155 31
German Pages 61 Year 1908
Die staatsrechtliche Stellung
der deutschen Schuhgebiete.
Inaugural - Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde bei der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig
eingereicht von
Paul von Hampeln in Jena,
Borna - Leipzig Buchdruckerei Robert Noske 1908
.
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Seiner Exzellenz
dem Obertruehseß
S.
M. des Kaisers
Grafen Ernst von Wedel in Verehrung
und Dankbarkeit gewidmet.
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Inhaltsverzeichnis Mte Einleitung
1 I.
Kapitel.
Die Erwerbung der deutschen Schutzgebiete a) Geschichtliche b)
...
Entwicklung
1
Arten der Erwerbung 1.
durch Okkupation
2.
durch Verträge
2
2 3 II.
Kapitel,
Die Stellung der deutschen Schutzgebiete zum Reich a) b)
1
.
Schutzgebiete und Kolonien
Die Schutzgebiete stehen
7
in
staatsrechtlichen Verhältnis
keinem völkerrechtlichen, sondern
zum Reich
zum Reich zum Reich
.
c)
Sie sind in ihrem Verhältnis
d)
Sie sind in ihrem Verhältnis
e)
Die Schutzgebiete sind Reichsnebenländer III.
,
.
,
.
kein Ausland kein Inland
a)
Die Schutzgebietsgesetze
b)
Begriff der Schutzgewalt
c)
Umfang der Schutzgewalt
.
.
,
.
8
.... ....
10
....
12
9
10
Kapitel.
Umfang der Schutageiralt
Begriff und
7
12 13
.
15 IV.
Kapitel.
Die Stellung des Kaisers tu den Schutzgebieten V.
.
.
16
Kapitel.
Die rechtliche Stellung der BeTttlkerung
ln
den Schutzgebieten
20
a) Die
Reichsangehörigen in den Schutzgebieten
21
b) Die
Ausländer in den Schutzgebieten
26
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VI Seit# c)
Die Eingeborenen in den Schutzgebieten
d)
Die Angehörigen fremder farbiger VI.
Stämme
28 in
den Schutzgebieten
32
Kapitel.
Pie Organisation der deutschen Schutzgebiet«
...
32 32
a)
Die Kolonialgesellschaften
b)
Die Verwaltung der Schutzgebiete
85
c)
Das Finanzwesen der Schutzgebiete
40
d)
Die Gerichtsbarkeit
45
e)
Die Militärverwaltung der Schutzgebiete
in
den Schutzgebieten
50 52
Schluß
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Literaturverzeichnis Annalen des Deutschen Reiches für Gesetzgebung, Statistik v.
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Berlin 1895.
Berlin 1901.
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;
,
Einleitung
Später als die meisten Staaten Europas hat Deutschland
begonnen,
Besitzungen zu
überseeische
erwerben. 1 )
Zwar
hatte schon der Große Kurfürst denVersuch gemacht, Kolo-
nien an der afrikanischen Westküste zu gründen und im Jahre
1682
die Feste Groß-Friedrichsburg
richtet, die
fürsten
an
der
Goldküste
er-
den Ausgangspunkt für weitere überseeische Er-
werbungen bilden
Nach dem Tode des Großen Kur-
sollte.
wurden seine
kolonialpolitischen
Ideen jedoch nicht
weiter verfolgt, und seine Unternehmungen gerieten bald in Verfall.
Erst nach Gründung des Deutschen Reiches erwachte
der Gedanke kolonialer Betätigung in Deutschland von neuem,
und im Jahre 1884
das
trat
Reich
durch
die
Erwerbung
Südwestafrikas, der dann bald weitere folgten, in die Reihe
der Kolonialmächte
ein.
Kapitel.
I.
Die Erwerbung
(1er
deutschen Schutzgebiete.
a) Geschichtliche Entwicklung.
Zeitlich
zerfällt
die
Erwerbung der deutschen Schutz-
gebiete in zwei Epochen,*) von denen die erste von 1884 *)
Florack,
Die Schutgebiete
S. 1;
— 1886
Köbner, Einführung
in die
Kolonialpolitik S. 60. *)
S ab e r s k y Der koloniale
Köbner,
Inlands-
und Auslandsbegriff
S. 1
Anm.
1
Kolonialpolitik S. 50.
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2
In
reicht.
wurden folgende Schutzgebiete
dieser Zeit
worben:
Südwestafrika,
guinea,
Marshall-,
Brown-
und
die in
den Jahren 1897
er-
Ostafrika,
Neu-
Providence-Inseln.
Als
werden
Schutzgebiete zweiter Epoche zeichnet,
Kamerun,
Togo,
Erwerbungen be-
die
— 1899
erfolgten,
und zu
denen gehören Kiautschou sowie die Inselgruppe der Karolinen,
Palau und Marianen und ferner Samoa.
Arten der Erwerbung,
b)
1.
Was
die
Arten
die Schutzgebiete
Durcb Okkupation.
betrifft, auf
welche das Deutsche Reich
erworben hat, so muß auch hier, ebenso
wie im Privatrecht, zwischen originärem und derivativem Er-
werbe unterschieden werden. sind
worden.
wo
durch Okkupation,
teils
Erstere, nämlich
es sich
um
herrenloses,
unterworfenes Land
1 )
Die
deutschen Schutzgebiete durch Verträge erworben
teils
die Okkupation, d. h.
handelte.
fand dort
statt,
keiner staatlichen Herrschaft Sie
erfolgte
durch Besitz-
ergreifung der betreffenden Gebiete, die stets mit symbolischen
Handlungen, wie dem Hissen der Flagge und der Errichtung
von Grenzpfählen verbunden war. 2 jenigen Schutzgebiete, sind,
mußten außerdem
von 1885
')
v.
die die
für diese Fälle
Stengel,
an
)
Bei der Okkupation der-
den Küsten Afrikas gelogen
von der Berliner Kongokonferenz
bestimmten Formen
Die Rechtsverhältnisse
der
erfüllt
deutschen
werden,
Schutz-
gebiete S. 8. -)
Meyer,
Die staatsrechtliche
Stellung der
deutschen Schutz-
gebiete S. 33.
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3
damit die Okkupation völkerrechtlich anerkannt wurde. Diese
Konferenz bestimmte *)
in der
Kongoakte Art. 34/35, daß jede
der Vertragsmächte bei Okkupation eines Gebietes an den
Küsten des afrikanischen Kontinents
von benachrichtigen müsse und besetzten
Mächte
die anderen
hier-
in
dem
Gebiete die geeigneten Organe zu bestellen,
um
ihre Herrschaft
ferner verpflichtet
sei,
dort zu sichern und den freien Handelsver-
kehr zu schützen.
Diesen in der Kongoakte aufgestellten
Grundsätzen hat das Deutsche Reich
wo
überall,
es erforder-
lich war, genügt.
Durch Verträge.
2.
Auf
die zweite Art, nämlich durch Verträge, hat Deutsch-
land erstens diejenigen Schutzgebiete erworben, die bereits
vorher halb
zivilisierte
Kultur waren.
Staaten oder Gebiete mit entwickelterer
Hier wurden „Schutzverträge“
geborenen Häuptlingen geschlossen.
*)
mit den ein-
Doch wurde
in
diesen
Fällen stets gleichzeitig die Okkupation der betreffenden Ge-
vorgenommen, da diese Verträge keine Bedeutung für
biete
das Außenverhältnis,
d. h. für
das Verhältnis des Deutschen
Reiches gegenüber dritten Staaten hatten. 3 zelten Fällen
konnten
allein
als Erwerbstitel
lingen
nämlich
bei
denjenigen
die Verträge
anderen Staaten Gebieten,
)
Nur
in verein-
mit den Häupt-
gegenüber gelten,
deren
Häuptlinge
als
Herrscher in die völkerrechtliche Gemeinschaft aufgenommen waren. ')
a )
*)
4 )
Martens, La Sabersky S. 2. Die v. P o s e r
v.
,
Conference du Congo ä Berlin
rechtliche
Stellung
der
S. 68.
deutschen
Schutz-
gebiete S. 8. 4 )
v.
P
o s e r a. a. 0. S. 12.
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,
4 Die Erwerbung derjenigen Gebiete, in denen vorher die Koloniaigesellschaften die Hoheitsrechte ausgeübt hatten, voll-
zog sich
durch
gleichfalls
wie
pation“,
Köbner
1 )
„vertraglich
diese von
Okku-
modifizierte
Okkupation
begleiteten
Verträge nennt.
Die Erwerbung der Gebiete, in denen bereits früher eine fremde Schutzgewalt bestanden hatte, erfolgte lediglich durch Verträge, in denen die frühere Schutzgewalt ihre sämtlichen
Hoheitsrechte über das Gebiet an das Deutsche Reich abtrat. In
einem
Falle
stellt
sich
dieser
nämlich bei dem Erwerbe
dar,
wo Spanien
Marianen,
Vertrag
Kaufvertrag
als
der Karolinen,
Palau
und
für den Preis von 25 Millionen Peseten
seine Souveränitätsrechte und das
Eigentum an diesem
gebiet an Deutschland verkaufte.*)
Insel-
Die Samoainseln, die vor-
her unter der gemeinsamen Schutzgewalt Deutschlands, Englands und Amerikas gestanden hatten, erwarb das Reich da-
gegen durch Abtretungsverträge, die es mit diesen beiden
Mächten
schloß. 8 )
Gänzlich abweichend von
den Abtretungsverträgen bei
der Erwerbung der anderen Schutzgebiete
ist
der Vertrag,
durch den Deutschland Kiautschou erworben hat.
Hier hat
China einen Teil seines Inlands durch Vertrag an das Deutsche
Reich abgetreten, und zwar „überläßt der Kaiser von China“,
vom
wie es
in Art. 2 des
Seiten
des Eingangs der Bucht von Kiautschou pachtweise,
vorläufig
auf
wäre
titel
*)
*)
a )
*)
99 Jahre, an
also
Köbner
in
Köbner, v.
J e
Vertrages
hier
1
i
ne k
3.
Deutschland.“
1898
4
heißt, „beide
Der Erwerbs-
)
kein Abtretungsvertrag,
kein Vortrag
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft 1904
Einführung
DJZ. 1898
S. 1083.
in die Kolonialpolitik S. 67.
Stengel, Schutzgebiete 1
6.
S. 22; v.
Posor
S. 12.
S. 253.
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5
über Eigentumsübergang an dem Gebiete, sondern ein Pacht-
über
vertrag.
rechtliche Natur dieses „Pachtvertrages“
die
Rehm
herrschen die verschiedensten Meinungen.
1
vertritt
)
die Ansicht, daß Kiautschou chinesisches Staatsgebiet geblieben sei,
und das Reich nur das Recht
übung
der
Stengel
Staatsgewalt
8
China
in
Gebiete zu
dagegen der Meinung, daß
ist
)
hätte,
diesem
in
in der
des Kiautschougebietes auf längere Zeit eine
der Ausvertreten.
Verpachtung
„verschleierte
Abtretung“ des Gebietes an das Deutsche Reich
liege,
da
China sämtliche Hoheitsrechte über das Gebiet dem Deutschen Reiche überlassen habe, ohne sich selbst auch nur formell über dasselbe zu wahren, und es unwahr-
die Souveränität
scheinlich
sei,
8 )
daß Deutschland nach Ablauf der Pachtzeit
das Gebiet wieder aufgeben würde. Gegen diese Anschauungen
wenden sie
sich
besonders
Jellinek 4 und Köbner, 6 indem )
)
dem Worte „Pacht“
zunächst ausführen, daß
in diesem
Vertrage nicht der Sinn unserer Rechtsauffassung beizulegen
Von
sei.
könne
in
Pacht im
einer
diesem
Sinne
unserer Rechtsauffassung
schon aus
Falle
dem Grunde
nicht ge-
sprochen werden, weil in diesem Pachtverträge ein Haupterfordernis
unserer
Jellinek*)
erwähnten Vertragsartikel (lease),
*)
s )
nämlich
Pacht,
verweist bei
der
Pachtzins,
dem Worte Pacht auf
in
fehle.
dem oben
den englischen Pachtbegriff
der von den Engländern nach China gebracht worden
Rehm, v.
Allgem. Staatslehre S. 82.
Stengel,
Schutzgebiete S. 23; so auch
Florack, Schutz-
gebiete 1905 S. 13. 3 )
4 )
*>)
•)
v.
Stengel, Schutzgebiete
Jellinek, DJZ. 1898
Köbner,
S.
23 Anm.
1.
S. 255.
Kolonialpolitik S. 65.
Jellinek, DJZ.
1899 S. 255.
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6 Dieser
sei.
wesentlich
sei
verschieden von
dem unsrigen
und gleiche mehr dem Begriffe unserer Eigentumsübertragung.
Von die
letzterer unterscheide sich die englische zeitliche
Pacht nur durch
Begrenzung und den Vorbehalt des Rückfalles.
Ein Pachtzins
sei kein
Erfordernis der englischen Pacht.
Eine noch treffendere Erklärung für die Bedeutung des
Wortes Pacht
K ö b n e r. 1
)
in
diesem Vertrage
Er weist J e 1 1 i n e k s
vom
6.
3.
1898 gibt uns
Ansicht, daß die Engländer
ihren Pachtbegriff nach China getragen hätten, damit zurück,*)
daß
eben beschriebene Pachtbegriff in China uralt sei
der
und daher nicht zu
erst
von den Engländern nach China gebacht
werden brauchte.
altersher
Das
Recht besitze
chinesische
seit
den Rechtsbegriff der Pacht in einem Sinne, der
dem Eigentumsbegriff
viel
näher komme,
päischer Rechtsanschauung der Fall
als dies
nach euro-
Insbesondere sei die
sei.
Bezeichnung Pacht regelmäßig für die tatsächlich eigentumsgleichen
Privatrechte
von Ausländem an Grundstücken in
China üblich geworden.
Hiernach darf man wohl mit Recht annehmen, daß auch in
dem
deutsch-chinesischen
dem Worte Pacht der dem Begriff
daher
der Pacht gemeint nichts
anderes
Vertrage
vom
6. 3.
1898 mit
chinesischen Rechte eigentümliche ist,
und daß dieser Pachtvertrag
bedeutet,
als
ein
Vertrag
über
die
dauernde Abtretung sämtlicher Hoheitsrechte über Kiautschou
von seiten Chinas an Deutschland.
*)
8 )
Köbner, Köbner,
Kolonialpolitik S. 66. Kolonialpolitik S. 65
Anm.
2.
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7
II.
Kapitel.
Die Stellung der deutschen Schutzgebiete
zum
Reich.
a) Schutzgebiete und Kolonien.
Nach der Erwerbung der deutschen Schutzgebiete stand in der juristischen Literatur ein Streit
welchem
Verhältnisse
Stellung
zum Reiche
zum
zum Reiche
ständen,
eine völkerrechtliche oder
ob
in
ihre
staatsrecht-
Hervorgerufen wurde diese Meinungsverschieden-
liche wäre.
heit
diese
ent-
darüber,
daß das Reich seine sämtlichen
Teil auch dadurch,
überseeischen Erwerbungen als „Schutzgebiete“ bezeichnete,
während
bis
von
dieser,
dahin die Bezeichnung Kolonie für solche Be-
allgemein
sitzungen
der
üblich
Wollte
war.
man
jedoch
aus
Gewohnheit abweichenden Benennung der
deutschen überseeischen Besitzungen einen Schluß auf deren
zum Reiche
Stellung
ziehen, so
käme man
zu keinem richtigen
Die Bezeichnung „Schutzgebiete“
Resultat.
erinnert heute
nur an die eigentümliche koloniale Entwicklung Deutschlands. 1)
Denn
das Reich sich entschloß, dem bis dahin bloß per-
als
sönlichen Schutz deutscher Kaufleute in Afrika und Polynesien
einen territorialen Charakter zu geben,*) dachte es noch nicht
an die Gründung von Kolonien,
d. h.
auf überseeische Territorien. 3 )
Es
’)
F
*)
Schwörbel,
1
o
r
ack
,
Die Schutzgebiete Die
staats-
Da
Hampeln.
Ausnahme von
so wird allgemein das „überseeische* als
der Kolonie gehörend angesehen. v.
S. 19.
sämtliche Kolonien (mit der einzigen
überseeisch sind,
An-
S. 6.
und völkerrechtliche Stellung der
deutschen Schutzgebiete, Berlin 1906, *)
an eine Machtausdehnung wollte nur eine lose
Vgl. Fl o
rack
zum
Sibirien)
Begriff
S. 6.
2
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8
näherung jener Gebiete an das Reich, eine Art Schutzverhältnis, hersteilen. 1 )
Daher wurde
für die Bezeichnung dieser Gebiete
gewählt. Aber schon in wenigen Jahren gab das Reich sein ursprüng-
der Ausdruck
liches
„Schutzgebiete“
Programm
Es
auf.
erstreckte seinen Schutz in
jenen Schutzgebieten nicht mehr lediglich auf die Person der daselbst
wohnenden oder
sondern
auch
sich aufhaltenden Reichsangehörigen,
die Gebiete
auf
Ausübung der Souveränität
Hand *) und
verwandelte
Damit nahm
selbst
es die
jenen Gebieten selbst in die
in
dadurch
Schutzgebiete
seine
in
Kolonien. 8 )
Wenn
Deutschland
auch
trotzdem
für
später
seine
erworbenen überseeischen Besitzungen die Bezeichnung „Schutzgebiete“ beibehalten hat, so hat diese Bezeichnung eine
geschichtliche
Bedeutung.
Rechtlich
bedeutungslos, denn ein Unterschied
ist
den deutschen Schutzgebieten besteht nicht mehr. der Kolonie
ist
lediglich
sie
heute
zwischen Kolonien und
Der Begriff
im Rechtssinne vollkommen identisch mit dem
Ausdruck Schutzgebiet,
4 )
und
kann man heute
die
gleichen Berechtigung
als
daher
deutschen Schutzgebiete mit der deutsche Kolonien bezeichnen.
Schutzgebiete
b) Die
stehen
keinem
in
völkerrechtlichen,
sondern staatsrechtlichen Verhältnisse zum Reich.
Was nun
die verschiedenen
der Schutzgebiete zum Reiche
*)
J )
*)
4 )
Köbner, S
c
h
so neigt
man heute
Kolonialpolitik S. 13.
w ö rbe
Köbner, Florack
Meinungen über die Stellung
betrifft,
1
S. 19.
Kolonialpolitik S. 13. S. 7.
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9
fast durchweg der Ansicht zu, licher Natur
Durch
sei.
daß diese staatsrecht-
1 )
werden Staaten im Interesse
Völkerrecht
das
ihres gemeinsamen Bestehens und Wirkens in ihren Interessen
und geschützt,
einerseits anerkannt
und
verpflichtet.
Hechte auf
also
Nur Staaten
)
und
nehmen.
zu
sich
kann
5
erwerben
zu
Ein
können. 8
)
Verpflichtungen
völkerrechtliches
Staaten bestehen, die sich gegenseitig pflichten
internationale
fähig,
Verhältnis
zwei gleichberechtigten
zwischen
nur
beschränkt
andrerseits
sind
internationale
Da nun
aber
zu Leistungen ver-
die
Schutzgebiete
dem
Reiche zweifellos nicht gleichberechtigt, sondern dessen Hoheit unterworfen sind, so besteht hier keinesfalls ein völkerrechtliches,
sondern ein staatsrechtliches Verhältnis.
Das Reich
hat die Gebiete entweder okkupiert oder sich von den
ein-
heimischen Herrschern oder den früheren Schutzmächten die Hoheitsrechte über die betreffenden Territorien abtreten lassen,
hat von den ergriffen
und
Erklärung Besitz
Gebieten
durch
feierliche
ihnen
durch
Einsetzung
in
von Regierungs-
erganen eine tatsächliche Herrschaft begründet.
c) Die Schutzgebiete
sind
in
ihrem Verhältnis
zum Reich
kein Ausland.
Damit lichen und
aber, daß die Schutzgebiete in
stehen, ist auch
J )
einem staatsrecht-
keinem völkerrechtlichen Verhältnis zum Reiche zugleich
Andere Ansicht
gesagt,
vertritt
daß
sie
Pann, Recht
in
ihrer
Stellung
der deutschen Schutz-
herrlichkeit S. 17. *)
3 )
Gar eis, Meyer,
Institutionen des Völkerrechts
Schutzgebiete
2. Aufl.
1901 S. 47.
S. 76.
2*
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10
zum Reich gar
Staatsgewalt
keiner
ist
nur dasjenige
Gewalt eines andern Staates
Gebiet, welches entweder der
oder
Ausland
kein Ausland bilden.
unterworfen
ist.
Da
1 )
die
Schutzgebiete aber unter der Gewalt des Deutschen Reiches stehen, so bilden sie für das Reich kein Ausland.
Schutzgebiete sind
d) Die
ihrem Verhältnis zum
in
Reich
kein Inland.
aber auch nicht als
Andrerseits sind die Schutzgebiete des Deutschen
I n land
zu
Reiches
betrachten.
Deutschen Reiches bilden nur die im Art. aufgezählten
25 Einzelstaaten,
die
1
Inland
des
der Reichsverfassung
den Umfang des
somit
Reichsgebietes darstellen. Eine Erweiterung des Bundesgebietes,
Veränderung des Art.
also eine
Wege
nur im
1
der Reichsverfassung kann
der Gesetzgebung nach Maßgabe des
Art.
78
der Reichsverfassung erfolgen. Solche Gesetze wurden erlassen, als
Elsaß-Lothringen (Reichsgesetz (Reichsgesetz
land
einverleibt wurden.
vom
15.
12.
vom
9. 6.
Ein solches Gesetz
1871) und Helgo-
dem Bundesgebiet
1890)
ist
aber hinsichtlich
der Schutzgebiete nicht ergangen, sie sind daher auch nicht Teile des
Bundesgebietes' im
Sinne der Reichsverfassung
und infolgedessen auch nicht Reichsinland.
e) Die Schutzgebiete sind „Reichsnebenländer“.
Es
ist also
nicht möglich, auf die Schutzgebiete in ihren®
zum Reich
Verhältnis
land“ anzuwenden.
und dabei
’)
v.
die
Man
Bezeichnung „Inland“ und „Aushat dieses früher vielfach versucht
die verschiedensten
St
eng e
1
,
Umschreibungen erfunden. Sa
Schutzgebiete S. 35.
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11
nennt
Bornhak
1 )
die Schutzgebiete „völkerrechtlich Inland,
staatsrechtlich Ausland“.
nungen passen
wie auch
Diese
nicht vollständig,
Punkten das Richtige
treffen
wenn
sie
andere Bezeich-
auch in einzelnen
mögen.
Inland und Ausland sind Namen, die zu einer Zeit ent-
standen sind,
zum
wie das der Schutzgebiete
als es Verhältnisse
Man kann nun
Reich noch gar nicht gab.
unmöglich
eine ganz neue Erscheinung, die früher unbekannt und daher
auch ohne Namen war, mit einer Sie
wollen.
Man
benennen
alten Bezeichnung
dann nie vollständig
wird
werden.
getroffen
hat daher seit Erwerbung der Schutzgebiete nach neuen
Bezeichnungen für ihre Stellung zum Reiche gesucht und die verschiedensten
nennen
sie
Namen
womit ausgedrückt gehören,
La band
gefunden.
3 )
Meyer 8
und
)
„Pertinenzen“ oder „Zubehörungen“ des Reiches,
Bezeichnung
jedoch
indem
er ausführt, daß nach
zu verstehen
zum Reiche
sein soll, daß die Schutzgebiete
ohne jedoch Reichsgebiet zu
weist
diese
als
dem BGB.
Sassen 4
bilden.
unzutreffend
)
zurück,
§ 97 unter Zubehörung
„bewegliche Sachen, die ohne Bestandteile
sei:
der Hauptsache zu
dem
sein,
wirtschaftlichen
Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu
Zwecke der ihr in
einem
dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse
stehen“.
Da nun
bei
den Schutzgebieten die Erfordernisse
der Beweglichkeit der Sache und des betreffenden räumlichen Verhältnisses fehlen, so sei diese Bezeichnung nicht zutreffend.
Wenn *) *)
Bd.
es auch stets sehr
Born hak Laban d,
im Arch.
f.
Staatsrecht
gewagt sein
öffentl.
des
dürfte,
R. Bd. 2 1887 S.
Deutschen Reiches
Sätze des
9. 2.
Aufl.
1888
1 S. 790. 3 )
4 )
Meyer,
Schutzgebiete S. 88.
In Zeitschr.
f.
Kolonialpolitik 1906 Heft 8 S. 614.
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12 Privatrechts auf staatsrechtliche Verhältnisse anzuwenden, so sich
läßt
Sasse ns
diesem Falle die Ansicht
in
Es muß doch
treten.
den Fällen,
in
uns keine Begriffsbestimmung
wo
doch ver-
das öffentliche Recht
gibt, auf das Privatrecht
zurück-
Normen unsere Rechtsauffassung zum
gegriffen werden, dessen
Ausdruck bringen.
Am
besten
lassen
sich
Schutzgebiete
die
andere tun.
viele
Denn
diese
als
„Reichs-
Stengel und Bezeichnung deckt sich am
nebenländer“ bezeichnen, wie es
Gareis,
v.
meisten mit der Stellung, welche die deutschen Schutzgebiete
zum Reiche einnehmen.
„Nebenland“
bereits
Einmal wird durch den Ausdruck daß die Schutz-
darauf hingewiesen,
gebiete nicht einen Bestandteil des Bundesgebietes im Sinne
der Reichsverfassung bilden; dann aber wird dadurch,
man sie
sie
Re
i
c h s nebenländer nennt,
neben dem
gleichzeitig gesagt,
Bundesgebiete doch
Unter Reichsnebenland kann man
zum
also
,
wie
definiert,
rechtlich,
aber nicht im
Sinne
Deutschen Reiche gehört“.
v.
P oser
der Reichsverfassung
— Und
daher
daß
*)
es
„welches staats-
ein Gebiet verstehen,
zutreffend
daß
Reiche gehören.
trifft
zum
diese Bezeich-
nung wohl am besten das Verhältnis vom Schutzgebiet zum Reiche.
III.
Kapitel.
und Umfang der Schutzgewalt,
Begriff
a) Die Schutzgebietsgesetze.
Maßgebend
für
die
rechtliche
Stellung
Schutzgebiete sind die Schutzgebietsgesetze.
der
Das
deutschen
erste Reichs-
gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz’)
y.
Pos
e
r S. 58.
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13
gebiete erging am
17. 4.
1886 und enthielt nur 4 Paragraphen.
Eine größere Novelle dazu
erschien
ganze Gesetz wurde dann
in
im
am
15. 3.
neuer Fassung
1888, und das
am
19. 3.
1888
Als Ergänzung er-
Reichsgesetzblatt bekannt gemacht.
ging dazu neben anderen Spezialgesetzen noch am
30. 3.
1892
ein Reichsgesetz über den Etat der Schutzgebiete.
Die Entwicklung der Verhältnisse
machte jedoch schon
in
Reichstage
am
7.
7.
in
den Schutzgebieten
wenigen Jahren eine abermalige Ände-
rung des Gesetzes von 1886
erforderlich.
Daher wurde dem
1900 der Entwurf einer Novelle zum
Schutzgebietsgesetz vorgelegt, der mit nur geringen Änderungen
angenommen wurde. 1 datiert
ist,
)
Dieses neue Gesetz, das
am
gelangte dann
1.
1901
1.
in
Kraft.
Es
heute
bildet
vom
25.
7.
1900
1900 im Reichsgesetzblatt
10. 9.
als Schutzgebietsgesetz zur Veröffentlichung
ist seit
dem
Grundlage
des
und
die
Kolonialrechts und hat, da es sich sowohl auf öffentliches wie auf Privatrecht bezieht,
den Charakter eines Grundgesetzes
für die Schutzgebiete erhalten.
Es
ist
eine Art Schutzgebiets-
verfassung geworden. 2 )
b) Begriff
Der
der Schutzgewalt.
§ 1 dieses Gesetzes v. 25.
7.
1900 lautet: „Die Schutz-
gewalt in den deutschen Schutzgebieten übt der Kaiser im
Namen
des Reiches aus.“
Hiernach wird der Inbegriff der Rechte, die dem Reiche in
bezug auf die Schutzgebiete zustehen,
bezeichnet.
herrliches Verhältnis,
Stengel,
*)
v.
2
Hoepfner,
)
als
„Schutzgewalt“
Schutzgewalt bedeutet hier nicht etwa ein schutzein Protektorat,
zwischen Reich und
Schutzgebiete S. 25.
Das Schutzgebiotsgesetz 1907
S. 3.
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14
Unter Protektorat 1
Schutzgebiet. rechtliche
souverän
)
man
versteht
die
völker-
Verbindung zweier Staaten, von denen der eine voll ist,
beschränkt
während der andere
in seiner Geschäftsfähigkeit
Der stärkere Staat übernimmt dabei den
ist.
Schutz des schwachem gegenüber
und erhält
dritten Staaten
dadurch einen Einfluß auf die Leitung seiner auswärtigen Angelegenheiten.
Dabei
stehende
vollständig Staat
Staat
bleibt
aber
der
unter
Schutzstaat wie anderen Staaten gegenüber rechtlicher Natur.
Da nun
aber,
sondern
liche,
eine
ist stets
völker-
wie oben nachgewiesen, die
zum Reich
Stellung der Schutzgebiete
Protektorat
und sein Verhältnis zum
nicht eine völkerrecht-
staatsrechtliche ist,
so
ist
die Schutz-
gewalt des Reiches über die Schutzgebiete auch nicht ein Protektorat.
Vielmehr bedeutet die Schutzgewalt die
voll-
ständige, sämtliche Hoheitsrechte umfassende Staatsgewalt*) in
den Schutzgebieten. Da, wie eben gesagt, die Schutzgewalt sämtliche Hoheits-
rechte umfaßt, so gehört auch die Gebietshoheit dazu.
man
unterschied
allerdings
und Gebietshoheit, 8 in
ihrer
als
die
indem man erstere
als die
Staatsgewalt
in
ihrer
Richtung
Diese Unterscheidung darf
man
auf das
bedeutet die vollständige,
9
Sassen
in Zeitschr.
Poser
)
v.
)
vgl.
3
Land be-
als veraltet
zurück-
Bewohner, sondern
sämtliche Hoheitsrechte
fassende Staatsgewalt in den Schutzgebieten. ’)
Staatsgewalt
Die Schutzgewalt bedeutet, wie gesagt, nicht nur
die Staatsgewalt in ihrer Richtung auf die sie
Früher
zwischen Schutzgewalt
Richtung auf die Bewohner, und die Gebietshoheit
zeiehnete.
weisen.
)
vielfach
f.
Mithin
ist
umder
Kolonialpolitik 1906 S. 602.
S. 36.
Meyer,
Schutzgebiete S. 69 ff. und
Lab and,
Staatsrecht
1901 S. 272«.
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15 Begriff der Gebietshoheit, da er zur Staatsgewalt gehört, auch
der Schutzgewalt schon mit enthalten.
in
— Lab and
noch weiter, indem er den Begriff der Gebietshoheit
geht
als eines
Er sagt darüber 1
Bestandteiles der Staatsgewalt zurückweist.
:
)
„Die in früherer Zeit herrschende Ansicht, daß die Gebietseinen besonderen Bestandteil der
hoheit
mache und bestimmte
einzelne Befugnisse enthalte, kann
ansehen.
beseitigt
als
Staatsgewalt aus-
Das Gebiet des Staates
bildet
man den
räumlichen Machtbereich, innerhalb dessen der Staat die ihm
zustehenden Herrschaftsrechte entfaltet ist
Die Gebietshoheit
sonach die Staatsgewalt selbst; daß die letztere innerhalb
bestimmten Gebiets ausgeübt wird,
eines
ist
nicht ein Teil
ihres Inhalts, sondern eine Eigenschaft derselben.
11
Der Umfang der Schutzgewalt.
c)
Die Schutzgewalt umfaßt das gesamte Gebiet der Schutzgebiete und schließt jede andere Staatsgewalt als die deutsche
Die geo-
von der Betätigung innerhalb dieser Gebiete aus.
graphischen Grenzen dieser Gebiete sind, soweit sie durch völkerrechtlichen Vertrag
Weniger klar Ausdehnung
entstehen. 2 )
wo
bestimmt.
vom Reiche
mitunter Zweifel
Besonders häufig
wenn keine fremden Kolonien an
ein,
genau
erworben sind,
sind die Grenzen jedoch bei den
okkupierten Landstrichen,
tritt
die
über ihre dieser Fall
Schutzgebiete
grenzen und zwischen den einzelnen Kolonien noch herren-
Land
loses
liegt.
Diese an die Kolonien verschiedener Staaten
angrenzenden herrenlosen Gebiete nun, von denen zwar noch nicht Besitz ergriffen worden *)
ä )
L
a b an d
v.
Poser
,
ist,
hinsichtlich derer aber
Deutsches Reichsstaatsrecht 1907
von
S. 35.
S. 39.
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16
den beteiligten kolonisierenden Staaten Vereinbarungen getroffen
worden
sind,
zu welchen Grenzen der eine oder
bis
der andere Staat seine Besitzergreifung ausdehnen darf, nennt
„Interessensphären“ oder „Machtsphären“. 1 )
man
Auf diese
erstreckt sich die Schutzgewalt jedoch nicht, sondern sie be-
Erst
schränkt sich auf die tatsächlich okkupierten Gebiete.
durch die nachfolgende Inbesitznahme wird die Schutzgewalt
auch auf diese Landstrecken ausgedehnt.*)
IV.
Kapitel.
Die Stellung des Kaisers zu den Schutzgebieten. Durch den genannten
§ 1 des Schutzgebietsgesetzes
wird
außerdem die Stellung des Kaisers zu den Schutzgebieten genau bestimmt. in
Hiernach übt der Kaiser die Schutzgewalt
den deutschen Schutzgebieten
Es haben
aus.
„im Namen des Reiches“
sich über die Folgerungen, die sich aus
Satze auf die Stellung des Kaisers zu ziehen lassen, zwei verschiedene
schließen,
Meinungen
Bornhak 3
hauptsächlich von
eine,
)
diesem
den Schutzgebieten gebildet.
Die
vertretene will hieraus
daß der Kaiser auf Grund dieses Paragraphen die
Schutzgewalt nicht nur ausübe, sondern auch
innehabe.
Der Kaiser wäre
Inhaber der
Schutzgewalt,
also
d. h.,
nach dieser Ansicht
als
wie oben bewiesen, der vollen Staats-
gewalt, der Souverän in den deutschen Schutzgebieten.
Auffassung
ist
*)
2 )
s )
Ähnlich v.
Laban d,
Posei
Bornhak
Diese
jedoch nicht als richtig zu bezeichnen und
findet auch in neuerer Zeit nur
noch wenig Anhänger.
Das
Staatsrecht 1901 S. 270.
S. 40.
im Arch.
f.
öffentl. R.
Bd.2 1887
S. 10/13.
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17
Reich
ist
und
der Souverän
Inhaber der Schutzgewalt und damit
bleibt
den Schutzgebieten.
in
Es hat dem Kaiser
die
Der Kaiser
Schutzgewalt lediglich zur Ausübung übertragen.
übt diese daher auch nicht im eigenen Namen, sondern im
Namen ist
hat
als
also,
Organ des Reiches. 1
dem
demselben
nommen
also nicht als Souverän,
Die Schutzgewalt selbst
)
wie eben gesagt, ein Recht des Reiches gesetzliches Recht,
ein
gesetz ist auf
Er handelt
des Reiches aus.
sondern
der Kaiser
;
Durch Reichs-
auszuüben.
sie
Kaiser dies Recht übertragen worden,
Wege kann
und
es
ihm daher auch wieder ge-
dieses Gesetzes
nun stehen dem Kaiser sämt-
werden.
Auf Grund
liche Hoheitsrechte
in
den Schutzgebieten unbeschränkt zu,
soweit dies Gesetz nicht selbst Ausnahmen festgesetzt hat.
dem Gebiete
Diese erstrecken sich jedoch auf rechts
auf die
lediglich
Naturalisation,
Schutzgebietsgesetzes genau geregelt
kanzler zu erfolgen hat.
ist
des Staats-
durch § 9
die
des
und durch den Reichs-
Ferner gewährleistet § 14 des ge-
nannten Gesetzes den Angehörigen der im deutschen Reiche anerkannten Religionsgemeinschaften in den Schutzgebieten Gewissensfreiheit öffentliche
und
Ausübung
gottesdienstlicher
religiöse
Duldung.
dieser Kulte, das
»Die
freie
und
Recht der Erbauung
Gebäude und der Einrichtung von Missionen
der bezeichneten Religionsgemeinschaften unterliegen keinerlei
Beschränkung Abs. 3 die
noch
Hinderung.“
4 )
Außerdem
schützt
§
9
Bewohner der Schutzgebiete vor der Möglichkeit
der Doppelbesteuerung.
In
diesen Fällen
also
*)
Laband,
*)
Schutzgebietsgesetz § 14.
sind
dem Kaiser
bei
der Aus-
Reichsstaatsrecht 1007 S. 194.
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18
Übung der Schutzgewalt Grenzen sonst unbeschränkt
ausübt
gesetzt,
während er diese
weder an
und dabei
die
wirkung des Bundesrats noch des Reichstages gebunden
Die Zustimmung des Bundesrates und Reichstages wäre nur erforderlich, einen völkerrechtlichen Vertrag geltendes
Reichsgesetz
1 )
Genehmigung des
wenn der Kaiser durch
ein
abändern
die
Mitist.
den Schutzgebieten
in
durch
oder
wollte
einen
eine finanzielle Belastung des Reiches oder
solchen Vertrag
der Schutzgebiete herbeigeführt würde, da dazu ein formelles
Gesetz nötig
Da nun
ist.
2 )
wie gesagt, mit der Schutz-
aber der Kaiser,
gewalt ein Recht des Reiches ausübt, so finden die verfassungsrechtlichen Regeln
über die Anordnungen des Kaisers auch
auf die Ausübung der Schutzgewalt Anwendung. 3 ist also
)
Der Kaiser
an die Gegenzeichnung des Reichskanzlers gebunden,
welcher mithin auch in bezug auf die Verwaltung der Schutzgebiete
der verantwortliche Minister und Ratgeber des
als
Kaisers erscheint.
Die Form,
in
welcher der Kaiser seine Anordnungen für
die Schutzgebiete erläßt, ist die der kaiserlichen Verordnung.
Der Kaiser
besitzt
auf
Grund der ihm übertragenen Schutz-
gewalt das Recht, sowohl Verwaltungs-
nungen
in
als
auch Rechtsverord-
den Schutzgebieten zu erlassen, und kann dieses
Recht dem Reichskanzler oder anderen kaiserlichen Beamten übertragen.'*)
Der Kaiser hat
also
in
den Schutzgebieten
ebenso wie im Reich das Recht, Verwaltungsverordnungen zu erlassen, ‘)
s ) 3 )
4 )
außerdem steht ihm aber hier auch der Erlaß
Laband, v.
v.
Keichsstaatsrecht 1907 S. 194.
Stengel, Schutzgebiete
Laband,
S. 81.
Reichsstaatsrecht 1907 S. 194.
Stengel,
Schutzgebiete S. 47.
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19
von Rechtsverordnungen unbeschränkt zu, so daß er also in den Schutzgebieten selbständige gesetzgebende Verordnungen erlassen
ist
kann *) und damit auf Grund der Schutzgewalt auch
Gesetzgebungsgewalt
die
Er
den Schutzgebieten ausübt.
in
hier nur insoweit beschränkt, als das Schutzgebietsgesetz
ihm
selbst
Gesetzgebung Grenzen ge-
bezug auf die
in
setzt hat.
Neben den Rechten,
die der Kaiser kraft
Ausübung der
Schutzgewalt besitzt, stehen ihm in den Schutzgebieten auch alle
diejenigen Rechte zu,
er als Bundesoberhaupt,
die
als
Träger des Bundespräsidiums auf Grund der Reichsverfassung oder sonstiger Reichsgesetze hat. 2 )
den
Schutzgebieten
Rechte
der
aus,
so
Schutzgewalt.
Übt der Kaiser diese
sind
Er
ist
dann
sämtlichen
schränkungen unterworfen, die sich für ihn seiner Rechte,
bei
Zu den
Be-
Ausübung
die auf der Reichsverfassung beruhen,
letztere ergeben.
in
dann natürlich nicht
es
durch
hauptsächlichsten durch die Reichs-
verfassung begründeten Rechten
des Kaisers in den Schutz-
gebieten gehört vor allem nach Art. 11 der Reichsverfassung das
Recht der völkerrechtlichen Vertretung der Schutzgebiete,
ferner
nach Art. 18 der Reichsverfassung das Recht, Reichs-
beamte zu ernennen, welche bei der Verwaltung der Schutzgebiete beschäftigt sind.
dem Kaiser
steht
Nach
Art. 64 der Reichsverfassung
das Recht zu, deutsche Truppen überall,
also
auch in den Schutzgebieten zu verwenden. Nach Art. 11
der
Reichsverfassung
ferner
auch
erklärung, worin er jedoch durch die rates beschränkt
*)
a )
ist,
v.
Stengel,
v.
Poser
falls
das
Recht der Kriegs-
Zustimmung des Bundes-
es sich nicht
um
einen feindlichen
Schutzgebiete S. 46.
S. 68.
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20 Angriff handelt
Rechte,
diese Befugnisse sind ein Ausfluß der
Alle
der Kaiser
die
auf
Grund der deutschen Reichs-
verfassung ausübt, und die ihm daher nie, es sei denn durch eine Verfassungsänderung,
genommen werden können, zum
großen Unterschiede von der Schutzgewalt, deren Ausübung
dem Kaiser durch
Reichsgesetz übertragen
Reichsgesetz also auch wieder
V.
und durch
ist
ein
genommen werden kann.
Kapitel.
Die rechtliche Stellung der Bevölkerung in den deutschen Schutzgebieten. Bei Besprechung der Stellung
der
Reich wurde nachgewiesen, daß diese in
ihrem Verhältnis
land sind.
Da nun
als
zum Reich weder die
rechtliche
Reichsnebenländer Inland
Stellung
noch Aus-
der Bewohner
unserer
Schutzgebiete durch die rechtliche Stellung
Gebiete
zum Reiche bedingt
eine
Stellung ein,
die
wird, so
nehmen
ist
dieser
Bewohner von der
Außerdem
finden
aber in bezug auf die Stellung der Bewohner Unter-
schiede,
die durch
bedingt sind. in
ihre
wesentlich verschieden
Stellung der Deutschen im Deutschen Reich. sich
zum
Schutzgebiete
die verschiedenen Teile der Bevölkerung
Diese Gliederung entsteht einmal dadurch, daß
den Schutzgebieten ebenso wie in Deutschland und in
allen
anderen Kulturstaaten ein Unterschied gemacht wird zwischen
den eigentlichen Staatsangehörigen und den Ausländern,
die
nur für die Dauer ihres Aufenthaltes in dem Staate in einem
Unter werfungsverhältnis zu diesem stehen. in
Dazu kommt nun
den Schutzgebieten im Gegensatz zum Mutterlande noch
ein weiterer Unterschied, nämlich der, welcher zwischen der
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;
21
weißen und der farbigen Bevölkerung
Man
besteht.
hat hier
also vier Gruppen der Bevölkerung zu unterscheiden: 1.
die Reichsanhörigen, die sich in den deutschen Schutz-
2.
Angehörige fremder Staaten, die in den Schutzgebieten
gebieten aufhalten;
leben
und
3.
die Eingeborenen der Schutzgebiete
4.
Angehörige anderer farbiger Stämme.
Reichsangehörigen
a) Oie
in
Zu den Reichsangehörigen gebieten gehören einmal dadurch, daß
sie
alle
den Schutzgebieten.
in
den
deutschen
Schutz-
diejenigen Personen,
welche
Staatsangehörige in einem deutschen Einzel-
staate sind oder die Landesangehörigkeit in Elsaß-Lothringen besitzen, sich auch im Besitz der Reichsangehörigkeit befinden.
Letztere wird in den Schutzgebieten in gleicherweise wie in
Deutschland auf Grund des Reichsgesetzes
v. 1. 6.
worben, und zwar ipso iure erstens durch Geburt,
stammung von deutschen Staatsangehörigen
Eltern,
1870 1 d. h.
)
er-
Ab-
zweitens
durch Legitimation, drittens durch Verheiratung mit einem
Deutschen und viertens durch Anstellung in
als
den Schutzgebieten. Ferner gehören zu den Reichsangehörigen alle
lisation,
Verleihung
d.
h.
in
den deutschen
diejenigen Personen, welche durch Natura-
Schutzgebieten
länder, 2) Reichsangehörige
der Staatsangehörigkeit
geworden
sind.
an
Aus-
Während nun aber
im Reiche naturalisierten Ausländer nach dem Gesetz
die v.
Reichsbeamter
6.
1.
1870 die Staatsangehörigkeit
*)
Staatsangehörigkeitsgesetz
®)
Laban
d
,
in
einem Einzelstaate
v. 1. 6. 1870.
Reichsätaatsrecht 1907 S. 48.
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22
erwerben müssen und
erst durch diese, ihre Staatsangehörig-
keit im Einzelstaate, Reichsangehörige werden, erlangen die in
den
Schutzgebieten
geborenen also in
direkt
und man dort
gibt,
naturalisierten
Ausländer
und Ein-
Während
Reichsangehörigkeit.
die
es
Deutschland nur Staatsangehörige der Einzelstaaten daher
deutscher werden kann,
auch
durch Naturalisation
Preuße, Bayer usw. und erst dadurch
werden die
gleichzeitig
den Schutzgebieten
in
Personen direkt Reichsangehörige.
naturalisierten
nur
Reichs-
§ 9
des
Schutzgebietsgesetzes sagt hierüber: „Ausländern, welche in
den
Schutzgebieten
sich
kann durch Naturalisation
sowie Eingeborenen
niederlassen,
die Reichsangehörigkeit
Reichskanzler verliehen werden“.
Wir haben
von dem
hier also den
einzigen Fall der direkten deutschen Reichsangehörigkeit ohne
Staatsangehörigkeit in einem Einzelstaate.
Arndt, 1 Lab and 8 )
solche
„abstrakte“
)
behaupten allerdings, daß eine
u. a.
Reichsangehörigkeit
bereits
in
Elsaß-
Lothringen existiere, und die dort naturalisierten Ausländer gleichfalls direkte
hierüber sind jedoch
geteilt,
und man
die entgegengesetzte Ansicht vertreten,
findet
v.
8.
1.
auch vielfach
die damit begründet
wird, daß das Staatsangehörigkeitsgesetz v.
das Gesetz
Die Meinungen
Reichsangehörige würden.
1. 6.
1870 durch
1873 in Elsaß-Lothringen eingeführt
ist.
Ersteres knüpfe formell den Besitz der Reichsangehörigkeit
sekundär an den einer primären Bundesstaatsangehörigkeit,
und diese Bundesstaatsangehörigkeit werde durch die Landesangehörigkeit
Nun hat man
*)
Arndt,
*)
Lab and,
in
in Elsaß-Lothringen
Elsaß-Lothringen ersetzt.
allerdings auch für die Schutzgebiete eine
Staatsrecht des Deutschen Reiches, Berlin 1901, S. 49ff.
Reichsstaatsrecht 1907 S. 177.
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:
23 solche Landesangehörigkeit, eine „Schutzgebietsangehörigkeit“
konstruieren wollen, deren Besitz zur Erlangung der Reichs-
angehörigkeit erforderlich sein
Hierfür liegt jedoch gar
soll.
kein Anhalt vor, da der die Naturalisation betreffende § 9 der Schutzgebietsgesetze einfach sagt: in
den Schutzgebieten
„Ausländern, welche
sich niederlassen, sowie
kann durch Naturalisation
Eingeborenen
die Reichsangehörigkeit von
Reichskanzler verliehen werden“.
Außerdem
fehlen, falls
dem man
den Begriff der Schutzgebietsangehörigkeit festhalten wollte, jegliche
allgemeingültige Bestimmungen über deren
und Verlust 1)
Mithin
sind
die
in
Erwerb
den deutschen Schutz-
gebieten naturalisierten Ausländer und Eingeborenen diejenigen
Deutschen, welche vor allen andern die unmittelbare Reicbsangehörigkeit besitzen.*)
Da nun
ferner nach § 9
des Schutzgebietsgesetzes auf
den Schutzgebieten und das durch
die Naturalisation in
die-
selbe begründete Verhältnis der Reichsangehörigkeit die Be-
stimmungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes sprechende für die
Anwendung
finden, sind also die
Erwerbung der Reichsangehörigkeit
v. 1. 6.
1870 ent-
Voraussetzungen in
den deutschen
Schutzgebieten folgende *) 1.
Dispositionsfähigkeit des zu Naturalisierenden.
Mangel
der Dispositionsfähigkeit wird durch Zustimmung des Vaters,
Vormundes oder Kurators ergänzt; 2. 3.
eigene *)
S.
unbescholtener Lebenswandel; die Fähigkeit,
Wohnung zu K ö bner
,
an
dem
Orte der Niederlassung eine
finden;
Deutsches Kolonialrecht, in Enzykl.
d.
Rechtsw. 1904
1098. a )
8 )
t.
Meyer,
Schutzgebiete S. 112.
Staatsangehörigkeitsgesetz
Hampeln.
v. 1. 6.
1870 §
8.
3
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24
An-
an diesem Orte sich und seine
die Fähigkeit,
4.
gehörigen nach den daselbst bestehenden
zu
Verhältnissen
ernähren.
Die Befugnis zur Naturalisation
hat,
nach § 9 des Schutzgebietsgesetzes
wie oben ausgeführt,
der Reichskanzler,
der
Beamten übertragen
diese Befugnis einem andern kaiserlichen
Die Naturalisation erfolgt durch eine von dem Reichs-
kann.
dem
kanzler oder stellende
betreffenden kaiserlichen
Naturalisationsurkunde 1 )
insofern nicht dabei eine
und
auf die Ehefrau und die noch
Beamten auszu-
erstreckt
Ausnahme gemacht
auch,
sich
wird,
zugleich
unter der elterlichen
Gewalt
stehenden minderjährigen Kinder. 8 )
Mit der Verleihung der Reichsangehörigkeit wird jedoch in
den Schutzgebieten sehr zurückhaltend verfahren, und be-
sonders
werden nur
Eingeborenen
die
und zwar nur dann, wenn
naturalisiert,
höheren Kulturgrad
erlangt
die Naturalisation in
gemacht
im Reiche
als
Was nun keit in
selbst.
seltenen
einen gewissen
Aber auch den Aus-
haben.
ländem wird
Fällen
in sie
den Schutzgebieten schwerer
3 )
andererseits den Verlust der Reichsangehörig-
den Schutzgebieten
so
betrifft,
finden auch hierauf,
wie bereits angeführt, laut § 9 des Schutzgebietsgesetzes die
Bestimmungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes entsprechende Anwendung.
v. 1. 6.
1870
Der Verlust der Reichsangehörig-
keit erfolgt also auch hier 4 ) 1. 2.
durch Entlassung auf Antrag;
durch Ausspruch der Behörde;
*)
Staatsangehörigkeitsgesetz
v. 1. 6.
1870 §
6.
*)
Staatsangehörigkeitsgesetz
v. 1. 6.
1870 §
11.
’)
*)
Schreiber
in Zeitschr.
f.
Staatsangehörigkeitsgesetz
Kolonialpolitik Jahrg. 6 1904 S. 764. v. 1. 6.
1870, § 13.
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25 bei unehelichen Kindern
3.
Bestimmungen gemäß ein Nichtdeutscher
bei
4.
einer
durch eine den gesetzlichen
erfolgte Legitimation,
wenn
der Vater
ist.
Deutschen durch Verheiratung mit einem
Ausländer.
Dagegen
die
findet
Bestimmung des
§ 13
des
Staats-
angehörigkeitsgesetzes, daß die Reichsangehörigkeit bei als
mehr
zehnjährigen ununterbrochenem Aufenthalte im Auslande
verloren geht, auf die Reichsangehörigen in den Schutzgebieten keine
Anwendung, weil
nicht
als Aufenthalt
die
ihr Aufenthalt in
im Auslande
den Schutzgebieten
zu betrachten
Denn
ist.
Schutzgebiete bilden für das Reich kein Ausland.
Schutzgebietsgesetzes hebt ausdrücklich hervor, Naturalisation in den Schutzgebieten
§ 9 des
daß für die
und das durch diese be-
gründete Verhältnis der Reichsangehörigkeit auch Art. 3 der Reichsverfassung
Anwendung
findet,
Reichsangehörigen der Schutzgebiete
wonach an
auch die
also
dem gemeinsamen
Indigenat teilnehmen.
Die Reichsangehörigen
den Schutzgebieten besitzen
in
sämtliche Rechte und Pflichten eines jeden Deutschen, sie
in
nun
mögen
ipso iure Deutsche sein oder erst durch Naturalisation
den Schutzgebieten die Reichsangehörigkeit erlangt haben.
Ein Unterschied zuletzt
Genannten
ist
alle
hier
nur
insofern
vorhanden,
als
die
Rechte und Pflichten besitzen, welche
ein Ausfluß der Reichsangehörigkeit sind,
dagegen nicht
die-
jenigen, welche lediglich Ausfluß der Zugehörigkeit zu einem
bestimmten Bundesstaate sind 1 landtagen).
Alle
')
Meyor,
)
(z.
B. Wahlrecht zu den Einzel-
Reichsangehörigen
nehmen, wie oben angeführt,
teil
in
den Schutzgebieten
an dem gemeinsamen Indi-
Schutzgebiete S. 117.
3*
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26 ein
genat,
von ihnen kann infolgedessen
jeder
zum
Bundesstaate
festen Wohnsitze,
jedem
in
zum Gewerbebetriebe,
zu öffentlichen Ämtern, zu Erwerbung von Grundstücken, zu
Erlangung des Staatsbürgerrechts und lichen
Rechte
werden.
1
vom
bürger-
zugelassen
Ferner findet auf die Reichsangehörigen in den
)
Schutzgebieten § 4 sie
aller sonstigen
jeder Einheimische
wie
ebenso
25.
des Wahlgesetzes Anwendung,
wonach,
Lebensjahr an und nach mindestens einjähriger
Reichsangehörigkeit zu Abgeordneten für den Reichstag wähl-
Das aktive Wahlrecht
bar sind.
besitzen
sie
da hierzu ein Wohnsitz im Reiche erforderlich
jedoch
nicht,
Was
ist.
die
Rechtsverhältnisse der in den Schutzgebieten lebenden Reichs-
angehörigen
betrifft,
so
sind
sie
auch in dieser Beziehung
den im Inland lebenden Deutschen gleichgestellt, denn nach § 3 des Schutzgebietsgesetzes haben die in § 19 des Gesetzes
über
bezeichneten
Konsulargerichtsbarkeit
die
Vorschriften
der Reichsgesetze und preußischen Gesetze für sie gleichfalls Gültigkeit.*)
Die Reichsangehörigen in
den Schutzgebieten
haben aber auch die gleichen Pflichten
wie jeder
andere
Deutsche und sind namentlich der Militärwehrpflicht und der Steuerpflicht unterworfen. 8 )
b) Oie
Ausländer
in
den Schutzgebieten.
Die zweite Bevölkerungsgruppe
in
bilden die dort lebenden Angehörigen
')
s )
daß
Reichsverfassung Art. In §
den Schutzgebieten
fremder Staaten.
Sie
3.
4 des Schutzgebietsgesetzes
die Eingeborenen in der Regel
ist
nicht
ausdrücklich hervorgehoben,
dem deutschen Rechte unter-
liegen. *)
Schreiber, Die
rechtliche Stellung der
Schutzgebiete, in Zeitschr.
f.
Bewohner der deutschen.
Kolonialpolitik 1904 S. 763.
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27
ebenso
sind
wie die Angehörigen der fremden
zivilisierten
Länder im Mutterlande nur sogen, „de facto-Untertanen“ des Reichs, haltes
Man
d.
in
hat
h.
unterstehen nur für die Zeit ihres Aufent-
sie
den Schutzgebieten sie in
der
Schutzgewalt.
deutschen
der Literatur vielfach „Schutzgenossen“
nannt; doch erscheint diese Bezeichnung nicht
ge-
als glücklich.
1 )
man dann auch im Mutterlande Tut man es aber nur in den
Mit demselben Rechte könnte die
Ausländer so nennen.
der Eindruck erweckt, als
Schutzgebieten, so wird dadurch
ständen die Ausländer in einem besonderen Verhältnis zur deutschen
und
Schutzgewalt,
personaler Charakter beigelegt. 1
deutsche
Staatsgewalt
den
in
letzterer
dadurch
wird
ein
Die Schutzgewalt, also die
)
hat
Schutzgebieten,
einen
durchaus territorialen Charakter, wie das besonders aus den §§ 2, 3 u. 7 für
die
des Schutzgebietsgesetzes
Eingeborenen
ersichtlich
ist.
Nur
Ausnahmen zugelassen worden.
sind
Die Ausländer in den Schutzgebieten stehen genau
wie im
Mutterlande den Reichsangehörigen hinsichtlich des Rechtsschutzes völlig gleich. strafrechtlicher
angehörigen
Sie
nehmen
in
privatrechtlicher
wie
Beziehung dieselbe Rechtsstellung wie die
Reichsangehörigen ist in
mehr durchgeführt
ein.
2 )
Diese Gleichstellung mit den Reichs-
den Schutzgebieten insofern als
im Reich,
als
sogar
die Ausländer in
noch
den
Schutzgebieten auch aktiv an der Rechtsprechung teilnehmen
können.
§ 12 des Konsulargerichtsbarkeitsgesetzes, welches
nach § 2 des Schutzgebietsgesetzes dort entsprechende An-
wendung ein
findet mit der
vom Reichskanzler *)
Köbner,
Maßgabe, daß an Stelle des Konsuls zur
Ausübung
der
Gerichtsbarkeit
Deutsches Kolonialrecht, in Enzykl.
d.
Rechtsw. 1901
S. 1096. s )
Konsulargerichtsbarkeitsgesetz v.
7. 4.
1900 § 2 Abs.
2.
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:
28 ermächtigter Beamter für
Dauer eines jeden Geschäftsjahres
die
baren
Gerichtseingesessenen
sonstigen
aus
„Der Konsul ernennt
bestimmt:
tritt,
oder
aus
den
Ermanglung
in
achtbaren Einwohnern
acht-
solcher
Bezirkes
seines
vier
Beisitzer und mindestens zwei Hilfsbeisitzer“.
Hiernach kann also der mit der Gerichtsbarkeit betraute
Beamte jeden achtbaren Einwohner, Beisitzern
also
auch Ausländer zu
ernennen, die dann in den kaiserlichen Gerichten
Dieser Zustand
bei der deutschen Bechtsprechung mitwirken. ist
nur im Kiautschougebiet aufgehoben worden.
anweisung des Reichskanzlers
v.
1.
6.
1901
Eine Dienstdie
betr.
Aus-
übung der Gerichtsbarkeit im Kiautschougebiet sagt hierüber
„Zu Beisitzern sind nur deutsche Reichsangehörige zu bestellen“.
1 )
c) Die
Während
Eingeborenen
nachgewiesen, nur stehen
die
in
den Schutzgebieten.
wie eben
die Ausländer in den Schutzgebieten,
„de facto-Untertanen“
Eingeborenen,
d.
h.
die
des Reiches sind,
Angehörigen
der
ein-
heimischen Stämme in den deutschen Schutzgebieten dauernd unter der deutschen Staatsgewalt und
Untertanen des Reiches. 8 )
da es dauernd
dem
ist,
sind
somit dauernde
Dieses Untertanenverhältnis wird,
auch nicht durch einfaches Fortziehen aus
Schutzgebiete beendet; die Eingeborenen genießen stets,
auch außerhalb der Schutzgebiete, den Schutz des Reiches, dessen
Gesetzen
gegenüber
sie
immer
unterworfen bleiben
sie stets ihre Pflichten
angehörige sind die Eingeborenen dagegen
*)
*)
und dem-
zu erfüllen haben.
Hopfner, Schutzgebietsgesetz 1907 v. Stengel, Schutzgebiete S. 59.
nicht,
Reichs-
wie dies
S. 10.
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29
oben nachgewiesen wurde, sondern Schutzgewalt
Einen
souveränen
der
als
sie
sind der deutschen
Staatsgewalt
untertan. 1 )
rechtlichen Ausdruck findet das Prinzip der souveränen
Staatsgewalt des Reiches gegenüber den Eingeborenen in der
dem
Kaiser überwiesenen Aufgabe, die für die Reichsange-
den
hörigen in
Ermessen
auf
Schutzgebieten
geltenden Rechtsätze
Eingeborenen auszudehnen. 8
die
Daß
)
nach diese
.
nicht sofort den für die Reichsangehörigon geltenden Rechten
unterworfen
sind,
liegt
in
der Natur der Sache,
denn ihre
Rechtsverhältnisse mußten ihrem Kulturstande entsprechend
Die Eingeborenen unterstehen vielfach noch
geregelt werden. infolge
der Schutzverträge, die mit den Häuptlingen abge-
schlossen sind, teilweise deren Gewalt. in Südwestafrika,
genossen zusteht.
die Gerichtsbarkeit über ihre
Aber auch
wenn auch keine
sind,
Solche Verträge sind
Togo und Kamerun geschlossen worden, wo
noch den Häuptlingen
in
Stammes-
den anderen Schutzgebieten
derartigen Verträge geschlossen, so
doch Versprechungen gemacht worden, bei der Gerichtsbarkeit die
Sitten
und Gebräuche der Eingeborenen zu schonen. 8
)
Trotz dieser hier und da noch eingeräumten Sonderrechte der einzelnen Häuptlinge
über
die
Eingeborenen bleibt deren
Untertanenstellung und rechtliche Gebundenheit an das Reich vollständig gewahrt, ständlich
denn die Häuptlinge gehören selbstver-
auch zu den Untertanen des Reiches. 4 )
Die Ein-
geborenen unterstehen also im allgemeinen nicht der deutschen Gerichtsbarkeit,
)
Zorn, Zorn,
)
Köbner,
*)
a 8
welche für die Reichsangehörigen
Deutsches Staatsrecht
2. Aufl.
Bd.
1
S. 585.
Deutsches Staatsrecht
2. Aufl.
Bd.
1
S. 587.
Deutsches Kolonialrecht,
in
Enzykl.
d.
in
den
Rechtsw. 1904
S. 1114. 4 )
Hesse,
Die Schutzverträge in Südwestafrika, Berlin 1905.
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30 Schutzgebieten
gilt;
auch
sind
sie
wie
nicht
jene
den
deutschen Gesetzen über die Eheschließung und Beurkundung des
Personenstandes
Vorschriften nur
unterworfen.
insoweit,
pflicht nicht
rechtlichen
Stellung
als
Da
ordnung bestimmt wird.
unterliegen
Sie
auch der Militärwehr-
unterworfen sind, so nehmen
zum Reich
Verhältnis
eine
sie in
ihrem staats-
stark
abweichende
von der der deutschen Reichsangehörigen
Schutzgebieten
ein.
Was
jedoch
Schutz von seiten des Reichs
diesen
durch kaiserliche Ver-
dies
sie ferner
den
in
völkerrechtlichen
ihren
so sind sie den Reichs-
betrifft,
angehörigen in den deutschen Schutzgebieten völlig gleichgestellt,
denn die Gewährung gerade dieses Schutzes anderen
Staaten gegenüber bildet einen wesentlichen Bestandteil der
Schutzgewalt des Reiches. 1
)
Ganz besonders fühlbar wird
dieser Schutz für die Ein-
geborenen in bezug auf die Sklaverei.
Während
letztere in
den Gebieten vor Beginn der deutschen Schutzherrschaft wie bei allen auf tiefster Kulturstufe stehenden Völkern in
hohem
Maße
blühte, ist ihr unter der deutschen Schutzherrschaft
allen
Mitteln entgegengearbeitet
wie
alle
an
Das Reich
worden.
mit hat,
der Berliner Kongokonferenz von 1885 und
der Brüsseler Anti-Sklavereikonferenz von
an
1890 beteiligten
Mächte, durch die Unterzeichnung der Kongo-Akte und der Brüsseler General- Akte
die Verpflichtung
übernommen, dem
Sklavenraube und dem Sklavenhandel möglichst ein Ende zu
machen. 2 )
Die Sklavenhaltung selbst
ist
den Eingeborenen
bisher jedoch nicht verboten worden, da dies einen zu tiefen Eingriff
in
ihr wirtschaftliches
')
Meyer,
2
Köbner, Einführung
)
und
soziales
Leben bedeutet
Schutzgebiete S. 109. in die Kolonialpolitik 1908 S. 89.
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31 hätte.
Nur
allmählich kann ein Aufhören der Sklaverei herbei-
geführt werden. 1
)
Das Reich hat
um
alles getan,
vorkommenden Härten zu mildern und zu
die
dabei
beseitigen und
außerdem den Sklaven das Freiwerden nach Möglichkeit zu erleichtern.
Ein Recht, das die Eingeborenen in gleicher Weise wie die Reichsangehörigen haben,
das Recht
ist
zur Führung der
deutschen Reichsflagge. Auf Grund des § 10 des Schutzgebietsgesetzes kann durch kaiserliche Verordnung den Eingeborenen
das Recht zur Führung der Reichsflagge auf ihren Schiffen verliehen werden. Doch werden letztere dadurch nicht zu deutschen
Seefahrzeugen im Sinne des §
1
vom
unfallversicherungsgesetzes
Abs.
Eingeborenen die Führung
Abs.
1 u. § 3
Schiff.
1
des See-
wie sonst jedes
30. 6. 1900,
andere die deutsche Flagge führende
5
Daß man den
)
der Reichsflagge
lag
gestattete,
daran, daß jene häufig die Schiffahrt zu Handelszwecken betrieben und daher eine Flagge führen mußten.
tanen des Deutschen Reiches konnte
man
als die deutsche Reichsflagge geben.
15
)
Als Unter-
ihnen keine andere
Doch
sollten die Schiffe
dadurch, wie gesagt, auf Grund desselben Paragraphen keine
deutschen Schiffe im Sinne des Seeunfallversicherungsgesetzes
werden.
Auf den deutschen Seefahrzeugen müssen nach
Abs.
1
alle
Personen, welche als
des
Seeunfallversicherungsgesetzes „Schiffer,
vom
30. 6.
Personen der
§ 1
1900
Schiffs-
mannschaft, Maschinisten, Aufwärter oder in anderer Eigenschaft zur Schiffsbesatzung
gehören, gegen alle Unfälle im
Betriebe versichert werden“.
Diese Bestimmung hätte sich
bei den Eingeborenen noch nicht durchführen lassen; daher ')
a )
a )
Edler
v.
Hoffmann,
Deutsches Kolonialrecht 1907
S. 112.
Schutzgebietsgesetz § 10. v.
Stengel, Schutzgebiete
S. 59.
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32
man davon
sah
unter der deutschen Reichsflagge
ab, ihre
fahrenden Schiffe zu deutschen Seefahrzeugen im Sinne dieses
Gesetzes zu machen. d)
Die Angehörigen fremder farbiger
Stämme
den
in
Schutzgebieten.
Den Eingeborenen
völlig
fast
§ 2 der kaiserlichen
gebieten.
die Rechtsverhältnisse
in
Verordnung
in
Abs. 3
Stämme
1900
betr.
den deutschen Schutzgebieten be-
Schutzgebietsgesetzes
des
farbiger
die
den Schutz-
v. 9. 11.
„Den Eingeborenen werden im Sinne des
sagt:
sind
gleichgestellt
Angehörigen der fremden farbigen Stämme
die
§
4
§ 7
u.
Angehörigen fremder
gleichgestellt, soweit nicht
der Gouverneur
mit Genehmigung des Reichskanzlers Ausnahmen bestimmt.
Japaner gelten nicht
als
Zu
Angehörige farbiger Stämme“.
den in dieser Verordnung genannten farbigen Stämmen wird die
gesamte farbige Bevölkerung gezählt,
die nicht
zu den
den Schutzgebieten ansässigen Eingeborenen gehört. 1
genommen
)
in
Aus-
sind nur die Japaner, da sie auf derselben Kultur-
stufe stehen wie die Europäer, die sich in
und ferner selbstverständlich
den Schutzgebieten aufhaltenden farbigen Staats-
angehörigen
aller
Staaten, welche
Glieder der völkerrecht-
lichen Gemeinschaft sind. 2)
VI.
Kapitel.
Die Organisation der deutschen Schutzgebiete. a)
Bei
der
Die Kolonialgesellschaften.
Besprechung
der
Schutzgebiete und deren Stellung ’)
*)
Erwerbung der deutschen
zum Reich wurde
Hopfner, Das Schutzgebietsgesetz, Berlin 1907, Köbner in Enzykl. d. Rechtsw. 1904 S. 1099.
S.
bereits
65 Anm.
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Google
33 die eigentümliche berührt.
Entwicklung der deutschen Kolonialherrschaft
Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, daß das
Eeich ursprünglich nicht beabsichtigte, Kolonien zu gründen, sondern anfänglich nur einen rein persönlichen Schutz in jenen
Gebieten ausüben wollte. 1 )
Programm
liches
Als dann das Reich sein ursprüng-
erweiterte und seinen
anfänglich nur per-
sönlichen Schutz auch auf die Gebiete ausdehnte seine heute
bestehende Schutzgewalt,
Gebieten
jenen
begründete,
da
und damit
seine Souveränität
beabsichtigte
die
in
Reichs-
regierung nicht, die ihr nunmehr zustehende Staatsgewalt in
den Kolonien selbst auszuüben und damit die Kosten der Ver-
waltung selbst zu übernehmen. 1 die
)
Vielmehr wollte das Reich
Verwaltung und die eigentliche kolonisatorische Tätigkeit
den unmittelbar beteiligten Interessenten überlassen.®) In Ostafrika und Neu-Guinea, für deren Kolonisation sich schon vorher Gesellschaften gebildet hatten, wurde nach Er-
werbung die
dieser Gebiete durch das Reich diesen Gesellschaften
Verwaltung dieser Gebiete überlassen, und
vom Reich
sie
wurden
mit zahlreichen Hoheitsrechten ausgestattet.
Bei den westafrikanischen Schutzgebieten, für die sich keine Gesellschaften gebildet hatten, bemühte sich die deutsche
Regierung, Gesellschaften ins Leben zu rufen, die sich gegen
Übernahme der Kosten an der Verwaltung
beteiligen und die
verschiedensten Hoheitsrechte erhalten sollten.
Während
sich jedoch in Ostafrika
Programm mehrere Jahre durchführen
und Neuguinea dieses ließ,
gelang in
den
westafrikanischen Schutzgebieten die Bildung solcher staatsähnlich
J
organisierter
Kolonialgesellschaften
)
vgl. S. 7 der Arbeit.
)
K ob ner,
J
von
vornherein
Kolonialpolitik 1908 S. 72.
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Google
34 nicht. 1 )
Alle diesbezüglichen Versuche schlugen fehl, und die
Regierung übte daher
in diesen
Gebieten die Verwaltung von
vornherein selbst aus.
Aber auch
in Ostafrika zeigte sich
schon nach
einigen
Jahren, daß die dortige privilegierte Gesellschaft nicht genügend
Kräfte und Mittel besaß,
rungen gewachsen zu
um
sein.
allen an sie gestellten Anforde-
Nach dem Aufstande der dortigen
arabischen Bevölkerung entzog das Reich der zahlreiche Rechte letzten
daß
ihr
seit
noch
und nahm
ihr
dieser Zeit auch Ostafrika
Gesellschaft
im Jahre 1902 auch
gebliebenen Befugnisse
und
die
Regalien,
vom Reiche
so
selbst ver-
waltet wird. 2)
Am
längsten hat sich dies System der Verwaltung durch
Kolonialgesellschaften auf den Marshallinseln dieses Gebiet hatte sich Jaluit-Gesellschaft
Kosten
durch Vertrag
vom
der Verwaltung
Besteuerung erhalten. 8
ist
am
1. 4.
1888
wirtschaftlicher Natur,
eine beratende Stelle bei der Verwaltung )
die
sowie
und bezüglich der
Die Ausübung der Hoheitsrechte selbst
kaiserlichen
Doch auch
1.
und Rechtspflege verpflichtet und
dafür monopolistische Rechte
war dagegen
Für
gehalten. 31.
zu Hamburg zur Tragung der gesamten
Beamten übertragen.
diesen Vertrag hat das Reich gelöst, und
1906 außer Kraft getreten.
Seit dieser Zeit
er
übt
das Reich also in sämtlichen Schutzgebieten selbst die Ver-
waltung
‘)
9 )
s )
aus.
Köb ner Köbner, Köbner,
,
Die Kolonialpolitik
S. 73.
Koionialpolitik S. 74.
Deutsches Kolonialrocht, in Enzykl.
d.
Rechtsw. 1904
S. 1032.
Digitized by
Google
35
b) Die
Während man
Verwaltung der Schutzgebiete. also früher bezüglich der Organisation der
Schutzgebiete zwei Gruppen zu bilden hatte, nämlich die unter
Reichsverwaltung und die unter der Verwaltung der Kolonialgesellschaften stehenden Schutzgebiete,
gibt es heute
diese
Teilung nicht mehr, da in sämtlichen Schutzgebieten
die
Schutzgewalt vom Kaiser im Namen des Reiches unbeschränkt
ausgeübt wird, und die Schutzgewalt, wie oben bewiesen, die vollständige souveräne, Gesetzgebung, Rechtsprechung und Ver-
waltung umfassende Staatsgewalt bedeutet. Alle
die
der Schutzgebiete 1 )
Verwaltung
Geschäfte sind also Reichsgeschäfte.
betreffenden
Diese gehörten bis
Jahre 1907 zum Ressort des Auswärtigen Amtes,
in
dem
zum eine
besondere Abteilung, die Kolonialabteilung, für die Bearbeitung
der
Schutzgebietsangelegenheiten
deutschen
dem
Diese Kolonialabteilung unterstand
Auswärtigen Amtes jedoch nur insoweit,
zu anderen Staaten und
kamen;
in allen
gebildet
war.
Staatssekretär des als die
Beziehungen
allgemeine Politik in Betracht
die
anderen Sachen war
sie
dem
Reichskanzler
direkt unterstellt.
Dieser Zustand
wurde aber auf
Die koloniale Verwaltung,
die sämtliche
sie
nicht
Zweige einer
mehr von einer Behörde mit verhältnismäßig
niedrigem Range geführt werden konnte.
J
)
vgl.
dazu
Köbner,
Kolonialpolitik S. 121
mann,
Deutsches Kolonialrecht
S. 65 ff;
Florack, Die Schutzgebiete
*)
Edler
v.
Staats-
an Umfang und Bedeutung,
verwaltung umfaßt, wuchs so
daß
Dauer unhaltbar.
die
S.
38 ff. S.
;
v.
2 )
ff.;
Außerdem aber
Edler
v.
Hoff-
Stengel, Schutzgebiete
38 ff.
Hoff mann, Deutsches
Kolouialrecht S. 39.
Digitized by
Google
36 entsprach
die
Angliederung
Amt
Auswärtige
der Kolonialabteilung
nicht der grundsätzlichen Natur der
das
an
Haupt-
summe
der
betrifft,
da die Schutzgebiete in ihrem Verhältnis zum Reich
kolonialen
Denn diese
Verwaltungstätigkeit. 1 )
auswärtigen Angelegenheiten des
kein Ausland sind, keine Reiches.
Das Bedürfnis nach einem, den übrigen obersten Reichsbehörden
wurde
Reichskolonialamt
gleichgestellten
völlig
daher immer dringender.
Die erste diesbezügliche Forderung
im Frühling 1906 wurde jedoch vom Reichstage abgelehnt, und
erst
Am
im Mai 1907 erfolgte deren Annahme.
1907 erging dann
17.
Mai
der Errichtung des Reiehs-
hinsichtlich
kolonialamts folgende Allerhöchste Order:
bestimme hiermit,
„Ich
wärtigen
Amte verbundene
kommando
Reichskanzler
daß
die
bisher
mit
Kolonialabteilung nebst
Schutztruppen
der
fortan
eine
dem Ausdem Ober-
besondere,
dem
unmittelbar unterstellte Zentralbehörde unter
der Benennung Reichskolonialamt zu bilden hat. 1
,
gez.
Wilhelm L R.
ggez. Bülow.“
Die oberste Reichsbehörde für sämtliche deutschen Schutzgebiete bildet somit das Reichskolonialamt, an dessen Spitze ein Staatssekretär unterstellt
steht,
dem Reichskanzler unmittelbar
der
ist.
Nur das Kiautschougebiet
bildet hinsichtlich seiner
Ver-
waltung eine Ausnahme von den übrigen deutschen Schutzgebieten.
sondern
Seine Verwaltung
ist'
dem Reichsmarineamt
’)
Köbner,
*)
Laut
nicht
dem Reichskolonialamt,
übertragen. 2)
Diese
Ver-
Kolonialpolitik S. 122.
Allerh. Order v. 27.
1.
1898.
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37 schiedenheit
erklärt
aus
sich
dem Charakter
dieses Schutz-
gebietes, daß im Gegensatz zu den übrigen deutschen Schutz-
gebieten
überwiegend
als
militärisch-maritimer
der deutschen Kriegsmacht gedacht Als
sachverständiger Beirat
wurde 1890 der
dem
ist.
Stützpunkt
1 )
der Kolonialabteilung
bei
dessen Mitglieder von
Kolonialrat gebildet,
Reichskanzler für Sitzungsperioden von je drei Jahren
ernannt wurden. 2
Der
)
sowie über zugeben.
jedoch
Kolonialrat hatte sein Gutachten über
vom Reichskolonialamt überwiesenen Angelegenheiten,
alle ihm
selbständigen Anträge seiner Mitglieder ab-
alle
Durch kaiserlichen Erlaß vom April 1908
aufgehoben
worden.
Auf
die
er
ist
Angelegenheiten
des
Kiautschougebietes erstreckte sich die Tätigkeit des Kolonialrates nicht,
dem
wie gesagt, die Verwaltung dieses Gebietes
da,
Reichsmarineamt unterstellt
ist.
Die in den Schutzgebieten )
ernannt.
Beamten
angestellten
Reichsbeamte 8 und werden vom Kaiser oder
Ihre Rechte und Pflichten bestimmen
nach dem Reichsbeamtengesetz vom
31. 3.
sind
Namen
in dessen
daher
sich
1873 und den das-
selbe ergänzenden Gesetzen.
Zu widerlegen
ist die
F 1 o r a c k s wonach
Ansicht
,
dieses
Gesetz nicht schon von Beginn der Schutzherrschaft an
den Schutzgebieten gegolten
hätte,
als
in
der Kaiser dort auf
Grund der ihm zustehenden Schutzgewalt Beamte
anstellte,
sondern erst mit seiner Einführung durch die Verordnung v. 9. 8.
1896 dort Geltung erlangt hätte.
Das Reichsbeamtengesetz wurde von Anfang an auf Reichsbeamten *)
3 )
8 )
Florack Köbner, Florack
in
den Schutzgebieten
für
anwendbar
die
ge-
S. 39.
Kolonialpolitik S. 123. S.
41
ff.;
v.
S t e ng e
1
S. 74ff.;
Laband 1907
S.
196 ff.
Digitized by
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38 gehalten
und bedurfte nur einer besonderen Einführung, als
*)
man
in
traf
und auch auf diese das Gesetz ausdehnen
den Schutzgebieten die Einrichtung der Landesbeamten
ein besonderes
Reichsgesetz
v. 31. 5.
Durch
wollte.
1887 wurde außerdem
bestimmt, daß durch Beschluß des Bundesrates den kaiserlichen
Beamten
den Schutzgebieten nach mehr
in
Verwendung
jähriger
als
der Pensionierung doppelt in Anrechnung zu bringen
und daß ferner
die Gouverneure,
Gewährung des
den Ruhestand
weilig in
Verfügung
gesetzlichen Wartegeldes einst-
versetzt
werden können. 8
)
ersterwähnten Beschluß hat der Bundesrat für gebiete
am
22. 12.
sei,®)
Kanzler und Kommissare
für die deutschen Schutzgebiete durch kaiserliche jederzeit mit
ein-
die daselbst zugebrachte Dienstzeit bei
1891 gefaßt 4
alle
Den
Schutz-
)
Als die Schutzgebiete sich soweit entwickelt hatten, daß ein jedes
von ihnen seinen selbständigen Fiskus
Beamten
die
kommen
den Einkäuften der Schutzgebiete
aus
hielten, schuf
man
„Landesbeamten“ in
die Einrichtung der bereits
in
und
vom
zu werden brauchten, sondern ihr Ein-
bezahlt
Reichsfiskus
erhielt,
den Schutzgebieten nun nicht mehr
in
den Schutzgebieten.
er-
selbst
oben erwähnten
Diese bleiben jedoch
ihrer rechtlichen Stellung, trotz der Besoldung
Fiskus der Schutzgebiete, Reichsbeamte, denn
sie
aus sind
dem vom
Reich angestellt und das ganze Reichsbeamtengesetz findet
Anwendung. 8
Laut Art.
der Verordnung
auf
sie
9. 8.
1896 „findet das Reichsbeamtengesetz *)
s )
So §
1
v.
Stengel
des Ges.
)
S. 74;
v. 31. 5.
Meyer
1
v. 31. 3.
vom
1873 nebst
S. 195.
1887.
»)
§ 2 des Ges. v. 31. 5. 1887.
*)
Köbner
in Enzykl. d.
»)
Florack
S. 42.
Rechtsw. 1904 S. 1106.
Digitized by
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39
dem
abändernden
dasselbe
Gesetze
1881 nebst
v. 20. 4.
1888, und das Gesetz betr.
v. 5. 3.
Zurückbeförderung der Hinterbliebenen im Auslande an-
die
gestellter Reicbsbeamten v.
sowie
Witwen und Waisen
der Reichsbeamten der Zivilverwaltung
dem Abänderungsgesetz
21.4. 1896,
v.
das Gesetz betr. die Fürsorge für die
1888,
1. 4.
soweit
anderes bestimmt
welche
ihr
und Personen des Soldatenstandes
nicht
in
den
nachfolgenden
Artikeln
auf die Rechtsverhältnisse der Beamten,
ist,
Diensteinkommen aus dem Fonds eines Schutz-
gebietes beziehen, mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß,
wo
dem
Reichsfonds oder anderen Einrichtungen des Reiches die
Rede
in
ist,
jenen Gesetzen von
das
betreffende
dem
Reich,
dem und
Schutzgebiet
Reichsdienst,
dessen
ent-
sprechende Einrichtung zu verstehen sind.“
An
der Spitze der Verwaltung eines jeden Schutzgebietes
steht ein Gouverneur,
„Landeshauptmann“ des
der auf den Marshallinseln den Titel
führt.
1 )
Er wird zu den Landesbeamten
betreffenden Schutzgebietes
waltungsbehörden truppen)
(in
desselben
gezählt und sämtliche Ver-
einzelnen Schutzgebieten auch die Schutz-
ihm
sind
Als
unterstellt.
Beirat
des
Gouverneurs sind in den einzelnen Schutzgebieten laut Ver-
ordnung des Reichskanzlers gebildet,
1903 Gouvernementsräte
v. 14. 12.
welche außer dem Gouverneur aus Beamten und
mindestens drei weißen Einwohnern des Bezirkes bestehen. 1 )
Die großen Schutzgebiete
in
zerfallen
Spitze ein Bezirksamtmann steht, der unterstellt ist
wie
alle
Richter, Finanzbeamte,
nahme ')
2 )
v.
in dieser
Laban d, Lab and,
Hampeln.
an deren
Bezirke,
dem Gouverneur ebenso
anderen Beamten, mögen diese nun Zollbeamte
usw.
sein.*)
Eine Aus-
Beziehung bildet auf Grund der Allerhöchsten Reichsstaatsrecht 1907 S. 196.
Deutsches Reichsstaatsrecht 1907
S. 196.
4
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40 Order
v. 27. 1.
1898 nur Kiautschou, da dort die Verwaltung'
militärisch organisiert
ist.
Die Zuständigkeit und Befugnisse der kaiserlichen Be-
amten
den Schutzgebieten sind durch Gesetze geregelt
in
und ergeben
zum großen
sich
Teile aus der Vertretung des
Kaisers in Ausübung der Schutzgewalt. 1
)
Einen Unterschied
bezug auf die Befugnisse des Disziplinarrechts
Landesbeamten von den Reichsbeamten
bilden
in
die
insofern, als ersteren
in dieser Hinsicht weitere Befugnisse zustehen,
und zwar sind
2 diese besonders für die Gouverneure erheblich erweitert. )
Das Finanzwesen der Schutzgebiete.
c)
Da dem
Kaiser
die
Ausübung der Schutzgewalt
un-
beschränkt zusteht, die Finanzgewalt in den Schutzgebieten aber einen Bestandteil der Schutzgewalt bildet,
so übt der
Kaiser auch diese in den Schutzgebieten aus und hat vor
Dingen das Recht, durch Verordnungen
allen
öffentliche
Ab-
gaben jeder Art einzuführen 3 und andrerseits die Ausgaben )
für die Verwaltung, Landesmeliorationen usw. zu bestimmen.
Während der Kaiser aber
anfänglich
in
4 )
der Ausübung der
Finanzgewalt völlig unbeschränkt war und nur in den Fällen,
wo
es
sich
um
einen Zuschuß
des Reiches für die Schutz-
gebiete handelte, der Zustimmung des Bundesrates und Reichs-
tages bedurfte, 5 ) sind seinem Verordnungsrechte in dieser Hinl ) •)
a )
v.
S
t
e n g e
Florack v.
*)
La
s
In diesem
)
1
,
b an d
Schutzgebiete S. 70.
S. 12.
Stengel, ,
Schutzgebiete S. 91.
Reichsstaatsrecht 1907 S. 198. Falle
mulito dieser Posten in
dem Reichsetat
aul-
geführt und zu seiner genauen Prüfung eine Übersicht über die Ein-
nahmen undAusgaben derSchutzgebiete
vorgelegt werden; vgl. v. Stengel,
Schutzgebiete S. 92.
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41
sicht jetzt durch das Gesetz
und Einnahmen
1892 über die Ausgaben
v. 30. 3.
der Schutzgebiete Schranken gesetzt worden.
Eine weitere Beschränkung des Kaisers nanzgewalt
in der
Ausübung der
Fi-
den mit den Häuptlingen geschlossenen
findet sich in
Verträgen, wonach jene noch häufig das Recht zur Erhebung
von Steuern
und
besitzen,
dadurch der Be-
diese Gebiete
steuerung durch das Reich entzogen
sind.
1 )
Jedes Schutzgebiet hat seine eigene, von der der andern Schutzgebiete unabhängige Finanzwirtschaft, und „für die aus
der Verwaltung eines jeden Schutzgebietes entstehenden Verbindlichkeiten haftet nur das
§ 5
des Gesetzes
v.
30. 3.
Vermögen
dieses Gebietes“, wie
1892 bestimmt.
Durch diesen § 5
ist mithin der Begriff eines eigenen Landesfiskus eines jeden
Schutzgebietes geschaffen worden und jedes Schutzgebiet hat
dadurch vermögensrechtlich eine eigene selbständige Rechtspersönlichkeit erhalten. 8
)
Die Oberleitung und Zentralverwaltung,
von dem
die
Reichskolonialamt geführt wird, erfolgt auf Kosten des Reiches
und nach Maßgabe des Reichsetats. Aber auch die nahmen und Ausgaben der lokalen Verwaltung müssen 8
)
nach
§ 1
des Gesetzes
v. 30. 3.
Einjetzt
1892 für jedes Schutzgebiet
veranschlagt und auf den Etat der Schutzgebiete gebracht
werden, der vor Beginn des Etatsjahres vom Bundesrat und Reichstag
als
Reichsgesetz
dann vom Kaiser des Etatsjahres
als solches
ist
angenommen werden muß und zu verkünden
nach § 2 des Gesetzes
ist.
4 )
Nach Schluß 1892 dem
v. 30. 3.
Bundesrat und Reichstag eine übersieht sämtlicher Einnahmen J )
*)
*) 4 )
Laband, Reichsstaatsrecht 1907 S. 198. Köbner, Kolonialpolitik S. 150. Laband, Deutsches Reichsstaatsrecht 1907 v. Stengel, Schutzgebiete S. 92.
S. 198.
4*
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42
und Ausgaben des ersteren Jahres vorzulegen und
alle
über-
und außeretatsmäßigen Ausgaben zur nachträglichen Geneh-
migung besonders nachzuweisen.
Einnahmen
3
Über
)
nach § 3 des Gesetzes
ist
die
Verwendung
Rechnung zu
lastung jährlich
legen.
§ 4 des Gesetzes
zur Ent-
Die Aufnahme von An-
leihen eines Schutzgebietes endlich erfolgt auf
Gesetzgebung.
aller
1892 durch den
v. 30. 3.
dem Bundesrat und dem Reichstag
Reichskanzler
v. 30. 3.
dem Wege
der
1892 sagt hierüber:
„Erfordern außerordentliche Bedürfnisse eines Schutzgebietes die
Aufnahme
einer Anleihe oder die
Wege
im
so erfolgt dies
Übernahme
einer Garantie,
der Gesetzgebung“.
Die Einnahmen der Schutzgebiete bestehen, abgesehen
von dem Reichszuschusse,
Was
Zollwesen
das
da
Schutzgebiete,
sie
gebiet
nicht Inland
bildet
die
deutschen
des Deutschen Reiches
eigenes Zollgebiet und betrachtet sowohl
ein
das Deutsche Reich als auch Zollausland.
die
andern Schutzgebiete
als
Es werden nach einem Bundesratsbeschluß vom
1893 von den Erzeugnissen der deutschen Kolonien die
„vertragsmäßigen Zölle“ erhoben, die
gehören
so
auch nicht zum deutschen Zollgebiet. Ein jedes Schutz-
sind,
2. 4.
und Gebühren. 1 )
in Zöllen, Steuern
anbetrifft,
d. h.
diejenigen Zollsätze,
zwischen Deutschland und den meisten Auslandsstaaten
vereinbart
sind.
Diese Bestimmung
ist
dem neuen
in
Zoll-
tarifgesetz v. 23. 12. 1902 erneuert worden. 5 )
Eine
Ausnahme hiervon
Dieses war bis für
das
jeden ')
*)
*)
zum
demgemäß
1. 1.
Stengel,
das
Kiautschougebiet.
1906 ein reines Freihafengebiet, 3
dieselben
anderen Freihafen. v.
bildet
Bestimmungen galten wie
Die Wareneinfuhr war dort
)
für frei
Schutzgebiete S. 92.
Köbner in Rechtsenzyklopädie 1904 Köbner, Kolonialpolitik S. 177.
S. 1110.
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Google
43
mit Ausnahme von Opium, Waffen, Pulver und Sprengstoffen, 1 )
und ein Zoll wurde
anderen
Kiautschou erst bei
in
der Ein- oder Ausfuhr von dem deutschen Gebiete chinesische
Durch
Hinterland erhoben.
zwischen Deutschland und China, die getreten
ist,
am
wurde jedoch Kiautschou
das
in
eine
Vereinbarung
1. 1.
1906 in Kraft
als
Freihafen auf-
gehoben und das ganze Schutzgebiet, mit Ausnahme eines
nur beschränkten Freihafengebietes, an das chinesische gebiet angegliedert. 2 )
eingehenden Waren
in
Nunmehr wird von
allen
Zoll-
von der See
Kiautschou der chinesische Einfuhrzoll
erhoben der bis dahin bestehende Zoll zwischen Kiautschou und ;
dem
Hinterlande
chinesischen
Von den durch das
gefallen.
ist
damit
gleichzeitig
weg-
chinesische Zollamt in Kiaut-
schou erhobenen Einfuhrzöllen erhält das Schutzgebiet 20 °/ 0
Neben den Zöllen
eine Haupteinnahmetpielle. erhoben,
direkte Steuern
8 .
)
bilden für die Schutzgebiete die Steuern
Es werden sowohl
direkte als in-
doch zeigt sich entsprechend der
Verschiedenheit der kulturellen und wirtschaftlichen Entwick-
lung der Bevölkerung eine große Mannigfaltigkeit von Steuern
und Abgaben.*)
Unter den direkten Steuern herrscht die
fast
in sämtlichen Schutzgebieten eingeführte Gewerbesteuer vor. 8 )
Daneben
gibt
in Deutschostafrika
es
und Hüttensteuer,
kommen
Letztere
geborenen Deutschostafrikas des Gouverneurs *)
9 )
a )
*)
8 )
Köbner,
v. 4. 11.
ist
1893
Gebäude-
Hafenabgaben.
Für
die Ein-
außerdem durch Verordnung eine Erbschaftssteuer
ein-
Schutzgebiete S. 107.
Köbner, Köbner,
Kolonialpolitik S. 178.
F orack
S. 57.
1
und
Kolonialpolitik S. 178.
Stengel,
v.
die Grund-,
Bergwerks-
ferner
in allen Schutzgebieten vor.
Kolonialpolitik S. 158.
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;
44 geführt
x
steuer.
Dann
außerdem unterliegen die Eingeborenen einer Kopf-
)
gibt es noch in den einzelnen Schutzgebieten
Wege- und Wagensteuern und ganz kommensteuer, die
auch
häufig
direkten Steuern
mung
2
auch die Ein-
)
vom
Die Steuern der Eingeborenen werden entrichtet. 3 )
Naturalien
in
veinzelt
Neu-Guinea laut einer Verordnung
in
20. 6. 1888 existiert
Hinsichtlich
der
noch die bereits oben erwähnte Bestim-
ist
des § 9 Abs. 3 des Schutzgebietsgesetzes von 1900 zu
erwähnen, welche
lautet:
„Im Sinne des
Gesetzes 4 ) sowie bei
nten
Doppelbesteuerung
v. 13. 5.
Bundesstaate
deutschen
bezeich-
1870 gelten die Schutzgebiete als
Dadurch wird vermieden, daß
Inland“.
§ 21 des
Anwendung des Gesetzes wegen
Besteuerter
ein schon in
auch
in
den
einem
Schutz-
gebieten zur Steuer herangezogen wird und umgekehrt.
das Gesetz
1870 bestimmt,
13. 5.
v.
Denn
daß ein Deutscher zu
den direkten Staatssteuern nur in demjenigen Bundesstaate
herangezogen werden kann, hat.
in
welchem er seinen Wohnsitz
5 )
Eine besondere Regelung hat das Grundsteuersystem in Kiautschou erfahren. 6 lichen
)
Es kam
hier neben
dem
rein steuer-
Betracht,
Interesse in
bodenpolitisches
ein
da
das
Gouvernement allmählich sämtliche Grundstücke von den ursprünglichen chinesischen Eigentümern ankauft. *)
)
F F
)
Köbner
')
a 3 4 )
1
o
r
aok
1
o
r
ack
Gemeint
Soweit diese
S. 57.
S. 56.
in Enzykl. der
ist
das Gesetz
Rechtsw. 1904 v.
1.6. 1870
S. 1111.
über Erwerbung und Ver-
lust der Staatsangehörigkeit. s )
Gesetz wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung §
•)
F
’)
Köbner
1
1.
o r a c k S. 57. in Enzykl. d.
Rechtsw.
S. 1124.
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Google
45 jedoch noch nicht erworben
sind,
wird noch eine jährliche
Grundsteuer erhoben, die halbjährlich von dem Ortsältesten eines jeden Dorfes an das Gouvernement abgeführt wird. 1 )
Was wie
Anordnung der Steuern
die
bereits
Besprechung
bei
Wege
wurde, auf dem
Erhebung von Steuern
betrifft,
so erfolgt diese,
der Schutzgewalt
ein
Recht der Schutzgewalt
der Kaiser im Namen des Reiches unbeschränkt
in
Grund von
auf
Gleichfalls
werden
kaiserlichen
den Schutzgebieten Gebühren
wie oben erwähnt,
die
dritte
von Amtshandlungen
öffentlicher
die für die
weiße und
in
die Gerichtskosten.
den deutschen Schutgebieten
farbige
die Gerichtsverfassung:
§ 2 bestimmt in bezug auf
„Auf die Gerichtsverfassung
Schutzgebieten finden die Vorschriften der §§
Gesetzes
über
1900 (Reichsgesetzblatt
die S.
Konsulargerichtsbarkeit
213) mit der
amte und an
q F a )
a )
S.
v.
1
o rac
7.
17,
Gerichtsbarkeit
dem
4.
Reichs-
ermächtigte Be-
Gemäß-
S. 67.
Stengel,
vgl.
v.
Maßgabe entsprechende
die Stelle des Konsulargerichts das in
k
den
in
7—15,
5,
Anwendung, daß an Stelle des Konsuls der von kanzler zur Ausübung der
ist
*)
Bevölkerung eine verschiedene.
Das Schutzgebietsgesetz von 1900
18 des
welche,
Vornahme
Die Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten.
d)
Die Gerichtsbarkeit die
Verordnungen
erhoben,
Behörden erhoben werden, 4)
und insbesondere gehören hierzu
für
die
ist,
ausiibt.
Einnahmequelle der Schutz-
Gebühren sind Abgaben,
gebiete bilden.
ausgeführt
der kaiserlichen Verordnung, da die
Schutzgebiete S. 97.
zu folgendem Schutzgebietsgesetzgebung von
Hopfner,
8 ff.
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Google
heit der Vorschriften über das letztere zusammengesetzte
Ge-
Die Deutschen und die ihnen
richt der Schutzgebiete tritt“.
rechtlich gleichgestellten Bevölkerungsgrnppen in den Schutz-
gebieten sind also den Vorschriften des Konsulargerichtsbarkeitsgesetzes
v.
4.
7.
1900
Stelle
amte
des
und
denselben
an
Stelle
Vorschriften
jedoch
unterworfen,
Abweichungen, daß an
den
mit
des Konsuls richterliche Be-
Konsulargerichts
nach
andere
zusammengesetzte Gerichtsbehörden
treten.
Die Richter
in
v.
nung „Kaiserliche Bezirksrichter“,
zirksgericht“
und
die
Ausübung der Ge-
Die Gerichtsbehörden
demselben §
unter
1
„Kaiserliches
zeichnung „Kaiserliches Obergericht“. laut § 1 der
Dienstanweisung
im
Be-
Zuziehung von Beisitzern er-
kennenden Gerichtsbehörden zweiter Instanz führen
richtsbarkeit
der
1900 die Bezeich-
die zur
zeichnung „Kaiserlicher Oberrichter“. heißen nach
1
24. 12.
ermächtigten Beamten die Be-
richtsbarkeit zweiter Instanz
erster Instanz
führen laut §
der ersten Instanz
Verfügung des Reichskanzlers
betr.
Kiautschougebiet
In
die
Be-
Kiautschou heißt
Ausübung der Ge-
die
Gerichtsbehörde
„Kaiserliches Gericht von Kiautschou“ und der zur
der Gerichtsbarkeit ermächtigte Richter
die
Ausübung
„Kaiserlicher Ober-
richter“.
Bisher gab es in Kiautschou nur ein Gericht erster Instanz.
Wenn
der
Richter
trotzdem
führte, so
kam
stanz
den Angelegenheiten
ist.
1
in
den Titel Oberrichter
das daher, daß er gleichzeitig die zweite Inder
Chinesengerichtsbarkeit
Die zweite Instanz für die deutsche Gerichtsbarkeit in
)
Kiautschou bildete bisher das Gericht des Generalkonsulates
’)
Hopfner,
Schutzgebietsgesetzgebung
S. 11
Anm.
1.
Digitized by
Google
47 in
Durch eine Verordnung
Shanghai.
diese Einrichtung jedoch aufgehoben
28. 12.
v.
worden und
1907
ist
die zweite
Instanz für das Schutzgebiet Kiautschou der dort bereits be-
stehenden Gerichtsorganisation angegliedert worden. 1 )
In
und
Amtsgerichts-
In
Einzelrichter.
zwei Laien schaffen
Konkurssachen
Landgerichtssachen
entscheidet
treten
Nur wenn
als Beisitzer bei.
dem
der
Richter
diese nicht zu
be-
darf der Richter auch hier als Einzelrichter
sind,
entscheiden.
Für den Instanzenzug
sind sowohl in Zivil- wie in Straf-
sachen für Berufung und Beschwerden die schon erwähnten Kaiserlichen Obergerichte eingeführt.
In Strafsachen Amtsrichter als
ist
in
den Fällen,
Gehören die Strafsachen
so
hier
treten
Auch
sitzer
bei.
licher
Verordnung
in
dem
Deutschland
Richter zwei bezw. vier Bei-
Schwurgerichtssachen
v. 9. 11.
in
Strafkammer des Land-
vor das Schöffengericht bezw. die gerichts,
denen sonst der
in
Einzelrichter entscheidet, hier der Bezirks-
richter zuständig.
der
1900 § 7
ist
laut kaiser-
Richter erster In-
stanz mit vier Beisitzern zuständig.*)
Eine Revisionsinstanz gibt es in den Schutzgebieten noch nicht.
Abweichend vom Konsulargerichtsbarkeitsgesetz, welches
keine Staatsanwaltschaft kennt,
ordnung
v.
9. 11.
ist
durch die kaiserliche Ver-
1900 § 5 die Staatsanwaltschaft eingeführt,
deren „Mitwirkung, sofern es sich
um
Verbrechen oder Ver-
gehen handelt, bei der Hauptverhandlung bei der Einlegung von Rechtsmitteln
in erster Instanz,
und bei dem Verfahren
in zweiter Instanz eintritt“.
*)
Zeitschr.
*)
Florack
f.
Kolonialpolitik 10. Jahrg. Heft 2 S. 128.
S. 69.
Digitized by
Google
im Verwaltungsstreitverfahren zu treffenden Ent-
Die
scheidungen werden in erster und letzter Instanz
vom Bandes-
rat getroffen. 1 )
Was Recht
das für die Weißen in den Schutzgebieten geltende
betrifft,
von 1900 die
gelten nach § 3 des Schutzgebietsgesetzes
so
in § 19 des Konsulargerichtsbarkeitsgesetzes be-
zeichneten Vorschriften
„die
1.
Reichsgesetze und preußischen
der
Danach kommen auf
Gesetze.
schriften
dem
der
diese Personen in
und
Reichsgesetze
daneben
der
Preußens im bisherigen Geltungsbereich Landrechts in
Kraft
Anwendung:
angehörenden Vor-
Rechte
bürgerlichen
innerhalb
des preuß. allgem.
stehenden allgemeinen Gesetze sowie
die Vorschriften der bezeichneten Gesetze über das Verfahren
und
die Kosten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in
Kon-
kurssachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit; 2.
die
dem
angehörenden Vorschriften für
Strafrecht
Reichsgesetze“.
Während man die
also für die
Gerichtsbarkeit
Weißen
nach Form
wesens geregelt hat und für
sie
des
die farbige
den Schutzgebieten Gerichts-
das in Deutschland geltende
bürgerliche Recht und Strafrecht in für
in
preußischen
Anwendung kommt,
ist
Bevölkerung der Schutzgebiete die bisherige
Eingeborenenrechtspflege
erhalten
geblieben,
und man geht
erst allmählich dazu über, ihre Rechtspflege auf eine höhere
Kulturstufe zu heben.
neure
und
geregelt
Kulturstand
der
Sie in
ist
den
farbigen
durch Verordnung der Gouvereinzelnen
Bevölkerung
Schutzgebieten
dem
entsprechend
ver-
schieden.®) ')
Konsulargerichtsbarkeitsgeeetz §25;
*)
Plorack
Hopfner
S. 36.
S.61.
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Google
49
Während
für die
und Verwaltung geborenen
Weißen
den Schutzgebieten Justiz
in
überall getrennt sind, hat
die Rechtspflege überall
man
für die Ein-
den Verwaltungsbehörden
überlassen und gleichzeitig die Eingeborenen selbst zur aktiven
Beteiligung an der Rechtspflege herangezogen. 1 ) .
Teilweise
beruht diese Beteiligung der Eingeborenen auf Verträgen, so in
Süd westafrika, wo den Häuptlingen
die
Ausübung der
Gerichtsbarkeit vertragsmäßig überlassen worden
werden
die Eingeborenen aber auch
ist,
teilweise
von deutschen Richtern
freiwillig zur Beteiligung herangezogen,
um
deren Sitten und
Rechtsanschauungen gerecht zu werden. In Ostafrika, Kamerun
und Togo wird
die Strafgerichtsbarkeit über die farbige
Be-
völkerung vom Gouverneur, bei den Bezirksämtern vom Bezirks-
amtmann
ausgeübt, wobei jedoch gleichfalls die Eingeborenen
zugezogen werden teiligung
In Neu-Guinea findet keine Be-
sollen.“)
der Eingeborenen
statt;
dort für die Farbigen von einem
ist
auf
es
einem
und
Gerichtsvorsteher
Ebenso
die
Gerichtsbarkeit wird
vom Gouverneur ernannten Gerichtsschreiber
ausgeübt.
den Marshallinseln und den Karolinen, 3)
In Samoa dagegen sind
den Häuptlingen ihre Rechte be-
züglich der Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen noch
zum
größten Teil belassen worden. 4 )
Welche
Teile der farbigen Bevölkerung der Eingeborenen-
unterstellt
justiz
sind,
ist
bei
der rechtlichen Stellung der
Durch einzelne Ver-
Bevölkerung bereits besprochen worden.
ordnungen
des
Reichskanzlers
und der Gouverneure sind
*)
Köbner
2 )
Floreck
)
Laban d,
Reichsstaatsrecht 1907 S. 197.
Florack
S. 63.
8
*)
in Enzykl. d.
Rechtsw. 1904
S. 1114.
S. 62.
Digitized by
Google
50
außerdem
Bestimmungen
den
für
von
Fall
Streitigkeiten
zwischen Eingeborenen und Nichteingeborenen getroffen. Bezüglich
Kiautschou v. 15. 4.
durch
der
über
die
Chinesen
Verordnung
des
Gouverneurs
Gerichtsbarkeit
bestimmte
eine
in
1899, *) daß diese durch den Kaiserlichen Richter und
vom Gouverneur ernannte Beamte ausgeübt wird und
zur Erforschung der Gerichtsanschauung der Chinesen die Dorfältesten zugezogen werden können.
e) Die Militärverwaltung
„Zur Aufrechterhaltung
den Schutzgebieten.
in
Ordnung und
der öffentlichen
Sicherheit in den afrikanischen Schutzgebieten, insbesondere
zur Bekämpfung
des Sklavenhandel werden“,
Schutztruppengesetz
v. 18. 7.
1896
heißt,
wie
es
im
„Schutztruppen ver-
wendet, deren oberster Kriegsherr der Kaiser
ist“.
Die
erste
Schutztruppe wurde in Ostafrika im Jahre 1891 eingerichtet,
der dann im Jahre 1895 die Schutztruppen in Südwestafrika
und Kamerun
folgten.
Ihre Rechtsverhältnisse 18. 7.
lichen
werden durch das Gesetz vom
1896 geregelt, mit dem gleichzeitig laut der kaiser-
Verordnung
1896
v. 26. 7.
die
deutschen Militärstraf-
gesetze in den Schutzgebieten für die kaiserlichen Schutz-
truppen eingeführt wurden.
Gebildet werden die Schutztruppen
laut § 2 des Gesetzes v. 18. a)
offizieren,
der
Kaiserlichen
*)
1896
Beamten und Unteroffizieren des Reichsheeres und Marine,
Meldung den Schutztruppen b)
7.
aus Offizieren, Ingenieuren des Soldatenstandes, Sanitäts-
welche
auf
Grund
zeitweilig zugeteilt
freiwilliger
werden;
aus angeworbenen Farbigen. v.
Stengel, Schutzgebiete
S. 233.
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51
In Südwestafrika können auch Gemeine des Reichsheeres
und der Kaiserlichen Marine werden; 1
in die
Schutztruppen eingestellt
auch können laut § 19 des Schutztruppengesetzes
)
„die in den Schutzgebieten sich dauernd aufhaltenden Personen
des Beurlaubtenstandes, des Heeres oder der Kaiserlichen Marine in
Fällen von Gefahr durch kaiserliche Verordnung zu not-
wendigen
Verstärkungen
Heere oder
im
der
Schutztruppe
Jede Einberufung dieser Art
werden.
der
ist
Marine
Kaiserlichen
herangezogen
einer Dienstleistung
gleichzuachten“.
Ferner können nach einer Novelle zum Schutztruppengesetz v.
25.
1902
6.
alle
Reichsangehörigen,
den Schutzgebieten lebenden,
da
sie
besonders
dort
ebenso
die
in
wie im
Mutterlande der Militärwehrpflicht unterworfen sind, dieser
den Schutztruppen genügen. 2
bei
Auf
die
noch nicht, doch kann
ordnung auch auf in
)
Eingeborenen erstreckt sich die Militärwehrpflicht
sie
sie
jederzeit
durch kaiserliche Ver-
ausgedehnt werden, wie dies auch schon
Südwestafrika teilweise geschehen
ist.
3 )
Oberster Kriegsherr der Schutztruppen Gesetzes von 1896 der Kaiser.
truppen
dem Reichskanzler
ist
nach § 2 des
Demnächst sind
unterstellt.
die Schutz-
Dieser bildete bis 1907
mit einer Anzahl von Offizieren und Beamten eine besondere
Behörde,
war
das
Oberkommando der Schutztruppen.
für die Verwaltungsangelegenheiten
die Kolonialabteilung des
J )
") »)
4 )
Laband
F F
,
o r a c k S. 46. o
ack
Köbner,
)
Reichsstaatsrecht 1907 S. 199.
1
1
r
Daneben
der Schutztruppen
Auswärtigen Amtes zuständig. 4
S. 47.
Kolonialpolitik S. 126.
Digitized by
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52
Nunmehr
ist
nach Schaffung des Reichskolonialamtes diesem
das Oberkommando über die Schutztruppen übertragen worden. 1 )
Togo wie auf
In
einigen
Südseeinseln
gibt
keine
es
Schutztruppen, sondern nur aus Farbigen gebildete Polizei-
Diese sind von
truppen.*)
den Gouverneuren angeworben,
haben den Sicherheitsdienst zu erfüllen und sind den Zivilbehörden
unterstellt.
In Kiautschou wird die Besatzung von
einem Teil
der
aktiven Marine gebildet, deren Verhältnisse durch die organisatorischen
Besatzung
Bestimmungen
v. 3. 5.
1902 geregelt
in Kiautschou ist nächst
sind.
3 )
Die
dem Kaiser dem Staatsdemnach
sekretär des Reichsmarineamts unterstellt, welchem
sowohl die militärische
auch die Zivilverwaltung in
als
den
Schutzgebieten untersteht. 4 )
Schluß. Bei Besprechung der Schntzgewalt wurde ausgeführt, daß der Kaiser, insofern er Rechte, die ihm auf Grund der Reichsverfassung zustehen, in den Schutzgebieten ausübt, den
schränkungen unterworfen auf erlegt.
ist,
ihm
die
die
Be-
Reich sverfassung
Schließt der Kaiser also in seiner Eigenschaft als
Reichsoberhaupt
völkerrechtliche
Schutzgebiete betreffen, so
ist
Verträge
ab,
welche
er in diesem Falle an die
die
Zu-
stimmung des .Bundesrates und des Reichstages gebunden. 5) Order auf S. 36 der Arbeit.
')
vgl. die Allerhöchste
2
Laban d,
Reichsstaatsrecht 1907 S. 198.
K ö b n er, K ö b n e r,
in Enzykl. d.
)
3 )
4 )
*)
v.
Rechtsw. 1904
S. 1108.
Kolonialpolitik S. 126.
Stengel,
Schutzgebiete S. 81.
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53
Anders verhält es
sich,
Da ihm
Schutzgewalt handelt.
kann er hier
wenn der Kaiser
völlig selbständig
diese
Ausübung der
in
unbeschränkt zusteht,
handeln und auch ohne Mit-
wirkung von Bundesrat und Reichstag
in
Ausübung
dieser
ihm zustehenden Schutzgewalt völkerrechtliche Verträge bezüglich der Schutzgebiete abschließen. bei
Allerdings darf, wie
Besprechung des Finanzwesens erwähnt wurde, durch
solche Verträge keine finanzielle Belastung des Reiches herbei-
dem Gesetz
da hierzu nach
geführt werden,
ein Reichsgesetz notwendig
ist.
v. 30. 3.
1892
Jeden andern Vertrag, der
sich auf die Schutzgebiete bezieht, kann der Kaiser jedoch in
Ausübung der Schutzgewalt selbständig Infolgedessen steht
dem Kaiser auch
jedes deutsche Schutzgebiet
oder
einen
schließen.
das Recht zu, ein eines
Teil
jederzeit aufzugeben, da die Schutzgebiete nicht
gebiete im Sinne des Art.
Praktisch vorgekommen
1
ist
solchen
zum Bundes-
der Reichsverfassung gehören. 1 ) dieser Fall
beim Austausch des
Gebietes Witu gegen Helgoland durch Vertrag mit England V. 1. 7.
1890.
Was fremden
also
Staat
die
Abtretung eines Schutzgebietes an einen
oder
die
gabe eines Schutzgebietes
vollständige betrifft,
oder
teilweise
so steht diese allein
Auf-
dem
Kaiser zu.
')
vgl. v.
Stengel
in
den Annalen des Deutschen Reiches 1895
S. 768/69.
Spezialdruckerei für Dissertationen, Robert Noake, Borna-Leipzig.
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