ie che essendo confiscate le robbe deli christiani novelli forasciti de questa cità […] perveneno in mano del Magnifico misser Piero Marcello dele intrate de dicte robbe circa ducati doycento pro focularibus et sale et havendo li dicti marrani havuto gratia dala Ill.ma S.ia li fusseno restituite le predicte robbe et fructi percepti, questa nostra universita considerato paga per dicti marrani per li fochi loro certa quantita de denari cio è ducati 180, si opposse non li fusseno restituiti li predicti denari erano in mano de misser Piero Marczello, anci quelli la sua M.cia li havesse ad poner al conto de la università per sconto deli pagamenti fiscali. Et cussi el dicto misser Piero Marczello promese fare, retinendose li dicti denari, et videndose li cunti dela uniersità non se retrovano dicti denari esser stati posti ad cunto dela università. Et perché quella paga per cento et venti fochi deli dicti marrani ali pagamenti fiscali cum dampno de dicta università, conveniente cosa è che per evitar el dampno nostro et de non pagar per li dicti marrani che dicti ducati cento et ottanta havesseno havuto ad cader in cunto dela università per quella pagare per dicti marrani; et più havendo promesso el dicto Mag.co misser Piero Marczello: et però essendo quelli in mano del dicto misser Piero Marczello sensa causa alcuna legitima et la università anche pretende e

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Allerdings schwächte sie diese Argumentation dadurch, dass sie in einem anderen Kapitel darum ersuchte, die Steuersumme der 120 Haushalte der vertriebenen Neuchristen von der Gesamtsteuerlast der Stadtgemeinde abzuziehen, und behauptete, diese Steuererleichterung sei der Stadt von König Ferrante II. bereits gewährt worden.39 Sechs Monate später meldete die Stadt denn auch einen anderen dringenden Bedarf an. Für diesen genügten nun auch nicht mehr die Einkünfte aus dem konfiszierten Vermögen; vielmehr wollte sie nun das Vermögen selbst übertragen bekommen, um dieses zu verkaufen und aus dem Ertrag die Reparatur des Hafens zu finanzieren. Während die Stadt gegenüber ihrer Pfandherrin im Januar 1499 noch als Fordernde aufgetreten war, versuchte sie nun, sie durch ein gemeinsames Interesse dazu zu bewegen, die Enteignung der Neuchristen zu approbieren. Denn der Wert des Pfandes Trani für Venedig hing wesentlich vom Hafen der Stadt ab, der die Grundlage des städtischen Wirtschaftslebens und nicht zuletzt der Zolleinnahmen für Ein- und Ausfuhren darstellte. Die zweite und wichtigere argumentative Strategie der Stadt, mit der sie die Übertragung des Vermögens der Neuchristen erreichen wollte, war allerdings, dass sie behauptete, die Konfiskation durch den König 1495 sei nicht mit dem Ziel erfolgt, den Fiskus als Treuhänder für die Neuchristen einzusetzen, wie der König es 1497 behauptet hatte. Vielmehr habe es sich dabei um eine begründete und rechtmäßige Enteignung der Neuchristen gehandelt. Denn auf der Basis dieses Arguments wäre jeder Rückgabe des Vermögens an die Neuchristen der Weg versperrt und eine Übertragung des Vermögens an die Stadt zumindest theoretisch leichter möglich gewesen. Bereits im Januar 1499 heißt es in einem Kapitel, dass das Vermögen der im Exil befindlichen Neuchristen aufgrund eines Urteilsspruchs konfisziert worden und in die Obhut des Fiskus gekommen sei, der sie zu Häretikern erklärt habe. Deshalb seien die Einkünfte aus dem dergestalt konfiszierten Vermögen in die Hand des venezianischen Gouverneurs gelangt, als die Stadt unter venezianische Herrschaft gekommen sei.40

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sopra exposto interesse, si supplica piacza ale V.Ex.ie dicti denari se habiano ad recuperar per quella via et modo indicaranno le V.Ex.ie esser più expediente. […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 98. Vitale, Trani (1912), Nr. 83: […] Item questa M.ca Cità paga per cadauno anno ala Ill.ma S.ia per li pagamenti fiscali de sali et fochi ducati mille cinquecento trentatre vel circa [citra?] et perché tra dicti fochi ne sonno cento vinti fochi deli marrani absenti quali se comprendono nelo numero deli fochi per li quali pagamo li dicti ducati 1533, se supplica a V.e Ex.ie se degneno diffacalcar dal sopradicto pagamento el numero deli dicti fochi 120 deli marrani, overo deputar tanta intrata dele robbe de dicti marrani habia da venir in poter de dicta universita che sia equivalente al pagamento fa quella per dicti fochi CXX, et evitar el dampno de dicta università. Verum seria più ad satisfatione ad questa università se diffalcasse dal pagamento dicti fochi de marrani come cossi havemo obtenuto dal olim Re Ferdinando secundo, perché è più al proposito de questa università, remictendo però el tucto in pecto de V.e Ex.ie […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 98. Vitale, Trani (1912), Nr. 83: […] Item si expone ale V. S.ie che essendo confiscate le robbe deli christiani novelli forasciti de questa cità per la sentencia contra li predicti data declarandoli heretici, et ritrovandosi cossi confiscati quando devenimo socto el dominio dela Ill.a S.ia […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 98.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Im Juli 1499 legt die Stadt dies dann gegenüber dem Senat von Venedig noch einmal ausführlich dar: In der Stadt habe es einige gegeben, die Cristiani Novelli genannt worden seien. Diese seien wahrhaftige Ketzer und Feinde des christlichen Glaubens. Ihnen sei der Prozess gemacht worden, in dem sie als Ketzer verurteilt und ihr Vermögen konfisziert worden sei, secundo per dicto processo auctentico appare.41 Über einen Inquisitionsprozess gegen die Neuchristen – denn von einem solchen ist in dem Kapitel offensichtlich die Rede – liegen ansonsten keine Nachrichten vor. Es stellt sich die Frage, vor welchem Gericht ein solcher Prozess 1495 geführt worden sein sollte. Denn inquisitorische Aktivität gegen die Neuchristen Apuliens ist explizit erst wieder für die Zeit nach 1503, also nach dem definitiven Herrschaftsantritt Ferdinands des Katholischen, belegt. Allerdings untersucht 1483 ein königlicher Kommissar gewisse mali portamenti der Kaufleute von Trani. Und dabei hatte er den Erzbischof von Trani zur Seite gestellt bekommen.42 Zehn Jahre zuvor hatte der König bereits einmal den gesamten Besitz der Kaufleute von Trani beschlagnahmen lassen, der ihnen später jedoch zurückerstattet wurde.43 War eines dieser beiden Verfahren der Inquisitionsprozess gegen die Neuchristen, auf den sich die Stadt 1499 bezog? Gleichzeitig behauptete die Stadt, dass die Könige Ferrante II. und Federico I. ihr gestattet hätten, den Neuchristen für alle Zeiten zu untersagen, nach Trani zurückzukehren oder in der Stadt Geschäfte zu tätigen, und bat nun den venezianischen Senat, dieses immerwährende Rückkehrverbot zu approbieren.44 Ein ähnliches Gesuch hatte die Stadt bereits im August 1496 durch vier eigens nach Venedig entsandte Vertreter der Bürgerschaft vorgebracht.45 Mit diesen Versuchen, die Neuchristen dauerhaft physisch und damit auch politisch und sozial aus der Stadtgemeinde auszuschließen, reagierte die Stadt offensichtlich auf die Anstrengungen, die die Neofiti vom Exil aus unternahmen, um ihr Vermögen in der Stadt zurückzuerhalten, und dies umso mehr, als der venezianische Gouverneur den Anspruch der Neuchristen auf ihr Vermögen in Trani grundsätzlich anerkannt, den Bezug der Einkünfte aus dem Besitz jedoch an die Auflage geknüpft hatte, dass nur jene sie beziehen könnten, die sich in Trani befanden, nicht jedoch diejenigen, die sich außerhalb der Stadt aufhielten.

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Vitale, Trani (1912), Nr. 85: […] Item si fa intendere ad V. Ser.tà come in in questa Cità de Trano erano alcuni nominati christiani novelli, li quali sono veri heretici et inimici dela christiana fede contra deli quali fo fabricato uno processo et quelli condempnati per heretici et loro beni confiscati secundo per dicto processo auctentico appare […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 99. S. u. Quellenanhang, Nr. 1/13f. Vitale, Trani (1912), Nr. 65. Ebd., Nr. 85: […] et obtenuto per gratia dala felice memoria de Re Ferdinando secundo et Re Federico che ullo unquam tempore possino dicti marrani intrare né practicare in la dicta Cità né alo districto de quella […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 99. Sanuto, Diarii 1, ed. Stefani (1879), 276.

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Vitale hat vermutet, dass der Senat von Venedig die Neuchristen so zur Rückkehr nach Trani bewegen wollte, und das heißt, dass sie wieder von dort aus ihren Handelsgeschäften nachgehen würden.46 Denn durch die Abwanderung der Neuchristen hatte Trani als Pfand erheblich an Wert eingebüßt – veranschlagte doch der Rat der Stadt Barletta 1514 die jährlichen Einkünfte für den Zoll aus der Handelsaktivität der exilierten Neuchristen mit 2 000 Dukaten.47 Die politische Führung der Lagunenstadt hat auch keinen der verschiedenen Vorstöße der Traneser Führung je approbiert, die Neuchristen auf ewig aus der Stadt auszuschließen und sich deren Vermögen definitiv anzueignen. Einige Neuchristen sind während der venezianischen Herrschaft offensichtlich auch nach Trani zurückgekehrt. Angehörige der Familie de Buctunis sind um 1500 in Trani nachgewiesen, wobei nicht klar ist, ob sie dort auch wieder ihren Wohnsitz genommen hatten oder sich nur aus geschäftlichen Gründen in Trani aufhielten. Allerdings gibt es keine Indizien für eine Rückkehr einer größeren Zahl von Neofiti. In den Zeugenlisten der Notariatsinstrumente, in denen die Neuchristen vor 1495 so häufig vertreten waren, finden wir für diese Jahre keinen einzigen. Die Haltung zumindest eines Teiles der Stadtbevölkerung und der städtischen Führung war den Neuchristen gegenüber eindeutig feindselig. Als spanische Truppen Trani 1509 einnahmen, wurden dem Bericht des Notars Giacomo zufolge die Häuser der Juden und Neuchristen durch die Stadtbürger geplündert.48 Unmittelbar nach dem Ende der venezianischen Herrschaft in Trani unternahm die Stadt am 15. Juni 1509 bei der spanischen Vizeregierung einen neuen Versuch, sich das konfiszierte Vermögen der Neuchristen übertragen und diesen für alle Zeiten die Rückkehr nach Trani untersagen zu lassen. Hiervon wollte sie nun jedoch immerhin diejenigen ausnehmen, die Verwandte unter den Bürgern der Stadt hatten. Gegenüber dem Vizekönig behauptete die Stadt nun, König Ferrante II. hätte ihr das Vermögen der marrani et christiani novelli de essa cità übertragen, die venezianische Oberherrschaft jedoch hätte sie dessen beraubt.49 Von einem solchen Gnadenerweis Ferrantes II. war in den Kapiteln, die die Stadt zuvor den Venezianern vorgelegt hatte, nie die Rede gewesen. Dafür fehlte gegenüber den Spaniern nun der Verweis auf einen Inquisitionsprozess. Und auch von einer Zustimmung König Federicos I. zum Rückkehrverbot für die Neofiti war nun keine Rede mehr, sondern nur davon, dass König Ferrante II. Kapiteln zugestimmt hätte, dass die Marrani und Neuchristen, die wegen ihrer notoria heresia aus der

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Vitale, Particolare Ignorato (1926), 241. Ebd., 245. Notar Giacomo, ed. Garzilli (1845), 318. Vitale, Trani (1912), Nr. 104: […] Item se supplica al prefato Ill.mo S.or se degne concedere ala predicta università tucte le robbe forono deli marrani et christiani novelli de essa cità, le quali erano in potere del fisco de San Marco per potere el preczo de quelle convertere in beneficio de annectare et reparare el porto de essa cità, sicomo quelle forono concesse ad essa universita per le felice memoria del Re Fernando secundo dela quale essendone in possessione essa università per alcun tempo ne fo spogliata de facto per ordine dela Signoria de Venetia […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 60.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Stadt vertrieben worden seien, niemals mehr in diese zurückkehren dürften, ausgenommen derjenigen, die mit Bürgern der Stadt verwandt seien.50 Wie der venezianische Senat weigerte sich allerdings auch die spanische Vizeregierung, ein dauerhaftes Rückkehrverbot für die Neuchristen zu approbieren. Der spanische Gouverneur erklärte sich zwar „nicht nur bereit, die Ansiedlung von Ketzern in der genannten Stadt zu verbieten, sondern auch sie zu verbrennen. Den Neuchristen jedoch einfach zu verbieten, in der Stadt zu wohnen“,

erschien ihm „nicht rechtens.“51 Ebensowenig wie das Rückkehrverbot bewilligte der spanische Gouverneur im Juni 1509 die Übertragung des Vermögens der Neuchristen an die Stadt.52 Und noch 1520 befand sich Vermögen von Traneser Neuchristen in der Hand des Fiskus. Denn in diesem Jahr bat die Stadt Trani die königliche Kammer um die Übertragung von vier Weinfeldern, die dem Neuchristen Amadeo de Mectulo gehört hatten.53 Allerdings gelangten mit der Zeit immer größere Teile des konfiszierten Vermögens der Neuchristen auf unterschiedlichen Wegen auch in den Besitz von Stadtbürgern. Bereits während der kurzen Regierungszeit Karls VIII. war es 1495 ja zu Konfiskationen gekommen.54 Während des zweiten französischen Intermezzos hatte Francesco de Angelis 1503 von König Ludwig XI. das Vermögen der Neuchristen Leucio, Gilberto und Andrea de Buctunis sowie Iacobos de Gello und seiner Brüder übertragen bekommen.55 Aber auch die spanische Vizeregierung bediente sich nach 1510 am Vermögen der Traneser Neuchristen. Am 23. Juli 1511 verleiht der König seinem Leutnant in Trani, einem Antonello di Trani, eine apoteca des Neuchristen Tullio di Stango im Tausch gegen ein Haus des Neuchristen Alfonso de Barisano.56 Und aus dem Jahr 1517 ist belegt, dass ein königlicher Schreiber namens Romirez die Erträge von jährlich 20 Dukaten aus 30 Fossen Weizen übertragen bekommt, die vorher verschiedenen Neuchristen aus Trani gehört hatten, unter diesen Cambio de Buctunis, Baldessare Catalano, Gaspare und Gabriele Gentile, Berlingero und Palumbo de Gello und Andrea de Mectulo.57 50

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Vitale, Trani (1912), Nr. 104: […] Item se fa intendere ad dicto I. S. como in tempo del Ser.mo Re Ferrando secundo se obtenne capituli expediti che li marrani et christiani novelli de dicta cità expulsi da quella per la loro notoria heresia non possessero più repatriare in questa cità per la loro mala natura […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 60. Vitale, Trani (1912), Nr. 104: […] Sua Ill.ma Dominatio non solum est prompta prohibere prout prohibet incolatum hereticorum in dicta civitate, sed etiam illos comburere, sed prohibere novos christianos simpliciter ab habitatione dicte civitatis non videtur justum […]; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 60. Vitale, Trani (1912), Nr. 104. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 316. Mastroianni, Sommario Cancelleria di Carlo VIII. (1895), 540, 588, 594. BCT, Ms. C 17/3, 72v. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 150r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/21. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f.

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Bereits am 16. Juni 1509 hatte der spanische Vizekönig zudem ein Kapitel bewilligt, mit dem die Stadt darum ersucht hatte, den vielen Bürgern von Trani, die sub titulo honeroso Eigentum besäßen, das den Cristiani Novelli von Trani gehört hätte, diese ‚Übernahmen‘ zu bestätigen und Sorge zu tragen, dass sie diesbezüglich nicht belästigt oder behindert würden. Er wies die königlichen Offizialen an, den Bürgern den Besitz solchen Eigentums, das sie gekauft hatten, zu garantieren und sie vor Anfechtungen zu schützen. Offensichtlich war also Vermögen von Neofiti auch verkauft worden. Allerdings eröffnete der Vizekönig denjenigen, die einen berechtigten Anspruch vorbringen könnten, den Rechtsweg.58 Dieser Rechtsweg war allerdings kostspielig und langwierig. Und es gibt nur wenige Belege dafür, dass Neuchristen aus Trani ihn beschritten hätten. Im Jahr 1512 verlangt Adaria de Roberto aus Trani, Bürgerin und Einwohnerin von Barletta, die Rückgabe des Vermögens, das ihr Vater Gracioso de Roberto in Trani besessen hatte und dessen er 17 Jahre zuvor während der französischen Invasion beraubt worden war.59 Antonio de Gello fordert 1514 die Rückübergabe von certe fosse da infossare grano in Trani, die er von seinem Onkel Iacobo de Gello geerbt hatte.60 Dass Traneser Neuchristen sich ihr Vermögen erfolgreich zurückerstritten hätten, ist nur für eine Familie aus ihrem Kreis belegt: für die Familie de Buctunis. Auch nach 1509 kehrten nur sehr wenige Neuchristen wieder nach Trani zurück, vielleicht diejenigen, die Heiratsverbindungen außerhalb der eigenen Gruppe hatten knüpfen können. Am zahlreichsten belegt ist wahrscheinlich nicht zufällig die Familie de Buctunis, für die in den Jahren 1510, 1513 und 1517 mehrere Angehörige in Trani nachgewiesen sind: Salvatore, sein Bruder Tullio, sein Neffe Andrea und ein Benedicto.61 Ansonsten sind während der ersten 25 Jahre des 16. Jahrhunderts nur noch – und zwar beide erst im Jahr 1520 – ein Alexander de Barisano und Princivallo de Zardullo als Zeugen in Trani belegt, Letzterer allerdings immer noch mit dem Zusatz „de Barolo“.62

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Vitale, Trani (1912), Nr. 105: […] Tra li altri capituli ne sono stati domandati per la università et homini dela Cità de Trano e stato una del tenor seguente. Item se supplica alo prefato Ill.mo S.re atteso multi Citatini de Trano teneno robbe che foro de christiani novelli dela Cita de Trano sub titulo honeroso ut patet ex cautelis instrumentis et scripturis et ne sono state in pacifica possessione se supplica a V.Ill.ma S.ia se digna conservarli in dicta loro suspectione et providere che de facto non li sia data molestia ne impendimento alcuno; et perche nui voliamo che la justicia habia el loco suo et che de facto nissuno sia molestato dicimo ordiamo et comandamo ad tucti et singuli officiali commissarij capitanei et altra particulare persona de qualsevoglia stato titulo et conditione se siano et signanter alo capitaneo de Trano et al governatore dela provincia che debia manutenere et conservare sì como noi conservamo li predicti Citatini in la loro possessione de dicte robbe comprate ut supra et de facto non li debiano donare ni far donare molestia alcuna ma si alcuno pretende ragione alcuna sopra quelle apar via ordinaria et se faza quel che la justicia permette et nisciuno faza lo contrario sotto pena de mille ducati […]. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 264r, s. u. Quellenanhang, Nr. 1/22. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 22r. ASN, Collaterale Partium 9, 35r.; 12, 73v; BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 1r–2v; 6/6, 34v, 36v. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 87r, 90r.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Seit 1510 wurde die Rückkehr freilich noch dadurch erschwert, dass die Neuchristen von Trani nun auch noch von der Vertreibung aus dem ganzen Königreich Neapel bedroht waren.63 Und in einer Quelle ist die Rede davon, dass Neuchristen aus Trani infolge des Vertreibungsedikts von 1510 das Reich verlassen hätten.64 König Federico hatte die Vertreibung der Neuchristen aus Trani 1497 auf discordie civili zurückgeführt.65 Auch die Stadt Martina bei Tarent beklagte die grande divisione, die in der Stadt geherrscht habe, und lastete diese den dortigen Neuchristen an, die sich schlecht benommen hätten und verhasst gewesen seien.66 Die Stadt Acquaviva forderte, dass Neuchristen künftig in ihr weder Amt, Pfründen, noch Vorzugsstellung (prehemenentia) haben dürften.67 Bei den Neuchristen von Acquaviva handelte es sich wahrscheinlich um Neuchristen aus Trani. Denn sie werden in einer Quelle von 1498 als mercanti cristiani novelli bezeichnet.68 Im benachbarten Gravina, dessen Neuchristen teilweise aus Acquaviva stammten, besaßen die Traneser Neuchristen Giliberto de Buctunis und Costatino de Gello Viehherden, die dort auf der Weide standen und die ihnen während der franzöischen Invasion 1495 geraubt wurden.69 Troiano de Buctunis hatte bereits 1488 vorübergehend die königliche Gnade verloren. Er und sein Sohn Andrea waren verhaftet, die Lagerbestände in ihren Magazinen beschlagnahmt worden; im Jahr 1489 wurden sie jedoch wieder rehabilitiert.70 Dies lässt vermuten, dass die bürgerliche Zwietracht, die der König 1497 erwähnt, mit den sozialen Positionsgewinnen der Neuchristen in der Stadt und anderswo in Beziehung stand. Doch wem waren diese ein Dorn im Auge? Vitale hat in der Vertreibung eine „reazione nobiliare“ sehen wollen, war dabei jedoch von der irrigen Annahme ausgegangen, die Neuchristen hätten bereits in den innerstädtischen Konflikten der Jahrhundertmitte in Opposition zum Adel gestanden.71 Vielerorts nennen die Quellen den Populus als Träger der Pogrome von 1495, und in Altamura ersucht am 15. April 1495 die pars nobilium Universitatis et hominum civitatis Altamure darum, dass den Neofiti der Stadt ihr Besitz zurückerstattet werden möge, der ihnen von anderen Bürgern causa tumultus populi ipsius civitatis geraubt worden sei.72

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S. u., 344 –367. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 257r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/23. Vitale, Trani (1912), Nr. 81. Colafemmina, Ebrei a Taranto (2005), Nr. 97: […] per haverno loro per li tempi passati portato male, odeose in detta terra, et che tornandose ad abitare sempre se staria con grande divisione […]. Lucarelli, Documenti Acquaviva delle Fonti (1904), Nr. 29: […] che dicti Christiani novelli non debbiano havere officio beneficio ne prehementia in dicta terra […]. Lucarelli, Documenti Acquaviva delle Fonti (1904), Nr. 32. Nardone, Cacciata di Ebrei dimoranti in Gravina (1938); Colafemmina, Ebrei e Cristiani Novelli in Puglia (1990), 25; Ders., Ebrei in Puglia (1990), Nr. 264. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4v; Vitale, Trani (1912), 558. Vitale, Particolare Ignorato (1926), 241. CDB 12, ed. Gianuzzi (1935), Nr. 377: […] quod bona depredata neophitis dicte civitatis Altamure per alios cives causa tumultus populi ipsius civitatis per detentores ipsorum bonorum eis restituantur […].

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Die Netzwerkanalyse hat außerdem gezeigt, dass die Neuchristen von Trani engere Beziehungen zu den Familien des Adels der Seggi hatten als zu anderen. Auf der anderen Seite eigneten sich nach 1495 Angehörige der führenden Adelsfamilien Besitz von Neuchristen an.73 Dies spricht nicht eben für eine besondere Solidarität des Traneser Adels mit den vertriebenen Cristiani Novelli der Stadt. Vielleicht waren weder der Adel noch die Führer des Populus davon begeistert, dass die Neuchristen sich während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zusehends als zweite, adelsähnliche städtische Elite formiert hatten. Die Gesandtschaft der Stadt Trani, die 1496 in Venedig ein Rückkehrverbot für die Neuchristen erwirken sollte, war paritätisch aus je zwei Vertretern des Adels und der Populares besetzt.74 Sämtliche Quellen, die Rückschlüsse über die Zusammensetzung der Stadtregierung nach der Vertreibung der Neuchristen zulassen, zeigen, dass diese nun zu gleichen Teilen aus Adel und Populares gebildet wurde. Diese hatten also die Positionen in den städtischen Führungsgremien unter sich aufgeteilt, die die Neuchristen von 1466 bis 1495 als Kaufleute eingenommen hatten.75 Auch wenn einige Abkömmlinge der Familien, die in Trani über Generationen zu den Cristiani Novelli gezählt worden waren, nach 1509 in die Stadt zurückkehrten, war die Epoche der Neuchristen als eigener Gruppe in Trani, die als solche in die Stadtverfassung und die Stadtgesellschaft eingeschlossen waren, mit der Vertreibung 1495 ein für alle Mal zu Ende gegangen. Der Kampf ums Bleiben: Salvatore, Troiano und Andrea de Buctunis Während die allermeisten Neuchristen nach der Vertreibung aus Trani 1495 offensichtlich nie mehr in die Stadt zurückkehrten, setzte ein Teil der Familie de Buctunis bereits unmittelbar nach 1495 alles daran, nicht nur ihr Vermögen in Trani zurückzuerhalten, sondern auch in die Stadt zurückzukehren. Beides stand freilich in Wechselbeziehung. Denn einerseits war die Abwesenheit aus Trani bei der Auseinandersetzung um das geraubte Vermögen ein erhebliches Hindernis, und andererseits ließ sich jenes Vermögen, um das Troiano de Buctunis und sein Sohn Andrea nach 1495 kämpften, nur in Trani verwerten, bestand es doch in der Terziaria del Ferro von Trani, also jenem Einund Ausfuhrzoll, der im Hafen von Trani für Metallfertigwaren fällig wurde und eben dort eingezogen werden musste. Ein Schuldenmoratorium und seine Folgen: Salvatore de Buctunis versucht, sich sein Recht zu verschaffen Wie aufwendig und langwierig es war, sich sein enteignetes Vermögen durch die Instanzen wieder zu erstreiten, zeigt das Beispiel des Salvatore de Buctunis, dem es nach jahrelangen Verfahren schließlich in den Jahren 1513 und 1515 gelang, zwei Häuser und sie-

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S. o., 280, u., 285f. Sanuto, Diarii 1, ed. Stefani (1879), 276; vgl. Vitale, Trani (1912), 338. Vitale, Trani (1912), 484.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

ben Weinfelder zurückerstattet zu bekommen, die mit dem gesamten Vermögen der Neuchristen von Trani 1495 konfisziert worden waren, 1498 jedoch per Sentenz des venezianischen Gouverneurs an einen Ruggerio de Molfetta übergeben worden waren. Dieser hatte Salvatore de Buctunis 1498 verklagt. Der Text dieser Klageschrift wirft ein Schlaglicht auf die prekäre Situation, in die die Neuchristen von Trani 1495 quasi von einem auf den anderen Tag geraten waren, und darauf, wie andere aus dieser prekären Situation der Neuchristen ihren Vorteil zu ziehen versuchten und wie diese angesichts dessen reagierten.76 Seinen Ausführungen vor dem Gericht des venezianischen Gouverneurs am 13. März 1498 zufolge schuldeten Ruggerio und seine Söhne dem Salvatore de Bostunis xristano novello de Trano die Summe von 20 Unzen. Durch Zahlungen in Geld und Naturalien seien jedoch bereits mehr als 17 Unzen dieser Schuldsumme getilgt gewesen. Im Einzelnen habe er an Salvatore de Buctunis’ Vater Francesco vier Unzen in Geld sowie drei carri Gerste, einen carro Weizen und vier carri Hülsenfrüchte gezahlt. Armata mano und entgegen dem Zahlungsaufschub von fünf Jahren für Kredite bei Cristiani Novelli, den König Ferrante II. den Bürgern von Trani gewährt hatte, habe ihm jedoch Salvatore de Buctunis in Bitonto einen vollbeladenen Wagen mit acht Ochsen weggenommen. Ruggerio hatte sich also unter Berufung auf das erwähnte Moratorium offensichtlich geweigert, den Rest seiner Schulden bei Salvatore de Buctunis zu bezahlen. Ob dieser Rest wirklich, wie der Schuldner behauptete, nur noch aus drei Unzen bestand, sei in Anbetracht der Tatsache, dass die vermeintliche Tilgung größtenteils in Naturalien erfolgt war, deren Preise schwankten, dahingestellt. Salvatore de Buctunis griff auf jeden Fall zur Selbsthilfe. Allerdings war ihm der Weg zu einer Klage gegen seinen Schuldner auch de facto versperrt. Denn dieser konnte gegen einen Bürger von Trani, wie Ruggerio de Molfetta in seiner Klageschrift selbst betont, nur in Trani beschritten werden, also in der Stadt, aus der die Neuchristen vertrieben worden waren und die sich just zu dieser Zeit bemühte, den Neuchristen nicht nur jede Rückkehr, sondern auch jede Geschäftstätigkeit in Trani untersagen zu lassen. Den Schaden, der ihm durch Salvatore de Buctunis’ bewaffnete Selbsthilfe entstanden sei, berechnete der Kläger auf mehr als 50 Unzen. Davon seien mindestens 30 Unzen dadurch entstanden, dass er ohne die Ochsen 2 carri Weizen nicht habe aussäen können, und jeder Carro müsste, nach dem, was man in diesen Zeiten des Hungers unter Gutsbesitzern (massari) im Allgemeinen schätze, mit 15 Unzen angesetzt werden. Hinzu kämen der Wert des Wagens und der Ochsen, die Kosten, die ihm bei seinen Versuchen entstanden seien, diese zurückzugewinnen, und die Kosten für Arbeitskräfte, die er hätte einstellen müssen, um seine Arbeit und die seiner Söhne zu erledigen, während sie mit der Angelegenheit beschäftigt waren. Da ihm keine andere Zuflucht bleibe, als in den Arm der illustrissima signoria, die nicht erlaube, dass ihre Untertanen de facto beraubt, zerstört und zugrunde gerichtet würden, „vor allem nicht von marrani et xristiani novelli“, ersuchte Ruggerio de Mol-

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BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 14r–15r; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/2.

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fetta den venezianischen Gouverneur darum, dieser möge ihn in seinen früheren Zustand restituieren, indem er entweder die beschriebene Schadenssumme erhalte oder aber in Besitz einiger eigens aufgeführter Güter des Salvatore de Buctunis gesetzt werde, nämlich des Wohnhauses des Salvatore und seines Vaters Francisco, des Hauses, das dessen Mutter bewohnte, sowie von sieben Weinfeldern. Salvatore de Buctunis wurde nun vor das Gericht des Gouverneurs zitiert, vor dem er natürlich nicht erschien, und so fällte dieses in seiner Abwesenheit einen Spruch, der dem Kläger in allen Belangen Recht gab und ihm die erwähnten zwei Häuser und die Weinfelder überschrieb. Der setzte sie zur Versteigerung aus. Inwieweit die Forderungen des Ruggerio an Salvatore de Buctunis berechtigt waren, lässt sich kaum sagen, da Letzterer nicht vor dem Gericht erscheinen und seine Sicht der Dinge darlegen konnte. Allerdings gelang es ihm später, den verlorenen Besitz wiederzugewinnen, und das heißt: Über jeden Zweifel erhaben waren die Forderungen des Ruggerio nicht. Außerdem fällt auf, dass die Forderungen des Ruggerio allesamt auf Schätzungen beruhten, die er selbst vorgenommen hatte, und dass eine bemerkenswerte Diskrepanz besteht zwischen der Schätzung der Summe, die er seinen Berechnungen zufolge noch bei Salvatore de Buctunis offen hatte, und der Summe, mit der er den Schaden bezifferte, der ihm durch Salvatore de Buctunis’ Selbsthilfe entstanden war. Während Erstere kaum noch vorhanden gewesen sei, so belief sich Letztere auf einen Betrag, der die Erstere um 1 600 Prozent übertraf! Da Ruggerio de Molfetta gegen seinen vormaligen Geschäftspartner und Kreditor auch noch ins Feld führte, dass es sich bei ihm um einen Cristiano Novello bzw. Marrano handelte, drängt sich der Eindruck auf, dass er das grassierende Ressentiment gegen die Neuchristen nicht nur nutzte, um seinem Geschäftspartner die Vertragstreue aufzukündigen, sondern sich auch noch an dessen Vermögen zu bereichern. Vierzehn Jahre nachdem Ruggerio de Molfetta sich durch den Urteilsspruch des venezianischen Gouverneurs in Besitz der zwei Häuser und der Weinfelder gebracht hatte, ging Salvatore de Buctunis daran, sich diese gerichtlich rückerstatten zu lassen. Dies wurde freilich noch dadurch verkompliziert, dass sein Eigentum mittlerweile mehrfach den Besitzer gewechselt hatte und die gegenwärtigen Besitzer mit allen Mitteln versuchten, eine Restitution des Vermögens zu verhindern. 1512 appellierte Salvatore de Buctunis an die Regia Camera della Sommaria. Nach dem Ende der venezianischen Herrschaft, bei der er niemals sein Recht habe erhalten können, habe er sein Eigentum in Trani ermittelt und versucht, dieses von den gegenwärtigen Besitzern gerichtlich zu erstreiten. Diese hätten jedoch certe cose impertinente et fora de iustitia vorgebracht, mit denen sie verhindert hätten, dass die Klage zugelassen wurde, und so habe er sein Recht nicht erhalten können. Die Camera ordnete daraufhin an, dass Salvatore de Buctunis auf Rückgabe seines Besitzes klagen durfte.77 Allerdings musste Salvatore de Buctunis an das Sacrum Regium Consilium appellieren, bei dem er dann im Folgejahr erreichte, dass dieses die Sentenz des venezianischen Gouverneurs

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ASN, Cancelleria Vicereale, Collaterale Partium 9, 35r.

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von 1498 annullierte und die Restitution der beiden Häuser und der sieben Weinfelder anordnete78. Die Familie Passasepa, in deren Besitz sich eines der beiden Häuser mittlerweile befand, widersetze sich der Restitution jedoch weiterhin, weshalb Salvatore 1515 nochmals an die Camera della Sommaria appellieren musste, um auch dieses Haus schließlich restituiert zu bekommen.79 Appellieren, prozessieren, stiften: Troiano de Buctunis, sein Sohn Andrea und die Terziaria del Ferro Zu den allerersten Neuchristen, die nach 1495 ihres Vermögens beraubt wurden, gehörte Troiano de Buctunis. Bereits im Mai 1495 hatte König Karl VIII. ihm die Terziaria del Ferro, die er 1480 gekauft hatte, entzogen.80 Zwar gelang es Troiano de Buctunis schon im November desselben Jahres, sie von König Ferrante II. zurückerstattet zu bekommen.81 Die Einlösung der mit ihr verbunden Ansprüche, also die Einnahme der Zölle auf Eisenwaren in den Häfen von Trani und Bisceglie durch die Beauftragen Troianos, stieß jedoch immer wieder auf Widerstände. Bis 1499 sind insgesamt sechs Mandate der Könige Ferrante II. und Federico I. an lokale Amtsträger überliefert, mit denen diese aufgefordert wurden, Troiano de Buctunis bei der Wahrnehmung seiner Rechte nicht zu behindern, sondern zu unterstützen.82 Im Mai 1498 und noch einmal im Oktober 1500 wandte sich König Federico zudem direkt an den venezianischen Gouverneur in Trani und empfahl ihm die Angelegenheiten und Familienangehörigen seines Rates Troiano de Buctunis.83 Während der Zeit der venezianischen Herrschaft gelang es Troiano de Buctunis auf diese Art wenigstens phasenweise, die Terziaria in Trani und Bisceglie durch seine Faktoren einnehmen zu lassen.84 Nach seinem Tod 1502 ließ der venezianische Gouverneur die Magazine Troianos jedoch sofort versiegeln.85 Bis zum Ende der venezianischen Herrschaft in Trani konnte Troianos Sohn Andrea die Ansprüche auf die Terziaria, die er von seinem Vater geerbt hatte, zu keiner Zeit einlösen. Erst 1510 erhielt er von König Ferdinand dem Katholischen die Bestätigung bzw. Neuverleihung der Terziaria.86 Dennoch zogen königliche Amtsträger immer wieder in Zweifel, dass Andrea de Buctunis berechtigt war, den Einfuhrzoll zu erheben.87 Andrea de Buctunis musste noch bis zum

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BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 12r. ASN, Cancelleria Vicereale, Collaterale, Partium 12, 73v. Mastroianni, Sommario Cancelleria di Carlo VIII. (1895), 588, 594. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 7rv. Ebd., 8r–11r. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 513r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/20; vgl. Sanuto, Diarii 3, ed. Fulin (1880), 888; vgl. Vitale, Trani (1912), 373. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 34r–37r. Sanuto, Diarii 4, ed. Stefani (1880), 511. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 14r. Ebd., 5rv.

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Jahr 1517 prozessieren, als ihm durch Zeugenbefragungen im Rahmen einer Enquête endlich sämtliche Rechte an der Terziaria bestätigt wurden.88 Zu diesem Zeitpunkt allerdings war hiervon nicht mehr nur Andrea de Buctunis betroffen, sondern auch der Konvent der Dominikaner von S. Croce in Trani. Denn Troiano de Buctnis hatte mit einem Teil der Einkünfte aus der Terziaria eine Stiftung bei den Dominikanern dotiert. Das einzige Dokument über die Errichtung dieser Stiftung, das überliefert ist, ist gleichzeitig die einzige Quelle, die sich als Selbstaussage eines Exponenten der Neuchristen von Trani über seine Zugehörigkeit zur christlichen Stadtgesellschaft von Trani und über seine Position in dieser interpretieren lässt. Sie wirft ein Schlaglicht darauf, wie er Zugehörigkeit und soziale Position gegen die Versuche der Exklusion der Neuchristen aus der Stadt verteidigen wollte. Allerdings ist diese Selbstaussage nur indirekt überliefert und wirft daher einige Fragen auf. Doch nicht zuletzt deshalb ist sie geradezu emblematisch für die in vieler Hinsicht enigmatische Geschichte der konvertierten Juden von Trani und ihrer Nachkommen. Die Grabkapelle des Troiano de Buctunis in der Dominikanerkirche S. Croce in Trani Am 2. Mai 1505 kamen in Trani vor dem Richter Marino Cassaro, dem Notar Nicola de Fabritiis und sieben Zeugen der Konvent der Dominikaner von S. Croce zu Trani auf der einen sowie der ehrwürdige Herr Andrea de Bottunis, ebenfalls aus Trani, Sohn und Erbe des seligen ehrwürdigen Ritters und Doctors beider Rechte, des Herrn Troiano de Buctunis, seines Vaters, auf der anderen Seite zusammen. Beide Seiten bekundeten, dass der genannte Herr Troiano zu Lebzeiten bei klarem Verstand beschlossen hätte, eine Kapelle in der genannten Kirche S. Croce zu errichten bzw. errichten zu lassen, diese angemessen zu dotieren und in ihr für seine Seele, die Erlösung von seinen Sünden und zur Verehrung der göttlichen Mutter Messen feiern zu lassen und dass er mehrfach im Leben erklärt hätte, er wolle jener Kapelle als Dotation und für die Messen, die in ihr gefeiert werden sollen, jährlich 4 Unzen aus den Einkünften der gabella ferris aczari et piscis civitatis Trani hinterlassen, die jener Herr Troiano innehatte und besaß. In der Kapelle sollten die Brüder jeden Tag die Messe feiern und nach seinem Tod jedes Jahr an seinem Todestag sein Anniversar begehen. Außerdem sollten sie am Allerseelentag zwei Fackeln von zehn Pfund Wachs in der Kapelle entzünden, die brennen sollten, solange das Officium gefeiert wird, und jedes Jahr in die purificationis beatissime virginis Marie seine Erben und sein Haus mit einer Fackel und Kerzen ehren. Weil er jedoch in der Stadt Trani an jener Krankheit erkrankt sei, an der er später sterben sollte, bevor er diesen Beschluss umgesetzt hatte, habe er seinen erwähnten Willen vor mehreren Brüdern des erwähnten Konvents und mehreren seiner Verwandten und Freunde aus jener Stadt in vernünftiger Überlegung klar dargelegt und schließlich das Genannte in einem gewissen Schriftstück notieren lassen, das sein Neffe Baldessare 88

BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 27r–37r.

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de Gello geschrieben habe, damit es von ihm in einem Testament, das noch gemacht werden sollte, veröffentlicht werden könnte. Nachdem er alle Sakramente erhalten habe, wie es dem wahren Christen ziemt, sei der erwähnte Herr Troiano schließlich jedoch an der sich verschlimmernden Krankheit intestat gestorben und habe weder das Genannte noch anderes, was in dem erwähnten Schriftstück enthalten war, in irgendeiner Form öffentlich gemacht oder verlesen, erklären oder öffentlich machen lassen, und der erwähnte Herr Andrea sei deshalb zur Ausführung des Erwähnten in keiner Weise gehalten, noch könne er dazu gezwungen werden, da sein Vater weder ein Testament aufgesetzt habe, noch anderweitig das Genannte erklärt oder öffentlich gemacht habe und intestat verstorben sei. Als guter und frommer Sohn sowie Verehrer des genannten Konvents wollte der erwähnte Herr Andrea aber den frommen Willen des Vaters beachten, dessen Vorsatz in die Tat umsetzen und das Werk ausführen und machte sich deshalb nun vor Richter, Notar und Zeugen das Kapitel des erwähnten Schriftstücks zu eigen und erklärte es für rechtskräftig, sicherte sich dabei jedoch ab, dass es nicht sein Wille sei, sich auch andere Bestimmungen, die möglicherweise in diesem Schriftstück enthalten seien, als nicht erklärten Willen seines Vaters zu Eigen machen und mit Rechtskraft auszustatten.89 Testamente spielen in der Diskussion der Mittelalter- und Frühneuzeitforschung über die sogenannten Selbstzeugnisse eine eher untergeordnetete Rolle.90 Diese Zurückhaltung ist sicherlich nicht unbegründet. Zwar brachte es „der formal-rechtliche Charakter der Testamente als ausdrückliche Willensbekundung“ mit sich, „dass die Testatoren als ein ‚explizites Selbst‘ auftraten, dass handelnd in Erscheinung trat.“ 91 Jedoch entsprachen die Texte der Testamente gleichzeitig sehr weitgehend vorgegebenen rechtlichen Formen, artikulierten soziale Konventionen und ließen in der Regel wenig Raum für mehr als stereotype Narrative. Für die letztwillige Verfügung des Troiano de Buctunis bzw. für den Ausschnitt aus dieser, der überliefert ist, gilt dies allerdings nicht. Denn ihr geht ja gerade die Rechtsform des Testaments ab. Troiano de Buctunis starb im Dezember 1502.92 Ein Verzeichnis der Urkunden des Dominikanerklosters S. Croce aus dem 17. Jahrhundert führt eine Urkunde von Dezember 1502 ohne Notariatszeichen an – bei dieser wird es sich wohl um die letztwillige Verfügung des Troiano de Buctunis gehandelt haben.93 Dass der Doktor beider Rechte Troiano de Buctunis seinen letzten Willen 1502 nicht als rechtsförmliches Testament aufsetzen ließ, kann man nur damit erklären, dass er als Angehöriger der verfolgten Gruppe der Neuchristen 1502 weder Richter, Notar noch Zeugen fand, die zu ihm gekommen wären, um dort ein Testament zu dokumentieren. Möglicherweise wurde Troiano de Buctunis die Fähigkeit zu testieren auch grundsätzlich abgesprochen. Denn die Neuchristen von Trani wurden von der Stadt nach 1495 ja 89 90 91 92 93

BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 1r–2v; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/3. Rüther, Stand und Geschlecht (2007), 68. Ebd., 74. Sanuto, Diarii 4, ed. Stefani (1880), 511. BCT, Ms. B 58/2, 2v.

Das Ende der süditalienischen Aragonesen und die Neuchristen

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beschuldigt, Häretiker zu sein, und bereits seit der spätantiken Ketzergesetzgebung gehörte der Verlust der Testierfähigkeit zu den rechtlichen Konsequenzen der Häresie.94 Das Narrativ über die letztwillige Verfügung des Troiano de Buctunis, das sein Sohn Andrea und der Konvent von S. Croce 1505 vor Richter und Zeugen von dem Notar Nicolaus de Fabritiis schriftlich dokumentieren ließen, kann dies natürlich nicht thematisieren. Denn damit würde es seinen Zweck konterkarieren, der Kapellenstiftung des Troiano de Buctunis Rechtskraft zu verleihen. Die Frage, warum Troiano de Buctunis kein Testament gemacht hat, bleibt daher gleichsam eine Leerstelle, die notdürftig überbrückt wird, indem die Urkunde von 1505 ausführlich die Bemühungen des Troiano de Buctunis referiert, seinen letzen Willen in eine ‚quasitestamentarische‘ Form zu bringen. Troiano bekundet seinen Willen vor Verwandten und den Brüdern des Dominikanerkonvents und lässt ihn schriftlich von seinem Neffen Baldessare de Gello festhalten, wie die Urkunde von 1505 betont, mit der Absicht, den Inhalt des Schriftstücks noch in die Form eines Testaments zu bringen. Außerdem betont die Urkunde von 1505, dass Troiano seine Verfügung zugunsten der Dominikaner im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte getroffen habe. Letztlich jedoch ist dies alles nicht entscheidend. Denn Rechtskraft erhält die Verfügung des Troiano de Buctunis schließlich nur dadurch, dass sein Sohn und Erbe Andrea sie ratifiziert. Die letztwillige Verfügung des Troiano de Buctunis war also durch eine ganz und gar partikulare Situation des ‚Testators‘ geprägt und ist in einer Weise dokumentiert, die in vielerlei Hinsicht stark von den stereotypisierten Formen der zeitgenössischen Testamente abweicht. Sie kann daher als Selbstzeugnis des Troiano de Buctunis interpretiert werden. Zwar wäre es überzogen, sie als „Wegweiser zum Innenleben“ des Neuchristen auf dem Sterbebett zu betrachten.95 Doch war die Stiftung des Troiano de Buctunis defintiv ein Versuch des Stifters, als Nachkomme der konvertierten Juden von 1292 in einer schweren Krise eine persönliche Sicht auf die Frage der eigenen Zugehörigkeit zu den Christen und auf seine Position in der christlichen Stadtgesellschaft zu artikulieren und sie in einem dauerhaften Monument zu repräsentieren. Dabei reagiert Troiano de Buctunis mit seiner Stiftung auf geradezu sämtliche Dimensionen der Exklusion, von der er wie die anderen Neuchristen der Stadt bedroht war. Die erste dieser Dimensionen ist der drohende Verlust des Vermögens. Die Stiftung der Grabkapelle bei den Dominikanern von S. Croce zu Trani ist wohl als Versuch des Troiano de Buctunis zu verstehen, in der Stadt Verbündete für seine wiederholten Versuche zu gewinnen, die Terziaria del Ferro zu behaupten, angesichts der vielen Versuche, sie ihm zu entziehen. Denn mit der Kapellenstiftung beteiligte er die Dominikaner an den Einkünften aus dem Einfuhrzoll auf Eisenfertigwaren, und damit mussten auch diese künftig daran interessiert sein, dass die Nachkommen des Troiano de Buctunis diese Einkünfte auch bezogen.

94 95

Ragg, Ketzer und Recht (2006), 69. Peters, Wegweiser zum Innenleben? (1993).

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Dabei machte er gleichzeitig die Dominikaner von Trani zu Zeugen seiner religiösen Orthodoxie, zu einem Zeitpunkt, an dem die Stadt Trani die religiöse Orthodoxie ihrer ‚neuchristlichen‘ Bürger grundsätzlich bestritt und dies als Argument für ihre Vertreibung und Beraubung einsetzte. Ut verum christianum decet, so habe Troiano de Buctunis vor dem Tod die Sterbesakramente empfangen, so bekunden die Brüder des Konvents 1505 vor Richter, Notar und Zeugen, eine Formulierung, die in keinem zeitgenössischen Testament zu finden ist und die wohl Zweifeln an der Testierfähigkeit Troianos de Buctunis begegnen sollte. Dabei hätte kaum ein Zeugnis wohl größere Autorität für sich beanspruchen können, als das der Brüder aus jenem Orden, aus dem auch die Inquisitoren stammten. Diese Zugehörigkeit zu den „wahren Christen“ erhielt mit der Grabkapelle und der liturgischen Memoria, die Troiano de Buctunis in dieser für sich und seine Nachkommen zelebriert sehen wollte, eine dauerhafte und auch nach außen deutlich sichtbare Repräsentation. Ihre besondere Pointe bestand darin, dass sie gleichsam als ‚Stigma-Management‘ auch die jüdische Herkunft des Stifters thematisierte und verteidigte, die von der Stadt zu dieser Zeit zum Anlass genommen wurde, ihn wie die anderen Neuchristen aus der Stadt auszuschließen. Die Dominikaner sollten zum einen zu Allerseelen und am Todestag des Stifters Gedächtnismessen feiern. Außerdem sollten sie jedoch am Tag purificationis Mariae das Haus des Stifters und seiner Erben mit einer Fackel ehren. Es sollte also gerade jenes Marienfest begangen werden, das zum Ausdruck brachte, dass die Gottesmutter und ihr Sohn Juden gewesen waren. Das Lukas-Evangelium berichtet, dass Maria sich nach der Geburt Jesu nach der vom jüdischen Gesetz vorgeschriebenen Frist zur Reinigung in den Tempel nach Jerusalem begeben und ihren Sohn dabei dem Herrn geweiht habe (Luk. 2, 22 f.). Diese Frist betrug 40 Tage, und bereits im 4. Jahrhundert hatten die Christen Jerusalems den 40. Tag nach Weihnachten besonders festlich begangen. Mit der Stiftung einer Gedächtnisfeier in die purificationis Mariae inszenierte Troiano de Buctunis also gleichsam eine Verteidigung der eigenen jüdischen Herkunft gegen die zu dieser Zeit grassierende Unterstellung, dass diese seine Zugehörigkeit zu den Christen infrage stellte, und bediente sich dabei einer argumentativen Strategie, wie sie etwa gleichzeitig zur Verteidigung der Neuchristen auch in dem Traktat „De neophytis“ des apulischen Humanisten Antonio de Ferrariis zu finden ist, nämlich dass auch der Erlöser selbst und seine Mutter von Juden abstammten.96 Doch die Grabkapelle des Troiano de Buctunis repräsentierte nicht nur, dass dessen Zugehörigkeit zu den „wahren Christen“ durch seine Abstammung von Juden nicht infrage gestellt wurde, sondern auch, dass seine Familie eine zentrale Rolle in der städtischen Gesellschaft für sich beanspruchte, und reagierte damit auf eine weitere Folge, die die Exklusion aus Trani für viele Neuchristen hatte: den Verlust ihrer sozialen Position. Allerdings war diese Dimension der Stiftung ein Werk von Troianos Sohn Andrea.

96

S. u., 328f.

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Troiano de Buctunis hatte offengelassen, wo die Kapelle in der Kirche errichtet werden sollte, und nur bestimmt, dass sie dort errichtet werden sollte, wo es seinem Sohn Andrea und den Brüdern des Konvents passend erscheinen werde. Andrea ließ diese Kapelle, die das Patrozinium S. Maria de Gratia erhielt, zwischen 1502 und 1505 erbauen, 1505 ist sie noviter constructa. Und er platzierte sie liturgisch und sozial so zentral wie es nur ging: in der Nähe des Hauptaltars, neben den Kapellen zweier der ältesten Adelsfamilien von Trani, der Filangeri und der de Cunio. Hier beanspruchte Andrea de Buctunis den Platz seiner Familie.

2. Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514 Während die Neuchristen von Trani noch mit den unterschiedlichen Folgen ihrer Exklusion aus der Stadt kämpften, sahen sie sich zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts zusätzlich mit einem noch viel weiter reichenden Versuch der Exklusion konfrontiert: den Bestrebungen der Katholischen Könige, sämtliche Neuchristen Kalabriens und Apuliens aus dem Königreich Neapel zu vertreiben. Ein erstes Edikt, das den Neuchristen Kalabriens und Apuliens befahl, das Reich zu verlassen, erging im November 1510, ein weiteres knapp vier Jahre später. Die Vertreibungsedikte waren allerdings das Resultat eines massiven Konflikts zwischen der neuen spanischen Monarchie und lokalen Gewalten. Gegenstand dieses Konflikts war der Versuch Ferdinands des Katholischen, die Spanische Inquisition auch im Königreich Neapel einzuführen. Dieser Versuch stieß dort jedoch auf den massiven Widerstand vor allem des neapolitanischen Adels, aber auch des Popolo von Neapel. Das Vertreibungsedikt vom November 1510 bildete einen Teil des Kompromisses, mit dem dieser Konflikt vorläufig beigelegt wurde: Der König verzichtete zunächst auf die Einführung der Inquisition nach spanischem Vorbild und befahl stattdessen die Vertreibung der Juden und Neuchristen aus dem Reich. Dieser Vertreibung konnten die Neuchristen von Apulien – und das heißt auch von Trani – jedoch allem Anschein nach größtenteils entgehen. Das zweite Vertreibungsedikt von 1514 war dann die Antwort des Königshofs darauf, dass auch ein zweiter Versuch, eine wirksamere Inquisition im Königreich einzuführen, scheiterte. Die Auseinandersetzungen der Jahre 1509 und 1510 um die Einführung der Spanischen Inquisition sind bereits an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert von Amabile beleuchtet worden und sind bis heute fester Bestandteil einer jeden historischen Erzählung über das Königreich Neapel.97 Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514 sind seit Ferorelli immer wieder behandelt worden, am intensivsten 1957 von Ruiz Martinez, an den auch Bonazzoli 1980 anknüpfte.98 97 98

Zuletzt bei Galasso, Mezzogiorno Spagnolo (2005), 269–276. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 217–222; Ruíz Martin, Expulsion (1949), 46; Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), v. a. 190–96.

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Allerdings ist es der Forschung bisher nicht gelungen, die Vertreibungsedikte in den Kontext des spezifischen süditalienischen problema converso einzuordnen, das heißt in die Geschichte der Auseinandersetzung über die Inklusion der konvertierten Juden von 1292 und ihrer Nachkommen in die christlichen Gesellschaft bzw. die Exklusion aus ihr. Dies zeigt sich bereits daran, dass es nicht gelungen ist zu klären, wer denn genau die Adressaten der Vertreibungsedikte waren. Hier finden sich bis heute immer wieder Angaben, die im Widerspruch zu den Quellen stehen. Zudem ist in den genannten Arbeiten stets von der Vertreibung der Juden die Rede. Dabei ist es gerade die Besonderheit des ‚Falles Königreich Neapel‘, dass hier 1510 bzw. 1514 Vertreibungsedikte ergingen, die sich nicht nur gegen Juden, sondern auch und 1514 sogar ausschließlich gegen Konvertiten und deren Nachkommen richteten, während die Vertreibung aus Spanien und Sizilien 1492 nur Juden betraf, konvertierte Juden und ihre Nachkommen jedoch von der Vertreibung ausgenommen waren.99 Bereits die historischen Vorgänge, die zu den Vertreibungsedikten von 1510 bzw. 1514 führten, lassen, wenn auch nur schemenhaft, erkennen, dass die Neuchristen Apuliens in diese verwickelt waren, und legen nahe, dass die neue Initiative für die Verfolgung ‚judaisierender‘ Christen, die mit dem Herrschaftsantritt der Katholischen Könige einsetzte, jenen Akteuren innerhalb des Reiches neuen Auftrieb gab, die bereits seit längerer Zeit die Verfolgung der Neuchristen Apuliens und vor allem der Neuchristen von Trani betrieben hatten. Die Konflikte um die Inklusion der Neofiti in die christliche Gesellschaft bzw. die Exklusion aus ihr, die vor allem in Trani, der Metropole der apulischen Neofiti, seit den 40er-Jahren des 15. Jahrhunderts zu beobachten sind, erhielten so eine Fortsetzung. Versuche apulischer Neuchristen, dieser Totalexklusion aus dem Königreich Neapel zu entgehen, lassen sich in einer ganzen Reihe von Gesuchen an den Königshof fassen, in denen sie unterschiedliche Argumente vorbringen, mit denen sie begründen, warum sie in die Vertreibung nicht eingeschlossen werden dürften. Unter den Neuchristen, die sich mit entsprechenden Gesuchen an den Königshof richten, befinden sich nachweislich Nachkommen der Konvertiten von 1292, darunter auch solche aus Trani.

Die gescheiterte Einführung der Spanischen Inquisition und das Vertreibungsedikt vom November 1510 Erste Vorbereitungen für eine Einführung der Spanischen Inquisition im Königreich Neapel traf die spanische Vizeregierung auf Anordnung Isabellas der Katholischen und Ferdinands II. von Aragón im Jahr 1504. Bereits im selben Jahr wurden diese Vorbereitungen jedoch schon wieder abgebrochen. Erst 1509 nahm man am Königshof das Vorhaben wieder auf.

99

Zur Vertreibung der Juden aus Spanien zuletzt Beinart, Expulsion of the Jews from Spain (2002); zur Vertreibung aus Sizilien s. Zeldes, Former Jews (2003), 21–26.

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Die Pläne, im Königreich Neapel die Spanische Inquisition einzuführen, richteten sich gegen die dortigen Juden und Neuchristen. Allerdings ist nicht klar zu erkennen, ob man am Königshof bzw. am Hof des Vizekönigs in Neapel wusste, dass es unter denjenigen, die zu dieser Zeit im Königreich Neapel als Neofiti oder Cristiani Novelli bezeichnet wurden, auch solche gab, die keine getauften Juden, sondern Nachkommen getaufter Juden waren. Die ersten Exklusionsbestrebungen der neuen spanischen Herrschaft richteten sich nämlich nicht gegen die indigenen Neuchristen, sondern gegen die Juden des regno und gegen spanische Conversos, die in das Königreich Neapel geflohen waren. In den Jahren 1501, 1503 und im März 1504 forderte das Königspaar den General und Vizekönig Gonzalo de Córdoba wiederholt auf, er solle einerseits die Ermittlungen gegen ‚Ketzer‘ unterstützen, die bereits in Abwesenheit in Spanien verurteilt worden waren, also gegen emigrierte Conversos, als auch die Vertreibung der Juden aus dem Königreich Neapel in die Wege leiten. Der General jedoch riet von der Vertreibung der Juden ab. Im Königreich gebe es nur sehr wenige judíos de señal, also ungetaufte Juden, die ihre Religion offen lebten und das Zeichen trügen. Die eigentliche Gefahr für die christliche Orthodoxie des Königreiches läge in der Präsenz zahlreicher conversos. Diejenigen von ihnen, die creyentes seien, könne man nicht vertreiben. Diejenigen, die malos cristianos seien, müsse man bestrafen. Hierzu jedoch sei kein Mittel besser geeignet als das hl. Offizium der Inquisition, wie es in Spanien bestehe.100 Das Königspaar gab daraufhin am 30. Juni 1504 die Anweisung, die bereits getroffenen Vorbereitungen für die Vertreibung der Juden zu stoppen und die Befugnisse des Generalinquisitors auf das süditalienische Festland auszudehnen. Es sollte jedoch kein neues Tribunal für Neapel eingeführt werden. Stattdessen sollten die Kompetenzen des Tribunals für Sizilien auch auf das Königreich Neapel ausgedehnt werden. Als Generalinquisitor für das regno nominierten Isabella die Katholische und Ferdinand II. von Aragón den Erzbischof von Messina, den Dominikaner Pedro Belorado. Gleichzeitig erhielt der spanische Gesandte am päpstlichen Hof, Francisco de Rojas, den Auftrag, die nötige päpstliche Genehmigung für die Etablierung der Spanischen Inquisition in Neapel zu erwirken.101 Diese Ansätze zur Ausdehnung der Spanischen Inquisition auf das süditalienische Festland standen in enger zeitlicher Nähe zu einer ohnehin wieder aufgeflammten inquisitorischen Aktivität auf dem süditalienischen Festland, die freilich nicht aus dem regno selbst kam. Den Auftakt für diese neue Welle inquisitorischer Verfolgung bildeten Ermittlungen und Prozesse in der päpstlichen Enklave Benevent in den Jahren um 1504. Sie richteten sich gegen Neuchristen, die in Benevent ansässig waren, jedoch aus Manfredonia stammten und noch enge Beziehungen zu der apulischen Hafenstadt unter-

100

101

Zurita, Historia del Rey don Hernando el Catholico 1 (1580), 326v; Ruíz Martin, Expulsion (1949), 46; Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), 180f. Páramo, De origine et progressu Sanctae Inquisitionis (1592), 191–194; Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 54.

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hielten. Dies hatte zur Folge, dass die inquisitorische Verfolgung der Neuchristen von Benevent auf Apulien übergriff. Als Inquisitor fungierte neben dem erzbischöflichen Vikar der Dominikaner Barnaba Capograsso aus Salerno, der im folgenden Jahrzehnt auch im regno immer wieder als Inquisitor erscheint und als einer der wichtigsten Betreiber der Verfolgung der Neuchristen auf dem süditalienischen Festland während der ersten beiden Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts angesehen werden muss.102 Die Hauptquelle für diese inquisitorische Verfolgung der Neuchristen von Benevent ist eine protokollartige Notiz aus dem tercius quinternus contractuum des beneventanischen Notars Marino de Maurellis, der die Jahre 1504 bis 1507 umfasst. Sie ist datiert auf den 5. Juni 1505.103 Auslöser für die Verfolgung der Neofiti von Benevent bildete die Sequestration des Besitzes des Neuchristen Cesare Capuano, zu der dieser aus nicht ganz deutlichen Ursachen verurteilt worden war. Die städtischen Autoritäten waren gegen ihn und einen Iohannes, artium et medicinae doctor, vorgegangen. Wahrscheinlich verlangten sie eine eidliche Erklärung über die Befreiung ihrer Debitoren von ihren Schulden und hatten sie in den städtischen Kerker geworfen. Dass es sich bei den immunitates, die Capuano und Iohannes erneuern sollten, um eine Befreiung von Schulden handelte, dafür spricht ein Schreiben Papst Julius’ II. vom 24. April 1505, in dem er die Delikte, die den Neofiti von Benevent zur Last gelegt wurden, als „Ketzerei, bodenlosen Wucher und andere unermessliche Verbrechen“ bezeichnete.104 Capuano konnte jedoch aus dem städtischen Kerker fliehen, worauf das weltliche Gericht die Sequestration seines Besitzes anordnete. Bei der Inventarisierung seines Hausrats fand man in seinem Wohnhaus angeblich auch ungesäuertes Brot (panes aximi). Daraufhin wurden viele der Neuchristen der Stadt an das bischöfliche Gericht überstellt, das gegen sie wie gegen Ketzer verfuhr.105 Barnaba Capograsso und der erzbischöfliche Vikar machten ihnen daraufhin den Prozess und überführten sie „übelster Ketzerei“. Nachdem sich die beneventaner Neuchristen schuldig im Sinne der Anklage bekannt und der Ketzerei abgeschworen hatten, wurden die meisten von ihnen zu dreijähriger Kerkerhaft verurteilt. Dieses Urteil hatte jedoch keinen Bestand. Denn später, also wohl

102 103 104 105

Zu Capograsso Amabile, Inquisizione (1891), 82, er ist erstmals für 1490 als Inquisitor belegt. Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 3, 12–14. Ebd., 14: […] de heresi, usurarum voragine et aliis enormibus criminibus […]. Ebd., 13: […] Pateat universis et singulis qualiter dum essent in civitate predicta multi neophiti et una die duo ex ipsis, videlicet quodam Cesar Capuanus de Maferdonia [!] et dominus Ioannes artium et medicine doctor, ad immunitatem rennovarentur. Et contra eos per Curiam temporalem procederetur ad prestationem fidem servare de non offendendo et cum essent in arce Civitatis affacte, dictus Cesar ab arce predicta aufugit propter quod per officialem ipsius Curie processum fuit ad descriptionem bonorum ipsius Cesaris et illa annotando, inter cetera reperti sunt in eius domo, panes aximi, castratorum sportule salite. Denique per Curiam spiritualem Civitatis eiusdem, multi ex ipsis carceribus mancipati essent et procederetur contra eos tamquam contra hereticos et Christi redemptoris nostri hostes […].

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nach Verbüßung der dreijährigen Haftstrafe, seien die Neofiti noch nicht aus dem Kerker entlassen worden, weil sie sich weigerten, Schuldenbefreiungen zu gewähren (immunitates facere) und (so) in ihre Ketzerei zurückgefallen wären. „Als jene Irrtümer zu den Ohren des Papstes gelangten“, sandte dieser einen päpstlichen Beauftragten, Giovanni Ruffo, Elekt von Bertinoro und Forlimpoli, nach Benevent. Dieser nun nahm den Prozess wieder neu auf und verurteilte die inhaftierten Neuchristen zu schweren Strafen: Zwei von ihnen wurden zu lebenslanger Haft verurteilt, alle Übrigen übergab er dem weltlichen Arm, der sie zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilte.106 Einigen Frauen gelang es zu fliehen. Sie wurden am 4. Juni 1505 außerhalb der Stadtmauern von Benevent unterhalb der Kirche S. Croce in effigie verbrannt. Drei andere Frauen und fünf Männer aber fanden den Tod in den Flammen omnibus fere civibus utriusque sexus, Nobilibus et ignobilibus spectantibus.107 Es ist der einzige belegte Fall, dass Neuchristen im Königreich Neapel auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, und er erregte bereits bei den Zeitgenossen Aufsehen. In einer Handschrift der Sonntagspredigten des Leonius de Mediolano, die heute in der Biblioteca Casanatense in Rom aufbewahrt wird, vermerkt eine Randnotiz: „Im Jahr 1505 im Vierten des Monats Juni wurden in Benevent fünf Männer und drei Frauen verbrannt, und von anderen Frauen wurde ihr Bild verbrannt. Sie sollen dort verbrannt werden, wo sie gefasst werden. Und alle genannten waren Ketzer und schlechte Christen und übten das Gesetz der Juden aus und taten nur so, als seien sie gute Christen. Das war die Buße.“108 106

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Am 24. April 1505: Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 14: […] Aliquis non eorum aufigissent [!] videlicet quidam salvator comitus et Romam petiisset, aliquis non veneno (ut dicebatur) se necasset fabricatus est, tandem adveniente quodam magistro Barnaba Capograsso de Salerno sacre Tielogie magistro et inquisitore per Sedem apostolicam contra hereticos electo et spetialiter deputato: processus magnus. Detecta est in eis pessim [!] heresis […] Cumque coram reverendo domino Cesare Insulano vicario dicte archiepiscopalis Curie et prefato magistro Barnaba inquisitore se culpabiles remissent abiurataque heretica pravitate, lata est contra eos sententia diffinitiva, eosdem ad triennalem carcerem condemnado [!] […] Postmodum nondum ex carceribus exissent, nolentes immunitati [!] facere recadentes in eadem heresis, idemque errores. Ad aures cum prefati sanctissimi domini nostri hoc pervenisset, electum Reverendissimum dominum Ioannem Ruffum de Forilivio electum Bertinorum ac Forlimpopiliensem, eundem destinavit cum ampla potestate Universitati beneventane, estensa processura contra neophitos et adhibito prefato magistro Barnaba, repertoque antedicto processu alias fabricato, procedit adversus eosdem ut relaxos promulgas [!] diffinitivam sententiam: duos ex eis […] perpetuo carcere condempnavit in pane doloris et aqua angustiae vitam terminaturos. Alios […] magnifico Domino Iacomino Iuliano gubernatore civitatis affate, ut fallitos et relaxos puniendos tradidit et assignavit. Qui adhibito magnifico domino Gabriele de Blasio beneventano U.I.D. vicario per eundem, sententiam ferri fecit pro qua […] prefatos ad combustionem eorum corporum condempnavit […]. Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 14. Biblioteca Casanatense, Ms. 581: Alli mille cinquecento e cinque indo lo mese de Iunio a li quatro de dicto mese, furono abrusati in Benevento cinque omini et tre femene et altre donne furono abrusate lle loro imagine che dove se troveno serando arse. Et tucti questi dicti, erano eretici et male cristiani et facevano la lega degli Ebrei integramente et mostravano essere boni cristiani, questa fo la penetentia; vgl. Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 3.

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Die Frauen, die man am 4. Juni in Benevent in effigie verbrannt hatte, waren in ihre Heimatstadt, die apulische Hafenstadt Manfredonia, geflohen. Zumindest nahm dies der päpstliche Kommissar an. Denn genau einen Monat später schreibt der spanische Vizekönig, Gonzalo de Córdoba, an den Gouverneur von Manfredonia: „Avemo inteso dal reverendo vescovo di Bertinoro commissario della Santità di Nostro Signore che in questa città di Manfredonia sono venute Ginefra Capuano, Stella, Gisotta sua figlia Carmina sora di messer Lodovico, le quali si sono fuggite da Benevento dove per lo predetto si inquisiva contro di esse e intendono passare in Turchia. Et avendone ricercate da parte di detta Santità che volessimo provvedere di averle in mano e rimmetterle ad essa, dovendo in ciò debitamente provvedere, vi dicemo et ordinamo che provvediate di averle in mano e le farete tenere immitamente a noi e noi avvisarete chè vi ordineremo quello che ne avete da eseguire et in questo avete da usare ogni diligenza.“109

Die Familie Capuano, aus der die vier geflohenen Frauen ebenso wie die beiden Brüder Cesare und Iohannes, bei denen die Verfolgung der Neuchristen in Benevent ihren Ausgang genommen hatte, stammten, gehörte zu den bedeutendsten Neuchristenfamilien Manfredonias.110 Zwischen den Neuchristen Manfredonias und den Traneser Neuchristen gab es enge Beziehungen. Die Neuchristenfamilie de Pace, die ab den 30er-Jahren des 15. Jahrhunderts in Manfredonia belegt ist, stammte aus Trani. Ende des 15. Jahrhunderts haben Angehörige der Traneser Neuchristenfamilien de Catalano, de Mectulo und de Zardullo ihren Lebensmittelpunkt in Manfredonia. Und wahrscheinlich war bereits die Ehefrau des Traneser Neuchristen Leucio de Buctunis eine Capuano.111 Es ist daher schlichtweg unvorstellbar, dass die Traneser Neuchristen, die seit 1495 zudem in ihrer Mehrheit in Barletta ansässig waren, das gerade einmal 60 Kilometer südlich von Manfredonia liegt, nicht von den Ereignissen von Benevent erfahren haben und nicht in höchstem Maße alarmiert waren. Für die Jahre 1506 bis 1508 verlegte der Inquisitor Barnaba Capograsso den Schwerpunkt seiner Aktivitäten an die Amalfiküste. Am 26. März 1507 wurde er persönlich durch König Ferdinand den Katholischen autorisiert, der sich vom 1. November 1506 bis zum 4. Juni 1507 in Neapel aufhielt. Capograssos Ermittlungen in Amalfi und Umgebung richteten sich gegen eretici e malefici, alias Janare o Brujas, also gegen Personen, die der Hexerei bezichtigt wurden.112 Anfang 1507 unternahm jedoch ein weiterer Dominikaner, ein Bruder Vincenzo de Ferrandina, Anstrengungen, in Barletta zu inquirieren, also in der Stadt, in die sich die meisten der aus Trani vertriebenen Neuchristen begeben hatten. Und am 14. Januar 1509 beauftragte der Vizekönig den Inquisitor Antonio Baldascio, in Apulien gegen Personen zu ermitteln, denen nachgesagt wurde, am Karfreitag nach der Messe inzestuöse

109 110

111 112

Amabile, Inquisizione (1891), 96. Colafemmina, Cristiani Novelli a Manfredonia (1990); Coniglio, Ebrei e Cristiani Novelli a Manfredonia (1968); Ognissanti, Ebrei a Manfredonia (1980–82), 87–89. S. u. Prosopografie, Nr. V/10. Amabile, Inquisizione (1891), 97; Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 56.

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Orgien zu feiern. Der Vizekönig hatte vernommen, „dass in gewissen Gegenden Apuliens eine bestimmte Ketzerei praktiziert werde“: Am Karfreitag würden Männer und Frauen zunächst gemeinsam eine gewisse Predigt bei Kerzenschein hören und dann die Kerzen löschen und miteinander fleischlich verkehren, die Väter mit den Töchtern und andere Männer mit ihren Schwestern.113 Amabile, Ferorelli und Bonnazzoli haben vermutet, dass diese offenkundigen Projektionen sich auf die Neuchristen Apuliens bezogen.114 Für diese war die Situation seit circa 1502 also zusehends bedrohlicher geworden. Nicht nur der Verlust ihres Eigentums und ihrer gesellschaftlichen Position drohte ihnen nun, sondern tödliche Gefahr. Es wird freilich immer wieder deutlich, dass die Vizekönige in Neapel bestrebt waren, die Kontrolle über die Inquisitoren und deren Aktivitäten zu behalten. Barnaba Capograsso hatte sich 1507 sogar durch den König selbst autorisieren lassen. Als der Dominikaner Vincenzo de Ferrandina im selben Jahr in Barletta inquirieren wollte, ohne dass er zuvor um die Zustimmung des Vizekönigs nachgesucht hatte, brachte dieser ihm prompt sein Missfallen zum Ausdruck und zitierte ihn zu sich.115 Die Vizekönige erlaubten den Inquisitoren allem Anschein nach auch nicht, selbstständig Verhaftungen anzuordnen. Sie konnten Personen, die sie verdächtigten, nur beim Vizekönig anzeigen, der dann selbst über die nötigen Maßnahmen befand.116 Es spricht daher einiges dafür, dass der Versuch, die Spanische Inquisition in Neapel einzuführen, auch darauf abzielte, diese (vize-)königliche Kontrolle über eigenmächtige Verfolgungsbestrebungen zu sichern, die im lokalen oder regionalen Rahmen aufkamen. Hinzu kam die Konkurrenz mit päpstlichen Inquisitoren. Die inquisitorische Verfolgung der Neuchristen des regno war in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts auf päpstliche Initiative von Benevent aus reetabliert worden. Als sich die spanische Vizeregierung 1510 mit dem Widerstand der Neapolitaner gegen die Einführung der Spanischen Inquisition im regno konfrontiert sah, soll Julius II. Zurita zufolge das Gerücht verbreiten lassen haben, er würde durch breves revocatorias die von Ferdinand II. bestallten Inquisitoren an der Ausübung ihres Amtes hindern.117 Auch der letzte Versuch Ferdinands des Katholischen, eine Inquisition im Königreich Neapel einzuführen, die in das System der Spanischen Inquisition integriert gewesen wäre, scheiterte 1514 auch an der Politik des Papstes. 113

114

115 116 117

Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), Nr. 3: Perche secondo avemo inteso ad esto si commette in aliquibus partibus Apuliae certa eresia che lo venerdi Santo gl’uomini e donne di questi luoghi insieme con candele accese e dapoi di certa predica estinguono le candele e gl’uomini con le donne usano carnalmente taliter che usano li Padri colle figliuole ed altri colle sorelle, e questo en disservizio di nuestro Signore Dio e contra la fede nostra Cattolica. Vgl. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 99f.; Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), 190. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 100; Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 217; Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), 190. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 99. Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 53. Zurita, Historia del Rey don Hernando el Catholico 1 (1580), 241r; Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 112; Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 61f.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Der Versuch, die Spanische Inquisition im Regno di Napoli einzuführen, stellte daher auf der einen Seite also durchaus eine Übertragung eines spanischen Modells von königlicher Herrschaft auf den italienischen Süden dar118, war auf der anderen Seite jedoch auch eine Reaktion auf die dortigen spezifischen politischen Verhältnisse. Es war schließlich der mit den Verhältnissen vor Ort vertraute Vizekönig Gonzalo de Córdoba gewesen, der den Vorschlag gemacht hatte, die Spanische Inquisition im regno einzuführen. Widerstand gegen die Einführung der Spanischen Inquisition hatte im Königreich Neapel bestanden, seitdem Gonzalo de Córdoba es für die Katholischen Könige erobert hatte. Als die Stadt Neapel 1503 kapitulierte, muss der Gran Capitano den Unterhändlern der Stadt eine Zusage gegeben haben, dass die Spanische Inquisition nicht eingeführt würde. Denn das Königspaar erklärte 1504 ein solches Versprechen für nicht bindend, mit der Begründung, dass von keinem Katholiken verlangt werden könne, dass er Verpflichtungen eingehe, die nicht mit dem Glauben im Einklang stünden.119 Dass die Vorbereitungen zur Einführung der Spanischen Inquisition 1504 zunächst abgebrochen wurden, muss man wohl ebenfalls auf den damals noch latenten Widerstand in dem gerade erst eroberten Reich zurückführen. Zudem warnte im Jahr 1509 Papst Julius II. den spanischen Gesandten vor der Einführung der Spanischen Inquisition, da dies das Risiko eines Aufstandes berge.120 König Ferdinand der Katholische ließ sich hiervon jedoch nicht beeindrucken. Am 31. August 1509 schickt er eine Reihe von Briefen nach Neapel, die zeigen, „that the organization had been fully and elaborately prepared.“ Zwei Inquisitoren, darunter der Bischof von Cefalù, wurden eingesetzt und mit dem nötigen Stab an Mitarbeitern ausgestattet. Am 3. September 1509 erging die Anweisung, ihnen ihre Gehälter und Aufwandsentschädigungen anzuweisen. Der Vizekönig und alle königlichen Offizialen erhielten den Befehl, ihnen die nötige Unterstützung zu gewähren.121 Vier Monate später war die Stadt Neapel im Aufstand, und am 23. November 1510 musste König Ferdinand II. gegenüber den Delegierten der Stadt dem Vorhaben, die Spanische Inquisition einzuführen, eine ausdrückliche Absage erteilen. Der Aufstand der Neapolitaner des Jahres 1510 ist bereits von Amabile ausführlich untersucht worden, an den alle weiteren Arbeiten zu diesem Thema anknüpfen.122 Amabile stützte sich für seine Darstellung vor allem auf drei Quellen und bleibt bis hin zur Paraphrase eng an seinen Vorlagen: der Chronik des sogenannten Notars Giacomo, Tristan Caracciolos Abhandlung „De Inquisitione“ und der „Historia del Rey Don Herando el Catholico“ des spanischen Geschichtsschreibers Jerónimo Zurita (1512–1580).123

118 119 120 121 122 123

Dies betont Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), 200. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 93; Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 52f. Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 54. Ebd., 57f. Amabile, Tumulto contro la Inquisizione (1888) = Ders., Inquisizione in Napoli (1892), 103–119. Notar Giacomo, ed. Garzilli (1845), 321–323, 327–336; Carraciolo, De Inquisitione, ed. Paladino (1934); Zurita, Historia del Rey don Hernando el Catholico 2 (1580), 241.

Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514

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Träger des Aufstandes waren, in „wundersamer Übereinstimmung“ (mirabile accordo), so Amabile, Adel und Popolo von Neapel.124 Die Ablehnung der Spanischen Inquisition reichte jedoch weit über die Stadt Neapel hinaus.125 Bereits Anfang Januar 1510 erreichten die Neapolitaner einen ersten wichtigen Erfolg in ihrem Widerstand gegen die Einführung der Spanischen Inquisition. Am 4. Januar hatten Versammlungen der Seggi und Parlamente der Nobiles und des Popolo den Beschluss gefasst, den durch den König eingesetzten Inquisitor unter keinen Umständen zu akzeptieren, und Delegierte gewählt, die dem Vizekönig diesen Beschluss unterbreiten sollten. Bei der Unterredung der Delegierten mit dem Vizekönig schilderten sie ihm ihre Befürchtungen angesichts der Spanischen Inquisition in den schwärzesten Farben und demonstrierten ihre Widerstandsbereitschaft so eindrucksvoll, dass der Vizekönig ihnen gestattete, sich mit ihrem Protest direkt an den König zu wenden. Er würde bis zum Eintreffen der königlichen Antwort die Inquisitoren an jeglicher Aktivität hindern. Während der Gesandte der Aufständischen in Spanien weilte, kamen in der Stadt immer wieder Gerüchte auf, der König wolle an seinem Plan festhalten, die Inquisition einzuführen. Dies führte zu einer Serie von Tumulten. Am 24. September hielten auch die Barone des Reiches in S. Domenico ein Parlament ab und beschlossen ebenfalls, keinesfalls die Einführung der Inquisition zu tolerieren. Am Folgetag vereinten sich abermals alle Seggi und der Popolo und beschlossen, für jeden Seggio sowie für den Popolo zehn Delegierte zum Vizekönig zu schicken und von diesem abermals zu fordern, eine Einführung der Inquisition nicht zu gestatten. Spätestens im Herbst 1510 muss es dem Vizekönig gelungen sein, König Ferdinand II. zu überzeugen, dass sich die Spanische Inquisition in Neapel nur um den Preis einer massiven Destabilierung der spanischen Herrschaft auf dem süditalienischen Festland würde einführen lassen. Denn am 19. November ließ er die Vertreter von Adel und Volk zu sich bestellen, um ihnen zu verkünden, dass der König auf die Einführung der Inquisition verzichtete. Stattdessen proklamierte er zwei Vertreibungsedikte gegen die Juden und neofiti bzw. conversos im Königreich. Auf diese wird noch eingehender zurückzukommen sein. Auf Verlangen der Delegierten der Seggi wurde in die Edikte noch ein Passus eingefügt, der die Spanische Inquisition im Königreich ausdrücklich für aufgehoben erklärte. Der Widerstand gegen die Einführung der Spanischen Inquisition hatte in der Stadt Neapel und im Reich eine breite Basis. Zurita zufolge hätten die spanischen conversos den Aufstand der Neapolitaner gegen die Inquisition mit initiiert.126 Sie hätten auch allen Grund dazu gehabt, denn die Pläne zur Einführung der Inquisition richteten sich ja von Anfang an gegen sie. Es stellt sich die Frage, ob auch die indigenen conversos des Königreiches, die Neuchristen Apuliens, eine Rolle im Widerstand gegen die Einführung der Spanischen Inquisition spielten, die ja auch für sie äußerst bedrohlich gewesen wäre.

124 125 126

Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 101. Ebd., 112. Ebd., 118.

300

Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Zurita berichtet, dass apulische Neuchristen angesichts der geplanten Einführung der Spanischen Inquisition bereits das Reich verlassen hätten.127 Dafür, dass es Beziehungen zwischen den Neuchristen Apuliens und dem Widerstand gegen die Einführung der Inquisition gab, ohne dass sich diese jedoch genauer bestimmen ließen, gibt es immerhin zwei Anhaltspunkte. Zum einen wählten die Seggi und Piazze von Neapel im September 1510 den Marquis von Nardò, Bellisario Acquaviva, zu ihrem Sprecher.128 Damit wählten sie den Adligen, dem der apulische Humanist Antonio de Ferrariis irgendwann kurz nach 1495 seine Apologie der Neuchristen „De neophytis“ gewidmet hatte, den einzigen Traktat über die Stellung der Neuchristen aus dem Süden Italiens, der sich erhalten hat.129 Anlass für die Schrift war gewesen, dass der Marquis von Nardò einen seiner Söhne mit einer Neuchristin verheiratet hatte. Zum anderen erhielt der Widerstand gegen die Einführung der Spanischen Inquisition noch einmal Auftrieb, als vermutlich im Oktober 1510 die Delegierten der Seggi behaupteten, sie hätten von einem Juden und zwei Christen aus Apulien erfahren, dass die Inquisition in Monopoli bereits ihre Ermittlungen begonnen hätte.130 Auf jeden Fall waren die Vertreibungsedikte, die der König anstelle der Einführung der Spanischen Inquisition proklamierte, für die Neuchristen Apuliens wesentlich weniger bedrohlich, als es auf den ersten Blick erscheint. Wer genau die Adressaten der Vertreibungsedikte von 1510 waren und welche von diesen tatsächlich auch vertrieben wurden, dazu finden sich in den Quellen, auf die sich die bisherige Forschung gestützt hat, unterschiedliche Angaben. Zurita zufolge richteten sich die Vertreibungsedikte gegen die Juden, gegen die nuevamente conuertidos de Pulla y Calabria und gegen conversos, die in Spanien von der Inquisition in Abwesenheit verurteilt worden waren. Allerdings habe der Vizekönig nur die Vertreibung Ersterer und Letzterer implementiert, die Vertreibung der indigenen conversos jedoch nicht.131 Tristan Carraciolo zufolge wurden die Juden ausgewiesen sowie omnes neophitos, qui in Apulia Calabriaque degunt, „und diejenigen, von denen erkannt wurde, dass sie von Juden abstammen.“ 132 Der Notar Giacomo gibt den Wortlaut eines der beiden Edikte wieder. In ihm ist keine Rede von Juden, sondern nur von den conversos descendentes de linage de iudios que biuen y moran en las prouincias de Calabria y Apulla und von den conuersos, die aus Spanien stammten und dort vor der Inquisition geflohen waren.133 127 128 129 130 131 132

133

Ebd., 112. Ebd., 110. S. hierzu u., 326–330. Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 113. Zurita, Historia del Rey don Hernando el Catholico 2 (1580), 242r. Carraciolo, de Inquisitione, ed. Paladino (1934), 116: […] Habere insuper pragmaticas, quibus imperat Iudaeos cuncto hoc suo abire Regno; ad quorum abitum martium mensem proximum terminum imposuit. […] Eademque pragmatica omnes neophitos, qui in Apulia Calabriaque degunt, quique ex Iudaeis ibi oriundi cognoscebantur, infra terminum Iudaeis datum iisdem conditionibus Regno abire mandat […]. Notar Giacomo, ed. Garzilli (1845), 335f.

Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514

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Es kann also keine Rede davon sein, dass die Vertreibungsedikte von 1510 ausschließlich gegen die Juden gerichtet gewesen wären und die Neuchristen ausgespart hätten.134 Eine andere Frage ist freilich, wie die Vertreibungsedikte implementiert wurden. Aus den Jahren 1511 bis 1513 liegen Dokumente der Regia Camera della Sommaria vor, die sich mit den Folgen der Vertreibungsedikte auf lokaler Ebene befassen. Aus ihnen geht klar hervor, dass es sich bei den Adressaten der Edikte erstens um die Juden des Reiches, zweitens um Neofiti aus Kalabrien und drittens um Cristiani Novelli aus Apulien handelte. Gleichzeitig lassen sie erkennen, dass es sich bei den Neofiti Kalabriens aller Wahrscheinlichkeit nach um getaufte Juden handelte, also wohl um jene Juden, die 1495 während der französischen Invasion angesichts der grassierenden antijüdischen Gewalt die Taufe empfangen hatten, während die Cristiani Novelli Apuliens, gegen die sich das Vertreibungsedikt richtete, offensichtlich Nachkommen konvertierter Juden, das heißt der Konvertiten von 1292 waren. Schließlich und endlich belegen sie, dass es nur den Angehörigen letzterer Gruppe in einem erheblichen Maße gelang, der Vertreibung in den Jahren unmittelbar nach 1510 zu entgehen. Cesare Colafemmina hat insgesamt 35 Mandate ediert, mit denen die Regia Camera della Sommaria in der Zeit zwischen Mai 1511 und Februar 1513 auf die Gesuche von insgesamt 26 Städten reagierte, von der Steuersumme befreit zu werden, die bis zu ihrer Vertreibung die Juden und/oder Cristiani Novelli bzw. Neofiti ihrer Stadt zur Gesamtsteuerlast beigetragen hatten; 17 dieser Städte lagen in Apulien, neun in Kalabrien (vgl. Tabelle 48). Die meisten dieser Mandate fordern die jeweiligen Steuereinnehmer auf, die Angaben der Städte zu überprüfen. Einige Dokumente belegen aber auch, dass die Städte mit diesen Gesuchen erfolgreich waren. So bekommen etwa die apulischen Städte Altamura, Gravina, Lecce, Monopoli und Tarent sowie das kalabrische Tarsia im Jahr 1513 die Steuersumme erlassen, die die dortigen Cristiani Novelli bzw. Neofiti zum Gesamtsteueraufkommen der Stadt beigetragen hatten.135 Auch die Stadt Trani ersuchte 1511 um die Befreiung von der Steuerlast der Vertriebenen. Dabei ist nur von den Juden die Rede, die infolge des Vertreibungsedikts die Stadt verlassen hätten und sich extra regnum begeben hätten.136 Die Neuchristen waren allerdings auch bereits 1495 aus der Stadt vertrieben worden. In einem Schreiben des Consiglio Collaterale an den königlichen Kommissar in Trani, Antonio Queralt, aus dem Jahr 1513 heißt es jedoch, dass die Neofiti bzw. Cristiani Novelli von Trani aufgrund des Vertreibungsedikts das Königreich verlassen hätten. Der Bischof von Isola, der Traneser Jurist Cesare Lambertini, hatte sich beschwert, dass ihm Queralt seitdem die Einkünfte aus Immobilien, Häusern und anderen Besitztümern vorenthalte, die die Kirche an die Neuchristen der Stadt verpachtet hatte.137 Möglicherweise war 134

135

136 137

Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 220; offensichtlich von Ferorelli übernommen hat dies Milano, Storia degli ebrei (1963), 230. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 264, 268, 272, 280, 291; Ders., Ebrei in Calabria (1996), 81f., Nr. 1. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 253. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 257r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/23.

302

Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

nach der Vertreibung aus der Stadt 1495 also auch ein Teil der Neuchristen von Trani aus dem regno vertrieben worden. Die Vertreibungsedikte von 1510 hatten also tatsächlich zur Folge, dass Neofiti bzw. Cristiani Novelli aus Kalabrien und Apulien und unter Letzteren auch aus Trani das Reich verließen. Allerdings waren nicht alle Personen, die von ihrer Umwelt als Cristiani Novelli bzw. Neofiti bezeichnet wurden, in gleicher Weise von der Vertreibung betroffen. Aus der Zeit zwischen Mai und November 1512 sind sechs Gesuche an das Consiglio Collaterale des Vizekönigs überliefert, in denen die Bittsteller darlegen, dass das Ausweisungsedikt für sie nicht gelte, da sie nicht a (bzw. ex) linia iudayca abstammten bzw. nicht da linagio de iudio ne christiano novello, wie ein Benedicto Castrineto aus Altamura präzisiert.138 Sie seien daher keine Cristiani novi, so ein Ioanne de mastro Marcho, ein mastro Loyse, ein mastro Honorato und ein Galioto de Vita aus Acqaviva, sondern Cristiani a nativitate, ja Cristiani a nativitate antiqui (bzw. antiquissimi) et perfecti (perfectissimi) bzw. vero et optimo Cristiano. Außerdem betonen die Bittsteller in fünf der sechs überlieferten Gesuche, dass sie bzw. ihre Familien Heiratsbeziehungen zu christiani de natura unterhielten. Aus dem Rahmen fällt das Gesuch dreier Männer namens Baptista, Berardino und Bernoro de Buctunis vom Februar 1513, das leider nur als Regest überliefert ist. Diese hatten sich nicht an das Consiglio Collaterale, sondern an die Königin gewandt mit dem Gesuch, dass das Vertreibungsedikt nicht auf sie angewandt werden möge, da sie beweisen wollten, nicht von Juden abzustammen, obwohl ihre Familie den Namen de Buctunis trage.139 Tabelle 48: Städte, die zwischen 1511 und 1513 um die Befreiung von der Steuerlast der vertriebenen Juden und/oder Neuchristen nachsuchen bzw. diese gewährt bekommen Apulien Ort

Vertriebene

Quelle

Acquaviva Alessano Altamura Bari Barletta Bitonto Cerignola Conversano Copertino Corato Gravina Lecce

Juden/ Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Cristiani Novelli Juden Juden/ Cristiani Novelli Juden Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Juden Juden Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 260 Ebd., Nr. 258, 281 Ebd., Nr. 261, 291 Ebd., Nr. 249 Ebd., Nr. 267 Ebd., Nr. 251 Ebd., Nr. 256 Ebd., Nr. 255 Ebd., Nr. 287, 289 Ebd., Nr. 266 Ebd., Nr. 264 Ebd., Nr. 263, 268, 272

138 139

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 270, 274, 278, 279, 285, 290. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 74r; vgl. Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 90.

Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514 Manfredonia Monopoli Roca Tarent Trani

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Juden/ Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Juden Juden/ Cristiani Novelli Juden

Ebd., Nr. 265 Ebd., Nr. 262, 280 Ebd., Nr. 269 Ebd., Nr. 262, 288 Ebd., Nr. 253

Ort

Vertriebene

Quelle

Amendolara Cariati Castrovillari Corigliano Mesoraca Rende Rossano Seminara Tarsia

Cristiani Novelli Juden Juden/ Cristiani Novelli Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli Juden/ Cristiani Novelli

Colafemmina, Ebrei in Calabria (1996), 158, Nr. 76 Ebd., 77, Nr. 7 Ebd., 154, Nr. 70 Ebd., 155, Nr. 72 Ebd., 153, Nr. 69, 64, Nr.15, 65, Nr. 16 Ebd., 156, Nr. 73 Ebd., 154 f., Nr. 71, 157, Nr. 75 Ebd., 157, Nr. 74 Ebd., 81 f., Nr. 1

Kalabrien

Das Dokument zeigt, dass die Identifikationen der Neuchristen, die nach 1510 vertrieben werden sollten, offensichtlich über die Familiennamen erfolgte, an denen diese Identifikation gleichsam haftete. Die de Buctunis, die im Ruf standen, von Juden abzustammmen, können nur die Traneser Neuchristen dieses Namens gewesen sein. Ob Baptista, Berardino und Bernoro de Buctunis tatsächlich trotz des identischen Familiennamens zu einer anderen Familie gehörten, oder ob sie ihren Familiennamen in ihrem Gesuch nur thematisierten, weil sie befürchteten, dass er ihrer Umwelt bereits als hinreichende Evidenz für eine Zugehörigkeit zu den Neuchristen galt, lässt sich nicht sagen. Auch die anderen Supplikanten, die nach 1511 beweisen wollten, nicht de linea Iudayca abzustammen, waren ja – von wem auch immer und auf welche Weise auch immer – als Neuchristen identifiziert worden und wollten diese Identifikation nun gleichsam widerlegen. Das Consiglio Collaterale wies auf diese Gesuche hin die Capitani der entsprechenden Orte an, die Behauptungen der Supplikanten durch Zeugen, die diese stellen sollten, überprüfen zu lassen, und ihm das Ergebnis der Befragung zu übersenden. Das Ergebnis fiel zumindest in einer Reihe von Fällen im Sinne der Bittsteller aus. Es sind sieben Dokumente erhalten, in denen das Consiglio Collaterale für erwiesen erachtete, dass der jeweilige Supplikant bzw. die Supplikanten nicht de linea iudayca abstammte(n), das Vertreibungsedikt deshalb nicht auf ihn bzw. sie anzuwenden sei und er oder sie folglich im regno bleiben könnte(n), visa supplicacione oblata pro parte NN de XY nobis facta visis deposicionibus testium pro ipsius parte examinatorum, visa regia novella pragmatica et illius interpretacione per Catholicam Maiestatem facta.140

140

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 271, 275–277, 283f., 286.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

Drei dieser sieben Dokumente betreffen dabei Angehörige von Familien, die aus Trani stammten, zu den dortigen Neuchristen gehörten und die Stadt jedoch bereits Anfang oder Mitte des 15. Jahrhunderts verlassen hatten und nach Manfredonia bzw. Barletta übergesiedelt waren.141 Alexander de Roberto ist 1506 in Barletta nachgewiesen, wo seit den 50er-Jahren eine Reihe von Angehörigen der Neofiti-Familie de Roberto aus Trani lebten.142 Ein Iannino de Pace ist in einer Aufstellung sämtlicher Haushalte der Cristiani Novelli von Manfredonia, die um die Mitte des 15. Jahrhunderts angefertigt wurde, als einer von drei Söhnen eines Lya de Iannino de Pace erwähnt.143 Dieser wiederum ist zweimal im Jahr 1432 und einmal im Jahr 1440 als Zeuge von Urkunden für S. Leonardo di Siponto erwähnt, bei den Urkunden aus dem Jahr 1432 mit dem Zusatz de Trano.144 Cinzia di Maffeo aus Barletta trägt das gleiche Cognomen wie ein Elia de Maffeo aus Trani. Dieser ist seit den 50er-Jahren gemeinsam mit einem Roberto de Maffeo in Barletta als Getreidexporteur belegt. Zudem gehören beide 1466 und 1473 für die Mercatores dem Rat von Barletta an, 1466 finden sich ihre Namen inmitten derer zahlreicher exilierter Neuchristen aus Trani.145 Zwar ist die Anzahl der belegten Fälle, in denen entweder Neuchristen darum ersuchen, beweisen zu dürfen, dass sie nicht a linea iudayca abstammten, weshalb das Vertreibungsedikt von 1510 für sie nicht anzuwenden sei, oder in denen das Consiglio Collaterale einen solchen Beweis als geführt erachtet und ihnen deshalb gestattet, im Königreich zu bleiben, nicht sehr hoch. Die erhaltenen Dokumente, vor allem die Bewilligungen, bedienen sich im Kern aber stets derselben Formeln und lassen bereits daran erkennen, dass die Bittsteller den Widerspruch gegen ihre Vertreibung im Rahmen eines klar geregelten Verfahrens vorbrachten, das für wenige Einzelfälle wohl kaum etabliert worden wäre. Zudem erwähnen die Mandate, mit denen das Consiglio Collaterale verschiedenen Neuchristen den Verbleib im regno gestattete, eine interpretacio des Vertreibungsedikts, aufgrund derer nach Gesuch und Zeugenbefragung festgestellt wurde, dass ein bestimmter Supplikant nicht de linea iudayca abstammte. Offensichtlich war zusammen mit dem Vertreibungsedikt gegen die Neofiti bzw. Conversos Kalabriens und Apuliens so etwas wie eine Durchführungsbestimmung erlassen worden, die vorsah, dass Personen der Vertreibung entgehen konnten, wenn sie durch Zeugenbefragungen ‚beweisen‘ konnten, dass sie nicht de linea iudayca abstammten. Diese reagierte damit auf das Problem, wie die Personen zu identifizieren waren, die nach 1510 als Cristiani Novelli vertrieben werden sollten – ein Problem, das verschiedene Aspekte hatte.

141 142 143 144 145

Ebd., Nr. 275, 283f. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 252. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1. Regesto S. Leonardo di Siponto, ed. Camobreco (1913), Nr. 289f., 292. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 107v; CDB 11, ed. Rogadeo (1931), 355–358; Loffredo, Barletta 2 (1893), Nr. 37f.

Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514

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Zunächst einmal war die Identifikation offensichtlich nicht über jeden Zweifel erhaben; daher wurde den Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, diese Identifikation anzufechten und durch die Befragung von Zeugen zu widerlegen. Dies wiederum lag daran, dass die Identifikation als Neuchrist offensichtlich auf Zuschreibungen durch die cristiani de natura in ihrer Umwelt beruhte, also darauf, dass bestimmte Personen im Ruf standen, von Juden abzustammen und daher Cristiani Novelli zu sein. Denn nur dann war es sinnvoll, die Identifikation durch Zeugenbefragungen überprüfen zu lassen. Außerdem waren schriftliche Aufzeichnungen, in denen Personen bereits zuvor etwa aus fiskalischen Gründen als Neuchristen kategorisiert worden waren, für die Identifikation der Personen, die nach 1510 als Neuchristen vertrieben werden sollten, offensichtlich irrelevant. So findet sich der erwähnte Iannino de Pace aus Manfredonia in einer Aufstellung der Neofiti von Manfredonia, die der Steuereinnehmer der Capitanata Mitte des 15. Jahrhunderts für die königliche Kammer angefertigt hatte. Dennoch gelang es ihm, sich durch Zeugen bestätigen zu lassen, dass er nicht de linea Iudayca abstammte, und fand damit beim Consiglio Collaterale Anerkennung. Wie die Zeugen den ‚Beweis‘ führten, dass Iannino de Pace und andere nicht von Juden abstammten, lässt sich nicht sagen, da sich keine der entsprechenden Zeugenbefragungen erhalten hat. Vielleicht reichte es, dass die Zeugen bestätigten, was die Supplikanten in ihren Gesuchen behaupteten, ohne dass sie die Gründe dieses Wissens darlegen mussten. Offensichtlich lagen die Hürden jedoch nicht besonders hoch. Allerdings werden nicht alle Neuchristen in der Lage gewesen sein, Einspruch gegen ihre Vertreibung einzulegen. Und nicht jedem Einspruch war Erfolg beschieden. Die Stadt Altamura etwa ersucht 1511 darum, von den Steuerlasten der Neuchristen der Stadt befreit zu werden, como de epsa terra per vigore dela pragmatica del Re nostro signore se sonno absentati li cristiani novelli quali habitavano in epsa et sono andati ad habitare extra regnum.146

Im Jahr 1513 waren von 16 Neuchristenhaushalten allerdings immerhin sechs in die Stadt zurückgekehrt. Und im Jahr 1517 fertigte der Steuereinnehmer für die Provinz eine Aufstellung der zehn Haushalte an, die die Stadt dauerhaft verlassen hatten. Zu ihnen gehörte auch der eines Bello de Sabato. Dieser hatte 1512 beweisen wollen, nicht de linagio de iudei zu sein, um so der Vertreibung zu entgehen, offensichtlich jedoch vergeblich.147 Die erwähnten Gesuche und Bewilligungen stammen alle von bzw. ergingen für Neuchristen aus Apulien. Für Kalabrien ist kein einziges vergleichbares Dokument überliefert. Das zeigt, dass es dort keine Personen gab, deren Identifikation als Neuchristen an einer fama hing, die sich gegebenenfalls durch Zeugen erfolgreich bestreiten ließ. Man muss deshalb davon ausgehen, dass es sich bei den kalabrischen Neofiti, die infolge des Vertreibungsedikts nach 1510 das Königreich Neapel verließen, um Juden handelte,

146 147

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 261. Ebd., Nr. 285, 309f.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

die während der französischen Invasion 1495 genötigt worden waren, die Taufe zu nehmen und deren Identifikation als Neuchristen, die vertrieben werden sollten, deshalb schwerer zu bestreiten war. In einem Dokument für Amendolara ist denn auch die Rede von den dortigen christiani novelli seu iudei.148 Bei den apulischen Neofiti dagegen muss es sich zu einem erheblichen Teil um jene cristiani novelli antiqui gehandelt haben, wie sie 1500 in einem Mandat für die Neuchristen von Altamura bezeichntet werden, also um die Nachkommen der Konvertiten von 1292.149 Für sie war das Vertreibungsedikt von 1510 und seine interpretacio im Vergleich zur Einführung der Spanischen Inquisition definitiv das kleinere Übel. Nicht nur angesichts des Scheiterhaufens von Benevent 1505 muss ihnen dies auch so erschienen sein. Denn die Bestimmung der Jewishness, die zum Maßstab für ihre Exklusion gemacht wurde, geriet so nicht in die Hand einer zentralisierten Institution mit einem hohen Grad an Professionalität bei der Ermittlung von Jewishness, erheblichen Zwangsmitteln, die sie dabei einsetzen konnte, und auch erheblichem Interesse an ‚erfolgreichen‘ Ermittlungen, da sie an den Konfiskationen verurteilter Häretiker beteiligt war. Stattdessen lag sie bei lokalen Honoratioren, die den Neuchristen mancherorts keineswegs feindlich gegenüberstanden, sondern sie im Gegenteil unterstützten, wie etwa in Barletta und Molfetta. Zudem stellte sich mit der Vertreibung der Juden und Neuchristen vielfach die Frage, wer nun ihren Beitrag zum Steueraufkommen der Stadt leisten sollte. Denn die Befreiung der Stadt von der Steuersumme, die die Juden und Neuchristen geleistet hatten, war keinesfalls selbstverständlich, vor allem dann, wenn der König diese Einnahmen, wie etwa im Fall von Lecce, an Dritte, hier Prospero Colonna, verpfändet hatte. Und allein aus diesem Grund wird es den städtischen Führungsgruppen mancherorts attraktiver erschienen sein, die Neuchristen als Bürger und Steuerzahler zu behalten, als sie vertrieben zu sehen. Dass der König auf die Einführung der Spanischen Inquisition verzichtete und stattdessen die Vertreibung der Juden und Neofiti bzw. Conversos aus dem Reich befahl, hatte für die Nachkommen der Konvertiten von 1292 zudem den Vorteil, dass die Überprüfung ihrer Jewishness okkasionell auf den Anlass der Vertreibung bezogen blieb, und nicht dauerhaft institutionalisiert wurde. Den Neuchristen Apuliens und Tranis eröffnete das Vertreibungsedikt von 1510 und seine Durchführung somit Handlungsoptionen, die sie bei einer Einführung der Spanischen Inquisition wohl kaum gehabt hätten, auch wenn sie natürlich keine Garantie dafür bedeuteten, dass sie samt und sonders nach 1510 der Totalexklusion aus dem regno entgehen konnten. Ein Teil der Neuchristen wurde denn offensichtlich auch nach 1510 dauerhaft vertrieben. Anderen dagegen und allem Anschein nach nicht wenigen gelang es, die Handlungsoptionen zu nutzen und der Vertreibung zunächst einmal zu entgehen. Und unter diesen befanden sich auch zahlreiche Neuchristen aus Trani.

148 149

Colafemmina, Ebrei in Calabria (1996), 158, Nr. 76. CDB 12, ed.Gianuzzi (1935), Nr. 443.

Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514

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Das Vertreibungsedikt von 1514 und seine Folgen Die Vertreibungsedikte vom 23. November 1510 hatten sich gegen die Juden und die Neofiti bzw. Conversos des Reiches gewandt. Das zweite Vertreibungsedikt, das König Ferdinand II. von Aragón im Jahr 1514 erließ, richtete sich nur gegen die Neuchristen im Königreich Neapel. Wie die Edikte von 1510 war es jedoch die Reaktion auf das Scheitern eines weiteren Versuchs, eine strengere Inquisition im Königreich Neapel einzuführen. Deutlicher als 1510 sind die Bezüge zu den Neuchristen Apuliens, ja Tranis. Denn die Initiative für den abermaligen Versuch, die inquisitorische Aktivität zu steigern, kam aus Apulien, wahrscheinlich aus Trani. Ende des Jahres 1513 reiste ein Iacobo de Manfredonia nach Spanien und klagte am Königshof über die neófitos conuertidos bestimmter Orte in Apulien und Kalabrien. Diese lebten wie Juden, hielten öffentlich sinagoga und beleidigten Gott den Herrn und den heiligen katholischen Glauben in vielfältiger Weise.150 Bereits der Name des Denunzianten verweist auf eine der apulischen Städte mit einer starken Präsenz von Neuchristen, die bereits 1505 ins Visier der päpstlichen Inquisition in Benevent geraten waren. Iacobo de Manfredonia war jedoch auch der Name des Priors der Dominikaner von Trani zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Dass er sich nach Spanien begab, um direkt am Königshof seine Klage über die Neuchristen vorzubringen, zeigt, dass er sich von den lokalen Autoritäten und auch vom Vizekönig in Neapel offensichtlich wenig Unterstützung versprach. Am Königshof in Spanien dagegen zeigte man sich Ende 1513 für Klagen über judaisierende Neuchristen empfänglicher. König Ferdinand hatte im Juni 1513 den Vizekönig in Neapel aufgefordert, die sizilianischen Neofiti, die vor der Inquisition nach Neapel geflohen waren, allesamt aufzuspüren und auf die Insel zurückzuschicken.151 Auf die Anschuldigungen des Iacobo de Manfredonia hin versuchte Ferdinand der Katholische dann abermals, eine neue inquisitorische Struktur einzuführen. Diese sollte sich ausschließlich mit konvertierten Juden und ihren Nachkommen befassen. In jeder Diözese sollten zwei Inquisitoren installiert werden, der Bischof bzw. sein Vikar sowie ein Dominikaner, der zwar aus dem regno stammen, aber vom Herrscher eingesetzt werden sollte. Diese sollten sólo de pura herejía ermitteln dürfen, und zwar ausschließlich contra los que son venidos de la ley judaica nicht jedoch gegen xpianos de natura. Für diejenigen citadinos napoltanos, die von aquel linaje mosayco abstammten, jedoch beweisen könnten, dass sie seit vier Generationen stets Ehen mit xpianas de natura geschlossen hätten, sollten die gleichen Regeln gelten, wie für die xpianos de natura.152 Zu Inquisitoren für das Königreich Neapel bestellte König Ferdinand II. abermals den Dominikaner Barnaba Capograsso sowie den Bischof von Isola Capo Rizzuto in Kalabrien. Und letzterer war niemand anders als der Jurist Cesare Lambertini aus Trani. Der König befahl den Inquisitoren, im Geheimen zu ermitteln. Verdächtige, die sie in flagranti ertappten, sollten sie verhaften und bestrafen. Gleichzeitig befahl König Ferdi150 151 152

Ruiz Martín, Expulsion (1949), 69. Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 63. Ruiz Martín, Expulsion (1949), 70.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

nand dem Vizekönig und den Gouverneuren der Provinzen Apulien und Kalabrien, die Inquisitoren zu unterstützen. Diese neue Inquisition für das Königreich Neapel sollte außerdem mit der Spanischen Inquisition verbunden werden. Barnaba Capograsso sollte die Anweisungen des Generalinquisitors für Aragón, Bischof Mercader, befolgen und diesem Bericht erstatten. Die neuen Ermittlungen Barnaba Capograssos und Cesare Lambertinis erhielten jedoch trotz mehrfacher Gesuche Mercaders weder die Unterstützung des Vizekönigs noch die der Gouverneure von Kalabrien und Apulien.153 Auf seiner 9. Sitzung vom 5. Mai 1514 beschloß das 5. Laterankonzil zudem, dass die Verfolgung der Häretiker, unter diesen auch die iudaizantes, päpstlichen Richtern obliegen sollte.154 Am 16. Juni 1514 beklagt sich König Ferdinand der Katholische in einem Schreiben an den Stellvertreter des Vizekönigs in Neapel, Bernardino di Villamarino, heftig über das Scheitern seines zweiten Versuchs, das Königreich Neapel in das System der Spanischen Inquisition mit einzubeziehen. Gleichzeitig warf er dem Vizekönig vor, dieser und das Consiglio Collaterale hätten mit ihrer interpretacio sein Ausweisungsedikt für die Juden und Neuchristen des Königreiches verfälscht, und befahl nun abermals die Ausweisung sämtlicher Neofiti aus dem Königreich, sowohl der Flüchtlinge aus Spanien und Sizilien als auch der indigenen.155 Wie für die Jahre unmittelbar nach 1510 so sind auch für die Zeit nach 1514 eine Reihe von Gesuchen von Neuchristen überliefert, mit denen diese begründen wollten, warum das Ausweisungsedikt nicht auf sie anzuwenden sei. Wie nach 1510 kommen sie alle aus Apulien. Und auch diesmal finden wir unter den Personen, die ihre Vertreibung verhindern wollen, Neuchristen, die aus Trani stammten. Das Kernargument jedoch, mit dem nach 1510 der Einspruch gegen die Vertreibung begründet wurde, tritt deutlich in den Hintergrund: Nur in einem der Gesuche nach 1514 will der Betroffene beweisen, nicht von Juden abzustammen. Wie 1513 Baptista, Berardino und Bernoro de Buctunis, so beteuerte 1515 ein Sancio Capuano aus Manfredonia, dass er zwar Capuano heiße, aber non se comprende in la linea de quilli de casa Capuana und dass er beweisen wolle, dass la descendencia de so lignagio „nicht von Juden komme.“ 156 Ein Paduano Stellatello, Doktor beider Rechte, dagegen räumte gegenüber dem Consiglio Collaterale ein, da linea iudayca abzustammen, brachte aber dennoch vor, nicht von dem Vertreibungsedikt betroffen zu sein, aus Gründen, die er gegenüber dem Gouverneur der Capitanata bereits erläutert hätte. Diese Gründe, die nicht weiter ausgeführt werden, sollte der Gouverneur auf Anweisung des Consiglio Collaterale nun abermals prüfen und dann de iustitia entscheiden.157 Wie im Gesuch des Paduano Stellatello werden die Argumente, die der Betroffene gegen seine Vertreibung vorbrachte, auch in einer Reihe von anderen Gesuchen nicht 153 154 155 156 157

Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), 64f. COD 2, ed. Alberigo/Jedin, (31973), 625. Ruiz Martín, Expulsion (1949), 71–75; vgl. Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), 198f. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 295. Ebd., Nr. 292.

Versuchte Totalexklusion: Die Vertreibungsedikte von 1510 und 1514

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erwähnt.158 Offensichtlich waren diese je besondere. In den anderen überlieferten Gesuchen finden sich zwei Argumente, mit denen die Betroffenen Einspruch gegen ihre Vertreibung erhoben: Das erste und am häufigsten belegte Argument sind abermals Heiratsbeziehungen zu Cristiani bzw. Cristiane de natura.159 Solche Heiratsverbindungen waren offensichtlich ein Grund, von der Vertreibung ausgenommen zu werden, den die vizekönigliche Bürokratie akzeptierte. Denn am 1. Februar 1515 erteilt das Consiglio Collaterale dem Steuereinnehmer für die Capitanata den Befehl, zu überprüfen, ob die Behauptungen von einigen (Neuchristen) aus Manfredonia mit cristiane bzw. cristiani de natura verheiratet zu sein, zuträfen und dem Consiglio Collaterale eine Liste mit den entsprechenden Personen zukommen zu lassen.160 Das zweite Argument, mit dessen Hilfe Neuchristen nach 1514 der Vertreibung entgehen konnten, war die Zugehörigkeit zum Klerikerstand. Dieses Argument brachte 1515 auch Antonio de Gello, der Neffe des ehemaligen Präsidenten der Regia Camera della Sommaria, Iacobo de Gello aus Trani, vor. Sein ganzer Besitz in Molfetta, Mobilien wie Immobilien, war mit dem Argument sequestriert worden, er sei neofita und deshalb von dem Ausweisungsedikt betroffen. Er konnte jedoch beim Vizekönig ein Dekret erreichen, dass er als Kleriker von jeglichem Ausweisungsedikt ausgenommen sei. Die Königin ordnete daraufhin die Herausgabe seines Besitzes an.161 Dass Beispiel Antonio de Gellos zeigt damit auch, dass die Neuchristen nach 1514 wie bereits nach 1510 nicht nur von der Vertreibung, sondern auch wieder einmal vom Verlust ihres Vermögens bedroht waren. Beide Vertreibungsedikte bestimmten zwar, dass die Ausgewiesenen – im Jahr 1510 Juden und Neuchristen, 1514 dagegen nur Neuchristen – in ihrem Besitz nicht geschädigt werden sollten. Sowohl nach 1510 wie nach 1514 sind jedoch Klagen über Beschlagnahmungen belegt, die die lokalen Autoritäten vornahmen.162 Wie nach 1510 wurden offensichtlich die Personen aufgrund ihrer Familiennamen als Neuchristen identifiziert, die unter das Vertreibungsedikt fielen. Dies zeigt das Beispiel des Sancio Capuano, der aufgrund seines Cognomens als Neuchrist galt und vertrieben werden sollte. Dass die betroffenen Neuchristen ihre Gesuche um Verschonung von der Vertreibung nach 1514 nicht mehr begründeten, indem sie ihre Abstammung de linea Iudayca bestritten, lässt vermuten, dass man die Hürden für einen solchen ‚Beweis‘ nun höher gelegt hatte. Dennoch entgingen auch diesmal viele derjenigen, die den Cristiani de natura bzw. anderen Christen ihrer Umwelt als Cristiani Novelli galten, der Vertreibung, ohne dass sich freilich genau bestimmen ließe, wie groß der Anteil der Neuchristen Apuliens war, 158 159 160 161

162

Ebd., Nr. 293, 304. Ebd., Nr. 298f., 301. Ebd., Nr. 294. BCBi, Fondo Rogadeo. Ms. A 19, 74r.; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; auch ein Angelo Secondo aus Monopoli wird von der Vertreibung ausgenommen per essere in sacris ordinibus constitutus; Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 303. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 297, 302.

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Die Vertreibung aus Trani 1495 und die Vertreibungsversuche aus dem Reich

der nach 1514 im Königreich Neapel blieb bzw. wieder in dieses zurückkehrte. Im Oktober 1516 schreibt die Regia Camera della Sommaria an den Kommissar der Capitanata, er solle Informationen über die Haushalte der Cristiani Novelli von Manfredonia einholen absentati da epsa cita ultimamente per virtu dela regia pragmatica. Die Camera hatte nämlich erfahren, dass die 60 Haushalte, die nach Informationen der Stadt Manfredonia die Stadt verlassen hatten, in ihrer Mehrzahl zurückgekehrt seien und sich wieder in Manfredonia niedergelassen hätten. Um dies überprüfen zu können, schickte die Camera dem Kommissar eine Aufstellung der Namen der 60 männlichen Haushaltsvorstände, deren Steuersumme von der Steuerlast der Stadt abgezogen worden war.163 Viele dieser Namen, teilweise sogar die Personen selbst, sind noch Anfang der 30er-Jahre des 16. Jahrhunderts in Manfredonia belegt.164 Auch die Familien, die 1495 als Cristiani Novelli aus Trani vertrieben wurden und 1510 und 1514 von der Vertreibung aus dem Regno di Napoli bedroht waren, sind in vielen Orten der Terra di Bari, aber auch andernorts im Königreich Neapel bis zum Ende des 16. Jahrhunderts und teilweise auch darüber hinaus immer wieder in den Quellen belegt. Man bezeichnete sie offensichtlich auch weiterhin, zumindest okkasionell, als Cristiani Novelli. Im Jahr 1550 ordnete der Senat von Venedig die Vertreibung aller Marrani aus der Stadt an und verbat seinen Bürgern bei schweren Strafen jeden Umgang mit ihnen. Hiergegen legten die venezianischen Kaufleute Protest ein. Dies würde für sie gravierende Verluste bedeuten, allein wegen der Außenstände, die sie bei vielen hätten, die als Marrani galten, vor allem bei Spaniern und Portugiesen in Flandern, Lyon, Florenz, Livorno und Rom. Und die gleichen intensiven Geschäftsbeziehungen unterhielten sie auch „mit jenen, die man Cristiani Novelli nennt, die in Apulien leben.“ Denn diese führten von dort ihr Öl, ihr Getreide und andere Früchte Apuliens aus und verkauften sie in dieser Stadt. Die Einkünfte daraus investierten sie in Tuche und andere Waren. „Auch bei dieser ganzen Nation“, sowohl mit denjenigen, die in dieser Stadt, also in Venedig, als auch mit denen, die außerhalb Venedigs lebten, hätten sie in ihren Büchern Soll und Haben stehen, aus den Geschäften, die sie täglich mit ihnen abwickelten und aus denen langfristige Verpflichtungen resultierten, die sie bei ihrer Ehre nicht ändern oder kündigen könnten.165

163 164

165

Ebd., Nr. 308. Coniglio, Ebrei e Cristiani Novelli a Manfredonia (1968); Ognissanti, Ebrei a Manfredonia (1980–82), 87–89. Kaufmann, Vertreibung der Marranen aus Venedig (1901), 527: […] Succede anche la medesima negociation con quelli che chiamano Cristiani novelli, che habitano in Puglia, perché ne drezano lor’ogli, lor’formenti, et altri frutti della Puglia, per vender in questa Città, li retratti delli quali costumano far investir in Panni, tele, et altre diverse mercantie, che fanno per loro. Havemo anche con tutta questa nation, tanto con li habitanti in questa città, quanto fuori di essa conti diversi scritti suli nostri libri in dar et in haver, per li negocii passati et che passano giornalmente tra loro et noi, con li quali havemo tempi longi in pagar et resquoter, quali non podemo alterar, ne preiudicar in modo alcuno per honor nostro […].

V. Sprache und soziale Praxis: Die Neuchristen im Wissen der Zeitgenossen

1. Neofiti, Cristiani Novelli und die anderen: Semantik der Differenz zwischen Inklusion und Exklusion Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit ist ein gesellschaftliches Wissen und damit eine Wirklichkeit, die wie jede gesellschaftliche Wirklichkeit symbolisch, und das heißt zunächst einmal sprachlich konstituiert ist. Sprachgebrauch ist daher für die Inklusion bzw. Exklusion von sozialen Gruppen ein entscheidender Faktor. Das bedeutet nicht, dass Inklusion bzw. Exklusion ausschließlich oder ‚letztinstanzlich‘ sprachliche Phänomene sind. Es geht auch hier nicht „um die abstruse Frage, ob es noch etwas anderes als Texte gebe, sondern darum, wie die nichtsprachlichen Dinge ihre Bedeutung erlangen.“ Konkret geht es im Folgenden um den Bedeutungsraum der Kategorien, mit denen die Zeitgenossen konvertierte Juden und ihre Nachkommen nach 1292 sprachlich fassten, denn diese Kategorien und ihre Bedeutungen änderten sich während des Zeitraums von 1267 bis 1514 mehrfach. Und dies hatte Folgen für die Inklusion bzw. Exklusion der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen. Mit ‚Zeitgenossen‘ sind hier allerdings nur die christlichen Zeitgenossen gemeint, denn der Sprachgebrauch ihrer jüdischen Zeitgenossen ist nicht belegt. Für die Analyse des Sprachgebrauchs einer gegebenen Gesellschaft in historischer Absicht steht eine Reihe von Theorieangeboten zur Verfügung. Die wichtigsten sind die Diskursanalyse im Anschluss an Foucault, die Analyse von Wahrnehmungsschemata im Gefolge von Bourdieu und eine systemtheoretisch informierte historische Semantik.1 Bei allen Divergenzen gibt es auch eine Reihe von Konvergenzen zwischen diesen Ansätzen.2 Dies gestattet es, im Folgenden Anleihen bei allen der drei erwähnten theoretischen Ange-

1

2

Foucault, Ordnung des Diskurses (1991); Ders., Archäologie des Wissens (1997); Bourdieu, Was heißt sprechen (1990); Luhmann, Gesellschaftsstruktur und Semantik (1980); Ders., Liebe als Passion (1982). Zu den Konvergenzen zwischen Foucault und Bourdieu vgl. Landwehr, Historische Diskursanalyse (2008), 79–83; stäker auf die Divergenzen verweist Sarasin, Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse (2003a), 17f.; zum Verhältnis von Diskursananlyse und Systemtheorie vgl. Link, Diskursund Systemtheorie (2003); vgl. auch Stäheli/Stichweh, Inclusion/Exclusion – Systems Theoretical and Poststructuralist Perspectives (2002).

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Sprache und soziale Praxis: Die Neuchristen im Wissen der Zeitgenossen

bote zu machen. Die folgende Analyse des Gebrauchs der Kategorien, mit denen konvertierte Juden und ihre Nachkommen im spätmittelalterlichen Apulien und im Königreich Neapel bezeichnet wurden, beruht auf wenigen grundlegenden Einsichten, die in den erwähnten Theorienangeboten bzw. deren Rezeption und Umsetzung in der Forschung unterschiedlich stark akzentuiert werden: Sprachgebrauch lässt sich nicht allein auf die Intentionen und Motive der jeweiligen Sprecher zurückführen. Denn „[d]asjenige, was Gesellschaften und Individuen als Wissen und Wirklichkeit akzeptieren, ist zwangsläufig immer kulturell vermittelt, wie aus der Tatsache deutlich wird, dass wir unsere Welt nie frei einrichten können […], sondern sie immer schon eingerichtet, das heißt geordnet und mit bestimmten Sinnmustern versehen, vorfinden.“3

Eben diese Wirklichkeit wird den Sprechern durch institutionalisierte Redeweisen zur Verfügung gestellt, derer sie sich bedienen müssen.4 In solchen institutionalisierten Redeweisen sedimentierte sich auch das Wissen über die Neuchristen. Die Untersuchung des Wissens, das im spätmittelalterlichen Süditalien über die Neuchristen vorhanden war, fragt daher nach den institutionalisierten Redeweisen, den Bedingungen und Kontexten, unter denen bzw. in denen sie entstanden und nach ihrem Wandel. Dennoch entziehen sich die institutionellen Redeweisen nicht völlig der Verfügbarkeit der Sprecher. Menschen nutzen nicht nur die vorgefundenen Symbolsysteme.5 Der Bedeutungsraum eines Wortes ist nicht stabil, „er wird ständig von unterschiedlich situierten Sprechern gedehnt und verzerrt, die in sozialen und politischen Auseinandersetzungen darum ringen, gültige Versionen von Wirklichkeit durchzusetzen.“ 6

Dabei wird ein Wort für die politisch-soziale Sprache gerade dadurch zentral, „daß es eine sozial umkämpfte Projektion unterschiedlicher Sichtweisen der Gesellschaft darstellt.“7 Für die Produktion des jeweiligen Bedeutungsraums eines Wortes ist das institutionelle Umfeld, vor allem die Machtverhältnisse, in denen dieser entsteht, daher entscheidend.8 Eine zentrale Rolle kommt dabei der Grenzziehung, der Unterscheidung, der Klassifizierung und der Differenzierung zu. Denn etwas kann nur entstehen und als existent wahrgenommen werden, wenn es von etwas anderem abgegrenzt und als existierend konstruiert wird.9 Gerade hierauf beruht die zentrale Bedeutung der Kategorien, mit denen im Königreich Neapel vom Ende des 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts konvertierte Juden und ihre Nachkommen sprachlich gefasst wurden, für die semantische Dimension von Inklusion- bzw. Exklusion der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen. 3 4 5 6 7 8 9

Landwehr, Historische Diskursanalyse (2008), 91. Schöttler, Angst vor dem ‚linguistic turn‘ (1997), 139. Lüdtke, Geschichte und Eigensinn (1994), 145f. Landwehr, Historische Diskursanalyse (2008), 91. Algazi, Herrengewalt (1996), 22. Bourdieu, Was heißt sprechen (1990), 7–17. Landwehr, Historische Diskursanalyse (2008), 83.

Neofiti, Cristiani Novelli und die anderen

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Die Untersuchung des Bedeutungsraums dieser Kategorien fragt daher nach den denotativen und konnotativen Bedeutungen dieser Kategorien und nach ihren jeweiligen sprachlichen Oppositionen, nach den spezifischen institutionellen und geografischen Kontexten dieser Bedeutung und nach ihrem Wandel. Dabei soll ein zeitlicher Schnitt beim Jahr 1495 gemacht werden. Denn es wird sich zeigen, dass dieses Jahr auch für die Kategorien, mit denen getaufte Juden und ihre Nachkommen im Königreich Neapel, in Apulien und in Trani bezeichnet wurden, eine Epochenschwelle markiert.

Ehemalige Juden – Neue Christen: Kategorien für getaufte Juden und ihre Nachkommen 1267 bis 1495 Dass es im Sprachgebrauch überhaupt eigene Kategorien für konvertierte Juden bzw. ihre Nachkommen gab, versteht sich keinesfalls von selbst, sondern ist erklärungsbedürftig; stand doch gleichsam am Beginn der christlichen Wissensordnung das Konzept der Einheit aller Christen in Christo durch die Taufe. Dies hatte der Apostel Paulus mehrfach betont, etwa in Galater III, 28: Non est Iudaeus neque Graecus […] Omnes enim vos unum estis in Christo Jesu. Diese und andere ähnliche Aussagen des Apostels wurden im Spätmittelalter in Spanien, aber auch in Apulien von den Verteidigern von Neuchristen und ihren Nachkommen immer wieder angeführt.10 Während der ersten gut 25 Jahre, die von der Zeit der ersten belegten Konversionen 1267 bis zu den Jahren unmittelbar nach der Massenkonversion von 1292 vergingen, existierten im durch die Quellen dokumentierten Sprachgebrauch auch keine eigenen Nomina, mit denen konvertierte Juden bezeichnet worden wären. Getaufte Juden wurden entweder als Christiani bezeichnet. Im Jahr 1290 etwa wird ein Jude Ribamelis aus Neapel durch den Inquisitor verurteilt, weil er einen Paulus christianus zum Judentum zurückgeführt haben soll.11 Oder aber die Sprecher bildeten mithilfe von Adverbien oder Partizipien gleichsam Unterkategorien von Iudeus. Dabei ist die Form olim iudeus bzw. hebreus relativ selten belegt. Zwei magistri Petrus und Robertus aus Neapel etwa sind 1292 olim hebrei.12 Die regelmäßige semantische Form für den Gegenstand des konvertierten Juden war eine Form, die diesen Sachverhalt mithilfe der Verbform des Partizips und – seltener – ähnlicher Konstruktionen gleichsam beschrieb. Sie ist zwischen 1267 und 1292 am häufigsten belegt. Bereits der Konvertit Manuforte wird 1267 als a Judayce infidelitatis errore ad fidem christianam conversus beschrieben. 1270 erscheint er gar als olim iudeus et synagoge iudeorum magister et iamdiu ad fidem Christianam reversus.13 In einem Anhang

10

11

12 13

Nirenberg, Mass Conversion and Genealogical Mentalities (2002), 24; zur Bezugnahme des apulischen Humanisten Antonio de Ferrariis auf diese Denkfigur s. u., 328f. RCA 32, ed. Maresca Compagna (1982), 66f.; Belege aus dem Jahr 1293 finden sich bei Galante, Nr. 13: Riccardus Christianus olim hebreus vocatus David; Nr. 19: Matheus qui dicitur Bibulus Christianus filius quondam Moysi hebrei. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 27. Del Guidice, Codice Diplomatico 3, (1902), Nr. 122.

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Sprache und soziale Praxis: Die Neuchristen im Wissen der Zeitgenossen

der Bulle Sicut Iudeis für die Juden Siziliens von 1281 wird die Bezeichnung iudeus baptizatus gebraucht.14 Noch 1292 werden die konvertierten Juden der Stadt Neapel in Mandaten, die befehlen, dass sie gemeinsam mit den übrigen christlichen Einwohnern der Stadt zur Subventio Generalis herangezogen werden sollten, als iudei ad fidem christianam conversi bzw. als iudei […] qui vero nunc effecti sunt christiani bezeichnet.15 Ab 1293 verschwindet diese semantische Form dann aus den Quellen und wird durch die Nomina Neofita/Neofitus und Christianus Novus/Novus Christianus bzw. deren Pluralformen ersetzt. Die Bezeichnung olim Iudeus erscheint zwar weiterhin in den Quellen, selten jedoch allein. Bis 1495 werden konvertierte Juden bzw. deren Nachkommen auf dem süditalienischen Festland ausschließlich als Neofiti oder Christiani Novi kategorisiert. Für letztere Bezeichnung ist zudem ab der Mitte des 15. Jahrhunderts regelmäßig die volkssprachliche Übersetzung Cristiani Novelli belegt. Diese durchgehend zu beobachtende Verdrängung der semantischen Form Iudeus ad fidem conversus belegt die Etablierung und Institutionalisierung eines neuen Sprachgebrauchs und wirft die Frage nach den Gründen dafür auf. Die Ablösung der semantischen Form Iudeus ad fidem (christianam[catholicam]) conversus durch die semantischen Formen Neofitus und Christianus Novus hatte eine Reihe von Effekten. Das Partizipium Coniunctum Iudeus ad fidem conversus brachte die jüdische und die christliche Identität der kategorisierten Person bzw. Gruppe in ein eindeutiges Verhältnis von Vorher und Nachher. Im Sprachgebrauch konnten so der vorherige (jüdische) Zustand und der jetzige (christliche) stark miteinander kontrastiert werden, etwa bei dem erwähnten Beispiel des Konvertiten Manuforte, der als a Judayce infidelitatis errore ad fidem christianam conversus bestimmt wird. Die Nomina Neofitus/Neofita und Christianus Novus/Novus Christianus implizieren zwar ebenfalls einen Übergang von einem vorherigen in einen späteren bzw. gegenwärtigen Zustand, bleiben jedoch bezüglich des zeitlichen Verhältnisses von jüdischer und christlicher Identität des Bezeichneten wesentlich unbestimmter. Auf der anderen Seite gilt jedoch, dass beide Kategorien den neuen Zustand akzentuieren und den alten nur noch implizieren, ohne ihn eindeutig zu benennen. Deutlich ist dies vor allem bei Christianus Novus, das gleichsam eine Unterkategorie von Christianus darstellt, während Iudeus ad fidem conversus eine Unterkategorie von Iudeus ist. Auf die semantischen Konsequenzen hiervon wird noch einzugehen sein. Als semantische Formen sind Neofitus und Christianus Novus auf jeden Fall wesentlich unbestimmter als Iudeus ad fidem conversus und eröffnen somit tendenziell einen neuen Bedeutungsraum. Damit bringen sie die Offenheit der Situation nach der Massenkonversion zum Ausdruck, in der keineswegs entschieden war, welches Gewicht Inklusion und Exklusion künftig für die Stellung der Konvertiten und ihrer Nachkommen in der christlichen Gesellschaft haben würden.

14 15

Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 248. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 38, 52.

Neofiti, Cristiani Novelli und die anderen

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Freilich wurde dieser neue, latente Bedeutungsraum nicht zu jeder Zeit und nicht überall realisiert. Im Sprachgebrauch wurde das unbestimmte Zeitverhältnis von jüdischer und christlicher Identität der Neofiti bzw. Christiani Novi häufig denotativ geklärt. Zahlreiche Quellen verwenden die Kategorien Neofitus bzw. Christianus Novus und olim Iudeus gleichsam in einem Atemzug und bestimmen den Neugepflanzten bzw. Neuchristen so als einen ehemaligen Juden; wie etwa jene bereits erwähnte Serie von Privaturkunden, in denen eine Reihe von Neofiti bzw. Christiani Novi aus Bari ihre Oblatio an die Basilika des hl. Nikolaus zu Bari dokumentieren: Gualterius de Carbonaria novus christianus de Baro, olim vocatus Moyses ebreus, Recuperus neophidus olim ebreus vocatus Iosep, Angelus neophidus olim ebreus vocatus Sabbatus, Nicolaus neophidus de Baro olim ebreus vocatus Ysaac, Angelus neophidus de Baro olim ebreus vocatus Abraam.16 Der Erzbischof von Trani bezeichnet die getauften Juden in seiner Diözese 1328 als neophiti, qui ex plebe […] Judeorum ad fidem Catholicam inibi sunt conversi bzw. als neophiti ex iudeis conversi ad fidem.17 Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gibt es dann jedoch erste Belege für eine Erweiterung des Bedeutungsraums der Kategorien. Als Neofiti bzw. Cristiani Novelli konnten seit dieser Zeit nicht nur konvertierte Juden, sondern auch ihre Nachkommen bezeichnet werden. So klagten im Jahr 1377 die Vertreter der Stadt Trani bei Königin Johanna II. über ihren Erzbischof unter anderem, weil er von den neophidi und ihren Nachkommen, die sich der vollen Freiheit erfreuen sollten wie die anderen Traneser, verschiedene Geldsummen eintrieb, ihnen nach Gutdünken Steuern auferlegte und sie in jedweder Angelegenheit vor sein kirchliches Gericht zwang, während er die königlichen Justitiare und Vögte exkommunizierte und Synodalbeschlüsse gegen sie erwirkte, wenn sie die erwähnten Neofiti (dictos neophidos) vor ihre Gerichte zögen.18 Zu Beginn des Passus ist von „Neofiti und ihren Nachkommen“ (a neophidis eorumque filiis) die Rede, an seinem Ende nur von den „erwähnten Neofiti“ (dictos neophidos). Dabei ist aus dem Zusammenhang ersichtlich, dass die „erwähnten Neofiti“ jene sind, die zu Beginn als „Neofiti und ihre Nachkommen“ bezeichnet worden waren. Der Bedeutungsraum der Kategorie Neofiti umfasst hier also, wenn man so will, sowohl Neofiti in einem engeren als auch in einem weiteren Sinne, nämlich einerseits konvertierte Juden und andererseits die Nachkommen konvertierter Juden. Wie diese Erweiterung des Bedeutungsraums von Neofitus bzw. Christianus Novus im zeitgenössischen Sprachgebrauch elaboriert wurde, belegen zwei Dokumente, die entstanden, als Mitte des 15. Jahrhunderts die inquisitorische Verfolgung nunmehr der Nachkom-

16 17 18

CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 103, 116, 124, 127f. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1, Nr. 336. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 35: […] Et inter alia quod ipse archiepiscopus a neophidis eorumque filiis qui gaudere debent libertate plena qua gaudent alii trani exigit diversas pecuniarum summas. Eisque collectas imponit pro libito et cogit eos coram suo et ecclesiastico suo iudicio in causis quibuscumque respondere excommunicando et constitucionem sinodalem divulgando tam contra iusticiaros nostros quam [contra] baiulos si dictos neophidos ad eorum iudicia traherent quoquo modo […]; vgl. Vitale, Un particolare ignorato (1926), 234.

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Sprache und soziale Praxis: Die Neuchristen im Wissen der Zeitgenossen

men der Konvertiten von 1292 wieder auflebte: die Bulle Eugens IV. für die Cristiani Novelli von Trani von 1446 und die Bulle Nikolaus’ V. für den Inquisitor Petrus de Mistretta vom September 1453. Vor allem an Letzterer wird auch deutlich, dass die erweiterte Bedeutung der Bezeichnungen sich nicht von selbst verstand, denn elaboriert wird der erweiterte Bedeutungsraum hier nicht zuletzt, um zu erklären, wer denn die Personen sind, die man Neofiti bzw. Cristiani Novelli nennt. So heißt es in der Bulle Eugens IV., in der zudem erstmals die volkssprachliche Variante von Christiani Novi, nämlich Cristiani Novelli bzw. Novelli Cristiani belegt ist, es sei dem Papst zu Ohren gekommen, dass viele Christgläubige, die in der Volkssprache neofiti oder christiani novelli genannt würden und in der Stadt und Diözese von Trani lebten, von anderen Gläubigen als Ketzer behandelt und bezeichnet würden, weil man ihnen und ihren Vorfahren, die freilich vor längst vergangenen Jahren von der göttlichen Gnade erleuchtet vom Judentum zum katholischen Glauben übergetreten seien, nachsage, seit der Zeit ihres Übertritts gewisse besondere Sitten, Bräuche und Lebensformen (mores, ritus seu vivendi modos singulares) befolgt zu haben und noch zu befolgen, die sich sehr von denen der anderen Christgläubigen jener Stadt und Diözese unterschieden.19 Ganz ähnlich heißt es in der Bulle Nikolaus’ V.: Der Papst habe erfahren, dass in verschiedenen Städten und Orten des Königreiches Sizilien diesseits des Faro viele Menschen beiderlei Geschlechts lebten, die neophiti genannt würden. So wie die anderen Christen empfingen sie öffentlich die Taufe und die anderen Sakramente der Kirche. Ihre Vorfahren freilich seien Juden gewesen, die vor mehr als 150 Jahren mehr gezwungen als freiwillig zu Christen gemacht worden seien. Und so habe die Mehrheit von ihnen bis zum heutigen Tage die Riten und Zeremonien der Juden beibehalten und glaube nicht an die Religion der Christen.20 In beiden Bullen wird die Bedeutung der Kategorien Neofitus und Christianus Novus (bzw. Cristiano Novello) in gleicher Weise erläutert. Neofiti bzw. Cristiani Novelli sind sowohl Juden, die getauft wurden, als auch Nachkommen von Juden, die getauft wurden und die jüdische Bräuche praktizierten bzw. denen man dieses nachsagte. Vor allem der Text der Bulle Nikolaus’ V. belegt dabei, dass sich das Gewicht der Bedeutung Mitte des 15. Jahrhunderts noch weiter in Richtung auf die Nachkommen konvertierter Juden verschoben hatte. Die jüdische und die christliche Identität der kategorisierten Person bzw. 19

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750: […] pro eo quod ipsi eorumque antecessores, licet a quamplurimis annis iam decursis, divina illustrati gratia, de Iudaismo ad Catholicam fidem conversi, ab illorum conversionis huiusmodi temporibus quosdam mores, ritus, seu vivendi modos singulares, plurimumque diversos ab illis aliorum Christifidelium ipsarum civitatis et diocesis observasse et oberservare dicuntur, per dictos alios fideles velut heretici habiti et reputati […]. Lonardo, Abiura (1907), 584 = Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814: […] Nuper siquidem intelleximus, quod in diversis civitatibus et locis regni Cicilie citra Farum habitant quamplures homines utriusque sexus, neophiti nuncupati, qui baptismum et alia sacramenta Ecclesie in publico recipiunt sicut ceteri christiani, quorum antecessores fuerunt Iudei, quique pro maiori parte iam sunt elapsi anni centum quinquaginta quod magis cohacte quam voluntarie effecti fuerunt christiani et usque in hodiernum diem pro maiori parte servaverunt ritus et ceremonias Iudeorum non credentes fidei christiane […].

Neofiti, Cristiani Novelli und die anderen

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Gruppe standen nun nicht mehr in einem eindeutigen zeitlichen Verhältnis von Vorher und Nachher. Die Kategorien Neofitus bzw. Cristiano Novello brachten vielmehr eine Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen zum Ausdruck: Sie bezeichneten Personen, die Christen waren, aber gleichzeitig als jüdisch galten. Diese Bedeutung der Kategorien war jedoch allem Anschein nach Produkt eines apulischen Sondersprachgebrauchs, dessen Zentrum offensichtlich in Trani lag. Außerhalb von Apulien wurde diese erweiterte Bedeutung nicht immer verstanden. Im Kapitel 83 des 5. Buches seiner „Rerum gestarum Alfonsi regis libri“ erzählt der Hofhistoriograf König Alfonsos I., Bartolomeo Facio, etwa zur gleichen Zeit von der Übergabe der Stadt Trani an König Alfonso während der dynastischen Auseinandersetzungen mit René von Anjou im Jahr 1438. Die Ursache dafür, dass die Stadt zu Alfonso überging, soll Facio zufolge gewesen sein, dass der Patriarch von Aquilea, der auf Seiten des Anjou stand, vorgehabt hätte, „von den Juden, die kürzlich zum christlichen Gesetz übergegangen waren und von denen es viele in jener Stadt gab“, eine große Geldsumme für die Finanzierung des Krieges zu fordern.21 Nun gab es jedoch im Trani der späten 30er-Jahren des 15. Jahrhunderts keine Juden, die vor kurzem die Taufe empfangen hatten. Wen es dort tatsächlich in großer Zahl gab, waren die Nachkommen der Konvertiten von 1292, die man dort als Neofiti bzw. Cristiani Novelli bezeichnete. Dass diese Wörter auch Nachkommen von konvertierten Juden bezeichneten, entsprach jedoch offensichtlich nicht dem Sprachgebrauch am Hof in Neapel, und so übersetzte Facio sie im Sinne der Bedeutung, die sie bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts im Königreich Neapel allgemein und danach außerhalb von Apulien weiterhin hatten: als kürzlich zum Christentum übergetretene Juden. Auch später führte der apulische Sondersprachgebrauch immer wieder zu Missverständnissen, die aufwendig geklärt werden mussten, vor allem als es nach der französischen Invasion 1495 auch in Apulien wieder zu Zwangstaufen kam und am Königshof wiederholt restriktive Maßnahmen gegen Neofiti und Cristiani Novelli verkündet wurden. Im Oktober 1497 etwa wies König Federico I. den Vizekönig an, dass die kürzlich ergangene Verordnung, die den Juden und christiani novelli verbiete, das regno zu verlassen und Waren aus diesem auszuführen, erlassen worden sei, um „Juden und jene die unlängst von Juden zu Christen gemacht worden seien“, davon abzuhalten, das Reich zu verlassen, nicht jedoch die mercanti aus Trani. Diese Kaufleute aus Trani waren ja die Nachkommen der konvertierten Juden von 1292, die sich seit den 60er-Jahren des 15. Jahrhunderts selbst als Mercatores bezeichneten, von ihrer Umwelt aber weiterhin als Cristiani Novelli bezeichnet wurden. Man hatte sie unter Berufung auf das Edikt gegen Juden und Cristiani Novelli an der Ausfuhr von Waren hindern wollen, und sie hatten sich deshalb an den König gewandt.22 21

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Facio, ed. Pietragalla (2004), 212: […] Causa vero deditionis fuit quod vulgatum erat Patriarcham eo ire statuisse uti a Iudaeis ad Christianam legem recens profectis, qui multi in ea urbe erant, grandem pecuniam in belli sumptum exigeret […]. Vitale, Trani (1912), Nr. 82: […] Nelli di passati per contener li Iudei et quelli che so novamente da Iudei fatti cristiani, che non se partessero dal regno scripsemo ala S.ma Regina nostra consorte che

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Außerhalb von Apulien scheinen die Kategorien Neofitus und Christianus Novus nach der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zum Ende des 15. Jahrhunderts zudem fast völlig aus den Dokumenten, und das heißt auch aus dem Sprachgebrauch zu verschwinden. Dies zeigt, dass Gebrauch, Erweiterung des Bedeutungsraums, aber auch schon die Entstehung der Kategorien an spezifische institutionelle, politische und soziale Rahmenbedingungen geknüpft waren, die außerhalb von Apulien nach der Mitte des 14. Jahrhunderts offensichtlich nicht mehr existierten. Die Bezeichnung Novus Christianus erscheint das erste Mal in einem nur als Regest überlieferten Mandat vom Frühjahr 1293, das anweist, die novi christiani von Neapel sollten an ihrem Wohnort (also gemeinsam mit den Christen) besteuert werden.23 Im Jahr zuvor waren mehrere Mandate ergangen, in denen dies ebenfalls bereits – und augenscheinlich ohne Erfolg – angeordnet worden war. In ihnen waren die Konvertiten noch als Iudei ad fidem christianam conversi bzw. als Judei qui effecti sunt Christiani bezeichnet worden.24 Möglicherweise wollte man sie nun semantisch deutlicher als Christen markieren, um zu erreichen, dass sie mit den Christen und nicht mehr mit den Juden zur Besteuerung herangezogen würden. Der erste Beleg für die Verwendung der Kategorie Neofitus erscheint dann ein gutes Jahr später in einem Dokument, in dem es ebenfalls um die Steuern der konvertierten Juden geht: am 1. Mai 1294 im Privileg für die getauften Juden von Neapel, das die Serie der Privilegien eröffnet, mit denen die Konvertiten von 1292 zu Lebzeiten von der Subventio Generalis und anderen Steuern an die königliche Kammer befreit werden. Das Privileg ist stilisiert als Belohnung einstiger Juden (dudum hebreis) für ihre lobenswerte Bekehrung (laudanda conversio) und befreit die Neofiti selbst, solange sie leben (Neofitos ipsos dum vixerint), von der Subventio Generalis und anderen Abgaben. Dabei weist das Privileg gleichzeitig mit großem Nachdruck darauf hin, dass nach dem Tod der Neofiti deren Nachkommen gemeinsam mit den anderen Christen an den Orten, an denen sie leben, die Subventio und die anderen Steuern und Abgaben an den Hof zahlen müssten.25 Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wird die Kategorie Neofitus in Kampanien fast ausschließlich in Texten verwendet, die Steuerleistungen thematisieren. Daneben ist sie nur noch in Privaturkunden überliefert. Man ist fast geneigt zu sagen, die Kategorie bezeichnete dort in erster Linie eine ‚Steuerklasse‘ für getaufte Juden, die auf Lebzeiten von der Subventio und anderen Abgaben an die königliche Kammer befreit waren. Mit dem Tod dieser getauften Juden verschwindet ab der Mitte des 14. Jahrhunderts auch diese ‚Steuerklasse‘ und mit ihr die Kategorie aus den Quellen.

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facesse banno et ordinacione per la provincia che non permetessero Iudei et christiani novelli ensir fora del regno, nè extrahere robe: lo che sentendose pe li mercanti de Trani, dubitando che lo banno non fosse interpretato contra loro hebero recurso alle Ser.ma Regia […] et perchè la intention nostra non è stata comprendere li mercanti de Trano in dicto banno, […] perché la intention nostra non è stata comprender loro in dicta ordinatione ma solamente li Iudei et li christiani novamente baptizati […]. RCA 44/2, ed. Palmieri (1999), 26: Notatur quod novi christiani Neapolis taxentur in plateis, in quibus habitant. RCA 38, ed. Palmieri (1991), 38, 52. RCA 47, ed. Pilone (2003), 55f.

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Die enge Bindung der Kategorie Neofitus an den Kontext des Steuersystems hatte exkludierende und inkludierende Effekte. Wie wahrscheinlich jedes Steuersystem produzierte auch das Steuersystem des Königreiches Neapel systematisch die Rede vom ‚überforderten Steuerzahler‘. Die Neofiti wurden daher vielfach als Last für die Universitates repräsentiert, da ihre Befreiung von der Subventio die Lasten für die anderen erhöht hätte. Vor allem wurde ihnen zu Beginn des 14. Jahrhunderts mancherorts Wucher vorgeworfen, um so zu legitimieren, dass man sie zu Zahlungen genötigt hatte. Die Kategorie des Neofitus wurde im Kontext der Rede vom überforderten Steuerzahler also mit neuen Konnotationen versehen, die eindeutig exkludierend waren, auch wenn der Wuchervorwurf nicht unbedingt bedeutete, dass den konvertierten Juden eine Devianz unterstellt wurde, die als spezifisch jüdisch galt. Die konvertierten Juden selbst wiederum wurden im Kontext dieser Rede vom überforderten Steuerzahler gleichsam dazu gebracht, die ihnen zugewiesene Kategorie selbst zu benutzen, um so ihre eigene Überforderung zu begründen, nämlich durch die unrechtmäßigen Versuche, sie in Verletzung ihrer Immunität zur Zahlung der Subventio zu nötigen. So trugen auch sie zur Einschreibung der Kategorie in den Sprachgebrauch bei, die sie als different zu den anderen Christen markierte, und damit tendenziell auch der exkludierender Konnotationen der Kategorie. Allerdings: All dies geschah nur für die Lebenszeit einer Generation. Die Immunitätsprivilegien hatten klar bestimmt: Nach dem Tod der als Neofiti kategorisierten einstigen Juden sollten deren Nachkommen Steuern zahlen wie die anderen Christen. Damit wurde eine hohe Hürde für eine Bedeutungserweiterung der Kategorie Neofitus errichtet, die auch die Nachkommen der einstigen Juden eingeschlossen hätte. Denn eine solche hätte einen Effekt gehabt, den die königliche Kammer von Anfang an verhindern wollte: die Übertragung des Immunitätsprivilegs auf die Nachkommen der Konvertiten. Für diejenigen, die mit der Steuereintreibung befasst waren – und das heißt auch für die Städte und ihre Eliten –, verbot es sich geradezu, die Kategorien Neofitus und Christianus Novus auch auf die Nachkommen der getauften Juden von 1292 zu übertragen. Denn dies hätte mit sich gebracht, dass man nicht mehr hätte unterscheiden können zwischen den Konvertiten von 1292, die sich zu Recht auf das Immunitätsprivileg von 1294 berufen konnten, und ihren Nachkommen, für die dieses expressis verbis bestimmt hatte, dass sie gemeinsam mit den anderen christlichen Bewohnern die Subventio zahlen sollten. Dass außerhalb von Apulien und vor allem von Trani ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Kategorie des Neofitus fast vollständig aus den Quellen – und das heißt aus dem Sprachgebrauch – verschwindet, hat hierin wohl eine seiner Hauptursachen. Der zweite institutionelle Kontext, in dem die Kategorie Neofitus früh belegt ist und in dem sie bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts gleichsam einen festen Sitz hatte, war natürlich die Inquisition. Es ist ein Text, der auf Veranlassung eines Inquisitors produziert wurde, der nach den Belegen aus dem Kontext der Steuerverwaltung den frühesten Beleg für die Verwendung der Kategorie Neofitus enthält. Am 4. Juli 1294 ergeht ein Mandat an den Justitiar der Terra di Bari zugunsten des Inquisitors Iohannes de San Martino. Dieser hatte einen Stephanus aus Bari neophita vor sein Gericht zitiert tamquam de Catholica fide suspectus und da er dort nicht erschien tamquam contumax zur Konfiskation des Besitzes verurteilt. Da Stephanus noch zu der Zeit

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dum Hebraycum errorem colebat Geld an eine Reihe von Personen verliehen hat, forderte der Hof den Justitiar der Terra di Bari auf, die entsprechenden Summen bei den Schuldnern des Stephanus einzutreiben.26 Parallel zu der Verschiebung des Verfolgungsinteresses der Inquisitoren von den jüdischen Helfern rückfälliger Konvertiten auf die konvertierten Juden selbst beginnen die Texte, die auf Betreiben der Inquisitoren verfasst wurden, sich einer neuen Kategorie, der des Neofitus, zu bedienen, die im Vergleich zu den zuvor gängigen semantischen Formen einen unbestimmteren Bedeutungsraum hatte. Die bis dahin etablierte semantische Form Judeus ad fidem conversus artikulierte eine sichere Konversion, ein ernsthaftes Bekenntnis zum neuen Glauben und war in diesem Sinne auch verwendet worden. Der Gegensatz Judeus conversus sed deinde reversus, der immerhin zweimal im Jahr 1270 belegt ist, brachte dagegen eine Sicherheit darüber zum Ausdruck, dass der Konvertit zum Judentum zurückgekehrt war.27 Der Neofitus jedoch konnte auch, wie der konvertierte Stephanus, nur de Catholica fide suspectus sein und deshalb mit dem Inquisitor zu tun bekommen. Der unbestimmtere Bedeutungsraum der Kategorie Neofitus eröffnete der Inquisition bei der Verfolgung konvertierter Juden also auch größere Spielräume, da er weniger Implikationen bezüglich der Rechtgläubigkeit der Konvertiten hatte und die Überwachung sämtlicher Konvertiten daher besser legitimieren konnte. In der Folgezeit wird der Verdacht bezüglich des katholischen Glaubens in den Texten der Inquisitoren sukzessive als Gewissheit und als Bedrohung für den christlichen Glauben repräsentiert. Im Jahr 1311 erhebt ein Inquisitor erstmals den Vorwurf, der auch 1446 und 1453 gegen die Neuchristen von Trani erhoben wird, dass die Neofiti Apuliens ihre vormaligen jüdischen Bräuche befolgten. Deshalb „befleckten sie sich mit dem Makel der Häresie und bedrohten die Festigkeit des christlichen Glaubens.“ 28 Zu einem regelrechten Bedrohungsszenario wird dies in einem Mandat Königin Johannas I. von 1368. Gewisse neophidi oder solche, die von neophidi abstammen, aus Brindisi und aus Alessano in der Terra d’Otranto und anderswoher, hätten in großer Zahl das christliche Bekenntnis geschändet, seien sogar von ihm abgefallen, seien wie Hunde zu ihrem Erbrochenen zur Finsternis der jüdischen Blindheit zurückgekehrt und hätten neue Judengemeinden errichtet. In bestimmten Gegenden habe „die Krankheit jener gottlosen Ketzerei, nämlich die Errichtung neuer Judengemeinden und Synagogen, sowohl durch die Abgefallenen als auch durch andere Juden, die sich in die Burgen und Orte flüchteten, zugenommen“

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RCA 46, ed. Cubellis (2002),153: […] Stephanus de Baro neophita dum Hebraycum errorem colebat mutuavit dudum per diversa tempora de proprio suo subscriptis omnibus decretis tibi provincie quantitatis [!] pecunie inferius designatas, que sunt de iure nostre curie rationabiliter devolute, eo quod predictus Stephanus citatus per eumdem fratrem Iohannem tamquam de Catholica fide suspectus coram eo non comparuit […]. RCA 4, ed. Mazzoleni (1952), 139: […] quod multi Iudei ad fidem Christianam conversi fuerunt et deinde ad Iudaismum sunt reversi […]; ebd. 158f.: Universis Iudeis Apulie, provisio quod non molestentur ad consignandum Judeos ad fidem conversos et deinde ad Iudaismum reversos […]. Valle, Compendio (1651), 105, s. u. Quellenanhang, Nr. 2/1.

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und bringe „mächtige neue Triebe“ hervor, so sehr, dass man fürchtete, „die ansteckende Seuche“ könnte die Herde des Herrn schleichend befallen und die „fleckige Lepra“ die christliche Religion verderben.29 Hier nun wurde sich einer der mächtigsten Metaphern für eine gleichsam unsichtbare, aber tödliche Bedrohung bedient: der Metapher der ansteckenden Krankheit, ja Seuche. Solcher Sprachgebrauch war höchst exkludierend, implizierte er doch tendenziell, dass nur die Ausrottung derjenigen, die die Krankheit übertrugen, deren Ausbreitung verhindern könnte – und das Mandat ermächtigt die Inquisitoren auch explizit, die Folter anzuwenden. Allerdings wurde dieses Mandat von 1368 erst auf päpstliche Initiative erlassen. Die inquisitorische Aktivität im Königreich Neapel war zu diesem Zeitpunkt ja bereits zum Erliegen gekommen, nicht zuletzt aufgrund des Widerstandes, den man ihr in Apulien entgegengesetzt hatte.30 Und damit fehlte der institutionelle Kontext, in dem die Kategorie Neofitus mit den Konnotationen von Häresie und Ansteckung verbunden wurde. Bis 1446 gibt es denn auch keine Belege mehr dafür, dass die Kategorien Neofitus und Christianus Novus auf diese Weise konnotiert worden wären. Die Kategorien Neofitus und Christianus Novus wurden also allem Anschein nach 1293/1294 in zwei institutionellen Kontexten ausgebildet, denen sie fast überall praktisch vollständig verhaftet blieben: der Finanzverwaltung und der Inquisition. Außerdem hatten sich bereits in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts Konnotationen der Kategorien Neofitus und Cristianus Novus etabliert, die durchaus Ansätze zu einer Semantik der Exklusion darstellten. Diese Ansätze blieben jedoch stecken. Denn mit dem Niedergang der Inquisition brach die eine der beiden Institutionen, innerhalb derer sich die Kategorien entwickelt hatten, gleichsam zusammen und mit ihr die Produktion exkludierenden Sprachgebrauchs. Und im institutionellen Rahmen der Finanzverwaltung war die Kategorie des Neofitus von Anfang an mit einem Verfallsdatum versehen worden. Mit dem Tod der Konvertiten von 1292 verschwand die Kategorie, die für sie reserviert war, aus den Texten, die durch die Finanzverwaltung produziert wurden. Allein in Apulien und vor allem in Trani, so scheint es, sprach man ab Mitte des 14. Jahrhunderts weiterhin von Neofiti und Christiani Novi, die man seit der Mitte des 15. Jahrhunderts auch volkssprachlich als Cristiani Novelli bezeichnete. Denn hier hatte sich ein Sprachgebrauch etabliert, in dem mit diesen Kategorien nicht nur getaufte Juden, sondern auch deren Nachkommen bezeichnet wurden. Diese Ausweitung des Bedeutungsraums war wohl Resultat einer spezifischen politisch-sozialen Auseinandersetzung um die

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CDBrindisi 2, ed. Pastore Doria (1964), Nr. 94: […] pristinis habitacionibus eorum relictis in terris Licii et Convertini de dicta provincia Terre Ydronti receptati sunt et domicilia constiterunt ibidem quodque similiter in eisdem partibus Terre Ydronti et ducatus Calabrie et specialiter in terris et locis magnificarum personarum comitis Altimontis ac comitisse et comitis Montisalti huiusmodi morbus hereticitatis nephande seu institutionis iudaycarum et sinagogarum novarum tam per renegatos quam iudeos alios ad castra et loca confugientens eadem invaluisse fertur et radicitus pululare, adeo quod veretur ne illius infectiva contagio dominicum gregem obrependo inficiat et maculosa lepra christianam religionem perniciose corrumpat […]. S. o., 91–94.

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Herrschaft über die Neofiti, die in Trani während des 14. Jahrhunderts und zu Beginn des 15. Jahrhunderts geführt wurde und in deren Rahmen der Bedeutungsraum der Kategorien Neofitus bzw. Christianus Novus durch einen spezifisch situierten Sprecher ausgedehnt wurde: den Erzbischof von Trani. Die erzbischöfliche Kirche von Trani hatte ja nach 1292 von den konvertierten Juden trotz ihrer Taufe weiterhin Steuern und die Unterstellung unter ihre Jurisdiktion verlangt. Das Dokument von 1377, das die Bedeutungserweiterung der Kategorie Neofitus auf die Nachkommen von Konvertiten erstmals belegt, ist eine Klage der Stadt Trani darüber, dass der Erzbischof Steuern und Unterstellung unter sein Gericht von den Neofiti der Stadt verlangt. Dass die Kategorie Neofitus in ihrer erweiterten Bedeutung eng mit der erzbischöflichen Herrschaft über die Nachkommen der konvertierten Juden verbunden war, zeigt auch der Vergleich der beiden Zinsregister der erzbischöflichen Kirche aus dem 15. Jahrhundert. Ersteres war 1408 entstanden, also zu einer Zeit, als die erzbischöfliche Kirche ihre Ansprüche auf die Herrschaft über die Nachkommen der konvertierten Juden von 1292 noch aufrechterhielt. In ihm werden 18 Personen als neofidus bzw. neofida kategorisiert.31 Das zweite Zinsregister entstand um 1432/33, also nachdem die Kirche von Trani um 1430 ihre Ansprüche auf die Steuern der Neofiti und die Gerichtshoheit über sie aufgegeben hatte. In ihm werden nur vier Personen als neofidus bezeichnet32; ein Indiz dafür, dass die Kategorie Neofitus mit dem Verlust der Herrschaft über die Neuchristen aus dem Sprachgebrauch der kirchlichen Schreiber verschwindet. Offensichtlich besaß sie für die erzbischöfliche Kirche nun weniger Relevanz. Allerdings war die erweiterte Bedeutung der Kategorie Neofitus zu diesem Zeitpunkt bereits auch außerhalb des institutionellen Rahmens der Traneser Kirche etabliert: nämlich im städtischen Kontext. Die erzbischöfliche Herrschaft hatte die konvertierten Juden und ihre Nachkommen zu einer Sondergemeinde vergesellschaftet bzw. eine solche Vergesellschaftung stark determiniert. Als diese 1413 in die Stadtverfassung eingeschlossen wurde, behielt man die Kategorie Neofitus bei, um sie zu bezeichnen. Erst 1466 erhielt sie, wohl auf Betreiben der Nachkommen der Konvertiten von 1292, eine neue Bezeichnung als Gruppe der Kaufleute. Von Trani ausgehend scheint sich die Kategorie dann in der Terra di Bari und den angrenzenden Regionen Apuliens verbreitet zu haben, vor allem als Mitte des 15. Jahrhunderts die Neuchristen von Trani fast geschlossen die Stadt verließen. Ob mit der Kategorie Neofitus im städtischen Raum auch deren Konnotation mit Häresie etabliert wurde, lässt sich nur schwer erkennen. Die erzbischöfliche Kirche von Trani hatte 1328 bei Papst Johannes XXII. erreicht, dass die Inquisitoren in der Diözese der Metropole Trani künftig nur noch mit Zustimmung und Mitwirkung der erzbischöflichen Kirche gegen die dortigen Neofiti vorgehen durften. Dabei hatte der Elekt von Trani darauf hingewiesen, dass er bereit sei, die Neofiti zurechtzuweisen bzw. eines Besseren zu belehren

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BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 3v, 5r, 8v (2), 9r, 10v, 11v, 14r, 17r, 18r (2), 20v, 24v (2), 25r, 25v, 26v (2). BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 41r, 46r, 52v, 75v.

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(corrigere).33 Er hatte also darauf hingewiesen, dass künftig die erzbischöfliche Kirche zuständig für etwaige religiöse Devianz der Neofiti sein würde. Reproduzierte sich mit der Kategorie im Rahmen der erzbischöflichen Kirche auch die Konnotation der Häresie? Und gelangte sie so in den städtischen Raum von Trani? Zumindest fällt auf, dass die Konnotation der Kategorien Neofitus bzw. Cristiano Novello mit Häresie während des 15. Jahrhunderts ausschließlich durch Quellen belegt ist, die sich auf die Neuchristen von Trani beziehen. Und 1495 wird nur in Trani die Vertreibung der Neuchristen explizit mit deren Häresie begründet.34

Neuchristen und andere Christen – oder: inkludierende Exklusion Die Kategorien Neofitus, Christianus Novus und Cristiano Novello markierten eine Differenz, die zunächst einmal unbestimmt blieb. Im Sprachgebrauch wurde sie jedoch zunächst im Sinne einer ehemaligen, mit der Erweiterung der Bedeutung zusehends im Sinne einer noch gegenwärtigen Jewishness denotiert, die ihrerseits wiederum als häretische Devianz konnotiert werden konnte. Die Kategorien produzierten im Sprachgebrauch also durchaus exkludierende Effekte. Allerdings sind Kategorien immer Produkt einer kommunikativen Operation, einer Unterscheidung, mit der sie gleichsam zusammenfallen. Sie bilden die Innenseite der Unterscheidung, wobei die nicht bezeichnete Außenseite mitgeführt wird und auch wieder in die Kommunikation eintreten kann.35 Für die Frage nach dem Verhältnis von Inklusion und Exklusion auf der Ebene der Semantik ist daher die Frage zentral: Wovon wurde unterschieden, wenn die Kategorien Neofitus, Christianus Novus bzw. Cristiano Novello kommunikativ produziert wurden? Die Antwort hierauf fällt überraschend eindeutig aus: Die Außenseite der Kategorien Cristiano Novello/Neofitus lautete vom späten 13. bis zum späten 15. Jahrhundert: „die anderen Christen“. Bereits die Steuerimmunitätsprivilegien bereiteten dieser Unterscheidung den Boden. Sie bestimmten, dass die Nachkommen der Neofiti cum aliis christicolis in der jeweiligen Stadt an ihren Wohnorten die Subventio Generalis aufbringen sollten.36 Der gleichen Unterscheidung bedient sich auch ein Mandat König Roberts I. von 1311 für den Inquisitor Matteo di Ponciaco, das Königin Johanna I. 1343 auf Veranlassung des Inquisitors Marchisino di Monopoli abermals ausgehen lässt. Es handelt sich dabei um jenes Mandat, mit dem der König bzw. die Königin anordnete, dass die Neofiti ihre bisherigen Wohnorte verlassen und sich inter alios ipsius Terrae, vel loci Christicolas niederlassen sollten.37 33 34 35

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 336. S. u., 332f. Spencer Brown, Laws of Form (1972), 1; Luhmann, Frauen, Männer und Spencer Brown (2003), 18; Farzin, Inklusion/Exklusion (2006), 91–93. RCA 46, ed. Cubellis (2002), 85f. […] ipsis vero neofidis vita functis defunctorumque heredes iuxta facultates suas in huiusmodi generalibus subventionibus, collectis et donis cum aliis Christicolis in civitate prefata locis videlicet quibus degunt contribuere teneantur […]. Valle, Compendio (1651), 107.

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Auch in den Texten, die entstanden, als sich die Neuchristen von Trani Mitte des 15. Jahrhunderts einer neuen Welle inquisitorischer Verfolgung ausgesetzt sahen, bediente man sich ähnlicher Unterscheidungen, und zwar unabhängig von der Sprecherposition und den Intentionen der Sprecher – ein starker Beleg dafür, dass es sich bei dieser Unterscheidung um eine institutionalisierte Redeweise handelte. In der Bulle Eugens IV. für die Neofiti bzw. Cristiani Novelli von Trani vom 26. Februar 1446 bildet die Unterscheidung Neuchristen/andere Christen geradezu das Leitmotiv: Die neofiti seu christiani Novelli von Trani hatten geklagt, dass man ihnen und ihren Vorfahren nachsage, seit der Zeit ihrer Konversion bestimmte Sitten, Bräuche und Lebensformen befolgt zu haben und noch zu befolgen, die sich sehr von denen der „anderen Christgläubigen“ (aliorum christifidelium) unterschieden. „Durch die genannten anderen Gläubigen“ (per dictos alios fideles) würden sie deshalb als Ketzer behandelt. Pro evitanda infamia et sedandis scandalis huiusmodi, necnon eorum animarum salute, begehrten die novelli christiani deshalb, die besonderen und dermaßen unterschiedlichen Sitten, Bräuche und Lebensformen, wenn sie solche denn hätten, völlig aufzugeben und sich den „anderen Christgläubigen“ (aliis christifidelibus) in allem, besonders in dem, was den katholischen Glauben betrifft, anzupassen.38 Die Bulle Eugens IV. vom Februar 1446 erging auf Gesuch der Neuchristen von Trani. Eine Bulle seines Nachfolgers Nikolaus V. vom August 1449 richtete sich jedoch eindeutig gegen diese und entsandte den Inquisitor Matteo di Reggio in die Städte Trani, Manfredonia, Monopoli und Benevent. Und auch sie bedient sich der Unterscheidung Neuchristen/andere Christen, wenn es heißt, dass in den erwähnten Städten viele Ketzer nachgewachsen wären, die im Volksmund Christiani Novelli genannt würden und durch deren Ansteckung viele andere Christgläubige (alii Christifideles) vom Glauben abgebracht würden.39 Auch der Text der Bulle Nikolaus’ V. für den Inquisitor Petrus de Mistretta vom September 1453, den dieser wohl selbst formuliert hatte, operiert an zwei Stellen mit der Unterscheidung Neofiti/andere Christen. Zunächst einmal definiert er die Neophiti als Menschen, die die Taufe und die anderen Sakramente öffentlich empfingen wie die übrigen Christen (ceteri christiani), jedoch von Juden abstammten und weiterhin jüdische Bräuche praktizierten. Später enthält er die Anordnung des Inquisitors, dass sie ihre Ehen für die nächsten 50 Jahre mit anderen Christen (cum aliis Christianis) schließen sollten.40 Die Bulle führt allerdings auch noch eine andere Opposition ein: veri Christiani. Und in dem Notariatsinstrument, in das die Bulle inseriert ist, wird noch einmal bestimmt, dass die Neuchristen in Zukunft nicht mehr endogam heiraten sollten, sondern cum aliis veris et ab antiquo Christianis.41 Veri et ab antiquo erscheint also als eine Aufzählung, die alii 38 39

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750, s. o., 150f. Waddingus, Annales Minorum 12 (1932), Nr. 27: […] plurimos haerticos subcrevisse, qui vulgo Christiani novelli appellantur, quorum contagione plurimi alii Christifideles a fide debilitantur […]. Lonardo, Abiura (1907), 584f. = Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814, s. o., 153–156. Lonardo, Abiura (1907), 589.

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Christiani näher bestimmt, und macht gerade durch diese Spezifizierung deutlich, wie stabil die Unterscheidung Neofiti/andere Christen zu dieser Zeit war, auch wenn sich hier eine neue Unterscheidung ankündigte. Betrachtet man die Außenseite der Unterscheidung, die in der Regel nicht erscheint, nun gleichsam als Innenseite einer Unterscheidung, dann zeigt sich, dass die kommunikative Operation, in der die Kategorien Neofitus und Cristiano Novello produziert wurden, sich als inkludierende Exklusion verstehen lässt. Denn ‚andere Christen‘ können ihrerseits wieder nur von ‚anderen Christen‘ unterschieden werden, und das heißt, auch die Neofiti bzw. Cristiani Novelli galten als ‚andere Christen‘. Die semantische Form Neofitus bzw. Christianus Novus markierte also gleichzeitig die Differenz und die Identität des Unterschiedenen und damit keine fundamentale Differenz, sondern nur eine graduelle. Das bedeutet: Trotz aller exkludierenden Redeweisen, die sich beobachten lassen, situierte der Sprachgebrauch die Neuchristen innerhalb der Christen. In der Wissensordnung des spätmittelalterlichen Apulien galten die Neuchristen lange als Teil einer differenzierten christlichen Gesellschaft, ohne dass zunächst einmal eine Hierarchie zwischen den Neuchristen und den „anderen Christen“ konstruiert worden wäre. Neuchristen und andere Christen im politisch-sozialen Raum Ganz auf dieser Linie liegt das Argument der Stadt Trani, das sie 1377 gegen ihren Erzbischof vorbringt: Die Neofiti sollten sich in Trani wie die anderen der vollen Freiheit erfreuen.42 Auch hier wird die prinzipielle Gleichheit der Neuchristen mit den anderen (christlichen) Bürgern der Stadt betont. Die gleichzeitige Unterscheidung und Identifizierung der Neuchristen mit den anderen Christen war anschlussfähig für Kommunikationen, in denen durch neue Unterscheidungen die Verortung der Neofiti innerhalb einer als ständisch differenziert verstandenen christlichen Gesellschaft präzisiert wurde. Der Text der Stadtverfassung von Trani von 1413 unterscheidet die Gruppen der Nobiles, Populares und Neofiti, die gemeinsam die Stadt regieren sollen.43 Die ‚anderen Christen‘, die die Außenseite der Kategorien Neofitus und Christianus Novus bildeten, wurden im politisch-sozialen Raum von Trani zu Beginn des 15. Jahrhunderts also in Adel und Volk differenziert. Die Kategorien, mit denen die Akteure innerhalb des politischen Raumes der Stadt Trani bezeichnet wurden, waren somit Produkt dreier Unterscheidungen, die freilich je ein anderes Verhältnis von Differenz und Identität artikulierten: Adel/Volk, Adel/Neofiti und Volk/Neofiti. Die Leitunterscheidung, mit der der Text der Stadtverfassung von 1413 operiert, ist freilich die Unterscheidung Adel/Volk. Sie ist eine ausschließende Unterscheidung. Denn wer Adel ist, kann nicht Volk sein und umgekehrt. Zwischen Adel und Volk herrscht jedoch insofern Gleichheit, als dass sie alle städtischen Ämter zu gleichen Teilen besetzen. Nur an der Stelle, an der es um die Besetzung des kleinen Rates geht, führt der Text die

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Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 35: […] archiepiscopus a neophidis eorumque filiis qui gaudere debent libertate plena qua gaudent alii trani exigit diversas pecuniarum summas […]. Ebd., Nr. 59 = Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 22.

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tripartite Differenzierung Adel/Volk/Neofiti ein. Neofiti und Volk haben in ihm gemeinsam so viele Sitze wie der städtische Adel. Die Unterscheidung Neofiti/Volk brachte also zumindest in eine Richtung gleichzeitig die Identität des Unterschiedenen zum Ausdruck. Wer Neofitus war, war gleichzeitig auch Teil des Populus. Und damit war gleichzeitig auch klar, wer Neofitus war, war nicht adlig. Die Unterscheidung Neofitus/Adel war also eine Unterscheidung, die Unvereinbares unterschied. Im politisch-sozialen Raum der Stadt Trani produzierten die kommunikativen Operationen, mit denen die Kategorie des Neofitus produziert wurde, diesen zu Beginn des 15. Jahrhunderts also als Christen unter anderen Christen, der Teil des Populus nicht aber des Adels war. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts sollte das Verhältnis von Differenz und Identität, das die drei Unterscheidungen artikulierten, und damit der politisch-soziale Bedeutungsraum der Kategorie Neofitus allerdings zusehends umstritten werden. Als im August 1466 das Stadtregiment der Stadt Trani neu geordnet wurde, erhielten die Nachkommen der konvertierten Juden eine neue Bezeichnung. Es war nun nicht mehr die Rede von Neofiti, sondern von Mercatores.44 Diese Bezeichnung brachten die aus dem Exil in Barletta zurückkehrenden Neuchristen gleichsam mit nach Trani. In Barletta war bereits ein halbes Jahr zuvor bei der Neuordnung der Stadtverfassung die tripartite Unterscheidung nobiles, mercatores et plebei zugrunde gelegt worden.45 Man muss dies daher als Versuch der Neuchristen interpretieren, im politisch-ständischen Sprachgebrauch eine neue Kategorie für die eigene Gruppe zu etablieren, die einerseits die Differenz zu den Populares im Sinne einer Nichtidentität verstärkte und gleichzeitig die Differenz zu den Nobiles im Sinne der Unvereinbarkeit einebnete. Ist doch für einige Neuchristen ein Gebrauch des Titels egregius mercator, ja sogar nobilis mercator belegt.46 Der Versuch, gleichsam eine neue Kategorie für die eigene Gruppe in den politischen Sprachgebrauch einzuführen, zeigt freilich, dass die Bedeutung der Kategorien Neofitus und Cristiano Novello, die eine Unvereinbarkeit von Adligem und Neofitus artikulierte, offensichtlich sehr stabil war. Die Stabilität dieser Bedeutung macht auch der einzige Text aus dem Königreich Neapel aus dem späten 15. Jahrhundert deutlich, der sich direkt mit der Frage der Zugehörigkeit der Neofiti befasst: ein Traktat des apulischen Humanisten Antonio de Ferrariis, genannt Galateo (1448–1517). Es trägt den Titel „De neophytis“ und hat die Form eines Briefes an den Herzog von Nardò, Bellisario Acquaviva.47 Der Brief ist nicht datiert. Er ist in mehreren Sammlungen der Briefe des Galateo überliefert, die allesamt keiner chronologischen Ordnung folgen.48 Da de Ferrariis in ihm seinen Traktat „De nobilitate“ erwähnt, der sich auf die Zeit um 1495 datieren lässt, hatte ihn

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Vitale, Trani (1912), Nr. 49 = Cioffari/Schiralli (Hg.), Libro Rosso (1995), Nr. 50. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1882), Nr. 37. BDT A 601/639, A 610/648; RCI 10, ed. Camobreco (1913), Nr. 292. Zuletzt zu de Ferrarriis s. Iurilli, De Ferrariis (2006); Ders., Antonio de Ferrariis e i suoi Lettori (2001); zu „De Neophitis“ s. zuletzt Zacchino, Antonio de Ferrariis in difesa degli ebrei (1997). Zur Überlieferungslage vgl. Iurilli, Opera di Antonio Galateo (1990); De Ferrariis, Epistole, ed. Altamura (1959), V–XXXII.

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Dina Colucci 1937 in eben jene Zeit datiert.49 Benedetto Croce datierte den Brief ein Jahr später dann auf die Jahre nach 1505.50 Und die weitere Forschung zu de Ferrariis bzw. zu „De neophytis“ ist ihm darin weitgehend gefolgt.51 Es lässt sich jedoch zeigen, dass eine inhaltliche Analyse von „De neophytis“ eher für eine Datierung auf die Jahre um 1495 spricht. Denn die Spätdatierung des Traktats beruht auf zwei Annahmen, die beide problematisch sind: Erstens, dass der Text als Apologie bzw. Defensio der Juden zu lesen ist und dass eine solche Defensio zweitens eine Reaktion auf die drastische Verschlechterung der Situation der Juden infolge des Herrschaftsantritts der spanischen Aragonesen nach 1503 oder gar auf das Vertreibungsedikt 1510 dargestellt hätte.52 Allerdings ist der Brief nicht in erster Linie eine Defensio der Juden. Und er befasst sich auch nicht mit dem Versuch der Totalexklusion der Juden und Neuchristen aus dem Reich, mit dem diese nach 1510 konfrontiert waren. Denn das Problem der Zugehörigkeit, um das es in „De neophytis“ geht, ist weniger das der Zugehörigkeit der Neuchristen zu den Christen, sondern vielmehr das ihrer Zugehörigkeit zum Adel: Die Frage, die de Ferrariis traktiert, lautet gleichsam: Können Neofiti adlig sein? Und seine Antwort ist eindeutig: ja. De Ferrariis nimmt an einer Stelle sogar gegenüber den Juden eine durchaus negative Haltung ein. Die zeitgenössischen Juden (recentiores Iudaei) bezeichnet de Ferrariis mit den üblichen antijüdischen Topoi als durae cervicis et pertinacis ingenii gens, die nicht an Christus glaubten, relativiert dies allerdings mit dem Zusatz „wie auch viele Christen“ (ut et nonnulli Christiani). Die Schuld hierfür dürfe man freilich nicht der gens und jenen Heiligen geben, „die wir Väter nennen.“53 De Ferraiis verteidigt nämlich nicht das Judentum an sich, sondern die Herkunft, die Abstammung von mehr oder minder historischen Juden. Und dies zeigt, dass es de Ferrariis um jene Neofiti ging, die nach apulischem Sprachgebrauch Nachkommen von Juden waren. Kein Widerspruch hierzu ist, dass er die rhetorische Frage aufwirft: „Atsi quis ex iudaeo vere christianus effectus, nonne est laude dignior quam nos, qui in alieno solo sati, in aliena stirpe tamquam neophyti, hoc est novelli surculi, insiti sumus.“ 54

Die Neofiti galten in Apulien ja als Nachkommen von Juden, die Christen geworden waren. Dass es sich bei dem Brief um eine Defensio der apulischen Neuchristen handelte, macht auch der Anlass des Briefes deutlich, der allerdings erst an dessen Ende eingeführt

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Colucci, Antonio de Ferrariis (1937), 102, 108. Croce, Un’epistola (1938), 72; Andrioli Nemola, Catalogo (1982), 157f. De Ferrariis, Epistole, ed. Altamura (1959), 314; Zacchino, Antonio de Ferrariis in difesa degli ebrei (1997), 25f. So zuletzt noch einmal Zacchino, Antonio de Ferrariis in difesa degli ebrei (1997), 25f. De Ferrariis, Epistole, ed. Altamura (1959), 224: […] At si recentiores Iudaei, durae cervicis et pertinacis ingenii gens, ut et nonnulli Christiani, Christo non credunt, non id culpae dari debet generi et sanctis illis quos diximus patribus […]. Ebd., 224.

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wird. Als Folge der Eheschließung eines Sohns des Herzogs von Nardò mit einer Frau aus einer Familie von Neofiti gab es im vulgus Gerede. Wobei de Ferrariis als Humanist natürlich diejenigen als vulgus definierte, die ungebildet waren, auch wenn sie groß und berühmt sein mochten.55 Am Ende des Briefes machte der Galateo noch einmal deutlich, was er in diesem beweisen wollte: Sie, also die Schwiegertochter des Herzogs, „nata enim est ex nobili et bene morato patre, et honesta quam bene novi matre, et ex gente in toto terrarum orbe quondam celeberrima, et non, ut nostri non minus inscite quam impie dicunt, contumelia numinum, immo veri numinis cultu insigni.“ 56

Den Kern der Argumentation des Galateo bildet der Beweis, dass eine jüdische Abstammung nichts Unehrenhaftes sei und daher dem Adel nicht im Weg stehe. Hierin besteht eine weitere Ambivalenz in de Ferrariis’ Argumentation. Denn zunächst betont er, dass Adel gleichsam Tugendadel sei, und verweist dazu auf seine Schrift „De nobilitate“. Handeln ist wichtiger als Herkunft: Sapientis mulieris ad romanum regem sententia est: ‚Qui sis, non unde natus sis, reputa‘.57 Der Beweisgang, mit dem der Galateo zeigen will, dass die Herkunft von Juden nicht unehrenhaft, ja sogar ehrenhafter als manch andere sei, ist dann originell und unoriginell zugleich. Sein Ausgangspunkt ist eine Dekonstruktion des Herkunftsbewusstseins seiner adligen Zeitgenossen. Diese stellten zwar eine gallische, germanische oder trojanische Abstammung zur Schau, würden in Wirklichkeit jedoch von Griechen abstammen.58 Eine Herkunft, die im zeitgenössischen Apulien offensichtlich als nicht sehr ehrenhaft galt, so stellt es zumindest de Ferrariis dar.59 Dass de Ferrariis die in Wahrheit griechische Herkunft all jener betont, die behaupteten, von Galliern, Germanen oder Trojanern abzustammen, hat aber noch eine andere Pointe. Hatte er doch bereits zuvor das Diktum des Apostels Paulus angeführt: „Zwischen Juden und Griechen gibt es keinen Unterschied.“ 60 Und das hieß: Die Abstammung der Adligen und der Neofiti war zunächst einmal prinzipiell gleichrangig. Bereits hiermit hat de Ferrariis gleichsam sein Beweisziel erreicht, nämlich dass es ungerechtfertigt sei, dass „wir jene verabscheuen, die von Juden herkommen und entehrend Neofiti nennen.“ 61 Im Anschluss jedoch geht er noch darüber hinaus und behauptet sogar einen Vorrang der jüdischen Abstammung. Dabei betont er freilich selbst, nicht von Juden abzustammen, sondern von Italogriechen und Priestern des Ordens des Melchisedek:

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Ebd.: […] qui non noverunt literas, quamvis magnates sint et illustres […]. Ebd. Ebd., 221. Ebd.: […] Multi gallicam, nonnulli germanicam, clariores troianam originem ostentant. Si nostra ut aliena iudicaremus, si genus quisque suum examinaret, inveniret multos Laomedontes, multos Tantalos, multos Gyges […]. Ebd.: […] Quae vitia, quae scelera Graecis non obiicimus? […]. Ebd.: […] Ideo apostolus Paulus dixit: ‚Inter Iudeos et Graecos non est distinctio‘ […]. Ebd.: […] Eos vero qui a Iudaeis profecti sunt detestamur ac probose nominamus neophytos […].

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„Aber wenn jemand von der alleradligsten und allerältesten gens der Juden seine Abstammung herabführt, […] so schätze ich ihn adliger, als wenn er von Barbaren und von diesen Königen abstammte.“ 62

Hierfür bemüht er das konventionelle Argument, dass die christliche Religion auf dem Judentum basierte, dass Christus Sohn einer Jüdin war und von Juden abstammte und dass die Apostel allesamt Juden waren.63 „Wenn wir Christen sind, wenn wir täglich im Tempel bekennen, Samen Abrahams zu sein, wenn wir Christus als Herrn und Meister verehren, warum verabscheuen wir die jüdische Herkunft, die unter allen Barbaren in allen Tugenden am meisten herausragt und die gerechteste ist?“64

Allerdings gibt er dem Argument eine humanistische Wendung, wenn er die heiligen Schriften der Juden als Beleg für höhere Kultur und Bildung anführt, in der die antiken Juden somit allen anderen Völkern vorangegangen seien.65 Freilich versieht de Ferrariis seine Verteidigung des Adels der Neofiti gleichsam mit einer Kautel: Er halte denjenigen, der von Juden abstamme, für adliger als denjenigen, der von Barbaren herkomme, dummodo cum Christianorum orthodaxa fide recte sentiat.66 Auch de Ferrariis muss sich also gleichsam gegen seine Intention einer exkludierenden Redeweise über seinen Gegenstand bedienen. Er stellt die Konnotation der Kategorie Neofitus mit Häresie in Rechnung und entlastet sich so von dem Vorwurf, Häretiker gleichsam zu adeln. Allerdings schrieb de Ferrariis wahrscheinlich zu einer Zeit, als sich neue exkludierende Redeweisen und semantische Formen über Neuchristen in Apulien bereits verbreitet hatten, bei denen diese Konnotation einen neuen, höheren Stellenwert hatte. „Warum also verachten wir und bezeichnen mit einem, ich weiß nicht wie schändlichen Namen, was wir in Sache und Handeln anerkennen?“67 So fragt der Galateo rheto62

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Ebd., 222: […] At siquis ex Iudaeorum nobilissimo et antiquissimo genere ducat originem […] eum nobiliorem putaverim quam si ex barbaris et iis regibus natus sit […]. Ebd.: […] Nonne Dominus et Deus noster ex beatissima Virgine, et tamen iudaea, ex Davidis inclyta prole natus est? Princeps apostolorum Petrus ceterique apostoli et evangelistae, non troiano, non graeci, non latini, non galli, non germani fuere, sed iudaei […]. Ebd., 221f.: […] Si Christiani sumus, si semen Abrahae nos esse quotidie palam in templis profitemur, si Christum magistrum et dominum colimus, quare iudaicam originem inter omnes barbaros in omni virtute praestantissimam et iustissimam abominamur? […]. Ebd., 223: […] Linus, Orpheus, Musaeus, Homerus, Hesiodus multo post captam Troiam fuisse posteriores certum est. Tempore belli troiani res Iudaeorum ample ac magnifice florebant. Sed multo ante eversam Troiam et primam olympiadem, leges divinas divinissimus vir Moses Iudaeis dederat. Pentabiblus illa sacratissima, cui omnes homines consentiunt praeter paucos, qui se nimis sapere putant, vetustissima est et omnibus nationum libris antiquissima […]. Ebd., 222: […] At siquis ex Iudaeorum nobilissimo et antiquissimo genere ducat originem dummodo cum Christianorum orthodaxa fide recte sentiat, eum nobiliorem putaverim, quam si ex barbaris et iis regibus natus sit […]. Ebd.: […] Cur igitur abominamur et turpi nescio qua appellatione notamus quod re et factis probamus? […].

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risch, nachdem er das jüdische Fundament des Christentums und der eigenen Kultur in einer Reihe rhetorischer Fragen dargelegt hatte, und meint also offensichtlich die iudaica origo. De Ferrariis nennt den „schändlichen Namen“ nicht, mit dem diejenigen, die von Juden abstammten, zu seiner Zeit bezeichnet wurden. Solch eine neue, pejorative Kategorie für die Neuchristen ist ab Mitte der 90er-Jahre im italienischen Süden und vor allem in Apulien belegt. Der Text des Salentiner Humanisten lässt entscheidende Dimensionen des Wandels in der Redeweise von den Neuchristen bzw. der Bedeutung der Kategorie Neofitus während und am Ende des 15. Jahrhunderts erkennen. Der argumentative Aufwand, den er betreibt, zeigt einerseits, dass im zeitgenössischen Sprachgebrauch die Kategorie Neofitus von Nobilis in einer Weise unterschieden wurde, die anders als die quasi übergreifende Unterscheidung Neofiti/alii Christiani keine Identität der beiden Seiten der Unterscheidung zum Ausdruck brachte, sondern – im Gegenteil – Unvereinbarkeit. Dass er dagegen argumentiert, macht jedoch auch deutlich, dass die Bedeutung der Kategorie Neofitus im Sinne der Unvereinbarkeit mit Adel nicht mehr unumstritten war. Denn gegen genau diese vermeintliche Unvereinbarkeit richtet sich ja seine Argumentation. Sein Beweisziel, dass auch Neofiti selbstverständlich adlig sein könnten, basiert dabei auf der Voraussetzung, dass zwischen Christen, die von Juden abstammen, und anderen Christen kein fundamentaler Unterschied besteht. Auch sein Traktat belegt daher noch einmal die inklusiv exkludierende Funktion der Kategorie Neofitus. Auf der anderen Seite gibt es in seinem Traktat jedoch auch Indizien für jene neue Redeweise über die Neuchristen, die diese in der Wissensordnung jenseits der christlichen Gesellschaft situierte und die sich im Königreich Neapel ab 1495 verbreitete. Nicht zuletzt dies spricht für eine Datierung des Briefes auf die Jahre unmittelbar nach 1495, als die Semantik der Differenz und das Verhältnis von Inklusion und Exklusion der Nachkommen der Konvertiten von 1292, das sie artikulierte, begann, sich grundsätzlich zu wandeln.

Marrani, Cristiani Novelli, Christiani de natura: Vom inklusiv exkludierenden Sprachgebrauch zur Semantik der Exklusion Im Jahr 1495 belegen Quellen für das süditalienische Festland erstmals den Gebrauch einer neuen Bezeichnung für diejenigen, die man dort seit über 200 Jahren ausschließlich als Neofiti, Christiani Novi bzw. Cristiani Novelli kategorisiert hatte: Marrani.68 Diese Bezeichnung war ein semantischer Import aus Spanien, wo man jene Juden, die in den Konversionswellen 1391 und zu Beginn des 15. Jahrhunderts zum Christentum übergetreten waren, als Marranos bezeichnete.69 Die Etymologie des Wortes Marrano ist unklar. Es hat möglicherweise arabische Wurzeln und eine eindeutig pejorative Konnotation. Wahrscheinlich bedeutete es ‚Schwein‘ und brachte also quasi durch eine Inversion,

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Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 192. Hierzu und zum Folgenden immer noch Farinelli, Marrano (1925).

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die in der mittelalterlichen Kultur bereits verankert war, die Jewishness der als Marranos Bezeichneten in abfälliger Weise zum Ausdruck.70 In Mitteleuropa finden sich seit dem 13. Jahrhundert Darstellungen der sogenannten ‚Judensau‘. In der häufigsten Variante saugen Menschen, die durch ihre Kleidung als Juden erkennbar sind, an den Zitzen einer Sau. Es existieren aber auch noch andere Bildmotive.71 Auch Bettler, Prostituierte und andere Randständige wurden im spätmittelalterlichen Europa sprachlich mit Schweinen konnotiert oder gar in demütigenden Ritualen, wie dem Schweineschlagen, mit ihnen im wahren Sinne des Wortes in Beziehung gesetzt.72 Für die Juden hatte diese Semantik der Exklusion jedoch eine besonders demütigende Wirkung, wurden sie doch so durch ein Tier ‚repräsentiert‘, das ihnen als unrein galt. Auf welchem Wege die abfällige Bezeichnung Marrano von Spanien nach Süditalien kam, ist unklar. Sehr gut möglich erscheint jedoch, dass die Bezeichnung aus Spanien über die Zwischenstation Venedig nach Süditalien und vor allen Dingen nach Apulien und Trani gelangte.73 Nach der Einführung der Spanischen Inquisition waren viele Conversos aus Spanien nach Venedig geflohen. Als der Inquisitor Franciscus de Rovigo 1473 in Venedig gegen Cristiani Novelli ermittelt, werden diese dort auch als marrani bezeichnet.74 Im November 1497 ordnete der Senat von Venedig die Vertreibung aller Marrani aus seinem Herrschaftsbereich binnen zweier Monate an. Diese Maßnahme wurde allerdings in der Folgezeit nicht umgesetzt. Erst 1550 wurden die Marrani aus Venedig vertrieben.75 Sprechend ist freilich die Begründung für die Maßnahme: „Nachdem die katholischen Könige Spaniens jenes Volk von Ketzern verfolgt hatten, das Marrani genannt wird, begaben sich viele von jenen in diese Stadt, die gleichwie stets eine Zuflucht guter Christen und gutwilliger Personen zu sein pflegt. So hat sie immer jede Art von Menschen verabscheut, ja vielmehr auf schärfste verfolgt, die dem christlichen Gesetz untreu wird. Ihnen den Aufenthalt zu gestatten, würde gewissermaßen den Ruf dieses status beschädigen, der unter anderen den Namen eines allzeit allerchristlichsten trug. Dazu kommen noch die dunklen und verabscheuungswürdigen Praktiken, derer sich viele der genannten Marrani bedienen. Sie haben Überfluss an Geld, und begierig nach dem eigenen Nutzen schämen sie sich nicht, vieles zum allgemeinen Schaden und Verlust dieser Stadt und des allergetreusten Volkes zu begehen.“ 76

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Farinelli, Marrano (1925), 3, 18f. Shachar, Judensau (1974). Rexroth, Milieu der Nacht (1999), 13–18. Farinelli, Marrano (1925), 5. Processi del S. Uffizio di Venezia (1548–1560), ed. Ioly Zorattini (1980), Nr. 1. Kaufmann, Vertreibung der Marranen aus Venedig (1901), 520; Farinelli, Marrano (1925), 45; Ioly Zorattini, L’Inquisizione e i Giudaizzanti (2003), 516f.; zu den Marrani von Venedig vgl. Pullan, Jews of Europe (1983). Kaufmann, Vertreibung der Marranen aus Venedig (1901), 525: […] Postquam Catholici Reges Hispaniarum persecuti sunt genus illud hereticorum Marani nuncupatum: multi ex eis se contulerunt ad hanc urbem nostram que sicut solet esse refugium bonorum Christianorum, et personarum morigeratarum. Ita semper abominata est, immo accerrime est persecuta omnem hominum sortem prevari-

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Marrano erscheint hier gleichsam als Unterkategorie von Häretiker und wird unterschieden von guten Christen und gutwilligen Personen, dabei wird die Bezeichnung Marrano mit Reichtum konnotiert, der freilich dem eigennützigen und gemeinschaftsschädlichen Vorteilsstreben entspringt.77 Zum venezianischen Herrschaftsbereich gehörten seit 1496 auch die apulischen Hafenstädte Monopoli und Trani. Beide Städte bedienten sich in den Capitoli, mit denen sie die Zustimmung des Senats und später im Fall Tranis auch des Vizekönigs zu Maßnahmen gegen die Neuchristen ihrer Stadt erreichen wollten, der Bezeichnung Marrano. Dabei knüpften sie an unterschiedliche Aspekte des Sprachgebrauchs an, der in dem Vertreibungsedikt aus Venedig von 1497 zutage tritt. Die Stadt Monopoli verweist 1497 auf die illegitimen Geschäftspraktiken der Marrani ihrer Stadt, um so die Zustimmung zu einem Schuldenmoratorium zu erreichen. Denn die Schulden seien alle Folgen von Wuchergeschäften und Gewinnen, die noch unerlaubter seien als Wucher.78 Die Stadt Trani dagegen betont die Häresie der Marrani und knüpft so an eine Konnotation an, die im städtischen Sprachgebrauch über Neuchristen seit Längerem etabliert war, die durch die neue Bezeichnung Marrani, die ja gleichsam eine Unterkategorie von Ketzer darstellte, nun jedoch ein viel größeres Gewicht erhielt.79 Die neue Bezeichnung verdrängte die alten längst etablierten Bezeichnungen allerdings nicht. In den Capitoli der Stadt Trani stehen die Kategorien Marrano und Cristiano Novello oft nebeneinander.80 In den Capitoli anderer Städte aus den letzten Jahren des 15. und den ersten des 16. Jahrhunderts erscheint die Bezeichnung Marrani überhaupt nicht. In den Quellen aus Altamura, Acquaviva, Gravina und Martina erscheinen ausschließlich die ‚alten‘ Kategorien Neofitus und Cristiano Novello.81 In Benevent spricht man ebenfalls 1505 von Neofiti.82 Und auch Tristan Carraciolo bedient sich dieser Kategorie in seinem Bericht über den Widerstand der Neapolitaner gegen die Einführung der Spanischen Inquisition.83 Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Bezeichnung Marrano

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cantem a lege christiana: et impresentiarum permittendo, et assentiendo mansionem ipsorum, videtur quodammodo denigrare famam huius status, qui inter alios, nomen semper christianissimi reportavit. Accedunt ad hoc sinistri et detestandi modi, quibus untuntur nonnulli ex dictis maranis, qui cum abundent pecuniis, non verentur, propriae utilitatis cupidi, multa committere ad universale huius urbis, et fidelissimi populi damnum et iacturam […]. Ioly Zorattini, L’Inquisizione e i GIudaizzanti (2003), 517. Carabellese/Zambler, Puglia e Venezia (1898), 183: […] Supplicarete la prefata Ill.ma Sig. che essendo in quella cita alcuni Marani che hano a reschiotere molti debiti da diversi citadini de dicta cita vostra i quali debiti sono tuti de usure ed guadagni inliciti più che usura. Se degni prefata Ill.ma vostra S.ria concedere ali dicti citadini a pagara dicti debiti dilationi de anni dieci. Attento la ruina et extrema povertà in quella citad […]. Vitale, Trani (1912), Nr. 83, 85; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 98f. Vitale, Trani (1912), Nr. 83, 104; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 98, 60. CDB 12, ed.Gianuzzi (1935), Nr. 377, 405, 443; Lucarelli, Documenti Acquaviva delle Fonti (1904), Nr. 29–32, 34f.; Colafemmina, Ebrei a Taranto (2005), Nr. 97. Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 13. Carraciolo, De Inquisitione, ed. Paladino (1900), 109.

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im letzten Jahrfünft des 15. Jahrhunderts über Venedig zunächst einmal in die apulischen Städte gelangte, die damals zum venezianischen Herrschaftsbereich gehörten. Allerdings veränderte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch die Bedeutung der alten Kategorien Neofitus und Cristiano Novello. Dies wird deutlich, wenn man wiederum die Unterscheidung ins Auge fasst, durch die die Kategorien Neofitus bzw. Cristiano Novello zu Beginn des 16. Jahrhunderts gebildet werden. Während des 14. und 15. Jahrhunderts lautete die Außenseite der Unterscheidung, deren Innnenseite die Kategorie Cristiano Novello bildete, ‚die anderen Christen‘. Dies hatte den Effekt, dass zwischen Innenseite und Außenseite keine prinzipielle Unvereinbarkeit bestand, die Kategorie im Sprachgebrauch trotz aller exkludierenden Konnotationen also stärker inklusiv als exklusiv wirkte. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts jedoch erhält die Kategorie Cristiano Novello eine neue Außenseite. Dies zeigt vor allem der Sprachgebrauch der Gesuche aus dem Jahr 1512, in denen verschiedene Bittsteller aus Apulien darlegen, dass das Ausweisungsedikt von 1510 für sie nicht gelte. Ihre Hauptargumente sind dabei erstens, dass sie nicht de linia iudayca abstammten, sondern Christiani a Navitate seien, und zweitens, dass sie und ihre Familie Heiratsbeziehungen zu christiani de natura unterhielten. Die Kategorie Cristiano Novello wurde kommunikativ nun also nicht mehr durch die Unterscheidung von den „anderen Christen“ hervorgebracht, sondern durch die Unterscheidung von den „Christen von Natur“ bzw. von „Christen durch Geburt“. Diese wurden in den meisten der Gesuche noch genauer bestimmt als Cristiani a nativitate bzw. de natura antiqui (bzw. antiquissimi) et perfecti (perfectissimi). Ein Supplikant bezeichnet sich gar als vero et optimo Cristiano. Die „Christen von Natur“ bzw. „von Geburt“ stammten also nicht von Juden ab, sondern waren dies seit allerältesten Zeiten und waren gleichzeitig „allervollkommenste“, „hervorragende“ und „wahre“ Christen. Die Bezeichnung Cristiano Novello dagegen erhielt durch diese Unterscheidung die Bedeutung des defizitären, gar falschen Christen, der dies ebenfalls von Natur, nämlich aufgrund seiner Herkunft von Juden war. Eine Notiz aus der Biblioteca Casanatense bezeichnet die Neofiti, die 1505 in Benevent verbrannt wurden, denn auch als Ketzer und schlechte Christen, die das Gesetz der Juden vollständig befolgten und nach außen vorspiegelten, sie seien gute Christen.84 Und das Kapitel, das die Stadt Trani dem Vizekönig am 15. Juni 1509 vorlegte, um nun auch von diesem die Approbation eines Rückkehrverbots für die marrani et christiani novelli der Stadt zu fordern, führte deren notoria heresia auf ihre mala natura zurück.85 Die Unterscheidung der Neofiti bzw. Cristiani Novelli von Christiani de Natura war ebenfalls ein semantischer Import aus Spanien. In Quellen aus Aragón unterscheidet man bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Christiani a progenie seu natura von Neo84

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Biblioteca Casanatense Ms. 581: […] Et tucti questi dicti, erano eretici et mali cristiani et facevano la lega degli Ebrei integramente et mostravano essere boni cristiani […]; vgl. Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 3. Vitale, Trani (1912), Nr. 104; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 60, s. o., 279f.

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phyti. Und eine Reihe von Städten schloss dort in den 30er-Jahren des 15. Jahrhunderts Personen von verschiedenen Ämtern und Berufen aus, die nicht nachweisen konnten, dass ihre Eltern „Christen von Natur“ waren. Die Stadt Lleida verlangte von ihren Wechslern 1437 gar den Nachweis von vier Generationen Vorfahren, die „Christen von Natur“ waren.86 Dies geschah unter impliziter Bezugnahme auf zeitgenössische Theorien über die Vererbbarkeit von persönlichen Merkmalen allein durch ‚natürliche‘ Vorgänge, also durch biologische Abstammung. Erstmals explizit theoretisiert wurde die ‚schlechte Natur‘, die die Conversos aufgrund ihrer jüdischen Abstammung hätten, 1449 in Toledo während der Rebellion der Stadt gegen die kastilische Monarchie. Die Toledaner und ihre Sympathisanten behaupteten, dass die Conversos nur vom Ehrgeiz nach Ämtern und „fleischlichem Begehren nach Nonnen und Jungfrauen“ getrieben wären und dass Converso-Ärzte ihre altchristlichen Patienten vergifteten, um sich deren Eigentum und Ämter aneignen zu können, ihre Frauen zu heiraten und ihr ‚reines Blut‘ zu verderben. Denn mit der Abstammung von Juden vererbten sich Durchtriebenheit, eine ungewöhnliche Begabung zur Bereicherung auf Kosten von Nicht-Juden und eine Prädisposition zu Korruption und Amtsmissbrauch. Im selben Jahr schloss die Stadtobrigkeit von Toledo alle, die von Juden abstammten, von jeglichen städtischen Ämtern, kirchlichen Pfründen und dem Notariat aus und sprach ihnen sogar die Befugnis ab, Urkunden zu bezeugen. In der Folgezeit erließen dann zahlreiche andere Städte Statuten, die den Zugang zu Ämtern und Würden an die „Reinheit des Blutes“ (limpieza del sangre) knüpften.87 Der Import dieser Biologisierung der Kategorien Neofiti und Cristiani Novelli im italienischen Süden bedeutete gleichsam einen epistemischen Bruch im Wissen über die Neuchristen. Noch Mitte des 15. Jahrhunderts hatte man die Tatsache, dass Nachkommen von Neofiti ihrerseits Neofiti waren, damit erklärt, dass Riten, Bräuche und Lebensweisen von einer Generation an die nächste weitergegeben würden. Dies hatte zur Folge, dass die exkludierende Wirkung der Konnotation Häresie stark abgemildert wurde. Denn die Häresie der Neuchristen wurde zwar gleichsam vererbt, jedoch nicht durch Blut, sondern durch Praxis, die zumindest theoretisch auch aufgegeben werden konnte. Der Neuchrist konnte aufhören, die Bräuche seiner Vorfahren zu praktizieren, und dann auch aufhören, Häretiker zu sein, wieder in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen werden und in dieser seinen Platz einnehmen. Dies artikulierten sowohl die Bulle Eugens IV. von 1446 als auch die Bulle Nikolaus’ V. von 1453. Nun jedoch beruhte die religiöse Devianz des Cristiano Novello auf einer ererbten Natur, die unveränderbar war und deshalb die dauer hafte, endgültige Exklusion aus der christlichen Gesellschaft in Stadt und Reich erforderte. Was vorher ein kulturelles Phänomen war, wurde nun als ein biologisches verstanden. Allerdings blieb diese biologistische Konzeption der Kategorien Neofiti und Cristiani Novelli stark der konkreten historischen Situation in den ersten zwei Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts verhaftet. Als Ferdinand der Katholische 1513 noch einmal versucht,

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Hierzu und zum folgenden Nirenberg, Mass Conversion and Genealogical Mentalities (2002), 24f. Sicroff, Statuts de „pureté de sang“ (1960).

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eine flächendeckende inquisitorische Verfolgung der Neuchristen zu etablieren, definiert er diese biologistisch-genealogisch als diejenigen, die von aquel linaje mosayco abstammten. Nur Nachkommen von Juden, die nachweislich seit vier Generationen stets Ehen mit xpianas de natura geschlossen hätten, sollten für die Inquisitoren als xpianos de natura gelten.88 Auch das Edikt, mit dem Ferdinand der Katholische ein Jahr später abermals die Vertreibung der Neuchristen aus dem Reich befahl, definierte diese wohl abermals genealogisch, und zwar so streng, dass anders als nach 1510 kaum mehr jemand Einspruch gegen seine Vertreibung einlegte mit dem Argument, er stamme nicht von Juden ab.89 Danach jedoch verschwindet das Konzept der ‚Reinheit des Blutes‘ wieder aus der Wissensordnung des italienischen Südens. Es gibt keine Belege dafür, dass es noch einmal bemüht worden wäre, um die Nachkommen der Neuchristen Apuliens aus den Städten, in denen sie noch lange nachweisbar sind, oder gar aus dem regno auszuschließen.

2. Religiöse Selbstexklusion? Oder: Wie „jüdisch“ waren die Neuchristen? In der bisherigen Forschung zu den Cristiani Novelli Apuliens findet sich immer wieder die Annahme, dass diese im Geheimen weiterhin Juden geblieben wären und ihrem Glauben bzw. dem ihrer Vorfahren weiterhin angehangen hätten.90 Damit übernimmt sie zum einen eine Sichtweise, die offensichtlich bereits unter den Zeitgenossen der Neuchristen Apuliens und Tranis verbreitet war, ohne diese zu problematisieren. Zum anderen schreibt sie gleichsam eine historische Meistererzählung zu den jüdischen Konvertiten fort, die vor allem am Beispiel der iberischen Conversos entwickelt wurde. Sie führte deren Exklusion aus der christlichen Gesellschaft letztlich auf ihre freiwillige religiöse Selbstexklusion zurück, je nach Perspektive entweder als Apologie der Inquisition oder aber, um die „Vitalität des Judentums“ zu betonen, „den heroischen Widerstand der Juden gegen die Assimilation“.91 Die Versuche der historischen Forschung, die Religion der Marranos bzw. der Kryptojuden zu rekonstruieren, sind jedoch nicht unproblematisch.92 Die wichtigste Überlieferung für die vermeintlichen religiösen Praktiken konvertierter Juden und ihrer Nachkommen sind Prozessakten der Inquisition, genauer die Aussagen, die im Rahmen von Inquisitionsprozessen gegen Conversos gemacht wurden, von Zeugen und auch von den Beschuldigten selbst. Die Frage, was jenseits dieser Texte war, ist angesichts ihrer spezifischen Produktionsweise äußerst kontrovers diskutiert worden. Die Inquisitionsverfahren

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Ruiz Martín, Expulsion (1949), 70. S. o., 308f. Vitale, Particolare Ignorato (1926), 234. Zu diesem Narrativ: Nirenberg, Enmity and Assimilation (2002), 140. Roth, Religion of The Marranos (1931); Gitlitz, Secrecy and Deceit (1996), zu Letzterem vgl. Salomon, Crypto-Judaism or Inquisitorial Deception (1998).

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gaben Denunziationen aus niederen Motiven freien Raum und belohnten Geständnisse unabhängig davon, ob die Vorwürfe berechtigt waren. Zudem wurde bei der Verkündigung des tempus gratiae, mit dem jedes Inquisitionsverfahren in einer Stadt begann, auch eine Liste mit devianten, ‚jüdischen‘ Praktiken verlesen, sodass präsumptive Zeugen und Beschuldigte wussten, was sie zu denunzieren bzw. zu gestehen hatten.93 Das ‚Wissen‘ der Inquisitoren beruhte zudem nicht unbedingt auf einer Kenntnis des zeitgenössischen Judentums. Diese Dimension der inquisitorischen Wissensproduktion weist über den Rahmen der Institution Inquisition hinaus und betrifft das gesellschaftliche Wissen darüber, was ‚Judaisieren‘ bedeutete, als Ganzes. Die Entstehungsgeschichte des Christentums als Tochterreligion des Judentums, die sich gleichsam durch die Etablierung und Stabilisierung einer Systemgrenze zum Judentum als eigenständige Religion formiert hatte, blieb der christlichen Wissenskultur stets eingeschrieben. Die jüdische Bibel wurde zum Alten Testament. In der christlichen Wissenskultur war daher stets ein Wissen darüber verfügbar, was ‚jüdisch‘ war, auch wenn dies mit dem postbiblischen Judentum nicht immer viel zu tun hatte. Gerade weil das Christentum als Erbe und Vollender der jüdischen Religion konzipiert war, war das, was den Christ ausmachte, in vieler Hinsicht das, was ihn vom Juden unterschied. Es war bereits der Apostel Paulus selbst, der für Praktiken und Denkweisen, die diesen Unterschied verwischten, ein eigenes Verb gebrauchte: judaizare.94 Die Evangelisten grenzten den Christen dann vom Juden in der polemischen Figur des Pharisäers ab. Die frühchristlichen Exegeten und ökumenischen Konzilien schärften den Christen immer wieder ein, nicht zu „judaisieren“, indem sie Bräuche, Sitten und Verhaltensweisen befolgten, die mit denen von Juden verwechselt werden könnten. So schrieb etwa der 12. Kanon des Konzils von Laodicea (363/64) den Christen vor, am Sabbat nicht zu „judaisieren“ und zu ruhen, sondern zu arbeiten. Wer am siebten Tag der Woche nicht arbeitete, ‚judaisierte‘ also. Der 38. Kanon desselben Konzils verbot den Christen, von Juden ungesäuertes Brot anzunehmen.95 So etablierte sich eine Redeweise, in der alle Formen von „ ‚incorrect‘ Christian belief or deficient Christian practice were understood as ‚Judaism‘ and the (Christian) adherents of these beliefs or practises described as judaizing.“ 96 Auch die christlichen Autoritäten des Mittelalters schrieben diese Redeweise fort, wenn es darum ging, den Gläubigen Morallehre und Dogmen des katholischen Glaubens zu vermitteln. In den französischen Bibles moralisées des 13. Jahrhunderts wurden Neuerungen, die als bedrohlich und damit unchristlich wahrgenommen wurden, vielfach als Formen des ‚Judaisierens‘ beschrieben: etwa Universitäten, Juristen, vor allem aber der Geldverleih. Dieser wird nicht verurteilt, weil er eine typisch jüdische Form des Erwerbs

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Salomon, Crypto-Judaism or Inquisitorial Deception (1998), 136. Hierzu Nirenberg, Figures of Thought (2006), 407. Mansi, Sacrorum conciliorum collectio 2 (1903), Sp, 580: […] Quod non opporteat Christianos Judaizare et otiari in Sabbato, sed operari eos in eodem die; Quod non opporteat azyma a eis accipere […]; vgl. Grayzel, Jews and the Ecumencial Councils (1967), 290; Ders., Beginnings of Exclusion (1970), 18. Nirenberg, Mass Conversion and genealogical Mentalities (2002), 34f.

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ist, sondern umgekehrt: Weil Zins zu nehmen als unmoralisch und daher unchristlich gilt, wird er im christlichen Zeichensystem als Judaisieren markiert.97 Bereits Bernhard von Clairvaux hatte 1146 geschrieben, dass Christen, die Geld verliehen, schlimmer „judaisierten“ als die Juden, sodass man sie eher „getaufte Juden“, denn Christen nennen sollte.98 Die Realpräsenz Christi im Altarsakrament schließlich, die das 4. Laterankonzil 1215 zum Dogma erhob, wurde durch zahlreiche Erzählungen von Hostienschändungen popularisiert, in denen Juden die Hostie malträtierten, und diese daraufhin zu bluten begann.99 Wer von den Vorwürfen des Judaisierens auf die religiösen Praktiken jüdischer Konvertiten und ihrer Nachkommen schließen will, muss sich also der konkreten Produktionsbedingungen des Wissens über das Judaisieren ebenso bewusst sein wie der Möglichkeit intertextueller Bezüge zur christlichen Überlieferung. Lässt sich zeigen, dass eine Praxis zwar in Schriften des Christentums als jüdisch erwähnt, nicht jedoch in der zeitgenössischen jüdischen Überlieferung belegt ist, dann wird man davon ausgehen müssen, dass der Denunziant oder der Inquisitor fand, wovon er bereits vorher wusste, dass er es finden würde. In Portugal etwa wurde den Conversos nach der Zwangskonversion von 1496 über 250 Jahre lang kontinuierlich vorgeworfen, nach jüdischer Sitte am Montag und am Donnerstag zu fasten. Diese Fasten sind jedoch in keinem zeitgenössischen sephardischen Gebetbuch belegt. Der Evangelist Lukas jedoch berichtet vom Pharisäer, der montags und donnerstags fastet (Lukas 18:12), und die Didache schreibt Christen vor, nicht mit den „Heuchlern“, also den jüdischen Pharisäern, am Montag und am Donnerstag zu fasten, sondern am Mittwoch und Freitag, den Tagen der Gefangennahme bzw. Kreuzigung Christi.100 Aber auch bei pauschalen Vorwürfen des Judaisierens oder bei Praktiken, die in der Überlieferung besonders stark als judaisierende Praktiken verankert sind, wird man nicht ohne Weiteres auf eine Referenz außerhalb der christlichen Wissenstradition schließen können. Ist die Begehung des Sabbats tatsächlich „the single most persistent crypto-Jewish custom“?101 Oder erscheint diese jüdische Praxis so häufig in den Zeugenaussagen gegen und den Geständnissen von Konvertiten und ihren Nachkommen, weil den Christen seit den frühen Konzilien immer wieder eingeschärft worden war, dass er nicht an diesem Tag zu ruhen habe wie die Juden, sondern am Tag des Herrn? Dezidiert antichristliche Praktiken schließlich wie Hostienschändungen entsprangen definitiv dem seit Langem etablierten Narrativ vom Judaisieren, das für die Definition der Systemgrenze des religiösen Systems Christentum erhebliche Bedeutung hatte.

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Lipton, Jews, money and metaphor (1995), v. a. 320–322; vgl. Nirenberg, Enmity and Assimilation (2003), 150. Bernhard, Opera 8, ed. Leclercq/Talbot/Rochais (1977), 316: […] Taceo quod sicubi illi (i.e. iudaei) desunt, peius iudaizare dolemus christianos feneratores, si tamen christianos, et non magis baptizatos Iudaeos convenit appellari […]. Rubin, Desecration of the host (1992); Treue, Schlechte und gute Christen (1992). Salomon, Crypto-Judaism or Inquisitorial Deception (1998), 140. Gitlitz, Secercy and Deceit (1996), 317.

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Dennoch schießt die Behauptung, der Kryptojudaismus sei gleichsam eine Erfindung der Inquisitoren und christlicher Gelehrter gewesen, über das Ziel hinaus. Dies wird gerade daran deutlich, dass nicht nur diese, sondern auch die Rabbiner des Mittelalters und auch späterer Zeiten sich immer wieder mit der Frage beschäftigten, inwieweit konvertierte Juden und ihre Nachkommen als Juden zu betrachten seien. Dabei verfolgten die Rabbiner grundsätzlich zwei Absichten, die in erheblicher Spannung zueinander standen. Auf der einen Seite wollten sie die Konvertiten und ihre Nachkommen für das Judentum bewahren und betrachteten Juden, die unter Zwang konvertiert waren, weiterhin als Juden, mit allen rechtlichen Konsequenzen. Auf der anderen Seite aber sahen sich vor allem Rabbiner des 15. und 16. Jahrhunderts, die sich mit dem Status spanischer und später auch portugiesischer Konvertiten befassten, damit konfrontiert, dass auch Juden, die unter Zwang die Taufe empfangen hatten und deren Nachkommen sich mit der Zeit ihrer christlichen Umwelt assimilierten. Und so entstand unter den jüdischen Gelehrten eine intensive Diskussion darüber, anhand welcher Kriterien sich erkennen ließ, ob Konvertiten bzw. ihre Nachkommen als anusim, also als „Gezwungene“ zu gelten hatten, die rechtlich mit Juden gleichgestellt waren oder aber als Apostaten. Das letztlich entscheidende Kriterium war für viele Rabbiner dabei, ob ein Konvertit die Möglichkeit nutzte, an einen Ort auszuwandern, an dem er als Jude leben konnte, ohne Gefahr zu laufen, verfolgt zu werden – ein Kriterium, das bereits Maimonides eingeführt hatte. Nutzte er eine solche Möglichkeit nicht, dann hatte er als Apostat zu gelten.102 Die Frage, wie jüdisch die Religiosität der Konvertiten war, muss also auf zweierlei Weise gestellt werden: Wie plausibel ist es überhaupt, dass es ein regelmäßig vorhandenes typisches Verhalten der Neuchristen gab, das sie von den anderen Christen unterschied? Und: Wie wurde dieses bewertet und interpretiert? Es ist also sowohl die Frage, ob es etwas jenseits der Texte gab, als auch, wie dieses seine Bedeutung erhielt. Es ist zwar nicht im strengen Sinne beweisbar, aber doch sehr plausibel, dass viele Konvertiten im Königreich Neapel nach der Massenkonversion zumindest anfangs weiterhin Bräuche, Riten oder Sitten praktizierten, die sie von ihren jüdischen Vorfahren übernommen hatten. Im Jahr 1328 wirft der Elekt von Trani, Bartolomeo Brancaccio, den Inquisitoren vor, bei den Neofiti eher weltliche Güter zu suchen als ihnen irgendeine geistliche Erbauung zukommen zu lassen, und betont seine Kompetenz als Hirte, die Neofiti dort, wo es nötig sei, zu korrigieren.103 Doch ob sich die erzbischöfliche Kirche von Trani selbst mehr für die edificatio spiritualis als für die temporalia lucra der Neofiti ihrer Diözese interessierte, erscheint zumindest zweifelhaft. Im Jahr 1312 sind in Giovinazzo Neofiti aus Trani belegt, die dorthin vor den Bedrängungen durch den Erzbischof geflohen waren.104 Und 1377 beschwert sich die Stadt Trani immer noch bei der Königin, dass die Neofiti angesichts des Steuerdrucks und der Versuche des Erzbischofs, sie vor sein Gericht zu ziehen, in Scharen die Stadt verließen. Im Jahr 1327 richtet auch der rector der Kirche

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Netanyahu, The Marranos According to the Hebrew Sources (1963), 23, 95, 106, 111, 115. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 336. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms.A 21, 69r.; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/7.

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S. Maria Nova, also der ehemaligen Synagoge Scola Nova, ein Gesuch an Papst Johannes XXII.: Vor einiger Zeit sei an dem Ort, an dem einstmals eine Synagoge der Juden gewesen sei, eine Kirche errichtet und im Namen der hl. Jungfrau Maria zum Tag ihrer Himmelfahrt geweiht worden. In dieser strömte ständig eine große Volksmenge in außerordentlicher Frömmigkeit zusammen. Die Kirche habe jedoch keinerlei Einkünfte oder Erträge, von denen sich der rector der Kirche angemessen unterhalten könne. Deshalb bat er den Papst, er möge geruhen, die Kirche des hl. Gervasius, die außerhalb der Mauern liege und deren Collatio der Erzbischof von Trani innehabe, mitsamt deren Einkünften, Rechten und Besitz der Kirche der hl. Maria zu inkorporieren, für den Unterhalt der Rectores der erwähnten Kirche der hl. Maria und auch, um den Gottesdienst dort zu vermehren und damit wegen dieser Vermehrung des Gottesdienstes die Frömmigkeit der Gläubigen ebendort vom Guten zum Besseren erstarken möge.105 Der Erzbischof hatte sich in den 35 Jahren seit der Massenkonversion offensichtlich nicht darum bemüht, die Kirche, die zuvor eine Synagoge gewesen war, mit angemessenen Einkünften für den Priester auszustatten, der dort den Gottesdienst hielt. Der Eindruck, den das Gesuch von der devotio der Gläubigen vermittelt, für die die Kirche bestimmt war, und das heißt der Neofiti, die in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wohnten, ist ambivalent, ja widersprüchlich. Warum hatte die Kirche keine Einkünfte, wenn dort doch „ständig eine große Volksmenge in außerordentlicher Frömmigkeit zusammenströmte“? Erhielt der Priester von dieser keine Oblationen? Gewunden scheint auch die Begründung des Zwecks einer besseren Dotierung des rectors von S. Maria Nova, „die Frömmigkeit der Gläubigen ebendort möge vom Guten zum Besseren erstarken.“ Offensichtlich war die christliche Frömmigkeit der Gläubigen, die im Einzugsbereich der ehemaligen Synagoge wohnten, noch verbesserungsbedürftig. Eine effektive Katechese der Neuchristen durch die Kirche von Trani kollidierte möglicherweise auch mit deren wirtschaftlichen Interessen an den Neofiti. Zur Gerichtshoheit der erzbischöflichen Kirche über die Neuchristen gehörte auch das Recht, ihnen Bußen aufzuerlegen, wenn sie gegen die Anweisungen, die man ihnen gab, verstießen – so betont

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 335: […] Petitio dilecti filii Dominici dicti Circilli, rectoris ecclesie Sancte Marie Nove Tranensis, nobis nuper exhibita continebat, quod dudum ecclesia prefata in eodem loco, in quo situata existit qui antea fuerat sinagoga Iudeorum, in honorem et sub vocabulo ipsius beate Marie Virginis ac in die festi Annuciationis eisdem extitit consecrata, et quod ad ecclesiam ipsam ob devotionem precipuam magna confluit assidue populi multitudo quodque dicta ecclesia nullos habet redditus aut proventus, ex quibus rector ipsius, qui est pro tempore, congrue valeat sustentari. Quare prefatus Dominicus nobis humiliter supplicavit, ut pro sua et successorum suorum rectorum dicte ecclesie Sancte Marie, qui erunt pro tempore, sustentatione congrua, cultu quoque inibi augmentando divino, et ut propter augmentum cultus huiusmodi devotio fidelium ibidem de bono semper in melius convalescat ecclesiam Sancti Chervasii, sitam extra menia civitatis predicte, ad tuam [i.e. des Erzbischofs] collationem spectatentem, cuius fructus, redditus et proventus quinque unciarum auri valorem annuum non excedunt, eidem ecclesie Beate Marie cum omnibus iuribus et pertinentiis suis annectere imperpetuum et unire, de benignitate apostolica misericorditer dignaremur […].

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es der Erzbischof 1422.106 Wenn solche Verfehlungen auch Verstöße der Neuchristen gegen die Gebote der christlichen Orthodoxie beinhalteten, dann konnte ein gewisses Maß an ‚Judaisieren‘ für die erzbischöfliche Kirche durchaus eine Quelle von Einkünften bedeuten. Allerdings barg allzu viel Toleranz gegenüber Abweichungen von den Verhaltensvorschriften der Kirche auch ihre Risiken. Im Jahr 1367 forderte Papst Urban V. von Montpellier aus den Erzbischof von Neapel auf, er solle den Abt Guillelmus von Nardò absetzen. Dabei warf er dem Abt unter anderem vor, „dass er den Juden, die in der Herrschaft des Klosters der hl. Maria von Nardò leben und die sich einst zum rechten Glauben bekannten und auf den Abweg des Unglaubens zurückgefallen sind, erlaubte, in den Bräuchen, denen sie abgeschworen hatten, zu judaisieren.“ 107

Der Vorwurf, die konvertierten Juden Apuliens und ihre Nachkommen ‚judaisierten‘, ist zwischen dem späten 13. und dem frühen 16. Jahrhundert immer wieder, allerdings selten und diskontinuierlich belegt. Dass den Konvertiten Kampaniens, also etwa Neapels oder Salernos, dies vorgeworfen worden wäre, ist sogar überhaupt nicht überliefert. Bis zum Ende des zweiten Drittels des 14. Jahrhunderts sind es ausschließlich die Inquisitoren, die die konvertierten Juden und ihre Nachkommen in Trani und Umgebung verdächtigen, vom katholischen Glauben abzuweichen, Ketzer bzw. Renegaten zu sein. Danach verstummen diese Vorwürfe, bis 1446 die Inquisitoren auf Initiative eines Teils der Bürgerschaft von Trani aufs Neue beginnen, gegen die Neuchristen von Trani, die nun auch abermals in andere Städte abgewandert sind, zu ermitteln. Danach wird der Vorwurf des Judaisierens in Apulien bis 1495 nur noch einmal erhoben. Im September des Jahres 1481 berichtet der Kommissar des Herzogs von Bari seinem Herrn von Bewegungen des türkischen Heeres in der Nähe von Trani, das zu dieser Zeit wegen einer Seuche praktisch von seinen Bewohnern verlassen gewesen sei. Diejenigen, die sich noch in der Stadt aufhielten, wären größtenteils christiani novelli che ancora teneneno de la viltà giudaica.108 In den Jahren unmittelbar nach, 1495 wirft dann die Stadt Trani den Neuchristen mehrfach vor, Ketzer zu sein und begründet damit ihre Vertreibung und Enteignung. Der Traneser Jurist Cesare Lambertini, der gleichzeitig Bischof des kalabrischen Isola de Capo Rizzuto war, schreibt um 1512 über die Traneser Neuchristen, dass sie stets judaisiert hätten und auch heute noch judaisierten.109

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Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 82: […] habuit seu exercuit ab olim prefata tranensis ecclesia supra omnes es singulos neophidos Tranensis civitatis, tamque ecclesie homines, iurisdictionem in omnibus causis et casibus causis, sangiunis exceptis, cum potestate penas pecunarias seu multas imponendi eisdem quotiens mandata eis facta transgrediebantur […]. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 408: […] Iudeos quoque de terris dicti monasterii Beate Marie de Neritone existentes, olim ortodoxam fidem professos, ad infedilitatis devium relabentes, in abiuratis ritibus iudaizare permictit […]. Foucard, Otranto nel 1480–81 (1881), 168. Lambertini, De Iure Patronatus 1/2 (1572), 64v; Vitale, Particloare Ignorato (1926), 246.

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Spezifiziert wird der Vorwurf des Judaisierens erstmals 1311 und wieder 1446 und 1453 zunächst einmal nur dahin gehend, dass die konvertierten Juden bzw. ihre Nachkommen die „vormaligen jüdischen Bräuche befolgten“. So behauptet es bereits 1311 der Inquisitor Matteo di Ponciaco, und so heißt es 1446 und 1453 in den Bullen Eugens IV. bzw. Nikolaus’ V.110 Konkrete ritus, mores und modi benennt erstmals die Bulle Eugens IV. von 1446, mit der die Neuchristen von Trani aufgefordert werden, von der Feier des Sabbats Abstand zu nehmen und keine Ehescheidungen mehr vorzunehmen.111 Dass die Juden den Sabbat heiligten, war unter den Christen allgemein bekannt. Dass die Neuchristen von Trani eigene Heiratspraktiken gepflegt haben könnten, erscheint dagegen nicht unplausibel. Denn der Inquisitor Petrus de Mistretta untersagte ihnen ja 1453, weiterhin Ehen ausschließlich innerhalb der eigenen Gruppe zu schließen, erlaubte ihnen dabei aber gleichzeitig, Ehen aufzulösen, bei deren Schließung einer der Partner das kanonisch erforderliche Alter noch nicht hatte, und eröffnet ihnen außerdem die Möglichkeit, Dispense für Eheschließungen untereinander zu erhalten.112 Nachdem König Ferrante I. 1464 die Verfolgung der Neuchristen Apuliens und vor allem der Neuchristen von Trani unterbunden hatte, kam es in Apulien erst wieder unter der spanischen Vizeregierung zu Ermittlungen der Inquisition gegen die dortigen Neuchristen, als die Einführung der Spanischen Inquisition im regno vorbereitet wurde, die dann freilich 1510 scheiterte. Im Januar des Jahres 1509 beauftragte der Vizekönig den Inquisitor Antonio Baldascio, Ermittlungen in Apulien aufzunehmen. Der Vorwurf, der den Anlass zu diesen Ermittlungen bot, war allerdings offenkundig absurd und eine Projektion. Denn dem Vizekönig war berichtet worden, dass dort am Karfreitag die Männer und Frauen gemeinsam nach einer gewissen Predigt bei Kerzenschein die Kerzen löschten und miteinander inzestuösen Geschlechtsverkehr hätten, die Väter mit den Töchtern und andere Männer mit ihren Schwestern.113

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Valle, Compendio (1651), 105–107; Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750, 814 = Lonardo, Abiura (1907), 584–586. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750: […] universos et singulos Christianos novellos in prefatis civitate et diocesi commorantes, presentes et futuros, obsecramus in Domino et per aspersionem sanguinis Domini nostri Ihesu Christi exhortamur, eisque nichilominus in remissionem suorum peccaminum iniungimus, et sub excommunicationis aliarumque censurarum sententiis et penis in hereticos a iure promulgatis districtius precipimus et mandamus, quatenus infra quindecim dierum spatium a die publicationis presentium in dicta civitate facienda computandorum, singulares et diversos ritus, mores ac modos predictos, et presertim in Sabbatorum celebratione et in libellorum matrimonialis repudii datione, dimittant, nec non ab illis se retrahant et abstineant realiter, et omnino illos de cetero nullatenus observaturi […]. Ebd., Nr. 814 = Lonardo, Abiura (1907), 586. Lea, Inquisition in the spanish dependencies (1908), Nr. 3: […] Perche secondo avemo inteso ad esto si commette in aliquibus partibus Apuliae certa eresia che lo venerdi Santo gl’uomini e donne di questi luoghi insieme con candele accese e dapoi di certa predica estinguono le candele e gl’uomini con le donne usano carnalmente taliter che usano li Padri colle figliuole ed altri colle sorelle, e questo en disservizio di nuestro Signore Dio e contra la fede nostra Cattolica […]; Vgl., Amabile, Inquisizione in Napoli (1892), 100; Bonnazoli, Ebrei del regno di Napoli 2 (1981), 190.

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Allerdings gerieten Neuchristen aus Apulien zwischen 1453 und 1509 zweimal außerhalb der Grenzen des Königreiches Neapel ins Visier der Inquisitoren: 1473 in Venedig und 1505 in der päpstlichen Enklave Benevent. Am 12. November 1473 beginnt der Inquisitor in patriarchatu Venetiarum et in tota marchia Trevisina, Magister Franciscus de Rodigio, mit Ermittlungen in einer Angelegenheit, die publica vox et fama sei: Es heiße, in der Stadt Venedig gebe es einige Christen, die den Ritus und die Bräuche der Juden befolgten und die in der Volkssprache christiani novelli genannt würden, und diese würden auch behaupten, der alte Bund sei durch den neuen Bund nicht aufgehoben worden.114 Am selben Tag verhört er einen sizilischen Juden namens Golli. Diesen befragt er zum einen bezüglich eines Juden namens Moyses, eines Arztes aus Rhodos. Golli gibt an, dieser habe einen Sohn, der Neuchrist sei, der im Haus des Vaters verkehre. Davon dass der Vater den Sohn zum Judentum zurückgebracht hätte, wisse er jedoch nichts. Des Weiteren fragt der Inquisitor den sizilianischen Juden, ob er von christiani novelli in Venedig wisse. Darauf erhält er die Antwort, er habe gehört, dass ein gewisser Angelo de Ursino, der in der Contrade S. Apollinare wohne, Cristiano Novello sei und auch noch von einem anderen Marrano aus derselben Contrade, der Kaufmann sei. Gefragt, ob er außer den erwähnten von weiteren Cristiani Novelli in Venedig wisse, antwortete er mit Nein. Eine Woche später, am 19. November 1473, befragt der Inquisitor dann den Pfarrer der Pfarrrei S. Apollinare, Francisco Sanson, ob er wisse, dass es in seiner Pfarrei einige iudei christiani novelli gebe, die gewisse Riten und Bräuche einhielten, die vom katholischen Glauben abwichen bzw. verboten seien. Der Pfarrer weiß von zweien in seiner Pfarrei, die so – also christiani novelli – genannt würden; von diesen heiße einer Angelo Ursino und der andere Marino de Apulea, also Marino aus Apulien. Über den Lebenswandel des Letzteren habe er unterdessen vernommen, dass er es nicht mit den Sitten der anderen, treuen Christen halte. Außerdem wisse er, dass er nicht zur Messe in die Kirche komme und nicht ein einziges Mal in der erwähnten Pfarrei die Kommunion empfangen habe. Er habe ihn mittlerweile durch einen Priester zu sich rufen lassen, um ihn zu einem guten und christlichen Lebenswandel zu ermahnen. Doch habe er sich geweigert zu kommen und sei ungehorsam gewesen. Auf die Frage, wie lange jener Marino schon in der Pfarrei lebe, antwortet er, nach seinem Urteil circa acht Jahre. Auf weitere Nachfragen hin erzählt der Pfarrer noch, dass Marino sich eine gewisse Frau im Hause halte, mit der er mehrere Kinder habe. Als er ihn dazu habe bringen wollen, dass er sich von ihr trenne und dass er nicht mehr in solcher Sünde leben wollte, habe er sich geweigert.

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Processi del S. Uffizio di Venezia (1548–1560), ed. Ioly Zorattini (1980), Nr. 1: […] in eo et super eo quod publica vox et fama est quod in civitate Venetiarum dicitur esse quamplures Christianos, qui ritum et mores Iudeorum preservant, appellatos vulgariter Christianos Novelos [!], asserentes etiam Testamentum Vetus non esse evacuatum propter Testamentum Novum, in qua causa ex offitio suo procedere intendit […].

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Befragt über Leben und Verhaltensweisen des erwähnten Angelo antwortet er, dass jener im vorletzten Jahr versprochen habe, künftig die heilige Kommunion in der genannten Kirche zu empfangen, sich danach jedoch weiterhin geweigert habe, dies zu tun. Außerdem habe der Pfarrer einen gewissen Herrn Andreolo Strazarolo sagen hören, dass Angelo viel mit ihm über das Alte Testament gesprochen habe, weshalb der Pfarrer ihm gesagt habe: „Glaubt nicht seine Reden, damit er euch nicht mit seinen bösen jüdischen Argumenten verwirrt. Und daraufhin habe der Herr Andreolo ihm geantwortet: Ihr habt gut die Wahrheit gesagt, Herr.“115

Der eine der beiden Neuchristen, deren Lebenswandel der Pfarrer gegenüber dem Inquisitor schilderte, kam seinem Cognomen oder Beinamen zufolge aus Apulien, der andere, Angelo Ursino, trägt den Namen einer Traneser Neuchristenfamilie. Die Neuchristen von Trani waren stark im Handel mit Venedig engagiert, Marino de Apulea war nach Aussage des Juden Golli ein Kaufmann. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die beiden Cristiani Novelli, die 1473 in Venedig ins Visier des Inquisitors gerieten, aus Trani stammten. Was der venezianische Pfarrer über den Lebenswandel der beiden Apulier zu Protokoll gibt, birgt jedoch abermals keinerlei Hinweise auf eine spezifisch kryptojüdische religiöse Praxis. Außer- oder voreheliche Beziehungen zu Frauen und unregelmäßiger Kirchgang waren wohl nicht nur unter Neuchristen verbreitet, und auch der Empfang der Kommunion war keineswegs eine Selbstverständlichkeit für alle Christen. Das alte Testament schließlich war Teil der Heiligen Schrift. Hätte irgendjemand dieses Interesse des Angelo 115

Ebd.: […] Venerabilis vir presbiter Franciscus Sanson plebanus Sancti Apolinaris Venetiarum. Interogatus per prefatum reverendum dominum inquisitorem si scit quod in eius parrochia sint aliqui Iudei christiani novelli, qui tenent diversos ritus et mores a fide catholica pro deviantes seu prohibitos, respondit quod scit in eius parrochia esse duos ita nuncupatos quorum alter vocatur ser Angelus Ursinus et alius Marinus de Apulea qui moratur in domibus ser Aloinxii Aiuta, de cuius Marinus moribus dixit dum audivisse ipsum non tenere secundum mores aliorum fidelium christianorum. Insuper scit quod ipse non venit ad missam in ecclesia sua nec accepit umquam sacram eucharistiam in dicta eius parrochia. Ulterius dixit quod dum ipse dominus plebanus misisset ipsum vocari per presbiterum Antonium de Grassellis ut eum admoneret ad bene et christiane vivendum, tunc ipse Marinus venire recusavit ad ipsum dominum plebanum et fuit inobediens. Interogatus de tempore quo dictus Marinus habitat in dicta parrochia, respondit ab octo annis citra [circa ?] iuditio ipsius testis. Interogatus dixit quod dominus Marinus teneret et tenet unam feminam in domo ex qua habuit certos filios et dum ipse testis vellet eum inducere ad desponsandum eam et quod nollet stare in tali peccato, ipse tunc hoc facere recusavit. Interogatus de vita et moribus dicti ser Angeli, respondit quod ab anno proximo preterito ipse … accepturus sacram eucharistiam in dicta ecclesia, sed ab inde supra id facere recusavit. Dixit tamen audivisse dici a quodam ser Andreolo strazarolo quatinus dominus ser Angelus multa secum locutus fuerat de Veteri Testamento, unde ipse ita dixit ei: „Non ve fondè nel suo parlar, che ’l non ve confondesse con i suo argumenti cativi iudayci“. Cui ipse ser Andreolus respondit „Vui dixè ben la verità meser“. Die Vorlage ist an der Stelle, an der es um den Empfang der Eucharistie durch den Neuchristen Angelus Ursinus geht, nach Ausweis der Edition stellenweise unleserlich. Die Interpretation beruht auf einer Emendation des Satzes quod ab anno proximo preterito ipse … accepturus sacram eucharistiam in dicta ecclesia, in: quod ab anno proximo preterito ipse [se] accepturum sacram eucharistiam in dicta [promisit] ecclesia.

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Ursino bemerkenswert gefunden, wenn er nicht christiano novello genannt worden wäre? Welche Folgen die Ermittlungen des Inquisitors für die beiden Neuchristen hatten, ist nicht überliefert. Möglicherweise verliefen sie im Sande. Anders als in Venedig 1473 werden in Benevent 1505 judaisierende Praktiken benannt, als die Inquisition gegen Neofiti vorgeht, die aus Manfredonia stammten. Allerdings sind diese Vorwürfe stereoptyp. Angeblich hatte man bei Cesare Capuano, einem Neuchristen aus Manfredonia mit Wohnsitz in Benevent, ungesäuertes Brot (panes aximi) und castratorum sportule salite gefunden. Die Ermittlungen gegen die Neofiti der Stadt hätten der einzigen Quelle zufolge dann zutage gefördert, dass diese viele und ungehörte Verstöße gegen das Gesetz Christi begingen und in keiner Weise an die Jungfrau Maria und damit auch nicht an die gesamte christliche Religion glaubten. Außerdem nähmen die Neuchristen die Kommunion, spuckten die Hostie danach jedoch in den Schmutz.116 Dass es jüdisches Brauchtum ist, zu Pessach ungesäuertes Brot zu essen, konnte jeder Christ in den Büchern des alten Testaments nachlesen. Was sich hinter den castratorum sportule salite verbarg, ist einigermaßen dunkel. Sah man hierin Portionen (sportulae) gesalzenen Hammelfleisches, das als Fleisch gedeutet wurde, das von Tieren stammte, die geschächtet worden waren, und das danach gesalzen worden war, wie es die jüdischen Speisegetze vorschreiben, um es von jeglichem Blut zu befreien? Doch woher wollte man wissen, dass dieses Fleisch von geschächteten Tieren stammte? Der Vorwurf des Hostienfrevels schließlich gehörte seit dem 13. Jahrhundert zum Standardrepertoire antijüdischer Vorwürfe. Keiner der konkreten Vorwürfe, die Mitte des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts gegen die Neuchristen Apuliens erhoben wurden, taugt also als Beleg für eine tatsächliche kryptojüdische Religiosität der Neuchristen. Allein die soziale Praxis, endogame Ehen zu schließen und diese unter Umständen auch wieder zu scheiden, erscheint als belegbares spezifisches Verhalten der Neuchristen. Betrachtet man den Zeitraum der über 200 Jahre von der Massenkonversion von 1292 bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, dann erscheint es vor allem bemerkenswert, wie selten und diskontinuierlich den Neuchristen vorgehalten wurde, von der christlichen Orthodoxie abzuweichen, und wie wenig konkretes Wissen über solche vermeintlichen Abweichungen dabei artikuliert wurde. Die Analyse des gesellschaftlichen Wissens über die konvertierten Juden und ihre Nachkommen, das sich im Sprachgebrauch artikulierte, hat gezeigt, dass bereits die Produktion einer eigenen Kategorie für die konvertierten Juden und ihre Nachkommen an spezifische Kontexte gebunden war, und damit die Voraussetzung dafür, dass man konvertierten Juden überhaupt spezifische Eigenschaften zuschreiben konnte. Sieht man von Apulien mit den Zentrum Trani ab, so wird im Königreich Neapel nach der Mitte des 14. Jahrhunderts nicht nur keinerlei Wissen über ‚judaisierende‘ Konvertiten und ihre Nachkommen produziert. Mit dem Zusammenbruch der Inquisition Mitte des 14. Jahrhunderts und mit 116

Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 13: […] Patrando quidem multa et inaudita contra Christi legem et signater [!] sacram Eucarestiam sumpsisse illamque evomisse et demum lutum cohibitasse sputum; insigniter gloriosissime matri Christi nostri Salvatoris et tandem penitus cristiane fidei incredulos esse […].

Religiöse Selbstexklusion? Oder: Wie „jüdisch“ waren die Neuchristen?

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dem Aussterben der Generation der Konvertiten von 1292 verschwinden in den meisten Teilen des Reiches sogar die Kategorien für konvertierte Juden, die sich in diesen Kontexten ausgebildet hatten, aus der Überlieferung. Und damit verschwand offensichtlich auch der semantische Kristallisationskern, an dem sich Wissen über ‚Judaisieren‘ hätte anlagern können. Die Ausweisungsedikte von 1510 und 1514 sowie die inquisitorischen Ermittlungen 1513 richteten sich nur gegen konvertierte Juden und ihre Nachkommen in Kalabrien und Apulien. Mit Ersteren waren die Juden gemeint, die während der Pogrome von 1495 die Taufe empfangen hatten, Letztere dagegen waren auch die Nachkommen der apulischen Konvertiten von 1292, die dort als Neofiti oder Cristiani Novelli bezeichnet wurden.117 Im Jahr 1292 war es jedoch nicht nur in Apulien, sondern auch in Kampanien zu Konversionen in großer Zahl gekommen. Auch in Kampanien werden diese Konvertiten biologische Nachkommen gehabt haben. Anders als in Apulien wurden diese jedoch offensichtlich nie als Neofiti, Christiani Novi oder Cristiani Novelli bezeichnet. Und so erscheint Kampanien zu Beginn des 16. Jahrhunderts denn auch nicht unter den Regionen, in denen Neuchristen identifiziert werden sollten, um sie zu vertreiben. Auffällig ist außerdem, dass Wissen über judaisierende Praktiken der apulischen Neuchristen vor allem in Kontexten artikuliert wurde, in denen sich zuvor Wissen über die spanischen Conversos verbreitet hatte. Vor dem Inquisitor bediente sich der Jude Golli 1473 in Venedig der Bezeichnung Marrano als Synonym für Cristiano Novello.118 Der Verfolgung der Neuchristen in der päpstlichen Herrschaft Benevent waren in den Jahren 1493, 1498 und 1503 mehrere Aufsehen erregende Verfolgungen spanischer Marrani an der Kurie in Rom vorangegangen.119 Und mit der Etablierung der spanischen Herrschaft im Königreich Neapel etablierte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts dort auch Wissen über Neuchristen, das in Spanien entstanden war. Der Fall des Königreiches Neapel scheint daher denen Recht zu geben, die die Rolle der Inquisition für die Produktion des Kryptojudaismus betont haben.120 Denn die fast vollständige Abwesenheit autochthonen Wissens über kryptojüdische Praktiken korreliert mit der Abwesenheit einer kontinuierlichen inquisitorischen Aktivität, die dieses Wissen gleichsam dauerhaft in der Gesellschaft verankert und verbreitet hätte. Das heißt allerdings nicht, dass die Inquisition die Verhaltensweisen der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen erfunden hätte. Ohne Inquisition fehlte jedoch offensichtlich eine Instanz, die dieses Verhalten kontinuierlich als Judaisieren interpretiert und damit ein ständig vorhandenes Wissen in der Gesellschaft etabliert hätte, dass die Neuchristen auch religiös jüdisch wären. Die Diskontinuität der Produktion des Wissens über Praktiken, die als Judaisieren zu gelten haben, belegt in besonders schlagender Weise die Bulle Eugens IV. für die Neuchristen von Trani aus dem Jahr 1446. Diese hatten gegenüber dem Papst nicht nur darüber geklagt, dass man ihnen nachsage, sie und ihre Vorfahren, die vor langer Zeit vom 117 118 119 120

S. o., 301, 306. Processi del S. Uffizio di Venezia (1548–1560), ed. Ioly Zorattini (1980), Nr. 1. Pastor, Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters 3/1 (1924), 616f. Pullan, Jews of Europe (1983), 204f.

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Judentum zum katholischen Glauben übergetreten seien, hätten seit diesem Übertritt „gewisse besondere Sitten, Bräuche und Lebensformen“ (mores, ritus seu vivendi modos singulares) befolgt bzw. würden sie noch befolgen, die sich sehr von denen der anderen Christgläubigen jener Stadt und Diözese unterschieden, sondern auch darüber, dass sie deshalb von diesen anderen Gläubigen als Ketzer behandelt, bezeichnet und als solche gemieden, also sozial geächtet würden.121 Diese soziale Ächtung durch einen Teil der Bürger von Trani war allem Anschein nach jedoch neu. Im Jahr 1377 hatten die Vertreter der Stadt für sie die gleichen Freiheiten gefordert, derer sich auch die anderen Bürger erfreuten.122 Spätestens seit Beginn des 15. Jahrhunderts wurden sie als Zeugen zu Rechtsakten herangezogen, seit 1413 saßen zwei Neofiti im Rat der Stadt, und noch 1430 waren zwei von ihnen Mitglieder der Kommissionen gewesen, die einen Ausgleich mit Venedig verhandelten. Die Neuchristen genossen also eineinhalb Jahrzehnte bevor sie als vermeintliche Ketzer infamiert wurden noch ein erhebliches Maß an sozialer Wertschätzung. Wie die soziale Ächtung muss daher auch der Vorwurf, auf dem die soziale Ächtung beruhte, nämlich Ketzer zu sein, zumindest in dieser Schärfe neu gewesen sein. Die Neuchristen von Trani selbst präsentieren sich 1446 gegenüber dem Papst als unwissend, inwieweit sie Riten, Bräuche und spezifische Lebensweisen praktizierten, die sie von den anderen Christen unterschieden, und bekunden ihren Wunsch, sich religiös zu assimilieren: „Wenn sie solche hätten“, dann begehrten sie, die novelli christiani, die besonderen und dermaßen unterschiedlichen Sitten, Bräuche und Lebensformen völlig aufzugeben und sich pro evitanda infamia et sedandis scandalis huiusmodi, necnon eorum animarum salute den anderen Christgläubigen in allem, besonders in dem, was den katholischen Glauben betrifft, anzupassen (conformare). Dabei wird man das Bestreben, sich religiös zu assimilieren, das die Neuchristen hier formulierten, durchaus ernst nehmen müssen. Baten sie den Papst doch gleichzeitig, ihnen um einer leichteren Anpassung willen eine „sichere Lebensform oder Regel“ (certum vivendi modum, seu regulam) zu übersenden.123 Hätten die Neuchristen vorgehabt, weiterhin insgeheim zu judaisieren, dann hätten sie mit ihrer Bitte um eine Regel das Risiko, entdeckt zu werden, selbst in die Höhe getrieben, stellte diese doch gleichsam einen Maßstab dar, an dem sich die Glaubenspraxis der Neuchristen künftig würde messen lassen müssen. Die Regel, die Eugen IV. den Neofiti von Trani daraufhin zukommen ließ und mit deren Implementierung er den Erzbischof beauftragte, lässt abermals keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, welche denn die ritus, mores ac modi singulares gewesen sein könnten, die die Neofiti von Trani über 150 Jahre, nachdem ihre Vorfahren konvertiert waren, ab

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 34. Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750: […] ipsi novelli Christiani pro evitanda infamia et sedandis scandalis huiusmodi, necnon eorum animarum salute, mores, ritus et modos singulares et diversos huiusmodi, si quos habent, penitus deserere et aliis Christifidelibus se in omnibus, presertim fidem Catholicam concernentibus, conformare, ac pro faciliori conformatione huiusmodi, eis per nos certum vivendi modum, seu regulam tradi, ferventius concupiscant […].

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illis aliorum Christifidelium ipsarum civitatis et diocesis unterschieden hätten. Zwar fordert die Bulle die Neuchristen wie erwähnt auf, von der Feier des Sabbats Abstand zu nehmen und keine Ehescheidungen mehr vorzunehmen. Der Katalog positiver religiöser ‚Benimmregeln‘, den Eugen IV. den Neofiti von Trani zukommen ließ, ist allerdings denkbar allgemein und stellt eher eine Art kleinen Katechismus dar und keinen zielgenauen Versuch, die spezifischen Unsicherheiten einer besonderen Gruppe von Christen, die von Juden abstammen, mit den Vorschriften des christlichen Glaubens zu klären. So sollten die Neuchristen sonntags die Messe besuchen, ihre Kinder taufen und firmen lassen, wenigstens einmal im Jahr zur Beichte gehen, ihrer kirchlichen und weltlichen Obrigkeit gehorchen etc.124 Andere zeitgenössische Quellen, die den Vorwurf des Judaisierens erheben, betonen allerdings, dass die Neuchristen ‚öffentlich‘ als Christen lebten, ‚heimlich‘ aber judaisierten. Die Vorschriften Eugens IV. betrafen jedoch genau die ‚öffentliche‘ Religiosität und gingen daher ins Leere, unabhängig davon, ob es einen verborgenen Kryptojudaismus gab oder nicht. Sie lassen nur erkennen, dass man in der Kurie 1446 offensichtlich keine Informanten hatte, die über genaueres Wissen darüber verfügt hätten, welches denn besonders typische Praktiken sein könnten, durch die jene Christgläubigen aus Trani, die Neofiti oder in der Volkssprache Cristiani Novelli genannt wurden, judaisierten.

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 750: […] [1.] dies tantum Dominicos at alias festivitates, necnon ieiunia a Sancta Romana Ecclesia, matre omnium et magistra, statuta et ordinata ac iuxta consuetudinem ecclesie Tranensis presentem et futuram celebrari et observari solita, celebrent et observent; [2.] eorum utriusque sexus infantes quantocius poterunt baptizari ac per loci ordinarium confirmari faciant et procurent, illos quoque orationem Dominicam, symbolum fidei, confessionis formam ac alias, quantum in eis fuerit, Christianam religionem edoceant; [3.] eorum compatres et commatres fideliter venerent; [4.] clericalem et monachalem aliosque ecclesiasticos status nullatenus vilipendant, sed debitis honore et devotione prosequantur; [5.] superioribus suis, tam ecclesiasticis quam secularibus, devote et fideliter obediant pariter et intendant; [6.] illi ex eis, qui ad annos discretionis pervenerint, singulis Dominicis aliisque festivis diebus, mango cessante impendimento, missam integre audiant, et omnia sua peccata saltim semel in anno integer et fideliter confiteantur iuxta canonicas sanctiones, ac iniunctam sibi penitentiam pro viribus student adimplere; [7.] suscipiant quoque reverenter, ad minus in Pascha, Eucharistie sacramentum, nisi forte de confessoris sui consilio ob aliquam rationabilem causam ad tempus ab eius preceptione duxerint abstinendum; [8.] cum infirmitate corporali oppressi fuerint, saluberrimum Eucharistie sacramentum extremamque unctionem ac commendacionem anime instanter postulent devoteque suscipiant, necnon ecclesiaticam sepulturam, non omnes, Iudeorum more, sed quilibet in sua parrochiali, vel aliis ecclesiis, seu ecclesiasticis locis elegant; [9.] matrimonia quoque inter se et cum aliis Christifidelibus iuxta eorum status et conditiones secundam canonicas sanctiones contrahant et sic contractis utantur ac in illis permaneant; [10.] ab usuris, symonia, turpi questu ac aliis illicitis negotiationibus et contractibus, viciis quoque et presertim capitalibus peccatis abstineant, ac vanitates, impietates et secularia desideria contemnentes, sobrie, iuste, pie et catholice vivant; [11.] adventum magni Dei nostri Ihesu Christi fide pura, spe certa et caritate fervida expectantes, si temporalem pariter et eternam ultionem effugere, necnon gratie divine premium et misericordiam ac sedis apostolice benivolentiam exinde voluerint promereri […].

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Neben der Bulle Eugens IV. 1446 ist auch die Bulle Nikolaus’ V. von 1453 im Kontext der Frage nach der religiösen Jewishness der Neuchristen von Trani abermals von Interesse. Zwar benennt diese nichts, was auf kryptojüdische Religiosität rückschließen ließe. Allerdings fällt auf, dass in die Bulle ein bemerkenswert präzises Wissen über den Zeitpunkt und die Umstände der Konversion der Vorfahren der Traneser Neuchristen eingegangen ist. Denn es heißt, die Vorfahren der Neuchristen seien Juden gewesen, und es seien schon mehr als 150 Jahre vergangen, dass diese eher gezwungen denn freiwillig Christen geworden seien.125 Dieses Wissen kann nur aus Apulien stammen, denn außerhalb von Apulien wusste man im 15. Jahrhundert nicht einmal, dass es dort Neofiti gab, die Nachkommen konvertierter Juden waren. Die Bulle wiederum beruhte auf einer Supplik des Inquisitors Petrus de Mistretta und lässt gleichzeitig erkennen, dass diese das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Inquisitor und den Neuchristen war. Die einzigen Akteure aus Apulien, deren Wissen in die Abfassung der Bulle einging, waren also die Neuchristen selbst. Und das heißt: Das Wissen über Zeit und Umstände der Konversion ihrer Vorfahren stammte von ihnen. Nach allem, was man über die menschliche Erinnerung weiß, ist es kaum möglich, ein solch präzises Wissen, vor allem über den Zeitpunkt, allein mündlich zu tradieren.126 Die Neuchristen müssen daher auch über schriftliche Aufzeichnungen, welcher Art auch immer, über die Konversion von 1292 verfügt haben. Offensichtlich waren sich die Neuchristen ihrer jüdischen Herkunft bewusst und pflegten das Wissen darum auch. Es sind einige, wenn auch eher wenige Fälle belegt, dass sie ihren Kindern auch im 15. Jahrhundert noch jüdische Namen gaben.127 Allerdings muss ein solches Herkunftsbewusstsein keineswegs als Ausdruck einer Identität gewertet werden, die im Widerspruch zur Zugehörigkeit zu den Christen stand. Dies zeigt das Beispiel des Troiano de Buctunis, der 1502 an seinem Grabmal die jüdische Herkunft der Jungfrau Maria und ihres Sohns inszeniert sehen wollte, und damit auch auf seine eigene Abstammung von Juden anspielte, die ebenso wenig wie die Mariens und Jesu im Widerspruch dazu stand, dass er ein „wahrer Christ“ war, wie es in der Urkunde von 1505 heißt, mit der sein Sohn Andrea sich verpflichtete, den letzten Willen seines Vaters auszuführen.128 Sein Verwandter Nicola de Buctunis hatte bereits 1461 eine, wenn auch bescheidene Grablege für sich und seine Erben in der Kapelle des hl. Johannes des Täufers einrichten lassen.129 Seinen Sohn Antonio hatte er zum Kleriker weihen lassen.130 Neuchristen, die Kleriker bzw. Mönche wurden, sind schon unmittelbar nach der Massenkonversion von

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Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814: […] quorum antecessores fuerunt Iudei, quique pro maiori parte iam sunt elapsi anni centum quinquaginta, quod magis cohacte quam voluntarie effecti fuerunt christiani […]; vgl. Lonardo, Abiura (1907), 584. Fried, Schleier der Erinnerung (2004), 13–21, 49–56. S. etwa u. Prosopografie, Nr. IV/12; IX/21. S. o., 290. Ronchi, Guida del Museo Diocesano di Trani (1984), 161. BDT A 487/521.

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1292 und vor allem ab dem späten 14. Jahrhundert immer häufiger belegt.131 Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Klerikerstand werden die Neuchristen Angelo Secondo und Antonio de Gello 1515 von der Vertreibung aus dem regno verschont.132 Wohl vor der Mitte des 16. Jahrhunderts beschäftigt sich der Rabbi David Ha-Cohen aus Korfu neben Neuchristen aus Portugal auch mit solchen aus dem Königreich Neapel und Apulien. In zwei Responsen, die sich auf Neuchristen aus Apulien beziehen, ist er in seiner Jugend der Ansicht, dass sie als Anusim zu gelten hätten und daher den Juden gleichzustellen seien. In späteren Responsa freilich änderte Rabbi David seine Ansicht und sagte, dass die Juden Apuliens, die zur Taufe gezwungen wurden und die Möglichkeit haben, auszuwandern und es trotzdem nicht tun, als Apostaten zu gelten hätten, und damit nicht mehr zu den Juden gezählt werden sollten. Es ist nicht klar, ob die Responsa des Rabbiners aus Korfu sich auf Nachkommen der Konvertiten von 1292 beziehen oder auf Juden, die 1495 die Taufe empfangen hatten. Interessant ist jedoch, dass ein späterer jüdischer Gelehrter genau diese Unterscheidung einführt, um den Sinneswandel des Rabbi David Ha-Cohen zu erklären: Es gebe zwei Arten von Neuchristen in Apulien, auf der einen Seite jene, die erst unlängst die Taufe empfangen hätten. Falls sie den Versuch machten auszuwandern, so würden sie von den Nichtjuden ergriffen und zum Tode verurteilt werden. Auf der anderen Seite gebe es diejenigen, die von jenen abstammten, die vor alter Zeit getauft wurden. Sie gälten bei den Einwohnern des Landes als Christen und könnten daher ohne Gefahr hin- und herreisen und auswandern. Da sie Letzteres nicht täten, müssten sie als Apostaten betrachtet werden.133 Für die jüdischen Gelehrten des 16. Jahrhundert also waren die Neuchristen von Trani keine Juden mehr.

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Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 85. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 303; BCBi, Fondo Rogadeo Ms. A 19,74r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26. Zimmels, Marranen (1932), 30f.

VI. Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden

1. Die Jüdin, die die Kommunion empfing, oder: Die Rückverwandlung der Neuchristen in Juden Im Jahr 1611 erschien bei Giuseppe Panoma in Genua eine Sammlung wundersamer Begebenheiten, die der Franziskaner Bartolomeo Cambi (1558–1617) zusammengestellt hatte; sie trug den Titel „L’innamorato di Giesù Cristo“. Die fünfte Begebenheit erzählt „Von einer Jüdin, die die hl. Kommunion empfing, und dem, was ihr passierte“ (D’una Giudea, che si communicò et quello che gli auuenne): „In Trani, in der Terra di Bari, als dort die heimtückischen Juden lebten, geschah es zur Osterzeit, wenn die Christen zur Kommunion gehen, dass eine Jüdin sich den christlichen Frauen anschloss, vorgab Christin zu sein und mit den anderen christlichen Frauen die Kommunion empfing. Und als sie die Partikel genommen hatte, holte sie sie aus dem Mund heraus und legte sie in ein Taschentuch. Als sie wieder zuhause war, wollte sie sehen, ob sie Brot wäre oder nicht. Sie legte die gesegnete und stets verehrungswürdige Partikel in eine Pfanne, die mit Öl gefüllt war, um sie zu braten, woraufhin sie sich auf wundersame Weise sofort sichtbar in Fleisch verwandelte. Und aus der Pfanne schoss so viel Blut, dass es durch das ganze verfluchte und verdammungswürdige Haus floss und sich in diesem ausbreitete. Als die teuflische, frevelhafte und heimtückische Frau dies sah, wurde sie von Furcht und Schrecken erfüllt und versuchte, das hochheilige und gesegnete Blut zu bedecken und zu verbergen. Doch je mehr sie versuchte, es zu bedecken und zu verbergen, desto mehr Blut schoss heraus und breitete sich aus. Erschrocken und voller Furcht begann sie daraufhin, mit schreckenerregender Stimme zu schreien. Auf diese Schreie hin liefen die benachbarten Christinnen herbei, um zu sehen, was der Anlass für solches Weinen sei. Sie kamen in das Haus, und als sie solches Blutvergießen sahen, fragten sie sie, was sie getan hätte, woraufhin sie ihnen zitternd antwortete und ihnen alles erzählte. Sofort wurde der Erzbischof von diesem entsetzlichen Wunder benachrichtigt. Und nachdem dieser sich über das Geschehen informiert hatte, ließ er die heilige Partikel ehrfürchtig in die Kirche bringen, damit sie dort aufbewahrt und mit aller Ehrfurcht und Verehrung gehütet würde. Deshalb bewahrt man sie bis zum heutigen Tage mit großer Verehrung gemeinsam mit anderen Reliquien in der Sakristei auf. Und jedes Jahr am Palmsonntag wird dem Volk jene Partikel gezeigt, die sich in Fleisch verwandelt hat, durch den Prediger, der in dem Ort

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Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden

predigt und der gehalten ist, an jenem Tag zu predigen über das höchst verehrenswerte Mysterium des höchst liebenswerten Sakraments des Leibes und des Blutes unseres Herrn.“ 1

Die Erzählung von der Jüdin, die die hl. Kommunion empfing, die erstmals 1611 in Cambis Sammlung erscheint, ist offensichtlich eine Variante eines Narrativs, das sich seit dem 13. Jahrhundert fast in ganz Europa verbreitet hatte: das eucharistische Wunder als Folge einer Hostienschändung durch Juden.2 Als früheste Varianten dieses Narrativs gelten Erzählungen aus dem letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts, die eine Hostienschändung zum Gegenstand haben, die sich 1290 in Paris ereignet haben soll. Doch gab es schon vor 1290 im Rheinland, Elsass und Franken Erzählungen über jüdische Missetaten, die viele Elemente der Hostienschändungslegenden enthalten.3 Außerdem sind bereits seit dem Frühmittelalter Erzählungen über andere Hostienwunder überliefert, in denen Juden eine Rolle spielten. In Italien verbreiteten sich Erzählungen über Hostienschändungen durch Juden bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts. Um 1330 erzählt Giovanni Villani die Hostienschändung von Paris als Geschichte eines jüdischen Wucherers, der sich mithilfe einer einfachen und armen Frau die Hostie verschaffte, um sie zu misshandeln. Vermittelt durch eine sacra rappresentazione aus dem 15. Jahrhundert wurde Villanis Version des Narrativs die Vorlage für Paolo Ucellos sechs Szenen für die Predella des Altars, den er zwischen 1465 und 1468 für die Bruderschaft des Corpus Christi in Urbino schuf.4

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Cambi, Innamorato di Giesù Cristo (1611), 142–144; vgl. Curci/Spalluci, Ostia di Trani (1989), 286f: In Trani terra di Bari, mentre vi habitauano li perfidi Giudei, occorse che nel tempo di Pasqua, quando li Christiani vanno alla communione una Giudea s’acommpagnò con le Donne Christiane, e fingendo d’essere cristiana, si communicò con l’altre Donne Christiane, e preso che hebbe la particola, se la cauò di bocca, e la misse nel fazzoletto. Tornata che fu à casa, volendo far esperienza s’era pane ò nò; misse quella benedetta e sempre veneranda particola dentro una padella piena d’oglio per friggerla, onde subito miracolosamente diuentò carne visibile, e sparse tanto Sangue fuor della padella, che correua et allagaua per tutto quella maledetta, et essecranda casa. Vedendo questo la Diabolica, Sacrilega, et perfida Femina, ripiena di timore, e di spauento, cercua di ricoprire quel Sacrosanto, e benedetto Sangue, e quanto più cercaua di ricoprirlo, egli più spargeua, e dilataua; onde spaventata, et tutta piena di terrore, cominciò à gridare con voce spauentevole, e correndo le vicine Christiane à quei gridi per vedere che fusse la cagione di così gran pianto; entrate in casa, vedendo così gran spargimento di Sangue, domandarono che cosa hauesse fatto, ond’ella tremando rispose, e raccontogli tutto. Subito fù data la nuoua di così tremendo miracolo, all’Arciuescouo, il quale informatosi di tutto il successo, fece portare riuerentemente quella Santa particola nella Chiesa, acciò fusse tenuta, e custodita con ogni riuerenza, e diuotione, sì come insino al giorno d’hoggi si conserua con molta ueneratione nel Sacrario con l’altre Reliquie, et ogn’anno il giorno delle Palme si mostra al Popolo quella particola fatta carne, dal Predicatore che predica in detto luogo, il quale è tenuto predicare quel giorno sopra il venerabilissimo mistero dell’amorosissimo Sacramento del Corpo, e Sangue del nostro Signore. Vgl. immer noch den Überblick bei Browe, Hostienschändungen (1926); Rubin, Desacration of the Host (1992). Rubin, Desacration of the Host (1992), 171. Ebd., 176.

Die Jüdin, die die Kommunion empfing

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Man hat die Hypothese formuliert, dass der Stoff bereits zuvor nach Trani gelangt war und von dort gleichsam nach Urbino. Denn zum einen weist die Traneser Version, die Cambi überliefert, mit Ucellos Bilderzählung eine Übereinstimmung in einem Detail auf, die sie etwa von Villanis Variante unterscheidet: Während die Hostie dort zunächst in kochendes Wasser geworfen und danach mit einem Messer traktiert wird, wird sie hier in einer Pfanne mit siedendem Öl gebraten. Zum anderen wurde der Traneser Erzbischof Latino Ursini 1450 nach Urbino transferiert und könnte die Variante der Erzählung so vermittelt haben.5 Allerdings gibt es keinen Beleg dafür, dass Ursini während seiner Amtszeit als Erzbischof von Trani (1439–1450) jemals in seiner Sedes geweilt hätte. Vor allem aber hat die Traneser Erzählung mehrere gravierende Besonderheiten, die sie sowohl von Ucellos Version als auch vom gesamten Mainstream der Hostienschändungserzählungen unterscheiden und die dafür sprechen, dass diese spezifische Traneser Erzählung frühestens an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert entstanden sein kann. Die erste Besonderheit ist eine augenfällige Abwesenheit. Zum Standardpersonal der Hostienschändungserzählungen gehört der christliche Komplize des jüdischen Täters, der diesem die Hostie verschafft. Dabei lassen sich verschiedene Typen von Christen unterscheiden, die Juden Hostien verschaffen, etwa Kirchenräuber oder Personen mit unmittelbarem Zugang zum Geweihten. In den meisten Fällen jedoch ist der christliche Komplize des frevelhaften Juden eine Komplizin: eine Christin, häufig eine christliche Magd im Haushalt des jüdischen Täters, die die Hostie bei der Kommunion empfängt, im Mund aus der Messe trägt und sie dann an den Juden aushändigt.6 Die Figur der christlichen Komplizin erscheint erstmals 1294 in der Chronik des Iohannes de Thilrode und auch in den wichtigsten italienischen Varianten der Erzählung.7 Die verschiedenen Typen des schlechten Christen spielen für die Erzählungen eine tragende Rolle. Denn zum einen richten sich diese an ein christliches Publikum, dem exempelhaft nicht nur das Dogma der Realpräsenz Christi im Altarsakrament vor Augen geführt werden sollte, sondern auch, welches Schicksal jenen drohte, die dieses bezweifelten.8 Zum anderen waren sie für die Plausibilität des erzählten Geschehens geradezu unabdingbar. Denn in „den geschlossenen Gemeinden der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städte war es kaum möglich, sich als Jude unerkannt in die Messe einzuschleichen und die Kommunion zu empfangen.“ 9 Es ist daher bemerkenswert, dass in der Traneser Version des Narrativs die Figur des christlichen Komplizen bzw. der christlichen Komplizin abwesend ist. Noch bemerkenswerter ist jedoch, dass sie in ihrer Abwesenheit gleichzeitig präsent ist. Denn auch in der Traneser Erzählung hat eine weibliche Figur, die die Kommunion empfängt und sich so die Hostie verschafft, die dann Ziel jüdischen Frevels wird, nicht nur eine, sondern die 5 6 7 8 9

Curci/Spalluci, Ostia di Trani (1989), 94–97. Treue, Schlechte und gute Christen (1992), 99; Browe, Hostienschändungen (1926), 178f. Rubin, Desacration of the Host (1992), 169–171. Ebd., 175. Treue, Schlechte und gute Christen (1992), 96.

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Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden

tragende Rolle inne. Sie ist jedoch keine Christin, sondern die Jüdin, die die hl. Kommunion empfing. In der Erzählung aus Trani verschmelzen also die Figur der christlichen Komplizin, die die Hostie besorgt, und die Figur des jüdischen Frevlers zu einer Figur, der Figur der Jüdin, die vorgab, Christin zu sein und sich so die Hostie verschaffte, die sie später schändete. Miri Rubin hat gezeigt, dass die verschiedenen Versionen des Masternarrativs von der Hostienschändung durch Juden stets in Wechselbeziehungen zu dem jeweiligen lokalen oder regionalen Kontext von Macht und Politik einer Stadt und Region standen.10 Und es drängt sich daher geradezu auf, in der Figur der Jüdin, die die Kommunion empfing, eine Chiffre für die Neuchristen von Trani zu sehen. Hatte man diesen seit der Mitte des 15. Jahrhunderts und dann verstärkt seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert doch vorgeworfen, nach außen hin als Christen, ‚heimlich‘ jedoch als Juden zu leben. So hatte es in der Bulle Papst Nikloaus’ V. für den Inquisitor Petrus de Mistretta von 1453 geheißen, dass die Neuchristen zwar öffentlich die Sakramente der Kirche empfingen, dennoch aber die Riten und Zeremonien der Juden beibehalten hätten und nicht an die christliche Religion glaubten.11 Den Neuchristen von Benevent, die aus Manfredonia stammten, hatte man 1505 gar nachgesagt, dass sie die Kommunion empfingen, die Hostie danach jedoch in den Schmutz spuckten.12 Zudem waren die Neuchristen, die man 1505 in Benevent wegen dieser und anderer Vorwürfe zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt hatte, in der Mehrzahl Neuchristinnen – also Frauen! Die Christinnen, mit denen die Jüdin in Cambis Erzählung gemeinsam die Messe besucht und die ihre Nachbarinnen sind, werden als le Donne Christiane bzw. als le vicine Christiane bezeichnet, einmal jedoch auch, und zwar an der Schlüsselstelle des Empfangs der Hostie, als l’altre Donne Christiane, also als die „anderen christlichen Frauen“. Hier erscheint geradezu unwillkürlich die Außenseite der Unterscheidung, durch die über 200 Jahre lang die Kategorien Neofiti, Christiani Novi bzw. Christani Novelli kommunikativ produziert worden waren, also die Bezeichnungen, mit denen man die Konvertiten und ihre Nachkommen gefasst hatte: die „anderen Christen“. Offensichtlich also stand die Erzählung von der Jüdin von Trani, die die Kommunion empfing, in intertextuellen Bezügen zum Wissen über die Neuchristen Apuliens, das dort im 15. und 16. Jahrhundert kursierte, das seinerseits freilich wiederum in Bezügen zum Wissen über Juden stand. Es sprechen noch weitere Beobachtungen dafür, dass die Erzählung aus Trani über die Jüdin, die die Kommunion empfing, erinnertes Wissen über die Neuchristen der Stadt verarbeitete, die man 1495 vertrieben hatte und die in der Erzählung in auffälliger Weise gleichzeitig anwesend und abwesend sind. Die Erzählungen über Hostienschändungen folgen stets einer klaren Geschlechterordnung. Die jüdischen Täter, die sich an der Hostie vergehen, sind stets Männer.13 Mit

10 11 12 13

Rubin, Desacration of the Host (1992), 184. Lonardo, Abiura (1907); Simonsohn, Apostolic See and the Jews 1 (1988), Nr. 814. Zazo, Appunti di Haeretica Pravitas (1977), 13. Rubin, Desacration of the Host (1992), 173.

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einer Ausnahme: der Erzählung aus Trani. Denn hier verschmilzt die männliche Figur des jüdischen Frevlers mit der weiblichen Figur der christlichen Komplizin zur weiblichen Figur der Jüdin, die die Kommunion empfängt und später die empfangene Hostie schändet. Damit gerät die weibliche, jüdische Hauptfigur der Erzählung in die Nähe zu anderen jüdischen Frauenfiguren in Erzählungen über Hostienwunder, die dort geradezu die Rolle der Opponentin gegen die männliche Täterfigur einnehmen. Am deutlichsten ist dies in einer der beiden Hauptvarianten der Erzählung vom Judenknaben – der wichtigsten Erzählung aus dem Repertoire eucharistischer Wundererzählungen, die bereits seit dem Frühmittelalter zur Verfügung stand. Sie stammte ursprünglich aus Byzanz, ist im Westen erstmals aber bereits bei Gregor von Tours überliefert.14 In dieser Geschichte geht ein jüdischer Junge gemeinsam mit christlichen Jungen zur Schule und besucht mit diesen Weihnachten die Messe. Dabei sieht er das Christuskind in der konsekrierten Hostie und empfängt die Kommunion. Zurück zu Hause wird er von seinem Vater befragt, wo er gewesen sei, worauf er diesem erzählt, er sei in der Kirche gewesen und hätte einen kleinen Jungen gesehen, der allen Kommunikanten verabreicht worden sei. Daraufhin wirft der Vater seinen Sohn in einen Ofen. Die Mutter jedoch erhebt ein lautes Wehgeschrei, das die christlichen Nachbarn herbeiruft. Als diese in den Ofen schauen, sehen sie, dass der Junge unversehrt ist. Und als er erzählt, dass er im Schoße einer lieblichen Dame vor den Flammen bewahrt worden sei, lassen sich die Mutter, der Sohn und viele andere Juden taufen. Der Vater erhält jedoch die gerechte, spiegelnde Strafe: Er wird verbrannt. In dieser Geschichte “the Jewish father stood for the Law in its cruel and unyielding nature; whereas the woman/mother was assimilated into the image of female gentleness, seen as a person easliy influenced, and more readily moved by affective manifestation, the person who might convert through miraculous illumination, together with her children.” 15

Die Jüdin der Erzählung aus Trani nun weist mit der jüdischen Mutter aus der Erzählung über den Judenknaben eine bemerkenswerte Übereinstimmung auf: Es ist ihr Wehklagen, das die christlichen Nachbar(inne)n herbeiruft und so den Frevel offenbar macht. In der Jüdin, die die Kommunion empfing, überlagerten sich also nicht nur die Figuren der christlichen Komplizin und des jüdischen Frevlers, sondern auch der Jüdin, die über das schreckliche Wunder erschrickt und, wenn man so will, auch des jüdischen Knaben, der in der Erzählung vom Judenknaben gemeinsam mit seinen christlichen Mitschülern die Kommunion empfängt und der später gemeinsam mit der Mutter konvertiert. Die Figur der Jüdin, die die Kommunion empfing, verweist also nicht nur als christlich-jüdische Hybridfigur auf die Neuchristen von Trani, deren Vertreibung aus der Stadt man Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit dem Vorwurf solcher christlich-jüdischer Hybridität legitimiert hatte. Sie ist auch durch ihre intertextuellen Bezüge geradezu als Konvertitin angelegt. 14 15

Ebd. Ebd.

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Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden

Mit dem Druck von Cambis „Innamorato di Giesù Cristo“ 1611 war das Wissen, das man in Trani von der Jüdin hatte, die die Kommunion empfing, allerdings noch nicht endgültig fixiert. Knapp 100 Jahre später, im Jahr 1706, lässt der Traneser Adlige Ottaviano Campitelli durch eine Untersuchung feststellen, dass er rechtmäßiger Inhaber des Patronatsrechts auf eine Kapelle sei, die zwischenzeitlich als Wohnhaus profaniert, von ihm jedoch wiederhergestellt worden sei. Und bei dieser Kapelle, so Campitelli, handelte es sich um nichts anderes als das Haus der Jüdin, in dem sich das Hostienwunder ereignet habe. Im Rahmen der Untersuchung gibt Campitelli auch zu Protokoll, wie sich das Hostienwunder dereinst ereignet hatte. Diese Version der Erzählung von der frevlerischen Jüdin scheint repräsentativ für das Wissen der Stadtgesellschaft als Ganzer gewesen zu sein. Denn sie findet sich in ihren Kernpunkten auch in den Aussagen der Zeugen wieder, die im Rahmen der Untersuchung befragt wurden. Campitelli berichtet, er habe von älteren Bürgern der Stadt erfahren, dass vor vielen hundert Jahren, und zwar genau zu der Zeit, als in dieser Stadt Juden lebten, eine alte Jüdin, die im Ghetto gelebt hätte, das gegenwärtig Casale genannt würde, eine Frau gebeten hätte, doch einmal die Kommunion zu empfangen und ihr dann die Hostie zu bringen. Diese habe daraufhin eines Morgens während der Messe vorgetäuscht, die Hostie zu schlucken, sie in Wirklichkeit jedoch aus dem Mund genommen, in einem Taschentuch verborgen und der alten Jüdin gebracht. Jene habe sie dann in eine Pfanne gelegt, die auf dem Feuer stand, und begonnen, die Hostie zu braten. Aus dieser sei dann eine solche Menge Bluts geströmt, dass es nicht nur das Haus überflutet, sondern bis auf die Straße gedrungen sei. Als dem Erzbischof der Stadt dies berichtet worden sei, habe er sich sofort in das Haus begeben und in der Pfanne ein Stückchen Fleisch gefunden. Dieses habe er genommen und in die Domkirche gebracht, damit es dort in einem Reliquiar aufbewahrt werde. Und deshalb habe der Prediger in den vielen Jahrhunderten, die seitdem vergangen seien, bis in die jüngste Zeit am Palmsonntag über dieses Thema gepredigt.16

16

Curci/Spalluci, Ostia di Trani (1989), 363: […] hauendo hauuta notizia da più anziani, e uecchi di questa Città, che molte e molte centinaia d’anni a dietro e precise nel tempo che in questa Città ne habitavano gli Giudei, una Vecchia Giudea, che habitaua nel ghetto, intitulato presentemente del Casale, pregò una Donna, che una matina fusse andata a communicarsi, e che la particula consecrata, che si riceuea dalle mani del Sacerdote l’hauesse portata ad essa Giudea, conforme, in effetto seguì che detta Donna essendo andata una matina a comunicarsi, dopo hauere ricevuto nella labra il Santissimo Corpo di Xsto sotto le Specie Sacramentate, finse d’inghiottire la Particola consegrata, però toltosela di bocca, la nascose in un faccioletto, e la portò secondo il concertato alla Vecchia Giudea, hebbela ricevuta, posta una sartagina sopra del fuoco nella sua casa doue habitaua, postala sudetta partiocla nella detta sartaggine la cominciò a frigere, e dalla medesima sartagine si uidde in un subito uscire tanta coppia de sangue, che non solo allagò la casa, ma si bene uscì anco fuora della strada, lo che rapportatosi all’Illustrissimo prelato di quel tempo, occorse subito al caso, e uedetto la cosa, ritrouando dentro la detta sartagine un pezzetto di Carne, ch’era appunto la particola consecrata, che lasciate le Specie, e siano accidenti di pane, era diuenuta un pezzetto di Carne, e preso detto pezzetto di carne lo trasportò a conseruare nel Reliquiario della Chiesa Metropolitana di Trani, per lo che per molto e molto tempo in detti secoli transandati ed anche in molti pochi à dietro la Domenica delle Palme il Predicatore Quadragesimale predicaua sopra tal materia […].

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Die Unterschiede zwischen der Version der Geschichte, die Cambi 1611 in seine Sammlung aufgenommen hatte, und der Version, die man sich 1706 in Trani erzählte, sind auffällig. Es ist nun nicht mehr die Jüdin, die die Kommunion empfängt, sondern wieder eine christliche Komplizin, die die Hostie an die jüdische Täterin ausliefert. Die jüdisch-christliche Hybridfigur wird nun wieder in eine christliche und eine jüdische Figur aufgespalten: in die Figur der christlichen Komplizin und die der jüdischen Täterin. Die Abweichung vom Masternarrativ besteht hier nur noch im Geschlecht der Täterfigur: Es bleibt weiblich. Gleichzeitig werden auch die intertextuellen Verweise getilgt, die die Jüdin in der Version von 1611 als Konvertitin angelegt hatten. Es ist nun nicht mehr die Jüdin selbst, die den Frevel offenbart, indem sie durch ihre Schreckensschreie die christlichen Nachbarinnen herbeiruft. Stattdessen ist es das Blut, das aus der Hostie strömt, da es bis auf die Straße fließt, wovon der Erzbischof Kenntnis erlangt. Die „anderen christlichen Frauen“, mit denen die Jüdin in der Version von 1611 offensichtlich in enger Nachbarschaft lebt, sind gänzlich aus der Erzählung verschwunden. Der urbane Raum, in dem der Frevel und das folgende Wunder geschehen, wird als Ghetto bezeichnet und damit als exklusiv jüdischer Raum. Außerdem wird das Geschehen in eine ferne Vergangenheit (vor Hunderten von Jahren) verlegt und so zeitlich entrückt. Die Geschichte der jüdischen Hostienfrevlerin wurde von den Tranesern als Geschehen erzählt, das sich tatsächlich ereignet hatte. Spätestens 1706 bekam dieses Geschehen einen festen Ort im urbanen Gefüge zugewiesen, der seitdem Teil der urbanen Sakraltopografie ist. Danach veränderte sich die Erzählung in ihrem Kern auch nicht mehr. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts war die Traneser Erzählung von der Jüdin, die die Kommunion empfing, also Inhalt des kommunikativen Gedächtnisses der Stadtbevölkerung von Trani, danach Teil des kulturellen Gedächtnisses. Dabei amalgamiert die Erzählung lokales Wissen und ein Masternarrativ, das in der christlichen Kultur Europas seit dem Ende des 13. Jahrhunderts vorhanden war und das seinerseits an ältere Erzählungen anknüpfte. Die experimentelle Psychologie hat gezeigt, dass solche Amalgame für das kommunikative Gedächtnis geradezu charakteristisch sind und dass die Narrative dabei eine spezifische Funktion haben. Sie fungieren als „Füllmaterial für die Leerstellen in den Erzählungen, als Erklärung für die Widersprüche und als Lichtzeichen im Nebel der erzählten Vergangenheit.“ 17 Die Leerstelle in der kollektiven Erinnerung der Traneser, die durch das Masternarrativ vom Hostienwunder gleichsam gefüllt wurde, waren offensichtlich die Neuchristen, die über 200 Jahre in der Stadt unter den anderen Christen gelebt hatten. Man hatte sie zwar 1495 aus der Stadt vertrieben und ihnen ihren Besitz geraubt. Gleichzeitig waren sie aber in der Stadt noch immer durch ihre Monumente präsent, vor allem durch die 17

Molller/Tschuggnall/Welzer, Holocaust im Familiengedächtnis (2002), 180; zum heuristischen Wert der Ergebnisse der experimentellen Psychologie für die Geschichtswissenschaft Fried, Schleier der Erinnerung (2004), 100.

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Kirchen/Synagogen. In den Nachbarstädten lebten die Familien, die 1495 aus Trani vertrieben worden waren, spätestens bis um die Mitte des 16. Jahrhundert, ja bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts noch immer als Neuchristen unter den anderen Christen. In der ersten, 1611 dokumentierten Version sind die Neuchristen in eigentümlicher Weise gleichzeitig gegenwärtig und abwesend. Die Hauptfigur ist eine jüdisch-christliche Hybridfigur. Intertextuelle Bezüge legen sie zudem als Konvertitin an, ohne dass diese Bezüge allerdings ausgeführt wären. Die Erinnerung an die Menschen, deren geraubte Häuser man ja bewohnte und deren Felder man bestellte oder bestellen ließ, konnte so in der Erzählung einen festen Ort finden, ohne dass diese Menschen direkt thematisiert werden mussten. Gleichzeitig wurde ihre Exklusion aus der Stadt erzählerisch mit Sinn unterfüttert, denn die Jüdin, die die Kommunion empfing, ist, wie es die Kapitel der Stadt nach 1495 den Cristiani Novelli vorwerfen, offensichtlich eine ‚Feindin‘ des christlichen Glaubens. Ja, vielleicht wurde mithilfe des Masternarrativs die Vertreibung der Neuchristen 1495 in chiffrierter Weise erzählbar, die ja ebenfalls Spuren in der Erinnerung der Traneser hinterlassen haben muss, da die Kapitel, mit denen die Stadt 1499 und 1509 ihre Vertreibung approbieren lassen wollte, zu Beginn des 16. Jahrhunderts in den Libro Rosso der Stadt aufgenommen wurden. Eine weitere Besonderheit der Traneser Hostienfrevelerzählung – und zwar beider Versionen – ist nämlich, dass in ihr nicht erzählt wird, was mit der frevelhaften Jüdin passiert, während der Mainstream der Erzählungen über jüdische Hostienfrevel damit endet, dass der jüdische Frevler und mit ihm oft seine Familie und Gemeinde bestraft, und das heißt in den meisten Fällen getötet wird. Die Traneser Erzählung endet jedoch mit der Erkennung des Wunders durch den Erzbischof und der Translation der Reliquie in die Domkirche von Trani. Die Jüdin selbst verschwindet also gleichsam aus der Geschichte, und sie verschwindet, nachdem zuvor Schreie ertönt waren und Blut auf den Straßen der Stadt floss. Ist die Erzählung von der Jüdin, die die Kommunion empfing, also gar eine verformte Erinnerung an den sacco, den die Neuchristen 1495 erlitten, und an ihre darauf folgende Flucht aus der Stadt? Die Unterschiede zwischen der Version der Erzählung, die Cambi 1611 festhält, und der Version, die man sich 1706 in Trani erzählt, markieren den Übergang vom kommunikativen zum kulturellen Gedächtnis der Stadt. Denn nach 1706 bleibt die Erzählung weitgehend stabil und ist in Kult und Sakraltopografie der Stadt fest verankert – bis heute übrigens. In diesem Übergang verlor die Hauptfigur vollständig ihre christlich-jüdische Hybridität, sodass im Prozess der Kanonisierung der Erinnerung die Präsenz der Neuchristen in ihr also zusehends getilgt wurde. Gleichzeitig wurde das Geschehen auch in eine ferne Vorzeit und in einen exklusiv jüdisch definierten Raum verlegt, während sich das Geschen 1611 noch in einem urbanen Raum abgespielt hatte, in dem Juden und Christen bzw. Jüdinnen und Christinnen in enger Nachbarschaft lebten. Die Unterschiede zwischen den Versionen der Erzählung belegen somit auch einen Prozess zunehmender Dissoziation, der Abspaltung der Neuchristen und ihrer christlich-jüdischen Hybridität aus der Erinnerung, der ihre Exklusion aus der Stadt in der Erinnerung gleichsam nachvollzog.18 Die Neuchristen wurden nun vergessen, ihre Spu18

Zu Dissoziation und Erinnerung Assmann, Affekt, Symbol, Trauma (1998), 149.

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ren aus dem Gedächtnis getilgt, und an ihre Stelle traten im kulturellen Gedächtnis der Stadt Trani Juden, die religiös, räumlich und zeitlich klar von den christlichen Einwohnern Tranis abgegrenzt waren. Die Stadt der Neuchristen wurde so in der Erinnerung eine Stadt von Christen und Juden. Das Vergessen freilich operiert wie das Erinnern. Auf diese Einsicht der experimentellen Gedächtnispsychologie hat Johannes Fried die Historiker aufmerksam gemacht: „Das Gewusste verlagert nur seinen Ort, siedelt sich irgendwo an, schafft und bricht sich unversehens Bahn, ohne sich erkennen zu geben, oder könnte es wenigstens.“19

2. Die Denkmäler des süditalienischen Judentums: Ernst Munkácsi träumt vom jüdischen Trani Irgendwann um die Mitte der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts bereiste der ungarische Gelehrte Ernö (Ernst) Munkácsi das süditalienische Festland. Er besuchte und erforschte dort die „historischen und kunstgeschichtlichen Denkmäler des süditalienischen Judentums“, so der Untertitel des Buchs „Der Jude von Neapel“, in dem er seine Begegnung mit diesen Denkmälern und die Ergebnisse seiner Forschung schilderte. Das Buch erschien 1939 zunächst auf ungarisch, ein Jahr später in Zürich in deutscher Übersetzung. Es ist ein eigentümlicher Reisebericht. Denn die Begegnung mit den Schauplätzen der Geschichte und den Monumenten des mittelalterlichen Judentums auf dem süditalienischen Festland motivierte Munkácsi ebenso zur kunsthistorischen Analyse wie zur unmittelbaren Vergegenwärtigung der Vergangenheit, die von ihm geradezu als mystische Vereinigung erlebt wird. Und das heftigste Erlebnis dieser Art hatte Munkácsi in Trani. Über Munkácsis Biografie ist nur das bekannt, was er selbst in seinem Buch über sich zu erkennen gibt. Er war Jude. Möglicherweise gehörte er zur bedeutenden Minderheit der deutschsprachigen Juden Ungarns. Zwar schrieb er sein Buch auf ungarisch. Er hatte jedoch wahrscheinlich deutsche Schulen besucht. Noch als Kind begegnet ihm auf der Mittelschule der Mann, der ihn viele Jahre später nach Süditalien führen sollte: „Die Erinnerungen der Kindheit graben sich am tiefsten in die Seelen ein, sie fassen Wurzel im Boden der geistigen Entwicklung, wachsen mit unserer Persönlichkeit. Besonders die Helden der Geschichte sind es oft, die auf die Entfaltung des jugendlichen Ichs von entscheidender Wirkung sind. […] Ein derartiges Jugenderlebnis war für mich die Gestalt des deutsch-römischen Kaisers, Friedrich II.! In den Bänken der Mittelschule hörte ich zuerst von ihm. Ich erinnere mich noch meines stark katholisch eingestellten, feinfühligen Geschichtsprofessors, wie er uns die Gestalt dieses mächtigen Kaisers vergegenwärtigte, dessen Reich sich von der Nordsee bis zur südlichen Spitze Siziliens erstreckte, der inmitten des Mittelalters die religiöse Toleranz verkündete, der einen Kreuzzug führte und dennoch sein ganzes Leben dem Kampf gegen das Papsttum widmete, der während der Glanzzeit des Lehnsystems zum erstenmal ein politisches Staatswesen ver19

Fried, Schleier der Erinnerung (2004), 24.

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wirklichte, in dem die modernen Hoheitsrechte des Staates zur Geltung kamen. […] Später begegnete ich ihm wieder während des Studiums der jüdischen Geschichte. Und da erschien mir seine Gestalt noch sympathischer.“20

Für den Adoleszenten Munkácsi war der Stauferkaiser offensichtlich ein Angebot zur Identifikation, dem er nicht widerstehen konnte. Und diese Identifikation ließ auch nicht nach, als Munkácsi erwachsen geworden war. Im Gegenteil: Bei einem Forschungsaufenthalt in Rom, vielleicht während der mehrjährigen Reisen in Italien, die ihn auch nach Süditalien führen sollten, studierte Munkácsi in der Vatikanischen Bibliothek auch die dortige Handschrift des Falkenbuchs und wurde durch die bekannte Miniatur des Kaisers geradezu gefesselt: „Lange konnte ich dem Zauber dieses männlichen Blickes nicht entgehen […]. Ich fühlte einen instinktmäßigen Drang, mich näher mit dem Leben dieses großen Kaisers bekannt zu machen, zugleich und im Zusammenhang damit, – mit den geschichtlichen und künstlerischen Denkmälern der süditalienischen Juden!“21

Auf seiner Reise besuchte Munkácsi außer Trani noch Neapel, Bari und Venosa. Der ungefähre Terminus ante quem der Reise ist der Herbst des Jahres 1937. Denn zu dieser Zeit schrieb Munkácsi seine Erkenntnisse und Erlebnisse nieder. Der Niederschrift wiederum war nach seiner Aussage „ein mühsames, aber ebenso genussvolles Studium von mehreren Jahren“ vorausgegangen, das er „grösstenteils an Ort und Stelle, in Süditalien“ betrieben hatte.22 Munkácsi hatte sich gut auf seine Reise vorbereitet, er kannte praktisch die gesamte damals vorhandene Literatur zu seinem Thema, auch zur Geschichte Tranis, seiner Juden und seiner Neuchristen. Wahrscheinlich hatte er sich bereits in Rom in die Materie eingearbeitet, wo ihm Umberto Cassuto wichtige Hinweise gegeben hatte, also der Historiker der Juden des mittelalterlichen Florenz, der 1912 den ersten wissenschaftlichen Aufsatz zu den Quellen für die Massenkonversion der Juden im Königreich Neapel von 1292 veröffentlich hatte. Die erste Station von Munkácsis Reise war wahrscheinlich Neapel, das von Norden kommend am besten zu erreichen war, dessen Schmutz und Armut ihn jedoch abstießen. Von dort aus brach er eines Frühjahrs auf nach Trani. Bereits auf dem Weg an die Adria-Küste ergriff Munkácsi eine „romantische Befangenheit […]. Ich lebte mich hinein in jene Zeit und Umgebung, deren Denkmäler ich nun besichtigen ging. Die Geschichte der mittelalterlichen italienischen Juden ging mir im Kopf herum: ihr glorreicher Aufstieg und ihr trauriger Niedergang. Ich sah meine Brüder vor mir, eine besondere Klasse der vielschichtigen Bevölkerung eines mächtigen Reiches, die emsigen Ameisen des wirtschaftlichen Lebens, von denen Kaiser und Könige den Aufschwung ihres Landes erwarteten – und meistens mit Erfolg.“ 23

Als Munkácsi Trani erreichte, war es schon Nacht. Ab Barletta, von wo aus man heute mit dem Zug nach Trani immer noch eine knappe Stunde braucht, hatte er „im Lichte 20 21 22 23

Munkácsi, Jude von Neapel (1940), 5. Ebd., 6f. Ebd., 121. Ebd., 47.

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des Vollmonds nacheinander die Städtchen der Küste“ betrachtet. Angekommen, konnte er es kaum erwarten, sein Ziel zu erreichen. „In den bescheidenen Gasthof liess ich mir einen Eingeborenen kommen, er möge mich in die ,Giudecca‘ führen. Sie befindet sich nur einige Minuten entfernt vom Zentrum der Stadt. Tieferschüttert durchschritt ich den festungsartigen Torbogen, der in die Hauptstrasse der ehemaligen Judenstadt, in die Via Giudea führt. Ein Wunder der Historie! Vierhundert Jahre sind es, dass kein Jude in dieser Stadt mehr wohnt und mehr als ein halbes Jahrtausend, dass die hiesigen berühmten Synagogen zu katholischen Kirchen umgebaut wurden – und das Judenviertel steht heute noch fast unverändert an alter Stelle, mit seinen hohen, schneeweissen Häusern, seinen engen Gässchen und Plätzchen. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich die Namen der Strassen las: ,Via Giudea‘ (Judengasse), ,Via Synagoga‘, ,Via Scuolanova‘, (Neue Schul-Synagoge) […] Mein Erscheinen erregte Aufsehen in der die Gassen füllenden Menschenmenge. Ich betrachtete ihre Gesichtszüge und dachte daran, ob die wohl ihre Abstammung ahnten? Denn ein beträchtlicher Teil der mittelalterlichen Einwohnerschaft von Trani bestand aus Juden […]. Im Laufe und infolge der Verfolgungen nahm ein großer Teil der Juden die Taufe, bewahrte als Neuchristen, Neophyten eine Zeitlang ihre altjüdischen Gebräuche und Traditionen, um dann während der Inquisition der völligen Assimilation zu verfallen. Aber die arme Landesbevölkerung wechselt selten ihre Heimat, so dass es mehr als wahrscheinlich ist, dass von den in Trani lebenden alten Familien gar manche, – und nicht die wertlosesten – jüdischer Abstammung sind.“24

Nach der Beschreibung dieser (mitter?-)nächtlichen Begegnung mit der ehemaligen Giudecca von Trani und den Menschen, die sie nun bewohnten, unterbricht Munkácsi den Reisebericht und lässt ein längeres Referat der Geschichte des mittelalterlichen Trani, seiner Juden und Neuchristen sowie der Juden im mittelalterlichen Süden im Allgemeinen folgen, das sich vor allem auf die teilweise bis heute einschlägigen Arbeiten von Ascoli, Ferorelli, Beltrani und Vitale stützt. Dabei referiert er auch, dass die Neuchristen von Trani in ihrer Mehrheit Kaufleute waren, also alles andere als „arme Landbevölkerung“, und dass sie 1495 gezwungen wurden, ihre Heimatstadt zu verlassen. Danach nimmt er den Faden des Reiseberichts wieder auf und schildert, wie er früh am nächsten Tag „das fachgemässe Studium der jüdischen Altertümer“ begann. Zuvor blickt er jedoch noch einmal auf die vergangene Nacht zurück: „Mein nächtlicher Spaziergang im ehemaligen Judenviertel von Trani war eine beschaulich-stille, romantische Kontemplation. Es war ein Träumen zwischen den Denkmälern einer verflossenen Zivilisation, ein Verflechten geschichtlicher Ursachen und Wirkungen, die uns die Vergangenheit erklärt, die Gegenwart belehrt und in die Zukunft schauen lässt. Und deshalb war es auch nicht überflüssig, dass wir hier einen Rückblick auf die Geschichte der Stadt und der Judengemeinde geworfen haben, denn weder Altertümer im allgemeinen, noch insbesondere historische Altertümer sind zu verstehen und zu werten ohne die Kenntnis der Geschichte ihrer Umgebung.“25

Bei seinem Rundgang durch die Stadt hatte Munkácsi wie andernorts auch einen ortskundigen Begleiter. Vielleicht hatte er auch hier bereits zuvor Kontakt zu den Gelehrten 24 25

Ebd., 48f. Ebd., 63.

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der Stadt aufgenommen und sein Kommen angekündigt. In Venosa wurde er sogar vom Bürgermeister der Stadt vom Bahnhof abgeholt. In Trani war sein Informant ein Domherr der Traneser Kirche namens Professor Raffaelo Sarno, „ein gelehrter, ehrwürdiger Mann. Seine Familie schaut auf eine jahrhundertealte Vergangenheit in dieser Stadt zurück, deren Geschichte er gut kennt. Er wusste auch etwas von der Bedeutung der dortigen Judenheit, kannte Ascolis Namen und hatte auch Beltranis grundlegendes Werk mal gesehen. Aber nach ,lebendigen Traditionen‘ erkundigte ich mich umsonst bei ihm. Er konnte nicht mehr sagen, als was er in diesen Büchern gelesen hatte.“26

Munkácsi und sein Begleiter beginnen ihren Rundgang wiederum am Eingangstor zur Hauptstraße der ehemaligen Giudecca, deren Namen er diesmal korrekt als „Via La Giudea“ angibt. Bis heute verankert diese so die ‚Erinnerung‘ an die Jüdin, die die Hostie schändete, in der städtischen Topografie. Danach besichtigt Munkácsi die beiden erhaltenen Synagogen, die nach der Massenkonversion 1292 in Kirchen konvertiert worden waren, S. Anna und S. Maria Scolanova, die zu dieser Zeit das Patrozinium S. Maria dei Martiri trägt. Vor allem von Letzterer zeigt sich Munkácsi mehr als beeindruckt: „Die einzigartige Spezialität dieser Synagoge fällt uns bei näherer Betrachtung ihrer Ostwand ins Auge. An derselben steht zur Zeit ein Altar. Das die Jungfrau Maria darstellende Altarbild hängt an einer gewöhnlichen Drahtschnur, deren Ende an dem Rücken des Bildes befestigt ist, das andere an einem in der Wand befindlichen Nagel. Ziehen wir aber dieses provisorisch hingehängte Bild zur Seite, so erblicken wir die bauliche Vertiefung zur ehemaligen Unterbringung der Bundeslade, samt den gotischen Säulenkapitälen [!] des ,Aron hakodesh‘. Oberhalb der Säulen ist eine Fensteröffnung sichtbar, entsprechend den traditionellen Vorschriften. Zum Altar führen drei Marmorstufen, was ebenfalls dem vom Schulchan Aruch vorgeschriebenen Bauplan entspricht. Der Gesamteindruck war besonders interessant und ergreifend. Ich sah in lebendiger Wirklichkeit den gotischen jüdischen Betraum aus dem 13. Jahrhundert vor mir: die Ausbildung der Ostwand fast unverändert mit der gut erhaltenen Wandnische für die Bundeslade, als Erinnerung an dieselbe die drei gotischen Säulen und die heranführenden drei Treppenstufen.“27

Als Munkácsi sie besichtigte, wurde die Kirche S. Maria dei Martiri wohl schon seit langem nicht mehr genutzt: „Als wir das Tor öffneten, erhob sich eine dichte Staubwolke vor uns, Schmutz und Moder bedeckte alles. Dabei haben wir es hier mit einem der ältesten Denkmäler der Synagogenkunst zu tun, das wert wäre, erforscht und im [!] Stand gehalten zu werden. Welch edle Tat wäre es, wenn die Kirche beide Synagogen von Trani der Judenheit zurückgeben würde, die sie in gehöriger Weise restauriert als Kunstdenkmal bewahren würde zur Belehrung und Erbauung von Generationen! Das wäre die gerechte Genugtuung, haben ja die Kinder Israel sie erbaut und nur die Gewalt hat sie ihnen entzogen.“28 26 27 28

Ebd., 63f. Ebd., 70f. Ebd., 72.

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Nach den Synagogen besichtigt Munkácsi noch das Gelände, auf dem sich bis zur Massenkonversion von 1292 der jüdische Friedhof von Trani befunden hatte, und die jüdischen Grabsteine, die er an unterschiedlichen Orten in der Stadt vorfand, darunter einen, der im erzbischöflichen Palais als Blumenbehälter verwendet wurde. Die letzte Einstellung seines „Films“ über Trani rückt dann jedoch kein jüdisches, sondern ein, ja das christliche Denkmal von Trani ins Bild: „In den frühen Morgenstunden besuchte ich im Dom von Trani den Domherren Raffaello Sarno, um ihm für seine Zuvorkommenheit zu danken, mit der er mich zwischen den jüdischen Denkmälern geleitet und für die Anleitungen, die er mir für meine Studien gegeben. Die Strahlen der Morgensonne vergoldeten den herrlichen, auf einem Felsenvorsprung der Meeresküste gebauten Dom, der mit demselben Kalkstein bedeckt ist, wie die ehemalige Synagoge von Trani. Der Dom liegt am Meeresstrande, wie der Dogepalast [!] von Venedig. Wer sich der Stadt zu Schiff nähert, sieht ihn schon von weitem […] Er ist das Wahrzeichen, der Stolz Tranis. Wie viel Generationen sah dieses Baudenkmal vor sich vorüberziehen, in die Höhe streben und wieder untergehen im Dunkel der Geschichte. Hier landeten vor vielen Jahrhunderten die Galeeren und Kauffahrteischiffe der jüdischen Handelsmänner des Orients, hier fanden die Flüchtlinge aus Spanien und Portugal Zuflucht und von hier müssten [!] sie wieder die Flucht ergreifen, nachdem niedrige menschliche Leidenschaften, Neid, Eigennutz und Hass sich gegen sie gewendet hatten.“29

3. Die Wiedergeburt der jüdischen Gemeinde von Trani und die Rekonversion der Synagoge Scola Nova Erstmals nach Trani kam ich Ende September 2005. Wie Munkácsi reiste ich von Neapel nach Trani, kam dort allerdings eines Sonntags bereits am frühen Nachmittag an. Meine Unterkunft lag mitten im ehemaligen „Quartiere Ebraico“, und so fand auch ich mich kurz nach meiner Ankunft vor dem Gebäude der Synagoge wieder, die nach 1292 in die Kirche S. Maria Nova konvertiert worden war, zu Munkácsis Zeiten S. Maria dei Martiri hieß, aber nie den Namen S. Maria Scola Nova verloren hatte. Das Gotteshaus war verschlossen. Vor dem Gebäude stand ein verbeultes Exemplar jener gelben Schilder, die in so vielen italienischen Städten die Baudenkmäler anzeigen. Chiesa di s. maria scolanova già sinagoga (sec. XIII) war darauf zu lesen, also „Kirche S. Maria Scolanova einstmals Synagoge“, doch hatte jemand mit dünnem schwarzen Filzstift das già eingeklammert und ora („heute“ bzw. „jetzt“) daneben geschrieben (Abbildung 31). Das nächste Mal bin ich im Frühjahr 2006 in Trani. Bei einem samstäglichen Rundgang durch die Altstadt finde ich die Tür von S. Maria Scolanova diesmal geöffnet. Rechts neben dem Eingang steht eine mannshohe, neunarmige Menora. Die MarienIkone vor der Nische, in der sich einst die Torah-Rolle befunden hatte, ist mit einem weißen Banner mit einem Davidstern abgehängt. Davor steht ein Tisch auf weißen Marmorsäulen mit einer roten Decke, auf dem eine weitere, siebenarmige Menora steht. 29

Ebd., 80.

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Die Wiederkehr des Verdrängten: Ein Epilog in drei Episoden

Abbildung 31: Trani, Schild „Chiesa di S. Maria Scolanova già Sinagoga“ (März 2006)

Links und rechts der Ostwand stehen die Flaggen des Staates Israel und der Republik Italien (Abbildung 32). Eine junge Frau beginnt, mir von der Geschichte der Juden von Trani im Mittelalter zu erzählen. Interessanter finde ich jedoch, was sie mir über die Gegenwart erzählt. Seit zwei Jahren gibt es in Trani wieder eine Gruppe von Juden, die das ehemals jüdische Gotteshaus wieder für Versammlungen und gemeinsames Gebet nutzen. Und aus den Protokollen des Kongresses der Unione delle Comunità Ebraiche italiane (UCEI) von 2006 geht hervor, dass die Consulta Rabbinica in Rom im Juli 2004 den Beschluss gefasst hat, Vorbereitungen für die Gründung einer Sektion der jüdischen Gemeinde von Neapel in Trani ins Leben zu rufen. Mit Beschluss der UCEI vom 9. September 2004 wurde Trani dem Sprengel der jüdischen Gemeinde von Neapel hinzugefügt. Und am 12. Oktober 2005 feiert die Università Ebraica von Trani Yom Kippur, im Dezember 2005 Channukkà in der ehemaligen Synagoge Scola Nova, in der damit erstmals seit über 700 Jahren jüdische Feste stattfinden.30 An der Nordwand des Kultraumes ist ein Aushang angebracht. Darauf stehen die Kontaktdaten des Sprechers der Gemeinde der Juden von Trani, Franceso Lotoro. Ich 30

Laras, Progetto Assistenza (2006).

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Abbildung 32: Trani, Synagoge Scola Nova Innenraum (März 2006)

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rufe ihn an, und er lädt mich ein, mich am kommenden Samstag mit ihm in Scola Nova zu treffen, wenn sich die Gemeinde dort versammelt. Am folgenden Samstag treffe ich Lotoro vor dem Gebäude von S. Maria Scola Nova, wo ein Rabbiner aus Rom circa 20 Anwesenden gerade erläutert, wie man ein SederMahl zubereitet. Zwischen vielen Gesprächen mit anderen Anwesenden erzählt Lotoro mir die Geschichte der Wiedergeburt einer jüdischen Gemeinde in Trani nach Hunderten von Jahren – eine Geschichte, die, wie ich bei weiteren Recherchen sehen sollte, bereits ein publizistisches Interesse weit über die Grenzen Italiens gefunden hat und noch finden sollte. Und diese Geschichte ist nicht zuletzt seine Geschichte. Lotoro ist Pianist und Komponist. Er wurde 1964 in Barletta geboren und studierte Klavier an der Franz-Liszt-Akademie in Budapest, also in der Stadt Ernst Munkácsis. Im Jahr 1991 begann er die musikalischen Werke zu sammeln, die während 1933 und 1945 in den Konzentrationslagern entstanden sind. Hieraus ging das Projekt KZ-Musik hervor, eine Enzyklopädie all dieser musikalischen Werke, die auf 24 CDs angelegt ist. Von ihnen hat Lotoro bis heute mit seinem Orchester in Foggia bereits sechs eingespielt. 1995 gründete Lotoro in Barletta das Orchester Musica Judaica, und 2003 komponierte er die Oper Misha ed i Lupi.31 Sie basiert auf einem Buch der Autorin Misha de Fonseca, in dem sie erzählt, wie sie als jüdisches Mädchen von acht Jahren während des Zweiten Weltkriegs mit einem Wolfsrudel quer durch Europa gezogen, so der Verfolgung durch die Gestapo entgangen sei und den Holocaust überlebt habe. Die Oper wurde 2005 an der Giornata della Memoria, also am Holocaust Memorial Day in Foggia uraufgeführt32 – das heißt drei Jahre bevor die Autorin der Vorlage unter dem Druck von Recherchen der belgischen Zeitung Le Soir zugeben musste, dass sie eigentlich weder Jüdin noch als Kind auf der Suche nach ihren von der Gestapo deportierten Eltern zu Fuß von Belgien bis nach Polen gewandert und auf ein Wolfsrudel gestoßen sei, das sie sozusagen adoptiert und geschützt hätte.33 Offiziell ist Lotoro erst seit 2004 Jude. In diesem Jahr konvertierte er gemeinsam mit seiner Ehefrau vor dem rabbinischen Gericht in Rom. Allerdings fühlte er sich seit seiner Adoleszenz zum Judentum hingezogen, und außerdem sei er Nachkomme von Juden, die man vor Jahrhunderten zur Konversion zum Christentum gezwungen habe, so erzählte er es 2006 einem Reporter von Associated Press.34 Und so erzählt er es auch mir. Es war Lotoro, der sich nach seiner Konversion zum Judentum die Gründung einer jüdischen Gemeinde in Trani zur Aufgabe machte und der sich auch 2005 an die Stadt Trani mit der Bitte wandte, dieser entstehenden Gemeinde die ehemalige Synagoge Scola Nova zu übertragen.35 „Am Tag meiner Hochzeit hat mir der Rabbiner in Rom gesagt, ich solle mich dafür einsetzen, die toten Gebeine wieder zum Leben zu erwecken, jene der Juden von Trani und 31

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http://web.archive.org/web/20090509161332/http://www.kz-musik.de/Intro.html (letzter Zugriff 14.07. 2013); vgl. auch David, Giving new life (25.03.2007). http://www.puglia.istruzione.it/edicola/shoah_2005.pdf (letzter Zugriff 14.07.2013). Sasporta, Survivre avec les loups (29.02.2008). David, Giving new life (25.03.2007). Greenspan/Zivitovsky, Jewish Again in Trani (25.08.2006).

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jene der Musiker der Konzentrationslager, deren Kunst die Welt durch die Shoa beraubt wurde. Diese Gemeinde wiederauferstehen zu lassen ist außerdem eine symbolische Hommage an jene, die wie ich einen Beruf ausüben und durch ihre Produktion das Gedenken an die Shoa wach halten“,

so zitiert ihn Ende 2006 ein Reporter der römischen Zeitung La Repubblica.36 Lotoro stellt mir Avraham Zecchillo vor, und auch dieser erzählt mir seine Geschichte, die im Großen und Ganzen mit der übereinstimmt, die er 2005 und 2006 Reportern der Jerusalem Post und der Repubblica erzählte. Seine Familie gehöre zu den ältesten von Trani – und sie sei eine Familie von Neofiti bzw. Marrani: „Als unsere Religion verboten war, haben wir in der Öffentlichkeit so getan, als seien wir Christen, zuhause jedoch haben wir die Bräuche unserer Religion befolgt. Die Priester wussten alles und haben beide Augen zugedrückt.“37

Es habe sogar „Marrano-Priester“ gegeben. Er selbst ist 1941 in Trani geboren, aber in Mailand aufgewachsen, er erinnere sich aber, dass seine Großmutter die Messe in der Kirche S. Anna, die er Scuola Grande nennt, zwar besucht, aber stets vor der Kommunion verlassen habe. In S. Anna/Scuola Grande habe der Marrano-Priester auch geheime Segen für die erstgeborenen Söhne der Neofiti-Familien erteilt. Wie Lotoro so ist auch er mittlerweile formal zum Judentum konvertiert – wann, das vergesse ich ihn beim hektischen Mitschreiben zu fragen. Zecchillo hat auch einen israelischen Pass und im Sechstagekrieg für den jüdischen Staat gekämpft. Seine vier Kinder leben alle in Israel.38 Er lobt die Kooperationsbereitschaft der Kommune Trani, die die Pläne zur Wiederbegründung einer jüdischen Gemeinde in der Stadt stets unterstützt habe. Am Montag nach meinem Treffen mit Lotoro und Zecchillo frage ich die Bibliothekarin der Biblioteca Diocesana, ob sie je etwas von Menschen gehört hätte, denen nachgesagt würde, heimlich jüdische Bräuche zu praktizieren. Sie schüttelt den Kopf. Auch Don Saverio Pellegrino, der Pfarrer der Pfarrei S. Giovanni und Verantwortlicher der Diözese TraniBarletta für christliche Kunst und Kulturdenkmäler, weiß nichts von Marrani in Trani. In den Jahren darauf verfolge ich die weitere Entwicklung der neuen jüdischen Gemeinde in Trani aus der Ferne, während ich die Geschichte erforsche, die für die Männer, mit denen ich mich im Frühling 2006 unterhalten habe, in ganz spezifischer Weise ihre Geschichte ist. Am 16. Mai 2007 ist ein großer Tag für die kleine jüdische Gemeinde, denn an diesem wird sie von ihrer neapolitanischen Muttergemeinde endlich mit einer eigenen Torahrolle ausgestattet.39 Und im Dezember 2007 schließen die jüdische Ge36

37 38

39

Della Seta, Trani ebraica (24.12.2006): Il giorno che mi sposai a Roma il rabbino mi disse di impegnarmi per riportare in vita le ossa secche, quelle degli ebrei di Trani e quelle dei musicisti dei campi di concentramento della cui arte la Shoah ha privato il mondo – racconta Lotoro – Far rinascere questa comunità è anche un simbolico omaggio a chi come me, esercita una professione e rammenta nella sua produzione la Shoah […]. Foschini, Ritorno degli ebrei (07.05.2005). Greenspan/Zivitovsky, Jewish Again in Trani (25.08.2006); Foschini, Ritorno degli ebrei (07.05.2005). Trabace, Rotoli della Legge (16.05.2007).

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meinde von Neapel, zu der Trani formal als eigene Sektion gehört, und die Kommune von Trani ein umfassendes Kooperationsabkommen.40 Im März 2008 bin ich dann noch einmal in Trani, allerdings nur für zwei Tage. Meine Archivrecherchen sind abgeschlossen, es gilt nur noch einige fehlende Angaben zu ergänzen. Auch diesmal gehe ich durch die ehemalige Giudecca. Vor dem Gebäude, das die Juden von Trani im 13. Jahrhundert als neue Synagoge erbaut hatten, das nach der Massenkonversion von 1292 in eine Kirche umgewandelt wurde und das nun wieder Kultort einer jüdischen Gemeinde ist, steht nicht mehr das alte, verbeulte Blechschild, sondern ein neues aus Plastik. Dreisprachig auf Italienisch, Hebräisch und Englisch ist darauf zu lesen: „Synagoge Scolanova (13. Jhdt.).“ Kein Hinweis auf die bewegte Geschichte des Gebäudes, das erst Synagoge, dann Kirche war, bevor es wieder Synagoge wurde, als ob all das, worum es in diesem Buch geht, nie geschehen wäre.

Abbildung 33: Trani, Schild, „Sinagoga Scolanova“ (März 2008)

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Aurora, Rinasce la Comunità Ebraica (12.12.2007).

Abschließende Überlegungen

In übergreifender Perspektive erscheint die Massenkonversion der Juden des Königreichs Neapel um 1292 als ein Versuch der totalen Inklusion, ein Versuch der freilich zunächst einmal scheiterte. Denn die Differenz zwischen Christen und Juden wurde durch die Konversion der Juden nicht aufgehoben, stattdessen entstand sie als Differenz zwischen Christen und Neuchristen unter geänderten Vorzeichen bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts und teilweise sogar darüber hinaus immer wieder neu. Und dies hatte unterschiedliche Folgen für die Inklusion der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen in die bzw. ihre Exklusion aus der christlichen Gesellschaft. Dies galt jedoch nicht in gleicher Weise für alle Regionen des Regno di Napoli. In Kampanien wurde die Differenz allem Anschein nach spätestens ab der Mitte des 14. Jahrhunderts eingeebnet, denn die Belege für Personen, die als Neofiti oder ähnlich bezeichnet wurden, verschwinden dort zu dieser Zeit aus den Quellen. In Apulien mit dem Zentrum Trani dagegen sind auch noch nach der Mitte des 14. Jahrhunderts mindestens bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts Neofiti, Christiani Novi und seit dem 15. Jahrhundert auch Cristiani Novelli belegt. Eine wesentliche Ursache für das Scheitern der Totalinklusion war, dass die Differenz zwischen Christen und Juden im spätmittelalterlichen Königreich Neapel nicht nur durch religiöse Praxis begründet war und reproduziert wurde, sondern Lebenssphären von entscheidender Bedeutung eingeschrieben war, und diese Einschreibungen sich als äußerst persistent erwiesen. Bereits die Massenkonversion selbst lässt sich nur als Folge eines Konflikts zwischen Königtum und Kirchen um die Einschreibung der Differenz zwischen Juden und Christen in die politische Sphäre, in Machtbeziehungen verstehen. Nur weil die inquisitorische Judenverfolgung der Dominikaner in Wahlverwandtschaft zu Versuchen der Monarchie seit Friedrich II. stand, die Juden aus der Herrschaft der Kirchen herauszulösen und gleichsam in den Verband der Untertanen einzugliedern, die dem König direkt untergeordnet waren, konnte die Verfolgung sich bis hin zur Verfolgung ganzer Gemeinden und letztlich zur kollektiven Konversion dieser Gemeinden radikalisieren. Es bestand also eine Wahlverwandtschaft zwischen religiöser Inklusion und politischer Inklusion. Das Scheitern der totalen Inklusion lässt sich dann wohl nicht zufällig als erstes in der politischen Sphäre beobachten. Versuche die konvertierten Juden bei der Besteuerung „vom Körper der Juden abzuziehen“ und gleichsam mit den Christen zu verschmelzen, scheitern zunächst bzw. werden um eine Generation aufgeschoben. Zunächst sollten

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Abschließende Überlegungen

die Konvertiten gemeinsam mit den Christen zur Zahlung der Subventio Generalis herangezogen werden. Im Frühjahr 1294 jedoch vollzog der Königshof eine Kehrtwende und befreite die konvertierten Juden auf Lebzeiten von dieser allgemeinen Steuer und anderen ähnlichen Abgaben. Hierfür spielten unterschiedliche Gründe eine Rolle, nicht zuletzt die Frage der ständischen Einordnung der Konvertiten in die christliche Gesellschaft. Mit der Befreiung von der Subventio Generalis wurden die Konvertiten fiskalisch zu einer Sondergruppe zwischen Juden und Christen, die nicht mehr Juden, aber eben auch noch nicht Christen waren, deren Jewishness dabei allerdings gegenwärtig blieb. Dies begünstigte die soziale Selbstexklusion der Neofiti. Zudem provozierte die königliche Kammer so Konflikte zwischen den Universitates des Reichs und den Neofiti, die in gewisser Weise die Steuerkonflikte zwischen den jüdischen Gemeinden und den Stadtgemeinden aus der Zeit vor der Konversion fortsetzten. Durch die Einrichtung einer eigenen Dominikanerprovinz wurde 1294 eine zentrale Instanz geschaffen, die in neuem Maße die religiöse Eingliederung der konvertierten Juden kontrollieren und dabei gleichzeitig den Anspruch der Zentralgewalt auf Unterstellung der Konvertiten gegenüber den lokalen politischen Gewalten, v. a. den Kirchen, artikulieren sollte. Doch gerade dieser Versuch der Zentralisierung provozierte den Widerstand eben jener lokalen Gewalten. Und dies wiederum zog nach sich, dass die politischen Folgen der Massenkonversion vielerorts in ganz unterschiedlicher Weise durch eine neu konstruierte Abhängigkeit der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen von der Kirche gleichsam überschrieben wurde, und so ihre angestrebte Inklusion in den Untertanenverband der Monarchie scheiterte. Die Prozesse, in denen eine Differenz der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen markiert wurde, und die Auseinandersetzungen um ihre Inklusion bzw. Exklusion sollten von nun an bis zum Ende des 15. Jahrhunderts im wesentlichen von lokalen Faktoren bestimmt werden. Dass auch die Nachkommen der Konvertiten von 1292 als Neofiti, Christiani Novi oder Cristiani Novelli bezeichnet wurden und so eine Differenz zu den anderen Christen markiert wurde, lässt sich nach der Mitte des 14. Jahrhunderts zunächst nur für Trani und von dort ausgehend für Apulien belegen. Und man muss davon ausgehen, dass dies an den Versuchen der erzbischöflichen Kirche von Trani lag, ihre Herrschaft über die Juden der Stadt auch nach deren Konversion weiterhin zu behaupten, ja sie sogar auf die Nachkommen der konvertierten Juden auszudehnen, Versuche, mit denen sie bis zum Ende des 14. Jahrhunderts gegen den Widerstand der Konvertiten und ihrer Nachkommen erfolgreich war. Das Dokument, das 1377 erstmals belegt, dass nicht nur konvertierte Juden, sondern auch deren Nachkommen als Neofiti bezeichnet werden konnten, ist eine Klage der Stadt Trani darüber, dass der Erzbischof Steuern und Unterstellung unter sein Gericht von den Neofiti bzw. von den Neofiti und ihren Nachkommen verlangte. Die Kirche von Trani behandelte die Konvertiten und ihre Nachkommen zunächst also politisch-rechtlich weiterhin als Juden und konstruierte so deren politisch-rechtliche Jewishness immer wieder neu. Für die Neuchristen hatte dies allerdings immerhin den Vorteil, dass die erzbischöfliche Kirche sie vor der Verfolgung durch die Inquisition

Abschließende Überlegungen

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schützte, da diese sowohl die Steuerleistungen der Neuchristen wie auch die Jurisdiktion der Kirche über sie gefährdete. Ende des 14. Jahrhunderts gelang es den Neofiti von Trani dann jedoch, sich von der erzbischöflichen Herrschaft zu emanzipieren und ihre politisch-rechtliche Jewishness mit Hilfe der Stadtgemeinde zu streichen. Und spätestens seit dem Jahr 1413 entsandten die Nachkommen der Konvertiten von 1292 zwei Vertreter in den Rat der Stadt, neben acht Vertretern des Adels und sechs der Populares. Allein in der Bezeichnung Neofiti klang immer noch eine diffuse Jewishness jener Stadtbürger an, die nun mit Adel und Volk die Stadt regierten, dabei allerdings zu den Populares gerechnet wurden. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts sollte diese politische Inklusion der Neuchristen jedoch zweimal in die Krise geraten: einmal Mitte des 15. Jahrhunderts und einmal nach 1495. Mitte des 15. Jahrhunderts erlebte die Stadt Trani eine Phase innerstädtischer Konflikte, die erst 1466 mit der Reform der Stadtverfassung durch König Ferrante I. beendet wurde. In diese Auseinandersetzungen wurden auch die Neuchristen von Trani verwickelt, und dabei wurde erstmals seit Beginn des 14. Jahrhundert auch wieder ihre religiöse Jewishness thematisiert. Ein Teil der Bürgerschaft von Trani warf ihnen vor, jüdische Bräuche zu befolgen, und klagte sie deshalb bei der Inquisition an. Als vermeintlichen Ketzern drohte den Neuchristen die Infamierung und damit auch der Ausschluss von jeglichen Ämtern. Und die Neuchristen versuchten wiederholt, die Infamierung abzuwenden. Die Auseinandersetzung über die religiöse Jewishness der Neofiti, die in Trani Mitte des 15. Jahrhunderts erstmals seit knapp 120 Jahren geführt wurde, war also auch eine Auseinandersetzung über ihre politische Inklusion bzw. ein Versuch ihrer politischen Re-Exklusion. Während der innerstädtischen Konflikte verließen die Neuchristen in ihrer Mehrheit die Stadt, so dass der Versuch der politischen Exklusion der Neuchristen aus der Stadtgemeinde auch eine physische Exklusion aus der Stadt nach sich zog. Diese wurde seit 1464 jedoch noch einmal rückgängig gemacht. In diesem Jahr unterband König Ferrante I. die Verfolgung der Neuchristen durch die Inquisition, worauf sie nach Trani zurückkehrten. Mit der Reform der Stadtverfassung von 1466 wurde auch ihre politische Inklusion in die Stadtgemeinde noch einmal bekräftigt und befestigt. In den Kapiteln über die neue Ordnung der städtischen Führungsgremien von 1466 erscheinen die Nachkommen der Konvertiten von 1292 nun nicht mehr unter der Bezeichnung Neofiti, sondern als gradus der Kaufleute neben denen des Adels und der Plebei. Dabei sind die Repräsentanten der drei Ränge, in die die Stadtgesellschaft nun differenziert erscheint, zu gleichen Teilen in den Leitungsgremien der Stadt vertreten. Die Stadtverfassung vom August 1466 reinkludierte die Neofiti von Trani als Gruppe also unter einer neuen Bezeichnung in die Stadtregierung, die ihre politische Jewishness restlos strich, und räumte ihnen den gleichen Anteil an der Stadtregierung ein wie Adel und Volk. Gleichzeitig belegt sie, dass die Neuchristen sich als Mercatores nun zusehends als eigener, distinkter Rang oder Stand in der Stadt formierten. Allerdings zielte das Distinktionsstreben vieler Neuchristen offensichtlich nicht nur auf das Sozialprestige eines neuen, gleichsam mittleren Standes oder Ranges zwischen Adel und Plebs, sondern auf das des Adels.

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Abschließende Überlegungen

Die Formierung der Nachkommen der Konvertiten von 1292 als Stand der adligen Kaufleute, wie einige Neuchristen bezeichnet wurden, belegt auch die Analyse ihrer sozialen Vernetzung. Im 15. Jahrhundert bildeten die Neuchristen von Trani einen distinkten, weitgehend geschlossenen Cluster verdichteter sozialer Vernetzung innerhalb der Stadtgesellschaft von Trani. Sowohl vor als auch nach der Phase der innerstädtischen Konflikte schlossen sich die Neuchristen von Trani zu Handelsgesellschaften fast ausschließlich mit anderen Neuchristen zusammen. Da Handelsgesellschaften sehr oft unter Verwandten geschlossen wurden, ist dies auch ein Indiz dafür, dass die Neuchristen von Trani wohl auch Endogamie praktizierten, wie ein Inquisitor Mitte des 15. Jahrhunderts behauptete. Die Betrachtung des Gesamtnetzwerks der Stadtgesellschaft, soweit es sich über die Kontakte anlässlich der Bezeugung von Notariatsinstrumenten erschließen lässt, zeigt gleichfalls die starke Binnenkohäsion der Neuchristen von Trani. Dabei nahmen nach ihrer Rückkehr in die Stadt 1464 bzw. 1466 sowohl Intensität und Dichte der Beziehungen innerhalb der eigenen Gruppe als auch die Zentralität der Neuchristen zu. Das heißt, die soziale Exklusivität der Neuchristen stieg nach der Phase der innerstädtischen Konflikte noch an, und gleichzeitig gewannen die Nachkommen der Konvertiten von 1292 erheblich an Einfluss in der Stadt. Die Struktur ihrer sozialen Beziehungen während des 15. Jahrhunderts erscheint in sozialgeschichtlicher Perspektive somit gleichsam als letzte Etappe eines Transformationsprozesses in drei Etappen, von der jüdischen Gemeinde der Stadt in die Sondergemeinde der Neofiti zum Stand der (adligen) Kaufleute, und belegt, wenn man so will, die Transformation der religiösen über eine ethnische in eine ständischen Differenz. Im Wirtschaftsleben kam es allem Anschein nach bereits während des 14. Jahrhunderts zu einer Abkehr der Konvertiten von jenem Erwerbszweig, mit dem die Juden im mittelalterlichen Süditalien geradezu identifiziert worden waren: der Seidenfärberei. Die zunehmend zentralere Rolle, die die Neuchristen von Trani während des 15. Jahrhunderts in der Stadtgesellschaft von Trani spielten, korrelierte dann mit neuen Karrierewegen, die ihnen in der Stadt klassische Statuspositionen, v. a. die des Rechtsgelehrten, erschlossen und sie darüber hinaus in exponierte Positionen in Handel und Verwaltung des Königreichs Neapel führten. Und im Zusammenhang hiermit stand wohl auch der Zuwachs an symbolischem Kapital, den die Neuchristen von Trani nach der Mitte des 15. Jahrhunderts verbuchten. Wie den Herrschaftsverhältnissen und der Struktur der sozialen Beziehungen, so war auch dem urbanen Raum die Differenz zwischen Juden und Christen eingeschrieben. Die Giudecche Süditaliens und damit auch die Giudecca von Trani waren Repräsentationen von Jewishness im Raum, mentale Landkarten, auf denen Juden und das Gebiet, das sie bewohnen, gleichsam in eins gesetzt wurden. Als Heterotopien machten sie Differenz zwischen Juden und Christen im Raum sinnlich wahrnehmbar und brachten sie damit auch immer wieder neu hervor. Auch die Jewishness des Raums erwies sich nach der Massenkonversion von 1292 zunächst als persistent, wurde jedoch im Laufe der Zeit, vor allem im Verlauf des 15. Jahrhunderts, zusehends überschrieben und transformiert.

Abschließende Überlegungen

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Wie in anderen Städten kam es auch in Trani zu einem unvollständigen Remapping des Raums Iudayca. Bis weit in das 15. Jahrhundert wurde er immer noch als Raum wahrgenommen, dem eine Jewishness zugeschrieben wurde. Danach erst verblasste die mentale Landkarte Iudayca zusehends, ohne dass jedoch sie vollständig gelöscht worden wäre. Immobilienbesitz und Handlungsräume der Neuchristen zeigen außerdem, dass sich diese im 15. Jahrhundert zusehends den urbanen Raum außerhalb der ehemaligen Iudayca erschlossen. Parallel zum Verblassen der mentalen Landkarte Iudayca kam es also zu einer Destabilisierung der räumlichen Anordnung der Neuchristen in der Stadt, der Inquisitoren noch bis Mitte des 14. Jahrhunderts unterstellt hatten, die Jewishness der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen (mit) zu produzieren. Die Heterotopie Iudayca löste sich im Trani des 15. Jahrhunderts damit zusehends auf. Nur schwer beobachten lässt sich die Geschichte jener Differenz, auf die alle Einschreibungen letztlich zurückzuführen waren: die religiöse Differenz. Der Vorwurf, die konvertierten Juden Apuliens und ihre Nachkommen ‚judaisierten‘, ist zwischen dem späten 13. und dem frühen 16. Jahrhundert selten und diskontinuierlich belegt. Spezifiziert wird er bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts nur dahingehend, dass die konvertierten Juden bzw. ihre Nachkommen die „vormaligen jüdischen Bräuche befolgten“. Danach werden zwar vereinzelt auch konkrete Praktiken benannt, doch sind diese zu stereotyp, um als Belege für eine kryptojüdische Religiosität der Neuchristen gelten zu können. Es ist daher nicht nur bemerkenswert, wie selten und diskontinuierlich den Neuchristen Apuliens und Tranis vorgehalten wurde, von der christlichen Orthodoxie abzuweichen, sondern auch, wie wenig konkretes Wissen über solche vermeintlichen Abweichungen dabei artikuliert wurde. Dies korreliert auffällig mit der Abwesenheit einer kontinuierlichen inquisitorischen Aktivität, die dieses Wissen gleichsam dauerhaft in der Gesellschaft verankert und verbreitet hätte. Dabei ist durchaus wahrscheinlich, dass viele Konvertiten im Königreich Neapel nach der Massenkonversion zumindest anfangs weiterhin Bräuche, Riten oder Sitten praktizierten, die sie von ihren jüdischen Vorfahren übernommen hatten, nicht zuletzt deshalb, weil sie offensichtlich keinerlei Unterweisung in ihrem neuen Glauben erhielten. Belege von erheblichem Gewicht legen jedoch auch einen Prozess wachsender religiöser Assimilation nahe. Bereits Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts und danach immer wieder sind Neuchristen belegt, die Kleriker bzw. Mönche werden. Einige von ihnen können deshalb nach 1514 der Vertreibung der Neuchristen aus dem Reich entgehen. Im Jahr 1446 bekunden die Neuchristen von Trani gegenüber dem Papst 1446 explizit den Wunsch, sich religiös zu assimilieren. Mitte des 16. Jahrhunderts bestimmt dann ein jüdischer Gelehrter, dass die Neuchristen Apuliens, die von Juden abstammten, die vor langer Zeit getauft wurden, als Apostaten und nicht mehr als Juden betrachtet werden müssten. Die Geschichte der Neuchristen im lokalen Kontext von Trani lässt erkennen, dass die Jewishness, die den untersuchten Bereichen des Lebens eingeschrieben war, zwar zunächst einmal in unterschiedlicher Weise und auch unterschiedlich lange immer wieder neu produziert wurde. Vor allem im 15. Jahrhundert wurde ihre politische, räumliche, wirtschaftliche und wohl auch ihre religiöse Jewishness dann jedoch immer stärker

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Abschließende Überlegungen

überschrieben, ihre soziale Jewishness in ständische Differenz transformiert. An die Stelle kumulativer Exklusion trat damit also zunächst ein komplexes Spannungsverhältnis von Inklusion und Exklusion, in dem sich die Gewichte während des 15. Jahrhunderts allerdings zunehmend in Richtung der Inklusion verschoben. Ende des 15. Jahrhunderts kippte die bis dahin erfolgte Inklusion der Neuchristen in die Stadtgesellschaft allerdings geradezu um in eine neue kumulative Exklusion. Die Invasion Karls VIII. löste zu Beginn des Jahres 1495 im Regno di Napoli in vielen Städten Gewaltausbrüche gegen Juden und Cristiani Novelli aus. Abermals kam es zu Zwangstaufen von Juden. Die Neuchristen von Trani wurden aus der Stadt vertrieben und ihres Besitzes beraubt. Wie bereits fünfzig Jahre zuvor warf man ihnen in der Stadt vor, Häretiker zu sein, und versuchte mit diesem Argument zu erreichen, dass den Neuchristen für alle Zeiten untersagt würde, wieder in ihre Stadt zurückkehren zu dürfen. Und im Übergang vom kommunikativen zum kulturellen Gedächtnis wurde die Exklusion der Neuchristen aus der Stadt in der Folgezeit dann auch in der kollektiven Erinnerung in Trani gleichsam nachvollzogen. Allerdings gelang es den Neuchristen von Trani, sich der Vertreibung der Cristiani Novelli aus dem Königreich Neapel zu entziehen, die König Ferdinand der Katholische 1510 und noch einmal 1514 befahl. Und die Familien der Neuchristen, die 1495 aus Trani vertrieben wurden, lassen sich in anderen Städten der Terra di Bari, aber auch andernorts bis weit über das Ende des 16. Jahrhunderts nachweisen. Der Versuch der Totalexklusion der Neuchristen des Königreichs Neapel zu Beginn des 16. Jahrhunderts scheiterte also ebenso wie der Versuch der Totalinklusion der Juden 1292. Dass die Inklusion der Neuchristen in die städtische Gesellschaft von Trani Ende des 15. Jahrhunderts gleichsam von einem Tag auf den anderen in eine neue kumulative Exklusion umschlug, wirft allerdings die Frage nach den Ursachen hierfür auf. Eine wichtige Rolle spielte sicherlich, dass seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert eine neue exkludierende Differenzsemantik zur Verfügung stand, die von der iberischen Halbinsel aus nach Unteritalien gelangt war. Von der Massenkonversion 1292 bis 1495 waren die Konvertiten und ihre Nachkommen entweder als Neofiti, Christiani Novi oder Cristiani Novelli bezeichnet worden. Diese Bezeichnungen artikulierten auf der einen Seite Zugehörigkeit zu den Christen, auf der anderen Seite aber auch eine Differenz, also gleichzeitig Inklusion und Exklusion. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts waren Inklusion und Exklusion semantisch jedoch als inklusive Exklusion zueinander in Beziehung gesetzt worden. Denn in der Kommunikation wurden die Bezeichnungen Neofitus, Christianus Novus und Cristiano Novello durchgehend durch die Unterscheidung von den „anderen Christen“ produziert. Die semantische Form Neofitus bzw. Christianus Novus markierte bis dahin also gleichzeitig die Differenz und die Identität des Unterschiedenen von dem bzw. mit dem, wovon es unterschieden wurde. Sie bezeichnete damit nur einen graduellen, aber keinen fundamentalen Unterschied. Und das bedeutet: Der Sprachgebrauch situierte die Neuchristen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts innerhalb der Christen. Ende des 15. Jahrhunderts etablierte sich in Süditalien als semantischer Import aus Spanien allerdings eine neue, pejorative Bezeichnung für konvertierte Juden und ihre

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Nachkommen: Marrano. Sie gelangte wahrscheinlich über die Zwischenstation Venedig nach Süditalien und vor allen Dingen nach Apulien und Trani. Nach der Einführung der Spanischen Inquisition waren viele Conversos aus Spanien nach Venedig geflohen. Und im November 1497 ordnete der Senat von Venedig die Vertreibung aller Marrani aus seinem Herrschaftsbereich an. In dem Vertreibungsedikt erscheint die Bezeichnung Marrano gleichsam als Unterkategorie von Häretiker und wird gleichzeitig mit Reichtum konnotiert, der freilich dem eigennützigen und gemeinschaftsschädlichen Vorteilsstreben entspringt. Gleichzeitig veränderte sich auch die Bedeutung der weiterhin verwendeten Bezeichnungen Neofitus und Cristiano Novello. Denn die Quellen aus Apulien unterscheiden sie seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts nicht mehr von den „anderen Christen“, sondern von christiani de natura. Auch dies war ein semantischer Import aus Spanien, wo man konvertierte Juden bereits seit dem frühen 15. Jahrhundert von den christiani de natura abgrenzte. In Quellen des frühen 16. Jahrhunderts, die sich mit den Cristiani Novelli Apuliens befassen, werden diese „Christen von Natur“ näher bestimmt als „allervollkommenste“, „hervorragende“ und „wahre“ Christen. Und damit erhielt die Innenseite der Unterscheidung, die Bezeichnungen Neofitus und Cristiano Novello, die Bedeutung von defizitären und falschen Christen. Vor allem aber galten sie als solche nicht mehr unbedingt wegen eines benennbaren Verhaltens, sondern aufgrund ihrer ‚Natur‘, also ihrer Abstammung von Juden. Erst seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert wurde die Jewishness, die den Nachkommen der Konvertiten von 1292 zugeschrieben wurde, also als fundamentale Differenz gefasst, die nun zudem als Resultat einer ererbten und damit unveränderbaren Natur konzipiert wurde. Und mit diesem neuen, biologistischen Konzept devianter, unabänderlicher Jewishness legitimierte man nun die dauerhafte, endgültige Exklusion aus der christlichen Gesellschaft. Allerdings reicht die Etablierung der neuen, exkludierenden Differenzsemantik nicht aus, um zu erklären, warum die Neuchristen von Trani Ende des 15. Jahrhunderts dauerhaft aus der Stadtgesellschaft ausgeschlossen wurden. Denn die neue Semantik etablierte sich ja nicht nur in Trani, sondern im gesamten Königreich Neapel und wurde auf die Neuchristen ganz Apuliens angewandt. Die Neuchristen wurden jedoch nicht aus allen Städten Apuliens vertrieben, sondern nur aus Trani und einigen kleineren Städten. In anderen Städten wurden sie jedoch aufgenommen und fanden auch die Unterstützung der städtischen Führung, v.a. im benachbarten Barletta, das Trani dadurch im 16. Jahrhundert als Metropole der Neuchristen Apuliens abgelöst zu haben scheint. Es deutet vieles darauf hin, dass es in Trani Ende des 15. Jahrhunderts erhebliche soziale Spannungen zwischen den Neuchristen und anderen Teilen der Stadtbevölkerung gab. Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts waren die Neuchristen in Trani ja in die massiven innerstädtischen Konflikte verwickelt worden und hatten daraufhin die Stadt verlassen. Schon einmal hatten soziale Konflikte also zu einer physischen Exklusion der Neuchristen aus der Stadt geführt, die nach 1464 bzw. 1466 allerdings noch einmal für eine Generation rückgängig gemacht wurde. Angefeindet wurden die Neuchristen dabei allem Anschein nach zum einen wegen ihrer sozialen Positionsgewinne, die sie während des 15. Jahrhunderts zusehends von

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Abschließende Überlegungen

dem als Populus oder Plebei bezeichneten Teil der Stadtbevölkerung distanzierten. Auf der anderen Seite stieß es jedoch wohl auch im Adel auf Ressentiments, dass die Neuchristen nach dessen symbolischem Kapital strebten. Der einzige Traktat aus dem Königreich Neapel des Spätmittelalters, der sich direkt mit der Frage der Zugehörigkeit der Neuchristen befasst, Antonio de Ferrariis „De neophytis“ (ca. 1496), behandelt nicht die Frage, ob diese ‚wirklich‘ zu den Christen gehören, sondern ob sie zum Adel gehören können. Das bedeutet: Die Exklusion der Neuchristen aus Trani Ende des 15. Jahrhunderts war Folge neuer Prozesse der Differenzierung, die ihrerseits wiederum Resultat der Inklusion in die Stadtgemeinde und Stadtgesellschaft waren, die die Neuchristen seit Anfang des 15. Jahrhunderts erreicht hatten. Denn die Inklusion der Neuchristen warf die Frage auf, wo die Neuchristen in der stratifizierten Stadtgesellschaft eingeordnet werden sollten. In Trani und in Barletta, wohin viele Neuchristen aus Trani Mitte und Ende des 15. Jahrhunderts umsiedelten, belegen die verschiedenen Reformen der Stadtverfassungen des 15. Jahrhunderts die Schwierigkeiten, vor die die stratifizierte Stadtgesellschaft durch die Komplexitätssteigerung gestellt war, die die Inklusion der Neuchristen mit sich brachte. In Trani ordnete die Stadtverfassung von 1413 die Neofiti einerseits dem Populus zu, institutionalisierte sie jedoch gleichzeitig als Sondergemeinde in der Stadt, artikulierte also ein prekäres und in seinen politischen Folgen vielfach ungeklärtes Verhältnis von Identität und Differenz zwischen Neuchristen und Populus. Ähnliches gilt für die Barlettaner Stadtverfassungen von 1466 bzw. 1473. Die Reform der Traneser Stadtverfassung von 1466 dagegen lässt erkennen, dass sich die Neuchristen in ihrer Heimatstadt deutlich aus dem Populus herausdifferenziert und als neuer Rang (gradus) der Kaufleute formiert hatten. Der Titel des egregius bzw. honorabilis mercator belegt, dass seine Angehörigen ein spezifisches Prestige beanspruchten. Viele Neuchristen führten jedoch auch den Titel des nobilis. Einige sind zudem als nobilis mercator belegt. Die individuelle Distinktion schoss gleichsam auch auf die ständische Differenzierung über, so dass die Kaufleute von Trani auch in ihrer Gesamtheit als adlig bezeichnet werden konnten. Damit wurde auch die Differenz zwischen Adel und Kaufleuten unklar. Die Komplexitätssteigerung innerhalb der städtischen Gesellschaft, die die Inklusion der Neuchristen verursachte, führte also zunächst dazu, dass die bisherige zweigliedrige Differenzierung der Stadtgesellschaft in Adel und Volk durch eine dreigliedrige abgelöst wurde. Doch war diese Ordung instabil, da sowohl die Differenz des neuen Standes oder Ranges der Kaufleute zu Populus bzw. Plebei als auch die zum Adel nicht deutlich gezogen wurden. Sowohl in Trani wie auch in Barletta kehrte man Ende des 15. Jahrhunderts zur zweigliedrigen Differenzierung in Adel und Volk zurück. In Trani geschah dies gewaltsam durch die Vertreibung der Neuchristen aus der Stadt. In Barletta entschied sich die städtische Führung für einen anderen Weg. Hier beschloss man 1491, dass künftig kein Unterschied mehr zwischen Kaufleuten und Populares gemacht werden sollte. Als Stand konnten sich Erstere dort also nach 1491 weder von den Populares abheben noch dem

Abschließende Überlegungen

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Adel der Stadt seinen Rang streitig machen. Individuelles Streben nach höherem Rang schloss dies jedoch nicht aus. Denn viele Neuchristen, die aus Trani stammten, sind in Barletta in der Folgezeit als Adlige belegt. Die Geschichte der Neuchristen von Trani im späten Mittelalter macht also in der Tat deutlich, dass sich die Frage, wie eine Gesellschaft integriert, nur beantworten lässt, wenn man klärt, wie eine Gesellschaft differenziert. Außerdem zeigt sie, dass es weniger Kontinuität als Wandel war, nicht die Fortschreibung, sondern die Transformation und Neuentstehung von Differenz, die für den Erfolg bzw. Misserfolg der Inklusion der konvertierten Juden und ihrer Nachkommen entscheidend waren. Die Transformation und Neuenstehung von Differenz wiederum war Resultat konkreter, ja teilweise von einer Stadt zur anderen unterschiedlicher Umstände. Die Frage, an der sich das Gelingen oder Scheitern der Inklusion der Neuchristen in die christliche Umwelt entschied, war dabei die Frage ihrer Platzierung unter den Bedingungen gesellschaftlicher Ungleichheit. Dies war das problema converso des italienischen Südens, das die Massenkonversion von 1292 aufgeworfen hatte.

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1. Prosopografie der Neuchristen von Trani im Spätmittelalter Einleitung Die Prosopografie ist als Methode in der Geschichtswissenschaft, und das heißt auch in der historischen Mittelalterforschung, seit Langem etabliert. Erkenntnischancen wie -grenzen des Ansatzes sind ausführlich debattiert worden.1 Es erübrigt sich daher, dies alles hier noch einmal umfassend darzulegen. Die verschiedenen Definitionsversuche von Prosopografie stimmen darin überein, dass es sich bei ihr um die Erhebung des Bestandes einer klar definierten Personengruppe nach klar definierten Kriterien handelt.2 Es wurde immer wieder betont, dass Erhebung und Auswertung stets aufeinander bezogen sind. Die Erstellung einer Prosopografie kann nie Selbstzweck sein, sondern muss durch die Erkenntnismöglichkeiten, die diese für eine spezifische Fragestellung birgt, begründet werden. Kurz: Sie ist Mittel zu einem Zweck.3 Dabei zielt sie weniger auf das Erkennen von Individualität als auf die Beobachtung der überindividuellen mit einer gewissen Regelmäßigkeit beobachtbaren Charakteristika einer Gruppe.4 Grundlage einer jeden Prosopografie ist die Identifikation der Personen, die in die Prosopografie aufgenommen werden, aufgrund klar definierter Kriterien.5 Als Neuchristen wurden alle Personen identifiziert, die ihrer Umwelt als Neuchristen galten, genauer ihrer christlichen Umwelt, denn über die Wahrnehmung in ihrer jüdischen Umwelt las-

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Hierzu zuletzt die Beiträge in Keats-Rohan, Prosopography (2007), v. a. Carlier/Dumolyn/Verboven, Short Manual (2007); Borgolte, Personengeschichte und Ereignis (1992); Bulst, Gegenstand und Methode von Prosopographie (1986); Stone, Prosopography (1971). Carlier/Dumolyn/Verboven, Short Manual (2007), 36, 39, 51–53; Bulst, Gegenstand und Methode von Prosopographie (1986), 3. Carlier/Dumolyn/Verboven, Short Manual (2007), 46; Bulst, Gegenstand und Methode von Prosopographie (1986), 4; Schmid, Forschungen (1981), 55. Keats-Rohan, Biography, Identity and Names (2007), 139. Carlier/Dumolyn/Verboven, Short Manual (2007), 58; Keats-Rohan, Biography, Identity and Names (2007), 151.

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sen sich mangels Quellen keine Aussagen machen. Dies sind zuallererst Personen, die in den Quellen explizit als neofita oder neofidus, christianus novus, cristiano novello o. Ä. bezeichnet werden. Allerdings wurden diese Etiketten nicht durchgängig verwendet. Eine Person konnte teilweise sogar in ein und demselben Dokument einmal als Neofitus o. Ä. bezeichnet werden und ein anderes Mal nicht. Damit unterschied sich die Praxis der Klassifizierung der Neofiti sowohl von der Klassifizierung der Juden wie der Christen. Erstere wurden in Urkunden und in ähnlichem Schriftgut stets mit der Bezeichnung iudeus oder ebreus versehen, die höchstens einmal versehentlich vergessen wurde. Ihre Differenz zu den Christen wurde so ständig artikuliert. Letztere wiederum wurden überhaupt nicht klassifiziert. Christ zu sein war in einer per definitionem christlichen Gesellschaft quasi selbstverständlich und musste nicht eigens markiert werden. Der Historiker, der Personen als Neofiti identifiziert und in eine Prosopografie aufnimmt, muss sich also dessen bewusst sein, dass seine Klassifizierungspraxis in einer gewissen Spannung zur Klassifizierungspraxis der Zeitgenossen steht, versieht er doch Personen mit einem Etikett, das diese nicht ständig trugen. Allerdings ist in einigen Fällen belegt, dass mit großen zeitlichen Abständen Angehörige bestimmter Familien in Trani (und auch andernorts) wiederholt als Neofitus oder Cristiano Novello etikettiert wurden. So erwähnt ein Zinsregister der erzbischöflichen Kirche von Trani 1408 einen Nicola de Gello neofidus.6 Nach der Vertreibung der Neuchristen aus Trani 1495 sind mehrere Angehörige der Familie de Gello wieder explizit als neofidus o. Ä. belegt.7 Bereits 1309 ist ein Mattheus de Consule neophidus belegt. Knapp 100 Jahre später erwähnt das Zinsregister einen Ghuczulino de Consulo neofidus. Ein Loysius Zardulli de Consulo bzw. de Zardullo de Consulo gehört zu den Neofiti, die nach 1495 enteignet werden. Hinzu kommen weitere Personen mit dem Namen de Consulo bzw. de Zardullo, die nach 1495 bzw. bereits 1453 in den Quellen als Neofitus o. Ä. bezeichnet werden.8 Es waren offensichtlich die Angehörigen bestimmter Familien, für die ihre christliche Umwelt in Trani das Ettikett Neofitus o.Ä. gleichsam abrufbereit hatte. Dies passt zu dem Befund, dass sich von Beginn des 14. Jahrhunderts an durchgehend eine Sondergemeinde der Neuchristen in Trani belegen lässt und dass unterschiedliche Quellen belegen, dass die Angehörigen dieser Sondergemeinde aufgrund ihrer Herkunft – und das heißt aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Familien – als Neofiti, Cristani Novelli etc. galten. Dies erlaubt es, nicht nur jene Personen als Neuchristen zu identifizieren, die in den Quellen explizit als Neofitus etc. bezeichnet werden, sondern auch die Personen, die zur gleichen Familie gehörten wie die Personen, die mit den entsprechenden Bezeichnungen belegt sind. Entsprechende Verwandtschaftsbeziehungen sind vielfach dokumentiert.

6 7 8

BPCB, FondoBeltrani 61/1, 26v. S. u., Nr. IX/12, 21, 30f. S. u., Nr. VII/1, 4, 8–10, 18f., 28.

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Außerdem kann in der Regel dort auf die Zugehörigkeit zu ein und derselben Familie geschlossen werden, wo Personen das gleiche Cognomen tragen. Die Anthroponymie Süditaliens im Mittelalter war einer der Schwerpunkte der Forschungsgruppe „Genèse médiévale de l’anthroponymie moderne“ des französischen „Centre National de Recherche Scientifique“. Sie ist daher gut erforscht. Im Königreich Neapel und vor allen Dingen in Apulien etablierte sich seit dem Beginn des 10. Jahrhunderts das zweigliedrige Namensystem aus Vornamen (Nomen, Nomen Proprium bzw. Taufnamen) und Cognomen. Hierbei spielten wahrscheinlich byzantinische Einflüsse eine Rolle.9 In Bari haben Mitte des 14. Jahrhunderts bereits 80 Prozent der in den Quellen fassbaren Personen einen zweigliedrigen Namen. Dabei sind die Cognomina in der Regel Patronymika und zu diesem Zeitpunkt auch vielfach bereits erbliche Familiennamen.10 Dieser Befund gilt mutatis mutandis auch für das 50 Kilometer entfernte Trani und mit einigen Phasenverschiebungen auch für die dortigen Neuchristen, die allerdings ab Ende des 13. Jahrhunderts mehrere ‚onomastische Revolutionen‘ erlebten. Die konvertierten Juden hatten zunächst einmal die Namen ihrer christlichen Taufpaten erhalten. Diese stammten vielfach aus den Notablen und dem Adel. In Neapel und Salerno gehörten sie sogar zum Königshof bzw. zur königlichen Familie, wie eine Reihe von Beispielen belegen. So trug ein Konvertit namens Philippus dictus de Principe den Namen seines Taufpaten, des Fürsten von Tarent, Philipp, als Namen und dessen Würde gleichsam als Cognomen. In Bari ist 1301 ein Konvertit namens Gualterius de Carbonara belegt.11 Ihn hatte offensichtlich ein Mitglied der Familie der Herren von Carbonara, südlich von Bari, aus der Taufe gehoben und ihm dabei seinen Namen und sein Cognomen gegeben.12 Auch in Trani hatten die Juden bei ihrer Taufe 1292 die Namen ihrer christlichen Paten erhalten. So sind 1312 ein Pascarallo und ein Manuele, genannt Clemente, beide Söhne des seligen Notars Raone di Daniele, erwähnt.13 Auch hier hatte ein Jude bei seiner Taufe also offensichtlich Namen, Cognomen (ein Patronym) und Beinamen (die Dignität) von seinem Taufpaten erhalten, dem Notar Raone di Daniele. Das Gleiche lässt der Name des Iacobo, Sohn des Notar Leone, erkennen, der 1315 belegt ist.14 Von den 25 Konvertiten aus Trani, die aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts bekannt sind, sind acht einnamig. Die Namen der übrigen haben die Doppelform, wobei das Cognomen bis auf eine Ausnahme stets ein Patronym ist. Diese stabilisieren sich

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11 12

13 14

Martin, Names and Familiy Structure in medieval southern Italy (2002), 113. Martin, Émergence du Nom de Famille (1998); Ders. Anthroponymie et onomastique à Bari (1994). CDB 13, ed. Nitti de Vito (1936), Nr. 103. Martin, Émergence du Nom de Famille (1998), 86, verweist auf diesen Fall, freilich ohne die Ursache für den Namen des Konvertiten zu erkennen. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 21, 69r, s. u. Quellenanhang, Nr. 1/7. Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 4; vgl. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 56.

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jedoch nur in einem Fall zu einem erblichen Familiennamen – im bereits erwähnten Fall des Matheus de Consule. Die Spuren dieser ersten namentlich belegten Traneser Neuchristen verlieren sich daher größtenteils wieder. Im Jahr 1358 sind dann die ersten Personen belegt, die das Cognomen de Buctunis tragen, ein Leo und ein Petro Nicolai de Buctunis. Da die genealogischen Zusammenhänge bei den Trägern dieses Namens gut zu erkennen sind, ist sicher, dass die späteren Träger dieses Cognomens Nachkommen von ihnen waren, unter ihnen auch eine Reihe von Personen, die Ende des 15. Jahrhunderts explizit als Neofiti o. Ä. bezeichnet werden. Sie gehören also alle zu einer Neuchristenfamilie, die spätestens seit der Mitte, wahrscheinlich aber schon seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts einen stabilen vererbbaren Familiennamen hatte. Denn der 1358 belegte Petro de Buctunis trägt ja neben dem Cognomen de Buctunis noch das Patronym Nicolai. Die Cognomina der Neuchristen, die dann im 15. Jahrhundert belegt sind, erscheinen größtenteils seit Beginn dieses Jahrhundert als stabile Familiennamen, in zwei Fällen auch seit dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts. Sie werden allerdings oftmals auch noch mit einem, in seltenen Fällen auch mit mehreren Patronymen kombiniert. Von diesen differenzieren sich einzelne gleichsam zu zweiten Cognomina heraus, die alternativ gebraucht werden, wie im Falle der Familie de Consulo/de Zardullo oder de Frabuctolo/ de Roberto. Die beiden frühesten stabilen Familiennamen de Consulo und de Buctunis sind möglicherweise Übertragungen der jüdischen Namen ben Menachen und ben Baruch in die Volkssprache. Zumindest ist aus Trani eine Grabinschrift aus dem 13. Jahrhundert belegt, in der eines Rabbi Adonijah, Sohn des Rabbi Baruch, gedacht wird.15 Sie wären dann Ausdruck eines Herkunftsbewusstseins, das die Erinnerung an die jüdische Herkunft in der Familie präsent hielt. Allerdings sind sie damit eine Ausnahme. Die Cognomina von Neuchristen, die sich seit dem Ende des 14. Jahrhunderts als erbliche Familiennamen stabilisieren, sind größtenteils Patronymika, die sich nicht auf jüdische Namen zurückführen lassen, sondern auf ein Namengut, das sich nur insofern vom typischen Namengut der christlichen Kulturen des Mittelalters unterscheidet, als hier zu germanischen Namen und Heiligennamen auch Namen griechischen Ursprungs (z. B. de Bisancio) treten. Hinzu kommen Herkunftsbezeichnungen (z. B. Catalano). Die Indentifizierung der Neuchristen über ihre Cognomina birgt zwar das Risiko einer gewissen Unschärfe, und zwar zum einen durch Über- und zum anderen durch Unteridentifikation.16 Doch ist dieses doppelte Unschärferisiko so weit beherrschbar, dass die Validität der Erkenntnisse nicht beeinträchtigt wird, die auf der Basis der Prosopografie gewonnen wurden. Die Familiennamen der Neuchristen sind größtenteils Patronymika. Und da Namen wie Roberto oder Barisano keine Exklusivität besaßen, besteht natürlich die theoretische Möglichkeit, dass verschiedene Familien dasselbe Cognomen führten. Das Gleiche gilt

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Cassuto, Iscrizioni ebraiche a Trani (1931), 402; Munkácsi, Jude von Neapel (1940), 79. Zur Problematik der Namensidentifikation in einer mittelalterlichen Stadtgesellschaft vgl. Jaspert, Stift (1996), 248–250.

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für geografische Herkunftsbezeichnungen. Die Familiennamen werden vielfach jedoch nicht allein, sondern zusammen mit einem Patronym geführt, oft in der Form N. filius N. Zudem lassen sich bei vielen Familien Leitvornamen beobachten, die immer wieder vergeben werden. So lassen sich zwischen den Trägern eines Cognomens oft tatsächlich bestehende Verwandtschaftsverhältnisse belegen. Zu diesen genealogischen Identifikationskriterien kommen außerdem noch historische. Die Neuchristen verließen während der innerstädtischen Konflikte in Trani Mitte des 15. Jahrhunderts die Stadt und kehrten nach 1464 bzw. 1466 wieder in diese zurück, um dann 1495 endgültig aus ihr vertrieben zu werden. Ihr wichtigster Exilort war Barletta. Hinzu kamen Städte wie Molfetta, Giovinazzo und Bitonto. Wirtschaftlich waren die sicher belegten Neuchristen vor allem im Getreidehandel aktiv. Für viele Personen, die Cognomina führten, die als Familiennamen von Neuchristen belegt sind, lässt sich nun beobachten, dass sie Mitte des 15. Jahrhunderts bzw. nach 1495 ihren Wohnsitz aus Trani in eine der erwähnten Städte verlegten und/oder dass sie als Getreideexporteure nachgewiesen sind. Dieses Profil lässt sich sogar mit einer solchen Regelmäßigkeit beobachten, dass es in einigen Fällen gerechtfertigt erscheint, Familien, deren Mitglieder zum einen eine große Nähe zu den nachweisbaren Neuchristen und zum anderen hohe Übereinstimmungen mit diesem Profil aufweisen, ebenfalls als Neuchristenfamilien zu identifizieren, auch wenn kein Träger des entsprechenden Cognomens in den erhaltenen Quellen explizit als Neofitus o. Ä. belegt ist. Wahrscheinlicher als Überidentifikation ist Unteridentifikation, nämlich dass Personen, die in ihrer christlichen Umwelt als Neuchristen galten, nicht als solche identifiziert werden konnten, sei es, weil in den erhaltenen Quellen niemals ein Angehöriger der betreffenden Neuchristenfamilie mit Bezeichnungen wie Neofitus oder Cristiano Novello erscheint, oder dass verwandte Personen in den Quellen nicht mit einem gemeinsamen Familiennamen erscheinen, sondern mit unterschiedlichen Patronymen. Die Unteridentifikation – die ‚Dunkelziffer‘ – ist freilich ein generelles methodisches Problem des prosopografischen Ansatzes.17 Im Fall der Identifikation der Neuchristen von Trani im Spätmittelalter lässt sich dieses sogar besser beherrschen als in vielen anderen Fällen. Denn zumindest für das späte 15. Jahrhundert lässt sich hier ein Eindruck von der Relation zwischen der Zahl der identifizierten Personen und der Größe der ‚Population‘ gewinnen. Es ist quellenmäßig belegt, dass 1495 120 Haushalte von Neuchristen aus Trani vertrieben wurden; – beklagte sich die Stadt doch 1499 darüber, dass sie die Steuerlasten dieser Haushalte tragen musste.18 Zwar ist nicht bekannt, aus wie vielen Personen sich die Haushalte der Neuchristen von Trani exakt zusammensetzen. Aus Manfredonia ist jedoch eine Aufstellung der Haushalte der dortigen Neuchristen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts überliefert, die sämtliche Personen aufzählt, die zu den jeweiligen

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Carlier/Dumolin/Verboven, Short Manual (2007), 58. Vitale, Trani (1912), Nr. 83; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 98.

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Haushalten gehörten.19 In unserem Zusammenhang entscheidend ist, dass dort vielfach auch erwachsene Söhne mitsamt ihren Ehefrauen zum Haushalt ihres Vaters gezählt wurden. Zu den 39 Haushalten gehörten insgesamt 24 erwachsene Söhne, das heißt in 39 Haushalten lebten 63 erwachsene, geschäftsfähige Männer. Legt man dies zugrunde, so wird man die Zahl der erwachsenen, männlichen Neuchristen, die 1495 aus Trani vertrieben wurden, auf circa 190 schätzen dürfen. Zwar haben wir nur für wenige der identifizierten Neuchristen Lebensdaten, sodass sich nicht exakt bestimmen lässt, wie viele dieser circa 190 erwachsenen männlichen Neuchristen, die 1495 aus Trani vertrieben wurden, identifiziert werden konnten. Fehlende Geburts- und Todesdaten gehören jedoch ebenfalls zu den generellen methodischen Herausforderungen der mediävistischen prosopografischen Forschung. Denn angesichts verbreiteter Homonymie und der Praxis der Nachbenennung lässt sich anhand mittelalterlicher Überlieferung vielfach nicht erkennen, ob ein und derselbe Name in den Quellen auf eine oder verschiedene Personen verweist. Als beste Lösung dieses Problems hat sich die technische Lösung erwiesen, ausgehend von einer durchschnittlichen maximalen Lebenserwartung von 60 bis 70 Jahren einen durchschnittlichen maximalen Aktionszeitraum der Personen von 30 oder 40 Jahren anzunehmen. Dies löst zwar nicht das Problem, dass einzelne Ereignisse nicht immer mit Sicherheit einer Person zuzuordnen sind, ermöglicht aber belastbare Aussagen über die Größe der prosopografisch erfassten Gruppe und über Regelmäßigkeiten, die andernfalls nicht möglich wären. Auch hier wurde diese technische Lösung gewählt. Dabei wurde ein Aktionszeitraum von 40 Jahren zugrunde gelegt, denn eben diese Zeitspanne der Aktivität ließ sich in einer ganzen Reihe von Fällen beobachten. Legt man diesen Aktionszeitraum zugrunde, dann besteht die Generation der Vertriebenen von 1495 in der Prosopografie aus allen männlichen Personen, die erstmals 1455, also 40 Jahre vor der Vertreibung der Neuchristen aus Trani bzw. letztmalig 1535, also 40 Jahre danach belegt sind. Diese Generation nun besteht aus 132 Personen. Natürlich ist dies „nur“ eine Hochrechnung. Doch selbst wenn man davon ausginge, dass nur die Hälfte dieser 132 identifizierten Personen tatsächlich Opfer der Vertreibung wurden – was allerdings voraussetzte, dass von den Personen, deren Erstbeleg in die Zeit von 1455 bis 1495 fällt, sehr viele erst in hohem Alter erstmals in den Quellen Erwähnung finden oder jung verstorben sind, sodass sie die Vertreibung nicht mehr erlebten, und von den Personen, die letztmalig in der Zeit von 1495 bis 1535 belegt sind, sehr viele schon in jungen Jahren in den Quellen Erwähnung finden und danach nie wieder – dann wäre es immer noch gelungen, ein gutes Drittel der Generation der Vertriebenen zu identifizieren. Und bereits dies genügte allen Anforderungen an die statistische Repräsentativität einer Stichprobe. Da die Quellenbelege für die Aktivitäten der Traneser Neuchristen oftmals mehr als spärlich sind, wurden alle erhältlichen Informationen über die einzelnen Personen in die jeweiligen Artikel der Prosopografie aufgenommen. Diese sind nach dem folgenden Schema aufgebaut: 19

Colafemmina, Cristiani Novelli a Manfredonia (1990), 271–273.

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Familie Identifikationskriterien Person Familienstand Immobilienbesitz Geschäfte Ämter Zeugenschaften Besonderes Dabei gliedert sich die Prosopografie in drei Teile von unterschiedlichem Gewicht. Kernstück bildet der Katalog der Familien, die sich als Neuchristenfamilien von Trani identifizieren lassen und ihrer Mitglieder. Hinzu kommt ein Katalog der Einzelpersonen, die sich als Neuchristen von Trani identifizieren, aber keiner Familie zuordnen lassen, da sie entweder kein Cognomen tragen oder aber alleiniger belegter Träger eines Cognomens sind. Dieser gliedert sich in zwei Teile: die einzeln und die als Gruppe belegten Neuchristen. Da die Prosopografie sowohl auf Quellen basiert, die in lateinischer Sprache geschrieben sind, als auch auf Dokumenten, die volkssprachlich sind, erscheinen in den Quellen die Namen vieler Neuchristen sowohl in lateinischer wie auch in volkssprachlicher Namensform. Für die Personen, die im 15. Jahrhundert belegt sind, wurden die Personennamen durchgehend in die volkssprachliche Form gebracht, da vielfach belegt ist, dass dies die gebräuchliche Form war. Die Personennamen aus dem 14. Jahrhundert dagegen sind durchgehend in der lateinischen Form belassen. Die Cognomina, die vielfach in unterschiedlichen Formen und Schreibweisen erscheinen, wurden ebenfalls vereinheitlicht, dabei werden die wichtigsten Varianten jedoch angegeben.

Die Neuchristenfamilien von Trani und ihre Mitglieder I. De Alba Als Neofidus, Cristiano Novello o. ä. belegt: I/1.20 1. Petruccio de Alba (1408–1432/33) Vater von I/2.21 1408 Besitzer eines Hauses in Trani in Conca22, 1432/33 besitzt er eine vinea in der Umgebung von Trani in Pozzo Piano sowie ein Haus in Trani in Corte Canina.23

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BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 10v, 18r. BDT A 411/444. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 10v, 18r. Ebd., 72v.

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2. Guillelmo Petruccii de Alba (1409–1431) Sohn von I/1.24 Ist am 19.09.1419 und am 19.10.1431 als Zeuge in Trani belegt.25 II. De Bacho Als Neofidus, Cristiano Novello o. ä. belegt: II/5.26 1. Nicola de Bacho (1432/33) Besitzt 1432/33 drei vineae in der Umgebung von Trani in Lame Cupe.27 2. Leo de Bacho (1454–1470) nobilis vir 28 Wird am 18.07.1454 von der nobilis mulier Freccia, der Tochter des Petro Iudicis Nicolai, zu einem von vier Testamentsexekutoren bestimmt.29 Ist 1464 als in Bari ansässig belegt.30 Im Jahr 1470 ist er Syndicus von Trani.31 3. Troylo de Bacho (1473–1488) nobilis vir32 Verkauft am 05.10.1485 ein Haus in Trani in loco Strigaticiorum.33 Ist 1473 in einer Handelsgesellschaft mit Leucio de Buctunis und Berlingerio de Gello.34 Im Jahr 1486 exportiert er Getreide aus dem Hafen von Trani.35 Am 11.06.1488 ist er als Zeuge in Trani belegt.36 4. Sergio Perri de Bacho (1491) Ist am 20.12.1491 als Zeuge und iaconus, also Diakon, in Trani belegt.37 5. Bacho de Bacho (1513) Ist 1513 in Tarent belegt, als einer von zwei Neuchristen, die infolge des Vertreibungsedikts von 1510 die Stadt und das Königreich verlassen hätten.38 Der andere erwähnte

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BDT A 411/444. BDT A 365/395, A 411/444. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 288. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 71v. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 57. BDT A 463/496. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 106v. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 57. Vitale, Trani (1912), Nr. 62. BDT A 606/644. Vitale, Trani (1912), Nr. 62. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 65. BDT A 617/655. BDT A 646/683. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 288.

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Neuchrist hat den Namen Gracio Inberberato. Ein Neuchrist namens Angelo Inbeverato ist 1512 in Trani belegt.39 Es ist daher wahrscheinlich, dass auch Bacho de Bacho aus Trani stammt. III. De Barisano Als Neofidus, Cristiano Novello o.ä. belegt: III/10.40 1. Barisano de Donato (I.) (1429–1432/33) Besitzt 1432/33 zwei Häuser in Trani in S. Simone.41 Gehört 1429/1430 einer der beiden Kommissionen an, die von der Stadt Trani beauftragt werden, einen Handelsstreit mit Venedig zu schlichten.42 2. Palumbo de Donato (1432/33) Bruder von III/1? Besitzt 1432/33 zwei Häuser in Trani in S. Maria Nova.43 3. Donato de Barisano (1454–1473) Sohn von III/1? Ist zwischen dem 14.08.1454 und dem 14.05.1457 in Barletta als Exporteur von Getreide nach Venedig und Dalmatien belegt. Dabei wird er am 02.09.1454 als Bürger von Barletta bezeichnet.44 Am 04.02.1466 gehört er als Vertreter der Kaufleute dem Rat von Barletta an.45 Im Jahr 1473 ist er Vertreter eines königlichen Kommissars, der in der Terra di Bari Steuern einnimmt.46 4. Orlandino/Ronaldo/Raynaldo de Barisano (1456–1498) Besitzt 1471 ein Haus in Trani in S. Maria de Cara.47 Trägt am 31.12.1456 und 30.03.1457 gemeinsam mit Molillo und Francisco de Buctunis sowie Nicola de Gello zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.48 Ist von 1470 bis 1474 in Trani und 1498 in Barletta als Iudex ad Contractus belegt.49 1473 ist er

39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49

Ebd., Nr. 278. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/24. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 71v. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 101. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 74r. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37. Vitale, Trani (1912), 290. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 210. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. BDT A 523/560; BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 79r; Vitale, Trani (1912), 552, Anm. 3.

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gemeinsam mit Mele de Barisano Schuldner der Medici-Gesellschaft aus Tuchgeschäften.50 Im Jahr 1487 exportiert er teilweise gemeinsam mit Sansonecto de Zardullo Getreide aus den Häfen von Trani und Polignano.51 Am 02.07.1471 in Trani, am 14. und 16.04.1472 in Bitonto als Zeuge belegt.52 5. Barisano de Donato de Barisano (II.) (1470–1472) Sohn von III/3. Steht 1470 in Geschäftsbeziehungen zum Portulan von Apulien.53 Ist am 02.07.1471 und am 13.01.1472 als Zeuge in Trani belegt.54 6. Mele de Barisano (1473–1503) Ist 1473 gemeinsam mit Orlandino de Barisano Schuldner der Medici-Gesellschaft aus Tuchgeschäften.55 Ist am 10.11.1503 als Zeuge in Barletta nachgewiesen.56 7. Nicola Angelo de Barisano (1480) dominus57 Ist am 24.07.1480 als Zeuge in Barletta belegt.58 8. Cesare de Barisano (I.) (1486–1487) Ist am 30.10.1486, 28.03.1487 und 04.08.1487 als Zeuge in Trani belegt.59 9. Alfonso de Barisano (1486–1495/1510) nobilis60 Besaß bis 1495 Häuser in Trani, wahrscheinlich an der Plathea Publica, die vor 1510 mit königlichem Privileg an einen Petro de Scabias verliehen werden.61 Sie gehörten daher höchstwahrscheinlich zum Besitz der Neuchristen von Trani, der nach deren Vertreibung aus der Stadt 1495 konfisziert worden war. Exportiert 1486/87 gemeinsam mit Baldessare de Barisano, Giliberto de Buctunis sowie Palumbo und Sansonecto de Gello Getreide aus den Häfen von Barletta und Trani, 1489 Öl von Apulien nach Venedig, wo Costatino de Gello sein Beauftragter ist.62 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 95. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 57, 59, 79. BDT A 675/712; ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 22, 69rv, 71r. Orefice, Funzionari (1979), 177. BDT A 517/554, A 675/712. Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 95. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 290. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 196. Ebd. BDT A 609/647, A 612/650, A 616/654. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 29, 38–40, 54; ASB, Notarile, Bitonto 1:de Tauris 32, 24v. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 150r. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 29, 38–40, 54; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 32, 24v.

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10. Baldessare de Barisano (1486–1514) Cristiano Novello63 Exportiert 1486/87 gemeinsam mit Alfonso de Barisano, Giliberto und Leucio de Buctunis sowie Palumbo und Sansonecto de Gello Getreide aus den Häfen von Barletta und Trani.64 Erhält am 13.05.1499 gemeinsam mit Palumbo de Gello in Giovinazzo von Talliano de Barisano und Princivallo de Zardullo einen Kredit zurückgezahlt. Ist dabei als Bürger von Giovinazzo belegt.65 Am 27.12.1491 ist er als Zeuge in Trani belegt.66 Am 27.12.1514 weist Königin Johanna einen Steuereinnehmer auf Bitte der Stadt Giovinazzo an, neben anderen auch die Steuersumme des Baldessare de Barisano von der Stadt abzuziehen, da dieser von dort weggezogen sei.67 11. Grimaldo de Barisano (1492) Am 28.02.1492 als Zeuge in Trani belegt.68 12. Talliano de Barisano (> 1495–1499) Tätigt vor 1495 gemeinsam mit Princivallo de Zardullo Geldgeschäfte mit Florio de Buctunis. Zahlt ebenfalls mit Princivallo de Zardullo am 13.05.1499 einen Kredit an Baldessare de Barisano und Palumbo de Gello zurück. Ist dabei als Einwohner von Giovinazzo nachgewiesen.69 13. Octino Isolano de Barisano (1499) Ist am 13.05.1499 als Zeuge in und Einwohner von Giovinazzo nachgewiesen.70 14. Lanzalao de Barisano (1499) Am 30.05.1499 als Zeuge in Barletta belegt.71 15. Evangelista de Barisano (1509) Am 01.03.1509 als Zeuge in Barletta belegt.72 16. Georgio de Barisano (1517) Am 13.09.1517 als Zeuge in Barletta belegt.73

63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/24. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 29, 36, 38, 51, 54f., 57. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. BDT A 647/684. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/24. BDT A 649/686. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 242r. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 19. Ebd., Nr. 279.

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17. Vincencio de Barisano de Donato (1517) Sohn von III/4. Am 13.09.1517 als Zeuge in Barletta belegt.74 18. Alexander de Barisano (1520) Am 20.06.1520 als Zeuge in Trani belegt.75 19. Iacobo de Barisano (1523) Fungiert als nipote, also wahrscheinlich Neffe der Francischella de Roberto, Ehefrau des Princivallo de Zardullo, zusammen mit diesem am 22.01.1523 in Trani als deren Muntwalt bei einer Immobilientransaktion.76 20. Battista de Barisano (1532) egregius mercator77 Verkauft am 27.03.1532 ein Haus in Barletta.78 21. Cesare de Barisano (II.) (1535) egregius Am 11.08.1535 als Zeuge in Barletta nachgewiesen.79 IV. De Bisancio Zwar ist kein Angehöriger der Familie explizit als Neofidus o. Ä. belegt. Allerdings weist das Profil der de Bisancio eine Reihe von Übereinstimmungen mit dem der belegten Neuchristenfamilien auf: Erstens gehören Angehörige der Familie zu den Zahlern der Strafsumme von 1456/57 (IV/1, IV/4); zweitens ist ein Maffeo de Bisancio in der Zeit der innerstädtischen Konflikte in Barletta nachgewiesen, aus dessen Hafen er Getreide nach Dalmatien exportiert; drittens ist ebendort nach 1495 eine Gesocta de Bisancio, die zudem mit dem Neuchristen Iohannes de Roberto verheiratet ist bzw. war, nachgewiesen sowie ein Colluccio de Bisancio. Dagegen verschwindet der Name de Bisancio nach 1495 aus dem Quellenmaterial aus Trani. 1. Iacobo de Bisancio (1438–1457) Trägt am 30.03.1457 gemeinsam mit Marino de Bisancio zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.80 Ist am 18.03.1438 in Trani als Zeuge belegt.81

74 75 76 77 78 79 80 81

Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 87r. Ebd., 97r. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 314. Ebd. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 358. Vitale, Trani (1912), Nr. 20. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 135.

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2. Peregrino de Bisancio (1443) Sohn von IV/1. Ist am 23.03.1443 in Trani als Zeuge belegt.82 3. Maffeo de Bisancio (1454) Exportiert zwischen dem 09.09.1454 und dem 19.11.1454 Getreide aus dem Hafen von Barletta nach Dalmatien.83 4. Ciccho de Bisancio (1456–1472) Trägt am 31.12.1456 zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.84 Ist am 30.08.1469 in Trani, am 14.04. und 15.04.1472 in Bitonto als Zeuge belegt.85 5. Marino de Bisancio (1457) Trägt am 30.03.1457 gemeinsam mit Iacobo de Bisancio zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.86 6. Octaviano de Bisancio (1464–1486) Ist am 17.09.1464, 12.05.1483, 16.09.1485 und 30.10.1486 in Trani als Zeuge belegt.87 7. Angelo de Bisancio (1466–1490) Ist am 27.06.1466, 19.04.1479, 26.10.1486 und 29.10.1490 in Trani als Zeuge belegt.88 8. Simone de Bisancio (1475–1485) Sohn von IV/4.89 Ist am 13.07.1475 und am 23.01.1484 in Trani als Zeuge belegt.90 9. Andrea de Bisancio (1475) Ist am 03.06.1475 als in Manfredonia ansässig und als Zeuge in Trani belegt.91 10. Baldessare de Bisancio (1484–1491) Ist am 01.12.1484, 15.05.1489 und 24.06.1491 als Zeuge in Trani belegt.92

82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92

BDT A 438/472. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Vitale, Trani (1912), Nr. 19. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 68v, 70r, 71r; Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 90. Vitale, Trani (1912), Nr. 20. BDT A 605/643, A 585/624, A 605/643, A 609/747. BDT A 545/585, A 557/597, A 610/648, Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 236. BDT A 538/576. BDT A 538/576, A 591/629. BDT A 535/573. BDT A 598/636, 624/661, 640/677.

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11. Anszorsi de Bisancio (1487) Ist 1487 Besitzer eines Schiffs, mit dem Getreide aus dem Hafen von Trani exportiert wird.93 12. Gesocta de Bisancio (1498) Ehefrau von Iohannes de Roberto (XX/9). Macht am 28.10.1498 in Barletta ihr Testament, setzt ihre Söhne Sansonecto, Helias, Heliseo und Gavisano sowie ihre Tochter Servia de Roberto aus der Ehe mit Iohannes de Roberto zu Erben ein, will in Kirche S. Agostino in Barletta bestattet werden und vermacht dieser dafür ein Tarì pro eius anima sowie ein Tarì pro malis ablatis incertis.94 13. Collucio de Bisancio (1515) Ist am 22.04.1515 als Bürge in Barletta belegt.95 V. De Buctunis, de Buctuno, de Bictuno, de Victuno, de Boctunis, de Bostunis, de Bottuni Als Neofidus, Cristiano Novello o. ä. belegt: V/696, V/1297, V/1598, V/24.99 1. Leo de Buctono (1358) Beteiligt sich 1358 an einer städtischen Umlage, mit der die Instandsetzung der Stadtmauer finanziert wird.100 2. Petro/Parello Nicolai de Buctono (I.) (1358) Beteiligt sich 1358 an einer städtischen Umlage, mit der die Instandsetzung der Stadtmauer finanziert wird.101 3. Angelo/Angelillo de Buctunis/Leonis de Victuno (I.) (1398–1432/33) Sohn von V/1.102 Erwirbt am 10.03.1398 in Erbpacht in Trani ein kleines Haus (casile) in der Iudayca103 und am 20.05.1406 in Erbpacht ebendort zwei weitere Häuser. Hat zu diesem Zeitpunkt

93 94 95 96 97 98

99 100 101 102 103

Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 54. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 95r. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 303. BDT A 699/737. BDT A 680/717. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 14v; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/2. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 22. Ebd. CDB 14, ed. Cassandro, (1938), Nr. 17. Ebd.

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ebendort von Marinello Bonismiro ein weiteres Haus gepachtet.104 Zu seinem Besitz in der Giudecca gehörten wahrscheinlich noch zwei weitere Häuser.105 4. Rogerio Petri de Victuno (1429–1430) Sohn von V/2?106 Gehört 1429/1430 einer der beiden Kommissionen an, die von der Stadt Trani beauftragt werden, einen Handelsstreit mit Venedig zu schlichten.107 5. Molillo de Buctunis/Melillo Angelilli de Bittuno (1430–1459) Sohn von V/3.108 Ist am 22.11.1457 als Besitzer eines Hauses in Trani in Porta Nova nachgewiesen. Dieses grenzt an ein Haus der Familie Bonismiro und ist daher wohl identisch mit einem der Häuser seines Vaters Angelo.109 Im Jahr 1454 ist er als Tuchhändler und Kreditnehmer belegt, vor allem gemeinsam mit seinem Sohn Leucio, aber auch mit Angelo, Gaudio und Palumbo der Roberto.110 Trägt am 31.12.1456 und 30.03.1457 gemeinsam mit seinem Sohn Francisco sowie Nicola de Gello und Ronaldo de Barisano zur Geldbuße der Stadt für die CacettaUnruhen bei.111 Am 30.10.1430 ist er in Trani, am 17.04.1454 in Bitonto als Zeuge belegt.112 Am 11.01.1459 erhalten er, Nicola de Gello und „andere, [ihre] Söhne“ die königliche Erlaubnis, Trani zu verlassen und ihren Wohnsitz dahin zu verlegen, wohin es ihnen beliebt.113 6. Nicola (1432/33–1461+114) neofidus115 Besitzt 1432/33 fünf vineae in der Umgebung von Trani in S. Spirito.116 Am 26.09.1499 lässt die Bruderschaft der Domkapitulare ein Haus des Nicola de Buctunis in Trani in S. Martino beschlagnahmen, propter canonem non solutum.117 Im Jahr 1511 ist außerdem belegt, dass ihm ein Magazin in Trani in Conca gehörte.118

104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118

BDT A 316/349. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 41v. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 101, 104. Ebd. BDT A 407/439. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 164. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 42v, 46v; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 148. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. BDT A 407/439; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 45r. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 505r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/11. Ronchi, Guida del Museo Diocesano (1984), 161. BDT A 699/737. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 74v. BDT A 699/737. BCT, Ms. C 22, 17r.

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Im Jahr 1444 schulden einige Barlettaner ihm und seinem Sohn Parello 150 Unzen pro certa quantitate piperis et aliarum speciarum.119 Am 18.07.1454 bestimmt eine nobilis et provida mulier Freccia, Tochter des Petro Iudicis Nicolai und Ehefrau des Bernardo de Pavia, ihn zu einem ihrer vier Testamentsvollstrecker.120 Trägt am 31.12.1456 und 30.03.1457 gemeinsam mit seinem Sohn Manillo zur Geldbuße der Stadt für die CacettaUnruhen bei.121 Sein Sohn Antonio ordnet in seinem Testament 1471 auch die Ausführung eines Legats seines Vaters Nicola an die Bruderschaft der Domkapitulare an.122 In Zusammenhang damit stand wahrscheinlich auch die Anfertigung eines Grabmals für diesen in der Kirche der Domherrenbruderschaft S. Giovanni Evangelista, die ein Anbau der Kathedralkirche war (heute in der Domkrypta). Dieses trägt die Inschrift: Hoc est Sepulcrum Nicolai de Buthuno et Heredib(us) [!] Eius 1461.123 7. Parello de Buctunis (II.) (1444–1483) Sohn von V/6.124 Bekommt am 02.07.1471 gemeinsam mit seinem Bruder Gaspare von seinem Bruder Antonio dessen Haus in Trani in S. Simone vermacht.125 Am 30.04.1483 ist er als Besitzer von vineae in der Umgebung von Trani in Torre del Celso nachgewiesen.126 Im Jahr 1444 schulden ihm und seinem Vater Nicola einige Barlettaner 150 Unzen pro certa quantitate piperis et aliarum speciarum.127 Im Jahr 1454 ist er gemeinsam mit Francisco Ursino als Kreditgeber von König Alfonso I. für 200 Dukaten belegt, als Anteil einer Anleihe der Stadt Trani von 5 000 Dukaten.128 Ist am 17.09.1464 in Trani als Zeuge belegt.129 8. Gabriele de Buctunis (I.) (1452–1492) Sohn von V/9.130 Besitzt ein Haus in Trani in S. Simone, das er am 16.10.1492 verkauft.131 Im Jahr 1454 ist er gemeinsam mit seinem Vater Riso als Tuchhändler belegt.132 Trägt am 31.12.1456 ebenfalls gemeinsam mit diesem und Frederico Catalano, am 31.03.1457 mit Gabriele Gentile und Frederico Catalano zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Un119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132

Pergamene di Barletta 2, ed. Barone (1904), Nr. 20; vgl. Vitale, Trani (1912), 556. BDT A 463/496. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. BDT A 675/712. Ronchi, Guida del Museo Diocesano (1984), 161. Vitale, Trani (1912), 556. BDT A 675/712. BDT A 584/623. Ebd. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 198. BDT A 605/643. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 152. BDT A 653/690. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 42v, 46rv; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 152.

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ruhen bei.133 Im Jahr 1473 handelt er mit Weizen und besitzt Schafherden.134 Im Jahr 1477 ist er gemeinsam mit Palumbo de Gello Kreditor der Medici-Gesellschaft für einen Wechsel.135 Im Jahr 1487 exportiert er gemeinsam mit Palumbo de Gello Getreide aus dem Hafen von Barletta.136 Im Jahr 1488 versichert er gemeinsam mit Salvatore und Victorio de Buctunis sowie Bello de Gello einen Schiffstransport.137 Am 11.05.1457, 30.12.1468 und 17.04.1471 ist er in Trani als Iudex ad Contractus belegt, am 09.01.1462 in Barletta.138 Am 04.02.1466 ist er für die Kaufleute Mitglied des Rats von Barletta.139 Im Jahr 1470 unterhält er Geschäftsbeziehungen zum Steuereinnehmer für die Abgaben auf die fida degli animali in der Terra di Bari.140 Am 18.07.1454 und 30.08.1469 ist er als Zeuge in Trani, am 16.04.1452 in Bitonto nachgewiesen.141 9. Riso de Buctunis (1454–1457) Sohn von V/3?142 Ist am 22.11.1457 als Besitzer eines Hauses in Trani in Porta Nova nachgewiesen. Dieses grenzt wie die das Haus des Molillo de Buctunis an ein Haus der Familie Bonismiro und ist daher wohl identisch mit einem der Häuser, die bereits Angelo de Buctunis (I) besessen hatte.143 Im Jahr 1454 ist er gemeinsam mit seinem Sohn Gabriele als Tuchhändler belegt.144 Trägt am 31.12.1456 gemeinsam mit seinem Sohn Gabriele und mit Frederico Catalano zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.145 Am 18.07.1454 ist er als Zeuge in Trani nachgewiesen.146 10. Leucio de Buctunis (1440–1486) egregius mercator147, nobilis vir148, nobilis mercator149 Am 19. April 1440 ist in Manfredonia der nobilis mercator Leucio Meitoli Lilli de Trano concivis Manfredonie erwähnt, der an anderer Stelle als Leucio Melluli de Lillo er133 134 135 136 137 138 139 140 141

142 143 144 145 146 147 148 149

Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 88; BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4r. Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 88. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 37. Vitale, Trani (1912), 547. BDT A 475/508, A 501/538, A 512/549; CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 324. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37. Orefice, Funzionari (1979), 179. BDT A 463/496; Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 90; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 6, 53r. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 164. Ebd. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 42v, 46rv; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 152. Vitale, Trani (1912), Nr. 19. BDT A 463/496. BDT A 610/648. Vitale, Trani (1912), Nr. 62; BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 130r. Regesto S. Leonardo di Siponto, ed. Camobreco (1913), Nr. 192.

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scheint.150 Aufgrund des Herkunftsorts und der Reihung der Patronymika ist es wahrscheinlich, dass es sich bei ihm um Leucio de Buctunis handelte, Sohn des Melillo (V/5), Enkel des Ange(lillo) de Buctunis (V/3). Auch die Bezeichnung als nobilis mercator legt eine Identifizierung mit Leucio de Buctunis nahe, der als egregius mercator und nobilis vir belegt ist.151 Sohn von V/5.152 Verheiratet mit Spera Capuana aus Manfredonia.153 Tauscht am 19.04.1440 ein Haus mit dem Konvent der Brüder des Deutschen Ordens in Manfredonia gegen zwei Häuser, die an Häuser seiner Ehefrau Spera Capuana angrenzen.154 Am 26.09.1499 ist er als Besitzer eines Gartens in Trani in S. Martino belegt.155 Am 26.10.1486 verkauft er ein Weinfeld in der Umgebung von Trani.156 Nach der französischen Invasion wird sein Besitz am 13.04.1495 enteignet und dem Franziskanerkloster in Trani übertragen.157 Am 15.03.1503 überträgt König Ludwig XI. von Frankreich Besitz des Leucio, Giliberto und Andrea de Buctunis sowie des Iacobo de Gello in Trani, der 1495 konfisziert worden war, an Francisco de Angelis.158 Handelt 1454 gemeinsam mit seinem Vater Molillo mit Tuch.159 Im Dezember 1463 stellt König Ferrante I. ihm und ungenannten anderen eine lettera recomendationis bzw. favorabilis aus.160 In den Jahren 1473 und 1474 handelt er gemeinsam mit seinem Bruder Giliberto und mit Palumbo de Gello mit Tuch.161 Ebenfalls im Jahr 1473 gehört er mit Berlingerio de Gello und Troylo de Bacho einer Handelsgesellschaft an, der König Ferrante I. einen Geleitbrief ausstellt.162 Im Jahr 1475 verwendet sich König Ferrante I. für eine Handelsgesellschaft aus Leucio de Buctunis, seinem Bruder Giliberto und Palumbo de Gello.163 Im Jahr 1477 ist er Kreditor der Medici-Gesellschaft für den Verkauf von Öl.164 Im März 1484 gehört er zu einer Gruppe von Kaufleuten aus Trani, die König Ferrante I. zu sich ruft, um mit ihnen verschiedene Angelegenheiten, wahrscheinlich Kreditgeschäfte, zu besprechen.165

150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165

Ebd., Nr. 192, 330. BDT A 463/496, A 610/648. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 42r, 46r. Regesto S. Leonardo di Siponto, ed. Camobreco (1913), Nr. 192. Ebd. BDT A 699/737. BDT A 610/648. Mastroianni, Sommario Cancelleria di Carlo VIII. (1895), 540; vgl. Vitale, Trani (1912), 558. BCT, Ms. C 17/3, 72v; vgl. Vitale, Trani (1912), 555. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 1454, 42v. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 506v. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 23, 43r, 53v, 57v, 62v, 63r; 24, 52rv, 79r. Vitale, Trani (1912), Nr. 62. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 130r. Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 99. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 512r.

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Im selben Jahr verwendet sich König Ferrante I. für eine Handelsgesellschaft aus Leucio de Buctunis, seinem Bruder Francisco, Peregrino und Palumbo de Gello sowie Sansonecto de Zardullo.166 Im Jahr 1477 ist er als Notar belegt.167 Am 30.12.1468 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.168 11. Manillo de Buctunis (1455–1457) Sohn von V/6.169 Trägt am 31.12.1456 und 30.03.1457 gemeinsam mit seinem Vater Nicola zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.170 Ist am 15.02.1455 als Zeuge in Trani belegt.171 12. Francisco de Buctunis (1456–>1494) neofidus172 Sohn von V/5.173 Ist am 03.04.1497 als Besitzer eines Hauses in Trani in Porta Nova nachgewiesen.174 Dieses ist wahrscheinlich identisch mit einem der zwei Häuser in Trani in S. Salvatore, das er gemeinsam mit seinem Sohn Salvatore besaß und das Ruggerio de Molfetta am 22.03.1498 zusammen mit sieben vineae in der Umgebung von Trani in Torre Bianco e Nero infolge eines Rechtsstreits pfänden lässt. Denn es grenzt ebenfalls an Besitz der Familie Passasepa.175 Trägt am 31.12.1456 und 30.03.1457 gemeinsam mit seinem Vater Molillo sowie Nicola de Gello und Ronaldo de Barisano zur Geldbuße der Stadt für die CacettaUnruhen bei.176 In den Jahren 1472 und 1473 ist er als Händler von Tuch, Getreide, Vieh und Mandeln nachgewiesen, teilweise gemeinsam mit seinen Söhnen Annibale und Tullio.177 Im Jahr 1484 verwendet sich König Ferrante I. für eine Handelsgesellschaft aus Francisco de Buctunis, seinem Bruder Leucio, Peregrino und Palumbo de Gello sowie Sansonecto de Zardullo.178 Er bezeugt am 12.02.1471 als einer der Ordinati der Stadt Trani ein Abkommen zwischen dieser und der Kirche von Trani, das die Steuerpflicht des Klerus bezüglich der indirekten Steuern auf die Schlachterei in der Stadt regelt.179 Im Jahr 1480 bekommt er 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179

Vitale, Trani (1912), 545f. Carabellese, Bilancio di casa Medici in Puglia (1896), 99. BDT A 501/538. Vitale, Trani (1912), Nr. 19. Ebd., Nr. 19f. BDT A 466/499. BDT A 680/717. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 1454, 42v. BDT A 680/717. BPCB, Fondo Beltrani B 7/2, 15v–17r. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 22, 70r, 72r; 23, 54r. Vitale, Trani (1912), 545f. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 186.

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gemeinsam mit seinem Bruder Troiano de Buctunis für 1 200 Dukaten das Amt des Archivars bei den Portulanen und Sekreten von Apulien als erbliches Lehen verliehen. Die Einnahmen aus diesem Amt resultierten aus den Gebühren von je einem Tarì für die Registrierung der Exporterlaubnisse aus den Häfen Apuliens. Außerdem durften sie selbst jedes Jahr 40 Wagenladungen Getreide zollfrei ausführen.180 Ein solcher Export ist 1486 belegt.181 Im Jahr 1489 wird Stahl, der ihm und seinem Sohn Salvatore gehört und der in einem Magazin seines Bruders Troiano lagert, durch den Königshof beschlagnahmt.182 Spätestens Anfang Mai 1494 ist er bereits verstorben.183 13. Antonio de Buctunis (I.) (1464–1492) Sohn von V/6.184 Vermacht am 02.07.1471 testamentarisch seinen Brüdern Gaspare und Parello sein Haus in Trani in S. Simone.185 Am 10.07.1464 ist er in Trani als Diaconus und Zeuge, am 16.10.1492 noch einmal als Zeuge belegt.186 14. Troiano de Buctunis (1466–12/1502[†])187 Sohn von V/5.188 Verheiratet mit Liona Ursina (XXIV/6).189 Nach einem Studium der Rechte ist er im Jahr 1466 als regius consiliarius und auditor des Königssohns Ferdinandino belegt. Vier Jahre später ist er Mitglied des Sacrum Regium Consilium und ab 1479 schließlich Präsident der Regia Camera della Sommaria. In den Jahren 1477 und 1478 ist er als auditor König Ferrantes I., 1497, 1498 und 1500 König Ferdinandinos belegt.190 Er ist Verwalter des Fondaco des Zolls von Bisceglie im Jahr 1479 und 1480.191 Im Jahr 1482 ist er Gesandter (ambasciatore) am Hof des Herzogs von Ferrara, 1487 unternimmt er eine Gesandtschaft nach Rom, Florenz und Mailand, im Jahr 1501 an den französischen Königshof sowie auf dem Rückweg nach Ferrara.192 Im Jahr 1480 bekommt zusammen mit seinem Bruder Francisco de Buctunis für 1 200 Dukaten das Amt des Archivars bei den Portulanen und Sekreten von Apulien als erb180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192

Vitale, Trani (1912), 557. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 3. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4v. Ebd. BDT A 675/712. Ebd. BDT A 487/521, A 653/690. Zapperi, Art. „Bottunis, Troiano de“ (1971). BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 32r. Ebd., 30v. Toppi, De origine omnium tribunalium 3 (1666), 92. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4r. Ebd.; Regis Fernandi I Instructionum Liber, ed. Volpicella (1916), Nr. 61; Sanuto, Diarii 4, ed. Barozzi (1880), 1308, 1632.

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liches Lehen verliehen. Die Einnahmen aus diesem Amt resultierten aus den Gebühren von je einem Tarì für die Registrierung der Exporterlaubnisse aus den Häfen Apuliens. Außerdem durften sie selbst jedes Jahr 40 Wagenladungen Getreide zollfrei ausführen.193 Im Jahr darauf erwirbt er, diesmal zusammen mit seinem Bruder Leucio, ebenfalls als erbliches Lehen einen neu geschaffenen Ausfuhrzoll, die sogenannte Terziaria del Ferro. Sie wurde für Fertigwaren aus Metall erhoben.194 Wohl im Jahr 1488 fällt er aus unbekannten Gründen in Ungnade. Er und sein Sohn Andrea werden verhaftet, die Lagerbestände in seinen Magazinen beschlagnahmt. Im Jahr 1489 ist er jedoch bereits wieder rehablilitiert.195 Nach der Eroberung des Königreiches Neapel entzieht ihm König Karl VIII. von Frankreich im Mai 1495 die Terziaria.196 Im November 1495 erstattet ihm König Ferrante II. die Terziaria zurück.197 Die Einlösung der mit ihr verbunden Ansprüche gelingt in den Folgejahren jedoch nur mithilfe wiederholter Interventionen des Königs zu seinen Gunsten.198 Auch das Recht, jährlich 40 Carra Getreide zollfrei auszuführen, das zu den Einnahmen des Amts des Archivars bei den Portulanen und Sekreten von Apulien gehört, kann er zwischen 1497 und 1500 nicht wahrnehmen.199 Im Dezember 1502 stirbt Troiano de Buctunis.200 Per letztwilliger Verfügung vermacht er vier Unzen jährlich aus den Einkünften der Terziaria an den Konvent der Dominikaner von S. Croce in Trani für Memorialdienste in einer Grabkapelle, die zu stiften Troiano noch zu Lebzeiten beschlossen hatte. Am 02.05.1505 bestätigt sein Sohn Andrea die Gültigkeit dieser letztwilligen Verfügung.201 15. Cambio de Buctunis (1471–1492) neofito202 Ist am 02.07.1471 und am 16.10.1492 als Besitzer eines Hauses in Trani in S. Simone und am 16.01.1483 in S. Iacobi belegt.203 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 14 Carra, die Cambio de Buctunis gehörte.204 Am 18.02.1491 und am 29.03.1491 ist er als Zeuge in Trani nachgewiesen.205 193 194 195 196 197 198

199 200 201 202

203 204

205

Vitale, Trani (1912), 557. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 16r–19r. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4v; Vitale, Trani (1912), 558. Mastroianni, Sommario Cancelleria di Carlo VIII. (1895), 588, 594. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 7rv. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 8r–11r, 34r–37r; BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 513r; Sanuto, Diarii 3, ed. Stefani (1880), 888; vgl. Vitale, Trani (1912), 373. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4v. Sanuto, Diarii 4, ed. Stefani (1880), 511. BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 1r–2v; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/3. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BDT A 675/712, A 653/690; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 215. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BDT A 637/674f.

400

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16. Gaspare de Buctunis (1471) Sohn von V/6.206 Bekommt am 02.07.1471 zusammen mit seinem Bruder Parello von seinem Bruder Antonio testamentarisch ein Haus in Trani in S. Simone vermacht.207 17. Annibale de Buctunis (1471–1473) Sohn von V/12.208 Tätigt in den Jahren 1471 und 1473 mit seinem Geschäftspartner Gello Arturi de Gello und seinem Vater Francisco Handelsgeschäfte, wohl vor allem mit Tuch.209 18. Tullio de Buctunis (1472–1513) nobilis210 Sohn von V/12.211 Handelt im Jahr 1472 gemeinsam mit seinem Vater Francisco mit Tuch und Vieh.212 Ist am 19.04.1479 in Trani als Zeuge nachgewiesen.213 19. Giliberto de Buctunis (1473–>28.04.1505) egregius mercator214 nobilis215 Sohn von V/5.216 Besitzt zwei Häuser in Trani in Porta Vasallorum/S. Lucia, eines davon gemeinsam mit einem Antonio Pictanaso und dessen Sohn Thomaso. Es wird am 07.03.1485 verkauft.217 Außerdem besitzt er Weinfelder in der Umgebung von Trani sowie Vieh, das in Gravina auf der Weide steht und ihm während der französischen Invasion 1495 geraubt wird.218 Am 15.03.1503 überträgt König Ludwig XI. von Frankreich den Besitz des Giliberto, Leucio und Andrea de Buctunis sowie des Iacobo de Gello in Trani, der 1495 konfisziert worden war, an Francisco de Angelis.219 In den Jahren 1473 und 1474 handelt er gemeinsam mit seinem Bruder Leucio und Palumbo de Gello mit Tuch.220 Im Jahr 1475 verwendet sich König Ferrante I. für eine Handelsgesellschaft aus ihm, seinem Bruder Leucio de Buctunis und Palumbo de Gello.221 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221

BDT A 675/712. Ebd. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 23, 54r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 21, 65v; 23, 54r. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 20r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 70r, 72r. Ebd. BDT A 557/597. BDT A 601/639, A 610/648. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 130r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 23, 43r, 53v, 57v, 62v, 63r; 24, 52rv, 79r. BDT A 582/621; BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 39r, BDT A 601/639. BDT A 610/648; Nardone, Cacciata di Ebrei dimoranti in Gravina (1938). BCT, Ms. C 17/3, 72v; vgl. Vitale, Trani (1912), 555. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 23, 43r, 53v, 57v, 62v, 63r; 24, 52rv, 79r. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 130r.

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401

Exportiert 1486/87 gemeinsam mit seinem Bruder Leucio, Palumbo de Gello Alfonso und Baldessare de Barisano und Sansonecto de Zardullo Getreide aus den Häfen von Manfredonia, Barletta, Trani und Giovinazzo.222 Außerdem verlassen 1486 Schiffe mit Getreide den Hafen von Manfredonia, für die er gemeinsam mit Palumbo de Gello die Exportkonzession erworben hatte.223 Im Jahr 1488 exportiert er ebenfalls gemeinsam mit Palumbo de Gello Getreide nach Venedig.224 Im Jahr 1470 steht er in Geschäftsbeziehungen zum Portulan von Apulien.225 Am 17.12.1474 ist er in Trani als Zeuge belegt.226 20. Angelo de Buctunis (II.) (1473–1486/98) Sohn von V/5.227 Besitzt ein Haus in Trani in S. Salvatore, das sich am 22.03.1498 in Händen eines Petro Campitello befindet. Es liegt neben dem Haus des Francisco de Buctunis und dessen Sohn Salvatore und gehört daher wahrscheinlich zu dem Besitzkomplex, der bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts seinem gleichnamigen Großvater Angelo de Buctunis (I) gehörte.228 Im Jahr 1474 handelt er gemeinsam mit Princivallo de Zardullo mit Tuch.229 Im Jahr 1486 exportiert er Getreide aus dem Hafen von Trani.230 Im Jahr 1487 erwirbt er gemeinsam mit Sansonecto de Gello eine Konzession für den Export von Getreide aus dem Hafen von Bari.231 Im Jahr 1478 ist er Assessor beim Capitano von Trani und dabei als Doktor beider Rechte und mit dem Herkunftsort Barletta belegt.232 Am 09.11.1473, 19.04.1479 und 30.10.1486 ist er in Trani als Zeuge belegt.233 21. Valerio de Buctunis (1475) Ist am 08.11.1475 in Trani als Zeuge belegt.234

222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234

Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 25f., 29, 45, 59–53, 78. Ebd., 3f. Vitale, Trani (1912), 547. Orefice, Funzionari (1979), 179. BDT A 534/572. Vitale, Trani (1912), 557. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 15v–17r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 25, 83v. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 50. Ebd., 69. Vitale, Trani (1912), 552, Anm. 3. BDT A 529/566, A 557/597, A 609/747. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 232.

402

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22. Iohannes de Buctunis (1485–1490) Besitzt am 29.10.1490 ein Haus in Trani S. Salvatore.235 Exportiert 1487 Getreide aus Manfredonia.236 Ist 1485 als in Molfetta gebürtig belegt.237 23. Benedicto de Buctunis (1487–1525) nobilis238 Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Manfredonia.239 Fungiert gemeinsam mit Salvatore de Buctunis für Troiano und Leucio de Buctunis und nach deren Tod für Andrea de Buctunis als Einnehmer der Terziaria del Ferro im Hafen von Trani.240 Wird am 12.06.1517 in Trani im Rahmen einer Enquête über die Rechte des Andrea de Buctunis an der Terziaria del Ferro als Zeuge befragt. Ist dabei als Einwohner von Trani belegt.241 Am 11.04.1525 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.242 24. Salvatore de Buctunis (1488–1515) nobilis243, cristiano novello/marrano244 Sohn von V/12.245 Besitzt zwei Häuser in Trani in S. Salvatore und in der Umgebung von Trani sieben vineae in Torre Bianco e Nero, die 1495 konfisziert und am 22.03.1498 einem Ruggerio de Molfetta übertragen werden, die er im Jahr 1513 bzw. 1515 jedoch zurückübertragen erhält.246 Im Jahr 1488 versichert er gemeinsam mit Gabriele und Victorio de Buctunis sowie Bello de Gello einen Schiffstransport.247 Ist am 16.10.1492 als Zeuge in Trani nachgewiesen.248 25. Victorio de Buctunis (1488 –>1513) Besitzt am 22.03.1498 ein Haus in Trani in S. Salvatore, gegenüber dem Kloster S. Giovanni di Lionelllo. Es liegt neben dem Haus des Francisco de Buctunis und dessen Sohn Salvatore und gehört daher wahrscheinlich zu dem Besitzkomplex, der bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts Angelo de Buctunis (I) gehörte.249 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249

Ebd., Nr. 236. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 9. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 13r. Ebd., 45/2, 101r. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 9. BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 32. Ebd., 32r, 36v–37r. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 101. Ebd. 7/2, 20r. Ebd., 14v; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/2. Ebd., 14r. Ebd., 14r–15r; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/2; ASN, Collaterale Partium 9, 35r; 12, 73v. Vitale, Trani (1912), 547. BDT A 653/690. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 15v–17r.

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403

Im Jahr 1488 versichert er gemeinsam mit Gabriele und Salvatore de Buctunis sowie Bello de Gello einen Schiffstransport.250 26. Andrea de Buctunis (1489–1538 ) magnificus dominus251 Sohn von V/14 und Liona Ursina (XXIV/6).252 Am 15.03.1503 überträgt König Ludwig XI. von Frankreich Besitz des Giliberto, Leucio und Andrea de Buctunis sowie des Iacobo de Gello in Trani, der 1495 konfisziert worden war, an Francisco de Angelis.253 Wird wohl im Jahr 1488 aus unbekannten Gründen verhaftet, im Januar 1489 gegen Kaution jedoch bereits wieder auf freien Fuß gesetzt.254 Erbt 1502 von seinem Vater Troiano die Terziaria del Ferro.255 Bekommt ihren Besitz jedoch erst 1518 endgültig bestätigt, ist dabei am 27.03.1518 als Bürger von Neapel belegt.256 Am 02.05.1505 bestätigt er die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung seines Vaters Troiano, mit der dieser dem Konvent der Dominikaner von S. Croce in Trani 4 Unzen jährlich aus den Einkünften der Terziaria vermacht hatte für Memorialdienste in einer Grabkapelle in der Dominikanerkirche, die zu stiften Troiano noch zu Lebzeiten beschlossen hatte und die Andrea nach dessen Tod errichten ließ.257 Ist am 02.03.1493 in Trani als Zeuge nachgewiesen.258 Am 12.10.1538 versammelt sich der Rat der Stadt Trani im Haus des Andrea de Buctunis, um die städtischen Steuern zu verpachten.259 27. Rogerio de Buctunis (II.) (1491) Ist am 27.12.1491 in Trani als Zeuge belegt.260 28. Alfonso de Buctunis (1492) Besitzt am 16.10.1492 ein Haus in Trani in S. Simone.261 29. Galiocto de Buctunis (1494) Ist am 04.06.1494 als Zeuge in Trani belegt.262 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262

Vitale, Trani (1912), 547. BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 1r. Ebd., 1r, 30v. BCT, Ms. C 17/3, 72v; vgl. Vitale, Trani (1912), 555. BPCB, Fondo Beltrani 55/13, 4v. Ebd., 6/2, 14r. Ebd., 20r. Ebd., 1r–2v; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/3. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 243. CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 135. BDT A 647/684. BDT A 653/690. BDT A 663/700.

404

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30. Parello de Buctunis (III.) (1498) Ist am 28.10.1498 in Barletta als Zeuge belegt.263 31. Florio de Buctunis (>1495–1499) Tätigt vor 1495 Tuch- und Geldgeschäfte, aus denen er noch am 13.05.1499 Schulden bei Talliano de Barisano und Princivallo de Zardullo hat.264 Gibt am 02.11.1498 in Barletta eine testificatio für ein Handelsgeschäft des Gaspare de Zardullo.265 Im Jahr 1498 und 1499 hat er in Barletta das Amt des Iudex ad Contractus inne.266 32. Vincentio de Buctunis (1505) nobile267 Steht 1505 in einem Konflikt mit der Stadt Molfetta. Da er dort geboren sei, müsse er in seinen Handelsgeschäften nur die Steuern zahlen, die die Bürger von Molfetta zahlten, und käme in den Genuss sämtlicher Immunitäten und Freiheiten derselben.268 33. Antonio de Buctunis (II.) (1525–1532) Sohn von V/28.269 Liefert Ende 1525/Anfang 1526 Getreide an die Stadt Barletta.270 Ist dort am 27.03. 1532 als Zeuge nachgewiesen.271 Doktor beider Rechte.272 34. N.N. de Buctunis Tochter von V/5. Verheiratet mit Berlingerio de Gello (IX/17). Dessen Sohn Baldessare wird 1502 als nepos des Troiano de Buctunis bezeichnet.273 Am 11.01.1459 erhält sein Vater Nicola gemeinsam mit Molillo de Buctunis für sich und „andere, [ihre] Söhne“ die königliche Erlaubnis, Trani zu verlassen und ihren Wohnsitz dahin zu verlegen, wohin es ihnen beliebt.274 Auch dies legt eine Eheallianz zwischen den Kindern von Molillo de Buctunis und Nicola de Gello nahe. Zwar könnte Baldessare de Gello theoretisch auch der Enkel des Troiano de Buctunis und Berlingerio de Gello dessen Schwiegersohn gewesen sein. Da Berlingerio de Gello

263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274

BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 79r. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 102r. CDBarl 5, Santeramo/Borgia (1988), 51. BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 21. Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 8r. CDBarl 5, Santeramo/Borgia (1988), 94. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 314. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 8r. Ebd., 6/2, 1r–2v; s. u. Quellenanhang, Nr. 2/3. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 14, 505r; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/11.

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und Troiano de Buctunis jedoch zur selben Generation gehörten – der Erste ist von 1473 bis 1491, der Zweite von 1466 bis zu seinem Tod 1502 belegt – ist eine Verschwägerung plausibler. VI. De Catalano, Catalano, Catalanus, de Catalani Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: VI/16, VI/28.275 1. Donato Bartholomei de Catalanis (1377) Beteiligt sich 1377 am Aufstand der Stadtbürger gegen den Erzbischof.276 2. Coluccio Catalano/ Micchi Catalani/ Nicolai Catalani (1401–1452?) Am 01.06.1452 ist er als Besitzer eines Hauses in Trani in S. Maria de Falco belegt.277 Am 07.10.1401, 07.07.1407, 29.08.1410 und 06.12.1417 ist er als Zeuge in Trani nachgewiesen.278 Eine Aufstellung der Neophiti atque neophite cum eorum filiis et filiabus, servis atque servialibus qui ad presens sunt in civitate Manfredonie, die auf die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert werden kann und die für Besteuerungszwecke erstellt wurde, enthält auch den Haushalt eines Colutxa de Micco.279 Möglicherweise ist dieser identisch mit dem Traneser Neuchristen Coluccio Catalano, der in den Quellen auch als Coluccia Micchi bzw. Nicolai Catalani erscheint. Denn zu seinem Haushalt gehören auch die Söhne Iacobo und Gaspare. Und ein Iacobo und ein Gaspare Catalano sind in Trani später nachgewiesen.280 Außerdem sind zu Beginn des 16. Jahrhunderts mehrere Angehörige einer Familie Catalano in Manfredonia belegt.281 3. Petro Catalano (1414–1432/33) Uxor Petri Catalani ist 1432/33 als Besitzerin eines Hauses in Trani in Calmarini belegt.282 Am 23.12.1414 ist er als einer der magistri und procuratores des Hospitals S. Maria de Incandelore in Trani belegt.283 4. Bartholomeo Catalano (I.) (1422) Ist am 13.09.1422 in Trani als Zeuge nachgewiesen.284

275 276 277 278 279 280 281 282 283 284

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154v; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 36. BDT A 459/592. BDT A 304/337, A 335/367, A 356/386; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 50. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1. S. u., VI/17, 19. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 308. Ebd. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 67. Ebd., Nr. 83.

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5. Miccho Catalano (1422–1458) Besitzt ein Haus in Trani in S. Maria de Falco, das er am 01.06.1452 verkauft.285 Dieses ist wahrscheinlich identisch mit einem Haus in Trani in loco Sandalariorum, das am 30.08.1469 als domus, que fuit quondam Micchi Catalani, erwähnt wird.286 Im Jahr 1453 ist er in Bitonto als Iudex ad Contractus belegt.287 Im Jahr 1458 erhält er die königliche Bestätigung dieses Amtes.288 Am 13.09.1422 und 20.02.1432 ist er in Trani als Zeuge belegt.289 6. Andrea Catalano (1432–1432/33) Ist 1432/33 als Besitzer eines Hauses in Trani in Calmarini belegt.290 7. Balduccio Catalano (1438–1480) Ist am 13.05.1472 als Besitzer von vineae in Trani in S. Spirito belegt.291 Am 18.03.1438, 03.05.1447, 13.01.1472, 10.01.1480 und 05.05.1480 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.292 8. Donato Catalano (II.) (1452) Ist am 01.06.1452 in Trani als Zeuge belegt.293 9. Frederico Catalano (1456–1469) Bekommt 1464 ein Haus zurückerstattet, das während der Zeit der Bürgerkämpfe in Trani enteignet worden und in den Besitz von Pascarello de Silvis gekommen war.294 Dies lag wahrscheinlich in loco Sandalariorum. Denn am 29.04.1455 wird ein Haus verkauft, das ebendort lag und an den Garten des Pascarello de Silvis grenzte.295 Außerdem befanden sich dort weitere Häuser, die im Besitz der Familie de Catalano waren.296 Trägt am 31.12.1456 gemeinsam mit Riso und Gabriele de Buctunis, am 31.03.1457 mit Gabriele de Buctunis und Gabriele Gentile zur Geldbuße der Stadt für die CacettaUnruhen bei.297 Am 04.02.1466 ist er für die Kaufleute Mitglied des Rats von Barletta.298

285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298

BDT A 459/592. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 90. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 7, 35v. Vitale, Trani (1912), 229. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 83, 109. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 43r. BDT A 520/557. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 135; BDT A 449/482, A 517/554, A 563/603f. BDT A 459/592. Vitale, Trani (1912), 269. BDT A 468f./501f. S. o. VI/2, 5. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37.

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Am 18.07.1454, 11.05.1457, 11.12.1467 und 30.08.1469 ist er in Trani als Zeuge belegt.299 10. Clarina Balduini Catalani (1464) Tochter von VI/7.300 Wird am 17.09.1464 mit Angelo de Roberto (XX/11) verheiratet und erhält von dessen Vater Gaudio de Roberto als Morgengabe 22 1/2 Unzen.301 Nach der Auflösung der Ehe kommt es wegen dieser Morgengabe 1485 zu einem Rechtsstreit zwischen ihrem Sohn Laurencio und ihren Ex-Ehemann Angelo de Roberto.302 11. Iohannes Catalano (1469) Ist am 25.10.1469 als Besitzer von vineae in der Umgebung von Trani belegt.303 12. Octaviano Catalano (1471–1487) Exportiert 1487 gemeinsam mit Valerio Catalano Getreide aus dem Hafen von Barletta.304 Am 02.07.1471 ist er in Trani als Zeuge belegt.305 13. Pyrolio Catalano (1471) Sohn von VI/7306 Ist am 02.07.1471 in Trani als Zeuge belegt.307 14. Berardino Catalano (1471) Sohn von VI/7308 Ist am 16.12.1471 in Trani als Zeuge belegt.309 15. Bartholomeo Catalano (II.) (1472) Ist am 14.04.1472 in Bitonto als Zeuge nachgewiesen.310

299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310

BDT A 463/496, A 475/508, A 496/531; Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 90. BDT A 605/643. Ebd. Ebd. Ebd. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 32f. BDT A 675/712. Ebd. Ebd. BDT A 514/551. Ebd. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 69r–70r.

408

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16. Petro Catalano (II.) (1472–1491) Ist am 14. und 16.04.1472 als Zeuge in Bitonto, am 29.03.1491 in Trani belegt.311 17. Baldessare Catalano (1476–1487) Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 10 Carra, die Baldessare Catalano gehörte.312 Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Trani.313 Ist am 20.04.1476 in Trani als Zeuge belegt.314 18. Gaspare Catalano (1479–1503) Ist am 05.10.1479, 05.05.1480 und 05.01.1482 in Trani, am 10.11.1503 in Barletta als Zeuge belegt.315 19. Mabriano Catalano (1483) Ist am 30.04.1483 in Trani als Zeuge nachgewiesen.316 20. Iacobo Catalano (I.) (1484–1499) Ist 05.04.1484 in Trani und am 02.05.1499 in Barletta als Zeuge nachgewiesen.317 21. Alto Catalano (1485–1494) Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Trani.318 Ist am 07.03.1485 und 10.09.1494 als Zeuge in Trani nachgewiesen.319 22. Antonecto Catalano (1499) Handelt 1499 in Barletta mit Tuch.320 23. Vincentio Catalano (1511) Ist 1511 als Besitzer eines kleinen Hofs (corticella) in Trani in S. Maria de Russis belegt.321 311 312

313 314 315 316 317 318 319 320 321

Ebd., 69rv, 71r, 72r; BDT A 638/675. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 53. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 45r. BDT A 562/602, A 564/604, A 573/612; CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 290. BDT A 584/623. BDT A 593/631; BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 221r. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 61. BDT A 601/639, A 665/702. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 242r. BCT, Ms. C 22, 13r.

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24. Cipriano Catalano (1513–1540) Ist am 20.08.1513 in Barletta als Zeuge belegt.322 Handelt 1540 gemeinsam mit Lillo de Florio aus Manfredonia mit Metallfertigwaren.323 25. Annibale Catalano (1516) Gehört zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll.324 26. Alexander Catalano (1516) Gehört zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll.325 27. Ercules Catalano (1516) Gehört zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll.326 28. Sipio Catalano (1516) Gehört zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll.327 29. Sigismondo Catalano (1516) Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehören auch zwei Fosse mit der Kapazität von 28 Carra, die Sigismondo Catalano gehörten.328 30. Frederico Catalano (II.) (1519) Ist 1519 in Barletta ansässig und exportiert gemeinsam mit Petro de Consulo Getreide aus dem Hafen von Manfredonia.329

322 323 324 325 326 327 328

329

CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 272. CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 334. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 308. Ebd. Ebd. Ebd. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 7v.

410

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31. Andrea Catalano (1526) Ist am 11.04.1526 in Barletta als Zeuge belegt.330 32. Iacobo Catalano (II.) (1534–06/1540[†]) Verheiratet mit Julia de Gentile.331 Erhält am 28.04.1534 das Bürgerrecht von Barletta.332 Im Jahr 1536 gründete er eine Handelsgesellschaft zusammen mit seinem Bruder Loysio und mit einem Juliano de Alexandro aus Barletta. Diese wird nach seinem Tod im Juni 1540 zunächst von Juliano de Alexandro weitergeführt und am 06.04.1541 aufgelöst.333 33. Loysio Catalano (1536–1541) Im Jahr 1536 gründete er eine Handelsgesellschaft zusammen mit seinem Bruder Iacobus und mit einem Juliano de Alexandro aus Barletta. Diese wird nach dem Tod des Iacobo im Juni 1540 zunächst von Juliano de Alexandro weitergeführt und am 06.04. 1541 aufgelöst.334 34. Iohannes Cruiglies Catalano (1541) nobile mercante335 Handelt 1541 in Barletta mit Tuch.336 VII. De Consulo, de Zardullo Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: VII/1337, VII/4338, VII/8–10339, VII/18 f., VII/28. 1. Matheus de Consule (1309) neophidus Zu den Traneser Bürgern, die 1309 klagen, sie würden mit ihrem Besitz in Haftung für Steuerschulden Dritter genommen, gehört auch ein Matheus de Consule neophidus.340 2. Leucio de Consulo (1377) Beteiligt sich 1377 am Aufstand der Stadtbürger gegen den Erzbischof.341

330 331 332 333 334 335 336 337 338 339

340

341

CDBarl 5, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 102. CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 508. CDBarl 5, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 120. CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 508. Ebd. CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 495. Ebd. BCT, Ms. C 17/1, 249r. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 18r. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f.; Lonardo, Abiura (1910), 584. BCT, Ms. C 17/1, 249r; In der Transkription Beltranis im Libro Rosso wird aus Mathei de Consule neophidi, Mathei de Consule mofrile [!];Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 6. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 36.

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3. Urso de Consulo (1377) Beteiligt sich 1377 am Aufstand der Stadtbürger gegen den Erzbischof.342 4. Ghuczulino de Consulo (1408) neofidus Ist 1408 als Besitzer von zwei vineae in der Umgebung von Trani in Stelle belegt.343 5. Angelillo Iohannis de Consulo (1417–1419) Ist am 06.12.1417 und am 19.09.1419 in Trani als Zeuge belegt.344 6. Nanno Angelilli de Consulo (1417) Sohn von VI/5.345 Ist am 06.12.1417 in Trani als Zeuge belegt.346 7. Gentilis Iohannis de Consulo (1437) Sohn von VI/5.347 Ist am 12.05.1437 in Trani als Zeuge belegt.348 8. Leucio/Loysio de Zardullo/de Zardullo de Consulo/Zardulli de Consulo (1454–1466) Sohn von VII/11.349 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehören auch drei Fosse mit der Kapazität von 45 Carra, die Leucio de Zardullo gehörten.350 Exportiert 1454 und 1455 Getreide aus dem Hafen von Barletta.351 Handelt 1457 mit Tuch.352 Am 04.02.1466 ist er für die Kaufleute Mitglied des Rats von Barletta.353 Am 23.12.1464 ist er als Zeuge in Barletta nachgewiesen.354

342 343 344 345 346 347 348 349 350

351 352 353 354

Ebd. BPCB, FondoBeltrani 61/1, 18r. BDT A 356/386, A 365/395. BDT A 356/386. Ebd. BDT A 467/500. Ebd. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 168. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 168. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 164.

412

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9. Paolello de Zardullo (1454–1470) Ist 1470 stellvertretender Zolleinnehmer im Fondaco di Sale von Lucera.355 Gehört zu den 19 Neuchristen, die 1454 in Lucera der Häresie abschwören, das heißt schwören, künftig keine jüdischen Riten oder Bräuche zu praktizieren.356 10. Gaspare de Zardullo (1454 –1498) egregius mercator357 Sohn von VII/9.358 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 10 Carra, die Gaspare de Zardullo gehörte.359 Exportiert 1486 und 1487 Getreide aus dem Hafen von Trani. Dabei ist Gaytano de Zardullo als sein Partner belegt.360 Ist 1498 in Barletta als Tuchhändler belegt.361 In Trani ist er am 26.03.1490 als Zeuge nachgewiesen.362 Gehört zu den 19 Neuchristen, die 1454 in Lucera der Häresie abschwören, das heißt schwören, künftig keine jüdischen Riten oder Bräuche zu praktizieren.363. 11. Zardullo de Consulo (1455) Exportiert 1455 Getreide aus dem Hafen von Barletta.364 12. Nanno de Zardullo (1455) Exportiert 1455 Getreide aus dem Hafen von Barletta.365 13. Peregrino de Zardullo (1455–1481) Exportiert 1455 Getreide aus dem Hafen von Barletta.366 Ist am 12.11.1481 in Trani als Zeuge belegt.367

355 356 357 358 359

360 361 362 363 364 365 366 367

Orefice, Funzionari (1979), 170, 220. Lonardo, Abiura (1907), 584. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 102r. Lonardo, Abiura (1907), 584. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 55f., 61. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 102r. BDT A 628/665. Lonardo, Abiura (1910), 584. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Ebd. Ebd. BDT A 571/610.

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413

14. Peregrino de Florio de Consulo (1457–1492) Ist am 28.07.1457 und am 24.06.1491 in Trani als Zeuge belegt.368 In Trani ist er 1464, 1466, 1468, 1482, 1485, 1486, 1488 und 1492 als Iudex ad Contractus nachgewiesen.369 15. Fabrizio de Consulo (1466) Im Jahr 1466 müssen seine Erben Geld zurückerstatten, das dieser zusammen mit einem Galiocto, Sohn des Angelo de Trani, angeblich unrechtmäßigerweise dem Raffaele della Marra aus Barletta abgenommen hatte.370 16. Damiano de Zardullo (1471) Ist am 02.07.1471 in Trani als Zeuge belegt.371 17. Sansonecto de Zardullo/de Zardullo de Consulo (1471–1487) Sohn von VII/13.372 Im Jahr 1484 verwendet sich König Ferrante I. für eine Handelsgesellschaft aus Sansonecto de Zardullo, Francisco und Leucio de Buctunis sowie Peregrino und Palumbo de Gello.373 In den Jahren 1486 und 1487 exportiert er Getreide aus den Häfen von Barletta, Trani und Bari. Als seine Partner sind dabei Ronaldo de Barisano, Giliberto de Buctunis sowie Palumbo und Sansonecto de Gello belegt. Im Jahr 1487 erfolgen Getreideexporte aus dem Hafen von Bari mit Konzessionen, die er erworben hat.374 Ist am 17.04.1471 und 11.09.1477 in Trani und am 14. und 15.04.1472 in Bitonto als Zeuge belegt.375 18. Princivallo de Zardullo (1472–1523) neofidus376, egregius377 Sohn von VII/13.378 Verheiratet mit Francischella de Roberto (XX/24).379 Ist 1489 als Besitzer eines Teils eines Hauses in Trani in S. Martino, 1488 als Besitzer von vineae in der Umgebung von Trani belegt.380 368 369

370 371 372 373 374 375

376 377 378 379 380

Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 163; BDT A 640/677. BDT A 605/643, A 545/585, A 573/612, A 609/747, A 616/654, A 650/687; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 183. Vitale, Trani (1912), 274. BDT A 675/712. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 69r, 71r. Vitale, Trani (1912), 545f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 26, 31f., 38, 56, 58f., 60, 63, 70, 72–74. BDT A 512/549; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 208; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 69r, 71r. BDT A 693/727. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 97r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 71r. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 97r. BDT A 623/660, A 618/656.

414

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In den Jahren vor 1498 verliert er einen Rechtsstreit mit einem Francisco de Brescia, infolgedessen dieser seinen gesamten Besitz in Trani pfänden lässt.381 Im Jahr 1520 besitzt er jedoch vier vinealia, die mit Mandelbäumen beflanzt sind.382 Im Jahr 1523 verkauft er zweineinhalb vineae in der Umgebung von Trani in Torre bianco e nero.383 Im Jahr 1474 handelt er gemeinsam mit Angelo de Buctunis mit Tuch.384 Im Jahr 1487 exportiert er gemeinsam mit Leucio de Buctunis Getreide aus dem Hafen von Barletta.385 Tätigt vor 1495 gemeinsam mit Talliano de Barisano Geldgeschäfte mit Florio de Buctunis. Zahlt ebenfalls mit Talliano de Barisano am 13.05.1499 einen Kredit an Baldessare de Barisano und Palumbo de Gello zurück.386 Im Jahr 1489 hat er die Gabelle von Trani gepachtet, doch weigern sich einige Angehörige des Klerus, die indirekten Steuern für Agraprodukte zu entrichten, die auf ihren Gütern produziert wurden.387 Er ist am 16.04.1472 in Bitonto, 1517 (bei einer Enquête wegen der Terziaria del Ferro des Andrea de Buctunis) und 1520 in Trani als Zeuge nachgewiesen, dabei 1517 als Einwohner von Barletta, 1520 als de Barulo habitator Trani.388 Im Jahr 1484 hat er eine gewaltsame Auseinandersetzung mit dem Adligen Berardino Ventura.389 19. Adriano de Zardullo (1474–1500) cristiano novello390 Ist als Besitzer zweier clusa, in denen Mandeln angebaut werden, in der Umgebung von Trani in S. Margarita belegt, von denen er einen am 16.07.1479 kauft.391 Am 24.04.1500 lässt ein Ysaya quondam magistri Bonfili Iudeo aus Trani einen der beiden clusa pfänden und zwangsversteigern, wegen nicht getilgter Schulden in Höhe von 64 Dukaten. Dabei ist Adriano de Zardullo als olim Trani belegt.392 Ist am 17.12.1474 und am 11.06.1488 in Trani als Zeuge nachgewiesen.393 20. Gaytano de Zardullo (1475–1519) nobile394 Ist am 16.07.1479 als Besitzer von vineae in der Umgebung von Trani in S. Margarete belegt.395

381 382 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395

BDT A 693/727. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 87r. Ebd., 97r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 25, 83v. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 39. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 11r. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 71r, 72r; BPCB, Fondo Beltrani 6/6, 35v–36r; 45/2, 90v. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 57r; vgl. Vitale, Trani (1912), 596. BPCB, Fondo Beltrani 17/3, ohne Paginierung. BDT A 560/600, A 683/720. BPCB, Fondo Beltrani 17/3, ohne Paginierung. BDT A 534/572, A 617/655. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 7v. BDT A 560/600.

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Im Jahr 1487 exportiert er gemeinsam mit Gaspare bzw. Salvatore de Zardullo Getreide aus dem Hafen von Trani.396 Ende des Jahres 1519 ist er als Einwohner und nobile in Neapel nachgewiesen. Von dort aus tätigt er gemeinsam mit Verwandten in Barletta Tuchgeschäfte.397 Im Oktober 1498 fungiert er als Prokurator für die Kirche S. Stefano in Barletta.398 Am 13.07.1475 ist er als Zeuge in Trani belegt.399 21. Costatino de Zardullo (1480–1496) Sohn von VII/9.400 Unterhält 1480 Geschäftsbeziehungen zum Doganiere delle Pecore Apuliens.401 Ist von 1483 bis 1496 Doganiere del Sale in Lucera.402 22. Donato de Zardullo (1481) Ist am 12.11.1481 in Trani als Zeuge nachgewiesen.403 23. Antonio de Zardullo (1487) Exportiert im Jahr 1487 Getreide aus dem Hafen von Trani.404 Ist am 16.01.1487 in Trani als Zeuge belegt.405 24. Milano de Zardullo (1487) Exportiert im Jahr 1487 Getreide aus dem Hafen von Manfredonia.406 25. Domenico de Zardullo (1491) Ist im Jahr 1491 stellvertretender Sekret in Melfi.407 26. Scipio de Zardullo (1493) Ist am 15.01.1493 in Trani als Zeuge nachgewiesen.408 27. Angelillo quondam Domenici de Consulo (1494) Sohn von VII/24(?)409 Ist am 15.12.1494 in Trani als Zeuge nachgewiesen.410 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410

Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 55f. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 7v. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 79r. BDT A 538/576. Orefice, Funzionari (1979), 202. Ebd. Orefice, Funzionari (1979), 170, 184. BDT A 571/610. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 64. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 227. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 11. Orefice, Funzionari (1979), 170, 184. BDT A 654/691. BDT A 667/704. Ebd.

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28. Petro de Consulo (1497–1519) cristiano novello411 Ist 1497 als Getreidekaufmann nachgewiesen.412 Ist 1519 in Barletta ansässig und exportiert gemeinsam mit Frederico Catalano (II.) Getreide aus dem Hafen von Manfredonia.413 Flieht quando i cristiani novelli di Trani furono messo a sacco nach Barletta.414 Er und Lanzelotto de Consulo haben irgendwann zwischen 1502 und 1517 einen Streit mit Andrea de Buctunis, weil sie sich unter Berufung auf Privilegien für die Bürger von Barletta weigern, die Terziaria del Ferro zu entrichten.415 29. Lanzelotto de Consulo (1502> – 1447549) Ist am 30.10.1430 in Trani als Zeuge und dabei als Sellarius de Lucera belegt.550

538 539 540 541 542 543 544 545 546 547 548

549 550

BDT A 671/709. BDT A 695/733. BDT A 694/732f. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 21r. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 21r. Ebd., 22r. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v. BPCB, Fondo Beltrani 60/3, 21r. Ebd. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale,Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BDT A 449/482. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 108.

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2. Gabriele Gentile (1443–1471) neofito551 Sohn von X/1.552 Besitzt Häuser, die neben der ehemaligen Synagoge S. Pietro Martire in der Platea del Pendinello liegen, die 1495 konfisziert werden. Denn sie werden am 12.07.1510 durch den Vizekönig an den Leutnant des Kapitäns der königlichen Artillerie, Antonello de Trano, verliehen.553 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 30 Carra, die Gabriele Gentile gehörte.554 Schließt sich 1454 mit Angelo der Roberto und Balduccio de Gello zu einer Handelsgesellschaft zusammen, die mit Tuch und anderen Waren handelt.555 Ihre Aktivität ist für 1454 belegt.556 Trägt 1456 gemeinsam mit Gaspare Gentile und Balduccio de Gello zur Geldbuße der Stadt Trani für den Cacetta-Aufstand bei, 1457 ebenfalls mit Gaspare Gentile und Balduccio de Gello, aber außerdem noch in zwei anderen personalen Konstellationen: mit Gabriele de Buctunis und Frederico Catalano und mit Gabriele und Marsilio de Iacobuzzo.557 Im Jahr 1464 ist er Syndicus der Stadt Trani.558 Im Jahr 1471 gehört er zu den Ordinati der Stadt.559 Am 23.03.1443 ist er in Trani als Zeuge belegt.560 3. Gaspare Gentile (1447– 1485) neofito561 Sohn von X/1.562 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel,

551

552 553 554

555 556 557 558 559 560 561

562

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BDT A 438/472. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 150r, s. u. Quellenanhang, Nr. 1/21. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Vitale, Trani (1912), 198, Anm. 4. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 45r. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. Vitale, Trani (1912), Nr. 46; vgl. Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 47. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 186. BDT A 438/472. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BDT A 449/482.

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Berardino Romirez, übereignet, gehörten auch drei Fosse mit der Kapazität von 68 Carra, die Gaspare Gentile gehörten.563 Im Jahr 1452 handelt er mit Gewürzen.564 Trägt 1456 und 1457 gemeinsam mit Gabriele Gentile und Balduccio de Bello zur Geldbuße der Stadt Trani für den Cacetta-Aufstand bei.565 Von 1465 bis 1470 ist er Luogotenente des Portulans von Apulien, von 1470 bis 1485 Portulan von Fortore.566 Im Jahr 1476 gehört er zu den Ordinati der Stadt Trani.567 Am 03.05.1447 und 18.07.1454 ist er in Trani, am 27.04.1454, 14. und 16.04.1472 in Bitonto als Zeuge nachgewiesen.568 4. Costatino Gentile (1477–1486) Ist am 27.01.1477, 16.07.1479 und 26.10.1486 in Trani als Zeuge nachgewiesen.569 5. Troiano Gentile (1480–1485) Sohn von X/3.570 Unterhält 1480 Geschäftsbeziehungen zum Portulan von Apulien. Im Jahr 1485 haftet er für ein Defizit aus der Amtsführung seines Vaters Gaspare als Portulan von Fortore.571 6. Alfonso Gentile (1494) Ist am 03.08.1494 in Trani als Zeuge belegt.572 7. Ladomia Gentile (1494) Ist am 10.09.1494 als Nonne im Kloster S. Agnese in Trani belegt.573 XI. de Guidolo Im Zinsregister der erzbischöflichen Kirche von 1408 findet sich ein Eintrag, in dem eine Franca neofida als Besitzerin eines Hauses in Trani in Logia Domini Philippi angegeben ist. Ihr Name ist gestrichen und durch Paulus de Guidolo ersetzt. Da das Haus ad pen-

563

564 565 566 567 568 569 570 571 572 573

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 6, 52v. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. Orefice, Funzionari (1979), 169, 171, 190. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 200. BDT A 449/482, A 463/496; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 45r; 22, 69r–70r, 71r. BDT A 548/588, A 560/600, A 610/648. Orefice, Funzionari (1979), 190. Ebd. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 247. BDT A 665/702.

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sionem, also in Erbpacht, wahrscheinlich als Emphyteuse, vergeben war, ist dieser wahrscheinlich ein Nachkomme und Erbe der Franca neofida.574 1. Franca neofida (1408) Ist 1408 als Besitzerin eines Hauses in Trani in Logia Domini Philippi belegt.575 2. Paulo de Guidolo (1408–1432/33) Ist 1408 und 1432/33 als Besitzer eines Hauses in Trani in Logia Domini Philippi belegt.576 3. Colucio de Guidolo/de Paulo /Pauli de Guidolo (1443–1491) Sohn von XI/2.577 Ist 30.10.1473 als Beitzer von vineae in der Umgebung von Trani in Cisterna belegt.578 Ist am 23.03.1443, 30.10.1473 und 16.01.1491 in Trani und am 14. und 16.04.1472 in Bitonto als Zeuge belegt.579 4. Angelillo de Guidolo /Bartholomei de Guidolo (1443–1457) Ist am 23.03.1443 und am 28.07.1457 als Zeuge in Trani belegt.580 XII. de Iacobuzzo Kein Angehöriger der Familie de Iacobuzzo ist explizit als Neuchrist belegt. Die Traneser Kaufleute Marsilio und Gabriele de Iacobuzzo verlegen jedoch in den 50er-Jahren des 15. Jahrhunderts ihren Wohnsitz nach Bitonto und nehmen dort spätestens 1459 das Bürgerrecht an. Nach 1495 verschwindet die Familie de Iacobuzzo aus der Traneser Überlieferung und ist seitdem bis weit in das 16. Jahrhundert vor allem in Barletta nachgewiesen. Mehrere Angehörige der Familie sind zudem als Tuch- und Getreidekaufleute nachgewiesen. Es spricht also alles dafür, dass die Familie de Iacobuzzo zu den Traneser Neuchristen gehörte, die während der Zeit der innerstädtischen Konflikte Mitte der 50er-Jahre des 15. Jahrhunderts die Stadt verließen, nach ihrer Rückkehr 1466 als Mercatores bezeichnet und 1495 aus der Stadt vertrieben wurden, von wo sie größtenteils nach Barletta gingen.

574 575 576 577 578 579

580

BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 9r. Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 9r, 47r. BDT A 438/472. BDT A 528/565. BDT A 438/472, A 528/565; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 233; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 68v, 72r. BDT A 438/472; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 163.

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1. Gabriele de Iacobuzzo (1456 –1477) Ist 1456, 1458–1463, 1465 f., 1468, 1472–1475 und 1477 in Bitonto als Kaufmann vor allem von Tuch, Öl und Getreide belegt. Sein Geschäftspartner ist dabei stets sein Bruder Marsilio, in einem Fall sein Bruder Marino.581 Trägt 1457 mit Gabriele Gentile und seinem Bruder Marsilio de Iacobuzzo zur Geldbuße der Stadt Trani für den Cacetta-Aufstand bei.582 Im Jahr 1459 ist er dabei als Bürger von Bitonto nachgewiesen.583 Am 16.04.1463 ist er dort als Zeuge belegt.584 2. Marsilio de Iacobuzzo (1456–1487) Ist 1456, 1458–1463, 1465 f., 1468, 1472–1475 und 1477 in Bitonto als Kaufmann vor allem von Tuch, Öl und Getreide belegt. Seine Geschäftspartner sind dabei vor allem sein Bruder Gabriele sowie Gaudio de Roberto und in einem Fall sein Bruder Marino.585 Trägt 1457 mit Gabriele Gentile und seinem Bruder Gabriele de Iacobuzzo zur Geldbuße der Stadt Trani für den Cacetta-Aufstand bei.586 Im Jahr 1459 ist er als Bürger von Bitonto nachgewiesen.587 Im Jahr 1486 und 1487 exportiert er Getreide aus dem Hafen von Trani.588 3. Marino de Iacobuzzo (1472–1491) Ist 1472 gemeinsam mit Gabriele und Marsilio de Iacobuzzo als Kaufmann in Bitonto belegt.589 Am 27.12.1491 ist er als Zeuge in Trani nachgewiesen.590 4. Octaviano de Iacobuzzo (1477–1499) Sohn von XII/1.591 Ist im Jahr 1477 als Kaufmann in Bitonto belegt.592 Ist am 27.12.1491 in Trani und am 11.07.1499 in Barletta als Zeuge belegt.593

581

582 583 584 585

586 587 588 589 590 591 592 593

ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 12, 49v; 13/1, 7r, 9rv, 12r, 14v, 28r, 34r, 121v; 14, 78v; 15, 42r; 22, 44v; 23, 55v; 24, 9rv, 16v, 60v; 25, 87r; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 163, 170,172, 189, 192, 200. Vitale, Trani (1912), Nr. 20. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 12, 49v. Ebd. 14, 89r. Ebd. 12, 8v, 49v; 13/1, 7r, 9rv, 12r, 14v, 20v28r, 34r, 121v; 14, 78v; 15, 42r; 22, 44v; 23, 55v; 24, 9rv, 16v, 60v; 25, 87r; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 163, 170,172, 189, 192, 200. Vitale, Trani (1912), Nr. 20. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 12, 49v. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 50, 55. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 44v. BDT A 647/684. ASB, Notarile, Bitonto 2: de Bitritto 1477–1479, 28v. Ebd. BDT A 647/684; BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 337r.

Anhänge

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5. Loysio de Iacobuzzo (1479–1486) Im Jahr 1486 exportiert er Getreide aus dem Hafen von Barletta.594 Ist am 27.10.1479 in Trani als Zeuge belegt.595 6. Sergio de Iacobuzzo (1487–1490) Im Jahr 1487 exportiert er gemeinsam mit Sigismondo de Iacobuzzo Getreide aus dem Hafen von Trani.596 Am 03.01.1489, 26.03. und 17.07.1490 ist er in Trani als Zeuge belegt.597 7. Sigismondo de Iacobuzzo (1487) Im Jahr 1487 exportiert er gemeinsam mit Sergio de Iacobuzzo Getreide aus dem Hafen von Trani.598 8. Sansonecto de Iacobuzzo (1491) Ist am 29.03.1491 in Trani als Zeuge belegt.599 9. Iacobo de Iacobuzzo (1493) Ist am 15.01.1493 in Trani als Zeuge belegt.600 10. Paduano de Iacobuzzo (1493–1541) Ist am 26.11.1493 in Trani und am 14.03.1541 in Barletta als Zeuge belegt.601 11. Palumbo de Iacobuzzo (1523–1524) Ist am 23.03.1523 und am 28.02.1524 in Barletta als Zeuge belegt.602 12. Angelillo de Iacobuzzo (1524–1540) Ist am 28.02.1524 und am 03.08.1540 in Barletta als Zeuge belegt.603 13. Leonardo de Iacobuzzo (1536–1541) Am 02.09.1536 und 14.03.1541 als Zeuge in Barletta belegt.604

594 595 596 597 598 599 600 601 602 603 604

Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 44–46. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 10r. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 52. BDT A 620/658, A 628/665, A 632/669. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 52. BDT A 638/675. BDT A 654/691. BDT A 660/697; CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 426. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 29; CDBarl 5, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 68. CDBarl 5, ed. Santeramo/Borgia (1988), 68; CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 311. CDBarl 5, ed. Santeramo/Borgia (1988),132; CDBarl 6, ed. Santeramo/Borgia (1988), Nr. 426.

432

Anhänge

XIII. de Maffeo Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XIII/6.605 1. Roberto de Maffeo (1451–1473) Pachtet am 13.02.1451 ein Haus in Barletta in S. Iacobo.606 Exportiert in den Jahren 1455 und 1457 Getreide aus dem Hafen von Barletta.607 Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta belegt, 1473 explizit als Ratsmitglied der mercatores, 1466 unter den plebei et mercatores, also wohl ebenfalls für die Kaufleute.608 Am 09.12.1468 ist er als Zeuge in Barletta belegt.609 2. Elia de Maffeo (1454–1487) Exportiert in den Jahren 1454, 1455 und 1457 Getreide aus dem Hafen von Barletta.610 Am 08.11.1463 weist König Ferrante I. die Tilgung eines Kredites von 100 Dukaten aus den Einkünften des Zolls in Trani an, den ihm Elia de Maffeo gewährt hatte. Dabei ist Trani als sein Herkunftsort angegeben.611 In den Jahren 1486 und 1487 wird mit Schiffen, die ihm gehören, Getreide aus dem Hafen von Manfredonia exportiert.612 Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta belegt, 1473 explizit als Ratsmitglied der mercatores, 1466 unter den plebei et mercatores, also wohl ebenfalls für die Kaufleute.613 3. Iohannes Elie de Maffeo (1468) Sohn von XIII/2.614 Am 09.12.1468 ist er als Zeuge in Barletta belegt.615 4. Fabricio Helie de Maffeo (1486) Sohn von XIII/2.616 Exportiert 1486 Getreide aus dem Hafen von Barletta.617

605 606 607 608 609 610 611 612 613 614 615 616 617

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 284. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 138. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 331. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. BCBi, Fondo Rogodeo, Ms. A 19, 107v. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 20, 22. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 331. Ebd. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 26. Ebd.

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5. Hector Helie de Maffeo (1487) Sohn von XIII/2.618 Exportiert 1487 Bohnen aus dem Hafen von Barletta.619 6. Cinzia de Maffeo (1512) Gelingt es 1512, der Vertreibung aus dem regno infolge des Vertreibungsedikts von 1510 zu entgehen, da Zeugen für sie aussagen, sie stamme nicht ex linea iudayca ab. Ist dabei als Witwe belegt.620 XIV. de Menna, de Nenna Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XIV/1.621 1. Nicola de Menna, de Nenna (1404–1432/33) neofidus Bekommt am 22.07.1404 ein Haus in Trani neben dem Haus der Letulla Rogadea und am 02.04.1408 ein Haus in Trani in S. Salvatore verliehen. Ersteres ist identisch mit einem Haus in Trani in der Iudayca, als dessen Besitzer er 1408 belegt ist. Denn Inhaberin des Patronatsrechts ist in beiden Fällen Sybilla Vulcana. Letzteres grenzt wahrscheinlich direkt an Ersteres an. Denn es liegt neben einem weiteren Haus des Nicola de Menna. Außerdem grenzt es an ein Haus, que fuit Protontini de Trano.622 Eines der Häuser des Angelillo de Buctunis in der Iudayca grenzt 1398 ebenfalls an das Haus des Protontinus.623 Gleichzeitig lässt sich ermitteln, dass sein gesamter Besitzkomplex gegenüber dem Kloster S. Giovanni de Lionello lag, wo damit auch die Häuser des Nicola de Menna gelegen haben müssen. Die beiden Häuser werden 1432/33 noch einmal als dessen Besitz erwähnt, eines als in iudayca und das andere in loco S. Iohannis.624 Außerdem besitzt er 1408 ein Haus in Trani in loco pontis und eines in S. Maria de Camera.625 2. Antonio/Antonello de Nenna (1408–1426) Sohn von XIV/1?626 Besitzt 1408 vineae in der Umgebung von Trani in S. Bartolomeo.627 Am 04.11.1426 pachtet er ein Haus in Trani in S. Maffeo.628

618 619 620 621 622 623 624 625 626 627 628

Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 40. Ebd. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 284. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 8v. BDT A 310/343, A 323/355; BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 8v. Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 44r, 47v–48r. Ebd., 15r, 20r. BDT A 437/471. Fondo Beltrani 61/1, 19r. BDT A 395/426.

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3. Dominico de Nenna (1408–1432/33) Besitz 1408 ein Haus in Trani in S. Maria de Camera und 1432/33 zwei Häuser in der Iudayca in der Nachbarschaft der Kirche S. Maria de Cara.629 4. Petruccio Antonelli Nicolai de Menna/de Antonello (1437–1457) Sohn von XIV/2?630 Ist 1453, 1454 und 1456 als Kaufmann belegt.631 Trägt 1456 und 1457 gemeinsam mit Palumbo de Riso zur Geldbuße der Stadt Trani für den Cacetta-Aufstand bei.632 Ist am 12.05.1437 und 05.03.1442 in Trani und am 27.04.1454 in Bitonto als Zeuge belegt.633 5. Iacobo de Nenna (1494) Ist am 15.12.1494 als Besitzer von vineae in der Umgebung von Trani in S. Elena belegt.634 XV. de Mectulo, de Mettulo, de Mennulo, Mesulo Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XV/11–13, XV/17–19. 1. Lillo Menczullo Zappator (1366) Pachtet am 17.01.1366 vineae in der Umgebung von Trani in S. Nicola de Sambuczio.635 2. Paulo de Mennulo Dominus 636 (1399–1432) Sohn von XV/1.637 Vermacht am 07.06.1399 ein Haus in Trani in der Iudayca, das er als Benefizium de sacerdote in sacerdote innehat, an den Priester Urso de Elia Greco.638 Im Jahr 1408 ist er als Besitzer einer domus archiepiscopatus in Trani belegt, die wahrscheinlich mit dem im Testament von 1399 erwähnten Haus identisch ist.639 Er war 1399 also (doch) nicht verstorben. In 1408 besitzt er außerdem noch ein vineale in der Umgebung von Trani in S. Martino.640 In seinem Testament von 1399 sind mutua von jeweils

629 630 631 632 633 634 635 636 637 638 639 640

BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 20r, 52r, 74r. BDT A 437/471; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 164. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 138, 164; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 42r. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. BDT A 437/471, A 467/500; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 45r. BDT A 667/704. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 67. Ebd., Nr. 85. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 8r. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 86. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 10v. Ebd., 8r.

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zehn Unzen erwähnt, die ihm Nicola de Gello und Thoma de Franchino gewährt hatten.641 Am 20.02.1432 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.642 3. Marino de Mennulo/Pauli de Mennulo (1406–1408) Ist am 26.05.1406 als Besitzer von vineae in der Umgebung von Trani belegt.643 Im Jahr 1408 besitzt er außerdem vineae in der Umgebung von Trani in Lame Cupe und ein Haus in Trani in Corte Canina.644 4. Cicca/Carella de Mennulo/Menula (1408–1432/33) Ist 1408 und 1432/33 als Besitzerin eines Hauses in Trani in S. Maria de Russis belegt.645 5. Tuccio de Mectulo/de Mennulo (1408–1422) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in der Iudayca. Dieses ist wahrscheinlich identisch mit einem am 22.05.1414 belegten Haus in Trani in S. Salvatore.646 Am 29.08.1410 und 20.01.1422 ist er als Zeuge in Trani nachgewiesen.647 6. Masio/ Masullo de Mectulo (1432/33) Besitzt 1432/33 ein Haus in Trani in Concha und drei vineae in der Umgebung von Trani in S. Chierici.648 7. Florello de Mectulo (1436) Ist am 28.02. und 14.05.1436 in Trani als Zeuge nachgewiesen.649 8. Angelo de Mectulo (1446) Ist am 12.07.1446 in Trani als Zeuge nachgewiesen.650 9. Gullo de Mectulo (1447) Ist am 03.05.1447 in Trani als Zeuge nachgewiesen.651 10. Cecco de Mectulo (1449) Verkauft am 25.04.1449 den Zins auf vineae in Trani in Molendini.652 641 642 643 644 645 646 647 648 649 650 651 652

Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 86. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 109. BDT A 315/348. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 24r, 26r. Ebd., 2r, 40v. Ebd., 10v; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 61. BDT A 335/367, A 376/406. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 49v, 56r. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 122; BDT A 427/461. BDT A 447/480. BDT A 449/482. BDT A 454/487.

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11. Leucio de Mectulo (circa 1450) Verheiratet mit einer Daria.653 Sein Haushalt ist enthalten in einer Aufstellung Neophiti atque neophite cum eorum filiis et filiabus, servis atque servialibus qui ad presens sunt in civitate Manfredonie, die auf die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert werden kann und die für Besteuerungszwecke erstellt wurde.654 Zu diesem gehört neben seiner Ehefrau, seinem Sohn und dessen ungenannter Ehefrau auch eine Dienerin namens Nastasia. 12. Francisco de Mectulo (circa 1450) Sohn von XV/11. Verheiratet mit N.N. Gehört circa 1450 als verheirateter, also volljähriger Mann zum Haushalt seines Vaters Leucio.655 13. Amadeo de Mectulo (1471) cristiano novello656 Sohn von XV/15.657 Besitzt vier Weinberge, die 1495 konfisziert werden. Denn die Stadt Trani ersucht am 1520 um die Übertragung dieser Weinberge in ihren Besitz.658 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 13 Carra, die einem Amadio gehörte.659 Möglicherweise ist dieser mit Amadeo de Mectulo identisch. Exportiert 1486 und 1487 Getreide aus den Häfen von Barletta und Manfredonia. Als sein Wohnort ist dabei Manfredonia angegeben.660 Ist am 17.04.1471 als Zeuge in Trani belegt.661 14. Iona de Mectulo (1487) Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Manfredonia. Als sein Wohnort ist dabei Manfredonia angegeben.662 15. Troiano de Mectulo (1487) Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Manfredonia. Als sein Wohnort ist dabei Manfredonia angegeben.663 653 654 655 656 657 658 659

660 661 662 663

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1. Ebd. Ebd. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 316. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 13. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 316. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 5, 10, 13, 15, 28. BDT A 512/549. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 10. Ebd., 5, 10f., 15f.

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16. Iulio de Mectulo (1503) Ist am 10.11.1503 als Zeuge in Barletta belegt.664 17. Andrea Metulo (1516) Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 15 Carra, die Andrea Metulo gehörte.665 18. Marcantonio de Metulo (1516) Gehört zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll.666 19. Sipio de Metulo (1516) Gehört zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll.667 XVI. de Minadois/de Minadoi/de Minadoys Die de Minadois waren eine Neuchristenfamilie aus Manfredonia, die Ende des 15. Jahrhunderts jedoch offensichtlich teilweise auch in Trani ansässig war. Bereits 1348 ist in Manfredonia ein Minadoy de Grimaldo als Zeuge belegt.668 Zwischen 1421 und 1444 ist dort ebenfalls als Zeuge ein Antonuccio Petrucci de Minadoy belegt, der als Iudex bezeichnet wird.669 Eine Aufstellung der Neophiti atque neophite cum eorum filiis et filiabus, servis atque servialibus qui ad presens sunt in civitate Manfredonie, die auf die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert werden kann und die für Besteuerungszwecke erstellt wurde, enthält auch die Haushalte eines Minadoy de Minadoy, Ludovico de Minadoy und Octaviano de Minadoy.670 Zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll, gehören Giliberto, Bernardino, Antonuccio und Victorio de Minadoys.671

664 665

666 667 668 669 670 671

CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 286. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 308. Ebd. Regesto S. Leonardo di Siponto, ed. Camobreco (1913), Nr. 261. Ebd., Nr. 283, 286, 292, 300. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1. Ebd., Nr. 308.

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Von den Traneser de Minadoys ist als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XVI/3.672 1. Roberto de Minadoy (1472) Ist am 13.04.1472 Procurator der Rosa, Tochter des Gapare Nicolai Vecze, in einem Rechtsstreit und dabei als in Trani ansässig belegt.673 2. Alesio/ Loysio/ Liseo de Minadois (1483–1495) Verheiratet mit Virgila de Zardullo (VII/31).674 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 15 Carra, die Alesio de Minadois gehörte.675 Auf dem Grabstein seiner Ehefrau wird er als de Mantua bezeichnet.676 Möglicherweise hatte er sich also dort längere Zeit aufgehalten. Ist am 13.11.1483 in Trani als Zeuge belegt.677 XVII. de Nucio Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XVII/1.678 1. Parello de Stanalio (1399) neofidus 679 Sohn von XVII/2? 680 Ist am 07.06.1399 als Besitzer eines Hauses in Trani in der Iudayca belegt.681 2. Magister Stanalio (1411) Ist am 24.05.1411 als Besitzer eines Hauses in Trani in loco Strigaticiorum belegt.682

672

673 674 675

676 677 678 679 680 681 682

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 67v. http://www.comitatoprocanne.com/newsDett.asp?news=220 (letzter Zugriff 15.07.2013) BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. http://www.comitatoprocanne.com/newsDett.asp?news=220 (letzter Zugriff 15.07.2013) Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 219. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 86. Ebd. Ebd. Ebd. BDT A 336/368.

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3. Nucio/Nucho de Stanalio (1406–1408) Sohn von XVII/2? 683 Ist am 20.05.1406 als Besitzer eines Hauses in Trani in der Iudayca nachgewiesen. Dieses liegt neben einem Haus des Angelo de Buctunis.684 Wahrscheinlich ist es identisch mit dem Haus in Trani in S. Martino, als dessen Besitzer 1408 ein Nucio belegt ist. Ebenfalls 1408 besitzt dieser noch ein Haus in Trani in S. Maria de Cara.685 4. Cicco de Nucio/Nuci de Stanalio (1410–1434) Sohn von XVII/3. Ist am 29.08.1410, 21.10.1413, 18.08.1417 und am 04.10.1434 als Zeuge in Trani belegt.686 5. Loysio Cicci de Nucio (1435–1467) Sohn von XVII/4. Handelt in den Jahren bis 1446 mit Tuch und vergibt Kredite.687 Ist am 20.01.1435 und am 11.12.1467 als Zeuge in Trani nachgewiesen.688 6. Nanno Cicci de Nucio (1437–1487) Sohn von XVII/4.689 Exportiert 1454 und 1455 Getreide aus dem Hafen von Barletta, als sein Herkunftsort wird dabei Trani, als sein Wohnort Barletta angegeben.690 Ist am 12.05.1437 und am 28.03.1487 in Trani als Zeuge nachgewiesen.691 7. Alexander Cicci de Nucio (1454–1473) Sohn von XVII/4.692 Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta belegt, 1473 explizit als Ratsmitglied der mercatores, 1466 unter den plebei et mercatores, also wohl ebenfalls für die Kaufleute.693 Am 18.07.1454 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.694

683 684 685 686 687 688 689 690 691 692 693 694

BDT A 316/349. Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 7v, 26r. BDT A 335/367, A 346/377, A 355/385, A 420/454. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 88. BDT A 421/455, A 496/531. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 88. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 221. BDT A 467/500, A 612/650. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 88. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f. BDT A 463/496.

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8. Angelo de Nucio (1462) Ist am 09.01.1462 als Zeuge in Barletta nachgewiesen.695 9. Nucio de Nucio/Cicci de Nucio (1451–1482) Sohn von XVII/4.696 Besitzt am 30.08.1469 ein Haus in Trani in loco Sandalariorum.697 Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta belegt, 1473 explizit als Ratsmitglied der mercatores, 1466 unter den plebei et mercatores, also wohl ebenfalls für die Kaufleute.698 Am 13.02.1451, 05.11.1454, 23.08.1482 ist er als Zeuge in Barletta, am 30.08.1469 in Trani belegt.699 10. Dalfino Cicci de Nucio (1481) Sohn von XVII/4.700 Ist am 01. und 24.11.1481 als Zeuge in Barletta belegt.701 11. Pariso de Nanno (de Nucio) (1482–1490) Ist am 29.01.1482 und am 28.05.1490 als Zeuge in Trani belegt.702 12. Gesulado de Nucio/de Alexandro de Nucio (1484–1487) Sohn von XVII/7.703 Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Manfredonia.704 Ist am 28.04.1484 und 16.10.1492 als Zeuge in Trani belegt.705 13. Benedicto de Nucio (1487) Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Barletta.706 14. Cicco de Nanno (1490) Ist am 29.10.1490 in Trani als Zeuge belegt.707

695 696 697 698 699

700 701 702 703 704 705 706 707

CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 324. Carabellese, La Puglia 1 (1901), Nr. 90. Ebd. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 138, 148; CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 242; Carabellese, La Puglia 1 (1901), Nr. 90. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 197, 206. Ebd. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 212, 230. BDT A 594/632, A 653/690. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 10, 12. BDT A 594/632, A 653/690. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 32 Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 236.

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15. Antonio de Nucio (1523) Tauscht am 03.02.1523 in Barletta Güter mit seinen Brüdern Iohannello, Petro und Nucio de Nucio.708 16. Nucio de Nucio (1523) Tauscht am 03.02.1523 in Barletta Güter mit seinen Brüdern Antonio Petro und Iohannello de Nucio.709 17. Petro de Nucio (1523) Tauscht am 03.02.1523 in Barletta Güter mit seinen Brüdern Antonio Iohanello und Nucio de Nucio.710 18. Iohanello de Nucio (1523) Verheiratet mit Angela de Urbanis. Tauscht am 03.02.1523 in Barletta Güter mit seinen Brüdern Antonio Petro und Nucio de Nucio.711 19. Nucio de Iohanello de Nucio (1536) Verheiratet mit Francischella de Canibus. Macht am 22.11.1536 in Barletta sein Testament.712 20. Antonio de Nucio (1536) Wird am 22.11.1536 im Testament seines Vaters Nucio de Iohanello de Nucio bedacht.713 21. Cesare de Nucio (1536) Wird am 22.11.1536 im Testament seines Vaters Nucio de Iohanello de Nucio bedacht.714 22. Angela de Nucio (1536) Wird am 22.11.1536 im Testament ihres Vaters Nucio de Iohanello de Nucio bedacht.715 23. Palma de Nucio (1536) Wird am 22.11.1536 im Testament ihres Vaters Nucio de Iohanello de Nucio bedacht.716 708 709 710 711 712 713 714 715 716

CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 293. Ebd. Ebd. Ebd. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 319. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.

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24. Veronica de Nucio (1536) Wird am 22.11.1536 im Testament ihres Vaters Nucio de Iohanello de Nucio bedacht.717 XVIII. de Petrono (Petroni) Als Neofitus, Cristiano Novello o.ä. belegt: XVIII/1.718 1. Henrico/Richo de Petrono/filius Petroni (1408–1432/33) neofidus Ist 1408 als Besitzer von sechs vineae, 1432/33 von vier vineae in der Umgebung von Trani in S. Chierici belegt.719 Am 06.10.1421 und 02.10.1432 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.720 2. Donato de Herrico Petrone/de Reco Petronio (1421) Ist am 26.03.1421 in Trani als Zeuge belegt.721 XIX. de Riso, de Risis Die Identifikation von Personen aus dem Trani des 15. Jahrhunderts, die das Cognomen de Riso trugen, als Neuchristen, ist die schwierigste der hier vorgenommenen Zuordnungen. Für einige Träger des Cognomens de Riso, die Mitte und Ende des 15. Jahrhunderts belegt sind, ist es aufgrund ihres Profils sehr wahrscheinlich, dass sie zu den Neuchristen von Trani gehörten, XIX/1 und XIX/2 sind zwischen 1452 und 1456 in Bitonto als mercatores belegt, die im Tuchhandel aktiv sind. XIX/3 und XIX/2 finden sich 1466 in der Liste der nomina plebeiorum seu mercatorum, die Mitglieder des Rats von Barletta sind, inmitten der Namen der Neuchristen von Trani. Nach 1495 ist die Witwe von XIX/1 als wohnhaft in Barletta belegt, wo sich Mitglieder der Familie auch noch in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts nachweisen lassen. 1432/33 ist zudem auch ein Risius neofidus in Trani belegt.722 Allerdings ist der Personenname Riso in Trani zu dieser Zeit nicht nur unter den Neuchristen verbreitet. Möglicherweise ist XIX/1 identisch mit einem Iohannes Risi de Manillo, der am 01.06.1452 als Besitzer eines Hauses in Trani in S. Maria de Falco belegt ist.723 Dieser wiederum ist wahrscheinlich der Sohn eines Risius de Manillo, der am 19.09.1419 als Besitzer eines Hauses am wahrscheinlich selben Ort, hier als in loco Sandalariorum angegeben, nachgewiesen ist.724 Im Jahr 1470 ist in Barletta erstmals ein

717 718 719 720 721 722 723 724

Ebd. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 5r. Ebd., 5r, 44v. BDT A 375/405; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 114. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 119. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 52v. BDT A 459/592. BDT A 365/395.

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Rentius de Risis (XIX/5) belegt.725 Im Jahr 1473 ist XIX/2, der 1466 noch als Zarolus de Riso belegt ist, als Carolus de Risis nachgewiesen.726 Das Patronym de Riso ist allem Anschein nach nun also in ein Cognomen transformiert worden, das zum Ausdruck bringt, dass Riso ein charakteristischer Leitname der Familie ist. Und dies gestattet die Annahme, dass die Träger dieses Cognomens als Angehörige einer Verwandtengruppe betrachtet wurden, eine Annahme, die dadurch erhärtet wird, dass verschiedene Träger des Cognomens de Risis Ende des 15. Jahrhunderts in Barletta Häuser besitzen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander liegen, was auf einen gemeinsamen Besitzkomplex der Familie hindeutet (s. XIX/7–9). 1. Iohannes de Riso (1452–1456; † > 07.12.1498) Verheiratet mit Eustantia.727 Ist zwischen 1452 und 1456 in Bitonto als mercator belegt, der im Tuchhandel aktiv ist. Als sein Partner erscheint dabei stets sein Sohn Zarulo.728 2. Zarulo/Carolo de Riso/de Risis (1452–1473) Ist zwischen 1452 und 1456 in Bitonto als mercator belegt, der im Tuchhandel aktiv ist. Als sein Partner erscheint dabei stets sein Vater Iohannes.729 Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta belegt, im 1473 explizit als Ratsmitglied der mercatores, 1466 unter den plebei et meractores, also wohl ebenfalls für die Kaufleute.730 3. Palumbo de Riso (1456–1457) Trägt 1456 und 1457 gemeinsam mit Petruccio de Antonello de Menna zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.731 4. Riso de Riso/de Risis (1462–1473) Ist am 09.01.1462 als Zeuge in Barletta belegt.732 Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta für die nobiles belegt.733

725 726 727 728

729

730 731 732 733

CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 334. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118rv. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 6, 53r, 54v, 55rv; 7, 35v, 36v, 37r; 9, 44rv, 45r; 10, 45r, 50v, 51r; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 127f. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 6, 53r, 54v, 55rv; 7, 35v, 36v, 37r; 9, 44rv, 45r; 10, 45r, 50v, 51r; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 127f. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f. Vitale, Trani (1912), Nr. 19f. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 324. Loffredo, Storia di Barletta 2 (1898), Nr. 37f.

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5. Franco de Riso/de Risis (1466–1473) Am 04.02.1466 und am 09.09.1473 ist er als Mitglied des Rats von Barletta für die nobiles belegt.734 6. Rentio de Risis (1470–1498) Ist in Barletta 1470 als Abbas und 1497 und 1498 als Archipresbyter belegt.735 7. Raynaldo de Risis (1477–1498) nobilis (et egregius) vir736 Sohn von XIX/1? Ist am 18.06.1477 als Besitzer eines Hauses in Barletta in S. Stefano belegt.737 Am 07.12.1498 erkennt er gemeinsam mit seinem Bruder Ferrando de Risis an, der Witwe des Iohannes de Riso, der honoranda mulier Eustantia, 15 Unzen zu schulden, quos prefata Eustantia consequeri et percipere debet supra quodam domo in qua ad presens ipsa Eustantia habitat […] hoc modo videlicet: uncias 10 de carlenis consequendas per ipsam Eustantiam pro capitale supra dicta domo […] et uncias quinque pro certis expensis et beneficio factis in reparatione et refactione dicte domus et foveis [!] ante ipsam domum.738 Die plausibelste Antwort auf die Frage, warum die Brüder Raynaldo und Ferrando de Risis Witwe des Iohannes de Riso 15 Unzen wegen einer Hypothek schulden, die auf deren Wohnhaus liegt, und wegen Kosten für die Instandsetzung dieses Hauses und des Getreidesilos vor dem Haus, ist, dass es ihnen gemeinsam gehört, und zwar wohl deshalb, weil sie alle Erben, Raynaldo und Ferrando de Risis wohl Söhne des Iohannes de Riso sind. Ferrando de Risis wird 1489 gemeinsam mit einem anderen Bruder namens Nicola als Erbe erwähnt, ohne jedoch dass gesagt würde, wessen Erbe.739 8. Marino de Risis (1487–1498) Ist am 07.12.1498 als Besitzer eines Hauses in Barletta in S. Sepolcro belegt, das neben dem Haus liegt, in dem die Witwe des Iohannes de Riso, Eustantia, wohnt.740 Exportiert 1487 Getreide aus Barletta.741 9. Ferrando de Risis (1489–1498) nobilis (et egregius) vir 742 Sohn von XIX/1? Ist am 05.12.1489 als Besitzer von Häusern in Barletta in S. Sepolcro belegt. Am 05.12.1489 einigen er und sein Bruder Nicola de Risis sich mit dem Kloster S. Lucia in

734 735 736 737 738 739 740 741 742

Ebd. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 279, 334, 362; BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118v. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118r. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 341. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118rv. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 257. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118r. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 34f. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 257; BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118r.

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Barletta über ein Haus in Barletta in S. Sepolcro, das sie gemeinsam geerbt hatten und das neben anderen Häusern liegt, die ihnen gehören. Dieses hatte das Kloster in Erbpacht vergeben, da es jedoch vollkommen verfallen ist, verleihen die Nonnen von S. Lucia den Brüdern an seiner Stelle ein anderes Haus.743 Am 07.12.1498 erkennt er gemeinsam mit seinem Bruder Raynaldo de Risis an, der Witwe des Iohannes de Riso, der honoranda mulier Eustantia 15 Unzen zu schulden, quos prefata Eustantia consequeri et percipere debet supra quodam domo in qua ad presens ipsa Eustantia habitat […] hoc modo videlicet: uncias 10 de carlenis consequendas per ipsam Eustantiam pro capitale supra dicta domo […] et uncias quinque pro certis expensis et beneficio factis in reparatione et refactione dicte domus et foveis [!] ante ipsam domum.744 Die plausibelste Antwort auf die Frage, warum die Brüder Raynaldo und Ferrando de Risis Witwe des Iohannes de Riso 15 Unzen wegen einer Hypothek schulden, die auf deren Wohnhaus liegt, und wegen Kosten für die Instandsetzung dieses Hauses und des Getreidesilos vor dem Haus, ist, dass es ihnen gemeinsam gehört, und zwar wohl deshalb, weil sie alle Erben, Raynaldo und Ferrando de Risis wohl Söhne des Iohannes de Riso sind. 10. Nicola de Risis (1489) nobilis vir 745 Sohn von XIX/1? Ist am 05.12.1489 als Besitzer von Häusern in Barletta in S. Sepolcro belegt. Am 05.12.1489 einigen er und sein Bruder Ferrando de Risis sich mit dem Kloser S. Lucie in Barletta über ein Haus in Barletta in S. Sepolcro, das sie gemeinsam geerbt hatten und das neben anderen Häusern liegt, die ihnen gehören. Dieses hatte das Kloster in Erbpacht vergeben, da es jedoch vollkommen verfallen ist, verleihen die Nonnen von S. Lucia den Brüdern an seiner Stelle ein anderes Haus.746 11. Thoma de Risis (1496) Ist am 30.09.1496 als diaconus in Barletta belegt.747 12. Iacobo de Risis (1497) Ist am 21.03.1497 und am 26.09.1498 in Barletta als Zeuge belegt.748 13. Iohannes Zaruli de Risis (1498) Sohn von XIX/2.749 Ist am 24.01.1498 als Zeuge in Barletta belegt.750 743 744 745 746 747 748 749 750

CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 257. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118rv. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 257. Ebd. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 360. Ebd., Nr. 231, 279. Ebd., Nr. 274. Ebd.

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14. Salvatore de Risis (1498) Ist am 12.11.1498 als Zeuge in Barletta belegt.751 15. Antonio de Risis (1498) Ist am 07.12.1498 als Zeuge in Barletta belegt.752 16. Carolo de Risis (II.) (1524) Ist am 17.03.1524 als Zeuge und Notar in Barletta nachgewiesen.753 XX. de Roberto, der Frebuctulo, de Frabotulo, de Frobotulo Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XX/3754, XX/22 f.755 1. Mucio de Roberto (1377) Beteiligt sich 1377 am Aufstand der Stadtbürger gegen den Erzbischof.756 2. Pascarello de Roberto/ Roberti/ Roberti de Frabuctulo (1404–1436) Sohn von XX/4.757 Ist am 16.05.1404, 13.09.1422 und am 15.06.1436 als Zeuge in Trani belegt.758 3. Angelillo de Frobotulo (I.) (1404–1408) neofidus759 Sohn von XX/4.760 Besitzt 1408 zwei Häuser in Trani in SS. Iacobi & Philippi und vineae in der Umgebung von Trani in S. Barnaba.761 Am 16.05.1404 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.762 4. Roberto de Frabotulo (1432/33) Besitzt 1432/33 ein Haus in Trani in SS. Iacobi & Philippi.763 5. Palumbo de Roberto (1432/33–1472) nobilis vir 764 Besitzt 1432/33 gemeinsam mit nicht namentlich genannten Brüdern (cum fratribus) ein Haus in Trani in SS. Iacobi & Philippi, ein territorium padulium sowie Weinfelder in der

751 752 753 754 755 756 757 758 759 760 761 762 763 764

CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 364. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 118v. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 300. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 17r. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 275. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 36. BDT A 428/462; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 83. BDT A 308/341, A 428/462; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 83. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 17r. BDT A 308/341. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 11v, 17r, 18v. BDT A 308/341. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 50v. BDT A 517/554.

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Umgebung von Trani in S. Barnaba.765 Am 13.01.1472 verkauft er ein Magazin in Trani in S. Lucia an seinen Bruder Gaudio de Roberto.766 Zwischen 1454 und 1462 ist er als Kaufmann im Tuch- und Kreditgeschäft belegt. Seine Hauptpartner sind dabei sein Bruder Gaudio und dessen Sohn Iohannes. Außerdem sind sein Bruder Angelo de Roberto (I.) und Molillo de Buctunis als seine Geschäftspartner belegt.767 6. Gaudio (1454–1480) nobilis vir 768 Kauft am 13.01.1472 ein Magazin in Trani in S. Lucia von seinem Bruder Palumbo de Roberto.769 Zwischen 1454 und 1463 ist er als Kaufmann im Tuch- und Kreditgeschäft sowie dem Handel mit Öl und Getreide in Bitonto nachgewiesen. Sein Hauptpartner ist dabei sein Sohn Iohannes. Weitere Partner sind seine Brüder Palumbo und Angelo (I.), sein Sohn Gracioso, Marsilio de Iacobuzzo und der Jude Angelo della Rossa.770 Im Jahr 1470 unterhält er Geschäftsbeziehungen zum percettore dell fida degli animali der Terra di Bari.771 Mit seinen Brüdern, also mit Palumbo und Angelo de Roberto (I.), trägt er am 31.12. 1456 zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.772 Am 31.10.1458 ist er erstmals als cives Botontinus belegt.773 Am 17.09.1464 verlobt er seinen Sohn Angelo de Roberto (III.) mit Clarina Balduini de Catalano und verspricht dieser als Morgengabe 22 1/2 Unzen.774 Am 11.11.1476 verheiratet er seine Dienerin Rada sclavona mit Bartholomeo Radi de Cataro.775 Am 27.02.1461, 02.07.1471, 27.01.1477 und 10.01.1480 ist er als Zeuge in Trani nachgewiesen.776 7. Angelo de Roberto (II.) (1454–1480) Am 13.01.1472 ist eine Staziona in Trani in S. Lucia belegt, die einem Angelo de Roberto gehört.777 Bei diesem handelt es sich entweder um ihn oder um seinen gleichnamigen Neffen. 765 766 767 768 769 770

771 772 773 774 775 776 777

BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 50v, 51v. BDT A 517/554. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 12, 76r; 14, 52r; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 148. BDT A 517/554. Ebd. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 11, 14r, 27v; 12, 8v, 11v, 76r; 13/1, 20v; 13/2, 130v; 14, 2v, 52r, 87r, 94r; 15, 9v; Carabellese, La Puglia 1 (1901), 148, 170, 187. Orefice, Funzionari (1979), 209. Vitale, Trani (1912), Nr. 19. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 12, 11v. BDT A 605/643. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 205. BDT A 483/516, A 675/712, A 548/588, A 563/603. BDT A 517/554.

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Ist von 1454 bis 1459 gemeinsam mit Gabriele Gentile und Balduccio de Bello in einer Gesellschaft, die mit Tuch und anderen Waren handelt und in die die drei Gesellschafter je 80 Dukaten eingebracht haben. Im Februar 1459 verklagt er Balduccio de Bello. Dieser hatte den Verkauf der Waren übernommen und führte die Bücher der Gesellschaft. Seiner Pflicht, den anderen Gesellschaftern die Abrechnung vorzulegen, war er jedoch nicht nachgekommen.778 Im Jahr 1454 ist er gemeinsam mit seinen Brüdern Gaudio und Palumbo sowie Molillo de Buctunis als Kreditnehmer belegt.779 Gemeinsam mit seinen Brüdern trägt er am 30.03.1457 zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.780 1459 ist sein Wohnsitz Barletta.781 Am 10.01.1480 ist er als Zeuge in Trani belegt.782 8. Iacobo de Roberto/de Palumbo de Roberto (1457–1487) Sohn von XX/5.783 Trägt am 30.03.1457 zur Geldbuße der Stadt für die Cacetta-Unruhen bei.784 Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Manfredonia. Dabei ist er als Bewohner von Manfredonia belegt.785 Am 17.09.1464 ist er in Trani als Zeuge nachgewiesen.786 9. Iohannes de Roberto (1458–1480) Sohn von XX/6.787 Verheiratet mit Gesocta de Bisancio (IV/12).788 Zwischen 1458 und 1463 ist er als Kaufmann im Tuch- und Kreditgeschäft in Bitonto nachgewiesen. Sein Partner ist dabei stets sein Vater Gaudio.789 Ist im Jahr 1456 als Iudex ad contractus belegt.790 Am 16.04.1463 ist er als Zeuge in Bitonto, am 10.01.1480 in Trani nachgewiesen.791 10. Gracioso de Roberto (1463–1464) Sohn von XX/6.792

778 779 780 781 782 783 784 785 786 787 788 789 790 791 792

Vitale, Trani (1912), 198, Anm. 4; vgl. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 8, 45rv; 25, 100v. Carabellese, La Puglia 1 (1901), 148. Vitale, Trani (1912), Nr. 20. Ebd., 198, Anm. 4. BDT A 563/603. Vitale, Trani (1912), Nr. 20. Ebd. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 10, 12f. BDT A 605/643. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 12, 8v, 11v, 76r; 13/2, 130v; 14, 2v. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 95. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 12, 8v, 11v, 76r; 13/2, 130v; 14, 2v. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 88. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 14, 89r; BDT A 563/603. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 15, 9v.

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Besitzt in Trani und Umgebung Häuser und Weinfelder, deren Pächter ihn dieser während der französischen Invasion 1495 berauben und deren Restitution seine Tochter Adaria 1512 fordert.793 Im Jahr 1464 ist er gemeinsam mit seinem Vater Gaudio im Tuchhandel aktiv. Dabei ist er als Einwohner von Bitonto belegt.794 Am 16.04.1463 ist er als Zeuge in Bitonto nachgewiesen.795 11. Angelo de Roberto (III.) (1464–1498) Sohn von XX/6.796 Verheiratet mit Clarina Balduini de Catalano (VI/7).797 Am 13.01.1472 ist eine Staziona in Trani in S. Lucia belegt, die einem Angelo de Roberto gehört.798 Bei diesem handelt es sich entweder um ihn oder um seinen gleichnamigen Onkel. Im Jahr 1464 heiratet er Clarina Balduini de Catalano. Die Ehe wird später aufgelöst, und 1485 hat er einen Rechtsstreit mit Clarinas Sohn aus zweiter Ehe, Laurencio, wegen der Morgengabe von 22 1/2 Unzen.799 Am 11.11.1476 verheiraten er und sein Vater Gaudio ihre Dienerin Rada sclavona mit Bartholomeo Radi de Cataro.800 Am 14.04.1472 ist er in Bitonto als Zeuge nachgewiesen, am 30.09.1498 in Barletta.801 12. Raynaldo de Roberto (1468) Für ihn sucht die Stadt Trani am 21.02.1468 bei König Ferrante I. um Straferlass für einen Mord an einer namentlich nicht bezeichneten Schwester nach. Diese habe einen unehrenhaften Lebenswandel gehabt, sei auf einer Galeere von zu Hause geflohen und durch die Länder vagabundiert. Als sie einen Sohn von einem Priester bekommen habe, habe Raynaldo de Roberto sie umgebracht. Der König gewährt den Straferlass obtenta remissione aliorum consaguineorum.802

793 794 795 796 797 798 799 800 801 802

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 264r. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 15, 9v. ASB, Notarile, Bitonto 1: De Tauris 14, 89r. BDT A 605/643; ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 69rv. BDT A 605/643. BDT A 517/554. BDT A 605/643. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 205. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 22, 69rv; BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 95r. Vitale, Trani (1912), Nr. 52: […] Item se supplica da parte da quella università de Trani: actento uno povero citatino nomine Raynaldo de roberto havena una sora la quale più et più volte havea usate assay inhonestate et vivia multo dissonestamente et fugissene con una galea andando vagabunda per le terre in grande carrico non solum de li parenti ma de tucta quella città, et adesso havea facto uno figliolo de uno preyte, lo fratello non potendo tanto sufferire la amaczò, per questo se supplica ad Sua M.tà se digne volereli perdonare et fareli indulto actento meritò peiore morte de quello per li dicti soy mali portamenti. Placet R.ie M.ti remictere obtenta remissione aliorum consanguineorum […].

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13. N.N. (e) de Roberto (†>21.02.1468) Wird irgendwann vor dem 21.02.1468 von ihrem Bruder Raynaldo umgebracht.803 14. Tulio de Frebuctulo/Raynaldi de Roberto (1478–1485) Sohn von XX/12.804 Ist am 07.04.1478 und am 05.10.1485 in Trani als Zeuge nachgewiesen.805 15. Petro de Roberto (1487) Ist am 16.01.1487 in Trani als Zeuge nachgewiesen.806 16. Felix de Roberto (1490) Besitzt am 24.08.1490 vineae in der Umgebung von Trani in S. Luca, ist dabei als Notar nachgewiesen.807 17. Cipriano de Roberto (1498) Ist am 30.09.1498 in Barletta als Zeuge belegt.808 18. Helias de Roberto (1498) Sohn von XX/9 und Gesocta de Bisancio (IV/12).809 Wird im Testament seiner Mutter am 28.10.1498 als Erbe pro rata (sua) eingesetzt.810 19. Heliseo de Roberto (1498) Sohn von XX/9 und Gesocta de Bisancio (IV/12).811 Wird im Testament seiner Mutter am 28.10.1498 als Erbe pro rata (sua) eingesetzt.812 20. Gavisano de Roberto (1498) Sohn von XX/9 und Gesocta de Bisancio (IV/12).813 Wird im Testament seiner Mutter am 28.10.1498 als Erbe pro rata (sua) eingesetzt.814

803 804 805 806 807 808 809 810 811 812 813 814

Ebd. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 207. Ebd.; BDT A 606/644. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 227. BDT A 634/671. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 79r. Ebd., 95r. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.

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21. Servia de Roberto (1498) Tochter von XX/9 und Gesocta de Bisancio (IV/12).815 Wird im Testament ihrer Mutter am 28.10.1498 als Erbe in dotibus suis eingesetzt.816 22. Alexander de Roberto (1506–1513) Ihm gelingt es 1512 gemeinsam mit seinem Bruder Marco Antonio der Vertreibung aus dem regno infolge des Vertreibungsedikts von 1510 zu entgehen, da Zeugen für sie aussagen, sie stammten nicht ex linea iudayca ab. Ist dabei als Bürger von Trani belegt.817 Ist am 18.03.1506 und am 07.02.1513 als Zeuge in Barletta nachgewiesen, als sein Wohnort ist dabei Barletta angegeben.818 23. Marco Antonio de Roberto (1512) Ihm gelingt es 1512 gemeinsam mit seinem Bruder Alexander der Vertreibung aus dem regno infolge des Vertreibungsedikts von 1510 zu entgehen, da Zeugen für sie aussagen, sie stammten nicht ex linea iudayca ab. Ist dabei als Bürger von Trani belegt.819 24. Francischella de Roberto (1523) Verheiratet mit Princivallo de Zardullo (VII/18).820 Ist verwandt mit der Familie de Buctunis.821 Mit ihrer Zustimmung und der ihres Neffen Iacobo de Barisano, der als ihr Muntwalt fungiert, verkauft ihr Ehemann am 22.01.1523 zweieinhalb vineae in der Umgebung von Trani in Torre bianco e nero.822 XXI. de Saracino, de Saracenis, de Saraceno Ein Pirro Antonio de Saracenis (XXI/4) gehört am 13.05.1499 in Giovinazzo zu den Zeugen eines Rechtsgeschäfts, in dem Princivallo de Zardullo und Talliano de Barisano Schulden, die Florio de Buctunis bei ihnen aus verschiedenen Geschäften hat, an Baldessare de Barisano und Palumbo de Gello abtreten, um eine Schuld bei ihnen zu tilgen non habentes dicti Princivallus et Tallianus, ut dixerunt, pecuniam pro manibus numeratam, nec bona vendenda.823 Der Herkunftsort ist bei allen Akteuren des Rechtsgeschäfts mit Trani angegeben. Sie gehören allesamt zu den Neuchristen der Stadt. Dass sie sich gegenwärtig in Barletta (Palumbo de Gello) und Giovinazzo aufhalten, muss als Folge

815 816 817 818 819 820 821 822 823

Ebd. Ebd. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 275. CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 252; CDBarl 5, ed. Santeramo/Borgia (1988), 52. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 275. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 97r. Ebd., 6/2, 36r. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 97r. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280.

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der Vertreibung der Neuchristen aus Trani 1495 interpretiert werden, ebenso wie die Liquiditätsprobleme Princivallo de Zardullos und Talliano de Barisanos, die diese nicht durch Verkauf von Besitz beheben können; ist ihr Besitz in Trani zu dieser Zeit doch ihrem Zugriff entzogen. Auch einer der vier Zeugen der Schuldabtretung, Octino Isolano de Barisano, gehörte eindeutig zu einer der Neuchristenfamilien von Trani und war wohl ein Verwandter der an dem Rechtsgeschäft beteiligten Neuchristen Talliano und Baldessare de Barisano. Alle vier Zeugen des Rechtsgeschäfts werden wie drei der vier beteiligten Akteure als de civitate Trani, habitatores ad presens civitatis Iovenacii bezeichnet. Es ist daher wahrscheinlich, dass sie allesamt Neuchristen waren, die wie die Parteien des Rechtsgeschäfts 1495 aus der Stadt vertrieben worden waren. 1. Francisco de Saraceno (1393) ferrareus Besitzt am 21.12.1393 vineae in der Umgebung von Trani in S. Martino.824 2. Cobella Cicci de Saracino (1408) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in Corte Canina.825 3. Heres Cicci de Saracino (1408) Besitzt 1408 vineae in der Umgebung von Trani.826 4. Pirro Antonio de Saracenis (1499) Ist am 13.05.1499 in Giovinazzo als Zeuge nachgewiesen.827 5. Angelo Saracino (1511) Ist 1511 als Besitzer eines Hauses in Trani in Conca belegt.828 6. Nicola de Saracenis (1542) Gehört 1542 zum Rat von Giovinazzo.829 XXII. Secundo, Secondo In Monopoli sind zu Beginn des 16. Jahrhunderts mehrfach Neuchristen belegt, die das Cognomen Secondo o. Ä. tragen. So entgeht im Jahr 1515 ein Angelo Secundo aus Monopoli der Vertreibung der Neuchristen aus dem Königreich infolge des Edikts von

824 825 826 827 828 829

BDT A 297/330. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 14v. Ebd., 17r. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. BCT, Ms. C 22, 20v. CDBarl 7, ed. Santeramo/Borgia (1990), Nr. 66.

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1514, weil er Kleriker ist.830 Doch erwähnt eine Aufstellung der Neuchristen der Stadt Monopoli von 1517, die diese infolge des Edikts verlassen haben, neben einem Federico Secundo auch einen Angelillo Secundo.831 1. Princivallo Secundo (1472) Ist am 24.10.1472 in Trani als Zeuge nachgewiesen, als sein Herkunfts- oder Wohnort ist dabei Monopoli angegeben.832 2. Ioya Secundo (1503) Am 06.07.1503 ist ein zerstörtes Haus des Ioya Secundo in Trani in S. Salvatore belegt.833 XXIII. de Sperlino, de Sporlino Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XXIII/1–4.834 1. Sporlino (1499) marrano Sein Haus gehört zu den Häusern exilierter Neuchristen, in denen 1499 venezianische Soldaten einquartiert sind.835 2. Angelo de Sperlino (1495) neofito Sohn von XIII/1. Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehören auch insgesamt 4 Fosse mit der Kapazität von 52 Carra, die Angelo de Sperlino gemeinsam mit seinem Bruder Octaviano gehörten.836 3. Cicco de Sperlino (1495) neofito Sohn von XIII/1. Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 13 Carra, die Cicco de Sperlino gemeinsam mit seinem Bruder Octaviano gehörte.837 830 831 832 833 834

835 836

837

Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 303. Ebd., Nr. 31. BDT A 520/557. BPCB, Fondo Beltrani 45/2, 29r. Vitale, Trani (1912), Nr. 83; BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Vitale, Trani (1912), Nr. 83. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f.

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4. Octaviano de Sperlino (1495) neofito Sohn von XIII/1. Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehören auch insgesamt vier Fosse mit der Kapazität von 52 Carra, die Octaviano de Sperlino gemeinsam mit seinem Angelo Octaviano gehörten und eine Fossa mit der Kapazität von 13 Carra, die ihm gemeinsam mit seinem Bruder Cicco gehörte.838 Möglicherweise gehörte ihm auch eines der Häuser exilierter Neuchristen, in dem 1499 venezianische Soldaten einquartiert sind und als dessen Besitzer am 18.01.1499 ein Octaviano erwähnt ist.839 XXIV. de Ursino, de Ursinis Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XXIV/1840, XXIV/4.841 1. Thoma de Ursino/de Ursinis (I.) (1408–1412) neofidus 842 Besitzt 1408 ein Haus in Trani in S. Maria de Cara.843 Dieses ist wahrscheinlich identisch mit einem am 04.10.1412 erwähnten Haus in Trani in der Iudayca.844 2. Francisco de Ursinis (I.) (1454) Im Jahr 1454 ist er gemeinsam mit Parello de Buctunis als Kreditgeber von König Alfonso für 200 Dukaten belegt, als Anteil einer Anleihe der Stadt Trani von 5 000 Dukaten.845 3. Thomasio de Ursino (II.) (1472) Ist am 13.01.1472 in Trani als Zeuge nachgewiesen.846 4. Angelo Ursino/ de Urssinum [!] (1473) cristiano novello Wird im Rahmen von Ermittlungen des Inquisitors in patriarchatu Venetiarum et in tota marchia Tervisana, Magister Franciscus de Rodigio, Ende 1473 von zwei Zeugen als Person benannt, die in Venedig als Cristiano Novello bezeichnet würden. Der Pfarrer der

838

839 840 841 842 843 844 845 846

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Vitale, Trani (1912), Nr. 83. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 25v. Processi del S. Uffizio di Venezia (1548–1560), ed. Ioly Zorattini (1980), Nr. 1. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 25v. Ebd. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 60. CDB 11, ed. Rogadeo (1931), Nr. 198. BDT A 517/554.

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Pfarrei S. Apollinare gibt auf Befragen über den Lebenswandel des Angelo Ursino an, er habe im vorletzten Jahr versprochen, künftig die heilige Kommunion in der genannten Kirche zu empfangen, sich danach jedoch weiterhin geweigert, dies zu tun. Außerdem habe der Pfarrer einen gewissen Herrn Andreolo Strazarolo sagen hören, dass Angelo viel mit ihm über das alte Testament gesprochen hätte, weshalb der Pfarrer ihm gesagt habe: „Glaubt nicht seine Reden, damit er euch nicht mit seinen bösen jüdischen Argumenten verwirrt. Und daraufhin habe der Herr Andreolo ihm geantwortet: Ihr habt gut die Wahrheit gesagt, Herr.“847 Der Ausgang des Inquisitionsprozesses ist nicht überliefert. Da der zweite Cristiano Novello namens Marino aus Apulien stammt, ist es wahrscheinlich, dass es sich auch bei Angelo Ursino um einen Neuchristen aus Apulien, und das heißt aus Trani, handelt. Denn nur dort sind Cristiani Novelli bzw. Neofiti belegt, die den Familiennamen Ursino tragen. 5. Leucio Ursino /de Ursinis (1482–1524) Besitzt am 02.05.1499 ein Haus in Barletta in S. Sepolcro.848 Verheiratet mit Plerna.849 Ist als Iudex ad contractus 1486 und 1489–1494 in Trani, 1498, 1500–1510, 1512–1513, 1517–1519, 1521 und 1523–1524 in Barletta belegt.850 Macht am 02.05.1499 in Barletta sein Testament, setzt seine Ehefrau Plerna, seinen Sohn Francisco sowie seine Töchter Carmosina und Concetta zu Erben, seine Ehefrau

847

848 849 850

Processi del S. Uffizio di Venezia (1548–1560), ed. Ioly Zorattini (1980), Nr. 1: Venerabilis vir presbiter Franciscus Sanson plebanus Sancti Apolinaris Venetiarum. Interogatus per prefatum reverendum dominum inquisitorem si scit quod in eius parrochia sint aliqui Iudei christiani novelli, qui tenent diversos ritus et mores a fide catholica pro deviantes seu prohibitos, respondit quod scit in eius parrochia esse duos ita nuncupatos quorum alter vocatur ser Angelus Ursinus et alius Marinus de Apulea qui moratur in domibus ser Aloinxii Aiuta […]. Interogatus de vita et moribus dicti ser Angeli, respondit quod ab anno proximo preterito ipse … accepturus sacram eucharistiam in dicta ecclesia, sed ab inde supra id facere recusavit. Dixit tamen audivisse dici a quodam ser Andreolo strazarolo quatinus dominus ser Angelus multa secum locutus fuerat de Veteri Testamento, unde ipse ita dixit ei: „Non ve fondè nel suo parlar, che ‘l non ve confondesse con i suo argumenti cativi iudayci“. Cui ipse ser Andreolus respondit „Vui dixè ben la verità meser“. Die Vorlage ist an der Stelle, an der es um den Empfang der Eucharistie durch den Neuchristen Angelus Ursinus geht, nach Ausweis der Edition stellenweise unleserlich. Die Interpretation beruht auf einer Emendation des Satzes quod ab anno proximo preterito ipse … accepturus sacram eucharistiam in dicta ecclesia, in: quod ab anno proximo preterito ipse [se] accepturum sacram eucharistiam in dicta [promisit] ecclesia. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 221rv. Ebd. BDT A 610/648, A 620/658, A 624/661f., A 659/696, A 661/698, A 663/700, A 665/702; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 231–234, 238, 243; CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 275, 283, 286, 289–291, 295, 365, 367, 369, 372, 376, 380; CDB 19, ed. Mazzoleni (1971), Nr. 240, 245f., 248, 250f., 254f., 257, 259, 261, 272, 279f., 282–284, 289, 294, 296f., 301, 304, 361.

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zur tutrix für die Kinder ein. Bestimmt die Kirche S. Francesco in Barletta als seinen Begräbnisort.851 Ist am 05.01. und am 05.09.1482 in Trani als Zeuge belegt.852 6. Liona Ursina/de Ursinis (>1502) Tochter von XXIV/2.853 Verheiratet mit Troiano de Buctunis (V/14).854 7. Francisco Ursino (II.) (1498) Sohn von XXIV/5 und seiner Ehefrau Plerna.855 Wird im Testament seines Vaters vom 02.05.1499 als Erbe eingesetzt. Ist zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch minderjährig, da seine Mutter zu seiner tutrix bestimmt wird.856 8. Carmosina Ursina (1498) Tochter von XXIV/5 und seiner Ehefrau Plerna.857 Wird im Testament ihres Vaters vom 02.05.1499 als Erbin eingesetzt. Ist zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch minderjährig, da ihre Mutter zu ihrer tutrix bestimmt wird.858 9. Concetta Ursina (1498) Tochter von XXIV/5 und seiner Ehefrau Plerna.859 Wird im Testament ihres Vaters vom 02.05.1499 als Erbin eingesetzt. Ist zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch minderjährig, da ihre Mutter zu ihrer tutrix bestimmt wird.860 XXV. de Zarulo, de Ciarolo, de Zarolo, de Zarlo Als Neofitus, Cristiano Novello o. ä. belegt: XXV/1 u. XXV/4.861 1. Stango de Zarulo (1468–1487) Pachtet am 23.01.1468 ein Haus in Trani in loco Maliburgensis.862 Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, 851 852 853 854 855 856 857 858 859 860 861

862

BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 221rv. BDT A 573/612; Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 217. BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 35v. Ebd., 30v, 35v. BPCB, Fondo Beltrani 25/1, 221rv. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BDT A 497/532.

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Berardino Romirez, übereignet, gehören auch zwei Fosse mit der Kapazität von 37 Carra, die Stango di Zarlo gehörten.863 Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Trani.864 Er bezeugt am 12.02.1471 als einer der ordinati der Stadt Trani ein Abkommen zwischen dieser und der Kirche von Trani, das die Steuerpflicht des Klerus regelt, bezüglich der indirekten Steuern auf die Schlachterei in der Stadt.865 Ist am 07.03.1485 als Zeuge in Trani nachgewiesen.866 2. Tullio de Zarulo/Stangi de Zarlo (1475–1495) Sohn von XXV/1.867 Besaß bis 1495 Botteghe in Trani in Plathea Publica, die 1510 mit königlichem Privileg an Antonello de Trano, luogotenente del Capitano della Regia artigleria verliehen werden.868 Sie gehörten daher wohl zu dem Besitz der Neuchristen von Trani, der 1495 konfisziert wurde. Ist am 13.07.1475 als Zeuge in Trani nachgewiesen.869 3. Visio de Stango (1482) Sohn von XXV/1. Ist am 05.01.1482 als Zeuge in Trani nachgewiesen.870 4. Miraballo de Stango de Zarulo (1485–1487) Sohn von XXV/1. Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch eine Fossa mit der Kapazität von 15 Carra, die Miraballo di Stango gehörte.871 Exportiert 1487 Getreide aus dem Hafen von Trani.872 Ist am 07.03.1485 als Zeuge in Trani nachgewiesen.873

863

864 865 866 867 868 869 870 871

872 873

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 51, 57f. Beltrani, Cesare Lambertini (1884), Nr. 186. BDT A 601/639. BDT A 538/576. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 150r. BDT A 538/576. BDT A 573/612. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Fonti Aragonesi 6, ed. Salvati (1971), 54, 60. BDT A 601/639.

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Neuchristen, die sich keiner Familien zuordnen lassen I. Einzelbelege: 1. Guido neophidus (1309) Gehört zu den Traneser Bürgern, die 1309 klagen, sie würden mit ihrem Besitz in Haftung für Steuerschulden Dritter genommen.874 2. Churulia neophidus (1335) Ist am 02.04.1335 als Mieter eines Hauses in Trani in der Iudayca belegt, das Damyanus de Pascacarolo an diesem Tag testamentarisch der Dombruderschaft von Trani vermacht.875 3. Benedicto neofidus (1408) Besitzt 1408 vinealia in der Umgebung von Trani in Bororelli, die möglicherweise identisch sind mit vineae, die er im Jahr 1432/33 gemeinsam mit einem Notar Leucio besitzt und deren Ort nicht angegeben ist.876 4. Calittcio neofidus (1408) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in Logia Domini Philippi.877 5. Colucio neofidus (1408) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in loco Cambii. Im Jahr 1432/33 ist ebendort ein Haus belegt, das im Besitz des heres Coluci neofidi ist.878 6. Minello neofidus (1408) Besitzt 1408 vineae in der Umgebung von Trani in Critaci.879 7. Pascarello neofidus (1408) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in loco Strigaticiorum.880 8. Paulo neofidus (1408) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in S. Martino.881

874 875 876 877 878 879 880 881

BCT, Ms. C 17/1, 249; Cioffari/Schiralli (Hg.) Libro Rosso di Trani (1995), Nr. 6. Carabellese, La Puglia 2 (1907), Nr. 31. BPCB, Fondo Beltrani 61/1, 3v, 41r. Ebd., 26v. Ebd., 12r, 46r. Ebd., 14r. Ebd., 20v. Ebd., 24v.

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9. Ysaco neofidus (1408) Besitzt 1408 ein Haus in Trani in Lo Bacili (! = lo Casili = Calmarini).882 10. Risio neofidus (1432) Besitzt 1432/33 vineae in der Umgebung von Trani.883 11. Coluccia de Naczo neofidus (1446) Ist 1446 als Gewürzhändler und Bürger und Einwohner von Molfetta belegt.884 12. Antonio dictus iudio (1485) Der Beiname ‚der Jude‘ spricht dafür, dass es sich bei ihm um einen Neuchristen handelte. Kauft am 07.03.1485 ein Haus in Trani in loco Porta Vassalorum von Giliberto de Buctunis sowie Antonio Pictanaso und seinem Sohn Thomasio.885 13. Arduino de Franco (1492) Die de Francos waren eine Neuchristenfamilie aus Manfredonia. Eine Aufstellung der Neophiti atque neophite cum eorum filiis et filiabus, servis atque servialibus qui ad presens sunt in civitate Manfredonie, die auf die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert werden kann und die für Besteuerungszwecke erstellt wurde, enthält auch die Haushalte von Antonellus de Franco, Gabriele de Franco und Troylo de Franco.886 Zu den Cristiani Novelli von Manfredonia, deren vermeintliche Rückkehr in die Stadt der Kommissar für die Capitanata 1516 überprüfen soll, gehören Troylo de Franco, Diomedes de Andrea de Franco, Donato de Franco, Ioan de Franco, Andrea de Franco und Honorio de Franco.887 Ist am 16.10.1492 in Trani als Zeuge belegt.888 14. Ranaldo de Bonifacio Neofidus (1497) Ist am 03.04.1497 als Besitzer eines Hauses in Trani in Porta Nova belegt.889 2. Sammelbelege: 1. Am 19.07.1312 sind fünf Neuchristen aus Trani erwähnt, die ihren Wohnsitz nach Giovinazzo verlegt haben890:

882 883 884 885 886 887 888 889 890

Ebd., 25r. Ebd., 52v. ASB, Notarile, Bitonto 1: de Tauris 1, 129v. BDT A 601/639. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 1; Ders. Cristiani Novelli a Manfredonia (1990). Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 308. BDT A 653/690. Ebd. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 21, 69r, s. u. Quellenanhang, Nr. 1/7.

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Nicola genannt Rube, Angelo genannt Sabato, Manuele genannt Clemente, Sohn des verstorbenen Notars Raone di Daniele genannt Lye, Pascarello, Sohn des verstorbenen Notars Raone di Daniele genannt Lye, Leone genannt Sclavo, Sohn des erwähnten Pascarello. 2. Am 13.12.1315 sind 17 neofidi aus Trani belegt, die Kaufleute sind und das Recht erhalten, verbotene Waffen zu tragen891: Iacobo, Sohn des Notars Leone di Trani, Rogerius neofita di Trani, Stasio, Sohn des erwähnten Rogerino, Iuralesio, genannt Robino, Milillo Iorgi, Angelo Corradino, Falco, zweiter Sohn des erwähnten Angelo, Simeone, Bruder des erwähnten Falco, Milillo di Qualreno, Guilelmo, Stontillo, Benedetto, sein Sohn, Giovanni Palumbo, Madio, Sohn des Predano, Angelo de Avitulu, Tommaso, sein Bruder, Angelo de Tunisi. 3. Zu den 19 Neuchristen, die 1454 in Lucera der Häresie abschwören, das heißt schwören, künftig keine jüdischen Riten oder Bräuche zu praktizieren, gehören:892 Amelio de Cobello de Cola de Trano Cola Iohannucii de Cola de Trano. 4. Zu den 30 Fosse mit der Kapazität von 450 Carra in Trani aus dem Besitz verschiedener Neofiti, die Karl V. am 30.10.1516 dem Schreiber der königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, übereignet, gehört auch jeweils eine Fossa mit der Kapazität von 13 Carra, aus dem Besitz von

891

892

Colafemmina, Documenti Bitonto (1993), Nr. 4; vgl. Ferorelli, Ebrei nell’Italia meridionale (1915), 56. Lonardo, Abiura (1907), 584.

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Angelo de Altamura 893 und Troiano de Ciccofiglio894. 5. Zu den exilierten Neuchristen, in deren Häusern 1499 venezianische Soldaten einquartiert sind, gehören auch: Blanczello und Iohannes Calgano 895. 6. Am 13.05.1499 wird in Giovinazzo ein Rechtsgeschäft beurkundet, in dem Princivallo de Zardullo und Talliano de Barisano Schulden, die Florio de Buctunis bei ihnen aus verschiedenen Geschäften hat, an Baldessare de Barisano und Palumbo de Gello abtreten, um eine Schuld bei ihnen zu tilgen non habentes dicti Princivallus et Tallianus, ut dixerunt, pecuniam pro manibus numeratam, nec bona vendenda.896 Der Herkunftsort ist bei allen Akteuren des Rechtsgeschäfts mit Trani angegeben. Sie gehören allesamt zu den Neuchristen der Stadt. Dass sie sich gegenwärtig in Barletta (Palumbo de Gello) und Giovinazzo aufhalten, muss als Folge der Vertreibung der Neuchristen aus Trani 1495 interpretiert werden, ebenso wie die Liquiditätsprobleme Princivallo de Zardullos und Talliano de Barisanos, die diese nicht durch Verkauf von Besitz beheben können – ist ihr Besitz in Trani zu dieser Zeit doch ihrem Zugriff entzogen. Auch einer der vier Zeugen der Schuldabtretung, Octino Isolano de Barisano, gehörte eindeutig zu einer der Neuchristenfamilien von Trani und war wohl ein Verwandter der an dem Rechtsgeschäft beteiligten Neuchristen Talliano und Baldessare de Barisano. Alle vier Zeugen des Rechtsgeschäfts werden wie drei der vier beteiligten Akteure als de civitate Trani, habitatores ad presens civitatis Iovenacii bezeichnet. Es ist daher wahrscheinlich, dass sie allesamt Neuchristen waren, die wie die Parteien des Rechtsgeschäfts 1495 aus der Stadt vertrieben worden waren. Zu den Zeugen gehörten: Muczulo Spinello, Damiano de Caravellis. 7. 1512 wollen beweisen, dass sie keine jüdischen Vorfahren haben und deshalb nicht zu den vom Vertreibungsedikt von 1510 betroffenen Personen gehören: 897 Felippo de Semonte, Angelo de Semonte, Angelo Inbeverato, Tulio de Mase de Spere, Adriano de Valencia. 893

894

895 896 897

BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 20, 154rv; s. u. Quellenanhang, Nr. 1/26; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245f. Vitale, Trani (1912), Nr. 83. CDBarl 4, ed. Santeramo (1962), Nr. 280. Colafemmina, Ebrei in Puglia (1990), Nr. 278.

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2. Transkriptionen wichtiger Quellen Vorbemerkung Im Folgenden werden 29 Dokumente wiedergegeben, die bis auf eine Ausnahme bisher ungedruckt sind und die für die Geschichte der Neuchristen im spätmittelalterlichen Trani von Bedeutung, teilweise von zentraler Bedeutung sind. Nur Dokument II/1 ist 1651 durch Valle im Druck veröffentlicht worden. Valles „Compendio“ ist außerhalb Italiens jedoch nur schwer zugänglich. Minieri-Riccio hat zudem 1877 ein sinnentstellendes Regest des Textes veröffentlicht. Daher erschien die Aufnahme des Dokuments geboten. Die Vorlagen der Transskriptionen sind ihrerseits allesamt Abschriften. Die ältesten von ihnen wurden bereits im 16. bzw. 17. Jahrhundert von Carlo de Lellis und Sigismondo Sicola erstellt. Der größte Teil stammt jedoch aus den Nachlässen zweier apulischer Gelehrter, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wirkten: Giovanni Battista Beltrani (Trani) und Eustachio Rogadeo (Bitonto). Mit Ausnahme der Transkriptionen aus dem Nachlass Beltranis sind die Vorlagen allesamt Abschriften in Regestenform. Im Falle der Dokumente aus dem Nachlass Rogadeos sind es größtenteils Regesten auf italienisch. Die übrigen Dokumente sind lateinisch. Die hier gegebenen Transkriptionen orientieren sich grundsätzlich an den Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte der „Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer Forschungseinrichtungen“.898 Grundsätzlich gilt Kleinschreibung. Ausnahmen sind: Orts-, Personen- und Monatsnamen. Lücken durch Verderbung in der Vorlage werden mit … wiedergegeben, ohne dass die Anzahl der Auslassungspunkte Rückschlüsse auf die wahrscheinliche Zahl der verlorenen Buchstaben zulassen soll. Zusätze des Bearbeiters werden stets in eckige Klammern [ ] gesetzt. Auslassungen des Bearbeiters werden durch […] gekennzeichnet. Ist der Text in eckigen Klammern recte gesetzt, handelt es sich um sinngemäße Ergänzungen von Auslassungen, Auflösungen von Abkürzungen etc. Kursiv gesetzt sind erläuternde Zusätze, [?] weist auf unsichere Lesungen, [!] auf ungewöhnliche Formen hin. Kürzungen werden bei Eindeutigkeit stillschweigend im Anschluss an den sonstigen Sprachgebrauch aufgelöst. Seitenwechsel der Vorlage werden mit // angezeigt. Offensichtliche Fehler in der Vorlage werden emendiert und im textkritischen Apparat belegt. Marginalien werden in den textkritischen Apparat aufgenommen. Sowohl bei den lateinischen als auch bei den italienischen Texten wird j mit i wiedergegeben, u und v werden nach dem Lautwert normalisiert. Alle Kürzungen und Ligaturen werden aufgelöst. Die Zeichensetzung ist modernisiert.

898

http://www.ahf-muenchen.de/Arbeitskreise/empfehlungen.shtml (letzter Zugriff am 14.07.2013).

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Regesten 1. 1294 Die Neofiti von S. Germano werden mit Namen aufgeführt. BNN, Biblioteca Brancaccina, Ms. II F 1, 79r und SSPN, Ms. XXI D 5, 69r, nach RA 1294 E, 136r. Man muss davon ausgehen, dass es sich bei dem Dokument, auf das sich das überlieferte Regest bezieht, um die Ausfertigung des Immunitätsprivilegs von 1294 für die konvertierten Juden von S. Germano handelte.

Multi neofiti de Sancto Germano nominantur. 2. 1296, August Ein clericus neofitus, namens Philippus genannt de Principe, den der Sohn Karls II. und Fürst von Tarent, Philipp, aus der Taufe gehoben hat, hat das königliche Versprechen, eine frei werdende Pfründe zu erhalten. ASN, Sicola, Repertorium 3, 112r, nach RA 1295 B, 73v; vgl. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 30, 73r.

Philippus dictus de Principe de Neapolis clericus neofitus, quem Philippus filius noster princeps Tarentinus de sacro fonte suscepit, habere a rege promissione de beneficio vacaturo. 3. 1298, September 16 Der Königshof erteilt dem Capitano von Neapel, Carlo de Montiliis, den Befehl zu ermitteln, ob einige der Neofiti von Neapel, die der Königshof von der Subventio Generalis befreit hatte, vielleicht bereits verstorben sind, und in diesem Fall deren Erben zur Zahlung derselben heranzuziehen. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1561r, nach RA 1299 B, 21r; vgl. das Mandat über die Befreiung der Konvertiten von Neapel von der Subventio Generalis vom 1. Mai 1294 in RCA 47, ed. Pilone (2003), 55 f.

Carlo de Montiliis, capitaneo Neapolis et casalium eius antea missa cedula generalis subventionis imposita dictae civitati et eius casalibus in uncias 692, tarenos 8, grana 4, in qua quantitate includuntur uncias 24, quae neofiti eiusdem terrae anno quolibet taxari consueverunt per curiam, dum hebraicam errorem colebant, a quibus mandavimus eos servari immunes, quia sacro fonte baptismatis renati fuerunt, mandatum, quod deductis dictis unciis 24 restantes uncias 668, tarenos 8, grana 4 inter universos altros incolas dictae terrae Neapolis et casalium eius taxare et recolligere studeat, nihilominus de neofitis ipsis inquirat, et si quos ex eis invenerit fore mortuos post praedictam immunitatis concessionem, quantitatem eos contingentem de predictis uniciis 24, in quibus pro ipsa generali subventione anno quolibet per curiam soliti sunt taxari, ab heredibus eorum recolligeret, cum immunitas ipsa concessa fuerit illis, qui tunc erant, ad vitam, sub die 16 Septembris, 12. Indictionis. 4. 1299 Der Konvertit Loisius Minutulus aus Neapel bekommt eine provisio, dass seine Befreiung von der Subventio Generalis und anderen Abgaben, die alle Neofiti erhalten haben, beachtet werden soll.

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ASN, de Lellis, Notamenta IV/2, 472r, nach RA 1299 A, 68v. Sein Name findet sich nicht unter den konvertierten Juden Neapels, die im Steuerbefreiungsprivileg von 1294 erwähnt sind.

Loisio Minutulo neofido civi Neapolis provisio, quod observetur eius immunitas a collectibus concessa omnibus Neofitis. 5. 1301 Die konvertierten Juden von Melfi bekommen ihre Befreiung von der Subventio Generalis und anderen ähnlichen Abgaben bestätigt. SSPN, Ms. XXI D 5, 73r, nach RA 1301 D, 146v.

Confirmantur immunitates neophitorum Melphiae. 6. Ende 1304 Der Konvent von S. Pietro Martire in Neapel bekommt von König Karl II. eine porticus in Neapel in platea calcarariorum geschenkt, diese liegt neben den apotecae zweier Konvertiten. ASN, de Lellis, Notamenta III/2, 1978r, nach RA 1304 C, 13r.

Conventui S. Petri Martyris de Neapoli concessio porticus cuiusdam site in platea calcariorum de eiusdem civitate iuxta apothecas Landulfi Arcamoni neofidi et Guillelmi de Tocco neofidi in subsidium perfectionis operis dicti conventus. 7. 1312 Juli 19, Aversa König Robert I. befiehlt dem Justitiar der Terra di Bari, er möge nicht zulassen, dass einige namentlich genannte neofidi aus Trani, die ihren Wohnsitz mit Erlaubnis des Königs nach Giovinazzo verlegt haben, dort durch den Erzbischof von Trani behelligt würden. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 21, 69r, nach,RA 198, 241v.

Roberto scrive al giustiziere di Bari, perche non faccia molestare dallo arcivescovo di Trani Nicola Mayone, Nicola detto Rube, Angelo detto Sabato, Manuele detto Clemente e Pascarello fratelli del quondam notaro Raone di Daniele, detto Lye e Leone, detto Sclavo, suo figlio di Trani neofidi abitanti in Giovinazzo circa il pretesto, che detti da Trani avevano portato il loro incolato in Giovinazzo col permesso del re, come nel quaderno dell’extravaganze in data Aversa 1312 giorno 19 Iulio X indictione anno quarto, ordinando difendere i detti neofidi dai rigori di detto arcivescovo. 8. 1316 Drei Neofiti erhalten anlässlich ihrer Ritterweihe ein Geldgeschenk des Königs für die Roben, die sie zu diesem Anlass tragen. ASN, de Lellis, Notamenta III/1, 386r, nach RA 1316 E, 348r. De Lellis vermerkt als Marginalie: „Neofidi facti milites“. Der Anlass des Geschenks ist außerdem daraus ersichtlich, dass es in weiteren Einträgen für andere Personen an gleicher Stelle explizit heißt „pro robis novae militae“.

Oliviero, Orlando, Dionisio neofidis militibus pro robis eorum.

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9. 1333/34 Ein Mandat, dessen Inhalt nicht überliefert ist, für einen Neuchristen namens Martuccius Archamonus aus Neapel. SSPN, Ms. XXI D 5, 297r, nach RA 1333/34 A, 101v. Der Name des Empfängers findet sich nicht unter den Namen der konvertierten Juden Neapels, die im Steuerbefreiungsprivileg von 1294 erwähnt sind.

Pro Martuccio Archamono neophido cive Neapolitano. 10. 1333/34 Ein Mandat, dessen Inhalt nicht überliefert ist, für einen Neuchristen namens Thomasius Mormile aus Neapel. SSPN, Ms. XXI D 5, 297r, nach RA 1333/34 A, 101v. Der Name des Empfängers findet sich nicht unter den Namen der konvertierten Juden Neapels, die im Steuerbefreiungsprivileg von 1294 erwähnt sind.

Pro Thomasio Mormile de Neapoli neofido. 11. 1459 Januar 11 Molillo de Buctunis, Nicola de Gello und andere, [ihre] Söhne, erhalten die königliche Erlaubnis, aus Trani fortzuziehen und ihren Wohnsitz zu verlegen, wohin sie wollen. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 505r, nach ASN, Registrum Magni Sigilli 2, 320r.

Die 11 Ianuaris, VII indictinonis Molilli de Buctona, Nicolai de Agello et aliorum filiorum licentia, que possint discedere a civitate Trani et quo voluerint accedere ad habitandum. 12. 1464 April 7, Neapel, Castel Nuovo König Ferrante I. schreibt an seinen Sohn und Leutnant Federico. Dieser soll die Kaufleute bzw. Neuchristen von Trani, die die Stadt verlassen hatten und später zu deren großem Nutzen in sie zurückgekehrt seien, nicht durch Ketzereiprozesse belästigen lassen. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 510v, nach ASN, Collaterale Comune 3, 39r.

Il re scrive a domino Federico, suo figlio luogotenente generale, che non faccia inquietare i mercanti di Trani de processi de eresia, i quali si erano assentati da quella città e poi erano tornati ad abitare colà con grande giovamento di essa città e che perlo più erano novelli cristiani e che in generale non faccia fare novità alcuna. 13. 1483 August 16, Neapel König Ferrante I. weist den Magister Leonardo de Lama an, im Rahmen des Auftrags, der ihm erteilt wurde, nicht weiter gegen die Kaufleute und die Stadt Trani vorzugehen und diese bis auf Weiteres nicht weiter zu verfolgen. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 511v, nach ASN, Collaterale Comune 1, 27r.

A magistro Leonardo de Lama, che per vigore delle commissione a lui fatta non debba altrimenti procedere contro l’università e mercanti di Trani e soprassedere a tale sua commissione fino ad altro suo ordine.

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14. 1483 September 7, Neapel König Ferrante I. weist den Magister Leonardo de Lama an, in der Untersuchung bezüglich des schlechten Betragens der Kaufleute von Trani, mit der er ihn beauftragt hatte und in der er ihm als Kommissar den Erzbischof von Trani an die Seite gestellt hatte, streng vorzugehen, und überträgt ihm diesbezüglich alle Vollmachten. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 511v, nach ASN, Collaterale Comune 1, 34r.

A magistro Leonardo de Lama, che per alcuni mali portamenti dei mercanti di Trani lo deputava commissario a procedere contro di essi, pigliando in tale commissione per aiuto come commissario il reverendo arcivescovo di Trani, ordinandogli, che sia severo in tale inquisizione e dandogli tutte le podestà a ciò far e fidando nelle sue dote di giustizia, sapere e grande fedeltà. 15. 1484 März 1, Neapel Castel Nuovo König Ferrante I. ruft wegen gewisser Geschäfte die Traneser Kaufleute Leucio de Buctunis sowie Palumbo, Berlingerio, Ysaya und Cola de Gello zu sich. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 512r, nach ASN, Collaterale Comune 1, 117r. Es ist anzunehmen, dass es sich bei den erwähnten Geschäften um die Kredite handelte, die die Traneser Neuchristen dem König zu Beginn der 80er-Jahre gewährten; vgl. auch nächstes Regest.

Chiama per alcuni affari presso di lui i mercanti di Trani Luca [!] de Bottuni, Palumbo, Berlingerio, Ioye, Cola de Agello. 16. 1484 April 20, Neapel Castel Nuovo König Ferrante I. schreibt den Kaufleuten von Trani, diese sollten nicht an ihm zweifeln, denn er habe die Absicht, sämtliche Einkünfte der Provinz (wohl Apuliens) in ihre Hand zu legen, da er sich der Dienste bewusst sei, die sie ihm erwiesen hätten, vor allem des Kredits von 10 000 Dukaten. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 512r, nach ASN, Collaterale Comune 1, 164r.

Ai mercanti di Trani, che non dubitassero di lui, poichè era suo avviso mettere in mano loro tutte le entrate di questa provincia, tenendo conto delle sovvenzioni dai detti avute – prestito di ducati 10 mila dai mercanti di Trani. 17. 1497 November 17, vor Diano König Federico I. weist den Capitano von Barletta an, die Kaufleute aus Trani, die in Barletta wohnten, zu unterstützen, und nicht zuzulassen, dass diese beleidigt würden. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 512r, nach ASN, Collaterale Comune 13, 41r.

Al capitano di Barletta circa i mercanti di Trani, che abitavano in Barletta, ordinando di favorirli e non avesse permesso, che fosse loro fatto oltraggio.

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18. 1497 November 17, vor Diano König Federico I. weist den Capitano von Barletta an, die Kaufleute aus Trani, die sich in Barletta aufhielten, nicht dabei zu behindern, sich selbst eine Steuer bzw. Abgabe aufzuerlegen, die ihren Zwecken dient, wie sie es bereits in Trani praktiziert hätten. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 512r, nach ASN, Collaterale Comune 13, 42r.

Al medesimo [capitano di Barletta], che per supplire ai bisogni dei mercanti di Trani commoranti in Barletta intendevano essi imponere fra loro una certa gabella seu loctunio, come facevano quando erano in Trani, ordina su di ciò non molestarli. 19. 1497 November 17, vor Diano König Federico I. weist (wohl ebenfalls den Capitano von Barletta) an, seinen Befehl auszuführen, dass die Kaufleute von Trani, die in Barletta wohnten, dazu verpflichtet würden, wie die anderen Bürger die anfallenden Steuern auf die Einkünfte ihres Besitzes im Territorium von Trani zu zahlen. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 512r, nach ASN, Collaterale Comune 13, 42r.

Circa i mercanti di Trani abitanti in Barletta, che vengano astretti al pagamento dei Sali, fuochi e gabelle come gli altri cittadini per i frutti delle loro possessioni, che avevano nel territorio di Trani, ordina a eseguire tale suo ordine. 20. 1498 Mai 18, Neapel, Castel Nuovo König Federico I. gratuliert dem venezianischen Gouverneur von Trani zu seiner Wahl und empfiehlt ihm die Angelegenheiten und Familienangehörigen seines Rates Troiano de Buctunis, der im königlichen Dienst abwesend aus Trani sei. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 24, 513r, nach ASN, Collaterale Comune 4, 140r.

Al governatore di Trani, congratulandosi per la sua elezione al detto governo, offerendosi pronto a tutto quello accorrera alla signoria, raccomanda le cose e persone della famiglia del magnifico magistro Troiano de Boctunis suo consigliere ed auditore a lui dilettissimo assente da Trani per regio servizio. 21. 1510, 24. (12.) Juli, Neapel, Castel Nuovo Vizekönig Raimondo de Cardona ordnet die Ausführung eines Diploms Ferdinands des Katholischen an, mit dem dieser dem Leutnant der königlichen Artillerie, Antonello de Trano, die botthege des Tullio Stanga in Trani in der Nähe der Kirche S. Chiara und die Häuser des Gabriele Gentile in der Nähe der Kapelle S. Pietro Martire, also einer der vier ehemaligen Synagogen, verliehen hatte, im Tausch gegen die Häuser des Alfonso de Barisano, die zuvor an den Spanier Pietro de Scabias verliehen worden waren. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 150r nach ASN, Regie Camera Executoriale 22, 166r. Die Vorbesitzer der vergebenen Immobilien waren allesamt Neuchristen. Man muss daher davon ausgehen, dass die vergebenen Immobilien zum Besitz der Neuchristen von Trani gehörten, der 1495 beschlagnahmt wurde.

Exequtoriale di diploma dato in Castelnuovo di Napoli 12 luglio 1510, col quale Ferdinando Raimondo Cardona concede al magnifico Antonello de Trani, luogotenente del

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capitano della regia artigleria, le botthege di Tullio Stanghe899 in Trani nella platea di detta città di Trani, iuxta casa et apoteca di Francesco de Angelo dall’altra parte vicino la casa del domino Nardo de Simono de Paulutio e la platea, che va alla chiesa di Santa Chiara ed altri confini e le case del quondam Gabriele Gentile di Trani confinante la casa, che fu di Mello ebreo e dall’altra parte vicino la capella di S. Pietro Martire, rispondenti nella platea del pendinello ed altri confini, in cambio delle case di Alfonso de Barisano, che precedentemente erano state concesse a Pietro de Scabias spagnolo, armigero della Cattolica Maiestà. 22. 1512 Dezember 10, Neapel Das Consiglio Collaterale befiehlt einem namentlich nicht erwähnten Amtsträger bezüglich des Besitzes der Adaria de Roberto aus Barletta in Trani nachzuforschen und diesen gegebenenfalls zu restituieren. Denn diese hatte geltend gemacht, dass ihr Vater Gracioso de Roberto zu Lebzeiten in Trani Weinfelder, Häuser und andere Immobilien besessen habe. Als er zu Zeiten der Franzosen von der Stadt abwesen war, hätten die Pächter dieses Besitzes sich diesen jedoch eigenmächtig angeeignet. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 246r, nach ASN, Collaterale Partium 87, 258r.

Si scrive al magnifico uomo … ad istanza della signora Adaria di Roberto di Trani cittadina ed abitante di Barletta la quale aveva esposto, come il quondam Graciuso de Roberto suo padre … e era vivo teneva e possideva nella città di Trani vigne, case ed altre terre redditizie a diverse persone e al tempo dei francesi, essendo il detto Graciuso fuoriascito di detta città di Trani qui tali, che gli pagavano i censi, si pigliarono quelle robbe di propria autorità e quelle si hanno ritenute e si tengono, ordina fore indagine e restituire tale robbe alla detta exponente. 23. 1513 Oktober 13 Das Consiglio Collaterale befiehlt dem Kommissar der königlichen Kammer in Trani, Alfonso de Queralt, auf Gesuch des Bischofs von Isola, des Traneser Juristen Cesare Lambertini, diesem die Einkünfte aus dem Besitz der Neuchristen von Trani zukommen zu lassen, die infolge des Vertreibungsedikts von 1510 die Stadt und das Königreich verlassen hätten. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 18, 257r, nach ASN, Collaterale Partium 86, 227r.

Si scrive ad Alfonso de Queralt ad istanza dell reverendo vescovo dell’Isola, della città di Trani, il quale aveva certi suoi benefici in Trani, che avevano certi censi in denaro contanti su certe case e possessioni site nel distretto e territorio di Trani; quali possessioni e case si tenevano e possidevano dai cristiani novelli seu neofiti, che in vigore della regia pragmatica si assentarono dalla detta città di Trani, andando fuori regno. Al presente le

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Durchgestrichen: le case di Alfonso de Barisano.

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dette case e possessioni sone pervenute in potere della regia corte e le loro entrate si esiggono dal detto Alfonso de Queralt, sostituto doganiero di detta città di Trani come a commissario deputato dalla regia camera ad essigere dette entrate pro parte della regia corte, che quelli ricusava a pagare e ordinargli pagare i detti censi, ut decet. 24. 1514 Dezember 27, Neapel Königin Johanna schreibt dem Steuereinnehmer in der Terra di Bari auf Gesuch der Stadt Giovinazzo, er möge die Steuersummen einiger Haushalte, die von dort seit der letzten Haushaltszählung abgewandert seien, dort einnehmen, wo sie nun ansässig seien, unter diesen diejenige des Neuchristen Baldessare de Barisano. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v, nach ASN, Summariae Privilegiorum 13, 54r.

Giovanna scrive al magnifico perceptore ad istanza dell’università di sua città di Giovinazzo, che essendo essa stata diminuita in altra nuova numerazione di certi fuochi, quali abitavano in altre terre e segnatamente di un cristiano novello chiamato Baldassare de Barisano e per la camera della summaria provisto, che li dovessero essigere nei luoghi dove abitavano e per essa università fatto constare, che faciano il loro focolare in altre terre, ordina esiggersi ut decet e non darsi impaczo a detta università. 25. 1515 Januar 23, Pozzuoli Königin Johanna befiehlt einem namentlich nicht erwähnten Amtsträger, den gesamten Besitz des Antonio de Gello in Molfetta zu restituieren, der mit der Begründung beschlagnahmt wurde, dieser sei neofita und falle als solcher unter das Vertreibungsedikt vom Juni 1514. Denn als Kleriker sei er von dem Vertreibungsedikt nicht betroffen. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 73v, nach ASN, Summariae Privilegiorum 13, 57v.

Giovanna scrive al magnifico vir diletto ad istanza di Antonio de Gello nipote ed erede del quondam magnifico Iacobo de Gello, al quale erano sequestrate tutte sue robbe mobili e stabili, che possedeva in Molfetta sotto pretesto di essere detto esponente neofita e perciò compreso nella regia pragmatica e per aver visto decreto del vicere del regno di essere detto esponente essento da ogni pragmatica per essere chierico, ordina disequestrare e restituire al detto i predetti beni in Molfetta. 26. 1517 Juni 19, Neapel (1516 Oktober 30, Brüssel) Der Vizekönig Raimondo de Cardona bestätigt eine Urkunde, gegeben in Brüssel am 30. Oktober 1516, mit der Kaiser Karl V. dem Schreiber der Königlichen Kanzlei in Neapel, Berardino Romirez, 30 Fosse zur Lagerung von Getreide in Trani mit einer Kapazität von 450 Carra überträgt, die aus dem Besitz gewisser Neofiti stammen. Diese müssen zu dem Besitz der Neuchristen von Trani gehört haben, der während der französischen Invasion 1495 konfisziert worden war. BCBi, Fondo Rogadeo, Ms. A 19, 154rv, nach ASN, Regie Camera Executoriale 22, 166r; vgl. Vitale, Trani (1912), 416; Ders., Particolare Ignorato (1926), 245 f.

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Il vicere capitano Raimondo de Cardona conferma ed eseguisse diploma dato in oppido Brussellarum 30 Octobre V. indictione 1516, col quale Giovanna e Carlo concedono in perpetuo e burgensatico al nobile Berardino Romirez, scriba della regia cancelleria di Napoli trenta fosse per frumento della capacità di carra 450 nella città di Trani, che furono di certi neofiti di detta città, cioè: una fossa nella Platea seu loco di Santa // Clara, che fu di Angelo e Octaviano de Sperlino, capacità di carra 12 – nel medesimo luogo un’altra fossa, che fu di Troyano di Ciccofiglio di carra 13 – altra fossa, che fu dei sopradetti Angelo ed Octaviano di carra 13 – altra fossa, che fu dei sopradetti iuxta la Corte del Macello di carra 16 – altra fossa, che fu di Andrea Metulo vicino il Torrione di S. Vito – di carra 16 – altra fossa, che fu di Berlingerio di Gello vicino detto Corte del Macello di carra 15 – nel medesimo luogo di S. Clara una fossa, che fu di Gasparo de Zardullo di carra 10 – in detto luogo due fosse, che furono dei sopradetti Octaviano ed Angelo de Sperlino di 27. In detto luogo di S. Clara una fossa, che fu di Gasparo Gentile di carra 24 – in detto luogo due fosse, che furono di Stangio di Zarlo di carra 37 – in detto luogo una fossa, che fu di Ciccho et Octavano di Spendino [!] di carra 13 – nel medesimo luogo una fossa, che fu di Amadio di Carra 13 – nel medesimo luogo tre fosse, che furono di Loysio di Ciardullo di carra 45. Nel medesimo luogo una fossa, che fu di Miraballo di Staregio [!] di carra 15 – nel medesimo luogo fosse tre, che furono di Angelo di Altamura di carra 50 – nel detto luogo una fossa, che fu di Palumbo di Agello di carra 15 – una fossa vicino la casa di Lucio di Maestro Paulo, che fu di Gasparo Gentile di carra 20 – nel medesimo luogo fosse due, che furono di Sigismondo Catalano di carra 28 – una fossa vicino la Porta di Andria, che fu di Gabriele Gentile di carra 30 – nel medesimo luogo una fossa, che fu di Gaspare Gentile di carra 24 – nel detto luogo una fossa, che fu di Cangio de Buctunis di carra 14 – nel medesimo luogo una fossa, che fu di Baldessare Catalano di carra 10- nel medesimo luogo una fossa, che fu di Alesio de Minadois di carra 15.

Volltexte bzw. ausführliche Auszüge 1. 1343 November 24, Neapel Königin Johanna I. erneuert auf Gesuch des Inquisitors Marchisino di Monopoli eine Anordnung ihres Großvaters, König Roberts I., vom 4. März 1311, dass die Neuchristen des Reiches und vor allem Apuliens umgesiedelt werden sollten, sodass sie unter den anderen Christen verteilt würden. Valle, Compendio (1651), 105–107, nach: ASN, RA 1343/44 C, 185v; das Regest bei Minieri Riccio, Notizie da 62 registri (1877), 34, verkehrt den Inhalt des Mandats geradezu ins Gegenteil: der König habe befohlen, […] quod neofidi de locis Regni habitent in vico separato a Christocolis […].

Giovanna dei gratia regina Ierusalem et Siciliae, ducatus Apuliae, principatus Capuae, Provinciae et Forqualquerii ac Pedemontis comitissa etc. vicariis, iustititiariis, capitaneis, comitibus, baronibus, terrarum dominis, ac universitatibus, etc. Dum clarae memoriae divinus avus noster Ierusalem et Siciliae rex inclitus vobis olim direxit literas subscriptas per omnia seriei. Robertus dei gratia rex Ierusalem et Siciliae, ducatus Apuliae et prin-

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cipatus Capuae, Provinciae etc. capitaneis et officialibus suis gratiam et bonam voluntatem. Ad extirpandum errorem haereticae900 pravitatis in regno religiosus vir frater Mattheus de Ponciaco de ordine fratrum praedicatorum auctoritate sedis apostolicae deputatus // curavit exponere coram nobis, quod in eodem regno nostro Siciliae et specialiter in Apuliae partibus sunt in maiori parte neophiti, qui dudum iudaicum deponere curantes errorem se sacri901 Baptismatis unda renatis902 ad cultum christianae fidei convenerant, sed nunc in suae caecitatis errorem elapsi, dum unum locum, pristino damnabili more cohabitant, ex vicino conversationis accomodo pravitate inficiuntur haeretica et pristinos ritus iudaicos observantes sinceritatem fidei christianae iam dictae multipliciter maculant et corrumpsunt, sicut ex praetactae inquisitionis officio per eundem inquisitorem, ut asserit, probaliter est compertum. Circa quod Inquisitor ipse provisionis903 nostrae remedium comploravit. Nos autem, qui ex comissi nobis caelitus arce904 regiminis ad defensionem fidei christianae constrigimur et internae mentis affectu ferventius excitamur volentes in praemissis ad praesens quod potest commodius remedium adhibere, fidelitati vestrae praecipimus et expresse mandamus, quatenus quilibet vestrum in Terris et locis iurisdictionis vestrae905, in quibus iam dicti neophiti habitant et morantur, sub formali paena statim inhibeat et faciat inhiberi, ut iidem neophiti in terris et locis iam dictis, illis ex eis, qui domos proprias habent dumtatxat exceptis, unum locum seu vicum nequaquam inhabitent, sed inter alios ipsius terrae vel loci christicolas, segregati a congregatione et cohabitatione sic solita seperatam habeant mansionem, ad quod implendum, ut erroris maculae906 communicatio tollatur, et per ipsorum incolatum intra Christianorum conversationem etc. praesentibus post opportunam907 inspectione earum eidem Inquisitori remanentibus ad cautelam. Datum Neapoli per Bartholomaeum de Capua militem, logothetam et prothonotarium regni Siciliae. Anno domini millesimo trecentesimo undecim, die quarto Martii, nonae indictionis regnorum nostrorum anno secundo. Ad devotae itaque supplicationis instantiam nuper celsitudini nostrae factae per religiosum virum fratrem Marchisinum de Monopulo, ordinis fratrum praedicatorum, inquisitorem nunc in Apuliae partibus haereticae pravitatis, // fidelem nostrum, asserentem dictos neophitos ex huiusmodi vicino conversationis accomodo pravitate haeretica infici et pristinos ritus iudaicos observari, sinceritatem christianae fidei multipliciter maculando, beneplaciti nostri est et fidelitati vestrae de concilio et assensu inclitae dominae Sanciae dei gratia Ierusalem et Siciliae reginae, reverendae dominae matris, administratricis et gubernatricis nostrae et aliorum administratorum et gubernatorum

900 901 902 903 904 905 906 907

haereticorum sacris renatos provisiones arca fehlt in Vorlage maculam praesentibus post opportunam fehlt in Vorlage

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nostrorum districte praecipiendo mandamus, quatenus praescriptas avitas literas servantes et tenentes tenaciter et servari et teneri a praefatis neophitis et aliis inviolabiliter facientes illasque executioni debitae demandetis ac si vobis sub nostro nomine directae fuissent, contra illas earumqua mentem et seriem quicquam actentari vel fieri per ipsos neophitos et alios nullatenus permictatis, quin potius ad observationem illarum eos per compositiones et executiones poenarum ac alia debita et opportuna remedia arctius compellatis praesentibus post opportunam inspectionem earum eidem praedicto inquisitori remanentibus ad cautelam. Datum Neapoli per Adinolphum Cumanum de Neapoli etc. anno domini MCCCXLIII, die 24. Novembris, 12. indictionis, regnorum nostrorum anno primo. 2. 1498 März 12, Trani Vor dem Gericht des venezianischen Gouverneurs verklagt ein Ruggerio de Molfetta den Neuchristen Salvatore de Buctunis auf Schadensersatz. Nachdem Ruggerio unter Berufung auf ein Zahlungsmoratorium für Schulden bei Neuchristen eine Schuld bei Salvatore de Buctunis nicht getilgt hatte, hätte dieser ihn armato mano eines Wagens und acht Ochsen beraubt. Der Klage wird stattgegeben. BPCB, Fondo Beltrani 7/2, 14v–16v: ASN, Processi antichi della Sommaria, Bd. 323, Nr. 3963.

In dei nomine amen. Anno ab incarnatione eiusdem 1498 dominante in hac civitate Trani illustrissimo et potentissimo domino duce Venetorum anno tertio feliciter amen. Mense Marcii, die xii eiusdem, prime indictionis Trani, nos Nicolaus Barisonus Patavus, iuris utriusque doctor, vicarius magnifici domini gubernatoris civitatis Trani pro illustrissimo domino duce venetorum, assedente nobiscum notario Sceltio de Sorecara de … pro actorum magistro, tenore huius nostre deffinitive sententie notum facimus et declaramus, qualiter visa petitione et processu fabricato coram dicto domino provisore inter Rogerium de Melficta ex una et Franciscum de Boctunis seu Salvatorem eius filium ex altera nobis transmisso et delegato sententiando per dictum dominum provisorem, cuius petitionis tenor talis est: Nella audiencia vestra magnifico messer Pietro Marcello dignissimo providitore della citta de Trano pro illustrissimo et potentissimo domino duce venetorum devotamente se presenta Rogiero de Molfecta citatino et habitante in Trano et subdito de dicta illustrissima signoria, et dice como luy con soy figlioli, essendo in solidum obligati ad Salvatore de Bostunis, xristano novello de Trano, in onze vinti una de moneta per virtu de uno puplico // instrumento confecto in Trano de dicto debito, una cum dicti soy figlioli donde pagato in mano et potere de Francisco de Bostunis, patre de dicto Salvatore, in potere del quale era lo istrumento del debito, in denari, orzio, grano et legumi, zoè in orzio carra tre, in grano carro uno, in legumi carra quattro, in pecunia numerata onze quatro, sono la summa de onzi decesepte et più, in modo che quasi niente restavano debituri per causa de dicto instrumento alli predicti Francesco et Salvatore et mandando uno suo carro ferrato con octo bovi carrico in botonto, dicto Salvatore armata mano et non obstante la moratoria de anni cinque concessa ali cittatini de Trano per la felice memoria de re Ferrante secundo contra xristiani novelli de non essere tenuti ad pagare

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debiti nel anno passato XV. indictionis tolle dicto carro et bovi con li stigli in gravissima disfactione et damno suo, et tanto più, che per essere citatino de Trano et subdito de la illustrissima signoria non po essere convenuto excepto in Trano in presentia de vostra magnificientia secundo anchora li capituli concessi per la bona memoria de re ferrante secundo et confirmati dala maesta de re Federico, et per tale volunta et indebita captura è stato dampnificatio ipso povero supplicante in non havere possuto seminare doy carra de terreni tra Vostuni et Magisi [?] per lo manchamento delli bovi almeno in onzi trenta, ad ragione de onze quindici lo carro, secundo comunemente se extima tra massari in questi tempi de fame, et de viagi facti anchora da quel tempo, in equa almeno in ducati quaranta et in spese facte circa la recuperatione del carro et bovi in ducati vinti, ultra li opere et iornate personate soy et de soy figlioli in andare, stantiare et venire per tal causa et non havere locate le opere loro per lo anno presente, ma prese de tre personi per fine al di presente in ducati cinquanta et piu et non havendo altro refugio, che lo braczo de la illustrissima signoria et de vestra magnificientia, quali non permectono suy subditi siano de facto spoliati, disfacti, destructi et dissipati, specialiter da marrani et xristiani novelli, per tanto da parte della illustrissima Signoria ipso povero supplicante supplica vostra Magnificentia se degna fare, che ipso povero supplicante sia defacto restituito in pristinum statum, sia como de facto è stato spoliato circa la recuperatione del carro et bovi, o vero satisfacto del preczo de quelli, et alla satisfactione de tucti sopradicti danni, spese et interessi se poteranno havere altramente sia satisfacto et posto in possesione sopra li ínfrascripti beni delli predicti Francesco et Salvatore de Bostuno, acio non obstante la lor violencia et iniquita possa essere integramente satisfacto sopra li loro beni mediante la inmensa iusticia de dicta illustrissima Signoria et operacione de vostra magnificientia, ut Deus etc. Bona vero supradictorum Salvatoris de Buctuno et Francisci sui patris, supra quibus satisfieri poterit, sunt infrascripta, videlicet: In primis la casa dove habitant Salvatore et Francisco predicto, sito et posito intus Tranum in loco sancti Ioannis delle bizoche, iuxta domum Angelis de Bottunis, che al persente è di Pietro Campitello, la casa de Victorio de Buctunis, la strata publica et alter confini. Item laltra casa della matre, de dreta alla altra banda della casa delli preditti. Item vigne septe plus vel minus, sono delli predicti cum uno palmento et altre pertinentie foris in pertinentiis Trani, in loco la Torre bianche et negra, iuxta vineas Petri Pauli Palagani, vineas Pacis Occaltharia, viam vicinabus et alios confines. Visa citatione facta in pede dicte petitionis, de qua dictus Salvator notitiam habuit, et relatione nuntii et relatione facta dictis Francisco et Salvatori per edictum prima et ultima contra termino dato ad probandum articulis presentatis et testium depositionibus ac publice una cum ceteris actis per eaquae vidimus, legimus et inspeximus mentemque nostram movent movereque possent et deberent mentem et animum cuiuslibet recte iudicantis et denuntianentis, Christi eiusque piissime matris nominibus invocatis, de quorum cultu recta iudicia procedunt et occuli iudicantium respiciunt veritatem, quia invenimus dictum Rogerium fuisse violenter et de facto possessione et tenuta dictorum bovum octo cum curra et stiliis per dictum Salvatorem spoliatum et apprime dampnificatum et sic, cum fuerit de facto spoliatus, sic etiam de facto restituendus et plene et sufficienter suam intentionem probasse, quo merito satisfiet ad presentis cause victoriam reportandum,

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dicimus, setentiamus ac deffinitive condempnamus dictum Salvatorem ad uncias quinquaginta pro pretio et valore dictorum bovum octo et currus ferrati cum eiusdem stiliis et dampnis, quos de facto abstulit dictus Salvator per vim et violentiam ac armata manu in territorio botontino, cum non probatum sit esse in posse eiusdem Salvatoris, et pro aliis damnis et interesse passis per dictum Rogerium, ex causa dictorum bovum, currus per vim ablatorum per dictum Salvatorem in processo positis et probatis, solvendos super vineis et domo petitis, condempnantes dictum Salvatorem in expensis in presenti causa factis, quarum taxationem nobis et nostre curie reservamus, hanc nostram sententiam in hiis scriptis taliter proferentes valituram etc., lecta et lata die, loco et indictione predictis in contumatiam dictorum Salvatoris et Francisci citatorum, relatorum et non comparentium, presentibus domino Dominico de Ventura, Petro Palagano, Franciso de Raynerio, Francisco Ioannis filii et domino Ioanne de Mondella, presente notario Ioanne // Baptista de Guarino procuratore dicti Rogerii laudente et petente sententiam mandare exequutioni. 3. 1505 Mai 2, Trani Andrea de Buctunis erkennt die letztwillige Verfügung seines Vaters Troiano de Buctunis vom Dezember 1502 über die Stiftung einer Grabkapelle im Dominikanerkloster von S. Croce in Trani an. BPCB, Fondo Beltrani 6/2, 1r –2v, nach ASN, Processi antichi della Sommaria, Bd. 7, Nr. 8641.

In nomine domini etc. Anno nativitatis eiusdem millesimo quingentesimo quinto, regnante in civitate Trani illustrissimo et potentissimo domino duce venetorum anno decimo feliciter amen, mense Madii, die secundo eiusdem, octave indictionis, Trani. Nos Marinus de Cassarso de Trano, regius ad vitam ad contractus iudex, Nicolaus de Fabritiis de eodem Trano, publicus etc. notarius et testes subscripti litterati etc. testamur, quod predicto die in nostri nostram presentiam constitutis venerabilibus ac religiosis viris, videlicet fratre Andrea de Fogia, generali vicario, fratre Iacobo de Manfredonia, priore, fratre Antonio de Botonto, fratre Petro de Trano, fratre Andrea de Francavilla, fratre Antonio de Baro, fratre Dominico de Bocino, fratre Dominico de Manfredonia, fratre Vincentio de Tarento, et fratre Mariano de Masuraca ecclesie venerande et conventus S. Crucis civitatis Trani ordinis predicatorum congregatis capitulariter ad sonum campanelli ut moris est, agentibus pro se ipsis, pro dicta ecclesia et conventu et fratribus in ea pro tempore futuris ex parte una, magnifico domino Andrea de Bottunis de eodem Trano, filio et herede quondam magnifici militis et U.I.D. domini Troyani de Buctunis de Trano, eius patris, agente pro se, heredibus et successoribus suis ex parte altera, prefate quidem partes asseruerunt, dictum quondam dominum Troyanum in humanis agentem decrevisse in acie mentis sue, construere et construi sibi facere quandam capellam in dicta ecclesia S. Crucis et eam convenienter dotare et in eadem sibi missas celebari facere pro anima sua et remissione suorum peccatorum et divine Matris cultum et pluries in vita declarasse, se velle relinquere dicte cappelle pro dote et missis in ea clebrandis uncias quatuor singulis annis de introytibus gabelle terciarie ferris aczari et piscis civitatis Trani, quam ipse dominus Troyanus tenebat et possidebat. et quod in dicta Cappella

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haberent dicti fratres celebrare singulis diebus missam et post eius mortem singulis annis anniversarium facere die, quo ipse esset defunctus et in die commemmorationis omnium defunctorum duas faces seu torcias librarum decem in ea accendere et accensas tenere, donec celebraretur officium ac singulis annis in die purificationis beatissime virginis Marie eius heredes et domum honorare de una torcia et candelis, et antequam dictam suam deliberationem duceret ad effectum, cum in dicta civitate Trani iaceret infirmus ea infirmitate, qua postea se908 deo traddidit quitum [?] raziocinando declarasse predictam suam intentionem pluribus fratribus dicti conventus et pluribus suis consanguineis et amicis civitatis eiusdem et demum fecisse predicta annotari in quadam carta scripta manu Baldassaris de Gello, eius nepotis, ut posset in testamento per eum forsitan faciendo publicari. Demum vero, cum dictus dominus Troyanus susceptis omnibus ecclesie sacramentis, ut verum christianum decet, gravante infirmitate mortuus fuisset intestatus, nec predicta et alia contenta in dicta cartula aliquatenus publicasset aut legi, declarari aut publicare ullatenus fecisset, licet prefatus dominus Adreas ad predicta adimplenda aliquatenus non teneretur nec potuisset astringi, cum eius pater nullo condito testamento nec facta aliqua predictorum declaratione aut publicatione ac deliberatione fuerit ab intestato defunctus. Volens tamen tamquam bonus ac pius filius et devotus dicti conventus piam patris intentionem et propositum ad effectum ducere et operem complere, hodie in nostri presentia predictus dominus Andreas valificavit et acceptavit ac valificat et acceptat capitulum in dicta carta contentum, quod est tenoris subscripti: Item vole, che lo corpo suo sia sepellito ad Sancta Croce de Trano dove vole, che per lo dicto Andrea suo figlio se habia ad fare una cappella in loco, che parerà ad esso et al vicario et priore et che se vice abbia ad spendere ducati centocinquanta de moneta infra termine de dui anni; et intro lo carnale [?] de dicta cappella se habia da reponere lo corpo suo et de soi discendenti et interim, che se farà dicta cappella lo corpo suo sia reporto in qualchi loco conveniente, donde se possa levare et ponere in dicta cappella, alla quale cappella per dote dicto testatore lassa sopra la terzaria de Trano, quale é de esso testatore, ducati vintiquattro de moneta l’anno con carico che omne di li fratri siano tenuti celebrarence una messa et omne anno farence lo anniversario de esso testatore et ponerence omne anno a llor dispece do torce de tre libra l’una lo di de le anime de li morti sopra lo sepulcro et similmente omne anno mandare su casa di esso testatore una torza de tre libra lo di dela candelora. Et voluit et declaravit, quod habeat eam vim, ac si esset in solempni testamento depositum et relictum per dictum quondam dominum Troyanum, eius patrem, dictamque dispositionem ut supra contentam valificavit et acceptavit ac valificat et acceptat dictis fratribus presentibus recepientibus acceptionem ipsam etc. cum declaratione expressa prefati domini Andreee in dicta acceptione et valificatione, apposita in ipsius ratificationis acta, quod non intendit aliquo modo per predictorum valificationem et acceptationem alias in dicta carta contenta acceptare, valificare et approbare, aut aliquo modo observare tanquam voluntatem imperfectam dicti sui patris non declaratam, non delibe-

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fehlt in Vorlage

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ratam, non stipulatam ex dicto suo patre, sed predicta solum valificavit et acceptavit etc. Et versa vice predicti fratres tam eorum propriis nominibus quam nomine dicti conventus et ecclesie ac fratruum, qui in ea pro tempore futuri erunt, promiserunt omnia in dicto preinserto capitulo contenta, quatenus dictam ecclesiam et fratres tangit, adimplerere et observare, prout in eo sunt expressa et declarata, scilicet missa et officia ut supra celebrare et celebari facere in Capella noviter constructa per dictum dominum Andrea nominata S. Maria de Gratia, que est prope altarem maiorem eiusdem ecclesie, iuxta cappellam dominorum Francisci et Antonii Filangeriorum et Rafaldus de Cunio ac faces duas librarum decem de cere in die commemmorationis defunctorum desuper sepulcrum accendere etc. Unde ad futuram memoriam nec non petitionis instantiam predicti domini Andree pariter et cautelam eius et heredum ipsius factum exinde presens publicum instrumentum etc. Testes: Dominus Benedictus Beneincasa Franciscus de la Porta Notarius Ioannes Baptista Guarinus Magister Bartholomeus de Christophoro Lucas Beneincasa Diaconus Abio Coletta de Bitecto Nardus Magistri Luciani de Trano

Siglenverzeichnis

ASB ASN ASPN BB BCBI BCT BPCB BDT BNN BSSPN CDB CDBarl CDBrin CDS CDSL COD DA DBI DHI FA HRG MGH MOP QFIAB RCA REJ RIS VSWG

Archivio di Stato, Bari Archivio di Stato, Neapel Archivio Storico per le Province Napoletane Biblioteca Brancacciana Biblioteca Comunale “Eustachio Rogadeo”, Bitonto Biblioteca Comunale “Giovanni Bovio”, Trani Biblioteca Comunale di Cultura “Santa Teresa dei Maschi”, Bari Biblioteca Diocesana, Archivio del Capitolo Metropolitano, Trani Biblioteca Nazionale, Neapel Biblioteca della Socièta di Storia Patria, Neapel Codice Diplomatico Barese Codice Diplomatico Barlettano Codice Diplomatico Brindisino Codice Diplomatico Salernitano Codice Diplomatico dei Saraceni di Lucera Conciliorum Oecumenicorum Decreta Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Dizionario Biografico degli Italiani Deutsches Historisches Institut Fonti Aragonesi Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Monumenta Germaniae Historica Monumenta Ordinis Fratrum Praedicatorum Historica Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken I Registri della Cancelleria Angioina Revue des Études Juives Rerum Italiarum Scriptores Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

Quellen- und Literaturverzeichnis

Ungedruckte Quellen Archivio di Stato di Bari Archivio Notarile Bitonto 1: de Tauris 1, 6–15, 21–25, 30/2 Bitonto 2: de Bitritto 1477–1479 Biblioteca di Cultura “Santa Teresa dei maschi”, Bari Fondo Beltrani 6/2 Fondo Beltrani 6/6 Fondo Beltrani 7/2 Fondo Beltrani 17/3 Fondo Beltrani 25/1 Fondo Beltrani 45/2 Fondo Beltrani 55/13 Fondo Beltrani 60/3 Fondo Beltrani 61/1 Biblioteca Comunale “Eustachio Rogadeo”, Bitonto Fondo Rogadeo Ms. A 14 Ms. A 18 Ms. A 19 Ms. A 20 Ms. A 21 Ms. A 24 Ms. A 30 Archivio di Stato, Neapel Ricostruzione Angioina Scaff B Carlo de Lellis, Notamenta ex registris Caroli II, Roberti et Caroli ducis Calabriae III/2, IV/2 Scaff C 3: Sigismondo Sicola, Repertorium tertium regis Caroli II (1686) Cancelleria Vicereale Collaterale, Partium; Bd. 9, Bd. 12

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Biblioteca Nazionale, Biblioteca Brancacciana, Neapel Ms. II F 1 Biblioteca della Socièta di Storia Patria, Neapel Ms. XX D 5 Biblioteca Casanatense, Rom Ms. 581 Deutsches Historisches Institut, Rom Nachlass Eduard Sthamer Scatola 1f. Biblioteca Comunale “Giovanni Bovio”, Trani Ms. C 22 Ms. C 17, Bd. 1, 3 Ms. B 58/2 Biblioteca Diocesana, Trani, Archivio del capitolo metropolitano Collezione Pergamene: A 193/208, A 250/277, A 277/311, A 297/330, A 303/336, A 304/337, A 307/340–A 318/351, A 320/352, A 322/354–A 326/358, A 328/360–A 331/363, A 335/367–A 339/371, A 343/374, A 345/376 f., A 349/380, A 355/385 f., A 358/388 f., A 365/395, A 368/398, A 374/404– A 376/406, A 384/414, A 387/417 f., A 390/421, A 393/424, A 395/426–A 397/428, A 399/430 f., A 406/438 f., A 409/441, A 411/444 f., A 414/447, A 417/450, A 420/454 f., A 427/461 f., A 434/468 f., A 437/471 f., A 440/474 f., A 445/478, A 447/480, A 449/482, A 451/484, A 454/487, A 457/490, A 459/592, A 461/494, A 463/496, A 466/499–A 470 /503, A 472/505, A 475/508 f., A 482/515 f., A 486/520 f., A 491/525 f., A 494/528, A 496/531 f., A 500/537 f., A 505/542 f., A 508/545, A 510/547, A 512/549, A 514/551, A 516/553–A 518/555, A 520/557, A 523/560, A 526/563, A 528/565 f., A 531/569, A 534/572–A 536/574, A 538/576–A 540/578, A 544/584 f., A 548/588, A 550/589, A 552/59, A 557/597 f., A 560/600, A 562/602–A 565/605, A 567/607, A 571/610, A 573/612, A 578/617 f., A 582/621–A 586/625, A 589/627, A 591/629– A 594/632, A 596/634–A 598/636, A 600/638–A 602/640, A 605/643–A 607/645, A 609/747 f., A 612/650, A 614/652, A 616/654–A 620/658, A 623/660–A 626/663, A 628/665 f., A 632/669– A 634/671, A 637/674–A 641/678, A 644/681–A 647/684, A 649/686–A 655/692, A 659/696– A 663/700, A 665/702–A 668/705, A 670/708 f., A 673/710–A 676/713, A 678/715, A 680/717– A 686/723, A 688/725–A 696/734, A 698/736–A 701/739

Gedruckte Quellen Acta capitulorum generalium ordinis praedicatorum, Bd. 1: 1220 bis 1303, 1898, ed. Benedictus Maria Reichert. (MOP, Bd. 3.) Rom 1898. Acta Capitulorum Provinciae Romanae (1243–1344), ed. Thomas Kaeppeli. (MOP, Bd. 20.) Rom 1941. Ascoli Graziado, Isaia, Iscrizioni inedite o malnote, greche, latine, ebraiche di antichi sepolcri giudaici nel napoletano. Turin 1880. Baer, Fritz, Die Juden im christlichen Spanien. Teil 1: Urkunden und Regesten. 2 Bde. Berlin 1929– 1936. Ndr. Farnborough 1970.

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Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abbildung 1: Wohnorte der 1294 belegten konvertierten Juden . . . . . . . . . . 37 Abbildung 2: Das Gesellschafternetzwerk der Traneser Neofiti bis 1464 . . . . . 159 Abbildung 3: Das Gesellschafternetzwerk der Traneser Neofiti nach 1464 . . . . 159 Abbildungen 4 u. 5: ‚Cliquen‘ im Gesellschafternetzwerk vor 1464 . . . . . . . . 161/162 Abbildung 6: ‚Unwahrscheinliche Triade‘ nach Granovetter . . . . . . . . . . . 172 Abbildung 7: Das Netzwerk der Zeugenbeziehungen in Trani bis 1464 . . . . . . 178 Abbildung 8: Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 . . . . . . 180 Abbildung 9: Egonetz der Familie Catalano . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Abbildung 10: Egonetz der Familie de Gello . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Abbildung 11: Egonetz der Familie de Nucio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Abbildung 12: Das Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 . . . . . . . . . 185 Abbildungen 13 u. 14: Binnenvernetzung der Neuchristen bis 1464 . . . . . . . 186/187 Abbildung 15: Subgruppen im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 . . 189 Abbildung 16: Subgruppen im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 . . 191 Abbildung 17: Eheverbindungen des Seggi-Adels . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Abbildung 18: Zeugenbeziehungen des Seggi-Adels . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Abbildung 19: Ehen und Zeugenbeziehungen des Seggi-Adels . . . . . . . . . . 195 Abbildung 20: Die Lage der Giudecca von Trani im 12. und 13. Jahrhundert (nach Ronchi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Abbildung 21: Die Lage der Giudecca im urbanen Gefüge von Trani im 15. Jhdt. 249 Abbildung 22: Lage der nach 1292 konvertierten Synagogen . . . . . . . . . . . 252 Abbildung 23: Lage der Mitte des 15. Jahrhunderts erstmals bezeugten scola iudeorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Abbildung 24: Lage des Immobilienbesitzes von Neuchristen vor 1450 . . . . . 260 Abbildung 25: Lage des Immobilienbesitzes von Neuchristen vor und nach 1450 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Abbildung 26: Örtlicher Bezug der Zeugenintervention der Neuchristen bis 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Abbildung 27: Örtlicher Bezug der Zeugenintervention der Neuchristen vor und nach 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Abbildung 28: Lage der 1517 belegten „Fosse“ im Besitz von Neuchristen . . . . 265 Abbildung 29: Cerignola, Piano delle Fosse del Grano . . . . . . . . . . . . . . 267

500

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abbildung 30: Cerignola, Piano delle Fosse del Grano . . . . . . . . . . Abbildung 31: Trani, Schild „Chiesa di S. Maria Scolanova già Sinagoga“ (März 2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 32: Trani, Synagoge Scola Nova Innenraum (März 2006) . . . Abbildung 33: Trani, Schild, „Sinagoga Scolanova“ (März 2008) . . . .

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268

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364 365 368

Tabelle 1: Belegte steuerbefreite Haushalte jüdischer Konvertiten 1294 . . . . . Tabelle 2: Handelsgesellschaften, an denen Neofiti aus Trani im 15. Jahrhundert beteiligt waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 3: Handelsgesellschaften Traneser Neofiti im 15. Jahrhundert, die sich ganz oder teilweise aus Verwandten zusammensetzten . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 4: Gesellschafter der Handelsgesellschaften der Neofiti von Trani im 15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 5: „Cliquen“ im Gesellschafternetzwerk vor 1464 . . . . . . . . . . . . . Tabelle 6: Gradzentralitäten im Gesellschafternetzwerk bis 1464 . . . . . . . . . Tabelle 7: Bonacich-Zentralität im Gesellschafternetzwerk der Neuchristen bis 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 8: Verbundenheitszentralität im Gesellschafternetzwerk bis 1464 . . . . Tabelle 9: Betweennesszentralität im Gesellschafternetzwerk bis 1464 . . . . . . Tabelle 10: Gradzentralitäten in der Kernzone des Gesellschafternetzwerkes vor 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 11: Betweennesszentralitäten in der Kernzone des Gesellschafternetzwerkes vor 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 12: Gradzentralitäten im Gesellschafternetzwerk nach 1464 . . . . . . . Tabelle 13: Bonacich-Zentralität im Gesellschafternetzwerk nach 1464 . . . . . Tabelle 14: Verbundenheitszentralität im Gesellschafternetzwerk nach 1464 . . . Tabelle 15: Betweennesszentralität im Gesellschafternetzwerk nach 1464 . . . . Tabelle 16: Kontakte und Beziehungen der Neuchristen im Netz bis 1464 . . . . Tabelle 17: Subgruppen im Zeugennetzwerk vor 1464 . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 18: Brückenbeziehungen der Neuchristen bis 1464 . . . . . . . . . . . . Tabelle 19: Kontakte und Beziehungen der Neuchristen im Netz nach 1464 . . . Tabelle 20: Subgruppen im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 . . . . Tabelle 21: Brückenbeziehungen der Neuchristen nach 1464 . . . . . . . . . . . Tabelle 22: Gradzentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (ungewichtet) . . . . . Tabelle 23: Gradzentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (gewichtet) . . . . . . . Tabelle 24: Bonacich-Zentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (gewichtet) . . . . Tabelle 25: Bonacich-Zentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 (ungewichtet) . . Tabelle 26: Verbundenheitszentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 . . . . . . . Tabelle 27: Betweennesszentralität im Zeugennetzwerk bis 1464 . . . . . . . . . Tabelle 28: Gradzentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes bis 1464 . . Tabelle 29: Bonacich-Zentralität im Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 154 156 158 161 163 163 164 165 165 166 166 167 168 169 179 181 182 186 188 190 197 198 199 200 201 202 203 204

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Tabelle 30: Verbundenheitszentralität im Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 31: Betweennesszentralität im Subgruppennetzwerk der Zeugenbeziehungen bis 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 32: Gradzentralitäten im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (ungewichtet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 33: Gradzentralitäten im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 (gewichtet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 34: Bonacich-Zentralität der Beziehungen im Zeugennetzwerk nach 1464 (gewichtet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 35: Bonacich-Zentralität der Beziehungen im Zeugennetzwerk nach 1464 (ungewichtet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 36: Verbundenheitszentralität im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 37: Betweennesszentralität im Netzwerk der Zeugenbeziehungen nach 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 38: Gradzentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 . Tabelle 39: Bonacich-Zentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 40: Verbundenheitszentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 41: Betweennesszentralität in der Kernzone des Zeugennetzwerkes nach 1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 42: Verkäufe der Neuchristen von Trani in den Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 43: Käufe der Neuchristen von Trani in den Imbreviaturen des Notars de Tauris aus Bitonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 44: Getreideexporte der Neuchristen aus Trani aus den apulischen Häfen 1486/87 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 45: Getreideexporte von Neuchristen aus Trani aus dem Hafen von Barletta von Juni 1454 bis Mai 1457 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 46: Urkunden mit dem Toponym Iudayca im 14. und 15. Jahrhundert . . Tabelle 47: Urkunden mit den Toponym S. Salvatore im 14. und 15. Jahrhundert Tabelle 48: Städte, die zwischen 1511 und 1513 um die Befreiung von der Steuerlast der vertriebenen Juden und/oder Neuchristen nachsuchen bzw. diese gewährt bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

501 204 205 206 207 209 210 211 213 214 215 216 217 223 226 228 232 246 246

302

Register

1. Personen1 Alexander VI., Papst 270 Alfonso I., König von Neapel 18, 130, 133–136, 231, 317 Alfonso II., König von Neapel 269, 271 Altamura, Iohannes de 80–82 Americus, Konvertit aus Foggia 219 Angelis, Francesco de 280 Anghono, Bernado, Magister Actorum beim Portulan Apuliens 152, 227f. Antonio Nicolai Palumbi 248 Apulea, Marino de, Neuchrist aus Apulien 342f. Aquila, Bartholomäus de, Inquisitor 31, 34, 43–46, 48, 56, 64, 74 Aquila, Mattaleona de 80–82 Augusta, Andrea de, Inquisitor 43 Azarias, Konvertit aus Salerno 44 Baldascio, Antonio, Inquisitor 296, 341 Barbiano, Alberico de, Condottiere 109f. Bellisario Acquaviva, Marquis von Nardò 300, 326 Belorado, Pedro, Erzbischof von Messina, Inquisitor 293 Benjamin von Tudela 17 Berardi, Giovanni, Erzbischof von Tarent 100 Bernhard von Clairvaux 337 Bonifaz VIII., Papst 56, 73 Bonifaz IX., Papst 94f. Bonismiro Iohannes de 172

1

Marino de 172, 250 Meulo de 250 Spirito de 131, 172, 250 Bonusmirus, Protontinus von Bari 82 Baro, Leo de 131 Bosqueto, Bernardus de, Erzbischof von Neapel 93 Brancaccio, Bartolomeo, Erzbischof von Trani 95f., 338 Brundisio, Paulus de, Prior von S. Croce in Trani 125 Buctunis, de Baptista 302f., 308 Berardino 302f., 308 Bernoro 302f., 308 Cacetta Baldessare 134 Simone 129–134, 140, 250 Cambi, Bartolomeo 351–354, 356–358 Campanino, Andreas de 172 Campitelli, Ottaviano 356 Capite, Gaudio de 219 Capistrano, Giovanni 77 Capograsso, Barnaba, Inquisitor 294, 296f., 307f. Capua, Bartholomäus von 34 Capuano Cesare 294, 296, 344 Iohannes 296 Sancio 308f.

In der Prosopografie aufgeführte Personen wurden nicht noch einmal in das Personenregister aufgenommen, Seitenzahlen mit * verweisen auf die Fußnoten.

504 Caputo Francisci 120 Gregorio 120f. Caracciolo, Tristan 298, 332 Carbonara, Gualterius de 84, 89 Cassaro, Marino 287 Castrineto, Benedicto 302 Catalano Diana 143 Loyso 143 Marina 143 Cimiterio de Nola, Thomasius de 86 Clemens IV., Papst 41 Clemens VII., Gegenpapst 77, 111 Clementia von Habsburg 48 Coelestin V., Papst 72f., 76 Coletta, Tochter des Georgio Fornario 254 Colonna, Prospero, Condottiere 306 Córdoba, Gonzalo de, Vizekönig von Neapel 270, 273, 293, 296, 298 Dactolus, Jude aus Bari 82 Dentice, Ladislao, Bischof von Lucera 125 Dionisio, Konvertit und Ritter 66 Doto, Andreas, Inquisitor 38 Douzy, Adam de, Kanzler König Karls II. 48 Eugen IV., Papst 122–125, 128, 137, 142, 316, 324, 334, 341, 345–348 Fabritiis, Nicola de 287, 289 Facio, Bartolomeo 136, 317 Federico I., König von Neapel 140, 270, 272, 274–276, 278–279, 282, 286, 317 Federico IV., König von Neapel 236 Ferdinand II., der Katholische, König von Aragòn 16, 76, 269–271, 278, 286, 291–293, 296–299, 307f., 334f., 374 Ferrandina, Vincenzo de, Inquisitor 296f. Ferrante I., König von Neapel 18f., 128, 130f., 136f., 139–142, 195, 220, 223, 231–234, 269f., 341, 371 Ferrante II., König von Neapel 128, 139, 234, 269f., 277–279, 284, 286 Ferrariis, Antonio de 25, 290, 300, 326–330, 376 Fra’ Sebastiano, Konvertit aus Pozzuoli 41, 219 Francisci de Iohanne, Petrus de 182 Franciscis, Paulo de, Diakon 174 Franciscus, Erzbischof von Trani 109, 112

Register Friedrich II., Römischer Kaiser 17, 19, 40, 51–54, 52*, 57, 97, 105, 119, 219, 238f., 239*, 241f., 359, 369 Frixon, Ruben Antonio 234 Galateo Siehe Ferrariis, Antonio de Georgio Fornario 254 Giovanni Antonio Orsini del Balzo, Fürst von Tarent 130f. Giordano da Rivalto 32–34 Golli, Jude aus Sizilien 342f., 345 Gregor I., Papst 239 Gregor IX., Papst 53, 239, 239* Gregor X., Papst 42 Gregor XI., Papst 78 Gregor von Tours 355 Griffo Corradus de, Konvertit und Ritter aus Neapel 66 Robertus de, Konvertit und Ritter aus Neapel 66 Grisone, Romualdo, Erzbischof von Bari, Inquisitor 80 Grosea, Antonio de 175 Gualterius, Konvertit aus Bari 86 Guarna, Francesco 220 Guillelmus, Abt von Nardò 93, 340 Guinzac, Petrus de, Strategot von Salerno 44 Ha-Anavim, Zidkiah, Rabbiner 25, 31, 38 Ha-Cohen, David, Rabbiner 349 Ha-Kohen, Joseph 25, 33 Heinrich VI., Römischer Kaiser 17, 54, 93, 97 Honorius, Römischer Kaiser 239 Ibn Verga, Salomon 25, 33f. Iakobus, Kapellan Roberts I. von Neapel 76 Ioanne de mastro Marcho 302 Iohannes Magister Buctarius 79, 85 Iohannes, Neuchrist aus Benevent 294 Iohannes, Diakon und Prokurator von S. Nicola zu Bari 86 Ioanthomasio 273 Isabella Chiaramonte, Fürstin von Tarent 128 Isabella I., die Katholische, Königin von Kastilien und Léon 76, 271, 292f. Iummata, Konvertitin aus Bari 84 Jakob II., König von Aragòn 49 Johann II., König von Frankreich 111

505

Personen Johanna I., Königin von Neapel 18, 77f., 91, 94, 106f., 109–111, 114, 258, 320 Johanna II., Königin von Neapel 77, 109f., 112, 130, 136, 345 Johanna von Aragòn 270 Johannes XXII., Papst 95f., 253, 322, 339 Juda, Sohn des Gaudio de Capite, Jude aus Pozzuoli 219 Julius II., Papst 294, 297f. Karl I. Anjou, König von Sizilien 19, 40–42, 47, 49, 50f., 53–55, 56f., 60, 74, 97, 219*, 239 Karl II. Anjou, König von Neapel 11, 18f., 29, 31f., 34f., 38, 46–51, 54f., 57, 69, 73–75, 78, 81, 85, 106, 221f., 251 Karl V., Herzog von Anjou 269 Karl VIII., König von Frankreich 16, 269–271, 269*, 272, 280, 286, 374 Karl III. Anjou-Durazzo, König von Neapel 109, 111, 251 Karl, Herzog von Kalabrien 75 Karl Martell von Neapel, Titularkönig von Ungarn 44, 47f. 48 Ladislaus I. Anjou-Durazzo, König von Neapel 109, 113–115, 117, 140, 144, 176 Lambertini, Cesare, Bischof von Isola, Inquisitor 115, 251, 253, 301, 307f., 340 Lamberto, Antonio de, Erzbischof von Trani 111 Leonius de Mediolano 295 Letula, Jüdin aus Salerno 56 Lillo, Nicolaus de, Inquisitor 76 Lucas Thome 82 Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich 56 Ludwig XI., König von Frankreich 269f., 280 Ludwig I., Herzog von Anjou 109, 111 Ludwig III., Herzog von Anjou 100 Lukas, Evangelist 37 Madio, Sohn des Recuperus, Konvertit aus Bari 86 Magister Angelus, Neuchrist aus Tarent 221f. Magister Petrus, Konvertit aus Neapel 65, 313 Magister Robertus, Konvertit aus Neapel 65, 313 Maio Buctarius 79

Manfredonia, Iacobo de, Prior von S. Croce in Trani 307 Manuel, Sohn des Stefanus, Konvertit aus Bari 79, 85 Manuforte, Konvertit aus Trani 41, 313 Marcello, Pietro, venezianischer Gouverneur in Trani 274 Margarete von Burgund, Königin von Sizilien, 56 Marsilio, Nicolaus de 82 Martin IV., Papst 42 Martino Spetiario 182 Mastro Honorato aus Acqaviva 302 Mastro Loyse aus Acqaviva 302 Maurellis, Marino de 294 Medici, Lorenzo de 227 Mercader, Luis, Generalinquisitor des Königreichs Aragòn 308 Michele, Sohn des Alberico de Barbiano 109 Mistretta, Petrus de, Inquisitor 125, 127f, 133, 137, 145f., 155, 192, 316, 324, 341, 348, 354 Molfetta, Ruggerio de 284f. Monopoli, Marchisino de, Inquisitor 91 Moyses, Konvertit aus Salerno 44 Moyses, Jude aus Rhodos 342 Nikolaus IV., Papst 31, 49, 96 Nikolaus V., Papst 124f., 127f.,136f.,145f., 316, 324, 334, 341, 348, 354 Notar Giacomo 279, 300 Oldrado da Ponte 38 Oliviero, Konvertit und Ritter 66 Orlando, Konvertit und Ritter 66 Otto I. von Braunschweig-Grubenhagen, Fürst von Tarent 109, 111 Palagano Alberico 172 Angelillo 172 Goffrido 172 Leucio 135 Margaritella 172 Pietro 120, 130, 133, 136 Panoma, Giuseppe 351 Paretes, Raymundo 227 Pauletti, Raymundus 86 Paulus, Apostel 313, 328, 336

506

Register

Paulus, Konvertit aus Neapel 43, 313 Petrus, Konvertit aus Bari 84, 86 Philipp IV., der Schöne, König von Frankreich 49 Phillipp I., Fürst von Tarent 221 Pino, Giso, Erzbischof von Brindisi 91 Pisarino, Angelo, Inquisitor 75f. Pius II., Papst 128 Pizono, Iacobo 182 Platia, Severino de, Inquisitor 43 Ponciaco, Matteo de, Inquisitor 257, 323, 341 Potiniano, Matteus de, Inquisitor 86 Principe, Philippus de, Konvertit aus Neeapel 48 Puteo, Simon de, Inquisitor 91

Sixtus IV., Papst 76 Sparano da Bari 81f. Spina, Matteo, Erzbischof von Trani 111 Spina, Pietro 121 Stanga Elisabeth 172, 253 Francisco 250 Georgio 172 Stefanus, Sohn des Ysaya, Konvertit aus Bari 79, 85, 319f. Stellatello Leonardo 143 Mario 143 Paduano 308 Strazarolo, Andreolo 343

Queralt, Antonio, königlicher Kommissar in Trani 301

Tauris, Pascarello de 27, 138, 152, 173, 223 Theate, Iacobus de, Inquisitor 43 Thilrode, Iohannes de 353 Thomas von Aquin 218 Tocco, Guillelmus de, Inquisitor 31, 47, 74–76 Trani Angelo da, Inquisitor 74, 80, 93 Antonello di 280 Tubino, Nardello 120f. Tura, Jacobus, Erzbischof von Trani 110f.

Recuperus Konvertit aus Bari 82–84, 86f., 89–91, 219 Reggio, Matteo di, Inquisitor 124f., 324 Regina, Giovanni de, Inquisitor 76f. René I., Herzog von Anjou 130, 136, 317 Richard von S. Germano 52 Ribamelis, Jude aus Neapel 43, 313 Robert I., der Weise, König von Neapel 19, 76f., 97, 103, 106, 257f., 323 Robert III., Graf von Artois 44, 48 Rodigio, Franciscus de, Inquisitor 331, 342 Rojas, Francisco de, spanischer Gesandter an der Kurie 293 Romirez, Berardino, königlicher Schreiber 280 Rüdiger, Bischof von Speyer 241 Ruffo, Giovanni, Elekt von Bertinoro und Forlimpoli 295 Sabato, Bello de, Neuchrist aus Altamura 305 Sabatus, Sohn des Manuel, Jude aus Bari 79 San Martino, Iohannes de, Inquisitor 31, 47, 74, 78, 319 Sanson, Francisco, Pfarrer von S. Apollinare in Venedig 342 Segovia, Johannes de 99 Sifola, Margarita de 172 Siginulfus, Landulfus, Inquisitor 76 Silvis, Sansonecto de 253

Ucello, Paolo 352f. Urban V., Papst 77, 91, 93, 340 Urban VI., Papst 111 Ursini, Latino, Erzbischof von Trani 353 Villamarino, Bernardino di, stellvertretender Vizekönig von Neapel 308 Villani, Giovanni 352f. Vita, Galioto de 302 Wilhelm I., König von Sizilien 116 Yvo von Chartres 239 Ysaya, Jude aus Bari 79 Zorzi, Marin, venezianischer Gesandter in Neapel 236 Zurita, Jerónimo 298–300

507

Orte

2. Orte 2 Abruzzen 270 Acqaviva 272f., 282, 302, 332 Adria 152 Agrigento 54 Alessano 91, 93, 320 Altamura 35, 131, 272f., 282, 301f., 305f., 332 Altomonte 94f. Amalfi 34, 296 Amendolara 306 Andria 132, 137 Apulien 11f., 15, 17, 26–28, 31f., 38, 41f., 44, 64, 74f., 77–79, 82, 86, 91, 95f., 116, 118*, 125, 130, 137, 139, 218, 222f., 227f., 232, 235f., 258, 266, 270, 272, 274, 278, 291f., 294, 296f., 299–302, 304–310, 312f., 317–322, 325, 327–331, 333, 335, 340–345, 348f., 354, 370, 373, 375 Aragón 333 Bari 35, 54, 71, 74f., 78–82, 84–86, 89–91, 94f., 97f., 100, 111, 115, 156, 218, 227, 245, 319, 360 Ruga Neophitorum 36 Ruga Nova 35, 84 S. Nicola 82, 84–88, 90, 98, 315 Bari, Terra di 12, 82, 111, 234, 272, 310, 322, 351, 374 Barletta 76, 118*, 132, 134, 137–139, 141–143, 153, 227, 231, 273f., 279, 281, 296f., 304, 306, 326, 360, 366, 375–377 S. Stefano 273 Basilikata 55 Beirut 32 Belgien 366 Benevent 124, 137, 293, 294, 295, 296, 297, 306, 307, 324, 332, 333, 342, 344, 354 Bisceglie 227, 286 Bitonto 27, 79, 137f., 152, 156, 173, 223, 226, 233, 251, 284 Bologna 76 Universität 47* Bovino 31, 38 Brindisi 63, 78, 91, 93–95, 97f., 100, 242, 270, 320

2

Seitenzahlen mit * verweisen auf die Fußnoten

Budapest 366 Byzanz 355 Canosa 234 Capitanata 12, 69, 125 Capua 35, 70, 236 Caserta 35 Catanzaro 222 Cerignola Piano delle Fosse del Grano 268 Conversano 92 Cosenza 93, 271 Dalmatien 227 Elsass 352 Europa 15*, 18, 50, 331, 352, 366 Ferrara 47* Flandern 310 Florenz 32, 71, 219f., 234, 310, 360 Foggia 31, 219, 366 Franken 352 Frankreich 16, 40, 49, 56, 270 Genua 220, 351 Giovinazzo 103, 109, 151, 227, 258f., 273, 338 Granada 270 Gravina 35, 240, 272, 301, 332 Israel 367 Italien 269, 352, 366 Kalabrien 222, 270, 291, 301f., 304f., 307, 345 Kampanien 11, 15, 17, 36, 44, 64, 72, 218, 222, 318, 340, 345, 369 Konstanz 110 Korfu 349 Kreta 38 Laodicea 336 Lecce 92, 271, 301, 306 Livorno 310 Lleida 334 Lombardei 227 Lucera 47, 69, 125, 127, 137, 234

508 Luni 111 Lyon 310 Mailand 234, 270, 367 Manfredonia 35, 124, 137–139, 143, 227, 273, 296, 304f., 308–310, 324, 344, 354 Martina 272, 282, 332 Matera 35 Melfi 234 Mittelitalien 170, 218 Molfetta 71, 140, 273, 306, 309 Molise 270 Monopoli 124, 137, 270, 272, 300f., 324, 332 Monte Cassino 52 Montpellier 340 Nardò S. Maria 93 Neapel 16, 33–36, 38, 41, 43, 48, 58f., 62–68, 71, 73, 78, 82, 95, 122, 219, 219*, 220, 242. 269f., 274, 291, 293, 296–300, 307f., 313, 317f., 340, 360, 363f. Platea Calcariorum 75 Portanova 65 S. Domenico Maggiore 74f., 299 S. Pietro Martire 75, 125 Universität 233 Neapel (Königreich) 11–13, 15–18, 18*, 22, 25, 29, 32, 34f., 38–40, 46f., 49f., 55–57, 64, 66, 71f., 74, 76–78, 91, 100, 110f., 115, 124f., 130f., 219, 222f., 231, 236, 269f., 272, 291–293, 295, 297f., 305, 307f., 310, 312f., 316f., 319, 321, 326, 330, 338, 342, 344f., 349, 360, 369, 372–376 Niederlande 14 Nola 70 Nordafrika 238 Norditalien 218, 223, 227 Oberitalien 170 Otranto 270 Otranto, Terra d’ 91–94, 98, 320 Palermo 42, 60f., 238f. Cassaro 238 Giudecca 239 Paris 352 Pavia Universität 235 Polen 366

Register Policastro 220 Poligno 227 Pontecorvo 35 Portugal 337, 349, 363 Pozzuoli 41, 219 Provence 40, 49–51 Ragusa 227, 248 Regno di Napoli Siehe Königreich Neapel Rheinland 352 Rhodos 342 Rom 38, 73, 74, 91, 234, 271, 295, 310, 345, 360, 364, 366 S. Germano 35, 52 Salerno 34f., 44–48, 56, 61–63, 68, 74, 82, 220, 241f., 245, 294, 340 Giudecca 241f., 245 Iudayca Siehe Giudecca Ruga Nova 245 Santa Chiara 235 Sizilien 12*, 14, 31, 42, 73, 292, 292*, 308, 314, 359 Sizilien (Königreich ) 29, 40, 47, 50–53, 72–74, 219 Sizilien (Königreich diesseits des Faro) Siehe Neapel, Königreich Spanien 12*, 144, 270, 292, 292*, 300, 307f., 313, 330f., 333, 345, 363, 374f. Straßburg 73 Süditalien 23*, 40, 51, 55, 57, 116, 119, 170, 172, 218, 220, 237f., 240–242, 244, 269*, 270, 312, 331, 360, 372, 374f. Suessa Aurunca 103 Tarent 62, 219–222, 272, 282, 301 Tarsia 301 Teano 70 Terlizzi 71 Terra di Lavoro 270 Teruel 50 Toledo 334 Toskana 32, 71, 73, 227 Trani Casale 356 Dom Siehe Domkirche Domkirche 106, 249–251, 356, 358, 363 Giudecca 110, 112f., 242, 244–250, 253–256, 258f, 260, 262–266, 361f., 368, 372f. Hafen 266, 277, 283, 286

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Orte Iudayca Siehe Giudecca Jüdischer Friedhof 75, 363 Kathedrale 250, 254 Molo S. Lucia 254 Porta d’Andria 266 Porta Nova 248, 250f., 254 S. Agnese 254 S. Anna (ehemalige Synagoge) 248, 251,f., 362, 367 S. Chiara 266 S. Croce 287–289 S. Gervasio 339 S. Giorgio 262 S. Giovanni 367 S. Giovanni de Lionello 250 S. Leonardo (ehemalige Synagoge) 248, 251f. S. Lucia 254f., 262 S. Marco 250 S. Maria Annunziata 120 S. Maria de Cara 248, 251 S. Maria dei Martiri Siehe S. Maria di Scola Nova S. Maria di Scola Nova (ehemalige Synagoge) 251–253, 248, 339, 362f., 364, 366, 368 S. Maria Nova Siehe S. Maria di Scola Nova S. Maria Scola Nova Siehe S. Maria di Scola Nova

S. Martino 248 S. Pietro 272 S. Pietro Martire (ehemalige Synagoge) 251f. S. Salvatore 245–247 Scola Iudeorum 253–255 Scola Nova Siehe S. Maria di Scola Nova Scuola Grande Siehe S. Anna SS. Qirico e Giovita (später S. Anna) 248, 251 Synagoge Scola Nova Siehe S. Maria di Scola Nova Via La Giudea 361f. Via Leopardi 248 Via Publica 248f., 251 Via S. Martino 248–250 Via Scuolanova 361 Via Synagoga 361 Unteritalien 374 Urbino 352f. Venafro 35 Venedig 110, 120f., 156, 182, 223, 227, 270, 274, 276–279, 283, 310, 331–333, 342–346, 363, 375 S. Apollinare 342 Veneto 227 Venosa 360, 362