Die Salons der Republik: Räume für Debatten 9783868599862, 9783868597080

The political climate of our time is being shaped by a dwindling ability to engage in public dialogue, putting democrati

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Die Salons der Republik: Räume für Debatten
 9783868599862, 9783868597080

Table of contents :
INHALT
VORWORTE
EINLEITUNG
COMIC
Ein Tag im Salon der Republik
BERLIN
Der Ort
Die Salons
Die Wandelhalle
Das Dach
Making-Of
FRANKFURT AM MAIN
Making-Of
Die Salons
Die Raumbildung
Die Erkundungen
Die Raumkonfigurationen
ESSAYS
Das geplante Demokratiezentrum Paulskirche Frankfurt
Repräsentation des Raums und Räume der Repräsentation
Demokratie und Öffentlichkeit im digitalen Wandel
Orte demokratischer Innovationen als Salons der Republik?
Stärkung der Demokratie durch Begegnung
Der Raum als Moderator
NACHWORT
ANMERKUNGEN
LITERATURVERZEICHNIS
AUTOR*INNEN
ENTWURFSVERFASSER*INNEN
DANKSAGUNGEN
IMPRESSUM

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Holger Kleine (Hg.)

DIE SALONS DER REPUBLIK Räume für Debatten

www.hs-rm.de/impact

INHALT

4

VO RWO RT E

6

E IN L E IT U N G

Was sind und wozu brauchen wir die Salons der Republik?  Holger Kleine

COMIC

 10  Ein   Tag im Salon der Republik  Holger Kleine, Johanna Rech

BERLIN

32

Der Ort

38

Die Salons

50

Die Wandelhalle

60

Das Dach

68

Making-Of

F R A N K FU RT A M M AIN

82

Making-Of

84

Die Salons

100

Die Raumbildung

104

Die Erkundungen

110

Die Raumkonfigurationen

ESSAYS

128

Das geplante Demokratie­z entrum Paulskirche Frankfurt   Peter Cachola Schmal

134

Repräsentation des Raums und Räume der Repräsentation   Michael May

139

Demokratie und Öffentlichkeit im digitalen Wandel   Jonas Aaron Lecointe

146

Orte demokratischer Innovationen als Salons der Republik?   Sandra Speer

152

Stärkung der Demokratie durch Begegnung   Marion Kamphans

158

Der Raum als Moderator 

1 65

Holger Kleine

NAC H WO RT

Spagat zwischen Kunst­a kademie und Berufsschule  Ralf Kunze 1 69

A NM E R KU N G E N

1 69

LI TE R AT U RV E R Z E IC H N IS

173

AUTO R * IN N E N

1 74

ENTW U R FSV E R FASS E R * IN N E N

175

DA N KSAG U N G E N

176

I MP R ESS U M

VO RWO RT E Die hier präsentierten studentischen Entwürfe sind in von mir geleiteten Entwurfsseminaren am Studienbereich Innenarchitektur der Hochschule RheinMain in Wiesbaden entstanden. In diesen Seminaren – die meisten Teilnehmer*innen befinden sich im dritten Semester des Bachelor-Studien­ gangs – werden die didaktischen Ziele verknüpft mit der Erforschung der Möglichkeiten und Notwendigkeiten des öffentlichen Innenraums in der Gegenwart. So haben die Salons der Republik ihre Vorgänger in Entwürfen für Ratssäle, Bürgersäle oder temporäre Rauminstallationen. Der Berliner Entwurf entstand im Wintersemester 2018/19, der Frankfurter auf Anregung von Peter Cachola Schmal im Wintersemester 2020/21. Mit Letzterem greifen wir in eine aktuelle Debatte ein, die in der breiten Öffentlichkeit und bis in die höchsten politischen Kreise geführt wird. Wir wollen unsere Anregungen aber nicht auf diese beiden Standorte beschränkt wissen. Sie dienen uns lediglich als Beispiele für die These, dass die Architektur einen unverzichtbaren Beitrag zur Kultivierung der Dialogfähigkeit und zur Lust auf gelebte Demokratie leisten kann. Derzeit befassen sich zwei Masterthesis-Projekte mit Salons für München und Köln. Dass wir unsere Ideen für eine solche neue Bauaufgabe, wie sie die Salons der Republik darstellen, im Deutschen Architekturmuseum zeigen und im ȷovis-Verlag veröffentlichen können, erfüllt uns mit Stolz und Dankbarkeit. Der Dank gilt vielen – nicht nur denen, die wir in der Danksagung nennen. Holger Kleine

4

Die Schnittstelle zwischen Hochschulen und Gesellschaft befindet sich im Wandel. Anstelle einer reinen Übertragung von Wissen, Ideen und Technologien aus den Hochschulen in die Gesellschaft bewegen wir uns hin zu einem Konzept, das Austausch, Partizipation und Kooperation ins Zentrum der Zusammenarbeit stellt. Dieses interaktive Zusammenspiel zwischen Hochschule und Gesellschaft bildet den Kern unserer Arbeit im Transferprojekt „IMPACT RheinMain“ an der Hochschule RheinMain. Wir sind überzeugt, dass nur die Beteiligung aller an Innovationsprozessen – Unternehmen, Politik und Verwaltung sowie die Zivilgesellschaft – dem Anspruch an ein modernes Transferkonzept genügt. Die umfassende Transformation durch die Digitalisierung macht es insbesondere notwendig, an den Schnittstellen von „Smart Energy“, „Smart Home“ und „Smart Mobility“ dieses moderne Transferkonzept mit Leben zu füllen. Die mit diesem modernen Transferkonzept einhergehenden Werte finden wir im Herzen der Salons der Republik wieder und sie werden auch im Kapitel „Orte demokratischer Innovationen als Salons der Republik?“ (S. 146ff.) weiter konkretisiert. Das Teilvorhaben DIALOG IM MUSEUM bietet in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) eine Plattform für den Austausch mit der Zivilgesellschaft. Seit Anbeginn der Projektlaufzeit von „Innovative Hochschule“ (BMBF/GWK) experimentieren wir mit Veranstaltungsformaten, die neue Räume für Dialog und Diskurse schaffen – von klassischen Podiumsdiskussion über World Cafés zu Fishbowl-Diskussion und Ausstellungen beziehungsweise Plattformen, die den Dialog im Museum anregen. Die Salons der Republik bieten dafür erstmals einen architektonischen Entwurf – ausgehend von der Diagnose eines Wandels der Debattenkultur im Zuge der digitalen Transformation der Öffentlichkeit. Dass sich die demokratischen Potenziale dieses Wandels nur mithilfe einer Stärkung der Zivilgesellschaft mittels Austausch, Partizipation und Kooperation verwirklichen lassen, darin stimmen wir mit den Konzepten der Salons überein. So leisten die Salons der Republik nicht nur einen wertvollen Beitrag zum Programm von DIALOG IM MUSEUM, sondern bilden zudem einen substanziellen Bezugspunkt für die Arbeit im Projekt „IMPACT RheinMain“. Thomas Heimer und Sandra Speer

Vorworte   5

Holger Kleine

EINLE I T UN G

Was sind und wozu brauchen wir die Salons der Republik? Die Salons der Republik sind Orte milieuübergreifender Kommunikation. Sie dienen der Kultivierung von Debatten unter Anwendung demokratischer Spielregeln. Sie sind gebaute öffentliche Innenräume, die allen offenstehen und alle zur Mitwirkung einladen. Sie sind eine auf diese Weise noch nirgends umfassend realisierte Ergänzung zu den Parlamentssälen und anderen gebauten wie virtuellen Räumen, die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für eine lebendige Demokratie darstellen. Dass eine Erfindung wie die der Salons der Republik in der Luft liegt, zeigen die neuartigen Dialogformate, die verschiedene Akteur*innen in den letzten Jahren ausprobiert und etabliert haben: Sie reichen vom Zwiegespräch in Zuhör-Kiosks, wie sie etwa in Hamburg oder Berlin-Kreuzberg betrieben werden (Reis 14.03.2021), über Internetplattformen wie „My Country Talks“, die „weltweit Menschen mit gegensätzlichen politischen Ansichten zu persönlichen Streitgesprächen zusammenbringen [soll], um gesellschaftliche Spaltung zu überwinden und den Dialog zwischen einander fremdgewordenen politischen Lagern zu fördern.“ (My Country Talks 2021), bis hin zur gegenwärtig Gestalt annehmenden „Konferenz zur Zukunft Europas“, deren Realisierung 2019 von der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in ihre Regierungserklärung aufgenommen wurde. In diese auf zwei Jahre angelegte Konferenz sollen sich europaweit auch die Bürger*innen der Europäischen Union auf umfassendere Weise als bislang einbringen können. Marion Kamphans interpretiert die Salons der Republik in diesem Band als einen Knotenpunkt einer immer wieder neu zu justierenden „sozialen In­frastruktur“, wie sie Eric Klinenberg 2018 in seinem Buch Palaces for the People gefordert hat, und als ein herausforderndes Beispiel eines „dritten Ortes“ in der Definition Ray Oldenburgs: „Dritte Orte sind nach seiner [Oldenburgs] Vorstellung Plätze und Orte, die atmosphärisch zwischen Privatheit (,erster Ort‘) und Arbeitsplatz (,zweiter Ort‘) angesiedelt sind.“ (S. 154) In der Tat ist ihr Charakter als Schwellenraum und Überlappungszone des Öffentlichen mit dem Privaten der ausschlaggebende Grund, die in meinem Entwurfsstudio entworfenen Räume Salons zu nennen. Michael May rekapituliert, wie 6

sich die bürgerliche Öffentlichkeit in den städtischen Salons herausbildete und weshalb der Begriff Salon auch heute noch als Leitbegriff für die räumliche Repräsentation von Gruppen taugt, die neuartige, milieuübergreifende Orte benötigen, um sich Gehör zu verschaffen. Was aber ist ein Salon? Die bloße Erwähnung des Wortes weckt Sehnsüchte, mit ihm werden Esprit und Mondänität verbunden, Beweglichkeit und Eleganz, Toleranz, Freiheit und Schwellenüberwindung, Duft und Licht. In seiner Einleitung zu Europa – ein Salon? definierte Roberto Simanowski: „Salon, das wird schnell deutlich, ist nicht gleich Salon. Ort, Charakter, Teilnehmerstruktur variieren von Fall zu Fall. Um die Geselligkeitsform Salon dennoch von anderen Geselligkeitsformen wie dem literarischen Zirkel, der Bohème, der Soirée, dem Club und Verein oder etwa der Badeort-Geselligkeit abzugrenzen, seien mit Peter Seibert folgende formale Kriterien festgehalten: Gemischtgeschlechtlichkeit, Zentrierung auf eine Salondame, Periodizität des Zusammentretens in einem zur Halböffentlichkeit erweiterten Privathaus, Gespräch als wichtigstes Handlungsmoment, Durchlässigkeit bei den Teilnehmerstrukturen, tendenzieller Verzicht auf Handlungsziele jenseits der Geselligkeit.“ (1999) Des Weiteren fügt er noch die Internationalität als Kennzeichen hinzu. Im Wesentlichen treffen diese Charakteristika auf die Salons der Republik zu. Den „tendenziellen Verzicht auf Handlungsziele jenseits der Geselligkeit“ gilt es hier zu kommentieren: Zwar verstehen sich die Salons nicht im Geringsten als eine neue APO, als eine außerparlamentarische Opposition, die die repräsentative Demokratie infrage stellt und die Institutionalisierung ihrer selbst im Machtgefüge fordert. Nein, sie verstehen sich als Orte der Erwägungen und des Austauschs. Für solche „nicht-vermachteten Kommunikationsströme“ (S. 137) hat sich der Begriff der „deliberativen Demokratie“ herausgebildet. Jonas Aaron Lecointe erhellt in seinem Beitrag, welches Demokratieverständnis den liberalen, deliberativen und republikanischen Ausformungen der repräsentativen Demokratie zugrunde liegt und vor welche Herausforderungen die Digitalisierung die Demokratieakteur*innen stellt. Eine Zivilisierung des Netzes umfasse mehr als das Bändigen von Shitstorms und die Beweinung verloren geglaubter Meinungsfreiheit im Angesicht von Gegenrede. Es bedürfe stattdessen „einer starken Zivilgesellschaft [–,] die Gegenrede und Protest […] befördert, wo sie sich gegen menschenfeindliche Rede stellen und so zu einer tatsächlichen Pluralisierung der Positionen beitragen.“ (S. 145) Es mangelt in Deutschland gewiss nicht an Demokratieakteur*innen – und dennoch scheint das politische Klima der Gegenwart zunehmend geprägt von einem Schwinden der Dialogfähigkeit. Dies führt augenscheinlich zu zwei gegensätzlichen, jedoch einander hochschaukelnden VerhaltensEinleitung   7

weisen: einerseits zum Rückzug in ein „Selbstbestätigungsmilieu“ (Bernhard Pörksen), das uns erlaubt, die oder den Anderen zu ignorieren; und anderseits zum Ausbruch von roher Gewalt in der Begegnung mit der oder dem Anderen. Um diese Tendenz umzukehren, müsste eine Debattenkultur der gegenseitigen, sich kritisch wie konstruktiv aufeinander beziehenden Wertschätzung gepflegt und gefördert werden, denn Demokratien sind auf das Austragen von Rede und Gegenrede angewiesen. Ohne den Austausch des Für und Wider ist es uns nicht möglich, Haltungen zu gewinnen, die kraft des plausibleren Arguments in Freiheit angeeignet werden und damit über das zufällig Ererbte oder willkürlich Verordnete hinausgehen. Debatten bedürfen zu ihrer Pflege aber nicht nur der Netiquette, sondern ebenso gebauter Räume – Räume, die Gedanken und Zungen gleichermaßen lösen, deren Gestaltung „uns etwas zu sagen hat“. An eben solchen Räumen mangelt es unserer Demokratie: Landauf, landab sind unsere Seminarräume nüchtern und neutral statt stimulierend und inspirierend. Was wir benötigen, sind Räume, die affizieren, die „einen Ton anstimmen“, die die ganze Palette der dramaturgischen Möglichkeiten ausreizen und alternative Möglichkeiten des Gesprächs eröffnen: sich besprechen, sich aussprechen, sich anvertrauen, palavern, plaudern, debattieren, diskutieren, überreden, argumentieren, sich fetzen, aufmuntern, sich etwas verbitten … Erst dann entstehen Salons, in denen das Private und das Öffentliche sich erkenntnisstiftend überlappen, in die sich alle einbringen können, in denen die Milieus sich mischen. Solche charakterstarken, intensiven Räume haben wir in zwei Entwurfsseminaren entwickelt. Sie müssen und sollen nicht allen gefallen, zumal das Geschmacks­urteil oft nicht mehr als vorschneller Ausfluss eines Selbstbestätigungsdrangs ist. Nein, sich in sie zu begeben – so sie denn einmal gebaut sind – soll schon eine Begegnung mit dem (gewissermaßen raumgewordenen, architekturgewordenen) Anderen und damit die Aufforderung zum Dialog und zur Erkundung sein. Von den scheuen, sich in ihrer Neutralität abschottenden Seminarräumen ergeht uns diese Aufforderung nicht. In meinem Beitrag versuche ich einen ersten Umriss einer noch interdisziplinär auszuarbeitenden Typologie der Räume des Dialogs. Sandra Speer sondiert die verschiedenen Lab-Kulturen der Gegenwart – die Innovation Labs, CoWorking-Spaces, Government Labs und Reallabore – und sieht die Salons der Republik in diesem Kontext als ideale „Orte für politikfeldübergreifende, multiperspektivische, offene Labs“ (S. 151). Wo aber sollen diese Salons der Republik entstehen? Überall dort, wo die freie Rede gewährleistet ist, oder wo sie erstritten sein will! Also überall. Aus sich selbsterklärenden Gründen haben wir mit dem Standort Berlin begonnen, und dann auf Anregung von Peter Cachola Schmal Salons für den Pauls­ platz in Frankfurt entworfen. Peter Schmal zeichnet die laufende Diskussion um die Bebauung des Paulsplatzes nach und plädiert für einen mutigen Um-

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gang mit Kirche und Platz, denn: „Trotz der Auflösung des Parlaments und der Niederschlagung der 1849er-Revolution wird das Paulskirchenparlament heute, im Gegensatz zu früheren Interpretationen, nicht mehr als verlorene Zeit oder Niederlage betrachtet im Sinne von: Wir Deutschen haben noch nie eine Revolution zu Ende geführt. Ganz im Gegenteil sehen wir heute gerade das gewaltfreie Ringen um Worte und Inhalte, um Resolutionen und Beschlüsse als vorbildhaft für demokratische Auseinandersetzungen.“ (S. 128) Im Bild der Öffentlichkeit müssen Architekt*innen häufig als Generalschuldige der Zumutungen der modernen Welt herhalten. Diese Schuldzuweisung beruht vor allem auf der irrigen Annahme, dass das Gebaute der unvermittelte Erguss selbstherrlicher Träume von Halbgöttern in Schwarz sei. Ralf Kunze hingegen erhellt in seinen erfahrungsgesättigten Reflexionen über das Entwerfen und die Entwurfslehre, dass entwerfende Architekt*innen immer auch wie Schauspieler*innen agieren, die sich in die potenziellen Verhaltensweisen der Nutzer*innen hineindenken, sich von diesen empathischen Rolleneinnahmen lenken lassen und Selbstzweifel und Gegenerwägung dabei nie ganz hinter dem Horizont verschwinden lassen. „Gelehrt“ werden kann diese Haltung nur, indem sich die Lehrenden im Wochenrhythmus auf den Imaginations- und Ideenfluss der Studierenden einlassen und jede*n Einzelne*n mit Empathie zum inneren, selbstkritischen Dialog anstiften – anders gesagt: die Lehrenden es sich bis zum letzten Moment nicht erlauben, als Richter*innen aufzutreten. In dem von der Seminarteilnehmerin Johanna Rech gezeichneten Comic Ein Tag im Salon der Republik wie auch in den Kommentaren von Studierenden der Sozialen Arbeit, die unter Anleitung von Elvira Schulenberg die Entwürfe für den Berliner Salon auf sich wirken ließen, zeigen wir, wie sich die Salons im Gebrauch darstellen könnten. Im Kapitel „Making Of“ erläutere ich die den Seminaren zugrundeliegenden didaktischen Schritte, vor allem das Konzept des kollaborativen Entwurfsstudios. In die hier dokumentierten Entwürfe sind bis dato ca. 17.000 Stunden studentischer Arbeit eingeflossen. Das sind auch 17.000 Stunden vielfältiger Formen des Gesprächs mit sich und anderen. So praktizieren die Entwürfe in ihrer Entstehung bereits das wofür sie werben: die produktive, respektvolle, lustvolle Debatte.

Literaturverzeichnis Reis, Saskia (14.03.2021): Ganz Ohr. Zuhören und reden – nicht trotz, sondern wegen Corona. Zwei pensionierte Lehrer haben in Berlin-Kreuzberg einen Zuhör-Kiosk eröffnet. In: Süddeutsche Zeitung. https://www.sueddeutsche.de/leben/corona-einsamkeit-zuhoer-kiosk-1.5222447 (letzter Zugriff: 25.03.2021). My Country Talks (2021): https://www.mycountrytalks.org/datenschutz-deutschlandspricht-2020. (letzter Zugriff: 25.03.2021). Simanowski, Roberto (1999): Einleitung. Der Salon als dreifache Vermittlungsinstanz. In: Simanowski, Roberto / Turk, Horst / Schmidt, Thomas: Europa – ein Salon? Beiträge zur Internationalität des literarischen Salons. Göttingen: Wallstein, S. 2–3.

Einleitung   9

Ein Tag im

SALON DER REPUBLIK Bilder: Johanna Rech Geschichte: Holger Kleine

10

WAS MACH EN WI R A M SA MSTAG ? Freddie, 67, aus Angermünde besucht Tochter Lisa (35) und Enkel Max (7) in Berlin. Was wollen wir am Samstag machen?

Immer nur Spielplatz mit dir ist langweilig, Opa. Mal was anderes!

Wir könnten in den neuen Salon der Republik gehen, da kann man diskutieren, lernen, Leute kennenlernen … Und es soll auch was für Kinder geben!

Ja, Freddie, ja, die meine ich, aber vielleicht gehen wir da mal ohne Vorurteile hin und probieren sie mal aus?

Ist das die teure Betonkiste, die die da oben am Reichstag mit meinem Steuergeld gebaut haben? Diese Quatschbude für alles und jede*n?

Wenn Max nix dagegen hat … Von mir aus …

  11

ANKUNFT. ...und was ist das?

Was ist das?

Cool, klingt nach

Action. Wenn ich groß Das ist das bin, will ich Kanzleramt. Da wird Kanzler werden! nach den Gesetzen von da drüben gehandelt.

na denn...

Das ist der Reichstag. Da diskutieren und beschließen ein paar Leute, die alle Erwachsenen vorher ausgewählt haben, an welche Gesetze wir uns zu halten haben, damit wir alle miteinander auskommen.

Und das da? Max, das steht doch dran, du kannst doch lesen: SA-LON -DER-RE-PU-BLIK. Da wollen wir hin …

Immer nur die Ewachsenen …, aber klingt wichtig …

Meine Datsche is schöner … un wat die fette Treppe jekostet haben mag …

Ja, ja, ja, Freddie, aber hier sitzen die Leute auf der Treppe und unterhalten sich. In deiner muffigen Datsche krieg ich den Mund nicht auf. 12

ERSTE KICKS . Guck mal, da malen welche! Ich dachte, hier wird nur gequatscht?

Ach ne, is ja knorke, hier läuft en Film über Landwirtschaft in Meckpomm. Den würd ick mir doch mal jerne anschaun…

Ist das groß hier …

Und da vorne fahren Kinder Fahrrad und so …

Gut, Freddie, setz dich doch da auf die Tribüne und schau dir den Film in Ruhe an … Dann treffen wir uns hier wieder um eins zum Lunch …

  13

DI E HALLE. Lisa guckt in die Halle. Sie staunt: Verdammt groß! Aber sie fühlt sich nicht verloren … eher energiegeladen.

MAAAAMA!

Ich will Rad fahren und so! Da oben!

Guck mal Max, hier kann man Mühle und Und Halli Galli. Halma spielen ... Aber jetzt komm!

Ich hol dich hier ab ...

Aber nicht zu früh!! 14

LISA SCH AUT S I C H U M. In der Halle fordert eine Gruppe aus N. die Freilassung von C.

Lisa will noch nicht unterschreiben. Es gibt so viele Themen, bei denen Lisa NOCH NICHT genau weiß, was richtig ist und was falsch und wer dahinter steckt und was da dran hängt und so … Und es gibt noch mehr Themen, bei denen Lisa NICHT MEHR weiß, was sie denken soll. Dabei sind ihre Ideale eigentlich klar: Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie, Nachhaltigkeit, Toleranz und so … Aber wegen den NOCH

NICHTs und NICHT MEHRs ist sie ja hier!

Sie geht erst einmal die Treppe runter, unter der Halle muss ja auch noch was sein.   15

Sie hört Stimmen und geht in den Louise-Begas-Parmentier-Salon Jede Kuh rülpst und furzt 200– 300 Liter Methangas pro Tag in die Atmo!

Alter, darf ich jetzt keine Milch mehr trinken,

oder was?

Ganz schön agressiv hier … liegt bestimmt auch am Raum

Lisa geht weiter. Im Julie-Bondeli-Salon diskutieren zwei Schulklassen über ihre Klamotten. Ganz sachlich. Ob das auch am Raum liegt?

Eigentlich hast Du ja recht, wir sollten uns genau informieren, ob unsere Sneakers unter fairen Bedingungen hergestellt werden und mit welchem CO2 Abdruck, aber …

16

Im Bettina-von-Arnim-Salon wird auf Arabisch diskutiert. Lisa versteht nix, findet aber klasse, dass die Frauen mitreden. Eine von ihnen erklärt ihr, dass sich hier jeden Samstag die gleichen vier Familien aus Damaskus treffen. Sie mögen den Salon und das ganze Drumherum.

Die Frau übersetzt für sie:

Er sagte: Das kannst Du doch nicht einfach so übernehmen, Du musst doch kapieren, in welcher Situation er das gesagt hat.

Drinnen liegen, hocken, sitzen sieben, acht Leute, alle reden leise und konzentriert mit ihrem oder ihrer Nachbar*in.

IST DER PLANET NOCH ZU RETTEN? Diskussion ab 11.00.

Et hätt noch immer jot jejange!

Lisa ist sich da nicht so sicher. Sie geht weiter.   17

Das ist doch Massenabfertigung!

Annemarie-Renger-Salon: erregte Elterndiskussion über die Maximalgrößen von KITA-Gruppen. Das hat Lisa hinter sich. Sie geht weiter.

Im Emma-Herwegh-Salon: MY HOME IS MY PARCEL – Kann Onlineshopping nachhaltig sein?

Neija, also ich sag mal so …

Lisa ist froh, dass am Hauptbahnhof die „Retourenpassage“ eröffnet wurde. Dort shoppt sie jetzt mit besserem Gewissen. Aber seit Corona shoppt sie ohnehin weniger.

Nach sechs Salons ist Lisa müde. Dabei hat sie noch gar kein Wort gesagt. Sie geht zum Kneipp-Becken und badet ihre Füße. Das entspannt …

… so sehr, dass sie dann in ein Schlafzelt geht und ein Nickerchen macht. Lisa träumt, dass sie immer wieder den Mund aufmacht, aber keinen Ton rauskriegt … 18

LU NCH .

Und dann ...

… dann hab ich Mona umgefahren … War aber nicht zu sauer …

… dann haben wir zusammen Twister gespielt …

… und dann Verstecken da hinten … nennt sich Lesewald oder so … Mona kommt aus Angola. Sie ist mega cool!

  19

Der Film war sehr anregend. Neben mir saß Ole aus Norddeich-Mole …

Am Nachbartisch sieht Lisa drei von den Schüler*innen wieder: Das war echt krass, wie in dem einen Raum sich alle einig schienen, und dann sind wir rüber in den andern, und die Diskussion ging noch mal los und wir haben gemerkt, dass wir die echt harten Dinger noch gar nicht angesprochen hatten …

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Zusammen sind wir dann zu diesem Bürgerbüro da hinter der Tribüne und haben uns von einer Dame aus dem Verbraucherschutzministerium Ideen geben lassen, wie wir unsere Initiativen für kontrollierten Fischfang in Meckpomm und Niedersachsen besser koordinieren können. Ole ist nämlich auch in der Richtung aktiv. Nächsten Monat treffen wir uns.

… weiter hinten wird noch weiter über Kühe und Methangas diskutiert.

I N DER H ALL E. Da hab ich unterschrieben, diese Einschüchterungen in N. sind eine Schweinerei.

Diese Halle hat es echt in sich. Was man hier alles machen kann! Und doch ist es nicht chaotisch.

Nach langer Rede von Freddie unterschreibt Lisa auch.

SChaut mal, da is‘ ne Rampe. Da geht’s aufs Dach!

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… WO ES GESC HA H.

Und was hier passiert sehen wir später...

Hier gehts aufs Dach

Lesewald hier haben Max und Mona verstecken gespielt

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Hier haben Freddie und Ole den Film geschaut

Das Bürgerbüro – hier haben Freddie und Ole sich beraten lassen

Hier haben die drei zu Mittag gegessen Hier hat Max Mon a umgefa h verkehrs ren – im kinderga rten

zelten Schlaf In den ihr Nickerisa hat L gemacht chen

Brettspielebene – Schauplatz des TwisterTuniers von Max und Mona

  23

AUF D EM DACH .

Tut gut, die frische Brise!

N’Eis, aber flotti … ähm bitte, meinte ich …

Klasse Blick auf den Reichstag …

Sie erkunden den Dachgarten … Hier fühle ich mich Hier sind Kräuter- wie auf dem Deich in Holland. beete. Kannste dich anmelden als Patin, Lisa!

Endlich mal ne Sandbüchse sowohl für Jung als auch Alt.

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Und ne Laube für die Mittleren …

Im Biergarten finden sich Freddie und Ole wieder …

Ist die Nordsee denn anders verseucht als die Ostsee, Ole?

Dass ich noch mal die Stones live höre … melst …

Du schum

Gar nicht wahr!

Is‘ doch nur Bürger-Karaoke.

Weess ick doch … Lass mir träumen!

  25

L ISA SPRICH T. 2 Stunden später im Freiluftkino ... Weil heute der 14. Juli ist, übertragen wir direkt aus dem Salon de la République in Paris … Es spricht Monsieur Le Président de la République, Emmanuel Macron …

Lisas Herz pocht …

… Es ist erstaunlich, wie schnell die Salon-Idee die Welt erobert hat … von Berlin aus nach Paris, Brüssel, New York, City of Durban …, aber auch Ober-Ursel und Venerque und Zoutelande … Ich habe viel von ihr gelernt … Welche Idee aus Berlin wollen Sie mir heute Abend mit auf den Weg geben?

JETZT ODER NIE! Lisa geht ans Mikro … Was ich auf dem Herzen habe, Herr Präsident … Paris ist toll, aber kein normaler Mensch kann dort mehr seine Miete zahlen … Ich will nicht, dass es in Berlin auch so weit kommt …

E MEIN … REDE

BUH! 26

O!

BRAV

Madame, Sie haben ja so recht … Wir müssen voneinander lernen, wir brauchen eine europäische Bau- und Bodenpolitik …

Ich miete nächste Woche Donnerstag um acht den Rachel-Varnhagen-Salon. Thema: Bodenpolitik. Alle eingeladen. Anmeldung unter www.sdr.de

Kaum hat Lisa eingeladen, bricht ein Unwetter los … Alle unter Deck!

  27

DAS PARKETT D ER R EPU BLI K . Jeden Abend steppt hier der Bär, es tanzt der Kongress … die Republik!

… schon

okay was die mit meinem Steuergeld gemacht haben …

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…D a näch s wird mac ste W anstre n ht S oche , ab gend paß e , re u sich lohn nd es w s en … ird

… Da tanzt ja auch Frau Thorn, die Abgeordnete aus meinem Wahlkreis …

… mit Mona mal nach Angola … und dann zusammen Kanzler und Kanzlerin werden … hier oder auch da …

  29

BERLIN

30

Die ergiebigste und natür­ lichste Übung unseres Geistes ist meines Bedünkens das Gespräch. Ich sehe in seiner Pflege das Schönste, was wir im Leben tun können. {…} Wenn man mir widerspricht, weckt man meine Aufmerksamkeit, nicht meinen Unwillen; ich nähere mich dem, der mir widerspricht, der mich unter­ richtet: die Sache der Wahrheit sollte die gemeinsame Sache beider sein. {…} Michel de Montaigne in: Essais, 1580. Drittes Buch, Achtes Kapitel. Zitiert nach der deutschen Übersetzung von Hanno Helbling (1993. Zürich: Diogenes, S. 119) der von André Gide vorgenommenen und 1939 veröffentlichen Auswahl.

Berlin

DER ORT

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1928

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1938

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Den ersten Entwurf für einen Salon der Republik haben wir für Berlin konzipiert – weil Berlin die Hauptstadt Deutschlands ist, aber auch weil in kaum einer anderen Stadt die ideologischen Kämpfe des 20. Jahrhunderts in so rascher und schmerzlicher Folge Raum geworden sind wie in Berlin. Nirgends ist dies spürbarer als am Spreebogen.

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1945

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heute

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Die vier Lagepläne zeigen die Entwicklung vom gründerzeitlichen, noblen Alsenviertel über die nationalsozialistischen Tabula-Rasa-Planungen von 1938 (die unter anderem die Verlegung der Spree, den Bau einer ziemlich großen Halle und einer neuen Reichskanzlei umfassten), über die Wüstenei und den abgeholzten Tiergarten 1948, über Bau und Fall der Mauer bis hin zur heutigen Situation.

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Das von uns gewählte Grundstück erlaubt es, die Nähe zwischen Bür­ ger*innen und ihren Repräsentant*innen zu symbolisieren und konkret zu realisieren. Dass dies kein Zufall ist, erklärt sich aus der jüngeren Planungsgeschichte: Im Jahr 1992 gewann das Architekturbüro von Axel Schultes und Charlotte Frank den weltweit ausgelobten Wettbewerb zur Neugestaltung des Regierungsviertels in Berlin mit seiner bahnbrechenden Idee des Band des Bundes. An zentraler Stelle, als Gelenk zwischen Exekutive und Legislative, schlugen sie ein Bürgerforum vor. Dies ist umso bemerkenswerter, als ein solches im Raumprogramm nicht vorgesehen war. Die Architekt*innen haben sich also als Bürger*innen eingebracht und eine Idee lanciert, die es von der Öffentlichkeit zu konkretisieren galt. Aus ihrem Büro drangen ab und zu verschiedene Baukörperstudien an die Öffentlichkeit, 2005 sprach sich Helmut Kohl gegen den Bau des Bürgerforums aus, 2006 Klaus Wowereit dafür und 2014 ließ der BDA Berlin seine Mitglieder in einem kleinen Ideenwettbewerb warmlaufen. Programmatisch war zeitweise im Gespräch, in dem Forum die Ausstellung Fragen an die deutsche Geschichte unterzubringen – schon dies eine kleinliche, weil bloß museale Idee, aber laut Wikipedia sollte das Bürgerforum sogar nur „ein Ort der Öffentlichkeit mit verschiedenen Cafés, Galerien und Geschäften werden“¹ – Bürger*innen als bloße Edelkonsument*innen? Schließlich entmutigte im Jahr 2018 der Berliner Senat alle Architektenfantasien und Bürgerdiskussionen, indem er die bis dahin provisorische Straßenführung in einem Bebauungsplanverfahren festschreiben ließ: Asphalt statt Agora! Der Chance, einen zugleich zentralen und neuartigen Ort des vorbehaltlosen, keine Macht beanspruchenden Gesprächs im unmittelbaren Angesicht der legitimen Macht zu schaffen, sollte ängstlich ein Riegel vorgeschoben werden.

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Der von uns konzipierte Salon der Republik ist also eine Aktualisierung und Konkretisierung der Idee des Bürgerforums und damit auch eine Hommage an die Architekt*innen Schultes + Frank im Besonderen und im Allgemeinen an alle jene Architekt*innen, die sich – wie vor Jahrzehnten meine New Yorker Professor*innen John Hejduk und Diane Lewis – auch als Programmdenker*innen und -erfinder*innen verstehen. Im Berliner Salon der Republik schichten sich vier Welten: Der Freiraum fließt unter dem Gebäude hindurch: Die Annemarie-RengerStraße wird überbrückt. Zu ebener Erde befinden sich dann Berlins größter Fahrradparkplatz, ein paar geschlossene Quader für Sicherheit und Technik und zwei Glaskuben – zum Kanzleramt hin eine Bücherbörse enthaltend, zum Reichstag hin den Haupteingang. Ein zweiter Eingang führt von Norden, aus der Richtung des Hauptbahnhofs kommend, über eine Fußgängerbrücke direkt in die Wandelhalle und über eine Rampe unmittelbar auf das Dach. Über dem Freiraum befinden sich die Salons, darüber eine Wandelhalle, obenauf die Dachlandschaft.

¹ Wikipedia (2021): Bürgerforum (Berlin). https://de.wikipedia.org/wiki/Bürgerforum_(Berlin) (letzter Zugriff: 25.03.2021).

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Berlin

DIE SALONS

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Unter der weiträumigen Halle sammeln sich die einzelnen Salons. In ihnen können kleinere Gruppen debattieren. Ob die Salons spontan oder nur nach Plan belegt werden können, wird sich im Gebrauch ergeben. Bunt und verschiedenartig sind die Salons nicht, um ein visuelles Feuerwerk abzubrennen, sondern um die Debattierenden unterschiedlichsten Atmosphären auszusetzen und somit die unterschiedlichsten Gesprächsformen zu stimulieren: sich besprechen, sich aussprechen, sich anvertrauen, andeuten, palavern, plaudern, debattieren, diskutieren, überreden, argumentieren, sich fetzen, aufmuntern, sich etwas verbitten … Wir nennen diese Räume Salons, da sie in der Tradition jener Salonkultur stehen, die besonders bunt im Berlin der Romantik blühte und vor allem von Frauen des jüdischen Bürgertums gepflegt wurde. Alle Salons sind nach einer bekannten Salonnière benannt.

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Unter die Salons der Streitkultur haben sich weitere 14 Salons geschmuggelt, in denen sich die Diskutant*innen non-verbal abreagieren können: Ateliers fürs Malen und Nähen, Klettertürme, Fußbäder, Schlafzelte, Boxsäcke … Jede*r kann hier nach eigener Façon entspannen und weiterdenken. Das Pendeln zwischen Halle und Salons sowie zwischen den verschiedenen Atmosphären und Angeboten der einzelnen Salons wird es Menschen aller Generationen und jeglicher Herkunft erlauben, in dem Gebäude ganze Tage zu verbringen. Die Modellstudien zeigen einen Durchgangsraum, der auf den Debattiersalon einstimmt. In dem sich an diesen anschließenden Salon werden die gestaffelten Scheiben des Durchgangsraums in die Horizontale gekippt, um den Salon zu überwölben. Das Kneippbad dient der Entspannung. 45

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Berlin

DIE WANDELHALLE

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Die Wandelhalle vermittelt sich als eine weiträumige Landschaft, deren Plateaus sich um ein s-förmiges Flusstal lagern – so das poetische Leitbild. Die Ufer des Tals werden von Sitztreppen gesäumt, die sich an drei Stellen zu „Hügeln“ erheben, welche bis zur Decke reichen und sich als Tribünen für größere Veranstaltungen wie auch zum „Herumlungern“ eignen. Sie übernehmen statische Funktionen und bergen dienende Räume wie Fluchttreppen, Aufzüge, Technik- und Sanitärräume. In ihrer offenen Formation (Dreiergruppe, unterschiedliche Ausrichtungen, weite Abstände) markieren sie den Raumfluss.

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Im Comic haben wir die Bespielungsmöglichkeiten der Halle illustriert. In dem großen Modell (1:100) sowie in den Kohle- und Bleistiftperspektiven haben wir die Halle jedoch abstrakt und leer dargestellt, denn es war uns wichtig, einen Raum zu schaffen, der bei allem Nutzungsmix und Trubel seine Weite und bewegte Ruhe bewahrt. Die architektonischen Setzungen sind als Ermöglichung, aber auch als stabilisierendes Gegengewicht der Bespielungen zu verstehen.

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Ästhetisch gesehen dominiert in der Halle die Einheit und funktional gesehen die Vielfalt – in der Salonetage darunter kehrt sich dieses Verhältnis um: Hier dominieren funktionale Einheit und ästhetische Vielfalt. In die Salon­ etage taucht man von der Halle kommend hinab. Psychologisierend könnte man sagen, dass man von der Halle zu den Salons in Tiefen hinabsteigt, in denen die Widersprüche unter der einheitlichen Kruste aufbrechen.

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Die Areale der Wandelhalle werden teils von permanenten Nutzungen (Bürgersprechstunden, Kantine, Bar), teils von an die Nachfrage anpassbaren Nutzungen (In-Door-Spielplatz als Verkehrskindergarten, Spielebene, Lesewald) und teils von zyklischen Nutzungen (Filmvorführungen, Tanzparkett) bespielt. Über Großbildleinwände kann bei Großveranstaltungen die gesamte, fast 150 × 100 Meter messende Wandelhalle in eine Versammlungshalle umgewandelt werden. Die Bar zieht sich diagonal durch die von Süden belichtete Kantine. Die zur Dachlandschaft führende Rampe trennt den Lesewald vom Tanzparkett. In dem Block unter dem Verkehrskindergarten befinden sich die Großküche und die Sanitärräume. 56

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Die Deckenöffnungen formen, fächern und körnen das Zenitlicht – ohne ein solches Lichtspiel bleibt jede Landschaft öde. Die Halle bietet viele Möglichkeiten des Hin- und Herwandelns, des Hinauf- und Hinabsteigens, des Durchquerens und Verweilens.

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DAS DACH

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Auch das Dach ist als eine weite Plateaulandschaft konzipiert. Allerdings kehrt sich hier die Höhenstaffelung um: Nicht von einem Flusstal, sondern von einem Deich wird sie durchzogen. Um den Deich lagern sich Freiluftkino und -bühne, Kräuter- und Biergarten, Spielplatz und Liegewiese. Der Biergarten wird von einer Pergola überdeckt. Zweireihige Hecken, die Erschließungsblöcke sowie die Einschnitte zur Belichtung der Halle gliedern die Dachlandschaft.

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Vom Deich aus gesehen versammeln sich wie Bühnenrequisiten um dieses Dach der Republik viele prägnante Figuren des Berliner Stadtraums: die Reichstagskuppel ...

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…, das Kanzlerzelt, das Bahnhofstor, der Charitéblock, die PotsdamerPlatz-Zinken, das grüne Meer des Tiergartens …

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MAKING-OF

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Der Berliner Salon der Republik (WS 2018/19) war ein didaktisches Experiment. Zumindest für mich war die für ihn angewandte Aufgabenstruktur gänzlich unerprobt. Nach ihm bin ich mit wechselndem Erfolg ähnliche Experimente angegangen in Wiesbaden, Istanbul, Dhaka, Berlin, Monterrey und Minsk – bis die Pandemie wieder ganz andere Strategien erzwang. 70

Die didaktische Gretchenfrage jedes Entwurfsseminars ist die nach Einzelarbeit versus Gruppenarbeit. Die Ideolog*innen der Einzelarbeit führen den nachprüfbaren Fachkompetenzerwerb, die hohe Motivation der Studierenden („sich selbst im Entwurf gespiegelt sehen“) und deren intensive Erfahrung im Umgang mit sich selbst ins Feld. Schließlich sei Entwerfen nichts anderes als permanentes Selbstgespräch und beharrliche Selbstkritik. Die Gegner*innen verweisen bei der Einzelarbeit hingegen auf den Mangel an Sozialkompetenzerwerb und verweisen hämisch darauf, dass die Studierenden in Einsamkeit doch oft nur kleben blieben und sie eher erlernen, auf die Professorenkorrekturen zu warten, statt das Selbstgespräch zu pflegen und zeichnend zu forschen. Für die Gruppenarbeit sprächen hingegen der Erwerb an Sozialkompetenz sowie die Tatsache, dass Raumgestaltung immer in sozialer Verantwortung steht und im Büro ohnehin im Kollektiv entworfen wird. Gegner*innen halten wiederum dagegen, dass man den abenteuerlichen Akt des Projizierens (also des Entwerfens in einem leeren Raum und in die ungewisse Zukunft hinein) an sich selbst erfahren haben muss, bevor man ihn teilen kann; und dass überdies die Motivation sinke, wenn die Studierenden nicht nur mit der eigenen Erfahrungslosigkeit und Inkompetenz, sondern auch noch mit der der anderen zu kämpfen haben. Will man das eine tun und das andere nicht so lassen, lassen Entwurfsprofessor*innen häufig zunächst das große Ganze im Kollektiv entwerfen und dann einzelne Aspekte von Einzelnen ausarbeiten. Für die Motivation der Studierenden ist dies meines Erachtens aber die falsche Reihenfolge, müssen diese doch nun bis zum manchmal bitteren Ende auf einer Grundlage arbeiten, mit der sie sich oft nur mäßig identifizieren können oder die sogar Ausdruck ihrer als ungerecht empfundenen mangelnden Durchsetzungskraft ist. Die falsche Reihenfolge ist sie zumal für Studierende der Innenarchitektur, da diese meist eher motiviert sind, das Glück im Winkel zu schaffen, als sich an großräumlichen Fieberträumen abzuarbeiten.

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Um dem Motivationsdilemma zu entgehen, lagen dem Seminar die folgenden fünf Strategeme zugrunde: Vom Einzelnen zum Gesamten Die Reihenfolge kollektiv/einzeln wurde umgekehrt: Zunächst entwarf jede*r einzelne Studierende drei Salons. Raumgestalt und innere Raumschale waren nach drei, vier Korrekturen definiert und für andere unantastbar. Damit war sichergestellt, dass jede*r Studierende etwas von sich wird eingebracht haben in den Gesamtentwurf. Erst nachdem die Salons Gestalt angenommen hatten, machten wir eine fünftägige Exkursion nach Berlin und befassten uns mit dem großen Ganzen. Das Gesamte in einzelnen Schritten Wie nun von den Einzelentwürfen hin zu einem sinnigen Gesamtentwurf gelangen? Nichts wäre didaktisch verheerender, als nun einen kleinen Wettbewerb zu veranstalten und dann alle Studierenden an der Darstellung des Siegerentwurfs schuften zu lassen. Stattdessen wurde der Weg zum Gesamten in einige Kurzaufgaben gegliedert, die solo oder in Kleingruppen zu lösen waren: Jeder einzelne Schritt wurde diskutiert, dann wurde für eine Lösung votiert, die nächste Aufgabe aus diesem Ergebnis heraus formuliert sowie die Bearbeitungszeit ausgehandelt … Auf diese Weise waren alle immer wieder mit im Rennen. Das motivierte, und tatsächlich gab es keine Studierenden, die zweimal diese kleinen Konkurrenzen hätten für sich entscheiden können. (Und tatsächlich musste ich von meinem Vetorecht – um das ich gebeten hatte, nicht so sehr, um mögliche Geschmacksverirrungen zu verhindern, sondern um Vorschläge, die sich für den Fortgang als zu komplex erwiesen hätten, zu verhindern – kein einziges Mal Gebrauch machen.) Neben der Motivation förderte die schrittweise Gliederung aber auch die Einsicht, dass Entwerfen bedeutet, an immer wieder neuen und anderen Weggabelungen zu stehen, Wege vor und zurück zu gehen und sich entscheiden zu müssen. Die Schritte waren in etwa: Entwurf der Raumgestalt der Halle (Podestlandschaft; Parcour) – Gestaltung der Erschließungswege (Ufersaum u. a.) – Gestaltung der Tragstruktur (Tribünen) – Bestimmung des Raumprogramms – Gestaltung der Decke (Lamellen, Raumtaschen, Oberlichter). 72

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Workshop und Input in der heißen Entwurfsphase Im Wesentlichen wurden diese genannten Einzelschritte Anfang Januar in einem einwöchigen Workshop unternommen. Im Lehralltag, also ohne die tägliche und ganztägige Arbeit am Entwurf, hätten sich Einsatzbereitschaft und Entscheidungsfreude nicht auf diese Weise entfachen lassen. Zusätzlich inspirierend in der Workshop-Woche war für alle, dass wir mit der Pariser Architektin Carole Chuffart einen Gastdozentin mit von der Partie hatten, die half, die Salons weiterzuentwickeln, die die neuen Schritte mit begleitete und in einem fulminanten Vortrag ihre Pariser Projekte zeigte. Nachdem der Entwurf stand, konnten wir für den Bau der beiden großen Modelle wieder zum Wochenrhythmus zurückkehren. Die Motivation aber hielt an: Als Lehrender hatte ich es noch nie erlebt, dass vor dem angesetzten Termin die Studierenden schon in einer autonomen Konferenz auf dem Whiteboard angeschrieben hatten, was noch zu tun ist … Aneignung des Gesamtentwurfs in Einzeldarstellungen Alle arbeiteten an den beiden großen Modellen mit, jede*r trug mit dem Bleistift seinen oder ihren Salon in den Grundriss ein. Um das Seminar abzurunden, war aber auch die individuelle Aneignung des Gesamtentwurfs nötig: Wir entschieden uns für einen Storyboard in A2-großen Kohle- und Bleistiftzeichnungen. Jede*r zeichnete in der eigenen Handschrift das von ihm oder ihr präferierte Motiv dieser Folge.

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Erarbeitung eines gemeinsamen Begriffsbestecks Unsere Raumfolge will aber nicht nur eine Architektur der guten Absichten, sondern auch gute Architektur sein. Nur gemeinsame Lektüren können zu einer für alle verständlichen Sprache und für alle nachvollziehbaren Beurteilungsmaßstäben verhelfen. Deswegen haben wir uns intensiv mit der Wirkung und Erfahrung von Räumen befasst und die Entwurfsentscheidungen immer wieder mit gemeinsamer Lektüre überprüft – in diesem Fall mit den 20 Parametern der Raumdramaturgie (Kleine, 2017). So kann ein Gebäude wie das unsrige nur „funktionieren“, wenn es zum Pendeln zwischen unterschiedlichen Atmosphären und Situationen verleitet. Dramentypologisch gehört es also dem Polaritätstypus an, was uns für Entscheidungen im größten wie im kleinsten Maßstab eine Richtschnur gab. Oder: Die Wirkung körpernaher Räume wie der kleinen Salons geht vor allem von der Behandlung und Gruppierung der sechs Raumoberflächen aus. Archetypen nennen wir diese Flächenverbünde; jede*r Studierende hatte den Charakter jeweils anderer Archetypen dem eigenen Entwurf zugrunde zu legen. Neben den Archetypen waren es die architektonischen Handlungen, mit denen wir Vielfalt innerhalb der Einheit erzeugt haben. Mit architektonischen Handlungen sind ganz alltägliche Handlungen gemeint wie Setzen, Stellen, Legen, Überwölben, Hineinstechen usw., die aber eben von architektonischen Gestaltungsmitteln vollzogen und sinnfällig gemacht werden. Das Explizit-Machen solcher jedem Entwerfen impliziten Akte hat zweierlei Effekt: Zum einen verhilft es dem Entwurf zu innerer Stimmigkeit, zum anderen zeigt es der von einer gerade erst gefassten Idee noch ganz gefangenen Fantasie auf, welche Möglichkeiten sich neu und frei auftun … Vor allem aber ließen sich mit der hier in fünf Punkten dargestellten Semesterstruktur Konsens, Identifikation und Motivation erstaunlich schnell erzielen. Letztendlich verlief der Entwurfsprozess also nicht unähnlich zu dem eines professionellen Wettbewerbsteams. Und wir praktizierten in ihm das, was die Zweckbestimmung des Gebäudes ist: die kultivierte, lustvolle und zielorientierte Debatte. Deswegen ist es ein kollaborativer Entwurf. 75

Im Wintersemester 2019/20 konnten wir die Arbeit im Rahmen der Berliner Salons wieder aufnehmen: Felix Jäger entwarf im Zuge seines Masterstudiums die Dachlandschaft, Johanna Rech zeichnete den Comic-Strip und Studierende der Sozialen Arbeit vom Fachbereich Sozialwesen besuchten unser Studio und ließen die Modelle und Zeichnungen auf sich wirken. Die Seminarleiterin Elvira Schulenberg beschreibt die Ziele des Seminars wie folgt: „Milieuübergreifende Kommunikation und ihre Orte“: Unter diesem Titel setzten sich Studierende der Sozialen Arbeit im Wintersemester 2020/2021 mit Aspekten von Raum als eine wesentliche Erfahrungsdimension gesellschaftlicher Verhältnisse auseinander. Diese galt es im Zuge der milieuübergreifenden Nutzung, wie sie in den Salons der Republik ermöglicht werden soll, zu analysieren und hinterfragen. Ausgewählte Salons wurden über Zeichnungen, Modelle und Fotografien vor dem Hintergrund der tiefenhermeneutischen Kultur-/Erlebnisanalyse (Alfred Lorenzer / Søren P. Nagbøl) bezüglich ihrer affektiven Wirkungen auf mögliche Nutzer*innen untersucht. Innerhalb der Analysen und Reflexionen entstanden verdichtete Episoden räumlichen Erlebens, welche die Vielfalt sozialer Differenzen im Erleben, Gestalten und Nutzen von Räumen illustrieren.

Auszüge aus den Erlebnisberichten: ... ich laufe rechts einer riesigen Treppe nach oben und bin zunächst etwas irritiert, da diese bis zur Decke reicht. Doch dann sehe ich eine junge Familie oben in einer Ecke sitzen und revidiere meine Meinung: Einerseits ist man mittendrin und kann alles überblicken, andererseits hat man seine Ruhe und kann der Masse aus dem Weg gehen … auf der Zwischenetage überall Säulen und Kinderlachen. Einige Kinder spielen Fangen. Eltern angelehnt an den Säulen beobachten amüsiert ihre Kleinen, fasziniert beim Versuch, aus den Säulenschatten ein Hüpf-Spiel zu machen … (D. Ritterweger)

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… womöglich liegt es an meiner Vergangenheit, dass ich die Wandelhalle als Großstadt wahrnehme und die Bereiche mit den vielen kleinen Salons als ein Dorf. Durch die Nähe der Salons entstehen enge und verwinkelte Gassen, und die Breite, Höhe und das Äußerliche wirken bunt zusammengewürfelt. Die Salons und die Enge fördern den Dialog. Die Hemmung, auf jemanden zuzugehen, sinkt innerhalb der Salons, wohingegen sie in der Anonymität der Wandelhalle steigt … (C. Reinhard) … die Vielfalt der einzelnen Salons bietet gleichzeitig Möglichkeiten für Austausch und Meinungsvielfalt, zum Rückzug, zur Kräftigung, aber auch zum spontanen Verlassen der Räume: Möglichkeiten, die nicht immer bestehen … (S. Zehelein) 77

Emma-Herwegh-Salon … obwohl ich mich noch auf Distanz befinde, erkenne ich aufgrund der offenen Struktur des Salons die Anzahl der Anwesenden und kann auch lautstärkere Diskussionen trotz des Abstands verfolgen. Die Petrolfarbe der ineinandergreifenden Rahmen sticht ins Auge; und auch die Form empfinde ich sehr ansprechend: wie mehrere, gefächerte Bilderrahmen. Es ist nicht direkt zu erkennen, welcher Seite die Personen angehören, da die Form des Salons keine deutlich erkennbare Trennung durch die Sitz- oder Stehposition zulässt. Es wirkt auf mich wie ein großer und abstrakter Sitzkreis um ein imaginäres Lagerfeuer, das sich im Zentrum des Salons befindet und durch die überschneidenden Rahmen gekennzeichnet wird. Ich nehme auf einer der Metallstreben Platz. Die Fläche ist kühl. Nun befinde ich mich selbst inmitten des Salons. Er wirkt noch abstrakter und futuristischer als aus der Ferne ... (C. Reinhard) … die einzelnen Stahlträger sind in verschiedenen Höhen positioniert. Die untersten eignen sich für Kinder zum Sitzen, die mittleren zum Beispiel für mich. Wegen der Rahmenstruktur kann man sich auch in den Ecken anlehnen. Ich bin sehr fasziniert von dem Gebilde, fühle mich allerdings überhaupt nicht wohl, da ich mich komplett beobachtet fühle. Ich habe nicht die geringste Rückzugsmöglichkeit. Verstärkt wird mein Unbehagen in diesem Raum noch durch die Kälte und die Unbequemlichkeit der Stahlträger. Länger als 10 Minuten kann ich hier nicht sitzen. Dieser Salon ist definitiv eher etwas für charakterstarke, selbstbewusste Menschen und nichts für unsichere wie mich … (D. Ritterweger)

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Fanny-von-Arnstein-Salon … der gering ausgeleuchtete Salon lässt mich nur zögerlich eintreten, da ich nicht genau weiß, was mich im Inneren des Salons erwarten wird. Ich betrete den Salon durch einen dreieckigen Eingang. Meine Augen müssen sich zuerst an den dunkleren Salon gewöhnen. Nur der Eingang und die Spalten in den Einbuchtungen erhellen den Salon. Die Lichtstreifen wandern über den Boden und die Wände. Meine Gedanken gleiten zu dem OrigamiblumenSalon und ich frage mich, ob auch dort das einfallende Licht über den Boden tanzt und Formen bildet … (C. Reinhard) … ich mag höhlenartige Räume, in denen ich eine Wand im Rücken haben kann. Der Boden ist ausgekleidet mit Teppich. Die Gesichter verschwinden in der Dunkelheit. Durch die Dunkelheit kann ich lediglich die Stimmen meiner Diskussionsteilnehmer*innen hören. Jegliche äußere Diskriminierungsformen entfallen. Das beruhigt mich und ich kann ganz offen sprechen. Ich fühle mich hier wohl, weil auch mich niemand erkennen kann … (D. Ritterweger) … der leichte Lichteinfall sorgt dafür, dass man nur Schemen wahrnehmen kann, doch er ist ausreichend, um zu sehen, welche Nische und Bank noch frei ist. Ich fühle mich durch die Anonymität des Raumes sicher. Die Nische vermittelt mir das Gefühl, umarmt zu werden … (J. Hübner)

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FRANKFURT AM MAIN

Copyright: Institut für Stadtgeschichte / Associated Press

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Keine parlamentarische Ver­ sammlung hat jemals größere Anstrengungen unternommen, etwas Vollkommenes ins Werk zu setzen. Und obwohl ihre Bemühungen letzten Endes scheiterten, kann kein anderes Gebäude in Deutschland be­ gründeteren Anspruch auf den Ehrentitel der „Wiege der deut­ schen Demokratie“ erheben. John F. Kennedy am 25. Juni 1963 in der Paulskirche

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Frankfurt am Main

MAKING-OF

Die Pandemie zwang uns im Wintersemester 2020/21 zu anderen didaktischen Lösungen. Im Online-Unterricht war an einen einzigen kollaborativen Entwurf nicht zu denken; anderseits schien es mir ein wirksames Antidot gegen die Vereinsamung zu sein, phasenweise in Online-Kleingruppen arbeiten zu lassen. Wenigstens etwas von dem Spirit des Berliner Seminars wollte ich hinüberretten. Die erste Phase bestand wieder im Entwerfen der einzelnen Salons; dann wurde in Online-Diskussionen das Raumprogramm bestimmt. Ausgerechnet die städtebauliche Situation aber ist in Frankfurt viel komplizierter. Sie ist eigentlich zu sensibel, um sich mit ihr im Rahmen eines Innenarchitekturstudiums zu befassen. Die Gefahr, dass die Studierenden den ersten städtebaulichen Schnellschuss ihrer Karriere mit steigendem Verdruss, weil steigender Erkenntnis, durch das Semester schleppen müssen, war groß. 82

Deswegen habe ich zwar zunächst von allen Teilnehmer*innen Baukörperstudien für den Paulsplatz erstellen lassen und diese dann auf ihre Typologie hin analysiert. Allen war es anschließend freigestellt, einen Baukörper, der nicht von ihr oder ihm stammte, nun aber als der plausibelste erschien, zur Grundlage des Gebäudeentwurfs zu machen. Diese Ideenenteignung beziehungsweise -übertragung wurde klaglos akzeptiert unter Hinweis darauf, dass wir alle eine einzige Forschungsgruppe bilden, die nun verschiedene Wege erprobt. Die Gruppengröße wurde den Studierenden freigestellt – es gab sowohl Einzelkämpfer*innen wie auch Gruppen von zwei bis sechs Teilnehmer*innen. Teils haben sich die Studierenden getroffen, teils nur online miteinander kommuniziert.

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DIE SALONS

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Der Entwurf von Salons als attraktiven, intensiven Räumen für Debatten und die Begegnung mit dem Anderen bildete auch im Frankfurter Projekt den Anfang. Rückblickend kann man feststellen, dass die hier entworfenen Salons sich als Variationen und Kombinationen von drei „brauchbaren“ Grundtypen verstehen lassen: dem Kreis, dem Vis-à-Vis und dem Auditorium. Die Varianten entstehen durch Verformungen (Vielecke statt Kreise), Fragmentierungen (Halbkreis), durch besondere Behandlungen der Randzone (raumhaltige Wände, Nischen, Erker …), durch besondere Erschließungszonen, Höhenstaffelungen und Galeriebildungen, durch Belichtungskniffe, Materialwechsel und Deckenausbildungen. Das Frei-im-Raum-Schwebende dieser Salongebilde vermittelt sich in Zeichnungen, die Wandabwicklung und Deckenspiegel, Schnitt und Grundriss spielerisch kombinieren.

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DIE RAUMBILDUNG

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Zur Geschichte des Paulsplatzes verweise ich auf Google Maps, wo es allen Ernstes heißt, die Paulskirche sei „eine Kirche mit politischer Vergangenheit.“¹ Schelm, wer Böses dabei denkt. Ernstgemeinter ist mein Verweis auf den Essay von Peter Cachola Schmal (S. 128). Hier nur so viel: Die besondere Schwierigkeit des Paulsplatzes besteht darin, dass er bereits vier Platzkanten hat, von denen aber zwei durch vielbefahrene Straßen nur schwach in den Raum wirken. So wendet die Kirche dem heutigen, durch Bombenkrieg und Verlegenheit entstandenen, seltsam leblosen Paulsplatz die konvexe, abweisende Breitseite zu, und ist dennoch die Protagonistin dieses Platzes und hat es aufgrund ihrer Historie auch zu sein. Es gilt also, einen Baukörper zu schaffen, der den Platz neu formt und ausrichtet, der mit der Kirche ein Ensemble bildet und nicht nur deren Annex ist. Ein bloßer Annex kann ein Salon an dieser Stelle nicht sein, der Salon der Republik muss ein zukunftsweisendes Bild von Demokratie vermitteln, das neben dem geschichtsträchtigen Bild, das die Paulskirche abgibt, bestehen kann. Dass diesem Erfordernis eine Rekonstruktion der Alten Börse nicht genügen kann, versteht sich von selbst. Die Neudefinition des Paulsplatzes ist sowohl räumlich wie semantisch eine der komplexesten Aufgaben, der sich Frankfurt – eine Stadt, die an stadtraumbildenden He­rausforderungen seit Jahrzehnten nicht gerade arm ist – heute stellen muss.

Auch im Rahmen eines Innenarchitekturstudiums sollte man sich durchaus mit städtischen Plätzen befassen – denn schließlich sind sie Innenräume. Sie sind nichts anderes als Zimmer, deren Decke der Himmel bildet! Und Plätze sind eine wunderbare Aufgabe, um Studierenden die guten Entwerfer*innen eigentümliche Balance von Mut und Demut zu vermitteln: Nicht das, was man zeichnet und baut, ist der Protagonist, sondern das, was übrigbleibt: der Raum! Nach Abzug selbstherrlicher Bauskulpturen und 102

Lageplan M1:500

Raumverdränger waren in den Seminaren sechs städtebauliche Lösungen entstanden, deren Untersuchung auf ihre innenräumliche Eignung hin erkenntnisstiftend zu werden schien: • Spiegelung beziehungsweise Variation der Ellipse • Korrespondenzbildung zur Ellipse mit einem anderen geometrischen Primärkörper • Kubus als ruhiges Gegengewicht zum Rotationskörper der Paulskirche mit ihren expressiven Ausstülpungen • Schichtung horizontaler Baumassen als Kontrast zu den aufrechten Wänden der Paulskirche und ihrer vertikalen Rhythmisierung • Schirm über einer Sammlung kleinerer Baukörper • Begehbare Bauskulptur mit Treppe, Podium und Aussicht Raumprogramm Am Paulsplatz gibt es weder ausreichend Platz für das „Ganztagsprogramm“, das wir für Berlin vorgeschlagen haben, noch ist dasselbe hier nötig, denn wir befinden uns inmitten der dichten Stadt. Mit der Paulskirche sind ein Plenumssaal und ein Dauerausstellungsraum bereits gegeben. Was benötigt wird, sind ein Auditorium mittlerer Größe für etwa 200 bis 300 Personen sowie diverse Debattiersalons für 15 bis 50 Personen, ferner ein sich zum Platz öffnender Cafébereich, zum Verweilen einladende Zwischenräume, Zonen für Wechselausstellungsräume und für die Kinderbetreuung sowie kleine, geschlossene Räume etwa für Beratungen, für das Erstellen und Senden von Podcasts und ähnliches mehr. ¹ Google Maps (2021): Paulsplatz. https://www.google.com/maps/place/Paulsplatz/@50.1090432,8.6 698209,14.24z/data=!4m5!3m4!1s0x47bd0ea60684d53d:0xd3e9a1eece16ee3!8m2!3d50.1114457! 4d8.6818298 (letzter Zugriff: 25.02.2021).

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DIE ERKUNDUNGEN

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Die Storyboards überprüfen, ob sich in der Eingangshalle und den Wegräumen Übersichtlichkeit versus Überdecken, Sammeln versus Verteilen, Reihung versus Sequenzierung und konkav-einladende versus linearvorwärtstreibende Raumbildungen ausbalancieren. Wegeführung, Blickführung und Lichtführung sollen die Raumerfahrung nicht vorschreiben, sondern Optionen für individuelle Aneignungen eröffnen. 108

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DIE RAUMKONFIGURATIONEN

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Die Konfiguration von Wegräumen – also der kommunikativen Galerien, Treppen und Ebenen – und Verweilräumen – der Salons, des Auditoriums, des Cafés – bedarf einer Leitidee:

… In dieser Studie schweben die Salons wie Wolken unter der Decke einer sehr hohen und beidseitig verglasten Halle. Der Boden ist am einen Ende der Halle abgetreppt, um ein Auditorium zu bilden.

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… In diesen drei Studien sind die Ebenen halbgeschossig versetzt, um über die zentralen Hallen hinweg Sichtbeziehungen zu mehreren Ebenen zu erlauben. Die Salons mit ihren sehr unterschiedlichen Atmosphären umlagern die Wegräume und können sich bei Bedarf zu diesen wie Guckkastenbühnen öffnen.

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… In dieser Studie bildet die Gebäudemasse eine konkav geformte, raumhaltige Rückwand hinter einer geschosshohen, elliptischen Bühne. 114

… In dieser Studie wird ein ruhig im Stadtraum liegender Kubus von sanft bewegten Wellen durchzogen, von denen man annehmen könnte, sie gingen von der Ellipse der Paulskirche aus. Die Erschließungswege folgen den schwingenden Konturen und umspielen die Salons. Der gesamte Innenraum wird zu einem Auditorium mit unscharfen Kanten, in dem die einzelnen Salons wie Zuhörer Platz nehmen.

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4. OG

3. OG

2. OG

1. OG

EG

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… die beiden folgenden Studien basieren auf derselben städtebaulichen Idee: Der bauchige Raum des Römerbergs fließt durch den engen „Flaschenhals“ hin zum Paulsplatz und faltet sich dort zu einer großen Stadttreppe auf. Die führt hinauf zu einem Podest, das einen Blick auf die Stadtlandschaft Frankfurts präsentiert. Der sich unter der Treppe bildende Raum wird jedoch ganz unterschiedlich interpretiert:

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… In dieser Studie wird der Innenraum beherrscht von einer gebäudehohen, von oben belichteten Stirnwand. Sie eint den Raum. Indem das Sonnenlicht auf ihr spielt, prägt sie die Atmosphäre des Raums im Wechsel der Tageszeiten. Ihr gegenüber, unter dem sich neigenden Dach senkt sich der Boden, um ein Auditorium zu ermöglichen. Die Salons reihen sich entlang der Längswand, wodurch sie diese zu einer begehbaren, raumhaltigen Wand aufdicken. Zwischen den Salons ergeben sich Nischen, die die Halle mit Seitenlicht versorgen und in die man sich zum Dialog zurückziehen kann. Die Salons werden von Galerien erschlossen. Trotz der zunächst so beherrschend auftretenden Stirnwand hat die Promenade architecturale sie nicht zum Ziel, sondern die Wegräume öffnen sich an mehreren Stellen zu Terrassen, Podesten und Freitreppen, die zurück zur Stadt führen. Wir haben es also mit einem variantenreichen Rundweg zu tun. Frankfurt am Main

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… Die Raumbildung in dieser Studie ist mit der des vorigen Entwurfs verwandt. Hier jedoch bilden die Salons weniger eine raumhaltige Wand als einen vielfach durchbrochenen, ausgehöhlten und dramatisch belichteten Block, der den Aufstieg zu den Salons und den Terrassen zu einer animierenden Erkundungstour macht. Beruhigt wird diese gebirgige Szenerie, die die Frankfurter*innen an die Schluchten des Museums für Moderne Kunst von Hans Hollein erinnern mag, durch die einheitliche Bekleidung der Außenseiten der Salons mit Holzlatten. Vor dem Block liegen das Auditorium und eine ebenerdige Halle mit Café und flexibel bespielbaren Flächen, die nur von einer Säulenreihe durchzogen werden.

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In städtebaulicher Hinsicht überzeugte mich als Seminarleiter die Idee der Treppenskulptur am meisten. Sie strahlt Präsenz aus, ohne zu dominieren, sie kommuniziert, ohne sich anzubiedern, sie lädt ein auf den ersten Blick, nicht erst nach dem Öffnen der Eingangstür, und sie bietet mit Treppe und Podium der Stadt etwas, was sie noch nicht besitzt: einen Raum für alle, der zugleich mitten drin und oben drüber ist. In diesem Raum vereinen sich Qualitäten der Piazza der Elbphilharmonie in Hamburg und der Treppen des Grande Arche de la Defense in Paris.

Die vier Perspektivstudien zeigen die stadträumlichen Qualitäten dieser Lösung:

… Der Blick von der Bethmannstraße im Westen zeigt, dass die Diagonale der Treppe als eine andere Form des Himmelszeigers mit dem Turm der Paulskirche korrespondiert … und er zeigt, wie Glaswand und Glaskanzel zum Erkunden auffordern … Frankfurt am Main

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… die Dreiviertelperspektive von Südwesten zeigt den Bau als eine Skulptur, die sich innen wie außen auf vielfältige Weise aneignen lässt ...

… der Blick von der Braubachstraße im Osten zeigt die Treppe als informellen Versammlungsort der Stadtgesellschaft … 124

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… der Blick vom Römerberg im Süden zeigt die Treppe als Fortsetzung und Tribüne für den bedeutendsten Platz Frankfurts. 126

Was die spanische Treppe für Rom ist, könnte die

REPUBLIKANISCHE TREPPE für Frankfurt werden.

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Peter Cachola Schmal

DAS GEPLANTE DEMOKRATIE­ ZENTRUM PAULSKIRCHE FRANKFURT „Als Resonanzraum kritischer Reflexion und gesellschaftlicher Debatten zieht sie einmal im Jahr internationale Aufmerksamkeit auf sich, wenn zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen wird: Die Frankfurter Paulskirche, in der sich am 18. Mai 1848 die Mitglieder des ersten gesamtdeutschen Parlaments über die Bildung eines deutschen Nationalstaats versammelten, ist heute als Ort demokratischer Debattenkultur präsenter im öffentlichen Bewusstsein denn als Ort der Demokratiegeschichte.“ Monika Grütters (24.11.2020)

Am 24. November 2020 liefert die Staatsministerin für Kultur, Monika Grütters, in einen Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Begründung für ihr Vorhaben, eine Bundesstiftung ins Leben zu rufen, die sich explizit mit den Orten der deutschen Demokratiegeschichte des 19. Jahrhunderts beschäftigen soll. Die Frankfurter Paulskirche ist der bedeutendste dieser Orte, noch vor Rastatt (Badische Revolution 1849) und dem Hambacher Schloss (Hambacher Fest 1832, die erste nationale Großdemonstration). Die einjährige Arbeit des Paulskirchenparlaments in Frankfurt am Main ab Mai 1848 wird als Geburt der deutschen parlamentarischen Demokratie betrachtet, die dort verabschiedete „Paulskirchen-Verfassung“ mit den „Grundrechten des Deutschen Volkes“ gilt als Vorstufe der Weimarer Verfassung und des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Trotz der Auflösung des Parlaments und der Niederschlagung der 1849er-Revolution wird das Paulskirchenparlament heute, im Gegensatz zu früheren Interpretationen, nicht mehr als verlorene Zeit oder Niederlage betrachtet im Sinne von: Wir Deutschen haben noch nie eine Revolution zu Ende geführt. Ganz im Gegenteil sehen wir heute gerade das gewaltfreie Ringen um Worte und Inhalte, um Resolutionen und Beschlüsse als vorbildhaft für 128

demokratische Auseinandersetzungen. Derzeit schlagen die Diskurse nicht nur im virtuellen Raum, in den sozialen Medien und in den digitalen Kommentarspalten schnell in Hetze, Verleumdung und Gewalt um, sondern anschließend auch im realen Raum.

Nationalversammlung 1848 in der Paulskirche, man beachte auch die Zuschauer auf dem oberen Balkon, Zeichnung, Ludwig von Elliott, 1848 | Copyright: Wikimedia Commons

Nun soll also anlässlich der Feierlichkeiten zum 175-jährigem Jubiläum des Paulskirchenparlaments am 18. Mai 2023 in und um die Paulskirche baulich etwas über die Sanierungen und technischen Instandsetzungen Hinausgehendes geschehen, die wegen des mangelhaften Brandschutzes, fehlender Klimaanlage und Verdunklung, unzureichender Tonanlagen, Medien- und Beleuchtungssysteme sowie nicht

variabler Bestuhlung notwendig sind. Zum eigentlichen Jubiläum wird dies nicht mehr gelingen können, aber die Zeit bis dahin soll für den Entwurf eines Konzepts für ein Demokratiezentrum und für den anschließenden Architekturwettbewerb zu seiner Realisierung genutzt werden. Viele grundsätzliche Fragen zum Thema Demokratiezentrum müssen bis 2023 beantwortet werden Was ist ein Demokratiezentrum überhaupt? Ist es mehr als nur eine Reihung von seminar­ artigen Räumen, in denen Veranstaltungen verschiedener Größe und Art durchgeführt werden können (entsprechend den Salons im thematisierten Entwurf dieser Publikation)? Was macht das Spezifische der Aufgabe aus und wie würde sich dies ausdrücken? Wie könnten die gewünschten Funktionen (für Veranstaltungen, für Treffen plus notwendiger Nebenräume plus Organisation und Mitarbeiter*innen) baulich dargestellt werden? Was wäre der Platzbedarf für das zu entwickelnde Raumprogramm, und wo kann dieser Bedarf untergebracht werden? In unmittelbarer Nähe zur Paulskirche – die wäre unabdingbar – gibt es eigentlich nur zwei realistische Möglichkeiten: erstens innerhalb des Nachbarbaus am Paulspatz im Rathausanbau-Nord, in der in absehbarer Zeit tatsächlich größere Flächen durch Auszug der Kämmerei frei werden, und zweitens als neue Nachbarbebauung auf der Freifläche des Paulsplatzes an Stelle des Platanenhains, der in den späten 1980er-Jahren als Provisorium für eine spätere Raumschließung gepflanzt wurde, nachdem ein städtebaulicher Wettbewerb nicht zufriedenstellend entschieden werden konnte. Vor dem Krieg stand an dieser Stelle ein Meisterwerk des Klassizismus, die Alte Börse, 1843 von Friedrich August Stüler gebaut (Archi-

Paulsplatz 2016, mit Platanenhain im Osten (auf der Parzelle der Alten Börse) und Anbau-Nord des Rathauses im Westen | Copyright: Department Studios, Frankfurt am Main

tekt u.a. des Neuen Museums in Berlin). Der historische Paulsplatz bestand vor dem Krieg nur aus der relativ kleinen Fläche vor der Paulskirche, räumlich gefasst durch die Alte Börse rechts und links durch den Rathausanbau. Die gotische Altstadt war eng und verwinkelt, daher wirkten der Paulsplatz und der Römer vergleichsweise groß, dies ist am sogenannten Treuner-Modell von 1961 im Historischen Museum Frankfurt hervorragend zu erkennen. ¹

Das Treuner-Modell im Historischen Museum Frankfurt zeigt die Enge der Altstadt und die frühere Größe des Paulsplatzes vor der Paulskirche zu Anfang der 1940er-Jahre und seine Raumfassung durch die Alte Börse von Friedrich August Stüler auf der linken Seite | Copyright: Historisches Museum / Horst Ziegenfusz

Peter Cachola Schmal  129

Wo gibt es Vorbilder für solche Demokratiezentren und was lässt sich aus ihnen lernen? Die bereits erwähnten Orte Freiheitsmuseum Rastatt und das Hambacher Schloss haben ihre Erinnerungsorte neu gestaltet. Das Architekturbüro Albert Speer und Partner (AS+P) hat im Auftrag des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD) diese Orte in Bezug auf Funktionen, Einrichtungen, Raumprogramm und Raumgrößen untersucht und zusätzlich den Bundestag in Berlin, das EU-Parlament in Brüssel und die Independence Hall in Philadelphia ausgewertet (Alexander 23.08.2019). Sie identifizierten vier Funktionsebenen, die in einem „Demokratieort Paulskirche“ abgebildet werden sollten: erstens das Symbol Paulskirche als repräsentativer Veranstaltungsort und Landmarke, die es zu pflegen gilt. Zweitens die Nutzung als Event Location, mit niedrigschwelligem Zugang für Feiern der Stadtgesellschaft, weshalb eine Gastronomie und zusätzliche Räume notwendig würden. Drittens als Forum für eine Demokratiepädagogik, zum Kommunizieren und Interagieren, das permanent geöffnet sein sollte und in etwa dem Raumprogramm des Entwurfs Salon der Republik entspräche. Viertens als Museum, um die Geschichte des Paulskirchenparlaments lebendig zu halten, dessen Werte zu vermitteln und Alt und Neu zu verbinden. Auch dafür wären zusätzliche Räume notwendig. Stadträumlich weitergehende Untersuchungen machte dagegen das Architekturbüro Meixner Schlüter Wendt, im Auftrag des Baudezernenten Jan Schneider (CDU), der für die Durchführung der städtischen Bauaufgaben mit seinem Amt für Bau und Immobilien (ABI) verantwortlich zeichnet, also auch für die anfälligen Sanierungsarbeiten an der Paulskirche (Leclerc 22.01.2020). Die Architekt*innen analysierten die Vor- und Nachteile von vier möglichen Standorten: das Rathaus auf der Nordseite im Erdgeschoss oder als zusätzliches Dachge130

schoss mit Weitblick, den derzeitigen Parkplatz an der Berliner Straße und den Paulsplatz. Dem Umbau des Rathauses bescheinigten sie eine zu geringe Außenwirkung, keine Eigenständigkeit und nur eingeschränkte Präsenz. Als einziges positives Argument werteten sie den Erhalt der Bäume auf dem Paulsplatz. Der Parkplatz Berliner Straße biete zu wenig Fläche und eine minderwertige Lage, für ihn spräche am wenigsten. Den Paulsplatz schließlich empfehlen sie für fast alle Kriterien, da er eine gute Außenwirkung und eine angemessene Geste ermögliche, einen guten Ort für einen städtebaulichen Solitär darstelle und perfekt erreichbar sei. Das einzige Manko sei der Verlust des öffentlichen Raums und, heute besonders wichtig, der Verlust des über 30 Ja­hre alten Platanenhains. Oberbürgermeister Peter Feldmann hatte bereits im Vorfeld der Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums Paulskirche. Ein Denkmal unter Druck im November 2019 betont, dass er persönlich kein großes Interesse daran habe, sich mit an Bäumen geketteten Baumschützer*innen auseinanderzusetzen, und daher den Paulsplatz als politisch nicht besonders sinnvollen Standort bewerte. Dieser politische Unwille, ein wichtiges Bauvorhaben für so prioritär zu halten, dass man auch größere Auseinandersetzungen mit Baumschützer*innen nicht scheut, um Bauvorhaben durchzusetzen, könnte am Ende das gesamte Projekt gefährden; oder zumindest den Zeitpunkt für die notwendigen Entscheidungen so lange verzögern, bis man keine politische Verantwortung mehr trägt und dem/der Nachfolger*in die konfliktreiche Realisierung überlässt. Feldmann ist bis März 2024 als Oberbürgermeister gewählt. Meixner Schlüter Wendt schlugen für alle Standorte jeweils mehrere Varianten vor, die von ihnen bevorzugte Paulsplatz-Bebauung wurde auf der Pressekonferenz im Januar 2020 von der Presse jedoch deutlich hervorgehoben und mit fotorealistischen Renderings dem Publikum vermittelt. Sie stellt sich als eine aufgeständer-

te zweigeschossige Halle auf dem Paulsplatz dar, die von vielen schlanken Stützen gehalten wird und so die Permeabilität des bisherigen Baumhaines übernimmt und auch die Weiternutzung der Platzfläche unter dem in der Höhe schwebenden Schattendach ermöglicht – ein typischer Sowohl-als-auch-Kompromiss einer neuen Großbebauung einerseits und fortgesetzter Platznutzung andererseits. Die Rezeption beim Publikum fiel allerdings vernichtend aus, die fotorealistischen Renderings waren nicht hilfreich, stattdessen wurden die noch sehr unverbindlichen Volumenstudien für bare Münze genommen und mit lauten Protesten verworfen. Im Anschluss an die Veröffentlichung ihres Entwurfs gründete sich sogar eine neue Bürgerinitiative mit dem Ziel, die Alte Börse von Stüler wiederaufzubauen (Costadura 06.11.2019).

Die BILD-Zeitung informiert über konzeptionelle Ideen für ein Demokratiezentrum auf dem Paulsplatz, die aufgrund der Präzision des Renderings für wörtliche Pläne gehalten und abgelehnt werden | Copyright: Screenshot BILD.de / Architektur: Meixner Schlüter Wendt

Wie geht man mit der Paulskirche als dem authentischen Ort des Parlaments um? ² Das Parlament hatte 1848 in dem größten vor Ort existierenden Kirchenraum getagt, dessen Volumen behelfsmäßig mit einer abgehängten Decke verkleinert wurde, um die Akustik (lange Nachhallzeiten) und die Raumtemperatur (keine

Historische Paulskirche mit Steildach 1925, rechts die Alte Börse von Stüler | Copyright: Gottfried Vömel / Institut für Stadtgeschichte

Heizung) zu verbessern. Nach der einjährigen Parlamentszeit diente der Kirchenraum wieder der evangelischen Gemeinde zu seinem ursprünglichen Zweck. Die Paulskirche brannte nach Bombenangriffen 1944 komplett aus (Hils-Brockhoff/Hock 2004). Nach dem Krieg schuf der Kölner Kirchenbauarchitekt Rudolf Schwarz im ausgebrannten Rund der Hülle eine neue starke monumentale Setzung. Die heutige Saalebene wurde auf eine höhere Ebene gestellt. Der Weg vom Tor dorthin führte durch das Dunkel der relativ niedrigen Verteilerhalle über zwei Freitreppen ins Lichte und Helle des darüber liegenden Saals – eine Analogie zur jungen Demokratie in Deutschland, die erst das Dunkel der Nazizeit und des von Deutschland verursachten Zweiten Weltkrieges durchschreiten musste. Diese von Demut geprägte Haltung wird von konservativen Kräften heute nicht mehr als zeitgemäß betrachtet, man müsse diese Selbstkasteiung der frühen Nachkriegsjahre hinter sich lassen und mit mehr Selbstbewusstsein seine demokratischen Errungenschaften feiern. Es fehle Glamour in der Paulskirche, so auch die Haltung von Monika Grütters und des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, die das Peter Cachola Schmal  131

Planungsgemeinschaft Paulskirche, Entwurf des Treppenaufgangs zum Saal / Entwurf des Saals, ca. 1946, Kohlezeichnung | Copyright: Deutsches Architekturmuseum

Paulskirche steht inzwischen selbst unter Denkmalschutz und die Frankfurter Stadtverordneten hatten im Winter 2019 beschlossen, diesen Zustand nicht mehr zu ändern oder gar zu entfernen, und lehnten damit entgegengesetzte Bestrebungen nach einer Rekonstruktion des früheren Kircheninnenraums grundsätzlich ab (Euler 07.11.2019). Diesem Entschluss ging kurz vorher die Eröffnung der Ausstellung Paulskirche. Denkmal unter Druck des Deutschen Architekturmuseums voraus (Baus 11.09.2019).

Vorhaben „Orte der Demokratie im 19.  Jahr­ hundert“ gemeinsam seit Jahren verfolgen. Im Auftrag des Bundespräsidenten strukturiert Grütters die Arbeitsgruppe Demokratiezentrum Paulskirche, bei der das Land Hessen, die Stadt Frankfurt und nationale Expert*innen aus den Bereichen Geschichte und Soziologie gemeinsam eine Lösung der vorgenannten Fragen anstreben sollen. Derzeit werden die Mitglieder dieses Expertenstabes ausgewählt und die Entscheidungsebenen definiert. Der Bund hat die Mitfinanzierung des Demokratiezentrums beschlossen und ist daher auch an allen Entscheidungen beteiligt, teilweise zum Leidwesen einiger Frankfurter Stadtverordneten, die sich weiterhin in der Tradition der freien Reichsstadt sehen. Das Gesamtkunstwerk der Schwarz’schen

Durch den Erfolg des Wiederaufbaus der „Neuen Altstadt“³, offiziell Dom-Römer-Areal genannt, sind zahlreiche Initiativen entstanden, die weitere Rekonstruktionen in der Innenstadt fordern. Die erfolgreichste ist derzeit diejenige, welche die Rekonstruktion des Schauspielhauses von 1902 von Heinrich Seeling herbeiführen will.⁴ Reste des Bauwerks wurden innerhalb der Oper als Teil der Doppelbühnen am Willy-Brandt-Platz überbaut, die in den nächsten Jahren nach dem Willen der Stadtverordneten einem technisch notwendigen Neubau weichen soll. Hier sehen die Initiator*innen für sich die historische Chance gekommen, ihren Traum zu realisieren. Sie initiierten ein Bürgerbegehren, sammelten innerhalb von acht Wochen mehr als die erforderlichen 3 Prozent der Stimmen der

Vergleich der Paulskirche zur Zeit des Paulskirchen-Parlaments 1848 mit der abgehängten Decke unterhalb der zweiten Fensterreihe und der heutige Zustand mit der neuen höheren Ebene und dem neuen Kellergeschoss | Copyright: Deutsches Architekturmuseum / Grafik: Feigenbaumpunkt

Plakat der Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum (DAM), die mithalf, die Paulskirche unter Schutz zu stellen und damit eine Rekonstruktion mit Abriss der heutigen Gestaltung zu verhindern | Copyright: Deutsches Architekturmuseum / Moritz Bernoully

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Wahlbevölkerung (15.000 gültige Stimmen) und können auf die Zulassung eines Bürgerentscheids in den nächsten Monaten hoffen. Sie reklamieren für sich diese grundgesetzlich mögliche Ausnahme eines Verfahrens direkter Demokratie und diffamieren im Gegenzug alle Gegner*innen als undemokratisch. Diese konservativen Bewegungen sind hochinteressante Entwicklungen im Zusammenhang mit der Entwicklung unserer parlamentarischen Demokratie, weil sie für sich reklamieren, eine schweigende Mehrheit zu repräsentieren, die vom eher linksliberalen Mainstream ignoriert werde. Neben aktiven älteren Mitstreiter*innen ziehen sie auch besonders viele junge Menschen an, das mittelalte Bevölkerungssegment zwischen 40 und 60 Jahren fehlt dagegen fast vollkommen. Weitere Initiativen fordern die Rekonstruktion des Rothschild-Palais im Grüneburgpark (Architekt Michael Landes als Mitinitiator)⁵ oder die Wiederrichtung des Turms Langer Franz auf dem Römer (Architekt Christoph Mäckler als Mitinitiator). ⁶ Doch was hat es mit der geplanten Bundesstiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ auf sich, und wie verhält sich diese zum Demokratiezentrum Paulskirche? Eine Bundesstiftung wird 100-prozentig vom Bund organisiert und unterhalten. Es gibt etwa knapp ein Dutzend solcher Stiftungen, die meisten sind in Berlin ansässig. Vergleichbar wäre eine Bundestiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ sowohl inhaltlich und ihrer potenziellen Größe nach mit der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“. In ihrem Tätigkeitsbericht 2019 berichtet sie von den Aktivitäten in den bisher 20 Jahren ihres Bestehens (2019): Sie hat 3400 Ausstellungen gefördert, 1000 Veranstaltungen realisiert, 650 Bücher finanziert, 150 Förderanträge jährlich unterstützt, 120 Dissertationsstipendien ermöglicht und ein Archiv von 1 Millionen Fotografien und 45.000 Publikationen aufgebaut.

Die Stiftung kann 25 Vollstellen für Mitarbeiter*innen aufweisen und bestreitet einen jährlichen Etat von 7,5 Millionen Euro. Eine ähnliche Stärke könnte auch in Frankfurt schrittweise aufgebaut werden. Die neue Bundesstiftung würde die Arbeit der vorgenannten Institutionen der „Orte der Deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts“, wie des Hambacher Schlosses, koordinieren und begleiten. Darunter wäre auch die Arbeit des künftigen Demokratiezentrums Paulskirche, das nur von der Stadt Frankfurt bestimmt und vermutlich vom Land Hessen und vom Bund mitfinanziert werden würde. Das Demokratiezentrum muss unmittelbar neben der Paulskirche implementiert werden, die Bundesstiftung könnte dagegen an anderer Stelle im Stadtgebiet unterkommen. Die Gründung solch einer einflussreichen Einrichtung kann für die Stadt Frankfurt gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bisher sind nur drei Bundeseinrichtungen in der Stadt angesiedelt, das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) sowie die etwas besser bekannte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und die Deutsche Nationalbibliothek. Die Verkündung der Neugründung der Bundesstiftung wurde in der lokalen Presse aber nur am Rande erwähnt, manche Stadtverordneten mokierten, sie seien in die Entscheidung nicht eingebunden gewesen. Es ist der Stadt Frankfurt zu wünschen, dass nicht nur die Errichtung der Bundesstiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“, sondern auch die Errichtung des Demokratiezentrums trotz aller parteipolitischen und anderen Widrigkeiten Wirklichkeit werden – und somit schlagkräftige Instrumente zur Verteidigung der Demokratie, besonders gegen ihre Feind*innen im Innern künftig zur Verfügung stehen werden. Am 10. März 2021 hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf zur Errichtung der Bundesstiftung mit Sitz in Frankfurt beschlossen.⁷ Peter Cachola Schmal  133

Michael May

REPRÄSENTATION DES RAUMS UND RÄUME DER REPRÄSENTATION Um sich dem zu nähern, was im Titel der Entwürfe zu den Salons der Republik an Bedeutungsgehalt mitschwingt, ist zunächst einmal darauf zu verweisen, dass sich Republik vom Lateinischen res publica herleitet. In seinem sprachkritisch angelegtem Wörterbuch der Philosophie verweist Fritz Mauthner (1923: 51) darauf, dass dieser Begriff von Cicero in der Mehrzahl als „gemeinsprachlicher Ausdruck wie unser[e] öffentliche Angelegenheiten“ (ebd.) verwendet wurde. In der Einzahl hingegen wurde er bei ihm „zum prägnanten Terminus für das gemeine Wesen, das Gemeinwesen oder den Staat“ (ebd.). Dabei hat Cicero den späteren Bedeutungswandel des Wortes schon vorweggenommen. Denn „nur wo das Volk Anteil an der Regierung“ (ebd.) nimmt – was auch durch die architektonischen Entwürfe und das Konzept der Salons der Republik befördert werden soll (!) – ist für Cicero „die res publica eine wirkliche res populi“ (ebd.). Mauthner hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass publicus von populus abzuleiten sei. Demgegenüber waren in der lateinischen Sprache des Mittelalters die Stadtgebiete Italiens Republiken, ohne Rücksicht auf ihre Regierungsform.

Als Wiege der demokratischen Regierungsform, die in der Idee der Salons der Republik durch eine architektonische Anregung „deliberativer“ – das heißt diskursiv erwägender und beratschlagender – Formen der „Meinungs- und Willensbildung“ (Habermas 1992: 369) kritisch flankierend gestützt werden soll, gelten demgegenüber die ausgebildeten Stadtstaaten des antiken Griechenlandes, in denen die Sphäre der polis den freien Bürgern gemeinsam war. Ausgeschlossen davon waren aber nicht nur Sklaven, sondern auch Frauen. Selbst der Herr des Hauses konnte nicht in dieser seiner Funktion als oikonomos frei sein, wie Hannah Arendt im Anschluss an Aristoteles (1956) betont, sondern nur deshalb, „weil es ihm freistand, sein Haus zu verlassen und sich in den politischen Raum zu begeben, wo er unter seinesgleichen war“ (Arendt 2010: 34). Im Unterschied zu der auf Ungleichheit beruhenden Hausordnung des oikos bildete für Arendt diese Gleichheit innerhalb der polis das eigentliche Wesen der Freiheit: „Freisein hieß, […] sich in einem Raum 134

zu bewegen, in dem es weder Herrschen noch Beherrschtwerden gab“ (ebd.). Angestrebt wird dies in den Salons der Republik für alle ihre verschiedenen räumlichen Arrangements. Zwar teilt ähnlich wie Arendt auch Jürgen Habermas (1993: 57) die Trennung von oikos und polis im Denken der alten Griechen. Demnach bliebe im Schatten der Privatsphäre des oikos „das Reich der Notwendigkeit und der Vergänglichkeit […] schamhaft verborgen“ (ebd.), während im Licht der Öffentlichkeit der polis, im Gespräch der Bürger miteinander „erst das, was ist, zur Erscheinung“ (ebd.) gebracht werde und damit Gestalt gewinne. Zwar gesteht Oskar Negt (2002: 312ff.) zu, dass Aristoteles in seiner „Politik“ einen durchaus in diese Richtung gehenden Akzent gesetzt habe. Er betont jedoch, dass es diese Trennung zwischen oikos und polis „so strikt in der Antike nicht gegeben“ (ebd.: 312) habe, sondern diese „nachträglich“ (ebd.: 313) vorgenommen worden sei. So habe sie Aristoteles, wie vorher

schon Xenophon, als Probleme erörtert und nicht als anzustrebendes Ideal. Jenseits dieser Kontroverse bezüglich der alten Griechen (May 2017: 18ff.), beanspruchen die Salons der Republik in jedem Fall, diese Trennung von oikos und polis durch entsprechende architektonische Anreize zu überwinden. Wie wohl die Bürger in der Sphäre der polis als „ein Reich der Freiheit und der Stetigkeit […] als Gleiche mit Gleichen (homoioi)“ (Habermas 1993: 27) verkehrten, betont Habermas dagegen ihr gleichzeitiges Bemühen „hervorzustechen (aristoiein)“ (ebd.). Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die von Aristoteles kodifizierten Tugenden sich einzig in der Öffentlichkeit zu bewähren vermochten, um dort ihre Anerkennung zu finden. Demgegenüber setzt die Idee der Salons der Republik darauf, dass sich über die vermittels verschiedener Örtlichkeiten angeregte Erwägungskultur in den vielfältigen Gesprächen und Diskursen bei den Nutzenden die Fähigkeit herausbildet, die Perspektive von anderen in die eigene Meinungs-, Urteils- und Willensbildung einzubeziehen (Kohlberg 1987). Wenn Habermas weiter herausarbeitet, dass obwohl das „öffentliche Leben, bios politikos, […] sich auf dem Marktplatz, der agora,“ (1993: 56) abspielte, dieses nicht etwa lokal gebunden gewesen sei, da sich diese „Öffenlichkeit im Gespräch (Jexis) […] ebenso wie im gemeinsamen Tun (praxis)“ (ebd.) konstituierte, dann verbindet sich mit der Idee der Salons der Republik auch die Intention einer weit über die Örtlichkeit hinausgehenden Ausstrahlung – nicht allein, aber auch durch digitale Vernetzung (siehe Lecointe in diesem Band). Nun sieht Habermas gewisse Parallelen zwischen den aus der altgermanischen Rechtstradition stammenden Unterscheidungen von „‚gemeinlich‘ und ‚sunderlich‘, ‚common‘ und

‚particular‘ […] zum klassischen ‚publicus‘ und ‚privatus‘“ (1993: 59) des römischen Rechts. So ist die „Allmende […] publica; der Brunnen, der Marktplatz sind für den gemeinsamen Gebrauch öffentlich zugänglich, loci communes, loci publici“ (ebd.). Entsprechend sind die Salons der Republik nicht nur als solch öffentliche Orte angelegt, sondern bieten auch diverse Gelegenheiten und Anreize der Interaktion, Kooperation und Vergemeinschaftung über vielfältige Formen von praxis. Und wenn Habermas von diesem Gemeinen eine sprachgeschichtliche Linie „zum gemeinen oder öffentlichen Wohl (common wealth, public wealth)“ (ebd.) führen sieht, dann suchen die Salons der Republik auch dies zu befördern. Habermas zeigt, wie diesem Gemeinen das Besondere gegenübersteht als „das Abgesonderte in einer Bedeutung des Privaten, die wir noch heute bei der Gleichsetzung von Sonderinteressen mit Privatinteressen nachvollziehen“ (ebd.). Seiner Rekonstruktion zufolge hat jedoch gerade diese Unterscheidung zu Zeiten des Feudalismus eigentümliche Verschiebungen erfahren insofern das Sundere im Rahmen der feudalen Verfassung auch auf denjenigen bezogen wurde, „der mit besonderen Rechten ausgestattet war, mit Immunitäten und Privilegien“ (ebd.) – ja, „das Sundere, die Freiung“ (ebd.) den Kern der Grundherrschaft und damit zugleich eines ganz anderen Öffentlichen bezeichnete. Habermas nennt dies eine „repräsentative Öffentlichkeit“, in welcher „der Fürst und seine Landstände das Land ‚sind‘, statt es bloß zu vertreten“ (ebd.: 61). Geknüpft an Attribute der Person – „an Insignien (Abzeichen, Waffen), Habitus (Kleidung, Haartracht), Gestus (Grußform, Gebärde) und Rhetorik (Form der Anrede, förmliche Rede überhaupt)“ (ebd.: 61f.) – repräsentieren sie an entsprechenden herausgehobenen Orten in spezifischen Ritualen „ihre Herrschaft, statt für das Volk, ‚vor‘ dem Volk“ (ebd.). Selbst der Palast der Republik der DDR konnte sich Michael May  135

entgegen der Intention der Erbauer zumindest im Bewusstsein jener gegenüber der Regierung eher skeptischen Teile der Bevölkerung nicht gänzlich von diesem Charakter einer repräsentativen Öffentlichkeit befreien. Demgegenüber beanspruchen die mit ihrem Namen ironisch auf jenen Palast anspielenden Salons der Republik, repräsentative Orte in einem ganz anderen Sinne zu sein, worauf am Ende noch einmal detaillierter zurückzukommen sein wird. Schon den Hof des Monarchen interpretiert Habermas als auf ein Reservat „zusammengeschrumpfte und zugleich verschärfte Gestalt der repräsentativen Öffentlichkeit […] inmitten einer vom Staat sich trennenden Gesellschaft“ (1993: 66). Diese Reduktion repräsentativer Öffentlichkeit habe dann einer mit dem Namen der Öffentlichkeit im modernen Sinne verknüpften anderen Sphäre Raum gegeben: der sich „in einer ständigen Verwaltung und dem stehenden Heer“ (ebd.: 74) objektivierenden Sphäre öffentlicher Staatsgewalt. Damit erfährt das Attribut öffentlich eine Bedeutungsverlagerung weg vom repräsentativen Hof einer mit Autorität ausgestatteten Person, hin zu einem „nach Kompetenzen geregelten Betrieb eines mit dem Monopol legitimer Gewaltanwendung ausgestatteten Apparats“ (ebd.: 75). Am deutlichsten erfahrbar im Zusammenhang mit der Verwandlung von Grundherrschaft in Polizei hat sich diese öffentliche Gewalt – wie Habermas zeigt – zu einem greifbaren Gegenüber für diejenigen entwickelt, die als ihr bloß Unterworfene, weil sie kein Amt innehaben, als Privatleute von der Teilnahme an der öffentlichen Gewalt ausgeschlossen sind und deshalb an ihr zunächst nur negativ ihre Bestimmung finden. Zu letzteren Tendenzen, die sich bis heute in Gestalt expertokratischer und gegenwärtig geradezu eine Renaissance erfahrenden, autokratischen Regierungsformen fortsetzen, wollen die Salons der Republik einen deliberativen Gegenakzent setzen. 136

Max Weber hat herausgearbeitet, dass dieser „bureaukratische Staatsapparat“ (1988: 545) entgegen der Implikationen des Attributs öffentlich und, „so sehr der Anschein für das Gegenteil besteht, in wichtigen Punkten weniger zugänglich [ist] als die patriarchalen Ordnungen der Vergangenheit, welche auf persönlichen Pietätspflichten und konkreter persönlicher Würdigung des Einzelfalles gerade ‚unter Ansehung der Person‘ beruhten“ (ebd.: 546). Denn wie „der ihm eingegliederte rationale homo politicus, ebenso wie der homo oeconomicus“ (ebd.: 545), verrichte dieser „seine Geschäfte einschließlich der Bestrafung des Unrechtes gerade dann, wenn er sie im idealsten Sinne der rationalen Regeln staatlicher Gewaltordnung erledigt“ (ebd.: 545f.): „[s]achlich, ‚ohne Ansehen der Person‘, ‚sine ira et studio‘, ohne Haß und daher ohne Liebe“ (ebd.: 545). Habermas hat darüber hinaus gezeigt, wie mit dem bürokratischen Vollzug sogar von sozialstaatlichen Verbürgungen zugleich Eingriffe in das verbunden sind, was er „Lebenswelt“ nennt (1981: 531). Mit Webers Begriffen eines homo politicus und homo oeconomicus deutet sich schon an, dass zusammen mit dem Apparat des modernen Staates eine neue Gesellschaftsformation entstand: die bürgerliche Gesellschaft, „die sich zur gleichen Zeit als Bereich des Warenverkehrs und der gesellschaftlichen Arbeit nach eigenen Gesetzen“ (Habermas 1993: 56) unter der Herrschaft der politischen Ökonomie (May 2017: 25ff.) etablierte. In diesem Zusammenhang bildete sich in der Aneignung der „obrigkeitlich reglementierten Öffentlichkeit vom Publikum der räsonierenden Privatleute“ (Habermas 1993: 98) eine neue Form von Öffentlichkeit heraus – auch als eine „Sphäre der Kritik an der öffentlichen Gewalt“ (ebd.). Dass sich „erste etymologische Hinweise auf Öffentlichkeit“ (ebd.: 55) im deutschen Sprachraum erst zum Ende des 18. Jahrhunderts finden, wertet Habermas als Indiz, dass „sich diese Sphäre, jedenfalls

in Deutschland, erst damals gebildet und ihre Funktion übernommen hat“ (ebd.). Als „bürgerliche Öffentlichkeit“ in ihrer „fiktiven Identität der zum Publikum versammelten Privatleute in ihren beiden Rollen als Eigentümer und als Menschen schlechthin“ (ebd.: 121) gehört sie spezifisch zu dieser Gesellschaftsformation. Ihren spezifischen Ort hatte diese bürgerliche Öffentlichkeit in jenen Salons, die unter anderem auch Inspiration der mit diesem Katalog gerahmten Entwürfe der Salons der Republik waren. Sie stell(t)en einen Raum dar an der Schwelle zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit, über den dann auch eine Kanalisierung des Flusses von Themen aus der einen Sphäre in die andere erfolgen kann. Indem in ihrem Rahmen gesellschaftliche Themen vor einem lebensgeschichtlichen Horizont interpretiert werden, der mit anderen verwoben ist – und zwar, wie Habermas betont, in einer Weise, dass die „räumliche Struktur einfacher und episodischer Begegnungen“ (1992: 437) durchaus „erweitert und abstrahiert, aber nicht zerstört“ (ebd.: 442) wird –, können sie deren Resonanz in den privaten Lebensbereichen „aufnehmen, kondensieren und lautverstärkend auf die politische Öffentlichkeit weiterleiten“ (ebd.: 443). Die Salons der Republik wären demnach jener – wie Habermas sie nennt – „impulsgebenden Peripherie“ zuzurechnen, welche „über den Haushalt normativer Gründe ohne Eroberungsabsicht auf alle Teile des politischen Systems“ (ebd.: 553) einwirkt und so auch als „ein Warnsystem mit unspezialisierten, aber gesellschaftsweit empfindlichen Sensoren (ebd.: 435) für Probleme fungiert, „die vom politischen System bearbeitet werden müssen, weil sie andernorts nicht gelöst werden“ (ebd.). Habermas favorisiert in seinen demokratietheoretischen Überlegungen so ein Zusammenspiel der demokratisch verfassten Körperschaften politischer Willensbildung „mit den

spontanen, nicht-vermachteten Kommunikationsströmen einer nicht auf Beschluβfassung, sondern auf Entdeckung und Problemlösung programmierten, in diesem Sinne nicht-organisierten Öffentlichkeit“ (1993: 43). Zur Geltung bringt sich Letztere als „kommunikativ verflüssigte Souveränität“ (ebd.: 44) in jenen auf die Beeinflussung administrativer Macht zielenden öffentlichen Diskursen, welche in skizzierter Weise „Themen von gesamtgesellschaftlicher Relevanz entdecken, Werte interpretieren, Beiträge zu Problemlösungen leisten, gute Gründe produzieren und schlechte entwerten“ (ebd.). Erfüllen kann sie diese Funktion nur in dem Maß, „wie sie sich aus den Kommunikationszusammenhängen der potentiell Betroffenen bildet“ (Habermas 1992: 441) und „von einem Publikum getragen [wird], das sich aus der Gesamtheit der Bürger rekrutiert“ (ebd.). Dem frühen Habermas war klar, dass diese „vollständige Inklusion aller möglicherweise Betroffenen, die Gleichberechtigung der Parteien, Zwanglosigkeit der Interaktion, Offenheit für Themen und Beiträge, Revidierbarkeit der Ergebnisse usw.“ (1993: 41) unter den Bedingungen einer Klassengesellschaft nicht realisierbar sind. Sprach Habermas von einer „im geschicht­lichen Prozeß gleichsam unterdrückten Variante einer plebejischen Öffentlichkeit“ (ebd.: 8), haben Oskar Negt und Alexander Kluge mit ihrer „Kategorie der proletarischen Öffentlichkeit, die ein von der bürgerlichen Öffentlichkeit völlig verschiedenes Erfahrungsinteresse besitzt, […] die innerhalb der fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaft entstehenden Widerspruchstendenzen und die Entstehungsbedingungen von Gegenöffentlichkeit“ (1978: 7f.) untersucht. Der Begriff proletarisch verweist bei ihnen im Anschluss an Marx (1978: 408) auf eine Trennung der Menschen von den Produktionsmitteln und den Verwirklichungsbedingungen ihres Gattungswesens. Entsprechend sehen sie die proletarische Michael May  137

Lebensweise „durch die Blockierung seiner wirklichen Zusammenhänge gekennzeichnet“ (Negt/Kluge 1978: 10). Durch die Form des gesellschaftlichen Erfahrungshorizonts bürgerlicher Öffentlichkeit werde dieser „Blockierungszusammenhang“ (ebd.) – wie sie herausarbeiten – gerade nicht aufgehoben, sondern im Gegenteil verfestigt. Ihr Begriff von proletarisch korrespondiert so in hohem Maße mit dem, was Antonio Gramsci (1994) – auf gesellschaftliche Klassen und Gruppen zielend, deren Interessen in der Gesellschaft und Politik nicht angemessen repräsentiert sind – als Subalternität bezeichnet hat. Gayatri Chakravorty Spivak hat Gramscis Begriff aufgegriffen und diesen im Hinblick auf die Frage der Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen dahingehend präzisiert, dass Subalternität sich in der Unmöglichkeit manifestiere, „sich Gehör zu verschaffen“ (2008: 127). Dabei betont sie, dass „Sprechen und Hören […] den Sprechakt erst vollständig“ (ebd.) werden lasse. Vor diesem Hintergrund ließe sich proletarische Öffentlichkeit mit ihren Worten als ein Bemühen kennzeichnen, „sich selbst in die Repräsentation einzubringen, und zwar nicht entlang der Linien, die von den offiziellen institutionellen Repräsentationsstrukturen vorgegeben werden“ (ebd.: 145). Intensiv wie kaum ein anderer hat sich Henri Lefebvre (1977) mit den verschiedenen, sich wechselseitig überlagernden Dimensionen des Begriffs Repräsentation auseinandergesetzt. Besonders interessant im Hinblick auf das Projekt der Salons der Republik ist, dass er diese Begriffsdimensionen auch in seiner Theorie der „Produktion des Raumes“ aufgegriffen hat. Wie die Salons der Republik – als Ganzes und in ihren einzelnen örtlichen Gelegenheiten – architektonisch in einer Gleichsetzung des Entworfenen mit dem Erlebten und Wahrgenommenen konzeptualisiert wurden, nennt 138  Michael May

Lefebvre Repräsentation des Raumes (1991: 38). Für ihn ist jedoch eine offene Frage, wie diese Repräsentation des Raumes in ihrer Gesamtheit und in einzelnen Örtlichkeiten mit ihren verschiedenen Symbolen und Images durch Nutzende tatsächlich erlebt und in ihrer jeweiligen physischen Beschaffenheit symbolisch in Gebrauch genommen werden kann. So betont er, dass diese Aneignung im Rahmen mehr oder weniger kohärenter Systeme nonverbaler Symbole durchaus unterschiedlich erfolgen kann. Darauf bezogen untersucht er mit dem Begriff von Räumen der Repräsentation (ebd.: 39), inwieweit es bestimmten gesellschaftlichen Gruppen gelingt, in den entsprechenden Örtlichkeiten ihre Lebenserfahrung und -entwürfe repräsentiert zu sehen beziehungsweise zur Repräsentation zu bringen. Ganz ähnlich spricht Hans Paul Bahrdt raumbezogen von Repräsentation als einer „Form der Selbstdarstellung, in der ein Subjekt sowohl sich selbst als auch ein Gemeinsames, das nicht ohne weiteres sichtbar ist, sichtbar macht und hierdurch Kommunikation und Integration ermöglicht“ (1974: 45). In den Worten von Alfred Lorenzer kann die mit den Salons der Republik verbundene Repräsentation des Raumes in ihrer Gesamtheit und ihren einzelnen örtlichen Gelegenheiten als „Formulierung einer ganz bestimmten Erlebnisstruktur mit den Mitteln der Raumgestaltung“ (1979: 93) begriffen werden, welche „neu sich bildende[…] Kristallisationspunkte der Kommunikation“ (ebd.: 77) auch milieuübergreifend zu schaffen beansprucht. So bleibt zum Abschluss zu hoffen, dass auch praktisch herausgefunden werden kann, welche Räume der Repräsentation die einzelnen Örtlichkeiten befördern. Vielleicht könnten die Salons der Republik sogar einzelnen subalternen Gruppen ermöglichen, „sich Gehör zu verschaffen“ (Spivak 2008: 127) und über Ansätze zu einer proletarischen Öffentlichkeit sich „selbst in die Repräsentation einzubringen“ (ebd.: 145)?

Jonas Aaron Lecointe

DEMOKRATIE UND ÖFFENTLICHKEIT IM DIGITALEN WANDEL Der Auftakt der kommerziellen Nutzung des Internets in den 1990er-Jahren und seine Popularisierung durch das Web 2.0 in den 2000ern wurde von einem euphorisierten Diskurs über dessen demokratisierende Effekte begleitet. Seine Befürworter*innen idealisierten es als hierarchiefreien Raum egalitärer Kommunikationssysteme. Diese Euphorie erfasste auch große Teile der Forschung zu Partizipation und Digitalisierung, die lange davon ausging, „dass digitale und insbesondere soziale Medien bürgerliches Engagement befördern und prinzipiell positiv für die demokratische Gesellschaft seien.“ (Emmer et al. 2020: 2)

In den vergangenen Jahren ist der frühe Optimismus vermehrt einem sorgenvollen Blick auf die negativen Dynamiken der Online-Kommunikation für die Demokratie gewichen. Glaubt man den Meinungsspalten großer Medienhäuser, dann geht die Gleichung mehr Digitalisierung gleich mehr Demokratie längst nicht mehr auf. Die Rechnungen lauten stattdessen „Cyberspace Plus Trump Almost Killed Our Democracy“ (Friedman 09.02.2021). Andernorts wird die Demokratie zugunsten umfassend rechnerischer Methoden gleich gänzlich herausgekürzt: „Wo die repräsentative Demokratie versagt, übernehmen bald Algorithmen die Staatsgewalt“ (Meckel 06.03.2020). Wenn mit den Worten Thomas Thiels die „Ernte der Twitter- und Facebook-Revolution in den arabischen Ländern“ Diktatoren eingefahren haben (05.10.2016), so waren es rechte Populist*innen, die im Zuge des Cambridge-Analytica-Skandals die Ernte der digitalen Datensammlung einfuhren. Hier offenbarten sich die realen Machtverhältnisse einer neuen öffentlichen Sphäre, in deren Betrachtung alte Zweifel an der Demokratie neu aufgelegt werden, die aber schon lange vor der Digitalisierung zum Repertoire

der Demokratiekritik zählten: die Angst um die Manipulation der Wähler*innen, das Verhältnis von Wahrheit und Politik, die Untergrabung der Akzeptanz demokratischer Repräsentation. Erstere ist so alt wie die Demokratie selbst, die Platon als Theatrokratie verballhornt, denn die Masse lasse sich durch Rhetorik ebenso hinrei­ßen wie das Theaterpublikum (Rebentisch 2011: 4). Über zweiteres macht sich Hannah Arendt schon 1967 keine Illusionen und glaubte auch nicht, dass es außer ihr jemand täte: „Niemand hat je bezweifelt, daß es um die Wahrheit in der Politik schlecht bestellt ist, niemand hat je die Wahrhaftigkeit zu den politischen Tugenden gerechnet. Lügen scheint zum Handwerk nicht nur des Demagogen, sondern auch des Politikers und sogar des Staatsmannes zu gehören.“ (2013: 44) Dass drittens die liberale repräsentative Demokratie nach dem Ende des Kalten Krieges nicht konkurrenzlos zukunftsfähig ist und das Ende der Geschichte markiert (Fukuyama 1992), sondern sich vielmehr Ermüdungserscheinungen in den demokratischen Institutionen eingestellt haben, was in ein Zeitalter der Postdemokratie geführt habe (Crouch 2008), ist eine Diagnose die der Popularisierung der digitalen Medien vorausgeht und sich auch unabhängig von Jonas Aaron Lecointe  139

diesen mit dem Einfluss neoliberaler Wirtschaftsentwicklung auf die Parteienlandschaft plausibilisieren lässt. Entgegen solcher Argumentationsstränge, Digitalisierung als Allheilmittel gesellschaftlicher Probleme und Digitalisierung als Gefahr für die Demokratie, plädieren Forscher*innen zum Verhältnis von Digitalisierung und Demokratie vermehrt für eine Abkehr vom Technikdeterminismus, der beiden Strängen zugrunde liegt. So habe sich seit den 1990er-Jahren eine „netzrealistische Perspektive herausgebildet, die weder utopische noch dystopische Szenarien und Annahmen über die Entwicklung dieses Verhältnisses treffen möchte“ (Borucki/Marschall/Michels 2020: 361), sondern stattdessen von einer „Ambivalenz der Wirkungen ausgeht“ (Kneuer 2017: 505). Es gelte in diesem Sinne „nicht voreilig kausale Wirkungsvermutungen auszusprechen, etwa in dem Sinne: die Digitalisierung verursacht dies oder jenes“ (Grimm/ Zöllner 2020: 7). Stattdessen sollten die Folgen der Digitalisierung als kontingent, also von den technologischen Entwicklungen bedingt, aber nicht vorausgesetzt angesehen werden. Die Digitalisierung berührt beinahe alle Bereiche des Lebens, sie ist jedoch keine Naturgewalt. Um das demokratische Potenzial der Digitalisierung zu entfalten, braucht es eine neue Konzeption demokratischer Ordnung, die über das klassische liberale Modell hinausgeht. Die Salons der Republik erweisen sich dabei als wertvolle Stichwortgeber. Die Salons der Republik In welchem Verhältnis steht nun aber ein architektonischer Vorschlag für einen Verbund öffentlicher Räume für den demokratischen Dialog zu einem Versuch über die digitale Öffentlichkeit? Zum einen ist der Begriff der Digitalität „nicht auf digitale Medien begrenzt, sondern taucht als relationales Muster überall 140

auf und verändert den Raum der Möglichkeiten vieler Materialien und Akteure“ (Stalder 2016: 19). Digitale Technologien durchdringen die analoge Welt durch Smartphones, Überwachungstechnologien und Sensorik, ihr Einsatz in Design und Architektur verändert die gebaute Umwelt und ihre gesamte Infrastruktur. Zum andern vermittelt sich die Notwendigkeit neuer Räume für demokratischen Dialog insbesondere in der Rezeption digitaler Medien. „Weil Digitalisierung […] digitale Welterfassung selbst immer weiter perpetuiert und in den Datenfüllen immer deutlicher Muster zutage treten, derer die Gesellschaft selbst ohne die Instrumente digitaler Erkenntnis nicht gewahr ist, wird diese anders und vehementer zur Beschäftigung mit sich selbst gezwungen.“ (Berg/Rakowski/Thiel 2020: 177) Das gilt auch für die Debattenkultur, denn „Sprachentwicklung und Sprachgebrauch stehen im Kontext moderner Kommunikationsformen unter einer Dauerbeobachtung und ebenso unter einer fortwährenden Bewertung“ (Bermes 2019: 36). Die Dichotomie von online und offline erweist sich als unproduktiv, wenn nicht gar verschleiernd, führt man sich vor Augen, wie weit die digitale Welterfassung der analogen Welt vorangeschritten ist. Digitalisierung sollte analog und digital folglich nicht als voneinander getrennte Sphären verstehen. Im gleichen Maße unvollständig bliebe die Betrachtung eines Entwurfs architektonischer Räume für eine demokratische Öffentlichkeit, berücksichtigte sie nicht den virtuellen Raum einer ganz und gar nicht virtuellen digitalen Öffentlichkeit. Die Salons der Republik sind Knotenpunkte zwischen architektonischem und digitalem Raum. Der Begriff des Salons ruft im Rückgriff auf Jürgen Habermas eine Entwicklung auf, die dieser in seiner Habilitationsschrift als

„Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (2019) beschrieben hat. Heute hat sich die Diagnose eines neuerlichen digitalen Strukturwandels der Öffentlichkeit weitgehend durchgesetzt, den es im Folgenden zumindest in seinen Grundzügen zu beschreiben gilt. Und obwohl der Begriff der Republik (siehe May in diesem Band) im Schatten des Siegeszuges des Liberalismus viel von seiner Schärfe in der Politiktheorie verloren hat (Thiel/Volk 2016: 9), schreibt Thorsten Thiel der republikanischen Perspektive eine besondere Beschreibungskraft für die demokratietheoretischen Implikationen der Digitalisierung zu, die ich anschließend kurz nachzeichnen möchte. Ich schließe mit einem Kommentar zum wahrgenommenen Wandel der Debattenkultur und der Sorge um eine Verunmöglichung milieuübergreifenden Dialogs als Folge digitaler Technologien und der Emergenz von Filterblasen und Echokammern. Der digitale Strukturwandel der Öffentlichkeit Der Salon ist bei Habermas die Figur des Übergangs von einer repräsentativen Öffentlichkeit der feudalen Welt zur bürgerlichen Öffentlichkeit der Moderne (2019: 86). Erstere „konstituiert sich nicht als sozialer Bereich“, sondern besteht allein in der „öffentliche[n] Repräsentation von Herrschaft“ (ebd.: 60). Erst die bürgerliche Öffentlichkeit etabliert sich im 18. Jahrhundert in Abgrenzung zur öffentlichen Gewalt und sie tut es in den Salons der Stadt (im Gegensatz zur Öffentlichkeit des Hofs) als literarische Öffentlichkeit, als Publikum der neuen Medienerzeugnisse – der Presse, der Zeitschriften, des Romans. Der Strukturwandel der Öffentlichkeit beschreibt eine Neuordnung des Öffentlichen und des Privaten: „Innerhalb des den Privatleuten vorbehaltenen Bereichs unterscheiden wir deshalb Privatsphäre und Öffentlichkeit. Die Privatsphäre umfasst die bürgerliche Gesellschaft im engeren Sinne […]; die Familie mit ihrer Intimsphäre ist darin eingebettet.“ (Ebd.: 90)

Auch heute eröffnet die Herausbildung einer digitalen Öffentlichkeit wieder Fragen nach dem Verhältnis des Öffentlichen und des Privaten: Die digitale Öffentlichkeit ist räumlich nicht mehr vom Privatraum zu trennen – der private Computer ist potenziell immer online und nach seiner Fusion mit dem Mobiltelefon kaum noch vom Individuum selbst zu trennen. Die digitale Öffentlichkeit ist heute wiederum in die Intimsphäre eingebettet. Diese Neuordnung geht mit einer Reformierung der Medienlandschaft einher, die das Bild eines einheitlichen, ungeteilten öffentlichen Raums herausfordert, wie er im 20. Jahrhundert „durch eine kapitalintensive Medientechnologie befestigt“ wurde: „Bis zur Jahrtausendwende hatten die Massenmedien in westlichen Demokratien eine nahezu unangefochtene Monopolstellung in der öffentlichen Sphäre inne. Sie entschieden über die Relevanz und Irrelevanz von Akteuren, Ideen und Programmen, und prägten damit die medial erfahrbare politische Wirklichkeit.“ (Hofmann 2019a: 49) Der technologische Umbruch durch die digitalen Medien lässt die Grenzen dieser klassischen Rollenverteilung verschwimmen: Nutzerbasierte Plattformen eröffnen die „eigenständig[e] Herstellung von Öffentlichkeit durch Posten, Kommentieren und Teilen digitaler Inhalte“ (Thimm 2017a: 44) und befördern so „die Transformation eines einstmals passiven Rezipientenpublikums in eine diskursiv intervenierende Zivilgesellschaft“ (Hofmann 2019b: 41). Kommunikationswissenschaftlich lässt sich dieser Wandel als Transformation von der massenmedialen one-to-many-Kommunikation zu einer many-to-many-Kommunikation beschreiben (Antić 2017: 153). Der Bedeutungsaufschwung, der dabei insbesondere den sozialen Medien wie Facebook oder Twitter zukommt, hat zu einer „Plattformisierung“ (Helmond 2015) dieser Jonas Aaron Lecointe  141

Seiten geführt, die heute analog zu Google im Bereich der Suchmaschinen und Amazon im Onlineshopping die hauptsächlichen Zugänge zu den Inhalten des öffentlichen Diskurses bereitstellen. Durch die Individualisierung des Informationsangebots, die diesen Plattformen vornehmlich durch die Praxis des Following zu eigen ist, drohen sie in den Augen von Kritiker*innen die Rolle der Gatekeeper von den klassischen Medien zu übernehmen und qua algorithmischer Filterung noch dazu zu einer Fragmentierung der digitalen Öffentlichkeit beizutragen. Studien belegen dagegen eine „andere Dynamik der Herstellung von Öffentlichkeit“ (Thimm 2017a: 46), die weniger einem Verfall als einer Pluralisierung gleichkomme: Die Medienlogik der Plattformen (etwa Hashtags, ReTweets, Facebook-Gruppen, Foren) befördere die Entstehung polymedialer „Mini-publics“, die die klassischen Medien nicht ersetzen, sondern inkorporieren: „Nichts könnte falscher sein, als diese kleineren Gruppen in ihrer gesellschaftlichen Einflusskraft zu unterschätzen. Viele dieser digitalen ‚Mini-publics‘ beziehen Traditionsmedien insofern ein, als dass sie über Querverweise auf andere Medien einen polymedialen Raum schaffen, der eine größere Menge an Aufmerksamkeit erhält, ohne dass ihre eigene Diskursqualität verändert wird“ (Thimm 2017b: 56). Auch Jürgen Habermas teilt die Sorgen um den fragmentierenden Effekt der digitalen Öffentlichkeit, erkennt in der Internetkommunikation des World Wide Web aber auch ein demokratisches Potenzial, „indem es den Wiedereinzug interaktiver und deliberativer Elemente in einen unreglementierten Austausch zwischen Partnern zulässt, die virtuell, aber auf gleicher Augenhöhe miteinander kommunizieren“ (2008: 161). Auch außerhalb der Digitalisierungsdebatten wird der Ruf nach deliberativen Demokratiekonzepten nach Habermas’schem Zuschnitt immer lauter. 142

Ein neues Demokratieverständnis In der FAZ vom 26. Oktober 2020 schlagen der Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der Historiker Hans Walter Hütter und der Direktor des Deutschen Architekturmuseums Peter Cachola Schmal die Errichtung eines „Hauses der Demokratie“ auf dem Paulsplatz in Frankfurt am Main vor, um den 70 Jahre alten erinnerungspolitischen Nachstand der Paulskirche selbst, Schauplatz der Nationalversammlung und Wiege der Grundrechte des deutschen Volkes, zu kompensieren. Dieser sei der nüchternen Ausgestaltung der historischen Stätte bei ihrem Wiederaufbau 1948 geschuldet: „Als Gedenkort hat sie weder ästhetische Evidenz noch besitzt sie eine Aura, die den Besucher in die zu erinnernde Vergangenheit mitnimmt“ (Hütter/Münkler/Schmal 26.10.2020), beklagen die Autoren. Die anstehende Sanierung des Gebäudes solle als Chance genutzt werden, nicht nur der Kirche als „moderne Erinnerungsstätte der Demokratie“ ihre Aura zurückzugeben, sondern sie auch um einen „Lernort und Ort der Kommunikation“ zu erweitern – ganz im Sinne einer „reflexiv-deliberativen Demokratie“ (ebd.). Die Politikwissenschaftlerin Patrizia Nanz und der Politikwissenschaftler Claus Leggewie antworten in der Frankfurter Rundschau vom 1. Dezember 2020 auf den Vorschlag und warnen vor der „antiquarische[n] Schlagseite“ der „museale[n] Vergegenwärtigung der deutschen Demokratiegeschichte“, den sie in der Skizze ihrer Vorredner erkennen. Nicht so sehr der Reflexion solle ein „Haus der Demokratie‘‘, sondern vielmehr als Forum für eine Bürgernbeteiligung fungieren, wie sie die beiden bereits in ihrem Buch Die Konsultative (Leggewie/Nanz 2016) als vierte Staatsgewalt konzipiert haben. Sie streichen kurzerhand das Attribut reflexiv und fordern stattdessen „eine Stärkung der deliberativen Demokratie, das heißt: es geht um den Austausch von Argu-

menten, Dialog und Perspektivenwechsel, die geduldige Einübung des Kompromisses, die mühsame Erzielung von Konsens durch zivilisierten Streit.“ (Leggewie/Nanz 01.12.2020) In einem scheinen sich alle fünf Autor*innen jedoch einig zu sein: Das liberale Modell wird den Ansprüchen an eine zeitgemäße Demokratie nicht mehr gerecht. Entgegen der liberalen Demokratietheorie, die die Freiheit der*s Einzelnen durch negative Rechte im Sinne staatlicher Nicht-Einmischung und folglich als „Freiheit der Abgrenzung vom Gemeinwesen“ (Ottmann 2006: 318) garantiert, hat die deliberative Demokratie ihr Ideal in der Beteiligung am Gemeinwesen durch „argumentativ abwägende, verständigungsorientierte Beratschlagung“ (Schmidt 2010: 237). Beide Perspektiven weisen für Thorsten Thiel Schwächen auf, wenn es darum geht „die sich im digitalen Strukturwandel ergebenden gesellschaftlichen Veränderungen zu erfassen und zu bewerten“ (2017a: 194). Diese Fähigkeit schreibt er insbesondere der republikanischen Demokratietheorie zu, die ein besonderes Gespür für (1) die Machtverhältnisse im Digitalen, (2) die besondere Rolle der Anonymität und (3) die Bedeutung der Erweiterung der Möglichkeiten von Gegenmachtbildung besitze. (1) Anders als die liberale Perspektive fasst der Freiheitsbegriff des Republikanismus diese nicht als vorpolitisch, sondern sieht im Gemeinwesen ihre Voraussetzung. Bei Hannah Arendt heißt es: „Frei sein können Menschen nur in Bezug aufeinander, also nur im Bereich des Politischen und des Handelns“, denn „[w]o das Zusammenleben der Menschen nicht politisch organisiert ist […], ist es nicht von Freiheit, sondern von der Notwendigkeit des Lebens und der Sorge um seine Erhaltung bestimmt“ (1994: 201). Der Republikanismus setzt dem liberalen Freiheitsbegriff des Nicht-Eingreifens einen des Nicht-Beherrscht-

werdens gegenüber, der im Schutz vor dem „Potential zur arbiträren Durchsetzung einer Position“ (Thiel 2017a: 196) besteht. Angewendet auf die Diskussion um Überwachung, Datensammlung und Profilbildung durch Konzerne in der digitalen Öffentlichkeit, erlaubt die republikanische Perspektive eine grundlegendere Kritik an den Beobachtungs- und Kontrollmöglichkeiten: Wo der Liberalismus die Lösung darin sieht, Datenverarbeitung nur nach freiwilliger Zustimmung zu erlauben, ist der Republikanismus sensibel für die impliziten Zwangs- und Herrschaftsverhältnisse: „Schließlich steckt hinter der freiwilligen Einwilligung doch sehr oft der indirekte Zwang, den notwendigen Zugang zu einer privatisierten Öffentlichkeit zu erhalten.“ (Ebd.: 198) (2) Im selben Zuge eignet die republikanische Theorie so der Verteidigung eines Elements, das nicht nur eng mit dem digitalen Strukturwandel zusammenhängt, sondern auch „lange eine de facto Bedingung moderner Gesellschaften“ (ebd.: 197) war: Anonymität. „Digitale Kommunikation ist durch ihre Vermitteltheit – ausgedrückt etwa in der IP-Adresse – stets in einem gewissen Sinne pseudonym und die durch Digitalität möglich werdende örtliche Ungebundenheit und zeitliche Asynchronität verstärken den Eindruck noch.“ (Ebd.: 206) Diese Eigenschaft digitaler Kommunikation stellt für deliberative Demokratietheorien ein Problem dar, denn „[i]n ihnen ist das personale Einstehen für Argumente tief eingeschrieben (Thiel 2017b: 157). Auch in der öffentlichen Debatte werden immer wieder Forderungen nach einer Klarnamenpflicht laut. Hier wird jedoch das politisch aktivierende Potenzial übersehen, dass Anonymität insbesondere für marginalisierte Gruppen bereithält: „Gerade weil in einer anonymen Situation abstrahiert wird von der Person, von Macht und Abhängigkeiten, kann Anonymität und Anonymisierung die Jonas Aaron Lecointe  143

Bildung von Gegenmacht befördern.“ (Thiel 2017a: 207) Im Gegensatz zum Liberalismus, der „sich nur für formale Zugangsrechte stark [macht]“, kann dieses Potenzial dem Republikanismus nicht gleichgültig sein, da dieser sich dafür interessiert, „wie eine politische Ordnung meinungs- und artikulationsfähige Subjekte hervorbringt“ (ebd.: 201). (3) In diesem Interesse gründet auch die große Bedeutung, die der Republikanismus Opposition und Gegenmacht zuschreibt. Zwar mag die Bedeutung von Opposition für die Demokratie intuitiv einleuchten, ihre Praxis steht jedoch in Zeiten postnationaler Interdependenzen, postdemokratischer Exekutivlastigkeit und dem Aufstieg autoritärer Regime zunehmend unter Druck (Thiel 2015: 273–275). Dem entspricht in der Demokratietheorie eine „marginale Stellung des Oppositionsprinzips“ (ebd.: 277). Während Opposition im liberalen Verständnis vornehmlich als parlamentarisch gedacht wird und sich ihre positiven Effekte in ihrer Funktion als Mittel, „Macht zu begrenzen“, als „Korrektur- und Kontrollinstanz“ oder in der Beförderung der „Konkurrenz um Wählerstimmen“ erschöpft, offeriert die deliberative Theorie eine breitere Einbeziehung der Bürger*innen. Aber auch hier bleibt Opposition beschränkt, und zwar auf ihre „beratende Qualität“. Der rationale Diskurs fordert „Selbstdisziplinierung“ und Opposition muss „einsichtig auf Gegenargumente reagieren, um Anschlussfähigkeit zu demonstrieren“ (ebd.: 280). Die republikanische Theorie setzt noch über die Bedeutung des Stimmrechts und über die rationale Entscheidung die „Ermächtigung der Bürger und die aus der Ermächtigung resultierende Aktivität“ (ebd.: 286). Weil es dem Republikanismus nicht darum geht, „dass die Ergebnisse öffentlicher Verständigungsprozesse alle anderen Erwägungen überschreiben“, geschweige denn dass sich aus ihnen „ein gemeinsamer Wille formt“, sondern weil er 144

einer „Uniformität politischer Entscheidungen […] eine Vielzahl von Ansichten und Positionen gegenüberstellt“ und weil er den „Sinn der öffentlichen Auseinandersetzung“ in der „Erzeugung einer performativen Dynamik, einer Unruhe [erkennt], die der Schließung des politischen Systems vorbeugt“ (ebd.: 287), ist er in der Lage, sowohl in Kampagnen wie #aufschrei oder #BlackLivesMatter, in Protestformen wie Indignados oder Occupy Wall Street als auch in zivilem Ungehorsam wie Hacking, DDoS-Attacken oder Leaking gleichermaßen neue, durch Digitalisierung ermöglichte Formen von Gegenmacht zu erkennen und als solche zu bewerten (Thiel 2017a: 202ff.). Ein Kommentar zur Debattenkultur Trotz aller positiven Potenziale, die die Digitalisierung für die Demokratie bereithält, kann eine solche Aufzählung nicht über die Wahrnehmung einer veränderten Debattenkultur hinwegtäuschen, die sich durch Inzivilität und Emotionalität auszeichne (Kümpel/Rieger 2019: 5), von den digitalen Medien in dieser Form befördert werde und so zur Polarisierung der Gesellschaft beitrage. Als Symbolfiguren für den digitalen Beitrag zu dieser Entwicklung dürfen die Konzepte der Filterblase und der Echokammer gelten, denen zufolge sich Nutzer*innen auf digitalen Plattformen aufgrund algorithmischer Informationsauswahl vermehrt mit politischen Inhalten konfrontiert sähen, die die eigene Meinung bestätigen. Obwohl immer mehr Studien zum Thema existieren, konnte das Phänomen empirisch bisher kaum plattformübergreifend nachgewiesen werden, geschweige denn eine Veränderung zur Situation des klassischen Medienkonsums festgestellt werden (Fletcher/Nielsen 2017). „The truth of the matter is“, halten Artieri und Bentivenga fest, „that the phenomenon has been considerably overestimated so much so as to overshadow other questions […]“ (2020: 7).

In der Tat trägt die Digitalisierung zu einem Wandel in der Debattenkultur bei: sie sorgt für eine „gesteigerte Sichtbarkeit und öffentliche Zugänglichkeit von Debatten und Diskursen“ (Kümpel/Rieger 2019), die einhergeht mit der „vereinfachte[n] Möglichkeit zur schnellen Verbreitung von Inhalten“ (ebd.: 13) und dem motivationalen Aspekt des Kommentierens (ebd.), der sein Ziel zumeist nicht in der Debatte selbst hat, sondern in der Befreiung von aufgestauten Emotionen. Fraglich ist, inwieweit der Aspekt der Anonymität zu unmoralischem Verhalten beiträgt (ebd.: 14), da, wie Caja Thimm anmerkt „auch viele rechtsradikale, fremdenfeindliche und rassistische Posts im Umfeld der Flüchtlingskrise unter Klarnamen veröffentlicht“ (2017b: 52) wurden.

lation der Spätmoderne ist (Hofmann 2019b: 29ff.) – wenn diese Erkenntnis irgendeinen Wert hat, dann den, dass die Ausgestaltung der demokratischen Potenziale dieser Entwicklung nur mithilfe einer starken Zivilgesellschaft zu haben ist, die Gegenrede und Protest nicht als Ausschlussmechanismen diffamiert, sondern diese befördert, wo sie sich gegen menschenfeindliche Rede stellen und so zu einer tatsächlichen Pluralisierung der Positionen beitragen.

In der Inzivilität und dem Phänomen der Hate Speech darf eine der entschiedensten Gefahren für eine offene, milieuübergreifende Debattenkultur gesehen werden. In einer Studie des Jenaer Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft gaben 54 Prozent der Befragten an, ihre politische Meinung in Reaktion auf (drohende) Hassrede seltener im Internet zu bekennen (Geschke et al. 2019: 28). Die Lösung für dieses Problem darf nicht in irgendeiner Form von technischem Solutionismus gesucht werden, auch darf sie nicht durch Scheindebatten um missverstandene Meinungsfreiheit im Windmühlenkampf gegen Political Correctness und Cancel Culture verstellt werden, denn es ist nicht plausibel, „freie Meinungsäußerung als ein Recht zu konzipieren, nach dem jeder sagen kann, was er oder sie will, ohne die Wirkung auf die Rechte anderer in Betracht zu ziehen“ (Bellamy 2017: 27). Wenn die Erkenntnis, dass die Digitalisierung nicht ein der Demokratie äußerliches Phänomen ist, dass ihr entweder nützt oder schadet oder ihren Fortgang anderweitig vorherbestimmt, sondern dass sie ein kontingentes Produkt der soziologischen, wirtschaftlichen, technologischen und politischen KonstelJonas Aaron Lecointe  145

Sandra Speer

ORTE DEMOKRATISCHER INNOVATIONEN ALS SALONS DER REPUBLIK? Auch vor Corona war unsere Gesellschaft bereits mit tief greifenden Herausforderungen konfrontiert. Der digitale Wandel forciert nicht nur eine technologische beziehungsweise ökonomische Transformation, sondern wirft auch Fragen nach Demokratie und Freiheit auf. Denn er verändert grundlegend die Rahmenbedingungen unseres Zusammenlebens und ist untrennbar mit Zukunftsfragen wie der Verkehrs- und Energiewende verwoben, mit allen Politikfeldern unserer Gesellschaft von A wie Arbeit bis Z wie Zuwanderung. Insbesondere die digitale Transformation selbst erfordert politikfeldübergreifende Debatten.

Einerseits ist von Politikverdrossenheit die Rede, andererseits wollen immer mehr Menschen bei der Gestaltung zukünftiger Entwicklungen – insbesondere der ihres direkten Lebensumfeldes und damit ihrer eigenen Lebensqualität – mitreden. Seit den 1990er-Jahren entwickelt sich in Deutschland ähnlich wie in vielen anderen OECD-Ländern die Bürgerbeteiligung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene dynamisch. Zur Identifizierung von Problemen und bei der Entwicklung von Lösungen werden vielfältige Formate, Plattformen und Räume zur Verfügung gestellt, um Bürger*innen einzubeziehen. Auch Innovationen des öffentlichen Sektors werden zunehmend partizipativ gestaltet. Ein aktuelles Beispiel ist der CovidHackathon der Bundesregierung #WirVersusVirus, bei dem sich über 23.000 Teilnehmer*innen engagierten. Programmierer*innen, Designer*innen, Kreative, Problemlöser*innen und sozial engagierte Bürger*innen haben sich über zwei Tage lang online ausgetauscht und funktionierende Prototypen entwickelt. Entscheidungsträger*innen aus Politik und Verwaltung sehen einen multiplen Nutzen dieses Austausches und gestalten die Zusammenarbeit immer expliziter unter Einbezug 146

interessierter Bürger*innen und räumen mehr Möglichkeiten zur Beteiligung ein. Insbesondere auf kommunaler Ebene gewinnen Formen der Bürgerbeteiligung von deliberativen Verfahren bis hin zu Bürgerhaushalten eine immer größere Bedeutung. Durch die Beteiligung der Zivilgesellschaft soll erstens die Chance erhöht werden, ausgewogene und konsensuale Lösungen zu entwickeln. Zweitens besteht die Hoffnung, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung die Qualität von Entscheidungen und deren Akzeptanz verbessert, da das Wissen vieler Betroffener und Interessierter einfließt und drittens das Vertrauen in demokratische Entscheidungsfindung und damit letztlich in die Politik gestärkt wird (Nanz/Fritsche 2012). Dieser Essay diskutiert verschiedene Orte für Innovationen, bei denen Begegnungsräume Möglichkeiten für Akteur*innen mit unterschiedlichen Praktiken und Partizipationsmöglichkeiten schaffen. Diese Orte sind zumeist Realräume, die in ihrer Konzeption auf Öffnung und Durchlässigkeit angelegt sind, was ihnen den Charakter moderner Salons verleiht. Innovation Labs Labore sind Orte des Entdeckens und Lernens durch Experimente. Labs im weiteren

Sinne zeichnen sich durch ihre offene Mentalität hinsichtlich der von ihnen unterstützten Herangehens- und Arbeitsweisen aus. Sie werden jedoch in verschiedenen Kontexten und für unterschiedliche Zwecke initiiert und etabliert. In vielen Großunternehmen werden Innovation Labs ins Leben gerufen, um abgetrennt vom operativen Geschäft Raum für Innovationsprozesse zu schaffen und Wege für die digitale Transformation zu ermöglichen (Stiefel/Rief/Bauer 2019). Innovation Labs sind häufig auffällig ansprechend gestaltete Kreativareale mit einer Atmosphäre, die die Neugier anregt und zum Ausprobieren und zum Verweilen einlädt – oft bunt wie ein Kindergarten. Anstatt ein in langen Bildungswegen erworbenes Wissen abzurufen, führen diese Räume methodisch bewusst zurück zum kindlich Spielerischen, um so Neues erfahrbar und begreifbar zu machen. Modulare und flexibel nutzbare Raumelemente können frei im Raum bewegt werden und ermöglichen in wenigen Minuten die Verwandlung des Labs, zum Beispiel von der Lounge zum Konferenzraum. So lässt sich diese Art von Räumen für unterschiedlichste Zwecke nutzen: vom Strategiemeeting, über Designworkshops bis hin zum Yoga oder in größeren Labs auch für Barcamps und Hackathons. Die größeren Labs bestehen aus unterschiedlichen Zonen, die offene und geschlossene kollaborative Arbeitsbereiche von Kommunikationszonen abgrenzen. Insgesamt strahlen diese Räume die Überzeugung aus, dass der Erfolg des (gemeinsamen) Arbeitens von der Architektur und den physisch-räumlichen Strukturen maßgeblich beeinflusst werde. In Innovation Labs wird zumeist mit nutzerzentrierten Herangehensweisen gearbeitet. Zur prototypischen Gestaltung von Ideen mithilfe des Design Thinking (Plattner/Meinel/Leifer 2011) werden zum Beispiel Legosteine, Figuren oder Bastelmaterial eingesetzt. Neben Auftraggeber*innen

werden an verschiedenen Stellen im Innovationsprozess die Nutzer*innen intensiv studiert und miteinbezogen. Mithilfe der aktiven Mitgestaltung zukünftiger Nutzer*innen sowie deren aktiver Beteiligung an Konzeption und Tests von Produkten soll das Risiko von Fehlentwicklungen minimiert werden. In Großunternehmen sind neben Inovation Labs auch Akzeleratoren angedockt, die die Zusammenarbeit mit Start-ups räumlich organisieren und damit den bidirektionalen Austausch von Innovationen erlauben. In beiden Fällen werden oftmals zusätzlich öffentliche Dialogveranstaltungen organisiert, die zum größten Teil den Charakter von Unternehmergesprächen haben. Die Öffnung bleibt vielfach innerhalb der Unternehmenswelt oder überschreitet diese in Richtung der Wissenschaftswelt durch den Einbezug von Forschenden oder Studierenden – etwa im Fall von Start-ups. Co-Working-Spaces und Fablabs Mit Blick auf Start-ups dient im allgemeinen Bewusstsein noch häufig die Garage als mythisches Bild vom Ort der Anfänge. Dies mag schon immer vielmehr auf die USA als auf deutsche Verhältnisse zugetroffen haben. Mittlerweile wurden weltweit private wie auch öffentlich geförderte Co-Working-Spaces als kreative Experimentierorte geschaffen, die zum Zusammentreffen und Verweilen einladen (Bundesverband Coworking 2021). Gerade das Gespräch zwischen oftmals Einzelselbstständigen führt diese aus der Isolation ihrer „Garage“ und lädt zum Netzwerken und Kollaborieren ein. Hinter den Co-Working-Spaces steht der Gedanke der Gemeinschaft. Manch ein Co-Working-Space ist darüber hinaus auch zu einem Treffpunkt geworden, an dem eine bunte Mischung aus Menschen zusammenkommt, um die Entwicklung einer Stadt oder eines Stadtteils voranzutreiben (z.B. Amsterdam Smart City 2021). Die (lokal-)politischen DisSandra Speer  147

kussionen finden nicht mehr primär in einer Arbeits-, sondern in einer kaffeehausähnlichen Atmosphäre statt. Hier handelt es sich nicht um eine Verwahrstelle für digitale Einzelgänger*innen, sondern um Realraumerfahrungen – hier findet soziale Durchmischung statt, hier werden Debatten geführt: traditionelle Stärken des Kaffeehauses mit Saloncharakter. Eine andere Form des kreativen Zusammenarbeitens findet in sogenannten Fablabs (abgeleitet von Fabrikationslabor) und Makerspaces statt, die manchmal auch an Co-WorkingSpaces angedockt werden. Diese sind offene Werkstätten für technikinteressierte Privatpersonen und Einzelselbstständige, die gemeinsam moderne Fabrikationsverfahren und die hierfür notwendigen Geräte nutzen möchten. Diese Art von Räumen entsteht sowohl auf Privatinitiative hin als auch durch öffentliche Unterstützung, um den Zugang zu Bildung und Innovation zu fördern. Fablabs sind typischerweise auf dem Gelände von Universitäten zu finden. Hier treffen Bürger*innen auf wissenschaftliche Expertise, die aus der Forschung in einen Makerspace eingebracht oder auch zur Prototypentwicklung für diese genutzt wird. In beiden werden insbesondere Nachhaltigkeitsthemen diskutiert und wird an deren Lösungen gearbeitet (Fab Lab Barcelona 2021; BMBF 2021). Die Maker-Bewegung zieht Schüler*innen genauso wie Gründer*innen oder Unternehmer*innen, Studierende und Wissenschaftler*innen an. Der Austausch in dieser Form von Labs hat eher informellen Charakter, es werden jedoch auch aktive Wissensproduktion und Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis organisiert und gelebt. Government Labs Die Innovation Labs der Großunternehmen dienen als Vorbilder für die überall in der Welt entstehenden Innovationslabore von Verwaltungen, sogenannte Government Labs oder 148

Public Sector Labs. Diese haben das Ziel, einen wertvollen Beitrag zum Wandel in Politik und Verwaltung zu leisten und Raum für spielerisches Erfahren, Erkunden und Lernen zu bieten (OECD 2021). Es gibt einige Innovationslabore in Deutschland, beispielsweise in Berlin und Köln, um Entwicklungen im öffentlichen Sektor anzustoßen und insbesondere die Digitalisierung der Verwaltung zu gestalten und zu beschleunigen. Im Fokus steht, ähnlich wie bei den Innovation Labs, die nutzerzentrierte Gestaltung von Dienstleistungen unter anderem mittels Customer Journeys und Design Thinking.¹ Die Digitalisierung bedeutet daher viel mehr als nur einen Wechsel von Kanälen, sondern beinhaltet die Chance, politikfeldübergreifend zu denken und Verwaltungsleistungen für Bürger*innen beziehungsweise für Unternehmen von Grund auf neu und nutzerzentriert zu gestalten. Government Labs und agile Arbeitsweisen verändern die Verwaltungskultur, da sie striktes Zuständigkeitsdenken und die fest verankerte Linienorientierung aufweichen und über das Lab hinaus Anstöße zu einer Veränderung der Arbeitsweisen geben. Für die Entwicklung in Government Labs eignen sich insbesondere freiwillige Leistungen der öffentlichen Verwaltung wie die Gestaltung eines öffentlichen Raums, eines neuen Bibliothekskonzepts oder Leistungen, die zukünftig online angeboten werden. Sie können aber auch für strategische Verfahren der Vorausschau und ähnliches genutzt werden. Wie im Unternehmenskontext setzt Design Thinking auch in Government Labs auf eine affirmative Atmosphäre des Probleme-lösenKönnens. Design Thinking kann helfen, Dissens punktuell aufzulösen, und eignet sich daher, um schwierige Kompromissfindungen zu begleiten und positive Impulse zu setzen – insbesondere die Bekämpfung sozialer Missstände könnte

hiervon profitieren. Government Labs können durch Wissensintegration politische Entscheidungsprozesse und Dienstleistungen zwar verbessern und die individuelle und kollektive Handlungsfähigkeit stärken. Eine Wertediskussion können sie jedoch sicherlich nicht ersetzen. Nicht jedes Problem kann schnell und einfach gelöst werden. Evaluationen der Arbeitsweisen der Government Labs und möglicher Schwierigkeiten stehen noch aus. Perspektivisch könnten sie noch stärker die Wissenschaft und Unternehmen einbeziehen sowie Verfahren der Bürgerbeteiligung räumlich bündeln. Reallabore Die Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft hat eine lange Tradition in Form von Politikberatung, der direkte Einbezug der Betroffenen und Beteiligten ist jedoch neu. Reallabore sind eine Form des kooperativen Umsetzens und Forschens unter Beteiligung der Zivilgesellschaft. Für Reallabore werden oftmals Begriffe wie Living Labs, Innovationsräume oder Realexperimente verwendet. Reallabore sollen gesellschaftliche Transformationen in definierten geografischen Einheiten initiieren, etwa die nachhaltige Entwicklung in spezifischen Bereichen wie Mobilität, Tourismus, Planung, Energie und Integration von Geflüchteten. Es handelt sich um Realexperimente mit partizipativen Elementen. Schäpke et al. (2018) fassen vier Charakteristika zusammen, die Reallabore erfüllen müssen: Sie müssen erstens einen Beitrag zu einer Nachhaltigkeitstransformation leisten, zweitens besteht ihre Praxis in Experimenten, ihre zentrale Forschungsmethode zeichnet sich drittens durch Transdisziplinarität aus und an ihrem Ende steht viertens ein gesellschaftlicher Lernund Reflexionsprozess. Inwieweit ein fünftes Merkmal hinsichtlich der Langzeitorientierung, Skalierbarkeit und Transferierbarkeit der Arbeit von Reallaboren erfüllt sein muss, wird kontrovers diskutiert.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie definiert Reallabore als „Testräume für Innovation und Regulierung“ (2019: 7). Daneben stehen primär sozialwissenschaftlich orientierte Reallabore, in denen vor allem Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und Transformationsprozesse unter direkter Beteiligung der Zivilgesellschaft gesucht werden. Reallabore können verschiedene Formen der Partizipation umfassen, je nach Grad der Intensität der Gestaltung, die sie ermöglichen sollen. Das Partizipationskontinuum kann von Information, Konsultation, Kooperation und Kollaboration bis zu Empowerment reichen (Meyer-Soylu et al. 2016). Diese Form der Zusammenarbeit findet zum größten Teil im Feld statt, so sind Städte oder Stadtteile die eigentlichen Testräume für unter anderem die digitale Transformation unserer Gesellschaft und damit auch die Transformation von Lebensräumen im engeren Sinn. Ein Reallabor kann aber nicht ohne informelle Treffen und offizielle Gespräche zwischen den Stakeholdern stattfinden. Ein Reallabor kann zusätzlich offene Stammtische mit Beteiligten und Betroffenen inkludieren ebenso wie Workshops und Ideenwettbewerbe. Das Labor umfasst also einerseits Elemente, die in einem definierten städtischen Raum oder Quartier getestet werden, und andererseits Räume für den Dialog zwischen Beteiligten, Betroffenen und weiteren Interessierten. Diese Räume sollen eine aktive Partizipation ermöglichen, die in anderen Verfahren zwar gelingt, wenn auch weniger repräsentativ.² So kommen die Meinungen der Bürger*innen auf höheren Ebenen wie der Landes- und Bundesebene meist nur in Form der „organisierten“ Zivilgesellschaft zu Wort. Reallabore sind Testlabore für die Gesellschaft und stärken die inter- und transdisziplinäre Arbeit in realweltlichen Lösungsräumen, fördern den gesellschaftlichen Diskurs und Sandra Speer  149

geben einer Stadt die Möglichkeit, gemeinsam auszuprobieren. Aber auch Reallabore müssen sich der Kritik stellen, dass es durch Koproduktion zu einer Stärkung einzelner Stakeholdergruppen kommen kann (Cooke/Kohtari 2001; Bovaird 2007). Ausblick Die hier vorgestellten Labs sind in völlig unterschiedliche Kontexte eingebunden, ihre Zwecke sind daher schwierig zu definieren und zu konzeptualisieren und konnten nur kursorisch diskutiert werden. In den beschriebenen Laboransätzen werden die Diskurse zumeist auf der Ebene des Gestaltens geführt – also nicht evidence-based sondern vielmehr design-based, im Sinne von dezentraler Vielfalt und der Ermutigung zu disruptiven Gedanken in einer zunehmend disruptiven Welt.³ Genau hier wird auch eine Chance für Systeminnovationen als Kern nachhaltigen Wandels gesehen (Schneidewind/Scheck 2013). Aus der Sicht der Beteiligungsforschung kann man die Güte solcher Verfahren anhand von drei Fragen analysieren: Wer wird beteiligt, woran wird beteiligt und wie wird beteiligt? Innovationslabore sind primär Orte der Wirtschaft, in denen Bürger*innen aus der Nutzerperspektive zukünftiger Dienstleistungen oder Produkte einbezogen werden. Co-Working-Spaces können Orte des Dialogs im Sinne des Salons oder Kaffeehauses sein. Fablabs sind zumeist Werkstätten inklusive Austausch mit der Wissenschaft. Government Labs sind wiederum Orte der Verwaltung, die punktuell Bürger*innen miteinbeziehen oder einladen, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen. Reallabore können von Forschung, Politik und Verwaltung, Unternehmen sowie Zivilgesellschaft gemeinsam gestaltet werden. Gemessen an der Beteiligung aller dieser vier Perspektiven geht dieser Laboransatz am weitesten. Es scheint einen wachsenden Bedarf an Räumen 150

für Kommunikation und Zusammenarbeit an den Schnittstellen von Technologie und Gesellschaft zu geben. Allen Labs ist gemeinsam, dass der in ihnen stattfindende Diskurs von der Suche nach Lösungen für aktuelle Probleme angetrieben wird, wodurch er die Beteiligten zu Innovationen inspiriert. Es gibt eine breite und vielfältige Landschaft des Einbezugs von Bürger*innen in die Gestaltung der gesellschaftlichen Herausforderungen. Einerseits gibt es immer mehr Projekte und Initiativen, die Fragestellungen der Bürger*innen explizit in die Forschung einfließen lassen. Andererseits werden die Bürger*innen punktuell durch konkrete Instrumente in die Arbeit und Willensbildung von Politik und Verwaltung einbezogen – weit über die hier diskutierten Labs hinaus (Nanz/Fritsche 2012). Hier konnte ein Spektrum an Räumen für Innovationen skizziert werden, die teilweise nebeneinander in einer Stadt oder Kommune existieren oder singulär etabliert werden. In allen Beispielen werden verschiedene Perspektiven ausgetauscht und einbezogen, sodass nicht die technologische Machbarkeit im Zentrum steht, sondern vielmehr die Bedürfnisse der Bürger*innen im Sinne der Postdigitalität (Graham 18.05.2018). Zur weiteren Stärkung von innovativen Lösungsfindungsprozessen sollte die „Quadruple Helix“ – die für die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie der Öffentlichkeit steht – stärker gelebt werden (Carayannis/Campbell 2009). Das kann nicht durch nur eine Form des Labs geschehen, das alle möglichen Felder und Themen gleichzeitig abdecken müsste – eine Fokussierung könnte da erfolgsversprechender sein. Dennoch sei dies hier ein Plädoyer für räumliche Nähe und Vernetzung, für einen Raum der Möglichkeiten, in dem gemeinsam experimentiert werden kann. Auch wenn dieser Raum womöglich zunächst ein virtueller Raum des Diskurses, der Vernetzung und Kollaboration ist, werden

zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich auch reale Räume folgen. Die Weiterentwicklung von Kommunikationsräumen für Zukunftsdebatten in und zwischen Politik, Forschung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft ist angesichts immer neuer komplexer politischer Herausforderungen zur Gestaltung des Gemeinwohls notwendig. Die in diesem Buch präsentierten Entwürfe für Berlin und Frankfurt am Main wären aufgrund ihrer geografischen Lage sowie ihrer symbolischen Bedeutung ideale Orte für politikfeldübergreifende, multiperspektivische, offene Labs – für Orte demokratischer Innovationen als Salons der Republik.

Sandra Speer  151

Marion Kamphans

STÄRKUNG DER DEMOKRATIE DURCH BEGEGNUNG

Inspirationen aus der neuen Museumsarbeit  Die Salons der Republik sollen Orte sein, an denen sich Menschen begegnen, die sich normalerweise nicht begegnen, und die diese miteinander ins Gespräch bringen. Mit der Initiierung einer gruppen- und milieuübergreifenden sozialen Praxis ist auch die Hoffnung verbunden, über diesen Weg zur politischen Bildung und damit zur Stärkung der Demokratie beizutragen, gerade weil die Salons der Republik einen Kommunikationsraum für eine variable Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und damit das Diskutieren politischer Positionen und das Organisieren politischer Aktivitäten fördern. In dem nachfolgenden Essay sollen Möglichkeiten einer gesellschaftspolitischen Entwicklung durch integrative beziehungsweise inklusive Öffentlichkeiten am Beispiel innovativer Museumsarbeit und die Übertragbarkeit entsprechender Konzepte auf die Idee der Salons der Republik skizziert werden.

Kulturelle Bildung für alle – Museen im Prozess der Transformation Seit Jahrhunderten gelten Museen als „Wunderkammern der Welt en miniature“ (Donecker 2013: 7), weil sie Alltägliches, Gewöhnliches, Besonderes wie Skurriles sammeln und ausstellen, was sich in Kunst, Kultur, Natur, Technik, Gesellschaft und Medien findet. Museen sind Orte, die Gegenstände und Themen unterschiedlichster Art präsentieren und eine mögliche Lesart zum kulturellen Verständnis des Objekts oder des Themas gleich mitliefern. Sie belehren, forschen, bewahren, vermitteln – sie informieren ihr Publikum und kommunizieren mit ihm, sie stiften zum Lernen an, irritieren und unterhalten – inzwischen nicht mehr nur analog, sondern auch digital. Soweit das herkömmliche Verständnis darüber, wie Museen ihrem Kultur- und Bildungsauftrag nachkommen. Museen sind hierzulande sehr beliebt, aber die Zusammensetzung ihres Publikums weist eine deutliche soziale Selektivität auf. Mehr als 117 Millionen Besucher*innen haben sich 152

im Jahr 2018 ins Museum begeben und sich Ausstellungen und Sammlungen in Heimat-, Technik-, Natur- und Kunstmuseen sowie anderen Ausstellungshäusern angesehen (Deutscher Museumsbund 2020: 12–17). Mit dieser hohen Zahl an Besuchen nehmen die Museen im Ranking der Kunst- und Kulturszene einen Spitzenplatz ein. Aber sie erreichen auch weiterhin mit ihren kulturellen Angeboten nur eine relativ homogene Gruppe – es sind vor allem Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen und aus gehobenen sozialen Milieus, die mehrfach im Jahr ihre Füße über die Schwelle dieser Bildungsinstitution setzen (Wegner 2011; 2016).¹ Für Museen stellt es nach wie vor eine Herausforderung dar, neue Zielgruppen anzusprechen und diese für ihre kulturellen Angebote zu gewinnen. Besonders unterdurchschnittlich repräsentiert unter den Museumsbesucher*innen sind zum einen alte und junge Menschen, Menschen mit Behinderungen, bildungsferne und sozial benachteiligte Menschen sowie Menschen mit Migrations-hintergrund. Für diese Personengruppen sind Museen eher „fremde“ Orte einer ihnen unbekannten Hoch-

kultur oder Treffpunkte eines bildungsbürgerlichen Publikums, das sich kenntnisreich und mit der richtigen Haltung durch die Museumsräume bewegt. Die Debatte um ein stärker sozial integratives Museum – im Sinne einer Teilhabe an kultureller Bildung für alle – ist nicht neu. Seit ihrem Bestehen müssen sich Museen damit auseinandersetzen, wie sie den von außen an ihre Arbeit und Zielsetzungen herangetragenen gesellschaftlichen Erwartungen begegnen. Dies zeigt ein Blick in die Geschichte dieser Bildungsinstitution. Doch auch wenn Museen es ebenfalls verstanden haben, ihren musealen Bildungsauftrag in den vergangenen Jahrzehnten auszuweiten und aktiv auf Besucher*innen zuzugehen, es dauerte, bis sich ein inzwischen weitverbreitetes Verständnis vom Museum als Vermittlungsort durchgesetzt hat. Eine erste Welle, die „Musentempel“ einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und zu demokratisieren, gab es in Deutschland im Nachgang der Französischen Revolution im Zeitraum zwischen 1830 und 1890. Im Zuge der bundesdeutschen Bildungsreform in den 1960er- bis 1970er-Jahren sollten Museen schließlich zu Lernorten werden und eine Bildungsarbeit mit Besucher*innen in den Mittelpunkt rücken, die auf der Basis von kognitiven Lerntheorien arbeitete und davon ausging, museales Wissen müsse nur entsprechend gut genug strukturiert und portioniert werden, um in die Köpfe der Museumsbesucher*innen zu gelangen (Donecker 2013: 7–10).² Verschiedene Auffassungen mit je eigenen Akzentuierungen, wie umfänglich das Museum ein Kommunikationsraum sein sollte, wurden kontrovers diskutiert – angefangen von der Idee Joseph Beuys’, das Museum solle ein Ort „der permanenten Konferenz“ sein, bis hin zu der Auffassung, es solle „besucherorientierte Erlebnisinhalte“ vor-

halten und die Weiterentwicklung und Kompetenzen der Besucher*innen nicht zuletzt durch eine sinnliche Erfahrung der Objekte und im intensiven Austausch mit anderen fördern (Wittgens 2005: 18–20). Erst in den 1990er-Jahren setzte sich das besucherorientierte Museum durch und damit einhergehend auch ein Verständnis von musealer Kulturarbeit, das sich an einem konstruktivistischen Vermittlungsbegriff und damit stärker am Vorwissen und Interesse von Besucher*innen orientierte Museen setzen seitdem auf Interaktion anstatt auf Belehrung, und sie bedienen sich kommunikativer Strategien, um die Kontexte der Kunstobjekte besser zu erklären (Donecker 2013: 7–10). Dennoch, trotz aller Bemühungen der Museen um eine umfassendere Teilhabe unterschiedlicher Gruppen, bleibt der Museumsbesuch nach wie vor sozial selektiv. Die Debatte um ein Museum für alle ist heute wieder umso intensiver zu führen, weil einerseits der soziale Zusammenhalt durch „Dynamiken der gesellschaftlichen Desintegration“ (Heitmeyer 2018: 146–158) gefährdet ist, und andererseits sind die Ansprüche an inklusive Teilhabe gewachsen und artikulieren sich damit auch stärker gegenüber den Museen und Ausstellungshäusern. Mit dem Konzept der Dynamiken der gesellschaftlichen Desintegration verbindet der Konfliktforscher und Soziologe Wilhelm Heitmeyer sowohl objektive Restriktionen gesellschaftlicher Teilhabe als auch die Deprivation von Anerkennung. Beide Ebenen, die objektive wie die subjektive, lassen sich in differenzierter Form drei verschiedenen Dimensionen zuordnen (ebd.: 149): In der sozialstrukturellen Dimension geht es vor allem um die Teilhabe an materiellen und kulturellen Gütern, zum Beispiel Teilhabe an Arbeit, Bildung, Wohnen und Kultur. In der institutionell-partizipatorischen Dimension werden die Möglichkeiten zu Teilhabe an öffentlichen und Marion Kamphans  153

politischen Prozessen der Meinungsbildung verstanden, dies könnte zum Beispiel Teilhabe an politischen Aktivitäten von Wahlen bis zu Formaten der Bürgerbeteiligung umfassen. Die dritte Dimension beschreibt, wie Individuen ihre Unterstützung und soziale Zugehörigkeit aktiv herstellen können. Mit anderen Worten: Die konstatierte Dynamik der gesellschaftlichen Desintegration führt nach Heitmeyer nun dazu, dass sowohl im Bereich der positionalen, der moralischen und der emotionalen Anerkennung Deprivation entsteht und hiermit ein Erstarken autoritärer Versuchungen einhergehe. Neben diesem Brüchigwerden des gesellschaftlichen Zusammenhaltes können wir auf der sozialethischen Ebene einen breiten Konsens zu gewachsenen Ansprüchen und Erwartungen feststellen, die mit Konzepten wie Inklusion und Teilhabe verbunden sind und die sich, wie oben bereits angedeutet, an Bildungsinstitutionen wie Museen richten. Konzepte für eine soziale Funktion von Museen – „dritte Orte“ und soziale Infrastruktur Im Folgenden stelle ich zwei angelsächsische Konzepte vor, das der „dritten Orte“ und das der „sozialen Infrastruktur“, die beide instruktiv dafür sein könnten, den klassischen Kulturund Bildungsauftrag der Museen noch stärker als bisher auszuweiten, und zwar auch über die Museumsmauern hinaus. Beide Konzepte zielen darauf ab, den Ausstellungshäusern eine aktivere Rolle als bisher im gesellschaftspolitischen und sozialräumlichen Gefüge einer Stadt zuzuschreiben. Spätestens an dieser Stelle tritt die thema­ tische Schnittstelle zu den Salons der Republik deutlich hervor, die ja Orte der milieuübergreifenden sozialen Begegnung sein sollen und dabei weniger mit einem gestalteten oder vorgefertigten Programm aufwarten wollen. Sowohl Museen in dem an diese Konzepte anschließenden Sinn als auch die Salons der Republik 154

präsentieren sich eher als Gelegenheitsräume, die thematisch und performativ stark von den Interessen und Bedürfnissen, noch vielmehr aber von der Aneignung und Nutzung durch die Menschen abhängen. Museen als „dritte Orte“ zu entwerfen, diese Idee wurde inspiriert durch Überlegungen des US-amerikanischen Stadtsoziologen Ray Oldenburg (1999; 2001), der bereits Ende der 1980er-Jahre mit Blick auf die US-amerikanische Gesellschaft konstatierte, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt durch eine zunehmende Individualisierung, Vereinsamung und Abkapselung gefährdet sei, was durch eine weiter zunehmende Zergliederung der städtischen Infrastruktur zudem verstärkt werde. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, sollten sogenannte „dritte Orte“ im öffentlichen Raum eingerichtet werden. An diesen sollte es für alle möglich sein, die eigene Vision zu verfolgen, ohne große Hürden und ungezwungen mit Fremden ins Gespräch zu kommen, und damit intentional eben auch mit Menschen, die sozialstrukturell und -kulturell ganz unterschiedlich sind. „Dritte Orte“ sind nach seiner Vorstellung, Plätze und Räume, die atmosphärisch zwischen Privatheit („erster Ort“) und Arbeitsplatz („zweiter Ort“) angesiedelt sind – hierzu zählen nach Oldenburgs Vorstellung öffentliche Treffpunkte, die sich durch eine informelle Kommunikation auszeichnen und an denen sich Menschen gern aufhalten und wohlfühlen. Dazu gehören Cafés, Buchläden, Kneipen, Geschäfte jeder Art, aber auch Spielplätze, Parks, Bibliotheken, und eben auch Museen. Die Salons der Republik würden im Lichte dieser Betrachtung einen äußerst diversifizierten und damit multioptionalen „dritten Ort“ darstellen, der ein extrem breites und heute noch gar nicht in vollem Umfang vorauszusehendes Spektrum sozialer Aktivitäten zu beherben vermag.

Eine Weiterentwicklung des Konzepts dritter Orte stellt das Konzept der sozialen Infrastruktur des US-amerikanischen Soziologen Eric Klinenberg dar. In seinem Buch Palaces for the People (2018) konzipiert er öffentliche Treffpunkte als Orte einer funktionierenden sozialen Infrastruktur, an denen Menschen verweilen und sich über Gruppengrenzen hinweg austauschen können. Öffentliche Treffpunkte können Kindergärten, Theater, Schulen, Bibliotheken, Friseursalons, Schrebergärten und Fitnessstudios, aber auch Saftbars, Kneipen und Restaurants sein. Es können Orte sein, an denen sich Menschen treffen, um sich gegenseitig über Neuigkeiten zu informieren und auszutauschen, etwa auch in Museen, obwohl Klinenberg diese nicht explizit erwähnt (Wise 2019: 11). Wo der Aufbau einer funktionierenden sozialen Infrastruktur gelingt, entstehen ein tieferes Gemeinschaftsgefühl und ein stärkeres Maß an Hilfsbereitschaft. Das soziale Kapital Einzelner, aber auch einer Gruppe wächst (Klinenberg 2018). Eine funktionierende soziale Infrastruktur zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen in einem Stadtteil vertrauensvoll miteinander umgehen, weil sie miteinander bekannt sind. Folglich stabilisiert eine intakte soziale Infrastruktur nicht nur demokratische Gesellschaften, da sie eine Gegenkultur zur Dynamik gesellschaftlicher Desintegration darstellen kann, sondern, wenn Menschen in einer Community gut miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig auch in Krisenzeiten informieren, könne dies sogar auch Menschenleben schützen und retten. Zu dieser Erkenntnis gelangt Klinenberg in seiner Studie über Netzwerke und Nachbarschaften im „mörderischen Sommer“ im Juli 1995 in Chicago. Zu diesem Zeitpunkt erlebte die US-amerikanische Stadt eine enorme Hitzewelle, die eine Woche lang anhielt, mit der Folge, dass innerhalb weniger Tage 500 bis 700 Menschen starben, Tausende wurden dehydriert in die örtlichen Krankenhäuser eingeliefert. Unverhältnismä-

ßig viele schwarze, sozial benachteiligte und alte Menschen überlebten die Hitze nicht. Und dennoch traf die „Selektivität des Todes“ (Klinenberg 15.08.1997) nicht alle Armutsgruppen gleichermaßen: Die hispanische Bevölkerung verzeichnete nur sehr wenige Todesfälle. Denn wesentlich früher als andere Armutsgruppen hatten sie sich ihre Stadtteile zu eigen gemacht, ihre persönlichen Netze gespannt und in die sozialen Bindungen zu Familien, Freund*innen und Bekannten investiert. Während der Hitzewelle kam ihnen dieses Netz persönlicher Beziehungen zugute – es sicherte ihr Überleben, weil sie von der gegenseitigen Hilfe in ihrer Community profitierten (ebd.). Nun handelt es sich bei den mit Blick auf den Hitzesommer dargestellten Wirkungen sozialer Infrastruktur sicherlich um Extrembeispiele. Die erhofften Effekte können in der Regel an weniger dramatischen Entwicklungen gemessen werden. Ein Stadtteil, der sich durch das Vorhandensein von umfangreicherem Sozialkapital auszeichnet, kann vielfältige positive Entwicklungen hervorrufen. Wenn die Menschen in einem Sozialraum vertrauensvoll miteinander umgehen, sich gegenseitig unterstützen oder vielleicht sogar einfach nur gemeinsam Spaß haben und Traditionen ausbilden (zum Beispiel gemeinsame Feste feiern), entsteht ein Klima, in dem positiv besetzte Zugehörigkeiten sich entwickeln, Selbstwirksamkeit durch erfolgreiches Handeln in der Gemeinschaft gestärkt wird und durch Begegnung mit und in heterogenen Milieus die Bildungsaspirationen junger Menschen gefördert werden können. Die Übertragbarkeit erhoffter Sozialkapitaleffekte auf die Salons der Republik ergibt sich allerdings erst dann, wenn es gelingt, aus der angebotenen Infrastruktur eine soziale werden zu lassen. Es ist leicht vorstellbar, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen im Umgang Marion Kamphans  155

mit diesem Ort eigene Nutzungsinteressen entwickeln und ausleben. Wenn hier aber Sozialkapital nicht nur innerhalb von Gruppen von Gleichen (bonding), sondern milieuübergreifendes Sozialkapital (bridging) generiert werden soll (Putnam 2000), bedarf es auch eines begleitenden Angebots an Intervention, Moderation und – im Falle von Nutzungskonflikten – auch an Mediation. Museen zwischen Kultur- und Sozialarbeit Mit Blick auf die soziale Funktion von Museen stellt sich nun die Frage, ob Museumsmacher*innen ihre Aufgabe im Spektrum der oben genannten Konzepte verorten können und ob sie es überhaupt wollen. Die Diskurse im deutschsprachigen Raum beschäftigen sich vordringlich mit der Frage, wie es Museen gelingen kann, vor allem museumsferne Zielgruppen im Sinne eines inklusiven Museums anzusprechen (Kollar 2020). Damit interpretieren die Museumsmacher*innen ihren Auftrag vielfach noch in einem klassischen Sinn, auch wenn es bereits vereinzelte Anregungen für eine zukünftige Museumsarbeit gibt, in der sich Museen stärker als Akteure im Sozialraum engagieren (Mandel 2020). Am anderen Ende der Skala des funktionalen Selbstverständnisses, was eine zeitgemäße Museumsarbeit ausmacht, stünde das Museum als sozialer Treffpunkt, dessen Raum gestaltet ist, nicht aber sein Programm. Oder anders: Ziel der Museumsarbeit wäre es dann, den gemeinschaftsbildenden Ideen der oben genannten Konzepte folgend, verschiedenen Milieus im Sozialraum einen Ort zu geben, an dem sie sich treffen und tun können, was sie wollen, natürlich verbunden mit der Hoffnung, dass sich – auf welchem Weg auch immer – Interesse an den kulturellen Inhalten des jeweiligen Museums wecken lässt. Ein anschauliches und prominentes Beispiel hierfür ist das Projekt „The Next Level“ des ARoS Aarhus Kunst156

museums in Aarhus, Dänemark, das sich als „soziale Plattform“ versteht, also als ein Ort des Zusammenseins, und Besucher*innen reale wie digitale Räume anbietet, in denen sie sich unabhängig vom Museumsbesuch treffen und ins Gespräch kommen können. Mit dem Projekt The Next Level³ kommuniziert das Kunstmuseum auch eine weitergehende Vision, wie es sich seine zukünftige Kulturarbeit vorstellt: Institutionen der Kunst sollten das Geschehen in der Welt nicht nur wiedergeben und interpretieren, sondern soziale Verantwortung übernehmen und sich in das gesellschaftliche Geschehen einmischen. Eine andere Variante der Ausgestaltung eines sozialraumbezogenen Museumsprojektes besteht darin, Bewohner*innen des Quartiers partizipativ in die Produktion der Ausstellungsinhalte einzubeziehen, was besonders dort einen besonderen Charme entfaltet, wo es darum geht, die gemeinsame Geschichte des Stadtteils und seiner Bewohner*innen aufzubereiten. Beispielhaft hierfür sind verschiedene Projekte des Kreuzberg-Museums in Berlin Anfang der 2000er-Jahre, in denen zusammen mit türkischen Migrant*innen und deren Kindern die individuellen Migrations- und Integrationserfahrungen und die Migrationsgeschichte des Stadtteils in Form mehrerer Ausstellungen erarbeitet wurden (Düspohl 2007). So gelang es immerhin, in einem der Projekte bis zu 100 Stadtteilbewohner*innen für den Zeitraum von bis zu einem Jahr für die Mitwirkung am Museumsprojekt zu mobilisieren, die ansonsten mit dem Kreuzberg-Museum wahrscheinlich nicht in Kontakt gekommen wären und deren Koordination und Betreuung den Mitarbeiter*innen des Museums phasenweise viel abverlangte. Zum Gelingen der Projekte hat auch beigetragen, dass das Museum eine enge Kooperation mit weiteren Akteur*innen im Sozialraum aufgebaut hat, darunter Vereine, Initiativen und Institutionen, die das Museum

als „‚Ressource‘ und ‚Ausgangsbasis‘“ (ebd.: 38) für weitere Aktivitäten nutzten. Auch das Stadt- und Industriemuseum Rüsselsheim macht sich Gedanken darüber, wie es zu einer stärkeren sozialen Inklusion beitragen kann (Maul/Röhlke 2018). Ausgangspunkt sind Überlegungen zur Gestaltung inklusiver und digitaler Museumsangebote mit dem Ziel, das Spektrum der Besucher*innen zu erweitern, also konkret: interessanter zu werden für bildungsbenachteiligte Milieus und zugänglicher zu werden für Menschen mit Behinderung. In einem Studierendenprojekt⁴, das in Kooperation mit dem Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Rhein-Main und dem Stadt- und Industriemuseum Rüsselsheim durchgeführt wird, sollen Ideen und Möglichkeiten zur stärkeren Ausrichtung des Museumsangebotes an den Gegebenheiten des Sozialraums entwickelt werden. Hierzu wird in einem ersten Schritt eine Sozialraumanalyse durchgeführt, die die Lebenswelten und Milieus des Sozialraums und auch die Spezifika des Stadtteils, zum Beispiel Begegnungsmöglichkeiten und die Angebotsstruktur anderer Organisationen, sichtbar werden lassen. Daran anschließend stellt sich aus Sicht des Museums die Frage, welche Angebote des Museums als soziale Infrastruktur eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits existierenden Elementen der sozialen Infrastruktur des Stadtteils darstellen würden.

Unabhängig davon, wie sich Museen die konkrete Ausgestaltung ihrer sozialen Funktion vorstellen, ob in der inklusiveren Entwicklung des Besucherspektrums, als soziale Infrastruktur oder ob in der Form einer beteiligungsorientierten Produktion der Exponate und Ausstellungsinhalte – für eine gelingende Kulturarbeit mit museumsfernen Gruppen benötigen die Akteur*innen die entsprechenden Interaktionskompetenzen, Sozialraumkenntnisse und Kompetenzen im Bereich der Gemeinwesenarbeit. An dieser Stelle ergeben sich Ansatzpunkte und eventuell auch eine neue Rolle für die Soziale Arbeit im Kontext der kulturellen Bildung, die qua Profession geübt da­ rin ist, Zugänge zu museumsferneren Zielgruppen herzustellen, Methoden des Empowerment einzusetzen und soziale Netzwerke in Stadtteilen aufzubauen. Gefragt wäre die Soziale Arbeit möglicherweise auch in den Salons der Republik, nämlich immer da, wo das Erreichen gesellschaftspolitischer Zielsetzungen unterstützt werden soll – etwa durch Aktivierung der Zielgruppen der Sozialen Arbeit und durch eine stärkere Nutzung der Salons der Republik im Rahmen der Gemeinwesenarbeit.

Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Varianten innovativer Museumsarbeit lässt erahnen, dass der museale Bildungsauftrag doch immer mitläuft, selbst dann, wenn er im Konzept der sozialen Infrastruktur weit in den Hintergrund rückt. Hier scheint das Konzept der Salons der Republik mehr Freiräume für autonome Nutzungsoptionen zu bieten, die stärker an den Eigensinn seiner Besucher*innen anknüpfen, auch wenn eine Stärkung des demokratischen Gemeinwesens erhofft wird. Marion Kamphans  157

Holger Kleine

DER RAUM ALS MODERATOR Die Erfahrung, dass der Verlauf eines Gesprächs immer auch von dem Ort abhängt, an dem es stattfindet, macht jeder Mensch schon früh und immer wieder. Vor allem zwei Umstände zeichnen die Gesprächsbahnen bis zu einem gewissen Grad vor: zum einen die Vorrechte der Person, die eingeladen und eventuell zugleich das Hausrecht innehat. Im Fall der Salons der Republik muss die Einladung von der öffentlichen Hand ausgehen, denn nur deren Ausstrecken lädt die Bürger*innen dazu ein, diesen Salon als Verkörperung der Volkssouveränität – also auch ihrer selbst – anzuerkennen. Diese doppelte Rolle, Gastgeber und Gast zugleich zu sein, kann das Gemeinwesen nicht in private Hände delegieren, ohne die Legitimität der Salons zu verspielen und mit ihm wieder jene Schwellen aufzubauen, die abzubauen seinen Daseinsgrund bilden.

Zum anderen sind es die Eigenschaften des konkreten Raums, die den Verlauf eines Gesprächs bestimmen. Ein Raum redet durch die von ihm ausgehende und auf unsere momentane Stimmung einwirkende Atmosphäre immer mit. Er ist der stumme Mitmoderator eines jeden Gesprächs, er kann beflügeln oder lähmen, er temperiert die Stimmungen – er affiziert. Die Affizierungen (spürbare, nicht haptische Berührungen) der Salons der Republik sollten sich auf der ganzen Skala der Möglichkeiten bewegen, denn sie können und sollen der Festtagsschmuck der Demokratie sein. Das mag paradox erscheinen, da in den Salons doch gerade die Alltagsangelegenheiten erörtert werden sollen. Aber eben dies, dass Alltagsangelegenheiten überhaupt von allen Bürger*innen öffentlich erörtert werden können, ist weder selbstverständlich noch ein Geschenk des Himmels, sondern hart errungen – und deshalb Anlass zu Stolz und Freude. Deswegen sollten sie intensive, individuell gestaltete, erinnerbare Räume sein. Ihre Anmutungen sollten von heiter bis ernst, von überschwänglich bis asketisch, von gelassen bis feierlich reichen. In einige meint man förmlich einzutauchen, andere verblüffen. Ist dies einsichtig, gilt es folgende These zu erwägen: 158

Räume der Demokratie sollen affizieren – wider die Neutralisierung des öffentlichen Innenraums. Gegen diese These wird – zumindest im deutschen Soziotop – schon fast reflexartig Widerstand angemeldet: Besser sei es doch, dass der Raum neutral ist, also fast keine Wirkung habe, denn jeder starke Raum wirke doch auf jede*n anders, seine Wirkung sei doch subjektiv. Dem ist entgegenzuhalten, dass dies ein zunächst durchaus schöner, weil subjektiver Einwand ist, aber eben kein objektiver, allgemeinverbindlicher. Denn nicht die Wirkung auf jede*n ist anders, sondern allenfalls das Urteil, das heißt die urteilende Reaktion auf die von den meisten ähnlich wahrgenommenen Anmutungen. Ein Beispiel: 2014 unternahm ich mit einer Gruppe von Studierenden aus Iowa eine Exkursion nach Köln. Nach dem Besuch des Doms machte sich eine Studentin Luft: „The dome is so big. Gosh, I felt kind of lost in it … The church in my hometown is more cosy!‘‘ Die Betroffene hatte das Numinose also durchaus gespürt, wertete dessen Aufscheinen aber als Zumutung. Das ist ihr gutes Recht, aber es stimmt bedenklich, dass sie unreflektiert vo­raussetzt, jeder Raum solle gemütlich und wie für sie gemacht sein.

Ein zweiter Einwand gegen den Subjektivitätsvorwurf ist die Tatsache, dass es einen wirkungslosen Raum gar nicht gibt: Auch ein neutraler Raum wirkt – und zwar nüchtern! Kaum hat man den Raum betreten, meint man einen Stock verschluckt zu haben. In Deutschland mangelt es wahrlich nicht an Demokratieakteur*innen, an Stiftungen, Verbänden, Initiativen, die verdienstreiche Workshops und Seminare anbieten – aber es mangelt ihnen an Räumen, in denen man gerne an ihnen teilnimmt. Immer sind diese Räume schal, freundlich-herzlos und gediegen-kühl; sie fühlen sich an wie Vorzimmer, sodass man meint, hinter ihnen gebe es noch eine Arena, in der die wirklichen Debatten entfacht und durchgefochten werden. Bei den besseren Seminaren ist eine solche Arena dann immerhin das Restaurant am Abend, das den Teilnehmer*innen wie magisch den Stock vergessen macht und die Zunge löst. Eine Demokratie, die in solcherlei Wartezimmern stattfindet, bleibt unter ihren Möglichkeiten und muss sich über mangelnde Teilhabe und Identifikation – von Begeisterung ganz zu schweigen – nicht wundern. Tatsächlich ist das Scheinargument der bloß subjektiven Wirkung – deren Nicht-Nachvollziehbarkeit uns von der Bürde befreie, affizierende Räume zu entwerfen – jedoch kein weiser Verzicht, sondern die Verbrämung eines unreflektierten Verhältnisses zu sich selbst: Es ist das Schutzschild derjenigen, die mit Affizierungen nicht umgehen können und sich ihrer mit vorschnellen Urteilen entledigen. Und das meist abfällig, denn wer etwas hinabstößt, katapultiert sich zumindest in der Selbstwahrnehmung nach oben. Die Raumresultate aus dieser selbstgerechten Erfahrungsverschlossenheit der Rezipient*innen und der Angst der Produzent*innen (Bauherr*innen, Veranstalter*innen, EventManager*innen) sind niederschmetternd: Für

die öffentlichen Angelegenheiten werden nüchterne Räume angeboten, für die Freizeit die krachend-kurzlebigen Effekthascher, für den Festakt vordemokratische Raumszenografien: Schlösser, Burgen, Kirchen … Demokratien tun sich immer noch schwer, eigene, attraktive Ikonografien zu entwickeln. Was den gebauten und gelebten Raum betrifft, lässt sich eine solche Ikonografie auch nicht dekretieren oder wie ein Logo alle paar Jahre per Ausschreibung aktualisieren. Man muss den Demokratien Zeit geben, mit den Moden gelassen umzugehen und um den Geschmack der*des Einzelnen übersteigende Vielfalt zu erlauben. Ist dies einsichtig, gilt es folgende These zu beherzigen: Das Interieur ist keine Wegwerfware – wider die „Höhe der Zeit“. Je geringer die Erfahrungsoffenheit, desto abhängiger das Urteil von den Moden. Nicht aus sachlicher Notwendigkeit, sondern um den Raum einer „Frischzellenkur zu unterziehen“ oder ihm den „eigenen Stempel aufzudrücken“ werden hierzulande Interieurs in viel zu kurzen Abständen herausgerissen und ohne Rücksicht auf die Zeitzeugenschaft des Gebäudeorganismus als Ganzem durch vermeintlich auf der „Höhe der Zeit“ befindliche Einbauten ersetzt. Viel seltener als Gebäudefassaden sind Interieurs vom Denkmalamt geschützt: Sie gelten der Gesellschaft wenn nicht gleich als Wegwerfware, dann doch als Privatsache. Doch Letzteres sind sie im Fall des öffentlichen Innenraums nicht einmal im juristischen Sinn. In viel höherem Maß als derzeit sollte der Staat seine Interieurs schützen, denn nur in einer Kulturnation, die Zeugnisse unmodisch gewordener Haltungen nicht hochmütig entsorgt und die Patina und Gebrauchsspuren nicht nur den Zeugnissen vordemokratischer Zeiten zugesteht, wird sich atmosphärische Vielfalt zugleich mit historischer Tiefe etablieren.¹ Nur Holger Kleine   159

dann, im selektiven Schutz und behutsamen Weiterbau, in der Spurensicherung und Umdeutung, in der Reibung von Zweckwandel und altem Gewand, im Respekt vor Unzeitgemäßheit wird dieser öffentliche Innenraum dialogisch und damit demokratiefördernd wirken. Im Gegenzug darf sie von ihren Interieurs generell Belastbarkeit, Selbstbewusstsein und Charakterstärke erwarten. Ist dies einsichtig, gilt es folgende These zu prüfen:

elegante Stühle gaben dem Raum das Flair eines Clubraums, der in jeder Besprechung Esprit, Verbindlichkeit und Understatement aufs Neue befeuert. Seitens des Raums bedarf es also nicht flüchtiger Angebote, sondern eines charakterstarken Auftretens.

Raum ist Widerstand – wider die totale Flexi­ bilisierung. In unserer ausdifferenzierten und sich permanent revolutionierenden Gesellschaft meinen manche, dass der Raum so flexibel sein sollte wie gerade noch technisch machbar, um sich wandelnden Bedürfnissen nicht in den Weg zu stellen und somit der schnellen Entsorgung zu entgehen. Dieser gut gemeinten These ist zu widersprechen, denn es gilt: je größer die Flexibilität des Raums, desto geringer seine Intensität. Die in den 1960er- und 1970er-Jahren favorisierten Mehrzwecksäle sind charakterlos, nutzen sich rasant ab und werden meist doch nur zwecks ein oder zwei Funktionen bespielt. Für alle anderen erwiesen sie sich trotz ihrer Flexibilität als untauglich.

Mit diesem Gedanken kann die Floskel, dass es den Nutzer*innen möglich sein müsse, sich Räume anzueignen, präzisiert werden. Aneignung kann nicht heißen, den Raum bedenkenlos zu vereinnahmen, sondern: den Raum auf sich zukommen zu lassen und ihm gegenüber eine Haltung zu gewinnen. Es gilt, sich mit ihm zu arrangieren. Der Raum bleibt dabei ein Gegenüber und hat das gute Recht, uns gegenüber immer auch andersartig und widerständig zu bleiben. Architektur ist immer Grenzziehung – immer stellt sie uns eine Wand in den Weg. Der Raum ist kein beflissener Diener, sondern ein Moderator, der uns zwar Raum zu geben hat, aber auch überraschende, ja unangenehme Fragen stellen darf. Unangenehm wird es zuweilen, wenn verschiedene Milieus aneinandergeraten, und doch ist gerade deren Austausch untereinander das Gebot nicht nur der Stunde, sondern einer jeden Demokratie. Ist dies einsichtig, gilt es folgende These zu veranschaulichen:

Aber auch in dem kleinen Maßstab des Salons, um den es uns hier primär geht, verströmt der Gedanke der Flexibilität nur wenig Charme: Stapelbare Stühle vor klappbaren Tischen und ausgeleierten Faltwänden vermitteln den Debattierenden den Eindruck, dass ihre Argumente ebenso leicht beiseitegeschoben werden können wie der Tisch auf Rollen. Nie habe ich in einem flüchtig eingerichteten Raum erinnerungswürdige Erlebnisse gehabt. Neid erfasste mich, als ich im Faculty Room des von Paul Rudolph entworfenen Gebäude der Yale School of Architecture (1963) stand: Ein ungemein lässiges Ledersofa, ein breiter Kamin, feste Regaleinbauten, ein nicht verrückbarer Tisch,

Salons sind milieuübergreifend – wider den Selbstbestätigungsclub. Zugegeben: Vereinen, Gemeinden und Clubs ist es reibungsloser möglich als dem Staat, intensive Räume zu schaffen. Denn ein Club konstituiert sich aus Mitgliedern gleicher Überzeugungen und Interessen. Ein Salon hingegen hat keine Mitglieder, allenfalls besonders Engagierte, sogenannte habitués, und floriert durch die Verschiedenheit der Überzeugungen und Interessen. Clubs sind milieufestigend, Salons milieuübergreifend. In Clubs darf man sich anschweigen, im Salon wäre dies das Ende seiner selbst. Per definitionem ist es Aufgabe der Salonnière (die hier keine andere als die

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Republik selbst ist) – die Eingeladenen (die Gesamtheit ihrer Bürger*innen) aus verschiedenen Milieus miteinander zum Austausch anzuregen. Selbstredend also sollte sich der Staat untersagen, Clubs zu gründen, und sich stattdessen anschicken, Salons zu geben. Um genauer zu begreifen, wie Räume (und nicht nur Salons) Gespräche moderieren können, bietet es sich an, eine kleine Typologie der Räume der Rede und Widerrede zu skizzieren. Dadurch sollte folgende These einsichtig werden: Jede Dialogform strebt zu einem anderen Raumtyp – wider die Vereinheitlichung des Raums. a. Räume der Vorladung: Axialordnung Angestellte herwinken, Botschafter*innen einbestellen, Kandidat*innen vorsingen und Sündenböcke antanzen lassen: Die Vorladung kennt viele Varianten. Das ihnen folgende Gespräch zwischen den Mächtigen und den Schmächtigen spiegelt sich in den Räumen der Vorladung. Nirgends ist dieses asymmetrische Gespräch in anschaulicherer und dauerhafterer Weise Raum geworden als im axial geordneten Gerichtssaal, dem allerorten und notwendigerweise verbliebenen Residuum des Thronsaals. Die Zonen der Parteien werden durch klare Grenzen, teils sogar Schranken voneinander getrennt, die Bänke fest im Boden verschraubt, die Rollenverteilung durch Stufen, Podeste und Platzzuweisungen ablesbar. In Chefzimmern und Sitzungssälen, aber auch in vielen Dienstleistungsräumen und sogar in den eigenen vier Wänden bewahren sich häufiger, als man sich bewusst macht, Reste dieser autoritären Raumgliederung – einer Raumgliederung, die Charlie Chaplin in The Great Dictator immer wieder einprägsam vorführt und verspottet. Räume der Vorladung sind Räume der Grenzziehung, Hierarchisierung und Festi-

gung. Bemerkenswert ist, dass im Frühjahr 2021 die Canadian Academy for Architecture of Justice in Toronto einen Studierendenwettbewerb mit dem Titel „Breaking the Cycle“ ausgeschrieben hat, der sich die Architektur des Gerichtssaals, dieser Bastion der Vorladungsarchitektur, vornimmt. In der Wettbewerbsankündigung im Baunetz heißt es: „In der Justiz findet eine Bewegung weg von der starren Hierarchie mit ihrem harten Bestrafungssystem statt. Stattdessen gibt es eine immer stärkere Vernetzung mit den Gesundheits- und Sozialbehörden. Ziel des Wettbewerbs ist es, diese neue Form der Zusammenarbeit architektonisch sichtbar zu machen.“ (22.01.2021) b. Räume der Einladung: Landschaft Jede Macht der Welt bedarf Räumen der Vorladung, festigt sich aber auch mittels periodischer Charmeoffensiven und bedarf dazu Räumen der Einladung. Wer eine Einladung ausspricht, lässt in die eigene Sphäre eindringen, gibt und empfängt. Nirgends sonst ist die Einladung auf anschaulichere Weise Raum geworden als eben im Salon. In ihm verschieben sich fortdauernd die Grenzen und wandern die Mittelpunkte, wechseln die Einzelnen ihre Rollen und bilden sich immer neue Gruppen heraus. Die Raumgestaltung lockert das Gerüst der Achsen, um das Gewoge der Gespräche und das Einandergewogen-Sein der Sprechenden zu inspirieren. Der Raum wird zur Landschaft, die in der Bewegung und in der Abfolge wechselnder Perspektiven wahrgenommen werden will. In jedem Wohnzimmer, jeder Hotellounge, jeder Sofalandschaft bewahren sich, wie schal und plump auch immer, Reste der Salonkultur. Salonarchitekturen drängen von sich aus zum Jugendstil mit seinen geschmeidigen Linien, und so nimmt es nicht Wunder, dass Holger Kleine   161

einer der schönsten Salons jener ist, den Henry van de Velde 1903 für das NietzscheArchiv in Weimar gestaltet hat. Und es ist böse Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die Salonnière dieser Villa Silberblick, Elisabeth Förster-Nietzsche, mit Mächten sympathisierte, die das frei fließende Gespräch auf brutalste Weise versiegen ließen. Räume der Einladung sind Räume der Grenzverschiebung, Egalisierung und Verflüssigung. c. Räume der Beratung: Ring Ergänzend zu den Räumen einer gnadenlosen Verbindlichkeit (der Vorladung) oder denen einer schwebenden Unverbindlichkeit (der Einladung) bedarf die Macht der Räume der klugen Beratung. Zu deren Ergebnisoptimierung stellt sie zumindest vorübergehend die Fiktion einer Gleichstellung und Unverletzbarkeit (Immunität) aller Teilnehmer her – seien diese gewählt oder berufen. Eine Beratung unter Gleichen findet natürlicherweise zum Kreis. Dieser gewährt Übersicht und platziert alle in gleicher Entfernung zum Mittelpunkt, der entweder in seiner Leere das symbolisiert, was noch nicht da, aber anzustreben ist (der Beschluss), oder zum Beispiel mit den sprichwörtlichen Wimpeln auf dem runden Tisch das symbolisiert, was es zu erhalten gilt. Ab einer gewissen Größe jedoch verliert der Kreis seine zentrierende Kraft: Zusammengehörigkeitsgefühl, Übersicht und Sprechverständlichkeit lassen nach. Den Kreis zu erweitern, ist heikel, denn wird eine zweite Reihe notwendig, schlägt das radikal Egalisierende des Kreises in das gnadenlos Hierarchisierende um – nicht mehr das Inklusive des Kreises, sondern dessen Exklusivität springen nunmehr ins Auge. „Zum inneren Zirkel gehören“, „in der zweiten Reihe sitzen“, „geschlossene Kreise bilden“: Es sind die Rücken der Bevorzugten, die dann das Bild abgeben. Ein Dilemma, sichtbar in unzähligen 162

Sitzungen und Sitzungsgehäusen auf kommunaler Ebene. d. Räume des Ringens: Rang Die antiken Griechen fanden eine auf den ersten Blick paradoxe Lösung für das Dilemma des Kreises: Die Figur ihrer Wahl für die Säle ihrer buleuteria, ihrer Rathäuser, waren gestufte Ränge, manchmal in Halbkreisen, manchmal (wie in Priene) und besonders wirksam als rechtwinklig an drei Seiten gefasste Bucht. Sie bauten Hierarchien in Stein, um sie im Gebrauch aufzulösen. Die Ränge boten allen eine gute Hör- und Sichtbarkeit, und die graduellen Vor- und Nachteile der Sicht glichen einander aus: Was man auf den oberen Rängen an Nähe verlor, gewann man daselbst an Übersicht. Zudem intensivierte die Steilheit der Ränge die Raumatmosphäre, denn hier bildete der leibhaftige Mensch die Wand. Sie ermöglichten die Erfahrung, dass der Anblick von Konzentration und Leidenschaft im Gegenüber die eigene anstachelt. Aber auch die Redner*innen profitieren: Zwar begeben sie sich zwischen die Ränge, hinab in die Grube, aber diese Erniedrigung entkleidet sie allem unschicklichem Hochmut, ja weist sie als Held*innen aus, die mit nichts als Charisma und Wort um die Gunst der (nach heutigem Begriff) Souveränität werben. Warum dieser Raumtypus, der doch so viele Qualitäten aufweist, in der Neuzeit nur als anatomischer Demonstrationssaal und von diesem ausgehend nur als Hörsaal – der meist nur auf einzelne Redner*innen und nicht mehr auf vielfältige Redner*innen und Hörer*innen fokussiert – Karriere machte und nicht auch als Ratssaal, darüber kann ich hier nur spekulieren. Ist es die mangelnde Flexibilität der Ränge? Ihr höherer Raumverbrauch? Sind es ihre konstruktiven Anforderungen? War es schlicht das Vorbild der römischen Curia Iulia mit ihren drei sehr niedrigen Stufen für die 300 Senatorensessel, das in die Geschichte weiterstrahlte?

e. Räume der Debatten: Vis-à-Vis. Streiten sich zwei Personen, stehen sie ei­ nander gegenüber. Versteht man das Parlament primär als Ort der Ja-oder-Nein-Abstimmungen, liegt nichts näher als die Kontrahent*innen auf zwei einander gegenüberliegenden Tribünen Platz nehmen zu lassen. Dass diese Sitzordnung Debatten befeuern kann, ist evident. Aber immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass sie die Debatte als Selbstzweck, als bloßen Wettkampf fördert, statt sie als Mittel des sachlichen Erwägens und der Suche nach Ausgleich zu instrumentalisieren. Das bekannteste Beispiel einer solch konfrontativen Anordnung der Parteien ist das englische House of Commons, das für viele Parlamentssäle des Commonwealth Pate stand. Die Abgeordneten reden von der Bank, nur Regierungsvertreter*innen vom zentralen Tisch aus. Formal adressiert wird der Speaker, der auch alleinig und spontan die Redeordnung festlegt. Neben diesem Ritual und anderen Details zeigt sich auch in der schlichten Berufsbezeichnung, dass (heute freilich nur noch in der Theorie) er oder sie persönlich zum königlichen Oberhaupt (welches immer noch die Verkörperung des Gesamtwillens darstellt) sprechen wird, beziehungsweise dessen Gesandte*r im Parlament ist. Wo die politische Einheit nach wie vor im Körper des Königs oder der Königin symbolisiert ist, bedarf es nicht deren Symbolisierung im Plenarsaal, so der Politologe Philip Manow in seiner Studie zur demokratischen Repräsentation (2008: 45). f. Räume der Einigung: Halbkreis In der Französischen Revolution aber wurde der König geköpft, sodass es nachfolgend sehr wohl und dringend der Symbolisierung von Einheit und Einigung bedurfte. Das Parlament, das heißt vor allem dessen Sitzordnung, gehörte zur ersten Garde der symbolträchtigen Elemente der grundlegend neuen Ordnung. In den vielen Entwürfen für einen neuen Parlamentssaal dominierten Varianten des gestreckten

Kreises und des Halbkreises. Manow argumentiert, dass Letzterer weder aus funktionalen (Akustik und Sicht) noch historisch-zufälligen (Zweckentfremdung vormaliger Theatersäle) noch links/rechts-semantischen Erwägungen vorgeschlagen und ausgewählt wurde, sondern weil er „architektonisch dem Eindruck von parteilicher Fragmentierung, der in der britischen Form nahelag“ (ebd.: 33), entgegenwirkt. Der Halbkreis eint. So sehr bedurften die Revolutionsregime zu ihrer Legitimierung der Inszenierung von Einigung und Einheit, „dass die Stimmzettel nach der Abstimmung verbrannt wurden, denn war einmal der volonté générale per Mehrheit ermittelt, sollten alle Anzeichen vorherigen Dissenses verschwinden.“ (Ebd.: 34) Dies ist in unserem Zusammenhang bemerkenswert, zeigt diese Argumentationslinie doch, dass jene Sitzordnung, die seit der Französischen Revolution weltweit in fast allen Parlamentssälen, außer denen des Commonwealth, gewählt wurde, bereits in ihrem modernen Ursprung weniger der perpetuierten Debatte als vielmehr deren Überwindung dienen sollte. Die Pluralität verschiedener Meinungen soll sich nur zeitlich in der Redeordnung offenbaren, nicht räumlich in der Sitzordnung. In der Reinform des Halbkreisparlaments gibt es kein festes Gegenüber, sondern nur das temporäre Gegenüber der jeweiligen Redner*innen. Bis heute sitzen in der Assemblée Nationale in Paris die Regierungsvertreter*innen in den Parlamentsreihen, und es gibt die Möglichkeit, sowohl vom Platz wie auch vom Pult zu reden. Drei der bislang vier Plenarsäle der Bundesrepublik hingegen waren mit einer Regierungsbank zur Rechten des Sprechers oder der Sprecherin bestückt. Mit dieser Bank, die vor allem im alten Bundeshaus an die gestuften und gestaffelten Fronten von Gerichtssälen erinnerte, war die Regierung somit herausgehoben und stellte sich dem Parlament. Diese Konfiguration kann durchaus als subtile, Holger Kleine   163

maßvolle Einfügung eines debattenstiftenden Elements gesehen werden, hat das Parlament doch die Regierung zu kontrollieren – und diese sich zu rechtfertigen. Freilich wird sie durch das Gegenüber nicht nur Zielscheibe, sondern erlangt auch medienwirksame Sichtbarkeit und ordnende Übersicht. Und dennoch ist einzugestehen, dass die Gefahr, dass das Parlament in seiner Einheit nicht mehr die tatsächlich vorhandene Diversität der Bevölkerung widerzuspiegeln imstande ist, sich bereits in der einigenden Raumfigur angelegt findet. Diese sechs Typen des Raums der Rede und Widerrede lassen sich als drei Komplementärfiguren verstehen: Räume der Vorladung versus Räume der Einladung, Räume der Beratung versus Räume des Ringens und Räume der Debatten versus Räume der Einigung. Oder figürlich gesprochen: Axialität versus Landschaftlichkeit, Ring versus Rang und Vis-à-Vis versus Halbkreis. Mit diesen Kategorien wäre eine allererste, zugegeben noch grobe Grundlage skizziert für eine systematische Erforschung der Räume der Debatte. Es scheint ein wenig erforschtes Feld zu sein. Auch Manow bekundet sein Erstaunen darüber, dass selbst in der anschwellenden Literatur zur Parlamentsarchitektur die Frage der architektonischen Form des Plenarsaals und der Sitzordnung „wenn überhaupt, nur kursorisch Erwähnung“ (ebd.: 16) findet. Der österreichische Pavillon der Architektur-Biennale 2014 unternahm zwar eine weltweite Bestandsaufnahme von Parlamentsbauten, fokussierte aber auf deren Baukörper, nicht deren Säle und Sitzordnungen. Auch konnte ich der einschlägigen Literatur zur Architektur der russischen Arbeiterklubs kaum Belastbares zur Frage der Förderung beziehungsweise Dämpfung einer offenen Debattenkultur mittels räumlicher Dispositionen entnehmen. Und sicherlich wäre dieses Forschungsfeld interdisziplinär 164   Holger Kleine

zu beackern: von Soziolog*innen und Rhetoriker*innen, von Kulturwissenschaftler*innen und Psycholog*innen, von Architekturtheore­ tiker*innen und Historiker*innen etc. Doch zurück zum Salon: Diesem ist eigentümlich, geschmeidig und vermittelnd zu sein. In besonders hohem Maße kann er sich einnisten in verschiedene Gehäuse und sich diese aneignen. Die hier charakterisierten sechs Typen sind letztlich nicht seine Gegensätze, sondern sein Fundus. Auch die von unseren Studierenden entworfenen Salons lassen sich als Hybride analysieren, die ihre affizierende Kraft aus der spielerischen Kombination und immer wieder neuen Anverwandlung der skizzierten Grundtypen beziehen. Zu jeder architektonischen Kultur sollte die Pflege aller dieser Raumtypen für Dialoge und Debatten gehören – für eine lebendige Demokratie ist diese Pflege keine Kür, sondern eine Pflicht.

NACHWORT Ralf Kunze

SPAGAT ZWISCHEN KUNST­ AKADEMIE UND BERUFSSCHULE

Zum Wiesbadener Innen­architekturstudium Die im Deutschen Architekturmuseum (DAM) ausgestellten Salons der Republik zeigen eindringlich, was in der Innenarchitekturausbildung neben der pragmatischen Vermittlung räumlicher und bautechnischer Grundkompetenzen Ziel einer Innenarchitekturausbildung sein muss: die Vermittlung von Kompetenzen, um „ziemlich Neues“ zu erfinden! Es geht um Erfindungen, die Realität gestalten. Unmittelbar, ganz im Sinne Vitruvs, als Herstellung schöner, zweckmäßiger und beständiger Innenräume, aber auch mittelbar: Erfindungen, die Gedanke und Theorie, in den besten Fällen sogar Poesie sind und möglicherweise als Visionen auch literarisch wirken könnten!

Holger Kleine ist mir schon lange als „Einflüsterer“ und Anwalt öffentlicher Innenräume bekannt: Vor etlichen Jahren, frisch als Professor für Künstlerische Innenarchitekturen nach Wiesbaden berufen, inspirierte er seine Studierenden zu herausragenden fiktiven Entwürfen für modernste europäische Moscheen. Nach dem Motto „Wer bleibt, der baut“, wurde untersucht, wie vor dem Hintergrund muslimischer Bautraditionen zeitgemäße Transformationen, also ein baulicher Ausdruck von Integration und Inklusion innerhalb hiesiger soziokultureller Rahmenbedingungen, erzeugt werden könnten. Gezielt schwellenfreier als nun die Salons der Republik im TheorienTempel des DAM wurde die beeindruckende Reihe vieler sehr schöner Beiträge damals im „Waschsalon Wellritzstraße“ im Wiesbadener Westend ausgestellt. Auf diese Weise wurde sie erfolgreich inmitten des Alltags muslimischer Mitbürger*innen zugänglich gemacht. Die Salons als öffentliche Räume für alle konzipiert Kleine zunächst als große bauliche Struktur für Berlin, und zwar genau für den

Ort, den Axel Schultes, Architekt des Kanzleramtes und Verfasser des Bandes des Bundes als städtebaulicher Masterplan, schon immer als Ort eines Bürgerforums vorgesehen hatte. Dieses Forum blieb jedoch eine diffuse Idee, da es im Wettbewerb für die Regierungsbauten als Programmpunkt gar nicht vorgesehen war. Die von Schultes Intuition besorgte Leerstelle zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus ließ Raum für viele Optionen. Eine solche entwarfen nun die Studierenden des Bachelorstudiengangs Innenarchitektur entlang von Kleines konzeptionellen Leitlinien. Diskursiv und kollaborativ arbeiteten sie zusammen und planten gemeinsam einen schrittweise entstandenen Entwurf durch. Individuell gestaltete Salons für direkte Gespräche, jeweils in etwa der Größe kleinerer Klassenräume, wurden inspirierend und dynamisch entwickelt. Diese Salons werden umringt von vielen spannungsvollen Bewegungs- und Begegnungszonen und formen zusammen eine großzügige Erlebnislandschaft mit Gastronomie und dazugehöriger Infrastruktur. Ähnlich verwobene städtische Dimensionen von Straße und Platz kennen wir Ralf Kunze   165

als öffentliche Szenerien innovativen, urbanen Lebens auch aus modernen Campustypologien und Lernlandschaften mit ihren weitläufigen Kommunikationsräumen und anregenden Atmosphären wie etwa im Rolex Learning Center der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (Architektur: SANAA) oder dem Student Learning Center der Ryerson University Toronto (Architektur: snøhetta). Darüber hinaus stellen die Salons der Republik als intendierte Orte von Rede, Widerrede und Toleranz nicht nur demokratische Identitätsräume, sondern durch Teilen, Mitteilen und Ringen um gemeinschaftliches Denken und Fühlen gleichsam Initiationsräume demokratischen Seins dar. Ein ähnliches Programm wurde zwei Jahre später in einem Entwurfsseminar für den Frankfurter Paulsplatz entwickelt. Die baulichen Figuren erreichen hier, im innerstädtischen Kontext des historischen Zentrums, dichtere Raumgefüge und wirken zusammen mit dem Volumen der Kirche wie eine zusammenhängende städtebauliche Assemblage. Die möglicherweise etwas überzeichnete social fiction dieser innovativen Innenwelten republikanischer Identität wird auch durch die beeindruckende Poesie und Dramaturgie ihrer analogen Zeichnungscollagen getragen. Wesentliches Motiv für diese beiden fiktiven Demonstrationsprojekte demokratischen Zusammenkommens, physisch, wie gedanklich, scheint das affirmative Interesse am selbstbestimmten Gemeinwesen und Gemeinwohl zu sein. Nach den Prinzipien Hoffnung und Verantwortung fordert das Anthropozän von uns Menschen nun vor allem Innovationen in Demut und Empathie. Der Zustand unserer Umwelt erfordert eigentlich spätesten seit dem Bericht Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome von 1972 idealerweise, durch lange Untätigkeit nun gezwungenermaßen nachhaltige Visionen. Diese zu erringen, erfordert 166

kritisches Evaluieren, Korrigieren und Transformieren: Die Salons der Republik thematisieren und verkörpern dieses Potenzial der Macht des konvivialen Zusammenwirkens als große, die Stadt ordnende Struktur und als kleiner, feiner Ort. Louis Kahn nennt solche Orte Stätten: „Eine Stätte hat eine Ideologie, denn sie steht für eine condition humaine“ (Romaldo/ Jamini 1984: 53). Diese Salons der Republik werden Kultstätten demokratischer Praxis und preisen demokratische Hoffnung und Gewissheit. Ich würde mich auch Amanda Gorman anschließen und ihrem Wunsch nach einem Land, das Chancen für wirklich alle bietet, „all cultures, colors, characters, and conditions of man“ (20.01.2021). Ein solcher Wunsch ist die konstituierende Voraussetzung für umfassende konstruktive Anteilnahme und für die Identität einer überzeugenden Debattenkultur in der Demokratie. Wie plant man aber konkrete Räume zum Denken und Fühlen, für ein Zusammenkommen für empathische Debatten, zur Förderung demokratischer Identität und zum Erleben von Gemeinwesen? Wie lernt man dieses RäumeMachen? In weitesten Teilen der Welt lehren wir Professor*innen dies in Planspielen oder Fallsimulationen unterschiedlichster Größenordnung, die sich Entwürfe nennen. Solche Planspiele, die ganze Kohorten im Ideenwettbewerb individuell durchspielen, haben eine lange Tradition, sie sind bestens erprobte Designmethodik: Von der römischen Accademia di San Luca wurden bereits ab 1596 Studentenwettbewerbe veranstaltet, in denen es um die Bearbeitung einer Aufgabe (zum Beispiel den Entwurf einer Kirche) unter möglichst realistischen Bedingungen ging.¹ Da der zu entwickelnde Raum immer nur Hülle des Lebens ist, müssen wir als Entwer-

fende während des Entwerfens ein Bild des ihm eingeschriebenen vielfältigen, letztlich aber unbestimmbaren Lebens gewinnen: In empathischen Spekulationen denken wir uns wahrscheinliche Nutzungsszenarien aus, vor dem Hintergrund weitreichender Recherchen und unter Beimischung unserer eigenen Erfahrungen und Fantasien. Wie Schauspieler*innen sind wir bereit, jedes abwegige, aber mögliche Bedürfnis aus uns selbst heraus spielerisch zu verkörpern. In dieser Rolle versetzen wir uns in die Lage, spielerisch jedes individuelle Anliegen durchzutesten, welches wir anschließend im regelmäßigen Rollenwechsel, eher als kritische Anwält*innen zum Beispiel gesellschaftlicher Anliegen wiederum begrenzen und auf Plausibilität prüfen: das Balancieren von Thesen und Antithesen in wechselnder Vertretung der Interessen von einerseits Bewohner*innen beziehungsweise Nutzer*innen und andererseits Kund*innen, Mitarbeiter*innen, Investor*innen, Planungspartner*innen, Baubehörden etc. Dieses zwischen Für und Wider pendelnde innere Rollenspiel trainiert die oder den Einzelne*n in Reflexion und Selbstkritik und zielt auf die Optimierung relevanter Problemlösungen. Erlernt und geübt wird diese innere Debatte zunächst über öffentliche Präsentationen, in denen sich die persönlichen Motive und Ambitionen bereits in 2D-Zeichnungen und 3D-Modellen objektivieren. Diese Versachlichung von Gedanken und Vorstellungen ist wichtigste Voraussetzung einer objektiven, argumentativen Debatte: Es wird exemplarisch ein Gegenstand und dessen Genese kritisiert und erörtert, nicht die ihn erzeugende Person! Der Entwurf, als aus der Person selbst heraus geschöpfter Ausdruck, kann somit auch von dem oder der Verfasser*in distanzierter betrachtet werden, was unter einander eher fremden Menschen erkenntnisstiftend und vertrauensbildend wirkt. Nie ist direkt zu kritisieren, wie eine Person wirkt, denkt oder fühlt, sondern

nur das ist zu kritisieren, was sie bereits dachte und im Gegenstand versachlichte. Die Einladung, gemeinsam konstruktiv und sachlich auf die Historie eines Entwicklungsschrittes zu blicken, enthält die psychologisch ungemein wichtige Unterstellung, für gegenwärtige Kritik und künftige Veränderung grundsätzlich offen zu sein. Daher spielen die Lehrenden als Kritiker*innen im laufenden Entwurfsprozess nicht die Rolle einer Richterin oder eines Richters, die abschließend urteilen. Erst am Ende des Prozesses findet eine „Jurierung“ oder das „Preisgericht“ statt. Bis dahin stellen Lehrende eher ihre erfahrungsbasierten Reflexionen als Anwält*innen studentischer Ideen und Ambitionen zur Verfügung. Dieser angebotene Perspektivwechsel soll die eigene Empathie- und Reflexionsfähigkeit entwickeln helfen. Da es hier immer auch um künstlerische Persönlichkeitsentwicklung geht, könnte sogar konstruktiv motivierte Kritik destruktiv und verletzend wirken, wenn diese Rahmenbedingungen nicht eindeutig geklärt oder verstanden wurden. Jedes Projektsemester wird durch eine Professur begleitet. In inhaltlicher Aufgabenteilung werden mit zunehmender Semesterzahl komplexere Zusammenhänge bearbeitet und betreut. In den ersten beiden Semestern vermitteln „Designgrundlagen 1+2“ die Kompetenzen grundsätzlicher Raum- und Körpergestaltung, in den folgenden Studiensemestern sind es die vertiefenden Anwendungsgebiete „Architektur/ Raum“, „Objekt/Möbel/Design“ und „Inszenierung / Corporate Interior Architecture“. Neben diesen Fachgebieten und Kompetenzfeldern definiert sich unser plurales Lehrkonzept der Innenarchitektur im Fachbereich „Design Informatik Medien“ auch als Parcours intensiver Auseinandersetzungen Studierender mit den einzelnen Gestalterpersönlichkeiten der Professor*innen. Unsere vielfältigen und teils differierenden Praxiserfahrungen, HalRalf Kunze   167

tungen und Methoden bieten jeweils über ein Semester den Hintergrund für ganz persönliche Entwurfsbegleitungen, ein wenig wie nach dem Meisterklassenprinzip an Kunstakademien. Die intensiv und divers begleiteten und selbst erfahrenen Entwurfsprozesse der Projekte stellen mit 15 Creditpoints jeweils den halben Leistungsumfang eines ganzen Semesters dar. Im Gegensatz dazu werden die Entwürfe der Abschlussarbeiten in der Regel gemeinsam von allen beurteilt. Spätestens in den hochschulöffentlichen Ausstellungen und Prüfungen können alle Studierenden die große Übereinstimmung in grundsätzlichen Werten und in Urteilen ästhetischer, technologischer und methodischer Qualitäten, aber hin und wieder auch vonei­ nander abweichenden Positionen der Lehrenden sichtbar und erfahrbar identifizieren. Ich freue mich sehr, dass der Studienbereich Innenarchitektur der Hochschule RheinMain bereits zum zweiten Mal und nur ein Jahr nach der Ausstellung My Home is my Parcel die Möglichkeit erhält, im Deutschen Architekturmuseum auszustellen – einem der „heiligen“ Orte meiner eigenen Studienzeit, der mich mit ungeahnten Impulsen vielfach inspirierte. Dies bietet uns die Gelegenheit, die zeitgemäße und professionelle Leistungsfähigkeit unserer Hochschule unter Beweis zu stellen und, ganz im Sinn der ausgestellten Entwürfe, zu einer Debatte einzuladen.

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ANMERKUNGEN Das geplante Demokratie­zentrum Paulskirche Frankfurt ¹ Historisches Museum Frankfurt: Modell der Frankfurter Altstadt. https://historisches-museum-frankfurt.de/de/node/33878 (Letzter Zugriff: 10.03.2021). ² Anhaltende Diskussion seit 2018 im Deutschen Architekturforum zum Thema „Paulskirche: Generalsanierung oder Rekonstruktion?“ https://www.deutsches-architekturforum.de/ thread/13646-paulskirche-generalsanierung-oder-rekonstruktion/?pageNo=1 (letzter Zugriff: 10.03.2021). ³ Die Initiative „Pro Altstadt“ hat den Wiederaufbau der Neuen Altstadt politisch erstritten: http://www.pro-altstadt-frankfurt.de (letzter Zugriff: 10.03.2021). ⁴ Die Initiative „Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt“: https://www.frankfurterschauspielhaus.de (letzter Zugriff: 10.03.2021). ⁵ Die Initiative „Rothschild-Palais im Grüneburgpark e.V. i.G.“: https://www.rothschildpalais.de (letzter Zugriff: 10.03.2021). ⁶ Der Brückenbauverein hat bereits die Aufstellung einer Reproduktion des Standbilds von Karl dem Großen auf der Alten Brücke initiiert: https://brueckenbauverein-frankfurt.de (letzter Zugriff: 10.03.2021). ⁷ Bundesregierung beschließt Bundesstiftung in Frankfurt: https:// www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/gruendung-einerbundesstiftung-beschlossen-1874184 (letzter Zugriff: 11.03.2021).

Orte demokratischer Innovationen als Salons der Republik? ¹ Auf der Seite des Observatory of Public Sector Innovation der OECD finden sich 250 verschiedene Design-Tools (2021). ² Wenig überraschend zeigt sich, dass etwa bei Dialogen zur Stadtplanung mehr Männer, Ältere, Langansässige, Wähler*innen und Hauseigentümer*innen teilnehmen (exemplarisch Einstein/ Paler/Glick 2018), also diejenigen die meinen, sie könnten etwas gewinnen oder verlieren.

Stärkung der Demokratie durch Begegnung – Inspirationen aus der neuen Museumsarbeit ¹ Die Besuche verteilen sich sehr unterschiedlich auf die Museen: Während populäre Museen und große Sonderausstellungen sehr viele Besucher*innen anlocken, ist es für kleine Museen schwierig, „ausreichend Besuche zu erzielen“ (Wegner 2011: 192). Zudem stellt sich die soziodemografische Zusammensetzung der Museumsbesucher*innen für die verschiedenen Museumstypen unterschiedlich dar: Technikmuseen sind bei akademisch gebildeten Männern besonders beliebt, Kulturgeschichts- und Kunstmuseen werden vor allem von akademisch gebildeten Frauen besucht. Eine Ausnahme bilden die Freilichtmuseen, deren Publikum mit Blick auf die soziodemografischen Merkmale wie Alter, Geschlecht und Bildungsniveau vergleichsweise heterogen ist (Wegner 2016: 260–264). ² Diese eher statisch ausgerichtete Lernauffassung erinnert an den Glauben, der punktuell alle Jahre wieder in der Diskussion über „gute Lehre“ in der Hochschule aufschimmert, dass Lehren und Lernen ähnlich funktionieren wie ein Trichter (sogenannter Nürnberger Trichter): Lernende werden als Behälter angesehen, die in Vorlesungen und Seminaren mit wissenschaftlichem Wissen abgefüllt werden.

³ Ausstellung „The Next Level & James Turrell – While we are Waiting“ vom 27. November 2020 bis 15. August 2021 im ARoS Aarhus Kunstmuseum. https://www.aros.dk/en/art/current-exhibitions/ the-next-level-james-turrell-while-we-are-waiting/ (letzter Zugriff 07.03.2021). ⁴ Das Studierendenprojekt „Soziale Inklusion im digitalen Museum“ im B.A.-Studiengang Soziale Arbeit wird ab dem Sommersemester 2021 bis Ende des Wintersemesters 2021_22 unter meiner Leitung durchgeführt und geht u.a. folgenden Fragen nach: Wie könnten ergänzende Angebote des Museums aussehen, um für Adressat*innen der Sozialen Arbeit wertvoll zu sein? Wie kann das Museum durch Digitalisierung eine verbesserte Zugänglichkeit gerade für Adressat*innen der Sozialen Arbeit herstellen? Wie kann Soziale Arbeit im Bereich der kulturellen Bildung eine Brückenfunktion übernehmen?

Der Raum als Moderator ¹ Der sicherlich eklatanteste Fall einer Selbstberaubung von Geschichte war der 1987 erfolgte Abriss des Plenarsaals im alten Bundeshaus – jenes ersten Saals einer dauerhaften deutschen Demokratie, dessen Interieur sich auch dank der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender tief wie kein zweites der Bonner Republik in das Bildgedächtnis der Bürger*innen eingebrannt hatte.

Spagat zwischen Kunst­akademie und Berufsschule – Zum Wiesbadener Innen­ architekturstudium ¹ Michael Knoll schreibt ferner zum handlungsorientierten Lernen im Projekt „als Methode des praktischen Problemlösens“, dass sich diese Wettbewerbe 1702 soweit etabliert hatten, dass sie regelmäßig durchgeführt wurden – die Pariser Académie Royale d’Architecture veranstaltete etwa seit 1763 regelmäßige Wettbewerbe, die verpflichtend für alle Studierenden waren (2011: 21–27).

LITERATURVERZEICHNIS Das geplante Demokratie­zentrum Paulskirche Frankfurt Alexander, Matthias (23.08.2019): Paulskirche: Debakel statt Debatte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz.net/ aktuell/rhein-main/frankfurt/diskussion-ueber-zukunft-der-paulskirche-beginnt mit-debakel-16347088.html (letzter Zugriff: 10.03.2021). Baus, Ursula (11.09.2019): Die Paulskirche steht nicht zur Disposition! In: marlowes. https://www.marlowes.de/zukunft-derpaulskirche/ (letzter Zugriff: 10.03.2021). Hils-Brockhoff, Evelyn / Hock, Sabine (2004): Die Paulskirche. Symbol demokratischer Freiheit und nationaler Einheit. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Institut für Stadtgeschichte. Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (2019): Tätigkeitsbericht 2019: Berlin: Bundestiftung Aufarbeitung. https:// www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/sites/default/files/uploads/ files/2020-08/Aufarbeitung_TB_2019_web.pdf (letzter Zugriff: 10.03.2021).

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Costadura, Leonardo (06.11.2019): Neugestaltung des Paulsplatzes. Etwas zwischen Bornheim und Bilbao. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/derpaulsplatz-ist-frankfurt-soll-umgebaut-werden-16470668.html (letzter Zugriff: 10.03.2021).

Negt, Oskar (2002): Arbeit und menschliche Würde. 2. Aufl. Göttingen: Steidl.

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AUTOR*INNEN Peter Cachola Schmal Peter Cachola Schmal, geboren 1960 in Altötting, ist Sohn einer Filipina und eines Bayern, studierter Architekt und leitet seit 15 Jahren das Deutsche Architekturmuseum (DAM). Er publiziert, juriert, kuratiert und vertrat zweimal Deutschland auf Architektur-Biennalen: 2007 in São Paulo und 2016 in Venedig mit „Making Heimat. Germany Arrival Country“. www.dam-online.de Michael May Prof. Dr. phil. habil. Michael May ist Professor für Theorie und Methoden Sozialer Arbeit unter besonderer Berücksichtigung der Gemeinwesenarbeit am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain und in der Leitung sowie Sprecher des Hessischen Promotionszentrums Soziale Arbeit. Am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt hat er die Rechte eines außerplanmäßigen Professors für Erziehungswissenschaften. Von der Danish School of Education an der Aarhus University wurde er zum Honorary Professor of Social Exclusion and Pedagogy in the Welfare State ernannt. [email protected] | www.hs-rm.de Jonas Aaron Lecointe Jonas Aaron Lecointe studierte Anglistik und Germanistik an der Goethe-Universität Frankfurt, wo er mit einer Arbeit über Shakespeare, Melville und die Demokratie abschloss. Nach dem Studium arbeitete er zuletzt als leitender Redakteur beim form Design Magazine. Heute betreut er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „IMPACT RheinMain“ das Teilvorhaben DIALOG IM MUSEUM, das sich mit dem Einfluss der Digitalisierung auf den Alltag beschäftigt. [email protected] |  www.hs-rm.de/impact Sandra Speer Sandra Speer kennt verschiedene Perspektiven des Wissenschaftsmanagements und ist Projektkoordinatorin für das strategische Projekt „IMPACT RheinMain“, um den Transfer als dritte Säule neben Lehre und Forschung systematisch an der Hochschule RheinMain auszubauen. Sie verfügt über langjährige sowie internationale Erfahrung in der Evaluation und Beratung des öffentlichen Sektors. [email protected] | www.hs-rm.de/impact

Holger Kleine Prof. Dipl.-Ing. Holger Kleine ist Architekt in Berlin und seit 2010 Professor für künstlerisch-konzeptionelle Innenräume an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Forschungsgebiet: öffentliche Innenräume. Gastdozenturen im Ausland. Architekt unter anderem der Deutschen Botschaft in Warschau. Autor der Bücher Neue Moscheen (ȷovis, 2014) und Raumdramaturgie (Birkhäuser 2017). Zusammen mit Uwe Münzing Kurator und Herausgeber von My Home is my Parcel (DAM 2020). [email protected] | www.design-follows-drama.com Ralf Kunze Prof. Dipl.-Ing. Ralf Kunze studierte Architektur an der TU Braunschweig und der ETH Zürich. DAAD-Stipendiat, Göderitz-Preisträger, Laves-Preisträger, zahlreiche Erfolge bei Ideen- und Realisierungswettbewerben. Er hat sich als Architekt nach Berufstätigkeiten in Hamburg unter anderem mit Botschafts­residenzen, Hotel- und Schulbauten mit eigenem Büro in Berlin auf die Realisierung von Interieur-Design spezia­lisiert. Seit 2004 Professur für Designgrundlagen und langjährige Leitung des Innenarchitektur-Studiengangs Raum Inszenierung Design an der Hochschule RheinMain. [email protected] | www.die-innenarchitekten.de Thomas Heimer Thomas Heimer ist seit 2009 Professor für Innovationsmanagement und seit 2018 Leiter des Projekts „IMPACT RheinMain“ an der Hochschule RheinMain in Rüsselsheim. Seit der Eröffnung des deutschen Büros der Technopolis Deutschland GmbH im Jahr 2009 ist er dessen wissenschaftlicher Leiter. Als wissenschaftlicher Leiter arbeitet er auch in der Geschäftsstelle Smart Living mit, die die Wirtschaftsinitiative Smart Living im Auftrag des BMWi unterstützt. Er ist Mitglied des Expertenrats für Klimafragen sowie Vorsitzender des Beirats Go-Cluster des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. [email protected] | www.hs-rm.de/impact Elvira Schulenberg Elvira Schulenberg ist Dipl.-Sozialpädagogin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule RheinMain. Am Fachbereich Sozialwesen lehrt sie mit dem Schwerpunkt Transformative Sozialraumentwicklung. [email protected] | www.hs-rm.de

Marion Kamphans Dr. phil. Marion Kamphans ist Sozialwissenschaftlerin und Vertretungsprofessorin für Bildung und Diversity in der Sozialen Arbeit am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Sie lehrt und forscht unter andem zu Themen der Bildung in verschiedenen Kontexten, Gender und Diversity, sozialer Ungleichheit und Teilhabe sowie zu Digitalität und digitalen Medien. [email protected] | marionkamphans.wordpress.com

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ENTWURFSVERFASSER*INNEN Projekt Berlin: Die Salons sind jeweils Einzelentwürfe. Die Salonetage und die Wandelhalle sind ein Gemeinschaftsprojekt aller Seminarteilnehmer*innen (Bachelor 2018/19). Die Dachlandschaft ist ein Projekt von Felix Jäger (Master 2020/21). Annkathrin Böhm: 44 Salon, 45, 47o, 56 Jessica Breier: 49m, 58ru, 77u Maria Exael Carrillo Pinto: 46u Swetlana Grez: 47m, 58lu, 79 Katharina Hatlie: 49o, 58rm Felix Jäger: 32f., 36, 44lu, 48u, 57u, 60–67 Anna Katkova: 48o, 59

Henrike Langefeld: 69 Idee Podest­ landschaft Mona Lieber: 57mr, 78 Maren Maidhof: 48m, 57lm Cristian Miler: 49u, 57ro Johanna Rech: 47u, 58lm, 77o Isabell Wischer: 46m, 57lo Lisa Wunn: 46o, 58o

Projekt Frankfurt am Main: Die Salons sind jeweils Einzelentwürfe. Die Gebäudeentwürfe sind im Bachelorseminar Gruppenentwürfe, im Masterseminar teils Einzel-, teils Gruppenentwürfe. Michelle Bauer: 83lo, 90u Elise Bethke: 87lu Emily Buchholz: 89o Annkristin Brunhorn: 91u Franca Bürkel: 96lu Hannah Dittgen: 98lu Paula Engelhardt: 89u Laura Fuchs: 95lo Janette Hackmann: 82u, 95lu, 103 Quader Louisa Kaufmann:87o Catalina Hostiuc: 95r, 96o Nathalie Kaiser: 99 2. ro Anna Klinke: 90o Anna Kurtz: 98ru Frederike Müller: 82o, 84f., 87ru, 104f. Milena Naujoks: 95lm Ngoc Anh Nguyen: 92o Camila Perez: 93 Stephanie Pucher: 98o Soosan Raghei: 83lu, 92lu, 115–117 Sabrina Ris: 99lo Pauline Saal: 89m Sophia Schygulla: 92ru

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Hana Sie: 91o Lara Silhavy: 86 Maike Steinbach: 99u Anna-Lena Trefzger: 96ru Afrouz Tehrani: 94, 102, 103 Kubus, 108 Minh Anh Trieu: 99ro Diane von Ludwiger: 97 Sandra Voss: 88, 92mu Leonie Wittchen: 96mu

Gruppenentwürfe: Avdijaj, Bethke, Nguyen, Shumilova, Sie, Trieu: 114 Bauer, Greve: 83ro, 110f. Brunhorn, Kaufmann. Silhavy: 109, 113o Buchholz, von Ludwiger, Wittchen: 120f. Bürkel, Schygulla, Voss: 118f. Dittgen, Engelhardt, Fuchs, Kurtz, Steinbach: 83ru, 112 Kaiser, Ris: 100f., 106f. Klinke, Saal: 83 2. ru, 113u

DA N K SAG U N G E N Ein besonderer Dank gilt den Teilnehmer*innen der Entwurfsseminare am Studienbereich Innenarchitektur der HSRM Bachelor Wintersemester 2018/19: Annkathrin Böhm, Jessica Breier, Maria Exael Carrillo Pinto, Swetlana Grez, Katharina Hatlie, Felix Jäger, Anna Katkova, Henrike Langefeld, Mona Lieber, Maren Maidhof, Cristian Miler, Johanna Rech, Isabell Wischer, Lisa Wunn Bachelor Wintersemester 2020/21: Erblina Avdijaj, Michelle Bauer, Elise Bethke, Emily Buchholz, Annkristin Brunhorn, Franca Bürkel, Hannah Dittgen, Paula Engelhardt, Laura Fuchs, Elenya Greve, Louisa Kaufmann, Anna Klinke, Anna Kurtz, Milena Naujoks, Ngoc Anh Nguyen, Camila Perez, Pauline Saal, Sophia Schygulla, Anna Shumilova, Hana Sie, Lara Silhavy, Maike Steinbach, Anna-Lena Trefzger, Minh Anh Trieu, Diane von Ludwiger, Sandra Voss, Leonie Wittchen Master Wintersemester 2020/21: Janette Hackmann, Catarina Hostiuc, Felix Jäger, Nathalie Kaiser, Frederike Müller, Stephanie Pucher, Soosan Raghei, Sabrina Ris, Afrouz Tehrani für ihren Idealismus, ihre Lernfreude, ihre Begeisterungsfähigkeit und Teamfähigkeit, ohne die diese Entwürfe nicht entstanden wären. Den Studierenden Felix Jäger, Johanna Rech, Sandra Voss für ihre Bereitschaft, immer wieder neue Aufgaben anzupacken. Den Leitern des Studienbereichs Innenarchitektur, Ralf Kunze und Uwe Münzing, für ihre Unterstützung über Jahre. Michael May, Marion Kamphans, Elvira Schulenberg vom Fachbereich Sozialwesen der HSRM sowie den Studierenden Walter Hergert, Julia Hübner, Felix Ludwig, Chiara Reinhard, Denise Rittweger, Stefanie Zehelein, Pascal Zemelka für ihre Neugier auf Architektur im Werden. Carole Chuffart, Architektin aus Paris, für Esprit und Temperament in unserem Workshop. Sabine Besjaew für die Kommunikation unserer Raumideen auf Seiten, Mario Lorenz für die Kommunikation unserer Raumideen auf Wänden und Moritz Bernoully für die Kommunikation unserer Raumideen in Fotografien. Birgit Klose und ihrem Büro für Internationales für ihre großzügige Unterstützung. Thomas Heimer, Sandra Speer, Jonas Aaron Lecointe und Bastian Eine von „IMPACT RheinMain“ für Anregung und Verbindlichkeit. Peter Cachola Schmal für seine inspirierende Klarsicht, Meinungsfreude und Generosität.

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IMPRESSUM Copyright 2021 by ȷovis Verlag GmbH Das Copyright für die Texte liegt bei den Autoren. Das Copyright für die Abbildungen liegt bei Moritz Bernoully: S. 38–43, 50–55, 60–63, 68f. Annkathrin Böhm: S. 44ru, 45 Jessica Breier: S. 74 Felix Jäger: S. 32f., 36, 44lu Holger Kleine: S. 70m Maren Maihof: S. 71, 73ro, 73lu, 73 2. lu Cristian Miler: S. 70o Johanna Rech: S. 10–29, 34f. Sandra Voss: S. 122–127 Lisa Wunn: S. 70u, 73lo, 73 2. lo, 73ru Zusammen mit der Hochschule RheinMain, vertreten durch Prof. Holger Kleine Sowie bei der Hochschule RheinMain und den genannten Entwurfsverfassern. Alle Rechte vorbehalten. Umschlagmotiv Salon der Republik Berlin, Modellfoto Herausgeber Holger Kleine Kontakt Hochschule RheinMain Fachbereich DCSM Studienbereich Innenarchitektur Prof. Holger Kleine Unter den Eichen 5 65195 Wiesbaden [email protected] TEAM IMPACT RheinMain Hochschule RheinMain Leitung: Prof. Dr. Thomas Heimer, Sandra Speer Koordination für die Salons der Republik: Jonas Aaron Lecointe Förderung durch das Programm Innovative Hochschule von BMBF/GWK, Projekt IMPACT RheinMain (FKZ: 03IHS071)

TEAM DAM Direktor: Peter Cachola Schmal Stellvertretende Direktorin: Andrea Jürges Öffentlichkeitsarbeit: Brita Köhler, Anna Wegmann Sekretariat und Verwaltung: Inka Plechaty, Jacqueline Brauer Haustechnik: Joachim Müller-Rahn, Enrico Hirsekorn Kasse: Ieva Paegle, Milan Dejanov, Denissa Albu Übersetzung Geoffrey Miller (Essays Lecointe, Kamphans, Speer, Biografien und Impressum) Kathrin Bennett (alle übrigen Texte) Gestaltung und Satz cüvee – Empathisches Design, Wiesbaden, Sabine Besjaew Gestaltung Ausstellung DESERVE – Raum und Medien Design, Wiesbaden, Mario Lorenz Ausstellung Die Salons der Republik im Deutschen Architekturmuseum (DAM) vom 17. Juni bis 15. Juli 2021 Begleitende Veranstaltungen Vernissage am 17. Juni 2021 DIALOG IM MUSEUM #12 am 22. Juni 2021 Straße, Internet, Salon – (k)ein Raum für Debatten? am 13. Juli 2021 Druck und Bindung Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ȷovis Verlag GmbH Lützowstrasse 33 10785 Berlin www.jovis.de ȷovis-Bücher sind weltweit im ausgewählten Buchhandel erhältlich. Informationen zu unserem internationalen Vertrieb erhalten Sie von Ihrem Buchhändler oder unter www.jovis.de. ISBN 978-3-86859-708-0 (Softcover) ISBN 978-3-86859-986-2 (PDF)