Die Südkaspischen Provinzen Unter Den Safawiden Im 16. Und 17. Jahrhundert.: Soziale Und Wirtschaftliche Verhältnisse. [1., Erstausgabe ed.] 3879973822, 9783879973828

Die Reihe Islamkundliche Untersuchungen wurde 1969 im Klaus Schwarz Verlag begründet und hat sich zu einem der wichtigst

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Die Südkaspischen Provinzen Unter Den Safawiden Im 16. Und 17. Jahrhundert.: Soziale Und Wirtschaftliche Verhältnisse. [1., Erstausgabe ed.]
 3879973822, 9783879973828

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Yukako Goto Die südkaspischen Provinzen des Iran

ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 302 begründet von Klaus Schwarz herausgegeben von Gerd Winkelhane

ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 302

Yukako Goto

Die südkaspischen Provinzen des Iran unter den Safawiden im 16. und 17. Jahrhundert Eine Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. British Library Cataloguing in Publication data A catalogue record for this book is available from the British Library. http://www.bl.uk Library of Congress control number available http://www.loc.gov

Titelbild: Kartenausschnitt unter Verwendung der Karte von Südwestasien und Südasien von Jan H. van Linschoten, Amsterdam 1596

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© 2011 by Klaus Schwarz Verlag GmbH Berlin Erstausgabe 1. Auflage Herstellung: J2P Berlin Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-87997-382-8

Inhaltsverzeichnis Einleitung........................................................................................................................9 1 1-1 1-2 1-2-1 1-2-2 1-2-3 1-2-4 1-2-5

Geographische Lage der südkaspischen Küstenprovinzen .....................12 Allgemeine Bemerkungen.............................................................................12 Einige historische Bemerkungen..................................................................13 Māzandarān.....................................................................................................13 Rūyān (Rustamdār).........................................................................................14 Ṭabaristān (Kūhistān).....................................................................................16 Gīlān..................................................................................................................16 Gebirgiges Hinterland: Dailamistān und andere Provinzen................... 18

2

Regionale Chroniken der südkaspischen Küstenprovinzen in der persischen Geschichtsschreibung.....................................................20 Entwicklung der persischen Geschichtsschreibung im Überblick..........20 Tradition der regionalen Geschichtsschreibung und Regionalbewusstsein..............................................................................22 Regionale Chroniken der südkaspischen Küstenprovinzen.....................24 Tāriḫ-i Ṭabaristān.............................................................................................25 Tāriḫ-i Rūyān.....................................................................................................27 Tāriḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān.................................................28 Tāriḫ-i Gīlān wa Dailamistān.............................................................................33 Tāriḫ-i Ḫānī.......................................................................................................38 Tāriḫ-i Gīlān.......................................................................................................40 Tāriḫ-i Mar‘ašī-i Māzandarān...........................................................................45 Tāriḫ-i Māzandarān..........................................................................................51 Tāriḫ-i īčī-i Niẓām-Šāh......................................................................................55 Nusaḫ-i ğahān-ārā (Tārīḫ-i ğahān-ārā)............................................................57 Zusammenfassung..........................................................................................59

2-1 2-2 2-3 2-3-1 2-3-2 2-3-3 2-3-4 2-3-5 2-3-6 2-3-7 2-3-8 2-3-9 2-3-10 2-4 3 3-1 3-2 3-2-1 3-2-2

Abriss der Provinzgeschichte bis zum 15. Jahrhundert............................61 Übersicht über die alten Regionaldynastien..............................................61 Frühislamische Zeit........................................................................................63 Die Dābūyiden..................................................................................................63 Die Qārinīyān und der Aufstieg der Bāwandiyān: Zwei Ispahbad-Familien..................................................................................65 3-2-3 Der Aufstieg der Zaiditen...............................................................................66 3-2-4 Die Ǧustāniden und die Islamisierung von Dailamistān...........................68 3-2-5 Die Ziyāriden und der Aufstieg der Būyiden: Das Ende der ersten Bāwanditen-Epoche....................................................70

3-2-6 Das Verhältnis der regionalen Fürsten zu den Seldschuken: Beginn der zweiten Epoche der Bāwandiyān und der Ustandārān.........72 3-2-7 Die Ustandārān / Bādūspāniyān...................................................................74 3-2-8 Religiöse Entwicklung und die Ismā‘īliten in Dailamistān.......................75 3-3 Die Lage unter den Mongolen: Der Untergang des ismā‘īlitischen Fürstentums........................................79 3-4 Der Aufstieg der beiden Sayyid-Dynastien: Die volksislamischen Bewegungen im 14. Jahrhundert............................82 3-4-1 Die volksislamischen Bewegungen..............................................................82 3-4-2 Kurze Herrschaft der Čalāwiyān: Das Ende der Bāwanditen-Dynastie.....85 3-4-3 Der Aufstieg der Mar‘ašīyān in Māzandarān..............................................87 3-4-4 Der Aufstieg der Kiyāyān in Ost-Gīlān und die Integration von Dailamistān..............................................................................................91 3-4-5 Die Lage der Ustandārān alias Mulūk-i Rustamdār...................................96 3-5 Die politische Lage der Küstenprovinzen im 15. Jahrhundert.................97 3-5-1 Machtkonzentration der Kiyāyān ...............................................................98 3-5-2 Machtkämpfe unter den Mar‘ašīyān..........................................................109 3-5-3 Beziehungen der regionalen Fürsten zu den Timuriden und den Aq Quyunlu.....................................................................................117 4 4-1 4-1-1 4-1-2 4-1-3 4-2 4-2-1 4-2-2 4-2-3 4-3 4-3-1 4-3-2 4-4 4-4-1 4-4-2 4-4-3 4-5

Die Ereignisgeschichte im 16. und 17. Jahrhundert................................123 Die Regierungszeit Schah Ismā‘īl I. (1501–1524) .....................................123 Umsturz in Gīlān...........................................................................................123 Māzandarān...................................................................................................130 Rustamdār und Hizār-ǧarīb.........................................................................133 Die Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs (1524–1576)...................................135 Gīlān................................................................................................................135 Māzandarān...................................................................................................140 Rustamdār......................................................................................................146 Die Regierungszeit Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābandas (1578–1587)....................................................................................................147 Gīlān................................................................................................................149 Māzandarān und Rustamdār.......................................................................151 Die Annektierung der Küstenprovinzen durch Schah ‘Abbās I. (1587–1629)....................................................................................................155 Die Annektierung von Gīlān........................................................................156 Die Annektierung von Māzandarān und Rustamdār...............................164 Gīlān als Krongut..........................................................................................171 Nach dem Tod von Schah ‘Abbās: Letztes Streben nach Autonomie ..............................................................178

4-5-1 Māzandarān ..................................................................................................178 4-5-2 Gīlān ...............................................................................................................180 5 5-1 5-1-1 5-1-2 5-1-3 5-1-4 5-2 5-3 5-4 5-4-1 5-4-2

Die Gesellschaft der südkaspischen Küstenprovinzen............................184 Herrschende Funktionen.............................................................................184 Ḥākim/Wālī ...................................................................................................184 Wesir (wazīr) und andere Beamte (nā’ib, ‘āmil) ........................................186 Dārūġa (Stadthauptmann)............................................................................190 Kūtwāl-i qal‘a (Burgvogt)..............................................................................191 Sipahsālārān und Ḫalābarān in Ost-Gīlān...................................................193 Āyān: Würdenträger in West-Māzandarān und Ost-Māzandarān........ 200 Die Einwohner ..............................................................................................203 Derwische und Gelehrte...............................................................................203 Mardum: Sympathie der Einwohner für die herrschenden Familien und ihre militärische Beteiligung..............................................................203 5-5 Weibliche Mitglieder der Fürstenfamilien................................................209 5-6 Verwaltungsreformen in der Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs............211 5-6-1 Wakīl in West-Gīlān und Māzandarān........................................................211 5-6-2 Wesir in Ost-Gīlān.........................................................................................214 6

Die Veränderungen des Gesellschaftssystems nach der Annektierung................................................................................216 6-1 Der Provinzwesir und die ihm zugewiesenen Funktionen ....................217 6-1-1 Der Provinzwesir...........................................................................................217 6-1-2 Dārūġa (Stadthauptmann)............................................................................222 6-1-3 Andere Amtspersonen: Mustaufīyān und Taḥwīldārān.............................223 6-2 Die Sipahsālārān nach der Annexion ..........................................................224 6-3 Kalāntarān (Gemeindevorsteher)................................................................229 6-4 Kadḫudāyān (Bürgermeister).......................................................................233 6-5 Šaiḫ al-Islām (Oberster Richter)...................................................................235 7

Schlusswort – Südkaspische Küstenprovinzen in der spät-safawidischen Zeit....................................................................238

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Anhang...........................................................................................................241 Die Genealogien der Fürsten der Küstenprovinzen ...............................241 Landkarten.....................................................................................................255 Literaturverzeichnis ...................................................................................257 Abkürzungsverzeichnis ..............................................................................266 Glossar............................................................................................................267 Register...........................................................................................................269

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist mit dem ursprünglichen Titel „Die südkaspischen Provinzen unter den Safawiden im 16. und 17. Jahrhundert: Soziale und wirtschaftliche Verhältnisse“ im März 2010 vom Promotionsausschuss der Fakultäten Humanwissenschaften sowie Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg als Dissertation angenommen worden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Bert G. Fragner, der mich als DAAD-Stipendiatin aus Japan aufgenommen und mit großer Geduld bis zum Abschluss des Promotionsvorhabens unterstützt hat. Ferner danke ich dem Lehrkörper und den Kommilitonen der Universität Bamberg, Frau Prof. Dr. Birgitt Hofmann, Frau PD Dr. Roxane Haag-Higuchi, Dr. Roman Siebertz und Prof. Dr. Ralph Kauz, die immer bereit waren, mir nötige Hilfe und Beratungen zu geben.

Takarazuka, im März 2011 Yukako Goto

Einleitung

In Nordiran, an der Südküste des Kaspischen Meeres, liegt ein Gebiet, das nach der heutigen administrativen Aufteilung aus den zwei Provinzen Māzandarān und Gīlān besteht. Dieses schmale Küstengebiet, umgeben vom Kaspischen Meer im Norden und dem Alborz- und dem Taleshgebirge im Süden und im Westen, ist von den anderen Teilen des iranischen Hochlandes geographisch komplett abgeschlossen. Dieser besonderen geographischen Lage verdankt das Gebiet seine einmalige kulturelle und historische Entwicklung. Die feuchten Luftmassen aus Norden stauen sich an den hohen Gebirgen und verursachen ganzjährige Niederschläge und hohe Luftfeuchtigkeit. Mit dieser im Vergleich zu anderen iranischen Gegenden extrem hohen Luftfeuchtigkeit wachsen Bäume in den Gebirgen zu einem dichten, unzugänglichen Dschungel, der ein Eindringen von außen schwierig machte. Nach der Islamisierung Irans wurde das in viele kleinere Provinzen geteilte Gebiet jahrhundertelang von einheimischen Fürsten beherrscht, die teilweise ihren Ursprung auf die Sasaniden zurückführten. Die Zentralmächte – wie die ‘Abbasiden, die Seldschuken, die Ilchaniden und die Timuriden – verzichteten darauf, die ertragreichen Küstenprovinzen direkt unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie hielten vielmehr die autonomen Fürsten vor Ort und ließen sie Tribute zahlen. Erst den Safawiden unter Schah ‘Abbās gelang es, die Provinzen zu annektieren. Wegen der von der Natur und der Geschichte stark geprägten Eigenart der Bevölkerung dauerte es jedoch noch Jahrzehnte, bis sie unter vollständige Verwaltung der Safawiden kamen. Die Geschichte dieser Provinzen wurde in den aus Sicht der Zentralmacht geschriebenen persischen Universalgeschichten, Dynastiegeschichten oder Hofchroniken selten berücksichtigt. Zwischen dem 13. und dem 17. Jahrhundert wurde in diesen Provinzen eine Reihe von Regionalgeschichtswerken unter besonderer Berücksichtigung von Māzandarān und Gīlān verfasst, die eine Vielzahl von Berichten über die Aktivitäten dieser für iranische Verhältnisse fremden Bevölkerung enthalten. Die Regionalgeschichtswerke der südkaspischen Küstenprovinzen sind, ungefähr der Entstehungszeit nach: Tārīḫ-i Ṭabaristān von Ibn Isfandiyār, Tārīḫ-i Rūyān von Auliyā Allāh Āmulī, Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, Tārīḫ-i Ḫānī von ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī, Tārīḫ-i Gīlān von ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī, Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān von Mīr Taimūr Mar‘ašī und Tārīḫ-i Māzandarān von Šaiḫ ‘Alī Gīlānī. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist, anhand dieser Regionalgeschichtswerke die Geschichte und die Gesellschaft von Māzandarān und Gīlān im 16. und 9

in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts darzustellen. Dieser Zeitraum entspricht der ersten Hälfte der safawidischen Ära. In diesem Zeitraum trugen sich in den Küstenprovinzen viele bedeutungsvolle Ereignisse zu, die letztlich den Wendepunkt in ihrer Geschichte herbeiführten. Die regionalen Fürsten der Provinzen trugen zum Entstehen und zur Etablierung der safawidischen Dynastie bei. Ihre Beseitigung und die Annektierung der Provinzen in das safawidische Reich waren – ebenso für das Gebiet wie für die Safawiden – von herausragender historischer Bedeutung.

Forschungsstand Trotz des Vorhandenseins umfangreicher Regionalgeschichtswerke und deren Bedeutung für die persische Geschichte wurde nur in einer geringen Zahl von Fachstudien der Geschichte des südkaspischen Küstengebietes vor der Neuzeit Aufmerksamkeit gewidmet. Zu nennen sind vor allem die Studien von Rabino di Borgomale und Zabīḥī/Sutūda. H. L. Rabino di Borgomale (1877-1950), der sich Anfang des 20. Jahrhunderts als englischer Vizekonsul in Rašt aufhielte, schrieb neben verschiedenen offiziellen Berichten Reiseberichte, wie Les provinces caspiennes de la Perse, le Guîlân (1917) und Mázandarán and Astarábád (1928). In Mázandarán and Astarábád nahm er zahlreiche Texte von Inschriften auf, die für die regionale Geschichtsforschung wichtig sind. Unter Verwendung der oben genannten Regionalgeschichtswerke und bekräftigt durch seine eigenen Ortskenntnisse beschrieb er die Ereignisgeschichte der Provinzen von frühislamischer Zeit bis zur Neuzeit und stellte sie der europäischen Wissenschaft vor. Seine Aufsätze, wie „Rulers of Lahijan and Fuman, in Gilan, Persia“ (1918), „Rulers of Gilan“ (1920), „Le’histoire du Mâzandarân“ (1943-1945) und „Deux descriptions du Gîlân du temps des mongols“ (1950) stellen in Umrissen die Geschichte der regionalen Dynastien dar und sind mit den beigefügten Stammbäumen der Herrscherfamilien der Provinzen die maßgebenden Standardwerke für die Forschung zur Geschichte des Küstengebietes. Zabīḥī und Sutūda verfassten eine geohistorische Forschungsarbeit zum südkaspischen Küstengebiet mit dem Titel Az Āstārā tā Astarābād (1349/1971-2) in sieben Bänden. Das Werk stellt nicht nur die historischen Bauten und Inschriften der Provinzen – leider sind die schwarzweißen Fotos aus heutiger Sicht nicht von guter Qualität –, sondern auch die rezenten historischen Urkunden vor. Auch die Revision und Edition der Regionalgeschichtswerke gehören zu Sutūdas hervorragenden Verdiensten. Einzelne geschichtswissenschaftliche Forschungen zu den Küstenprovinzen erschienen erst seit den 1970er Jahren. Der sowjetische Historiker I. P. Petruševskij, der in seiner Arbeit zu den Sarbadārān „Dviženie Serbedarov v Xorasanie“ (1956) deren Ursprung im Klassenkampf der iranischen Bauern und der ar10

men Stadtbewohner gegen die iranischen Grundbesitzer sah, prägte den Begriff „Sarbadār-Bewegung“ für die volksislamische Strömung im post-mongolischen Iran der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, dessen Konzept lange Zeit von vielen Iranisten einschließlich der iranischen Forscher akzeptiert worden war. Der Aufstieg der Sayyid-Familien in Māzandarān und Gīlān wurde im Rahmen dieser Bewegung begriffen. Erst J. Aubin verstand in seinem Aufsatz „Aux origines d’un mouvement populaire médiéval. Le cheykhisme du Bayhaq et du Nichâpour“ (1976) den Aufstieg der Mar‘ašīyān als ein von der „Sarbadār-Bewegung“ unabhängiges Phänomen. Seit den 90er Jahren sind einzelne Studien sowohl über die Sayyid-Dynastien wie über die Geschichte der Küstenprovinzen ohne Bezug auf die Sarbadārān erschienen. J. Calmard richtete seine Aufmerksamkeit auf die Mar‘ašīyān und verfasste zwei kurze Aufsätze, „Mar‘ashis“ (1991) und „Une Famille de Sâdât dans l’histoire de l’Iran: Les Mar‘aši“ (1999). Sie können als revidierte Version der Fa1 miliengeschichte der Mar‘ašīyān betrachtet werden. Seit einigen Jahren ist die Geschichtsschreibung der islamischen Welt verstärkt in den Fokus der Geschichtswissenschaft gerückt. Im Rahmen der Forschung zur persischen Geschichtsschreibung analysierte Melville in „The Caspian Provinces: A World Apart: Three Local Histories of Mazandaran“ (2000) die drei ältesten Regionalchroniken von Māzandarān, Tārīḫ-i Ṭabaristān, Tāriḫ-i Rūyān und Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān, und erläuterte die inneren 2 Zusammenhänge dieser Beschreibungen. Da sein Hauptinteresse der mongolischen Zeit gilt, stellte er keine Betrachtungen über die nachfolgenden Regionalchroniken der Küstenprovinzen an. Meine früheren Aufsätze, „Der Aufstieg zweier Sayyid-Familien am Kaspischen Meer: ,Volksislamische’ Strömung in Iran des 8./14. und 9./15. Jahrhunderts“ (1999) und „Tīmūr and Local Dynasties in Iran“ (2002/3) versuchten, den Aufstieg der Sayyid-Dynastien in Māzandarān und Gīlān im 8./14. Jahrhundert im Rahmen der volksislamischen Strömung, die zur Entstehung der safawidischen Dynastie führte, nachzuzeichnen. Eine Studie, die in umfassender Weise die vielen Regionalchroniken zu Rate zieht und ein Gesamtbild der Geschichte der Küstenprovinzen samt der Gesellschaft und ihrer Bevölkerung entwirft, ist bis heute noch nicht erschienen. Sie ist das Hauptziel dieser Arbeit.

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Einen ausführlichen Bericht über den Forschungsstand im Zusammenhang mit der Sarbadār-Forschung gibt Goto (1999), 43-46. Allgemein hierzu: „Historiography“ in Encyclopaedia Iranica.

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Geographische Lage der südkaspischen Küstenprovinzen

1-1

Allgemeine Bemerkungen

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Das fragliche Küstengebiet, das in frühislamischer Zeit als Ṭabaristān bezeichnet wurde und das Forschungsgegenstand dieser Arbeit ist, besteht aus zwei geographischen Zonen. Die eine ist das Tiefland, das direkt an der Küste des Kaspischen Meeres liegt. Dieses Tiefland ist eine schmale Zone, die sich von Āstārā im Westen bis Gurgān (früher Astarābād) im Osten bis zu den Steppengebieten erstreckt, aber von Nord bis Süd nur wenige Kilometer breit ist. Dank starker Niederschläge und aufgrund eines hohen Grundwasserspiegels ist das Tiefland ein fruchtbares Agrarland. Das Tiefland besteht aus mehreren Provinzen. In der historischen Bezeichnung ist die westliche Hälfte des Tieflandes wie heute Gīlān benannt worden und die östliche Hälfte Māzandarān. Zwischen Gīlān und Māzandarān befand sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts ein kleines Fürstentum, Rūyān, eine kleine Provinz, die heute zu Māzandarān gehört. Die andere Zone bildet ein das Tiefland begrenzendes Gebirge. Der nach Nordosten gerichtete Gebirgsabfall des Taleshgebirges und die Nordflanke des Alborzgebirges im Süden schlossen das Tiefland von den anderen Teilen Irans ab und machten es bis zur Neuzeit quasi unzugänglich. Das andere ist historisch bekannt als Dailamistān (bzw. Dailam). Das an Māzandarān angrenzende gebirgige Gebiet – das Hinterland von Rūyān – hieß Rustamdār. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde Rustamdār zur Bezeichnung für das ganze Gebiet zwischen Māzandarān und Gīlān, es bestand aus dem Tiefland und dem Hinterland. Jede Provinz im Tiefland hatte eine enge Beziehung zu ihrem gebirgigen Hinterland. Oft übte der Fürst einer Provinz im Tiefland die Kontrolle über das Hinterland aus. Dailamistān war z.B. im 16. Jahrhundert ein wichtiger Teil des Herrschaftgebiets der Ost-Gīlāner Dynastie der Kiyāyān. Die meisten Einwohner der Küstenprovinzen gehörten bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts dem schi‘itischen Glauben an. Die Māzandarāner und die meisten Rūyāner waren Zwölfer-Schi‘iten, die Ost-Gīlāner und Dailamistāner waren Zaiditen (vgl. TTRM, 51; TGD, 18). Nur West-Gīlān war ein sunnitisches Gebiet und 4 gehörte zur šāfi‘itischen Rechtsschule (vgl. TGD, 45-46; TH, 129). Das Bestimmen der historischen Ortsnamen der Küstenprovinzen ist – schon Bosworth wies darauf hin – eine schwierige Aufgabe, weil bekannte Ortsnamen oft zu verschiedenen Zeiten für verschiedene, nicht ohne Weiteres feststellbare 3 4

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Für die allgemeinen geographischen Bemerkungen ist Ehlers (1980) die Hauptquelle. Zur Zeit des Feldzuges des achten Ilchāns Ūlǧā’ītū gehörte West-Gīlān der ḥanbalitischen Rechtsschule an (vgl. Rabino (1950), 327).

Orte verwendet wurden (vgl. Vasmer/Bosworth (1991), 937). Im Laufe der 500 Jahre, die die genannten regionalen Geschichtswerke behandeln, veränderten sich die regionalen Ortsnamen oder alte Namen wurden von neuen Namen abgelöst, wie es bei Ṭabaristān oder Rūyān der Fall war. Vom historischen Standpunkt aus könnte das gesamte südkaspische Küstengebiet jedoch in zwei Bereiche aufgeteilt werden: Māzandarān einschließlich Rūyān (Rustamdār) und Gīlān einschließlich Dailamistān.

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Einige historische Bemerkungen

1-2-1 Māzandarān Die an der kaspischen Küste liegende Provinz Māzandarān, in der bis zur ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine regionale Dynastie, die Bāwandiyān, regierte, war in frühislamischer Zeit in arabischen geographischen Werken nur als Ṭabaristān bekannt. Die geographische Bezeichnung Māzandarān tauchte erst in der seldschukischen Zeit auf. Erst zur späteren mongolischen Zeit (in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts) wurde die Aufteilung zwischen Māzandarān und Ṭabaristān klarer (vgl. Vasmer/Bosworth 1991, 935). Nach Ḥamd Allāh Mustaufī bestand Māzandarān (wilāyat-i Māzandarān) aus sieben Distriken (tūmān): 1. Gurgān, 2. Mū-Rustāq, 3. Astarābād, 4. Āmul und Rustamdār, 5. Dihstān, 6. Rūġad und 7. Siyā-Rustāq und grenzte im Süden an Ṭabaristān, das nun das Hinterland von Māzandarān bildete (vgl. Vasmer/Bosworth 1991, 935-936; Nuzhat, 159, 161). Die Kerngebiete von Māzandarān liegen im Schwemmland, das die vier aus dem Alborzgebirge kommenden Flüsse Harāz-rūd, Bābul-rūd, Tālār-rūd und Tiǧan-rūd bilden. Der Tiǧan-rūd teilt Māzandarān in zwei Teile: einen östlichen mit der Hauptstadt Sārī und einen westlichen mit der Hauptstadt Āmul. Āmul war die älteste Stadt in Māzandarān. Jedoch hatten die meisten regionalen Dynastien – die mongolische Zeit ausgenommen – die meiste Zeit ihren Hauptsitz in Sārī. Ein Städtchen zwischen Āmul und Sārī Bārfurūš (das heutige Bābul) war ein wichtiger heiliger Ort, aus dessen Umgebung Dābū der Gründer der Sayyid-Dynastie Qawām al-Dīn Mar‘ašī stammte. Mit dem Mord am letzten Bāwanditen-König (malik) durch seinen eigenen Amir war die Dynastie in der Mitte des 14. Jahrhunderts, kurz nach dem Untergang der Ilchaniden, am Ende. Der Amir hatte nur zehn Jahre lang seine Herrschaft behaupten können und war schließlich mitsamt seinen Familienmitgliedern bis auf eine Ausnahme durch eine aus Bārfurūš stammende Sayyid-Familie vertrieben worden. Diese Sayyid-Familie, die Mar‘ašīyān, übernahm die Herrschaft über Māzandarān bis zu dessen Annektierung durch das safawidische Reich. Die Mar‘ašīyān teilten ihr Herrschaftsgebiet in zwei Teile. Das Familienoberhaupt saß in der Hauptstadt Sārī. Die Nebenlinien der Mar‘ašīyān regierten die meiste Zeit im westlichen Teil mit Āmul als Hauptsitz. Südostlich von Sārī, an der Grenze von Māzandarān zu Astarābād, lag die 13

kleine Provinz Hizār-ǧarīb, über die eine andere Sayyid-Familie um die Zeit des Aufstiegs der Mar‘ašīyān herrschte, die deren Verfall im 17. Jahrhundert auch überlebte. Diese Sayyid-Familie unterstand stets den Mar‘ašīyān. Māzandarān war ein fruchtbares Ackerbaugebiet, dessen wichtigste Hauptrodukte – ähnlich wie in Gīlān – Reis und Seide waren (vgl. Nuzhat, 159-160, 162163). Reis und Seide wurden als Abgaben von den turko-mongolischen Zentralgewalten sehr geschätzt (vgl. Goto (1999), 76).

1-2-2 Rūyān (Rustamdār) Im südkaspischen Küstengebiet befand sich bis zur Annektierung der gesamten Küstenprovinzen am Ende des 16. Jahrhunderts zwischen Māzandarān und Gīlān die kleine Provinz Rūyān, die heute zu Māzandarān gehört. Vom geographischen und historischen Geschichtspunkt her gesehen war Rūyān stets eng mit Māzandarān verbunden (vgl. TTRM, 14). Wie in Māzandarān die Bāwandiyān regierte in Rūyān eine regionale Dynastie, die sich die Ustandārān, die Bādūspaniyān bzw. die Mulūk-i Rustamdār (Könige von Rustamdār) nannte. Geographische Werke machen unterschiedliche Angaben zur Lage von Rūyān. Nach frühislamischen arabischen Geographen lag ein Ort namens Rūbanǧ oder Rūyanǧ, der mit Rūyān identisch sein soll, zwischen Ray und Ṭabaristān. Ḥamd Allāh Mustaufī verwandte als erster Geograph alternativ den Namen Rustamdār für die zwischen Māzandarān und Gīlān liegende Provinz (vgl. Vasmer/Bosworth, 937). Seinen Angaben zufolge gehörte Rustamdār in der späteren mongolischen Zeit zusammen mit Āmul zur Provinz Māzandarān (wilāyat-i 5 Māzandarān) (Nuzhat, 159; vgl. Vasmer/Bosworth, 935-936). Ṭabaristān zusammen mit Qūmiš erstreckte sich zu dieser Zeit nur innerhalb des begrenzten Hinterlands der Küstenprovinzen, das im Osten an Ḫurāsān, im Norden an Māzandarān und im Süden bzw. Westen an ‘Irāq-i ‘aǧam grenzte, das Dāmġān und Simnān einschloss (Nuzhat, 161; Vasmer/Bosworth, 935-936). Es ist zu vermuten, dass im Laufe der mongolischen Herrschaft die Bezeichnung Rūyān durch Rustamdār langsam abgelöst wurde. In Rūyān regierte bis zur Annektierung durch das safawidische Reich eine regionale Herrscher-Familie, die Mulūk-i Bādūspaniyān, die den Titel ustandār trug. Von diesem Titel leitet sich der Name Rustamdār ab, die alternative Bezeichnung von Rūyān. Diese Familie führte – wie die Bāwandiyān – ihre Abstammung auf die Sasaniden zurück und war durch häufige Eheschließungen mit den Bāwandiyān verwandt. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī verwendet in seinen Geschichtswerken die beiden Ortsnamen Rūyān und Rustamdār, unterscheidet sie aber nicht 5

14

Zu Gīlān erklärt Hamd Allāh Mustaufī, dass die Länge von Gīlān von Sifīd-rūd und Rustamdār bis Mūġān 40 farsang betrage (Nuzhat, 162). Aus den zwei Beschreibungen ist zu vermuten, dass Rustamdār zu dieser Zeit schon das Grenzgebiet zwischen Māzandarān und Gīlān bildete. In frühislamischer Zeit sei die Grenze zwischen Māzandarān und Gīlān in der Gegend vom heutigen Čālūs gelegen (Vasmer/Bosworth, 937).

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genau. In den späteren Regionalgeschichtswerken verschwand die Bezeichnung der Herrscherfamilie als Mulūk-i Bādūspaniyān bzw. Ustandār, und die Fürsten wurden hauptsächlich als Mulūk-i Rustamdār bezeichnet. Gleichzeitig wurde die Bezeichnung Rustamdār häufiger verwendet und die frühere Bezeichnung Rūyān verschwand aus der Literatur. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde die Provinz in zwei Teile aufgeteilt. Der Herrscher des westlichen Teils, Malik-i Kuǧūr, der nach seinem am Kuǧūr-rūd liegenden Hauptsitz Kuǧūr genannt wurde, beanspruchte auch 7 den Titel des malik al-mulūk. Im Herrschaftsgebiet des Malik-i Kuǧūr befanden sich Kalā-Rustāq und Čālūs. Der nordöstliche Teil von Rūyān gehörte zum Maliki Nūr, der nach seinem am Nūr-rūd liegenden Hauptsitz Nūr genannt wurde. Malik-i Nūr stammte aus der Zweigfamilie des Malik-i Kuǧūr. Ein anderes wichtiges Herrschaftszentrum des Maliks von Nūr war Nātil. Kurz vor dem Zusammenbruch der Dynastie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Herrschaftsgebiet des Malik-i Kuǧūr weiter in zwei Teile aufgeteilt, den einen mit dem Hauptsitz Kuǧūr, den anderen mit dem Hauptsitz in Lāriǧān im nördlichen Gebirge (Kūhistān), das ursprünglich das Kerngebiet des 8 historischen Ṭabaristān war. Die allgemeine Bezeichnung der Fürsten als Mulūk-i Rustamdār wurde jedoch bis zur Annektierung der Provinz beibehalten. Zur Zeit des Aufstiegs der zwei Sayyid-Familien in der Mitte des 14. Jahrhunderts waren die Einwohner von Rūyān teilweise Anhänger der Zaidiya. Nach Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Angaben waren die Einwohner von Rustamdār (ahl-i Rustamdār) sunnitisch gewesen. Die Leute (mardum) bekehrten sich zur ZwölferSchi‘a gleichzeitig mit der Bekehrung des damaligen Herrschers Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ (reg. 796/1394–857/1453) in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (TTRM, 51). An der Grenze des Herrschaftsgebiets der Kiyāyān, Gīlān und des der Fürsten Mulūk-i Bādūspaniyān im Gebirge befindet sich eine Region namens Ṭāliqān, die sich im als Pušt-kūh (bedeutet etwa Hinter dem Berg) bezeichneten Gebiet befand (vgl. TTRM, 285). Die Festung (qal‘a) von Fālīsān war ihr Zentrum. Diese Region gehörte bis zur ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zu den Mulūk-i Bādūspaniyān. Im 15. Jahrhundert kam sie zum Herrschaftsgebiet der Kiyāyān und wurde eine Provinz in Dailamistān.

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7 8

Das Kriterium für die Anwendung beider Namen ist nicht deutlich. Rustamdār deutet eher das Herrschaftsgebiet der Ustandārs/Bādūspaniyān an (vgl. TTRM, muqaddima, 111112). Im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān verwendet Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī Rūyān für ein kleineres Küstengebiet (vgl. TTRM, 14, 52-53) und Rustamdār eher für das südlich davon liegende Hinterland. Kuǧūr wurde in der Regierungszeit von Ǧalāl al-Daula Iskandar (734/1333-4 – 761/1360) als dessen Hauptsitz errichtet (746/1344). Lārīǧān kam nach dem Untergang der Bāwandiyān in den Besitz der Malik-i Rustamdār und wurde ihnen einmal durch die Mar‘ašīyān entrissen (TTRM, 214).

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1-2-3 Ṭabaristān (Kūhistān) Ursprünglich hatte die alte geographische Bezeichnung Ṭabaristān ein größeres Gebiet umfasst, das sich im Osten bis nach Astarābād und im Westen bis zur Grenze von Gīlān samt dem gebirgigen Hinterland erstreckt, deren äußerste Grenze Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge Lāriǧān gewesen war (TTRM, muqaddima, 105). Gegen Ende der mongolischen Herrschaft etablierte sich die neue Bezeichnung Māzandarān und die Aufteilung zwischen dem Flachland und dem Gebirge 9 wurde deutlicher. Danach umfasste Ṭabaristān nur das gebirgige Hinterland. Zur Provinz von Qūmiš und Ṭabaristān gehörten Simnān, Dāmġān, Fīrūzkūh usw. (Nuzhat, 161; vgl. Vasmer/Bosworth, 935-936). Ṭabaristān, über das die Bāwandiyān in ihrer früheren Regierungszeit herrschten und von wo aus sie ihre Macht nach Māzandarān ausdehnten, wurde auch in den regionalen Geschichtswerken mit der anderen Bezeichnung Kūhistān benannt. Spätestens im 14. Jahrhundert wurde Ṭabaristān die Bezeichnung nur für das Gebirge südlich von Māzandarān. Die Verwendung des Names Kūhistān wurde auch seltener. In Ṭabaristān bzw. Kūhistān gab es drei wichtige Provinzen, deren Herrscher trotz starker Einflüsse der Mar‘ašīyān halb unabhängig blieben. Die erste Provinz, Sawādkūh, liegt südöstlich von Āmul oberhalb des Tālār-rūd. Die zweite Provinz, Fīrūzkūh, liegt noch weiter südöstlich tief im Gebirge. Nach dem Aufstieg der Mar‘ašīyān kamen die Provinzen unter ihre Kontrolle. Sawādkūh und Fīrūzkūh wurden jedoch selten direkt von den Mar‘ašīyān beherrscht, sondern waren meistens den von ihnen ernannten Amire und deren Nachfolger überlassen. Der Amir besaß oft militärisch größeres Potential als die Mar‘ašīyān und beeinflusste die politische Lage des Gebietes. Eine andere, südöstlich von Sārī liegende Provinz, Hizār-ǧarīb, war bis zur Annektierung der Küstenprovinzen das Herrschaftsgebiet einer Sayyid-Familie, bekannt als Siyādat-i Hizār-ǧarīb, die mit Unterstützung der Mar‘ašīyān die Macht ergriffen und ihnen in der Regel gehorchten.

1-2-4 Gīlān Gīlān war eine Provinz, die an Māzandarān, ‘Irāq-i ‘aǧam, Āẕarbā’īǧān und das Kaspischen Meer grenzte und von Dailamān und Ṭāliš (az wilāyat-i Dailamān wa Ṭawāliš) bis zum Meer eine Breite von nur 1 farsang (etwa 6 km) hatte (Nuzhat, 162). Den Kernraum von Gīlān bildet das Delta des Sifīd-rūd. Der Fluß teilte die Provinz in zwei Teile. Der östliche Teil hieß Biya-Pīs (diesseits des Flusses) bzw. Rau-Pīš und der westliche Teil hieß Biya-Pas (jenseits des Flusses) bzw. Rau-Pas. In den beiden Teilen Gīlāns regierten bis zur Eingliederung der Provinz ins safawidische Reich am Ende des 16. Jahrhunderts mehrere einheimische Herrscher. Die zwei Hauptstädte von Biya-Pas (West-Gīlān), waren die heutige Landeshauptstadt 9

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Arabische Geographen haben auch Unterschiede zwischen dem Flachland und dem Gebirge erkannt (vgl. Vasmer/Bosworth, 937).

Rašt und das ans Gebirge angegrenzende Fūman. Im Laufe der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entwickelte sich das nordöstlich von Fūman bzw. nordwestlich von Rašt liegende Städtchen Tūlam zur drittwichtigsten Stadt in West-Gīlān. Die wichtigen Orte von Biya-Pīs (Ost-Gīlān) waren Lāhīǧān und Rānikūh. In der Regierungszeit der Kiyāyān betrachteten die Bewohner die Stadt Lāhīǧān als Hauptstadt von Ost-Gīlān (taḫt-i raupīš-i Gīlān) (TGD, 113), unter deren Verwaltung kleinere Städte in der Umgebung, wie Pāšīǧā, Laštanišā und Langrūd, standen (TGD, 119, 197). Die Enststehung der Zaiditen-Dynastie im 9. Jahrhundert beeinflusste die religiöse Entwicklung in der Provinz. Als Folge wurden die Einwohner von OstGīlān zur zaiditischen Rechtsschule bekehrt. In der ilchanidischen Zeit wurde die ganze Provinz von entweder Amir oder Malik genannten einheimischen Fürsten regiert. Der 1307 vom Ilchān Ūlǧā’ītū (reg. 1304–1316) geführte große Feldzug in Gīlān schien in der Provinz keinen großen Einfluss hinterlassen zu 10 haben. Zur Mitte des 14. Jahrhunderts vertrieb eine Sayyid-Familie namens Kiyāyān aus Malāṭ die Amire aus Ost-Gīlān und brachte die ganze Provinz und darüber hinaus Dailamistān unter ihre Kontrolle. Die Kiyāyān herrschten über den Teil östlich des Sifīd-rūd bis zu dessen Annektierung. Ihre Macht verdankten die Kiyāyān größtenteils ihrem fruchtbaren Herrschaftsgebiet im Flachland, dessen Hauptprodukte wie heute Reis und vor allem Seide waren (vgl. Nuzhat, 162-163). Ihre Hauptsitze bzw. die gleichnamigen wichtigsten Regionen (wilāyat) waren das im Delta-Gebiet liegende Lāhīǧān und das östlich von Lāhīǧān liegende Rānikūh. Die anderen oft in den Quellen erwähnten kleineren Städte bzw. Regionen in Ost-Gīlān waren – von Westen nach Osten – Langrūd, Rūdsar und Tunikābun. Das an Rūyān angegrenzte und heute zur Provinz Māzandarān gehörte Tunikābun gehörte meistens zu einer Zweigfamilie der Kiyāyān. In West-Gīlān standen die Fürsten (Amire) von Rašt und Fūman stets in Konkurrenz miteinander. Während des 15. Jahrhunderts unterstanden die Amire von Fūman meistens den Amiren von Rašt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts besiegte die Fürstenfamilie der Isḥaqīya in Fūman mit Unterstützung der Safawiden die Fürstenfamilie von Rašt und brachte ganz West-Gīlān unter Kontrolle. Andere Städte bzw. Provinzen in West-Gīlān, wie Šaft, Tūlam, Gaskar, in denen einheimische Amire ansässig waren, unterstanden entweder Rašt oder Fūman. Zwei Städte, die sich im West-Gīlāner Delta-Gebiet jenseits des Sifīd-rūd befanden, Laštanišā und das südlich von Laštanišā liegende Kūčiṣfahān, gehörten fast immer zum Herrschaftsgebiet der Kiyāyān und wurden oft zum Streitpunkt 11 der beiden Seiten Gīlāns. 10 11

Allgemein siehe dazu Melville (1999). Die Tatsache, dass die Einwohner von Laštanišā wie die Ost-Gīlāner den Zaiditen angehörten (vgl. TGD, 45-46), verband sie mit den Kiyāyān. Siehe 3-4-4 und 5-4-2.

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Zwischen dem Flachland und dem Gebirge, das südlich von Rašt lag und im Süden an Rūdbār angegrenzte, befand sich in West-Gīlān eine Provinz namens 12 Kūhdum. Kūhdum gehörte einem einheimischen Amir. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge war Kūhdum in „jenseits des Flusses“ (westliches Ufer, ān ṭaraf-i āb) und „diesseits des Flusses“ (östliches Ufer, īn ṭaraf-i āb bzw. ṭaraf-i šarqī) geteilt (TGD, 13 345-6, 436; vgl. TH, 23, 107). Das deutet darauf hin, dass sich im 15. Jahrhundert Kūhdum an den beiden Ufern des Sifīd-rūd erstreckte. „Diesseits des Flusses“ lag Raḥmatābād (TGD, 436), das sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts unter Kontrolle der Kiyāyān befand. Das heißt, dass Raḥmatābād erst zu dieser Zeit 14 dem Amir von Kūhdum entrissen und in Dailamistān integriert wurde. Kūhdum war als Eingangsgebiet zum Gebirge ein strategisch wichtiger Ort für die regionalen Herrscher zu beiden Seiten des Flusses.

1-2-5 Gebirgiges Hinterland: Dailamistān und andere Provinzen Zusammen mit dem im Westen angrenzenden Ṭāliš bildet das frühe Dailamistān eine meistens über 2000 m hohe Barriere, die den Zugang zu Gīlān von außen erschwerte. Dailamistān gehört heute administrativ zur Provinz Gīlān. In frühislamischer und besonders in der būyidischen und seldschukischen Zeit spielte Dailamistān eine wichtige Rolle, die seinen Namen in der islamischen Geschichte bekannt machte. Dailam war eine abgekürzte Bezeichnung von Dailamistān, die schon in früheren historischen Werken zu finden ist. Zu der betreffenden Zeit tauchte die Bezeichnung Dailamistān selten allein auf. Wenn die Provinz zusammen mit Gīlān in den Regionalgeschichten erwähnt wurde, dann wurde der spezielle Ausdruck „Gīl wa Dailam“ verwendet. In den früheren regionalen Geschichtswerken wie Tārīḫ-i Ṭabaristān (im 13. Jahrhundert) und Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māyandarān tauchte die Provinz unter einem anderen Namen auf: Dailamān. Vom 14. Jahrhundert ab aber veränderte sich der Ortsname Dailamān und bezeichnete nur eine kleine Region in Dailamistān. In späterer Zeit bekam Dailamistān einen anderen Beinamen: Puštkūh (das heißt etwa Hintergebirge bzw. Hinter dem Gebirge). Die oft erwähnten Regionen (wilāyat) in Dailamistān vom 14. bis zum 17. Jahr12 13 14

18

Am Anfang des 20. Jahrhunderts war Kūhdum einer der neunzehn Distrikte in Gīlān, der heute zusammen mit drei anderen Distrikten den Distrikt von Rašt bildet (vgl. Bazin, 621). Die Grenze (sarḥad) zwischen Kūhdum und Ṭārum sei damals ein Dorf namens ‘Alī-ābād gewesen (TGD, 346). Raḥmatābād ist eine kleine Region, die westlich von Dailamistān auf der östlichen Seite des Safīd-rūd liegt. Im Tārīḫ-i Ḫānī wurde Raḥmatābād mit Ǧīǧān kombiniert benutzt und geographisch von Kūhdum getrennt (vgl. TH, 21-23; 107, 143, 189). Die Kiyāyān haben gegen Ende des 15. Jahrhunderts den Amir von Kūhdum vertrieben und die Provinz unter ihre Kontrolle gebracht. Dabei haben sie Kūhdum (nämlich die westliche Seite) dem Amir von Fūman anvertraut. Gegenüber Raḥmatābād befindet sich auf der westlichen Seite heute auch eine Region namens Rūdbār. Sie unterscheidet sich von dem am der östlichen Ufer in Dailamistān liegenden Rūdbār um die Festung Lammasar. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī verwendet auch einmal die Bezeichnung Rūdbārīn (beide Regionen von Rūdbār) (vgl. TGD, 58).

hundert sind Šukūr, Dailamān, Alamūt, Lammasar/Rūdbār und Ṭāliqān. Šukūr war das Zentrum von Dailamistān unter den Kiyāyān und in Sumām wurde ihr Sommerquartier eingerichtet. Jede gebirgige Region – das betrifft auch das gesamte Hinterland des Küstengebiets – besaß meistens eine Festung (qal‘a) als militärischen Stützpunkt. In Dailamistān waren Alamūt mit einer gleichnamigen 15 Festung und Rūdbār mit seiner Festung Lammasar bekannt. Wie schon erwähnt, besaß Dailamistān Besonderheiten, die teils mit dem schi‘itischen, genauer gesagt ismā’īlitischen, Glauben der Einwohner verbunden waren. Die Aktivitäten der radikalen Niẓār-Ismā‘īliten des 11. Jahrhunderts, die im Gebirge von Dailamistān Burgen errichtet hatten, scheinen auf die Einwohner einen gewissen Einfluss ausgeübt zu haben, sie blieben nach deren Vernichtung durch die Mongolen ihrem ismā‘īlitischen Glauben treu. Durch die von den Kiyāyān unternommene endgültige Eroberung unter dem Vorwand der Bekämpfung der Ketzerei in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts kam die Provinz unter Kontrolle der Herrschaft von Ost-Gīlān. Die Einwohner bekehrten sich langsam zu dem zaiditischen Glauben der Ost-Gīlāner. Trotz geographischer und kultureller Unterschiede besaß Dailamistān im Vergleich zu anderen Küstenprovinzen viele gemeinsame Eigenschaften in Bezug auf Sprachen, Sitten usw. mit OstGīlān. Am Zusammenfluss des Šāh-rūd und des Qizil-Üzen zum Sifīd-rūd befand sich im Gebirge eine Provinz namens Ṭārum, deren Hauptsitz die Festung (qal‘a) Šamīrān/Šam‘īrān war. In der spät- und post-mongolischen Zeit war Ṭārum vermutlich in zwei Teile aufgeteilt: Ṭārum-bālā (Ober-Ṭārum) und Ṭārum-pāyīn (Unter-Ṭārum) (Nuzhat al-Qulūb, 65: vgl. Minorsky (2000), 311). Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī verwendet die Ortsbezeichnung Ṭārum-‘ulyā (Ober-Ṭārum) (vgl. TGD, 339-341). ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī verwendet auch einmal die Ortsbezeichnung Ṭārumīn (beide Provinzen von Ṭārum) (TG, 41-2). Genauere Angaben bieten die Regionalgeschichtswerke jedoch nicht. Als Verbindung zwischen Gīlān und der Außenwelt – über Qazwīn – war Ṭārum ein wichtiges Gebiet und genoss Unabhängigkeit von den regionalen Herrschern der beiden Teile Gīlāns. Anderseits aber heißt es, dass die Provinz oft unter dem Einfluss äußerer Herrscher stand: von der letzten Hälfte des 15. Jahrhundert an stand die Provinz oft unter der Verwaltung turkmenischer Herrscher und wurde ein Streitpunkt zwischen ihnen und den Kiyāyān.

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In der mongolischen Zeit gehörten Alamūt und Lammasar zu der Provinz Rūdbār, durch die der Šāh-rūd floss (Nuzhat al-Qulūb, 61).

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2

Regionale Chroniken der südkaspischen Küstenprovinzen in der persischen Geschichtsschreibung

2-1

Entwicklung der persischen Geschichtsschreibung im Überblick

Unter den so genannten „islamischen Wissenschaften“, die sich im 9. Jahrhundert entfalteten, hat sich die Geschichte als Fachgebiet eher spät etabiliert. Vor der Entstehung der allgemeinen Geschichtsschreibung – parallel zur Entwicklung der Wissenschaften des Islam – begann man nun, einzelne Stadt- bzw. Re16 gionalgeschichten zuerst auf Arabisch, der Sprache des Islam, zu verfassen. Sie beinhalteten Biografien (tabaqāt) der aus der betreffenden Stadt stammenden oder dort aktiven Gelehrten als wichtigsten Teil, die als Nachschlagewerk für die 17 Erforschung von Überlieferungen über Muḥammad (ḥadīṯ) dienten. Um die Ḥadīṯe, die die Worte und Taten des Propheten Muḥammad überliefern und neben dem Qur’ān als zweite rechtliche Quelle des islamischen Gesetzes gelten, entwickelten sich die Ḥadīṯ-Wissenschaften, die zwei Verfahren verwenden: 1. inhaltliche und qualitative Überprüfung der Ḥadīṯe (matn) und 2. Überprüfung ihrer Übermittlungsketten (isnād). Für das zweite Verfahren boten die Tabaqāt verschiedener Regionen Informationen über Ḥadīṯ-Überlieferer und Gelehrte: Heimatort, Geburtstag, Ausbildung, Karriere, Spezialgebiete, persönliche Beziehungen usw. Stadt- bzw. Regionalgeschichten wurden zuerst zu rein biografischen Zwecken geschrieben und das Interesse an der Geschichte der Stadt selbst stand im Vergleich dazu im Hintergrund. Das Tārīḫ Baġdād (Stadtgeschichte von Baġdād), das im 11. Jahrhundert von Ḫaṭīb al-Baġdādī verfasst wurde und als gedrucktes Buch heute in 14 Bänden vorliegt, trägt Biographien von etwa 7800 Gelehrten, Herrschern und berühmten Personen zusammen, aber nur der erste Band stellt die Geschichte der damals blühenden Weltstadt Baġdād dar. Frühislamische Geschichtsschreibung begann mit der Beschreibung der Weltgeschichte aus der Perspektive der islamischen Weltanschauung. Eine Weltgeschichte beginnt also mit der Schöpfungsgeschichte und schildert dann die Geschichte der Menschheit bis zur Gegenwart einschließlich der persischen Großreiche. Den Hauptteil bildet jedoch die islamische Geschichte seit der Entstehung des Islam, seine Ausdehnung von der arabischen Halbinsel ausgehend, die frühen Kalifen, die Umayyaden und die ‘Abbasiden. Repräsentative Werke sind z.B. das Tārīḫ-i ar-rusūl wa al-mulūk von Ṭabarī oder das Kitāb al-kāmil fī at-

16 17

20

Vgl. Daniel, 331-332; Paul, 93. Vgl. Meisami, 9-10.

Tārīḫ von Ibn Aṯīr. Diese in der ‘abbasidischen Zeit geschriebenen Werke verstehen die Welt unter den ‘Abbasiden als eine Einheit. Parallel zur Wiedereinführung der persischen Sprache in Verwaltung und Literatur unter den Samaniden und unter den Ghaznawiden trat die persische Geschichtsschreibung im ost-islamischen Raum des 9. Jahrhunderts in Erscheinung. Als eine der ältesten auf persisch geschriebenen Weltgeschichten gilt das Zain al-aḫbār von Abū Sa‘īd ‘Abd al-Ḥayy, der sein Werk einem ghaznawidischen Herrscher, Zain al-Milla ‘Abd al-Rašīd b. Maḥmūd widmete. Das Buch beinhaltet auch die Regionalgeschichte von Ḫurāsān bis 432/1041 und Erzählungen über verschiedenene ethnische Gruppen. In diesem Werk ist die frühe Entwicklung des Selbstbewusstseins der Einwohner in der persischen Geschichtsschreibung zu beobachten. In der seldschukischen Zeit erschienen zwei Dynastiegeschichten auf Persisch: Salǧūq-nāma (571/1176) von Ẓahīr al-Dīn Nīšāpūrī (gest. 582/1187) und Rāḥat aṣ-ṣudūr wa āyat as-surūr (601/1204-5) von ‘Alī Rāwandī. Sie schildern die Geschichte der Seldschuken von ihrem Aufstieg an. Ihr nomadisches und türkisches Bewusstsein zeigt sich in den Werken, dazu verwendete Rāwandī viele altpersische Anekdoten und rhetorische Mittel im Rāḥat aṣ-ṣudūr. Dennoch schließen sich die beiden Dynastiegeschichten an die traditionelle islamische Geschichtsschreibung an, in der die Seldschuken als legitime islamische Herr18 scher der islamischen Welt erscheinen. Fast immer sind persische Geschichtswerke – meist Weltgeschichten und Dynastiegeschichten – unter königlicher Ägide bzw. am Hof geschrieben. Die Verfasser waren keine von der politischen Macht unabhängigen Gelehrten, sondern oft dem Herrscher nahestehende Würdenträger oder Beamte. Diese Tatsache spiegelt sich in der Geschichtsschreibung deutlich wider. Die Autoren konzentrierten sich auf königliche Taten, Siege gegen Feinde, lobten Herrscher für ihre 19 Großzügigkeit und legitimierten ihre Herrschaft. Dabei kamen vom Zentrum abgelegene Gebiete überhaupt nicht in ihren Blick. Während der spät-‘abbasidischen und der seldschukischen Zeit wurden mehr Regionalgeschichten aus Interesse an bestimmten Regionen geschrieben. Dabei fügten geographische Beschreibungen den Werken Lokalkolorit hinzu. Tārīḫ-i Buḫārā von al-Naršaḫī, Tārīḫ-i Qum von Ḥasan b. Muḥammad b. Ḥasan Qumī oder Tārīḫ-i Sīstān von einem anonymen Verfasser sind einige Beispiele. Jeder Autor hatte seinen eigenen Anlass zum Schreiben, jedoch waren sie sich in einem einig: Sie begannen mit der Islamisierung der Region. Eine Ausnahme macht das Fārs-nāma von Ibn Balḫī, das während der Regierungszeit des seldschukischen Herrschers Ġiyāṯ al-Dīn Muḥammad Tapal (reg. 1105–1117) auf dessen Anordnung geschrieben wurde. Die Beschreibung der vorislamischen altpersischen Dy18 19

Vgl. Meisami, 229-234, 237-256. Vgl. Gruendler/Marlow, Preface (v-xi).

21

nastien, die etwa zwei Drittel des Gesamtwerks einnimmt, eröffnet die Regionalgeschichte. Dieses frühe Beispiel der Besonderheit der persischen regionalen Geschichtsschreibung steht wahrscheinlich mit der Eigenschaft von Fārs als Wiege der persischen Großreiche im Zusammenhang. Ausschlaggebend für die Entwicklung der islamischen Geschichtsschreibung war das Eindringen der Mongolen in die islamische Welt. Der Untergang der ‘Abbasiden und der Zusammenbruch des islamischen Reichs bedeuteten zugleich das Verschwinden einer einheitlichen islamischen Welt, obwohl diese längst nur noch imaginär war. Die islamische Welt wurde in verschiedene Gebiete aufgeteilt. In jedem Gebiet entwickelte sich eine eigene Geschichtsschreibung, deren Schwerpunkt mehr auf der Dynastiengeschichte des Gebietes samt geographischen Beschreibungen lag, z.B. Ägypten unter den Mamluken und Kleinasien unter den Osmanen. Stark betroffen war der Kernraum des persischsprachigen Raumes, der etwa 100 Jahre lang direkt von den Mongolen beherrscht wurde. Im ilchanidischen Herrschaftsgebiet wurde die Weltgeschichte weiter auf Persisch geschrieben, jedoch wurde sie unter dem Einfluss der mongolischen Weltanschauung umgedeutet. Die Schilderung des Ursprungs der Mongolen, ihrer Stämme, ihrer Ausbreitung steht im Vordergrund der Geschichtsschreibung in der ilchanidischen Zeit, obwohl mit ihrer Islamisierung neue Versuche, z.B. die Integration der mongolischen Geschichte in die islamische Geschichte oder Betrachtung der Ilchane als 20 legitime islamische Herrscher, unternommen wurden.

2-2

Tradition der regionalen Geschichtsschreibung und Regionalbewusstsein

Mit dem Untergang der ‘Abbasiden verlor die islamische Welt eine einheitliche Weltanschauung und die politische Teilung war nun deutlich zu sehen. In den persischsprachigen Raum, der zum Kerngebiet der mongolischen Herrschaft in Westasien wurde, drangen viele nicht-islamische oder auch nicht zum orthodoxen Islam passende Elemente – die Palette reichte von turko-mongolischen Sitten bis zum Volksglauben – auf verschiedenen Ebenen ein, von der Verwaltung bis zum Alltagsleben. Ein Beispiel nicht-orthodoxer Elemente war die SayyidHeiligen-Verehrung unter der einheimischen Bevölkerung. Die islamisierten ilchanidischen Herrscher folgten dieser Tendenz und unterstützten die Nach21 kommen Muḥammads nach Kräften. Dabei hatte mehr Interesse an einheimischen kulturellen Elementen wachsen können, die teilweise ihren Ursprung auf die persischen Großreiche zurückführten. Altpersische Könige wurden nicht mehr als häretisch gebrandmarkt, Verbindungen mit alten Königen weckten Heimatliebe und -bewusstsein der Einwohner einer Region. 20 21

22

Iwatake (2001), 33-34. Vgl. Iwatake (1992). Zur Sayyid-Verehrung siehe 3-4-1.

Wie schon erwähnt, war seit dem 9. Jahrhundert in verschiedenen Gebieten des persischsprachigen Raums die kontinuierliche Entstehung von Regionalgeschichten auf Persisch zu beobachten. Während und nach der ilchanidischen Zeit wurden mehr an Dynastiegeschichte orientierte Werke geschrieben. Nach dem Untergang der ilchanidischen Dynastie wurde im 14. Jahrhundert ihr Herrschaftsgebiet in verschiedene regionale Fürstentümern aufgeteilt – Āẕarbā’īǧān, ‘Irāq-i ‘Arab, Ost-Ḫurāsān, West-Ḫurāsān, Fārs, und ‘Irāq-i ‘Aǧam. In Āẕarbā’īǧān wurde das Tārīḫ-i Šaiḫ Uwais verfasst und nach dem Namen des dschalairidischen 22 Schirmherrn Šaiḫ Uwais betitelt. In West-Ḫurāsān, in dem die Sarbadārān von ehemaligen mongolischen Amiren und einem angeblichen Ilchan Ṭuġai-Temür ihre Unabhängigkeit gewonnen hatte, wurde das Tārīḫ-i Sarbadārān geschrieben, das heute nicht mehr existiert, aber zu einer Hauptquelle für das Kapitel über ihre Geschichte in der Weltgeschichte von Ḥāfiẕ Abrū wurde. Die in Fārs und später auch in ‘Irāq-i ‘Aǧam regierenden Muẓaffariden ließen Maḥmūd Kutubī ihre Dynastiegeschichte im Tārīḫ-i āl-i Muẓaffar erzählen. In Ost-Ḫurāsān, in dem während der ilchanidischen Zeit eine einheimische Amir-Familie, die Kartiden, ihre regionale Herrschaft von den Mongolen anerkennen ließen, erschienen zwei regionale Geschichtswerke: Tārīḫ-nāma-i Harāt von Saif ibn Muḥammad Harawī und Rauẓāt al-ǧannāt fī awṣāf-i madīnat Harāt (Paradiesgarten in den Beschrei23 bungen der Stadt Herat) von Mu‘īn al-Dīn Muḥammad Zamaǧī al-Isfizārī. Diese im 14. und 15. Jahrhundert teilweise unter den Timuriden geschriebenen Regionalgeschichten behandeln hauptsächlich die regionalen Dynastien, die ihre Verfasser unterstützt hatten. Interesse an der Heimatgeschichte war mit den Belangen der regionalen Herrscher eng verbunden, die nach der Auflösung des mongolischen Reichs und aller dazugehörigen Ideologien ihre Machtergreifung zu legitimieren versuchten. Parallel zu solchen auf regionale Dynastien fokussierten Geschichtswerken wurden auch auf eine Region selbst fokussierte Regionalgeschichten verfasst, z.B. das 744/1343 geschriebene Šīrāz-nāma von Zarkūb Šīrāzī. Das Werk besteht aus einer Einleitung (muqaddima) in zwei Teilen (faṣl) mit geographischer Berschreibung von Fārs (das erste faṣl) und Šīrāz (das zweite faṣl) und drei historischen Teilen, die – wie es bei den Vorgängern üblich war – sich hauptsächlich mit Ereignissen nach der Islamisierung beschäftigten. Jedoch sind unter oben genannten historischen Umständen nur wenige Gebiete zu nennen, in denen ununterbrochen Regionalgeschichte geschrieben wurde und deren Werke bis heute vorhanden sind. Hier kommen nur Yazd und die südkaspischen Küstenprovinzen in Betracht. Die älteste vorhandene Regionalgeschichte von Yazd, Tārīḫ-i Yazd von Ǧa‘far 22

23

Das Werk ist eine schlichte Weltgeschichte, die mit der Zeit vor der Offenbarung Muḥammads (ǧāhilīya) beginnt. Wichtig für die zeitgenössische Geschichte sind jedoch die letzten Aufzeichnungen nach dem Untergang der Ilchaniden. Harāt (Herat) war die Hauptstadt der Kartiden.

23

b. Muḥammad b. Ḥasan Ǧa‘farī wurde Mitte des 9./15. Jahrhunderts unter den Timuriden geschrieben, als Yazd in hohem Wohlstand war (Tārīḫ-i Yazd, 19). Über den Autor ist nichts Genaues bekannt. Das Tārīḫ-i Yazd besteht aus 10 Kapiteln (qism), es beginnt mit der Erzählung von Alexander dem Großen, die Geschichte der sasanidischen Könige steht im zweiten Kapitel, dem die islamische Geschichte folgt. Das Tārīḫ-i ǧadīd-i Yazd von Aḥmad b. Ḥusain b. ‘Alī Kātib basiert auf dem Tārīḫ-i Yazd und ergänzt es mit Aufzeichnungen bis 862/1547-8; es hat die gleiche Konstruktion wie das Tārīḫ-i Yazd. Der Nachfolger des Tārīḫ-i ǧadīd-i Yazd war Ǧāmi‘-i mufīdī von Naǧm al-Dīn Muḥammad Mustaufī, das zwischen 1082/1671-2 und 1090/1679-80 unter dem spät-safawidischen Herrscher Schah Ṣulaimān geschrieben wurde. Muḥammad Ǧa‘farī Munšī folgte in Tradition der regionalen Geschichtsschreibung mit seinem Werk Ǧāmi‘-i Ǧa‘farī bis 1245/192924 30. Der Versuch, vorislamische Geschichte, vor allem die Geschichte der persischen Großreiche, in die regionale Geschichtsschreibung zu integrieren, war im Fārs-nāma des 12. Jahrhunderts schon zu beobachten (vgl. Meisami, 162-163), scheint aber erst im 13. Jahrhundert – im Laufe der mongolischen Herrschaft – verstärkt aufzutreten. Diese mit einem starken Heimatbewusstsein der einheimischen Einwohner verbundene Neigung ist in der regionalen Geschichtsschreibung der südkaspischen Küstenprovinzen deutlich und konkret zu beobachten.

2-3

Regionale Chroniken der südkaspischen Küstenprovinzen

Von Anfang des 7./13. Jahrhunderts bis zur Mitte des 11./17. Jahrhunderts wurde eine fortgesetzte Reihe regionaler Chroniken in den südkaspischen Küstenprovinzen verfasst. Um einen Überblick zu verschaffen, werden die Titel der Geschichtswerke mit den Autorennamen und den Abfassungsdaten vorgestellt. Tārīḫ-i Ṭabaristān (TT) von Ibn Isfandiyār: 613/1216 (760/1359) Tārīḫ-i Rūyān (TR) von Auliyā Allāh Āmulī: bis 763/1362 Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān (TTRM) von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī: bis 881/1476-7 Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān (TGD) von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī: bis 881/1476 (wahrscheinlich 894/1489) Tārīḫ-i Ḫānī (TH) von ‘Alī b. Šams al-Dīn b. Ḥāǧī Ḥusain Lāhiǧī: 882/1477-8–921/1515-6 Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān (TMM) von Mīr Taimūr Mar‘ašī: bis 1068/1658 Tārīḫ-i Gīlān (TG) von ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī: 923/1517–1039/1629 Tārīḫ-i Māzandarān (TM) von Šaiḫ ‘Alī Gīlānī: 1044/1634-5 (1006/1597-8) 24

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Siehe Szuppe (2004), 360-361; Vgl. Einleitung (muqaddima) von Tārīḫ-i Yazd, 7-9.

Fortsetzungslinie der regionalen Geschichtswerke der südkaspischen Küstenprovinzen TT

TR

(Rūyānī) (al-Ḥusainī)

 TTRM TGD

TM TMM TH

TG

(Māzandarān) (Gīlān)

2-3-1 Tārīḫ-i Ṭabaristān Das erste regionale Geschichtswerk des südkaspischen Küstengebiets, Tārīḫ-i Ṭa25 baristān, erschien Anfang des 7./13. Jahrhunderts. Der Autor Ibn Isfandiyār stand den damaligen Herrschern von Ṭabaristān, den Bāwandiyān, nahe. Als er sich in Ray aufhielt, erhielt er die Nachricht vom Mord an dem BāwanditenHerrscher Nāṣir al-Dīn Rustam, dem Sohn und Nachfolger von Ḥusām al-Daula Ardašīr (gest. 602/1206), der Ibn Isfandiyārs Patron gewesen war. Dass Ḥusām alDaula zu seiner Lebenszeit ihn nach den alten Königen von Ṭabaristān gefragt hatte, war sein Motiv zum Schreiben der regionalen Geschichte gewesen (606/ 1210). Nach seinem Studienaufenthalt in Ray ging er nach Ḫwārazm, wo er 613/ 1216 – nur vier Jahre vor dem Angriff der Mongolen auf das Land – noch mit dem Schreiben beschäftigt war (TT, 1-8 (Einleitung)). Das Tārīḫ-i Ṭabaristān erzählt die Geschichte von Ṭabaristān bis 760/1359. Ṭabaristān bezeichnet hierbei das älteste geographische Gebiet. Wie Melville schon hervorhob, war Ibn Isfandiyār ein Intellektueller, der sein Werk aus seinem eigenen Interesse an seiner Heimat verfasste. Obwohl er den Bāwandiyān vieles zu verdanken hatte, suchte er keine bestimmten Leser für das Tārīḫ-i Ṭabaristān (Melville (2000), 50-51, 87). Das Tārīḫ-i Ṭabaristān wurde aus unbekannten Gründen nicht vollendet und hat weder eine eindeutige Struktur noch ein klares Konzept. Es besteht aus zwei bis drei Kapiteln (qism), aber der Anschluss jedes Kapitels an das folgende ist nicht klar. Melville wies nach, dass das zweite und das dritte Kapitel erst später von einer unbekannten Person oder möglicherweise von Auliyā Allāh Āmulī ergänzt wurden (Melville (2000), 75-77). Das erste, als original bestätigte Kapitel enthält als Hauptteil den Aufbau von Ṭabaristān mit vielen Anekdoten und Biographien von Herrschern, Würdenträgern, Gelehrten, Asketen, Ärzten, Astronomen und Poeten. Die zahlreichen Biographien stellen das Werk mehr oder weniger in die Reihe der traditionellen regionalen Ge26 schichtsschreibung der frühislamischen Zeit. Das steht wahrscheinlich im Zu25 26

Die Schrift wurde bis gegen 750/1349 von einer unbekannten Person ergänzt. Siehe Melville (2000), 49, 56-58. Meisami schreibt über den biographischen Teil in der persischen regionalen Geschichtsschreibung: „Persian seems to lack early representatives of the Arabic type of local history whose chief focus is on biobraphy, primarily (but not exclusively) of scholars. Such works as Sammāmī’s Ta’rīkh wulāt Khurāsān, or the city histories of Bukhara, Nishapur, Ǧurǧan, Isfahan and so on, were written in Arabic“ (Meisami, 9-10). So war das Tārīḫ-i Ṭabaristān eines der wenigen Beispiele, durch die die Kontinuität der arabischen regionalen Geschichtsschreibung unterstrichen wird (Melville (2004), 349).

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sammenhang mit der wissenschaftlichen Karriere des Autors: Ibn Isfandiyār war ein Mann, der weit gereist war. Er studierte in Ray, besuchte verschiedene Städte, war auf der Pilgerfahrt und hatte Kontakte mit verschiedenen Intellektuellen (vgl. Melville (2000), 50). Sein Fachgebiet und seine berufliche Tätigkeit verrät er uns aber nicht. Ohne Zweifel gehörte er jedoch zum traditionellen intellektuellen Kreis in der ‘abbasidischen Zeit. So war es für Ibn Isfandiyār selbstverständlich, eine Regionalgeschichte mit einem biographischen Teil zu verfassen. 27

Inhaltverzeichnis des Tārīḫ-i Ṭabaristān Vorwort Kapitel 1. Aufbau von Ṭabaristān 1. Übersetzung der Reden von Ibn al-Muqaffa‘ 2. Aufbau von Ṭabaristān und seinen Städten 3. Besonderheiten und Wunder von Ṭabaristān 4. Über Könige, Große, Gelehrte und Asketen Kapitel 2. Gründung der Ziyāriden und der Būyiden und ihre Herrschaft (Kapitel 3. Die Bāwandiyān) Als Quelle für die Berichte über den ersten Herrscher von Ṭabaristān, Gīl Gīlān Gāwbāra, nennt Ibn Isfandiyār ein nun verlorenes arabisches Werk, das ‘Uqad assiḥr wa qalā’id ad-durr von Imām Abū ’l-Ḥasan Muḥammad Yazdādī, und das 28 Bāwand-nāma, das ebenfalls verloren ging. Auf Grund des Titels und Ibn Isfandiyārs Kritik folgert Melville, dass das Werk nicht als echtes Geschichtswerk, sondern eher als literarisches Werk mit voll entwickelter Rhetorik bezeichnet werden sollte. Ibn Isfandiyār zitiert aus verschiedener Literatur, darunter auch aus allgemeinen Geschichtswerken, verwendet aber anscheinend keine regionalen Geschichtswerke, ausgenommen das obengenannte ‘Uqad as-siḥr. Daraus kann man schließen, dass Ibn Isfandiyārs Tārīḫ-i Ṭabaristān die erste auf Persisch 29 geschriebene Regionalgeschichte der Küstenprovinzen überhaupt war. Die aus der sasanidischen Zeit stammenden Anekdoten und Erzählungen geben dem Werk eine Besonderheit, die auf einer starken regionalen Fokussierung und der Heimatliebe des Autors basiert. Das Tārīḫ-i Ṭabaristān ist ein frühes Beispiel unter den persischen regionalen Geschichtswerken – das Fārs-nāma des 6./12. Jahrhunderts ausgenommen –, das sein bodenständiges regionales Bewusstsein in aller Deutlichkeit auf die altpersische Vergangenheit vor dem Islam zurückführt. 27 28 29

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Für eine präzise Strukturierung und die Unterschiede zwischen den Handschriften, siehe Melville (2000), 57 (Table 2). TT, 4-5; Melville (2000), 69; TTRM, Muqaddima, 46-48. Mindestens ein auf Arabisch geschriebenes regionales Geschichtswerk namans Kitāb futūḥ ǧibāl Ṭabaristān, das von dem 225/839-40 verstorbenen Abū al-Ḥasan ‘Alī b. Muḥammad alMadanī geschriebenen war, geht dem Tārīḫ-i Ṭabaristān voran. Ob Ibn Isfandiyār das Buch gekannt hatte, ist nicht klar. Vgl. TTRM, muqaddima, 46.

Ob dieses Bewusstsein eine spezielle Erscheinung in bestimmten Gebieten war, oder ob es als allgemeine Entwicklung der regionalen Geschichtsschreibung des persischsprachigen Raums zu bezeichnen ist, ist schwer zu beurteilen. Um Kriterien aufzustellen, braucht man mehr Exemplare und Fallstudien. Die oben erwähnten Gebiete – Fārs einschließlich von Yazd und die südkaspischen Küstenprovinzen – unterscheiden sich von anderen persischen Gebieten durch ih30 ren Besonderheiten.

2-3-2 Tārīḫ-i Rūyān Die nächsten zwei in Māzandarān bzw. in Rūyān geschriebenen Regionalgeschichten folgten mehr oder weniger dem Stil von Ibn Isfandiyār. Auliyā Allāh Āmulī, der sein Tārīḫ-i Rūyān 764/1362 schrieb, widmete es Faḫr al-Daula Šāh Ġāzī, dem Herrscher von Rūyān (reg. 761/1360–781/1379). Wie sein Beiname (nisba) enthüllt, stammt Auliyā Allāh Āmulī aus der bāwanditischen Hauptstadt Āmul. Nach der Ermordung des letzten bāwanditischen Malik, Faḫr al-Daula Ḥasan, (750/1349) floh er aus Māzandarān und suchte Zuflucht bei dem 31 Rūyāner Herrscher, Ǧalāl al-Daula Iskandar (reg. 734/1334–761/1360). Da er von 13 Jahre lang dauernden Unruhen in Māzandarān spricht, ist zu vermuten, dass er das Werk 763/1362 verfasste (Melville (2000), 61; Madelung (1989-1), 121). Auliyā Allāh Āmulī stützte sich für die Regionalgeschichte hauptsächlich auf das Tārīḫ-i Ṭabaristān, obwohl er nicht viel über seine Quelle redet (Melville (2000), 69). Das Tārīḫ-i Rūyān ist dem Tārīḫ-i Ṭabaristān sehr ähnlich, jedoch ergänzt Auliyā Allāh Āmulī die Geschichte bis in seine Zeit und schreibt mit einem klareren Konzept (Melville (2000), 59). Das Werk besteht aus einer Einleitung (muqaddima) und acht Kapiteln (bāb) und schildert die regionale Geschichte von Rūyān in chronologischer Folge. 32

Inhaltverzeichnis des Tārīḫ-i Rūyān Vorwort Einleitung (muqaddima): Über die Nützlichkeit der Geschichtswissenschaft Kap. 1: Aufbau von Rūyān und die Ustandārān: basiert auf Bahā al-Dīn Muḥammad Kātibs Tārīḫ-i Ṭabaristān Kap. 2: Anfang der Herrschaft der Ustandārān in Rūyān und ihre Regierungszeit 30

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Melville meint: „local history productions in the Turko-Mongol period tend to issue from regions well-removed from imperial centers of power, at times of greater political independence, and in places with well-developed traditions of local historiography“ (Melville (2004), 353). Die südkaspischen Küstenprovinzen sind ideal für die Bildung eines intensiven Regionalbewusstseins (Melville (2000), 46). Das Jahr der Thronbesteigung von Faḫr al-Daula Ḥasan wird in den Chroniken nicht erwähnt. Er soll 16 Jahre lang regiert haben, das heißt er hat etwa von 734/1333 bis 750/ 1349 regiert. Vgl. Melville (2000), 64 (Table 3) für eine präzisere Struktur.

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Kap. 3: Herrschaft der Fremden in Rūyān: Nā’ibs, Kalifen und Sayyids (sādāt-i ‘alawīya) und Dā‘īyān Kap. 4: Genealogie der Ustandārs Kap. 5: Episoden über die verstorbenen Maliks Kap. 6: Geschichte der Maliks während dieser 100 Jahre Kap. 7: Über andere Maliks Kap. 8: Ereignisse, die bis heute in Māzandarān passierten Ein großer struktureller Unterschied zwischen den beiden Regionalgeschichten liegt darin, dass im Tārīḫ-i Rūyān ein biographisches Kapitel fehlt, das im Tārīḫ-i Ṭabaristān einen großen Teil in Anspruch nahm. Die Tatsache deutet darauf hin, dass während der mongolischen Zeit das Interesse, Biographien berühmter Persönlichkeiten zu verfassen, deutlich zurückgegangen war, weil Biographien ihre alte Funktion als Quellen der Ḥadīṯ-Forschung verloren hatten.

2-3-3 Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī verfasste zwei wichtige Regionalgeschichten mit zahlreichen zeitgenössischen Berichten, die teilweise auf eigene Erfahrungen zurückgehen: Das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān.

Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī Ẓahīr al-Dīn b. Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī entstammte den Mar‘ašīyān, der Sayyid-Familie in Māzandarān, die zehn Jahre nach der Ermordung des letzten bāwanditischen Malik, Faḫr al-Daula Ḥasan, zur Herrschaft über Māzandarān gelangten (gegen 760/1359). Seine Urgroßmutter stammte von 33 den Bāwandiyān ab. Sein Vater, Nāṣir al-Dīn b. Kamāl ad-Dīn unterlag in einem Machtkampf mit seinem Neffen Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl ad-Dīn, um die Herrschaft über Māzandarān. Später suchte er Zuflucht bei den Kiyāyān in Gīlān. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, der damals vermutlich fünf Jahre alt war, ging mit seinem Vater nach Gīlān. Da der erste Kampf zwischen Nāṣir al-Dīn und Murtaẓa im Ṣafar 822/Februar-März 1419 geschah, könnte er 817/1414 oder frühestens im Spätjahr 816/1414 geboren sein. Zum Schluss des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān schrieb er jedoch, dass er während der Abfassung dieses Buches (dar ḥīn-i tālīf-i īn nusḫa) 66 Jahre alt geworden sei. Das Werk wurde 881/1476-7 vollendet (TTRM, 336). Wenn man das Jahr 881/1476-7, mit dessen Ereignissen der Autor bei der Beschreibung aufhört, als Jahr der Niederschrift ansetzt, wäre 34 sein Geburtsjahr 815/1412-3, frühestens 814/1411-2. Weil man sich normaler33 34

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Seine Großmutter (= Kamāl al-Dīn Mar‘ašīs Ehefrau) war Kiyā Waštāsf Ǧalārīs Tochter, deren Mutter Faḫr ad-Daulas Tochter war (TTRM, 253). M. Sutūda, der Herausgeber des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān und Āyat Allah Šihāb al-Dīn alḤusainī al-Mar‘ašī al-Naǧafī, ein renommiertes Mitglied dieser Familie, in Tasbīhīs Ver-

weise über seinen Geburtstag nicht täuscht, kann man guten Gewissens schließen, dass er 815/1412-3 geboren wurde und mit sechs oder sieben Jahren nach 35 Gīlān gegangen ist. Aus dem letzten Bericht im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, datiert auf den 17. Rabī‘ II. 894/19. März 1489, wird evident, dass er erst nach diesem Jahr verstarb. Er wuchs in Gīlān auf und wurde Oberbefehlshaber (sipahsālār) des Militärs der Kiyāyān. Als 840/1436-7 in Māzandarān zwischen dem Herrscher von Sārī, Muḥammad b. Murtażā, und dem Herrscher von Āmul, Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn b. Riżā, ein Machtkampf über die Herrschaft von Āmul ausbrach, wurde Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī von den Einwohnern zum Herrscher über Māzandarān erhoben, um die Lage in Ordnung zu bringen (TTRM, 292-296). Als Oberbefehlshaber führte er weitere Operationen in Māzandarān und in Gīlān durch und wurde selbst Zeuge verschiedener Ereignisse, die in den Küstenprovinzen geschahen. Sein familiärer Hintergrund und seine Karriere ermöglichten ihm, die Regionalgeschichte beider Provinzen zu verfassen. Er diente drei Kiyāyān-Herrschern, Nāṣir Kiyā (reg. 837/1434–851/1448), Sulṭān Muḥammad (reg. 851/1448–883/1478) und Sulṭān ‘Alī Mīrzā (reg. 883/ 1478–910/1404-5). 881/1476-7, als er etwa 60 Jahr alt war, begann er auf Sulṭān Muḥammads Anordnung mit der Abfassung des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān.

Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān Das 881/1476-7 vollendete Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān ist eine Fortsetzung der zwei schon erwähnten Regionalgeschichten, des Tārīḫ-i Ṭabaristān und des Tārīḫ-i Rūyān und ist von der Struktur her seinen Vorgängern sehr ähnlich. Es ist deutlich, dass Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī das Tārīḫ-i Ṭabaristān und das Tārīḫ-i Rūyān zum Vorbild genommen hatte. Wie schon das Tārīḫ-i Rūyān enthält das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān keinen biographischen Teil mehr. Im Vorwort (dībāča) schrieb Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, sein Werk Tārīḫ-i Mamālik-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān behandele den Aufbau des Gebietes, die Herrschaft der bekannten Herrscher (ḥukkām), der Sultane, der Sayyids und der Fremden, die Ereignisse ihrer Regierungszeit und eine Revision ihrer Genealogien (TTRM, dībāča, 98-99). Es besteht aus einer Einleitung (muqaddima), 40 Kapiteln (faṣl) und einem Schlusswort (ḫātima). Den Inhalt fasste er nach in jeder Provinz regierenden Herrscherfamilien in grob 10 Kategorien zusammen und ord-

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sion des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān, nehmen aus diesem Grund 815/1412-3 als Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Geburtsjahr an. Al-Naǧafī gibt als sein Todesjahr 892/1486-7 an (TTRM, muqaddima, 42). Dies ist jedoch nicht anzunehmen, weil Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī bis 894/1489 das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān fortsetzte. Dorn, der Herausgeber der alten Version des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān, nimmt 818/1415-6 als sein Geburtsjahr an (vgl. TTRM, muqaddima, 79). Die Möglichkeit ist auch nicht völlig auszuschließen, dass der erste Kampf zwischen Nāṣir al-Dīn und Murtażā nicht im Ṣafar 822/ Februar-März 1419, sondern ein oder zwei Jahre früher stattfand.

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nete sie in chronologischer Reihenfolge. Wie bei Auliyā Allāh Āmulīs Tārīḫ-i Rūyān ist dem Ende jeder Dynastiegeschichte ein genealogischer Teil angehängt. Die Struktur des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān ist im Vergleich zu seinen Vorgängern überschaubarer (vgl. Melville (2000), 63). Trotzdem bringt diese Struktur die Leser oft in Verwirrung, weil in der Realität oft mehrere regionale und zentrale Herrscherhäuser in den Provinzen gleichzeitig regierten und Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī die Kapitel nicht nummerierte. Im Vorwort nennt Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zwei Hauptquellen: eine ist das Tārīḫ-i Rūyān von Abū ’ l-Ma‘ālī Faḫr al-Daulatšāh Ġāzī b. Ziyā alias Auliyā Allāh Āmulī, die andere stammt von von ‘Alī b. Ǧibāl al-Dīn b. ‘Alī b. Maḥmūd an-Naǧībī Rūyānī. Dieses Werk, das heute nicht mehr existiert, benutzte Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī für die Geschichte zwischen der Regierungszeit vom Ustandār Ǧalāl alDaula Gayūmarṯ (reg. 796/1394–857/1453) und dem Aufstieg der Mar‘ašīyān. Es war im Auftrag der Kiyāyān – Sulṭān Muḥammads und dessen Sohn Sulṭān ‘Alī Mīrzā – für ihre Familienbibliothek geschrieben worden (TTRM, dībāča, 99) und wurde Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī bei seiner Abfassung vom Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān zur Verfügung gestellt (TGD, 396-398). Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī kritisierte die beiden Autoren, ‘Alī b. Ǧibāl al-Dīn Rūyānī wegen seines schlichten (ījāz) Stils und Auliyā Allāh Āmulī wegen seines komplizierten Sekretär-Stils (TTRM, dībāča, 99). Deshalb habe er, auf Auliyā Allāh Āmulī basierend, dessen Beschreibungen gekürzt und in ‘Alī b. Ǧibāl al-Dīn Rūyānīs Werk integriert und in Form eines Bandes vollendet. Melville vermutet jedoch, dass Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī auch Ibn Isfandiyār als Quelle benutzte (Melville (2000), 64 (Table 3), 70-72). Das, was er selbst hörte und untersuchte und was in den beiden Werken nicht zu finden ist, habe er in seinem gebrochenen (šikasta) Stil hinzugefügt (TTRM, dībāča, 100). Wie erwähnt, sammelte er für die zeitgenössischen Geschehnisse Überlieferungen von seinen Bekannten, Fachleuten und Familienmitgliedern. Er war oft selbst Zeuge. In der islamischen Gelehrsamkeit wurden Überlieferungen für wichtig gehalten. Die Wichtigkeit mündlicher Quellen betonte er auch im Schlusswort wieder (TTRM, 335-6; vgl. Melville (2000), 73).

Inhaltverzeichnis des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān im Überblick Vorwort (dībāča): Inhalt, Quellen Einleitung (muqaddima): Wirkung der Geschichtswissenschaft Aufbau von Rūyān, Rustamdār, Āmul, Sārī, Gurgān (Kapitel 1–5) Frühe Herrschaft der Rustamdār-Mulūk bis heute (Kapitel 6–10) Neueste Zustände der Maliks während dieser 100 Jahre (Kapitel 11–18) Genealogie der Maliks von Rustamdār (Kapitel 19–20) Lage der Qārinīyān und der Ziyāriden in frühislamischer Zeit (Kapitel 21–22) Herrschaft der Bāwandiyān einschließlich ihrer Genealogie (Kapitel 23–26) Über die in Ṭabaristān regierten Nā’ibān der Kalifen, Dā‘īyān und Amire (Kapitel 27–32) 30

Regierungszeit jedes Herrscherhauses mit ihrem Herrschaftsgebiet (Kapitel 33–39) Die Könige der vorislamischen Zeit Die Dābūya in Ṭabaristān Die Bādūspāniyān in Rustamdār (45/665-6–857/1453-4) Die Qārinīyān in Ṭabaristān (50 v.H./573-4–224/838-9) Die Ziyāriden (319/931-2–470/1077-8) Die Bāwandiyān in Māzandarān ( I. 45/665-6–397/1006-7 in Kūhistān, später Ṭabaristān) (II. 466/1073-4–606/1209-10 in Ṭabaristān, Gīlān, Ray, Qūmiš ) (III. 635/1237-8–750/1349 in Ṭabaristān, manchmal in Kūhistān) Aufstieg von Sayyid Qawām al-Dīn und Herrschaft der Mar‘ašīyān (Kapitel 40 in 61 guftār bzw. ḥikāyat) Schlusswort: Genealogie der Mar‘ašīyān ( in 12 guftār bzw. ẕikr) Das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān hat eine ähnliche Struktur wie das Tārīḫ-i Rūyān und fängt seine Geschichtsschreibung mit der altpersischen Vergangenheit an. Da Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī wie ‘Alī b. Ǧibāl al-Dīn Rūyānī sein Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān im Auftrag der zwei Kiyāyān-Herrscher schrieb, kann man folgern, dass der Zeitabstand zwischen ‘Alī b. Ǧibāl al-Dīn Rūyānīs Werk und seinem Werk sehr gering war. Daraus und aus dem erwähnten Abfassungsprozess läßt sich schließen, dass das heute nicht mehr vorhandene Werk von ‘Alī b. Ǧibāl al-Dīn Rūyānī eine ähnliche Struktur und einen ähnlichen Inhalt besaß wie das 36 Tārīḫ-i Rūyān (Melville (2000), 70). Aber der Blickwinkel, aus dem Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī die Regionalgeschichte verstand und darzustellen versuchte, war ein anderer. Auliyā Allāh Āmulī hielt sich am Hof in Rūyān auf und schrieb sein Werk mit Unterstützung der Ustandār-Maliks, die jahrhundertelang die Provinz beherrschten. Für sie war die altpersische Vergangenheit von Bedeutung, und es war Auliyā Allāh Āmulīs Aufgabe, die Herrschaft seiner Unterstützer in der Geschichtschreibung zu legitimieren. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī dagegen entstammte det Sayyid-Familie der Mar‘ašīyān, die die Stelle der Bāwandiyān besetzt hatte. Außerdem wanderte er als kleines Kind nach Gīlān aus und diente den Kiyāyān. Eine mit einer altertümlichen Vergangenheit verbundene Heimatliebe ist ihm wahrscheinlich fremd gewesen. Die Ablösung der Zaiditen durch die Buyiden begründet Auliyā Allāh Āmulī mit dem Verlust ihrer Autorität. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, der selbst aus der Mar‘ašīSayyid-Famile stammt, schildert nur schlicht diesen Machtwechsel ohne Kritik und sieht die Zeit bis zum Aufstieg der Mar‘ašyān als Zeit ohne Sayyid-Regierung (TTRM, 155-156; vgl. Melville (2000), 60). Eines seiner Hauptziele war, die Ge36

Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī nannte als von ihm hinzugefügte Teile die letzte Geschichte der Gāwbārā-Könige (der Dābūya) und den Aufstieg der Mar‘ašīyān (TTRM, dībāča, 100).

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schichte seiner großen Vorfahren und ihren Aufstieg in Māzandarān zu schildern (TTRM, dībāča, 99). Dafür verwendet er nur ein Kapitel, das aber etwa die Hälfte des Gesamtwerkes in Anspruch nimmt. Der Anlass für die Abfassung vom Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān wurde nicht erwähnt. Im Gegensatz zum Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, das im Auftrag der Kiyāyān-Herrscher verfasst wurde und in dessen Vorwort Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī seine Dankbarkeit ausdrückt, hatte er beim Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān keinen besonderen Auftrag. Dass er für das Schreiben die Bibliothek der Kiyāyān benutzte, sich sogar parallel mit dem Verfassen des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistāns mit dem Schreiben beschäftigt hatte, steht, den Quellen nach zu urteilen, außer Zweifel. Ob das mit Billigung der Kiyāyān geschah, ist leider nicht mehr festzustellen. Jedoch hatte er wohl nicht genug Zeit gehabt, das Werk genügend auszuarbeiten. Diese Tatsache ist an drei Punkten zu erkennen. Erstens: an einigen Stellen schreibt er, von einer bestimmten Sache werde später 37 erzählt, was aber nicht geschieht. Zweitens: Unstimmigkeiten in den zeitgenössischen Angaben zwischen dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und 38 dem Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān. Drittens: er ist sehr stolz auf seine korrigierte Version der Genealogien der Herrscherhäuser (TTRM, dībāča, 99), produziert

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Zum Beispiel wird im Abschnitt über die Geschichte der Bādūspāniyān von der Machtergreifung durch Amīr Namāwar nach Šahrnūš’ Tod erzählt. Später gerät er mit seinem Unterstützer Šāh Ġāzī Rustam in einen Streit, der zu seiner Ablösung durch Šahrnūš’ Bruder Kai Kāwūs führt. Diese Ereignisse werden angedeutet, jedoch nirgendwo dargestellt (TTRM, 18). Im selben Abschnitt schreibt er, dass von ‘Aẓud al-Daula Qubāds Schlacht gegen die Mar‘ašīyān (781/1379 – 783/1381-2) und von seinem Tod nachher genauer erzählt werden würde (TTRM, 48). Im Abschnitt über die Geschichte der Mar‘ašīyān wird von der Schlacht erzählt, aber nichts von ‘Ażud ad-Daula Qubāds Tod (TTRM, 48-49). Über die Lage von Sayyid ‘Imād, des Gründers der regionalen Sayyid-Dynastie in Hizār-ǧarīb, die zusammen mit der Lage der anderen zwei Sayyids – Qawām al-Dīn Mar‘ašī und ‘Alī Kiyā – dargestellt werden sollte (TTRM, 58-9), wird nichts berichtet. Auch an manchen Stellen des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān – jedoch nicht so häufig wie beim Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān – passierten solche Unstimmigkeiten. Zum Beispiel wird der Bericht über die Übergabe der Herrschaft über Pāšīǧā an Riżā b. ‘Alī’s Neffe, ‘Alī b. Aḥmad b. ‘Alī, im dritten Teil des fünften Kapitels als vorher schon erwähnt dargestellt (TGD, 193), obwohl davon und von Aḥmad b. ‘Alī (Riżās Bruder) überhaupt nichts berichtet worden war. Das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān endet mit der Vertreibung des damaligen Herrschers von Sārī, Zain al-‘Ābidīn, der Thronbesteigung von ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad Mar‘ašī in Sārī und der Thronbesteigung von Ibrāhīm Āmulī im Ǧumādā II. 880/Oktober-November 1475. ‘Abd al-Karīm hatte sich bei dem Timuriden Abū Sa‘īd aufgehalten, als sein Vater ‘Abd Allāh von seinem Cousin, Zain al-‘Ābidīn, ermordet worden war (872/1467) (TTRM, 307-310; TMM, 8-13). ‘Abd al-Karīms Feldzüge gegen Zain al-‘Ābidīn mit Unterstützung der Kiyāyān nach Zain al-‘Ābidīns Thronbesteigung und ‘Abd al-Karīms Thronbesteigung werden im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān überhaupt nicht berichtet. Die weiteren drei Feldzüge ‘Abd al-Karīms aus Gīlān (888/1483-4, 890/1485-6 und gegen 892/1487), die nur im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān berichtet werden, deuten seinen baldigen Rückzug aus Māzandarān nach seiner Thronbesteigung an (TGD, 443-444, 451-452). Die Vermutung liegt nahe, dass der Autor lieber über missglückte Operationen der Kiyāyān schweigen wollte. Siehe auch 3-5-2.

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aber viele Widersprüche. Dass er das Werk nicht nur aus privatem Interesse an seinen Vorfahren geschrieben, sondern sich einen breiten Leserkreis für sein Werk vorgestellt hat, geht unzweifelhaft aus seiner Anrede an die Leser im 40 Schlusswort hervor. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān wurde ein Wendepunkt der regionalen Geschichtsschreibung der südkaspischen Küstenprovinzen. Strukturell befindet das Werk sich noch am Ende der Reihe der traditionellen regionalen Geschichtsschreibung, die dem Muster von Ibn Isfandiyār folgte. Bei den nachfolgenden Werken – mit der Ausnahme vom Tārīḫ-i Māzandarān – fehlt der Rückblick auf die altpersische Vergangenheit der Provinzen. Präziser könnte man sie von ihrem Stil her sowohl als regionale Chronik, die Ereignisse chronologisch darstellt, als auch als regionale Dynastiegeschichte bezeichnen. Für diese Entwicklung sind verschiedene Gründe anzuführen. Der wichtigste Grund ist der Machtwechsel in den Provinzen. In der Mitte des 8/14. Jahrhunderts kamen in Māzandarān die Mar‘ašīyān und in Gīlān die Kiyāyān an die Macht, bei denen die Regionalgeschichten geschrieben wurden. Die beiden Sayyid-Familien führen ihren Ursprung nicht auf die altpersische Vergangenheit zurück, wie es bei den Bāwandīyān der Fall war, und für die Legitimation ihrer Herrschaft war ihre Sayyid-Herkunft viel bedeutender. Vom 9./15. bis zum 11./17. Jahrhundert genossen die Küstenprovinzen über 200 Jahren die Unabhängigkeit von Zentralmächten unter der mehr oder weniger stabilen Regierung der Sayyid-Familien. Unter solchen Bedingungen konzentrierten sich Ẓahīr alDīn Mar‘ašīs Nachfolger auf die Fortsetzung der Werke ihrer Vorgänger und schrieben hauptsächlich über zeitgenössische Ereignisse.

2-3-4 Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī fing fast gleichzeitig mit dem Schreiben seiner zwei Regionalgeschichten an. Sein zweites Werk Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān bezieht sich auf die Geschichte von Gīlān und Dailamistān, das seine Unterstützer, die Kiyāyān, regierten. Obwohl sie fast gleichzeitig entstanden und einen ähnlichen Titel haben, unterscheidet sich die Struktur des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistāns von der des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān. Die Struktur des ersten ist sehr systematisch und chronologisch konstruiert und ähnelt eher den nachfolgenden regionalen 39

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Um nur einige Beispiele aus der ersten Regierungszeit der Bāwandiyān auzuführen: In der Genealogie nennt er als den vierten Herrscher Mihrmardān b. Suhrāb, der 40 Jahre lang regierte, und als den fünften Surḫāb b. Mihrmardān, der 20 Jahre lang regierte (TTRM, 161). Die beiden fallen in den Erzählungen aus (TTRM, 93-94). Der letzte Herrscher, Šahriyār b. Dārā hätte nach der Genealogie 35 Jahre regiert, aber in der Geschichte steht, die Dauer seiner Regierung sei 18 Jahre gewesen (TTRM, 95). Hier versucht Ẓahīr ad-Dīn Mar‘ašī, die Leser von der Zuverlässigkeit seiner zeitgenössischen Auskünfte zu überzeugen (TTRM, 335-6; vgl. Melville (2000), 73).

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Geschichtswerken. Die einzige rezente Handschrift besteht aus einer Einleitung (muqaddima) und sieben Kapiteln (bāb). Jedes Kapitel beinhaltet mehrere nummerierte und betitelte Abschnitte (faṣl).

Inhaltverzeichnis des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān Vorwort: Wirkung der Geschichtswissenschaft, Danksagung, Arbeitsprozess und Inhaltverzeichnis Einleitung: Sprachen von Gīl und Dailam und Informationen 1. Geschichte der Ḥākims und Sulṭāne, die in Gīlān und Dailamistān vor dem Aufstieg der Kiyāyān regierten, Geographie und Sitten 2. Aufstieg der Kiyāyān in 29 Abschnitten 3. Wiedereroberung von Ost-Gīlān von Sayyid Hādī Kiyā in 5 Abschnitten 4. Herrschaft von Sayyid Riżā Kiyā und Kār Kiyā Sayyid Muḥammad in 18 Abschnitten 5. Herrschaft von Kār Kiyā Nāṣir und seinem Bruder Kār Kiyā Aḥmad in 17 Abschnitten 6. Herrschaft von Kār Kiyā Sulṭān Muḥammad in 26 Abschnitten 7. Geschehnisse, die zwischen 881 und 884 passierten in 16 Abschnitten Der Autor selbst erklärt den Prozess der Abfassung und das Erscheinungsjahr des Werkes im Vorwort. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī definiert die Geschichtswissenschaft und sagt: Geschichtswissenschaft ist Berichterstattung (muḫbar) und basiert (mabnā) auf dem Standunkt der dritten Person. Alle, die Geschichtswissenschaft erlernen und sich der Art und Weise der Vergangenheit gut bewusst sind, müssen deshalb wissen, dass ihre Wohltaten Verzicht auf sinnliche Genüsse heißen. Beispielsweise, wenig essen, wenig reden, auf Begierde verzichten, dem verfluchten Teufel nicht nachfolgen, Inhalte edler vertrauenswürdiger Sprüche, wie „Folge dem sinnlichen Genuss nicht nach, sonst wirst du vom Weg Gottes abweichen“ als Vorbild nehmen. Das ganze wird ihnen für Zuwachs an Glauben, körperlische Gesundheit, Beseitigung von Schmerzen und Leiden wirksam sein (TGD, 5). Nach dem Zitat einer griechischen Anekdote erläutert er wiederholt die Wirkung der Geschichtswissenschaft: Das Zweck dieser langen Rede ist: In den Verhältnissen der Propheten und ihrer Unterstützer (auliyā) und ihrer Geschichte sich auszukennen, bedeutet Zuwachs an weltlichen und religiösen Kenntnissen. Sich in Taten und Weisen der ganzen Menschheit auszukennen, bedeutet für die Gelehrten ebenfalls Zuwachs an 34

Verständnis, Einsichtsvermögen, Denkkraft und Klugheit. Alle Menschen der Welt, die sich als Vorgänger in dieser Unterkunft der Eitelkeit mit Hoffnung auf Leben und Freude aufgehalten haben, traten notwendigerweise ab und ließen zurück, was sie gehabt haben. Wenn sie gute Taten und Sprache, in denen die Grundlage ihrer Glücklichkeit in beiden Welten [im Diesseits und Jenseits] besteht, als ihre eigene anerkennen würden, werden sie auf diese Weise auferstehen. Sie werden dem Bösen und Tadel entkommen. Durch Untersuchung werden sie klar machen, dass das, was wegen Ähnlichkeiten und Gleichartigkeiten gelobt wurde, auch für sie gilt. Die Umkehrung ist auch wahr (TGD, 7). Dass Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī beim Verfassen vom Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān mit einem klaren Konzept der Geschichtsschreibung gearbeitet hat, ist an verschiedenen Stellen zu lesen. Im Vorwort (TDG, 8) und im später hinzugefügten Kapitel 7 im ersten Abschnitt erzählt er von seinem Auftrag seitens Sulṭān Muḥammads und Sulṭān ‘Alī Mīrzās und von dessen Ehre. Ihre Anweisung sei gewesen, die Ereignisse, die in Gīlān und Dailamistān (Gīl wa Dailam) geschehen waren, besonders den Aufstieg ihrer Vorfahren und die Veränderungen dieser Zeit und ihre Geschichte bis 881/1476, niederzuschreiben und auf Art und Weise der Historiker zu ordnen. Er habe 880/1475-6 mit dem Schreiben begonnen. Das Buch bestehe aus einer Einleitung, sechs Kapiteln (bāb), von denen jedes ein paar Abschnitte (faṣl) beinhalte (TDG, 8-10). Da er im Vorwort die Titel der einzelnen Kapitel vorstellt, können wir die ganze durchdachte Struktur des Werkes samt dem verloren gegangenen ersten Kapitel überblicken. Über das später hinzugefügte siebte Kapitel schrieb er am Ende des letzten Abschnitts (Abschnitt 26) des sechsten Kapitels, dass er – wie in der Einleitung (dībāčah) erklärt – 880/1475-6 mit der Beschreibung der Ereignisse und der Lage in Gīlān und Dailamistān angefangen und sie in sechs Monaten 881/1476 zu Ende gebracht hatte. Danach hatte er unregelmäßig und gegen die Gewohnheiten anderer Schriftsteller die Fortsetzung in ein paar Kapiteln bis zum Jahr 894/ 1488-9 geschrieben (TDG, 392). Die Frage, welches der beiden Werke Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zuerst geschrieben hat, ist schwer zu beantworten. Aber da beide fast gleichzeitig und mit der Benutzung der Familienbibliothek der Kiyāyān entstanden sind und das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān im Auftrag der Herrscher verfasst wurde, ist zu vermuten, dass das Abfassen des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān als eine Neben41 tätigkeit ein bisschen später unternommen wurde. 41

Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Philosophie der Geschichtswissenschaft im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān ist schlichter als die im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān, das eine erweiterte Version von Auliyā Allāh Āmulī sein sollte (vgl. Melville (2000), 66-67), was wiederum eine frühere Entstehung des ersteren vermuten läßt.

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Im zweiten Teil von Kapitel 7 nennt er vier Hauptquellen für sein Werk. 1. Handschriften in der Familienbibliothek der Kiyāyān, die Sulṭān ‘Alī Mīrzā gesammelt hatte (TGD, 396-398), 2. Nachforschungen bei Zeugen, 3. Amīr Sayyid Muḥammad b. Sayyid Mahdī al-Ḥusainīs Werk in Alamūt bei Unklarheiten, 4. eigene Beobachtung der zeitgenössischen Geschichte. Hier sind die zwei traditionellen Quellen-Kategorien der islamischen Geschichtsschreibung deutlich zu sehen, nämlich mündliche und schriftliche (vgl. Melville (2000), 69-75). Dass er die mündlichen Quellen manchmal wichtiger nahm als die schriftlichen, schreibt Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī in seinem Vorwort. Nachdem er den Auftrag bekommen hatte, begann er sofort, sich bei alten Leuten nach deren Erinnerungen über Geschehnisse und Lage der Herrscher von Gīlān und Dailamistān zu erkundigen (TGD, 9). Für die ältere Geschichte hatte sich Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī hauptsächlich auf schriftliche Quellen gestützt. Er gibt keine Auskunft, welche Materialien er in der Bibliothek zur Verfügung hatte. Da in der einzigen Handschrift die Einleitung und das erste Kapitel fehlen, ist eine weitere Untersuchung nicht möglich. Amīr Sayyid Muḥammad b. Sayyid Mahdī al-Ḥusainī, der ein Mitglied der Nāṣirīya-Zaiditen gewesen sein soll, sei in der Festung von Alamūt gewesen und 42 habe dort geschrieben. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs hat, seiner eigenen Aussage gemäß, für die frühere Geschichte der Zaiditen in Dailamistān, das heißt für das erste Kapitel, Sayyid Muḥammad al-Ḥusainīs Werk benutzt. Weil Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī außer dem oben erwähnten Muḥammad al-Ḥusainī keine Namen als Informanten nannte und nach dem Erhalt des Auftrages sofort vertraute Leute befragte, ist wahrscheinlich, dass er keine weiteren Regionalgeschichten als Vorbild für das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān gekannt hat wie das Tārīḫ-i Ṭabaristān und das Tārīḫ-i Rūyān für das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān, die Ẓahīr al43 Dīn Mar‘ašī für die Geschichte dieser Provinzen zur Verfügung hatte. Dass nur das erste Kapitel vom Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, das der Zeit vor dem Aufstieg der Kiyāyān und der Geographie gewidmet ist, könnte darauf beruhen. Obwohl der Anfang des Werks, nämlich die Einleitung, das erste Kapitel, der ganze erste Abschnitt und der Anfang des zweiten Abschnitts des zweiten Kapitels, in der Handschrift fehlen, ist durch die erwähnten Zitate und die Struktur des Werks klar, worin das Hauptinteresse des Autors liegt. Sechs von sieben Ka42

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Sein Name lässt vermuten, dass er mit Abū ‘Abd Allāh b. al-Dā‘ī al-Mahdī li-Dīn Allāh (gest. 360/970), der die Lehre der zwei zaiditischen Rechtsschulen gleichgesetzt hatte, in Verbindung stand (vgl. Madelung (2002), 479). Ǧuwainī zitiert für die frühislamische Geschichte des Gebietes in seinem Tārīḫ-i Guzīda das heute nicht mehr existierende Tārīḫ-i Gīl wa Dailam (Ǧuwainī, III, 270-1). Für die Geschichte der Maliks in Gīlān, der Ǧustāniden und ihrer Kooperation mit den Zaiditen gegen die Tahiriden erzählt Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī auch in seinem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān. Aber die Informationen wurden ohne Zweifel hauptsächlich aus dem Tārīḫ-i Rūyān entnommen (vgl. TTRM, 139, 145-146). Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder kannte Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī das Werk nicht, oder Sayyid Muḥammad al-Ḥusainī ist der Autor vom Tārīḫ-i Gīl wa Dailam.

piteln stellen chronologisch die Geschichte der Kiyāyān dar. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī legt den Schwerpunkt nicht auf das Verfassen einer rein regionalen Geschichtsschreibung, sondern zielt auf das Verfassen einer Dynastiegeschichte. Seine Absicht ist aus dem Titel des zweiten Kapitels, mit dem der Hauptteil des Werkes beginnt, klar ersichtlich. Dieses zweite Kapitel ist überschrieben mit: Dar ẕikr-i ḫurūǧ-i sayyid-i hidāyat-panāh, Sayyid Amīr Kiyā-i Malāṭī, nurr qabra-hu, bā farzandān-i daulatmand-i ḫud tā darǧah-i šahādat yāftan-i ḥaẓrat-i imāmat-i qabbāb, Sayyid ‘Alī Kiyā bā barādarān dar Rašt wa ẕikr-i sawāniḥ-i ḥālātī ki dar ān ayyām wāqi‘ yāft (Über Sayyid Amīr Kiyā-i Malāṭīs Aufstieg zusammen mit seinen Söhnen, Sayyid ‘Alī Kiyās Martyrium samt den Brüdern in Rašt und die Ereignisse dieser Zeit) (TGD, 10, 14). Mit fünf Jahren, um 820/1417-8, ging Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī nach Gīlān. Nach dem Aufsteig der Kiyāyān um 773/1371-2 verging etwa ein halbes Jahrhundert, bevor er 881/1476 mit dem Schreiben anfing. Wahrscheinlich waren zu diesem Zeitpunkt alle Zeitzeugen der früheren Geschichte schon tot. Jedoch wurde die Geschichte in der zweiten bzw. der dritten Generation, zu der auch Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī gehörte, mündlich weiter überliefert. Er meint, dass er die zeitgenössischen Geschehnisse überzeugend darstelle (TDG, 396). Seine Aussage zeigt, wie maßgebend die Autorität der Beteiligten und die mündlichen Überlieferungen in den islamischen Wissenschaften waren. Je weiter Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī in der Zeit vorangeht, desto präziser werden seine Beschreibungen. Ab 829 (Kapitel 4, Teil 8) trug er häufig das Datum ein. Jedoch strukturierte er seine Erzählung – in traditioneller Art der persischen Geschichtsschreibung – meistens nach Episoden. Nur das siebte Kapitel wurde exakt chronologisch dargestellt. Der Wert vom Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān liegt besonders in seinen zeitgenössischen Berichten über die Provinzen. Der Lebenslauf des Autors – ein Mitglied der Mar‘ašī-Familie, das in Gīlān aufwuchs und den Kiyāyān diente – bedingte den strukturellen Unterschied zwischen seinen beiden Werken. Dieser Unterschied zwischen den von demselben Autor fast gleichzeitig verfassten Werken ist sehr bemerkenswert. Das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān schrieb Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī von einem ambivalenten Standpunkt aus. Im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān nahm er sich Ibn Isfandiyār zum Vorbild. Er gab der Beschreibung der altpersischen Vergangenheit seiner Heimat mehr Raum. Er beschreibt seinen Urgroßvater und Gründer der Mar‘ašī-Dynastie in Māzandarān, Sayyid Qawām al-Dīn al-Ḥusainī al-Mar‘ašī (gest. 781/1379), mit Hochachtung und hält die Machtergreifung seiner Vorfahren für gerechtfertigt. Die zeitgenössischen Regierungen der Mar‘ašīyān in der Provinz stellt er neutraler und mit Distanz dar, da er in Fragen um das Herrschaftsrecht über die Provinz zu seinen Verwandten in Opposition stand. Beim Schreiben des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān dagegen entschied sich Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī bewusst für eine Dynastiegeschichte. So ergänzen sich das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān und das Tārīḫ-i Ṭaba37

ristān wa Rūyān wa Māzandarān als Hauptquelle für die Rekonstruktion der Regionalgeschichte der Küstenprovinzen. Alle Nachfolgewerke nahmen das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān als Vorbild und stellten die Geschichte chronologisch dar. Jedem der Autoren war sein direkter Vorgänger bewusst – sie knüpfen stets an die Beschreibungen des jeweiligen Vorgängers an.

2-3-5 Tārīḫ-i Ḫānī Das Tārīḫ-i Ḫānī ist eine Fortsetzung des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān und erzählt die Regionalgeschichte von Gīlān und Dailamistān zwischen 882/1477-8 und 921/1515-6. Der Autor, ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī, bekam den Auftrag von dem Kiyāyān-Herrscher Sulṭān Aḥmad Ḫān b. Sulṭān ‘Alī Mīrzā und befasste sich zwischen dem Muḥarram 921/Februar-März 1515 und dem Ṣafar 922/März-April 1516 mit der Niederschrift des Werks (TH, 391-392). Die Kiyāyān, bei denen Ismā’īl, der Begründer der Safawiden, seine Kindheit verbrachte, huldigten ihm sofort nach seiner Machtergreifung. Sulṭān Aḥmad, der nach dem Umsturz, bei dem sein Vater Sulṭān Ḥasan und sein Onkel und Ismā‘īls Unterstützer Sulṭān ‘Alī Mīrzā zu Tode gekommen waren, als der Herr44 scher von Ost-Gīlān anerkannt wurde, wurde mit dem Titel ḫān geehrt. Das Tārīḫ-i Ḫānī erzählt die Geschichte der Ḫāne, der Herrscher von Ost-Gīlān, nämlich der Kiyāyān. Die Orientierung des Autors, eine regionale Dynastiegeschichte zu schreiben, ist vom Buchtitel her deutlicher als Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān. Von ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī ist außer einigen wenigen vom Autor selber im Werk gegebenen Auskünften nicht viel bekannt. Wie sein Beiname (nisba) zeigt, muss er aus der Ost-Gīlāner Hauptstadt Lāhiǧān gestammt haben. Er nahm als Kommandant (sardār) an Feldzügen nach Māzandarān teil (vgl. TH, 62) und war ein Jahr lang (898/1492-3–899/1493-4) in Gefangenschaft in Māzandarān. Während des Schreibens zog er mit dem Hof von einem Quartier zum anderen. Sulṭān Aḥmads Wesir (mu‘tamid al-daula) Sarāǧ al-Dīn Qāsim habe bei der Zusammenstellung der Episoden in jedem Kapitel mitgewirkt (dar har bāb muṭāriḥa-i maqālāt mi farmūd) und ihn unterstützt (TH, 6). Kein Teil des Werks sei ohne Sulṭān Aḥmad Ḫāns Billigung geschrieben worden. Auf dessen Wunsch hin schrieb er jeden Teil in drei Tagen (TH, 390-391). Aus allen diesen geringen Auskünften stellt man sich einen Autors vor, der seinem Vorgänger Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī ähnlich ist. Er ist ein gut ausgebildeter Mann, aber keinesfalls ein Gelehrter oder hoher Beamter am Hof. Jedoch stand er dem Herrscher sehr nahe und infolgedessen kam er zu dem Auftrag, die Dynastiegeschichte zu verfassen. Wie Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, der Oberbefehlshaber (sipahsālār) der Armee und kein Gelehrter war (Melville (2000), 70), schrieb ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī in ei44

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Ḫān war ursprünglich der Titel der mongolschen Herrscher. In der safawidischen Zeit wurde der Titel den Oberbefehlshabern der Qizilbaš-Amire und den regionalen Herrschern verliehen. Siehe auch 5-1-1.

nem eher schlichten Stil und vermied jede komplizierte Rhetorik. Das Tārīḫ-i Ḫānī beginnt mit Sulṭān ‘Alī Mīrzās Thronbesteigung, genauer gesagt mit dem Tod seines Vorgängers Sulṭān Muḥammad im Jahr 883/1478. Die Ereignisse des Anfangs des Tārīḫ-i Ḫānī (Kapitel 1, Teil 1–7) stimmen mit denen des siebten Kapitels des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān überein, die Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī nach der Fertigstellung seines Werkes hinzugefügt hatte. Die Beschreibung dieses Teils im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, deren Ereignisse Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī ohne Zweifel miterlebte, ist im Vergleich zum Tārīḫ-i Ḫānī ausführlicher. Da es keinen Hinweis auf ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧīs Geburtstag und Todestag gibt, ist nicht festzustellen, seit wann er bei den Kiyāyān im Dienst war. Aber für die etwa 40-jährige Dynastiegeschichte muss er genug zeitgenössische Zeugen gehabt und mündliche Quellen als Hauptmaterialien verwendet haben. In seinem Werk zitiert er keine schriftlichen Quellen. Jedoch ist es denkbar, dass ihm – wie es bei Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī der Fall gewesen war – die Bibliothek der Kiyāyān zur Verfügung stand. Sein Hauptziel war, die ganze Regierungszeit von Sulṭān ‘Alī Mīrzā – dem Beschützer des jungen Ismā‘īl –, der die Blütezeit dieser Sayyid-Dynastie hervorgebracht hatte und die Regierungszeit von Sulṭān Aḥmad bis zur jüngsten Zeit darzustellen. Ihm war klar, dass Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī bis zum Anfang der Regierungszeit Sulṭān ‘Alī Mīrzās die Dynastiegeschichte der Kiyāyān geschrieben hatte. Seit Sulṭān Aḥmads Thronbesteigung waren zehn Jahre vergangen, und es wurde von ihm erwartet, in Sulṭān Aḥmads neuer Ära nach Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Methode eine Fortsetzung des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān zu schreiben (TH, 5). Aus diesem Grund hat das Tārīḫ-i Ḫānī als eine Dynastiegeschichte eine sehr strenge Struktur mit einem festen Standpunkt.

Inhaltsverzeichnis von Tārīḫ-i Ḫānī Einleitung Kapitel 1. Sulṭān Muḥammads Tod, Sulṭān Ḥasans Herrschaft über Kūčisfahān und Sulṭān ‘Alī Mīrzās Thronbesteigung (882/1477-8–909/1503-4 in insgesamt 44 Abschnitten) Kapitel 2. Sulṭān ‘Alī Mīrzās Entlassung und Sulṭān Ḥasans Thronbesteigung, Ermordung von Sulṭān ‘Alī Mīrzā und Sulṭān Ḥasan (910/1504-5–911/1505-6 in insgesamt 6 Abschnitten) Kapitel 3. Sulṭān Aḥmads Herrschaft (911/1505-6–921/1515-6 in insgesamt 24 Abschnitten) Das Werk ist nach den Regierungszeiten der drei Herrscher Sulṭān ‘Alī Mīrzā, Sulṭān Ḥasan und Sulṭān Aḥmad in drei Kapitel (bāb) eingeteilt. Jedes Kapitel besteht aus mehreren kleinen Abschnitten (faṣl), von denen jeder einen passenden Titel mit meistens einer Jahreszahl trägt. ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī musste damit sowohl auf eine thematische als auch auf eine chronologische Beschreibung abgezielt haben. In einfachem Stil schrieb er im Interesse der Kiyāyān. Das Werk 39

behandelt die ganze Blütezeit der Dynastie mit Episoden militärischer und politischer Erfolge. Im Vergleich zu Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī war es für ‘Alī b. Šams alDīn Lāhiǧī nicht notwendig, in seiner Regionalgeschichte ideologische Spannungen auf eine konsequente Weise auszugleichen. In der Einleitung und im letzten Teil des dritten Kapitels bzw. in den Anreden an die Kiyāyān ist seine starke Bindung an seinen Herren zu erkennen. Nur im zweiten Kapitel, in dem vom Umsturz in Ost-Gīlān berichtet wird – Sulṭān ‘Alī Mīrzās Streit mit seinem Bruder Sulṭān Ḥasan um die Macht und Sulṭān Ḥasans Thronbesteigung – schwankte seine Feder. Er wies zwar auf Sulṭān Ḥasans Ehrgeiz hin, schob aber den hinter den Brüdern miteinander streitenden Oberbefehlshabern alle Schuld an dem Streit zu. Die Tragödie und die politische Krise nach der Ermordung von Sulṭān Ḥasan und der darauf folgenden Ermordung von Sulṭān ‘Alī Mīrzā schildert er in allen Details, aber ohne persönliche Eindrücke und Kommentare.

2-3-6 Tārīḫ-i Gīlān Eine Fortsetzung des Tārīḫ-i Ḫānī ist das Tārīḫ-i Gīlān, das von der Geschichte Gīlāns bis zum Jahr 1039/īlān-yīl (Jahr der Schlange)/1629 handelt. Es gibt aber große Unterschiede zwischen dem Tārīḫ-i Gīlān und dem Tārīḫ-i Ḫānī. Der Autor des Tārīḫ-i Ḫānī, ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī, musste die tiefste Krise der Kiyāyān miterleben, aber immerhin überlebte die Dynastie die safawidische Eroberung der Provinz und genoss unter den Safawiden als ein halbunabhängiger Staat sogar einen Sonderstatus. Diesen Sonderstatus verdankte Sulṭān Aḥmad seinem Onkel, Sulṭān ‘Alī Mīrzā, der dem späteren Gründer der safawidischen Dynastie Ismā‘īl Zuflucht gegeben hatte. Zu dem Zeitpunkt, an dem das Tārīḫ-i Gīlān verfasst wurde, war die Ost-Gīlāner Sayyid-Dynastie jedoch längst untergegangen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts, während der Regierungszeit von Schah ‘Abbās, wurden Gīlān und Dailamistān von den Safawiden annektiert und zum großen Teil zum Kronland, das seitdem von einem durch den Schah ernannten Provinzwesir verwaltet wurde. Der Autor, ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī diente einem dieser Provinzwesire. Nach dessen Entlassung aufrund von Unregelmäßigkeiten bei den Finanzen (1018/tungūz-yīl (Jahr des Schweins)/1610) wurde er mit der Überprüfung der Rechnungsbücher auf vierzehn Jahre beauftragt (TG, 204). Aufgrund seines Beinamens (nisba) Fūmanī ist zu vermuten, dass er ein aus 45 Fūman stammender einheimischer Beamter war. Durch seinen Beruf musste er Zugang zu Herrscherbriefen und Urkunden gehabt haben, die er in seinem Werk zitiert (vgl. TG, 69-70, 76-78). Der Zeitpunkt der Abfassung und die Karriere des Autors beeinflussten die Struktur des Werkes. Als Einheimischer könnte ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī eine star45

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Er floh 1038/īlān-yīl/1629 bei einem Aufstand der Einwohner gegen die Safawiden mit seiner Familie in Richtung ‘Irāq, um der Gefahr zu entkommen (TG, 266). Siehe 4-5-2.

ke Zuneigung zu den alten Fürsten des Gebiets gehabt haben. Wie die spätere Geschichte zeigt, waren die Einwohner von Gīlān oft ungehorsam und eigensinnig und erhoben sich zeitweise gegen die Safawiden. Aber bei der Niederschrift des Tārīḫ-i Gīlān waren nach der Annektierung der Provinzen etwa 30 Jahren vergangen, und ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī diente selbst den Safawiden. Wie der schlichte, neutral wirkende Titel des Werkes verrät, berichtet das Tārīḫ-i Gīlān von der Gīlāner Regionalgeschichte zwischen 923/1517 und 1039/1629 und steht im klaren Kontrast zum Tārīḫ-i Ḫānī, das eine Dynastiegeschichte darstellt. Im Vergleich zum Tārīḫ-i Ḫānī, das stets vom Standpunkt der Kiyāyān, der Ost-Gīlāner Herrscher, geschrieben wurde, hält das Tārīḫ-i Gīlān – mindestens strukturell – die beiden Gīlāner Provinzen eher im Gleichgewicht. Jedoch konnte ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī seine Vorliebe für West-Gīlān und dessen Herrscherfamilie, die Isḥaqīya, nicht verbergen. Das beruht wahrscheinlich darauf, dass der Autor aus der West-Gīlāner Stadt Fūman stammte und ausschließlich in West-Gīlān tätig war (vgl. TG, 194, 204, 266). Überdies sind die Informationen über die Herrschaft der Kiyāyān in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunders sehr fragmentarisch, so dass nicht einmal ihre Machtwechsel erwähnt werden. In der Einleitung schreibt ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī: Da während dieser 50 Jahren die wohl bestellte Grenzmark (dār almarz), die im Herrschaftsgebiet der Isḥaqīya gelegen war, solche [politischen] Vakua, Veränderungen, Eingriffe und Pöbelhaufen – sie irren noch eher vom Weg ab (Qur’ān 25:44) – wie Ġarīb Šāhs Rückzug, nie miterlebte, fiel diesem armen ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī, der im Dörfchen zurückgezogen lebte, ein, die erwähnten Ereignisse, wie sie passiert waren, niederzuschreiben. Weil die erwähnten Ereignisse in Wahrheit nicht aufgeschrieben worden waren, kam ich zu diesem Gedanken, einiges von der Lage der Herrscher (mulūk wa salāṭīn) von Māzandarān, Gaskar, Āstārā und Langarkunān, die in der Regierungszeit der Safawiden passiert waren, darzustellen, damit klar wird, warum ihre Dynastien (daulat) untergegangen waren, und die Untreue und die bitteren Übertretungen der Einwohner von Gīlān dem gesegneten Geschlecht gegenüber – ähnlich wie die Untreue und die schlechte Eigenschaft der Einwohner von Kūfa und Syrien, die beim Untergang der irdischen Welt am Ende der Universums die gerechte Strafe Gottes erleiden wer46 den (TG, 5). Da das Tārīḫ-i Ḫānī mit dem Jahr 922/1518 endet und das Tārīḫ-i Gīlān mit dem 46

Der Autor sagt nicht deutlich, was für einen Zeitraum er mit diesen „50 Jahren“ meint. Aber vom Kontext her müssen diese 50 Jahre mit der Regierungszeit der Isḥaqīya in ganz West-Gīlān in der zweiten Hälfte des 10./16. Jahrhunderts vor der Annektierung der Provinz zusammenfallen.

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Jahr 923/1517 beginnt, gibt es keine Zweifel, dass ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī eine Fortsetzung des Tārīḫ-i Ḫānī beabsichtigte. Die „weisen Leser“ fordert er auf, weiterhin die Lage der Einwohner von Gīlān zu betrachten (TG, 5). Die Erzählung vom Tārīḫ-i Gīlān endet mit der Unterdrückung des grossen Aufstands in Gīlān von ‘Ādil Šāh (Ġarīb Šāh) im Jahr 1038/1629 direkt nach Schah ‘Abbās’ Tod. Da der Autor von der Entlassung und dem Tod des damaligen Provinzwesirs von Gīlān, Ismā‘īl Bīk b. Aṣlān Bīk, im folgenden Jahr (1039/1630) und von der viereinhalbjährigen Amtszeit seines Nachfolgers, Mīrzā Taqī Iṣfahānī, erzählt (TG, 47 172, 223-225), ist als Abfassungsjahr frühestens 1043/1633 anzunehmen. Die Struktur des Tārīḫ-i Gīlān ist einfach und klar. Der Autor selbst weist in der Einleitung darauf hin, dass es in diesem Werk um die Geschichte von Gīlān gehe, weshalb er es Tārīḫ-i Gīlān nennt. Neben einer Einleitung bestehe es aus zwei Kapiteln (faṣl) und vier Episoden (TG, 6). Sein Kommentar in der Einleitung und die Titel der Abschnitte und die Zitate machen klar, dass er den Schwerpunkt auf die zeitgenössischen Ereignisse der zweiten Hälfte des 10/16. Jahrhuderts legte. Für die Regionalgeschichte hielt er diesen Zeitraum für sehr wichtig, weil während dieses Zeitraums die Herrscherfamilien von Gīlān und Māzandarān untergingen und alle Provinzen von den Safawiden erobert wurden. In anderen Worten war dieser Zeitraum der Wendepunkt in der Geschichte der Provinzen. Zum Schluss des Werks fügte ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī weitere (in der Einleitung nicht erwähnte) sieben Teile hinzu. Bei diesen sieben Teilen handelt es sich um die Ereignisse der kurzen Amtszeit des Provinzwesirs Ismā‘īl Bīk (1036/1627–1039/1630). Dieser Zeitraum entspricht dem Anfang der Regierungszeit Schah Ṣafīs (reg. 1629–1642), in der kurz nach Schah ‘Abbās’ Tod einer der größten Aufstände in den südkaspischen Küstenprovinzen, nämlich der erwähnte Aufstand ‘Ādil Šāhs stattfand. Der Autor, der wegen des Aufstandes aus Gīlān in Richtung ‘Irāq flüchten musste, wurde selbst Zeuge dieses Ereignisses. Kurz nach der Unterdrückung des Aufstandes hatte er sich wohl entschlossen, diese Nachträge zu schreiben, da das Werk mit der Rückkehr des Herrschers von Āstārā, Sārū Ḫān b. Ḥamza Ḫān Ṭāliš, des Oberbefehlshabers der Truppen, die die Aufständischen besiegt hatten, in sein Herrschaftsgebiet endet. Als einen Grund für den Aufstand betrachtete ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī das politische Ungeschick des noch jungen und unerfahrenen Provinzwesirs (TG, 264). Jedoch ist aus dem Tārīḫ-i Gīlān nicht zu ersehen, wie er den Aufstand später beurteilte. Auf jeden Fall schildern diese Nachträge, die das Ende des Werkes bilden, das endgültige Scheitern der Unabhängigkeitsbestrebungen der Küstenprovinzen in der spätsafawidischen Zeit. ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanīs Perspektive beschränkt sich jedoch nicht auf die Provinz Gīlān. Wie die Struktur des Werkes und die vier Episoden zeigen, sah er 47

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Mīrzā Taqī Iṣfahānī war der spätere Großwesir in der Regierungszeit von Schah Ṣafī und Schah ‘Abbās II. Siehe 4-5-2 und 6-1-1.

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Gīlān und seine Umgebung – Māzandarān, Rustamdār, Gaskar, Ṭāliš, Āstarā usw., das heißt alle südkaspischen Küstenprovinzen, die sich in das gleiche Schicksal – die Eroberung durch die Safawiden – ergeben mussten, als ein einheitliches Land. Ob er dienstlich oder privat Gelegenheit gehabt hatte, andere Provinzen des Reiches außerhalb dieses Küstengebiets zu bereisen, ist nicht festzustellen. Aber seine berufliche Laufbahn musste sich stark auf seine Sichtweise ausgewirkt haben. Als er als Finanzbeamter tätig war, war Gīlān ein wirtschaftlich wichtiges Gebiet des Reiches. Demzufolge könnte er eine feste Verbindung zum safawidischen Hof gehabt haben, die ihm viele nötige überregionale Informationen aus allen Teilen des Reichs übermittelte.

Inhaltverzeichnis des Tārīḫ-i Gīlān Einleitung (muqaddima) Kapitel 1. Herrschaft von Muẓaffar Sulṭān, dem Wālī von Rašt in West-Gīlān Die Isḥaqīya-Herrschaft bis zum Ende (923/1517–1000/1591-2) (in 35 Teilen (guftār)) Kapitel 2. Herrschaft von Ḫān Aḥmad Ḫān, dem Herrscher von Lāhīǧān 49 Nachlässigkeit der Söhne Ǧamšīd Ḫāns Ermordung von Amir Siyāwuš Ḫān, dem Herrscher von Gaskar Aufstand des Amir Ḥamza Ḫān von Ṭāliš’, des Herrschers vonĀstārā Versetzung der Herrscher (mulūk) von Māzandarān Eroberung von Gīlān und Māzandarān durch die Safawiden (997/1589 – 1039/1629) (in 27 Teilen (guftār)) Episode 1. Amir Ḥamza Ḫān Ṭālišund seine Söhne Episode 2. Aufstand von Malik Ǧahāngīr b. Malik Muḥammad Rustamdārī 50 Episode 3. Freilassung von Abū Sa‘īd Mīr Fūmanī Episode 4. Aufstand von Mīr Hātim, dem Sipahsālār von Šaft Weitere 7 Teile (guftār) Dass sein Beruf auch den Stil seiner Geschichtsschreibung beeinflusste, ist aus seinem Werk zu erkennen. Das Tārīḫ-i Gīlān wurde meist chronologisch dargestellt und thematisch in kleine Abschnitte geordnet. Von 1006/1597-8 an, nachdem sich die safawidische Verwaltung in Gīlān stabilisiert hatte, begann er für Datierungen den türkischen Sonnenkalender (sāl-i turkī) zu verwenden. Der Sonnenkalender der safawidischen Zeit stammte ursprünglich aus dem durch die 48

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‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī bezog Āstarā in die Provinz von Gīlān ein. Dazu sind zwei Gründe zu nennen: erstens, dass die meisten Teile der Region zu seiner Zeit als Kronland (ḫāṣṣa) unter Verwaltung des Provinzwesirs von Gīlān standen, zweitens, dass das Werk mit der Unterdrückung des Aufstands ‘Ādil Šāhs (1038/1629) endet, wobei der Herrscher von Āstarā, Sārū Ḫān Ṭāliš, als Oberbefehlshaber (sipahsālār) der Operation die Hauptrolle spielt. Ǧamšīd Ḫān war Muḥammad Ḫāns Sohn und ein Enkel von Muẓaffar Sulṭān. Abū Sa‘īd Mīr Fūmanī war Oberbefehlshaber (sipahsālār) von Fūman. Siehe 6-2.

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Mongolen eingeführten chinesischen Kalender des Zwölfer-Tierzyklus. Schon unter den Qara Quyunlu und den Aq Quyunlu wurden finanzielle Angelegenheiten gemäß dem solaren Tier-Kalender durchgeführt. Gegen Ende der 960er/Anfang der 1550er Jahre begannen die Safawiden unter Schah Ṭahmāsb den Kalender offiziell in Gebrauch zu nehmen. Das war eine der politischen Strategien der 51 Safawiden, eine starke Herrschaft zu errichten. Einerseits wurde die Datierung von Herrscherurkunden mit einem entsprechenden Tierjahr parallel zum HiǧraJahr in der frühen Regierungszeit von Schah ‘Abbās abgeschafft, anderseits etablierte sich der Gebrauch des Tierkalenders in den safawidischen Hofchroniken. Die Autoren der Chroniken, die am Hof als Sekretäre (munšī) beschäftigt waren und sich bei der Abfassung der Urkunden an die Benutzung des Tierkalenders gewöhnt hatten, ordneten und schrieben staatliche Ereignisse nach dem Tierkalender chronologisch auf. Der berühmtste Hofhistoriker und der Autor des Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī, Iskandar Bīk Turkmān Munšī, verwendete z.B. für das Kapitel über Schah ‘Abbās’ Regierungszeit den Tierkalender. Er überschrieb jeden Abschnitt mit einem Tierjahr und parallel dazu dem entsprechendem HiǧraJahr, sowie die Anzahl der Regierungsjahre (ǧulūs). ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī betitelte die Abschnitte des Tārīḫ-i Gīlān thematisch, aber wenn er im Text Daten 52 nannte, dann bevorzugte er Tierjahre. Die Verwendung des türkischen Kalenders im Tārīḫ-i Gīlān deutet nicht nur auf ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanīs Verbindung zum safawidischen Hof hin, sondern ist auch ein Hinweis auf die freiwillige oder unfreiwillige Integration der Provinzen ins safawidische Herrschaftsgebiet. Wenn man das Tārīḫ-i Gīlān liest, entsteht der Eindruck, dass ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī das Werk ohne bestimmten Schirmherrn und aus seinen eigenen Interessen an der Heimat verfasste. Ihm war bewusst, dass seine Heimat eine wichtige Wende erlebt hatte, und er dürfte beabsichtigt haben, die erschütternde Geschichte einer Region zu hinterlassen, die sonst in Vergessenheit geraten wäre. Obwohl er safawidischer Provinzbeamter war, folgte er der einheimischen Tradition und schrieb in schlichtem Stil ohne komplizierte Rhetorik. Da er keine schriftliche Quelle nennt, muss er sich, abgesehen von Urkunden, hauptsächlich auf mündliche Quellen gestützt haben. Der größte Wert des Werkes als zeitgenössische historische Quelle liegt darin, dass der Autor als Finanzbeamter viele Auskünfte über die Verwaltung von Gīlān unter den Safawiden überliefert.

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Die Besonderheit dieses türkischen Kalenders war die Übereinstimmung seines Neujahres mit dem altpersischen Neujahr (naurūz), das dem Tag der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche entspricht. In der mongolischen Zeit entsprach das Neujahr des chinesischen Kalenders des Zwölfer-Tierzyklus dem Frühlingsanfang. Fast zur gleichen Zeit begannen die Safawiden Naurūz offiziell am Hof in Qazwīn zu feiern, das sich unter Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda und Schah ‘Abbās zu einer wichtigen Institution entwickelte (vgl. Goto (2008) und Melville (1994)). Als Monatsnamen verzeichnete er nur die Hiǧra-Monatsnamen, wie es auch bei den safawidischen Hofchronikern der Fall war.

2-3-7 Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert geschrieben, kann das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān (Geschichte der Familie Mar‘ašīyān in Māzandarān) als eine Fortsetzung des Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān bezeichnet werden. Der Titel stammt vom Herausgeber M. Sutūda, in der Handschrift ist als Titel nur Tārīḫ-i Mīr Taimūr ‘alaihi ar-raḥma angegeben (TMM, muqaddima, 11). Wie der Autor selbst deutlich sagt, geht es in diesem Werk nicht um die Geschichte Māzandarāns, sondern hauptsächlich um die von ihm – Mīr Taimūr Mar‘ašī – geschriebene Familiengeschichte der Mar‘ašīyān bis zum wahrscheinlichen Erscheinungsjahr 1068/1658 (vgl. TMM, 350, 365). Obwohl das Werk vom Schicksal der Familie bis zu ihrer Auswanderung aus Māzandarān erzählt, behandelt es im Wesentlichen ihre Geschichte bis 1038/1629, also dem Todesjahr Schah ‘Abbās’. Obwohl Māzandarān zur gleichen Zeit wie die anderen südkaspischen Küstenprovinzen von den Safawiden annektiert wurde, erhielt die Provinz eine Sonderposition. Zwar wurden die herrschenden Familienmitglieder der Mar‘ašīyān frühzeitig vertrieben, die anderen Familienmitglieder durften jedoch weiter in Māzandarān bleiben. Der Hauptgrund war, dass Schah ‘Abbās’ Mutter, Ḫair anNisā Begum, aus ebendieser Familie stammte. Schah ‘Abbās zeigte seine Anhänglichkeit für die Provinz und seine Verwandten mütterlicherseits, baute neue Winterresidenzen, Faraḥābād (1020/1611-2) und Ašraf (1021/1612-3), und verbrachte in seinen letzten Lebensjahren den Winter meistens in Māzandarān, wo er auch starb. Der Autor, Mīr Taimūr Mar’ašī, ist, wie sein Beiname (nisba) zeigt, ein Mitglied der Mar‘ašīyān. Von ihm ist außer durch sein Werk wenig bekannt. Nirgendwo berichtet er vor seiner Stammlinie. Der Herausgeber M. Sutūda schließt aus, dass unter den heute bekannten vier zeitgenössischen gleichnamigen Mitgliedern Mīr Taimūr b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn der erste Kandidat für den Autor sein 53 sollte (TMM, muqaddima, 14-15). J. Calmard übernimmt Sutūdas Theorie und bezeichnet in der Genealogie der Mar‘ašīyān in der Encyclopaedia of Islam Mīr 54 Taimūr b. ‘Abd al-Karīm als Historiker (Calmard (1991), Table B). In der Tat ist 53

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Sutūda rechnet für einen Generationswechsel dreißig Jahre. Weil zwischen dem Vorfahr Qawām al-Dīn Mar‘ašī und diesem Mīr Taimūr acht Generationen lägen und die Gründung der Dynastie 760/1358-9 gewesen sei, sei die Geburt Mīr Taimūrs um 1000/1591-2 etwa 240 Jahre nach dem Aufstieg Qawām ad-Dīn Mar‘ašīs anzunehmen. Bei der endgültigen Vollendung des Werkes (oder des Kopierens) im Jahre 1075/1664 wäre der Autor somit fünfundsiebzig Jahre alt gewesen. Wie konnte der Autor jedoch im Text von seinem eigenen Tode berichteten (TMM, 109)? Auf derselben Seite ist vermutlich von seinem eigenen Sohn, der nach Indien ging, die Rede. Er hieß Mīr ‘Abd al-Karīm, nicht Abū Turāb, der die vorhandene Handschrift vom Original abgeschrieben haben soll. Eine zweite Frage ist: Mīr Taimūrs Vater ‘Abd al-Karīm starb drei Jahre nach Schah Ṭahmāsbs Thronbesteigung (933/1526-7) (TMM, 108). Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass jemand, der spätestens 933/1526-7 geboren worden war, noch 1068/1657-8 am Leben war. Mīr Taimūr b. Mīr Sulṭān Murād (Kandidat II) (–983/

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der Autor nicht Mīr Taimūr b. ‘Abd al-Karīm, sondern Mīr Taimūr b. Qawām alDīn b. ‘Alī Ḫān b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī Ḫān b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn, der vierte Kandidat Sutūdas. An einer Stelle meint der Autor, dass seine älteste Tochter Dīn Muḥammad Ḫān heiratete, den Sohn des in Šīrāz aufgewachsenen Uzbeken Badī‘ al-Zamān, dessen Vater, Nūr Muḥammad Ḫān Uzbek, bei den Safawiden Zuflucht gesucht hatte (TMM, 265-6). Im letzten Kapitel des Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān erzählte er, dass sein Sohn Mīrzā Ma‘ṣūm 1068/1657-8 seine Schwester und deren Ehemann in Šīrāz besuchte. Ihr Ehemann sei einer der Nachkommen (az awlād) Nūr Muḥammad Ḫān Uzbeks. Mīr Taimūr b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī Ḫān ist die einzige Person, bei der sich die beiden Angaben decken. Ein dritter Beweis: Die vorhandene Handschrift in Yazd, worauf die Veröffentlichung basiert, soll von Hand eines Sohnes des Autors, Abū Turāb abgeschrieben worden sein (TMM, muqaddima, 11). Der vierte Mīr Taimūr hatte einen Sohn namens Mīrzā Abū Turāb. Außerdem enthüllen die genauen Schilderungen über Mīr Taimūrs Familie in den letzten Kapiteln diesen Mīr Taimūr als den Autor des Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān. Der Grund, warum er in seinem Werk seine Identität verheimlichte, ist nicht zu klären. Es wäre möglich, dass er die Objektivität des Werkes bewahren wollte; vorstellbar ist allerdings auch, dass dies mit der heiklen Situation der Familie in Zusammenhang stand. Durch die langjährigen Machtkämpfe unter den Familienmitgliedern hatten die Mar‘ašīyān schon vor der Annektierung der Provinz durch das safawidische Reich ihre Kontrolle über Māzandarān verloren. Mīr Taimūrs Vater, Qawām alDīn b. ‘Alī Ḫān, wuchs am safawidischen Hof auf. Als ein einheimischer Rebell ihn zur Herrschaft über die Provinz aufforderte, folgte er diesem Ruf, kam aber erst in seiner Heimat an, als der Aufstand schon unterdrückt worden war. Qawām al-Dīn blieb aber in Māzandarān, wo er Land besaß (TMM, 353-355). Schah ‘Abbās ließ seine zwei ältesten Söhne, Mīr Taimūr und Mīr Šāh Mīr, zusammen mit vier anderen Kindern aus der Sippe die Schule (maktab) besuchen und später als seine Untergebenen anstellen (TMM, 360). Diese Begünstigung genossen sie aufgrund der Zuneigung des Schahs zu seinen Verwandten mütterlicherseits. Nach Schah ‘Abbās’ Tod entstanden Unruhen in Māzandarān. Mīr Taimūrs Bruder Mīr Šāh Mīr war einer der Anstifter, um den sich 10.000 bis 12.000 Bewohner 1576), der in Basra starb, fällt auch aus (Sutūda betrachtet ihn fälschlich als Sohn des gleichnamigen Mīr Sulṭān Murāds, des Enkelsohn des ersten) (vgl. TMM, 192). Ein dritter Kanditat wäre schließlich der in Indien lebende Enkelsohn des ersten, Mīr Taimūr b. Mīr ‘Abd al-Karīm b. Mīr Taimūr, dessen Name aber im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān nicht zu finden ist (vgl. TMM, 109). Als vierten Kandidat nennt Sutūda den tatsächlichen Autor des Werkes, jedoch wieder mit einem Fehler in der Stammlinie – er setzt zwischen Mīr Taimūrs Vater Mīr Qawām al-Dīn und seinem Großvater Mīr ‘Alī Ḫān einen anderen Mīr ‘Alī Ḫān ein (Mīr Taimūr b. Mīr Qawām al-Dīn b. Mīrzā ‘Alī Ḫān b. Mīr ‘Alī Ḫān b. Mīr Qawām al-Dīn b. Mīr ‘Alī Ḫān b. Mīr Qawām ad-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn). Alle solche Verwechslungen und Fehler beruhen auf häufig gleichen Namen, wie Qawām al-Dīn, ‘Alī usw. in der betreffenden Zeit.

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Māzandarāns (mardum-i Māzandarān) sammelten (TMM, 376). Die Safawiden hielten es deshalb für gefählich, die Familie in ihrem früheren Herrschaftsgebiet 55 wohnen zu lassen, und ließen sie deportieren. Mīr Taimūr und die anderen Familienmitglieder wohnten 28 Jahre lang im Exil unter Bewachung, unter anderem in Šīrāz und Kirmān. Schah ‘Abbās II. ordnete dann eine Untersuchung an und ließ ein Namensregister anfertigen, wodurch die Mar‘ašīyān endgültig rehabilitiert wurden. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān erschien kurz nach ihrer Befreiung aus der 56 Gefangenschaft. Die ungefähr zu dieser Zeit gehaltene Hochzeit zwischen Dīn Muḥammad Ḫān Uzbek und der Tochter des Autors weist auf eine wieder verbesserte Beziehung zwischen den Mar‘ašīyān und den Safawiden hin. Obwohl Mīr Taimūr nicht viel von der Gefangenschaft erzählt, wurden sie ständig verfolgt, vielleicht auch nach der Freilassung. Wie weiter unten erwähnt, fing er während der Gefangschaft mit dem Schreiben an. Mīr Taimūrs Schweigen über die Gefangenschaft und die Anonymität des Werkes könnten unter dem Druck realer oder drohender Verfolgung zu tun haben. Auf alle Fälle ist nicht zu bezweifeln, dass das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān nicht in Māzandarān, sondern an einem anderen Ort geschrieben wurde. Das Werk stellt die Ereignisse des Erscheinungsjahrs 1068/1657-8 dar und 57 gibt zweimal als Jahr 1068/1657-8 an. Die Tatsache, dass am Schluss des Werkes die Rückkehr des ältesten Sohn des Autors Mīrzā Ibrāhīm von seiner Pilgerreise nach Mašhad am 18. Ša‘bān 1069/10. Mai 1659 hinzugefügt ist, lässt vermuten, dass Mīr Taimūr frühestens 1069/1659 starb. In der Handschrift finden wir verschiedene Zeitangaben als aktuelles Datum: an einer Stelle 1073/1662-3, an einer anderen Stelle 30. Ẕū al-Ḥiǧǧa 1074/23. Juli 1664 oder 1. Muḥarram 1075/24. Juli 58 1664 (TMM, 75, 257, 265). Da die Handschrift unvollständig bleibt, kann man nicht ausschließen, dass der Autor selbst den Text sechs Jahre später revidierte. Wenn das der Fall wäre, hätte er die unvereinbaren Jahresangaben in Ordnung

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In dieser Zeit nach Schah ‘Abbās’ Tod erhob sich in Gīlān ‘Ādil Šāh gegen die safawidische Herrschaft. Dieser Aufstand führte zur Vereinigung der beiden Provinzen unter Zuständigkeit des Provinzwesirs. Siehe 4-5. Da sie 1038/1629 aus Māzandarān deportiert worden waren und 28 Jahre lang in der Gefangenschaft gelebt hatten, dürfte ihre Freilassung frühestens 1066/1655-6 stattgefunden haben. Nach dem Text scheint es, dass der entsprechende Erlass 1068/1657-8, also im Abfassungsjahr des Werkes, erteilt wurde (TMM, 402). Hierbei ist von den zwei Söhnen des nach Indien geflohenen Mīr Mūsā Ḫān b. Sulṭān Murād I die Rede. Von ihrer Situation wurde später wieder erzählt, wobei als Datum 1068/ 1657-8 genannt wurde (TMM, 350). Das Jahr 1068/1657-8 als entsprechendes Datum kam später noch einmal vor (TMM, 365). Sulṭān Murād I. war der Konkurrent seines Cousins ‘Abd Allāh, des Großvaters von Schah ‘Abbās mütterlicherseits. Da ‘Abd Allāh im Machtkampf gegen ihn ermordet worden war, wurden Murād I. und seine Nachkommen von den Safawiden angefeindet. M. Sutūda bezeichnet 1075/1664 als Abfassungsjahr (TMM, muqaddima, 12-15).

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bringen können. Aus diesem Grund ist auch zu vermuten, dass es sich bei dem 59 neuesten Datum um das Kopierdatum handelte. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān ist eine Familiengeschichte. Mīr Taimūr blickte auf die längst vergangene Blütezeit seiner Familie im fernen Heimatland zurück. Hierbei besteht natürlich nicht die Absicht, eine zeitgenössische Dynastiegeschichte möglichst korrekt und detailiert niederzuschreiben, wie es beim Tārīḫ-i Ḫānī der Fall war. So ist die Abwesenheit eines klaren Konzepts von Geschichtsschreibung und einer konkreten Struktur das wichtigste 60 Merkmal dieses Werkes. Das bezieht sich auch auf das Erscheinungsjahr des Werks. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān wurde gegen 1068/1658 geschrieben: zu dieser Zeit, mehr als 150 Jahre nach der Gründung der safawidischen Dynastie, wurden am Hof eine Reihe von Geschichtswerken verfasst. Dieses Genre, wie z.B. das bekannte, von einer unbekannten Person geschriebene, lange als zeitgenössisches Werk betrachtete Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi Šāh Ismā‘īl, stellt die Herkunft der safawidischen Hauses, seine anfängliche Geschichte mitsamt 61 der heldenhaften Kämpfe literarisch dar. Diese Werke haben möglicherweise das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān stark beeinflusst. Nach diesem Geschmack wurde das Werk nicht chronologisch, sondern thematisch in kleine Teile (guftār) gegliedert. Die einzelnen Teile wurden nicht nummeriert und es gibt keine zusammenfassenden Kapitel, die einen Überblick über das ganze Werk verschaffen könnten.

Inhaltsverzeichnis des Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān Einleitung (ohne genauen Titel) 93 Teile (guftār): Genealogie von Mīr Muḥammad Sārī (Teil 1) Bis zur Regierungszeit von Šams al-Dīn (bis Teil 11) Wiedervereinigung von Māzandarān durch Šams al-Dīn Annektierung von Māzandarān durch die Safawiden Die Mar‘ašīyān in Māzandarān unter der Regierungszeit von Schah ‘Abbās Diaspora der Mar‘ašīyān (die letzten 6 Teile) Dass Mīr Taimūr Mar‘ašī eine Fortsetzung schreiben wollte, ist schon in der Einleitung zu lesen. Er schreibt, dass immer Sayyids nach Ṭabaristān gekommen seien, um Tyranneien (ẓulm) seitens fremder Herrscher abzuschaffen, darunter sei sein großer Vorfahr Sayyid Qawām al-Dīn Mar‘ašī, der Stammvater der Mar‘ašīDynastie, gewesen. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī habe die 220-jährige Geschichte von Qa59 60 61

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Es ist logisch, 1068/1657-8 als Abfassungsjahr und 1074/1664 als Jahr der Kopie zu bezeichnen. Obwohl Mīr Taimūr Mar‘ašī seine Vorgänger wegen ihrer unpräzisen Methode kritisierte (TMM, 5), stellte er keine bessere Methodologie vor. Über die Entwicklung der safawidischen Historiographie siehe Morton (1990); Quinn (2000), 14-27; Quinn (2004), 363-367.

wām al-Dīn Mar‘ašīs Aufstieg (760/1358-9) bis zur Regierungszeit seiner Söhne (880/1475-6) geschrieben. Zwar hätten auch andere noch weiteres geschrieben, jedoch nicht mit der richtigen Methode (TMM, 5). So begann Mīr Taimūr Mar‘ašī seine Geschichtsschreibung mit der Geneaolo62 gie von Mīr Muḥammad Sārī (gest. 856/1452). Um 880/1475-6, von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī in den letzten Teilen seines Werkes noch dargestellt, kam es zu heftigen und komplizierten Machtkämpfen unter den Mar‘ašīyān. So wiederholte Mīr Taimūr Mar‘ašī in seinem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān nach der Genealogie die Erzählung von der Ermordung von ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad durch seinen Neffe Zain al-‘Ābidīn am 5. Rabī‘ I. 872/3.Oktober 1467. Der Text kann inhaltlich in fünf Teile gegliedert werden: 1. Periode der politischen Verwirrungen 2. Politisch stabile Periode, entspricht der früh-safawidischen Zeit 3. Politisch unstabile Periode, die zur Annektierung von Māzandarān führte 4. Die Lage der in Māzandarān gebliebenen Mar‘ašīyān unter Schah ‘Abbās 5. Auswanderung der Mar‘ašīyān aus Māzandarān nach Schah ‘Abbās’ Tod (1038/1629) Ähnlich wie der Titel zeigt der Inhalt des Werkes, dass es sich in erster Linie um eine Familienchronik handelt. So kam Mīr Taimūrs Erzählung nach der Auswanderung der Familienmitglieder aus Māzandarān naturgemäß von der Regionalgeschichte ab und setzte die Geschichte seines Geschlechts fort. Bei Datierungen war der Autor sehr sparsam und undeutlich, gab selten genaue Jahresangaben, noch seltener Monatsangaben. Er verwendete solche Ausdrücke wie „nach zwei Jahren“ oder „in drei Tagen“. So ist es nicht erstaunlich, 63 dass in einem Fall erst nach 17 Jahren wieder eine Jahreszahl genannt wird. Die Gründe für diese Ungenauigkeiten sind in erster Linie in seiner Gefangenschaft in Kirmān zu suchen, wo Mīr Taimūr Mar‘ašī mit dem Schreiben anfing, denn dort hatte er nicht genug schriftliche bzw. offizielle Materialien zur Verfügung. Zweitens wollte er die Geschichte seiner Familie verfassen und hatte als Leser hauptsächlich seinen engen Familienkreis im Blick – große Genauigkeit war hier nicht nötig. Sein ältester Sohn, Mīrzā Ibrāhīm, erwarb seine Ausbildung in Šīrāz und nach seiner Pilgerreise studierte er in Iṣfahān weiter. Nachdem er alle vorhandenen Bücher abgeschrieben hatte, ging er zu seinem Vater Mīr Taimūr Mar‘ašī und äußerte den Wunsch, nach Indien zu gehen – wie viele andere Begabte mit Ausbildung und Ehrgeiz unter den Safawiden –, um im Nachbarland Karriere

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Mīr Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Sārī war der sechste Herrscher, dessen Familie erblich in Sārī regierten. Zum Beispiel beginnt der Anfang eines Teiles (TMM, 357) mit der Jahresangabe 1011/16023. Im darauf folgenden Teil sind keine Jahresangaben zu finden, und am Anfang des nächsten Teils taucht die nächste Jahresangabe – 1028/1619 – auf (TMM, 361).

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zu machen. Sein Bruder Mīrzā Ma‘ṣūm war schon abgereist. Mīr Taimūr Mar‘ašīs Söhne hätten die Familiengeschichte nach Indien mitnehmen können. Mīr Taimūr wird sich traditionellerweise weitgehend auf mündliche Auskünfte von seinen Verwandten und Bekannten gestützt haben. Jedoch erwähnte er auch, dass er nicht nur mündliche, sondern auch literarische Quellen gebraucht hat. In seinem Werk zitiert Mīr Taimūr Mar‘ašī vier heute nicht mehr vorhandene Regionalchroniken (vgl. TMM, muqaddima, 15-16). 1. Tārīḫ-i Māzandarān von ‘Abd al-Raḥīm Īǧur (?) Sārī’ī: Der Historiker ‘Abd alRaḥīm Īǧur beteiligte sich, wie andere Autoren von Regionalchroniken der Küstenprovinzen auch, an politischen Angelegenheiten nach der Annektierung von Māzandarān (TMM, 330, 302-303). Er berichtet, dass bei einem Feldzug der Safawiden in Māzandarān Mīrzā Muḥammad Ḫān b. Sulṭān Murād Mar‘ašī Bücher der Bibliothek seines Vaters für 6000 tumān verkaufte (987/1579), den Bericht davon zitiert Mīr Taimūr Mar‘ašī (TMM, 255, 303). Es ist zu vermuten, dass ‘Abd al-Raḥīm Īǧur für seine Geschichtsschreibung die Bücher dieser Bibliothek zur Verfügung hatte. ‘Abd al-Raḥīm Īǧurs Werk ist im eigentlichen Sinne eine Fortsetzung von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī und wohl das fehlende Glied zwischen dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān. 2. Šahanšāh-nāma/Ẓafar-nāma von ‘Azīz Qummī Qismatī: Mīr Taimūr Mar‘ašī zitiert viele Gedichte in seinem Werk, darunter einige Gedichte von ‘Azīz Qummī Qismatī, die der Poet – von den politischen Ereignissen um die Mar‘ašīyān inspiriert – geschrieben hatte (TMM, 170-171, 195-196, 240). 3. Namensliste der Sayyids von Mīrzā Naǧaf Ḫān (Qūš Ḫān): Schah ‘Abbās II. ordnete an, die Lage der Mar‘ašī-Sayyids zu untersuchen und eine Namensliste anzufertigen (TMM, 402). Mīr Taimūr Mar‘ašī berichtet an manchen Stellen über die Lage der ausgewanderten Mar‘ašī-Nachkommen. Die Liste war hierfür seine Hauptquelle. 4. Andere Werke: Wie schon erwähnt kritisierte Mīr Taimūr, dass nach Ẓahīr alDīn Mar‘ašī Chroniken mit ungenauen Methoden verfasst worden waren (TMM, 5). Genaue Titel oder Namen der Autoren gab er jedoch nicht an. 5. Außerdem erwähnte Mīr Taimūr Mar‘ašī Episoden in Bezug auf die Mar‘ašīyān aus dem am safawidischen Hof entstandenen Tārīḫ-i ‘Abbāsī von Mullā Jalāl alDīn Munaǧǧim Yazdī (vgl. TMM, 206, 264, 270). Ohne Zweifel ist ‘Abd al-Raḥīm Īǧur Sārī’īs Tārīḫ-i Māzandarān Mīr Taimūr Mar‘ašīs Hauptquelle für die Periode in Māzadarān. Es ist jedoch merkwürdig, dass Mīr Taimūr Mar‘ašī Šaiḫ ‘Alī Gīlānīs Tārīḫ-i Māzandarān nicht erwähnt. Ob er 64

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Mīr Taimūr Mar‘ašī war verschuldet und hatte keine Möglichkeit, den Sohn finanziell zu unterstützen. Das Werk endet unvollständig mit dieser Episode, und es bleibt ungewiss, ob Mīrzā Ibrāhīm nach Indien gehen konnte – es sei ihm gewünscht.

Šaiḫ ‘Alī Gīlānīs Werk nicht kannte oder als nicht wertvoll in die vierte eben genannte Kategorie einordnete, kann hier nicht entschieden werden.

2-3-8 Tārīḫ-i Māzandarān Obwohl es früher verfasst wurde als das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān, kann das Tārīḫ-i Māzandarān von Šaiḫ ‘Alī Gīlānī als Ausnahmefall bezeichnet werden. Von diesem Werk sind heute nur zwei Handschriften vorhanden, die eine in der Mar‘ašī-Bibliothek in Qum und die andere in der Nationalbibliothek in Teheran (vgl. TM, muqaddima, 16). In der ersten heißt der Titel Tārīḫ-i Ṭabaristān, in der zweiten Tārīḫ-i Māzandarān. Der Herausgeber M. Sutūda benutzt den Titel der zweiten, da er sie für seine Edition zur Verfügung hatte. Jedenfalls verwendet der Autor den Ortsnamen Ṭabaristān sehr selten, fast ausschließlich als Synonym mit Māzandarān kombiniert, wobei er Ṭabaristān nicht präsize definiert (vgl. TM, 29-30). Über die Laufbahn des Autors gibt das Tārīḫ-i Māzandarān nur fragmentarisch Auskunft. Šaiḫ ‘Alī Gīlānī, dem Namen nach ohne Zweifel aus Gīlān, war im Jahr 1044/1634-5, als er mit der Niederschrift des Werkes begann, etwa 75 oder 76 Jahre alt (TM, 4, 24). Daraus ist zu schließen, dass er um 968/1560-1 oder 969/ 1561-2 geboren wurde und sein Todesjahr nach 1044/1634-5 lag. Kurz nach der Annektierung von Māzandarān durch die Safawiden verkehrte er mit den Mächtigen vor Ort und mit Alwand Sulṭān, der Farhād Ḫān Qarāmānlūs Bruder und 65 Stellvertreter war (TM, 91, 97). Die Ereignisse dieser Zeit, die er selbst in seinen besten Lebensjahren (er war knapp über 30 Jahre alt) erlebte, hinterließen bei ihm solch einen starken Eindruck, dass er diese Zeit als eine Art Wendepunkt der Provinz verstand. So hörte er mit der Niederschrift der Regionalchronik kurz nach der Annektierung auf und stellte anschließend die Umstände der Herr66 scherhäuser dar. Er war ein Intellektueller, der sich selbst als Historiker und sein Werk als ein Geschichtswerk verstand. In den ersten Zeilen der Einleitung schrieb er, dass Einleitungen (dībāča-hā) der Geschichtsbücher (kutub-i tawārīḫ) und Schreiben (nabā’ wa munšāt) von Seiten voller Lob dem Erwerb der Zufriedenheit Gottes dienen (TM, 3). Er (d.h. Šaiḫ ‘Alī Gīlānī) sei ein Ährenleser im Heuhaufen der großen Historiker, ein schönes Kleinod dieses erhabenen (Historiker-)Kreises, und er verbrachte sein Leben mit der Lektüre seltsamer Bücher und merkwürdiger Literaturen (TM, 4). Das Tārīḫ-i Māzandarān stellt sich auf keinen Fall in die Reihe der Fortsetzungen der Chroniken von Māzandarān, wie es bei den Werken der Nachfolger Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs der Fall war. Es ist vielmehr eine Kombination von Regional- und Universalgeschichte. Es besteht aus einer Einleitung und 31 Hauptteilen (ẕikr). 65 66

Farhād Ḫān Qarāmānlū führte den Feldzug der Safawiden in die Küstenprovinzen an und eroberte die Provinzen. Siehe 4-4. Wegen seines hohen Alters ist es nicht auszuschließen, dass die Niederschrift des Werkes durch seinen Tod unterbrochen wurde.

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Diese Haupteile ohne Nummerierung können in zwei Teile gegliedert werden: die Universalgeschichte und die Regionalgeschichte. Die Universalgeschichte kann wiederum in zwei Teile geteilt werden: vorislamische und frühislamische Geschichte (im Inhaltverzeichnis unter 1 und 2) und die Regionalgeschichte in drei (im Inhaltverzeichnis unter 3 bis 5): die Geographie von Māzandarān, die alten Herrscherhäuser und die zeitgenössischen kleineren Herrscherhäuser der Provinz in Šaiḫ ‘Alī Gīlānīs Zeit. Die Struktur der Teile der Regionalgeschichte, deren Darstellung durch die Herrscherhäuser geordnet wird, erinnert an die tradierte Struktur der Chroniken der Provinz vom Tārīḫ-i Rūyān bis zum Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān.

Inhaltsverzeichnis des Tārīḫ-i Māzandarān Einleitung (dībāča) 1. Schöpfung des Universums und des Menschen Propheten Unterscheidung von historischen Perioden Über persische Könige 2. Die vier rechtgeleiteten Kalifen Die Imame der Zwölfer-Schi‘a Die umayyadischen Kalifen Die ‘abbasidischen Kalifen Die ismā‘īlitischen Kalifen im Maghreb Einige Sultane der islamischen Zeit 3. Die Grenzen von Māzandarān 4. Ispahbad Farruḫān Die Sultane der Bāwandiyān Die zweite Fraktion (firqa) der Bāwanditen-Dynastie Die dritte Fraktion (firqa) der Bāwandiyān Die Fraktion (firqa) der Čalāwīyān Die Herrschaft und die Genealogie der Qawāmīya (d.h. der Mar‘ašīyān) Die Araber und die Sayyids, die in Ṭabaristān und Māzandarān regierten al-Dā‘ī al-Ṣaġīr (Ḥasan b. Zaid) al-Nāṣir li-l-Ḥaqq (Ḥasan b. ‘Alī al-Uṭrūš) Die Ziyāriden Die Bādūspānīyān und ihre Nachkommen Eine andere Fraktion der Maliks von Kuǧūr 5. Die Mächtigen in Māzandarān: die nach dem Untergang der Mar‘ašīyān und 67 unter der Machtlosigkeit des Schahs erschienen (in der Reihe) 67

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Gemeint ist hier nicht die schon erwähnte Auswanderung der Familie nach der Annektierung von Māzandarān, sondern politische Wirren, die zu ihrem Untergang führten. Obwohl Šaiḫ ‘Alī Gīlānī die Annektierung der Provinzen in das safawidische Reich miterlebt hatte, verstand er, anders als ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī, dieses Ereignis nicht als Wendepunkt für die Geschichte Māzandarāns. Ein Grund dafür könnte sein, dass nicht alle

Sayyid ‘Abbās Bābulkānī Sayyid Muẓaffar Murtażā Die Herrschaft der Dīw-Fraktion in Sawādkūh Die Namen der andereren Einflussreichen Die Mächtigen in Bārfurūš-dih und Umgebung Die Pāzwārī-Sayyids Andere mächtige Sayyids Die Ausführungen des Autors sind im Vergleich zu den anderen Werken kurz und schlicht. Das Tārīḫ-i Māzandarān besteht aus 191 Folia in der Tehraner Handschrift und zählt gerade 104 Seiten in Sutūdas Edition. Trotzdem beinhaltet es die Universalgeschichte und die Regionalgeschichte von der vorislamischen bis zur zeitgenössischen Periode. So wirkt das Werk wie ein Lehrbuch für Schüler, sozusagen als Fachbuch der Geschichte. Laut Šaiḫ ‘Alī Gīlānīs Aussage wollte Ḫwāǧa Muḥammad ‘Alī Ašrafī Māzandarānīs Sohn die Sultane von Māzandarān und der Könige (mulūk) der Ustandārān und der Bezirke von Ṭabaristān kennenlernen und ordnete an, die Geschichte einiger von ihnen und ihre Regierungszeit 68 der Reihe nach darzustellen (TM, 5). Von dem damals schon verstorbenen Ḫwāǧa Muḥammad ‘Alī Ašrafī Māzandarānī und seinem Sohn wird nichts Genaues erzählt. Eine Besonderheit des Tārīḫ-i Māzandarān unter den Chroniken der südkaspischen Küstenprovinzen ist, dass es eine Universalgeschichte beinhaltet. Der Grund könnte eher am privaten Eifer und der beruflich orientierten Einstellung des Autors liegen. In der Einleitung, nachdem er sich als Historiker vorgestellt hat, erzählt Šaiḫ ‘Alī Gīlānī, er hätte genügend Geschichte der Welt, von Menschen, von Königen, von Gebräuchen, von den Propheten und den Sultanen gelehrt, sei aber wegen zeitlicher Probleme nicht zum Schreiben gekommen (TM, 4). Er schreibt, nachdem er den Auftrag bekommen hatte: Meine Wenigkeit folgte ihm, aber schrieb [alles] nieder, was ihm in 69 den Sinn kam. Vor dem Schreiben der zwei Parteien (firaqa) wer70 den, seinem ewigen Willen zufolge, [zusätzlich] die Eigenschaft

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einheimischen Kleinfürsten sofort vertrieben worden waren, wie es in Gīlān der Fall gewesen war. In der Handschrift fehlt sein Name und an der Stelle, wo sich sein Name befinden sollte, ist eine Lücke (vgl. TM, 5. Fußnote). Šaiḫ ‘Alī Gīlānī macht nicht klar, worum es sich bei diesen zwei Parteien handelt. Von der Struktur und dem Inhalt des Werkes ist zu vermuten, dass es sich um die Mar‘ašīyān und die Ustandārān (Maliks von Rustamdār) handelt, die zwei mächtigsten Herrscher der Provinz, die bis kurz vor der Annektierung regierten. Šaiḫ ‘Alī Gīlānī schrieb in der Einleitung durchgehend unpersönlich bzw. in der dritten Person, was die Beurteilung schwierig macht, um wessen Willen es geht. Hier könnte es sich um den Willen Gottes handeln, nicht um den Willen seines Auftraggebers. Es ist zu vermuten, dass der gelehrte Historiker Šaiḫ ‘Alī Gīlānī selbst auf die Idee kam, das Werk zu verfassen.

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der himmmelischen und der irdischen Welt, die Schöpfung der Seele und Menschen, die mit Ewigkeit gesegneten Propheten, die Könige – die Herrscher der Entscheidung und der Schlachten – vor und nach der Berufung des Propheten dargestellt. Wenn die Gnade Gottes [ihm] helfen würde und wenn ihm Tage übrig bleiben würden, [wird die oben erwähnte Geschichte aufgeschrieben] (TM, 5). Die Idee, die Universalgeschichte hinzuzufügen, kam ihm, als er noch an der Regionalgeschichte schrieb. Dann begann er – wahrscheinlich nachdem er die Regionalgeschichte einmal fertiggestellt hatte – mit der Niederschrift der Univer71 salgeschichte. Als erstes schrieb er also die Regionalgeschichte, als zweites die Einleitung und als letztes die Universalgeschichte. Obwohl er den Auftrag von Ḫwāǧa Muḥammad ‘Alī Ašrafī Māzandarānīs Sohn bekommen hatte, hatte er keinen Schirmherrn mit politischer Macht, der sein Schreiben unterstützen und beeinflussen konnte, wie es bei seinen Vorgängern oft der Fall war. Er stellte die damals in den Provinzen noch einflussreichen Mar‘ašīyān als solche dar, aber setzte sie mit anderen regionalen Fürsten wie den Maliks von Rustamdār und den Pāzwārī-Sayyids gleich, die z.B. im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān oder im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān nur Nebenrolle spielten durften. Das Tārīḫ-i Māzandarān behandelt die Regionalgeschichte von Māzandarān einschließlich der Geschichte von Rūyān/Rustamdār. Dass er jedoch Māzandarān den Vorzug vor Rūyān/Rustamdār gab, zeigt die Reihenfolge deutlich. Die Teile über die Ustandārān in Rūyān, die im Tārīḫ-i Rūyān und im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān am Anfang standen, wurden nach hinten verschoben. So beginnt die Regionalgeschichte mit der geographischen Lage von Māzandarān. Die danach folgenden einzelnen Teile begann der Autor mit den älteren und wichtigeren Herrscherfamilien und versuchte, die Geschichte möglichst chrolonogisch darzustellen. Vom Anfang bis zum Teil über die Mar‘ašīyān ist die Erzählung so struktiert, dann aber geht der Autor zurück in die frühislamische Zeit und beginnt wieder vom Anfang bis zum Teil über die Maliks von Kuǧūr. Auf den ersten Blick ist diese Anordnung recht verwirrend, aber der Autor teilte den Inhalt strukturell in drei Kategorien ein: die ältere Geschichte geographisch in zwei, nämlich das östliche Gebiet und das westliche, und am Ende kommt die zeitgenössische Geschichte nach dem Untergang der Mar‘ašīyān. Dieser zeitgenössische Teil, der nach regionalen Geschlechtern angeordnet ist, erinnert uns an die Tradition der Regionalgeschichtsschreibung mit Biographien. Die Fragen, welche Quellen Šaiḫ ‘Alī Gīlānī für sein Werk benutzte, und be71

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Wegen seines hohen Alters (er war im Jahr 1044/1634-5 etwa 75 Jahre alt) ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass er, nachdem die Regionalgeschichte bis zur Wende (gegen 1006/1597-8) geschrieben hatte, mit der Universalgeschichte anfing und kurz nach deren Vollendung starb und die Regionalgeschichte nicht mehr fortsetzen konnte.

sonders, worauf seine Regionalgeschichtsschreibung basierte, bleiben offen. Er gibt uns dazu keine Auskunft. Durch seine schlichten und kurzen Ausführungen wird der Vergleich mit anderen Texten erschwert. Sutūda weist darauf hin, dass der Autor manchmal in Ḫwāndamīrs Tārīḫ-i ḥabīb as-siyar, der Universalge72 schichte in timuridischer Tradition, nachschlug (TM, muqaddima, 13). Was die Regionalgeschichte betrifft, so ist aus der Struktur her zu ersehen, dass er das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zur Verfügung gehabt hat: Er teilt die Regierungszeit der Bāwandiyān in drei Perioden ein, genau wie Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī (TM, 44-47; TTRM, 161-162). Ob er Auliyā Allāh Āmulī gekannt hat, ist ungewiss. Aber die Struktur der Regionalgeschichte vom Tārīḫ-i Māzandarān zeigt, dass es sich um eine revidierte Version der zwei Vorgängerwerke handelt. Das Tārīḫ-i Māzandarān ist im Großen und Ganzen eine mit einer Universalgeschichte kombinierte Zusammenfassung der Regionalgeschichte, die für allgemein Interessierte verfasst wurde. Jedoch liegt der Wert des Werkes in erster Linie in den zeitgenössischen Perioden, die der Autor selbst miterlebte. Da Šaiḫ ‘Alī Gīlānī keine Beziehungen zu den regionalen Fürsten hatte, hinterließ er Berichte über die kleineren mächtigen Familien in der Zeit der Annektierung, die in der vom Standpunkt der Mar‘ašīyān aus geschriebenen Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān fehlen. Somit ergänzen das Tārīḫ-i Māzandarān und das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān einander.

2-3-9 Tārīḫ-i īlčī-i Niẓām-Šāh Zwar ist das Tārīḫ-i īlčī-i Niẓām-Šāh kein Regionalgeschichtswerk, aber es muss trotzdem zum Vergleich herangezogen werden, weil es auch etwas über die Regionalgeschichte der kaspischen Küstenprovinzen enthält. Der Autor Ḫuršāh b. Qubād al-Ḥusainī stammte aus einer iranischen schi‘itischen Familie, die nach Indien ausgewandert war. Zwischen den Jahren 950/1543-4 und 960/1552-3 wurde er zweimal von den Niẓām-Šāhī in Indien zu Schah Ṭahmāsbs Hof gesandt. Beim zweiten Mal blieb er bis 971/1563-4 in Iran, bis er nach Indien zurückkehrte und 972/1564-5 dort starb. Während seines insgesamt 15-jährigen Aufenthaltes am safawidischen Hof bereiste er die kaspischen Küstenprovinzen und wurde selbst Zeuge der damaligen Ereignisse (vgl. TI, 242). Nach seiner Rückkehr verfasste er eine safawidische Dynastiegeschichte bis 972/1563-4, der er eine kurze Regionalgeschichte der Küstenprovinzen beifügte. In diesen Teilen präsentierte er die Geographie der Küstenprovinzen aus der Sicht eines Außenstehenden mit Ortskenntnissen in der früh-safawidischen Zeit und schilderte die Machtverhältnisse unter den regionalen Fürsten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

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Soweit man es nach Sutūdas Fußnoten beurteilt, betrifft es den Teil der Universalgeschichte.

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Inhaltverzeichnis der Abschnitte des Tārīḫ-i īlčī-i Niẓām-Šāhī Vierter Teil des sechsten Kapitels (guftār-i čahārum az maqāla-i šišum): Genealogien (nasab) der Fürstengeschlechter (ḥukkām) und Ereignisse in Ṭabaristān und anderen [Küsten-]Provinzen zur Regierungszeit Schah Ismā‘īls und Schah Ṭahmāsbs Šīrwān: Šaiḫ Šāh b. Sīrwān Šāh Farruḫ Šāh Sulṭān Ḫalīl b. Šaiḫ Šāh Šāhruḫ Sulṭān b. Muẓaffar Mīrzā b. Šaiḫ Šāh Sultane von Gīlānāt (Bia-Pas und Bia-Pīš): Kār Kiyā Ḫān Aḥmad b. Kār Kiyā Sulṭān Ḥasan Kār Kiyā Sulṭān Ḥasan b. Kār Kiyā Ḫān Aḥmad Ḫān Aḥmad b. Sulṭān Ḥasan b. Ḫān Aḥmad Amīr Ḥusām al-Dīn, Wālī von Rašt Ḥukkām von Māzandarān: Amīr ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh als Teilherrscher, mit Āqā Muḥammad Rūz-afzūn Māzandarān Amīr ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh als Alleinherrscher Mīr Šāhī und seine Ermordung durch Āqā Muḥammad Rūz-afzūn Āqā Muḥammad Rūz-afzūn als Alleinherrscher Amīr ‘Abd Allāh b. Amīr Sulṭān Maḥmūd b. Amīr ‘Abd al-Karīm Amīr Sulṭān Murād b. Amīr Šāhī Ḥukkām von Rustamdār (Nūr und Kuǧūr): Sayyids von Hizār-ǧarīb Zweite Linie der Sayyids von Hizār-ǧarīb In seiner Regionalgeschichte von Ṭabaristān und anderen (Küsten-)Provinzen schloss Ḫuršāh b. Qubād al-Ḥusainī eine geographisch und historisch wichtige Provinz an der südwestlichen Küste ein, nämlich Šīrwān: Dieses gehörte aus einheimischer Sicht nicht zu den südkaspischen Küstenprovinzen (dār al-marz). Interessanterweise verwendete er für die südkaspischen Küstenprovinzen den alten Namen Ṭabaristān, der sonst so gut wie nie von den zeitgenössischen einhei73 mischen Autoren benutzt wurde. Zu den regionalen Fürsten der südkaspischen Küstenprovinzen zählte er außer den Kiyāyān in Ost-Gīān, den Isḥaqīyān in West-Gīān und den Mar‘ašīyān in Māzandarān auch die Maliks von Rustamdār, die Sayyids von Hizār-ǧarīb und die Rūz-afzūnīya von Sawādkūh, die in den meist aus Sicht der zwei Sayyid-Familien geschriebenen regionalen Chroniken vom 15. bis zum 17. Jahrhundert nur Nebenrollen spielten. Die Struktur und die Darstellungen des Tārīḫ-i īlčī-i Niẓām73

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Šaiḫ ‘Alī Gīlānī verwendet im Tārīḫ-i Māzandarān oft den Ortsname Ṭabaristān, jedoch nur für die ältere Geschichte bis zu Qawām al-Dīn Mar‘ašīs Aufstieg. In einigen safawidischen Hochchroniken, zum Beispiel im Tārīḫ-i ǧahān-ārā oder im Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī, wird Ṭabaristān als Synonym für Māzandarān verwendet (vgl. TAA, 518).

Šāhī machen deutlich, wer unter den regionalen Fürsten zu Schah Ṭahmāsbs Regierungszeit als mächtig betrachtet wurde. So liefert uns das Werk einige wertvolle Informationen, die die Regionalgeschichten nicht beachteten. Nur durch das Tārīḫ-i īlčī-i Niẓām-Šāhī erfahren wir, dass Sayyid ‘Imād, der Vorfahr der Sayyids von Hizār-ǧarīb, die mit Unterstützung der Mar‘ašīyān gegen 781/1379-80 in Hizār-ǧarīb an die Macht kamen (vgl. TTRM, 217), der Stammvater zweier Linien war. Über den Vater des letzten Ost-Gīlāner Herrschers Ḫān Aḥmad Ḫān, Sulṭān Ḥasan b. Kār Kiyā Ḫān Aḥmad, gibt das aus der Sicht eines West-Gīlāners erst 1039/1629 geschriebene Tāriḫ-i Gīlān keine Auskünfte. In den Darstellungen der Vergangenheit sind viele Fehler und Ungenau74 igkeiten zu finden, die zeitgenössischen Darstellungen jedoch sind vertrauenswürdig und schließen einige Lücken in den Regionalgeschichten.

2-3-10 Tārīḫ-i ǧahān-ārā (Nusaḫ-i ǧahān-ārā) Eine bemerkenswerte Darstellung der regionalen Dynastien aus der Sicht der schi‘itischen Zentralmacht bietet eine safawidische Chronik, das Tārīḫ-i ǧahānārā (Nusaḫ-i ǧahān-ārā) von Qāżī Aḥmad Ġaffarī Qazwīnī (gest. 975/1567-8). Das Tārīḫ ǧahān-ārā ist eine Universalgeschichte in drei Kapiteln (nusaḫ), die im dritten und letzten Kapitel die safawidische Geschichte bis 972/1564-5 einschließt. Der Autor Qāżī Aḥmad Ġaffarī Qazwīnī war Intellektueller, Sekretär (munšī), Dichter, Kalligraph und Historiker (Muntaḫab, III, 185), der Schah Ṭahmāsbs Bruder Sām Mīrzā diente. Er starb auf dem Rückweg von einer Pilgerreise nach Mekka 975/1567-8. Das genaue Abfassungsdatum des Werks ist nicht bekannt, es sollte aber zwischen 972/1564-5 und 975/1567-8 vollendet gewesen sein. In den ersten zwei Kapiteln des Tārīḫ-i ǧahān-ārā, in denen es um die Universalgeschichte geht, sind die Ausführungen sehr kurz und schlicht, so dass sie wie ein Namensverzeichnis oder ein Lexikon wirken. Im ersten Kapitel, in dem die Biographien der Propheten dargestellt werden, sind im Anschluss die Biographien der zwölf Imame zu finden. In Bezug auf die ‘Abbasiden wurde an den zweiten Abschnitt des zweiten Teils im zweiten Kapitel (2-2-2) die Geschichte der Sayyids und der von ihnen gegründeten Dynastien (2-2-3) angeschlossen. Es ist deutlich, dass das Werk die Zwölfer-Schi‘a als Staatsreligion des safawidischen Reichs stark hervorhebt. Im zweiten Kapitel über die Geschichte vor und nach dem Islam behandelt das Tārīḫ-i ǧahān-ārā neben anderen regionalen Dynastien auch die Geschichte 74

Zum Beispiel wurde Qawām al-Dīn Mar‘ašīs Sohn und Nachfolger Kamāl al-Dīn für seinen Enkelsohn gehalten (TI, 225). Die Kiyāyān wurden als direkte Nachkommen von Abū alFaẓl b. Muḥammad b. al-Ḥusain al-Muḥaddiṯ b. al-Ḥusain b. ‘Alī b. Umar al-Ašraf b. Imām ‘Alī betrachtet, der nach Nāṣir al-Ḥaqq 25 Jahre lang regiert haben soll (TI, 212-213). Da die anfänglichen Teile des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān fehlen, ist nicht festzustellen, woher diese Angaben stammen. In jedem Fall benutzte Ḫuršāh für die frühere Geschichte der Herrscher von Ṭabaristān Ḫwāndamīrs Tārīḫ-i ḥabīb al-siyar, dessen Autor Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zitiert haben soll (TI, 225).

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der Herrscher von Ṭabaristān. Dabei widmete Qāżī Aḥmad Ġaffarī den regionalen Fürsten von Ṭabaristān einen Abschnitt (14. Abschnitt (ṣaḥfa) des zweiten Teils), jedoch ordnete er schi‘itische Dynastien wie die Ziyārīden, abgesehen von den Mar‘ašīyān und den Kiyāyān, nicht in diesen Abschnitt, sondern gesondert unter die Sayyids (2-2-3) ein. Der Zeitraum, in dem das Tārīḫ-i ǧahān-ārā geschrieben wurde, entspricht dem der späteren Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs. Zu dieser Zeit setzte Schah Ṭahmāsb seine Pro-Tāǧīk Politik durch und schloss Ehen mit Frauen aus den Sippen der regionalen Fürsten und der Geistlichen, unter denen auch die Mar‘ašīyān und die Kiyāyān waren (vgl. Szuppe (1994-5); Goto (2008)). Die Einordnung der Geschichte der zwei Sayyid-Dynastien in die Universalgeschichte reflektiert wahrscheinlich ihre Sonderstellung in der früh-safawidischen Zeit.

Inhaltsverzeichnis des Tārīḫ-i ǧahān-ārā 1. Die Propheten, die zwölf Imame 2. Herrscher der Welt: Vor (2-1) und nach dem Islam (2-2) 2-1-1. Herrscher von ‘Aǧam 2-1-2. Herrscher von Nicht-‘Aǧam 2-2-1. Die Kalifen 2-2-2. Die ‘Abbasiden 2-2-3. Die Sayyids Andalusien (Idrīs) Jemen Mekka Die Ismā‘īlīya in Äypten Die Sultane von Gīlān und Māzandarān (mit ihren Vorgängern) Die Ziyārīden, die Buyiden, die Kākūya, 75 Die Rūz-afzūnīya, die Muša‘ša‘ 2-2-4. Die Saffariden 2-2-5. Die Samaniden 2-2-6. Die Seldschuken 2-2-7. Die Ayyubiden 2-2-8. Die Ghaznawiden 2-2-9. Die Herrscher (mulūk) des Maghreb 2-2-10. Die Amire der Araber 2-2-11. Rūm 2-2-12. Die Herrscher (ḥukkām) von Turkistān 2-2-13. Die Herrscher (ḥukkām) von Kurdistān 75

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Die Rūz-afzūnīya waren keine Sayyids. Im Zusammenhang mit der zeitgenössischen Geschichte der Mar‘ašīyān in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde hier ein Nachtrag (far‘) hinzugefügt.

2-2-14. Die Herrscher von Ṭabaristān und Rustamdār Die Bāwandiyān in drei Stammlinien (firqa) Die Mulūk-i Rustamdār und die Gāwbārā Die Dābūyiden, die Bādūspaniyān 2-2-15. Die Sultane der anderen Provinzen: Lār, Hormuz, Šīrwān, Qarāmān 2-2-16. Die Sultane der Mongolen 2-2-17. Die Timuriden (die Gūrkānīya) 2-2-18. Die Osmanen 2-2-19. Die Qarā Qūyunlū 3. Die Safawiden

2-4

Zusammenfassung

Im persischsprachigen Raum hat es seit dem 3./9. Jahrhundert eine Tradition der regionalen Geschichtsschreibung gegeben, die im Laufe der mongolischen Herrschaft ihre Vielfalt entwickelte. Der Wert dieser regionalen Geschichtswerke besteht darin, dass sie uns Auskunft geben über Ereignisse, die in den an zentralen Höfen geschriebenen Dynastiegeschichten bzw. Chroniken nicht zu finden sind. Das betrifft besonders die von den anderen Teilen Irans abgesonderten südkaspischen Küstenprovinzen, deren geographische Isolierung ihnen die politische Unabhängigkeit von Zentralmächten verschaffte. Dank ihrer geographischen Eigenschaften spielten sie oft eine wichtige Rolle in der islamischen Geschichte. So kamen aus diesem Gebiet die Buyiden, die Bagdad besetzten und die Herrschaft über das ‘abbasidische Territorium erlangten. Die berüchtigten Niẓār-Ismā‘īliten, die versteckt in den Burgen von Dailamistān saßen, versetzten die Gesellschaft in Unruhe und waren in gewissen Sinne für das Eindringen der Mongolen in das islamische Westasien verantwortlich. Die isolierten Küstenprovinzen nahmen oft von den Zentralmächten verjagte Flüchtlinge auf. Eines der repräsentativsten und wichtigsten Beispiele dafür war der Gründer der safawidischen Dynastie Ismā‘īl, der bis vor seinem Aufstand gegen die Aq Quyunlu bei Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā in Ost-Gīlān Zuflucht suchte und dort fünf Jahre lang im Exil lebte. Die südkaspischen Küstenprovinzen waren nicht nur aus politischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht stets von großer Bedeutung. Das Tiefland an der Küste war ein vielfältig genutztes Agrarland. Dieser wirtschaftliche Reichtum wurde die Grundlage der politischen Unabhängigkeit der regionalen Fürsten von den Zentralmächten. Ihr wichtigstes Produkt, Seide, wurde von den Zentralmächten sehr geschätzt und begehrt. Aber all diese Besonderheiten führten die Provinzen zu ihrer letztlich verhängnisvollen Annexion an das safawidische Reich gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Über die südkaspischen Küstenprovinzen ist eine Reihe regionaler Geschichtswerke vorhanden. Sie können die Berichte der am safawidischen Hof geschriebenen Chroniken gut ergänzen, um die politische, wirtschaftliche und ge59

sellschaftliche Lage der Provinzen zu erläutern und ihre Geschichte – besonders ihre Beziehung zu den Zentralmächten und ihren Integrationsprozess – im Rahmen der safawidischen Geschichte besser zu verstehen. Die Autoren dieser regionalen Geschichtswerke waren alle dort geborene und aufgewachsene Einheimische, denen ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, eine tiefe Heimatliebe und ein großes Interesse an der Geschichte der Provinzen gemeinsam waren. Sie standen den regionalen Herrschern sehr nahe – Ẓahīr alDīn Mar‘ašī und Mīr Taimūr Mar‘ašī stammten sogar selbst aus einer Herrscherfamilie. Die Autoren waren gut ausgebildet, aber sie waren definitiv keine Gelehrten. Obwohl sie meistens von den Herrschern unterstützt wurden, vermieden sie, panegyrische Techniken zu verwenden, sie schrieben aus Tradition im Vergleich zu den am Hofe verfassten persischen Chroniken eher im schlichten und sachlichen Stil und beschäftigten sich mit der Fortsetzung der Chroniken ihrer Vorgänger. Die späteren Werke erzählen vom Wendepunkt für die südkaspischen Küstenprovinzen, von ihrer Annektierung am Anfang des 11./Ende des 16. Jahrhunderts. Damit hörte die Tradition der regionalen Geschichtsschreibung in diesem Gebiet zunächst einmal auf, obwohl sie zu späterer Zeit wieder aufgegriffen wur76 de.

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Beispiele sind: Al-Tadwīn fī aḥwāl ǧibāl Šarwīn (Tārīḫ-i Ṭabaristān), das 1311/1894 von Ṣanī‘ al-Daula (mit Fortzetzung von I‘timād as-Salṭana) geschrieben wurde, und Naqš-i Gīlān zur Zeit der Verfassungsrevolution. Melville sieht in der Niederschrift vom Al-Tadwīn fī aḥwāl ǧibāl Šarwīn eine Absicht der Qaǧaren zur Aufrechterhaltung der Herrschaft über das Gebiet (Melville (2000), 47-48).

3

Abriss der Provinzgeschichte bis zum 15. Jahrhundert

3-1

Übersicht über die alten Regionaldynastien

Das älteste Regionalgeschichtswerk, das Tārīḫ-i Ṭabaristān, und Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān weisen viele Unstimmigkeiten die frühere Geschichte der Küstenprovinzen und die Genealogien der Herrscherhäuser betreffend auf, worauf Melville schon hingewiesen hat. Jedoch haben sie eines gemeinsam: Im Mittelpunkt der Geschichtsschreibung stehen die Herrscherhäuser, die ihre sasanidische Abstammung und damit ihre Legitimität behaupteten und miteinander rivalisierten. So beginnt die Geschichtsschreibung mit legendären Anekdoten, die um die Zeit spielen, als die Araber in die Küstenprovinzen eindrangen. Die südkaspischen Provinzen erlebten in der Realität niemals eine politische Einheit unter einem mächtigen Herrscherhaus. Sie wurden bis zu ihrer Integration ins safawidische Reich stets von kleinen Fürsten regiert, auch von unbekannten mächtigeren regionalen Dynastien, wie den Bāwandiyān oder den Mar‘ašīyān, denen die im vorigen Kapitel genannten Werke gewidmet wurden. Nur den Kiyāyān gelang es, Ost-Gīlān und Dailamistān unter ihre Kontrolle zu bringen und ein festes militärisches System zu errichten – allerdings keine Integration der ganzen Küstenprovinzen, obwohl sie danach strebten. Hier wird eine Übersicht der Regionalgeschichte gegeben, hauptsächlich anhand der schon genannten Geschichtswerke, aber mit Ergänzungen durch Universalgeschichten und Chroniken. Die Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion der Frühgeschichte der Regionaldynastien, besonders der der Bāwandiyān, bestehen in den schon von Madelung und Melville erwähnten zahlreichen Unstimmigkeiten über Herrschernamen und Regierungszeiten den schriftlichen Quellen und den numismatischen Quellen. In den Quellen taucht die Dynastie der Dābūyiden (Ispahbadān), die bis 144/ 761 in Ṭabaristān regierte und deren Name von ihrem Gründer Dābūya stammt, als älteste regionale Dynastie auf. Ibn Isfandiyār zufolge ist Dābūyas Vorfahr Ǧāmāsb der Bruder des sasanidischen Königs Qawād. Ǧāmāsb hatte einen Enkel namens Fīrūz, der nach der Eroberung von Gīlān heimlich eine einheimische Prinzessin heiratete und einen Sohn Gīlānšā bekam. Gīlānšās Sohn Gīl, auch unter dem Namen Gāwbārā bekannt, bekam von dem sasanidischen König Yazdegird III. (reg. 632–651) den Titel Gīl Gīlān Faršwādgaršā. Er dehnte sein Herrschaftsgebiet über Dailamistān bis nach Ṭabaristān aus. Gīl Gīlān Gawbārā hatte zwei Söhne, Dābūya und Bādūspān. Dābūya erbte den Thron von Gīlān und Bādūspān ging nach Rūyān, um dort die Regierung anzutreten. Bādūspān wurde der Stammvater der Rustamdārer Maliks (TT, 153-154). 61

Die Genealogie der alten Herrschaftshäuser Qawād Ǧāmāsb

Qāwūs Narsī

♂ Bāw Suhrāb (→ Bāwandiyān in Māzandarān) Fīrūz Gīlānšā Gīl Gīlān (Gāwbārā) Dābūya (→ Dābūyiden in Gīlān, später Ṭabaristān) Bādūspān ( → Bādūspānyān in Rūyān)

Dābūya hatte einen Sohn namens Farruḫān. Während Dābūya in Gīlān blieb, zog Farruḫān nach Ṭabaristān und bereitete sich für die Verteidigung des Gebietes gegen Überfälle von außen vor. Er soll der Gründer der Stadt Sārī gewesen sein (TT, 59). Farruḫān bekam von Yazdegird III. den ranghohen Titel Ispahbad von Ḫurāsān, mit dem die Dābūyiden auch in den regionalen Quellen erwähnt wurden. Nach dem Untergang der Sasaniden blieben die Dābūyiden noch eine Weile an der Macht. Ihrer Herrschaft unterstanden vor allem zwei Herrscherhäuser, die Qārinīyān (Qārinwandān) und die Bāwandiyān, jedoch war die Macht der Dābūyiden beschränkt. Die Qārinīyān (bis ca. 224/838-9) hatten ihren Hauptsitz in Lafūr und herrschten im westlichen und zentralen Gebirge. Nach dem Untergang der Dābūyiden behaupteten sie sich als ihre Nachfolger und beanspruchten für sich den Titel Ispahbad. Die bis 750/1349 in Māzandarān regierenden Bāwandiyān führten ihre Herkunft auf Bāw zurück, einen Enkel des Sassaniden-Prinzen Qāwūs, dessen Vater 77 König Qawād war. Der Familienname Bāwandiyān rührte vom Namen dieses Stammvaters her. Bāw kam etwa zur der Zeit nach Ṭabaristān, als die Araber in den Iran eindrangen. Er wurde von den Einwohnern zu ihrem Führer gewählt, verteidigte das Gebiet gegen die Araber und regierte 15 Jahre lang. Nach seiner Ermordung erbten sein Sohn Suhrāb und weitere Nachkommen die Herrschaft. Auch sie führten den Titel Ispahbad und sie konkurrierten mit den Qārinīyān, bis sie ihre Herrschaft über Māzandarān etabliert hatten. In der frühislamischen Zeit hatten sie einen ihrem Herrschaftsgebiet entsprechenden anderen Titel, Malik al-Ǧibāl (König der Gebirge). Wie schon erwähnt, hatte Gīl Gīlān Gāwbārā, der Herrscher von Gīlān, einen zweiten Sohn, Bādūspān, der nach Rūyān ging. Die Maliks von Rūyān/Rustamdār, die den Titel Ustandār hatten, führten ihre Herkunft und Legitimität auf Bādūspān zurück und nannten sich Bādūspāniyān. In arabischen zeitgenössischen Quellen des 4./10. Jahrhunderts hießen die Herrscher von Rūyān die Ustandārān, woher der Ortsname Rustamdār stammte. Sie waren aber nicht verwandt mit den Bādūspān, und im 5./11. Jahrhundert kam das Gebiet unter die Kontrolle der Zaiditen. Überdies sind die Ustandārān des 4./10. Jahrhunderts nicht in die Genealogie der Ustandārān des 6./12. Jahrhunderts aufgenommen. 77

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Markwart hat darauf hingewiesen, dass die Bāwandiyān eher von einem zoroastrischen Mönch in Ray um die Wende des 6. Jahrhunderts abstammten (Madelung (1985), 747).

Aus diesen Gründen wies Madelung darauf hin, dass der Name Bādūspaniyān nur auf die im späteren 5./11. Jahrhundert zur Macht gekommenen regionalen Dynastie der Maliks von Rustamdār beschränkt zu verwenden ist, obwohl die früheren Ustandār im Tārīḫ-i Rūyān und im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān auch die Bādūspān genannt worden waren. Zu Ibn Isfandiyārs Zeit waren die Maliks von Rustamdār die Vasallen der Bāwandiyān (Madelung (1989/2), 385386). Die Echtheit der sasanidischen Abstammung der Bāwandiyān bzw. der Maliks 78 von Rustamdār (der Bādūspaniyān) lässt sich nicht beweisen. Festzustellen ist, dass bei ihrem Aufstieg oder im Laufe ihrer Regierung bis zur Niederschrift des Tārīḫ-i Ṭabaristān im 7./13. Jahrhundert und des Tārīḫ-i Rūyān im 8./14. Jahrhundert die Tendenz zunahm, ihre Herrschaft mit der sasanidischen Abstammung zu legitimieren. Ob diese Behauptung nach außen abzielte oder in Richtung auf innere Rivalen, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen: jedenfalls bemühten sie sich stets um ihre Unabhängigkeit von äußeren Mächten. Im ersten regionalen Geschichtswerk, dem Tārīḫ-i Ṭabaristān – und auch in dem darauf aufbauenden Tārīḫ-i Rūyān und im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān – standen die Bāwandiyān bzw. die Bādūspaniyān als regionale Fürsten stets im Mittelpunkt, obwohl Ibn Isfandiyār versuchte, die Regionalgeschichte aus größerer Weltkenntnis mit der Außenwelt zu verknüpfen (Melville (2000), 51). So kam es dazu, dass in den Werken die Zaiditen, die Buyiden und die Ziyāriden trotz ihrer einheimischen Abstammung als Rivalen der Bāwandiyān und der Bādūspaniyān betrachtet und eher neutral und ohne bemerkenswerte Sorgfältigkeit behandelt wurden.

3-2

Frühislamische Zeit

3-2-1 Die Dābūyiden Der Dābūyiden-Herrscher Farruḫān regierte etwa 17 Jahre lang bis kurz nach dem Beginn der islamischen Zeitrechnung (bis ca. 110/728). Nach Ṭabarī bekam er einen Brief von Suwaid b. ‘Amr Muqarrim, in dem seine Herrschaft gesichert wurde. Der Araber hatte keine Absicht, das Gebiet zu erobern, sondern forderte von ihm nur Tributzahlungen (Ṭabarī, I, 2659-2660). Versuche der Araber, das Herrschaftsgebiet der Dābūyiden zu erobern, waren während Farruḫāns Regierungszeit entweder missglückt oder nur von kurzer Dauer. Farruḫāns Nachfolger war sein ältester Sohn Dāḏmihr, der nach Ibn Isfandiyārs Beschreibung zwölf Jahre lang regierte. Da sein Sohn Ḫuršīd bei seinem Tod ein kleines Kind war, folgte ihm zuerst sein Bruder Farruḫān-i Kūčik bis zu Ḫuršīds Machtübernahme. Als Abū Muslim nach Iran geschickt wurde, leisteten die Dābūyiden ihm Gehorsam. Als Abū Muslim sich gegen die ‘Abbasiden erhob, 78

Madelung hält die Genealogie der früheren Ustandārs, der Auliyā Allāh Āmulī in seinem Tārīḫ-i Rūyān folgte, für vollig fiktiv (Madelung (1989/2), 385).

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stand Ḫuršīd auf Abū Muslims Seite (TT, 165-170). Der zweite ‘abbasidische Kalif al-Manṣūr (reg. 754–775) eroberte später das Gebiet. Schließlich wurde Ḫuršīd gezwungen, in eine Festung in Dailamistān zu fliehen und beging dort Selbstmord (144/761) (TT, 174-177). Die Dābūyiden sind anscheinend bis zu ihrem Untergang nicht islamisiert worden.

Genealogie der Dābūyiden (bis 144/761) Gīl Gīlān (Gāwbārā)

Dābūya

Farruḫān

 Dāḏmihr Ḫuršīd Farruḫān-i Kūčik

Ihr Kontakt mit den Arabern zeigt uns die seither oft wiederholte Musterbeziehung zwischen regionalen Fürsten und Zentralmächten. Die jenseits des Gebirges regierenden Dynastien wie die Seldschuken und die Mongolen versuchten sich in die inneren Angelegenheiten der Küstenprovinzen einzumischen, um von den regionalen Herrschern möglichst hohe Tribute einzustreichen. Jedoch unternahmen sie nur bei besonderen Gelegenheiten ernsthaft die Eroberung dieser Provinzen, da die geographischen Bedingungen ihren Angriffen Hindernisse in den Weg legten. Entweder scheiterten sie an der einheimischen Opposition, oder sie setzten sich mit großen Verlusten durch und brachten die Provinzen unter Kontrolle, was aber nicht von Dauer war. Zwar wurden die Dābūyiden von den ‘Abbasiden vernichtet, aber über die Provinzen herrschten an ihrer Stelle andere kleine regionale Fürsten, mit denen die Zentralmächte zurechtkommen mussten. Von dem westlichen Herrschaftsgebiet der Dābūyiden, nämlich Gīlān, haben wir zu spärliche Auskünfte, um die regionale Geschichte von der frühislamischen Zeit bis zum 14. Jahrhundert komplett rekonstruieren zu können. So ist nur das kurze erste Kapitel des Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, das zudem verloren ging, der früheren Geschichte gewidmet. Die am Hof der Zentralmächte geschriebenen Chroniken und Weltgeschichten erzählen gelegentlich von Dailamistān, jedoch fast nichts von Gīlān. Dem Historiker des 10. Jahrhunderts Abū Isḥāq al-Ṣābī (gest. 994/1585-6) zufolge bestanden die Bewohner von Daylam aus drei Stämmen und die Bewohner von Gīl aus vier Stämmen (Šāhanšā-āwand oder Bāwandiyān, Fārāwand, Kīlān-adāwand und Hašāwand) (Abū Isḥāq al-Ṣābī, 13-14; Madelung (1967), 24-25). Wie später erwähnt, führte der achte Ilchanide Ūlǧā’ītū (reg. 1304–1316) Anfang des 14. Jahrhunderts einen großen Feldzug nach Gīlān. Damals war die Herrschaft über die Provinz unter vielen kleinen regionalen Fürsten aufgeteilt. Und obwohl es keine sicheren Belege dafür gibt, ist wohl zu vermuten, dass das so oder ähnlich etwa 600 Jahre lang blieb.

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3-2-2 Die Qārinīyān und der Aufstieg der Bāwandiyān: Zwei Ispahbad-Familien Um die Zeit des Untergangs der Dābūyiden wurden in ihrem östlichen Herrschaftsgebiet zwei regionale Herrscherfamilien in den Quellen erwähnt: die Qārinīyān und die Bāwandiyān, die beide den Titel der Dābūyiden – Ispahbad – für sich reklamierten. Daher ist anzunehmen, dass im früheren Herrschaftsgebiet der Dābūyiden die Familie als legitime Herrscher anerkannt war und die kleinen regionalen Fürsten, um unter den Rivalen hervorzuragen und sich als die Nachfolger der Dābūyiden zu behaupten, sich den Titel Ispahbad zu Nutze machten. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī erzählt im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māyandarān, dass der Qārinīyān-Herrscher Qārin, Herrscher (ḥākim) von Ṭabaristān und Kūhistān Ispahbad-i Māzandarān genannt wurde (TTRM, 59-60). Die Dynastie der Bāwandiyān wird generell in drei Epochen geteilt. Die Bāwandiyān der ersten Epoche, um die es hier geht und mit denen die Qārinīyān rivalisierten, herrschten über das gebirgige Hinterland von Ṭabaristān, Kūhistān und wurden aus diesem Gründ Malik al-Ǧibāl genannt (TTRM, 93, 162). In der früh-‘abbasidischen Zeit schickten die Kalifen Stellvertreter (nā’ib) in das Gebiet. Die Qārinīyān und die Bāwandiyān widerstanden gemeinsam der ‘abbasidischen Oberherrschaft. Ein großer Gegenangriff auf die Muslime wurde ausgeführt, nachdem der damalige Nā’ib, Ḫālid b. Barmak, Ṭabaristān verlassen hatte (ca. 151/768-155/772). Über Jahre schickten die Kalifen die Armee nach Ṭabaristān, hatten aber keinen Erfolg bei der Unterdrückung des Widerstandes (169/785). Danach schienen die diplomatischen Beziehungen zwischen den ‘Abbasiden und den regionalen Fürsten normal gewesen zu sein. Als der fünfte Kalif Hārūn al-Rašīd (reg. 786–809) nach Ray kam, leisteten die Qārinīyān und die Bāwandiyān ihm Gehorsam und sicherten ihm Tributzahlungen zu. Als zwischen den zwei rivalisierenden Fürstenfamilien ein Machtkampf ausbrach, kamen die ‘Abbasiden ins Spiel. Als der Qāriniden-Herrscher Māziyār b. Qārin von dem Bāwanditen-Herrscher Šahriyār b. Qārin vertrieben wurde, flüchtete er zum ‘abbasidischen Hof, um dort Unterstützung zu suchen. Der siebte Kalif al-Māmūn (reg. 813–833) ernannte ihn zum Herrscher (ḥākim) von Kūhistān, und einmal gelang es Māziyār, den Bāwanditen Šāpūr b. Šahriyār zu schlagen und sein Herrschaftsgebiet zu übernehmen (210/825-6). Kurz davor hatten die Tāhiriden (820–873) sich in Ḫurāsān von den ‘Abbasiden unabhängig gemacht. Als zwischen Māziyār und ‘Abd Allāh b. Ṭāhir eine Schlacht stattfand, leistete Šāpūrs Bruder Qārin b. Šahriyār ‘Abd Allāh Beistand, und nach Māziyārs Niederlage wurde er ins Herrschaftsgebiet seiner Vorfahren zurückversetzt. Nach Mā79 ziyārs Hinrichtung (224/839) fielen die Qārinīyān langsam auseinander. 79

Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī meint, dass nach Qārins Tod seine Nachkommen den Bāwandīyān unterlagen (TTRM, 60). Das war nicht ganz exakt, aber nach Māziyārs Tod tauchen die Qārinīyān-Ispahbad nur noch gelegentlich in den Quellen auf.

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Geneaologie der Qārinīyān (bis ca. 224/838-9) Windāḏhurmurd

Qārin

Māziyār

Geneaologie der ersten Bāwandiyān Bāw

Suhrāb

Šarwīn

Qārin

Šahriyār

Šāpūr Qārin

Rustam

Erst nach dem Untergang der Qārinīyān traten die Bāwandiyān in den Vordergrund. Qārin b. Šahriyār konvertierte zum Islam, als er in seine Heimat zurückkehrte (227/842) (TT, 222-223; TTRM, 94). Allmählich wurden sie eine der mächtigsten regionalen Herrscherfamilien. Bis zur ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, das heißt bis zur Vernichtung der ‘Abbasiden durch die Mongolen, konkurrierten die Bāwandiyān nach außen mit den Zentralmächten und nach innen mit den rivalisierenden regionalen Herrscherfamilien ums Überleben und etablierten sich. Dank der geographischen Lage und ihres Verhandlungsgeschicks währte ihre Dynastie bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Für die Zentralmächte war es wichtig, unter den regionalen Fürsten einen folgsamen und ortskundigen Vertreter auszuwählen. Es dürfte für sie wirksamer und effizienter gewesen sein, diesen Vertreter Tribut zahlen zu lassen, als unter vielen Mühen das Gebiet zu erobern und danach direkt zu verwalten. Die isolierten Küstenprovinzen waren ihnen ganz und gar fremd. Dass die Tāhiriden den Bāwanditen Qārin nach mehr als zehn Jahren in seine Heimat zurückkehren ließen, ist auch dieser geographischen Bedingung zuzuschreiben. Qārins Rückkehr war ein früheres und typisches Beispiel, das eine traditionale politische Haltung der Zentralmächte den regionalen Mächten gegenüber anschaulich repräsentiert. Drei Epochen der Bāwandiyān nach dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān 1. Malik al-Ǧibāl (45/665-6–397/1006-7) entspricht der frühislamischen Zeit 2. Ispahbadān (466/1073-4–606/1209-10) entspricht der Regierungszeit der Seldschuken 3. Kīnḫwārīya (635/1237-8–750/1349) entspricht der Regierungszeit der Ilchaniden

3-2-3 Der Aufstieg der Zaiditen Als im 10. und 11. Jahrhundert die ‘abbasidische Zentralmacht langsam nachließ, stiegen neben den Bāwandiyān andere regionale Fürsten in den Küstenprovinzen auf, mit denen die Bāwandiyān sich auseinandersetzen mussten. Der Aufstieg der Zaiditen schaffte eine wichtige Voraussetzung für die spätere Geschichte von Gīlān. Die Einwohner von Ost-Gīlān bekehrten sich während ihrer Herrschaft zur zaiditischen Rechtsschule. Die Sekte wurde die Grundlage, die zur Machtergreifung der Kiyāyān führte. 66

Die zaiditische Rechtsschule (Fünfer-Schi‘a) ist eine schi‘itische Rechtsschule, die ihre Herkunft auf Zaid b. ‘Alī b. al-Ḥusain, der 122/740 in Kūfa einen Aufstand anführte, zurückführt. Die Geschichte der Zaiditen in den Küstenprovinzen begann am Ende des 8. Jahrhunderts, als der ‘Aliden-Revolutionär Yaḥyā b. ‘Abd Allāh und seine Anhänger die nicht-muslimischen Dailamistāner (Sing. Dailam/Pl. Dailamān oder Dayālima) in der Provinz missionierten (175/791-2). Einheimische Anhänger von al-Qāsim b. Ibrāhīm (gest. 246/860) verbreiteten den Glauben in Rūyān und in der Umgebung weiter. Als 250/864 die Einwohner von Rūyān und Dailam (Dailamistān) einen Aufstand machten, luden sie den Ḥasaniden al-Ḥasan b. Zaid aus Ray ein und leisteten ihm einen Treueeid (TTRM, 12980 134). Al-Ḥasan b. Zaid gründete die Zaidī-‘Alawīya-Dynastie in den Küstenprovinzen mit dem Sitz in Āmul. Ihm folgte sein Bruder Muḥammad, der bis 287/900 81 regierte. Während die al-Qāsimīya-Schule sich in den östlichen Küstenprovinzen (in Māzāndarān, Rūyān und angegrenztem Gebirge) etabilierte, wurde eine andere Schule, al-Nāṣirīya, in Ost-Gīlān und im angegrenzten Dailamistān aktiv. Der Ḥusainide al-Ḥasan b. ‘Alī al-Uṭrūš al-Nāṣir li-l-Ḥaqq, der 13 Jahre lang in Dailamistān gelebt hatte, missionierte und bekehrte die Einwohner zwischen Ost-Gīlān und Āmul zum zaiditischen Glauben. Er brach aus Dailamistān auf, nachdem die Qāsimīya-Zaiditen durch die Samaniden vertrieben worden waren, vertrieb die Samaniden und eroberte (um 302/914-5) Ṭabaristān mit dem Hauptsitz Āmul für die Zaiditen zurück (Tabari, III:4, 2292). Er regierte bis 304/917. Die Herrschaft der Nāṣirīya-Zaiditen währte nur während des 10. Jahrhunderts. Der Hauptsitz der nāṣirīya-zaiditischen Gemeinde war zuerst in Hūsum, später wurde er nach Lāhīǧān verlegt. Die Auseinandersetzungen zwischen den zwei Schulen dauerten an, bis Imām Abū ‘Abd Allāh b. al-Dā‘ī al-Mahdī li-Dīn Allāh (gest. 360/970) die zwei Schulen vereinte. Den regionalen Geschichtswerken zufolge kamen die Zaiditen wegen religiöser Verfolgung in die Küstenprovinzen. Sie flohen nach Kūhistān, Ṭabaristān und Dailamistān, und die Einwohner, die unter der Unterdrückung durch die den ‘Abbasidden geschickten Herrscher gelitten hatten, standen ihnen bei und wurden ihre Anhänger (vgl. TTRM, 126-128). Die Zaiditen, welche die südlichen Küstenprovinzen regierten, wurden jedoch nicht immer als Imame der ZaiditenGemeinde anerkannt. Sie werden in den regionalen Geschichtswerken als Dā‘ī bezeichnet. Nach dem allmählichen Verfall der zaiditischen Dynastie blieben in den südkaspischen Küstenprovinzen nur noch kleine zaiditische Gemeinden bestehen. Hier wieder trug die Geographie der südkaspischen Küstenprovinzen zu der Entwicklung der Regionalgeschichte bei. Die Zeit ihres Eintreffens in die Küstenprovinzen entsprach der Zeit, in der die ‘Abbasiden ihre Macht in dem ganzen 80 81

Einen Überblick über die Geschichte der Zaiditen in Gīlān gibt Madelung (2002), 478-479. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī erwähnt 270/883-4 als al-Ḥasans Todesjahr (TTRM, 138).

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Herrschaftsgebiet ausdehnten und dementsprechend soziale und religiöse Widerstandsbewegungen ausbrachen. Das Gebirge im Hinterland der Küstenprovinzen bot den Zaiditen ein geeignetes Versteck. Für die Einwohner dieses Gebietes, die noch nicht islamisiert waren, war es nur natürlich, für den Glauben der Zaiditen Sympathie zu hegen und lieber zur Fünfer-Schi‘a zu konvertieren als zur Sunna, dem Glauben der Tyrannen von außen. Die Haltung der Bāwandiyān der ersten Epoche zu ihren inneren Rivalen, den Zaiditen, war durchaus feindlich. Beim Aufstieg der Zaiditen schlossen sich die Bāwandiyān den in Ḫurāsān von den ‘Abbasiden unabhängig gewordenen Dynastien, z.B. den Tāhiriden, an und versuchten, die Zaiditen zu vertreiben. Ihre Manöver waren immer erfolglos. Als Qārin b. Šahriyār gemeinsam mit dem Tāhiriden Sulaimān b. Ṭāhir gegen al-Ḥasan b. Zaid zog, wurde er geschlagen und gezwungen, seine Söhne als Geiseln zu den Zaiditen zu schicken. Sein Nachfolger Rustam, der sich in Machtspielen zwischen dem Saffariden ‘Amr b. al-Laiṯ (bis 900), Amir Rāfi‘ b. Hurṯmah, dem Amir von Ḫurāsān, und dem Zaiditen Muḥammad verfangen hatte, wurde hingerichtet (282/895). Es ist den Samaniden (875– 999) zu verdanken, dass die Bāwandiyān an die Macht zurückkehren konnten. Während dieses Machtkampfes tauchten die früheren Ustandārān, die in den regionalen Quellen auch Bādūspāniyān genannt waren, als Vermittler zwischen den Bāwandiyān und den Zaiditen auf. Nach Madelungs Hypothese ist ihre genealogische Beziehung zu den späteren Bādūspāniyān sehr zweifelhaft. Aus Mangel an Quellen und aufgrund von Unstimmigkeiten sind die Genealogien der Bāwandiyān der ersten Epoche und die der Zaiditen nicht festzustellen.

3-2-4 Die Ǧustāniden und die Islamisierung von Dailamistān Die politische Lage in Gīlān und Dailamistān im 9. und 10. Jahrhundert bleibt zumeist im Dunkeln. Weil es keine Regionalchronik gibt, die Berichte für diesen Zeitraum anbieten, muss man Fragmente aus allgemeinen und regionalen Geschichtswerken zusammenfügen. Während der Regierungszeit der Dābūyiden hatten diese stets ihre Oberherrschaft über Dailamistān behauptet (Madelung (1996), 344). Aber die Lage der Provinzen war, wie schon erwähnt, seit ihrem Untergang in der letzten Hälfte des 8. Jahrhunderts verwirrend gewesen. Das Gebiet hatte seit der frühislamischen Zeit immer als Zufluchtsort für politische und religiöse Widerstandskämpfer gedient. Die Einwanderung und die Etablierung der Zaiditen im Gebiet trugen zur Islamisierung, präziser zur Schi‘itisierung des Gebiets bei. Vorher war Dailam (Dailamistān) ein häretisches Land, aus dem Sklaven ausgeführt worden waren (Iṣṭaḫrī, 205). In Beschreibungen der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts, sogar schon in der letzten Hälfte des 8. Jahrhunderts, tauchten in allgemeinen Geschichtswerken Berichte über ein herrschendes Geschlecht namens Āl-i Ǧustān auf, das Minorsky die Ǧustāniden nennt (Minorsky (1991), 191). Als der fünfte ‘abbasidische Kalif Hārūn ar-Rašīd nach 68

Ray kam, stattete ein gewisser Marzbān b. Ǧustān, Herrscher von Dailam, mit anderen Herrschern der Küstenprovinzen ihm einen Besuch ab (189/805). 246/860 errichteten die Ǧustāndān die Festung von Alamūt (Ǧuwaini, III, 271).

Die Genealogie der Ǧustāniden (mit dem Hauptsitz in Rūdbār nach Iṣṭaḫrī) Marzbān b. Ǧustān

Ǧustān ‘Alī Ḫusrau

Wahsūdān

Ǧustān II.

Mahdī

Marzbāns vermeintlicher Enkel Ǧustān b. Wahsūdān forderte al-Ḥasan b. Zaid 82 auf, seinen Stellvertreter zu schicken. Dieses Ereignis wurde wahrscheinlich der Anlass seiner Bekehrung zum Islam. Die regionalen Geschichtswerke berichten jedoch, dass die Islamisierung der Ǧustāniden nicht einfach war. Ǧustāns Vater Wahsūdān hatte mit al-Ḥasan b. Zaid einen Pakt geschlossen, den er aber später brach (Tabari, III:3, 1528). Ǧustān selbst vereinbarte einmal mit dem Amir von Ḫurāsān Rāfi‘ b. Hurṯmah, al-Ḥasan b. Zaid nicht zu unterstützen (TTRM, 139). Beim Aufstieg von Nāṣir al-Dīn Ḥasan (al-Ḥasan b. ‘Alī al-Uṭrūš al-Nāṣir li-lḤaqq) schloss Ǧustān aus Furcht mit ihm einen Pakt und bekehrte sich wieder zum Islam (TR, 77; TTRM, 145-146). Nach seiner Wiederbekehrung zum Islam arbeitete Ǧustān anscheinend dauerhaft mit den Zaiditen in ihren Kämpfen gegen die Tāhiriden, die Saffariden und später die Samaniden zusammen. Er regierte 40 Jahre lang. Kurz nach Nāṣir al-Dīn Ḥasans Tod (304/917) wurde Ǧustān durch eine Intrige seines Bruders ‘Alī b. Wahsūdan ermordet, und die Dynastie der Ǧustāniden verlor dadurch an Einfluss. Die Zaiditen, die ihren Hauptsitz nach Māzandarān verlegten, konnten auch nicht dauerhaft und stabil über die Provinzen herrschen. Dennoch beschleunigten ihre Aktivitäten und ihre Kooperation mit den Ǧustāniden die Islamisierung des Gebiets und ermöglichten den kampffähigen Amiren von Dailam den Aufstieg und die weitere Ausdehnung. Als die Zaiditen schwach wurden, machten die Mächtigen von Gīlān und Dailamistān sich sofort unabhängig. Unter ihnen waren die Dailamān, Mardāwīǧ b. Ziyār, Mākān b. Kākī, 83 Asfār b. Šīrūya und die Buyiden (vgl. TTRM, 68-72). Die ‘Aliden blieben weiter in Gīlān und Dailamistān und wurden von den Einwohnern – obwohl nicht immer als zaiditische Imame – als Führer ihrer Gemeinde anerkannt. In der seldschukischen Zeit – sie entspricht der zweiten Epoche der Bāwandiyān – unterlagen sie den Bāwandiyān.

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Minorsky vermutet Ǧustān als Marzbāns Urenkel und nennt die Linie der Herrscher die Ǧustāniden (Ǧustānids) (Minorsky (1991), 191). Asfār b. Šīrūya war zuerst in Dienst bei den Samaniden und wurde Herrscher über Ray, Qazwīn, Zanǧān, Abhar, Qum und Karaǧ. Später wurde er von seinem Ex-Vertrauten Mardāwīǧ gefangen genommen und getötet (319/931) (Madelung (1996), 345).

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3-2-5 Die Ziyāriden und der Aufstieg der Buyiden: Das Ende der ersten Bāwanditen-Epoche Die Ziyāriden (928–ca.1090), die in den regionalen Geschichtswerken nach ihrem zweiten Herrscher Wašmgīr b. Ziyār – dem Gründer der regionalen Dynastie in Ṭabaristān (Māzandarān) – Āl-i Wašmgīr (Dynastie von Wašmgīr) genannt wurden, erfuhren im Vergleich zu den Zaiditen trotz ihrer Ausdehnung nach außen und ihrer Beiträge zur persischen Literatur wenig Erwähnung und Aufmerksam84 keit in den regionalen Geschichtswerken. Im Tārīḫ-i Rūyān tauchen sie nicht einmal im Titel auf und sind auch nicht Gegenstand einer ausführlichen Beschreibung. Das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān widmet ihrer Dynastiegeschichte nur zwei Teile (ẕikr), aber an einer völlig unpassenden Stelle, nämlich nach einem Teil, in dem die Geschichte des letzten Qārinyān Māziyār dargestellt ist, weil die dazwischen passende Geschichte der Bādūspāniyān (Maliks von Rustamdār) vorher und die der Bāwandiyān nachher in der Reihenfolge 85 der Herrscherhäuser erzählt werden. Für die mangelnde Würdigung der Ziyāriden können zwei Gründe angeführt werden. Der erste Grund war, dass die Geschichtswerke aus der Perspektive der mit ihnen rivalisierenden Herrschergeschlechten, nämlich der Bādūspāniyān und der Bāwandiyān geschrieben wurden. Der zweite Grund war ihr sunnitischer Glaube. Für Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, der die Zeit zwischen dem Untergang der Zaiditen und dem Aufstieg seiner Vorfahren als eine politische Lücke betrachtet, waren die Ziyāriden ein Fremdkörper. Jedoch hielt Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī die Ziyāriden noch für eine regionale Dynastie und erwähnte ihre Regierungszeit (TTRM, 160-161). Als der Gründer der Ziyāriden, Mardāwīǧ b. Ziyār (gest. 323/935), in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts an die Macht kam, waren die ‘Abbasiden geschwächt. Es waren viele einheimische Militärführer, unter anderem die Dailamān in den südlichen Küstenprovinzen, die an allen Orten aktiv geworden waren und in die Dienste der Samaniden bzw. der Zaiditen traten. Mardāwīǧ, der angeblich aus einem adligen Geschlecht von Gīlān stammte, war ein solcher Militärführer. Er kam als Kommandant der Dailamī-Truppe rasch an die Macht und dehnte sein Herrschaftsgebiet im Osten bis zum späteren Hauptsitz der Ziyāriden, Gurgān, und im Süden bis nach Ahwāz aus. Nach seiner Ermordung folgte sein Bruder Wašmgīr (gest. 357/967), der wegen des Aufstieges der Buyiden sich nur die östlichen Küstenprovinzen sichern konnte. Jedoch waren die Ziyāriden 84

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Das zweite Kapitel (qism) vom Tārīḫ-i Ṭabaristān, in dem von der Geschichte der Ziyāriden und der Buyiden die Rede ist, ist von Melville nicht als Ibn Isfandiyārs Original sondern als eine spätere Ergänzung nachgewiesen worden (Melville (2000), 56-58, 75-77). In dem Teil, in dem die Regierungszeit jeder Dynastie präsentiert ist, werden die Ziyāriden direkt nach den Qarniyān gesetzt. Die Regierungszeit und die Geneaologie der Zaiditen fallen aus, wahrscheinlich aus Mangel an Informationen. Melville vermutet, es gebe außer Ibn Isfandiyār andere Schilderungen als Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Hauptquelle (Melville (2000), Table 3).

zu dieser Zeit die mächtigste Kraft vor Ort, und während der Regierungszeit von Qābūs b. Wašmgīr ging die erste Periode der Bāwandiyān mit der Ermordung 86 von Šahriyār b. Dārā durch Qābūs zu Ende (397/1006-7) (TTRM, 95, 161).

Die Genealogie der Ziyāriden Wardānšāh

Ziyār

1. Mardāwīǧ 2. Wašmgīr

4. Qābūs

5. Manūčihr

3. Bīstūm

Iskandar Dārā

6. Anūširwān 7. Kai Kāwūs 8. Gīlānšāh

                         Im 10. Jahrhundert, als das Reich der ‘Abbasiden unter verschiedene regionale Dynastien aufgeteilt war, waren die südkaspischen Küstenprovinzen enger als je mit den Mächtigen der angegrenzten Gebiete verbunden und ließen sich politisch beeinflussen. Für das Überleben mussten die Ziyāriden auch mit den äußeren Mächten verhandeln, die großen Einfluss auf die Innenpolitik der Ziyāriden auszuüben versuchten. Repräsentativ war der Fall von Qābūs b. Wašmgīr, der mit seinem Bruder Bīstūm um die Nachfolge des Vaters kämpfte. Bīstūm b. Wašmgīr heiratete eine Tochter des Buyiden ‘Adud al-Daula b. Rukn al-Daula (reg. in Fārs, Kirmān und ‘Irāq-i ‘ağam 949–983), als er mit der Unterstützung der Buyiden seinen Bruder vertrieb und an die Herrschaft über Ṭabaristān (hier ist Māzandarān und Gurgān gemeint) kam. Dies ist das erste Beispiel einer Eheschließung zwischen einer Zentralmacht und einem der regionalen Fürsten der Küstenprovinzen, das in den schriftlichen Quellen nachzuweisen ist (vgl. Bos87 worth (2002), 540). Qābūs anderseits suchte Unterstützung zuerst bei den Samaniden und wandte sich dann vergebens an den Buyiden Faḫr al-Daula (reg. in Ray und Hamadān 977–997) um Hilfe. Die Folge war ein 17-jähriges Exil bei den Samaniden, mit Hilfe der Ghaznawiden (977–1186) konnte er schließlich zurückkehren (388/998). 86

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Es gibt Berichte von Ibn al-Aṭīr über einen Ispahbad von Firīm, der den Buyiden Maǧd alDaula unterstützte (407/1016-7) und über einen Ispahbad von Ṭabaristān, der von ‘Alā alDaula gefangen genommen wurde (418/1027). Ferner errichtete ein Ispahbad namens Abū Ǧa‘far Muḥammad b. Wandarīn, der mit einem der beiden oben genannten zwei Ispahbads identisch gewesen sein soll, ein Mausoleum (407/1016-7, vollendet 411/1020). Laut dieser Berichte sollen die Bāwandiyān um mehr als zehn Jahre nach Šahriyārs Tod noch an der Macht gewesen sein (vgl. Madelung (1985), 749). Die Buyiden ihrerseits hatten auch ihre Gründe, die regionalen Fürsten in ihre politischen Angelegenheiten zu verwickeln. Nach seiner Machtetablierung im Iran versuchte ‘Adud al-Daula seinen Cousin Baḫtiyār, den Herrscher von ‘Iraq, zu vertreiben, um das Gebiet unter seine Kontrolle zu bringen. Baḫtiyār suchte Unterstützung bei ‘Ażud al-Daulas Bruder Faḫr al-Daula und bei den regionalen Fürsten, darunter Qābūs. Nach Baḫtiyārs Niederlage und seinem Tod (367/978) wandte ‘Adud al-Daula seine Feindschaft gegen seine ehemaligen Unterstützer. Faḫr al-Daula und Qābūs hatten mit Unterstützung der Samaniden in der Regierungszeit von ‘Adud al-Daula keinen miritärischen Erfolg (vgl. Bowen (1986), 211-212).

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Aus Mangel an schriftlichen Quellen bleiben ihre spätere Geschichte und ihr Verfall im Dunkel. Der achte und der letzte Herrscher, Gīlānšā, herrschte in der letzten Hälfte des 11. Jahrhunderts, in der Zeit, in der die Bāwandiyān der zweiten Epoche sie ablösten. Wenn es um die Buyiden (932–1062) geht, betrachteten die Autoren der regionalen Geschichtswerke diese schi‘itische Dynasitie, die ihre Wurzel in Dailamistān hatte, nicht als eine regionale Dynastie der Küstenprovinzen, sondern als eine Zentralmacht. Logischerweise wurde ihr Aufstieg im Zusammenhang mit 88 der Ziyāriden dargestellt, da sie ihre militärische Karriere vor ihrem Aufstieg 89 bei Mardāwīǧ gemacht hatten. Als Mardāwīǧ ermordet wurde (323/935), machte sich der älteste Buyide, ‘Alī (‘Imād al-Daula) sofort in seinem Territorium Fārs unabhängig (reg. in Fārs 934–949), der zweite Bruder, Ḥasan (Rukn al-Daula), brachte Ǧibāl unter seine Kontrolle (reg. in Ray und Hamadān 947–976), und der jüngste, Aḥmad (Mu‘izz al-Daula), etablierte sich zuerst in Kirmām (reg. in Kirmām 936–949), zog aber später nach Baġdād und bekam vom zweiundzwanzigsten Kalifen al-Mustakfī (reg. 944–946) den Titel amīr al-umarā (945, er regierte bis 967). Sie übten zwar ihren Einfluss auf die Küstenprovinzen von außen aus, er90 langten aber niemals eine direkte Herrschaft darüber. In der letzten Hälfte des 10. Jahrhunderts konkurrierten die Buyiden in Ḫurāsān mit den Samaniden und später mit den Ghaznaviden. Die regionalen Fürsten der Küstenprovinzen wie die Zaiditen und die Ziyāriden wandten sich lieber an die Samaniden. Die Buyiden dagegen unterstützten ihre inneren Rivalen, wie es bei Qābūs b. Wašmgīr der Fall war.

3-2-6 Das Verhältnis der regionalen Fürsten zu den Seldschuken: Beginn der zweiten Epoche der Bāwandiyān und der Ustandārān Während der letzten Hälfte des 9. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts, als die Zaiditen und die Ziyāriden in den Küstenprovinzen am mächtigsten waren und mit den Dynastien der äußeren Gebiete wie den Samaniden und den Buyiden um ihr Überleben kämpften, hatten die anderen regionalen Fürsten fast keine Chance, sich zu behaupten. Die Bāwandiyān der ersten Epoche gingen durch den Machtstreit mit den Ziyāriden unter. Die Herrscher von Rūyān, die Ustandārān, verloren allmählich ihre Macht und die Regionalgeschichten berichten nichts mehr über sie. Eine neue Phase in der Regionalgeschichte beginnt dann mit dem Aufstieg der Seldschuken. 88 89

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Im Tārīḫ-i Ṭabaristān im später ergänzten Kapitel 2 und im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān finden sich zwei Teile über die Ziyāriden. Die drei Brüder hatten, bevor sie in Mardāwīǧs Dienste traten, bei dem mächtigen Dailamit-Amir Mākān b. Kākī in Dienst gestanden. Mākān b. Kākī stand im Dienst der Ziyāriden bzw. der Samaniden (vgl. TTRM, 69). Es ist bemerkenswert, dass auch die Buyiden ihre Abstammung auf die Sasaniden zurückführten, diese Genealogie aber von den späteren Historikern für gefälscht gehalten wurde. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī verzeichnet ihre Genealogie ohne weitere Kommentar (TTRM, 72).

Ab 1038, als die Seldschuken in die Stadt Nīšāpūr in Ḫurāsān einzogen, traten die türkischen Nomadenvölker als der neue islamische Souverän in Westasien auf. Sie besiegten die Ghaznawiden (1040) und erreichten mit Anerkennung von Kalif Qā’im (reg. 1031–1075) Baġdād (1055), vertrieben die schi‘itischen Buyiden und stellten die sunnitische Herrschaft wieder her. Die zweite Epoche der Bāwandiyān entspricht der Regierungzeit der Seldschuken. Zwischen den Bāwandiyān und den Seldschuken entstanden die engsten Beziehungen, die es zwischen einem regionalen Fürsten in den Küstenprovinzen und einer Zentralmacht je gegeben hatte. Jedoch hatten die Seldschuken anscheinend selten die Absicht, die Küstenprovinzen zu erobern, aber wie ihre Vorgänger mischten sie sich in die inneren Angelegenheiten der Küstenprovin91 zen ein und ihre Präsenz beeinflusste die regionale Machtpolitik. Zu dieser Zeit, parallel zum Untergang der Zaiditen und der Ziyāriden, traten die Bāwandiyān der Nebenlinie in Māzandarān und die Bādūspān-Ustandārān in Rūyān als mächtige regionalen Fürsten auf. Ihre Erwähnungen in den Regionalgeschichtswerken werden reicher und ausfühlicher. Ḥusām al-Daula Šahriyārs Thronbesteigung nach dem Tod seines Vaters Qārin im Jahr 466/1073-4 wird als Beginn der zweiten Bāwanditen-Epoche betrachtet. Dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zufolge hieß er Ḥusām al-Daula Šahriyār b. Qārin b. Sarḫāb b. Šahriyār b. Dārā, d.h. er wäre ein Urenkel des letzten Malik der ersten Epoche, Malik Šahriyār b. Dārā, gewesen, und er regierte 17 Jahre lang (TTRM, 162). Er war ein Zeitgenosse des letzten Ziyāriden-Herrschers Gīlānšā (bis 470/1077-8). Parallel zum Untergang der Ziyāriden dehnte er sein Herrschaftsgebiet weiter nach Māzandarān aus und machte Sārī zu seinem Hauptsitz (TTRM, 96). Wie schon erwähnt, musste es, als die Bāwandiyān als eine der mächtigsten Kräfte in den Provinzen auftraten, zur Konfrontation mit den Seldschuken kommen. Als die Zentralmacht der Seldschuken noch stabil war, erkannten die Bāwandiyān die Oberherrschaft der Seldschuken an. Sulṭān Muḥammad Tapal (reg. 1105–1117) verlangte von Ḥusām al-Daula, ihm Gehorsam zu leisten und einen seiner Söhne, ‘Alā al-Daula ‘Alī, an den Hof in Iṣfahān zu schicken, dem er 92 die Heirat mit seiner Schwester anbot. ‘Alā al-Daula ‘Alī überließ seinem älteren Bruder Naǧm al-Daula Qārin diese Ehre (TTRM, 99). Dies ist das erste Beispiel einer Eheschließung zwischen einer Zentralamacht und den Bāwandiyān, die in den schriftlichen Quellen nachzuweisen ist. Nach seiner Heirat und der Rück91

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Zum Beispiel vertraute Sulṭān Muḥammad Tapal seinem kleinen Sohn Aḥmad Ray und Ṭabaristān an und schickte einen Stellvertreterr (nā’ib) nach Āmul. Dies sollte dazu dienen, von den Bāwandiyān Gehorsam zu verlangen. Diese Aktion endete ohne Erfolg mit Aḥmads Tod (TTRM, 100). Sulṭān Sanǧar vertraute seinem Neffen Mas‘ūd, Herrscher von Gurgān (Astarābād), Šahriyārkūh an. Jedoch wurde er zweimal von ‘Alā al-Daula ‘Alī besiegt (vgl. Madelung (1985), 750). Eine Münze von Ḥusām al-Daula bestätigt, dass er die Oberherrschaft des fünften Sulṭān Barkiyāruq (reg. 1094–1105) anerkannte (Madelung (1985), 749)

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kehr von Iṣfahān nach Sārī löste Naǧm al-Daula Qārin seinen Vater ab. ‘Alā alDaula ‘Alī suchte erfolglos Unterstützung zuerst bei Sunqur, dem Atābek von Ray, dann bei Sulṭān Sanǧar (reg. in Ḫurāsān 1118–1157) in Ḫurāsān, um gegen seinen Bruder zu kämpfen. Während der Regierungzeit von Šams al-Mulūk Rustam, dem Sohn von Naǧm al-Daula, wurde er von Sulṭān Muḥammad Tapal gefangen genommen. Nach Šams al-Mulūk Rustams Tod bekam ‘Alā al-Daula ‘Alī erneut Unterstützung vom neuen Sulṭān Maḥmūd II. (reg. in ‘Irāq 1118–1131). Der Sulṭān gewährte ihm seine Gunst und ließ ihn mit seiner Tante (nämlich einer Schwester von Muḥammad Tapal und Sanǧar) verheiraten (TTRM, 103). In dem Zeitraum, in dem Sanǧar seine Macht von Ḫurāsān aus nach Westen ausdehnte, musste ‘Alā al-Daula ‘Alī mit ihm konkurrieren, behielt aber meistens die Oberhand. Sein Sohn und Nachfolger Šāh Ġāzī Rustam hatte einen Bruder namens Tāǧ al-Mulūk Mardāwīǧ ‘Alī, der bei Sanǧar in Diensten stand und mit dessen Schwester verheiratet war. Nach Šāh Ġāzī Rustams Thronbesteigung schickte Sanǧar Tāǧ al-Mulūk mit militärischer Unterstützung nach Ṭabaristān. Nach anfänglichen Siegen scheiterte der Feldzug nach einer acht Monate dauernden Belagerung (vgl. TTRM, 16). Jedoch musste Šāh Ġāzī Rustam seinen Sohn Girdbāzū an Tāǧ al-Mulūks Stelle nach Marv zum Dienst schicken. Nach Sanǧars Gefangenschaft beim Aufstand der Oghuzen (548/1153) in der letzten Hälfte des 12. Jahrhunders verloren die Seldschuken ihren direkten Einfluss auf die Küstenprovinzen. Šāh Ġāzī Rustam gelang es, seine Macht weiter auszudehnen und zeitweise Sāwa, Simnān und Ray mit Anerkennung von Sulaimān Šāh (reg. in ‘Irāq 1160–1161) in Besitz zu nehmen (vgl. TTRM, 18). Aber zu dieser Zeit traten im Osten die Qara Chaniden und später die Choresm-Schahs in Erscheinung, und im Westen waren die Ismā‘īliten seit langem ein bedrohlicher Faktor. Die Nachfolger von Šāh Ġāzī Rustam mussten nun mit den mächtigen seldschukischen Amiren und den Choresm-Schahs verhandeln.

3-2-7 Die Ustandārān / Bādūspāniyān Im 12. Jahrhundert, während der seldschukischen Regierungszeit, traten die mit den Bāwandiyān eng in Verbindung stehenden Ustandārān/Bādūspāniyān die Herrschaft über Rūyān an. Der erste Ustandār soll Nāṣir al-Daula Šaraf al-Dīn Nāṣr b. Šahrīwaš gewesen sein, der auf seinen Münzen die Oberherrscheft von Sulṭān Muḥammad Tapal anerkannte (Madelung (1989-2), 385). Dies ist jedoch in den literarischen Quellen nicht erwähnt. In der Regierungszeit des Bāwanditen-Herrschers ‘Alā al-Daula ‘Alī erschien der erste Ustandār in den regionalen Geschichtsschreibungen. ‘Alā al-Daula ‘Alī verlangte vom Ustandār Šahriyār (Šahrnūš in TTRM) b. Hizārasf, Amir ‘Abbās von Ray bei seiner Besetzung von Āmul nicht zu unterstützen (ca. 93 534/1140). Dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zufolge stand Šahr93

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Im Tārīḫ-i Ṭabaristān wurde der Ustandār auch als Marzbān-i Lāriǧān (Markgraf von

nūš b. Hizārasf auf Tāǧ al-Mulūks Seite, als Šāh Ġāzī Rustam mit seinem von Sanǧar geschickten Bruder, Tāǧ al-Mulūk, zusamenstieß. Als Šahrnūš während der im vorigen Abschnitt erwähnten achtmonatigen Belagerung Šāh Ġāzī Rus94 tam einen Heiratsvorschlag machte, nahm letzterer an. Šahrnūš und die anderen Beteiligten lösten die Belagerung auf, was zu Tāǧ al-Mulūks Niederlage führte. Dieses Bündnis mit den Bāwandiyān muss für die Ustandārān der entscheidende Grund für ihren Aufstieg gewesen sein. Den zweiten Grund für ihren Aufstieg verschaffte ihnen der Kampf mit den Ismā‘īliten. Ein Bruder von Šahrnūš, Kai Kāwūs b. Hizārasf, war ein Neffe mütterlicherseits des Zaiditen Kiyā Buzurg al-Dā‘ī ilā ’l-Ḥaqq ar-Riżā b. al-Hādīs, der mit dem Kampf gegen die Ismā‘īliten beschäftigt war. Kiyā Buzurg war Šāh Ġāzī Rustams Schwiegersohn und herrschte über Dailamistān. Nach Kiyā Buzurgs Tod (ca. 551/1156) wurde Kai Kāwūs von Šāh Ġāzī Rustam die Herrschaft über Dailamistān anvertraut (TTRM, 17) und Šāh Ġāzī Rustam setzte die Bekämpfung der Ismā‘īliten fort. Als sein Bruder Šahrnūš starb, gewann er auch mit Šāh Ġāzī Rustams Unterstützung die Herrschaft über Rūyān (TTRM, 18). Bis zum Einfall der Mongolen herrschten die Ustandārān über Rūyān und Dailamistān. Ihre Rivalen waren die Bāwandiyān im Osten und im Westen die Ismā‘īliten von Dailamistān und die Zaiditen und die einheimischen Amire von Gīlān. Die geographische Lage von Rūyān beschränkte ihre politischen Aktivitäten. Im Osten an Māzandarān und im Westen an Gīlān angrenzend ist Rūyān eine kleine, schmale Provinz. Im Vergleich zu Māzandarān, das im Westen mit den Außenregionen im Verkehr stand, war die Provinz vor Eindringlingen sicher, aber umgekehrt gab es auch keinen geeigneten Fluchtweg. Manchmal konkurrierten die Ustandārān mit den Bāwandiyān, jedoch gewannen sie auf Dauer nicht die Oberhand. Als die dritte Bāwandiyān-Epoche begann, entstanden zwischen den zwei Herrscherhäusern engere Kontakte durch wiederholte Eheschließungen. Die Ustandārān überlebten den Einfall der Mongolen, den Untergang der Bāwandiyān und den Aufstieg der Safawiden, bis die Provinz Ende des 16. Jahrhunderts letztendlich besiegt wurde. Sie blieben bis zum Ende ein kleines regionales Fürstengeschlecht in Rūyān/Rustamdār, spielten aber manchmal eine bestimmende Rolle in der Geschichte der südkaspischen Küstenprovinzen.

3-2-8 Religiöse Entwicklung und die Ismā‘īliten in Dailamistān Obwohl es an ausführlichen schriftlichen Quellen mangelt, ist die Besonderheit der religiösen Entwicklung in den Küstenprovinzen nicht zu übersehen. Von ihrer Islamisierung im 8. Jahrhundert an waren die Küstenprovinzen größtenteils

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Lāriǧān) bezeichnet (vgl. TT, 75-76). Dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zufolge ereignete sich der Vorfall in der Regierungszeit von Šāh Ġāzī Rustam, der Šahrnūš Schwiegervater war (TTRM, 16). Šahrnūš wurde Šāh Ġāzī Rustams Schwiegersohn.

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schi‘itisch geprägt, weil das geographisch von der Außenwelt abgeschlossene Gebiet für religiöse Asylsuchende eine ideale Zuflucht bot. Die Zaiditen etablierten sich in Gīlān und Dailamistān. Nach dem Untergang der Zaiditen-Dynastie blieb das Gebiet teilweise weiterhin unter Kontrolle der Zaiditen. Der Ustandār Kai Kāwūs b. Hizārasf, dem vom Bāwanditen Šāh Ġāzī Rustam die Herrschaft über Rūyān und Dailamistān anvertraut wurde, gehörte dem Tārīḫ-i Ṭabaristān zufolge zur Schule des Zaiditen Imam Aḥmad b. al-Ḥusain 95 al-Mu’ayyad bi-’llāh (–411/1020) (Madelung (1989-2), 386). Nach Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī sollen die Ispahbadān von Māzandarān (die Bāwandiyān der zweiten Epoche) seit ihrer Bekehrung zum Islam schi‘itisch gewesen sein. Sie hätten in die Nachkommen des Propheten Vertrauen gesetzt, weshalb der Aufenthalt in diesem Land den Sayyids angenehmer gewesen sei (TTRM, 127). Zu welcher Sekte sie gehörten, ist nicht klar. Die Bāwandiyān der zweiten Epoche gehörten zur Zwölfer-Schi‘a und unterhielten freundschaftliche Beziehung mit den Zaiditen (vgl. Madelung (1985), 749). Als der erste BāwanditenHerrscher der zweiten Epoche Ḥusām al-Daula Šahriyār von seinem Sohn und Nachfolger Naǧm al-Daula Qārun abgelöst wurde, ging er nach Hūsum, wo das Zentrum der Schule der Nāṣirīya-Zaiditen lag. Die Einwohner von Dailam und Gīl sammelten sich um ihn (TTRM, 99). Šāh Ġāzī Rustam war Schwiegervater von Kiyā Buzurg al-Dā‘ī ilā ’l-Ḥaqq ar-Riżā b. al-Hādī (TTRM, 17). Wie und wann die Zwölfer-Sch‘ia sich in den Küstenprovinzen verbreitete, verraten die schriftlichen Quellen nicht. Aus der späteren historischen Entwicklung lässt sich vermuten, dass neben den Zaiditen schon früh eine beträchtliche Anzahl von Sayyids der Zwölfer-Schi‘a in die Küstenprovinzen einwanderten und die Einwohner zur Zwölfer-Schi‘a bekehrten. Außer den Mar‘ašīyān, deren Gründer Qawām al-Dīn Mar‘ašī ein zwölfer-schi‘itischer Derwisch war (vgl. TGD, 18), befanden sich zur Zeit ihrer Machtergreifung in der Mitte des 14. Jahrhunderts in Māzandarān andere Sayyids mit politischem Einfluss. Zu dieser Zeit gehörten die meisten Einwohner von Māzandarān und Rūyān/Rustamdār zur Zwölfer-Sch‘ia. Vor dem Aufstieg der Safawiden am Anfang des 16. Jahrhunderts war in Iran eine volkstümliche religiöse Tendenz zu beobachten, in der Sayyids, Heilige und Derwische von der Bevölkerung verehrt wurden; diese Tendenz trug zur Vermehrung des politischen Einflusses und schließlich zur Machtergreifung der Safawiden bei. In den südkaspischen Küstenprovinzen erschien diese Tendenz früher als in anderen Gebieten des Iran, da hier, wie oben ausgeführt, ein stärker ausgeprägtes regionales Geschichtsbewusstsein verbreitet ist. In der Zeit der seldschukischen Dynastie etablierten sich an der Küste – genauer gesagt in Dailamistān – neben den Zaiditen und den Zwölfer-Schi‘iten 95

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Aḥmad b. al-Ḥusain al-Mu’ayyad bi-’llāh war ein wichtiger Imam der Qāsimīya-Zaiditen, geboren in Āmul, studierte er in Baġdād und gehörte zum intellektuellen Kreis um den buyidischen Wesir al-Ṣāḥib Ibn ‘Abbād (vgl. Madelung (2002), 479).

noch eine andere schi‘itische Sekte, die eine Besonderheit in der frühislamischen Geschichte darstellt: die Ismā‘īliten. Die Ismā‘īliten waren schon im 9. Jahrhundert aktiv. Die fatimidischen Missionare erreichten neben vielen anderen Gebieten im islamischen Raum über Ray auch das Gebirge der Küstenprovinzen am Anfang des 9. Jahrhunderts. Die Dailamistāner Mardāwīǧ b. Ziyār und Asfār b. Šīrūya habe die Lehre vom Dā‘ī (Missionar) Abū Ḥātim Rāzī (gest. 322/934) angenommen (vgl. Minorsky, 194; Madelung (1996), 346). Jedoch begann ihre bemerkenswerte Geschichte erst in der letzten Hälfte des 11. Jahrhunderts. In der späteren Regierungszeit des achten fatimidischen Kalifen al-Mustanṣir (reg. 1036–1094) wurde die Mission der Ismā‘īliten von dem Dā‘ī Ḥasan-i Ṣabbāḥ vorangetrieben. Ḥasan-i Ṣabbāḥ, der nach seiner Rückkehr aus Ägypten in Dailamistān missioniert hatte, übernahm die Festung von Alamūt, die nach al-Mustanṣirs Tod (487/1094) und der Spaltung der Sekte das Zentrum der Aktivität einer Untergruppe, der Nizārīs, wurde, von einem Zaiditen (483/1090). Die Ismā‘īliten übernahmen weitere Burgen in den Bergen, schickten Dā‘īyān, widerstanden den sunnitischen Seldschuken und ermordeten führende Persönlichkeiten. Während der Regierungszeit von Sulṭān Muḥammad Tapal bekämpften die Seldschuken beharrlich die Ismā‘īliten und konnten einige ihrer Burgen zurückerobern. Jedoch profitierten die Ismā‘īliten vom Tode Muḥammad Tapals und der darauf folgenden Einstellung der Operation. Die Ismā‘īliten in Dailamistān etablierten sich als eines der regionalen Fürstentümer und überlebten weitere 150 Jahre, bis die Burg von Alamūt nach der Belagerung durch die Mongolen fiel (1256). Nach Ḥasan-i Ṣabbāḥs Tod (518/ 1124) übernahm sein Adjutant Buzurg Umīd die Macht, Von nun an blieb die Erbfolge ungebrochen bis zum Ende des Fürstentums. In den regionalen Geschichtswerken wurde den Ismā‘īliten kaum Beachtung geschenkt. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī nannte sie kritisch malāḥida (Häretiker). Das ist verständlich, wenn man bedenkt, von welchem Standpunkt die regionalen Geschichtswerken geschrieben wurden. Die Kiyāyān in Ost-Gīlān, denen Ẓahīr alDīn Mar‘ašī diente, unterdrückten die Ismā‘īliten unter dem Vorwand, dass ihr ismā‘īlitischer Glauben häretisch sei, und eroberten Dailamistān in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Für die Fürsten, die in den regionalen Geschichtswerken im Mittelpunkt stehen, waren die Ismā‘īliten gefährliche und mächtige Rivalen innerhalb des Gebietes. Das ismā‘īlitische Fürstentum war keine geschlossene Religionsgemeinschaft. Dass ihr Glauben die Einwohner von Dailamistān angesprochen hatte und dass die Einwohner nach dem Zusammenbruch des Fürstentums durch die Mongolen an ihrem Glauben festhielten, beweist die Regionalgeschichte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als Dailamistān von den Kiyāyān erobert wurde. Ernsthafte Konfrontationen der regionalen Fürsten mit den Ismā‘īliten im 12. Jahrhundert werden – obwohl nur fragmentarisch – in den regionalen Chroni77

ken beschrieben. Nachdem der Bāwandite ‘Alā al-Daula ‘Alī zur Herrschaft über Ṭabaristān gelangt war, leistete sein Bruder Bahrām ihm Widerstand. Einmal suchte Bahrām Unterstützung bei Amir Uner von Nīšāpūr, bis dieser von den Ismā‘īliten ermordet wurde. Der Bāwandite Šāh Ġāzī Rustam, der mit anderen Fürsten kooperierte, führte Kämpfe gegen die Ismā‘īliten. Schon vor seiner Thronbesteigung hatte er sie bekämpft. Einmal soll er einen Nachtangriff unternommen, 5000 Häretiker geköpft haben und mit deren Köpfen fünf Türme errichtet. Sein Sohn Girdbāzū, den er nach dem Machtkampf mit dem Bruder Tāǧ al-Mulūk Mardāwīǧ ‘Alī an seiner Stelle zum Hof des seldschukischen Sulṭāns Sanǧar nach Marv geschickt hatte, wurde von den Ismā‘īliten getötet. Wie schon erwähnt, war Šāh Ġāzī Rustams Schwiegersohn, der Zaidite Kiyā Buzurg, der Herrscher von Dailamistān und führte auch den Kampf gegen die Ismā‘īliten vor Ort. Nach seinem Tod setzte Šāh Ġāzī Rustam Kiyā Buzurgs Neffen, Kai Kāwūs b. Hizārasf, als seinen Nachfolger ein und ließ den Kampf fortsetzen (537/1142) (TTRM, 17). Ein Höhepunkt des Krieges war ein Angriff auf die Burg von Alamūt (552/1157), jedoch musste Šāh Ġāzī Rustam im folgenden Jahr die Belagerung von Gardkūf wegen eines Gegenangriffs bald abbrechen (Ibn al-Aṭīr, XI, 224, Madelung (1985), 750). Die Bāwandiyān, damals die mächtigsten unter den regionalen Fürsten, standen den Ismā‘īliten stets feindlich gegenüber. Die Bādūspaniyān/Ustandārān dagegen fingen an, mit ihnen zu verhandeln, um gegen die Bāwandiyān Widerstand zu leisten. Als der Bādūspanide (Ustandār) Hizārasf b. Šahrnūš einen Frieden mit den Ismā‘īliten schloss, vertrieb ihn Ḥusām al-Daula Šāh Ardašīr aus Rūyān. Letzterer, der mit Sulṭān Tuġril III. (reg. 1176–1194) verbündet war, un96 terwarf sich Hizārasf. Als Šāh Ardašīr als Hizārasfs Nachfolger den noch jungen Zarrīn Kamar b. Ǧustān b. Kai Kāwūs aus Ray holte, unterstützten die Opponenten einen gewissen Bīstūn. Nach seiner Niederlage gegen Šāh Ardašīr floh Bīstūn zu den Ismā‘īliten (TTRM, 27-30). Nach Šāh Ardašīrs Tod entstanden unter den Bāwandiyān Machtkämpfe, in deren Folge sie ihren Einfluss auf die anderen regionalen Fürsten verloren. Šāh Ardašīrs Bruder, Rukn al-Daula Qārin, wurde von den Ismā‘īliten getötet (TTRM, 118). Der Zaidit Sayyid Abū ’l-Riżā Ḥasan b. Riżā al-‘Alawī al-Māmṭīrī hinterging Šāh Ardašīrs Sohn und seinen Nachfolger, Nāṣir al-Dīn (Šams al-Mulūk) Rustam, 97 und ließ beide töten (606/1210) (TTRM, 31, 118). Damit ging die zweite Bāwandiyān-Epoche zu Ende. Dies geschah kurz vor dem Einfall der Mongolen in 96

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Zu dieser Zeit schloss Ḥusām al-Daula Šāh Ardašīr ein Bündnis mit den Seldschuken, um die früheren Bundnispartner, die Choresm-Schahs, die die Ausdehnung ihres Territoriums nach Osten beabsichtigten, zu bekämpfen, und machte der Tochter von Tuġril III. einen Heiratsantrag für seinen ältesten Sohn (um 588/1192) (TTRM, 114; vgl. Madelung (1985), 750). Im Teil über die Bādūspaniyān datierte Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī die Ermordung von Šams alMulūk auf das Jahr 646/1248-9. Aber später im Teil über die Bāwandiyān und in der Genealogie ist die Ermordung auf Šawwāl 606/1210 datiert. Das erste Datum ist also falsch.

Westasien und wurde der Anlass für Ibn Isfandiyārs Niederschrift vom Tārīḫ-i Ṭabaristān. Die Bādūspaniyān und die Ismā‘īliten waren diejenigen, die aus dem Verfall der Bāwandiyān Vorteile zogen. Die Bādūspaniyān gewannen die Kontrolle über 98 Gīlān und Dailamistān. Dennoch begannen die Ismā‘īliten in der Regierungzeit des Bādūspaniden Namāwar b. Bīstūn in Rūyān einzuziehen (vgl. TTRM, 30-31). Als die Ismā‘īliten sich in den Küstenprovinzen als ein regionales Fürstentum etablierten, dehnten die Choresm-Schahs ihr Herrschaftsgebiet von Ḫwārazm bis in die Hochebene des Iran aus: Dies war einer der Gründe, die den Einfall der Mongolen in Westasien auslösten.

Die Genealogie der Ismā‘īliten 1. Ḥasan-i Ṣabbāḥ 2. Kiyā Buzurg 3. Muḥammad 6. Ḥasan III.

3-3

4. Ḥasan II. 5. Muḥammad II. 7. Muḥammad III. b. Ḥasan III. 8. Ḫuršā

Die Lage unter den Mongolen: Der Untergang des ismā‘īlitischen Fürstentums

Der Einfall der Mongolen bewirkte grundlegende Veränderungen für die islamisch geprägten Gebiete in Westasien. Aber in den Küstenprovinzen blieb das Gesellschaftssystem im Großen und Ganzen unverändert. Selbstverständlich gab es mehrere Machtwechsel, jedoch wurden die Provinzen weiterhin von den regionalen Fürsten beherrscht. Diejenigen, die diese Gelegenheit gut ausgenutzt hatten, waren die Bāwandiyān aus einer Zweigfamilie. Der erste BāwanditenHerrscher der dritten Epoche, Ḥusām al-Daula Ardašīr, übernahm nach dem ers99 ten Einfall der Mongolen die Macht. Die Mongolen drangen in Astarābād, Māzandarān und Rustamdār ein, plünderten und töteten. Während Ḥusām alDaulas Aufstieg war das Land (mamālik) von Māzandarān wegen des ersten mongolischen Einfalls ohne mächtigen Herrn (akābir wa a‘yān); so nahm er es in Besitz und baute es wieder auf. Er verlegte seinen Hauptsitz von Sārī nach Āmul, weil es westlich von Sārī lag und im Vergleich zu Sārī, wo man mit dem Eindringen der Mongolen rechnen musste, sicherer war (TTRM, 118). 98

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Bīstūn b. Zarrīn Kamar (bis 620/1223) besiegte die Herrscher (mulūk bzw. ḥukkām) von Gīlān und verlegte seinen Hauptsitz ins Gebirge von Lāhīǧān (ǧibāl-i Lāhīǧān). Gīlān und Dailamistān kamen unter Befehl der Bādūspaniyān (TTRM, 30-31: vgl. Madelung (1989-2), 386). Im Teil über die Bāwandiyān im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān wurde er Ḥusām ad-Daula Ardašīr b. Šahriyār b.Kīnḫwār b. Dārā b. Šahriyār genannt und in der Genealogie Ḥusām al-Daula Ardašīr b. Kīnḫwār b. Šafriyār b. Kīnḫwār b. Rustam b. Dārā b. Šafriyār (TTRM, 118, 162). Seine Großmutter soll eine Schwester des letzten Bāwanditen der zweiten Epoche, Šams al-Mulūk Rustam, seine Mutter eine Tochter des Ismā‘īliten, Ǧalāl al-Dīn Ḥasan III gewesen sein.

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Die Bāwandiyān und die Bādūspaniyān schienen von der Eroberung Westasiens durch den Gründer des Ilchanreiches (1258–1335) Hüläqü (reg. 1258–1265) und vom Zusammenbruch der ‘abbasidischen Dynastie (1258) keine sofortigen und direkten Auswirkungen gespürt zu haben. Insbesondere Auliyā Allāh Āmulī und Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī blieben davon fast unberührt. Unter den regionalen Fürsten der Küstenprovinzen waren die Ismā‘īliten die ersten und die grössten Verlierer. Der Ismā‘īlit Ǧalāl al-Dīn Ḥasan III. b. Muḥammad II. (reg. 607/1210–618/ 1221), der sich als Sunnit bezeichnet und eine gemäßigte Politik verantwortet hatte, unterhielt freundliche Beziehungen zu den Choresm-Schahs und wurde einer der ersten Herrscher, die sich den Mongolen früh gehorsam zeigten. Nach dem Sturz der Choresm-Schahs durch die Mongolen entschied sich ‘Alā al-Dīn Muḥammad III. b. Ḥasan (reg. 618/1221–653/1255), den Mongolen Widerstand zu leisten. Er wurde während der Belagerung von Alamūt von seinen Befehlshabern getötet. Sein Sohn und Nachfolger, Rukn al-Dīn Ḫuršāh, ergab sich und übergab die Burg an die Mongolen (654/1256) (vgl. TTRM, 32-34). Damit ging das ismā‘īlitische Fürstentum zu Ende. Rukn al-Dīn Ḫwuršāh wurde im folgenden Jahr auf dem Rückweg vom Hof Mönke Ḫāns nach Westasien ermordet. Jedoch konnte die Burg von Gardkūh von den Mongolen nicht erobert werden. Der Untergang der Ismā‘īliten brachte den anderen regionalen Fürsten erst später negative Folgen. Der Bāwandit Šams al-Mulūk Muḥammad und sein Schwiegervater, der Bādūspanide Šahrākīm b. Namāwar (bis 671/1272-3), wurden von Ilchan Abāqā (reg. 1265–1282) aufgefordert, an der Belagerung der ismā‘īlitischen Burg Gardkūh teilzunehmen. Als die zwei vor der Verpflichtung flohen, wurde ein gewisser Ġāzān Bahādur nach Māzandarān geschickt, um sie zu verfolgen. Šahrākīm bat um Entschuldigung und nahm an der Belagerung teil (669/1270). In diesem Winter besetzte Ġāzān Bahādur Māzandarān und Rūyān. Später leistete Šahrākīm den Mongolen abermals Widerstand, was zur Hinrichtung seines Schwiegersohnes Šams al-Mulūk führte. Zu seinem Nachfolger wurde sein Bruder ‘Alā al-Daula ‘Alī von den Mongolen ernannt. Māzandarān und Rūyān wurde von dem mongolischen Amir Qutluġ Buġā geplündert. Šahrākīm durfte jedoch später die Herrschaft über Rūyān wiedererlangen (TR, 160-167; TTRM, 34-36, 119; vgl. Madelung (1989-2), 387). Außer gegenüber den gefährlichen Ismā‘īliten setzten die nomadischen Mongolen im Prinzip die traditionelle Politik ihrer Vorgänger fort. Manchmal schickten sie ihre Amire in die Küstenprovinzen oder unternahmen große Feldzüge. Auf alle Fälle übten sie keine dauerhafte und direkte Herrschaft über die Provinzen aus. In der Regierungszeit von ‘Alā al-Daula ‘Alī etablierten sich die Mongolen in Māzandarān. ‘Alā al-Daula kämpfte gegen die Mongolen, aber er musste bei den Bādūspaniyān Zuflucht suchen. Erst sein Nachfolger Tāǧ al-Daula Yazdagird konnte das ganze Herrschaftsgebiet zurückerobern. Die Bādūspaniyān, de80

ren Herrschaftsgebiet Rūyān im Vergleich zu Māzandarān vor dem Eindringen der Mongolen sicherer war, gewannen zu dieser Zeit die Oberhand über die Bāwandiyān. Gīlān und Dailamistān, wo sich nach dem Zusammenbruch des ismā‘īlitischen Fürstentums keine mächtige regionale Macht befand, wurden von verschiede100 nen kleinen Fürsten (mulūk-i Gīlān) beherrscht (vgl. TR, 159; vgl. Rabino (1950)), als der achte Ilchan Ūlǧeitū (reg. 1304–1316) einen großen Feldzug in Gīlān unternahm (Ḥāfiẓ Abrū (Ẕail), 69-77; HS, III. 194; RS, V, 440-443). Nach Melville hatte dieser Feldzug trotz der in den ilchanidischen Chroniken dargestellten glorrei101 chen Erfolge zu keinen substanziellen Ergebnissen geführt. Der Feldzug über das hohe Gebirge und durch den dichten Dschungel bereitete viele Schwierigkeiten. Anscheinend unterwarfen sich die Herrscher von Gīlān schließlich den Mongolen und konnten dann in ihrem Herrschaftsgebiet bleiben. Den Ilchaniden gelang es nicht, direkte Herrschaft über die Provinz zu erlangen. Weiteres ist über die Lage der südkaspischen Küstenprovinzen in der mongolischen Zeit nicht bekannt. Auliyā Allāh Āmulī und Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī geben keine ausführlichen Beschreibungen von dieser Zeit, sondern nur Zusammenfassungen. Wie oben schon geschildert, waren die Bāwandiyān in Māzandarān und die Bādūspaniyān in Rūyān die mächtigsten regionalen Fürsten, unter denen die zeitgenössischen Regionalgeschichtswerke geschrieben wurden. Wie es in den anderen Provinzen am Rande des ilchanidischen Herrschaftsgebiets – z.B. bei den Kartiden in Ost-Ḫurāsān – der Fall war, genossen sie mehr oder weniger große Autonomie unter den Mongolen und unternahmen den Wiederaufbau der Provinzen. In Rūyān war Šahrākīm b. Namāwars Nachfolger, Faḫr al-Daula Namāwar b. Šahrākīm (reg. 671/1272-3–701/1301-2) ein ehrlicher Herrscher. Šams al-Mulūk Muḥammad b. Šāh Kai Ḫusrau (reg. 712/1312-3–717/1317) unterstützte Fakire, Scheiche und Ulema (Gelehrte) und errichtete Ḫānqās (Klöster) und Moscheen. Sein Bruder Naṣīr al-Daula Šafriyār b. Šāh Kai Ḫusrau (reg. 717/1317–725/1325) baute die neue Stadt Gurgū mit einem Markt, unternahm drei Feldzüge nach Gīlān und Dailamān und eroberte letzteres (TTRM, 36-37). Faḫr al-Daula Šāh Ġāzī b. Tāǧ al-Daula Ziyār b. Šāh Kai Ḫusrau (reg. 761/1360– 781/1379) baute die neue Stadt Kuǧūr mit einer Festung in der Nähe der alten, die durch den Einfall der Mongolen zerstört worden war, und errichtete dort seinen Hauptsitz (TTRM, 40; vgl. Madelung (1989-2), 387). 100 Obwohl Gīlān in der Regierungszeit des Bādūspaniden Bīstūn b. Zarrīn Kamar unter Kontrolle der Bādūspaniyān gekommen war, blieben die einheimischen Herrscher (mulūk-i Gīlān) an ihrer Stelle. Als Bīstūns Enkel Šahrākīm b. Namāwar der Herrscher von Gīlān war (sein Bruder Iskandar b. Namāwar herrschte über Rūyān), schlugen die Herrscher von Gīlān zurück, eroberten Dailamistān und ließen Šahrākīm nach Kämpfen an die Küste fliehen. Die beiden Seiten schlossen einen Frieden und setzten Namakāwah-rūd als die Grenze fest, die zu Auliyā Allāh Āmulīs (Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs?) Lebenszeit noch gültig war (TTRM, 32). 101 Siehe Melville (1999).

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Die Bāwandīyān in Māzandarān konnten zwar in ihrem Herrschaftsgebiet bleiben, jedoch mussten sie – im Vergleich zu den Bādūspaniyān in Rūyān geographisch bedingt – häufig unter den Einfällen der Mongolen leiden. Die etwa 30-jährige Regierungszeit von Tāǧ al-Daula Yazdagird, einem Zeitgenossen des Bādūspaniden Šahrākīm b. Namāwars war eine friedliche Periode. Er habe sich um Gerechtigkeit bemüht, und in Āmul sei in 70 Medresen Unterricht angeboten worden und Imame und Sayyids hätten in ordentlichen Verhältnissen gelebt. In der Regierungszeit seines Sohnes und Nachfolgers Naṣr al-Daula Šafriyār wurde ein Amir namens Mu’min als Šiḥna (Aufseher) vom mongolischen Hof nach Māzandarān geschickt und beschränkte die Macht der Bāwandīyān (gegen 700/ 1300). Naṣr al-Daulas Bruder und Nachfolger Rukn al-Daula Šāh Kai Ḫusrau war mit einer Schwester des Bādūspaniden Naṣīr al-Daula Šafriyār b. Šāh Kai Ḫusraus verheiratet und auf seinen Schwager angewiesen. Rukn al-Daula versuchte mit Hilfe seines Schwagers, Amir Mu’min und dessen Sohn Amir Qutluġ zu bekämpfen. Zu dieser Zeit kam in Māzandarān ein einflussreiches Geschlecht, die Ǧalāliyān (Kiyā Ǧalāl), in Sārī an die Macht, das beim Ende der Bāwandīyān-Dynastie 102 und dem Aufstieg der Mar‘ašīyān eine wichtige Rolle spielte. Naṣīr al-Daula half Rukn al-Daula beim Bekämpfen dieses Stammes (TTRM, 37-38, 119-120; vgl. Madelung (1985), 753; Madelung (1989-2), 387). Eine bāwanditische Münze ist ein Beweisstück, dass nach dem Zusammenbruch des Reiches der Ilchanen mit dem Tode des quasi letzten Ilchans Abū Sa‘īd (reg. 1316–1335) die Bāwandiyān die Oberherrschaft eines der zeitgleichen Ilchane, Ṭuġai Temürs, in Ḫurāsān anerkannten (Madelung (1985), 753). Der Bādūspanide Ǧalāl al-Daula Iskandar (reg. 734/1333-4–761/1360) seinerseits gewann durch den Untergang des mongolischen Reichs den Vorteil, seine Macht von Rūyān aus bis nach Qazwīn und Simnān ausdehnen zu können.

3-4

Der Aufstieg der beiden Sayyid-Dynastien: Die volksislamischen Bewegungen im 14. Jahrhundert

Vom 14. Jahrhundert an wurde in den südkaspischen Küstenprovinzen in direkter Folge eine Reihe von Regionalgeschichtswerken verfasst, deren Zentralfiguren die zwei Sayyid-Dynastien – die Mar‘ašīyān in Māzandarān und die Kiyāyān in Ost-Gīlān – waren. Der Aufstieg der zwei Sayyid-Dynastien im 14. Jahrhundert repräsentierte eine überregionale religiöse Bewegung im persischsprachigen Raum, die zur Gründung der safawidischen Dynastie führte.

3-4-1 Die volksislamischen Bewegungen Der Zusammenbruch des mongolischen Reiches im Iran verursachte eine Phase politischer Instabilität im ganzen Herrschaftsgebiet der Ilchane (Īrān-zamīn), das hauptsächlich unter ihre mächtigen Amire und einheimische Fürsten (mulūk) 102 Siehe 3-4-2 und 3-4-3.

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aufgeteilt war. Eine dauerhafte politische Vereinigung des Gebietes konnte erst am Anfang des 16. Jahrhunderts durch die Entstehung der Dynastie der Safawiden (1501–1722) verwirklicht werden, die sich ursprünglich aus einem mystischen Orden entwickelt hatte. Unter solchen Umständen entfaltete sich eine volkstümliche religiöse Tendenz im ganzen Land, die ihre Wurzeln in der mongolischen Zeit gehabt hatte und deren Beteiligte sich später politisierten. Diese Tendenz setzte sich in den südkaspischen Küstenprovinzen, die schon stark religiös geprägte Fürsten wie die Zaiditen und die Ismā‘īliten erlebt hatten, früher und intensiver in Gestalt des Aufstiegs der einheimischen Sayyids und der Entstehung der Sayyid-Dynastien durch. Die historische Entwicklung der Provinzen im 14. und 15. Jahrhundert wurde von dieser Periode an von den teilweise zeitgenössischen regionalen Geschichtswerken, wie dem Tārīḫ-i Rūyān, dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und dem Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, ausführlicher geschildert und fand Fortsetzungen bis ins 17. Jahrhundert. Die politisch-religiöse Tendenz, die mit dem Begriff „Volksislam“ bezeichnet wurde, zeigte sich deutlich mit dem Zusammenbruch der Dynastie der ‘Abbasi103 den bzw. mit der Entstehung des mongolischen Reiches in Westasien. Mit dem Zusammenbruch der ‘abbasidischen Dynastie verloren die durch die Herrschaft der Kalifen institutionalisierten offiziellen islamischen Wissenschaften, insbesondere Theologie und Rechtswissenschaft, die im Gegensatz zum Begriff „Volksislam“ als „Hochislam“ bezeichnet wurden, ihre praktische Bedeutung und ihren Einfluss auf die Gesellschaft als religiöse Autorität. Die einfachen Leute, die nichts mehr von den gebildeten Persönlichkeiten der oberen Gesellschaftsschicht wissen wollten, ließen sich von Ṣūfīs (Mystikern), Heiligen und Sayyids ansprechen, die damals in jeder Stadt zu finden waren und sie mit allerlei Wundertaten anzogen (Mazzaoui (1972), 22, 41-42). Die Mystiker, Heiligen und Sayyids, die zum „Volksislam“ gehörten, fingen an, sich mit Unterstützung der Bevölkerung politisch zu engagieren und Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben, um sie zu einer Art „Ur-Islam“ zu bekehren. Sie versuchten auch, die nomadischen Herrscher zu kontrollieren. Nicht nur die einheimischen einfachen Leute, sondern auch die nomadischen turkmenischen Herrscher verehrten die einfache Würde und die Wundertaten solcher anti-orthodoxen religiösen Gruppen, die eben nicht durch traditionelle Autorität legitimiert waren. Diese Tendenz, die sich während der nicht-islamischen mongolischen Herrschaft entwickelte, nahm im Laufe des 14. Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch des Rei104 ches der Ilchane deutlich zu. Der unerwartete, plötzliche Tod des kinderlosen Ilchans Abū Sa‘īd im Jahr 735/1335 löste eine Reihe heftiger Machtkämpfe um seine Nachfolge aus, durch 103 Über die ausfühliche Definition und die Verwendung des Begriffs „Volksislam“ siehe Goto (1999), 46-48. 104 Den Aufstieg dieser volkstümlichen religiösen Bewegung im 13. und 14. Jahrhunderts behandeln die Aufsätze Aubins.

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die im ganzen ilchanidischen Herrschaftsgebiet die Nachfolgestaaten des Reiches entstanden: die mächtigen waren z.B. die Ǧalāiriden in ‘Irāq-i ‘Arab (später auch in Āẕarbā’īǧān), die Čupāniden in Āẕarbā’īǧān, die Muẓaffariden in Fārs, die Kartiden in Ost-Ḫurāsān und Ṭuġai Temür in West-Ḫurāsān. Die ersten zwei Dynastien – die Ǧalāiriden und die Čupāniden – wurden von mongolischen Amiren gegründet die anderen zwei – die Muẓaffariden und die Kartiden – waren einheimische Fürsten, deren Herrschaft von den Ilchanen anerkannt worden war. Ṭaġai Temür war einer der Nachkommen des ältesten Sohnes von Dschingis Khan, der sich als der neue Ilchan behauptete. Die Ǧalāiriden und die Čupāniden unterstützten zuerst jeder einen Ilchan, um ihre Legitimität zu rechtfertigen, da damals das Herrschaftsrecht über Īrān-zamīn nur den Ilchanen zugeschrieben wurde. Erst später machten sie sich unabhängig. Die Muẓaffariden, deren Herrschaftsgebiet Fārs nicht weit vom politischen Zentrum der Mongolen, Āẕarbā’īǧān, entfernt war, anerkannten die Oberherrschaft des in Kairo im Asyl lebenden ‘abbasidischen Kalifen, um mit den Ǧalāiriden und den Čupāniden zu ri105 valisieren. Im Laufe dieser Machtkämpfe um den nächsten Ilchan unter den Mächtigen des Reiches entstand in West-Ḫurāsān eine kleine, außergewöhnliche „Republik“, die Sarbadārān, deren Entstehung im Rahmen der „volksislamischen“ Bewegung zu verstehen und mit deren Geschichte die historische Entwicklung von Māzandarān untrennbar verbunden ist. Der Gründer der „Sarbadār-Republik“, ‘Abd al-Razzāq, der aus guten Verhältnissen kam, tötete in Bāštīn, einem Dörfchen in Sabzawār einen von Ṭuġai Temürs Wesir geschickten ilchanidischen Finanzbeamten. Um sein Verbrechen zu rechtfertigen, stand ‘Abd al-Razzāq gegen Ṭuġai Temür auf und eroberte Sabzawār (um 737/1337). Sein Bruder und Nachfolger, Waǧīh al-Dīn Mas’ūd, suchte Unterstützung bei Šaiḫ Ḥasan Ǧūrī, einem Schüler des aus Māzandarān stammenden schi‘itischen Derwischs Šaiḫ Ḫalīfa, um den neu entstehenden kleinen Staat ohne mongolische Autorität stabil zu halten (vgl. Melville (1997), 47-48). Petruševskijs Definition aus den 1950er Jahren, der den Aufstieg der Sarbadārān und die darauf folgende Gründung der zwei Sayyid-Dynastien, der Mar‘ašīyān und der Kiyāyān, als Klassenkampf versteht, wird heute für nicht mehr zeitgemäß gehalten. Feste und direkte Verbindungen zwischen den Sarbadārān und den Mar‘ašīyān, die die Machtergreifung der letzten ausgelöst hätten, sind aus den schriftlichen Quellen nicht zu beweisen. Was die beiden gemein hatten, 106 war die gesellschaftliche Grundlage. In den Provinzen, die der ilchanidischen Autorität fern standen, hatten die neuen Machthaber das Anliegen, ihre Machtergreifung mit einer von den einheimischen Einwohnern anerkannten religiösen Autorität auszustatten und rechneten auch auf die militärische Unterstüt105 Einen Überblick über die post-mongolische Zeit gibt Roemer (1986). 106 Siehe Goto (1999), 55-60.

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zung der Einwohner. Dieses Schema, das hier die Sarbadārān betrifft, läßt sich auch auf den Čalāwiden Kiyā Afrāsiyāb anwenden, der den letzten BāwandiyānHerrscher ermordete.

3-4-2 Kurze Herrschaft der Čalāwiyān: Das Ende der Bāwandiyān-Dynastie Die Sarbadārān fingen bald an, ihre Macht nach außen auszudehnen. Ihren Feldzug nach Māzandarān unter Führung Waǧīh al-Dīn Mas‘ūds wehrten die Māzandarāner ab (um 743/1342). Waǧīh al-Dīn Mas‘ūd selbst wurde auf der Flucht getötet (Ḥāfiẓ Abrū, 25; HS, III, 358, 361-2; TR, 184; TTRM, 42-44; Taẕkirat al-šu‘arā, 210-211; Muǧmal-i Faṣīḥī, III, 69. Vgl. Goto (1999), 52). Durch dieses Ereignis bewiesen die Bāwandiyān erneut ihre Schwäche. Angesichts des Feldzuges floh Malik Faḫr al-Daula Ḥasan zuerst zu seinem Verwandten, dem Ustandār Malik Ǧalāl al-Daula Iskandar, der ihn zum Widerstand überredete. Damals waren in Māzandarān unter den Bāwandiyān zwei Geschlechter politisch einflussreich: die Ǧalāliyān und die Čalāwiyān. Die Ǧalāliyān mit dem Hauptsitz in Sārī, die dem Malik die Unterwerfung angeraten hatten, verloren ihre günstige Position am Hof, die Čalāwiyān dagegen erhielten mehr Gewicht. Sieben Jahre nach dem Feldzug der Sarbadārān ermordete ein einflussreicher Čalāwide, Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī, der Faḫr al-Daulas Sipahsālār (Oberbefehlshaber) war, den letzten Bāwandiyān-Malik, setzte der angeblich über 600 Jahre währenden Bāwandiyān-Dynastie ein endgültiges Ende und übernahm die Herrschaft über Māzandarān. Hinter seiner Tat steckte ein Machtkampf zwischen den Čalāwiyān und den Ǧalāliyān, die nach ihrem Machverlust bei den Bādūspaniyān Unterstützung gesucht hatten. Malik Ǧalāl al-Daula marschierte gegen Faḫr al-Daula nach Māzandarān. Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī ermordete Faḫr al-Daula (27. Muḥarram 750/16. April 1349), als der Malik sich aus seinem Hauptsitz Āmul zu seinem Verwandten begeben hatte, um mit ihm Frieden zu schließen, weil durch den Frieden zwischen den Maliks Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī vertrieben hätte werden können (TR, 202; TTRM, 47). Er benötigte allerdings noch eine Rechtfertigung für seine Tat. Sein Versuch, die Ermordung von Faḫr al-Daula wegen eines unmoralischen Verhältnis des Maliks mit seiner Stieftochter – sie war Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs Nichte – durch ein Rechtsgutachten (fatwā) rechtskräftig zu machen, war erfolgreich, allerdings löste seine Machtergreifung auch von seiten seines Geschlechts heftige Vorwürfe aus, weswegen er ein weiteres Verfahren anstrengte. Er stützte sich auf einen mystischen Ordensführer und wurde sein Schüler (murīd), um seine Herrschaft mit einer religiösen Autorität zu legitimieren (TTRM, 120-121, 172174). Der Ordensführer, Sayyid Qawām al-Dīn Mar‘ašī (gest. 781/1379) aus Dābū in Māzandarān, gehörte keinesfalls zu dem institutionalisierten „hochislamischen“ 85

Intellektuellenkreis, sondern war ein „volksislamischer“ Geistlicher, der einen Orden gegründet hatte, sich stets mit mystischen Übungen (gūša nišīnī) beschäftigte (vgl. TTRM, 120) und von den Einwohnern von Māzandarān tief verehrt wurde. So dürfte Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī durch die Koalition mit ihm nicht nur mit Unterstützung seitens der Einwohner, sondern auch mit militärischer Verstärkung gerechnet haben. Als der Ustandār Ǧalāl al-Daula mit den Angehörigen des ermordeten Maliks nach Māzandarān marschierte, beteiligte sich Qawām al-Dīn Mar‘ašī mit seinen Schülern und Anhängern (mu‘taqidān) an dem erfolgreichen Gegenangriff (TTRM, 47). Die Koalition eines neu an die Macht gekommenen Herrschers mit einheimischen nicht „hochislamischen“ Geistlichen, wovon hier zwei Beispiele aus WestḪurāsān und Māzandarān gezeigt wurden, befand sich im Rahmen der schon erwähnten politisch-religiösen Tendenz, die nach dem Zusammenbruch des mongolischen Reichs in Iran deutlich geworden war. Aufgrund dieser Tendenz genossen die zum „Volksislam“ gehörenden Mystiker, Heiligen und Sayyids Ansehen bei der einheimischen Bevölkerung und versuchten, Einfluss auf die Politik auszuüben. Die südkaspischen Küstenprovinzen boten diesen „volksislamischen“ Geistlichen eine ideale Umgebung für ihre Aktivitäten. Schon in der ‘abbasidischen Zeit waren Sayyids in die gebirgigen Küstenprovinzen gekommen, um dort Zuflucht zu suchen, und hatten zur Islamisierung und gleichzeitig zur Schi‘itisierung der Provinzen beigetragen, was auch zur Entstehung der Zaiditen-Dynastie geführt hatte. Die Machtergreifung einer nichtsunnitischen religiösen Gruppe unter einer großen Zentralmacht war nur in einem solchen geographisch abgeschlossenen Gebiet möglich, und die Küstenprovinzen dürfen diesbezüglich nicht als Sonderfall betrachtet werden. Bei der selbstbewussten einheimischen Bevölkerung kam die Sayyid-Heiligen-Verehrung schon seit frühislamischer Zeit zu einer breiten Entfaltung. Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī war entschlossen, aus dieser Verehrung Vorteile zu ziehen. Allerdings hatte die Koalition mit den „volksislamischen“ Geistlichen auch Nachteile. Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī gelang es, Malik Ǧalāl al-Daulas Feldzug mit der Verstärkung von Qawām al-Dīn Mar‘ašīs Anhängern zurückzuschlagen. Später, als die Leute (mardum) von Māzandarān sahen, dass ihr Führer (ra’īs) Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī sich Qawām al-Dīn angeschlossen hatte, erachteten sie den Sayyid als ihren geistlichen Führer (muqtadā) und wurden seine treuen Schüler. Die Zahl der Schüler wuchs schnell und gefährdete Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs Herrschaft, weil ihn die Schüler des Ordens als gleichrangig ansahen und ihm keine Ehre mehr erwiesen. Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī bildete nun eine Koalition mit den Ulema, brachte Qawām al-Dīn vor Gericht wegen illegalen Verhaltens und setzte ihn schließlich gefangen. Gleichzeitig trat er aus dem Orden aus und befahl die Verfolgung der Ordensmitglieder. In derselben Nacht, als er Qawām al-Dīn ins Gefängnis brachte, starb einer seiner Söhne plötzlich an Leibschmerzen. Die Leu86

te hielten dies für ein Wunder und ließen den Sayyid aus dem Gefängnis frei. Qawām al-Dīn floh in seine Heimat (TTRM, 175-176; vgl. Goto (1999), 54). Im 14. Jahrhundert standen Sayyids und Heilige in der iranischen Gesellschaft in so hohem Ansehen, dass die weltlichen Mächte sich dieses zunutze machen wollten. Die „volksislamischen“ Geistlichen ihrerseits, die sich ihrer Machtposition bewusst waren, ließen sich nicht einfach von den Machthabern kontrollieren, sondern wollten mehr Einfluss auf die Politik ausüben. In der Koalition der Sarbadārān mit den Scheichs gab es stets ein Tauziehen zwischen den weltlichen und den geistlichen Führern der Regierung um die politische Macht. Z.B. ermordete beim Feldzug nach West-Ḫurāsān gegen die Kartiden der zweite Sarbadār-Führer Waǧīh al-Dīn Mas‘ūd seinen Koalitionspartner Šaiḫ Ḫalīfa (743/ 1342), weil dieser in der Regierung zu einflussreich geworden war und seine Herrschaft gefährdet hatte. Als Folge scheiterte der Feldzug und Waǧīh al-Dīn Mas‘ūd änderte das Ziel des Angriffes in Richtung Māzandarān. Der Feldzug nach Māzandarān wurde ihm – wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt – zum Verhängnis. Allerdings existierte die Doppel-Regierung der Sarbadārān bis zur Unterwerfung des letzten Herrschers Ḫwāǧa ‘Alī Mu’ayyad anlässlich Timurs Feldzug nach Iran (783/1381) (vgl. Melville (1997), 48-49; Goto (1999), 59). Qawām al-Dīn Mar‘ašīs Ansehen unter den Einwohnern wurde zu einer Gefahr für Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs Herrschaft. 760/1358-9 rief er abermals den Sayyid, der sich nach Dābū zurückgezogenen hatte, nach Āmul, um ihn gefangenzusetzen. Als Qawām al-Dīn der Aufforderung nicht nachkam, marschierte er in Richtung Dābū. Die Mar‘ašīyān, die sich zur Wehr setzten, besiegten die Čalāwīyān mit List und Tücke. Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī und alle seine Familienglieder, die an der Schlacht teilgenommenen hatten, wurden umgebracht. Die Herrschaft von Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī in Māzandarān währte aber nur etwa zehn Jahre (750/1349–760/1358-9). Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs Unternehmen setzte wider seine Erwartung eine neue Phase in die Regionalgeschichte der Küstenprovinzen in Gang – den Aufstieg der Mar‘ašīyān.

3-4-3 Der Aufstieg der Mar‘ašīyān in Māzandarān Die Machtergreifung der Mar‘ašīyān war im Laufe der politischen Entwicklung eher ein Zufall. Der Ordensgründer und erste Herrscher der Mar‘ašī-Dynastie, Sayyid Qawām al-Dīn Mar’ašī, war ein frommer Mann mit mystischer Ausbildung, der Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge kein Verlangen nach weltlicher Macht (ṭalab-i dunyā) hatte und sein Leben dem Glauben widmen wollte (TTRM, 188189). Öffentlich ergriff er weder politische noch militärische Initiative. Nachdem die Mar‘ašīyān die Schlacht gegen die Čalāwīyān gewonnen hatten, zogen sie in Āmul ein. Später, nach der Beseitigung des anderen mächtigen Geschlechtes, der Ǧalāliyān in Sārī, wurde ihr Hauptsitz nach Sārī verlegt (zwischen 769/1367-8 87

und 770/1368-9) (TTRM, 194-197). Qawām al-Dīn, der sich nicht politisch engagieren wollte, ernannte seinen zweiten Sohn Kamāl al-Dīn zu seinem Nachfolger 107 (TTRM, 182-185), der in den nächsten 20 Jahren bis zur Deportation der Mar‘ašīyān nach Zentralasien durch Timur im Jahr 794/1392 ihre territoriale Ausdeh108 nung nach Rūyān/Rustamdār und Fīrūzkūh mit Erfolg fortführte.

Die Fürsten von Māzandarān beim Aufstieg der Mar‘ašīyān Māzandarān Āmul: Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī Sārī: die Ǧalāliyān Kūhistān von Māzandarān (Ṭabaristān) Sawādkūh: Kiyā Iskandar Siyāwuš Fīrūzkūh: Kiyā Ǧalāl Matmīr Qawām al-Dīn war ein Sayyid. Laut seinem Urenkel Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī hieß er Qawām al-Dīn b. ‘Abd Allāh b. Muḥammad b. Ṣādiq b. ‘Abd Allāh b. Ḥusain b. ‘Alī b. ‘Abd Allāh b. Muḥammad b. Ḥasan al-Mar‘ašī b. Ḥusain al-Ṣādiq b. Imām al109 Hādī Zain al-‘Ābidīn ‘Alī b. Ḥusain ‘Alī al-Murtażā ibn Abī Ṭālib (TTRM, 166). Er stammte aus der Ḥusain-Linie, sein Vorfahr war aus dem syrischen Städtchen Mar‘aš nach Māzandarān gekommen. Nach seinem Studium pilgerte Qawām alDīn nach Mašhad und erlernte dort mystische Praktiken. Nach seiner Heimkehr gründete er einen Orden (TTRM, 120). Eine von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī angedeutete direkte Verbindung zwischen ihm und den Scheichs des mit den Sarbadārān verbundenen Ordens von Šaiḫ Ḫalīfa ist nicht festzustellen und sollte eher als eine spätere Erfindung betrachtet werden (vgl. Goto (1999), 56-57). Ihre Machtergreifung und die Stabilisierung ihrer Herrschaft verdankten die Mar‘ašīyān grösstenteils dem charismatischen Ansehen Qawām al-Dīns als Ordensführer und der Unterstützung durch die Einwohnern von Māzandarān, die schon in Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs Regierungszeit zu beobachten war. Die Unterstützer der Mar‘ašīyān bestanden aus zwei Schichten: den Derwischen, die Mitglieder des Ordens waren, und den einfachen Leuten (mardum), von denen viele Qawām al-Dīns Schüler waren. Die Derwische galten als „die Stütze des Glaubens und des Reichtums und die Unterstützer der Säule dieser erhabenen Dynastie“ 107 Qawām al-Dīns ältester Sohn ‘Abd Allāh wollte wie der Vater sein Leben dem Glauben widmen. Er wurde aber von einem Mörder, der von den Ǧalāliyān gedungen war, getötet (TTRM, 188). 108 Wie die anderen regionalen Fürsten der Provinzen planten die Mar‘ašīyān ein Vorrücken nach Qazwīn. Als Zugang nach außen war die Stadt von großer Bedeutung (vgl. Goto, (1999), 82). Das Unternehmen wurde wegen des Tods von Qawām ad-Dīn abgebrochen (TTRM, 214-215). Später wechselten sie die Richtung und führten einen Feldzug nach Astarābād durch. Die Stadt, die unter Kontrolle des Sarbadār-Führers Amīr Walī gewesen war, mussten sie jedoch angesichts des Anmarschs von Timur sofort wieder aufgeben. 109 Zu anderen Erklärungen in den späteren Quellen und die Diskussion dazu siehe Calmard (1991), 510-511 (Table A).

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(TMM, 15-16). Bei der sieghaften Abwehrschlacht gegen die Čalāwīyān nahmen auf der Seite der Mar‘ašīyān ca. 300 Derwische teil. Die Zahl der gewöhnlichen Leute lag natürlich deutlich höher. In ihrer schlichten Verehrung schätzten sie den Sayyid höher als den weltlichen Herrscher und befreiten ihn aus dem Gefängnis. Nach der Machergreifung der Mar‘ašīyān hielten Qawām al-Dīns Söhne ihn vom kompletten Rückzug aus der Politik ab, weil die Leute ihm folgen würden und damit ihr Widerstand gegen die feindlichen Nachbarn – zuerst die Ǧalāliyān in Sārī – auf Schwierigkeiten stoßen würde. Als Qawām al-Dīn sich ausnahmsweise bereit erklärte, an einer der wichtigsten militärischen Operation – der Belagerung der Festung von Fīrūzkūh – teilzunehmen, eilten die Leute zu ihm (TTRM, 202; vgl. Goto (1999), 60-62). Zu diesem Zeitpunkt trugen die meisten Leute ein Fakir-Derwisch-Gewand (TGD, 18; vgl. Goto (1999), 66). In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als Timur (reg. 1370–1405) nach der politischen Wiedervereinigung von Zentralasien nach Westasien kam, war die Sayyid-Heiligen-Verehrung nicht nur bei der ansässigen Bevölkerung, sondern auch bei den nomadischen Herrschern türkischer Abstammung sichtbar. Trotz frühzeitigem Gehorsam der Mar‘ašīyān gegenüber Timur und der geographischen Schwierigkeiten führte Timur im Verlauf seines fünfjährigen Feldzuges in Westasien einen Feldzug nach Māzandarān durch und setzte Iskandar Šaiḫī, den einzigen noch lebenden Sohn Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs als Stadthauptmann 110 (dārūġa) von Āmul und Ǧamšīd Qārūn Gūrī in Sārī ein (794/1392). Timur, der bei der Eroberung der Regionaldynastien in Iran die Herrscher – wie die Ǧalāiriden in Āẕarbā’īǧān, die Muẓaffariden in Fārs, die Kartiden in Ost-Ḫurāsān – völlig verdrängte, ließ die Mar‘ašīyān nach Zentralasien deportieren, wobei Qawām alDīns Söhne einschließlich Kamāl ad-Dīns starben (HS, III, 344-346; RS, VI, 204-207; 111 TTRM, 255-231; Šāmī, I, 127-128; Yazdī, I, 409-414). Obwohl Iskandar Šaiḫī aus Rache für seine Familie ihre Hinrichtung verlangte, wurde sein Wunsch zurückgewiesen. Timur akzeptierte die Auffassung von Malik Sa‘d al-Daula Ṭūs, dem damaligen Herrscher von Rūyān/Rustamdār, die Sayyids nicht zu töten: Sie [die Mar‘ašīyān] brachten keine Leute von uns um, wofür wir den religiösen Gesetzen gemäß Vergeltung verlangen könnten. Denn der Pfeil eines ihrer Diener hat während der Schlacht irgendeinen von uns durchbohrt, oder sie fielen auf dem Feld der Ehre durch den Schwertstoß eines Unbekannten. Es wäre erschreckend, 110 Kamāl al-Dīn, Qawām ad-Dīns zweiter Sohn und Nachfolger verließ angesichts der Eroberung von Herāt, dem Hauptsitz der Kartiden, durch Timur Astarābād, das sich damals unter ihrer Kontrolle befand (783/1381). 788/1386 stattete er mit seinem Bruder Riżā ad-Dīn, Herrscher von Āmul, Timur einen Besuch ab, als Timur nach seinem vierten Feldzug in West-Iran auf dem Rückweg nach Samarqand Māzandarān streifte. Sie akzeptierten die Herstellung der Münzen (sikka) und die Predigt (ḫutba) im Namen des Čaġatay-Chans (788/1386) (Šāmī, I, 97). Kamāl al-Dīn schickte inzwischen seinen Sohn mit Geschenken zu Timur (TTRM, 223-225; Šāmī, I, 98). Siehe auch Goto (1999), 76-77. 111 Zu Timurs Politik den regionalen Fürsten gegenüber siehe Manz, 91-93.

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falls die Hinrichtung [der Sayyids] gesetzmäßig wäre. Außerdem sind sie Sayyids. Wenn man sie umbringen würde, müsste man ohne Zweifel am Jüngsten Tag neben dem verfluchten Yazīd [ dem ersten umaiyadischen Kalifen] sitzen und vor Gott Rechenschaft ablegen. Ich ertrage es nicht, in Yazīds Mitschuld zu sein. Das hängt von Eurer Majestät ab. (TTRM, 232) Wie schon berichtet, hatten die Zentralmächte nur selten Feldzüge in die südkaspischen Küstenprovinzen unternommen. Der Erfolg war gering und von einer direkten Herrschaft konnte kaum die Rede sein. Bei Timurs Feldzug spielte Kiyā Afrāsiyāb Čalāwīs Sohn Iskandar Šaiḫī, der ortskundig war und ein persönliches Interesse an der Rache an den Mar‘ašīyān hatte, eine entscheidende Rolle. 112 Jedoch war die Sayyid-Heiligen-Verehrung in den Küstenprovinzen, wie das Zitat oben deutlich zeigt, nicht zu übersehen. Timur tötete die Mar‘ašī-Sayyids nicht, obwohl er sie wegen ihres falschen Glaubens kritisierte (TTRM, 231; Yazdī, I, 410; vgl. Goto (2002/3), 74-76). Nach Timurs Tod (1405) baten die in Zentralasien lebenden Mar‘ašīyān seinen Sohn und Nachfolger Šāh Ruḫ (reg. 1407–1447) um ihre Freilassung und die Erlaubnis zur Rückkehr, die Timur ihnen angeblich versprochen hatte. Šāh Ruḫ entsprach ihrem Wunsch und übertrug ihnen die 113 Herrschaft über Sārī und Āmul (809/1406-7) (TTRM, 245-247). Die Verehrung der Māzandarāner Einwohner für die Mar‘ašīyān war tief verwurzelt. Iskandar Šaiḫī beabsichtigte die Zerstörung des Grabs von Qawām adDīn, sein Befehl scheiterte aber am Widerstand der Bevölkerung (TTRM, 237). Bei ihrer Rückkehr in die Heimat finanzierten sie den verarmten Sayyids die Rückreise und empfingen sie mit großem Jubel (TTRM, 245-247; vgl. Goto (1999), 61). Nach ihrer Rückkehr in Māzandarān etablierten die Mar‘ašīyān ihre Herrschaft über Māzandarān und Ṭabaristān wieder und bildeten mit den Bādūspaniyān in Rūyān/Rustamdār und den Kiyāyān in Ost-Gīlān die mächtigen regionalen Fürsten der Küstenprovinzen.

Sayyid ‘Imāds Aufstieg in Hizār-ǧarīb Obwohl aus den zeitgenössischen Darstellungen schwer nachvollziehbar, ist der Aufstieg von Sayyid ‘Imād (al-Dīn) sowohl im Rahmen der Regionalgeschichte der Küstenprovinzen als auch im Rahmen der volksislamischen Bewegung zu verstehen: Sayyid ‘Imād stammte aus einer Sayyid-Familie und kam in Hizār112 Die Timuriden bereitete sich auf den Feldzug gut vor. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge wurden die mit Axt, Sichel und Säge ausgerüstete yāsāqiyān vor die Armee gestellt, um Bäume im Dschungel zu schlagen und daraus Brücken über Flüsse zu bauen. Auch Schmiedemeister waren zum Schleifen der Werkzeuge dabei (TTRM, 227). 113 Zu Timurs Lebzeiten hatte Iskandar Šaiḫī aus einem unbekannten Grund Widerstand geleistet und sich in der Festung von Fīrūzkūh eingeschlossen. Nach seiner Vertreibung wurde die Herrschaft über Āmul Kamāl al-Dīns Sohn ‘Alī übergeben, der an der Belagerung teilgenommen hatte (805/1402-3) (HS, III, 346; RS, VI, 467-472; TTRM, 240-244; Yazdī, II, 406-410; Clavijo, 171-172). Dies war der Anlass für die Rückkehr der Familie.

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ǧarīb, einer Provinz von Kūhistān südlich von Māzandarān, an die Macht (gegen 781/1379-80). Sayyid ‘Imād war der Gründer einer kleinen Regionaldynastie in Hizār-ǧarīb, die in den Regionalgeschichtswerken als Siyādat-i Hizār-ǧarīb bezeichnet ist. Nach dem Tārīḫ-i īlčī war er, wie Qawām al-Dīn Mar’ašī, Imām ‘Alī Zain al-‘Ābidīns Nachkomme und hatte Qawām al-Dīn nach Māzandarān begleitet. Die Mar‘ašīyān halfen ihm bei seiner Machtergreifung (vgl. TTRM, 217). Sein Aufstieg 114 soll kurz nach Qawām ad-Dīns Tod geschehen sein (gegen 781/1379-80). Die Mar‘ašīyān waren damals im Aufschwung: sie hatten gerade einer anderen Sayyid-Familie in Ost-Gīlān, den Kiyāyān, bei ihrem Aufstieg geholfen und dehnten ihre Macht bis nach Astarābād aus. Obwohl von Sayyid ‘Imāds Aufstieg nichts Näheres bekannt ist, unterstützten die Mar‘ašīyān ohne Zweifel diese Sayyid-Familie aus freundschaftlichen Gründen und versuchten dadurch Bündnisse mit ihnen zu festigen: Die Unterstützung der Kiyāyān durch die Mar‘ašīyān kam aus demselben Grund zustande. Ein Beweis dafür: Sayyid ‘Imāds Sohn, ‘Izz al-Dīn war Schwiegervater von Riżā ad-Dīn b. Qawām al-Dīn (TTRM, 256).

Die Sayyids von Hizār-ǧarīb ‘Imād (ad-Dīn)

‘Izz al-Dīn Riżā al-Dīn → weiter Ǧibrīl

→ weiter

Während Timurs Feldzug nach Westasien gingen Sayyid ‘Imād und seine Söhne nach Dāmġān, leisteten Timur Gehorsam und nahmen an den meisten seiner Feldzüge teil. Für ihre Leistungen vertraute Timur der Familie die Herrschaft über Hizār-ǧarīb an. Nach Sayyid ‘Imāds Tod soll sich die Familie in zwei Linien geteilt haben: die Linie von Riẓa al-Dīn und die Linie von Ǧibrīl, die den Herr115 schern von ‘Irāq und Ḫurāsān Gehorsam geleistet haben soll (TI, 249). Jedoch waren die Sayyids von Hizār-ǧarīb stets eng mit den Mar‘ašīyān verbunden. Amīr Ġaẓanfar, der zwischen 872/1467 und 892/1487 Herrscher von Hizār-ǧarīb war, soll mit Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī, dem Herrscher von Sārī, verwandt gewesen sein und unterstützte Zain al-‘Ābidīn beim Machtkampf ge116 gen seinen Rivalen ‘Abd al-Karīm (TGD, 465; TMM, 9, 15).

3-4-4 Der Aufstieg der Kiyāyān in Ost-Gīlān und die Integration von Dailamistān Hinter dem Aufstieg einer anderen Sayyid-Dynastie, der Kiyāyān, die über OstGīlān hinaus die erfolgreichste wurde, verbargen sich die religiösen Besonder114 Da die Datierungen der Ereignisse vor und nach dem Tode von Qawām al-Dīn widersprüchlich sind, ist eine genaue Jahresangabe nicht möglich. 115 Aus Mangel an Auskünften in den Regionalgeschichtwerken kann dieser Bericht nicht verifiziert werden. 116 Siehe auch 3-5-2.

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heiten dieser Provinzen. Jedoch verdankten sie ihre Machtergreifung zuerst der Unterstützung durch die Mar‘ašīyān. Die südwestlichen Küstenprovinzen Gīlān und Dailamistān waren ebenso wie schon bis zum Ende des 13. Jahrhunderts auch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts politisch nicht geeint und in kleine Fürstentümer aufgeteilt. Zumindest über die Namen der Fürsten herrscht dank Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Angaben Gewissheit, obwohl ihre Aktivitäten bis vor dem Aufstieg der Kiyāyān größtenteils in Dunkel gehüllt sind. In Ost-Gīlān waren die Nauṣirūd-Amire mächtig. In Lāhīǧān herrschte Amīr Ǧahān Nauṣirūd und Rānikūh gehörte seinem Schwager und Cousin, Amīr Naupāšā Nauṣirūd. Tunikābun, eine kleine Stadt an der Grenze zu Rūyān/Rustamdār, gehörte Sayyid Rikābzan Ḥasanī. In West-Gīlān waren die Taǧāspī-Amire in Rašt und die Isḥaqī-Amire in Fūman die zwei mächtigen AmirFamilien. Kūhdum war unter Amīr Anūz Kūhdumīs Kontrolle. Die Amire waren durch Eheschließungen miteinander verwandt.

Die Fürsten von Gīlān und Dailamistān kurz vor dem Aufstieg der Kiyāyān Ost-Gīlān: Lāhīǧān: Amīr Ǧahān b. Šaraf al-Daula Nauṣirūd 117 (Amīr Naupāšā Nauṣirūds Schwager und Cousin) Rānikūh: Amīr Naupāšā b. Amīr Muḥammad Nauṣirūd Tunikābun: Sayyid Rikābzan Ḥasanī Garǧiyān: Amire West-Gīlān: Rašt: Amīr Muḥammad Taǧāspī Fūman: Amīr Dabbāǧ b. ‘Alā al-Dīn Isḥaqī 118 Šaft: Amīr-i Šaftī (Amir von Šaft) 119 (Gaskar: Amīr Sāsān) Laštanisā: Amīr Mas‘ūd b. Naupāšā b. Sālūk Kūčishānī Isma‘īrūd 120 Kūčishān: Amīr Naupāšā b. Amīr Sālūk Kūčishānī Isma‘īrūd Kūhdum: Amīr Anūz Kūhdumī (verh. m. Kūla Bahādur Nauṣirūds Tochter) Dailamistān: 121 Šukūr und Alamūt: Kiyā Malik Hizāraspī (verw. m. den Nauṣirūd-Amiren) 117 Amīr Ǧahān Nauṣirūds Vater Šaraf al-Daula war Amīr Naupāšā Nauṣirūds Onkel und Amīr Ǧahān Nauṣirūds Schwester war seine Frau (TGD, 21-22). 118 Der Name des Amirs von Šaft, Amīr Muḥammad Šaftī, taucht erst bei dem großen Gegenangriff der West-Gīlāner Amire gegen die Kiyāyān beim Feldzug Timurs auf (792/1390) (TGD, 79). Ob der Amir von Šaft zur Zeit des Aufstiegs der Kiyāyān mit ihm identisch war, ist nicht nachweisbar. 119 Ebenso wie im Falle des Amirs von Šaft wurde die Existenz und der Name des Amirs von Gaskar erst beim Gegenangriff der West-Gīlāner Amire bekannt (TGD, 79). 120 Obwohl er im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān nicht deutlich als Herrscher bezeichnet wurde, könnte er nach seiner Nisba und nach dem Namen des Herrschers von Laštanisā als Herrscher von Kūčishān betrachtet werden. 121 Als Amīr Naupāšā von Rānikū von den Kiyāyān vertrieben wurde und nach Šukūr floh,

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Dailamān: Kiyā Saif al-Dīn Kūšīǧ Umgebung von Ḫargām: Kiyā Mas‘ūd Kiyā und Ǧahān Šāh Kūšīǧ Teile von Dailamān, Rūdbār, Šukūr u.a.: Ḫudābanda Muḥammad Ṭārum: Qubād (Wālī und Dārūġa ) in der Festung (qal’a) von Šamīrān In religöser Hinsicht waren die südwestlichen Küstenprovinzen stark zaiditisch geprägt. Seit der Entstehung der Zaiditen-Dynastie gehörten die Einwohner (mardum) von Ost-Gīlān, einige Leute von Rustamdār und des Gebirges (Kūhistān) dieser Provinzen der Fünfer-Schi‘a an (TGD, 27; vgl. Madelung (1989-2), 386; Madelung (2002), 479). Wie schon erwähnt, befanden sich im ehemaligen Herrschaftsgebiet der zaiditischen Dynastie nach deren Untergang weiterhin kleine zaiditische Gemeinden. Tunikābun war eine solche Gemeinde, die von einem zai122 ditischen Sayyid, Sayyid Rikānzan Ḥasanī, regiert wurde. Der größte Teil von West-Gīlān, Laštanisā ausgenommen, war sunnitisch. Die Kiyāyān, in den Regionalgeschichten genauer als Kār Kiyāyān bezeichnet, waren zaiditische Sayyids aus Malāṭ in Ost-Gīlān. Der Vorfahr der Kiyāyān, Amīr Kiyā, war „wegen der Eroberung der Amire, der Herrscher von Gīlān“ mit seiner Familie nach Rustamdār ausgewandert (TTRM, 196). Dort wurden sie von den Maliks mit aller Ehrerbietung empfangen (TGD, 15). Amīr Kiyā, der eine Medrese in Malāṭ absolviert hatte (TGD, 36), hatte Amīr Naupāšā Nauṣirūds Vater ermordet (TGD, 35). Aus kurzen und fragmentarischen Berichten lässt sich vermuten, dass die Kiyāyān als zaiditische Sayyids mit erforderlicher Ausbildung eine führende Rolle in einer kleinen zaiditischen Gemeinde in Ost-Gīlān gespielt hatten und dadurch begonnen hatten, mit den einheimischen Amiren um die politische Macht zu konkurrieren. Ob Amīr Kiyā schon als oberster Führer (Imam) der Gemeinde anerkannt worden war, ist aus Mangel an Quellen nicht festzustellen. Jedoch war der Einfluss der Kiyāyān auf die Einwohner so augenfällig, dass sie im Laufe der Machtkämpfe mit den Amiren zweimal zur Auswanderung gezwungen wurden. Nach Amīr Kiyās Tod, ein Jahr nach ihrer Auswanderung, zog sein Sohn ‘Alī Kiyā mit Familie und den Anhängern (tā’ibān) weiter nach Māzandarān, wo Qawām al-Dīn Mar‘ašī ihnen Zuflucht verschaffte (773/1371-2) (TGD, 16; TTRM, 123 196). Nach eineinhalb Jahren kehrten sie nach Ost-Gīlān zurück und übersiedelten mit Erlaubnis des Herrschers von Tunikābun, Sayyid Rikābzan Ḥasanī, nach Tunikābun (TGD, 18-19; TTRM, 196). Als die Nauṣirūd-Amire von der Rückging er zu einem gewissen Amīr Ismā‘īl (TGD, 37). Die Beziehung des Amirs zu Kiyā Malik Hizāraspī ist nicht bekannt. 122 Rikānzan Ḥasanī war ein Nachkomme des Qāsimīya-Zaiditen, Kiyā Abū ’l-Ḥusain Mu’ayyad bi-’llāh (bis 411/1020), dessen Söhne sich in Tunikābun niedergelassen hatten (TGD, 27). 123 Nach Ẓahīr ad-Dīn Mar‘ašīs Angabe war die Ankunft der Kiyāyān in Māzandarān 13 Jahre nach dem Aufstieg der Mar‘ašīyān (760/1358-9). Auf Grund dieser Angabe könnte ihre Auswanderung nach Māzandarān auf das Jahr 773/1371-2 datiert werden.

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kehr der Kiyāyān erfuhren, marschierten sie nach Tunikābun und vertrieben die Kiyāyān zum zweiten Mal nach Māzandarān (776/1374-5) (TGD, 19-21). Ein weitere der üblichen Machtkämpfe unter den Amiren bot den Kiyāyān die Möglichkeit, ganz Ost-Gīlān unter Kontrolle zu bringen. Amīr Naupāšā Nauṣirūd, der der Herrscher von Rānikūh war und Lāhīǧān erobern wollte, lockte den Herrscher der Stadt, Amīr Ǧahān Nauṣirūd, zu einem vorgeblichen Friedensschluss und tötete ihn. Sayyid Rikānzan Ḥasanī von Tunikābun, der gemäß dem mit Amīr Naupāšā abgeschlossenen Vertrag an dieser Intrige beteiligt war, wurde von den Einwohnern der Stadt Lāhīǧān angegriffen und getötet (TGD, 2224). Qawām al-Dīn Mar‘ašī, der davon Kenntnis erhielt, überredete ‘Alī Kiyā dazu, gegen die Amire in die Schlacht zu ziehen. Mit der Verstärkung von den Mar‘ašīyān, die aus 1000 Mann einschliesslich 300 Söhnen von Landbesitzern bestand, gelang es den Kiyāyān, zuerst Tunikābun zu erobern und mit weiterer Verstärkung ganz Ost-Gīlān unter ihre Kontrolle zu bringen (TGD, 28-29; vgl. Goto 124 (1999), 63-65). Die militärischen Erfolge der Kiyāyān waren in erster Linie auf die Unterstützung der Mar‘ašīyān zurückzuführen, und basierten auf Freundschaft und Sympathie zwischen den beiden Sayyid-Familien (vgl. Goto (1999), 66-67). Ausschlaggebend war ihr Status als zaiditische Sayyids und die Unterstützung von den zaiditischen Einwohnern von Ost-Gīlān aufgrund ihrer Funktion als Imame der zaiditischen Gemeinde. Bei der Eroberung von Rānikūh und Lāhīǧān legten die Einwohner den Treueeid ab und ‘Alī Kiyā wurde durch eine Fatwā (Rechtsgutachten) der Ulema als ihr Führer (imām und muqtada’) anerkannt (TGD, 38, 41; vgl. Goto (1999), 65-67). Vor ihrem ersten Feldzug nach West-Gīlān erhielten die Kiyāyān einen Brief von den zaiditischen Einwohnern (mardum) von Laštanisā, der die Kiyāyān zur Annexion der Stadt in ihr Herrschaftsgebiet aufforderte (TGD, 4546). In ihrer frühen Regierungszeit wurde bei Thronbesteigungen ihre Herrschaft als Imam mit einer Fatwā anerkannt (vgl. TGD, 111-115; Goto (1999), 67). Die Machtergreifung und das Imāmat der Kiyāyān basierte mehr auf der traditionellen zaiditischen Gesellschaft in Ost-Gīlān als auf der Sayyid-HeiligenVerehrung des 14. Jahrhunderts, als die Mar‘ašīyān an die Macht kamen. Dennoch trug die Sayyid-Heiligen-Verehrung zu ihrem Aufstieg bei, insofern die militärische Unterstützung der Mar‘ašīyān, aus Sympathie für die SayyidFamilie in Not, die Eroberungen der Kiyāyān ermöglichte. Die Entstehung der zwei SayyidDynastien in den südkaspischen Küstenprovinzen in der Mitte des 14. Jahrhunderts hob den überregionalen volkstümlich-religiösen Trend im persischsprachi124 In der Nacht bevor Qawām ad-Dīn Mar‘ašīs Botschaft zu ihm kam, träumte ‘Alī Kiyā davon, unter vier Brüdern vier Teile Vieh aufzuteilen. Diese vier Teile Vieh sollten die wichtigen Ost-Gīlāner Regionen andeuten, die ‘Alī Kiyā (Lāhīǧān) mit seinen drei Brüdern, Hādī Kiyā (Tunikābun), Mahdī Kiyā (Rānikūh) und Ḥasan Kiyā (Gūka und Kīsum) aufteilte. Da Qawām al-Dīn Mar‘ašī, der 781/1379-80 starb, noch am Leben war, dürfte der Aufstieg der Kiyāyān zwischen 776/1374-5 und 781/1379-80, wahrscheinlich in kurzem Zeitabstand von ihrem zweiten Exil bei den Mar‘ašīyān geschehen sein.

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gen Raum hervor, der immer mehr Einfluss auf die politische Ebene gewann. Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts, als keine dauerhafte Zentralmacht mehr existierte, stellten sie die mächtigen Fürsten der Provinzen. Ihr historisches Verdienst erwarben sie sich allerdings in der Beziehung zu den Safawiden, die ĪranZamīn mehr als 250 Jahre nach dem Zusammenbruch des Reichs der Ilchane politisch vereinigten. In die sunnitischen Städte, Laštanisā ausgenommen, unternahmen die Kiyāyān in früherer Zeit kaum Feldzüge in West-Gīlān, denn über diese herrschten die mächtigen Amire, und infolgedessen war nicht mit der Unterstützung der Einwohner zu rechnen. Nach der Eroberung von Ost-Gīlān begannen sie mit der Eroberung von Dailamistān. In Dailamistān bestand das kriegerische Bergvolk der Dailamistāner (Diyālima), wie aus der Geschichte bekannt, in der Mehrheit aus Ismā‘īliten und teilweise Zaiditen. Die Bekehrung der von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī mit Verachtung als Ketzer (malāḥida) bezeichneten Ismā‘īliten wurde als Begründung für die Eroberung der Provinz benutzt. Die Kiyāyān stießen auf heftigen Widerstand. Obwohl sie nach der Eroberung von Kūhdum (TGD, 49-51) und Ṭārum (TGD, 52) anschließend die Herrscher von Šukūr, Alamūt und Dailamān vertrieben hatten (TGD, 62-69), wurde ihr Erfolgszug durch Timurs Feldzug unterbrochen. Die endgültige Eroberung von Dailamistān gelang ihnen erst im Jahr 813/1410-1, mit dem planmäßig durchgeführten Massaker an den Soldaten von Dailamistān durch die Armee der Kiyāyān (vgl. Goto (1999), 69-71). Damit erlosch der ismā‘īlitische Glaube in Dailamistān nach mehr als 300 Jahren in der südkaspischen Regionalgeschichte. Nach der Integration der Provinz bildeten die Dailamistāner den Hauptteil der Armee der Kiyāyān und begleiteten ihre erfolgreichen Operationen. Mit einer gut organisierten Armee gelang es den Kiyāyān, ihr 125 Herrschaftsgebiet bis nach Qazwīn auszudehnen. Im 14. und 15. Jahrhundert konkurrierten die regionalen Amire in West-Gīlān mit den Kiyāyān. Timur, der die Mar‘ašīyān nach Zentralasien deportierte, folgte in Gīlān der traditionellen Politik der Zentralmächte und ließ die Kiyāyān und 126 die Amire mit Tributzahlungen weiter regieren. Jedoch erlitten die Kiyāyān durch Timurs Feldzug ernste Verluste, die das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān als Martyrium der Sayyids bezeichnet (gegen 789/1387-8). Bis vor dem Eintreffen Timurs im Laufe seines dreijährigen Feldzuges in Westasien (788/1386–790/ 1388) entwickelten sich die Kiyāyān zu den mächtigsten Fürsten in den südwestlichen Küstenprovinzen, da sich ihre Herrschaft über das gebirge Hinterland – Ṭārum, Kūhdum und Dailamistān – hinaus bis auf Qazwīn und Fīrūzkūh erstreck127 te. Die Kiyāyān hatten Qazwīn sieben Jahre lang unter Kontrolle (781/1379-80– 125 Siehe auch 3-5-1 und 5-2. 126 Als Timur nach seinem siebenjährigen Feldzug in Westasien Gīlān streifte (804/1401), wurden als Abgaben für die Provinz, 15.000 man Seide, 7000 Pferde usw. bestimmt (RS, VI, 460-461; Yazdī, II, 397-398; vgl. Goto (1999), 76; Goto (2002/3), 73-74). 127 Beim Aufstieg der Kiyāyān wurden die Herrscher von Ṭārum und Kūhdum vertrieben und

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788/1386) (TGD, 76-78; Šāmī, II, 57). Als Timur von den Kiyāyān die Übergabe von Qazwīn und Ṭārum verlangte, sahen die West-Gīlāner Amire den Rückzug der Kiyāyān und ihre unsichere Lage als günstige Gelegenheit, sie aus Kūčishān und Kūhdum zu verdrängen. In der Folge der Schlachten in West-Gīlān kam ‘Alī Kiyā samt seinen zwei Brüdern Mahdī Kiyā und Ḥasan Kiyā und anderen Familienmitgliedern ums Leben (791/1389). Nur Hādī Kiyā, der Herrscher von Tunikābun, der zu spät zur Schlacht kam, überlebte und baute fünf Monate nach der Rückkehr des Ex-Herrschers, d.h. der Nauṣirūd-Amire, die Dynastie in Ost-Gīlān wie128 der auf (792/1390) (TGD, 76-96; vgl. Goto (1999), 71).

3-4-5 Die Lage der Ustandārān alias Mulūk-i Rustamdār Die Ustandārān, die Herrscher von Rūyān/Rustamdār, von den zwei Sayyid-Dynastien, den Mar‘ašīyān in Māzandarān und den Kiyāyān in Ost-Gīlān umgeben, spielten nur eine Nebenrolle in der Regionalgeschichte dieses Zeitraums. Das hatte einerseits damit zu tun, dass die Regionalgeschichtswerke – wie im zweiten Kapitel erläutert – ihre Aufmerksamkeit auf die Mar‘ašīyān und die Kiyāyān fokussierten. Andererseits hatte es auch damit zu tun, dass ihre Macht wegen der Existenz der zwei mächtigen Dynastien – besonders von der letzteren – meistens beschränkt war. Der schon erwähnte Unstandār-Herrscher Ǧalāl al-Daula Iskandar etablierte seine Herrschaft in der post-mongolischen Zeit, errichtete seinen neuen Hauptsitz Kuǧūr (746/1345-6) und dehnte seine Macht bis nach Qazwīn und Simnān aus (TTRM, 44). Er starb kurz nach dem Aufstieg der Mar‘ašīyān (761/1360). Seine Nachfolger verloren in den Auseinandersetzungen mit den Mar‘ašīyān ihr Herrschaftsgebiet. Das ganze Rūyān/Rustamdār kam samt ihren Hauptsitzen wie Kuǧūr und Nūr und wichtigen Festungen unter Kontrolle Faḫr al-Dīn Mar‘ašīs, der bei den Feldzügen der Mar‘ašīyān die Führung übernahm. Ihr Wiederauftreten verdankten die Mulūk-i Rustamdār (Könige von Rustamdār) Timur, der die Mar‘ašīyān aus Māzandarān vertrieb und nach Zentralasien deportierte. Unter Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯs etwa 50 Jahre währenden Regierung (796/ 1394–857/1453) erlangte die Dynastie wieder einen stabilen Zustand. Nach seinen Feldzügen, einmal nach Alamūt und einmal nach Tunikābun, schlossen sich die Herrscher der Nachbarländer, Murtażā Mar‘ašī aus Māzandarān, Amīr Sayyid Muḥammad Kiyā aus Ost-Gīlān und der timuridische Amīr von Qum, Iliyās Ḫwāǧa, von Ray aus zum Angriff zusammen und vertrieben ihn. Dank der Anerkennung seitens des Timuriden Šāh Ruḫ und der Unterstützung der Einwohner die Provinzen kamen unter ihre Kontrolle. In Ṭārum wurde ein Burgvogt (kūtwāl-i qal‘a) bestimmt und der Ort wurde sieben Jahre lang von ihren Gefolgsleute (naukar) verwaltet (vgl. TGD, 52). 128 Der Angriff der West-Gīlāner Amire wurde durch die Initiative des Herrschers von Rašt, Amīr Muḥammad Taǧāspī, durchgeführt. Jedoch gerieten sie später in den Streit um die Ermordung der Sayyids. Amīr Dabbāǧ, der Herrscher von Fūman, nahm Amīr Muḥammad Taǧāspī gefangen und ließ die Sayyids zurück an die Herrschaft.

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von Rustamdār konnte er aber die Herrschaft wiedererlangen (TTRM, 52-53). Andererseits pflegte er um die Verwandtschaft mit den Sayyids. Sein ältester Sohn Uwais heiratete eine Frau von den Kiyāyān (TTRM, 53) und seine Tochter heiratete den sechsten Herrscher von Sārī, Muḥammad b. Murtaża (TTRM, 288; TGD, 155). Nach Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Angaben waren die Einwohner bis zu seiner Regierungszeit sunnitisch gewesen. Gleichzeitig mit seiner Bekehrung traten sie 129 zur Zwölfer-Schi‘a über (TTRM, 51). Nach Gayūmarṯs Tod (857/1453) brachen zwischen seinen Söhnen Machtkämpfe aus. Vermittelt vom Qara Quyunlu-Herrscher Ǧahān Šāh (reg. 1435– 1467) und dem Herrscher von Ost-Gīlān Sulṭān Muḥammad wurde das Herrschaftsgebiet der Mulūk-i Rustamdār endgültig in zwei Teile aufgeteilt: eines mit dem Hauptsitz Kuǧūr und ein anderes mit dem Hauptsitz Nūr. Die Herrscher des ersten Gebietes – Malik Iskandar b. Gayūmarṯ und seine Nachfolger – wurden in den Regionalgeschichtswerken gemäß ihrem Hauptsitz als Mulūk-i Kuǧūr (König von Kuǧūr) und die Herrscher des zweiten – Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ (gest. 871/1467) und seine Nachfolger – als Mulūk-i Nūr (König von Nūr) bezeichnet. Diese Aufteilung, die die Hauptursache ihrer politischen Schwäche wurde, blieb bis zur Annexion der Küstenprovinzen an das safawidische Reich erhalten.

3-5

Die politische Lage der Küstenprovinzen im 15. Jahrhundert

Auf den ersten Blick scheint sich weder die innenpolitische noch die außenpolitische Lage der südkaspischen Küstenprovinzen im 15. Jahrhundert stark von den vorherigen Verhältnissen zu unterscheiden. Obwohl jede Sayyid-Dynastie sich ein gewisses Territorium gesichert hatte, brachten sie keine politische Einheit in den Küstenprovinzen zustande. Die regionalen Fürsten – die Kiyāyān in Ost-Gīlān, die Amire in West-Gīlān, die Maliks von Rustamdār, die Mar‘ašīyān in Māzandarān usw. – verbündeten sich einmal, ein andermal rivalisierten sie miteinander um die Territorien. Die Regionalgeschichten, die diesen Zeitraum decken, wie das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, das Tārīḫ-i Ḫānī, das Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān, berichten von ihren zahlreichen militärischen Erfolgen, Misserfolgen und Schicksalen in ihrer Blütezeit. Diese Regionalgeschichten schildern dabei auch, dass sich die damaligen Zentralmächte – die Timuriden, die Qara Quyunlu und die Aq Quyunlu – in ihre inneren Angelegenheiten mischten. Die turko-mongolischen Herrscher des 15. Jahrhunderts, die längst islamisiert und sich des Wertes der Landwirtschaft bewusst waren, beabsichtigten jedoch keine direkte Kontrolle über diese Provinzen (vgl. Manz, 1-2, 16; Goto (1999), 79-82). Sie ließen lieber die folgsamen regio129 Die an Ost-Gīlān angrenzenden Teile von Rustamdār und dessen Hinterland gehörten bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts zur Fünfer-Schi‘a (TGD, 27). Siehe 3-4-4.

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nalen Fürsten weiter an ihrer Stelle und begnügten sich mit deren Tributzahlungen. Das als Tribut am meisten begehrte Produkt dieser Provinzen war Seide. In diesem Jahrhundert befassten sich die regionalen Fürsten mit den üblichen Machtkämpfen entweder untereinander oder mit anderen Fürsten. Dabei zeichneten sich unter ihnen die Kiyāyān politisch aus. Die Kiyāyān, die eine aus Gīlānern und Dailamistānern bestehende gut organisierte Armee gründeten, erzielten gegen die West-Gīlāner Amire militärische Erfolge. Sie marschierten über Dailamistān hinaus bis nach Qazwīn. Während ihre Nachbarn – nicht nur die nächsten Rivalen, die Amire von Rašt und Fūman, sondern auch die mit ihnen befreundeten Mar‘ašīyān und die Maliks von Rustamdār – in territoriale Konflikte und Erbschaftsstreitigkeiten untereinander gerieten, machten die Kiyāyān sich diesen Zustand zu Nutze. Sie schufen ein hoch entwickeltes militärisches System, jedoch gelang auch ihnen die Vereinigung der Provinzen nicht und die Errichtung eines zentralisierten Herrschaftssystems, das die Küstenprovinzen hätte zusammenhalten können, kam nicht zustande.

3-5-1 Machtkonzentration der Kiyāyān Parallel zur Eroberung von Dailamistān gründeten die Kiyāyān eine gut organisierte Armee und richteten ein zentralisiertes Herrschaftssystem ein. Nachdem die Söhne von ‘Alī Kiyā und von Mahdī Kiyā erwachsen geworden waren, behaupteten sie ihr Recht auf Erbgüter. Sie vertrieben Hādī Kiyā, der sich als Familienoberhaupt gerierte, aus Lāhīǧān, und dieser zog sich in sein eigentliches Herrschaftsgebiet Tunikābun zurück (797/1394-5) (TGD, 101-105). Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī (reg. 797/1394-5–833/1429-30) in Rānikūh und Ḥusain b. ‘Alī in Lāhīǧān teilten Ost-Gīlān in zwei Teile und übernahmen die Führung gemeinsam. Allerdings wurde Ḥusain b. ‘Alī nach zwei Jahren wegen Mangels an Führungsfähigkeit von den Einwohnern von Lāhīǧān angeklagt, weshalb Amīr Sayyid Muḥammad ihn durch seinen Bruder Riżā b. ‘Alī ablösen ließ (TGD, 110115). Im Rahmen des Widerstandes gegen Amīr Sayyid Muḥammad verbündete Ḥusain b. ‘Alī sich mit den Dailamistānern, die ihrerseits gegen die Herrschaft der Kiyāyān kämpften. Da Riżā b. ‘Alī am 1. Ǧumādā I. 829/10. März 1426 starb, 130 trat Ḥusain b. ‘Alī die Herrschaft von Lāhīǧān wieder an (TGD, 146-7). Jedoch blieben die Konflikte zwischen Amīr Sayyid Muḥammad und Ḥusain b. ‘Alī ungelöst. Durch das schon erwähnte Massaker an den Dailamistānern (813/1410-1) und die Niederwerfung des Widerstands von Ḥusain (833/1429-30) gelang es Amīr Sayyid Muḥammad allmählich, ‘Alīs Linie zu beseitigen und die Herrschaft

130 In Sutūdas Edition wird als Riżās Nachfolger sein Bruder Ḥasan genannt. Aber wahrscheinlich handelt es sich um einen Druck- oder Schreibfehler, weil kein Sohn namens Ḥasan von ‘Alī bekannt ist und durch den Verlauf der Geschichte steht es zweifelsfrei fest, dass der Nachfolger Ḥusain war. Der Anfang des achten Abschnitts (faṣl) des vierten Kapitels, zu dem die Darstellung gehört, hat Lücken.

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über Ost-Gīlān – mit den Kerngebieten wie Rānikūh und Lāhīǧān – und Dailamistān für sich und seine Nachkommen allein in Anspruch zu nehmen. Den Zweiglinien das Erbrecht zu entziehen, war für Mahdīs Nachkommen 131 keine leichte Sache. Obwohl Amīr Sayyid Muḥammad und seine Nachkommen die Linie des Stammhauses beseitigten, blieben die kleineren Zweiglinien, wie die Linie Hādī Kiyās in Tunikābun und die Linie Ḥasan Kiyās in Gūka und Kīsum, in ihren erblichen Territorien erhalten. Sie ordneten sich jedoch der Oberherrschaft der Linie Mahdīs unter und ließen das damalige Familienoberhaupt beim Machtwechsel in ihrem Haus einen neuen Herrscher anerkennen bzw. ernen132 nen. Andere kleinere Städte, wie Kūčishān, Laštanisā, Garǧiyān und Pāšīǧā, vertrauten Amīr Sayyid Muḥammad und sein Nachfolger Nāṣir je nach der politischen Lage einem passenden Familienmitglied an (vgl. TGD, 139, 193, 196, 201, 222, 273, 416). Die Versuche, diese kleinen Provinzen den Mitgliedern der Zweigfamilien zu entreißen und unter direkte Kontrolle des Hauses zu bringen, gelangen den Nachkommen Mahdīs erst allmählich im Laufe der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Nāṣir Kiyā (reg. 833/1429-30–851/1448), der den eigenen Vater Amīr Sayyid Muḥammad entmachtet und den Thron bestiegen hatte, musste gegen seinen 133 Bruder Aḥmad kämpfen. Zuerst musste er mit Aḥmad die Territorien teilen. Die meisten Regionen von Dailamistān, wie Dailamān, Sumām, Rūdbār/Lammasar und Ṭāliqān, gingen in den Besitz Aḥmads über. Alamūt wurde dem ältesten Bruder Rikābzan anvertraut. Unter den wichtigsten Regionen in Dailamistān 134 wurde nur Šukūr Nāṣirs Territorium zugeschlagen (TGD, 187-8). Lāhīǧān stand 131 Amīr Sayyid Muḥammad musste nach Riżās Tod wieder Ḥusain in Lāhīǧān einsetzen. Bei Ḥusains Widerstand übergab er die Stadt zuerst dem eigenen Sohn Nāṣir, aber kurz danach einem Neffe Ḥusains, Sulṭān Ḥusain (der Name des Vaters Sulṭān Ḥusains ist nicht bekannt) (TGD, 169, 175). Als Ḥusains Sohn Muḥammad kurz nach dem Widerstand seines Vaters in Laštanisā sich erhoben hatte, sammelten sich die Einwohner um ihn, leisteten den Treueeid und vertrieben den damaligen Herrscher, Dāwūd b. Hādī (TGD, 193-4). Laštanisā hatte unter Verwaltung der Region Lāhīǧān gestanden (TGD, 119). Nach Nāṣirs Thronbesteigung in Rānikūh (zwischen 833/1429-3 und 840/1437-8) wurde Sulṭān Ḥusain unter dem Vorwand schlechter Amtsführung entmachtet (TGD, 197-8). 132 Zum Beispiel vertrat Dāwūd b. Hādī seinen Neffe, Muḥammad b. Yahyā b. Hādī, und den offizieren Erben und regierte in Tunikābun bis zu dessen Mündigkeit. Als die Einwohner von Tunikābun anfingen, Muḥammad Treue (bai‘at) zu schwören, fragte Dāwūd das damalige Familienoberhaupt, Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad um Rat. Nāṣir löste Dāwūd ab und ernannte Muḥammad zum neuen Herrscher von Tunikābun (TGD, 189-190). Ein Beispiel für Gūka findet sich in TGD, 286. 133 Nāṣir und Aḥmad waren Amīr Sayyid Muḥammads zweiter bzw. dritter Sohn, deren Mutter Sayyid Riżā b. ‘Alīs Schwester war. Nāṣir soll ein hervorragender Mensch gewesen sein. Die Mutter von Rikābzan, dem ältesten Sohn Amīr Sayyid Muḥammads, stammte aus einer Kadḫudā-Familie in West-Gīlān, die sich zur Fünfer-Schia bekehrte (TGD, 177). Diese Tatsache hat wahrscheinlich damit zu tun, dass nicht Sayyid Rikābzan Kiyā, sondern Nāṣir das Familienoberhaupt wurde. 134 Der Grund der für Aḥmad günstigen Teilung der Territorien ist nicht klar. Einige Angaben deuten darauf, dass die Provinzen bei Amīr Sayyid Muḥammads Gefangennahme und Nāṣirs Thronbesteigung sich nicht völlig unter Nāṣirs Kontrolle befanden (vgl. TGD, 183-4, 205).

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am Anfang unter gemeinsamer Verwaltung der zwei Brüder: das Steueraufkommen hätte gleichmäßig verteilt werden sollen. Als es zwischen den von beiden Seiten geschickten Steuerbeamten (‘ummāl) zu Streitigkeiten kam, zog Nāṣir dem Wunsch seines Bruders folgend nach Lāhīǧān zurück und übergab ihm das erbliche Territorium Rānikūh (TGD, 202-5). Die Kiyāyān der Zweigfamilien sahen die Machtkonzentration der Linie Mahdīs als gefährlich an und erhoben sich, aufgehetzt vom Herrscher von Fūman, Amīr ‘Alā al-Dīn. Beteiligt waren Amīr b. Haidar b. Ḥasan, der Herrscher von Gūka, Aḥmad b. Amīr b. Hādī, der Herrscher von Laštanisā und sein Bruder, Nāṣir b. Amīr, die heimlich von seinem Vater und dem Herrscher von Garǧiyān, Amīr b. Hādī unterstützt wurden. Ihr Aufstand endete mit Amīr b. Hādīs Gefangennah135 me (TGD, 205-211). Dass Aḥmad hinter Nāṣirs Rücken mit den Rebellen Kontakt aufgenommen und wider Nāṣirs Ersuchen ihm keine Verstärkung geschickt hatte, führte unvermeidbar zur Auseinandersetzung zwischen den Brüdern. Nāṣir, unterstützt vom Herrscher von Rašt, Amīr Muḥammad b. Amīr Falak al-Dīn Raštī, besiegte seinen Bruder in der Schlacht bei Rūdsar (Ša‘bān 845/Ende De136 zember 1442) (TGD, 242-246). Aḥmads Versuch, mit Unterstützung der Timuriden wieder zum Angriff überzugehen, scheiterte teilweise wegen deren Unerfahrenheit im Gebirgskampf. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, unter Nāṣirs Nachfolger, Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir (reg. 851/1448–883/1478) und Sulṭān ‘Alī Mīrzā b. Sulṭān Muḥammad (reg. 883/1478–910/1504-5), die bis auf weiteres von inneren Machtkämpfen frei waren, dehnten die Kiyāyān ihre Macht nach außen aus. Bevor wir dazu Näheres ausführen, soll zuerst die Machtkonzentration der Kiyāyān in Bezug auf Dailamistān weiter erläutert werden.

Eroberung von Dailamistān und die Armee der Kiyāyān Für die Kiyāyān – und für die Linie Mahdīs – war Dailamistān in zwei Hinsichten ein wichtiger Ort. Aus geographischer Sicht bedeutete Dailamistān für die Kiyāyān das Tor zur Außenwelt, und die Einwohner von Dailamistān, die sich seit frühislamischer Zeit als tapfere Soldaten einen Namen gemacht hatten, sollten ihnen als militärische Verstärkung dienen. Zuerst vertrieb Amīr Sayyid Muḥammad die Herrscher der alten Stämme Dailamistāns: 1. Kiyā Ǧalāl al-Dīn Hizāraspī, einen Enkel des Herrschers von Šukūr, Kiyā Malik Hizāraspī, 2. Amīr Kūšīǧ stammte aus einem Dailamāner Stamm, den Kūšīǧ, und 3. Mahdī Kiyā Kāmiyārūd aus einem großen Stamm, den Kāmiyārūd. 135 Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī gibt keine Datierung für das Ereignis an. Da im vorigen Teil der zehnte Geburtstag von Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir (geb. 825/1421-2) beschrieben wurde und im nächsten Teil von Amīr ‘Alā al-Dīn Fūmanīs zweitem Feldzug gegen die Kiyāyān am Ramażan 840/1437 die Rede ist, dürfte es zwischen 835/1431-2 und 840/1437 geschehen sein. 136 Aḥmad wurde vom Herrscher von Ṭārum, Amīr Ḥusain b. Šaiḫ Ḫāǧī Ṭārumī, unterstützt. Amīr Ḥusain war Aḥmads Schwiegervater (TGD, 231-2).

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Danach unternahm er eine Reihe von Aufbauprojekten in seinen Territorien, besonders in Rānikūh und Malāṭ – der Heimat der Kiyāyān –, in Ost-Gīlān und Šu137 kūr und Sumām in Dailamistān (TGD, 140-145). In Rānikūh und Šukūr wurden die Bauten der ehemaligen Herrscher abgerissen und neue Gebäude – in Rānikūh z.B. eine Festung (qaṣr), eine Moschee, Wohnungen für die stehenden Heere (ḫalābarān) und ein Markt – errichtet. In Sumām wurden eine Festung (qal‘a), Regierungsgebäude, Häuser für die Oberbefehlshaber von Gīlān und Dailamistān usw. 138 gebaut und der Ort wurde zum Hauptsommerlager (taḫt-i yailāq) bestimmt.

Saisonale Züge Sulṭān ‘Alī Mīrzās Jahr Jahresanfang Sommer 883 884 885 886 887 888 889 890 891 892 893 894 897 899

Jahresende

(Sumām) ⇨ Rānikūh Rānikūh ⇨ x➝Sumām ➝Dailamān➝Raḥmatābād ⇨ Lāhīǧān → Rānikūh Rānikūh ⇨ Dailamān ⇨ Rānikūh Rānikūh ⇨ Dailamān ⇨ Lāhīǧān → Rānikūh Lāhīǧān ⇨ Dailamān➝Sumām➝x➝Šukūr➝x➝Čāqrūd ⇨ Rangrūd➝ Rānikūh ⇨ Šukūr ⇄x ⇨ Rānikūh Rānikūh ⇨ Dailamān ⇨ Rānikūh Rānikūh ⇨ Dailamān ⇨ Rānikūh Rānikūh→Lāhīǧān→Rānikūh ⇨ Dailamān Rānikūh ⇨ Dailamān ➝ Čāqrūd ⇨ Rānikūh → Lāhīǧān→Rānikūh ⇨ Lūšān ⇄ x ⇨ Rānikūh → Lāhīǧān→Rānikūh ⇨ Dailamān Dailamān⇄Lammasar⇄Qazwīn ⇨ Lāhīǧān Dailamān ⇨ Lāhīǧān

(x = mehrere Aufenthaltsorte)

Nach Vollendung der Bauarbeiten zogen die Herrscher der Kiyāyān im Sommer 139 nach Dailamistān und im Winter nach Gīlān. Dieser saisonale Zug war ein ideales System für die Kiyāyān, die über beide Regionen herrschten, um von den Einwohnern – besonders von den Dailamistānern – den Gehorsam zu erzwingen und um Aufstände zu verhindern. Immer wenn Sulṭān ‘Alī Mīrzā ein neues Terri140 torium erwarb, besuchte er selbst diese Region (vgl. Goto (1999), 74-76). 137 Die zweite wichtige Stadt in Gīlān, Lāhīǧān, stand damals noch unter Kontrolle Ḥusain b. ‘Alīs. 138 Die Bauarbeiten fingen gegen 820/1417-8 an und endeten gegen 825/1421-2, soweit die Reihenfolge der Beschreibungen und die Datierungen im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān uns vermuten lassen. 139 Eine ausfühliche Beschreibung bietet Ẓahīr al-Dīn Mar’ašī, jedoch nach der Unterdrückung des Widerstands von Ḥusain b. ‘Alī an (833/1429-30). Siehe auch Goto (1999), 74-76. 140 Nach der Niederschlagung eines Aufstandes von Amīr Anūz b. Rustam, dem Sohn des ehemaligen Herrschers von Kūhdum, hielt sich Sulṭān ‘Alī Mīrzā in den Dörfern von Kūhdum auf. Die Einwohner von Raḥmatābād statteten ihm einen Besuch ab, um ihm ihren Gehorsam zu zeigen (Herbst 884/1479). 898/1493 hielt sich Sulṭān ‘Alī Mīrzā 30 Tage in Qazwīn

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Die Stärke der Linie Mahdīs basierte auf ihrer Armee, die aus zwei Abteilungen, der Armee von Gīlān (laškar-i Gīl) und der Armee von Dailamistān (laškar-i Dailam / laškar-i Kūh), bestand. Jede Armee bestand ferner aus kleineren Kontingenten, die in jeder wichtigen Region und Stadt der Provinzen stationiert waren. Jedes Kontingent wurde von einem Oberbefehlshaber (sipahsālār) angeführt. Die Armee von Gīlān (erste Erwähnung 789/1387-8; TGD, 81) bestand aus den Kontingenten von Rānikūh (vermutlich 776/1374-5; TGD, 60), Lāhīǧān (785/1383-4; TGD, 71), Kūčisfān (785/1383-4; TGD, 71), Pāšīǧā (834/1430-1; TGD, 195), Garǧiyān 141 (844/1440-1; TGD, 236) und Laštanisā (gegen 847/1443; TGD, 261). Unter den Kontingenten bildeten nur das Kontingent von Rānikūh und das von Lāhīǧān die Armee von Gīlān im engeren Sinne, die unter direkter Kontrolle des Familienoberhaupts stand, weil die anderen Städte meistens zu den anderen Familienmitgliedern gehörten. Die Linie Hādī Kiyās in Tunikābun (seit etwa 763/1361-2; TGD, 25) und die Linie Ḥasan Kiyās in Gūka (seit 789/1387-8; TGD, 80) besaßen auch ihre eigene Armee mit je einem Oberbefehlshaber. Das Kontingent von Rānikūh war das Hauptkontingent von Gīlān, da die Stadt in der Mitte von OstGīlān lag und von West-Gīlān und von Rustamdār gleich weit entfernt war. Der Oberbefehlshaber von Rānikūh (sipahsālār-i Rānikūh) führte oft als Oberbefehlshaber von Gīlān (sipahsālār-i Gīlān) die Armee von ganz Gīlān an (vgl. TGD, 403, 461-5). Bei den Feldzügen gegen die Amire von West-Gīlān fand das Kontingent von Lāhīǧān oft Erwähnung. Zur Armee von Dailamistān (789/1387-8; TGD, 81) gehörten die Kontingente von Dailamān (789/1387-8; TGD, 81), Šukūr (789/1387-8; TGD, 86), Rūdbār/Lammasar (gegen 820/1417-8; TGD, 137), Sumām (gegen 832/1428-9; TGD, 195), Alamūt (833/1429-30; TGD, 170) und Ṭāliqān (833/1429-30; TGD, 170), die alle im Prinzip unter direkter Kontrolle des Familienoberhaupts standen. Unter ihnen war das Kontingent von Šukūr das Hauptkontingent der Provinz, dessen Oberbefehlshaber (sipahsālār-i Šukūr) als Oberbefehlshaber der Armee von Dailamistān (sipahsālār-i Dailam) die Armee von ganz Dailamistān führte (vgl. TGD, 236, 403, 410). Rūdbār/Lammasar war der Stützpunkt bei den Feldzügen in Richtung Kūhdum und Ṭārum (vgl. Goto (1999), 72-73). Obwohl die Armee von Dailamistān schon 789/1387-8, bei den Operationen im Einsatz war, die das Martyrium der Sayyids verursachten, kam die richtige Organisierung der Armee erst nach dem Massaker der Dailamistāner (813/14101) und der Unterdrückung des Widerstands von Ḥusain b. ‘Alī zustande (833/

auf. Die Stadt war gerade von den Aq Quyunlu an die Kiyāyān gefallen. Die mächtigen Persönlichkeiten der Stadt besuchten ihn in Lammasar, um ihn nach Qazwīn einzuladen. 141 Obwohl die erste Erwähnung der eigenen Armee aus dem Jahr 844/1440 stammt, nahm schon 833/1429-30 Amīr Kiyā, der Herrscher von Garǧiyān, an einer Operation gegen Ḥusain b. ‘Alī, den Herrscher von Lāhīǧān, teil. Das deutet auf die Existenz einer eigenen Armee hin (TGD, 170).

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1429-30). Welche Armee bzw. welche Kontingente zu Felde zogen, wurde durch 142 das Ziel und die Größe des Feldzuges bestimmt. Mit der Zeit wurde die Bedeutung der Dailamistāner in der Armee der Kiyāyān immer größer. Die Einrichtung regionaler Kontingente der Armee von Dailamistān und die hohe Zahl der Oberbefehlshaber in den beiden Armeen, die aus Dailamistān stammten, erbringen den Beweis dafür (vgl. Goto (1999), 71-74). Das wiederum deutet auf den völligen Integrationsprozess Dailamistāns ins Herrschaftsgebiet der Kiyāyān und ihren zunehmenden Einfluss auf die Herrschaft.

Die Kiyāyān und ihre Nachbarn: militärische Erfolge der Kiyāyān Parallel zur Vergrößerung ihres Millitärsystems fingen die Kiyāyān an, sich aktiv in die Angelegenheiten ihrer Nachbarn einzumischen und militärische Operationen durchzuführen. Nach Malik Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯs Tod im Jahr 857/1453 entstanden in Rustamdār Streitigkeiten hauptsächlich zwischen seinen Söhnen Malik Iskandar in Kuǧūr und Malik Kāwūs in Nūr, in die die Kiyāyān sich einmischten. Am Anfang unterhielt Sulṭān Muḥammad mit Malik Kāwūs freundschaftliche Beziehungen und half ihm gegen Malik Iskandar. Wegen des strengen Verhaltens von Malik Kāwūs gegen die Brüder und die Einwohner wichen sie auf Malik Iskandar aus, gingen zum Qara Quyunlu-Herrscher Ǧahān Šāh und führten Klage gegen ihn. Ǧahān Šāh entschied sich schließlich für Malik Iskandar und befahl Sulṭān Muḥammad, Malik Iskandar zu unterstützen. Nach Malik Kāwūs’ Niederlage (860/1456) wurden die von Ǧahān Šāh vorgeschlagenen Friedensbedingungen festgelegt. Damit wurde die Teilung der Provinz Rustamdār in Kuǧūr und Nūr endgültig. Bei weiteren Streitigkeiten unter den Mulūk blieb Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar treu. Sulṭān Muḥammads Sohn Sulṭān ‘Alī Mīrzā hatte im Osten mehr mit den Mar‘ašīyān zu tun. Wie im nächsten Abschnitt erläutert wird, wurde ‘Abd Allāh, der Herrscher von Sārī, von seinem Cousin Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn ermordet (5. Rabī‘ I. 872/3. Oktober 1467), der dadurch die Macht ergriff. ‘Abd Allāhs Sohn ‘Abd al-Karīm, der ins Exil in Ost-Gīlān zu Sulṭān ‘Alī Mīrzā ging, unternahm mehrmals Feldzüge gegen Zain al-‘Ābidīn und später gegen dessen Bruder und Nachfolger Šams ad-Dīn. Er strebte die Herrschaft von Māzandarān an, bis er Territorium erwarb (899/1493-4). Sulṭān ‘Alī Mīrzā unterstützte ihn bei den meisten seiner Feldzüge, die wegen ihrer Erfolglosigkeit zur Erschöpfung der Kiyāyān beitrugen und den Einfall der West-Gīlāner Amire herbeiführten. In West-Gīlān waren seit jeher die einheimischen Amire ansässig, die – wie die Kiyāyān – mehr oder weniger mit der Unterstützung von den Einwohnern rechnen konnten. Die Kiyāyān unternahmen Feldzüge nach Tārum und weiter 142 Wenn bei größeren Feldzügen die Armeen von Gīlān und Dailamistān (laškar-i Gīl wa Dailam) in Marsch gesetzt wurden, führte sie entweder der Oberbefehlshaber von Rānikūh oder der von Šukūr an (TGD, 260, 289, 431).

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nach Qazwīn, um ihren Einfluss auszudehnen. Sie mischten sich in die Angelegenheiten in West-Gīlān ein, jedoch ohne Absicht, die Provinz zu erobern. An den meisten Machtkämpfen in West-Gīlān beteiligten sich zwei mächtige Amire, der Herrscher von Rašt und der Herrscher von Fūman. Als Amīr Muḥammad b. Amīr Falak al-Dīn sich gegen den eigenen Vater, den damaligen Herrscher von Rašt Amīr Falak al-Dīn erhob, verhalf der Herrscher von Fūman, Amīr ‘Alā al-Dīn 143 b. Dabbāǧ, zur Machtübernahme (TGD, 100-101). Nach Sulṭān Muḥammads Thronbesteigung (851/1448) wollte Amīr Muḥammad b. Falak al-Dīn Taǧāspī von Rašt einen gewissen Amīr ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ unterstützen, um den damaligen Herrscher von Fūman, Amīr Ḥusām al-Dīn, zu vertreiben, und bat Sulṭān 144 Muḥammad um Verstärkung (gegen 863/1459). Nachdem Amīr Ḥusām al-Dīn gestorben war, wollte Amīr Muḥammad die Herrschaft von Fūman an sich reißen und verjagte Amīr ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ. Sulṭān Muḥammad stand auf Amīr ‘Alā al-Dīns Seite, half ihm bei der Rückkehr nach Fūman und an Amīr Muḥammads Stelle setzte er dessen Sohn Amīr Taǧāsp auf den Thron von Rašt (863/ 1459–864/1460). Amīr Taǧāsp b. Muḥammad wurde wegen seiner Minderjährig145 keit bald entmachtet. Rašt kam unter Amīr ‘Alā al-Dīns Kontrolle. Amīr Muḥammad, der zum Gegenangriff ansetzte, wurde zur gleichen Zeit gefangengenommen und hingerichtet (zwischen 865/1461 und 867/1462-3). Damit gingen die Taǧāspī-Amire von Rašt endgültig unter, und den Isḥaqīya von Fūman gelang es mit Hilfe der Kiyāyān, die beiden wichtigsten Städte in West-Gīlān für sich allein zu behaupten. Als Amīr Rustam von Kūhdum sich gegen die Kiyāyān erhob (zwischen 873/ 1469 und 878/1473), verjagte Sulṭān Muḥammad im Bündnis mit Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman ihn aus Kūhdum und eroberte die östliche Hälfte der Provinz. Amīr ‘Alā al-Dīn übernahm die westliche Hälfte. Nach seiner Niederlage versuchte Amīr Rustam mit seinem Sohn, Amīr Anūz das Territorium zurück zu erobern. Er besuchte Uzun Ḥasan Aq Quyunlu (reg. 1453–1478) und erwirkte einen kaiserlichen Erlass, ihn in Kūhdum wiedereinzusetzen. Auf Wunsch von Amīr ‘Alā alDīn, der in seinem neuen Territorium Rašt mit einem Aufstand der Soldaten 146 (sipāhīzāda) beschäftigt gewesen war, vertraute Sulṭān Muḥammad einem an143 Amīr Falak al-Dīn Taǧāspī Raštī machte zur Zeit der Thronbesteigung von Riżā b. ‘Alī Kiyā in Lāhīǧān (gegen 799/1396-7) eine Pilgerreise nach Mekka. Nach seiner Rückkehr wurde er von seinem Sohn getötet. 144 844/1440-1 starb Amīr ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ, der damalige Herrscher von Fūman und sein Sohn Amīr Dabbāǧ folgte ihm nach(TGD, 221). An einer anderen Stelle sagt Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, dass nach ‘Alā al-Dīns Tod der Thron unbesetzt war (gegen 846/1442-3) (TDG, 255). Amīr Ḥusām al-Dīn käme aus demselben Geschlecht und hatte zwei Jahre in Fūman regiert (TGD, 368). Sollte dieser Amīr ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ der Sohn des 844/1440-1 den Thron bestiegenen Amīr Dabbāǧ b. ‘Alā al-Dīn sein, würde der letzte nach seiner Thronfolge aus irgendeinem Grunde entmachtet sein. 145 Bevor Sulṭān Muḥammad ‘Alā al-Dīn Rašt überließ, hatte er zuerst seinen Bruder Yahyā zum Herrscher von Rašt ernannt. 146 Vor diesem Aufstand hatte Amīr Anūz b. Rustam Amīr Muḥammad Raštīs Neffen Amīr

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deren gehorsamen Sohn von Amīr Rustam, Amīr Sālūk, die Provinz an. Amīr Rustam ging an den Hof Uzun Ḥasans ins Exil. Ein Interregnum in West-Gīlān nach Amīr ‘Alā al-Dīn Fūmanīs Tod (880/1476) bot Amīr Rustam einen anderen Anlass zur Einmischung in die Angelegenheiten von West-Gīlān an (TGD, 362). Amīr ‘Alā al-Dīn hatte zwei Söhne: Amīr Dabbāj, der in Tūlam regierte, und Amīr Isḥaq, dem die Herrschaft von Rašt anvertraut worden war. Nach Kūhdum zurückgekehrt, vertrieb Amīr Rustam Amīr Sālūk und inthronisierte Amīr Anūz. Da Amīr Dabbāǧ b. ‘Alā al-Dīn, der für die Beerdigung seines Vaters sich in Fūman befand, anscheinend keine Ambitionen auf die Herrschaft über Fūman hatte, setzten die Einwohner einen Sohn von Amīr Ḥusām al-Dīn ein, der zwei Jahre lang in Fūman regiert hatte. Während Amīr Rustam Amīr Isḥaq zur Herrschaft über Fūman überredete, bekam er einen Erlass von Uzun Ḥasan, der ihm die Herrschaft über ganz West-Gīlān im Gegenzug zu einer Steuererhöhung anvertraute. Außerdem hetzte er die Einwohner von Rašt gegen die Kiyāyān auf (TGD, 364-369). Die Schlachten zwischen den Kiyāyān und den Alliierten – einmal in Rašt (Ẕū al-Ḥiǧǧa 880/April 1476) und einmal in Kūčisfān (Muḥarram 881/Mai 1476) – endeten mit dem Sieg der Kiyāyān. Nach der Niederschlagung der Rebellen in Kūhdum vertraute Sulṭān Muḥammad Amīr Sālūk die Provinz wieder an. Weil Amīr Dabbāǧ die Herrschaft von Fūman ablehnte, setzte Sulṭān Muḥammad mit Einwilligung von Amīr Ǧahāngīr, dem Herrscher von Gaskar, Amīr Isḥaq als Herrscher von Fūman – das heißt als Oberherrscher von ganz West-Gīlān – ein, nachdem er seine Tat bereut hatte (882/ 147 1477) (TGD, 398-401). Später verheiratete Sulṭān ‘Alī Mīrzā Amīr Isḥaq mit seiner Schwester (891/1486) (TGD, 456), um das Bündnis zu stärken. Amīr Isḥaq unterhielt freundschaftliche Beziehungen mit Sulṭān ‘Alī Mīrzā, bis er sich schließlich 906/1500-1 gegen ihn erhob.

Feldzüge der Kiyāyān im 15. Jahrhundert (Namen in fetter Schrift = Sieger) (eingerückt darunter = Verbündete/r)

Jahr 832 833 840

Herrscher der Kiyāyān Konkurrent bzw. Zielort Amīr Sayyid Muḥammad Kiyā Malik Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ Murtażā b. ‘Alī Sārī (TGD, 148-151) Amīr Sayyid Muḥammad Kiyā Amīr Anūz von Kūhdum (TGD, 176-177) Nāṣir Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman 148 (TGD, 214-217)

Falak al-Dīn Taǧāspī als Herrscher von Rašt eingesetzt. Er wurde jedoch von den Armeen von Fūman und Rānikūh vertrieben. 147 Amīr Sa‘īd, der Herrscher von Šaft, der gegen diese Entscheidung war, verbündete sich mit Amīr Anūz. Er stellte einen Sohn des hingerichteten Amīr Muḥammad Raštī Taǧāspī als Kandidaten für den Herrschertitel von Rašt auf und erhob sich in Rašt. Nach seiner Niederlage wurde Šaft seinem Neffen Amīr Sāsān übergeben (882/1477) (TGD, 402-405). 148 Dieser Kampf brach im Anschluss an die Erhebung in Laštanisā und Gūka aus, die Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman unterstützt hatte.

105

847 852859 859

860 863

865 865867

868 868

Nāṣir (Sulṭān Muḥammad) Sulṭān Muḥammad Amīr Muḥammad von Rašt Sulṭān Muḥammad Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar b. Gayūmarṯ Ǧahān Šāh Qara Qūyunlū Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar b. Gayūmarṯ Sulṭān Muḥammad Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman Amīr Rustam von Kūhdum Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar b. Gayūmarṯ Sulṭān Muḥammad Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman Sulṭān Muḥammad Asad Allāh Āmulī Malik Iskandar b. Gayūmarṯ Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar b. Gayūmarṯ Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar b. Gayūmarṯ

872-873 Sulṭān Muḥammad 873Sulṭān Muḥammad Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman

879

880

Sulṭān Muḥammad Uzun Ḥasan Aq Qūyunlū Sulṭān Muḥammad Malik Iskandar b. Gayūmarṯ Sulṭān Muḥammad

881

Sulṭān Muḥammad

880

106

Qazwīn, Tārum (TGD, 258-263) Amīr Ḥusām al-Dīn von Fūman (TGD, 275) Malik Iskandar b. Gayūmarṯ (TGD, 277-278) Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ ‘Abd al-Karīm (I.) Mar‘ašī (TGD, 278-279) Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ (1) (TGD, 280-286) Amīr Muḥammad von Rašt (TGD, 287-293) Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ (2) (TGD, 296-297) Amīr Muḥammad von Rašt (TGD, 297-300) Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ (3) (TGD, 301-303) Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ (TGD, 304-309; TTRM, 56) Malik Kāwūs b. Gayūmarṯ Asad Allāh Āmulī Malik Bīstūn u.a. (TGD, 310-315) Qazwīn, Tārum (TGD, 330-344) Amīr Rustam von Kūhdum Amīr Anūz b. Rustam Neffe Amīr Muḥammad Raštīs (TGD, 344-349) Ardabīl (TGD, 353-357) Malik Gayūmarṯ b. Muẓaffar u.a. (TGD, 358-360) Amīr Rustam von Kūhdum A. Isḥaq b. ‘Alā al-Dīn Fūmanī Amīr Anūz b. Rustam Uzun Ḥasan Aq Qūyunlū (TGD, 370-374) Kūhdum (gegen Amīr Rustam) (TGD, 379-381)

882

887

Sulṭān Muḥammad Amīr Isḥaq von Fūman Amīr Ǧahāngīr von Gaskar Sulṭān ‘Alī Mīrzā Amīr Isḥaq von Fūman

892-

Sulṭān ‘Alī Mīrzā ‘Abd al-Karīm Mar’ašī Mulūk-i Rustamdār

892 895 896

Sulṭān ‘Alī Mīrzā Sulṭān ‘Alī Mīrzā Sulṭān ‘Alī Mīrzā

896 897

Sulṭān ‘Alī Mīrzā Sulṭān ‘Alī Mīrzā

897

898 ?

Sulṭān ‘Alī Mīrzā ‘Abd al-Karīm Mar‘ašī Amīr Ḥusām al-Dīn Tūlamī Malik Ašraf Malik Kāwūs b. Ašraf Sulṭān ‘Alī Mīrzā

898

Sulṭān ‘Alī Mīrzā

899 899 ?

Sulṭān ‘Alī Mīrzā ‘Abd al-Karīm Mar‘ašī Sulṭān ‘Alī Mīrzā

900

Sulṭān ‘Alī Mīrzā

Amīr Sa‘īd von Šaft Amīr Anūz b. Rustam (TGD, 403-406) Amīr Rustam von Kūhdum Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū 149 (TGD, 433-440; TH, 20-23) Šams al-Dīn Mar‘ašī Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū ? (TGD, 461-466; TH, 23-27; TMM, 28-31; Amīnī, 238-243) Mulūk-i Rustamdār (TGD, 466-468) Tārum (TH, 31-34) Qazwīn (gegen die Aq Quyunlu) (TH, 34-41) Qazwīn, Fīrūzkūh (TH, 41-46) Qazwīn (gegen die Aq Quyunlu) Mahdī Ṭārumī ? (TH, 46-47) Šams al-Dīn Mar‘ašī Sulṭān Ya‘qūb ?

150

(TH, 48-52; TMM, 43-53) Qazwīn (gegen die Aq Quyunlu) (TH, 57-58) Amīr Zain al-‘Ābidīn von Ṭārum (TH, 59-61) Šams al-Dīn Mar‘ašī (TH, 65-71; TMM, 43-53) Ḥusain Bīk Aq Qūyunlū (in Qazwīn) Malik Ǧahāngīr von Nūr Malik Šāh Ġāzī Malik Ḥusain (TH, 72-74) Malik Ǧahāngīr von Nūr

149 Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū entsandte Amīr Rustam Kūhdumī, begleitet von seinen Amiren, nach Tārum. Nach seiner Niederlage schickte Sulṭān ‘Alī Mīrzā Abgesandte an den Hof und schloss mit den Aq Quyunlu Frieden, damit die turkmenische Armee sich zurückzog. Über den Inhalt des Friedens ist nichts bekannt. 150 Siehe 3-5-2. Vom Namen her lässt sich vermuten, dass es sich bei Amīr Ḥusām ad-Dīn Tūlamī um ein Mitglied der Herrscherfamilie Isḥaqī von Fūman handelt. Ḥusām al-Dīn war ein sehr populärer Name unter den Familienmitgliedern dieser Familie und Tūlam war eine der wichtigen Städte der Region zu dieser Zeit. Im Tārīḫ-i Ḫānī taucht er später wieder als ein Oberbefehlshaber des stehenden Heers (ḫalābar wa rastar) von Rānikū auf (TH, 227).

107

900901901901-

901-

901901-

Malik Ašraf Sulṭān ‘Alī Mīrzā Sulṭān ‘Alī Mīrzā Armee von West-Gīlān Sulṭān ‘Alī Mīrzā Armee von West-Gīlān Sulṭān ‘Alī Mīrzā Malik Kāwūs b. Ǧahāngīr Malik Ašraf Malik Šāh Ġāzī Malik Kaiḫusrau Sulṭān ‘Alī Mīrzā Malik Ašraf Malik Šāh Ġāzī Āqā Rustam Rūz-afzūn Armee von Hizār-ǧarīb Sulṭān ‘Alī Mīrzā Muḥammadī Mīrzā Aq Qūyunlū Sulṭān ‘Alī Mīrzā

151

Malik Šāh Ġāzī (TH, 75-76) Rustam Bīk Aq Quyunlu (in Tārum) 152 Sulṭān Ḥamza (TH, 77-78) Malik Ǧahāngīr (in Nūr) (1)-(3) 153 (TH, 79-87) Tārum (gegen die Aq Quyunlus) 154 (TH, 88-90) Malik Bīstūn b. Ǧahāngīr von Nūr

155

(TH, 91-93) Malik Bīstūn b. Ǧahāngīr von Nūr

156

(TH, 93-95) Alwand Bīk Aq Qūyunlū 157 Ā’iba Sulṭān Aq Qūyunlū (TH, 97-98) 158 Sulṭān Murād Aq Qūyunlū (TH, 99-100)

151 Dieser Feldzug nach Rustamdār war ein Racheakt gegen Malik Ǧahāngīr von Nūr, der beim Feldzug von Ḥusain Bīk Aq Qūyunlū Verstärkung zu ihm geschickt hatte. 152 Sulṭān ‘Alī Mīrzās Bruder Sulṭān Ḥamza floh vor seinem Bruder und suchte Unterstützung bei Rustam Bīk Aq Qūyunlū, der ihn zur Eroberung von Tārum schickte. Die Armee der Kiyāyān unter Führung des Oberbefehlshabers Amīr ‘Abd al-Malik führte ein Ablenkungsmanöver in Qazwīn durch. Die Stadt befand sich damals unter Kontrolle der Aq Quyunlu. Die Armee der Aq Quyunlu plünderte eine Burg in Tārum und kehrte zurück. Im Titel des betreffenden einundzwanzigsten Abschnittes vom Tārīḫ-i Ḫānī ist die Jahrenzahl 907 zu sehen. Es muss sich dabei aber um einen Abschreibfehler handeln. Die Datierungen in den Titeln der ersten Abschnitte im Tārīḫ-i Ḫānī sind widersprüchlich und nicht vertrauenswürdig. 153 Hierbei handelte sich um eine Reihe von Feldzügen gegen Malik Ǧahāngīr von Nūr, die von einem Winter bis zum darauffolgenden Sommer durchgefühlt wurden. Malik Ǧahāngīr wurde in die Enge getrieben und schloss am Ende mit den Kiyāyān ein Friedensabkommen. 154 Ṭārum befand sich seit der Eroberung durch Rustam Bīk unter Kontrolle der Aq Quyunlu. 155 Nach Malik Ǧahāngīrs Tod unterstützte Sulṭān ‘Alī Mīrzā Malik Kāwūs bei seinen Nachfolgekämpfen gegen seinen Bruder, Malik Bīstūn. Malik Kāwūs erlitt eine Niederlage und wurde von Malik Bīstūn geschlagen. 156 Nach seiner Niederlage gegen Malik Bīstūn unternahm Sulṭān ‘Alī Mīrzā mit Verstärkung von allen Herrschern in der Umgebung von Nūr einen großen Feldzug gegen ihn. Die Operation wurde durch die Nachricht des Eindringes des Timuriden Mīrzā Badī‘ al-Zamān (reg. in Herāt 1506–1507) auf Āqā Rustam Rūz-afūns Wunsch abgebrochen. 157 Auf Muḥammadī Mīrzā Aq Qūyunlūs Verlangen hin schickte Sulṭān ‘Alī Mīrzā die Armee unter Führung von Mīr Ġiyāṯ al-Dīn zur Unterstützung. Nach dem Sieg über Alwand Bīk in der Schlacht bei Tabrīz wurden den Kiyāyān Ṭārum und Qazwīn anvertraut. 158 Sulṭān Murād Aq Qūyunlū eroberte Qazwīn und ernannte seinen eigenen Stadthauptmann

108

3-5-2 Machtkämpfe unter den Mar‘ašīyān Ebenso wie bei den Mūlūk-i Rustamdār wurde das Territorium der Mar‘ašīyān in zwei Teile geteilt. In Māzandarān existierten von jeher zwei Hauptstädte, Sārī und Āmul. Nach der Eroberung von Sārī wurde der Hauptsitz der Mar‘ašīyān von Āmul, dem Hauptsitz der Bāwandiyān der dritten Epoche, nach Sārī versetzt. Das Erbrecht der Herrschaft über Sārī hatten die Nachkommen von Kamāl al-Dīn b. Qawām ad-Dīn, der als Familienoberhaupt in Sārī regiert hatte. Derjenige, der in Sārī an der Regierung war, wurde als Herrscher von ganz Māzandarān betrachtet. Die Herrschaft über Āmul war in Besitz der Nachkommen von Riżā al-Dīn b. 159 Qawām al-Dīn, der einst der Herrscher von Āmul gewesen war. Die Herrscher 160 von Āmul unterstellten sich den Herrschern von Sārī. Die Herrscher von Sārī versuchten stets, Einfluss auf Āmul auszuüben. Aber erst gegen 890/1485-6 gelang es ihnen, die Herrschaft über Āmul zu erlangen. Während zu dieser Zeit keine mächtigen Nachkommen aus Riżā al-Dīns Haus 161 überlebten, die die Herrschaft hätten behaupten können, nahm die Zahl der Nachkommen von Kamāl al-Dīn zu und diese beschäftigten sich mit Streitigkei(dārūġa). Sulṭān ‘Alī Mīrzā schickte seinen Oberbefehlshaber Amīr ‘Abd al-Malik, der die Stadt zurückeroberte. 159 Nach der Rückkehr der Familienmitglieder aus Zentralasien diskutierte ‘Alī b. Kamāl alDīn, der nach Timurs Ernennung in Āmul regiert hatte (reg. in Āmul 805/1402-3 – gegen 809/1406-7), mit seinen Brüdern über seinen Nachfolger in Āmul, als er nach Sārī zog. Ihr unbestrittener Kandidat, ‘Abd al-Muṭallib b. Riżā al-Dīn, der in Laštanisā im Exil gelebt hatte, lehnte den Vorschlag ab. Deshalb trat Qawām al-Dīn b. Riżā al-Dīn das Erbe an, der jedoch von den Einwohnern nicht angenommen wurde, und von ‘Alī b. Qawām al-Dīn, einem der jüngeren Söhne von Qawām al-Dīn abgelöst wurde (TTRM, 248-251). Nach ‘Alī Āmulīs Vertreibung (zwischen 822/1419 und 824/1421) gehörte die Herrschaft über Āmul endgültig den Nachkommen von Riżā al-Dīn. 160 Ein Beispiel: In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, erkannten die Mar‘ašīyān die Oberherrschaft der Timuriden an. Als der Herrscher von Sārī, Murtażā (reg. 820/1417-8 – 837/1433) den Herrscher von Āmul, ‘Alī, vertrieb und Qawām al-Dīn b. Riżā ad-Dīn zum zweiten Mal die Herrschaft von Āmul anvertraute, wurde für Āmul der jährliche Betrag von 40.000 tanga als Tribut bestimmt (TTRM, 280, 288). 161 ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad, der spätere ‘Alī Ḫān I., war der erste Herrscher von Āmul aus Kamāl ad-Dīns Linie. Nach dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān brachte der damalige Herrscher von Sārī, Šams al-Dīn, den letzten Herrscher aus Riẓās Linie, Ḥusain b. Asad Allāh, ins Gefängnis und ernannte seinen Cousin zum neuen Herrscher von Āmul (TMM, 41). Später wurde kurz berichtet, dass sich nach Ḥusains Tod keinpassender Kandidaten für das Amt aus Riżās Linie gefunden hätte (TMM, 51-52). Nach dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān wurde Ḥusain zwei Mal vom damaligen Herrscher von Sārī, Zain al-‘Ābidīn zum Herrscher von Āmul ernannt. Seine erste Ernennung im Jahr 879/ 1475 im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān sollte ein Schreibfehler sein und es sollte sich um Asad Allāhs anderen Sohn, Ḥasan, handeln (TTRM, 316; TMM, 14). Die zweite Ernennung geschah nach der Unterdrückung eines Feldzuges von ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh 890/1485-6, begleitet von Ibrāhīm b. Murtażā Āmulī (TMM, 21), der nach der zeitgenössischen Angabe von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī gegen den Herrscher von Sārī für die Herrschaft von Āmul kämpfte. Da Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī nichts genaues über den Ausgang dieses Feldzugs und nichts mehr über die Lage in Āmul berichtete, ist es nicht festzustellen, ob es sich bei der zweiten Ernennung und den weiteren Erzählungen auch um einen Schreibfehler handelt oder ob Ḥusain tatsächlich zum Herrscher ernennt wurde.

109

ten um die Herrschaft über Māzandarān. Die ständigen Machtkämpfe unter den Familienmitgliedern verhinderten eine Machtkonzentration der Mar‘ašīyān und deren Ausdehnung nach außen. Außerdem sorgte dieser Zwiespalt unter den Familienmitgliedern für ständige Unruhe in Māzandarān und verursachte mehrals einmal Einmischung seitens der Kiyāyān, der Mūlūk-i Rustamdār und der Zentralmächte. Unter solchen Umständen führte der Autor der beiden Regionalgeschichtswerke Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān und Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, der mit seinem Vater, der einen Machtkampf verloren hatte, nach Gīlān ausgewandert war und inzwischen zum Oberbefehlshaber der Armee der Kiyāyān geworden war, zwei Feldzüge nach Māzandarān durch, in der Hoffnung, die Macht in 162 der Heimat zu übernehmen (840/1436-7). Bei den ersten Konflikten zwischen den Familienmitgliedern in der Regierungszeit von ‘Alī b. Kamāl al-Dīn (reg. in Sārī 809/1406-7–820/ 1417-8) war sein Bruder Ġiyāṯ al-Dīn b. Kamāl al-Dīn die Schlüsselfigur. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge war er nicht mit seinem erblichen Territorium Bārfurūš-dih zufrieden und hetzte andere Familienmitglieder gegen ‘Alī Sārī auf. Um ‘Alī Sārī aus dem Amt zu entfernen und einen anderen Bruder, Murtażā, an die Herrschaft zu bringen, überredete er ‘Alī b. Qawām al-Dīn Āmulī. Mit Verstärkung des Timuriden Šāhruḫ gelang es ‘Alī Sārī, den Aufstand zu bekämpfen. Für ‘Alī Āmulī wurde dies der Grund seiner späteren zweimaligen Vertreibungen aus Āmul (814/1411-2 und gegen 823/1420-1). Nach der Thronbesteigung von Murtaẓā b. ‘Alī Sārī (reg. 820/ 1417-8–837/ 1433) kam es zur Auseinandersetzung zwischen ihm und seinem Onkel Nāṣir alDīn b. Kamāl ad-Dīn dem Vater von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī. Der Grund war – Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge – Murtaẓās Aufforderung an Nāṣir ad-Dīn, Ġiyāṯ al-Dīn zu 163 töten, der Nāṣir al-Dīn nicht entsprochen hatte. Nach seiner Niederlage ging Nāṣir al-Dīn ins Exil zu den Kiyāyān in Ost-Gīlān. Zu Beginn der Regierung von Muḥammad b. Murtażā in Sārī (reg. 837/1433 – 856/1452) starb der Herrscher von Āmul, Qawām al-Dīn Āmulī, dem sein Sohn Kamāl al-Dīn nachfolgte. Muḥammad Sārī, aufgehetzt von Bahrām b. Iskandar 162 Bei seinem Feldzug 840/1436-7 brach er ohne Erlaubnis seines Herrn Nāṣir Kiyā auf. Wahrscheinlich aus diesem Grund gibt es im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān keinen Bericht über diesen Feldzug. Beim ersten und zweiten Feldzug nach Rustamdār gegen Malik Kāwūs 860/1455-6 (TGD, 280) und 865/1460-1 (TGD, 296) führte Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī die Armeen von Gīlān und Dailamistān als Oberbefehlshaber an. Beim dritten Feldzug nach Rustamdār 867/1462-3, der auf Wunsch von Asad Allāh Āmulī unternommen wurde, um zwischen den Mulūk zu vermitteln, führte er wieder als Oberbefehlshaber die Armee (TGD, 301). Er wurde in Āmul von Asad Allāh empfangen. 163 Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge steckte hinter dieser Aufforderung Murtażās Vertrauter Iskandar Rūz-afzūn, der früher Ġiyāṯ al-Dīn gedient hatte. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī schildert seinen Vater Nāṣir al-Dīn als einen rücksichtsvollen Mann ohne politische Ambition. Jedoch muss es sich ohne Zweifel um einen Machtkampf zwischen dem Neffen und dem Onkel gehandelt haben.

110

Rūz-afzūn, unternahm die Eroberung von Āmul. Kamāl al-Dīn Āmulī ging nach Ost-Gīlān ins Exil. Als Muḥammad Sārī den eigenen Sohn ‘Abd al-Karīm auf den Thron von Āmul einsetzte, zeigten die Einwohner der Stadt Unwillen gegenüber der Herrschaft durch die Nachkommen von Kamāl al-Dīn und gingen zu den Derwischen, um sich bei ihnen Rat zu holen. Die Derwische nahmen Kontakt mit den Nachkommen Riżās auf. Um anstelle Muḥammad b. Murtażās einen anderen Nachkommen von Kamāl al-Dīn einzusetzen, wurde Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī aus OstGīlān berufen, der diese Einladung annahm und sogleich gegen Muḥammad b. Murtażā zu Felde zog. Bei der ersten Schlacht siegte Muḥammad Sārī, der angesichts des Widerstands der Einwohner Murtażā b. Riżā al-Dīn als Herrscher über Āmul eingesetzt hatte. Dann schaltete sich Malik Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ ein. Während seiner Verhandlungen mit Muḥammad Sārī einerseits und mit Malik Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ andererseits und Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Ablenkungsmanöver nach Bārfurūš-dih eroberte Kamāl al-Dīn Āmulī die Stadt zurück, die er bis zu seinem Tod (849/1445-6) beherrschte. Ihm folgte Murtażā b. Riżā al-Dīn nach. Die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts entspricht der Regierungszeit der ersten vier Herrscher von Sārī nach der Heimkehr der Familie und galt unter der Oberherrschaft der Timuriden als eine vergleichsweise stabile Periode. Als Muḥammad Sārī und Murtażā Āmulī fast zur gleichen Zeit starben (856/1452-3) und ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad (reg. 856/1452-3 – 865/1460) in Sārī und Šams alDīn b. Murtażā in Āmul den Thron bestiegen, sah der Timuride Abū ’l-Qāsim Bābur b. Bāisunqur b. Šāhruḫ eine Gelegenheit, nach Māzandarān einzumarschieren. Nach der Niederlage und dem Tod des Oberbefehlshabers des Ostens Sayyid ‘Azīz Bābulkānī führten die Mar‘ašīyān einen Guerillakrieg in den Wäldern gegen die Timuriden. Die Mar‘ašīyān schlossen mit den Timuriden einen Frieden unter der Bedingung ab, nach den bisherigen Regeln (bi-dastūr-i sābiq) Steuern und Geschenke (māl wa pīškiš) zu entrichten. 865/1460 starb ‘Abd al-Karīm, dem sein Sohn ‘Abd Allāh nachfolgte. Zuvor hatte in Āmul nach dem Tod des kinderlosen Šams al-Dīn sein Cousin Asad Allāh b. Ḥasan b. Riżā den Thron bestiegen (TTRM, 307). Der Mord an ‘Abd Allāh durch seinen Cousin Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn 872/1467 und dessen Machtübernahme waren ausschlaggebend für das politi164 sche Chaos in Māzandarān. ‘Abd Allāhs Sohn ‘Abd al-Karīm, der bei der Ermordung seines Vaters vier Jahre alt war und sich bei dem Timuriden Abū Sa‘īd aufgehalten hatte, unternahm seither von Ost-Gīlān aus mehrere Feldzüge gegen Zain al-‘Ābidīn und seine Nachfolger. Parallel zu den Feldzügen gegen die Herr164 Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zufolge war ‘Abd Allāh bei seiner Thronbesteigung noch jung und nicht pflichtbewusst. Aus diesem Grund ließen einmal die Mächtigen der Provinz ihn durch seinen Onkel, Kamāl al-Dīn b. Muḥammad ablösen, der sich ebenfalls unfähig zeigte und sofort entlassen wurde. Nach seiner Rückkehr ins Amt brachte ‘Abd Allāh Kamāl alDīn ins Gefängnis, in dem dieser starb. Das Attentat von Zain al-‘Ābidīn, dem Sohn von Kamāl al-Dīn, auf ‘Abd Allāh kann als Racheakt verstanden werden.

111

scher von Sārī, die über ein Vierteljahrhundert dauerten, beschäftigten sich in Āmul Asad Allāh und seine engen Verwandten mit Machtkämpfen. Alle diese politischen Wirrnisse ermöglichten eine Einmischung der Mächtigen von außen und trugen zur Verwüstung der Provinz bei.

Machtkämpfe unter den Mar‘ašīyān (Namen in fetter Schrift = Sieger) (eingerückt darunter = Verbündete/r)

Jahr

Herrscher von Sārī (Āmul)

812-

‘Alī b. Kamāl al-Dīn Sārī Šāhruḫ b. Tīmūr

814 822 822-3

‘Alī b. Kamāl al-Dīn Sārī Murtażā b. ‘Alī Sārī ‘Alī Āmulī Murtażā b. ‘Alī Sārī

825 837-840

Qawām al-Dīn Āmulī Muḥammad b. Murtażā

840

Muḥammad b. Murtażā

856

‘Abd al-Karīm b. Muḥammad

872

‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm

872-

Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn Sulṭān Ḥusain Mīrzā

Konkurrent Murtażā b. Kamāl al-Dīn ‘Alī b. Qawām al-Dīn Āmulī (TTRM, 255-259) ‘Alī Āmulī (TTRM, 260) Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn die Timuriden (TTRM, 272-275) Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn ‘Alī Āmulī (TTRM, 280-282) ‘Alī Āmulī (TTRM, 282-283) Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Āmulī (TTRM, 289-290) Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Āmulī Ẓahīr al-Dīn b. Nāṣir al-Dīn M. Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ (TTRM, 292-303) Bābur b. Bāisunqur b. Šāhruḫ (TTRM, 306) Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn (TTRM, 310-2; TMM, 8) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Sulṭān Muḥammad Kiyā Malik Iskandar von Kuǧūr Uzun Ḥasan Aq Qūyunlū Rūz-afzūnīya Zain al-‘Ābidīn Pāzwālī 165 Derwische (TTRM, 310-2; TMM, 8-13)

165 Wie schon in zweiten Kapitel (2-3-3) bemerkt wurde, gibt es in den Darstellungen von ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāhs Feldzüge im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān und im Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zahlreiche Unstimmigkeiten und informatorische Lücken. Die Angaben in ihren Fortsetzungen, dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān und dem Tārīḫ-i Ḫānī sind so unterschiedlich, dass eine genaue chronologische Rekonstruktion der Feldzüge schwierig ist. Bei seinem ersten Feldzug erlangte ‘Abd al-Karīm die Herrschaft über Sārī. Dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zufolge musste er sich bald, wegen seiner Niederlage und weil die Pāzwārī-Sayyids auf die andere Seite überwechselten, nach Rustamdār zurückziehen. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān erzählt vom Ge-

112

872-

Asad Allāh Āmulī

872-

Ibrāhīm b. Murtażā Āmulī

879-880 880

Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn

888

Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn

890

Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn

892-

Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū

893

Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn

166

167

168

169

Ibrāhīm b. Murtażā Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn (TTRM, 312) Asad Allāh Āmulī Malik Ǧahāngīr von Nūr (TTRM, 312-3) Asad Allāh Āmulī (TTRM, 318-9) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Ibrāhīm b. Murtażā Āmulī 166 (TTRM, 319-320) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū (TGD, 443-4) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Ibrāhīm b. Murtażā Āmulī Malik Ǧahāngīr von Nātil Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū 167 Derwische (TGD, 451-2; TMM, 15-20) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā Malik Gayūmarṯ von Nūr Malik Ašraf von Kuǧūr (TGD, 456-466; TH, 23-27; TMM, 28-31; 168 Amīnī, 238-243) Amīr Bakr Bīk Aq Qūyunlū 169 (Amīnī, 309-310)

genangriff Zain al-‘Ābidīns mit Unterstützung des Timuriden Sulṭān Ḥusain Mīrzā. Sicher ist, dass ‘Abd al-Karīm von Ost-Gīlān aus so viele Feldzüge unternommen hatte, bis er schließlich die Herrschaft von Āmul erlangte. Während des zweiten Feldzugs ‘Abd al-Karīms erhob sich Zain al-‘Ābidīns Vertrauter, Haibat Allāh Bābulkānī gegen Zain al-‘Ābidīn. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān berichtet diese Geschichte einschließlich seines Todes im Teil über ‘Abd al-Karīms ersten Feldzug gegen 972/1564-5. Im Bezug auf ‘Abd al-Karīms Feldzüge tauchen im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān und Tārīḫ-i Ḫānī häufig solche Vermischungen auf. Die Angaben vom Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān und vom Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān haben nicht sehr viele Gemeinsamkeiten außer der Teilnahme Ibrāhīm b. Murtażā Āmulīs am Feldzug von ‘Abd al-Karīms und der Beteiligung der Maliks. Das Tārīḫ-i Ḫāndāni Mar‘ašī-yi Māzandarān berichtet nichts von Sulṭān Ya‘qūbs Beteiligung. Kurz vor diesem Feldzug im Jahr 892/1487, bei dem Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī ‘Abd al-Karīm begleitete, war Zain al-‘Ābidīn bereit tot. Das Tārīḫ-i Ḫānī betrachtet den Feldzug als ein Ereignis in Zain al-‘Ābidīns Regierungszeit. Wegen eines Erlasses von Sulṭān Ya‘qūb, der wahrscheinlich auf Ersuchen des Herrschers von Sārī erstellt wurde, musste ‘Abd al-Karīm sich nach Ost-Gīlān zurückziehen. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘aš-yi Māzandarān berichtet wieder nichts von Sulṭān Ya‘qūbs Beteiligung. Wegen der Vernachlässigung der jährlichen Tributpflicht an die Aq Quyunlu wurde Amīr Bakr Beg aus Ḫurāsān gegen Šams al-Dīn geschickt. Šams al-Dīn versteckte sich in den Wäldern. Über weitere Folgen ist nichts bekannt.

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897

Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū

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Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn

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Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū ‘Alī b. Qawām al-Dīn (Āmulī)

‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā Amīr Ḥusām al-Dīn Tūlamī Malik Ašraf von Kuǧūr Malik Kāwūs b. Ašraf 170 (TH, 48-52; TMM, 43-53) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā 171 (TH, 65-71; TMM, 43-53) ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh 172

(TMM, 56-61)

Funktion der Derwische Nach ihrem Aufstieg wurden die Aktivitäten der Mar‘ašīyān als Ordensführer in den Geschichtswerken nicht mehr erwähnt. Dass ihre Dynastie in ihrem mystischen Orden verwurzelt war und dass sie diese Funktion behielten, war in den Funktionen der Derwische des Ordens sichtbar. Die Derwische galten als „das Fundament der Herrschaft von Māzandarān“ (asās-i ḥukūmat-i Māzandarān) (TTRM, 305) und „die Stütze des Glaubens und des Reichtums und die Unterstützer der Säulen dieser erhöhten Dynastie“ (qawām-i dīn wa daulat wa murawwiǧ-i qawā‘id-i salṭanat-i ān silsila-i ‘āliya) (TMM, 15-16). Sie bestätigten mit ihrem Treue170 Das Tārīḫ-i Ḫānī betrachtet diesen Feldzug im Jahr 897/1491-2 als ein Ereignis, das nach Sulṭān Ya‘qūbs Tod (896/1490), Zain al-‘Ābidīns Tod (nach TGD 892/1487) und Šams alDīns Thronbesteigung geschah. Infolgedessen gibt es selbstverständig keine Angabe über Sulṭān Ya‘qūbs Beteiligung im Tārīḫ-i Ḫānī. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān erwähnt nichts über Sulṭān Ya‘qūbs Beteiligung, sonst passt deren Bericht über die Armee seitens ‘Abd al-Karīms zu den Angaben im Tārīḫ-i Ḫānī. Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge endete der Feldzug mit einem Abkommen, ‘Abd al-Karīm die Herrschaft von Āmul zu übergeben. Höchstwahrscheinlich vermischte Mīr Taimūr Mar‘ašī die Verläufe von mindestens zwei Feldzügen. Dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge wurde der Feldzug mit großen Verlusten beendet und der Autor, ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī, der am Feldzug teilnahm, wurde gefangen genommen. 171 Dem Bericht des Tārīḫ-i Ḫānī zufolge schickte Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā zum zweiten Mal seine Armee nach Māzandarān ab, um ‘Abd al-Karīm zu unterstützen. An diesem Feldzug nahm die Armee von West-Gīlān jedoch nicht teil. Am Ende erwarb ‘Abd al-Karīm ein Territorium. Dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge bekam er Bārfurūš-dih. Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge wurde er, den Friedensbedingungen folgend, der Herrscher von Āmul, da es nach dem Tod des vormaligen Herrschers Ḥusain keinen geeigneten Nachfolger unter Riżās Nachkommen gab. 172 Nach Angaben im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān erhob sich ‘Abd al-Karīm zwei Jahre nach der Schlacht gegen Šams al-Dīn Sārī, der die Staatsangelegenheiten vernachlässigt und sie seinem engsten Vertrauten Āqā Rustam überlassen hatte. Šams al-Dīn bat ahnungslos den schon verstorbenen Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū um Unterstützung, er ließ seinen Amir in Rūdbār und Ṭāliqān plündern und verhinderte den Einsatz der Kiyāyān für die Unterstützung von ‘Abd al-Karīm. ‘Abd al-Karīm zog sich über Rustamdār nach Gīlān zurück.

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eid (bai‘at) die Legitimität eines neuen Herrschers (vgl. TTRM, 305) und hatten einen gewissen Einfluss auf Machtwechsel. Als beispielweise Riżā al-Dīns Sohn Qawām al-Dīn seinen ererbten Thron in Āmul bestieg, wollten die Einwohner und die Derwische nicht ihn, sondern ‘Alī b. Qawām al-Dīn, einen jüngeren Sohn des Dynastiegründers als Herrscher. ‘Alī Sārī, der kurz nach ihrer Rückkehr aus Zentralasien die ganze Provinz noch nicht unter seine Kontrolle gebracht hatte, konnte sie nicht beruhigen und bewilligte schließlich ihren Wunsch. Riżās Nachkommen wollten sich dazu äußern und sich nach dem Grund erkundigen. Die Derwische zwangen sie zu schweigen und die Entscheidung zu akzeptieren (TTRM, 251). ‘Alī Āmulī, der später vom Herrscher von Sārī, Murtażā, vertrieben und durch Qawām al-Dīn b. Riżā al-Dīn abgelöst worden war, erlag nach seinem vergeblichen Überfall auf die Stadt einer Verletzung an der Schulter (825/1422). Die Derwische aus Āmul bargen seinen Leichnam und begruben ihn im Mausoleum seines Vaters (TTRM, 283). Ein weiteres Beispiel: Als Muḥammad Sārī seinen Sohn ‘Abd al-Karīm auf den Thron von Āmul einsetzte und die Einwohner der Stadt Abneigung zeigten, ergriffen die Derwische die Initiative. Der Führer (ra’īs) der Derwische in Āmul, Darwīš Ḥasan Šarābdār, ließ die Derwische in Sārī einen Berufungsbrief an den Historiker in Ost-Gīlān, Ẓahīr al-Dīn Mar’ašī, schreiben. Als Ẓahīr al-Dīn nach Māzandarān kam, empfingen ihn die Derwische aus Bārfurūš-dih. Sie schlossen ein Abkommen (‘ahd) (TTRM, 291-2). Ein drittes Beispiel: Als Muḥammad Sārī starb, folgte sein ältester Sohn ‘Abd al-Karīm ihm nach. Nach ‘Abd al-Karīms Tod hätte sein Sohn ‘Abd Allāh die Nachfolge antreten sollen, was er aber aus unbekannten Gründen nicht konnte. Für ihn bestieg Kamāl al-Dīn, ein Bruder von ‘Abd al-Karīm, den Thron. Weil der sich aber als unfähig erwies, trat er bald zurück. Die Einwohner ersuchten einen anderen Bruder von ‘Abd al-Karīm, Qawām al-Dīn (gest. 895/1489-90), um die Herrschaft, der aber lehnte das Ersuchen ab. Er ließ ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm die Führung übernehmen. Die Derwische und die anderen Leute sollten seinen Befehl akzeptieren. Qawām al-Dīn zog sich in sein Territorium Mašhad Ganǧafrūz zurück und lebte mit den Derwischen. Als ‘Abd Allāh seinen Onkel Qawām al-Dīn ins Gefängnis brachte, wurde die Feindschaft der Derwische gegen ihn 173 evident. Schließlich war es Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn, der die Unruhen durch die Ermordung ‘Abd Allāhs unterdrückte und die Herrschaft antrat (5. Rabī‘ I. 872/3. Oktober 1467) (TMM, 6-8). Ein viertes Beispiel: Zain al-‘Ābidīn Sārī kam in Konflikt mit den Derwischen 173 Ein anderer Grund ihrer Feindschaft gegen ‘Abd Allāh war, dass er seinen einzigen Rivalen Murtażā, einen Cousin seines Vaters mütterlicherseits (‘amū-zāda-yi pidar-i mādarī), blenden ließ. Weil ‘Abd Allāhs Mutter unbekannt ist, ist nicht festzustellen, wer dieser Murtażā war. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān deutet nur an, dass er entweder mit ‘Abd al-Rahīm oder ‘Abd al-Razzāq, die ebenfalls Muḥammad Sārīs Söhne (das heißt, sie waren ‘Abd Allāhs Onkel) waren, verwandt war (TMM, 6-7).

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und verfolgte sie. Ein Grund der Verfolgung der Derwische war, dass die Derwische gegen Zain al-‘Ābidīns Machtergreifung waren und sich um seine Absetzung bemühten. Sie beteiligten sich an ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāhs erstem Feldzug und dem im Jahr 890/1485-6. Nach dem Scheitern des Feldzugs im Jahr 890/1485-6 tötete Zain al-‘Ābidīn die meisten von ihnen. Da sein Racheakt der Dynastie große Verluste gebracht hatte, stellte er die Beziehungen mit den Derwischen wieder her (TMM, 21-22). Jedoch wurden seither ihre politischen Aktivitäten in den Geschichtswerken kaum erwähnt.

Die Würdentrager von Māzandarān und das Amt des Oberbefehlshabers Obwohl die Mar‘ašīyān, wie die Kiyāyān, kein zentralisiertes politisches System entwickelten, ist in der Verwaltung in Sārī die Errichtung einer militärischen Organisation zu erkennen. Als 840/1436-7 Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī nach Māzandarān marschierte, stand ihm nur die Armee von Sārī (laškar-i Sārī) mit einem Kommandant (sardār) gegenüber (TTRM, 292). Zur Zeit des Todes von Muḥammad b. Murtażā, des Herrschers von Sārī (856/1452), war der Zuständigkeitsbereich der Oberbefehlshaber (sipahsālār) in zwei Teile geteilt: Die östliche (andere) Seite vom Tīǧan-rūd (šarqī-i Tīǧanrūd/ān ṭaraf-i Tīǧan-rūd) und die westliche (diese) Seite vom Tīǧan-rūd (ṭaraf-i ġarbī-i Tīǧan-rūd) (vgl. TTRM, 305). 880/1475-6, als ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zufolge die Herrschaft von Sārī erlangte, wurde für beide Zuständigkeitsbereiche ein neuer Oberbefehlshaber ernannt (TTRM, 319). Zu dieser Zeit erstreckten sich der östliche Bereich bis zur östlichen Grenze zu Astarābād, Tamīša, und der westliche Bereich bis zur Grenze zu Āmul. Erst gegen 890/1485-6 trat dazu ein dritter Zuständigkeitsbereich eines Oberbefehlshabers in Erscheinung: der Bereich zwischen dem Tālār(-rūd), dem Tīǧan-rūd und Sawādkūh (mā bain Tālār wa Tīǧan-rūd wa Sawādkūh) (TMM, 21, 25174 26). Die Positionen der Oberbefehlshaber waren in einer Art Erbfolge fast ausschließlich im Besitz bestimmter Familien: die Oberbefehlshaber des Ostens kamen ausschließlich aus einer Sayyid-Familie namens Bābulkānī. Die ersten in den Quellen erwähnten Oberbefehlshaber des Westens kamen aus der Familie der Rūz-afzūnīya, deren Vorfahr Iskandar Rūz-afzūn ursprünglich Murtażā b. ‘Alī Sārīs Diener (naukar) war. Die Rūz-afzūnīya wurden wegen ihrer rebellischen 175 Taten aus dem Amt entfernt und durch die Familie Dīws ersetzt. Danach über174 Im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān tauchen verschiedene Ausdrücke für jeden Bereich auf, die vom Kontext her als identisch betrachtet werden können. Die anderen Ausdrücke für die östliche Seite: die Seite westlich von Bābulkān (ṭaraf-i ġarbī-i Bābulkān) bzw. der Osten (šarqī); die westliche Seite: der Westen (ġarbī). Das Territorium des Oberbefehlshabers des dritten Zutändigkeitsbereichs war Sawādkūh (vgl. TMM, 15). 175 Die Rūz-afzūnīya und Zain al-‘Ābidīn Pāzwārī waren gegen die Thronbesteigung Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīns, der den damaligen Herrscher ‘Abd Allāh ermordet hatte, in Sārī. Sie beriefen ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh zum Herrscher und baten Uzun Ḥasan Aq

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nahm das Amt des Oberbefehlshabers des Westens eine Sayyid-Familie namens 176 Pāzwārī. Den Dīws wurde Sawādkūh anvertraut (TMM, 15). Diese Familien bildeten die Schicht der regionalen Würdenträger (a‘yān) in Māzandarān. Bis zur safawidischen Zeit entwickelte sich die Teilung der Provinz durch den Tālār-rūd in zwei Gebiete und damit die Gruppierung der Würdenträger: die Würdenträger des Ostens (a‘yān-i šarqī) und die Würdenträger des Wes177 tens (a‘yān-i ġarbī). Zu den mächtigen Würdenträgern des Ostens gehörten die Bābulkānī-Sayyids, die Murtażā’ī-Sayyids, dazu die Dīws und die Rūz-afzūnīya von Sawādkūh. Zu den mächtigen Würdenträgern des Westens gehörten die Pāzwārī-Sayyids, die Ra’īs’, die Rikāǧ-Sayyids, die Ḫaṭīrs und die Šīrānas. Wegen der eher schwachen Souveränität der Mar‘ašīyān war ihr Einfluss auf die innenpolitischen Angelegenheiten in Māzandarān relativ stark: Besonders die Rūz-afzūnīs und die Dīws, die ihre Basis im gebirgigen Hinterland Sawādkūh 178 hatten, genossen oft eine gewisse Unabhängigkeit von den Mar‘ašīyān.

3-5-3 Beziehungen der regionalen Fürsten zu den Timuriden und den Aq Quyunlu Auch die nomadischen turkmenischen Herrscher des 15. Jahrhunderts mischten sich in innere Angelegenheiten der südkaspischen Küstenprovinzen ein. Jedoch wie zuvor ohne die Absicht, die Provinzen unter direkte Kontrolle zu bringen. Dass sie begierig auf die Produkte aus diesem üppigen Agrarland waren und es zwischen ihnen und den regionalen Fürsten ein taktisches Tauziehen gab, wird in den Berichten der Regionalgeschichtswerke häufig angedeutet – das betrifft besonders die Mar‘ašīyān, die sich ständig mit Auseinandersetzungen beschäftigten und deren Herrschaft deshalb instabil blieb. Bei der Auseinandersetzung mit Murtażā b. ‘Alī Sārī suchte Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn Unterstützung bei den Timuriden und bot ihnen jährlich 40 ḫarwār Seide als Belohnung an. Murtażā Sārī bot ihnen darauf zusätzlich 10 ḫarwār Seide und Trockenfutter für die Tiere der timuridischen Armee. Als der timuridische Amir Fīrūz-šāh von Nāṣir al-Dīn eine Erhöhung des Tributes forderte, verzichtete er auf die weitere Unterstützung und ging nach Gīlān ins Exil. Wie oben erwähnt, erkannten die Mar‘ašīyān in der ersten Hälfte des 15. Qūyunlū und Sulṭān Muḥammad Kiyā um ihre Unterstützung. Nach dem ersten erfolglosen Feldzug von ‘Abd al-Karīm fielen die Rūz-afzūnīya bei Zain al-‘Ābidīn in Ungnade. 176 Sayyid Zain al-‘Ābidīn Pāzwārī, der Kommandant (sardār) der Armee von Sārī zur Zeit des Feldzuges Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs nach Māzandarān (840/1436-7) stammte aus dieser Familie. 177 Siehe auch 4-2-2. 178 Ein Familienmitglied der Rūz-afzūnīya, Āqā Rustam Rūz-afūn, wurde zur Regierungszeit von Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn wegen seiner Tapferkeit anerkannt und an Stelle Muḥammad Dīws zum Oberbefehlshaber von Sawādkūh ernannt. Er trug zum Wiederaufstieg der Familie bei (TMM, 33-35). Später wurden ihm die Staatsangelegenheiten anvertraut. Die Rūz-afzūnīya blieben bis zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts neben den Dīws eine der mächtigsten Familien in Sawādkūh und Fīrūzkūh.

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Jahrhunderts die Oberherrschaft der Timuriden an und zahlten Tribute. Über den für ganz Māzandarān bestimmten jährlichen Tribut gibt es keine genauen 179 Angaben. Jahrzehntelang war der davon für Āmul bestimmte Betrag, den die Herrscher von Āmul den Herrschern von Sārī bezahlten, jährlich 40.000 tanga in Geldmünzen. Mit dem Einmarsch des Timuriden Abū al-Qāsim Bābur b. Bāisunqur nach Māzandarān gleich nach der Thronbesteigung von ‘Abd al-Karīm im Jahr 856/1452-3 soll eine Erhöhung des Tributs zugunsten der Timuriden beabsichtigt worden sein, jedoch wurde angesichts des Widerstands der Māzandarāner die gleiche Tributzahlung wie früher beibehalten. Ob später Erhöhungen des Tributes durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Die Präsenz der Qara Quyunlu in den Küstenprovinzen war – im Vergleich zu den Timuriden – nicht so bemerkenswert. In den Regionalgeschichtswerken wird nur einmal von Ǧahān Šāh Qara Qūyunlūs Einmischung in die territorialen 180 Angelegenheiten unter den Mulūk-i Rustamdār (gegen 859/1454-5) berichtet. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wuchs zunehmend der Einfluss der anderen turkmenischen Dynastie, der Aq Quyunlu, auf die Küstenprovinzen. Genau zur Zeit der Machtkämpfe von Uzun Ḥasan Aq Qūyunlū gegen Ǧahān Šāh Qara Qūyunlū (872/1467) und gegen den Timuriden Abū Sa‘īd (873/1469) ermordete in Sārī Zain al-‘Ābidīn seinen Cousin ‘Abd Allāh. ‘Abd Allāhs Sohn ‘Abd al-Karīm, der sich am Hof von Abū Sa‘īd aufgehalten hatte, wandte sich an Uzun Ḥasan um Unterstützung für seinen Feldzug gegen Zain al-‘Ābidīn. 878/1473-4 vertrieb Ibrāhīm b. Murtażā, verbündet mit Zain al-‘Ābidīn, seinen Vorgänger Asad Allāh Āmulī und kam an die Herrschaft über Āmul. Als Asad Allāh mit Malik Ǧahāngīrs Unterstützung wieder zurück an die Macht kam, ging Ibrāhīm Āmulī 181 mit ‘Abd al-Karīm nach Ost-Gīlān. Sulṭān Muḥammad Kiyā riet ihnen, mit Geschenken den Hof von Uzun Ḥasan zu besuchen. Als Uzun Ḥasan von ihnen jährlich 120 ḫarwār Seide für die Autonomie von Māzandarān und Verstärkung verlangte, hielten sie diese Forderung für unerfüllbar und gingen zurück nach OstGīlān. Bei den obengenannten Machtkämpfen Uzun Ḥasans bewahrten die Kiyāyān eine abwartende Haltung und suchten Gelegenheit, Qazwīn unter ihre Kontrolle zu bringen. Nachdem Uzun Ḥasa definitiv die Oberhand gewonnen hatte, ordneten sich die regionalen Fürsten in Gīlān den Aq Quyunlu unter und leisteten eine bestimmte Tributzahlung. Die Aq Quyunlu hingegen erkannten ihre Herrschaft 179 In Gīlān wurde 804/1401, als Timur auf dem Rückweg nach Zentralasien von seinem siebenjährigen Feldzug in Westasien an der Provinz vorbeizog, der Tribut bestimmt, der aus 15.000 man Seide, 7000 Pferden u.a bestand. Diese Angaben sind nur in den timuridischen Chroniken zu finden, und in welchem Ausmaß und wie lange diese Abmachung galt, ist zweifelhaft. 180 Siehe 3-5-1. 181 Dem Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān zufolge zog sich ‘Abd al-Karīm nach seinem ersten erfolglosen Feldzug nach Rustamdār zurück, dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge bis nach Ost-Gīlān.

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an (vgl. TGD, 365). Als Amīr Rustam Kūhdumī von den Kiyāyān aus seinem erblichen Territorium Kūhdum vertrieben wurde (zwischen 873/1468-9 und 878/ 1473), bat er Uzun Ḥasan um einen kaiserlichen Erlass, der den Kiyāyān die 183 Rückgabe seines Teritoriums befahl. Amīr Rustam Kūhdumī mischte sich nach dem Tod des Herrschers von Fūman, Amīr ‘Alā al-Dīn (880/1476), in die Verhandlung um die Nachfolgerschaft ein und versprach den Aq Quyunlu einen jährlichen Tribut von 50 ḫarwār Seide im Maße von Tabrīz (bi wazn-i Tabrīzī) für die Ernennung eines Sohnes des verstorbenen ehemaligen Herrschers von Rašt, Amīr Falak al-Dīn Taǧāspī, zum neuen Herrscher von Fūman. Die Kiyāyān versuchten mit Amīr ‘Alā al-Dīns Söhnen die Erhöhung des Tributes zu besprechen, um die kritische Situation in Ordnung zu bringen. Inzwischen zeigte Amīr Rustam den Aq Quyunlu an, dass die Kiyāyān die Tributzahlung vernachlässigten. Infolgedessen erhielt er einen kaiserlichen Erlass Uzun Ḥasans, der ihm die Herrschaft über ganz West-Gīlān anvertraute (TGD, 367-369). Erst nachdem die Kiyāyān die von Amīr Rustam initiierten Aufstände unterdrückt hatten, vertrauten die Aq Quyunlu den Kiyāyān die Verwaltung über die beiden Teile von Gīlān an. Als jährlicher Tribut für West-Gīlān wurde der Betrag von 40 ḫarwār Seide (= 60 tabrīz man) bestimmt.

Tribut in Māzandarān Jahr 822

Tributpflichtige / Herrscher Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn / die Timuriden (TTRM, 274) jährlich 40 ḫarwār Seide als Angebot Murtażā Sārī / die Timuriden zusätzliche 10 ḫarwār Seide und Trockenfutter 822Qawām al-Dīn Āmulī / Murtażā Sārī (TTRM, 280) jährlich 40.000 tanga in Geldmünzen als Teil des Tributs 836Kamāl al-Dīn Āmulī / Muḥammad b. Murtażā Sārī (TTRM, 288) jährlich 40.000 tanga als Teil des Tributs f. d. timuridischen Hof 878 ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh in Gīlān / Uzun Ḥasan (TTRM, 314; TM, 57) jährlich 120 ḫarwār Seide (Forderung für Autonomie) 893 Šams al-Dīn / Sulṭān Ya‘qūb Aq Quyunlu (Amīnī, 309) (Tributpflicht in qinṭār vernachlässigt)

182 Als Amīr ‘Alā al-Dīn von Fūman starb (880/1476), waren die Abgesandten von den beiden Teilen Gīlāns mit dem Tribut gemeinsam auf dem Weg an den Hof der Aq Quyunlu. Der Angesandte von Ost-Gīlān hieß Sayyid ‘Alī Kiyā b. Mūsā al-Ḥusainī, der von West-Gīlān war Ḫwāǧa ‘Alī. 183 Jedoch wurde sein Sohn Amīr Sālūk als stellvertretender Herrscher von Sulṭān Muḥammad Kiyā in Kūhdum eingesetzt. Amīr Rustam ging an den Hof Uzun Ḥasans ins Exil (siehe 3-5-1).

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Tribut in Gīlān Jahr 804 880 881 892-

Tributpflichtige / Herrscher Gīlān / die Timuriden (RS, VI, 460-461; Yazdī, II, 397-398) 15.000 man Seide, 7000 Pferde u.a Amīr Rustam Kūhdumī / die Aq Quyunlu (TDG, 365-6) jährlich 50 ḫarwār Seide im Maße von Tabrīz als Angebot West-Gīlān (Sulṭān Muḥammad) / die Aq Quyunlu (TGD, 375-376) jährlich 40 ḫarwār Seide = 60 tabrīz man Sulṭān ‘Alī Mīrzā / Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū (Amīnī, 243-244) 1200 tumān + 100 tumān (für einen Amir)

Die Angaben über die regulären Tribute der Küstenprovinzen sind fragmentarisch und in verschiedenen Einheiten, weshalb eine genaue Rekonstruktion nicht durchgeführt werden kann. Nur im Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi Amīnī ist davon die Rede, dass Šams al-Dīn, der Herrscher von Sārī, die jährliche Tributpflicht versäumte. Die meisten Tribute des 15. Jahrhunderts wurden mit Seide in ḫarwār berechnet. Wenn man den Betrag von 120 ḫarwār Seide, den Uzun Ḥasan von den Māzandarāner verlangte, und den Betrag von 50 ḫarwār Seide, den Amīr Rustam Kūhdumī Uzun Ḥasan anbot, mit dem Betrag von 40 ḫarwār Seide als Tribut für West-Gīlān im Jahr 881/1476 vergleicht, könnte letzterer als realistisch und angemessen betrachtet werden, selbst wenn in diesem Betrag eine Erhöhung eingeschlossen gewesen sein sollte. Nāṣir al-Dīn Mar‘ašīs Angebot von jährlich 40 ḫarwār Seide an den Timuriden im Jahr 822/1419 bekräftigt diese Vermutung. Haupttribut für die nomadischen Herrscher war ohne Ausnahme Seide, die sie begehrten und wofür sie sich in die politische Angelegenheiten der Küstenprovinzen einschalteten. Nach Uzun Ḥasans Tod (882/1478) nahm die Einmischung der Aq Quyunlu in die Angelegenheiten der Küstenprovinzen ab. In Māzandarān, wo politische Wirrnis herrschte, unterstützte Sulṭān Ya‘qūb zuerst ‘Abd al-Karīm bei seinen erfolglosen Feldzügen und wechselte dann auf die Seite des Herrschers von Sārī. Sulṭān Ya‘qūb schickte parallel dazu auch seine Armee nach Ṭārum (887/1482). Außer von gelegentlichen Geschenken (pīškiš) (TGD, 461, 469) sind keine genaue Angaben über jährliche Tribute bekannt. Nach Sulṭān Ya‘qūbs Tod (896/1490) gerieten die Aq Quyunlu in Machtkämpfe, die zu ihrem Niedergang führten. Trotz ihrer Misserfolge bei den Feldzügen nach Māzandarān begannen die Kiyāyān nun mit den Aq Quyunlu intensiver um Qazwīn zu ringen. Sulṭān ‘Alī Mīrzā schickte seinen Oberbefehlshaber Amīr ‘Abd al-Malik nach Qazwīn, der die Stadt eroberte. Amīr ‘Abd al-Malik blieb ein Jahr in der Stadt, um Steuern einzutreiben. Danach setzte er dort einen Stellvertreter ein. Im selben Jahr zog er erfolgreich gegen die Aq Quyunlu zu Felde und marschierte über Teheran und Ray weiter bis nach Fīrūzkūh. Er setzte in jedem Ort einen Stadthauptmann (dārūġa) 120

ein und schickte Steuereintreiber. Als die Aq Quyunlu den Kiyāyān Ṭārum entrissen, zog Amīr ‘Abd al-Malik wieder zu Felde und marschierte von Qazwīn bis nach Sulṭānīya (897/1491-2) (vgl. Goto (1999), 82-83). Unter diesen Umständen floh der zukünftige Gründer der safawidischen Dynastie und der Ordensführer des mystischen Safawīya-Ordens Ismā‘īl Ṣafawī vor Rustam Bīk Aq Qūyunlū und suchte Zuflucht bei Sulṭān ‘Alī Mīrzā in Ost-Gīlān. Ismā‘īl verweilte etwa fünf Jahre in Lāhīǧān (zwischen 900/1494 und 905/1499), wo Sulṭān ‘Alī Mīrzā Ismā‘īl und seinen Geschwistern eine angemessene Erzie184 hung angedeihen ließ (TH, 103; Aḥsan 20 (4)). 906/1500 brach Ismā‘īl von OstGīlān aus zu den Feldzügen gegen die Aq Quyunlu und zu den darauffolgenden Eroberungszügen auf. Es war in erster Linie eine politische Entscheidung Sulṭān ‘Alī Mīrzās, Ismā‘īl Ṣafawī in Schutz zu nehmen, um in Machtkämpfen gegen die Aq Quyunlu möglichst viele Verbündete zu gewinnen, wie es bei seiner Unterstützung von ‘Abd 185 al-Karīm Mar‘ašīs Feldzügen der Fall sein sollte. Anderseits ist nicht zu bestreiten, dass Sulṭān ‘Alī Mīrzā für die Familie des Propheten Sympathie hegte. Ein Beweis dafür ist, dass im Tārīḫ-i Ḫānī ein Teil der Vorgeschichte der Safawiden gewidmet ist und darin dem Vorfahr der Familie Šaiḫ Ṣafī der Titel Sayyid verliehen ist (TH, 101). Obwohl die Safawiden eigentlich nicht von prophetischer Abstammung waren und der safawidische Orden sich nicht für schi‘itisch erklärte, gewann die Gemeinsamkeit zwischen dem schi‘itischen Glauben und dem Orden 186 bis Ende des 15. Jahrhunderts allgemein eine breite Akzeptanz. Die SayyidHeiligen-Verehrung im Rahmen der volksislamischen Bewegung im 14. Jahrhundert verbreitete sich weiter im 15. Jahrhundert. Wie ihre Beziehung zu den Safawiden beweist, entkamen auch die Aq Quyunlu dieser Verehrung nicht. Eine Chronik der Aq Quyunlu, das Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi Amīnī, berichtet eine bedeutsame Anekdote aus ‘Abd al-Karīms Feldzug im Jahr 892/1487 über ihre Stellung gegenüber den Kiyāyān. Nachdem Sulṭān Ya‘qūb aufgehört hatte, ‘Abd alKarīm zu unterstützten, übernahm Sulṭān ‘Alī Mīrzā diese Funktion. Sulṭān Ya‘qūb sandte einen Amir zu ihm und tadelte sein Verhalten. Sulṭān ‘Alī Mīrzā erklärte sich bereit, 1200 tumān für Sulṭān Ya‘qūb und 100 tumān für den Amir zu zahlen und ‘Abd al-Karīm an den Hof auszuliefern. Ein Jahr nach dem Abschluss der Verhandlungen vermittelte ein Vertreter der Ulema aus Qazwīn zwischen Sulṭān Ya‘qūb und Sulṭān ‘Alī Mīrzā. Er wies Sulṭān Ya‘qūb darauf hin, dass die Kiyāyān Sayyids seien. Daraufhin erließ er den Kiyāyān den gesamten Betrag von 184 Dem Aḥsan al-tawārīḫ zufolge lernte Ismā‘īl bei Maulānā Šams al-Dīn Lāhiǧī den Qur’ān. Maulānā Šams al-Dīn wurde 906/1500-1 vor dem Einzug in Tabrīz von Schah Ismā‘īl zum Ṣadr ernannt (Aḥsan, 77). Dem Tārīḫ Ǧahān-ārā zufolge geschah die Ernennung im Jahre 907/1501-2 (JA, 266). 185 Im Tārīḫ-i Ḫānī gibt es Berichte über die Teilnahme eines Anhängers Ismā‘īls namens ‘Alī Qulčī am Feldzug gegen Malik Ǧahāngīr (TH, 81-2) und die Teilnahme von Ismā‘īls Bruder Šaiḫ Ḥasan am Feldzug gegen Malik Bīstūn (TH, 91). 186 Cf, Amoretti, 629-634.

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1200 tumān und rief seine Steuereintreiber zurück (Amīnī, 243-244; vgl. Goto 187 (1999), 81-82). Ismā‘īl Ṣafawī und seine Nachkommen nahmen enge Beziehungen zu den beiden Sayyid-Familien der Küstenprovinzen auf. Diese Beziehung trug einerseits zum Gedeihen der Sayyid-Familien und ihres Sonderstatus unter den Safawiden im 16. Jahrhundert bei, anderseits wurde sie ihnen zugleich zum Verhängnis.

187 Sulṭān Ya‘qūb erwies ebenfalls Šams al-Dīn Mar‘ašī Respekt und verlieh ihm wegen seiner hohen Abkunft (naẓar bi nisbat-i ālā) das Recht auf eine Trommel und ein Banner (Amīnī, 309).

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Die Ereignisgeschichte im 16. und 17. Jahrhundert

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Die Regierungszeit von Schah Ismā‘īl I. (1501–1524)

Unter der Herrschaft Ismā‘īls (reg. 907/1501–930/1524) blieb die politische Lage in den südkaspischen Küstenprovinzen und die diplomatischen Beziehungen der regionalen Fürsten zu den Safawiden im Vergleich zu den Vorgängerstaaten grundsätzlich fast unverändert. Allerdings erlitten die Kiyāyān zu dieser Zeit eine verheerende Niederlage gegen die Amire von West-Gīlān. Eine Reihe militärischer Misserfolge in der späteren Regierungszeit Sulṭān ‘Alī Mīrzās führte zu einem Umsturz und in der Folge zu einem politischen Chaos in Ost-Gīlān, das die Kiyāyān zur Unterwerfung unter die Safawiden zwang. Die endlosen Machtkämpfe unter den Mar‘ašīyān, die ebenfalls unter der Gewalt der Safawiden standen, gingen unvermindert weiter.

4-1-1 Umsturz in Gīlān Am Anfang des 16. Jahrhunderts verschärfte sich die Auseinandersetzung zwischen Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā und dem Herrscher von Fūman, Amīr Isḥaq, wodurch eine bewaffnete Auseinandersetzung, um eine Entscheidung in der Schlacht zu suchen, unvermeidbar wurde. Dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge lagen die Hauptgründe in einer Reihe wortbrüchiger Handlungen Amīr Isḥaqs: Genannt wurden dabei Amīr Isḥaqs Abkommen (‘ahd) mit Alwand Bīk Aq Qūyunlū, Verhinderung des Anmarschs von Ismā‘īl Ṣafawī aus Gīlān nach Āẕarbā’īǧān, ein Friedensabkommen mit Šams al-Dīn Mar‘ašī während des Feldzugs der Gīlāner Armee nach Māzandarān, das den Sieg der Kiyāyān verhinderte, die Besetzung der Burg von Ṭārum nach der Eroberung der Provinz durch die Kiyāyān und der 188 Sittenverfall in seinem Harem (TH, 108-109). Hinter Amīr Isḥaqs Handlungen stand vermutlich sein Oberbefehlshaber ‘Abbās. Um 906/1500-1 zog Sulṭān ‘Alī Mīrzā fast alle Kontingente und ihre Oberbefehlshaber aus Ost-Gīlān und Dailamistān zusammen. Darüberhinaus bat er alle regionalen Fürsten der anderen Küstenprovinzen, das heißt ‘Abd al-Karīm Mar‘ašī, Āqā Muḥammad b. Āqā Rustam Rūz-afzūn, der damals faktisch Māzandarān unter Kontrolle hatte, den Herrscher von Fīrūzkūh, Amīr Sīn Kiyā, und die 189 Mulūk-i Rustamdār, um Unterstützung gegen Amīr Isḥaq. Nach der Niederlage in der ersten Schlacht in Laštanisā versammelte sich die Armee der Kiyāyān, die 188 In den Regionalgeschichtswerken sind keine Berichte über Feldzüge der Kiyāyān nach Māzandarān verzeichnet, an denen Amīr Isḥaq oder seine Armee teilgenommen hätten. Belegt ist lediglich, dass seine Armee an den Feldzügen nach Rustamdār gegen Malik Ǧahāngīr von Nūr teilnahm (901/1495-6). 189 Die Namen der Mulūk wurden nicht genannt.

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der Verfügungsgewalt (iḫtiyār wa kifālat) von Sulṭān ‘Alī Mīrzās Bruder, Sulṭān Ḥasan, unterstellt war und unter Führung (sardārī) von Amīr ‘Abd al-Malik stand, und rückte aus drei Richtungen nach West-Gīlān vor. Aufgrund der Abwesenheit einer einheitlichen Führung unter den verbündeten Armeen und eines Unwetters am Standort Dāfǧā, bei dem ihnen unübersehbare Schäden entstanden waren, erlitten die Kiyāyān eine schwere Niederlage. Gemäß dem Abkommen (ṣulḥ) übergab Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kūčishān an Amīr Isḥaq (TH, 110-129). Einige Monate später, im Sommer 907/1501, starb Amīr Isḥaq, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen. Einer der beiden Söhne seines Bruders Amīr Dabbāǧ, Amīr ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ, folgte ihm als Herrscher nach, wurde jedoch noch im Herbst desselben Jahres vom Oberbefehlshaber ‘Abbās getötet. ‘Abbās inthronisierte dessen Bruder, Amīr Ḥusām al-Dīn b. Dabbāǧ, der mit seiner Tochter verheiratet war (TH, 130-133). 908/1502-3 unternahm Sulṭān ‘Alī Mīrzā ungeachtet der Einwände seines Oberbefehlshabers Amīr ‘Abd al-Malik einen Feldzug 190 nach West-Gīlān und Kūhdum. Wie Amīr ‘Abd al-Malik befürchtet hatte, war die Kampfkraft der Armee durch die wiederholten Niederlagen zu verbraucht, um weiter gegen die West-Gīlāner zu kämpfen. Amīr ‘Abd al-Malik fiel im Kampf, und die Armee von West-Gīlān unter ‘Abbās’ Führung plünderte eine Woche lang Lāhīǧān (TH, 137-143). ‘Abbās hingegen wurde aufgrund seiner zunehmenden Willkür von Amīr Ḥusām al-Dīn getötet (TH, 149-150). 910/1504-5 ereignete sich in Ost-Gīlān ein Umsturz, im Zuge dessen Sulṭān ‘Alī Mīrzā von seinem Bruder Sulṭān Ḥasan abgesetzt wurde. Den Hintergrund dieses Vorfalls bildeten eine Reihe von Machtkämpfen unter den meist aus Dailamistān stammenden Oberbefehlshabern der Ost-Gīlāner Armee. Der nun etwa 60 Jahre alte Sulṭān ‘Alī Mīrzā verfügte über keine Führungskraft mehr, um die Situation unter Kontrolle zu halten. Nach Amīr ‘Abd al-Maliks Tod wurde Amīr Kiyā Farīdūn, ein Dailamī aus Šukūr, zum Oberbefehlshaber von Rānikūh ernannt und erlangte Sulṭān ‘Alī Mīrzās Gunst (TH, 143-144). Kiyā Farīdūn nahm 191 einen rivalisierenden Oberbefehlshaber, Amīr Ġiyāṯ al-Dīn, fest (TH, 147). Nun verschärfte sich die Feindschaft zwischen ihm und Kiyā Kālǧār, einem Oberbe192 fehlshaber Sulṭān Ḥasans. Jeder ging zu seinem Herrn und erhob Vorwürfe ge190 Die Ziele waren: 1. Zurückeroberung von Kūčishān, dessen Rückgabe nach Amīr Ḥusām alDīns Thronbesteigung abgelehnt worden war und 2. Inthronisierung eines Sohnes von Amīr Rustam Kūhdumī in der Provinz. Über die zwischenzeitliche Lage in Kūhdum ist nichts bekannt. 191 Um Amīr Ġiyāṯ al-Dīn zu täuschen, war er 908/1502-3 neben seinem Amt zum Oberbefehlshaber von Rūdbār/Lammasar ernannt worden (TH, 145). Sein vorheriger Zuständigkeitsbereich ist nicht bekannt. Beim Feldzug gegen Ḥusain Bīk Aq Qūyunlū (um 899/14934) hatte er zu den stehenden Heeren (ḫalābar wa rustar) von Rūdbār/Lammasar gehört (TH, 72). Da er die Armee von Dailamistān bei Feldzügen gegen die Aq Quyunlus und nach Ṭārum geführt hatte (nach 900/1494-5)(TH, 88-89), dürfte sein Zuständigkeitsbereich hauptsächlich in Dailamistān gelegen haben. 192 Kiyā Kālǧār war Sulṭān Ḥasans Vertrauter (TH, 110). Als die Kiyāyān Kūčishān verloren hatten und Sulṭān Ḥasan statt Kūčishān Garǧiyān anvertraut worden war, war er zum dor-

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gen seinen Rivalen. Da der alte Sulṭān ‘Alī Mīrzā keine Kinder hatte, versuchte Amīr Farīdūn, sich mit Sulṭān ‘Alī Mīrzās anderem Bruder Sulṭān Hāšim zu verbünden und ließ Sulṭān ‘Alī Mīrzā diesen heimlich zu seinem Nachfolger ernennen. Sulṭān Ḥasan, der inzwischen Schah Ismā‘īls Hof in Fīrūzkūh besucht hatte, informierte sich durch seinen eigenen Sohn Sulṭān Aḥmad und einen anderen Oberbefehlshaber, Amīr Kiyā Hindū b. Kiyā Tāǧ al-Dīn Dailamī, über die kritische 193 Lage. Als 909/1503-4 Amīr Ḥusām al-Dīn nach Dailamistān eindrang, sandte Sulṭān ‘Alī Mīrzā die Armee von ganz Gīlān und Tunikābun unter Sulṭān Hāšims Füh194 rung nach Rašt ab. Als die Armee von West-Gīlān vom Vormarsch der Armee von Ost-Gīlān benachrichtigt wurde und sich zurückzog, erhielt die Armee von Pošt-kūh (=Dailamistān), begleitet von Sulṭān Ḥasan, die Anweisung, dem Feinde 195 in den Rücken zu fallen. Die Armee von Gīlān, die in West-Gīlān stationiert war, ohne über ein klare Strategie und ordentliche Disziplin zu verfügen, ließ die Familie von Amīr Ḥusām al-Dīn entkommen. Die Soldaten plünderten Rašt und machten sich davon. Ebenso versäumte es die Armee von Dailamistān, einen Angriff auf die sich bei Nacht zurückziehende Armee von West-Gīlān (TH, 167-171) zu unternehmen. 910/1504-5 riet Sulṭān Ḥasan seinem älteren Bruder zur Abdankung, nachdem er dessen engsten Vertrauten Kiyā Farīdūn zu sich kommen lassen und hingerichtet hatte. Sulṭān ‘Alī Mīrzā blieb keine andere Wahl als abzudanken und sich zur Grabstätte seines Vaters nach Sumām zurückzuziehen (TH, 173-179). Sulṭān Ḥasan bestieg den Thron und schickte Boten mit der Nachricht seiner Thronbesteigung nach West-Gīlān, Māzandarān, Rustamdār und zu seinem jüngeren Bruder Sulṭān Hāšim, wo man eine mehr oder weniger ablehnende Haltung einnahm. Deshalb schickte Sulṭān Ḥasan seinen nun 14-jährigen Sohn Sulṭān Aḥmad zum safawidischen Hof in Iṣfahān (TH, 180-183). Sulṭān Ḥasans Regierungszeit (reg. 910/1504-5–911/1506) war lediglich eine kurze und instabile Übergangszeit. Die Verstärkung von Schah Ismā‘īl kämpfte gegen die Armee von West-Gīlān in Kūhdum, ohne einen entscheidenden Schlag tigen Oberbefehlshaber ernannt worden (TH, 129). Er beteiligte sich an Amīr Ġiyāṯ al-Dīns Gefangennahme. Der Hauptgrund des Streits zwischen Kiyā Farīdūn und Kiyā Kālǧār war die Aufteilung von Amīr Ġiyāṯ al-Dīns Vermögen gewesen. 193 Amīr Kiyā Hindū stammte aus einer Oberbefehlshaber-Familie. Er wurde nach dem Feldzug nach West-Gīlān zum Oberbefehlshaber von Šukūr ernannt (908/1502-3)(TH, 144). Sein Vater Kiyā Tāǧ al-Dīn Dailamī war auch Oberbefehlshaber von Šukūr (TDG, 373, 379, 402, 410; TH, 17). Sein Bruder Kiyā Muḥammad wurde 887/1482 zum Oberbefehlshaber von Raḥmatābād ernannt (TGD, 439). Ġiyāṯ al-Dīn war Neffe des mächtigsten Oberbefehlshabers in der Regierungszeit von Sulṭān ‘Alī Mīrzā, Sayyid ‘Abd al-Malik. Siehe auch 5-2. 194 Die Armee von Gīlān führten Kiyā Farīdūn und Amīr Kiyā Muḥammad. Ob dieser Amīr Kiyā Muḥammad mit dem Amīr Kiyā Muḥammad b. Tāǧ al-Dīn Dailamī identisch ist, ist unklar. 195 Die Armee von Dailamistān führten Amīr Kiyā Hindū und Kiyā Kālǧār.

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führen zu können (TH, 189-190). Sulṭān Hāšim ließ sich persönlich durch einen kaiserlichen Erlass von Schah Ismā‘īl die Herrschaft über Garǧiyān bestätigen 197 (TH, 202). Die Einwohner von Tunikābun, das einst zu Sulṭān Hāšims Herrschaftsbereich gehört hatte, verweigerte Sulṭān Ḥasan den Gehorsam. Dann brach eine weitere Auseinandersetzung unter den Oberbefehlshabern aus: Da Amīr Kiyā Hindū an Sulṭān Ḥasans Hof zunehmend mächtiger wurde, betrachtete Amīr Kiyā Kālǧār seine Position als gefährdet. Aus diesem Grund ließ er Amīr Kiyā Hindū unter dem Vorwurf betrügerischen Umgangs mit der Kriegsbeute entlassen (TH, 215). Sulṭān ‘Alī Mīrzā, der gut über die Lage informiert war, nahm Kontakt mit Amīr Kiyā Hindū und seinen alten Vertrauten auf und suchte eine Gelegenheit zur Gegenoffensive. Als Schah Ismā‘īl mit der Absicht, WestGīlān zu erobern, in Ṭārum verweilte, berief er Sulṭān Aḥmad zu sich. Nachdem Sulṭān Aḥmad mit den Kontingenten von Lammasar und Ṭāliqān aufgebrochen war, wurde Sulṭān Ḥasan in Rānikūh durch von Sulṭān ‘Alī Mīrzā geschickte Mörder getötet (4. Ramażān 911/28. Januar 1506) (TH, 222-225; TI, 214; Aḥsan, 120 198 (39)). Amīr Kiyā Kālǧār, der sich zur Zeit des Geschehens in Lāhīǧān befunden hatte, attackierte Sulṭān ‘Alī Mīrzā, der mit seinen Gefolgsleuten und Sulṭān Ḥasans Leichnam auf dem Weg nach Malāṭ war, und tötete Sulṭān ‘Alī Mīrzā (TH, 199 228-232). Das durch den zweifachen Herrschermord verursachte Interregum führte eine ernsthafte politische Krise in Ost-Gīlān herbei. Die südkaspischen Küstenprovinzen hatten von frühislamischer Zeit an immer aus politischen und religiösen Gründen Verfolgten Zuflucht geboten. Die Kiyāyān, die als ehemalige Beschützer Ismā‘īls im Vergleich zu den bisherigen traditionellen Verhältnissen in eine ungewöhnlich engen Beziehung zu den Safawiden standen, konnten mit deren Hilfe die Krise überstehen, von der die Amire von West-Gīlān stärker betroffen waren. Nachdem Schah Ismā‘īl Sulṭān Murād und Sulṭān Ya‘qūbs Sohn in Ḥamadān besiegt hatte, schickte er einen Boten zu den Kiyāyān. Sulṭān ‘Alī Mīrzā empfing den Boten gastfreundlich und brach den geplanten Feldzug nach Qazwīn umgehend ab (TH, 148). Zur Zeit der Belagerung einer Burg namens Āstā in Fīrūzkūh folgte Sulṭān Ḥasan einem Ruf des Herrschers und stattete Schah Ismā‘īl den ers-

196 Amīr Ġiyāṯ al-Dīn, der von Kiyā Farīdūn und Kiyā Kālǧār gefangen genommen worden war, wurde in der Zwischenzeit freigelassen und war an den safawidischen Hof ins Exil gegangen. Er hegte einen Groll gegen Kiyā Kālǧār und stiftete die safawidischen Amire zur Plünderung der Provinzen an. 197 Sulṭān Ḥasan schickte in der Zwischenzeit einen Abgesandten an den safawidischen Hof, empfing einen anderen kaiserlichen Erlass über die Legitimität seiner Herrschaft über Garǧiyān und vertrieb den Bruder nach Māzandarān. 198 Nach dem Mord an Sulṭān Ḥasan schickte Sulṭān ‘Alī Mīrzā einen Boten zum Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, Amīr Abū Sa‘īd, und sicherte ihm seinen Erbanspruch auf das Amt des Oberbefehlshabers zu (TH, 228). Allerdings entschied sich Abū Sa‘īd Mīr für Sulṭān Aḥmad. 199 Amīr Kiyā Hindū, der Sulṭān ‘Alī Mīrzā begleitete, verlor die Schlacht und verließ ihn.

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ten Besuch ab (909/1504) (TH, 156-161; Ḫulāṣat, 84; JA, 268; Aḥsan, 110). Dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge bekam er in einer Sitzung (maǧlis) zum Opferfest (‘īd-i qurbān) den Platz zur rechten Seite des Schah Ismā‘īls angeboten und wurde mit ei201 nem Ehrengewand, einem Schwert und Juwelen geehrt (TH, 159-160). Damit erkannten die Kiyāyān offiziell die Oberherrschaft der Safawiden an. Während der Regierungszeit Sulṭān Ḥasans erfolgten noch zwei Besuche von Sulṭān Aḥmad bei Schah Ismā‘īl, um die Safawiden um militärische Unterstützung zu bitten. Auf dem Weg zu seinem zweiten Besuch ereignete sich Sulṭān ‘Alī Mīrzās 202 Staatsstreich. Als Sulṭān Aḥmad die Nachricht vom Tode seines Vaters erhielt, beriet er sich heimlich mit einigen seiner Begleiter über die angemessenen Maßnahmen. Sulṭān Aḥmad weilte zu diesem Zeitpunkt zu Besuch am safawidischen Hof. Da er jedoch nicht genügend Zeit für Verhandlung hatte, musste er auf Wunsch der Amire jedem von ihnen 1000 tumān Honorar versprechen (TH, 248). Inzwischen 203 erschien ein Vertrauter von Sulṭān Ḥasan, Sadīd Šaftī, am kaiserlichen Hof. Er erhielt einen kaiserlichen Erlass, der ihm die Ermordung von Gegnern der Dy204 nastie gestattete. Ohne Wissen Sulṭān Aḥmads nahm Sadīd Šaftī, ausgestattet mit dem kaiserlichen Erlass und begleitet von 100 Glaubenskämpfern (ġāzīyān), Amīr Kiyā Kālǧār und den Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, Abū Sa’īd Mīr, fest. Der leztere hatte bei Sulṭān ‘Alī Mīrzās gescheitertem Staatsstreich auf Sulṭān Ḥasans Seite gestanden. Sadīd Šaftī brachte die beiden Amire um. Weniger als eine Woche nach dem Umsturz ging Sulṭān Aḥmad nach Rānikūh und bestieg den 200 Die Geschichte der Belagerung sollte wegen vieler Ähnlichkeiten mit den Geschehnissen der Belagerung der Burg von Astūnāwand im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān identisch sein, an der der Herrscher von Sārī, Šams al-Dīn Mar‘ašī, teilnahm (siehe auch 4-1-2): 1. Der Name des Herrschers: Amīr Sīn Kiyā (TH) und Mīr Ḥusain Kiyā Čalābī (TMM), 2. Sperren des Kanals zur Burg, 3. Abtransport des unterworfenen Herrschers in einem Käfig. In den safawidischen Chroniken: JA, 268-269; Ḫulāṣat, 81; Aḥsan, 101-109 (32-34); Takmilat, 42-43; TAAA, 30. 201 Auf der linken Seite saß ein Sohn Sulṭān Ḥusain Baiqarās. 202 Zur Zeit seines ersten Besuchs 910/1504-5 soll Sulṭān Aḥmad 14 Jahre alt gewesen sein. Er dürfte damit um 896/1490-1 geboren sein. Schah Ismā‘īl verlobte ihn mit einer Tochter des Amīr al-umarā’, Lala Beg. 203 Über Sadīd Šaftīs Laufbahn vor seiner Ernennung zum Oberbefehlshaber von Lāhīǧān ist nichts bekannt. Wahrscheinlich war er ein Untertan Sulṭān ‘Alī Mīzrās, der sich aber aus Angst vor einem Machtwechsel Sulṭān Ḥasan angenähert hatte. Er stand als Hintermann hinter den Vorgängen und hatte Sulṭān Ḥasan zur Ermordung Amīr Kiyā Farīdūns angestachelt. Nach Sulṭān Ḥasans Coup d’État wurde er zu Amīr Ḥusām al-Dīn von Fūman geschickt. Ferner war er an Amīr Kiyā Hindūs Entlassung beteiligt. Obwohl er bei Sulṭān ‘Alī Mīzrās Coup d’État gefangen genommen wurde, wurde er nach Sulṭān ‘Alī Mīzrās Tod freigelassen. Zu dieser Person siehe auch 5-2. 204 Der Erlass lautet, har ki muḫālif-i daulat-i qāhirah wa muṭī’a-i amr na-bāšad, bar mūǧib išārat bi qatl ārand (TH, 250). Ob hier das Wort daulat die safawidische Dynastie oder die Sayyid-Dynastie meint, ist ungewiss. Auf alle Fälle ist am starken Ausdruck der Urkunde spürbar, dass der Tod seines ehemaligen Beschützers Schah Ismā‘īl tief berührt hatte. Das Tārīḫ-i īlčī berichtet, dass Schah Ismā‘īl anordnete, die Mörder Sulṭān ‘Alīs zu enthaupten (TI, 215).

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Thron (TH, 250-254). Die tatsächliche Macht (iḫtiyār al-malikī) ergriff jedoch Sadīd Šaftī, der zum Oberbefehlshaber von Lāhīǧān ernannt wurde (TH, 255). Inzwischen unternahm Schah Ismā‘īl einen Feldzug nach West-Gīlān gegen Amīr Ḥusām al-Dīn, der im Gegensatz zu den Kiyāyān den Safawiden gegenüber keinen Gehorsam geleistet hatte. Sulṭān Aḥmad schloss sich gleichfalls mit 100 Reitern den safawidischen Truppen an. Heftiger Regen behinderte jedoch ihren Vormarsch, sodass Fūman und Rašt unbehelligt blieben. Die Eroberung von Gaskar war für Amīr Ḥusām al-Dīn eine derart existenzielle Bedrohung, dass er sich dank der Vermittlung durch den Großwesir Šaiḫ Naǧm al-Dīn Raštī den Safawiden unterwarf und mit den Kiyāyān ein Stillhalteabkommen abschloss (911/ 1505-6) (TH, 257-266; Ḫulāṣat, 87; JA, 269-270; Takmilat, 44; Aḥsan, 117). Gleichzeitig wurden zudem die Erbansprüche der Kiyāyān auf ihr Territorium von den Safawiden gewährleistet. Jedoch stand die Herrschaft der Kiyāyān unter Aufsicht 205 von Šaiḫ Naǧm al-Dīn Raštī, der sich heimlich mit Sadīd Šaftī verbündet hatte. Sulṭān Aḥmad (reg. 911/1506–940/1533-4), der mit dem Titel ḫān geehrt wur206 de, kämpfte für das Überleben der Dynastie. 912/1506-7 wurde Sulṭān Hāšim, der nach dem Umsturz bei Malik Bīstūn von Nūr in Rustamdār im Exil gelebt hatte und nun nach Ost-Gīlān vorrückte, in der Schlacht gegen die Armee von Rānikūh besiegt und auf Anweisung Sadīd Šaftīs heimtückisch ermordet (TH, 290-296). Im selben Jahr überredete Sulṭān Aḥmad, nachdem es in einer Sitzung zu einer entscheidenden Auseinandersetzung mit Sadīd Šaftī gekommen war, einen alten Vertrauten namens Sarrāǧ zur Ermordung Sadīd Šaftīs (Ramażān 207 912/Januar-Februar 1507) (TH, 301-302). Šaiḫ Naǧm al-Dīn Raštī, dessen Interesse hauptsächlich dem landwirtschaftlichen Reichtum dieser Provinz galt, versuchte weiter, Sulṭān Aḥmad unter Druck zu setzen. Er schickte einen gewissen Ḫalīfa Šāh Maḥmūd b. Abū Bakr Ṭihrānī zur Steuereinnahme nach Ost-Gīlān (TH, 317). Um die Gunst der Safawiden zu gewinnen, sammelte Sarrāǧ Steuern von den Stadtbewohnern und Ausländern und schickte Geschenke in Form von Geld, Waren und Vieh im Werten von 4000 205 Dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge versprach Šaiḫ Naǧm al-Dīn Raštī Sadīd Šaftī die Herrschaft über Ost-Gīlān, falls Sulṭān Aḥmad sich gegenüber den Safawiden feindlich verhalten sollte. Šaiḫ Naǧm al-Dīn Raštī, der dem Namen nach aus Rašt stammte, wurde dem Aḥsan al-tawārīḫ zufolge 914/1508-9 zum Großamir (amīr al-umarā’ī) ernannt (Aḥsan, 141-142). 206 Wann er den Titel erwarb, ist nicht bekannt. Das Tārīḫ-i Ḫānī nennt ihn von Anfang an mit diesem Titel (nuwāb-i ‘ālī-yi sulṭānī-i ḫānī). Wahrscheinlich war sein zweiter Besuch des safawidischen Hofes vor seiner Thronbesteigung der Anlass, dass ihm der Titel verliehen wurde. Sulṭān ‘Alī Mīrzā und Sulṭān Ḥasan führten den Titel nicht. 207 Inzwischen hatte sich Sadīd Šaftī auf seine Machtübernahme in Ost-Gīlān vorbereitet. Seine Taktiken waren: Er hatte 1. mit Amīr Ḥusām al-Dīn den Inhalt des Akommens festgelegt, 2. den Oberbefehlshaber von Šukūr, Kiyā Ḥasan, ermordet und das Amt des Oberbefehlshabers selbst bekleidet, 3. seine Verwandten und Anhänger zu den anderen wichtigen Oberbefehlshabern ernannt und 4. anderen Leuten eine Konversation mit Sulṭān Aḥmad in der Sitzung in seiner Abwesenheit verboten (TH, 287-288, 298-299). Sein ungerechtes Vorhaben soll wegen des Ramażān unterbrochen worden sein (TH, 301).

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tanga an den Hof. Trotz solcher Versuche wies Šaiḫ Naǧm Raštī Sulṭān Aḥmad an, Amīr Ḥusām al-Dīn die Stadt Laštanisā und den Glaubenskämpfern Dailamistān (Pošt-kūh) zu übergeben (TH, 321-322). Sulṭān Aḥmad beharrte dagegen auf seinem Erbanspruch auf die Stadt. Da jede der beiden Parteien einen kaiserlichen Erlass erhalten hatte, in dem ihr die Herrschaft über Laštanisā zugestanden wurde, kam es zu Auseinandersetzungen (914/1508-9 und 915/1509-10), die bis zu Šaiḫ Naǧm Raštīs Tod währten. Nach dem Tod des Großwesirs im Jahr 916/1510 208 forderte Schah Ismā‘īl Sulṭān Aḥmad zu einem vierten Besuch des Hofs auf. Bei diesem unsicheren und riskanten Besuch wurde seine Herrschaft über Gīlān legitimiert (TH, 366). Zur Zeit der Auseinandersetzungen mit Amīr Ḥusām al-Dīn waren die Kiyāyān außer mit Malik Ašraf von Kuǧūr und seinem Sohn Malik Kāwūs 209 mit keinen anderen regionalen Fürsten verbündet. Nach seiner Rückkehr vom Hof versuchte Sulṭān Aḥmad mit den Fürsten von Māzandarān, ‘Abd al-Karīm Mar‘ašī und Āqā Rustam Rūz-afzūn, ein Abkommen (‘ahd) abzuschließen und stellte die diplomatischen Beziehungen zu ihnen wieder her (917/1511-2)(TH, 210 374-5). Bis zu dieser Zeit sollten die Safawiden Sulṭān Aḥmad als einen stabilen, vertrauenswürdigen Vermittler dieser Provinzen betrachtet haben. Nach der Eroberung von Ḫurāsān schickte Sulṭān Aḥmad einen Abgesandten mit Geschenken zum safawidischen Hof, dessen verspätete Ankunft aufgrund der Entfernung von Ost-Gīlān nach Ḫurāsān ihm die Ungnade Schah Ismā‘īls zuzog. Die Safawiden verlangten von den Kiyāyān ein Bußgeld von 200 tumān. Nach seiner Rückkehr nach ‘Irāq milderte Schah Ismā‘īl jedoch die Strafe bis auf 100 tumān. Als sich kurz darauf Amīr Ḥusām al-Dīn ungehorsam zeigte, plante Schah Ismā‘īl einen abermaligen Feldzug nach West-Gīlān, an dem sich die Kiyāyān beteiligen sollten. Amīr Ḥusām al-Dīn schickte zur Entschuldigung seine Frau und seinen Sohn Dabbāǧ zum kaiserlichen Hof. Daraufhin brach Schah Ismā‘īl den Feldzug ab (TH, 376-379). Der Herrscher von West-Gīlān, Amīr Ḥusām al-Dīn, der während des Umsturzes in Ost-Gīlān die Initiative in ganz Gīlān ergriffen hatte, zeigte sich – wie schon erwähnt – den Safawiden gegenüber unnachgiebig und unternahm drei211 mal militärische Aktionen (911/1505-6, 917/1411-2 und 920/1514-5). Sein Sohn 208 Dieser fand kurz vor Schah Ismā‘īls Feldzug nach Ḫurāsān gegen Šaibānī Ḫān statt. Der Ort der Begegnung ist nicht bekannt; da Sulṭān Aḥmad auf dem Hinweg über Qazwīn und auf dem Rückweg über Sulṭānīya marschierte, dürften Tabrīz bzw. seine Umgebung in Frage kommen. 209 Mit Malik Bahman b. Bīstūn schloss Sulṭān Aḥmad 915/1509 ein Abkommen (‘ahd)(TH, 340-344). 210 Da während der Verhandlung Āqā Rustam Rūz-afzūn starb, eroberte ‘Abd al-Karīm Mar‘ašī, der damals der Herrscher von Āmul gewesen sein dürfte, Sārī und übernahm die Herrschaft über ganz Māzandarān. 211 Der Grund für den dritten Feldzug wurde nicht genannt. Die Operation wurde jedoch wegen der Nachricht des Vormarschs des osmanischen Sulṭāns Selim abgebrochen (TH, 381382).

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und Nachfolger Amīr Dabbāǧ folgte der Politik des Vaters, zeigte sich ungehorsam und veranlasste die Safawiden erneut zur Planung eines Feldzuges nach West-Gīlān. Amīr Dabbāǧ schickte zwei Abgesandte, um sich zu entschuldigen. Im Verlauf der Verhandlung kam Schah Ismā‘īl Amīr Dabbāǧs Wünschen nach und verheiratete seine Tochter Ḫair an-Nisā Begum mit dem Amir (17. Ša‘bān 923/3. September 1517). Nach einem Jahr stattete Amīr Dabbāǧ Schah Ismā‘īl einen Besuch ab, bei dem ihm der Titel Muẓaffar Sulṭān Gūrkānī verliehen wurde 212 (TG, 11-16; JA, 279; Takmilat, 58; Ḫulāṣat, 141). Trotzdem erhob sich Amīr Dabbāǧ später wieder – in der Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs.

4-1-2 Māzandarān Zur Zeit des Aufstiegs von Schah Ismā‘īl regierte in Māzandarān Šams al-Dīn Mar‘ašī. Die Kontaktaufnahme Šams al-Dīns mit den Safawiden verlief günstig, und während seiner Regierungszeit genoss die Provinz eine letzte Periode des Friedens. Mīr Taimūr Mar‘ašī zufolge stattete Šams al-Dīn Schah Ismā‘īl gleich nach seinem Aufstieg einen Besuch in Sultānīya ab. Schah Ismā‘īl habe den Herrscher (wālī) von Māzandarān freundlich aufgenommen. Ihm wurde die Herrschaft von Māzandarān (salṭanat-i mamlakat-i Māzandarān) und den zugehörigen Gebieten mit einer Urkunde (manšūr) gewährleistet und der Titel ḫānī verliehen (TMM, 61213 62). Šams al-Dīn nahm an der Belagerung der Burg von Āstā in Fīrūzkūh teil und begleitete den Schah nach dem Fall der Burg bis nach Kāšān. Dort wurde ihm erneut eine Urkunde ausgestellt, die seine Herrschaft über Māzandarān legitimierte (TMM, 63-67). Nach Šams al-Dīns Tod (909/1503-4) geriet Māzandarān wieder in politische Wirrnisse, die durch die Machtkämpfe unter den Nachfolgekandidaten verur214 sacht wurden. Zuerst setzte Šams al-Dīns Regent (wakīl) Āqā Rustam Rūz-afzūn seinen Sohn Kamāl al-Dīn auf den Thron, der von den Safawiden in einem neuen 215 Erlass den Titel ḫānī verliehen bekam (TMM, 72). Einige Jahre später ermordete Āqā Rustam jedoch Kamāl al-Dīn, ergriff selbst die Macht und etablierte sich durch Münzprägung (sikka) und Nennung seines Namens im Freitagsgebet (ḫuṭba) als unabhängiger Herrscher (wālī) von Māzandarān (TMM, 76). Dann vertrieb 212 Den safawidischen Chroniken zufolge ereignete sich dies im Jahr 925/1519 im Anschluss an den Feldzug nach Māzandarān im Jahr 924/1518-9 (siehe 4-1-2). 213 Er scheint das erste Familienmitglied der Mar‘ašīyān gewesen zu sein, dem dieser Titel verliehen wurde (TMM, 100). 214 Im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān finden sich verschiedene Bedeutungen dieses Titels. Während der Regierungszeit Šams al-Dīns verblieb, als dieser den safawidischen Hof besuchte, Āqā Rustam als ǧumla al-mulk wa wakīl in Māzandarān (TMM, 56). Bei der Thronbesteigung Kamāl al-Dīns wurde er als wakīl al-salṭana bezeichnet. Zum Amt wakīl siehe 5-6-1. 215 Damit wurde auch ‘Alī Āmulīs Herrschaft über Bārfurūš-dih bestätigt. Nach ‘Abd al-Karīms Thronbesteigung in Āmul 899/1493-4 war Alī Āmulī nach Bārfurūš-dih versetzt worden. Ob er nach seiner Rückkehr nach Āmul zwei Jahre später (901/ 1495-6) Bārfurūš-dih erneut zum Lehen erhalten hatte, ist nicht bekannt.

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er die Čalābīs aus Fīrūzkūh und besetzte die Provinz. Āqā Rustam Rūz-afzūn 217 schloss sich mit den Šaibānīden zusammen, um seine Herrschaft zu sichern. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh und ‘Alī Āmulī suchten im Gegenzug Unterstützung bei den Safawiden. Nach Āqā Rustams Tod wurde sein Sohn Āqā Muḥammad von ‘Abd al-Karīm und ‘Alī Āmulī vertrieben und zog nach Sawādkūh zurück. Die 218 Mar‘ašīyān eroberten ihr erbliches Territorium zurück (später als 917/1511-2). Da die Safawiden sich mit der Entgegennahme von Tributen von den Fürsten von Māzandarān begnügten, gab es in der Regierungzeit von Schah Ismā‘īl noch keine besondere enge Beziehung zwischen ihnen und den Mar‘ašīyān. Als Āqā Muḥammad Rūz-afzūn nach seinem Rückzug den Safawiden den jährlichen Tribut von 7000 tumān und dazu eine zusätzliche Summe von 30.000 tumān versprach, übergab Schah Ismā‘īl ihm die Umgebung von Sārī. ‘Abd al-Karīm, der keine Alternative hatte, als dem Versprechen Āqā Muḥammads nachzugeben, 219 blieb nur die andere Hälfte des Territoriums (TMM, 90; JA, 273; Takmilat, 51). Ihre Versprechen vermochten beide jedoch nicht zu erfüllen, da sich die Ein220 wohner von Māzandarān unmittelbar darauf in die Wälder flüchteten. ‘Alī Āmulī, der sich in einer Burg verschanzt hatte, schickte einen Abgesandten zum 216 Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge stammten die Čalābīs aus der Umgebung des Bergs Čalāb in der Nähe von Simnān. Zur Zeit des Aufstiegs von Schah Ismā‘īl stand Mīr Ḥusain Kiyā Čalābī, der das letzte Mitglied der Čalābīs in Fīrūzkūh war, auf der Seite der Aq Quyunlu. Kiyā Afrāšiyāb Čalābī, der Oberbefehlshaber des letzten Bāwandit-Herrschers, soll ebenfalls diesem Geschlecht angehört haben (TM, 52-54). 217 Es gibt eine häufig zitierte Episode: Nach seinem Sieg gegen Šaibānī Ḫān schickte Schah Ismā‘īl Āqā Rustam Šaibānī Ḫāns Arm zu. Āqā Rustam sei vor Furcht in demselben Jahr gestorben (TMM, 85; TM, 60; JA, 92; Ḫulāṣat, 114; Aḥsan, 163 (56)). Während Mīr Taimūr Mar‘ašī das Ereignis dem Jahr 910/1504-5 zuschrieb, wurde es in den safawidischen Chroniken den Ereignissen im Jahr 917/1511-2 zugeordnet. 218 Während der Regierungszeit von Āqā Rustam Rūz-afzūn in Sārī hatte ‘Abd al-Karīm erneut die Herrschaft über Āmul errungen und es ‘Alī Āmulī erlaubt, sich nach Bārfurūš-dih zurückzuziehen. Āqā Muḥammad, begleitet vom Herrscher von Gurgān Hwāğa Muzaffar Bitikčī, besuchte nach dem Tod seines Vaters mit Zustimmung von ‘Abd al-Karīm den safawidischen Hof in Simnān. Er gewährleistete für ganz Māzandarān einen Tribut von 3000 tumān für zwei Jahre (TM, 61; JA, 92; Aḥsan, 163 (56)). 910/1504-5 bestieg ‘Abd al-Karīm den Thron in Sārī, während ‘Alī Āmulī das Territorium im Westen (Āmul) zugewiesen wurde. 219 Das Tārīḫ-i Ḫānī berichtet eine andere Version über die politische Verwickung des Jahres 917/1511-2. Āqā Muḥammad, der von ‘Abd al-Karīm vertrieben worden war und keine Unterstützung von den Einwohnern der Provinz erwarten konnte, schickte einen Abgesandten an den Schah, dem er eine Tributzahlung von 2000 tumān als Gegenleistung für dessen Unterstützung anbot. Die Wesire dagegen verlangten von ihm 24.000 tumān. Für die Verhandlung begab sich Āqā Muḥammad selbst an den kaiserlichen Hof. ‘Abd al-Karīm stattete dem Schah ebenfalls einen Besuch ab, um eine für seine Konkurrenten günstige Entscheidung zu verhindern. Die Amire ließen die beiden sich miteinander streiten. Nachdem sie die Reichtümer von Māzandarān geplündert hatten, teilten sie die Provinz in zwei Hälften, wobei jedem ein Teil anvertraut wurde (TH, 379-80). Man spürt in der Darstellung der Regionalchroniken eine leichte Abneigung der Einwohner der Küstenprovinzen gegen die safawidischen Amire. 220 Auslöser war ein Beschluss des von den Safawiden entsandten Steuereintreibers Saif al-Inānī Ḫwāǧa Muẓaffar Bitikčī, der die Zusatzsumme von 30.000 auf 100.000 tumān erhöht hatte.

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safawidischen Hof und teilte mit, dass er bereit sei, gemäß dem ausgestellten Erlass den jährlichen Tribut der Regierungszeiten von Šams al-Dīn und Kamāl alDīn zu leisten. Schah Ismā‘īl verlieh ‘Alī Āmulī den ḫānī-Titel und erließ ein Dekret, der seine Herrschaft in Māzandarān legitimierte (TMM, 92-94). ‘Alī Ḫān kam seiner Pflicht nach. Trotz Einmischung der Safawiden etablierten ‘Abd al-Karīm und Āqā Muḥammad Rūz-afzūn wieder ihre Macht, nachdem ‘Alī Ḫān gestorben war und nur zwei minderjährige Söhne hinterlassen hatte: ‘Abd al-Karīm in Sārī und Āqā Mu221 ḥammad Rūz-afzūn in Sawādkūh. Am Ẕū al-Ḥiǧǧa 928/Oktober 1522 marschierten zwei safawidische Amire, der Herrscher von Qum, Durmīš Ḫān Šāmlū, und Zainal Ḫān Šāmlū, wegen der vernachlässigten Steuerzahlung nach Māzandarān. Nach der Zusage der Steuerzahlung (bāǧ wa ḫarāǧ) und eines Besuchs beim Schah in Begleitung von Mulūk-i Rustamdār und dem Herrscher von Hizār-ǧarīb wurde ‘Abd al-Karīms Herrschaft in Māzandarān wieder bestätigt (später als 924/1518222 9)(TMM, 100-103; JA, 278; Ḫulāṣat, 140; Takmilat, 56-57; Aḥsan, 218-219 (82)). Der inzwischen zurückgekehrte Āqā Muḥammad Rūz-afzūn führte einmal Klage darüber, dass der Betrag der von ihm abzuführenden Steuer im Verhältnis zur Größe seines Territoriums zu hoch sei. Durch die Vermittlung des Steuereintreibers Saif al-Inānī Ḫwāǧa Muẓaffar Bitikčī wurde der gesamte Betrag von 7000 tumān für die Schatzkammer aus dieser Provinz bestimmt: Davon wurden der ‘Abd al-Karīm bestimmte Betrag von vier dāng auf 4000 tumān, und derjenige Āqā Muḥammads von zwei dāng auf 3000 tumān geändert (gegen 929/1522-3) (TMM, 223 105-6). Im Vergleich zum Anteil ‘Abd al-Karīms wurde Āqā Muḥammad Rūz-afzūns Anteil wesentlich erhöht, so dass er sich wieder mit seinen Söhnen auf den Burgen in Sawādkūh verschanzte. Nach seiner Kapitulation nach einwöchiger Belagerung wurde er am safawidischen Hof festgehalten, nach Schah Ismā‘īls Tod im Jahr 930/1524 jedoch auf Durmīš Ḫān Šāmlūs Wunsch freigelassen und 224 nach Sawādkūh zurückgebracht (TMM, 106-7). 221 Mīr Taimūr Mar‘ašīs Angabe von ‘Alī Ḫāns Tod im Jahr 927/1520-1 dürfte zu spät angesetzt sein, da der folgende Feldzug in den safawidischen Chroniken unter den Ereignissen des Jahres 924/1518-9 verzeichnet ist. 222 Āqā Muḥammad Rūz-afzūn verschanzte sich in der Burg Kilīs. Später ergab er sich und schloss ein Abkommen ab. ‘Abd al-Karīm, begleitet von Durmīš Ḫān Šāmlū, stattete zusammen mit Malik Kāwūs von Nūr, Malik Bahman von Kuǧūr, Mīr Ḥusain Hizār-ǧarībī und anderen Herrschern der Provinz dem Schah in der Nähe von Sāwa einen Besuch ab. Den safawidischen Chroniken zufolge geschah dies im Jahr des Tigers/924/1518-9. Mīr Taimūr Mar‘ašī zufolge begann der Feldzug am 1. Ẕū al-Ḥiǧǧa 928/21. Oktober 1522. 223 Bei dem hier verwendeten Terminus dāng handelt es sich nicht um die Beträge selbst, sondern um die Anteile beider Parteien am Tribut. Der Herrscher von Māzandarān (‘Abd alKarīm) war mit vier Sechstel und der Herrscher von Sawādkūh (Āqā Muḥammad Rūz-afzūn) zwei Sechstel der Gesamtsumme in der Pflicht. Der Herrscher von Hizār-ǧarīb, Mīr Ḥusain Hizār-ǧarībī, hatte 1000 tumān zu enrichten. 224 Dem Aḥsan al-tawārīḫ zufolge floh Āqā Muḥammad 927/1520-1 vom Hof und schloss sich auf der Burg Aulād ein, als der Schah sich im Winterlager aufhielt. Nach seiner Gefangennahme übergab der Schah ‘Abd al-Karīm Māzandarān für 7000 tūmān (Aḥsan, 255-226). Mīr

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4-1-3 Rustamdār und Hizār-ǧarīb Die Regionalgeschichtswerke des 15. und 16. Jahrhunderts, die entweder in Gīlān oder in Māzandarān geschrieben wurden, berichten über die Aktivitäten der Mulūk-i Rustamdār meist nur im Zusammenhang mit den Kiyāyān und den Mar‘ašīyān. Der Mangel an Informationen über Rustamdār hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass die zwischen Gīlān und Māzandarān liegende kleine Pro225 vinz für die Safawiden strategisch nicht von großer Bedeutung war. Aus diesem Grund gibt es keine Angaben darüber, wann und wie die Mulūk sich den Safawiden unterwarfen. Erst am Ende der Regierungszeit Schah Ismā‘īls wurde darüber berichtet, dass Malik Kāwūs b. Ašraf von Kuǧūr (reg. 915/1509–950/ 1543) und Malik Bahman b. Bīstūn von Nūr (reg. 913/1507–957/1550) mitsamt 226 den anderen Fürsten der Provinz Schah Ismā‘īl besuchten (924/1518-9). Ihre Väter, Malik Ašraf b. Tāǧ al-Daula von Kuǧūr und Malik Bīstūn b. Ǧahāngīr von 227 Nūr, sollen aber schon früher dem Schah Gehorsam geleistet haben. Während der Regierungszeit von Schah Ismā‘īl setzte sich der Konkurrenzkampf zwischen Kuǧūr und Nūr weiter fort. Malik Bīstūn b. Ǧahāngīr von Nūr (reg. 904/1499–913/1507), der seine Brüder Malik Kāwūs (TH, 93) und Malik Gayūmarṯ (um 911/1505-6, TMM, 95) getötet hatte, war sehr ehrgeizig und beab228 sichtigte die Eroberung von ganz Rustamdār. Malik Ašraf b. Tāǧ al-Daula von Kuǧūr (reg. 897/1492–915/1509) bat deswegen Sulṭān Aḥmad Kiyā um Unterstützung (913/1507). Während die beiden Verbündeten im Sommer zwei Burgen der Provinz belagerten, wurde Malik Bīstūn von seiner eigenen Ehefrau ermordet 229 (Ṣafar 913/Juni-Juli 1507). Diese wurde wiederum von den Bewohnern der Burg von Nūr getötet, die Malik Bīstūns Sohn Malik Bahman (TH, 308-312) inthronisierten. Malik Ašraf, der mit seinem eigenen Sohn Malik Kāwūs in Streit

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Taimūr Mar‘ašī schreibt, dass er dem Ḥabīb al-siyar zufolge bis 930/1524 im Dienst des Schahs gestanden habe und berichtet ferner, dass er nach seiner Kapitulation bis zu Schah Ismā‘īls Tod sieben Jahre lang am Hof inhaftiert gewesen sei (TMM, 107). Anders als bei den Mar‘ašīyān und den Kiyāyān sind in den Quellen beispielsweise keine Eheschließungen zwischen den Safawiden und den Mulūk-i Rustamdār verzeichnet. Siehe auch 4-3. Siehe 4-1-2. Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge sollen Malik Kāwūs von Kuǧūr und Malik Bahman von Nūr zur Zeit von Schah Ismā‘īls Aufstieg die Herrscher über Rustamār gewesen sein. Als alle Fürsten von „Ṭabaristān“ dem Schah Gehorsam leisteten, waren die Mulūk-i Rustamār ihnen gefolgt (TI, 247). Allerdings hatten ihre Väter zur Zeit der Gründung der safawidischen Dynastie den Thron von Rustamdār besetzt. Malik Bīstūn nahm Sulṭān Hāšim Kiyā auf, der nach seinem Aufstand gegen Sulṭān Ḥasan Kiyā nach Rustamdār geflohen war. Siehe 3-5-1 Malik Bīstūns Ehefrau entstammte demselben Geschlecht und war mit einem anderen Malik verheiratet gewesen, als Malik Bīstūn ihren Ehemann und die anderen Angehörigen getötet und sie geheiratet hatte.

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geraten war, wurde vertrieben und floh nach Gīlān, wo er 921/1515-6 starb (TH, 230 342; TM, 87). 915/1509 schloss Malik Bahman von Nūr ein Abkommen mit Sulṭān Aḥmad und später, vermittelt durch Sulṭān Aḥmad Kiyā, ein weiteres Abkommen mit Malik Kāwūs von Kuǧūr und bekam seine Burg zurück (TH, 340-344). Malik Bahman war mit Sulṭān Aḥmad Kiyās’ Schwester und einer Tochter der Amme ‘Abd al-Karīm Mar‘ašīs verheiratet und hielt Frieden mit den benachbarten Fürsten (TM, 86). Er soll ein weiser Herrscher gewesen sein und regierte in Kuǧūr, bis er 231 von seinem Sohn Malik Ǧahāngīr getötet wurde (950/1543-4) (TM, 87). Während Malik Ǧahāngīr in Nūr regierte (reg. 963/1556–975/1568), etablierte sich sein Bruder Gayūmarṯ in Lāriǧān als unabhängiger Herrscher. Damit wurde die 232 Teilung von Nūr unvermeidlich. Zur Zeit der Entstehung der safawidischen Dynastie war Mīr Ḥusain der Herrscher (ḥākim) von Hizār-ǧarīb (TMM, 103). Er stammte aus der Linie (Šāh) Riżā al-Dīns, lag ständig im Streit mit den Familienmitgliedern aus der Ǧibrīl-Linie und tötete viele ihrer bedeutenderen Mitglieder. Mīr Ḥusain war verheiratet mit einer Tochter von ‘Abd al-Karīm Mar‘ašī. Die Summe der für diese Provinz 233 bestimmten Steuer (ǧam‘-i māl-i waǧhāt) betrug weniger als 500 tabrīzī tūmān. Als Muḥammad Zamān Mīrzā, ein Enkelkind vom Timurid Sulṭān Ḥusain Mīrzā (reg. 1469-70–1506), zur Zeit der Schlacht von Čāldirān (920/1514) vom kaiserlichen Hof floh und nach Astarābād ging, begleitete ihn Mīr Ḥusain mit tausend Reitern und Fußsoldaten. Als Schah Ismā‘īl dies erfuhr, entzog er ihm seine Gunst: Das seinem Geschlecht verliehene Lehen (suyūlġālāt) wurde in Beschlag genommen und Hizār-ǧarīb den Turkmenen zum Lehen (tuyūl) bestimmt. Er schloss sich auf einer Burg ein und nach seiner Unterwerfung wurde Mīr Ḥusain gefangen genommen und hingerichtet. Hizār-ǧarīb wurde einem Amir namens 234 Aḫī Sulṭān (929/1522-3) als Lehen übertragen (TI, 249-251). Es ist jedoch festzustellen, das in der Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs Mīr Ḥusains zwei Söhne, Amīr Zain al-‘Ābidīn und Amīr Ġażanfar, in ihrem erblichen Territorium regierten (TI, 251-252). 230 Der Grund für diesen Streit soll dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge seine zu frühe Machtübergabe an seinen Sohn gewesen. 231 Malik Ǧahāngīr tötete einen Bruder namens Iskandar, dessen Mutter Sulṭān Aḥmad Kiyās Tochter war, worauf sich die Einwohner der Provinz gegen ihn erhoben. 232 Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge war Lāriǧān ursprünglich das Tor von Māzandarān nach Kūhistān gewesen und wurde zum Territorium der Mulūk-i Rustamdār, als Sayyid Murtażā b. ‘Alī seinen Onkel Nāṣir al-Dīn (Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Vater) zwecks eines Abkommens und einer Eheschließung mit seiner Tochter zu Malik Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ sandte. Lāriǧān wurde zum Ausgleich Malik übergeben (TMM, 275). 233 Obwohl die Überlieferung nicht ganz klar ist, ist zu vermuten, dass die Herrscher von Hizār-ǧarīb zu dieser Zeit weiter die Oberherrschaft der Mar‘ašīyān anerkannten und als Ausgleich für ihre faktische Unabhängigkeit an diese Steuern zahlten. 234 Ḫuršāh schreibt, dass es im Jahr 929/1522-3 geschah. Ob er Mīr Ḥusains Hinrichtung mit diesem Ereignis in einen direkten Zusammenhang stellt, ist nicht zu ermitteln.

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Dem Tārīḫ-i īlchī zufolge waren Amīr Hārūn und Amīr Rūḥ Allāh aus der Ǧibrīl-Linie führende Persöhnlichkeiten in der Regierungszeit von Schah Ismā‘īl. Im Jahr 916/1510-1 nahm Amīr Hārūn am Feldzug gegen Šaibānī Ḫān Uzbek teil. In der Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs folgten ihnen ihre Söhne nach, die je235 weils den Safawiden Gehorsam geleistet hatten (TI, 252-255).

4-2

Die Regierungszeit von Schah Ṭahmāsb (1524–1576)

In der Regierungszeit von Schah Ṭahmāsb (reg. 930/1524–984/1576) wurde der Zustand der Küstenprovinzen mehr und mehr durch direkte Kontakte mit den Safawiden geprägt und war mehr denn je mit der politischen Lage der safawidischen Zentralmacht verbunden. In der Innenpolitik strebte Schah Ṭahmāsb die Entmachtung der Qizilbāš-Stämme und dadurch die Zentralisierung des Staatssystems an: Er suchte bei den regionalen Fürsten – darunter denen der südkaspischen Küstenprovinzen – ein Gegengewicht gegen die Qizilbāš-Stämme. In der Außenpolitik war der Schah öfter mit den nach Osten expandierenden Osmanen um die nordwestlichen Grenzgebiete konfrontiert. Die südkaspischen Küstenprovinzen galten nun als eine strategisch wichtige Pufferzone der beiden Staaten. Durch Eheschließungen mit den Safawiden genossen die regionalen Fürsten zwar einen Sonderstatus, der jedoch die Ursache vielfacher Missgunst am Hof 236 wurde.

4-2-1 Gīlān Für die Rekonstruktion der Geschichte Gīlāns in der Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs muss man sich hauptsächlich auf das in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts geschriebene Tārīḫ-i Gīlān stützen. Obwohl die zeitgenössischen safawidischen Chroniken wie das Tārīḫ-i īlchī ergänzende Informationen bieten, sind die meisten dieser Beschreibungen zu knapp und ungenau. Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge saßen nach Sulṭān Aḥmads Tod (am 2. Ša‘bān 940/17. Februar 1534) in Ost-Gīlān seine zwei Söhne – Sulṭān Kiyā ‘Alī und Sulṭān Ḥasan – nur für kurze Zeit auf dem Thron. Sulṭān Aḥmads älterer Sohn Sulṭān Kiyā ‘Alī (geb. 916/1510-1 und gest. 941/1534-5) folgte zuerst dem Vater nach. Der jüngere Sohn Sulṭān Ḥasan (gest. 943/1536-7 od. 944/1537-8), der beim Tod seines Vaters in Garǧiyān und Tunikābun regiert hatte, marschierte nach Lāhīǧān und 235 Amīr Hārūns Nachfolger war Amīr Mu‘īn al-Dīn, der vier Söhne hatte. Nach Amīr Mu‘īn alDīn trat zuerst sein ältester Sohn Amīr Sulṭān Hāšim seiner Nachfolge an, der später von seinem Halbbruder Amīr Sulṭān Ḥasan ermordet wurde. Amīr Rūḥ Allāhs Nachfolger war Amīr ‘Abd Allāh. Aufgrund seiner schlechten Behandlung der Glaubenskämpfer, die in der Schlacht gegen ‘Ubaid Ḫān im Jahr 933/1526-7 niedergemacht worden waren, fiel er bei Schah Ṭahmāsb in Ungnade. Allerdings wurde er bei seinem geforderten Besuch in Gnaden aufgenommen. Er starb während seines Aufenthaltes am safawidischen Hof und wurde in Mašhad begraben. Ihm folgten seine Söhne und Brüder. 236 Bezüglich der Eheschließungen der Safawiden und der damit verbundenen Politik siehe Szuppe (1994)(1995).

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vertrieb seinen Bruder, ermordete ihn und seine übrigen Brüder und wurde der alleinige Herrscher. Sulṭān Kiyā ‘Alīs Regierungszeit währte nur sechs Monate (ca. Ša‘bān 940/Februar 1534–ca. Ṣafar 941/August 1534) (TI, 215-6; vgl. Aḥsan, 566). Sulṭān Ḥasan (reg. 941/1534–ca. 944/1537-8) war ein despotischer Herrscher. Nach seiner Thronbesteigung tötete er viele Würdenträger der Sayyid-Dynastie. Von Anfang an kämpfte er erfolgreich gegen den Herrscher von West-Gīlān, Muẓaffar Sulṭān. Als er 943/1536-7 plötzlich starb, hinterließ er einen einzigen 237 minderjährigen Sohn, Ḫān Aḥmad. Als Schah Ṭahmāsb erfuhr, dass Sulṭān Ḥasans Wesir (ṣāḥib-i iḫtiyār) Amīr ‘Abbās den einjährigen Ḫān Aḥmad inthronisiert hatte, schickte er seinen Bruder Bahrām Mīrzā nach Gīlān, um ihn als Herrscher 238 über die Provinz einzusetzten. Bahrām Mīrzā stieß auf heftige Abneigung der Einwohner und hatte keine andere Wahl, als nach Qazwīn zurückzuziehen. Der Grund für diese Abneigung war die Gefangennahme Ḫūr Kiyā Ṭāliqānīs, der Sulṭān Ḥasans Wesir gewesen war und bei ihnen in hohem Ansehen stand. (Ḫulāṣat, 262; JA, 292; Aḥsan, 361-2; Takmilat, 86; Ğawāhir, 185-189). Das Tārīḫ-i īlčī berichtet in einer erweiterten, jedoch im Detail abweichenden Version der Geschichte der früheren Regierungszeit von Ḫān Aḥmad Ḫān. Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge trat einer der Würdenträger (a‘yān) namens Abū Sa‘īd Bahādur nach dem Tode von Sulṭān Ḥasan das Amt des Oberbefehlshabers (sipahsālār) und des Wesirs (ṣāḥib-i iḫtiyār) an. Schah Ṭahmāsb, der über die Lage in Ost-Gīlān informiert war, schickte im Winter desselben Jahres (944/1537-8) eine Armee von 7000 bis 8000 Reitern nach Ost-Gīlān. Dabei war Kiyā Ḫūr Kiyā Ṭāliqānī, der als Abgesandter am safawidischen Hof weilte und sich vor Abū Sa‘īd Bahādur fürchtete, derjenige, der den Schah über die Entwickungen in Ost-Gīlān in Kenntnis gesetzt hatte und ihn zur Eroberung der Provinz anstachelte. Er begleitete den von Bahrām Mīrzā geführten Feldzug. Die Belagerung der Festung (qaṣr) scheiterte jedoch an inneren Intrigen und dem hartnäckigen Widerstand der Gīlāner (TI, 217-219). In dieser Version ist nicht festzustellen, wie ernst es Schah Ṭahmāsb um die Eroberung der Provinz gewesen war. Da Abū Sa‘īd Bahādur kurz darauf an einer Krankheit starb, verschaffte ein gewisser Amīr ‘Abbās, der von mittlerer Herkunft (az ausaṭ an-nās) war, seinem Bruder Qarā Muḥammad den 239 Posten des Oberbefehlshabers (amīr al-umarā’, sipahsālār) ein. Die Gebrüder erhoben den kleinen Ḫān Aḥmad auf den Thron und hatten faktisch für 15 Jahre, 240 bis zur Volljährigkeit Ḫān Aḥmads, die Macht in ihren Händen (TI, 219-220). 237 Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge war Ḫān Aḥmad noch ein Säugling (TI, 218). Nach den safawidischen Chroniken starb Sulṭān Ḥasan 943/1536-7. 238 Über das Regenten-Amt in Ost-Gīlān: siehe 5-6-2. Dem Aḥsan al-tawārīḫ zufolge war es Sulṭān Ḥasans Regent, Ḫūr Kiyā Ṭāliqānī, der nach Sulṭān Ḥasans Tod an der Pest an den safawidischen Hof ging und den Schah zur Eroberung der Provinz aufforderte. 239 Qarā Muḥammad war der Oberbefehlshaber der Region Rašt (sipahsālār-i wilāyat-i Rašt) gewesen. 240 Die Amtszeit von Qarā Muḥammad ist nicht bekannt. Ihm folgte Amīr ‘Abbās, der das Amt

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Nach den safawidischen Chroniken unternahm Schah Ṭahmāsb schon 932/ 1525-6 den ersten Feldzug nach West-Gīlān. Der Grund dafür war ein Aufstand der Amire aus dem Ustāǧalū-Stamm, die sich nach seiner Thronbesteigung aus Protest gegen die Beschlagnahme ihres Vermögens gegen ihn erhoben hatten. Nach ihrer Niederlage flohen sie nach West-Gīlān und suchten Zuflucht bei dem Herrscher von West-Gīlān Amīr Dabbāǧ alias Muẓaffar Sulṭān (JA, 283; Takmilat, 62-63; Aḥsan, 250-253). Muẓaffar Sulṭān, der mit der Tochter von Schah Ismā‘īl, Ḫair Nisā Begum verheiratet war, verweigerte nach deren Tod (am 5. Ša‘bān 938/ 12. März 1532) den Safawiden den Gehorsam. Als der osmanische Sultan Süleyman I. gegen Āẕarbā’īǧān zu Felde zog (940/1534), schloss sich Muẓaffar Sulṭān ihm an, aber obwohl er den Sultan bis nach Baġdād begleitete, trat er mit leeren Händen den Heimweg an (TG, 17-18; TI, 130-133, 223; Ḫulāṣat, 254-5; Aḥsan, 355356 (125); Takmilat, 84-85). Der Herrscher von Kūhdum, Amīr Ḥātim, nutzte die Abwesenheit Muẓaffar Sulṭāns und überfiel ihn bei seiner Rückkehr. Muẓaffar Sulṭān, der wider Erwarten die Armee nicht einberufen konnte, floh per Schiff nach Šīrwān. Später wurde er gefangen genommen und in Tabrīz hingerichtet (am 7. Rabī‘ II. 943/22. September 1536). Amīr Ḥātim, der die Eroberung von West-Gīlān beabsichtigte und nach Rašt marschierte, wurde vom Oberbefehlshaber von Rašt, Rustam Fūmanī, besiegt und an den safawidischen Hof geschickt. Das Interregnum in West-Gīlān führte zu Machtkämpfen und Intrigen unter den regionalen Fürsten. Zuerst war es Amīr Sulṭān Muḥammad Kūhdumī, der Herrscher von Kūhdum, später dann der Herrscher von Ḫalḫāl, Amīr Šāhruḫ, die ihre Verwandtschaft mit den Isḥaqīya hervorhoben und die Herrschaft über West-Gīlān anstrebten. Zu dieser Zeit fasste Schah Ṭahmāsb noch keinen konkreten Plan, um alle Küstenrovinzen unter direkte Kontrolle zu bringen: Er wählte den Herrscher von Ost-Gīlān, Ḫān Aḥmad Ḫān, als Repräsentanten von Gīlān aus und ordnete an, West-Gīlān zu erobern und die Steuern (bāǧ wa ḫarāǧ), die Muẓaffar Sulṭān jedes Jahr bezahlt hatte, einzutreiben. Amīr Sulṭān Muḥammad Kūhdumī wurde bei einer Schlacht nahe Rašt besiegt und zusammen mit 241 seinem Sohn getötet (945/1538). (TG, 28-29). Amīr Šāhruḫ von Ḫalḫāl erkannte Schah Ṭahmāsbs Oberherrschaft an und regierte sieben Jahre lang (von Šawwāl 950/Dezember 1543). Als der Schah ihn zwecks einer Eheschließung zum kaiserlichen Hof berief, geriet Amīr Šāhruḫ durch hohe Forderungen der Amire in Armut, weshalb er sich entschloss, ohne Erlaubnis nach Gīlān zurückzukehren. Schah Ṭahmāsb ließ ihn verfolgen, gefangnehmen und in Tabrīz hinrichten (TG, 31-32). des Oberbefehlshabers (sipahsālār) bekleidete und zehn Jahre regierte. Nach seiner Ermordung durch seinen Regenten (wakīl) Amīr Bahādur übernahm sein Amt ein anderer Bruder, Amīr Kālǧār, bekannt als Sar-afrāz Sulṭān, der zwei bis drei Jahre regierte, bis er starb. Das Aḥsan al-tawārīḫ deutet an, dass der Obersbefehlshaber Abū Sa‘īd praktisch der Herrscher (wālī) von Ost-Gīlān war, bis Ḫān Aḥmad mündig wurde (Aḥsan, 559). Die Chronik erwähnt nichts von Qarā Muḥammad. 241 Ost-Gīlān muss zu dieser Zeit de facto von Ḫān Aḥmad Ḫāns Regent verwaltet gewesen sein.

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Nach dem Scheitern einer direkten Verwaltung der Provinz durch einen seiner Neffen (TI, 224) kam Schah Ṭahmāsb auf den Gedanken, die Isḥaqīya in West242 Gīlān wieder einzsetzen. West-Gīlān befand sich damals in äußerster Armut, so dass man muslimische Kinder wie Georgier kaufte und verkaufte. Sulṭān Maḥmūd, der Sohn des verstorbenen Muẓaffar Sulṭān und der Tochter von Šamḫāl 243 Ḫān, war bei dem Ehemann seiner Tante, Dāšdār Bīk Ṣafawī, aufgewachsen und wurde am 12. Rabī‘ I. 965/1. Januar 1558 in West-Gīlān inthronisiert. Ihm 244 wurde Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān als Regent (wikālat) zur Seite gestellt. Nachdem er fünf Jahre regiert hatte, schlug Ḫān Aḥmad Ḫān dem Schah vor, dass er die für West-Gīlān bestimmte Steuer (bāǧ wa ḫarāǧ) an den Hof liefern würde, wenn ihm 245 die Herrschaft über West-Gīlān als Lehen (iqtā‘) übergeben würde. Darauf setzte Schah Ṭahmāsb Sulṭān Maḥmūd ab und deportierte ihn nach Šīrāz (TG, 33-35). Ḫān Aḥmad Ḫān, der zu dieser Zeit außer Ost-Gīlān Gaskar, Kūhkum und Kūčisfān unter seiner Kontrolle hatte, schickte einen gewissen Mullā Šukr zu Sulṭān Maḥmūd und ließ ihn vergiften, um seine Herrschaft über West-Gīlān zu sichern. Dieses Attentat sorgte für erhebliche Unruhe. Ferner mischte er sich in die inneren Angelegenheiten Māzandarāns ein: Er unterstützte Mīr Sulṭān Murād Ḫān Mar‘ašī (Sulṭān Murād I.) in seinem Machtkampf gegen den von den 246 Safawiden unterstützten ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh. Seine Interventionen veranlassten Schah Ṭahmāsb dazu, einen großen Feldzug gegen Ḫān Aḥmad Ḫān nach Gīlān zu organisieren, an dem alle von ihm vertriebenen einheimischen 247 Fürsten teilnahmen. Nach der Niederlage seiner Armee bei der Schlacht in Rašt am 12. Muḥarram 975/18. Juli 1567 floh Ḫān Aḥmad Ḫān in die Wälder in Šukūr und Sumām und irrte ein Jahr umher, bis er schließlich gefangengenommen und nach Qazwīn deportiert wurde (TG, 45-47; Ḫulāṣat, 469-477; Aḥsan, 558248 566; Ğawāhir, 226-230; Takmilat, 128-129). Ḫān Aḥmad Ḫān verbrachte zehn Jahre (976/1568–Ende 985 bzw. Anfang 242 Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge verhinderte Ḫān Aḥmad Ḫān die Verwaltung von West-Gīlān durch die Safawiden. 243 Šamḫāl Ḫān war ein tscherkessischer Herrscher. Muẓaffar Sulṭān heiratete nach Ḫair Nisā Begums Tod seine Tochter. 244 Dabei wurde sein Pflegevater Dāšdār Bīk Ṣafawī zu seinem Vormund (atālīqī) ernannt. Über atālīqī und wakīl in West-Gīlān: siehe 5-6-1. 245 Eine spätere Angabe stellt fest, dass Ḫān Aḥmad Ḫān West-Gīlān, Gaskar und Kūhdum als Lehen anvertraut worden waren (TG, 42). 246 Siehe 4-2-2 247 Der Großwesir (i‘timād al-daula) Ma‘ṣūm Bīk Ṣafawī führte die Armeen von Ardabīl, Muġān, Arsbār-rūd, Qizil-āġāǧ, Langar-kinār, Ḫalḫāl, und Ṭārumīn. Einberufen waren dazu u.a. Pāyandur Ḫān von Ṭāliš-Āstarā, der Herrscher (ḥākim) von Gaskar, Amīr Sāsān, der Vertreter Sulṭān Maḥmūds, Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān, und der Herrscher (ḥākim) von Kūhdum, Kāmrān Ḫalīfa (TG, 41-2; Ḫulāṣat, 472: Aḥsan, 559, 561). 248 Als Hauptgründe für den Feldzug werden Ḫān Aḥmad Ḫāns Eroberung der obengenannten Territorien in West-Gīlān ohne Genehmigung des Schahs und seine Vernachlässigung der Steuerzahlung genannt. Vgl. Schah Ṭahmāsbs Brief an Ḫān Aḥmad Ḫān und sein Antwortschreiben in HAH, 62-76 (no.32 & no. 33).

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986/1578) in Gefangenschaft: Zuerst für kurze Zeit auf der Burg Qahqah, später 249 in der Burg Iṣṭaḥr. Die Tatsache, dass Ḫān Aḥmad Ḫān trotz seines Ungehorsams und seiner Niederlage die Hinrichtung und der Kiyā-Dynastie das Ende erspart blieben und er später freigelassen und nach Gīlān zurückgebracht wurde, erinnert an den Fall von Bāwanditen Qārin b. Šahriyār unter den Tāhiriden und 250 den der Mar‘ašīyān unter den Timuriden. Obwohl Schah Ṭahmāsb als erster auswärtiger Herrscher eine der südkaspischen Küstenprovinzen unter seine direkte Kontrolle gebracht hatte, wollten sich die Einwohner von Gīlān nicht einfach dem Diktat eines Fremden unterwerfen. Schah Ṭahmāsb vertraute Allāh Qulī Sulṭān Ustāǧalū, Iskadar Bīk Afšār, Ḥamza Bīk Ṭāliš, Zainal Bīk Ẕū al-Qadar und Šaraf Ḫān Kurd die Herrschaft über (Ost)251 Gīlān an (Ḫulāṣat, 477; Aḥsan, 566). Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge führte in Laštanisā ein gewisser Amīr Dabbāǧ einen Haufen Gesindel an, tötete den vom Schah bestimmten Herrscher und machte sich mit dem Namem Amīr Dabbāǧ unabhän252 gig. Ferner vertrieb er den Herrscher von Lāhīǧān und besetzte den Ort. Erst nach eineinhalb Jahren unterdrückte der Schah den Aufstand mit dem Entsenden einer Armee unter der Führung des Herrschers von Gaskar, Amīr Sāsān, und des Regenten (wakīl) von West-Gīlān, Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān, wobei in der entscheidenden Schlacht (12. Rabī‘ I. 977/24. August 1569) Amīr Dabbāǧ getötet wurde (TG, 58-60). Die safawidischen Chroniken berichten von einem weiteren Aufstand der Gīlāner Soldaten (sipāhīyān-i Gīlān) in Lāhīǧān im Sommer 979/ 1471, in dessen Verlauf Allāh Qulī Sulṭān Ustāǧalūs Sohn und der Herrscher von Gaskar, Amīr Sāsān, getötet wurden. Mit dem Einsatz der Leibgarden (qūrčīyān) aus den Stämmen der Ustāǧalūs und der Ġarīblūs gelang es dem Schah, den Auf253 stand niederzuschlagen (Ḫulāṣat, 570-571; Aḥsan, 578-581). Die Schwierigkeiten, die Küstenprovinzen unter direkte Kontrolle zu bringen, waren dem Schah bewusst. Obwohl er manchmal versuchte, ein Familienmitglied als Herrscher dorthin zu schicken, wagte er nicht, die einheimischen 249 ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī schreibt, dass Ḫān Aḥmad Ḫān insgesamt zwölf Jahre, davon zehn Jahre in Iṣṭaḥr im Gefängnis verbrachte. Der angegebene Zeitraum erscheint jedoch zu lang, weil er nach Sulṭān Muḥammad Ḫudābandas Thronbesteigung Ende 985/1578 sogleich freigelassen wurde. 250 Siehe 3-2-2 und 3-4-3. 251 Obwohl die Chroniken hier fünf Namen anführen, wurde bei dem Aufstand 979/1471-2 nur Allāh Qulī Sulṭān Ustāǧalū als Herrscher dieser Provinz erwähnt. Dem Takmilat alaḫbār zufolge vertraute der Schah Sulṭān Maḥmūd Mīrzā die Herrschaft über Lāhīǧān (Gīlān-i Lāhīǧān) und ernannte Allāh Qulī Bīk Īǧīk-uġlī zu seinem Vormund (lala) (Takmilat, 132). 252 Amīr Dabbāǧ war Qarā Muḥammad Čapaks Sohn. Die Čapaks waren die Würdenträger von Laštanisā, deren Geschlecht auch ein Oberbefehlshaber entstammte (‘Alā Ḥusām al-Dīn Čapak, ernannt im Jahr 911/1505-6) (TH, 255). Seine Schwester war früher mit Ḫān Aḥmad Ḫān verheiratet gewesen und war zur Zeit des Aufstandes die Ehefrau des Regenten (wakīl) von West-Gīlān, Kār Kiyā Aḥmad Sulṭāns. Zu den Čapaks siehe auch 4-4-1 und 6-2. 253 Allāh Qulī Sulṭān Ustāǧalū war in sein Sommerlager aufgebrochen und daher nicht anwesend.

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Fürstentümer komplett abzuschaffen. Nach Ḫān Aḥmad Ḫāns Gefangennahme setzte Schah Ṭahmāsb in Fūman Sulṭān Maḥmūds zehnjährigen Sohn Ǧamšīd 254 Ḫān als Herrscher ein (am 17. Rabī‘ I. 975/20. September 1567). Ǧamšīd Ḫāns Regent (wakīl) Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān, der in der Tat die politische Macht inne hatte, arrangierte eine Eheschließung Ǧamšīd Ḫāns mit einer Tochter von Schah Ṭahmāsb. Die Braut Ḫadīǧa Begum kam in Rašt am 22. Ša‘bān 976/8. Februar 255 1569 an (TG, 54-57; Takmilat, 130).

4-2-2 Māzandarān Drei Jahre nach Schah Ṭahmāsbs Thronbesteigung erkrankte der Herrscher von Māzandarān, ‘Abd al-Karīm Mar’ašī, und starb in Āmul (gegen 933/1527). Sein Tod löste eine neue Reihe von Machtkämpfen und Umstürzen aus. Daran beteiligten sich aus den Reihen der Mar‘ašīyān hauptsächlich zwei Parteien: Zum einen ‘Abd al-Karīms zwei Söhne und deren Nachkommen, zum anderen die Söhne von ‘Alī Ḫān. Jede dieser beiden schloss ein Bündnis mit einem regionalen Fürsten der benachbarten Provinzen – Malik Bahman von Nūr, Ḫān Aḥmad Ḫān von Ost-Gīlān und Malik Kāwūs von Kuǧūr. In der anfänglichen Phase war jedoch der Herrscher von Sawādkūh, Āqā Muḥammad Rūz-afzūn, mächtiger als die Mar‘ašīyān. Die Herrscherfamilien von Sawādkūh – die Rūz-afzūnīya und die Dīws – gehörten im weiteren Sinne zu den Würdenträgern (a‘yān) von Ost-Māzandarān. Der Familienzweig der Mar‘ašīyān, der über Āmul geherrscht hatten, war längst erloschen, überdies war das Stammhaus durch jahrzehntelange Machtkämpfe gespalten und hatte seinen Einfluss auf die ganze Provinz verloren. Diese Umstände spiegelten sich in neuen Bezeichnungen wie „Ost(-Māzandarān)“(šarqī) und „West(-Māzandarān)“(ġarbī), oder die Einteilung der Würdenträger in die des „Ostens” (a‘yān-i šarqī) und die des „Westens“ (a‘yān-i ġarbī), die stärker denn je ihre Präsenz in der Politik zeigten. ‘Abd al-Karīm hinterließ drei Söhne: Mīr Sulṭān Maḥmūd, Mīr Šāhī und Mīr 256 Taimūr, der nach Šīrāz auswanderte. Zuerst wurde Mīr Sulṭān Maḥmūd von einem Würdenträger names Mīr ‘Alī Pāzwārī inthronisiert. Da die anderen Mächtigen dagegen waren und Mīr Šāhī auf den Thron hoben, ging Mīr Sulṭān Maḥmūd nach Rustamdār, um bei seinem Schwiegervater Malik Bahman von Nūr Unterstützung zu suchen, starb aber dort. Mīr Šāhī, jetzt alleiniger Herrscher, schloss 254 Seine Mutter war Malik Iskandar Čirkis’ Tochter. Er war nach dem Tod seines Vaters geboren (TG, 39). Zu seinem Regenten (wikālāt) wurde, wie zur Zeit seines Vaters, Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān und zu seinem Vormund (atālīqī) der Pflegevater seines Vaters, Dāšdār Bīk Ṣafawī, ernannt. Zudem wurde Amīr Muḥṣin in das Ministeramt (ṣidārat) eingesetzt (TG, 53). 255 Der Hauptsitz von West-Gīlān war in der Zwischenzeit von Fūman nach Rašt verlegt worden (TG, 53). 256 Dieser Mīr Taimūr ist derjenige, den Sutūda für den Autor des Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān hielt.

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ein Abkommen mit dem einflussreichen Herrscher von Sawādkūh, Āqā Muḥammad Rūz-afzūn. Trotz dieses Versuchs wurde er von dem ehrgeizigen Āqā Muḥammad vertrieben und ging an den kaiserlichen Hof. Später wurde er von einem von Āqā Muḥammad ausgeschickten Meuchelmörder ermordet (TMM, 108257 111). Āqā Muḥammad Rūz-afzūn sicherte sich nun die Herrschaft über die Provinzen. Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge war er ein gerechter Herrscher, während dessen 14258 jähriger Regierungszeit Māzandarān Frieden und Wohlstand genoß (TI, 239). Mīr Sulṭān Maḥmūds Sohn ‘Abd Allāh versuchte mit Hilfe von Malik Bahman von Nūr einige Male vergebens die Eroberung von Māzandarān. Die dortigen Würdenträger favorisierten gegenüber Āqā Muḥammad Zain al-‘Ābidīn, einen Sohn ‘Alī Ḫāns, als Prätendenten. ‘Abd Allāh, der zusätzlich Zain al-‘Ābidīns Unterstüt259 zung zu gewinnen vermochte, konnte sich nur im Westen Māzandarāns eta260 blieren (TMM, 114-120; TI, 240-241). Nach Āqā Muḥammads Tod trat sein Cou261 sin Suhrāb gemäß dem Testament seine Nachfolge an. Erst nach drei Jahren eroberte ‘Abd Allāh den Osten Māzandarāns, erwarb den ḫān-Titel und ließ seinen Namen auf Münzen prägen und in der Freitagspredigt nennen (um 956/ 262 1549-50) (TMM, 124-125). Nach Mīr Taimūr Mar‘ašī war ‘Abd Allāh Ḫān ein gerechter Herrscher, allerdings sehr streng gegenüber den ihm unterstehenden Soldaten und den Wür257 Obwohl Mīr Taimūr Mar‘ašī berichtet, Mīr Šāhīs Ermordung sei 934/1527-8 geschehen, wird in einigen Handschriften dafür das Jahr (93)9/1532-3 angegeben (TMM, 111). Khuršāh berichtet lediglich, dass Mīr Šāhī etwa sieben Jahre lang regierte (TI, 238). 258 Ginge man von dem bei Mīr Taimūr Mar‘ašī gegebene Todesdatum Mīr Šāhīs im Jahr 934/1527-8 aus, wäre das Todesdatum Āqā Muḥammads um 948/1541-2 anzusetzen. Wäre es 939/1532-3, dann würde 953/1546-7, den von Khuršāh gegebenen Angaben entsprechen. Am Ende des Kapitels schreibt Khuršāh, dass Āqā Muḥammads Regierungszeit insgesamt 36 Jahre währte (TI, 243). Diese Angabe würde seine Regierungszeit als Herrscher von Sawādkūh einschließen. 259 Durch dieses Bündnis kam die Eheschließung von ‘Abd Allāh mit Zain al-‘Ābidīns Schwester Malik Nisā Begum zustande (TMM, 117). Zu den Kindern der beiden zählte Ḫair al-Nisā Begum, die Mutter von Schah ‘Abbās. 260 Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge hielt sich Schah Ṭahmāsb während ‘Abd Allāhs Unternehmen einmal in Fīrūzkūh auf (im Winter 952/1545-6) und zeigte seine Begehrlichkeit, die Provinz erobern zu wollen. Auf Vermittlung des Großwesirs (i‘timād al-daula) Qāżī Ǧahān wurde Āqā Muḥammad ein Tribut von 3000 tabrīzī tūmān bestimmt (TI, 152-153, 240-241). Mīr Taimūr Mar‘ašī berichtet, dass sich während der Kämpfe ein Sohn Āqā Muḥammads, Rustam, zu Tode trank und dadurch Āqā Muḥammad in die Enge getrieben wurde. Āqā Muḥammad sandte einen anderen Sohn, Farāmarz, an den safawidischen Hof und versprach, den für die Herrschaft über Sārī festgesetzten Tribut zu entrichten (TMM, 119). 261 Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge starb Āqā Muḥammad ungefähr ein Jahr nach dem Tod seines Sohnes Rustam (um 953/1546-7, nach anderen Angaben Jahr 954/1547-8) (TM, 61; JA, 92; TI, 242). Sein anderer Sohn, Farāmarz, der sich am safawidischen Hof befand, kehrte sofort nach Māzandarān zurück, wurde aber im Zuge des Machtkampfs mit seinem Onkel Suhrāb ermordet. 262 Zu dieser Zeit bildete der Tālār-rūd die Grenze zwischen dem Osten und dem Westen Māzandarāns (TMM, 124).

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denträger. Nach seiner Machtergreifung ging ‘Abd Allāh Ḫān daran, seine Konkurrenten zu beseitigen. Er wies seinen Bruder Mīr Ḥasan an, Zain al-‘Ābidīn und einen anderen Bruder, Mīr ‘Abd al-Karīm, zu töten. Dann nahm er Mīr Ḥasan 263 ebenfalls gefangen, ließ ihn aber später wieder frei. Die Rūz-afzūns wurden hingerichtet. Die jährliche Steuerzahlung an die Safawiden vernachlässigte er allerdings (TMM, 136; TI, 244). Unter diesen Umständen floh ein Würdenträger aus dem Ort mit Namen Mīrak Dīw Sawādkūhī vor ‘Abd Allāh Ḫān und besuchte den 264 in der Hauptstadt Qazwīn lebenden Sohn von Mīr Šāhī, Mīr Sulṭān Murād. Er bat Mīr Sulṭān Murād, bei der Absetzung von ‘Abd Allāh Ḫān und der Inthroni265 sierung von Qawām al-Dīn, dem Sohn ‘Alī Ḫāns, behilflich zu sein. Die Geschichte der Ermordung der sieben Sayyids bewegte Schah Ṭahmāsb, der Anweisung gab, Qawām al-Dīn und Mīr Sulṭān Murād jeweils eine Hälfte von Māzandarān anzuvertrauen. Da Qawām al-Dīn höflich die Anweisung des Schahs aus266 schlug, marschierte der nun mit dem Titel eines ḫān ausgestattete Mīr Sulṭān Murād Ḫān (Sulṭān Murād I.) nach Māzandarān und brachte die ganze Provinz unter seine Kontrolle. ‘Abd Allāh Ḫān hatte keine Alternative, als sich mit seinen zwei Söhnen zum safawidischen Hof zu begeben. ‘Abd Allāh Ḫān, von dem der Schah die ausstehenden Steuergelder forderte, rechtfertigte sein Verhalten damit, dass er als unabhängiger Herrscher keiner Steuerpflicht unterlegen sei, und versprach die (künftige) Steuerzahlung sowie einen zusätzlichen Betrag von 300 tumān. Sein Versprechen wurde angenommen und der Schah übergab ihm die Hälfte der Provinz. ‘Abd Allāh Ḫān kehrte in Begleitung eines safawidischen Amirs namens ‘Alī Ḫān Bīk Pīr Sulṭān Takkalū nach Māzandarān zurück, der gegen den geizigen ‘Abd Allāh Ḫān eine wachsende Abneigung entwickelte. Er konspirierte mit Mīr Sulṭān Murād Ḫān und nahm ‘Abd Allāh Ḫān fest, der in einer 263 Für die Ermordung von Zain al-‘Ābidīn hatte ‘Abd Allāh Ḫān aus Nūr Gefolgsleute seines Großvaters Malik Bahman gedungen. Mit Zain al-‘Ābidīn wurden seine zwei Brüder und weitere vier Sayyids aus der Famlie Šablī getötet (TMM, 128-131). 264 Mīr Sulṭān Murād b. Mīr Šāhī war, als sein Vater an den safawidischen Hof gegangen war, zu Ḫān Aḥmad Ḫān Kiyā nach Ost-Gīlān geschickt worden und in Ost-Gīlān aufgewachsen. Ḫān Aḥmad Ḫān hatte seine Tante Tītī Begum mit ihm verheiratet. Als ‘Abd Allāh WestMāzandarān erobert hatte, war er mit Unterstützung von Malik Gayūmarṯ, dem Herrscher von Lāriǧān, nach Māzandarān vorgerückt. Wegen einer Verletzung in der Schlacht gegen Suhrāb Rūz-afzūn hatte er sich nach Astarābād zurückgezogen. Durch Ḫān Aḥmad Ḫāns Vermittlung hatte der Herrscher von Astarābād, Šāh Wīrdī Sulṭān Kačal, vom Schah die Anweisung bekommen, Mīr Sulṭān Murād zu begleiten und ihn als Herrscher von Māzandarān einzusetzen. Da Šāh Wīrdī Sulṭān Kačal von den Gegnern Mīr Sulṭān Murāds (den Rūz-afzūns) bestochen und überredet worden war, Mīr Sulṭān Murād zu ihnen zu schicken, war Mīr Sulṭān Murād an den safawidischen Hof ins Exil gegangen (TMM, 120-124). 265 Qawām al-Dīn b. ‘Alī Ḫān war, als sein Bruder Zain al-‘Ābidīn von ‘Abd Allāh ermordet worden war, nach Kuǧūr ins Exil gegangen und hatte dort zwölf Jahre lang (nach einer anderen Quelle sieben Jahre) gelebt. Der Malik (Gayūmarṯ) hatte ihn mit seiner Tochter Bībī Ǧahān Malik verheiratet. Qawām al-Dīn schloss später auch mit Malik Bahman von Nūr ein Bündnis und heiratete seine Tochter Bībī Zahrā Malik (TMM, 131-132). 266 Qawām al-Dīn erhielt auf seinen Wunsch ein erbliches Territorium, Mašhad Ganǧ-afrāz, als Lehen (suyūlġāl) und führte ein religiöses Leben (TMM, 140-141).

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Burg in Sawādkūh namens Aulād in Haft genommen und dort von 300 Māzan267 darānern getötet wurde (968/1560-1) (TMM, 149-151). ‘Abd Allāh Ḫān regierte zwölf Jahre lang (ca. 953/1546-7–ca. 965/1557-8) und starb mit etwa 40 Jahren 268 (TI, 245). Mīr Sulṭān Murād Ḫān regierte eine Weile allein in Māzandarān. Aufgrund seines Ungehorsams schickte der Schah einmal eine Armee unter Führung von Ma‘ṣūm Bīk Ṣafawī gegen ihn (971/1563) (JA, 309; Ḫulāṣat, 441; Aḥsan, 541 (184)). Von den Kindern ‘Abd Allāh Ḫāns waren zwei Söhne, Mīr ‘Abd al-Karīm und Mīr ‘Azīz, am safawidischen Hof anwesend, als ihr Vater zum Gegenangriff nach Māzandarān züruckgegangen war. Einer davon, Mīr ‘Abd al-Karīm, floh nach dem Tod seines Vaters vom Hof nach Rustamdār und von dort weiter nach Āmul. Die Einwohner von Ost-Māzandarān sammelten sich um ihn. Während er die Stadt besetzte, erhielt Mīr Sulṭān Murād Ḫān eine Verstärkung von 1000 Reitern und Fußsoldaten vom Ehemann seiner Tante, Ḫān Aḥmad Ḫān Kiyā, aus OstGīlān. Als Ḫān Aḥmad Ḫān zum zweiten Mal eine Armee von 4000 Reitern und Fußsoldaten ausschickte, zog Mīr ‘Abd al-Karīm nach Nūr zu Malik Gayūmarṯ b. 269 Bahman. Nun schaltete sich Schah Ṭahmāsb ein und unterstützte Mīr ‘Abd al270 Karīms zweiten Feldzug. Sulṭān Murād Ḫān zog sich nach Hizār-ǧarīb zurück; Mīr ‘Abd al-Karīm wurde neuer Herrscher von Sārī (TMM, 159-163). Als nach einem Jahr Mīr ‘Abd al-Karīm die jährliche Steuer von 3000 tūmān nicht zahlen wollte, schickte Mīr Sulṭān Murād Ḫān einen Abgesandten zum safawidischen Hof und bot neben der jährlichen Steuer eine zusätzliche Summe von 12.000 tūmān in zwölf Jahresraten an. Überraschend zog er nach Sārī und besetzte die Stadt. Schließlich wurde das Küstengebiet von Māzandarān zwischen drei Parteien geteilt: Mīr ‘Abd al-Karīm erhielt das Gebiet im Westen, Mīr Sulṭān Murād Ḫān das im Osten und ‘Alī b. Qawām al-Dīn sein erbliches Territorium 271 Mašhad Ganǧ-afrāz. 973/1565-6 zog Sulṭān Murād Ḫān, unterstützt von Ḫān Aḥmad Ḫān, weiter nach Westen und vertrieb Mīr ‘Abd al-Karīm, der zum safawidischen Hof floh und dort an einer Krankheit starb (TMM, 166-168). 267 Sawādkūh gelangte zur Zeit des Vormarsches Sulṭān Murād Ḫāns in den Besitz von Āqā Mīr Dīw Sawādkūhī, der aus einer Würdenträger-Familie dieser Provinz, den Dīws, stammte und Sulṭān Murād Ḫāns Regent (wakīl) war. Ob er mit Mīrak Dīw Sawādkūhī, der vor ‘Abd Allāh Ḫān geflohen war, identisch ist, ist nicht festzustellen. Auf alle Fälle hing der Aufstieg der Familie Dīws mit der Hinrichtung der Rūz-afzūnīya durch ‘Abd Allāh Ḫān zusammen, da Āqā Mīr Dīw den Mord an ‘Abd Allāh Ḫān hatte geschehen lassen. 268 Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge wurde er 968/1560-1 getötet (s iehe oben). 269 Malik Bahman war Mīr ‘Abd al-Karīms Großvater und Malik Gayūmarṯ der Cousin seines Vaters. 270 Schah Ṭahmāsb wies Malik Gayūmarṯ ebenfalls an, daran teil zu nehmen. 271 ‘Alī b. Qawām al-Dīn, der Sohn des verstorbenen Qawām al-Dīn war der spätere ‘Alī Ḫān II. Obwohl sie zurückgezogen gelebt hatten, wurden Qawām al-Dīn und ‘Alī eher aus diesem Grund hoch geachtet und besaßen einen gewissen Einfluss auf die Politik. Qawām al-Dīns Todesjahr ist nicht bekannt. Nach Qawām al-Dīns Tod sah Sulṭān Murād Ḫān in ‘Alī einen zukünftigen Konkurrenten und nahm ihn sieben Jahre lang in Haft (TMM, 159, 171).

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Nach Mīr ‘Abd al-Karīms Tod berief Schah Ṭahmāsb seinen Bruder, Mīr ‘Azīz, der vorher nach Šīrāz deportiert worden war, und vertraute ihm die Herrschaft über Māzandarān an. Mīr ‘Azīz marschierte bis nach Āmul, wurde aber dort in der Schlacht besiegt und zog sich nach Qazwīn zurück (TMM, 168, 172). Das Verhalten der Safawiden den Mar‘ašīyān gegenüber änderte sich im Laufe der Zeit. Am Anfang seiner Regierungszeit, als Schah Ṭahmāsb noch jung war und in den Bürgerkrieg unter den Qizilbāš-Stämmen verwickelt war, hatte er selbst fast keinen Einfluss auf die Außenpolitik und im Vergleich zu den regionalen Fürsten in Gīlān entstanden keine engen Kontakte mit den Mar‘ašīyān in Māzandarān. Die Konkurrenten waren mit ihren ständigen Machtkämpfen untereinander beschäftigt und erlaubten es eher den anderen regionalen Fürsten, wie den Mulūk-i Rustamdār und Ḫān Aḥmad Ḫān, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen. Nachdem er Māzandarān vollständig seiner Herrschaft unterworfen hatte, vernachlässigte ‘Abd Allāh Ḫān die Steuerpflicht. Obwohl das Hauptinteresse der Safawiden an dieser Provinz in ihrem Reichtum und dem entsprechenden Steueraufkommen lag, war ihre Außenpolitik im Bezug auf Māzandarān noch unsicher und schwankend. Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān berichtet, dass, als die Māzandarāner den safawidischen Hof besuchten und über ‘Abd Allāh Ḫāns Tyrannei klagten, es eine Diskussion zwischen dem Schah und den Amiren gab. Diese schlugen dem Schah vor, einen Amir nach Māzandarān zu schicken, um ihn die Steuer für die Krone eintreiben zu lassen. Schah Ṭahmāsb machte einen anderen Vorschlag, die Mar‘ašīyān aus der Provinz zu vertreiben. Die Mar‘ašīyān hatten es einem der hervorragenden Ulemas dieser Zeit (az ‘ulamā-i zamān) namens Šaiḥ ‘Alā al-Dīn Āmulī, der dem Schah Mīr Sulṭān Murād bzw. Qawān al-Dīn als neuen Herrscher empfohlen hatte, zu verdanken, dass ih272 nen die Provinz erhalten blieb (TMM, 138-140). Qawān al-Dīn, der auf seine Herrschaft verzichtete, hinterließ auch beim Schah einen guten Eindruck. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts hielt Schah Ṭahmāsb, nachdem er aus dem Bürgerkrieg als Sieger hervorgetreten war, das Gleichgewicht der Qizilbāš-Stämme, etablierte seine Herrschaft und hatte die Zentralisierung des Staatssystems durchgeführt: Ein Beispiel seiner Politik war, wie schon erwähnt, die Eheschließungen mit den Tāǧīken. Engere Kontakte zwischen den Safawiden und den Mar‘ašīyān kamen zustande: Am safawidischen Hof befanden sich die Mar‘ašīyān, die dort im Exil lebten, darunter war Mīr Sulṭān Murād. Als er sich am Hof aufhielt, stand er im Dienst des Schahs, hatte eine höhere Platzierung bei der Sitzung (maǧlis) und bekam jährlich 100 tabrīzī tūmān als Gehalt (TI, 246). Seinem Beispiel folgten die Kinder des von ihm getöteten ‘Abd Allāh Ḫān. Neben Mīr ‘Abd al-Karīm und Mīr ‘Azīz wurden auch andere Kinder von Rustamdār an den safawidischen Hof geschickt. Unter ihnen war Ḫair an-Nisā Begum, die spätere 272 Šaiḥ ‘Alā al-Dīn Āmulī war am Hof als Zeuge der durch ‘Abd Allāh Ḫān ausgeführten Ermordung der sieben Sayyids anwesend.

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Mahd ‘Ulyā. Schah Ṭahmāsb verheiratete sie mit seinem ältesten Sohn, Sulṭān Muḥammad Mīrzā, dem zukünftigen Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda (TMM, 156-157; Takmilat, 128). Ihre gemeinsamen Kinder waren Ḥamza Mīrzā und ‘Abbās Mīrzā, der der fünfte safawidische Schah werden sollte. Nach Mīr ‘Azīz’ gescheitertem Feldzug nach Māzandarān entschuldigte sich Mīr Sulṭān Murād Ḫān. Schah Ṭahmāsb, der Interesse an einer festen Beziehung zwischen den beiden Familien zeigte, verlobte seine Tochter Maryam Begum mit einem Sohn des verstorbenen ‘Abd Allāh Ḫān. Weiter ließ er eine Tochter des Herrschers von Šīrwān, ‘Abd Allāh Ḫān, Māh Parwar Ḫānum mit Mīr Sulṭān Murād 273 Ḫān verheiraten (TMM, 173). In seinen letzten Regierungsjahren versuchte Schah Ṭahmāsb, dem die weiterhin instabile politische Lage in Māzandarān bewusst war, die Provinz unter direkte Kontrolle zu bringen – allerdings gelang dies niemals auf Dauer. Die Würdenträger von Ost-Māzandarān wie Sayyid Kamāl al-Dīn Murtażā und Āqā Mīr Dīw, die mit ihrer Behandlung unzufrieden waren, schlugen Mīr Sulṭān Murād Ḫān vor, seinem Sohn Mīrzā Muḥammad alias Mīrzā Ḫān die Herrschaft über Sārī zu übergeben. Obwohl Mīr Sulṭān Murād Ḫān dies schon einmal zuge274 sagt hatte, lehnte er diesen Vorschlag ab, weil er ihrer List gewahr wurde. Die Würdenträger klagten dem Schah ihre Lage. Daraufhin übergab Schah Ṭahmāsb seinem Sohn Zain al-‘Ābidīn Mīrzā die östliche Hälfte von Māzandarān (um 275 978/1570-1). Mīr Sulṭān Murād Ḫān, der die Einwohner von Sārī für sich gewonnen hatte, ging nach einem Jahr mit ihrer Unterstützung zur Gegenoffensive über und eroberte die Stadt. Zain al-‘Ābidīn Mīrzā starb nach zwei Jahren an Po276 cken (TMM, 174-182, 186). Als zwischen Mīr Sulṭān Murād Ḫān und Mīrzā Muḥammad eine Auseinandersetzung um die Herrschaft über Āmul entstand (um 980/1572-3), vertraute 273 Maryam Begum vermählte sich in der Regierungszeit von Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda mit dem Herrscher von Ost-Gīlān, Ḫān Aḥmad Ḫān. Ob die Eheschließung mit ‘Abd Allāh Ḫāns Sohn tatsächlich ausgeführt wurde, wird in keinem Geschichtswerk berichtet. Māh Parwār Ḫānum war Schah Ṭahmāsbs Nichte. Siehe auch Suppe (1994)(1995). 274 Der Grund für den Widerstand der Würdenträger soll Mīr Sulṭān Murād Ḫāns neue Heirat mit Māh Parwar Ḫānum gewesen sein. Seine eifersüchtig gewordene alte Frau, Tītī Begum, die Mīrzā Muḥammads Mutter war, verleitete die Würdenträger von Ost-Māzandarān dazu, ihrem Sohn zur Herrschaft zu verhelfen. Damals hielt sich Mīr Sulṭān Murād Ḫān mit seiner neuen Gattin in Āmul auf. 275 In der Tat wurden die hohen Positionen von den örtlichen Würdenträgern von Ost-Māzandarān besetzt. Āqā Mīr Dīw und Sayyid Kamāl al-Dīn Murtażā wurden zum Vormund (lala), Āqā Mīr Dīw wurde zum Regenten (wikālat) und Ġażanfar Abtar wurde zum Offizier (īšīk-āqāsībāšī) ernannt (TMM, 176). 276 Über den Tod Zain al-‘Ābidīn Mīrzās wurde in einem späteren Teil kurz berichtet, deshalb ist nicht klar, wann genau er nach Māzandarān kam und wann er starb. Seine Ankunft wurde als ein Ereignis zwei Jahre vor seinem Tod bezeichnet. Da das in der Chronik am nächsten gegebene Datum das Todesdatum von Māh Parwar Ḫānum am 20. Ǧumādā I. 980/27. September 1572 ist, würde das Jahr 978/1570-1 oder ein späteres als das Datum seiner Ankunft zu vermuten sein. Es könnte auch sein, dass Zain al-‘Ābidīn Mīrzās Tod der Anlass für Sulṭān Murād Ḫāns Gegenoffensive war.

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Schah Ṭahmāsb seinem Enkelsohn Sulṭān Ḥasan Mīrzā b. Sulṭān Muḥammad 277 Mīrzā ganz Māzandarān an. Der Prinz wurde von den Würdenträgern des Ostens empfangen, die die Staatsgeschäfte unter sich ausmachten, ohne die Qizilbāš-Amire daran zu beteiligen. Einer der mächtigsten Würdenträger des Ostens, Āqā Mīr Dīw, der Sulṭān Ḥasan Mīrzā für sich gewonnen hatte, überredete diesen dazu, die meisten Glaubenskämpfer – außer seinem lala (Vormund) Sulaimān Ḫalīfa Šāmlū – aus der Provinz zurückzuversetzen. Āqā Mīr Dīws wachsender Einfluss führte zu Machtkämpfen zwischen ihm und den anderen Würdenträgern des Ostens und schließlich zu seiner Ermordung. Āqā Mīr Dīws Sippen, die Šāms al-Dīn Dīw und die Alwand Dīw aus Sawādkūh, überfielen Sārī (am 8. Ṣafar 983/18. Mai 1575) und verschleppten Sulṭān Ḥasan Mīrzā nach Sawādkūh. Sulṭān Ḥasan Mīrzā konnte sein blosses Leben retten und ins Küstengebiet züruckkehren, als Šāms al-Dīn Dīw erkrankte (TMM, 187-190). Am Ẕū al-Ḥiǧǧa 983/Mai-Juni 1575 starb Mīr Sulṭān Murād Ḫān in Bārfurūšdih. Im folgenden Jahr (984/1576) bestieg Mīrzā Muḥammad (Mīrzā Ḫān) den 278 Thron. Mīrzā Ḫān integrierte den im Chaos versunkenen östlichen Teil in sein Territorium, vereinigte ganz Māzandarān und zog nach Sārī (TMM, 191-193). Kurz darauf jedoch verschärften sich die Machtkämpfe zwischen den östlichen und den westlichen Würdenträgern so sehr, dass Mīrzā Ḫān die Situation nicht mehr zu beherrschen vermochte.

4-2-3 Rustamdār Die Berichte über die Tätigkeit der Mulūk-i Rustamdār in der Regierungzeit von Schah Ṭahmāsb sind – ihre Eheschließungen mit den anderen regionalen Fürsten und ihre damit verbundenen Beteiligungen an Feldzügen ausgenommen – äußerst mangelhaft, obwohl Streitigkeiten unter den Mulūk festzustellen sind. Nur das Tārīḫ-i īlčī gibt im Teil der Regionalgeschichte von Rustamdār eine Angabe über einen von Schah Ṭahmāsb angeordneten Eroberungsfeldzug nach 279 Rustamdār unter Führung seines Bruders Alqās Mīrzās. Die safawidische Ar277 Obwohl Sulṭān Ḥasan Mīrzās Vater Sulṭān Muḥammad Mīrzā war, war seine Mutter nicht Mahd ‘Ulyā. Sayyid Mużaffar b. Kamāl al-Dīn Murtażā trat den Posten seines Vaters an. Sein Vater, Sayyid Kamāl al-Dīn Murtażā, war Zain al-‘Ābidīn Mīrzās Vormund (lala). Nach dem Tod des Prinzen floh Kamāl al-Dīn an den safawidischen Hof. Er wurde bei Streitigkeiten mit dem ebenfalls im Exil lebenden Mīr ‘Azīz Mar‘ašī ermordet (vgl. TMM, 186). Da in späteren Zeilen einem gewissen Sulaimān Ḫalīfa Šāmlū der lala-Posten zugeschrieben wurde (TMM, 187), könnte Sayyid Mużaffar einen anderen Posten (wakīl?) angetreten haben. Ġażanfar Abtar war Wesir und sein Sohn Šāhī Abtar Offizier (īšīk-āqāsībāšī) (TMM, 188). 278 Wann er den ḫān-Titel erhalten hatte, ist in der Chronik nicht erwähnt. Um 980/1572-3, als er mit dem Vater um Āmul konkurriert hatte, war er bereits mit dem Titel bezeichnet worden. 279 Der Feldzug fand in der Regierungszeit von Malik Kāwūs b. Ašraf in Kuǧūr statt. Der betreffende Zeitraum erstreckt sich zwischen 930/1524 (Schah Ṭahmāsbs Thronbesteigung) und 950/1543 (Malik Kāwūs’ Todesjahr). Zieht man Alqās Mīrzās Alter in Betracht, hätte der Feldzug vermutlich innerhalb des zweiten Jahrzehntes stattgefunden.

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mee stieß auf heftigen Widerstand der Rustamdārāner. Alqās Mīrzā, dem bewusst wurde, dass das Reiten durch diese dichte und hüglige Provinz nicht möglich ist, entschloss sich, abzuziehen. Malik Kāwūs von Kuǧūr schickte Abgesandte mit vielen Geschenken an den kaiserlichen Hof und entschuldigte sich für sein 280 unangemessenes Benehmen gegen die guten Sitten. Schah Ṭahmāsb nahm seine Abbitte an und unternahm keine weitere Operation in dieser Provinz mehr (TI, 237-8). Die anderen safawidischen Chroniken berichten über weitere Unternehmungen: Das Aḥsan al-tawārīḫ über einen Feldzug der Qizilbāš-Amire im Jahr 947/1540-1 (Aḥsan, 386 (135)) und das Ḫulāṣat al-tawārīḫ über einen weiteren unter Führung des von Bahrām Mīrzā geschickten Wesirs, Ḫwāǧa ‘Ināyat, im Jahr 281 950/1543-4 (Ḫulāṣat, 299-230). Mīr Sulṭān Murād Ḫān hatte, bevor er Zain al-‘Ābidīn Mīrzā Ost-Māzandarān übergab und nach Westen abzog, ein Bündnis mit dem Malik Gayūmarṯ von Nūr geschlossen. Er verheiratete seine Tochter Bībī Ḫānum mit Malik Bahman b. Gayūmarṯ. Malik Gayūmarṯs Tochter wurde mit Mīr Sulṭān Murād Ḫāns Sohn Mīrzā Muḥammad verheiratet (um 978/1570-1)(TMM, 178). Als Ende 983/1575-6 Malik Bahman durch einen seiner Gefolgsleute (naukar) ermordet wurde, vermählte Bībī Ḫānum sich mit seinem Bruder Malik (Sulṭān) ‘Azīz b. Gayūmarṯ (TMM, 192).

4-3

Die Regierungszeit von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda (1578–1587)

Von der nur eineinhalb Jahre dauernden unruhigen Regierung von Schah Ismā‘īl II. (reg. 984/1577–985/1578) sind in den Regionalgeschichtswerken keine Einflüsse der safawidischen Zentralmacht auf die südkaspischen Küstenprovinzen verzeichnet. Das folgende Jahrzehnt der Regierung von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda (reg. 985/1578–995/1587) war vom safawidischen Standpunkt eine politisch extrem verwirrende Periode, wurde aber für die einheimischen Fürsten der Küsteprovinzen eine bedeutende und für die Zukunft entscheidende Periode. Wie im vorigen Kapitel erwähnt, entstanden seit der späteren Regierungszeit von Schah Ṭahmāsb enge Kontakte zwischen den Safawiden und den regionalen Fürsten der Küstenprovinzen durch Eheschließungen und Asyl am Hof. Im Hintergrund stand die Politik der Safawiden, ihre Verbindungen mit den einheimischen Fürsten und Geistlichen zu verstärken und dadurch die Macht der Qizilbāš-Stämme zu minimieren. Was die Eheschließungen mit den regionalen Fürsten der südkaspischen Küstenprovinzen angeht, kamen diese – ausgenommen die Ehe zwischen dem Herrscher von West-Gīlān, Mużaffar Sulṭān, und Ḫair an-Nisā Begum in der Regierungszeit von Schah Ismā‘īl I. (923/1517) – alle erst in 280 Genaue Gründe für den Feldzug wurden nicht genannt. 281 Das erste Eindringen 947/1540-1 richtete sich gegen Malik Ǧahāngīr b. Kāwūs, der sich auf der Burg von Lāriǧān einschloss.

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den letzten zwanzig Jahren der Regierungszeit von Schah Ṭahmāsb zustande. In diesem Zeitraum war diese pro-tāǧīkische Politik – anders ausgedrückt, die Demonstration eines starken Königtums – auch in anderen Formen spürbar: Z.B. begann Schah Ṭahmāsb damit, das Neujahrsfest (naurūz) gemäß einem iranisierten chinesischen Tierzyklus-Sonnenkalender als eine Hofzeremonie im Palast zu feiern (vgl. Goto (2008-2), 81-83). Die safawidischen Hofchroniken wurden ebenfalls nicht mehr nach dem offiziellen Ḥiǧra-Mondkalender, sondern vorzugsweise nach dem Tierzyklus-Sonnenkalender geordnet und eingeteilt (vgl. Goto (2008-1)). Diese Politik wurde in der Regierungszeit von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda, der mit einer von den Mar‘ašīyān stammenden Frau verheiratet war, weiter fortgesetzt und verstärkt. Der fast blinde Schah war politisch unfähig. Bei den Staatsgeschäften hielten seine von den Mar‘ašīyān stammenden Ehefrau Ḫair an-Nisā Begum (Mahd ‘Ulyā) und der älteste Sohn der beiden, Ḥamza Mīrzā, die Zügel in der Hand. Nachdem Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda in Qazwīn den Thron bestiegen hatte, ließ er sofort den in der Burg von Iṣṭaḥr in Gefangenschaft lebenden Herrscher von Ost-Gīlān, Ḫān Aḥmad Ḫān, und zwei weitere georgische Prinzen 282 frei. Der Schah verheiratete Ḫān Aḥmad Ḫān und einen der georgischen Prinzen mit safawidischen Prinzessinen (vgl. Szuppe, case 4 & 23). Ihnen wurden die Ehrentitel barādarī (Brüderlichkeit) bzw. uḫuwwat (Bruderliebe) verliehen (TG, 283 64-65; TAAA, I, 227-228; TA, 43: vgl. Goto (2008-2), 76). Ḫān Aḥmad Ḫān kehrte nach Ost-Gīlān zurück und fing an, erneut mit seinen benachbarten regionalen Fürsten zu konkurrieren.

Eheschließungen zwischen den regionalen Fürsten und den Safawiden Jahr 923/1517 968/1560 973/1565

regionale Fürsten / Safawiden Mużaffar Sulṭān Isḥaqī aus West-Gīlān / Ḫair an-Nisā Begum 284 Ḫair an-Nisā Begum Mar‘ašī / Sulṭān Muḥammad Mīrzā ‘Abd Allāh Ḫān, Mar‘ašīs Sohn / Maryam Begum b. Ṭahmāsb (Verlobung)

282 Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge ließ Ḫān Aḥmad Ḫān vor seiner Freilassung seine Ehefrau zwischen ihm und Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda vermitteln. Diese Frau war Mīr ‘Abd Allāh Ḫāns Tochter. Sollte dies zutreffen, wäre sie Ḫair al-Nisā Begums Schwester gewesen. Ḫān Aḥmad Ḫān soll schon während der Regierungszeit von Schah Ismā‘īl II. seine Freilassung beantragt und vom Schah die Bewilligung erhalten haben (TG, 64). Es existiert ferner ein Brief von Schah Ismā‘īl II. an Ḫān Aḥmad Ḫān dazu (HAH, 87 (no. 40)) 283 Ḫān Aḥmad Ḫān heiratete Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābandas Schwester Maryam Begum. 284 Die Ermordung von ‘Abd Allāh Ḫān und die darauffolgende Auswanderung der Familie ereigneten sich nach 968/1560. Dem Takmilat al-aḫbār zufolge fand ihre Hochzeit im Jahr 973/1565-6, nach den Angaben im Ḫulāṣat al-tawārīḫ im Jahr 974/1566-7 statt (vgl. Szuppe (1995), 91. Note 184). Ḥamza Mīrzās Geburtsjahr sollte zwischen 1565 und 1566 liegen (TAA (Savory), 208. Note 12).

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973/1565 976/1569 985/1577 1011/1602

Mīr Sulṭān Murād Ḫān Mar‘ašī / Māh Parwar Ḫānum (Tocher des Herrschers von Šīrwān, Ṭahmāsbs Nichte) Ǧamšīd Ḫāns Isḥaqī aus West-Gīlān / Ḫadīǧa Begum b. Ṭahmāsb Ḫān Aḥmad Ḫān Kiyā aus Ost-Gīlān / Maryam Begum b. Ṭahmāsb Ḫān Aḥmad Ḫān Kiyās Tochter / Schah ‘Abbās

4-3-1 Gīlān Zu Ḫān Aḥmad Ḫāns Gunsten wirkte die bürgerkriegsähnliche Lage in WestGīlān. Obwohl die Safawiden mit fast allen mächtigen regionalen Fürsten der Küstenprovinzen durch Eheschließungen verwandt waren, waren ihre Einflussmöglichkeiten auf Gīlān – im Vergleich zu ihren intensiven Einmischungen in die Machtkämpfe in Māzandarān, wie später beschrieben – eher begrenzt und entsprachen der traditionellen Außenpolitik der früheren Zentralmächte. Um 985/1577-8 ließ Ǧamšīd Ḫān seinen Regenten (wakīl) Kār Kiyā Aḥmad 285 Sulṭān durch Kāmrān Mīrzā Kūhdumī ablösen (TG, 62-63). Nach einem Jahr befahl Kāmrān Mīrzā, der die tatsächliche Macht innehatte, die Ermordung von 286 Ǧamšīd Ḫān, tötete seine Gegner und inthronisierten zwei seiner kleinen Söh287 ne, Muḥammad Amīn und Ibrāhīm (um 989/1581) (TG, 70-73). Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda verzieh ihm schriftlich das Geschehene und ermahnte Ḫān Aḥmad Ḫān zugleich, dass er sich nicht in die Angelegenheit von West-Gīlān einmischen dürfe und sich nur mit der Herrschaft über sein eigenes Territorium 285 Der Grund ist nicht genannt, aber Schah Ṭahmāsbs Tod hätte Ǧamšīd Ḫān Anlass gegeben, sich vom Einfluss der Safawiden unabhängig zu machen. Nach Schah Ṭahmāsbs Tod verließen die Gefolgsleute, die von Schah Ṭahmāsb nach der Unterdrückung des Aufstands von Amīr Dabbāǧ b. Qarā Muḥammad Čapak (Amīr Dabbāǧ II.) in Laštanisā (976/1569) nach West-Gīlān geschickt worden waren, die Provinz (siehe auch 5-4-2). Der von Schah Ṭahmāsb 975/1567 zum Regenten (wakīl) von Ǧamšīd Ḫān ernannte Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān (TG, 60) und sein Sohn Āqā Mīr Bīk, der Oberbefehlshaber (sipahsālār) von Kūčisfān (Ernennung: 977/1569), die Ǧamšīd Ḫāns Vertreibung geplant hatten, wurden entlassen. Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān starb danach an Verzweiflung. Kāmrān Mīrzā Kūhdumī war der Herrscher von Kūhdum gewesen und hatte sich am Feldzug gegen Ḫān Aḥma Ḫān beteiligt (TG, 41-2; Ḫulāṣat, 471; Aḥsan, 561; siehe auch 4-2-1). Wahrscheinlich war die Eroberung von Kūhdum durch Ḫān Aḥmad Ḫān der Grund, dass er bei Ǧamšīd Ḫān in Dienst getreten war. 286 Getötet wurden Čirāġ Sulṭān, der Oberbefehlshaber von Kūčisfān und Mīr Ḥusain Bīk b. Ḫwāǧa ‘Alī, der Ex-Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, der nach Ḫān Aḥmad Ḫāns Gefangennahme in Ǧamšīd Ḫāns Dienst getreten war. 287 Kāmrān Mīrzā schloss sich bei dem Anschlag Kār Kiyā Aḥmad Sulṭāns Cousin Qarā Bahādur an, den er später ermorden ließ. Qarā Bahādur war Ǧamšīd Ḫāns Oberbefehlshaber gewesen (TG, 66) und nach Kār Kiyā Aḥmad Sulṭāns Entlassung zum Amir und Großwesir (i’timād al-daula) ernannt worden (TG, 70). Kāmrān Mīrzā hatte zuerst Ǧamšīd Ḫān zur Abdankung gezwungen und dessen Söhne inthronisiert. Zwei Monate später ließ er Ḥamza Mīrzā b. Qarā Bahādur Ǧamšīd Ḫān töten. Ǧamšīd Ḫāns Ermordung wurde vom 8. Muḥarram 999/5. November 1590 datiert, was jedoch zu spät erscheint. Zieht man die Datierungen vor und nach dem Ereignis und die Ereignisse im Umfeld in Betracht, müssen die Daten für dieses Ereignis zehn Jahre später angesetzt werden. Wahrscheinlich handelt es sich um Schreibfehler.

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begnügen sollte, weil West-Gīlān der kaiserlichen Verwaltung unterstünde (mut288 araṣṣid-i wurūd-i ḥukm-i humāyūn bāšad) (TG, 74-76). Ein gewisser Šīrzād Mākilwānī aus Ṭāliš gab seinen eigenen Sohn als Ǧamšīd Ḫāns Sohn aus, sammelte Anhänger und erhob sich gegen Kāmrān Mīrzā. Kāmrān Mīrzā bat den Herrscher von Šīrwān, Sulaimān Ḫān, aufgrund seiner Verwandtschaft zu den Isḥaqīya um Verstärkung und versprach ihm ein Entgelt von 289 1000 tūmān. Nach Šīrzād Mākilwānīs Hinrichtung nahm Sulaimān Ḫān Ibrāhīm 290 b. Ǧamšīd Ḫān als Geisel mit nach Šīrwān. Als die Einwohner von West-Gīlān von Ǧamšīd Ḫāns Ermordung erfuhren, war es Kāmrān Mīrzā nicht mehr möglich, weiter in Rašt zu bleiben (TG, 79-85). Er zog nach Kūhdum ab und unternahm von dort aus einen Feldzug nach Lāhīǧān. Bei einer Schlacht gegen die Kiyāyān wurde er getötet. Seit Ǧamšīd Ḫāns Tod waren eineinhalb Jahre vergangen (TG, 86-87). Die Würdenträger (akābir wa ašrāf wa a‘yān) von West-Gīlān scharten sich um den anderen Sohn von Ǧamšīd Ḫān, Muḥammad Amīn. Sein Regent (wālī) wurde Ǧamšīd Ḫāns ehemaliger Offizier (īšīk-āqāsībāšī) Āqā Muḥammad Sulṭān Fūmanī (gegen 990/1582-3). Āqā Muḥammad Sulṭān wirkte etwa zwei Jahre als Regent. Dann ging ‘Alī Bīk Sulṭān, der Sohn des verstorbenen Ex-Regenten Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān, der von Kāmrān Mīrzā ins Gefängnis geworfen und nach dessen Tod freigelassen worden war, nach Qazwīn, bestach die safawidischen Amire und erwarb das Amt des Regenten und des Amirs von Muḥammad Amīn Ḫān. Bevor er nach West-Gīlān zurückkehrte, liess der Oberbefehlshaber von Rašt, Šīrzād Bīk Sulṭān, einen gewissen Abū Sa‘īd Mīr Fūmanī Āqā Muḥammad Sulṭān töten und 291 trat in Fūman selbst das Amt des Regenten an (TG, 93-94). ‘Alī Bīk Sulṭān, begleitet vom Herrscher von Gaskar, Amīr Siyāwuš Ḫān, vertrieb Šīrzād Bīk Sulṭān (TG, 99-102), der nach Ost-Gīlān floh. Ḫān Aḥmad Ḫān holte Ibrāhīm Ḫān nach Lāhīǧān, ernannte Šīrzād Bīk Sulṭān zu seinem Regenten und schickte die beiden zur Eroberung von West-Gīlān (TG, 104-105). Nach mehreren Schlachten zog ‘Alī Bīk Sulṭān mit Muḥammad Amīn Ḫān in Māsūla ab (nach 22. Ǧumādā II. 993/ 20. Juni 1585)(TG, 107-110). Ḫān Aḥmad Ḫān ließ einen Vertrauten namens Malik ‘Ināyat nach Māsūla gehen und Muḥammad Amīn Ḫān entführen (TG, 111-113). Šīrzād Bīk Sulṭān, der sich nun vor Ḫān Aḥmad Ḫāns Machtansprüchen fürchtete, brachte Ibrāhīm Ḫān mit seiner Mutter nach Šaft und bat den Herrscher von Āstārā, Amīr Ḥamza Ḫān, um seine Vermittlung hinsichtlich der Ange288 In einem undatierten Schreiben an Ḫān Aḥmad Ḫān warnte Kāmrān Mīrzā, dass der Schah West-Gīlān zum Lehen (tuyūl) der Qizilbāš bestimmt hatte (HAH, 103 (Nr. 46)). In den Chroniken ist diese Politik nicht zu bestätigen. 289 Ǧamšīd Ḫāns Frau und die Frau Sulaimān Ḫāns waren Schwestern (Töchter Schah Ṭahmāsbs). 290 Ibrāhīm Ḫān wurde dann weiter nach Qazwīn überführt (TG, 103). 291 Abū Sa‘īd Mīr Fūmanī war ‘Alī Bīk Sulṭāns Cousin und der spätere Oberbefehlshaber von Fūman. Sein Bruder Šāh Malik Sulṭān war Oberbefehlshaber von Rānikūh (TG, 94). Siehe auch 4-4-2 und 6-2.

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legenheiten in West-Gīlān. ‘Alī Bīk Sulṭān bestach jedoch Amīr Ḥamza Ḫān und Amīr Siyāwuš Ḫān von Gasvkar und ließ sie Šīrzād Bīk Sulṭān ermorden (am 19. 293 Rabī‘ II. 994/8. April 1586). ‘Alī Bīk Sulṭān begleitete Ibrāhīm Ḫān und seine Mutter Ḫadīǧa Begum nach Fūman. Die Regierung von Ibrāhīm Ḫān in Fūman währte drei Jahre (TG, 117-123). Ḫān Aḥmad Ḫān ernannte in der Zwischenzeit seinen Oberbefehlshaber in Rānikūh, Šāh Malik Sulṭān Fūmanī, zum Regenten von Muḥammad Amīn Ḫān und schickte sie nach Rašt. Die Regierung von Mu294 ḥammad Amīn Ḫān in Rašt währte zwei Jahre (TG, 125-126). Die Teilung von West-Gīlān verursachte eine weitere politische Schwächung und bot später dem neuen Schah die günstige Gelegenheit, die Provinz zu annektieren.

4-3-2 Māzandarān und Rustamdār Fast zur gleichen Zeit waren in Māzandarān ununterbrochene Machtkämpfe und Machtwechsel zu beobachten, die den Safawiden – oder, genauer gesagt, Ḫair an-Nisā Begum – einen guten Anlass bot, sich in die inneren Angelegenheit ihrer Heimat einzumischen und Vergeltung für die Tragödie und die nachfolgende Odyssee ihrer Familie zu üben. Die Safawiden unterstützten (Mīr) ‘Alī b. Qawām al-Dīn, der nach Mīrzā Ḫāns Thronbesteigung freigelassen worden war, und 295 übertrugen ihm die Herrschaft über ganz Māzandarān. Der Einfluss der Safawiden war so stark, dass die Würdenträger von Ost-Māzandarān, die auf Mīrzā Ḫāns Seite gekämpft hatten, und die Herrscher der Umgebung ihm innerhalb 296 von einem Monat Gehorsam leisteten. Nach Mīr Taimūr Mar‘ašīs Erachten genoss Māzandarān unter der Regierung von Mīr ‘Alī, der nun als ‘Alī Ḫān II. auf dem Thron saß, eine Weile Unabhängig292 Amīr Ḥamza Ḫāns Schwester war die Ehefrau des mit ‘Alī Bīk Sulṭān verbündeten Amīr Siyāwuš von Gaskar (TG, 119). 293 Alī Bīk Sulṭān versprach jedem von ihnen die jährlichen Einkünfte aus dem Fischfang von Tūlam, die 400 tūmān betrugen (TG, 120). 294 Šāh Malik Fūmanī war ‘Alī Bīk Sulṭāns Vetter (vgl. TG, 137), der zuvor Ǧamšīd Ḫān gedient hatte. Nach der Empörung gegen Ǧamšīd Ḫān war er nach Lāhīǧān gegangen und in den Dienst Ḫān Aḥmad Ḫāns getreten (TG, 125). Siehe auch 4-4-1 und 6-2. 295 Die Mitglieder der beiden Parteien, nämlich der Partei von Mīr ‘Alī und der von Mīrzā Ḫān, machen die Aufteilung der Provinz deutlich: In der Schlacht zwischen den beiden Parteien waren die Amire der Armee von Mīr ‘Alī die safawidischen Amire und die Amire (Würdenträger) von West-Māzandarān (am zweiten Tag der Schlacht führte Pīr Muḥammad Ḫān Ustāǧalū den rechten und Bīǧn Ra’īs den linken Flügel). Die Amire der Armee von Mīrzā Ḫān waren die Amire (Würdenträger) von Ost-Māzandarān (am zweiten Tag der Schlacht führte Šams al-Dīn Dīw Sawādkūhī den rechten und Muḥammad Ḫaṭīr den linken Flügel. Muḥammad Ḫaṭīr gehörte zu denjenigen Würdenträgern West-Māzandarāns, die Mīrzā Ḫāns Berufung angenommen hatten) (TMM, 226-227). 296 Der Herrscher von Hizār-ǧarīb, Mīr Šāhruḫ, stattete Mīr ‘Alī selbst einen Besuch ab, ohne jedoch vor ihm niederzuknien. Malik Bahman von Lāriǧān wurde der erste Malik, der vor den anderen Fürsten auf die Knie fiel. Die anderen Mulūk und ein Herrscher von Gīlān schickten zur Gratulation nur Abgesandte (TMM, 231).

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keit und Wohlstand, doch aufgrund von bald darauf ausbrechenden Unruhen neigte sich die Unabhängigkeit der Provinz endgültig dem Ende zu. Obwohl ‘Alī Ḫān II. rasch Sārī erobern konnte (Ende 985/Ende 1577-Anfang 1578), schloss sich Mīrzā Ḫān in der Burg Fīrūzǧā ein, deren Belagerung sich lange hinzog, weshalb die Qizilbāš-Amire den Hof erneut um Verstärkung baten. Nach fast eineinhalb Jahren ergab sich Mīrzā Ḫān nach der Zusicherung, sein Leben zu schonen. Auf dem Weg nach Qazwīn wurde Mīrzā Ḫān, trotz seiner Abmachung mit den Amiren, auf Anweisung der Königin hingerichtet (Ende 985/ Ende 1577–987/Frühsommer 1579)(TMM, 210-256: Ḫulāṣat, II, 690-694; TAA, I, 242297 243; TA, 47-48: Ḫuld, 562-570). Sie nahm an ihm Rache für die Ermordung ihres Vaters ‘Abd Allāh Ḫān durch seinen Vater Mīr Sulṭān Murād Ḫān. Der Feldzug nach Māzandarān, der unter Ḫair an-Nisā Begums Initiative geführt und bis zur schließlichen Hinrichtung Mīrzā Ḫāns ohne Wissen der Qizilbāš-Amire geführt worden war, weckte unter diesen großen Unmut, der einer der ausschlaggebenden Gründe für die Ermordung der tāǧīkischen Königin wur298 de (987/1579). Der Hass der Qizilbāš-Amire auf die Māzandarāner war so groß, dass sie sofort nach dem Attentat nicht nur die am Hof, sondern auch die in der Hauptstadt lebenden Māzandarāner umbrachten. Diese Bluttat wiederum ist ein Beweis dafür, dass die Beziehung zwischen den regionalen Fürsten der Küstenprovinzen und den Safawiden zu dieser Zeit bereits sehr eng geworden war und ihre Präsenz am safawidischen Hof für die Qizilbāš-Amire keinesfalls mehr zu übersehen war. Am safawidischen Hof folgte der Ermordung von Ḫair an-Nisā Begum der zweite Bürgerkrieg unter den Qizilbāš-Amiren und die Ermordung des Kronprinzen Ḥamza Mīrzā (994/1586) (Ḫulāṣat, II, 839-846; TAA, I, 346-350). Chaos und Niedergang wurden Merkmale der restlichen Regierungszeit von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda. Eine schwache Zentralmacht gab den regionalen Fürsten Gelegenheit, unabhängig von den Safawiden miteinander um die Macht zu streiten. Als Malik Bahman von Lāriǧān und Luhrasb Dīw Sawādkūhī sahen, dass ‘Alī 297 Die Belagerung soll am 10. Šawwāl 985/20. Dezember 1577 begonnen haben und am 24. Rabī‘ II. 987/19. Juni 1579 zu Ende gewesen sein. Die Burg fungierte damals als Schatzkammer der Mar‘ašīyān. Der in der Burg befindliche Schatz von 60.000 tūmān und die Bücher aus Mīr Sulṭān Murād Ḫāns Bibliothek im Wert von 6000 tūmān wurden nach Qazwīn transportiert (TMM, 254-255). 298 Mīr Taimūr Mar‘ašī zufolge soll der Grund der Unzufriedenheit der Qizilbāš-Amire die ausstehende Belohnung für den Feldzug gewesen sein, die Ḫair al-Nisā Begum ihnen versprochen hatte (TMM, 192, 255-256). Die Spannung zwischen der Königin und den Amiren verschärfte sich in drei Stufen. Die erste Auseinandersetzung entstand nach dem Feldzug nach Šīrwān gegen die Osmanen, als sich beide Parteien nicht über den Kandidaten für den nächsten Herrscher von Šīrwān einig wurden. Der zweite Grund für ihre Auseinandersetzung war der Feldzug nach Māzandarān. Der dritte Grund war die Entlassung von Muḥammad Ḫān Turkmān als Herrscher über Kāšān. An der Ermordung waren die mächtigen Amire aus fast allen Qizilbāš-Stämmen beteiligt (Ḫulāṣat, II, 695-697; TAA, I, 251-252; TA, 48; HB, 572, 583-592; TMM, 269-279; vgl. Goto (2008-2), 76-78, Szuppe (1995), 90-99).

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Ḫān II. nun ohne Unterstützung aus dem safawidischen Hof dastand, verbündeten sie sich miteinander: Malik Bahman eroberte Sārī und danach Sawādkūh für 299 Luhrasb Dīw (TMM, 273-274). Malik Bahman brachte Ibrāhīm, den in Qazwīn lebenden Sohn von Mīr ‘Azīz b. ‘Abd Allāh Ḫān, dazu, die Herrschaft über Āmul zu übernehmen. ‘Alī Ḫān II., der während Malik Bahmans dreimonatigem Aufenthalt in Sārī an der Grenze zu Astarābād auf der Jagd gewesen sein soll, brach gegen Malik Bahman auf, erkrankte aber auf dem Weg und starb nach einem Monat in der Burg von Fīrūzǧā. Die Besatzung der Burg (aṣḥāb-i qal‘a) wollte anstatt seines minderjährigen Sohnes seinen Cousin Kamāl al-Dīn inthronisieren, der aber ihre Aufforderung ablehnte, obwohl er aus Qazwīn einen kaiserlichen Erlass erhalten hatte, der ihm die Herrschaft über ganz Māzandarān zuerkannte. Die Bewohner der Burg beriefen darauf einen anderen Cousin, den Herrscher 300 von Iṣfaḥān Mīr Ḥusain Ḫān, als Oberhaupt (TMM, 275-282). Nun lautete die Frage, wer mit wem kooperieren würde. Mīr Ḥusain Ḫān, dem von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda und Ḥamza Mīrzā die Herrschaft (dārā’ī) über die Provinz anvertraut wurde, konnte sich nur in Ost-Māzandarān etablieren: Die Würdenträger des Ostens leisteten ihm Gehorsam und Luhrasb Dīw wurde zu seinem Regenten (amr-i wikālat) ernannt (TMM, 288-289). Aber ein Würdenträger aus West-Māzandarān, Bīǧn Ra’īs, der inzwischen die Burg von

299 Luhrasb Dīw Sawādkūhīs Bruder Šams al-Dīn, der beim Feldzug der Safawiden nach Māzandarān auf Mīrzā Ḫāns Seite gegen diese gekämpft hatte, war das Ziel der Qizilbāš-Amire geworden (TMM, 225). Dass er vorher Prinz Sulṭān Ḥasan Mīrzā entführt hatte, war ein weiterer Grund (siehe 4-2-2). Šams al-Dīn war auf Anweisung von Ḫair al-Nisā Begum getötet worden. Luhrasb Dīw und Alwand Dīw, die sich in die Wälder geflüchtet und sich dort versteckt hatten, verliessen ihr Versteck, als sie vom Tod der Königin erfuhren (TMM, 274). Malik Bahman zog sich nach seinem dreimonatigen Aufenthalt in Sārī nach Lāriǧān zurück. 300 Wer die Väter dieser zwei Cousins waren, wird dabei nicht vermerkt. Der Großvater von ‘Alī Ḫān II., ‘Alī Ḫān (I), hatte acht Kinder, von denen nur zwei Söhne (Zain al-‘Ābidīn und Qawām al-Dīn) und eine Tochter (Malik Nisā Begum, (Mīr) ‘Abd Allāh Ḫāns Frau und Ḫair al-Nisā Begums Mutter) mit Namen genannt werden (TMM, 100). An anderer Stelle wird berichtet, dass in der Regierungszeit von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda (nach Ḫair al-Nisā Begums Tod und beim Besuch von Mīr ‘Alī Ḫān II.) Mīr Ḥusain Ḫān b. Mīr Ḥasan zum Herrscher von Iṣfaḥān ernannt wurde (985/1577-8). Gleichzeitig wurde ein gewisser Mīr Kamāl al-Dīn b. Mīr Qāsim zum Regenten (wikālat) von Ḥamza Mīrzā ernannt (TMM, 216). An anderer Stelle werden beide im Zusammenhang mit einer dritten Person, Mīr ‘Abd al-Karīm b. Mīr ‘Abd al-Karīm, genannt (TMM, 350). Die Namen der Väter dieser drei Personen – Mīr Ḥasan, Mīr Qāsim und Mīr ‘Abd al-Karīm – sind identisch mit den Namen der Brüder von (Mīr) ‘Abd Allāh Ḫān (TMM, 133-134). Angesichts der verwandtschaftlichen Nähe wäre es wohl möglich, dass der Schah den Cousins der Königin die Ämter verschafft hatte. Wenn wir annehmen, dass die genannten beiden Personen Mīr ‘Abd Allāh Ḫāns Neffen waren, bleibt offen, ob sie auch Mīr ‘Alī Ḫān II. Vettern gewesen sind. Über ihren Vater Mīr Sulṭān Maḥmūd ist lediglich eine Heirat mit der Tochter von Malik Bahman von Nūr bekannt (TMM, 109). Von Qawām al-Dīn sind zwei Heiraten bekannt, eine mit Bībī Ǧahān Malik (Tochter des Maliks von Kuǧūr, Mutter von Mīr ‘Alī Ḫān II.) und eine weitere mit Bībī Zahrā Malik (Tochter des Malik Bahman von Nūr) (TMM, 131-132). Siehe 4-2-2.

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Fīrūzǧā besetzt hatte, schloss sich dem von Malik Bahman von Lāriǧān unterstützten Ibrāhīm b. Mīr ‘Azīz an und wurde dessen Regent. Dann jedoch inhaftierte Bīǧn Ra’īs ihn und begann, in West-Māzandarān selbstständig zu regieren (TMM, 282-287). Er erkannte die Oberherrschaft von Malik Bahman an und lieferte ihm jedes Jahr 1000 tūmān als Tribut (TTM 292). Ein anderes nach Macht strebendes Mitglied der Mar‘ašīyān, Mīr Šams al-Dīn, ein Neffe von Mīr Sulṭān Murād Ḫān, floh aus Qazwīn nach Rustamdār und stützte sich auf einen Verwandten, Malik Sulṭān ‘Azīz b. Gayūmarṯ aus Nūr. Einige Würdenträger des Westens, die Bīǧn Ra’īs als ihren Herrn ablehnten, schlossen sich Mīr Šams al-Dīn an 302 303 (TMM, 290-291). Als Mīr Šams al-Dīns Unternehmen scheiterte, luden die Würdenträger des Westens Mīr Ḥusain Ḫān nach Westen ein. Mīr Ḥusain Ḫāns Feldzug scheiterte an Malik Bahmans Vormarsch und Luhrasb Dīws Tod auf dem Schlachtfeld (TMM, 292-295). Ein anderer mächtiger Dīw, Alwand Dīw, der mit Bīǧn Ra’īs das Verlangen nach Unabhängigkeit teilte, verbündeten sich mit diesem; zusammen luden sie Mīr Ḥusain Ḫān zu einem Treffen in Sārī und nahmen 304 ihn gefangen (991/1583-4). Als sie merkten, dass keine heftigen Proteste zu erwarten waren, töteten sie Mīr Ḥusain Ḫān (TMM, 299-305). Ein Würdenträger des Ostens, Sayyid Muẓaffar Murtażā, stachelte daraufhin 305 Malik Bahman an, die herrenlose Provinz zu erobern. Als die Kämpfe gegen Alwand Dīw und Bīǧn Ra’īs ohne Ergebnis andauerten, bat Malik Bahman seinen 301 Bīǧn Ra’īs gehörte zu den Würdenträgern von West-Māzandarān. Er wurde zu ‘Alī Ḫāns Regenten (wakīl) ernannt (TMM, 185) und führte später als Oberbefehlshaber (sipahsālār) den linken Flügel von Mīr ‘Alīs Armee in der Schlacht gegen ‘Alī Ḫān (TMM, 221). Siehe auch oben. 302 Über diesen Mīr Šams al-Dīn sind keine Angaben verfügbar. Als Mīr Šāhīs Sohn wird nur Mīr Sulṭān Murād Ḫān erwähnt (TMM, 109). Im Namensverzeichnis des Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān ordnet Stūda ihn in die Linie ‘Abd Allāh Ḫāns zu (Mīr Šams al-Dīn b. Mīr Ibrāhīm b. Mīr ‘Azīz b. Mīr ‘Abd Allāh Ḫān b. Mīr Sulṭān Maḥmūd b. Mīr ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn (TMM, 448)). Vermutlich hat Madelung diese Angabe übernommen (Madelung (1989), 391). Es ist jedoch undenkbar, dass sein vermeintlicher Vater, Ibrāhīm, der in Begleitung seiner Großmutter nach Māzandarān kam und wahrscheinlich noch jung war, einen volljährigen Sohn gehabt hätte. Von Mīrzā Muḥammad (Mīrzā Ḫān) ist nur ein Sohn, nämlich Mīr Sulṭān Murād Ḫān, bekannt. 303 Er wurde von Bīǧn Ra’īs besiegt, gefangen genommen und dem Malik von Nūr ausgeliefert, der ihn später umbrachte (TMM, 347). 304 Als Ḥamza Mīrzā auf dem Feldzug nach Ḫurāsān in Ray Station machte, hatte Malik Bahman die Anweisung von Ḥamza Mīrzā bekommen, Bīǧn Ra’īs festzunehmen. Nachdem der Prinz weitermarschiert war, ließ Malik Bahman Bīǧn Ra’īs frei, um ihn Māzandarān erobern zu lassen. Das Ereignis verursachte allerdings das Misstrauen beider Seiten. Alwand Dīw hatte sich unabhängig davon Malik Bahman angeschlossen und versucht, Sārī zu besetzen. Nachdem er zurückgeschlagen worden war, zog er nach Sawādkūh ab. Diese Vorgeschichte führte zum Bündnis zwischen Alwand Dīw und Bīǧn Ra’īs (TMM, 296-299). 305 Sayyid Muẓaffar Murtażā hatten den Ungehorsam von Alwand Dīw und Bīǧn Ra’īs gegenüber Mīr Ḥusain Ḫān missbilligt. Er war mit dem safawidischen Amir Walī Ḫān Sulṭān Turkmān, der zur Verstärkung Mīr Ḥusain Ḫāns vom safawidischen Hof gesandt worden war (TMM, 300) und sich schon vor Mīr Ḥusain Ḫāns Tod Malik Bahman angeschlossen hatte, durch Eheschließung verwandt.

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Onkel Malik Sulṭān Muḥammad b. Ǧahāngīr b. Kāwūs von Kuǧūr (reg. 975/1568– 998/1590) um Verstärkung. Schließlich war es Malik Sulṭān Muḥammad, der 306 nach seinem Sieg im Kampf gegen Ḫān Aḥmad Ḫān Kiyā von Ost-Gīlān sofort in Richtung Māzandarān marschierte, die Provinz überfiel und ausplünderte 307 (TMM, 305-209). Zu diesem Zeitpunkt, kurz vor der Thronbesteigung Schah ‘Abbās’, stieg Malik Sulṭān Muḥammad neben Ḫān Aḥmad Ḫān Kiyā von Ost-Gīlān zu einem der mächtigsten Fürsten der südkaspischen Provinzen auf. Alwand Dīw und die anderen Würdenträger von Māzandarān leisteten ihm jedes Jahr Tribut (pīškiš wa sāwarī, māl-wa-ǧihāt) ab. Ferner tötete Malik Sulṭān Muḥammad den Herrscher von Nūr, Malik Sulṭān ‘Azīz, samt seinen fünf Söhnen und Brüdern und eroberte 308 die Provinz (994/1586). Ferner besetzte er Āmul (TMM, 311) und behielt Māzandarān unter seiner Herrschaft, bis er an einer Krankheit starb (998/1590).

4-4

Die Annektierung der Küstenprovinzen durch Schah ‘Abbās I. (1587–1629)

Nach seiner Thronbesteigung als Herrscher von ganz Iran setzte Schah ‘Abbās I. (reg. 995/1587–1038/1629) die Zentralisierung des Landes durch und führte mit den Osmanen einen dauerhaften Konflikt um die Grenzgebiete im Westen. Im Rahmen seiner Politik wurden die südkaspischen Küstenprovinzen zum ersten Mal in ihrer Geschichte und für immer von einer Zentralmacht annektiert: Die Provinzen verwandelten sich von Vasallenstaaten am Rande des iranischen Territoriums in einen Teil des Safawidischen Reiches. Verschiedene miteinander verbundene Faktoren bewogen den neuen Schah ‘Abbās zur Eroberung der Provinzen: 1. Die gestiegene Bedeutung der Provinzen als Pufferstaaten zwischen den Safawiden und den Osmanen in außenpolitischer und militärischer Hinsicht. 2. Wirtschaftlich gewannen die Provinzen ebenfalls Bedeutung als das Hauptproduktionsgebiet von Seide, die in der Regierungszeit von Schah ‘Abbās der wichtigste Exportartikel des safawidischen Reichs nach Europa wurde (vgl. Matthee (1999), 102; McCabe, 20). 3. Die vom Eindringen der Osmanen beeinflusste und in der späteren Regierungszeit von Schah Ṭahmāsb durchgeführte Verlagerung der safawidischen Hauptstadt von Tabrīz nach Qazwīn, die die Zentralisierung der 306 Malik Sulṭān Muḥammads Schwester war die Mutter Malik Bahmans (Qisas, 166). Er konkurrierte mit Ḫān Aḥmad Ḫān um Tunikābun (vgl. Ṭahmāsb, 113-117; HAH, 25-27). Das Tārīḫ-i Gīlān berichtet, dass Ḫān Aḥmad Ḫān eine Schlacht gegen Malik-i Rustamdār verlor (TG, 68). Obwohl als Datum der 13. Ẕū al-Qa‘da 999/1. September 1591 genannt wird, soll diese Schlacht mit dem im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān genannten Gefecht identisch sein. Aus der Abfolge der Ereignisse wird ersichtlich, dass die Daten der Regierungszeit von Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda in der Handschrift fehlerhaft geschrieben sind und dass beide Daten um zehn Jahre zurückdatiert werden müssen (siehe 4-3-1, Fußnote 286). 307 Während des Interregnums in Sārī vor Mīr Ḥusain Ḫāns Ankunft in Māzandarān hatte Malik Sulṭān Muḥammad die Stadt bereits zweimal geplündert (TMM, 285-286). 308 Āmul war zuvor im Besitz von Malik Bahman von Lāriǧān gewesen.

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safawidischen Regierung zur Folge hatte, verringerte den Abstand zwischen den südkaspischen Küstenprovinzen und dem politischen Zentrum. 4. Seine persönliche Beziehungen mit den Provinzen und die Ortskenntnisse, die er und seine Vorfahren sich seit einem Jahrhundert durch ihre Kontakte mit den regionalen Fürsten erworben hatten, boten Schah ‘Abbās die Gelegenheit das mühsame Unternehmen, das bis zu dieser Zeit niemandem gelungen war, zustande zu bringen. Schließlich waren es die jeweiligen Zustände in den regionalen Fürstentümern, die Schah ‘Abbās zu seiner Entscheidung bewogen.

4-4-1 Die Annektierung von Gīlān In Gīlān kam es nach einer kurzen Ruhephase wieder zu Auseinandersetzungen um die Herrschaft über West-Gīlān. Im Frühling 997/1589 überfiel der Regent von Ibrāhīm Ḫān, ‘Alī Bīk Sulṭān, den Hauptsitz von Muḥammad Amīn Ḫān, Rašt. Muḥammad Amīn Ḫān floh nach Lāhīǧān und blieb dort bis zur Eroberung der Provinz. Am Šawwāl 997/August-September 1589 entließ der Herrscher von Ost-Gīlān, Ḫān Aḥmad Ḫān, seinen Wesir Ḫwāǧa Masīḥ wegen Unfähigkeit. Darauf stattete der verärgerte Ḫwāǧa Masīḥ, begleitet von seinen Söhnen und Brüdern, Schah ‘Abbās einen Besuch ab und verleitete ihn zur Eroberung von Gīlān. Er soll dabei die Entscheidung des Schahs maßgeblich mit der Andeutung beeinflusst haben, dass Ḫān Aḥmad Ḫān unfruchtbar sei und in West-Gīlān zwei Erben säßen, deren Regenten eigene Ambitionen hegten, wodurch in der Provinz stets Aufruhr, Verzweiflung und Chaos herrschten. Würde der Schah einen Vertrauten zur Eroberung beider Gīlān-Gebiete (Gīlānāt) ernennen, sollte ihm die Provinz mit Leich309 tigkeit in die Hände fallen. Auf Ḫwāǧa Masīḥs Rat forderte Schah ‘Abbās Ḫān Aḥmad Ḫān dazu auf, seine Tochter an den safawidischen Hof zu schicken, um 310 sie mit Ṣafī Mīrzā zu vermählen (TG, 129-130; vgl. TA, 217). Dass Ḫān Aḥmad Ḫān diese Forderung abgelehnt hatte, war, dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge, der Auslöser des großen Feldzugs gewesen. Das Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī präsentiert aus safawidischer Sicht zwei Gründe für den Feldzug: Zum Ersten, dass Ḫān Aḥmad Ḫān politische Flüchtlinge in Schutz genommen habe, zum Zweiten, dass er Kontakt mit den Osmanen aufgenommen und ihnen sein Territorium angeboten 311 habe (TAA, 449). 309 Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge war es Ḫān Aḥmad Ḫāns anderer Wesir, Ḫwāǧa Ḥusām al-Dīn, gewesen, der den Schah vor Ḫān Aḥmads Kooperation mit den Osmanen gewarnt hatte (TA, 115). 310 Von dieser Korrespondenz sind bis heute zwei Briefe erhalten geblieben (HAH, 17-34 (no.1 & no.2), 211-218). Ḫān Aḥmad Ḫāns einziger Sohn Sulṭān Ḥasan war 974/1567 während seines Feldzuges nach Fūman gestorben (TG, 44; HAH, 65 (no. 32)). Nach Sulṭān Ḥasans Tod hatte Ḫān Aḥmad Ḫān keinen männlichen Nachfolger mehr. 311 Der vorwurfsvolle Briefwechsel zwischen Schah ‘Abbās und Ḫān Aḥmad Ḫān aus dieser Zeit, der teilweise in das Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī aufgenommen wurde, ist in der Briefsammlung von Schah ‘Abbās nachzulesen (‘Abbās, II, 17-33).

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Schah ‘Abbās ernannte Farhād Ḫān Qarāmānlū zur Führung dieses Feldzuges. Begleitet von Amīr Siyāwuš, dem Herrscher von Gaskar, marschierte Farhād Ḫān von Āẕarbā’īǧān über Gaskar nach Gīlān. Von Amīr Siyāwuš aufgefordert beteiligte sich der Regent von Ibrāhīm Ḫān am Feldzug. Die Schlacht zwischen den Safawiden und den Kiyāyān fand am 5. Šawwāl 1000/14. Juli 1592 statt, nachdem die safawidische Armee nahe des Fleckens Kīšah-Kūla in Kūhdum den Sifīd-rūd nach Osten überschritten hatte. Als Ḫān Aḥmad Ḫān der Niederlage seiner Armee gewahr wurde, ging er nach Langrūd. Seine Ehefrau Maryam Begum und die einzige Tochter, die nachkamen, wurden vom entlassenen ehemaligen Oberbefehlshaber von Lāhīǧān Kiyā Farīdūn aufgehalten und zurückgebracht. Ḫān Aḥmad Ḫān, der alle Hoffnung verloren hatte, begab sich zu Schiff nach Šīrwān (TG, 132-134; TAA, 449-451). Von dort aus bat er die Osmanen um Hilfe, die ihm wiederum den Statthalter (Beilerbeg) von Šīrwān, Ḥasan Paša, als Begleitung schickten. Muḥammad Amīn Ḫān, den Ḫān Aḥmad Ḫān mit sich genommen hatte, wurde auf dem Weg zum osmanischen Hof krank und starb in Ganǧa (TG, 161-162), während Ḫān Aḥmad Ḫān bis zu seinem Tod (1005/1596) am osmanischen Hof blieb (TAA, 529; AN, 138). Ḫān Aḥmad Ḫāns Frau und seine Tochter Yāḫān Begum wurden an den safawidischen Hof gebracht. Später (1011/1602) heiratete Schah ‘Abbās Yāḫān Begum. Da Ḫān Aḥmad Ḫān keine männlichen Nachkommen hatte und er selbst sein Territorium verlassen hatte, konnte Schah ‘Abbās durch diese Ehe seine 312 Herrschaft über Ost-Gīlān legitimieren. Ibrāhīm Ḫān wurde mit seiner Mutter zum safawidischen Hof geführt (TG, 136). Nun vertraute der Schah Farhād Ḫān 313 die Angelegenheiten von ganz Gīlān an. Ohwohl Schah ‘Abbās die Herrscher von beiden Gīlān-Gebieten überraschend schnell beseitigen konnte, führte er nicht sofort ein neues Verwaltungssystem in Gīlān ein. Er schwankte noch zwischen der traditionellen Politik und einer Verwaltungsreform. Daraus lässt sich schließen, dass das Ziel des Feldzuges in erster Linie die Beseitigung der zu mächtig und für die safawidische Herrschaft zu gefährlichlich gewordenen regionalen Fürsten war. Wirtschaftliche Absichten, z.B. das Monopol über die Seide, standen damals noch im Hintergrund. Mit den rebellischen Einwohnern der Provinz ging er vorsichtig um und versuchte, sie ver312 Diese Eheschließung ist in Szuppes Liste als no. 46 verzeichnet. Siehe auch Falsafī, II, 171172. Yāḫān Begums Mutter Maryam Begum war Schah Ṭahmāsbs Tochter. Das heißt, Yāḫān Begum war Schah ‘Abbās’ Kusine. 313 Welches Amt (vgl. ḥākim als tuyūl-Besitzer) Farhād Ḫān Qarāmānlū bekleidet hat, ist in keiner Chronik erwähnt. Auf alle Fälle war er in Lāhīǧān ansässig (vgl. TG, 139). Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge wurde die Herrschaft über Ost-Gīlān (Lāhīǧān) zuerst Mahdī Qulī Ḫān Šāmlū anvertraut, der gleichzeitig das Amt des höchsten Oberbefehlshabers (amīr al-umarā) von Gīlān bekleidete (TAA, 451; AN, 116). Der Urheber des Feldzuges, Ḫwāǧa Masīḥ, bekleidete einige Jahre später das Ministeramt (wizārat) von Qum. Nach seiner Entlassung kehrte er an den kaiserlichen Hof zurück, wo er mit dem Provinzwesir von Gīlān, Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, um die Steuereinnahme vor Ort in Streit geriet. Schah ‘Abbās nahm ihn fest und übergab ihn Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, der ihn töten ließ (TG, 234-236).

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söhnlich zu stimmen. Raǧab 1000/April-Mai 1592 dürfte der Schah einen kaiserlichen Erlass ausgegeben haben, der die Bevölkerung von fünf Sondersteuern befreite und die Oberbefehlshaber und die Soldaten von Ost-Gīlān des Verbleibs im 314 Dienst der Safawiden versicherte (HAH, 96-98 (Nr. 44); vgl. TAA, 451). Zur gleichen Zeit dürfte der Schah an den im Exil in Istanbul lebenden Ḫān Aḥmad Ḫān geschrieben und die Annektierung von Ost-Gīlān ins safawidische Reich sowie die Unterwerfung der Oberbefehlshaber und Kommandanten (sardārān) erklärt haben (‘Abbās, II, 30-33). Der Ex-Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, Kiyā Farīdūn, der Ḫān Aḥmad Ḫāns Familie zurückgebracht hatte, wurde aufgrund dieses Ver315 diensts wieder zum Oberbefehlshaber von Lāhīǧān ernannt (TG, 134). Als Schah ‘Abbās am 8. Šawwāl 1000/17. Juli 1592 in Lāhīǧān ankam, verkündeten Boten seiner Anweisung folgend den Einwohnern von Gīlān die Freilassung der Kriegsgefangenen. Ebenso behielten die einheimischen Oberbefehlshaber ihre Posten. Der Schah verlieh ‘Alī Bīk Sulṭān den ḫān-Titel und ernannte ihn zum neuen Herrscher (ḥākim) von West-Gīlān; ferner bestimmte er für die Verwaltung von Lāhīǧān (dārā’ī-i ūlkā-i Lāhīǧān) einen Bevollmächtigten (TG, 135316 136). Nachdem er an allen übrigen Orten einen Qizilbāš-Herrscher bzw. -Stadthauptmann (dārūġa) bestimmt hatte (TAA, 451), kehrte er mit den Mächtigen und Würdenträgern (akābir wa a‘yān) aus Gīlān nach Qazwīn zurück. Während die Einführung der Kronlandverwaltung in Gīlān noch einige Jahre in Anspruch nahm, wurde 1002/1593-4 der Großwesir mit den Finanzbeamten (mustaufīyān), Schreibern (arbāb-i qalam) und Bistām Āqā, dem Vorsteher der königlichen Kanzlei (dārūġa-i daftar-ḫāna-i humāyūn), in die Provinz geschickt, um die Steuern und Abgaben (māl wa ḥuqūq-i dīwānī) dieser Provinz festzusetzen. Die verschiedenen Steuerarten aus der alten Zeit sollen dabei abgeschafft worden und das neu eingeführte Steuersystem bis zur Zeit der Niederschrift des Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī gültig gewesen und als Muster benutzt worden sein (TAA, 459-460; vgl. TA, 118). Dieses Verfahren, die Küstenprovinzen direkt unter das safawidischen Verwaltungssystem zu stellen, dürfte allerdings bei den einheimischen Machthabern nicht willkommen gewesen sein. Nach einer sechsmonatigen Amtszeit in West-Gīlān bekam ‘Alī Bīk Sulṭān alias ‘Alī Ḫān die Anweisung, den Schah auf der Jagd in Qizil-Āġāǧ zu begleiten. Während seines Aufenthaltes am safawidischen Hof erregte ‘Alī Ḫān den Zorn des Schahs und wurde gefangen gesetzt. Nach seiner Rückkehr nach Ardabīl ernannte der Schah ‘Alī Ḫāns Cousin Šāh Malik Sulṭān zum Oberbefehlshaber von West-Gīlān und Muṣṭafī Sulṭān Qāǧār zum Stadthauptmann (dārūġagī wa ḥukūmat). Als Šāh Malik, von einem Vertrauten ‘Alī Ḫāns aufgehetzt, Muṣṭafā Sulṭān 314 Dieser Erlass ist als Entwurf in der Briefsammlung von Ḫān Aḥmad Ḫān erhalten. Es ist nicht klar, ob der Erlass in die Tat umgesetzt wurde. Siehe auch 6-2 und 6-3. 315 Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge wurde Kiyā Farīdūn die Herrschaft über Lāhīǧān und ganz OstGīlān (dārā’ī-i Lāhīǧān wa kull-i bia-pīš) anvertraut (TA, 116). 316 Siehe auch die Entwürfe der beiden Briefe von Schah ‘Abbās in HAH, 93-98 (no.43 & no. 44).

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Qāǧār ermordete, entschloss sich Schah ‘Abbās, Ibrāhīm Ḫān als Herrscher in West-Gīlān wieder einzusetzen. Es war Farhād Ḫān Qarāmānlū, der dem Schah davon abriet. Er soll dem Schah gegenüber seine Meinung dargelegt haben: „Eure Hoheit hat das Land Gīlān von den Erben [ den Kiyāyān und den Iṣḥaqīya] befreit. Hindernisse sind verschwunden. Ich kann für ‘Alī Ḫān eine Bürgschaft leisten, aber wenn ich für Ibrāhīm Ḫān, den Sohn Ǧamšīd Ḫāns, Bürge würde, würde es der Dynastie wirklich eine Hilfeleistung [für den Wiederaufstieg]. Schah ‘Abbās hörte auf seinen Rat und verzichtete auf das Vorhaben. Ibrāhīm Ḫān starb aus Hoffnungslosigkeit in Iṣfahān. ‘Alī Ḫān wurde gegen eine von Farhād Ḫān geleistete Bürgschaft freigelassen und nach Gīlān zurückgebracht (Ende 317 1000-Anfang 1001/Herbst 1592)(TG, 137-138, 247; TA, 125). Nach etwa einem Jahr ignorierte ‘Alī Ḫān eine kaiserliche Vorladung, was der Anlass eines weiteren und endgültigen Feldzugs von Farhād Ḫān nach West-Gīlān wurde (Muḥarram 1002/September-Oktober 1593). Da ‘Alī Ḫān sich in den Wäldern versteckte (8. Ǧumādā II. 1002/28. Februar 1594), gelang Farhād Ḫān ‘Alī Ḫāns Gefangennahme erst nach drei Monaten in Zusammenarbeit mit ‘Alī Ḫāns Cousin Abū 318 Sa‘īd Mīr Fūmanī (TG, 142-154, 156, 247-250; TA, 133-134). ‘Alī Ḫān wurde am 319 20. Ša‘bān 1003/29. April 1595 hingerichtet (TG, 159, 249-250). Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge unterredete sich Farhād Ḫān vor der Operation mit den Mächtigen der beiden Gīlānāt und brachte einen Antrag mit ihrem Siegel ein, aufgrund dessen Schah ‘Abbās dem Unternehmen zustimmte. Diese Episode zeigt, dass die Safawiden damals die Meinung der Einwohner von Gīlān, zumindest offiziell, geschätzt haben, wenn sie in der Provinz etwas unternahmen. Nachdem Farhād Ḫān Qarāmānlū mit dem Herrscher von Kūhdum, Ḥusain Ḫān Kūhdumī, und den Machthabern beider Gīlān-Gebiete (‘uẓmā-i Gīlānāt) vom Feldzug zurückkehrte (Ende Ramażān 1002/Juni 1594), ernannte er in jedem Ort (dar har maḥal) einen Oberbefehlshaber (sipahsālār) und einen Stadthauptmann (dārūġa) aus den Qizilbāš-Stämmen und dazu einen Wesir, einen Finanzbeamten 320 (mustaufī) und andere Beamte. So weit man es belegen kann, entstammten die Oberbefehlshaber ausschließlich einheimischen Geschlechtern. Farhād Ḫān be317 Schah ‘Abbās befahl ‘Alī Ḫān die Ermordung von Šāh Malik Sulṭān. 318 Abū Sa‘īd Mīr Fūmanī war Šāh Malik Sulṭāns Bruder. Er hatte gegenüber ‘Alī Ḫān den Gehorsam verweigert und war in Ardabīl inhaftiert gewesen. Aufgrund seiner Ortskenntnisse wurde er freigelassen und zu ‘Alī Ḫāns Gefangenen geschickt. Nach ‘Alī Ḫāns Gefangennahme wurde er zum Oberbefehlshaber von Fūman ernannt und bekleidete dieses Amt 50 Jahre lang, bis er an einer Krankheit starb. Das Tārīḫ-i Gīlān widmet seiner wechselvollen Lebensgeschichte ein ganzes Kapitel(Episode 3). 319 ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī schreibt, dass die Hinrichtung nach 18 Tagen und zwei Monaten stattfand (TG, 249-250). Diese Berechnung kann aber nicht stimmen, da der Zeitabstand zwischen ‘Alī Ḫāns Gefangennahme (am 8. Ǧumādā II. 1002/28. Februar 1594) und seiner Hinrichtung (am 20. Ša‘bān 1003/29. April 1595) mehr als ein Jahr beträgt. 320 Obwohl es keine genaue Angabe über die Ernennung gibt, lässt sich aus den Beschreibungen der Aufstände in Ost-Gīlān vermuten, dass in Ost-Gīlān ein ähnliches Verfahren befolgt wurde.

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gleitete die Neuernannten auf der Reise nach Qazwīn, nachdem er ein Schreiben (raqam) bezüglich der Ernennungen der Oberbefehlshaber und Beamten von West-Gīlān und ihrer Gehälter angefertigt und dem Hof zugeschickt hatte (TG, 157-158). Während ‘Alī Ḫāns Aufstand erhoben sich der Herrscher von Āstārā, Amīr 321 Ḥamza Ḫān (TG, 140-141), und die Brüder und Söhne von Amīr Siyāwuš, dem 322 Herrscher von Gaskar (TG, 155-156; AN, 128; TA, 119). Amīr Ḥamza Ḫān wurde samt seiner Familie nach Šīrwān deportiert. Amīr Siyāwuš bezahlte den Aufstand der Familie mit seinem Leben. Jedoch verhinderte Farhād Ḫān die Hinrichtung seiner Söhne und Brüder und ließ sie in die Festung von Alamūt bringen (TG, 159). Obwohl die beiden Provinzen nach Unterdrückung der Aufstände Ẕū al-Faqār Ḫān Qarāmānlū anvertraut wurden, ermöglichte das Überleben der Famili323 enmitglieder der einheimischen Fürsten ihre spätere Rückkehr in ihre Heimat. Parallel zu den Aufständen in West-Gīlān brachen im ehemaligen Territorium der Kiyāyān zwischen 1002/1594 und 1003/1595 zwei Aufstände gegen die safawidische Herrschaft aus, die von den aus Qazwīn zurückgekehrten Oberbefehlshabern geführt wurden. Beim Aufstand in Lāhīǧān unter Führung Sulṭān Abū Sa‘īd Čapaks wurden die Stadthauptleute (dārūġagān) von Lāhīǧān und Rānikūh vertrieben und der Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, Kiyā Farīdūn, getötet 324 (am 22. Rabī‘ II. 1002/14. Januar 1594). Schah ‘Abbās betrachtete Mīr Sulṭān ‘Abbās Čapak, den ehemaligen Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, als den Schuldigen für den Aufstand der Mächtigen (akābir) und Einwohner (mardum) von 325 Lāhīǧān. Sulṭān Abū Sa‘īd Čapak, der inzwischen bei Malik Ǧahāngīr b. Sulṭān Muḥammad, dem Herrscher von Kuǧūr, Zuflucht gesucht hatte, wurde von Malik 321 Amīr Ḥamza Ḫān erhob sich gegen Farhād Ḫān und verschanzte sich auf der Burg Šīndān. Nach neun Monaten schickte er dem Schah ein Schreiben, in dem er ihm den Grund für seinen Aufstand und seine Bereitschaft zur Kapitulation mitteilte. Er ging mit der Familie nach Šīrwān. 322 Die Söhne von Amīr Siyāwuš hießen Yūsuf und Muḥammad, der Bruder Muẓaffar Ḫān (bzw. Amīr Muẓaffar). Seine Frau war Ḥamza Ḫāns Schwester. 323 Die Herrschaft (ḥukūmat) von Gaskar wurde Ẕū al-Fażl Ḫān anvertraut. Das Amt des Oberbefehlshabers (sipahsālārī) und die dazugehörigen Funktionen wurden Mīrzā Ṭāliš übergeben. Später wurde sein Sohn nach Āstārā zurückversetzt (siehe Liste unten). 324 Die Čapaks waren ein Sipahsālār-Geschlecht aus Laštanisā. ‘Alā Ḥusām al-Dīn Čapak war 911/1505-6 zum Oberbefehlshaber von Laštanisā ernannt worden (TH, 255). Mīr ‘Abbās Sulṭān Čapak war bis zur Wiedereinsetzung von Kiyā Farīdūn in dieses Amt durch Schah ‘Abbās 1000/1592 der Oberbefehlshaber von Lāhīǧān gewesen (TG, 86), (TG, 134). Es soll Auseinandersetzungen zwischen Ḫān Aḥmad Ḫān und Kiyā Farīdūn bzw. zwischen Mīr ‘Abbās Sulṭān und Kiyā Farīdūn gegeben haben. Von Sulṭān Abū Sa‘īd Čapak selbst und seiner Beziehung zu Mīr ‘Abbās Sulṭān ist nichts weiter bekannt. Siehe 6-2 über die Čapaks. 325 Schah ‘Abbās ließ Malik Ǧahāngīr, der sich in Qazwīn aufhielt, Mīr Sulṭān ‘Abbās und einen anderen Mächtigen namens Ḫwāǧa Sulṭān Maḥmūd Langrūdī töten. Ḫwāǧa Sulṭān Maḥmūd Langrūdī war ein Bruder von Ḫwāǧa Ḥusām al-Dīn Langrūdī, des ehemaligen Wesirs von Ḫān Aḥmad Ḫān. Nach dem Attentat kehrte Malik Ǧahāngīr nach Kuǧūr zurück (TG, 166, 242). Siehe auch 4-4-2.

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gefangengenommen und getötet (am 2. Muḥarram 1003/16. September 1594) (TG, 163-167, 241-242; TA, 131). Am nächsten Morgen schickte der Schah den Führer der Leibgarde (qūrčībāšī) in Begleitung von Ortskundigen – darunter waren der Herrscher von Kūhdum, Amīr Ḥusain Ḫān, und der Herrscher von Tunikābun, Šaraf Ḫān Rūdakī, zur 326 Bekämpfung des Aufstandes nach Dailamistān. Als ein Monat erfolglos vergangen war, ordnete der Kommandant an, die Bevölkerung (‘āmma) zu töten (Raǧab 1003/März-April 1595). Allmählich wurde es eng für die Rebellen und die Führer des Aufstandes; Ṭāliš Kūlī und Kiyā Ǧalāl al-Dīn wurden samt anderen Komman327 danten (sadrārān) getötet. Die Führer des Aufstandes in Dailamistān, Ṭāliš Kūlī, Kiyā Ǧalāl al-Dīn und Mīr Sulṭān ‘Abbās Čapak, hatten unter der Regierung von Ḫān Aḥmad Ḫān das Amt der Oberbefehlshaber bekleidet und in der letzten Schlacht gegen die Safawiden die Armee der Kiyāyān geführt (TG, 132-133). Obwohl den meisten Oberbefehlshabern und Kommandanten vom Schah ihr Leben und der Verbleib in ihren gegenwärtigen Posten zugesichert worden waren, konnten die Oberbefehlshaber der Kiyāyān, die gegen die Safawiden kämpften, nicht mit einer vergleichbaren Behandlung wie die Würdenträger in West-Gīlān rechnen. Ihre daraus folgende Verbitterung war ein wichtiges Motiv für ihren Aufstand gewesen. Die übrigen Einwohner der Provinz waren ebenfalls nicht mit der Verwaltung der Safawiden einverstanden. So rebellierten kurz darauf im selben Jahr auch die Einwohner von Laštanisā, geführt von den Kommandanten (sardārān) der Čapaks 328 und der Aždars (TG, 169-171; TA, 140). Nach der Niederschlagung der Aufstände wurden 1004/1595-6 Dailam zusammen mit Ḫugām dem Ni‘amat Allāh Ṣūfī und Tunikābun Ḥaidar Sulṭān Qawīn Ḥiṣārlū als Lehen (tuyūl) anvertraut. In Lāhīǧān wurde Darwīš Muḥammad Ḫān 326 Der Herrscher von Tunikābun Šaraf Ḫān, war derjenige, der 974/1566 Ḫān Aḥmad Ḫān auf der Flucht vor den Safawiden gefangen nahm (TG, 46). Seine Vorfahren sind nicht zu ermitteln, obwohl zu vermuten ist, dass er aus dem Zweig der Kiyāyān in Tunikābun stammte. Der vermeintlich letzte Herrscher der Hādī Kiyās Linie hieß Mīr Ḥusain b. Yahyā b. Muḥammad b. Yahyā b. Hādī, dessen Ermordung der Großwesir Sadīd Šaftī 912/1506-7 befahl (TH, 299). 327 Ṭāliš Kūlī war der Oberbefehlshaber von Dailam (TG, 107) und Kiyā Ǧalāl al-Dīn war sein Nachfolger (TG, 133). 328 Bei einem Aufstand der Bevölkerung (ahālī) von Laštanisā wiegelten ein gewisser Kār Kiyā ‘Alī Ḥamza und die Oberhäupter (ru’asā) der Čapaks und der Aždars die Einwohner auf, töteten den Gemeindevorsteher (kalāntar) und erklärten sich unabhängig. Der Aufstand wurde mit Unterstützung aus West-Gīlān niedergeschlagen. Der zuständige Herrscher von Lāhīǧān, Darwīš Muḥammad Ḫān Urūmlū, weilte zu dieser Zeit zu einem Krankenbesuch bei Ḥaidar Sulṭān Qawīn Ḥiṣārlū, dem Herrscher von Tunikābun, und war nicht in Lāhīǧān anwesend. Trotz des kaiserlichen Befehls, die Bevölkerung (‘āmma) niederzumachen, gewährte er den Einwohnern (mardum) von Laštanisā einen dreitägigen Aufschub, weshalb er entlassen und durch Uġūrlū Sulṭān Čagīnī ersetzt wurde (TG, 169-171). Obwohl das Massaker auf den 19. Rabī‘ II. 1003/31. Dezember 1594 datiert ist, sollte es nach der Reihenfolge ein Ereignis des Jahres 1005/1596 sein.

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Urūmlū eingesetzt, zu dem neuen Herrscher von Sumām bestimmte man Mīr Farruḫ Šukūrī, der neue Herr von Laštanisā wurde Āqā Ḥusain Rustamdār (TG, 167). Im Zeitraum zwischen 1002/1594 und 1005/1596-7, der als Übergangsperiode zu betrachten ist, waren die Namen von Qizilbāš-Amiren als Herrscher – teilweise als Statthalter, teilweise als Lehensträger – verzeichnet. Diese beiden Ämter blieben im neuen Verwaltungssystem erhalten. Während die an der Peripherie liegenden Provinzen, wie Āstārā, Gaskar, Kūhdum und Dailamān, im Prinzip als Lehen weiter von den Qizilbāš-Amiren bzw. von den einheimischen Fürsten betrieben wurden, wurden die im Zentrum liegenden Provinzen, nämlich beide Gīlānāt, 1006/1597-8 zum Kronland (ḫāṣṣa) bestimmt und der strengen Verwaltung des Provinzwesirs übergeben.

Safawidische Herrscher von Gīlān nach der Annektierung 1000

1000 1000

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Ost-Gīlān: Farhād Ḫān Qarāmānlū ? Mahdī Qulī Ḫān Šāmlū (amīr al-umarā)(tuyūl-Besitzer)? 329 (TAA, 451; AN, 116) West-Gīlān (ḥākim): ‘Alī Ḫān (‘Alī Bīk Sulṭān) (TG, 136; TAA, 451) 330 West-Gīlān (dārūġagī): Muṣṭafī Sulṭān Qāǧār (TG, 137) Oberbefehlshaber: (Kār Kiyā) Šāh Malik Sulṭān 331 Oberbefehlshaber OG/ Lāhīǧān: Kiyā Farīdūn (TG, 133; TAA, 451) 332 Wesir OG: Ḫwāǧa Maṣīḥ (TG, 148; TAA, 451) Laštanisā: Amīr ‘Abbās (TAA, 451) Dailamān: Kiyā Ǧalāl al-Dīn Muḥammad (TAA, 451) Rānikūh: Walī Sulṭān Ṣūfī (TAA, 451) 333 West-Gīlān (ḥukūmat): ‘Alī Ḫān (Wiederernennung) (TAA, 462; TG, 139) 334 Āstārā (dārā’ī): Ẕū al-Faqār Ḫān (Ḥākim von Ardabīl) (TG, 141)

329 Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge wurde dem Ex-Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, Kiyā Farīdūn, unmittelbar nach der Beseitigung von Ḫān Aḥmad Ḫān die Herrschaft über Lāhīǧān und ganz Ost-Gīlān (dārā’ī-i Lāhīǧān wa kull-i bia-pīš) anvertraut (TA, 115). 330 Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge hieß der Stadthauptmann von West-Gīlān Qarā Bīk Qāǧār. Zum Kalāntar wurde Šāh Malik (Fūmanī) ernannt (TA, 118). Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge amtierten beim Aufstand von Kār Kiyā Šāh Malik in West-Gīlān zwei Dārūġas. Der Dārūġa von Fūman (der Name ist nicht genannt) wurde getötet. Der Dārūġa von Rašt (der Name ist ebenfalls nicht genannt) floh (TAA, 461). 331 Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge wurden Ṭāliš Kulī zum Oberbefehlshaber von Lāhīǧān und Kiyā Farīdūn zum Vorsteher (rīš-i sifīd) von ganz Gīlān ernannt. 332 Dass in Ost-Gīlān kein Dārūġa aufgestellt wurde, könnte bedeuten, dass die Provinz damals als Residenz Farhād Ḫāns betrachtet wurde. 333 Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge wurde ‘Alī Ḫān erneut zum Herrscher von OstGīlān und zum höchsten Oberbefehlshaber (Amīr al-umarā) ernannt. Vom Kontext her dürfte dabei eher West-Gīlān gemeint sein. 334 Der ehemalige Herrscher von Āstārā, Amīr Ḥamza Ḫān, ging nach seinem Aufstand mit seiner Familie nach Šīrwān. Er wurde an seinem Zufluchtsort von seinen ehemaligen Untertanen getötet. Nach zwei Jahren gab Schah ‘Abbās dem Wunsch seiner Ehefrau statt, gestattete die Rückkehr der Familie und vertraute seinem ältesten Sohn Pāyandur Ḫān die Herrschaft über Āstārā an. Dieser regierte 18 Jahre lang. Ihm folgte sein Bruder Sārū Ḫān

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(Nachforschung zur Steuerreform / Aufstände der Einwohner) 335 Gaskar (ḥukūmat): Ẕū al-Faqār Ḫān (TG, 156) Oberbefehlshaber: Mīrzā Ṭāliš Fūman (dārūġagī): Ǧahāngīr Bīk Qarāmānlū (TG, 157) Oberbefehlshaber: Abū Sa‘īd Mīr 336 Lāhīǧān (dārūġa): Aḥmad Bīk Bīkdilī (TAA, 459; TA, 119) Laštanisā (dārūġa): ? Rānikūh (dārūġa): ? (TG, 163) Rašt (dārūġa): ? 337 Fūman (dārūġa): ? (AN, 119) 338 Gīlān (ḥākim): Farhād Ḫān Qarāmānlū (TAA, 491) 339 Tunikābun (ḥākim): Šaraf Ḫān Rūdakī (TG, 165; AN, 74) (Aufstand der Oberbefehlshaber) Lāhīǧān (ḥākim): Darwīš Muḥammad Ḫān Rūmlū 340 (TG, 167; TAA, 500; AN, 129) Rašt (ḥākim): Ḫusrau Čahār-yārī Fūman (ḥākim): Uġūrlū Sulṭān Čagīnī (Čīnī) (TG, 170; AN, 132) Kūčisfān (ḥākim): ‘Alī Sulṭān Čapalū (TG, 170) 341 Oberbefehlshaber: Ḥāǧī ‘Alī Ḫān (Aufstand der Einwohner von Laštanisā unter Amīr Ḥamza Čapak) Lāhīǧān + Laštanisā (dārā’ī wa ḥukūmat): Uġūrlū Sulṭān Čagīnī 342 (TG, 171; TAA, 514-515; AN, 133)

nach (TG, 239-240). Auf alle Fälle sollte ihnen nur ein Teil ihres früheren Territoriums zurückgegeben worden sein, da ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī zufolge gegen 1014/1605-6 das Lehen von Ẕū al-Faqār Ḫān abgezogen und zum Kronland bestimmt wurde (TG, 181). Ẕū al-Faqār Ḫān war Herrscher (ḥākim) von Ardabīl gewesen (vgl. TG, 153). Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge wurde sein Vorgänger, Mahdī Qulī Ḫān Šāmlū, aufgrund von Beschwerden aus der Bevölkerung (ra‘āyā) entlassen. Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge hieß er Aḥmad Bīk Šāmlū und wurde beim Aufstand in Lāhīǧān nicht getötet, sondern floh nach Dailam. Die vier Dārūġa waren bei dem von Sulṭān Abū Sa’īd Čapak geführten Aufstand der Oberbefehlshaber im Amt. Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge wurden die Dārūġas von Laštanisā und Rānikūh, dem ‘Abbās-nāma zufolge die Dārūġas von Rašt und Fūman von den Rebellen vertrieben. Am Anfang der Beschreibung des Jahres 1003/1594-5/yūnt-yīl im Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī wurde er erstmals als Herrscher von Gīlān bezeichnet. Ṧaraf Ḫān wurde zur Bekämpfung des Aufstandes der Oberbefehlshaber nach Ost-Gīlān geschickt. Farhād Ḫān Qarāmānlū wurde Šīrāz anvertraut. Die Ernennung des Oberbefehlshabers von Kūčisfān, Ḥāǧī ‘Alī Ḫāns, fand 1002/1594 statt. Zur gleichen Zeit waren die Oberbefehlshaber von Fūman, Šaft (Mīr Ḥātim) und Tūlam (‘Alī Ḫān Tūlamī) ernannt worden. Ein Datum für den Amtsantritt der drei Qizilbāš-Herrscher wird nicht genannt. Uġūrlū Sulṭān Čagīnī ist 1020/1612 noch als Herrscher (ḥākim) von Laštanisā erwähnt (TG, 206). Dem ‘Abbās-nāma zufolge wurde die Herrschaft von Ost-Gīlān nach dem Aufstand der Einwohner von Laštanisā Farhād Ḫān Qarāmānlū anvertraut. Spätestens bis 1012/1603-4 wurde Lāhīǧān (Ost-Gīlān) ebenfalls zum Kronland bestimmt (siehe 4-4-3).

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West-Gīlān: Farhād Ḫān Qarāmānlū (TAA, 515) Dailamān & Ḫargām + Rānikūh (später) (tuyūl–Besitzer, ḥākim): 343 Ni‘amat Allāh Ṣūfī Tunikābun (tuyūl-Besitzer & ḥākim): Ḥaidar Sulṭān Qawīn Ḥiṣārlū Sumām (mit sipasālārī): Mīr Farruḫ Šukūrī (TG, 167)

4-4-2 Die Annektierung von Māzandarān und Rustamdār In Māzandarān und Rustamdār wurde die Lage nach dem Tode von Malik Sulṭān Muḥammad, dem Herrschers von Kuǧūr (998/1590), wieder chaotisch. In Māzandarān hatte man Mīrzā Ḫāns minderjährigen Sohn Mīr Sulṭān Murād II. eingesetzt, den Alwand Dīw mit seiner eigenen Tochter verheiratet hatte und in sei344 nem Haus aufwachsen ließ. Die Einwohner von West-Māzandarān riefen später Mīr Sulṭān Murād II. zu sich, um Alwand Dīw einen Konkurrenten gegenüberzustellen. Einige Machthaber aus Ost-Māzandarān schlossen sich ihnen an (TMM, 316-317). Obwohl Schah ‘Abbās die Fürsten der Küstenprovinzen (dār al-marz) wegen ihrer nachlässigen Steuerzahlung (māl bi ḫazāna-i ‘āmira na-rasānīda būdand) kritisiert haben soll, und trotz der labilen Lage in Māzandarān zog er es vor, die alten Fürsten vor Ort zu erhalten. Den Safawiden ging es um sichere Steuereinnahmen aus den Provinzen, weshalb sie unter den regionalen Fürsten noch geeignete Stellvertreter suchten. Als der Schah auf dem Weg zu seinem Feldzug nach Ḫurāsān in Damāwand Station machte, sammelten sich die Fürsten von Māzandarān und Rustamdār, um dem Schah Gehorsam zu leisten. Farhād Ḫān Qarāmānlū stand dabei mitun345 ter den regionalen Fürsten als Vermittler zur Seite. Nach dem erfolgreichen Feldzug gegen die Uzbeken gab der Schah einen Erlass aus, der Mīr Sulṭān Murād 343 Ni‘mat Allāh Ṣūfī war 1012/1612 noch im Amt (TG, 205). Wann Rānikūh seinem Herrschaftsgebiet hinzugefügt worden war, ist nicht bekannt. Ende 1038/Sommer-Herbst 1629 wurde der damalige Herrscher (ḥākim) von Dailamān, Bahrām Qulī Sulṭān Ṣūfī, wegen der illegalen Beschlagnahme von im Besitz europäischer und russischer Kaufleute befindlicher Waren sowie der Ausplünderung von Rānikūh angeklagt. Er wurde entlassen und die Herrschaft von Dailamān und Rānikūh (salṭanat wa ḥukūmat) wurde seinem Haus (den Ṣūfīyān) entzogen. Zum Nachfolger wurde Ādam Sulṭān Garǧī ernannt (TG, 284-285). Siehe auch 4-5. 344 Als Mīr Sulṭān Murād II. am 30. Muḥarram 1003/14. Oktober 1594 starb, war er zwanzig Jahre alt (TMM, 335). 345 Malik Ǧahāngīr b. Sulṭān Muḥammad von Kuǧūr und Malik Ǧahāngīr b. ‘Azīz von Nūr statteten dem Schah einen Besuch ab und begleiteten ihn nach Ḫurāsān. Malik Bahman von Lāriǧān scheute aus Furcht vor dem Schah vor einem Besuch zurück. Nachdem sein Territorium zerstört worden war, besuchte Malik Bahman mit seinem Sohn Malik Šāh Ḫusrau den Schah, um sich zu entschuldigen und nahm am Feldzug teil. Alwand Dīw, dem die Situation bewusst wurde, kam dem kaiserlichen Befehl nach, seinen Sohn Ḫwāǧa Ǧamāl alDīn mit 300 Musketieren, zwölf Reitern und 1000 tūmān zu entsenden und sandte dazu auch noch seinen ältesten Sohn Arǧang mit 300 tūmān hinterher. Farhād Ḫān vermittelte zwischen Malik Bahman bzw. Alwand Dīw und dem Schah.

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II. die Herrschaft von Māzandarān übertrug, unter der Bedingung, dass nach Alwand Dīws Entlassung Mīr Sulṭān Murād II. innerhalb der nächsten zwei Jahre an den safawidischen Hof 12.000 tūmān als Steuer (māl wa ḫarāǧ) und danach nach altem Brauch jedes Jahr 2400 tabrīzī tūmān ablieferte. Zusätzlich wurden ihm einer der mächtigen Würdenträger von Ost-Māzandarān, Sayyid Muẓaffar Murtażā, als Vorsteher (rīš-i sifīd) und Gemeindevorsteher (kalāntar), und ein Würdenträger von West-Māzandarān, Yūsuf Ra’īs, als Regent (wakīl) zur Seite gestellt (TMM, 316-320). Alwand Dīw Sawādkūhī, der einerseits Sayyid Muẓaffar Murtażā ein Friedensabkommen anbot, demzufolge er Mīr Sulṭān Murād II. Oberherrschaft anerkennen und mit diesem zusammenarbeiten wollte, schickte zusätzlich seinen ältesten Sohn Arǧang mit 300 tūmān an den safawidischen Hof und erhielt vom Schah die Zusage, dass sein erbliches Territorium seinem Sohn anvertraut werden sollte, sobald Māzandarān erobert würde. Dabei soll Alwand Dīw dem Schah einen höheren Betrag als Steuerzahlung garantiert haben (vgl. TMM, 330). Als Sayyid Muẓaffar Murtażā dies erfuhr, verliess er Mīr Sulṭān Murād II. Die Würdenträger von West-Māzandarān schlossen sich Mīr Sulṭān Murād II. an, zogen mit ihm nach Westen und eroberten die Festung von Māhāna-sar, die Malik Bahman in Besitz hatte. Anschliessend wandte sich Mīr Sulṭān Murāds Armee nach Osten, um Sārī zu erobern. Auf die Nachricht hin, dass Sayyid Muẓaffar Murtażā sich wieder Mīr Sulṭān Murād II. angeschlossen hatte, suchte Alwand Dīw Unterstützung bei Malik Bahman von Lāriǧān. Der Malik ließ Sayyid Muẓaffar Murtażā eine Warnung zukommen: Wenn Alwand Dīw durch die Unterstützung eines Sayyids der längst verfallen Mar‘ašīyān vertrieben würde, würde das Gleichgewicht der Mächte zerstört. Sayyid Muẓaffar Murtażā entgegnete, dass die Steuerzahler von Māzandarān (ra‘āyā-i Māzandarān) die Überschreitung des festgesetz346 ten Betrags von 23.000 tūmān nicht akzeptieren würden (TMM, 321-331). Nachdem 1003/1594 die Verhandlung zwischen den beiden Parteien abgebrochen war, starb Mīr Sulṭān Murād II. an einer Krankheit (30. Muḥarram 1003/ 14. Oktober 1594). Einer der von Alwand Dīw und den Mulūk-i Rustamdār in die Enge getriebenen Würdenträger von West-Māzandarān, Ǧalāl al-Dīn Ra’īs, ging zu Farhād Ḫān Qarāmānlū über, der von Schah ‘Abbās zur Eroberung von Ḫurāsān und der Rückgewinnung von Māzandarān ausgeschickt worden war, und überredete ihn zur Eroberung der Provinz (TMM, 341; TA, 143). Die Eroberung von Māzandarān wurde – anders als die von Gīlān – ohne Unterstützung durch die einheimischen Fürsten der benachbarten Provinzen durchgeführt und verlief nur schrittweise. Die safawidische Armee, die auf dem Marsch vom starken Regen überrascht wurde, ging über Sārī zuerst nach Āmul 346 Die Herkunft dieses Betrags ist nicht klar, da bei der Übergabe der Herrschaft von Māzandarān eine zusätzliche Zahlung von 12.000 tūmān in zwei Jahren und eine jährliche Zahlung von 2400 tabrīzī tūmān verabredet war. Auf alle Fälle ist hier zu vermuten, dass Alwand Dīw dem Schah einen wesentlich höheren Betrag versprochen hatte.

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und belagerte die dortige Festung, die sich im Besitz von Malik Bahman befand. Die Safawiden hatten es einem Würdenträger des Westens namens Sayyid ‘Alī Rikāǧ zu verdanken, dass die an der Belagerung beteiligten Einwohner von Māzandarān zusammenhielten und nach drei Monaten die Burg einnahmen (TMM, 341-344). Als Farhād Ḫān sich nach Sārī wandte, zog sich Alwand Dīw nach Sawādkūh zurück. Schah ‘Abbās besuchte auf dem Weg nach Ḫurāsān Sārī und vergnügte sich auf der Jagd. Danach ging Farhād Ḫān in Begleitung des Schahs nach Ḫurāsān und hinterließ seinen Bruder als Stellvertreter in Sārī. Dem Bruder gelang es jedoch nicht, dort die Ordnung aufrecht zu erhalten: Ein gewisser Āqā 347 (Būdāq) Bunah-dār besiegte ihn. Erst mit Farhād Ḫāns zweitem Feldzug wurde die Einverleibung von Māzandarān und Rustamdār ins safawidische Reich end348 gültig (TMM, 345-347, 354; TA, 190; TAA, 542-543, 534-537). Die Safawiden legitimierten die Annektierung des erblichen Territoriums der Mar‘ašīyān mit großer Behutsamkeit. Die Hofchronik Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī erklärt, dass in Māzandarān damals kein geeigneter männlicher Nachfolger aus der Familie existierte, der über das Land hätte herrschen können, weshalb Schah ‘Abbās die Provinz, die das legale Erbgut der Nachkommen ‘Abd Allāh Ḫāns, seines Großvaters mütterlicherseits war, unter seine Kontrolle brachte (TAA, 518519). Nach der Eroberung von Māzandarān wurden, auf Ǧalāl al-Dīn Ra’īs’ Rat hin, die Waffen der Einwohner beschlagnahmt, um diese gefügig zu machen (TMM, 347; TM, 100). Dann wurde in der Provinz – anders als in Gīlān – der einheimische Ǧalāl al-Dīn Ra’īs zum Stadthauptmann von West-Māzandarān (dārūġagī-yi 349 ṭaraf-i tālār-i ġarbī) ernannt, während Āqā Muḥammad Alǧarī, der zuvor Farhād Ḫān Qarāmānlūs Finanzbeamter (mustaufī) für die Steuereinnahme (żabṭ-i amwāli dīwānī) gewesen war, zum Wesir erhoben wurde (TMM, 348). Diese Regelung war jedoch nur von kurzer Dauer, da Ǧalāl al-Dīn Ra’īs sich gegen die Safawiden erhob, als Schah ‘Abbās kurz vor seinem Feldzug gegen die Uzbeken erkrankte und das Gerücht über seinen Tod umging. Nach seiner Gefangennahme wurde er nach Šīrāz gebracht und drei Jahre später im Gefängnis hingerichtet (TM, 350352). Danach wurde Māzandarān schließlich in ein Kronland (ḫāṣṣa) umgewandelt. Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge wurde die Provinz nach zwei Jahren zur Verwaltung dem Provinzwesir von Gīlān übergeben (TM, 100). Māzandarān wurde im Laufe der Zeit eine für die Safawiden sowohl politisch als auch wirtschaftlich wichtige Provinz und wurde enger mit der zentralen Verwaltung verbunden. 347 Die Bunah-dārs gehörten den Würdenträgern von Bārfurūš-dih (West-Māzandarān) (vgl. TM, 102). 348 Alwand Dīw wurde gefangen genommen und deportiert. 349 Ǧalāl al-Dīn Ra’īs’ Ernennung war ohne Zweifel die Belohnung für seine Verdienste um die Eroberung der Provinz. Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge wurde er zum Kalāntar und zum Dārūġa wurde Šāh ‘Alī Sulṭān ernannt (TA, 191).

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1020/1611-2/tungūz-yīl (Schweinejahr) begann Schah ‘Abbās mit der Instandsetzung von Straßen und Brücken von Āstārā bis Māzandarān (TG, 202) und mit dem Aufbau eines neuen Winterquartiers (dār as-salṭana) in Faraḥābād am Ufer des Tiǧna-rūd, vier farsaḫ von Sārī gelegen (vgl. TAA, 850-851; TM, 361-362; AN, 180). Zuständig für dieses Unterfangen war der Provinzwesir Mīrzā Taqī Iṣfahānī, der spätere Großwesir Sārū Taqī. Per Erlass des Schahs (sawāhib wa a‘yān) wurden die Notabeln angewiesen, die Bevölkerung der Küstenprovinzen, inbesondere die von Māzandarān, für den Bau von Straßen heranzuziehen. Im folgenden Jahr, 1021/1612-3/sīčqān-yīl (Mausjahr) begann der Aufbau von Ašraf (ehemals Panǧ-hizār) (TAA, 855-856; AN, 181). Faraḥābād und Ašraf dienten spä350 ter den Safawidenherrschern als Winterresidenzen (dār as-salṭana). Schah ‘Abbās und seine Nachfolger verbrachten den Winter in Māzandarān, vergnügten sich auf der Jagd in den Küstenprovinzen und empfingen ausländische Abgesandten in Audienzen. 1031/1621-2/īt-yīl (Hundejahr) wurde die Hauptstraße über Sawādkūh, die der kaiserliche Hof für seinen saisonalen Umzug benutzte, erweitert. Derartige Bauarbeiten wurde allerdings nicht nur überall in Māzandarān, sondern auch im ganzen übrigen Hoheitsgebiet ausgeführt (TAA, 989991). 1028/1619 machte Schah ‘Abbās den Seidenhandel zum königlichen Monopol (Matthee, 102; Melville (2003), 79).

Die Provinzwesire in Māzandarān 1004 Farhād Ḫān Qarāmānlū als Herrscher (ḥākim wa farmān-farmā) (TA, 149) 351 1006 Āqā Muḥammad Alǧarī (– 1008) (TMM, 348; TM, 100; TA, 191) 352 Dārūġa: Ǧalāl al-Dīn Ra’īs (kalāntar?) oder Šāh ‘Alī Sulṭān 353 1008 Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī 354 1014 Mīr Abū al-Qāsim Ḫurāsānī (stellvertretend) (TG, 181) 1016 Ḫwāǧa ‘Alī Sabzawārī 355 Dārūġa von Āmul: anonym (TA, 332-3) 350 Vergleiche hierzu Melville (1993). 351 Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge hieß er Āqā Muḥammad Alǧarī. Nach Angaben des Tārīḫ-i Māzandarān hieß er Abtarī und war Farhād Ḫāns mustaufī. Er stammte wahrscheinlich aus einer Würdenträger-Familie des Ostens von Māzandarān, Abtar. Siehe 5-3. 352 Šāh ‘Alī Sulṭān war ġulām-i ḫāṣṣa und stand im Dienst von Farhād Ḫān (TA, 170). Er war in Āmul ansässig und wurde 1008/1599-1600 von den eingedrungenen Usbeken vertrieben (TA, 193). 353 Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī war der Provinzwesir von Gīlān. Māzandarān wurde in sein Zuständigkeitsgebiet integriert. Er setzte in jeder Region einen stellvertretenden Wesir ein. Siehe auch 4-4-3 und 6-1-1. 354 1014/1605-6 wurde Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī zum Provinzwesir von Ḫurāsān ernannt. Aus diesem Grund setzte er in Māzandarān und in Qazwīn (Aṣlān Bīk) Stellvertreter ein (vgl. AN, 165). 355 Kurz nach der Ernennung von Ḫwāǧa ‘Alī Sabzawārī wurde der Stadthauptmann von Āmul entlassen.

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1025 1044 1071 1108

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Mīrzā Taqī Iṣfahānī (TAA, 1085) 357 Muḥammad Ṣāliḥ Bīk (RSG, 173; AN, 333) Mīrzā Mas‘ūd (+ Fārs und später Hizār-ǧarīb) (AN, 741) Muḥammad Yār Bīk (Schimkoreit, 348-9 (Nr. 381))

Naurūz in der Regierungszeit von Schah ‘Abbās hiǧrī/gregor./Tierzyklus 996/1587-8/Schweinejahr 996/1588/Mausjahr 997/1589/Rindjahr 998/1590/Leopardenjahr 999/1591/Hasenjahr 1000/1592/Krokodilsjahr 1001/1593/Schlangenjahr 1002/1594/Pferdejahr 1003/1595/Schafsjahr 1004/1596/Affenjahr 1005/1597/Hühnerjahr 1006/1598/Hundejahr 1007/1599/Schweinejahr 1008/1600/Mausjahr 1009/1601/Rinderjahr 1010/1602/Leopardenjahr 1011/1603/Hasenjahr 1012/1604/Krokodilsjahr 1013/1605/Schlangenjahr 1014/1606/Pferdejahr

Aufenthaltsort des Schah (Jahr der Thronbesteigung von Schah ‘Abbās) Qazwīn (Ḫulāṣat, 29) Dāmġān (Ḫulāṣat, 42; TAA, 405) Iṣfahān (Ḫulāṣat, 62-63) Qazwīn (Ḫulāṣat, 90; TAA, 439) 358 Qazwīn (Ḫulāṣat, 99-100) Qazwīn (TAA, 459) Jagt in Gīlān (TAA, 491) Qazwīn (TAA, 506) Qazwīn (TAA, 518) Qazwīn (TAA, 532) keine Beschreibung (TAA, 547) Iṣfahān (TAA, 589) Mašhad (TAA, 598) Iṣfahān (TAA, 609) keine Beschreibung (Mašhad) (TAA, 619) Iṣfahān (TAA, 634) Feldzug in Eriwan (TAA, 652) Tabrīz (TAA, 676) Qarābāġ (TAA, 713)

356 Mīrzā Taqī Iṣfahānī war der bekannteste und mächtigste Großwesir während der Regierung von Schah Ṣafī und Schah ‘Abbās II. Er war Wesir des Beglerbegs von Qarābāg, hatte dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge Schah ‘Abbās’ Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wurde 1025/1616-7 zum Provinzwesir von Māzandarān und Rustamdār ernannt. Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge hatte er das Amt des Provinzwesirs von Ost-Gīlān zwischen 1023/ 1614-5 und 1025/1616-7 inne, das heißt zwischen zwei Sonderrechnungsprüfungen in der Provinz. Sein Ernennungsjahr zum Provinzwesir von Māzandarān muss vor 1025/1616-7 angesetzt werden, da er für den Aufbau von Faraḥābād 1020-1/1611-2/tungūz-yīl als Provinzwesir der Provinz zuständig war (TAA, 850). Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge war der Provinzwesir von Gīlān, Bihzād Bīk, für die Instandsetzung von Straßen und Brücken von Āstārā bis Māzandarān verantwortlich (TG, 202). Nachdem in Gīlān der Aufstand von Ġarīb Šāh unterdrückt worden war, wurde Gīlān in sein Zuständigkeitsgebiet einbezogen (Siehe auch 4-4-3, 4-5-2 und 6-1-1). 357 Muḥammad Ṣāliḥ Bīk war Mīrzā Taqī Iṣfahānīs Bruder. Als Mīrzā Taqī Iṣfahānī zum Großwesir wurde, wurde Muḥammad Ṣāliḥ Bīk an seiner Stelle ins Amt des Provinzwesirs eingesetzt. Siehe auch Schlusswort. 358 Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge befand sich der Schah zum Jahreswechsel auf dem Feldzug gegen die Osmanen (TAA, 447).

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1015/1607/Schafsjahr 1016/1608/Affenjahr 1617/1609/Hühnerjahr 1618/1610/Hundejahr 1020/1611/Schweinejahr 1021/1612/Mausjahr 1022/1613/Rinderjahr 1023/1614/Leopardenjahr 1024/1615/Hasenjahr 1025/1616/Krokodilsjahr 1026/1617/Schlangenjahr 1027/1618/Pferdejahr 1028/1619/Schafsjahr 1029/1620/Affenjahr 1030/1621/Hühnerjahr 1031/1622/Hundejahr 1032/1623/Schweinejahr 1033/1624/Mausjahr 1034/1625/Rinderjahr 1035/1626/Leopardenjahr 1036/1627/Hasenjahr 1037/1628/Krokodilsjahr

Feldzug in Georgien (TAA, 737) Māzandarān (TAA, 763) Iṣfahān (TAA, 780) Jagd in Qarābāġ (TAA, 806) Iṣfahān (TAA, 829-830) Māzandarān (TAA, 853) Faraḥābād (TAA, 861) Feldzug in Georgien (TAA, 873) Māzandarān (TAA, 886) Feldzug in Georgien (aus Faraḥābād) (TAA, 897) Feldzug gegen die Osmanen (Dāniqī) (TAA, 920) Faraḥābād (TAA, 930) Ašraf (TAA, 944) Iṣfahān (TAA, 984) Māzandarān (TAA, 957) auf dem Weg nach Nīšāpūr (TAA, 969) Māzandarān (TAA, 992) Karbalā (TAA, 1011) Ašraf (TAA, 1023) Feldzug nach Baġdād (TAA, 1043) Māzandarān (TAA, 1059) Ašraf (TAA, 1072) 359

Die regionalen Fürsten erlitten unterschiedliche Schicksale. Unter den Nachfahren der Mar‘ašīyān betrachtete Schah ‘Abbās die Nachkommen von Mīr Sulṭān Murād Ḫān als die Nachkommen des Mörders seines Großvaters, ‘Abd Allāh Ḫān, weshalb diese aus Furcht vor seiner Rache nach Indien flohen (TMM, 349). Den Nachkommen von ‘Alī Ḫān II., die in Mašhad-Ganǧ-Afrūz ansässig waren, er360 laubte der Schah, weiterhin in Māzandarān ansässig zu bleiben. Ihre Grundstücke wurden weiter als Lehen (tuyūl) anerkannt (vgl. TM, 392). Diese Mar‘ašīyān, die die Sayyids von Mīr Buzurgī genannt wurden – unter ihnen war der Historiker Mīr Taimūr Mar‘ašī – genossen in der Regierungszeit von Schah Abbās als seine Verwandten eine Sonderbehandlung (TMM, 360). 1011/1602-3 kam es 359 Der mächtigste Würdenträger des Ostens, Sayyid Muẓaffar Murtażā, soll aus Furcht gestorben sein (TMM, 347). 360 Die Tochter von ‘Alī Ḫān I., Malik Nisā Begum, war mit ‘Abd Allāh Ḫān verheiratet und zugleich Ḫair al-Nisā Begums Mutter, das heißt Schah ‘Abbās’ Großmutter. Aus diesem Grund betrachtete Schah ‘Abbās die Nachkommen von ‘Alī Ḫān II. als seine Verwandten und schätzte sie höher als die anderen Mitglieder der Familie (vgl. TMM, 354-356). Nach dem Tod von Mīr ‘Alī Ḫān II. hielt sich sein Sohn Qawām al-Dīn verlassen am safawidischen Hof auf. Zur Zeit des Aufstandes von Ǧalāl al-Dīn Ra‘īs bot ihm Ġulām ‘Alī Bunahdār, ein Würdenträger aus Bārfurūš-dih, die Herrschaft über Māzandarān an, worauf Qawām al-Dīn dieser Einladung Folge leistete. Als er in Māzandarān eintraf, war der Aufstand bereits niedergeschlagen, weshalb er sich in Mašhad Gaǧ-afrūz niederließ (TMM, 354).

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unter den Mar‘ašīyān zu Streitigkeiten über ihren Grundbesitz. Šāh ‘Alī Sulṭān, der vom Schah nach Māzandarān entsandt worden war, nahm sie gefangen und 361 ließ sie blenden. Als Schah ‘Abbās hiervon erfuhr, enthob er Šāh ‘Alī Sulṭān seines Amtes und ließ ihn hinrichten (TMM, 354-359; TM, 100). Was die Sayyids von Hizār-ǧarīb betrifft, so wurden einige von ihnen getötet und andere gefangen genommen. Einmal gelang es Alwand Dīw, nach seiner Gefangennahme zu fliehen, allerdings stellte er sich einige Zeit darauf, wurde nach 362 Šīrāz deportiert und samt seinen Söhnen getötet. Malik Bahman von Lāriǧān, der den Schah auf dem Feldzug begleitet hatte, kehrte ohne Erlaubnis nach Lāriǧān zurück und zog den Zorn Schah ‘Abbās’ auf sich (1005/1596-7). Farhād Ḫān Qarāmānlū, in Begleitung von Ǧalāl al-Dīn Ra’īs, verfolgte Malik Bahman, der schließlich gefangen genommen und nach einer Weile hingerichtet wurde 363 (1006/1597-8) (TAA, 521-522; TMM, 346-347, 352; TA, 123-124, 153-155). Malik Ǧahāngīr von Kuǧūr ging zum Hof, als Māzandarān erobert wurde. Nachdem er dem Befehl von Schah ‘Abbās nachgekommen war und zwei Gīlāner Würdenträger, die für den Aufstand in Gīlān verantwortlich waren, getötet hatte, kehrte er 364 nach Rustamdār zurück und zog sich in die Burg von Kuǧūr zurück. Bei der Belagerung durch die Leibgarden versteckte er sich im Wald. Nach einer Weile wurde er gefangen genommen (dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge am 22. Ǧumādā I. 1004/ 22. Januar 1596) und samt seiner Familie nach Qazwīn gebracht, wo er später 365 hingerichtet wurde. Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge wurde die Herrschaft (dārā’ī) über Rustamdār seinem Schwiegervater Ibrāhīm Bīk anvertraut (TG, 241-244; 366 TAA, 535-537). Nur Malik Ǧahāngīr von Nūr unterwarf sich dem Schah freiwil361 Šāh ‘Alī Sulṭān war vom Schah zur Bekämpfung des Aufstandes von Ǧalāl al-Dīn Ra’īs nach Māzandarān zum Provinzwesir Āqā Muḥammad Alǧarī geschickt worden und wurde faktisch Ǧalāl al-Dīn Ra’īs’ Nachfolger (TMM, 351). Sein Rang ist nicht bekannt. Ein Mächtiger des Ortes namens ‘Abbās Bābulkānī gab die Mar‘ašīyān als potenzielle Gefahr für die Herrschaft an und wiegelte Šāh ‘Alī Sulṭān dazu auf. 362 Als der Schah auf dem Weg nach Sārī war, forderte er Alwand Dīw zum Senden von Proviant und zur Teilnahme am Feldzug auf. Alwand Dīw lieferte nur den Proviant ab. 363 Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge wurde er 1002/1593-4 getötet (TM, 88). 364 Beim Attentat soll er betrunken gewesen sein und die anschließende Teilnahme an der Ratsversammlung (maǧlis) sei ihm verwehrt worden, als er mit dem blutigen Schwert dort auftauchte. Sein Verhalten soll strenge Maßnahmen Schah ‘Abbās’ nach sich gezogen haben. 365 Dem Tārīḫ-i ‘Abbāsī zufolge beschwerten sich die Dorfvorsteher (kadḫudāyān) von Nūr bei Schah ‘Abbās über Malik Ǧahāngīr, weshalb der Schah Truppen schickte. Nach einer fünfmonatigen Belagerung wurde Malik Ǧahāngīr gefangen genommen und mit seinen Brüdern Malik Ašraf und Malik Kāwūs getötet (1006/1597-8) (TA, 161-162). Šaiḫ ‘Alī Gīlānī datiert die Kapitulation der Burg in dasselbe Jahr. Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge entsandte der Schah 1005/1596-7 Farhād Ḫān gegen Malik Ǧahāngīr. Zwei Mal scheiterte Farhād Ḫān bei der Eroberung der Festung, weshalb der Schah die Qizilbāš-Armee aus Gīlān als Verstärkung schicken musste (TM, 89). Hingerichtet wurde er 1006/1597-8 (TM, 100). ‘Abd alFattāḥ Fūmanī setzt für diese Eeignisse ebenfalls das Jahr 1006/1597-8 an. 366 Über Ibrāhīm Bīk ist nichts bekannt. Dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge wurde die Herrschaft von Kuǧūr dem Herrscher von Tunikābun, Ibn Ḥusain-Ḫān Fīrūzǧān, anver-

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lig und erhielt ein Gut bei Sāwa (1002/1593-4) (TAA, 534; TA, 161). Schah ‘Abbās ließ alle Festungen von Rustamdār zerstören und ernannte Farhād Ḫān Qarāmānlū zum Stadthauptmann (dārūġa) des Ortes (TA, 161). Es ist überliefert, dass sich zur Zeit des Einfalls der Uzbeken in Ḫurāsān Malik Ǧahāngīrs Söhne Āqā Ḥusain und Āqā Ḥaidar gegen die Safawiden erhoben und den damaligen Stadthauptmann von Kuǧūr, den Allāh Qulī Sulṭān Qūrčībāsī (der Führer der Leibgarde) bestellt hatte, töteten (1003/1594-5)(TA, 193).

4-4-3 Gīlān als Kronland Gīlān, neben Māzandarān eine der fruchtbarsten Provinzen des Reiches, wurde für die Safawiden ein wichtiges finanzielles Standbein, dessen effiziente Verwal367 tung von großer Bedeutung war. 1006/1597-8/sīčqān-yīl (Mausjahr) wurde Farhād Ḫān Qarāmānlū hingerichtet und beide Gīlānāt wurden von Lehen (tuyūl) in Kronland (ḫāṣṣa) verwandelt: Die Lehensträger (tuyūl-dārān) der Provinzen wurden entlassen und Farhād Ḫāns Wesir, Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī, 368 zum Provinzwesir beider Gīlānāt-Gebiete ernannt (TG, 171-172). In der Umgebung von Gīlān blieben Dailamān, Kūhdum, Laštanisā, Āstārā und Gaskar als Le369 hen in der Hand einheimischer bzw. Qizilbāš-Amire. Damit gerieten die Provinzen unter direkte Verwaltung der Safawiden. Die Provinzwesire kamen durch ihre Befugnisse zu Macht und Vermögen, sodass ihre Rivalen, die einheimischen Funktionäre, oder sogar der Schah selbst des Öfteren bestrebt sein mussten, sie zu entmachten. Das Ende der Autonomie der Provinzen bedeutete zugleich das Ende ihrer traditionellen Geschichtsschreibung. Das sich an der Familiengeschichte orientierende Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī und das lehrbuchartige Tārīḫ-i Māzandarān liefern nach der Annexion keine ausführlichen Angaben über die Lage in Māzandarān mehr. Außerdem war die Provinz in der späteren Regierungszeit von Schah ‘Abbās als Sommerquartier direkt mit der safawidischen Zentralmacht verbunden. traut, der nach der Wiedereroberung von Ḫurāsān zum Herrscher von Sarḫs ernannt wurde, weshalb Kuǧūr dem Leiter der Leibgarden (qūrčībāšī) anvertraut wurde (TAA, 537). Der damalige Herrscher von Tunikābun soll jedoch Ḥaidar Sulṭān Qawīn Ḥiṣārlū gewesen sein, der beim Aufstand von ‘Ādil Šāh noch im Amt war (ZTAA, 17; HB, 18; TG, 273; AN, 223). 367 In der safawidischen Zeit begann ein Finanzjahr nach dem sogenannten türkischen Kalender (sāl-i turkī) am Tag der Frühlingsnachtgleiche (naurūz) (Fragner (1999), 283). Seit der späteren Regierungszeit von Schah Ṭahmāsb begannen die safawidischen Chronisten am Hof, gemäß dem türkischen Kalender die Ereignisse zu ordnen. ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī folgte ebenfalls diesem Beispiel und führte das System für die chronologische Darstellung der Ereignisse nach der Annektierung der Provinz ein (Vgl. Goto (2008-1)). 1006/1597-8 soll aber ein Hundejahr oder ein Schweinsjahr gewesen sein. 368 Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī stammte aus einer geistlichen Familie (šaiḫ-zāda) aus Kadkan in der Umgebung von Nīšāpūr. Er erwarb seine Fähigkeiten als Sekretär in Mašhad und hatte Kāẓim Qulī-Ḫān Purnāk gedient. Nach dem Tod seines Dienstherrs trat er 1000/1591-2 in Dienst bei Farhād Ḫān, als dieser nach Nīšāpūr marschierte (TAA, 803). 369 Der einheimische Herrscher (wālī) von Kūhdum, Amīr Ḥusain Ḫān, wurde noch 1020/1612 in seiner Stellung genannt (TG, 206).

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Das in der benachbarten Provinz geschriebene Tārīḫ-i Gīlān dagegen berichtet in den letzten Kapiteln noch vom Überlebenskampf der Einwohner und dem Tauziehen zwischen ihnen, den Provinzwesiren und den Schahs. Nach der Annektierung von Gīlān blieb die traditionelle Aufteilung der Provinz in Verwaltungsbezirke zunächst bestehen. Der erste Provinzwesir Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī ernannte in jeder der beiden Hauptregionen von West-Gīlān einen ihm untergeordneten Wesir: Bihzād Bīk in Rašt und Aṣlān Bīk 370 in Fūman. Es gibt bis 1012/1603-4 keine Angaben über den Wesir von OstGīlān, wahrscheinlich weil Lāhīǧān als Hauptsitz des Provinzwesirs von Gīlān be371 trachtet wurde. Der Wesir von Rašt, Bihzād Bīk, wurde nach zwei Jahren ins Amt des Vertreters (nā’ib) bestellt. Zur gleichen Zeit soll Māzandarān unter die Verwaltung des Provinzwesirs von Gīlān gekommen sein.

Die Provinzwesire in Gīlān (v.a. TG, 171-172) 1006 (2 Jahre)

372

Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī (bis 1018) Rašt, Kūčisfān, Šaft, Tūlam, Māsūla, Pušt-kūh: Bihzād Bīk Fūman: Aṣlān Bīk (bis 1012) 373 1008 (14 Jahre) Bihzād Bīk als Stellvertreter (nā’ib) (bis 1020) (TG, 184) 374 1012 Fūman: Bihzād Bīk (TG, 177-8) 375 1012 Lāhīǧān (Bia-pīš): Mīrzā Mas‘ūd (1012–1014?) 376 Fūman-taṣaddī: Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī (TG, 180)

370 Ihre vorherigen Lebensläufe sind nicht bekannt. Bihzād Bīk war tāǧīk (TG, 210) und stammte dem Namen nach aus Astarābād (TAA, 803). 371 Als zum Beispiel 1012/1604 in Aṣlān Bīks fünftem Amtsjahr ein Aufstand gegen ihn ausbrach, war er nicht in Fūman anwesend, weil er Ḫwāǧa Muḥammad Šafī’s Sohn in Lāhīǧān einen Neujahrs-Besuch abstattete (TG, 174). 372 An dieser Stelle schreibt ‘Abd al-FattāḥFūmanī, dass Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ zwei Jahre lang das Amt des Wesirs beider Gīlān bekleidete. An einer anderen Stelle wird berichtet, dass er zwölf Jahre lang die Ministerämter von Gīlānāt, Māzandarān, Gaskar und Āstārā bekleidet hatte (TG, 188). Zusammengefasst bedeutet das, dass er die ersten zwei Jahre als Provinzwesir in Gīlān ansässig war und danach Bihzād Bīk als seinem Stellvertreter seine Befugnis übergab. 373 Die hier angegebene 14-jährige Amtszeit von Bihzād Bīk muss als seine gesamte Amtszeit (vom Jahr 1006 bis seiner Entlassung 1020) betrachtet werden. Nach Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘s Entlassung bekleidete er zwei Jahre lang das Amt des Provinzwesirs von Gīlānāt, Gaskar und Āstārā und residierte in Rašt (vgl. TG, 180). 374 Aṣlān Bīk wurde durch die Einwohner von Fūman angeklagt und aus diesem Grund entlassen. Jedoch wurde er 1014/1605-6 zum stellvertretenden Provinzwesir von Qazwīn (als Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘s Stellvertreter) ernannt. 375 Um 1012/1603-4 wurde Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ zum Provinzwesir von Qazwīn ernannt. Das war auch ein Grund dafür, dass die stellvertretenden Wesire eingesetzt wurden (siehe 6-1). Ob Mīrzā Mas‘ūd und Bihzād Bīk, dessen Zuständigkeitsgebiet West-Gīlān gewesen sein soll, einander gleichgestellt waren, ist nicht klar. Nach einer Weile (binnen zwei Jahren) wurde Mīrzā Mas‘ūd wegen seiner unredlichen Praktiken durch Bihzād Bīk ersetzt. 376 Taṣaddī ist hierbei synonym mit dārūġa. Bihzād Bīk, der als stellvertretender Provinzwesir in Rašt amtierte, setzte Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī in Fūman ein. Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī wurde 1014/1605-6 durch Sulṭān Muḥammad Bīk abgelöst und nach Rašt versetzt.

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1014

Gaskar-dārūġagī wa taḥwīldār: Sa‘īd Bīk Fūmanī Āstārā (dārūġagī?): Ǧamšīd Bīk Amīr 377 Fūman-ḥukūmat: Sulṭān Muḥammad Bīk Rašt: Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī (TG, 181) um 1015 Gaskar-ḥākim: Murtażā Qulī Ḫān (TG, 193) Āstārā-dārūġa: Aḫī Āqā (TG, 190-191) 1021 (Sonderrechnungsprüfung) 1023 (14 Jahre) West-Gīlān: Aṣlān Bīk (1025 kurz entlasssen und zurück bis 1036) WG-dārūġa: Šāh Karam Bīk (um1025?) (TG, 217) Kūčisfān-dārūġa: Gayū Bīk Garǧī, Schwiegersohn Aṣlān Bīks (um 1025) (TG, 218) 378 (2 Jahre) Ost-Gīlān: Mīrzā Taqī Iṣfahānī (bis 1025) (Sonderrechnungsprüfung 1025) um 1027 Rašt-dārūġa: Ḫanǧar Bīk Bīkdarī Šāmlū 379 Fūman u.a.-dārūġa: Šāhī Bīk Šāmlū (TG, 218) 1036 (3 Jahre) West-Gīlān: Ismā‘īl Bīk b. Aṣlān Bīk (bis 1038) Ost-Gīlān: Mīrzā ‘Abd Allāh Qazwīnī 380 (cf, TG, 261, 267, 271; ZTAA, 297; AN, 223; HB, 18, 363) 1039 (4,5 Jahre) Mīrzā Taqī Iṣfahānī (zu Māzandarān hinzugefügt) (TG, 223; TMM, 396; ZTAA, 297; HS, 70, AN, 225; HB, 22) 1012/1063/tawišqān-yīl (Jahr des Hasen) erhob sich Kār Kiyā Fatḥī aus Fūman 381 gegen die Verwaltung von Aṣlān Bīk. Nach der Niederschlagung dieses Aufstandes (Kār Kiyā Fatḥīs Hinrichtung erfolgte am 22. Rabī‘ I. 1012/29. August 1603) zog Aṣlān Bīk die steuerpflichtigen Untertanen und die Ortsvorsteher (ra‘āyā wa kadḫudāyān) zur Verantwortung, zerstörte ihre Häuser und zog von ihnen Steuern ein. Alle Oberbefehlshaber, Mächtigen und Würdenträger (tamāmī-i sipahsālārān wa akābir wa a‘yān) begaben sich zu Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, um Klage gegen Aṣlān Bīk zu führen, worauf dieser entlassen wurde (TG, 174-178). Das Ministeramt von Fūman (wizārat-i qasaba-i Fūman) wurde dem Machtbereich Bih377 Sulṭān Muḥammad Bīk entstammte dem gleichen Geschlecht wie Bihzād Bīk. 378 Es scheint, dass Mīrzā Taqī Iṣfahānī schon vor seiner Ernennung im Jahr 1023/1614-5, das heißt vor der Sonderrechnungsprüfung, im Amt gewesen war (TG, 196). 379 Nach Aṣlān Bīks Entlassung ernannte Schah ‘Abbās die beiden Dārūġas in West-Gīlān. Zur gleichen Zeit wurde Mīrzā Taqī Iṣfahānī aus dem Amt entlassen. Danach wird bis 1036/ 1626-7 kein Provinzwesir von Ost-Gīlān in den Chroniken erwähnt. Das bedeutet aber höchstwahrscheinlich nicht, dass keiner eingesetzt war. 380 Dem Ẕail-i Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī und dem ‘Abbās-nāma zufolge hieß Mīrzā ‘Abd Allāh mit Beinamen Iṣfahānī, das heißt, er stammte aus Iṣfahān (vgl. AN, 333). Das Ḫulāṣat alsiyar gibt keine Beinamen an (HSI, 51). Dem Taẕkira-yi Naṣrābādī zufolge heißt er Mīrzā ‘Abd Allāh Iṣfahānī, der mit Muḥammad Ma‘ṣūm b. Ḫwāǧagī Iṣfahānī, dem Autor vom Ḫulāṣat al-siyar verwandt war (Taẕkira-yi Naṣrābādī, 77), und war ein Enkel von Mīrzā Šāh Ḥusain Iṣfahānī, dem 1524 ernannten Großwesir von Šāh Ismā‘īl (vgl. HSI (Rettelbach), xiv). 381 Kār Kiyā Fatḥī war ‘Alī Ḫāns Verwandter und im Dienst bei Schah ‘Abbās.

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zād Bīks (Rašt, Kūčisfān, Šaft, Tūlam, Māsūla, Pušt-kūh usw.) hinzugefügt, allerdings übergab er das Amt Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī und kehrte nach Rašt zurück. Zur selben Zeit vertraute Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ das Ministeramt von Lāhīǧān Mīrzā Mas‘ūd und Muḥammad Mūmin die Finanzverwaltung (istīfā) desselben Gebiets, wobei letzterer durch unredliche Praktiken die Einwohner von Lāhīǧān in Not und Armut stürzte. Die Anführer begaben sich zum stellvertretenden Provinzwesir Bihzād Bīk in Rašt und klagten diesem ihre Not. Bihzād Bīk erstattete darüber Bericht an Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, der sich zu diesem Zeitpunkt als Provinzwesir in Qazwīn befand und daraufhin Bihzād Bīk das Ministeramt anvertraute. Mīrzā Mas‘ūd und Muḥammad Mūmin wurden bestraft (TG, 179-180). Nach zwei Jahren (um 1014/1605-6) wurden Gaskar und Āstārā Ẕū al-Faqār Ḫān als Lehen entzogen und zum Kronland bestimmt: Die Verwaltung (wizārat-i ulkā-i maẕkūr) wurde nach dem Gesetz beider Gīlān-Gebiete (bi qānūn-i Gīlānāt) dem Ministeramt von Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ unterstellt, der wiederum Bihzād 382 Bīk zum Wesir ernannte (TG, 181). Um 1015/1606-7 bekleidete Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ die Ministerämter von Qazwīn, Ḫurāsān, ganz Māzandarān und Gīlān.

Die Verwaltungsfunktionen und die Zuständigkeitsbereiche unter Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ um 1015 (TG, 181; TAA, 803-4) (* = einheimisch) 383

Māzandarān: Mīr Abū al-Qāsim Ḫurāsānī Gīlān: Bihzād Bīk (ansässig in Lāhīǧān) 384 Fūman: Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī (taṣaddī) (bis 1014) * → Sulṭān Muḥammad Beg (ḥukūmat) ? 385 Gaskar: Sa‘īd Bīk Fūmanī (dārūġagī & taḥwīldār) * 386 Āstārā: Ǧamšīd Beg Amīr (ḥukūmat) Šaft: Vertrauter von Bihzād Bīk Tūlam: Vertrauter von Bihzād Bīk Kūčisfān: Vertrauter von Bihzād Bīk 387 Rašt: Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī * Qazwīn: Aṣlān Bīk 382 Die Ernennung der Dārūġas der beiden Provinzen wurde von Bihzād Bīk vorgenommen, der zu dieser Zeit in Lāhīǧān ansässig war. Jedoch wurden nicht alle Teile der beiden Provinzen zum Kronland bestimmt. In Āstārā wurden die Nachkommen des einheimischen Herrschers wieder eingesetzt und regierten weiter (siehe auch 4-4-1). 383 Mīr Abū al-Qāsim Ḫurāsānī war Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘s Verwandter (TAA, 803-4). 384 Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī wurde an einer anderen Stelle als Kassenbeamter (‘amal wa taḥwīldārī) bezeichnent (TG, 208). 385 Während der Amtszeit von Bihzād Bīk als Provinzwesir (zwischen 1018/1609-10 und 1020/1612) war der Herrscher (ḥākim) von Gaskar Murtażā Qulī Ḫān (TG, 191, 206). 386 Zur Amtszeit von Bihzād Bīk als Provinzwesir war der Stadthauptmann (dārūġa) von Āstārā Aḥī Āqā (TG, 190). 387 Wahrscheinlich wurde er in Rašt eingesetzt, nachdem er nach etwa zwei Jahren von seinem Amt in Fūman abgelöst worden war.

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Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, der sich nach Ḫurāsān begeben und die Stelle des Provinzwesirs angetreten hatte, wurde nach einem Jahr unter dem Vorwand eines 388 Pflichtversäumnisses angeklagt und entlassen. Sein Stellvertreter in Gīlān, Bihzād Bīk, kam dem Befehl des Schahs nach und trieb innerhalb von drei Jahren den durch den Verkauf von Reis aus Lāhīǧān erwirtschafteten Differenzbetrag von 18.000 tūmān (mablaġ-i hiǧda hizār tūmān az tafāwut-i tas‘īr-i birinǧ-i Lāhīǧān) ein, den Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ versäumt hatte zu erheben. Nach Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘s Entlassung vertraute Schah ‘Abbās Bihzād Bīk erneut die Ministerämter von Gīlānāt, Gaskar und Āstārā zu denselben Bedingungen an, wie sie für Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ bestanden hatten. Bihzād Bīk ließ seine Gefolgsleute, Verwandten, die Oberbefehlshaber von West-Gīlān und die Würdenträger die Ernennungsurkunde und das Ehrengewand abholen und bezahlte dafür ein Ent389 gelt von 150 tūmān (TG, 183-189). Nach eineinhalb Jahren wurde Bihzād Bīk wegen Unregelmäßigkeiten in der 390 Abrechnung an den Hof abberufen. Die geplante Rechnungsprüfung wurde wegen des Einfalls der Osmanen nicht sofort durchgeführt (TG, 199-200). Nach dem Feldzug nach Āẕarbā’īǧān und Šīrwān, zum Anfang des Mausjahres (sīčqānyīl), ordnete der Schah erneut Bihzād Bīks Entlassung und eine Rechnungsprüfung für seine vierzehnjährige Amtszeit an (1021/1612-3/sīčqān-yīl (Maus391 jahr)). Zudem hatte er die politischen Gegner Bihzād Bīks mit der Rechnugsprüfung beauftragt. Unter den Beauftragten befand sich auch der Autor des Tārīḫ-i Gīlān, ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī. Laṭīf Ḫān Bīk Dawātdār, der in WestGīlān für die Prüfung verantwortlich war, sammelte die ausstehende Summe von 3000 tūmān aus Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštīs Amtszeit als Schatzmeiser (aiyām-i ‘amal wa taḥwīldārī) ein, und dazu noch die von den anderen Kassenbeamten eingetriebenen Rückstände von 2000 tūmān (TG, 202-204, 207-208).

Die Ämter in Gīlān im Jahr der Sonderrechnungsprüfung Mausjahr 1021 (TG, 204) (* = einheimisch)

Ost-Gīlān: Buchhalter (muḥāsibāt-i sanawāt-i Bia-pīš): Ḫwāǧa Faṣīḥ Lāhīǧānī * Mīrzā Mas‘ūd, mustaufī von Lāhīǧān* 388 Im Hintergrund stand ein Machtkampf zwischen ihm und dem Großwesir (i‘timād al-daula) Ḥātim Beg. 389 Der Abgesandte von Schah ‘Abbās kam in Lāhīǧān an. Bihzād Bīk befand sich damals anscheinend nicht in der Stadt. 390 Es gab Auseinandersetzungen zwischen Bihzād Bīk und seinem Gegner, Ḫwāǧa Faṣīḥ Lāhīǧānī, der nach Bihzād Bīks Entlassung zum Buchhalter von Ost-Gīlān (muḥāsibāt-i sanawāt-i Bia-pīš) ernannt wurde. Mīrzā Mas‘ūd, der Finanzbeamte von Lāhīǧān (mustaufī-i Lāhīǧān), der zur gleichen Zeit ernnannt worden war, war der ehemalige stellvertretende Provinzwesir von Lāhīǧān, der 1012/1064 durch Bihzād Bīk abgelöst worden war. 391 Bihzād Bīk wurde gefangen genommen und verbrachte zwei Jahre im Gefängnis.

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Stadthauptmann, Aufsicht & Kasse (dārūġagī wa niẓār wa taḥwīldār): Šāh Wīrdī Bīk West-Gīlān: Stadthauptmann, verantwortlich für Rechnungswesen (dārūġagī-i ḥisāb): Laṭīf Ḫān Bīk Dawātdār Schreiber des Rechnungswesens (nawīsanda-i ḥisāb): Āqā ‘Azīz Iṣfahānī 1022-3/1614-5/bārs-yīl (Leopardenjahr), vor einem Feldzug nach Georgien, setzte Schah ‘Abbās neue Provinzwesire in beiden Teilen Gīlāns ein, deren Ernennungen im Zusammenhang mit dem Feldzug nach Georgien zu verstehen sind. Es waren dies mit Mīrzā Taqī Iṣfahānī in Ost-Gīlān und Aṣlān Bīk in West-Gīlān, zwei Männer, die bereits seit einem Jahrzehnt in Gīlān tätig gewesen waren (TG, 209). Aṣlān Bīks strenge Amtsführung führte allerdings zum Bruch mit der einheimischen Bevölkerung, was zu seiner Entlassung führte (1025/1616/lūy-yīl 392 (Krokodilsjahr)) (TG, 214-215). Obwohl ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī keine ausführlichen Angaben macht, sollte Aṣlān Bīk bald wieder in sein Amt zurückkehren und später zu einer großen Machtfülle gelangen. Er tötete den Aufseher von WestGīlān, Bahrām Mīrzā, der nach seiner Entlassung zwei Jahre lang das Amt verwaltet hatte und aus Furcht vor ihm am Hof diente. Die Einwohner von West-Gīlān versuchten bei Gelegenheit, sich weiterhin Aṣlān Bīk zu widersetzen. Während Šāh Karam Bīks Amtszeit als Stadthauptmann (dārūġagī) in Fūman führte der dortige Gemeindevorsteher (kalāntar), Ḫwāǧa Muḥammad Amīn Fūmanī, zwei Jahre lang Klage über Aṣlān Bīk und Šāh Karam Bīk, was zur Entlassung des letztgenannten führte. Schah ‘Abbās ernannte in jedem der beiden Hauptbezirke von West-Gīlān einen neuen Stadthauptmann.

Die Ämter in Gīlān im Krokodilsjahr 1025 (TG, 215) (* = einheimisch) Ost-Gīlān: Stadthauptmann, verantwortlich für Rechnungswesen (dārūġagī-i ḥisāb): Auliyā Bīk Kurd Schreiber des Rechnungswesens (nawīsanda-i ḥisāb): Mīrzā Muḥammad Ḥasan Ḫān Ṣābūnī West-Gīlān: Stadthauptmann, verantwortlich für Rechnungswesen (dārūġagī-i ḥisāb): ‘Alī Qulī Bīk Sulaimān Ḫānī Schreiber des Rechnungswesens (nawīsanda-i ḥisāb): Muḥammad Mu‘ayyan Farāhānī 392 Mīrzā Taqī Iṣfahānī wurde auch in diesem Jahr aus seinem Amt entlassen, der Grund dafür ist jedoch nicht bekannt.

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Aufsicht des Rechnungswesens (niẓār-i ḥisāb): 393 Bahrām Mīrzā (Ḫwāǧa Ḥusains Neffe) * Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫušukbiǧārī *

Die Ämter in West-Gīlān nach der zweiten Entlassung von Aṣlān Bīk um 1027 (TG, 218) Rašt (dārūġagī): Ḫanǧar Bīk Bīkdarī Šāmlū Fūman, Šaft, Tūlam: Šāhī Bīk Šāmlū Aṣlān Bīk ergriff die Initiative, schickte die Steuerzahler (ra‘āyā) von Šaft an den Hof in Māzandarān, um den Stadthauptmann von Fūman, Šāhī Bīk Šāmlū, zu verklagen, und ließ ihn entlassen. Er soll danach noch ein drittes Mal in dieses Amt eingesetzt worden sein (vgl. TG, 219). Aṣlān Bīk nahm Ḫwāǧa Muḥammad Amīn fest und tötete ihn nach sechs Monaten (TG, 217-218). Der Gemeindevorsteher von Kūčisfān, Ḫwāǧa Šāh Malik, und Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫuškbiǧārī begaben sich an den Hof in Iṣfahān, um die Loslösung (waż‘) von Kūčisfān aus WestGīlān und dessen direkte Verpachtung (iǧāra wa muqāṭa‘a) durch die Zentralre394 gierung zu fordern. Aṣlān Bīk schickte einen Vertrauten nach, um die beiden zu beschwichtigen, als sie nach einem Jahr mit dem Schah nach Māzandarān zogen, und brachte sie nach Gīlān. Später wiegelte Aṣlān Bīk die lokalen Mächtigen gegen Ḫwāǧa Šāh Malik auf, um ihn, als die Zeit reif war, gefangen zu nehmen und hinrichten lassen konnte (TG, 219-220). Als die Steuerzahler (ra‘āyā) von West-Gīlān sich beim Schah in Faraḥābād über Aṣlān Bīk beschwerten, bezahlte er dem Hof 51.000 tumān, um die Klage gegen ihn niederschlagen zu lassen. Anläßlich einer weiteren Beschwerde der Einwohner gegen ihn ging er an den Hof in Māzandarān und starb dort (Neujahr 1036/1627/tawišqān-yīl (Hasenjahr)) (TG, 221). Aṣlān Bīks noch junger Sohn und Nachfolger Ismā‘īl Bīk konnte nur drei Jahre das Amt des Provinzwesirs von West-Gīlān bekleiden. Als er den damaligen Gemeindevorsteher von Kūčisfān, Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫuškbiǧārī, der bei der Sonderrechnungsprüfung des Krokodilsjahrs (1025) als Aufseher (niẓār-i ḥisāb) tätig gewesen war, töten ließ, verlor er jeden Rückhalt in der Provinz, so dass seine Entlassung veranlasst wurde. 1039-40/1630-31/yūnt-yīl (Pferdejahr) – das heißt, ein Jahr nach dem Tode von Schah ‘Abbās – wurde das Ministeramt von West-Gīlān dem Ministeramt von Māzandarān unterstellt und Mīrzā Taqī 395 Iṣfahānī zum neuen Provinzwesir ernannt (TG, 222-224). 393 Ḫwāǧa Ḥusain war der ehemalige Kalāntar von Rašt und einer derjenigen, die dem Schah in Māzandarān einen Besuch abstatteten, um gegen Aṣlān Bīk zu klagen. Ḫwāǧa Ḥusain starb während seines Aufenthaltes (TG, 214-215). 394 Ob zu dieser Zeit Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫušk-Biǧārī noch das Amt des Aufsehers des Rechnungswesens von West-Gīlān bekleidete, ist nicht festzustellen. Nach Ḫwāǧa Šāh Maliks Tod wurde er als dessen Nachfolger Gemeindevorsteher von Kūčisfān. 395 Im selben Jahr starb Ismā‘īl Bīk mit 24 Jahren.

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4-5

Nach dem Tod von Schah ‘Abbās: Letztes Streben nach Autonomie

Schah ‘Abbās starb 1038/1629 in Māzandarān, nachdem er 42 Jahre Herrscher über ganz Iran gewesen war. Sein Enkel Ṣafī I (Regierungszeit 1629–1642) bestieg den Thron. Der Tod des großen Schahs versetzte das ganze Reich in Unruhe. Die Einwohner der Küstenprovinzen betrachteten dies als eine Gelegenheit, sich Autonomie gegenüber der Zentrale zu erkämpfen, und bereiteten sich zu den letzten Aufständen gegen die safawidische Herrschaft vor.

4-5-1 Māzandarān Als der Schah im Sterben lag und sein Enkel Sām Mīrzā zum Nachfolger berufen wurde, wurde Māzandarān, wo die Nachkommen der ehemaligen Fürstenfamilie, die Mar‘ašīyān lebten, direkt durch die neue Lage erschüttert. Während der Provinzwesir von Māzandarān, Mīrzā Taqī Iṣfahānī, sich vorzugsweise Gedanken über die Stabilität und Ruhe in der Provinz machte, befürchteten die safawidischen Amire, die keine Veränderung der politischen Lage wünschten, einen Aufstand der Einwohner und beobachteten mißtrauisch die Aktivität des angestammten Herrschergeschlechts, der Mar‘ašīyān. Tatsächlich befanden sich unter den Mar‘ašīyān einige, die die Herrschaft über die Provinz anstrebten. Die Einwohner von Māzandarān wünschten sich gleichfalls einen Herrscher (wālī) aus den Reihen der Mar‘ašīyān, die damals als Mīr Buzurgī bekannt und immer noch hoch geachtet waren. Ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kaiser von Iran (Pādšāh-yi Iran) wollten sie lieber nach Art ihrer Vorfahren durch Steuerzahlung (bāǧ wa ḫarāǧ) nachkommen (TMM, 393) als unter direkter Kontrolle durch die Krone zu stehen. Der Autor des Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān, Mīr Taimūr Mar‘ašī, berichtet über diese kritische Lage als Zeuge, der alle folgenden Verwirrungen sowie die schließliche Verbannung der Familie miterlebt hatte. Als Schah ‘Abbās erkrankte, wurden die Māzandarāner sofort unruhig und flohen aus Māzandarān über Astarābād nach Damāwand oder nach Sawādkūh. Mīr Zain al-‘Ābidīn b. Mīr Ḥasan Mar‘ašī, der eine falsche Nachricht vom Tod des Schahs bekommen hatte, ging nach West-Māzandarān und blockierte die Straßen. Die Amire, die angesichts der Bewegungen der Māzandarāner nervös wurden, schlugen vor, die Mar‘ašīyān gefangen zu nehmen. Mīrzā Taqī Iṣfahānī ermahnte einerseits Mīr Taimūr Mar‘ašī und seinen Bruder Mīr Šāh Mīr, keine extremen Maßnahmen zu ergreifen, anderseits bot er ihnen die Herrschaft über die westliche Hälfte der Provinz an. Die Sayyids lehnten sein Angebot ab, aber Mīrzā Taqī berief Mīr Šāh Mīr. Der in Bārfurūš-dih lebende Würdenträger Yūsuf Ra’īs wiederum riet den Mar‘ašīyān, sich vorsichtig zu verhalten und der Īšīkāqāsībāšī des Serails, Alwand Ḥalāl Ḫwār Māzandarānī, warnte sie vor den Ab396 sichten der Amire. Als die treuherzigen Sayyids ungeachtet solcher Mahnun396 Alwand Ḥalāl Ḫwār Māzandarānī, dem Namen nach ein Einheimischer und durch Ehe-

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gen am safawidischen Hof erschienen, wurden Mīr Taimūr und Mīr Zain al-‘Ābidīn in Haft genommen. Nur Mīr Šāh Mīr, der kurz vorher von Gefolgsleuten gewarnt worden war, entkam der Gefahr und floh nach Qarāṭūġān. Der Provinzwesir, der die Intrige der Amire erkannte, ließ nach Mīr Šāh Mīr suchen. Dieser jedoch lehnte eine Rückkehr ab, als er eine falsche Nachricht von Mīr Taimūrs Ermordung erhielt (TMM, 367-375). Inzwischen hatten sich etwa 10.000 bis 12.000 Māzandarāner um Mīr Šāh Mīr gesammelt. Obwohl Mīr Šāh Mīr die Machtergreifung herbeisehnte, erhob er sich nicht wegen des inhaftierten Bruders. Während er durch die Provinz zog, erklärten die Einwohner von Māzandarān sich zu Gefolgsleuten Mīr Šāh Mīrs und plünderten die Häuser von Fremden. Vergebens versuchten die Amire durch eine Bekanntmachung, dass Māzandarān Mīr Šāh Mīrs Territorium sei, die Einwohner zu beruhigen (TMM, 376-379). Mīr Zain al-‘Ābidīn, der freigelassen worden war, um Mīr Šāh Mīr zur Aufgabe zu überreden, fälschte einen Brief der Amire und verbreitete die Nachricht, dass er zum Herrscher von Māzandarān ernannt worden sei. Die Einwohner von Āmul, die Mīr Šāh Mīr in die Stadt eingeladen hatten, schlugen sich gerade auf Mīr Zain al-‘Ābidīns Seite und attackierten Mīr Šāh Mīr, als er mit etwa 10.000 Reitern nach Āmul vorrückte. Sein Vertrauter, den er nach Sārī abgesandt hatte, wurde ebenfalls angegriffen und getötet. Mīr Šāh Mīr, der sowohl unter Angriffen seiner militärischen Gegner wie der Einwohner litt und dessen Streitkraft beständig zusammenschmolz, zog sich zurück nach Damāwand und ergab sich dem Herrscher vor Ort (TMM, 380-389). Er wurde mit seinen Brüdern Mīr Muẓaffar und Mīrzā Ḫān und einem Cousin, Mīrzā Šāhruḫ, von Damāwand aus nach Iṣfahān gebracht. Mīr Zain al-‘Ābidīn, der Māzandarān erobert hatte und dem die Einwohner den Treueeid geleistet hatten, konnte allerdings ohne eine rechtskräftige Bestätigung durch den Schah die Zügel nicht in der Hand halten und kehrte an den safawidischen Hof zurück. Schließlich war es der Provinzwesir Mīrzā Taqī Iṣfahānī, der im Amt blieb. Neuernennungen von Herrschern (ḥukkām), Bezirkswesiren (ǧuz’), Stadthauptmännern (dārūġa) und Beauftragten (mutaṣaddiyān) durch den Provinzwesir riefen unter einigen Würdenträgern von West-Māzandarān großen Unmut hervor; Sayyid Ni‘amat Rikāǧ und Afrāṭūn Banah-dār erhoben sich mit der Behauptung, dass Mīr Šāh Mīr ihnen die Ämter als Stellvertreter (nā’ib, wakīl) versprochen habe (TMM, 392-394). Zur gleichen Zeit rebellierte ein anderer Würdenträger, Rustam b. Āqā Gaudarz Āhangar, gegen den Provinzwesir (TM, 101397 102; TMM, 394). Da die Amire die Aufstände der Würdenträger der Provinz und ihre Verbindung zu den Mar‘ašīyān zur Zeit des Feldzuges der Osmanen mit Beschließung mit den Mar‘ašīyān verwandt, war sich der feindseligen Haltung der Amire bewusst (TMM, 371, 373). 397 Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge war Rustam Āhangars Vater, Āqā Gaudarz Āhangar, der Stellvertreter (wakīl) von Mīr Sulṭān Murād Ḫān II. und Alwand Dīws Vertrauter.

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sorgnis betrachteten, überredeten sie den unwilligen jungen Schah dazu, die Mitglieder der Familie in den Süden Irans zu deportieren. Am 4. Muḥarram 1039/23. August 1629 kamen sie in Šīrāz an (TMM, 394-396). In der Folge bleiben die Mar‘ašīyān lange gespalten und standen zudem etwa 28 Jahre unter der Aufsicht des Hofes, bis Schah ‘Abbās II. sich bei seinem Großwesir (i‘timād al-daula) nach ihrem Schicksal erkundigte und sie nach Iṣfahān holen ließ (TMM, 402). Mīrzā Taqī Iṣfahānī, der gegen die Deportation der Mar‘ašīyān gewesen war, habe dafür drei Bedingungen gestellt: 1. Eingliederung des Ministeramtes von Gīlān ins Ministeramt von Māzandarān. 2. Deportation der Mar‘ašīyān nach Šīrāz für eine gewisse Zeit, bis sie ihre Differenzen beigelegt haben und in Zukunft ohne Streitigkeiten die Herrschaft wieder ausüben können. 3. Festlegung höherer Plätze für ihr Familienoberhaupt als für die Wesire in der Sitzordnung bei Versammlungen (TMM, 396). So bekleidete Mīrzā Taqī die Ministerämter der zwei Hauptprovinzen an der Küste für viereinhalb Jahre, bis er 1044/1634-5/ītyīl (Jahr des Hundes) das Ministeramt am Hof antrat.

4-5-2 Gīlān Als Schah ‘Abbās starb, hatte sich der neue, noch unerfahrene Provinzwesir von West-Gīlān, Ismā‘īl Bīk, in seinem Amt noch nicht etabliert. Als die Einwohner von West-Gīlān sich erhoben, hielt er sich dem Geschehen gänzlich fern; über Aktivitäten von seiner Seite finden sich in den Quellen keine genaueren Angaben. Dass für die Niederschlagung des Aufstandes fast alle Herrscher der Region mobilisiert wurden, weist darauf hin, welches Ausmaß die Erhebung angenom398 men hatte. In Laštanisā riefen die Würdenträger einen anderen Sohn von Ǧamšīd Ḫān namens Kālinǧār Sulṭān zurück, der nach dem Tod des Vaters geboren war, verliehen ihm den Titel ‘Ādil Šāh und machten ihn zu ihrem Führer. Ihren Namen (nisba) nach zu urteilen, kamen die Anstifter aus verschiedenen Regionen von Gīlān. Namentlich genannt werden ‘Ināyat Ḫān Laštanisā’ī, Sulṭān Abū Sa‘īd Čapak, Muḥammad Gūka Karbalā’ī, Kūla Muḥammad Ḫān Kūčisfānī, Ǧūt Šāh-Murād Gīlwā’ī, sein Sohn Muḥammad Bīk, Šīrzād Bīk Kīsmī, Ātiš-bāz Ḫuškbiǧārī sowie 399 die Kommandanten (sardārān) der Aždars. Zu den Führern gehörten außerdem Angehörige führender Familien aus Laštanisā, so etwa die Čapaks und die Aždars. Ein Merkmal dieses Aufstands war jedoch, dass sich die Rebellen aus ver398 Die Hofchroniken der Regierungszeit Schah Ṣafīs und Schah ‘Abbās II. und der Bericht von Adam Olearius, der nach dem Aufstand in Gīlān den safawidischen Hof besuchte, liefern eine detailierte Beschreibung der Ereignisse. Die Beschreibung im Tārīḫ-i Gīlān ist die detaillierteste (ZTAA, 15-18; HSI, 49-53; Olearius, 545-547; AN, 223-225; HB, 16-23; Qisas, 210). Die Hofchroniken nennen als Anführer des Aufstandes Ġarīb Šāh, der eine abschätzige Benennung erfuhr. Ẕail-i Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī und Ḫuld-i barīn begreifen ‘Ādil Šāh und Ġarīb Šāh als Brüder (ZTAA, 18; HB, 24). 399 Die Familie Aždars wurden in der ersten Hälfte des 9./15. Jahrhunderts unter dem Namen Ažd-hā als Würdenträger (mu‘tabirān) von Laštanisā genannt (TTRM, 248).

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schiedenen Städten in beiden Gīlānāt um das hinterlassene Mitglied des alten 400 Herrscherhauses von West-Gīlān scharten. Den Berichten der zeitgenössischen Chroniken, vor allem dem Tārīḫ-i Gīlān und dem Ẕail-i Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge, beteiligten sich auch die einfache Bevölkerung (‘āmma) und die Fußsol401 daten mit bäuerlichem Hintergrund (laiyām) am Aufstand. Diese Tatsache und die Entwicklung der Revolte lassen vermuten, dass sich dahinter ein über lange Jahre angestauter Unmut der Einwohner von ganz Gīlān wegen der Finanzverwaltung unter dem Provinzwesir versteckte. Im Ša‘bān 1038/April 1629 plünderten die Rebellen das Haus des Gemeindevorstehers (kalāntar) und das des Schatzmeisters (taḥwīldār) von Lāhīǧān und töteten den Gemeindevorsteher von Laštanisā. Die Soldaten marschierten über Kūčisfān und Ḫuškbiǧār weiter nach Rašt vor. Ismā‘īl Bīk bat den Herrscher 402 (ḥākim) von Gaskar, Gargīn Ḫān, um Unterstützung. Als sich der Provinzwesir mit den Gemeindevorstehern zurückzog und nach Gaskar floh, benachrichtigte Gargīn Ḫān den Herrscher (ḥākim) von Āstārā, Sārū Ḫān Ṭāliš, über den Aufstand 403 ‘Ādil Šāhs. Die Rebellen (aǧāmir) erbeuteten 2000 ḫarwār Seide aus dem königlichen Lagerhaus und verteilten sie unter den Armen. Dadurch sei innerhalb von drei Tagen ein Schaden von 300.000 tumān in beiden Teilen Gīlāns entstanden. Als sie sich nach Fūman wandten, flüchteten der Gemeindevorsteher, seine Brüder, der oberste Richter (šaiḫ al-islām) und ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī, der Autor des Tārīḫ-i Gīlān, in Richtung ‘Iraq. Die Sayyids und die Würdenträger vor Ort empfingen ‘Ādil Šāh zum Wohl der Provinz. Als die Nachricht eintraf, dass eine Verstärkung gegen die Rebellen aus Qazwīn auf dem Weg war, zog ‘Ādil Šāh nach 404 Lāhīǧān (TG, 262-268). Da der dortige Wesir Mīrzā ‘Abd Allāh und der Gemeindevorsteher (Kalāntar) Mīr Murād Laštanisā’ī nach Qazwīn geflohen waren, bereiteten ihm die örtlichen Würdenträger (‘āyān wa mašāiḫ) aus Furcht vor Repressalien einen festlichen Empfang (TG, 271). Die Rebellen marschierten weiter nach Tunikābun, dessen Herrscher (ḥākim) Ḥaidar Sulṭān Ḥiṣārlū sie zurückzuschlagen vermochte. Daher zogen sie zuerst nach Lāhīǧān, um die Festung zu besetzen, wurden jedoch vom Gemeindevorsteher und dem Wesir, die mit Verstärkung aus Qazwīn zurückgekommenen waren, abgewehrt, und zogen sich weiter 400 Die Würdenträger aus Laštanisā, die Čapaks, hatten zusammen mit den Aždars einen Anschlag auf den Provinzwesir Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ geplant. Es wurde der Grund ihrer Zwangsumsiedlung und ihrer Unzufriedenheit (TG, 195-198). 401 Siehe 5-4-2 über laiyām. 402 Seine Herkunft ist unklar. Seine Beteiligung am Feldzug gegen ‘Ādil Šāh lässt vermuten, dass er nicht aus den Reihen der Ẕū al-Faqārs, die die Provinz zum Lehen besaßen, sondern wie die Herrscher von Āstārā und Kūhdum aus einer einheimischen Herrscherfamilie stammte. 403 Sārū Ḫān Ṭāliš war ein jüngerer Sohn von Ḥamza Ḫān Ṭāliš. Nach dem Tode seines älteren Bruders, Pāyandar Ḫān b. Ḥamza Ḫān, trat er die Herrschaft in Āstārā an. 404 Der regionale Wesir und der Gemeindevorsteher von Lāhīǧān, die vorher geflohen waren, hatten diese Verstärkung herbeigeholt.

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nach Laštanisā zurück. Dort machte sich ‘Ādil Šāh bereit zur Verteidigung und berief aus Pāšīǧā, Laštanisā, Kūčisfān und deren Umland 10.000 Mann ein (TG, 273-274). Inzwischen war Gargīn Ḫān zu einem Feldzug gegen ‘Ādil Šāh aufgebrochen (am 1. Ramażān 1038/23. April 1629), wobei ihm Sārū Ḫān mit 5000 Fußsoldaten und Reitern (piyāda wa sawār) folgte. Als die beiden Ḫāns in Rašt ankamen, fanden sie die Stadt von Rebellen und Einwohnern verlassen vor. Am folgenden Tag schloss sich auch der Herrscher von Kūhdum, Muḥammadī Ḫān, dem Unternehmen an (TG, 268-269). Schah Ṣafī, dem Sārū Ḫāns Gerechtigkeitssinn bewusst geworden war, wies die am Feldzug beteiligten Herrscher der benachbarten Provinzen einschliesslich des Herrschers von Dailamān, Bahrām Qulī Sulṭān Ṣūfī, und der Provinzwesire beider Teile Gīlāns an, der Initiative des Herrschers von 405 Āstārā zu folgen. Am 25. Šawwāl 1038/16. Juni. 1629 marschierten die verbündeten Armeen der Ḫāns nach Kūčisfān hinauf, wobei sie an Stelle einer von den Feinden zerstörten Brücke durch Zimmerleute eine neue Brücke bauen ließen, um den Fluss zu überqueren. In der folgenden Schlacht wurde einer der Kommandanten der Rebellen, Kiyā Farīdūn Čapak, getötet, während ‘Ādil Šāh selbst 406 in die Wälder floh. Die verbündeten Armeen zogen weiter nach Laštanisā und töteten von den Einwohnern der Stadt bis zu 7870 Menschen. Nach drei Tagen wurde ‘Ādil Šāh gefangen genommen, später nach Iṣfahān gebracht und dort hingerichtet. Sārū Ḫān, der zehn Tage in Laštanisā Station machte, ließ die Urheber des Aufstands hinrichten, die gefangengenommenen Soldaten jedoch mit der Anweisung frei, heimzukehren, um ihre Heimatorte wiederaufzubauen. Nachdem sie vom Schah die Erlaubnis erhalten haben, kehrten Muḥammadī Ḫān von Kūhdum und Gargīn Ḫān von Gaskar zurück zu ihrem Territorium. Aus Gründen der Sicherheit hielt sich Sārū Ḫān weitere zwei Monate in Lāhīǧān auf. Das Tārīḫ-i Gīlān beendet seine Beschreibung mit einer letzten Angabe über Sārū Ḫān, der für die Ordnung und die Sicherheit der Provinz sorgte und in jeder Stadt qualifizierte Beamte einsetzte. Am 20. Ṣafar 1039/8. Oktober 1629 brach er zum Sommerlager in seinem Territorium auf. Es folgte die Eingliederung des Ministeramtes von Gīlān ins Ministeramt von Māzandarān und Mīrzā Taqī Iṣfahānīs Amtsantritt als Provinzwesir der beiden Hauptprovinzen an der südkaspischen Küste. Der Tod Schah ‘Abbās’ und die Thronbesteigung Schah Ṣafīs boten den eigenständigen Einwohnern der Küstenprovinzen letztmals einen Anlass, um ihre jahrhundertealte, historisch gewachsene Unabhängigkeit gegen die Zentralmacht zu behaupten. Dabei fungierten die alten Fürstenfamilien wie die Mar‘a405 Sārū Ḫān soll verboten haben, ohne vorherige Untersuchung und Erlaubnis in Anwesenheit der Wesire und der Gemeindevorsteher einen feindlichen Soldaten zu töten (TG, 275). 406 Kiyā Farīdūn Čapak hatte den Sohn des Oberbefehlshabers von Lāhīǧān, Kiyā Farīdūn, namens Mīr Ašraf getötet und schloss sich dem Aufstand an, als die Rebellen in die Stadt einzogen.

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šīyān und die Iṣḥaqīya als Symbol dieser Bewegung. Als diese Aufstände letztendlich niedergeschlagen waren, wurden diese Fürstenfamilien gänzlich aus den Provinzen vertrieben. Damit ging auch die Tradition der regionalen Geschichtsschreibung zu Ende. In der Folge, bis zum Untergang der Safawiden, finden sich in den Hofchroniken nur noch sporadische Angaben über die südkaspischen Küstenprovinzen als Teile des Reichs.

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Die Gesellschaft der südkaspischen Küstenprovinzen

Die Gesellschaft der Provinzen an der südkaspischen Küste lässt sich erst seit der Zeit nach der Entstehung der beiden Sayyid-Dynastien in der Mitte des 14. Jahrhunderts anhand von zeitgenössischen Angaben aus den regionalen Geschichtsschreibungen genauer rekonstruieren. In den regionalen Chroniken der Küstenprovinzen sind zahlreiche sowohl überregionale als auch regionale Begriffe zu finden, die für die Rekonstruktion der Gesellschaft und damit für die Beschreibung der Besonderheiten dieser Provinzen eine wichtige Quelle darstellen. Anders als das Hochland, das sogleich unter die Kontrolle der neu entstandenen safawidischen Zentralgewalt geriet, genoss das südkaspische Grenzland noch eine Sonderstellung. Den entscheidenden Anstoß für die weitere Entwicklung der Gesellschaft brachte nicht die Entstehung des safawidischen Reichs am Anfang des 16. Jahrhunderts, sondern die Annektierung der Provinzen durch die Safawiden am Ende desselben Jahrhunderts. Daher sollen im Folgenden die Gesellschaft, das Herrschaftssystem, dessen Funktionen und die Veränderungen in den beiden Zeiträumen, das heißt vor und nach der Annektierung der Provinzen, analysiert werden.

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Herrschende Funktionen

5-1-1 Ḥākim / Wālī Die einheimischen Herrscher dieser Provinzen werden in den regionalen Chroniken allgemein als ḥākim bezeichnet. Wenn sie in den Chroniken der überregionalen Dynastien und sogar als Fürsten der Vasallenstaaten erwähnt werden, wird oft die Bezeichnung wālī (Vertreter) verwendet. Jeder dieser regionalen Herrscher hatten gemäß seiner Eigenschaften und Ursprünge eine eigene Bezeichnung oder Titel. Den Fürsten von Rustamdār/Rūyān wurde die Bezeichnung für die traditionellen, regionalen Fürsten, malik, zuerkannt. Die Fürsten von West-Gīlān und seinem gebirgigen Hinterland trugen den Titel amīr. Der Titel deutet ihre militärische Funktion an; ihre Herkunft lässt sich bis in die mongolische Zeit zurückverfolgen. Die Mar‘ašīyān und die Kiyāyān trugen grundsätzlich den Ehrentitel sayyid. Wie schon erläutert, erwiesen die türkischen Zentralmächte und die örtlichen Einwohner seit dem 14. Jahrhundert den Nachkommen des Propheten mehr Respekt, da deren Herrschaft durch hohe Abkunft und Autorität legitimiert war. In safawidischer Zeit wurde ihnen zusätzlich der Titel (laqab) ḫān als Zeichen ihrer Unterwerfung verliehen. Diesen Titel erhielt jedoch jeweils nur das Oberhaupt 184

einer Familie, das auf diese Weise vom Schah als Herrscher der jeweiligen Pro407 vinz anerkannt wurde (vgl. TMM, 62, 124, 146; TG, 15, 136). Im 14. und 15. Jahrhundert unterwarfen sich die regionalen Fürsten oft den nomadischen türkischen Grossmächten. Dank der aus den bewaldeten Gebirgen und dem Meer gebildeten natürlichen Festungslage waren die Küstenprovinzen von den äusseren Gebieten gut abgeschirmt. In der frühen safawidischen Zeit, nachdem sie die safawidische Oberherrschaft anerkannt hatten, wurden die regionalen Fürsten in den safawidischen Hofchroniken als wālī bezeichnet und ihr Territorium als iqṭā‘ bzw. suyūrġāl (Lehen) anerkannt (cf, TG, 34, 42, 139; TI, 249251). Allerdings war dieses Verfahren eher formell. Schließlich wurde ihre Herrschaft stets durch Tribut- bzw. Steuerzahlung gesichert, und in seinem jeweiligen Territorium war jeder Fürst ein absoluter Monarch. Wie bei den Mar‘ašīyān und den Kiyāyān deutlich zu sehen, war ein Fürst gleichzeitig das Oberhaupt des Geschlechts und der Dynastie, der in seiner Person das Recht auf die Leitung der Verwaltung und die Militärführung im ganzen Territorium vereinte. Sein Territorium war ferner unter den Familienmitgliedern bzw. ihren Gefolgsleuten verteilt, die oft mit ihrem Herrn in einem Konkurrenzverhältnis standen. Er war das Oberhaupt der Dynastie, das ihnen die Herrschaft (ḥukūmat) über ein Territorium anvertraute. So hatte der Herrscher von Āmul vor der Deportation der Mar‘ašīyān nach Zentralasien die niedrigere Bezeichnung ra’īs (vgl. TTRM, 186, 261, 393). Bei den Kiyāyān wurde in der frühen Regierungszeit von Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī einmal die Bezeichnung 408 wālī für den Herrscher von Pāšīǧā, Sayyid Riżā ‘Alī, verwendet (vgl. TGD, 110). Bei den Mar‘ašīyān wurde dem Herrscher von Āmul ein Anteil am Tribut zugewiesen. Den Angaben der regionalen Chroniken und der safawidischen Hofchroniken zufolge verhandelten die Fürsten von Sawādkūh, die Rūz-afzūnīya bzw. die Dīws, oft direkt mit den Safawiden über die Höhe ihres Tributs. Das deutet ihre HalbUnabhängigkeit von den Mar‘ašīyān an. Die Kiyāyān der Nachkommen Mahdīs hatten ein noch stärker durchorganisiertes Herrschaftssystem entwickelt. Sie hatten ihr Herrschaftsgebiet in zwei geopolitisch wichtige Regionen aufgeteilt – nämlich in Gīlān im Flachland und Dailamistān im Bergland. Jede Region wurde wiederum in kleinere Unterregionen aufgeteilt. Die Kiyāyān hatten in der früheren Zeit ihren Hauptsitz im Win407 Siehe 4-1-1 und 4-1-2. Nach der Integration von West-Gīlān und der Beseitigung der Isḥaqīya wurde ‘Alī Bīk Sulṭān dieser Titel verliehen. Bei welcher Gelegenheit und wem die Safawiden im Allgemein den ḫān-Titel verliehen, ist noch nicht erforscht. Das Wort ist turk-mongolischer Abstammung und war die Bezeichnung des Stammesoberhaupts. Nach dem Untergang der Ilchaniden verlor das Wort im Iran seine ursprüngliche Bedeutung und wurde eine Art Ehrentitel für die führenden Persönlichkeiten. Die kurdischen regionalen Fürsten bekamen den Titel ebenfalls verliehen, wenn sie sich den Safawiden unterworfen hatten (vgl. Yamaguchi (2007)). 408 Sayyid Riżā b. ‘Alī hatte nach deren Martyrium in West-Gīlān vom überlebenden Familienoberhaupt der Kiyā-Sayyids, Hādī Kiyā, Pāšīǧā als Territorium anvertraut bekommen (TGD, 99).

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ter in Rānikūh, obwohl Lāhīǧān als die Hauptstadt (taḫt-i raupīš-i Gīlān) von Ost409 Gīlān betrachtet wurde (TGD, 113). Im Sommer lebten sie in Sumām und wech410 selten saisonal zwischen den beiden Regionen. Die zweitwichtigste Region von Ost-Gīlān, Lāhīǧān, wurde vom jeweils regierenden Herrscher dem ältesten Sohn 411 bzw. dem ältesten Bruder anvertraut. Auch wurden die anderen Regionen bzw. Städte in Ost- und West-Gīlān häufig den Familienmitgliedern zugeteilt, die sich dem Herrscher, das heißt, dem Familienoberhaupt unterordneten. Linie Mahdīs: Ost-Gīlān – Rānikūh, Lāhīǧān, Rūdsar Dailamistān – Šukūr, Lammasar/Rūdbār, Alamūt, Sumām, Dailamān, Ṭāliqān West-Gīlān: Laštanisā, Kūčisfān, Garǧiyān Linie Hādīs: Tunikābun Linie Ḥasans: Gūka Die Sayyid-Dynastien entwickelten ihre eigentümlichen hierarchischen Regierungssysteme, in denen der Herrscher an der Spitze stand und verschiedene Funktionen in seiner Person vereinte. Eine der mächtigsten Gruppen in der Hierarchie bildeten die Soldaten, deren Oberhaupt die Sipahsālārān (Oberbefehlshaber) waren. Die Sipahsālārān bekleideten manchmal das Amt des Regenten (wakīl oder wakīl as-salṭana, bzw. nā’ib) und übten großen politischen Einfluss auf den Herrscher aus. Die anderen, schon seit der vor-safawidischen Zeit nachweisbaren Ämter waren das des Dārūġa (Stadthauptmann), des Kūtwāl (Burgvogt) und das des Wālī und des Wesirs. Einige Jahre nach der Annexion der Küstenprovinzen, als die Verwaltungspolitik noch unbestimmt war, wurden in den benachbarten Provinzen, wie Āstārā und Gaskar, die Qizilbāš-Amire als ḥākim eingesetzt, denen jede Provinz als Lehen zur Verwaltung übergeben wurde. Die beiden Gīlānāt wurden nach der Beseitigung Farhād Ḫān Qarāmānlūs mit der Ernennung des ersten Provinzwesirs Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī als Kronland dem Wesir unterstellt (vgl. TG, 173).

5-1-2 Wesir (wazīr) und andere Beamte (nā’ib, ‘āmil) Es ist festzustellen, dass unter den Kiyāyān seit früher Zeit das Wesir-Amt als die 412 höchste bürokratische Position existierte. Die Regionalchroniken des 16. Jahr409 Dass Rānikūh als Hauptsitz betrachtet wurde, hing mit der damaligen Situation zu tun. Erst nachdem die jungen Kiyās der zweiten Generation Sayyid Hādī entmachtet hatten, wurde Lāhīǧān das Territorium von Sayyid Ḥusain b. ‘Alī. Das erbliche Territorium der Nachkommen von Mahdī war Rānikūh. 410 Siehe Goto (1999) und 3-5-1. 411 Zum Beispiel: Sulṭān Muḥammad während der Regierungszeit seines Vaters, Sayyid Nāṣir; Sulṭān Muḥammads ältester Sohn Sulṭān ‘Alī Mīrzā in seiner Regierungszeit und Sulṭān Ḥasan in der Regierungszeit seines Bruders, Sulṭān ‘Alī Mīrzās. 412 Unter den Mar‘ašīyān ist ihre Existenz nur in späterer Zeit (in der letzten Hälfte des 10./ 16. Jahrhunderts) nachweislich belegt (vgl. TMM, 142, 287, 307).

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hunderts stellen heraus, dass die Herrscher der Zweigfamilie der Kiyāyān ebenso wie diejenigen von West-Gīlān ihren eigenen Wesir hatten (vgl. TH, 202; TG, 87). Aus Mangel an Angaben ist es aber nicht möglich, die genaue Funktion dieses Amts zu rekonstruieren. Trotzdem ist zu vermuten, dass der Wesir als Stellvertreter des Herrschers große Macht ausüben konnte. In der frühen Regierungszeit von Amīr Sayyid Muḥammad und in der Regierungszeit seines Vetters Sayyid Riżā wurde die Verwaltung des Landes größtenteils einem gewissen Faqīh ‘Alī Karfstānī überlassen, der zu seinen Vertrauten 413 und Würdenträgern (aṣḥāb wa a‘yān) gehörte (TGD, 114). Er trug aber keinesfalls den Titel eines Wesirs. Einer der Wesire in der frühen Zeit, deren Aktivitäten verfolgt werden können, war Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā, der Wesir von Ost-Gīlān während der Herrschaft Sayyid Sulṭān Muḥammads. Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā war Sohn eines Obersten Richters (qāżī al-qużāt) (TGD, 366). Er soll dieses Amt bereits während Sayyid Nāṣir Kiyās Regierungszeit bekleidet haben: Als Sayyid Nāṣir Kiyā am 12. Ẕū al-Qa‘da 851/18. Januar 1448 starb, war er sein Stellvertreter (nā’ib). Als Sulṭān Muḥammad den Thron bestieg, setzte er Niẓām al-Dīn Yaḥyā erneut 414 als Stellvertreter ein (TGD, 266, 269). Niẓām al-Dīn Yaḥyās Söhne, Šams al-Dīn 415 Muḥammad und Ǧalāl al-Dīn Aḥmad, machten als Offiziere Karriere (TGD, 299). Als Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī an einem Feldzug gegen Malik Kāwūs von Nūr teilnahm (Ša‘bān 861/Juni-Juli 1457), wurde Niẓām al-Dīn Yaḥyā mit einem Kollegen, 416 Sayyid ‘Ażud b. Mūsā al-Ḥusainī, zu ihm geschickt, um ihm die Erlaubnis zur Heimkehr zu erteilen (TGD, 286). Niẓām al-Dīn Yaḥyā und sein Kollege blieben weiter in Rustamdār und vermittelten zwischen Malik Kāwūs und Malik Iskandar (TGD, 286, 295-296). Bei einem Feldzug gegen Amīr Muḥammad von Rašt (863/1459) fragte Sulṭān Muḥammad Niẓām al-Dīn Yaḥyā um Rat, nach dem die Armee von Lāhīǧān unter Führung des Oberbefehlshabers von Rānikūh und Šukūr, Farḫzād b. Dabbāǧ eingesetzt wurde (TGD, 289). Niẓām al-Dīn Yaḥyā begleitete den Feldzug. Nach dem Sieg wurde ihm aufgrund seinrs Verdienste 413 In der Regierungszeit Amīr Sayyid Muḥammads soll Faqīh ‘Alī Kalfstānī für die Staatsverwaltung zuständig gewesen sein. Aufgrund von Meinungsunterschieden wegen der Lage in Lāhīǧān wurde er hingerichtet. Als zwischen den Brüdern Ḥusain b. ‘Alī und Riżā (damals der Herrscher von Pāšīǧā) Streitigkeiten um die Herrschaft über Lāhīǧān entstanden, schlug er Riżās Gefangennahme vor, was Sayyid Muḥammad als boshaftes Ansinnen betrachtete. 414 Da Niẓām al-Dīn Yaḥyā später als wazīr erwähnt wurde, ist zu vermuten, dass das Wort nā’ib in der Regierungzeit von Sayyid Sulṭān Muḥammad als Synonym für Wesir verwendet wurde. In der Regierungszeit von Nāṣir Kiyā war Sayyid Aḥmad Kiyās Stellvertreter (nā’ib) ein gewisser Sayyid ‘Alī Kiyā aus Diyālima-i walum. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī warf ihm anarchistische Verhältnisse (bī-daulat) unter seiner Regierung vor und schreibt ihm die Schuld an Sayyid Aḥmad Kiyās Missetaten zu (vgl. TGD, 204, 225). Sayyid ‘Alī Kiyā wurde nur als nā’ib bezeichnet (vgl. TGD, 203, 208, 224, 256). 415 Die beiden Brüder wuden später zu Oberbefehlshabern (sipahsālār) befördert (TGD, 294, 372). 416 Vgl. hierzu den letzten Paragraphen.

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Kūčisfān als abgabenfreies Lehen anvertraut. Sein Sohn Šams al-Dīn Muḥammad wurde zum Oberbefehlshaber von Lāhīǧān ernannt (TGD, 290-294). Als Amīr Muḥammad Raštī zurück nach Rašt marschierte, befand sich Sulṭān Muḥammad in seinem Sommerquartier in Sumām (865/1461). Niẓām al-Dīn Yaḥyā, der sich in Lāhīǧān aufhielt, wies Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī an, Farḫzād b. Dabbāǧ, der Sulṭān Muḥammad begleitete, abzulösen (TG, 298). Nach dem dritten Feldzug gegen Malik Kāwūs nahmen die Wesire von Gīlān und Māzandarān miteinander Kontakt auf, um weitere Maßnahmen gegen Malik zu treffen (TGD, 309). Als sich nach dem Tod des Herrschers von West-Gīlān, Amīr ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ Iṣḥāqī, Amīr Rustam Kūhdumī in die Angelegenheit von West-Gīlān einmischte, wurde Niẓām al-Dīn Yaḥyā zu ihm geschickt, um ihn davon abzuhalten (TGD, 366-367). Nachdem dieser Versuch gescheitert war, wurde er erneut zu Uzun Ḥasans Hof geschickt, um mit den Aq Quyunlu über den Tribut zu verhandeln und den Kiyāyān eine Vollmacht für die inneren Angelegenheiten beider Gīlānāt erteilen zu lassen (TGD, 375-375). Insgesamt übte der Wesir in der Ära der regionalen Dynastien als engster Vertrauter und Stellvertreter des Herrschers verschiedene Funktionen auf politischer Ebene aus. Wie Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyās Karriere zeigt, war ein Wesir im Grunde ein Zivilbeamter. Allerdings übernahm er bei Abwesenheit des Herrschers die Führung der Armee, wobei seine beiden Söhne Kommandanten wurden. Daraus lässt sich schließen, dass in den Küstenprovinzen, in die die türkischen und mongolischen Normadenvölker selten vordrangen, die Teilung der Ämter zwischen Zivilbeamten und Militäroffizieren nicht so eindeutig geregelt war, wie dies bei den Dynastien in Iran und Zentralasien oft der Fall war. Jedoch dürften die Wesire selten militärische Aktionen unternommen haben, da jede regionale Dynastie der Küstenprovinzen, besonderes die Kiyāyān, gut organisierte Streitkräfte besaßen. Andere Amtsbezeichnungen bzw. Behörden treten in den Chroniken selten in Erscheinung. Nur die Existenz einer Finanzbehörde (dīwān) ist festzustellen. Als Ḥusām al-Dīn b. Amīr Sayyid Muḥammad kinderlos starb (852/1448), kam sein Grundbesitz unter die Verwaltung des Finanzamtes. Sein Vermögen wurde als Schenkung (waqf) behandelt, um zugunsten der Armen Stiftungsgüter zu erwerben (TGD, 269). Diejenigen, die eine Beamtenfunktion innehatten, trugen Ehrentitel wie sayyid (einschließlich Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs), mullā, maulānā, ḫwāǧa, faqīh und qāżī und gehörten zu den Gelehrten. Bei den Kiyāyān hatte jeder Herrscher seine Untergebenen. Als Sayyid Nāṣir Kiyā Lāhīǧān dem angestammten Herrscher Sulṭān Ḥusain entriss, teilte er das Einkommen der Stadt mit seinem 417 Bruder Aḥmad. Von Sayyid Nāṣir Kiyās Seite wurde Ḫwāǧa Šams al-Dīn und von Aḥmads Seite wurde Ḫwāǧa Ḫāǧī Muḥammad als Finanzverwalter (‘āmil) 417 Dabei wurde vereinbart, die Kosten für den Unterhalt der Armee als Erstes aus den gesamten Einnahmen der Stadt zu verausgaben.

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eingesetzt. Als es bald darauf zwischen den beiden Beamten zu Streitigkeiten kam, übernahm Sayyid Nāṣir Kiyā erneut die Herrschaft über die Stadt, während Aḥmad auf seinen Wunsch hin Dailam erhielt (TGD, 205). Während des Feldzugs von 896/1490-1, unter der Regierung von Sulṭān ‘Alī Mīrzā, setzte dessen Oberbefehlshaber (sipahsālār) Abd al-Malik in jeder neu eroberten Region einen Stadthauptmann (dārūġa) ein und entsandte einen Steuerbeamten (taḥṣīldār) (TH, 43). Ein gewisser Mullā ‘Alī Ǧān Dīknī war in der frühen Regierungszeit Sulṭān Aḥmads zuständig für die Verwaltung des Staatsschatzes (ḫazāna-i pādšāhāna) gewesen. Nachdem der Oberbefehlshaber von Lāhīǧān, Sadīd Šaftī, an die Macht gekommen war, ernannte er seinen Komplizen Mullā ‘Alī Ǧān zum Oberbefehlshaber von Dailamān (TH, 255). An dessen Stelle wurde ein gewisser Mullā Ḥusām 418 al-Dīn eingesetzt (TH, 270-271). In Lāhīǧān belegt der Fall eines Marktaufsehers (muḥtasib) namens Šāh Kāwūs abermals, dass es in den Küstenprovinzen keine klare Aufteilung zwischen den Zivilbeamten und den Militärs gab. Der Marktaufseher stammte aus einer Offiziersfamilie und trug keinen der einem Gebildeten zustehenden Ehrentitel. Sein Vater Kāwūs Sawār war Ḫalābar wa Rastar von Kūčisfān (vgl. TH, 112), sein älterer Bruder Šāh Sawār war Ḫalābar wa Rastar von Lāhīǧān und sein Onkel 419 Farḫzād Ḫānād wa rastar von Lāhīǧān gewesen (TH, 285). Obwohl vermutlich kein festes Amt, leisteten die stellvertretenden Botschafter (īlčī) einen wichtigen Beitrag zur Außenpolitik. Sie wurden bei Feldzügen zu Friedensverhandlungen mit den Fürsten der Umgebung und zu den türkischen Herrschern geschickt, um über Steuern zu verhandeln. Sayyid ‘Alī Kiyā b. Mūsā al-Ḥusainī wurde 880/1476 zur Ablieferung der regulären Steuer an den Hof der Aq Quyunlu entsandt. Er sollte Uzun Ḥasan über die Einmischung des Herrschers von Kūhdum, Amīr Rustam, in die politischen Angelegenheiten von West-Gīlān unterrichten (TGD, 365). 882/1477 schickte Sulṭān ‘Alī Mīrzā Sayyid ‘Alī Kiyā mit dem Oberbefehlshaber, Ǧalāl al-Dīn Aḥmad, dem Sohn des Wesirs Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā, und dem Richter Qāżī Ḥamza nach West-Gīlān, um Amīr Dabbāǧ b. ‘Alā al-Dīn aus der Herrschaft über Fūman zu verdrängen und Amīr Isḥaq b. ‘Alā al-Dīn auf den Thron zu setzten. Amīr Isḥaq nahm von den Einwohnern den Treueeid entgegen (TDG, 400-401). Wie groß sein Verdienst war, lässt sich daraus ersehen, dass die Kiyāyān und die Großen der Dynastie, als er im selben Jahr starb, eine siebentägige Trauer anordneten. Die Großen aus Qazwīn besuchten sein Grab (TGD, 407-8). Sein Bruder Sayyid ‘Ażad b. Mūsā al-Ḥusainī war ein Amtskollege des Wesirs Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyās und wurde 861/1457 zusammen mit ihm nach Rustamdār geschickt, um die Provinz zwischen Malik Kāwūs und Malik Iskandar aufzuteilen (TGD, 286, 295-6). 872/1468 wurde er beim Feldzug des Timuriden Abū Sa‘īd nach Westen mit Geschenken nach Qazwīn ge418 Über Sadīd Šaftī und die Geschichte dieser Zeit siehe 4-1-1 und 5-2. 419 Ḫalābar und ḫanād sind militärische Funktionen. Zu näheren Einzelheiten siehe 5-2.

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schickt, um den Timuriden Gehorsam zu bezeugen. Nach dessen Abzug zog er zur Steuererhebung in die Stadt ein (TGD, 333, 342). Ein anderer Bruder, Sayyid ‘Abd al-Malik b. Mūsā al-Ḥusainī, wurde 885/1480 als Botschafter nach Māzandarān gesandt (TGD, 427). In der ersten Hälfte des 6./16. Jahrhunderts, nach dem Aufstieg der Safawiden, standen die Herrscher von Māzandarān und West-Gīlān unter deren Einfluss. Die Regenten (wakīl) verfügten nun ebenso über administrative wie militärische Befugnisse. Dies lässt den naheliegenden Schluss zu, dass die Wesire ihnen 420 untergeordnet waren.

5-1-3 Dārūġa (Stadthauptmann) Der Begriff dārūġa ist mongolischer Herkunft. Ein Dārūġa war ein Offizier, der als Stellvertreter des Ḫāns zur Verwaltung eines eroberten Territoriums eingesetzt wurde. Seine Aufgaben in der mongolischen Zeit waren zum Beispiel, Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten, Steuern einzutreiben und abzuliefern, Fronarbeiten zu organisieren, das Funktionieren des Postdienst zu gewährleisten, das Personenregister zu erstellen usw. In timuridischer Zeit soll ihr Aufgabenbereich vergleichbar gewesen sein, wobei sie in ihrem Amt aber eher ihrem Provinzfürs421 ten unterstanden. Die Mar‘ašīyān und die Kiyāyān setzten, ähnlich wie die Herrscher der turkomongolischen Zentralstaaten in jedem Gebiet (wilāyat) einen stellvertretenden Stadthauptmann (dārūġa) ein. Diese Gebiete waren meistens Orte außerhalb ihres festen Territorriums, die neu erobert worden waren, oder deren direkte Kontrolle aus verschiedenen Gründen nicht möglich war. Bei den Feldzügen der Mar‘ašīyān außerhalb von Māzandarān in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sind solche Ernennungen 781/1379-80 für Astarābād (TTRM, 222) und 782/ 1380-1 für Rustamdār (TTRM, 209-213) belegt. Astarābād gehörte damals zum Territorium der Sarbadārān in Ḫurāsān. Die Mar‘ašīyān vertrieben deren Herrscher Amīr Walī und besetzten (vermutlich nur für kurze Zeit) die Stadt. In Rustamdār, das erbliches Herrschaftsgebiet der Maliks war, mussten die Mar‘ašīyān bei der Verwaltung wohl mit großer Umsicht vorgehen. – Ein ähnliches Verfahren praktizierten auch die Kiyāyān. Beispiele: Alamūt (TGD, 63) Qazwīn (TGD, 70, 77; TH, 61, 97, 99-100, 111) Kūhdum (TGD, 346, 348) Ray (TH, 43) Alamūt blieb bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Ismā‘īliten, die eine Unterwerfung unter die Kiyāyān verweigerten. Kūhdum unterstand einem eigenen Amir mit erblichem Titel. Qazwīn, Fīrūzkūh und Ray waren 420 Siehe 5-3 und 5-5. 421 Floor (2001), 115; Manz (1989), 121-6, 170.

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Städte außerhalb der Küstenprovinzen. Die Ernennung eines Stadthauptmanns am Ende des 15. Jahrhunderts, d.h. kurz vor dem Aufstieg der Safawiden, beweist wiederum das Bestreben der Kiyāyān, Qazwīn zum Ausgangspunkt einer territorialen Expansion zu machen. Dass die Kiyāyān in Sumām, ihrem Sommerlager, einen Nāẓir (Verwalter) namens Mīr Gīw einsetzten, der als Kommandant (sardār) ebenfalls die Kontingente des Ortes führte (887/1482) (TH, 21-22), stellte 422 einen Sonderfall dar. Bei den Mar‘ašīyān könnten für die genannte Praxis weitere Beispiele aus dem 16. Jahrhundert angeführt werden. Während der Regierung ‘Abd Allāh Ḫāns, bevor Āqā Mīr Dīw Sawādkūhī Sawādkūh in Besitz nahm, war das Gebiet von einem Stadthauptmann namens Sulṭān Qaṣṣāb verwaltet worden. Āqā Mīr 423 Dīw vertrieb diesen und wurde Generalgouverneur (mustawlā) (TMM, 142). Als Malik Sulṭān Muḥammad b. Ǧahāngīr b. Kāwūs von Kuǧūr (Regierung: 975/1568– 998/1590) Nūr eroberte und anschließend Malik Bahman von Lāriǧān Āmul entriss, setzte er einen gewissen Zain al-‘Ābidīn Kālīǧ als Burgvogt (kūtwāl-i qal‘a) 424 ein und ernannte ihn auch zum dortigen Stadthauptmann (TMM, 311). Die genauen Aufgaben eines Stadthauptmanns sind nicht festzustellen, weil in den regionalen Chroniken genaue Angaben fehlen. Dargestellt sind meistens 425 nur die einzelnen Aufstellungen, ohne Namen zu nennen. Trotzdem lässt sich vermuten, dass seine Funktionen auf den administrativen Bereich beschränkt waren, weil es in jenen Gebieten (wilāyat, maużi‘), in denen ein Stadthauptmann ernannt worden war, häufig eine gleichnamige Festung gab, in der normalerwei426 se ein Burgvogt (kūtwāl-i qal‘a) dem Stadthauptmann zur Seite gestellt war. Da zum Verwaltungsbereich eines Gebietes auch alle anderen, ausserhalb der Stadt gelegenen Festungen gehörten, war der Burgvogt wahrscheinlich für die Militärverwaltung zuständig.

5-1-4 Kūtwāl-i qal‘a (Burgvogt) Die Küstenprovinzen waren seit langem für ihre Festungen (qal‘a) auf den Gipfeln schroffer Gebirgszüge bekannt, die zur Verteidigung des Gebietes gebaut 422 Diese Angabe entspricht allerdings nicht denjenigen im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān (TGD, 434). Danach hieß der Führer der Sumāmer Kontingente Kār Kiyā Muḥammad. 423 Welche Funktionen das Amt des mustawlā umfasste, ist nicht klar. Diese Bezeichnung tauchte in den regionalen Chroniken selten auf. Sicher ist, dass Āqā Mīr Dīws Handlungen und seine Position offiziell von Mīr Sulṭān Murād Ḫān dadurch anerkannt wurden, der mit ‘Abd Allāh Ḫān konkurrierte und dem er als Wakīl diente (vgl. TMM, 142, 159). 424 Wie im folgenden Paragraphen erläutert, war es ein seltener Fall, dass ein Würdenträger das Amt des Stadthauptmanns und das des Burgvogts gleichzeitig bekleidete. 425 Die Namen der von den Timuriden ernannten Stadthauptmänner sind bekannt: Iskandar Šaiḫī in Āmul, Ǧamšīd Qārūn Gūrī und sein Sohn Šams al-Dīn in Sārī. Siehe 3-4-3. 426 Als die Mar‘šīyān das Flachland von Rustamdār eroberten, setzten sie dort (gemeint sind Kuǧūr und Umgebung) Stadthauptleute ein (TTRM, 209). Als die Festung von Kuǧūr später kapitulierte, wurde dort ein neuer Burgvogt eingesetzt (TTRM, 210). Das gleiche Vorgehen ließ sich bei der Eroberung von Nūr (TTRM, 212-3) und Lāriǧān beobachten (TTRM, 213-4).

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wurden. Die berühmtesten dieser Festungen waren die von Alamūt und Lammasar, in denen sich in der seldschukischen bzw. mongolischen Zeit die häretischen Ismā‘īliten verschanzt hatten. Die regionalen Fürsten schätzten diese Anlagen sehr und machten sie zum administrativen bzw. militärischen Mittelpunkt eines jeden Gebietes. Im Flachland wurden innerhalb dichter Waldgebiete eben427 falls einige Festungen gebaut, z.B. in Lāhīǧān, Āmul, Nūr und Kuǧūr. Sie fungierten als Zufluchtsort bei Angriffen und als befestigte Schatzhäuser. Als Timur in Māzandarān einmarschierte, begannen die Mar‘ašīyān, innerhalb der Festung von Māhāna-sar feste Unterkünfte für die dortigen Einwohner zu erbauen, schafften die Schätze von Āmul und Sārī dorthin und schlossen sich ein. Nachdem die Sayyids sich ergeben hatten, beschlagnahmte Timur diese Schätze und 428 ließ die Festung niederbrennen. Am Ende des 16. Jahrhunderts befand sich die Schatzkammer der Mar‘ašīyān in der Festung von Fīrūzǧā, wo 60.000 tūmān an Geld und Bücher im Wert von 6000 tūmān aufbewahrt wurden (TMM, 255, 280). Als Farhād Ḫān Qarāmānlū nach Māzandarān zog, um die Provinz zu annektieren, stand Āmul unter der Kontrolle von Malik Bahman von Lāriǧān. Seine Leute verschanzten sich in der Festung, bis ihr Anführer Waldān Amīr Qawām al-Dīn nach drei Monaten Frieden schloss (TMM, 341-345). Als oberster Befehlshaber der Festungen wurde ein Burgvogt (kūtwāl-i qal‘a) eingesetzt. Wie im Fall des Stadthauptmanns sind die Angaben zu dürftig, um seinen genauen Aufgabenbereich rekonstruieren zu können. In der Regel verwaltete ein Burgvogt eine ihm übertragene Festung und im Falle einer Belagerung oblag ihm die Entscheidung über Widerstand oder Kapitulation. In die Kiyāyān betreffenden Aufzeichnungen werden die Namen und Amtssitze mehrerer Burgvögte genannt, die zudem Rückschlüsse über ihren Aufgabenbereich geben. Da die Festungen als militärische Stützpunkte dienten, wurden gewöhnlich Militäroffiziere zu Burgvögten bestellt, wie die folgende Liste zeigt: -sardār (ernannt von Malik Gayūmarṯ b. Bīstūn) in Alamūt (TGD, 123) 832 sardār in Ṭāliqān sardār (ein Dailamaner) in Lūrā sardār (Kiyā Malik b. Tāǧ al-Dīn) in Šamīrān (TGD, 157) 846 sipahsālār (Kiyā Muḥammad b. Ḥusain) in Lammasar (TGD, 248) 429 912 Derwisch Muḥammad in Tunikābun (TH, 268-269)

427 Ob sich die bei den Städten gelegenen Festungen in Āmul, Sārī bzw. Tunikābun, außerhalb der Stadt befanden oder an diese angrenzten, ist nicht festzustellen. Als Amīr Sayyid Muḥammad Alamūt zum zweiten Mal eroberte, setzte er in die Festung einen Burgvogt und für das Gebiet (wilāyat) einen Finanzverwalter (‘āmil) ein (TGD, 122). Diese Tatsache deutet auf die Funktionen eines Stadthauptmanns hin. 428 Die Mar‘ašīyān hatten die Schätze in der Festung von Sārī begraben (TTRM, 233, 235). 429 Wegen des Aufstandes des Herrschers von Tunikābun wurde die Festung in der Regierungszeit von Sulṭān Ḥasan belagert. Die Belagerung dauerte ein Jahr bis kurz nach der Thronbesteigung von Sulṭān Aḥmad. Derwisch Muḥammad leitete die Belagerung.

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Außer Kiyā Muḥammad b. Ḥusain, dem Oberbefehlshaber (sipahsālār) von Lammasar, waren sie vom Dienstgrad her Kommandanten (sardār). Wie im Weiteren gezeigt wird, verfügten die Kiyāyān über eine klar gegliederte Militärorganisation, in deren Hierarchie die Oberbefehlshaber der wichtigen Regionen an der Spitze standen. Lammasar war eine dieser Regionen, in denen stets ein Oberbefehlshaber stationiert war. Nach der Niederschlagung von Sayyid Aḥmads Aufstand (846/1442-3) übergab Sayyid Nāṣir seinem Bruder Sayyid Rikābzan das Ge430 biet (wilāyat) von Alamūt mitsamt der dortigen Festung (TGD, 256). Es lässt sich vermuten, dass in bestimmten Regionen die Hauptfestung sowohl als administratives Zentrum als auch militärischer Hauptstützpunkt fungierte, deren Leiter ein Oberbefehlshaber war. Die kleineren, weniger wichtigen Festungen wurden wahrscheinlich von den untergeordneten Kommandanten verwaltet. In der frühen Regierungszeit Sulṭān Aḥmads nach dem Umsturz in Ost-Gīlān wurden in der Festung von Lammasar ein Derwisch-Sohn, Mīr Mas‘ūd b. Muḥamad Rānikūh, zum Burgvogt und Kiyā Ḥusain Ǧalāl al-Dīn zum dortigen Oberbefehlshaber ernannt, während Mullā Niẓām al-Dīn zum Burgvogt der Festung von Alamūt und ein gewisser Ni‘mat zum dortigen Oberbefehlshaber berufen wurden (TH, 431 287-288). Diese simultanen Ernennungen eines Oberbefehlshabers und eines Burgvogts für jeweils eine Festung weisen auf eine neue Entwicklung im Verwaltungssystem in der Spätzeit der Kiyāyān hin.

5-2

Sipahsālārān und Ḫalābarān in Ost-Gīlān

Schon in der Bāwanditen-Zeit ist bei fast allen regionalen Dynastien der Küstenprovinzen die Existenz eines Oberbefehlshabers mit dem Titel sipahsālār als höchster militärischer Dienstrang nachweisbar. Die Mar‘ašīyān, die Kiyāyān und die Amire von West-Gīlān teilten ihr Herrschaftsgebiet in kleinere Regionen und ernannten für jede davon einen Sipahsālār, der die unter seinem Befehl stehenden örtlichen Kontingente anführen sollte. Besonders den Kiyāyān war es gelungen, eine klar strukturierte Militärorganisation aufzubauen, die ihnen eine Aus432 dehnung über Ost-Gīlān hinaus bis nach Qazwīn ermöglichte. Die Streitkräfte der Kiyāyān, die sich im Laufe ihrer Feldzüge gegen die Amire von West-Gīlān und die Ismā‘īliten in Dailamistān herausbildeten, entwickel430 Obwohl Sayyid Rikābzan einer von den Kiyāyān war, machte er eine militärische Karriere. Er war zuvor Oberbefehlshaber von Lāhīǧān gewesen und führte die Armee als Oberbefehlshaber von Gīl und Dailam bei der Bekämpfung des Aufstands von Sayyid Aḥmad (TGD, 248). Alamūt wurde anschliessend für einige Zeit das erbliche Territorium seiner Nachkommen (seiner Söhne Yaḥyā Ǧān und Aḥmad), die wohl ebenfalls militärische Funktionen übernommen hatten, da während ihrer Regierungszeit kein Oberbefehlshaber von Alamūt genannt wird. 431 Diese Ernennungen wurden durch Sadīd Šaftī, den Oberbefehlshaber von Lāhīǧān durchgeführt, der die wahre Macht innehatte und seinen Verwandten und Vertrauten derartige Ämter zuschanzen konnte. Aus diesem Grund ist die Initiative Sulṭān Aḥmads bei der Einführung des neuen Verwaltungssystems eher fragwürdig. 432 Siehe 3-5-1 und Goto (1999), 72-74.

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ten nach der Niederschlagung des Aufstands von Sayyid Aḥmad und der abschliessenden Befriedung der Einwohner von Dailamistān ihre endgültige Organisationsstruktur. Die Standorte der Kontingente und ihre zugehörigen Wehrbereiche entsprachen im Großen und Ganzen der Aufteilung der Herrschaftsgebiete unter den Familienmitgliedern der Kiyāyān. In jeder Region – auch in den Herrschaftsgebieten der Zweigfamilien – war ein Kontingent stationiert, dem ein verantwortlicher Sipahsālār an die Spitze gestellt wurde. Die wichtigsten Standorte in Gīlān waren in früherer Zeit Rānikūh und Lāhīǧān, in Dailamistān hingegen Šukūr. Ost-Gīlān (Gīl): Rānikūh, Lāhīǧān, Rūdsar Dailamistān (Dailam bzw. Kūh): Šukūr, Dailamān, Lammasar/Rūdbār, 433 Sumām, Alamūt, Ḫargām, Ṭāliqān (in Rustamdār) West-Gīlān: Laštanisā, Kūčisfān, Garǧiyān, Pāšīǧā 434 Kūhdum: Raḥmatābād Herrschaftsgebiete der Zweigfamilien: Tunikābun, Gūka Nachdem sich die Herrschaft der Linie Mahdīs etabliert hatte, führten die Herrscher (nämlich Sulṭān Muḥammad und Sulṭān ‘Alī Mīrzā) nur wenige Feldzüge durch und überliessen militärische Operationen ihren Sipahsālārān, obwohl die eigentliche Kommandogewalt bei den Herrschern selbst verblieb. Als Sulṭān ‘Alī Mīrzā einen großen Feldzug gegen Amīr Isḥaq von Fūman unternahm, übergab er die Führung seinem Sipahsālār, Amīr Sayyid ‘Abd al-Malik, betraute aber seinen Bruder Sulṭān Ḥasan mit der Befehlsgewalt über das gesamte Militär (907/ 1501-2) (TH, 115). Die Sipahsālārān waren im Grunde Militäroffiziere. Dass jedoch in den Küstenprovinzen keine klare Unterscheidung zwischen Zivilbeamten und Militäroffizieren bestand, zeigen die folgenden Beispiele. Das erste Beispiel ist der Fall von Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī, der aus einer renomierten Sayyid-Familie stammte, trotzdem eine Karriere als sipahsālār machte und gleichzeitig als engster Vertrauter der Kiyāyān zwei Regionalchroniken verfasste. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī (geboren 815/1412-3 oder frühestens 814/1411-2) wird als Militärführer erstmals im Zusammenhang mit einem Feldzug zur Unterstützung Malik Iskandars genannt (860/1456)(TGD, 280). Bei einem Feldzug nach Rašt führte er in Vertretung des abwesenden Sipahsālār Farḫzād b. Dabbāǧ die Kontingente von Gīlān und Dailamistān (865/1461)(TGD, 298). 873/1469 wurde er zum

433 In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist in den Chroniken kein Sipahsālār von Alamūt erwähnt. Der Herrscher von Alamūt, Sayyid Rikābzan, war selbst ein Sipahsālār und sein Sohn und Nachfolger Yaḥyā Ǧān führte ebenfalls persönlich das Kontingent von Alamūt (TGD, 330). Siehe auch 5-4-1. 434 In Raḥmatābād in Ost-Kūhdum wurde erst ein Sipahsālār eingesetzt, nachdem Kūhdum von dessen Amir Amīr Rustam entrissen worden war (887/1482)(TGD, 439).

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ersten Mal zu einem Sipahsālār von Lammasar ernannt (TGD, 336). Inzwischen führte er mehrere Male die beiden Kontingente von Gīlān und Dailamistān. 887/1483 wurde er von diesem Posten abgelöst und zum Sipahsālār von Garǧiyān 436 und Galīǧān ernannt (TGD, 442). 890/1845 wurde er zum Sipahsālār von Rānikūh (TGD, 456) und führte 892/1487 trotz seines hohen Alters einen letzten Feldzug nach Māzandarān, wahrscheinlich aufgrund seiner Vertrautheit mit der Provinz (TGD, 465-466; TH, 25). Seine Söhne Aḥmad und Nāṣir al-Dīn traten in die 437 Fußstapfen ihres Vaters (TGD, 312, 465). Zweites Beispiel: Die beiden Söhne des Wesirs Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā begannen ihre Karriere im Rang eines sardār und brachten es bis zum Sipahsālār. Einer von ihnen, Šams al-Dīn Muḥammad, wurde 863/1459 zum Sipahsālār von Lāhīǧān ernannt (TGD, 294). Diese Position behielt er mehr als 30 Jahre (vgl. TGD, 438 372, 379; TH, 16, 31, 115, 137-8). Der andere Sohn, Ǧalāl al-Dīn Aḥmad, war jener Sipahsālār, der 880/1476 während der Bekämpfung der Unruhen in Fūman dort Station machte (TDG, 372). In den Aufzeichnungen über das Jahr 881/1476 führte er als Sipahsālār die Kontingente von Pāšīğā, Laštanisā, Rānikūh und Lāhīğān (einen Teil davon) an (TGD, 379). Falls ein gewisser Abū Sa‘īd Mīr Kār Kiyā Hišām al-Dīn, der 887/1482 das Amt des Sipahsālārs von Kūčisfān innehatte und die Kontingente von Laštanisā, Pāšīğā, Gūka, Kīsum usw. führte (TGD, 435436), mit dem Sipahsālār von Rānikūh im Jahr 882/1477, Hišām al-Dīn b. Ǧalāl alDīn, identisch wäre, (TGD, 402), könnte es sich um Ǧalāl al-Dīn Aḥmads Sohn 439 handeln. Drittens: Im Lauf der Zeit begannen die seit alters her für ihre Tapferkeit bekannten Dailamistāner die meisten Sipahsālār–Posten zu besetzten und aufgrund ihrer militärischen Tätigkeiten einen großen Einfluss auf die Herrscher und die Politik auszuüben. Besonders Sulṭān ‘Alī Mīrzā hatte ihnen seine militärischen Erfolge zu verdanken. Sulṭān ‘Alī Mīrzās erfolgreichster Sipahsālār war Amīr Sayyid ‘Abd al-Malik. Erwähnt wurde er erstmals anlässlich seiner Ernennung zum Sipahsālār von Lammasar (886/1481)(TGD, 430). Vier Jahre später (890/1485) 435 Er dürfte spätestens 886/1481 von seinem Amt abgelöst worden sein, da in diesem Jahr Amīr Sayyid ‘Abd al-Malik in dasselbe Amt ernannt wurde (TGD, 430). Jedoch könnte seine Ablösung schon früher erfolgt sein, da er 881/1476-7 seine beiden Chroniken vollendete. Das heißt, dass er zwischen dem Ende der 1470er und dem Anfang der 1480er Jahre geschreiben hatte, als unter Sulṭān ‘Alī Mīrzā relativ wenige Feldzüge stattfanden. 436 Sein Vorgänger hieß Kiyā ‘Alī, ein Dailamistaner aus Šukūr, der nach dem Tod des dortigen Herrschers, Sulṭān Ḥusain, eines Bruders von Sulṭān ‘Alī Mīrzā, in Garǧiyān und Galīǧān eingesetzt worden war. Nachdem er durch Ẓahīr al-Dīn abgelöst worden war, wurde er mit einem erhöhten Gehalt erneut in Šukūr eingesetzt. 437 Über seinen späteren Lebensweg finden sich in den Chroniken keine Angaben. 438 Wenn der dortige Sipahsālār, der im Tārīḫ-i Ḫānī schlicht Kār Kiyā Muḥammad benannt ist und 910/1504-5 starb (TH, 193), mit ihm identisch wäre, heißt dies, er hätte mehr als 40 Jahre lang diese Position bekleidet. 439 Da Kūčisfān einst Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā anvertraut worden war (863/1459), besteht die Möglichkeit einer Verbundenheit der Familie mit der Region.

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wurde er zum Sipahsālār von Dailamān ernannt (TGD, 456). Seine Herkunft ist unklar, aber wahrscheinlich stammt er wie die anderen Sipahsālārān dieser Zeit, die die Dailamistāner Kontingente führten, ebenfalls aus Dailamistān (vgl. TGD, 474). Wie Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī war auch er ein gelehrter Sayyid, der in der Verwaltung der Stadt Qazwīn tätig war. Seine größte Leistung war die zweimalige Eroberung von Qazwīn (896-897/1490-2 und gegen 906/1500-1). Während seines Aufenthaltes in der Stadt verwaltete er sowohl die administrativen als auch die finanziellen Angelegenheiten der Stadt (dārā’ī wa żabt wa nasq-i Qazwīn) (TH, 37, 41, 100). In den Sitzungen (maǧlis) fragte Sulṭān ‘Alī Mīrzā ihn oft um seine Meinung, wobei er mitunter auch eine längere Ansprache hielt (TH, 113-114, 125, 137). Bei der letzten Sitzung vor dem Feldzug nach Kūhdum, an der auch Sulṭān ‘Alī Mīrzās Brüder teilnahmen, versuchte er, angesichts wiederholter Niederlagen und fehlender Truppen Sulṭān ‘Alī Mīrzā zum Verzicht auf das Unternehmen zu überreden, ohne sich damit durchsetzen zu können (TH, 138). Sein Tod während dieses Feldzuges (908/1502-3)(TH, 141) markierte den Niedergang der Machtstellung Sulṭān ‘Alī Mīrzās. Im Gegenzug wuchs der Einfluss der Sipahsālārān aus Dailamistān, was zum Untergang der ganzen Dynastie führen sollte. Nach dem Tod Amīr Sayyid ‘Abd al-Maliks setzte Sulṭān ‘Alī Mīrzā Kiyā Farīdūn Dailamī zum Sipahsālār von Rānikūh und Kiyā Hindū b. Kiyā Tāǧ al-Dīn Dailamī zum Sipahsālār von Šukūr ein (TH, 143-144). Wie ihre Beinamen (nisba) verraten, stammten beide aus Dailamistān. Kiyā Hindūs Vater, Kiyā Tāǧ al-Dīn, hatte seine Karriere als sardār von Šukūr begonnen (TGD, 330), stieg bis zum Sipahsālār von Šukūr auf (TGD, 373, 379, 402, 410) und führte wähend der Niederwerfung des Aufstands des Herrschers von Tunikābun, (Sayyid Kiyā) Yaḥyā Kiyā, die beiden Kontingente von Gīl und Dailam (887/1482) (TGD, 432; TH, 17). Kiyā Tāǧ al-Dīns anderer Sohn, Kiyā Muḥammad, wurde zum Sipahsālār von Raḥmatābād ernannt (887/1482) (TGD, 439). Obwohl Amīr Sayyid ‘Abd al-Malik vor seinem Tod das Amt des Sipahsālārs von Rānikūh bekleidet haben könnte, weil er die Kontingente von Gīlān und Dailamistān geführt hatte, war Kiyā Farīdūn Dailamī, der aus Šukūr stammte und seit seiner Kindheit von Sulṭān ‘Alī Mīrzā besonders bevorzugt wurde (TH, 143-144), der erste Dailamistāner, dessen Bestallung als Sipahsālār eines Gīlāner Kontingentes in den regionalen Chroniken 440 festzustellen ist. Allerdings führte die Sorge um den Nachfolger Sulṭān ‘Alī Mīrzās, der nun 60 Jahre alt war und keine Kinder hatte, zu heftigen Machtkämpfen unter den Sipahsālārān, die in dem bereits erwähnten Umsturz gipfel441 ten. Dieser Umsturz und die kurze Übergangszeit unter Sulṭān Ḥasan bildeten 440 Vor seiner Ernennung ist noch die Existenz eines Rānikūher Sipahsālārs namens Kār Kiyā Hišām al-Dīn b. Kār Kiyā Muḥammad im Tārīḫ-i Ḫānī festzustellen (gegen 900/1494-5)(TH, 85). Dem Namen nach könnte er kein Dailamistāner, sondern ein Sohn des Sipahsālārs von Lāhīǧān gewesen sein. 441 Siehe 4-1-1 über den Umsturz und seine Folgen.

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einen Wendepunkt. Nachdem Sulṭān ‘Alī Mīrzā und Sulṭān Ḥasan fast gleichzeitig den Tod fanden und Sulṭān Ḥasans Sohn, Sulṭān Aḥmad den Thron bestieg, wurden in der Folge Sulṭān ‘Alī Mīrzās Mörder, Amīr Kiyā Farīdūn, und der Sipahsālār von Lāhīǧān, Amīr Abū Sa‘īd, getötet. Damit nahm der militärische Höhenflug der Dailamistāner ein Ende. Amīr Abū Sa‘īds Nachfolger, Sadīd Šaftī, ergriff an Stelle des neuen, jungen Herrschers die politische Macht, bis er schließlich wegen seines diktatorischen Gebarens ermordet wurde (912/1507). Dem Tārīḫ-i Ḫānī zufolge soll er vor seinem Tod außer der Position des Oberbefehlsha442 bers (amīr al-umarā) zwei andere Ämter am Hof bekleidet haben (TH, 307). Über seine Herkunft und Karriere wird nur sehr wenig berichtet. Aufgrund seines Beinamens wird vermutet, dass er (bzw. seine Vorfahren) aus Šaft in West-Gīlān stammte, das heißt, dass er nicht zu den traditionellen Würdenträgern gehörte, 443 sondern eher ein Aufsteiger war. Er soll einer von Sulṭān ‘Alī Mīrzās Untertanen gewesen sein, der sich aus Angst vor einem bald erwarteten Machtwechsel zusammen mit einem Komplizen namens ‘Alī Ğān Dīknī Sulṭān Ḥasan angedient 444 hatte. Beide unterrichteten Sulṭān Ḥasan über die politische Lage am Hof Sulṭān ‘Alī Mīrzās und bewirkten so die Entfremdung zwischen Sulṭān Ḥasan und seinem Bruder und eine Eskalation der Machtkämpfe. Zwei seiner drei Brüder (Mullā Muḥammad, Mullā ‘Alī) und einen Cousin (Mullā Niẓām al-Dīn) ernannte er zum Sipahsālār oder zum Burgvogt (kūtwāl-i qal‘a). Neben dem Dienstgrad Sipahsālār existierte in Ost-Gīlān als weiteres hochrangiges militärisches Amt der Posten des ḫalābar. Das Wort bedeutet im Gīlāner Dialekt ursprünglich Hausangestellter. Die Ḫalābarān wurden hauptsächlich in den Städten des Flachlandes, wie Rānikūh, Lāhīǧān, Tunikābun, Garǧiyān und Kūčishān, ernannt (vgl. TGD, 105, 210, 261; TH, 52, 138). In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind als Amtssitze nur Rānikūh und Tunikābun erwähnt (vgl. TGD, 136, 219, 261). 820/1418, nach der Annektierung von Dailamistān, wurde in Rānikūh eine Kaserne samt anderen Einrichtungen für die Ḫalābarān gebaut (TGD, 140-145). Daraus ist zu schließen, dass, während das von einem Sipahsālār geführte Kontingent bei jedem Feldzug einberufen wurde (vgl. TGD, 160, 221, 406, 465; TH, 74), die Ḫalābarān die stehenden Heere der wichtigen Städte des Flachlandes befehligten und so im Prinzip zuständig für die Verteidigung der 442 Vor seinem Tod war er gleichzeitig der Sipahsālār von Lāhīǧān und von Šukūr (TH, 300). Die Bezeichnung amīr al-umarā soll als der höchste Dienstgrad Sadīd Šaftī, dem Führer der Armeen der beiden wichtigsten Regionen von Gīlān und Dailamistān, verliehen worden sein. Eines der anderen beiden Ämter am Hof war das des Regenten oder ein ähnliches Amt, da er in Vollmacht der Staatsangelegenheiten (iḫtiyār al-mulkī) war (TH, 255). In der ersten Hälfte des 6/16. Jahrhunderts wurden unter dem Einfluss der Safawiden neue Ämter eingeführt, deren genaue Funktionen in den Küstenprovinzen nicht ganz klar sind (siehe auch 5-5). Über das andere Amt am Hof sind lediglich Mutmaßungen möglich. 443 Da seine Brüder und Cousins den Ehrentitel mullā trugen (TH, 287-288), könnte seine Familie zu den (allerdings nicht hochrangigen) Gelehrten gehört haben. 444 ‘Alī Ğān Dīknī war in der frühen Regierungszeit von Sulṭān Aḥmad zuständig für die Verwaltung des Staatsschatzes (TH, 271).

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Stadt und ihrer Umgebung waren. Ein oberster Ḫalābar sollte etwa hundert Ḫalābarān – eine wesentlich kleinere Truppe als das von einem Sipahsālār geführte 445 Kontingent – befehligt haben (vgl. TGD, 261). Obwohl sie in den Chroniken selten in Erscheinung treten, besaßen die Ḫalābarān einen gewissen Einfluss auf die Politik. Als Amīr Sayyid Muḥammad b. ‘Alī und sein Cousin Sayyid Riżā sich gegen ihren Onkel Sayyid Hādī von Tunikābun erhoben, ging der Ḫalābar wa Rastar von Rānikūh, Ǧalāl al-Dīn, zusammen mit allen übrigen Ḫalābarān auf die Seite Sayyid Muḥammads über. Dem Ḫalābar-Führer folgten die Leute von Rānikūh. Ihre aufrechte Haltung und ihre Treue zu dem erblichen Herrscher trugen zum Sieg Sayyid Muḥammads bei (TGD, 105). In früherer Zeit nahmen die Ḫalābarān nur an Feldzügen teil, wenn die übrigen 446 Kontingente demobilisiert waren. Eine rangmäßige Abstufung zwischen den Sipahsālārān und Ḫalābarān ist nicht nachweisbar. In früheren Zeiten konnte es vorkommen, dass zwei Mitglieder einer Sayyid-Familie beide Posten teilten. 833/1478-9 ernannte Sayyid Nāṣir Kiyā nach seiner Thronbesteigung Sayyid Riżā Biǧārpasī zum Sipahsālār von Rānikūh (TGD, 183). Sayyid Aḥmad Kiyā Biǧārpasī wurde mit den Soldaten (‘asākir) von Rānikūh nach Lāhīǧān geschickt, um in der Stadt für Ordnung zu sorgen 447 (TGD, 198). Später wird er als Ḫalābar wa Rastar von Lāhīǧān erwähnt (TGD, 210). Später, auch in Sayyid Nāṣir Kiyās Regierungszeit, erteilte der Sipahsālār von Rānikūh, Kiyā Nāṣir Kiyā Tawīlā, den Ḫalābarān einmal den Befehl, den damals von seinem Sohn entthronten und inhaftierten Amīr Sayyid Muḥammad von Rānikūh in eine Festung in Lāhīǧān zu verbringen (TGD, 227). Dieses Verfahren war aber wahrscheinlich einer Ausnahmesituation geschuldet, weil zu dieser Zeit Sayyid Aḥmad Kiyā begann, sich gegen seinen Bruder Sayyid Nāṣir zu erheben. Sayyid Aḥmad Kiyā berief seine Armee heimlich in Rūdsar ein, um den Vater in seine Gewalt zu bringen. Ein Rānikūher Soldat wurde auf den Plan aufmerksam und benachrichtigte den Sipahsālār von Rānikūh, der eilends versuchte, ohne Sayyid Nāṣirs Wissen Sayyid Aḥmad von seinem Vorhaben abzuhalten. Am Ende des 15. Jahrhunderts, in Sulṭān ‘Alī Mīrzās Regierungszeit, finden wir weiterhin Ḫalābarān im Flachland in Lāhīǧān, Rānikūh, Kūčisfān, Garǧiyān und Laštanisā, aber darüber hinaus auch in Lammasar und in Dailamān (vgl. TH, 49, 52, 72, 112, 227). Gegen 906/1500-1 stand Kūčishān unter Kontrolle von Amīr Isḥaq von Fūman, wobei ein Ḫalābar wa Rastar namens Qāwūs Salār im Auftrag des Amirs für die Verteidigung des Ortes zuständig war (TH, 112). Nachdem die 445 Im Vergleich zu Ḫalābar führte ein Sipahsālār normalerweise 1000 bis 5000 Soldaten, je nach Zahl der Kontingente. 446 Zum Beispiel kamen bei einem Feldzug Kontingente von Dailamistān der Einberufung nicht nach, weil es schon die Zeit der sommerlichen Wanderung war und die Dailamistāner zu ihrem Sommerlager aufgebrochen waren (TGD, 213. Vgl. 227). 447 Zu dieser Zeit herrschte Sulṭān Ḥusain Kiyā über Lāhīǧān. Wegen seiner schlechten Regierung nahm Sayyid Nāṣir Kiyā ihn gefangen und übergab die Stadt seinem Bruder Aḥmad.

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Sipahsālārān der Kiyāyān, Amīr Abū Sa‘īd und Kiyā Kālǧār, die Stadt erobert hatten, töteten sie den Ḫanād wa Rastar Šāh Malik und setzten dort einen Sipahsālār 448 und einen Ḫalābar wa Rastar ein (TH, 138). Es gab in dieser Zeit zwei Sipahsālārān, die vor ihrer Ernennung eine Karriere als Ḫalābar hinter sich hatten. Einer war ‘Alā al-Dīn Tūlam, der der Ḫalābar wa Rastar von Rānikūh gewesen war (TH, 252) und unter Sadīd Šaftī zum Sipahsālār von Rānikūh wurde (TH, 255). Der andere war Amīr Ġiyāṯ al-Dīn. Amīr Sayyid ‘Abd al-Maliks Neffe Amīr Ġiyāṯ al-Dīn wurde bei seinem Eroberungzug von Qazwīn als sein Vertreter (qā’im maqām) für die Verwaltung der Stadt eingesetzt (TH, 41, 47). Er begann seine militärische Karriere als Ḫalābar wa Rastar von Lammasar (TH, 72). Später wurde er von Sulṭān ‘Alī Mīrzā als Stadthauptmann (dārūġa) von Qazwīn mit der Verteidigung der Stadt gegen die Aq Quyunlu beauftragt (TH, 97-99, 111, 129). Als Kiyā Farīdūn Dailamī zum Sipahsālār von Rānikūh wurde, betrachtete er Amīr Ġiyāṯ al-Dīn als seinen politischen Gegner. Um ihn über seine wahren Absichten zu täuschen, ernannte er ihn mit Sulṭān ‘Alī Mīrzās Einverständnis zum Sipahsālār von Lammasar und nahm ihn 449 dann gefangen (TH, 145). Nach dem Aufstieg der Safawiden, das heißt in der Zeit zwischen dem Tod von Sulṭān ‘Alī Mīrzā bis zur Regierungszeit von Ḫān Aḥmad Ḫān, besteht hinsichtlich der Informationen über die Aktivitäten der Sipahsālārān eine Lücke. Jedoch wurden die Posten der Sipahsālārān bis in die späte Zeit oftmals, wie oben geschildert, unter bestimmten Familien vererbt (vgl. TG, 259). Nach dem Umsturz wurde dem Sipahsālār von Lāhīǧān, Abū Sa‘īd Mīr, sein erblicher Anspruch auf das Amt zugesichert (TH, 228). Zur selben Zeit befand sich in Tunikābun eine Familie namens Murštāwandān, deren Mitglieder von Generation zu Generation das Sipahsālār-Amt von Tunikābun ausübten (TH, 211). Die Sipahsālārān überlebten somit die Annektierung Gīlāns und gestalteten noch eine Weile die Geschichte der Küstenprovinzen mit.

448 Schon in früherer Zeit erscheint das Wort ḫalābar im Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān und im Tārīḫ-i Ḫānī häufig in Verbindung mit dem Wort rastar (ḫalābar wa rastar) (vgl. TGD, 213; TH, 49, 52, 61, 72, 112, 119). Parallel dazu wurde im Tārīḫ-i Ḫānī die Bezeichung ḫanād wa rastar verwendet (cf, TH, 138, 285, 227, 358). Die Vermutung liegt nahe, dass im Tārīḫ-i Ḫānī die Bedeutung der Begriffe ḫalābar und ḫanād identisch sind. Allerdings ist nur rein einziger Fall nachweisbar, bei dem Sadīd Šaftī zu Beginn der Regierungszeit Sulṭān Aḥmads seinen Schwager Šāh Qubād zum ḫalābar wa rastar von Lāhīǧān und einen anderen Schwager, Kiyā Ḥamza-i Kiyā Rustam, zum ḫanād wa rastar derselben Stadt bestellte (TH, 285). Ḫanād bedeutet in wörtlichem Sinne „Ordonnanzoffizier“. Es kam vor, dass ein Ḫanād Kontingente führte und am Feldzug teilnahm (von Dailamān in TH, 22; von Lāhīǧān in TH, 88). Obwohl diese Fälle zusätzliche Aufgabenbereiche des Ḫalābar und seine funktionelle Veränderungen andeuten, ist die Rekonstruktion der konkreten Funktionen von ḫalābar, ḫanād und rastar mangels näherer Informationen nicht möglich. 449 Siehe 4-1-1.

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5-3

A‘yān: Würdenträger in West-Māzandarān und Ost-Māzandarān

Wie bereits dargelegt, wurde unter den Mar‘ašīyān Māzandarān im Prinzip in zwei Regionen, das heißt, in den Osten und den Westen aufgeteilt – später kam 450 noch Sawādkūh hinzu – und in jeder Region einen Sipahsālār eingesetzt. Die Posten der Sipahsālār waren ausschließlich im Besitz bestimmter Familien, die als Würdenträger (a‘yān) bezeichnet wurden. Eine regionale Besonderheit dabei ist, dass sich diese Würdenträger in Māzandarān aus vielen Sayyid-Familien zusammensetzten. Die mächtigen Würdenträger-Familien des Ostens (‘āyān-i šarqī) bildeten die Bābulkānī-Sayyids, die Murtażā’ī-Sayyids, die Abtars und dazu die Dīws und die Rūz-afzūnīya von Sawādkūh. Im Westen (a‘yān-i ġarbī) waren die Pāzwārī-Sayyids, die Ra’īs’, die Rikāǧ-Sayyids, die Šablī-Sayyids, die Ḫaṭīrs und die Šīrānas die führenden Familien (vgl. TMM, 192-193). Die namhaften Mitglieder dieser Würdenträger-Familien sind in der folgenden Liste aufgeführt. Osten

Bābulkānīs: (Panǧāh-hizār) (TMM, 187): ‘Azīz Bābulkānī (Sipahsālār-i ān ṭaraf-i Tīǧan-rūd um 856) Šams al-Dīn b. ‘Azīz (Sipahsālār-i ān ṭaraf) Haibat Allāh (Sipahsālār-i šarqī-i Tīǧan-rūd um 880) (TTRM, 319) ‘Ażīm b. Haibat Allāh (Sardār) (TMM, 221) ‘Abbās (Muqaddima al-ǧaiš um 985) (TMM, 221) Murtażā’īs (Qarā Ṭūġān) (TMM, 219): Kamāl al-Dīn Murtażā (az umarā-i šarqī) (TMM, 174) (Lala von Zain al-‘Ābidīn Mīrzā Ṣafawī) (TMM, 176) Muzaffar b. Kamāl al-Dīn (Lala von Sulṭān Ḥasan Mīrzā Ṣafawīs) (TMM, 187) (Kalāntar wa Rīš-i sifīd von Mīr Sulṭān Murād II.) (TMM, 320) Zain al-‘Ābidīn (diente Ibrāhīm Ḫān) (TMM, 284) Abtars: Ġażanfar Abtar (Īšk-āqāsībāšī um 978 und Wesir um 983-984) (TMM, 176, 193) Šāhī b. Ġażanfar (Īšk-āqāsībāšī um 984) Āqā Muḥammad Abtar (Farhād Ḫān Qarāmānlūs Mustaufī, 451 später Provinzwesir) (TMM, 348: TM, 100)

450 Siehe 3-5-2. 451 Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān nennt ihn Āqā Muḥammad Alǧarī, nicht Āqā Muḥammad Abtar (bwz. Abtarī). Jedoch sollte es sich um die gleiche Person handeln. Siehe 4-4-2.

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Westen

Sawādkūh

Pāzwārīs (zwischen Bārfurūš-dih und Mašhad-sar) (TM, 104): Ḥusainī Pāzwārī (Sardār um 840) Zain al-‘Ābidīn Pāzwārī (gegen Zain al-‘Ābidīn Mar‘ašī um 872) Ḥusain Pāzwārī (Sipahsālār-i ġarbī-i Tīǧan-rūd um 880) (TTRM, 319) Mīr ‘Alī Ḥusainī Pāzwārī (diente Mīr Sulṭān Maḥmūd um 933) Mīr Ḥusain (Sipahsālār ‘Alī Ḫāns um 985) (TMM, 227) Mīr Pāzwārī (Ḥākim-i ān wilāyat wa Yūzbāsī-i Māzandarān) (TMM, 377) Ra’īs: Mīrzā Ra’īs (Wakīl Sulṭān Murād Ḫān I. um 983) (TMM, 191) Bīǧn Ra’īs (Wakīl u. Sipahsālār ‘Alī Ḫāns um 985)(TMM, 185, 221) Yūsuf Ra’īs (Wakīl Sulṭān Murād II.) (TMM, 320) Ǧalāl al-Dīn Ra’īs (Dārūġa der westlichen Seite von Tālār) (TMM, 348) Bunah-dārs (Bārfurūš-dih): Āqā (Būdāq) Bunah-dār (TM, 102) Rūz-afzūnīya: Iskandar Rūz-afzūn (erste Erwähnung 821) (TM, 56) Bahrām b. Iskandar Rūz-afzūn (Sipahsālār-i ġarbī-i Tīǧan-rūd um 856) ‘Alī b. Iskandar Rūz-afzūn (Sipahsālār-i ġarbī) (TTRM, 306) Āqā Rustam Rūz-afzūn (Sipahsālār von Sawādkūh, später Wakīl)(TMM, 34, 61,72) Āqā Muḥammad b. Rustam Rūz-afzūn Suhrāb Rūz-afzūn (Āqā Muḥammads Cousin) Šāhī Bīk Rūz-afzūn (zur Regierungszeit von Sulṭān Murād I.) Dīws: Muḥammad Dīw (Sipahsālār von Tālār, Tīǧan-rūd und Sawādkūh um 880) Āqā Mīr Dīw (Wakīl Sulṭān Murād I., später Zain al-‘Ābidīn Mīrzā Ṣafawīs) (TMM, 142, 159, 176) Šams al-Dīn Dīw (Wakīl des Ostens zur Regierungszeit Mīrzā Muḥammads) (Sipahsālār beim Einmarsch ‘Alī Ḫāns um 985) (TMM, 194, 218) Luhrasb Dīw (Šams al-Dīns Bruder) Alwand Dīw

Von den Mar‘ašīyān wurden vor allem die Pāzwārī-Sayyids des Westens bevorzugt. Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge gehörten sie zu einer alten Isfahbad-Familie (TMM, 209) und hatten den Mar‘ašīyān seit ihrer frühen Regierungszeit gedient. Die Mutter von Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī stammte aus dieser Sayyid-Familie. Die Frau von ‘Alī Ḫān I. war die Tochter Mīr 201

452

‘Alī Ḥusainī Pāzwārīs (TM, 104). Allerdings wurde erst nach dem Abstieg der Rūz-afzūns erstmals ein Pāzwārī-Sayyid, Ḥusain Pāzwārī, in die Stellung eines Sipahsālār-i ġarbī (des Westens) erhoben. Mīr ‘Alī Ḥusainī Pāzwārī wurde als Kennzeichen seines Rangs das morgendliche und abendliche Blasen der Trompeten bewilligt (TM, 104). Im Osten bildeten stets die Bābulgānī-Sayyids den Kreis der örtlichen Würdenträger. Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge war der Vorfahre der Familie Sayyid Qawām al-Dīn Mar‘ašīs engster Vertrauter (munāṣib-i arǧumand) (TM, 89). Durch die Machtkämpfe unter den Mar‘ašīyān wurden die Verhältnisse in Māzandarān gegen Ende des 15. Jahrhunderts zunehmend verworrener. Dabei wuchs der politischen Einfluss der Würdenträger. Sayyid ‘Aẓīm Bābulkānī war einer der mächtigsten Männer der damaligen Zeit. Obwohl Zain al-‘Ābidīn Mar‘ašī versuchte, seine Macht zu beschränken, musste er sich aufgrund des Einmarsches von Sayyid Ibrāhīm mit Sayyid ‘Aẓīm Bābulkānī versöhnen und ernannte ihn zum Sardār. Außerdem vermählte er Sayyid ‘Ażīms Schwester mit seinem Bruder Šams al-Dīn. Die Aktivitäten der Murtażā’ī-Sayyids und der Ra’īs’ sind in den Chroniken erst in der späteren Zeit erwähnt. Dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zufolge stellte ‘Zain al-‘Ābidīn die Murtażā’īs den Bābulkānīs und die Kūsa-Sayyids den Pāzwārīs als Konkurrenten gegenüber und begünstigte sie dementsprechend (TMM, 15). Die anderen Würdenträger-Familien scheinen hingegen erst in 453 der letzten Periode der Sayyid-Dynastie aufgestiegen zu sein. Den Rūz-afzūnīya war es gelungen, aus einer untergeordneten Stellung in eine führende Position aufzusteigen. Iskandar Rūz-afzūn war Diener (naukar) 454 von Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī. Die persönliche Nähe zum Herrscher ermöglichte es ihm, politischen Einfluss auszuüben und seinen Nachfolgern die Karriere als Sipahsālār zu ermöglichen. Āqā Rustam Rūz-afzūn, der zum Sipahsālār von Sawādkūh ernannt worden war, bekleidete auch das Amt des Regenten (wakīl as-salṭana) (TMM, 34). Nach dem langsamen Niedergang der Rūz-afzūnīya nahm zumeist die andere bedeutende Familie in Sawādkūh, die Dīws, dieses Amt in Anspruch. Zuerst bediente sich ‘Zain al-‘Ābidīn Muḥammad Dīw Sawādkūhīs, um die Rūz-afzūnīya (Āqā Rustam) zu vertreiben, und vertraute ihm

452 Dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge war Mīr Ḥusain b. Mīr ‘Alī Ḥusainī Pāzwārī ein Schwager ‘Alī Ḫāns. 453 Beispielsweise war Ḫwāǧa Taqī Zubīndār b. Maḥmūd, der in Alwand Dīws Dienst stand, dem Tārīḫ-i Māzandarān zufolge bereits unter den Mar‘ašīyān Wesir gewesen. Gaudarz Āhangar, dessen Sohn den Namen Āqā Gaudarz Āhangar trug und der ebenfalls im Dienst Alwand Dīws stand, war Wakīl von Sulṭān Murād I. (TM, 101-102). 454 Dem Tārīḫ-i Māzandarān, also einer recht späten Quelle zufolge, machte Sayyid Murtażā Iskandar Rūz-afzūn zu seinem Ǧumla al-mulk (im wörtlichen Sinne: Gesamtheit des Reichs). Das Wort naukar stammt aus dem Mongolischen. Gelegentlich wird in den Regionalchroniken der Küstenprovinzen die Existenz von Dienern (naukar) erwähnt. Es lässt sich vermuten, dass die Naukarān in den Küstenprovinzen eine soziale Schicht bildeten.

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die Herrschaft über die Region an (TMM, 15). Ausgehend von ihrem Beinamen (nisba) vermutet man, dass die Dīws lokaler Abstammung waren. In ihrer militärischen Funktion als Sipahsālār und ihrer politischen als Wakīl as-salṭana der Mar‘ašīyān hielten die Fürsten von Sawādkūh die eigentliche Macht in ihren Händen. Ihr Einfluss war mit dem der Dailamistāner Sipahsālārān in Gīlān zu vergleichen, die ihre Wurzeln in den Gebirgen hatten. Den Mar‘ašīyān gelang es niemals, das gebirgige Hinterland direkt zu verwalten. Stattdessen überliessen sie die Region immer ihren Sipahsālārān, die in den unzugänglichen Gebirgsregionen sofort daran gingen, eine de facto unabhängige Herrschaft auszuüben.

5-4

Die Einwohner

5-4-1 Derwische und Gelehrte Außer den Offizieren und hochrangigen Beamten unterstützte in den Küstenprovinzen die einheimische Bevölkerung die Herrschaft der regionalen Dynastien. Ein Kennzeichen der Regionalchroniken der südkaspischen Küstenprovinzen ist der Umstand, dass sie häufig von den Aktivitäten der Einwohner berichten, die sich lebhaft an der regionalen Politik beteiligte. Wie im dritten Kapitel gezeigt, spielte beim Aufstieg der Mar‘ašīyān und der Kiyāyān die einheimische Bevölkerung eine wichtige Rolle. Bei den Mar‘ašīyān trugen die Derwische des Ordens von Sayyid Qawām al-Dīn großen Anteil bei der Gründung der Sayyid-Dynastie. Bei den Kiyāyān waren es die Bekehrten (tā’ibān) der Zaidit-Schi‘iten. Als oberste Führer (imām) der Gemeinde erhielten die Kiyāyān die notwendige Unterstützung von Seiten der einheimischen Bevölkerung, wobei sie andereseits bei ihren Thronbesteigungen und wichtigen militärischen Aktionen auf die rechtliche Anerkennung seitens der Juristen (faqīhs und muftīs) und auf die Zustimmung seitens der Einwohner einschließlich der Wür455 denträger (ṣāḥib und a‘yān) angewiesen waren.

5-4-2 Mardum: Loyalitätder Einwohner zu den herrschenden Familien und ihre militärische Beteiligung Die Mehrheit der Einwohner der Küstenprovinzen, die in Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs beiden Chroniken als mardum, in den späteren Chroniken als ra‘īyat (pl. ra‘āyā) bezeichnet werden, waren Leute aus einfachen Verhältnissen, entweder Städter, Händler oder Bauern, wie die folgenden Beschreibungen verdeutlichen. [Nach Timurs Eroberung] gab es in Māzandarān nicht einmal ein man Getreide zur Aussaat. Es gab keine Häuser und keine Menschen. Falls es Menschen gegeben hätte, wären sie vor Hunger gestorben. Daher sandte Iskandar Šaiḫī sofort [einen Abgesandten] 455 Siehe 3-4-3 und 3-4-4. Dazu Goto (1999), 60-62, 65.

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nach Gīlān, um Futter und Saatgut zur Aussaat zu holen. Als die Saat ankam, rief Iskandar Šaiḫī die Mardum, die dort [in Gīlān] Zuflucht genommen hatten, dazu [zur Rückkehr] auf. Amīr Ǧamšīd [Qārūn Gūrī, Dārūġa von Sārī], der aus Qūmiš-ǧallāh in Astarābād gekommen war, schickte einen Trostbrief an die mardum von Sārī, die dort Zuflucht genommen hatten, und rief sie [zur Rückkehr] auf. Die meisten mardum von Āmul wollten nach Sārī und begaben sich nicht zu Iskandar Šaiḫīs Residenz. Die mardum von Sārī selbst kehrten zumeist nach Sārī zurück und beschäftigten sich mit Aussaat und Anpflanzung (TTRM, 237). [Nachdem die Mar‘ašīyān von Šāh Ruḫ die Erlaubnis zur Rückkehr nach Māzandarān erhalten hatten,] beteten sie zusammen und begaben sich nach Māzandarān. Weil sie völlig mittellos waren, nahmen sie Darlehen bei Händlern auf. Als die Mardum sahen, dass sie heimkehrten, geizten sie nicht mit Geldspenden (TTRM, 245). Die Mardum von Gūka, Kīsum und Lāhīǧān litten an Wassermangel für den Reisanbau. [Die Kiyāyān] schickten die Mardum, die sich mit dieser Arbeit auskannten, hinaus, um untersuchen zu lassen, ob es möglich sei, für die Ackerarbeit aus dem Safīd-rūd Wasser abzuleiten (TGD, 73). Die Mardum besaßen einen ausgeprägten Patriotismus, der sich in vielfacher Hinsicht zeigte. Sie blieben ihren erblichen Herrschern meistens sehr treu, zögerten allerdings nicht, einen neuen Herrn zu wählen, wenn sie ihren bisherigen für ungerecht hielten. Konflikte zwischen Städten (wie z.B. zwischen Āmul und Sārī, oder Rašt und Fūman) und Regionen (wie zwischen West-Gīlān und OstGīlān, oder zwischen den Kūhdumī und den Ost-Gīlānern) waren keine Seltenheit, einmal durch Eindringlinge von außen bedroht, hielten sie jedoch gewöhnlich gegen ihre gemeinsamen Feinde zusammen. Die Rückkehr zur Herrschaft zehn Jahren nach ihrer Vertreibung durch Timur hatten die Mar‘ašīyān den Ein456 wohnern von Māzandarān zu verdanken. Große Feindseligkeit der Bevölkerung zeigte sich sowohl gegenüber Eroberern von außen als auch gegenüber Eindringlingen aus anderen Städten bzw. Regionen. Die große Zahl von Aufständen, die in den Regionalchroniken beschrieben werden, weist auf ihr Streben nach Eigenständigkeit hin und prägt die ungewöhnliche Geschichte der Küstenprovinzen, die eng mit ihren geographischen und natürlichen Bedingungen verbunden ist. Die Einwohner rebellierten nicht nur, um ihre Heimat oder den erblichen Herrscher zu verteidigen, sondern auch, um ihrer Unzufriedenheit mit der Politik und dem Verlangen nach Gerechtigkeit Nachdruck zu verleihen. Ihre Aktivitäten hatten oft entscheidene politische Auswirkungen und zwangen die Herrscher dazu, auf die Forderungen der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen. 456 Siehe 3-4-3; vgl. Goto (1999), 61.

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Als Sayyid Qawām al-Dīn b. Riżā al-Dīn nach seiner Rückkehr aus Zentralasien nach Māzandarān gemäß seinem erblichen Recht erneut Herrscher von Āmul geworden war, wünschten sich die Einwohner und die Derwische von Āmul Māzandarān anstelle des geizigen Herrschers einen jüngeren Sohn von Sayyid Qawām al-Dīn, ‘Alī, wegen seiner Großzügigkeit als ihren Herrn. Sie wendeten sich direkt an den Herrscher von Sārī, Sayyid Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām alDīn, der ihrem Wunsch nachkam (TTRM, 250-254). Nachdem er jedoch Sayyid Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn b. Riżā al-Dīn vertrieben und die Stadt erobert hatte (gegen 839/1435-6), zeigten die Leute von Āmul ihren Abscheu über die Besetzung durch die Männer von Sārī. Sie berieten sich mit den Derwischen, um eine Lösung zu finden, und riefen den Historiker-Oberbefehlshaber Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī zu ihrer Unterstützung nach Māzandarān (TTRM, 287-292). Als Zain al-‘Ābidīn von Sārī 879/1474-5 Asad Allāh von Āmul gefangen nahm und auf einer Festung in Bārfurūš-dih einkerkerte, befreite ihn die dortige Bevölkerung aus der Gefangenschaft und schickte ihn nach Āmul zurück, wo die Einwohner der Stadt sich um ihn sammelten und ihm die Rückkehr auf den Thron erlaubten (TTRM, 317-318). Die Gīlāner zeigten eine vergleichbare Anhänglichkeit an die angestammten Herrscherfamilien. Wie schon erwähnt, wechselte der Ḫalābar von Rānikūh, Ǧalāl al-Dīn auf Amīr Sayyid Muḥammads Seite über, als die Nachfolger von Mahdī Kiyā ihr Recht auf das ihrem Vater gehörende Land geltend machten und sich gegen Hādī Kiyā von Tunikābun erhoben. Die Leute von Rānikūh folgten ihm nach und sammelten sich um Sayyid Muḥammad. Einmal befanden die Einwohner von Lāhīǧān ihren Herrscher Ḥusain b. ‘Alī 457 zur Regierung unfähig und beriefen seinen Bruder Riżā zum Nachfolger. Die folgende Botschaft der Einwohner zeigt ihre Heimatliebe, die stärker als die Anhänglichkeit an ihren Herrscher war, wie auch ihren Kampfgeist den Nachbarn gegenüber. Lāhīǧān ist das Zentrum von Ost-Gīlān. Die Leute dieser Umgebung waren in allen Bereichen viel besser als die Leute der restlichen Orte Gīlāns. Nun genießen die Leute von Rānikūh die Weisheit, Herzenswärme und Gefälligkeit Amīr Sayyid Muḥammads. Pāšīǧā [worüber Riżā herrscht], im Vergleich zu Lāhīǧān nur ein Dörfchen, ist auch wohlhabend. Wir sind von diesem Glück ausgeschlossen (TGD, 113). Die wohl bekannteste und wichtigste Bevölkerungsgruppe der Küstenprovinzen waren die Dailamistāner, die in den frühen Jahren die hartnäckigen Gegner der Kiyāyān gewesen waren. Aber nach der Eroberung der Provinz unterwarfen sie

457 Siehe 3-5-1 und auch 5-2.

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sich allmählich den Kiyāyān und erwarben sich in der späteren Zeit große Ver458 dienste im militärischen Bereich. Die ganze Zeit hindurch zeigten sich die Einwohner von Laštanisā in WestGīlān besonders temperamentvoll und kämpferisch. Sie waren wie die Ost-Gīlāner Zaiditen und blieben deshalb im sunnitischen West-Gīlān in der Minderheit. Sie beklagten sich bei den Kiyāyān über ihre traurige Lage und baten sie um ihre Befreiung von der Tyrannei der West-Gīlāner Amire. Ein Brief, den die Einwohner (mardum) von Laštanisā aus Anlass des Feldzugs der Kiyāyān in West-Gīlān schrieben, zeigt ihren starken, eigenwilligen Charakter. Amīr Mas‘ūd [Ismā‘īrūd von Laštanisā] ist ein Tyrann. Wegen seiner Tyrannei bietet das Land einen verheerenden Anblick. Der Amir gehört der sunnitischen Konfession an. Anderseits sind wir zaiditische Leute (mardum). Es besteht somit ein Gegensatz zu [unserer] Konfession. ... Nun erstreckte sich die Gnade Gottes über diese Schwachen und Armen. Die Macht der Familie Hāšim vermehrte sich. Das Ost-Gīlāner Land wurde durch das leitende Licht und die Sonne der Gerechtigkeit dieser edlen und schuldlosen Familie erleuchtet. Es ist schade, dass diese Gemeinde in den Wolken der sündhaften Verderbtheit wandert. Wir sind niedergeschlagen. Wir hoffen, dass Ihr Rücksicht auf diese unterdrückten beraubten Armen nehmt und die Absicht habt, Euch in diese Richtung [nach Laštanisā] zu wenden. Dann würden wir uns zum Gehorsam entschließen und uns Euch ergeben (TGD, 45-46). Obwohl sich die Einwohner von Laštanisā auf eigenen Wunsch unter den Schutz der Kiyāyān begaben, zeigten sie weiter ihren eigenständigen, kriegerischen Charakter und erhoben sich auch gegen den Herrscher, wie z.B. in der Regie459 rungszeit von Sayyid Nāṣir (vgl. TGD, 193-201). Wahrscheinlich stützte sich ihre Hartnäckigkeit und das Bewusstsein ihrer Unabhängigkeit von den Herrschern auf den Grund und Boden, den sie rechtskräftig im Besitz hatten (TG, 460 279). Als Schah Ṭahmāsb den Herrscher von Ost-Gīlān, Ḫān Aḥmad Ḫān, gefangen nahm und ins Gefängnis warf, erhob sich ein gewisser Dabbāǧ b. Qarā Mu461 ḥammad Čapak, genannt Amīr Dabbāǧ II., gegen die safawidische Herrschaft. 458 Siehe 3-4-4. 459 Sie leisteten Sayyid Muḥammad b. Ḥusain, den sein Vater bei seiner Vertreibung durch Amīr Sayyid Muḥammad hatte entkommen lassen, den Treueeid (bai‘at) und vertrieben den damaligen Herrscher Sayyid Dāwūd Kiyā. 460 Die Aufstände der Laštanisā’ī wurden oft von Angehörigen der aus dieser Stadt stammenden Familie Čapak geführt. Um die Čapaks aus der Stadt zu vertreiben, hatte Schah ‘Abbās den Provinzwesir Bihzād Bīk ihr Land, das sie seit dreihundert Jahren im Besitz hatten, durch Kauf erwerben lassen (TG, 195-198). Siehe auch das nächste Kapitel. 461 Er stammte aus Laštanisā. Seine Schwester war früher die Ehefrau Ḫān Aḥmad Ḫāns gewesen und zur Zeit des Aufstandes mit dem Regenten von West-Gīlān, Kār Kiyā Aḥmad

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Er ging nach Laštanisā, tötete den dortigen Herrscher (ḥākim) und hetzte die Einwohner gegen die Safawiden auf. Der Aufstand währte eineinhalb Jahre, bis Dabbāǧ getötet wurde (Rabī‘ I. 977/August-September 1569) (TG, 58-60). Ebenso erhoben sich die Laštanisā’ī sowohl nach der Annektierung von Gīlān als auch 462 nach Schah ‘Abbas’ Tod gegen die safawidische Herrschaft. Wie das Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān berichtet, ereignete sich während der von den Kiyāyān unterstützten Eroberungsfeldzüge gegen Rašt durch Amīr ‘Alā alDīn b. Dabbāǧ von Fūman (zwischen 865/1461 und 867/1462-3) einen Aufstand der Soldaten (sipāhīzāda) von Rašt gegen den Herrscher von Fūman (TGD, 349); 463 von Aufständen der Einwohner war allerdings dabei nicht die Rede. Als jedoch die Armee der Kiyāyān nach West-Gīlān marschierte, um die verworrene Situation nach dem Tod von Amīr ‘Alā al-Dīn unter Kontrolle zu bringen, griffen die Einwohner von Rašt mit Steinen und Pfeilen die Armee von Gīl wa Dailam an und nahmen die Abgesandten (den Wesir Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā und Sayyid ‘Alī Kiyā b. Mūsā al-Ḥusainī) gefangen (TGD, 370-371). Das obige Beispiel verdeutlicht, dass die Einwohner der Küstenprovinzen gewöhnlich bewaffnet waren. Nach einem Bericht des Tārīḫ-i Māzandarān gab Timur nach der Eroberung von Māzandarān den Befehl, die Wälder abzuholzen, um einen Aufstand der Einwohner von Māzandarān zu verhindern, und ihre Waffen zu beschlagnahmen (TM, 56). Mīr Taimūr Mar‘ašī unterrichtet uns ferner über die Lage in Māzandarān nach der Annektierung. Danach folgte Schah ‘Abbās dem Rat eines einheimischen Würdenträgers, Ǧalāl al-Dīn Ra’īs’, und verbot den Einwohner den Besitz von Waffen (TMM, 347, 350). Adam Olearius, der kurz nach dem Aufstand ‘Ādil Šāhs (Ġarīb Šāhs) über Gīlān an den königlichen Hof reiste, erfuhr die Geschichte direkt durch Sārū Ḫān, den Herrscher von Āstārā, der die safawidische Armee gegen den Aufstand geführt hatte. Er berichtet auch, dass gleich nach der Niederschlagung des Aufstands der Gīlāner Waffen beschlagnahmt worden seien. Die Kilaner [Gīlāner] seynd hernach, nemblich die so zwischen Masanderan [Māzandarān] und Kesker [Gaskar] wohnen, alle disarmiret worden. Und darff keiner weder Sebel, Rohr noch Bogen und Pfeil auch allerdings keinen Sekir oder Bogenrinck, welchen man, weil er zum Bogen spannen dienlich am Daumen zu tragen pfleget, bey sich finden lassen. Sie mügen aber Exen und andere Instrumente, welche krum als Sensen gestalt und Dâs genandt werden, zur Holß und Acker Arbeit gebrauchen. Die andern Gilaner aber von Gesker biß Kisilagatsch [Qizil Āġāǧ], so Talisch [Ṭāliš] genandt werden, weil sie dem König allezeit getreu gewesen und den Karib Sulṭān Fūmanīs verheiratet, bei dem er damals im Dienst stand. 462 Siehe 4-4-1 und 4-5-2. 463 Siehe 3-5-1.

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Schah [Ġarīb Šāh] vertilgen helffen, mügen ihre Gewehr gleich anderen Persern gebrauchen (Olearius, 547). Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge befand sich in Ost-Gīlān eine Volksarmee (laškar-i 464 ‘awām) (974/1567 vor der Gefangennahme Ḫān Aḥmad Ḫāns) (TG, 43). Anders als bei den Soldaten bestand die Bewaffnung der Bevölkerung jedoch eher aus einfachen Gegenständen, wie Steinen, Pfeilen oder Keulen (vgl. TG, 84, 99-100, 465 107, 151, 169). Die Einwohner waren tapfer und erfahren genug, um ihren Feinden Widerstand leisten zu können. Zusätzliche Schlagkraft und Sicherheit boten ihnen ihre Vertrautheit mit der Natur ihrer Heimatregion. Die kriegerischen Fähigkeiten der Einwohner waren mit dem Militärsystem der Küstenprovinzen verbunden. In Gīlān waren die tapferen Einwohner durchweg militärisch organisiert. Vermutlich beschäftigten sich die Soldaten in Friedenszeiten mit Landwirtschaft und Viehzucht und konnten im Kriegsfall nach 466 Bedarf einberufen wurden. Seit dem 16. Jahrhundert war in Gīlān die Existenz einer neuen militärischen Gruppierung namens laiyām (Reserve) zu beobachten. Die Laiyām bildeten eine eigene Schicht, was sich durch die folgenden Ausdrücke wie, „Laiyām-Schicht (ṭabaqa-i laiyām)“ (TG, 190; HAH, 168-169 (Nr. 93)), „[einer] der Führer der Laiyām (as ru’usā-yi laiyām)“ (TG, 270) oder „der Laiyām-Abstammung von Rašt (az laiyām-zāda-i ‘umda-i Rašt)“ (TG, 283) vermuten lässt. Sie siedelten ausschließlich im Flachland, nicht aber in den Gebirgsregionen. Röhrborn erklärt, dass die Laiyām bäuerlicher Abstammung waren (Röhrborn (1966), 131; vgl. Hasebe, 43); eine Behauptung, die durch die Beschreibung im Tārīḫ-i ‘ālamārā-yi ‘Abbāsī bestätigt wird. Diejenigen von den Würdenträgern der Armee von Gīlān (a‘yān-i laškar-i Gīlān), die fähig waren, dem König Gefolgschaft zu leisten, wurden registriert und mit angemessenem Gehalt und Stellung in die Reihe der königlichen Armee gestellt. Aber die anderen ausgehobenen (mutaǧannada) und die laiyām zogen freiwillig und mit Freude die Landwirtschaft (ra‘īyānī) vor [und kehrten heim], weil ihre Feldzüge immer vom Morgen bis zum Abend dauerten, obwohl sie sich nicht von ihrem Wohnsitz entfernen wollten (TAA, 451). Das Wort laiyām tritt meist in Verbindung mit anderen militärischen Begriffen wie sipāh oder laškar in Erscheinung (vgl. sipāh wa laiyām-i Bia-Pas) (vgl. TG, 20, 82, 83, 86, 114, 252). Dass sie zur einfachen Bevölkerung gehörten, zeigt die Kombi464 Diese Armee hatte einen safawidischen Parlamentär getötet, als der Herrscher von OstGīlān, Ḫān Aḥmad Ḫān, nach Fūman marschierte. 465 Unter den West-Gīlānern befanden sich etwa 10.000 Bogenschützen und Arkebusiere (Schützen mit Hakenbüchse) (yarqdārān wa tufangčī wa kamāndār). Aus der Angabe wird nicht klar, ob sie zu einer Armee gehörten (TG, 79). 466 Siehe 5-2.

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nation des Wortes mit dem Begriff ra‘īyat (Pl. ra‘āyā) (vgl. TG, 96, 109, 114; TAA, 497). Das heißt, sie waren normalerweise im Flachland ansässig und wurden im Notfall gegen Bezahlung einberufen (vgl. TG, 20) und mit Pferden und Waffen versorgt (TG, 190). In einer Urkunde, in der 996/1588 ein gewisser Mīr Ḥusain zum Sipahsālār von Gūka ernannt wurde, wurde dieser angewiesen, mit der Laiyām-Schicht in angemessener Weise umzugehen und von ihnen erhobene Bußgelder zur Anschaffung ihrer Pferde und Waffen zu verwenden (HAH, 168 (Nr. 93)). Die Existenz der Laiyām könnte mit einer militärischen Reform in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zusammenhängen, im Zuge derer in West-Gīlān die Gruppe der Fußsoldaten nach dem Muster der Āstārā’īyān verstärkt wurde (TH, 384).

5-5

Weibliche Mitglieder der Fürstenfamilien

Die Regionalchroniken der Küstenprovinzen registrierten viele Eheschließungen, sowohl unter den regionalen Fürsten als auch zwischen ihnen und den Herrschern außerhalb der Provinzen. Die betroffenen Frauen fügten sich keinesfalls willenlos in ihre Rolle als Instrumente der Diplomatie, sondern versuchten ihrerseits, Einfluss auf die Politik auszuüben. Die Ehefrauen waren oft gegenüber den Unternehmungen ihrer Ehemänner kritisch eingestellt und verließen diese mitunter (wie im Fall von Amīr Naupāšā Nāṣirūd, Herrscher von Rānikūh (TGD, 24-25, 34-35); Amīr Anūz Kūhdumī (TGD, 176)). Mütter berieten ihre Söhne (vgl. TGD, 421); Großmütter begleiteten ihre minderjährigen verwaisten Enkelkinder, suchten Unterstützung und verhandelten mit Machthabern (vgl. Ibrāhīm b. Murtażā Āmulī (TTRM, 313-314), Ibrāhīm b. Mīr ‘Azīz Ḫān Mar‘ašī (TMM, 275, 285)). Das wohl bekannteste weibliche Mitglied aus den herrschenden Familien der Küstenprovinzen war ‘Abd Allāh Ḫān Mar‘ašīs Tochter Ḫair an-Nisā Begum (Mahd ‘Ulyā), die mit dem zukünftigen vierten Safawidenschah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda verheiratet war und den fünften Schah, ‘Abbās, zur Welt brach467 te. Da sie als Kind nach dem Tode ihres Vaters infolge des Machtkampfs mit Mīr Sulṭān Murād Ḫān an den safawidischen Hof ins Exil ging, wird in den Regionalchroniken nicht viel über sie berichtet. Über ihre Aktivitäten als Königin an der Seite ihres politisch unfähigen Ehemanns sind wir hauptsächlich aus den safawidischen Hofchroniken wie dem Ḫulāṣat al-tawārīḫ und dem Tārīḫ-i ‘ālam-ārā468 yi ‘Abbāsī unterrichtet. Lediglich das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān liefert einige nicht in den Hofchroniken verzeichnete Informationen über die Streitigkeiten zwischen der Königin und den safawidischen Amiren um die Herr467 Siehe 4-2-2. 468 Zu den safawidischen Frauen einschließlich Ḫair al-Nisā Begum siehe Szuppe (1994); Szuppe (1995); Szuppe (2003) und Goto (2008-2), 76-78.

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schaft über Māzandarān und bietet zusätzliche Hintergrundinformationen über ihre Ermordung durch die Qizilbāš-Amire (987/1579)(TMM, 255-256). Die weiblichen Mitglieder der Mar‘ašīyān wurden eher spontan politisch aktiv, sobald dies nötig wurde. Als der Herrscher von Sārī, Sayyid ‘Alī b. Kamāl alDīn b. Qawām al-Dīn, und der Herrscher von Āmul, Sayyid ‘Alī b. Qawām al-Dīn, in Streit gerieten und der erstere, angestachelt von seinem eigenen ehrgeizigen Bruder Ġiyāṯ al-Dīn b. Kamāl al-Dīn den letzteren gefangen nahm, gab ‘Alī Sārīs Mutter ihrem Sohn den Hinweis, dass Ġiyāṯ al-Dīn kein vertrauenswürdiger Mensch sei, ‘Alī Āmulī hingegen das Vertrauen der Derwische gewonnen habe. Die Frauen befreiten ‘Alī Āmulī und warnten ihn vor Missetaten (um 812/1409469 10)(TTMR, 253-254). Als Iskandar Rūz-afzūn nach der Thronbesteigung Sayyid Murtażā b. ‘Alīs als Herrscher von Sārī die Ermordung von Ġiyāṯ al-Dīn plante, informierte sich Sayyid Murtażās Mutter darüber und ließ diese Nachricht durch dessen Mutter Sayyid Nāṣir b. Kamāl al-Dīn selbst mitteilen, um den Mord zu 470 verhindern (um 820/1417-8)(TTRM, 270). Mīr Sulṭān Murād Ḫāns (Sulṭān Murād I.) Ehefrau war Tītī Begum, eine Tante 471 Ḫān Aḥmad Ḫāns. Als Mīr Sulṭān Murād Ḫān Schah Ṭahmāsbs Nichte heiratete, wurde Tītī Begum eifersüchtig und wiegelte die von ihm schlecht behandelten Würdenträger des Ostens gegen ihn auf. Als Folge musste Mīr Sulṭān Murād Ḫān aus Sārī abziehen. Schah Ṭahmāsb übergab seinem Sohn Zain al-‘Ābidīn Mīrzā den Osten Māzandarāns (TMM, 174-177). Als Mīr Sulṭān Murād Ḫān nach einem Jahr die Herrschaft über Māzandarān zurückerhielt, stachelte Tītī Begum ihren gemeinsamen Sohn Mīrzā Muḥammad (Mīrzā Ḫān) gegen den Vater auf (TMM, 182). In Gīlān spielten die Frauen auch die Rolle des Vermittlers. Als Sayyid Aḥmad Kiyā sich gegen seinen Bruder Sayyid Nāṣir erhob, schickte der letztere eine ältere Schwester zu seinem Bruder, um ihn vom Aufstand abzuhalten (TGD, 232-233). Für einen Heiratsantrag schickte Muẓaffar Sulṭān, der Herrscher von West-Gīlān, seine eigene Mutter als Abgesandte zu Schah Ṭahmāsbs Tochter (943/1536) (TG, 472 24-27). Schah ‘Abbās, der für seinen unbarmherzigen Umgang mit seinen männlichen Nachkommen bekannt war, gehorchte im Gegensatz dazu oftmals den weiblichen Mitgliedern seiner Familie und kam ihren Wünschen nach. Als er nach seinem Feldzug in Āẕarbā’īǧān und Šīrwān zur Jagd nach Gīlān kam (10201/1612/Ende tungūz-yīl (Schweinejahr)), besuchte ihn die Schwiegermutter ei469 ‘Alī Sārīs Mutter war die Tochter Kiyā Waštāsf Ǧalārīs, deren Großvater mütterlicherseits der letzte Bāwandit, Malik Faḫr al-Daula Ḥasan war, und die Großmutter des Historikers Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī. 470 Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašīs Vater Sayyid Nāṣir war Sayyid Murtażās Vormund. 471 Schah Ṭahmāsbs Nichte war die Tochter ‘Abd Allāh Šīrwānīs, des Herrschers von Šīrwān. 472 Die Prinzessin war Ehefrau des Herrschers von Darband Sulṭān Muẓaffar gewesen und nun verwitwet. Wegen dieses von Tahmāsp nicht gebilligten Heiratsantrags wurde Muẓaffar Sulṭān in Haft genommen und hingerichtet.

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473

nes verhafteten Finanzbeamten, Ḫwāǧa Faṣīḥ Lāhīǧānī. Schah ‘Abbās’ Tante Zainab Begum kritisierte sein Verhalten und riet ihm von der Hinrichtung 474 Ḫwāǧa Faṣīḥs ab. Dem Gesuch der Schwiegermutter folgend, ließ ihn der Schah frei (TG, 203). 1011/1602-3 entstand unter den noch in Māzandarān lebenden Mar‘ašīyān ein Konflikt um mehrere Liegenschaften. Schah ‘Abbās ordnete aus Unkenntnis und Achtlosigkeit ihre Hinrichtung an, der sie zwar entgingen, sie wurden jedoch auf Šāh ‘Alī Sulṭāns Befehl geblendet. Zainab Begum und Šāh Begum, seine Schwester von derselben Mutter, bekamen die Nachricht und kritisierten den Schah (TMM, 354-359). Schah ‘Abbās entließ Šāh ‘Alī Sulṭān aus dem 475 Amt des Stadthauptmanns und ließ ihn hinrichten. Āstārā (ūlkā-yi Āstārā) wurde nach der Annektierung der Provinz zuerst Ẕū alFaqār Ḫān anvertraut (TG, 141) und zum Kronland bestimmt. Der letzte einheimische Herrscher, Ḥamza Ḫān Ṭāliš, starb 1001/1592-3 in Šīrwān. Seine Ehefrau bat Schah ‘Abbās zwei Jahre lang – zuerst unter Vermittlung von Zainab Begum – um die Erlaubnis zur Rückkehr der Familie in die Heimat. Der Schah genehmigte dies schließlich und vertraute der Familie wieder die Herrschaft über Āstārā an (TG, 237-240).

5-6

Verwaltungsreformen in der Regierungszeit Schah Ṭahmāsbs

5-6-1 Wakīl in West-Gīlān und Māzandarān Nach dem Aufstieg der Safawiden, und infolge regelmäßiger Kontakte zwischen ihnen und den Herrschern der Küstenprovinzen wurden in die Verwaltung der regionalen Dynastien mitunter safawidische Elemente übernommen, wobei die genauen Funktionen der neuen Ämter heute nicht mehr mit Sicherheit bestimmt werden können. Besonders betroffen waren die Isḥaqīya, die Amir-Familie von West-Gīlān, von denen im Tārīḫ-i Gīlān berichtet wird, dass sie sich durch Verheiratung mit den Safawiden von diesen beeinflussen ließen. Muẓaffar Sulṭān (Amīr Dabbāǧ), den Schah Ismā‘īl 923/1517 mit seiner Tochter Ḫair an-Nisā Begum verheiratet hatte, hinterließ einen kleinen Sohn, Sulṭān

473 Ḫwāǧa Faṣīḥ Lāhīǧānī war ein Einheimischer, der an der Entlassung von Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, dem Provinzwesirs, beteiligt gewesen war (TG, 185), und später wegen Unterschlagung verhaftet wurde. Als der damalige Provinzwesir Bihzād Bīk wegen Unstimmigkeiten in der Buchhaltung unter Verdacht geriet, wurde Ḫwāǧa Faṣīḥ freigelassen, um die Überprüfung der Bücher vorzunehmen. Aufgrund von Sulṭān Murāds Feldzug gegen Āẕarbā’īǧān wurden die Ermittlung unterbrochen. Bihzād Bīk ergriff die Initiative, versprach dem Schah 3000 tūmān und ließ Ḫwāǧa Faṣīḥ gefangen nehmen (TG, 199-201). Den Hintergrund der Ereignisse bildeten die Konflikte zwischen dem Provinzwesir und der Opposition (siehe 4-4-1 und 6-1-1). 474 Zainab Begum war Schah Ṭahmāsbs Tochter und eine der einflussreichsten Frauen im Serail von Schah ‘Abbās (TAA, 135). 475 Siehe 4-4-2.

211

476

Maḥmūd. Als Schah Ṭahmāsb diesen Sohn inthronisieren ließ (965/1558), stellte er ihm einen Regenten (wakīl, wālī) namens Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān Fūmanī 477 und einen Vormund (atālīq) namens Dāšdār Bīk Ṣafawī zur Seite (TG, 33). Ein vergleichbares Vorgehen ist aus Māzandarān überliefert. Als Schah Ṭahmāsb 978/1570-1 seinen eigenen Sohn Zain al-‘Ābidīn Mīrzā zum Herrscher des östli478 chen Teils von Māzandarān bestimmte, wurden ihm zwei Vormunde (lala), nämlich Āqā Muḥamad Dīw und Sayyid Kamāl al-Dīn Murtażā, ein Wakīl (Āqā Mīr Dīw) und ein Offizier (Īšk-āqāsībāšī) (Ġażanfar Abtar) zur Seite gestellt (TMM, 176). Obwohl die Amtsbezeichnungen wakīl und īšk-āqāsībāšī in den Küstenprovinzen schon in früherer Zeit belegt gewesen waren, dürften sie erst um diese 479 Zeit geläufig geworden sein. Die Hauptaufgabe des Regenten war, an Stelle des minderjährigen Herrschers 480 die Provinz zu verwalten. Das Regenten-Amt war keine Erfindung der Safawiden, sondern existierte schon seit der Zeit der Aq Quyunlu. Als 975/1567 Ǧamšīd Ḫān b. Sulṭān Maḥmūd mit zehn Jahren den Thron bestieg, wurden Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān und Dāšdār Bīk Ṣafawī erneut in ihren Ämtern bestätigt. In das neu eingeführte Amt des Ṣadr wurde Amīr Muḥsin eingesetzt (TG, 53). Dass der junge Ǧamšīd Ḫān damals keine reale Macht besaß, zeigte die Ernennung des Sohnes des Regenten, Āqā Mīr Bīk b. Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān Fūmanī, zum Sipahsālār von Kūčisfān durch Schah Ṭahmāsb (977/1569) (TG, 60). Als er volljährig wurde, entließ er Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān und den Sipahsālār von Kūčisfān aus ihren Ämtern. Kāmrān Mīrzā Kūhdumī wurde zum neuen Regenten ernannt (TG, 62-63).

Die Wakīls der Herrscher von West-Gīlān 965 974 975

Sulṭān Maḥmūd Ḫān Ǧamšīd Ḫān Ǧamšīd Ḫān

Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān (TG, 33) Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān (TG, 53) Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān (TG, 53)

476 Sulṭān Maḥmūd war allerdings nicht der Sohn der Prinzessin, sondern einer anderen Gattin Muẓaffar Sulṭāns, einer Tochter Šamḫāl Ḫān Čurkes, mit der er sich nach dem Tod der Prinzessin verheiratete. 477 Das Wort Atālīq ist türkischen Ursprungs und bedeutet „Ehemann der Mutter, Vertreter des Vaters, Tutor“. Dāšdār Bīk Ṣafawī war mit einer Schwester von Muẓaffar Sulṭān verheiratet. Seine genaue Aufgabe als Vormund wurde nicht klar geschildert. Bei Amtsantritt ‘Alī Beg Sulṭāns als Wakīl von Muḥammad Amīn Ḫān erhielt er gleichzeitig das Amt des Atālīq (TG, 94). 478 Siehe 4-2-2 479 Beispielsweise bekleidete in Māzandarān in der ersten Hälfte des 10/16. Jahrhunderts Āqā Rustam Rūz-afzūn das Amt des wakīl al-salṭana (siehe 5-3 über die Māzandarāner Wakīls). Da diese Angabe nur in einer späteren Quelle, dem Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān zu finden ist, wäre es möglich, dass die Amtsbezeichnung zu jener Zeit noch nicht existiert hatte. Die Angaben von Īšk-āqāsībāšī: TG, 91, 104, 118; TMM, 163, 176, 179, 185, 194. 480 Zu den safawidischen Regenten siehe Floor (2001), 6-11. Während Muẓaffar Sulṭāns Regierungszeit war neben den Amiren und den Sipahsārārān lediglich die Existenz von Wesiren in Fūman, Rašt, Šaft, Tūlam, Māsūla und Kūčisfān festzustellen (TG, 14). Das Regenten-Amt war zu seiner Zeit wahrscheinlich nicht üblich.

212

984 989 um 992

Muḥammad Amīn Ḫān

um 997

Ibrāhīm Ḫān Muḥammad Amīn Ḫān

Kāmrān Mīrzā Kūhdumī (TG, 63) 481 Qarā Bahādur (TG, 49) 482 Āqā Muḥammad Sulṭān (TG, 91) ‘Alī Bīk Sulṭān (TG, 92, 94, 102) Šīrzād (Bīk) Sulṭān (TG, 94) Šīrzād (Bīk) Sulṭān (TG, 104) Šāh Malik Sulṭān Fūmanī (TG, 125)

Dass bei solchen Ernennungen statt der Bezeichnung wakīl der Ausdruck imārat wa wikālat verwendet wurde, bestätigt die Tatsache, dass ein Wakīl im Laufe der Zeit die Befugnisse der administrativen und militärischen Bereiche in seine Voll483 machten integrierte (vgl. TG, 92, 102). In der Tat hatten die vier Wakīls von West-Gīlān einen militärischen Hintergrund. Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān Fūmanī nahm am Feldzug der Safawiden gegen Ḫān Aḥmad Ḫān teil (TG, 41). Wie oben erwähnt, wurde sein Sohn Āqā Mīr Bīk von Schah Ṭahmāsb zum Sipahsālār von Kūčisfān ernannt. Ein anderer Sohn, ‘Alī Bīk Sulṭān, wurde Muḥammad Amīn Ḫāns Wālī (TG, 84, 92). Ein Cousin ‘Alī Bīk Sulṭāns (= Kār Kiyā Aḥmad Sulṭāns Neffe), Kār Kiyā Šāh Malik, wurde nach der Annexion der Provinz zum Sipahsālār von West-Gīlān erhoben (1000/1592) (TG, 137, 247). Sein Bruder, das heißt ‘Alī Bīk Sulṭāns anderer Cousin Abū Sa‘īd Mīr, wurde von Šāh ‘Abbās zum Sipahsālār von Fūman ernannt (1002/1594) (TG, 158, 249) und bekleidete dieses Amt 15 Jahre lang. Qarā Bahādur, der dritte Wālī Ǧamšīd Ḫāns, war Kār Kiyā Aḥmad Sulṭāns Cousin (TG, 54) und ebenfalls Sipahsālār (TG, 66, 70). Alles deutet darauf hin, dass 484 sie auch zu einer mächtigen Sipahsālār-Familie gehörten. Kāmrān Mīrzā Kūhdumī, der aus Kūhdum stammte, kehrte nach Ǧamšīd Ḫāns Ermordung dorthin zurück und führte die Armee seines Heimatbezirks gegen die Ost-Gīlāner (TG, 86). Šīrzād Sulṭān und Šāh Malik Sulṭān Fūmanī gehörten zu den militärischen Würdenträgern West-Gīlāns (a‘yān-i sipāh wa laiyām-i Bia-Pas) und standen im Dienst Ǧamšīd Ḫāns (TG, 87). Die Aufgaben und die Machtfülle des Wakīls sind durch die Ernennungsurkunde Kāmrān Mīrzā Kūhdumī belegt, in der ihm die Vollmacht über die finanziellen und militärischen Angelegenheiten übertragen wurde. Ferner durfte er bis 481 Qarā Bahādur, der mit Kāmrān Mīrzā Kūhdumī als dessen Komplize bis zu ihrem gemeinsamen Untergang stets gemeinsame Sache gemacht hatte, wurde nur an einer Stelle als Wālī bezeichnet. Dem Tārīḫ-i Gīlān zufolge verlieh Kāmrān Mīrzā Kūhdumī Qarā Bahādur das Amt Amir (imārat) und dem Wesir den Titel sulṭān-i fatḥī (i’timād al-daula) (TG, 70). 482 Āqā Muḥammad Sulṭān stammte aus Fūman (Fūmanī) und war Ǧamšīd Ḫāns Īšk-āqāsībāšī gewesen. 483 Bei ‘Alī Bīk Sulṭāns Ernennung ist an einer Stelle vom wikālat-i pisar-i Šāh Ǧamšīd Ḫān (wa) imārat-i ulkā-yi Bia-pas (TH, 92) und an anderer Stelle vom wikālat wa atāliqī-yi pisar-i Šāh Ǧamšīd Ḫān (TH, 94) die Rede. Es scheint, dass das Wort atāliqī hierbei in der gleichen Bedeutung wie der Begriff imārat gebraucht wurde. 484 Siehe 6-2.

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auf einen Betrag von 1000 tūmān über das gesamte Steuereinkommen seines Gebietes nach eigenem Ermessen verfügen. Über gefällte Todesurteile und die Ernennung oder Entlassung von Wesiren und Sipahsālārān hatte er dem Herrscher Bericht zu erstatten. In anderen Angelegenheiten stand ihm die Entscheidung frei (TG, 69-70). ‘Alī Bīk Sulṭān, dem Wakīl von Muḥammad Amīn Ḫān, gelang es, nach dem Ende der Isḥaqī-Dynastie mit Anerkennung der Safawiden – wenn auch nur für kurze Zeit (für sechs Monate im Jahr 1000/1592 und wieder 1002/ 1593-4) – die Herrschaft in West-Gīlān zu übernehmen. In Māzandarān erhielten die Mar‘ašīyān – im Zusammenhang mit ihrem Niedergang infolge der dauernden Machtkämpfe – das wakīl-Amt seit dem Ende des 485 10/16. Jahrhunderts.

Die Wakīle der Herrscher von Māzandarān Šams al-Dīn Kamāl al-Dīn Mīr Sulṭān Murād Ḫān

Zain al-‘Ābidīn Ṣafawī Mīrzā Ḫān Mīr Sulṭān Murād II.

Āqā Rustam Rūz-afzūn für Kamāl al-Dīn (TMM, 61) Āqā Rustam Rūz-afzūn (Wakīl as-salṭana) (TMM, 72) Āqā Mīr Dīw (TMM, 142, 159) Mīrzā Ra’īs (TMM, 175, 185, 191) Kaiḫusrau Zarkunǧ für Mīrzā Ḫān in Āmul (TMM, 182) Gaudarz Āhangar (TM, 101) Āqā Mīr Dīw in Ost-Māzandarān (TMM, 176) Šams al-Dīn Dīw (TMM, 194, 218) Muẓaffar Murtażā (TMM, 320)

5-6-2 Wesir in Ost-Gīlān In Ost-Gīlān, wo bis zum Ende der Sayyid-Dynastie die Kiyāyān die eigentlichen Machthaber waren, wurde das Regentschaftssystem im eigentlichen Sinne nicht 486 eingeführt. Sie behielten das traditionelle Verwaltungssystem bei, bei dem die zivile und die Militäradministration in zwei nahezu gleichwertige, direkt dem Herrscher unterstellte Organisationen aufgeteilt war. Der letzte Herrscher, Ḫān Aḥmad Ḫān, hatte – ausser während seiner Kindheit – keinen Wakīl, sondern lediglich Wesire. Ein Schreiben an Ḫān Aḥmad Ḫān, in dem ein gewisser Mullā Āqā Ǧān Rammāl seine Ernennung zum Muhrdār-i kūčik (unterer Siegelbewahrer) mit einem Gehalt von 300 tūmān annahm, zählte alle zu dieser Zeit besetzten Posten der Regierung (dīwān) auf: Den Wesir (Ḫwāǧa Masīḥ), die Sipahsālārān von Dailamān (Kiyā Farīdūn) und Lāhīǧān (Ṭāliš Kulī), den Amīr al-umarā (oberster Amir) (Ḫwāǧa Ḥusām al-Dīn), den Muhrdār-i buzurg (oberster Siegelbewahrer) (Ḫwāǧa Šams al-Dīn) sowie den Nawīsanda (Sekretär) (Mīr Āḫūrī / Ḫwāǧa Ḥusain) und den Ḫazīnadār (Schatzminister) (Šāh Riżā)(HAH, 109-111 (Nr. 49-Nr. 51)). 485 Siehe 5-3. 486 Amīr ‘Abbās, der den Titel ṣāḥib-i iḫtiyār führte, und den Ḫān Aḥmad Ḫān nach dem Tod seines Vaters als Säugling auf den Thron erhob, sowie sein Bruder Qarā Muḥammad sollten praktisch das Regenten-Amt innegehabt haben. Siehe auch 4-2-1.

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Muhrdār-i buzurg, Muhrdār-i kūčik, Nawīsanda und Ḫazīnadār werden als Ämter in den Regionalchroniken nicht erwähnt. Der Posten des Amīr al-umarā findet sich erst nach der Gründung der safawidischen Dynastie in den Chroniken verzeichnet (vgl. TH, 307, 318; TI, 219). Somit lässt sich vermuten, dass dieser Posten im 16. Jahrhundert neu eingeführt wurde. In späterer Zeit wurde der Wesir wie bei den Safawiden gelegentlich auch i’timād al-Daula genannt (vgl. TG, 46; HAH, 121 (Nr. 60), 132 (Nr. 68)). In den Schreiben wurde er auch als wakīl (vgl. HAH, 132 (Nr. 68)) bzw. wazīr al-wuzrā (Großwesir) bezeichnet (vgl. HAH, 134 (Nr. 69)). Er war verantwortlich für alle Angelegenheiten des Landes (muhimmāt-i kullīya wa ǧuzwīya-i dīwānīya-i ḫāṣṣa wa ‘āmma), dabei unterstanden ihm alle Amire, Wesire, Finanzbeamte (mustaufīyān), Schreiber (daftardārān) und Einwohner (ahālī-i mulk) (HAH, 121). Wenn Ḫān Aḥmad Ḫān sich in seinem Sommerlager in Dailamān aufhielt, sollte der Wesir in Gīlān, der mit ihm in ständiger Verbindung stand, die Staatsverwaltung führen (HAH, 132-133 (Nr. 68)). Die Finanzbeamten und die Schreiber (kuttāb-i daftarḫāna) durften ohne seine Billigung und in seiner Abwesenheit keine Urkunden anfertigen. Überdies mussten alle Urkunden sein Siegel tragen (HAH, 131 (Nr. 67)). Mullā Mīr Ḥusain, der 987/1579 das Wesir-Amt bekleidet hatte (HAH, 121 (Nr. 60), wurde 990/1582 zum Muhrdār ernannt, der verantwortlich für alle geschäftlichen Angelegenheiten des Landes (muhimmāt-i mu‘āmilāt-i kullīya wa ǧuzwīya-i mamālik) war. Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörten Buchhaltung (muḥāsibāt), Darlehen (iǧārāt), Gewährleistung (qarār-i żamānāt) und Beurteilung der Aufträge (ṣalāh-dīd-i amānāt) (HAH, 127-178 (Nr. 65)). Ḫān Aḥmad Ḫāns vorletzter Wesir Ḫwāǧa Masīḥ wurde wegen einer Unterschlagung entlassen und durch Ḫwāǧa Ḥusām al-Dīn Langrūdī abgelöst (997/ 1589). Aus Groll darüber verriet er Ḫān Aḥmad Ḫān und überredete Schah ‘Abbās zur Eroberung der Provinz (TG, 129). Nach der Annektierung wurde er zum Wesir in Lāhīǧān ernannt (TG, 148).

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6

Die Veränderungen des Gesellschaftssystems nach der Annektierung

Die Eingliederung der südkaspischen Küstenprovinzen in das safawidische Reich war einer der größten Wendepunkte in ihrer Geschichte, der von beträchtlichen Veränderungen in ihrer Gesellschaft sowie der Anpassung der lokalen Verwaltung an das safawidische System begleitet wurde. Zwischen der Annexion und der endgültigen Umwandelung dieser Provinzen zum Kronland unter safawidischer Verwaltung sowie der Einführung des neuen Systems lag jedoch noch eine Übergangszeit. Vom Standpunkt der Safawiden, die eine möglichst reibungslose Integration der Provinzen beabsichtigten, war eine Rücksichtnahme auf die regionalen Institutionen notwendig. Im Laufe der Übergangszeit übernahmen sie einige einheimische Elemente in ihr Verwaltungssystem. Gīlān wurde früher als Māzandarān annektiert, wobei jede Provinz an der Peripherie – z.B. Gaskar, Āstārā oder Dailamistān – zuerst einem Qizilbāš-Führer übertragen wurde. Im Gegensatz dazu wurde das im Zentrum liegende Gīlān, das eine aus administrativer und landwirtschaftlicher Sicht wichtige Provinz an der südkaspischen Küste war, sogleich und unmittelbar mit der Zentralgewalt verbunden. Allerdings wurde die Provinz nicht sofort zum Kronland. Das Tārīḫ-i Gīlān berichtet, dass in allen Provinzen (maḥalla) Stadthauptleute (dārūġa) aus den Qizilbāš-Stämmen, Wesire und Finanzbeamte (mustaufī) durch Farhād Ḫān Qarāmānlū ernannt wurden (TG, 157), wobei in jeder Provinz auch ein Sipahsālār eingesetzt wurde. Soweit aus den Quellen ersichtlich, waren die Amtsträger, besonders die Sipahsālārān, Einheimische, die teilweise nach der Annektierung der 487 Provinzen in ihren Stellungen verblieben waren. Obwohl in West-Gīlān schon 1000/1591-2 ein Dārūġa ernannt worden war 488 (TG, 137), sind durch die Quellen bis 1002/1593 keine Ernennung eines Dārūġas in Lāhīǧān bzw. Ost-Gīlān bestätigt (TAA. 459; TA, 119), woraus sich schliessen 489 läßt, dass Farhād Ḫān Lāhīǧān als seinen Hauptsitz gewählt hatte. Ihm dienten der dortige Sipahsālār Kiyā Farīdūn und der Wesir von Lāhīǧān, Ḫwāǧa Maṣīḥ, die Ḫān Aḥmad Ḫāns Vertraute gewesen waren und ihre Ämter schon während sei490 ner Regierungszeit bekleidet hatten. Nachdem die wichtigen Provinzen an der 487 Siehe 4-4-1. 488 Zu dieser Zeit übergab Schah ‘Abbās dem Wakīl von Muḥammad Amīn Ḫān, ‘Alī Bīk Sulṭān, seit seiner Krönung als ‘Alī Ḫān bekannt, die Herrschaft über West-Gīlān. Die Ernennung eines Dārūġas an seiner Seite deutet auf eine Änderung in der Hierarchie der regionalen Verwaltung hin. 489 In Rānikūh ist für das Jahr 1002/1593 die Existenz eines Dārūġas bestätigt (TG, 163). 490 Obwohl Farhād Ḫān Qalamānlū die Wesire und die Dārūġa selbst ernannte, sollte die Vollmacht zur Ernennung der Sipahsālārān grundsätzlich beim Schah gelegen haben (vgl. TG, 134, 137, 169, 247). Zu den Sipahsālārān siehe auch 6-2.

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Küste zum Kronland geworden waren, wurde in Gīlān der vom Hof ernannte Provinzwesir als oberster Verwalter bestellt. Viele der einheimischen Sipahsālārān behielten jedoch weiterhin ihre Positionen. Erst gegen 1004/1595-6 vertrieb Schah ‘Abbās die einheimischen Herrscher aus Māzandarān und Rustamdār und bezog die Provinzen als Kronland in das safawidische Reich ein. Bis Māzandarān nach zwei Jahren in die regionale Verwaltung von Gīlān integriert wurde, bekleidete das Amt des Provinzwesirs von Māzandarān ein einheimischer Würdenträger, Āqā Muḥammad Abtar. Ein Würdenträger des Westens, Ǧalāl al-Dīn Ra’īs wurde zum Dārūġa des westlichen Teils von Tālār-rūd ernannt (TMM, 348). Das deutet darauf hin, dass die Safawiden auch in Māzandarān darauf bedacht waren, auf lokale Traditionen Rücksicht zu nehmen und die Kontinuität des Systems zu wahren.

6-1

Der Provinzwesir und die ihm zugewiesenen Funktionen

6-1-1 Der Provinzwesir Mehrere Jahre nach ihrer Annektierung wurden die Küstenprovinzen schließlich zum Kronland umgewandelt, was die faktische Integration der Provinzen in die safawidische Staatsverwaltung bedeutete. Ein späterer Herrschererlass, der 1107/1695 von Schah Sulṭān Ḥusain (reg. 1694–1722) ausgestellt wurde, verdeutlicht die Rangordnung der Amtspersonen in der Gīlāner Provinzverwaltung. Demnach stand der Provinzwesir von Bia-Pas (West-Gīlān) an der Spitze, gefolgt vom dortigen obersten Richter (Šaiḫ al-islām), dem Finanzverwalter (mustaufī), und dem Wesir der Hofbetriebe in der Kronlandsverwaltung (wazīr-i buyūtāt 491 sarkār-i ḫāṣṣa-i šarīfa). Wie der Erlass deutlich macht, stand an der Spitze der regionalen Kronlandsverwaltung der Provinzwesir, der direkt durch den Schah ernannt wurde. Der Provinzwesir war im Prinzip ein Zivilbeamter, der unmittelbar dem Herrscher unterstand und von diesem in seine zuständige Provinz entsandt wur492 de. Er hatte das Recht zur Ernennung der ihm unterstehenden regionalen Wesire, Beamten und Gemeindevorsteher (‘azl wa naṣb-i ‘ummāl wa kalāntarān) in den einzelnen Regionen (vgl. TAA, 803). Die meisten der ihm unterstehenden regionalen Wesire trugen den Titel bīk (beg). Zu den wichtigsten Pflichten des Provinzwesirs gehörten die Verwaltung der Provinzen und die Sicherstellung von deren Steuereinnahmen. Allerdings hatte er noch verschiedene andere Befugnisse. Als Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī, der Provinzwesir von Gīlānāt, zusätzlich zu den Wesir-Ämtern (wizārat) von Qazwīn und Māzandarān ins We-

491 Schimkoreit, 337-338 (Urkunde Nr. 369); Qā’im-Maqāmī, 54-56 (Nr. 24). Für eine Übersetzung des kompletten Textes siehe 6-3. 492 Über die Verwaltung der Provinzen unter den Safawiden allgemein und zum Amt des Provinzwesirs siehe Röhrborn (1966), 115-138.

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493

sir-Amt von ganz Ḫurāsān berufen wurde, wurden ihm von Schah ‘Abbās die folgenden Befugnisse und Aufgaben erteilt (TG, 182-3): 1. Truppeninspektion und Berichterstattung über Ausgaben der Armee. (sān-i ‘asākir-i Ḫurāsān dīda wa bi ḥaqīqat-i madāḫil wa maḫārij-i Ḫurāsān rasīda…) 2. Einsetzung und Entlassungen von Sultanen, Chanen und Amiren. (jamī‘-i salāṭīn wa ḫawānīn wa umarā bi ‘azl-i ū ma‘zūl wa bi naṣbi-i ū manṣūb bāšand) 3. Vollmacht für Verwaltung, Steuererhebung und Truppenführung. (iḫtiyār-i mālikī wa mālī-i ra‘īyat wa sipāhī) Wie die Titel wie sulṭān, ḫān und amīr genau definiert waren und welche Personen für diese Titel berufen wurden, ist schwer zu beantworten. Die Träger des ḫān-Titels waren in der safawidischen Zeit im Allgemein entweder Qizilbāš-Führer oder einheimischen Fürsten, die als Wālī (bzw. Ḥākim) oder als Dārūġa über eine Region herrschten. Der Provinzwesir soll nur die Befugnis zur Ernennung 494 der Dārūġa gehabt haben, da sich die Wālīs ihr Herrschaftsrecht allein vom Schah anerkennen ließen, so wie es bei den Mar‘ašīyān und den Kiyāyān der Fall war. Die Wālīs und die Sipahsālārān der Küstenprovinzen trugen oft den Titel sulṭān. Wahrscheinlich wurde dieser Titel von den Safawiden nur mit deren aus495 drücklicher Genehmigung verliehen. Die Sipahsālārān und die ihnen unterstellten Soldaten gehörten zur Kategorie der Amire. In jedem Fall bedeutete dies, dass die Gīlāner Armee mitsamt den Sipahsālārān der Kontrolle des Provinzwesirs unterstand. Seine dritte Befugnis, nämlich der militärische Oberbefehl, steht ohne Zweifel mit seiner zweiten Befugnis im Zusammenhang und stellte ihm eine große Macht zur Verfügung. Röhrborn, gestützt auf die folgende Episode in Tārīḫ-i Gīlān, erläutert, dass ein Provinzwesir das Recht auf die Einberufung der Hilfstruppen hatte, wenn eine Gefahr für seine Verwaltung bestand (Röhrborn (1966), 129-131). Der Provinzwesir der beiden Gīlānāt, Bihzād Bīk, hatte einmal die Würdenträger (akābir wa a‘yān), Laiyām, Ru’asā (Distriktsleiter), die Sipahsālārān und die Aṣāġir (kleinen Leute) von Bia-Pas einberufen und gegen den Provinzwesir von Āẕarbā’īǧān, Ḫwāǧa Muḥammad Riżā, ins Feld geführt, als dieser Anspruch auf die seiner Provinz benachbarten Provinzen Āstārā und Gaskar erhob und den Dārūġa von Āstārā, Aḫī Āqā, sowie den dortigen Amir, Ḫwāǧa Šaiḫī Ḫān, vertrieb. Der Ḥākim von Gaskar, Murtażā Qulī Ḫān, hatte vergeblich versucht, Bihzād Bīk 493 Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ versah offiziell noch das Wesir-Amt von Gīlānāt, hatte es aber seinem Stellvertreter (nā’ib) Bihzād Bīk überlassen. 494 Siehe 5-1-1. Vgl. TMM, 393. Wie wir später sehen werden, bestallte der Provinzwesir in jede Region einen ihm unterstehenden Dārūġa und einen stellvertretenden Wesir. 495 Ein Beispiel dafür findet sich für die Wālīs der Iṣḥaqīya in West-Gīlān (vgl. TG, 137).

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dieses militärische Untenehmen auszureden (um 1015/1016-7) (TG, 190-191). Bihzād Bīks Operation wurde von seinen Gegnern als eine schändliche Handlung (‘amal-i šanī‘) kritisiert. Als sich Ḫwāǧa Muḥammad Riżā bei Schah ‘Abbās über Bihzād Bīks Vorgehen beschwerte, stattete dieser in Begleitung von 300 Laiyām dem Schah einen Besuch ab, machte ihm ein Geschenk von 300 tūmān und entschuldigte sich (TG, 193-194). Bei diesem Vorfall handelte es sich im Grunde um einen Machtkampf zwischen zwei Provinzwesiren, wobei aus dieser Episode vor allem hervorgeht, dass es als Ausnahmesituation gelten konnte, wenn ein Provinzwesir den militärischen Oberbefehl übernahm. In anderen Beschreibungen wird allerdings oftmals berichtet, dass Bihzād Bīk Dienstreisen oft in Begleitung 496 von Sipahsālārān unternahm (vgl. TG, 179-182). In einem späteren Erlass Schah Sulṭān Ḥusains, der 1108/1697 Muḥammad Yār Bīk zum Provinzwesir von Māzandarān ernannte, werden die Aufgaben des Provinzwesirs benannt: Er soll die Verwaltung, die Steuererhebung, die Bestrafung, die Registrierung sowie Erweiterung der guten Beziehungen und das Einkommen der Provinz so gestalten, dass alle – auch die Grundbesitzer (arbāb), Honoratioren (ahālī) und die gesamte Bevölkerung – zufrieden sein können. Ebenso soll er für den Bau und die Ausbesserung von Gebäuden, Straßen und Brücken 497 Sorge tragen. Die letztere Aufgabe – nämlich die Instandsetzung von Straßen und Brücken – war auch Bihzād Bīk von Schah ‘Abbās zugewiesen worden (TG, 202). Dabei erstreckte sich seine Verfügungsgewalt über alle Bereiche der Kronlandverwaltung. In einer anderen Herrscherurkunde, die 1106/1695 ausgefertigt wurde, wurde dem Provinzwesir befohlen, den Betrieb von Bordellen und Spielhöllen sowie den Verkauf von Hanf und vergorenem Gerstensaft (būza-furūšī) zu 498 verbieten. Der militärische Oberfefehl wurde ihm allerdings nicht zugestanden. Der Provinzwesir, der an der Spitze der Hierarchie der Verwaltung stand, besaß, wie gesagt, das Recht, in seinem Zuständigkeitsgebiet die ihm unterstehenden Ämter in jeder kleineren Region mit Männern seiner Wahl zu besetzen, wie es bei Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī der Fall war (TG, 179-181; vgl. TMM, 393). Vermutlich wurde erwartet, dass er seine Ernennungen später vom königlichen 499 Hof billigen ließ. Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ hatte im Laufe der Zeit nacheinander das Amt des Provinzwesirs in Gīlānāt, Māzandarān, Qazwīn, Gaskar-Āstārā und Ḫurāsān ausgeübt. Wenn er seinen neuen Posten antrat, hinterließ er einen Stellvertreter 496 Siehe auch 6-2. Hasebe versteht diese Massnahme als Demobilisierung der Gīlāner Armee und als Beschränkung der Macht der Sipahsālārān (Hasebe (1990), 46). Diese Tendenz ist nicht zu leugnen, jedoch gibt es für ihre Interpretation nicht genügend Belege. 497 Schimkoreit, 348 (Nr. 381). 498 Schimkoreit, 333 (Nr. 365). 499 Aṣlān Bīk schickte nach der Bestallung eines Gemeindevorstehers (Kālantar) von Šaft Geschenke an den zentralen Diwan (dīwān-i duyūnišān), um sich die Bestallungsurkunde (raqm) mit seiner Unterschrift bestätigen/ausstellen zu lassen (TG, 260).

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(nā’ib), der in seinem Zuständigkeitsbereich Vollmacht hatte. 1006/1597-8, als Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ zum Provinzwesir der soeben zum Kronland gewordenen Gīlānāt wurde, bestellte er Bihzād Bīk zum regionalen Wesir von Rašt, Kūčisfān, Šaft, Tūlam, Māsūla und Pušt-kūh und Aṣlān Bīk zum regionalen Wesir von Fūman. Als Aṣlān Bīk auf Grund von unrechtmäßigen Handlungen von den Sipahsālārān und den lokalen Mächtigen angeklagt wurde, wurde er durch Bihzād Bīk abgelöst (1012/1604). Nach einer Weile vertraute Bihzād Bīk Ḫwāǧa ‘Abd alWahhāb Raštī die Verwaltung von Fūman an und kehrte nach Rašt zurück. Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘, dessen Hauptsitz in Ost-Gīlān lag, überließ Mīrzā Mas‘ūd die Position des regionalen Wesirs von Lāhīǧān und Muḥammad Fūmanī die Position des Mustaufīs (des Finanzbeamten), als er in Qazwīn das Amt des dortigen Provinzwesirs übernahm. Als die beiden regionalen Wesire nach einer Weile wegen ihrer willkürlichen Administration entlassen wurden, wurde die Position des regionalen Wesirs von Ost-Gīlān (wizārat-i mamlakat-i Bia-Pīš) gemäß dem Gesetz von West-Gīlān (bi dastūr-i wilāyat-i Bia-Pas) dem regionalen Wesir von West-Gīlān Bihzād Bīk überlassen. Von den Berichten über die politischen Aktivitäten der Provinzwesire abgesehen sind die Auskünfte in den Regionalchroniken zu dürftig, um die Verwaltungsorganisation der Küstenprovinzen genau rekonstruieren zu können. Die oberste Behörde des Provinzwesirs war der Diwan (dīwān), in dem er sich mit den Sipahsālārān und den Würdenträgern traf (vgl. TG, 179, 197). Dort befand sich eine Schatzkammer (taḥwīl) unter der Aufsicht eines Schatzmeisters (taḥwīldār) (TG, 261, 263), in der beispielsweise wertvolle Seide aufbewahrt wurde (TG, 265). 500 Der Schatzmeister war verantwortlich für die Auszahlung. Beim Erwerb von Ländereien aus dem privaten Besitz der Familie Čapak in Laštanisā wurde das Kaufgeld vom Dīwān ausgegeben. Beim Kaufhandel wurde eine vom Obersten Richter (šaiḫ al-islām) von Lāhīǧān und dem Richter (qāżī) unterschriebene Urkunde ausgefertigt und vom Finanzbeamten (mustaufī) bestätigt (TG, 197). Die besonderen natürlichen Gegebenheiten der Küstenprovinzen forderten vom Provinzwesir, über seine fachlichen Kenntnisse in der Steuerverwaltung hinaus, für die Erfüllung seiner Pflichten spezielle Ortskenntnisse. Gleichzeitig sicherten ihm die landwirtschaftlich produktiven Küstenprovinzen in seiner Position Macht und Reichtum, da die Provinzen der zentrale Produktionsort der in dieser Zeit als Exportartikel nach Europa sehr begehrten Seide waren. Aus diesem Grund wurden nur erfahrene Fachleute als Provinzwesire eingesetzt. Kurz nach der Annektierung wurde in Ost-Gīlān ein Einheimischer, Ḫān Aḥmad Ḫāns Ex-Wesir Ḫwāǧa Masīḥ, zum Wesir ernannt. Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī, der erste Provinzwesir, der dem Namen nach aus Ḫurāsān stammte, war zuvor Farhād Ḫān Qalamānlūs Wesir gewesen und hatte dieses Amt auch nach der Hinrichtung seines Dienstherren weiter ausgeübt. Ihm folgten Bihzād Bīk und Aṣlān 500 Vgl. Schimkoreit, 446 (Nr. 524).

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Bīk, die längere Zeit unter Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ als stellvertretende Wesire tätig gewesen waren. Über Herkunft und vorherigen Lebenslauf der beiden We501 sire fehlen allerdings nähere Angaben. Unter ihner Aufsicht waren viele einheimische Beamte mit der Kronlandsverwaltung betraut, wie der Historiker ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī oder Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī. Der letztere verwaltete Fūman und später Rašt als Bihzād Bīks Stellvertreter. Ḫwāǧa Faṣīḥ Lāhīǧānī, der aus unbekannten Gründen vom Dienst suspendiert worden war, führte 1023/ 1614-5 als Muḥāsib die Sonderrechnungsprüfung gegen Bihzād Bīk durch und veranlasste seine Entfernung aus dem Amt. Oft kam es vor, dass ein Provinzwesir trotz seiner Entlassung und Versetzung wieder in sein Amt eingesetzt wurde. Nachdem Bihzād Bīk nach der ersten Sonderrechnungsprüfung entlassen wurde, ließ Aṣlān Bīk ihn beim Schah in Ungnade fallen und blenden, weil er seine Rückkehr befürchtete. Aṣlān Bīk selbst wurde einmal wegen seiner Übergriffe von seinen Untertanen angeklagt und aus dem Amt des stellvertretenden Wesirs von Fūman entlassen (1012/1063-4). Er wurde bald darauf durch Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ zum stellvertretenden Provinzwesir von Qazwīn bestellt. Später wurde er wieder als regionaler Wesir von West-Gīlān eingesetzt. Trotz seiner kurzzeitigen Entlassung nach der zweiten Sonderrechnungsprüfung (1025/1616-7) findet man ihn wieder bis zu seinem Tod (1036/1627) im Amt. Mīrzā Taqī Iṣfahānī, der bei der Sonderrechnungsprüfung ebenso wie Aṣlān Bīk aus dem Amt des regionalen Wesirs von Ost-Gīlān entlassen wurde, wurde dann nach Māzandarān versetzt. Er bekleidete gleichzeitig damit auch das Amt des Wesirs von Māzandarān und Gīlānāt, als die letztgenannte Provinz in den Zuständigkeitsbereich des Māzandarāner Wesirs integriert wurde (1039/1630/yūnt-yīl (Pferdejahr)). ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī, der einst als Finanzbeamter unter der Aufsicht von Bihzād Bīk tätig gewesen war, berichtete überdies, dass Ismā‘īl Bīk b. Aṣlān Bīk, der seinem Vater nachfolgte, in dieser Stellung sein ganzes Leben lang hätte verbleiben können, ohne entlassen zu werden, wenn er nicht den Gemeindevorsteher (kalāntar) von Kūčisfān, Mullā Muḥammad Ḫušuk-Biǧārī, getötet hätte (TG, 222). Merkwürdigerweise verknüpfte ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī Gīlānī seine Entlassung nicht mit dem Aufstand von ‘Ādil Šāh. Dass seine Inhaber wiederholt in ihr Amt zurückkehren konnten, sowie die lange Dauer ihrer Amtszeit waren ein Kennzeichen des Wesir-Amts in den Küstenprovinzen. In den ersten 30 Jahren (1006/1597-8 bis 1036/1627) der KronlandZeit war dieses Amt lediglich von drei Personen besetzt. Ihre lange Amtszeit 501 Vor Aṣlān Bīks Bestallung als Wesir von Fūman findet man im Tārīḫ-i Gīlān einen gewissen Aṣlān Bīk Qūrčī-yi Šāmlū, der für ‘Alī Bīk Sulṭāns Deportation nach Fārs verantwortlich war. Falls er mit dem Wesir identisch gewesen sein sollte, worauf Hasebe verweist (Hasebe (1991), 66-67), hätte er vor seinem Amtseintritt als Provinzwesir – merkwürdigerweise – eine Karriere als Offizier gemacht. Leider fehlen auch hier Angaben, die als Beleg dienen könnten.

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deutet darauf hin, dass es die Safawiden nicht wagten, einen ortsfremden Provinzwesir direkt aus der Zentrale zu entsenden, sondern eher auf die Kontinuität und Stabilität der Kronlandsverwaltung bedacht waren. Bihzād Bīk wurde unter dem Vorwand von Ungereimtheiten in der von ihm vorgelegten Abrechnung abgelöst. Nach seiner Entlassung soll er allerdings immer noch über ein Vermögen von 12.000 tūmān verfügt haben (TG, 211). Mīrzā Taqī Iṣfahānī machte später Karriere am Hof: Er wurde zum Großwesir ernannt und der wohl bekannteste safawidische Großwesir in der Regierungszeit von Schah Ṣafī (reg. 1629-1642) und Shah ‘Abbās II. (reg. 1642-1666). Beider Karriere zeigte sowohl, wie groß Macht und Einfluss des Wesirs der Küstenprovinzen waren, als auch, dass sich die Machtbalance zwischen den Qizilbāš-Amiren und ihnen als den für die Verwaltung des Kronlands Verantwortlichen im Laufe des 17. Jahrhundert zu ihren Gunsten veränderte (vgl. Floor (2001), 3).

6-1-2 Dārūġa (Stadthauptmann) Das Amt des Dārūġa erlebte während der safawidischen Zeit einen Funktionswandel. Kurz nach der Annektierung der Küstenprovinzen ernannte Schah ‘Abbās persönlich Muṣṭafī Sulṭān Qāǧār zum Stadthauptmann (dārūġagī wa ḥukūmat) von West-Gīlān (TG, 137). Später bestellte Farhād Ḫān Qalamānlū für jede Region 502 einen Dārūġa aus den Reihen der Qizilbāš-Amire (TG, 157). Es scheint, dass in der früheren Zeit der Dārūġa traditionell ein Militärgouverneur gewesen war. Wie oben erwähnt, setzte der Provinzwesir in der Kronland-Zeit in jeder Region selbst einen stellvertretenden Wesir ein, wenn die Region von seinem Hauptsitz entfernt lag oder die Zahl der in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Regionen über sein Leistungsvermögen hinausging. In einigen Provinzen setzte er auch Dārūġas (Stadthauptleute) ein. Als beispielsweise Āstārā und Gaskar Kronland wurden, wurde das Amt des Wesirs dieser Provinzen gemäß den im Gīlānāt geltenden Gesetzen Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ überlassen, der wiederum Bihzād Bīk dieses Amt anvertraute. In Begleitung der Sipahsālārān von Lāhīǧān ging Bihzād Bīk nach Fūman und vertraute Sa‘īd Bīk Fūmanī die Dārūġagī und Taḥwīldār 503 (Kassenführung) in Gaskar, Ǧamšīd Bīk Amīr die Ḥukūmat in Āstārā an. Der stellvertretende Wesir setzte überdies in jeder kleineren Region Stadthauptleute (Dārūġa oder Ḥākim) ein. Die meisten Dārūġas in der Kronland-Zeit trugen den Titel bīk. Obwohl ihre Abstammung und ihr Lebenslauf nicht angegeben wurden, findet man unter ihnen auch einige Einheimische, wie z.B. Sa‘īd Bīk Fūmanī und 504 Gayū Bīk Garǧī, den Dārūġa von Kūčisfān. Alle dreien der mit Namen bekann502 Siehe 4-4-1. 503 Siehe 4-4-3. Gaskar und Āstārā standen nur kurze Zeit oder teilweise unter Verwaltung der Dārūġas als Krongüter und wurden später wieder den erblichen Fürsten (ḥukkām) übergeben. 504 Sa‘īd Bīk Fūmanī stammte dem Namen nach aus Fūman. Gayū Bīk Garǧī, der ebenfalls aus Garǧiyān stammte, war der Schwiegersohn von Aṣlān Bīk (TG, 218).

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ten Dārūġas der West-Gīlāner Städte – Ḫanǧar Bīk Bīkdarī Šāmlū in Rašt, Šāhī Bīk Šāmlū in Fūman und ‘Abbās Qulī Ḫān Šāmlū in Rašt – gehörten zum Clan der 505 Šāmlū. Willem Floor zufolge, der sich auf die Beschreibung von Olearius stützt, sollen alle Provinzen, die nicht durch einen Ḫān beherrscht wurden, einem Dārūġa unterstellt gewesen sein, die nur in Krongütern eingesetzt waren (Floor (2001), 115-122). Von wem ein Dārūġa bestallt wurde, erklärt Floor nicht. Quiring-Zoche hat am Beispiel Iṣfahāns die Funktionen der dortigen Dārūġas aufgezeigt. Die Iṣfahāner Dārūġas wurden nicht direkt vom Schah, sondern von den Gouverneuren selbst eingesetzt und besaßen in Wirklichkeit wenig Macht. Eine ihrer Aufgabe war die Ahndung von Rechtsverletzungen im Steuerwesen. Im Prinzip besaßen sie weder die Verfügungsgewalt über das Steueraufkommen noch die über Fiskalverwaltung (Quiring-Zoche, 139-145). Eine administrative Funktion des Dārūġas blieb im Wesentlichen erhalten: Dass der Dārūġa wie früher eine polizeiliche Funktion hatte, wird auch im Erlass 506 von Schah Sulṭān Ḥusain bestätigt. Allerdings verfügte der Gīlāner Dārūġa, ebenso wie der in Iṣfahān über eine geringere Machtfülle, als sein im Herrschererlass angegebener Rang und sein Titel bīk denken ließen. Das hatte vielleicht damit zu tun, dass er dem Provinzwesir unterstand. Ein zusätzlicher wichtiger Aufgabenbereich des Dārūġas im 16. Jahrhundert, auf die Floor hinweist (Floor (2001), 118), war der Steuereintreibung. Dies traf auch auf die Tätigkeit der Dārūġas in den Küstenprovinzen zu. Dies wird im Fall von Sa‘īd Bīk Fūmanī erkennbar, dem Dārūġagī und Taḥwīldār (Kassenführung) in Gaskar anvertraut wurden, oder bei der Bestallung von Šāh Wirdī Bīk zum Dārūġagī wa niẓārat-i ḥisāb von Bia-Pīš und der von Laṭīf Ḫān Bīk zum Dārūġagī-i ḥisāb von Bia-Pas bei der Sonderrechnungsprüfung (TG, 204).

6-1-3 Andere Amtspersonen: Mustaufīyān und Taḥwīldārān Dem Provinzwesir wurde ebenso wie den Wesiren der kleineren Region, die dem Provinzwesir unterstanden, ein Mustaufī (Finanzbeamter) zur Seite gestellt. Aus den Beschreibungen der regionalen Chroniken geht nicht klar hervor, durch wen ein Mustaufī bestellt wurde. Die Mustaufīs der kleineren Regionen wurden, ebenso wie die regionalen Wesire, vom Provinzwesir selbst bestallt. In den Herrscherurkunden stand der Mustaufī, wie im oben erwähnten Erlass von Schah Sulṭān Ḥusain erläutert wird, in der Hierarchie an dritter Stelle, hinter dem obersten Richter (šaiḫ al-islām). Als zweithöchster Amtsträger in der ad505 Nach Quiring-Zoche entstammten die Iṣfahāner Dārūġas nicht mehr ausschliesslich der turkmenischen Militäraristokratie (lediglich sechs von elf). Einer der fünf nicht-turkmenischen Dārūġas war Mīr Ḥusain Ḫān (der spätere Herrscher von Māzandarān) aus der Familie Mar‘ašīyān. Vier der fünf nicht-turkmenischen Dārūġas, einschließlich Mīr Ḥusain Ḫāns, betrachtet Quiring-Zoche ohne nähere Begründung als Militärs. Der Hintergrund für diese Veränderung wird ebenfalls nicht genannt (Quiring-Zoche, 143). 506 Siehe den Text in 6-3.

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ministrativen Hierarchie war der Mustaufī zusammen mit dem Provinzwesir für die Kronlandsverwaltung verantwortlich (vgl. Schimkoreit, 338). Bei Kaufgeschäften benötigte der Provinzwesir eine Bewilligung des Mustaufī (TG, 197). Schließlich ist noch die Existenz mehrerer Kassenbeamten (taḥṣīldārān) zu erwähnen (vgl. TG, 184). Sie unterstanden dem Dārūġa (vgl. TG, 204), allerdings wird aus den Quellen nicht deutlich, wie sie ihren Verpflichtungen nachkamen. Die kleinen Beamten, die in der Kronlandsverwaltung unter dem Provinzwesir ihren Dienst versahen, stammten, soweit wir dies nach ihren Beinamen beurteilen können, aus der Provinz selbst. Die Ämter, die bei den zwei Sonderprüfungen in Gīlān erscheinen, sollten eher als befristetete Sonderposten betrachtet werden.

6-2

Die Sipahsārārān nach der Annexion

Der Schilderung des Tārīḫ-i Māzandarān zufolge wurden nach der Annektierung die meisten mächtigen Würdenträger in Māzandarān im Laufe der Zeit vertrie507 ben (TM, 89-105). Im Gegensatz zu den anderen Kronprovinzen behielten die Küstenprovinzen – zumindest in Gīlān – eigenständige Armeen, die einem Gefolgsmann des kaiserlichen Hofes als Oberbefehlshaber unterstellt gewesen sein 508 sollen (Röhrborn (1966), 129). Im Entwurf eines kaiserlichen Erlasses, datiert vom Raǧab 1000/April-Mai 1592, der gleich nach der Annektierung von Ost-Gīlān ergangen sein soll, bestätigte Schah ‘Abbās den Oberbefehlshabern und der Armee von Ost-Gīlān (Sipahsālārān wa laškarī wa Sipahiyān-i Gīlān), sie künftig in safawidische Dienste zu nehmen. Ihr erblicher Besitz (amlāk-i maurūṯī), der im Steuerregister (daftar) nicht eingetragen worden und deshalb auch nicht besteuert worden war, wurde auch weiterhin von Abgaben befreit (mu‘āf wa musallam) (HAH, 96-98 (Nr. 44)). Diese Angaben werden auch in der Hofchronik Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī bestätigt. Nach dem Feldzug in Gīlān habe man jedem der Würdenträger, die in den Dienst des Schahs traten, ein Gehalt bestimmt und sie in die Reihen der königlichen Armee gestellt (TAA, 451). Unter der Verwaltung der Krone standen die Sipahsālārān direkt unter Kontrolle des Provinzwesirs und bezogen ein vom Schah gezahltes Gehalt. Die Soldaten aus den Qizilbāš-Stämmen, denen Natur und Geographie der Küstenprovinzen völlig fremd waren, konnten sich nur mit Mühe orientieren und waren auf 509 die Hilfe der Einheimischen angewiesen. Bei großen Feldzügen gegen die Aufstände wurden die Qizilbāš-Amire eingesetzt, aber bei inneren Angelegenheiten oder als Eskorte des Provinzwesirs, z.B. beim Besuch des Hofes (TG, 184, 189), wurden weiter die einheimischen Soldaten unter Leitung der Sipahsālārān enga507 Die letzten Kapitel des Tārīḫ-i Māzandarān behandeln die Geschichte der Würdenträger-Familien von Māzandarān und ihres Untergangs. 508 In Māzandarān amtiert war ein Sipahsālār namens Qāsim Bīk (1024/1615-6–1029/1619-20 (vgl. TAA, 951; AN, 185, 195, 197). Seine Herkunft ist jedoch unbekannt. 509 TG, 130, 133, 153. Vgl. Hasebe (1990), 41.

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giert. Dass ihr Aufgabenbereich deutlich eingeschränkt wurde, sollte mit der 511 Strukturreform der Provinzen zu tun gehabt haben. Über ihre Aktivitäten erfahren wir aus den Angaben aus dem Tārīḫ-i Gīlān, die sich hauptsächlich auf West-Gīlān beschränken. Das Recht zur Ernennung der Sipahsālārān stand im Prinzip dem Provinzwesir zu. Es kam jedoch vor, dass der Schah selbst einen Sipahsālār ernannte (wie im Fall Mīr Farruḫs von Šaft). Ihr Gehalt lag in der Regel zwischen 20 tūmān und 100 tūmān, je nach Bedeutung ihres Amtssitzes. Die Posten der Sipahsālārān wurden oft von bestimmten Familien erblich besetzt. Ungeachtet der von einigen Mitgliedern dieser Familien unternommenen Aufstände wurden diese von den Safawiden nicht vom Dienst suspendiert und vermochten es nach wie vor, großen Einfluss auf den Provinzwesir wie auf die Einwohner auszuüben. Der erste Sipahsālār von West-Gīlān nach der Annexion war ‘Alī Bīk Sulṭāns Cousin Kār Kiyā Šāh Malik, (TG, 137, 247). Sein Bruder Abū Sa‘īd Mīr wurde 1002/1594 zum Sipahsālār von Fūman ernannt (TG, 158, 249). Der erste Sipahsālār von Lāhīǧān, Kiyā Farīdūn, hatte zuvor als Sipahsālār unter Ḫān Aḥmad Ḫān gedient. Diese drei Ernennungen geschahen in der Phase der Umwandlung der Provinz zum Kronland und wurden direkt von Schah ‘Abbās angeordnet. Die beiden oben genannten Brüder gehörten zu einer mächtigen West-Gīlāner Sipahsālār-Familie, aus den drei (bzw. vier) Regenten (wākīl) der Isḥaqīya stammten. Kār Kiyā Šāh Malik, nach seiner Ernennung zum Sipahsālār von WestGīlān Šāh Malik Sulṭān genannt, floh vor Ǧamšīd Ḫān, wahrscheinlich aus Angst vor Kāmrān Mīrzā Kūhdumī, und ging nach Ost-Gīlān. Dort diente er Ḫān Aḥmad Ḫān und wurde zum Sipahsālār von Rānikūh befördert (TG, 124). Als Ḫān Aḥmad Ḫān Muḥammad Amīn Ḫān gegen seinen Bruder Ibrāhīm Bīk unterstützte und ihn nach West-Gīlān schickte, gab er ihm Šāh Malik als seinen Wākīl zur Begleitung. Nach Ḫān Aḥmad Ḫāns Vertreibung aus Gīlān trat er in den Dienst seines Cousins ‘Alī Ḫān (‘Alī Beg Sulṭān). Während ‘Alī Ḫāns Inhaftierung am Hof wurde er von Schah ‘Abbās zum Sipahsālār von West-Gīlān ernannt. Sein Mordversuch am Dārūġa Muṣṭafā Sulṭān Qāǧār endete mit seiner Hinrichtung (1002/1593) (TG, 143). Zur gleichen Zeit war sein Bruder Abū Sa‘īd Mīr wahrscheinlich mit ihm zusammen nach Ost-Gīlān gegangen. Während der Regierungszeit Ḫān Aḥmad Ḫāns trieb er in Rānikūh Landwirtschaft und hielt sich stets von der Politik fern. Trotzdem ließ ihn ‘Alī Ḫān aus Argwohn zweimal inhaftieren. Erst nach ‘Alī Ḫāns Aufstand wurde er freigelassen. Schah ‘Abbās ernannte ihn mit einem Gehalt 510 Siehe 4-1-1. 511 Hasebe weist darauf hin, dass der Begriff sipāh (Armee) in den Regionalchroniken nach der Umwandlung von Gīlān zum Kronland nicht mehr verwendet wird. Daraus zieht sie den Schluss, dass der Sipahsālār-Posten nach der Abschaffung der regionalen Armee eine Art Ehrenamt geworden sei und die Sipahsālārān lediglich als Gefolgsleute des Provinzwesirs dienten (Hasebe(1990), 45-47). Allerdings liefern die Chroniken dafür keine ausreichenden Belege. Zudem lässt sich dies auch mit den beschränkten militärischen Befugnissen des Provinzwesirs erklären, dem die Sipahsālārān unterstanden.

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von 100 tūmān zum Sipahsālār von Fūman. Dieses Amt bekleidete er 15 Jahre lang, bis er am safawidischen Hof an einer Krankheit starb, als er mit anderen Sipahsālārān und Würdenträgern Bihzād Bīk begleitete (1017/1608-9) (TG, 157, 245512 251).

Fūmaner Sipahsālār-Familie ?

Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān (Sulṭān Maḥmūd Ḫāns Wālī) ?

? ?

Āqā Mīr Bīk (Sipahsālār von Kūčisfān um 977) ‘Alī Bīk Sulṭān (Muḥammad Amīn Ḫāns Wālī) Muḥammad Bīk Abū Sa‘īd Mīr (Sipahsālār v. Fūman seit 1002) Šāh Malik (Sipahsālār v. Rānikūh um 999) (TG, 76) (Muḥammad Amīn Ḫāns Wālī) (Sipahsālār West-Gīlāns um 1000)

Qarā Bahādur Rustam (Sipahsālār) (TG, 95)

Eine der mächtigsten Sipahsālār-Familien waren die Čapaks aus Laštanisā, deren Stellung auf ihrem Landbesitz in Laštanisā beruhte. Die beiden großen Aufstände nach der Annektierung von Gīlān wurden von Mitgliedern dieser Familie angeführt. Beispielsweise war einer der beiden Führer des Aufstands von ‘Ādil Šāh (Ġarīb Šāh) Sulṭān Abū Sa‘īd Čapak, der zu den Würdenträgern (a‘yān) dieser Familie gehörte (HSI, 50). Das erste Mitglied dieser Familie, das den Posten eines Sipahsālār bekleidete, war ‘Alā Ḥusām al-Dīn Čapak. Er war zuvor der Ḫalābar wa Rastar von Laštanisā gewesen, bis er 911/1506 als Sipahsālār dieser Stadt eingesetzt wurde (TH, 255). Später wurde er der Sipahsālār von Rānikūh. 914/1508-9 hatte sein Bruder Ḥāǧī Aswār dieses Amt inne (TH, 329). Ein anderes Mitglied der Familie, Mīr ‘Abbās Sulṭān, bekleidete kurz vor der Annexion der Provinzen den 513 Posten des Sipahsālār von Lāhīǧān (TG, 86). Nach Kiyā Farīdūns Wiederernennung zum Sipahsālār von Lāhīǧān (bzw. Ost-Gīlān) findet man ihn weiterhin im Dienst der Safawiden (TG, 136, 148), bis er sich zusammen mit den anderen Ex-Si514 pahsālārān und Sardārān gegen die safawidische Herrschaft erhob. Die Čapaks 512 Der Sipahsālār von Kūčisfān, Ḥāǧī ‘Alī Ḫān starb ebenfalls am Hof. Er war von Farhād Ḫān Qarāmānlū mit einem Gehalt von 30 tumān ernannt worden (1002/1593) (TG, 157) und war wie Abū Sa‘īd Mīr 15 Jahre lang im Amt. 513 Es ist nicht bekannt, warum er nach Ost-Gīlān ging. Wahrscheinlich hing seine Entscheidung mit den Wirren während Ǧamšīd Ḫāns Regierungszeit zusammen, während derer viele West-Gīlāner Würdenträger nach Ost-Gīlān flohen (vgl. TG, 91). Dem Tārīḫ-i īlčī zufolge soll sein ältester Bruder Qarā Muḥammad der Sipahsālār von Rašt und der Amīr al-umarā gewesen sein (TI, 219). Das Tārīḫ-i Gīlān nannte ihn als Vater von Amīr Dabbāǧ, der nach Ḫān Aḥmad Ḫāns Gefangennahme in Laštanisā einen Aufstand unternahm. Seine Tochter war Ḫān Aḥmad Ḫāns frühere Ehefrau gewesen und mit Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān verheiratet (TG, 58-61). 514 Darunter waren Ṭāliš Kulī und Kiyā Ǧalāl al-Dīn, die in einem kurzem zeitlichen Abstand

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waren durch Eheschließungen mit den Kiyāyān verwandt. Eine Tochter eines gewissen Qarā Muḥammad Čapaks, Tītī Begum, war mit Ḫān Aḥmad Ḫān verheiratet und wurde später Kār Kiyā Aḥmad Sulṭāns Ehefrau (TG, 58, 105). Dem Tārīḫ-i 515 ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī zufolge hieß Tītī Begums Vater Sulṭān Čapak. Tītī Begum brachte Ḫān Aḥmad Ḫāns einzigen und 974/1567 jung gestorbenen Sohn Sulṭān Ḥasan zur Welt (TAA, 110). Mit Ausnahme von Kiyā Farīdūn, der Ḫān Aḥmad Ḫān verriet und in das Amt zurückkehrte, waren die meisten Ost-Gīlāner Sipahsālārān anscheinend mit ihrer Lage nach der Annektierung der Provinz nicht zufrieden, so dass es zu einem Aufstand kam. Sulṭān Abū Sa‘īd und seine früheren Kollegen töteten Kiyā Farīdūn und riefen die Einwohner zum Aufstand auf, der bis zu seiner Niederschlagung etwa ein Jahr währte (Rābī‘ II. 1002/Januar 1594 bis Rābī‘ II. 1003/Dezember 1594). Dieser Aufstand nahm ein so gefährliches Ausmaß an, dass Schah ‘Abbās den Befehl erteilte, die Einwohner (‘āmma) von Laštanisā, wo die Empörung besonders heftig tobte, zu töten (TG, 163-171). Obwohl nach diesem Aufstand kein Angehöriger dieser Familie mehr zum Sipahsālār ernannt wurde, bewahrten die Oberhäupter (ra’īs) der Familie in der Stadt ihre Unabhängigkeit und planten ein Attentat auf den Provinzwesir Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘. Dieses Ereignis veranlasste den Schah dazu, die Familie aus Laštanisā vertreiben zu lassen. In der Folge sollen die meisten Čapaks gestorben sein, da sie sich an die neue, fremde Umgebung nicht anpassen konnten und diejenigen, die die Heimkehr beabsichtigten, getötet worden seien (TG, 195-198). Jedoch überlebten die Sardārān der Čapaks diesen für die Familie schweren Schicksalsschlag, und vor allem ‘Ināyat Ḫān und Sulṭān Abū Sa‘īd wurden später die führenden Figuren 516 beim Aufstand ‘Ādil Šāhs. Die Čapaks ausgenommen, wurden die West-Gīlāner Sipahsālārān mehr oder weniger problemlos in den safawidischen Herrschaftsapparat aufgenommen und blieben für längere Zeit im Amt. Der Sipahsālār von Šaft, Mīr Ḥātim, wurde zur Zeit der Ernennung Abū Sa‘īd Mīrs mit einem Gehalt von 20 tūmān in das Amt des Sipahsālār von Šaft eingesetzt, das er schon zuvor bekleidet hatte. Zur Zeit ‘Alī Ḫāns brachte er die Sipāh wa Laiyām von Šaft unter seine Kontrolle und verweigerte ‘Alī Ḫān den Gehorsam. Wegen Streitigkeiten mit ‘Alī Ḫān begab er sich ins Exil beim Fürsten (wālī) von Kūhdum, Ḥusain Ḫān. Für seine Verdienste bei der Bekämpfung des Aufstandes von ‘Alī Ḫān wurde er von Farhād Ḫān wieder in

als Sipahsālār von Dailam genannt wurden (TG, 107, 133). Im Vorfeld ihres Aufstandes sollen sie sich am safawidischen Hof aufgehalten haben. 515 Höchstwahrscheinlich war er identisch mit Mīr ‘Abbās Sulṭān Čapak, dem Sipahsālār von Lāhīǧān. 516 Neben den Čapaks war in Laštanisā eine andere Familie, die Aždars, ansässig, die das gleiche Schicksal ereilte. Aus dieser Familie ist ebenfalls kein Sipahsālār bekannt. Zu den Einwohnern von Laštanisā siehe auch 5-4.

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seinen früheren Posten eingesetzt. 1022/1613-4 starb er nach einer 17-jährigen Amtszeit (TG, 252-259). Als sein Nachfolger wurde sein Schwiegersohn Mīr Farruḫ von Schah ‘Abbās zum Sipahsālār von Šaft ernannt. Mīr Farruḫ war der Neffe Mīr Ḫwānds, der in Muḥammad Amīn Ḫāns Regierungszeit dieses Amt bekleidet hatte (TG, 95, 98). Mīr Farruḫ war sieben Jahre lang bei einem Gehalt von 15 tūmān im Amt. Nach Mīr Farruḫs Tod (1027-8/1618-9/yūnt-yīl (Jahr des Pferdes)) erhob ein Bruder Mīr Ḥātims, der in Dienst des Schahs stand und an einem Feldzug nach Georgien teilnahm, einen Erbanspruch auf das Amt. Nach dem Tod dieses Bruders beschlagnahmte der damalige Provinzwesir Aṣlān Bīk das Vermögen der Familie und ernannte einen Vertrauten der Familie namens Šams zum Gemeindevorsteher (kalāntar) der Stadt, wodurch die Familienmitglieder bis zu Aṣlān Bīks Tod in Armut leben mussten (TG, 259).

Šafter Sipahsālār-Familie Mīr Ḫwānd ? Mīr Farruḫ Mīr Ḥātim ♂



Die Ernennung von ‘Alī Ḫān Tūlamī zum Sipahsālār von Tūlam mit einem Gehalt von 20 tūmān geschah zur gleichen Zeit wie die Ernennungen von Abū Sa‘īd Mīr und Mīr Ḥātim. Das Amt hatte er bereits einige Monate zuvor, während der kurzen Regierung ‘Alī Ḫāns, innegehabt (TG, 143, 158). Sein Bruder Kamrān Bīk Tūlamī stand ebenfalls im Dienst ‘Alī Ḫāns und begleitete ihn bis zu seinem Aufstand. Beim Verhör nach seiner Gefangennahme gewann Kāmrān Bīk die Gunst des Schahs, der ihn in die Sklaventruppe (salk-i ġulāmān-i ḫāṣṣa) aufnahm. Kamrān Bīk bekleidete später für mehr als 40 Jahre das Amt des Sipahsālārs von Tūlam 517 mit einem jährlichen Gehalt von 400 tūmān. Er starb im Alter von 90 Jahren. (TG, 231-2). Tūlamer Sipahsālārān ‘Alī Ḫān Tūlamī Kamrān Bīk Tūlamī

Die Existenz der Ḫalābarān und der Laiyām war auch nach der Annektierung weiter festzustellen (vgl. Fūman (TG, 99), Rašt (TG, 228)). Der von Farhād Ḫān Qarāmānlū bestellte neue Ḫalābar wa Rastar von Rašt, Malik Aḥmad Warzal, der 517 Kamrān Bīk Tūlamī genoss die Gunst Schah ‘Abbās’, weshalb der Schah ihm zuerst Tūlam als Lehen (tuyūl) übergab. Der Provinzwesir Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ wollte dies verhindern und bot ihm ein Gehalt von 400 tūmān an, das er anscheinend auch akzeptierte. Dieser Betrag war wesentlich höher als das durchschnittliche Gehalt eines Sipahsālārs von Gīlān (20 bis 100 tūmān).

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den Sipahsālār von Kūčisfān, Ǧānbāz Sulṭān Biǧārpas, tötete, gehörte zu den Mächtigen der Laiyām (az akābir-i laiyām) (TG, 228). Als Bihzād Bīk gegen den Provinzwesir von Āẕarbā’īǧān, Ḫwāǧa Muḥammad Riżā, auszog, bestand seine Armee hauptsächlich aus den Laiyām. Ausführliche Angaben über die militärischen Funktionen außer den Sipahsālārān sind leider nur sehr unvollständig überliefert.

6-3

Kalāntarān (Gemeindevorsteher)

Ein städtischer Amtsträger unter den Safawiden, dessen Amt sich erst nach der Umwandelung der Küstenprovinzen zum Kronland etablierte, war der Kalāntar. Die Existenz von Kalāntarān ist für Iran schon seit der mongolischen Zeit belegt (Quiring-Zoche, 162), jedoch nicht in den Regionalchroniken der Küstenprovin518 zen. In einer Urkunde, die 994/1586 ausgegeben worden sein dürfte, finden sich erste Hinweise für die Einsetzung der Kalāntarān auch in den Küstenprovin519 zen (HAH, 157 (Nr. 85)). Im Raǧab 1000/April-Mai 1592, gleich nach der Annektierung von Ost-Gīlān, dürfte Schah ‘Abbās zur Beschwichtigung der Bevölkerung einen kaiserlichen Erlass verkündet haben, der sie von fünf Sondersteuern 520 (wuǧūhāt) befreite (HAH, 96-98 (Nr. 44)). Im Erlass gab der Schah den Beteiligten aus der Oberschicht die Anweisung, sich um das Wohlergehen der Armen (‘aǧzā wa masākīn) und der Derwische zu bemühen. Zur Oberschicht gehörten, nach Rang geordnet, die Amire, die Herrscher (ḥukkām), die Lehensträger (tuyūldārān), die Dārūġagān, die Kalāntarān, die Steuereintreiber (‘ummāl) und die ande521 ren zuständigen Beamten (mutasaddiyān-i muhimmāt-i dīwānī). In den Küstenprovinzen wurden die Kalāntarān ebenso wie die Sipahsālārān vom Provinzwesir ernannt (vgl. Šaft (TG, 260)), wobei jeweils ein Kalāntar für jede Stadt bzw. Region – zum Beispiel, Laštanisā (TG, 195), Rašt (TG, 154, 159), Fū518 Siehe 6-1. In den frühsafawidischen Erlassen an die Herrscher und die Einwohner von Astarābād, der Nachbarprovinz von Māzandarān, die bis zur Regierungszeit Schah ‘Abbās I. halbautonom blieb, werden die Kalāntarān erwähnt; so in Schah Ismā‘īls Erlass von 928/1522 (Schimkoreit, 123-124 (Nr. 27); Zabīḥī, 5-6 (Nr. 2)), in Schah Ṭahmāsbs Erlass von 938/1532 (Schimkoreit, 128-129 (Nr. 34); Zabīḥī, 8-9 (Nr. 4)), und in Schah Ṭahmāsbs Erlass von 951/1544 (Schimkoreit, 138 (Nr. 51); Zabīḥī, 11-12 (Nr. 7)). 519 Zu dieser Urkunde siehe auch 6-5. 520 Die Sondersteuern waren: 1. tamġā (nicht-kanonische Handels- und Vermögenssteuer); 2. šāhīya-i zar, tīmūra-i zar, sāwārī-zar (Gestellungspflicht für Reittiere) und ġarīb-zar (Zoll für das Betreten einer Stadt); 3. itlābrīn (vom Kontext her nachträgliche Steuern auf Wasser und Ackerland); 4. kīla-zar (wohl eine Gebühr nach dem Brauch der Zaiditen, wenn sich eine Frau von ihrem Mann scheiden lassen wollte); 5. Verbot von überhöhten Zinsen (ǧurī wa nuzūlī) zum Schutz der Bauern (zāri‘ān) und der Ansässigen (mutawaṭṭinān). Die meisten Sondersteuern der zweiten Kategorie sind nicht bekannt. Nauzād, der Herausgeber der Briefsammlung, vermutet, dass es sich bei ihnen um eine bestimmte Art von Kopfsteuer gehandelt habe (HAH, 235-236). Über sāwārī-zar siehe auch Schimkoreit, 113, 120, 126, 132, 208, 275. 521 In diesem Erlass, der kurz nach der Annexion der Provinz herausgegeben worden war, dürften die Begriffe ḥukkām, tuyūl-dārān und dārūġagān synonym verwendet worden sein. An anderer Stelle war die Reihenfolge der kalāntarān und ‘ummāl vertauscht.

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man (TG, 164), Šaft (TG, 123-4), Lāhīǧān (TG, 200) und Kūčisfān (TG, 164) – einge522 setzt wurde. Ihre Aufgabe lag in erster Linie im Bereich des Steuerwesens. Daneben waren sie in militärischen Angelegenheiten tätig und übernahmen – zusammen mit dem Wesir – die Verantwortung für die Sicherheit der Region (vgl. TG, 287). Die meisten Kalāntarān stammten aus den Reihen der einheimischen Würdenträger und trugen den Titel ḫwāǧa. Sie wirkten als Vermittler zwischen dem Provinzwesir und der Bevölkerung. Einerseits repräsentierten sie Interessen der Bevölkerung, anderseits wurden sie als Diener der safawidischen Dynastie betrachtet und waren so Angriffen der Einheimischen ausgesetzt. Als Gīlān während der Amtszeit Aṣlān Bīks unter dessen tyrannischer Herrschaft litt, forderten die Kalāntarān im Namen der Bevölkerung von den Safawiden, Abhilfe zu schaffen. Ḫwāǧa Ḥusain, der Kalāntar von Rašt, beteiligte sich an der ersten Sonderrechnungsprüfung (1021/1612-3) als Kollege des Historikers ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī (TG, 204). Aṣlān Bīk geriet bald nach seinem Amtsantritt als Provinzwesir von Bia-Pas (1023/1614-5) in Konflikt mit den Kalāntarān. Ḫwāǧa Ḥusain, begleitet von den Würdenträgern, begab sich an den safawidischen Hof in Faraḥābād in Māzandarān, um gegen Aṣlān Bīk zu klagen, starb aber dort, ohne irgendetwas bewirkt zu haben. Der Dīwān Bīk ‘Alī Qulī Ḫān übernahm die Vermittlung zwischen Aṣlān Bīk und den Würdenträgern, und Ḫwāǧa Ḥasan Raštī wurde zum neuen Kalāntar der Stadt ernannt (TG, 214-215). Bahrām Mīrzā, der 1025/1616-7 bei der zweiten Sonderrechnungsprüfung als Nāẓir und Muḥtasib beteiligt war, war Ḫwāǧa Ḥusain Raštīs Neffe (TG, 215). Nachdem die erste Sonderrechunungsprüfung erledigt war, stattete Laṭīf Ḫān Bīk Dawātdār, der Dārūġagī-i ḥisāb von West-Gīlān, begleitet von den Einwohnern und den Kalāntarān, dem Hof in Iṣfahān einen Besuch ab und wurde freundlich empfangen (TG, 208). Der Kalāntar von Fūman Ḫwāǧa Muḥammad Amīn Fūmanī hatte ebenfalls Streit mit Aṣlān Bīk. Nach einer zweijährigen Klage erreichte er, dass Aṣlān Bīk und der Dārūġa von Bia-Pas, Šāh Karam Bīk – wenn auch nur für kurze Zeit – entlassen wurden (TG, 217). Der Kalāntar von Kūčisfān, Ḫwāǧa Šāh Malik, und Ḫwāǧa 523 Mullā Muḥammad Ḫuškbiǧārī besuchten den Hof mit der Absicht, Kūčisfān aus 524 dem West-Gīlāner Bezirk herauszulösen. Aṣlān Bīk beschwichtigte sie und 522 Soweit aus den Herrscherurkunden ersichtlich, wurden die Kalāntarān sowohl in den anderen Provinzen wie in den Küstenprovinzen spätestens ab der Regierungszeit Schah Sulṭān Ḥusains vom Schah selbst ernannt (Vgl. Schimkoreit, 383 (Nr. 427 in Iṣfahān), 421 (Nr. 475 & Nr. 476 in Iṣfahān), 429-430 (Nr. 492 in Sīstān), 431 (Nr. 494 in Rašt). Es besteht die Möglichkeit, dass die Bestallungen durch den Provinzwesir vom Schah nachträglich genehmigt werden mussten. 523 Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫuškbiǧārī war an der zweiten Sonderrechnungsprüfung als Muḥtasib beteiligt. 524 Im Titel des Kapitels wird angegeben, dass dies in der Amtzeit des Dārūġas Gayū Bīk Garǧīs geschah. Gayū Bīk Garǧī war Aṣlān Bīks Schwiegersohn und war wahrscheinlich unter Aṣlān Bīk der Dārūġa von Kūčisfān gewesen.

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überredete sie zur Rückkehr. Kurz danach hetzte er die Einwohner der Region, darunter die Einwohner von Ḫuškbiǧār (mardum-i Ḫuškbiǧār), gegen Ḫwāǧa Šāh Malik auf. Nachdem Aṣlān Bīk ihn gefangen genommen und getötet hatte, wurde Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫuškbiǧārī zum neuen Kalāntar bestellt (TG, 219-220). Diese Episode zeigt, dass es zwischen dem Provinzwesir und dem Kalāntar ein Tauziehen um die Macht gab und dass jeder von ihnen die Einwohner für sich zu gewinnen suchte. Während ‘Ādil Šāhs Aufstand wurden die Kalāntarān zum Angriffsziel der Einwohner. Am 20. Ša‘bān 1038/14. April 1629 plünderten die Rebellen als erstes das Haus des Kalāntars von Lāhīǧān, Mīr Murād Laštanisā’ī, der jahrelang mit Billigung von Schah ‘Abbās das Amt innegehabt hatte, und erbeuteten ein Vermögen von 30.000 tumān. Am Abend gingen sie zum Haus des Kalāntars Muḥammad Ṭā525 lib und töteten ihn. In Rašt rüstete sich der Provinzwesir Ismā‘īl Bīk mit den Kalāntarān zur Abwehr. Da diese aber über keine Kriegserfahrung verfügten, ergriffen sie in Panik die Flucht. Inzwischen flohen der Kalāntar von Fūman, Muḥammad Bīk, ebenso wie der Historiker ‘Abd al-Fattāḥ Fūmanī zusammen mit den übrigen Einwohnern und den Würdenträgern der Stadt vor dem Aufstand in Richtung ‘Irāq. Nach dem Abzug der Rebellen kehrten sie heim. Mīr Murād und der regionale Wesir von Lāhīǧān, Mīrzā ‘Abd Allāh, die anscheinend beim Ausbruch des Aufstandes abwesend waren, kamen mit Unterstützung aus Qazwīn zurück und nahmen an der Bekämpfung der Revolte teil. Den Kalāntarān, die bei der Bekämpfung des Aufstandes mitwirkten, wurde später ein Ehrengewand verleihen. Ein späterer Erlass, der 1107/1695 ausgefertigt wurde, handelt von den Kalāntar-Posten von Rašt und verdeutlicht sehr konkret die Beziehung zwischen den verschiedenen Amtspersonen und der Bevölkerung. Ein königlicher Befehl wurde erlassen: Wie zuvor durch herrscherlichen Erlass festgesetzt war, waren der [Provinz-] Wesir von West-Gīlān Mīrzā Muḥammad Karīm, Mullā Ḥasan, Šaiḫ al-islām, Mīrzā Muḥammad Rabī‘, der Finanzbeamte (Mustaufī) von WestGīlān und der Wesir der Hofbetriebe in der Kronlandverwaltung (sarkār-i ḫāṣṣa-i šarīfa) dazu aufgefordert worden, nachzuforschen und einen wahrheitsgemäßen Bericht an den Thron zu erstatten, ob die Bürgermeister (Kadḫudāyān), die Grundbesitzer (arbāb) und die Landleute (ra‘āyā) der erwähnten Region (ulkā) mit der Amtsführung des dortigen Gemeindevorstehers (Kalāntar) Ḫwāǧa Muḥammad Taqī unzufrieden seien und vier Sechstel der Landleute und der Grundbesitzer mit der Amtsausführung des ehemaligen 525 Obwohl nicht explizit erwähnt, brach der Aufstand in Laštanisā aus. Mīr Murād hatte wahrscheinlich sein Haus in seiner Heimatstadt Laštanisā, weil der Kalāntar von Laštanisā Muḥammad Ṭālib war.

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Gemeindevorstehers Ḫwāǧa Muḥammad Sa‘īd zufrieden seien und ihm den Vorzug gäben. Es ist zuvor berichtet worden, dass bei der Abstimmung 496 Personen mit Ḫwāǧa Muḥammad Taqī zufrieden seien, 2127 Personen ihre Zufriedenheit mit Ḫwāǧa Muḥammad Sa‘īd erklärten und ihm den Vorzug gäben, und 983 Personen von ihnen ihre Unzufriedenheit mit Ḫwāǧa Muḥammad Taqī geäußert haben. Demzufolge wird vom Beginn des vierten Monates des Schweinejahres (Ramażān-Šawwāl 1106/Mai 1695) der ehemalige Gemeindevorsteher Ḫwāǧa Muḥammad Sa‘īd in das Amt des Gemeindevorstehers von Rašt und Umgebung (balada-i Rašt wa tawābi) berufen und damit beehrt. Er wird angehalten, sich um das Wohlergehen und die Kultivierung der erwähnten Region zu bemühen und nicht zuzulassen, dass [dort] Unterdrückung ausgeübt wird. … Die Sayyids, die Šaiḫs, die Würdenträger (a‘yān), die Bürgermeister (kadḫudāyān), die Landleute (ra‘āyā) und die Bevölkerung (‘umūm) der Region sollen ihn als Gemeindevorsteher anerkennen und seinen Anordnungen, die dem Wohlergehen der Landleute und der Vermehrung des Einkommens des Dīwāns dienen, nicht zuwiderhandeln. Der Wesir und der Finanzbeamte der Region dürfen ohne sein Wissen und seine Billigung keine amtlichen Tätigkeiten, Zuteilungen [oder] Zahlungen vornehmen und ohne sein Siegel und sein Schreiben keine Zahlungsanweisungen ausstellen. … Sie sollen zum Wohl der Landleute mit seinem Wissen Seide für die Kronlandverwaltung aufkaufen und das Einkaufsgeld in seiner Anwesenheit den Landleuten auszahlen. Dabei soll beachtet werden, dass weder die Landleute noch die Kronlandverwaltung übervorteilt werden. Die Stadthauptleute (Dārūġagān) der Region sollen dem Gemeindevorsteher über Rechtsstreitigkeiten, die unter Landleuten vorkommen, ausführlich Bericht erstatten. Die Aufgabe des Gemeindevorstehers ist es, … gemäß dem Erlass keinesfalls zuviel Sondersteuer von den Landleuten einzutreiben. Am Ende des Jahres soll eine Auszahlungsabrechnung sowie eine detaillierte Aufstellung über den Gesamtumfang der Kollektivfron mit den Siegeln der örtlichen Grundbesitzer und Honoratioren (ahālī) und den Quittungen an den Dīwān geschickt werden. Nach der Überprüfung durch den Wesir des obersten Dīwāns, und nachdem dieser einen entsprechenden Erlass ausgestellt hat, soll der Finanzbeamte der Kronlandverwaltung dies registrieren. Außerdem soll der Finanzbeamte ein Zwangsgeschenk (pīškiš) in Höhe von 300 ašrafī, welches der Gemeindevorsteher im ersten Jahr an

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die Kronlandverwaltung abgeführt hat, im Rechnungsbuch ver526 zeichnen. Beruhend auf den in dieser Herrscherurkunde enthaltenen Angaben lassen sich die Aufgaben eines Kalāntars wie folgt zusammenfassen: 1. Bemühen um das Wohlergehen der Einwohner und die Kultivierung der Region, die der Vermehrung des Einkommens des Dīwāns dienen, 2. Steuererhebung und Verwaltung der Kollektivfron, 3. Aufsicht über die Geschäfte mit den Einheimischen, besonders über den Ankauf der Seide durch den Dīwān. Bei der Steuererhebung war er auf die Unterstützung des Provinzwesirs angewiesen, anderseits durften der Wesir und der Finanzbeamte ohne sein Wissen und seine Billigung keine Geschäfte mit der Bevölkerung betreiben. Die Vermittlung zwischen dem Wesir und den Einheimischen wird auch hier als seine Hauptaufgabe bestätigt. Wenn er jedoch nicht gemäß den Erwartungen der Bevölkerung seine Aufgabe zu erfüllen vermochte, konnte diese einen Misstrauensantrag gegen ihn einbringen. Ferner ist anzumerken, dass beim Amtsantritt eines Kalāntars Gebühren zu zahlen waren. In Māzandarān wurde schon vor der Annektierung der Provinz durch das safawidische Reich Sayyid Muẓaffar Murtażā, der aus einer Familie von Würdenträgern aus dem Osten der Provinz, den Murtażā’īs, stammte, durch Schah ‘Abbās zum Kalāntar und zum Rīš-i sifīd (Vorsteher) ernannt, als Mīr Sulṭān Murād II. 527 zum Herrscher von Māzandarān ernannt wurde (TMM, 290). Obwohl die Existenz der Kalāntarān in Māzandarān in der Kronland-Zeit durchgehend belegt ist (vgl. TMM, 320, 329, 393), kann ihre Funktion in der Kronlandverwaltung aufgrund der mangelhaften Quellenlage nicht genau ermittelt werden.

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Kadḫudāyān (Bürgermeister)

Anhand der oben erwähnten Herrscherurkunde können wir verschiedene soziale Gruppen unter den Einwohnern der Küstenprovinzen ausmachen: Die Sayyids, die Šaiḫs, die Würdenträger (a‘yān), die Bürgermeister (kadḫudāyān), die Grund528 besitzer (arbāb), die Landleute (ra‘āyā) und die Bevölkerung (‘umūm). Die Kadḫudāyān waren die Repräsentanten der einfachen Bevölkerung und verhandelten mit den Beamten. Ähnlich wie die Kalāntarān spielten die Kadḫudāyān eine wichtige Rolle in der ländlichen Gesellschaft der safawidischen Zeit. Obwohl sie der safawidischen Verwaltung unterstellt waren, waren sie – anders als die Kalāntarān – keine Beamten. Die Existenz der Kadḫudāyān lässt sich in Gīlān 526 Schimkoreit, 337-338 (Nr. 369); Qā’im-Maqāmī, 54-56 (Nr. 24). Die deutsche Übersetzung von Schimkoreit wurde hier mit dem persischen Text von Qā’im-Maqāmī verglichen und teilweise bearbeitet. 527 Rīš-i sifīd bedeutet wörtlich „weißer Bart“, die Funktion selbst war die eines Vorstehers (Taẕkira, 46, 48, 75; Röhrborn (1966), 31,45). 528 Als beispielsweise der letzte Fürst von Ost-Gīlān, Ḫān Aḥmad, Ḫān Ibrāhīm Ḫān vom safawidischen Hof nach West-Gīlān zurückholte, empfingen ihn bei seiner Ankunft in Fūman die Arbāb, die A‘yān, die Ra‘āyā und die Kadḫudāyān der Gemeinde (ulkā-yi Fūman) (TG, 105).

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schon im 15. Jahrhundert nachweisen. Eine Ehefrau des Ost-Gīlāner Fürsten Amīr Sayyid Muḥmmad stammte aus einem Kadḫudā-Geschlecht (az Kadḫudāzāda-hā) aus West-Gīlān, bekehrte sich bei der Heirat zur Zaidiya und brachte seinen ältesten Sohn Rikābzan Kiyā zur Welt (TDG, 177). Als Aḥmad b. Amīr Sayyid Muḥmmad Kiyā im Machtkampf gegen seinen Bruder Nāṣir eine Niederlage erlitt, machte er beim Rückzug Rast beim Kadḫudā eines Dörfchens in Lammasar (846/1442-3)(TDG, 251). Als eine leitende Funktion der Gemeinde traten die Kadḫudāyān jedoch erst in der safawidischen Zeit in Erscheinung. Im Tārīḫ-i Gīlān war der Begriff kadḫudāyān meistens zusammen mit ra‘āyā (Landleute) kombiniert. Dies deutet an, dass die Kadḫudāyān als Repräsentanten der Bevölkerung gegenüber den Steuereintreibern auftraten. 993/1585 wurden die Ra‘āyā (Landleute) und die Kadḫudāyān in Rašt angewiesen, den Betrag, der für die Beschützung von Ibrāhīm Sulṭān (Ibrāhīm Ḫān) bei Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda zwischen den Safawiden und Ḫān Aḥmad Ḫān abgemacht worden war, einzusammeln (TG, 114). Zur Zeit, als Aṣlān Bīk der stellvertretende regionale Wesir von Fūman war, erhoben sich die Einwohner gegen ihn (1012/ 1603-4). Für diesen Aufstand machte er die Ra‘āyā und die Kadḫudāyān verantwortlich, zerstörte ihre Häuser und trieb mit aller Strenge den gesamten Steuerbetrag innerhalb der festgesetzten sechs Monate ein (TG, 177). In der 17-jährigen Amtszeit der beiden Provinzwesire von West-Gīlān (Aṣlān Bīks und Ismā‘īl Bīks) gerieten die Einwohner (mardum) in äußerste Armut. Die Mustāǧirān (Pächter), die Taḥwīldārān (Schatzmeister), die Kadḫudāyān und die Ra‘āyā ergriffen die Flucht, erschienen wiederholt am königlichen Hof und klagten ohne Erfolg über ihre Lage (TG, 261). Die älteren Geschlechter gingen während dieser Zeit unter (vgl. TG, 219-221). Dass die Kadḫudāyān zur wohlhabenden Schicht unter der Bevölkerung gehörte, deutet eine Episode während des Aufstandes von ‘Ādil Šāh an. Zu Beginn des Aufstandes kam der Herrscher (ḥākim) von Dailamām, Bahrām Qulī Sulṭān Ṣūfī, der den Kalāntar von Lāhīǧān, Mīr Murād, und den regionalen Wesir von Lāhīǧān, Mīrzā ‘Abd Allāh, unterstützen sollte, nach Gīlān. Ungeachtet seiner eigentlichen Aufgabe beschlagnahmte er die Waren, die die Händler aus Europa und Moskau im Hafen von Langrūd angelandet und in die Festung von Lāhīǧān eingelagert hatten, und plünderte in Rānikūh und der Umgebung. Jeden Kadḫudā, der seine Autorität anzweifelte, nahm er gefangen, tötete ihn und beschlagnahmte sein Eigentum und Vieh. Nach der Niederschlagung des Aufstands wur529 de er von Sārū Ḫān, dem Herrscher (ḥākim) von Āstārā, vorgeladen, wobei die Malikān (Grundbesitzer), die Kadḫudāyān und die Geschädigten ebenfalls eingeladen wurden. Nach dem Abschluss der Ermittlungen wurde Bahrām Qulī Sulṭān befohlen, die Waren zurückzugeben (TG, 284-285). Als sich kurz danach ein ge529 Sārū Ḫān erhielt das Oberkommando der safawidischen Armee zur Niederwerfung des Aufstands. Siehe 4-5-2.

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wisser Mīr Farruḫ empörte und sich im Dschungel verbarg, wies Sārū Ḫān die Malikān und die Kadḫudāyān an, ihn um jeden Preis gefangen zu nehmen (TG, 286). Das Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-yi Māzandarān bietet eine andeutungsweise Beschreibung. Mīr Taimūr Mar‘ašī nennt einen Brief, den Malik Bahman, der Fürst von Lāriǧān in Rustamdār, an Sayyid Muẓaffar Murtażā, den Kalāntar von Māzandarān geschreiben hatte. Malik Bahman warnte Sayyid Muẓaffar Murtażā davor, Alwand Dīw aus seiner Stellung zu vertreiben und erneut einen Mar‘ašī-Herrscher in Māzandarān einzusetzen: Dies würde Māzandarān ins Chaos stürzen, da aufgrund der langen Abwesenheit der Mar‘ašīyān Sayyid Muẓaffar Murtażā wie jeder Mächtige (buzurgān) von Māzandarān in seinem eigenen Haus der Kadḫudā und der Besitzer seines eigenen Landes (mulk) sei (TMM, 329). Hinsichtlich ihrer Herkunft ist eine klare Trennung zwischen den Kalāntarān und Kadḫudāyān nicht möglich.

6-5

Šaiḫ al-Islām (Oberster Richter)

Mit der Annektierung der Küstenprovinzen wurden die Provinzen in rechtlicher Hinsicht komplett unter die Kontrolle der Zentralmacht gestellt. Anders ausgedrückt: In Gīlān wurde das safawidische Rechtssystem eingeführt. Damit trat neben dem Provinzwesir ein anderes Amt in Erscheinung: Šaiḫ al-Islām, der oberste Richter, der für das Rechtswesen zuständig war und über alle Tätigkeiten und Geschäfte die juristische Aufsicht führte. Eine Urkunde, die 994/1586 ausgegeben wurde, bestätigt seine Existenz schon am Ende des 10./16. Jahrhunderts. Diese Urkunde wies die hohen Beamten (arbāb wa munāṣib-i marātib), die Herrscher (ḥukkām), die Kalāntarān und die Kadḫudāyān an, dem Šaiḫ al-Islām, Mullā ‘Abd Allāh zu gehorchen (HAH, 157 (Nr. 85)). Jedoch sind die Einzelheiten dieser Urkunde nicht klar, nicht erwähnt wird zum Beispiel, von wem der Šaiḫ al-Islām 530 ernannt wurde oder wo in Gīlān sein Zuständigkeitsgebiet lag. Der Šaiḫ al-Islām wurde direkt vom Schah ernannt, dessen Ernennungserlass unter Beteiligung des Obersten Vorstehers der Geistlichkeit (ṣadr) angefertigt wurde. Der Ṣadr konnte mit Zustimmung des Schahs den Šaiḫ al-Islām auch persönlich einsetzen (vgl. Busse, 62). Seiner Aufsicht unterstanden die Aktivitäten der Wesire, der Stadthalter (ḥukkām), der Gemeindevorsteher (kalāntarān) und 531 der Steuerbeamten (‘ummāl) seines Zuständigkeitsgebiets. Obwohl die Amtsbezeichnung Šaiḫ al-Islām in der Regionalchronik Tārīḫ-i Gīlān erwähnt ist, wurde in den Herrscherurkunden meist die Bezeichnung qāżī al-qużā (Großrichter) ver532 wendet. Der Šaiḫ al-Islām war in Gīlān nur in den jeweiligen Hauptstädten der 530 Es existiert eine weitere undatierte Urkunde, in der ein gewisser Šaiḫ Karam Allāh als Šaiḫ al-Islām von Rānikūh genannt wird (HAH, 162 (Nr. 89)). 531 Vgl. die Herrscherurkunden in Schimkoreit: Nr. 161 und Nr. 210. 532 Die Urkunde Nr. 339 bei Schimkoreit verdeutlicht, dass diese zwei Bezeichungen gleichbedeutend waren.

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beiden Provinzen verzeichnet, also in Lāhīǧān (Bia-Pīš) (TG, 197, 285) und in Fūman (Bia-pas) (TG, 266; Schimkoreit 337 (Nr. 369)). Wann genau das safawidische Rechtssystem in den Küstenprovinzen eingeführt wurde, ist schwer zu sagen. Als 938/1532 Ḫair an-Nisā Begum, die Tochter Schah ‘Ismā‘īls und Ehefrau Muẓaffar Sulṭāns, in West-Gīlān starb, wurde ein Dorf in Fūman als Waqf für ihr Mausoleum gestiftet. Das Waqf-nāma wurde mit Siegeln von Sayyids, Qāżīs und A‘yān ausgefertigt und dem Verwalter (mutawallī) am Hof übergeben (TG, 16-17). Ein Šaiḫ al-Islām wird dabei nicht erwähnt. Die Existenz eines Šaiḫ al-Islāms in den Regionalchroniken läßt sich erst während der Amtszeit von Bihzād Bīk belegen. Als Schah ‘Abbās den Provinzwesir Bihzād Bīk anwies, den Čapaks ihren Grundbesitz auf Rechnung des Dīwāns abzukaufen, um auf diese Weise die rebellische Geschlecht aus Laštanisā zu verdrängen, wurde die Urkunde des Kaufvertrags mit der Anerkennung des Mustaufīs und mit den Unterschriften des Šaiḫ alIslāms und des Qāżīs von Lāhīǧān ausgefertigt (wahrscheinlich um 1020/1611-2) (TG, 197). Aus den Herrschererlässen von 1034/1625 und 1048/1639 geht hervor, dass zum Zuständigkeitsgebiet des Šaiḫ al-Islāms (qāżī al-qużā) von Bia-Pīš Lāhīǧān, Dailamān, Pāšīǧā, Ḫargām, Āšniyān-kamāǧāl und Ḥasan-kiyā-dih gehör533 ten, wobei er vermutlich selbst noch in jeder Region einen Richter niedrigen 534 Ranges einsetzte. Ferner wird deutlich, dass Dailamān und Ḫargām, die als 535 Tuyūl-Länder administrativ nicht zum Kronland gehörten, juristisch zum Zuständigkeitsgebiet des Šaiḫ al-Islāms von Bia-Pīš zählten. Wie die im vorigen Abschnitt genannte Episode aus der Zeit des Aufstands von ‘Ādil Šāh zeigt, wurde der Herrscher (ḥākim) von Dailamām, Bahrām Qulī Sulṭān Ṣūfī, wegen der von ihm verübten Plündereien von Sārū Ḫān, dem Herrscher (ḥākim) von Āstārā, vorgeladen. Dem Verhör wohnte neben dem Kalāntar und dem regionalen Wesir auch der Šaiḫ al-Islām bei. Bahrām Qulī Sulṭān Ṣūfī wurde angewiesen, die geraubten Waren zurückzugeben. Ein Bericht darüber wurde nach seiner Entlassung der Ratsversammlung (maǧlis) vorgelegt (TG, 284285). Der 1048/1639 ernannte Qāżī al-qużā von Bia-Pīš, Ḥāǧī Abū Ṭālib, war anschei536 nend der Neffe eines verstorbenen, ehemaligen Qāżī al-qużās. Aus einem anderen, 1096/1685 erteilten Herrschererlass geht hervor, dass Ḥāǧī Abū Ṭālib Lāhīǧānī, wie sein Name sagt, aus Lāhīǧān stammte und sein Vater, Mullā ‘Abd al533 Schimkoreit, 203-204 (Nr. 161); Qā’im-Maqāmī, 26-27 (Nr, 9). Schimkoreit, 232-233 (Nr. 210); Qā’im-Maqāmī, 46-47 (Nr.19). Ḥasan-kiyā-dih ist ein Flecken in der Nähe von Laštanisā. Kamāǧāl soll ein kleiner Ort in der Nähe von Lāhīǧān gewesen (vgl. Schimkoreit, 203). Āšniyān ist in den Regionalchroniken nicht vermerkt. 534 In der Ernennungsurkunde eines Šaiḫ al-Islāms in Mašhad ist eindeutig festgelegt, dass der Šaiḫ al-Islām das Recht auf die Bestallung der Richter niedrigen Rangs hatte (Schimkoreit 306 (Nr. 316)). 535 Siehe 4-4-1. 536 Die Urkunde (Schimkoreit, (Nr. 210); Qā’im-Maqāmī, (Nr.19)) ist teilweise unlesbar.

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537

Wāsi‘, gleichfalls Šaiḫ al-Islām gesesen war. Es ist zu vermuten, dass der Posten des Šaiḫ al-Islāms in Ost-Gīlān im Besitz einer bestimmten einheimischen Gelehrten-Familie war. In den Regionalchroniken von Māzandarān war für diese Provinz kein Šaiḫ al-Islām der Provinz verzeichnet. Nur das Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī berichtet, dass 1015-16/1607-8/qūy-yīl (Schafsjahr) der Ṣadr von ‘Irāq und Māzandarān, Mīr Ǧalāl al-Dīn Ḥasan Ṣalā’ī, gestorben war und sein Neffe als Nachfolger eingesetzt wurde (TAA, 720).

537 Schimkoreit, 319 (Nr. 339); Qā’im-Maqāmī, 52-53. Gegenstand dieser Urkunde war die Steuerbefreiung für zwei Fischerboote, die Ḥāǧī Abū Ṭālibs Sohn Āqā Muḥammad Nāṣir geerbt hatte.

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7

Schlusswort – Südkaspische Küstenprovinzen in der spät-safawidischen Zeit

In der Regierungszeit von Schah Ṣafī und Schah ‘Abbās II. – nach dem Scheitern dee letzten Unabhängigkeitsbestrebungen – schienen sich die Küstenprovinzen und ihre Einwohner völlig in das regionale Verwaltungssystem der Safawiden eingeordnet zu haben. Der Abbruch der langen Tradition regionaler Geschichtsschreibung in Gīlān und Māzandarān in dieser Zeit lässt uns keine andere Wahl, als die Lage der Provinzen aus den sporadischen Nachrichten in den safawidischen Hofchroniken zu rekonstruieren. Nachdem Schah ‘Abbās I. 1028/1619 den Seidenhandel zum königlichen Monopol gemacht hatte (Matthee 102; Melville (2003), 79), verwandelte sich Māzandarān zu einem sowohl wirtschaftlich wie politisch wichtigen Zentrum der Monarchie. Als Olearius Persien besuchte (1637 bis 1638), hatte der Seidenexport seinen Höchststand erreicht (1635 bis 1639). Die durch Schah ‘Abbās I. erbauten neuen Städte Ašraf und Faraḥābād dienten nach wie vor als Winterresidenzen der Safawiden. Die Schahs gaben dort Audienzen (z.B. dem Engländer Thomas Herbert im Jahr 1628 und russischen Abgesandten um 1065/qūy-yīl (Jahr des Schafes) (HB, 524)); während ihrer Aufenthalte in Māzandarān vergnügten sie sich in Gīlān auf der Jagd (vgl. ZTAA, 237; AN, 298, 531). Bei den königlichen Besuchen wurden die Städte zudem illuminiert. Mīrzā Taqī Iṣfahānī, der das Ämter des Provinzwesirs von Māzandarān und Gīlān bekleidete, übte große Macht aus: Er war zuständig für den Aufbau der verschiedenen Städte – nicht nur Ašraf und Faraḥābād in Māzandarān, sondern auch für den Bau der Freitagsmoschee (masǧid) in Naǧaf (ZTAA, 94-95). Er war ferner zur Erweiterung der Hauptstraßen in Māzandarān verpflichtet (TAA, 989991). Mīrzā Taqī wurde schliesslich zum Großwesir befördert. Nach seiner Beförderung setzte er seinen Bruder, Muḥammad Ṣāliḥ Bīk, und dann dessen Sohn (seinen Neffen) Mīrzā Qāsim ins Amt des Provinzwesirs von Māzandarān ein. Der Ost-Gīlāner Provinzwesir war zu dieser Zeit sein Ex-Wesir Mīrzā Ṣāliḥ. So blieb Mīrzā Taqī in Verbindung mit den Küstenprovinzen und übte dort weiter seinen Einfluss aus. Mīrzā Taqī Iṣfahānī und seine Nachfolger waren aus dem Zentrum entsandte Beamte, die vor ihren Ernennungen keine Verbindung zu den Küstenprovinzen gehabt hatten.

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Die Provinzwesire in Gīlān und Māzandarān der Regierungszeit Ṣafīs und ‘Abbās II. (A=Amtsantritt E=Entlassung)

1039 1043

Mīrzā Taqī Iṣfahānī (Māzandarān + Gīlān) Mīrzā Taqī Iṣfahānī (E) 538 (ZTAA, 160-161; AN, 255; HB, 171) 1043 Mīrzā Taqī Iṣfahānī (A) (ZTAA, 160-161; AN, 259; HB, 195) 1044 Mīrzā Taqī Iṣfahānī; Beförderung zum Großwesir 539 (ZTAA, 147; AN, 261; HB, 204; QH, 216) 1044 WG (Rašt): Āqā Zamān Iṣfahānī (A) OG (Lāhīǧān): Mīrzā Taqī Daulatābādī Iṣfahānī (A) Māzandarān: Muḥammad Ṣāliḥ Bīk (Mīrzā Taqīs Bruder) (A) 540 (ZTAA, 147-8, 296-7; HSI, 189; AN, 262, 333; HB, 205, 364) 1047 Mīrzā Ṣāliḥ (Iskandar Bīk Munšīs Neffe) (A) 541 (ZTAA, 208, 297; AN, 284; HB, 364) 542 1049 WG: Āqā Zamān Iṣfahānī (E) Lāčīn Bīk (Āqā), Ġulām von Yūsuf Āqā (A) (ZTAA, 237, 297; HSI, 279; AN, 333; HB, 292, 364) 543 Rašt-Dārūġa: ‘Abbās Qulī Ḫān Šāmlū (HSI, 390) 1055 WG-Dārūġa: Šūfī Qulī Bīk Šīračī-bāšī (A) (HB, 420) 1063-4 Māzandarān: Mīrzā Qāsim b. Muḥammad Ṣāliḥ Bīk (E) Mīrzā Ṣādiq (EX-mustaufī-i baqāyā) (A) 544 (ZTAA, 296-297; AN, 333. 539; HB, 512) 538 Er wurde aufgrund von Beschwerden der Einwohner (mardum bzw. ahl) von Gīlān, die von seinem politischen Gegner und dem Großwesir Ṭālib Ḫān aufgehetzt worden waren, entlassen. Seine Redlichkeit wurde in einer Rechnungsprüfung festgestellt, worauf er im folgenden Jahr wieder in das Amt des Provinzwesirs eingesetzt wurde. Kurz darauf wurde er zum Großwesir ernannt. 539 Das Ẕail-i Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī datiert seine Beförderung auf das taḫāqūy-yīl (Jahr der Hühner)/1042-3, das Qiṣaṣ al-ḫāqānī auf das Jahr 1043/īt-yīl (Jahr des Hundes). Diese Diskrepanz ergibt sich aus den unterschiedlichen Methoden der Kalendererstellung, bei der entweder dem lunaren Hiǧrī-Kalender oder dem solaren Tierzykluskalender der Vorzug gegeben wurde. Das Qiṣaṣ al-ḫāqānī gab dem Hiǧrī-Kalender gegenüber dem Tierzykluskalender den Vorzug. 540 Die drei Ernennungen kamen aufgrund von Mīrzā Taqīs Ernennung zum Großwesir zustande. 541 Mīrzā Ṣāliḥ war Iskandar Bīk Munšīs Neffe väterlicherseits, der Neffe des Autors des Tārīḫi ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī. Mīrzā Ṣāliḥ war Mīrzā Taqī Iṣfahānīs Wesir gewesen. Sein Vorgänger, Mīrzā Taqī Daulatābādī Iṣfahānī, hatte sich auf die Pilgerfahrt nach Mekka begeben und war unterwegs gestorben. 542 Āqā Zamān Iṣfahānī wurde aufgrund von Beschwerden von den Ra‘āyā von Rašt entlassen (ZTAA, 237, 297; AN, 298; HB, 292). 543 Im Muḥarram dieses Jahres hatte er seinen verstorbenen Vater Ḥasan Ḫān ersetzt (das genaue Datum ist nicht bekannt) und wurde dann zum Stadtherrn (ḥākim) von Herāt ernannt. 544 Mīrzā Qāsim war nach dem Tod seines Vaters Muḥammad Ṣāliḥ Bīk zu dessen Nachfolger

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1064 1066 1070

1072 1073

545

OG: Mīrzā Ǧa‘far Qazwīnī (E) (AN, 570; HB, 536) Sayyid Mīrzā Hāšim (Ex-Provinzwesir von Herāt) (A) Gaskar: Allāh Wirdī Bīk b. ‘Awaz Bīk, versetzt nach Lār 546 Allāh Qulī Bīk (‘Awaz Bīks Neffe) (A) (AN, 613, HB, 577) WG: Mīrzā Ṣadr al-Dīn Muḥammad Ǧābirī; Beförderung zum Mustaufī al-mamālik ‘Aważ Bīk (Ġulām-i ḫāṣṣa, Ex-Wesir und Dārūġa von Lār) (A) 547 (AN, 720; HB, 342, 655) Gaskar: Mīrzā Ṣādiq Kirmānī (A) 548 Dailamān: Aḥmad Bīk Iṣfahānī (A) (AN, 731) Māzandarān: Mīrzā Ṣādiq; befördert zum Wesir von Fārs 549 Māzandarān und Hizār-ǧarīb: Mīrzā Mas‘ūd (A) (AN, 741)

Die Hofchroniken teilen mit, dass die Bevölkerung (ra‘āyā) der Küstenprovinzen ungeachtet der Macht der Provinzwesire nicht zögerten, bei passender Gelegenheit auch direkt beim Schah Klage einzureichen. Die Provinzwesire Āqā Zamān Iṣfahānī, Mīrzā Qāsim b. Muḥammad Ṣāliḥ Bīk und Mīrzā Ǧa‘far Qazwīnī wurden aufgrund von Beschwerden der Ra‘āyā ihres Amtes enthoben. Unter der safawidischen Kronlandverwaltung verzichteten die eigensinnigen Einwohner der Küstenprovinzen, die Gīlāner und die Māzandarāner, nicht mehr wie früher darauf, auf ihren hergebrachten Rechten zu beharren.

545 546 547

548 549

ernannt worden (HB, 363). Er wurde aufgrund von Beschwerden der ‘Aǧza (Armen) und der Ra‘āyā entlassen (HB, 512). Mīrzā Ǧa‘far Qazwīnī wurde aufgrund von Beschwerden von den Ra‘āyā entlassen. Allāh Wirdī Bīk war der Nachfolger seines Vaters, ‘Awaz Bīk (das Datum ist nicht bekannt). Allāh Qulī Bīk war ‘Aważ Bīks Neffe mütterlicherseits. Mīrzā Ṣadr al-Dīn Muḥammad Ǧābirī folgte seinem verstorbenen Vorgänger im Amt nach. Dem Tārīḫ-i ǧahān-ārā-yi ‘Abbāsī (‘Abbās-nāma) zufolge war ‘Awaz Bīk nur der Wesir der Region (ḫaṭṭa) von Lār, nicht aber zugleich der Dārūġa gewesen. Ihre Vorgänger wurden, zusammen mit dem Provinzwesir von Kāšān, aufgrund von Beschwerden der Ra‘āyā entlassen. Mīrzā Ṣādiq wurde der Nachfolger eines Provinzwesirs von Fārs, der aufgrund einer Anklage der Ra‘āyā entlassen worden war. Mīrzā Mas‘ūd war der Wesir der Waqf-Behörde (mauqīfāt) gewesen.

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Anhang Die Genealogien der regionalen Fürsten der Küstenprovinzen

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Anhang Die Genealogien der regionalen Fürsten der Küstenprovinzen

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Abkürzungsverzeichnis Abbās: s. Nawā’ī Aḥsan: Aḥsan al-tawārīḫ, s. Ḥasan Beg Rūmlū Amīnī: Tārīkh-i ‘ālam-ārā-yi Amīnī, s. Fażl Allāh b. Rūzbihān Ḫunğī Iṣfahānī AN: Tārīḫ-i ğahān-ārā-yi ‘Abbāsī (‘Abbās-nāma), Muḥammad Ṭāhir Waḥīd Qazwīnī Ǧawāhir: Ǧawāhir al-aḫbār, s. Būdāq Munšī Qazwīnī, Ǧuwainī: s. ‘Alā al-Dīn ‘Aṭā Malik Ğuwainī HAH: Nāma-hā-yi Ḫān Aḥmad Ḫān Gīlānī, s. Nauzād HB: Ḫuld-i barīn, Muḥammad Yūsuf Wālih Iṣfahānī HS: Tārīḫ-i ḥabīb al-siyar, s. Amīr Maḥmūd Ḫwāndamīr HSI: Ḫulāṣat al-siyar, s. Muḥammad Ma‘ṣūm b. Ḫwāǧagī Iṣfahānī Ḫulāṣat: Ḫulāṣat al-tawārīḫ s. Qāżī Aḥmad Qumī JA: Tārīḫ-i ğahān-ārā, s. Qāżī Aḥmad Gaffarī Qazwīnī Muntakhab: Muntakhab al-tawārīkh, s. ‘Abd al-Qādir Badā’unī Nuzhat: Nuzhat al-Qulūb, s. Ḥamd Allāh Mustaufī Qazwīnī Qisas: Qiṣaṣ al-ḫāqānī, s. Walī-Qulī b. Dāwūd-Qulī Šāmlū RS: Tārīḫ-i rauẓat al-ṣafā, s. Mīrḫwānd RSG: Raużat al-Ṣafawīya, s. Mīrzā Ḥasan Beg Ǧanūbadī Šāmī: s. Niẓām al-Dīn Šāmī TA: Tārīḫ-i ‘Abbāsī, s. Mullā Jalāl al-Dīn Munajjim Yazdī TAA: Tārīḫ-i ‘ālam-ārā-yi ‘Abbāsī, s. Iskandar Beg Turkmān Munšī Ṭahmāsb: Šāh Ṭahmāsb Ṣafawī, s. Nawā’ī Takmilat: Takmilat al-aḫbār, s. Zain al-‘Ābidīn ‘Abdī Beg Šīrāzī TG: Tārīkh-i Gīlān, s. ‘Abd al-Fattāh Fūmanī Gīlānī TGD: Tārīḫ-i Gīlān wa Dailamistān, s. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī TH: Tārīḫ-i Ḫānī, s. ‘Alī b. Šams al-Dīn b. Ḥāğī b. Ḥusain Lāhiğī TI: Tārīḫ-i īlchī-i Niẓām-Šāh, s. Ḫuršāh b. Qubād al-Ḥusainī TM: Tārīḫ-i Māzandarān, s. Šaiḫ ‘Alī Gīlānī TMM: Tārīḫ-i Ḫāndān-i Mar‘ašī-i Māzandarān, s. Mīr Taimūr Mar‘ašī TR: Tārīḫ-i Rūyān, s. Auliyā Allāh Āmulī TT: Tārīḫ-i Ṭabaristān, s. Ibn Isfandiyār TTRM: Tārīḫ-i Ṭabaristān wa Rūyān wa Māzandarān, s. Ẓahīr al-Dīn Mar‘ašī Yazdī: s. Šaraf al-Dīn ‘Alī Yazdī ZTAA: Ẕail-i Tārīḫ-i āram-ārā-yi ‘Abbāsī, s. Iskandar Beg Turkmān Munšī

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Glossar ahālī Honoratioren akābir Würdenträger, Notabeln ‘āmil (pl. ‘ummāl)/ ‘āmal Steuerbeamter amīr Befehlshaber, Prinz amīr al-umarā Oberbefehlshaber ‘āmma/ ‘umūm Bevölkerung arbāb Grundbesitzer arbāb-i qalam Schreiber, „die Herren des Stiftes” atālīqī Vormund a‘yān Würdenträger, Notabeln bāǧ Steuer bai‘a Treueeid beglerbeg Anfürer, Statthalter bīk Bey, Herr daftardārān Schreiber daftar-ḫāna Kanzlei dā‘ī religiöser Propagandist dār al-salṭana Residenzstadt dārūġa Stadthauptmann dārūġa-i daftar-ḫāna-i humāyūn Stadthauptmann der königlichen Kanzlei dārūġagī-i ḥisāb Stadthauptmann, verantwortlich für Rechnungswesen dīwān Finanzbehörde, Regierung faqīh Jurist fatwā Rechtsgutachten ġulām Sklave ǧuz’ Bezirkswesir ḥākim (Pl. ḥukkām) Herrscher ḥukūmatī Herrschaft ḫalābar wa rastar stehendes Heer ḫān Ehrentitel ḫānād wa rastar stehendes Heer ḫānqā Kloster ḫarāǧ Steuer ḫāṣṣa Krongut ḥazīnadār Schatzminister ḫwāǧa Ehrentitel iǧārāt Darlehen īlčī Botschafter iqtā‘ Lehen īšīk-āqāsībāšī Offizier istīfā Finanzverwaltung

i‘timād al-daula Großwesir kadḫudā Bürgermeister kalāntar Gemeindevorsteher kūtwāl-i qal‘a Burgvogt laiyām Reserve od. Fußsoldaten mit bäuerlichem Hintergrund lala Vormund laškar Armee laškar-i ‘awām Volksarmee maǧlis Sitzung maḥalla Viertel, Bezirk māl Eigentum, Vermögen malāhida (Pl.) Ketzer malik (Pl. mulūk) König malikān Grundbesitzer mardum Einwohner, Volk mu‘tamid al-daula Wesir muftī Jurist, der Rechtsgutachten erteilt muḥāsibāt/muḥāsibāt-i sanāwāt Buchhaltung muhrdār Siegelbewahrer muḥtasib Marktaufseher munšī Sekretär murīd Anhänger, Schüler muqaddima al-ǧaiš Oberbefehlshaber mustāǧirān Pächter mustaufī Finanzbeamter mutaṣaddiyān Beauftragte mutawallī Verwalter nā’ib Stellvertreter naukar Gefolgsmann naurūz Neujahr nawīsanda-i ḥisāb Schreiber des Rechnungswesens nāẓir Verwalter niẓār Aufsicht niẓār-i ḥisāb Aufseher des Rechnungswesens qarār-i żimānāt Gewährleistung qāżī Richter qāżī al-qużāt oberster Richter qūrčīyān Leibgarde ra’īs Oberhaupt, Anführer ra‘īyat (Pl. ra‘āyā) Bevölkerung, Bauern rīš-i sifīd Vorsteher ṣadr schi‘it. religiöses Oberhaupt ṣāḥib-i iḫtiyār s. Wesir 267

šaiḫ al-islām oberster Richter ṣalāh-dīd-i amānāt Beurteilung der Aufträge sardār Kommandant sarkār-i ḫāṣṣa-i šarīfa Hofbetriebe in der Krongutverwaltung sayyid Nachkomme des Propheten Muḥammad šiḥna Aufseher sipah Armee sipahsālār Oberbefehlshaber suyūlġāl Lehen taḥṣīrdār Kassenbeamter taḥwīldār Schatzmeister tā’ibān (Pl.) Büßer, Bekehrte tanga Währung

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taṣaddī Stadthauptmann tūmān Einheit der pers. Währung tuyūl Lehen ulkā Region ustandār Provintgouverneur wakīl Regent wālī Gouverneur waqf religiöse Stiftung wazīr-i buyūtāt sarkār-i ḫāṣṣa-i šarīfa Wesir der Hofbetriebe in der Krongutverwaltung wazīr al-wuzarā Oberwesir wilāyat Gebiet, Provinz wizārat Ministeramt wuǧūhāt Sondersteuern

Register Begriffe mit zu hoher Trefferquote wurden nicht aufgenommen I. Personen Ābāqā, Ilchan 80 ‘Abbās, Sipahsālār von West-Gīlān 123, 124 ‘Abbās, Amir (Wesir Ḫān Aḥmad Ḫāns) 136, 214f ‘Abbās Bābulkānī, Sayyid 53, 170f ‘Abbasiden 9, 20-22, 57, 58, 63-68, 70, 71, 83 ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 32f, 49, 103, 111f, 115, 116f ‘Abd Allāh b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 88f ‘Abd Allāh b. Rūḥ Allāh, Amir von Hizārǧarīb 135f ‘Abd Allāh (Ḫān) b. Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 47f, 56, 141, 142145, 148, 152, 166, 169 ‘Abd al-Fattāh Fūmanī Gīlānī (Historiker) 9, 19, 24, 40-44, 175, 176, 181, 221, 230f ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 32f, 56, 91, 103, 109f, 111-114, 116, 117f, 118-121, 123, 129-132, 134, 138, 140 ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 111, 115 ‘Abd al-Malik, Amir Sayyid 108f, 109f, 120, 121, 124 ‘Abd al-Malik b. Mūsā Ḥusainī, Sayyid 190 ‘Abd al-Maṭlab b. Riżā al-Dīn b. Qawām alDīn Mar‘ašī 109f ‘Abd al-Razzāq 84 Abtars 167f, 200 Abū ‘Abd Allāh b. al-Dā‘ī al-Mahdī li-Dīn Allāh 67 Abū Muslim 63-64 Abū al-Qāsim Bābur b. Bāisunqur b. Šāhruḫ 111, 118 Abū al-Riżā Ḥasan b. Riżā al-‘Alawī alMāmṭīrī 78 Abū Sa‘īd, Amīr 126f, 127, 197, 199

Abū Sa‘īd, Ilchan 82 Abū Sa‘īd Mīr, sipahsālār von Lāhīǧān 199, 215, 225, 226-228 Abū Sa‘īd Mīr Fūmanī, sipahsālār von Fūman 43, 150, 159, 163 Abū Sa‘īd b. Muḥammad b. Mīrānšāh b. Tīmūr 32f, 111, 118, 189 Abū Turāb b. Mīr Taimūr Mar‘ašī 46 ‘Ādil Šāh s. Ġarīb Šāh (Kālinǧār Sulṭān) 42, 43f, 47f, 171f, 180, 181, 182, 207, 221, 226, 227, 231, 234, 236 ‘Adud al-Daula b. Rukn al-Daula 71 Aḫī Āqā 171, 174f, 218 Aḥmad b. Amīr b. Hādī b. Amīr Kiyā 100 Aḥmad b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 34, 99, 100, 187f, 188, 193, 198, 210, 234 Aḥmad Bīk Bīkdilī 163 Aḥmad b. al-Ḥusain al-Mu’ayyad bi-’llāh, Imam der Qāsimīya-Zaiditen 76 Aḥmad Kiyā Biǧārpasī, Sayyid 198 Aḥmad b. Rikābzan b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 193f Aḥmad b. Ẓahīr al-Dīn b. Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 195 Ā’iba Sulṭān Aq Qūyunlū 108 ‘Alā al-Daula ‘Alī b. Ḥusām al-Daula Ardašīr 80 ‘Alā al-Daula ‘Alī b. Husām al-Daula b. Qārin 73, 74, 78 ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ Isḥaqī, Amir (-844) 100, 104 ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ Isḥaqī, Amir (-880) 104-106, 119, 188, 207 ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ Isḥaqī, Amir (907) 124 ‘Alā al-Dīn Muḥammad b. Ḥasan III. b. Muḥammad II. b. Ḥasan II. b. Muḥammad b. Kiyā Buzurg 80 ‘Alā al-Dīn Tūlam 199 ‘Alā Ḥusām al-Dīn Čapak 139f, 160f, 226 ‘Alī b. Aḥmad b. ‘Alī Kiyā 32f Alī b. Amīr Kiyā 32f, 37, 94, 96, 98 ‘Alī Bīk Sulṭān (‘Alī Ḫān) 150, 156, 158-160, 162, 173f, 185f, 213, 214, 216f, 221f, 225, 227-228 ‘Alī Ḫān Bīk Pīr Sulṭān Takkalū 142 ‘Alī Ḫān Tūlamī 163f, 228 ‘Alī b. Iskandar Rūz-afzūn 201 ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī

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90f, 109f, 110, 112, 115, 205, 210 ‘Alī Kiyā b. Mūsā al-Ḥusainī, Sayyid 189, 207 ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī (‘Alī Ḫān II.) 143, 151, 152, 169 ‘Alī b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 109f, 110, 112, 115, 205, 210 ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī (‘Alī Ḫān I.) 109f, 114, 130f, 131, 140, 153f, 169f, 201 ‘Alī Qulī Bīk Sulaimān Ḫānī 176 ‘Alī Qulī Ḫān, Dīwān Bīk 230 ‘Alī b. Šams al-Dīn Lāhiǧī 9, 24, 38-40, 114f ‘Alī Sulṭān Čapalū 163 ‘Alī b. Wahsūdan 69 Āl-i Wašmgīr s. Ziyāriden 70 Allāh Qulī Bīk 240 Allāh Qulī Sulṭān Qūrčībāsī 171 Allāh Qulī Sulṭān Ustāǧalū 139 Allāh Wirdī Bīk b. ‘Awaz Bīk 240 Alqās Mīrzā Ṣafawī 146 Alwand Bīk Aq Qūyunlū 108, 123 Alwand Dīw 146, 153f, 154, 155, 164, 165, 166, 170, 179f, 201, 202f, 267 Alwand Sulṭān Qarāmānlū 51 Amīr Bakr Bīk Aq Qūyunlū 113 Amīr b. Hādī b. Amīr Kiyā 100, 102f Amīr b. Haidar b. Ḥasan b. Amīr Kiyā 100 Amīr Kiyā Malāṭī 35, 93 Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b. Amīr Kiyā 34, 96, 98-100, 105, 185, 187, 192f, 198, 205, 206f, 234 ‘Amr b. al-Laiṯ 68 Anūz Kūhdumī, Amir 92, 106, 209 Anūz b. Rustam Anūzwand, Amir 101f, 104, 105 Aq Quyunlu 44, 59, 97, 102f, 107, 108, 113f, 118-121, 124f, 131f, 188, 189, 199, 212 Āqā ‘Azīz Iṣfahānī 176 Āqā (Būdāq) Bunah-dār 166, 201 Āqā Ḥusain Rustamdār 162 Āqā Mīr Bīk b. Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān 149f, 212, 213 Āqā Mīr Dīw 143f, 145f, 191, 201, 212, 214 Āqā Muḥammad Abtar 200, 217 Āqā Muḥammad Alǧarī 166f, 170f, 200f

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Āqā Muḥammad b. Āqā Rustam Rūz-afzūn 56, 123, 131, 132, 140, 141, 201 Āqā Muḥammad Dīw 212 Āqā Muḥammad Sulṭān Fūmanī 150, 213 Āqā Rustam Rūz-afūn 108, 114f, 117f, 129, 130, 131, 201, 202, 212f, 214 Āqā Zamān Iṣfahānī 239, 240 Asad Allāh b. Ḥasan b. Riżā al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 106, 110f, 113, 118, 205 Aṣlān Bīk 167f, 172-174, 176, 177, 219, 220222, 228, 230, 231, 234 Ašraf b. Tāǧ al-Daula b. Iskandar b. Ǧahāngīr, Malik 107, 108, 113, 114, 129 Auliyā Allāh Āmulī 9, 24, 25, 27, 30, 31, 35f, 55, 63f, 80, 81 Auliyā Bīk Kurd 176 ‘Awaz Bīk 240 ‘Ażad b. Mūsā al-Ḥusainī, Sayyid 187, 189 Aždars 161, 180, 227f ‘Ażīm b. Haibat Allāh Bābukānī 200, 202 ‘Azīz Bābulkānī, Sayyid 111, 200 ‘Azīz b. Gayūmarṯ b. Bahman b. Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Gayūmarṯ, Malik 147 Bābulkānī-Sayyids 116, 117, 200, 202 Bābur b. Bāisunqur b. Šāhruḫ, Timuride 111 Bādūspān 61, 62 Bādūspaniyān (Bādūspaniden) s. Maliks von Rustamdār 14, 15, 31, 32f, 52, 59, 62, 63, 68, 70, 73, 74, 78-82, 85, 90 Bahman b. Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Gayūmarṯ, Malik von Nūr 129, 132f, 133, 134, 140, 141, 142f, 143f Bahman b. Gayūmarṯ b. Bahman b. Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Gayūmarṯ, Malik 147 Bahman b. Gayūmarṯ b. Kāwūs b. Ašraf b. Tāǧ al-Daula b. Iskandar b. Gayūmarṯ, Malik von Lāriǧān 151-155, 164f, 165, 166, 170, 191, 192, 235 Bahrām b. Husām al-Daula b. Qārin 78 Bahrām b. Iskandar Rūz-afzūn 110 Bahrām Mīrzā, nāẓir 176, 177, 230 Bahrām Mīrzā Ṣafawī 136, 165 Bahrām Qulī Sulṭān Ṣūfī 164f, 182, 234, 236 Barkiyāruq 73f Bāw (Urenkel von Qawād) 62 Bāwandiyān (Bāwanditen) 13-16, 25, 26, 28, 30, 31, 33, 52, 55, 59, 61-66, 68-76, 7882, 85, 109

Bībī Ǧahān Malik bt. Malik Gayūmarṯ 142f, 153f Bībī Ḫānum bt. Mīr Sulṭān Murād Mar‘ašī 147 Bībī Zahrā Malik bt. Malik Bahman 153f, 142f Bīǧn Ra’īs 151f, 153, 154, 201 Bihzād Bīk 168f, 172-175, 206, 211f, 218222, 226, 229, 236 Bistām Āqā 158 Bīstūm b. Wašmgīr b. Ziyār 71 Bīstūm b. Zarrīn Kamar b. Ǧustān b. Kai Kāwūs b. Hizārasf 79f, 81f Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ǧalāl alDaula Gayūmarṯ b. Bīstūn b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik 108, 121f, 128, 133 Bunah-dārs 166f, 201 Buyiden 26, 31, 58, 59, 63, 69-73 Buzurg Umīd 77 Čalābīs 131 Čalāwīyān 52, 85, 87, 89 Čapaks 139f, 160f, 161, 180, 181f, 206f, 226, 227, 236 Choresm-Schahs 74, 78f, 79, 80 Čupāniden 84 Dabbāǧ b. ‘Alā al-Dīn b. Dabbāǧ Isḥaqī, Amir 105, 189 Dabbāǧ b. ‘Alā al-Dīn Isḥaqī, Amir 92, 96f Dabbāǧ b. Ḥusām al-Dīn b. Dabbāǧ Isḥaqī s. Muẓaffar Sulṭān 129, 130, 137 Dabbāǧ b. Qarā Muḥammad Čapak, Amir 139, 149f Dābūya (Gründer der Dābūyiden) 61f, 64 Dābūya (Dābūyiden) 31, 59, 61-65, 68 Dāḏmihr b. Farruḫān 63 Dā‘ī al-Ṣaġīr s. Ḥasan b. Zaid 52 Darwīš Muḥammad Ḫān Urūmlū 161, 163 Dāšdār Bīk Ṣafawī 138, 140f, 212 Dāwūd b. Hādī b. Amīr Kiyā 99f, 206f Derwisch Muḥammad 192 Dīn Muḥammad Ḫān b. Badī‘ al-Zamān b. Nūr Muḥammad Ḫān Uzbek 46, 47 Dīws 53, 116, 117, 140, 143f, 185, 200-203 Dschingis Khan 84 Durmīš Ḫān Šāmlū 132 Faḫr al-Daula 71 Faḫr al-Daula Ḥasan b. Šāh Kai Ḫusrau b.

Tāǧ al-Daula Yazdagird 27, 28, 85 Faḫr al-Daula Namāwar b. Šahrākīm b. Namāwar b. Bīstūm b. Zarrīn Kamar 81 Faḫr al-Daula b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 96 Faḫr al-Daula Šāh Ġāzī, Ustandār 27 Falak al-Dīn Taǧāspī, Amir 104, 119 Faqīh ‘Alī Karfstānī 187 Farhād Ḫān Qarāmānlū 51, 157, 159, 160, 162-167, 170, 171, 186, 192, 200, 216, 220, 222, 226f, 227, 228 Farḫzād 189 Farḫzād b. Dabbāǧ 187, 188 Farruḫān b. Dābūya (erster Iṣfahbad) 52, 62, 63 Farruḫān-i Kūčik 63 Fīrūz 61 Ǧahān Šāh Kūšīǧ 93 Ǧahān Šāh Qara Quyunlu 97, 103, 106, 118 Ǧahān b. Šaraf al-Daula Nauṣirūd, Amir 92, 94 Ǧahāngīr, Amir von Gaskar 105, 107 Ǧahāngīr, Malik von Nātil 113 Ǧahāngīr b. ‘Azīz b. Gayūmarṯ b. Bahman b. Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Gayūmarṯ, Malik von Nūr 164f, 170 Ǧahāngīr Bīk Qarāmānlū 163 Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ašraf b. Tāǧ al-Daula b. Iskandar b. Gayūmarṯ, Malik 134, 147f Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ b. Bīstūn b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik von Nūr 107, 108, 113, 118, 121f, 123f Ǧahāngīr b. Muḥammad, Maik von Rustamdār 43 Ǧahāngīr b. Sulṭān Muḥammad b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ašraf b. Tāğ al-Daula b. Iskandar b. Gayūmarṯ, Malik von Kuǧūr 160, 164f, 170 Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ b. Bīstūn b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik 15, 30, 96, 103, 105, 111, 112, 134f Ǧalāl al-Daula Iskandar b. Tāğ al-Daula Ziyār 15f, 27, 82, 85, 96 Ǧalāiriden 84, 89 Ǧalāl al-Dīn 198, 205 Ǧalāl al-Dīn Aḥmad b. Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā 187, 189, 195 Ǧalāl al-Dīn Ḥasan III. b. Muḥammad II. b. Ḥasan II. b. Muḥammad b. Kiyā Buzurg 80

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Ǧalāl al-Dīn Ra’īs 165-167, 169f, 170, 201, 207, 217 Ǧalāliyān 82, 85, 87, 88, 89 Ǧāmāsb 61 Ǧamšīd Bīk Amīr 173, 222 Ǧamšīd Ḫān b. Sulṭān Maḥmūd b. Muẓaffar Sulṭān Isḥaqīya 43, 140, 149, 150, 151f, 159, 180, 212, 213, 225, 226f Ǧamšīd Qārūn Gūrī, Amīr 89, 191f Ǧānbāz Sulṭān Biǧārpas 229 Gargīn Ḫān 181, 182 Ġarīb Šāh s. ‘Ādil Šāh 41, 42, 168f, 180f, 207, 208, 226 Ġarīblū-Stamm 139 Gayū Bīk Garǧī 173, 222, 230f Gayūmarṯ b. Bahman b. Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Gayūmarṯ, Malik von Nūr 143, 147 Gayūmarṯ b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ǧalāl alDaula Gayūmarṯ b. Bīstūn b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik von Nūr 133 Gayūmarṯ b. Kāwūs b. Ašraf b. Tāǧ alDaula b. Iskandar b. Gayūmarṯ, Malik von Kuğūr 133, 142f Gayūmarṯ b. Muẓaffar, Malik 106 Gaudarz Āhangar 179, 202f, 214 Ġaẓanfar, Amīr 91 Ġażanfar Abtar 145f, 146f, 200, 212 Ġaẓanfar b. Mīr Ḥusain Hizār-ǧarībī 134 Ghaznawiden 21, 58, 71, 73 Ǧibrīl b. ‘Izz al-Dīn b. ‘Imād al-Dīn, Sayyid 91, 134, 135 Gīl Gīlān Gāwbāra Faršwādgaršā 26, 61, 62, 64 Gīlānšā b. Fīrūz 61 Gīlānšā b. Kai Kāwūs b. Manūčihr b. Qābūs b. Wašmgīr b. Ziyār 72, 73 Ġiyāṯ al-Dīn, Amir 108f, 124, 125f, 126f, 199 Ġiyāṯ al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Qawām alDīn Mar‘ašī 110, 210 Ǧustān b. Wahsūdān 69 Ǧustāniden (Maliks von Gīlān) 36f, 68, 69 Ǧūt Šāh-Murād Gīlwā’ī 180 Hādī b. Amīr Kiyā 34, 94f, 96, 98, 99, 102, 161f Ḫadīǧa Begum Ṣafawī 140, 149, 151 Ḥāǧī Abū Ṭālib b. Mullā ‘Abd al-Wāsi‘ Lāhīǧānī 236 Ḥāǧī ‘Alī Ḫān 163, 226f

272

Ḥāǧī Aswār 226 Haibat Allāh Bābukānī 113f, 200 Ḥaidar Sulṭān Qawīn Ḥiṣārlū 161, 164, 171f, 181 Ḫair al-Nisā Begum Mar‘ašī (Mahd ‘Ulyā) 141f, 145, 146f, 148, 152f, 153f, 169f, 209 Ḫair al-Nisā Begum Ṣafawī 130, 137, 138f, 147 Ḫālid b. Barmak 65 Ḥamza Bīk Ṭāliš 139 Ḥamza Čapak, Amir 163 Ḥamza Ḫān b. Pāyandur Ḫān, Amir 43, 150, 151, 160, 162f, 181f, 211 Ḥamza Mīrzā Ṣafawī 145, 148, 149f, 152, 153, 154f Ḫān Aḥmad Ḫān b. Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Aḥmad b. Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Muḥammad b. Sulṭān Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā Kiyā 43, 56, 57, 136-140, 142f, 143, 144, 145f, 148-151, 155, 156158, 160f, 161, 162f, 199, 206, 208, 210, 213-216, 220, 225, 226f, 227, 233f, 234 Ḫanǧar Bīk Bīkdarī Šāmlū 173, 177, 223 Hārūn, Amir 135 Hārūn al-Rašīd, Kalif 65, 68 Ḥasan b. ‘Alī al-Uṭrūš al-Nāṣir li-al-Ḥaqq 52, 67, 69 Ḥasan b. Amīr Kiyā 94f, 96, 99, 102, 186 Ḥasan Paša 157 Ḥasan b. Zaid b. ‘Alī b. al-Ḥusain (al-Dā‘ī alṢaġīr) 52, 67-69 Ḥasan-i Ṣabbāḥ 77 Ḥātim, Amir von Kūhdum 137 Hizārasf b. Šahrnūš b. Hizārasf 78 Ḫudābanda Muḥammad 93 Hüläqü, Ilchan 80 Ḫūr Kiyā Ṭāliqānī 136 Ḫuršīd b. Dāḏmihr 63 Ḥusain b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 98, 101f, 102, 186f, 187f, 205 Ḥusain Bīk Aq Qūyunlū 107, 108f, 124f Ḥusain Ḫān Kūhdumī, Amir 159, 161, 171f, 227 Ḥusain Pāzwārī 201, 202 Ḥusainī Pāzwārī 201 Ḥusām al-Daula Ardašīr 79 Ḥusām al-Daula (Šāh) Ardašīr b. ‘Alā alDaula Ḥasan 25, 78 Ḥusām al-Daula Šahriyār b. Qārin 73, 76

Ḥusām al-Dīn b. Amīr Sayyid Muḥammad 188 Ḥusām al-Dīn b. Dabbāǧ Isḥaqī, Amir 124, 125, 127f, 128, 129 Ḥusām al-Dīn Isḥaqī, Amir 104, 106 Ḥusām al-Dīn Tūlamī 107, 114 Ḫusrau Čahār-yārī 163 Ḫwāǧa ‘Abd al-Wahhāb Raštī 172-175, 220, 221 Ḫwāǧa ‘Alī Mu’ayyad 87 Ḫwāǧa ‘Alī Sabzawārī 167 Ḫwāǧa Faṣīḥ Lāhīǧānī 175, 211, 221 Ḫwāǧa Ḫāǧī Muḥammad 188 Ḫwāǧa Ḥasan Raštī 230 Ḫwāǧa Ḥusain, Kalāntar von Rašt 177, 230 Ḫwāǧa Ḥusain (Ḫān Aḥmad Ḫāns Nawīsanda) 214 Ḫwāǧa Ḥusām al-Dīn Langrūdī 156f, 160f, 215 Ḫwāǧa ‘Ināyat 147 Ḫwāǧa Masīḥ 156, 157f, 162, 214ff, 220 Ḫwāǧa Muḥammad Amīn Fūmanī 176, 177, 230 Ḫwāǧa Muḥammad Riżā 218, 219,229 Ḫwāǧa Muḥammad Šafī‘ Ḫurāsānī 157f, 167, 171, 172-175, 181, 186, 211f, 217222, 227, 228f Ḫwāǧa Muḥammad Sa‘īd 232 Ḫwāǧa Muḥammad Taqī 232 Ḫwāǧa Mullā Muḥammad Ḫušukbiǧārī 177, 230, 231 Ḫwāǧa Šāh Malik 177, 230, 231 Ḫwāǧa Šaiḫī Ḫān 218 Ḫwāǧa Šams al-Dīn (Sayyid Nāṣir Kiyās ‘āmil) 188 Ḫwāǧa Šams al-Dīn (Muhrdār-i buzurg Ḫān Aḥmad Ḫāns) 214 Ibrāhīm (Ḫān) b. Ǧamšīd Ḫān b. Sulṭān Maḥmūd b. Muẓaffar Sulṭān Isḥaqī 149-151, 156, 157, 159, 213, 233f, 234 Ibrāhīm b. Mīr ‘Azīz b. ‘Abd Allāh b. Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 153, 154, 200, 209 Ibrāhīm b. Murtażā b. Ḥasan b. Riżā al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 32f, 109f, 113, 118, 209 Ilchaniden (Ilchanen) 9, 13, 23f, 66, 81, 82, 84, 185f

Iliyās Ḫwāǧa, Amir 96 ‘Imād al-Daula ‘Alī 72 ‘Imād (al-Dīn), Sayyid 32f, 57, 90, 91 ‘Ināyat Ḫān Čapak 180, 227 Ispahbadān, s. Dābūyiden 61, 66, 76 Isḥaq b. ‘Alā al-Dīn b. Dabbāğ Isḥaqī, Amir 105, 107, 123, 124, 189, 194, 198 Isḥaqīya / Isḥaqīyān 17, 41, 43, 56, 104, 137, 138, 150, 159, 183, 195f, 211, 218f, 225 Iskadar Bīk Afšār 139 Iskandar b. Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ b. Bīstūn b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik von Kuǧūr 97, 103, 106, 112, 187, 189 Iskandar Rūz-afzūn 110f, 116, 201, 202, 210 Iskandar Šaiḫī b. Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī 89, 90, 191f, 203, 204 Ismā‘īl Bīk b. Aṣlān Bīk 42, 173, 177, 180, 181, 221, 231, 234 ‘Izz al-Dīn b. ‘Imād al-Dīn, Sayyid 91 Kai Kāwūs b. Hizārasf 32, 71, 75, 76, 78 Kaiḫusrau Zarkunǧ 214 Kālinǧār Sulṭān b. Ǧamšīd Ḫān Isḥaqī s. ‘Ādil Šāh 180 Kamāl al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 115 Kamāl al-Dīn Murtażā, Sayyid 145, 146f, 200, 212 Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 28f, 29, 57f, 88, 89f, 90f, 109 Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn b. Riżā b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 29, 111, 112, 119, 205 Kamāl al-Dīn b. Šams sl-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 130, 132, 214 Kamrān Bīk Tūlamī 223 Kāmrān Mīrzā Kūhdumī 149, 150, 212, 213, 225 Kār Kiyā Aḥmad Sulṭān Fūmanī 138, 139, 140, 149, 212, 213, 226, 227 Kār Kiyā Fatḥī 173 Kartiden 23, 81, 84, 87, 89 Kāwūs b. Ašraf b. Tāǧ al-Daula b. Iskandar b. Gayūmarṯ, Malik von Kuǧūr 114, 129, 132f, 133, 134, 140, 146f, 147, 170 Kāwūs b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ǧalāl alDaula Gayūmarṯ b. Bīstūn b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik 108f, 133 Kāwūs b. Ǧalāl al-Daula Gayūmarṯ b. Bīstūn

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b. Gustaham b. Tāğ al-Daula Ziyār, Malik von Nūr 97, 103, 106-108, 110f, 187, 188, 189 Kiyā Afrāsiyāb Čalāwī 85-90, 131f Kiyā Buzurg al-Dā‘ī 75, 76, 78, 79 Kiyā Farīdūn, Amir von Sulṭān ‘Alī Mīrzā 124, 125, 126f, 127f, 196, 197, 199 Kiyā Farīdūn (Sipahsālār von Ḫān Aḥmad Ḫān) 157, 158, 160, 162, 182f, 214, 216, 225, 226, 227 Kiyā Farīdūn Čapak 182 Kiyā Ǧalāl al-Dīn 161, 226f Kiyā Ǧalāl al-Dīn Hizāraspī 100 Kiyā Ǧalāl al-Dīn Muḥammad 162 Kiyā Ǧalāl Matmīr 88 Kiyā Hindū b. Tāǧ al-Dīn Dailamī, Amir 125-127, 196 Kiyā Ḥusain Ǧalāl al-Dīn 193 Kiyā Iskandar Siyāwuš 88 Kiyā Kālǧār 124-127, 199 Kiyā Malik Hizāraspī 92, 93f, 100 Kiyā Malik b. Tāǧ al-Dīn 192 Kiyā Mas‘ūd Kiyā Kūšīǧ 93 Kiyā Muḥammad b. Ḥusain 192 Kiyā Muḥammad b. Kiyā Tāǧ al-Dīn Dailamī 125f, 196 Kiyā Nāṣir Kiyā Tawīlā 198 Kiyā Saif al-Dīn Kūšīǧ 93 Kiyā Tāǧ al-Dīn Dailamī 125f, 196 Kiyā Waštāsf Ǧalārī 28f, 210f Kūla Muḥammad Ḫān Kūčisfānī 180 Kūšīǧ, Amir 100 Lāčīn Bīk 239 Laṭīf Ḫān Bīk Dawātdār 175, 176, 223, 230 Luhrasb Dīw 152-154, 201 Māh Parwar Ḫānum bt. ‘Abd Allāh Ḫān Šīrwānī 145, 149 Mahdī b. Amīr Kiyā 94f, 96, 98-100, 102, 185, 186, 194, 205 Mahdī Kiyā Kāmiyārūd 100 Mahdī Qulī Ḫān Šāmlū 157f, 162, 163f Maḥmūd II. 74 Mākān b. Kākī 69, 72f Malik Aḥmad Warzal 228 Malik Nisā Begum 141f, 153f, 169f Maliks von Rustamdār (Mulūk-i Rustamdār) 14, 15, 59, 96, 97, 107, 109, 110, 118, 123, 132, 133, 134f, 144, 146, 155f, 165

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Māmūn, Kalif 65 Manṣūr, Kalif 64 Mardāwīǧ b. Ziyār 69-72, 77 Maryam Begum Ṣafawī 145, 148, 149, 157 Marzbān b. Ǧustān 69 Mas‘ūd b. Naupāšā b. Sālūk Kūčishānī Isma‘īrūd, Amir 92, 206 Ma‘ṣūm Bīk Ṣafawī 138f, 143 Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā 187, 188, 189, 195, 207 Māziyār b. Qārin 65, 66, 70 Mīr ‘Abbās Sulṭān Čapak 160f, 226, 227f Mīr ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 143, 144 Mīr ‘Abd al-Karīm b. Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 142 Mīr Abū al-Qāsim Ḫurāsānī 167, 174 Mīr Āḫūrī 214 Mīr ‘Alī Ḥusainī Pāzwārī 201, 202 Mīr ‘Azīz b. ‘Abd Allāh b. Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd alKarīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 143-145, 146f, 153 Mīr Farruḫ, Sipahsālār von Šaft 225, 228 Mīr Farruḫ Šukūrī 162, 164 Mīr Giyāṯ al-Dīn, Sipahsālār 108f, 124, 125f, 126f, 199 Mīr Ḥasan b. Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd alKarīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 142 Mīr Hātim 43, 163f, 227, 228 Mīr Ḥusain Ḫān Mar’ašī 153, 154, 155f, 223f Mīr Ḥusain Hizār-ǧarībī 132f, 134 Mīr Ḥusain Pāzwārī 201 Mīr Ḫwānd 228 Mīr Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar’ašī 48, 49f Mīr Murād Laštanisā’ī 181, 231, 234 Mīr Muẓaffar b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī Ḫān Mar‘ašī 179 Mīr Šāh Mīr b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī Ḫān Mar‘ašī 46, 47, 178, 179 Mīr Šāhī b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 56, 140142, 154

Mīr Šāhruḫ 151f Mīr Šams al-Dīn Mar’ašī 154 Mīr Sulṭān ‘Abbās Čapak 160, 161 Mīr Sulṭān Maḥmūd b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 138, 140, 201 Mīr Sulṭān Murād Ḫān Mar‘ašī s. Sulṭān Murād I. Mīr Sulṭān Murād b. Mīrzā Muḥammad b. Sulṭān Murād b. Mīr Šāhī b. ‘Abd alKarīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar’ašī (Mīr Sulṭān Murād II.) 154f, 164, 165, 179f, 200, 201, 214, 233 Mīr Taimūr b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 140 Mīr Taimūr b. Qawām al-Dīn Mar’ašī (Historiker) 9, 24, 45-51, 60, 114f, 130, 131f, 132f, 141, 151, 152f, 169, 178, 179, 207, 235 Mīr Zain al-‘Ābidīn b. Mīr Ḥasan Mar‘ašī 178 Mīrak Dīw Sawādkūhī 142, 143f Mīrzā ‘Abd Allāh Qazwīnī 173, 181, 231, 234 Mīrzā Badī‘ al-Zamān 108f Mīrzā Ǧa‘far Qazwīnī 240 Mīrzā Ḫān b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī Ḫān Mar‘ašī 179 Mīrzā Hāšim, Sayyid 240 Mīrzā Ibrāhīm b. Mīr Taimūr Mar‘ašī 47, 49, 50f Mīrzā Mas‘ūd, Wesir von Lāhīǧān 172, 174, 175, 220 Mīrzā Mas‘ūd, Mustaufī 175 Mīrzā Mas‘ūd, Provinzwesir von Māzandarān 168, 240 Mīrzā Ma‘ṣūm b. Mīr Taimūr Mar‘ašī 46, 50 Mīrzā Muḥammad Ḥasan Ḫān Ṣābūnī 176 Mīrzā Muḥammad Karīm 231 Mīrzā Muḥammad Rabī‘ 231 Mīrzā Muḥammad b. Sulṭān Murād b. Mīr Šāhī b. ‘Abd al-Karīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī (Mīrzā Ḫān) 50, 145-147, 151, 154f, 201, 210, 214 Mīrzā Qāsim b. Muḥammad Ṣāliḥ Bīk 238240

Mīrzā Ra’īs 201, 214 Mīrzā Ṣādiq 239, 240 Mīrzā Ṣadr al-Dīn Muḥammad Ǧābirī 240 Mīrzā Šāhruḫ Mar‘ašī 179 Mīrzā Ṣāliḥ 238 Mīrzā Taqī Daulatābādī Iṣfahānī 239 Mīrzā Taqī Iṣfahānī (Sārū Taqī) 42, 167, 168, 173, 176-180, 182, 221, 222, 238, 239 Mīrzā Ṭāliš 160f, 163 Mongolen 19, 22, 23, 25, 44, 59, 64, 66, 75, 77-82, 84 Mönke Ḫān 80 Muḥammad Amīn (Ḫān) b. Ǧamšīd Ḫān b. Sulṭān Maḥmūd b. Muẓaffar Sulṭān Isḥaqī 149-151, 156, 157, 212f, 213, 214, 216f, 225, 226, 228 Muḥammad Bīk b. Ǧūt Šāh-Murād Gīlwā’ī 180 Muḥammad Dīw 117f, 201, 202 Muḥammad b. Falak al-Dīn Taǧāspī, Amir (863/1549) 100, 104-106, 187 Muḥammad Fūmanī 220 Muḥammad Gūka Karbalā’ī 180 Muḥammad Ḫān Turkmān 152f Muḥammad b. Ḥusain b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 206f Muḥammad Ma‘ṣūm b. Ḫwāǧagī Iṣfahānī 173f Muḥammad Mu‘ayyan Farāhānī 176 Muḥammad Mūmin 174 Muḥammad Ṣāliḥ Bīk 168, 238, 239, 240 Muḥammad Taǧāspī, Amir 92, 96f Muḥammad Ṭālib 231 Muḥammad Tapal 21, 73, 74, 77 Muḥammad b. Yahyā b. Hādī b. Amīr Kiyā 99f Muḥammad Yār Bīk 168, 219 Muḥammad Zamān Mīrzā 134 Muḥammadī Ḫān 182 Muḥammadī Mīrzā Aq Qūyunlū 108 Muḥsin, Amīr 140f, 212 Mullā ‘Abd Allāh 235 Mullā ‘Abd al-Wāsi‘ Lāhīǧānī 236 Mullā ‘Alī Ǧān Dīknī 189 Mullā Ḥasan 231 Mullā Mīr Ḥusain 215 Mullā Muḥammad Ḫušuk-Biǧārī 221 Mullā Niẓām al-Dīn 193, 197 Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām alDīn Mar‘ašī 28, 29f, 96, 105, 109f, 110, 112, 116, 117, 119, 124f, 201f,210 Murtażā b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn

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Mar‘ašī 110, 112 Mutażā Qulī Ḫān 173, 174f, 218 Murtażā b. Riżā al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 111, 115 Murtażā’ī-Sayyids 117, 200, 202, 233 Muša’ša 58 Muṣṭafī Sulṭān Qāǧār 158, 162, 222, 225 Mustakfī, Kalif 72 Mustanṣir, Kalif 77 Muẓaffar b. Kamāl al-Dīn Murtażā’ ī 53, 154, 165, 169f, 200, 214, 233, 235 Muẓaffar Sulṭān Isḥaqī 43, 130, 136-138, 147, 148, 210, 211, 212f, 236 Muẓaffariden 23, 84, 89 Naǧm al-Daula Qārin b. Husām al-Daula b. Qārin 73, 74, 76 Naǧm al-Dīn Raštī, Šaiḫ 128 Namāwar b. Bīstūn b. Zarrīn Kamar b. Ǧustān b. Kai Kāwūs b. Hizārasf 79 Nāṣir b. Amīr b. Hādī b. Amīr Kiyā 100 Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 29, 34, 99, 100, 105, 106, 110f, 186f, 187, 188, 189, 193, 198, 206, 210, 234 Naṣīr al-Daula Šafriyār b. Šāh Kai Ḫusrau b. Šahrākīm b. Namāwar 81, 82 Nāṣir al-Daula Šaraf al-Dīn Nāṣr b. Šahrīwaš 74 Nāṣir al-Dīn Ḥasan s. al-Ḥasan b. ‘Alī alUṭrūš 69 Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Qawām alDīn Mar‘ašī 25, 29f, 110, 112, 117, 119, 120, 134f Nāṣir al-Dīn Rustam 25 Nāṣir al-Dīn (Šams al-Mulūk) Rustam 78 Nāṣir al-Dīn b. Ẓahīr al-Dīn b. Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 195 Naupāšā b. Amīr Muḥammad Nauṣirūd, Amir 92-94, 209 Naupāšā b. Amīr Sālūk Kūčishānī Isma‘īrūd 92 Nauṣirūd-Amire 92, 93, 96 Ni‘amat Allāh Ṣūfī 161, 164 Ni‘amat Rikāǧ, Sayyid 179 Niẓām-Šāhī 55 Nūr Muḥammad Ḫān Uzbek 46 Osmanen 22, 59, 135, 152f, 155-157, 168f, 169, 175, 179

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Pāyandur Ḫān 138f Pāyandur Ḫān b. Ḥamza Ḫān b. Pāyandur Ḫān 162f, 181f Pāzwārī-Sayyids 53, 54, 112f, 117, 200, 201 Qābūs b. Wašmgīr b. Ziyār 71, 72 Qarā Bahādur 149f, 213, 226 Qarā Muḥammad 136, 137f, 214f, 226f Qarā Muḥammad Čapak 139f, 149f, 227 Qara Quyunlu 44, 59, 97, 103, 118 Qārin 65 Qārin b. Šahriyār b. Qārin 65f, 68, 73, 139 Qārinīyān 30, 31, 62, 65, 66, 70 Qāsim b. Ibrāhīm 67 Qawād, Sasanide 61, 62 Qawām al-Dīn b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 46, 169f Qawām al-Dīn b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 142, 143f, 153f Qawām al-Dīn al-Ḥusainī Mar‘ašī 13, 31, 32f, 37, 45f, 49, 57f, 76, 85-89, 91, 93, 94, 202, 203 Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 115 Qawām al-Dīn b. Riżā al-Dīn b. Qawām alDīn Mar‘ašī 109f, 110, 112, 115 Qizilbaš-Amire 38, 135, 144, 146, 147, 150f, 152, 153f, 158, 159, 162, 163f, 171, 186, 210, 216, 218, 222, 224 Qubād, Wālī von Šamīrān 93 Qutluġ Buġā 80 Rāfi‘ b. b. Hurṯmah, 68, 69 Ra’īs’ 117, 200, 202 Rikābzan b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 99, 193, 194f, 234 Rikābzan Ḥasanī, Sayyid 92, 93 Rikāǧ-Sayyids 117, 200 Riżā b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 32f, 34, 98, 99f, 104f, 185, 187, 198, 205 Riżā Biǧārpasī, Sayyid 198 Riżā al-Dīn b. ‘Izz al-Dīn b. ‘Imād al-Dīn, Sayyid 91, 134 Riżā al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 89f, 91, 109

Rūḥ Allāh, Amir 135 Rukn al-Daula Ḥasan 72 Rukn al-Daula Qārin b. ‘Alā al-Daula Ḥasan 78 Rukn al-Daula Šāh Kai Ḫusrau b. Tāǧ alDaula Yazdagird b. Suhrāb b. Ḥusām al-Daula 82 Rukn al-Dīn Ḫuršā 80 Rustam Anūzwand, Amir 104-107, 119, 120, 124f, 188, 189, 194f Rustam b. Āqā Gaudarz Āhangar 179 Rustam Bīk Aq Quyunlu 108, 121 Rustam b. Qārin b. Šahriyār b. Qārin 68 Rūz-afzūnīya 56, 58, 112, 116, 117, 140, 143f, 185, 200-202 Šablī-Sayyids 142f, 200 Sa‘d al-Daula Ṭūs b. Tāǧ al-Daula Ziyār, Malik 89 Sadīd Šaftī 127f, 161f, 189, 193f, 197, 199 Saffariden 58, 69 Šāh ‘Alī Sulṭān 166f, 167, 170, 211 Šāh Begum Ṣafawī 211 Šāh Ġāzī , Malik 107, 108 Šāh Ġāzī Rustam b. ‘Alā al-Daula b. Ḥusām al-Daula 32f, 74-76, 78 Šāh Karam Bīk 173, 176, 230 Šāh Kāwūs b. Kāwūs Sawār 189 Šāh Maḥmūd b. Abū Bakr Ṭihrānī, Ḫalīfa 128 Šāh Malik, Ḫalābar wa Rastar 199 Šāh Malik Sulṭān Fūmanī 150f, 151, 158, 159f, 162, 213, 225, 226 Šāh Riżā 214 Šāh Sawār b. Kāwūs Sawār 189 Šāh Wīrdī Bīk 223 Šāh Wīrdī Sulṭān Kačal 142f Šāhī Bīk Rūz-afzūn 201 Šāhī Bīk Šāmlū 173, 177, 223 Šāhī b. Ġażanfar Abtar 146f, 200 Šahrākīm b. Namāwar b. Bīstūm b. Zarrīn Kamar 80-82 Šahriyār b. Dārā 33f, 71, 73 Šahriyār b. Hizārasf s. Šahrnūš b. Hizārasf 74 Šahriyār b. Qārin 65, 66 Šahrnūš b. Hizārasf 32f, 74, 75 Šāhruḫ, Amir von Ḫalḫāl 137 Šāhruḫ Sulṭān b. Muẓaffar Mīrzā b. Šaiḫ Šāh 56 Šāhruḫ b. Tīmūr 110, 112, 204 Šaibānīden 131

Sa‘īd, Amir von Šaft 105f, 107 Sa‘īd Bīk Fūmanī 173, 174, 222, 223 Saif al-Inānī Ḫwāǧa Muẓaffar Bitikčī 131f, 132 Šaiḫ Ḫalīfa 84, 87, 88 Šaiḫ Ḥasan Ǧūrī 84 Šaiḫ Ḥasan b. Ḥaidar b. Ǧunaid Ṣafawī 121f Šaiḫ Ṣafī 121 Šaiḫ Šāh b. Šīrwān Šāh Farruḫ Šāh 56 Šaiḫ Uwais 23 Sālūk b. Rustam Anūzwand, Amir 105, 119f Sām Mīrzā b. Ismā‘īl Ṣafawī 57 Samaniden 21, 58, 67-72 Šamḫāl Ḫān Čurkes 138, 212f Šams al-Dīn b. ‘Azīz b. Bābulkānī 200, 202 Šāms al-Dīn Dīw 146, 151f, 153f, 201, 214 Šams sl-Dīn b. Ǧamšīd Qārūn Gūrī 191f Šams al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 48, 103, 107, 109f, 113, 114, 117f, 119, 120, 122f, 123, 127f, 130, 132, 214 Šams al-Dīn Lāhiğī 121f Šams al-Dīn Muḥammad b. Maulānā Niẓām al-Dīn Yaḥyā 187, 188, 195 Šams sl-Dīn b. Murtażā b. Riżā al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 111 Šams al-Mulūk Muḥammad b. Ḥusām alDaula Ardašīr 80 Šams al-Mulūk Muḥammad b. Šāh Kai Ḫusrau b. Šahrākīm b. Namāwar 81 Šams al-Mulūk Rustam b. Ḥusām al-Daula Šah Ardašīr b. ‘Alā al-Daula Ḥasan 74, 78 Šams al-Mulūk Rustam b. Naǧm al-Daula b. Husām al-Daula 79f Sanǧar 73f, 74, 75, 78 Šāpūr b. Šahriyār b. Qārin 65, 66 Šaraf Ḫān Kurd 139 Šaraf Ḫān Rūdakī 161 Sarāǧ al-Dīn Qāsim 38 Sarbadārān 10, 11, 23, 84, 85, 87, 88, 190 Sārū Ḫān b. Ḥamza Ḫān b. Pāyandur Ḫān 42, 43f, 162f, 181, 182, 207, 234-236 Sāsān, Amir von Gaskar 92, 105f, 138f, 139 Sasaniden 9, 14, 62, 72f Schah ‘Abbās I. 9, 40, 42-49, 141f, 149, 155, 156-160, 162f, 164-171, 173f, 175-178, 180, 182, 206f, 207, 209-211, 215-219, 222, 224, 225, 227-229, 231, 233, 236, 238 Schah ‘Abbās II. 42f, 47, 50, 168f, 180, 238

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Schah Ismā’īl I. 56, 121f, 125-135, 137, 147, 211, 229 Schah Ismā‘īl II. 147, 148f Schah Ṣafī 42, 168f, 180f, 182, 222, 238 Schah Ṣulaimān 24 Schah Sulṭān Ḥusain 217, 219, 223, 230f Schah Sulṭān Muḥammad Ḫudābanda 44f, 139f, 145, 147-149, 152, 153, 155f, 209, 234 Schah Ṭahmāsb 44, 45f, 55-58, 130, 134148, 149f, 150f, 155, 157f, 171f, 206, 210-213, 229f Seldschuken 9, 21, 58, 64, 66, 72-74, 77, 78f Sīn Kiyā, Amīr, s. Mīr Ḥusain Kiyā Čalābī 123, 127f Šīrzād Bīk Kīsmī 180 Šīrzād Bīk Sulṭān 150, 151, 213 Šīrzād Mākilwānī 150 Siyādat-i Hizār-ǧarīb (Sayyids von Hizārǧarīb) 16, 56, 91 Siyāwuš Ḫān, Amir 43, 150, 151, 157, 160 Šūfī Qulī Bīk Šīračī-bāšī 239 Suhrāb b. Bāw 62, 66 Suhrāb Rūz-afzūn 141, 142f, 201 Sulaimān Ḫalīfa Šāmlū 146 Sulaimān Ḫān Šīrwānī 150 Sulaimān Šāh 74 Sulaimān b. Ṭāhir 68 Süleyman I, Osmanide 137 Sulṭān Abū Sa‘īd Čapak 160, 180, 226, 227 Sulṭān Aḥmad Ḥān b. Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Muḥammad b. Sulṭān Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 38-40, 125-129, 133-135, 192f, 193, 197, 199f Sulṭān ‘Alī Mīrzā b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 29, 30, 35, 36, 38-40, 59, 100, 101, 103, 105, 107, 108, 109f, 113, 114, 120-127, 128f, 186f, 189, 194-199 Sulṭān ‘Azīz b. Gayūmarṯ b. Bahman b. Bīstūn b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Gayūmarṯ 147, 154, 155 Sulṭān Ḫalīl b. Šaiḫ Šāh 56 Sulṭān Ḥamza b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 108 Sulṭān Ḥasan b. Ḫān Aḥmad Ḫān b. Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Aḥmad b. Sulṭān

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Ḥasan b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 156f, 227 Sulṭān Ḥasan Mīrzā b. Sulṭān Muḥammad b. Ṭahmāsb Ṣafawī 146, 153f, 200 Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Aḥmad b. Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b. ‘Alī b. Amīr Kiyā 56, 57, 135, 136 Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 38-40, 124-127, 128f, 133f, 186f, 192f, 196, 197 Sulṭān Hāšim b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 125, 126, 128, 133f Sulṭān Ḥusain Kiyā 99f, 188, 198f Sulṭān Ḥusain Mīrzā 112, 113f, 134 Sulṭān Ḥusain b. Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 195f Sulṭān Kiyā ‘Alī b. Sulṭān Aḥmad b. Sulṭān Ḥasan b. Sulṭān Muḥammad b. Sulṭān Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 135 Sulṭān Maḥmūd Mīrzā Ṣafawī 139f Sulṭān Maḥmūd b. Muẓaffar Sulṭān Isḥaqī 138, 140, 212, 226 Sulṭān Muḥammad Bīk 172f, 173, 174 Sulṭān Muḥammad b. Ǧahāngīr b. Kāwūs b. Ašraf b. Tāǧ al-Daula b. Iskandar b. Gayūmarṯ, Malik von Kuǧūr 155, 164, 191 Sulṭān Muḥammad Kūhdumī, Amir 137 Sulṭān Muḥammad b. Nāṣir b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 29, 30, 34, 35, 39, 97, 100, 103-107, 112, 117f, 118-120, 186-188, 194 Sulṭān Murād Aq Qūyunlū 108, 126 Sulṭān Murād (Ḫān) b. Mīr Šāhī b. ‘Abd alKarīm b. ‘Abd Allāh b. ‘Abd al-Karīm b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar’ašī (Sulṭān Murād I.) 47f, 56, 138, 142, 143-147, 149, 152, 154, 191f, 201, 209, 210, 214 Sulṭān Ya‘qūb Aq Qūyunlū 107, 113, 114, 119-121, 122f, 126 Sunqur, Atābek von Ray 74 Suwaid b. ‘Amr Muqarrim 63 Tāǧ al-Daula Yazdagird b. Suhrāb b. Ḥusām al-Daula 80, 82

Tāǧ al-Mulūk Mardāwīǧ ‘Alī b. ‘Alā al-Daula b. Ḥusām al-Daula 74, 78 Taǧāsp b. Muḥammad b. Falak al-Dīn Taǧāspī, Amir 104 Taǧāspī-Amire 92, 104 Tahiriden 36f, 65-69, 139 Ṭāliš Kūlī 161, 162f, 214, 226f Timur 87-92, 95, 96, 109f, 118f, 192, 203, 204, 207 Timuriden 9, 23, 24, 59, 90f, 97, 100, 109f, 111, 112, 117-120, 139, 190, 191f Tītī Begum Čapak 227 Tītī Begum Kiyā 142f, 145f, 210 Ṭuġai-Temür 23 Tuġril III. 78 Uġūrlū Sulṭān Čagīnī 161f, 163 Ūlǧā’ītū, Ilchan 12f, 17, 64 Umayyaden 20, 52 Uner, Amir von Nīšāpūr 78 Ustāǧalū-Stamm 137, 139 Ustandārān s. Maliks von Rustamdār 14, 27, 53, 54, 62, 68, 72-75, 78, 96 Uzbeken 164, 166, 171 Uzun Ḥasan Aq Quyunlu 104-106, 112, 116f, 118-120, 188, 189 Waǧīh al-Dīn Mas’ūd 85, 87 Wahsūdān, Ǧustānide 69 Waldān Amīr Qawām al-Dīn 192 Walī, Amīr 88f, 190 Walī Sulṭān Ṣūfī 162 Wašmgīr b. Ziyār 70, 71 Yāḫān Begum bt. Ḫān Aḥmad Ḫān 157 Yaḥyā b. ‘Abd Allāh 67 Yaḥyā Ǧān b. Rikābzan b. Amīr Sayyid Muḥammad b. Mahdī b ‘Alī b. Amīr Kiyā 193, 194f

Yaḥyā b. Muḥammad b. Yaḥyā b. Hādī b. Amīr Kiyā 196 Yazdegird III. 61, 62 Yazīd 90 Yūsuf Ra’īs 165, 178, 201 Ẓahīr al-Dīn b. Nāṣir al-Dīn b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar’ašī (Historiker) 9, 1416, 18, 19, 24, 28-40, 49, 50, 55, 57f, 60, 61, 64, 65, 67f, 70, 72f, 76, 77, 78f, 80, 81, 87, 88, 90f, 92, 95, 97, 100f, 101f, 104f, 109f, 110-112, 113f, 115-117, 134f, 187, 188, 194-196, 203, 205, 210f Zaid b. ‘Alī b. al-Ḥusain 67 Zain al-‘Ābidīn, Amir von Tārum 103 Zain al-‘Ābidīn b. ‘Alī b. Qawām al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn b. Qawām al-Dīn Mar‘ašī 141f, 153f Zain al-‘Ābidīn Kālīǧ 191 Zain al-‘Ābidīn b. Kamāl al-Dīn b. Muḥammad b. Murtażā b. ‘Alī b. Kamāl al-Dīn Mar‘ašī 32f, 49, 91, 103, 109f, 111-118, 201f, 205 Zain al-‘Ābidīn b. Mīr Ḥusain Hizār-ǧarībī 134 Zain al-‘Ābidīn Mīrzā b. Ṭahmāsb Ṣafawī 145,146f, 147, 200f, 205, 210, 212, 214 Zain al-‘Ābidīn Murtażā’ ī, Sayyid, 200 Zain al-‘Ābidīn Pāzwārī, Sayyid 112, 117f, 201 Zainab Begum Ṣafawī 211 Zainal Bīk Ẕū al-Qadar 139 Zainal Ḫān Šāmlū 132 Zarrīn Kamar b. Ǧustān b. Kai Kāwūs b. Hizārasf 78 Ziyāriden 26, 30, 31, 52, 58, 63, 70-73 Ẕū al-Faqār Ḫān Qarāmānlū 160-163, 174, 211

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II. Geographische Bezeichnungen Abhar 69f Ägypten 22, 77 Ahwāz 70 Alamūt 36, 69, 77, 78, 80, 92, 95, 96, 99, 102, 160, 186, 190, 192-194 Āmul 9, 13, 14, 16, 27,29, 30, 67, 73f, 74, 76f, 79, 82, 85, 87-90, 109-116, 118, 129f, 130f, 131f, 140, 143-145, 146f, 153, 155, 165, 167, 179, 185, 191, 192, 204, 205, 210, 214 Ardabīl 106, 138f, 158, 159f, 162, 163f Ašraf 45, 167, 169, 238 Āstārā 12, 41-43, 138f, 150, 160, 162, 167, 168f, 171-175, 181, 182, 186, 207, 211, 216, 218, 219, 222, 234, 236 Astarābād 12, 13, 16, 73f, 79, 88f, 89f, 91, 116, 134, 142f, 153, 172f, 178, 190, 204, 229f Āẕarbā’īǧān 16, 23, 84, 89, 123, 137, 157, 175, 210, 211f, 218, 229 Baġdād 20, 59, 72, 73, 76f, 137, 169 Bārfurūš (-dih) 13, 53, 110, 111, 114f, 115, 130f, 131f, 146, 166f, 169f, 178f, 201f, 205 Biya-Pas (West-Gīlān) 16 Biya-Pīs (Ost- Gīlān) 16, 17 Čāldirān 134 Čālūs 14f, 15 Dābū 13, 85, 87 Dailamān 19, 93, 95, 99, 101, 102, 162, 164, 171, 182, 186, 189, 194, 196, 198, 199f, 214, 215, 234, 236, 240 Dailamistān / Dailam 12, 13, 15-19, 33, 34, 36, 38, 40, 59, 61, 64, 67-69, 75-79, 81, 92, 95, 98-103, 110f, 123-125, 129, 161, 163f, 185, 186, 189, 193-197, 216 Damāwand 164, 178, 179 Dāmġān 14, 16, 91, 168 dār al-marz 56, 164 Eriwan 168 Europa 155, 220, 234 Faraḥābād 45, 167, 168f, 169, 177, 230, 238 Fārs 22, 23, 27, 71, 72, 84, 89, 168, 221f, 240 Fīrūzǧā 152-154, 192 Fīrūzkūh 16, 88, 89, 90f, 95, 107, 117f, 120, 123, 125, 126, 130, 131, 141f, 190 Fūman 10, 17, 18f, 40, 41, 43f, 92, 96f, 98,

280

100, 104-106, 107f, 119, 123, 127f, 128, 140, 150, 151, 156f, 159f, 162f, 163, 170f, 172-174, 176, 177, 181, 189, 194, 195, 198, 204, 207, 208f, 212f, 213, 220223, 225, 226, 228, 230, 231, 233f, 234, 236 Galīǧān 195 Ganǧa 157 Gardkūf 78 Garǧiyān 92, 99, 100, 102, 124f, 126, 135, 186, 194, 195, 197, 198, 222f Gaskar 17, 41, 43, 92, 105, 107, 128, 138, 139, 150, 151, 157, 160, 162, 163, 171175, 181, 182, 186, 207, 216, 218, 219, 222, 223, 240 Georgien 169, 176, 228 Gūka 94f, 99, 100, 102, 105f, 180, 186, 194, 195, 204, 209 Gurgān s. Astarābād 12, 13, 25f, 30, 70, 71, 73f, 131f Gurgū 81 Ḫalḫāl 137, 138f Hamadān 71, 72, 126 Ḫargām 93, 164, 194, 236 Herāt 23f, 89f, 108f, 239f, 240 Hizār-ǧarīb 14, 16, 32f, 56, 57, 90, 91, 108, 132, 134, 143, 151f, 168, 170, 240 Hormuz 59 Ḫugām 161 Ḫurāsān 14, 21, 23, 62, 65, 68, 69, 72-74, 81, 82, 84, 86, 87, 89, 91, 113f, 129, 154f, 164-166, 171, 174f, 190, 218-220 Ḫuškbiǧār 181, 231 Hūsum 67, 76 Ḫwārazm 25, 79 Indien 45f, 46f, 47f, 49, 50, 55, 169 Iran 59, 62, 63, 71f, 76, 79, 82, 86, 87, 89, 155, 178, 180, 185f, 188, 229 Īrān-zamīn 82, 84, 95 ‘Irāq 40, 42, 91, 129, 181, 231, 237 ‘Irāq-i ‘aǧam 14, 16, 23, 71 Irāq-i ‘Arab 23, 84 Iṣfahān 25, 49, 73, 74, 124, 153, 159, 168, 169, 173f, 177, 179, 180, 182, 223, 230 Iṣṭaḥr 139, 148 Istanbul 158 Kairo 84 Karaǧ 69f Karbalā 169 Kāšān 130, 152f, 240f Kirmān 47, 49, 71

Kīsum 94f, 99, 195, 204 Kūčiṣfahān (Kūčiṣfān) 17, 39, 102, 105, 138, 149f, 163, 172-174, 177, 180-182, 186, 188, 189, 194, 195, 198, 212, 213, 220-222, 226, 226f, 229, 230 Kūfa 41, 67 Kuǧūr 15, 52, 54, 56, 81, 96, 97, 103, 112114, 129, 132f, 133, 134, 140, 142f, 146f, 147, 153f, 155, 160, 164, 170, 171, 191, 192 Kūhdum 18, 92, 95, 96, 101f, 102, 104107, 119, 124, 125, 137, 138f, 149f, 150, 157, 159, 161, 162, 171, 181f, 182, 189, 190, 194, 196, 213, 227 Kūhistān 15, 16, 31, 65, 67, 88, 91, 93, 134f Lafūr 62 Lāhīǧān 17, 38, 43, 67, 79f, 92, 94, 98-102, 104f, 121, 124, 126-128, 135, 139, 149f, 150, 151f, 156-158, 160-163, 172, 174, 175, 181, 182, 186-189, 192-199, 204, 205, 214-216, 220, 222, 225, 226, 227f, 230, 231, 234, 236, 239 Lammasar 18f, 19, 99, 101, 102, 124f, 126, 186, 192-195, 198, 199, 234 Langarkunān 41 Langrūd 17, 157, 234 Lār 59, 240 Lāriǧān 15, 16, 74f, 75, 134, 142f, 147f, 151f, 152-154, 155f, 164f, 165, 170, 191, 192, 235 Laštanisā 17, 92-95, 99, 100, 102, 105f, 109f, 123, 129, 139, 149f, 160f, 161163, 171, 180-182, 186, 194, 195, 198, 206, 207, 220, 226, 227, 229, 231f, 236 Māhāna-sar 165, 192 Malāṭ 17, 93, 101, 126 Marv 74, 78 Mašhad 47, 88, 135f, 168, 171f, 236f Mašhad Ganǧ-afrūz 115, 142f, 143, 169 Mašhad-sar 201 Māsūla 150, 172, 174, 212f, 220 Mekka 57, 58, 104f, 239f Moskau 234 Mūġān 14f, 138f Naǧaf 238 Nātil 15, 113 Nīšāpūr 73, 78, 169, 171f Nūr 15, 56, 96, 97, 103, 107, 108, 113, 123f, 128, 132f, 133, 134, 140-143, 147, 153f, 154, 155, 164f, 170, 187,

191, 192 Panǧāh-hizār 200 Pāšīǧā 17, 32f, 99, 102, 182, 185, 187f, 194, 195, 205, 236 Pušt-kūh 15, 172, 174, 220 Qahqah 139 Qarābāġ 168, 169 Qarāmān 59 Qarāṭūġān 179, 200 Qazwīn 19, 44f, 69f, 82, 88f, 95, 96, 98, 101, 102f, 104, 106, 107, 108f, 118, 120, 121, 126, 129f, 136, 138, 142, 144, 148, 150, 152-155, 158, 160, 167f, 168, 170, 172f, 174, 181, 189-191, 193, 196, 199, 217, 219-221, 231 Qizil-āġāǧ 138f, 158 Qum 51, 69, 96, 132, 157f Qūmiš 14, 16, 31 Raḥmatābād 18, 101, 125f, 194 Rānikūh 17, 92, 94, 98-102, 103f, 105f, 124, 126-128, 150, 151, 160, 162-164, 186, 187, 194-199, 205, 209, 216f, 225, 226, 234, 235f Rašt 10, 17, 18, 37, 43, 56, 92, 96f, 98, 100, 104-106, 119, 125, 128, 136f, 137, 138, 140, 150, 151, 156, 162f, 163, 172-174, 177, 181, 182, 187, 188, 194, 204, 207, 208, 212f, 220, 221, 223, 226f, 228-232, 234, 239 Ray 14, 25, 26, 31, 62f, 65, 67, 69-74, 77, 78, 96, 120, 154f, 190 Rūdbār 18, 69, 93, 99, 102, 114f, 124f, 186, 194 Rūdsar 17, 100, 186, 194, 198 Rustamdār 12, 30, 31, 43, 53f, 54, 56, 59, 61-63, 70, 75, 76, 79, 88-90, 92, 93, 9698, 102, 103, 107-110, 112f, 114f, 118f, 123, 125, 128, 132, 133, 134f, 140, 143, 146, 154, 155f, 164-166, 168, 170, 171, 184, 187, 189, 190, 191f, 194, 217, 235 Rūyān 12-15, 17, 27, 28, 30, 31, 54, 61, 62, 67, 72-76, 78-82, 88-90, 92, 96, 184 Sabzawār 84 Šaft 17, 43, 92, 105f, 107, 150, 163, 172, 174, 177, 197, 212f, 219f, 220, 225, 227230 Šamīrān 19, 93, 192 Sārī 13, 16, 29, 30, 32f, 49f, 62, 73, 74, 79, 82, 85, 87-91, 97, 103, 109-112, 113f, 115-118, 120, 127f, 129f, 131, 132, 141f, 143, 145, 146, 152-154, 155f, 165, 166,

281

170f, 179f, 191f, 192, 204, 205, 210 Sāwa 74, 132f, 171 Sawādkūh 16, 53, 56, 88, 116, 117, 131, 132, 140, 141, 143, 146, 153, 154f, 166, 167, 178, 185, 191, 200-203 Sifīd-rūd 14f, 16-19, 157, 204 Simnān 14, 16, 74, 82, 96, 131f Šīrāz 23, 46, 47, 49, 138, 140, 144, 163f, 166, 170, 180 Šīrwān 56, 59, 137, 145, 149, 150, 152f, 157, 160, 162f, 175, 210, 211 Šukūr 19, 92, 93, 95 99-102, 103f, 124, 125f, 128f, 138, 186, 187, 194, 195f, 196, 197f Sulṭānīya 121, 129f, 130 Sumām 19, 99, 101, 102, 125, 138, 162, 164, 186, 188, 191, 194 Syrien 41 Ṭabaristān 12-16, 25, 26, 30, 31, 48, 5153, 56-59, 61, 62, 65, 67, 70, 71, 73f, 74, 78, 88, 90, 133f

282

Tabrīz 108f, 119, 120, 121f, 129f, 137f, 155, 168 Tālār-rūd 13, 16, 117, 141f, 217 Ṭāliqān 15, 19, 99, 102, 114f, 126, 186, 192, 194 Ṭāliš 16, 18, 43, 138f, 150, 207 Tamīša 116 Ṭārum 18, 19, 93, 95, 96, 100, 102, 103, 106-108, 120, 121, 123, 124f, 126, 138f Teheran 51, 120 Tiǧan-rūd 13, 116, 200, 201 Tūlam 17, 105, 107f, 151f, 163f, 172, 174, 177, 212f, 220, 228 Tunikābun 17, 92-94, 96, 98, 99, 102, 125, 126, 135, 155f, 161, 163, 164, 179f, 171f, 181, 186, 192, 194, 196-199, 205 Turkistān 58 Yazd 23, 24, 27, 46 Zanǧān 69f Zentralasien 88-90, 95, 96, 109f, 115, 118f, 185, 188, 205

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