Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr. [Reprint 2011 ed.] 3110138905, 9783110138900

In der 1968 gegründeten Reihe erscheinen Monographien aus den Gebieten der Griechischen und Lateinischen Philologie sowi

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Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr. [Reprint 2011 ed.]
 3110138905, 9783110138900

Table of contents :
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis der Literaturverweise
I. Einleitung
II. Zum Wesen der antiken Piraterie
1. Die antike Piraterie im Verständnis der Geschichtswissenschaft
2. Die Piraterie in der griechischen Frühzeit
3. Die Piraterie und das griechisch-römische Kulturzentrum
3.1. Der ökonomische Bereich
3.2. Der militärische Bereich
3.3. Der rechtliche Bereich
4. Die ideologische Wertigkeit des Pirateriebegriffes
5. Piraterie und Pauperismus
6. Zusammenfassung
III. Die römische Intervention in Illyrien
1. Die Niederwerfung Teutas 229/28
2. Ausblick
3. Zusammenfassung
IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik
1. Einleitung
2. Rückblick – Die hellenistische Piraterie in vorrömischer Zeit
2.1. Ansätze zu einer Bekämpfung unter Alexander d. Gr
2.2. Die Ausweitung der Piraterie nach dem Tode Alexanders d. Gr
2.3. Die Kollaborationsbereitschaft der hellenistischen Großmächte
2.4. Die Ausweitung des Pauperismus in hellenistischer Zeit
3. Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten
3.1. Die machtpolitische Destabilisierung
3.2. Die sozio-ökonomische Destabilisierung
V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite
1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung
1.1. Der Einfluß ökonomischer Interessengruppen
1.2. Die ökonomischen Interessen der politischen Führung
2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung
2.1. Der ökonomische Nutzen durch die Piraterie
2.2. Die verfassungspolitischen Bedenken
3. Die Notwendigkeit einer Lösung des Piraterieproblems
3.1. Ökonomische Einbußen
3.2. Die Versorgungskrise
4. Zusammenfassung
VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie
1. Das Unternehmen des M. Antonius im Jahre 102
2. Das ‘Piratengesetz’ aus dem Jahre 100
2.1. Die Zusammengehörigkeit der beiden Inschriftenfragmente
2.2. Die Datierungsfrage
2.3. Die politische Provenienz
2.4. Die inhaltliche Zielsetzung
3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit
3.1. L. Cornelius Sulla
3.2. L. Licinius Murena
3.3. P. Servilius Vatia
3.4. Die Versorgungskrise des Jahres 75
3.5. Q. Caecilius Metellus (Creticus): Die Annexion Kretas 68–66
3.6. Cn. Pompeius Magnus
4. Zusammenfassung
VII. Schlußbetrachtung
IX. Indices
1. Namen
2. Quellen
2.1. Epigraphische Zeugnisse
2.2. Literarische Zeugnisse
3. Sachbegriffe

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Härtel Pohl Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr.

w DE

G

Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte Herausgegeben von Winfried Bühler, Peter Herrmann und Otto Zwierlein

Band 42

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1993

Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr. von Härtel Pohl

Walter de Gruyter · Berlin · New York

1993

Gedruckt mit Unterstützung der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archäologischen Instituts, München, und der Hansischen Universitätsstiftung, Hamburg

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme

Pohl, Härtel: Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr. / von Härtel Pohl. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1993 (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte ; Bd. 42) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1991/92 ISBN 3-11-013890-5 NE: G T

© Copyright 1993 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: W. Hildebrand, 13357 Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, 10963 Berlin

Meiner Mutter

Vorwort Dieses Buch ist die unwesentlich überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Wintersemester 1991/92 vom Fachbereich Geschichte der Universität Hamburg angenommen wurde. Wenn ich an dieser Stelle der sehr angenehmen Verpflichtung nachkommen möchte, Worte des Dankes zu auszusprechen, so muß hier besonders Prof. Dr. Peter Herrmann genannt werden: Von ihm kam nicht nur der Impuls, durch den mein Interesse für den von mir behandelten Themenbereich geweckt wurde, sondern er hat auch das Zustandekommen der Abhandlung durch kluge und freundliche Kritik unablässig begleitet und gefordert. Überdies hat Prof. Herrmann sich dafür eingesetzt, daß die Arbeit in der von ihm mit herausgegebenen Reihe 'Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte' erscheint und durch seine Fürsprache außerdem erheblich dazu beigetragen, daß durch Zuschüsse die immensen Kosten der Drucklegung für mich gering gehalten werden konnten. Zu Dank verpflichtet bin ich ebenfalls dem Zweitgutachter, Prof. Dr. Jürgen Deininger, der in zahlreichen Gesprächen anregende Gedanken geäußert hat. Danken möchte ich ferner der Universität Hamburg für die Aufnahme in die Graduiertenförderung von 1988 bis 1990 sowie der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archäologischen Institus und ihrem Vorsitzenden, Prof. Dr. M. Wörrle, für die Gewährung eines Druckkostenbeitrages; aus demselben Grund gilt mein Dank auch der Hansischen Universitätsstiftung. Genannt werden muß hier nicht zuletzt Frau K. Agge, M.A., die nicht nur an den technischen Problemen der Arbeit (Korrekturlesen, Textverarbeitung etc.), sondern auch den menschlichen aufopferungsvoll Anteil genommen hat: Auch ihr sei dieses Buch gewidmet.

Inhaltsverzeichnis Vorwort Abkürzungsverzeichnis der Literaturverweise

VII 1

I. Einleitung

15

II. Zum Wesen der antiken Piraterie 1. Die antike Piraterie im Verständnis der Geschichtswissenschaft 2. Die Piraterie in der griechischen Frühzeit 3. Die Piraterie und das griechisch-römische Kulturzentrum 3.1. Der ökonomische Bereich 3.2. Der militärische Bereich 3.3. Der rechtliche Bereich 4. Die ideologische Wertigkeit des Pirateriebegriffes 5. Piraterie und Pauperismus 6. Zusammenfassung

23 24 29 33 33 36 43 47 54 56

III. Die römische Intervention in Illyrien 1. Die Niederwerfung Teutas 229/28 2. Ausblick 3. Zusammenfassung

58 58 89 93

IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik 95 1. Einleitung 95 2. Rückblick - Die hellenistische Piraterie in vorrömischer Zeit 100 2.1. Ansätze zu einer Bekämpfung unter Alexander d. Gr 100 2.2. Die Alisweitung der Piraterie nach dem Tode Alexanders d. Gr. ... 102 2.3. Die Kollaborationsbereitschaft der hellenistischen Großmächte 108 2.4. Die Ausweitung des Pauperismus in hellenistischer Zeit 110 3. Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten 113 3.1. Die machtpolitische Destabilisierung 114 3.1.1. Makedonien 114 3.1.2. Seleukidenreich 117 3.1.3. Rhodos 127 3.2. Die sozio-ökonomische Destabilisierung 139 3.2.1. Die Kooperation der Provinzialen mit Mithridates VI 140 3.2.2. Das Profitstreben der Steuerpachtgesellschaften 147 3.2.3. Die Bereicherung römischer Politiker 154

Inhaltsverzeichnis

3.2.4. Sozio-ökonomische Destabilisierung und Piraterie 3.2.5. Piraterie als Widerstand gegen die römische Okkupation 3.2.6. Zusammenfassung

161 165 167

. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite 1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung 1.1. Der Einfluß ökonomischer Interessengruppen 1.2. Die ökonomischen Interessen der politischen Führung 2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung 2.1. Der ökonomische Nutzen durch die Piraterie 2.2. Die verfassungspolitischen Bedenken 3. Die Notwendigkeit einer Lösung des Piraterieproblems 3.1. Ökonomische Einbußen 3.2. Die Versorgungskrise 4. Zusammenfassung

169 169 169 175 186 186 191 199 199 201 205

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie 1. Das Unternehmen des M. Antonius im Jahre 102 2. Das 'Piratengesetz' aus dem Jahre 100 2.1. Die Zusammengehörigkeit der beiden Inschriftenfragmente 2.2. Die Datierungsfrage 2.3. Die politische Provenienz 2.4. Die inhaltliche Zielsetzung 3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit 3.1. L. Cornelius Sulla 3.2. L. Licinius Murena 3.3. P. Servilius Vatia 3.4. Die Versorgungskrise des Jahres 75 3.4.1. Die Provinzialisierung Kyrenes im Jahre 75 3.4.2. Das Kommando des M. Antonius (Creticus) 74-71 3.5. Q. Caecilius Metellus (Creticus): Die Annexion Kretas 68-66 3.6. Cn. Pompeius Magnus 4. Zusammenfassung . Schlußbetrachtung VIII. Indices 1. Namen 2. Quellen 2.1. Epigraphische Zeugnisse 2.2. Literarische Zeugnisse 3. Sachbegriffe

208 208 216 216 219 224 236 255 256 258 259 263 264 270 ..274 277 279 282 287 287 293 293 296 308

I.

Abkürzungsverzeichnis der Literaturverweise 1.

Quellen

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2

I. Abkürzungs Verzeichnis

ORF
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6

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Ziebarth, Beiträge

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I.

Einleitung

Wenn Tacitus ebenso lakonisch wie pathetisch die Frage stellt, 'wie wenige Menschen (unter Augustus) denn noch übrig gewesen seien, welche die res publica erlebt hätten'1, dann impliziert das - in prononcierter Abgrenzung zur offiziell propagierten Wiederherstellung gerade dieser res publica - deren nach Überzeugung des Autors unwiederbringlichen Verlust: Der Staat war eben nicht mehr 'die Sache aller (Aristokraten, versteht sich)', sondern 'eines einzelnen', und damit konstatiert der römische Historiker im Grunde das Ergebnis eines Prozesses, vor dessen unheilvollen Konsequenzen bereits Cicero vor allem seit dem Jahre 60 immer wieder gewarnt hatte, als mit dem sogenannten Ersten Triumvirat die Entmachtung des im Senat versammelten aristokratischen Kollektivs deutlichere Konturen anzunehmen begann. Von nun an sollte den Emporkömmling aus Arpinum, welcher der überkommenen Ordnung so vieles verdankte und deshalb mit verständlicher Zähigkeit an ihr hing, das Menetekel einer res publica amissa2 keine Ruhe mehr finden lassen. Diese nicht nur für einen so aufmerksamen Beobachter wie Cicero, sondern schon für viele seiner Zeitgenossen erkennbare Krise und Auflösung des republikanischen Staates hat auch die moderne Geschichtswissenschaft nachhaltig beschäftigt, und zwar in einem solchen Maße, daß die Zahl der zu diesem Thema publizierten Beiträge, ja selbst der verschiedenen Deutungsansätze kaum noch überschaubar ist: Damit verbietet sich a priori jede monokausale Interpretation von selbst. Und doch gilt es in diesem komplexen Wirkungszusammenhang zumindest einen Faktor auszumachen, welcher zwar gewiß nicht die Ursache jenes Auflösungsprozesses bildete, der aber sehr wohl in vielerlei Hinsicht als eine wichtige Voraussetzung angesehen werden muß. Schon manche Zeitgenossen hatten diagnostiziert, daß ihre tanta et tarn fiise lateque imperans res publica3 ganz wesentlich an ihrer eigenen Größe krankte4. Und in der Tat dürften die Rückwirkungen der römischen Expansion auf das innere GeTac., ann. 1,3,7: quotus quisque reliquus qui rem publicam vidisset? Die Nachweise hat Chr. Meier in seiner gleichnamigen Monographie zusammengestellt (RPA 1 A . l ) . Cie., rep. 5,1. Liv., praef. 4: ... (respublica) ab exiguisprofecta initiis eo creverit ut iam magnitudine laboret sua; 1,29,2: quotiens in extrema periculorum ventum, ut in hanc magnitudinem quae vix sustinetur erigi imperium posset!

16

I. Einleitung

füge des Staates sowie die Mentalität seiner Träger erheblich gewesen sein. Dies gilt keineswegs nur für die politische Verfassung, die, wie in der althistorischen Forschung immer wieder betont5, auf die Belange eines Stadtstaates hin ausgerichtet war und auf deren Grundlage sich ein Weltreich nicht regieren ließ. Nicht anders verhält es sich mit der bereits bei antiken Autoren verbreiteten und von zahlreichen Altertumswissenschaftlern6 kritiklos akzeptierten These, daß die Krise der römischen Republik vor allem durch eine Aushöhlung der vormals so beharrlich praktizierten ethischen Werte, durch einen 'Sittenverfall' bestimmt gewesen sei. Auch diese Deutung setzt Veränderungen voraus, wie sie für die Lebensführung und das Denken erst die umfangreichen Eroberungen herbeiführten. Ebenso schuf für die zahlreichen Umwälzungen im ökonomischen wie sozialen Bereich erst die außeritalische Expansion die Voraussetzungen: Denn gleichgültig, ob hier eine Intention seitens der politischen Willensträger unterstellt werden muß, führten gerade die Siege über Karthago und die hellenistischen Großmächte zu einer Intensivierung des römischen Fernhandels, an welchem nicht zuletzt auch die Senatsoligarchie erheblich partizipierte. Desgleichen wurde die Umstrukturierung der italischen Agrarwirtschaft und damit verbunden die Proletarisierung weiter Bevölkerungskreise infolge der aus den besiegten Ländern einströmenden immensen Kapitalmengen, wenn nicht verursacht, so doch wesentlich beschleunigt. Und schließlich bedarf es keiner Erwähnung, daß auch die tiefgreifenden sozialen wie politischen Gewichtsverschiebungen, welche sich infolge der notwendig gewordenen Umgestaltung des römischen Heeres in eine Berufsarmee gerade innerhalb der Aristokratie selbst ergaben, zumindest mittelbar eine Konsequenz der Eroberungen sowie der zu ihrer Bewahrung notwendigen umfassenden Anstrengungen darstellten. Diese kurze Skizze mag hier genügen. Nun hat Chr. Meier betont, daß durch die Expansion die Auflösung der res publica nicht nur vorangetrieben, sondern umgekehrt auch verlangsamt worden sei: Die auf das provinziale Herrschaftsgebiet ausgedehnten Klientel Verbindungen römischer Senatoren hätten als eine wertvolle, kontinuierliche Ergänzung zu der Administrationstätigkeit fungiert, welche das zahlenmäßig geringe und häufig wechselnde Verwaltungspersonal des Senats nur unzureichend zu leisten imstande war. Darüberhinaus habe die Expansion den römischen Adel 'mit der Gloriole beispielloser Erfolge umgeben' und so dessen Charisma und Überzeugungskraft gemehrt. Einen weiteren Grund schließlich für die Stabilität der adligen Führung sieht Meier darin, daß es ihr gelungen sei, andere Gesellschaftsschichten keinen politischen Ehrgeiz entfalten zu lassen; diese hätten sich

Cf. die Verweise bei Christ, Untergang 141ff. Cf. Christ, Untergang 136ff.

I.

Einleitung

17

im wesentlichen mit einer Realisierung ihrer wirtschaftlichen Forderungen begnügt, welche sich 'relativ leicht aus den eroberten Gebieten erfüllen ließen.'7 Diese These Meiers ist für sich genommen gewiß nicht falsch, doch muß festgehalten werden, daß alle jene - im Sinne des aristokratischen Systems als positiv erachteten - Wirkungskomponenten der römischen Weltreichsbildung in ihren negativen Konsequenzen für eben jene soziale Ordnung unbestreitbar schwerer wogen. Denn die Ausweitung der römischen Patronatsverhältnisse brachte in der Spätphase der Republik doch gerade das exzessive Anwachsen der Klientelen einzelner nobiles mit sich und trug so - im Verein mit der 'Heeresklientel' - erheblich dazu bei, die macht- wie prestigebezogene Disparität zwischen einigen Individuen und dem Adelskollektiv zu verschärfen. Derselbe Einwand gilt für die militärischen Großtaten, welche zunehmend zur Aristie einzelner Spezialisten gerieten. Besonderes Interesse scheint mir der dritte von Meier angesprochene Punkt zu verdienen: Es ist zweifelsohne richtig, daß das in den Provinzen errichtete Ausbeutungssystem den Hauptbeitrag zu jener Form von Gefälligkeitsstaat leistete, wie er innerhalb Roms (dem 1. Attischen Seebund in seiner Entartungsphase nicht unähnlich) praktiziert wurde und den sozialen Frieden sichern half. Doch dürfte mittelbar von eben jener Pfründenwirtschaft für die innere Eintracht sowie den Bestand der Adelsrepublik auch eine nicht zu unterschätzende Belastung ausgegangen sein. Denn bemühen wir noch einmal Tacitus, so fallt auf, daß der kompromißlose Kritiker des Prinzipats dieser Staatsform zumindest mit Blick auf die Provinzen eine durchaus segensreiche Wirkung zubilligt - im Gegensatz zur alten res publica: neque provinciae illum rerum statum abnuebant, suspecto senatus populique imperio ob certamina potentium et avaritiam magistratuum, invalido legum auxilio, quae vi ambitu, postremo pecunia turbabantui

Was bereits dieses eine Zeugnis vermuten läßt, wird durch eine Fülle von Nachweisen eindrucksvoll bestätigt: Die römische Weltmacht der republikanischen Epoche konnte, wenngleich hier regionale wie schichtspezifische Abstufungen in Rechnung zu stellen sind, sich keineswegs grundsätzlich auf die Loyalität der Bevölkerung in den unterworfenen Gebieten verlassen, sondern wurde oft genug sogar mit deren offener Rebellion konfrontiert. Wie tief verwurzelt die antirömischen Ressentiments waren, illustriert in erschreckender Weise nicht nur jener 'Tag von Ephesos' des Jahres 88, als Mithridates VI. von Pontos den Befehl zur Ermordung aller in Asia 7 8

Meier, RPA44f.; 153f. Tac., ann. 1,2,2.

18

I.

Einleitung

ansässigen Römer und Italiker gab und die Provinzbevölkerung sich nur allzu kooperationswillig zeigte; die vom pontischen Eroberer betriebene Propaganda, welche ihn selbst zum Befreier stilisierte, jene als xavot πολέμια brandmarkte, fiel also offenbar auf fruchtbaren Boden und trug mit dazu bei, daß Roms Herrschaft in jenem Bereich trotz (oder gerade: wegen) seiner unüberwindlichen Stärke zu wanken begann - mit unübersehbaren Rückwirkungen auch für die innerstaatliche Sphäre; denn hier brach, als die Schreckensmeldungen aus dem Osten eintrafen, der gesamte Kapitalmarkt zusammen. Auf diese Thematik der antirömischen Ressentiments wird an anderer Stelle noch genauer einzugehen sein. Es zeigt sich jedenfalls schon hier deutlich, daß eine jeweils isolierte Betrachtung der römischen Innen- bzw. Außenpolitik angesichts der zwischen beiden Bereichen unverkennbar vorhandenen Wechselwirkungen viel zu kurz greift. Gewiß: diese von Neuzeithistorikern formulierte Interdependenztheorie fußt wesentlich auf dem nationalstaatlichen System, wie es sich in Europa seit dem Mittelalter entwickelt hat, und läßt sich nicht problemlos auf die Zeit der späten römischen Republik mit ihrer gänzlich anders gearteten Rechtsstruktur übertragen. Und doch gab es auch hier eine mehr oder minder scharf gezogene Trennlinie zwischen 'innen' und 'außen', zwischen (vereinfacht ausgedrückt) dem römisch-italischen Bündnissystem einerseits, welches seit der lex Plautia Papiria von 89 eine auch juristisch-politische Einheit bildete9, und auf der anderen Seite jenen, die, wenngleich auf unterschiedlichen Rechtsniveaus, zu diesem Verband in Beziehung traten. Von daher ergaben sich für das Rom der ausgehenden Republik zwei separate Sphären mit jeweils eigener politischer Valenz, die, ohne kausaldynamisch voneinander isoliert zu sein, die senatorische Führungselite mit jeweils besonderen Anforderungen und Problemstellungen konfrontierten. Dabei läßt sich kaum entscheiden, welcher der beiden Bereiche gegenüber dem anderen den 'Vorrang' besaß; dies gilt es insbesondere mit Blick auf Alfred Heuß' These zu betonen, wonach die Innenpolitik im Rom der 'Revolutionszeit' eine absolute Dominanz besessen habe, weil damals 'die römische Macht- und Reichsbildung so weit vorgeschritten war, daß ihr Bestand durch kein Ereignis auf der Welt erschüttert oder in Frage gestellt werden konnte.'10 Diese letztere Aussage ist zweifelsohne richtig, doch Heuß verdankt seine Erkenntnis nicht zuletzt der überlegenen Position des Historikers; ob die Situation von den Zeitgenossen genauso empfunden wurde, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls erhielten die innerrömischen Auseinandersetzungen jener Zeit einen erheblichen Teil ihrer Dynamik daher, daß man immer wieder gezwungen 9

10

Daß Römer und Italiker aber in den Augen fremder Nationen auch vorher bereits als Einheit aufgefaßt wurden, zeigt die auf beide angewandte Pauschalbenennung 'Ρωμαία, cf. u. S. 81. Römische Geschichte, Braunschweig 38 Z. 19 und Demokrit 260 Diels (in Gegenüberstellung zu ληστής). Es verbleibt der Hinweis, daß erst seit dem Beginn des 3. Jh. v. Chr. Belege für den jüngeren Ausdruck πειρατής existieren (die früheste Belegstelle dürfte SIG» 521, 5 und 15 sein), welcher dann allmählich ληστής ersetzte. Diese Evolution, die sich an der Nomenklatur vollzog, mag in gewisser Beziehung die Veränderung auch der Reputation der entsprechenden Praktiken widerspiegeln. Denn bei πειρατής, abgeleitet von πειράν bzw. πειρασθαι (= 'angreifen' mit Betonung des Glückhaften, des Versuchs) steht anders als im Falle von ληστής nicht mehr das konkrete Ziel im Vordergrund (λεία, ληίη als frühsprachliches Erbgut differenziert ja auch überhaupt nicht die Art bzw. die Rechtmäßigkeit des Erwerbs), sondern die - als Aggression empfundene - Handlung.

30

II. Zum Wesen der antiken Piraterie

Belege erwachsen könnten - der Kontext schafft in der Regel Aufklärung , er verdeutlicht jedoch, daß hier nur zwei Spielarten ein und desselben Phänomens vorliegen, dessen maritime Variante ausschließlich aufgrund ihrer höheren historischen Valenz und der größeren quellenmäßigen Evidenz, welche zugleich deren Resultat wie Indikator ist, im Vordergrund der Betrachtung steht. Es lassen sich also, vom methodologischen Standpunkt aus gesehen, keine Einwände dagegen geltend machen, wenn im Rahmen dieser einleitenden Erörterung, die sich hauptsächlich mit übergeordneten, den Gesamtkomplex betreffenden Fragestellungen zu beschäftigen hat, eine prinzipielle Gleichsetzung der beiden Varianten erfolgt. Den Blick einmal nur auf die faktische Substanz und die zugrundeliegende Motivation gerichtet, weisen Krieg und Piraterie durchaus gewisse Parallelen auf: Denn was hier als Merkmal uneingeschränkte Gültigkeit beanspruchen darf, die Aneignung fremden Besitzes durch das Mittel der Gewaltandrohung resp. -anwendung, bestimmt auch dort in nicht wenigen Fällen das Erscheinungsbild. Trennende Faktoren bestehen unter diesem Aspekt allenfalls in quantitativer Beziehung: Während sich im einen Fall nämlich oftmals nur kleinere Interessengemeinschaften formierten, legte im anderen Stammes- oder Staatszugehörigkeit den Kreis der Akteure fest. Untersuchen wir nun auf eine inhaltliche Differenzierung zwischen Raub und Krieg jene bereits zitierte Passage aus der aristotelischen Politik, so fällt zweierlei auf: Zum einen zeigt sich, wie nah auch nach antiker Auffassung beide Bereiche in ihrer Faktizität miteinander verwandt sind, denn der Autor subsumiert diese wie auch jene Aktivität unter denselben Gattungsbegriff 'Erwerbskünste' (κτητικοί sc. τέχναι). Zum anderen aber ist eine zwischen ihnen zutiefst empfundene ethische Diskrepanz evident: Keineswegs nämlich erscheint die Kriegführung als eine gleichsam nur großzügiger bemessene Variante des Raubes, sondern wird von dieser parasitären22 Subsistenzweise strikt unterschieden, als ein grundsätzlich notwendiges Korrektiv gegenüber demjenigen 'Anderen' verstanden, welcher sich nicht in die ihm innerhalb des - kulturdeterministisch interpretierten Geschichtsprozesses zugewiesene Funktion, beherrscht zu werden, fügen will. Der Krieg ist somit gewissermaßen als Vollstreckungsgehilfe des Naturrechts legitimiert, analog zur Jagd, welcher im Rahmen der von Aristoteles entwickelten anthropozentrischen Teleologie23 der gleiche Stellenwert zukommt: διό και ή πολεμική φύσει κτητική πως εσται (ή γαρ θηρευτική μέρος αύτής), ή δει χρήσθαι πρός τε τά θηρία και των ανθρώπων "όσα πεφυκότες

Gerade von den parasitär wirtschaftenden Nomaden (cf. S.27 m. A.17) wird der Raub als Zuerwerb genutzt (προσαναπληροΰντες τον ενδεέστερον βίον). Pol. I 8, 1256 b, 21f.: άναγκαϊον των ανθρώπων ένεκεν αύτά πάντα πεπαηκέναι τήν φύσιν.

Die Piraterie in der griechischen Frühzeit

31

αρχεσθαι μη θέλουσιν, ώς φύσει δίκαιον τοϋτον δντα τον πόλεμον. 24

Πόλεμος und ληστεία erscheinen bei Aristoteles also beinahe als Antipoden, als die spezifischen Erwerbsformen unterschiedlicher Kulturniveaus. Welch weiten Weg der Entwicklung Rechtsempfinden und Wertvorstellungen, aber auch das Selbstwertgefühl des Hellenentums zurückgelegt haben, wird deutlich, wenn wir vom 4. Jh. unser Augenmerk auf die früheste Zeit zurücklenken: Inwieweit wurde hier zwischen Krieg und Raub differenziert, und, sofern als eigenständige Größe im Bewußtsein der Zeitgenossen verankert, welche Reputation besaß letzterer? Daß ληστεία in der Frühzeit als durchaus honorige Form des Erwerbs galt, darüber unterrichtet uns bereits Thukydides in seiner Archäologie: ούκ έχοντος πω αΐσχυνην τούτου τοΰ έργου (sc. της ληστείας), φέροντος δέ τι και δόξης μάλλον.

Als Beleg führt er - neben dem Hinweis auf Völkerschaften, bei denen sich ein solches Brauchtum bis auf seine eigene Zeit erhalten habe (δηλοΰσι δέ των τε ήπειρωτων τίνες ετι και νϋν, οίς κόσμος καλώς τούτο δραν) - die Werke der alten Dichter an, wo ankommende Fremde stets danach gefragt worden seien, εί λησταί είσιν, ohne daß diese Frage als Beleidigung gemeint oder aufgefaßt worden wäre25. Diese Feststellung des griechischen Historikers ist im Prinzip zutreffend; denn es gibt innerhalb der homerischen Epen in der Tat eine Reihe von Stellen, die sich zur Bestätigung heranziehen lassen bzw. die wertneutral sind26. Daneben finden sich allerdings auch solche, wo die Piraterie ohne Zweifel als etwas Besonderes begriffen wird27 zum Teil durchaus stigmatisiert ist28. Eine Sichtung der unterschiedlichen Zeugnisse zeigt schnell, daß letztere den Pirateriebegriff zumeist nur als Mittel des Vergleichs, d.h. 'uneigentlich' verwenden, während überall dort, wo der Seeraub 'eigentlicher' Erzähl24

25

26 27

28

Ibid. 23-26; cf. Plat., Nom. 7, 823b, wo die Jagd als der Oberbegriff erscheint: ού μόνον θηρίων, άλλα και την των ανθρώπων άξιον έννοεΐν θήραν, την τε κατα πόλεμον, πολλή δέ και ή κατά φιλίαν θηρεύουσα, ή μέν έπαινον, ή δέ ψόγον έχει· και κλωπεΐαι [και] και στρατοπέδων στρατοπέδοις θηραι. 1,5,1 (bez. auf Horn., Od. 3,71-74 = 9,252-255); cf. lust. 43,3,5 (von den Phokäern): ... plerumque etiam latrocinio maris, quod Ulis temporibus gloriae habebatur, vitam tolerabant (zur Piraterie der Phokäer s. auch Her. 1,166). 3,301f.; 4,81-92; 9,39-61; ll,401ff.; 14,192-359. Dies zeigt beispielsweise die Verwendung eines Nomens agentis wie ληιστήρ bzw. ληιστώρ (Od. 15,427; 16,426f.; 17,425; hom. h. 2,125; 4,14; cf. Bravo, Sylan 975. 14,83-88; Horn., Od. 3,71-74 ( = 9,252-255; cf. Hymn, auf Apollon 452ff.).

32

II. Zum Wesen der antiken Piraterie

gegenständ ist, sich zwar eine kaum idealisierende, aber stets wenigstens wertneutrale Darstellung findet. Dieser inhaltliche Widerspruch besteht nur scheinbar und klärt sich auf, vergegenwärtigt man sich die zeitliche Distanz des Dichters zu dem, was das historische Fundament seines Stoffes bildet; so werden wir im homerischen Epos immer wieder mit dem Phänomen konfrontiert, daß neben die thematisch bedingten 'archaisierenden' Elemente solche - insbesondere auch im Bereich des explikativen Sprachinventars - aus der Abfassungszeit treten29. Gerade aber der Umstand, daß zum Zweck der Illustration der Pirateriebegriff als Mittel des Vergleichs30 fungieren konnte, demnach das vom Autor gedachte Tertium comparationis als unmittelbar kenntlich und einleuchtend vorausgesetzt werden durfte, zeigt, daß bereits zur Entstehungszeit der Odyssee der Seeraub innerhalb des Hellenentums als Erwerbsform - zumindest theoretisch - allseits mißbilligt wurde und daß sein hohes Renommee, welches sich qualitativ in nichts von im Kriege erworbenem Ruhm unterschied, dem Gedankengut einer sehr viel früheren Zeit31 angehört, von der wir durch die homerischen Epen ein nur mehr oder weniger verschwommenes Bild erhalten.

29

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So ist es beispielsweise erklärlich, daß Achilleus als ein bronzezeitlicher Kämpfer dem Hektor mit einer 'erzbeschwerten' Lanze (μ.ελίη χαλκοβάρεια, II. 22, 328) den Todesstoß versetzt und von dem sterbenden Gegner wenig später ob seiner 'eisernen' Gesinnung (σιδήρεος έν φρεσΐ θυμός, ib. 357) gescholten wird. In die gleiche Richtung weist, daß gerade auch in den Gleichnissen sich morphologisch junge Formen häufen, wie G.P. Shipp, Studies in the Language of Homer, Cambridge *1972, 3-222, nachgewiesen hat. Zu dem komplexen Problemfeld der homerischen Gleichnisse, cf. den kurzen Überblick im Forschungsbericht von A. Heubeck, Die homerische Frage, Darmstadt 1974, 208-211. Zur Piraterie bei Homer cf. neben den kurzen Stellungnahmen bei Sestier, Piraterie dans l'Antiquitd, 25-27: Ormerod, Piracy, 44ff.; A. Andreades, Geschichte der griechischen Staatswirtschaft, (2 Bde.), München 1931, 1, 26ff.; H. Thomas, Lands and Peoples in Homer; F.H. Stubbings, Communications and Trade; in: A.J.B. Wace und F.H. Stubbings (Hrsg.), A Companion to Homer, London 1962, 283-310 und 539-544; M. Austin/P. Vidal-Naquet, Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland, München 1984 (Ubers, d. Ausg. Paris H973), bes. 32ff.; nun besonders auch W. Nowag, Raub und Beute in der archaischen Zeit der Griechen, Diss. München 1982.

3.1. Die Piraterie und das griechisch-römische Kulturzentrum

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3. Die Piraterie und das griechisch-römische Kulturzentrum 3.1. Der ökonomische Bereich Dieser also bereits für die Abfassungszeit der homerischen Epen und auch in späteren Epochen anhand zahlreicher Belege erkennbaren moralischen Disqualifikation der Piraterie und ihrer daraus notwendigerweise resultierenden Ausgrenzung im gemeinhellenischen Wertebewußtsein stand jedoch realiter kein ebenso exaktes wie simples Selektionsraster zur Seite, welches die allseits akzeptierten ethischen Normen auch in praxi hätte zur Geltung bringen können. Wie unscharf die Grenzen hier häufig gezogen waren, zeigt sich schon daran, daß uns in den frühesten Zeugnissen der für spätere Zeiten so natürlich erscheinende Antagonismus Händler : Pirat noch als die ursprüngliche - ianusgesichtige - Personaleinheit Händler-Pirat gegenübertritt32. Erst mit der Ausbildung zwischenstaatlicher Rechtsnormen wurden gerade im Interesse des sich entwickelnden Seehandels - die Möglichkeiten einer von privater Seite betriebenen Piraterie in immer stärkerem Maße beschnitten. Freilich führte die nun einsetzende Dissoziation jener personalen Identität von Handel und Piraterie33 nur zu einer zunehmenden Auslagerung letzterer aus dem eigenen ökonomischen Instrumentarium der Griechen, ohne daß sie aufgehört hätte, mittelbar weiterhin ein integrierender Bestandteil des hellenischen Wirtschaftslebens zu sein: Einerseits nämlich läßt sich feststellen, daß der Seeraub aus der Praxis der durch einen regeren wirtschaftlichen und auch politischen Verkehr miteinander verbundenen griechischen Poleis weitgehend verschwand bzw., wenn jener doch einmal praktiziert wurde, die Schuldigen auch von Angehörigen der eigenen Polis an den Pranger gestellt wurden34 So bestand in der Frühzeit für einen Mitreisenden auf einem Handelsschiff stets die Gefahr, als Sklave verkauft zu werden (Horn. Od. 14,287-297; Her. 1,24). Oder es wurden Bewohner von vorbeikommenden Händlern verschleppt und versklavt (Horn. Od. 15,415-484; Her. l,lf.). Anders formuliert: 'Produktion' und Absatz gerade auch der Ware Sklave waren noch nicht arbeitsteilig organisiert. Dieser Prozeß läßt sich im übrigen auch im Schiffbau feststellen, wo sich der Typus des Handels- und des Kriegsschiffes mit jeweils besonderen, vom Zweck her bestimmten Konstruktionsmerkmalen herauszubilden begann, eine Entwicklung, die spätestens im 6. Jh. voll ausgeprägt erscheint - nachvollziehbar besonders anhand zahlreicher Vasenbilder. Cf. Casson, Ships 60ff.; ders., Die Seefahrer der Antike, München 1979 (Übers, d. 6. Aufl. v. The Ancient Mariners; 1. Aufl. New York 1959), 142f.; O. Höckmann, Antike Seefahrt, München 1985, 96ff. So führt Demosthenes darüber Klage, daß manche athenischen Trierarchen ihr Amt zu persönlicher Bereicherung mißbrauchten, indem sie mit ihren Schiffen gegen jedermann Piraterie betrieben; das falle auf die gesamte

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II. Zum Wesen der antiken Piraterie

Andererseits aber ist trotz aller scheinbar natürlichen Gegnerschaft zwischen den Handel treibenden Staaten und der Piraterie auch eine partielle Interessenkongruenz und als Resultat eine zwar auf bestimmte Bereiche begrenzte, dort aber offensichtlich intensiv praktizierte Kooperation zwischen ihnen zu verzeichnen, deren Existenz sich bereits e negativo aufgrund der zahlreichen - epigraphisch wie literarisch - dokumentierten Versuche, ihr entgegenzuwirken bzw. sie zu sanktionieren, konstatieren läßt. Die Ambivalenz jenes Verhältnisses zeigt sich so recht eindrucksvoll 35 . athenische Bürgerschaft zurück, von der jeder einzelne bei einem Aufenthalt in der Fremde gewärtig sein müsse, für das von jenen begangene Unrecht bestraft zu werden und Repressalien zu erleiden: έπειδαν γάρ τις μισθωσάμενος τριηραρχίαν έκπλεύση, πάντας ανθρώπους άγει και φέρει, και τάς μεν ώφελίας ιδία καρποϋται, τάς δε δίκας τούτων ό τυχών δίδωσιν υμών ... (51,13). Noch deutlicher formuliert Aischines sein Mißbehagen: Dadurch daß athenische Militärs vor der thrakischen Küste griechische Handelsschiffe kaperten, drohe die Vaterstadt, ihr hohes Ansehen in Hellas zu verspielen und beinahe ebenso in Verruf zu geraten wie die als Piratenunterschlupf berüchtigte 'Mäuseinsel': κατήγον δέ τά πλοία και τους "Ελληνας έκ της κάνης θαλάττης. άντί δέ αξιώματος και της των 'Ελλήνων ηγεμονίας, ή πόλις ημών της Μυοννήσου και της των ληστών δόξης άνεπίμπλατο (2,71). Gerade das prononcierte Epitheton κάνης verdeutlicht, daß - neben der von den Übergriffen betroffenen Personengruppe - insbesondere auch der Ort, der als gemeinhellenisch empfundene Wirtschaftsraum, gegenüber solchen Praktiken als eine Art Bannbereich galt. Zur 'Freiheit der Meere' als einem auch in vielen Friedensverträgen (seit dem Philokratesfrieden von 346) seinen Niederschlag findenden politischen Topos, cf. Seager, I.e. (S.24 A.7), 133ff. Daß dieser sich jedoch auch bereits im 5. Jh. nachweisen läßt, hat Walsh (I.e. [S.24 A.7] 61 m. A.77) gezeigt, cf. Ziebarth, Beiträge 9 m. Anh. 100. Einer unserer frühesten Belege ist eine (nur bruchstückhaft erhaltene) Inschrift von Teos aus der ersten Hälfte des 5. Jh. v. Chr.: In einem gegen verschiedene kriminelle Delikte prophylaktisch ausgesprochenen Fluch sollte nicht nur der Giftmischer oder wer von den Bürgern die Versorgung der Insel, indem er heimisches Getreide exportiere bzw. importiertes reexportiere, gefährde, des Todes sein, sondern darüberhinaus der Beamte, welcher Hochverrat begehe oder selbst Land- bzw. Seeraub betreibe oder Landbzw. Seeräuber aufnehme: όστις τοϋ λοιποϋ άισυμνών έν Τέωι _ [κιξα]λλεύα η κιξάλλας ύπο//δέχ δυνατόν τελέσμασι τοις αυτών. Ibid. 79ff.: εΐ δέ τινές κα των ύποδεχομένων τους λαιστάς ij συνεργούντων α[ΰ]/τοΐς, συστρατευσάντων Ίεραπυτνίων 'Ροδίοις έπΐ τάν κατάλυσιν τοΰ λαιστηρίου, πόλεμον έξενέγκω[ν]/τι "Ιεραπυτνίοις διά ταύταν τάν στρατείαν, βοαθούντων 'Ρόδια Ίεραπυτνίοις παντι σθένει κατά το δυ[να]/τόν, και ό ταϋτα πράσσων πολέμιος εστω "Ροδίοις. Staatsv. III 552; zur Datierung cf. Βηιΐέ, Piraterie crötoise 34ff. Staatsv. III 552, 25f. = Staatsv. III 551, 9ff., cf. A.176. Cf. ο. A.175. Das zeigt sich schon daran, daß die Vertragsbedingungen für Olus deutlich ungünstiger waren: Es sollte 'denselben Bundesgenossen und Feind wählen wie die Rhodier, wie es (deren) Volksversammlung beschließt', d.h. die Oluntier hatten sich bei der Wahl ihrer Bündnispartner auf den von Rhodos vorgegebenen Staatenkreis zu beschränken; dementsprechend mußten bereits bestehende Verträge wieder gelöst werden; des weiteren war die Führung eines Angriffskrieges an die Zustimmung von Rhodos geknüpft (Staatsv. III 552, 20ff.: ... και τον αυτόν σύ[μ/μαχ]ον και φίλον αϊρεΐσθαι Όλουντίους 'Ροδίοις, καθότι κα τώ. δάμωι δοκήι, μή έ/[ξείμε]ιν [δέ Όλου]ντ[ίο]ις π[ο]τ' άλλον μηδένα συμμαχία ν παήσασθαι παρευρέ/[σει] μηδεμιάι, τάς δέ πρότερον αύτοϊς ΰπαρχούσας συμμαχίας πάσας/ [κα]ταλελύσθαι. μή έ[ξ]είμειν δέ Όλουντίοις μηδέ κατάρχειν πολέμου/ [πο]τ£ μ < η > θ έ ν α , ε|ϊ] κα μή συνδοκήι τώι δάμωι τωι 'Ροδίων.) Alle diese Bestimmungen fehlen im Hierapytnavertrag. Cf. auch Pistorius, I.e. (S.87 A.102), 105f. Den Rhodiern hätte es ihre starke Verhandlungsposition - das Bündnis ging auf die Initiative der Oluntier zurück (ibid. Iff.) - sehr wohl ermöglicht, eine entsprechende Forderung zu stellen, wäre sie realisierbar gewesen.

Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten

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um sich wenigstens ein strategisch günstiges όρμ,ητήριον zu sichern183. Gerade nun infolge dieses siegreich beendeten Κρητικός πόλεμος scheint das Ansehen der Rhodier in Hellas außerordentlich gestiegen zu sein, so daß seit dem Jahre 200, als Philipp V. fur die Griechengemeinden der Ägäis eine unmittelbare Bedrohung schuf, auch der beinahe bedeutungslos gewordene Nesiotenbund unter rhodischer Hegemonie zu neuer Aktivität erwachte184. Abgesehen von numismatischen Zeugnissen 185 zeigt dies besonders das epigraphische Material. Im frühen 2. Jh., sei es anläßlich des 2. Makedonischen oder des Syrischen Krieges, sorgte der Rhodier Epikrates in enger Kooperation mit den Trieren der Nesioten und einigen athenischen öuppotxra für die Sicherheit der (Handels)Schiffahrt und den Schutz der Inseln186, und aus einem etwa gleichzeitigen Ehrendekret für seinen Landsmann Anaxibios erfahren wir, daß dieser gar den formellen Oberbefehl über die Seestreitkräfte des Bundes innehatte187, wobei sich freilich nicht entscheiden läßt, ob auf der Basis einer Sondervollmacht oder eines kontinuierlich bestehenden Amtes188. Jedenfalls scheint auch sonst die Gewohnheit geherrscht zu haben, Rhodier mit der Führung der Militärkontingente des Bundes bzw. einzelner Mitgliedstaaten zu betrauen; 183 184

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Cf. jetzt auch den Vertrag mit Chersonesos: A. Chaniotis, Vier kretische Staatsverträge, in: Chiron 21 (1991), 241-264, hier: 258ff. Liv. 31,15,8; daß der Nesiotenbund damals wahrscheinlich neugegründet wurde, stellte schon H. Swoboda, Lehrbuch der griechischen Staatsaltertümer, Tübingen 4913, 421 A.5, fest. Cf. hierzu (neben der o. S.108 A.42 zitierten Literatur) jetzt die zwei Beiträge von D.V. Sippel, in: AncW 13 (1986), 35-40 und 41-46, die mir nicht zugänglich waren; eine kurze Inhaltsangabe findet sich in: SEG 36 (1986), Nr. 1521. Seit dem Beginn des 2. Jh. (kaum während des 3. Jh., wie B.V. Head, Historia Numorum, Oxford 21911, 493, nahelegt) ist auf Münzen der ägäischen Inselgriechen eine relative Häufung der rhodischen Rose (zu allgemeinen Belegen dieses Prägesymbols des rhodischen Geldes cf. P.R. Franke / W. Leschhorn / A.K. Stylow (Hrsg.), Sylloge Nummorum; Sammlung v. Aulock - Index, Berlin 1981, s.v. 'Rose', p.252) zu verzeichnen, cf. BMC, IX (Crete and the Aegean Islands, ed. W. Wroth (Nachdruck: Bologna 1963); Cythnos: p.98 Nr. 6-10; Tenos: p.129 Nr. 20, 23, 27, 31; cf. hierzu auch L. Robert, Une monnaie de Rhodes contremarquäe, in: RN 19 (1977), 7-33. IG XI 4, 751 (SIG> 582; Dürrbach, Choix Nr. 67) Z. 3ff.: [έ]πειδή Έπικράτης [Πολ]υστράχο[υ]/ [Ρ]όδιος, αποσταλείς ΰπό του δήμο[υ]/ επί καταφράκτων πλοίων κατά/ πόλεμ,ον, συστρατευόμενων αΰ/[τ]ώι των τε νησιωτικών τριηρών [κα]ί των 'Αθηναίων άφρακτων έφρ[όν/τισ]εν της τε των πλεόντων άσ/[φαλ]είας και της των νήσων φυλα/[κης κ]αί της περί τό ιερόν εύσεβεί/[ας] ... ; zur Datierung cf. Dürrbach, Choix a.l. p.90. IG XI 4, 752 (SIG3 583; Dürrbach, Choix Nr. 63) Z. 2ff.: έπειθη Άνα[ξίβιος/ Φ]ειδιάνακτος 'Ρόδιος, άποσταλεί[ς Οπό]/ τοϋ δήμιου τοϋ Ροδίων άρχων έπί τε [των νή]/σων και των πλοίων των νησιωτικ[ών . . . . Cf. Dürrbach, Choix a.l. p.81.

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IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik

so befehligte ein gewisser Philotimos nicht nur die Soldaten der Stadt Tenos, sondern fungierte darüberhinaus dort offenbar als eine Art Stadtkommandant189. Zumindest zeitweilig also scheint Tenos in der ersten Hälfte des 2. Jh. für die Rhodier gewissermaßen das Hauptquartier in der Ägäis gewesen zu sein, wird doch ihre militärische Präsenz ebenfalls durch zwei Weihinschriften einiger rhodischer Marineoffiziere bestätigt190. Ansatzweise zeigt diese Hegemonie über den Nesiotenbund sogar schon Anzeichen einer politischen191 und vielleicht auch wirtschaftlichen192 Einflußnahme. In dieser Position haben die Römer den Inselstaat anfanglich durchaus bestärkt, hatten seine Seestreitkräfte doch auch zum Sieg über Philipp193, entscheidend aber zu dem über Antiochos194 beigetragen. Daher wurden sie unter allen römischen Bundesgenossen195 im Apameavertrag (nach Eumenes II.) am meisten begünstigt: Zunächst einmal hatte Antiochos eine vollständige Garantie bzw. Restitution rhodischen Besitzstandes zu gewährleisten196 und des weiteren die bereits von Seleukos II.197 der Insel zuerkannte Zollfreiheit innerhalb seines Machtbereiches zu erneuern198. Darüberhinaus mußte der König die - angesichts der im Vertrag fixierten Schiffahrtsgrenze eigentlich überflüssige - Garantie geben, keinen Krieg gegen die Griechen des europäischen Festlandes und die Inselbewohner zu führen199. Die zweifelsohne größte Bedeutung aber besaß für die Rhodier die mit 189

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IG XII 5, 830 Z. 10ff.: έπαινέσαι [... Φιλότιμον ...]/[... 'Ρόθιον τον άποστα]/λέντα επί τε των στρατιωτ[ών και έπι την της πό]/λεως έπιμ,έλειαν . . . . IG XII 5, 913 und 914. So wird in einem Dekret der Nesioten aus der Zeit nicht lange nach 188 zur Datierung auch der eponyme Heliospriester von Rhodos genannt (IG XII 5, 824 B; SIG' 620). Ein Beschluß der nesiotischen σύνεδρα für den syrakusischen Bankier Timon spricht von einer um 5% höheren (nicht niedrigeren, wie Hiller v. Gaertringen, Rhodos, in: RE Suppl. V, 731-839, hier: 794, meint) Geltung der rhodischen Drachme gegenüber einer anderen, für uns nicht mehr erkennbaren Wahrung (IG XII 5, 817 Z. 5f.; cf. A. Wilhelm, Neue Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde, VI, Wien 1921, 11). Hierzu cf. bes. Schmitt, RR 58ff.; auch Will, Histoire 2\ 124ff.; 150f.; Gruen, Hellenistic World 2, 53Iff. Cf. Schmitt, RR 74ff.; Will, Histoire 2\ 21 lf.; Gruen, Hellenistic World 2, 638. De facto hatte Rhodos damals diesen Status, wenngleich auch nicht staatsrechtlich, cf. Pol. 30,5,6. Pol. 21,43,16f.; Liv. 3 8 , 3 8 , l l f . Pol. 5,89,8. Pol. 21,43,17. Pol. 21,43,4; Liv. 38,38,3 (hier werden nur qui insulas colunt genannt).

Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten

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dem Abzug des Antiochos notwendig gewordene territoriale Neuordnung Kleinasiens, von welcher sie in erheblichem Maße profitieren sollten. Denn es kamen Lykien und Karien unter ihre Botmäßigkeit200, deren juristischer Charakter von römischer Seite allerdings - bewußt ? 201 - äußerst unscharf definiert war202. In den Jahren nach Apamea nun scheint Rhodos in der Tat den Gipfel seiner - indes bereits trügerischen, da verstärkt an römisches Wohlwollen geknüpften - Macht erklommen zu haben. Welch prekären Status diese hatte, zeigt sich von dem Moment, da der Senat dem einstigen Prot6g6 seine Gunst wieder zu entziehen begann. Es ist hier nicht der Ort, diesen Entfremdungsprozeß im einzelnen nachzuzeichnen203, welcher beinahe zu einer physischen Eliminierung des rhodischen Staates durch die Römer geführt hätte. Denn als nach der Niederwerfung des Perseus der karrierehungrige praetor peregrinus M'. Iuventius Thalna unter Umgehung des Senats das Volk zu einer Kriegserklärung gegen Rhodos aufzuwiegeln suchte, konnte er nur durch die Interzession zweier Volkstribunen gebremst werden204, und als die Sache schließlich in der curia verhandelt wurde, war es der alte Cato, welcher die Kriegsgefahr endgültig von den Rhodiern abwendete205. Daß freilich für das Votum des Zensoriers tatsächlich das von ihm wohl in den Vordergrund gestellte Legalitätsdenken und nicht vielmehr politische Erwägungen den Ausschlag gaben, darf bezweifelt werden206, denn ungeschoren kam die Insel ja keineswegs davon: Zunächst einmal büßte sie einen erheblichen Teil ihres Territoriums ein, nämlich alle die Ländereien auf dem Festland207, über die Rom ihr 200 201

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Pol. 21,46,8; Liv. 37,56,8f. Diese These hat in der Forschung großen Zuspruch gefunden, cf. die Literaturangaben bei Gruen, RR 64 A.8; widersprochen haben u.a. Gruen (ibid. 64f.) und Sherwin-White (RFP 25). Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser Frage findet sich bei Schmitt, RR 84ff. (mit Besprechung der älteren Literatur). Mehr oder minder ausführliche Darstellungen (mit Angaben zu den Quellen und der jeweils älteren Literatur) finden sich bei van Gelder, (I.e. [A. 149], 142ff.), Schmitt (RR 129ff.), R. Mellor (ΘΕΑ 'ΡΩΜΗ - The Worship of the Goddess Roma in the Greek World, Göttingen 1975, 3Iff.), Gruen (Rome and Rhodes) und Will (Histoire 2\ 261f.; 295ff.). Pol. 30,4,6; Liv. 45,21. Liv. 45,25,2f.; Gell., N.A. 6,3; die Fragmente finden sich zusammengestellt bei Η. Peter (Historicorum Romanorum fragmenta, 2 Bde., Stuttgart 1967 [Neudruck der Ausgabe Leipzig h, 1914; 2, 1906], 1, 84-88) und ORF» Nr.8, XLII, pp. 62ff.); cf. auch D. Kienast, Cato der Zensor, Heidelberg 1954, 118ff.; 162f. und nun besonders Calboli, Cato, 273ff. Diese Ansicht läßt bereits Sallust (Cat. 51,5) Caesar im Jahre 63 vor dem Senat äußern; zu den politischen wie ökonomischen Motiven der Cato-Rede cf. die ausfuhrliche Analyse bei Calboli, Cato 120ff. Darüberhinaus gingen noch Kaunos und Stratonikeia verloren (Pol.

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IV.

Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik

nach dem Antiochoskrieg ein - wie sich nun unzweideutig zeigen sollte: prekäres208 - Verfügungsrecht eingeräumt hatte209. Dies - wie auch der mutmaßliche Rückzug aus dem Nesiotenbund 210 - bedeutete bereits unmittelbar einen gravierenden politisch-militärischen Substanzverlust, welcher indes in seiner Wirkung mittelbar aufgrund der so verminderten Staatseinkünfte211 noch verschlimmert wurde. Doch sollte für die Finanzlage der Rhodier eine noch bei weitem schwerer wiegende Belastung dadurch entstehen, daß Rom auf Delos einen Freihafen einrichtete212, eine Maßnahme, deren primäre Motive sicherlich ökonomischer Natur waren und von dem Wunsch diktiert wurden, den auf der Kykladeninsel selbst und im Ägäisraum wohl damals bereits in großer Zahl aktiven italischen und ebenso römischen Händlern213 einen preisgünstigeren Warenumschlag zu ermöglichen 214 ; dies zielte ver-

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30,21,3; Strabo 14,2,3), cf. Meyer, Grenzen 56. De facto, wenngleich nicht de iure, war dies durchaus gegeben; zur 'Prekaritätsklausel' cf. bes. Schmitt, RR 97ff.; Badian, FC 101 A.l. Pol. 30,5,12; Liv. 44,15,1; 45,25,6; App., Syr. 230; Mithr. 254; cf. Meyer, Grenzen 146ff.; Magie, Roman Rule 1, 109f. m. A. 67 (2, 954f.); Schmitt, RR 156ff.; Liebmann-Frankfort, Frontifcre 95ff.; Will, Histoire 2*, 297ff. Zum epigraphischen Niederschlag der römischen 'Freiheitserklärung' cf. J. et L. Robert, La Carie, II, Paris 1954, 309; Chr. Habicht, Samische Volksbeschlüsse der hellenistischen Zeit, in: MDAI (A) 72 (1957), 152274, hier: 242ff.; 248ff. Während das κανόν offensichtlich auch im Jahre 160 noch bestand (P.M. Meyer, Griechische Papyrusurkunden der Hamburger Staatsbibliothek, I, Leipzig 1911-1924, p. 211 A. 57) ist eine Präsenz der Rhodier nach ihrer Demütigung durch die Römer nicht mehr feststellbar, cf. S. Accame, Alceo di Messene, Filippo V e Roma, in: RFIC 75 (1947), 94-105, hier: 97ff. So beklagt der rhodische Gesandte Astymedes, daß seinem Vaterland allein aufgrund des Verlustes von Kaunos und Stratonikeia jährlich 120 Talente an Steuereinnahmen verlorengingen (Pol. 30,31,8). Pol. 30,31,10; cf. Strabo 10,5,4. Zur Präsenz von Römern und Italikern auf Delos cf. Th. Homolle, Les Romains a DSlos, in: BCH 8 (1884), 75-158; J. Hatzfeld, Les Italiens r6sidant ä D£los, in: BCH 36 (1912), 5-218 (betont das Übergewicht italischer Kaufleute gegenüber römischen, cf. ders., Trafiquants 238ff.); dem widerspricht jetzt besonders H. Solin, Appunti sull' onomastica romano a Delo, in: Coarelli u.a., Delo 101-117. Erst in neuerer Zeit hat eine solche unter wirtschaftlichen Aspekten vorgenommene Analyse dieser Episode römisch-hellenistischer Geschichte innerhalb der 'bürgerlichen' Historiographie (anders naturgemäß die marxistische Forschung, cf. z.B. N.N. Zalesskij, Les Romains ä D61os. De l'histoire du capital commercial et du capital usuraire romain (aus d. Russ.), in: Coarelli u.a., Delo 21-49, bes. 30ff.) wieder breiteren Niederschlag gefunden; einen ausgezeichneten forschungsgeschichtlichen Abriß liefert D. Musti, Un aspetto della storia degli studi su Delo ellenistico-romana, ibid. 5-17; cf. auch Calboli, Cato 150ff.

Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten

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mutlich auch zu jener Zeit schon auf eine Erleichterung der Versorgung mit Sklaven215. Es ist indes sehr gut denkbar, daß der Senat seine Entscheidung nicht ausschließlich im Sinne einer ökonomischen Intention, sondern auch einer politischen Funktion gefallt hatte. Denn in seiner unmittelbaren Konsequenz für den rhodischen Staatshaushalt weist dieser Schritt ja deutliche Parallelen zu jenem auf, der Rhodos des größten Teiles seines festländischen Besitzes beraubt hatte, und insofern mag sich die Errichtung des delischen Freihafens durchaus in den Kontext 'sanfter Repressalien' einordnen, welche der Senat gegen die seines Erachtens pflichtvergessene Inselrepublik zur Anwendung brachte, nachdem er offene Gewaltmaßnahmen nicht für opportun erachtete. Offenbar zu recht: Wie nämlich aus den vor den patres erhobenen Klagen jenes bereits erwähnten Astymedes ersichtlich, verminderte sich das rhodische έλλιμένιον 216 aufgrund der billigeren delischen Konkurrenz ganz erheblich217 - mit einer wohl fatalen Wirkung auch für die Wehrkraft der Insel: Als es nämlich in den Jahren ca. 155-153 erneut zu einer Auseinandersetzung mit Kreta (vermutlich wieder dem κανόν) kam218, zeigte sich schnell, daß die einst so ruhmreiche rhodische Marine nur noch ein Schatten ihrer selbst war, vermochte 215

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In welchem Maße der Bedarf an unfreien Arbeitskräften, welcher seitens der italischen Wirtschaft (insbesondere des agrarischen Sektors) bestand, die römische Politik gegenüber den Piraten, den Hauptlieferanten von Sklaven, wahrscheinlich beeinflußte, soll noch erörtert werden. Die Frage, ob es sich hier um Hafen- oder Zollgebühren handelte, wurde von der Forschung unterschiedlich beurteilt, cf. Magie, Roman Rule 2, 956f. A. 69; Walbank, Commentary 3, 459f. (jeweils mit Literaturangaben). Cf. auch A. Wilhelm, Griechische Inschriften rechtlichen Inhalts, Athen 1951, 64f.; H.W. Pieket, Note on a Customs Law from Caunus, in: Mnem. IV, 11 (1958), 128-135; M. Wörde, Zwei neue griechische Inschriften aus Myra zur Verwaltung Lykiens in der Kaiserzeit, in: J. Borchardt (Hrsg.), Myra. Eine lykische Metropole, Istanb. Forsch. 30 (1975), 254-300, hier: 295 A. 767.; M. Wörrle, Inschriften von Herakleia am Latmos I, in: Chiron 18 (1988), 421-476, hier: 461 A.181 (mit weiterer Literatur). Pol. 30,31,12: τοϋ γάρ έλλιμενίου κατά τους άνώτερον χρόνους εύρίσκοντος εκατόν μυριάδας δραχμών, νϋν άφηρήκατε bzw. ευρίσκει πεντεκαίδεκα μυριάδας, ώστε και λίαν, ώ άνδρες 'Ρωμαίοι, την ύμετέραν όργήν ίίφθαι τών κυρίων πόρων της πόλεως. Der Umfang des entstandenen Schadens wird entscheidend durch die (notwendige) Emendation des überlieferten Textes bestimmt: Entweder wurde das έλλιμένιον um oder auf 15% seiner ursprünglichen Höhe reduziert. Ausführliche Besprechungen des Problems finden sich insbesondere bei Magie, Roman Rule 2, 956f. A. 69; Schmitt, RR 161ff.; Walbank, Commentary 3,459f. Die neueste Untersuchung (mit Quellen- und Literaturangaben) zu diesem für den Historiker viel schlechter erfaßbaren zweiten Κρητικός πόλεμος liefert Brule, Piraterie cr&oise 6Iff.

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IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik

sie es doch nicht mehr wie 50 Jahre zuvor, die Oberhand über die kretischen Piraten zu gewinnen. Diodor liefert ein eindrucksvolles Bild, indem er die großen, furchteinflößenden Schiffe der Rhodier mit Bären vergleicht, die den zwar kleineren, aber an Zahl und Wendigkeit überlegenen Hunden des (kretischen) Jägers erliegen219. Es läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, inwieweit eine solche unübersehbare Superiorität der Kreter vielleicht auch auf andere Faktoren wie etwa eine (durch die Quellen allerdings nicht zu belegende) Innovation in der Konstruktion ihrer Schiffe zurückgeführt werden muß; doch haben wir allen Grund zu der Annahme, daß die rhodische Marine früherer Tage hier kaum vor eine unlösbare Aufgabe gestellt worden wäre, wenn man bedenkt, wie problemlos sie die - konstruktionstypologisch ähnlichen - Lemboi des Demetrios von Pharos aus der Ägäis verjagt hatte220. Ein wesentlicher Grund für die so veränderte Lage ist also wohl in der durch die Römer mittelbar beeinflußten militärischen Schwächung der Insel zu sehen. Eine noch folgenschwerere - psychische - Wirkung mag indes von der im Jahre 167 erfahrenen Demütigung auf das Selbstbewußtsein der ehemals stolzen Seemacht ausgegangen sein. Denn während sie es vor dem 3. Makedonischen Krieg ihrer politischen Klugheit zugute gehalten hatte, sich zwar stets um ein freundschaftliches Verhältnis zu Rom zu bemühen, sich aber zugleich auch ein größtmögliches Maß an machtpolitischer Handlungsfreiheit zu bewahren221, mußte sie nun erkennen, wie wenig eine derartige Haltung offenbar mit den auf den hellenistischen Osten gerichteten Zielprojektionen der italischen Supermacht kongruierte; und so suchte sie jetzt beim Senat bittflehend um die zuvor stolz vermiedene Symmachie nach, die ihr mit einigem Zögern im Jahre 164 endlich gewährt wurde222. Es ist leicht verständlich, daß angesichts dieser Entwicklung das Selbstgefühl der Rhodier nachhaltig getrübt und ihre auf Eigenständigkeit beruhende Initiativkraft, welche vermutlich auch eine Ursache für die über sie beinahe hereingebrochene Katastrophe bildete, erlahmt sein mußte. Wie sehr, das zeigt eben jener 2. Kretische Krieg, als wiederum Astymedes vor dem Senat erschien und die patres um Vermittlung ersuchte, welche diese dann auch großzügig gewährten223. Man verließ sich fortan offenbar lieber auf die (vermeintliche) Ordnungsmacht im Westen, anstatt auf die eigene Tatkraft zu bauen, von welcher nie zu sagen war, inwieweit Rom sie goutieren würde, eine psychische Disposi219

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Diod. 31,38; zu solchen in einer Vielzahl von Varianten belegten kleineren Schiffstypen, deren Konstruktionsspezifika uns indes nur allzu selten bekannt sind, cf. Casson, Ships 329ff. Cf. o. S. 128. Pol. 30,5,6. Pol. 30,31,20; Liv. per. 46. Zur strittigen Frage nach der Art des hier geschlossenen foedus cf. bes. Schmitt, RR 167ff. Pol. 33,15,3f.

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tion, die nicht nur für Rhodos, sondern den gesamten Osten symptomatisch war bzw. werden sollte. Eine wirksame rhodische Seepolizei scheint es jedenfalls nicht mehr gegeben zu haben: Dem widerspricht weder die Mitteilung Strabos, derzufolge Rhodos nach 146 aus machtpolitischen Gründen den Seleukiden eine Hilfeleistung gegen die kilikischen Piraten versagt habe224, obwohl, so ließe sich mit dem griechischen Geographen unterstellen , dazu sehr wohl imstande225; doch liegt dieser Ansicht wohl eher Strabos eigene (Fehl)Interpretation zugrunde226. Ebensowenig hat die Inselrepublik in der lex de piratis227 eine wichtigere Rolle als die eines 'politischen Briefträgers'228 gespielt. Dem kilikischen Seeraub aber waren nun umso mehr Tür und Tor geöffnet, da die Römer nicht nur ihrerseits keine Gegenmaßnahmen ergriffen, sondern darüberhinaus auch in anderer Beziehung zu einer Verschärfung der Situation beitrugen.

3.2. Die sozio-ökonomische Destabilisierung Schon wenn man sich vergegenwärtigt, daß zwischen der Demütigung von Rhodos und der weitgehenden Beseitigung der Piraterie durch Pompeius immerhin recht genau 100 Jahre vergingen, erscheint es wenig plausibel, in der durch Rom herbeigeführten machtpolitischen Aushöhlung des hellenistischen Ostens den einzigen oder auch nur den entscheidenden Grund dafür zu sehen, daß der Seeraub schließlich solche Ausmaße annehmen konnte229; überhaupt ist es ja allzu einfach, die Existenz von Dieben mit einer gegebenen 'Gelegenheit' erklären zu wollen. Vielmehr sind die unmittelbaren Motive interpretationsbedürftig, welche eine wachsende Zahl von Menschen dazu veranlassen konnten, diesem doch seit ältester Zeit diskreditierten Gewerbe nachzugehen. Oder anders formuliert: Welche konkreten Veränderungen in den historischen Rahmenbedingungen gaben den Ausschlag, daß jenes sozial-ethische Stigma nun in weiten Kreisen der Bevölkerung geradezu eine Umwertung erfahren konnte? Denn Plutarch zufolge fanden sich unter den Seeräubern jetzt vermehrt auch solche Leute, die, obwohl reich, adelig und vernunftbegabt, hier eine 224 225

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Strabo 14,5,2. Nach Rostovtzeff (SEHHW 2, 773) galt Rhodos auch damals noch als die führende Seemacht in der östlichen Agäis. Cf. Schmitt, RR 179. REPB 12f., p. 203. E. Kornemann, Weltgeschichte des Mittelmeerraumes, 2 Bde., München 1948, hier: 1, 339. Cf. o. S.95f.

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IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik

gute Möglichkeit sahen, Ruhm und Ehre zu gewinnen230. Eine derartige Einstellung beschränkt der Autor in dieser mutmaßlichen Reminiszenz an Thukydides231 nicht wie dieser auf die Völkerschaften der 'Peripherie', also hier in erster Linie Kilikiens, sondern wir dürfen seiner kurzen Beschreibung entnehmen, daß dort nur die Keimzelle einer sich dann bedeutend weiter erstreckenden Piraterie lag232. Es bleibt zwar fraglich, ob Plutarch tatsächlich zu einem tieferen Verständnis des Seeraubs gerade des 1. Jh. gelangt ist - für ihn stellt sich dessen außerordentliche Zunahme im wesentlichen als ein Resultat der Tatsache dar, daß Rom, von inneren Wirren geschwächt, den Ereignissen im östlichen Mittelmeer eine nur verminderte Aufmerksamkeit widmen konnte233- dennoch aber finden sich bei ihm wie auch andernorts manche Hinweise darauf, daß es sich bei dem fraglichen Phänomen um mehr als um eine bloße 'Gelegenheitskriminalität' handelte.

3.2.1. Die Kooperation der Provinzialen mit Mithridates VI. Auffällig ist an sich schon die Bereitwilligkeit, mit welcher nicht nur die Piraten234, sondern überhaupt ein wesentlicher Teil der gerade im Be230

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Plut., Pomp. 24,3: ήθη δέ και χρήμασι δυνατοί και γένεσι λαμπροί και τώ φρονεϊν άξιούμενα διαφέρειν άνδρες ένέβαινον εις τα ληστρικά και μετεϊχον, ώς και δόξαν τινά και φιλοτιμίαν τοϋ έργου φέροντος. 1,5,1: ... ούκ έχοντος πω αΐσχύνην τούτου τοϋ έργου, φέροντος δέ τι και δόξης μάλλον. Plut., Pomp. 24,1: ή γάρ πειρατική δύναμις ωρμητο μεν έκ Κιλικίας το πρώτον, αρχήν παράβολον λαβοϋσα και λανθάνουσαν .... Ibid.: είτα 'Ρωμαίων έν τοις έμφυλίοις πολέμας περί θύρας της "Ρώμης συμπεσόντων , έρημος ούσα φρουράς ή θάλασσα κατά μακρόν αυτούς έφείλκετο και προήγεν . . . . App., Mithr. 341 (nachdem Mithridates Schiffbruch erlitten hat, flieht er auf einem σκάφος der Piraten vor dem anrückenden Lucullus, cf. Plut., Luc. 13,3; Oros. 6,2,24); Plut., Luc. 23,2 (kilikische Piraten halten für Mithridates das pontische Sinope besetzt, cf. Oros. 6,3,2); cf. auch App., Mithr. 257; 416; Plut., Pomp. 24,1. Auch manche der kretischen Piratengemeinden haben offensichtlich mit Mithridates paktiert: "ότι Κρήτη έξ άρχής εύνοϊκώς έχειν έδόκει Μιθριδάτη βασιλεύοντι Πόντου και [ύπέρ] αύτώ μασθοφορήσαι πολεμοϋντι "Ρωμαίοις έλέγετο. έδοξε δέ και τοϊς πλεονάσασι τότε λησταϊς ές χάριν τοϋ Μιθριδάτου συλλαβεΐν και συμμαχήσαι σαφώς διωκομένοις ύπό Γαίου 'Αντωνίου, πρεσβευσαμένου < δ έ > τοϋ 'Αντωνίου προς αυτούς ύπεμδεΐν και ύπερηφάνως άποκρίνασθαι. (App., Sik. 6,1); diese Aussage Appians wird durch die numismatischen Zeugnisse bestätigt, cf. E.J.P. Raven, The Hierapytna Hoard of Greek and Roman Coins, in: NC (1938), 133-158, hier: 149f.; G. Le Rider, Monnaies cr&oises du V e au I e r sifecle av. J.-C., Paris 1966, 282 m. A.2; ders., Un groupe de monnaies critoises ä types athiniennes, in: Humanisme actif,

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reich Kleinasiens ansässigen Bevölkerung mit Mithridates paktierte, als er sich im Jahre 89 235 anschickte, sein pontisches Königreich u.a. auf Kosten der römischen Provinz auszudehnen. Und dies kann in der Tat kaum verwundern: Denn wie auch immer die Hintergründe, die den Ausbruch des 1. Mithridatischen Krieges kennzeichnen, beschaffen gewesen sein mögen 236 , der König verfugte jedenfalls bei der Realisierung seiner Pläne über eine exzellente propagandistische Basis. Schon durch sein geschicktes Lavieren besonders im Jahre 89 war es ihm nämlich gelungen, die Römer als die Aggressoren hinzustellen237 und so in der öffentlichen Meinung einen erheblichen Prestigegewinn zu verzeichnen. Doch erklärt dieser eher kurzfristig angelegte taktische Erfolg die Intensität und die Begeisterung, mit welcher ein Großteil der Bevölkerung zumindest in der Anfangsphase des Krieges Mithridates unterstützte, keineswegs vollständig: Wenn nun zwar gewiß nicht alle, aber doch die meisten Städte Asiens (und auch des südlichen Griechenlands) bei seinem Erscheinen sich ihm kampflos unterwarfen oder ihn sogar einluden zu kommen 238 und mit allen erdenklichen Ehren bedachten239, so resultierte ein solches Verhalten 235

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Μέΐ. J. Cain, 2 Bde., Paris 1968, 1, 331-335, hier: 334. Die von Reinach (Mithridates 112f.) vorgenommene Datierung des Kriegsausbruches in das Jahr 88 hat A.N. Sherwin-White (Roman Involvement in Anatolia, 167-88 B.C., in: JRS 67 (1977), 62-75, hier: 74 A.86; cf. RFPE 121ff.) korrigiert. Daß Mithridates eine expansive Politik verfolgte, wird in der Forschung nirgends bestritten; fraglich bleibt indes, ob der Kriegsausbruch ausschließlich auf die Aggression des Königs zurückzuführen ist (cf. z.B. Magie, Roman Rule 1, 207ff.; Badian, RILR 56f.; auch: D.G. Glew, The Outbreak of the First Mithridatic War, Princeton 1971, 119ff.; ders., Mithridates Eupator and Rome: Α Study of the Background of the First Mithridatic War, in: Athenaeum 55 (1977), 380-405; bes. 390ff.) oder ob den Römern bzw. ihren Befehlshabern in Asien ein erheblicher oder gar überwiegender Teil der Kriegsschuld angelastet werden muß (cf. Reinach, Mithridates lOOff.; Broughton, RAM 512; Liebmann-Frankfort, Frontifere 180ff.; T.J. Luce, Marius and the Mithridatic Command, in: Historia 19 (1970), 161-194; P. Desideri, Posidonio e la guerra mitridatica, in: Athenaeum 51 (1973), 3-29 u. 237-269; Sherwin-White, I.e. (o. S.141 A.235), 70ff.; Will, Histoire 472ff.; Sherwin-White, RFPE 108ff.; McGing, Foreign Policy 66ff; bes. 81ff.). Hierzu cf. bes. Reinach, Mithridates 11 Iff.; Magie, Roman Rule 1, 209ff. (jeweils mit Quellenangaben). Die 89 von Mithridates verfolgte Politik war Teil einer schon seit längerem betriebenen großangelegten propagandistischen Aktivität, hierzu ausführlich McGing, Foreign Policy 89ff. Cf. die Quellenangaben bei Reinach, Mithridates 119ff.; sogar die besser gestellten civitates liberae scheinen so sehr antirömische Tendenzen gezeigt zu haben, daß etwa die Hälfte von ihnen bei der sullanischen Friedensordnung nach 85 ihre Privilegien verloren, cf. R. Bernhardt, Imperium und Eleutheria, Diss. Hamburg 1971, 132. Cf. die Stellenangaben bei Magie, Roman Rule 1, 214 m. A.31 (2, 1102);

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kaum aus einer besonderen Sympathie, die sich mit der Person des pontischen Eroberers verband, sondern vielmehr aus einer tief empfundenen Abneigung gegen die Römer, deren bedrückende Herrschaft man nun meinte abschütteln zu können. Und in der Tat: Als jener in völlig korrekter Einschätzung der unter den Einheimischen herrschenden Stimmungslage240 den Befehl erteilte, alle Römer und Italiker innerhalb seines Herrschaftsbereiches241 zu ermorden242, verschaffte er offenbar vielen Bewohnern gerade der römischen Provinz Asia, die ja nicht nur den obligatorischen Statthaltern, sondern überdies vor allem den publicani als eine Möglichkeit zur Bereicherung diente243, die lang ersehnte Genugtuung244, 223. 240

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f e j n Mithridates bei der Nutzbarmachung der in Asien vorhandenen antirömischen Ressentiments differenzierte, zeigt sich auch daran, daß er die Spiele (Mucia, Μουκίεια), welche zu Ehren des überaus integren Statthalters Q. Mucius Scaevola eingerichtet worden waren (Quellen bei F. Münzer, Mucius [Nr. 22], in: RE XVI, 1, 437-442, hier: 439; sowie Broughton, Μ RR 2, 7), nicht antastete (Cie., Verr. II 2, 51). Zur Statthalterschaft Scaevolas cf. besonders Badian, Scaevola. Die geographische Streuung der einzelnen Niederlassungen sowie die Identität und Funktion der dort tätigen Leute hat Hatzfeld (Trafiquants 44ff.) untersucht. Die Quellen finden sich bei Reinach (Mithridates 126 Α. 1), Magie (Roman Rule 2, 36) und McGing (Foreign Policy 113ff.) zusammengestellt. Wie Cie., Verr. II 3,12, nahelegt, unterlag Asia mit seinem gesamten Steueraufkommen lange Zeit als einzige Provinz der censoria locatio, cf. Badian, PS 99 m. Aa. 85f. und 89. Diese Deutung für das Verhalten der Bevölkerung Kleinasiens darf im großen und ganzen als die communis opinio in der Forschung gelten, cf. z.B. Mommsen, RG 2>, 268; Reinach, Mithridates 74ff.; 121f.; DeMartino, Storia 1, 192; Broughton, RAM S12f.; Magie, Roman Rule 1, 176; Badian, RILR 66; Liebmann-Frankfort, Frontifere 181; B. Forte, Rome and the Romans as the Greeks Saw Them, Rom 1972, 107; 114; Bertrand, RMO 792ff.; Will, Histoire 478; Delplace, Publicains 245; McGing, Foreign Policy 113ff.; anders R. Bernhardt (Polis und römische Herrschaft in der späten Republik [149-31 ν. Chr.], Berlin / New York 1985, bes. 136f.), der zwar konzediert, daß die Bevölkerung 'keine Ursache, die römische Herrschaft zu lieben' gehabt habe, ansonsten aber das Verhalten der Einheimischen weniger durch antirömische Gefühle, sondern im wesentlichen durch opportunistische ad hoc - Entscheidungen bestimmt sieht: 'Das Verhalten der meisten Städte wurde demnach wesentlich davon bestimmt, welchen Eindruck sie von den militärischen Fähigkeiten der örtlichen Befehlshaber auf römischer Seite und deren Truppen gewannen.', O b die unteren sozialen Schichten wirklich von vornherein das Anrücken des Mithridates begrüßten, ob sie in den anmarschierenden Heeren des Königs bei aller Schadenfreude über das Versagen der Römer nicht auch, wie die Oberschicht, zunächst einmal eine Bedrohung von Leben und persönlicher Freiheit sahen, falls ihre Stadt Widerstand leistete, ist doch zu fragen.' (gegen App., Mithr. 91: [i.e. die

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welche indes natürlich in seinem machtpolitischen Kalkül kaum mehr als eine funktionale Komponente bildete - die societas sceleris sollte vermutlich die Städte enger an ihn binden und ihnen den Rückweg zu den Römern definitiv verbauen. Es gilt nun sicherlich festzuhalten, daß man - aus welchen Motiven auch immer - dem Mordbefehl nicht überall mit dem gleichen Enthusiasmus nachkam245, ja sich mancherorts der Weisung des Königs widersetzte246, und daß wohl auch eine 'minority of fanatics, criminals, favourseekers, and the like, whom the rest could not, or would not, stop'247 eine nicht unwesentliche Rolle spielten; doch läßt sich angesichts der vielerorts bezeugten außerordentlichen Grausamkeiten248 und der eminent hohen, wenn auch wohl von der römischen Annalistik übertriebenen Zahl der Opfer249 kaum in Abrede stellen, daß damals bei den meisten Bewohnern

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schonungslose Ermordung aller Römer und Italiker] και μάλιστα δήλον έγένετο την "Ασίαν [cf. Strabo 13,1,66] ου φόβω Μιθμδάτου μάλλον η μίσει 'Ρωμαίων ταάδε εις αυτούς έργάσασθαι.), 'denn bei dieser Gelegenheit durfte das Stadtproletariat ungestraft plündern' (doch legt App., Mithr. 85 nahe, daß der Besitz der Opfer wohl meistens nicht einfach zur Plünderung freigegeben wurde, da der König einen festen Anteil für sich beanspruchte [... τά δντα αύτοΐς μερίσασθαι προς βασιλέα Μιθριδάτην, cf. 183: τα έγκτήματα "Ρωμαίων καρποϋσθε [Χΐα], ήμΐν ουκ αναφερόντες.]). Wiewohl Bernhardt sicherlich zu Recht das zögerliche Verhalten mancher Städte Asiens beim Übertritt auf die Seite des Mithridates hervorhebt und (wie auch McGing, Foreign Policy 113ff.) ebenso richtig die vor allem in der älteren Forschung anzutreffende triviale Dichotomie 'romfreundlicher Oberschichten' und 'mithridatesfreundlicher Unterschichten' feiner differenziert, relativiert er m.E. doch über Gebühr die in weiten Teilen der Bevölkerung vorhandenen spezifisch antirömischen Ressentiments sowie ihre genuinen (sozio-ökonomischen) Ursachen (hierzu s. das Folgende). Ein signifikantes Beispiel bilden die Einwohner von Tralles, welche zwar selbst niemanden töteten, aber aus Paphlagonien einen professionellen Henker namens Theophilos kommen ließen - nicht aufgrund einer sentimentalen Regung gegenüber den Opfern, sondern weil man wohl die römische Rache fürchtete (Cass. Dio frg. 101: ... Τραλλιανοί ούδένα άπέκτειναν, Θεόφιλον δέ τινα Παφλαγόνα έμισθώσαντο, ώσπερ που ηττόν σφων άπόλλυσθ-αι μελλόντων ...). So beteiligte sich Chios nicht an der Hetzjagd auf die Römer, bereicherte sich aber an ihren Gütern (App., Mithr. 183f.), und Kos gewährte ihnen den Schutz des Asklepiosheiligtums (Tac., Ann. 4,14,2), wobei wir freilich nicht wissen, was mit ihnen geschah, als die Stadt Mithridates aufnahm (App., Mithr. 92ff.). Rhodos, das die strafende Hand Roms zur Genüge erfahren hatte, blieb konsequent prorömisch und eine Zufluchtstätte für italische Kaufleute (App., Mithr. 94ff.; cf. Memnon [FGrHist 434 F 22,8]; Floras 1,40,8). Wilson, Emigration 174. Cf. z.B. App., Mithr. 89. Valerius Maximus (9,2, ext. 3) und Memnon (FGrHist 434 F 22,9) bezif-

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über lange Zeit aufgestaute Emotionen gegen die römischen Eroberer nach Art einer Initialzündung zum Ausbruch kamen und bei diesem in der Antike kaum seinesgleichen findenden Genozid eine zumindest passive Kollaboration die - durch wenige Ausnahmen bestätigte - Regel gewesen sein dürfte. Mithridates wußte also offenbar recht genau, wo er den Hebel anzusetzen hatte. Es geht zwar gewiß zu weit, seine Maßnahmen als ein 'nationales Programm' 250 zu interpretieren, da ja gerade dieses Substantiv ein hohes Maß an Intention unterstellt, wie es in der Politik des pontischen Königs aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vorhanden war251. Doch kommt ein derartiger Begriff der mutmaßlichen historischen Realität insofern wiederum relativ nahe, als Mithridates die im Sinne seiner persönlichen großmachtpolitischen Ambitionen unabdingbare Integration der vor allem griechischen Einwohnerschaft Asiens durch eine gemeinsame Feindprojektion252, wie sie ihm das ebenso selbstsüchtige wie kurzsichtige Verhalten der meisten Römer in die Hände gespielt hatte, zu realisieren trachtete. Als konkreter Ansatzpunkt aber, um ein solches politisches Strategem in die Praxis umzusetzen, fungierten die unmittelbaren Konsequenzen, welche vor allem die römische Provinzverwaltung für das sozio-ökonomische Gefüge Asiens nach sich gezogen hatten: Maßnahmen, die hier - auch nur potentiell - Abhilfe zu schaffen imstande waren, versprachen ein Höchstmaß an Popularität253.

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fern die Opfer mit 80.000, während Plutarch (Sulla 24,7) sie auf 150.000 ansetzt. Cicero (imp. 7; 11) liefert keine konkreten Zahlen, spricht aber von tot milia; cf. Veil. Pat. 2,18,If.; Flor. 1,40,7; Eutr. 5,5,2. Eine kritische Betrachtung dieser Zahlen findet sich bei Brunt, IM 224ff. Cf. z.B. Magie, Roman Rule 1, 216f.; 231. Das zeigt sich u.a. daran, daß Mithridates, von Sulla zum Rückzug gezwungen, eine bedingungslose 'Politik der verbrannten Erde' betrieb, cf. App., Mithr. 416: Μιθριδάτης _ ηγούμενος ούκ ές πολύ καθέξειν της 'Ασίας, τά τε άλλα, ως μα προείρηται, πάντα έλυμαίνετο ...; Liv. per. 82: praeterea expugnatae in Asia urbes a Mithridate et crudeliter direpta provincia ...; s. auch Plut., Sulla 24,7. Mithridates bezeichnete die Römer tatsächlich als κανοί πολέμια, wie aus einem Brief an seinen Satrapen Leonippos erhellt (SIG3 741, Z. 32); cf. die Formulierungen bei Sali., Hist. frg. IV 69,5; 17; 20. Hierbei handelt es sich vermutlich um eine Persiflage auf die offizielle Ehrentitulatur, welche die Römer als κανοί εύεργέται bezeichnete; hierzu cf. L. Robert, Les inscriptions de Thessalonike, in: RPh 48 (1974), 180-246, hier: 211 A.192; L. Moretti, Chio e la lupa capitolina, in: RFIC 108 (1980), 33-54, hier: 43 A.3; H. Malay / G. Petzl, Ehrenbeschlüsse für den Sohn des Anaximbrotos aus Gordos, in: EA 3 (1984), 157-165, hier: 163 A.33. Zu diesem Kult in Macedonia cf. Papazoglou, Aspects 307f. Hierzu cf. bes. McGing, Foreign Policy 115ff.; entsprechend wurde auch die mithridatische Propaganda wesentlich durch das Leitmotiv der avaritia Romanorum getragen, cf. ibid. 105f.

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Aufgrund eben dieser Kalkulation nun scheint der König nicht lange nach seinem Sieg über M'. Aquilius eine Aufhebung aller öffentlichen wie privaten Schulden und darüberhinaus eine fünfjährige Aussetzung des - vormals an die Römer zu entrichtenden - Tributes verfügt zu haben254. In dieselbe Richtung zielte ein anderer Erlaß, der - freilich als ein letztes, verzweifeltes Mittel, das Kriegsglück noch einmal zu wenden - die (ihm ergebenen) griechischen Städte für frei erklärte und in ihnen eine allgemeine Schuldentilgung bestimmte, den Metöken das Bürgerrecht und den Sklaven die Freiheit verlieh255. Diese Verfügung scheint doch, obwohl zweifelsfrei auch bereits von den Zeitgenossen als ein Notbehelf erkennbar, eine erhebliche - wenngleich für uns nur noch in Ansätzen nachvollziehbare - Resonanz gefunden zu haben: Denn immerhin sah sich die politische Führung von Ephesos, als sie im Jahre 86/85 wieder auf einen prorömischen Kurs zurückschwenkte und Mithridates den Krieg erklärte, dazu genötigt, ihrerseits auf dessen 'soziale Reformen' zurückzugreifen und eine weitgehende Schuldentilgung festzusetzen sowie den Metöken das Vollbürgerrecht bzw. den Staatssklaven die Freiheit und den Metökenstatus zu verleihen256. Der Zweck dieser Maßnahme wird unmißverständlich mitgeteilt: άναγκαΐόν έστι πάντας όμ.ονοήσαντας ύ[πο]στηναι τον κίνδυνον257; es gab in Ephesos also eine breite (sozial benachteiligte) Schicht, deren Kooperation sich eine prorömische Oberschicht auf keine andere Weise als durch die Beseitigung offenbar krasser Mißstände zu sichern wußte. In anderen kleinasiatischen Städten scheint sich dagegen eine stärkere promithridatische Gruppierung herausgebildet und den Abfall zu den Römern längere Zeit verhindert zu haben, wie wir vielleicht aus einer kurzen parenthetischen Notiz Appians entnehmen dürfen 258 . Eine solche durch antirömische Ressentiments genährte Parteinahme der asiatischen (und seit 74 auch der bithynischen259) Städte für Mithridates läßt sich 254

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lust. 38,3,9: ... debita civitatibus publica privataque remittit et vacationem quinquennii concedit. App., Mithr. 189: ... δείσας 9έ περί τοις λαποϊς τάς πόλεις τ ά ς 'Ελληνίδας ήλευθέρου και χρεών άποκοπάς αύτοϊς έκήρυσσε και τους έν έκαστη μετοίκους πολίτας αύτών έποίει και τους θεράποντας ελευθέρους ...; cf. 257, wo überdies von γης αναδασμοί die Rede ist. Umgekehrt machte Sulla - wohl mit Blick auf die wohlhabenderen Kreise - gerade die von Mithridates erlassene Sklavenbefreiung rückgängig (App., Mithr. 251: και τους θεράποντας, οίς έλευθερίαν έδεδώκει Μιθριδάτης, έκήρυττεν αύτίκα εις τους δέσποτας έπανιέναι). Η. Wankel, Die Inschriften von Ephesos, Bonn 1979, Ia, Nr.8, 27ff. Ibid. Z. 25. App., Mithr. 190 (cf. ο. A.254): ... έλπίσας (οπερ δη και συνηνέχθη) τους κατάχρεως και μετοίκους και θεράποντας, ηγουμένους έν τη Μιθριδάτου άρχη βεβαίως τά δοθέντα αύτοΐς εξειν, εϋνους αΰτω γενησεσθαι. Zum Testament Nikomedes' IV. und zur Provinzialisierung Bithyniens cf. bes. M.F. Lewis, A History of Bithynia under Roman Rule, 74 B.C. - 14

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- trotz aller Verfehlungen des pontischen Königs, was das Faktum aber nur umso auffälliger macht - auch noch beobachten, als es zwischen ihm und den Römern im Jahre 73260 zum dritten Mal zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kam261. Obwohl in diesem Fall, da die römische Sache von kompetenteren Leuten mit größerer Umsicht und Hartnäckigkeit geführt wurde, die Loyalität gerade der Provinz Asia auf keine so schwere Probe wie 15 Jahre vorher gestellt wurde 262 , gebührt dennoch der - wenngleich pauschalen - Feststellung Plutarchs besondere Aufmerksamkeit: ένέβαλεν (sc. Μιθριδάτης,) εις Βιθυνίαν, των πόλεων αύθις ασμένως υποδεχόμενων ου μόνον τούτων, άλλα και την Άσίαν ίίλην υποτροπή των έμπροσθεν νοσημάτων είχεν, αφόρητα πάσχουσαν ύπό "Ρωμαϊκών δανειστών και τελωνών263. Und, zu dieser Mitteilung in gewisser Hinsicht passend, wissen wir, daß zur selben Zeit unter den Einwohnern von Herakleia Pontica die Verfechter einer radikalen Politik die Oberhand gewannen und man nach dem Vorbild der Ephesischen Vesper die römischen τελώναι 'verschwinden ließ' - ώς και τον θάνατον αύτων άγνοεΐσθαι 264 .

3.2.2. Das Profitstreben der Steuerpachtgesellschaften Ein solches Verhalten der Provinzbevölkerung nimmt indes keineswegs wunder, wenn man sich die Situation einer wohl erheblichen Zahl von Menschen in Asia (aber nicht nur dort) vergegenwärtigt. Plutarch präsentiert ein in der Tat erschreckendes Bild von der Lage, wie es sich dem

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A.D., Diss. Ann Arbor 1973, 26ff. (mit Quellenangaben und weiterer Literatur). Zur Chronologie des Ausbruchs des 3. Mithridatischen Krieges cf. zuletzt Sherwin-White, RFPE 162ff. Zum 3. Mithridatischen Krieg cf. Lewis, I.e. (A.259), 45ff.; E. Olshausen, Pontos, in: RE Suppl. XV (1978), 396-442, hier: 43Iff.; Will, Histoire 2\ 492ff.; Sherwin-White, RFPE 159ff.; McGing, Foreign Policy 145ff. Cf. Bernhardt, Polis 64ff. Plut., Luc. 7,6. Memnon FGrHist 434 F 27,6; hierzu ist freilich anzumerken, daß in Herakleia zwar der bei weitem überwiegende Teil der Bürgerschaft antirömisch gesinnt war, aber keineswegs ein Interesse daran hatte, sich durch eine Parteinahme für Mithridates zu exponieren; nur durch Erpressung konnte dessen Admiral Aristonikos (zu der Namensverwechselung Memnons, der den Mann Archelaos nennt, cf. Magie, Roman Rule 2, 1206 A.9) die Stadt schließlich dazu bewegen, fünf Trieren zu stellen. Promithridatisch waren vermutlich höchstens jene Initiatoren der dann praktizierten radikalen Lösung.

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Lucullus im Jahre 71/70 dargeboten haben muß, als er sich den Rechtsangelegenheiten der Provinz widmete: ... την έπαρχίαν _ αρρητα και απιστα δοστυχιαι κατεϊχον, Οπό των τελωνών και των δανειστών πορθουμένην και άνδραποδιζομένην, πιπράσκειν ιδία μεν υιούς εύπρεπεϊς θυγατέρας τε παρθένους, δημοσία 8 ' αναθήματα, γράφος, ιερούς ανδριάντας άναγκαζομένων. αύτοϊς δε τέλος μεν ήν προσθέτας γενομένοις δουλεύειν, τα δε προ τούτου χαλεπώτερα, σχοινισμοι και κιγκλίδες και ίπποι και στάσεις ύπαιθροι, καύματος μεν ήλίω, ψύχους δ ' εις πηλον έμβιβαζομένων η πάγον, ωστε την δουλείαν σεισάχθειαν δοκεϊν είναι και είρήνην.265 Daß die römische Provinzverwaltung gerade für die Bewohner von Asia derartig ruinöse Konsequenzen zeitigte266, war durch die sempronische Gesetzgebung aus dem Jahre 123 oder 122, derzufolge nun die Zensoren das gesamte Steueraufkommen267 der Provinz für die Dauer von jeweils fünf Jahren unter den societates publicanorum meistbietend zu versteigern hatten268, gewissermaßen vorprogrammiert. Es ist unbestreitbar, 265

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Plut., Luc. 20, lf.; kaum anders nimmt sich das Bild aus, welches Cicero in einem Brief an Atticus (5,16,2) im Jahre 51 von der Lage in Kilikien entwirft: ... in perditam et plane eversam in perpetuum provinciam nos venisse scito .../ audivimus nihil aliud nisi imperata έπικεφάλαια solvere non posse, ώνάς omnium venditas, civitatum gemitus, ploratus, monstra quaedam non hominis sedferae cuius immanis. ... taedet omnino eos vitae. Cf. Shackleton-Bailey, Att. 3, 218. Daß im hellenistischen Osten aber ebenso bereits vor dem Erscheinen der Römer ein starkes sozio-ökonomisches Spannungsfeld vorhanden war, ist oben dargelegt worden (cf. 99ff.) und zeigte sich gerade auch wieder anläßlich des zugunsten der Römer abgefaßten Testamentes Attalos' III., als der Prätendent Aristonikos vor allem unter den Entwurzelten einen Großteil seiner Gefolgschaft rekrutierte; hierzu cf. Gruen, Hellenistic World 2, 592ff. (mit Quellen- und Literaturangaben). Darunter fielen in erster Linie Hafenzölle (portorium), Steuern auf Landbesitz (decuma) und Weidesteuern (scriptura), cf. Cie., imp. 15; leg. agr. 2, 80; Flacc. 19; auch Lucilius 671f. (Marx). Doch gehörten ebenso Fischereiabgaben (Strabo 14,1,26) wie die Besteuerung von Salzbergwerken (F. Hiller v. Gaertringen, Inschriften von Priene, Berlin 1906, Nr. 111, Zz. 112ff.; corr. M. Holleaux, Inscriptions de Priene, 1, in: BCH 31 [1907], 382-388, hier 387 [= fitudes I 303-312]) zu den Objekten der avaritia publicanorum-, nicht selten versuchten diese überdies, in den Besitz von Tempelgütern zu gelangen, cf. P. Frisch, Die Inschriften von Ilion, Bonn 1975, Nr. 71 (mit weiteren Belegen auf S. 173). Schätzungen der in Asia eingenommenen Summen finden sich bei Broughton, RAM 562ff. Cie., Verr. II 3,12: ... censoria locatio constituta est, ut Asiae lege Sempronia; Schol. Bob. ad Cie., Plane. § 31, p. 157 (Stangl): ... desideratum in senatu nomine publicanorum ut cum iis ratio putaretur lege Sempronia ... ; Fronto, Ad Verum imp. 2,14 (mJ in margine): ... iam Gracchus locabat Asiam ...; App. BC 5,4,17: ους γαρ έτελεϊτε φόρους Άττάλω,

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daß C. Gracchus hier nicht nur mit Blick auf eine kontinuierliche Einnahme des Aerariums eine außerordentlich effiziente Reform in die Wege leitete 269 , sondern auch, indem er die quaestio de repetundis den Rittern unterstellte270, ein, gemessen an den eigenen genuin politischen Zielprojektionen, notwendiges Gegengewicht zur optimatischen Führungselite schuf 271 . Doch darf bezweifelt werden, ob der Volkstribun, wie Badian unterstellt272, darüberhinaus das Wohlergehen der Provinzialen im Auge hatte, da ja nun einerseits das Steueraufkommen von Asia dem Einfluß der Statthalter, die sich ja nur allzu oft als unersättlich und wenig vertrauenswürdig erwiesen hatten, entzogen worden sei und andererseits bei einem Amtsmißbrauch der ordo senatorius nicht mehr als Richter in eigener Sache zu entscheiden gehabt habe. Denn zunächst einmal fällt es auf, daß die 'proved efficiency of the publicani'273 nur im Fall des überaus reichen274 Asia bemüht wurde. Gerade in dieser Provinz aber wurden die Steuern jetzt nicht mehr von Männern verwaltet, die, wie in mehreren Fällen bezeugt 275 , ja immerhin noch eine untadelige Amtsführung leisten konnten, sondern von solchen, die aufgrund ausschließlich ökonomischer Vorgaben

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μεθήκαμεν ύμΐν, μέχρι δημοκόπων άνδρων και παρ' ήμΐν γενομένων εδέησε φόρων.; Diod. frg. lib. 34 et 35, 25,1: ... τη μεν δημοσιωνών τόλμη και πλεονεξία τάς επαρχίας άπορρίψας έπεσπάσατο (sc. Γράκχος) παρά των ύποτεταγμένων δίκαιον μίσος κατά της ηγεμονίας . . . . Dieses Ziel formuliert C. Gracchus selbst in einer Rede vor den Komitien: ego ipse, qui aput vos verba facio, ut vectigalia vestra augeatis, quofacilius vestra commoda et rempublicam administrare possitis ... (Malcovati, ORF« Nr. 48, frg. XII 44, p. 188). Von seinen optimatischen Gegnern (auch späterer Zeit) aber wurde dies als reine Propaganda gebrandmarkt, cf. z.B. Cie., Tusc. 3,48. Hierzu cf. bes. Nicolet, Ordre öquestre 1, 475ff., P.A. Brunt, Judiciary Rights in the Republic, in: ders., Fall 194-239, und D. Stockton, The Gracchi, Oxford 1979, 138ff. (jeweils mit Quellen- und Literaturangaben). R.J. Rowland (C. Gracchus and the Equites, in: ΤΑΡΑ 96 [1965], 361-373) hat gezeigt, wie sehr beinahe die gesamte Gesetzgebung des Volkstribunen den ordo equester begünstigte. FC 182ff.; RILR 47ff.; PS 63f. Cf. auch A.N. Sherwin-White, The Lex Repetundarum and the Political Ideas of Gaius Gracchus, in: JRS 72 (1982), 18-31. Badian, PS 64. Aus Asia ließ sich ein beträchtlicher Gewinn erzielen, während die übrigen Provinzen kaum die Verwaltungs- und Verteidigungskosten wieder einbrachten, cf. Cie., imp. 14: nam ceterarum provinciarum vectigalia, Quirites, tanta sunt ut eis ad ipsas provincias tuendes vix contenti esse possimus. Asia vero tarn opima est ac fertilis ut et ubertate agrorum et varietate fruetuum et magnitudine pastionis et multitudine earum rerum quae exportentur facile omnibus terris antecellat. Cf. Magie, Roman Rule 1, 34ff.; Broughton, RAM 607ff.; 685ff.; 817ff.; Jonkers, Commentary 25ff. Cf. u. A.319.

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eine maximale Rendite des von ihnen investierten Kapitals erwirtschaften mußten276 und dies - nicht zuletzt dank der gegenüber unkooperativen Statthaltern zumeist als Druckmittel nutzbaren Repetundengerichtshöfe in der Regel auch ungestraft durften. Dem unbestreitbaren politischen Scharfblick eines C. Gracchus wären die Gefahren, welche seine Politik für die Provinzbewohner Asiens zweifelsfrei in sich barg, kaum entgangen, hätten sie ihn sonderlich interessiert. Die Folgen dieses Systems der Steuerverwaltung sollten sich recht schnell zeigen, wenngleich freilich entsprechende Aussagen für das 2. und noch für den Beginn des 1. Jh. aufgrund der dürftigen Quellenlage weitgehend auf Hypothesen beruhen. Doch immerhin: Als Marius im Jahre 104 den König von Bithynien, Nikomedes III., aufforderte, ihm einige Hilfskontingente für den Krieg gegen die Kimbern und Teutonen zu schicken, erteilte der ihm eine abschlägige Antwort mit der Begründung, τους πλείους των Βιθυνών υπό των δημοσιωνών διαρπαγέντας δουΧεύειν έν ταϊς έπαρχίαις. 277 Wir dürfen annehmen, daß die Belastung, gegen welche hier ein socius populi RomanP78 implizit Einspruch erhebt, innerhalb der römischen Provinz in ähnlicher Weise oder noch schlimmer zum Tragen gekommen war. Nur so nämlich wird der Senatsbeschluß plausibel, aufgrund dessen zwischen den Jahren 99 und 94 279 zwei der damals angese276

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Gerade wenn in Rom die starke Konkurrenz der bietenden societates zu einem Anstieg, ja, teilweise, gemessen am faktischen Steueraufkommen der Provinz, einer Überhöhung der Pachtsumme führte, wirkte sich dies, insbesondere wenn der Senat deren oft notwendiger nachträglicher Reduzierung nicht zustimmte, nachteilig für die Provinzialen aus, cf. Badian, PS lOOf. Diod. 36,3,1; die δημ,οσιώνοα waren zu der Zeit in Bithynien natürlich nicht als Steuereinnehmer, sondern vermutlich nur als Geldverleiher aktiv, cf. Badian, PS 146f. A.30. Ibid. 2: σύμμαχος. Daß durch die publicani häufig auch die römischen Bundesgenossen in Mitleidenschaft gezogen wurden, zeigen bereits ebenso die Beweggründe des Senats im Jahre 167, die makedonischen Bergwerke zu schließen, aus welchen sich nur mit Hilfe der Steuerpächter Einkünfte erzielen ließen; sie aber zu beauftragen bedeutete Gefahr für den eigenen Staat wie für die Bundesgenossen (Liv. 45,18,4: nam neque sine publicano exerceri posse [sc. metallum Macedonicum], et, ubi publicanus esset, ibi aut ius publicum vanum aut libertatem sociis nullam esse. Zu einer solchen anreihenden Verwendung von 'aut ... aut1 cf. R. Kühner - C. Stegmann, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache, 2. Teil: Satzlehre; Darmstadt Ί976, 2, 102f.). Die Frage, wann das Prokonsulat Scaevolas zu datieren ist, bleibt umstritten: Für das Jahr 98 votierte J.P.V.D. Baisdon (Q. Mucius Scaevola the Pontifex and ornatio provinciae, in: CR 51 [1937], 8-10), für 97 Broughton (MRR 2, 7); nachdrücklich für eine Datierung in das Jahr 94, der sich dann auch Broughton 1959 in einem Nachtrag zu MRR (S. 42) vorsichtig anschloß, argumentierte Badian (Scaevola 104ff.). Widerspruch gegen diese Ansicht erhoben vor allem Nicolet (Ordre dquestre 1, 545f.), B.A. Marshall

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hensten nobiles, Q. Mucius Scaevola (Pontifex) und der Konsular P. Rutilius Rufus, jener mit einem prokonsularischen Imperium und dieser als dessen legatus, nach Asien gingen: Die Situation in der Provinz machte offensichtlich das Erscheinen einflußreicher Politiker erforderlich, die zudem über einen umfangreichen (besonders juristischen) Erfahrungsschatz verfügten. Denn gerade die nach spezifisch römischen Normen ausgeformte und für die wohl meisten Einheimischen kaum verständliche Rechtsprechung280 scheint ein wichtiges Instrument in den Händen der publicani gewesen zu sein, vermittels dessen sie gefahrlos ihren ertragreichen Geschäften nachgehen konnten. Um hier Abhilfe zu schaffen, erließ Scaevola ein Edikt, welches ihm (aber besonders auch künftigen Statthaltern, sofern ihnen eine saubere Amtsführung am Herzen lag 281 ) eine einfache Handhabe bot, zugunsten der Provinzialen gegen die schlimmsten Ausbeutungspraktiken der Steuerpächter bzw. ihrer Agenten vorzugehen 282 . Der Senat zeigte sich stellenweise also (wie auch zuvor im Falle Nikomedes' III.283 und vermutlich ebenso des 'Piratengesetzes'284) an ei-

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(The Date of Q. Mucius Scaevola' s Governorship of Asia, in: Athenaeum 54 [1976], 117-130) und auch G.V. Sumner (Governors of Asia in the Nineties B.C., in: GRBS 19 [1978], 147-153, hier: 147f.), die sich dafür aussprachen, daß das fragliche Prokonsulat Scaevolas an seine Prätur anschloß und somit wohl in das Jahr 99/98 bzw. 98/97 gehört. Selbst Prozeßstreitigkeiten unter Griechen hatten nach römischem Recht vom jeweiligen Statthalter entschieden zu werden, was von den Betroffenen vermutlich als deutlicher Beweis ihrer Knechtschaft angesehen wurde; mit diesem Mißstand räumte Scaevola auf, indem er solchen Gerichtsverfahren das griechische Recht zugrunde legte (cf. Cie., Att. 6,1,15: ... multaque sum secutus Scaevolae, in iis illud in quo sibi Überteuern censent Graeci datam, ut Graeci inter se diseeptent suis legibus; 2,4: ... omnes [civitates] suis legibus et iudieiis usae autonomian adeptae revixerunt.), hierzu cf. J.A.O. Larsen, "Foreign Judges" in Cicero Ad Atticum vi. 1.15, in: CPh 43 (1948), 187-190. Wie beispielsweise Cicero während seines kilikischen Prokonsulates (51/0); hierzu cf. bes. Gelzer (Cicero 232ff.) und nun auch Mitchell (Cicero 218ff.). Zu Ciceros Provinzialedikt (Att. 6,1,15) cf. G. Pugliese Caratelli, Riflessioni sull' editto di Cicerone in Cilicia, in: Synteleia V. ArangioRuiz, Neapel 1964, 972-986; R. Martini, Ricerche in tema di editto provinciale, Mailand 1969; bes. 33ff. Die ausführlichste Darstellung der Maßnahmen Scaevolas findet sich bei Magie, Roman Rule 1, 173ff. (mit umfangreichen Quellenangaben in den entsprechenden Fußnoten in Bd. 2) sowie Badian, Scaevola. Diod. 36,3,2. της δε συγκλήτου ψηφισαμένης 'όπως μηδεις σύμμαχος έν επαρχία δουλεύη και της τούτων ελευθερώσεως α στρατηγοί πρόνααν ποιωνται _ . Wir wissen freilich nicht, inwieweit dieser konziliante Senatsbeschluß auf die gleichzeitige Bedrohung durch Kimbern und Teutonen zurückzuführen war; seine Ausführung auf Sizilien jedenfalls scheiterte am Widerstand der dortigen Notablen, die neben der unmittelbaren materiellen Einbuße zurecht auch der von einem solchen δόγμα auf die gesamte Skia-

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ner Beseitigung der Probleme durchaus interessiert. Doch erscheint es angesichts der bereits im Jahre 88 so unverhüllt zutage tretenden antirömischen Ressentiments unter den Provinzialen äußerst zweifelhaft, ob mit dem Edikt Scaevolas - trotz der hier gebotenen Möglichkeiten - eine nachhaltige Verbesserung der Misere erzielt wurde. Vermutlich ist genau das Gegenteil richtig, wie ein Blick auf das Bild lehrt, welches sich 71/0 dem Lucullus darbot285. Denn hier zeigt sich unzweideutig, daß Asia nicht nur keinesfalls in der Lage war, die auferlegte Steuerlast zu tragen, sondern aus eben diesem Grunde sich gegenüber den Steuerpächtern immer tiefer verschuldete, da auf nicht termingerecht erbrachte Leistungen ein Versäumniszins zu zahlen war, dessen Betrag in der Regel wieder zur ausstehenden Gesamtschuld geschlagen wurde; dies mußte beinahe zwangsläufig zur sogar physischen Enteignung, der Versklavung des Schuldners bzw. zur totalen Verarmung verschuldeter Gemeinwesen führen. Eine solche Schuldenspirale setzte beispielsweise ein, als Sulla nach dem Vertragsschluß mit Mithridates in Dardanos (85)286 den Gemeinden von Asia eine Reparationszahlung in Höhe von 20.000 Talenten als Ersatz für die in den voraufgegangenen fünf Jahren verlorenen Steuern (inklusive einer Kriegsentschädigung ?287) auferlegte; da dieses Geld von dem römischen Feldherrn dringend für den Bürgerkrieg in Italien benötigt wurde und von daher sofort zahlbar war, werden die Betroffenen sich die horrende Summe, über die sie gerade angesichts der noch nicht einmal vollständig überstandenen Kriegseinwirkungen288 natürvenschaft ausgehenden Wirkung mit Bangen entgegensahen, Diod. ibid. Hierzu cf. u. S.247ff. 285 Cf. o. S.147f. Wie schwer die publicani auf den Provinzialen lasteten, wird auch durch das epigraphische Material ausgezeichnet bestätigt, cf. die ausführlichen Zusammenfassungen bei L. Robert (Enterrements et έρϊίβρίιεβ, in: AntCl 37 [1968], 406-448, hier: 436-439) und Th. Drew-Bear, Deux decrets hellenistiques d' Asie Mineure, in: BCH 96 [1972], 435-471, hier: 450ff.). 286 Zur Datierung und den getroffenen Vereinbarungen cf. Liebmann-Frankfort (Frontifere 182ff.) und Sherwin-White (RFPE 143ff.). 287 Bei Plutarch (Sulla 25,4; Luc. 4,1; 20,4) erfahren wir nur, daß Sulla die Zahlung der 20.000 Talente als Strafe bestimmte (έζημάωσε την Άσίαν δισμυρίας ταλάντων ό Σύλλας o.a.), während Appian (Mithr. 259) Sulla in einer fiktiven Rede den Gemeinden Asiens die Erstattung der in vergangenen fünf Jahren entgangenen Steuern und der römischen Kriegsaufwendungen auferlegen läßt - freilich ohne Nennung von Zahlen. Angesichts dieser unsicheren Angaben unserer Quellen wird die Frage nach dem konkreten 'Gegenwert' jener 20.000 Talente kontrovers beantwortet, cf. Magie, Roman Rule 2, 1115f. Α. 16 (mit der älteren Literatur); P.A. Brunt, Sulla and the Publicans, in: Latomus 15 (1956), 17-25, hier: 17ff. (Wiederabdr. in: Ders., Roman Imperial Themes, Oxford 1990, 1-8). 288 Gerade infolge von Sullas Erlaß, der die von Mithridates vorgenommene Sklavenbefreiung rückgängig machte, kam es in Asien zu heftigen Revolten 284

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lieh nicht verfügten, bei den römischen publicani und negotiatores, von denen nicht wenige mit dem sullanischen Heer nach Asien zurückgekehrt waren, aber auch bei nach Investitionsmöglichkeiten Ausschau haltenden römischen Senatoren28® sowie einheimischen Kreditgebern290 geborgt haben: In den folgenden rd. 14 Jahren war dieser Betrag dann auf 120.000 Talente angewachsen, von denen die Schuldner immerhin bereits 40.000 getilgt hatten291. Die gravierenden Probleme, die sich hier nicht nur für die Bewohner der Provinz, sondern auch für die römische Herrschaft selbst stellten, erkannte Lucullus offenbar recht genau, denn er versuchte den schlimmsten Mißständen durch ein Edikt zu steuern: Zunächst einmal legte er die Obergrenze des monatlichen Zinses bei 1 % fest und erklärte des weiteren alle das geliehene Kapital übersteigenden Zinsbeträge für ungültig. Damit überdies die Schuldner nicht, wie bislang wohl üblich, ihrer Existenzgrundlage beraubt werden konnten, wurde verfügt, daß die Gläubiger von deren Einkünften künftig nicht mehr als 25% mit Beschlag belegen durften, und schließlich sollte fortan eine Schuldsumme in dem Fall vollständig verfallen, wenn ihr der Gläubiger die anfallenden Zinsbeträge zugeschlagen, also Zinseszins berechnet hatte. Die Folge dieses außerordentlich wirksamen Erlasses war, daß dann binnen vier Jahren alle Schulden getilgt waren292.

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seitens der Betroffenen, cf. App., Mithr. 251. Bekannt ist der Fall des C. Malleolus, der im Jahre 80 als Quaestor nach Asia aufbrach (cf. Broughton, MRR 2, 80), nachdem er zuvor in Rom alles für ihn nur irgendwie verfügbare Kapital zusammengebracht hatte, um damit in der Provinz Kredite vergeben zu können (Cie., Verr. II l,90ff.). Cf. Brunt, I.e. (ο. S.151 A.288), 19ff.; Nicolet, Ordre Squestre 1, 353; Sherwin-White, RFPE 247ff. Plut., Luc. 20,4: ήν δέ τοϋτο κανόν δάνειον έκ των δισμυρίων ταλάντων ο[ς τήν Άσίαν έζημίωσεν ό Σύλλας, και διπλούν άπεδόθη τοις δχνείσασι, ΰπ' εκείνων άνηγμένον ήδη τοίς τόκοις εις δώδεκα μυριάδας ταλάντων. Nicht selten war von den Städten öffentliches Eigentum als Sicherheit gegeben worden, cf. App., Mithr. 261: αί δέ πόλεις άποροϋσαί τε και δανειζόμενοι μεγάλων τόκων, αϊ μεν τά θέατρα τοις δανείζουσιν, αΐ δέ τα γυμνάσια ή τείχος η λιμένας η ει τι άλλο, συν υβρει των στρατιωτών επειγόντων υπετίθεντο.; zu den fiir das Jahr 77 bezeugten gravierenden Finanzproblemen der in der Troas liegenden Städte mit dem Zentrum des Athena Ilias-Heiligtums, cf. L. Robert, Monnaies antiques en Troade, Genf/Paris 1966, 15; 18ff.; Frisch, Inschriften von Ilion, Nr. lOf. Plut., Luc. 20,3: πρώτον μεν γάρ έκατοστήν έκέλευσε και μή πλέον είς τους τόκους λογίζεσθαι, δεύτερον δέ τους μακροτέρους τοϋ αρχαίου τόκους άπέκοψε, τό δέ τρίτον και μέγιστον έταξε των τοϋ χρεωφειλέτου προσόδων τήν τετάρτην μερίδα καρποϋσθαι τον δανειστήν- ό δέ τόκον κεφαλαίω συνάψας έστέρητο τοϋ παντός· ώστ' εν έλάττονι χρόνω τετραετίας διαλυθήναι τά χρέα πάντα, και τάς κτήσεις ελευθέρας άποδοθήναι τοις δεσπόταις. Doch scheint sich trotz dieser Maßnahmen insgesamt gesehen wenig an der gerade auch von römischen nobiles geübten Praxis, durch

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Doch bedeuteten, was noch zu behandeln sein wird, solche reformerischen Vorstöße, die den publicani offenkundig zuwiderliefen, angesichts des immensen Einflusses dieser pressure group fur den Initiator stets eine außerordentliche Gefahr293; und daß ein derartig couragiertes Vorgehen keineswegs selbstverständlich war, lehrt gerade das insgesamt so mustergültig abgeleistete kilikische Prokonsulat Ciceros, der vor allem in jener Problemfrage ausstehender Schulden angesichts seines Dilemmas, sich sowohl dem ordo equester (und damit natürlich in erster Linie den publicani als dessen prominentesten und machtvollsten Vertretern)294 gesellschaftlich verbunden zu fühlen als auch gleichsam Patronatspflichten gegenüber den Bewohnern der ihm unterstellten Provinz zu empfinden, den Weg des Kompromisses beschritt: Er setzte nämlich für ausstehende Schulden eine jeweils großzügig bemessene Rückzahlungsfrist fest, bei deren Einhaltung den Schuldnern nur ein moderater monatlicher Zins von 1 % zu berechnen war; im Fall einer Terminüberschreitung aber sollte der in der jeweiligen mit den publicani getroffenen pactio fixierte (und vermutlich weitaus ungünstigere) Satz gelten295. Doch trotz solcher immer wieder bezeugter, durchaus positiv zu bewertender Ansätze, die ja immer auch das ganze Ausmaß der herrschenden Mißstände widerspiegeln, scheint sich die Situation gerade in der Provinz Asia erst mit der von Caesar in die Wege geleiteten und dann unter dem Prinzipat langsam zur Gewohnheit gewordenen Form der Steuereinziehung, welche die Mittlerperson eines Pächters nicht mehr kannte296, nachhaltig verbessert zu haben; denn der nun an das aerarium zu entrichtende Tribut betrug nur etwa 2 /3 der zuvor an die publicani zu

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Kreditvergabe zu Wucherzinsen aus den Provinzen Geld herauszupressen, geändert zu haben: Von Verres war wohl kaum etwas anderes zu erwarten (Cie., Verr. II 3,169); verwunderlich erscheint es freilich (zumindest prima specie), daß auch der durch die Stoa tief geprägte M. Iunius Brutus sich auf jenem Gebiet hervortat; der von ihm der Stadt Salamis im Jahre 56 gewährte Kredit in Höhe von 12 Talenten (wenn man der Berechnung Mommsens, Der Zinswucher des M. Brutus, in: Hermes 34 [1899], 145-150, folgt, die freilich von der Annahme ausgeht, daß im Laufe der Jahre von den Salaminiem weder Zinsen noch Tilgung entrichtet wurden) war im Jahre 50 auf eine Schuldsumme von 200 Talenten (nach Ansicht der Gläubiger) bzw. 106 Talenten (nach Ansicht der Schuldner) angewachsen (cf. Cie., Att. 5,21,lOff.; 6,l,5ff.; 2,7ff.; 3,5ff.). Cf. u. S.169ff. Die zahlreichen Belegstellen hat Nicolet (Ordre iquestre 1, 318ff.) zusammengestellt; cf. auch Brunt, Equites 162 m. A. 57. Att. 6,1,16. Diem statuo satis laxam, quam ante si solverint, dico me centesimum dueturum; si non solverint, ex pactione. App., BC 5,19; Cass. Dio 42,6,3; cf. Badian, PS 116f; Gabba, Appian II 16ff.

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zahlenden Summe297, womit wir (ausgehend von der Prämisse, daß sich die Einkünfte des Staates durch diese Reform nicht verringerten) eine ungefähre Vorstellung von der aufgrund des Pachtsystems auf die Provinzialen entfallenden Mehrbelastung (= Aufwendungen + Profit der Pächter) haben.

3.2.3. Die Bereicherung römischer Politiker Doch hatte Asia (wie die übrigen Provinzen) auch über das Maß der üblichen Besteuerung hinaus bestimmte Leistungen zu erbringen, die - theoretisch wenigstens - besonders militärischen oder allgemeinen verwaltungstechnischen Erfordernissen Rechnung tragen sollten, die faktisch aber sehr häufig mißbraucht wurden und nur dem Statthalter und seinem Stab als eine Möglichkeit dienten, sich persönlich zu bereichern bzw. gewisse Kosten auf die Provinzialen abzuwälzen298. So brachte es für diese stets besonders ruinöse Konsequenzen mit sich, wenn bei ihnen römische Armeebefehlshaber ihre Truppen einquartierten. Dies geschah beispielsweise im Jahre 85 nach dem Friedensschluß von Dardanos, als Sulla solcherart eine (zusätzliche) Bestrafung der unbotmäßigen Städte vornahm299: Damals wurden die jeweiligen 'Gastgeberfamilien' verpflichtet, für die Einkleidung und Verköstigung der bei ihnen untergebrachten Soldaten zu sorgen und ihnen überdies ein Tagegeld von 16 Drachmen (Tribunen: 50)300 zu zahlen301. Einer Schät297

App., BC 5,19; Plut., Caes. 48,1. Zu dem Gesamtkomplex der Bereicherung römischer Magistrate in den Provinzen cf. Broughton, RAM 535ff.; E.M. Sanford, Roman Avarice in Asia, in: JNES 9 (1950), 28-36; D.M. Amsden, Debt and Politics in the Age of Cicero, Ann Arbor 1971, 38ff.; Shatzman, SWRP 45ff.; Schneider, WP 112ff.; Bertrand, Rome 822ff. 299 App., Mithr. 250; Plut., Sulla 25,4. 300 Vor allem wenn man sich vor Augen führt, daß der einfache römische Legionär wahrscheinlich bis zu Caesars Zeiten nur einen täglichen Verpflegungs- und Ausrüstungsbeitrag in Höhe von zwei Obolen ( = V3 Drachme) erhielt (cf. Kromayer/Veith, I.e. [S.38 A.48], 329; 41 lf.), läßt sich die Belastung, welche ein solcher Betrag für die Quartiergeber dargestellt haben muß, ebenso klar ermessen wie die dadurch herbeigeführte Bereicherung eines jeden einzelnen Soldaten; dies beleuchtet eine weitere Funktion jener Maßnahme: Mit einer solchen Großzügigkeit auf Kosten anderer versuchte Sulla sich offenbar der Loyalität seiner Armee für den bevorstehenden Endkampf in Italien zu versichern, was gerade aufgrund der Tatsache, daß der mit Mithridates unlängst geschlossene Friedensvertrag von vielen als unvorteilhaft empfunden und heftig kritisiert worden war (cf. Plut., Sulla 24,7), durchaus verständlich erscheint. 301 Plut., Sulla 25,5. Neben der materiellen Belastung dürften überdies wohl 298

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zung Broughtons zufolge bedeutete das für die Provinz eine zusätzliche Belastung von ca. 120.000.000 Drachmen ( = 20.000 Talenten), die Kosten für Ernährung und Bekleidung nicht gerechnet, was demnach etwa dem Betrag der ja außerdem noch geforderten Entschädigungssumme entsprach302. Solche Truppeneinquartierungen waren besonders im Winter bereits auch unter den hellenistischen Herrschern zur Gewohnheit geworden303, und ein Statthalter, der sie wie Lucullus aus Rücksichtnahme gegenüber den Bundesgenossen oder der Provinzbevölkerung unterließ, lief stets Gefahr, die eigene Autorität zu untergraben304. Wahrscheinlich fanden nur wenige Feldherren den Mut, sich in dieser Frage gegenüber ihren Soldaten zu behaupten, und so erscheint Ciceros Mitteilung, wonach die römischen Legionen mehr bundesgenössischen Städten durch ihre Winterquartiere als feindlichen im Kampf den Untergang brachten, kaum übertrieben305. Es ist demnach durchaus verständlich, daß viele - jedenfalls wohlhabendere - Gemeinden danach trachteten, dieses Übel abzuwenden, und dem jeweiligen Statthalter lieber freiwillig eine 'Entschädigung' dafür zahlten, daß er von einer Stationierung absah. Viele unlautere Gouverneure verstanden es ausgezeichnet, aus einer solchen Angst Kapital zu schlagen, indem sie durch die Androhung einer Einquartierung erhebliche Summen von den Städten erpreßten306. Angesichts eines solchen Übels bedeutete gerade auch in römischer Zeit die als die recht häufigen Übergriffe seitens der römischen 'Gäste' den Bewohnern schwer zu schaffen gemacht haben (cf. ibid.: ... τους οίκους έξέτριψεν ϋβρει και πλεονεξία των έπισταθμευόνχων.; ibid., Sert. 24,5: ... την "Ασίαν αδθις ένοχλουμένην ύπο των τελωνών, βαρυνομένην δέ ταας πλεονεξίαις και ύπερηφανίαις των έπισκήνων ...). 302 RAM 517f. 303 Hierzu cf. bes. Launey, Recherches 2, 695ff.; epigraphisch ist vor allem die den Bewohnern aller Städte so sehr willkommene, zumeist als Privileg verliehene Befreiung von einer derartigen Stationierung, die άνεπισταθμεία, bezeugt, cf. L. Robert, Hellenica, III, 79-85; BE 1952, 141; 1955, 195; 1980, 484; Μ. Wörrle, Epigraphische Forschungen zur Geschichte Lykiens III, in: Chiron 9 (1979), 83-111, hier: 89ff.; J. et L. Robert, Claras I, D&rets helldnistiques, Fase. 1, Paris 1989 , 92. Zu παραχειμιασία cf. BE 1952, 87 (mit weiteren Stellen- und Literaturangaben). 304 piut., Luc. 33,4f.: ... εις δέ πόλιν Ελληνίδα και φίλην ούδ' όίπαξ εισήλθε μ,ετά στρατοπέδου Λεύκολλος. οΰτω δέ διακειμένους αύτοΐς (sc. τοις στρατιώταις) τάς μ.εγίστας ένέδωκαν άπο της "Ρώμης οΐ δημαγωγοί προφάσεις _ . 305 Cie., imp. 38: Utrum pluris arbitraminiper hosce annos militum vestrorum armis hostium urbis an hibernis sociorum civitates esse deletas? 306 Bevor Cicero als Prokonsul nach Kilikien gekommen war, hatten dort (aber auch andernorts) die Statthalter auf diese Weise erhebliche Summen zusammengebracht (Att. 5,21,7: lllud autem tempus quotannis ante me fiierat in hoc quaestu. Civitates locupletes ne in hiberna milites reeiperent magnas pecunias dabant, Cyprii talenta Attica CC.).

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Privileg zuerkannte Exemtion von Truppeneinquartierungen einen außerordentlichen Glücksfall, wie er zumindest fur die Städte Termessos307 und Aphrodisias308 bezeugt ist. Einen ähnlichen Mißbrauch trieben manche römische Beamte mit der an sich schon drückenden Pflicht der Provinzgemeinden, das Verwaltungskorps bei Bedarf mit Getreide und anderen Gütern zu versorgen: Beispielsweise wurde angesichts unterschiedlicher Preisniveaus eine Lieferung dorthin, wo der Marktpreis am höchsten war, befohlen, um selbst einen möglichst großen Verkaufserlös zu erzielen309; oder den Städten wurde die Auslieferung an einen von ihnen jeweils möglichst weit entfernten Ort mit einem hohen Preisniveau aufgetragen, damit sie von sich aus, um die Kosten für den Transport oder die Beauftragung von Handelsagenten zu sparen, den am Auslieferungsort herrschenden Preis der von ihnen geforderten Ware entrichteten310. Verres trieb es sogar so weit (aber auch hierin war er sicherlich kein Einzelfall), daß er als legatus pro quaestore in Kilikien (80/79)311 den Gemeinden die Stellung verschiedener Versorgungsgüter auferlegte, diese dann aber nicht akzeptierte, sondern den Gegenwert in Geld forderte312. Daß nun gerade aufgrund dieses letztgenannten Mißbrauchs der Pauperismus in den Provinzen entscheidend gefördert worden wäre, läßt sich in der Tat bestreiten, doch zeigt sich daran sehr wohl die Einstellung, die viele Römer den von ihnen unterworfenen Gebieten gegenüber offensichtlich besaßen. Ein deutliches Signum für eine solche Mentalität bildet die Praxis der sog. legationes liberae3ii, welche die Provinzgemeinden regelmäßig heimsuchten. Diese bereits früh nachweisbare Institution gestattete es vor allem Mitgliedern des Senats ohne eine spezielle diplomatische Mission, aber ausgestattet mit den üblichen Privilegien von Gesandten, ihren eigenen 307

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FIRA Ii 11, II 7ff.: nei quis magistratus prove magistratu legatus ne(ive)/ quis alius meilites in oppidum Thermesum maiorum/ Pisidarum hiemandi caussa introducito, neive/facito, quo quis eo meilites introducat quove ibei/ meilites hiement, nisei senatus nominatim, utei Thermesum/ maiorum Pisidarum in hibernacula meilites / deducantur, decreverit. J.M. Reynolds, Aphrodisias and Rome, JRS Monographs 1, London 1982, Doc.8, 34, cf. p. 77 (mit weiteren Belegen). Cie., Verr. II 3,192; Cicero sagt unmißverständlich, daß dergleichen eine weit verbreitete Angewohnheit unter den römischen Statthaltern war: ideo valet ista ratio aestimationis in Asia, valet in Hispania, valet in iis provinciis in quibus unum pretium frumento esse non solet. Ibid. 113,191. Cf. Broughton, MRR 2, 81. Cie., Verr. II 1,95. Cf. Mommsen, Staatsr. 2, 690f.; A. v. Premerstein, Legatus, in:RE XII (1925), 1133-1149, hier: 1135f.; J. Suolahti, Legatio libera, in: Arctos 6 (1969), 113-119.

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religiösen oder geschäftlichen Verpflichtungen nachzugehen. Je fester sich jedoch die römische Macht etablierte, desto häufiger wurde hier Mißbrauch betrieben. Dieser muß schließlich derartige Ausmaße angenommen haben314, daß Cicero während seines Konsulatsjahres die legatio libera per Gesetz generell zu unterbinden suchte315. Es ist durchaus signifikant für die gerade auch konstitutionellen Rahmenbedingungen der Provinzausbeutung, daß die durch Ciceros Vorstoß in Mitleidenschaft gezogenen Kreise auf ganz legale Weise ihre pekuniären Interessen zu wahren vermochten, indem ein Volkstribun gegen den Gesetzesantrag interzedierte. In Form eines Kompromisses wurde dieser dann doch noch verabschiedet: Die Dauer solcher legationes sollte sich fortan auf ein Jahr beschränken, ein deutliches Zeichen dafür, daß man sich vorher für seine einträglichen Betätigungen vermutlich erheblich mehr Zeit gegönnt hatte. Die damals den Provinzialen gegenüber vorherrschende Mentalität findet gerade auch in der Dichtung ihren unverkennbaren Niederschlag: Catull führt uns in seinem zehnten Gedicht deutlich vor Augen, welche Erwartungen sich damit verbanden, wenn ein junger, zumal mäßig begüterter Römer in der cohors eines Statthalters eine Provinz bereiste; denn eine typische Frage, die er bei der Heimkehr seinen Bekannten zu beantworten hatte, lautete wohl: 'Wieviel hat es dir eingebracht?'316, und der Gefragte dürfte kaum eine glückliche Figur abgegeben haben, wenn sich hier keinerlei Erfolge vorweisen ließen. Eben darauf beruht entscheidend die Komik dieses Gedichtes: C. Memmius hatte sich als Promagistrat von Bithynien und Pontos (57)317 offenbar durch eine äußerst saubere Amtsführung ausgezeichnet und eine ungebührliche Bereicherung seines Stabes verhindert (der Dichter, der mitgereist war, tituliert diese integre Verhal314

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Cie., leg. agr. I 8: hereditatum obeundarum causa quibus vos legationes dedistis, qui et privati et privatum ad negotium exierunt non maximis opibus neque summa auetoritate praediti, tarnen auditis profecto quam graves eorum adventus soeiis nostris esse soleant·, ibd. II 45: legates nostros, homines auetoritate tenui, qui rerum privatarum causa legationes liberas obeunt, tarnen exterae nationes ferre vix possunt. grave est enim nomen imperi atque id etiam in levi persona pertimescitur, propterea quod vestro, non suo nomine, cum hinc egressi sunt, abutuntur. Lehrreich ist auch ein Beispiel aus dem Jahre 55: P. Clodius hatte als Volkstribun die Heimkehr einiger exilierter Byzantier sowie die Ernennung eines gewissen Brogitarus zum Oberpriester des Kybelekultes in Pessinus durchgesetzt; nun gedachte er, unterstützt von Pompeius und Crassus, dafür auf einer legatio libera reichen Lohn einzustreichen: illud autem quod cupit Clodius est legatio aliqua (si minus per senatum, per populum) libera aut Byzantium aut Brogitarum aut utrumque; plena res nummorum (Cie., Quint. 2,8,2), cf. Shackleton-Bailey, Quint. 189. Cf. Rotondi, Leges 379f. V.8: ecquonam mihi profuisset aere. Cf. Broughton, MRR 2, 203.

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tensweise mit den deftigsten Metaphern, cf. auch c.28), so daß Catull sich weder Geld, ja, noch nicht einmal welche von den dort 'wachsenden', allseits gerühmten Sänftenträgern318 verschaffen konnte; das aber durfte er vor seinem Freund und dessen scortillum nicht zugeben, was jedoch nur dazu führte, daß er, bei einer hastig ausgedachten Notlüge ertappt, in eine noch peinlichere Situation geriet. Eine solche Komik beruht ganz wesentlich auf dem scharfen Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit oder genauer: auf dem individuellen Scheitern vor dem Hintergrund allgemein akzeptierter und - wenigstens in einer bestimmten Schicht - erfolgreich praktizierter Normen. Doch 'scheitert' angesichts einer so gearteten Realität nicht nur der - selbstironische - Dichter, sondern auch Memmius, der, eben weil er sich vermutlich dermaßen von den meisten der übrigen Provinzgouverneure unterschied, sich und seine altbackenen Römertugenden dem beißenden Spott der Jeunesse dor£e ausgesetzt sieht. Denn wir verfügen zwar gerade für die letzten Jahrzehnte der Republik über eine zunehmende Anzahl von Belegen, welche die korrekte Amtsführung einzelner Statthalter bezeugen 319 ; doch vermag diese Tatsache kaum als Beweis dafür herzuhalten, daß in der römischen Provinzialadministration insgesamt ein grundlegender Wandel vollzogen worden wäre. Entweder nämlich wird eine solche Aussage durch den Hinweis auf eine für diesen Zeitabschnitt - verglichen mit dem 2. Jh.320 - generell deutlich verbesserte Quellenlage quantitativ 318

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Daß im Bewußtsein der vermutlich meisten Römer die Provinzen nur eine unmittelbar zweckgebundene Größe bildeten - für die unteren und mittleren Schichten (Getreidezuteilungen, Steuerfreiheit) ebenso wie für die oberen, denen sie eine luxuriöse Lebensweise ermöglichten -, unterstreicht auch die sprachliche Ausgestaltung der Vv. 14ff., wo in der, wenngleich erdichteten, aber doch typischen wörtlichen Rede ein solches ausschließlich utilitaristisches Denken sowohl durch die verdinglichende Formulierung im Neutrum (quod illic! natum esse dicitur) als auch durch die final-attributive Konstruktion (ad lecticam homines) zum Ausdruck kommt. Sänftenträger scheinen damals unter den wohlhabenden Römern der dernier cri gewesen zu sein, von Cicero (Verr. II 5,27) dem Verres als eine Form der 'asiatischen' Verweichlichung vorgeworfen und von Caesar im Rahmen seiner leges sumptuariae verboten (Suet., Div. Iul. 43,1); hierzu und zur 'Aufwandsgesetzgebung' im allgemeinen cf. Baltrusch, Regimen 40ff. Neben den bereits erwähnten Scaevola (cf. o. S.149f.) und Lucullus (cf. o. S.147f.) sind beispielsweise zu nennen: P. Servilius Vatia Isauricus, der Prokonsul von Kilikien im Jahre 78 (Cie., Verr. II 3,210f.; Att. 6,1,16; cf. Broughton, MRR 2, 87); Cn. Pompeius (Cie., imp. 36ff.; 64ff.); Q. Tullius Cicero (Cie., Quint. 1,1,8f.; 13; 25); zu M. Cicero cf. das Folgende; s. auch Shatzman, SWRP 60. Das entsprechende Quellenmaterial für diese Zeit hat neben F. Pontenay de Fontette (Leges repetundarum, Paris 1954) W. Eder (Das vorsullanische Repetundenverfahren, Diss. München 1969) zusammengestellt, der zu dem Schluß gelangt, daß für die Maßregelung erpresserischer Beamter durch die

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erheblich relativiert oder sie muß - nach ausschließlicher Maßgabe der verfügbaren absoluten Zahlen - umgekehrt interpretiert werden: die Integrität der genannten Personen war für die Zeitgenossen nur im Vergleich mit der sonst üblichen gegenteiligen Praxis bemerkenswert und bemerkbar; in der Tat nämlich wird das damals gültige Gewohnheitsrecht auch aus einigen anderen Zeugnissen gut erkennbar: So läßt beispielsweise Sallust den C. Memmius vor der Volksversammlung die Ausplünderung der Provinzen als ein Kavaliersdelikt bezeichnen 321 . Und auch Ciceros oratorische Potenz scheint voll beansprucht, um die - weniger qualitative denn quantitative - Besonderheit im Fall Verres herauszuarbeiten; daß dieser jedenfalls keine Einzelerscheinung war, tritt auch hier immer wieder zutage: Nicht nur Sizilien 322 , sondern der gesamte Mittelmeerraum war den materiellen Begehrlichkeiten römischer Magistrate ohne Unterlaß dienstbar323. Und schließlich erachtete offenbar sogar der Redner selbst, dessen - philosophisch begründete - humanitas324 doch gerade seinen

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senatorischen Repetundengerichte kaum das Schicksal der Provinzialen oder der Bundesgenossen eine Rolle gespielt habe, sondern fast nur innenpolitische Motive (z.B. 'senatsinterne Feindseligkeiten oder politisch-militärische Taktik' [S. 54] oder [besonders im Zusammenhang mit der lex Calpurnia de repetundis aus dem Jahre 149] der Wunsch nach 'Kontrollmöglichkeiten des Senats über die im Ausland operierenden, dem direkten Zugriff des römischen Senats entzogenen Magistrate' [S. 89]) ausschlaggebend gewesen seien; cf. Pontenay de Fontette, I.e. 31f.; F. De Martino, Storia della costituzione romana, Neapel 1960, 2, 259f.; Gruen, Roman Politics 13ff.; Harris, War 78f. Sali., lug. 31,25: ... per vim soeiis ereptaepecuniae, quae quamquam gravia sunt, tarnen consuetudine iam pro nihilo habentur. Cie., Verr. II 2,8; 3,64. Ibid. II 3,207: Lugent omnes provinciae, queruntur omnes liberi populi, regna denique etiam omnia de nostris cupiditatibus et iniuriis expostulant; locus intra oceanum iam nullus est neque tarn longinquus neque tarn reconditus quo non per haec tempora nostrorum hominum libido iniquitasque pervaserit; sustinere iam populus Romanus omnium nationum non vim, non arma, non bellum, sed luctum, lacrimas, querimonias non potest. Cie., Quint. l,l,27f.: Quapropter ineumbe toto animo et studio omni in eam rationem qua adhuc usus es, ut eos quos tuae fidei potestatique senatus populusque Romanus commisit et credidit diligas et omni ratione tueare et esse quam beatissimos velis. Quod si te sors Afris aut Hispanis aut Gallis praefecisset, immanibus ac barbaris nationibus, tarnen esset humanitatis tuae consuiere eorum commodis et utilitati salutique servire; cum vero ei generi hominum (sc. Graecis) praesimus, non modo in quo ipsa sit sed etiam a quo ad alios pervenisse putetur humanitas, certe iis potissimum tribuere debemus a quibus aeeepimus. Non enim me hoc iam dicere pudebit... nos ea quae consecuti sumus iis studiis et artibus esse adeptos quae sint nobis Graeciae monumentis diseiplinisque tradita. Qua re praeter communem fidem quae omnibus debetur, praeterea nos isti hominum generi praeeipue debere videmur, ut, quorum praeeeptis sumus eruditi, apud eos ipsos quod

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Freunden und Vertrauten bekannt gewesen sein dürfte, Atticus gegenüber einige Jahre später eine besondere Versicherung als notwendig, daß er - in diesem Fall auf Zypern - 'nicht einen Heller' von den Gemeinden gefordert habe323; und auch die Provinzialen haben wohl nicht wenig gestaunt, als Cicero das dem Statthalter üblicherweise gezahlte Geldgeschenk (vectigal praetorium) zurückwies 326 und desgleichen die gewohnheitsmäßige Bereicherung des Stabes unterband327. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß ein solches Verhalten nur vor dem Hintergrund der damals gültigen Gesetze zu einem Ruhmesblatt der eigenen Biographie werden konnte; denn Ciceros (von ihm selbst am meisten) gepriesene Integrität verhinderte es keineswegs, daß er salvis legibus den nicht zu verachtenden Betrag von HS 2.200.000 auf die Seite zu schaffen vermochte 328 . Doch verglichen mit den Summen, die andere Statthalter an sich brachten329, läßt sich Ciceros Ertrag in der Tat als bescheiden bezeichnen.

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ab iis didicerimus velimus expromere. 24: Est autem non modo eius qui sociis et civibus, sed etiam qui servis, qui mutis pecudibus praesit, eorum quibus praesit commodis utilitatique servire. Cie., Att. 5,17,2: Nos tarnen, etsi hoc te ex aliis audire malo, sie in provincia gerimus, quod ad abstinentiam attinet, ut nullus terruncius insumatur in quemquam.; ibid. 20,6: atque etiam spero toto anno imperi nostri terruncium sumptus in provincia nullum fore. ibid. 21,5: cave putes quiequam homines magis umquam esse miratos quam nullum terruncium me obtinente provinciam sumptus factum esse ...; ibid. 7: qua ex insula (sc. Cypro) - non υπερβολικής, sed verissime loquor - nummus nullus me obtinente erogabitur. ibid. 6,2,4: ... omnino nullus in imperio meo sumptus factus est (nullum cum dico non loquor ΰπερβολικώς), nullus inquam, ne terruncius quidem. Eine ausstehende Schuld, fur deren Eintreibung Cicero sorgte, wollten die Bewohner des zyprischen Salamis 'aus dessen Tasche begleichen', da er das vectigal praetorium nicht angenommen habe; der Schuldbetrag war mit 106 Talenten (cf. Cie., Att. 5,21,12) beträchtlich geringer als das gesparte Geld (ibid. 11: [Salaminii dixerunt] se a me solvere. Quod enim praetori dare consuessent, quoniam ego non acceperam, se a me quodam modo dare atque etiam minus esse aliquanto in Scapti nomine quam in vectigali praetorio.). Cie., Att. 5,16,3; 17,2; diese Linie wurde wohl mit der geringfügigen Ausnahme des Legaten L. Tullius (ibid. 5,21,5) und des Quaestors C. Coelius Caldus (ibid. 6,3,1) tatsächlich von allen durchgehalten. Daß dies kaum die Regel gewesen sein dürfte, darauf hatte Cicero schon bei früherer Gelegenheit hingewiesen: utrum ille qui postulat ad tantum bellum legatum quem velit idoneus non est qui impetret, cum ceteri ad expilandos socios diripiendasqueprovincias quos voluerunt legatos eduxerint...? (imp. 57). Cie. Fam. 5,20,9; Att. 11,1,2. Eine umfangreiche Zusammenstellung des Materials findet sich bei Shatzman (SWRP) in der 'Economic Prosopography of Roman Senators' bes. 262ff. u. 60.

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3.2.4. Sozio-ökonomische Destabilisierung und Piraterie Die vorangegangene kurze Betrachtung hat also zur Genüge gezeigt, daß das von den Römern330 gerade in Kleinasien praktizierte System der Provinzverwaltung in seiner üblichen Ausprägung331 nicht zuletzt aufgrund des Annuitätsprinzips erheblich zur Verelendung weiter Kreise innerhalb der einheimischen Bevölkerung beitrug. Die Frage stellt sich indes, ob über die bereits oben332 behandelte, ja ohne weiteres plausible Verbindung zwischen dem Vorhandensein eines Pauperismus und dem räuberischer Lebensformen als eines Mittels zu seiner Bewältigung hinaus Zeugnisse vorhanden sind, die einen solchen Kausalnexus auch fur den hier zur Diskussion stehenden Zeitabschnitt bestätigen. Die Ausbeute läßt sich leider nur als äußerst dürftig bezeichnen, was für das halbe Jahrhundert unmittelbar seit der Provinzialisierung Asiens überdies auf die allgemein spärliche Quellenlage zurückzuführen ist, was in den folgenden, gerade aufgrund der ciceronischen Hinterlassenschaft für den Historiker vergleichsweise 'hellen' Jahren dann aber in erster Linie ideologische Gründe hat, ja überhaupt auf dem Selbstverständnis der römischen Weltherrschaft beruht: Besonders aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Denkweise Ciceros, der seine Obliegenheiten als Statthalter (übrigens höchst widerwillig333) mit der Pflichttreue eines guten patronus erfüllte und von seinem Rechtsverständnis her wie auch emotio330

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Darüberhinaus darf ebensowenig die illegale Bereicherung der einheimischen Beamten außer Acht gelassen werden (cf. Cie., Att. 6,2,5: Mira erant in civitatibus ipsorum furta Graecorum, quae magistratus sui fecerant.; Farn. 3,8,5: Ego ... non solum iustitia, sed etiam misericordia adduetus, ut levarem miseriis perditas civitates et perditas maxime per magistratus suos ... ; die letztere Feststellung ist von Cicero vermutlich aus Gründen der Diplomatie übertrieben worden, um beim Adressaten, Ap. Claudius Pulcher, der als sein Vorgänger sich in Kilikien nicht unbescheiden bedient hatte, keinen Gedanken an einen Vorwurf aufkommen zu lassen; cf. hierzu auch die verbale Gratwanderung ibid. 8; wie Cicero wirklich über dessen Statthalterschaft dachte, spricht er Atticus gegenüber unverblümt aus, cf. 6,2,1; auch 5,16,2; Fam. 15,4,2). Sowohl Leute wie Cicero als auch der berüchtigte C. Verres, der während seiner dreijährigen sizilischen Propraetur (73-71, cf. Broughton, MRR 2, 112; 119, 124) immerhin die respektable Summe von HS 40.000.000 (Cie., Verr. I 56) zusammengebracht hatte, sind vermutlich als Extremfälle anzusehen. Cf. S.54ff.; 86 m. A.98. Cf. z.B. Att. 6,3,2: Odit (sc. Q. Cicero) enim provinciam, et hercule nihil odiosius, nihil molestius·, auch 5,10,3; die schlimmste Befürchtung Ciceros richtete sich auf eine etwaige Prorogation seines imperium (cf. z.B. Att. 5,18,1; 21,3), und so bat er seine Freunde immer wieder, dies nach Möglichkeit zu verhindern (cf. die Stellenangaben bei Gelzer, Cicero 225 Aa. 20ff.).

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nal der notleidenden Provinzbevölkerung durchaus gewogen war334; dennoch aber stellte er trotz aller erkannter Mängel den Sinn der römischen Herrschaft als einer gerade auch im Sinne der Beherrschten notwendigen Einrichtung335 grundsätzlich wohl niemals in Frage, und Ansätze zur Lösung etwaiger Probleme konnten und durften demnach nur auf dem Boden des überkommenen Systems erfolgen. Folglich mußte jeder, der sich wie der Pirat außerhalb dieser - letzten Endes gott- bzw. naturgewollten336 Ordnung stellte, beinahe zwangsläufig als hostis gelten 337 oder, wie Vergil in jenen zur Charakterisierung des römischen Selbstverständnisses immer wieder zitierten Versen seiner Aeneis (6,851-53) formuliert, als superbus, der, indem er sich dem imperium Romanum nicht unterwarf, dessen zivilisatorisches Monopol in Frage zu stellen wagte. Aufgrund dessen erscheint es also in der Tat verständlich, daß solche Zeugnisse, welche die Piraterie wenigstens teilweise als einen möglichen Ausweg aus einer - von den Römern notwendigerweise mitverschuldeten sozio-ökonomischen Misere begreifen, äußerst rar sind. Aber dennoch: Für Appian stellt das starke Anwachsen der Piraterie unmittelbar ein Resultat vor allem des 1. Mithridatischen Krieges dar, als der König von Pontos ες τήν θάλασσαν πεφατάς καθ-ήχε, deren Zahl 334

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Allerdings läßt es sich nicht völlig von der Hand weisen, daß Ciceros Vorgehen in solchen Fällen wie dem Zinswucher des M. Brutus ebenso von dem Wunsch geleitet war, die Integrität der eigenen Administration besonders hervortreten zu lassen. Wenn das Gebiet seiner Provinz nicht betroffen war, verhielt jener sich, wie eine Reihe von Zeugnissen (Cie., Att. 5,18,4; 6,1,3; 2,7; 3,5) lehrt, durchaus kooperativ. Cf. beispielsweise Cie., Quint. 1,1,34: Simul et illud Asia cogitet nullam ab se neque belli externi neque domesticarum discordiarum calamitatem afuturam fuisse, si hoc imperio non teneretur. Cf. z.B. Cie., Phil. 6,19: Populum Romanum ... di immortales omnibus gentibus imperare voluerunt. har. resp. 19: quis est tarn vaecors qui, cum deos esse intellexerit, non intellegat eorum numine hoc tantum imperium esse natum et auetum et retentum? Für eine Behandlung dieses Themenkomplexes cf. W. Capelle, Griechische Ethik und römischer Imperialismus, in: Klio 25 (1932), 86-113 ( = H. Kloft [Hrsg.], Ideologie und Herrschaft in der Antike, Darmstadt 1979, 238-270); J. Vogt, Ciceros Glaube an Rom, Darmstadt 1963 (Nachdruck der 1. Aufl. Würzburg 1935), 72ff.; U. Knoche, Die geistige Vorbereitung der augusteischen Epoche durch Cicero, in: Das neue Bild der Antike, II, Leipzig 1941, 200-218 ( = H. Oppermann, [Hrsg.], Römertum, Darmstadt 1962, 203-223; = R. Klein [Hrsg.], Das Staatsdenken der Römer, Darmstadt 1966, 405-426); C. Koch, Roma aeterna, in: Religio (Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft), Bd. VII, Nürnberg 1960 (= R. Klein [Hrsg.], Prinzipat und Freiheit, Darmstadt 1969, 23-67); J. Kroymann, Römisches Sendlings- und Niedergangsbewußtsein, in: Eranion (Festschr. für H. Hommel), Tübingen 1961, 69-91; s. nun auch Mitchell, Cicero 205ff. Cie., off. 3,107.

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dann, als der Krieg sich in die Länge zog, angesichts der im Lager des Mithridates gebotenen guten Verdienstmöglichkeiten stetig wuchs338. Fraglich bleibt hier indes, warum auch nach Kriegsende, als die Zahlungen aus der königlichen Schatulle ja fortfielen, die meisten jenem einmal ergriffenen Gewerbe nicht nur treu blieben, sondern es mit zunehmend professioneller Organisation betrieben. Dieses Faktum erklärt der griechische Historiker damit, daß aufgrund von Kriegseinwirkungen eine Reihe von Menschen ihre Lebensgrundlage und ihre Heimat verloren hätten und in Armut geraten seien, so hätten sie ihr ökonomisches Betätigungsfeld vom Land(bau) auf das Meer verlegt339. Die Kausalrelation zwischen dem Mithridateskrieg und der Zunahme des Seeraubes präsentiert sich hier demnach als eine doppelte, denn einmal schuf jener nicht nur mit einer gravierenden sozio-ökonomischen Krisensituation für diesen eine wesentliche Voraussetzung, sondern wies den Betroffenen durch die in ihm gebotenen Gewinnmöglichkeiten zugleich den fraglos einfachsten Weg zur Beseitigung der Not. Gerade auch die Vorgehensweise des Pompeius gegenüber den Piraten scheint wesentlich von der Erkenntnis geprägt gewesen zu sein, daß deren Situation kaum auf eigenes Verschulden zurückzuführen war; denn wenn er in Abkehr von dem gültigen Dogma, welches den Piraten außerhalb der menschlichen Gemeinschaft stellte, mit seinen Gefangenen nicht nach strengstem Recht verfuhr, sondern Milde walten ließ, so spielten hier - vor dem endgültigen Sieg - gewiß ebenso kurzfristige militärtaktische Überlegungen mit hinein, die darauf zielten, den Widerstandswillen der noch verbliebenen Gegner nicht unnötig zu stärken und den Krieg in die Länge zu ziehen340. Indem der römische Feldherr jedoch auch nach dem Fall von Korakesium den einmal beschrittenen Weg nicht verließ und den besiegten Seeräubern, um sie von ihrem Gewerbe abzubringen, eine materiell gesicherte 'bürgerliche' Existenz ermöglichte341, gab er durch diese 338 339

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App., Mithr. 416. Ibid. 417: od γαρ βίου καί πατρίδων δια τον πόλεμον αφηρημένα καί ές άπορίαν έμπεσόντες άθρόαν αντί της γης έκαρποϋντο την θάλασσαν ... . Ganz ähnlich erkennt auch Cassius Dio in den beständigen kriegerischen Auseinandersetzungen den wesentlichen Auslöser für eine allgemeine (soziale und politische) Unsicherheit, die viele ihr Glück in den Piratenbanden suchen ließ (36,20,2: ... έξ οδ πολλαχ,η τε αμα καί συνεχώς έπολεμήθη, καί πολλοί μεν πόλεις ανάστατα έγένοντο, πασι δέ καί τοις διαφεύγουσιν αυτών αϊ τιμωρίαι έπηρτώντο καί άδεες οΰδενί ούδέν ήν, πάμπολλα προς ληστείαν έτράποντο.). Cf. Veil. Pat. 2,32,5. In gewisser Weise vergleichbar ist hier übrigens ein Vorfall aus den Jahren 151/50, als der Praetor Ser. Sulpicius Galba (cf. Broughton, Μ RR 1, 456f.) die aufständischen Lusitaner, welche aufgrund der Kargheit ihres Landes ein räuberisches Leben führten, mit dem Versprechen, ihnen fruchtbarere Gebiete zuzuweisen, leicht zu gewinnen vermochte (App., Ib. 249ff.; cf.

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Prophylaxe unmißverständlich zu erkennen, wo seiner Meinung nach die tiefere Ursache für die Krankheit lag, deren Symptome wenigstens man zunächst erfolgreich bekämpft hatte342. Die diesbezüglichen Aussagen unserer Quellen sind eindeutig: Appian spricht davon, daß die Piraten 'nicht aus Schlechtigkeit, sondern weil ihnen infolge von Kriegseinwirkungen die notwendige Existenzgrundlage verlorengegangen war, zu ihrem Gewerbe gelangt seien', und deswegen habe Pompeius sie im Bereich von Kilikien und auch im achäischen Dyme angesiedelt343. Übereinstimmend benennt Cassius Dio als den Zweck dieser Maßnahme, daß die gefangenen Piraten sich niemals wieder aus Mangel zu jenem 'schändlichen Tun' gezwungen sehen sollten344. Und Plutarch schließlich läßt - seinem eigenen gnomisch-moralisierenden Stil entsprechend - Pompeius von der Überlegung ausgehen, daß die Menschen nicht von Natur aus schlecht seien, sondern - das ist impliziert - dazu erst durch eine äußere Zwangssituation würden und infolgedessen rehabilitierbar seien 345; daher habe dieser den Entschluß gefaßt, sie anzusiedeln und an einem 'rechtschaffenen Leben Geschmack finden zu lassen' (βίου γεύειν επιεικούς). Diese Rechnung scheint sich als weitestgehend richtig erwiesen zu haben, denn von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, lassen sich für die unmittelbare Folgezeit kaum noch Fälle von Piraterie belegen346. Ein einzelnes signifikantes Beispiel freilich verdient hier hervorgehoben zu werden: Im Jahre 44 hatte man (wie sich vermuten läßt: auf Betreiben Caesars) jene von Pompeius eingerichtete Piratenkolonie von Dyme aufgelöst und die Bewohner von ihren Feldern vertrieben. Die - nach Ciceros Meinung selbstverständliche - Folge davon war, daß jene sich wieder ihrem alten Gewerbe zuwandten und das Meer unsicher machten347.

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Strabo 3,3,5). Auch die spanischen Provinzen hatten infolge der römischen Eroberung erheblich zu leiden, cf. bes. J.M. Blazquez, Economia de la Hispania Romana, Bilbao 1978, 145ff. Daß sich diese dementia Pompei freilich auch als beneficium im Sinne römischer Patronatsverhältnisse instrumentalisieren ließ, versteht sich von selbst und bedarf hier keiner weiteren Erörterung. Zit. o. S.99 A.10; cf. zur Koloniegründung von Dyme cf. S. Accame, II dominio romano in Grecia dalla guerra acaica ad Augusto, Rom 1946, 152; A. Dreizehnter, Pompeius als Städtegründer, in: Chiron 5 (1075), 213-245, hier: 235. 36,37,5: ... δπως μ,ηθ' αύθις ποτε ες ανάγκην πονηρών έργων ύπό πενίας άφίκωνται ... . Zur Ansiedelung der Piraten cf. auch Strabo 8,7,5; 14,3,3; Veil. Pat. 2,32,4f.; Lucan 2,579; Floras 1,41,14f. Plut., Pomp. 28,5: έννοήσας (sc. Πομπήιος) oöv era. φύσει μ,έν άνθρωπος ούτε γέγονεν ουτ' έστιν άνημ,ερον ζωον ούδ' αμεικτον, άλλ' έξίσταται τη κακία παρά φυσιν χρώμενος, εθεσι δε και τόπων και βίων μ,εταβολαϊς έξημεροϋται.... Cf. die Stellenangaben bei Broughton, RAM 524f. Cie., Att. 16,1,3: Dymaeos agris pulsos mare infest um habere nil mirum.

Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten

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3.2.5. Piraterie als Widerstand gegen die römische Okkupation Doch läßt eine solche Interpretation, welche die Piraterie hauptsächlich als Antwort auf eine allgemeine wirtschaftliche Notlage begreift, vielleicht einen wesentlichen Aspekt jenes Phänomens außer acht: Obwohl nämlich direkte Aussagen in unseren Quellen nicht zu finden sind, gibt es doch vereinzelte Indizien, welche die Vermutung nahelegen, daß es sich bei dem Seeraub gerade des 1. Jh. - unabhängig von allen gewiß als vorrangig zu bewertenden materiellen Beweggründen der Akteure348 - auch um eine Form des politisch-militärischen Widerstands gegen die römische Herrschaft gehandelt haben könnte. Denn zunächst einmal gilt es festzuhalten, daß die Piraten sich über ihr primäres Ziel der individuellen Subsistenzsicherung hinaus offensichtlich auch als Angehörige einer größeren, relativ eng verbundenen Solidargemeinschaft verstanden. So erfahren wir durch Appian, daß Κίλιξ im Laufe der Zeit immer mehr zu einer Sammelbezeichnung für solche Menschen wurde, die, obschon unterschiedlicher ethnischer Herkunft, in Kilikien eine - geostrategisch eminent günstige - Basis zur Realisierung ihrer prinzipiell gleichartigen Ziele gefunden hatten349. Ein solches enges Zusammengehörigkeitsgefühl der Seeräuber bestätigt Cassius Dio: Diese hätten, ohne einander persönlich zu kennen, ihresgleichen bei Bedarf wie die vertrautesten Partner stets mit Materiallieferungen und Hilfstruppen unterstützt350, und es scheint zwischen ihnen beinahe eine stillschweigende, informelle Symmachie bestanden zu haben351. Auch nach außen bildeten die

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Daß Cicero ein solcher Zusammenhang zwischen den sozio-ökonomisehen Bedingungen und der Piraterie durchaus geläufig war, läßt auch ein Brief an Quintus (1,1,25) während dessen Statthalterschaft in Asia erkennen: Mit der durch des Bruders Politik begünstigten wirtschaftlichen Regeneration in der Provinz hing es wohl wesentlich zusammen, daß in den Städten Friede zwischen den sozialen Schichten herrschte und die Kriminalitätsrate entscheidend gesenkt werden konnte. Daß die Motive der Piraten indes keineswegs ausschließlich wirtschaftlicher Natur waren, deutet Plutarch (Pomp. 24,3) an, zit. o. S. 140 A.230. App., Mithr. 419ff. Cass. Dio 36,22,4: έλ^στευον μεν ά λ λ α άλλοθι _ τοσαύτη μέντα φιλία προς αλλήλους έχρωντο ώστε σφας και χρήματα και επικουρίας και τοις πάνυ άγνώσιν ώς και οίκειοτάτας πέμπειν; cf. ibid. 23,3: ... άλλήλοις τε γαρ συνεβοήθουν ... ; cf. 36,35,2. Cass. Dio 36,20,4: πάντας τους ομοίους σφίσι προστιθέμενα (sc. οι πειραταί), ώστε τινας αύτών και έν συμμαχίας λόγω συχνοΐς έπικουρήσαι. Den Gedanken an eine Symmachie legt auch die Formulierung και δια τοϋτό γ ε ούχ ήκιστα ίσχυσαν, δτι τούς τε θεραπεύοντας τινας αύτών πάντες έτίμων και τούς προσκρούσαντάς τισι πάντες έλεηλάτουν (ibid. 22,5) nahe, die sehr an die in den entsprechenden Staatsverträgen übliche Formel τούς αυτούς εχθρούς και φίλους νομίζειν erinnert.

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IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik

Kilikier in ihrem Selbstverständnis wohl weniger eine Räuberbande denn einen militärisch strukturierten, staatsähnlichen Verband352. Wie dessen Existenz nun nicht unwesentlich durch das Wirken der Römer im hellenistischen Osten beeinflußt war, so resultierte umgekehrt sein innerer Zusammenhalt wenigstens teilweise aus einer spezifisch antirömischen Grundhaltung. Dies zeigt sich beispielsweise daran, daß die Widersacher Roms offenbar stets der Meinung waren, in den Piraten gleichsam natürliche Bundesgenossen zu finden, Mithridates VI.353 nicht anders als Sertorius354und Spartacus355. Ebenso wissen wir, daß für die Piraten gerade Italien (vor allem natürlich wegen der dort zu gewinnenden Reichtümer) ein vorrangiges Ziel ihrer Attacken bildete356 und daß sie besonders gegen die Römer mit ausgesuchter Härte vorgingen357. Es läßt sich vermuten, daß die Motive hier kaum andere gewesen sein werden als bei der Ephesischen Vesper im Jahre 88 oder den Ausschreitungen gegen Römer in Herakleia Pontica 73358, zumal es nicht völlig ausgeschlossen ist, daß bisweilen sogar die Akteure identisch waren, bedenkt man, wie viele Menschen wohl besonders in und nach dem 1. Mithridatischen Krieg ihre Zuflucht bei den Piraten gesucht haben werden. Zumindest indirekt findet sich die hier vorgeschlagene Kausalrelation durch Ciceros Aussage über die Einstellung 352

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App., Mithr. 418f.: ... τάδε χα λήμματα, άδοξοϋντες ηδη τό των ληστών δνομα, μισθούς έκάλουν στρατιωτικούς ...; βασιλεϋσι 8* ηδη και τυράννας η στρατοπέδας μ ε γ ά λ ο ς εαυτούς όμοιουντες . . . . Cf. ο. S.140 Α.234. Plut., Sert. 7,3; 21,5. Plut., Crassus 10,6f. Cass. Dio 36,22, If. Cass. Dio 36,21,1: ... πολλά και δεινά τους τε 'Ρωμαίους και τους συμμάχους σφων έκακούργησαν; Plut., Pomp. 24,8: πλείστα δέ "Ρωμαίοις ένυβρίσαντες, έτι και τάς οδούς αΰτών άναβαίνοντες άπό θαλάσσης έληίζοντο ... ; die Bürger der Weltmacht Rom waren es offenbar gewohnt, überall in ihrem Herrschaftsgebiet mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt zu werden, und folglich erwarteten sie sogar von den Piraten, wenn sie von diesen auf hoher See gekapert worden waren, den gebührenden Respekt, sobald sie nur ein stolzes Civis Romanus sum und ihren Namen verkündet hatten. Die Seeräuber ihrerseits leisteten sich oft den Spaß, sich bei dem Gefangenen für ihren Irrtum in aller Form zu entschuldigen und ihn dann nach Hause zu schicken - indem sie ihn ins Meer warfen (Plut., Pomp. 24,1 Iff.). Memnon (FGrHist 434 F 27,6) spricht in diesem Zusammenhang ausdrücklich davon, daß die Ankunft der Steuerpächter von den Herakleoten mit dem Beginn der Sklaverei gleichgesetzt wurde: οi δέ δημοσιωναι προς την πόλιν άφικόμενα παρά τά εθη της πολιτείας και άργυριον απαιτούντες τούς πολίτας έλύπουν, άρχήν τινα δουλείας τούτο νομίζοντας.

Römische Expansion und Piraterie im hellenistischen Osten

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der Provinzialen gegenüber der römischen Herrschaft bestätigt: Mirandum vero est homines eos quibus odio sunt secures nostrae, nomen acerbitati, scriptum, decumae, portorium morti, libenter adripere facultatem laedendi quaecumque detur!359

3.2.6. Zusammenfassung Wenngleich nun angesichts des verfügbaren, letztlich stets ein spezifisch römisches Denk- und Wertesystem reflektierenden Quellenmaterials eine zwingende Beweisführung kaum zu erreichen war, so hat der vorliegende Abschnitt doch zumindest plausibel gemacht, daß nicht für die Existenz der Piraterie als solcher, wohl aber für deren immenses Anwachsen die römische Provinzialpolitik seit dem ausgehenden 2. Jh. vor allem in Kleinasien eine zentrale Bedeutung besaß. Denn es hat sich gezeigt, daß gerade aufgrund des hier praktizierten dualistischen Administrationsprinzips der Bevölkerung eine außerordentliche finanzielle Belastung erwachsen war, welche nur allzu oft das Maß des Tragbaren überstieg und viele Menschen an den Rand des Ruins und noch weiter brachte. Denn gerade das überaus reiche Asia war ja nicht mehr nur den beinahe gewohnheitsmäßigen Begehrlichkeiten der jeweiligen politisch-militärischen Funktionsträger ausgeliefert, sondern mit den publicani überdies den wichtigsten Repräsentanten eines Systems, welches nach Maßgabe ausschließlich ökonomischer Erwägungen funktionierte; denn für die societates, die das Steueraufkommen von Asia pachteten und damit dem aerarium eine kontinuierliche, fest kalkulierbare Einnahme sicherten, mußte das Hauptaugenmerk bei ihren Unternehmungen zwangsläufig darauf gerichtet sein, mit dem von ihren Anteilseignern investierten Kapital einen maximalen Ertrag zu erwirtschaften, ein wirtschaftlicher Imperativ, dessen Befolgung angesichts der unter den Römern prävalenten Einstellung gegenüber den Provinzialen überdies kaum durch ethisch-moralische Bedenken erschwert wurde. Die unmittelbaren Konsequenzen solcher Praktiken lassen sich sowohl in einer stellenweise grassierenden Armut als auch in einem weit verbreiteten, tief verwurzelten antirömischen Ressentiment der Provinzbevölkerung quellenmäßig relativ gut erfassen. Diese Faktoren aber begünstigten, was durch den Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen anderer historischer Epochen ebenso plausibel erscheint, wie es durch einige direkte Zeugnisse für den untersuchten Zeitraum bestätigt wird, beide wesentlich die Ausbreitung der Piraterie, welche aufgrund ihrer spezifisch antirömischen Ausrichtung über das Maß der unmittelbar existenziellen Primärmotivation hinaus geradezu Züge eines politisch-militärischen Widerstan359

Cie., Flacc. 19; cf. prov. cons. 6.

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IV. Wechselwirkungen zwischen Piraterie und römischer Politik

des gegen die Herrschaft der Römer trug.

V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite Angesichts der so deutlich auch bereits für die Zeitgenossen zutage tretenden Mißstände erhebt sich umso dringlicher die Frage, warum Rom, d.h. in diesem Fall die Senatsaristokratie, nur selten, und auch dann immer nur höchst zögerlich, Maßnahmen ergriff, die imstande gewesen wären, Abhilfe zu schaffen. Hierbei präsentiert sich das Problem der Unterlassung in doppelter Gestalt: Einmal nämlich bedarf es der Klärung, warum unter den nobiles offenbar ein derartig geringes Interesse daran bestand, das System der eigenen Provinzialverwaltung zu modifizieren und auf diese Weise die, wie sich gezeigt hat, ja hinlänglich bekannten sozio-ökonomischen Ursachen der Piraterie so weit als möglich zu reduzieren. Eine solche Verhaltensweise erschien, wie wir gesehen haben, nur wenigen Männern innerhalb des aristokratischen Führungskollektivs als ein ethisch-moralisches Desiderat; größere Aufmerksamkeit verdient jedoch die Frage, warum sie dort auch nach Maßgabe politischer, sozialer und wirtschaftlicher Erwägungen eine nur geringe Resonanz fand. Die damit offenbarte Unfähigkeit der römischen Nobilität aber, durch die Schaffung veränderter sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen indirekt zu einer Verminderung der grassierenden Piraterie beizutragen, mußte sich andererseits umso gravierender auswirken, als jene sich aus den bereits oben kurz skizzierten Gründen gleichermaßen ungern dazu bereit fand, mit militärischer Gewalt ordnend einzugreifen und auf diesem Wege, wenn schon nicht die Ursachen, so doch wenigstens direkt die Symptome der von ihr selbst mit verschuldeten Krankheit zu bekämpfen.

1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung 1.1. Der Einfluß ökonomischer Interessengruppen Kaum einer unserer Quellentexte bietet uns eine ausführlichere Erörterung all derjenigen Probleme, mit denen sich ein römischer Provinzgouverneur zumal in Asia konfrontiert sah, als jener erste Brief Ciceros Ad Quintum fratrem1 von 60/59, dessen Imperium in dieser Provinz gegen Zu dem Charakter und der Zielsetzung dieses Briefes cf. R. Pichon, Le but de Cic6ron dans la premiere lettre ä Quintus, in: RPh 34 (1910), 140-145; E. Fallu, La premifere lettre de Cic6ron ä Quintus et la Lex Iulia de repetun-

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V.

Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

den eigenen Willen gerade zum zweiten Mal verlängert worden war und den der in Rom weilende Bruder nun vorsichtig ermahnt, der ungeliebten Tätigkeit auch im dritten Jahr mit der bislang unter Beweis gestellten Umsicht und Integrität nachzukommen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe jedoch, deren eines zentrale Anliegen, wie der Verfasser aufgrund einiger philosophischer Überlegungen zu rechtfertigen weiß, das Wohlergehen vor allem der hellenischen subiecti zu sein hatte, reichte allein der gute Wille des zuständigen Promagistrats keineswegs aus, weil dieser stets auch dem Druck der eifrig auf die Wahrung ihrer Interessen bedachten publicani ausgesetzt war2. Cicero formuliert das Dilemma, vor dem ein Statthalter stand, relativ präzise: Entweder lief dieser Gefahr, den Stand3 der publicani sich selbst (und in diesem besonderen Fall - jedenfalls nach Ciceros Auffassung - auch dem gesamten Senatorenstand, ja, dem Staat4) zu entfremden, oder aber er hatte den Untergang der ihm anvertrauten Provinzbewohner zu verantworten5. Denn die immense Belastung, welche diesen aus dem System der Steuerpacht in der Regel erwuchs, war Cicero selbstverständlich auch schon vor seinem kilikischen Prokonsulat bewußt, wie er mittels eines einfachen Analogieschlusses verdeutlicht: lila causa publicanorum quantam acerbitatem adferat sociis6 intelleximus ex civibus dis, in: REL 48 (1970), 180-204; auch: Geizer, Cicero 122f.; ShackletonBailey, Quint. 147. Magies These, welche die Authentizität des Briefes in Frage stellte (Roman Rule 2, 1244 Α. 13), ist die Forschung nicht gefolgt. Cie., Quint. 1,1,32: Atque huic tuae voluntati ac diligentiae difficultatem magnam adferunt publicani. Zu dieser Gleichsetzung der publicani mit dem Ritterstand cf. o. S.1S3 A.294. Cicero nimmt hier Bezug auf die concordia ordinum, die während seines Konsulats im Angesicht der gemeinsamen catilinarischen Bedrohung zuwege gebrachte Zweckgemeinschaft zwischen dem Senatoren- und dem Ritterstand; hierzu cf. bes. H. Strasburger, Concordia Ordinum, Amsterdam 1956 (photomechanischer Nachdruck der Ausgabe Borna 1931 = H. Strasburger, Studien zur Alten Geschichte, hrsg. v. W. Schmitthenner u. R. Zoepffel, I, Hildesheim / New York 1982, 1-82); H.C. Boren, Cicero's Concordia in Historical Perspective, in: Laudatores Temporis Acti, Studies in Memory of W.E. Caldwell, Chapel Hill 1964, 51-62; s. auch Nicolet, Ordre equestre 1, 633ff.; Meier, RPA 314f.; Shatzman, RWRP 178ff. Zur besonderen Belastung der Provinzialen durch die concordia ordinum cf. Badian, PS 98f. Cie., Quint. 1,1,32: (publicanis) si adversamur, ordinem de nobis optime meritum et per nos cum re publica coniunctum et a nobis et a re publica diiungemus; sin autem omnibus in rebus obsequemur, funditus eos perire patiemur quorum non modo saluti, sed etiam commodis consul < ere deb > emus; haec est una, si vere cogitare volumus, in toto imperio tuo difficultas. Der Kontext lehrt, daß socius hier unmöglich als Terminus technicus den vom Völkerrecht her definierten - Kreis der römischen Bundesgenossen be-

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qui nuper in portoriis tollendis non tarn de portorio quam de nonnullis iniuriis portitorum querebantur; quare non ignoro quid sociis accidat in ultimis terris, cum audierim in Italia querelas civium.7 Die von Cicero dem Bruder anheimgestellte Konsequenz ist der - schwer gangbare - Weg des Kompromisses, den ja auch er selbst einige Jahre später beschreiten sollte8: Hic te ita versari ut et publicanis satis facias, praesertim publicis male redemptis, et socios perire non sinas, divinae cuiusdam virtutis esse videtur ...9. Worauf fußte nun der offenbar immense Einfluß der publicani, welcher vermutlich nicht nur den beiden Tullii Cicerones 10 , sondern überhaupt allen Provinzgouverneuren - trotz mancher Fälle, wo zugunsten der Provinzialen entschieden wurde" - eine derartige Zurückhaltung auferlegte? Einen wichtigen Faktor bildete hier zweifelsohne die den equites seit 123/22 mit nur wenigen kurzen Unterbrechungen unterstellte Repetundengerichtsbarkeit, welche den Steuerpächtern stets die Möglichkeit zu Repressalien gegen unkooperative Statthalter bot; denn es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß jene, obwohl sie nur einen Ausschnitt12 des in ökonomischer Beziehung ja keineswegs homogenen ordo equestern bildeten, innerhalb dieses Standes ihre Interessen sehr wohl zu zeichnen kann, sondern in diesem Fall - gewissermaßen als Komplementärbegriff zu civis - ausschließlich den Provinzbewohner meint - auf diesen wurde im übrigen ja der (zumeist adjektivisch gebrauchte) Terminus provinciate ohnehin nie angewendet, cf. D. Kienast, Entstehung und Aufbau des römischen Reiches, in: ZRG 85 (1968), 330-367, hier: 332 A.3. Zu einer solchen in der späten Republik häufiger zu registrierenden Verwendung von socius für alle mit Rom irgendwie verbundenen Angehörigen fremder Völkerschaften cf. M. Wegner, Untersuchungen zu den lateinischen Begriffen socius und societas, (Hypomnemata 21) Göttingen 1969, 90ff.; 106f. 7 Cie., Quint. 1,1,33. 8 Cf. o. S.153. 9 Cie., Quint. 1,1,33. 10 Für sie, die als römische Ritter (cf. Nicolet, Ordre iquestre 2, 1052f.) mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Standesgenossen und vor allem der publicani (cf. z.B. Comm. Pet. 3; 50) zu kurulischen Ämtern aufgestiegen waren, galten natürlich besondere Rücksichten. 11 Cf. die Stellenangaben bei Nicolet, Ordre &juestre 1, 347ff. Wilson (Emigration 173) weist allerdings zurecht darauf hin, daß solche Entscheidungen nicht unbedingt auch Einfluß auf den eigentlichen Ablauf der von den publicani betriebenen Geschäfte gehabt hätten. 12 Eine solche Formulierung stellt allerdings insofern eine Vereinfachung dar, als die Funktion des publicanus zwar doch faktisch meistens, aber nicht juristisch zwangsläufig an den sozialen Status eines eques Romanus gekoppelt war, cf. Nicolet, Ordre 6questre 1, 320ff. 13 Bekanntlich werden die wahren Verhältnisse über Gebühr simplifiziert, wenn man die Ritter als eine Klasse von 'Geschäftsleuten', 'Kapitalisten' o.ä. hinstellt; die meisten von ihnen werden - nicht anders als das Gros der

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artikulieren und zu realisieren wußten 14 . Dabei hält sich die Zahl der uns bekannten Fälle, wo sich die ritterlichen iudices bei ihren Urteilen zweifelsfrei jenseits aller juristischer Kriterien ausschließlich an genuin wirtschaftlich-politischen Zielprojektionen, an der spezifischen Interessenlage der innerhalb des eigenen Standes mächtigsten Gruppe, orientierten, in relativ engen Grenzen15. Jedoch dürften solche Skandalprozesse wie z.B. der gegen P. Rutilius Rufus im Jahre 92 16 ihre (abschreckende) Wirkung auf das Gros der Provinzstatthalter gerade in Asia kaum verfehlt haben, manifestierte sich in einer derartig ungehemmten Standesjustiz doch nur allzu deutlich die von der Nobilität erlittene Einbuße ihrer politischen Handlungsfreiheit; und insofern verwundert es ja auch keineswegs, daß entsprechende Gegenaktionen des Senats, welche darauf zielten, den Rittern die Kriminalgerichtsbarkeit wieder zu nehmen, bei solchen Fällen eindeutiger Rechtsbeugung, nie lange auf sich warten ließen17.

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Senatoren - Landbesitzer gewesen sein, cf. M. Geizer, Rez. zu Hill, RMC , in: Gnomon 25 (1953), 319-323, hier: 321f. ( = Kl. Sehr. 1, 222-227, hier: 225f.); Brunt, Equites 163f.; und bes. Nicolet, Ordre iquestre 1, 285ff. Cf. Badian, PS 96ff.; Meier, RPA 74ff.; Brunt, Equites 162; 192. Dieser Einfluß der publicani auf die Rittergerichte kam jedoch nicht unmittelbar im Gefolge der sempronischen Gesetzgebung, sondern verstärkt erst rd. eine Generation später zum Tragen, cf. Nicolet, Ordre dquestre 1, 47Iff.; 55Iff. Allerdings scheint das erste Zeugnis einer solchen Klassenjustiz, der bei Cicero (De Orat. 1,225; cf. ORF* p. 244; zur Stelle s. auch A.D. Leemann / H. Pinkster / Ε. Rabbie, Μ. Tullius Cicero De Oratore libri III, 3 Bde., Heidelberg 1981-89, 2, 146) überlieferte 'Hilferuf des L. Licinius Crassus (eripite nos ex miseriis, eripite ex faueibus eorum, quorum crudelitas nostro sanguine non potest expleri; nolite nos cuiquam servire, nisi vobis universis, quibus et possumus et debemus.), selbst in seiner rhetorischen Stilisierung nahezulegen, daß das hier artikulierte Mißbehagen nicht erst im Kontext der Lex Servilia des Jahres 106 (cf. Rotondi, Leges 325) zum Tragen kam. Dieser dünnen empirischen Materialgrundlage widersprechen indes einige pauschalisierende Mitteilungen in unseren Quellen: Cie., Verr. II 3, 94; Diod. 34/35, 25,1 (= Theiler, Poseidonios F 165); 37,35,1 ( = Theiler, Poseidonios F 136 b); Veil. 2,13,2; App., BC l,94ff.; cf. aus der neueren Literatur (mit unterschiedlicher Gewichtimg des publicanischen Einflusses) Hill, RMC 113ff.; Brunt, Equites 151ff.; Nicolet, Ordre «iquestre 1, 551ff.; Meier, RPA 76ff.; Gruen, Roman Politics 185ff.; Badian, PS 86ff.; Harris, War lOOff.; s. auch die von Gruen (Roman Politics 315ff.) zusammengestellte Liste der u.a. de repetundis geführten Prozesse. Cf. bes. Nicolet (Ordre &juestre 1, 543ff.), der indes (wie auch Badian, Scaevola 119f.; FC 215; PS 91) die Rolle, welche eine popular ausgerichtete, um Marius gescharte factio innerhalb der Nobilität für das Zustandekommen des Prozesses spielte, (über?)betont (cf. Gruen, Roman Politics 205 m. A.69). Meier, RPA 80ff.; Gruen, Roman Politics 157ff.

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Doch beschränkte sich der Einfluß der publicani keineswegs auf dieses Instrument judikativer Repressalien, sondern äußerte sich gerade für den politisch ambitionierten nobilis vermutlich ebenso bei den alljährlich abgehaltenen Magistratswahlen: Wie wichtig hier nicht zuletzt auch die Unterstützung durch die in den Pachtgesellschaften agierenden Ritter war, illustriert jene - wohl von Q. Cicero an seinen älteren Bruder gerichtete 'kleine Denkschrift für die Amtsbewerbung' (Commentariolum petitionis)18, wo unter den für einen erfolgreichen Wahlkampf unerläßlichen amici die publicani, auf deren Hilfe der Kandidat in diesem Fall wohl ohne jede Einschränkung rechnen durfte, an erster Stelle genannt werden19. Das Fundament eines solchen Wohlwollens ist nicht schwer zu erraten: Eine wichtige Rolle spielten hier zwar sicherlich auch Ciceros eigene soziale Wurzeln im ordo equester20, entscheidend dürfte sich jedoch 18

Trotz der vielen in der Forschung hinsichtlich der Authentizität dieser Broschüre immer wieder geäußerten Bedenken (cf. z.B. M.I. Henderson, De commentariolo petitionis, in: JRS 40 [1950], 8-21; R.G.M. Nisbet, The Commentariolum Petitionis: Some Arguments against Authenticity, in: JRS 51 [1961], 84-87; R. Till, Ciceros Bewerbung ums Konsulat [Ein Beitrag zum Commentariolum petitionis], in: Historia 11 [1962], 315-338; J.P.V.D. Baisdon, The Commentariolum Petitionis, in: CQ 13 [1963], 242250; R.E.A. Palmer, Tre lettere in cerca di storico, in: RFIC 99 [1971], 385-409, hier: 385-393; J.S. Richardson, The 'Commentariolum Petitionis', in: Historia 20 [1971], 436-442; Gruen, Last Generation 138f. A.76) wird ihr Wert als historische Quelle angesichts der offenbar genauen Kenntnisse, die ihr Verfasser vom Wahl kämpf im spätrepublikanischen Rom besaß, nur wenig geschmälert. Im übrigen wird die Authentizität dieser Schrift in neuester Zeit kaum noch in Abrede gestellt, cf. J.-M. David / E. Deniaux / D. Ferey / J.-M. Flambard / C. Nicolet, Le 'Commentariolum Petitionis' de Quinte Cicdron. £tat de la question et &ude prosopographique, in: ANRW I, 3, (1973) 239-277 (mit einer umfangreichen forschungsgeschichtlichen Darstellung); J.T. Ramsey, A Reconstruction of Q. Gallius' Trial for Ambitus - One Less Reason for Doubting the Authenticity of the Commentariolum Petitionis, in: Historia 29 (1980), 402-421; P. Fedeli (Hrsg.), Manualetto di campagna elettorale (Commentariolum petitionis), Omikron 25, Rom / Salerno 1987 (non vidi).

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Comm. Pet. 3: Habes enim ea quae novi habuerunt? - omnis publicanos, totum fere equestrem ordinem, multa propria municipia, aliquot conlegia, praeterea studio dicendi conciliatos plurimos adulesentulos, cottidianam amicorum adsiduitatem et frequentiam. Cf. 50: ... ad rumorem concelebrandum valent dicendi laus, studio publicanorum et equestris ordinis, hominum nobilium voluntas, adulescentulorum frequentia, eorum qui abs te defensi sunt adsiduitas .... Cf. o. A. 10. Noch deutlicher kam eine solche auch durch die Herkunft bedingte politisch-ökonomische Verbundenheit im Falle des C. Marius zum Tragen (Diod. 34/35,38,1; Plut., Mar. 45,7; Veil. 2,11,2), cf. Badian, Scaevola 11 Iff.; FC 210; 215; Caepio and Norbanus, in: Historia 6 (1957), 318-346; Carney, Marius 32ff.; 48ff.; Gabba, Mario e Silla 769ff.; Nico-

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Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

der Umstand ausgewirkt haben, daß die publicani in dem Bewerber mit Recht einen zuverlässigen Sachwalter ihrer ökonomischen Interessen erblickten. Denn während seiner Prätur im Jahre 66 hatte Cicero - in einem kurzen Intermezzo populärer Agitation21 - vor der Volksversammlung mit Nachdruck auf die Notwendigkeit hingewiesen, dem Pompeius für den Krieg gegen Mithridates ein weiteres imperium extraordinarium zu verleihen, und indem der ehrgeizige Mann auf diese Weise die Richtung der römischen Politik nicht unwesentlich mitbestimmte, erwarb er sich große Verdienste nicht nur um die dignitas des bewunderten Feldherrn, sondern ebenso um das von den publicani in Asia investierte Kapital, welches es, so ein zentrales Argument der Rede, vor der feindlichen Bedrohung zu schützen gelte22. 21

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let, Ordre dquestre 1, 130f.; Shatzman, SWRP 278ff. Diese insgesamt doch recht gemäßigte Episode populärer Demagogie in seiner Karriere scheint der prinzipientreue Optimat späterer Tage durchaus verdrängt zu haben, wie jene vor dem Senat im Jahre 43 vertretene grundsätzliche Ablehnung eines jeglichen extra ordinem verliehenen Imperiums vermuten läßt (Phil. 11,17: nam extraordinarium imperium ventosum atque populäre est, minime nostrae gravitatis, minime hui us ordinis.). Unter den als Belegen angeführten historischen Beispielen finden sich u.a. jene beiden Gesetze der Jahre 67/66, wobei er die von ihm selbst für letzteres geleistete Schützenhilfe mit Stillschweigen übergeht (ibid. 18: de Cn. Pompei imperils, summi viri atque omnium principis, tribuni plebis turbulenti tulerunt.). Und im rd. zwei Jahre zuvor verfaßten Orator erwähnt Cicero seine Maniliana nur unter rhetorischem, nicht unter politischem Aspekt (102: fit it ornandus in Manilla lege Pompeius: temperata oratione ornandi copiam persecute sumus.). Zu dieser Etappe in Ciceros Biographie cf. z.B. R.E. Smith, Cicero the Statesman, Cambridge 1966, 73ff.; Geizer, Cicero SSff.; D. Stockton, Cicero. A Political Biography, Oxford 1971, 57ff.; Ε. Rawson, Cicero. Α Portrait, London 1975, 5Iff.; Β. Rawson, The Politics of Friendship: Pompey and Cicero, Sydney 1978, 55ff.; S.L. Utcenko, Cicero, Berlin 1978 (dt. Übersetzung der Ausg. Moskau 1972), 91ff.; T.N. Mitchell, Cicero. The Ascending Years, New Haven/London 1979, 153ff.; Torelli, La De imperio 3ff.; M. Fuhrmann, Cicero und die römische Republik, München/Zürich 1989, 79ff.; Chr. Habicht, Cicero der Politiker, München 1990, 39ff. Hierzu imp. 15ff. Auch in späterer Zeit scheint Cicero gegen z.T. heftige innere Widerstände sein politisches Gewicht stets zugunsten der Wirtschaftsinteressen der publicani in die Waagschale geworfen zu haben, wie gerade seine Korrespondenz deutlich erkennen läßt, cf. Quint. l,l,6f.; 33; 2,6; Att. 1,17,9; 2,16,4 (zu dieser interpretatorisch wie textkritisch schwierigen Stelle cf. Shackleton-Bailey, Att. 1, 384); s. außerdem die zahlreichen vor allem im 13. Buch Ad familiares zusammengestellten Kommendationsschreiben für römische Ritter, bei denen es sich einerseits um Landbesitzer in Italien oder den Provinzen handelte, die aber andererseits auch (nicht selten mit Cicero geschäftlich verbundene) Bankiers waren (dazu wie überhaupt zu Ciceros Beziehungen zum ordo equester cf. Shatzman, SWRP 178ff., hier: 182 m. A. 21ff. mit den entsprechenden Text-

1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung

175

Cicero schätzte die Machtposition der publicani offenbar völlig korrekt ein, vermochten sie doch gerade mit Blick auf ihre in Asia liegenden Wirtschaftsinteressen manchem unkooperativen politischen Funktionsträger nicht nur ihre Unterstützung zu versagen, sondern, wie das Beispiel des Lucullus verdeutlicht, ihm sogar nachhaltig zu schaden. Denn dieser hatte mit seiner umfassenden Schuldenreform zwar die Lebensbedingungen der wohl meisten Provinzialen wesentlich verbessert23, gleichzeitig jedoch die Gewinnmöglichkeiten der dort engagierten societates beträchtlich gekürzt. So gesehen erscheint Plutarchs Aussage, daß infolge jener Einbußen die in Rom ansässigen Pächter zusammen mit einigen populären Politikern eine Hetzkampagne gegen Lucullus inszenierten und, wie wir folgern dürfen, seine Absetzung durchsetzten, in der Tat plausibel24

1.2. Die ökonomischen Interessen der politischen Führung Bemerkenswert ist, wo laut Plutarch jene pressure group den Hebel zur Realisierung ihrer Interessen ansetzte: ... μ έ γ α δυνάμενα και πολλούς ύπόχρεως πεπαημένα των πολιτευόμενων (ibid. 20,5). Dabei wird hier die Machtposition der Steuerpachtgesellschaften vermutlich überbewertet; denn römische Ritter dürften zwar in der Tat im Bank- und Kreditwesen eine gewisses Gewicht besessen haben25 und in dieser Funktion teilweise

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stellen, zu Ciceros Geschäftsbeziehungen s. außerdem Rauh, CBF pass.); solche Gefälligkeiten scheinen sich, wie gerade die Briefe 9, 22, 31, 65 zeigen, auch für den jeweils adressierten Beamten durchaus gelohnt zu haben, da die von Cicero in Aussicht gestellte 'Dankbarkeit' der publicani oder negotiators einiges Gewicht gehabt haben dürfte (zur Rolle von Ciceros Empfehlungsschreiben cf. auch H.M. Cotton, The Role of Cicero's Letters of Recommendation: Iustitia versus Gratia, in: Hermes 114 [1986], 443460). So auch bei seiner eigenen Rückberufung aus dem Exil im Jahre 57: omnes omnium publicorum societates de meo consulatu ac de meis rebus gestis amplissima atque ornatissima decretafecerunt (dom. 74). Cf. o. S.152 A.292. Plut., Luc. 20,5: εκείνα (sc. od τελώναι και δανεισταί) μεν oöv ώς δεινά πεπονθότες έν 'Ρώμη τοϋ Λευκόλλου κατεβόων, και χρήμασιν άνίστασαν έπ' αυτόν ένίους των δημαγωγών ...; eine entsprechende Anspielung findet sich auch bei Veil. 2,33; cf. van Ooteghem, Lucullus 107f.; 139f.; Nicolet, Ordre (Squestre 1, 353f.; Badian, PS 98; Shatzman, SWRP 209; Brunt (Equites 187f.; 516) überzeichnet wohl die Rolle, welche - natürlich nicht völlig zu ignorierende - senatsinterne Querelen für die Rückberufung des Lucullus spielten und veranschlagt entsprechend den Einfluß der publicani als zu gering, cf. Broughtons Kommentar zu Brunts Vortrag (Deuxifeme Conference Internationale d" histoire dconomique, Aix-en-Provence 1962, I, Commerce et politique dans Γ Antiquity, Paris 1965), 154f.; Meier, RPA 85. Cf. u.a. Hill, RMC 80ff.; 161ff.; Nicolet, Ordre «Squestre 1, 362ff.; Ba-

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V.

Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

auch als Finanziers mancher in einem pekuniären Engpaß befindlicher πολιτευόμενα aufgetreten sein26, was ihnen auf diese wohl tatsächlich eine partielle Einflußnahme eröffnet haben wird. Gerade jedoch die Senatoren verfügten, wie vor allem Shatzmans Untersuchung gezeigt hat, durchaus über andere - kostengünstigere - Möglichkeiten, einen Kredit zu erhalten. Grundlage hierfür war die besondere Struktur der politischen Willensbildung innerhalb des römischen Führungskollektivs, welche wesentlich auf die Individualbeziehungen der Aristokraten untereinander, das engmaschige Netz der zahlreichen Nah- und Treuverhältnisse, gegründet war. In diesem System entsprach demgemäß das politische Gewicht des einzelnen nobilis, seine auctoritas, der Zahl und vor allem dem Einfluß der von ihm abhängigen Personen, und infolgedessen unterließen es gerade so ambitionierte Politiker wie Crassus, Pompeius und Caesar, aber auch andere nur selten, durch das beneficium eines z.T. zinslos oder doch wenigstens zinsgünstig gewährten Kredites möglichst viele ihrer Standesgenossen an sich zu binden27. M. Geizer faßte diesen Sachverhalt prägnant zusammen: 'Der Reichste wird so der Mächtigste, weil er sich durch seine Darlehen die meisten Senatoren verpflichten kann.'28 Doch ist es in unserem Kontext gar nicht so wichtig, wer jene Darlehen gewährte. Größere Aufmerksamkeit verdient der ja gerade durch deren Existenz eindeutig belegte Umstand, daß im Rom der ausgehenden Republik innerhalb der politischen Führung offenbar ein immenser Bedarf an Kapital herrschte, und es stellt sich die Frage, woßr dieses hauptsächlich benötigt wurde und woher es letzten Endes stammte. Darüber freilich gab es, von Detailproblemen abgesehen, in der Forschung m.W. noch niemals einen Disput. Denn es darf als gesicherte Erkenntnis gelten, daß insbesondere während des 1. Jh. an die Finanzkraft eines römischen Senators, auch wenn er nur standesgemäß zu leben gedachte, eminente Anforderungen gestellt wurden; plante ein nobilis jedoch, den cursus honorum bis zum höchsten gradus dignitatis zu durchlaufen, und wollte er überhaupt einen steten politischen Einfluß bewahren,

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dian, PS 76ff.; Ch.T. Barlow, Bankers, Moneylenders, and Interest Rates in the Roman Republic, Diss. Chapel Hill 1978, 113ff.; 202ff.; zu den Finanzaktivitäten von Römern und Italikem in den Provinzen cf. Broughton, RAM 550ff. J.P. Royer, Le problbme des dettes ä la fin de la ^publique romaine, in: RD 45 (1967), 191-240 u. 407-450, hier: 210ff.; Shatzman, SWRP 80f. SWRP 81 ff.; cf. auch Schneider, WP 205ff. (jeweils mit umfangreichen Quellen- und Literaturangaben). L.c. (S.82 A.86) 94 ( = Kl. Sehr. 1,114); tatsächlich läßt sich während der ausgehenden Republik eine zunehmende ökonomische und daraus resultierende politische Polarisierung innerhalb der römischen Aristokratie ausmachen, cf. M. Jaczynowska, The Economic Differentiation of the Roman Nobility at the End of the Republic, in: Historia 11 (1962), 486-499; Schneider, WP 21 Iff.

1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung

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so reichte dazu das eigene Vermögen in vielen Fällen nicht mehr aus. Einer der Gründe hierfür muß zweifelsfrei in den gerade während des 1. Jh. beinahe ins Unermeßliche gestiegenen Wahlkampfkosten gesucht werden. Unter diesen bildeten einen großen Posten die Aufwendungen für die verschiedenen Formen von Spielen, die zwar sei es als feste Obliegenheit einer Magistratur29, sei es aus verschiedenen Anlässen von Privatpersonen veranstaltet30, ein traditioneller Bestandteil des römischen Lebens waren, in ihrer Ausgestaltung aber immer kostenaufwendiger wurden 31 . Dieser Entwicklung konnte der einzelne sich mit Blick auf die eigene politische Karriere deswegen kaum entziehen 32 , weil von der Akzeptanz seiner circensischen Veranstaltungen die Chancen eines Kandidaten, gewählt zu werden, ganz wesentlich abhingen, diesem aber als ungefährer Gradmesser dessen, was er zu bieten hatte, letztlich nur die von anderen zuvor inszenierten Spektakel dienen konnten, die in ihrer Prachtentfaltung eher zu über- denn zu unterbieten ratsam erscheinen mußte33. So verfügen wir 29

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So hatten die kurulischen Aedilen für die Austragung der ludi Romani und der ludi Megalenses zu sorgen, die plebeischen Aedilen für die der ludi Floreales, der ludi Ceriales und der ludi plebei; der praetor urbanus für die der ludi Apollinares und der ludi piscatorir, den städtischen Quaestoren schließlich oblag die Veranstaltung der 81 gegründeten ludi victoriae Sullanae; cf. Mommsen, Rom. Forsch. 2, 42ff.; ders., StR II' 236ff.; 517ff.; J. Marquardt, Römische Staatsverwaltung, 3 Bde., Leipzig 21881-85, 497ff. (bearb. v. L. Friedländer); zu den ludi victoriae Sullanae cf. außerdem H. Mattingly, The Denarius of Sufenas and the Ludi Victoriae, NC 16 (1956), 189-203; F. Hinard, Sylla, Paris 1985, 258f.; s. außerdem J.P.V. Baisdon, Life and Leisure in Ancient Rome, London 1969, 245ff.; Amsden, Debt 73ff.; Baltrusch, Regimen 106ff. Diese munera waren ursprünglich stets aus Anlaß von Leichenfeierlichkeiten veranstaltet worden, dienten aber in der ausgehenden Republik, mit dem tradierten Zweck nur noch nominell verbunden, sehr häufig ausschließlich dazu, die Popularität des Veranstalters zu steigern; hierzu cf. u.a. K. Schneider, Gladiatores, in: RE Suppl. 3 (1918), 760-784; Baisdon, I.e. (A.29) 288ff.; u. bes. G. Ville, La gladiature en Occident des origines ä la mort de Domitien, Rom 1981, bes. 57ff. (mit einer umfassenden Zusammenstellung des verfügbaren Quellenmaterials und der Literatur); s. auch Baltrusch, Regimen 11 Iff. Cf. die Stellenangaben bei Baltrusch, Regimen 108 A.462. Cf. Schneider, WP 141ff.; Shatzman, SWRP 84ff.; zur Frage 'pourquoi les magistrate donnent des jeux' s. auch P. Veyne, Le pain et le cirque, Paris 1976, 387ff. ( = Brot und Spiele, 326ff.); zu den nur höchst zögerlich durchgeführten Versuchen, hier per Gesetz Aufwandsbeschränkungen festzulegen, cf. Baltrusch, Regimen 114ff. H. Aigners (Gab es im republikanischen Rom Wahlbestechungen für Proletarier?, in: Gymn. 85 [1978], 228238, hier: 236 m. A. 25) kaum nachvollziehbarer Ansicht, die Spielveranstaltungen hätten als Wahlpropaganda keinen Effekt gehabt, hat Baltrusch, Regimen 107 A.457, überzeugend widersprochen. Es ging freilich auch anders: Eine Reihe von Senatoren konnten, ohne je-

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V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

über eine Reihe von Beispielen dafür, daß Senatoren sich als Folge der von ihnen veranstalteten Spiele erheblich zu verschulden gezwungen waren34. Ebenso häuften sich gerade in der Zeit nach Sulla die freilich auch schon vorher zu verzeichnenden35 Fälle von Wahlbestechung36, was durch eine wachsende Zahl von leges de ambitu37 eindrucksvoll belegt ist. Auch mals die Aedilität bekleidet zu haben, das Konsulat erreichen: P. Cornelius Scipio Nasica Serapio (im J. 138, Broughton, MRR 1, 483); C. Marius (im J. 107, MRR 1, 550); L. Iulius Caesar (im J. 90, MRR 2, 25); Cn. Octavius (im J. 87, MRR 2, 45f.); M. Tullius Decula (im J. 81, MRR 2, 74); Ap. Claudius Pulcher (im J. 79, MRR 2, 82); L. Volcatius Tullus (im J. 66, MRR 2, 151); M. Pupius Piso Frugi Calpumianus (im J. 61, MRR 2, 178), Cie., Plane. 51. Doch wird indirekt der Einfluß des Aedilenamtes auf die weitere politische Laufbahn eines Senators wiederum dadurch bestätigt, daß bei fünf der acht genannten Personen (Ap. Claudius Pulcher, L. Volcatius, M. Pupius Piso, P. Cornelius Scipio und C. Marius, der sich sogar zweimal um das Amt beworben hatte) jener Sprung in der Karriereleiter keineswegs freiwillig erfolgte, sondern offenbar jeweils auf eine repulsa aedilitatis zurückzufuhren war. Ebenfalls von Cicero (off. 2,59) wissen wir, daß L. Marcius Philippus (cos. 91), C. Scribonius Curio (cos. 76) und C. Aurelius Cotta (cos. 75) ihren Aufstieg, auch ohne großartige Spiele (vermutlich als Aedilen, cf. Broughton, MRR 2, 466f.; anders: I. Shatzman, Four Notes on Roman Magistrates, in: Athenaeum 46 [1968], 345354, hier: 353f.) zu veranstalten, bewerkstelligt haben; und selbst der homo novtis Cicero ließ während seiner Aedilität im Jahre 69 (cf. Broughton, MRR 1, 132) Sparsamkeit walten. Daß dies jedoch die Ausnahme darstellte, zeigt schon die Tatsache, daß die Genannten sich jener Zurückhaltung als einer denkwürdigen Episode ihrer politischen Biographie rühmten. 34

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Cf. die Zusammenstellung bei Shatzman, SWRP in der 'economic prosopography': Nr.59 (M. Livius Drusus, tr. pl. 91); Nr.81 (M. Aemilius Scaurus); Nr.86 (T. Annius Milo); Nr. 103 (Q. Caecilius Metellus Pius Scipio Nasica); Nr. 105 (M. Caelius Rufiis) Nr. 129 (P. Cornelius Lentulus Spinther); Nr. 132 Faustus (Cornelius Sulla); Nr. 152 (C. Iulius Caesar); Nr. 194 (C. Scribonius Curio). Cie., Plane. 44f.; Mur. 72f.; auch Sueton (Aug. 40,2) spricht von einem comitiorum pristinum ius, mit dem der ambitus untrennbar verbunden war. Hierzu cf. u.a. Taylor, Party Politics 67ff.; Royer, l.c.(A.26) 222f.; Amsden, Debt 77ff.; Wiseman, New Men 130ff.; E.S. Staveley, Greek and Roman Voting and Elections, London/Southampton 1972, 202ff.; Schneider, WP 153ff.; Shatzman, SWRP 88ff.; R. Urban, Wahlkampf im spätrepublikanischen Rom. Der Kampf um das Konsulat, in: GWU 34 (1983), 607-622, hier: 617f.; Brunt, Clientela, in: ders., Fall 382-442, 425f. Cf. die Zusammenstellung bei Rotondi, Leges 211 (inc. auet. ν. 432); 221 (Lex Poetelia v. 358); 277 (Lex Cornelia Baebia v. 181); 288 (Lex [Cornelia Fulvia] v. 159); 361 (Lex Cornelia v. 81); 369f. (Lex Aurelia [de ambitu ?] v. 70); 370 (Rogatio Cornelia v. 70); 374 (Lex Acilia [Calpurnia] v. 67); 379 (Lex Tullia v. 63); 384f. (Rogatio Aufidia v. 61); 407 (Lex Li-

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hier hatte der einzelne Senator, wollte er nicht bei der ambitio honorumque contentio** von vornherein benachteiligt sein, kaum die Möglichkeit, sich der immer mehr ausufernden Entwicklung, zu der er so jedoch auch selbst seinen Teil beitrug, zu entziehen. Eine weitere - überaus kostspielige - Begleiterscheinung des besonders seit den Gracchen verschärften politischen Wettbewerbs machte sich darin bemerkbar, daß eine Reihe von nobiles sich nicht nur mit einer Leibwache umgaben, sondern sogar, um im politischen Tageskampf ihren Interessen einen größeren Nachdruck verleihen zu können, nicht selten Privatarmeen unterschiedlicher Größe unterhielten39, deren zum Teil ruinöse Konsequenzen für das Vermögen ihres Befehlshabers nur allzu gut bezeugt sind40. Es ist hinlänglich bekannt, aus welcher Quelle dieser immer stärker anschwellende Kostenstrom gespeist wurde - dem Historiker wie gerade auch den Zeitgenossen; denn von diesen brauchten ebenso die Gläubiger eine Sicherheit für die ja teilweise die Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages erreichenden Kredite wie auch die Schuldner eine realistische Hoffnung, ihre finanzielle Situation wieder sanieren und vielleicht sogar verbessern zu können. Der größte Teil der o.g. Aufwendungen wurde direkt oder indirekt - von den Provinzen getragen. So bestand offenbar schon früh die Gewohnheit, von den in irgendeiner Weise abhängigen Gebieten (z.T. auch schon vor deren Provinzialisierung) Sonderabgaben zu fordern, wenn die Privatschatulle eines Magistrats durch den von ihm geplanten Aufwand seiner Spiele allzu sehr belastet worden wäre: So trieb 187 M. Fulvius Nobilior nach seinem Sieg bei Ambrakia in Griechenland 100.000 Denare für Votivspiele zu Ehren Iuppiters ein41 und im Jahr darauf veranstaltete L. Cornelius Scipio Asiaticus ebenfalls Votivspiele ex collata ad id pecunia ab regibus civitatibusque42; die Aufwendungen für

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cinia v. 55); 410f. (Lex Pompeia v. 52). Zum Tatbestand des ambitus cf. Mommsen, Römisches Strafrecht, Leipzig 1899, 865ff. Eine Untersuchung dieses Phänomens unter nicht nur juristischem, sondern auch politischem Aspekt hat jetzt A. Lintott (Electoral Bribery in the Roman Republic, in: JRS 80 [1990], 1-16, mit weiteren Literaturangaben) vorgelegt. Cie., off. 1,87. Zur Gewaltanwendung in der politischen Auseinandersetzung der späten Republik zuletzt Nippel, Aufruhr; cf. Lintott, Violence; zu den Privatarmeen bes. 74ff.; sowie K.-J. Nowak, Der Einsatz privater Garden in der späten römischen Republik, Diss. München 1974; s. auch Gruen, Last Generation, Index s.v. 'Urban violence'. Cf. Shatzman, SWRP 91 ff.; s. auch ibid., 'economic prosopography' Nr.75 (P. Sulpicius Rufus); Nr. 86 (T. Annius Milo); Nr.89 (C. Antonius); Nr. 103 (Q. Caecilius Metellus Pius Scipio Nasica); Nr. 132 (Faustus Cornelius Sulla); Nr. 198 (P. Sestius). Liv. 39,5,7. Liv. 39,22,8.

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V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

Spiele und von daher auch die Belastung nicht nur der Provinzen, sondern auch der italischen Bundesgenossen scheinen bereits damals ein solches Ausmaß erreicht zu haben, daß sich der Senat im Jahre 182 genötigt sah, hier ordnend einzugreifen43; und entsprechend setzte er auch im Jahre 179 eine Kostenbegrenzung für die Votivspiele des Konsuls Q. Fulvius Flaccus fest, für welche dieser aus der Hispania citerior im Jahr zuvor Geld eingetrieben hatte44. An dieser Praxis scheint sich im Laufe der Zeit nur insofern etwas geändert zu haben, als die geforderten Beträge kontinuierlich angestiegen waren, und gerade das reiche Asia dürfte auch in diesem Fall besonders stark zur Kasse gebeten worden sein. Denn wir wissen, daß Q. Cicero als Statthalter von Asia45 dieses von den Gemeinden scheinbar freiwillig entrichtete vectigal aedilicium per Dekret unterband - sehr zum Leidwesen eines namentlich nicht genannten nobilis46, der den für ihn auf diese Weise entstandenen Verlust auf immerhin HS 200.000 beziffert47. Doch dürften sich die Summen, welche die Provinzen für die Lebensqualität des römischen Herrschervolkes, bedingt nicht zuletzt durch die spezifische Struktur seiner aristokratisch-republikanischen Verfassung, zu erbringen hatten, insgesamt in einer noch ganz anderen Größenordnung bewegt haben. Indem nämlich, wie oben beschrieben48, die Promagistrate ihre Amtszeit sehr häufig dazu benutzten, die ihnen zugelosten provinciae in unterschiedlicher Weise und Intensität auszuplündern, so folgten auch die politischen Handlungsträger - den Steuerpachtgesellschaften darin prinzipiell durchaus vergleichbar - einem ökonomischen Kalkül, da sie mit Blick sei es geradezu auf die in den Provinzen gebotenen Bereicherungsmöglichkeiten, sei es auf ihre aristokratische dignitas, in ihre politische Karriere immense Investitionen getätigt hatten, die, wie bereits erwähnt, 43

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Liv. 40,44,11 (z.J. 179): ... neve quid ad eos ludos arcesseret cogeret acciperet faceret (sc. Q. Fulvius) adversus id senatus consultum, quod L. Aemilio Cn. Baebio consulibus de ludis factum esset. Decreverat id senatus propter effusos sumptus factos in ludos Τι. Sempronii aedilis, qui graves non modo Italiae ac sociis Latini nominis, sed etiam provinciis externis fuerant. Liv. 40,44,9. Cf. o. S.165 A.347. Es handelt sich möglicherweise um L. Domitius Ahenobarbus, der als kurulischer Aedil von 61 (cf. Broughton, MRR 2, 179) besonders prachtvolle Spiele veranstaltet hatte (Plin., NH 8,131), cf. Shackleton-Bailey, Quint. 154. Cie., Quint. 1,1,26. Ebenso wurden aus Kleinasien die bei den circensischen Tierhetzen beliebten Panther herbeigeschafft (cf. Cie., Att. 5,21,5; 6,1,21; Fam. 2,11,2; 8,2,2; 4,5; 6,5; 8,10; 9,3; Pis. 89); daraus erwuchsen den Provinzialen zwar kaum nennenswerte Kosten, aber auch im kleinen zeigt sich hier die römische Mentalität deutlich. Cf. o. S.154ff.

1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung

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sehr oft auf Kreditbasis finanziert waren. Wie drückend also die römische Administration zumeist auf den Provinzen gelastet haben wird, darüber erhalten wir, abgesehen von den vielen Zeugnissen, die dies unmittelbar belegen49, auch einen durchaus aussagekräftigen indirekten Hinweis, indem wir uns die astronomischen Schuldenbeträge mancher Senatoren vor Augen führen. Wenn, um nur zwei Beispiele zu nennen, Caesar im Jahre 61 mit ca. 30 Millionen Sesterzen50 und Milo einige Jahre später mit einem Betrag von vermutlich sogar 70 Millionen, den Plinius unter die prodigia animi humani rechnet51, in der Kreide stehen konnten, dann gab es für die Gläubiger wie fur die Schuldner - von vornherein keinen Zweifel darüber, auf welchem Weg die Bilanz hier letzten Endes wieder ausgeglichen werden sollte. Jenem gelang es zwar nur mit Mühe, sein (vermutlich prokonsularisches52) - Kommando im jenseitigen Spanien anzutreten Crassus mußte zuerst als Bürge in die Bresche springen53; dort aber zeigte Caesar unmißverständlich, welches - neben dem Streben nach gloria54 49 50

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Cf. ο. S.139ff. pass. Appian (BC 2,8) nennt einen Betrag von 25 Mio. Sesterzen, Plutarch (Caes. 5,8) sogar von 1300 Talenten (= 31,2 Mio. Sesterzen) πριν είς άρχήν τινα καθίστασθαι (sc. Καίσαρα), Shatzman (SWRP 347 Α. 444) vermutet, daß es sich um einen chronologischen Fehler seitens Plutarchs handelt. Über das Ziel jedenfalls, welches Caesar damit verfolgte, gab es wohl nie einen Zweifel: ές δέ δή φιλοτψίαν άφειδής ϋπέρ δύναμαν (sc. Καίσαρ), ώς αγορανομιών έτι και στρατηγών εΓναι κατάχρεως καϊ τω πλήθει δαψιονίως ύπεραρέσκειν, τών δήμιων αίε£ τους δαι|*λεΐς έπαινούντων. (App., BC 2,1,3). ΝΗ 36,104. Cf. Broughton, MRR 2, 180. Plut., Caes. 11,1; Crass. 7,6; Suet., Iul. 18,1 (spricht nur von einem interventus sponsorum). App., BC 2,8; auch die (Caesar gewogenere) Darstellung Plutarchs spielt in jener bekannten Anekdote einer imitatio Alexandri auf das gloria-Motiv des Propraetors an (Caes. 11,5f.), cf. ebenfalls Cass. Dio 37,52f. Gerade der ihm vom Senat gewährte Triumph (App., BC 2,8; Plut., Caes. 12,4; 13,1) wird für Caesars existimatio ähnliches geleistet haben wie die aufgrund seines neu erworbenen Reichtums in der innenpolitischen Auseinandersetzung gebotenen Möglichkeiten. Eine solche ideologische Triebfeder des römischen Imperialismus hatte für dessen Objekte vermutlich ebenso verhängnisvolle Auswirkungen wie die ökonomische, bedenkt man, daß als eine Voraussetzung des ius triumphandi die Tötung von mindestens 5.000 Feinden gefordert war (Val. Max. 2,8,1; cf. W. Ehlers, Triumphus, in: RE VII Al [1939], 493-511, hier: 498; und ausführlich: H.S. Versnel, Triumphus, Leiden 1970, 164ff. [jeweils mit Literaturangaben]); zu dieser sich im laus/gloria-Denken manifestierenden kriegerischen Mentalität der Römer cf. Harris, War bes. 17ff.; ders. (Hrsg.), IMMR 14f.; E. Gabba, II consenso popolare alia politica espansionistica romana fra III e II sec. A.C., ibid. 115-129, hier: 125; Nicolet, L' "imp&ialisme" romain, in: ders. (Hrsg.), Rome 897f.

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V.

Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

sein Hauptanliegen war: die Bereinigung seiner finanziellen Misere55. Milo dagegen war dieser Ausweg, nachdem im Jahre 52 aufgrund seiner Verurteilung wegen der Ermordung des Clodius seine Hoffnungen auf das Konsulat zerstoben waren, definitiv verbaut, so daß die Gläubiger eine Zwangsversteigerung seiner Güter in die Wege leiteten: dies sowie die Tatsache, daß der dort erzielte Kaufpreis den Schuldbetrag bei weitem nicht erreichte56, daß also das vorhandene Vermögen Milos als Sicherheit für die Kreditvergabe von vornherein niemals zur Disposition gestanden hatte, deutet darauf hin, wo Schuldner wie Gläubiger bei dieser gewagten Spekulation letztlich Grund zu finden gemeint hatten. Daß es sich hier um keine Einzelerscheinung handelte, hat Shatzmans umfangreiche prosopographische Untersuchung hinlänglich gezeigt57. Unmittelbar bestätigt aber wird eine solche Kausalrelation zwischen der entfesselten ambitio unter den römischen Aristokraten und der verstärkt um sich greifenden Ausbeutung des Untertanengebietes durch ein senatus consultum aus dem Jahre 53, aufgrund dessen die Übernahme einer Promagistratur in den Provinzen fortan nicht mehr direkt im Anschluß an die magistratische Amtsperiode in Italien, sondern erst nach Ablauf einer mindestens fünfjährigen Karenzzeit erfolgen sollte58. Da nun alle im Wahlkampf getätigten Investitionen zwangsläufig längerfristig orientiert sein mußten, was sich angesichts der relativ unruhigen Zeiten nur negativ auf den Kreditfluß auswirken konnte, knüpfte man an diesen Reformvorstoß wohl zu Recht die Erwartung, daß sich jetzt nicht nur die finanziellen Verhältnisse der Senatorenschaft und, damit verbunden, die Homogenität 55

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Suet., Iul. 54,2: ... in Hispania pro consule et a sociis pecunias accepit emendicatas in auxilium aeris alieni ... (sc. Caesar); auch Plutarch erwähnt, daß Caesar im Verlauf seiner Statthalterschaft reich geworden sei (Caes. 12,4: _ αυτός τε πλούσιος γεγονώς) - freilich so, als ob es deren gleichsam zufälliges Resultat, nicht das von vornherein ins Auge gefaßte Ziel gewesen sei; dasselbe will Caesar offenbar auch selbst in seinem Commentarius zum Gallischen Krieg glauben machen; welche riesigen Summen ihm dabei 'zuflössen', findet sich bei Shatzman, SWRP 348ff.; cf. auch Badian, RI 89ff. Asc. 54 C. Es ist gleichgültig, ob wir semuncia hier mit 'für eine Nichtigkeit' übersetzen oder es als >/M des Nominalwertes, also ca. 3 Mio. Sesterzen, auffassen; zu letzterem cf. Meyer, Caesars Monarchie 236f. A.5. SWRP 79 A.30. Cass. Dio 40,46,2: δόγμα τε έπαήσαντο μηδένα μήτε στρατηγήσαντα μήθ' ύπατεύσαντα τάς έξω ηγεμονίας, πριν αν πέντε έτη διέλθη, λαμβάνειν, ει πως ύπό του μή παραυτίκα εν δυνάμει τινί αυτούς γίγνεσθαι παύσαιντο σπουδαρχοϋντες. Im darauffolgenden Jahr wurde dieses δόγμα als förmliches Gesetz verabschiedet (lex Pompeia de provinciis), cf. ibid. 30,1; 56,1. Zu diesem Gesetz und der eng mit ihm verknüpften Frage nach dem Endtermin von Caesars Statthalterschaft cf. bes. H. Gesche, Caesar, Darmstadt 1976, 113ff.; A. Giovannini, Consulare imperium, Basel 1983, 114ff.; 129ff.; Gruen, Last Generation 457ff.; Bleicken, GRR 208.

1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung

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und die Solidität des Standes stabilisieren, sondern auch - wohl ebenso mit Blick auf eine Festigung der überkommenen Ordnung - die eskalierende Gewaltanwendung als eine ja ebenfalls kostenabhängige Größe eingedämmt würde. Derartige ökonomische Motive, welche innerhalb der Senatorenschaft wenig Neigung aufkommen ließen, an der gängigen Praxis der Provinzialverwaltung etwas zu ändern, äußerten sich auch in anderer Weise; denn genau wie die Senatoren unmittelbar von ihrer über die mediterrane Welt errichteten Suprematie materiell in der Regel erheblich zu profitieren vermochten, so auch mittelbar, indem sie an der innerhalb jenes Systems bestehenden auch ökonomischen Dominanz der Römer wesentlich partizipierten, wenngleich mit Blick auf die Beschränkungen, die ihnen nicht nur das überkommene System sozialethischer Werte 59 , sondern - zumindest theoretisch - auch bestehende Gesetze auferlegten60, nach Möglichkeit im Verborgenen 61 . So traten Senatoren mit Vorliebe in den Provinzen als Kreditgeber auf, weil dort, verglichen mit einer in Italien vorgenommenen Anlage, durchweg höhere Zinserträge62 möglich waren, die sich aufgrund des auch höheren Risikos nur teilweise rechtfertigen ließen. Denn wenn es nicht gerade wie infolge des 1. Mithridatischen Krieges zu einem allgemeinen Kollaps des Kreditsystems kam63 (diese Tatsache allein ist im üb59

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Cf. u.a. H. Pavis d' Escurac, Aristocratie sinatoriale et profits commerciaux, in: Ktema 2 (1977), 339-355; J.H. D'Arms, Senators' Involvement in Commerce in the Late Republic: Some Ciceronian Evidence, in: ders./Kopff, SC 77-89; ders., Commerce and Social Standing in Ancient Rome, Cambridge (Mass.)/London 1981, 20ff.; 48ff. Derartige Bestimmungen wie die Lex Claudia wurden eigentlich von niemandem mehr beachtet, cf. Cie., Verr. II 5,45: antiquae sunt istae leges et mortuae, quem ad modum tu soles dicere, quae vetant. Cf. E. Gabba, Riflessioni antiche e moderne sulle attivitä commercial! a Roma nei secoli II e I a.C., in: D" Arms/Kopff, SC 91-102 ( = ders., Del buon uso della ricchezza, Mailand 1988, 89-105). Dies zeigt sich beispielsweise daran, daß Brutus bei seinem bereits erwähnten Schuldenstreit mit den Salaminiern zunächst zwei Strohmänner als Gläubiger des ausstehenden Betrages auftreten ließ; erst als Cicero diesen die von Brutus erbetene Unterstützung versagte, wiesen sie einen zweiten Brief vor, in dem jener als der wahre Gläubiger in Erscheinung trat (Cie., Att. 5,21,10ff.; 6,l,5ff.; 2,7ff.). Während Brutus es bei seinem Kreditgeschäft mit den Einwohnern des zyprischen Salamis (cf. o. S. 153 A.292) auf einen erstaunlichen jährlichen Zins von 48 % brachte, dürfte ungefähr zur selben Zeit in Rom der durchschnittliche Satz bis auf 4 % abgesunken sein, cf. G. Billeter, Geschichte des Zinsfußes im griechisch-römischen Altertum bis auf Iustinian, Leipzig 1898, 163-165; A. Früchtl, Die Geldgeschäfte bei Cicero, Diss. Erlangen 1912, 130-133; Barlow, I.e. (A.25) 171f.; De Martino, Storia 1, 148. Cie., imp. 19: nam tum (sc. initio belli Asiatici), cum in Asia magnas permulti res amiserunt, seimus Romae solutione impedita fidem concidisse, cf.

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Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

rigen schon ein deutliches Indiz für die umfangreiche römische Investitionstätigkeit in Asia), dann dürften vor allem die Senatoren in der Regel leichtes Spiel gehabt haben, nicht nur das entliehene Kapital zurückzuerhalten, sondern auch ihre zumeist überzogenen Zinsforderungen durchzusetzen. In einem noch ganz anderen Maß als die publicani oder negotiators nämlich vermochten es jene selbst als Privatpersonen wegen ihrer Verbindungen zu den jeweils amtierenden Promagistraten sich die Machtmittel des Staates für ihre Interessen nutzbar zu machen. Schon der im Jahre 89 nach Asia entsandte M'. Aquilius (cos. 101) war im Verein mit dem dortigen Prokonsul C. Cassius in solche unsauberen Kreditgeschäfte in diesem Fall auf Kosten Nikomedes' IV. - verwickelt64. Kaum anders dürfte 80 ebenfalls in Asia der bereits erwähnte C. Malleolus65 vorgegangen sein. Am besten bekannt sind uns in diesem Zusammenhang die Machenschaften des M. Brutus. Diesem war es zur Durchsetzung seiner gegenüber den Salaminiem bestehenden Schuldforderung nicht nur gelungen, zwei Senatskonsuite zugunsten dieses eigentlich illegalen66 Kreditgeschäftes verabschieden zu lassen, sondern überdies den Statthalter von Kilikien, Ap. Claudius Pulcher, zu veranlassen, zwei seiner Vertrauensleute, M. Scaptius und P. Matinius, zu Präfekten zu ernennen; diese versuchten dann, indem sie das Rathaus von Salamis mit Militär belagerten, die Schuld gewaltsam einzutreiben; das gelang ihnen zwar nicht, doch verhungerten bei dieser Aktion fünf der eingeschlossenen Ratsherren. Bei Pulchers Nachfolger Cicero biß Brutus mit seinen Kommendationsschreiben dagegen auf Granit: jener weigerte sich gemäß seinem Edikt, welches den maximalen jährlichen Zinssatz auf 12 % festlegte67, beharrlich, die Salaminier ans Messer zu liefern68 - selbst auf die Gefahr hin, Brutus zu verstimmen; dieser indes rückte von seiner Forderung nicht ab, und wir sind nicht darüber informiert, welches Ende die Angelegenheit nahm69.

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Jonkers, Commentary 34; Torelli, La De imperio 20ff. App., Mithr. 33ff.; hierzu zuletzt McGing, Foreign Policy 79ff. Cf. o. S.152 A.289. Aufgrund einer lex Gabinia de versura Romae provincialibus non facienda (Rotondi, Leges 373f.), die A. Gabinius vielleicht während seines Volkstribunates 67 (cf. Broughton, MRR 2, 144f.), seiner Praetur (Broughton, MRR 2, 179) oder während seines Konsulates 58 (cf. Broughton, MRR 2, 193f.) durchgesetzt hatte; cf. Torelli, La De imperio 23 A.67; M. Bonnefond-Coudry, Le s£nat de la R6publique romaine de la guerre d' Hannibal ä Auguste, Rome 1989, 333ff. (jeweils mit weiterer Literatur). Cf. o. S.153. Denn daß für diese der Ruin drohte, wußte Cicero nur zu gut: nam ab edicto meo recessissem et civitatem in Catonis et in ipsius Bruti fide locatam meisque beneficiis ornatam funditus perdidissem (sc. si Scaptius quaternas impetrasset) (Att. 6,1,5). Cie., Att. 5,21,10ff.; 6,l,5ff.; 2,7ff.; 3,5; cf. Mommsen, I.e. (S.153 A.292), 145-150; R.Y. Tyrrell / L.C1. Purser, The Correspondence of Μ.

1. Die fehlende Reformbereitschaft in der Provinzverwaltung

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Doch scheint es sich bei den hier genannten Fällen aller Wahrscheinlichkeit nach nur um die Spitze eines Eisberges gehandelt zu haben70: Als im Jahre 67 der Volkstribun C. Cornelius mit dem Antrag vor den Senat trat, ut, quoniam exterarum nationum legatis pecunia magna daretur usura turpiaque et famosa ex eo lucra fierent, ne quis legatis exterarum nationum pecuniam expensam ferret71, wurde er unter fadenscheinigen Gründen abgewiesen; das mutmaßliche Motiv für seine Reforminitiative - wie auch für deren Ablehnung durch die patres - tat Cornelius darauf in einer contio kund: exhauriri provincias usuris72. Die politischen Entscheidungsträger in Fragen der Provinzialadministration waren also ohne jeden Zweifel zugleich immer auch eine aufgrund ihrer spezifischen ökonomischen Interessenlage definierte Partei73, und in dieser Eigenschaft dürften sie mit den im Untertanengebiet agierenden publicani, negotiatores u.ä. zumeist an einem Strang gezogen haben74. Am sinnfälligsten kommt dies darin zum Ausdruck, daß, wie Badian festgestellt hat, Angehörige des Senatorenstandes selbst sehr häufig, wenngleich üblicherweise im Hintergrund bleibende, Anteilseigner von Steuerpachtgesellschaften waren75. So gesehen verwundert die oben (S. 172) konstatierte geringe Zahl von Fällen, in denen sich um eine integre Provinzialadministration bemühte Promagistrate auf Betreiben der Steuerpachtgesellschaften Repressalien vor dem Repetundengerichtshof ausgesetzt sahen, kaum, und es bedarf die für diesen Tatbestand angeführte Erklärung einer entsprechenden

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Tullius Cicero, 7 Bde., 3*, 337ff., Dublin/London 1914; Badian, RI 84ff.; Schneider, WP 125f.; Shatzman, SWRP 372; Rauh, CBF 3f. Weitere Beispiele nennt Shatzman, SWRP 78 A.26; cf. auch Cie., Mur. 42; Flacc. 86. Asc. 57 C. Asc. 58 C. Cf. Torelli, La De imperio 18ff. Dem entspricht, daß auch die von Cicero immer wieder propagierte concordia ordinum bzw. die consensio omnium bonorum erheblich durch ökonomische Motive geprägt war, cf. Hellegouarc'h, Vocabulaire 472; 484ff.; G. Achard, L' emploi de boni, boni viri, boni cives et leur formes superlatives dans Γ action politique de Cicdron, in: LEC 41 (1973), 207-221; B.P. Seletsky, The Social and Political Meaning of the Word bonus (boni) in Cicero' s Letters, in: VDI 136 (1976), 142-156; ders., The Social and Political Meaning of the Formula consensus (consensio) bonorum in Cicero's Letters, in: VDI 131 (1975), 144-151; Torelli, La De imperio 16ff. PS lOlff.; cf. auch Meier, RPA 69 m. A.31; Shatzman (SWRP 103 A.21) hat zwar recht, wenn er auf die geringe Zahl der diese These unmittelbar stützenden Zeugnisse verweist, doch erscheint mir Badians Feststellung vor dem Hintergrund der gerade auch von Shatzman selbst herausgearbeiteten engen Verbindungen zwischen Ritter- und Senatorenstand durchaus plausibel.

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V.

Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

Relativierung; denn die publicani dürften es zumeist gar nicht nötig gehabt haben, die ihnen zu Gebote stehenden Machtmittel voll auszuschöpfen, mithin fortwährend als pressure group aktiv zu sein: zwar auch, weil sie einige abschreckende Exempel statuiert hatten, wenigstens ebenso sehr aber deswegen, weil die Senatoren aufgrund ihres eigenen wirtschaftlichen Engagements76 und ihrer überdies gegebenen engen sozialen Bindung an den ordo equester77 in der Regel von vornherein wohl nur geringes Interesse verspürten, sich fur die Belange der Provinzialen zu exponieren.

2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung Eine vollständige Bereinigung des Piraterieproblems wäre allerdings selbst durch eine grundlegende Kurskorrektur der römischen Provinzialadministration kaum zu erzielen gewesen, was die bekannte Tatsache, daß der Seeraub ein im östlichen Mittelmeer auch bereits vor dem Erscheinen der Römer gängiges Gewerbe gewesen ist78, nahelegt. Mehr jedoch als alle in diesem geographischen Raum jemals dominanten Mächte verfugten jene unbestreitbar über die Möglichkeit, dort mittels ihres Militärpotentials eine weitgehende Pazifizierung zu erzwingen. Wenn dies nicht geschah, was ja gerade durch die relativ große Zahl der von ihnen meist nur mit halber Kraft unternommenen Versuche ausgezeichnet illustriert wird, so lag das sowohl im ökonomischen als auch besonders im politischen System Roms begründet. 2.1. Der ökonomische Nutzen durch die Piraterie Von Einzelfragen abgesehen besteht in der Forschung über den Strukturwandel, welchen die italische Wirtschaft vor allem im Gefolge des 2. Punischen Krieges erlebte, weitgehende Einigkeit79: Die immensen 76

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Zu den wirtschaftlichen Aktivitäten römischer Senatoren allgemein cf. bes. Wiseman, New Men 77ff., 197ff. (Apd. IV); Shatzman, SWRP lOOff.; M.H. Crawford, Rome and the Greek World: Economic Relationships, in: Econ. Hist. Rev. 30 (1977), 42-52; D'Arms, Commerce 48ff.; ders., (I.e. ο. A.59) , in: ders./Kopff, SC 77-89; einen kurzen Überblick über die Problematik liefert auch Rauh, CBF 4f. A.4. Cf. bes. Brunt, Equites 162ff.; Nicolet, Ordre dquestre 1, 253ff.; Shatzman, SWRP bes. 185ff. Cf. o. S. lOOff. Cf. bes. G. Tibiletti, Die Entwicklung des Latifundiums in Italien von den Gracchen bis zur Kaiserzeit, in: Schneider (Hrsg.), SWRR 11-78, hier: 2 4 f f . ( = Lo sviluppo del latifondo in Italia dall1 epoca graccana al prineipio del impero, in: Relazioni del X Congr. Sc. Stor. II [Rom 1955], 237-292);

2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung

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Reichtümer, die infolge der während der ersten Jahrhunderthälfte im hellenistischen Osten siegreich beendeten Kriege nach Italien geflossen und in erster Linie der Oberschicht zugute gekommen waren, hatten dort, da zumeist im agrarischen Sektor angelegt, nicht nur zu einer Akkumulation von Landbesitz geführt, sondern auch, damit unmittelbar verbunden, tiefgreifende Veränderungen hinsichtlich der angebauten Produkte wie besonders der Form der Bewirtschaftung mit sich gebracht. Denn die nun häufiger anzutreffenden Latifundien wurden aus Gründen der Produktivität vermehrt mittels unfreier (bei saisonalem Bedarf allerdings oft durch zusätzlich angeworbene Tagelöhner ergänzter) Arbeitskräfte bestellt. Infolgedessen bestand unter den römischen Großgrundbesitzern, gerade seit ab der Mitte des Jahrhunderts die Legionen vorübergehend weniger 'Menschenmaterial' verfügbar machten, eine kaum zu befriedigende Nachfrage nach Sklaven80. Es ist hinlänglich bekannt, aus welcher Quelle man den gestiegenen Bedarf jetzt (neben der natürlich immer noch nicht gänzlich bedeutungslosen Kriegsgefangenschaft und den Massenversklavungen) zum wesentlichen Teil deckte: aus den Beutezügen der Piraten. Strabo hat an jener berühmten und immer wieder zitierten Stelle die Kausalrelation, welche zwischen der römischen Expansion im Mittelmeerraum, den hieraus erwachsenden veränderten Bedürfnissen der italischen Wirtschaft sowie deren Konsequenzen gerade für die kilikische Piraterie bestand, im wesentlichen präzise beschrieben81. Wenn diese nun regelrecht 'aufblühen' (έξήνθησαν) konnte, so deshalb, weil sie, überdies wegen ihres militärischen Potentials von Insurgenten innerhalb des immer mehr verfallenden

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24ff.(= Lo sviluppo del latifondo in Italia dall' epoca graccana al principio del impero, in: Relazioni del X Congr. Sc. Stor. II [Rom 1955], 237-292); V.l. Kuziscin, La grande propriety agraria nell' Italia romana, Rom 1984 (Übers, d. russ. Ausg. Moskau 1976), 13ff.; De Martino, Storia 1, 59ff; 73ff.; 11 Iff.; Ε. Gabba/M. Pasquinucci, Strutture agrarie e allevamento transumante nell' Italia romana (III - 1 sec. a.C.), Pisa 1979, 11 ff.; Alföldy, RS 44ff. Über die Zahl der in Italien vorhandenen Sklaven kann der Historiker natürlich nur Schätzungen anstellen; die von J. Beloch (Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt, Leipzig 1886, 413ff.) für das 1. Jh. vermuteten ca. 1,5 Mio. Unfreien setzt Brunt (IM 121ff.) mit 3 Mio. etwa doppelt so hoch an. Zum Zahlenverhältnis zwischen Freien und Sklaven cf. nun auch Dumont, Servus 7Iff. 14,5,2: ή δέ των άνδραπόδων εξαγωγή προύκαλεΐτο μάλιστα εις τάς κακουργίας, έπικερδεστάτη γενομένη, και γαρ ήλίσκοντο ραδίως, και τό έμπόριον ού παντελώς απωθεν ήν μέγα και πολυχρήματον, ή Δήλος, δυναμένη μυριάδας άνδραπόδων αυθημερόν και δέξασθαι και άποπέμψαι, ώστε και παραμίαν γενέσθαι δια τούτο· έμπορε, κατάπλευσον, έξελοϋ, πάντα πέπραται. αίτιον δ', οτι πλούσια γενόμενα 'Ρωμαία μετά την Καρχηδόνος και Κορίνθου κατασκαφήν οίκετείαις έχρωντο πολλοίς, όρωντες δε την εύπέτειαν οί λησταΐ ταύτην έξήνθησαν αθρόως, αύτοί και ληιζόμενα και σωματεμποροϋντες.

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Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

Seleukidenreiches heiß begehrt82, auch für die Römer, aber nicht nur für sie 83 , als Sklavenlieferantin zumindest eine Zeitlang unentbehrlich geworden war und insofern auf eine weitestgehende Duldung der jungen Hegemonialmacht rechnen durfte. Die Seeräuber vermochten daher nicht nur beinahe ungestört ihrem Gewerbe nachzugehen84, sondern darüberhinaus, was ihnen noch weiteren Zulauf beschert haben dürfte, vom Sklavenhandel erheblich zu profitieren. Welchen enormen Umfang nämlich die auf diesem Feld getätigten Geschäfte erreicht haben müssen, zeigt die von Strabo aufgeführte Umsatzkapazität des Hauptumschlagplatzes85 für jene menschliche Ware: Delos. Die technischen Einrichtungen der Insel reichten offenbar aus, äußerstenfalls ein tägliches Handelsvolumen von etwa 10.000 σώματα zu bewältigen. Die durchschnittliche Rate wird zwar mit größter Wahrscheinlichkeit niedriger anzusetzen sein, wie vielleicht auch eine Übertreibung seitens des griechischen Geographen nicht ganz auszuschließen ist, übrig bleibt aber dennoch ein beeindruckendes Zeugnis sowohl für den (nicht nur) antiken Menschenhandel schlechthin als auch für den immensen Bedarf Roms an Sklaven. Gerade auf sie dürfte sich also das Hauptinteresse der zahlreichen, auch von Strabo86 bereits für die erste Hälfte des 2. Jh. 87 auf Delos bezeugten "Ρωμαία88 konzentriert haben, was möglicherweise ebenso durch die Archäologie bestätigt wird89. 82 83

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Cf. o. S.126f. Auch Athen, dessen (nomineller) Herrschaft Delos seit dem Perseuskrieg (cf. bes. Roussel, Delos) unterstellt war, scheint mit Blick auf seine Silberminen von Laureion großes Interesse an einem reibungslosen Ablauf des delischen Sklavenmarktes gehabt zu haben, cf. Maröti, Sklavenmarkt 27 m. A. 14; zu den in Laureion eingesetzten Sklaven s. auch S. Lauffer, Die Bergwerkssklaven von Laureion, Wiesbaden 21979. 14,5,2: ... οί λησταί προσποιούμενα σωματεμπορεϊν, αλυτον την κακουργίαν εϊχον. Daneben scheint, wie Musti (II commercio degli schiavi e del grano: il caso di Puteoli, in: D'Arms/Kopff, SC 197-215) aus einer Reihe von Indizien konjiziert hat, auch bereits während des 2. Jh. Puteoli eine nicht zu unterschätzende Rolle im Sklavenhandel gespielt zu haben. Strabo 10,5,4: η τε πανήγυρης έμπορικόν τι πράγμα εστί, και συνήθεις ήσαν αυτή και 'Ρωμαία των άλλων μ,άλιστα _ Cf. Wilson (Emigration 102ff.) zu Strabo 10,5,4. Hierzu cf. o. S.81 Aa.80 u. 82; S.136 A.213. Es besteht eine nun bereits 20 Jahre währende Kontroverse über die Funktion der delischen 'Agora der Italiker'; die traditionelle Meinung, daß es sich bei diesem Bauwerk um einen auch Repräsentationszwecken dienenden Versammlungsort der auf der Insel ansässigen Italiker gehandelt habe, ist von M. Cocco in einem kurzen Beitrag (Sulla funzione dell' "Agora degli Italiani" di Delo, in: PP 25 [1970], 446-449) dahingehend revidiert worden, daß sowohl die Bauspezifika als auch die geographische Lage der Agora vielmehr an eine - auf Delos im übrigen sonst nirgends nachgewie-

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Wenn nun die Insel ihre Prosperität wesentlich dem Sklavenhandel zu verdanken hatte, dann mußte sie durch Veränderungen, die sich in diesem Bereich ergaben, zwangsläufig in Mitleidenschaft gezogen werden, und es lassen sich auf dieser - hypothetischen - Basis vielleicht zumindest Teilerklärungen für den enormen wirtschaftlichen Niedergang von Delos während des 1. Jh. finden. Eine wichtige Rolle mag hier der Umstand spielen, daß mit den Siegen über die Kimbern und Teutonen um die Jahrhundertwende so große Zahlen von Kriegsgefangenen90 als Sklaven auf den Markt gelangten91, daß das in Delos umgeschlagene 'Menschenmaterial' aus dem Osten nur noch vermindert in Anspruch genommen werden mußte, was für den italischen Großgrundbesitz angesichts der Entwicklung im östlichen Mittelmeer einen außerordentlichen Glücksfall bedeutete. Denn wie dort die seit 89 gegen Mithridates VI. mit einigen Unterbrechungen geführten Kriege den Handel ohnehin beträchtlich lahmten, so brachten sie vor allem die Sklavenversorgung wohl deshalb nicht selten zum Erliegen, weil die Piraten im Dienst des pontischen Königs92 eine andere einträgliche Verdienstmöglichkeit gefunden haben werden. Sinnbildlicher Ausdruck dieser Wendung ist die Tatsache, daß nun auch Delos, welches ja im Gegensatz zu Athen einen strikt prorömischen Kurs steuerte93, von den Piraten attackiert wurde. Diese mögen sich, wenngleich es durch die Quellen nicht zu belegen ist, bereits in der gewaltigen Flotte des pontischen Generals Archelaos, der im Jahre 88 die Kykladeninsel überfiel und brandschatzte, befunden haben94; vermutlich als Parteigänger des Mithridates suchte dann 69 der Archipirat Athenodoros Delos heim95. Bemerkenswert ist, daß der alte Handelsplatz wohl noch bis in die sechzi-

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sene - Kasernierungs- und Verkaufsstätte für die scharenweise angelieferten Sklaven denken ließen, eine These, welche von F. Coarelli ausführlicher untersucht und bestätigt wurde (L' "Agora des Italiens" a Delo: il mercato degli schiavi?, in: ders. u.a., Delo 119-145); heftigen Widerspruch gegen diese Deutung erhob Ph. Bruneau (Deliaca, in: BCH 99 [1975], 267-311, hier: 273ff.; Deliaca V, in: BCH 109 [1985], 545-567, hier: 562ff.; Deliaca VI, in: BCH 111 [1987], 313-342, hier: 33Iff.). Dürfen wir dem Bericht der römischen Annalistik glauben, so wurden durch die Siege von Aquae Sextiae und Vercellae rd. 150.000 Gefangene eingebracht, cf. Plut., Mar. 21,4; 27,5; Liv. per. 68; Eutr. 5,1,4; 2,1; Oros. 5,16,12; 16,16. Auch wenn in den Quellen nirgends von einem Verkauf der Gefangenen die Rede ist, läßt sich dies dadurch nachweisen, daß sich unter den am Spartakusaufstand beteiligten Sklaven sehr viele Germanen befanden (Sail., hist. 3 frg. 96D, 15ff.; Caes., BG l,40,5f.; Liv. per. 97). Cf. o. S.140 A.234. Cf. Roussel, DSlos 317ff.; W.A. Laidlaw, A History of Delos, Oxford 1933, 259ff.; Bernhardt, Polis 47f.; McGing, Foreign Policy 120ff. App., Mithr. 108f.; Plut., Sull. 11,5; Flor. 1,40,8; Strabo 10,5,4. Phlegon v. Tralles, FGrHist 257 F 12,13.

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V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

ger Jahre hinein eine, wenngleich verminderte Bedeutung für die Römer besaß. Dies wird sowohl durch einige Inschriften, welche die Rückkehr der italischen Kaufleute nach dem Abzug der pontischen Besatzung 85 nahelegen96, als auch durch die Tatsache bezeugt, daß der Legat C. Valerius Triarius nach dem Überfall von 69 eine Befestigung errichten ließ97, es mithin auf der Insel noch etwas gab, was auch für die Römer zu schützen sich lohnte. Wenn also um die Mitte des Jahrhunderts98 Delos zu beinahe völliger Bedeutungslosigkeit herabsank, so mag es sich hier zwar durchaus um das Ergebnis eines länger währenden Prozesses handeln; dieser aber wird in den Jahren nach 70 noch einmal wesentlich beschleunigt worden sein, was, wie Wilson bereits vermutete99, wohl hauptsächlich darauf zurückgeführt werden muß, daß mit der Niederwerfung der Piraten durch Pompeius deren ohnehin schon vermindertes Angebot an Sklaven nun gänzlich fortfiel; außerdem, so hat Ferrary die These Wilsons plausibel ergänzt100, gehörten nun die ehemaligen Hauptrekrutierungsgebiete im Osten als Provinzen zum imperium Romanum. Diese jedoch, so läßt sich hinzufügen, wurden angesichts der von Caesar vor allem aus Gallien zur Verfügung gestellten Mengen von Sklaven101 vorerst ohnehin nicht mehr benötigt. Gerade nun aber, bevor Caesars gallische Feldzüge Auswirkungen zeigen konnten, scheint Rom einen anderen Weg beschritten zu haben, um die Bestände aufzufüllen, was ja auch wegen der unlängst infolge des Spartakusaufstandes erlittenen Einbußen dringend erforderlich war: Aufgrund eines stark vermehrten Auftretens römischer denarii in Dakien hat M.H. Crawford vermutet, daß die Römer zumindest zeitweilig dort ihren Bedarf deckten102. 96

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Cf. die Stellenangaben bei J.-L. Ferrary, D£los vers 58 av. J.-C., in: J.-C. Dumont / J.-L. Ferrary / Ph. Moreau / Cl. Nicolet (Hrsg.), Insula sacra. La loi Gabinia-Calpurnia de Ddlos (58 av. J.-C.), Rom 1980, 36f. m. Aa.6-11; Roussel, Delos 329f. Phlegon v. Tralles, FGrHist 257 F 12,13; ID 1621; ID 1855-1858; diese Befestigung des Triarius ist auch archäologisch nachweisbar, hierzu cf. bes. die Bestandsaufnahme v. Ph. Bruneau / J. Ducat, Guide de Delos, Paris »1983, 198f. (mit Literaturangaben). Für unseren Kontext ist es im übrigen unwesentlich, ob das Ereignis bereits in das Jahr 73 datiert werden muß, wie zuletzt H.B. Mattingly (M. Antonius, C. Verres and the Sack of Delos by the Pirates, in: φιλίας χάριν - Miscellanea di studi classici in onore di Eugenio Manni, IV, Rom 1980, 1489-1515) behauptet hat. Der letzte epigraphische Nachweis, der von ['Ρωμ]ιχίων οί κατακοΰντες έν Δήλω (ID 1662 = Dürrbach, Choix 165) spricht, ist in das Jahr 54/53 zu datieren, cf. Ferrary, I.e. (A.96) 37 A. 12. Emigration 142f. L.c. (A.96) 37ff. Cf. Westermann, Slave Systems 63. Republican Denarii in Romania: the Suppression of Piracy and the Slave Trade, in: JRS 67 [1977], 117-124.

2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung

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2.2. Die verfassungspolitischen Bedenken Doch kann dieser aus der Seeräuberei gewonnene ökonomische Nutzeffekt nur einen - keineswegs ausschlaggebenden - Grund für die Stillhaltepolitik, welche der Senat die meiste Zeit über praktizierte, gebildet haben; denn es beschränkte sich das Wirken der Piraten ja keinesfalls auf eine Belieferung des Sklavenmarktes, sondern sie erzielten einen Großteil ihres Gewinns auf Kosten gerade des Seehandels, an welchem auch die Senatsaristokratie mit ihrer bekanntlich nicht ausschließlich auf den agrarischen Bereich fixierten Investitionstätigkeit - und sei es nur über Mittelsmänner - partizipierte. Die unbestreitbaren Vorteile, welche aus einer mehr oder minder regelmäßigen Versorgung mit unfreien Arbeitskräften für die Bewirtschaftung vor allem der Latifundien resultierten, wurden also zumindest teilweise absorbiert. Überdies kann, da der italische Großgrundbesitz saisonalen Erfordernissen entsprechend ohnehin stets auf zusätzlich angeworbene freie Lohnarbeiter zurückgriff, dessen Abhängigkeit von der ja gar nicht ausschließlich von den Piraten getragenen Sklavenversorgung kaum total gewesen sein, und infolgedessen muß der Hauptgrund für die laissez-faire-Politik des Senats woanders gesucht werden. Dabei muß auffallen, daß die Diskussion innerhalb der Kurie sich eigentlich gar nicht an Sachfragen entzündete, was gerade in der scharfen Auseinandersetzung der Jahre 67/66 besonders gut zum Ausdruck kommt: Denn wenn Cicero in der Partitio seiner Maniliana als zentrale Argumente für die Verleihung eines imperium extraordinarium an Pompeius 'die Art und Größe des Krieges' sowie 'die Wahl des Feldherrn'103 hervorhebt, dann argumentiert er im Grunde genommen an der Sache insofern vorbei, als die genannten Punkte wohl niemals Gegenstand der Kontroverse waren und dies angesichts der für jedermann klar erkennbaren Dringlichkeit der anstehenden Probleme auch gar nicht sein konnten. Doch weiß Cicero dies auch selbst sehr gut: ... ea omnia quae a me adhuc dicta sunt idem isti (i.e. die optimatische Opposition) vera esse concedunt, et necessarium bellum esse et magnum et in uno Cn. Pompeio summa esse omnia.104 Der Haupteinwand gegen die lex Gabinia bzw. Manilla zielte also, wie Cicero aufgrund einer Äußerung des Hortensius, des 'Sprachrohrs' der Opposition, unschwer zu demonstrieren vermag, keinesfalls auf die Person des Pompeius und noch weniger auf dessen militärische Eignung, sondern auf etwas anderes: Si uni (sc. ait Hortensius) 103

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Imp. Pomp. 6: Primum mihi videtur de genere belli, deinde de magnitudine, tum de imperatore deligendo esse dicendum. Natürlich nimmt Cicero hier auf den Krieg gegen Mithridates und nicht auf den gegen die Seeräuber Bezug, doch sind m.E. gerade wegen des unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges die Argumente in der Regel durchaus austauschbar. Imp. Pomp. 51.

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V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

omnia tribuenda sint, dignissimum esse Pompeium, sed ad unum tarnen omnia deferri non oportere.m Die Kritik war offensichtlich prinzipieller Natur und gründete sich auf mögliche (innenpolitische Rückwirkungen, denen gegenüber die durch eine solche umfassende Pirateriebekämpfung unbestreitbar zu erzielenden positiven Effekte einen geringeren Stellenwert besaßen. Cassius Dio bringt die im Senat vorherrschende Einstellung auf den Punkt: αυτη (sc. ή γερουσία^ γαρ πάν ότιοΰν Οπό των ληστών παθεΐν μάλλον η έκείνω τοσαύτην ήγεμονίαν έγχεφίσαι ήρεϊτο106. Und dies verwundert keineswegs, bedeutete die Verleihung einer solchen ηγεμονία 107 doch 'nicht viel anderes als die glatte Bankerotterklärung der Republik'108 und - zumindest auf einer Vorstufe109 - die Schaffung einer monarchischen Omnipotenz110. Der angesehene Konsular Q. Lutatius Catulus, den als einzigen Optimaten die aufgebrachte Menge überhaupt noch zu Wort kommen ließ, spricht bei Cassius Dio in einer Rede111 das aus, was man im Senat am meisten befürchtete; einzig auf die Gefährdung 105

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Ibid. 52; cf. Cass. Dio 36,32,3: ωστ' ει και κατά τά άλλα πάντα άξιός έστι Πομπήιος επί τους καταποντιστάς χεψοτονηθήνοα, άλλ' 'ότι γε παρά τε τά διατεταγμένα έν τοις νόμος και παρά τά διεληλεγμένα έν τοις έργας αίρεθείη αν, ηκιστα και ύμΐν και τούτω προσήκει αύτό πραχθήναι. Cass. Dio 36,24,1; cf. Meier (RPA 267): 'Allein der Senat fühlte sich, und ebenfalls mit guten Gründen, durch den weiteren Aufstieg des Pompeius bedroht und hielt diesen inneren Aspekt der großen Kommanden für sehr viel bedeutender als den äußeren.' Hierzu cf. u. S.278. Meyer, Römischer Staat 329. Entsprechend finden sich in der wissenschaftlichen Literatur Äußerungen, welche zwischen dem imperium des Pompeius und dem nahenden Prinzipat nach Form wie Inhalt Vergleiche anstellen, cf. z.B. Boak, Extraord. Comm. 1; A. v. Premerstein, Vom Werden und Wesen des Prinzipats, in: ABAW N.F. 15 (1937), 182; 225 A.2; 232; 237 A.2; 242; H. Siber, Das Führeramt des Augustus, in: ASAW ph.-hist. Kl. 44,2 (1940), 29; Meyer, Römischer Staat 328f. Was dann später im Falle Caesars tatsächlich geschah, drohte man bereits ebenso dem Pompeius an: er werde, wenn er dem Romulus nacheifere, auch dessen Schicksal (i.e. der Ermordung) nicht entgehen (Plut., Pomp. 25,9: ... οτι 'Ρωμύλον ζηλών οΰ φεύξεται ταύτόν έκείνω τέλος _), hierzu cf. Μ. Geizer, Das erste Konsulat des Pompeius und die Übertragung der großen Imperien, in: APAW ph.-hist. Kl. Nr.l (= Kl. Sehr. 2, 146-189), sowie R.M. Ogilvie, A Commentary on Livy Books 1-5, Oxford 1965, 85 (mit weiteren Quellen- und Literaturangaben). Diese ist zwar vermutlich kaum authentisch, aber gerade aufgrund ihrer prinzipiellen Übereinstimmung mit anderen Zeugnissen zumindest den inhaltlichen Grundzügen nach kann sie kein reines Phantasieprodukt des Historikers sein.

2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung

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der überkommenen politischen Ordnung heben die von Catulus vorgebrachten Argumente ab, von denen er das unbestreitbar wichtigste gleich zu Anfang vorbringt: εγώ τοίνυν πρώτον μ,έν και μάλιστα φημα δεϊν μ.ηθενί άνδρί τοσαυτας κατά το έξης αρχάς έπιτρεπειν.112 Das sei (sowohl mit Blick vor allem auf die lex Villia Annalisxn von 180 wie auch allgemein auf die überkommenen Normen) nicht nur unzulässig, sondern es habe ebenso angesichts der jüngst unter Marius und Sulla gesammelten negativen Erfahrungen seine möglichen Auswirkungen zur Genüge gezeigt, nämlich: _. ψυχήν _ έν έξουσιαις έπϊ πολύν χρόνον ένδιατρίψασαν τοΐς πατρίοις εθεσιν (οΰκ) έθέλειν έμμένειν (36,31,4). Daß den Opponenten des Gabinischen Gesetzesantrages neben einer Begrenzung der durch ihn delegierten Machtfülle besonders an einer zeitlichen Befristung der zu übertragenden άρχή gelegen war, zeigt auch das zweite Argument des Catulus, man solle sich zur Lösung der Aufgabe doch des tradierten institutionellen Instrumentariums, i.e. der ενιαύσιοι άρχοντες oder wenigstens (εί _ παρά τάς έπετησίους αρχάς ανάγκη τις εϊή έτέραν έλέσθαι): der auf sechs Monate und zudem in ihrem Wirken auf Italien beschränkten Diktatur bedienen114. Dieselbe Thematik der Machtbegrenzung kehrt auch in dem dritten Argument wieder, welches auf die (bewußte?) strategische Fehlbeurteilung, daß ein einzelner Mann derartig umfassende Aufgaben und Befugnisse allein überhaupt nicht versehen könne, gegründet ist; insofern sei es ratsamer, statt jener einzigen, allumfassenden eine Reihe eigenständiger Befehlshaberstellen (ήγεμονίαι αυτοτελείς) einzurichten, die dann vermutlich nicht nur dem Annuitätsprinzip verpflichtet gewesen wären115, sondern - wohl in bewußter Abgrenzung zu den von Pompeius zu ernennenden legati pro praetore116 - ihr imperium aufgrund eines Volksbeschlusses erhalten hätten. Gerade angesichts der hier präsentierten - sei es von Cassius Dio erfundenen, sei es von Catulus tatsächlich geäußerten - Alternativen zum Antrag des Gabinius wird die Problematik deutlich, vor welche die unabdingbare Notwendigkeit einer effizienten Pirateriebekämpfung den römischen Adelsstaat stellte. Anders nämlich als bisher war den Römern hier 112 113

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Cass. Dio 36,31,3. Rotondi, Leges 278f.; cf. A.E. Martin, The Lex Annalis before Sulla, in: Latomus 16 (1957), 588-613; 17 (1958), 49-64; G. Rögler, Die Lex Villia Annalis, in: Klio 40 (1962), 76-123; Bleicken, Lex 175ff. 36,34, Iff. 36,35f. Hierzu cf. u. S.278.

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V.

Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

ein Gegner erwachsen, dem auf die herkömmliche Weise nicht mehr beizukommen war. Das lag zum einen an der Kampftaktik der Piraten117; denn diese gingen entscheidenden Schlachten zumeist aus dem Weg und beschränkten sich stattdessen auf kleinere Gefechte, aus denen sie sich, gerade wenn sich der Gegner als stärker erwies, dank ihrer überlegenen nautischen Befähigung schnell wieder zurückzuziehen vermochten. Andererseits aber konnte man der Seeräuber auch deswegen kaum habhaft werden, weil sie im Unterschied zu den von Römern bislang zerschlagenen Staaten als eine gleichsam supranationale Organisation an kein festes Territorium gebunden waren, sondern nötigenfalls auf andere Gebiete des Mittelmeerraumes ausweichen konnten118. Gerade der letztgenannte Umstand verdeutlicht, wie wenig hier der traditionelle Promagistrat mit seiner geographisch wie zeitlich limitierten provincia, zumal wenn ihm nur beschränkte Mittel zur Verfügung standen, ausrichten konnte. Doch war dies den patres, anders als es der dramatisch stilisierte Bericht des Cassius Dio nahelegt119, hinlänglich bekannt; denn nur sieben Jahre zuvor war aufgrund eines Senatsbeschlusses dem M. Antonius, dem Vater des späteren Triumvirn, ein weitgehend vergleichbares Imperium

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Zur Guerillakriegführungf. o. S.40. Es bestand also die unabdingbare Notwendigkeit, durch eine militärische Präsenz, die sich im Idealfall auf die Küsten des gesamten Mittelmeeres erstreckte, die operativen Möglichkeiten der Piraten zu beschneiden. Dieses Ziel glaubt Cicero nach dem Feldzug des Pompeius weitgehend realisiert: ilia enim est gloria divina Pompei, primum praedones eos qui tum cum illi bellum gerendum datum est toto man dispersi vagabantur, redactos esse omnis in populi Romani potestatem, deinde Syriam esse nostram, Ciliciam teneri, Cyprum per Ptolemaeum regem nihil audere, praeterea Cretam Metelli virtute esse nostram, nihil esse unde proßciscantur, nihil quo revertantur, omnis sinus, promunturia, litora, insulas, urbis maritimas claustris imperi nostri contineri (Flacc. 30). Der ganze Bericht seit Kap. 20 baut - als Rückblende (λέξω δέ ήδη και τά κατα τοϋτον πώς έγένετο) des zwischen Metellus und Pompeius beinahe in Konkurrenz geführten Piratenkrieges konzipiert - systematisch Spannung auf: Zunächst wird die immer stärkere Ausweitung der Piraterie nebst ihren Ursachen geschildert; selbst die Weltmacht Rom ist, wie Kap. 23 lehrt, angesichts einer solchen Entwicklung ratlos. Nachdem mit dem Ende von § 3 (... έν τε απορία και άνελπιστία τοϋ κατορθώσειν τι πολλή έγένοντο sc. οι 'Ρωμαία) der höchste Punkt der Spannungskurve erreicht ist, tritt in § 4 die Peripetie ein: ... πριν δή Αυλός τις Γαβίνιος δήμαρχος γνώμ,ην έδωκεν _ Ein ganz ähnlich strukturiertes Beispiel für eine solche dramatische Darstellungsweise findet sich übrigens in der Anabasis des Xenophon, wo zu Beginn des dritten Buches zunächst die schier ausweglose Situation der 'Zehntausend' (1,2) und deren daraus resultierende Verzweiflung (1,3) beschrieben werden; dann folgt in § 4 der befreiende Satz: ήν δέ τις έν τη στρατιί Ξενοφών 'Αθηναίος _ .

2. Die Vorbehalte gegenüber einer umfassenden militärischen Lösung

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infinitum gegen die Seeräuber übertragen worden 120 . Das Unternehmen endete zwar mit einem Fiasko, allerdings kaum deshalb, weil die strategische Grundkonzeption fehlerhaft gewesen wäre, sondern auch, aber nicht nur aufgrund der mangelnden militärischen Befähigung des zuständigen Beamten. Als Präzedenzfall freilich ließ sich der Senatsbeschluß des Jahres 74 allenfalls nach juristischen, keineswegs aber nach politisch-sozialen Kriterien geltend machen 121 . Anders formuliert: Es dürfte, und das ist durchaus symptomatisch für die Agonie der römischen Adelsrepublik, der dem Antonius aufgrund seines kläglichen Scheiterns verliehene Spottname (Creticus) im Senat kaum eine solche Verstimmung hervorgerufen haben wie das cognomen, welches sich Pompeius bereits bei früherer Gelegenheit erworben122 und in der Folgezeit dann immer wieder als zutreffend bestätigt hatte: Magnus 123 . Genau hier offenbart sich bereits ein wesentli120 121

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Cf. u. S.270ff. Schon Vellerns Paterculus erfaßt recht präzise, daß unter innenpolitischem Aspekt die überlegene militärische Begabung des Pompeius und die Mediokrität des Antonius in den Augen der Senatorenschaft eine geradezu diametral entgegengesetzte Wertigkeit besaßen: quo scito (sc. die lex Gabinia) paene totius terrarum orbis imperium uni viro deferebatur; sed tarnen idem hoc ante biennium (septennium [Krause]) in M. Antoni praetura decretum erat, sed interdum persona ut exemplo nocet, ita invidiam äuget aut levat: in Antonio homines aequo animo passi erant; raro enim invidetur eorum honoribus, quorum vis non timetur: contra in iis homines extraordinaria reformidant, qui ea suo arbitrio aut deposituri aut retenturi videntur et modum in voluntate habent (2,31,3f.). Wahrscheinlich wurde Pompeius zuerst von seinen Soldaten nach dem siegreich beendeten Afrikafeldzug im Jahre 81 als Magnus tituliert; indem Sulla dann den zurückgekehrten Imperator mit eben diesem Beinamen begrüßte, verlieh er diesem einen gleichsam offiziellen Charakter; hierzu ausführlich O. Weippert, Alexander-Imitatio und römische Politik in republikanischer Zeit, Diss. Würzburg 1970 (Augsburg 1972), 63ff. (mit Quellenangaben). Schon die sich in der Wahl des Beinamens manifestierende Alexanderimitation liefert einen deutlichen Beleg für die Krise des überkommenen politischen Wertesystems. Die von einzelnen Männern wie Pompeius, Caesar, M. Antonius u.a. immer öfter praktizierte Selbstidentifizierung mit jenem 'Inbegriff monarchischer Allmacht, der Inkarnation königlicher Würde und königlichen Anspruches' (A. Heuß, Alexander der Große und die politische Ideologie des Altertums, in: AA 4 [1954], 65-104, hier: 68) und das geforderte aristokratische Standesbewußtsein wurden zu Polen eines sich verstärkt auswirkenden politischen Spannungsfeldes. Zur imitatio Alexandri in Rom cf. Weippert, I.e. (o. A.122); D.R. Cunningham, The Influence of the Alexander Legend on Some Roman Political Figures, Diss. Washington 1971; D. Michel, Alexander als Vorbild für Pompeius, Caesar und Μ. Antonius, Brüssel 1967 (mit Konzentration auf die archäologischen Quellen); zur Alexandertradition im Hellenismus cf. C. Böhm, Imitatio Alexandri im Hellenismus, Untersuchung zum politischen Nachwirken Alexanders

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V. Das ungelöste Piraterieproblem und die römische Führungselite

ches Problem der 'großen Heereskommanden', welche, gerade wenn jemand wie Pompeius die gestellte Aufgabe zum wiederholten Male mit Bravour löste, das Sozialprestige des betreffenden Befehlshabers weit über das der übrigen nobiles hinaus steigern mußten - mit gravierenden Folgen für deren politische Stellung; denn indem sie es nicht zu verhindern vermochte, daß ein einzelner immer wieder mit derartig umfassenden Machtbefugnissen ausgestattet wurde, ging die römische Aristokratie als Ganzes beinahe zwangsläufig der Legitimität ihres Herrschaftsanspruches verlustig, die sie stets so sorgfaltig gehütet und durch die für die res publica erbrachten Leistungen kontinuierlich unter Beweis gestellt hatte: Die sei es als Comment mehr oder minder naiv praktizierte, sei es später als gesetzliche Bestimmung fixierte Reglementierung der magistratischen Amtsgewalt vor allem in ihrer zeitlichen Dimension folgte nämlich durchaus einer doppelten - interdependenten - Zielsetzung; einmal galt es, indem man sowohl die Amtsdauer selbst limitierte als auch zwischen die einzelnen Etappen des cursus honorum mehrjährige Karenzzeiten legte und ein Mindestalter der Kandidaten bestimmte, die Möglichkeiten des einzelnen zu beschneiden, zum anderen aber knüpfte sich hieran zwingend die Existenz eines erweiterten Kreises regimentsfähiger und daher potentiell gleichrangiger Persönlichkeiten. Derartige konstitutionelle Restriktionen fungierten demnach zugleich stets als eine Art Verteilungsschlüssel, welcher im Sinne des bestehenden politisch-sozialen Systems gerade eine prestigebezogene Ausgewogenheit unter dessen Repräsentanten zu gewährleisten hatte124. Doch wurde dieses für das Funktionieren einer jeden Adelsrepublik elementare Prinzip der aristokratischen Gleichheit auch in anderer Beziehung empfindlich gestört. Denn indem die genannten Regulationsmechanismen in immer stärkerem Maße außer Kraft gesetzt wurden und infolgedessen einzelne nobiles ein überdimensioniertes Anwachsen ihrer auctoritas125 verzeichneten, verbanden sich hiermit auch andere, konkreter meßbare Gewichtsverschiebungen innerhalb des aristokratischen Führungskollektivs. Sowohl nämlich als Resultat wie auch als Gradmesser entsprach der auctoritas eines römischen Senators die Größe seiner Klientel, welche gerade im Falle eines siegreichen Feldherrn unter den Ver-

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des Großen in hoch- und späthellenistischen Monarchien, Diss. Köln 1986 (München 1989). Hierzu cf. bes. Kloft, Prorogation 88f. Zum Begriff cf. R. Heinze, Auctoritas, in: Hermes 60 (1925), 348-366 ( = ders., Vom Geist des Römertums, Darmstadt [είτε νόμος, η κατά συγκλήτου δόγμα την Μα]κεδονίαν/ έπαρχείαν εξει _ (Β 27f.) στρατη[γός] [άν]τιστράτηγος ανθύπατος δς τε α[ν]/ κατά [τοϋτ]ον [τ]όν νόμον η ψήφισμα ή συγκλήτου δό/γμα < τ ή ν > Μακεδονί]αν έπαρχείαν διακατέχηι διακαθέ/ε[ι 80 ... (IV 6ff.) 81 Ferrary geht nicht so weit wie Carcopino82 zu behaupten, die lex entäußere den Senat für die weitere Zukunft seiner Entscheidungsbefugnis über die Vergabe der genannten Provinzen. Diese ohnehin kaum denkbare partielle Exemtion sieht Ferrary im Gefolge von Lintott überdies durch den Text selbst widerlegt, wo die Verwaltung von Macedonia auf die Grundlage der staatsrechtlichen Alternative eben dieses Gesetzes bzw. Plebiszits 83 oder eines Senatsbeschlusses gestellt wird. Eine solche Formulierung nehme, so Lintott, nicht ausschließlich auf 'whoever governs Macedonia in conformity with this law' Bezug, sondern 'encompasses all future governors, the man appointed in the coming year 'ex hac lege' and those of future years whose appointment will depend on selection of provinces by senatus consultum,'84

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Zu dieser Form cf. ο. Α.46. Eine solche Formulierung findet sich auch III 10ff.: εκτός της έπαρχείας, < έφ > * ής αυτόν έπαρχείας κα/τά τοϋτον τόν νόμ,ον είναι δει η δεήσει _; III 36: τήν τε Κιλι/κίαν διά τοϋτο τό πράγμα κατά τοϋτον τόν νό/μον έπαρχείαν στρατηγικήν πεποιηκέναι (sc. τόν δήμον τόν 'Ρωμαίων) _ ; Β 27: δσα αν κατά τοϋτον τόν [νόμον την έπιμέλειαν έχωσιν . . . . Loi romaine 125 (ähnlich Stuart-Jones, Roman Law 173: 'in any case it is an interesting monument of a shortlived phase of democratic government and the attempt to substitute the people for the senate in the conduct of Imperial affairs.') Ebensowenig läßt sich, wie Ferrary (Recherches 630) gezeigt hat, Carcopinos Vermutung, jene Klausel habe Glaucia die Übernahme der Provinz Macedonia als Nachfolger des T. Didius sichern sollen (Loi romaine 127), halten, da jener im Jahr 100 in Rom (vermutlich als praetor urbanus) blieb. Zu dieser Standardformulierung cf. Mommsen, Staatsr. 3, 159 A.2 und für die entsprechenden Parallelstellen den Index zum CIL I 2,2? s.v. 'plebiscitum' (p. 781). Notes 69 A.14. Allerdings richten sich die aufgezählten Weisungen nicht sämtlich an alle künftigen Statthalter. Diese sind zwar auch angesprochen, wie die Formulierung καθ' έκαστον ένιαυτόν (IV 18f.) zeigt, doch ergeben sowohl die Auflage, sich unverzüglich (B 28: εύ[θύς], IV 9: [εύθύ]ς) in die jüngst annektierten Gebiete zu begeben, als auch die dort vorzunehmende Grenzziehung (hierzu cf. u. A.91) nur unmittelbar im Kontext der

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Doch beweist eine solche per Volksgesetz verfügte Besetzung einer oder mehrerer Statthalterposten tatsächlich zwingend dessen populäre Provenienz? Oder anders gefragt: oblag jene Aufgabenverteilung traditionell wirklich ausschließlich dem Senat, und bedeutete eine Durchbrechung dieses Prinzips in aller Augen eine verfassungsrechtliche Revolution? Daß dem aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so war, zeigt eine wenngleich kleine - Zahl von Fällen, wo ein derartiger Volksbeschluß geradezu auf Anregung der patres selbst zustandekam. So zu Beginn des Jahres 202, als es unter der Senatorenschaft offenbar zu einer Meinungsverschiedenheit darüber gekommen war, wer den Entscheidungskampf in Afrika gegen Hannibal führen solle; da beide Konsuln äußerst erpicht auf diese provincia waren, andererseits aber eine im Senat zahlenmäßig starke Faktion die Ablösung des in jenem Bereich bereits pro consule kommandierenden Scipio85 nicht wünschte, beauftragte man die Volkstribunen, das Volk darüber zu befragen, quem vellet in Africa bellum gerere. Die Antwort fiel eindeutig aus: omnes tribus P. Scipionem iusserunt. Nichtsdestoweniger ließ der Senat - vermutlich aus Gründen der Diplomatie - über Africa losen, mit dem Ergebnis, daß 71. Claudius (der eine Konsul) pari imperio cum P. Scipione imperator esset*6. Während bei dieser Volksbefragung demnach offenbar senatsinterne Gründe ausschlaggebend waren, spielten zehn Jahre später bei einem im Prinzip ähnlichen Vorgang andere Faktoren eine Rolle: Vermutlich um anders als im Jahre 200, als die comitia die geforderte Kriegserklärung gegen Philipp V. zunächst verweigert hatten - dieses Mal von vornherein eine breitere Basis für die Kriegsvorbereitungen gegen Antiochos III. zu schaffen87, wurden aufgrund eines senatus consultum und eines danach gewiß auf Betreiben der patres - gefaßten Pebiszits zwei der bereits verlosten Provinzen umbesetzt88. Wenngleich nun die hier genannten Belege relativ früh liegen und sich überdies eine größere Zahl von Fällen finden läßt, wo das Volk sich mit seinem Votum in der Tat dem Willen des Senats widersetzte89, gemahnen jene doch, derartige Gesetzesinitiativen nicht a priori als einen populären, senatsfeindlichen Akt zu interpretieren. Gibt es in der lex de piratis andere Indizien dafür, daß der Versuch unternommen wurde, die Position des Senats zu unterminieren? Es zeigt sich schnell, daß keine Rede sein kann von einer Politik, die sich gegen die Majorität der römischen Aristokratie, wie sie durch jenes

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gerade vollzogenen Eroberung einen Sinn und beziehen sich wohl ausschließlich auf den Promagistrat des folgenden Jahres. Cf. Broughton, MRR 1, 317. Liv. 30,27,1-5. Cf. Briscoe, Commentary II 174. Liv. 35,20,9f. Die Belege hat Bleicken, Lex 118 A.38, zusammengestellt.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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Gremium repräsentiert wurde, gerichtet hätte. Nichts vermag dies besser zu veranschaulichen als die Tatsache, daß nirgends innerhalb des Gesetzestextes die Bindungen des einzelnen nobilis an das Standeskollektiv in irgendeiner Weise gelockert worden wären; genau dies hätte ja beispielsweise die Konstituierung jenes in der Forschung häufig postulierten Imperium extra ordinem mit einiger Wahrscheinlichkeit nach sich gezogen. Die lex de piratis dagegen präsentiert die vor allem seit der Gracchenzeit brüchig gewordene Homogenität des römischen Adelsstaates in geradezu umgekehrter Form, indem hier der in früheren Zeiten kaum jemals hinterfragte politische Primat des Senats über die allein offenbar nicht mehr ausreichenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten (mos maiorum) hinaus zusätzlich formaljuristische Stützen erhält90. Dies kommt überaus deutlich darin zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber die durch seine Initiative betroffenen Magistrate bzw. Promagistrate mit Nachdruck der senatorischen Autorität unterwirft. So darf der Statthalter von Makedonien seine Provinz nach der abdicatio nur aufgrund eines συγκλήτου δόγμα verlassen 91 . 90

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Die lex de piratis gehört damit auch in die Tradition solcher Gesetze, welche vor allem seit dem 2. Jh. das überkommene aristokratische Wertesystem juristisch positivieren und so der Desintegration der Adelsgesellschaft entgegenwirken wollen. Sie alle verfolgten im wesentlichen das Ziel, das Verhältnis zwischen dem Individuum - als politischem Funktionsträger wie als Privatperson - und dem Kollektiv zu normieren. Entsprechend war von solchen Reglementieningsversuchen nicht nur der politische Bereich betroffen, wovon zahlreiche leges de ambitu (cf. o. S.178 A.37) oder annales (cf. o. S.193 A. 113) Zeugnis ablegen; sondern ebenso wurden Vorschriften hinsichtlich des ökonomischen Wirkens (lex Claudia de nave senatorum, cf. o. S.82 A.85) und der häuslichen Lebensführung (leges sumptuariae, cf. Baltrusch, Regimen 40ff.) erlassen. IV 24ff.: ούτος/ ό στρα[τ]ηγός η ανθύπατος [τε] δ [τε] την της Μακεδο/νίας έπαρχείαν διακατέχων προ τοϋ έκ της έπαρ/ χεία[ς έ]κχωρεΐν κατά τό της συγκλήτου δόγμα/ το έπ' αυτόν γενόμενον δμα της Χερσονήσου της προσόδο[υ] (dies ist Blümeis neue Lesung anstelle von Καιν[ι.κής] in REP) στήση < ι > (für diese Lesart - anstelle von Καινε[ι]κής η < ι > , hat Martin [Note 153ff.] überzeugende Argumente vorgetragen), ούτως καθώς αν αύτώ. δοκήι κάλλισ/τα γεγ[ο]νέναι, ώς τάχιστα. Der Teil κατα το _ δόγμα hängt ziemlich sicher von έκχωρεϊν ab, nicht von dem folgenden στήσηι, da dies mit καθώς _ γεγονέναι inhaltlich kollidierte (es wäre allerdings bei dieser Konstruktion immerhin denkbar, daß der Senatsbeschluß den großen Rahmen absteckte, innerhalb dessen der Statthalter dann nach eigenem Ermessen frei agieren konnte). Überdies wirkt es plausibler, aufgrund der Formulierung έπ' αύτόν den Senatsbeschluß nicht nur auf eine einzelne Aufgabe des Statthalters, sondern auf sein gesamtes promagistratisches Wirken zu beziehen. Fraglich erscheint mir, ob die wiederum von Martin (Note 157f.) vorgeschlagene Lesart έπ' αύτοϋ berechtigt ist. Zwar finden sich in der Tat kaum irgendwelche epigraphischen Belege für επί m. Akk. in der hier geforderten Bedeutung, doch erscheint επί m. Gen. als

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Überhaupt ist ein solches exire de provincia - wir wissen nicht, ob nur für die beiden im Zentrum dieses Gesetzes stehenden Provinzen Asia und Macedonia oder für alle - scharfen Restriktionen unterworfen: es war dem Statthalter, εί μη άπο συγκλήτου γνώμης, generell verboten, seinen Amtssprengel zu verlassen; und ebensowenig durfte er bzw. seine Unterbeamten, für die er verantwortlich war, die ihm unterstellten Truppen über die Grenzen seiner Provinz hinaus führen, es sei denn zum Zwecke des Durchzugs oder, wenn es im Staatsinteresse unumgänglich war92. Die hier verfügten Beschränkungen stehen in einem unverkennbaren Gegensatz zu jener 'grenzübergreifenden' Strategie, wie sie die Imperien des M. Antonius Creticus und dann des Cn. Pompeius kennzeichnete. Sie fügen sich vielmehr bestens in die Tradition solcher Gesetze ein, die im Jahre 56 Cicero zur Sprache bringt, um die Verfehlungen des L. Calpurnius Piso Caesoninus, des damaligen Statthalters eben jener Provinz Macedonia, aufzuzeigen: exire de provincia, educere exercitum, bellum sua sponte gerere, in regnum iniussu populi Romani aut senatus accedere, quae cum plurimae leges veter es, tum lex Cornelia maiestatis, Julia de pecuniis repetundis planissime vet at.93

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Datierung des Senatsbeschlusses, wie Martin vermutet, in diesem Kontext kaum plausibel; denn anders als in der von Martin angeführten Parallelstelle παρά τό δό/[γ]μα της συγκλή[τ]ου το επί Ποπ[λίου Κορ]νηλίο[υ ... (Sherk, RDGE 15, 20f., p. 88), wo in sicher korrekter Ergänzung der die Senatssitzung leitende Beamte genannt wird, ist eine solche Annahme in unserem Fall kaum wahrscheinlich, da dann der Statthalter von Macedonia noch vor der Übernahme seiner provincia den Senatsbeschluß betreffs seiner künftigen abdicatio hätte herbeiführen müssen. Dagegen ist die Konstruktion mit dem Akkusativ durchaus sinnvoll: 'entsprechend dem Senatsbeschluß, der im Hinblick auf ihn gefaßt wurde' o.ä. III lOff.: έκτος της έπαρχείας, < έ φ ' > ής αυτόν έπαρχείας κα/τα τοϋτον τόν νόμον είναι δει η δεήσει,/ εΐ μη άπό συγκλήτου γνώμης πορεύεσ/θαι μήτε προαγέτω εί μη διαπορείας ένε/κεν ή δημοσίων χάριν πραγμάτων, τους τε έ/αυτοϋ κωλυέτω {είδώς} άνευ δόλου πονηρού ...; zu είδώς άνευ δόλου πονηρού cf. Badian, Dolus malus 16Iff. Pis. 50. Cf. Cass. Dio 39,56,4: (unter Bezugnahme auf A. Gabinius im Jahre 55, cf. Broughton, MRR 2, 218) ... άπαγορεύοντος μεν τοϋ νόμου μήτε εις την ύπερορίαν τους άρχοντας άποδημεΐν ...; es läßt sich nicht sagen, ob der Autor hier auf ein bestimmtes Gesetz (die lex Iulia repetundarum ?) oder pauschal auf alle entsprechenden Inhalts Bezug nimmt. Außerdem darf daran erinnert werden, daß auch in der fiktiven CatulusRede (cf. o. S.192ff.) ein wesentlicher Kritikpunkt auf eben jene überterritoriale Komponente zielt, welche die lex Gabinia für das zur Disposition stehende imperium vorsah, und daß die Forderung, stattdessen eine Reihe unabhängiger Befehlshaberstellen zu schaffen (Cass. Dio 36,36,lf.), keiner anderen Intention folgte als die von Cicero zur Sprache gebrachten Gesetze.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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Unter den leges veteres mag Cicero möglicherweise nicht nur das 'Piratengesetz', sondern auch eine lex Porcia, die in denselben zeitlichen wie politischen Kontext zu gehören scheint, vor Augen gehabt haben. Die lex de piratis nimmt jedenfalls in einer (allerdings schwer verstümmelten) Passage Bezug auf ein von einem Praetor namens Μααρκος Πόρκιος Κάτων eingebrachtes Gesetz, für dessen Datierung wie Inhalt gewisse Anhaltspunkte geboten werden94: Die Tatsache, daß die Datumsangabe ohne die Nennung der amtierenden Konsuln erfolgt, hat Lintott annehmen lassen, diese lex gehöre in dasselbe Jahr wie das 'Piratengesetz' 95 . Doch abgesehen davon, daß die Datumsangabe als solche nicht unproblematisch ist96, besteht überdies die Schwierigkeit ihres syntaktischen Bezugs, da ihre Unterordnung unter έκύρωσε zwar wahrscheinlich, aber nicht gänzlich gesichert ist97. Allerdings spielt die exakte Datierung dieses Gesetzes in unserem Zusammenhang gar keine entscheidende Rolle. Relevant ist vielmehr dessen inhaltliche Zielrichtung, welche mit derjenigen der lex de piratis wenigstens teilweise zu kongruieren scheint: Denn auch jenes hat vermutlich nicht nur die Aktivitäten des Provinzstatthalters ausschließlich auf dessen Amtssprengel fixiert 98 , sondern gehört wahrscheinlich ebenso zu denjenigen - wenigen - Gesetzen, deren Anliegen darin bestand, das System der römischen Provinzverwaltung für die Betroffenen berechenbarer und vielleicht auch erträglicher zu gestalten. Sofern es nämlich mit dem gleichnamigen Gesetz, auf welches die lex Antonia de Termessibus99an einer Stelle Bezug nimmt, identisch ist100, waren in ihm auch diejenigen Sonderleistungen, welche - möglicherweise alle - von Tributzah94

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III 4ff.: (νόμος) δν Μααρκος Πόρκιος/ Κάτων στρατηγός έκύρωσε προ ήμερων ε' τ/ών Φηραλίων, έκτός της έπαρχείας έκτασ]σέτω - fast unleserlich - μήτε άγέτω.... Notes 81. Nach einer gegenüber REP neuen Lesart von Reynolds bezieht sich die Datumsangabe nicht auf den 3. Februar (einen dies nefastus, cf. ILLRP 12, III p.26), sondern den dritten Tag vor den Feralia, den 21. Februar, cf. Sherk, Rome 55 m. A.26. Man weiß nicht, ob das Datum nicht möglicherweise zu einem Verbum gehört, welches in den drei folgenden nahezu unleserlichen Zeilen steht, cf. REP 210; Ferrary, Recherches 632f. Denn abgesehen von der Tatsache, daß das Piratengesetz in diesem Kontext überhaupt auf die lex Porcia Bezug nimmt, bestätigen das auch die wenigen aus jener wohl zitierten Teile, die in III 6f. noch lesbar sind: dort ist ein έκτος της [έ]παρχε£ας zu erkennen, das wegen des in der nächsten Zeile anschließenden μήτε verneint sein muß. FIRA* 11, pp. 135ff.; Girard/Senn, Lois III 12, pp. 70ff. (mit einer Diskussion der neueren Literatur), cf. Dahlheim, Gewalt 236ff.; SherwinWhite, Rome 11 ff. Darauf verwiesen als erste Lintott (Notes 81) und Sherwin-White, Rome 6 m. A.27.

234

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

lungen befreiten amici et socii populi Romani zu entrichten hatten101, spezifiziert und somit der willkürlichen Einstufung durch die Statthalter entzogen. Eine solche - wenngleich gewiß eher durch das Eigeninteresse der Römer motivierte (cf. u. S.240ff.) - Anteilnahme am Schicksal der von ihnen Abhängigen läßt jedenfalls auch das 'Piratengesetz' dort erkennen, wo an den Statthalter von Macedonia die Weisung ergeht, nach Kräften Unrecht von den befreundeten und verbündeten Staaten abzuwehren102. Auch hier zeigt sich also wieder, daß eine Hauptintention des 'Piratengesetzes' nicht in einer Schwächung der politischen Stellung des Senats, sondern in einer Reglementierung der promagistratischen Amtsgewalt bestand103; und nur aufgrund dieser Deutung findet das von den Statthaltern von Asia und Macedonia, nicht aber von den patres geforderte iusiurandum in legem (sowie die harten Sanktionen bei dessen Übertretung)104 eine hinreichende Erklärung105. Doch scheint man sich hierauf nicht beschränkt zu haben, wie das Beispiel wiederum des Statthalters von Makedonien lehrt: Diesem waren offenbar aufgrund eines Plebiszits 106 einige Truppenkontingente inklusive 101

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Das Gesetz legte fest: neive quis magistrates! prove magistratu legatus neive quis alius facitol/ neive imperato, quo quid magis iei dent praebeant! ab ieisve auferatur, nisei quod eos ex lege Porcia/ dare praebere oportet oportebit (c.2 14ff.). Cf. u. S.247 A.161. Dies bestätigt auch die genaue Auffuhrung deijenigen Kompetenzen, über die der Statthalter nach seiner abdicatio bis zur Rückkehr nach Rom verfügen sollte (IV 32ff., hierzu cf. auch ο. A.43). In gewisser Weise mag diese Passage der lex Cornelia de provinciis ordinandis (Rotondi. Leges 353, vgl. zuletzt Giovannini, CI 73ff., mit weiterer Literatur) als Vorbild gedient haben; auch dort nämlich war verfügt, daß ein Promagistrat lege Cornelia Imperium habiturum, quoad in urbem introisset (Cie., Fam. 1,9,25); cf. IV 38f.: έως τούτου εως αν/ εις την ['Ρ]ώμ.ην έπανέλθηι (vgl. C 3). Auch dieses Faktum dürfte darauf hindeuten, daß das 'Piratengesetz', wenn wirklich eine Einordnung in die Tradition entweder populärer oder optimatischer Gesetzgebung möglich bzw. nötig ist, eher unter letztere subsumiert werden sollte. Cf. o. S.225f. Dies alles widerspricht der Annahme, daß es sich bei lex de piratis um einen Akt populärer Politik handelte; freilich ist damit noch keinesfalls die optimatische Provenienz bewiesen, da ja, wie wir gesehen haben, beispielsweise auch die gewiß nicht aus einem solchen Umfeld stammende lex Iulia de pecuniis repetundis über den Promagistrat dieselben territorialen Restriktionen verhängte wie das 'Piratengesetz'. Die Konsuln waren κατά (τον) νόμον η ψήφισμα (zu dieser Standardformulierung für ein Plebiszit cf. o. S.223) angewiesen, die Truppenüberstellung (in eigener Initiative) in die Wege zu leiten: ύπατα όφχο[ν]τες ους στρατιώτας κατά/ νό[μ.]ον η ψήφισμα προς τον στρατη/γόν [ή

2. Das 'Piratengesetz' (100)

235

der notwendigen Verproviantierung zugesagt worden107. Da jedoch mit dem militärischen Erfolg des T. Didius108 die Verlegung solcher Einheiten als unnötig angesehen wurde, erging an die Konsuln die ausdrückliche Weisung, den Bestimmungen jenes Plebiszits nicht nachzukommen109 ανευ ιδίου έΧασσώματος110. Welche militärstrategischen Erwägungen auch immer bei dieser Entscheidung mit hineingespielt haben mögen, eine solche Klausel fügt sich ausgezeichnet in den Kontext der oben zur Sprache gebrachten Forderungen des 'Piratengesetzes' ein; denn so verringerten sich für den Statthalter zusätzlich die Möglichkeiten, jenseits der eigenen Provinzgrenzen, an die er streng gebunden sein sollte 111 , militärische Abenteuer - eventuell sogar auf Kosten irgendwelcher socii - zu suchen. Davon, daß an die konstitutionelle Substanz des senatorischen Regiments in irgendeiner Weise gerührt worden wäre112, findet sich in der lex de piratis nicht die geringste Spur, eher ist das Gegenteil der Fall. Doch erwecken ihrerseits die in das Gesetz eingebauten Sicherheitsvorkehrungen gegen etwaige magistratische Kompetenzüberschreitungen kaum den Eindruck, als resultierten sie angesichts der jüngsten tempestas popularis

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ά]ντι[σ]τράτηγον η άνθύπατον τόν/ την Μ[ακε]δονίας έπαρχείαν διακατέχοντα/ δπ[ως] άποκα,τασταθώσιν τούτω, τε/ ϊν[α] παραδ[ο]θώσιν παήσαι φροντίσαι δει ή/ δεήσει _ (II 12ff.); sowie eine Senatssitzung einzuberufen, wo die Höhe der - zu verpachtenden - Proviantlieferung festgelegt werden sollte: πε/ρί τε ών αυτούς ύπατους επί την σύγκλη/τον κατά τόν νόμον η ψήφισμα έπανε/νεγκεΐν δει ή δεήσει, δ τούτοις τοις/ στρατιώταις τοις έν Μακεδονίαι oö/σιν σίτου δοθήσεται, δσον ή σύγκλητος δί/καιον ήγήσεται μισθώσαι... (II 23ff.). Vermutlich handelte es sich hier nicht um eine zusätzliche Verstärkung. Vielmehr liegt es angesichts der Formulierung άποκατασταθώσιν nahe, mit Ferrary (Recherches 63lf.) anzunehmen, daß jenes Plebiszit aufgrund einer akuten Krisensituation einen Teilabzug der in Macedonia stationierten Truppen angeordnet, zugleich aber für die Zukunft deren Rückgabe verfügt hatte. Cf. o. S.223 A.54. II 18ff.: ... ούτοι οΐ ύπατα τούτους τούς/ στρατιώτας εις την Μακεδονίαν εις/ την έπαρχείαν μή άποστελλέτωσαν/ μήτε άποκομισθήναι μήτε παραδοθήναι/ φροντισάτωσαν _; II 29f.: ... 'όπως μισθω/θή, τοϋτο α ύπατα έπι την σύγκλητον/ μη άναφερετωσαν μήτε μισθωσάν[των. Diese salvatorische Formel entspricht dem lateinischen sine bzw. sed fraude sua, cf. den Index zum CIL I, 2,2* p.773, s.v. 'fraudei'. Darauf weist, wie Giovannini/Grzybek (Lex 40) festgestellt haben, auch die Tatsache hin, daß die für die Provinzen Asia und Macedonia vorgesehenen territorialen Erweiterungen, die kaineische Chersones und Lykaonien, im Gesetzestext genau spezifiziert werden (IV lOff. bzw. III 22ff.). Dies wird ebenso dadurch bestätigt, daß im Zusammenhang mit der geplanten Propagandakampagne die Magistrate bzw. Promagistrate ausdrücklich dazu angehalten wurden, in Ubereinstimmung mit dem Senat zu handeln (B 14f.).

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

aus einer unerbittlichen optimatischen Reaktion; sie erscheinen vielmehr als verfassungsrechtliche Normalität113, die, darüber dürfte unter den Zeitgenossen Konsens bestanden haben, dem Gegenstand des Gesetzes auch angemessen war. Denn nach allem, was wir aus dem Text der lex de piratis selbst und aus ihrem historischen Umfeld wissen, lag damals hier anders als im Jahre 67 - noch keinerlei politischer Konfliktstoff zugrunde, und dies verwundert keineswegs, wenn man sich über die Intention des Gesetzes sowie gerade deren geplante Realisierung Rechenschaft ablegt.

2.4. Die inhaltliche Zielsetzung Schon nämlich die Bezeichnung 'Piratengesetz' wirkt in einem hohem Maße fragwürdig, da der Text Stellen aufweist, die sich mit einer als Primärziel unterstellten Bekämpfung des Seeraubs nicht in Verbindung bringen lassen. So hatte bereits der nur fragmentarisch erhaltene Schlußteil von Delphi Β gezeigt, daß außer dem für die Pirateriebekämpfung einzig relevanten geographischen Raum Kleinasiens ebenso die Provinz Macedonia in dem Gesetz eine gewisse Rolle spielte, ein Verdacht, der sich durch die in C (Zz. 4 u. 8) teilweise anzutreffende Alternativbezeichnung 'Ασία η Μακεδονία verdichtete und der dann infolge des knidischen Neufundes vollends bestätigt wurde. Hier nämlich behandeln zwei größere Passagen (II 12-31; IV 6-31) administrative Fragen, welche ausschließlich Macedonia betreffen. Die Pirateriebekämpfung kann also nur einen - wenngleich bedeutsamen - Teil einer weiter reichenden politischen Konzeption gebildet haben, die es nun zu charakterisieren gilt. Fragwürdig ist allerdings schon die hier gewählte Formulierung 'YwaXentbekämpfung', insofern sie ein aktives, ja offensives Handeln suggeriert. Dies erweist sich aufgrund einer kritischen Sichtung des Gesetzestextes schnell als Illusion. Denn wenn Rom im Osten mit einigem propagandistischen Aufwand seine Absichtserklärung, ωστε τους/ πολίτας 'Ρωμαίων καί τους συμμάχους Λα/τίνους τε των τε εκτός εθνών ά'τινες έν/ τηι φιλίαι τοϋ δήμου 'Ρωμαίων είσίν μετά άσ/φαλείας πλοίζεσθαι δύνωνται ...114, publizierte, dann war hier nicht daran gedacht, zu deren Realisierung noch eine umfangreiche Militäraktion durchzuführen. Vielmehr deutet alles auf eine strikt defensive Grundhaltung des Gesetzgebers hin, dem vor allem an ei113

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Es lassen sich während des ganzen 2. Jh. Fälle finden, wo einzelne Beamte dem Einfluß des aristokratischen Standeskollektivs zu entgleiten drohten, cf. die Nachweise bei Giovannini/Grzybek, Lex 42f. III 3Iff., statt δύνωνται. wäre δύνασθαι zu erwarten ( = Β 6f.: ... 'όπως πολΐται "Ρωμαίων σ[ύμ.μαχοί] τε έκ της 'Ιταλίας Λατίνοι τά τε [έκτος έθνη - I . . . κατα θ]άλασσαν ασφαλώς πλεΐν δύνω[νται] _).

2. Das 'Piratengesetz' (100)

237

ner Arrondierung und Bewahrung des Status quo gelegen gewesen zu sein scheint. Zu diesem Zweck aber waren - insbesondere gegenüber dem Seeraub gerade auch vorbeugende Maßnahmen unerläßlich, unter denen die Einrichtung einer επαρχεία στρατηγική in Kilikien als die unbestritten wichtigste fungierte - Rom erachtete es (freilich weniger aus diplomatischer Höflichkeit) sogar für notwendig, über diesen Akt die nominell selbständigen Staaten des hellenistischen Ostens in Kenntnis zu setzen. Welcher konkrete politisch-juristische Status verbirgt sich hinter jener griechischen Übersetzung? Es stellt sich dem Historiker hier anscheinend folgende Alternative: Hatten die Römer bereits mit dem Jahr 100 die endgültige territoriale Annexion Kilikiens vollzogen oder war von ihnen damals dort nur ein - nicht notwendigerweise dauerhaftes - militärisches Kommando außerhalb derjenigen Sphäre geschaffen worden, die ihrer kontinuierlichen politischrechtlichen wie ökonomischen Administration unterstand? Die Relevanz einer solchen Fragestellung für die vorliegende Studie ist augenfällig, da der Grad der in Kilikien vollzogenen Provinzialisierung einen Indikator auch dafür bietet, in welchem Umfang die gegen den Seeraub in die Wege geleiteten Maßnahmen für deren Initiatoren innenpolitische Rückwirkungen besaßen, indem hier ein mehr oder minder großer Teil zu jener 'Extensivierung der res publica' (Chr. Meier) beigetragen wurde. Es ist angesichts der hinlänglich bekannten Ambivalenz der in unseren Quellen gewählten Terminologie provincia/snctpytßia. nicht im mindesten verwunderlich, daß das Problem von der Forschung derartig kontrovers diskutiert wurde115. 115

Gerade in der älteren Forschung war die Ansicht recht verbreitet, daß bereits im Jahre 102 (dieser Ansatz muß seit dem knidischen Neufund ohnehin um zwei Jahre vordatiert werden) die Annexion Kilikiens formell vollzogen worden sei, cf. Mommsen, RG 2 \ 133 m. Α.; Ormerod, Piracy 209; ders., in: CAH IX, 351; Colin, Traduction 85 m. A . l ; Ziebarth, Beiträge 33; A.H.M. Jones, The Cities of the Eastern Roman Provinces, Oxford 1937, 132; J.H. Stevenson, Roman Provincial Administration, Oxford 1939, 26; Jashemski, Origins 67. Dagegen scheint sich in neuerer Zeit die Überzeugimg durchgesetzt zu haben, daß die Einrichtung einer festen Provinz in Kilikien das Ergebnis erst der folgenden Jahrzehnte gewesen sei, cf. Holleaux, Στρατηγός l i m . A.2; R. Syme, Observations on the Province of Cilicia, in: W.M. Calder/J. Keil (Hrsg.), Anatolian Studies Presented to W.H. Buckler, Manchester 1939, 299-332, hier: 299; Magie, Roman Rule 1, 284f. m. Aa. 1162ff.; E. Badian, Sulla's Cilician Command, in: Athenaeum 37 (1959), 279-303, hier:285 ( = Studies 157-178, hier: 161); Β. Levick, Roman Colonies in Southern Asia Minor, Oxford 1967, 21; Th. Liebmann-Frankfort, La provincia Cilicia et son intdgration dans l'empire romain, in: J. Bibauw (Hrsg.), Hommages ä Monsieur Marcel Renard, II, Brüssel 1969, 447-457; dies., Frontiere 205ff.; Sherwin-White, Rome6ff.;

238

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Daß die von den Römern publizierte Mitteilung την τε Κιλι/κίαν δια τοϋτο τό πράγμα κατά τοϋτον τον νό/μ,ον έπαρχείαν στρατηγικήν πεπαηκέναι 116 für das auf die Verabschiedung folgende Jahr117 die Einrichtung einer praetorischen Provinz zum Gegenstand hatte, läßt sich nach den Ausführungen Ferrarys (Recherches 637ff.) kaum noch bestreiten118. Doch schon die Tatsache, daß jene Aufzählung von magistratischen Amtsbefugnissen nach der abdicatio119 offenbar nur die Statthalter von Asia und Macedonia, nicht aber den Praetor von Cilicia betrifft, deutet an, daß diese Provinz nicht unter dem Gesichtspunkt einer gewöhnlichen kontinuierlichen Administrationstätigkeit eingerichtet worden war120.

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Dahlheim, Gewalt 146ff.; Ferrary, RBGO 780f.; Sherwin-White, RFP 97 ff. III 35ff.; cf. Β 7. Es ist selbstverständlich nicht daran zu denken, daß Kilikien generell als eine provincia praetoria definiert wurde, da - jedenfalls in republikanischer Zeit - eine Provinz niemals als solche praetorisch oder konsularisch war, sondern diese Qualität nur entsprechend der üblicherweise wechselnden Zuweisung an einen Konsul oder Praetor erhielt, ohne daß deren Rang als selektive Größe a priori eine besondere Rolle gespielt hätte; zu dieser hinlänglich bekannten Tatsache cf. zuletzt Giovannini, CI 65 ff. Der von Sherwin-White (Rome 6ff.) vertretenen These, Kilikien sei im 'Piratengesetz' (rechtlich vergleichbar mit der kaineischen Chersones oder Lykaonien) nur als ein unter die Kompetenz des Statthalters von Asia fallendes militärisches Operationsgebiet definiert worden, hält Ferrary mit Recht entgegen, daß es dazu weder der Festlegung einer gesonderten provincia überhaupt bedurft hätte noch daß der in der griechischen Übersetzung gewählte Terminus επαρχεία στρατηγική einem lateinischen provincia militaris entsprechen könne; in diesem Fall wäre im Griechischen nicht nur eher das Adjektiv στρατιωτική zu erwarten gewesen, sondern es sei auch die Unterscheidung zwischen 'militärischen' und 'administrativen' provinciae mit römischen Rechtsvorstellungen nicht vereinbar. Überdies weise auch die von Sherwin-White nicht in Betracht gezogene Cicerostelle (de or. 2,2: patruus qui cum Antonio in Ciliciam profectus una decesserat - decedere dient ja als Terminus technicus für die Rückkehr des Statthalters aus seiner Provinz) darauf hin, daß Cilicia auch bereits im Jahre 102 als eine gesonderte, nicht aber Asia zugeordnete provincia vergeben worden sei. IV 3Iff.; Bruchstücke dieser Bestimmungen finden sich auch am Anfang von C. Es ist jedoch nicht gänzlich auszuschließen, daß eine solche Bestimmung an einer für uns verlorenen Stelle der Inschrift ausgeführt war, cf. REP 21 lf. Auch fällt es prima specie auf, daß anders als die amtierenden Statthalter von Asia und Macedonia der von Cilicia nicht zum Eid auf das Gesetz verpflichtet war; doch läßt sich dies recht plausibel damit erklären, daß M. Antonius nach seiner abdicatio, die spätestens zu Beginn des Jahres 101 erfolgt war, keinen Nachfolger erhalten hatte und jener Posten somit vakant war, cf. Ferrary, Recherches 637.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

239

Das scheint durch die Ereignisse der folgenden Jahre indirekt bestätigt zu werden, denn auch hier finden sich zunächst noch keine eindeutigen Hinweise für eine sich ebenfalls auf den zivilen Bereich erstreckende Verwaltungstätigkeit der Römer; im Gegenteil: gerade die anscheinend nur sporadische Übertragung der provincia Cilicia121 sowie der kontinuierliche Machtzuwachs, welchen die Piraterie in diesem Raum verzeichnete, legen den Gedanken nahe, daß die römische Führung an einer gerade auch geographischen Ausdehnung ihrer Herrschaft, soweit es ordnungspolitische Maßnahmen gegenüber dem Seeraub betraf, lange Zeit kein besonderes Interesse verspürte; die schließliche Eingliederung Kilikiens in den formellen Herrschaftsbereich dürfte dementsprechend zögerlich erfolgt sein. Es läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, wann das war. Cicero jedenfalls weiß zu berichten, daß Pompeius zum Abschluß seines Piratenkrieges totam ad imperium populi Romani Ciliciam adiunxit122. Daß diese annektierten Gebiete aller Wahrscheinlichkeit nach einer bereits vorhandenen ständigen Provinz Kilikien hinzugefügt wurden, bestätigen zwei Notizen bei Appian, denen zufolge 'Pompeius den noch nicht unter römischer Botmäßigkeit stehenden Teil Kilikiens den Römern unterwarf'123. Gewisse Parallelen zu der ebenfalls höchst widerstrebend durchgeführten Annexion Kyrenes sind, wie noch zu behandeln sein wird, gerade auch im Hinblick auf eine gegen den Seeraub gerichtete Politik unverkennbar. Im Jahre 100 jedenfalls scheint Rom in Kilikien zunächst ein vorläufiges Militärkommando124 eingerichtet zu haben - mit der Option, dieses auch in Zukunft entsprechend den jeweiligen Erfordernissen zu besetzen. Was bedeutet dies konkret? Dokumentiert sich hier der Entschluß, nach 102 zum zweiten Mal und nun vielleicht endgültig gegen die kilikischen Piraten zu Felde zu ziehen und trifft damit der in der Forschung oft verwendete präpositional-attributivische Zusatz de piratis überhaupt annähernd den Charakter dieser lex? Der Gesetzestext gibt uns diesbezüglich keine direkten Hinweise, da er - jedenfalls in seinen erhaltenen Passagen - für Kilikien ausschließlich das Faktum von dessen Provinzialisierung konstatiert; doch scheinen mir die an mehreren Stellen erkennbaren Motive des Gesetzgebers jener Annahme einer erneut gesuchten militärischen Konfrontation klar zu widersprechen.

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Cf. die Aufzählung und Diskussion bei Liebmann-Frankfort, Cilicia 449ff.; Frontiere 205ff. Imp. 35. Mithr. 499: κ tri Κιλικίας δέ, 'όσα. οϋπω "Ρωμαίας ύπήκουε _ 'Ρωμαίας καθίστατο _; cf. 580: _ και Κιλικίας τά μήπω σφίσι κατήκοα _ προσέλαβον (sc. 'Ρωμαία) . . . . Dieses erstreckte sich laut Ferrary (Recherches 631 m. A.51) ausschließlich auf den Küstenbereich nicht nur Kilikiens selbst, sondern auch Pamphyliens und Lykiens, worauf möglicherweise A 6 hindeutet.

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Zweifelsfrei manifestiert sich im 'Piratengesetz' seitens der Römer ein Bemühen zu ordnungspolitischer Wirksamkeit; doch war diese unverkennbar defensiv ausgerichtet. Das wird bereits durch die für Macedonia verfügte Truppenreduzierung sowie das an die Statthalter gerichtete Verbot, die Grenzen der eigenen Provinz zu überschreiten125, erkennbar. Innerhalb des ihnen zugewiesenen Amtssprengeis hatte fortan ihr Platz zu sein, und nicht riskante militärische Abenteuer, sondern solide Verwaltungsarbeit, zumal in den stets gefährdeten Grenzbereichen, war von ihnen gefordert. Das bezeugen eindeutig die an den Statthalter von Macedonia gerichteten Weisungen hinsichtlich der kaineischen Chersones, wohin jener nicht nur unverzüglich aufbrechen sollte 126 , sondern wo er bis zu seiner abdicatio auch insgesamt nicht weniger als sechzig Tage zu verweilen hatte127. Die Motive, welche hier den Ausschlag gaben, werden ganz offen ausgesprochen: Zum einen ging es um die Arrondierung der Grenzlande128, zum anderen dafür zu sorgen, daß die anfallenden Steuern eingenommen werden konnten129. Es ist nicht auszuschließen, daß diese - wenn nicht aus der gesamten Provinz Macedonia, so doch vielleicht wenigstens aus dem Bereich der kaineischen Chersones - an publicani verpachtet worden waren130. 125 126

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Hierzu cf. o. S.232 m. A.92; S.235 m. A . l l l . Β 27ff.: στρ[ατηγός αντιστράτηγος η άνθύ]πατος, ά'τινες κατά τοϋτο[ν]/ τον νόμον, είτε δήμου γνώμη ε ϊ < η > [είτε νόμος, η κατά συγκλήτου δόγμα έν Μα]κεδονίαι/ έπαρχείαν έξει έχε[ι, ευθύς είς Χερσόνησον και Καιν]ικήν „ πορευθήτω; IV 5ff.: στρατη[γός] άν[τι]στράτηγος ανθύπατος τε δς όϊ[ν]/ κατά [τοϋτ]ον [τ]όν ν]όμον η ψήφισμα ή συγκλήτου δό/γμα [την] Μακεδονίαν έπαρχείαν διακατέχηι διακαθέ/ξέ[ι ε]ύ[θύ]ς είς Χερσόνησον Καινεικήν _ πο/ρ[ευέ]σθω. Β 30f.: οδτός τε εκάστου ένιαυ/τοϋ μή έλασσον ήμερων έξ[ήκοντα _ τόποι]ς προ τοϋ άλ[λον IV 17ff.: ουτός τε καθ' έκαστον/ ένιαυτόν μή έλάσσω έν έκείνοις τοις τόποις/ προ το[ϋ] αύτώι έτερον διαδέξασθαι ήμερων έξή/κοντα έστω _ . Zu der von Martin vorgenommenen Ergänzung cf. ο. A.91. IV 12ff.: _ παείτω τε,/ όπως αύτώι αν κάλλιστα δοκήι γεγονέναι, ϊ/να ταΐς δημοσίαις προσόδοις ταϊς έν έκείνηι/ τηι έπα[ρ]χείαι ουσαις κατά τόν νόμον καρπίζών/ται ους αν ποτε ταύταις ταϊς δημοσίαις προσό/δοις κα[ρ]πίζεσθαι δεήσει ...; Β 29f.: ... παεί]τω τε, καθώς αν αύτώι δοκήι κα/λώς έχειν, δπως τάς δημοσίας προ[σόδους αϊ αν έν έκείνηι τήι έπαρχε]ίαι ώσιν καρπεύωντ/α[ι...δ]εήσει. Ein Indiz für diese Vermutung liegt, wie REP 213) mit Recht bemerken, in der Formulierung καρπίζεσθαι (die Konstruktion mit dem Dativ weist auf das lateinische frui m. Ablativ) begründet; sie findet sich beispielsweise (konstruiert mit dem üblichen Akkusativ) an mehreren Stellen des Senatsbeschlusses für Oropos von 73 wieder (cf. Sherk, RDGE 23, 28; 34; 67); doch ebenso gibt es zahlreiche Belege, wo keine Rede von publicani im Zusammenhang mit καρπίζεσθαι ist, wie schon das senatus consultum für

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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Von Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang jedoch etwas anderes: Wenngleich nämlich die Passage, welche dem Statthalter das Wohlergehen der Bundesgenossen in jener Region ans Herz legt, gewiß auch als eine um der propagandistischen Wirkung willen fur die abhängigen Völkerschaften inszenierte römische Selbstdarstellung diente131, drängt sich hier doch ebenfalls der Gedanke auf, daß Rom jene darüberhinaus als Funktionsträger innerhalb des eigenen politischen Kalküls betrachtete. Denn es dürfte wohl gar kein Zufall sein, daß die Formulierungen dort, wo im Text die Nennung konkreter ordnungspolitischer Maßnahmen seitens der Römer zu erwarten gewesen wäre, merkwürdig unscharf gehalten sind, was nur zum kleinen Teil auf den schlechten Erhaltungszustand der Inschrift zurückzuführen ist, zeichnet sich die Sprache doch nach bester römischer Juristentradition - an solchen Stellen, die verwaltungstechnische oder juristische Fragen132 behandeln, durch ein hohes Maß an terminologischer Akribie aus. Wenn wir jedoch von der Absichtserklärung Roms lesen, zusammen mit seinen Verbündeten ohne Gefahr das Meer befahren zu wollen133, so wird nirgends erkennbar, was eigentlich die Römer selbst zur Realisierung eines solchen Planes beizutragen gedachten - einmal abgesehen von der einzig in diesem Kontext erwähnten Provinzialisierung Kilikiens, deren Charakter indes ebenfalls vollkommen im Dunkeln bleibt. Die Annahme liegt nahe, daß Rom sich nicht im mindesten mit dem Gedanken trug, selbst aktiv zu werden, sondern - weniger bei der Bekämpfung denn bei der Abwehr des Seeraubs - seinen Bundesgenossen den größten Teil der Arbeit überließ134. Zwar fließen die Informationen auch hier äußerst spärlich, doch erfahren wir immerhin, daß an die Könige von Zypern, Ägypten, Kyrene und die von Syrien die Weisung erging, auf ihrem Territorium eine jegliche Kollaboration mit den Piraten135 zu unterbinden136.

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Oropos selbst zeigt (Zz. 38 u. 40); cf. außerdem Sherk, ibid. Index I, s.v. καρπίζεσθαι p. 377. Zu καρπίζεσθαι cf. auch L. Robert, Hellenica XI-XII (1960), 533ff. Gerade in diesem Zusammenhang erfüllte ja auch die Publikation der Sanktions- und der Eidklausel eine wichtige Funktion; denn die empfindliche Geldstrafe in Höhe von HS 200.000 drohte - wenigstens theoretisch ebenso demjenigen, der den Bundesgenossen ein Unrecht selbst antat oder ein solches nicht verhinderte. Z.B. die Amtspflichten des Statthalters von Macedonia (IV 6ff.), die Befugnisse nach der abdicatio (IV 32ff.) und das iusiurandum in legem (C 7ff.). Zit. o. S.236. Dazu paßt die bereits oben (S.214ff.) ausgesprochene Hypothese, daß Rom damals gar nicht über eigene Seestreitkräfte verfügte, sondern im Bedarfsfall auf die der socii zurückgriff. Diese war offenbar im Bereich Kilikiens und Pamphyliens besonders stark ausgeprägt. In Side fanden die Piraten stets freundliche Aufnahme und er-

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Solche Bestimmungen, die im wesentlichen darauf zielten, dem Seeraub seine ökonomische wie operative Basis zu nehmen, sind aus der griechischen137 wie römischen138 Geschichte hinlänglich bekannt: Doch gerade, wenn man die von Rhodos mit einigen Gemeinden des kretischen κανόν zu eben jenem Zweck geschlossenen Symmachieverträge zum Vergleich heranzieht, fallt auf, daß die maritime Hegemonialmacht des 3. Jh. sich keineswegs auf eine derartig defensive Prophylaxe beschränkte, im Rahmen deren nur die Überlassung von ορμητήρια an Piraten untersagt wurde139, sondern daß sie sich ihrerseits Stützpunkte und, wenn möglich, Hilfskontingente ausbedang140, um mit größerer Effizienz für eine 'Reinhaltung des Meeres' sorgen zu können. Davon fehlt jede Spur im 'Piratengesetz' der Römer, die, so hat es den Anschein, über eine bloße Willensbekundung und einen propagandistisch ausstaffierten Appell an ihre östlichen socii nicht hinausgegangen sind. Sie sollten zu der angestrebten Stabilität offenbar selbst einen erheblichen Teil beitragen. Das zeigt sich schon daran, daß im 'Piratengesetz' gerade jener in ihrer Funktion als Seepolizei ehedem so effizienten Inselrepublik unter den hellenistischen Klientelstaaten eine besondere Rolle zugedacht war; deren Charakter läßt sich zwar nicht mehr präzise erfassen, doch scheinen die Rhodier zum einen eine Art Mittlerposition zwischen Rom und den mit ihm verbündeten Monarchien des Ostens, soweit sie für die Abwehr des Seeraubs relevant waren, eingenommen zu haben. Denn jenen oblag es

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hielten Gelegenheit, ihre Gefangenen zu verkaufen, von denen jeder wußte, daß sie zum überwiegenden Teil Freigeborene waren (Strabo 14,3,2). Nicht anders verhielt es sich mit der lykischen Stadt Phaseiis, die über die üblichen ökonomischen Beziehungen hinaus sogar ein förmliches Bündnis mit den Seeräubern abschloß (Cie., Verr. II 4,21). Es sei die Hypothese gestattet, daß die vordringliche Aufgabe der römischen Präsenz darin bestand, in dem militärisch-politischen Vakuum Kilikiens der Forderung nach Unterlassung der Kollaboration größeres Gewicht zu verleihen, indem man über die Einhaltung des Gesetzes wachte. Cf. o. S.34 m. A.35. Cf. o. S.34 A.35 u. 13Iff. Das beste Beispiel dafür ist die über die Illyrer verhängte 'Schiffahrtsgrenze', die im Friedensvertrag mit Teuta 228 festgelegt wurde, cf. o. S.62. Zwar findet sich weder in dem mit Hierapytna (Staatsv. III 551) noch dem mit Olus (Staatsv. III 552) geschlossenen Vertrag eine entsprechende Klausel, doch ist ein solches Verbot gleichsam impliziert; denn die Tatsache, daß Rhodos gegen Kollaborateure vorzugehen gedachte (Staatsv. III 551, 53f.; 79f.), hätte ja sonst zu der widersinnigen Konstellation führen können, daß die Rhodier gegen die eigenen Bundesgenossen zu Felde gezogen wären. Hierzu cf. o. S. 13Iff.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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möglicherweise, die Briefe141, welche die römische Willenserklärung zum Schutz der Seefahrt enthielten, an die einzelnen Adressaten zu überstellen142. Überdies war verfügt, daß - sei es nur im kommenden Jahr, sei es auch in der Folgezeit - für in Rom anwesende Gesandte der Rhodier vom zuständigen Konsul143 έκτος της συντάξεως144 eine Senatssitzung einzube141

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Ähnlich entsandte Rom auch im Jahre 67 Briefe an die Staaten des Ostens, worin diese zu - in diesem Fall: militärischer - Kooperation mit Pompeius aufgefordert wurden: βασιλεϋσί τε καί δυνάαταας και έθνεσι καα πόλεσι πάσαις έπέστελλον ές πάντα συλλοφεϊν τω Πομπηίω_(Αρρ., Mithr. 429). Β 12ff.: γράμματα [προς] τους βασιλείς κατά τον νόμ,ον τοϋτον άποστελ[λόμ]ενα τοις ά[πό]/ "Ροδίων πρεσβευταϊς, [δότω. Diese Deutung der nur lückenhaft erhaltenen Passage stammt von Colin (Traduction I 85 m. A.3); ihr folgten mehr oder minder vorbehaltlich die meisten Forscher, cf. Carcopino, Loi romaine 120f.; REP 207 u. 212; Ferrary, Recherches 653 A.123; Sherwin-White, Rome 8. Skeptisch äußerten sich Stuart-Jones (Roman Law 159) und Hinrichs (TAfel 487f.) Gänzlich abgelehnt wurde Colins Interpretation von M.A. Levi (Di una legge romana contro i pirati, in: AAT 60 [1925], 354-366) mit dem Hinweis, daß 'uno stato che si rispetti e si voglia far rispettare non ricorrerä certo ad un altro stato, sia pure alleato, per far recapitare il suo corriere diplomatico' (S.357). Doch ist mit Blick auf Kornemanns oben (S.139) zitiertes Urteil, Rhodos habe damals als 'politischer Briefträger' fungiert, ebenso die umgekehrte Deutung möglich: Rom durfte von seinem faktisch nicht gleichberechtigten Partner einen solchen 'Vasallendienst' durchaus erwarten. Doch welchen Sinn hatte dieser? Ferrarys Erklärung, man habe das schnellstmögliche Verfahren wählen und außerdem die Mitsprache des Senats bei der Ernennung eigener legati vermeiden wollen (Recherches 653 A.123), leuchtet nicht ein. Inwiefern hätten römische Gesandte das Verfahren verlangsamt, und welchen Sinn hätte gerade hier ein Ausschluß des Senats haben können, während seine Entscheidungsbefugnis in zweifelsfrei wichtigeren Fragen doch offenbar nicht angetastet wurde? Mir erscheint Colins Hypothese plausibler, Rom habe seine Gesandten nicht dem Risiko, auf einer derartig langen Fahrt von Piraten gefangengenommen zu werden, aussetzen wollen (Traduction I 85 A.3). In der Tat: Als Lucullus 13 Jahre später diese Rundreise antrat (cf. o. S.215f.), entging er mit nur knapper Not eben jenem Schicksal. Dem Konsul wurde, wenn die Ergänzung Colins (Traduction II 37) τοϋτό τε άζ[ημ.ίω αύτω] έξέστω ποιησαι (Β 19f.) richtig ist, in diesem Zusammenhang Straffreiheit zugesichert. Doch resultiert dies m.E. nicht, wie Hinrichs (Tafel 491) unterstellt, aus einer 'Animosität gegenüber dem Senat', sondern es handelt sich hier wohl eher um eine gewissermaßen formelhafte Prophylaxe angesichts der Tatsache, daß die Durchbrechung eines bestehenden Prinzips gefordert wird (ähnlich: Stuart-Jones [Roman Law 169], der darin lediglich eine Formel wie 'ungeachtet anderslautender Bestimmungen' [notwithstanding any Standing Order to the contrary] erblickt); vergleichbar ist die Verwendung von άνευ έΧασσώμ,ατος ιδίου (II 22f., hierzu cf. o. A. 110). Bei dessen lateinischer Entsprechung sine fraude sua (womit Stuart-Jones [Roman Law 169] übrigens auch άζήμαος gleichsetzt) läßt sich keineswegs immer eine solche senatsfeindliche Tendenz feststellen, wofür

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

rufen sei. Auch hier lassen sich über die Gründe nur Vermutungen anstellen. Am plausibelsten erscheint es mir, daß von den Rhodiern ein Bericht erwartet wurde über die allgemeine Situation im östlichen Mittelmeer, sowohl über die Aktivitäten der Piraten als auch wohl darüber, ob gegen die im Gesetz erhobene Forderung in den Anrainerstaaten mit jenen weiter kollaboriert wurde. Dabei durfte man im Fall dieser Seehandelsnation zu Recht auf zuverlässige Informationen hoffen, da sie nicht nur ein vitales Interesse an der Eindämmung des Seeraubes hatte, sondern überdies infolge ihrer immer noch weit verzweigten Handelsbeziehungen über die Grundlage verfügte, eine solche Observationstätigkeit effizient wahrzunehmen. Zum anderen trifft es vermutlich ebenso zu, daß Rom den Rhodiern diese Sonderstellung auch deshalb einräumte, weil sie auf dem maritimen Sektor der wohl immer noch schlagkräftigste Verbündete waren. Doch bedeutet ein derartiges Attribut insofern nicht viel, als es zwangsläufig eine nur relative Größe bezeichnet: Gemessen an denen der übrigen socii war von den rhodischen Seestreitkräften im Rahmen maritimer Ordnungsmaßnahmen - trotz der von Rom selbst mitverschuldeten Schwächung145 - immer noch am meisten Wirksamkeit zu erwarten. Doch kann sie mit Blick auf die gesteckten Ziele nicht ausgereicht haben, wie nur wenige Jahre später während des 1. Mithridatischen Krieges zutage trat. Denn damals sah sich die Inselrepublik kaum imstande, der pontischen Flotte, in der gewiß nicht wenige Piraten gedient haben werden, Paroli zu bieten: Aus einem Gefecht bei Myndos konnte der rhodische Befehlshaber Damagoras sein Geschwader nur durch Flucht retten146, und nach seinem mißglückten Handstreich auf die Insel147 gelang es Mithridates, deren Flotte bis zum Ende des Krieges im Hafen zu blockieren, indem er einen Teil seiner Seestreitmacht in rhodischen Gewässern kreuzen ließ148. Es dürfte klar sein, daß der Inselstaat, welcher sich einst - zu Recht den Vorwurf, nach einer Thalassokratie zu streben, gefallen lassen

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das beste Beispiel die lex Cornelia de XX quaestoribus (I 4, FIRA2 III 10; Girard/Senn, Lois III 11) ist. Fremde Gesandtschaften erhielten üblicherweise im Februar Gelegenheit, sich vor dem Senat zu äußern, cf. Mommsen, Staatsr. 3, 1155f.; zu έκτος της συντάξεως cf. REP 218 A.27; Lintott, Notes 72. Zur Demütigung von Rhodos nach dem 3. Makedonischen Krieg und zur Einrichtung eines Freihafens auf Delos cf. o. S.136ff. Diod. 37,28; cf. Theiler, Poseidonios F 246; 2, 125. Ebensowenig vermochte die rhodische Flotte in anderen Treffen standzuhalten, cf. App., Mithr. 95f.; 99f. App., Mithr. 102ff. App., Mithr. 131.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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mußte149, im Jahre 100 keine echte maritime Potenz mehr darstellte und gewiß nicht die von Sherwin-White unterstellte 'maritime role of a proconsul of Cilicia' 150 zu spielen imstande war. Wohl aber scheint es, daß Rom den abhängigen Staaten eine im weitesten Sinne vergleichbare Funktion - nicht nur zur See, sondern auch zu Lande im thrakischen Grenzbereich - tatsächlich zugedacht hat. Die jenen gegenüber gehegten Erwartungen finden einen Reflex in der außerordentlichen Behutsamkeit, die man ihnen bei dieser Gelegenheit angedeihen ließ. Am klarsten tritt das darin zutage, daß die im Gesetz propagierte 'Sicherheit der Meere' nicht nur den römischen bzw. italischen Interessen dienen sollte, sondern erklärtermaßen auch zum Nutzen τον τε έκτος (sc. της Ιταλίας) έθνών ατινες έν/ τηι φίλιοι τοϋ δήμου Ρωμαίων είσίν151 angestrebt wurde. Unabhängig davon, daß eine solche Formulierung natürlich sehr stark den Charakter einer diplomatischen Phrase trägt, konnte hier doch zumindest bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck entstehen, als habe Rom sich die ökonomische Prosperität auch seiner östlichen Klientelstaaten als eine zentrale Patronatspflicht zu eigen gemacht. Analog dazu erklärte man, ebenso die möglichen negativen Folgen der römischen Suprematie gering halten zu wollen, worauf möglicherweise auch schon die - freilich sehr allgemein gehaltene - Formulierung, daß die Bundesgenossen 'zu ihrem Recht kommen sollten' 152 , Bezug nimmt: Wie nämlich bereits oben ausgeführt, sollte es, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, den römischen Statthaltern wie ihren Untergebenen fortan untersagt sein, die Grenzen ihrer Provinz zu überschreiten - gleichgültig, ob in Richtung einer Nachbarprovinz oder des Territoriums außerhalb des Imperium Romanum. Daß diese Klausel ebenso auf die staatliche Integrität der eigenen Bundesgenossen - innerhalb oder außerhalb der römischen Provinzen - zielte, zeigt unmißverständlich die folgende Passage; hier erhalten alle diejenigen, προς ους φιλία συμμαχία τώι δή/μωι 'Ρωμαίων εστίν, die Garantie, daß die ihnen gegenüber seitens abhängiger Völkerschaften bestehende Tribut- oder Militärdienstpflicht durch das neue Gesetz in keiner Weise berührt werde153. Diese Bestimmung betraf in erster Linie diejenigen Gebiete, wo es unlängst zu - und sei es nur vorübergehenden territorialen Veränderungen gekommen war, i.e. den Bereich der kainei149 150 151 152

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Hierzu cf. o. S. 130. Rome 8. III 33f.; fragmentarisch: Β 7f. II 8ff.: „ των έθνών, άτι/νες έν φιλίαι δήμου Ρωμαίων είσίν/ οπως _ τώ[ν] δ[ι]καίων τυγχάνωσιν. III 16ff.: ά'τινες δήμα χ τε έθνη, "όταν τούτον τον νό/μον ό δήμος κυρωσηι, βασιλεϊ βασιλεΰσιν δή/μας τε, προς ους φιλία συμμαχία < τε > τώι δή/μωι Ρωμαίων έστίν, φόρους προσόδους/ τε στρατιώτας τε τελώσιν, έν τούτωι/ τώι νόμωι ούκ ήρώτηται.

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

sehen Chersones und wohl auch Kilikiens154, doch wird man ihr eine zumindest propagandistische Wirkung auch auf die übrigen socii nicht absprechen können. Noch deutlicher kommt die den Bundesgenossen zuerkannte Bedeutung in der Passage zum Ausdruck, welche speziell die Verwaltung der kaineischen Chersones betrifft: Vor allem an die Adresse der von Rom rechtlich privilegierten Gemeinden gerichtet, wird hier vom Gesetzgeber allgemein die Versicherung ausgesprochen, daß durch die römische Provinzadministration kein Unrecht zu befürchten sei. Dies erstreckte sich vielleicht sogar auf den Steuereinzug in den neu erworbenen Ländereien, welcher κατά τον νόμον vor sich zu gehen hatte. Die Formulierung kann zweierlei bedeuten: zunächst einmal, daß für die Steuererhebung als solche überhaupt eine legitime Basis bestand, also etwa eine lex locationis155, wenn eine Verpachtung an publicani vorgesehen gewesen sein sollte, zum anderen aber, daß der Vorgang des Einzugs selbst im gesetzlichen Rahmen ablaufen sollte1S6. Schon dies hat also möglicherweise bei den auf dem Territorium der - nunmehr erweiterten157 - römischen Provinz gelegenen 154

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Für diesen geographischen Raum erkannte man trotz der Einrichtung einer επαρχεία στρατηγική die - wenigstens nominell - immer noch bestehenden Herrschaftsansprüche der damaligen zwei seleukidischen Könige an, wie die Formulierung βασιλεϋσιν (III 17, cf. Β 9: ... προς τους βασιλείς τούς έν Συρίαι βασιλεύον[τας ...) zeigt. Dazu paßt es, daß der Gesetzestext anders als im Falle der kaineischen Chersones an keiner Stelle von einer auch ökonomischen und politischen Einbeziehung Kilikiens in den römischen Herrschaftsbereich spricht. In diesem Fall wäre im Text sinngemäß ein της μισθώσεως (cf. Sherk, RDGE 23 Zz. 19, 25, 32, 35, 66) zu ergänzen, doch ist eine solche Auslassung höchst ungewöhnlich; zur locatio cf. De Ruggiero, Dizionario IV 1429ff. In den leges locationis waren wohl nicht selten bestehende Privilegien gesondert aufgeführt und von der Nutznießung ausgenommen, wie diejenige lehrt, von welcher im senatus consultant de Oropiorum et publicanorum controversiis die Rede ist: „ έν τω της μισθώσεως νόμω αύται αU χωραι ύπεξειρημέναι είσίν, ας Λεύκιος Σύλλας θεών αθανάτων ιερών τεμενών/ φυλακής ένεκεν συνεχώρησεν _ ; ... περί χ,ώρας/ 'Ωρωπίας _ κατα τον τής μισθώσεως νόμον, αΰτη ΰπεξειρημένη εστίν, ινα μή ό &ημοσιώ/νης αυτήν καρπίζηται (Sherk, RDGE 23, 19ff. u. 31ff.). Die Frage nach der Ausdehnung der kaineischen Chersones läßt sich nicht mit letzter Sicherheit beantworten: Während in REP (213) die kaineische Chersones als 'presumably the peninsula running down to the Bosporus' bezeichnet wird, stellte Papazoglou (Aspects 316 m. A.52) angesichts der Formulierung [είς] Χερσόνησον Καινεικήν τε (IV 8) die Möglichkeit anheim, daß hier zwei voneinander zu trennende (τε!) geographische Angaben vorlägen; doch belegt ein solcher Verweis auf die Konjunktion nicht viel, denn einmal folgt nur zwei Zeilen darunter Χερσόνησος τε Καιν/[εική, zum anderen findet sich gerade beim Ubersetzer des Knidos-Textes τε auch sonst an späterer Stelle im Satz, cf. z.B. III 32f.: τους συμμάχους Λατίνους τε.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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civitates liberae bzw. foederataels8 das Gefühl einer zusätzlichen Rechtssicherheit aufkommen lassen. Denn ihr völkerrechtlicher Status implizierte zwar aller Wahrscheinlichkeit nach das Privileg auch der immunitas159, doch werden Übergriffe seitens der publicani, wie Beispiele aus Asia lehren160, keine Seltenheit gewesen sein. Ohne jede Frage ausschließlich auf die Interessen der Bundesgenossen gemünzt war die an den Statthalter von Macedonia gerichtete Aufforderung, 'sein ganzes Bemühen darauf zu richten, daß die mit dem römischen Volk befreundeten und verbündeten Staaten nicht von ihrem Gebiet vertrieben würden (= keine Gebietsverluste erlitten) und niemand sie mehr bekriege oder ihnen ein Unrecht zufüge'161. Dieser Passus bezieht sich zum einen gewiß auf die Zeit unmittelbar nach der Eroberung, als Rom aus den infolge der Provinzialisierung unausweichlichen Veränderungen für seine Bundesgenossen keine Nachteile entstehen zu lassen bemüht war; diese Klausel folgt damit einer ähnlichen Intention wie jene (III 16-21), welche die uneingeschränkten Rechte der socii an ihren Untertanen garantierte. Auf der anderen Seite aber war hier auch für die weitere Zukunft etwaigen Kompetenzüberschreitungen seitens römischer Statthalter ein zumindest verbaler Riegel vorgeschoben. Allerdings, wie nicht anders zu erwarten, ohne nachhaltige Wirkung, denn gerade die von Cicero im Jahre 56 gegen Piso erhobenen Vorwürfe lesen sich wie eine Fallstudie für die weiterhin gegebene Notwendigkeit einer solchen Gesetzgebung, sofern diese mehr als nur ein Lippenbekenntnis war: Dagegen nahm Walbank (Via ilia nostra militaris: Some Thoughts on the Via Egnatia, in: H. Heinen (Hrsg.), Althistorische Studien (Festschr. f. Η. Bengtson), Wiesbaden 1983, 131-147, hier: 144f.) an, 'that the Caineic Chersonese was the area to the north and west of the Chersonese proper, centring on the valley of the river Melas, but extending inland to include the range of hills now called Kuru Dagh south of Kesan and Malkara and, probably, the region of the tributaries of the Ergene as far as Cypsela.' Unter Verweis darauf, daß in keinem weiteren Zeugnis von einer kaineischen Chersones die Rede ist und auch bei späteren Autoren wie Plinius (NH 4,47ff.) und Ptolemaeus (Geogr. 3 , l l , 4 f f . ) die Kainike und die Chersones zweierlei sind, unterstellt Loukopoulou (Finis 75ff.) einen Fehler des Ubersetzers, der mit einer lateinischen Formulierung wie Chersonesum Caenicamque oder Chersonesum atque Caenicam konfrontiert war. Doch lokalisiert die Autorin das fragliche Gebiet ähnlich wie Walbank. 158 Für eine Zusammenstellung mit den entsprechenden Quellenverweisen cf. Bernhardt, Imperium 88ff. 159 Cf. Accame, Dominio 46 u. 56; Bernhardt, Imperium 98. 160 vgl. hierzu die bei Nicolet, Ordre equestre 1, 348ff., aufgeführten Beispiele. 161 IV 20ff.: έργασίαν τε δότω ώς αν Suva/τός ήι ποιεΐν, ήώστεή προς ους προς τον δήμον/ τον "Ρωμαίων φιλία συμμαχία τέ έστιν δπως/ των ορίων μή έξωθώνται μήτε τις αύτοΐς έτι/πόλεμος μήτε αδικήματα γίνηται _ .

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

... quis ignorat Achaeos ingentem pecuniam pendere L. Pisoni quotannis, vectigal ac portorium Dyrrachinorum totum in huius unius quaestum esse conversum, urbem Byzantiorum vobis et huic imperio fidelissimam hostilem in modum esse vexatam? quo ille, postea quam nihil exprimere ab egentibus, nihil ulla vi a miseris extorquere potuit, cohortis in hiberna misit162.

Es scheint einiges darauf hinzuweisen, daß um die Jahrhundertwende in dieser Beziehung tatsächlich ein gewisser Handlungsbedarf innerhalb der römischen Führungselite erkannt wurde. Denn das Bestreben, den Druck, den die dominierende Stellung Roms für die Betroffenen zumeist mit sich brachte, zu mindern, wird ja ebenso nur wenige Jahre nach Verabschiedung des 'Piratengesetzes' evident, als Q. Mucius Scaevola und P. Rutilius Rufus für die Administration der Provinz Asia neue Grundlagen zu schaffen versuchten163. Einer vergleichbaren Grund intention folgte wohl auch das senatus consultum aus dem Jahre 104, als man festlegte, δπως μηδείς σύμμαχος έν επαρχία δουλεύ/]164. Gerade hier wird deutlich, daß Rom sich damals kaum von altruistischen Motiven leiten ließ, sondern vermutlich nur einem strategischen Kalkül folgte. Denn unmittelbar zuvor hatte Nikomedes III. einem dringenden Hilfegesuch der Römer eine Absage erteilt unter Hinweis darauf, daß er zu einer solchen Truppenüberstellung nicht in der Lage sei, weil die meisten seiner Untertanen von den δημοσιώναι in die römischen Provinzen verschleppt worden seien. Badian165 interpretiert diese Episode sicherlich korrekt, wenn er behauptet, daß die pubticani damals keine Plünderungszüge auf bithynisches Territorium unternommen hätten, sondern daß vermutlich Nikomedes selbst von diesen Kredite erbeten habe, für die jene in die Sklaverei verschleppten Leute als Sicherheit gedient hätten. Doch ist in unserem Zusammenhang weniger dies als vielmehr der Umstand relevant, daß damals die beinahe ungehemmten finanziellen Entfaltungsmöglichkeiten, die sich den Bürgern der Weltmacht Rom boten, indirekte Auswirkungen auf deren Politik hatten, insofern die socii bisweilen nicht mehr imstande waren, den von ihnen erwarteten militärischen Beitrag zu leisten. Entsprechend schnell hatte zu jener Zeit der Senat auf die Antwort des bithynischen Königs reagiert166 - ein deutliches Indiz dafür, welcher Faktor bei der Entscheidung den Hauptausschlag gab; denn daß den patres jene Praktiken auch vorher schon bekannt gewesen sein dürften, steht außer Frage.

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Prov. cons. 5. Cf. o. S.149f.; zu den unterschiedlichen, von 99 bis 94 reichenden Datierungsansätzen cf. A.279. Diod. 36,3,2. PS 87f.; cf. aucho. S.149. Hierzu cf. o. S.151 m. A.283.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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So ist vielleicht die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß wie bei diesem Senatsbeschluß auch im Jahre 100 auf römischer Seite ähnliche Überlegungen eine Rolle gespielt haben werden; und gerade die folgenden Jahrzehnte zeigen, damit implizit das Scheitern wie den Sinn jener Gesetzesinitiative dokumentierend, recht deutlich den Kausalnexus, der zwischen einerseits dem Verhalten der römischen Gouverneure gegenüber nicht nur den privilegierten Hellenengemeinden, sondern ebenso den mit Rom befreundeten 'Barbarenstämmen' und andererseits der Stabilität der Provinz bestand. Denn obwohl bekanntlich schon lange Zeit vor der römischen Eroberung das griechische Mutterland stets von Plünderungszügen aus dem Norden und Nordwesten heimgesucht worden war167, verzeichnen die Quellen doch auch Übergriffe römischer Promagistrate, ohne daß ihnen eine Provokation seitens der 'barbarischen' Völkerschaften voraufgegangen wäre. Die Vermutung liegt nahe, daß hier - kaum anders als bei jenen - militärisches Profil ierungsbedürfhis und vor allem materielles Gewinnstreben eine wichtige Rolle spielten, was die Frage nach dem quis iustius induit arma nicht unwesentlich relativiert. Dazu einige Beispiele: Im Jahre 85 unternimmt Sulla eine vermeintliche Polizeiaktion auf das Gebiet der Mäder; doch ließ sich der wahre Charakter dieser Maßnahme nur schwer verhehlen: wichtiger als die Vergeltung und Prävention gegen weitere Übergriffe waren offenbar das militärische Training und die Bereicherung der Truppe 168 . Nur ein Jahr später führt L. Cornelius Scipio Asiagenus eine Strafexpedition gegen die Skordisker, Mäder und Dardaner durch, welche zuvor bis nach Delphi vorgedrungen waren und das Heiligtum gebrandschatzt hatten. Doch verschwimmen selbst anläßlich dieses offenbar völlig gerechtfertigten Vergeltungsschlages bei genauerer Betrachtung die Motive des römischen Feldherrn. Denn während er die Skordisker beinahe völlig aufreibt, schließt er mit Mädern und Dardanern Frieden, von ihnen mit dem geraubten Tempelgold bestochen169. Ähnlich dürfte auch das Verhalten des C. Scribonius Curio, der noch während seiner Amtszeit als Konsul von 76 dem verstorbenen Ap. Claudius Pulcher in Macedonia nachgefolgt war170, zu einer Eskalation 167

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Zur Bedeutung der makedonischen Großmacht für die Sicherung gegen die Barbareneinfälle cf. o. S.114ff. App., Mithr. 224: _ Σύλλας _ Ενετούς και Δαρδανέας και Σιντούς, περίοικα Μακεδόνων έθνη, συνεχώς ές Μακεδονίαν έμβάλλοντα, επιών έπόρθει, και τον στρατον έγύμναζε και έχρηματίζετο όμοϋ; Plut., Sull. 23,10; cf. Gran. Licin. XXXV, p.27f. (ed. Flemisch). App., III. 12ff.: _ Σκιπίωνα δε Σκορδίσκους μέν διαφθεϊραι, και εϊ τι λοιπόν αυτών ήν, ές τόν "Ιστρον και τάς νήσους τοϋ ποταμού μετακήσαι φυγόντας, Μαίδας δέ και Δαρδανεϋσι συνθέσθαι δωροδοκήσαντα τοϋ ΐεροϋ χρυσίου (sc. φασί); cf. ο. S.218. Hierzu cf. die Quellenangaben bei Sarikakis, 'Ρωμαίοι 1, 72ff.

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

der Feindseligkeiten beigetragen haben. Er setzte, um ein besonders grausames Exempel zu statuieren, die gefangenen Dardaner wieder frei, nachdem er ihnen beide Hände hatte abschlagen lassen171. Noch gravierender wirkten sich die Ausschreitungen des Prokonsuls C. Antonius Hybrida aus, der von 62-60 Macedonia verwaltete172. Dieser fiel, offensichtlich durch keinen feindseligen Akt provoziert, in das Gebiet der Dardaner und ihrer Nachbarstämme ein, wobei er auch die mit Rom verbündeten Völkerschaften von den Plünderungen nicht ausnahm. Nachdem er bei dieser Gelegenheit eine schmachvolle Niederlage erlitten hatte, wandte er sich nach Mösien, wo es ihm nicht anders erging. Denn als er sich dort auf Kosten der verbündeten Griechengemeinden173 - vermutlich durch die illegale Eintreibung von Kriegskontributionen - bereichern wollte, ersuchten die Einwohner von Istros die Skythen und Bastarner um Hilfe, welche den Antonius dann in die Flucht schlugen174. Besonders hier zeigen sich also die möglichen Folgen, welche derartige Ausschreitungen an den eigenen Bundesgenossen nach sich ziehen konnten. Am schlimmsten auf das Gedeihen von Macedonia scheint sich jedoch das Prokonsulat des bereits erwähnten Piso ausgewirkt zu haben, dessen lädierter Ruf bei der Nachwelt allerdings auch darauf zurückzuführen ist, daß er sich einen M. Cicero zum Feind gemacht hatte175. Die damals zu beklagenden Plünderungszüge seitens einiger thrakischer Völkerschaften werden von Cicero eindeutig als Vergeltungsakte für die Freveltaten dargestellt, welche sich der römische Statthalter in seiner unersättlichen avaritia hatte zuschulden kommen lassen: ... Macedonia ... sic a barbaris, quibus est propter avaritiam pax erepta, vexatur, ut via ilia nostra, quae per Macedoniam est usque ad Hellespontum militaris non solum excursionibus barbarorum sit infesta, sed etiam castris Thraeciis distincta ac notata176.

Piso ließ beispielsweise wider jegliches Völkerrecht den Besserkönig Rabocentus, der an der Spitze einer Gesandtschaft ins römische Lager gekommen war, um dem Prokonsul die Stellung von Hilfstruppen anzubie-

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Flor. 1,39,7: ... nihil barbaris atrocius visum est quam quod abscisis manibus relicti vivere superstites poenae suae iubebantur. Cf. Sarikakis, Ρωμαία 1, 94ff. Cf. Papazoglou, Aspects 319. Cass. Dio 38,10,1-3. Dagegen hinderte den Redner trotz aller persönlicher Animosität eine offenbar doch enge necessitas, seinen früheren Amtskollegen C. Antonius in ähnlicher Weise wie Piso an den Pranger zu stellen, cf. Att. 1,12, lf.; 1,16,16; Fam. 5,5,2f.; 6,3; Pis. 5; Phil. XI 23; Sail. Cat. 26,4; Plut., Cie. 12,4; Cass. Dio 37,33,4. Cie., Prov. cons. 4.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

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ten, mitsamt seinen Begleitern ermorden und verkaufte ihre Köpfe für 300 Talente an den Odrysenkönig Kotys177. Ähnliche Folgen zeitigte sein Verhalten gegenüber den Denseleten, die sich bislang stets als zuverlässige Bundesgenossen der Römer erwiesen hatten, doch nun, nachdem Piso einen Beutekrieg gegen sie vom Zaun gebrochen hatte, zu erbitterten Feinden wurden - mit ebenso verhängnisvollen Auswirkungen für die Provinz178. Wenngleich nun alle diese im besonderen den makedonischen Raum betreffenden Zeugnisse aus den Jahrzehnten nach der Verabschiedung der lex de piratis stammen und sicher auch spezifische Indizien für die sich gerade seit Sulla immer weiter zuspitzende innere Krise der res publica darstellen, verfugen wir doch ebenso bereits für die Zeit des 2. Jh. über eine Reihe allgemeiner Hinweise auf die Gefahren, welche sich aus der zunehmenden Machtdisparität zwischen Rom und seinen Bundesgenossen für letztere ergaben. Dies bezeugen nicht nur die zahlreichen magistratischen Übergriffe179, sondern insbesondere auch die Tatsache, daß zur Eindämmung solcher Vergehen Repetundengesetze180 erlassen wurden. In diese Tradition sind ebenso die entsprechenden Bestimmungen des 'Piratengesetzes1 einzuordnen. Aufgrund dieser Beobachtungen wird also zumindest schemenhaft eine strategisch-politische Gesamtkonzeption der römischen Führung erkennbar. Daß eine solche vorhanden war, läßt sich kaum von der Hand weisen: zumal nämlich wenn, wie nicht auszuschließen, die Übersetzungen des Gesetzestextes am Aufstellungsort angefertigt wurden, muß es auffallen, daß wir über die speziellen, nur die kaineische Chersones betreffenden Bestimmungen ausschließlich durch den Knidos-Text Kenntnis erhal-

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Cie., Pis. 84: ldemque tu Rabocentum, Bessicae gentis prineipem, cum te trecentis talentis regi Cotyi vendidisses, securi percussisti, cum ille ad te legatus in castra venisset et tibi magna praesidia et auxilia a Bessis peditum equitumque polliceretur, neque eum solum sed etiam ceteros legatos qui simul venerant · quorum omnium capita regi Cotyi vendidisti. Cie., Pis. 84: Denseletis, quae natio semper oboediens huic imperio etiam in ilia omnium barbarorum defectione Macedoniam C. Sentio praetore tutata est, nefarium bellum et crudele intulisti, eisque cum fidelissimis soeiis uti posses, hostibus uti acerrimis maluisti. Ita perpetuos defensores Macedoniae vexatores ac praedatores effecisti; vectigalia nostra perturbarunt, urbes ceperunt, vastarunt agros, socios nostros in servitutem abduxerunt, familias abripuerunt, pecus abegerunt, Thessalonicensis, cum de oppido desperassent, munire arcem coegerunt. Cf. die Zusammenstellung bei Eder, I.e. (o. S.159 A.320) 15ff. Hierzu cf. o. S.159 A.320; ; eine Zusammenstellung mit den entsprechenden Quellen- und Literaturangaben findet sich bei C. Venturini, Studi sul 'crimen repetundarum' nell' eta repubblicana, Mailand 1979, Iff.

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

ten; jene Klauseln waren also offenbar in sämtlichen Kopien enthalten genau wie umgekehrt auch die gegen den Seeraub gerichteten Passagen181. Die römische Politik gegenüber den östlichen Provinzen im Jahre 100 war demnach von einer im Prinzip einheitlichen Grundidee getragen. Doch bildete deren Kernstück nicht, wie Sumner vermutet182, eine umfassende Bekämpfung des Seeraubs: 'to secure the safety of the seas against the menace of the pirates' habe Rom nicht nur die Provinz Cilicia eingerichtet, sondern auch im Bereich von Macedonia entsprechende Maßnahmen ergriffen; die Truppen, die hierher nicht zurückgesandt werden sollten, seien wahrscheinlich für Cilicia benötigt worden. Ebenso sei die Eroberung der kaineischen Chersones 'not unrelated' gewesen, 'for it must surely be relevant to control of the approaches to the Thracian Bosporus from the Black Sea coast'. Diese Konstruktion Sumners läßt sich weder durch die Quellen erhärten noch erscheint sie mir im mindesten plausibel: daß Rom sich um die Jahrhundertwende zu einem großangelegten Vorgehen gegen die Piraterie entschlossen habe, dient dem kanadischen Forscher als ein Axiom183, dem er seine gesamte Interpretation des Gesetzes unterordnet. Doch ist bereits die Behauptung, daß 'the bulk of the law is devoted to mobilizing resources and opinion in Roman Anatolia and the Levant to deal with the piracy problem' sachlich unkorrekt, denn das Gesetz beschäftigt sich nur zum kleinen Teil mit jenem geographischen Raum, und von einer 'Kräftemobilisierung' findet sich kein Wort; so gesehen ist auch die unterstellte Truppenverlagerung von Macedonia nach Kilikien gänzlich unwahrscheinlich. Entgegen Sumners Annahme tragen die meisten Bestimmungen des Gesetzes eher den Charakter einer Demobilisierung, worunter auch die über das promagistratische Wirken verhängten Restriktionen sowie deren juristische Fixierung zu subsumieren sind; und gerade nun die Festlegung des Statthalters auf den Bereich seiner Provinz weist deutlich darauf hin, daß eine primär gegen den Seeraub gerichtete raumübergreifende Strategie184, in die auch der Bereich der thrakischen Meerengen einbezogen war, der Intention des Gesetzgebers klar widersprach.

181 182 183

184

Cf. o. S.217f. Piracy Law 224f. Es ist indes keineswegs sicher, ob die römische Proklamation der 'Sicherheit der Meere' (II 6ff.; Β 6ff.) ein für das gesamte Gesetz gültiges Leitmotiv darstellt, also eine bereits in der nicht erhaltenen Präambel erhobene Forderung wieder aufnimmt. Diese Ansicht findet sich in der Forschung relativ häufig vertreten, cf. Colin, Traduction I 76f.; Ziebarth, Beiträge 33f.; Carcopino, Loi romaine 130; Hinrichs, Tafel 493; Dahlheim, Gewalt 150f.; Papazoglou, Aspects 315. Anders: Lintott, Notes 70; Sherwin-White, Rome 8; Ferrary, Recherches 654f.

2. Das 'Piratengesetz' (100)

253

Dessen zentrales Anliegen richtete sich offenbar vor allem darauf, das römische Herrschaftssystem im Osten an seinen beiden neuralgischen Punkten, der thrakischen Grenze und der viel weniger deutlich markierten Front gegenüber der Piraterie, so weit als möglich zu stabilisieren185. Dabei bestand zwischen den zwei Bereichen zwar keinerlei militär-strategischer, wohl aber ein inhaltlicher Zusammenhang, welcher sowohl die hier wie dort applizierte Methodik als auch vermutlich die erhofften innenpolitischen Auswirkungen betraf. Den hier zugrundeliegenden konzeptionellen Kern bildeten die weitreichenden Restriktionen, denen sich die römischen Promagistrate in ihrer militärischen wie politischen Kompetenz ausgesetzt sahen. Davon versprach man sich allem Anschein nach nicht nur eine Beendigung solcher Ubergriffe, die von Statthaltern nur allzu oft aus egoistischen Motiven und zum Schaden des Staates gegen auswärtige Völkerschaften unternommen wurden, sondern ebenso einen gewissen Schutz für die eigenen Bundesgenossen, die in den römischen Kalkulationen eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben werden. Nun ginge zwar die Behauptung, man habe damals jenen die Verteidigung des Imperiums im wesentlichen übertragen wollen, deutlich zu weit, doch wird römischerseits zweifelsfrei der Wunsch erkennbar, bei den Bündnispartnern wenigstens die innere Bereitschaft zur Kooperation mit der Führungsmacht zu wecken. Wie weitsichtig dieser Gedanke war, sollte sich nur zwölf Jahre später zeigen, als mit der Invasion Mithridates' VI. die Herrschaft Roms über Kleinasien gerade deswegen beinahe zusammengebrochen wäre, weil ein Großteil der einheimischen Bevölkerung von Rom abfiel186. Doch werden im Jahre 100 derartige konkrete Befürchtungen die Gemüter gar nicht bewegt haben. Ausschlaggebend dürfte vielmehr das Verlangen gewesen sein, im Osten ein weitgehend stabiles, teilweise selbsttragendes System zu schaffen, das die Ressourcen Roms in möglichst geringem Maße belastete. Der Gedanke drängt sich auf, daß nach dem voraufgegangenen Jahrzehnt, welches selbst für römische Verhältnisse an militärischen Konflikten außerordentlich ereignisreich gewesen war, solche Planungen unmittelbar aus der mutmaßlichen Lage des Staates resultierten; und zwar in doppelter Beziehung. Denn zum einen werden die Kriege, welche Rom damals mit durchaus wechselhaftem Erfolg gegen Jugurtha, gegen die aufständischen Sklaven Siziliens, gegen Kimbern und Teutonen, in Thrakien sowie in Kilikien führen mußte bzw. wollte, sehr wahrscheinlich nicht nur 185

186

Cf. Giovannini/Grzybek, Lex 39: 'la loi ... d£finissait la politique k suivre dans la partie Orientale de Γ empire.'; Ferrary, Recherches 655 : '... il s' agit d' organiser et de maintenir, plus que d' aller de Γ avant ...'. Zur römerfeindlichen Haltung der meisten Provinzialen und Verbündeten sowie der propagandistischen Nutzbarmachung dieser Animosität durch Mithridates cf. o. S. 140ff.

254

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

demographisch 187 , sondern ebenso fiskalisch erhebliche Lücken hinterlassen haben188. Insofern erscheint es nur konsequent, wenn die im ' Piratengesetz' festgelegten Maßnahmen nicht mehr auf weitere Expansion, sondern auf die Paziftzierung und Stabilisierung bzw. die Nutzung dessen ausgerichtet waren, was man in den vergangenen Jahren durch T. Didius und durch M. Antonius189 gewonnen hatte. Eine vordringliche Aufgabe des künftigen Statthalters von Macedonia bestand ja gerade darin, Sorge zu tragen, daß die in den eroberten Gebieten anfallenden Steuern eingenommen werden konnten - ein mögliches Indiz für die finanziellen Einbußen der vorangegangenen Jahre190. Doch stand hinter dieser Selbstbeschränkung Roms im äußeren Bereich vielleicht noch ein weiteres, im eigentlichen Sinne politisches Motiv der herrschenden Aristokratie: Denn es dürfte sich wohl zumindest als Hypothese die Ansicht vertreten lassen, daß man damals ein extensives militärisches Engagement an der Peripherie des Reiches zugleich in seinen möglichen konstitutionellen Rückwirkungen zu beschneiden bemüht war. Gerade nämlich das über mehrere Jahre kontinuierte Konsulat des C. Marius 191 , wie es die unaufhörlichen kriegerischen Konflikte der vorange187

Wie für die gesamte Antike sind auch hier die von den Quellen offerierten Zahlenangaben nicht nur äußerst rar, sondern auch hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit höchst problematisch. Doch scheinen allein 105 bei Arausio, der seit Cannae schwersten römischen Niederlage, einige Zehntausend Römer und Italiker ums Leben gekommen zu sein (80.000: Liv., per. 67; Oros. 5,16,3; 60.000: Diod. 36,1). Brunt (IM 82) setzt die Verluste auf insgesamt immerhin noch rd. 35.000 an. 188 Für diese eigentlich naheliegende Vermutung gibt es keine zeitgenössischen Belege, doch dürfte sich die damalige Lage des Staates kaum wesentlich von der des Jahres 75 unterschieden haben; cf. die Rede Cottas bei Sallust (Hist. 2 frg. 47,6f.), vgl. u. S.263f. 189 Anders als T. Didius wird M. Antonius im 'Piratengesetz' an keiner Stelle erwähnt. Doch geht Hinrichs (Tafel 494ff.) zu weit, wenn er hieraus einen gegen diesen Mann gerichteten politischen Affront ablesen zu können meint. Denn Hinrichs' Deutung ist allzu mechanisch: die im 'Piratengesetz' erhobene Forderung nach 'Sicherheit der Meere' sei, indem man so die Erfolglosigkeit des von Antonius durchgeführten Unternehmens gegenüber den hellenistischen Mächten implizit eingestanden habe, einer Beleidigung des Feldherrn gleichgekommen (ähnlich, doch weniger scharf formuliert dies Ferrary, Recherches 657). Die umgekehrte Auslegung darf jedoch, wenn überhaupt, ebensoviel Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen: Der Gesetzgeber unterließ aus Rücksichtnahme gegenüber Antonius Formulierungen wie 'όπως μ,ηδεις τους πειρατάς, οΕς έπολέμ,ησε Μάρκος "Αντώνιος, ύπο&έχηται μηδέ συμ,πράττηι αύτοΐς. Überdies muß darauf hingewiesen werden, daß im Unterschied zu den Eroberungen des T. Didius zum Piraterieproblem offenbar ohnehin keine konkrete Stellungnahme erfolgt. 190 I V 13ff.; zit. ο. A.129. 191

In den Jahren 104-100, cf. Broughton, MRR 1, 558; 562; 567; 570; 574.

2. Das 'Piratengesetz* (100)

255

gangenen Jahre hatten notwendig werden lassen, mag die Interdependenz zwischen äußerem und innerem Bereich noch einmal nachdrücklich verdeutlicht haben. In diesem Kontext besitzt die Heeresreform, welche mit dem Namen jenes Generalissimus untrennbar verknüpft ist, eine gewissermaßen katalysatorische Wirkung. Denn wenngleich die Tendenz zum faktisch mehrjährigen Imperium bereits während des 2. Jh. auszumachen ist192, hatten sich nun mit der Rekrutierung Besitzloser die Möglichkeiten des Feldherrn, eine eigene Militärklientel aufzubauen, beträchtlich erweitert193. Kaum etwas vermag diesen Gefahrenherd für die aristokratisch-republikanische Verfassung besser zu veranschaulichen als eben die Rolle, welche Marius in der innenpolitischen Auseinandersetzung vor allem des Jahres 100 spielte194 - oder besser: hätte spielen können, wenn sein Loyalitätsempfinden gegenüber der tradierten Ordnung, wie sie die Majorität seiner Standesgenossen interpretierte, nicht obsiegt hätte. Doch zeigte sich damals angesichts der Patronatspflichten, die einem Feldherrn gegenüber seinen Veteranen erwuchsen und deren Einlösung auf den erbitterten Widerstand der meisten nobiles stieß, die innere Widersprüchlichkeit des überkommenen Wertesystems recht deutlich. Dieser Konflikt ließ sich mangels politisch-sozialer Alternativen195 auch in Zukunft nicht grundsätzlich ausräumen, sondern höchstens dadurch begrenzen, daß man, wenn schon nicht seine tieferen Ursachen, so wenigstens die Anlässe, bei denen er sich artikulierte, gering hielt. Dies aber bedeutete beinahe zwangsläufig die Reduzierung eigener militärischer Engagements, ein Unterfangen, von dem sich ein leises Echo auch in der lex de piratis findet. Denn auch wenn sich dort eine entsprechende Primärmotivation nicht zwingend beweisen läßt, vermochte dennoch die eindeutig defensive Ausrichtung des Gesetzes zumindest als Nebeneffekt jenen Auflösungstendenzen der aristokratischen Standeshomogenität entgegenzuwirken. Neben der Beschränkung, die dem Statthalter in seiner operativen Selbständigkeit auferlegt war196, mochte ja gerade die für Macedonia festgelegte Truppenreduzierung auch dazu geeignet sein, 192 193 194

195 196

Zu dieser Entwicklung cf. bes. Kloft, Prorogation 35ff. Zu diesem Problemkomplex cf. die Literaturverweise o. S. 197 A. 126. Der Ereigniszusammenhang dieser Annäherung zwischen Marius und der populären Gruppierung um Satuminus und Glaucia ist im wesentlichen bekannt und bedarf hier keiner Repetition, cf. bes. F.W. Robinson, Marius, Satuminus und Glaucia. Beiträge zur Geschichte der Jahre 106-100 v. Chr., Bonn 1906, 49ff.; Passerini, Caio Mario 109ff.; Carney, Marius 40ff.; J. Rouvier, Du pouvoir dans la Rdpublique romaine, Paris 1963, 272ff.; J. v. Ooteghem, Caius Marius, Brüssel 1964, 232ff.; Gruen, Roman Politics 169ff.; Gabba, Mario e Silla 777ff. Zum Begriff der 'Krise ohne Alternative' cf. Meier, RPA 149ff.; 201ff. Zum Verbot, die Grenzen seiner Provinz zu überschreiten cf. o. S.232 A.92; S.235 A . l l l .

256

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

die potentielle Heeresklientel des dort amtierenden Promagistrats zu verringern. 3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit Es erscheint angesichts der Entwicklung, welche nicht nur die Beziehungen zwischen Rom und seinen östlichen Klientelstaaten, sondern gerade auch den Umfang und die Ausprägung der Piraterie in jenem Teil des Mittelmeeres bestimmte, von vornherein ausgeschlossen, daß durch das 'Piratengesetz' des Jahres 100 irgendwelche konkreten Resultate erzielt wurden. Dies rührt gewiß nicht daher, daß die lex als ein Ausfluß populärer Umtriebe nach dem Sieg der optimatischen Kräfte schnellstmöglich wieder kassiert worden wäre197. Das 'Piratengesetz' blieb, ohne vermutlich jemals formell außer Kraft gesetzt worden zu sein, gänzlich wirkungslos, und das lag nur zum Teil daran, daß die Anrainerstaaten des östlichen Mittelmeeres weder willens noch hinlänglich fähig waren, sich wie vorgesehen in den Dienst an der 'gemeinsamen Sache' zu stellen; hierzu dürfte verständlicherweise die als zu unausgewogen angesehene Verteilung von Rechten und Pflichten gewiß ihr Teil beigetragen haben. Von größerer Bedeutung war zweifelsohne die Einstellung der Römer selbst, welche aus den bereits dargelegten Gründen die anfallenden ordnungspolitischen Aufgaben nur mit minimalem eigenen Kraftaufwand erledigen konnten bzw. wollten. Mehr noch als die Militäraktion des M. Antonius 102 bezeugt diese Grundhaltung eben jenes nur zwei Jahre später verabschiedete Gesetz, welches in der Forschung nur allzu oft als der Reflex eines entschlossenen römischen Eingreifens oder wenigstens der 197

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang Bulins (Untersuchungen 17ff.) analytischer Salto mortale: Um einen genaueren Datierungsansatz zu gewinnen, untersucht Bulin die literarische Überlieferung auf Indizien, welche auf die Existenz oder das Fehlen eines gültigen Piratengesetzes schließen lassen; dabei geht er von der Prämisse aus, daß das 'Piratengesetz' als ein politisches Erzeugnis des Saturninus nach dessen Scheitern kassiert worden wäre, während es als ein Derivat optimatischen Wirkens nicht nur weiter Gültigkeit besessen, sondern sogar einen Niederschlag in der durchweg optimatisch gesonnenen literarischen Uberlieferung gefunden hätte. Indem Bulin auf dieser Grundlage die von Rom in der Folgezeit gegen den Seeraub durchgeführten Maßnahmen untersucht, kommt er zu dem Schluß, daß ein Piratengesetz nicht mehr in Kraft gewesen sein könne. Doch ist nicht nur der Argumentationsgang in höchstem Maße verworren, sondern es ist auch die hier postulierte Ausformung der lex de piratis ein reines Phantasieprodukt, insofern der Gesetzestext nirgends ein planmäßiges Vorgehen seitens der Römer in Aussicht stellt. Es darf also nicht verwundem, wenn spätere Aktionen keinen Reflex des ' Piratengesetzes' bieten.

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

257

Vorbereitung dazu interpretiert wurde. Doch scheint eher das Gegenteil zuzutreffen; denn die lex de piratis erweckt geradezu den Eindruck, als sei sie aus dem Verlangen geboren, nicht sich in größerem Umfange um der Prosperität des Imperiums willen zu engagieren, sondern umgekehrt den Einsatz der eigenen militärischen wie ökonomischen Ressourcen weitgehend zu reduzieren. In dieser Beziehung weist die römische Geschichte der folgenden Jahrzehnte zunächst durchaus eine gewisse Kontinuität auf, was nicht nur bereits die äußerst geringe Zahl der gegen den Seeraub in die Wege geleiteten Maßnahmen, sondern ebenso deren spezifische Ausprägung, soweit erkennbar, dokumentiert.

3.1. L. Cornelius Sulla Es ist durchaus möglich, daß nur vier Jahre nach Verabschiedung des 'Piratengesetzes' mit Sulla ein weiterer römischer Promagistrat198, ausgestattet mit der provincia Kilikien, der Piraterie zu Leibe zu rücken versuchte. Doch wird in diesem Fall die Untersuchung durch eine Reihe ungeklärter Fragen erheblich erschwert. Da ist zum einen die Datierung der Prätur und der daran anschließenden Statthalterschaft Sullas, deren traditionellen Ansatz in das Jahr 93 bzw. 92 Badian auf 97 bzw. 96 korrigieren zu können meinte199. Seine These blieb freilich trotz überwiegend positiver Resonanz nicht unwidersprochen200. Von ungleich größerer Relevanz ist indes die Frage, an welche konkrete Aufgabe Sullas provincia geknüpft war, die in Kilikien damals noch keine Territorialadministration im herkömmlichen Sinne zum Gegenstand gehabt haben kann201. Denn davon, daß dem Prokonsul die Bekämpfung des Seeraubs aufgetragen worden wäre, berichten die Quellen nichts. Wenn wir Plutarch glauben dürfen, scheint das erklärte Ziel der Mission Sullas vielmehr die Reinthronisation des Ariobarzanes von Kappadokien

198 199

200

201

Broughton, Μ RR 2, 18. Sulla' s Cilician Command, in: Athenaeum 37 (1959), 279-303 ( = Studies 157-178). Einen Forschungsüberblick liefert A. Keaveney (Deux dates contest6es de la carriere de Sylla, in: LEC 48 [1980], 149-157), der sich Badians These anschließt, cf. ders., Roman Treaties with Parthia circa 95 - circa 64 B.C., in: AJPh 102 (1981), 195-212, hier: 195 A.3; ders., Sulla. The Last Republican, London/Canberra 1982, 36 m. A. 15. Zur Geschichte der Integration Kilikiens in das imperium Romanum cf. o. S.236ff.

258

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

gewesen zu sein, wobei hinter dieser Maßnahme das Motiv stand, dem aufstrebenden Mithridates Einhalt zu gebieten202. Doch hat Badian zu bedenken gegeben, daß Cilicia (anstelle von Cappadociä) als Bezeichnung für Sullas provincia seltsam anmutet, wenn jene Zielsetzung tatsächlich die ursprüngliche bzw. die einzige gewesen wäre203; Cilicia habe vor der eigentlichen territorialen Einbeziehung jener Region in das römische Herrschaftsgebiet als militärischer Kompetenzbereich immer nur die Pirateriebekämpfung zum Ziel gehabt. Im Zusammenhang mit diesem primären Mandat sei Sulla zusätzlich jener andere Auftrag erteilt worden204. Wenn wir nun also (unter Vorbehalt) davon ausgehen, daß auch Sulla Maßnahmen gegen den Seeraub ergreifen sollte (ob dieser Plan in die Tat umgesetzt wurde, bildet eine weitere unbekannte Größe in unseren Überlegungen), dann fallt auch hier die im wesentlichen passive Grundhaltung der Römer auf, die einen größeren Einsatz eigener Kräfte nach Möglichkeit zu verhindern suchten. Denn Sulla, so erfahren wir, nahm nur eine kleinere römische Streitmacht zur Erledigung der gestellten Aufgabe mit und rekurrierte stattdessen auf die Hilfe der Bundesgenossen205

3.2. L. Licinius Murena Im Jahre 84 unternahm Murena206, den Sulla nach dem Frieden von Dardanos (vermutlich als Propraetor207) in Asia zurückgelassen hatte, eine Expedition gegen die Piraten. Doch läßt sich in diesem Fall schon über die Motive des Initiators wenig Schmeichelhaftes feststellen. Ihm dürfte es ebenso wie ein Jahr später im sog. Zweiten Mithridatischen Krieg208, den er δι' έπιθυμίαν 202

Plut., Sulla 5,6: μετά δέ την στρατηγίαν εις την Καππαδοκιαν αποστέλλεται., τον μεν εμφανή λόγον έχων πρός την στρατείαν Άριοβαρζάνην καταγαγεΐν, αίτίαν δέ αληθή Μιθριδάτην έπισχεϊν, πολυπραγμονοΰντα και περφαλλόμ,ενον αρχήν και δΰναμιν ούκ έλλάτονα τής υπαρχούσης. 203 Diesen Gedanken äußerte auch bereits Magie, Roman Rule 1, 288 A.20 (2, 1164). 204 L.c. (A. 199) 284ff.; cf. Liebmann-Frankfort, Cilicia 449f.; dies., Frontifere 167ff.; Keaveney, I.e. (A.200) 37; Sherwin-White, Rome 8. 205 piut., Sulla 5,7: ιδίαν μ.έν ouv δΰναμ,ιν ου πολλήν έπήγετο, χρησάμενος δέ τοις συμψ,άχοις προθυμίας. 206 Zur Person cf. den Uberblick bei F. Münzer, s.v. Licinius (Nr. 122), in: RE XIII 1 (1926), 444-446. 207 Cf. Broughton, MRR2, 61. 208 Hierzu cf. D.G. Glew, Between the Wars: Mithridates Eupator and Rome, 85-73 B.C., in: Chiron 11 (1981), 109-130; Sherwin-White, REP 149ff.; McGing, Foreign Policy 132ff.

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

259

θριάμβου209 vom Zaun brach, vor allem darum gegangen sein, die eigene Profilierungssucht zu befriedigen. Murena gehört damit sehr wohl zu jener Spezies römischer Promagistrate, deren Begehrlichkeiten u.a. das 'Piratengesetz' Einhalt zu gebieten versucht hatte. Ebensowenig scheint der Erfolg dem Unternehmen Recht gegeben zu haben, wie die kurze Mitteilung bei Appian nahelegt: Μουρήνας τε έγχειρήσας αύτοίς ουδέν έξεφγαστο μέγα 2 1 0 . Dies freilich war in Anbetracht der mutmaßlichen Stärke der verfügbaren Flotte auch kaum zu erwarten; denn sie wurde, wie wir von Cicero wissen, fast ausschließlich durch Kontingente gebildet, welche auf Anordnung Murenas die Gemeinden Asiens ex pecunia vectigali111 entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit - der milesische Beitrag umfaßte zehn Schiffe - zu stellen hatten212.

3.3. P. Servilius Vatia Nicht lange nach der auf den Westen Kleinasiens beschränkten Expedition Murenas widmete Rom sich dem Piraterieproblem erneut - und nun mit einem unverkennbar gestiegenen Engagement. 209 210

211

212

App., Mithr. 265; cf. Memnon, FGrHist 434 F 26. Mithr. 426; einen Reflex findet diese Militäraktion möglicherweise auch in einigen Ehrungen, welche dem Murena von manchen Hellenengemeinden verliehen worden waren. Zwei erst 1970 gefundene Inschriften von Kaunos (hrsg. v. R. Bernhardt, Zwei Ehrenstatuen in Kaunos für L. Licinius Murena und seinen Sohn Gaius, in: Anadolou 16 [1972], 117-122) nennen den römischen Feldherm ευεργέτης und σωτήρ (Ζ. 4 bzw. 3f.) und ehren ihn mit einem goldenen Kranz sowie mit einem bronzenem Reiterstandbild (Z. 6); dazu cf. SEG 38 (1988), 1048 (Marek). Ähnliches erfahren wir aus zwei anderen, schon längere Zeit bekannten Inschriften aus Rhodos (SIG» 747) und Messene (IG V 1, 1454). Dort waren jenem (zusammen mit seinem Legaten A. Terentius Varro, cf. Broughton, MRR 2, 72) die Ehrentitel eines πρόξενος und ευεργέτης (Zz. 5ff. u. 10f.), hier eines ευεργέτης, verliehen worden. Doch dürfte die von Bernhardt (I.e. 120) vorsichtig geäußerte Vermutung, 'dass Murenas Erfolg gegen die Piraten - zumindest für einige Zeit - doch spürbarer war, als die moderne Forschung annimmt', zu weit gehen. Hierbei handelt es sich vermutlich um die von Sulla nach dem 1. Mithridatischen Krieg festgelegte Reparationssumme in Höhe von 20.000 Talenten, die in diesem Fall anteilsmäßig durch die Stellung von Schiffskontingenten beglichen wurde; eine Diskussion der Stelle findet sich bei Magie, Roman Rule 1, 240f. A.27 (2, 1121f.). Cie., Verr. II 1,89: decern enim navis iussu L. Murenae populus Milesius ex pecunia vectigali populo Romano fecerat, sicut pro sua quaeque parte Asiae ceterae civitates. Daß sich das Unternehmen gegen die Piraten richtete, erfahren wir aus dem folgenden Paragraphen: ... in ea classe quae contra piratas aedificata sit....

260

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Nachdem vermutlich bereits Cn. Cornelius Dolabella in den Jahren 80 und 79 als Proprätor von Cilicia213 gegen den Seeraub hatte vorgehen sollen 214 , dieser Aufgabe aber aufgrund seiner gänzlich anders gearteten Interessenlage kaum nachgekommen war 215 , entsandte der Senat 78 mit dem Vorjahreskonsul P. Servilius Vatia einen Mann, der in seiner Person moralische Integrität216 wie militärische Befähigung vereinte. Er hatte das kilikische Kommando insgesamt fünf Jahre lang inne217 und erzielte während dieser Zeit offenbar einige respektable Erfolge, die ihm das ehrende Cognomen Isauricus eintrugen. Schon der Beiname liefert ein Indiz dafür, daß der Feldzug des Servilius sich keineswegs auf maritime Operationen beschränkt haben kann, und in der Tat scheint der römische Prokonsul das Ziel einer weiter angelegten Pazifizierung verfolgt zu haben, von welcher die Polizeiaktion gegen die Seeräuber nur einen Teil bildete. Denn nachdem es ihm gelun213 214

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Cf. Broughton, MRR 2, 80. Dies wird zwar in den Quellen nirgends explizit gesagt, doch erfahren wir immerhin, daß Dolabella offenbar eine Streitmacht zur Kriegführung unterstellt war; denn einer der von Cicero gegen ihn gerichteten Vorwürfe zielte darauf, ut exercitum, provinciam, bellum relinqueret (Cie., Verr. II 1,73; cf. ibid. 77: ... exercitum atque hostem relinquebas ...); insofern besitzt die in der Forschung des öfteren vertretene Ansicht, bei jenem hostis habe es sich um die Piraten gehandelt, durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit, cf. Magie, Roman Rule 1, 286; Badian, I.e. (o. A.IIS) 285; LiebmannFrankfort, Cilicia 453. Doch erscheint es mir fraglich, ob man jene damals nicht nur zu Lande, sondern gerade auch zur See mit Nachdruck bekämpfte; die für die Römer verfügbaren Seestreitkräfte können nämlich nicht allzu stark gewesen sein, da beispielsweise Verres für eine Fahrt von Lampsakos nach Myndos von den Milesiem zu seiner Sicherheit ein Kriegsschiff anfordern mußte - oder freilich: wollte, wenn der spätere unrechtmäßige Verkauf des Schiffes von vornherein geplant war; cf. Cie., Verr. II l,86ff. Zu den Übergriffen, welche sich Dolabella sowie vor allem sein Legat und späterer Proquaestor Verres zu Schulden kommen ließen, cf. F. Münzer, s.v. 'Cornelius' (Nr. 135), in: RE IV 1 (1900), 1297f.; Magie, Roman Rule 1, 246ff. Cicero (Verr. II 3,211) sagt - gewiß auch, um einen stärkeren Kontrast zu Verres herauszuarbeiten: P. Servilius quinquennium exercitui cum praeesset et ista ratione innumerabilem pecuniam facere cum posset, non statuit sibi quiequam licere quod non patrem suum, non avum Q. Meteilum, clarissimum hominem, facere vidisset. Zur Person cf. außerdem F. Münzer, s.v. •Servilius' (Nr.67), in: RE II A 2 (1923), 1798-1802. Bereits Ormerod (Campaigns 37ff.) hat darauf hingewiesen, daß zwischen Ciceros Angabe (Verr. II 3,211: P. Servilius quinquennium exercitui cum praeesset ...) und denen späterer Autoren (Eutr. 6,3: \P. Servilius] ... intra triennium bello finem dedit; Oros. 5,23,22: triennio emenso, quo bellum gestum est...) vermutlich ein nur scheinbarer Widerspruch besteht, da jener die Dauer des prokonsularischen Imperiums, diese die des eigentlichen Feldzuges meinten.

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

261

gen war, dem Feind zur See eine schwere Niederlage beizubringen218, und dessen landgestützte Operationsbasen zu vernichten219, wandte er sich in einem nächsten Schritt dem Landesinneren zu, wo ihn seine Militärexpedition bis in das Gebiet der Isaurier führte220. Ermöglicht wurden diese großangelegten Militäroperationen des Servilius dadurch, daß man ihm relativ starke See- wie Landstreitkräfte unterstellt hatte: Für seine gegen die Stützpunkte der Piraten und gegen die 218

219

220

Die einzigen Nachrichten über den römischen Seesieg finden sich bei Floras (l,41,4f.: missusque in eos [sc. piratas] Publius Servilius quamvis leves et fugaces myoparonas gravi et martia classe turbaret, non incruenta victoria superat. sed nec mart submovisse contentus ...) sowie - noch kürzer - bei Strabo (14,3,3: ... τους δέ ληστάς έπιδεΐν [sc. συνέβη τοις Λυκίας] άρδην ήφανισμένους, πρότερον μεν ύπό Σερουιλίου τοϋ Ίσαυρικοΰ _). Dabei wurden die lykischen piratarum urbes Phaseiis, Olympos und Korykos eingenommen und die pamphylischen Attaleer der römischen Herrschaft unterworfen. Cf. die Nachweise bei Ormerod (Campaigns 40 m. A.6); zu den von Servilius vorgenommenen Gebietsannexionen cf. auch SherwinWhite, REP 154 m. A.19. Cf. hierzu die ausführliche und immer noch grundlegende Diskussion bei Ormerod (Campaigns 40ff.); außerdem Magie, Roman Rule 1, 287ff.; vgl. auch A. Hall in: Akten des VI. Internationalen Kongresses für griechische und lateinische Epigraphik, München 1972 (Vestigia 17, 1973), 568-571. Es ist angesichts der Tatsache, daß die Isaurier relativ weit landeinwärts lebten, natürlich kaum anzunehmen, daß der gegen sie gerichtete Feldzug das von Ormerod unterstellte Ziel einer Bekämpfung des 5eeraubs verfolgte; diese vor allem durch die verworrene Notiz bei Rufius Festus (brev. 12,3: Cilices et Isauros, qui se piratis ac praedonibus maritimis iunxerant, Servilius pro consule ad praedonum bellum missus subegit ...) gestützte Annahme wurde von Magie (Roman Rule 2, 1171) und SherwinWhite (REP 155ff.) mit Recht bezweifelt. Wahrscheinlicher sei es, daß Rom damals ein weiter ausgreifendes strategisches Konzept verfolgt habe, welches auf die Kontrolle über Zentralanatolien und die Aktivitäten Mithridates' VI. zielte (vgl. Liebmann-Frankfort, Frontifere 209). Doch muß darauf hingewiesen werden, daß bei Strabo die Isaurier als ein dem Landraub nachgehendes Volk gelten (12,6,2: _ [von den Ansiedlungen der Isaurier] ληστών δ' οίπασαι κατακίαι; bestätigt durch Sali., hist. 2 frg. 85: genus hominum vagum et rapinis suetum magis quam agrorum cultibus, sofern Maurenbrechers Verbindung dieser Aussage mit den Isauriera korrekt ist), dessen so geartete Gewohnheit auch die Konfrontation mit Servilius bestimmte: παρέσχον δέ και 'Ρωμ.αίοις πράγματα και τω Ίσαυρικω προσαγορευθέντι Πουβλίω Σερβιλίω, δν ήμεϊς εί&ομεν, δς και ταΰτα υπέταξε 'Ρωμαίας και τά πολλά των πειρατών έρύματα έξεϊλε τα έπι τη 9-αλάττη (Strabo, ibid.). Der griechische Geograph interpretiert also - darin Rufius Festus annähernd vergleichbar - die gegen die Isaurier gerichteten Maßnahmen und die, welche auf die eigentlichen Seeräuber zielten, als Teile desselben strategischen Leitgedankens. Das Unternehmen des Servilius dürfte demnach in erster Linie eine ordnungspolitische Maßnahme gewesen sein.

262

VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Isaurier gerichteten Expeditionen befehligte der Prokonsul vermutlich vier oder fünf Legionen 221 . Den Seesieg über die gegnerischen Kräfte verdankte er einer Flotte, die aus wohl nicht wenigen schweren Schiffen bestand222. Es läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, woher diese Einheiten stammten, doch erscheint mir die Annahme durchaus plausibel, daß zumindest ein erheblicher Teil dieser maritimen Streitmacht von den asiatischen Bundesgenossen gestellt worden war. Denn selbst noch für die von Pompeius 67 befehligte Flotte war auf zahlreiche Schiffe der Rhodier zurückgegriffen worden 223 , und demnach dürften die Römer ebenso in den Jahren 77/76 von der wohl in der Regel vertraglich fixierten Verpflichtung ihrer socii, im Bedarfsfall Schiffe zu stellen 224 , Gebrauch gemacht haben225. 221

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Sofern größere Auseinandersetzungen bevorstanden, scheint das konsularische Heer in spätrepublikanischer Zeit fünf Legionen umfaßt zu haben (cf. App., Mithr. 116 [Sulla im Jahre 87]; Frontin., Strat. 4,1,43 [C. Curio im Jahre 75]; App., Mithr. 305 [Lucullus im Jahre 74]). Die vier Legionen, die Lucullus 74 in Asien und Kilikien übernahm (Sail., Hist. 2 frg. 47,7; App., Mithr. 305; Plut., Luc. 7,1), werden von Porphyrio (Comm. in Hör., Ep. 2,2,26) als Valerianus et Servilianus exercitus bezeichnet, wobei die zwei Legionen Fimbriae auch zur Streitmacht des Servilius gehört haben werden, welcher vermutlich eine Legion für seinen Triumph zurück nach Rom mitgenommen haben wird, cf. R.E. Smith, Pompey's Conduct in 80 and 77 B.C., in: Phoenix 14 (1960), 1-13; hier: 4 u. 12f.; Sherwin-White, REP 157 A.33. Flor. 1,41,4. Flor. 1,41,8: quippe cum classibus et suis et socialibus Rhodiorum abundaret (sc. Pompeius) . . . . Das zeigt bereits die von Verres gegenüber Milet erhobene Forderung (cf. ο. A.214). Nicht anders hat auch das foedus mit Messene eine derartige Verpflichtung des Bündnispartners festgelegt (Cie., Verr. II 4,21). Ein weiteres mögliches Indiz für die Verwendung bundesgenössischer Kontingente durch Servilius könnte darin gesehen werden, daß in einer Ehreninschrift aus Xanthos (ΤΑΜ II 1, 264 u. 265; IGR III 607 A u. B; OGIS 552 u. 553) ein gewisser Aichmon für einen Seesieg bei den Chelidonischen Inseln έπί των τά εναντία πραξάντων τω έθνει (ΤΑΜ II 1, 264 Ζ.4), den er als Nauarch des Lykischen Bundes errungen hatte, geehrt wurde. Daß mit den εναντία die Piraten gemeint waren, braucht nicht in Abrede gestellt zu werden. Fraglich ist indes nicht nur die Datierung (die genaueste Einordnung ermöglicht der Schrifttyp, welcher Kaiinka zufolge in den Anfang des 1. Jh. v. Chr. gehört); ebenso ist die von O. Treuber (Geschichte der Lykier, Stuttgart 1887, 187 Α. 1), O. Benndorf (Historische Inschriften vom Stadttor zu Xanthos, in: Festschrift zu Otto Hirschfelds sechzigstem Geburtstage, Berlin 1903, 75-86, hier: 75f.), Dittenberger (OGIS 552 p. 229f. A.4) und Ormerod (in: CAH IX p. 354) vertretene Ansicht, das lykische Geschwader sei Teil der von Servilius befehligten Streitkräfte gewesen, anfechtbar. Bereits Kaiinka hat eingewandt, daß in diesem Fall ein entspre-

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Gemessen an der Wirksamkeit der durch seine Vorgänger geleiteten Maßnahmen verdient das Unternehmen des Servilius durchaus besondere Beachtung. Doch gilt auch in diesem Fall die Einschränkung, daß angesichts des nur kurze Zeit später erneut akuten Handlungsbedarfs von einem dauerhaften Erfolg unmöglich gesprochen werden kann. Die unmittelbare Evidenz dieser Aussage wird durch einige Hinweise bei antiken Autoren bestätigt, von denen die meisten zwar die auf dem Feldzug errungenen Siege hervorheben226, einige jedoch auch Rückschläge konstatieren: Eine entsprechende Mitteilung ist möglicherweise schon in den Historienfragmenten Sallusts zu finden, wobei hier allerdings der inhaltliche Bezug nur vermutet werden kann227. Unmißverständlich dagegen berichtet Florus von schweren Verlusten, welche die Römer anläßlich der Seeschlacht gegen die Piraten erlitten hätten: ... non incruenta victoria superat (sc. Servilius)228. Und von demselben Autor erfahren wir auch, daß jene trotz aller Niederlagen, gleichsam einem genetischen Impuls folgend, zu ihrem alten Gewerbe zurückkehrten und es in noch größerem Umfange betrieben229. Daß dies Servilius nicht zu verhindern vermocht hatte, bemerkt ebenso Appian, der ihn in einem Atemzug mit Murena nennt230. Dennoch läßt es sich nicht von der Hand weisen, daß die Römer damals mit wachsender Energie bei der Bereinigung des Problems zu Werke gingen, was ja nicht nur an dem gestiegenen quantitativen Aufwand, sondern vor allem auch daran erkennbar wird, daß das kilikische Kommando zum ersten Mal über fünf Jahre und an einen früheren Konsul verliehen wurde.

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chender Hinweis in der Inschrift zu erwarten gewesen wäre; es habe sich vermutlich eher um ein selbständiges Unternehmen der Lykier gehandelt. Cie., Verr. II 1,56; 3,210f.; 4, 21; 5,66; 79; leg. agr. I 5; II 50; Liv., per. 90; 93; Strabo 14,5,7; Veil. 2,39,2; Eutr. 6,3; Oros. 5,23,21f.; Ruf. Fest. 11,1; 12,3; Ps. Asc. 237 (Stangl); Schol. Gron. 347 (Stangl). Hist. 1 frg. 128: fessus in Pamphyliam se reeeperat; frg. 134: repulsus a Lete oppido. Flor. 1,41,4. Die Formulierung (non in)cruenta victoria meint fast ausnahmslos eigene Verluste, cf. beispielsweise Sali., Cat. 58,21; Liv. 28,34,2; 39,31,16; 2,31,6, 4,17,8; 7,8,7; 9,12,3; 10,29,18; 21,29,4; 27,14,14; 49,7; 30,18,14; 35,5,14; 40,32,7; 42,7,10; 42,66,10; Tac., hist. 2,15,2; 44,3; 3,8,3; ann. 2,18,1. 1,41,6: Non ideo tarnen tot cladibus domiti terra se continere potuerunt; sed ut quaedam animalia, quibus aquam terramque incolendi gemina natura est, sub ipso hostis recessu inpatientes soli in aquas suas resiluerunt, et aliquanto latius quam prius Siciliae quoque litora et Campaniam nostram subito adventu terrere voluerunt. Mithr. 426: Μουρήνας τε έγχ,εφήσας αύτοϊς ουδέν έξείργαστο μ.έγα, άλλ' ουδέ Σερουίλιος Ίσαυρικός επί τω Μουρήνα „ .

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

3.4. Die Versorgungskrise des Jahres 75 Dieser Linie blieben die Römer auch in den folgenden Jahren treu, in denen sie ihr Engagement offenbar verstärkten. Auf den ersten Blick überrascht eine solche Haltung nicht wenig, bedenkt man, auf welch harte Belastungsprobe die Leistungsfähigkeit des Staates damals gestellt war, bestand doch, wie aus dem äußerst düsteren Lagebericht des Konsuls C. Aurelius Cotta ersichtlich231, im Jahre 75 die Notwendigkeit, einen überaus kostspieligen Mehrfrontenkrieg zu fuhren: consules nos fecistis Quirites domi bellique impeditissima re publica; namque imperatores Hispaniae Stipendium, milites, arma, frumentum poscunt et id res cogit, quoniam defectione sociorum et Sertorii per montis fuga neque manu certare possunt neque utilia parare -; exercitus in Asia Ciliciaque ob nimias opes Mithridatis aluntur, Macedonia plena hostium est nec minus Italiae maritima et provinciarum, cum interim vectigalia parva et bellis incerta vix partem sumptuum sustinent: ita classe quae commeatus tuebatur minore quam antea navigamus232.

Doch zeigt sich schon anhand dieser Passage deutlich, daß es unumgänglich war, auf die durch den Seeraub geschaffenen Probleme in irgendeiner Form zu reagieren: Denn wenn sich hier ein amtierender Konsul zu einer Rechtfertigung vor dem Volk genötigt sieht, so in erster Linie deshalb, weil die Krise, in welche die römische Herrschaft über die mediterrane Welt geraten war, in ihren Auswirkungen die Lebensbedingungen auch der stadtrömischen Bevölkerung unmittelbar beeinträchtigte. Die Konsequenz nämlich der so skizzierten Situation, den für die Zuhörerschaft wohl einzig relevanten Punkt, bringt der Redner am Schluß zur Sprache: 'So kommt es, daß wir nur eine kleinere Flotte als früher zum Schutz233 unserer Versorgung unterhalten können.' Der Anlaß für Cottas Apologie ist damit klar: Weil Rom sich immer weniger dazu imstande sah, die Importe überseeischen Getreides gegen die

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Trotz aller Vorsicht, mit welcher die von Sallust in sein Geschichtswerk eingearbeiteten Reden zu verwenden sind (zu denen der Historien cf. bes. Syme, Sallust, Berkeley/Los Angeles 1964, 196ff. [dt. Übers. Darmstadt 1975, 191ff.]), besteht in diesem Fall wohl kein Grund, die Historizität der von Cotta dargestellten Situation in Zweifel zu ziehen, cf. die bei Greenidge/Clay (Sources 246ff.) zusammengestellte Parallelüberlieferung. Sali., Hist. 2 frg. 47,6f. (oratio Cottae). Die Situation auf dem spanischen Kriegsschauplatz wird durch die epistula Pompei (frg. 98) bestätigt. Das Imperfekt tuebatur mag eine (quasi unübersetzbare) Form der Assimilation an antea darstellen; bedenkenswert erscheint mir jedoch eine Emendation in tueatur, was einen leicht verständlichen finalen Relativsatz ergäbe.

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Übergriffe der Piraten 234 zu schützen, war es infolge einer Angebotsverknappung zu gravierenden Preiserhöhungen gekommen. Diese ohne weiteres plausible Mutmaßung findet durch ein anderes Sallustfragment direkte Bestätigung: Aufgrund einer unerträglichen Caritas annonae konnten die politischen Würdenträger in der Öffentlichkeit ihres Lebens nicht mehr sicher sein235. Vor diesem Hintergrund gilt es, zwei politische Maßnahmen, welche der Senat noch im selben bzw. folgenden Jahr ergriff, zu interpretieren.

3.4.1. Die Provinzialisierung Kyrenes im Jahre 75 Mit dem Tod des Ptolemaios Apion (96) war, wie dieser es testamentarisch verfügt hatte, Kyrene in den Besitz des römischen Volkes übergegangen, welches indes dem letzten Willen des Königs nur insofern nachkam, als es den kyrenischen πόλεις die Freiheit verlieh und die ökonomische Nutznießung der ehemals königlichen Ländereien (der agri regii)236 akzeptierte. Von einer politisch-rechtlichen Einbeziehung des Landes in das Imperium Romanum wollte man dagegen zunächst nichts wissen. Erst im Jahre 75237 besann sich der Senat eines Besseren, indem er Kyrene als eine neue Provinz auch formell der römischen Herrschaft unterwarf. Welche Gründe hatten die patres diesen Weg einer weiteren 'Extensivierung der res publica' beschreiten lassen? Daß dieser Schritt mit der damaligen Notlage Roms zusammenhing, läßt sich wohl kaum bestreiten. Fraglich bleibt indes die Art dieser Kausalbeziehung. Kaum von der Hand zu weisen scheint mir die von Oost238 und Badian239 vertretene Erklärung, der Senat habe durch eine solche Maßnahme 234

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Daß es sich nur um diese handeln kann, deutet Cotta selbst an: 'Der Küstenbereich Italiens und der Provinzen ist voll von Feinden.1 Sail., Hist. 2 frg. 45: (Annonae intolerabil)is saevitia. Qua refatita plebes forte consul < es > ambo Q. Meteilum, cui tea Cretico cognomentum fiiit, Candida m aetorium sacra via dectis cum magno tuultu invadit fugienque secuta ad Octavi dom quaepropior erat in ... gnaculum perve(nit?)\ cf. ibid. frg. 46. Die hohe Teuerung in jenem Jahr wird auch durch Cicero (Plane. 64; Verr. II 3,215) bestätigt. Sie sind von der χώρα βασιλική, den von den Nomadenvölkern bewohnten Gebieten, über welche die Städte ihren Einfluß verloren hatten, zu unterscheiden, cf. Laronde, Cyrfene 422ff. Die von ' ihlreichen Forschern favorisierte Datierung in das Jahr 74 läßt sich nicht alten, cf. die Diskussion bei Perl (Provinzbeamte 321ff.), Harris (War 267). Cyrene 21. RILR 35f.

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

versucht, die bedrohlich verminderten Staatseinkünfte aufzustocken. Braund hat dagegen zwar eingewandt, daß Kyrene, welches zu jener Zeit selbst von heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen (στάσεις) heimgesucht worden und wirtschaftlich stark geschwächt gewesen sei, die römischen Bedürfnisse kaum nachhaltig hätte befriedigen können240. Doch muß darauf hingewiesen werden, daß die - gewiß in erster Linie ökonomisch motivierten - Antagonismen eine Aussage weniger auf das gänzliche Fehlen von Wohlstand denn auf dessen Verteilung zulassen. Wenngleich nämlich die Prosperität des Landes infolge der inneren Kämpfe gelitten haben dürfte, kann grundsätzlich an dessen durch die Quellen gut bezeugter ökonomischer Potenz kein Zweifel bestehen241. Braunds zweites Argument, Rom hätte seine Versorgungsprobleme einfach durch eine weitere für Sizilien verfugte decuma lösen können, erscheint mir allzu leichtfertig. Denn als man 73 im Rahmen der lex Terentia Cassia242 tatsächlich zu einem solchen Mittel griff, sollte für die Lieferungen bezahlt werden; ob dies, wie Braund unterstellt, bei früheren Fällen im Bedarfsfall unterlassen wurde, eine solche Option also auch 75 bestanden hätte, bleibt durchaus fraglich243. Plausibler erscheint mir die Annahme, daß Rom im Jahre 75 solange wartete, bis es über die erforderlichen Mittel verfügte. Es ist m.E. jedoch überhaupt nicht notwendig, diesen einen Erklärungsansatz zugunsten eines anderen, den auch Braund favorisiert, zurückzuweisen. Es finden sich einige Hinweise, daß die Küsten Kyrenes sich spätestens seit dem 1. Jh. zu einem gesuchten Aktionsfeld für Piraten entwickelt

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Braund, Context 323. Strabo 17,3,21: ηύξήθη (sc. Kyrene) δέ 8ια την άρετήν της χώρας· και γαρ ΐπποτρόφος εστίν άριστη και καλλίκαρπος _; über den offensichtlichen Wohlstand Kyrenes unterrichtet uns auch eine bei Plutarch überlieferte Episode: Als im Jahre 87/86 die Bürger den gerade bei ihnen weilenden Lucullus baten, für sie eine Verfassung auszuarbeiten, antwortete dieser, χαλεπόν είναι Κυρηναίας ούτως εύτυχοϋσι νομ,οθετεΐν (Plut., Luc. 2,5). Daß das Land auf dem agrarischen Sektor leicht Überschüsse produzieren konnte, wird durch SEG IX 2 und Caes., BC 3,5,1 bestätigt; zur Wirtschaft des Landes cf. Rostovtzeff, SEHHW 1,333; 3,1398; Ch.H. Coster, The Economic Position of Cyrenaica in Classical Times, in: Studies in Roman Economic and Social History in Honour of A.Ch. Johnson, Princeton 1951, 3ff.; bes. Laronde, Cyrene 328ff. Rotondi, Leges 366; cf. Rickman, Corn Supply 166ff.; Garnsey, Famine 209ff. Es ist unklar, ob Rom in früheren Zeiten für solche Zusatzlieferungen Geld entrichtete, cf. Briscoe, Commentary II 221; V.M. Scramuzza, Roman Sicily, in: Frank, Economic Survey 3, 225-377, hier: 257; letzterer spricht sich für eine Bezahlung durch Rom aus.

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hatten244. Ein Indiz hierfür liefert ja bereits das 'Piratengesetz', welches sich mit seinem Kollaborationsverbot u.a. an eben jenen von Rom später beerbten Ptolemaios Apion wendet245. Ein prominentes Opfer des in jenem Küstenabschnitt grassierenden Seeraubs wurde im Jahre 87/86 der römische Quaestor Lucullus, der bei seiner Abreise nach Ägypten überfallen wurde und dessen Flottille schwere Verluste erlitt246. In den zeitlichen Kontext der von Servilius geleiteten Polizeiaktion gehört die kurze Beschreibung bei Florus, wonach die Piraten unter Führung eines gewissen Isidorus den gesamten Bereich zwischen Achaia und Kyrene mit Kreta als Zentrum heimsuchten; dieses reiche Jagdrevier nannten sie das 'goldene Meer' 247 . Bestätigt wird der an den Küsten der Kyrenaika verbreitete Seeraub auch durch eine aus Berenike stammende Ehreninschrift für einen gewissen Apollodoros248. Der Honorand hatte sich dadurch besondere Verdienste erworben, daß er zum einen als Befehlshaber der 'Jungmannschaft' (νεανίσκοι) seine von inneren Wirren geschwächte Va244

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Umso bemerkenswerter ist es, daß in den von Ormerod und Ziebarth verfaßten 'Standardwerken' zum antiken Seeraub Kyrene in dieser Beziehung keine Beachtung findet. Cf. o. S.241. Plut., Luc. 2,6: έκεΐθεν (sc. aus Kyrene) 8' αναχθείς (sc. Λεύκολλος) έπ' Αιγύπτου, τά πλείστα των σκαφών άπέβαΧε πειρατών έπιφανέντων _ . Flor. 1,41,3: ac primum duce Isidoro contenti proximo man Cretam inter atque Cyrenas et Achaiam sinumque Maleum, quod a spoliis aureum ipsi vocavere, latrocinabantur. Die Erstausgabe besorgte J.M. Reynolds, A civic Decree from Benghazi, in: SLSR 4 (1973/74), 19-24; cf. Laronde, Cyrene 463ff. (mit weiteren Literaturangaben). Die Datierung dieses Dokuments ist freilich schwer zu bestimmen, da uns für die in ihm vorhandene chronologische Angabe (έτους) ΛΔ (Ζ. 1) der Bezugspunkt fehlt. Handelt es sich hier um das 34. Jahr einer mit dem Tod des Apion beginnenden pankyrenischen Ära (cf. Reynolds I.e. 21) oder die Ära von Actium (cf. Laronde, Cyrfene 466)? Im ersteren Fall gehörte die Inschrift in das Jahr 62/61, im letzteren in das Jahr 3/4. Mir erscheint der frühere Ansatz plausibler, da die erwähnten Geschehnisse eher in den Kontext des hier behandelten Zeitraumes passen (gerade solche kriegsähnlichen Auseinandersetzungen mit den Piraten sind nach dem Feldzug des Pompeius weniger zu erwarten). Im übrigen muß, was die Relevanz des Zeugnisses für die vorliegende Fragestellung anbelangt, betont werden, daß der Text sich auf möglicherweise schon lange zurückliegende Ereignisse bezieht: Nicht nur gehörten die in Z.1S genannten Piratenüberfälle zu der Zeit, in die das Wirken des Apollodoros fällt, bereits der Vergangenheit an, sondern es ist, wie Laronde (Cyrfene 466) betont hat, sehr wohl denkbar, daß das Dekret erst nach dem Tode des Honoranden, der womöglich sehr alt wurde, verabschiedet worden ist (ein Indiz dafür bietet die Formulierung in Z. 11 ff.: κα[ΐ πά]σα τας πόλιος εύχα/ριστία παραχρήμα τάς προκειμ.έ[να]ς αύτώι τιμάς άπέ/νημε).

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

terstadt aus einer Belagerung von 'Übeltätern' (κακοϋργα) gerettet hatte249; zum anderen war es ihm als αυτοκράτωρ ύπέρ τας πόλιος και τας χώρας έπιτεταμένος offenbar gelungen, auch gegen die Piraten, deren Uberfallen Berenike bereits zweimal zum Opfer gefallen war, einige wirksame Maßnahmen in die Wege zu leiten250. Es ist demnach sehr wohl denkbar, daß der Senat mit der Provinzialisierung dieser unruhigen Region dem Seeraub eine wichtige Operationsbasis zu entziehen suchte251. In der Tat scheint ein solcher Schritt gerade innerhalb der Krisensituation des Jahres 75 eine zentrale Bedeutung für die römische Führung besessen zu haben. Schwerer noch nämlich als alle Komplikationen, die das provinziale Herrschaftssystem erlebte, wog für die aristokratische Elite offenbar die innere Krise, welche indes mit jener äußeren unmittelbar verknüpft war. Die resignative Rede Cottas vor der plebs urbana spiegelt, von Sallust treffend nachempfunden, den Prestige- wie Legitimitätsverlust einer politischen Führung wider, die sich außerstande sah, die substantiellen Bedürfnisse des Volkes zu befriedigen. Hier eine Kehrtwendung herbeizuführen lautete folglich das Gebot der Stunde, und das konnte, wenn man die Annexion Kyrenes vor diesem Hintergrund interpretiert, nur heißen, das Territorium zu pazifizieren, indem man gegen die dort grassierende Piraterie vorging. Das war gleichsam der Dreh- und Angelpunkt. Denn dadurch wurden ja nicht nur die Seewege und somit der

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Zz. 7ff.: ... [ο]ύ κατά μικρόν τάς χώ[ρ]ας πολιορκειμένας ύπό/ των κακούργων διά τάν ύ[π]άρχασαν άναρχίαν, πα/ρακληθές άφαγήσασθαι των νεανίσκων και πάν/τα κίνδυνον άναδεξάμενος ές τάν μεγίσταν είρή/ναν τα πράγματα κατέστ[α]σε .... Bei den hier genannten κακοϋργα handelt es sich vermutlich nicht um eine Faktion innerhalb der Polis, eine 'Aristokratenclique', wie es die Deutung von Reynolds (Cyrenaica 22) und Braund (Context 320) will, sondern um räuberisch lebende Nomaden des Umlandes, cf. J. et L. Robert, in: BE 1976, 792; Laronde, Cyrene 472. Zz. 13ff.: μετά δέ ταϋτα, τας πόλ[ιος] ύπαρχοί[σα]ς άτιχίσ/τω και δις η[δη π]επορθημένας ύπό των έπ[ι]πλευσάν/των πιρατικών στόλων, αυτοκράτωρ ύπέρ τας πόλι/ος καί τας χώρας έπ[ιτ]εταγμέ[ν]ος περί των καθόλω/ πραγμάτων, τάν τάς πόλιος συ[μφ]ω[νε]ίσας όμόνααν/ διετήρησε δικαίαν [κρίσι]ν ές [απ]αντας έσφερόμε/νος· Die Tätigkeit des Apollodoros konzentrierte sich also einmal darauf, die starken sozialen Spannungen innerhalb der Stadt abzugleichen, um auf diese Weise mit größerer Effizienz dem äußeren Feind entgegentreten zu können. Hierauf scheint der folgende, allerdings kaum lesbare Teil des Dekretes Bezug zu nehmen. Der Honorand ließ vermutlich nicht nur die stark ramponierten Befestigungswerke der Stadt wiederherstellen (Z. 19: διατιχευσ[_]), sondern leitete wohl auch Land- wie Seeoperationen gegen die Piraten (Z. 24: κατά γαν και κατά θά[λασσαν]; Ζ. 25: εξ έφόδω). Cf. Perl, Provinzbeamte 321 A.l; Braund, Context 323f.; Laronde, Cyrfene 468ff.

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

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Transport des mit Abstand wichtigsten Importproduktes sicherer252, sondern es ließen sich durch eine Pazifizierung der neuen Provinz auch aus ihr selbst größere Einnahmen erzielen. Außerdem darf gefragt werden, auf welche Weise denn die Einverleibung des Gebietes als solche den gewünschten Effekt überhaupt hätte hervorbringen können. Die sehr lukrativen agri regii bildeten ja bereits, vermutlich an publicani verpachtet253, eine feste Einnahme für das aerarium, und die civitates liberae dürften aller Wahrscheinlichkeit nach das Privileg der immunitas besessen und auch behalten haben254. Demgegenüber hat Rom seinen Herrschafts anspruch gegenüber den 'barbarischen' Stämmen der χώρα βασιλική kaum jemals mit Nachdruck vertreten255. Es ging also im Jahre 75 wohl weniger darum, neue Einkünfte zu realisieren, als vielmehr die ohnehin vorhandenen sicherzustellen und womöglich in ihrem Umfang zu vergrößern. Über die Motive, welche den Senat bei seiner Entscheidung leiteten, und ob etwa militärische Maßnahmen zur Durchsetzung der unterstellten Ziele ergriffen wurden, erfahren wir aus den Quellen freilich keine entscheidenden Details. Doch informiert uns ein - textkritisch allerdings recht problematisches - Sallustfragment dahingehend, daß 'es galt, die neue Provinz durch die Herrschaft jemandes im Zaum zu halten, den eine größere Klugheit und eine geringere Ruhmsucht als bei jenen Völkerschaften üblich auszeichnete'256 - möglicherweise eine Anspielung auf die seit dem Tod des Apion in den Städten oft auftretenden Tyrannen257. 252

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Denn die Vermutung, daß von der Cyrenaica Angriffe auch auf die Getreidelieferungen aus der Provinz Africa (deren Bedeutung betont Cie., imp. 34, zit. o. S.201 A. 142) ausgingen, läßt sich kaum von der Hand weisen. Daß die römische Führung bei der Ausbeutung der königlichen Ländereien kaum auf die Mitwirkung der Steuerpächter verzichtet haben wird, lehrt das bereits angesprochene Beispiel aus dem Jahre 167, als man sich außerstande sah, die Besitzungen des makedonischen Königs ohne jene Privatleute entsprechend zu nutzen (Liv. 45,18,3f., cf. o. S.149 A.278; damals wurde zwar auf eine Nutzung verzichtet, doch zehn Jahre später entschied man sich anders, cf. Cassiod., Chron. min. 2,130 ed. "Πι. Mommsen); und kaum anders verhielt es sich mit dem pergamenischen Erbe. Insofern ist die Verpachtung auch im Falle Kyrenes durchaus wahrscheinlich, wenngleich der früheste quellenmäßige Nachweis von publicani in Cyrene erst aus dem Jahre 54 stammt (Cie., Plane. 63); cf. Reynolds, Cyrenaica 101; Oost, Cyrene 13ff.; Laronde, Cyrfene 455.; anders: Badian, PS 90. Zur faktisch meist gegebenen Koppelung zwischen libertas und immunitas, cf. o. S.247 A.159; anders: Oost, Cyrene 12f. Cf. Oost, Cyrene 13. Sail., hist. 2 frg. 43: P(ublius)que Lentulus Marcel eodem auetore quaest in novam provinci < am > Curenas missus est, q ea ... nobis d prudentiore quam per gentis et minus g riae avidi imperio co < nti > nenda fuit. Cf. Oost, Cyrene 16ff.; Braund, Context 319f.; Laronde, Cyrfene 455.

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Ein weiterer Grund findet sich möglicherweise am Ende desselben Fragments: praetereversorum

ordin

(certamina

hoc

anno

exarserunt). Wenn die hier erwähnten 'Ständekämpfe' wirklich auf Kyrene und nicht etwa auf Rom zu beziehen sind 258 , dann bestärkt das noch den im vorigen Satz vermittelten Eindruck, daß der Senat mit seiner Entscheidung den nicht enden wollenden innerkyrenischen Auseinandersetzungen ein Ende zu setzen gedachte. Ein für die Römer - zumal angesichts ihrer eigenen gravierenden Probleme - auffällig altruistisches Motiv, welches, wie Oost zu Recht betont hat, den Charakter einer offiziellen Verlautbarung trägt 259 . Doch dürften wir es hier nicht nur mit Propaganda zu tun haben: Eine Beruhigung der politisch-sozialen Krise in Kyrene vermochte gerade auch mit Blick auf die geplante Eindämmung des Seeraubs eine gewisse Wirkung zu entfalten. Denn es ist ja hinlänglich bekannt, daß jener einen erheblichen Zustrom auch durch diejenigen erhielt, welche infolge polisinterner Antagonismen das Fundament ihrer bürgerlichen Existenz verloren hatten 260 . Zumindest als Indiz mag dies die Tatsache bestätigen, daß Pompeius wie andernorts 261 so auch im Bereich von Kyrene Siedlungen für die von ihm besiegten Piraten schuf 262 .

3.4.2. Das Kommando des M. Antonius (Creticus) 74-71 Ein weiteres Indiz dafür, daß die Provinzialisierung Kyrenes auch als ein Mittel zur Eindämmung des Seeraubs fungierte, mag möglicherweise 258

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Es liegt angesichts der Formulierung praeterea m.E. nahe, daß hier ein weiterer Grund für die römische Intervention in Kyrene genannt wird und noch nicht der Übergang zu den innerrömisehen Unruhen erfolgt. Außerdem wäre, wie bereits F. Kritz (C. Sallustii Crispi historiarum fragmenta, Leipzig 1853, a.l. S. 154) festgestellt hat, die Bezeichnung ordinum certamen für die einzig aus der schlechten Versorgungslage resultierenden Tumulte kaum angemessen. 'But such a statement is quite likely merely to be reminiscent of official declarations.' (Cyrene20). Es mag hier ein Verweis auf die oben (S. 102 A.22) zitierte Stelle aus Cassius Dio (36,20,2) genügen; cf. zum 4. Jh. Isokr., 4,114f.; 168; 5,120f.; 8,44ff. Zu den Piratensiedlungen des Pompeius in Dyme und Kilikien cf. o. S. 164f. Solche Koloniegründungen sind anhand zweier in Ptolemais gefundener Inschriftenfragmente relativ gut bezeugt; bei den Kolonisten kann es sich nicht, wie die aufgeführten Namen lehren, um Römer oder Italiker handeln, sondern jene stammten zum größten Teil aus Libyen, einzelne aber auch aus Kilikien oder Illyrien; cf. die Edition und Kommentierung bei Reynolds, Cyrenaica 99f. (Nr.7) und 101 (Nr.8).

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

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in dem Umstand begründet liegen, daß die neue nordafrikanische Provinz später mit Kreta zu einer Verwaltungseinheit verschmolzen wurde 263 ; gerade diese Insel war neben Kilikien sei langem als ein Zentrum der mediterranen Piraterie berüchtigt. Daß dieser Ruf sehr wohl seine Berechtigung hatte, sollte Rom im Jahre 71, als der Prokonsul M. Antonius sich in jenen Gewässern sein ganz spezielles Cognomen verschaffte, zur Genüge erfahren. Dabei waren dessen Voraussetzungen, zumindest was ihre formaljuristische Dimension anbelangt, keineswegs schlecht. Anders als alle seine Vorgänger konnte Antonius frei von territorialen Beschränkungen, wie sie u.a. auch das 'Piratengesetz' verfugt hatte, agieren, da seine (Pro)Magistratur264 sich in ihrem Kompetenzbereich auf das gesamte Mittelmeerbecken sowie alle Küsten in einer Breite von 50 Meilen landeinwärts erstreckte. Damit hatte im Jahre 74 zum ersten Mal ein römischer Beamter ein solches provinzübergreifendes 265 Imperium infinitum266 erhalten. Dieses richtete sich, auch wenn die Quellen seinen Zweck nur selten deutlich ausweisen, ohne jeden Zweifel gegen die Piraten 267 , da sie zu jener Zeit die einzigen waren, die Rom im maritimen Bereich noch hätte fürchten müssen. Dazu freilich bestand für die Weltmacht auch Grund genug, hatte jene es doch vermocht, den Handelsverkehr weitgehend lahmzulegen und so, von den erheblichen kommerziellen Einbußen der Beteiligten einmal abgesehen, die Versorgung der vor allem stadtrömischen Bevölkerung zu gefährden.

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Vermutlich wurde diese Vereinigung erst im Jahre 27 unter Augustus vollzogen, wie die Mitteilung bei Cass. Dio 53,12,4, bestätigt durch Strab. 17,3,25, nahelegt; cf. IC IV 301; 302; vgl. Perl, Provinzbeamte 326f.; *Laronde, La CyrönaTque 1013ff. Dem Antonius war 74 als Praetor ein prokonsularisches Imperium verliehen worden, cf. Broughton, MRR 2, 101f.; 111; 117; 123. Gegenüber den in den einzelnen Provinzen jeweils amtierenden Promagistraten sollte Antonius ein imperium aequum innehaben, wie Velleius Paterculus im Zusammenhang mit Pompeius ausführt (2,31,2f., zit. o. S.195 A. 121); Hinrichs' (Tafel 501 A.5) unfundierte Einwände gegen den Wert dieses Zeugnisses hat Maröti (Problem 266) entkräftet. Der Zusatz ist natürlich nicht unter zeitlichem, sondern nur unter geographischem Aspekt zu verstehen und meint das über die Grenzen einer einzigen Provinz hinausgehende Imperium, cf. Maröti, Problem 266ff. (mit einer Besprechung der relevanten Quellenzeugnisse). App., Sik. 6,1: έδοξε 9έ και τοις πλεονάσασι τότε λησταϊς ές χάριν τοϋ Μιθμδάτου συΧΧαβεΐν και συμ,μιαχησαι (sc. τους Κρητας) σαφώς θιωκομ,ένοις ΰπό Γαίω (!) 'Αντωνίου _; Lact., inst. div. 1,11,32: ... totius orae maritimae potestatem senatus decreverat (sc. M. Antonio), ut praedones persequeretur et omne mare pacaret.

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VI.

Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Daß dem Antonius jenes Imperium infinitum gerade auch mit Blick auf den akuten Notstand verliehen wurde 268 , läßt sich also kaum von der Hand weisen. Doch spielte möglicherweise noch etwas anderes eine Rolle: Wie wir nämlich in der Cotta-Rede gesehen haben, waren ebenso die Streitkräfte auf dem spanischen Kriegsschauplatz in eine äußerst prekäre Lage geraten: imperatores Hispaniae Stipendium, milites, arma, frumentum poscunt. Denn weil die Bundesgenossen von Rom abgefallen waren und Sertorius sich in unwegsame und unfruchtbare Gebiete zurückgezogen hatte, war es nicht nur unmöglich, im Kampf eine Entscheidung herbeizuführen, sondern auch die Versorgung der Truppen aus dem Lande zu gewährleisten 269 . Diese wurde offenbar nicht zuletzt deshalb zu einem solchen Problem, weil 'Räuberbanden' die Nachschubwege zu Lande unsicher machten 270 . Besonders schlimm wirkte sich für die Römer die Tatsache aus, daß auch zur See die Verbindungslinien infolge der Beziehungen, die Sertorius mit den Piraten unterhielt, stark gefährdet waren 271 Wenn dem Antonius also das gesamte Mittelmeergebiet als Aufgabenbereich unterstellt wurde, so auch zur Stärkung der spanischen Front; und in der Tat scheint sich der Prokonsul (wie später Pompeius) zunächst der Bekämpfung des Seeraubs an der ligurischen, gallischen und spanischen sowie der sizilischen Küste gewidmet zu haben 272 , bevor er sich dann dem östlichen Mittelmeer zuwandte, wo er ein Fiasko erlebte 273 . Worin lagen die Gründe für das eklatente Scheitern des Antonius?

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Ein Indiz für diese Annahme bildet die Tatsache, daß Antonius auf Betreiben u.a. eben jenes Konsuls Cotta, der auch die Rechtfertigungsrede vor dem Volk hielt, ernannt wurde (cf. Ps.-Asc., in Verr. II 2,8: Antonius qui gratia Cottae consults et Cethegi/actione in senatu curationem infinitam nactus totius orae maritimae ...; der Kommentator fußt hier, wie Maröti, Problem 269, plausibel gemacht hat, vermutlich auf Sallusts Historien). Außerdem verbrachte jener eine geraume Zeit offenbar in sizilischen Gewässern (cf. u. A.276). Sali., Hist. 2 frg. 47,6 (oratio Cottae): ... id res cogit, quoniam defectione sociorum et Sertorii per montis fuga neque manu certare possunt neque utilia parare (sc. imperatores Hispaniae). Sail., Hist. 2 frg. 96: multique commeatus interierant insidiis latronum. Sertorius verfolgte offenbar zielstrebig den Plan, seine Gegner von ihrer Versorgung abzuschneiden, wozu er sich einer Guerillataktik bediente, Plut., Sert. 21,7: ... περιέκοπτεν αυτών την μεν άπό της γης εΰπορίαν ένέδραις και κυκλώσεσι και τω πανταχόσε φαταν όξυς επιών . . . . Ibid.: ... την δέ έκ θαλάττης (sc. εΰπορίαν περιέκοπτεν) Χηστμκοΐς σκάφεσι κατέχων την παραλίαν cf. Sail., Hist. 2 frg. 90: ad hocpauca piratica, actuaria navigia·, zu den Verbindungen zwischen Sertorius und den Piraten cf. ο. S.166 A.354. Sail., Hist. 3 frg. 5; Cie., div. Caec. 55; Verr. II 2,8. Cf. die entsprechenden Belege bei Broughton, MRR 2, 123.

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

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Gewiß werden die mangelnde persönliche Eignung des römischen Feldherrn, seine vermutlich geringe fachliche Kompetenz, zu welcher die enorme nautische Befähigung seiner Gegner im deutlichen Kontrast stand, ihr Teil zu der Katastrophe beigetragen haben. Doch scheint sich etwas anderes gravierender ausgewirkt zu haben: Anders nämlich als im Fall des Pompeius hatte man den Antonius offenbar nur mit den, den Staatsschatz nicht belastenden, juristischen Voraussetzungen zur Erledigung der gestellten Aufgabe versehen, ihm aber den für eine adäquate materielle Ausstattung erforderlichen Zugriff auf das aerarium versagt. Die Quellen erwähnen jedenfalls ein solches auch finanzielles Verfügungsrecht mit keiner Silbe. Stattdessen finden sich durchaus Indizien für eine gegenteilige Annahme. Schon die von Antonius kommandierte Flotte nämlich erweckt den Eindruck einer weitgehenden Improvisation, da sie möglicherweise zu einem erheblichen Teil aus außer Dienst gestellten und nun reparierten Kriegsschiffen bestand274. Nicht anders mag es sich mit den umfangreichen Requisitionen verhalten, die Antonius in mehreren Provinzen zum Leidwesen der Bewohner durchführen ließ. Wenn Cicero nämlich das Fehlen derartiger Übergriffe bei Pompeius auf dessen angeblich auch menschliche Größe zurückführt275, jene bei Antonius jedoch als Zeichen charakterlicher Deformität brandmarkt, so dürfen wir - unabhängig von dem psychologischen Wahrheitsgehalt solcher Äußerungen - sehr wohl die Vermutung anstellen, daß jener dergleichen auch nicht nötig hatte, diesen aber vielleicht die Umstände dazu zwangen. Die Zeugnisse, welche derartige Kontributionen bei den Bundesgenossen und Provinzialen belegen, sind in jedem Fall eindeutig. Denn das von 274

Sali., Hist. 3 frg. 5: posteaqua in Aresinarios veni copia navium lrum, quas reparatbebant...; es verbleibt freilich der Hinweis, daß die im Text vertretene Interpretation nicht gänzlich zwingend ist, da es sich hier auch um die Reparatur solcher Schäden handeln kann, die im Verlauf des Feldzuges auftraten. Auch die Bundesgenossen, unter ihnen besonders die Rhodier, scheinen ebenfalls an dieser römischen Militäraktion wieder maßgeblich beteiligt gewesen zu sein, wie sich aus einer rhodischen Ehreninschrift ablesen läßt, wo von einem Bootskommandanten die Rede ist, der an dem Feldzug des Antonius teilnahm: _ τμηροφχήσα < τα > έπικώπου πλοίου δίκροτου και [στρατευσάμιενον έπι Μ]άρκου 'Αντωνίου στραταγοϋ άνθυπά[του ποτΐ τους λαιστάς _; cf. S. Reinach, Inscriptions des lies (los, Ddlos, Rhodes, Chypre), in: REG 17 (1904), 196-214, hier: 210 Nr.2, vgl. ibid. 392 (mit den Ergänzungen von Hiller v. Gaertringen); Neuausgabe: A. Maiuri, Nuove iscrizioni greche dalle Sporadi meridionali, in: ASAA 2 (1916), 133-179, hier: 143 Nr. 12; zur Datierung cf. Hiller v. Gaertringen, I.e. (o. S.134 A.192) 803f. 275 Ygi dig Gegenüberstellung (Cie., imp. 36ff.) der continentia des Pompeius und der avaritia anderer nicht namentlich genannter Feldherren, zu denen Cicero zweifelsohne auch den Antonius gerechnet haben wird.

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Cicero im Kontext des Verresprozesses mehrmals geäußerte Verdikt276 findet seine Bestätigung in einer etwa zeitgenössischen Inschrift aus Gytheion, wo davon die Rede ist, daß die Stadt, während Antonius in ihr weilte, dringend Geld benötigt habe277 - die Kausalrelation ist nur allzu deutlich. Auch die Militäraktion des Antonius zeigt also, daß Rom immer noch entschlossen war, die Lösung des Piraterieproblems zu einem wesentlichen Teil auf Kosten des Untertanengebietes vorzunehmen. Freilich weist gerade der verfassungspolitische Aspekt des Unternehmens ein prinzipielles Umdenken innerhalb der römischen Führung aus, welche nun gewillt schien, ihren Feldherrn wenigstens weitgehend frei von juristischen Fesseln agieren zu lassen. Beeinflußt allerdings war ein solcher 'Fortschritt' auch dadurch, daß der in Frage kommende Feldherr kein die gültigen rechtlichen wie sozialen Normen sprengender Pompeius, sondern eine eher mediokre Persönlichkeit wie M. Antonius war, der seinen Platz mitten in der durch die sullanische Restauration begünstigten factio nobilitatis hatte.

3.5. Q. Caecilius Metellus (Creticus): Die Annexion Kretas 68-66 Anders als im Falle des M. Antonius war das gleichlautende Triumphalcognomen, welches man dem Metellus verlieh, in keiner Weise mit einem ironischen Unterton behaftet278, und dies hatte durchaus seine Berechtigung. Denn das Unternehmen bedeutete für Rom einen klaren, wenngleich schwer errungenen Erfolg, welcher die Provinzialisierung der Insel mit sich brachte279. Dabei hätte der von Metellus geführte Κρητικός πόλεμος vermutlich vermieden werden können. Der von Antonius mit dem kretischen κανόν geschlossene (und von Rom zweifelsohne als schändlich empfundene) Friedensvertrag hatte ja immerhin eine gewisse Zeit gehalten und war erst 276

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Verr. II 2,8; 3,213ff.; cf. Ps.-Asc., in Verr. II 2,8. Schon Cicero kann nicht verhehlen, daß die von Antonius zu verantwortenden Übergriffe auch mit Blick auf das vom Senat gesteckte Ziel vorgenommen wurden: ab hac (sc. Agonide Lilybitanä) praefectus Antoni quidam symphoniacos servos abducebat per iniuriam, quibus se in classe uti velle dicebat (div. Caee. 55). SIG» ( = L. Migeotte, L' emprunt public dans les cit6s grecques, Paris/Quebec 1984, 90 n.20) 748, Zz. 33ff.: έν τε τω. έπι Τιμοκράτεος ένιαυτώι,/ [*ό]τε 'Αντώνιος παρεγένετο, χρείαν έχουσας τας πόλεως διαφόρων _ . App., Sik. 6,7: ... Κρητικός εκλήθη δδε (sc. Μέτελλος) δικαιότερον Αντωνίου την νησον έξεργασάμ,ενος; cf. Eutr. 6,11,1; Flor. 1,42,6; Cass. Dio 36,17a; 19,3; Asc. 15; 63 C. Cf. die Stellenangaben bei Broughton, MRR 2,154.

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

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dann, als die Überlegung auftauchte, δπως αν μάλιστα της ωφελείας προνοήσαιντο, von den Kretern gebrochen worden 280 . Diese hatten also allem Anschein nach ihre von Antonius speziell sowie im 'Piratengesetz1 allgemein untersagte281 umfangreiche Kollaborationstätigkeit282 mit den Piraten wieder aufgenommen oder auch selbst Seeraub betrieben - die Grenzen waren hier zumindest nach römischem Dafürhalten ja fließend. Doch zeigte sich eine politische Gruppierung283 innerhalb des κανόν den römischen Beschwerden gegenüber durchaus kompromißbereit und sorgte dafür, daß eine aus den 30 angesehensten Männern gebildete Gesandtschaft zur Rechtfertigung nach Rom reiste 284 . Die Bedingungen freilich, an welche der Senat schließlich 285 die Aufrechterhaltung der freundschaftlichen 280

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Diod. 40,1,1; die Schilderung weist insofern einen inhaltlichen Bruch auf, als die Kreter es nicht mit einfachen Überlegungen haben bewenden lassen können, sondern, wie die bei den offiziellen Stellen des κανόν eingegangenen römischen Beschwerden zeigen, bereits aktiv geworden sein müssen. Cf. o. S.241; damit soll selbstverständlich keineswegs gesagt sein, daß die Römer sich jenem rd. 30 Jahre alten legislativen Akt noch in irgendeiner Weise verbunden gefühlt oder dies von anderen erwartet hätten. Wenn aber Antonius von den Kretern sehr wahrscheinlich etwas Ahnliches verlangte, dann zeigt dies, wo jene einen wirksamen und zugleich wenig eigenen Aufwand erfordernden Hebel zur Eindämmung des Seeraubs erblickten. App., Sik. 6,1 (zit. ο. A.267). Daß die Römer äußerst empfindlich reagierten, wenn andere Staaten offensichtlich mit den Piraten paktierten, zeigte auch Lucullus, der auf jener bereits erwähnten Rundreise die dringend benötigten maritimen Hilfskontingente von allen Seestädten erbat, πλήν "όσαι πειρατικών μετεϊχον αδικημάτων (Plut., Luc. 3,2). Diodor nennt diese die 'Ältesten und Verständigsten' (40,1,1: oi πρεσβύτατα και φρονήσει διαφέροντες, cf. 4). Ibid.: διόπερ απέστειλαν εις την 'Ρώμην τριάκοντα πρεσβευτάς τους επιφανέστατους άνδρας. Der Fortgang der Handlung bei Diodor ist schwer verständlich: Die kretische Gesandtschaft hatte durch private Kontaktaufaahme zu einzelnen Senatoren sowie durch eine glaubhafte Versicherung ihrer Bündnistreue vor der Senatsversammlung ihr Ziel beinahe erreicht, als P. Cornelius Lentulus Spinther das bereits zur Abstimmung vorgelegte δόγμα 'unwirksam machte' (2: άκυρον δέ τό δόγμα έποίησε Λέντλος ό επικαλούμενος Σπινθ-ήρ) möglicherweise interzedierte er als Volkstribun (cf. P. Willems, Le s0nat de la Republique romaine, 2 Bde., Paris 1878-1885 [Nachdruck: Aalen 1968], 1, 444; 2, 202 A.l), aber nicht notwendigerweise, da andere konstitutionelle Ansatzpunkte gegeben waren, cf. Mommsen, Staatsr. 3, 998 A . l . Darauf nun wurde ein Beschluß gefaßt, der jene unerfüllbaren Bedingungen stellte - mit der Begründung, οτι κανωνοϋσι (sc. οί Κρήτες) της ληστείας τοις πειραταϊς (gemeint sein kann hier sowohl die aktive wie die passive Komplizenschaft). Die problemlose Annahme dieser Vorlage durch den Senat zeigt also, daß jenes frühere δόγμα vermutlich nur von einer Minderheit getragen worden war. Hatten die Kreter bei ihren privaten 'Antrittsbesuchen' in den Häusern einiger patres (Diod. 40,1,1: ... κατ'

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

Beziehungen knüpfte - man forderte die Übergabe aller Schiffe mit mehr als vier Rudern, die Stellung von 300 Angehörigen der Oberschicht als Geiseln, die Auslieferung von Lasthenes und Panares286, den Urhebern jener 'romfeindlichen' Politik sowie die Zahlung von 4000 Talenten in Silber287-, waren für die Kreter, die sich als die Sieger der jüngsten militärischen Auseinandersetzung ja in der besseren Verhandlungsposition wähnen mußten, nahezu unannehmbar. Und genau darauf scheint das taktische Kalkül der patres (bzw. einer einflußreichen factio unter ihnen)288 abgezielt zu haben. Denn wie wir aus Cassius Dio erfahren, wartete man, den völkerrechtlichen Usancen zum Trotz, nicht einmal die offizielle Antwort der politischen Entscheidungsträger Kretas ab, sondern traf unmittelbar Kriegsvorbereitungen. Die von Dio aufgeworfene Frage trifft die innerhalb der römischen Führung herrschende Einschätzung der Situation vermutlich recht genau: 'Denn warum hätten sie (die Kreter), die von Anfang an, bevor man an sie mit einer entsprechenden Forderung herangetreten war und bevor sie gesiegt hatten, zu keinen Zugeständnissen bereit waren, nun nach ihrem Sieg auf ein derartiges Ansinnen eingehen können?'289 Der Senat war also offenbar - gerade nach dem Fiasko des M. Antonius nun endgültig gewillt, wenigstens jenen einen Unruheherd zu beseitigen.

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ιδίαν περιπορευόμενα τάς οικίας των συγκλητικών ...) vielleicht das versucht, was laut Cassius Dio (30/35, 111,3) durch das Verbot, an eben diese Gesandten Geld zu verleihen, verhindert werden sollte: die Bestechung römischer Politiker (προσυποπτεύσαντες τους πρέσβεις έπιχειρήσειν τινάς διαφθεφαι χρήμασιν), und war hierdurch eine kurzzeitige Scheinmajorität zustande gekommen? Diese werden auch von Vellerns Paterculus (2,34,1), Phlegon v. Trail. (FGrHist 257 F 12,12 [Nennung nur des Lasthenes]), App., Sik. 6,4ff.), Cassius Dio (36,19,3) und Floras (1,42,3) genannt. Diod. 40,1,3: ή δέ σύγκλητος _ δόγμα εγραψεν οπως οΐ Κρητες πάντα τα πλοία εως τετρασκάλμου άναπέμψωσιν εις 'Ρώμην και τριακοσίους όμηρους δώσι τους επιφανέστατους, έκπέμψωσι δέ και Λασθένην και Πανάρην, κάνη δέ πάντες έκτίσωσιν αργυρίου τάλαντα τετρακισχίλια; ähnlich bei Cass. Dio 30/35,111,1 f.: ... τούς αιχμαλώτους τούς τε αυτομόλους απαντας παρ' αυτών (sc. τών Κρητών) άπητησαν. και όμηρους χρήματά τε πολλά αΐτήσαντες, τάς τε ναΰς τάς μείζους και τούς άνδρας τούς κορυφαίους έξαιτήσαντες (sc. οΐ 'Ρωμαία). Bulin (Untersuchungen 19) unterstellt, daß der Krieg angesichts der von Appian gewählten Formulierung (Sik. 6,3: ψηφισαμένων δέ Ρωμαίων Κρησί πολεμεΐν _) aufgrund eines Volksbeschlusses zustande gekommen sein müsse und daß sich daran die 'Auflösung der von Sulla restaurierten Senatsherrschaft' offenbare. Doch ist diese Hypothese kaum stichhaltig, da ja gerade der Bericht Diodors klar zeigt, daß jenes Vorgehen gegen die Kreter auch im Senat durchaus mehrheitsfahig war. 30/35,111,3: oi γάρ άπ' άρχής, πριν αίτηθηναί τι τοιούτο και κρατησαι, μή θελήσαντες όμολογησαι πώς αν μετά την νίκην τοσαύτά τε αμα και τοιαύτα προσταττόμενοι ήνεγκαν,

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

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Hierfür mögen wie auch sonst bei der Pirateriebekämpfung jene im weitesten Sinne ökonomischen Faktoren ausschlaggebend gewesen sein290. Doch spielte vermutlich etwas anderes mit hinein: Seit 74 befand sich Rom nun schon zum dritten Mal in einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Mithridates VI., die auch deshalb nicht die gewünschten Ergebnisse zeitigte, weil jener zur See außerordentlich erfolgreich operierte. Dazu aber werden die Kreter, die den pontischen König schon seit längerem im Verborgenen, nach der Attacke des Antonius jedoch auch offen unterstützten291, ihr Teil beigetragen haben. Mit entsprechender Härte ging Metellus seit 68 dann auch zur Sache, und es deutet einiges darauf hin, daß das von ihm ins Auge gefaßte Ziel nicht nur in künftiger Abschreckung, sondern geradezu in der systematischen physischen Vernichtung der Feinde bestand292. Wie wenig diese sich jedenfalls von einer deditio Metellus gegenüber versprachen, zeigt die Tatsache, daß sie ihre Unterwerfung lieber dem Pompeius offerierten, der (im Falle der Piraten) eine diametral entgegengesetzte Linie bei der 'Beseitigung' der Feinde Roms verfolgte293. Strukturell unterschied sich der von Metellus - soweit wir wissen nur zu Lande294 - geführte Κρητικός πόλεμος in mancher Beziehung von den Unternehmungen seiner Vorgänger. Während es sich nämlich bei diesen um mehr oder minder umfangreiche, gegen den Seeraub als solchen gerichtete Polizeiaktionen handelte, trug jener eher den Charakter eines formellen kriegerischen Konfliktes mit einer auswärtigen Macht, wobei indes hier wie dort die tiefere Ursache fur das römische Engagement in den durch die Piraterie erlittenen Einbußen lag. Gerade in seiner Entstehungsphase weist der Feldzug des Metellus unverkennbare Parallelen zum Ausbruch des Ersten Illyrischen Krieges auf; denn wie im Falle Teutas sah 290

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Floras (1,42,1) unterstellt den Römern imperialistische Motive: Creticum bellum, si vera volumus, nos fecimus sola vincendi nobilem insulam cupiditate. App., Sik. 6,1 (zit. o. A.267); Flor. 1,42,1: favisse Mithridati videbatur (sc. Kreta)·, bestätigt wird dies durch numismatische Belege, cf. o. S.140 A.234; möglicherweise hatte Mithridates auch anläßlich der dritten Auseinandersetzung mit den Römern um kretische Hilfe nachgesucht, cf. Memnon FGrHist 434, F 29,5; 33,1. Zur Härte dieses Krieges und der unerbittlichen Haltung des Metellus cf. Veil. 2,34,1; Val. Max. 7,6 ext. 1; Eutr. 6,11,1; Oros. 6,4,2; Flor. l,42,4f.; Plut., Pomp. 29,2f.; Cass. Dio 36,18,lf. Cie., imp. 35; 46; Plut., Pomp. 29,3ff.; App., Sik. 6,6f.; Cass. Dio 36,18,Iff.; Flor. l,42,5f. Von zur See geführten Gefechten berichten die Quellen nichts, ebensowenig darüber, ob Metellus überhaupt Seestreitkräfte zu seiner Verfugung hatte; Phlegon von Tralles (FGrHist 257, F 12,12) erwähnt nur, daß der römische Feldherr mit drei Legionen (τρία τάγματα εχων) in den Kampf gezogen sei.

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

der Senat auch im Jahre 68 den 'Staat' als den eigentlichen Initiator und Träger der von Kreta aus betriebenen Piraterie an, was die Tatsache unmittelbar verdeutlicht, daß man von den kretischen Offiziellen die Auslieferung aller größeren Kriegsschiffe verlangte. Da aber, wie vor allem Bruits Studie gezeigt hat, das Wesen der kretischen Freibeuterei - besonders was seine Verbindung zu den staatlichen Organen anbelangt - durchaus komplizierter strukturiert war, mußte schon eine solche Auflage das römische Ultimatum für die Verantwortlichen innerhalb des κανόν (ähnlich wie für die illyrische Königin) als inakzeptabel erscheinen lassen.

3.6. Cn. Pompeius Magnus Im Jahre 67 beschritt Rom endlich den unvermeidlichen und einzig gangbaren Weg zu einer großangelegten Lösung des Piraterieproblems im gesamten Mittelmeerraum, als es mit Pompeius nicht nur einen Mann von unbestreitbarer militärstrategischer wie politischer Kompetenz mit dem letztlich immer wieder vertagten Problem betraute, sondern ihm darüberhinaus die erforderlichen juristischen und materiellen Mittel in die Hand gab. Mit den sozio-ökonomischen Voraussetzungen, das sind vor allem die Schwierigkeiten bei der Getreideversorgung295 sowie den kommerziellen Einbußen296 durch die Piraterie, und den verfassungsrechtlichen Implikationen sowie dem damit eng verbundenen optimatischen Widerstand297 sind die wesentlichen innenpolitischen Aspekte dieses imperium extraordinarium bereits an anderer Stelle hinreichend erörtert. Insofern mag hier eine kurze Behandlung von dessen rechtlicher wie militärischer Ausstattung und dem Verlauf des Feldzuges genügen. Wie M. Antonius Creticus sollte Pompeius ein prokonsularisches Imperium298 bekleiden, welches sich über das gesamte Mittelmeer sowie einen 50 Meilen breiten Küstensaum299 erstreckte, in seinem Fall aber mit einer Dauer von drei Jahren300. Überdies war dem Feldherrn die persönliche Ernennung von 15 legati pro praetore gestattet301. 295 296 297 298

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Hierzu cf. o. S.201ff. Hierzu cf. o. S.199ff. Hierzu cf. o. S.191ff. Veil. 2,31,2ff.: ... A. Gabinius tribunus legem tulit, ut ... Cn. Pompeius ad eos (sc. piratas) opprimendos mitteretur essetque ei imperium aequum in omnibus provinciis cum proconsulibus usque ad quinquagesimum miliarium a man. Veil. 2,31,2; = 400 Stadien: App., Mithr. 428; Plut., Pomp. 25,4. App., Mithr. 428; Cass. Dio 36,23,4; 37,1; Zon. 10,3. Cass. Dio 36,37,1; Plut., Pomp. 25,6; App., Mithr. 431 (spricht von 25); hierzu cf. L. Pulci Doria Breglia, I legati di Pompeo durante la guerra pira-

3. Die militärischen Aktionen der Folgezeit

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Im Unterschied zu jenem aber verfügte Pompeius auch über hinreichende Ressourcen zur Realisierung eines so hochgesteckten Zieles: Er gebot über die gesamte römische sowie bundesgenössische Kriegsflotte von insgesamt 270302 bzw. 200 Schiffen303. Außerdem standen ihm der gesamte Staatsschatz und die öffentlichen Kassen in den Provinzen zur Verfügung 304 , und er sollte noch (weitere ?) 144 Mio. Sesterzen bekommen305. Mit entsprechender Schnelligkeit stellte sich der gewünschte Erfolg ein: Für die Säuberung des westlichen Mittelmeeres, dem er sich zuerst zuwandte, benötigte Pompeius 40 Tage306. Kilikien hatte er dann nach 48 Tagen unterworfen307: Alles in allem vergingen weniger als drei Monate308, wozu auch die von Pompeius den besiegten Gegnern gegenüber immer wieder gezeigte Milde nicht unerheblich beitrug309. Mit dem Unternehmen von 67 war - gerade auch weil der siegreiche Feldherr es verstanden hatte, vielen Piraten die Grundlage für eine 'normale' Form der Existenzsicherung zu schaffen - der Seeraub im Mittelmeer für lange Zeit kein gravierendes Problem mehr. Das soll indes nicht heißen, daß es nicht zeitweilig, besonders in Krisensituationen wie den Bürgerkriegen, zu einem Wiederaufleben der Piraterie kommen konnte. So rühmte sich ja z.B. Augustus, 'das Meer von den Seeräubern befreit zu haben' 310 - eine Anspielung auf seinen Sieg über Sex. Pompeius, der als Sohn des Cn. Pompeius kurioserweise zahlreiche Piraten in

tica, in: AFLN 13 (1970/71), 47-66.; zum legatus pro praetore vgl. auch B. Schleußner, Die Legaten der römischen Republik, Diss. Frankfurt a.M. 1975, München 1978, 196ff. Den frühesten quellenmäßigen Niederschlag findet dieses Amt vermutlich in einem Inschriftenfragment aus Ptolemais, wo von einem [Cn(aeus) Cornelius Lent]ulus Marcelleinus P(ubli) f(ilius) lelgatus propr(aetore) Cn. Pompeii Magni im]peratoris die Rede ist, cf. Reynolds, Cyrenaica 99f. (Nr.7). 302 App., Mithr. 431. 303 Plut., Pomp. 25,6. 304 Plut., Pomp. 25,6; Cass. Dio 36,37,1; App., Mithr. 429. 305 App., Mithr. 430. 306 piut., Pomp. 26,7: ού μ.ήν πρότερον έπ' εκείνους (sc. die kilikischen Piraten) έπέπλευσεν, η παντάπασι καθηραι των αύθότι ληστηρίων το Τυρρηνικόν πέλαγος, τό Λιβυκόν, τό περί Σαρδόνα και Κύρνον και Σχκελίαν ήμ,έραις τεσσαράκοντα ταΐς πάσαις ... ; App., Mithr. 438: ... και τα ές δΰσιν πρώτα τεσσαράκοντα ήμ,έραις έπιδών . . . . 307 Cie., imp. 35: undequinquagesimo die totam ad imperium populi Romani Ciliciam adiunxit. 308 pi u t. ( Pomp. 28,3: ... και τά πανταχού Χηστήρια της θαλάσσης έξέπεσεν ούκ έν πλείονι χρόνω τριών μ,ηνών _ . 309 Hierzu cf. ο. S.163ff. 310 Mon. Anc. 25: mare paeavi a praedonibus.

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VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

seinen Reihen hatte311; allerdings ist hier die Verwendung des Terminus 'Pirat' als ideologische Metapher für den politischen Gegner nicht gänzlich auszuschließen. Aber auch noch vor Ausbruch der Bürgerkriege finden sich Hinweise auf einzelne Akte von Seeraub, die freilich nicht mehr solche Ausmaße annahmen wie vor dem Unternehmen des Cn. Pompeius312. 4. Zusammenfassung In der Gesamtschau vermitteln die Unternehmungen, welche Rom vor jener großangelegten Säuberungsaktion des Pompeius in die Wege geleitet hatte, keineswegs den Eindruck einer in verfassungsrechtlicher wie militärischer Hinsicht prinzipiell konstanten Vorgehensweise, zu der das 'revolutionäre' Imperium extra ordinem des Jahres 67 einen unverkennbaren Kontrast gebildet hätte. Dieses erweist sich vielmehr als der Endpunkt eines Entwicklungsprozesses, welcher mit der Militäraktion des M. Antonius (Orator) im Jahre 102 eingeleitet worden war und dessen Hauptkennzeichen sowohl die von Rom schrittweise vollzogene konstitutionelle Umorientierung als auch - damit eng verbunden - die vermehrte Anstrengung der eigenen militärischen Ressourcen darstellen. Gerade nun das 'Piratengesetz' aus dem Jahre 100 eignet sich als Paradigma für die von der römischen Führung lange Zeit praktizierte Form der Problemlösung und liefert einen deutlichen Hinweis besonders darauf, was jene zu unternehmen (noch) nicht gewillt war. Denn es dokumentiert sich hier römischerseits eher das Bestreben, die eigenen Ressourcen zu schonen, als die Bereitschaft, sich um der Prosperität des Reiches willen in besonderem Maße zu engagieren: kein offensives Vorgehen, kein 'großes Heereskommando' für wen auch immer war geplant, sondern der Gesetzgeber tat alles, um etwaige militärische Engagements für die nähere Zukunft auszuschließen, und unterwarf zu diesem Zweck die römischen Provinzbeamten scharfen Restriktionen. Diese außenpolitische Zurückhaltung resultierte ohne jeden Zweifel aus der inneren Situation des Staates, welcher damals sowohl ökonomisch wie demographisch als auch - infolge der gerade überstandenen bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen - gesellschaftlich am Boden lag. Doch bildete die lex de piratis innerhalb dieses um die Jahrhundertwende auflodernden Antagonismus zwischen Optimaten und Populären keine funktionale Größe, kein Instrument, mittels dessen die eine Seite versucht hätte, ihre Macht auf Kosten der anderen zu festigen bzw. zu er311 312

Cf. M. Reddi, Mare Nostrum, Rom 1986, 358ff.; 468ff. Cf. Ormerod, Piracy 249f.; Broughton, RAM 524f.; Magie, Roman Rule 2,1180f. A. 44.

4. Zusammenfassung

281

weitern. Das Gesetz richtete sich in erster Linie an die auf unterschiedlichen Rechtsniveaus von Rom abhängige Bevölkerung des Ostens. Darauf weist uns der Text selbst: Nicht nur hat sich mangels eindeutiger Belege bislang jeder Versuch, ihn der einen oder anderen 'politischen Couleur' zuzuordnen, als untauglich erwiesen, sondern es findet sich überdies eine Reihe von Stellen, hinter denen sich mehr verbirgt als eine bloße Wahrung des diplomatischen Umgangstones gegenüber den östlichen Bundesgenossen. Zudem: Kenntnis haben wir von dem Gesetz nur durch epigraphische Funde, die sich auf dem Gebiet der ehemaligen römischen Ostprovinzen einstellten, während die literarischen Quellen, deren Hauptinteresse sich ja auf eben den Antagonismus innerhalb der Nobilität konzentrierte, jenes mit keinem Wort erwähnen. Jene lex des Jahres 100 diente wesentlich dazu, als ein Substitut fur die römische Selbstbeschränkung die Kooperationsbereitschaft der socii zu mobilisieren, und zwar nicht nur mit Blick auf die Eindämmung des Seeraubs - der Ausdruck Piratenges&tz greift ja viel zu kurz -, sondern vermutlich an allen damals neuralgischen Punkten, die (wie der thrakische Grenzbereich) ein militärisches Eingreifen erforderlich machen konnten. Das vordringliche Ziel des Gesetzgebers lag in der Konsolidierung der römischen Herrschaft. Wie die gegen den Seeraub gerichteten Aktionen der Folgezeit zeigen, blieb die Weltmacht dem im Jahre 100 verfolgten Prinzip zunächst durchaus treu, indem sie nicht nur sehr sporadisch tätig wurde, sondern gerade im maritimen Bereich vornehmlich auf die Hilfe ihrer socii rekurrierte. Erst seit Mitte der siebziger Jahre scheint sich angesichts zunehmender ökonomischer wie versorgungstechnischer Schwierigkeiten in der römischen Führung ein langsames Umdenken eingestellt zu haben. Das zeigt einmal bereits die deutliche quantitative Zunahme solcher Aktionen, die sich direkt oder indirekt gegen den Seeraub richteten: Seit der Senat im Jahre 78 P. Servilius Vatia ein entsprechendes Imperium verliehen hatte, gab es bis zur vorläufigen Niederwerfung der Piraten durch Pompeius kaum noch eine Zeit, in der Rom nicht in irgendeinem Teil des Mittelmeerraumes gegen den Seeraub vorging. Damit verband sich eine auch qualitative Intensivierung des römischen Engagements, was besonders die konstitutionelle Ausgestaltung der verliehenen Imperien betraf. Nicht nur wurde deren Dauer erheblich erweitert - Servilius Vatia hatte sein Imperium fünf Jahre lang inne, M. Antonius und Caecilius Metellus das ihre jeweils drei -, sondern überdies auch die zugrundeliegende juristische Kompetenz. In unverkennbarer Durchbrechung nämlich des in der lex de piratis verfolgten Prinzips, welches den Promagistrat einer strengen Beschränkung auf den Bereich einer Provinz unterworfen hatte, wurde dem Antonius 74 ein Imperium verliehen, welches sich - provinzübergreifend auf das gesamte Mittelmeerbecken erstreckte. Dies bedeutete zweifelsohne einen Schritt in die richtige Richtung, der indes noch scheiterte bzw.

282

VI. Die Maßnahmen Roms gegen die Piraterie

scheitern mußte, weil, von einer mangelnden fachlichen Kompetenz des Amtsinhabers einmal abgesehen, das diesem zuerkannte rechtliche Potential durch kein adäquates militärisch-wirtschaftliches ergänzt wurde. Das hier vorhandene Defizit beseitigte erst die lex Gabinia des Jahres 67 - nun freilich gegen den hartnäckigen Widerstand einer einflußreichen factio innerhalb der römischen Führungselite.

VII.

Schlußbetrachtung

Mit der weitgehenden Beseitigung der Piraterie durch Pompeius war die Krise der res publica, soweit sie aus jener resultierte, keineswegs gebannt, sondern es hatten sich innerhalb der Krise nur die Gewichte verlagert: Die Probleme, welche ganz allgemein aus der Blockade der maritimen Verkehrswege resultierten, d.h. vor allem die Beeinträchtigung des Handels sowie, damit aufs engste verbunden, der Lebensmittelversorgung, dürften durch jenes umfangreiche militärische Eingreifen - zunächst wenigstens - ausgeräumt worden sein. Wenn nur zehn Jahre später eine erneute Getreideverknappung dem Pompeius wiederum eine prokonsularische Sondervollmacht bescheren sollte, war das nicht mehr auf Kaperaktionen der Seeräuber zurückzuführen und braucht uns hier nicht weiter zu interessieren, obgleich natürlich die cura annonae des Jahres 57 eine grundsätzlich identische Problemstruktur wie die lex Gabinia aufwies. Doch erwies sich in diesem wie in einer Reihe ähnlicher Fälle die politische Tragweite der 'großen Kommanden' der Jahre 67/66, die schon in ihrer Eigenschaft als Präzedenzfalle wesentlich dazu beigetragen hatten, das Fundament der tradierten Ordnung zu erschüttern. Für ambitionierte nobiles nicht nur wie Pompeius, sondern auch wie Crassus und insbesondere Caesar mußte es angesichts solcher Vorbilder ungleich schwieriger sein, sich in den konstitutionellen Rahmen des überkommenen Systems zu fügen. Für die alte res publica wirkte sich dies umso verhängnisvoller aus, je krampfhafter die 'konservativen' Kräfte jener Tendenz entgegenzuwirken suchten. Gerade auch im Fall des Pompeius manifestiert sich der Widerspruch, in den der römische Adelsstaat zu seinen eigenen sozial-ethischen Werten und damit zu sich selbst geraten war. Die Intransigenz, auf die der siegreiche Feldherr bei seiner Rückkehr aus dem Osten im Senat stieß, war ja aus Sicht des aristokratischen Standeskollektivs, das wie schon bei der Verabschiedung der leges Gabinia und Manilia so auch nun wieder versuchte, die Macht und das Prestige der Einzelpersönlichkeit zu beschneiden, durchaus berechtigt; ebenso aber durfte auf der anderen Seite Pompeius angesichts der immensen Verdienste, die er sich um den Staat, ja geradezu um den ordo senatorius selbst als den Träger dieses Staates erworben hatte, angesichts seiner besonderen dignitas also, billigerweise erwarten, daß man den Forderungen nach Anerkennung seiner acta sowie nach Landzuweisungen zur Versorgung seiner Veteranen entsprechen würde. Es war also ganz wesentlich eben die Verteidigung der res pu-

284

VII.

Schlußbetrachtung

blica, die zu deren Auflösung einen erheblichen Teil beitrug - das freilich zu erkennen mußte den Zeitgenossen versagt sein. Pompeius seinerseits zog aus dieser Abfuhr im Senat die hinlänglich bekannte Konsequenz, daß er seine Ziele außerhalb und gegen den Willen jener Körperschaft durchsetzte. Dies verdankte er vor allem Caesars unnachahmlichem politischen Geschick, welches indes seinen Preis hatte und der sollte sich für die alte Adelsrepublik als zu hoch erweisen. Wir sind (dank einer unvergleichlich günstigen Quellenlage) über die Entwicklung, welche Caesar an den Rubikon, den Staat in die Monarchie führte, durch zahllose Monographien, Aufsätze und Gesamtdarstellungen bestens informiert, so daß hier eine auch nur skizzenhafte Darstellung unterbleiben kann. In diesem Desintegrationsprozeß der römischen Republik spielte die Auseinandersetzung mit der Piraterie also nicht die, wohl aber eine entscheidende Rolle, auch wenn von der lex Gabinia, geschweige von der lex de piratis gewiß kein direkter Weg in den Bürgerkrieg, Caesars Diktatur oder gar den augusteischen Prinzipat führte. Von besonderer Relevanz für den Historiker sind hier die Aufschlüsse, welche uns durch eben jene Konfrontation Roms mit der Piraterie auch über die Struktur der römischen Politik, über deren Voraussetzungen, Triebkräfte, Möglichkeiten und Grenzen vermittelt werden. Daß die Tiberstadt trotz ihrer weltbeherrschenden, seit dem 2. Jh. kaum jemals ernsthaft bedrohten Position dennoch keine absolute Souveränität des Handelns genoß und nicht nur agierte, sondern ihrerseits auf Impulse von außen zu reagieren gezwungen war, ist eine - prinzipiell für die Mächte aller historischen Epochen gültige - Binsenwahrheit. Eine gewisse Besonderheit im Falle Roms freilich liegt darin begründet, daß dieses gerade aufgrund seiner exzeptionellen Machtstellung in auffalliger Weise mit den Rückwirkungen des eigenen politischen Handelns konfrontiert wurde. Gerade das Phänomen der Piraterie bietet uns hierfür ein ausgezeichnetes Anschauungsmaterial. Denn obschon diese seit frühesten Zeiten eine im gesamten Mittelmeerraum durchaus geläufige Erscheinung war, läßt sich doch unbestreitbar eine Reihe von Argumenten dafür geltend machen, daß sie gerade infolge der römischen Expansion zwar nicht entstand, aber wesentlich gefördert wurde. Dazu hatte die machtpolitische Destabilisierung des hellenistischen Ostens, die aus der von Rom herbeigeführten Schwächung bzw. Auslöschung der traditionellen Ordnungsmächte resultierte, ebenso beigetragen wie die sozio-ökonomische, welche aufgrund der von den römischen Eroberern in ihren Provinzen praktizierten Ausbeutungsmethoden erheblich verschlimmert wurde. Doch erwies sich die Piraterie in diesem Zusammenhang als ein Ausweg aus einer nicht allein wirtschaftlichen, sondern auch politischen Misere, denn es lassen sich

VII.

Schlußbctrachtung

285

durchaus Indizien dafür finden, daß sich in jener überdies eine Form des Widerstandes gegen die römische Okkupation artikulierte. Die offensichtliche Hilflosigkeit, die zögerliche Haltung, mit der die Weltmacht angesichts ihrer scheinbaren militärisch-politischen Omnipotenz auf diese Bedrohung für ihren Herrschaftsraum, ja für ihre eigene innenpolitische Machtposition reagierte, überrascht nur auf den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung wird erkennbar, daß Rom - oder besser: die regierende Senatsaristokratie - sich mit einem beinahe unlösbaren Dilemma konfrontiert sah; denn die Beseitigung des Piraterieproblems erschien aus ökonomischen wie politischen Gründen ebensosehr erforderlich wie unmöglich, oder anders formuliert: das zur Realisierung des angestrebten Zieles fraglos verfügbare Instrumentarium war infolge der mit ihm untrennbar verbundenen Nebenwirkungen aus systemimmanenten Erwägungen heraus disqualifiziert. Theoretisch war eine Reduzierung der Piraterie zumindest auf indirektem Weg dadurch erreichbar, daß man deren sozio-ökonomische Ursachen durch eine Umgestaltung der Provinzialverwaltung verminderte. Praktisch jedoch verhinderte diesen Lösungsansatz zum einen die Tatsache, daß die politischen Willensträger an jener systematischen Ausbeutung erheblich partizipierten, was - mit Blick auf die ins Unermeßliche gestiegenen Wahlkampfkosten - in einer gleichsam spiralförmigen Entwicklung sowohl die Ursache als auch die Konsequenz, für den einzelnen nobilis jedoch eine unabdingbare Notwendigkeit war. Zum anderen bereitete es große Schwierigkeiten, die rein ökonomischen Aktivitäten zahlloser Römer bzw. Italiker, unter denen die publicani die prominentesten und wichtigsten, gewiß aber nicht die einzigen waren, in geordnete Bahnen zu lenken: Häufig sahen sich hier die Politiker nicht nur aus sozialen Gründen, infolge ihrer Verflechtung mit dem engmaschigen Netz bestehender necessitudines dazu veranlaßt, gegen ihre bessere Einsicht zu entscheiden, sondern es mußte ihnen dies - gerade im Falle der publicani - ebenso aus politischen Motiven ratsam erscheinen. Denn das Pachtsystem trug sein Teil dazu bei, daß man mit einem verminderten auf stadtstaatliche Verhältnisse zugeschnittenen administrativen Instrumentarium ein Weltreich verwalten konnte; überdies verfügten jene mit der quaestio de repetundis über ein ausgezeichnetes Mittel, ihren Interessen auf juristischem Weg Nachdruck zu verleihen. Doch erwies sich ebensowenig der direkte Weg einer umfassenden Militäraktion gegen die Seeräuber als gangbar: Schon aus ökonomischen Motiven dürfte sich die Bereitschaft dazu in engen Grenzen gehalten haben, besaßen jene doch gerade für die innerhalb der italischen Landwirtschaft seit dem 2. Jh. immer mehr expandierenden Latifundien als Lieferanten unfreier Arbeitskräfte eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Ungleich wichtiger jedoch war es, daß die Römer hier einem Gegner gegenüberstanden, der nicht nur über umfangreiche militärische Mittel

286

VII.

Schlußbetrachtung

und Fähigkeiten verfügte, sondern dem überdies aufgrund seiner Kampfweise sowie einer weitgehend fehlenden territorialen Bindung schwer beizukommen war - es sei denn durch Aufbietung aller Kräfte, die einem überterritorialen, einheitlichen Kommando unterstellt wurden. An eine solche Möglichkeit aber konnte die Majorität im Senat - zumal gegenüber einem Mann wie Pompeius und angesichts der Risse, die sich im Gebäude der sudanischen Restauration immer stärker abzeichneten - nur mit Grauen denken und wollte der treffenden Charakterisierung Cassius' Dios zufolge 'lieber alles Erdenkliche von seiten der Piraten ertragen, als ihm (Pompeius) eine solche Macht in die Hand zu geben' (36,24,1). Gleichwohl: der Weg hierher war vorgezeichnet. Schon das 'Piratengesetz', das vor allem durch römische Passivität charakterisiert ist, zeigt doch auch, wie sehr die weltbeherrschende Nobilität um ihr Prestige bei den abhängigen Völkern des hellenistischen Ostens besorgt war mit Recht, denn sie erwies sich oft als unfähig, nicht nur ihre Bundesgenossen, sondern überdies die eigenen Bürger, ja sich selbst vor den Übergriffen der Piraten zu schützen. Und gerade auch im Inneren drohte der Senatsaristokratie ein gravierender Legitimitätsverlust: Denn ihr politisches Monopol (resp. die im wesentlichen unpolitische Ausrichtung der anderen Stände) beruhte vor allem auf ihren seit Jahrhunderten immer wieder erbrachten Leistungen für die res publica, ihrer unbestrittenen Kompetenz, vermittels deren sie stets das Prosperieren des römischen Bürgerverbandes hatte sicherstellen können. Doch geriet eben dieses nun zunehmend in Gefahr; nicht nur wurden durch die Überfälle der Piraten die Gewinne aller besonders am Seehandel partizipierenden Kreise (also auch vieler Senatoren) stark geschmälert, sondern es zeigte sich desgleichen, daß nicht einmal die Versorgung der großenteils auf überseeische Getreideimporte angewiesenen plebs urbana garantiert werden konnte. Die tumultuarischen Szenen, zu denen es infolge von Lebensmittelverknappungen kam, dürften es jedem klargemacht haben, welch enormer Handlungsbedarf hier bestand. Und in der Tat registrieren wir seit Mitte der siebziger Jahre, als sich aufgrund eines gravierenden Versorgungsengpasses die politischen Würdenträger den tätlichen Angriffen einer hungernden plebs ausgesetzt sahen, eine vermehrte Anstrengung, des Piraterieproblems Herr zu werden: Schon der Feldzug des P. Servilius Vatia gegen Kilikien mag, ohne daß sich hier Genaueres sagen läßt, auch eine Reaktion auf bereits vor 75 vorhandene Importprobleme gewesen sein. Mit relativ großer Wahrscheinlichkeit sind hierauf (wie überhaupt wohl auf erhebliche ökonomische Einbußen) die im Jahre 75 vollzogene Einrichtung der Provinz Kyrene sowie die umfassende Aktion des M. Antonius seit 74 zurückzuführen. Noch freilich wirkte sich dieser Zugzwang, unter welchem die senatorische Elite stand, nicht allzu folgenschwer aus; denn bei dem Letztgenannten konnte man wenigstens juristisch - gerade deshalb derartig weit gehen, weil er sich

VII.

Schlußbetrachtung

287

problemlos in die Fassade des noch mehr oder minder intakten sullanischen Systems einfügte. Das Risiko erschien gemessen am erhofften Erfolg einer erneuten Selbstlegitimierung, nicht besonders groß zu sein. Demgegenüber unterschieden sich - subjektiv jedenfalls - im Falle des Pompeius und der lex Gabinia sowohl die Persönlichkeit und der Werdegang des imperator deligendus als auch eben die politischen Rahmenbedingungen. Nun fürchtete man nicht völlig zu Unrecht, daß eine erfolgreiche Bewältigung der gestellten Aufgabe mit ihrem auch machtpolitischen Effekt kaum noch dem Senatorenstand als ganzem, sondern - mit allen Implikationen - einer Einzelpersönlichkeit zugute kommen werde. Besonders anhand der Auseinandersetzungen um die lex Gabinia läßt sich also das Dilemma, vor dem die aristokratisch-republikanische Ordnung stand, ausgezeichnet ablesen und charakterisieren. In einem anderen Zusammenhang hat Livius (praef. 9) fur einen solchen Zustand das bekannte Wort geprägt: nec vitia nostra nec remedia pati possumus.

IX.

Indices

1. Namen Achäer:

52, 6If., 67

Antigonos Doson:

Achaia:

266

Antigonos Gonatas:

Achilleus: Adria:

Antiochia (Kragos):

197, 230, 268

Agathostratos:

Antiochos III.:

Agis IV.:

101

60, 62, 64, 82, 86f.

Ägypten:

24, 99, 108f., 124, 241,

266

Akarnanen:

46, 74, 87

Alexander Balas:

125, 127

Alexander d. Gr.:

24, 39, 52f., 55,

84, lOOff., 110f., 114, 181, 195

Alexander v. Pherai: Alexandria:

42

202,216

110, 119ff., 134,

Antiochos IV.:

123f.

Antiochos VI.:

125

Antiochos VII.: Antium:

125

84

Antonius, C. Hybrida:

Antonius, Μ. (Orator):

Apamea:

109

Aphrodisias:

156

Apollodoros:

266

Ancona: Andria: Andron:

41, 133 92 108

Annius, M.:

61, 67, 73

219, 225ff., 254f.,

116

Annius, T. Milo: Antigenes:

Apollonia:

129

179,181f.

49

124

Appolonia: 63 Appuleius, L. Saturninus:

81

21, 24,

208ff., 221, 238, 253, 256, 279

Antonius, Μ. (Triumvir):

Ameinias: Anaxibios:

22, 24,

195, 212, 215, 218, 232, 270ff., 281, 285

179 24, 101

179, 249f.

Antonius, Μ. (Creticus):

Ambrakia: Amphoteros:

118

215, 230

113

Agonippos:

118

Antiochia (Pyramos):

129

41

Agron:

28,

101

58

Agina:

109

Antigonos Monophthalmos:

32

Afrika:

76, 90,113

Aquae Sextiae:

189, 210

Aquilius, M ' . :

145,184

Aratos von Sikyon:

81

212f.,

1. Namen Arausio:

253

Archelaos:

Cannae:

146, 189

Ardiäer:

Aristonikos:

39,101,

257

146f., 215

15

17, 20, 99, 142, 146ff., 172, 174f., 180, 184, 206, 210, 217/., 220, 225, 228, 232ff., 238, 247, 258

Astymedes:

137f.

Athamanen:

120

Athen:

Athenodoros: Ätoler:

Attalos III.:

Chremonides: 129 Claudius, Ap. Pulcher:

161, 178,

184, 249

Claudius, Ti.:

230

Clodius, P. Pulcher:

49, 157, 182,

Cornelius, C.:

160

185 259

61,85

Cornelius, Faustus Sulla:

179

Aurelius, M. Cotta:

264, 271

250

Berenike:

266

22, 145, 151,

154, 178, 193, 195, 215, 249, 251, 256ff., 261 116, 249

147

Bastamer:

Cornelius, L. Sulla:

Cornelius, L. Scipio Asiagenus:

119 178, 263

275 125, 208

146, 149, 158

Brogitarus:

157

Cornelius, P. Scipio Africanus mai.: 230

Cornelius, P. Scipio Nasica Serapio:

69, 83, 92

178

80

Byzantion, Byzantier:

Cornelius, L. Scipio Asiaticus: 180 Cornelius, P. Lentulus Spinther: Cornelius, P. Scipio Aemilianus:

Bithynien:

Buthrotos:

115

Cornelius Cn. Dolabella:

Aurelius, C. Cotta:

Brundisium:

Chlaineas

190

260

Attalos I.:

9, 41, 101,143

Coelius, C. Caldus:

37, 45ff., 55, 6Cff., 67, 74, 80f., 85, 102f., 106ff., 120

Attaleer:

Chios:

209

40ff., 106, 188f., 215

Atintanen:

235, 238ff.,

245f., 251

Ariobarzanes (Kappad.):

Asia:

184

Chersones (kain.):

43

Arpinum:

253

Cassius, C.:

86

Argos:

289

130, 215

Caecilius, Q. Metellus (Creticus): 22, 274ff., 281

Comncanius:

61f., 69f., 79, 81, 84,

89

Cosconius, M.:

Caecilius, Q. Metellus Pius Scipio Nasica: 179

Curio, C.: Dakien:

190

Caelius Vinicianus: 213 Calpumius, L. Piso Caesoninus:

Daorser:

69

49, 232, 247, 250

116

261

Dardaner:

61, 76, 116, 249

Dardanos:

258

290

IX. Indices

Delmaten:

69,86

Delos:

129,136,188f.

Delphi:

217f., 224, 249

Demetriosl.: 124f. Demetrios II.: 60, 127 Demetrios Poliorketes: 28, 84, 101, 105, 108

Demetrios v. Pharos:

61, 63, 83,

85, 89ff., 129, 138

Denseleten:

250

Didius, T.:

116, 222f. 229, 235, 253

Dikäarch:

109,120

Diodotos Tryphon: 125ff. Dionysios v. Phokaia: 50 Dodona: 37 Doloper: 53 Domitius, L. Ahenobarbus: 180 Dorimachos: 37 Dyme: 164/., 270 Elis: 60,88 Elymais: 124 Ephesos: 108, 145 Epidamnos, Epidamnier: 61f., 78, 83, 87

Epikrates: 133 Epiros, Epiroten: Eresos: 101 Eteonikos: 41 Etrusker:

Eumelos:

60f., 80, 86f.

200, 203, 232

Gallien:

190, 197,199

Genthios: 93 Gracchus, C.: 99, 148f. Hannibal: 90. 92, 230 Hegelochos: 101 Hektor: 32 Heniocher: 52 Herakleia: 146, 166 Herakles: 23 Hierapytna: 13If., 242 Hippias: 24 Hortensius, Q. Hortalus: 192 Iapoden: 86 Iason: 23 Illyrien, Illyrer:

21, 48, 55, 58ff.,

69ff.,77ff., 86, 95, 242, 87ff., 94, 270

Iphikrates: 41 Isaurier: 260 Isidoms: 266 Issa, Issäer: 6Iff., 87 Istros, Istrier: 92, 250 Iulius, C. Caesar: 28,153,176, 181, 190, 199, 206, 282f.

Iulius, C. Caesar Octavianus:

48,50

279

28

Eumenes II.:

Fulvius, M. Nobilior: 179 Fulvius, Q. Flaccus: 180 Gabinius, Α.: 49, 184, 194, 199,

123,134

Eurysilaos: 101 Eurytaner: 48 Flaminius, C.: 82 Flavius, C. Fimbria: Folius, L.: 80

261

Iulius, L. Caesar: 178 Iunius, M. Brutus: 152,184 Iuventius, M'. Thalna: 135 Judas Maccabaeus: 125 Jugurtha: 253 Kainike: s.v. Chersones Kalykadnos: 122

15,

291

1. Namen Kappadokien: Karien:

257

81

Karthago:

16, 50, 89ff., 122

Kassander:

108

Kassandreia:

109

258

Kerkyra:

61 ff., 67, 73, 78, 80, 87 246

Kilikien, Kilikier:

18, 122, 126,

140, 147, 155, 156, 164f., 209, 212, 228, 236ff., 245, 251, 253, 257, 259, 261, 270, 285 Kimbern:

19, 150, 189, 209, 253

Kimon:

24,53

Kleemporos:

62, 68

Kleomenes III.: Kleomis:

113

Korakesium:

Kos:

127 260

143

Kossäer: Kotys:

45ff., 55, 102ff., 107,

120f., 130, 137, 266, 274, 277 Kykladen:

246 91, 129

Kypsela: 246 Kyrene: 22, 216, 239, 241, 264ff., 270, 285 Kythera: Lakonien: Lampsakos: Lasthenes: Laureion: Leonippos:

Licinius, M. Crassus: Lindos:

80

Lissos:

62f., 89f.

Lokrer: Lusitaner:

157, 282

164

Lutatius, Q. Catulus: Lykaonien: Lykien:

22, 258f., 263

46 192ff.

235,238 239

Lykiskos:

115 108 39

Lysimachos:

108

116, 218, 249

Malkara:

250

Kuru Dagh:

Licinius, L. Murena:

Mäder:

52

Kreta, Kreter:

172, 176, 181

Macedonien: 89f., 99, 108, 114, 116, 127, 220, 223, 225, 228ff., 234ff, 238ff, 247, 249ff., 255

76

Korykos:

Licinius, L. Crassus:

Lysander:

217

Korsika:

270

Lykos:

101

Knidos:

101

Licinius, L. Lucullus: 140, 147, 151f., 158, 175, 215, 261, 266, 274

Kaunos: Kesan:

Lesbos: Libyen:

41 41 259 275 188 144

246

Malleolus, C.: Mamertiner:

152,184 65

Manilius, C.:

208

Manlius, Cn. Vulso : Marcius, L. Philippus: Marder:

115 178

52

Marius, C.: 149, 172/., 178, 193, 222, 225, 254 Matinius, P.: Medion: Melas: Melatas:

184

60,67 246 109

Memmius, C.:

157ff.

292

IX. Indices

Messenien, Messenier: 88 Methymna:

41, 43, 60,

39, 101

Milet:

259

Minos:

23

Minucius Rufus:

Perikles:

24

Perseus:

135,215

Pessinus:

157

Phaidros:

104

Pharos:

215

63,87

Phaselis:

241,260

Mithridates VI.: 17, 39, 141, 144ff., 151, 154, 163, 166, 174, 189, 190f., 201, 215, 225, 253, 257, 260, 276 Mösien: 249

Philipp II.:

40f., 49, 53, 100, 115

Philipp V.:

64, 9Qf., 109, 114, 120,

Mucius, Q. Scaevola: 158, 247

Phoibidas:

Myndos:

142, 150,

134 41

Phoinike:

60f., 67, 82, 86 31

Phönizier:

113

Naupaktos:

Pinnes:

80

Nikander:

Philotimos:

Phokis:

259

Nabis:

131, 133f, 230

Piraeus:

110

26,48 62f. 215

Nikomedes III.:

149f., 248

Polyxenidas:

Nikomedes IV.:

146, 184

Pompeius, Cn.: 19, 24, 96f., 99, 139, 157, 163ff., 174, 176, 190ff., 203ff., 208, 211, 214/., 232, 239, 242, 261, 270, 272f., 276, 279ff.

Nutria:

61

Octavius, Cn.: Odrysen: Olbe:

250 118f.

Pompeius, Sex.:

Olcaeus, L . : Olus:

178

Pontos:

Popilius, C.:

260

Popillius, M. Laenas:

Pamphylien: Panares:

118, 241

275

Paphlagonien: Parthiner:

143,239

61, 63, 85

Paxosinseln:

215

Porcius, M. Cato:

52

61,67

160

158

102

Olympos: Ouxier:

116, 279

Pomponius, T. Atticus:

80

132, 242

Olympia:

110

Postumius:

124

135, 232

39,84

Propontis:

215

Prusiasl.:

130

Ptolemäer:

118

Ptolemäus Apion:

264, 266, 269

Peisistratos:

129

Ptolemäus II.:

Peloponnes:

113

Pupius, Μ. Piso Frugi Calpurnianus: 178

Peraia:

108

Pergamon:

114

Puteoli:

188

73, 118, 129

293

1. Namen

Pylos: 41ff., 85 Pyrrhus: 58 Quinctius, T. Flamminus: 115 Rabocentus: 250 Rhodos, Rhodier: 24, 73, 80, 99, 108, 110, 114, 120, 128ff., 139, 143, 242, 261,

135,

272

Romulus: 192 Rutilius, P. Rufus: 150, 172, 247 Sagunt: 90 Saitendynastie: 38 Salamis: 152, 160, 184 Sardinien: 76 Sarpedonium: 122 Scaptius, M.: 184 Scribonius, C. Curio: 178, 249 Seleukia (Kalykadnos): 118 Seleukidenreich: 99. 108f., 117, 120, 122ff.,

188

Seleukos I.: 118 Seleukos II.: 73,134 Sellasia: 113 Sempronius, C. Gracchus: 148, 202 Sempronius, Tib. Gracchus: 19 Sertorius, Q.: 166, 271 Servilius, C. Glaucia: 219, 227, 229,

254

Servilius, P. Rullus: Servilius, P. Vatia: 262, 266, 280,

221 22, 158,

259f.,

285

Sestius, P.: 179 Side: 241 Sinope: 140 Sizilien: 50, 74, 76, 150, 159, 197, 253,

266

Skerdilaidas: 85,88f. Skordisker: 116, 249

Skyros: 53 Skythen: 250 Spanien: 197 Sparta: 41ff., 113 Spartakus: 166, 190 Stratonikeia: 136 Sulpicius, P. Rufus: 179 Sulpicius, Ser. Galba: 164 Syrakus: 39 Syrien: 81, 203, 241 Tanais: 121 Tarent: 92, 122 Taurus: 126 Tegea: 102 Tenos: 134 Teos: 119ff., 124 Terentius, A. Varro: 258 Termessos: 156 Teuta: 47, 60ff., 69, 79, 82ff., 242,

122,

277

Teutonen: 19, 150, 189, 209, 253 Themistokles: 24 Theseus: 23 Thraker: 223 Thrakien: 253 Timarchos: 124f. Timokles: 108 Timokrates: 128 Timoleon: 39,84 Timon: 134 Theophilos: 143 Trebellianus: 51 Tullius, L.: 160 Tullius, M. Cicero:

37, 49f., 147,

150, 153, 155, 157ff.,

169f.,

174f., 184, 191, 200f., 205 250

IX. Indices

294 Tullius, Μ. Decula: Tullius, Q. Cicero:

178 158, 165, 170f.,

173, 180 Tyrrhener:

189,210

Verres, C.: 259ff.

49, 152, 156,159, 161,

Volcatius, L. Tullus:

103,128

Valerius, C. Triarius:

Vercellae:

Zypern:

190

2.

160,241

Quellen

2.1. Epigraphische Zeugnisse Augustus Mon. Anc. 279 25: CIL 12,12,582: 226 FdD III 2, 134a: 120 FIRA* 6: 226 7: 222 b233 11: 11.117ff.: GHI 170: 191: 202:

101 101 102

GVI 141:

128

156

REP Β 5: 221, 222 Β 5f.: 221 217 Β 5ff.: B6f.: 236 252 Β 6 ff.: Β 7: 237 B7f.: 245 Β 9: 245 139 Β 12f. : Β 14f. : 235 221 Β 15f. : Β 16: 221

Β 20f.: 220, 221 Β 20ff. : 217 Β 23: 221 Β 27: 229 Β 27f.: 228 Β 27ff. : 221,223, Β 28: 229 Β 29f.: 240 Β 30f.: 240 234 C 3: C 4: 236 C 7: 222 C 7ff.: 241 C 8: 236 C 8ff.: 226 C 9: 221 C 10f.: 222 C 11: 221 C 18: 221 C 19f.: 221 C 19ff. : 226 C 20f.: 221 C 26: 221 C 28: 221 C 29: 221 II 6 ff.: 252 II 12-31: 236 II 12ff. : 223, 234 II 17f.: 223 II 18ff. : 235 II 23ff. : 234 223 II 25: 223 II 26:

178

2. Quellen

II 3 0 f . : III 4 f . : III 6 f . :

235 232 233 229, 232

Iii 6 8 2 : Hl 7 4 6 : II· 8 4 4 :

103, 104 105 105

III III III III

lOff. 16-21 16f.: 16ff.

III III III III III III

IX*176: IX' 189: IX' 192: IX' 195: XI 2 , 148,

III III IV IV IV IV IV

22ff. 235 28: 221, 222 28ff. 217 3Iff. 236 32f.: 246 33f.: 245 237 35ff. 229 36: 6ff.: 223, 229, 236, 241 8f.: 221 9: 229, 246 11 ff. 235 13 ff. 240, 254

IV IV IV IV IV IV IV

18ff. 2Iff. 25ff. 26ff. 32ff. 39f.: 4Iff.

XII 3, 1291 : 103f. XII 5 , 36: 105 XII 5 , 817: 134

II, II, IV IV

I 2: 106 X V I 3: 120 301: 270 302: 270

II* 1225: 103 V 1, 1454: 258 IX* 17 a, 5 1 f . : 80 106 IX*169:

247 221 245

106 106 106, 120 106 73f.: 128 129 XI 4 , 5 9 6 : XI 4 , 751: 133 XI 4 , 7 5 2 : 133 103/. XI 4 , 1054 XI 4 , 1128. 129 XI 4 , 1135: 129 101 XII 2 , 5 2 6 : 104 XII 3, 328:

229, 240 247 231 240 220f., 234, 238, 241 234

XII XII XII XII XII XII XII

220f.

5, 5, 5, 5, 7, 8, 8,

8 2 4 B: 134 134 830: 913: 134 134 914: 386: 103f. 53: 103f. 104 159:

IGR III 6 0 7 A u. B: IV 1116:

1621 1662 1855 1856 1857

190

1858

190

13 41: I 3 67

41 41

190 190 190 190

l· 75: 41 II' 399: 103, 104, 105

ILLRP 1,402:

213

ML 7: 30:

38 34

OGIS 552: 553: SEG IX 2:

262

212,215

262 262 265

296

IX.

SGDI 3835: Sherk, 23, 23, 24,

128

RDGE 19ff.: 3Iff.: A 8:

246 246 68

SIG> 38: 29 306 102 409 103 103 454 129 455 29 521 120 564 133 582 583 133 620 134 700 116 741 Z. 32: 144 747: 258 748, Zz. 33ff.: 273 1225: 128

Indices

Staatsv. Hi 121: 122 II* 326: 122 111403 a, l l f . : 100 Ill 444: 122 III 446: 28 III 446,1 15: 100 III 446, II 38: 101 III 470: 106 III 482: 105 III 507: m III 508: 106 III 542: 106 III 548, V: 122 III 5 5 1 :

III III III III

13If.,

242

551,53f.: 242 551,79f.: 242 552: 132, 242 562: 106

ΤΑΜ II 1,264: II 1,265:

262 262

2.2. Literarische Zeugnisse Aelius Aristides 25,4: 128 Aischines 2,71f.: 33 Anthologia Palatina 5,44: 103 7,310 103 7.356 103 103 7.357 103 7.358 103 7.359 103 7.360 103 7,640 7,654, Iff.: 105 7,737: 103 7,745: 103 11,162: 103

Appian BC 1,33: 1,94: 1,131: 1,139: 2,1,3: 2,8:

212 172

226 225 181 181

5,4: 148 5,19: 154 lb. 249ff.: 164 111.

5: 116 12ff.: 249 16: 59, 68 17ff.: 60, 62, 83, 87 18: 62

297

2. Quellen

19: 63 20: 62 21: 63, 90 21f.: 63 23: 91 23 f.: 89 Lib. 234: 722 Mak. 9,2: 775 9,3: 116 Mithr. 33ff.: 184 61: 215 75: 215 85: 142 89: 143 91: 142 92ff.: 143 94ff.: 743 108f.: 789 116: 2Ä7 131f.:

183: 183f.: 189: 190: 224: 226: 250: 251: 253: 254: 257: 259: 261: 265: 305: 341: 416: 417: 418f.: 419ff.: 426:

275

742 143 145 145 249 275/ 154 145, 152 121 136 740, 145 757 752 258 267 140 140, 144, 163 163

166 165 258, 263

429 438 444 499 565 573 Sam. 7,1: Sik. 6,1:

242 96 99 239 198 119 122 140,271,274

6,4ff.: 275 6,6f.: 276 6,7: 274 Syr. 117ff.: 77 0 198: 123 201: 722 230: 735 242: 725 353: 725 354f.: 725 Aristoteles Pol. 1, 1256 a, 19ff.: 26,55 1,1256 a,31: 27 1, 1256 b,3f.: 27 1, 1256 b,21f.: 30 5, 1304b,23f.: 96 8, 1338 b,19ff.: 52 Rhet. 1405 a,26f.: 50 Arn an 3,2,4f.: 707 3,2,5: 39 8,40,6-8: 52 8,40,8: 55 Asconius 15: 274 54 C: 182 57 C: 185 58 C: 185 63 C: 274 Asconius (ps.)

298

IX. Indices 237: 262 in Verr. II 2,8: 271, 273

Athenaios 6,253f.:

46, 105

Augustinus civ. 4,4: 29, 50, 87 4,6: 50, 87 Caesar BG l,40,5f.: 189 6,23,6: 50 BC 3,5,1: 265 Cassiodor Chron. min. 2,130: 268 Cassius Dio 30/35,111,If.: 275 30/35,111,3: 275/ 36,17a: 274 36,18, Iff. : 276 36,19,3: 274f. 36,20,2: 102, 163, 269 36,20,4: 166 166 36,21,1: 36,22, If.: 166 36,22,4: 165 36,22,5: 166 36,23,1: 201 36,23, If.: 208 36,23,3: 165 36,24,1: 192, 285 36,24, Iff. : 205 36,31,3: 193 36,31,4: 193 36,32,3: 192 36,34, Iff. : 193 36,35,2: 165 36,35f.: 193 36,36,If.: 232 36,37,5: 164

37,33,4: 250 37,52,1: 28 37,52f.: 181 38,7,1: 227 38,10,1-3: 250 39,56,4: 232 39,59,2: 203 40,30,1: 182 40,46,2: 182 40,56,1: 182 42,6,3: 154 53,12,4: 270 frg. 49: 60 64, 67, 78 frg. 49,2: frg. 49,3f. 64, 69 frg. 49,5: 70 frg. 53: 63 frg. 57,82: 122 frg. 101: 143 Catull 10,8: 157 10,14ff.: 158 28: 158 Cicero Att. 1,12,If.: 250 1,16,16: 250 1,17,9: 174 2,16,4: 174 3,23,4: 225 5,10,3: 162 5,16,2: 147,161 5,16,3: 160 5,17,2: 160 5,18,1: 162 5,20,6: 160 5,21,3: 162 5,21,5: 160, 180 5,21,7: 155, 160 5,21,10ff.: 152, 160, 183, 185 6,l,5ff.: 152, 183ff. 6,1,15: 150 6,1,16: 153, 158 6,1,21: 180

299

2. Quellen 6,2,1: 161 150, 160 6,2,4: 6,2,5: 161 6,2,7ff.: 152, 183 160 6,3,1: 162 6,3,2: 185 6,3,5: 6,3,5ff.: 152 160 11,1,2: 16,1,3: 165 div. Caec. 55: 272/ dom. 24: 74: 774 140: 49f. Fam. 234 1,9,25: 180 2,11,2: 3,8,5: 161 3,8,8: 161 250 5,5,2f.: 250 5,6,3: 160 5,20,9: 180 8,2,2: 180 8,4,5: 8,6,5: 180 180 8,8,10: 180 8,9,3: 161 15,4,2: Flacc. 19: 147, 167 86:

185

har. resp. 19: 162 imp. 6:

191

7: 144 7-14: 200 11: 144 14: 149 15f.: 147, 203 18: 203 19: 184

31-33 : 96, 200, 214 34: 268 35: 96, 239, 276 36ff.:

38: 44: 46: 51: 52: 53 :

158,273 155 204 276 192 192 200,201

53-56: 200 57: 760 64ff.: 75S leg. agr. 1,5: 262 1,8: 157 2,28: 221 2,45: 157 2,50: 262 2,80:

147,203

Mil. 10: 49 18: 49 47: 49 50: 49 55: 49 Mur. 42: 185 72f.: 178 off. 1,37: 84 1,87: 179 2,59: 178 3,107: J7, 162 Or. 102: 774 de or. 1,82: 272 I,225: 772 2,2: 238 Phil. 6,12:

6,19: II,17:

162

174

IX. Indices

300 174 11,18 250 11,23 13,29 49 Pis. 5: 250 49 11: 232 50: 49 57: 84: 250 89: 180 Plane. 178 44f.: 51: 178 268 63: 64: 264 prov. cons. 4: 250 5: 247 11: 49 31: 96,211 Quint. 1,1,6f.: 174 1,1,8f.: 158 1,1,13: 158 1,1,24: 159 1,1,25: 158, 165

1,1,26:

180

1,1,27f.: 159 1,1,32: 170 1,1,33: 171,174 1,1,34: 162 1,2,6: 174 Rab. perd. 26: 272/ rep. 5,1: 15 sen. 10: 49 13: 49 Sest. 27: 49 39: 49 Sex. Rose. 146: 50

Tusc. 3,48: 148 Verr. 12: 49 II 1,46: 49 II 1,56: 161, 262 II 1,73: 259 II 1,77: 259 II 1,86: 259 II 1,89: 259 II l,90ff. : 152 II 1,95: 156 II 1,90: 49 II 1,152: 49 II 1,154: 49 II 2,8: 159, 272f. II 2,17: 49 112,184: 49 113,12: 142, 148 II 3,64: 159 II 3,76: 49 II 3,94: 172 II 3,169: 152 113,141: 49 113,191: 156 II 3,207: 159 II 3,210f. : 158, 2 113,211: 260 II 3,215: 264 II 4,21: 241, 262 II 4,95: 49 II 4,122: 50 II 5,27: 158 II 5,45: 183 II 5,54: 49 II 5,66: 262 II 5,79: 262 115,100: 49 115,122: 49 II 6,67: 49 Cicero Q. Comm. Pet. 3: 171, 173 50: 171, 173

301

2. Quellen Conradus Celtis De situ II 27: 50 Demosthenes 4,23: 40 18,145: 41 51,13: 33 52,5: 34 58,56: 34 Demosthenes (Ps.) 53 7,15: 49 10,34: 34 12,2: 12,5: 40 17,15: 112 101 17,19: 28 58,53: Digesten 49,15,24: 50,16,118:

36 36

Dio Chrysostomos 15,242:

36

Diodor 7,111,4: 52 52 7,15,1-3: 39, 84 16,82,3: 52 17,111,6 18,8,2ff. 102 20,110,4 108 20,25,2: 28, 50, 52 108 20,82,4: 108 20,83,1: 20,83,3: 108 108 20,97,5: 27,3: 130f. 28,1: 109 28,3: 124 29,10: 123 124 29,15: 31,27a: 125 31,30: 125 31,32a: 125, 127 138 31,38:

33,28a: 125 34/35,25,1:, 172 34/35,38,1: 173 35,25,1: 148 36,1: 253 36,3,1: 149 36,3,2: 149, 150, 248 40,1,1: 274 40,1,3: 275 frg. 34: 148 Sik. 6,1: 276 Euripides Kykl. llf.: Phoen. 138f.:

36 45, 48

Eutrop 3,4: 60,65 3,6: 90 5,1,4: 189 5,2,1: 189 5,5,2: 144 6,3: 260,262 6,11,1: 274,276 Flavius Iosephus AJ 12,414ff.: 125 13,35ff.: 125 13,86: 127 Floras 1,21: 60,65 1,38: 249 1,39,5: 116 1,40,7: 144 1,40,8: 143, 189 1.41.8: 261 l,41,14f.: 164 1,41,3: 266 l,41,4f.: 260ff. 1,41,6: 263 1,42,1: 276 1,42,3: 275 l,42,4f.: 276

302

IX. Indices

l,42,5f.: 276 1,42,6: 274 Frontinus Strat. 4,1,43: Gellius NA 6,3:

261

135

Herodot l , l f . : 33 1,166: 31 2,152: 38 6,17: 50 Hesiod Erga 299ff.: 54 392ff.: 54 500f.: 54 Hist. Aug. 24,26,2:

50

Homer Ilias 22,328: 32 22,357: 32 Odyssee 14,287-297: 33 15,415-484: 33 17,286-289: 54 Isokrates 4,114f.: 269 4,168: 269 5,120f.: 269 8,44ff.: 269 Iulius Obsequens 44: 212 Iustin 28,l,5ff.: 74 30,3,2: 58 32,2, If.: 124 35,l,5ff.: 125 38,3,9: 145 43,3,5: 31

Laktanz inst. div. 1,11,32: 271 Livius praef. 4: 15 praef. 9: 286 2,31,6: 262 2,39,7: 96 2,48f.: 84 2,54,2: 96 4,17,8: 262 7,29,2: 15 7,8,7: 262 8,14,8: 84 9,12,3: 262 10,29,18: 262 21,29,4: 262 21,63,3-4 : 82 27,14,14: 262 27,49,7: 262 28,34,2: 262 29,12,13: 91 30,18,14: 262 30,27,1-5: 230 30,37,3: 122 31,7,8,ff.: 58 31,15,8: 133 33,12,10: 115 35,5,14: 262 35,20,9f.: 230 37,ll,6ff. : 110 37,35,10: 121 37,45,14: 123 37,55,5: 121 37,56,8f.: 135 38,38,2: 124 38,38,3: 135 38,38,4: 121 38,38,8: 122 38,38,9: 12 I f . 38,38,11: 134 38,38,13: 123 38,38,14: 123 38,39,17: 121

303

2. Quellen

39,5,7: 180 39,22,8: 180 39,31,16: 262 40,18,4: 93 40,32,7: 262 180 40,44,9: 40,44,11: 180 41,1,3: 92 93 41,l,3f.: 41,5-8: 93 41,10f.: 93 41,11,9: 93 41,42,1-5 : 93 123 42,6,6ff.: 42,7,10: 262 123 42,6,6ff.: 42,7,10: 262 42,26,2f.: 93 93 42,29,11: 42,66,10: 262 43,9,5: 93 44,15,1: 136 45,7,2: 93 45,ll,5f.: 124 124 45,11,11: 124 45,12,7: 268 45,18,3f.: 45,18,4: 149 135 45,21: 135 45,25,2f.: 45,25,6: 136 per. 19: 69 per. 20: 60, 90 per. 46: 138 per. 47: 69 125 per. 52: 116 per. 56: per. 67: 253 per. 68: 189, 212 per. 70: 116 116 per. 74: per. 76: 116 per. 82: 144 per. 90: 262

per. 93: per. 97:

262 189

Lucan 2,579:

164

Lucilius 671 f.:

147

Lysias 25,8:

III

1 Makk. I,17: 124 6,30ff.: 124 8,17-20: 125 10, Iff.: 125 2 Makk. 4,20: 124 II,4: 124 13,2: 124 15: 124 Memnon FGrHist 434 F 22,8: 434 F 22,9: 434 F 27,6: 434 F 29,5: 434 F 33,1:

143 144 146, 166 276 276

Nepos Themist. 2,3: 24 ORFNr.48, frg. XII: Orosius 4,13,2: 60,65 4,13,15: 90 5,16,3: 253 5,16,12: 189 5,16,16: 189 5,18,30: 116 5,23,21f.: 262 5,23,22: 260 6,2,24: 140 6,3,2: 140 6,4,2: 276

148

304

IX. Indices

Ovid Trist. 5,10,15: 50 Pausanias 1,7,3: 109 Phlegon v. Tralles FGrHist 257 F 12,12: 275,277 257 F 12,13: 190 Platon Nom. 7, 823b: 31 Plinius N.H.

4,47ff.: 246 34,24: 65,69 36,104: 181 37,16: 198 Plutarch Arat. 48,5: 131 50,9: 131 Caes. I,8-2,7: 209 5,8: 181 II,1: 181 11,5f.: 181 12,4: 181f. 13,1: 181 48,1: 154 Cam. 21,4: 214 Cat. min. 30,5ff.: 198 42,3: 198 Cato mai. 18,1: 214 Cie. 12,4: 250 Cim. 8,3ff.: 24 Crass. 1,1: 214

7,6: 181 10,6f.: 166 Demetr. 32,7ff.: 118 47: 118 Flam. 9,8: 116 Kim. 8,3f.: 53 Kleom. 20: 113 Luc. 2,3,f.: 215 2,5: 265 2,6: 216, 266 3, Iff.: 215 3,2: 274 4,1: 151 7,1: 261 7,6: 146 13,3: 140 20, If.: 147 20,3: 152 20,4: 151, 152 20,5: 175 23,2: 140 33,4f.: 155 Mar. 21,4: 189 45,7: 173 Marc. 6,2-7,5: 90 8,1: 90 Per. 17: 24 19: 24 Pomp. 24,1: 140 24,3: 140, 165 24,8: 166 24,10: 214 24,1 Iff.: 166 25,3: 205 25,9: ii>2

2. Quellen

26,4: 204 26,7: 96 27,2: 204 28,3: 96 28,5: 164 29,2f.: 276 29,3ff.: 276 44,3: 79« 45,4: 798 52,3: 79S Pyrrh. 29,11: 109 Sert. 7,3: 76d 21,5,: 166 21,7: 277 24,5: 754 Sull. 3,10: 249 5,6: 257 5,7: 255 11,5: 7S9 24,7: 144, 154 25,4: 757, 754 25,5: 154 Thes. 19,8: 23 Polyainos strat. 4,6,18: 109 5,4: 24 5,18: 129 5,19: 109 8,23,1: 209 Polybios 1,1,5: 72 1,3,1: 72 1,3,6: 72 l,10,2ff.: 65 2,1,5ff.: 88

2,2 - 12:

60

2,2, lf.: 72 2,2,3: 60 2,2,4: 60

2,2,5 - 4,5: 00 2,2,5-3,7: 5« 2,3,1: 86 2,4,8: 46, 85 2,4,8-9: 60 2,5,1-2: 60 2,5,3-6,11: 61 2,6,4f.: 85 2,6,8: 86, 88 2,6,9f.: 87 61 2,8,1-3: 2,8,Iff.: 77 2,8,2: 88 78, 80 2,8,3: 2,8,4: 82 2,8,4-13 : 61 2,8,5: 67, 85 2,8,6: 78f. 87 2,9,1: 60f. 2,9,2-6: 61 2,9,7 - 10,8: 61 58 2,11,1: 2,ll,3f.: 85 2,11,5f.: 61 2,11,7: 58 2,11,8: 61 2,11,10: 61 2,11,11: 61, 67, 85 2,11,12: 61 2,11,13: 61 2,11,17: 63 2,12,3: 62f., 67 2,12,4: 62 2,12,6: 46 2,34,2: 90 2,65,4: 86 2,66,5: 86 2,66,10: 86 2,67,1: 86 2,67,7: 86 2,68,9: 86 2,70,8: 90 3,2,6: 72 3,16,1: 92

306

IX. Indices 3,16,2f.: 89 92 3,16,4 3,18,1-19,9: 89 3,18,5 85 3,24,2 122 84, 122 3,24,4 3,32,7 72 4,3,1: 37, 46, 105 90 4,3,2f.: 4,3,8: 29 4,5,3: 90 89 4,16,6-9: 4,16,10: 85 4,16,11: 86 4,19,7ff. 85, 89 4,19,8 129 4,22,5 90 4,25,4 86 4,29,6 85 128, 130 4,47,1 4,49, Iff. 130 130 4,52,5 105 4,53,8 86 4,55,2 4,64,4 37 86 5,13,5 5,14,5 86 5,22,9 86 86 5,23,3ff. 5,4,3: 85f. 5,7,11 86 5,89,8 134 5,109,3: 86 5,110,8: 86 105 6,46, Iff. 7,11,9 131 7,14,4 131 115 9,35,2f.: 10,27,3: 52 86 11,11,4f.: 11,14,1: 86 11,15,5: 86 ll,34,14ff.: 121 113 13,8,1

13,8,2: 105 15,18,3 122 16,30-40: 64 18,4,8: 105 18,5,1: 105 18,5,8f.: 48 18,37,8f.: 115 18,44,6 116 18,54,8ff.: 109 21,12: no 21,14,8 121 21,17,3 121 21,17,4 123 21,21,7 121 21,43,1 124 21,43,4 135 21,43,5 121 21,43,13: 122 21,43,14: 122 21,43,16f : 134 21,43,19: 123 21,43,20: 123 21,46,8 135 21,46,11: 121 30,4,6: 135 30,5,6: 73, 134, 136 30,5,12 30,21,3 136 30,25,11: 124 30,31,8: 136 30,31,10: 136 30,31,12: 137 30,31,20: 138 124 31,2,11 31,26,10: 65 32,2,5: 65, 122 32,3,13: 125 32,9: 69, 86 32,13,9 69 33,15,If.: 125 33,15,3f.: 138 33,18,5ff.: 125 Pompeius Tragus prol. 28: 60, 65

307

3. Sachbegriffe

prol. 34: Porphyrio Comm.

125 in

Hör.,

Ep.

261

Ptolemäus Geogr. 3,ll,4ff.:

246

Q. Curtius Rufus 4,5,18: 101 4,5,19ff.: 39, 101 4,8,15: 24, 102 7,8,19: 50 Rufius Festus brev. 11,1: 262 12,3: 262 12,3: 260 Sallust Cat. 26,4: 250 51,5: 135 58,21: 262 hist. 1 frg. 128: 262 1 frg. 134: 262 2 frg. 43: 269 2 frg. 45: 264 2 frg. 46 : 264 2 frg. 47,6: 271 2 frg. 47,6f.: 264 2 frg. 47,7: 261 2 frg. 85: 260 2 frg. 90: 272 2 frg. 96: 271 2 frg. 98: 264 3 frg. 5: 272 3 frg. 96D: 189 4 frg. 69,5: 144 4 frg. 17: 144 4 frg. 20: 144 lug. 31,25: 159 Strabo

2,2,26:

3,3,5 5,3,5 6,4,2 7,5,4 7,5,6: 7,5,10: 8,7,5: 10,4,9: 10,5,4:

164 84 121 52, 86 86 86 164 105 136, 188f. 11,2,12: 35 12,6,2: 260 13,1,66: 142 13,4,2: 125 14,1,26: 147 14,2,3: 136 14,3,2: 241 14,3,3: 164, 260 14,5,2: 98, 122, 187f. 14,5,4: 118 14,5,7: 262 14,5,10: 119 14,6,6: 209 16,1,18: 124 17,3,21: 265 17,3,25: 270

Sueton Aug. 40,2: Iul. 4,lf.: 18,1: 43,1: 54,2: 74,1:

178 209 181 158 182 209

Tacitus ann. 1,2,2: 17 1,3,7: 15 2,1,81: 262 4,14,2: 143 12,62: 215 hist. 2,15,2: 262

126ff.,

308

IX. Indices

2,44,3: 262 3,8,3: 262 Thukydides 1,2,2: 46 1,4: 23 1,5-6: 46 1,5,1: 23, 140 1,5, Iff.: 50 l,8,2f.: 23 1,98,2: 53 2,32: 28 2,69,1: 41 3,94,5: 48 4,41,2: 41 5,56,3: 42f. 5,115,2: V f . 5,115,2: 42f. 7,26,2: 41 8,38,1: 41 Valerius Maximus

2,8,1:

144 2,18, If. 2,31,2f. 270 2,31,3f. 195 2,32,4f. 164 2,32,5: 163 2,33: 175 2,34,1: 275f. 2,39,2: 262 2,41,3 -42,3: 209 Xenophon Anab. l,2f.: 194 Hell. 2,1,30: 39 4,8,35: 41 5,1,1: 41 5,4,42: 41 6,4,35: 28,42 Zonaras 8,19,3: 64 8,19,3-7: 60 8,19,4: 64 8,20,11-13: 89 9,14,11: 122 9,16,12: 116 9,25,9: 69 10,5: 198

181

6,9,15: 209 7,6,1: 276 9,2,3: 144 Vellerns Paterculus 1,54: 69 2,13,2: 172

3. Adelsstaat (röm.): Annalisten: Asylie:

108

45, 48, 50ff., 54

commendatio:

106

Dardanos, Vertrag v.:

17,142ff.,166

Flottenrüstung (röm.):

214ffi, 258,

261, 272

Freundschaftsverträge:

106

Friedensvertrag (m. Teuta):

184

concordia ordinum:

103

i m J . 88):

45, 47, 105f.

Bündnisverträge:

147

Ehrendekrete:

Ermordung (v. Römern u. Italikern

39, 109

Attische Seebünde: Barbaren:

decuma:

97

65, 68f., 74f.

archipiratae:

Sachbegriffe

74, 76, 83, 89

170,185 151, 154

Getreideabgabe:

156

62f.,

309

3. Sachbegriffe Getreideversorgung:

98, 20Iff.,

264f., 268, 271, 280, 282, 285

lex Iulia de pecuniis 234

repetundis:

Gewaltanwendung:

179, 183

lex Iulia repetundarum:

Heereskommanden:

22, 191ffi, 206,

lex locationis:

225, 230, 270, 280, 281/., 285

232

246

lex Manilla:

192, 282

Heeresreform:

16, 19, 197, 254

lex Plautia Papiria:

Imperialismus:

70ff., 93

lex Pompeia de provinciis:

Isopolitie:

47, 106

Italiker:

lex Porcia:

69, 77, 80ff., 88, 92

Klientel, Klientelwesen:

18

232

lex Sempronia frumentaria:

16/., 80/.,

197

lex Servilia Caepionis: lex Villia Annalis:

Kongreßdekret (Perikles): Königtum in Illyrien:

24

59, 83, 85ff.,

91, 94

Korinthischer Bund:

100, 108, 113

Krieg geg. Antiochos III.:

geg. Maked., 2.:

12Iff.

114

geg. Mithr. VI., 1.:

141ff, 152,

167, 184, 201, 215, 244

geg. Mithr. VI., 2.: geg. Mithr. VI., 3.:

258 146, 174,

276

geg. Teuta:

21, 5 8 f f , 211, 277

legatio libera:

156f.

leges de ambitu:

178, 231

leges sumptuariae:

negotiatores:

Nesiotenbund:

108, 129, 133/., 136

•Piratengesetz':

21, 150, 216, 283ff

Piraterie Epos: 32f. Geomorphologie: 27 Guerillakriegführung: Handel:

23, 27, 3 3 f f , 46, 64, 82,

100, 191, 200, 282, 285

Ideologie:

29,47ff

Jagd: 30/., 52 Kaperei: 41ff. 3 4 f f , 101, 108,

94, 99, 100, 110, 112, 161, 163ff, 206, 269, 283 82,

234

quaestoribus:

243

Sklaven: Söldner:

208, 224, 2 8 I f f , 286 184

98, 104, 109 38/., 55, 102, 108, 110,

163, 189, 201

Terminologie: Völkerrecht: Widerstand:

19, 21f., 192, 199, 204,

227

39/., 49,

194, 285

159

231

lex Iulia agraria:

152

Krieg: 30f., 37, 46f. Pauperismus: 20, 51/., 86, 89,

226

lex Gabinia de versura:

176, 185, 284

233

lex Claudia de nave senatorum:

lex Gabinia:

227

HO, 140, 241, 243, 266, 274

lex Calpurnia de repetundis:

lex Cornelia de XX

necessitudines:

158, 231

lex Cornelia de provinciis:

202

193

Kollaboration:

lex Antonia de Termessibus: lex Appuleia agraria:

182

29, 39/., 48 37,40 51ff, 56, 165, 167/.,

283/. plebs urbana: portorium:

98 147

310

IX. Indices

Provinzen: 99,142,147, 156f., 159, 167

Proxenie:

150f.,

107

Rechtsprechung (d. Römer in d. Prov.): 150 Repetundengerichtsbarkeit: 148f., 159, 171, 173, 186, 251, 284

148, 153,171,173,176,

186, cf. publicani

Römerfeindlichkeit:

146, 151, 166ff.

17J., 142,144,

Schiffahrtsgrenze (Lissos): scriptum:

63, 89f.

147

Seepolizei: 96, 99, 107 Sklaven: 21, 33, 35, ISO, 187ff-, 206, 209f., 284

Sozialprestige: 206, 282

Spiele:

177ff.

111, 113 43, 45, 47f., 105,107

tabula Bantina:

publicani: 21, 93, 98f., 142,148, 150, 152f., 167, 170ff., 184ff., 203, 206, 210, 240, 247f., 268, 284

Ritterstand:

στάσις: συλάν:

17, 80, 97,196,198,

226

tragische Geschichtsschreibung: 64f., 69

Triumvirat, 1.: 15 Truppeneinquartierung: vectigal aedilicium: vectigal praetorium:

Verschuldung i. d. Provinzen: 183f.

154ff.

180 160

149, 151ff., 175,

röm. Politiker: 176ff, 284 Veteranenversorgung: 97 Wahlbestechung: 178 Wahlen: 173, 177, 179, 206, 284 Wirtschaftsinteressen: 64, 69, 75, 78, 80, 83, 90, 92, 94, 98, 172, 175

röm. Politiker:

21, 81f, 93, 98,

110, 152, 154ff., 167, 175, 191, 206, 211, 285