Die Regulierung der akzessorischen Wertreklame: Eine Untersuchung zur Entstehung von Zugabeverordnung (1932) und Rabattgesetz (1933) [1 ed.] 9783428516698, 9783428116690

Die Zugabeverordnung von 1932/33 und das Rabattgesetz von 1933 gehörten bis zu ihrer Aufhebung im Juli 2001 zu den umstr

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Die Regulierung der akzessorischen Wertreklame: Eine Untersuchung zur Entstehung von Zugabeverordnung (1932) und Rabattgesetz (1933) [1 ed.]
 9783428516698, 9783428116690

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 183

Die Regulierung der akzessorischen Wertreklame Eine Untersuchung zur Entstehung von Zugabeverordnung (1932) und Rabattgesetz (1933)

Von Johannes Matz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JOHANNES MATZ

Die Regulierung der akzessorischen Wertreklame

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 183

Die Regulierung der akzessorischen Wertreklame Eine Untersuchung zur Entstehung von Zugabeverordnung (1932) und Rabattgesetz (1933)

Von Johannes Matz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-11669-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Isabel

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im März 2004 abgeschlossen und im Sommersemester 2004 von der Juristischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Werner Schubert. Er hat mir viel Freiraum bei der Themenwahl gelassen, war stets gesprächsbereit und hat durch seine insgesamt vorbildliche Betreuung maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Von ihm stammt auch das Erstgutachten. Herrn Professor Dr. Joachim Jickeli danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Meinem Mitdoktoranden, Herrn Dr. Holger Schrewe, danke ich herzlich für die zahlreichen Diskussionen und Anmerkungen. Hilfreich war auch seine kritische Durchsicht des Textes. Ein Dank gilt schließlich meinem Vater, Herrn PeterChristoph Matz. Er hat das Entstehen der Arbeit stets interessiert verfolgt und das Manuskript redigiert. Gewidmet ist diese Arbeit meiner Frau Isabel. Sie hat mich von Beginn an in dem Entschluss bestärkt, eine Dissertation zu schreiben. Ihre Zuneigung und ihr positives Wesen haben großen Anteil an der Fertigstellung der Schrift. Hamburg, im November 2004

Johannes Matz

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Teil 1 Zugaben und Rabatte als Mittel der Werbung im Handel

25

A. Das Wesen des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Die Werbung als wettbewerblicher Aktionsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Die Wort- und Anschauungsreklame als „klassische“ Formen der Werbung . . .

27

II. Die (akzessorische und abstrakte) Wertreklame als weitere Ausprägung der Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

III. Zugaben und Rabatte als Erscheinungsformen der akzessorischen Wertreklame . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

1. Zugaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

2. Rabatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

Teil 2 Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

34

A. Die frühen Erscheinungsformen des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

B. Die erste Kodifikation zum unlauteren Verhalten im Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

I. Das Reichsgesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs von 1896 . . . .

38

1. Die Entstehung und Ausgestaltung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

2. Die Vorschriften betreffend das Reklamewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

6

Inhaltsverzeichnis II. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

1. Die Entstehung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

2. Die Gründe für den Verzicht auf eine Regelung des Zugabewesens . . . . . . .

45

C. Erste umfängliche Verbreitung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

D. Die Diskussion um eine gesetzliche Beschränkung am Vorabend des Ersten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

I. Die Erste Äußerung des Deutschen Handelstags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

II. Die Petition der Handelskammer Bochum und Reaktionen anderer Teile des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

1. Die Petition der Handelskammer Bochum vom Frühjahr 1912 . . . . . . . . . . . .

49

2. Die Reaktionen der beteiligten Wirtschaftskreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

a) Zustimmende Wortmeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

b) Ablehnende Eingaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

III. Verstöße aus Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

1. Der Antrag Hammer und Genossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

2. Reaktionen diverser Handelskammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

IV. Stellungnahmen der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

1. Äußerung des Oberlandesgerichtsrats Christian Finger . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

2. Äußerung des Rechtsanwalts Alfred Rosenthal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

3. Gutachten des Reichsgerichtsrats Karl Lobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

a) Gesetzliches Eingreifen ausschließlich zum Schutz der Konkurrenten

56

b) Rechtliche Bewertung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

aa) Grundsätzliche Zulässigkeit der Nebenleistung als Vorspann . . . .

57

bb) Kosten des Zugabewesens als Teil der allgemeinen Geschäftsunkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätzliche Einschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zweifelsfälle, die gegen das Wettbewerbsgesetz verstoßen . . (3) Möglichkeit präventiven gesetzgeberischen Eingreifens . . . . .

57 57 58 59

Inhaltsverzeichnis

7

V. Die Zugabendebatte im Reichstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

VI. Die Haltung der Handelskreise kurz vor Beginn des Weltkrieges . . . . . . . . . . . . .

62

1. Der Kleinhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

2. Die Waren- und Kaufhäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

E. Krieg und Warenknappheit – Rückgang der Reklame . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

F. Wiederaufleben und lawinenartige Ausbreitung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

I. Depression und Aufschwung – Wiederaufleben des Zugabewesens . . . . . . . . . . .

64

II. Frühe Rufe nach Abhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

III. Lawinenartige Ausbreitung der Zugaben in der zweiten Hälfte der 20er Jahre

69

1. Ausbreitung im kleinen und mittleren Handel für Lebens- und Genussmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2. Übergreifen auf weite Kreise des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

3. Ständiger Wertzuwachs der Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

4. Veranschaulichendes Beispiel zum Ausmaß des Zugabewesens . . . . . . . . . . .

72

5. Zahlen zum Umfang der Wertreklame . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

IV. Die Gründe für die lawinenartige Ausbreitung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . .

75

1. Der wirtschaftliche Niedergang und die Verschärfung des Wettbewerbs . . .

75

2. Die Übersetzung und „krämerhafte“ Struktur des Einzelhandels . . . . . . . . . .

76

3. Die Eigendynamik der Zugabenwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

G. Die Forderungen der von den Zugaben betroffenen Interessengruppen . . . . . . . . . . . . . .

78

I. Die Haltung der Wirtschaftskreise zur Zugabeproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

1. Die Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

a) Mehrheit der Stimmen gegen eine Regulierung des Zugabewesens . . .

79

b) Nur wenige Stimmen für eine gesetzliche Beschränkung der Zugaben

83

8

Inhaltsverzeichnis 2. Der Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

a) Keine einheitliche Haltung im Großhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

b) Der Einzelhandel als unbedingter Gegner der Zugaben . . . . . . . . . . . . . . .

86

aa) Teile des Einzelhandels, deren Produkte häufig als Zugaben gewährt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

bb) Teile des Einzelhandels, in deren Branche besonders viel mit Zugaben gearbeitet wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

cc) Teile des Einzelhandels, die aufgrund besonderer Absatzmethoden selbst nicht mit Zugaben arbeiten können . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

c) Die Haltung des Deutschen Industrie- und Handelstages . . . . . . . . . . . . .

93

3. Das Handwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

II. Die Haltung der Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

III. Die Haltung der Gewerkschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

IV. Die Haltung der Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

V. Zusammenfassung der Haltungen zur Zugabeproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 H. Die Rechtsprechung zum Zugabewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Darstellung der wichtigsten Gerichtsentscheidungen zum Zugabewesen . . . . . . 101 1. Gerichtsentscheidungen zu konkreten Zugabeaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Urteil des Reichsgerichts vom 23. Dezember 1926 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Entscheidung des Amtsgerichts Halle vom 15. Juni 1928 und des Landgerichts Halle vom 15. November 1928 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Entscheidung des Amtsgerichts Halle vom 15. Juni 1928 . . . . . . . . 104 bb) Berufungsentscheidung des Landgerichts Halle vom 15. November 1928 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Urteil des Landgerichts Aurich vom 19. November 1928 . . . . . . . . . . . . . 106 d) Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. Januar 1929 . . . . . 106 e) Urteil des Oberlandesgerichts Stettin vom 25. Februar 1929 . . . . . . . . . . 107 f) Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. März 1929 . . . . . . . . 108 2. Urteile zu wertreklamefeindlichen Kampagnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Entscheidung des Oberlandesgerichts Kiel vom 6. November 1928 . . . 109 b) Urteil des Reichsgerichts vom 15. Januar 1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Inhaltsverzeichnis

9

II. Zusammenfassung und Bewertung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Geringe Anzahl von Urteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. § 1 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. §§ 3 und 4 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Das Zugabewesen in der juristischen Literatur der späten 20er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . 119 J. Gesetzliche Regelungen des Zugabewesens im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Frühe Regelungen des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Norwegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Dänemark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Tschechoslowakei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Lettland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 6. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Länder ohne ausdrückliche Regelung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Vereinigte Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 5. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Teil 3 Die Entstehung der Zugabeverordnung vom 9. März 1932 und ihre Verschärfung vom 12. Mai 1933

135

A. Die Reichsregierung nimmt sich der „Zugabefrage“ an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Tätigwerden der Ministerien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Parlamentarische Initiativen für eine Regelung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . 138

10

Inhaltsverzeichnis 1. Initiativen im Reichstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Der Antrag der Wirtschaftspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Der Antrag der Zentrumspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Die Entschließung des Preußischen Landtags 27. Februar 1929 . . . . . . . . . . . 140 III. Die Stellungnahme des Deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Die Sachverständigengutachten der Rechtsanwälte Clad und Utescher . . . . 141 a) Das Gutachten Clovis Clads . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Das Gutachten Ernst August Uteschers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Die Haltung des „Grünen Vereins“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 IV. Die Einschaltung des vorläufigen Reichswirtschaftsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates vom 12. Mai 1930 . . . . . . . . . . 146 I. Der Reichswirtschaftsrat als Verfassungsorgan der Weimarer Republik . . . . . . . 146 II. Der Gutachtenauftrag der Reichsregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 III. Die Einsetzung des Arbeitsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 IV. Der Bericht des Arbeitsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Der Begriff des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Die im Ausschuss vertretenen Grundpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Die Argumente der zugabe-kritischen Ausschussmitglieder . . . . . . . . . . 152 b) Die Argumente der das Zugabewesen anerkennenden Ausschussmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Die Stellungnahme zu den von der Reichsregierung aufgeworfenen Fragen 156 a) Frage 1: Welche wirtschaftlichen Wirkungen haben Zugaben auf Herstellung, Handel und Verbraucher von Verkaufswaren? . . . . . . . . . . . 157 b) Frage 2: Bei welchen Zugabesystemen überwiegen die volkswirtschaftlich festgestellten Nachteile die anzuerkennenden Vorteile? . . . . 159 c) Frage 3: Empfiehlt der RWR besondere gesetzliche Maßnahmen zur Regelung des Zugabewesens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Inhaltsverzeichnis

11

V. Die Reaktion auf das Gutachten von Seiten der an der Zugabefrage interessierten Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Die Reaktionen von Seiten der Zugabegegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Die Reaktionen von Seiten der Befürworter der Zugabereklame . . . . . . . . . . 164 VI. Die Allgemeine Verschärfung der Auseinandersetzung und Gründung des „Reichsausschusses für das Zugabewesen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Der Referentenentwurf vom 24. Mai 1930 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Das generelle Verbot von Zugaben (§ 1 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Die Ausnahmen vom Verbot (§ 1 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Zugabeverbot . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Die 1. Kabinettsvorlage vom 3. Juni 1930 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Die Verschärfung des Referentenentwurfs und Vorlage im Kabinett . . . . . . 173 2. Der Widerstand des Reichswirtschaftsministeriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Das Scheitern der Vorlage im Kabinett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 III. Weitere parlamentarische Vorstöße für eine gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . 178 1. Der Antrag der Deutschnationalen Volkspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Der Antrag der Christlich Nationalen Bayern- und Landvolkspartei sowie der Bayrischen Volkspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 3. Der Antrag der Wirtschaftspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4. Der Antrag der Zentrumspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 IV. Die Verständigung zwischen den Ministerien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 V. Die 2. Kabinettsvorlage vom 3. März 1931 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 VI. Das Reichskabinett lässt die Vorlage passieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 VII. Die Reaktionen der beteiligten Kreise auf den Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

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Inhaltsverzeichnis

D. Der Vorstoß des Reichskommissars für Preisüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 I. Die Preispolitik und der Reichskommissar für Preisüberwachung . . . . . . . . . . . . 186 II. Der Widerstand gegen den Reichskommissar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 E. Die Vorlage des Entwurfs beim Reichsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 F. Die Missachtung des Parlaments – das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten

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I. Das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten nach Art. 48 Abs. 2 WRV . . 192 II. Die Aufweichung der Voraussetzungen des Notverordnungsrechts . . . . . . . . . . . 193 III. Die „Zeit des permanenten Notstands“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 IV. Maßnahmen des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 V. Das Notverordnungsrecht und das Zugabewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 G. Die Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . 198 I. Die Zugabeverordnung – Regelungsgehalt und Verhältnis der Regelung zum UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 II. Die Vorschriften zum Ausverkaufswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 III. Die Vorschriften betreffend Einheitspreisgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 H. Die Wirkungen der Zugabeverordnung und der Kampf für ihre Verschärfung . . . . . . . 204 I. Frühe Kritik an der neuen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 II. Der Druck auf die Reichsregierung erhöht sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 III. Die Gründe für das Versagen der frühen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 IV. Widerstand von Reichsregierung, Schutzverband für Wertreklame und Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Die Reichsregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Der Schutzverband für Wertreklame e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Der Reichsverband der Deutschen Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Inhaltsverzeichnis

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I. Die Verschärfung der Zugabeverordnung durch die Regierung Hitler . . . . . . . . . . . . . . . 212 I. Die Nationalsozialistische Wirtschaftsideologie und der Einzelhandel . . . . . . . . 212 1. Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Das grundsätzliche Bekenntnis zum Wettbewerb und seine Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Die nationalsozialistische Einzelhandelspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Die ideologischen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Die praktische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 aa) Förderung des Mittelstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 bb) Ablehnung von Großbetrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 cc) Das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 . . 219 II. Wirtschaftsminister Hugenberg gibt den entscheidenden Impuls für die Verschärfung der Zugabeverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. Reichsjustizminister Gürtner reagiert umgehend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 IV. Die Verkündung des Gesetzes über das Zugabewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 J. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 I. Außergewöhnliche wirtschaftliche und politische Verhältnisse als Rahmen der Regulierung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Katastrophale wirtschaftliche Verhältnisse und Hypertrophie des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Krise und wirtschaftspolitischer Dirigismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Wettbewerbspolitische Rechtfertigung des gesetzgeberischen Eingreifens . . . . 227 1. Die Beweggründe der Reichsregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Die von der Zugabenwerbung ausgehenden Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Die Unzulänglichkeit des geltenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Die Tragfähigkeit und Legitimität der Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) Übersteigerung und Brancheneinbruch als Gefahren für den Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

14

Inhaltsverzeichnis aa) Übersteigerung und Brancheneinbruch als tägliche Erscheinung der späten 20er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 bb) Schutz des Mittelstands als legitimes gesetzgeberisches Ziel . . . . 232 b) Die Gefahr der Irreführung und Preisverschleierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 aa) Die Anerkennung als Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Die Unzulänglichkeit der Rechtsprechung mit Blick auf Irreführungen und Preisverschleierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 c) Die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 aa) Die Anerkennung als Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 bb) Unzulänglichkeit der Rechtsprechung mit Blick auf die Gefahr unsachlicher Beeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 III. Die Untauglichkeit der Zugabeverordnung in der Fassung vom 9. März 1932 . 240 IV. Das umfassende Zugabeverbot als notwendige Gesetzeskorrektur . . . . . . . . . . . . 241

Teil 4 Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

245

A. Das Rabattwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I. Erscheinungsformen des Rabattes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 II. Die Entwicklung des Rabattwesens seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts

246

1. Verbreitung in der Vorkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Krieg, Inflation und Wiederauftauchen gegen Mitte der 20er Jahre . . . . . . . 249 III. Rabatte und unlauterer Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 1. Das Rabattwesen in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Das Rabattwesen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 B. Die Entstehung des Gesetzes über Preisnachlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 I. Die Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Erscheinungsformen, Umfang und Belastung durch das Rabattwesen . . . . . 254 2. Die Empfehlung der Forschungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

Inhaltsverzeichnis

15

II. Der Erlass des Preußischen Wirtschaftsministers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 III. Entwurf und Erlass des Rabattgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Die Gründe des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. Der Regelungsgehalt des Gesetzesentwurfs vom 25. September 1933 . . . . . 260 3. Die einzelnen Vorschriften im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Die beschränkte Zulässigkeit von Barzahlungsnachlässen (§§ 2 – 6) . . 262 b) Die beschränkte Zulässigkeit von Mengennachlässen (§§ 7 und 8) . . . 264 c) Das grundsätzliche Verbot von Sondernachlässen und seine Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 d) Weitere Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 IV. Überarbeitung und Annahme des Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 C. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 I. Das Rabattgesetz als Fortsetzung der dirigistischen Wirtschaftspolitik . . . . . . . . 269 II. Der wirtschaftspolitische Bruch zwischen Zugabeverordnung und Rabattgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 1. Die Abkehr von der liberalen Wirtschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Das Rabattgesetz als Regulierung ohne „konkret regelungsbezogene Not“

272

3. Das Rabattgesetz als Mittel zur Beseitigung einer missliebigen Reklameform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 III. Wettbewerbspolitische Rechtfertigung des Rabattgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 1. Die Beweggründe der Reichsregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 2. Tragfähigkeit und Legitimität der Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a) Schutz der Verbraucher vor „wilden“ Rabattorganisationen . . . . . . . . . . 277 b) Schutz nicht-privilegierter Verbraucher vor Diskriminierung . . . . . . . . . 277 c) Schutz kleiner und mittlerer Betriebe vor einer „Selbstzerfleischung“

279

d) Schutz vor einer weiteren Ausbreitung der Großbetriebe . . . . . . . . . . . . . 280

16

Inhaltsverzeichnis IV. Bedingte Zwecktauglichkeit des Rabattgesetzes zum Schutz des Mittelstands

284

1. Die Ankündigung von Rabatten als Werbemittel der Großbetriebe . . . . . . . . 285 2. Die Gewährung von individuellen Rabatten als Chance für den Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

Teil 5 Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

287

A. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 B. Bewertung der Umstände des Zustandekommens der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 C. Weitere wettbewerbsrechtliche Erwägungen zum Rabattgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 D. Das Ende von Zugabeverordnung und Rabattgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Anhang

299

A. Quellen zur Regulierung des Zugabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 I. Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896 . . . . . 299 II. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 III. Gesetzesvorschlag Karl Lobes aus dem Jahre 1913 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 IV. Sachverständigen-Fragenkatalog des wirtschaftspolitischen Ausschusses des vorläufigen Reichswirtschaftsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 V. Der erste Gesetzesentwurf vom 24. Mai 1930 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 VI. § 1 der ersten Kabinettsvorlage vom 3. Juni 1930 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 VII. § 1 der zweiten Kabinettsvorlage vom 3. März 1931 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 VIII. Die Zugaberordnung vom 9. März 1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 B. Quellen zur Regulierung des Rabattwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 I. Entwurf des Wirtschaftsministeriums vom 25. September 1933 . . . . . . . . . . . . . . 307 II. Das Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 25. November 1933 . . . . . 311

Inhaltsverzeichnis

17

Quellen- und Literaturverzeichnis

315

A. Archivarische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 I. Bundesarchiv Berlin (BArch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 II. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 III. Archiv der Handelskammer Hamburg (HK HH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 B. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

2 Matz

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. a. E. a. F. allg. Alt. Anm. AWR BB Bd. BGB BGBl. BGH BGHZ BVerfG BVerfGE bzw. DB ders. d. h. DIHT DJZ DR DRAnz DZWir EG Einf. Einl. etc. EU EuZW EWG f. ff. Fn.

andere Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung allgemein Alternative Anmerkung Archiv für Wettbewerbsrecht Betriebs-Berater Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Der Betrieb derselbe das heißt Deutscher Industrie- und Handelstag Deutsche Juristenzeitung Deutsches Recht Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Gemeinschaft Einführung Einleitung et cetera Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Fußnote

Abkürzungsverzeichnis gem. GewaArch GG GRUR GRUR Int.

GWB Halbs. Hb. HK Hrsg. hrsg. v. i. d. R. i. e. S. i. S. d. i. w. S. JW JZ Kap. KG LG MA m. a. W. MBlpriV MblWiA MDR m. E. MMR MuW m. w. N. n. F. NJW NJW-RR Nr. o. öBGBl. OLG PangV RabG RG RGBl. 2*

19

gemäß Gewerbe-Archiv Grundgesetz Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Halbsatz Halbband Handelskammer Herausgeber herausgegeben von in der Regel im engeren Sinne im Sinne des im weiteren Sinne Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kapitel Kammergericht Landgericht Der Markenartikel mit anderen Worten Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung Ministerialblatt des Reichministeriums für Wirtschaft und Arbeit Monatsschrift des Deutschen Rechts meines Erachtens Multi Media und Recht Markenschutz und Wettbewerb mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift, Rechtssprechungsreport Nummer oben Österreichisches Gesetzesblatt Oberlandesgericht Preisangabeverordnung Rabattgesetz Reichsgericht Reichsgesetzesblatt

20 RGSt RGZ RIW Rn. Rspr. S. sog. Sp. StGB st. Rspr. u. u. a. u. ä. Urt. u. U. UWG v. Verf. vgl. Vorbem. WRP WRV WuW ZAkDR z. B. ZEuP ZgStW ZHR Ziff. ZIP zit. z. T. ZugabeVO

Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Rechtsprechung Seite sogenannte Spalte Strafgesetzbuch ständige Rechtssprechung und unter anderem und ähnliches Urteil unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Verfasser vergleiche Vorbemerkung Wettbewerb in Recht und Praxis Weimarer Reichsverfassung Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift der Akademie des Deutschen Rechts zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert zum Teil Zugabeverordnung

Einleitung Zugaben und Rabatte sind im Handel seit Jahrhunderten verbreitet. Sie sind Mittel zur Werbung und Bindung von Kunden. In Deutschland erfreuten sich beide Reklamemittel insbesondere zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts großer Beliebtheit. Nachdem sie im Kaiserreich namentlich beim Einzelhandel rasch umfängliche Verbreitung gefunden hatten, sorgten sie bei Teilen der Gewerbetreibenden bereits früh für Unmut. Schon bald wurden aus den Klagen über Missstände Rufe nach dem Gesetzgeber. Als diese Vorstöße in den politisch wie wirtschaftlich äußerst angespannten späten 20er Jahren schließlich überhand nahmen, griff die Regierung Brüning ein und schuf die Zugabeverordnung vom 9. März 1932. Nur ein Jahr später verschärften die mittlerweile an die Macht gelangten Nationalsozialisten mit dem Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 die bereits seit Herbst 1932 allgemein als wirkungslos erkannte Regelung. Sechs weitere Monate darauf erließen sie das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933.1 Nach 1945 galten sowohl die Zugabeverordnung als auch das Rabattgesetz als vorkonstitutionelles Recht in der Bundesrepublik unverändert fort.2 Obwohl beide Regelungen in der Rechtswirklichkeit der Bundesrepublik durchaus eine Rolle spielten, kamen sie in den Folgejahren nie gänzlich zur Ruhe. Insbesondere das Rabattgesetz, das als solches in der Welt einzigartig war,3 zog immer wieder Kritik auf sich.4 Hieran konnte schließlich auch nichts ändern, dass die Gerichte dem Gesetz von 1959 an mit dem Verbraucherschutz eine gänzlich neue Schutzrichtung gaben.5 1 Das Gesetz über Preisnachlässe wird im Volksmund und in der juristischen Fachliteratur häufig auch als Rabattgesetz bezeichnet. 2 Die Rechtsgültigkeit der beiden Regelungswerke wurde nach 1945 nur ganz vereinzelt in Frage gestellt, die überwiegende Mehrheit in Rechtsprechung und juristischer Literatur ging von ihrer Wirksamkeit aus. Für eine Unwirksamkeit etwa: Francke, MA 1952, S. 273(275), der mit Blick auf das Rabattgesetz eine Unvereinbarkeit mit den Kartellverordnungen der Militärregierungen feststellte. Für die Wirksamkeit: AG Nürnberg, BB 1949, S. 672(672); OLG Düsseldorf, GRUR 1952, S. 426(427); OLG Hamburg, WRP 1958, S. 27; BGH, GRUR 1958, S. 487(490) – „Antibiotica“; BGH, GRUR 1958, S. 555(556) – „Elektrogeräte“; Reimer / Krieger, Vorbem. § 1 S. 116; Michel / Weber / Gries, 2. Aufl., § 1 Rn. 2 – 4, S. 28 ff.; Hoth / Gloy, Zugabe und Rabatt, RabG Einf. 2. 3 Allein Österreich, das nach seinem im März 1938 erfolgten „Anschluss“ an das Deutsche Reich die Vorschriften des deutschen Rabattgesetzes Anfang 1940 übernommen hatte (VO v. 16. 2. 1940, DRGBl I, S. 399; GblÖ 1940 Nr. 35), und Luxemburg (Großherzogliche VO v. 23.1963) verfügten ebenfalls über derartige Regelungen. 4 Tetzner, Rabattgesetz, Einl. Rn. 2 ff.; Koenigs, NJW 1961, S. 1041(1043 f.); Hoth, GRUR 1977, S. 233(241); Schricker, GRUR 1977, S. 646(646f.). Als Verteidiger des Rabattverbots trat namentlich Kisseler, WRP 1975, S. 129ff. auf.

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Einleitung

Bis Mitte der 80er Jahre schließlich erreichten die Zweifel am Geltungsanspruch des Rabattgesetzes einen derartigen Umfang, dass es bei der Bundesregierung zu ernsthaften Bestrebungen für eine Aufhebung oder zumindest eine Lockerung der Regelung kam.6 Diese scheiterten jedoch am Widerstand des Handels, der vor nicht absehbaren wettbewerbsschädigenden Auswirkungen warnte.7 Das gleiche Schicksal ereilte letztlich auch einen weiteren im Jahre 1994 folgenden Vorstoß der Politik.8 Im Rahmen einer umfassenden Deregulierungskampagne plante die Regierungskoalition diesmal nicht lediglich eine weitgehende Reform des Wettbewerbsgesetzes, sondern regte neben der Aufhebung des Rabattgesetzes auch die Streichung der Zugabeverordnung an.9 Neben Bedenken hinsichtlich der Europarechtskonformität der beiden Sondergesetze machte man mit Blick auf das Rabattgesetz einen bedenklichen Eingriff in die Gewerbe- und Vertragsfreiheit der Unternehmer aus.10 Hinsichtlich der Zugabeverordnung verwies man auf die „im Vergleich zur Lage zum Zeitpunkt der Schaffung des Zugabeverbots völlig veränderten Wettbewerbs- und Marktverhältnisse“.11 Nachdem der Europäische Gerichtshof jedoch wenig später überraschend eine Kehrtwende in seiner Recht5 Ausgang dieser Entwicklung war eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in der dieser erklärte, dass die Regelung auch Verbraucherinteressen schütze: BGH, GRUR 1959, 329 (331) – „Teilzahlungskauf“; BGH, GRUR 1960, S. 495(498) – „WIR-Rabatt“; BGH, GRUR 1961, 367(368) – „Schlepper“. Die „Akzentverschiebung“ hin zum Verbraucherschutz wurde über die Jahre immer weiter vorangetrieben: BGH, WRP 1995, 605(607) – „2 für 1-Vorteil“; vgl. auch: BGH, GRUR 1975, S. 203(204) – „Buchbeteiligungszertifikate“; BGH, GRUR 1977, S. 264(265) – „Minigolf“; BGH, GRUR 1991, S. 936(937) – „Goldene Kundenkarte“; BGH, WRP 1995, S. 102(103) – „Fahrtkostenerstattung“. Kritisch hierzu: Sosnitza, Wettbewerbsbeschränkungen durch die Rechtsprechung, S. 144. 6 Anfang des Jahres 1984 beauftragte das Bundeskabinett den Bundesminister für Wirtschaft damit, die Berechtigung des Gesetzes zu überprüfen: BT-Druckssache 10 / 1412, S. 8. Vgl. auch: DB 1984, S. 1287; DB 1974, S 2340 f. 7 Der Verbraucherbeirat beim Bundeswirtschaftsminister hingegen hatte sich bereits seit 1974 für eine ersatzlose Streichung des Rabattgesetzes eingesetzt: WRP 1974, S. 327. Zum Widerstand des Handels: Vgl. die Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahresbericht 1983 / 84 des Bundeskartellamtes: BT- Drucksache 10 / 3550, S. II.; auch: Weber, WRP, 1991, S. 205(211); Littmann, Die Rechtlage vor und nach der Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 17 f. 8 Gesetzesentwürfe der Fraktionen der CDU / CSU und F.D.P. zur Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung vom 1. 2. 1994: BT-Drucksache 12 / 6722 und 12 / 6723. Vgl. auch: Bericht der Bundesregierung der Zukunftssicherung des Standortes Deutschland: BT-Drucksache 12 / 5620, S. 12 f. 9 Auch Österreich hatte mittlerweile sein Rabattgesetz aufgehoben: öBGBl. 1992 / 147. 10 Die Frage der Europarechtskonformität der Regelungen hatte bereits zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesregierung geführt. Zur europarechtlichen Problematik der beiden Regelungen mit Blick auf die Wahrenverkehrsfreiheit (Art. 30, 36 EG-Vertrag): Schütz, EuZW 1993, S. 409 ff.; auch: Zöller, GRUR 1993, S. 953 ff. 11 Wie auch die Rabattregelung behindere die Zugabeverordnung innovative Absatzstrategien. Außerdem seien die Gerichte mittlerweile mit Hilfe der §§ 3 und 1 UWG in der Lage, für hinreichend Sicherheit zu sorgen.: BT-Drucksache 12 / 6723, S. 1.

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sprechung zur Warenverkehrsfreiheit eingeleitet und damit die Bedenken hinsichtlich der Europarechtskonformität zerstreut hatte,12 war es erneut der Handel, der in dieser Frage die Oberhand gewann.13 Letztlich kam es damit erst im dritten Anlauf, zur Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes. Auslöser waren auch dieses Mal Bestrebungen um eine europäische Rechtsangleichung. So erließ die EU-Kommission im Sommer 2000 die Richtlinie über den elektronischen Warenverkehr.14 Zwar verlangte diese Regelung nicht explizit die Änderung nationaler Wettbewerbsvorschriften. Aufgrund der faktischen Auswirkung des in ihr statuierten Herkunftslandprinzips wäre es im Fall der Beibehaltung der restriktiven deutschen Zugabe- und Rabattvorschriften jedoch zu einer unerträglichen Benachteiligung deutscher Unternehmer gekommen. Weder die Zugabeverordnung noch das Rabattgesetz waren damit noch haltbar.15 Mit Blick auf die drohende Diskriminierung deutscher Betriebe ließen sich diesmal selbst die Handelskreise von der Notwendigkeit einer Deregulierung überzeugen.16 Mit dem Gesetz zur Aufhebung des Rabattgesetzes und zur Anpassung weiterer Vorschriften vom 23. Juli 2001 und dem Gesetz zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Vorschriften vom 23. Juli 2001 fand der nunmehr jahrelang währende Streit im Sommer des Jahres 2001 schließlich ein Ende.17

12 EuGH, GRUR 1994, S. 296 f. – „Keck und Mithouard“. Danach waren nationale Regelungen der Verkaufsmodalitäten mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie unterschiedslos für eingeführte und inländische Waren galten: Benda, Gewerberecht und Kodifikation, S. 184. 13 Der Antrag hinsichtlich des Zugabewesens scheiterte bereits im Bundestag: BT-Drucksache 12 / 7911 (Eine Ausnahme ließ man aus Gründen des Umweltschutzes lediglich mit Blick auf Fahrpreiserstattungen an Einzelhandelskunden zu). Der Antrag zum Rabattwesen scheiterte erst im Bundesrat: BRat-Drucksache 116 / 94, S. 2 f. 14 Sog. E-Commerce-Richtlinie Richtlinie 2000 / 31 / EG vom 8. 6. 2000, Amtsblatt L 178 vom 17. 7. 2000, S. 1 – 6. 15 Das in Art. 3 der Richtlinie verankerte Herkunftslandprinzip bestimmt, dass ausländische, über das Internet in Deutschland agierende Anbieter von Waren oder Dienstleistungen grundsätzlich nur den rechtlichen Anforderungen unterliegen, die für sie nach dem Recht ihres Herkunftslandes maßgeblich sind. Da die anderen EU-Länder nicht über vergleichsweise restriktive Regelungen zum Zugabe- und Rabattrecht wie die Bundesrepublik verfügten, wäre es hinsichtlich dieser Mittel zur Förderung des Absatzes zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung deutscher Unternehmer gekommen: Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung: BT-Dr. 14 / 5594. Vgl. auch: HenningBodewig, WRP 2000, S. 886(887). 16 So signalisierten sie im Rahmen der der Aufhebung der beiden Gesetze vorausgehenden Anhörung der Bundesregierung, dass man zwar eine europäische Harmonisierung vorziehe, letztlich jedoch auch eine Abschaffung akzeptieren werde. Zur Anhörung des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie am 19. 6. 2000: Henning-Bodewig, WRP 2000, S. 886(887). 17 BGBl. I 2001, 1663; BGBl. I 2001, 1661.

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Einleitung

Gegenstand dieser Arbeit ist die Entstehungsgeschichte der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes. Die Untersuchung beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit den ersten Kodifikationen zum unlauteren Verhalten im Wettbewerb und endet mit dem Erlass des Rabattgesetzes im Herbst 1933. Neben einer Darstellung der einzelnen Vorschriften der beiden Regelungen und ihrer Hintergründe wird auch das politische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld in die Untersuchung einbezogen. Nur auf diese Weise lassen sich die Strömungen und Antriebe erkennen, die letztlich den Ausschlag für das gesetzgeberische Eingreifen gaben. Von besonderem Interesse ist hierbei die Rolle, die die außerordentlich unsicheren politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der frühen 30er Jahre spielten. Letztlich geht es hierbei darum, einen Beitrag zu einer abschließenden Bewertung der in den vergangenen Jahrzehnten in der Bundesrepublik geführten Deregulierungsdiskussion zu leisten.

Teil 1

Zugaben und Rabatte als Mittel der Werbung im Handel A. Das Wesen des Wettbewerbs Bei dem Begriff des „Wettbewerbs“ handelt es sich eine Verdeutschung des Wortes Konkurrenz. Dieser Terminus wiederum ist auf dem Umweg über das französische concurrence von dem lateinischen Verb concurrere (currere: laufen, eilen, zu erreichen suchen; sowie con: zusammen) ins Deutsche gelangt und bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie zusammenlaufen oder sich in einen Kampf einlassen.18 Im gewöhnlichen Sprachgebrauch bezeichnet der Wettbewerb „das Streben mehrerer nach Erreichung desselben Ziels“.19 Einer sucht das zu gewinnen, was ein anderer zur gleichen Zeit zu gewinnen strebt.20 Voraussetzung eines Wettbewerbs ist damit, dass mindestens zwei Mitbewerber das gleiche Ziel zu erreichen suchen. Im menschlichen Zusammenleben ist Wettbewerb ein natürliches Phänomen, das in den verschiedensten Bereichen (wie Sport, Kunst, Beruf, Politik und Wirtschaft) zu beobachten ist. Entsprechend der unterschiedlichen Arten und Ausprägungen kann es sich beim Wettbewerb in seiner schärfsten Form um einen Kampf, in seiner schwächsten um eine Verständigung der Konkurrenten handeln.21 Der wirtschaftliche Wettbewerb betrifft den Wettbewerb auf dem Gebiet der Produktion und Distribution von Waren bzw. gewerblichen Leistungen.22 Vorhanden ist diese Form des Wettbewerbs aus Sicht des einzelnen Unternehmers, wenn er in dem von ihm bedienten Markt Mitbewerber hat, die ihm den Absatz seiner Produkte oder Dienstleistungen streitig machen. Ein „Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs“ im Sinne des Wettbewerbsgesetzes wird von den Gerichten entsprechend angenommen, wenn es auf den Abschluss von Geschäften mit Kunden gerichtet und äußerlich geeignet ist, den Absatz eines Wettbewerbers zum Nachteil Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 14, I. Abteilung, 2. Teil, S. 663. Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung A 8. Die Brockhaus Enzyklopädie spricht in diesem Zusammenhang von einem „Wettkampf auf der Grundlage des Leistungsprinzips“: 17. Aufl. 1974, Bd. 20, S. 269. 20 „Rivalry for the same thing“: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg. Rn. 1. 21 Gloy, in: Handbuch des Wettbewerbsrecht, § 9 Rn. 1. 22 Fikentscher, Wettbewerb und Gewerblicher Rechtsschutz, S. 32 f. 18 19

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Teil 1: Zugaben und Rabatte als Mittel der Werbung im Handel

eines anderen Wettbewerbers zu fördern.23 Die Mittel (Aktionsparameter), die den Wettbewerbern in ihrem Streben nach Geschäftsabschlüssen mit Dritten zur Verfügung stehen, sind vielfältig. Sie reichen von Preis und Qualität, über Lieferungsund Zahlungsbedingungen, Absatz- und Beschaffungsmethoden, Produktgestaltung und Kundendienst bis hin zur Werbung.24

B. Die Werbung als wettbewerblicher Aktionsparameter Unter „Werbung“ ist jede Tätigkeit zu verstehen, die darauf abzielt, „einen anderen Menschen für bestimmte Zwecke zu bestimmen“.25 Sie ist ein naturgegebenes Urphänomen der menschlichen Gesellschaft und kommt unabhängig vom jeweiligen Entwicklungsstand wie auch der Wirtschaftsordnung vor.26 Von Wirtschaftswerbung ist die Rede, sobald „wirtschaftliche Verhältnisse, Aspekte und Perspektiven den Inhalt der werblichen Aussage bestimmen“,27 bzw. wenn es sich um eine Form der Beeinflussung handelt, „die den Umworbenen zu veranlassen sucht, das vom Werbenden vorgegebene ökonomische Ziel zu erfüllen“28. Ziel dieser Form der Werbung ist die „Absatzförderung und die Leistungsverwertung durch Abschluss von Geschäften mit Kunden“. Zu erreichen suchen die Wettbewerber dies, indem sie potentielle Kunden auf das eigene Angebot aufmerksam machen oder über das eigene Unternehmen und die Produkte informieren.29 Hierdurch sollen 23 Vgl. die §§ 3, 6b, 12, 14, 17, 18 und 20 UWG. BGHZ 3, 270(277) – „Constanze I“; 14, 163(179) – „Constanze II“; BGH, GRUR 1960, S. 384(386) – „Mampe Halb und Halb“; 1966, S. 509(512) – „Assekuranz“; GRUR 1968, S. 95(97) – „Büchereinachlass“. Der wirtschaftspolitische Ausschuss des Bundestags hat den Begriff des „wirtschaftlichen Wettbewerbs“ in seinem Bericht über den Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ganz ähnlich als „jede Art wirtschaftlicher Handlung“ definiert, die „darauf gerichtet ist, sich im Wirtschaftskampf auf Kosten eines Mitbewerbers einen Vorteil zu verschaffen“: Drucksache des Bundestags, 2. Wahlperiode 1953, Bd. 53, Drucksache Nr. 3644, S. 15. 24 Langen / Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1 Einf. Rn. 44; Gloy, in: Handbuch des Wettbewerbsrecht, § 9 Rn. 7 – 13. 25 Zum Begriff der Werbung existieren gemäß der Vielzahl der betroffenen Lebensbereiche (wie Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Soziologie etc.) eine ganze Reihe von Definitionen. Einigkeit besteht fächerübergreifend, dass der Werbung das Merkmal der Beeinflussung zuzuschreiben ist. Vgl. hierzu: Scherer, Privatrechtliche Grenzen der Verbraucherwerbung, S. 19 f. 26 Etwa in Religion, Politik, Kunst und Gewerbe: Seyffert, Wirtschaftliche Werbelehre, S. 13. 27 Burmann, WRP 1969, S. 262(262). Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 21. 28 Scherer, Privatrechtliche Grenzen der Verbraucherwerbung, S. 20. 29 Aufmerksamkeits- und Informationswerbung können begrifflich voneinander getrennt werden, in der Praxis gehen sie gewöhnlich jedoch ineinander über: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, vor §§ 3 – 8 Rn. 1.

B. Die Werbung als wettbewerblicher Aktionsparameter

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die Adressaten zu einem Kaufentschluss, Waren- oder Leistungsbezug bestimmt werden.30 Überwiegend gebräuchlich ist der Begriff der „Werbung“ in Deutschland erst seit Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Vorher überwog die gleichbedeutende Bezeichnung der „Reklame“.31 Letztere wurde vom Publikum jedoch bereits frühzeitig mit aufdringlichem, lautstarkem Anpreisen, Rufen oder gar Schreien gleichgesetzt und galt als Mittel der Absatzförderung insoweit als bemakelt.32 Hintergrund war, dass die frühen Formen der Reklame von der Bevölkerung als Ausdruck der neuen, noch weitgehend unbekannten Wirtschaftsmoral und Wirtschaftsverfassung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgefasst wurden. Hierzu kam, dass viele Kaufleute um die Jahrhundertwende in ihren Anpreisungen mit maßlosen Übertreibungen arbeiteten oder gar mit Sensationen warben und sich dabei noch gegenseitig überboten.33 Nachdem der Begriff der „Reklame“ dennoch lange Jahre der gebräuchliche Terminus für das Anpreisen von Waren und Dienstleistungen gewesen war, erließ die Regierung Hitler im September 1933 das Gesetz über Wirtschaftswerbung.34 Mit der darin verwendeten Bezeichnung der „Wirtschaftswerbung“ fand ein entsprechender Begriffswandel hin zur „Werbung“ statt.35

I. Die Wort- und Anschauungsreklame als „klassische“ Formen der Werbung Der größte Teil der Wirtschaftwerbung des täglichen Lebens ist der sogenannten „Wort- und Anschauungsreklame“ zuzuordnen. Kennzeichnend für diese Form der Absatzförderung ist, dass sie hauptsächlich über Worte und Bilder wirkt und sich herbei der Werbefaktoren Sprache, Schrift, Bild und Musik bedient.36 Oft werden in einer Werbung visuelle und akustische Wirkungselemente miteinander kombiniert. Wie Lobe bereits im Jahre 1913 beschrieb, liegt das Streben dieser Werbeform zumeist darin, „die Aufmerksamkeit des Publikums auf ein Geschäft oder eine Ware zu lenken, diese also bekannt zu machen oder bekannt zu erhalten“. Burmann, WRP 1969, S. 262(262). Die Reklame ihrerseits hatte ab etwa 1860 den Begriff der „Annonce“ abgelöst. Dieser stand sowohl für die mündliche wie auch die schriftliche Ankündigung bzw. Anpreisung und war damit nicht mit der heutigen Zeitungsanzeige gleichbedeutend: Lamberty, Reklame in Deutschland 1890 – 1914, S. 17. 32 Burmann, WRP 1969, S. 262(262); Hundhausen, Wesen und Form der Werbung, S. 38 ff. 33 Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 31. Baumbach / Hefermehl gibt an, dass „Reklame“ auch heute noch für den Einsatz von Werbemitteln verwendet wird: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, vor §§ 3 – 8 Rn. 1. 34 Gesetz vom 12. 9. 1933, RGBl. I, S. 625. Hierzu siehe unter auf S. 271 (Fn. 1017). 35 Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 22. 36 Pralle, Wertwerbung, S. 7. Seyffert, Die wirtschaftliche Werbelehre, S. 37 f. 30 31

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Teil 1: Zugaben und Rabatte als Mittel der Werbung im Handel

Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist traditionell die Herausstellung der besonderen Güte einer Ware oder Leistung wie auch ihrer Preiswürdigkeit. Darüber hinaus versucht man häufig, die Kauflust der Kunden erst zu wecken oder zu steigern und den Wunsch nach Abnahme gerade einer ganz bestimmten Ware oder Leistung zu entfachen.37 Neben informativen Aussagen, die die Verbraucher ansprechen sollen, werden auch suggestive Werbemittel eingesetzt. Hierdurch sollen im Zusammenhang mit dem Werbeobjekt stehende Motive, Triebe, Wunschbilder oder Gefühle des Umworbenen angesprochen werden.38

II. Die (akzessorische und abstrakte) Wertreklame als weitere Ausprägung der Werbung Der Begriff der „Wertreklame“ ist weder gesetzlich definiert noch im allgemeinen Sprachgebrauch verbreitet. Nachdem er zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von Befürwortern des Zugabewesens ursprünglich als Synonym für den werblichen Einsatz von Zugaben kreiert und gezielt in den Verkehr gebracht worden war,39 steht er heutzutage für jede Werbung, bei der ein Gewerbetreibender seiner Kundschaft zur Aufnahme oder für die Fortsetzung von Geschäftbeziehungen Vergünstigungen in Aussicht stellt oder Zuwendungen macht.40 In Abgrenzung zu den „klassischen Formen“ der Werbung steht damit nicht die Anpreisung der qualitativen und preislichen Vorteile der beworbenen Ware, sondern das Überlassen von geldwerten Vergünstigungen oder Zuwendungen verschiedenster Art im Vordergrund.41 Damit wird nicht „über“ eine Ware, sondern „mit“ einer Ware geworben“.42 Im Einzelnen kann es sich hierbei etwa um Warenproben, Geschenke, Zugaben, Rabatte, Prämien, Vorspannangebote, Verpackungsmittel mit Zweitnutzen, Gratisverlosungen, Freiverköstigungen, Versicherungen für Zeitungsabonnen37 In dieser Form beschrieb Lobe die Reklame als nur eine von diversen vertriebsfördernden Maßnahmen: Lobe, Gutachten zur „Gesetzlichen Regelung des Zugabewesens“, MuW 1913 / 1914, S. 434(427 f.). Diese Ziele sind auch heute noch vorhanden, vgl.: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, vor §§ 3 – 8 Rn. 3. 38 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 35. Pralle, Wertwerbung, S. 7 39 Ursprünglich um 1912 vom Schutzverein für Wertreklame der Kaffee und Surrogatbranche e.V. (Hannover), nach dem Ersten Weltkrieg vom Schutzverband für Wertreklame: Hierzu später in auf S. 79; vgl. auch: Pralle, Wertwerbung, S. 3. 40 Ulmer / Reimer, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Bd. III, Nr. 800; Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 27; Borck, WRP 1976, S. 285(285); Emmerich, Unlauteren Wettbewerb, § 13; Pralle, Wertwerbung, S. 4. 41 Meier, Die Geschenkwerbung unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen, S. 2 f. Die Zuwendungen bzw. Vergünstigungen können entgeltlich oder unentgeltlich gewährt werden: Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 27. Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 1. 42 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 35.

B. Die Werbung als wettbewerblicher Aktionsparameter

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ten usw. handeln.43 Zugaben bilden damit lediglich eine Untergruppe der Wertreklame.44 Als akzessorisch werden Wertreklamen bezeichnet, bei denen die Gewährung der Zuwendung bzw. Vergünstigung unmittelbar vom Abschluss eines bestimmten Rechtsgeschäfts abhängig gemacht werden.45 Neben Zugaben und Rabatten lassen sich als Beispiele vor allem gekoppelte Vorspannangebote, verdeckte Koppelungsangebote, Garantien, Werbung mit Zinsvorteilen und Werbungen mit unmittelbaren Geldzuwendungen anführen.46 Werden die Zuwendungen bzw. Vergünstigungen hingegen unabhängig vom Abschluss des eigentlich erstrebten Rechtsgeschäfts gewährt, spricht man von abstrakter Wertreklame.47 Erscheinungsform dieses Werbemittels sind vor allem Werbegeschenke, Kost- und Warenproben, Gratisverköstigungen, Süßigkeiten, Spielsachen für Kinder sowie unentgeltliche Leistungserbringungen wie etwa das Gratis-Schuhputzen oder Messerschleifen für Kaufhausbesucher. Die besondere Bedeutung der akzessorischen Wertreklame liegt darin, dass sie – gerade im Vergleich zu der vorstehend als „klassisch“ bezeichneten Wort- und Anschauungsreklame – deutlich konkreter auf die Kauflust des Publikums einwirken bzw. den Wunsch auf Abnahme einer ganz bestimmten Ware entfachen kann. Entscheidend ist dabei, dass den Verbrauchern neben dem reinen Produkt- oder Preisvorteil eine zusätzliche Zuwendung oder Vergünstigung in Aussicht gestellt wird. Gemäß des bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von den Befürwortern der Wertreklame für das Zugabewesen ins Feld geführten Slogans „Werte statt Worte“ wird ihnen suggeriert, im Gegenzug für den Abschluss eines bestimmten Rechtsgeschäfts Geschenke zu erhalten.48 Besonders wirkungsvoll zeigt sich dieser Umstand auf Märkten, in denen es für die Mitbewerber schwierig oder gar unmöglich ist, sich mit der besonderen Qualität oder den günstigen Preisen ihrer Produkte von der Konkurrenz abzuheben.49 Dies gilt insbesondere für homogene Märkte (wie etwa den Markt für Kaffee oder Margarine), wo kaum ausmachende Qualitätsunterschiede der Produkte sowie äußerst geringe Spielräume bei der Preisbildung die Handlungsmöglichkeiten der Unternehmer einengen.50 Ein weiterer entscheidender Vorteil der akzessorischen Wertreklame liegt darin, dass die Kosten dieser Werbemaßnahmen stets im Verhältnis zu dem in ihrer Folge genePralle, Wertwerbung, S. 4 f.; Berneke, WRP, S. 615(615). Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einf. ZugabeVO Rn. 1. 45 Kind, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Zugabewesens, S. 9. 46 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 28. 47 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 40. 48 Baumbach / Hefermehl spricht in diesem Zusammenhang von „Appeal-Faktoren“ der Wertreklame: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 85. 49 Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(428). 50 Scherer, Privatrechtliche Grenzen der Verbraucherwerbung, S. 164. Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 40. 43 44

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Teil 1: Zugaben und Rabatte als Mittel der Werbung im Handel

rierten Umsatz anfallen. Von dieser Absatzproportionalität profitieren insbesondere kapitalschwache Kleinunternehmen oder neue Wettbewerber, die sich aufwendige Wort- und Anschauungsreklamen in Rundfunk, Fernsehen oder der Presse oftmals (noch) nicht leisten können.51 Kritikern erscheint die Wertreklame wegen ihrer besonderen Wirkung auf die Abnehmer zumindest als sittlich bedenklich. Da man versuche, die Kunden nicht mit der Güte und Preiswürdigkeit der Ware, „sondern zugleich und vor allem durch ein unsachliches Mittel, die Gewährung einer besonderen Vergünstigung“, zu gewinnen, sei sie mit „dem Leitbild eines an Güte und Preiswürdigkeit orientierten Leistungswettbewerbs“ nur schwer zu vereinbaren. Von Bedeutung sei hierbei, dass der im Rahmen dieser Reklame dem Kunden in Aussicht gestellte besondere Vorteil geeignet sei, „ihn zu sachfremden Überlegungen und Entschlüssen zu verleiten, ihn gleichsam zu bestechen“.52 Trotz dieser Bedenken besteht auch unter den Kritikern weitgehende Einigkeit, dass die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung kein grundsätzliches Verbot der Wertreklame rechtfertigt.53

III. Zugaben und Rabatte als Erscheinungsformen der akzessorischen Wertreklame Zwei besonders verbreitete und bekannte Erscheinungsformen der akzessorischen Wertreklame sind die Zugaben und die Rabatte. Beide fanden bereits gegen Anfang des vergangenen Jahrhunderts eine umfängliche Ausbreitung und waren deshalb auch ebenso frühzeitig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen zwischen Gewerbetreibenden. Handelte es sich ursprünglich zunächst typischerweise etwa nur um das Zugeben einfacher Löffel oder Tassen zu jedem Pfund Kaffee oder um das Gewähren eines geringen Preisnachlasses für die Barzahlung eines Kunden bei seinem Kaufmann, begegnen uns Zugaben und Rabatte heutzutage etwa als Bonusmeilensysteme der großen Fluggesellschaften (so etwa das „Miles & More“- Programm der Lufthansa) und Prämienprogramme diverser Warenhäuser, Tankstellen und Discounter.54

51 So etwa bereits die Forschungsstelle für den Handel im Jahr 1929 in ihrem Gutachten „Das Zugabewesen, S. 115. Pralle, Wertwerbung, S. 118. Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 40. 52 Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 85. Vgl. hierzu auch: Berneke, WRP 2001, S. 615(617). 53 Ulmer / Reimer, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Bd. III, Nr. 800; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 85. 54 Zu den neueren Erscheinungsformen des Zugabewesens: Meyer, GRUR 2001, S. 98(98 f.); Fritzsche, BB 1999, S. 273(273 f.); auch BGH, GRUR 1999, 515 – „Bonusmeilen“.

B. Die Werbung als wettbewerblicher Aktionsparameter

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1. Zugaben Das Zugabewesen gehört zu den wichtigsten und in der Vergangenheit zugleich umstrittensten Ausprägungen der akzessorischen Wertreklame. Der Begriff der „Zugabe“ war zu keiner Zeit gesetzlich definiert, auch die mittlerweile aufgehobene Zugabeverordnung setzte ihn als bekannt voraus. Nach dem von der Rechtsprechung über die Jahre entwickelten Begriff liegt eine Zugabe vor, „wenn eine Ware (Leistung) neben einer entgeltlich abgegebenen Hauptware ohne besondere Berechnung angeboten wird, der Erwerb der Nebenware vom Abschluss des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei ein innerer Zusammenhang dahingehend besteht, dass die Nebenware mit Rücksicht auf die Hauptware abgegeben wird und wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet, den Kunden ist in seiner Entscheidung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen.“55

Vier Momente dieser Definition sind besonders hervorzuheben: Zum Einen muss es sich bei der Nebenware(-leistung) um etwas vom Hauptgut Verschiedenes handeln.56 Dies ergibt sich bereits aus dem Begriff der „Zugabe“. Schließlich ist eine solche auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine „Gabe“, die zu etwas anderem hinzugegeben wird.57 Maßgeblich ist hierbei, dass der angesprochene Verkehrskreis die zusätzliche Leistung nicht lediglich als eine sachliche Verbesserung des Hauptguts, sondern als besondere Nebenleistung betrachtet.58 Zum Zweiten muss die Gewährung der Nebenware (-leistung) vom Bezug der Hauptware(-leistung) abhängig (akzessorisch) sein. Entscheidend ist hierbei, dass die Zuwendung nach Auffassung des Verkehrs nur vor dem Hintergrund des Erwerbs der Hauptware oder -leistung angekündigt oder gewährt wird.59 Zum Dritten muss die Zugabe objektiv geeignet sein, den Kunden in seiner Entschließung zum Abschluss des Hauptgeschäftes zu beeinflussen. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Wert des zusätzlichen Vorteils geeignet ist, das Interesse des umworbenen Kunden am Erwerb der Hauptware zu steigern.60 Als viertes zentrales Merkmal der Zugabe 55 BGH, GRUR, 1991, 862(863) – „Rückfahrkarte“; BGH, GRUR 1994, S. 230(231) – „Euroscheck-Differenzzahlung“; BGH, GRUR, 1991, S. 656(657) – „Stofftragetasche“; Seydel, Zugabeverordnung und Rabattgesetz, § 1 Rn. 7. 56 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 127. 57 Vgl.: Borck, WRP 1970, S. 296(297). 58 BGH, GRUR 1989, S. 697(698) – „Vertrauensgarantie“; BGH, BB 1998, S. 661(662) – „Umtauschrecht“; vgl. auch Klosterfelde / Jaeger-Lenz, in: Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 52 Rn. 11. 59 BGH, GRUR 1991, S. 933(934). „One for Two“; BGH, GRUR 1991, S. 862(863) – „Rückfahrkarte“; Bottenschschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 129. 60 Hierfür muss dem Käufer der Wert der Zuwendung derart gewichtig erscheinen, dass ihm wegen der in Aussicht gestellten oder gewährten Vergünstigung auch der Abschluss des Hauptgeschäfts besonders vorteilhaft vorkommt: BGH, GRUR 1972, S. 611(313) – „CognacPortionierer“; BGH, GRUR 1961, S. 588(593) – „1 Pf. Süßwaren“; RG, GRUR 1937, S. 882(885); vgl. auch Gloy, Zugabe- und Rabatt, § 1 Nr. 20. Ulmer / Reimer, Das Recht des

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Teil 1: Zugaben und Rabatte als Mittel der Werbung im Handel

ist schließlich ihre Unentgeltlichkeit zu nennen. Danach ist zu verlangen, dass sie ohne Berechnung angekündigt oder gewährt wird.61

2. Rabatte Eine zweite wichtige Ausprägung der akzessorischen Wertreklame ist das Rabattwesen. Wie bereits die Zugabe ist auch der Begriff des Rabatts nicht legaldefiniert. Der aus dem Romanischen stammende Terminus (französisch rabat, italienisch rabatto) bedeutet so viel wie Ermäßigung, Preisvergünstigung oder Abschlag.62 Im Rahmen des im Jahre 1933 erlassenen Rabattgesetzes wurden hierfür die Begriffe „Preisnachlass“ und Rabatt“ nebeneinander verwendet. Gemein ist ihnen, dass ein Gewerbetreibender seinen Kunden für bestimmte Leistungen bzw. ein bestimmtes Verhalten eine Vergünstigung zukommen lässt. Letzteres wiederum ermöglicht ihm seinerseits eine „wirtschaftlichere Gestaltung seiner Kapitaldisposition oder anderer Dispositionen ( . . . ) und damit eine Kostenvergünstigung gegenüber Verkäufen an anspruchsvollere Abnehmer“.63 Bei den meisten Rabatten handelt es sich um Belohnungen für die Barzahlung des Käufers. Das Vorliegen eines Preisnachlasses bzw. eines Rabatts kann nur dann festgestellt werden, wenn sich zwei Preise gegenüberstehen. Hierbei handelt es sich um den angekündigten oder allgemein geforderten Normalpreis auf der einen und um den Ausnahmepreis auf der anderen Seite.64 Der Differenzbetrag zwischen dem Normalpreis und dem Ausnahmepreis ist der Preisnachlass oder der Rabatt.65 Besteht kein Normalpreis, kann auch kein Preisnachlass angekündigt oder gewährt werden.66

unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Bd. III, Nr. 1067. 61 Klosterfeld / Jaeger-Lenz, in: Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 52 Rn. 14. Maßgeblich ist hierbei, wie die angebotene Leistung nach außen in Erscheinung tritt – entscheidend ist das formale Element einer dem äußeren Eindruck nach nicht gesonderten Berechnung. Unberücksicht bleibt damit letztlich, dass strenggenommen keine Zugabe unentgeltlich ist, sondern wie jede Leistung des Gewerbetreibenden in irgendeiner Weise in den Warenoder Leistungspreis einkalkuliert wird: Klauer, Zugabeverordnung und Rabattgesetz, § 1 ZugabeVO Rn. 84. 62 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 7, S. 3082; auch: Michel / Weber / Gries, Das Rabattgesetz , Einleitung Rn. 1.; Sölter, Das Rabattkartell, S. 12. 63 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 80. 64 BGH, GRUR 1995, S. 516(517) – „Zwei für Eins-Vorteil“. 65 Baumbach / Hefermehl, RabG § 1 Rn. 16., mit Verweis auf BGH, GRUR 1961, S. 368 – „Schlepper“. Auch: Klosterfelde / Jaeger-Lenz, in: Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 52 Rn. 66. 66 KG, GRUR 1984, S. 138(139) – „Gebrauchtwagenwerbung mit dem Zusatz“.

B. Die Werbung als wettbewerblicher Aktionsparameter

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Von der Zugabe unterscheidet sich der Rabatt maßgeblich dadurch, dass Gegenstand ersterer eine außerhalb des Hauptvertrages (und von der Hauptleistung verschiedene) liegende Nebenleistung ist. Obwohl der Rabatt, wie auch die Zugabe, untechnisch zu den Nebenleistungen gezählt wird,67 bezieht sich die mit ihm verbundene Vergünstigung entweder auf die Gegenleistung des Käufers (Nachlass vom Preis) oder auf die Hauptleistung selbst (Warenrabatt).68

v. Gamm, Wettbewerbsrecht, Kap. 26. Rn. 42. Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(429). Nach der Zugabeverordnung aus dem Jahre 1932 galten Warennachlässe nach § 1 Abs. 2 c ZugabeVO als Zugaben, waren jedoch von sämtlichen Beschränkungen ausgenommen. Das jüngere Rabattgesetz von 1933 schränkte Warenzugaben an den Letztverbraucher dahingehend ein, dass sie nur noch im Rahmen eines handelsüblichen und auch sonst zulässigen Mengenrabatts im Sinne von § 7 RabG gewährt werden durften: Vgl. auch: Seydel, Zugabeverordnung und Rabattgesetz, § 7 Rn. 37 ff. 67 68

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Teil 2

Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932 A. Die frühen Erscheinungsformen des Zugabewesens Der Einsatz von Geschenken und anderen Zuwendungen an Kunden ist im Handel ein seit Urzeiten gebräuchliches Mittel der Werbung. Zum Teil wird angegeben, dass Geschenke bereits zu Zeiten des Tauschhandels vorgekommen seien.69 Aus dem Mittelalter wird dann sogar bereits von ersten Gegenmaßnahmen der straff organisierten und zumeist wettbewerbsfeindlich eingestellten Zünfte berichtet.70 So sollen vereinzelte Zunftordnungen ihren Mitgliedern ausdrücklich die Werbung durch „Geschenke“ untersagt haben.71 Eingehend dokumentiert ist die Geschenkwerbung seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammen eine Reihe städtischer Verordnungen und Verbote, in denen zum Teil bereits ausdrücklich die Rede von „Zugaben“ war. Der Rat der Stadt Leipzig etwa erließ im Jahre 1837 eine Bekanntmachung, in der Zugaben beim Verkauf von „Tabak und Materialwaaren“ bei Strafe verboten waren.72 Die umfängliche Regelung hatte folgenden Wortlaut: „In Gemäßheit der Entscheidung, welche von der der königlichen Hohen Kreisdirection allhier in einer, zwischen den hiesigen Materialwaarenhändlern, wegen Abschaffung der bisher üblichen Zugaben und Geschenken, entstandenen Differenz erfolgt ist, wird obrigkeitswegen von uns Folgendes verordnet:

69 Meier, Die Geschenkwerbung unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933, S. 15. 70 Die durch Zwangsmitgliedschaften, Arbeits- und Absatzmarktzulassungsbeschränkungen der Zünfte erreichten Beschränkungen führten vielerorts sogar zu einer faktischen Ausschaltung des Wettbewerbs. Untersagt war es etwa, Zunftgenossen im Preis zu unterbieten. Jede Form der Reklame, ja sogar das Zurschaustellen der eigenen Ware, war oftmals untersagt: v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S. 25. Gloy, Die Entwicklung des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 855(856). 71 Lange, Über die Zulässigkeit von Zugaben und Werbegeschenken, S. 5. 72 Clad, Zugabeunwesen, GRUR 1929, S. 843(843), mit Verweis auf das Leipziger Tagesblatt 1837, Nr. 315. Auch die Städte Naumburg und Merseburg erließen im Jahr 1837 ähnliche strafbewehrte Anordnungen.: Meier, Die Geschenkwerbung unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933, S. 16.

A. Die frühen Erscheinungsformen des Zugabewesens

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1. Von jetzt an sollen beim Verkaufe von Tabak und von Materialwaaren alle Zugaben und Geschenke, sie mögen in Gelde, in Waaren oder in anderen Gegenständen bestehen, gänzlich wegfallen. Es haben sich daher die hiesigen Materialwaarren- und Tabakshändler der Verabreichung derselben an ihre Abkäufer oder deren Dienstboten, oder an andere zum Einkaufe oder zur Abholung der Waaren beauftragte Personen, zu Weihnachten und zu jeder anderen Zeit schlechterdings zu enthalten. 2. Wer diesem Verbote zuwider handelt, wird in jedem solchen Falle mit einer Geldstrafe, nach Befinden der Umstände, von Fünf bis Fünfzehn Thalern belegt werden. 3. Jeder Principal ist bei Uebertretungsfällen für die in seinen Diensten oder in der Lehre befindlichen Personen verantwortlich. 4. Hierbei kann das Anführen, dass ein Geschenk oder eine Zugabe mit Ungestüm verlangt worden, oder nur eine Geringfügigkeit gewesen, oder als eine Vergeltung für andere Dienstleistungen zu betrachten sei, als ein Entschuldigungsgrund nicht angesehen werden.“

Vornehmlicher Träger der Geschenk- und Zugabenwerbung war in diesen Jahren neben dem Tabakhandel insbesondere der Handwerkshandel. Gerade in Bäckereien und Fleischereien war es durchaus üblich, seine Kunden mit kleinen Aufmerksamkeiten zu belohnen.73 Ebenso war es auch im Kolonialwarenhandel verbreitet, den Kindern seiner Kunden Süßigkeiten zu schenken. Letztlich hoffte man hierdurch natürlich Einfluss auf das Kaufverhalten der Eltern üben zu können.74 Obwohl bereits in diesen Jahren zum Teil sogar ausdrücklich die Rede von „Zugaben“ auf der einen und von „Geschenken“ auf der anderen Seite war, wurde noch keine sichere Abgrenzung zwischen diesen Formen der Wertreklame gemacht. Gemein war sämtlichen Zuwendungen dieser Zeit, dass es bei ihnen ganz überwiegend lediglich um Kleinigkeiten handelte, die dem Kunden als Aufmerksamkeit überlassen wurden. Es handelte sich eher um „branchenübliche Nebenleistungen“ denn um planmäßig und systematisch eingesetzte Werbemittel. 75

73 Andernorts wurde von Friseuren berichtet, die ihren Kunden nicht nur die Haare schnitten, sondern darüber hinaus für geringes Geld auch noch die Hüte aufbügelten. Ebenfalls früh verbreitet war das Inzahlungnehmen von Straßenbahnkarten der Kunden: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 53 f. 74 Lange, Über die Zulässigkeit von Zugaben und Werbegeschenken, S. 5. Ähnlich war es auch üblich, für ihre Herrschaften einkaufenden Dienstboten kleine Geschenke zukommen zu lassen: Petition der Handelskammer Bochum vom 6. 3. 1912 an den Reichstag: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 175 f. 75 So auch die Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 53. Ähnlich auch die Petition der Handelskammer Bochum vom 6. 3. 1912 an den Reichstag, in der man angab, dass auch die Kundschaft dieser frühen Jahre diese Zuwendungen nicht als „Geschenke“, sondern als „kleine selbstverständliche Aufmerksamkeiten hingenommen“ hätten: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 175 f. Auch: Baumbach / Hefermehl, Einf. ZugabeVO Rn. 2.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

B. Die erste Kodifikation zum unlauteren Verhalten im Wettbewerb Noch bevor das Zugabewesen zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine deutlich weitere Verbreitung fand und sich neben den weiteren Formen der Werbung als Reklamemittel der Industrie wie auch des Handels etablieren konnte, wurden im Deutschen Reich die ersten Gesetze zum Schutz gegen unlautere Verhaltenweisen erlassen. Vorausgegangen war seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine stürmische Entwicklung von Industrie, Handel und Handwerk. Ursächlich hierfür waren neben der Einführung der Gewerbefreiheit die Industrialisierung, das hohe Bevölkerungswachstum und schließlich die Verstädterung.76 Ergänzend kamen ab 1871 noch die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Wandelungen infolge der Reichsgründung hinzu. Der bis 1873 anhaltenden Gründer- und Aufbaustimmung folgte schließlich eine Gründerkrise und bis Mitte der 90er Jahre eine Phase überwiegender konjunktureller Abschwünge.77 Insgesamt führte diese Entwicklung zu einer umfänglichen Intensivierung der Wettbewerbsaktivitäten.78 Da das Angebot an Waren infolge der neuen Massenproduktion zunächst nur einer geringfügig wachsenden Nachfrage auf Seiten der Verbraucher gegenüberstand, sah sich die Industrie gezwungen, Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage zu ergreifen. Ihren Einzug hielt damit die Reklame, die sich von nun „als adäquate Methode für den notwendigen Massenabsatz [präsentierte] und als Mittlerin zwischen Produzenten und Verbrauchern diente“.79 Eine Zunahme des Konkurrenzkampfes spürte man insbesondere auch im Einzelhandel, dessen Betriebszahlen sich von 1859 bis zur Jahrhundertwende verdreifachten.80 Während die Industrie vorrangig Plakate, Emailleschilder und bebilderte Anzeigen einsetzte, konzentrierte man sich im Handel auf Schaufensterreklamen und Annoncen.81 Neben dem Auftauchen der Reklame war zu beobachten, dass die neuen wirtschaftlichen Freiheiten zunehmend ausgenutzt wurden. So wurden etwa Waren 76 In Frankreich hatte man bereits 1791 die allgemeine Gewerbefreiheit eingeführt. Diese Entwicklung zeigte auch in vielen politisch verbundenen deutschen Ländern bald Wirkung und sorgte letztlich zum Verfall des mittelalterlichen Zunftwesens. Nachdem auch Preußen 1810 / 11 die Gewerbefreiheit eingeführt hatte, wurde 1869 die Reichsgewerbeordnung geschaffen, die in § 1 ebenfalls die Gewerbefreiheit garantierte: Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 23. 77 Gloy, Die Entwicklungen des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 855 (856). 78 v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S. 23. 79 Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 25. 80 Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 2 f. Berekoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 29. 81 Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 25 f.

B. Erste Kodifikation zum unlauteren Verhalten im Wettbewerb

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häufig mit irreführenden Angaben angepriesen. Weiter wurde eine Reihe der insbesondere in den Gründerjahren gemachten naturwissenschaftlichen Erfindungen von Konkurrenten ausspioniert und für die eigene gewerbliche Tätigkeit genutzt. In gleicher Weise fing man an, die neuerdings vielfach mit Marken gekennzeichneten Produkte der Mitbewerber zu kopieren bzw. die Marken zu imitieren.82 Nachdem es vor 1870 nur in einzelnen deutschen Bundesstaaten gesetzliche Regelungen betreffend den gewerblichen Rechtsschutz gegeben hatte, diese jedoch nur äußerst lückenhaft waren, standen die Gerichte diesen neuen Erscheinungen völlig hilflos gegenüber.83 Der Gesetzgeber zögerte zunächst, die gerade erst gewonnene Gewerbefreiheit durch neue Schranken zu begrenzen,84 konnte sich dann jedoch den aus Kreisen von Industrie, Handwerk und Handel zunehmend erhobenen Forderungen nach mehr Schutz auf Dauer nicht verschließen. In rascher Abfolge schuf man gleich eine ganze Reihe von Vorschriften, die für Ordnung sorgen sollten. Als erstes erließ man im Jahr 1874 das Markenschutzgesetz85, im Jahre 1876 folgte des Gesetz betreffend das Urheberrecht an gewerblichen Mustern und Modellen und an fotografischen Erzeugnissen,86 1877 das Patentgesetz87 und im Jahr 1891 schließlich das Gebrauchsmustergesetz88. Nachdem man in der Folgezeit zunächst das Markenschutzgesetz überarbeitete und im Jahr 1894 durch das Gesetz zu Schutze der Warenbezeichnungen89 ersetzte, schuf man auch eine erste Regelung, die ausdrücklich der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs galt.90

82 Ulmer, GRUR 1937, S. 769(770); Gloy, Die Entwicklungen des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 855(856). Der Syndikus der Handelskammer des Herzogtums Braunschweig, Dr. Stegemann, zählte als typische Erscheinungen des unlauteren Wettbewerbs für das Jahr 1894 folgende Fallgruppen auf: „Verrath von Fabrik- und Geschäftsgeheimnissen und Verleitung dazu, Qualitäts-, Preis- und Herkunftsverschleierung, Scheinausverkäufe, Konkursschwindel, Wanderlager, Schwindelauktionen u.s.w., Konkurshandel, Kolportage und Detailreisen, Quantitäts- und Gewichtskürzungen, Zweideutige Firmierungen, Konsumvereinsfrage, Bauschwindel, schwindelhafte Reclame, Herabsetzung der Konkurrenz, Börsenschwindel, Geld und Kreditwesen“: BArch, R 3001 / 2642, Bl. 118 ff. 83 Auch in Frankreich existierte kein Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Seit 1855 lassen sich jedoch Entscheidungen zur Bekämpfung der concurrence déloyale nachweisen. Grundlage dieser Urteile war die auch heute noch existente Blankettnorm des Art. 1382 Code civil („Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé, à le réparer“): Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 4a. 84 Ulmer, GRUR 1937, S. 769(770). 85 Gesetz vom 30. 11. 1874, RGBl. 144. 86 Gesetz vom 11. 1. 1876, RGBl. 11. 87 Gesetz vom 25. 4. 1877, RGBl. 501. 88 Gesetz vom 1. 6. 1891, RGBl. 290. 89 Gesetz vom 12. Mai 1894, RGBl. 441. 90 Gloy, Die Entwicklungen des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 855(859). Zum Inhalt der einzelnen Gesetze: v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S. 44 ff.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

Hierbei handelte es sich um das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896.91

I. Das Reichsgesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs von 1896 Wie sich aus den Akten des Reichs-Justizamtes, der Reichskanzlei als auch aus den amtlichen Dokumenten des Reichstags ergibt, spielte das Zugabewesen bei Schaffung des Wettbewerbsgesetzes im Frühjahr 1896 noch keinerlei Rolle. Selbiges galt für Werbegeschenke oder ähnliche an Kunden gewährte Aufmerksamkeiten. An keiner Stelle finden sich Hinweise dafür, dass man die Gewährung von Zugaben oder Geschenken als Belastung für den Wettbewerb bzw. das Publikum auffasste und deshalb Bestrebungen nach einer gesetzlichen Beschränkung existiert hätten. Im Rahmen keiner der vom Gesetzgeber für besonders gefährlich gehaltenen, nur diskutieren oder letztlich tatsächlich in das Gesetz aufgenommen Fallgruppen war die Rede von Zugaben o.ä.92 1. Die Entstehung und Ausgestaltung der Regelung Der Schaffung des Wettbewerbsgesetzes vom 27. Mai 1896 lag die gesetzgeberische Überzeugung zugrunde, dass die bestehenden gesetzlichen Vorschriften keine genügende Handhabe mehr gegen die infolge des verschärften Wettbewerb zunehmend auftauchenden Missbräuche böten.93 Das sich wandelnde Unlauterkeitsbewusstsein habe zudem ein „verändertes Rechtsschutzbedürfnis in einer sich industrialisierenden Wirtschaft bewirkt“.94 Unmittelbar bezweckte man hiermit nur den Schutz des Wettbewerbers, lediglich mittelbar den der Verbraucher.95 91 Das Gesetz galt vom 1. 7. 1896 bis zum 30. 11. 1909. Danach wurde es vom Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ersetzt. 92 Dies gilt auch für den Bericht der VI. Kommission zur Vorberatung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs: Verhandlungen des Reichstags, 9. Leg.Per., IV. Session 1895 / 96, III. Bd., Drucksache Nr. 192. Selbiges gilt für die Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs mit den Beschlüssen des Reichsstags in zweiter Lesung: Verhandlungen des Reichstags, 9. Leg.Per., IV. Session 1895 / 96, IV. Bd., Drucksache Nr. 281. 93 Entwurf der amtlichen Begründung des Gesetzes: Verhandlungen des Reichstags, Leg.Per. 9, IV. Session 1895 / 96, I. Bd., Drucksache Nr. 35, S. 6. Abgedruckt auch bei: Bachem / Roeren, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 20 (21 f.). 94 Ein weiteres Motiv für den Gesetzgeber war ferner eine mittelstandsbezogene Interessenpolitik zugunsten der kleinen, vermögenslosen, unflexiblen sesshaften Handels- und Gewerbetreibenden: v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S. 190 f. 95 „Der Schutz des konsumierenden Publikums gegen Übervorteilungen ist nicht der unmittelbare Zweck eines gegen den unlauteren Wettbewerb gerichteten Gesetzes, wenngleich

B. Erste Kodifikation zum unlauteren Verhalten im Wettbewerb

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Da der Gesetzgeber mit dem UWG insgesamt zunächst nur „einen zurückhaltenden Beginn im Kampf gegen den unlauteren Wettbewerb“ wagen und sich zudem „die Option einer baldigen Überarbeitung“ offen halte wollte, entschied man sich gegen die Schaffung einer Generalklausel nach französischem Vorbild. Statt dessen erließ man einen Katalog von Einzelfallbestimmungen. Dieser sollte helfen, Lücken der existierenden zivilrechtlichen Normen wie auch der erst kurz zuvor zum gewerblichen Rechtsschutz erlassenen Gesetze zu schließen und dadurch besonders nachteilige Missbräuche zu unterbinden. Verhindert werden sollte hierbei jedoch in jedem Fall, dass in die Regelungsbereiche anderer Gesetze eingegriffen würde.96 Die Auswahl der Fallgruppen erfolgte mit dem Ziel, Verhaltensweisen aufzugreifen, die allgemein als schwerwiegendste Formen unlauteren Verhaltens galten.97 Folgende im Wettbewerb dieser Jahre häufig anzutreffende Missbräuche griff man in der neuen Regelung auf: Irreführende Werbeangaben (§§ 1 bis 4 UWG), Quantitätsverschleierungen (§ 5 UWG), Verletzungen der Geschäftehre (§ 6 und 7 UWG), missbräuchliche Verwendung des Namens, der Firma, der besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschäftes, eines gewerblichen Unternehmens oder einer Druckschrift (§ 8) und schließlich den Verrat geschäftlicher und betrieblicher Geheimnisse (§ 9 und 10 UWG).98

2. Die Vorschriften betreffend das Reklamewesen § 1 des Gesetzes wurde geschaffen, um den sich häufenden Ausschreitungen im Reklamewesen zu begegnen.99 Hierzu gab der Gesetzgeber in seiner amtlichen Begründung zum Wettbewerbsgesetz an, dass Reklame grundsätzlich „ein im Geschäftsleben allgemein verbreitetes und als unentbehrlich geltendes Hilfsmittel zur Heranziehung von Kunden“ sei. Solange sie sich innerhalb der durch die Anforderungen von Treu und Glauben gezogenen Grenzen bewege, sei kein Grund vorhanden, ihr Hindernisse in den Weg zu legen. Den Gewohnheiten und Bedürfnissen

Maßregeln, die in den gegenseitigen Beziehungen der Gewerbetreibenden Treu und Glauben zu befestigen bestimmt sind, mittelbar auch dem Interesse ihrer Abnehmer entgegenkommen werden.“: Entwurf der amtlichen Begründung des Gesetzes: Verhandlungen des Reichstags, Leg.Per. 9, IV. Session 1895 / 96, I. Bd., Drucksache Nr. 35, S. 8 f. 96 v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S. 214. Aus der amtlichen Begründung des UWG geht zudem hervor, dass man Befürchtungen hatte, mit einer Generalklausel die Unsicherheit über die tatsächliche Reichweite des neuen Gesetzes noch zu verstärken: Entwurf der amtlichen Begründung des Gesetzes: Verhandlungen des Reichstags, Leg.Per. 9, IV. Session 1895 / 96, I. Bd., Drucksache Nr. 35, S. 6 f. 97 v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S. 217. 98 Die §§ 11 bis 15 gaben allgemeine Bestimmungen rechtlicher Natur. § 16 schließlich regelte das Verhältnis zum Ausland. 99 Zum Wortlaut des § 1 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs siehe in der Anlage auf S. 299.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

des heimischen und internationalen Verkehrs entsprechend müsse vielmehr auch die lobende Beurteilung der eigenen Waren oder Leistungen jedem Gewerbetreibenden frei stehen. Hierbei sei selbst gegen Übertreibungen – wie die Verwendung von Bezeichnungen wie „ausgezeichnete Qualität, reiche Auswahl und billigste Preise“ – nichts einzuwenden. Anders lägen die Dinge jedoch, sobald die Reklame zur Vorspiegelung unwahrer Tatsachen greife. Ein Verfolgungsbedürfnis bestehe in diesen Fällen, sobald die Unwahrheit „nach dem Gegenstande, auf den sie sich bezieht, geeignet ist, das Angebot als ein besonders günstiges erscheinen zu lassen und dadurch zum Nachteile redlicher Mitbewerber Kunden anzulocken“. Besonders häufig handele es sich hierbei um falsche Angaben „über die Beschaffenheit, die Herstellungsart oder die Preisbemessung von Waren oder gewerbliche Leistungen, über die Art des Bezugs oder die Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen [und schließlich] über den Anlass oder Zweck des Verkaufs“.100

Zu diesen Fallgruppen erklärte der Gesetzgeber in seiner amtlichen Begründung ausdrücklich, dass zuzugeben sei, dass diese nicht alle Erscheinungsformen der unwahren Reklame umfassten. Vielmehr gebe es „noch andere geschäftliche Verhältnisse und Beziehungen, die in der Absicht, Käufer anzulocken, nicht selten zum Gegenstande unrichtiger Angaben gemacht“ würden. Wenn man davon abgesehen habe, auch diese in den ausdrücklichen Katalog des § 1 des Wettbewerbsgesetzes aufzunehmen, so sei hierfür ausschlaggebend gewesen, dass entsprechende Angaben, „obwohl auch sie den Stempel eines unredlichen Geschäftsgebarens an sich tragen können, doch im allgemeinen weniger bedenklich, ( . . . )“ seien.101 Zumindest denkbar erscheint, dass der historische Gesetzgeber auch das Zugabewesen zu dieser Gruppe der zuletzt genannten, ungeregelt gebliebenen Erscheinungsformen der Reklame zählte.

II. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909102 Im Rahmen der im Jahre 1907 einsetzenden Überarbeitung des Wettbewerbsgesetzes spielte das Zugabewesen bereits durchaus eine Rolle. In den Akten des Reichs-Justizamtes finden sich schon ab 1905 regelmäßig Hinweise, wonach im Handel immer häufiger Zugaben gewährt wurden und bei Teilen der Gewerbetreibenden für Unmut sorgten. Vielfach war in diesen Jahren die Rede von sogenann-

100 Entwurf der amtlichen Begründung des Gesetzes: Verhandlungen des Reichstags, Leg.Per. 9, IV. Session 1895 / 96, I. Bd., Drucksache Nr. 35, S. 9 f. 101 Entwurf der amtlichen Begründung des Gesetzes: Verhandlungen des Reichstags, Leg.Per. 9, IV. Session 1895 / 96, I. Bd., Drucksache Nr. 35, S. 12 f. 102 Gesetz vom 7. 7. 1909, RGBl. I, S. 499.

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ten „Coupon- oder Gutscheinsystemen“, die zu Beginn des Jahrhunderts scheinbar durch den amerikanischen Tabaktrust nach Deutschland gebracht worden waren.103 Hierbei wurde den Verpackungen von Tabak und später auch von Ersatzkaffee jeweils ein Coupon oder ein Gutschein beigegeben. Gegen Einlieferung einer gewissen Anzahl solcher Scheine konnte das Publikum bei dem Hersteller oder Händler der betreffenden Waren einen vorher angekündigten Gegenstand „als Geschenk“ beziehen. Die Palette dieser – häufig in sogenannten Geschenkkatalogen zusammengefassten – Zuwendungen reichte von Beginn an von Klappstühlen und Fahrrädern über Uhrketten bis hin zu Uhren.104 Für Ablehnung sorgten diese Praktiken nicht nur bei Konkurrenzunternehmen, die ihren Kunden bisher keine entsprechenden Zuwendungen in Aussicht stellen konnten.105 Auch die Inhaber von Geschäften, die eigentlich vom Verkauf der an103 So eine Schrift des Trustabwehr-Ausschusses, Geschäftstelle Frankfurt a. M., die das Herzoglich Sächsische Staatsministerium mit Schreiben vom 3. 10. 1905 an den Reichskanzler übersandte: BArch, 1501 / 107695 Bl. 130 f. Ebenso: Schreiben des Koeniglich Bayrischen Staatsministeriums an das Reichsamt des Innern vom 7. 12. 1905: BArch, 1501 / 107695 Bl. 207. Auch: Artikel „Gegen das Couponsystem“, veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung, Ausgabe vom 3. 12. 1905 (Nr. 403). Hier wird angegeben, dass die Idee der Couponsysteme ursprünglich aus Amerika stamme und von der amerikanischen Tabacco Co. im Deutschen Reich zunächst in Dresden durch ihre Tochter Jasmatzi u. Co. Eingang gefunden habe: Unterlagen des Reichs-Justizamtes: BArch, R 3001 / 2150, Bl. 66. 104 Neben dieser Form der Gutscheinsysteme kamen bereits seit der Jahrhundertwende auch sogenannte „Schneeball-, Gella- oder Hydrasysteme“ vor. Diese in der Literatur vereinzelt auch als „Gutscheinsysteme“ bezeichneten Erscheinungen sorgten in der Öffentlichkeit wie auch in Wirtschaftskreisen für viel Unruhe. Vereinfacht dargestellt galt für alle diese Systeme, dass dem Käufer von dem Verkäufer gegen eine kleine Anzahlung die Lieferung eines teureren Gegenstandes in Aussicht gestellt wurde. Voraussetzung für den Erhalt dieses Gegenstandes war, dass er in einer bestimmten Frist eine feste Anzahl der ihm von vornherein ausgehändigten Coupons an Dritte weiter absetzte und diese nun in gleicher Weise mit dem Verkäufer ins Geschäft kommen mussten. Da es den Käufern wegen der zumeist recht kurz bemessenen Frist bzw. der vielfach zu großen Zahl zu werbender Dritter nicht gelang, sämtliche Voraussetzungen dieser Systeme zu erfüllen, wurde ihnen häufig die versprochene Ware vorenthalten. Nachdem es seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder Klagen über derartige Erscheinungen wie auch entsprechende Vorstöße für ihre gesetzliche Unterbindung gegeben hatte, erreichte das Reichsgericht mit Hilfe des § 286 Abs. 2 StGB, §§ 22 ff. Reichsstempelgesetze und später auch § 4 UWG eine befriedigende Unterdrückung dieser Erscheinungen. RGSt 34, 140 (Urt. v. 14. 2. 1901); RGSt 34, 321 (Urt. v. 11. 10. 1901). Vgl.: v. Stechow, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. 5. 1896, S. 324 f. Zur öffentlichen Wahrnehmung der Schneeball-, Gella- oder Hydrasysteme zur Jahrhundertwende, vgl.: Beitrag der Allgemeinen Zeitung „Das Hydra-System“ vom 16. 6. 1901 (Nr. 165): BArch, R 3001 / 2150 Bl. 15 f.; ebenfalls: Beitrag der Berliner Zeitung „Zur Unterdrückung des sogenannten Gutscheinsystems im Warenhandel“ vom 5. 7. 1906: BArch, R 1501 / 107696 Bl. 2. 105 Gegner der Gutscheinsysteme erklärten, dass langfristig nur „das Großkapital“ in der Lage sei, die durch die Geschenkgaben bedingten Mehrausgaben zu tragen. Damit handele es sich bei diesen Systemen um eine „neue Art der Überflügelung des minderkapitalkräftigen gewerblichen Wettbewerbs durch das Großkapitals, also einer Gefährdung des gewerblichen Mittelstands“: So eine Schrift Trustabwehr-Ausschusses, Geschäftstelle Frankfurt a. M., die

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dernorts zugegebenen Artikel lebten, fühlten sich durch diese neuartigen Reklamemethode geschädigt.106 Die Gegner der Gutscheinsysteme gaben zudem an, dass durch diese Systeme zumindest langfristig auch die Verbraucherschaft in Mitleidenschaft gezogen werden müsste. Zum einen würde sie zu unnötigen Anschaffungen verlockt und an die Befriedigung von über ihre Verhältnisse hinausgehenden Bedürfnissen gewöhnt. Außerdem laufe sie auch stets Gefahr, versprochene Geschenke nicht zu erhalten.107 Als offizielle Stellen meldete sich im Dezember 1905 in dieser Frage zu aller erst die Koeniglich Bayrische Staatsregierung zu Wort. Zuvor hatten sich bereits im Sommer 1905 die Handels- und Gewerbekammer München, die Handels- und Gewerbekammer der Oberpfalz in Regensburg wie auch die Handelskammer für das Herzogtum Gotha für eine gesetzliche Unterdrückung der Gutscheinsysteme im Warenhandel ausgesprochen.108 Das Staatsministerium ließ hierzu wenig später erklären, dass „ein gesetzgeberisches Einschreiten ( . . . ) nur im Zusammenhang mit einer gründlichen Änderung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb von 1896 zweckmäßig“ erscheine. Abweichend von den Handels- und Gewerbekammern hielt man es indes nicht für sinnvoll, in das Gesetz eigens einen neuen Tatbestand einzufügen und ein besonderes Gesetz zu erlassen. Da im Falle eines derartigen Vorgehens mit Umgehungsversuchen gerechnet werden müsse, sei es sinnvoller, die Problematik mittels einer noch zu schaffenden Generalklausel („eines einheitlichen gesetzlichen Begriffs des unlauteren Wettbewerbs“) zu lösen.109 Ganz ähnlich meldete sich nur wenig später auch die Sächsischse Staatsregierung zu Wort. Auch hier machte man die Gefahr aus, dass eine Spezialregelung möglicherweise nicht geeignet sei, „das im Gutscheinwesen zu beseitigende Übel so zu treffen, dass es nicht lediglich die Form wechselt und von einer anderen Art ungesunder Anlockung abgelöst wird“.110 Hiervon abweichend erklärte im Frühjahr 1906 hingegen der Deutsche Bund für Handel und Gewerbe (Leipzig), dass nur eine Spezialregelung in dieser Frage für Ordnung sorgen könne. Wichtig sei hierbei jedoch, dass die Regelung nicht so weit gehen dürfe, „dass davon auch Gedas Herzoglich Sächsische Staatsministerium mit Schreiben vom 3. 10. 1905 an den Reichskanzler übersandte: BArch, R 1501 / 107695 Bl. 132. 106 Vgl.: Artikel mit dem Titel „Gegen das Couponsystem“, veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung, Ausgabe vom 3. 12. 1905 (Nr. 403). 107 „Sei es, dass sie innerhalb der bestimmten Frist die erforderliche Anzahl von Gutscheinen ( . . . ) nicht zusammenbringen, sei es, dass das zur Einlösung der Gutscheine verpflichtete Geschäft eingeht oder leistungsunfähig wird“: So eine Schrift Trustabwehr-Ausschusses, Geschäftstelle Frankfurt a. M., die das Herzoglich Sächsische Staatsministerium mit Schreiben vom 3. 10. 1905 an den Reichskanzler übersandte: BArch, 1501 / 107695 Bl. 130 f. 108 Schrift Trustabwehr-Ausschusses, Geschäftstelle Frankfurt a. M., vom Herzoglich Sächsische Staatsministerium mit Schreiben vom 3. 10. 1905 an den Reichskanzler übersandt: BArch, 1501 / 107695 Bl. 130 f. 109 Schreiben des Koeniglich Bayrischen Staatsministeriums an das Reichsamt des Innern vom 7. 12. 1905: BArch, 1501 / 107695 Bl. 209. 110 Berliner Tageblatt vom 5. 7. 1906: BArch, R 1501 / 107696 Bl. 2.

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schäftgebräuche, welche mit dem ehrbaren, von Alters her im Handelsgewerbe maßgebend gewesenen Grundsätzen vereinbarlich sind, betroffen“ würden.111 Gleichzeitig klagte man über ein ebenfalls neuartiges Geschäftsgebaren. So sei es in der Nahrungs- und Genussmittelbranche mittlerweile verbreitet, seinen Kunden für die Abnahme gewisser Mengen in bestimmten Zeiträumen „Wirtschafts- und Haushaltsartikel, Porzellan-, Emaille- und Tonwaren, Feuerungsmaterial pp. „gratis“ zuzugeben“. In gleicher Weise wie durch die Gutschein- oder Couponsysteme werde hierdurch insbesondere der Teil des Handels geschädigt, der vom Verkauf eben dieser Gegenstände lebe.112

1. Die Entstehung der Regelung Nachdem es während er gesamten Geltungsdauer des Wettbewerbsgesetzes von 1896 Vorstöße aus Industrie, Handel, Handwerk und Parlament für eine Erweiterung der Regelung und insbesondere für die Einführung einer Generalklausel gegeben hatte,113 hielt im Sommer 1906 auch die Reichsregierung den Zeitpunkt für gekommen, für eine Überarbeitung der Regelung zu sorgen. Dies geschah insbesondere in dem Bewusstsein, „dem aus Kreisen unseres Mittelstands lebhaft lautgewordenen Wunsch“ zu erfüllen.114 Bereits am 20. Juni 1906 fand in Berlin 111 Insbesondere die Anpreisung von Waren durch beigelegte Reklamebilder seien nicht zu beanstanden. Für eine entsprechende Regelung schlug man folgenden Wortlaut vor: „Wer bei Verkäufen von Lieferungen von Waren für wiederholte Käufe Waren oder Leistungen anderer Art als Geschenk oder Rabatt verspricht, kann auf Unterlassung dieses Geschäftsgebarens in Anspruch genommen werden. Dieser Anspruch kann von jedem Gewerbetreibenden, welcher Waren gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden. Die Gewährung von Preisnachlässen für Barzahlung wird hiervon nicht gewährt.“: Schreiben des Deutschen Bundes für Handel und Gewerbe an den Bundesrat vom März 1906: BArch, R 1501 / 107695 Bl. 236 f. 112 Schreiben des Deutschen Bundes für Handel und Gewerbe an den Bundesrat vom März 1906: BArch, R 1501 / 107695 Bl. 237. 113 Gloy, Die Entwicklungen des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 855(858 f.). Zu den Vorstößen aus dem Parlament vgl. etwa die folgenden Anträge: Antrag Oertel und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 10. Leg.Per., 2. Session 1900 / 02, Drucksache Nr. 39; Nr. 81. Antrag Gröber und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 11. Leg.Per., 1. Session 1903 / 04, Drucksache Nr. 41. Antrag Rettich und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 11. Leg.Per., 1. Session 1903 / 04, Drucksache Nr. 58; Antrag Dirksen und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 11. Leg.Per., 1. Session 1903 / 04, Drucksache Nr. 82. Antrag Patzig und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 11. Leg.Per., 1. Seesion 1903 / 04, Drucksache Nr. 183. Antrag Raab und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 12. Leg.Per., 1. Session 1907 / 09, Drucksache Nr. 24. Antrag Graf uns Hompesch, Verhandlungen des Reichtstags, 12. Leg.Per., 1. Session 1907 / 09, Drucksache Nr. 21. Antrag Malkewitz und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 12. Leg.Per., 1. Session 1907 / 09, Drucksache Nr. 70. Antrag Dirksen und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 12. Leg.Per., 1. Session 1907 / 09, Drucksache Nr. 117. Antrag Beck und Genossen, Verhandlungen des Reichtstags, 12. Leg.Per., 1. Session 1907 / 09, Drucksache Nr. 140.

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eine erste kommissarische Beratung aus Vertretern des Reichsamtes des Innern, des Reichs-Justizamtes sowie des Ministeriums für Handel und Gewerbe „betreffend die Revision des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerb“ statt.115 Nachdem man sich insbesondere mit der Frage der Erforderlichkeit einer Generalklausel, der Frage einer spezialgesetzlichen Regelung des Ausverkaufswesens sowie der missbräuchlichen Ankündigung von Konkurswaren in dritter Hand beschäftigt hatte, wandte man sich unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ auch der Frage gesetzlicher Maßnahmen in Sachen der Gutscheinsysteme und des Zugabewesens zu. Ingesamt kam man in dieser Angelegenheit zu dem Ergebnis, dass man – nachdem die Reichsregierung in dieser Frage bereits mit der preußischen und bayrischen Regierung Erörterungen angestellt habe – kein Anlass vorliege, die Angelegenheit weiter zu verfolgen.116 Das selbige Ergebnis erzielte man letztlich auch in der am 15. und 16. Februar 1907 einberufenen Sachverständigenkommission, deren Beratungen in einen vorläufigen Entwurf eines Gesetzes betreffend die Abänderung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettebewerbs mündete. Der 25 Paragraphen umfassende Entwurf enthielt keine Regelung betreffend das Zugabe- oder Gutscheinwesen.117 Obwohl die Kommission noch eine Reihe von Änderungen in ihren Entwurf aufnahm, hielt man auch in der Folgezeit an dieser ursprünglichen Entscheidung fest. Als der Reichstag den Entwurf nach der 3. Lesung am 18. Mai 1909 ohne wesentliche Änderungen annahm, enthielt er nicht eine Bestimmung zum Zugabewesen.118

114 So der Staatsminister und Staatssekretär des Innern v. Bethmann Hollweg (1856 – 1921), DRP, am 25. 1. 1909 im Rahmen der Parlamentsdebatte über den Entwurf des neuen Wettbewerbsgesetzes: Verhandlungen des Reichstags, XII. Leg.Per., I. Session 1909, Bd. 234, S. 6523 D. 115 Protokoll der Beratungen, Anlage zum Schreiben des Staatssekretärs des Innern an den Staatsekretär des Reichs-Justizamtes vom 6. 7. 1906: BArch, R 3001 / 2644 Bl. 178 f. 116 Protokoll der Beratungen, Anlage zum Schreiben des Staatssekretärs des Innern an den Staatsekretär des Reichs-Justizamtes vom 6. 7. 1906: BArch, R 3001 / 2644 Bl. 182. 117 Abgedruckt im Reichsanzeiger v. 16. 12. 1907, Nr. 298. 118 Verhandlungen des Reichstags, 12. Leg.Per., 1. Session 1907 / 09, 8496 ff. und 8542 ff. Nach Zustimmung des Bundesrates am 26. Mai 1909 wurde das Gesetz in dieser Form am 7. 6. 1909 im Reichsgesetzesblatt veröffentlicht und trat am 1. Oktober 1909 in Kraft: RGBl. 1909, 499. Die wichtigste Neuerung gegenüber dem Gesetz von 1896 bestand darin, dass man an die Spitze des Gesetzes die Generalklausel des § 1 stellte und die bis dahin an dieser Stelle befindliche Regelung betreffend irREFührende Werbeangaben in § 3 (kleine Generalklausel) unterbrachte. Weitere bedeutsame Änderungen lagen in der Aufnahme von Vorschriften zum Ausverkaufswesen (§§ 7 – 9) sowie einer strafrechtlichen Spezialvorschrift gegen das „Bestechungsunwesen“ (§ 12) sowie gegen die eigennützige Verwertung von Vorlagen wie Schnittmustern, technischen Zeichnungen und Modellen (§ 18). Zum Wortlaut der §§ 1, 3 und 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909 siehe in der Anlage auf S. 300.

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2. Die Gründe für den Verzicht auf eine Regelung des Zugabewesens In der amtlichen Begründung zum Entwurf des neuen Wettbewerbsgesetzes vom 8. Januar 1909 findet sich eine eingehende Begründung dafür, warum man von einer ausdrücklichen Regelung des Zugabewesens abgesehen hatte.119 So erklärte man, dass sich das Zugabe- wie auch das Rabattwesen zumindest „derzeitig“ nicht zu einer gesetzlichen Regelung eigne. Zum einen handele es sich bei der Gewährung „von Rabatt oder sonstigen Vergünstigungen“ an den Käufer „um uralte Geschäftsgewohnheiten“ und liege „namentlich dann, wenn es sich um die Gewährung von Vorteilen für geleistete Barzahlungen handelt, sogar im Interesse sowohl des Handelsgewerbes wie des Publikums“. Letztlich mache es auch keinen Unterschied, ob vom Handel ausgegebene Rabattmarken in barem Gelde oder in Waren eingelöst würden.120 Weiter könnten auch „die üblichen Zugaben von Waren in den Geschäftsläden der Kaufleute usw., die Lieferung von Bildern, wie sie den Packungen von Schokolade und anderen Waren beigefügt werden, oder ähnliche, in vielen Zweigen des Detailhandels verbreitete Vergünstigungen an die Kundschaft“ nicht ohne weiteres als unlauteres Geschäftsgebaren angesehen werden. Zwar könne nicht bezweifelt werden, dass diese Erscheinungen sich auch in Formen äußerten und Zwecken dienen könnten, die mit den Geschäftsgrundsätzen eines ehrbaren Kaufmanns nicht vereinbar seien. Entscheidend sei für den Gesetzgeber jedoch, dass aufgrund der bis jetzt vorliegenden Erfahrungen „eine sichere Abgrenzung zwischen den einwandfreien und den geschäftlich verwerflichen Formen“ nicht möglich sei. Insgesamt müsse die Verfolgung unredlicher Geschäftsformen in diesem Bereich dem „gemeinen Rechte“ überlassen bleiben.121 Hier komme in erster Linie die Vorschrift des § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Betracht. Diese Regelung gewähre bereits jetzt die Möglichkeit des Einschreitens, wenn Rabatte gegen die guten Sitten verstießen.122 119 In dieser Form legte der Stellvertreter des Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg im Namen des Kaisers den Entwurf samt Begründung dem Reichstags zur verfassungsmäßigen Beschlussnahme vor: Verhandlungen des Reichtstags, 12. Leg.Per., I. Session 1907 – 1909, Drucksache Nr. 1109, S. 8 f. 120 Diese Anmerkung galt den umstrittenen Coupon- und Gutscheinsystemen. 121 So bereits auch der Staatsminister und Staatssekretär des Innern v. Bethmann Hollweg am 25. 1. 1909 im Rahmen der Parlamentsdebatte über den Entwurf des neuen Wettbewerbsgesetzes: Verhandlungen des Reichstags, XII. Leg.Per., I. Session 1909, Bd. 234, S. 6524 B. 122 § 826 BGB war mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch erst neun Jahre zuvor, d. h. am 1. 1. 1900, in Kraft getreten. Die Rechtsprechung wandte insbesondere die Vorschriften der §§ 823 Ab S. 1, 826 und 824 auf Tatbestände unlauteren Wettbewerbs an. Das Reichsgericht bevorzugte diese Regelungen sogar gegenüber den Sondervorschriften des UWG von 1896 und vertrat hierbei den Ansatz, dass jede „unlautere, zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgte Handlung einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von § 826“ darstelle: Gloy, Die Entwicklung des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 855(859) mit Verweis auf

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C. Erste umfängliche Verbreitung des Zugabewesens Etwa ab 1910 kam es zu einer deutlichen Ausbreitung des Zugabewesens. Bereits ein Jahr später war in Teilen des Handels und seiner Verbände die Rede von Auswüchsen, die es zu bekämpfen gehe. In erster Linie war es wohl im Nahrungsmitteleinzelhandel, namentlich beim Verkauf von „Bohnenkaffee, Maltzkaffee, Margarine, Schokolade, Nährmitteln, Backpulver, Puddingpulver usw., ferner Genussmittel wie Tee, Zigaretten, Tabak, weiter Waschmittel aller Art, besonders auch Toilettenseife, ferner Schuhcreme und Briketts“, wo die Gewährung von Zugaben in Reklameanzeigen angekündigt wurde. Die in Aussicht gestellten Zugaben selbst bestanden „teils in Nahrungsmitteln, namentlich Blockschokolade, teils in Haushaltsartikeln, besonders Porzellan- auch Textilwaren, täglichen Gebrauchsartikeln, Reifengerätschaften, Luxuswaren, Schreibgeräten und vielen anderen Gegenständen“. Die meisten dieser Gegenstände wurden von den zugabegewährenden Firmen nicht als Verkaufsartikel im Sortiment geführt.123 Die Ursache für das vermehrte Auftauchen der Zugaben lag in dem Umstand, dass es für die Kaufleute mit zunehmender Verschärfung des Wettbewerbs immer schwerer wurde, ihre Kunden von der besonderen Vorteilhaftigkeit der eigenen Ware zu überzeugen und damit die Kauflust und letztlich den konkreten Entschluss zur Abnahme zu wecken. So gab man an, dass früher hierzu die besondere Güte der eigenen Produkte wie auch auffallend gute Preise ausgereicht hätten. Mittlerweile hingegen sei es zunehmend notwendig, weitere Anreize zu schaffen.124 Aus diesem Grund sei man dazu übergegangen, die besondere Vorteilhaftigkeit der eigenen Ware mit Hilfe von Nebenleistungen zu unterstreichen. Letztlich habe sich der Kampf gleichsam „von dem Gebiet der Hauptleistung auf das Gebiet der Nebenleistung verschoben“.125 Die Folge der vermehrten Wertreklame-Kampagnen war schon bald, dass die Zugaben von nun an ständig an Umfang und wirtschaftlicher Tragweite zunahmen. Selbst Gewerbetreibende, „die einen Vergleich ihrer Erzeugnisse mit Blick auf Qualität und Preis nicht zu scheuen brauchen“ und den Zugaben grundsätzlich ablehnend gegenüberstanden, sahen sich schon bald gezwungen, dem Beispiel der mit Zugaben arbeitenden Konkurrenz zu folgen.126 RGZ 48, 114 und RGZ 60, 94. So auch Finger, der wegen der Einsetzbarkeit des § 826 BGB im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sogar die Einführung einer großen Generalklausel ablehnte: Finger, MuW 1907 / 1908, S. 93(93). 123 So insgesamt der Deutsche Zentralverband für Handel und Gewerbe e.V. in seinem Schreiben an den Bundesrat vom 5. März 1913: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 294 ff. 124 In gewissen Bereichen sei es auch ganz einfach nicht mehr möglich, die Qualität und Güte der Produkte zu verbessern. Auch für Preisherabsetzungen gebe es kaum noch Raum, bestenfalls verbunden mit Qualitätsverschlechterungen bei den Hauptwaren: Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(429). 125 Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(429). 126 Schreiben des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertags an den Reichstag vom 18. 1. 1913: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 279.

D. Diskussion um eine gesetzliche Beschränkung

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Neben den klassischen Zugaben, die dem Publikum beim Kauf anderer Ware sofort ausgehändigt wurden, waren nach wie vor häufig Gutscheinsysteme anzutreffen. Hierbei war nun immer öfter zu erleben, dass mit umfänglichen Prospekten geworben wurde, in denen die durch eine geringere oder größere Anzahl von Gutscheinen zu erlangenden Gegenstände aufgelistet waren. Diese reichten von einfachen Essbestecken über Operngläser bis hin zu Fahrrädern, Pelzschmuck, Möbelstücken und ganzen Kücheneinrichtungen.127 Ferner wurde es üblich, auswärtigen Kunden für einen Einkauf zu einem bestimmten Betrag die Fahrtkosten (etwa mit der Bahn) zu erstatten. Eine ebenfalls zunehmend zu beobachtende Form des Zugabewesens waren die sogenannten Kundenromane. Ohne Entgelt wurde dem Publikum für dessen regelmäßigen Einkauf die wöchentliche Fortsetzung eines einfachen Romans übergeben.

D. Die Diskussion um eine gesetzliche Beschränkung am Vorabend des Ersten Weltkrieges Mit zunehmendem Umsichgreifen des Zugabewesens wurden etwa ab dem Jahre 1911 die Rufe nach einer gesetzlichen Beschränkung dieser Erscheinungsform der Wertreklame immer lauter. Obwohl die Frage einer Zurückdrängung des Zugabewesens schon bald in fast sämtlichen Gremien der Interessenvertretungen des Handels wie auch des Handwerks auf der Tagesordnung stand und man sich auch weitestgehend einig war, dass sich die in diesem Zusammenhang auftretenden Auswüchse häuften und letztlich auch unterbunden gehörten, gelang es nicht, Einigkeit über die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit eines gesetzgeberischen Eingreifens zu erzielen. Als sich die öffentliche Debatte schließlich zuspitzte und die Zugabefrage auch den Reichstag erreichte, begann der Erste Weltkrieg. Da die Kriegswirtschaft eine völlige Veränderung der Wettbewerbsverhältnisse im Einzelhandel bedeutete, beendete sie auch über Nacht die Diskussion über eine Regulierung des Zugabewesens. Wie bereits in einem internen Vermerk des Reichsjustiz-Amtes vom Herbst 1913 festgehalten, war für die Uneinigkeit der beteiligten Kreise vermutlich ausschlaggebend, dass es mit Blick auf das Zugabewesens bis dato an richtungsweisenden Entscheidungen des Reichsgerichts fehlte.128 Innerhalb der Wirtschaft, der Rechtwissenschaft wie auch der Politik bestand aus diesem Grund bis zum Schluss keine Einhelligkeit, ob nicht bereits die vorhandenen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geeignet und ausreichend seien, um für Ordnung zu sorgen. Nachdem der Gesetzgeber im Bereich 127 Deutscher Zentralverband für Handel und Gewerbe e.V. in seinem Schreiben an den Bundesrat vom 5. März 1913: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 294 ff. 128 Vermerk des Geheimen Regierungsrats v. Sprecht (nicht datiert): BArch, R 1501 / 107691 Bl. 311.

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des Wettbewerbsrechts zuletzt erst im Jahre 1909 für weitere Beschränkungen gesorgt hatte, scheute man sich – vor einer abschließenden Beantwortung dieser Frage – vielfach davor, eine erneute Beschneidung der unternehmerischen Freiheiten in Kauf zu nehmen. Innerhalb der gewerblichen Kreise spielte in diesem Zusammenhang schließlich auch eine Rolle, dass die Interessen der Beteiligten abhängig von Wirtschaftszweig, -form und Branche vielfach voneinander abwichen oder sich sogar widersprachen. Während sich insbesondere Teile des Handels für den Erlass gesetzlicher Beschränkungen stark machten, waren viele Industrievertreter von Beginn an die engagiertesten Gegner eines solchen Eingreifens. Auch innerhalb der verschiedenen Wirtschaftszweige und abhängig von den jeweiligen regionalen Gegebenheiten sogar innerhalb der verschiedenen Wirtschaftsformen traten derartige Interessenunterschiede zu tage und spalteten so die gewerblichen Kreise.129

I. Die Erste Äußerung des Deutschen Handelstags Die Kleinhandelskommission des Deutschen Handelstages nahm das Umsichgreifen des Wertreklamewesens am 2. April 1911 zum Anlass, die Zugabefrage auf die Tagesordnung zu setzen.130 Nachdem man auch hier die zunehmende Ausbreitung des Zugabewesens festgestellt hatte, gelang es den Kommissionsmitgliedern nicht, eine gemeinsame Haltung zu der Frage finden, welches Verhältnis der Kleinhandel zum Zugabewesen habe. Während der Berichtersatter angab, dass die Kleinhändler entschiendende Gegner dieser Erscheinungen sei und deshalb etwa auch der Verband der Rabattspar-Vereine Deutschlands seinen Mitgliedern die Gewährung von Zugaben untersagt und ein gesetzliches Verbot gefordert habe, gaben andere Teilnehmer an, dass zumindest einzelne Kleinhändler Anhänger des Zugabewesens seien. Zur rechtlichen Einordnung der Zugaben wurde von verschiedenen Seiten erklärt, dass das Zugabewesen in seiner derzeitigen Form „ein den guten Sitten zuwiderlaufendes Gebaren“ darstelle. Die Kosten der Zugaben müssten in den Preis der Waren einbezogen werden.131 Vor diesem Hintergrund sei die Ankündi129 Im Wirtschaftszweig des Einzelhandels etwa hatten die Kleinbetriebe zu der Zugabefrage eine andere Haltung als etwa die Großbetriebe (Waren- und Kaufhäuser). Ursache für die auch sogar innerhalb der gleichen Wirtschaftsform (d. h. etwa innerhalb des Kleinhandels) voneinander abweichenden Meinungen waren die großen regionalen Besonderheiten der verschiedenen Handelskammerbezirke. In solchen Bezirken Beispiel, in denen viele Zugabeartikel herstellende Industrieunternehmen ihren Sitz hatten, war man der Wertreklame insgesamt erheblich gewogener als in anderen Teilen des Deutschen Reiches. 130 Bericht über die Sitzung der Kommission betr. Kleinhandels vom 3. 4. 1911 in Berlin, Mitteilungen des Deutschen Handelstages, 51. Jahrgang Nr. 14 vom 29. 6. 1911, S. 2 – 4: Archiv der Handelskammer Hamburg 80.A.2.o.1. 131 So sei es mittlerweile verbreitet, dass Firmen, die Zugaben verteilten, nicht selten zweierlei Preislisten – eine für Waren mit Zugaben, eine andere für dieselben Waren ohne Zugaben – ausgäben.

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gung von „Gratis-Zugaben“ in vielen Fällen gleichbedeutend mit dem Erwecken eines falschen Anscheins. Ein derartiges Verhalten sei von dem neuen § 3 UWG erfasst. Als Ergebnis ihrer Sitzung hielt die Kleinhandelskommission schließlich fest, dass eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens trotz der festgestellten Auswüchse nicht in Frage komme. Zur Begründung gab man an, dass andernfalls die Gefahr bestehe, dass auch „der Verkauf von Waren zu besonders billigen Preisen, die portofreie Zustellung von Waren an die Kunden und dergleichen gesetzlich verboten“ würde. Der einzig gangbare Weg sei damit die Selbsthilfe. Hierfür sei es notwendig, dass sich der Deutsche Handelstag mit dem den maßgebenden Fabrikanten-Verbänden in Verbindung setze und die betreffenden Unternehmen auf diese Weise veranlasst würden, auf das Ausgeben von Zugaben zu verzichten. Da es auch in Fabrikantenkreisen Gegner des Zugabewesens gebe, sei dieser Versuch durchaus erfolgversprechend. In der im Dezember desselben Jahres stattfindenden Sitzung brachte der Hauptausschuss des Deutsches Handelstags zum Ausdruck, dass man die Sorgen des Kleinhandels teile.132 Weiter schloss man sich den Beschlüssen des Kleinhandelsausschusses an und bezeichnete das Zugabewesen „als eine geschäftliche Unsitte“. Da auch der Hauptausschuss ein gesetzgeberisches Einschreiten kritisch sah, sprach man sich weiter dafür aus, im Wege der Selbsthilfe gegen die Zugaben vorzugehen.

II. Die Petition der Handelskammer Bochum und Reaktionen anderer Teile des Handels 1. Die Petition der Handelskammer Bochum vom Frühjahr 1912 Der Reichstag hatte sich erstmals wieder im Mai 1912 mit der Zugabefrage zu beschäftigen. Anlass hierfür war eine viel beachtete Petition der Handelskammer Bochum vom 6. März 1912. Darin hatte man vorgeschlagen, dem § 3 UWG einen neuen Absatz hinzuzufügen, wonach die Ankündigung von Zugaben untersagt werden sollte.133

132 Bericht über die Sitzung des Hauptausschusses des Deutsches Handelstages vom 12. u. 13. 12. 1911, Mitteilungen des Deutschen Handelstages, 52. Jahrgang Nr. 2 vom 1. 2. 1912, S. 8 – 11: Archiv der Handelskammer Hamburg 80.A.2.h.3. 133 Petition der Handelskammer Bochum vom 6. 3. 1912 an den Reichstag: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 175 f. Die Vorschrift sollte folgenden Wortlaut haben: „Es ist verboten, in öffentlichen Bekanntmachungen, Schaustellungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, zu versprechen, Zugaben oder Geschenke, bestehend in Waren irgendwelcher Art, zu verabreichen oder zu übersenden. Rabatt und Skonto darf nur in bar gewährt werden.“

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Zur Begründung ihrer Eingabe verwies die Handelskammer auf den zuvor vom Deutschen Handeltags gefassten Beschluss. Ergänzend erklärte man, dass die vergangenen Monate gezeigt hätten, dass nicht mehr damit gerechnet werden könne, dass – die im Grunde zu begrüßenden – Selbsthilfemaßnahmen noch zu einer Lösung des Zugabeproblems führen würden. Schleunige Abhilfe sei jedoch notwendig, da andernfalls zu erwarten sei, dass sich immer mehr Geschäftsleute dem Zugabewesen verschrieben. Immer häufiger griffen nun auch solche Händler zu den Zugaben, die ihnen eigentlich ablehnend gegenüberstünden. Die „Macht der Verhältnisse“ lasse ihnen einfach keine andere Wahl. Die Zugaben als solche seien problematisch, als sie von Jahr zu Jahr sowohl an Umfang wie auch an wirtschaftlicher Tragweite zunähmen. Im Bochumer Bezirk etwa sei es mittlerweile in fast sämtlichen Lebensmittelgeschäften üblich, den Käufern Gebrauchsgegenstände der verschiedensten Art als Zugaben zu gewähren. Nachdem erst einmal eine gewisse Zahl von Geschäften damit begonnen hätte, sei auch den anderen Kaufleuten nichts anderes übrig geblieben, als sich anzuschließen. Insgesamt sei das Zugabewesen hierdurch für den Kleinhandel zu einer drückenden Last geworden, von der er sich gerne wieder befreien würde. Neben den Fabrikanten würde auch das kaufende Publikum unter dieser Entwicklung leiden. So seien die Zugaben zumeist nicht das, was sie zu sein schienen. In Wahrheit handele es sich um wertlose Kleinigkeiten, in anderen Fällen würden die Zugaben indirekt doch vom Publikum bezahlt. Dies geschehe entweder dadurch, dass die gekaufte Ware von minderer Qualität sei, oder dass die Kosten der Zugaben in den Preis der Waren eingerechnet werde. Die Schaffung einer gesetzlichen Regelung erklärte die Handelskammer in ihrer Petition für unerlässlich, da die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen kein Mittel zur Bekämpfung der beklagten Auswüchse böten. Sowohl § 826 wie auch die Vorschriften des UWG hätten im Kampf gegen die Zugaben vollständig versagt. Hierzu erklärt man im Einzelnen, dass „man nur grobe und ungewöhnliche Ausschreitungen als einen Verstoß „gegen die guten Sitten“ brandmarken und den verursachten Schaden in seiner Höhe nur schwer nachweisen“ könne. Aufgrund dieser Unsicherheiten fänden sich letztlich auch nur wenige Geschäftsleute bereit, in eigener Sache Zivilverfahren zu dieser Problematik anzustrengen. Wenn man nun vor diesem Hintergrund eine Regelung des Zugabewesens vorschlage, gehe es nicht darum, die Zugaben in Gänze zu verbieten. Anzuerkennen sei vielmehr, dass die „Gewährung von Zugaben in beschränktem Unfange durchaus unbedenklich“ (etwa in Form kleiner Geschenke) sei. Insoweit gehe es nur um eine Beseitigung der Auswüchse. Diese ließen sich bereits dadurch unterdrücken, in dem man „anstatt der Zugabe an sich nur ihre Ankündigung unter Androhung einer erhöhten Geldstrafe im Wiederholungsfalle“ verbiete. Eine derartige Regelung greife in keiner Weise störend in das Geschäftsleben ein.134 134 Die Petitionskommission des Reichstags verhandelte am 2. Mai 1912 über die Eingabe der Handelskammer Bochum. Nach dem Vortrag des Berichterstatters beschloss die Kommis-

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2. Die Reaktionen der beteiligten Wirtschaftskreise a) Zustimmende Wortmeldungen Als Reaktion auf die Petition der Handelskammer Bochum wandten sich mit gleicher Zielrichtung eine Reihe weiterer Interessenorganisationen und Verbände mit Eingaben an den Reichstag: Die Handelskammer Flensburg etwa beantragte, den § 3 UWG durch einen Zusatz zu ergänzen, wonach es bei Strafe verboten sein sollte, Zugaben in Aussicht zu stellen.135 Zur Begründung erklärte man, dass sich Auswüchse im Bereich der Zugaben auch im eigenen Handelskammerbezirk immer häufiger zeigten. Der Deutsche Handwerks- und Gewerbekammertag regte die Schaffung einer Regelung an, wonach § 3 UWG sowohl das Versprechen wie auch das Gewähren von Zugaben verbieten sollte.136 Ein völliges Verbot des Zugabewesens hielt man indes auch hier nicht für erforderlich, lediglich eine Beseitigung der sich zum damaligen Zeitpunkt häufenden Auswüchse. Geschädigt werde neben dem Handel auch das Handwerk. Einzelne Gewerbe, wie etwa das Uhrmacherhandwerk, müssten zusehen, wie Teile des Handels billige Konkurrenzprodukte als Zugaben gewährten. Ganz ähnlich wandte sich wenig später auch der Deutsche Zentralverband für Handel und Gewerbe (Leipzig) an den Reichstag.137 Auch er forderte eine Regelung, wonach sowohl die Ankündigung wie auch die Gewährung von Zugaben verboten werden sollte. Im Rahmen seiner umfänglichen Ausführungen gab er u. a. an, dass die eigenen Versuche, dem sich zum Unwesen ausgearteten Zugabewesen durch Selbsthilfe zu begegnen, als gescheitert angesehen werden müssten. Mit gleicher Zielrichtung meldeten sich schließlich auch noch der Zentralverband der Vereinigung deutscher Messerschmiede- und Schleifermeister e.V. und die Zentralstelle der Deutschen Uhrmachervereinigung zu Wort.138 Beide Einrichtungen klagten darüber, dass die Dienstleistungen und Produkte der eigenen Mitglieder von eigentlich fachfremden Gewerbetreibenden immer häufiger als Zugaben angeboten würden. Hierdurch entstünden in den eigenen Kreisen erhebliche Umsatzeinbußen.

sion die Petition dem Reichskanzler als Material zu überweisen“: Verhandlungen des Reichstags, 13. Leg.Per., I. Session 1912, Drucksache Nr. 458. Der Reichstag gab dem Antrage der Kommission in der 67. Plenarsitzung am 21. 5. 1912 seine Zustimmung: Verhandlungen des Reichstags, XIII. Leg.Per. I. Session, Drucksache 1458, S. 2983. 135 Eingabe an den Reichstag wie auch den Bundesrat vom 3. 12. 1912: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 261 f. 136 Eingabe an den Reichstag vom 18. 1. 1913: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 279 f. 137 Eingabe vom 30. 5. 1913: Bericht der Kommission für Petitionen vom 10. 3. 1914: Verhandlungen des Reichstags, XIII. Leg.Per. I. Session, Drucksache Nr. 1458, S. 2985. 138 Eingabe vom 30. 5. 1913: Bericht der Kommission für Petitionen vom 10. 3. 1914: Verhandlungen des Reichstags, XIII. Leg.Per. I. Session, Drucksache Nr. 1458, S. 2987. 4*

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b) Ablehnende Eingaben Im Rahmen der eine Beschränkung des Zugabewesens ablehnenden Wortmeldungen sind an erster Stelle diejenigen des Schutzvereins für Wertreklame der Kaffee und Surrogatbranche e.V. zu nennen. Der Schutzverein war im Jahr 1912 in Hannover gegründet worden und bestand zunächst im Schwerpunkt aus Herstellern und Händlern von Kaffeeprodukten, bald jedoch auch von verschiedensten Waren. Bereits wenig später trat er durch eine Reihe von Wortmeldungen und Eingaben an Verbände, Organisationen und offizielle Stellen in Erscheinung. Ziel des Vereins war es, das Zugabewesen gegen die sich häufenden Anfeindungen in Schutz zu nehmen.139 Durch Verwendung des Begriffs „Wertreklame“ anstelle des mittlerweile für weite Kreise des Handels belasteten Begriffs der „Zugaben“ versuchte man beim Schutzverein in der Öffentlichkeit die Ansicht zu etablieren, dass es sich beim Einsatz von Zugaben in gleicher Weise um eine zulässige Reklame wie etwa im Fall der Wort- und Anschauungsreklame handele. Bemängele man, dass Zugaben Kosten verursachten, die sich in den Preisen der Produkte niederschlügen und letztendlich von den Kunden mitbezahlt werden müssten, so müsse derselbe Vorwurf auch gegenüber anderen Formen der Reklame gelten. Auch das Aufgeben von Annoncen und das Schalten von Bildwerbungen in Tageszeitungen und Zeitschriften sei mit erheblichen Kosten verbunden. Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass Händler, die Zugaben einsetzten, in der Regel auf weitere aufwendige Reklamen verzichteten. Damit träten die Kosten für die Zugaben nicht neben die üblichen Reklameaufwendungen, sondern seien lediglich ein Alternative hierzu. Exemplarisch für eine Reihe von Handelskammern, die sich gegen eine gesetzliche Beschränkung des Zugabewesens aussprachen, kann die Eingabe der Handelskammer Nürnberg angesehen werden.140 In dem Schreiben, mit dem man sich an das Reichsamt des Innern wandte, erklärte die Kammer, dass eine das Zugabwesen betreffende Erweiterung des Wettbewerbsgesetzes für die mittelfränkische Industrie eine „schwere Schädigung“ bedeuten würde. Zur Erklärung gab man an, dass in dem Bezirk in großer Menge Zugabeartikel – „wie Bleistifte und andere Schreibwaren, kleine Spiegel, Galanterie- und Lederwaren, kleine Metallwaren, Baumwollgarne u. a.“ – hergestellt würden. Würde die Ankündigung und Gewährung von Zugaben tatsächlich verboten, müsste eine Reihe der betreffenden Firmen einen bedeutenden Teil ihres Absatzes einbüssen und seien zu Betriebseinschränkungen gezwungen. Dies würde sich negativ auf den ohnehin ungünstigen Arbeitsmarkt auswirken.141 139 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 61. Auch: Schreiben des Verbands der Rabattsparvereine Deutschlands e.V. an den Reichskanzler vom 2. 3. 1913: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 286. Zur Arbeit des Reichsverbands der Reklame- und Zugabenindustrie e.V., vgl.: Schreiben des Staatssekretärs im Reichsjustizministeriums an den Reichswirtschaftsminister und den Preußischen Minister für Handel und Gewerbe vom 13. 12. 1928: GStA, PK I. HA Rep. 84a Justizministerium, 5795 Bl. 312 f. 140 Eingabe vom 26. 7. 1913: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 302 f.

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Ebenfalls auf die Eingabe der Handelskammer Bochum hin meldete sich der Verband der deutschen Steindruckereibesitzer, Leipzig. Hier wies man darauf hin, dass die Herstellung von Zugabeartikeln ein ganz bedeutender Fabrikationszweig der Steindruckereien sei. Bei einigen Betrieben mache die Herstellung von Zugabeartikeln 75 % der gesamten Produktion aus. Damit stehe fest, dass ein gesetzliches Verbot des Zugabewesens für die Betriebe einen „ungeheuren Nachteil“ bedeuten würde.142

III. Verstöße aus Preußen 1. Der Antrag Hammer und Genossen Ende Februar 1913 legte im Preußischen Abgeordnetenhaus der Abgeordnete Hammer von der Deutsch Konservativen Partei gemeinsam mit einer Reihe weiterer konservativer Abgeordneter einen Antrag vor, in der die königliche Staatsregierung aufgefordert wurde, für eine Regelung des Zugabewesens zu sorgen.143 Konkret regte man an, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung vom 7. Juni 1909 durch eine Vorschrift zu ergänzen, wonach sowohl die Ankündigung wie auch Gewährung von „Zugaben oder in Waren bestehende Geschenke“ unter Androhung von Strafe untersagt werden sollte. Nicht als Zugaben im Sinne dieser Regelung sollten in Absatz 2 lediglich „wertlose Kleinigkeiten, deren Gewährung allgemein üblich ist, sowie der übliche Rabatt“ angesehen werden.

2. Reaktionen diverser Handelskammern Der Preußische Minister für Handel und Gewerbe nahm die Petition der Handelskammer Bochum wie auch den Antrag Hammer zum Anlass, sich an sämtliche Handelsvertretungen seines Landes zu wenden und um Äußerungen zur Zugabeproblematik zu bitten. Für eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens sprachen 141 Letztlich bestehe auch kein Grund, gegen das Zugabewesen einzuschreiten. Hierbei handele es sich lediglich um eine Form der Reklame, wie es auch die Wort- und Anschauungsreklame mittels Inseraten in Zeitungen oder auf Plakaten und Lichtreklamen der Fall sei. Für die in diesem Bereich tatsächlich vorkommenden Auswüchse seien die vorhandenen Vorschriften des BGB und des UWG vollkommen ausreichend. § 826 BGB und § 1 UWG könnten gegen jedermann ins Feld geführt werden, der den Boden der guten Sitten verlasse. Im Fall der Zugabe kämen konkret schließlich noch die §§ 3 und 4 UWG hinzu, die es verböten durch falsche Angaben den Anschein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken. 142 Eingabe vom 30. 5. 1913, Bericht der Kommission für Petitionen vom 10. 3. 1914: Verhandlungen des Reichstags, XIII. Leg.Per. I. Session, Drucksache Nr. 1458, S. 2988. 143 Antrag Hammer und Genossen vom 27. 2. 1913: Verhandlungen des Preußischen Abgeordnetenhauses, 21. Leg.Per., V. Session 1912 / 13, Antrag Nr. 1209. Friedrich Hammer (1855 – 1923), gehörte der Konservativen Partei an.

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sich daraufhin die Handelskammern zu Altona, Barmen, Bielefeld, Erfurt, Halberstadt, Hildesheim, Lennep, Mühlheim (Rhein), Münster, Regensburg, Schweidnitz und Thorn aus. Unterstützung fanden sie durch den Deutschen Zentralverband für Handel und Gewerbe (Leipzig), den Verband Westpreußischer Vereine für Handel und Gewerbe (Elbing).144 Gegen eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens hingegen wandten sich die Handelskammern zu Berlin, Bonn, Kassel, Köln, Duisburg, Elberfeld, Königsberg, Magdeburg, Sagan und Jena. Dieser Kreis fand Unterstützung vom Schutzverband für die Reklameindustrie (Berlin) und dem Verband Deutscher Waren- und Kaufhäuser.

IV. Stellungnahmen der Rechtswissenschaft 1. Äußerung des Oberlandesgerichtsrats Christian Finger Ebenfalls aus Anlass des Antrags Hammer im Preußischen Abgeordnetenhaus meldete sich im Frühjahr 1913 Oberlandesgerichtsrat Finger in der Deutschen Juristenzeitung zu Wort.145 Er erklärte, dass die im Handel zu beobachtenden Auswüchse des Zugabwesens keinen hinreichenden Anlass gäben, das „Geschäftsleben durch eine polizeiliche Strafbestimmung des weiteverbreiteten, vielfach nicht unreellen, eingebürgerten und beim kaufenden Publikum beliebten Reklamemittels der Zugabe zu berauben“. Dies sei jedoch die zwangsläufige Folge des vorgelegten Antrags. Als schwere Schädigung des freien Wettbewerbs sei dieser Vorschlag abzulehnen. Unrichtig sei es bereits, dass Zugabewesen generell als sittenwidrig einzuschätzen. Dies sei vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn „die Art und Weise des Gewährens oder Ankündigens im einzelnen Falle“ gegen die guten Sitten verstoße. Diese Voraussetzung liege etwa vor, wenn nur scheinbar ein Geschenk gemacht oder ein Rabatt in der angekündigten Höhe gewährt würde, während in Wahrheit der Käufer das Geschenk ganz oder teilweise zu bezahlen habe oder der Rabatt ganz oder teilweise auf den Preis der Ware aufgeschlagen werde. Träten derartige Verhaltensweisen auf, sei an erster Stelle zu prüfen, ob sie nicht bereits von den Regelungen der §§ 3, 4 UWG und § 826 BGB erfasst würden. Hierzu komme schließlich noch die Generalklausel des § 1 UWG, die ganz bewusst so weit gefasst worden sei, dass eigentlich kein Fall der Unlauterkeit vor ihr bestehen könne. Bevor nicht absolut feststehe, dass die Normen zur Unterbindung der betreffenden Auswüchse nicht ungeeignet seien, sei es nicht zulässig, über die Notwendigkeit weiterer Beschränkungen zu diskutieren. 144 Die genauen Inhalte der Wortmeldungen der Handelskammern sind nicht überliefert. Der zeitgenössischen Presse kann nur noch entnommen werden, wie die einzelnen Vertretungen abstimmten. Vgl. insgesamt: Artikel „Zugaben“, in: Handel und Gewerbe (Nr. 34) vom 26. 7. 1913: BArch, R 3001 / 2626. 145 Finger, DJZ 1913, S. 459.

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2. Äußerung des Rechtsanwalts Alfred Rosenthal Rosenthal widersprach Finger wenig später in der Einschätzung, wonach die vorhandenen Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes ausreichend seien, um für eine sinnvolle Beschränkung des Zugabeunwesens zu sorgen.146 Die §§ 3, 4 UWG griffen vielmehr nur in den seltensten Fällen ein, da das Vorliegen unwahrer Angaben meistens nicht nachzuweisen sei. Auch die Generalklausel helfe nicht weiter, solange die Verkehrsanschauung in den Zugaben nichts allgemein Sittenwidriges erblicke. Dies sei jedoch nicht der Fall, insbesondere nicht bei den Gerichten. Letztlich sei damit die Schaffung einer weiteren Vorschrift unumgänglich. Hierbei spiele insbesondere eine Rolle, dass wegen der zunehmenden Verbreitung des Zugabewesens nach und nach bei immer weiteren Gewerbetreibenden die Notwendigkeit gesehen werde, nun auch selbst Zugaben einzusetzen.147 Mit Blick auf die Anregung Hammers hingegen erklärte es Rosenthal für übertrieben, eine Strafvorschrift zu erlassen. Eine solche sei grundsätzlich nur dort zulässig, wo Zivilvorschriften nicht ausreichten. Ebenfalls wenig sinnvoll erscheine der zweite Absatz von Hammers Regelung, wonach die Zugabe „wertloser Kleinigkeiten“ weiterhin zulässig sein sollte. Eine Streichung dieser Regelung erscheine bereits deshalb erforderlich, weil es im Handel keine wertlosen Kleinigkeiten gebe. Nicht ausreichend sei schließlich die andernorts gemachte Anregung, nur die Ankündigung von Zugaben zu untersagen. Das Verbot müsse vielmehr auch die Gewährung selbst betreffen. Entscheidend sei, dass bereits die umfängliche Gewährung den gleichen Erfolg haben könne, wie eine für die Gewährung werbende Ankündigung.148 Erforderlich und Zweckmäßig erscheine damit der Erlass einer Vorschrift, wonach sowohl die Ankündigung als auch Gewährung von Zugaben verboten werde.149

146 Rosenthal, GRUR 1913, S. 92(93). Alfred Rosenthal, Rechtsanwalt, Dr. jur., Herausgeber eines Kommentars zum Wettbewerbsgesetz, ferner Verfasser einer Vielzahl rechtsphilosophischer Schriften. 147 Weiter sei von Bedeutung, dass durch ein Verbot der Zugaben „niemand ernstlich geschädigt“ werde und der Verkehr sich zudem schnell an die neue Regelung gewöhnen werde. 148 Hiermit meinte Rosenthal vermutlich, dass sich die umfängliche Gewährung von Zugaben durch einen bestimmen Kaufmann unter der Kundschaft eines Ortes bzw. einer Stadt schnell herumsprechen werde, wodurch letztlich ein der Ankündigung vergleichbarerer Werbeeffekt entstehe. 149 Nach Rosenthal sollte die Regelung folgenden Wortlaut haben: „Wer im Verkehr Zugaben gewährt, oder in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, Zugaben in Aussicht stellt, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.“: Rosenthal, GRUR 1913, S. 92(93).

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3. Gutachten des Reichsgerichtsrats Karl Lobe Reichsgerichtsrat Lobe wurde im Spätsommer 1913 vom Deutschen Zentralverband für Handel und Gewerbe e.V. mit der Erstellung eines Rechtsgutsachtens zum Zugabewesens bzw. der Notwendigkeit seiner gesetzlichen Regulierung beauftragt.150 In der umfänglichen Untersuchung beschränkte sich der Autor bewusst auf rechtliche Ausführungen, klammerte also Fragen zu Umfang und Verbreitung der Zugaben und damit letztlich auch der Erforderlichkeit eines gesetzgeberischen Eingreifens aus.151 a) Gesetzliches Eingreifen ausschließlich zum Schutz der Konkurrenten Eingangs seiner Untersuchung stellte Lobe klar, dass eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens allein im Interesse der Wettewerber, nicht hingegen im Interesse des Publikums denkbar sei.152 Im Sinne des einzelnen Käufers sei ein derartig tiefer Eingriff in die Freiheit des Wettbewerbs nicht zu rechtfertigen, weil dieser bereits den Schutz einer Reihe anderer Normen genieße. So könne er im Falle eines Vermögensschadens als Folge der Vorspiegelung falscher Tatsachen ein Strafverfahren wegen Betruges nach § 263 StGB einleiten. Im Zivilrecht ständen ihm zudem die Vorschriften über die Anfechtbarkeit des Kaufs sowie über Schadensersatz wegen Betruges usw. zur Verfügung. Ohne Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass sich der Verbraucher mit diesen Normen lediglich rückwirkend schützen könne. Es sei nämlich nicht Sache des Gesetzgebers, bereits vorsorglich die Möglichkeit einer Schädigung auszuschließen. Dies müsse vielmehr auch weiterhin der Wachsamkeit des Einzelnen überlassen bleiben. Ausschlaggebend sollten nach Lobe damit allein die Interessen des Konkurrenten sein. Entscheidend sei hierbei, dass dieser einen Anspruch darauf habe, „nur durch lauteren Wettbewerb des Mitbewerbers in seinem eigenen Gewerbebetriebe beeinträchtigt zu werden, jeden unlauteren Wettbewerb aber als widerrechtliche Störung seiner gewerblichen Tätigkeit zurückzuweisen“.153 Zur Wahrung der Rechte des Konkurrenten seien neben zivil- und strafrechtlichen Normen letztlich auch polizeirechtlich, vorbeugende Maßnahmen denkbar. Nach Vorbild des bereits 150 Karl Adolf Lobe (geb. 1860), seit 1910 Reichsgerichtsrat in Leipzig und später ab 1921 Senatspräsident des I. Strafsenats am Reichsgericht. Nebenbei Herausgeber einer Vielzahl juristischer Veröffentlich-ungen zum gewerblichen Rechtsschutz, insbes. zum unlauteren Wettbewerb. 151 Lobe, „Zur gesetzlichen Reglung des Zugabewesens“. Auf vielfältigen Wunsch der an der Wertreklamefrage interessierten Kreise veröffentlichte Lobe die Ergebnisse seiner Untersuchung im Herbst 1913 in der Zeitschrift Markenschutz und Wettbewerb: MuW (XIII) 1913 / 1914, S. 426 – 435. 152 Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(426). 153 Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(426 f.).

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existierenden § 6 UWG154 könnten mit ihrer Hilfe Handlungen ganz allgemein verboten und unter Strafe gestellt werden, gleichviel ob sie im Einzelfall unlauteren Wettbewerb enthielten oder nicht. Ausreichend sei bei derartigen Regelungen bereits, dass bei gewissen Handlungen die Gefahr bestehe, dass sich unter ihnen auch unlautere Verhaltensweisen befinden.

b) Rechtliche Bewertung des Zugabewesens aa) Grundsätzliche Zulässigkeit der Nebenleistung als Vorspann Aus Lobes Sicht war grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Händler den Entschluss ihrer Kunden für den Kauf einer bestimmten Ware mit der Zugkraft einer Nebenleistung unterstützten, „also der Wunsch auf Genuss der Nebenleistung als Vorspann für den Absatz der Hauptleistung dienstbar gemacht“ werde.155 Ganz ähnliche Praktiken seien vielmehr häufig auch sonst im regulären Geschäftsleben, etwa im Fall kombinierter Käufe anzutreffen. Auch hier werde es als etwa ganz Gewöhnliches angesehen, dass ein Gegenstand mit großer Kaufkraft abgegeben werde, um auch letzteren abzusetzen.156 Eine andere Sicht der Dinge rechtfertige auch nicht etwa der Umstand, dass sich Händler durch die Gewährung von Nebenleistungen häufig in Konkurrenz zu denjenigen Gewerbetreibenden setzten, die gerade vom Vertrieb dieser Gegenstände lebten. Zwar sei begreiflich, dass die betreffenden Fachhändler die neuen Mitbewerber ablehnten. Unlauter würde die Gewährung der Nebenleistungen damit jedoch nicht. Festzustellen sei vielmehr, dass die Ablehnung eigentlich branchenfremder neuer Konkurrenten ein Relikt überkommenden „zünftigen“ Denkens sei und letztlich auch der geltenden Gewerbefreiheit widerspreche.157

bb) Kosten des Zugabewesens als Teil der allgemeinen Geschäftsunkosten (1) Grundsätzliche Einschätzung Als grundsätzlich unrichtig bezeichnete Lobe ferner die bei Kritikern des Zugabewesens verbreitete Einschätzung, wonach Nebenleistungen der Kaufleute grundsätzlich für eine Verteuerung der Hauptware sorgen würden und damit letzten 154 § 6 UWG verbot jede Bezugnahme auf die Herkunft von Waren aus einer Konkursmasse. Dies galt selbst dann, wenn die Angabe der Wahrheit entsprach. 155 Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(431 f.). 156 Im Fall sog. kombinierter Käufe werden zwei verschiedene Gegenstände zu einem einheitlichen Kaufpreis abgegeben. Für den einzelnen Gegenstand ist jeweils kein gesonderter Kaufpreis ausgewiesen. 157 „Die Konkurrenz kann vielfach unbequem und schädigend wirken, sofern sie aber nicht zu täuschenden Mitteln greift, ist sie als solche zulässig, soll überhaupt der Grundsatz des freien Wettbewerbs aufrechterhalten bleiben.“ Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(432).

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Endes auch ihre Anpreisung als „unentgeltlich“ stets irreführend und unwahr sei. Entscheidend sei hierbei, dass Nebenleistungen in Form von Zugaben in gleicher Weise auf die Preisbildung wirkten, wie dies auch andere vertriebsfördernde Mittel, wie etwa die Reklame im engeren Sinne täte.158 Für die herbei entstehenden Kosten gelte, dass sie zu den allgemeinen Geschäftsunkosten zählten und deshalb insoweit selbstverständlich für die Preisbildung der einzelnen Ware verantwortlich seien. Indem der erfolgreiche Einsatz vertriebsfördernder Mittel einen erhöhten Absatz bewirke, ermögliche er gleichzeitig eine Herabsetzung anderer Vertriebskosten.159 Im Ergebnis folge hieraus, dass dem Einsatz vertriebsfördernder Mittel zwangsläufig weder eine Erhöhung des Warenpreises noch eine Verschlechterung der Qualität folgen müsse.160 Nicht notwendig gegen die Wahrheit verstoße es damit, wenn ein Kaufmann seine Nebenleistungen als „unentgeltlich“ bezeichne.161 (2) Zweifelsfälle, die gegen das Wettbewerbsgesetz verstoßen Formen von Nebenleistungen, bei denen die für die Zugaben anfallenden Kosten nicht bereits Teil der allgemeinen Geschäftsunkosten waren, sondern in Wahrheit vielmehr auf den Kaufpreis aufgeschlagen wurden, bezeichnete Lobe als Ausnahme. In diesen Fällen sei auch die Bezeichnung der „Unentgeltlichkeit“ nicht richtig und damit für das Publikum täuschend.162 Zu differenzieren sei hierbei zwischen zwei verschiedenen Gruppen von Nebenleistungen. Auf der einen Seite seien solche zu sehen, deren eigener Wert derartig gering sei, dass eine nennenswerte Veränderung des Kaufpreises oder der Qualität der Hauptleistung ausgeschlossen sei (etwa die normalen Zugaben i.e.S.).163 Hiervon seien solche Nebenleistungen abzugrenzen, die in einem engen Zusammenhang mit einem bestimmten und konkreten Geschäft stünden und äußerlich gemeinsam mit der Hauptleistung die GegenLobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(432). Etwa durch bessere Ausnutzung der Geschäftsräume, der Arbeitskräfte der Geschäftsgehilfen, Ermöglichung billigen Einkaufs usw. 160 Unrichtig sei hingegen auch, die aus dem Lager der Zugabebefürworter häufig zu hörende Behauptung, dass Zugaben deshalb nicht zu einer Verteuerung führten, weil sie an die Stelle klassischer Reklamen träten und damit also die allgemeinen Geschäftsunkosten verringerten. 161 Hierzu führte Lobe weiter wörtlich aus: „Denn diese „Unentgeltlichkeit“ wird im Verkehr nicht dahingehend verstanden, dass sie ein reines Geschenk aus dem Privatvermögen des Kaufmanns darstellt; jedermann ist sich klar darüber, dass sie durch die Gesamteinnahme zugleich mit den allgemeinen Geschäftsunkosten gedeckt wird. Unter Unentgeltlichkeit wird vielmehr nur verstanden, dass der Kaufpreis nicht die besondere Gegenleistung ebenso für die Nebenleistung unmittelbar bildet, wie es für die Hauptleistung ist: Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(432 f.). 162 Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(433 f.). 163 Zur selben Gruppe zählte er schließlich solche Nebenleistungen, deren Beziehung zu den allgemeinen Geschäftsunkosten „so unbestimmt und zufällig“ sei, dass aus diesem Grunde eine Einwirkung auf die besondere Preisbildung bei dem einzelnen Geschäft unmöglich sei. 158 159

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leistung zum Kaufpreis darstellten. Als eine typische Erscheinungsform dieser Nebenleistungen kämen v.a. solche Gutscheinsysteme in Frage, bei denen für jeden Einkauf nach und nach ein Gutschein ausgegeben und bei Ansammlung einer gewissen Zahl von Gutscheinen dann ein Gegenstand gewährt würde.164 Für die zuletzt genannte Gruppe erklärte Lobe, dass hier für den Kaufmann die Versuchung nahe liege, die Aufwendungen für die Nebenleistung unmittelbar auf den Kaufpreis aufzuschlagen. In diesen Fällen begnüge er sich häufig nicht damit, die Nebenleistung als Teil der Gesamtunkosten anzusehen.165 Im Ergebnis bilde der Kaufpreis dann bereits unmittelbar die Gegenleistung – und zwar sowohl für die Haupt- wie auch für die Nebenleistung. Die Folge sei, dass die Nebenleistung in diesen Fällen in Wahrheit nicht Teil der allgemeinen Geschäftsunkosten sei und somit auch nicht „unentgeltlich“ gewährt würde. Kaufleute die ihre Zugaben dennoch in dieser Form ankündigten, betrieben „Wettbewerb mittels Täuschung“ und handelten damit unlauter.166 Ein gesetzgeberisches Eingreifen hielt Lobe mit Blick auf diese Fälle dennoch nicht für unbedingt erforderlich. Gewerbetreibende, die sich derartig unlauterer Geschäftsmethoden bedienten, erfüllten vielmehr bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 UWG und setzten sich Unterlassungs- wie auch Schadensersatzansprüchen aus. Erfolgten die Täuschungen gar in öffentlichen Ankündigungen und dergleichen komme zudem noch der strafrechtliche Schutz aus § 4 UWG hinzu. (3) Möglichkeit präventiven gesetzgeberischen Eingreifens Trotz des Bestehens dieser generellen Abwehrmöglichkeiten im Wettbewerbsgesetz, räumte Lobe ein, dass es für Wettbewerber in der Praxis äußerst schwierig oder gar unmöglich sei, „die geschäftlichen Verhältnisse des Konkurrenten völlig zu durchdringen“. Häufig sei es auch nicht möglich, die hierfür erforderlichen Nachweise zu führen. So entziehe es sich zumeist der Kenntnis Außenstehender, ob ein Kaufmann die Kosten für seine Nebenleistungen als allgemeine Geschäftsunkosten kalkuliere oder ob er sie unmittelbar auf seine Preise aufschlage. Wegen dieser Schwierigkeiten bestehe in diesen Fällen die Gefahr, dass unlauterer Wettbewerb in der Praxis nicht unterbunden werden könne. Zu überlegen sei deshalb, „ob sich etwa als Generalprävention, zum Zwecke der Vorbeugung, gesetzliche 164 Der als Zugabe gewährte Gegenstand konnte für Lobe sowohl ein Äquivalent für den bei einzelnen Teilkäufen gewährten Rabatt oder eine reine Prämie für den sukzessiven Abschluss einer Reihe von Geschäften sein. 165 „Da sie ihm als Sonderleistung auf Grund des konkreten Kaufs mehr vor Augen“ trete, gewinne „er leicht die Neigung, die Entschädigung für die Nebenleistung nicht erst mittelbar in den Gesamteinnahmen, die zur Deckung des Gesamtaufwandes dienen, zu suchen, sondern schon in dem vom Kunden zu zahlenden Kaufpreis selbst“. 166 Selbiges sollte für den Fall gelten, dass bei gleichbleibenden Kaufpreis die Qualität der Ware verschlechtert würde: Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426(434.).

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Vorschriften empfehlen, die geeignet sind, das Eintreten einer Täuschungsgefahr überhaupt zu verhüten und nötigenfalls den Nachweis, ob lauteres oder unlauteres Gebaren vorliegt, zu erleichtern“. Eine abschließende Antwort könne im Rahmen dieses Gutachtens auf diese Frage jedoch nicht gegeben werden, da es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern lediglich um eine Frage der Rechts- und Wirtschaftspolitik handele.167 Komme der Gesetzgeber jedoch mit Blick auf die genannten Fälle im Bereich der Gutscheinsysteme zu dem Ergebnis, dass das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung bestehe, würde es zu weit führen, diese Erscheinungsformen in Gänze zu untersagen.168 Wirksam und zugleich ausreichend zur Vermeidung von Täuschungen bzw. für den leichteren Nachweis solcher Erscheinungen sei es, das Wettbewerbsgesetz um folgende strafbewehrte Regelungen zu ergänzen:169 (a) Zunächst sollte in das Wettbewerbsgesetz ein § 6 a eingefügt werden, nach dem Nebenleistungen, „die auf angesammelte Gutscheine hin gewährt und versprochen werden“, die Bezeichnung als „Zugabe“ oder einer gleichkommenden Bezeichnung schlechthin versagt werden sollte.170 Wie bereits in § 6 UWG sollte auch die Regelung des § 6 a unbeschadet der Tatsache gelten, ob die Nebenleistung im konkreten Einzelfall unentgeltlich gewährt würde oder nicht. Nur auf diese Weise könnte die Gefahr einer Täuschung wirksam ausgeschlossen werden. (b) Weiter sei in das UWG ein § 10 a aufzunehmen. Dieser könne bestimmen, dass ein Kaufmann im Falle der Ausgabe von Gutscheinen der in § 6 a bezeichneten Art, auf ihnen den Teilbetrag in Geld anzugeben habe, der dem Teil der angewiesenen Nebenleistung entsprach. Hierdurch könne den Kunden klargemacht werden, um welchen Betrag sie den als Nebenleistung angebotenen Gegenstand erhielten und in welchem Verhältnis der einzelne Gutschein zum gezahlten Einzelkaufpreis und dem Betrag der Gesamtheit der gezahlten Kaufpreise stände. Ferner solle auf den Gutscheinen ausgewiesen werden müssen, ob und in welcher Höhe der auf ihnen bezeichnete Betrag einen Rabatt beinhalte. Hierzu sollte schließlich für die Händler noch die Pflicht kommen, die von ihren Kunden vorgelegten Gutscheine, auf Wunsch auch einzeln und zu dem darauf angegebenen Betrag innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist der Kaufpreisforderung einzulösen.171 167 Es sei Sache des Gesetzgebers, diese Bedürfnisfrage zu klären und „festzustellen, ob die geschäftlichen Zustände auf diesem Gebiet sich so ausgebildet haben, dass mehr und mehr die Gefahr einer Täuschung und die Unmöglichkeit, ihr zu begegnen, wächst ( . . . )“. 168 Ein solches Vorgehen wäre vielmehr die Unterbindung eines „an sich berechtigten, vertriebsfördernden Mittels“. Die Folge wäre eine „sehr empfindliche Einschränkung der Gewerbefreiheit“. Sinnvoller erscheine es daher, Regeln zu erlassen, mit deren Hilfe die zuvor beschriebenen Verschleierungen verhindert werden könnten: Lobe, MuW 1913 / 1914, S. 426 (434). 169 Zum Wortlaut der Gesetzesvorschläge siehe im Anhang auf S. 300. 170 Die Bezeichnung „Zugabe“ sollte ausschließlich unentgeltlichen Leistungen vorbehalten sein.

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(c) Abschließend schlug Lobe noch die Einfügung eines § 10 b vor. Zur Erhöhung der Wirksamkeit der neuen Regelungen solle dieser den Gerichten die Befugnis geben, Kaufleuten, die sich im Zusammenhang mit der Verabfolgung von Gutscheinen eines Verstoßes gegen § 1 UWG schuldig gemacht hatten, „auf die Dauer von bis zu 5 Jahren“ zu untersagen, vertriebsfördernde Gutscheine einzusetzen.

V. Die Zugabendebatte im Reichstag Ende November 1913 stellten die Abgeordneten Malkewitz Graf v. Carmer (Zieserwitz) v. Graefe (Güstrow) und Genossen (sämtlich Mitglieder der Fraktion der Konservativen Partei) im Reichstag einen Antrag, in dem man den Reichskanzler aufforderte, das Wettbewerbsgesetz um eine Vorschrift zum Zugabewesen zu ergänzen.172 Weitgehend deckungsgleich mit dem bereits einige Monate zuvor von dem Abgeordneten Hammer im Preußischen Abgeordnetenhaus vorgelegten Antrag forderten auch sie, sowohl die Ankündigung wie auch die Gewährung von „Zugaben oder in Waren bestehende Geschenke“ unter Androhung von Strafe zu verbieten.173 Nicht als Zugaben sollten nach diesem Antrag „unbedeutende Kleinigkeiten, deren Gewährung allgemein üblich war, gelten. Selbiges sollte schließlich auch für den „üblichen Rabatt“ gelten. Nachdem sich in der auf den Antrag Malkewitz im Reichstag folgenden Debatte einige weitere konservative und liberale Abgeordnete für eine gesetzliche Beschränkung des Zugabewesens ausgesprochen hatten,174 meldete sich für die 171 Hierdurch sollte nach Lobe vermieden werden, dass Kaufleute die Bedingungen für die Gewährung der Nebenleistung derartig beliebig formulierten, dass die Kunden über die Schwierigkeiten der Erfüllung hinweggetäuscht und die Einlösung der Gutscheine letztlich so weit dem Zufall überlassen würde, dass ihre Gutscheinsysteme nahe an verbotene Ausspielungen heranreichten. 172 Antrag vom 25. 11. 1913: Verhandlungen des Reichtstags, 13. LegPer., I. Session 1912 / 13, Drucksache Nr. 1188. Gustav Malkewitz (1861 – 1924), Karl Graf v. Carmer (1861 – 1922) und Albrecht v. Graefe (1868 – 1933) waren allesamt Mitglieder der Fraktion der Konservativen Partei an. 173 Die Regelung sollte folgenden Wortlaut haben: „Wer im Einzelverkehr für sich selbst oder als Vermittler den Käufern von Waren Zugaben oder in Waren bestehende Geschenke gewährt oder in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, in Aussicht stellt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft.“ 174 Für die Nationalliberale Partei hatte sich der Abgeordnete Keinath zu Wort gemeldet: Verhandlungen des Reichtstags, XIII. Leg.Per., I. Session, 194. Sitzung vom 19. 1. 1914, S. 6613 A. Für die Zentrumspartei hatte der Abgeordnete Chrysant gesprochen: Verhandlungen des Reichtstags, XIII. Leg.Per., I. Session , 195. Sitzung vom 20. 1. 1914, S. 6651 B. Für die Deutschsoziale Wirtschaftliche Vereinigung schließlich hatte der Abgeordnete Werner erklärt, dass man ebenfalls den Antrag Malkewitz unterstütze: Verhandlungen des Reichtstags, XIII. Leg.Per., I. Session , 197. Sitzung vom 22. 1. 1914, S. 6706 B.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

Reichsregierung der Staatssekretär im Innenministerium Delbrück zu Wort.175 Er verwies auf den Umstand, dass man im Rahmen der Beratungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909 bewusst auf eine entsprechende weitere Ausgestaltung des Wettbewerbsgesetzes verzichtet habe.176 Er persönlich habe bisher noch den Eindruck, dass die Mittel, die das neue Gesetz böte, „noch nicht überall mit dem richtigen Verständnis und der richtigen Entschlossenheit ausgenutzt“ würden. Dennoch sei man im Innenministerium bereit, sich mit dem Preußischen Handelsministerium in Verbindung zu setzen und abzustimmen, inwieweit eine Verfolgung der Anträge Hammer und Malkewitz nützlich sei. Zu einer abschließenden Abstimmung des Reichstags über den Antrag Malkewitz kam es nicht. Letztlich blieb der Antrag damit unerledigt.177

VI. Die Haltung der Handelskreise kurz vor Beginn des Weltkrieges 1. Der Kleinhandel Am 3. November 1913 trat in Berlin ein weiteres Mal die Kleinhandelskommission des Deutschen Handelstages zusammen.178 Mit Blick auf das Zugabwesen war man sich nunmehr einig, dass die im eigenen Kreis vorgeschlagenen und vom Hauptausschuss des Deutschen Handelstags in den letzten Jahren zum Teil unter beträchtlichem Aufwand verfolgten Selbsthilfebestrebungen zu keinem Erfolg geführt hätten. Als Grund für diesen Umstand erklärte man, dass diejenigen, an die sich die Aufforderungen gerichtet haben, kein Interesse an ihrer Befolgung hätten. Sowohl die betreffenden Fabrikanten wie auch die Einzelhändler betrachteten das Zugabwesen für sich selbst als einen Vorteil, den es zu verteidigen gelte. Obwohl man sich innerhalb des Einzelhandelsausschusses eigentlich nach wie vor einig war, dass „gesetzliche Eingriffe in Geschäftsangelegenheiten“ grundsätzlich vermieden werden müssten, erklärte man nun, dass im Bereich des „Zugabeunwesens“ zumindest die Auswüchse beseitigt werden müssten. Am sinnvollsten erscheine zur Erreichung dieses Zwecks der Vorschlag Lobes. Die dort angeregte Regelung gehe nicht zu weit, sondern sei auf die Beseitigung von Auswüchsen beschränkt. Sinnvoll erscheine hierbei insbesondere, dass die Verwendung des Begriffs der „Zugabe“ im Zusammenhang mit gewissen Nebenleistungen nicht mehr 175 Clemens Gottlieb Ernst Delbrück (1856 – 1921), Preußischer Staatsminister und ab 1909 Staatssekretär des Innnern, Bevollmächtigter zum Bundesrat. 176 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Leg.Per., I. Session, 200. Sitzung vom 28. 1. 1914, S. 6806 A. 177 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Leg.Per., I. Session, Sachregister zu den Berichten und den Anlagen, S. 9756. 178 Protokoll der Sitzung vom 3. 11. 1913, Mitteilungen des Deutschen Handelstages, 54. Jahrgang Nr. 1, S. 11 ff.: Archiv der Handelskammer Hamburg 80.A.2.o.1.

E. Krieg und Warenknappheit – Rückgang der Reklame

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verwendet werden dürfe. Damit könne in Zukunft beim Publikum der Eindruck unterbunden werden, dass es Waren geschenkt bekomme.179

2. Die Waren- und Kaufhäuser Anders als die Vertreter der Kleinhändler lehnte der Verband Deutscher Warenund Kaufhäuser ein gesetzgeberisches Eingreifen ab.180 In einer Eingabe an den Preußischen Minister für Handel und Gewerbe erklärte man, dass die eigenen Betriebe gar nicht mehr am Einsatz von Zugaben interessiert seien. Vielmehr habe man das Zugabewesen zum größten Teil bereits auf eigenes Betreiben hin unterbunden. Wenn man sich dennoch gegen ein Verbot ausspreche, liege dies daran, dass ein „Strafverbot der Zugabeartikel ( . . . ) zweifellos eine Überschreitung der von der Gesetzgebung bisher innegehaltenen Grenzen bedeuten“ würde. Beginne man an dieser Stelle, in den Wettbewerb einzugreifen, sei unklar, welche weiteren Praktiken als nächstes unterbunden würden. Hierzu komme, dass gewisse Zugaben (wie z. B. Agenden, Kalender usw.) auch gar nicht dazu bestimmt seien, das Publikum direkt zum Kauf zu veranlassen. Es gehe vielmehr lediglich darum, „die Erinnerung an die Firma wach zu halten“. Hierbei handele es sich um eine „durchaus berechtigte Reklameform, deren Verbot nicht nur unberechtigt“ sei, sondern „auch eine starke Benachteiligung der Detailgeschäfte gegenüber den Engros- und Fabrikbetrieben bedeuten“ würde. Zugaben, die offensichtlich unlauteren Charakter hätten, könnten hinreichend mit den im Wettbewerbsgesetz vorhandenen Vorschriften unterbunden werden. Nebenbei bestehe zudem noch die Möglichkeit der Selbsthilfe wie auch der Aufklärung der Bevölkerung.

E. Krieg und Warenknappheit – Rückgang der Reklame Mit Beginn des ersten Weltkriegs im August 1914 wurde die in der Öffentlichkeit und dem Parlament mit zunehmender Intensität geführte Zugabediskussion schlagartig beendet. Entscheidend war hierfür, dass sich die Wettbewerbsverhältnisse im Handel veränderten und schon bald gar ins Gegenteil umkehrten. Aus 179 Auf Ablehnung stießen beim Ausschuss die Anträge des Preußischen Abgeordneten Hammers wie auch der Handelskammer Bochum. Während man Ersteren als zu weit gehend und zudem zu unbestimmt formuliert befand, brachte man dem Letzteren den Einwand entgegen, dass die Regelung letztlich ein „Ausnahmegesetz gegen die Reklame“ sei. Er sei bereits aus „allgemein gewerbepolitischer Natur“ abzulehnen: Protokoll der Sitzung vom 3. 11. 1913, Mitteilungen des Deutschen Handelstages, 54. Jahrgang Nr. 1, S. 11 ff.: Archiv der Handelskammer Hamburg 80.A.2.o.1. 180 Artikel „Zugaben“, in: Handel und Gewerbe vom 26. 7. 1913.: BArch, R 3001 / 2626.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

dem Kampf um den Kunden entwickelte sich ein Kampf um die Ware.181 Ursache dieser Entwicklung war, dass man im Deutschen Reich zu Beginn des Krieges nur unzureichend für die Deckung des täglichen Bedarfs der Bevölkerung vorgesorgt hatte. Hierzu kam die bereits mit Kriegsausbruch einsetzende britische Blockade der deutschen Seehäfen. Beides führte zunächst zu einer nur leidlichen Versorgung, wenig später jedoch auch zu Engpässen, Angstkäufen, leeren Regalen, Schieberei und Preiswucher.182 Verkaufsfördernde Maßnahmen waren unter diesen Umständen nicht erforderlich. Auch Zugaben und Rabatte tauchten im Einzelhandel kaum noch auf.183

F. Wiederaufleben und lawinenartige Ausbreitung des Zugabewesens I. Depression und Aufschwung – Wiederaufleben des Zugabewesens In den ersten Jahren nach Kriegsende veränderte sich die Marktsituation nicht wesentlich. Verbrauchsgüter blieben knapp und die junge Weimarer Republik setze die aus Kriegszeiten stammende strenge Warenbewirtschaftung zunächst fort. Die Nachfrage nach Gütern war damit immer noch größer als das Angebot.184 Die Inflation, die nach 1918 eingesetzt hatte, erreichte im Herbst 1922 ihren ersten Höhepunkt und gipfelte in einer „Hyperinflation“. Mitte 1923 begann die Wirtschaft zusammenzubrechen, im Einzelhandel ging man dazu über, „Waren zu horten und die Läden nur noch stundenweise zu öffnen. Es kam zu Hungerdemonstrationen, massenhaften „Hamstereien“ und Plünderungen.“185 Die Bevölkerung war froh, ihren Bedarf an Waren des täglichen Lebens decken zu können. Wer Bargeld nicht sofort ausgab, lief Gefahr, erleben zu müssen, dass es innerhalb von Tagen oder gar Stunden weiter an Wert verloren hatte.186 Dieser „Warenhunger“ machte aufwendige Werbung und damit auch Zugaben für den Handel vorerst überflüssig.187

181 Damit entwickelte sich ein reiner „Verkäufermarkt“. Vgl.: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79(79). 182 Berekoven, Die Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 54. Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 13. 183 Opitz, Zugaben, S. 8. 184 Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 13 f. Vgl. auch: Winkler, Weimar 1918 – 1933, S. 143. 185 Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 136. 186 Vgl. Berekoven, Die Geschichte des Einzelhandels, S. 54.

F. Wiederaufleben und lawinenartige Ausbreitung des Zugabewesens

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Besserung trat erst im November 1923 mit der Einführung der Rentenmark ein, sie führte zu einer Stabilisierung der Währungssituation.188 Mit dem kaufkräftigen Geld im Umlauf kam es schnell zu einer Wiederbelebung des Wirtschaftslebens. Die Einzelhandelsregale füllten sich wieder, das Warenangebot verbesserte sich in Quantität und Qualität. Trotz eines riesigen Nachholbedarfs der Bevölkerung nach Krieg und Inflation war der Markt plötzlich wieder ein „Käufermarkt“,189 der auch das Werben um Kunden wieder erforderlich machte.190 Ungeachtet dieser Entwicklung erlebte die Gesamtwirtschaft der Weimarer Republik keinen unmittelbaren Aufschwung. Nach der Einführung der neuen Währung folge von Herbst 1925 bis Mitte 1926 zunächst eine zweijährige ernste Wirtschaftskrise, die von hohen Zinsen, Steuern, sprunghaft ansteigender Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Konkursen geprägt war.191 Schon früh kam es damit zu einer Verschärfung des Wettbewerbs, die im Zusammenspiel mit einer durch die harten Kriegs- und Inflationsjahre ohnehin erschütterten Geschäftsmoral im Einzelhandel vermehrt zur Anwendung zweifelhafter Absatzmethoden führte.192 Bereits nach Stabilisierung der Währung im Frühjahr 1924 waren die ersten vereinzelten Fälle von Wertreklame beobachtet worden.193 Im April berichtete die 187 Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 14. Ungeachtet davon fehlte ohnehin das für die Herstellung der Reklamemittel notwendige Material: Lange, Über die Zulässigkeit von Zugaben und Werbegeschenken, S. 7. Auch für andere Mittel der Absatzförderung wie etwa Sonderverkaufsveranstaltungen bestand kein Bedürfnis. So gibt etwa Mewes an, dass die Menschen vielmehr bemüht gewesen seien, „Sachwerte zu erlangen oder festzuhalten“. Grund hierfür sei gewesen, dass der Gelderlös aus Verkäufen regelmäßig nicht ausreichte, um hierfür gleichartige Waren zu kaufen: Mewes, Das Recht der Sonderveranstaltungen, S. 20. 188 Kolb, Die Weimarer Republik, S. 51; Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 137 f. 189 Borck, Zugaberecht, S. 22 f., der auch angibt, dass es sich wegen der Warenknappheit bis zum Ende der Inflationszeit um einen „Verkäufermarkt“ gehandelt hatte. 190 Diese Angaben decken sich mit einem Bericht der Vereinigten Kaufmannschaft Bochum e.V., einem Zweckverband für Handel und Fabrikation. In seinem Nachrichtenblatt wurde berichtet, dass sich die Marktverhältnisse im Jahre 1924 normalisiert hatten. In der Ersatzkaffee-Industrie etwa habe dies dazu geführt, dass mit großem Aufwand „Zeitungsreklame, Plakatdrucke und Propagandareisende“ eingesetzt wurden. In: Jahrgang 1930, Ausgabe Nr. 4 vom 16. 2. 1930, S. 25(26): BArch, R 3001 / 2631. 191 Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 237. 192 Feldmann, Vom Weltkrieg zur Weltwirtschaftskrise, S. 146: Er schildert auch, dass „der Übergang von der einen zur anderen Periode ( . . . ) von einem Trauma begleitet“ gewesen sei. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. hielt in ihrem Geschäftsbericht für 1925 folgendes fest: „Auch im Berichtsjahr haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse weiterhin verschlechtert. Hierauf dürfte es auch zurückzuführen sein, dass der unlautere Wettbewerb in einer Weise zugenommen hat, dass sogar das Jahr 1924 dahinter zurückgeblieben ist. Um wenigsten einigermaßen Geldmittel in die Hand zu bekommen, wurde zu Reklamemitteln gegriffen, die in sehr vielen Fällen als lauter nicht mehr angesehen werden können.“: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5795 / Bl. 68. 193 Vgl.: Gemeinsames Schreiben des Reichsjustizministers v. Guérard und des Reichswirtschafts-ministers Curtius an den vorläufigen Reichswirtschaftsrat vom 5. 6. 1929: BArch,

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Handelskammer Trier vom vereinzelten Wiederaufleben des Zugabewesens im Schuhhandel.194 Im Juni beobachtete die Industrie- und Handelskammer für die Kreise Karlsruhe und Baden die Ausbreitung der Zugabenwerbung im Textilhandel.195 Nachdem sich die Zugabenwerbung schnell als überaus wirksame Werbemethode erwies, nahm sie rasch an „Umfang und systematischem Ausbau“ zu.196 Dies galt insbesondere für den „Verkauf von Lebens- und Genussmitteln wie Kaffee, Kaffee-Ersatzmittel, Tee, Butter, Margarine, Nährmittel, Zigaretten und kleineren, regelmäßig gebrauchten Haushaltswaren wie Seife, Putz- und Waschmittel und dergleichen, besonders aber bei Markenartikeln jeglicher Art“.197 Die Zugabeartikel selbst stammten vor allem aus der Porzellan-, Glas-, Uhren-, Schmuck-, Textil-, Leder-, Papierwaren-, Spiel- und Metallwarenindustrie.198 Ende 1924 beobachteten diverse Handelskammern, zunächst in Westdeutschland und dann allgemein, das Wiederauftreten der Zugaben im Handel.199

II. Frühe Rufe nach Abhilfe So schnell die Zugabenreklame erneut aufgetaucht war und sich ausbreitete, folgten auch die ersten Klagen. Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs e.V., Berlin, erwähnte bereits in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1924, dass das Zugabewesen derartig zugenommen habe, dass Forderungen nach seiner Beseitigung laut worden seien.200 Für das Jahr 1925 notierte sie, das Zugabewesen habe sich noch weiter ausgedehnt, so dass „in verstärktem Maße nach Schutz hiergegen verlangt“ werde.201 Hiermit waren vermutlich verschiedene Organisationen R 401 / 997, Bl. 1. Ebenso: Rede von Scholandt zur Zugabenfrage, Syndikus des Verbandes des Einzelhandels Dortmund, auf dem Verbandstag der Handelschutz- und Rabattsparvereine Deutschlands in München im September 1929: BArch R 3001 / 2631. Auch: Clad, Zugabeunwesen, GRUR 1929 S. 843(844). 194 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 57. 195 In Form von Bewirtung mit Kaffee und Kuchen: Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 13 f. 196 Klauer-Seydel, Das Zugabewesen, Einführung Rn. 1. 197 Vgl.: Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 1; so später auch: Brune, Für Freiheit im Wettbewerb, S. 14; ebenfalls Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 68. 198 Vgl.: Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 1. 199 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 57; Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 26. 200 Geschäftsbericht für das Jahr 1924: BArch, R 43 I / 1077, Bl. 37 f. 201 Geschäftsbericht für das Jahr 1925: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5795 / Bl. 68.

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des Einzelhandels gemeint, die zunehmend den Eindruck gewannen, dass die Zugaben für ihre Branche zum Problem würden. Anfang 1925 setze etwa der Große Ausschuss des Reichsverbands des deutschen Nahrungsmittel-Großhandels die Zugabefrage auf seine Tagesordnung. Er empfahl seinen Mitgliedern in dieser Frage Selbsthilfe und ermächtigte zugleich den Verband, energisch gegen das Zugabewesen vorzugehen.202 Auch der Edeka-Verband Deutscher kaufmännischer Genossenschaften fasste im selben Jahr auf seiner Verbandstagung eine Entschließung, in der das Zugabewesen in der Lebensmittelbranche „als des ehrbaren Handels unwürdigen Auswuchs“ bezeichnet wurde. Festgehalten wurde zudem, dass sich auch die Unterverbände auf ihren Tagungen gegen die Zugabengewährung ausgesprochen und ihren Mitgliedern angeraten hätten, nicht mit Zugaben zu arbeiten.203 Ebenfalls bereits im Jahr 1925 setzte sich der Einzelhandelsausschuss der Industrie- und Handelskammer zu Berlin mit der Zugabefrage auseinander.204 Hier brachte man in Erinnerung, dass man bereits vor dem Krieg intensiv über die Empfehlungen beraten hatte, die Karl Lobe am Ende seines im Sommer 1913 veröffentlichten Gutachtens abgegeben hatte.205 Der Ausschuss beschloss, „die Aufmerksamkeit der beteiligten Kreise von neuem auf diesen Vorschlag zu richten und eine neue Erörterung über die Zweckmäßigkeit eines Vorgehens der geschilderten Art einzuleiten.“ 206 Ähnlich äußerte sich auch die Industrie- und Handelskammer zu Bochum, die sich auf ihrer Vollversammlung vom 19. Oktober 1925 mit den Zugaben beschäftigte.207 Wie in Berlin kam man auch hier zu dem Schluss, dass die Vorschriften des UWG nicht ausreichten, um die auftretenden Missstände zu beseitigen. Aus dem Grund forderte man den Gesetzgeber auf, ein Zugabeverbot zu erlassen.208 Nur ein Jahr später, am 25. März 1926, fasste der Einzelhandelsaus202

Tagung in Goslar im Januar 1925: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen,

S. 58. 203 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 68. Dort wird auch berichtet, dass das eigene Engagement gegen das Zugabewesen den Edeka-Verband nicht davon abhielt, wenige Jahre später selbst mit Zugaben zu arbeiten. Im Oktober 1929 soll der Verband begonnen haben, Wertreklame einzusetzen. Der verwendete Gutschein hatte folgenden Wortlaut: „Edeka-Gutschein: bei Einkauf von Pfd. Margarine oder Pfd. Kaffee; Wir vergüten gegen diese Gutscheine 1 elegantes, reizendes Porzellan-Service laut Ausstellung in den Geschäften des Edeka Groß-Einkauf Berlin Westen e.G.m.b.H. ( . . . )“. 204 Vgl.: Mitteilung in der Deutschen Wirtschaftszeitung 1925, S. 225. 205 Siehe hierzu oben auf S. 56. 206 Am 25. 3. 1926 beschloss derselbe Ausschuss in Berlin, für eine Ergänzung des § 1 UWG einzutreten, so dass strafbar sein sollte: 1. Die Ankündigung von Zugaben oder ähnlichen Leistungen. 2. Das Abhängigmachen der Gewährung einer Zugabe von der Höhe eines Einkaufs (Ausnahme: Zugaben mit Reklame- oder Geschäftsbezeichnung): Mitteilung in der Deutschen Wirtschaftszeitung von 1926, S. 320. 207 Deutsche Wirtschaftszeitung 1925, S. 1092. 208 Es gab durchaus auch vereinzelte Industrie- und Handelskammern, die sich Mitte der 20er Jahre völlig anders zu Wort meldeten. Dies galt etwa für die Industrie- und Handelskammer Lüdenscheid, die 1925 eine Entschließung angenommen hatte, wonach sie dem einsetzenden Kampf gegen die Zugabe ausdrücklich eine Absage erteilte. Zugaben seien nur dann

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schuss des Deutschen Industrie- und Handelstages eine Entschließung, die eine das Zugabewesen betreffende Ergänzung des Wettbewerbsgesetzes forderte. Danach sollte sowohl die Ankündigung wie auch die Gewährung von Zugaben untersagt werden.209 Im Frühjahr 1927 wurde dann der erste Gesetzesvorschlag zur Regulierung des Zugabewesens in den Reichstag eingebacht.210 Mit dem maßgeblich von Borrmann,211 dem Direktor des Edeka-Verbandes deutscher kaufmännischer Genossenschaften (Berlin), betriebenen Antrag wurde angeregt, in den Straftatbestand des § 4 UWG (irreführende Werbeangaben) zwischen den ersten und zweiten Absatz folgende Regelung einzufügen:212 „Die Absicht, den Anschein eines günstigen Angebots hervorzurufen, ist als vorliegend zu erachten, wenn den Käufern dauernd oder periodisch Zugaben versprochen, bei Angeboten in Aussicht gestellt oder bei Verkäufen verabreicht werden. Davon ausgenommen sind lediglich Waren, die öffentlich Reklamezwecken dienen und durch Wort, Bild oder Schrift den Werbegedanken in klarer Weise in den Vordergrund treten lassen, sofern sie im Verhältnis zum Wert der Waren, auf die sie als Zugabe angepriesen, versprochen oder verabfolgt werden, als wertlos anzusprechen sind.“

Im Reichstag stieß der Antrag auf ein geteiltes Echo. Während Vertreter der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen Volkspartei im Sinne eines allgemeinen Mittelstandsschutzes eine entsprechende Verschärfung des Wettbewerbsgesetzes begrüßten, hielt die Zentrumspartei sie wegen der vielfältigen Umgehungsmöglichkeiten (etwa durch Sonderaktionen und Ausverkäufe) für wenig erzu verurteilen, wenn sie gegen §§ 3 und 4 UWG verstießen. Innerhalb der gesetzlichen Grenzen sei die Wertreklame als Ersatz der Wort- und Anschauungsreklame anzusehen und damit willkommen. Weitere Fesseln des freien Wettbewerbs durch gesetzliche Sonderbestimmungen seien abzulehnen: Vgl. Mitteilung in der Deutschen Wirtschaftszeitung 1925, S. 422. 209 Deutsche Wirtschaftszeitung 1926, S. 320. In den Akten des Reichswirtschaftsministeriums befindet sich ein Schreiben des Einzelhandelsausschusses des Deutschen Industrieund Handelstages an das Ministerium vom 31. 8. 1926. Darin ist ein Entwurf mit Vorschlägen zur Regelung des Ausverkaufs- und Zugabewesens enthalten, der u. a. auch die o.g. Regelung enthält: BArch, R 3101 / 2197. 210 Zuvor hatte im Reichstag bereits Anfang 1925 die Deutschnationale Volkspartei den Erlass eines umfänglichen Maßnahmenbündels („zum wirksamen Schutze, zur Erhaltung und Förderung des gewerblichen und kaufmännischen Mittelstandes“) beantragt, in dem unter Ziff. 6. auch ein erhöhter Schutz gegen das Rabattunwesen und den unlauteren Wettbewerbe verlangt worden war: Budjuhn Schiele und Genossen, Antrag vom 9. 1. 1925: Verhandlungen des Reichstags, Band 397, Drucksache Nr. 204. Nachdem auch der 8. Ausschuss (Volkswirtschaft) über Handwerks- und Mittelstandsfragen den Antrag unterstützte, war er am 22. 1. 1926 im Reichstag angenommen worden: Verhandlungen des Reichstags, Band 400, Drucksache Nr. 845; außerdem Band 388, 146. Sitzung, S. 5103 D. 211 Antrag von Borrmann und Genossen: Der Abgeordnete Borrmann gehörte der Wirtschaftspartei des deutschen Mittelstandes an: Reichstags-Handbuch, III. Wahlperiode 1924, S. 211. 212 Antrag Borrmann und Genossen vom 10. 3. 1927; Verhandlungen des Reichstags, Band 414 (Anlagen), Drucksache Nr. 3069.

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folgversprechend. Der Vertreter der Deutschen Demokratischen Partei bezeichnete den Antrag Borrmann als reine Agitation und warf der Wirtschaftlichen Vereinigung vor, in Wahrheit nicht einen Versuch unternommen zu haben, ihren Antrag auf die Tagesordnung einer Sitzung zu bringen.213

III. Lawinenartige Ausbreitung der Zugaben in der zweiten Hälfte der 20er Jahre Gegen Ende der 20er Jahre begann sich das Zugabewesen in Deutschland lawinenartig auszubreiten und ein für viele belastendes, in Einzelfällen sogar gefährdendes und damit unerträgliches Ausmaß anzunehmen. Neben einer zahlenmäßig gewaltigen Ausbreitung der Verwender der Zugabenwerbung und damit der Zugaben als solcher kam es vielfach zu einer beachtlichen Steigerung des Wertes der Zugaben. Diese Entwicklung spiegelte sich in sich nun häufenden Wortmeldungen und Eingaben betroffener Wirtschaftsverbände, Verbraucherorganisationen und weiterer an der Wettbewerbssituation interessierter Kreise wieder. Hinzu kam ein nahezu ausuferndes Anwachsen des Schrifttums zu dieser Frage in Fach- und Tageszeitungen als auch in sich eigens mit diesem Thema auseinandersetzenden Publikationen.214

1. Ausbreitung im kleinen und mittleren Handel für Lebens- und Genussmittel In den Jahren nach 1924 war es zunächst der kleine und mittlere Handel, der zum Absatz von Gütern des kurzfristigen Bedarfs wie Lebens- und Genussmittel zunehmend Zugaben einsetzte. Wort- und Anschauungsreklame in der Presse oder im Rahmen von Sonderdrucken war für sie oft zu kostenintensiv.215 Hierzu kam, dass es beim Einsatz von Zugaben – anders als bei der Wort- und Anschauungsreklame – nicht erforderlich war, auf die individuellen Vorzüge von Qualität oder Menge der eigenen Produkte abzustellen. Das Werbemittel der Zugaben wirkte vielmehr auch dann, wenn „das eigene Produkt hinsichtlich Qualität und Preis

Verhandlungen des Reichstags, Band 395, 394. Sitzung, 13220 D f. Diese Entwicklung geben auch heute noch die Aktenbestände der beteiligten Ministerien wieder: Hatte das Reichswirtschafts- als auch das Reichsjustizministerium bis Ende 1928 seine Unterlagen zur Zugabeproblematik noch in Akten zum „unlauteren Wettbewerb“ bzw. zum „Gewerbewesen“ abgelegt, begann man im Frühjahr 1929 in beiden Ministerien Akten eigens betreffend das Zugabewesen anzulegen: Reichsjustizministerium: BArch, R 3001 / 2631 – 2641; Reichswirtschaftsministerium: BArch, R 3101 / 2198 – 2208 und 13778 – 13781 und 13826 – 13830. 215 Marx, Nachrichtenblatt der Vereinigten Kaufmannschaft e.V. Bochum, Jahrgang 1930, Heft Nr. 4, S. 25(26): BArch, R 3001 / 2631. 213 214

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kaum von dem der Konkurrenten divergierte“.216 Der Einsatz von Zugaben war darüber hinaus deshalb besonders reizvoll, weil die Preise für Markenartikel vielfach gebunden waren. Anders als nach der Aufhebung der Preisbindung durch die 2. GWB-Novelle im Jahre 1973 konnten die Hersteller damit die Endabnehmerpreise ihrer Produkte für den Einzelhandel verbindlich festlegen.217 Ein echter Preiswettbewerb war damit bei diesen Artikeln nicht möglich. Für viele Einzelhändler muss es damit nahegelegen haben, vom Preiswettbewerb auf den Zugabenwettbewerb auszuweichen.218 Bald schon wurde die Masse verpackter Lebens- und Genussmittel, Haushaltswaren und Markenartikel aller Art zusammen mit Zugaben vertrieben. Mit den eigentlichen Waren wurden Gutscheine und Sammelhefte ausgegeben, die v.a. gegen Porzellan-, Glas-, Textil- und Lederwaren eingelöst werden konnten.219 Wie weit die Ausbreitung des Zugabewesens scheinbar ging, verdeutlicht ein Bericht aus der zweiten Hälfte des Jahres 1929, in dem angegeben wird, dass „eine große Zahl von Lebensmittel- und Kolonialwarengeschäften das Aussehen eines Porzellan- oder Haushaltswarenladens“ angenommen habe.220 Der Schutzverband für Wertreklame ermittelte 1929 unter den ihm angeschlossenen, Zugabenwerbung treibenden Unternehmen, dass Zugaben mit folgender Verteilung auf die abzusetzenden Produkte eingesetzt wurden: Margarine 50 %, Malzkaffee und andere Kaffee-Ersatzmittel 25 %, Nährmittel 12,5%, Seife 5% Putzmittel 2,5 % und schließlich Verschiedenes 5 %.221 216 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 126; Vgl. auch: Angaben des Reichskommissars für Preisüberwachung Goerdeler, wonach Zugaben insbesondere bei solchen Waren gegeben worden seien, „bei denen sich Vergleiche über die Qualität und teilweise auch über die Geweichte nur schwer durchführen lassen.“: Schreiben an den Reichswirtschaftsminister vom 17. 12. 1932: BArch, R 3101 / 2204. 217 Seither ist die Preisbindung zweiter Hand gem. §§ 14, 15 GWB nur noch für Verlagserzeugnisse zulässig. Ansonsten sind die Hersteller nach § 23 GWB auf unverbindliche Preisempfehlungen beschränkt. Vgl. zur Preisbindung im Allgemeinen: Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker, Kommentar zum GWB, § 15 Rn. 55. 218 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 146; auch: Köhler, in Festschrift für Hoppmann, S. 292. 219 Meyer, GRUR 2001, S. 98(103). Der Schutzverband für Wertreklame ermittelte 1929 unter den ihm angeschlossenen Unternehmen, dass hauptsächlich folgende Artikel mit dem nachtstehenden Anteil gewährt wurden: Porzellan und Steingut 30%, Glas 15 %, Blechwaren für den Haushalt, Bestecke 15 %; Kinderspielzeug 15 %, Lederwaren 10 %, Verschiedenes (Textilien, Uhren, Schmuck) 15%: Vgl.: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 18. 220 So: Scholandt, Syndikus des Verbands des Einzelhandels Dortmund, in seiner Rede auf dem 27. Verbandstag der Handlesschutz- und Rabattsparvereine Deutschlands e.V. im September 1929 in München: BArch, R 3001 / 2631; ähnlich auch der Abgeordnete Rieseberg am 28. 5. 1930, Verhandlungen des Reichstags, Band 428, 175. Sitzung, S. 5445 C. 221 Bei diesen Zahlen fällt insbesondere der hohe Anteil von Margarine als auch von Malzkaffee und Kaffee-Ersatzmitteln ins Auge. Zusammen machten sie 3/4 der mit Zugaben vertriebenen Waren aus. Als Erklärung gibt Paleczek an, dass sowohl die Margarine- als auch

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2. Übergreifen auf weite Kreise des Handels Eine Gruppe, die erst gegen Ende der 20er Jahre im großen Stil die Arbeit mit Zugaben aufnahm, waren die Großunternehmen. Hierzu zählten insbesondere die Großfilialkonzerne des Einzelhandels als auch die großen Einkaufsgenossenschaften.222 Sie hatten sich bis dahin zumeist ausschließlich mit der Wort- und Anschauungsreklame in Tageszeitungen und anderen Druckerzeugnissen begnügt.223 Gleichzeitig hatten sie zu den schärfsten Kritikern der Wertreklame gehört. Als sich dann aber von 1928 an der Wettbewerb verschärfte und sich die Zugaben im kleinen und mittleren Handel als äußerst wirksam erwiesen, gingen auch sie dazu über, mit Zugaben zu arbeiten.224 Ein gutes Beispiel dieser Entwicklung war der Edeka-Verband deutscher Kaufmännischer Genossenschaften, der sich seit 1925 durch seinen Vorsitzenden Borrmann im Reichstag regelmäßig für ein Verbot des Zugabewesens stark gemacht hatte und ab 1929 selbst auf dieses Werbemittel zurückgriff.225 Neben der Ausbreitung des Zugabewesen bei den Großbetrieben des Einzelhandels fanden sich auch in den dem Einzelhandel vorgeschalteten Absatzstufen zunehmend Zugaben. Neben der bereits gängigen Ankündigung und Gewährung vom Einzelhändler an den Verbraucher wurden sie zunehmend auch vom Produzenten an den Groß- und Einzelhändler und vom Produzenten und den Großhändler an den Konsumenten vergeben.226Letztlich gewann die Zugabenwerbung die Ersatzkaffeehersteller von Mitte der 20er Jahre an verstärkt versuchten, den Marktanteil für ihre Produkt gegenüber klassischen Produkten wie Butter (als auch andere Butterersatzmittel wie Fett) und Bohnenkaffe zu erhöhen. Für den Kaffeemarkt ist bekannt, dass damals infolge der Überproduktion an Kaffee der Weltmarktpreis sehr niedrig war. Aus diesem Grund hatten auch die Hersteller von Malz- und Ersatzkaffee hinsichtlich der Preise keine großen Spielräume. Dieser Umstand als auch die anerkannte Wirksamkeit der Wertreklame soll es für den mit Malz- und Ersatzkaffeehandel besonders interessant gemacht haben, mit Zugaben zu arbeiten: Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 15. 222 Die wohl bekanntesten Einkaufsgenossenschaften waren wohl der 1907 gegründete Edeka-Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften als auch die 1926 gegründete REWE (Vereinigung der Lebensmittel-Großhandels-Genossenschaften von Rheinland und Westfalen eGmbH, Köln): Berekoven, Die Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 50 f. u. 78 f. Zur Aufnahme der Zugabenwerbung durch Großbetriebe: Entschließung des Vereins der Konfitüren-Händler von Berlin und Umgegend 1900 e.V. vom 28. 4. 1930: BArch, R 3001 / 2631. 223 Marx, Nachrichtenblatt der Vereinigten Kaufmannschaft e.V. Bochum, Jahrgang 1930, Heft Nr. 4, S. 25(26): BArch, R 3001 / 2631. 224 Vgl.: 142. Sitzung des Preußischen Landtags am 14. 3. 1930, Rede des Abgeordneten Wiegand (DVP), der von einer „Fronverschiebung“ im Kampf um das Zugabewesen sprach: S. 18161: BArch, R 3001 / 2631; ebenfalls des Abgeordneten Metzinger (Z), der sich auf die Margarinekonzerne bezog, S. 12864: BArch, R 3001 / 2631. 225 Hierzu siehe oben in Fn 203. 226 v. Cammerloher, Protokoll der 23. öffentlichen Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer München vom 23. 70. 1930 S. 18: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 266. Der vorläu-

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in diesen Kreisen jedoch nicht den Umfang und die Bedeutung, die sie beim Absatz unmittelbar an das kaufende Publikum hatte.227

3. Ständiger Wertzuwachs der Zuwendungen Mit dem bald ungezügelten Anwachsen der Zugaben im Handel stellte sich ein weiteres Phänomen ein: Die gewährten Zugaben gewannen ständig an Zahl oder Wert. Der Grund hierfür lag in der Erkenntnis vieler Wettbewerber, dass sich nur so die umsatzerhaltene oder umsatzsteigernde Wirkung der Zugaben erhalten ließ.228 Diese Entwicklung führte schnell zu weiteren Problemen. Durch den „Zwang zur Übersteigerung“ begann der Wert der Zugaben mehr und mehr zur Belastung für die Werbenden zu werden. Zum Teil wird angegeben, dass dieser Umstand gesamte Geschäftszweige in Schwierigkeiten gebracht hätte.229 Viele Unternehmen hätten sich in dieser Situation gerne der Zugaben entledigt. Dies erwies sich jedoch zumindest z.T. als schwierig, weil man gegenüber den Kunden mit den komplexen Gutscheinsystemen gewissermaßen eine auf Jahre angelegte Selbstbindung eingegangen war. Eine vorzeitige Aufhebung dieser Systeme hätte mit Sicherheit zur Verärgerung vieler Gutscheininhaber geführt und sie in die Arme der Konkurrenz getrieben.230

4. Veranschaulichendes Beispiel zum Ausmaß des Zugabewesens Zur Veranschaulichung, welches Ausmaß das Zugabewesen gegen Ende der 20er Jahre in vielen deutschen Großstädten angenommen hatte, wird im Folgenden ein Auszug eines Berichts aus dem Sommer 1930 wiedergegeben. Der Bericht war für die Industrie- und Handelskammer München aus Anlass der Veröffentlichung des vom vorläufigen Reichswirtschaftsrat im Frühjahr 1930 veröffentlichten Gutfige Reichswirtschaftsrat sprach von der Zugabengewährung in den „Vorstufen“: Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 5. 1930 S. 2. 227 v. Cammerloher, Protokoll der 23. öffentlichen Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer München vom 23. 7. 1930 S. 16(18): BArch, R 3001 / 2632 Bl. 266. 228 So: Reichskommissars für Preisüberwachung Goerdeler in einem Schreiben an den Reichswirtschaftsminister vom 17. 12. 1932: BArch, R 3101 / 2204; auch: Meier, Die Geschenkwerbung unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933, S. 19. 229 Lange, Über die Zulässigkeit von Zugaben und Werbegeschenken, S. 8: Als Beispiel verweist er auf die Fachgeschäfte für Haushalts- und Porzellanwaren. Allein 1930 / 31 hätten aufgrund dieser Entwicklung von 1600 Porzellangeschäften 134 ihren Betrieb einstellen müssen; 213 seien gezwungen gewesen, mehr als die Hälfte ihrer Angestellten zu entlassen. 230 Meier, Die Geschenkwerbung unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933, S. 19.

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achtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens erarbeitet worden und diente der Kammer als Grundlage für die Meinungsbildung in dieser Angelegenheit:231 „In einem Bierrestaurant einer deutschen Großstadt wird zu jedem fünften Glas Bier, das der Gast trinkt, eine Rasierklinge „gratis“ zugegeben. In einer Bar der gleichen Stadt erhält jeder, der eine Flasche Sekt trinkt, ein Theaterbillet geschenkt, und wenn man dann an anderer Stelle seinen Mokka getrunken hat, erscheint plötzlich durch Leuchtschrift die Mitteilung: „Die Tasse, aus der Sie soeben tranken, ist Ihr Eigentum.“ Es gibt große Kaffeeund Teespezialgeschäfte, die ganze Porzellan-Kaffee und Eßservice zugeben, es gibt Butter und Nahrungsmittelgeschäfte, die sämtliche Haushaltsgegenstände als „Zugabe“ gewähren. So bietet ein Margarinehersteller als Zugaben an: Bei 3-Monatsabschluss von 2 Ztr. Margarine: ein 23-teiliges Tafelservice, Gold oder bunt. Bei 6-Monatsabschluss von 4 – 5 Ztr. Margarine: ein 45-teiliges Tafelservice. Bei 12-Monatsabschluss von 6 – 7 Ztr. Margarine: ein 77-teiliges Tafelservice oder eine Miele-Waschmaschine. Bei 12-Monatsabschluss von 50 Ztr. Margarine: ein Eichen-Schlafzimmer. Dass ferner noch Eichen-Wanduhren, Paradebettwäsche, Klubsessel, Kronleuchter, Grammophone, Radioapparate, Pelzmäntel durch Nebenabschlüsse „im Handumdrehen“ zu erwerben sind und Extrawünsche ausdrücklich noch berücksichtigt werden nur nebenbei. Diese Auswüchse lassen natürlich andere Unternehmer nicht ruhen. Aus jüngster Zeit liegt vor mir folgendes Angebot: „Bei Bestellung eines großen Postpakets, enthaltend echte feine Nürnberger Lebkuchen, Nürnberger Allerlei, Schokolade, Dessertgebäck etc. zum spotbilligen Nachnamepreis von RM 5.90 bekommt man gratis eine Herrenuhr mit 1 Jahr schriftlicher Garantie.“232

5. Zahlen zum Umfang der Wertreklame Der genaue Umfang, den die Zugabenwerbung in Deutschland gegen Ende der 20er Jahre erreicht hatte, ist nie exakt ermittelt worden. Die einzigen existierenden Zahlen beruhen auf Schätzungen der Forschungsstelle für den Handel von 1929 und 1930 und gehen auf Angaben des Schutzverbands für Wertreklame e.V. zurück.233 Bei der Würdigung dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, dass es sich hier231 Bericht ausgearbeitet und vorgetragen von v. Cammerloher in der 23. öffentlichen Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer München am 23. 7. 1930, S. 16 – 22: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 266. Der Bericht als auch der anschließend vorgetragene Antrag des Referenten, wonach sowohl die Ankündigung als auch die Gewährung von Zugaben gesetzlich zu verboten werden sollte, fand die einhellige Zustimmung aller Sitzungsteilnehmer. 232 Ein weiteres anschauliches Beispiel von 1929 findet sich bei Heßler, Zugaben und unlauterer Wettbewerb, S. 1: „Eine bedeutende Fabrik, die Gummiabsätze herstellt, gibt einen 32 Seiten umfassenden Katalog ihrer „Prämiengegenstände“ für die Zwischenhändler heraus, der diesen die verschiedensten Sachen von der einfachen Nickeluhr bis zur „Familiennähmaschine“ und zum „Clubsessel“ beim Bezug der Erzeugnisse der Fabrik in Aussicht stellt.“

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bei um einen Interessenverband der Wertreklameartikel herstellenden und im Handel mit Zugaben arbeitenden Unternehmen handelte, die sich zum Schutz dieser Werbeform zusammengetan hatten. Für die Seriosität der Zahlen spricht indes, dass sich selbst der vorläufige Reichswirtschaftsrat ihrer bediente und sie in sein 1929 vom Reichsjustizminister und Reichswirtschaftsminister in Auftrag gegebenes und im Frühjahr 1930 veröffentlichtes Gutachten über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens aufnahm.234 Nach eigenen Angaben hatte der Schutzverband für Wertreklame Ende 1929 rund 130 Mitglieder, die etwa 30 000 Arbeitnehmer beschäftigen und einen Jahresumsatz von insgesamt ca. 200 Millionen Reichsmark erwirtschafteten. Mit diesem Umsatz sollen die Unternehmen an dem unter Einsatz von Wertreklame erzielten Gesamtumsatz lediglich einen Anteil von 25 – 30 % gehabt haben (ein Drittel bis ein Viertel der wertreklametreibenden Unternehmen soll zu diesem Zeitpunkt im Schutzverband organisiert gewesen sein). Unter Zugrundelegung dieser Zahlen errechnete die Forschungsstelle, dass der Güterumsatz, der unter Verwendung von Wertreklame erfolgte, 600 bis 800 Millionen Reichsmark im Jahr betragen habe. Dabei wurden nur solche Zugaben berücksichtigt, die von größeren Firmen ständig betrieben wurden, nicht hingegen gelegentlich gewährte Zugaben. Wenn man nun mit der Forschungsstelle für den Handel (Berlin) annimmt, dass bei den beteiligten Unternehmen durchschnittlich 5 bis 7 % für Wertreklame aufgewendet wurde, lagen die jährlichen Aufwendungen für Wertreklame gegen Ende der 20er Jahre bei einem Betrag zwischen 30 Millionen und 56 Millionen Reichsmark. Im Juli 1930 nahm der Schutzverband für Wertreklame eine erneute Schätzung vor. Ausgehend von der Annahme, dass mittlerweile 50 % der wertreklametreibenden Firmen Mitglieder des Verbandes waren und insgesamt 500 Millionen Reichsmark mit Hilfe von Zugaben umgesetzten, schätzte man den Gesamtumsatz auf 800 – 1.000 Millionen Reichsmark. Unter Zugrundelegung dieser Zahlen haben die Aufwendungen für Zugaben Mitte des Jahres 1930 zwischen 40 und 70 Millionen Reichsmark betragen.235

233 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 17 f. Die von der Forschungsstelle ermittelte Daten waren auch Grundlage für die Angaben von Paleczek, Die Volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 14 f. und Lange, Über die Zulässigkeit von Zugaben und Werbegeschenken, S. 7 f. 234 Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 2. 235 Zum Vergleich gab die Forschungsstelle an, dass die Wortreklame im Jahr 1929 zwischen 800 und 900 Mio. RM betragen habe. Da diese Zahl nur die Reklame in Zeitungen und Zeitschriften erfasse, könne für die gesamte Wort- und Anschauungsreklame von 1 Mrd. RM ausgegangen werden.

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IV. Die Gründe für die lawinenartige Ausbreitung des Zugabewesens Die lawinenartige Ausbreitung des Zugabewesens gegen Ende der 20er Jahre hatte im Wesentlichen drei Gründe: Hauptursache war die sich abschwächende Konjunktur und der sich anschließende wirtschaftliche Niedergang der Weimarer Republik. Insgesamt führte dies zu einer deutlichen Verschärfung der Verteilungskämpfe im Land. Eine weitere Ursache war die kleingewerbliche Struktur und die „Über(be)setzung“ des Einzelhandels. Da viele Betriebe ohnehin bereits zu kämpfen hatten, war ihnen nach der weiteren Verschärfung des Wettbewerbs nahezu jedes Mittel recht, das der Werbung von Kunden zu dienen versprach. Als dritten Grund für die uferlose Ausbreitung der Zugaben ist schließlich die Eigendynamik zu nennen, die das Zugabewesen seit Mitte der 20er Jahre annahm. Im Zusammenspiel mit den besonderen wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen dieser Jahre fühlten sich viele Kaufleute scheinbar nahezu gezwungen Zugaben einzusetzen bzw. den Umfang ihrer Zugabenwerbung stetig zu erweitern.

1. Der wirtschaftliche Niedergang und die Verschärfung des Wettbewerbs Die Jahre von 1924 bis 1929 waren für die Weimarer Republik Jahre der „relativen Stabilisierung“. Neben außenpolitischen Erfolgen und Fortschritten bei der inneren Befriedung und Festigung der Republik gab es auch einen begrenzten wirtschaftlichen Aufschwung.236 Die günstigsten Konjunkturdaten dieser Tage wurden im Sommer 1927 erreicht. Von da ab zeichnete sich ein Rückgang der Konjunktur ab, beginnend mit einem spürbaren Verfall der Aktienkurse237. Mitte 1928 begann dann die Arbeitslosigkeit zu einem zunehmenden Problem zu werden. Waren im Sommer 1927 noch 1,3 Millionen Arbeitslose gemeldet, schwoll diese Zahl im Winter 1928 / 29 erstmals auf über 3 Millionen an.238 Die Situation verschärfte sich noch deutlich gegen Ende Oktober 1929, als die Aktienkurse an der New Yorker Börse erdrutschartig abstürzten.239 Dieses Ereignis markierte einen ersten Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, deren ökonomische Konsequenzen Deutschland 236 Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 71; Vgl. auch: Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 160, der den gleichen Zeitraum wirtschaftlich betrachtet als eine Phase „relativer Stagnation“ bezeichnete, weil die deutsche Volkswirtschaft trotz hoher Wachstumsraten nur mit Mühe den Stand der Vorkriegszeit erreichte und zudem die Arbeitslosigkeit immer recht hoch war. 237 Winkler, Weimar 1918 – 1933, S. 357. 238 Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 254; Winkler, Weimar 1918 – 1933, S. 352. 239 New Yorker Börsenkrach vom 24. 10. 1929, in dessen Folge innerhalb weniger Tage die Kursgewinne des gesamten Jahres ausgelöscht wurden: Vgl. Winkler, Weimar 1918 – 1933, S. 352. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 119.

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besonders hart trafen. Von über 3 Millionen Arbeitslosen im September 1930 stieg die Zahl bis September 1931 auf 5,1 Millionen an. Im März 1932 wurde mit 6,1 Millionen Arbeitslosen schließlich der absolute Höchststand erreicht.240 Selbst wer Arbeit hatte, musste wegen Kurzarbeit vielfach erhebliche Lohneinbußen hinnehmen. Folge dieser „steilen wirtschaftlichen Talfahrt“ war eine „drastische Verschärfung der ökonomischen Verteilungskämpfe“.241

2. Die Übersetzung und „krämerhafte“ Struktur des Einzelhandels Besonders zu spüren bekam diese Entwicklung der Einzelhandel „mit seiner überwiegend kleingewerblichen Struktur“.242 Ihm war bereits im Kaiserreich aufgrund seiner zahlreichen „krämerhaften“ und deshalb „unrentablen und auf dem Prinzip der Selbstausbeutung basierenden Betriebe“ nachgesagt worden „übersetzt“ zu sein.243 Nach 1918 hatte sich diese Situation zunächst sogar noch verschlechtert, nachdem in den durch Inflation und Verarmung geprägten harten ersten Nachkriegsjahren zu den bereits existenten Verkaufsstellen noch zahlreiche Notgründungen hinzugekommen waren.244 Mit Einführung der Währungsreform war dann zunächst eine allgemeine wirtschaftliche Scheinblüte gefolgt, von der auch der Handel profitierte und ihm oberflächlich eine Konsolidierung ermöglichte.245 In Wahrheit verbarg sich hinter dem äußeren Glanz vieler mondäner Geschäfte der „goldenen Zwanziger“ viel Sorge und Not. Ganz allgemein klagte man über zu hohe Ladenmieten, drückende Steuern, zurückgehenden Gewinn und die zunehmende Konkurrenz durch die (aus Sicht des Mittelstands) neuen „großkapitalistischen Betriebsformen“ wie die Waren- und Kaufhäuser, die Einheitspreis- und Versandgeschäfte.246 Letztere übten oftmals großen Preisdruck aus, weil sie „unter

240 Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, hrsg. Vom Statistischen Reichsamt, 56. Bd., Berlin 1937, S. 350. 241 Kolb, Die Weimarer Republik, S. 106. 242 Ganze 78 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes wurde damals von Mittelständlern erwirtschaft, den vergleichsweise überschaubaren Rest teilten sich Waren- und Kaufhäuser, Konsumanstalten, Versandgeschäfte und Einheitspreisgeschäfte: Berekhoven, Geschichte des Einzelhandels, S. 57. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass der Begriff des Mittelstands in den damaligen Jahren eine andere Bedeutung als heutzutage hatte und für erheblich kleinere gewerbliche Einheiten stand. So beschäftigte ein Handelsbetrieb Anfang der 30er Jahre im Durchschnitt 2,6 Angestellte: Littmann, Die Rechtslage vor nach der Aufhebung von Zugabeverordnung und Rabattgesetz, S. 16. Ähnlich.: Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 4. 243 Vgl.: Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 202. 244 van Norden, Deutsche Wirtschaftszeitung 1929, S: 356(358). Auch: James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 229. Ebenfalls: Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 4. 245 Berekhoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 55. 246 van Norden, Deutsche Wirtschaftszeitung 1929, S. 356(358).

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der Parole billigen Wareneinkaufs“ große Warenmengen abzusetzen hatten.247 Ab Ende 1928 hatte der deutsche Einzelhandel dann besonders mit dem stetig zurückgehenden Volkseinkommen zu kämpfen. Die hiermit einhergehende Abnahme der Massenkaufkraft248 führte zu einem steigenden Konkurrenzdruck, der eine Absatzkrise auslöste und letztlich ruinöse Formen annahm.249 Eine Rolle spielte in diesem Zusammenhang erneut, dass – wie bereits nach Kriegsende – viele der nun arbeitslos Gewordenen den Versuch unternahmen, sich mit der Gründung kleiner Einzelhandelgeschäfte oder als Hausier- oder Reisehändler durchzuschlagen.250 Hierdurch fühlten sich schon bald viele der alteingesessener Einzelhändler zusätzlich bedroht.251 Insgesamt bewirkte diese Entwicklung eine deutlichen Verschärfung des Wettbewerbs. Um ihre Waren trotz der geringen Nachfrage absetzen zu können, intensivierten nun viele Händler ihre Werbung. Gleichzeitig griffen sie zunehmend auch zu zweifelhaften Absatzmitteln. Von Bedeutung war hierbei vermutlich, dass es in den Inflationsjahren gerade der bürgerliche Mittelstand gewesen war, der vielfach nahezu die gesamte Existenz verloren hatte. Dieses Trauma lastete auf vielen Selbständigen und prägte ihr Handeln in der Krise. In gleicher Weise prägend war für viele Einzelhändler, dass der Grossteil von ihnen weder über kaufmännische, geschweige denn betriebswirtschaftliche Bildung verfügte.252 Damit war der Einsatz ausgefallener Absatzmethoden oftmals nicht wohldurchdacht, weder mit Blick auf den eigenen Betrieb noch auf die Entwicklung des Wettbewerbs insgesamt. Als der Konkurrenzkampf heftiger denn je wurde war und sich für viele Einzelhandelsunternehmen zu einem Existenzkampf entwickelte, waren sämtliche Mittel recht, von denen man sich versprach, wirkungsvoll den Absatz steigern zu können.253 Hierzu gehörte insbesondere das Zugabe-, das Ausverkaufs- und später auch das Rabattwesen.254

247 Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 5. 1930, S. 13. 248 Die Massenkaufkraft sollte 1932 um insgesamt 39 % unter dem Stand von 1929 liegen: Kolb, Die Weimarer Republik, S. 119. 249 Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung über das Zugabewesen, S. 58. Die Umsätze des deutschen Einzelhandels gingen von 35 Milliarden RM im Jahr 1929 auf 21 Milliarden RM im Jahr 1932 zurück: Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 4. Letzterer verweist in diesem Zusammenhang auf Splettstösser, Der Einzelhandel, Berlin 1936, S. 43. 250 Berekoven, Die Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 58. Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 202. 251 Littmann, Die Rechtlage vor und nach der Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung, S. 8. 252 Vgl.: Littmann, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung, S. 16. 253 Eckstein, Die Zugabe im Recht, S. 2.

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3. Die Eigendynamik der Zugabenwerbung Die Eigendynamik, die das Zugabewesen in der zweiten Hälfte der 20er Jahre erfuhr, ist bereits im Rahmen der Darstellung seines rasanten Umsichgreifens erkennbar geworden: Auf den zunehmenden Einsatz von Zugaben durch einzelne Teile des Groß- und Einzelhandels reagierten andere Teile des Handels bzw. andere Branchen ebenfalls mit dem Einsatz dieser Form der Wertreklame. Nachdem insbesondere der kleine und mittelständische Einzelhandel im Bereich der Lebensund Genussmittelhandel Zugaben eingesetzt hatte, fühlten sich mit sinkender Konjunktur und der Verschärfung des Wettbewerbs zunehmend auch genossenschaftlich organisierte Unternehmen und Großbetriebe gezwungen, ihren Kunden Zugaben zu versprechen. Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit der Eigendynamik des Zugabewesens war der Einfluss, den ihre Ausbreitung auf den Wert und den Umfang der Zugaben hatte. Als Konsequenz ihrer breiten Verwendung begannen auch die Zugabesysteme als solche miteinander zu konkurrieren und sich gegenseitig „aufzuschaukeln“. Um nicht in der Masse der Wertreklamen unterzugehen und damit ihre Reizwirkung auf das Publikum zu verlieren, mussten die Zugaben ständig an Masse und Wert zunehmen. Trotz der bald immensen Kosten für die Unternehmen war ein Ausstieg aus laufenden Systemen nur bedingt möglich.255

G. Die Forderungen der von den Zugaben betroffenen Interessengruppen Im Folgenden soll untersucht werden, welche Haltung die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen des Deutschen Reiches zum Zugabewesen einnahmen, nachdem die Zugaben wieder im Handel aufgetaucht und sich umfänglich ausgebreitet hatten. Eingegangen werden soll auf die verschiedenen Interessengruppen der Wirtschaft, der Verbraucher, der Gewerkschaften und schließlich der Presse. Da die Interessenlage innerhalb der Wirtschaft naturgemäß nicht einheitlich war, unterscheidet die Darstellung nach der Zugehörigkeit der betreffenden Unternehmen und Verbände zu Industrie, Handel und Handwerk. Für sämtliche Gruppen soll ermittelt werden, welche Rolle die Zugaben im (Geschäfts-)Alltag spielten und ob man sich entsprechend der jeweilig eigenen Wahrnehmung für ihre Abschaffung, ihre Beschränkung oder ihren Beibehalt einsetzte.

254 Mewes gibt zum Ausverkaufswesen für den Bereich der IHK Berlin an, dass sich ihre Zahl von 321 im Jahre 1925 auf 1090 im Jahre 1930 und 1166 im Jahre 1931 gesteigert habe: Mewes, Das Recht der Sonderveranstaltungen, S. 40. Zum Rabattwesen: Littmann, Die Rechtlage vor und nach der Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung, S. 8. 255 Siehe hierzu oben S. 72.

G. Forderungen der von den Zugaben betroffenen Interessengruppen

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I. Die Haltung der Wirtschaftskreise zur Zugabeproblematik 1. Die Industrie Für die Industrie lässt sich heute nicht mehr ganz genau ausmachen, wie die Masse ihrer Vertreter gegenüber dem Zugabewesen eingestellt war. Vermutlich war ein nicht unbedeutender Teil von ihr von der Wertreklameproblematik nicht unmittelbar berührt und meldete sich aus diesem Grund weder im Rahmen der öffentlichen Diskussionen noch mittels Eingaben bei den Ministerien zu Wort. Feststellbar ist heute lediglich, welche Haltung der Großteil der Industrievertreter einnahm, der sich in der Auseinandersetzung um die Regulierung des Zugabewesens hervorgetan hatte. Diese nicht unbedeutenden Vertreter der Industrie waren strikt gegen eine Regulierung des Zugabewesens und prägten mit dieser Auffassung auch die Haltung des Reichsverbandes der deutschen Industrie. Nur ganz vereinzelte und zudem eher unbedeutende Teile der Industrie wichen öffentlich von dieser Meinung ab und sprachen sich für eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens aus.

a) Mehrheit der Stimmen gegen eine Regulierung des Zugabewesens Die Mehrheit der Industrievertreter, die sich in die Diskussion über eine Regelung des Zugabewesens einschalteten, sprach sich gegen eine gesetzliche Regulierung des Zugabewesens aus. Hierbei handelte es sich vor allem um Industriezweige, in denen entweder Zugabeprodukte hergestellt wurden oder die sich zum Absatz der eigenen Produkte der Zugaben bedienten. Zu den Herstellern von Zugabeartikeln gehörten v.a. die Glas-, Porzellan- und Steingutgeschirrindustrie, die Eisen-, Blech- und Metallwarenindustrie, die Spielwaren-, Leinen und Lederartikelindustrie sowie die papierverarbeitende Industrie.256 Zu den Industrieunternehmen, die die Zugabegewährung für die eigenen Produkte an Endverbraucher selbst organisierten, zählten v.a. die Margarine- und Kaffeesurrogathersteller. Sprachrohr dieser Kreise der Industrie als auch von Teilen des Handels war gegen Ende der 20er Jahre der Schutzverband für Wertreklame e.V. als auch der 256 Zur Glasindustrie, vgl.: Schreiben des Verbands keramischer Gewerke in Deutschland e.V. an den Reichskanzler und die beteiligten Reichsminister vom 1. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 166. Zur keramischen Industrie, vgl.: Eingabe des Verbands keramischer Gewerke in Deutschland e.V. an den Reichskanzler und die beteiligten Reichsminister vom 1. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 166. Als Beispiel für die Porzellanindustrie: Schreiben des Betriebsrats der Kronacher Porzellanfabrik an den Reichskanzler vom 3. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 200. Zur Metallwarenindustrie, vgl.: Schreiben des Zentralverbands der deutschen Metall-Walzwerks- und Hüttenindustrie e.V. an den Reichswirtschaftsminister vom 5. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 211. Zur Papierindustrie, vgl.: Eingabe des Gesamtausschusses der Papier Verarbeitenden Industrien an das Reichsjustizministerium vom 2. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 179.

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Reichsverband der Reklame- und Zugabenindustrie e.V.257 Während letzterer vorrangig im Hintergrund agierte, lieferte sich der Schutzverband mit dem erst später von den Gegnern des Zugabewesens ins Leben gerufenen Reichsausschuss für das Zugabeverbot heftige Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit und vor Gericht.258 Zudem tat er sich durch eine Vielzahl von Eingaben an Ministerien und politische Entscheidungsträger hervor und veröffentlichte diverse Broschüren.259 Wie bereits in seinen frühen Eingaben aus den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg angedeutet, führte der Schutzverband für das Zugabewesen ins Feld, dass es sich bei der Wertreklame um eine „vollberechtigte Reklameform“ handele, die sich im kaufmännischen Betrieb in gleichem Maße auswirke, wie bei der Anwendung anderer Reklameformen.260 Vorteile und Nachteile der Werbung würden im allgemeinen auch für die Zugabenreklame gelten. Unhaltbar sei jedoch das gegen das Zugabewesen ins Feld geführte Argument, die Zugaben würden zu einer allgemeinen Preiserhöhung führen.261 Letztlich müsse hierbei berücksichtig werden, dass der Käufer eines mit Wertreklame beworbenen Gegenstandes außer der eigentlichen Hauptware auch noch eine zusätzliche Gabe erhalte. Aufgrund dieser „zusätzlichen Kaufkraft“ könne man sogar „mit Fug und Recht“ behaupten, dass die mit Zugaben vertriebene Waren letztlich sogar billiger als andere Waren seien.262 Mit Blick auf den mittelständisch geprägten Einzelhandel des Deutschen Reichs sei schließlich zu berücksichtigen, dass die Wertreklamegewährung das einzige „noch erschwingliche und erfolgreiche Werbemittel“ für die kleinen und mittleren deutschen Unternehmen im Kampf gegen die „übermächtige Konkurrenz der großen, teilweise mit ausländischem Kapital arbeitenden Konzernfirmen“ sei.263 In diesem Zusammenhang gab man an, dass der Kampf gegen die Wertreklame von den 257 Zur Arbeit des Reichsverbands der Reklame- und Zugabenindustrie e.V., Vgl.: Schreiben des Staatssekretärs im Reichsjustizministeriums an den Reichswirtschaftsminister und den Preußischen Minister für Handel und Gewerbe vom 13. 12. 1928: GStA, PK I. HA Rep. 84a Justizministerium, 5795 Bl. 312 f. 258 Der Schutzverband war erst in den 20er Jahren von Hannover nach Berlin umgezogen: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 61. 259 Am bedeutendsten waren wohl die Schriften von Lobe, Die Wertreklame in wirtschaftlicher und juristischer Beurteilung – Gutachten von 1928; und: Brune, Für Freiheit im Wettbewerb, Berlin 1931. 260 Eingabe des Schutzverbandes für Wertreklame e.V. an das Reichsjustizministerium vom 3. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 288(289). „Die Wertreklame beeinflusst die Preisbildung genau so viel oder wenig, wie dies bei Anwendung von Reklame ganz allgemein geschieht.“ Schreiben des Schutzverbandes an Reichskanzler Brüning vom 20. 11. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 300(302). 261 Schreiben des Schutzverbandes an Reichskanzler Brüning vom 20. 11. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 300 (302). 262 Schreiben des Schutzverbandes für Wertreklame e.V. an Reichskanzler Brüning vom 20. 11. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 300 (302 f.). 263 Schreiben des Schutzverbands an das Reichswirtschaftsministerium vom 7. 9. 1931, im Bestand das Reichsjustizministerium als Anlage zum Schreiben vom 16. 9. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 233 f.

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großen Markenartikel-Konzernen Kathreiner-Kornfranck-Seelig und MargarineUnion in erster Linie aus Konkurrenzgründen geführt und finanziert werde.264 Ein gesetzliches Verbot der Wertreklame würde lediglich eine Beseitigung der deutschen Wettbewerber dieser Firmen und damit ihr wirtschaftliches Monopol zur Folge haben. Diese Entwicklung würde mit der Vernichtung zahlreicher Wertreklameartikelhersteller und Vertreiber einhergehen und 80 – 100 weitere Arbeitsplätze kosten.265 Hiervon würden nur diejenigen Wirtschaftsgruppen profitieren, deren Konkurrenz auf diese Weise beiseite geräumt würden. Für die deutsche Gesamtwirtschaft indes sei aller schwerster Schaden zu erwarten. Die Interessen der im Schutzverband für Wertreklame organisierten Teile der deutschen Industrie waren es wohl auch, die die Haltung des Reichsverbands der Deutschen Industrie maßgeblich bestimmten. Dieser hatte bereits Anfang 1926 einen Vorstandsbeschluss gefasst, in dem man sich gegen eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens ausgesprochen hatte.266 Auch in den darauf folgenden Jahren wandte er sich mit zahlreichen Eingaben an die beteiligten Ministerien und machte sich gegen eine gesetzliche Einschränkung des Zugabewesens stark.267 Darin wies er v.a. auf den aus seiner Sicht in der Öffentlichkeit zu Unrecht hergestellten Zusammenhang zwischen Zugaben und dem erstrebten Preisabbau hin. Nur fälschlicherweise würde behauptet, die „Wertreklame“ stehe einem Preisabbau im Wege.268 Später, gegen Ende der 20er Jahre, wurde dann auch hier mit der Gefahr einer weiteren Vergrößerung der Arbeitslosigkeit argumentiert.269 Eine Einschrän264 Schreiben des Schutzverbandes an Reichskanzler Brüning vom 20. 11. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 300 (303). 265 Eingabe des Schutzverbandes an das Reichsjustizministerium vom 3. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 289. 266 Beschluss vom 11. 2. 1926, Geschäftliche Mitteilung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, (Berlin), 1926 Nr. 5; Verweis hierauf auch bei Opitz, Zugaben – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 16; ebenfalls Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 60. 267 Vgl.: Schreiben des Staatssekretärs im Reichsjustizministeriums an den Reichswirtschaftsminister und den Preußischen Minister für Handel und Gewerbe vom 13. 12. 1928: GStA PK, I. HA Rep. 84a Justiz-ministerium, 5795 Bl. 312 (313 f.); ebenfalls: Schreiben des Reichsverbandes der Deutschen Industrie an das Reichswirtschaftsministerium vom 2. 6. 1930: BArch, R 3101 / 2201; auch: Schreiben an das Reichswirtschaftsministerium vom 2. 6. 1930, BArch, R 3001 / 2201. 268 Dies sei unrichtig, da die „Wertreklame“ mit anderen Reklameformen auf einer Stufe stehe und einem Preisabbau ebenso viel oder wenig im Wege stehe. So ebenfalls: Gesamtausschusses der Papier Verarbeitenden Industrien in seiner Eingabe an das Reichsjustizministerium vom 2. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 179. Diesen Ansatz vertrat der Reichsverband der Deutschen Industrie mit gleichem Argument auch später, als der Reichskommissar für Preisüberwachung das Zugabewesen durch Verordnung einschränken wollte: Eingabe des Reichsverbands der Deutschen Industrie an den Reichskanzler und die beteiligten Reichsminister vom 29. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 162 f. 269 Zu diesem Zeitpunkt erschien dem Reichsverband „die Besserung der Arbeitsmarktlage und die Erhaltung der Exportindustrien als das dringlichste Gebot der Stunde“: Schrei-

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kung der Zugabenwerbung werde die Zugabeartikel herstellenden Industriezweige besonders hart treffen und viele Arbeiter und Angestellte ihrer Anstellung berauben.270 Zum einen sei die wirtschaftliche Lage in dieser Branche ohnehin bereits angespannt, nachdem der Export ihrer Waren in den letzten Jahren in bisher ungekanntem Maße abgenommen habe.271 Des weiteren befriedige die Zugabenwerbung beim Verbraucher „einen zusätzlichen Bedarf.“272 Dies bedeute, dass für die Zugabenwerbung Produkte hergestellt würden, die anderweitig keine Abnehmer fänden. Hintergrund sei, dass sich einige Bevölkerungskreise derartige Produkte eigentlich gar nicht leisten könnten oder nur bedingt brauchten, sie als Geschenk aber gerne annehme. Für die Hersteller der Zugaben bedeute dies, dass es im Fall einer Einschränkung des Zugabewesens kaum eine Möglichkeit gebe, ihre Waren anderweitig abzusetzen. Zwangsläufige Folge wären daher erhebliche Einschränkungen der Produktion oder gar Betriebsstillegungen. Mit ähnlichen Argumenten wie der Reichsverband der Deutschen Industrie meldeten sich Landesverbände der Industrie, in deren Regionen die Herstellung von Zugabeartikeln herausragende Bedeutung hatte,273 sowie Fachverbände besonders betroffener Industriezweige zu Wort274. Beim Reichsverband der Deutschen Inben des geschäftsführenden Präsidialmitglieds des Reichsverbands der Deutschen Industrie an den Reichskanzler vom 27. 10. 1931: BArch, R 3001 / 2633 Bl. 294. 270 Vgl.: Eingabe des Reichsverbandes der Deutschen Industrie an den Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium vom 22. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632 Bl. 317 f. 271 So auch: Gebrüder Grah Odysseuswerk AG als Hersteller „feiner Stahlwaren und Alpaka-Bestecke“ in ihrem Schreiben an die Reichsregierung vom 2. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 136 f. Der Export war für deutsche Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen schwierig geworden. Die Weltwirtschaft hatte sich infolge des ersten Weltkrieges erheblich verändert. Ehemalige Exportländer des Kaiserreichs (wie die USA, Kanada, Südamerika, Australien und Japan) hatten während des Krieges wegen des Ausfalls der europäischen Exporte und des kriegsbedingt erhöhten Bedarfs umfangreiche eigene Industrien aufgebaut. Diese verhinderten nun die Wiederaufnahme der Exporte im Umfang des Vorkriegs. Weiter hatte der Weltkrieg eine nachhaltige „Zerrüttung des internationalen Finanzsystems“ hinterlassen, auch sie bremste die Wiederaufnahme von Exporten. Schließlich waren es verschiedene Restriktionen des Versailler Vertrages, die deutschen Unternehmen bei Auslandsgeschäften zu schaffen machten: Vgl. insgesamt: Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 160 f. 272 Vgl.: Schreiben des geschäftsführenden Präsidialmitglieds des Reichsverbands der Deutschen Industrie an den Reichskanzler vom 27. 10. 1931: BArch, R 3001 / 2633 Bl. 293 f.; so auch der Zentralverband der deutschen Metall-Walzwerks- und Hüttenindustrie e.V., dessen Mitglieder aus der Metallindustrie z.T. Artikel wie Bleistifthülsen, Kapseln, kleine Behälter herstellten, die nach eigener Meinung nur als Zugaben geeignet waren und „keinen irgendwie nennenswerten Wert“ hatten und deshalb auf andere Weise nicht abzusetzen waren, Eingabe an das Reichsjustizministerium vom 5. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 211. 273 So etwa der Verband Sächsischer Industrieller: Schreiben des Verbandes an das Reichswirtschaftsministerium vom 24. 9. 1931: BArch, R 3001 / 2633 Bl. 260. 274 So etwa der Verband keramischer Gewerke in Deutschland e.V., der sich „als Vertreter der am Zugabewesen in besonderem Maße interessierten Porzellan- und Steingutgeschirrindustrie“ engagierte und die Zugabefrage für die feinkeramische Industrie als „Lebensfrage“ bezeichnete. Im Falle eines Verbots der Wertreklame würden 7000 – 8000 Arbeitsplätze weg-

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dustrie stießen noch Anfang 1931 selbst die gemäßigten Vorschläge des vorläufigen Reichswirtschaftsrats für eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens auf Ablehnung.275 Erst als sich abzeichnete, dass in jedem Fall ein Gesetz erlassen werden würde, ggf. sogar im Wege einer Notverordnung, und zudem ein völliges Zugabeverbot drohte, erkannte man das Vorhandensein „gelegentlicher Mißstände“ in diesem Bereich an.276

b) Nur wenige Stimmen für eine gesetzliche Beschränkung der Zugaben Es finden sich nur wenige Industrieverbände oder –unternehmen, die sich ausdrücklich für eine Regulierung des Zugabewesens einsetzten. Zu den Verbänden, die sich für eine Beschränkung des Zugabewesens stark machten, gehörte der Reichsverband der Deutschen Fleischindustrie, der Bäckerei- und Konditorei-Maschinen-Verband e.V.,277 der Verband Deutscher Schuhputzmittel- und Bohnerwachsfabrikanten e.V.278 und der Verband der Deutschen Zigarettenindustrie. Ein völliges Verbot des Zugabewesens forderte der Bäckerei- und KonditoreiMaschinen-Verband e.V.279 Hintergrund war, dass die Margarine-Industrie dazu übergegangen war, Bäckermeister für die Zusage der Abnahme sehr großer Mengen von Margarine mit Backöfen, Knet- und anderen Arbeitsmaschinen auszustatten. Bei den Herstellern solcher Maschinen fühlte man sich beeinträchtigt, weil den Bäckermeistern weder die Auswahl der Geräte noch der Lieferanten überlasfallen, da für die betroffenen Betriebe kein Ersatz für die verloren gehenden Aufträge beschafft werden könne. Die Branche sei auf den Absatz ins Ausland angewiesen und in allernächster Zeit müsse ohnehin bereits mit weiteren Ausfuhrbeschränkungen gerechnet werden: Schreiben des Verbandes an den Reichskanzler und die beteiligten Reichsminister vom 1. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 165. Mit ganz ähnlichen Argumenten auch das Schreiben des Gesamtausschusses der Papier Verarbeitenden Industrien an das Justizministerium vom 2. Februar 1932. Dieser vertrat vor allem solche Unternehmen, die Bilder für Zigarettenschachteln, Taschenkalender u.ä. herstellten: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 179. Ebenfalls mit einer Eingabe an das Reichsjustizministerium meldete sich Zentralverband der deutschen Metall-Walzwerks- und Hüttenindustrie e.V. am 5. Februar 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 211. 275 Dies ergibt sich aus einem internen Vermerk des Reichswirtschaftsministerium vom 21. 2. 1931: BArch, R 3101 / 2204. 276 Vgl.: Schreiben des geschäftsführenden Präsidialmitglieds des Reichsverbands der Deutschen Industrie an den Reichskanzler vom 27. 10. 1931: BArch, R 3001 / 2633 Bl. 293 f. 277 Schreiben des Bäckerei- und Konditorei-Maschinen-Verbandes e.V. an den „Germania“ Zentralverband Deutscher Bäcker-Innungen vom 1. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632 Bl. 310 u. 311. 278 Eingabe des Verbands Deutscher Schuhputzmittel- und Bohnerwachsfabrikanten e.V. an das Reichsjustizministerium vom 15. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634 Bl. 116 ff. 279 Schreiben des Bäckerei- und Konditorei-Maschinen-Verbandes e.V. an den „Germania“ Zentralverband Deutscher Bäcker-Innungen vom 1. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632 Bl. 310 f. 6*

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sen wurde. Damit sei weder den Bäckern noch den Maschinenherstellern gedient, da auf beiden Seiten die speziellen Bedürfnisse des Einzelfalls nicht berücksichtigt werden könnten.280 Auch der Verband Deutscher Schuhputzmittel- und Bohnerwachsfabrikanten e.V. setzte sich für ein Verbot sämtlicher Zugaben ein, obwohl bei Teilen seiner Mitglieder die Gewährung von Zugaben vom Produzenten an den Groß- oder Zwischenhändler üblich war.281 Diese Form der Zugabegewährung hatte seiner Ansicht nach ein Ausmaß angenommen, „das den kaufmännischen Gepflogenheiten Hohn [sprach] und zu einer Verwilderung des Geschäftslebens geführt hat[te]“. Es werde die „Begehrlichkeit und Urteilslosigkeit der Zwischenhändler ausgenutzt“, um Bestellungen zu veranlassen, die weit über dem tatsächlichen Bedarf hinausgingen, nur um die angebotenen Zugabeartikel zu erhalten. Als Folge sei eine Verschlechterung der Kreditfähigkeit dieser Zwischenhändler eingetreten. Der Verband gab an, dass diese Bedenken insbesondere von mittleren und kleinen Unternehmen der Branche geteilt würden. Ihrer Ansicht nach erfordere die Hingabe von Zugaben bedeutende Mittel. Weniger leistungsfähige und eigentlich abgeneigte Unternehmen hätten die Befürchtung, über kurz oder lang auch zu dieser eigentlich „als unlauter empfundenen und kostspieligen Reklame“ gezwungen zu werden. Kurios war auch das Engagement der Zigarettenindustrie für ein Zugabeverbot. War es doch gerade die eigene Branche, die in erheblichen Umfang mit Zugaben in Form von kleinen Bildchen, Stoffblumen und gestickten Ornamenten in den Zigarettenschachteln arbeitete.282 Zur Begründung für die Ablehnung des Zugabenwerbung wurde angeführt, dass dieser Industriezweig bereits seit dem Ersten Weltkrieg unter den verschiedenen Formen der „Schleuderei und Rabattgewährung“ gelitten habe und sich die Unternehmen nur aus Gründen des Konkurrenzkampfes der Zugaben bedienten.283

280 Von Bedeutung war dabei auch, dass die Margarine-Industrie beim Ankauf der Geräte keine Rücksicht auf die geographischen Gegebenheiten nahm. Als Beispiel wurde angeführt, dass ein Bäckermeister aus Holstein mit dem Ofen eines rheinischen Fabrikanten beliefert wurde, der „noch nie einen Ofen nach dem Schleswig-Holsteinischen Gebiet geliefert hat, also mit den besonderen Erfordernissen des Backofenbauens in dortiger Gegend überhaupt nicht vertraut sein kann.“: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 311. 281 Eingabe des Verbands Deutscher Schuhputzmittel- und Bohnerwachsfabrikanten e.V. an das Reichsjustizministerium vom 15. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 117. 282 Vgl.: Eingabe der Firma Selbmann aus Eibenstock in Sachsen an das Reichsjustizministerium vom 3. 12. 1931. Dieses Unternehmen belieferte die Zigarettenindustrie mit derartigen Zugaben,: BArch, R 3001 / 2634 Bl. 98. Dieses Kuriosum beschreibt auch der Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 5. 1930 S. 4. 283 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 61.

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2. Der Handel Während der Einzelhandel zu den schärfsten Gegnern des Zugabewesens gehörte und sein totales Verbot forderte, war das Interesse des Großhandels an dieser Frage nicht besonders ausgeprägt.284 Hintergrund war, dass in seinem Geschäftsleben die Zugaben eine erheblich geringere Rolle als im Einzelhandel spielten.285 Letztlich konnte man auch keine einheitliche Haltung zur Wertreklameproblematik bilden. Der Deutsche Industrie- und Handelstag, als Spitzenorgan des Handels, verfolgte nach anfänglichem Zögern die Linie des Einzelhandels.

a) Keine einheitliche Haltung im Großhandel Im Jahre 1929 hatte der Reichsverband des Deutschen Groß- und Überseehandels unter seinen Bezirksgruppen und angeschlossenen Verbänden eine Umfrage zur Zugabenproblematik durchgeführt.286 Dies war anlässlich der im Reichstag von Borrmann und Stegerwald gestellten Anträge geschehen.287 Beide Anträge forderten eine Regelung des Zugabewesens und schlugen hierfür eine Verschärfung des UWG vor, wobei der Antrag Stegerwald ein totales Zugabeverbot vorsah und insoweit weitergehender war.288 Die Umfrage ergab, dass innerhalb des Großhandels keine einheitliche Meinung zur Zugabenfrage bestand. Einige der Befragten hatten sich für den Antrag Borrmann ausgesprochen, eine ebenso starke Gruppe den Antrag Stegerwald wegen seiner klareren Fassung bevorzugt. Eine weitere ebenfalls beachtliche Anzahl der Großhändler hatte beide Anträge abgelehnt, da sie für den Fall einer Verschärfung des UWG mit „weiteren Erschwernissen und unter Umständen schikanösen Überprüfungen“ rechneten.289 Einige wei-

284 Dies wird bereits dadurch deutlich, dass sich der Großhandel im Unterschied zum Einzelhandel und anderen Kreisen der Wirtschaft in dieser Angelegenheit kaum zu Wort meldete. So finden sich in den Akten der an der gesetzlichen Regelung des Zugabewesens beteiligten Reichsministerien nur sehr wenige Eingaben, die das Zugabewesen betreffen. 285 So auch: Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 2. 286 Lange, Über die Zulässigkeit von Zugaben und Werbegeschenken, S. 15, mit Verweis auf die Veröffentlichung in Deutscher Groß- und Überseehandel, Berlin, 1929, Heft 2. 287 So jedenfalls Forschungsstelle für den Handel, bei der ein Auszug des vom Reichsverband anschließend veröffentlichten Ergebnis wortgetreu wiedergegeben ist. Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 63 f. Antrag von Borrmann, Petzold Drewitz und Genossen vom 13. 12. 1928: Verhandlungen des Reichstages, Band 433 (Anlagen) Drucksache Nr. 694. Antrag von Dr. Stegerwald und Genossen vom 4. 1. 1929, Verhandlungen des Reichstages, Band 433 (Anlagen), Drucksache Nr. 727. 288 Im Unterschied zu dem Antrag Borrmann sollte ohne Belang sein, „ob die zugegebene Ware in den Preis der Verkaufsware eingerechnet oder ob sie als Wertreklame oder Geschenk bezeichnet wird“.

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tere Großhandelsverbände waren gar nicht erst in der Lage, innerhalb ihrer eigenen Mitglieder eine Mehrheit zu dieser Frage auszumachen. Wiederum andere waren zwar grundsätzlich für eine Regulierung der Wertreklame, nicht indes in der von Borrmann oder Stegerwald vorgeschlagenen Weise.290 Insgesamt scheint bei den Großhändlern die Haltung zum Zugabewesen überwiegend dadurch bestimmt worden zu sein, ob man selbst Nutznießer der Wertreklame war oder nicht. So ist etwa ein Teil der von der Industrie gewährten Zugabeartikel über die Großhändler an die Einzelhändler weitergegeben worden. Die in dieser Weise von den Zugaben profitierenden Händler waren natürlich Freunde der Wertreklame. Andererseits hat die Zugabenwerbung vielfach zu einer Benachteiligung des Großhandels geführt. Dies war etwa dort der Fall, wo die Zugaben gewährenden Einzelhändler ihre Artikel in so großen Mengen bezogen, dass sie unmittelbar bei den Herstellern kaufen durften. Hierbei wurden die Großhändler in der Absatzkette übersprungen, was natürlich ihren Unmut auslösen und sie zu Gegnern der Zugaben machen musste.291

b) Der Einzelhandel als unbedingter Gegner der Zugaben Die meisten Organisationen des Einzelhandels waren unbedingte Gegner des Zugabewesens. Die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels etwa hatte bereits Ende 1925 einen Beschluss gefasst, wonach sowohl die Ankündigung als auch die Gewährung von Zugaben verboten werden sollte.292 Welche Kreise innerhalb des Einzelhandels in dieser Frage tonangebend waren, ergibt sich aus einer im Jahr 1930 veröffentlichten Schrift mit dem Titel: „Volk und Wirtschaft fordern das Zugabeverbot“.293 Unter dem Aufruf „Gegen die Zugabe!“ findet sich auf insgesamt 16 Seiten eine Sammlung „maßgeblicher“ Institutionen und Verbände, die sich zuvor für ein Zugabeverbot aussprachen.294 Aus dieser Aufstellung ergibt 289 Dieser Teil des Großhandels war es wohl auch, der sich im Laufe der 20er Jahre gemeinsam mit Industriekreisen zum Schutzverband für Wertreklame e.V. zusammengeschlossen hatte. 290 Vgl.: Ergebnis der Umfrage des Reichsverbandes, abgedruckt von: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 63 f. 291 Opitz, Zugaben – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 16. 292 Das Verbot sollte nicht für Zugaben mit einer dauerhaften und deutlich sichtbaren Reklamebezeichnung gelten; Beschluss der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels vom 3. 12. 1925; dem Wortlaut nach abgedruckt bei: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 65. 293 „Volk und Wirtschaft fordern das Zugabeverbot – Eine Sammlung maßgeblicher Stimmen aus allen Kreisen des deutschen Volkes“, Berlin 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 189. 294 Als Initiatoren des Aufrufs werden folgende Verbände aufgeführt: Die Bezirksgruppe Berlin des Verbandes deutscher Eisenwarenhändler, der Deutschen Drogistenverband, der Edekaverband deutscher kaufmännischer Genossenschaften e.V., die Fleischerinnung zu Berlin, der Landesverband Berlin und Brandenburg des Reichsverbandes des Deutschen

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sich, dass es sich sowohl in der Gruppe der Initiatoren des Aufrufs als auch bei den weiteren ein Zugabeverbot anstrebenden Verbänden und Institutionen hauptsächlich um Vertreter des Lebens-, Genussmittel und Haushaltswarenhandels handelte. Häufig genannt werden zudem auch immer wieder Vertreter der Konsumvereine.295 Dieser Eindruck wird durch die Masse der Eingaben und Aufforderungen bestätigt, die das Reichswirtschafts- und das Reichsjustizministerium gegen Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre erreichten und in ihren Aktenbeständen zu Nahrungsmittel-Großhandels e.V., der Reichsverband der Deutschen Süßwaren-Großhändler e.V., der Reichsverband der Schokoladengeschäftsinhaber Deutschlands von 1906 e.V., der Reichsverband Deutscher Feinkostkaufleute e.V., der Reichsverband deutscher Hausfrauenvereine, der Reichsverband Deutscher Obst- und Gemüsehändler e.V., der Reichsverband Deutscher Spezialgeschäfte in Porzellan, Glas, Haus und Küchengeräten, die Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V., der Verband Berliner Kaufleute der Kolonialwarenbranche e.V. gegr. 1870, der Verein der Kaffeeröster und -händler e.V. Hamburg und der Zentralverband der Lebensmittelhändler Deutschlands e.V. Der Aufruf hatte folgenden Wortlaut: „Alle Zugaben beim Absatz von Waren an die Verbraucher sind abzulehnen, weil sie die Verbraucher über den wirklichen Wert der angebotenen Ware täuschen und irreführen. Der Einzelkaufmann, welcher Wert darauf legt, seine gute Ware preiswert in den Verkehr zu bringen, kann keinerlei Zugaben wie Zucker, Margarine, Tafelschokolade, Haushaltsgegenstände, Porzellan, Kaffeemaschinen u. dgl. gewähren. Jeder reelle Kaufmann wird, wenn er seine Ware billiger abgeben kann, den Preis der Ware senken und nicht durch Zugaben das Preisbild verschleiern.“ 295 Die in der Schrift dann folgende Aufzählung der Zugabegegner ist untereilt nach „Parlament, Öffentlich-rechtliche Verbände, Reichs- und Bezirksverbände der Wirtschaft und Verbraucher-Organisationen“ und gibt die jeweiligen Entschließungen, Resolutionen oder Gesetzesvorschläge der Einrichtungen zur Zugabenfrage wieder. Unter der Überschrift „Reichs- und Bezirksverbände der Wirtschaft“ finden sich aus dem Einzelhandelsbereich folgende Verbände und Einrichtungen: Die Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels, der Reichsverband Deutscher Funkhändler, der Reichsverband Deutscher Kaufleute des Kolonialwaren-, Feinkost- und Lebensmittel-Einzelhandels Berlin, der Wirtschaftsausschuss des deutschen Süßwarengewerbes, der Bezirk Baden des Edeka-Verbandes Deutscher Kaufmännischer Genossenschaften, die Vereinigte Kaufmannschaft des Einzelhandels Barmen, die Versammlung von Handelsinteressierten des Bergischen Landes, die Versammlung der Vertreter des Einzelhandels aus dem Handelskammerbezirk Bochum, die Vereinigte Kaufmannschaft Bochum, der Verband Bonner Einzelhändler, die Arbeitsgemeinschaft des Einzelhandels im Lande Braunschweig, die Vereinigte Kaufmannschaft zu Düren, der Einzelhandelsverband Halle, der Niedersächsische Einzelhandelstag, der Einzelhandelsbund Niedersachens, der „Westland“, Landesverband im Reichsverband Deutscher Kaufleute des Kolonialwaren-, Feinkost- und Lebensmittel- Einzelhandels, die Arbeitsgemeinschaft des Nordhäuser Handels, Handwerks und Gewerbes, die Ortsgruppe Nordenham der Oldenburgischen Einzelhändler, der Großeinkaufsverband Nürnberger Bund e.G.m.b.H., Nürnberg-Essen-Berlin, der Verband des Einzelhandels Groß-Stuttgart, den Einzelhandelsverband Thüringen, der Reichs-Schutzverband für Handel und Gewerbe, der Zentralverband Deutscher Konsumvereine, der Reichsverband deutscher Konsumvereine, der Bezirksverband Westfalen im Reichsverband deutscher Konsumvereine, die Lebensmittelhändler-Innung Braunschweig, der Landesverband der Kolonialwaren- und Lebensmittelhändler beider Mecklenburg, der Verein der Kolonialund Feinkostkaufleute Stralsund, der Kolonialwaren- und Lebensmittelhändlerverein Solingen, der Verein Butter-, Eier-, und Käsekaufleute in Hannover, der Deutsche Drogisten-Verband, der Bäcker-Innungsverband Rheinland, der Zentralverband Deutscher Uhrmacher und der Gewerblichen Mittelstand Langenberg.

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finden sind. Auch sie stammten größten Teils von Organisationen des Fachhandels, von Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels und der Konsumvereine. Erklären lässt sich das Engagement dieser Kreise damit, dass sie entweder Branchen angehörten, deren Produkte von anderen Einzelhändlern gern als Zugaben an die Verbraucher abgegeben wurde (nachfolgend [1]), bei denen besonders häufig mit Zugaben gearbeitet wurde (nachfolgend [2]) oder die aufgrund der eigenen Absatzmethoden nicht in der Lage waren, selber Zugaben einzusetzen (nachfolgend [3]). aa) Teile des Einzelhandels, deren Produkte häufig als Zugaben gewährt werden Es war der Fachhandel, v.a. für Porzellan, Glas, Uhren, Schmuck, Textil, Leder, Papierwaren, Spiel- und Metallwaren, Haus- und Küchengeräte, dessen Produkte andernorts (insbesondere im Lebensmittelhandel) vielfach als Zugaben gewährt wurden.296 Er klagte in diesen Jahren ohnehin über schlechte Umsätze und machte die zunehmende Zugabengewährung für weitere Umsatzeinbrüche verantwortlich. Ein bedeutender Vertreter von Fachgeschäften der Haushaltswarenbranche gab dazu etwa an, dass seine Einzelhändler selbst durch Preissenkungen keine Steigerungen der Umsätze mehr erzielen könnten. Der Lebensmittelhandel vermittele den Verbrauchern den Eindruck, beim Kauf von Lebensmitteln und der damit verbundenen „Zugabengeschenke“ insgesamt einen geringeren Preis als im Fachhandel zahlen zu müssen. Da die Kunden damit ihren Bedarf an entsprechenden Artikeln bereits beim eigentlich fachfremden Einzelhandel befriedigten, seien die eigenen Zahlen rückläufig.297 Heftig bestritten wurde vom Fachhandel auch die von Wertreklamefreunden häufig ausgestellte Behauptung, dass durch die Zugaben bei den Verbrauchern ein zusätzlicher Bedarf geschaffen werde und sie deshalb auch keine negativen Auswirkungen auf die Umsätze des Fachhandels hätten. Danach war der Umsatz mit Zugaben ausschließlich zusätzlicher Bedarf, weil die Masse der minderwertigen Zugabeartikel nur als Zugaben, nicht hingegen über den Fachhandel abzusetzen sei.298 Außerdem gehörten die meisten Empfänger von Zugabe296 Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 1. 297 Vgl.: Eingabe des Nürnberger Bunds, Nürnberg, Essen und Berlin, an den Reichsminister der Justiz vom 21. 11. 1930. Der Bund war nach eigenen Angaben eine Einkaufsorganisation führender Fachgeschäfte der Hausratsbranche (Glas-, Porzellan-, Haus-, Küchengeräte- und Eisenwarenhändler): BArch, R 3001 / 2632, Bl. 283 f. 298 Toddy, in Seidels Reklame „Der Kampf um die Zugabe“, Ausgabe Oktober 1931 S. 412 f.: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 32 f.; Dort führt er aus: „Die Hausfrau pflegt sich die wertvollen Gegenstände, die als Zugaben gegeben werden, in der Regel nicht selbst zu kaufen. Sie nimmt sie aber gern als Wertreklame mit ( . . . ) und ist stolz darauf, sich nebenbei etwas zu ersparen, ohne schlechter gewirtschaftet zu haben ( . . . ).“

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artikeln nicht den wohlhabenden Schichten an und seien deshalb normalerweise gar nicht in der Lage, derartige Artikel regulär zu kaufen.299 Der Fachhandel bestritt diese Angaben und gab an, dass die Masse der Zugabeartikel Gegenstände des täglichen Bedarfs seien und damit auch über sie vertrieben werden könnte.300 Als beispielhaften Beleg für die umsatzschädigende Wirkung des Zugabewesens wurde aus Fachkreisen auf das Verhältnis zwischen der Menge des als Zugabeartikel ausgelieferten Porzellans und den Umsätzen des Porzellanfachhandels verwiesen.301 Während Anfang 1929 als Zugabeartikel noch Porzellan im Wert von 3 Millionen Reichsmark, im Frühjahr 1930 bereits für ca. 6 Mio. RM von den Herstellern ausgeliefert worden sei, soll 1931 Zugabeporzellan im Gesamtwert von 12 Mio. RM auf den Markt gebracht worden sein. Demgegenüber seien 1931 die Umsätze des Facheinzelhandels für Porzellan im Vergleich zum Vorjahr auf 88,8% zurückgegangen.302 Als weiterer Beleg für die ernstzunehmende Beeinträchtigung der eigenen Branche wurde angegeben, dass von den ursprünglich insgesamt 1600 im Reichsverband deutscher Spezialgeschäfte organisierten Fachhändlern in den Jahren 1930 und 1931 insgesamt 174 Unternehmen ihren Geschäftsbetrieb infolge Konkurses oder Liquidation eingestellt hätten. Zusätzlich seien es 213 Händler gewesen, die die Zahl der bei ihnen beschäftigten Personen auf die Hälfte oder noch weniger verringert hätten.303 Opitz liegt vermutlich richtig, wenn er zur Erklärung der Gegnerschaft der Fachhandelskreise gegenüber den Zugaben auch auf ein „psychologisches Moment“ hinweist. Dazu führt er aus, dass man sich hier häufig „den Vertrieb bestimmter Waren zur Lebensaufgabe gestellt und sich für den Beruf durch Lehrzeit und längere praktische Tätigkeit sorgfältig vorbereitet“ habe. Es sei nur natürlich, dass diese Kreise es ungern gesehen hätten, „dass nunmehr Fachfremde den Vertrieb

299 Cremer, in Seidels Reklame „Zur allgemeinen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Zugabe“, Ausgabe Oktober 1931 S. 414 f.: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 32 f. 300 Als Beleg dafür, dass durch die Zugabengewährung bei den Verbrauchern kein zusätzlicher Bedarf geschaffen werde, wurde für die Porzellanbranche exemplarisch angeführt, dass die bedeutendsten Lieferanten von Zugabenartikeln Hersteller von Gegenständen des täglichen Bedarfs (sog. Stapelware) seien, und dass sie an die Kunden fast ausschließlich praktische Haushaltsgegenstände zugeben würden: Schreiben des Reichsverbands Deutscher Spezialgeschäfte für Porzellan, Glas, Haus- und Küchengeräte e.V. an den Reichsminister der Justiz; undatiert – vermutlich Ende 1931 oder Anfang 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 106 – 109. 301 Schreiben des Reichsverbands Deutscher Spezialgeschäfte für Porzellan, Glas, Hausund Küchengeräte e.V. an den Reichsminister der Justiz vom 22. 7. 1932: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 218. 302 Abweichend: Schutzverband für Wertreklame: Danach war der Umsatzrückgang nicht auf die Wertreklame zurückzuführen, sondern war Folge der allgemeinen Wirtschaftskrise. In: Schreiben an das Reichswirtschaftsministerium vom 7. 9. 1931, im Aktenbestand des Reichsjustizministerium als Anlage zum Schreiben vom 16. 9. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 234. 303 Gottschick, Das Zugabewesen, S. 8.

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„ihrer“ Waren an sich rissen, nicht um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern bloß nebenbei, um Reklame für andere Waren zu treiben.“304

bb) Teile des Einzelhandels, in deren Branche besonders viel mit Zugaben gearbeitet wird Der Einzelhandel für Lebens- und Genussmittel wie Kaffee, Kaffee-Ersatzmittel, Tee, Butter, Margarine, Nährmittel als auch der Handel mit Dingen des täglichen Bedarfs wie Zigaretten und kleineren, regelmäßig gebrauchten Haushaltswaren wie Seife, Putz- und Waschmittel und dergleichen gehörte zu dem Teil des Einzelhandels, in dem besonders häufig mit Zugaben gearbeitet wurde. Bevor diese Kreise gegen Ende der 20er Jahre begannen, geschlossen zu den Zugabegegnern zu zählen, hatte es bei ihnen hierzu abweichende Meinungen gegeben. Wie bereits dargestellt worden war, war es zunächst vor allem der kleine und mittlere Handel dieser Branchen, in dem bereits vom Zeitpunkt des Wiederauftauchens der Wertreklame besonders häufig mit Zugaben gearbeitet worden war.305 Für diese Kreise waren die zunächst noch verhältnismäßig günstigen Zugaben die erschwinglichste Form der Kundenwerbung und hatte sich zudem als sehr wirksam erwiesen. Deshalb war man hier zunächst auf der Seite der Wertreklamebefürworter. Diese Haltung änderte sich erst, als auch die Großunternehmen dieser Branchen die Zugaben für sich entdeckt hatten und mit ihren ungleich größeren finanziellen Mitteln dafür sorgten, dass die Zugaben ständig an Zahl und Wert ständig zunahmen. Als den Inhabern der kleinen und mittleren Betriebe klar wurde, dass sie dieser Entwicklung nicht gewachsen waren und der sich bald einstellende „Zwang zur Übersteigerung“ sogar als existenzgefährdend erwies,306 wechselten sie in das Lager der Zugabegegner.307 Von 1929 an trat der Einzelhandel für Lebens- und Genussmittel als auch für Haushaltswaren geschlossen für ein Verbot der Ankündigung und Gewährung von Zugaben ein.308 Opitz, Das Zugabewesen – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 17. Siehe dazu oben S. 69. 306 Siehe hierzu oben S. 72. 307 Dies ergibt sich z. B. aus folgenden Eingaben: Reichsverbands deutscher Feinkostkaufleute e.V.: Schreiben vom 13. 9. 1929 an den Reichminister der Justiz samt Entschließung vom September 1929: BArch, R 3001 / 2631. Auch: Verein der Konfitüren-Händler von Berlin und Umgebung e.V.: Schreiben an den Reichminister der Justiz vom 21. 4. 1930 und vom 29. 4. 1930 samt Entschließung: BArch, R 3001 / 2631. 308 In folgenden Eingaben diverser Verbände und Organisationen der betreffenden Branchen wurde ein Verbot der Zugaben gefordert: Reichsverband deutscher Feinkostkaufleute e.V.: Schreiben vom 13. 9. 1929 an den Reichminister der Justiz samt Entschließung vom September 1929, worin zum Schutze des mittelständischen Einzelhandels ein umgehendes gesetzliches Verbot des Zugabewesens verlangt wird: BArch, R 3001 / 2631. Reichsverband der Schokoladen- Geschäfts- Inhaber Deutschlands e.V.: Schreiben an den Reichstag vom 15. 5. 1929: BArch, R 3001 / 2631. Reichsverband der Schokoladengeschäftsinhaber 304 305

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In vielen Äußerungen und Eingaben aus diesen Kreisen blieb die Begründung der Ablehnung des Zugabewesens häufig verhältnismäßig allgemein. Häufig wurden lediglich Argumente wie die Lauterkeit des Wettbewerbs oder des Verbraucherschutzes angeführt.309 Welche Gründe für diesen Teil des Einzelhandels in Wahrheit auch eine Rolle gespielt haben mögen, ergibt sich aus dem zwischen 1929 und 1931 erstellten Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrats.310 Danach wurden durch die Zugaben nicht nur die Konsumenten an die Einzelhändler, sondern auch die Einzelhändler ihrerseits an die Hersteller oder Großhändler der Zugaben gebunden. Diese Bindungen empfänden viel Händler als schädlich, weil sie bei ihnen selbst zu einer unwirtschaftlichen Haushaltsführung durch überhöhten Verbrauch der mit Zugaben verkauften Waren führe. Ferner war der Einsatz von Zugaben für die Händler mit einer unwirtschaftlichen Inanspruchnahme von besonderen Lagerräumen als auch unbezahlter Mehrarbeit im Rahmen der „Verwaltung“ der Zugaben verbunden.311 Auch wurde die Sorge geäußert, das kapitalstärkere Ausland könne sich mittels der Zugabenwerbung den deutschen Markt erobern. Schließlich gaben Einzelhändler an, dass die Gerichte bei der damaligen Gesetzeslage nicht im Stande gewesen seien, gegen ganz offenbar unlautere Zugabenreklame einzuschreiten und hierfür zügige Verfahren durchzuführen.312

Deutschlands von 1906 e.V.: Eingabe an den Reichminister der Justiz vom 28. 4. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 126. Verein der Konfitüren-Händler von Berlin und Umgebung e.V.: Schreiben an den Reichminister der Justiz vom 21. 4. 1930 und vom 29. 4. 1930 samt Entschließung: BArch, R 3001 / 2631. Landesverband Niedersachsen der Kolonialwaren-, Lebensmittel- und Feinkostkaufleute e.V.: Eingabe an den 8. Ausschuss des Reichstages vom 11. 9. 1929: BArch, R 3001 / 2631. Landesverband der Kaufleute des Kolonialwaren- und Feinkosteinzelhandels Mecklenburg e.V.: Eingabe an den Mecklenburg-Strelitzschen Landtag vom 22. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2633 Bl. 118. Vereinigte Kaufmannschaft des Einzelhandels e.V. – Geschäftsstelle Barmen: Schreiben an den Reichstag vom 19. 2. 1929: BArch, R 3001 / 2631. 309 Etwa in der Eingabe des Reichsverbands der Schokoladen- Geschäfts- Inhaber Deutschlands e.V., Schreiben an den Reichstag vom 15. 5. 1929: BArch, R 3001 / 2631. Auch: Eingabe des Landesverbands Niedersachsens der Kolonialwaren-, Lebensmittel- und Feinkostkaufleute e.V. an den 8. Ausschuss des Reichstages vom 11. 9. 1929: BArch, R 3001 / 2631. 310 Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 7. 311 Zur unbezahlten Mehrarbeit: Opitz, Zugaben – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 16 f. 312 Eine ganze Reihe dieser vom Arbeitsausschuss des vorläufigen Reichswirtschaftsrats erarbeiteten Gründe sollten sich später auch in der Gesetzesbegründung zur Zugabeverordnung wiederfinden.

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cc) Teile des Einzelhandels, die aufgrund besonderer Absatzmethoden selbst nicht mit Zugaben arbeiten können Zu diesem Teil des Einzelhandels gehörten die Konsumvereine. Sie zählten uneingeschränkt zu den Gegnern der Zugabenwerbung. Die Konsumvereinsbewegung ging auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück und basierte auf dem genossenschaftlichen Gedanken.313 Durch Zusammenfassung zahlreicher Kleinnachfrager wurden durchsetzungskräftige Einheiten gebildet, die durch Massenbezug ihrer Artikel in der Lage waren, billiger einzukaufen als etwa der klassische Einzelhandel.314 Gegen Entrichtung eines kleinen Beitrag konnte jedermann Mitglied werden. Neben der Pflicht zum Einkauf in den genossenschaftseigenen Verkaufslokalen waren die Mitglieder zur tätigen Mithilfe verpflichtet. Hierfür profitierten sie von den ohnehin günstigen Preisen sowie von der sogenannten Rückvergütung. Nach Ablauf eines jeden Wirtschaftsjahres erhielten die Mitglieder als Korrektur ursprünglich zu hoch angesetzter Preise den erzielten Überschuss rückvergütet.315 Von dieser Steigerung des Realeinkommens der Mitglieder ging eine große Anziehungskraft für das große Heer der Arbeiter aus und sorgte damit für eine stete Expansion der Konsumgenossenschaften. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie schließlich für den selbständigen Einzelhandel zu einer starken Konkurrenz. Dieser Trend hatte sich bis zum ersten Weltkrieg fortgesetzt und erreichte 1924 seinen Höhepunkt.316 Der Genossenschaftstag des Reichsverbandes deutscher Konsumvereine e.V. mit Sitz in Köln fasste im Herbst 1928 einstimmig eine Entschließung, wonach das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb um ein totales Zugabenverbot ergänzt werden sollte.317 Im Sommer 1929 folgte auch der Zentralverband deutscher Kon313 1844 hatten sich in England Weber zu einer Selbsthilfeorganisation namens Rochdaler Gesellschaft der redlichen Pioniere zusammengeschlossen. In Deutschland wurde nur ein Jahr später in Chemnitz der erste Spar- und Konsumverein namens Ermunterung gegründet: Berekoven, Die Geschichte des Deutschen Einzelhandels, S. 41 f. 314 Vgl.: Utescher, GRUR 1929, S. 827(827); Meyer, GRUR 2001, S. 98(99). 315 Cassau, Die Konsumvereinbewegung in Deutschland, S. 76. 316 Berekoven, Die Geschichte des Deutschen Einzelhandels, S. 42. Hier wird zudem angegeben, dass die Konsumvereine in Deutschland um 1914 schätzungsweise knapp über 1 Million Mitglieder und 8000 Verkaufsstellen hatten. Ein später nie wieder erreichter Mitgliederhöchststand (bei annährend gleich gebliebener Zahl der Genossenschaften) konnte im Jahr 1924 mit 4,3 Mio. verzeichnet werden. Weiter wird berichtet, dass sich die Konsumgenossenschaftsbewegung zu Anfang des 20. Jahrhunderts im wesentlichen in drei Organisationen geteilt habe: in Hamburg hatte sich unter sozialdemokratischem und gewerkschaftlichem Einfluss der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften gebildet. Daneben existierte in Köln der Reichsverband deutscher Konsumvereine, eine Selbsthilfeorganisation christlich sozialer Prägung. Schließlich gab es noch den Allgemeinen Verband, der sich den Vorstellungen Schulze-Delitzsch verschrieben hatten. 317 Entschließung vom 10. 9. 1928, gefasst vom 19. Genossenschaftstag in Essen: Inhaltlich soll sie dem Anfang 1929 im Reichstag von Dr. Stegerwald und Genossen (Nr. 727) vom 4. 1. 1929 und dem am 6. 11. 1930 im Preußischen Landtag (Urantrag Nr. 5544) gestellten

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sumvereine e.V., Hamburg. Eine gemeinsame Versammlung von Vorstand, Ausschuss und Generalrat sprach sich für ein solches Verbot aus und forderte die Reichsregierung auf, für den Erlass entsprechender Normen zu sorgen.318 Weiterhin verpflichtete man die dem Zentralverband angeschlossenen Genossenschaften, „auch ohne ein gesetzliches Verbot alle Warenzugaben zu unterlassen und keine Waren zu verteilen, die mit Gutscheinen abgegeben“ wurden. Zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung führten die Konsumvereine Argumente des Verbraucherschutzes an. Zugaben brächten den Verbrauchern nur Nachteile, da sie die Kosten steigerten, die dann durch überhöhte Warenpreise eingebracht werden müssten. Insgesamt würden hierdurch die Verbraucher irregeführt und über den Wert der Waren getäuscht.319 Neben diesen geäußerten Gründen scheinen die Konsumvereine für ihre Ablehnung des Zugabewesens noch andere Gründe gehabt zu haben. Plausibel klingt die Erklärung, wonach ausschlaggebend war, dass sie selbst von der Wertreklame keinen Gebrauch machen konnten. Dabei wird auf die von den Konsumvereinen traditionell zur Kundenwerbung verwendeten RückvergütungsSysteme verwiesen und erklärt, diese hätten sich mit einer gleichzeitigen Vergabe von Zugaben nicht in Einklang bringen lassen. Da die Konsumvereine aber um den Erfolg der Wertreklame gewusst hätten, habe man versucht, diese unliebsame Konkurrenz zu beseitigen.320

c) Die Haltung des Deutschen Industrie- und Handelstages Von den Spitzenverbänden des deutschen Handels trat in der Zugabediskussion einzig der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) in Erscheinung.321 Sein Einzelhandelsausschuss hatte bereits im Jahr 1926 eine Entschließung zur Beschränkung des Zugabewesens angenommen.322 Von 1928 an hatte der Ausschuss dann gemeinsam mit Vertretern der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels und des Justiz- und Wirtschaftsministeriums Überlegungen über eine Verschärfung des UWG angestellt und dabei auch über Regelungen zum Zugabewesen Antrag entsprochen haben. Beide Anträge sollen maßgeblich auf den Reichstagsabgeordneten und Verbandsdirektor des Reichsverbands Deutscher Konsumvereine e.V., P. Schlack, zurückgehen: Brune, Für Freiheit im Wettbewerb, S. 13; ebenfalls: Pelka, Warum ein gesetzliches Zugabeverbot?, S. 29. 318 Entschließung vom 16. u. 17. 6. 1929, gefasst in Mannheim: Pelka, Warum ein gesetzliches Zugabeverbot?, S. 29, der die Entschließung ihrem Wortlaut nach wiedergibt. 319 Entschließung vom 16. u. 17. 6. 1929, gefasst in Mannheim, Wortlaut bei: Pelka, Warum ein gesetzliches Zugabeverbot?, S. 29. 320 Toddy, Der Kampf um die Zugabe, in Seidels Reklame, Ausgabe Oktober 1931 S. 412 f.: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 32 f.; ebenso Brune, Für Freiheit im Wettbewerb, S. 13 f. 321 Neben dem DIHT existierte bereits damals die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels (HGDE): Grübler, Die Spitzenverbände der Wirtschaft und das erste Kabinett Brüning, S. 39. 322 Deutsche Wirtschaftzeitung 1926, S. 310.

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nachgedacht.323 Die Gespräche wurden jedoch bis zuletzt von der Frage der Ausverkaufswesens dominiert und gipfelten im Dezember 1930 in einem von Reichsjustizminister Joël vorgelegten Entwurf für eine Änderung des UWG.324 Dieser sah eine Änderungen der §§ 7, 8, 9 und 10 und die Einfügung der §§ 7 a und b und eines § 27 a in das UWG vor, erwähnte jedoch mit keinem Wort das Zugabewesen. Der Gesamtverband des DIHT trat erst um 1930 offensiv für eine gesetzliche Beschränkung des Zugabewesens ein. Wie aus den Unterlagen des Preußischen Justizministeriums hervorgeht, hatten bis dahin die widerstreitenden Interessen der bei seinen Mitgliedern organisierten Mitglieder ein geschlossenes Auftreten unmöglich gemacht.325 Hierbei war entscheidend, dass der DIHT als Dachorganisation der Industrie- und Handelskammern nicht nur Gewerbetreibende aus den Bereichen des Groß- und Einzelhandels, sondern auch aus der Industrie und dem Banksektor vertrat.326 Handelskammern aus Landesteilen, in denen zahlreiche industrielle Zugabenhersteller ihren Sitz hatten, sprachen sich vielfach gegen eine ausdrückliche Regulierung aus.327 Kammern hingegen, die Bezirke vertraten, in denen der Handel und von der Zugabefrage nicht betroffene Industrien dominierten, plädierten für neue gesetzliche Regeln.328 Erst nach Veröffentlichung des Gut323 Schreiben des Einzelhandelsausschusses des Deutschen Industrie und Handelstages an das Reichswirtschaftsministerium vom 31. 8. 1928 mit Vorschlägen zur Änderung der §§ 7 – 10 UWG. Danach sollte in §§ 7, 7a u. b, 8, 9 u. 10 UWG das Ausverkaufswesens geregelt werden: BArch, R 3101 / 2197. Ebenso: Protokoll einer Besprechung zwischen Vertretern des Deutschen Industrie und Handelstages und des Hauptausschusses des Deutschen Einzelhandels mit Vertretern des Reichswirtschaftsministeriums vom 12. 11. 1928. Hieraus geht hervor, dass von Seiten des Deutschen Industrie und Handelstages angeregt wurde, die Zugabefrage zurückzustellen: BArch, R 3101 / 2197. 324 Der Entwurf ist Teil eines Schreibens des Reichsjustizministers an die Landesregierungen, den Reichswirtschaftsminister und den Bevollmächtigten des Reichsrates vom 5. 12. 1930: BArch, R 3101 / 2197. 325 Vgl.: Protokoll des Reichsjustizministeriums über eine Besprechung mit Vertretern des Reichswirtschaftsministeriums und des Preußischen Handels- sowie Justizministeriums vom 21. 12. 1928: GStA PK, I. HA Rep. 84a Justizministerium, 5795 Bl. 319(320 f.). 326 Vgl. Grübler, Die Spitzenverbände der Wirtschaft und das erste Kabinett Brüning, S. 39. Neben dem DIHT existierte bereits damals die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels (HGDE). 327 So etwa: Industrie und Handelskammer Plauen, die beim Sächsischen Wirtschaftsministerium mit Schreiben vom 11. 5. 1929 zugleich für die Industrie- und Handelskammern Chemnitz, Dresden, Leipzig und Zittau sprach; dort wurde eine Gesetzesänderung abgelehnt, da man die vorhandenen Vorschriften des UWG zur Bekämpfung der Auswüchse im Zugabewesen für ausreichend hielt: Anlage eines Schreibens des Sächsischen Mitglieds des Reichsrats Graf von Holtzendorff an das Reichswirtschaftsministerium vom 13. 6. 1929: BArch, R 3001 / 2631. 328 So etwa: Industrie- und Handelskammer München, die sich im Sommer 1930 für ein Zugabeverbot stark machte: Protokoll der 23. Öffentlichen Vollversammlung der IHK München vom 23. 7. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 266. Ebenfalls zu den Zugabegegnern sollen die Handelskammern von Darmstadt, Stralsund, Stuttgart, Breslau, Augsburg, Stolberg, Hal-

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achtens des vorläufigen Reichswirtschaftsrats im Frühjahr 1930 und der Vorlage eines Entwurfs eines Zugabegesetzes durch das Reichjustizministerium gelang es dem DIHT, innerhalb seiner Mitglieder eine Mehrheit für eine gemäßigte Regelung des Zugabewesens auszumachen und eine entsprechende Empfehlung an den Reichsrat abzugeben. Hierzu erklärte man, dass die Frage, ob das Zugabewesen eine gesetzliche Regelung erfordere, von der „weit überwiegenden Zahl der Industrie- und Handelskammern bejaht“ werde.329

3. Das Handwerk Nach anfänglicher Zurückhaltung zählte auch das Handwerk zu den Gegnern der Wertreklame. Anfang der 30er Jahre setzte man sich dann sogar für eine Zugaberegelung ein, die nicht nur den Handel, sondern auch handwerkliche Dienstleistungen erfassen sollte. In den betreffenden Akten von Reichsjustiz- und des Reichswirtschaftsministeriums finden sich bis Anfang der 30er Jahre so gut wie keine Eingaben oder Stellungnahmen von Vertretern des Handwerks. Dies lässt auf ein (im Vergleich zu anderen Teilen der Wirtschaft) geringes Interesse an der Zugabeproblematik schließen und stützt die These, dass sich das Handwerk lange Zeit „neutral“ verhalten habe.330 Erst nachdem das Reichsjustizministerium einen Entwurf der Zugabeverordnung vorgelegt und dieser nach Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium ab Herbst 1931 auch öffentlich diskutiert wurde, schaltete sich auch der Handwerks- und Gewerbekammertag ein. Er erklärte eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens für zweckmäßig und „dringend notwendig“, „da das Zugabewesen sich ( . . . ) in immer steigendem Umfange als eine erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung“ darstelle. Um weitere Schäden zu vermeiden, solle im Wege einer Notverordnung vorgegangen werden.331 Zur Begründung wurden keine für das Handwerk spezifischen, sondern eher allgemeine Gründe, berstadt, Berlin, Zittau, Essen, Wiesbaden, Ludwigshafen, Altona, Duisburg, Flensburg und Bayreuth gehört haben; so jedenfalls die Forschungsstelle für den Handel, nach deren Feststellungen die Industrie- und Handelskammern“ – mit wenigen Ausnahmen – zu den Gegnern der Zugabe“ gehört haben sollen; in: Das Zugabewesen, S. 72. 329 Schreiben des Deutschen Industrie und Handelstages an den Reichsrat vom 14. 12. 1931, in dem auch näher auf die einzelnen Vorschriften eingegangen wird (vgl. weiter unten): BArch, R 3101 / 2634, Bl. 107 ff. Entscheidend wird dabei vermutlich gewesen sein, dass der DIHT trotz der vielen industriellen Mitglieder der Kammern in erster Linie eine Interessenvertretung des Handels war. 330 So die Forschungsstelle für den Handel, wo man vermutete, dass die Organisation des Handwerks vor Veröffentlichung der Ergebnisse des 1929 beim vorläufigen Reichswirtschaftsrat in Auftrag gegebenen Gutachtens nicht mit einer eigenen Stellungnahme in Erscheinung treten wollte: Das Zugabewesen, S. 78 f. 331 Schreiben des Deutschen Handwerks und Gewerbekammertags an den Reichsminister der Justiz vom 23. 11. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 98.

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wie die häufige Unlauterkeit von Zugaben wegen Täuschung der Kunden, angeführt. Wenig später machte sich auch der Reichsverband des Deutschen Handwerks diese Forderungen zu eigen und regte darüber hinaus an, das Zugabeverbot nicht nur auf den Einzelhandel, sondern auf „jeden geschäftlichen Verkehr“ anzuwenden.332 Damit sollte das Gewähren von Zugaben auch im Bereich des Handwerks eingeschränkt werden, wo sie etwa in Form von Nebenleistungen wie Gratismontagen oder anderen Dienstleistungen vorkamen.333

II. Die Haltung der Verbraucher Sprachrohr der Verbraucher waren die in den 20er und 30er Jahren im Deutschen Reich verbreiteten Hausfrauenvereinigungen. Wie sich aus einer Reihe von Entschließungen und diversen Eingaben an Reichsministerien ergibt, stieß die Ankündigung und Gewährung von Zugaben bei ihnen ganz überwiegend auf Ablehnung. Im Winter 1927 warnte die Berliner Zentrale des Reichsverbandes deutscher Hausfrauenvereine vor der „preisverschleiernden Tendenz der Zugaben“,334 Im Frühjahr 1929 war es die Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V., Ortsgruppe Hamburg, die zusammen mit zahlreichen Vertretern des Einzelhandels aus Hamburg ein Zugabeverbot forderte.335 Ein Jahr später wandte sich die Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V., Landesvereinigung Brandenburg, mit einer Eingabe an das Reichsjustizministerium. In einer vorausgegangenen Versammlung hatte man festgestellt, dass die Zugaben Ursache für eine „ungerechtfertigte Warenverteuerung“ seien, die „insbesondere die Hausfrauen des schwer ringenden Mittelstandes wie der breiten Arbeiterschichten aufs schwerste schädigen“.336 Am wichtigsten war wohl die im Mai 1929 abgegebene Stellungnahme der 7. General332 Eingabe des Reichsverbands des deutschen Handwerks an den Reichsminister der Justiz vom 2. 12. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 47. 333 So wird etwa der Fall erwähnt, dass ein Schlosser im Rahmen des Verkaufs eines fabrikhergestellten Sicherheitsschlosses („an dem der schon so nur einen geringen Verdienst hat“) das Schloss kostenlos an der Wohnungstür anbringt: Pelka, Warum ein gesetzliches Zugabeverbot?, S. 11; gleichfalls wird etwa die „Gratisdekoration“ beim Einkauf von Gardinen genannt: ebenfalls Pelka, Gegen das Zugabewesen, für ein gesetzliches Verbot, Berlin 1929, S. 34. 334 Pelka, Warum ein gesetzliches Zugabenverbot?, S. 30. 335 Hierfür sollte das UWG ergänzt werden; Entschließung vom 5. 3. 1929, Anlage zum Schreiben der Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V., Ortsgruppe Hamburg, an den Reichstag vom 7. 3. 1929: BArch, R 3001 / 2631. 336 Entschließung vom 4. 3. 1930, Anlage zum Schreiben der Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V., Landesvereinigung Brandenburg, an das Reichsjustizministerium vom 5. 3. 1930: BArch, R 3001 / 2631.

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versammlung der Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V.337 Darin wurde im Sinne der Verbraucher, des Handels und der Industrie ein umgehendes Zugabeverbot verlangt. Dies sei erforderlich, um die nur auf „Sonder- und Scheinvorteile zielende Kundenwerbung“ aus dem Verkehr zu ziehen und im Gegenzug dazu den Absatz preiswerter Qualitätswaren sicherzustellen. Von Seiten des Schutzverbands für Wertreklame e.V. wurde ganz vereinzelt der Verdacht geäußert, dass die Entschließungen der Hausfrauen-Organisationen im Widerspruch zu der tatsächlichen Einstellung der Verbraucherschaft ständen. In Wahrheit sähen viele Verbraucher in der Gewährung von Zugaben überwiegend Vorteile.338 Weder bei anderen Teilen des Wertreklame freundlichen Schrifttums noch in den Akten der beteiligten Reichsministerien finden sich Hinweise, die diese Behauptung stützen.

III. Die Haltung der Gewerkschaften Die Gewerkschaften traten erst Anfang er 30er Jahre in die Zugabendiskussion ein und vertraten einen vermittelnden Standpunkt. Sie hielten eine Regulierung der Wertreklame für gerechtfertigt, warnten jedoch vor einem totalen Verbot. Auslöser waren einige dem Reichstag vorgelegte Anträge, die sich nicht mit einer Beschränkung des Zugabewesens begnügten, sondern ein ausnahmsloses Zugabeverbot verlangten. Als auch der Reichsjustizminister erkennen ließ, dass er ein totales Verbot der Wertreklame für sinnvoll hielt, wandten sich die Christlichen und Freien Gewerkschaften in einem gemeinsamen Telegramm an Reichkanzler Brüning. Mit dem Hinweis auf die moderaten Forderungen, die der Arbeitsausschuss zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens beim vorläufigen Reichswirtschaftsrat aufgestellt hatte, warnten sie für den Fall eines uneingeschränkten Zugabeverbots vor einer weiteren Verschärfung der Arbeitslosigkeit.339

337 Entschließung der 7. Generalversammlung der Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V. in Münster vom 1. 5. 1929, Anlage zum Schreiben der Reichsvereinigung Deutscher Hausfrauen e.V., Geschäftstelle Bad Schwartau, an den Reichstag vom 2. 5. 1929: BArch, R 3001 / 2631. 338 So die Forschungsstelle für den Handel mit Hinweis auf eine Äußerung des Schutzverbandes für Wertreklame e.V., Das Zugabewesen S. 84. 339 Abschrift des Telegramms von den Christlichen und Freien Gewerkschaften an Reichskanzler Brüning vom 12. 6. 1930: BArch, R 3101 / 2201. Dies ging einher mit einem verbreiteten Engagement von Arbeitnehmervertretungen der Zugabeartikel herstellenden Unternehmen. In den Akten der beteiligten Reichsministerien findet sich eine Vielzahl von Briefen und Telegrammen solcher Arbeitnehmerschaften, die vor einem Zugabeverbot warnen und angeben, dass andernfalls die Existenz ihrer Betriebe und somit der eigene Arbeitsplätze bedroht wäre.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

Anfang 1931 erschien im Politisch Gewerkschaftlichen Zeitungsdienst (PGZ) ein Artikel von Brune.340 Unter dem Titel „Arbeit durch Zugabe“ behauptete dieser, dass die Wertreklame in Wirklichkeit niemandem schade, sondern vielmehr zahllosen Betrieben und damit deren Arbeitnehmern eine Existenzmöglichkeit verschaffe. Unter Berufung auf eine Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel (Berlin) vom Herbst 1930, gab er den Gesamtumsatz der mit Wertreklame vertriebenen Waren mit 1 Mrd. RM an und errechnete, dass rund 110.000 Arbeitnehmer an der Wertreklame beteiligt seien.341 Bei Zugrundelegung von durchschnittlich 4 Familienmitgliedern, gebe die Wertreklame damit nahezu einer halben Million Volksgenossen ihren Lebensunterhalt. Mit einem totalen Zugabeverbot drohe man, diesen Menschen die Existenzgrundlage zu entziehen. Ähnlich erklärte auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, dass es sich bei den mit der „Erledigung des Wertreklameverfahrens“ beschäftigten Angestellten um 90.000 – 100.000 Arbeitnehmer handele.342 Um deren Arbeitsplätze nicht zu gefährden, sollten statt eines Zugabeverbots solche Maßnahmen ergriffen werden, die auf eine Beseitigung der mit den Zugaben verbundenen Missstände hinausliefen.343 Zugunsten des Zugabewesens solle dabei berücksichtigt werden, „dass gerade Firmen, die Wertreklame treiben, erheblich früher und zum Teil auch stärker ihre Preise als ihre Konkurrenzfirmen, die Anschauungsreklame treiben, gesenkt“ hätten.

IV. Die Haltung der Presse Unabhängig von der jeweiligen politischen Ausrichtung gehörte der Großteil der Pressehäuser zum Lager der Zugabegegner. Ausschlaggebend für diese Haltung war, dass die Anhänger des Zugabewesens in der Diskussion offen für eine Verdrängung der Anschauungs- und Wortreklame eintraten. Sie warben damit, dass ihre Wertreklame andere Reklameformen so gut wie überflüssig machen würde. Dies geschah häufig mit dem eingängigen Slogan „Werte statt Worte“ und sollte verdeutlichen, dass mit Zugaben nicht nur erfolgreich um Kunden geworben werden könnte, sondern dass zusätzlich auf Seiten der Verbraucher „Werte“ in Form der Zugabeartikel geschaffen würden. Damit profitierten von dieser Reklameart 340 Brune, Arbeit durch Zugabe, in: Politisch Gewerkschaftlicher Zeitungsdienst (PGZ), Ausgabe Nr. 30 vom 5. 2. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 90. 341 Dabei gab er an, sowohl die Arbeitnehmerzahl der Wertreklame herstellenden Industrie sowie der Wertreklame treibenden Firmen zu berücksichtigten. 342 Rundschreiben des Deutschen Gewerkschaftsbundes an die ihm nahestehenden Reichstagsmitglieder und Mitglieder des volkswirtschaftlichen Ausschusses vermutlich vom Frühjahr 1931, Anlage zum Schreiben des Deutschen Gewerkschaftsbundes an den Reichminister der Justiz vom 24. 3. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 105. 343 Für sinnvoll hielt man ein Verbot der Gratisankündigungen und die Einführung eines wahlweisen Barrabatts.

G. Forderungen der von den Zugaben betroffenen Interessengruppen

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nicht nur die Werbenden sondern auch die Abnehmer. Derartige Ankündigungen musste alle ins Lager der Zugabegegner bringen, die von der Anschauungs- und Wortreklame profitierten. Dies galt natürlich an erster Stelle für die Verlagshäuser, die von Werbeinseraten und Anzeigen in ihren Blättern lebten.344 Mit Ausnahme einiger in dieser Sache objektiv berichtender Zeitungen,345 vermieden es die Verlage in der Folgezeit, selbständige objektiv-kritische Artikel zur Wertreklamefrage in ihre Zeitungen aufzunehmen. Statt dessen beschränkte man sich auf die Wiedergabe von Urteilen, Entschließungen von Verbänden des Einzelhandels und der Verbraucher und von behördlichen Äußerungen.346 Zugabefreundliche Stimmen behaupten sogar, dass einzelne Presseunternehmen so weit gegangen seien, davor zu warnen, mit Hilfe von Zugaben vertriebene Artikel aufzunehmen. Im Gegensatz dazu seien „Veröffentlichungen der Zugabegegner bereitwillig wiedergegeben und die öffentliche Meinung ( . . . ) mit einer Flut von Hetzartikeln gegen die Wertreklame überschüttet und beeinflusst“ worden.347 Kennzeichnend für die Eigennützigkeit, mit der die gesamte Zugabendebatte geführt wurde, war der Umstand, dass sich eine ganze Reihe Zeitungen und Verlagen im Winter 1931 / 32 in eigener Sache gegen ein für sie persönlich zu weit führendes Zugabeverbot zu Wort melden sollten. Hintergrund war, dass es bei vielen Zeitungen üblich war, den Kunden bei Abschluss eines Abonnentenvertrages (zumeist für einfachste Lektüre) automatisch eine „Unfall- und Sterbegeldversicherung“ zu gewähren. Da diese Versicherungen gerade in wirtschaftlich schwachen Bevölkerungskreisen gerne in Anspruch genommen wurden und diese sich über Jahre im Deutschen Reich hinweg etabliert hatten, kam ihnen eine nicht zu unterschätzende soziale Bedeutung zu.348 Als im Jahr 1931 Überlegungen angestellt wurden, auch die Abonnentenversicherungen als Zugaben zu qualifizieren und diese unter die Beschränkungen der geplanten Zugaberegelungen fallen zu lassen, löste dies den Protest der betreffenden Zeitungsunternehmen aus. Obwohl entsprechende Bestrebungen aus Sicht sämtlicher Gegner des Zugabewesens eigentlich nur konsequent erscheinen mussten, wandten sich die Verleger in einer Vielzahl von Telegrammen und Schreiben an den Reichsrat und das Reichsjustizministerium und erklärten, dass eine Abschaffung der unter der Kontrolle des Reichsaufsichtsamtes für PrivatVgl.: Opitz, Zugaben – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrecht, S. 18. Als Beispiele hierfür werden die Kölnische Volkszeitung, die Frankfurter Zeitung, die Morgenpost und die Märkische Zeitung genannt: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 85. 346 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 84 f. Vgl. auch: Schreiben des Schutzverbandes für Wertreklame e.V. an das Reichsjustizministerium vom 3. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 288; ebenso vom 27. 2. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 64. 347 Brune, Für Freiheit im Wettbewerb, S. 18. 348 Schubert, Ausschüsse für Versicherungswesen / -recht und für Versicherungsagentenund Versicherungsmaklerrecht (1934 – 1943), Einf. S. 15. Vgl. auch 14 f. (H. Ulrich: Gutachten und Reformvorschläge betreffend die Abonnentenversicherung). 344 345

7 Matz

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versicherungen stehenden Abonnentenversicherungen keinesfalls hinnehmbar sei.349

V. Zusammenfassung der Haltungen zur Zugabeproblematik Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der ganz überwiegende Teil der gesellschaftlich relevanten Gruppierungen des Deutschen Reiches gegen Ende der 20er für eine Regulierung des Zugabewesens eintrat. Wenn auch Teile dieser Gruppierungen ein völliges Verbot der Zugaben forderten, wurde zumeist eine maßvolle Beschränkung der Wertreklame für richtig gehalten. Dies galt insbesondere für den Großteil des Handels, das Handwerk, die Gewerkschaften und die Presse. Eine Sonderrolle spielte von Beginn der Zugabenkontroverse an die Industrie. Sie versuchte auch bis zuletzt, den Erlass eines Gesetzes zur Regulierung des Zugabewesens zu verhindern.

H. Die Rechtsprechung zum Zugabewesen Der Erlass der Zugabeverordnung wäre letztlich kaum nicht denkbar gewesen, wenn es der Rechtsprechung in den vorangegangenen Jahren gelungen wäre, für eine sinnvolle Beschränkung des Zugabewesens zu sorgen. Im Folgenden soll untersucht werden, wie die Gerichte der Zugabeproblematik in den 20er Jahren begegnet waren und warum ihnen dabei mit den zur Verfügung stehenden Mitteln letztlich kein Erfolg beschieden war.

349 Hierbei berief man sich insbesondere auf die überragende soziale Bedeutung der Versicherungen und erklärte, dass deren Abschaffung bei Millionen von Beziehern zu Verunsicherung und Unruhe führen würde: Abschriften der Telegramme der Leipziger Graphischen Werke A.G., der W. Vobach & Co. GmbH, des Verlags Bernhard Meyer GmbH und des Verlags Otto Beyer vom 12. 2. 1932, der Breslauer Gerichts-Zeitung und der Schlesischen Landeszeitung vom 12. 2. 1932, der Württemberger Zeitung und der Stuttgarter Zeitungsverlag GmbH vom 11. 2. 1932, des Reichsverbands deutscher Buch- und Zeitschriftenhändler e.V., Berlin, des Verlags der Württemberger Zeitung vom 15. 2. 1932, des Union deutsche Verlagsgesellschaft Stuttgart vom 15. 2. 1932, der Neuen freien Volkszeitung München vom 15. 2. 1932, der Nürnberger Zeitung vom 15. 2. 1932, der Münchener Zeitung vom 15. 2. 1932 und der Bayrischen Zeitung vom 15. 2. 1932 an den Reichsrat. In: Zusammenstellung des Berichterstatters der Reichsratsausschüsse VIII und II Ministerialdirektor Graf von Holtzendorff vom 15. 2. 1932 in den Akten des Reichsjustizministeriums: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 223 ff.

H. Die Rechtsprechung zum Zugabewesen

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I. Darstellung der wichtigsten Gerichtsentscheidungen zum Zugabewesen Die Darstellung der Judikatur dieser Jahre erfolgt unterteilt in zwei Gruppen. Bei der ersten Gruppe handelt es sich um Urteile zu konkreten Zugabeaktionen. Diese sind von primärem Interesse, da sie wiedergeben, welche Normen zur Beurteilung der Zugaben heranzogen wurden und inwieweit die Gerichte damit in der Lage waren, das Zugabewesen sinnvoll zu regulieren. An zweiter Stelle handelt es sich um Entscheidungen, die sich mit zugabefeindlichen Kampagnen von Wertreklamegegnern befassten. In diesen Fällen ist weniger von Interesse, inwieweit die betreffenden Aktionen mit dem Wettbewerbsrecht zu vereinbaren waren. Wichtiger sind die allgemeinen, das Zugabwesen betreffenden Äußerungen der Gerichte, da sie die Stimmungslage gegenüber der sich zunehmend ausbreitenden Wertreklame wiederspiegeln.

1. Gerichtsentscheidungen zu konkreten Zugabeaktionen a) Urteil des Reichsgerichts vom 23. Dezember 1926350 Das Reichgericht hatte sich nach Wiederaufleben des Zugabewesens erstmals im Jahr 1926 mit einem Fall zu befassen, in dem es um die Ankündigung und Gewährung von Zugaben ging. Dabei handelte es sich um ein Strafverfahren gegen zwei Kaufleute. Ihnen hatte die Staatsanwaltschaft i.S.v. § 4 UWG vorgeworfen, „in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen ( . . . ) über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere ( . . . ) über die Preisbemessung von Waren ( . . . ) wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben [ge]macht“ zu haben. Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde lag: Die Angeklagten hatten als Inhaber einer Rösterei Kornkaffee in zwei Ausgaben in den Handel gebracht. Bei der ersten Ausgabe kostete die Pfundpackungen für den Kleinhändler 32 Pf. und für das Publikum 40 Pf. Bei der zweiten Ausgabe kostete die Pfundpackung für den Kleinhändler 37 Pf. und für das Publikum 45 Pf. Beide Ausgaben waren nach Inhalt und Aussehen der Packungen vollständig gleich, bei der teureren Ausgabe war jedoch jeder Packung zusätzlich ein Gutschein beigegeben. Darauf war angegeben, die Gutscheine würden „anstatt teurerer Zeitungsreklame“ gewährt. Abgedruckt war zudem der Zusatz „Werte statt Worte“. Die Gutscheine versprachen bei Einreichung einer bestimmten Anzahl verschiedene Gebrauchsgegenstände, hauptsächlich Tischgeschirre.

350 RGSt. 61, 58; Urteil des III. Strafsenats des Reichsgerichts vom 23. 12. 1926 (III 574 / 26). Auch: GRUR 1927, S. 194 ff. und MuW 27 / 28 S. 532.

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Das Landgericht Bochum hatte die Angeklagten freigesprochen. Dabei hatte es im Rahmen der Prüfung des § 4 UWG maßgeblich darauf abgestellt, dass sie dem kaufenden Publikum sowohl für die Hauptware wie auch für die angekündigten Zugaben angemessene Preise berechnet hätten. Seinen Hauptaugenmerk hatte das Gericht hierbei auf das Verhältnis zwischen dem Verkäufer und dem kaufenden Publikum gelegt. Das Reichsgericht gab der Revision der Staatsanwaltschaft statt und verwies den Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und zur Neubescheidung zurück an das Landgericht Bochum. In seiner Begründung stellte es zunächst ganz grundsätzlich fest, dass das Zugabewesen „nur eine Abart der Reklame“ sei und damit zu Recht als „Wertreklame“ bezeichnet werde. Statt vorübergehender Sinneseindrücke wie bei der Anschauungs- und Wortreklame würden bei den Kunden „dauernde Sachwerte“ geschaffen.351 Weiter gab das Gericht an, dass sich das Versprechen und Gewähren von Zugaben im kaufmännischen Verkehr nicht ohne weiteres unlauteres Geschäftsgebaren darstellen müsse, dass es aber sehr wohl den Tatbestand eines unlauteren Wettbewerbs erfüllen könne. Ob eine Zugabe lauter oder unlauter sei, könne nicht allgemein, sondern immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden.352 Zur Begründung seiner Haltung verwies das Reichsgericht auf die Tatsache, dass das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 keine besondere Vorschrift über das Zugabewesen enthalte. Bei Schaffung dieser Regelung habe sich der Gesetzgeber ganz bewusst gegen eine solche Regelung entschieden, weil aufgrund der bis dahin vorliegenden Erfahrungen eine sichere Abgrenzung zwischen den einwandfreien und den geschäftlich verwerflichen Formen nicht möglich gewesen sei. Abweichend von dem Urteil des Landgerichts gab das Reichsgericht dann an, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Angeklagten den Tatbestand erfüllt hätten. Es sei möglich, dass sie – um den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen – über die Preisbemessung ihrer Waren wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben im Sinne von § 4 UWG gemacht hätten. Entscheidend sei dabei, „ob der Verkäufer seine Ware mit Zugabe zu einem Preise verkauft, der sich innerhalb der Grenzen hält, in denen Waren gleicher Art und Güte von Geschäften ähnlichen Ranges am gleichen Platz zur selben Zeit verkauft zu werden pflegen. Diese Grenzen werden naturgemäß allgemein durch die Produktions-, Zwischenhandels-, Reklame- und andere Geschäftsunkosten der im Wettbewerb stehenden Verkäufer mitbestimmt werden. Ein Händler, der sich die Reklamekosten spart und statt des hierfür in die Preisbemessung einzusetRGSt. 61, 58(62). Weiter gab das Reichsgericht hierzu an: „Allgemein lässt sich nur sagen, dass der Kaufmann in seinen Angeboten an die Kundschaft keinen gesetzlichen Beschränkungen über Menge, Güte und Preis des Angebotenen unterliegt; er kann soviel, so gut und so billig anbieten und liefern, als er will, wenn nur – und das ist die Grenze, die von einem ehrbaren Kaufmann nicht überschritten werden darf – sich davon fernhält, in dem Kunden unrichtige Vorstellungen über den Inhalt seines Angebots zu erwecken.“: RGSt 61, 58(59). 351 352

H. Die Rechtsprechung zum Zugabewesen

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zenden Betrags, ohne den üblichen Preis zu erhöhen, Gutscheine für Zugaben aushändigt oder die Hauptware zu einem um den Wert der Zugabe (Gutscheine) ermäßigten Preise ablässt, erweckt nicht nur den Anschein eines besonders günstigen Angebots, sondern er macht tatsächlich ein solches Angebot.“

Eine Rechtsverletzung wollte das Reichsgericht hingegen in folgendem Fall annehmen: „Geht er aber in der Absicht, sich die Zugabe ganz oder zum Teil besonders bezahlen zu lassen, bewusst über den ortsüblichen Preis der Ware gleicher Art und Güte in dem vorher bezeichneten Sinn hinaus, so macht er durch den Ausdruck „Zugabe“ oder das Versprechen, „Werte statt Worte“ zu liefern, oder gleichbedeutende Anpreisungen die wissentlich unwahre Angabe, er biete dem Publikum außer dem, was die Konkurrenz biete, noch einen Mehrwert für das gleiche Geld, und diese Angabe würde geeignet sein, das Publikum von dem Aussuchen einer reelleren Kaufgelegenheit abzuhalten, also irrezuführen. In solchem Falle wird auch die Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken, unschwer festzustellen sein.“353

Auf den konkreten Fall zurückkommend gab das Reichsgericht dann dem Landgericht Bochum auf, den Sachverhalt weiter zu aufklären. Dabei ging es um die Prüfung, ob sich der Kornkaffee in der teureren Ausgabe (mit Gutscheinen) noch in der üblichen Preisspanne halte.

b) Entscheidung des Amtsgerichts Halle vom 15. Juni 1928 und des Landgerichts Halle vom 15. November 1928 Die nächste Entscheidung zur Zulässigkeit von Zugaben hatte das Amtsgericht Halle treffen. Über die Berufung in dieser Sache entschied wenig später das Landgericht Halle. Den Urteilen lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Einzelhandelsverband von Halle hatte einstweiligen Rechtsschutz gegen eine mit dem Vertrieb von Schuhen befasste Einzelhandelsfirma beantragt. Die Antragsgegnerin war ehemals Mitglied des Antragsstellers gewesen. Noch zu Zeiten ihrer Mitgliedschaft (1925) hatte der Verband beschlossen, dass für seine Mitglieder die Ankündigung der Gewährung von Zugaben mit eigenem Wert (von anderen Kaufleuten im regelmäßigen Geschäftsverkehr nur gegen Bezahlung abgegeben), die nicht mit einer Firmenbezeichnung des sie gewährenden Unternehmens versehen waren, verboten sein sollten. Gestattet war lediglich die Zugabe von reinen Reklameartikeln wie Luftballons und dergleichen. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Verband hatte die Antragsgegnerin in öffentlichen Zeitungsanzeigen wieder353 Diese Vorgabe des Reichsgerichts nahm Baumbach 1929 wie folgt in seinen Kommentar auf: „Zugaben sind als Geschenk an den Käufer statthaft. Eine Irreführung liegt nur vor, wo in Wahrheit kein Geschenk oder kein reines Geschenk vorliegt, wo also die Zugabe irgendwie in den Verkaufspreis eingerechnet wird.“: Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 204.

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holt die Gewährung von Zugaben angekündigt. Bei den Zugaben handelte es sich um Socken, Strümpfe und Hausschuhe, also um solche mit Eigenwert. Bestritten war allein, dass die Zugaben zur Täuschung des Publikums bestimmt waren. aa) Entscheidung des Amtsgerichts Halle vom 15. Juni 1928354 Das Amtsgericht Halle verneinte zunächst das Eingreifen des § 3 UWG, da es bereits am objektiven Tatbestand einer Täuschung des Publikums fehle. Zugleich schloss das Gericht auch das Eingreifen des § 1 UWG aus. Zuvor hatte die Antragsgegnerin erfolgreich dargelegt, dass die Zugaben nicht von den Kunden bezahlt worden waren. Sie hatte glaubhaft machen können, dass „sich ihr Reingewinn im einzelnen Fall nicht etwa durch höhere Preisbemessung vermehrt habe ( . . . ).“ Der aus der Gewährung von Zugaben resultierende Vorteil habe vielmehr darin gelegen, dass man seinen Umsatz erhöht habe. Dem Gericht zufolge war es dem Antragssteller nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die Kunden die ihnen gewährten Zugaben bezahlt hätten. Das Amtsgericht erkannte in der Zugabengewährung der Antragsgegnerin dann jedoch eine „nicht übliche und für die übrigen Geschäftstreibenden als sittenwidrig anzusehende Wettbewerbsmaßnahme“ und bejahte damit einen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 und 823 BGB. Für diese Feststellung seien diejenigen Anschauungen maßgebend gewesen, welche „in den Kreisen der Gewerbetreibenden als allgemeinverbindlich angesehen“ würden. Danach seien die von der Beklagten angekündigten und gewährten Zugaben sittenwidrig und für die übrigen Handelstreibenden schädigend. Diese scheuten davor zurück, sich derselben Mittel zu bedienen und seien deshalb auch nicht in der Lage, sich gegen die nachteiligen Folgen der von der Antragsgegnerin eingesetzten Reklame zu schützen. Dies ergab sich für das Gericht aus Äußerungen der Handelskammer Halle, des Leipziger Verbands des Einzelhandels und der Arbeitsgemeinschaft des Einzelhandels in Magdeburg.355

Aktz. 27 G. 126 A. / 28; GRUR 1928, S. 945 f.; auch: JW 1928, 1260 f. Sie hatten zuvor erklärt, dass die Gewährung von Zugaben mit Eigenwert in ihrem Bereich unüblich seien. Zudem würden als sittenwidrig und unlauter betrachtet, weil ihre Gewährung keinem ordentlichen Kaufmann bei reeller und scharfer Kalkulation möglich sei. Weiter verwies das Gericht auf eine Äußerung des Preußischen Handelsministers vom 31. Mai 1928 vor dem Preußischen Landtag und die anschließende Zustimmung aus allen Lagern das Parlaments. Darin sei erklärt worden, dass der „Zugabenunfug möglichst bald abgestellt“ werden solle, da er durch Preisverschleierung und Herabsetzung der Warenqualität das ordentliche Gewerbe schädige. 354 355

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bb) Berufungsentscheidung des Landgerichts Halle vom 15. November 1928356 Das Landgericht Halle kam auf die Berufung der Antragsgegnerin zu dem abweichenden Ergebnis, dass der Antragsgegnerin in jedem Fall ein Verstoß gegen § 1 UWG zur Last falle, die Berufung insoweit unbegründet sei. Die Frage, ob dem Antragssteller daneben auch der von der Vorinstanz festgestellte Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 und 823 BGB zustand, ließ es offen. Das Landgericht entschied, dass die Antragsgegnerin mit der Ankündigung und Gewährung von Zugaben Handlungen i. S. v. § 1 UWG vorgenommen habe, die gegen die guten Sitten verstießen. Die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung ergebe sich daraus, dass die Antragsstellerin bis Ende 1927 Mitglied des Antragstellers gewesen war und dieser bereits 1925 einen Beschluss gefasst hatte, wonach die Ankündigung von Zugaben verboten war. Nach Auffassung der Kammer entsprach es „nicht den Grundsätzen des lauteren Geschäftsverkehrs und (sei) daher sittenwidrig, wenn ein Geschäftsmann, der einem Verbande angehört hat und aus ihm ausgeschieden ist, unmittelbar nach seinem Ausscheiden die dem Verbande noch angehörenden Fachgenossen dadurch schädigt, dass er der Kundschaft Vorteile gewährt, die die vertragstreuen Mitglieder des Verbandes nicht gewähren durften.“ Beiläufig – aber von entscheidender Bedeutung – war die ergänzende Bemerkung des Gericht, dass es die Zugabenpraxis der Antragsgegnerin auch dann für unlauter gehalten hätte, wenn sie zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Verbandes gewesen wäre. Die Gründe seiner Ablehnung des Zugabewesens fasste das Gericht wie folgt zusammen:357 „Die Zugabe von Waren mit Eigenwert, ohne dass diese durch Firmenaufdruck oder in sonstiger Weise gekennzeichnet sind, aus welchem Geschäft sie herrühren, ist abzulehnen: a) weil sie im Verhältnis zum Verbraucher 1) die Verabreichung eines Geschenkes vortäuscht, 2) geeignet ist, falsche Auffassungen hinsichtlich der Preisbemessung und des Wertes der regulär verkauften Ware aufkommen zu lassen, 3) das Vertrauen des Publikums in eine ernsthafte und angemessene Preiskalkulation erschüttert; b) auch volkswirtschaftliche Nachteile sind mit einem derartigen Zugabeunwesen lösbar verbunden, weil 1) der Verbraucher, insbesondere Frauen, Kinder und Dienstboten, zu unwirtschaftlichen Einkäufen verleitet wird,

Aktz. 5 a 13 / 28; GRUR 1929. S. 1317 f. Diese Ausführungen machte das Gericht im Rahmen der Begründung seiner Auffassung, wonach der Verbandsbeschluss des Antragstellers als solcher selbst nicht sittenwidrig und damit auch nicht nichtig war. 356 357

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932 2) der Abgabe von Waren, insbesondere von Nahrungs- und Genussmitteln, durch branchenunkundige Geschäftsleute Vorschub geleistet wird, 3) der allseits erstrebte und erforderliche Preisabbau verhindert wird, 4) die Herstellung von Qualitätsware gefährdet, die Überschwemmung des Marktes mit wertlosen und minderwertigen Artikeln dagegen gefördert wird;

c) der ehrbare Kaufmann wird materiell und moralisch geschädigt, weil bei allgemeiner Zulassung dieser von der Antragsgegnerin vorgenommenen Zugabegewährung 1) ein gegenseitiges Überbieten nach Wert und Menge der Zugaben einsetzen wird, 2) der Verbraucher die Erstehung der Ware im regulären Wege ablehnen wird, die er anderswo seiner Ansicht nach geschenkt bekommt, 3) die Tätigkeit der Berufsgenossen herabgewürdigt wird, welche im regelmäßigen Geschäftsverkehr die Ware feilbieten, die andere als Zugabe gewähren, 4) das Vertrauen der Steuerbehörde in die Zuverlässigkeit der kaufmännischen Steuerschätzungen schwinden muss, wenn der Kaufmann anscheinend auf Grund seiner Riesengewinne Ware mit Eigenwert als Zugabe gewähren kann, 5) der Kaufmann seine Selbständigkeit einbüßt, der gezwungen ist, Ware von dem Lieferanten zu beziehen, der seine Sendungen mit Zugaben bedenkt.“

c) Urteil des Landgerichts Aurich vom 19. November 1928358 Ebenfalls im November 1928 hatte das Landgericht Aurich zur Zugabenfrage Stellung zu nehmen. In der nichtveröffentlichten Entscheidung findet sich der folgende Absatz: „Die Ankündigung von Zugaben und ihre Gewährung verstößt ohne weiteres nicht gegen die guten Sitten. Im Wirtschaftleben der Gegenwart ist die Reklame in allen Geschäftszweigen etwas Selbstverständliches geworden und nimmt einen steten größeren Umfang an. Immer neue Wege werden eingeschlagen, um das Publikum zum Kaufe zu reizen und dadurch den Absatz der Waren zu erhöhen. Einen dieser Wege bildet auch die von der Antragsgegnerin aufgenommene Wertreklame, die dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht widerspricht.“

d) Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. Januar 1929359 In diesem Fall hatte die Beklagte zur Eröffnung drei neuer Ladengeschäfte in Zeitungsanzeigen und auf Handzetteln für den Zeitraum vom 28. September bis zum 6. Oktober 1928 die Gewährung von Gutscheinen und Zugaben angekündigt. Hiergegen hatte der Kläger beim Landgericht Leipzig eine einstweilige Verfügung erwirkt.

358 359

Aktz. S 2 / 11 / 28; erwähnt bei Heßler, Zugaben und unlautere Wettbewerb, S. 42. Aktz. 4 CReg 501 / 28; MuW 1929, S. 194.

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Das Landgericht hatte einen Verstoß gegen § 1 UWG angenommen und als Begründung angegeben, dass „sich wegen dieses Werbemittels „in den Fachkreisen“ bereits eine bestimmte es ablehnende Anschauung durchgesetzt“ habe.360 Das daraufhin angerufene Oberlandesgericht stellte fest, dass die einstweilige Verfügung zu Unrecht erlassen worden sei. Zwar sei dem Landgericht zuzustimmen, dass das Werbemittel der Zugaben ungewöhnlich sei und von dem überwiegenden Teile des Handels nicht angewendet werde. Auch sei dem Gericht bewusst, dass es von einem erheblichen Teile des Handels sehr stark bekämpft werde. Im Fall der Ankündigung der Beklagten ließe sich eine Verfügung jedoch weder nach § 3 UWG noch nach § 1 UWG rechtfertigen. Ausschlaggebend war für das Oberlandesgericht, dass die Ankündigung der Zugaben für sich allein nicht unlauter gewesen sei. Von Bedeutung war sowohl der eng begrenzte Zeitraum der Aktion als auch der Umstand, dass sie ersichtlich der Einführung der Ware der Beklagten dienen sollte. Maßgebend für die Feststellung der Sittenwidrigkeit sei nicht allein die Auffassung der Handelkreise, sondern vielmehr die Auffassung der beteiligten Kreise in ihrer Allgemeinheit. Hierzu gehörten namentlich auch die Verbraucher. Weder habe der Kläger glaubhaft gemacht noch sei das Gericht von sich aus der Auffassung, dass „alle billig und gerecht Denkenden aus diesen Kreisen an einem solchen Gebaren Anstoß nehmen und es als sittenwidrig betrachten“ würden. Gegen die guten Sitten verstoße die Ankündigung der Gewährung von Zugaben nur, „wenn mit ihm die Möglichkeit einer Täuschung des Publikums verbunden“ sei. Von einer solchen Täuschung sei nur dann auszugehen, wenn in dem Warenpreis der Preis der Zugabe mit eingerechnet sei oder die Güte der Ware dem Kaufpreis nicht entspreche. Mit Blick auf die Zugabeaktion der Beklagten sei das Vorliegen dieser Voraussetzungen jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. e) Urteil des Oberlandesgerichts Stettin vom 25. Februar 1929361 Im Rahmen dieser Entscheidung hatte das Oberlandesgericht Stettin über die Zulässigkeit einer einwöchigen Werbeaktion zu entscheiden. Bei der Aktion sollten Lose ausgegeben, also keine klassischen Zugaben gewährt werden. Die Antragsgegnerin hatte im Oktober 1928 in der örtlichen Tageszeitung eine Bekanntmachung mit folgendem Wortlaut veröffentlichen lassen: „Achtung! Wir verschenken bis 3000 Lose kostenlos an 3000 Damen ab Montag, dem 1. Oktober 1928, bis spätestens Freitag, den 5. Oktober 1928. 1. Gewinn: 1 SingerNähmaschine, 2. Gewinn: 1 entzückende Pelzjacke, 3. Gewinn: 1 schöner Fuchs. Die Gewinne sind in unseren Schaufenstern ausgestellt. ( . . . )“ Auf Antrag der bei360 Urteil vom 28. 11.1928, Aktz. 3 C Ar 87 28; Heßler, Zugaben und unlautere Wettbewerb, S. 42. 361 Aktz. 2 U 224 / 28; in: MuW 1929, 553.

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den Antragstellerinnen erließ das Landgericht eine einstweilige Verfügung, wonach der Antragsgegnerin die Veröffentlichung und Losausgabe untersagt wurde. Durch Urteil wurde die einstweilige Verfügung aufgehoben. Hiergegen legten die Antragstellerinnen Berufung ein.362 Die Berufung zum Oberlandesgericht Stettin hatte keinen Erfolg.363 Das Gericht befand, dass die Erwirkung der einstweiligen Verfügung unbegründet war, da die von der Antragsgegnerin angekündigte Verlosung nicht unsittlich gewesen sei. Vom Standpunkt eines „anständigen Durchschnittsmenschen“ könne man nicht sagen, dass „alle billig und gerecht Denkenden das Vorgehen der Beklagten missbilligen“ würden. Zur Frage, ob die Ankündigung der Verlosung der Gewinnen eine unlautere Zugabeaktion war, führte es aus: „Verspricht der Kaufmann seinen Käufern Geschenke in Form von Zugaben, so liegt ein verwerfliches Handeln nur vor, wenn er die Käufer entweder über die Preisstellung der Ware oder über den Wert der Zugabe irreführt.“ Diese Voraussetzungen konnte das Gericht im Fall der Aktion der Antragsgegnerin freilich nicht annehmen. Eine Irreführung kam nicht in Frage, da ein Kaufabschluss für die Kunden keine Bedingung für die Teilnahme an der Verlosung war. f) Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. März 1929364 In diesem Fall hatte eine Bekleidungsfirma angezeigt, dass sie jedem ihrer Käufer einen Gutschein für „eine Villa im Wert von 50 000 RM“, „ein Auto im Wert von 30 000 RM“, sowie manche andere Gewinnmöglichkeit in Form eines Loses der staatlich genehmigten Rheinland-Lotterie schenke. In der Anzeige waren die Worte „Wir schenken . . . eine Villa usw.“ durch Balkenschrift besonders hervorgehoben. Der Verband des Erfurter Einzelhandels erwirkte gegen die Bekleidungsfirma in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung. Eine darauffolgende Unterlassungsklage hatte ebenfalls in zweiter Instanz Erfolg. Das Oberlandesgericht Naumburg urteilte hierzu, dass die beklagte Bekleidungsfirma sittenwidrig gehandelt habe.365 Zur Zugabenproblematik im Allgemeinen führte das Gericht zunächst folgendes aus:

362 Die Parteien waren sich darüber einig, dass die angekündigte Verlosung beendet und damit die Hauptsache erledigt war. Das OLG sollte nur noch über die Kosten entscheiden. 363 Da ihr Rechtmittel ohne Erfolg geblieben war, hatten die Antragsstellerinnen die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen. 364 Aktz. 1 U 4 / 29; in: Deutsche Wirtschaftszeitung (Organ des Deutschen Industrie- und Handelstages) 1929 Nr. 23, S. 554; Kolonialwaren-Zeitung 1929 Nr. 39. 365 Mit Blick auf die von der Beklagten geschalteten Anzeige führte das Gericht aus, dass bereits ihre „hässliche und marktschreierische Form“ gegen die guten Sitten des Handelsverkehrs verstoßen habe. Die Anzeige führe zu einer Irreführung des Publikums, weil bei dem flüchtigen Betrachter der Eindruck hervorgerufen würde, dass die Beklagten ihm die betreffenden Gegenstände schenken würde. Tatsächlich würde diese aber gar nicht daran denken,

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„Das Zugabewesen in seiner üblichen Gestalt erreicht an sich schon die Grenze, an der kaufmännische Ehrbarkeit und gute Sitten aufhören. Es wird jedenfalls als eine bedauerliche Erscheinung empfunden von weiten Kreisen, die im Wettbewerb stehen und notgedrungen auch dessen Auswüchse zum Teil mitmachen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Allerdings ist nach dem heutigen Stande der Rechtsprechung die „Zugabe“ an sich noch nicht sittenwidrig und im Verkehr vielfach üblich. ( . . . ) Ganz allgemein lässt sich sagen, dass das Zugabewesen auf eine gewisse Irreführung der Käuferkreise eingestellt ist. Denn keinem Verkäufer ist es möglich, wirklich unentgeltliche Gaben zu verteilen, vielmehr müssen die Kosten der Zugaben vom Verkäufer in seine Berechnungen eingestellt und irgendwie aus dem Vermögen der Käufer wieder hereingeholt werden. Das liegt im Wesen des Handelsgeschäfts. Es ist daher nicht zulässig, dies Zugabewesen sich noch weiter ausdehnen zu lassen auf Gegenstände, gegen deren Zugabe besondere Bedenken sprechen; ( . . . ).“

2. Urteile zu wertreklamefeindlichen Kampagnen a) Entscheidung des Oberlandesgerichts Kiel vom 6. November 1928366 In dieser Entscheidung hatte das Oberlandesgericht Kiel über eine Klage des Schutzverbande für Wertreklame e.V. zu entscheiden. Im Wesentlichen war zu prüfen, ob es zugabefeindlichen Wettbewerbern nach § 1 UWG gestattet war, bei der Vermarktung ihrer eigenen Produkte die Zugabenwerbung der Konkurrenz als schädlich zu bezeichnen. Parteien der Auseinandersetzung waren neben dem Schutzverband als Kläger ein holsteinischer Margarinehersteller als Beklagter. Stein des Anstoßes war das Einwickelpapier des Beklagten, auf dem er seine Margarine an die Kunden auslieferte. Das Papier enthielt unter der Überschrift „Ware mit Zugabe kaufen heißt sich selbst betrügen“. folgende Aufschrift: „Keine Firma kann etwas verschenken. Jede Zugabe, ganz gleich ob Porzellan oder Silberbesteck, muss in den Preis einkalkuliert werden. Fast jede Zugabe bedingt Qualitätsverschlechterung, und was bedeutet eine Qualitätsverschlechterung bei Nahrungsmitteln für den menschlichen Körper? Warum schädigen Sie freiwillig Ihren Körper und Ihr Portemonnaie?“ Das Amtsgericht Elmshorn hatte auf Antrag des Schutzverbandes für Wertreklame am 11. April 1928 eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten erlassen. Die Verfügung war später vom Landgericht Itzehoe aufgehoben worden. Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass dem Kläger kein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG zustand. Dem Kläger sei es nicht gelungen, eine die Gegenstände zu übereignen, geschweige denn zu verschenken. Jede Irreführung des Publikums sei jedoch sittenwidrig. 366 Aktz. 2 U 261 / 28; in GRUR 1929, S. 364.

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sittenwidrige und damit gegen die Generalklausel verstoßende Wettbewerbshandlung des Antragsgegners glaubhaft zu machen.367 In den Ausführungen des Oberlandesgerichts sind insbesondere die Passagen interessant, in denen es sich eher grundsätzlich zu einer Reihe von WertreklameWerbeschriften äußerste, die der Beklagte als Beweismittel in den Prozess eingebracht hatte. Darin heißt es: „Es muss der Antragsgegnerin zugegeben werden, dass die große Mehrzahl der Werbeschriften geeignet ist, das Publikum über den Vorteil des Bezugs von Waren der Wertreklame treibenden Fabrikanten in grober Weise irrezuführen. ( . . . ) Es werden in diesen Anzeigen zum Teil so viele und anscheinend wertvolle Gegenstände als Zugaben angeboten, dass man den Eindruck einer wirtschaftlich ungesunden Geschäftsgebarung erhält, bei der entweder die Zugaben auf Kosten der Qualität der angebotenen Margarine gemacht werden, oder bei der die marktschreierisch angebotenen Zugaben in Wahrheit so wertlose Waren sein müssen, dass sie als Lockmittel gegenüber wirtschaftlich verständigen Käufern nicht in Betracht kommen dürften. Es kommt hinzu, dass auch die Firmen, die solche Zugaben geben, dabei auf die Wort- und Bildreklame keineswegs verzichten, oder auch nur verzichten können.“

Auch die Behauptung, der Wert einer jeden Zugabe müsse in den Preis einkalkuliert werden, beanstandete das Gericht nicht, sondern bezeichnete sie sogar für geboten: „Die Sätze beinhalten eine völlig berechtigte Abwehr; denn in den Anzeigen der Firmen, die Zugaben anbieten, wird vielfach mehr oder minder deutlich der Eindruck erweckt, dass die Zugaben gewissermaßen ein Geschenk, eine Gratiszugabe seien. Es ist dies eine ganz grobe Irreführung des Publikums, gegen die scharfe Abwehr geboten war.“ Mit Blick auf den Vorwurf der Qualitätsverschlechterung gab das Oberlandesgericht schließlich an, dass der Beklagte diese in dem Sinne für berechtigt halten durfte, dass „dem Zugabenwesen die Tendenz innewohne, die Qualität der Ware zu verschlechtern, und dass diese Verschlechterung in der Regel auch eintrete“. b) Urteil des Reichsgerichts vom 15. Januar 1932368 Anfang 1932 hatte das Reichsgericht zum zweiten Mal und vor Erlass der Zugabeverordnung gleichzeitig zum letzten Mal Gelegenheit, zu dieser Problematik Stellung zu nehmen. 367 Entscheidend sei dabei gewesen, dass der Kläger nicht widerlegt habe, dass der Beklagte die Überzeugung gehabt habe und haben konnte, dass Zugaben einen Schaden für die Praxis darstellten. Im Fall der Verbreitung von Behauptungen über ein Werbesystem könne ein Verstoß nämlich nicht angenommen werden, wenn der Behauptende „von der Wahrheit seiner Angaben überzeugt (sei) und nach Lage der Dinge auch überzeugt sein dürfte“. 368 Aktz. II 226 / 31; RGZ 135, 38. Eine vollständige Abschrift des Urteils findet sich in den Akten des Reichsjustizministeriums: BArch, R 3001 / 2634 Bl. 253 ff. Der Fall war in allen Instanzen – abhängig vom Ausgang der jeweiligen Instanz- sowohl vom Schutzverband für Wertreklame e.V. als auch vom Reichsausschuss für das Zugabeverbot zur Unter-

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Parteien dieses Verfahrens waren erneut der Schutzverband für Wertreklame e.V. als Kläger und der Reichsausschuss für das Zugabeverbot sowie die Firmen Kathreiner und Frank Sohne als Beklagte. Der Reichsausschuss hatte durch die mitbeklagten Unternehmen Plakate und Flugblätter mit der Überschrift „Verlangt das Verbot der Zugabe!“ an Kleinhändler verteilen lassen und darin behauptet, dass Zugaben die Preise künstlich in die Höhe trieben und damit dem Preisabbau im Wege ständen. Wörtlich hieß es: „Zu den Faktoren, die die Preise künstlich in die Höhe treiben, gehören die Zugaben. Die Zugaben stehen dem Preisabbau im Wege, denn sie zwingen Handel und Industrie, im Konkurrenzkampf immer größere Aufwendungen für die Gewährung von sogenannten Geschenken zu machen, die dem Käufer doch keinerlei Vorteile bringen.“ Sodann forderten die Plakate: „Fort mit den sogenannten Zugaben!“ Der klagende Schutzverband bezeichnete die vom Reichsausschuss aufgestellten Behauptungen als bewusst unrichtig und zudem zu Zwecken des Wettbewerbs aufgestellt. Er klagte deshalb auf Unterlassung. Das Landgericht Berlin hatte die Klage abgewiesen. Im anschließenden Berufungsverfahren hatte das Kammergericht Berlin die Beklagten verurteilt. Es war im Wesentlichen zu der Überzeugung gelangt, dass das Flugblatt für weite Kreise irreführend sei, weil dadurch der Anschein erweckt werde, dass die darin aufgestellten Behauptungen über die angeblich preisverteuernde Wirkung der Zugaben als das Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen anzusehen sei, wofür auch bereits die eigene Bezeichnung als „Reichsausschuss“ spreche. Mit ihrer beim Reichsgericht eingelegten Revision hatten die Beklagten Erfolg. Der II. Zivilsenat kam zu dem Ergebnis, dass die hier einzig in Frage kommende Vorschrift des § 1 UWG nicht verletzt sei. Zum einen fehle es bei der beanstandeten Maßnahme an einem Handeln der Beklagten zu Wettbewerbszwecken.369 Zum zweiten sei auch kein Verstoß gegen die Grundsätze des lauteren Verhaltens im Geschäftsverkehr gegeben. Hierfür sei allein maßgebend, ob die Beklagten „der Überzeugung waren und nach der Sachlage der Überzeugung sein durften, das von ihnen bekämpfte Verkaufssystem des Zugabewesens stelle infolge der von ihnen angegebenen Wirkung einen Schaden für alle Beteiligten dar“. An diesem subjektiven Erfordernis, so das Reichsgericht, würde es nur dann fehlen, wenn die Beklamauerung des jeweils eigenen Standpunktes zu Propagandazwecken benutzt worden und hatte breite Beachtung in der Öffentlichkeit gefunden. Vgl. auch: Artikel von Pelka, in: Deutschen Handelswarte, 1. Märzheft 1931, 11. Jahrgang, Nr. 5, S. 118 – 120: BArch R 3001 / 2633, Bl. 95 ff.; ebenfalls: Artikel in der Kölnischen Zeitung vom 16. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 126 f. 369 Hierfür fehle es an einer Maßnahme zur Beeinflussung des Warenumsatzes. Es handele sich vielmehr um „eine Art einer wirtschaftspolitischen Aufklärungspropaganda in dem seit Jahren vom Erstbeklagten und vielen anderen Stellen des Wirtschaftslebens geführten Kampf um das gesetzliche Zugabeverbot ( . . . )“, um „eine Werbung zur Mitarbeit an der Herbeiführung eines Gesetzes, das das Zugabewesen verbietet“. Dieses Engagement sei von dem verfassungsmäßigen Recht der freien Meinungsäußerung erfasst und könne nicht durch die Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes beschränkt werden.

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gen bewusst oder zumindest grob fahrlässig versucht hätten, das Publikum durch unwahre Angaben auf ihre Seite zu ziehen. Nach dem von den Beklagten überreichten Material könne jedoch keinesfalls die Rede davon sein, dass ihnen eine entsprechende Überzeugung gefehlt habe, oder dass sie eine solche Überzeugung nicht hätten haben durften. Hieraus habe sich nämlich ergeben, dass es sich bei der Behauptung der Schädlichkeit der Zugaben wegen ihrer preiserhöhenden Wirkung um „eine seit vielen Jahren mitten im Wirtschaftskampfe stehende Frage“ handele. Wegen seiner hohen wirtschaftlichen Bedeutung werde der Streit bereits in aller Öffentlichkeit geführt. Dabei fänden die Beklagten Unterstützung von einer großen Zahl volkswirtschaftlich erfahrener Personen, Firmen, Organisationen und Parteien.370 Letztlich handele es sich dabei um „einen seit Jahren mit einer gewissen Erbitterung geführten Kampf zweier Verkaufssysteme“. Deutlich sei für das Gericht zudem geworden, dass die von dem Kläger angegriffenen in den Flugblättern enthaltenen Behauptungen nicht neu seien, sondern vielmehr von den Gegnern des Zugabewesens ständig aufgestellt würden. Dies liege u. a. daran, dass das Argument der durch die Zugaben angeblich bewirkten Preisteuerung ihre schärfste Waffe sei. Entgegen dem klägerischen Vorbringen stellte der II. Senat dann fest, dass die von den Beklagten verbreiteten Angaben auch nicht etwa deshalb bewusst oder zumindest grobfahrlässig seien, weil in der Zwischenzeit ein gegenteiliger unwiderlegbarer „klarer Beweis an maßgebender Stelle auf Grund unanfechtbaren Materials“ geführt worden wäre. Mit dieser Feststellung wandte sich das Gericht dem am 15. April 1930 vom vorläufigen Reichswirtschaftsrates veröffentlichten „Gutachten zur Frage der wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens“ zu, auf das sich zuvor der Kläger berufen hatte.371 Das Gutachten sei keine „endgültige Entscheidung der Streitfrage“. Zwar habe sich der eingesetzte Arbeitsausschuss auf Anfrage des Reichsministers der Justiz und des Reichswirtschaftministers eingehend mit der Frage der wirtschaftlichen Wirkungen der Zugaben beschäftigt und 370 Im Einzelnen komme diese Unterstützung von einer erdrückenden Zahl der zur Vertretung der Interessen von Industrie, Handel und Gewerbe gesetzlich geschaffenen Organe nahezu aller Industrie- und Handelskammern und der Handwerks- und Gewerbekammern, einer großen Zahl der Reichs- und Bezirksverbände der Wirtschaft der großen Verbraucherverbände. Diese Kreise seien sämtlich der Auffassung, dass Zugaben zu einer ungerechtfertigten Warenverteuerung führten. Ähnliches gelte für eine Reihe politischer Parteien, die die Erkenntnis teilten, dass das geltende Recht zur Bekämpfung der durch das Zugabewesen bewirkten Missstände nicht ausreiche und deshalb ein besonderes gesetzliches Verbot der Zugaben gefordert hätten. Hierbei verwies das Gericht auf die Anträge der Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Reichstagsdrucksachen IV 1928 Nr. 649, V 1930 Nr. 94 und 590), der Zentrumspartei (Reichstagsdrucksachen IV 1928 Nr. 727) der Deutschnationalen Volkspartei (Reichstagsdrucksachen V 1930 Nr. 319), der Landvolkpartei (Reichstagsdrucksachen V 1930 Nr. 457), der Bayrischen Volkspartei (Reichstagsdrucksachen V 1930 Nr. 465) und des Preußischen Landtags (Antrag der Preußischen Zentrumspartei, vgl. Urantrag vom 6. 11. 1930 Drucksache Nr. 5544). 371 Zum Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrats später ausführlich auf S. 146 ff.

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zu diesem Zweck zahlreiche Sachverständige vernommen. Im Ergebnis handele es sich jedoch „nur um ein Gutachten“, dem entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mit Blick auf die Behauptungen der Beklagten keine überragende rechtliche Bedeutung beigemessen werden könne.372 Abschließend verwies das Reichsgericht auf den Umstand, dass die Reichsregierung dem Reichsrat mittlerweile einen Entwurf eines „Gesetzes über die Gewährung von Zugaben zu Waren oder Leistungen“ vorgelegt habe. Nach § 1 dieses Gesetzes solle es verboten werden, im Einzelhandel Zugaben anzukündigen oder zu gewähren. In der Begründung des Entwurfs werde zudem betont, „dass das Zugabewesen Nachteile schwerwiegender Art im Gefolge hat“.

II. Zusammenfassung und Bewertung der Rechtsprechung Zusammenfassend ist mit Blick auf die Rechtsprechung der 20er Jahre festzuhalten, dass es den Gerichten nicht gelungen war, im Umgang mit dem Zugabewesen eine einheitliche Linie zu verfolgen. Von maßgeblicher Bedeutung war hierbei die geringe Beteiligung des Reichsgerichts – das oberste Gericht hatte kaum Gelegenheiten, den nachgeordneten Gerichten Orientierung und Führung zu geben. Während vereinzelte Gerichte zumindest den Versuch unternommen hatten, die Ankündigung und Gewährung von Zugaben generell zu untersagen und die Wertreklamediskussion auf diese Weise zu beenden, war das Reichsgericht lange bei der Linie geblieben, wonach Zugaben nur im Einzelfall unlauter sein sollten. Hierbei spielte vermutlich eine Rolle, dass das Gericht diesen Kurs zu einem Zeitpunkt eingeschlagen hatte, als noch nicht absehbar war, welche bedrohlichen Ausmaße das Zugabewesen annehmen würde. Später hatte es dann keine Möglichkeit mehr, abweichende Vorgaben zur Frage der Sittenwidrigkeit von Zugaben im Sinne von § 1 UWG zu machen. Die Haltung, die das Gericht Anfang 1932 in der Entscheidung Schutzverband für Wertreklame e.V. . / . Reichausschuss für das Zugabeverbot gegenüber dem Zugabewesen an den Tag legte, lässt vermuten, dass man zumindest kurz vor Erlass der Zugabeverordnung auch hier die ursprüngliche Unbefangenheit gegenüber den Zugaben aufgegeben hatte und bereit gewesen wäre, einen restriktiveren Ansatz zu vertreten. Von Bedeutung war in diesem Zusammenhang schließlich ferner, dass es den Gerichten auch nicht gelungen war, offensichtliche Auswüchse im Bereich der Zu372 Ungeachtet der generellen Bedeutung des Gutachtens sei der vom vorläufigen Reichswirtschaftsrat erarbeitete Standpunkt für den Kläger zudem nicht so günstig, wie von ihm und dem Berufungsgericht bisher angenommen. In Wahrheit sei der Arbeitsausschuss nicht in der Lage gewesen, unter den vernommenen Sachverständigen beider Lager eine Einigung zu erzielen. Im Ergebnis fehle es an einer bestimmt gefassten gutachterlichen Erklärung des Gremiums über die Wirkungen des Zugabewesens auf die Preisbildung.

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gaben mit Hilfe der §§ 3 und 4 UWG zu beschneiden. Dies hing im Wesentlichen damit zusammen, dass das Reichsgericht für die Anwendung dieser Vorschriften im Jahr 1926 Vorgaben gemacht hatte, die es den Gerichten in der Praxis äußerst schwer machten, irreführende und unwahre Zugabeaktionen zu erkennen und als solche auch zu beweisen. Zusammenfassend kann der Rechtsprechung aus der Unzulänglichkeit ihrer Rolle bei der Beschränkung des Zugabewesens jedoch kein Vorwurf gemacht werden. Wie auch seinerzeit schon Callmann richtig ausgeführt hatte, ist dieser Vorwurf vielmehr den Handelskreisen zu machen. Diese hatten entweder gar keine Verfahren angestrengt oder waren zumindest nicht in der Lage, ihre Streitigkeiten bis an das Reichsgericht zu bringen.373 1. Geringe Anzahl von Urteilen Auffallend ist, dass vom Zeitpunkt des Wiederauflebens der Zugabenwerbung gegen Mitte der 20er Jahre bis zum Erlass der Zugabeverordnung im Frühjahr 1932 nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Entscheidungen zu dieser Problematik erging. Insbesondere höchstrichterliche Urteile waren sehr rar, das Reichsgericht etwa hatte (mit RGSt. 61, 58) nur ein einziges Mal Gelegenheit, zur Rechtmäßigkeit einer konkrete Zugabeaktion Stellung zu nehmen. Diese Tatsache erstaunt – insbesondere wenn man berücksichtigt, dass das Zugabewesen bereits früh zu häufigen Beschwerden geführt hatte und in der aufgeheizten Stimmung der späten 20er Jahre wiederkehrend öffentlich diskutiert worden war. Bei Versuchen, die geringe Zahl zivilrechtlicher Entscheidungen zu erklären, wird häufig auf die Unsicherheit der Rechtslage hinsichtlich des Zugabewesens verwiesen. Der Ausgang von Rechstreitigkeiten sei völlig ungewiss und damit für den Kläger mit einem großen Kostenrisiko verbunden gewesen. Dieses Risiko hätten viele Kläger – darunter sogar Verbände – gescheut, da sie nicht bereit gewesen seien, „bloß um der allgemeinen kaufmännischen Moral willen größere Beträge auszugeben“.374 Anders lauten die Erklärungsversuche für den Bereich der Strafverfahren: Hierzu wird berichtet, dass es nicht an Versuchen gefehlt habe, Verfahren nach § 4 UWG einzuleiten. Mit den Grundsätzen jedoch, die das Reichsgericht 1926 zur Erkennung unwahrer bzw. irreführender Reklame aufgestellt hatte, sei es aus Gründen der Beweisführung kaum noch möglich gewesen, Auswüchse im Bereich des Zugabewesens strafrechtlich zu sanktionieren. Aus diesem Grund seien die Staatsanwaltschaften in den meisten Fällen gezwungen gewesen, die Verfahren einzustellen.375 373 Callmann, Kommentar zum unlauteren Wettbewerb, 1932, Zugabewesen Rn. 6 (S. 308); so auch: Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 51. 374 Vgl.: Opitz, Zugaben – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 34; so ebenfalls: Utescher, GRUR 1929, S. 827(837 f.). 375 Opitz, Zugaben – Ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 32.

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2. § 1 UWG Die geringe Beteiligung des Reichsgerichts blieb schließlich auch nicht ohne Folgen für die Anwendung des § 1 UWG. Die Generalklausel hätte für die Gerichte im Kampf gegen die Auswüchse des Zugabwesens eigentlich die wichtigste Vorschrift sein können.376 Letztlich wurde ihm diese Bedeutung nicht zu teil, weil das Reichsgericht gegen Ende der 20er Jahre keine Gelegenheit mehr bekam, auf die veränderte Haltung der Handels- und Verbraucherkreise gegenüber dem Zugabewesen zu reagieren und zumindest Auswüchse in diesem Bereich für sittenwidrig zu erklären. Nach § 1 UWG kann derjenige, der „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen“, ( . . . ) auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Die ersten beiden Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift konnten in der Regel ohne Probleme bejaht werden: Ein Händler, der zum Absatz seiner Produkte Zugaben ankündigte und gewährte, tat dies nicht im privaten Bereich, sondern zu Erwerbszwecken377 und damit im „geschäftlichen Verkehr“. Ferner verfolgte er mit den Zugaben den Zweck, den eigenen Absatz zu fördern378 und wurde damit auch „zu Zwecken des Wettbewerbs“ tätig. Schwierigkeiten bereitete hingegen stets das Merkmal des Sittenverstoßes. Das Reichsgericht hatte die „guten Sitten“ im Sinne von § 826 BGB in einer Entscheidung aus dem Jahr 1901 als „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ definiert. Dabei sollte die Anschauung eines „bestimmten Volkskreises“, etwa des ehrbaren Kaufmanns im Handelsverkehr, maßgeblich sein. Voraussetzung war natürlich, dass sich eine herrschende Sitte ausgeprägt hatte und zudem ausgeschlossen werden konnte, dass diese eine Unsitte war.379 Nach Inkrafttreten des § 1 UWG wandte das Gericht die Formel auch für die Auslegung dieser Vorschrift an.380 Das Reichsgericht hatte zwischen 1925 und 1932 nicht ein einziges Mal Gelegenheit, einen Fall zu entscheiden, in dem die Sittenwidrigkeit einer Zugabeaktion im Sinne von § 1 UWG zu klären gewesen wäre. Damit fehlte es an einer ausdrücklichen höchstrichterlichen Festlegung, ob bzw. wann Zugaben nicht mehr im

376 So auch: Der Deutsche Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums in einem Schreiben an den Reichsminister der Justiz vom 6. 5. 1929: GRUR 1929 S. 700 f. 377 Vgl.: Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsrecht von 1929, S. 181, mit Verweis auf RG 108, 274. 378 D.h. den eigenen Kundenkreis auf Kosten von Gewerbsgenossen zu erweitern, vgl.: Callmann, Der unlautere Wettbewerb, S. 20, mit Verweis auf RGSt. 58, 430, RGSt. 32, 28. 379 RG 48, 114(124 f.). Vgl. auch: Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsrecht von 1929, S. 175. Ebenso Rosenthal, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz von 1928, § 1 Rn. 15; Callmann, Kommentar zum unlauteren Wettbewerb von 1929, § 1 Rn. 9a. 380 RG 80, 219(221).

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Einklang mit dem Anstandsgefühl der ehrbaren Handelkreise standen. Andeutungen, wie das Reichsgericht in dieser Frage dachte, fanden sich lediglich in dem Strafurteil von 1926 (RGSt. 61, 58). Obwohl Gegenstand des Verfahrens die Strafbarkeit der Angeklagten nach § 4 UWG (unwahre Reklame) war und in einem solches Verfahren eigentlich nur Ausführungen zu der verwandten Zivilrechtsnorm des § 3 UWG (betrügerische Reklame) nahe lagen, hatte sich das Gericht auch zur generellen Zulässigkeit von Zugaben geäußert. Mit Hinweis auf die Tatsache, dass man bei der Schaffung des Reichsgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 bewusst von einer Vorschrift betreffend das Zugabewesen abgesehen hatte, hatte es erklärt, dass sich das Versprechen und Gewähren von Zugaben im kaufmännischen Geschäftsverkehre „nicht ohne weiteres als unlauteres Geschäftsgebaren ( . . . ) darstellen“ müsse. Ob solche Praktiken den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs erfüllten, könne nicht allgemein, sondern immer nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Eine Minderheit von Gerichten war nicht bereit, diesen Vorgaben zu folgen. So bezeichnete etwa das Amtsgericht Halle im Sommer 1928 die Ankündigung und Gewährung von Zugaben am Maßstab der §§ 1004, 823 BGB als „nicht übliche und für die übrigen Geschäftstreibenden als sittenwidrig anzusehende Wettbewerbsmaßnahme“. Das Landgericht Halle urteilte wenig später im Berufungsverfahren, dass Zugaben generell einen Sittenverstoß im Sinne von § 1 UWG darstellten. Das Landgericht Leipzig war 1929 noch ein wenig zurückhaltender und gab an, Zugaben nach § 1 UWG für sittenwidrig erklären wollen, sobald „Fachkreise“ eine ablehnende Haltung zur Wertreklame einnähmen. Das Oberlandesgericht Naumburg schließlich erklärte im Frühjahr 1929, dass Zugaben grundsätzlich in einem Grenzbereich der „kaufmännischen Ehrbarkeit und guten Sitten“ lägen. Die Mehrheit der nachgeordneten Gerichte scheint jedoch den Grundsätzen des Reichsgerichts gefolgt zu sein. Eine Eindämmung des Zugabewesens war mit diesen Vorgaben nicht zu erreichen. Dies galt insbesondere, weil das Reichsgericht nach 1926 keine weiteren Vorgaben machen konnte, wann Zugaben ausnahmsweise doch gegen § 1 UWG verstießen und es den Untergerichten schwer fiel, selbständig einen Sittenverstoß auszumachen. Diese Schwierigkeit lag vermutlich darin begründet, dass es im Fall des Zugabewesens besonders schwer war, das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ zu bestimmen.381 Dies hing zum einen „mit der Verschiedenheit der Fälle, ( . . . ) der Flüssigkeit der Sache und den lokalen Bedingtheiten“ 382 zusammen, die das Zugabewesen gegen Ende der 381 Vgl.: Cohen-Reuß, Abdruck aus den Mitteilungen der Industrie-und Handelskammer zu Berlin vom 15. 6. 1930, Akten des Reichsjustizministeriums: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 196. Auch: Opitz, Zugaben – ein umstrittenes Gebiet des Wettbewerbsrechts, S. 30 f.; Utescher, Zugabewesen, S. 827(837). 382 Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 14.

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20er Jahre prägten. Weiter spielte der Eifer und die Unsachlichkeit eine Rolle, mit denen in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit über die Zugabenproblematik gestritten werde. Diese äußerten sich etwa darin, dass auf beiden Seiten Sonderorganisationen wie der Reichsausschuss für das Zugabeverbot und der Schutzverband für Wertreklame e.V. kämpften, die alle Hebel in Bewegung setzten, um den Anschein zu erwecken, die Masse der Handelstreibenden sei auf ihrer Seite. Einige Stimmen in der Literatur behaupteten deshalb, dass § 1 UWG mit dem Maßstab der Sittenwidrigkeit zur Regulierung des Zugabewesens grundsätzlich nicht geeignet gewesen sei. Die Gerichte seien kaum in der Lage gewesen, die wirklichen Anschauungen der ehrbaren Handelskreise zu bestimmen.383 Sowohl die Befürworter des Zugabewesens als auch ihre Gegner würden vor Gericht Sachverständige für die eigene Sache auftreten lassen und damit für Unsicherheit über die Haltung „aller billig und gerecht Denkenden“ sorgen. Letztendlich seien den Gerichten aus diesem Grund die Hände gebunden gewesen. Die Gegner der Schaffung einer besonderen gesetzlichen Regelung zur Bekämpfung des Zugabewesens hatten bis zuletzt die Hoffnung, dass das Reichsgericht doch noch Gelegenheit bekäme, sich zur Frage der Sittenwidrigkeit von Zugaben zu äußern. Sie waren der Meinung, dass das Gericht diese Gelegenheit nutzen würde, mit Hilfe des § 1 UWG für eine wirksame Bekämpfung unlauterer Zugaben zu sorgen.384 Diese Hoffnungen erscheint aus damaliger Sicht nicht völlig unberechtigt, weil sich Anfang der 30er Jahre der gesamte Einzelhandel als auch die organisierten Verbraucher geschlossen für eine Beschränkung das Zugabewesens aussprach und damit als maßgeblicher Verkehrskreis ein Eingreifen nach der Generalklausel gerechtfertigt hätte. Zudem hatte auch das Reichsgericht 1932 in der Entscheidung Schutzverband für Wertreklame . / . Reichsausschuss für das Zugabeverbot zu erkennen gegeben, dass es die Zugaben sehr kritisch sah.385 In diesem Urteil hatte sich das Reichsgericht unmittelbar mit dem für und wider der Zugaben befasst. Obwohl es vermied, eine eigene Stellungnahme zur Frage der Preiserhöhung durch das Zugabewesen abzugeben, machte es deutlich, welchem der an der Zugabekontroverse beteiligten Lager es mittlerweile näher stand. Im Rahmen der Auswertung des von dem Beklagten vorgelegten Materials ließ der Senat die Grenzen zwischen Parteivortrag und eigener Würdigung verschwimmen. Paleczek merkt hierzu ganz richtig an, dass sich das Reichsgericht im Verlauf seiner Begründung immer mehr den Standpunkt der Zugabegegner zu eigen gemacht habe.386 Seine Argumentation habe damit erkennen lassen, dass er seine noch Ende 1926 an den Tag gelegte Unbefangenheit gegenüber den Zugaben aufgegeben und sich dem 383 So auch: Clad in seinem Gutachten für den Grünen Verein (1929), hierzu siehe unten auf S. 141. 384 So etwa der Deutsche Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums in einem Schreiben an den Reichsminister der Justiz vom 6. 5. 1929: GRUR 1929 S. 700(701). 385 RG 135, 38. 386 Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 54.

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Lager der Zugabegegner angenähert hatte. Diese Haltung hätte sich vermutlich tatsächlich auch bei der Einschätzung niedergeschlagen, ob Zugaben gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden“ verstießen.

3. §§ 3 und 4 UWG Hinsichtlich der §§ 3 und 4 UWG ist festzuhalten, dass es dem Reichsgericht nicht gelungen war, Grundsätze aufzustellen, die die nachgeordneten Gerichte in die Lage versetzt hätten, einheitlich und entschlossen gegen unwahre oder irreführende Ankündigungen von Zugaben vorzugehen. Die umfänglichen Ausführungen, die das Gericht zu RGSt. 61, 58 gemacht hatte, waren nicht geeignet, nachgeordneten Gerichten als Maßstab zur Erkennung unwahrer bzw. irreführender Zugaben zu dienen. Deutlich war dieser Umstand noch im selben Verfahren beim Landgericht Bochum geworden, an welches das Reichsgericht den Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen hatte.387 Im Rahmen der Beweiserhebung stellte das Landgericht fest, dass die vom Reichsgericht erarbeiteten Kriterien kaum feststell- und nachweisbar seien, also zu unüberwindlichen Schwierigkeiten bei der Beweiserhebung und Beweiswürdigung führten.388 Die Hauptschwierigkeit lägen in der Bestimmung, ob „der Verkauf der eigentlichen Ware zu einem Preise“ erfolgte, „der sich innerhalb der Grenzen halte, in denen Waren von gleicher Art und Güte von Geschäften ähnlichen Ranges am gleichen Platz zur selben Zeit verkauft zu werden pflegen“.389 Damit hatte es zu untersuchen, ob die Angeklagten gleich teuer war, wie Konkurrenten ähnlichen Ranges, die ohne Zugaben Waren gleicher Art und Güte am gleichen Ort (in Bochum und Umgebung) und zur gleichen Zeit (im Juli und August 1925) verkauft hatten. Bereits die Feststellung rangähnlicher Unternehmen machte dem Gericht trotz großer Bemühungen zu 387 Das Landgericht entschied am 17. Januar 1930, also drei Jahre nach Rückverweisung, über den Fall. Einer der Angeklagten wurde freigesprochen, während der zweite zu einer Geldstrafe von 50 RM verurteilt wurde. Das Verfahren war mittlerweile geteilt worden: Urteil des erweiterten Schöffengerichts I in Bochum, Aktz. 5 J 647 / 25 vom 17. 1. 1930 und Urteil des erweiterten Schöffengerichts I in Bochum, Aktz. 5 J 629 / 25 vom 17. 1. 1930: BArch, R 3001 / 2631. Zusammenfassung der Urteile abgedruckt im Nachrichtenblatt der Vereinigten Kaufmannschaft e.V. Bochum, Jahrgang 1930, Ausgabe Nr. 4 vom 16. 2. 1930, S. 25 ff.: BArch, R 3001 / 2631. 388 Karl Adolf Lobe hatte diese Problematik bereits im Jahr 1913 in seinem für den Deutschen Zentralverbands für Handel und Gewerbe e.V. erstellten Gutachten erkannt und deshalb in besonders kritischen Fällen für ein präventives Eingreifen geworben: Hierzu siehe oben auf S. 59. 389 Vgl.: Junckerstorff, JW 1933 S. 2445, der trotz dieser Kritik das Urteil als „hochqualifiziert“ bezeichnete. So auch Paleczek, der angibt, dass das Urteil in formaler Hinsicht für seine klare und mustergültige Abfassung gelobt wurde: In „Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und Rechtsprechung über das Zugabewesen, S. 50.

I. Zugabewesen in der juristischen Literatur der späten 20er Jahre

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schaffen.390 Auch der Nachweis der weiteren Voraussetzung missglückte oft, da hierzu ein Einblick in die interne Kalkulation des an- oder beklagten Kaufmanns nötig war.391 Mit Veröffentlichung der Entscheidungsgründe des Landgerichts Bochum setzte sich zunehmend auch in der Literatur die Auffassung durch, dass die vom Reichsgericht erarbeiteten Grundsätze nicht geeignet waren, zulässige von unzulässige Zugaben zu unterscheiden und dies vor Gericht auch zu beweisen.392 Nach Erlass der Zugabeverordnung wurde sogar vereinzelt geäußert, dass gerade die Unbrauchbarkeit dieser Reichsgerichtsentscheidung wesentlich dazu beigetragen habe, die Bestrebungen zur Schaffung eines Spezialgesetzes zu fördern.393

I. Das Zugabewesen in der juristischen Literatur der späten 20er Jahre Zur rechtlichen Einordnung des Zugabewesens fanden sich gegen Ende der 20er Jahre im Wesentlichen zwei Grundströmungen. Eine Reihe von Autoren folgte dem 1926 vom Reichsgericht (RGSt 61, 58) vorgegebenen Ansatz, wonach die Gewährung von Zugaben nach den Vorschriften des UWG nicht grundsätzlich unzulässig war. Ein anderer Teil hielt die Gewährung und Ankündigung von Zugaben generell für sittenwidrig und sah in ihnen damit einen Verstoß gegen § 1 UWG. Zu den Autoren, die im Wesentlichen dem Reichsgericht folgten, gehörten Rosenthal, Baumbach, Becher und Cahn. Sie verband die Ansicht, wonach Zugaben „als Geschenke an den Käufer“ nach dem Wettbewerbsgesetz nicht ohne weiteres 390 Nachrichtenblatt der Vereinigten Kaufmannschaft e.V. Bochum, Jahrgang 1930, Ausgabe Nr. 4 vom 16. 2. 1930, S. 25(29): BArch, R 3001 / 2631. Der Autor weist zudem darauf hin, dass die Feststellung von rangähnlichen Unternehmen unmöglich wäre, wo Unternehmen gleichen Ranges und gleicher Größe gar nicht vorhanden seien, etwa in von Monopolisten beherrschten Märkten. 391 Kahn, Das Zugabeverbot, S. 9. 392 Vgl.: Baumbach, Das gesamte Wettbewerbsrecht, Berlin 1931, S. 177 f.; Callmann, Kommentar zum unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. Berlin 1932, § 1 Rn. 76; Cahn, MuW 1932 S. 61(65); Junckerstorff, JW 1930, S. 2603 und JW 1933, S. 2445 f. Dies galt auch für den vorläufigen Reichswirtschaftsrat, der in seinem Gutachten über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens erklärte, dass es mit § 4 UWG und den Kriterien des Reichsgericht sehr schwierig sei zu einer Verurteilung zu kommen. Hiezu führte er aus : „Vermutlich würden dann schwierige und langwierige Erhebungen über die Kalkulationen der betreffenden Firmen nötig sein, und es würde viel Zeit hingehen ( . . . ), bis ein solcher Prozess durchgeführt wäre, ganz davon zu schweigen, dass die Beweiserhebung wahrscheinlich auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen müsste.“ In: Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 50. 1930 S. 15. 393 Junckerstorff, JW 1933, S. 2445.

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zu beanstanden seien.394 Ein Einschreiten nach den §§ 3 und 4 UWG sei erst zulässig, sobald der „Geschenkcharakter“ verloren gehe. Dies sei der Fall, wenn die Zugaben in den Verkaufspreis eingerechnet würden und damit eine „indirekte Gegenleistung“ verlangt werde.395 Ein Verkäufer, der Zugaben gewähre, müsse hinnehmen, dass das Werbemittel seinen Verdienst mindere.396 Zur Feststellung, ob sich der Preis von mit Zugaben vertriebenen Waren noch im zulässigen Rahmen halte, verwiesen sie auf die 1926 vom Reichsgericht aufgestellte Formel, wonach ein Vergleich mit „Waren gleicher Art und Güte von Geschäften ähnlichen Ranges am gleichen Platz zur selben Zeit“ ausschlaggebend sein sollte. Unbeschadet dieser rechtlichen Einordnung – und damit wohl anders als das Reichsgericht – waren sich Rosenthal und Baumbach einig, dass es sich bei dem Zugabewesen um einen „Auswuchs“ handelte, der nicht begünstigt werden dürfe. Zur Begründung gab man an, die Wertreklame würde dem Grundsatz „Waren gegen einen angemessenen Preis“ zuwiderlaufen und die Preisbemessung durcheinander bringen.397 Cahn hingegen stellte das Zugabewesen als solches nicht in Frage und gab dazu an, dass die Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes geeignet seien, seine Erscheinungsformen in Schranken zu halten. Für den Fall einer Neuredigierung des UWG und des StGB erklärte er es für wünschenswert, zur Abstellung der „in der neueren Zeit immer mehr zunehmenden Absatzmanipulationen“ das Zugabewesen als besondere Wettbewerbshandlung expressis verbis in das Wettbewerbsgesetz aufzunehmen.398 Einen restriktiveren Ansatz gegenüber dem Zugabewesen vertraten Callmann, Utescher und Wassermann. Für sie stellte das Ankündigen als auch das Gewähren von Zugaben grundsätzlich einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne der Generalklausel des § 1 UWG dar. Die Begründungen hierfür wichen zum Teil voneinander ab. Utescher und Wassermann argumentierten mit der Verkehrsauffassung und gaben an, dass die Angehörigen der „ehrbaren Kaufmannschaft“ Zugaben als mit den lauteren geschäftlichen Gepflogenheiten für unvereinbar hielten. Dasselbe gelte auch für eine Reihe amtlicher Vertretungen des Handels als auch VerbrauBaumbach, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz (1929), S. 204 f. Cahn, GRUR 1927, S. 336(339). 396 Rosenthal, Wettbewerbsgesetz nebst den materiellen Vorschriften des Warenzeichengesetzes (1928), S. 131. 397 Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz (1929), S. 204 f. In der 1931 veröffentlichten 2. Auflage seines Kommentars (Das gesamte Wettbewerbsrecht, Systematischer Kommentar, Berlin 1931, S. 117) änderte Baumbach seine Auffassung dahingehend, dass Zugaben schlechthin gegen § 1 UWG verstießen. Zur Begründung gab er an, dass jeder Verbraucher irrgeführt werde, weil er annehme, die Zugabe sei im Preis nicht eingerechnet. Im Ergebnis möge das Angebot zwar durchaus günstig sein, niemals jedoch so günstig, wie es die Irreführung erscheinen lasse. Als Folge dieser Sicht der Dinge hielt Baumbach § 1 UWG zur Beschränkung des Zugabewesens für ausreichend, die Schaffung eines Sondergesetzes hingegen für überflüssig. Vgl. auch: Baumbach, Deutsche Juristen-Zeitung 1932 S. 448(449). 398 Cahn, GRUR 1927, S. 336(339 f.). 394 395

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cherkreise.399 Schließlich gaben beide Autoren an, dass bei Bestimmung der Verkehrsauffassung nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass in jüngster Zeit einige europäische Staaten Spezialgesetze zur Regulierung des Zugabewesens erlassen hätten. Für Callmann hingegen waren Zugaben nicht mit § 1 UWG zu vereinbaren, weil sie gegen den „Grundsatz der Sachlichkeit“ verstießen. Danach solle das Publikum durch „die Eigenschaften der Ware oder der gewerblichen Leistung“ angelockt werden, nicht hingegen durch „Umstände, die mit dem kaufmännischen Unternehmen nicht in gegenständlicher Verbindung stehen.“ Zugaben seien deshalb unzulässig, weil „das Publikum den Wareneinkauf als Nebensächlichkeit und die Erlangung der Zugabe oder Prämie als Hauptziel“ betrachte.400 Anders als Wassermann wollten Utescher und Callmann Ausnahmen zulassen. Die Ankündigung oder Gewährung von Gegenständen ohne eigenen Gebrauchswert verstieß ihrer Meinung nicht gegen § 1 UWG.401 Utescher vertrat ab 1929 die Auffassung, dass eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Zugabewesens erforderlich sei.402 Abweichend von dem von ihm bis dahin vertretenen Standpunkt gab er nun an, § 1 UWG sei nicht geeignet, das schädliche Zugabewesen zu beseitigen.403

399 Utescher verwies hierbei im Einzelnen auf Entschließungen und andere Äußerungen des Deutschen Industrie- und Handelstages, der Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels, von führenden Organisationen des Nahrungsmittel-Groß- und Einzelhandels, der Zentrale der Hausfrauenvereine, der Detaillisten-Kammer zu Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft des Einzelhandels Groß-Hamburgs e.V., des Reichsverbands deutscher Feinkostkaufleite e.V., der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und des Preußischen Landtags: Utescher, GRUR 1928, S. 532(533 f.); ähnlich: Wassermann, JW 1929, S. 1261. 400 Callmann, Kommentar zum unlauteren Wettbewerb (1929), § 1 Rn. 76. Für Ihn kam zudem ein Verstoß gegen § 3 UWG in Betracht. Hierfür verwies er auf den „Grundsatz der Wahrhaftigkeit“. Dieser und damit zugleich § 3 UWG sei verletzt, wenn die Erlangung eines gewerblichen Vorteils auf Kosten des Mitwerbers durch Täuschung der Abnehmer zustande komme. Anzunehmen sei ein solcher Verstoß im Fall von „Scheinzugaben“. Diese lägen vor, wenn die Zugaben den ortsüblichen Preis erhöhten, obwohl der Anschein erweckt werde, dass im Unterschied zur Konkurrenz für das gleiche Geld noch ein Mehrwert geboten werde: § 1 Rn. 76 i.V.m. S. 37 (betr. Grundsatz der Wahrhaftigkeit mit Verweis auf RG 77, 433; 106, 256) und § 3 Rn. 38a. 401 Für Callmann war zudem Voraussetzung, dass die Gegenstände einen Reklameaufdruck trugen: Kommentar zum unlauteren Wettbewerb (1928), § 1 Rn. 76. Utescher betonte, dass die Zugaben nicht über „reine Reklamemittel wie Bonbons oder Schokolade für Kinder“ hinausgehen sollten. 402 Utescher, GRUR 1929, S. 827(837 f.); bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um den gekürzten Bericht, den er für den Warenzeichen-Ausschuss des Deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums erstellt hatte. 403 Hierzu siehe unten auf S. 142.

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J. Gesetzliche Regelungen des Zugabewesens im Ausland Das Werben und Binden von Kunden mit Hilfe von Zugaben war in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts kein rein deutsches Phänomen. Im Gegenteil: In so gut wie allen entwickelten europäischen und außereuropäischen Ländern bediente sich der Handel dieses wirksamen Mittels zur Förderung des Absatzes. Lediglich seine Verbreitung und sein Umfang wich entsprechend der unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und nicht zuletzt rechtlichen Verhältnisse voneinander ab. Nur für ganz wenige Länder ist überliefert, dass Zugaben so gut wie keine Rolle spielten.404 Überall dort, wo Zugaben vorkamen, wurden zumindest einige ihrer Erscheinungsformen als unlauter empfunden und waren Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Während eine Reihe kleinerer europäischer Länder aus diesem Grund bereits in den 20er Jahren Vorschriften eigens zur Regelung des Zugabewesens erließ, begnügten sich die großen europäischen Industrieländer sowie die Vereinigten Staaten auch noch in den 30er und 40 er Jahren mit allgemein zivilrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Generalklauseln. Erst nach Ende des zweiten Weltkrieges, der die Zugaben und die Auseinandersetzungen um sie vorübergehend verdrängte, zogen viele dieser Länder nach und erließen Gesetze zur Regulierung des Zugabewesens. Wichtige Ausnahmen bildeten Großbritannien und Teile der Vereinigten Staaten, wo keine entsprechenden Gesetze erlassen wurden und auch bis heute nicht existieren. Im Folgenden gilt es zunächst, die bereits in den 20er Jahren existierenden Regelungen verschiedener kleinerer Nationalstaaten zu skizzieren. Danach soll auf die Länder eingegangen werden, die ähnlich wie das Deutsche Reich bis in die 30er Jahre und länger über keine spezialgesetzlichen Regelungen der Zugabenfrage verfügten.

I. Frühe Regelungen des Zugabewesens Zu den Ländern, die bereits früh spezialgesetzliche Regelungen betreffend das Zugabewesen erließen, gehörten neben den drei skandinavischen Ländern Norwegen, Dänemark und Schweden, auch Österreich, die Tschechoslowakei und Lettland. In fast allen Fällen waren die betreffenden Vorschriften Bestandteil der nationalen Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb.405 Allein in Österreich und ab 404 Neben der U.d.S.S.R. werden Polen, Estland und Litauen genannten: Bücker, Das Zugabewesen, S. 62. Auch: Aufstellung der Zentralstelle für Außenhandel, enthalten in einem Schreiben des Reichswirtschaftsministers an den Reichsjustizminister vom 4. 8. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 242 ff. 405 Im Einzelnen handelte es sich um folgende Wettbewerbsgesetze: Norwegen: Gesetz 7. 7. 1922; Dänemark Gesetz vom 29.31924; Österreich: Gesetz vom 7. 9. 1923; Tschecho-

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1935 auch in der Tschechoslowakei wurden Gesetze eigens betreffend das Zugabewesen erlassen. Im Folgenden werden die jeweiligen nationalen Regelungen chronologisch, entsprechend dem Zeitpunkt ihrer Entstehung, wiedergegeben.

1. Norwegen Norwegen war eines der ersten Länder, das eine gesetzliche Bestimmung zum Zugabewesen erließ. Die Regelung fand sich in § 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juli 1922 und untersagte sowohl die Ankündigung als auch Gewährung von Zugaben.406 Dem Wortlaut nach richtete sich das Verbot lediglich an den „Kleinhandel“. In der Praxis war sein Anwendungsbereich jedoch weiter und erfasste den gesamten Einzelhandel als auch Großhändler und Produzenten.407 Entscheidend war, dass sie sich mit ihren Aktionen an Verbraucher und nicht an gewerbliche Kunden wandten. Als Zugaben galten lediglich Waren, Dienstleistungen hingegen waren nicht erfasst. Entscheidendes Kriterium für die Rechtswidrigkeit von Zugaben war in Norwegen der „Kaufzwang“.408 Er sollte daraus resultieren, dass Zugaben „unter der Voraussetzung“ vergeben wurden, „dass Waren einer bestimmten Art, in einer bestimmten Menge, für einen bestimmten Betrag gekauft werden“. Besonders hervorzuheben ist Satz 2 des § 8. Mit der darin enthaltenen Regelung sollte der Gefahr des Ausweichens auf sogenannte „gekoppelte Verkäufe“ Rechnung getragen werden.409 Verhindert werden sollte, dass die eigentlich verbotenen Zugaben auch weiterhin in Form niedrig-preisiger Nebenleistungen gewährt würden. Ausnahmen sah das norwegische Wettbewerbsgesetz nicht vor. Weder als Reklamegegenstände gekennzeichnete Waren noch Zugaben von ganz unbedeutendem Wert waren von dem Verbot ausgenommen. Rabatte indes sollten nicht unter die Regelung fallen.410 slowakei: Gesetz vom 15. 7. 1927; Lettland: Gesetz vom 4. 10. 1927: Vgl. Zusammenstellung bei Rosenthal, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, 8. Aufl. 1939 S. 599 ff. 406 § 8 hatte folgenden Wortlaut: „Im Kleinhandel darf keine Zugabe angeboten oder gegeben werden, wenn es unter der Voraussetzung geschieht, dass Waren einer bestimmten Art, in einer bestimmten Menge, für einen bestimmten Betrag oder ähnlich gekauft werden. Als Zugaben im Sinne dieses Gesetzes wird auch gerechnet, wenn für die Ware, die hierzu verwandt wird, ein besonders niedriger Preis berechnet wird. Ebenso werden Rabattmarken, Sparmarken und ähnliches als Zugaben betrachtet.“: Pat.-Must.-Zeich.-Blatt 1922, S. 117. 407 Storm Bull, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 111. 408 Storm Bull, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 111 f. 409 Vgl.: Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 44. 410 Der etwas undeutlich formulierte Satz 3 des § 8 bezog sich lediglich auf solche „Rabattmarken“, die mit Warenzugaben verbunden waren. Dies ergibt sich daraus, dass in Norwegen Rabatte von einem speziellen Preisgesetz geregelt waren und außerhalb des Anwen-

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2. Dänemark In Dänemark sorgte man im Jahr 1924 für eine ausdrückliche Regelung des Zugabewesens. Nach § 12 des Gesetzes betreffend Bestimmungen gegen unlauteren Wettbewerb und Warenbezeichnungen waren Zugaben im Detailhandel verboten.411 Das Verbot galt sowohl für die Ankündigung als auch für die Gewährung von Zugaben. § 12 enthielt keine Definition des Begriffs der „Zugabe“. Vor Erlass des Gesetzes hatte sich die zuständige Ministerialkommission jedoch auf folgende Begriffsbestimmung geeinigt: „Unter Zugabe ist im Einzelverkauf eine Zusammenkoppelung von Waren verschiedener Art oder von Waren und anderen Vermögensvorteilen mit dem verborgenen Ziel zu verstehen, den Käufern die falsche Vorstellung beizubringen, dass Zusatzleistungen einen größeren Wert repräsentieren als der Abschlag, den der Verkäufer tatsächlich gibt.“412 Nach dieser Definition war das Täuschungsmoment immanenter Kern der Zugabeproblematik. Neben Waren konnten auch Leistungen (wie etwa Arbeitsleistungen oder Kundendienste) Zugaben darstellen.413 Eine ausdrückliche Ausnahme für Zugaben von geringem Wert oder Reklameartikel sah das Gesetz nicht vor. In der Praxis wurden jedoch übliche Verpackungen und handelsübliche Nebenleistungen von Regelung ausgenommen. Bei letzteren handelte es sich um gelegentliche Zuwendungen, die ein Händler seinen Kunden zum Beweis für ihre Treue zukommen ließ als auch um Zusatzleistungen ohne nennenswerten Gebrauchswert. Rabatte waren von dem Zugabeverbot nicht erfasst. Man unterstellte, dass Käufer ihren Vorteil rechnerisch überschlagen könnten und eine Täuschung damit nicht zu erwarten sei.414

dungsbereichs des Wettbewerbsgesetzes lagen: Vgl.: Storm Bull, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 112. 411 Gesetz vom 29. März 1924; § 12 hatte folgenden Wortlaut: „Im Detailhandel ist die sogenannte Zugabe verboten, es sei denn, dass sie untergeordneten Wert besitzt. Reklame mit Zugaben ist gleichfalls verboten. Übertretungen werden ( . . . ) bestraft.“ 412 Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 41. 413 von Eyben, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 37 f. 414 Vgl. Bücker, Das Zugabewesen, S. 51; vgl. auch: Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 42 f. Nach Angaben, die das Dänische Handelsministeriums im Jahr 1929 gegenüber dem Gesandten des Deutschen Reiches machte, war § 12 bereits wiederholt gerichtlich zur Anwendung gekommen und hatte sich bewährt. Forderungen nach einer Verschärfung der Zugaberregelung von Seiten der Detailhändler-Organisationen lehnte das Ministerium ab: Mitteilung des Gesandten des Deutschen Reiches in Kopenhagen vom 26. 11. 1929 an das Auswärtige Amt in Berlin: BArch, R 3001 / 2631.

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3. Tschechoslowakei Die Tschechoslowakei erließ im Sommer 1927 ein Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.415 Die darin enthaltene, sich auf das Zugabewesen beziehende Regelung des § 44 war nicht sehr weitreichend. Sie bezog sich lediglich auf Zugabeaktionen, die geeignet waren, Mitbewerber zu schädigen. Ferner mussten die betreffenden Zugaben im Zusammenhang mit lotterieartigen Veranstaltungen stehen.416 Bereits vor Erlass des Wettbewerbsgesetzes war der geringe Umfang der Regelung von Seiten des tschechoslowakischen Handels kritisiert worden. Nach Inkrafttreten des Gesetzes häuften sich dann die Forderungen nach einer weiterreichenden Regelung.417 Entsprechende Anträge auf Änderung des Gesetzes konnten sich jedoch erst im Frühjahr 1935 mit dem Gesetz über das Verbot von Zugaben beim Verkaufe von Waren oder bei Ausführung der Leistungen durchsetzen.418 Diese äußerst umfängliche Regelung bestand insgesamt aus 19 Paragraphen. § 1 hatte folgenden Wortlaut: „(1) Es wird verboten, im wirtschaftlichen Verkehre in Verbindung mit dem Verkaufe von Waren oder mit der entgeltlichen Ausführung einer Leistung ( . . . ) eine Zugabe anzukündigen, anzubieten oder zu gewähren, mag dies unmittelbar oder durch Vermittlung anderer Personen geschehen. (2) Unter Zugabe im Sinne dieses Gesetzes ist jedwede Sache oder jedwede Leistung (Dienst, Arbeit, Werk) zu verstehen, die in der Regel im wirtschaftlichen Verkehre nur gegen Entgelt erhältlich ist.“

§ 3 des Gesetzes bestimmte eine Reihe von Gegenständen, deren unentgeltliche Ankündigung und Gewährung auch weiterhin zulässig sein sollte. Hierzu zählten „bedeutungslose Kleinigkeiten“, „Reklame- und Propagandaartikel“, Verpackungen, anderes übliches Zubehör, die üblichen Nebenleistungen und schließlich auch „der übliche Rabatt in Geld oder Waren“.419

Gesetz vom 15. 7. 1927: Pat.-Must.-Zeich.-Blatt 1928, S. 26. § 44 hatte folgenden Wortlaut: „Zur Schädigung von Mitbewerbern geeignete Veranstaltungen, bei denen der Käufer einer Ware oder der Abnehmer einer Leistung eine besondere Zuwendung (Prämie) bekommen soll, die ausschließlich von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig ist (Prämiengeschäft), sind verboten.“: Abgedruckt bei Heßler, Das Zugabewesen, S. 54. 417 Zusammenfassung der nationalen Gesetzeslage von dem tschechoslowakischen Advokaten Dr. Gellner für die Deutsche Gesandtschaft in Prag. Enthalten in der Mitteilung des Gesandten des Deutschen Reiches in Prag vom 7. 12. 1929 an das Auswärtige Amt in Berlin: BArch, R 3001 / 2631. 418 Gesetz vom 12. 4. 1935, abgedruckt in: GRUR 1935 S. 485 ff. 419 § 4 Ab S. 1 definierte „üblichen Rabatt in Geld“ als „jeden Vorteil in Geld, der dem Abnehmer bei der Abnahme derartiger Waren oder Leistungen üblicherweise, und zwar entweder in barem oder durch Abzug (Nachlass) vom Preis für die Ware oder Leistung, gewährt wird.“ 415 416

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4. Lettland In Lettland wurde am 4. Oktober 1927 ein Gesetz über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs erlassen.420 Obwohl das Zugabewesen in dem baltischen Land bis dahin nicht besonders umfänglich um sich gegriffen hatte, enthielt die Regelung – wohl eher vorbeugend – eine diesbezügliche Vorschrift.421 Nach § 12 dieses Gesetzes war es verboten, „in einer mit den Grundprinzipien der ehrenhaften Konkurrenz unvereinbaren Weise Käufer, Abonnenten usw. heranzulocken, indem man irgendwelche besonderen Vorteile verspricht, oder sie auf längere Zeit an sich bindet. ( . . . )“ Bei dieser Vorschrift fällt ins Auge, dass nach ihr bereits die Bindung von Konsumenten an einen Händler als unsittlich empfunden wurde. Ein weiteres Mal waren Rabatte nicht von der Zugaberegelung erfasst. 5. Österreich Österreich erließ im Sommer 1929 das Gesetz betreffend das Verbot der Ankündigung von Zugaben (Prämien) zu Waren oder Leistungen.422 Die Schaffung dieser Regelung sollte wenig später maßgeblich dazu beitragen, dass sich auch im Deutschen Reich die maßgeblichen Stellen intensiver mit der Zugabefrage auseinander setzten und 3 Jahre später schließlich auch die Zugabeverordnung erließen. Auch inhaltlich sollte die österreichische Vorschrift großen Einfluss auf die deutsche Regelung haben. Das Gesetz hatte folgenden Wortlaut: „§ 1. (1) Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehre neben einer Ware oder Leistung die unentgeltliche Gewährung einer besonderen Zuwendung (Zugabe, Prämie) in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, anzubieten oder anzukündigen. Es ist belanglos, ob die Zuwendung im vorhinein, gleichzeitig mit der Ware oder Leistung oder erst später gewährt werden und ob sie in einer Ware oder in einer Leistung bestehen soll. (2) Als unentgeltlich im Sinne des Abs. 1 ist die Gewährung mit einer Zuwendung auch dann anzusehen, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein begehrtes Entgelt gewährt wird. 420 Pat.-Must.-Zeich.-Blatt 1928, S. 26 f. In Estland und Litauen gab es zumindest bis 1930 keinerlei gesetzliche Regelungen zum Zugabewesen: Schreiben des Reichswirtschaftsministers an den Reichsjustizminister vom 4. 8. 1930. Die darin gemachten Angaben beruhen auf einer Zusammenstellung der Zentralstelle für Außenhandel: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 242 ff. 421 Mitteilung des Gesandten des Deutschen Reiches in Rigar vom 16. 11. 1929 an das Auswärtige Amt in Berlin. Grundlage seiner Angaben war ein Bericht der Rigaer Kaufmannkammer: BArch, R 3001 / 2631. 422 Bundesgesetz vom 20. Juni 1929, BGBl. Nr. 227; GRUR 1929, S. 1188.

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§ 2. (1) Dieses Verbot (§ 1) gilt nicht für das Anbieten und Ankündigen von Zugaben der folgenden Art: a) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrage besteht und der Ware nicht beigefügt ist; b) wenn die Zugabe in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; c) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen besteht; d) von Warenproben, wenn deren Ausfolgung nicht an die Abnahme von Waren bestimmter Menge oder bestimmten Wertes gebunden wird; e) von handelsüblichem Zubehör zur Ware und von handelsüblichen Nebenleistungen. (2) Soweit in dem Absatz 1 von Waren die Rede ist, findet er auch auf Leistungen sinngemäß Anwendung.“

Die §§ 3 und 4 regelten die strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen das Zugabeverbot und die Möglichkeit von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen.423 Am auffälligsten an der österreichischen Regelung war, dass sie ausschließlich die Ankündigung von Zugaben untersagte und unter Strafe stellte. Die Gewährung von Zugaben blieb ausnahmslos zulässig. Weiterhin fiel die große Zahl von Zugaben ins Auge, die nach § 2 nicht von dem Verbot erfasst waren.

6. Schweden Als Drittes skandinavisches Land erließ auch Schweden eine Vorschrift zur Regelung des Zugabewesens. Diese war Teil des neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 13. März 1931. Nach § 2 dieses Gesetzes machte sich strafbar, wer im Handel unter der Bedingung des Kaufs einer anderen Ware, kostenlos oder zu einem besonders niedrigen Preis eine bestimmte Ware anbot oder abgab.424 Verstöße gegen diese Vorschrift konnten auch Schadensersatzansprüche anderer Wettbewerber auslösen. Eine Defi423 § 5 legte fest, dass sich die Zulässigkeit von Zugaben, die von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhingen, nicht nach diesem Gesetz bestimmen sollte. Diese Fälle sollten unter das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb fallen: Bundesgesetz vom 26. 11. 1923, BGBl. Nr. 531. 424 Die Vorschrift hatte folgenden Wortlaut: „Derjenige, der bei der Ausübung des Detailhandels in der Absicht, die Leichtgläubigkeit des Publikums zu seinem Vorteil auszunutzen, eine gewisse Ware zugibt oder zu einem besonders niedrigen Preis anbietet unter der Voraussetzung, dass Kauf einer anderen Ware geschieht, wird mit einer Geldstrafe von fünf bis zweitausend Kronen bestraft; er hat auch den entstandenen Schaden zu ersetzen.“: Vgl. Junckerstorff, Zur Systematik des reichsgesetzlichen Zugabeverbots, S. 68. Besser wäre wohl folgende Formulierung gewesen: „( . . . ) zu einem besonders niedrigen Preis unter der Voraussetzung anbietet, dass eine andere Ware gekauft wird ( . . . )“.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

nition des Begriffs der Zugabe enthielt die Regelung nicht. Bei den Vorarbeiten zur Schaffung der Regelung hatte man lediglich festgelegt, dass Zugaben der gleichen Warenart von dem Verbot nicht erfasst sein sollten.425 Nach § 2 waren zudem nur solche Zugaben verboten, die „in der Absicht“ angekündigt oder gewährt wurden, „die Leichtgläubigkeit des Publikums ( . . . ) zu seinem Vorteil auszunutzen“. Hierdurch wollte der Gesetzgeber auch weiterhin solche Zugaben gestatten, durch die Kunden nicht geprellt wurden, sondern in den Genuss wirklicher Vorteile gelangten. Letztlich führte dieser Teil der Regelung bei der praktischen Anwendung des § 2 zu großen Problemen.426 Obwohl sich § 2 seinem Wortlaut nach nur auf den Detailhandel beschränkte, galt das Verbot auch gegenüber Fabrikanten und Großhändlern. Voraussetzung war jedoch, dass sie sich mit ihrer Reklame Verbraucher wandten. Vorgeschaltete Zugaben-Geschäfte zwischen Industrie und Handel bzw. zwischen Groß- und Einzelhandel hingegen waren nicht erfasst und damit auch weiterhin erlaubt.

II. Länder ohne ausdrückliche Regelung des Zugabewesens Die Mehrheit europäischer und nordamerikanischer Staaten verfügte in den 20er und Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts über keine spezialgesetzliche Regelung hinsichtlich des Zugabewesens. Hierzu zählten u. a. große Teile der Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, die Niederlande, Belgien, die Schweiz, Italien, Griechenland, die Türkei, Polen, Estland, Litauen, Rumänien und schließlich die U.d.S.S.R. Nur für die wenigsten dieser Länder ist überliefert, dass Zugaben im Handel keine Rolle spielten und aus diesem Grund kein Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung bestand.427 In den meisten Staaten war das Zugabewesen verbreitet und als wettbewerbsrechtliches Problem bekannt. Oftmals versuchte man es mit Hilfe allgemeiner, generalklauselartiger Vorschriften zu begrenzen.428 Hierbei handelte es sich nur in den wenigsten Fällen um Wettbewerbsgesetze im Sinne des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.429 Soweit den unlauteren Wettbewerb betreffende Vorschriften vorhanden

425 Bergqvist / Tengelin, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 177 f. 426 Vgl.: Bergqvist / Tengelin, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 178. Sie geben an, dass § 2 wegen dieser Voraussetzung letztlich so gut wie nie zur Anwendung gekommen sei. 427 Hierzu zählten neben der U.d.S.S.R. eine Reihe anderer osteuropäischer Staaten wie Polen, Estland und Litauen. 428 So etwa in Frankreich und Belgien, wo Art. 1382 des Code Civil als Rechtsgrundlage für diverse, von der Rechtsprechung entwickelte, Wettbewerbstatbestände diente: Rosenthal, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz , 8. Aufl. 1930 S. 600 f. 429 Von den o.g. Ländern verfügten lediglich Griechenland und Polen über solche Wettbewerbsgesetze. Griechenland: Gesetz vom 26. 12. 1913; Polen: Gesetz vom 2. 8. 1926: Vgl.

J. Gesetzliche Regelungen des Zugabewesens im Ausland

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waren, handelte es sich zumeist um Regelungen einzelner Wettbewerbstatbestände.430 Da eine Darstellung der gesetzlichen Regelungen sämtlicher o.g. Nationalstaaten ausufern würde, soll im Folgenden lediglich auf die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Belgien und die Niederlande als richtungsweisende Industrieländer und wichtige europäische Nachbarn des Deutschen Reiches eingegangen werden.

1. Vereinigte Staaten von Amerika In den Vereinigten Staaten waren Zugaben als „free deals“ oder „premiums“ bekannt und zumeist im Kleinhandelsverkehr gebräuchlich.431 Eine bundesgesetzliche Regelung betreffend das Zugabewesen existierte nicht,432 der Erlass solcher Gesetze stand vielmehr im Ermessen der einzelnen Bundesstaaten.433 Von diesem Recht machte nur eine Minderheit von ca. 10 Staaten Gebrauch.434 Die Regelungen fanden sich zumeist in den Statutes Against Sales Below Costs, in Unfair Practice Acts oder Unfair Sales Acts. Gemein war ihnen, dass sie zur Anwendung kamen, wenn die Gewährung von Zugaben dazu bestimmt war oder den Effekt hatte, Wettbewerber oder den Wettbewerb als solchen zu schädigen.435 Nur ganz wenige dieser Regelungen enthielten umfängliche Zugabeverbote.436 Zusammenstellung von Rosenthal, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, 8. Aufl. 1930 S. 599 ff. 430 So etwa in den USA, vgl.: Rosenthal, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, 8. Aufl. 1930 S. 601. 431 Aufwendigere Zugabeaktionen wurden als „freegoods systems“ bezeichnet. Zugaben wurden wie folgt definiert: „A free deal as a trade practice may be defined in a general way as an offer, or giving away, of something for nothing contingent upon the purchase of goods or services at a price“: Oppenheim, Cases on Trade Regulation Including Unfair Competition Combination and Monopoly, S. 540, mit Verweis auf Lyon, The Economics of Free Deals (1933). Callmann definierte „Premiums als „Gifts given with the article purchased“, in: The Law of Unfair Competition an Trade Marks, S. 569. 432 Serick, WuW 1954, S. 716(716). 433 Aufstellung der Zentralstelle für Außenhandel, enthalten in einem Schreiben des Reichswirtschaftsministers an den Reichsjustizminister vom 4. 8. 1930: BArch, R 3001 / 2632 Bl. 258. 434 Dabei handelte es sich um die Bundesstaaten Wisconsin, Kansas, Utah, Kentucky, Colorado, South Carolina, Idaho, Texas, Florida und Nebraska: Junckerstorff, Zur Systematik des reichsgesetzlichen Zugabeverbots, S. 6; Bücker, Das Zugabewesen, S. 53; Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 162. Bis 1950 kamen noch folgende Staaten hinzu: Arizona, Kalifornien, Maine, Massachusetts, Rhode Island, Virginia, Washington, Wyoming, Arkansas, Kentucky, Montana und Oregon hinzu: Callmann, The Law of Unfair Competition and Trade Marks, S. 565. 435 Callmann, The Law of Unfair Competition and Trade Marks, S. 565 f. 436 Einige versuchten, mittels einer steuerlichen Belastung der mit Zugaben arbeitenden Unternehmer, eine Einschränkung des Zugabewesens zu erreichen. Als Beispiel wird Kentucky genannt, wo jedes Unternehmen, das Zugabereklame mit Gutscheinen betrieb, 350 $ zu 9 Matz

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

Etwas anderes galt nur ausnahmsweise für zwischenstaatliche Handelsgeschäfte. Auf sie fanden die allgemeinen bundesgesetzlichen Vorschriften zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs Anwendung. Dabei handelte es sich um die Vorschriften des Abschnitt 5 des Federal Trade-Commission Act vom 26. September 1914. Danach hatte das Bundesamt für den Handel (Federal Trade–Commission) zu entscheiden, welche Wettbewerbsmethoden im Einzelnen als unlauter gelten sollten. In einem Memorandum von 1932 war festgelegt worden, dass man ein generelles Verbot der Zugabengeschäfte ablehnte. Von den Händlern verlangt das Bundesamt jedoch, alle Details ihrer Zugabengeschäfte offen zu legen. Eingeschritten werden sollte, sobald die Geschäfte bestechungsähnlichen, lotterieartigen, täuschenden oder preiskämpferischen Charakter hatten.437 In der Praxis schritt die Behörde ein, wenn Zugabeaktionen einen lotterieähnlichen Charakter hatten oder sich als Täuschung der Konsumenten auswirkten.438

2. Großbritannien Auch Großbritannien verfügte über keinerlei gesetzliche Regelung betreffend das Zugabewesen. Weder im Common Law noch im Statutenrecht fanden sich ausdrückliche Einschränkungen.439 Zur Eindämmung von Auswüchsen stand lediglich das allgemeine Irreführungsverbot zur Verfügung, das im Common Law bereits früh entwickelt worden war.440 Daneben griffen die Gerichte häufig auf die Regeln über unerlaubte Handlungen zurück.441 Möglicherweise war dies auch der Grund dafür, dass Zugaben in Großbritannien ausgesprochen verbreitet waren. Besonders häufig und ausgeprägt sollen die Gutscheinsysteme gewesen sein. So berichtete die Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale über die Existenz großer „Geschenk-Coupon-Konzerne“, die an verschiedenen Orten Abrechnungshäuser (sog. clearing houses) für die von ihnen zuvor ausgegebenen Gutscheine errichtet zahlen hatte. Kansas soll sogar 1000 – 7000 $ verlangt haben. Vgl.: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 162. 437 Callmann mit Verweis auf ein Office Memorandum der National Recovery Administration von 1932: The Law of Unfair Competition and Trade Marks, S. 565. 438 Aufstellung der Zentralstelle für Außenhandel, enthalten in einem Schreiben des Reichswirtschaftsministers an den Reichsjustizminister vom 4. 8. 1930: BArch, R 3001 / 2632 Bl. 258. Von eher allgemeinem Interesse ist ein Bericht der Chamber of Commerce der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 1929. Darin gab sie an, dass die Verwendung von Zugaben in den Vereinigten Staaten im „Abflauen begriffen“ sei. Diese Erscheinung führte die Kammer auf die mit der Zugabe verbundene ungünstige Kostengestaltung“ zurück. Diese Zwinge die Verwender von Zugaben, höhere Preise als ihre Mitbewerber zu nehmen Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 165. 439 Ulmer / Graf von Westerholt, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 319. Serick, WuW 1954, S. 716(717). 440 Meyer, GRUR 2001, S. 99(107). 441 Die sogenannten „torts“: Serick, WuW 1954, S. 716(717).

J. Gesetzliche Regelungen des Zugabewesens im Ausland

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hatten. Diese Entwicklung soll so weit gegangen sein, dass die Coupons den Stellenwert eines minderen Zahlungsmittels erhalten hätten. Britische Wirtschafts- und Handelsverbände reagierten hierauf mit einer Vielzahl von Entschließungen, in denen sie gesetzliche Maßnahmen gegen das Zugabewesen verlangten. Zur Begründung wurden ganz ähnliche Argumente wie in Deutschland vorgebracht.442 Ihr Engagement führte letzten Endes zu einer Gesetzesinitiative im Unterhaus. Anfang des Jahres 1932 legte dort eine Gruppe von Abgeordneten einen Gesetzesentwurf betreffend das Zugabewesen vor.443 Danach sollte es nach Ablauf von einer Übergangsfrist von drei Monaten verboten sein, im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren Gutscheine auszugeben. Nach Ablauf von weiteren drei Monaten sollte auch die Einlösung von Gutscheinen nicht mehr erlaubt sein. Dieser äußerst restriktive Entwurf konnte sich letzten Endes im Parlament nicht durchsetzen. Auch später kam es in Großbritannien nicht zum Erlass von entsprechenden gesetzlichen Vorschriften.444 3. Frankreich Auch Frankreich, wo die Zugaben als „primes“ bekannt waren, verfügte über keine ausdrückliche diesbezügliche gesetzliche Regelung. Zur Bekämpfung von Auswüchsen in diesem Bereich stand bis 1951 lediglich Art. 1382 des Code Civil zur Verfügung. Diese Vorschrift entsprach etwa dem § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches und war Grundlage einer umfangreichen Rechtsprechung zum unlauteren Wettbewerb.445 442 Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 20 f. 443 „A bill to make unlawful the issue and redemption of gift coupons; and for purposes connected therewith“, The House of Commons, beantragt am 9. 2. 1932. Wiedergabe der Originalfassung des Antrags: GRUR 1932 S. 438 f.; vgl. auch: Bücker, Das Zugabewesen, S. 60. Der Entwurf hatte folgenden Wortlaut: „§ 1. In diesem Gesetz bedeutet „Gutschein“ jeder Abschnitt, Stempel, Zeichen, Verpackung, Urkunde oder irgend eine andere durch eine Person in Verbindung mit einem Verkauf von Waren ausgegebene Sache, die entweder direkt oder zusammen mit anderen Gutscheinen den Inhaber berechtigt oder zu berechtigen bezweckt, in Ansehung des Kaufes solcher Waren eine Gabe, einen Rabatt, einen Vorteil, eine Prämie oder einen Vorteil irgend welcher Art zu erhalten, es sei denn, dass es sich um eine Zahlung in Geld oder um eine handelsübliche Leistung handelt. § 2. Nach Ablauf von 3 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes soll die Ausgabe von Gutscheinen verboten sein. § 3. Nach Ablauf von 6 Monaten soll die Einlösung von Gutscheinen verboten sein. § 4. Zuwiderhandlungen werden mit ( . . . ) bestraft.“ 444 Ulmer / Graf von Westerholt, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 319. Bis heute gibt es auch in den von Seiten der Wirtschaftsverbände im Rahmen der Selbstregulierung für bestimmte Bereiche des Wettbewerbs entwickelten Verhaltenskodizes keine Regelungen zum Zugabewesen: Meyer, GRUR 2001, S. 99 (107) mit Verweis auf Boyle, WRP 1990, S. 159 f. 445 Nach Auffassung von Rosenthal waren die von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen vorbildlich: Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, 8. Aufl. 1930, S. 601; auch: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 165.

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

Ähnlich wie in Deutschland war das Zugabewesen auch in Frankreich nach Ende des Ersten Weltkrieges rasch wiederaufgetaucht. Auch hier wurden Stimmen laut, die eine gesetzliche Regelung forderten. Bereits 1922 war ein erster Gesetzesentwurf vorgelegt worden, der jedoch nicht zur Beratung kam. Zu Beginn der dreißiger Jahre wurden dann erstmals Befürchtungen geäußert, wonach Zugaben „preissteigernd wirkten, die Güterverteilung aus den Bahnen lenke und den Fachhandel beeinträchtige“. 446 Heftige Angriffe von Seiten der Presse sorgten im Herbst 1931 für einen erneuten Vorstoß für ein gesetzliches Zugabeverbots. Der Deputiertenkammer wurde von Seiten einer Kommission für Industrie und Handel ein Gesetzesantrag vorgelegt, wonach die Gewährung von Zugaben verboten werden sollten. Eine Ausnahme sollte für Zugaben gelten, die aus dem Sortiment des Gewährenden stammten, also nicht betriebsfremd waren. Auch Rabatte sollten ausgenommen sein.447 Letztlich wurde auch dieser Entwurf nicht umgesetzt. Ausschlaggebend war hierfür wohl der Umstand, dass es nicht gelungen war, den Begriff der „Zugabe“ zu definieren. Weitere Bemühungen für den Erlass einer Regulierung des Zugabewesens wurden dann zunächst durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unterbrochen. Erst am 20. März 1951 kam es zum Erlass des Gesetzes über das Verbot des Verkaufs mit Prämienmarken oder ähnlichen Gutscheinen oder mit Prämien in Natur.448

4. Belgien Auch Belgien verfügte lange Jahre über keine ausdrückliche Regelung betreffend das Zugabewesen. Ganz ähnlich wie in Frankreich versuchten die Gerichte deshalb auch hier mit Hilfe der (nach französischem Vorbild geschaffenen) zivil446 Ulmer / Krasser, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Bd. IV, S. 527; ebenfalls: Götting, Die neuere Entwicklung des Zugaberechts in Deutschland, Belgien, Frankreich und Schweden, S. 175. 447 Der Entwurf hatte folgenden Wortlaut: „Art. 1. Der Handel mit Zugaben ist untersagt. Kaufleute können ihren Kunden aber Prämien direkt anbieten, wenn sie ihnen auf sich selbst bezogene Gutscheine aushändigen, oder wenn sie ihnen einen Anspruch auf betriebseigene Waren oder auf Rabatt gewähren. Art. 2. Nach einer Frist von 6 Monaten nach Verkündigung dieses Gesetzes wird jede Übertretung mit einer Strafe von ( . . . ) bestraft“: «Proposition de loi tendant à la suppression des primes et timbres-primes», No. 5702, Chambre des Députés, beantragt am 20. 11. 1931 : Übersetzung von Bücker, Das Zugabewesen, S. 60. Wiedergabe der Originalfassung des Antrags: GRUR 1932 S. 439. 448 Loi no 51 – 356 du 20 mars 1951 portant interdiction du systéme de vente avec timbresprimes ou tous autres titrs analogues ou avec primes en nature ; J.O. vom 24. 3. 1951, S. 2980 = D. 1951 Lég. 89. Ulmer / Krasser, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 530 f.Nach diesem Gesetz waren Zugaben grundsätzlich verboten, es sei denn, dass es sich um die Abgabe geringwertiger Reklamegegenstände handelte, die als solche gekennzeichnet waren. Der Wert einer Zugabe durfte dabei 15 % des Wertes der verkauften Ware bzw. Leistung nicht überschreiten. Serick, WuW 1954, S. 716(718).

J. Gesetzliche Regelungen des Zugabewesens im Ausland

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rechtlichen Generalklausel für Ordnung zu sorgen. Nachdem das Zugabewesen insbesondere im Kleinhandel zu Missständen geführt und nach Auffassung der beteiligten Kreise auch zu einer künstlichen Erhöhung der Preise geführt hatte, schuf die Gesetzgebung im Jahr 1935 eine Regelung zum Zugabewesen.449 Danach war das Gewähren von Zugaben grundsätzlich verboten. Ausgenommen waren von diesem Verbot lediglich solche Gegenstände, die mit der Hauptware identisch waren, Auskünfte, die sich auf den Kaufgegenstand bezogen, sowie übliches Zubehör und Reklamegegenstände ohne eigenen Handelswert. Die Ausgabe von Gutscheinen war nach dem neuen Gesetz nur unter der Voraussetzung gestattet, dass der betreffende Händler sein System behördlich genehmigen ließ, auf jedem ausgegebenen Coupon den Barwert angab und schließlich dem Käufer die Wahl zwischen dem einlösbaren Gegenstand und dem Barwert ließ.450 Bemerkenswert ist schließlich, dass die belgischen Gerichte das Zugabegesetz in den Folgejahren scheinbar nicht besonders tatkräftig durchsetzten. Mit Hinweis auf die besonderen wirtschaftlichen und sozialen Umstände, unter denen das Gesetz zustande gekommen war (Weltwirtschaftskrise), sorgte man vielmehr lediglich für eine restriktive Umsetzung des Verbots.451

5. Niederlande In den Niederlanden war das Zugabewesen unter dem Begriff „Cadeaux-stelsel“ bekannt.452 Obwohl diese Reklameart auch hier große Verbreitung gefunden hatte und bereits früh Forderungen zur Eindämmung von Auswüchsen laut geworden waren, gab es keine gesetzliche Regelung der Materie.453 Erste dokumentierte Bestrebungen zur Schaffung eines Gesetzes gab es bereits gegen Mitte der 20er Jahre, als die Mittelstandsverbände ein Aktionskomitee zur Bekämpfung des Verkaufs mit Geschenken ins Leben riefen.454 Im Jahr 1928 setzte dann der Minister für Minister für Arbeit, Handel und Industrie eine Kommission ein, die sich mit der Frage einer gesetzlichen Regelung des Zugabewesens auseinandersetzen sollte.455 In ihrem Bericht sprach sich die Kommission für eine Regelung des Zugabewesens aus und schlug den Erlass einer Strafvorschrift vor. Darin sollte die Ankündigung von Zugaben verboten werden. Voraussetzung war Arrêté royal limitant et réglement la vente avec primes vom 13. 1. 1935. Serick, WuW 1954, S. 716(718 f.). 451 Die Rede war von einer législation des circonstances: Meyer, GRUR 2001, S. 98(107). 452 „Cadeaux-stelsel“ bedeutet soviel wie Geschenkwesen. 453 Die Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale gab, dass die Missstände in Holland besonders krass gewesen seien.: Vgl.: Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 24 ff. 454 Comité tot bestriyding van den verkoop met cadeaux: Vgl.: Bücker, Das Zugabewesen, S. 57. 455 Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S: 165 f. 449 450

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Teil 2: Das Zugabewesen vor der gesetzlichen Regelung von 1932

jedoch, dass sie zu einer anderen Warenart als die Hauptware gehörten. Zum üblichen Handel oder zum Gewerbe des Verkäufers gehörende Gegenstände sollten von dem Verbot generell ausgenommen sein. Ferner sollten mit Zugaben arbeitende Händler verpflichtet sein, auf ihren Hauptwaren den Wert der Zugaben auszuweisen und den Kunden auf Wunsch den Barbetrag auszuzahlen.456 Widerstände, namentlich von Seiten der niederländischen Industrieverbände, verhinderten zunächst die Umsetzung dieser Vorschläge.457 Mit Beginn des zweiten Weltkrieges wurde die Zugabediskussion dann für einige Jahre unterbrochen. Nachdem das Zugabewesen mit Kriegsende rasch wieder aufgetaucht war, gab die niederländische Regierung bereits 1946 die Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs in Auftrag. Nach einigem Hin und Her stimmte das Parlament am 13. Juli 1955 für das Gesetz zur Beschränkung des Geschenkwesens.458

456 Art. 1 der von der Kommission vorgeschlagenen Regelung : Vgl.: Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 24 ff. 457 Ähnlich wie im Deutschen Reich führten sie an, dass eine Beschränkung des Zugabewesens Arbeitsplätze im Bereich der Zugabenartikel herstellenden Industrie gefährden würde; zudem erklärten sie, dass Auswüchsen durch Selbsthilfemaßnahmen des Handels und der Industrie begegnet werden könne: Ulmer / Baeumer, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 378. 458 Das Gesetz lautete: „Wet van 13 juli 1955, houdende regelen tot beperking van de vrijheid tot het aanbieden en verstrekken van geschenken in verband met het uitoefenen van een bedrijf.“ In der Regelung wurde das Zugabewesen nicht verboten, man beschränkte sich vielmehr auf die Eindämmung von Auswüchsen.: Vgl.: Ulmer / Baeumer, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 379.

Teil 3

Die Entstehung der Zugabeverordnung vom 9. März 1932 und ihre Verschärfung vom 12. Mai 1933 A. Die Reichsregierung nimmt sich der „Zugabefrage“ an In Deutschland begann die Reichsregierung nicht vor Anfang 1929 sich intensiv mit der Wertreklamefrage auseinanderzusetzen. Bis dahin war sie bei der bereits im Jahr 1909 im Zusammenhang mit der Schaffung des UWG vom Gesetzgeber vorgegebenen Linie geblieben. Dies war zuletzt im Januar 1926 deutlich geworden, als die Regierung Luther459 auf den vom Reichstag angenommenen Antrag der Deutschnationalen Volkspartei „zum Schutze, zur Erhaltung und Förderung des gewerblichen kaufmännischen Mittelstands“ musste.460 Bei dieser Gelegenheit hatte man erklärt, dass die Vorschriften des UWG bei richtiger Anwendung ausreichend seien, um den Auswüchsen des Rabatt- und Zugabewesens wirksam entgegenzutreten. Außerdem hatte die Reichsregierung die Vermutung geäußert, dass die Missstände auf dem Gebiet des Zugabewesens im Rückgang begriffen seien. In Wahrheit werden bei dieser Haltung auch stets Bedenken eine Rolle gespielt haben, erneut in die Gewerbefreiheit einzugreifen.461 Ungeachtet hiervon hatte sie zugesagt, die Zugabeproblematik im Auge behalten und dabei insbesondere die weitere wirtschaftliche Entwicklung und Stellungnahme der Rechtsprechung verfolgen zu wollen.462

459 Hans Luther (1879 – 1962) war 1926 noch parteilos (1927 trat er der DVP bei); Luther war von 1923 – 1925 Reichsfinanzminister gewesen und von 1925 – 1926 Reichskanzler. Zu Wirtschaftsminister Curtius vgl. Fn. 487. Reichsjustizminister Wilhelm Marx (1863 – 1946) gehörte dem Zentrum an. Die Regierungskoalition bestand aus Zentrum, Bayrischer Volkspartei, Deutscher Volkspartei und Deutscher Demokratischer Partei. 460 Zum Antrag Budjuhn Schiele und Genossen 9. 1. 1925 siehe oben Fn. 210. Nachdem auch der 8. Ausschuss (Volkswirtschaft) über Handwerker und Mittelstandsfragen den Antrag unterstützt hatte, war er am 22. 1. 1926 im Reichstag angenommen worden: Verhandlungen des Reichstags, Band 400, Drucksache Nr. 845; außerdem Band 388, 146. Sitzung, S. 5103 D. 461 Vgl.: Klauer-Seydel, Das Zugabewesen, 3. Aufl., Einführung Rn. 3. 462 Stellungnahme der Reichsregierung: Verhandlungen des Reichstages, Band 412, Drucksache Nr. 2821, S. 30.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

I. Tätigwerden der Ministerien Im Dezember 1928 war es zunächst das Reichsjustizministerium, das sich der Problematik annahm.463 Auf Betreiben Staatssekretärs Joëls kamen Vertreter des Reichsjustiz- und dem Reichswirtschaftsministeriums mit Vertretern aus dem Preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe und dem Preußischen Justizministerium zusammen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.464 Anlass für dieses Engagement war die immer lebhafter werdende Debatte um die Zugaben als auch die ständig zunehmende Zahl an Eingaben, die Regierungsvertreter erhielten. Zudem verwies die Reichsregierung ausdrücklich auf den Entwurf eines Gesetzes über das Zugabewesens, den die Regierung Österreichs im September desselben Jahres vorgelegt hatte. Von Bedeutung war vermutlich auch, dass im Sommer 1928 die Berliner Presse die Zugabenfrage zum Thema gemacht hatte.465 Als Ergebnis der Besprechung hielt man fest, dass „zur Zeit“ alle Anwesenden die Notwendigkeit eines Eingreifen des Gesetzgebers abgelehnt hätten. Deutlich wurde zudem, dass die Vertreter Preußens dem Zugabewesen erheblich kritischer gegenüberstanden als die Vertreter der Reichsministerien. In Preußen wünschte man sich eigentlich eine völlige Verdrängung der Zugaben aus dem Handel. Der Vertreter des Reichswirtschaftministeriums begründete seine Zurückhaltung gegenüber einem gesetzgeberischen Eingreifen damit, dass zur Zugabenfrage 463 Die Regierungskoalition bestand mittlerweile aus SPD, Zentrum, Bayrischer Volkspartei, Deutscher Demokratischer Partei und Deutscher Volkspartei; Reichswirtschaftsminister war Julius Curtius (DVP); Reichsjustizminister war bis April 1929 Erich Koch-Weser (1875 – 1944), der der DDP angehörte und danach v. Guérard (1863 – 1943). Letzterer gehörte dem Ztr. an. 464 Die Besprechung fand am 21. 12. 1928 unter dem Vorsitz Ministerialdirektors Dr. Oeggs statt: Protokoll vom 21. 12. 1928: GStA PK, I. HA Rep. 84a Justizministerium, 5795 Bl. 319 f. 465 Gegen Mitte August war in der Hauptstadtpresse eine Notiz erschienen, die sich mit der Haltung des Reichsjustiz- und Reichswirtschaftsministerium zum Zugabewesen befasste. Im Zusammenhang mit einer Eingabe verschiedener Einzelhandelsorganisationen wurde angegeben, die Ministerien hätten sich gegen eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens ausgesprochen. Zur Begründung sei angegeben worden, dass Zugaben eine Reklame darstellten und deswegen ihre Regulierung als Eingriff in die Gewerbefreiheit bewertet werden müssten. Erwogen werden könne jedoch, die Bezeichnung „Gratiszugabe“ zu verbieten. Sie erwecke bei den Kunden den Eindruck, dass der Wert der Zugabe nicht in den Warenpreis einkalkuliert sei. Wenig später kursierte in den Blättern dann die Meldung, wonach das Justizministerium erklärt habe, dass in Wahrheit weder im Reichwirtschaftsministerium noch im eigenen Haus eine Entscheidung hinsichtlich der Zugabefrage getroffen worden sei. Richtig sei lediglich, dass man der Regelung der Zugabefrage erhöhte Aufmerksamkeit zuwende. Die Forschungsstelle für den Handel gibt zur Begründung dieses Vorgangs an, eine gemeinsame Erklärung der Ministerien sei tatsächlich niemals ergangen. Vielmehr seien es Befürworter der Wertreklame gewesen, die diese Meldung der Presse zugespielt hätte. Vgl. hierzu: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 90. mit Verweis auf Dölz, Das Zugabeunwesen, Köln 1928, S. 11.; So z. B. im Berliner Lokal-Anzeiger vom 23. 8. 1928 (Nr. 398): GStA PK, I. HA Rep. 84a Justizministerium, 5795 Bl. 246.

A. Die Reichsregierung nimmt sich der „Zugabefrage“ an

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selbst der Handel keine einheitliche Stellung bezogen habe. Selbst der DIHT habe bisher nicht beantragt, gesetzliche Maßnahmen zu erlassen. Weiter gab er an, dass zum Teil nur deshalb ein Zugabeverbot verlangt werde, weil man sich auf diese Weise unliebsamer Konkurrenz entledigen könne.466 Die Initiative der österreichischen Regierung sah man kritisch, weil die Notwendigkeit des gesetzgeberischen Eingriffs mit der Schwierigkeit begründet worden sei, lautere von unlauteren Zugaben zu unterscheiden. Dieser Ansatz müsse mittelfristig zu einem Verbot sämtlicher Werbemethoden führen. Außerdem sei ein Verbot der Zugabenwerbung nicht durchführbar, da ein solches eine polizeiliche Überwachung aller Einzelhandelsgeschäfte verlange. Der Vertreter des Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe hingegen begrüßte den Vorstoß der Regierung Österreichs und bezeichnete den Regierungsentwurf als erfreulich, weil er eine Grenze zwischen den harmlosen Zugaben auf der einen und den bedenklichen Praktiken auf der anderen Seite ziehe. Gefährlich seien nicht die gelegentlich gewährten Zugaben, sondern die systematisch betriebene Kundenwerbung durch Zugabeversprechen. Eine Regulierung des Zugabewesens müsse darauf abzielen, die Ankündigung von Zugaben zu unterbinden. Bevor eine solche Regelung geschaffen werde, müsse zunächst der Rechtsprechung weitere Gelegenheit gegeben werden, Auswüchsen entgegenzuwirken.467 Außerdem habe der preußische Justizminister erst im Frühjahr an die Strafverfolgungsbehörden eine Verfügung betreffend das Zugabewesen erlassen. Diese habe in der kurzen Zeit noch keine Wirkung entfalten können.468 466 In diesem Zusammenhang verwies der Vertreter des Reichswirtschaftsministeriums ausdrücklich auf die Konsumvereine. 467 Hierbei wurde auf das zugabenkritische Urteil des Amtsgerichts Halle vom 16. 5. 1928 verwiesen und die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass auch andere Gerichte diesen Ansatz aufnehmen würden. 468 Der Preußische Justizminister hatte im Frühjahr 1928 eine allgemeine Verfügung zur Bekämpfung der Auswüchse im Zugabewesen erlassen. Hintergrund war, dass die Zugaben in seinem Verantwortungsbereich zunehmend als Belastung empfunden wurden. Eine Rolle spielte außerdem die Entscheidung des Reichsgerichts von Ende 1926 (RG 61, 58), wonach sowohl ihre Ankündigung als auch ihre Gewährung unter bestimmen Umständen den Tatbestand des § 4 UWG erfüllen konnte. Die Verfügung war an die Strafverfolgungsbehörden des Landes gerichtet und hatte folgenden Wortlaut. „Aus Handelskreisen wird darüber Klage geführt, dass sich bei dem Vertrieb von Waren, insbesondere im Lebensmittelhandel, in zunehmendem Maße Auswüchse des Zugabewesens bemerkbar machten, durch die das kaufende Publikum und der ehrbare Kaufmann geschädigt würden. Insbesondere handelt es sich dabei um die Fälle, in denen beim Publikum der Anschein erweckt wird, als werde durch die Zugabe die Hauptware nicht verteuert, während tatsächlich mit Rücksicht auf die Zugabe eine den üblichen und angemessenen Preis der Ware übersteigender Kaufpreis gefordert wird. In solchen Fällen wird, soweit nicht die Merkmale des Betrugs gegeben sind, regelmäßig ein Vergehen gegen § 4 des Wettbewerbsgesetzes vorliegen (vgl. RGSt Bd. 61 S. 58 ff.). Die Strafverfolgungsbehörden werden ersucht, Auswüchsen dieser und ähnlicher Art ihr besonderes Augenmerk zuzuwenden und soweit strafbare Handlungen in Frage kommen, rasch und tatkräftig einzuschreiten.“: Allgemeine Verfügung vom 5. 3. 1928; Justizministerialblatt vom 9. 3. 1928 1928, S. 137. Wiedergegeben auch bei Becher, § 4, Anm. 3. Eine ähnliche Ver-

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

II. Parlamentarische Initiativen für eine Regelung des Zugabewesens Ebenfalls im Winter 1928 / 29 kam es zu einer Reihe parlamentarischer Initiativen. Sowohl im Reichstag als auch im Preußischen Landtag engagierten sich Fraktionen für eine ausdrückliche Regelung des Zugabewesens. 1. Initiativen im Reichstag a) Der Antrag der Wirtschaftspartei Als erste war es die Wirtschaftspartei (Borrmann Petzold Drewitz und Genossen), die am 13. Dezember 1928 einen Gesetzesentwurf „zur Bekämpfung des Zugabewesen und zur Regelung der Rabattgewährung“ in den Reichstag einbrachte.469 Wie bereits in dem 1927 von Borrmann und Genossen gestellten Antrag wurde auch diesmal angeregt, eine der Strafvorschriften des UWG um eine Zugaberegelung zu ergänzen. Unverändert verwendete man auch den Begriff der „Zugabe“, ohne ihn zuvor zu definieren. Die zu erweiternde Vorschrift sollte diesmal § 6 UWG sein, eine Vorschrift, die den Verkauf von Konkurswaren regelte und im Interesse der Allgemeinheit jede Bezugnahme auf die Herkunft von Waren aus einer Konkursmasse verbat.470 Der Antrag sah vor, die Vorschrift um drei neue Absätze (Abs. 2 bis 4) mit folgendem Wortlaut zu erweitern: „(2) Verboten ist, durch solche Ankündigungen von Zugaben in Waren oder durch Angebot von sonstigen Vorteilen irgendwelcher Art, die im ordentlichen Geschäfts- und Warenverkehr nicht ohne Erhöhung des regulären Verkaufspreises gewährt werden können, zum Kauf oder Bezug von Waren anzulocken. Als Zugaben anzusehen sind auch Waren, die zu einem offenbar unter dem verkehrsüblichen Handelswert liegenden Preise angeboten oder zum Verkauf gestellt werden. (3) Auf ein ihm beim Kauf angebotenes Geschenk kann der Käufer verzichten; er hat dann Anspruch auf den Barwert, der auf der als Geschenk angebotenen Ware deutlich sichtbar vermerkt sein muss. (4) Als Zugaben gelten nicht Waren oder Gegenstände, die zum Preise der Ware, auf welche sie angeboten oder verabfolgt werden, in keinem Verhältnis stehen und die gleichzeitig durch Wort, Bild, Schrift, Zeichen oder Form, die ohne Veränderung des Charakters des fügung ergingen im selben Jahr auch in Sachsen. Auf Antrag des Thüringer Einheitsverbandes für Handel, Handwerk und Gewerbe schloss sich auch der thüringische Justizminister mit einem entsprechenden Erlass an: Forschungsstelle für den Handel, Das Zugabewesen, S. 89. 469 Antrag Borrmann Petzold Drewitz und Genossen vom 13. 12. 1928: Verhandlungen des Reichstages, Band 433, Drucksache Nr. 694. 470 Damit wurde die Ankündigung von wahren Tatsachen verboten. Dahinter stand die Meinung des Gesetzgebers, dass jeder Hinweis auf die Herkunft einer Ware aus einer Konkursmasse einen sachlich nicht gerechtfertigten Anreiz auf das Publikum ausübe: Vgl. Becher, § 6 Anm. 2.

A. Die Reichsregierung nimmt sich der „Zugabefrage“ an

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Gegenstandes nicht beseitigt werden können, den offensichtlichen Werbegedanken unverkennbar in Erscheinung treten lassen. (5) [bisheriger Abs. 2]. Zuwiderhandelungen ( . . . ).“471

Von ihrem im Jahr 1927 eingebrachten Antrag unterschied sich dieser Entwurf der Wirtschaftspartei dadurch, dass man lediglich die Ankündigung, nicht indes die Gewährung von Zugaben unter Strafe stellen wollte. Neu war auch Vorschlag, die Händler zu verpflichten, auf den Verpackungen ihrer Hauptwaren den Wert der Zugaben auszuweisen. Zusätzlich sollte den Käufern das Recht eingeräumt werden, sich statt der Zugabe den Barwert derselben auszahlen zu lassen.

b) Der Antrag der Zentrumspartei Bereits wenig später, am 4. Januar 1929, legte auch die Zentrumspartei (Dr. Stegerwald und Genossen) dem Reichstag einen das Zugabewesen betreffenden Antrag vor.472 Der darin enthaltene Entwurf war sehr weitgehend und wollte sowohl die Ankündigung als auch Gewährung von Zugaben im UWG verboten sehen. Dazu kam eine sehr weite Fassung des Begriffs der „Zugabe“, die auch keine Ausnahmen etwa für Werbegeschenke u.ä. zuließ und sogar Rabatte einschloss. Als „Zugabe“ sollte nach Ansicht des Zentrums gelten: „1. jede zur Verkaufsware unmittelbar oder durch Gutscheine zugegebene Ware gleicher oder anderer Warengattung, gleichviel ob die zugegebene Ware in den Preis der Verkaufsware einberechnet oder ob sie als Wertreklame oder Geschenk bezeichnet wird; 2. jede zugegebene Ware oder Leistung, deren Gewährung bedingt wird durch Kauf von Waren zu einem bestimmten Preisbetrag oder einer bestimmten Menge; 3. jede Abgabe einer Ware, deren Preis unter der Bedingung ermäßigt wird, dass Ware gleicher oder anderer Warengattung zu einem bestimmten Preisbetrag oder in einer bestimmten Menge gekauft wird.“473

471 Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften in Absatz 1 bis 4 sollten mit Geldstrafe bis zu fünfhundert RM oder mit Haft bestraft werden. Neben diesen Absätzen sah der Gesetzesentwurf die Einfügung eines § 10a in das UWG vor. Darin sollte die Ankündigung und Gewährung von Rabatten derart geregelt werden, dass auf Wunsch ein Teilbetrag in Geld auszuzahlen war, der der angebotenen Nebenleistung entsprach. 472 Antrag Dr. Stegerwald und Genossen vom 4. 1. 1929: Verhandlungen des Reichstages, Band 433, Drucksache Nr. 727. 473 Sowohl der Antrag Borrmann Petzold Drewitz und Genossen als auch den Antrag Dr. Stegermann und Genossen wurden im Juli 1929 zur weiteren Beratung an den 8. Ausschuss des Reichstags (Ausschuss für Volkswirtschaft) überwiesen: Verhandlungen des Reichstags, Band 425, 79. Sitzung, S. 2160C.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

2. Die Entschließung des Preußischen Landtags am 27. Februar 1929 Nachdem Beamte des Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe als auch des Preußischen Justizministeriums bereits Ende 1928 gegenüber den Vertretern der Reichsministerien ihre Vorbehalte gegenüber dem Zugabewesen zum Ausdruck gebracht hatten, meldete sich Anfang 1929 auch der Preußische Landtag in dieser Angelegenheit zu Wort. Im Unterschied zum Reichstag blieb es hier nicht bei Anträgen einzelner Fraktionen. Der Landtag nahm vielmehr eine Entschließung an, in der das Staatsministerium aufgefordert wurde, für Preußen mit allen Mitteln ein Verbot der Zugaben herbeizuführen. Weiter forderte man das Staatsministerium auf, dahingehend auf die Reichsregierung einzuwirken, „dass diese besondere Art des unlauteren Wettbewerbs beschleunigt durch eine reichsgesetzliche Regelung unmöglich gemacht“ werde. Zu diesem Zweck sei es erforderlich, bei der Reichsregierung vorstellig zu werden und zu veranlassen, dass diese baldigst den Entwurf eines Gesetzes vorlege, wodurch die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 entsprechend ergänzt würden. Danach müsse auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden können bzw. die in § 4 des Wettbewerbsgesetzes angedrohten Strafen auf sich ziehen, wer im geschäftlichen Verkehr Zugaben gewähre oder verspreche.474

III. Die Stellungnahme des Deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums Vermutlich als Reaktion auf die jüngsten parlamentarischen Vorstöße zur Schaffung einer sondergesetzlichen Regelung des Zugabewesens wandte sich im Mai 1929 der Deutsche Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums475 mit einer Eingabe an Reichsjustizminister v. Guérard476 Zuvor hatte sich der Warenzeichenausschuss des Vereins mit der Frage der Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Eingreifens beschäftigt und zur eigenen Meinungsfindung Gutachten der Rechtsanwälte Clad (Leipzig) und Utescher (Hamburg) eingeholt. Nachdem die Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen waren, folgte der Ausschuss mit der erheblichen Mehrheit seiner Mitglieder der Empfehlung Clads und sprach sich gegen die Schaffung besonderer gesetzlicher Bestimmungen zur Bekämpfung des Zugabeunwesens aus. Diese Haltung war es auch, die der „Grüne Verein“ wenig später in seiner an den Reichsjustizminister gerichteten Stellungnahme vertrat.

474 Verhandlungen des Preußischen Landtags, Bd. 3, 46. Sitzung vom 19. 2. 1929, S. 3457; 53. Sitzung vom 27. 2. 1929, S. 4146. 475 Auch „Grüner Verein“. 476 Diese wurde wenig später veröffentlich: GRUR 1929, S. 700 f.

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1. Die Sachverständigengutachten der Rechtsanwälte Clad und Utescher477 a) Das Gutachten Clovis Clads Clad kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens abzulehnen sei. Zwar räumte er ein, dass das Vorhandensein von Auswüchsen im Bereich der Wertreklame nicht bestritten werden könne. Diese seien bei richtiger Anwendung jedoch mit Hilfe von § 1 UWG in den Griff zu bekommen.478 Zur Begründung dieser Haltung unternahm Clad zunächst den Versuch, die beiden im Kampf gegen das Zugabewesen am häufigsten ins Feld geführten Argumente der Warenverteuerung und der Täuschung des Publikums zu entkräften. Zu dem Argument der Warenverteuerung erklärt er, dass sämtliche Versuche, die Preisbemessung der Einzelhändler in die Erörterungen einzubeziehen, aus Gründen der Gewerbefreiheit abzulehnen sei. Diese verbiete jegliche Preisvorgaben des Staates. Es seien vielmehr allein Angebot und Nachfrage, die die Preisbildung bestimmen dürften. Würden diese Grundsätze einmal in Frage gestellt, seien auch alle anderen Reklameformen angreifbar. Schließlich habe jedes Zeitungsinserat zumindest mittelbaren Einfluss auf die Preisbildung. Im Anschluss nahm sich Clad des Ansatzes an, wonach unlautere Zugaben nach dem Gesichtspunkt der Täuschung des Publikums verboten werden sollten. Hierzu erklärte er, dass diese Behauptung nur bisweilen richtig sei. In den meisten Fällen sei es dem Publikum bewusst, dass ein Kaufmann nichts zu verschenken habe. Erhöhter Schutz des Publikums könne auch nicht etwa dadurch erreicht werden, dass die Bezeichnung der Zugabe als „gratis“ verboten werden. Zur eigentlichen Begründung seiner Ablehnung einer gesetzlichen Regelungen zum Zugabewesen bediente Clad sich dann derselben Argumente, mit denen bereits der Gesetzgeber im Jahre 1909 Überlegungen für eine ausdrückliche Regelung der Zugaben verworfen hatte. Auch er war der Auffassung, dass eine abstrakte Abgrenzung der lauteren und der unlauteren Zugabe nur schwer oder gar unmöglich sei. Zur Untermauerung dieser Behauptung griff er eine Reihe der von Seiten der Gesetzesbefürworter in Entwürfen aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung angeblich unlauterer Zugaben auf und verwarf sie anschließend.479 So erklärt er, dass es nicht richtig sei, auf der einen Seite Zugaben in Form von Waren zu verbieten und Zugaben in Form von Geld oder Leistungen hingegen generell zu erlauben. 477 Clovis Clad, Dr. jur., Rechtsanwalt, war stellvertretender Syndikus der Handelskammer Leipzig. Ernst August Utescher, Dr. jur., war Rechtsanwalt in Hamburg. 478 GRUR 1929, S. 843 – 853. 479 Zuvor hatte Clad angegeben, dass es sich für ihn erübrige, zu dem Vorschlag eines Vollverbots von Zugaben Stellung zu nehmen. Zum Einen stände hinter dieser Forderung nur eine Minderheit der Zugabegegner. Außerdem könne grundsätzlich rechtlich nicht verboten werden, was volkswirtschaftlich nicht verwerflich sei.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

Hierbei müsse nämlich berücksichtigt werden, dass Zugaben in Geld (Rabatte) – auch wenn sie bisher noch keine Rolle spielten und deshalb auch noch keinen Anlass für Klagen gäben – im Fall eines Verbotes der Warenzugaben an ihre Stelle treten würden. Über Nacht stelle sich dann das Problem der Geld- und / oder Leistungszugaben. Ihr Ausmaß sei heute überhaupt nicht abzusehen.480 Weiter gab Clad an, dass es nicht nachvollziehbar sei, warum verboten werden solle, die Gewährung von Zugaben von der Höhe eines Einkaufs abhängig zu machen. Der Einkauf größerer Mengen sei nicht grundsätzlich verwerflich, auch sei es nicht Sache des Staates, die Käufer zum Sparen anzuhalten. Auch das Merkmal des „Eigenwerts“ einer Zugabe sei nicht zur Abgrenzung unlauterer Zugaben geeignet. Hierbei sei zu beachten, dass der Wert eines Gegenstandes letztendlich subjektiv sei.481 Der gleiche Gedanke lasse sich im Übrigen auch auf den Vorschlag anwenden, nur solche Zugaben zuzulassen, die eindeutig als Reklamegegenstand gekennzeichnet seien. Auch hier gingen in der Bevölkerung die Vorstellungen auseinander, ob der Gebrauchswert eines Gegenstandes durch den Aufdruck eines Firmenzeichens beeinträchtigt werde oder nicht. Abschließend ging Clad noch auf den Vorschlag ein, nur die Ankündigung von Zugaben zu verbieten. Hiergegen sei bereits einzuwenden, dass es sehr bedenklich sei, die Ankündigung von Zugaben zu verbieten, die man für grundsätzlich zulässig halte. Außerdem lasse sich ein solches Verbot bei kleinen Geschäften in der Praxis zum Teil gar nicht durchsetzen. Zusammenfassend zog Clad aus diesen Argumenten den Schluss, dass die Entscheidung über die Lauterkeit einer Zugabe nur im Einzelfall nach Maßgabe der Auffassung des ehrbaren Kaufmann erfolgen könne. Hierfür stehe § 1 UWG zur Verfügung, der bei richtiger Anwendung auch geeignet sei, Auswüchsen zu begegnen. Dass mit dieser Vorschrift bisher nicht die gewünschten Erfolge erreicht worden seien, liege daran, dass die Gerichte nicht ausreichend Gelegenheit „zur endgültigen Beurteilung der Verhältnisse“ gehabt hätten. Der Zeitraum vom 1910 bis 1914 sei zur Ausbildung einer entsprechenden Rechtsprechung zu kurz gewesen, nach 1918 habe es dann zunächst kaum unlauteren Wettbewerb gegeben.

b) Das Gutachten Ernst August Uteschers Utescher hingegen kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine spezialgesetzliche Regelung des Zugabewesens notwendig sei.482 Zur Begründung erklärt er, dass § 1 UWG nicht geeignet sei, dem Zugabeunwesen abzuhelfen. Dies werde bereits dadurch deutlich, dass die Rechtsprechung mit den ihr im Wettbewerbsgesetz zur Verfügung stehenden Mitteln innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte nicht in der Lage gewesen sei, die vorhandenen Missstände zu beheben. Mit dieser Vermutung sollte Clad letztlich Recht behalten. Verschiedene Bevölkerungskreise legten verschiedene Maßstäbe an, wenn es darum gehe, Gebrauchswert und -möglichkeit eines Gegenstandes zu bestimmten. 482 Veröffentlicht in: GRUR 1929, S. 827 – 843. 480 481

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Die Ungeeignetheit der Generalklausel hatte für Utescher eine Reihe von Gründen: So sei es für die Gerichte schwierig, im Rahmen der Feststellung eines Sittenverstoßes die Auffassung der maßgebenden Verkehrskreise zu bestimmen. Für beide Seiten ließen sich Gutachter mobilisieren, die es den Richtern schwer machten. Mangels genügender und zuverlässiger Unterlagen sei die Rechtsprechung zudem nicht in der Lage, eine einheitliche Beurteilung der Problematik zu gewährleisten.483 Die Kaufleute seien ferner unter den derzeitig herrschenden ungeklärten Umständen nicht bereit, im Interesse der Erhaltung der allgemeinen Geschäftsmoral Klagen gegen Zugabefirmen anhängig zu machen. Viele heute mit Zugaben arbeitende Firmen seien nur bereit, sich einer eindeutigen gesetzlichen Regelung zu unterwerfen. Eine Rolle spiele auch die unglückliche Struktur des Wettbewerbsgesetzes. Die erst nachträgliche Einfügung der Generalklausel wie auch zahlreicher anderer Einzelvorschriften stelle an die richterliche Handhabung eine schwierige Aufgabe.484 Zusammenfassend erklärte Utescher schließlich, dass „zur Vermeidung einer weiteren Verseuchung des Wirtschaftslebens“ nur noch ein gesetzgeberisches Eingreifen bleibe. Sinnvoll erscheine es, zwischen die §§ 5 und 6 des UWG folgende neue Bestimmung einzufügen: „§ 5a) Im geschäftlichen Verkehr ist verboten: 1. Zugaben zu versprechen oder zu gewähren, es sei denn, dass es sich um Gegenstände handelt, die im Verhältnis zur Verkaufsware wertlos oder geringwertig sind, oder um solche, die keinen besonders hohen Wert besitzen und mit stark hervortretender Reklameaufschrift versehen sind. 2. Zugaben zu versprechen oder zu gewähren unter der Bedingung der Abnahme von Waren in bestimmter Menge oder gegen einen Kaufpreis von bestimmter Höhe. 3. Zugaben – auch soweit sie nach Ziff. 1 zulässig sind – in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, anzukündigen. Zuwiderhandlungen werden, soweit nicht nach anderen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu 150 RM. oder mit Haft bestraft.“485

483 Hierbei verweist er auf die sich z.T. widersprechenden Urteile des Landgerichts Aurich, des Amtsgerichts Halle, des Oberlandesgerichts Dresden und des Oberlandesgerichts Naumburg: GRUR 1929, S. 827(837). Hierzu siehe oben auf S. 106 und 108. 484 Ergänzend stellte Utescher die Vermutung auf, dass die Rechtsprechung, im Fall des Vorhandenseins nur einer Generalklausel, möglicherweise schon früher „gesunde Zustände“ geschaffen hätte. S. 827(838). 485 Darüber hinaus sah der Entwurf Uteschers eine Übergangsvorschrift für die Abwicklung bereits laufender Zugabeaktionen vor.

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2. Die Haltung des „Grünen Vereins“ Der „Grüne Verein“ folgte in seiner an den Reichsjustizminister gerichteten Stellungnahme dem Gutachten Clads. Die Empfehlungen Uteschers fanden in dem Schreiben keinerlei Kommentierung. Letztlich blieb es bei einer Wiedergabe der von Clad vorgegebenen Argumente. So gab der Verein an, dass eine begriffliche Abgrenzung der unlauteren Zugaben gegenüber den lauteren Zugaben aufgrund ihrer mannigfaltigen Erscheinungsformen schwierig sei. Die Schaffung gesetzlicher Kategorien für verbotene Zugaben würde zudem nur Umgehungsversuchen nach sich ziehen. Hierdurch würde es im Ergebnis zur Ausbildung neuer unerwünschter Reklameformen kommen. Geeigneter für die hier in Frage stehenden Fälle erschien dem „Grünen Verein“ die Anwendung einer „Blankettnorm“, wie es die Generalklausel des § 1 UWG sei. Sie habe den Vorteil, auf alle Formen des Zugabewesens anwendbar zu sein. Zudem erlaube sie eine ständige Anpassung der Rechtsprechung an die sich verändernden Anschauungen. Hieran ändere auch nicht, dass die bisherige Rechtsprechung des Reichsgerichts (insbes. RG 61, 58) zugegebenermaßen ungenügend sei. Die geringe Anzahl der bisher in dieser Angelegenheit geführten Prozesse lasse keine Rückschlüsse auf die generelle Geeignetheit der Norm zu. Außerdem gäbe es in jüngster Zeit Anzeichen für ein verschärftes Vorgehen einzelner Gerichte. Ferner sei daher zu erwarten, dass das Reichsgericht in absehbarer Zeit Grundsätze zu § 1 UWG entwickeln werde, die eine wirksame Bekämpfung der Auswüchse im Zugabewesens erlaubten.

IV. Die Einschaltung des vorläufigen Reichswirtschaftsrates Noch bevor sich der Reichstag im Sommer 1929 der Anträge der Wirtschaftspartei und des Zentrums annahm, kam es Anfang März zu einer erneuten Besprechung zwischen Beamten des Reichjustizministeriums und des Reichswirtschaftsministeriums. Man war sich einig, dass sowohl die im Reichstag gestellten Anträge als auch die kürzlich im Preußischen Landtag angenommene Entschließung ein Tätigwerden der Reichsregierung verlangten. „Um die Initiative für die Reichsregierung in der Hand zu behalten“, beschloss man die Einschaltung des vorläufigen Reichswirtschaftsrats anzuregen. Er sollte klären, „ob und gegebenenfalls wie das Zugabewesen durch besondere Vorschriften bekämpft werden“ könnte.486

486 Aktenvermerk des Reichswirtschaftsministeriums vom 20. 3. 1929: BArch, R 3101 / 2198. Der Vermerk enthält danach noch einen Entwurf eines gemeinsamen Anschreibens des Reichsjustizministers als auch des Reichswirtschaftsministers an den vorläufigen Reichswirtschaftsrat. Reichkanzler war zu dieser Zeit der Sozialdemokrat Hermann Müller (1876 – 1931), der eine große Koalition aus SPD, Zentrum, BVP, DDP und DVP anführte.

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Bevor Reichswirtschaftsminister Curtius (DVP) diesen Gedanken aufgriff und tatsächlich den Reichswirtschaftsrat einschaltete, äußerte er sich Anfang Juni 1929 im Reichstag zur Zugabefrage.487 Dies geschah im Zusammenhang mit einem von der Regierung vorgesehenen Maßnahmenkatalog zur Unterstützung des gewerblichen Mittelstands. Für den Bereich des mittelständischen Einzelhandels erklärte der Minister, dass dieser verstärkt gegen unlautere Wettbewerbshandlungen von Großbetrieben geschützt werden müsse. Einige Gebaren der großen Unternehmen würde von weiten Teilen des Handels als unlauter empfunden, könnten aber nicht abgestellt werden, weil die gesetzlichen Bestimmungen gegen den unlauteren Wettbewerb nicht ausreichten. Ausdrücklich mit Blick auf das Zugabewesen erklärte er dann, dass man seine Entwicklung im eigenen Hause in enger Abstimmung mit dem Reichsjustizministerium aufmerksam beobachte. Für ein gesetzliches Einschreiten habe man sich bisher jedoch noch nicht entschließen können, weil selbst in den beteiligten Handelskreisen bisher keine Einigkeit in dieser Angelegenheit bestehe.488 Aus diesem Grund wolle man zunächst den vorläufigen Reichswirtschaftsrat um ein Gutachten ersuchen. Erst wenn dieses vorliege, solle entscheiden werden, ob gesetzgeberische Eingriffe erforderlich seien und ob die in bisher vorgelegten Anträgen aufgezeigten Wege gangbar und zweckmäßig seien.489 Nur einen Tag nach dieser Rede wandte sich Curtius gemeinsam mit V. Guérard an den vorläufigen Reichswirtschaftsrat und beauftragte diesen mit der Erstellung eines Gutachtens zur Zugabenfrage.490

487 Fortsetzung der zweiten Beratung des Reichshaushalts für 1929 am 4. 6. 1929: Verhandlungen des Reichstags, Band 424, 76. Sitzung, S. 2050 B u. C. Julis Curtius (1877 – 1948) gehörte der DVP an und war von 1926 bis 1929 Reichswirtschaftsminister, danach von 1929 bis 1931 Reichsaußenminister. 488 In diesem Zusammenhang verwies Curtius auf einen im April 1929 in der Deutschen Wirtschaftszeitung von J. van Norden (Köln) veröffentlichten Aufsatz. Unter dem Titel „Gegenwartsfragen des deutschen Einzelhandels“ hatte dieser erklärt, dass selbst im Einzelhandel keine absolute Einigkeit über den Umgang mit den Zugaben bestehe. Die Schaffung eines Gesetzes werde dadurch erschwert, dass eine Abgrenzung der „althergebrachten und unbedenklichen Zugaben“ von den unlauteren Zugaben nur schwer möglich sei. Außerdem sei zu beachten, dass sich im Laufe der Jahre eine „besondere Industrie zur Herstellung von Zugabeartikeln“ herausgebildet habe, deren Interessen in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden müssten: Deutsche Wirtschaftszeitung 1929, S. 356(357). 489 Mit Blick auf die Lage des Einzelhandels hatte Minister Curtius zudem erklärt: „Eine wirksame Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Einzelhandelsbetriebe setzt – auf Dauer gesehen – wohl auch eine Minderung der Zahl der Betriebe voraus. Dass die Betriebszählung von 1925 eine starke Überbesetzung des Einzelhandels ergeben hat, die sich in der Minderung des Umsatzes der einzelnen Betriebe auswirken muss, steht heute wohl außer Zweifel.“ 490 Schreiben des Reichsjustizministers und des Reichswirtschaftsministers an den vorläufigen Reichswirtschaftsrat vom 5. 6. 1929: BArch, R 401 / 997, Bl. 1 f.

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B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates vom 12. Mai 1930 I. Der Reichswirtschaftsrat als Verfassungsorgan der Weimarer Republik Der vorläufige Reichswirtschaftsrat491 war in erster Linie ein Gutachterorgan der Reichsregierung. Seine Einrichtung basierte auf Art. 165 der Weimarer Reichsverfassung492 und war gemeinsam mit dem Betriebsrätegesetz von 1920 „gesamtpolitisch gesehen nur ein geringer Überrest des Rätegedankens der Novemberrevolution“493. Nach der Verordnung über den vorläufigen Reichswirtschaftrat vom 4. Mai 1920 bestand die Vollversammlung des RWR aus insgesamt 326 Mitgliedern, die aus allen Bereichen des Wirtschaftslebens stammten und „entsprechend ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung“ (Art. 165 Abs. 3 S. 2 WRV) vertreten waren.494 Als Vertreter der wirtschaftlichen Interessen des ganzen Volkes waren sie, nur ihrem Gewissen unterworfen und an Anträge nicht gebunden.495 Wegen ihrer großen Mitgliederzahl waren die Arbeitsmöglichkeiten der Vollver491 Der Begriff des vorläufigen Reichswirtschaftsrats wird im Folgenden mir „RWR“ abgekürzt. 492 RGBl. 1920, S. 858 ff. 493 Vgl. Schubert / Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, S. 10, mit Verweis auf Schulze, Weimar. Deutschland 1917 – 1933, Bd. 4 (1983) S. 63 ff. Beim Zentralrat der Arbeiter- und Soldantenräte hatte man nach Durchsetzung der Wahl zur Nationalversammlung Anfang 1919 Überlegungen über eine zweite Kammer (Produzentenoder Arbeiterkammer) angestellt. Giese, Die Verfassung des Deutschen Reiches, S. 331. Die Vorläufigkeit der Einrichtung des RWR ging darauf zurück, dass ein endgültiger RWR im Sinne der Reichsverfassung erst nach Schaffung des Reichsarbeiterrates und einer entsprechenden Unternehmerorganisation geschaffen werden konnte. Die Regierung Müller (SPD) hatte jedoch angesichts der angespannten Wirtschaftlage bereits früher eine Zusammenfassung aller Kräfte des Wirtschaftslebens für notwendig erachtet und deshalb schon vor Erfüllung dieser Voraussetzungen im Jahr 1920 den „vorläufigen RWR“ eingerichtet: Giese, Die Verfassung des Deutschen Reiches, S. 333. Eine tatsächliche Errichtung eines endgültigen Rates scheiterte letzten Endes im Juli 1930 an den Widerständen der Kommunisten als auch der Rechtsparteien. Im Frühjahr 1934 schafften die Nationalsozialisten auch den RWR ab: Schubert / Hommelhoff, S. 22 u. 25. 494 Innerhalb der Gruppen herrschte strenge Parität: Vgl.: Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 367. Im Einzelnen handelte es sich um Vertreter aus der Land- und Forstwirtschaft, der Gärtnerei und Fischerei, der Industrie, des Handels, des Bank- und Versicherungswesen, des Verkehrs und der öffentlichen Unternehmungen, des Handwerks, der Verbraucherschaft, der Beamtenschaft und der freien Berufe (u. a. Vertreter des Deutschen Anwaltsvereins); daneben handelte es sich um mit dem Wirtschaftsleben der einzelnen Landesteile besonders vertraute, vom Reichsrat, als auch von der Reichsregierung nach freiem Ermessen zu benennende Personen. Vgl. Schubert / Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, S. 17. 495 Sie genossen die parlamentarischen Vorrechte der Reichstagsabgeordneten wie Immunität, Freifahrt und Entschädigung: Giese, Die Verfassung des Deutschen Reiches, S. 333.

B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates

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sammlung beschränkt. Hauptarbeitsorgane des RWR waren daher die Ausschüsse, neben einem wirtschaftspolitischen und einem sozialpolitischen Ausschuss existierte ein finanzpolitischer Ausschuss.496 Aufgabe des RWR war es, „sozialpolitische und wirtschaftspolitische Gesetzesentwürfe von grundlegender Bedeutung“ zu begutachten.497 Hierzu hatte die Reichsregierung dem RWR ihre Gesetzesentwürfe vor Einbringung in den Reichstag vorzulegen.498 Die Gutachten sollten nur vom Standpunkt der Wirtschaft aus erstellt werden, ein Eingehen auf rein verwaltungstechnische oder rein juristische Umstände war nicht erwünscht.499 Die Äußerungen des Rates hatten nur den Charakter einer Stellungnahme und waren weder für die Reichsregierung noch das Parlament bindend.500 Ungeachtet hiervon wurde die Tätigkeit des RWR in Regierungskreisen ernst genommen. Man schätzte den „sachverständigen Rat praktisch in der Wirtschaft tätiger Personen“ und erhoffte sich „aus der lebendigen Fühlungnahme der Repräsentanten der großen Wirtschaftsgruppen eine Annährung der verschiedenen Standpunkte und einen Interessenausgleich“. 501 Auch in der Tagespresse und zugleich in der wissenschaftlichen Literatur der Weimarer Republik fanden die Äußerungen des RWR starke Beachtung.502

II. Der Gutachtenauftrag der Reichsregierung Zur Begründung der Einschaltung des RWR erklärten die Reichminister Curtius und v. Guérard, dass für die Beurteilung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit 496 Die drei Hauptausschüsse bedienten sich in der Praxis oftmals weiterer Unterausschüsse: Hauschild, Der vorläufige Reichswirtschaftsrat 1920 – 1926, S. 4. 497 Art. 11 der Verordnung. Hauschild, gibt an, dass sich die Vorlagepflicht auch auf finanzpolitische Entwürfe bezog: Der vorläufige Reichswirtschaftsrat 1920 – 1926, S. 2. 498 Neben dieser gutachterlichen Tätigkeit stand dem RWR nach Art. 11 der Verordnung auch das Recht der Gesetzesinitiative zu. Obwohl dieses Initiativrecht wesentlich eingeschränkt war, spricht Giese von einer „doppelten legislativen Zuständigkeit“: Die Verfassung des Deutschen Reiches, S. 334. 499 Dies ergab sich aus den Richtlinien, die der Vorstand des RWR zur einheitlichen Abfassung seiner Gutachten erlassen hatte: Hauschild, Der vorläufige Reichswirtschaftrat 1920 – 1926, S. 5. 500 Hauschild, Der vorläufige Reichswirtschaftsrat 1920 – 1926, S. 1. 501 So hatte sich etwa Reichswirtschaftsminister Curtius 1930 im Reichstag über den RWR geäußert: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 443, Drucksache Nr. 2163, S. 1 f. Als weiteren Vorteil des RWR hatte er angegeben: „Der wesentliche Vorteil, der sich aus der Anhörung der im RWR vereinigten Sachverständigen gegenüber den sonstigen gutachterlichen Anhörungen ergibt, besteht darin, dass in dieser Körperschaft die verschiedenen Interessen einander gegenübergestellt werden und Vertreter von Spezialgebieten gewärtig sein müssen, dass ihre Ausführungen von den gleichfalls anwesenden Vertretern entgegenstehender Interessen berichtet und auf das für die allgemeine Verwaltung zuträgliche Maß zurückgeführt werden.“ 502 Schubert, Protokolle über die Plenarverhandlungen des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats, S. VI.

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einer gesetzlichen Bekämpfung der Zugaben in der Hauptsache wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend seien. Entscheidend sei, ob bei der Gewährung von Zugaben „etwa damit verbundene volkswirtschaftliche Nachteile die Vorteile überwiegen“ würden. Wenn sich herausstelle, dass die Schädlichkeit der Zugaben von größerem Gewicht als ihr Nutzen sei, gehe es ferner um die Klärung der Frage, ob die Vorschriften des geltenden Rechts für die Bekämpfung der Zugaben ausreichten oder nicht. Im Einzelnen gaben die Minister dem RWR auf, folgende Fragen zu beantworten: „1. Welche wirtschaftlichen Wirkungen hat die Zugabe von Waren oder Leistungen mit eigenem Gebrauchs- und Verbrauchswert bei dem Verkauf von Waren anderer Art auf a) die Herstellung der Verkaufwaren? b) den Handel (Groß- und Einzelhandel) der Verkaufswaren? c) den Verbraucher der Verkaufswaren? 2. Bei welchen Zugabesystemen überwiegen etwa die volkswirtschaftlich festgestellten Nachteile die anzuerkennenden Vorteile? 3. Empfiehlt der RWR besondere gesetzliche Maßnahmen zur Regelung des Zugabewesens?“503

III. Die Einsetzung des Arbeitsausschusses Beim RWR war für die Anfrage der Reichsregierung der wirtschaftspolitische Ausschuss zuständig. Dieser setzte am 26. Juni 1926 einen Arbeitsausschuss zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens ein. Neben dem Vorsitzenden Otto Schweitzer504 und dem Berichterstatter Arthur Cohn505 gehörten dem Ausschuss noch weitere 16 Mitglieder an.506 In der 503 Schreiben des Reichsjustizministers und des Reichswirtschaftsministers an den vorläufigen Reichswirtschaftsrat vom 5. 6. 1929: BArch, R 401 / 997, Bl. 1 f. 504 Otto Schweitzer (geb. am 13. 6. 1886) war Geschäftsführer des Bundes der technischen Angestellten und Beamten in Berlin und vertrat im RWR die Arneitnehmer der Industrie: Büro des vorläufigen Reichwirtschaftsrates, Der vorläufige Reichswirtschaftsrat 1927 – 1932, S. 317. 505 Arthur Cohn (geb. am 10. 8. 1861) war Syndicus einer Reihe von Industrie- und Großhandelsverbänden (u. a. Präsidialmitglied des Reichsverbandes des deutschen Groß- und Überseehandels) und vertrat im RWR die Arbeitgeber des Handels: Büro des vorläufigen Reichwirtschaftsrates, Der vorläufige Reichswirtschaftsrat 1927 – 1932, S. 302. 506 Von den insgesamt 18 Mitgliedern des Ausschusses stammten jeweils 6 aus den Abteilungen 1, 2 und 3 des RWR und vertraten streng paritätisch sämtliche Bereiche des Wirtschaftslebens. Im Einzelnen handelte es sich um: Friedrich Derlien (Vertreter des selbständigen Handwerks), Abraham Frohwein (Arbeitgebervertreter der Industrie), Dr. Eduard Hamm (Arbeitgebervertreter des Industrie), Arno Kriegsheim (Arbeitgebervertreter der Landwirtschaft), Dr. Joachim Tiburtius (Arbeitgebervertreter des Handels), Friedrich Baltrusch (Arbeitsnehmervertreter der Industrie), Conrad Bruns (Arbeitnehmervertreter der Industrie), Alfred Czieslik (Arbeitnehmervertreter der Industrie), Wilhelm Eggert (Arbeitnehmervertreter

B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates

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konstituierenden Sitzung vom 6. September 1929 legte man fest, bis zum 1. April 1930 zu 10 Sitzungen zusammenzukommen. Weiter beschloss man, zur Beantwortung der an den RWR gerichteten Fragen, Sachverständige zu vernehmen.507 Zu diesem Zweck forderte man sämtliche interessierte Kreise auf, Fachleute für Vernehmungen zu entsenden. Dies waren alle bedeutenden Reichsverbände und Vereinigungen der Industrie, des Handels, des Handwerks, der Konsumvereine, der Verbraucher und der Gewerkschaften.508 Daneben forderte der Arbeitsausschuss in gleicher Weise die Reichstagsfraktionen der Zentrumspartei als auch der Reichspartei des Deutschen Mittelstands auf, die beide zuvor im Reichstag Anträge betreffend das Zugabewesen gestellt hatten. Sämtliche Fachleute sollten in der Lage sein, Auskunft über „die wirtschaftlichen Wirkungen der Zugabe von Waren oder Leistungen mit eigenem Gebrauchswert beim Verkauf von Waren anderer Art“ zu geben. Von Interesse waren diese Wirkungen im Bereich der Produktion, im Großhandel, im Einzelhandel und beim Kauf. Dem Anschreiben an die Körperschaften und Parteien legte der Arbeitsausschuss einen umfänglichen Fragenkatalog bei.509 Die darin enthaltenen Fragen sollten von ihren Sachverständigen bei Darstellung der wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens berücksichtigt und zu den Vernehmungen entsprechend vorbereitet werden.

IV. Der Bericht des Arbeitsausschusses Am 15. April 1930, nach 10-monatigen Beratungen, legte der Arbeitsausschuss seinen „Bericht zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesen“ vor.510 Zuvor hatte er über 60 Sachverständige vernomder Industrie), Heinrich Kreil (Arbeitnehmervertreter des Handwerks), Hugo Bästlein (Vertreter der Verbraucherschaft), Dr. Franz Berthold (Vertreter der Verbraucherschaft), Max Cohen-Reuß (von der Reichsregierung ernannt), Bruno Dölz (Vertreter der Verbraucherschaft), Charlotte Mühsam-Werther (Vertreterin der Hausfrauen) Dr. Leon Zeitlin (Vertreter der deutschen Schriftsteller). 507 Die Vernehmung der Sachverständigen hat in den Sitzungen am 8., 9., 10. Oktober und am 5. November 1929 stattgefunden. 508 Im Einzelnen wurden folgende Körperschaften zur Entsendung von Sachverständigen aufgefordert worden: Reichsverband der Deutschen Industrie, Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Reichsverband des Deutschen Handwerks, Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, Verband der Deutschen Gewerkvereine, Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften, Reichsverband des Deutschen Groß- und Überseehandels, Deutscher Industrie- und Handelstag, Zentralverband Deutscher Konsumvereine, Reichsbund Deutscher Hausfrauenvereine, Reichsbund landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine: Bericht des Arbeitsausschusses zur Vorberatung des Gutachtens über die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens: Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats, Dr. Nr. 367 v. 12. 5. 1930 S. 19. 509 Zum Wortlaut des Fragenkatalogs siehe in der Anlage auf S. 301. 510 Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrats Nr. 367 v. 12. 5. 1930. Im Folgenden wird das Gutachten nur noch mit „Bericht des Arbeitsausschusses“ zitiert.

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men, ihre Angaben und das von ihnen wie auch von der Reichsregierung vorgelegte Material ausgewertet und in einer Vielzahl interner Sitzungen diskutiert.511 Der wirtschaftpolitische Ausschuss stimmte dem Gutachten in seiner Sitzung am 12. Mai 1930 einstimmig zu und übergab es im Namen des RWR der Reichsregierung. Der 17-seitige Bericht bestand im Wesentlichen aus vier Teilen, wobei sich die ersten beiden Teile auf eher allgemeine Informationen beschränkten.512 Der dritte Teil enthielt Angaben zu den internen Ausschussberatungen und gab wieder, welche generellen Haltungen zum Zugabewesen innerhalb des Ausschusses vertreten wurden. Der vierte Teil schließlich war das Herzstück des Gutachtens und enthielt die Empfehlungen, auf die man sich als Antworten auf die von den Reichsministern gestellten Fragen geeinigt hatte. Im Folgenden soll, mit Ausnahme der vom Ausschuss erarbeiteten Definition des Begriffs der „Zugabe“, auf den Inhalt der ersten beiden Teile des Gutachtens nicht näher eingegangen werden. Die Masse der hier wiedergegebenen Informationen deckt sich im Wesentlichen mit an früherer Stelle dieser Arbeit bereits gemacht Angaben. Wichtige Teile der Sachverständigenvernehmungen spiegeln sich zudem in den Haltungen von Teilen der Ausschussmitglieder wieder und sollen bei Gelegenheit ihrer Wiedergabe genannt werden. Die folgenden Ausführungen beschränken sich damit auf die Wiedergabe der internen Ausschussberatungen mit den von Seiten der Ausschussmitglieder geäußerten Haltungen zum Zugabewesen. Ferner soll wiedergegeben werden, wie der Ausschuss die von den Reichsministern aufgeworfenen Fragen beantwortete und welche Empfehlungen er hinsichtlich einer spezialgesetzlichen Regulierung der Zugabenreklame gab.

1. Der Begriff des Zugabewesens Im zweiten Teil seines Gutachtens definierte der Arbeitsausschuss den Begriff der „Zugabe“.513 Hierfür knüpfte er an das Schreiben der beiden Reichsminister vom 5. Juni 1929 an, in dem von der „Zugabe von Waren oder Leistungen mit eigenem Gebrauchs- oder Verbrauchswert beim Verkauf von Waren anderer Art“ ausgegangen worden war. Diese Definition präzisierte der Ausschuss dahingehend, 511 Da die Protokolle der Beratungen des Arbeitsausschusses im Bundesarchiv in Berlin nur noch in Bruchstücken vorhanden sind (hierbei handelt es sich um die Akten BArch, R 401 / 1001 u. 1003), muss im Nachfolgenden auf eine Zusammenfassung dieses Materials verzichtet werden. Ausführlich analysiert wird dafür der Bericht des Arbeitsausschusses, der vielfältige Bezüge zu den Angaben der Sachverständigen enthält. 512 Im ersten Teil wurden Angaben zum Auftrag, zur Organisation sowie zur personellen Besetzung des Arbeitsausschusses als auch zu den beteiligten Sachverständigen gemacht. Der zweite Teil enthielt generelle Informationen zum Zugabewesen. Neben Ausführungen zur Art der Verkaufswaren als auch der Zugabeartikel, dem Umfang, der Erscheinungsformen des Zugabewesens enthielt er eine Gegenüberstellung der Argumente der Befürworter und Gegner der Zugaben. 513 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 2 f.

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dass es gleichgültig sei, „ob die Zugabe sofort beim Kauf der Hauptware oder erst später“ (gegen gesammelte Gutscheine) ausgegeben werde. Entscheidend sei lediglich, dass sie an den Verkauf einer anderen Ware gebunden sei. Damit schließe der Begriff keine Geschenke, Proben oder Reklamegegenstände ein, die unabhängig von einem Verkaufsvorgang gewährt würden.514 Auch wertlose Kleinigkeiten, die ohnehin kaum in Frage gestellt würden, seien von der Definition nicht erfasst, da ihnen der eigene Gebrauchs- oder Verbrauchswert fehle. „Ganz und gar nicht“ wollte der Ausschuss Vergünstigungen in Form von Rabatten als Zugaben verstanden wissen. Zur Begründung gab er an, dass es sich um „einen deutlichen, für den Käufer klar ersichtlichen und meist sogar sofort erlangbaren Abzug von der Kaufsumme“ handele.515 Weniger großzügig war der Arbeitsausschuss, wenn nicht Artikel, sondern Leistungen (auch Dritter) als Zugaben gewährt wurden. Fahrkarten, Theater-, Konzer- und Kinokarten wie auch Fotogutscheine und Lotterielose u.ä. sollten vom Zugabebegriff erfasst sein. Schließlich seien sie an einen Wareneinkauf gebunden. Im Fall wertvoller Verpackungen, in denen die Hauptwaren geliefert wurden, sollte danach unterschieden werden, ob sie einen eigenen Gebrauchswert hatten oder nicht. Geld- und andere Prämien schließlich, die vereinzelten Waren („in jeder hundertsten Packung . . .“) beigefügt waren, wie auch Sonderzuwendungen, für die Auslosungen lotterieähnlicher Art veranstaltet wurden, sollten ebenfalls als Zugabegewährung gelten.

2. Die im Ausschuss vertretenen Grundpositionen Im dritten Teil des Gutachtens wird wiedergegeben, welche generellen Haltungen die Ausschussmitglieder zum Zugabewesen einnahmen, nachdem sie zuvor die Sachverständigen vernommen hatten.516 Wichtig ist, dass es sich hierbei lediglich um ihre grundsätzlichen individuellen Einschätzungen handelte. Weder bezogen sie sich bereits auf die konkreten, von den Ministern aufgeworfenen, Fragen noch spiegelten sie die Meinung des Gesamtausschusses wieder. Deutlich wird aus den Ausführungen, dass unter den Mitgliedern im Wesentlichen zwei, sich gegenüberstehenden Haltungen vertreten wurden. Diejenigen Mit514 Reklamegegenstände, die durch einen Reklameaufdruck als solche zu erkennen waren, waren nach Ansicht des Ausschusses sogar dann keine „Zugaben“, wenn sie nur im Zusammenhang mit dem Kauf einer Hauptware ausgegeben wurden. Man war der Ansicht, dass diese Gegenstände in der Regel einen beschränkten Gebrauchswert hätten und auch unabhängig von der Höhe eines Einkaufs gegeben würden: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 3. 515 Zweifelhaft sei lediglich der Fall, in dem der Abzug in Form zugegebener Waren erfolge. Ein nicht unter den Zugabebegriff fallender Rabatt könne nur in Fällen angenommen werden, in denen die gekaufte Ware und die zugegebene Ware absolut identisch und von derselben Qualität sei. Würden als Rabatt lediglich Waren derselben Art, aber von anderer Qualität gegeben, handele es sich nicht mehr um einen klassischen Rabatt, sondern um eine unter den Zugabebegriff fallende Wertreklame. 516 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 8 f.

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glieder, die dem Einzelhandel und den Genossenschaften nahe standen, schlossen sich zumeist den Auffassungen an, die im Rahmen der Sachverständigenvernehmungen von unbedingten Gegnern des Zugabewesens vertreten worden waren. Sie betrachteten die Zugaben entweder überhaupt nicht als Formen der Reklame oder hielten sie grundsätzlich für unlauter. In letzter Konsequenz folgten sie den Zugabegegnern und unterstützten sie in ihrer Forderung nach einem gesetzlichen Verbot. Andere Ausschussmitglieder hingegen sahen die Zugaben als eine Form der Reklame, die wie die Wort- und Anschauungsreklame unter dem Schutz der Gewerbefreiheit stand. Zwar müsse eingeräumt werden, dass in diesem Bereich Missstände vorhanden seien. Diese rechtfertigten jedoch lediglich ein einzelfallbezogenes Eingreifen, nicht indes ein generelles gesetzliches Verbot. a) Die Argumente der zugabe-kritischen Ausschussmitglieder Die dem Einzelhandel und den Genossenschaften nahestehenden Mitglieder des Arbeitsausschusses begründeten ihren Standpunkt damit, dass die Zugabenreklame ganz grundsätzlich nicht mit dem Wesen des ehrbaren Handels in Einklang zu bringen sei.517 Bei einem ordentlichen Verkaufsvorgang müsse die Aufmerksamkeit des Käufers auf die angebotene Ware gelenkt werden. Mit Hilfe von Anschauungsund Wortreklame würden die Eigenschaften und Besonderheiten, die Qualität und Preiswürdigkeit der Ware hervorgehoben werden. Dies sei jedoch genau das Gegenteil von dem, was sich bei der Zugabenreklame abspiele. Hier werde die Aufmerksamkeit der Käufer von der einzukaufenden Ware auf einen Nebenvorgang – den Zugabeartikel – gelenkt. Durch dieses, für die Preisbemessung fremde Element werde das Publikum irregeführt.518 Besondere Irreführungsgefahren gingen von der Anpreisung sogenannter „Gratiszugaben“ aus. Alle Bemühungen, „gegen diese, den Tatsachen direkt ins Gesicht schlagenden Ankündigungen, vorzugehen“, seien bisher an der unzulänglichen Gesetzeslage gescheitert. Das wertreklamefreundlichen Argument, wonach die Zugabenreklame geeignet sei, herkömmliche Reklameformen zu ersetzen und damit letzten Endes sogar zusätzliche Kaufkraft zu schaffen, wurde von diesen Ausschussmitgliedern zurückgewiesen.519 Sie bestritten die Richtigkeit dieser Behauptung und gaben an, dass die Zugabenreklame die Wort- und Anschauungsreklame in der Praxis nicht ersetze, sondern neben sie trete.520 Dies gelte insbesondere für den Bereich des EinzelBericht des Arbeitsausschusses, S. 8 f. Zudem werde seine Warenkenntnis nicht gefördert. Dies sei um so schlimmer, als es insbesondere die weniger gut situierten Bevölkerungskreise seien, die vorwiegend die mit Zugaben vertriebenen Waren kauften. Gerade für sie sei es wichtig, Waren gut und billig einzukaufen. 519 Mit dieser Argumentation hatten in den vorausgegangen Vernehmungen zugabenfreundliche Sachverständige für die Zugabereklame geworben. 520 Im Rahmen der Sachverständigenvernehmungen war dem Ausschuss eine Fülle Werbematerial (Plakate, Flugblätter und Zeitungsanzeigen) übergeben worden, die dem Bericht 517 518

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handels, wo viele bereits mit Zugaben gewährten Waren zusätzlich „in Zeitungen, an Anschlagsäulen und auf Flugzetteln“ beworben würden. Damit würde der Gesamtreklameaufwand nicht verringert, sondern letzten Endes noch erhöht.521 Von zusätzlicher Kaufkraft könne somit keine Rede sein. Ihre Forderung nach einem gesetzlichen Verbot des Zugabewesens begründeten die betreffenden Ausschussmitglieder damit, dass andernfalls eine weitere Verschärfung der ohnehin angespannten Situation des Einzelhandels erwartet werden müsse. Werde nicht bereits in naher Zukunft ein Zugabeverbot erlassen, sähe sich eine Reihe von Firmen, die von der Zugabenreklame bisher noch keinen Gebrauch gemacht hätten, gezwungen, ebenfalls zur Zugabenreklame überzugehen.522 Es werde nicht lange dauern und die Unternehmen würden versuchen, sich mit Hilfe immer teuerer Zugaben gegenseitig zu übertrumpfen. Die Hauptwaren würden dabei zunehmend in den Hintergrund treten und damit fast zwangsläufig an Qualität verlieren. Als weiterer Effekt sei zu erwarten, dass die Zugabenreklame aufgrund der steigenden Kosten für kleinere und mittlere Unternehmen bald nicht mehr erschwinglich sei. Letztendlich werde hierdurch die Konzentration in Produktion und Handel noch mehr gefördert und damit den mittelständischen Unternehmen das Leben erschwert. b) Die Argumente der das Zugabewesen anerkennenden Ausschussmitglieder Die dem Zugabewesen nicht von vornherein ablehnend gegenüberstehenden Ausschussmitglieder waren der grundsätzlichen Auffassung, dass es sich beim Zugabewesen um eine von der Gewerbe- und damit auch der Reklamefreiheit gedeckte Reklameart handele.523 Zwar müsse eingeräumt werden, dass es im Zusammenhang mit den Zugaben immer wieder zu Missständen komme. Derartige Auswüchse seien jedoch auch bei anderen Reklamearten wie der Wort- und Anschauungsreklame zu beobachten. Letztendlich liege es „im Wesen der Reklame, zu zufolge bewiesen, „dass die Wort- und Anschauungsreklame für die beim Einkauf anderer Waren gewährte Zugabe eine große Rolle spielt.“ Hinzu kamen „Photographien von Schaufenstern, in denen die Zugabeartikel stark in den Vordergrund treten, so dass die eigentliche Verkaufsware zurücktritt und manchmal nahezu verdeckt wird.“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 6. 521 Zugabenfeindliche Sachverständige hatten angeben, dass die Preise von mit Zugaben vertriebenen Waren höher seien als ohne die Zugaben. Zum Beleg dieser Behauptung hatten sie auch Material vorgelegt. So wurde „von dem Syndikus eines Einzelhandelsverbandes auf Grund der Originalrechnungen einer mit Zugaben arbeitenden Firma nachgewiesen, dass der Preis für ein Kaffee-Ersatzmittel in loser Ware 18 Rpf., in Paketen verpackt 32 Rpf. und mit Zugaben versehen 37 Rpf betrug. Der Sachverständige gab an, dass es sich bei der in Paketen verkauften Ware um die gleiche Qualität wie bei der losen Ware handle.“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 7. 522 Sie seien andernfalls nicht in der Lage, „der meist marktschreierisch auftretenden und anreißerisch wirkenden Zugabenreklame“ anderer Unternehmen zu begegnen. 523 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 9 f.

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übertreiben und drastisch zu sein“. Dies rechtfertige aber keinesfalls ein einseitiges Eingreifen des Gesetzgebers zu lasten der Zugabenreklame. Gegen ein Verbot des Zugabewesens spreche zudem, dass die Zugabenreklame ein Mittel zur Erhaltung kleiner und mittelständischer Betriebe sei. Für sie habe die Zugabenreklame den Vorteil, dass „die Verabfolgung der Zugabe mit dem Verkauf von Ware verbunden sei, die Reklameaufwendung daher im Gegensatz zur Anschauungsreklame, einen dem Reklameaufwand entsprechenden Absatz sichere“. Die Ausgaben für die Reklame ständen in diesem Fall in einem festen Verhältnis zum Warenumsatz. Bei der Anschauungsreklame hingegen sei der Erfolg keinesfalls sicher. Ungeachtet hiervon sei sie für kleine und mittlere Händler ohnehin oftmals zu kostspielig.524 Gegen ein gesetzliches Zugabeverbot spreche ferner, dass Zugaben „zusätzliche Kaufkraft und Mehrproduktion“ bedeuteten. Zugabenreklame könne zumindest in Teilen die Anschauungsreklame ersetzen.525 Der ehemals für die herkömmliche Reklame ausgegebene Betrag könne – ohne Qualitätsverschlechterungen und Preiserhöhungen der Hauptware nach sich zu ziehen – den Käufern in Form von Zugabeartikeln zugute kommen.526 Unbeachtet bleiben dürfte in diesem Zusammenhang auch nicht die Zugabeartikel herstellende Industrie, in der Tausende von Arbeitnehmern lediglich mit der Anfertigung von Zugabeartikeln beschäftigt seien. Es könne zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass

524 In den Sachverständigenvernehmungen hatte neben anderen ein Schuhcremefabrikant aus Süddeutschland berichtet, „dass er ( . . . ) den Versuch gemacht habe, seine Ware im Konkurrenzkampf gegen kapitalstarke Firmen durch Zeitungsreklame einzuführen. Er habe dafür 160 000 RM ausgegeben, sich aber trotz dieser Summe auf einen Teil der in Betracht kommenden Zeitungen beschränken müssen. Die Wirkung dieser Reklame sei gleich null gewesen, und da ihm das Geld ausgegangen sei, habe er sich entschlossen, hauptsächlich Wertreklame zu treiben, die ihm Erfolg gebracht habe“. Ein Nährmittelfabrikant aus Mitteldeutschland, der ähnliche Erfahrungen gemacht hatte, gab an, „dass in seiner Branche „Zugabenreklame das einzige Mittel sei, den großen Konzernen, die mit einer großzügigen, kostspieligen, immer wiederkehrenden Anschauungsreklame dem Verbraucher seit Jahren die Vorliebe für bestimmte Marken eingehämmert hätten, überhaupt standzuhalten.“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 5. 525 Eine Reihe zugabenfreundlicher Sachverständiger hatte Beispiele aus ihren Unternehmen für die Richtigkeit dieser Behauptung angeführt. Beispiel 1: „So hat ein Lebensmittelhändler aus dem Westen angeführt, dass er bis 1926 / 27 nur Anschauungsreklame betrieben habe, dann aber zur Wertreklame übergangen sei. Er inseriere auch jetzt noch dann und wann in den Zeitungen, aber sehr viel weniger. Seine Wort- und Anschauungsreklame betrage etwa 40 – 50% des früheren Satzes; für 50 – 60% der früheren Gesamtreklameausgaben gewähre er jetzt Zugaben.“ Beispiel 2: „Ein Margarinefabrikant hat dargelegt, das die meisten Wertreklame treibenden Margarinefabrikanten kaum noch Geld in Anschauungsreklame ausgäben; in der Regel bestehe ihre Anschauungsreklame in der Verbreitung kleiner Flugblätter, die der Margarine beigefügt würden. Diese Werbezettel in Form von Flugblättern kosteten aber nur 1,40 bis 1,50 je 1000 Stück.“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 4. 526 In welchem Umfang die Wertreklame die Wort- und Anschauungsreklame ersetzen und damit zusätzliche Kaufkraft schaffen könnte, sei natürlich nicht vorauszusagen. Um dieses festzustellen, „müsste die Bilanz jedes mit Zugaben arbeitenden Unternehmens geprüft werden“.

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„ein Teil dieser Arbeiter aufgrund zusätzlicher Produktionsmöglichkeiten arbeite und seine Beschäftigung verlöre, wenn ein gänzliches Zugabeverbot erfolge“.527 Schließlich wandte sich dieser Teil der Ausschussmitglieder noch gegen eine Reihe weiterer, zuvor von Seiten zugabefeindlicher Sachverständiger gegen die Zugaben ins Feld geführter Argumente. So war zum Teil behauptet worden, das Zugabewesen ziehe Preiserhöhungen und Qualitätsverschlechterungen bei den Hauptwaren nach sich. Außerdem binde es die Konsumenten an bestimmte Verkäufer und sorge für unwirtschaftlichen Mehrkonsum. Die das Zugabewesen als Reklameform anerkennen Ausschussmitglieder entgegneten hierauf, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es in Fällen, in denen Zugabenreklame und Wort- und Anschauungsreklame gemeinsam stark angewendet würden, verhältnismäßig hohe Werbekosten entstehen und damit letztlich auch erhöhte Preise für die Hauptwaren verlangt würden. Dies allein könne jedoch kein Argument für ein Verbot des Zugabewesens sein. In Deutschland gebe es schließlich keine Vorschriften über die Höhe von Preisen. Letztlich sei es Sache der Verbraucher, nicht zu teuer einzukaufen. Weiterhin bestehe durch die Zugabenreklame auch nicht die Gefahr einer stetigen Qualitätsverschlechterung. Die Vernehmungen hätten zu Tage gebracht, dass die Verbraucher keineswegs derartig geringe Warenkenntnisse (insbesondere bei Waren des täglichen Bedarfs) hätten. Damit sei es letzten Endes auch nicht möglich, ihnen minderwertige Waren „anzudrehen“. Derartige Produkte könnten sich auf Dauer nicht am Markt behaupten.528 Ganz grundsätzlich sei zudem zu beachten, dass der Gefahr von Preiserhöhungen als auch von Qualitätsverschlechterungen vom Gesetzgeber nicht mit den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb begegnet werden könne. Zum einen müsse „in den Methoden und Formen der Anpreisung“ die größte Frei527 Auf die Möglichkeit zusätzlicher Produktionsmöglichkeiten war im Rahmen der Sachverständigenvernehmungen insbesondere von Vertretern der Nürnberger Industrie, der Glasund Porzellanindustrie als auch des Druckereigewerbes hingewiesen worden. Der Vertreter der Nürnberger Industrie hatte etwa angegeben, dass äußerst billige Spielwaren, die im regulären Verkauf nicht mehr verlangt würden, zu Tausenden als Zugabeartikel gekauft würden. Diese stellten damit „einen rein zusätzlichen Absatz“ daher. Ein Vertreter der Glas- und Porzellanindustrie wies darauf hin, dass viele Frauen gewisse Zugabeartikel, „wenn sie diese Ware nicht als Zugabe erhielten, sie im freien Handel keineswegs kaufen würden“. Auch diese Artikel seien zusätzlicher Absatz. Von Seiten des Druckereigewerbes wurde darauf hingewiesen, dass „die bekannten kleinen Bildchen, die mancherlei Waren, besonders aber Zigaretten beigefügt würden, im regulären Verkauf überhaupt nicht absatzfähig seien ( . . . ).“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 5 f. 528 In den vorausgegangenen Sachverständigenvernehmungen hatte ein Seifenfabrikant aus Süddeutschland angegeben, dass bei ihm „einmal die Rohmaterialien nicht fehlerfrei gewesen seien und die fertigen Seifen daher 2 – 3 Wochen lang schlechter ausgefallen seien. Dadurch sei der Absatz sofort zurückgegangen und erst später, nach Ausmerzung dieser nicht sofort bemerkten Fehlers wieder gestiegen“. Ein Lebensmittelhändler hatte berichtet, „dass er den Versuch gemacht habe, eine neue, etwas geringere Qualität in Mehl und Margarine einzuführen. Der Versuch sei trotz der Zugaben misslungen und musste aufgegeben werden.“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 5.

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heit herrschen, „gleichviel, ob einige dieser Formen für Mitbewerber unbequem, unsympathisch oder schädigend seien“. Zum anderen habe das UWG nicht den Zweck, das kaufende Publikum zu schützen, sonder solle vielmehr den reellen vor dem unlauteren Wettbewerb verteidigen. Einzuräumen sei hingegen der von der Gegenseite vorgebrachte Umstand, dass Zugabereklame als eine Art Dauerreklame geeignet sei, Käufer an bestimmte Verkäufer oder Firmen zu binden. Diese Wirkung sei jedoch Ziel aller Reklameformen und gelte in gleicher Weise für Ausverkäufe, „weiße Wochen“, sonstige Sonderangebote, Schaufensterdekorationen u.ä.. Vom gewerblichen Standpunkt sei dieses Streben auch nicht in Frage zu stellen. Wiederum sei es dem Publikum überlassen, zu entscheiden, wie weit es gehen wolle. Der Grundsatz der Gewerbefreiheit erlaube es dem Gesetzgeber nicht, diese Vorgänge zu regulieren. Letztlich sei durch die Zugabenwerbung auch kein unwirtschaftlicher Mehrkonsum von Waren zu erwarten. Es erscheine abwegig zu behaupten, dass sich das Publikum auf Dauer zur Anschaffung von Waren verleiten ließe, für die eigentlich kein Bedarf bestehe. Einzig in einem Punkt war sich dieser Teil der Ausschussmitglieder mit den generellen Zugabegegnern einig. Auch sie hielten „Gratisankündigungen“ von Zugaben für wahrheitswidrig. Es könne nicht bestritten werden, dass Zugaben wie jede andere Reklame in die Preise einkalkuliert werden müssten. Deshalb seien Zugabeaktionen, bei denen mit Hilfe von Wort- und / oder Anschauungsreklamen angekündigt werde, dass die neben der Hauptware gewährte Zugabe „gratis“ verabfolgt werde, unlauter. Diese Erscheinungsform der Zugabereklame sei insoweit mit allen Mitteln des Gesetzes zu unterbinden.

3. Die Stellungnahme zu den von der Reichsregierung aufgeworfenen Fragen Nachdem die Ausschussmitglieder Gelegenheit bekommen hatten, ihre generelle Haltung zum Zugabewesen zum Ausdruck zu bringen, ging es im weiteren Verlauf der Beratungen um eine Stellungnahme zu den von den Reichsministern aufgeworfenen Fragen. Die Formulierung einheitlicher, von allen Ausschussmitgliedern tragbaren Antworten, erwies sich wegen der im Gremium vertretenen, äußerst konträren Standpunkte als problematisch. Deutlich wurde dies insbesondere im Rahmen der Beantwortung der ersten beiden Fragen. Beide Stellungnahmen fielen wenig strukturiert aus und waren von nur geringem Umfang wie auch mäßiger Aussagekraft. Erst bei Bearbeitung der dritten (und im Zweifel wichtigsten) Frage kam es unter den Mitgliedern zu einer deutlichen Annäherung. Dies ermöglichte die Abfassung einer deutlichen Empfehlung an die Reichsregierung. Im Kern entschied sich der Ausschuss für ein Missbrauchsprinzip und gegen ein Verbotsprinzip.529 Er empfahl, das Zugabewesen auch weiterhin als Unterform der Reklame zu billigen und lediglich einige wenige, unzweifelhaft schädliche Erscheinungsfor-

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men spezialgesetzlich zu verbieten bzw. zunächst noch zu beobachten. Ferner empfahl er, den Verwendern von Zugabenreklamen aufzugeben, den Wert ihrer Zugaben offenzulegen und auf Verlangen der Käufer anstelle der Zugabe einen entsprechenden Betrag in bar auszuzahlen. a) Frage 1: Welche wirtschaftlichen Wirkungen haben Zugaben auf Herstellung, Handel und Verbraucher von Verkaufswaren? Bei Beantwortung der Frage nach dem Einfluss der Zugaben auf die Produktion unterschied der Arbeitsausschuss zwischen dem Einfluss der Zugaben auf die Herstellungsmenge und auf die Herstellungsqualität der Hauptwaren.530 Mit Blick auf die Menge kam er zu dem Ergebnis, dass Zugaben keinen Einfluss auf die mengenmäßige Herstellung von Verkaufswaren hätten. Zwar könne ein stärkerer Verbrauch und damit eine vermehrten Produktion infolge des Reizes, der von den Zugaben ausgehe, nicht ausgeschlossen werden. Letztlich halte man diese Möglichkeit jedoch für gering. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Ausschuss auch hinsichtlich des Einflusses der Zugaben auf die Qualität der Verkaufswaren. Auch in diesem Fall hielt man die Gefahr einer Qualitätsverschlechterung nicht für groß. Diese Einschätzung gelte jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sich das Zugabewesen weiter in der bereits üblichen Weise vollziehe. Anders lägen die Dinge hingegen, wenn „bei einer Überhandnahme des Zugabewesens auch die Firmen, die bisher Zugaben nicht gegeben haben, dazu übergehen, sich ihrer zu bedienen“.531 In diesem Fall müsse damit gerechnet werden, dass kapitalkräftigere Unternehmen zunehmend kostbarere Zugaben gewährten und damit die Verkaufswaren weiter in den Hintergrund träten. Derartige Zugaben könnten für eine zunehmende Ablenkung von den Verkaufswaren und im Ergebnis für einen Qualitätsrückgang sorgen. Insgesamt müsse bei diesen Bedenken jedoch berücksichtigt werden, dass auch die Wort- oder Anschauungsreklamen, im Fall ihrer massiven Zunahme, geeignet seien, von den Hauptwaren abzulenken.532 Im Folgenden widmete sich der Ausschuss der Frage nach dem Einfluss des Zugabewesens auf den Reklameumfang von Produzenten und Händlern.533 Er kam zu dem Ergebnis, dass sich allgemeingültige Aussagen über eine Vergrößerung des Gesamtreklameetats nicht treffen ließen. Die Reklameetats seien zum Teil kleiner 529 Vgl.: Paleczek, Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechsprechung über das Zugabewesen, S. 45. 530 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 11. 531 Die zugabenkritischen Ausschussmitglieder hatten zuvor angegeben, dass die Qualität der Hauptwaren unter dem Einfluss der Zugaben im Laufe der Zeit verschlechtern müssten, weil durch das Zugabewesen eine Ablenkung von der Hauptware stattfinde. 532 Es sei ein allgemeines Phänomen der Reklame, dass mit zunehmenden, für den Absatz der Verkaufswaren aufgewendeten Geschäftsspesen auch die Möglichkeit einer Qualitätsverschlechterung oder einer Preissteigerung ansteige. 533 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 12.

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und zum Teil größer geworden, die Entwicklung sei von Fall zu Fall verschieden. Einzig hinsichtlich des Lebensmittelgroßhandels ließen sich allgemeingültige Aussagen treffen.534 Hier seien die Reklamespesen unter der Zugabenwerbung etwas größer als früher, hätten insgesamt jedoch auf die Preisstellung für die Verkaufswaren kaum Einfluss. Als weitere, eher allgemeine, wirtschaftliche Wirkung des Zugabewesens hielt der Arbeitsausschuss fest, dass sich sowohl in der Produktion als auch im Handel weniger kapitalkräftige Firmen besser behaupten könnten.535 Sachverständige hatten in Vernehmungen angegeben, das die Zugabengewährung für kleinere und mittlere Betriebe oftmals das einzige Mittel seien, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten.536 Wort- und Anschauungsreklame sei für diese Betriebe regelmäßig zu kostspielig und ständen im unterschied zur Wertreklame nicht in einem festen Verhältnis zum Absatz. Bei der Wertreklame hingegen träfen Reklameausgabe und Warenabsatz zusammen. Richtig sei auch, dass dem Fachhandel der Absatz eines Teils jener Artikel entzogen würde, die als Zugaben an die Verbraucher ausgegeben würden. Diese Feststellungen seien zwar nicht erfreulich, dürften in ihrer „allgemein wirtschaftlichen Bedeutung“ jedoch nicht überschätzt werden. Abschließend widmete sich der Ausschuss der Frage der Wirkungen das Zugabewesens auf die Produzenten von Zugabeartikeln.537 Hier stellte er zunächst fest, dass es vor allem die Porzellan-, Glas-, Metall- und Aluminiumindustrie (die sämtlich Gegenstände des kleinen Hausrats herstellen), Teile der Gummi- und Lederwarenindustrie und fast die ganze „Nürnberger Industrie“ sei, die sehr stark am Zugabewesen interessiert sei. Bei ihnen komme es durch die Zugabenreklame zu einer zusätzlichen Produktion. Dies gelte jedoch nur für diejenigen Fälle, in denen die Zugabenreklame an die Stelle der Wort- und Anschauungsreklame trete.538

534 In dieser Branche seien vor dem Umsichgreifen des Zugabewesen Reklamen kaum erforderlich gewesen: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 12. 535 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 12 536 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 5. Sie hatten auch angegeben, dass in den Branchen, in denen die Wertreklame hauptsächlich vorzufinden sei, verhältnismäßig wenige, sehr kapitalkräftige Firmen den größten Teil des Marktes beherrschten. Sie betrieben jedoch so gut wie keine Wertreklame. 537 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 12. 538 „In diesem Fall kann von einer zusätzlichen Warenaufnahme beim Konsumenten und dadurch von einer zusätzlichen Produktionsmöglichkeit beim Produzenten ohne Zweifel gesprochen werden, während es sich sonst natürlich nur um eine innere Verschiebung bei der Warenherstellung handelt; denn vermutlich würden im letzteren Falle die Zugabewaren entweder von den betreffenden Industrien doch abgesetzt werden, oder sie würden andere Waren ihres Produktionsgebietes verkaufen.“: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 12.

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b) Frage 2: Bei welchen Zugabesystemen überwiegen die volkswirtschaftlich festgestellten Nachteile die anzuerkennenden Vorteile? Die Antwort auf diese Frage hielt der Arbeitsausschuss sehr kurz.539 Er gab an, dass nach der zuvor gemeinsam erarbeiteten Definition des Zugabewesens von „verschiedenen Zugabesystemen“ nicht die Rede sein könne. Zugaben würden entweder bereits bei Verkauf der Hauptware oder später gegen Ablieferung der den Verkaufswaren beigefügten Gutscheine ausgegeben. Rabatte hingegen gehörten überhaupt nicht zu den Zugaben. Die Vor- und Nachteile des Zugabewesens seien bereits in der Antwort 1 angedeutet worden und würden in Antwort 3 weiter ausgeführt. c) Frage 3: Empfiehlt der RWR besondere gesetzliche Maßnahmen zur Regelung des Zugabewesens? Die dritte Frage der Reichsminister beantwortete der Arbeitsausschuss besonders eingehend.540 Im Unterschied zu den Antworten auf die Fragen 1 und 2 gelang es den Mitgliedern in diesem Fall, mit einer Stimme zu sprechen und eine einheitliche Empfehlung hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung des Zugabewesens abzugeben. Möglich wurde dies, weil es bei Bearbeitung dieser Frage unter den Mitgliedern des Ausschusses zu einer „starken Annäherung“ gekommen war.541 Einleitend stellte der Arbeitsausschuss fest, dass für die große Mehrzahl seiner Mitglieder ein radikales Verbot des Zugabewesens nicht in Frage käme. Man sei der Auffassung, dass „ein Eingreifen der Gewerbegesetzgebung zum Zwecke der Ausschließung einer einzelnen und von weiten Kreisen angewandten Reklamemethode nur dann möglich wäre, wenn ihre Unlauterkeit oder ihre durchgängige Schädlichkeit einwandfrei hätte nachgewiesen werden können“. An dieser Voraussetzung fehle es jedoch nach Überzeugung der großen Mehrzahl der Mitglieder. Sie seien nicht der Auffassung, dass die Zugabenreklame ohne weiteres als eine unlautere Angelegenheit anzusehen sei. Weiter gab der Ausschuss an, dass es nicht gelungen sei, „klar und einwandfrei jene Fälle festzustellen, in denen die mit der Zugabenreklame unter Umständen verbundene nützliche Wirkung, nämlich zusätzlicher Kaufkraft und Produktionsmöglichkeit, nicht erreicht wird ( . . . )“. Im Ergebnis sei daher zu empfehlen, unter prinzipieller Duldung der Zugaben nur ihre missBericht des Arbeitsschusses, S. 12. Bericht des Arbeitsausschusses, S. 12 f. 541 Im Bericht wird diese Entwicklung zum Ende der Tätigkeit des Ausschusses damit begründet, „dass der Arbeitsausschuss von dem Gesichtspunkt ausging, dass es sich bei seiner Tätigkeit in der Hauptsache nicht darum handeln könne, eine theoretische Untersuchung vorzunehmen, in der alle für und wider das Zugabewesen sprechenden Faktoren zusammenzustellen seien, sondern dass es darauf ankomme, die praktische Bedeutung dieser Reklamemethode zu erkennen und etwa vorhandene grobe Missstände zu beseitigen“. 539 540

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bräuchliche Nutzung zu unterbinden. Letztlich komme es, wie „bei dem ganzen Fragenkomplex der Warenanpreisung überhaupt“ darauf an, im einzelnen Fall die Unlauterkeit festzustellen.542 Zur weiteren Begründung der Favorisierung eines Missbrauchsprinzips erklärte der Ausschuss, dass für ein gänzliches Verbot der Zugaben eine scharfe und eindeutige Abgrenzung des Begriffs der Zugabe unerlässlich wäre. Andernfalls müsse damit gerechnet werden, dass sich das Verbot leicht umgehen ließe. In diesem Zusammenhang verwies der Ausschuss etwa auf die sogenannten „Kombinationskäufe“.543 Derartige Erscheinungen könnten letzten Endes nur durch stark regulierende Eingriffe in den gewerblichen Wettbewerb unterbunden werden.544 Man vertrete jedoch den Standpunkt, dass gesetzliche Regulierungsversuche im Bereich des gewerblichen Wettbewerbs aufs Nötigste beschränkt bleiben müssten. Hiernach machte der Ausschuss Angaben dazu, in welchen Bereichen des Wirtschaftslebens sich missbräuchliche Erscheinungsformen des Zugabewesens häuften, und um welche Praktiken es sich im Einzelnen handelte. Er erklärte, dass Missbräuche vor allem im Einzelhandel („auf der letzten Absatzstufe, beim Kampf um den Kunden“) zu beobachten seien.545 Im Unterschied zu Bereichen, „wo, unter Ersparung sonst für andere Reklamearten ausgegebener Summen“ Zugaben gewährt würden, triebe ein ganzer Teil der Einzelhändler eine umfangreiche eigene Zugabenreklame und preise diese wiederum mittels der Wort- und Anschauungsreklame an. Es sei vorrangig dieser Bereich, in dem sich Klagen über das Zugabewesen häuften.546

542 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 17. Wie Paleczek ganz richtig bemerkte, enthielt dieser Satz eine wichtige Empfehlung für eine gesetzliche Regelung: „Für ein Missbrauchsprinzip, gegen ein Verbotsprinzip.“: Paleczek, S. 45. Der spätere Gesetzgeber sollte sich hieran jedoch nicht halten. 543 Ein Kombinationskauf sollte vorliegen, wenn beim Einkauf einer Ware eine zweite zu besonders niedrigem Preis abgegeben würde: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 13. 544 Paleczek gibt an, der RWR habe mit dieser Anmerkung „die spätere Entwicklung des Zugabewesens geradezu prophetisch vorausgesagt.“: S. 45. 545 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 13. 546 Zur Erklärung für das Auftreten dieser Erscheinungsformen der Zugaben als auch für den Unmut ihrer Gegner verwies der Ausschuss darauf, dass sich im Einzelhandel seit geraumer Zeit der Wettbewerb außerordentlich zugespitzt habe. Im Zuge dieser Entwicklung sei es letztlich zu einer „Verwilderung des Wettbewerbskampfes“ gekommen. Gleichzeitig zeigten sich eine Reihe von Mitbewerbern, die sich nicht der Zugabenreklame bedienten, in Zeiten des raueren Wettbewerbs besonders sensibel. Für die Zuspitzung des Wettbewerbs im Einzelhandel führte der Ausschuss folgende Gründe an: Seit Jahrhundertwende Ausbreitung der Warenhäuser und damit Zunahme der Kapitalkonzentration; daneben Entstehung zahlreicher Filialunternehmen und Versandgeschäfte, die beide unter der Parole billigen Wareneinkaufs und ebensolchen Verkaufs riesige Warenmengen abzusetzen hätten; ferner Anwachsen der Konsumgenossenschaften, die ebenfalls dem selbständigen Einzelhandel das Leben schwerer machten; weitere Verschärfung dieser Situation durch den Krieg und die durch seine Folgen herbeigeführte überaus schwierige Wirtschaftslage. Kleine und mittlere Einzelhändler in Folge dieser Entwicklung kaum noch eine Chance: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 13.

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Den deutlichsten Missbrauch im Bereich der Zugabenreklame erkannte der Ausschuss in den sogenannten „Gratiszugaben“. Unter den Mitgliedern bestand Einhelligkeit, dass in diesen Fällen ein Einschreiten des Gesetzgebers unumgänglich sei. Entscheidend sei dabei, dass die Aufwendungen für Zugaben „Geschäftsspesen“ seien und bei der Festsetzung der Preise der Hauptwaren mit berücksichtigt werden müssten. Die Behauptung, Zugaben könnten „gratis“ gewährt werden, sei wahrheitswidrig und damit eine „Vorspiegelung falscher Tatsachen“. Ohne Bedeutung sei letztlich auch, ob die Waren zum ortsüblichen Preis verkauft würden oder nicht. Ein gesetzgeberisches Tätigwerden sei erforderlich, weil sich die vorhandenen gesetzlichen Mittel in der gerichtlichen Praxis als ungeeignet erwiesen hätten. Die Rechtsprechung habe gezeigt, dass die Vorschriften des UWG nur „rein formal begrifflich“ geeignet seien, gegen diese Missbräuche des Zugabewesens Abhilfe zu leisten. In den in der Praxis meist sehr kompliziert liegenden Fällen hingegen sei es mit ihrer Hilfe jedoch nicht möglich, gegen die Auswüchse „praktisch-gerichtlich“ vorzugehen.547 Im Ergebnis empfahl der Ausschuss, in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ein Verbot das Gratisankündigungen aufzunehmen. Dieses solle einschränkungslos gelten und müsse so eindeutig sein, dass auch solche Ankündigungen, die den Eindruck der Unentgeltlichkeit erweckten, erfasst würden. Sinnvoll erscheine es, für eine solche Regelung einen neuen gesetzlichen Tatbestand im Wettbewerbsgesetz zu schaffen. Er regte an, dem § 6 UWG einen neuen § 5 a UWG voranzustellen, der die Ankündigung von „Gratisankündigungen“ schlichtweg verbiete.548 Eine derartige Regelung sei geeignet, „eine gute Handhabe zur schnellen und wirksamen Verfolgung der meisten beim Zugabewesen in Erscheinung tretenden Missstände“ zu liefern.549 Zwar nicht mit derselben Geschlossenheit wie im Fall des Verbots der „Gratisankündigungen“, aber im Ergebnis dennoch mit einer deutlichen Mehrheit seiner Mitglieder, machte der Arbeitsausschuss noch einen weiteren Vorschlag zur gesetzlichen Regelung des Zugabewesens.550 So regte man an, sämtliche Zugaben gewährende Geschäfte zu verpflichten, „auf Verlangen des Käufers an Stelle der gegenständlichen Zugabe einen festen, von vornherein ziffernmäßig zu bezeichnenden, Barbetrag zur Auszahlung zu bringen“. Eine solche Regelung erscheine 547 Im Einzelnen gab der Ausschuss an, dass bei § 1 UWG als auch bei § 826 BGB die Schwierigkeit darin liege, einen eindeutigen Verstoß gegen die guten Sitten festzustellen. Weiter, und dies gelte auch für § 3 UWG, seien diese Vorschriften nur bedingt tauglich, weil sie einen Antragsteller erforderten, der bereit sei, einen Zivilprozess zu führen: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 15 f. 548 Diese Stelle im UWG bot sich nach Meinung des Ausschusses an, weil die §§ 6 – 9 bereits eine Reihe kasuistischer Bestimmung über das Ausverkaufswesen enthielten: Bericht des Arbeitsausschusses, S. 16. 549 Gleichzeitig mache sie eine Umsetzung der im Reichstag von Seiten der Wirtschaftspartei als auch der Zentrumspartei gestellten Gesetzesanträge überflüssig. 550 Bericht des Arbeitsausschusses, S. 16.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

sinnvoll, weil die Konsumenten oftmals über den Wert der Zugaben im Unklaren gelassen würden.551 Zwinge man die Händler hingegen, ihren Kunden die Wahl zwischen der Zugabeware und einem bezifferten Barbetrag zu lassen, werde Klarheit darüber geschaffen, was an Nebenleistungen wirklich gewährt werde. Es werde eine feste Berechnung der Wertverhältnisse ermöglicht und damit die Täuschungsmöglichkeit beseitigt. Letztendlich werde damit „die dem Zugabewesen innewohnende Unklarheit ( . . . ) vermindert und eine Offenheit geschaffen (auch der Kalkulation), die für den Verkäufer wie für den Käufer erzieherisch wirke“.552 Wichtig sei die Formulierung einer klaren und leicht erfassbaren Regelung.553 Abschließend ging der Arbeitsausschuss noch auf drei weitere Erscheinungen im Bereich des Zugabewesens ein, die von Seiten verschiedener Sachverständiger im Rahmen ihrer Stellungnahmen als auch einiger Ausschussmitglieder für missbräuchlich und regelungsbedürftig erklärt worden waren. Hierbei handelte es sich zum Einen um den Fall, dass Zugaben an eine zu große Zahl von Gutscheinen gebunden wurden und zum Zweiten, dass eine Einlösung gesammelter Gutscheine innerhalb zu kurz bemessener Fristen vorgeschrieben war. Die dritte in Frage gestellte Erscheinungsform betraf Zugaben, die an lotterieartige Veranstaltungen gebunden waren und in denen die Zugabeware nur bedingt herausgegeben wurde. In den beiden erstgenannten Fällen kamen die Ausschussmitglieder zu dem Ergebnis, dass kein Regelungsbedarf bestehe. Zwar sei richtig, dass beide geschilderten Erscheinungsformen zu beobachten seien. Letztlich gelte jedoch für beide Fälle, dass die Kunden immer die Möglichkeit hätten, sich weniger wertvolle Zugabewaren aushändigen zu lassen. Hierdurch sei es letztlich ihnen überlassen, bereits bei Ablieferung von weniger Gutscheinen bzw. auch innerhalb längerer Fristen an Zugaben zu kommen.554 Betreffend die lotterieartigen Zugabereklamen

551 Außerdem kämen die Kunden im Falles des Verlustes der Gutscheine gar nicht in den Genuss der Zugabewaren. 552 Die diesen Vorschlag ablehnenden Ausschussmitglieder hatten erklärt, dass die oftmals vorhandenen Unklarheiten über die Wertverhältnisse keinesfalls ein Einschreiten des Gesetzgebers rechtfertigten. Dies dürfe nur im Fall grober Missstände geschehen. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, dass das Zugabe- als auch Rabattwesen durch eine solche Regelung nicht gemindert, sondern vermutlich noch gefördert würde: Bericht des Arbeitsausschusses S. 17. Paleczek gibt an, dass die zuletzt genannte Befürchtung durch die spätere Entwicklung der Rechtsprechung bestätigt worden sei: Die volkswirtschaftliche Problematik in der Gesetzgebung und in der Rechsprechung über das Zugabewesen, S. 46. 553 Aus diesem Grund solle den Händlern auch nicht vorgegeben werden, wie sie die Barbeträge ihrer Zugabewaren (Ansetzung des Barbetrages nach der Höhe des Verkaufswertes oder nach der Höhe des Einkaufswertes der Zugabeware) zu berechnen hätten. Entscheidend sei allein, das seine Höhe von vornherein ziffernmäßig bezeichnet werden müsse. 554 Unbeschadet dieser Feststellung empfahl der Arbeitsausschuss der Reichsregierung zu erwägen, die Justizverwaltungen der Länder die jeweilig in Betracht kommenden behördlichen Instanzen auf die geschilderten Fälle als auch auf die Möglichkeit der Anwendung der Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes aufmerksam machen zu lassen.

B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates

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gab der Ausschuss schließlich an, dass sich ihre Erscheinung tatsächlich häufe und man sich nicht sicher sei, ob die vorhandenen Strafvorschriften (§ 286 StGB) ausreichend seien. Der Reichsregierung wurde deshalb empfohlen, eine Überprüfung vorzunehmen, ob eine Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Verhütung der Erregung von Spielleidenschaft angebracht sei.

V. Die Reaktion auf das Gutachten von Seiten der an der Zugabefrage interessierten Kreise 1. Die Reaktionen von Seiten der Zugabegegner Obwohl die internen Beratungen des Arbeitsausschusses wegen der großen Anteilnahme der Öffentlichkeit an der Zugabenfrage und damit letztlich zum Ausschluss von externen Einflussnahmen für strengstens geheim erklärt worden waren, sickerten bereits vor Beendigung der Arbeit wichtige Eckpunkte des Gutachtens an die Öffentlichkeit durch. Bereits mit Bekantwerden dieser Punkte setzte von Seiten der Gegner des Zugabewesen heftige Kritik an der Arbeit des RWR ein. So erschien in der Deutschen-Handelswarte bereits Anfang April 1930 ein Aufsatz, der mit Zeilen schloss: „Ein Gutachten, das alle die triftigen Gründe für ein wirksames Verbot der Zugabenankündigung und Zugabengewährung nur auf das Verbot der „Gratis„ankündigungen reduzieren würde, wäre für die berechtigten Interessen der Wirtschaft und der Verbraucher ein „schlechter Aprilscherz ( . . . ).“555 Zuvor war in dem Artikel erklärt worden, dass eine solche Regelung ein „noch unwirksameres Verbot als das österreichische“ sei, das wenigstens jegliche Ankündigung verbiete. Jede Zugabe wirke als „Geschenk“; aus diesem Grund sei eine Trennung „zwischen ausdrücklichen als „gratis“ angekündigten und den nur in sich als „Geschenk“ sich darstellenden anderen Zugaben sachlich und logisch allzu scharfsinnig und daher für die Praxis unerträglich“. An dieser Einschätzung könne auch nicht etwa eine zusätzliche Regelung etwas ändern, die das Publikum vor die Wahl zwischen gegenständlicher Zugabe und der Auszahlung eines Barbetrags stelle. Weitere Schädigungen des Einzelhandels seien im Ergebnis nur durch ein Verbot sowohl der Zugabenankündigung als auch der Gewährung aller Zugaben zu erreichen. Auch in der Folgezeit, nach Veröffentlichung des inzwischen vom wirtschaftspolitischen Ausschuss des RWR angenommen Gutachtens, sparten die Gegner der Zugabenreklame nicht an Kritik. Ihre Zustimmung zu der Arbeit beschränkte sich zumeist auf die vom RWR getroffene Feststellung, wonach der vom Reichgericht im Jahr 1926 (RGSt 61, 58) als ausschlaggebend bezeichnete Tatbestand für die Erkennung sittenwidriger Erscheinungsformen des Zugabewesens in der Praxis 555 Deutsche Handelwarte, Beiträge zur Deutschen Wirtschaftspolitik, 1. und 2. Aprilheft 1930, S. 172(176); die Deutsche Handelswarte war das Organ des Nürnberger Bundes.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

oftmals kaum feststell- bzw. nachweisbar sei. Anerkennung fand zudem die Feststellung, dass Zugaben in jedem Fall von den Käufern mitbezahlt werden müssten. Ansonsten war man sich einig, dass die vom RWR vorgelegten Anregungen für eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens nicht hinreichend seien. Es liege auf der Hand, dass „diese Vorschriften nie und nimmer die Lücke ausfüllen könnten, die auf dem Gebiete des materiellen Rechts vorhanden ist“. Letztendlich handele es sich bei dem Vorschlag des RWR „im Kern um eine polizeiliche Maßnahme, die im besten Falle einen verschwindend kleinen Sektor der Erscheinungsformen der Missstände zu erfassen imstande ist, die aber niemals die Möglichkeit eröffnet, an die Missstände selbst heranzukommen“. Offenbar habe man im RWR um diese Unzulänglichkeit gewusst, andernfalls hätte man der Reichsregierung wohl kaum in gewissen Fällen ein Vorgehen auf dem Verwaltungswege empfohlen.556

2. Die Reaktionen von Seiten der Befürworter der Zugabereklame Entsprechend der Zurückhaltung, mit der der RWR ein gesetzgeberisches Eingreifen im Bereich der Wertreklame für sinnvoll erklärt hatte, fiel die Kritik der Befürworter der Zugabereklame an dem Gutachten deutlich gemäßigter aus. Der Schutzverein für Wertreklame etwa zeigte zunächst einmal seine Genugtuung darüber, dass der RWR die grundsätzliche Legitimität des Zugabewesens als eine Unterform der Reklame anerkannt hatte.557 Zuletzt waren vergleichbar anerkennende Äußerungen von offizieller Seite im Jahr 1926 vom Reichgerichts gemacht worden.558 Sogar die Einschätzung des Ausschusses, wonach die Ankündigung von „Gratiszugaben“ für das Publikum irreführend und damit stets unlauter seien, fand Zustimmung. Man gab an, dass der dieser Einschätzung „zugrundeliegende Gedankengang“ aus Kreisen der eigenen Anhänger stamme und, dass es vor dem Ausschuss des RWR vor allem die eigenen Sachverständigen gewesen seien, die sie wiederholt zum Ausdruck gebracht hätten.559

556 Franke (Synonym für K. Junckerstorff), Die Reform des Wettbewerbsrechts, 1. Aufl. 1930, S. 11. Auch: Ligue Internationale Contre La Concurrence Illoyale, Europas Kampf gegen die Zugabe, S. 22. 557 Brune, Reichwirtschaftsrat und Wertreklamefrage, in: Die Reklame (Organ des Deutsches Reklameverbandes e.V.) 1930, S. 280(281). Brune war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer des Schutzverbandes für Wertreklame. 558 RG 61, 58; Das Reichsgericht hatte sich wie folgt geäußert: „Nun ist das Zugabewesen auch hierin nur eine Abart der Reklame; es wird daher zu Recht als „Wertreklame“ bezeichnet“. 559 Die Mehrheit der bedeutenden, mit Wertreklame arbeitenden Firmen, die im Schutzverband zusammengeschlossen seien, hielten sich zudem auch in der Praxis an diese Einschätzung und gäben ihren Zugaben nicht den Charakter unentgeltlicher Geschenke. Vielmehr betone man, „dass es sich um eine Reklame handelt, deren Kosten, wie die jeder anderen Reklame, im Preise enthalten“ seien.

B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates

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Ungeachtet dieser grundsätzlichen Zustimmung kritisierte der Schutzverband den Vorschlag des RWR, zur Unterbindung der „Gratiszugaben“ das Wettbewerbsgesetz durch eine entsprechende Sonderregelung zu ergänzen. Hierfür bestehe keine Notwendigkeit. Vielmehr seien die bereits vorhandenen Vorschriften des UWG „bei scharfer Durchführung“ ausreichend, um Unlauterkeiten mit Erfolg zu bekämpfen. Bei Eingriffen des Gesetzgebers sei grundsätzlich zu beachten, dass jede gesetzliche Regelung Schwächen habe, die sich erst nach Inkrafttreten zeigten. Gerade im Bereich des Wettbewerbsrechts dürfe der Gesetzgeber nur dann tätig werden, wenn es gar keine andere Möglichkeit mehr gebe. Im Vorliegenden müsse im Zusammenhang mit der Frage der Schaffung einer gesetzlichen Sonderregelung zudem berücksichtigt werden, dass die Zahl der Verwender unlauterer Zugaben rückläufig sei. Ursache dieser Tendenz sei die „Entwicklung des Werbegedankens“, die von selbst dafür sorge, dass „nur diejenige Reklame von Dauererfolg ist, die es vermeidet, den Käufer in irgendeiner Weise zu täuschen oder zu übervorteilen“.560

VI. Die Allgemeine Verschärfung der Auseinandersetzung und Gründung des „Reichsausschusses für das Zugabewesen“ Die Einschaltung des Reichswirtschaftsrates im Juni 1929 hatte deutlich erkennen lassen, dass die Reichsregierung begann, sich intensiver mit der Zugabefrage zu beschäftigen. Auf die interessierten Kreise wirkte dies förmlich als Signal, den Einsatz für den eigenen Standpunkt noch erhöhen zu müssen. Als sie gegen Anfang 1930 in Erfahrung brachten, in welche Richtung das Gutachten tendieren würde, waren es vor allem die erklärten Gegner des Zugabewesens, für eine zunehmende Verunsachlichung und Emotionalisierung der Zugabedebatte sorgten. Das bis dahin von den Zugabefreunden vorgebrachte zugkräftige Argument etwa, wonach die Zugabereklame eines der wenigen Mittel der kleinen und mittelständischen Einzelhändler sei, versuchte man dadurch zu entkräften, dass man die Verwender von Zugaben mit ausländischen und internationalen Großkonzernen in Verbindung brachte.561 So warnte man vor der Gefahr, dass „Industrie und Handel der 560 Letztlich sei es allein das Publikum, das über den Erfolg eines Werbemittels entscheide. Dieses sei klug genug, das „vielgeschmähte Zugabeunwesen von der reellen, vorteilhaften Wertreklame zu unterscheiden“. Im Ergebnis handele es sich damit bei der von gewissen Kreisen heraufbeschworenen Angst, wonach „bei Ausbleiben eines Zugabeverbots die unlauteren Elemente die Oberhand gewinnen“ würden lediglich um ein „Gespenst“: Brune, Reichswirtschaftsrat und Wertreklame-Frage, Die Reklame, S. 280(282). 561 Pelka, Die Reklame, 1930 S. 107(109); Pelka war von Beginn an einer der leidenschaftlichsten Kämpfer für ein Zugabeverbot. In diesem Aufsatz stellte er Verbindungen und Verstrickungen des Schutzverbandes für Wertreklame e.V. mit „dem wohl größten internationalen Trust, der Margarine-Unie.“, der Dahages, der Deutschen Export- & Handels-AG und dem Frowein & Nolden-Konzern sowie der holländischen van den Bergh-Gruppe her. Diese Behauptungen wurden von Brune, dem Geschäftsführer des Schutzverbandes, bereits wenig

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

mit Zugaben vertriebenen Waren und der als Zugaben abgegebenen Artikel unter die Kontrolle von Riesenkonzernen“ mit „schlechthin unbegrenzten Kapitalien“ gerieten und dass nur ein sofortiges Zugabeverbot verhindern könne, dass die „heute noch eine Minderheit darstellenden Wertreklameleute“ schon bald zu einem die Volkswirtschaft schädigenden „Riesentrust“ zusammenwüchsen. Mit der offiziellen Veröffentlichung des Gutachten des RWR nahm die Unzufriedenheit auf Seiten der Wertreklamegegner schließlich derartig zu, dass man sie zum Anlass für die Gründung einer Sonderorganisation zum Kampf gegen das Zugabewesen nahm. Bereits vier Tage, nachdem der wirtschaftspolitische Ausschuss den Ergebnissen des Arbeitsausschusses zugestimmt hatte, wurde der Reichsausschuss für das Zugabeverbot ins Leben gerufen.562 Nach eigenen Angaben umfasste er „alle Bevölkerungskreise ohne Unterschied des Standes und der Partei, die gewillt sind den Kampf gegen das Zugabewesen aufzunehmen“.563 Man gab an, die Anregung zu der Gründung sei vor allem aus dem Westen des Reiches gekommen, wo die zunehmend unerträglichen Wirkungen des Zugabeunwesens „Produzent und Konsument“ zusammengebracht hätten. Ausschlaggebend sei die Erkenntnis gewesen, dass die eigenen Kräfte völlig zersplittert seien, während auf Seiten der Zugabebefürworter mit dem Schutzverband für Wertreklame eine geschlossene Organisation kämpfe. Mit Hilfe des Schutzverbandes sei es den „Zugablern“ gelungen, in der Öffentlichkeit für eine einseitige Wahrnehmung des Zugabewesens sorgen. Dieser unselige Einfluss habe letztlich auch im Gutachten des RWR seinen Niederschlag gefunden. In dem Gutachten sei des Wesen der Zugabe als solcher verkannt worden, weil er nicht einmal das ihr innewohnende Täuschungsmoment erkannt habe. Damit habe der RWR seiner Arbeit letztlich eine später als haltlos zurückgewiesen. In: Die Reklame, Reichswirtschaftsrat und WertreklameFrage, 1930, S. 280(280). 562 Der Reichsausschuss konstituierte sich am 16. 5. 1930 in Berlin: Schreiben des Reichsausschusses an das Reichsjustizministerium vom 17. 5. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 223 f. Seine Gründung war auch Ausdruck der besonderen Stimmungslage der Weimarer Republik der späten 20er Jahre war: Vgl.: Meyer, der von einer „aufgeheizten und fast fiebrigen Stimmung“ spricht: GRUR 2001, S. 98(103). 563 Vorsitzender war der im Reichstag in der Zugabefrage bereits mehrfach in Erscheinung getretene Abgeordnete Borrmann. Geschäftsführer der Organisation war Kurt Junckerstorff, der zuvor der Gärungsindustrie angehört hatte und Autor zahlreicher Veröffentlichungen gegen das Zugabewesen war. Schreiben des Reichsausschusses an das Reichsjustizministerium vom 17. 5. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 223 f. Seine Schriften (wie z. B. „Die Reform des Wettbewerbsrechts – Die Gestaltung des Zugabeverbots“, 2. Aufl., Berlin 1931), hatte er zunächst unter dem Pseudonym H. H. Franke veröffentlicht. Auf diese Weise konnte er seine eigenen Werke etwa als „kritische Übersicht“ eines Dritten einsetzen und dadurch noch überzeugender machen. Vgl: Schreiben Junckerstorff für den Reichausschuss an den Staatssekretär im Justizministerium Joël vom 2. 2. 1931: BArch, R 3001 / 2631, Bl. 3 f. Später veröffentlichte er auch unter seinem richtigen Namen: Junckerstorff, Zur Systematik des reichsgesetzlichen Zugabeverbots, Ein Wegweiser für die Durchführung und Vervollständigung des Gesetzes, Berlin 1933, und: Die Praxis des Zugabeverbots, Gesetz, Rechtsprechung und Erläuterungen, 3. Auflage, Leipzig 1936.

B. Das Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrates

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völlig falsche Problemstellung zugrundgelegt. Im Ergebnis gehe es bei Gründung des Reichsausschusses darum, der Gefahr zu begegnen, dass der Reichstag und die Reichsregierung die irrige Bewertung der Zugabefrage durch den RWR zur Grundlage ihrer weiteren Arbeit machten.564 In der Folgezeit verfolgte der Reichsausschuss nur ein einziges Ziel: Die Durchsetzung des Zugabeverbots.565 Hierfür legte er 1930 einen Gesetzesvorschlag vor, der vorsah, in den § 6 UWG zwei neue Absätze (Absätze 2 und 3) einzufügen. Danach sollte sowohl das Ankündigen wie auch das Gewähren von Zugaben unter Androhung von Strafe verboten sein.566 Zur Begründung der eigenen Forderung gab man an, dass das Zugabewesen durch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise ein Ausmaß erreicht habe, dass sowohl aus „rechts- aber auch staatspolitischem Interesse“ ein sofortiges Einschreiten des Gesetzgebers verlange. Die Zugaben seien zu einem „Zersetzungsmoment des Wirtschaftslebens“ geworden, das den „Konkurrenzkampf unerträglich“ mache und den „Kampf aller gegen alle“ heraufbeschwöre („Entartung des Konkurrenzkampfes“)567. Diese Belastung für den Handel wie auch die Industrie mache letztlich jeden Preisabbau unmöglich und stehe damit dem erklärten Ziel der Reichsregierung im Wege, die Lebenshaltungskosten des deutschen Volkes zu senken.568 Der Einfluss des Zugabewesens auf dieses Vorhaben sei deshalb besonders ernstzunehmen, da es gerade lebensnotwendige Bedarfsartikel seien, die mit Hilfe der Zugabenreklame vermarktet würden.569

564 Beythien in einer Rede auf der Kundegebung des Reichsausschusses am 27. 5. 1930 S. 1, Anlage zum Schreiben des Reichsausschusses an das Reichsjustizministerium vom 11. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2641. 565 Vgl.: Interner Vermerk des Reichsjustizministeriums vom 27. 6. 1930, aus dem auch hervorgeht, dass man im Ministerium gegenüber dem Reichsausschuss misstrauisch oder zumindest zurückhaltend gestimmt war: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 224. 566 Als Zugaben wollte man „alle von der Gattung der Hauptsache verschiedenen Sachen, die einen wirtschaftlichen Verkehrswert besitzen und im regelmäßigen Geschäftsbetrieb nur gegen Barzahlung abgegeben werden können“, verstanden wissen. Beythien in einer Rede auf der Kundegebung des Reichsausschusses am 27. 5. 1930 S. 1, Anlage zum Schreiben des Reichsausschusses an das Reichsjustizministerium vom 11. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2641. 567 Beythien in einer Rede auf der Kundegebung des Reichsausschusses am 27. 5. 1930 S. 1, Anlage zum Schreiben des Reichsausschusses an das Reichsjustizministerium vom 11. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2641. 568 Die Regierung Brüning unternahm von 1930 an ernsthafte Versuche, sämtliche Preise im Deutschen Reich zu senken. Hierdurch sollte das Finanzdefizit gedeckt und zudem die deutsche Industrie exportfähig gehalten werden. Insbesondere letzteres konnte nur durch eine Senkung der Produktionskosten erreicht werden, was jedoch eine Senkung der Löhne und Soziallasten verlangte. Beides war wiederum nur bei einer gleichzeitigen Senkung der Preise bzw. der gesamten Lebenshaltungskosten der Bevölkerung denkbar. Zur Senkung der Preise wurde eigens das Amt des Reichskommissars für Preisüberwachung geschaffen, das mit dem Leipziger Oberbürgermeister Dr. Carl Goerdeler (1884 – 1945) besetzt wurde. Vgl.: Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1914 bis 1933, S. 231 f. Ebenfalls: Friedensburg, Die Weimarer Republik, S. 211.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

Zur Durchsetzung eines Zugabeverbots versuchte der Reichsausschuss die Öffentlichkeit für den erreichten Umfang und die Schädlichkeit der Zugabenreklame zu sensibilisieren und so letztlich auf seine Seite zu bringen. Dies geschah systematisch mittels der Tages- und Fachpresse und von Sonderbroschüren570. Zudem wurden Industrie- und Handelskammern, alle Innungen und Organisationen des Einzelhandels, alle Verbände der Industrie und des Großhandels und nicht zuletzt die politischen Parteien mit der eigenen Forderung vertraut gemacht und schließlich selbst zu Stellungnahmen veranlasst. Mit Flugblättern schließlich wandte man sich auch unmittelbar an die Bevölkerung.571

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage I. Der Referentenentwurf vom 24. Mai 1930 Bereits am 24. Mai 1930, d. h. nur 12 Tage nachdem der wirtschaftspolitische Ausschuss den Bericht des Arbeitsausschusses angenommen und als Gutachten des RWR veröffentlicht hatte, legte der Staatssekretär im Justizministerium Joël572 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Regelung des Zugabewesens vor und ließ diesen dem Reichswirtschaftsminister, dem Preußischen Minister für Handel und Gewerbe wie auch dem Preußischen Justizminister zukommen.573

569 Schreiben des Reichsausschusses für das Zugabeverbot an das Reichjustizministerium vom 26. 6. 1930; als Anlage wurde der Wortlaut eines Flugblattes überreicht, mit dem man sich direkt an die Bevölkerung gewandt hatte: BArch, R 3001 / 2641. Ebenfalls: Schreiben an Reichsjustizminister Bredt vom 27. 10. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 264 ff. 570 Hierzu zählen die Arbeiten Junckerstorffs, die er unter dem Pseudonym Franke veröffentlichte. 571 Schreiben des Reichsausschusses für das Zugabeverbot an das Reichjustizministerium vom 26. 6. 1930 BArch, R 3001 / 2641. Dittmar gab 1931 an, dass es dem Reichsausschuss mit diesen Mitteln und einer gezielten Streuung einseitiger Informationen letztlich gelungen sei, die gesamte Öffentlichkeit „in eine Art Zugabenpsychose“ zu versetzen. Letztlich habe dieses Engagement dazu geführt, dass mehrere Parteien des Reichstages Ende 1930 Anträge in das Parlament eingebracht hätten, in denen die Reichsregierung ersucht wurde, die Zugabereklame zu verbieten. Ausdrücklich genannt wurden in diesem Zusammenhang die Anträge von Drewitz vom 16. 10. 1930, von Jaeger-(Celle) vom 1. 12. 1930, von Leicht vom 6. 12. 1930, von Döbrich vom 6. 12. 1930 und schließlich einen weiteren Antrag von Drewitz vom 10. 12. 1930. Obwohl sich im Ergebnis keiner dieser Anträge im Plenum durchsetzen konnte, habe der Reichsausschuss damit nicht nur auf die allgemeine Stimmungslage sondern letztendlich auch auf das politische Handeln der verantwortlichen Kreise erheblichen Einfluss gehabt.: Dittmar, Kommt ein Zugabeverbot, Die Reklame 1931, S. 740(741). 572 Curt Joël (1865 – 1945) war bereits seit Mitte der zwanziger Jahre und bis Ende 1930 Staatssekretär im Justizministerium, vom 5. 12. 1930 bis 6. 10. 1931 war mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichsjustizministers beauftrag; vom 7. 10. 1931 bis 2. 6. 1932 schließlich war er selbst Reichsjustizminister: Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1914 bis 1933, S. 204 u. 224.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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Abweichend von der Empfehlung des RWR, wonach Zugaben mit Ausnahme der Ankündigung von „Gratiszugaben“ auch weiterhin grundsätzlich erlaubt und nur Missbräuche im Einzelfall gerichtlich untersagt werden sollten, sah der Entwurf in § 1 Abs. 1 zunächst ein generelles Verbot der Zugaben vor. Diese – zumindest auf den ersten Blick außerordentlich strenge Regelung – sollte durch § 1 Abs. 2 durchbrochen werden. Dieser nannte insgesamt fünf Gruppen von Zugaben, die auch nach Inkrafttreten eines Zugabegesetzes erlaubt sein sollten. Eine Erklärung dafür, warum man sich im Justizministerium nicht für eine Missbrauchs-, sondern für eine Verbotslösung entschieden hatte, enthielt der Entwurf nicht. 1. Das generelle Verbot von Zugaben (§ 1 Abs. 1) Nach § 1 Abs. 1 des Entwurfs sollte sowohl die Ankündigung als auch auf die Gewährung von Zugaben verboten sein. Damit sollte die Regelung – wie die Begründung des Justizministeriums auch ausdrücklich erwähnte – strenger ausfallen als das österreichische Zugabengesetz.574 Zwar räumte man in Berlin ein, dass den Zugaben bereits mit dem Verbot der Ankündigung ein großer Teil ihrer werbenden Kraft genommen würde. Zur Unterdrückung sämtlicher Missbräuche sei jedoch auch ein Verbot ihrer Gewährung erforderlich. Die Regelung des § 1 sollte nur für den Einzelhandel „im Verkehr mit dem letzten Verbraucher“ gelten. Vorgelagerte Zugaben (d. h. vom Produzenten an den Großhändler oder vom Grohändler an den Einzelhändler) hingegen sollten ausgenommen und damit auch weiterhin zulässig sein.575 Das Verbot des Einsatzes von Zugaben sollte sowohl für den Verkauf von Waren wie auch für die gewerbsmäßige Erbringung von Leistungen durch Beschäftigungsbetriebe (wie Reinigungen und Färbeanstalten) gelten. Ferner sollte es sowohl die Zugabe von Waren wie auch die Zugabe von Leistungen (wie Fotoschecks, die Übernahme von Versicherungen usw.) untersagen. Zur Verhinderung der Umgehung der Verbotsregelung sollten ferner auch „gekoppelte Verkäufe“ untersagt werden.

573 Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Zugaben zu Waren oder Leistungen (Az.: RJM I b 511). Zum Wortlaut des Entwurfs siehe unten in der Anlage auf S. 302. Gleichzeitig forderte er die beteiligten Ministerien auf, für eine am 30. 5. 1930 im Justizministerium stattfindende Besprechung Vertreter zu entsenden: Schreiben von Staatssekretär Joël an die o.g. Ministerien: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 88. Die Besprechung fand letztlich nicht statt, weil die Vertreter Preußens verhindert waren. 574 Letzteres verbot lediglich die Ankündigung, nicht hingegen die Gewährung von Zugaben. Hierzu siehe oben S. 126. Vgl.: Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 111. 575 Zur Begründung wurde angegeben, dass sich die Einwendungen gegen die Zugabenwerbung fast ausschließlich auf die im Einzelhandel dem kaufenden Publikum gegebenen Zugaben bezögen und die vorgelagerten Erscheinungsformen zudem kaum wirtschaftliche Bedeutung hätten.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

2. Die Ausnahmen vom Verbot (§ 1 Abs. 2) § 1 Abs. 2 des Entwurfs zählte eine Reihe von Fallgruppen auf, für die das in Abs. 1 ausgesprochene generelle Zugabeverbot nicht gelten sollte. In der Begründung des Entwurfs hieß es, dass die Ausnahmen erforderlich seien, „um dem Handel die Bewegungsfreiheit zu lassen, derer er bedarf und die ohne Gefahr für das kaufende Publikum eingeräumt bleiben“.576 Folgende Formen von Zugaben sollten danach auch weiterhin erlaubt sein: Nach § 1 Abs. 2 Ziff. a) sollten solche Zugaben erlaubt sein, die zur „Kundenbelohnung“ ausgegeben werden. Dabei sollte es sich um Reklamegegenstände geringen Wertes (wie Luftballons, Fähnchen, Taschenkalender usw.) handeln, die durch eine Firmenaufschrift deutlich als solche gekennzeichnet waren. Gleiches sollte für „Kleinigkeiten ohne selbständigen Verkehrswert“ (wie Schreibfedern und Zuckerstückchen für Kinder) gelten. Nach den Ziff. b) und c) sollten Bar- und Mengenrabatte von dem Verbot ausgenommen und damit zulässig sein. Zur Begründung hieß, sie würden ohne weiteres den Wert der Zuwendung erkennen lassen und daher „eine Täuschung über das Maß der Begünstigung und damit eine Verschleierung des Preises ausschließen“.577 Unter Ziff. d) waren „handelsübliches Zubehör zur Ware“ wie auch „handelsübliche Nebenleistungen“ genannt. Ziel dieser Ausnahme war es, „unbedenkliche Gepflogenheiten des geschäftlichen Verkehrs“ auch weiterhin zuzulassen. Die Begründung des Justizministeriums führte hierbei die übliche Verpackung für Waren wie auch die unentgeltliche Zusendung der Ware an. Die praktisch wichtigste und in der Folgezeit gleichzeitig umstrittenste Ausnahme von dem generellen Zugabeverbot sollte Ziff. e) enthalten. Sie knüpfte an das Gutachten des RWR an und sollte das Verbot für den Fall nicht gelten lassen, dass sich der die Zugabe Gewährende erbot, „an Stelle der Zugabe den von ihm ziffernmäßig zu bezeichnenden Geldbetrag des tatsächlichen Wertes der Zugabe bar auszuzahlen“. Hierfür musste der Verkäufer bei der Ankündigung und Gewährung seiner Zugabe sowohl auf das Wahlrecht des Käufers wie auch auf den ziffernmäßig genau bezeichneten Barbetrag ausdrücklich hinweisen. Zur Begründung dieser Ausnahme gab das Justizministerium an, dass mit Einräumung einer zur Zugabenware alternativen Gewährung eines baren Geldbetrages für den Kunden jede Unklarheit in der Preisberechnung genommen werde.578 Wie sich aus den Unterlagen des Reichswirtschaftsministeriums ergibt, wurde diese Regelung von der Hoffnung getragen, dass das Publikum überwiegend die Barablösung wählen 576 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 111. 577 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 111 f. 578 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 112.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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werde. Diese sollte sich für den Verkäufer als Belastung auswirken und das Zugabewesen damit auf ein erträgliches Maß zurückführen.579 Obwohl der Entwurf von einem dem tatsächlichen Wert entsprechenden Geldbetrag sprach, sollte es dem Verkäufer weitestgehendst überlassen bleiben, die Höhe des Barbetrags zu bestimmen. Er konnte sowohl den ihm selbst erwachsenen Entstehungspreis für den betreffenden Zugabeartikel wie auch denjenigen Preis ansetzen, den der Käufer für selbigen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu entrichten hatte.580 § 1 Abs. 3 des Entwurfs schließlich enthielt noch zwei weitere, an die Empfehlung des RWR anknüpfende Regelungen. Nach § 1 Abs. 3 S. 1 sollte die Ankündigung oder Gewährung der von Abs. 2 ausnahmsweise erlaubten Zugaben verboten sein, wenn „die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk und dergl.)“ bezeichnet oder „sonstwie der Eindruck der Unentgeltlichkeit“ erweckt wurde. Hierzu gab man an, dass die den Verkäufern durch die Zugabe entstehenden Unkosten in jedem Fall in die Preiskalkulation eingeschlossen würden und Zugaben damit niemals unentgeltliche Zuwendungen darstellten.581 Aus diesem Grund müsse auf Seiten des Publikums in jedem Fall der Eindruck verhindert werden, dass Zugaben Geschenke seien. Nach Abs. 3 S. 2 sollte es ferner verboten sein, „die Zugaben von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen“. Diese Regelung wurde für erforderlich gehalten, da weder § 286 des Strafgesetzbuches noch § 1 UWG Abhilfe gegen gewisse Zugabenpraktiken schaffen könne.582 In diesem Zusammenhang wurde insbesondere an solche Fälle gedacht, bei denen das Publikum mit Slogans wie „Jedes 5. Paket enthält eine Zugabe!“ gelockt wurde.

Vgl.: Gottschick, Neues im Zugaberecht, in: MblWiA 1933, S. 340(340). Hierfür enthielt die Begründung des Entwurfs folgende Ausführungen: „Es kann in das Ermessen des Verkäufers gestellt werden, ob er eine verhältnismäßig niedrige Schätzung der Zugabe in barem Geld vornehmen und damit den Wert des Zugabeartikels in den Augen des Käufers gering erscheinen lassen oder ob er mit einer höheren Schätzung die Zugabe als wertvoller hinstellen will, sich aber damit der Verpflichtung aussetzt, gegebenenfalls auch größere Barbeträge auf Verlangen des Käufers zahlen zu müssen. Keinesfalls darf der Verkäufer andererseits den Barbetrag rein willkürlich so niedrig halten, dass er dem tatsächlichen Wert der Ware nicht entfernt entspricht und der Käufer sich deshalb in jedem Fall veranlasst sehen würde, statt des ihm angebotenen Scheinentgelts die offenbar viel wertvollere Zugabe zu wählen.“ Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 113. 581 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 113 f. 582 Im Rahmen des § 286 StGB fehle es für eine strafbare Lotterie oder Ausspielung auf Seiten der Käufer bereits an der Voraussetzung eines EinsatzeS. Bei § 1 UWG bestehe die Schwierigkeit in der Feststellung, dass die betreffenden Praktiken nicht mit den anständigen kaufmännischen Geschäftspraktiken zu vereinbaren seien: Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 114. 579 580

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

3. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Zugabeverbot § 2 des Referentenentwurfs sollte die bürgerlichrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen das Verbot des § 1 regeln. Für den Fall einer bloß objektiven Zuwiderhandlung (weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit) sollte Wettbewerbern sowie Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen ein Unterlassungsanspruch zustehen. Anspruchsberechtigt sollten Wettbewerber sein, die Waren gleicher oder verwandter Art vertrieben. Die Besonderheit sollte darin bestehen, dass hierbei auch solche Waren berücksichtigt werden sollten, die von dem Zuwiderhandelnden als Zugabeartikel ausgegeben würden. Damit sollten insbesondere auch Inhaber von Spezialgeschäften anspruchsberechtigt sein, deren Hauptwaren andernorts vielfach als Zugaben vergeben wurden.583 Die übrigen Regelungen des § 2 sollten denen des § 13 Wettbewerbsgesetz entsprechen. Für den Fall einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen § 1 sah § 3 des Entwurfs eine Strafandrohung vor. Hierdurch sollte dem Zugabeverbot der „nötige Nachdruck“ gegeben werden.584 Die Strafe sollte auf eine Geldstrafe beschränkt sein und nur auf Antrag eintreten.

4. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung Nach § 4 des Entwurfs sollte das Zugabeverbot bereits am 1. Oktober 1930 in Kraft treten. Durch diesen verhältnismäßig naheliegenden Termin erhoffte man sich eine „möglichst schnelle Beruhigung des durch die Zugabenmissbräuche gestörten Geschäftslebens“.585 § 4 S. 2 sollte eine Übergangsvorschrift zum Inhalt haben.586

583 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 114 f. 584 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 115 f. 585 Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 115. 586 Danach sollten von der Regelung des § 1 solche Ansprüche unberücksichtigt bleiben, die vor Inkrafttreten des Gesetzes eingeleitet wurden. Hierdurch sollte den Bedürfnissen der zugabegewährenden Firmen und des Publikums in Bezug auf die Abwicklung laufender Zugabengeschäfte Rechnung getragen werden: Begründung des Entwurfs, Anlage zum Schreiben von Staatssekretär Joël vom 24. 5. 1930, S. 10: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 115.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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II. Die 1. Kabinettsvorlage vom 3. Juni 1930 1. Die Verschärfung des Referentenentwurfs und Vorlage im Kabinett Bereits wenige Tage, nachdem Staatssekretär Joël Referentenentwurf versandt hatte, erklärte Reichjustizminister Bredt587, dass er mit der Regelung des § 1 Abs. 2 Ziff. e) nicht einverstanden sei und diese deshalb streichen wolle. Zur Begründung gab er an, dass seine nochmalige Überprüfung des Entwurfes ergeben habe, „dass damit [mit der Ausnahme Ziff. e)] die Gefahr einer immer weiter um sich greifenden, das Wirtschaftsleben schädigenden Zugabenreklame bestehen bleibt, vielleicht sogar gefördert wird“.588 Eine Erklärung für diese plötzliche und zudem nicht unwesentliche Korrektur des aus dem eigenen Haus stammenden Entwurfs liegt vermutlich darin, dass der Referentenwurf maßgeblich von Spitzenbeamten des Justizministeriums stammte, die zur Zugabenproblematik einen anderen Standpunkt vertraten als ihr Minister.589 Bredt selbst stand der Zugabenwerbung durchaus kritisch gegenüber und gab zur Begründung an, dass es letztlich die Kunden seien, die für sie in erhöhten Preisen für die Hauptwaren mitzubezahlen hätten. Außerdem meinte er, dass die Zugaben den großen Firmen helfen würden, den kleinen Unternehmen die Kunden wegzunehmen.590 Mit Blick auf die Ziff. e) des Referentenentwurfs gab er an, dass die Idee der Gewährung alternativer Barbeträge letztlich von „den betreffenden großen Firmen“ stammte und auch vom RWR nur auf ihr Betreiben aufgenommen worden sei. Er war der Meinung, dass die Regelung „alles wieder zunichte machte, was in den anderen Regelungen stand“. Letzten Endes meinte er deshalb, „dass der Gesetzesentwurf nur Wert habe, wenn jede Ausnahmebestimmung entfernt würde“. Am 3. Juni ließ Bredt der Reichskanzlei dann tatsächlich seinen überarbeiteten Entwurf zukommen und bat darum, ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Kabinettssitzungen zu setzen.591 Von dem Referentenentwurf unterschied sich

587 Johannes Victor Bredt (1879 – 1940), MdR, Mitglied der Reichspartei des Deutschen Mittelstands (Wirtschaftspartei), war vom 30. 03. 1930 bis zum 5. 12. 1930 Reichsjustizminister. 588 Schnellbrief des Reichsministers der Justiz an die beteiligten Preußischen Minister vom 30. 5. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 186. 589 Bei den Spitzenbeamten des Justizministeriums handelte es sich zum einen um Staatssekretär Joël und zum anderen um den für die Zugabenproblematik zuständigen Ministerialrat Dr. Oegg. Aus späteren Aufzeichnungen Bredts geht hervor, dass sowohl Joël als auch Oegg grundsätzliche Gegner einer jeden Regulierung des Zugabewesens waren. Eine Regelung betreffend das Zugabewesen bzw. ein Verbot derselben sei für sie allenfalls mit einer sehr weiten, der Ziff. e) entsprechenden, Ausnahmeregelung tragbar gewesen. 590 Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1914 bis 1933, S. 255. 591 Die Kabinettsvorlage vom 3. 6. 1930 trug folgendes Aktenzeichen: RJM. Nr. I b 582. Zum Wortlaut des § 1 des Entwurfs siehe unten in der Anlage auf S. 304. Anlage zum Schrei-

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

diese Fassung des Entwurfs dadurch, dass die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Ziff. e) gestrichen worden und dafür unter e) und f) zwei neue Ausnahmeregelungen eingefügt worden waren. Nach Ziff. e) sollten nun auch solche Zugaben erlaubt sein, die in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestanden.592 Diese Regelung sollte in erster Linie mit Rücksicht auf das Zeitungsgewerbe aufgenommen werden, wo den Beziehern von Fachzeitungen häufig kostenlos Auskünfte und Ratschläge erteilt wurden. Weiter sollte sie auch für den Einzelhandel wie auch Dienstleister gelten, die ihren Kunden unentgeltlich Unterweisungen über den Gebrauch von Gegenständen gewährten. Nach der neuen Ziff. f) sollte das generelle Verbot des § 1 Abs. 1 ferner dann nicht zur Anwendung kommen, „wenn im Zeitungs- und Zeitschriftengewerbe gesetzlich zulässige Versicherungen zugunsten der Bezieher der Zeitung oder Zeitschrift übernommen“ würden.593 Im Justizministerium war man der Auffassung, dass „diese Gepflogenheiten im Zeitungsgewerbe“ bisher zu keinem wirtschaftlichen Schaden geführt hätte.594 Neben dem Wortlaut des eigentlichen Gesetzes hatte Bredt auch die Begründung des Referentenentwurfs überarbeiten lassen. Sie enthielt nunmehr auch eine Erklärung dafür, warum man nicht der Empfehlung des RWR für eine Missbrauchsregelung folgen wollte. Ausschlaggebend war danach, dass man die Auffassung des Gremiums nicht teilte, wonach es zur Bekämpfung der Auswüchse im Bereich des Zugabewesens – neben einem Verbot der Gratisankündigungen – ausreichen würde, den Käufern ein Wahlrecht zwischen Zugabe und Barbetrag einzuräumen. Im Gegenteil, für den Fall des Erlasses einer solchen Barbetragsregelung sei sogar zu befürchten, dass die Anziehungskraft der Wertreklame auf das Publikum noch erhöht werde. Dies werde letzten Endes statt zu einer Beschränkung zu einer weiteren Ausbreitung des Zugabewesens führen. Illusorisch sei darüber hinaus die Erwartung, dass eine solche Regelung geeignet sei, auf Seiten der Käufer jegliche Unklarheiten über die Berechnung des Kaufpreises auszuräumen. Die Schwierigkeit bestände bereits darin, die Höhe des zu entrichtenden Barbetrages gesetzlich festzulegen.595 Aus alledem zog man den Schluss, dass nur ein generelles Verbot ben des Reichsminister der Justiz an den Staatssekretär in der Reichskanzlei: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 209.ff 592 Ziff. e) sollte folgenden Wortlaut haben: [Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht:] e) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen besteht;“ Entwurf vom 3. 6. 1930, Anlage zum Schreiben des Reichministers der Justiz an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 3. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 211. 593 Diese Regelungen sollte den bereits beschriebenen, in den in den 20er und 30er Jahren verbreiteten Versicherungsgeschäften Rechnung tragen, die von Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmen zugunsten ihrer Abonnenten abgeschlossen wurden. Hierzu siehe oben auf S. 98 f. 594 Voraussetzung ihrer Zulässigkeit sollte jedoch sein, dass es sich um gesetzlich zulässige Versicherungen handelte, die vom Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung oder sonst zuständige Stellen genehmigt worden seien: Entwurf vom 3. 6. 1930, Anlage zum Schreiben des Reichministers der Justiz an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 3. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 216.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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der Zugaben geeignet sei, im Bereich des Zugabewesens für Ordnung zu sorgen. Ausnahmsweise zu dulden seien nur noch solche Zugaben, die wirtschaftlich unschädlich seien.596

2. Der Widerstand des Reichswirtschaftsministeriums Nur eine Woche, nachdem Reichjustizminister Bredt seinen deutlich verschärften Gesetzesentwurf vorgelegt hatte, meldete der zu diesem Zeitpunkt mit der Verwaltung des Wirtschaftsministeriums betraute Staatssekretär Trendelenburg597 Zweifel an der Richtigkeit einer Verbotslösung an. Er hielt den Entwurf des Justizministeriums für zu restriktiv und führte zur Begründung rechtliche wie auch wirtschaftliche Gründe an. Seine Kritik bezog sich nicht etwa nur auf die durch Streichung der Ziff. e) verschärfte Fassung des Entwurfs des Justizministers, sondern auf die Verbotslösung im allgemeinen. Im Ergebnis erklärte er, dass es sinnvoller sei, dem Gutachten des RWR zu folgen und eine Missbrauchsregelung zu schaffen.598 595 Hierzu führte man noch folgendes aus: „Eine bestimmte Festlegung des Barbetrages im Gesetz erscheint unmöglich: überlässt man es aber, entsprechend dem Vorschlage des Reichswirtschaftsrats, dem Verkäufer, wie hoch der den Barbetrag festsetzen will, ob er dabei von dem ihm selbst erwachsenen Gestehungspreis des Zugabeartikels oder aber von dem Betrage ausgehen will, den der Käufer im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für den Erwerb des Zugabegegenstandes zahlen müsste, so würde die Kalkulation des Verkäufers bei Bemessung des Kaufpreises nach wie vor undurchsichtig und eine Täuschung des Käufers möglich bleiben.“ 596 Entwurf vom 3. 6. 1930, Anlage zum Schreiben des Reichministers der Justiz an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 3. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 214 f. 597 Ernst Trendelenburg (1882 – 1945), seit 1923 Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium, war vom 26. 4. 1930 bis 7. 1. 1931 mit der Verwaltung des Ministeriums beauftragt. Reichswirtschaftsminister war zu dieser Zeit Dietrich. Hermann Dietrich (1879 – 1954), MdR (DVP / Deutsche Staatspartei) 1919 – 1933; 30.3. bis 26. 6. 1930 Reichswirtschaftsminister, anschließend bis 1930 Reichsfinanzminister und Vizekanzler. Vgl.: Bredt, Dokumente und Erinnerungen 1914 bis 1933, S. 232. 598 Hierzu warf er die Frage auf, „ob es richtig ist, im gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts der stark verminderten Absatzmöglichkeiten auf dem innerdeutschen Markt und des dadurch verschärften Wettbewerbs unter Durchbrechung des Grundsatzes der Gewerbefreiheit gesetzgeberisch in den Kampf um den Kunden durch das Verbot einer bisher erlaubten Werbeform, von der zahlreiche Wirtschaftskreise Gebrauch machen, einzugreifen“: Schreiben Trendelenburgs an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 10. 6. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 242 ff. Unabhängig von seiner generellen Kritik an dem geplanten generellen Zugabeverbot erklärte Trendelenburg, dass die unter § 1 AbS. 2 Ziff. e) und f) vorgesehenen Ausnahmen nicht sinnvoll seien und damit keinesfalls die Zustimmung seines Ministeriums erwarten könnten. Zur Erklärung gab er an, dass es sich bei den betreffenden Fällen überhaupt nicht um „Zugaben“ handele. Bei Beauftragung des RWR hätten sich Reichsjustiz- und Reichswirtschaftsministerium dahingehend verständigt gehabt, dass Zugaben im engeren Sinne nur „Waren oder Leistungen mit eigenem Gebrauchs- oder Verbrauchswert beim Verkauf von Waren anderer Art“ sein sollten. Unter Berücksichtigung dieser Definition enthielten die

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Im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen gab Trendelenburg zu bedenken, dass Auswüchse nicht nur im Bereich der Zugaben, sondern in allen Bereichen der Reklame und damit auch bei der Wort- und Anschauungsreklame zu beobachten seien. Ursache hierfür sei die allgemeine, durch den Absatzmangel bedingte Verschärfung des Wettbewerbs. Das Anwachsen der Zugaben als Werbemittel gehe darauf zurück, dass viele Gewerbetreibende nicht in der Lage seien, moderne Wort- und Anschauungsreklamen zu bezahlen. Dies sei bei der Zugabenreklame anders, wo der Reklameaufwand in einem festen Verhältnis zum Warenabsatz stehe. Ferner könne für das Zugabewesen in Feld geführt werden, dass die „sorgfältigen und umfangreichen Erhebungen“ des RWR nicht zu dem Ergebnis geführt hätten, dass die Werbeform der Zugaben als solche unlauter und deshalb von vornherein zu verbieten sei. Auch die von Seiten des Justizministeriums zur Begründung seiner Verbotslösung gemachten Ausführungen hielt Trendelenburg letztlich nicht für überzeugend. Im Ergebnis sei nicht zu erkennen, dass die Zugaben, wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt, eine Reklameart darstellen, „die stärker als die übrigen Reklameformen in die Augen springen und deshalb die Gefahr einer Übersteigerung in sich trage, die sich wirtschaftlich auf die Dauer höchst nachteilig auswirken müsse“. Letztlich treffe dieser Vorwurf auch auf die Wort- und Anschauungsreklame zu. Zusammenfassend gäbe es damit keinen Grund, sich von dem bisher anerkannten Standpunkt zu lösen, wonach „die Zugabe eine Werbeform ist, die den übrigen Formen des Wettbewerbs grundsätzlich gleich zu behandeln ist“. Im Rahmen seiner wirtschaftlichen Erwägungen erklärte Trendelenburg, dass die Untersuchungen des RWR ans Licht gebracht hätten, dass bei der Herstellung der Zugabeartikel „wichtige und große Industriezweige“ beteiligt seien.599 Durch ein Verbot der Zugabenreklame würden ihnen Absatzmöglichkeiten genommen, in deren Folge wesentliche Produktionseinschränkungen und letztlich beträchtliche Arbeiterentlassungen zu erwarten seien.600 Eine derartige Entwicklung sei bei der „gegenwärtigen Verfassung des Arbeitsmarktes“ höchst unerwünscht. Weiter dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein in Deutschland erlassenes Verbot der Zugabenwerbung im Ausland, insbesondere in Großbritannien, Nachahmung finden unter e) und f) genannten Ausnahmen „somit praktisch keine Abschwächung des in Ab S. 1 ausgesprochenen völligen Verbots der Zugaben“. 599 Damit nahm der Trendelenburg Argumente auf, mit denen sich kurz zuvor der Reichsverband der Industrie an ihn gewandt hatte. Dieser hatte gefordert, dass das Zugabewesen weder geregelt noch verboten werden sollte. Andernfalls müsse mit einer Beeinträchtigung der Interessen wichtiger und für den Export bedeutsamer Gruppen sowie Rückwirkungen für den gesamten Arbeitsmarkt gerechnet werden: Schreiben vom 2. 6. 1930: BArch, R 3101 / 2201. Bei Reichskanzler Brüning meldeten sich wenig später mit ähnlichen Befürchtungen die christlichen und freien Gewerkschaften: Telegramm vom 12. 6. 1930: BArch, R 3101 / 2201. 600 Im RWR habe etwa ein Sachverständiger der Porzellanindustrie unwidersprochen behauptet, dass in diesem Bereich 6000 – 7000 Arbeitnehmer beschäftigt würden und für etwa 5 Mio. RM Zugabeartikel herstellten.

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werde. Die Anhörungen des RWR hätten ergeben, dass gerade England ein wichtiges Exportland für die deutsche Zugabenindustrie sei. Letztlich könnte dieser Teil der Wirtschaft damit einer wichtigen Exportmöglichkeit beraubt werden. Diese zu erwartenden wirtschaftlichen und letztlich sozialen Auswirkungen eines Zugabeverbots seien von Seiten des Justizministeriums nicht hinreichend beachtet bzw. im Rahmen seiner Gesetzesbegründung nicht erwähnt worden.601 Zum Schluss seiner Ausführungen räumte Trendelenburg ein, dass ungeachtet seiner Kritik an dem Entwurf des Justizministeriums das Vorhandensein gewisser Mißstände nicht verkannt werden dürfe. Diesen sei entsprechend der Empfehlung des RWR durch eine Ergänzung der Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes zu begegnen. Sowohl „Gratisankündigungen“ als auch mit Verlosungen und lotterieähnlichen Veranstaltungen in Verbindung stehende Zugaben sollten durchaus verboten werden. Hierdurch könne die Rechtsprechung in die Lage versetzt werden, Auswüchse im Bereich der Zugabenwerbung zu unterbinden, ohne dass volkswirtschaftliche Nachteile zu erwarten seien.

3. Das Scheitern der Vorlage im Kabinett Wie nach der deutlichen, aus dem Reichwirtschaftsministerium geäußerten Kritik zu erwarten, stieß Justizminister Bredt mit seinem verschärften Entwurf eines Zugabengesetzes bei seinen Ministerkollegen auf harten Widerstand. Letztlich konnte er sich nicht durchsetzen.602 Neben dem bereits geschilderten Widerstand aus dem Wirtschaftsministerium trat auch Arbeitsminister Stegerwald603 der restriktiven Fassung entgegen. Ähnlich wie Trendelenburg befürchtete auch er im Fall einer strengen Regulierung des Zugabewesens die weitgehende Stillegung der Zugaben herstellenden Industriebetriebe und damit ein weiteres Ansteigen der Ar601 Diese Stoßrichtung Trendelenburgs fand die Unterstützung des Reichsverbands der Deutschen Industrie. Neben der Gefahr einer sofortigen Vergrößerung der Arbeitslosigkeit gab man an, dass die Behauptung, das Zugabewesen stehe einem Preisabbau im Wege, unrichtig sei: Schreiben des geschäftsführendenden Präsidialmitglieds des Reichsverbandes der Deutschen Industrie an das Wirtschaftsministerium vom 22. 12. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 318. Gleiches galt auch für den Deutschen Gewerkschaftsbund, der Angab, „dass die Zugabeware zu einem recht erheblichen Teil zusätzliche Kaufkraft und Produktionsmöglichkeit bietet“: Schreiben an den Reichsjustizminister vom 24. 3. 1931: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 105 f. 602 Weder das Datum, noch der Kreis der Teilnehmer oder der genaue Inhalt der Kabinettssitzung sind bekannt. Die weiteren Ausführungen stützen sich auf die persönlichen Aufzeichnungen des Reichsjustizministers: Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1924 – 1933, S. 172 f. 603 Adam Stegerwald (1874 – 1945), Apr.-Nov. 1921 preuß. Ministerpräsident; MdR (Ztr.) 1919 – 1933. 1903 – 1929 Leiter des Gesamtvorstandes der christl. Gewerkschaften, 1919 – 1929 zugleich Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes; April 1929 bis April 1930 Reichsverkehrsminister, bis Mai 1932 Reichsarbeitsminister: Vgl. Bredt: Erinnerungen und Dokumente 1914 – 1933, S. 172.

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beitslosigkeit. Stegerwald soll in dieser Angelegenheit zudem bedeutenden Einfluss auf Reichkanzler Brüning gehabt haben. Bredt hielt später fest, der Reichkanzler habe sich schwer getan, sich von den Empfehlungen seines „alten Lehrmeisters“ frei zu machen.604 Nicht ohne Bedeutung war nach seiner Einschätzung schließlich der Widerstand aus seinem eigenen Ministerium, der zudem noch von seinem Amtsvorgänger v. Guerard unterstützt wurde.605 Wie aus seinen später veröffentlichten persönlichen Aufzeichnungen hervorgeht, empfand Reichsjustizminister Bredt die Ablehnung seiner Vorlage im Kabinett als empfindliche Niederlage. Rückblickend erklärte er es für einen Fehler, den Versuch unternommen zu haben, sich im Kabinett durchzusetzen. Erfolgversprechender wäre es gewesen, den Entwurf mit der Ausnahmebestimmung der Ziff. e) in den Reichstag einzubringen. Dort, so Bredt, hätte er sich sicher sein können, dass die Ausnahmebestimmung im Anschluss von den Parteien gestrichen wurde und dass ich so zu meinem Ziel kam.“ Diese Einschätzung stütze Bredt auf die Vermutung, dass sein deutlich restriktiverer Entwurf im Reichstag die Unterstützung sowohl der SPD, des Zentrums wie auch der Deutschnationalen erhalten hätte. Sozialdemokraten und Zentrum seien im Interesse der Konsumvereine, die Deutschnationalen im Interesse der kleinen Geschäftsleute für eine restriktive Regelung der Zugabenfrage gewesen.606

III. Weitere parlamentarische Vorstöße für eine gesetzliche Regelung In der Folgezeit gab es eine Reihe parlamentarischer Initiativen zur Schaffung einer gesetzlichen Regelung. Vereinzelt beschränkten sich die Anträge auf nachdrückliche Forderungen nach dem Erlass eines Zugabengesetzes.607 Andere Fraktionen legten Anträge mit ausformulierten Gesetzesentwürfen vor. Sämtliche im Folgenden aufgeführten Anträge wurden am 6. März 1931 vom Reichstag an den 604 Vgl.: Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1914 – 1933, S. 256. Dort wird auch angegeben, Stegerwald habe Brüning 1919 als preußischer Wohlfahrtsminister in sein Ministerium geholt und zu seinem persönlichen Referenten gemacht. Winkler, Weimar 1918 – 1933, S. 375. 605 v. Guérard (Ztr.) war vom 13. 4. 1929 bis zum 30. 3. 1930 Reichsjustizminister gewesen. Die Unterstützung, die Trendelenburg von dem ehemaligen Justizminister v. Guérard zuteil wurde, ließ bei Bredt den Eindruck entstehen, dass zwischen dem Widerstand aus dem Wirtschaftsministerium und demjenigen seiner eigenen Mitarbeiter Joël und Oegg ein Zusammenhang bestand: Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1914 bis 1933, S. 256. 606 Bredt, Erinnerungen und Dokumente 1914 bis 1933, S. 256. 607 So etwa die Abgeordneten Drewitz Borrmann Petzold und Genossen am 16. 10. 1930: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 448, Drucksache Nr. 94. Ebenso die Abgeordneten Leicht und Genossen am 6. 12. 1930: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 449, Drucksache Nr. 465.

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volkswirtschaftlichen Ausschuss überwiesen.608 Am 4. November 1931 beriet der Ausschuss über die Anträge, stellte seine Beratungen dann jedoch ein, nachdem Reichsjustizminister Joël erklärte hatte, dass das Kabinett bereits einen Entwurf verabschiedet habe, der sofort dem Reichsrat zugeleitet und zudem beschleunigt im Reichsanzeiger veröffentlicht werde.609

1. Der Antrag der Deutschnationalen Volkspartei Am 1. Dezember 1930 war es die Fraktion der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die einen Antrag in den Reichstag einbrachte.610 Darin forderte sie die Reichsregierung auf, baldigst einen Entwurf betreffend das Zugabewesen vorzulegen und regte an, § 6 UWG durch zwei neue Absätze (Abs. 2 und 3) zu ergänzen. Nach Abs. 2 sollte die entgeltliche und unentgeltliche Gewährung (nicht ihre Ankündigung) von Zugaben verboten werden. Als Zugaben sollten „alle von der Gattung der Hauptsache verschiedenen Waren, die einen wirtschaftlichen Verkehrswert besitzen und im regelmäßigen Geschäftsbetrieb nur gegen Bezahlung abgegeben werden können“ gelten. Nicht als Zugaben zählen sollten Waren „von geringfügigem Wert, die eine dauerhafte und deutlich sichtbare Reklame-(Geschäfts-)Bezeichnung auf der Schauseite tragen“.611

2. Der Antrag der Christlich Nationalen Bayern- und Landvolkspartei sowie der Bayrischen Volkspartei Nur 5 Tage später, am 6. Dezember 1930, meldeten sich die Abgeordneten Döbrich Dr. Wendhausen Leicht und Genossen im Reichstag zu Wort.612 Auch sie forderten eine schleunige Regulierung des Zugabewesens und schlugen ebenfalls eine Erweiterung des § 6 Wettbewerbsgesetz vor. Nach diesem Antrag war jedoch lediglich die Einfügung eines neuen Absatzes 2 vorgesehen. Darin sollte sowohl das Versprechen als auch die Gewährung von Zugaben generell untersagt sein. Als Verhandlungen des Reichstags, Bd. 445, 38. Sitzung S. 1453. Laut eines Berichts der Berliner Börsen-Zeitung vom 5. 11. 1931 hat der Reichsjustizminister den Ausschuss aufgefordert, im Hinblick auf die Sachlage von weiteren Beratungen abzusehen: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 16. 610 Antrag Jaeger (Celle) Dr. Wienbeck Timm und Genossen: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 448, Drucksache Nr. 319. 611 Abschließend sollte dieser Absatz noch eine Regelung zur Unterbindung sogenannter „gekoppelter Verkäufe“ enthalten. Absatz 3 schließlich sah für Zuwiderhandlungen eine Geldstrafe bis 1000 RM oder Haft vor. 612 Antrag vom 6. 12. 1930, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 449, Drucksache Nr. 457. Die Abgeordneten Döbrich und Wendhausen gehörten der Christlich Nationalen Bauern- und Landvolkspartei („Deutsche Landvolk“), der Abgeordnete Leicht der Bayrischen Volkspartei an. 608 609

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

Zugaben sollten „alle von der Gattung der Hauptsache verschiedenen Sachen, die nicht nur einen äußerlich sinnfälligen Reklamewert, sondern einen Eigenwert als Verbrauchs- oder Gebrauchswert besitzen“ gelten, die im normalen Geschäftsbetrieb nur gegen Barzahlung abgegeben werden können.613 3. Der Antrag der Wirtschaftspartei Am 10. Dezember 1930 brachte die Fraktion der Wirtschaftspartei einen Antrag ein.614 Dieser Antrag sah nicht lediglich eine Ergänzung des UWG, sondern den Erlass eines eigenen „Gesetzes über die Gewährung von Zugaben zu Waren oder Leistungen“ vor und entsprach im Wesentlichen dem Entwurf des Justizministeriums. Unterschiede wies lediglich der Katalog ausnahmsweise zulässiger Zugaben in § 1 Abs. 2 auf. So sollten nach Ziff a) Zugaben von geringem Wert mit dauerhafter und deutlich sichtbarer Reklamebezeichnung sowie wertlose Kleinigkeiten erlaubt sein. Nach Ziff. b) sollte gleiches für Geldrabatte, nach Ziff. c) für Mengenrabatte und nach Ziff. d) für handelsübliches Zubehör bzw. Nebenleistungen gelten. 4. Der Antrag der Zentrumspartei Die Zentrumsfraktion brachte schließlich noch am 26. Februar 1931 einen Antrag in den Reichstag ein.615 Darin regte sie an, in § 6 UWG zwei neue Absätze (Abs. 2 und 3) einzufügen. Nach Abs. 2 sollte das Versprechen wie auch das Gewähren von Nebenleistungen unter der Bezeichnung „Gratiszugabe“ verboten sein. Als Nebenleistungen in diesem Sinne sollten Waren oder Leistungen mit eigenem Gebrauchs- oder Verbrauchswert beim Verkauf anderer Art gelten. Nach Abs. 3 sollten Verkäufer, die Zugaben gewährten, verpflichtet sein, den Wert ihrer Zugaben auszuweisen und diesen auf Wunsch des Käufers anstelle der Zugaben auszuzahlen.

IV. Die Verständigung zwischen den Ministerien Erst als Justizminister Bredt im Dezember 1930 zurückgetreten war616 und Staatssekretär Joël das Ministerium übernommen hatte,617 kam es zwischen Justiz613 Weiterhin enthielt auch dieser Antrag eine Regelung, wonach „gekoppelte Verkäufe“ verboten sein sollten. 614 Antrag Drewitz Lauterbach Borrmann und Genossen: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 449, Drucksache Nr. 590. 615 Antrag Dr. Dessauer Dr. Perlitius und Genossen: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 450, Drucksache Nr. 846. 616 Bredt trat am 5. 12. 1930 zurück.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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und Wirtschaftsministerium zu einer Annäherung in der Zugabefrage. Man verständigte sich, im Kabinett erneut den ursprünglichen Referentenwurf vom 24. Mai 1930618 mit den Zusätzen des § 1 Abs. 2 zu e) und f) der Kabinettsvorlage619 vom 3. Juni 1930 zu beraten.620 Das Wirtschaftsministerium willigte ein, obwohl es angab, eigentlich nach wie vor eine Missbrauchsregelung vorzuziehen.621 Hintergrund dieses Entgegenkommens war die intern geäußerte Erkenntnis, dass die zwischenzeitlich im Reichstag vorgelegten Gesetzesentwürfe sämtlicher bürgerlicher Parteien622 ein grundsätzliches Zugabeverbot anstrebten. Vor diesem Hintergrund könne ohnehin nicht damit gerechnet werden, dass der Reichstag der vom RWR vorgeschlagenen Linie einer Missbrauchsregelung folgen würde. Hinzu komme, dass das Zugabewesen seit Erstattung des Gutachtens des RWR innerhalb des Einzelhandels eine erheblich weitere Verbreitung erfahren habe. In Betracht zu ziehen sei zudem, dass der Referentenentwurf „durch die liberale Gestaltung der Ausnahmen von dem Zugabeverbot keinen unbedingten und starren Eingriff in die Wirtschaft“ darstelle.623

617 Joël übernahm nach Ausscheiden Bredts zunächst nur die Geschäfte des Ministeriums und wurde am 9. 10. 1931 selbst Reichsjustizminister: Vgl. Winkler, Weimar 1918 – 1933, S. 430. 618 In der Fassung des Vorgangs I b 511. Hierbei handelte es sich um den Entwurf der Zugaben ausnahmsweise gestattete, „wenn der die Zugabe Gewährende sich erbietet, an Stelle der Zugabe den von ihm ziffernmäßig zu bezeichnenden Geldbetrag des tatsächlichen Wertes der Zugabe bar auszuzahlen“. 619 In der Fassung des Vorgangs I b 582. 620 Vermerk von Ministerialrat Hoppe vom 9. 2. 1931. Darin wird der Inhalt einer Unterredung wiedergegeben, die Hoppe am 7. 3. 1931 mit Ministerialrat Klauer vom Reichsjustizministerium geführt hatte. Klauer war von Staatssekretär Joël beauftragt worden, in der Zugabenfrage mit dem Wirtschaftsministerium Kontakt aufzunehmen: BArch, R 3101 / 2204. 621 Vgl.: Interner Vermerk des Reichsjustizministeriums vom 3. 3. 1931. Darin wird wiedergegeben, was der für die Zugabefrage zuständige Sachbearbeiter des Reichwirtschaftsministeriums, Oberregierungsrat Michel, auf Anfrage erklärte: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 65. 622 Mit Ausnahme der Bayrischen Volksparteien, die sich auf die Bekämpfung von Auswüchsen beschränke. 623 Vermerk von Ministerialrat Hoppe vom 9. 2. 1931: BArch, R 3101 / 2204. Hoppe traf sich wenig später mit Vertretern aus Industrie und Handel. Während der Reichsverband der Deutschen Industrie bei dem Treffen Ende Februar 1931 sogar die vergleichsweise liberale Empfehlung des RWR aus arbeitsmarktpolitischen Gründen ablehnte, erteilte die Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels einer dem ersten Referentenentwurf entsprechenden Regelung ihre Zustimmung. Die Vertreter des Reichsverbandes der Deutschen Industrie stützten ihre Ablehnung auf arbeitsmarktpolitische Erwägungen. Der Vertreter der Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels hingegen gab an, „aus verbandspolitischen Gründen eigentlich auf der Forderung eines radikalen Verbots bestehen“ zu müssen. Letztlich hielt man den Referentenentwurf zumindest für eine „brauchbare Grundlage für die zu treffende Regelung.“: Vermerk Hoppe vom 21. 2. 1931: BArch, R 3101 / 2204.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

V. Die 2. Kabinettsvorlage vom 3. März 1931 Am 3. März 1931 übersandte Staatssekretär Joël der Reichskanzlei seinen Entwurf des Zugabengesetzes.624 Wie mit dem Wirtschaftsministerium vereinbart, war der Entwurf eine Mischung aus dem Referentenentwurf vom 24. Mai 1930 und der Vorlage Bredt’s vom 3. Juni 1930 und sollte nach den internen Aufzeichnungen des Ministeriums seiner Zielrichtung nach dem letzten Zentrumsantrag625 entsprechen. Als Ausnahme zum generellen Zugabeverbot waren sowohl die zuvor von Bredt ganz bewusst gestrichene Ziff. e) (bei alternativer Auszahlung eines entsprechenden Barbetrages), als auch die erst in der Kabinettsvorlage vom Juni 1930 unter Ziff. e) (Auskünfte und Ratschläge) und Ziff. f) (Versicherungsleistungen von Seiten des Zeitschriftengewerbes)626 eingefügten Ausnahmen vorgesehen. Letztere Regelungen sollten in der neuen Vorlage die Bezeichnungen f) und g) tragen.

VI. Das Reichskabinett lässt die Vorlage passieren Der Aufforderung Joëls, den Entwurf des Zugabegesetzes umgehend auf die Tagesordnung des Reichskabinetts zu setzen, entsprach man in der Reichskanzlei nicht. Es dauerte letztlich weitere 8 Monate, bis sich das Kabinett der Zugabefrage annahm. Zwischenzeitlich legten Vertreter des Zentrums, der Wirtschaftspartei wie auch der Bayrischen Volkspartei am 16. Oktober 1931 im Reichstag den Antrag Mollath und Genossen vor.627 Danach sollten es durch Anfügung zwei neuer Absätze an § 6 UWG (Absätze 2 u. 3) generell verboten sein, Zugaben zu versprechen oder zu gewähren. Im Unterschied zu vielen vorausgegangenen Anträgen sollte 624 Zum Wortlaut der Vorlage siehe unten in der Anlage auf S. 304. Gleichzeitig bat er darum, den Entwurf auf die Tagesordnung einer der nächsten Kabinettssitzungen zu setzen: Schreiben Joëls an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 3. 3. 1931, Vorgang RJM. Nr. IV i 210.: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 67. 625 Dr. Dessauer Dr. Perlitius und Genosse vom 26. 2. 1931, Antrag Nr. 846. 626 Für eine derartige Regelung hatte im Reichswirtschaftsministerium auch das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung geworben. Dieses erklärte es für bedenklich, wenn die Regelung des Zugabewesens keine Ausnahmeregelung für die von ihm beaufsichtigten Abonnentenversicherungen enthielte. Es gab an, dass rund 12 Mio. Bürger des Deutschen Reiches Versicherungsschutz in Form von Abonnentenversicherungen genössen und die für das Jahr 1928 die geleisteten Auszahlungen rund 15 Mio. RM betragen hätten. Ein gesetzliches Verbot der Abonnentenversicherungen würde „für weite Volkskreise von weittragenden und außerordentlichen unerwünschten Folgen“ sein. Schreiben des Reichsaufsichtsamtes an den Reichswirtschaftsminister vom 30. 9. 1930: BArch, R 3101 / 2202. 627 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 451, Drucksache Nr. 1216. Auch der Preußische Landtag machte Druck auf die Reichsregierung. Am 21. 10. 1931 nahm man mit großer Mehrheit einen Antrag des Zentrums (Antrag Dr. Hess und Genossen) an, wonach die Staatsregierung ersucht wurde, bei der Reichsregierung zu beantragen, beschleunigt ein Zugabeverbot zu erlassen: Preußischer Landtag, Bd. 16, 254. / 255. Sitzung vom 21. Oktober 1931, S. 22485.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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dieses Verbot nicht lediglich im Einzelhandel, sondern im gesamten „geschäftlichen Verkehr“ gelten.628 Erst nach wiederholter Aufforderung des Justizministers wie auch durch Handelskreise, nahm sich das Reichkabinett im November 1931 erneut der Zugabenfrage an.629 Bevor die Vorlage das Kabinett passieren konnte, setzte der parteilose Wirtschaftsminister Warmbold noch eine Änderung des Entwurfs durch. Er sorgte dafür, dass in § 1 Abs. 2 Ziff. e) jene Passage gestrichen wurde, die den vom Verkäufer ziffernmäßig zu bezeichnenden Geldbetrag an den „tatsächlichen Wert“ der Zugabe koppelte. Damit sollte der ursprünglichen Empfehlung des RWR gefolgt werden, wonach der Verkäufer bei der Bestimmung des Betrages gänzlich frei sein sollte. Zur Begründung dieser Änderung gab er an, dass eine gerichtliche Überprüfung des tatsächlichen Werts einer Zugabe in der Praxis zu erheblichen Zweifeln und Schwierigkeiten führen würde. Warmbold war der Auffassung, dass auch mit dieser Änderung nicht befürchtet werden müsse, dass Verkäufer die Barbeträge rein willkürlich zu niedrig halten würden. Durch derartige Festsetzungen würden die Verkäufer nur die eigenen Zugaben selbst entwerten.630 Am 3. November schließlich notierte der Staatssekretär in der Reichskanzlei v. Hagenow, dass das Reichkabinett den Entwurf des Zugabengesetzes „nach Berücksichtigung geringfügiger Änderungsvorschläge“ genehmigt habe.631

VII. Die Reaktionen der beteiligten Kreise auf den Entwurf Nachdem die Reichsregierung ihren Entwurf am 5. November 1931 im Deutschen Reichsanzeiger (Nr. 259) veröffentlicht hatte, ließen die Reaktionen der beteiligten Kreise nicht lange auf sich warten. Während die Befürworter der „Wertreklame“ enttäuscht waren, dass sich die Regierung abweichend vom RWR für eine Verbotsregelung entschieden hatte, überwog in zugabe-kritischen Kreisen die Erleichterung, das eine Regulierung des Zugabewesens nun zumindest in Sicht628 Damit sollten auch vorgeschaltete Zugaben, etwa vom Fabrikanten an den Groß-, oder vom Groß- an den Kleinhändler erfasst werden. 629 Vgl. etwa die Abschrift des Schreibens des Reichsministers der Justiz an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 24. 10. 1931. Darin wird die Lösung der Zugabefrage als eilbedürftig bezeichnet und auf den Antrag Mollath und Genossen hingewiesen: BArch, R 3001 / 2633 Bl. 281. Ähnlich: Schreiben der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels e.V. an Reichskanzler Brüning vom 22. 10. 1931, in dem auf die Notlage des Einzelhandels hingewiesen und auf die Dringlichkeit der Regelung des Zugabewesens hingewiesen wird. Gleichzeitig äußerte man seine Enttäuschung über NotVO vom 7. 10. 1931, in der keiner der eigenen Wünsche umgesetzt worden sei: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 289. 630 Schreiben von Regierungsrat Michel an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 3. 11. 1931: BArch, R 3101 / 2204. 631 Schreiben an den Reichsminister der Justiz vom 3. 11. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 28. Zum Wortlaut das Kabinettsentwurfs vom 3. 11. 1931 siehe Anhang unter I.

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weite kam. Einigkeit bestand zwischen den Lagern, dass die Ausnahmeregelung der Ziff. e) so nicht stehen bleiben könnte. Der Schutzverband für Wertreklame brachte deutlich zum Ausdruck, dass er den Regierungsentwurf bereits in seiner Grundkonzeption ablehnte.632 Ihm missfiel, „dass der Entwurf weder in seiner Formulierung noch in seiner Begründung dem Gutachten des RWR“ entsprach.633 Zustimmung finde „lediglich die in dem Entwurf liegende Tendenz, nur die Auswüchse im Zugabewesen zu unterbinden ( . . . )“. Nicht nachvollziehbar sei jedoch, wie dieses Ziel durch ein grundsätzliches Verbot der Zugaben erreicht werden solle, dass auch „als einwandfrei und berechtigt anerkannte“ Formen der Wertreklame nur ausnahmsweise zulasse. Mit Blick auf die Barrabattregelung der Ziff. e) gab der Schutzverband an, dass die Regelung die Werbekraft der „Wertreklame“ in unerträglichem Maße einenge, da der Verkäufer „nur den in seiner Preiskalkulation enthaltenen Gestehungswert der Zugabe dem Käufer als Barbetrag anbieten“ könne. Damit werde für den Käufer der Wert der Zugabe herabgesetzt. Konsequenz dieser Regelung werde letztlich der Rückgang der Produktion an Zugabeware und damit ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen sein.634 Sowohl die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels635 wie auch der Deutsche Industrie- und Handelstag636 begrüßten den Regierungsentwurf seinem Ansatz nach, hielten gleichzeitig jedoch eine Reihe von Änderungen für notwendig. Zum einen regten sie an, dass Zugabeverbot nicht auf den Einzelhandel zu 632 Schreiben des Schutzverbandes für Wertreklame an die Bevollmächtigten im Reichsrat vom 30. 11. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 74. 633 Während der RWR in seinen umfänglichen Ermittlungen nicht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Zugaben unlauter und schädlich seien, hieße es in der Begründung des Regierungsentwurfes, dass „die gegen das Zugabewesen vorgebrachten Bedenken zum größten Teil gerechtfertigt“ seien. Weiter gäbe die Begründung an, dass den zugunsten des Zugabewesens geltend gemachten Argumenten „überwiegende Bedenken“ gegenüberständen. 634 Die Zweifelhaftigkeit dieser Ausnahmeregelung sei bereits im RWR bekannt gewesen. Aus diesem Grund sei die Regelung vom Ausschuss auch nicht einstimmig angenommen, sondern der Regierung nur „zur näheren Prüfung“ überwiesen worden. 635 Schreiben an den Reichsjustizminister vom 9. 12. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 95 f. 636 Schreiben an den Reichsrat vom 14. 12. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 102. Zur Haltung der einzelnen, ihm zugehörigen Kammern zum Entwurf der Reichsregierung gab der DIHT an, dass Uneinigkeit darüber bestehe, ob die vorgeschlagenen Regelungen weitreichend genug sein. Ein Teil der Kammern bejahe diese Frage und sei der Auffassung, dass der Entwurf trotz gewisser Mängel, „im Allgemeinen noch einen geeigneten Ausgleich der widerstreitenden Interessen darstelle und dass man ihn, da mehr als eine Kompromisslösung wohl nicht zu erreichen sein werde, in der vorliegenden Form in Kraft setzen solle“. Das wichtigste sei, durch eine Regelung schnellstmöglich eine Verbesserung der Verhältnisse zu erreichen, Nachbesserung seien immer noch möglich. Demgegenüber sei ein anderer Teil von Industrieund Handelskammern der Auffassung, dass der Regierungsentwurf verschärft werden müsse. Die vorgelegte Regelung sei nicht weitreichend genug, da das eingangs ausgesprochene grundsätzliche Verbot der Zugaben „durch allzu weitreichende Ausnahmen“ durchbrochen werde.

C. Vom Referentenentwurf zur Kabinettsvorlage

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beschränken, sondern auch auf den „vorgeordneten Bereich“ auszuweiten.637 Zum zweiten forderten sowohl die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels wie auch der Deutsche Industrie- und Handelstag eine Erweiterung des Verbots der Zugaben auf sogenannte „gekoppelte Verkäufe“. Das Anbieten von Hauptware und Zugabe zu einem einheitlichen Preis sei vielfach lediglich eine Verschleierung der Zugabe. Derartigen Umgehungsversuchen des § 1 des Entwurfs müsse ein Riegel vorgeschoben werden.638 Größte Bedenken äußerten schließlich beide Organisationen hinsichtlich der Ausnahmeregelung der Ziff. e). Es sei zu befürchten, dass die Verkäufer den Barwert ihrer Zugaben derartig niedrig ausweisen würden, dass es für das Publikum reizlos wäre, sich den Barbetrag auszahlen zu lassen. Letztlich würden die meisten Käufer vermutlich von ihrem alternativ bestehenden Recht keinen Gebrauch machen, sondern bei den Zugaben bleiben. Damit würde das eigentlich in § 1 Abs. 1 angeordnete Verbot derselben im Ergebnis wieder aufgehoben. Gleichzeitig sei zu erwarten, dass die Verkäufer darauf hinweisen würden, dass der tatsächlicher Wert der Zugaben eigentlich höher sei. In diesem Fall seien für den Fachhandel Nachteile zu erwarten, da bei den Kunden der Eindruck entstehen müsse, dass die von ihm für vergleichbare Produkte verlangten Preise zu hoch seien. Die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels erklärte, dass Abhilfe durch Streichung der Ziff. e) geschaffen werden könne. Alternativ könne die Ziff. e) um einen Passus erweitert, wonach der Verkäufer verpflichtet sein sollte, den Zugabeartikel auf Verlangen des Kunden gegen den genannten Barbetrag zu verkaufen, „ohne dass ein anderer Ankauf getätigt wird oder Bedingungen an die Abgabe geknüpft werden“. Der Deutsche Industrie- und Handelstag hingegen gab an, dass die ihm angeschlossenen Kammern in dieser Frage nicht zu einheitlichen Forderungen kämen. Während einige verlangten, dass die Verkäufer mindestens ihre Einstandspreise ausweisen müssten, hielten andere den ortsüblichen Verkaufspreis für richtig. Andere Kammern wiederum verlangten eine vollständige Streichung der Ziff. e). Von Preußen aus war schon früh nach einer restriktiven Regelung des Zugabewesens verlangt worden. Obwohl man den Vorstoß der Reichsregierung grundsätzlich positiv aufnahm, meinte man, dass dieser Entwurf nicht weit genug ginge. Der Preußische Minister für Handel und Gewerbe etwa gab an, dass der Entwurf der Reichsregierung – bei Aufrechterhaltung der Ausnahme des § 1 Abs. 2 Ziff. e) – 637 Zur Begründung gab man an, dass das Zugabewesen auch in diesem Bereich großen Umfang angenommen und mittlerweile zu Missständen geführt habe. So animiere die Industrie wie auch der Großhandel die Einzelhändler mit Hilfe von Zugaben, minderwertige Produkte auf den Markt zu bringen. 638 Zweckmäßig erschien es der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels aus diesem Grund, dem § 1 Ab S. 1 Satz 2 folgenden Wortlaut beizufügen: „Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird oder wenn das Entgelt für die Zugabe zusammen mit dem Entgelt für die Hauptware in einem Einheitspreis verlangt wird.“ Die DIHT wollte gekoppelte Verkäufe nur insoweit verboten sehen, als dass verschiedene Waren „gekoppelt“ abgesetzt wurden, nicht hingegen die „Verkoppelung“ Waren gleicher Gattung.

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sein Ziel verfehlen werde. Ziel müsse ein Verbot der Zugaben sein, dies verlange der „überwiegende Teil“ der deutschen Wirtschaft.639 Zur Begründung gab er an, dass mit Ziff. e) nicht der eigentliche Übelstand der Preisverschleierung abgestellt werden könne. Dies liege daran, dass die jeweiligen Einstandspreise für Waren gleicher Art und Güte völlig verschieden seien. Letztlich werde die „Barrabattregelung“ für das Publikum sogar neue Verwirrung schaffen.

D. Der Vorstoß des Reichskommissars für Preisüberwachung Noch bevor der Reichsrat die Regierungsvorlage angenommen hatte, unternahm im Januar 1932 Carl Goerdeler640, der von der Reichsregierung eingesetzte Reichskommissar für Preisüberwachung, einen Versuch, die gesetzliche Lösung der Zugabenproblematik an sich zu ziehen.641 Zur Begründung gab er an, dass zur Entlastung des Handels schnellstmöglich für eine Bekämpfung des Zugabewesens gesorgt werden müsse. Da das sich rasant ausbreitende Zugabewesen Einfluss auf die Preisgestaltung im Land habe und die weitere Beratung des Entwurfs durch die gesetzgebenden Körperschaften zu viel Zeit in Anspruch nehme, sei es sinnvoll, wenn er in seiner Funktion als Reichskommissar auf dem Verordnungswege umgehend für eine Regulierung der Sachmaterie sorge.642

I. Die Preispolitik und der Reichskommissar für Preisüberwachung Das Amt des Reichskommissars für Preisüberwachung war erst am 8. Dezember 1931 durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten geschaffen worden und war Teil der „Brüning’schen Preispolitik“.643 Ziel dieser Politik war es, den starken Rückgang der Beschäftigungszahlen im Land zu stoppen und das Staatsdefizit auszugleichen. Abhilfe versprach man sich von einer staatlichen Intervention sowohl in die Löhne wie auch die Preise. Durch die Senkung des 639 Schreiben an den Reichsjustizminister vom 23. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 188. Hierzu zählte er die berufenen Vertreter der an dieser Frage interessierten Wirtschaftszweige, der Industrie- und Handelskammern wie auch der Handwerkskammern. 640 Zur Person Goerdelers siehe oben in Fn. 568. 641 Im Bundesarchiv finden sich keine Akten des Reichskommissars für Preisüberwachung betreffend das Zugabewesen. Lediglich in den Akten anderer Ministerien finden sich Unterlagen, die Aufschlüsse auf Goerdelers Engagement in dieser Angelegenheit geben. 642 Protokoll der Chefbesprechung vom 17. 2. 1932, abgedruckt auch bei Koops, Akten der Reichskanzlei, Bd. 3 (10. 10. 1931 – 30. 5. 1932), S. 2304. 643 4. Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens: RGBl. I, S. 699(702).

D. Der Vorstoß des Reichskommissars für Preisüberwachung

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Lohnniveaus sollte die Investitionstätigkeit angekurbelt und die Exportwirtschaft bessergestellt werden.644 Gegenüber den Gewerkschaften waren derartige Lohnkürzungen nur durchsetzbar, weil man zugesagt hatte, mit den Löhnen auch die Lebenshaltungskosten der arbeitenden Bevölkerung zu senken (sog. „Parallepolitik“).645 Dies verlangte nach einer allgemeinen Preissenkung, die nur durch eine massive staatliche Intervention in die Märkte zu erreichen war.646 Hierfür war das Amt des Reichskommissars für Preisüberwachung geschaffen worden. In der Notverordnung, die seine Befugnisse regelte, war festgelegt worden, dass der Reichskommissar die „Preise für lebenswichtige Gegenstände des täglichen Bedarfs oder für lebenswichtige Leistungen zur Befriedigung des täglichen Bedarf“ zu überwachen und „insbesondere die den einzelnen Wirtschaftsstufen zufließenden Preisspannen und Zuschläge“ zu regeln hatte.647 Zu diesem Zweck konnte er „auf die freiwillige Senkung durch die Beteiligten hinwirken oder nach seinem Ermessen Preise, Preisspannen oder Zuschläge unmittelbar herabsetzen oder andere hierauf abzielende Maßnahmen treffen“.648 Hierbei handelte es sich um eine sehr weite Ermächtigung. So konnte der Reichskommissar etwa selbst bestimmen, was als „lebenswichtiger Gegenstand des täglichen Bedarfs“ bzw. als „lebenswichtige Leistung zur Befriedigung des täglichen Bedarfs“ anzusehen war.649 Auch waren für das Eingreifen des Reichskommissars keine weiteren Voraussetzungen genannt.650

644 Die Verbesserung des Finanzdefizits versprach man sich u. a. davon, dass man als erstes eine drastische Kürzung der Beamtengehälter vornahm. 645 Bad Oeynhausener Schiedsspruch vom Juni 1930 betreffend die Schwerindustrie: James, Deutschland in der Wirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 225 f. 646 Als Beispiel ist etwa die Notverordnung vom 16. 1. 1931 zu nennen, nach der die Preisbindung für den Einzelhandel bei jenen Markenartikeln aufgehoben wurde, deren Preis am 1. 2. 1931 nicht mindestens 10 % niedriger lag als am 1. 7. 1930: RGBl. I, S. 13. 647 Verordnung über die Befugnisse des Reichskommissars für Preisüberwachung vom 8. 12. 1931 (RGBl. I S. 747 / 48), abgedruckt bei Lehnich, Die Wettbewerbsbeschränkung, S. 630 f. 648 § 1 Ab S. 1 S. 2 der Verordnung über die Befugnisse des Reichskommissars für Preisüberwachung. Zuwiderhandlungen gegen derartige Maßnahmen waren „mit Gefängnis, Haft oder Geldstrafe“ bedroht (§ 1 AbS. 2 der Verordnung), ferner konnte die Fortführung eines Betriebes untersagt werden (§ 2 Ab S. 1 der Verordnung). 649 § 4 der Verordnung über die Befugnisse des Reichkommissars für Preisüberwachung. Als Folge schuf der Reichskommissar auch etwa solche Regelungen wie die Verordnung über den Handel mit Papiertapeten vom 10. 5. 1933. 650 Dies galt sowohl für die Notverordnung mit der das Amt des Reichskommissars geschaffen wurde, wie auch für die Verordnung, die seine Befugnisse festlegte. Seine Bedeutung wurde schließlich noch dadurch unterstrichen, dass er direkt dem Reichskanzler unterstand: Puppo, Die wirtschaftsrechtliche Gesetzgebung des 3. Reichs, S. 94.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

II. Der Widerstand gegen den Reichskommissar Bereits am 1. Februar 1932 legte Goerdeler seinen Entwurf einer Verordnung über den Verkauf von Nebenwaren und Nebenleistungen vor.651 Obwohl sich der Entwurf ausdrücklich nur auf „Nebenwaren“ und „Nebenleistungen“ bezog, lief er im Ergebnis auf ein umfassendes Zugabeverbot hinaus: Die Zugabe von Waren oder Leistungen zu einer Hauptware sollte verboten sein, soweit die Zugaben einer anderen Gattung als der Hauptware angehörten und einen eigenen Verkehrswert besaßen. Ausnahmsweise zulässig sein sollte lediglich handelsübliches Zubehör, handelsübliche Nebenleistungen sowie Nebenleistungen zu Werbezwecken. Ähnlich dem Regierungsentwurf sollte es auch verboten sein, bei dem Angebot oder der Ankündigung, die Zuwendung der Nebenleistung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk und dergl.) zu bezeichnen. Sowohl auf Seiten des Reichsjustiz- und des Reichswirtschaftsministers652 als auch des Reichsverbands der Deutschen Industrie653 stieß der Vorstoß Goerdelers auf Widerstand. Obwohl er bereits wenig später die Bereitschaft signalisierte, von seinem eigenen Entwurf abzusehen und den Inhalt des Entwurfes der Reichsregierung zu übernehmen,654 blieben die Minister bei ihrer Ablehnung und setzten sich damit letztlich auch durch. Nachdem der Reichsrat die Regierungsvorlage angenommen hatte, beendete Joël das Kompetenzgerangel durch ein Schreiben an die Reichskanzlei.655 Darin gab er an, dass man im Reichsjustizministerium der Auf651 Anlage zum Schreiben Goerdelers an den Reichsjustizminister vom 1. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 173. 652 Vermerk des Reichsjustizministeriums vom 4. 2. 1932, der den Inhalt einer Besprechung bei Reichskommissar Goerdeler mit den beteiligten Ressortleitern am 2. 2. 1932 wiedergibt: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 173. Diese Haltung brachten Joël und Trendelenburg auch in einer Chefbesprechung am 17. 2. 1932 zum Ausdruck: Protokoll der Besprechung vom 17. 2. 1932, abgedruckt auch bei Koops, Akten der Reichskanzlei, Bd. 3 (10. 10. 1931 – 30. 5. 1932), S. 2304. 653 In einem Schreiben des Reichsverbands an den Reichskanzler und die beteiligten Minister vom 29. 1. 1932 gab man an, dass Goerdeler in einer Besprechung eigentlich zugesagt habe, seine Regelung auf das Gebiet der „verkoppelten Verkäufe“ (Verkauf von zusammenhängender Ware zu einem einheitlichen Preis) zu beschränken und diese Sonderfrage unter dem Gesichtspunkt der Preiswahrheit aufzugreifen. Der nun vorgelegte Entwurf laufe eine weitgehende Beschränkung des Zugabewesens hinaus, die in ihrer Wirkung weit über den Regierungsentwurf hinausgehe: BArch, R 3001 / 2643, Bl. 102 ff. 654 Vermerk des Reichsjustizministeriums vom 20. 2. 1932 über eine Besprechung mit Vertretern des Wirtschaftsministeriums wie auch des Reichskommissars: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 265. Goerdeler hatte zudem behauptet, dass die Vertreter des Einzelhandels nur mit einer Regelung der Materie durch den Reichkommissar einverstanden wäre. Zudem hatte er Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Art. 48 AbS. 2 WRV geäußert: Schreiben des Reichskommissars für Preisüberwachung an den Reichsjustizminister vom 22. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 269. 655 Schreiben Joëls an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 26. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2624. Zuvor hatte sich Joël mit ganz ähnlichem Inhalt direkt an Goerdeler gewandt: Schreiben Joël vom 23. 2. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 240 f.

E. Die Vorlage des Entwurfs beim Reichsrat

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fassung sei, dass dem Reichkommissar die Sachkompetenz zur Regelung des Zugabewesens fehle. Nach seiner Verordnungsermächtigung könne er nur Maßnahmen ergreifen, die „lebenswichtige Gegenstände des tägliches täglichen Bedarfs“ beträfen. Für eine Regelung des Zugabewesens sei es jedoch erforderlich, auch Maßnahmen zu treffen, die sich auf Gegenstände außerhalb dieses Bereiches bezögen.656

E. Die Vorlage des Entwurfs beim Reichsrat Nur einen Tag, nachdem man sich im Kabinett über die Vorlage verständigt hatte, hatte Reichsminister Joël den Gesetzesentwurf dem Reichsrat übersandt und um Zustimmung einer Einbringung in den Reichstag gebeten.657 Der Reichsrat verabschiedete die Regierungsvorlage nach eingehenden Erörterungen und anschließender Abstimmung mit dem Reichsjustizministerium am 18. Februar 1932.658 Dabei erfuhr die ursprüngliche Regierungsvorlage im Wesentlichen drei Änderungen. § 1 Abs. 1 S. 1 wurde dahingehend erweitert, dass das Zugabeverbot nicht mehr auf den Einzelhandel beschränkt, sondern auf den gesamten „geschäftlichen Verkehr“ erstreckt wurde. Nach der neuen Begründung des Entwurfs sollten damit auch solche Zugaben erfasst werden, die vom Fabrikanten oder Großhändler an die Zwischenhändler gegeben werden.659 Ebenfalls erfasst sein sollten damit solche Zugaben, die im Handwerks- oder Dienstleistungsbereich gewährt werden.660

656 Fälle, in denen die Hauptware oder Hauptleistung nicht als lebenswichtiger Gegenstand des täglichen Bedarfs anzusprechen seien, seien etwa diejenigen wie die oftmals übliche „Gewährung von Zugaben bei Einkäufen über einen bestimmten Betrag hinaus, ohne dass dabei nach der Art der eingekauften Gegenstände unterschieden würde“. Das gleiche gelte für die als Zugabe erfolgende Gewährung einer Versicherung an die Abonnenten von Zeitungen, die Zugabe von Porträtaufnahmen, Zugaben an Kinobesucher usw. Derartige Hauptwaren und Zugaben seien „in ihrer Fülle und Vielseitigkeit“ nicht zu übersehen und fielen nicht in den engen Rahmen der Ermächtigung des Reichskommissars. 657 Die WRV bestimmte in Art. 69 Ab S. 1, dass von der Reichsregierung erarbeitete Gesetzesvorlagen (Art. 57) in einem Zwischenverfahren dem Reichsrat vorzulegen waren, bevor sie in den Reichstag eingebracht werden konnten. Kam zwischen Reichsregierung und Reichsrat eine Übereinstimmung nicht zustande, konnte die Reichregierung die Vorlage gleichwohl einbringen, hatte hierbei aber die abweichende Auffassung des Reichsrats darzulegen. 658 Niederschriften über die Vollsitzungen des Reichsrates, 5. Sitzung vom 18. 2. 1932 (§§ 81 bis 113) § 112. Zum Wortlaut des Gesetzesentwurfs nach Verabschiedung durch den Reichsrat. 659 Aus den Unterlagen des Berichterstatters der Reichsratsausschüsse VII und II, Graf von Holtzendorff, ergibt sich, dass es der von der Provinzialverwaltung Sachsens bestellte Vertreter Preußens und der Vertreter Badens waren, die diese Änderung angestoßen hatten: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 45 u. 78.

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Weiterhin wurde in § 1 Abs. 1 ein Satz 3 eingefügt, wonach eine verbotene Zugabe im Sinne von Satz 1 auch dann vorliegen sollte, „wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt wird“. Diese Ergänzung sollte laut der Begründung des überarbeitenden Entwurfs einen erweiterten Schutz gegen entsprechende Umgehungsversuche bieten. Schließlich wurde noch § 1 Abs. 2 Ziff. e) dahingehend ergänzt, dass der Geldbetrag, der auf Verlangen statt der Zugabe zu entrichten ist, „nicht geringer als der Einstandspreis der Zugabe“ sein durfte. Durch diese Änderung sollte verhindert werden, dass der Barbetrag so gering bemessen würde, dass in ihm nur annähernd eine Abfindung für die Zugabe gesehen werden könnte.661 Die Ergänzung dieser Vorschrift war letztlich ein Kompromiss. Eigentlich war von Seiten einer Reihe von Ländern versucht worden, die Ausnahmevorschrift der Ziff. e) völlig streichen zu lassen. Zur Begründung war – ähnlich wie bereits im Frühjahr 1930 von Reichsminister Bredt – angegeben worden, dass die Regelung der Ziff. e) das von § 1 Abs. 1 ausgesprochene Verbot vollinhaltlich wieder aufhebe. Dieser Effekt würde noch dadurch begünstigt, dass es dem Verkäufer überlassen bleibe, die Höhe des ziffernmäßig zu bezeichnenden Betrags festzulegen.662 Letztlich war es Reichjustizminister Joël, der diesen Bestrebungen im Namen der Reichsregierung und im Interesse der Zugabenartikel herstellenden Industrie und damit des Arbeitsmarktes entgegentrat und entsprechende Bestrebungen der Länder für nicht annehmbar erklärte. Zur Begründung gab er an, dass der Gesetzesentwurf von dem Grundgedanken ausgehe, dass die Zugabengewährung an sich keine unlautere Wettbewerbshandlung sei und dass es lediglich darum gehe, Missbräuche zu unterdrücken. Der wesentlichste Übelstand bei der Gewährung von Zugaben liege in der Wirkung, dass durch die Zugabe der Preis, den der Käufer für die 660 Hierfür hatte sich zuvor der Reichsverband des deutschen Handwerks stark gemacht: Vgl.: Schreiben des Reichsverbands an den Reichsminister der Justiz vom 2. 12. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 46. 661 Aus den Unterlagen des Berichterstatters der Reichsratsausschüsse VII und II, Graf von Holtzendorff, ergibt sich, dass es der von der Provinzialverwaltung Sachsens bestellte Vertreter Preußens, der Vertreter Badens, der Vertreter Braunschweigs und der Vertreter Bayerns waren, die diese Änderung angestoßen hatten. Preußen und Baden hatten eigentlich eine völlige Streichung der Ziff. e) gefordert, sich dann aber mit einer Ergänzung der Regelung einverstanden erklärt: BArch, R 3001 / 2634 Bl. 45 u. 78. 662 Vgl. etwa den Änderungsvorschlag des Vertreters Braunschweigs, festgehalten vom Berichterstatters des Reichsratsausschusses VII und II Graf von Holtzendorff vom 5. 12. 1931. Oder des von der Provinzialverwaltung Sachsens bestellten Vertreter Preußens, ebenfalls festgehalten von Graf von Holtzendorff am 25. 11. 1931: BArch R 3001 / 2634, Bl. 45 u. 78. Ebenso der Vertreter Bayerns am 12. 12. 1931. Vgl. auch: Schreiben des Preußischen Minister für Handel und Gewerbe an den Reichsjustizminister vom 23. 1. 1932, in dem erklärt wird, dass der Gesetzesentwurf mit § 1 AbS. 2 Ziff. e) nicht das von dem überwiegenden Teil der deutschen Wirtschaft geforderte Verbot der Zugaben erreichen könne: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 188.

F. Die Missachtung des Parlaments

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Hauptware zu entrichten habe, verschleiert werde. Der Käufer bleibe darüber im Unklaren, zu welchem Betrage die Zugabe in den Kaufpreis einkalkuliert werde. Der in § 1 Abs. 2 zu e) vorgesehene Tatbestand beseitige diese Zweifel. Jeder Käufer könne erkennen, welcher Preis nach der eigenen Angabe des Verkäufers auf die Ware selbst entfalle. Der Vorlage liege deshalb die Auffassung zugrunde, dass kein Anlass vorliege, in derartigen Fällen die Gewährung von Zugaben zu verbieten.663 Im Gegenzug zu der Ablehnung der Forderung der Länder nach einer Streichung der Ziff. e) bot Joël dann an, das bis dahin vorgesehene freie Ermessen des Verkäufers bei der Festsetzung des Barbetrages auf den Einstandspreis des Verkäufers zu beschränken.664 Letztlich wurde dieser Vorschlag als Kompromiss angenommen.665

F. Die Missachtung des Parlaments – das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten Obwohl Reichsjustizminister Joël die Kabinettsvorlage dem Reichsrat noch im November 1931 mit der Aufforderung übersandt hatte, „der Einbringung des Entwurfs an den Reichstag zuzustimmen“, bekam das Parlament letztlich keine Gelegenheit, sich mit dem Entwurf des Zugabengesetzes zu befassen. Auch ein Geset663 Neben diesen rechtlichen Erwägungen hatte Joël auf wirtschaftliche Gründe abgestellt und folgendes zu Bedenken gegeben: Ein völliges Verbot der Zugaben hätte verheerende Folgen für die eine ganze Reihe von Großbetrieben im Reich, die von der Herstellung von Zugaben lebten. Von großer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass Zugaben herstellenden Betriebe zu „50 % und mehr ihrer Produkte im Ausland absetzten“. Mache Deutschland mit einem völligen Verbot der Zugaben den Anfang, müsse damit gerechnet werden, dass auch die Hauptabnehmerländer (Dänemark, Belgien, Holland, die Schweiz und insbesondere die Vereinigten Staaten und England) mit entsprechenden Regelungen nachzögen. Dies würde die für den Arbeitsmarkt ohnehin negativen Folgen eines Zugabeverbots noch deutlich verschärfen: Vgl.: Schreiben des Reichjustizministers an die im II. und VII. Ausschuss des Reichsrats vertretenen Landesregierungen wie auch die Herrn Reichsminister vom 16. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 128. 664 Vgl. insgesamt: Schreiben des Reichjustizministers an die im II. und VII. Ausschuss des Reichsrats vertretenen Landesregierungen wie auch die Herrn Reichsminister vom 16. 1. 1932: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 128. 665 Die Preußische Landesregierung hatte es sich dennoch nicht nehmen lassen, im Rahmen des Annahmebeschlusses des Reichsrates ihren Unmut über die weite Ausnahme der Ziff. e) zum Ausdruck zu bringen und dort folgendes festhalten zu lassen: „Die Preußische Staatsregierung bedauert, dass der Antrag, die im § 1 Abs. 2 e zugelassene Ausnahme zu streichen, keine Mehrheit gefunden hat. Die Ausnahme ist von so großer Tragweite, dass sie die wirksame Bekämpfung der dem Zugabewesen eigentümlichen Mißstände voraussichtlich stark beeinträchtigen wird. Sie hebt das im Eingang der Vorlage angekündigte Zugabeverbot praktisch wieder auf. Gleichwohl wird die Preußische Staatsregierung die Vorlage nicht ablehnen, da sie glaubt, jeden Versuch einer Bekämpfung der in der Begründung der Vorlage zutreffend gekennzeichneten Mißstände unterstützen zu müssen.“: Niederschriften über die Vollsitzungen des Reichsrates, 5. Sitzung vom 18. 2. 1932 (§§ 81 bis 113) § 112.

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zesbeschluss des Reichstags, wie ihn Art. 32 WRV eigentlich vorsah, unterblieb. Stattdessen machte Reichspräsident v. Hindenburg, von der ihm durch Art. 48 Abs. 2 WRV eingeräumten „Diktaturgewalt“ Gebrauch und regelte die Zugabenfrage im Wege einer Notverordnung. Dies geschah am 9. März 1932 mit der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft.

I. Das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten nach Art. 48 Abs. 2 WRV Art. 48 Abs. 2 WRW verlieh dem Reichpräsidenten die außerordentliche Kompetenz der „Diktaturgewalt“.666 Von der verfassungsgebenden Nationalversammlung war dieses Ausnahmerecht 1919 eigentlich so konzipiert worden, dass das Staatsoberhaupt in der Lage sein sollte, die Republik gegen Angriffe von innen schützen. Eigentlich handelte es sich lediglich um eine „subsidiäre Ausnahmekompetenz“, die nur dann zur Anwendung kommen sollte, „wenn Polizei und Justiz nicht in der Lage waren, Angriffen Dritter gegen erhebliche Staatsfunktionen wirksam zu begegnen“.667 Voraussetzung des Notverordnungsechts des Reichspräsidenten war, dass im Reiche „die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet“ war.668 Im Unterschied zum polizeirechtlichen Begriff der „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ verlangte Art. 48 Abs. 2 WRV eine Kumulierung dieser Voraussetzungen. Schutzgut war die Verfassung wie auch die Gewährleistung ihres Funktionierens.669 „Erheblich“ war die Störung oder Gefährdung erst, wenn sie individualisierbar, d. h. greifbar war. Zudem durften die gewöhnlichen Organe des Reiches und der Länder nicht in der Lage sein, die Störung und Gefährdung durch Gesetzgebung oder Verwaltung aus dem Weg zu räumen. Kamen sie ihren Aufgaben nicht nach, war der Reichspräsident berechtigt, über die Grenzen seines eigenen Amtes hinaus in ihre jeweiligen Zuständigkeiten einzugreifen. Art. 48 Abs. 2 WRV hatte damit letztlich kompetenzverschiebende Wirkung.670 666 Vgl.: Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 107 f. Daneben räumte ihm Art. 48 Ab S. 1 WRV die „Reichsexekution“ gegen Länder ein, die ihnen nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllten. 667 Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 108. 668 Gather, Das Notstandsrecht nach der Weimarer Reichsverfassung und dem Bonner Grundgesetz, S. 21. 669 Vgl.: Gather, Das Notstandsrecht nach der Weimarer Reichsverfassung und dem Bonner Grundgesetz, S. 21. Er spricht davon, dass es sich bei dem Gefährdungsbegriff des Art. 48 WRV um eine „eine Kategorie des Verfassungsrechts“ gehandelt habe. 670 Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 107. Der Wesensart der in diesen Fällen erlassenen Verordnungen entsprach es eigentlich, dass sie vorübergehende Maßnahmen waren, die zeitlich durch die Erreichung des Diktaturzwecks begrenzt waren. War die öffentliche Sicherheit und Ordnung wiederhergestellt, so war der Reichspräsident zu ihrer

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II. Die Aufweichung der Voraussetzungen des Notverordnungsrechts Nachdem die Ausübung des Notverordnungsrechts in den ersten Jahren der Republik tatsächlich allein auf Maßnahmen zum unmittelbaren Schutz der Verfassung beschränkt worden war, war die ursprüngliche Zielrichtung dieser Sondergewalt bereits mit Beginn der ersten Wirtschaftskrise der Republik im Jahr 1923 geändert und die Voraussetzungen aufgeweicht worden.671 Ausreichend war nun bereits die „Gefährdung einer wichtigen Staatsaufgabe“, der die reguläre Gesetzgebung nicht rechtzeitig entgegenzutreten vermochte. Für hinreichend wurde bereits erachtet, dass ein Gesetzgebungsverfahren zu langwierig war.672 Von 1925 und 1930 schloss sich dann eine „diktaturarme“ Zeit an. In diesen Jahren erließ Reichspräsident v. Hindenburg nicht eine Notverordnung.673 Im Sommer 1930 schließlich, als Deutschland unter den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise litt, gleichzeitig von einer Staatskrise erschüttert wurde und die Weimarer Republik damit letztlich in ihre Endphase trat, kam es zu einer weiteren Aufweichung der Voraussetzungen des präsidialen Ausnahmerechts. Reichskanzler Brüning stand seit dem Frühjahr einem Minderheitskabinett vor, das sich im Parlament einer heterogenen Oppositionsmehrheit aus KPD, SPD, NSDAP und einem großen Teil der DNVP gegenübersah.674 Seine politische Handlungsunfähigkeit voraussehend hatte er bereits in seiner ersten Reichstagsrede als Regierungschef angedeutet, dass er sich zur Durchsetzung notwendiger Sanierungsmaßnahmen der Ausnahmebestimmungen der Reichsverfassung bedienen werde.675 Als die Opposition dann wenig später tatsächlich von der Reichsregierung für notwenAufhebung verpflichtet: Poetzsch-Heffter, in Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 132. 671 Gather gibt an, dass im Jahr 1923 zur Bekämpfung der Inflation mehrfach Diktaturmaßnahmen ergangen seien, die Steuern und andere Leistungen an die wirtschaftlichen Verhältnisse entsprechend anpassen sollten. Insgesamt habe es 1923 mehr als 29 Verordnungen gegeben, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gestanden hätten: Das Notstandsrecht nach der Weimarer Reichsverfassung und dem Bonner Grundgesetz, S. 96. 672 Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 108. 673 Poetzsch-Heffter, in Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 127. 674 Das Kabinett Brüning bestand aus Ministern der zersplitterten bürgerlichen Parteien. Im Einzelnen gehörten sie dem Zentrum, der DDP, DVP, DNVP und der Wirtschaftspartei an. Vgl.: Übersicht bei Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 406. 675 Friedensburg, Die Weimarer Republik, S. 208 f. Gusy gibt an, die Mischung aus sozialer Katastrophe („wirtschaftlicher Abstieg bereiter Bevölkerungsschichten, extreme Not bei zahlreichen Betroffenen sowie Existenzangst“ vieler Bürger) und politischer Handlungsunfähig- bzw. -unwilligkeit habe bei vielen das Vertrauen in die Weimarer Verfassung erschüttert und zur lawinenartigen Verbreitung der Auffassung gesorgt, „dass die Lösung der aktuellen Probleme einer neuen politischen Ordnung bedürfe“: Die Weimarer Reichsverfassung, S. 400. 13 Matz

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dig gehaltene Reformen zur Konsolidierung des Reichhaushalts ablehnte, sorgte Brüning im Juli 1930 dafür, dass Reichspräsident v. Hindenburg die erste große „Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ erließ.676 Zur leichteren Umsetzung von Regierungsvorlagen mittels der präsidialen „Diktaturgewalt“ arbeitete man nun mit dem Begriff des „wirtschaftlichen Notstands“ und ab 1932 schließlich mit dem des „Verfassungsnotstands“. Nach letzterem nahm man das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 WRV bereits im Fall „des Auftretens von Störungen des Staats-, insbesondere des parlamentarischen Apparats, die ein normales Funktionieren der Gesetzgebungsund Regierungstätigkeit etwa durch Obstruktion verhinderten oder gefährdeten“ an.677

III. Die „Zeit des permanenten Notstands“ Nachdem der Reichstag, einem Antrag der Sozialdemokraten folgend, nur zwei Tage nach Erlass der Notverordnung des Reichspräsidenten gem. Art. 48 Abs. 3 S. 2 WRV die Aufhebung der Diktaturmaßnahme verlangte, verlas Brüning noch in derselben Reichstagssitzung die Auflösungsorder des Reichspräsidenten.678 Mit der dann am 14. September folgenden Neuwahl des Parlaments, die die Parteien der großen Koalition ihre Mehrheit verlieren und gleichzeitig die NSDAP zur zweitstärksten Fraktion erstarken ließ, begann die Zeit des „permanenten Notstands.“ Da die SPD davon ausgehen musste, dass eine erneute Auflösungen des Reichstags nur zu einem weiteren Anwachsen des Stimmenanteils der Nationalsozialisten führen würde, beteiligten sich ihre Abgeordneten nicht mehr an Anträgen zur Aufhebung von Notverordnungen nach Art. 48 Abs. 3 S. 2 WRV, sondern gingen zu einer „Politik der Tolerierung“ über.679 Diese Aufgabe ihres politischen Kontrollrechts machte die Reichsregierung noch unabhängiger vom Parlament als sie es ohnehin bereits war. Während die ordentliche Gesetzgebung stark zurückging und vom Frühjahr 1931 an so gut wie zum Erliegen kam,680 erließ der Reichspräsident von nun an eine 676 Friedensburg, Die Weimarer Republik, S. 208 f. Insgesamt handelte es sich um zwei Verordnungen, die der Reichspräsident am 16. 7. 1930 erließ. Sie enthielten Deckungsmaßnahmen für den Reichshaushalt (RGBl. I, S. 207) sowie die Zulassung einer Gemeindegetränkesteuer (RGBl. I, S. 212). 677 Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 108 f. u. 407 f. 678 Gusy spricht davon, dass sich die „Diktaturgewalt“ des Reichspräsidenten damit letztlich zum „selbständigen Verordnungsrecht der Exekutive“ entwickelt habe. Dieses habe den Regierungen letztlich ein Regieren ohne das Parlament und schließlich auch gegen das Parlament ermöglicht: Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 108 f. 679 Poetzsch-Heffter gibt hierzu an, die Sozialdemokraten seien eher gewillt gewesen, dem konservativen Kabinett Brüning zu folgen „als die Gefahr einer Rechtsregierung heraufzubeschwören“: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 127.

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Vielzahl von Notverordnungen. Nach Erlass der Notverordnung zur Behebung finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände (RGBl. I 311) vom 26. Juli 1930, die die vom Reichstag kurz zuvor aufgehobenen Maßnahmen in verstärktem Umfange wieder einführte, riss die Kette der Notverordnungen fast drei Jahre lang nicht mehr ab.681 Die große Masse der Verordnungen wurde auf unbestimmte Zeit erlassen. Damit unterschied sich der Mehrzahl der in den Verordnungen enthaltenen Rechtssätze ihrer äußeren Erscheinungsform nach kaum von im ordentlichen Gesetzgebungswege geschaffenem Dauerrecht.682

IV. Maßnahmen des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen Als Voraussetzung diktatorsicher Maßnahmen reichten von nun an „finanzielle, wirtschaftliche und soziale Notstände.“683 Dabei wurde nicht einmal mehr versucht, den Eindruck zu vermitteln, als hätten die Maßnahmen unmittelbar verfassungsschützenden Charakter. Vielmehr brachten die Verordnungen ihren wirklichen Zweck offen in ihren Bezeichnungen im Reichsgesetzesblatt zum Ausdruck. Alle großen Verordnungen der nächsten Jahre dienten der „Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ und sollten helfen, die wirtschaftlichen Verhältnisse einigermaßen zu stabilisieren.684 In den Jahren 1931 und 1932 entwickelt sich das Notver680 Im ersten Drittel des Jahre 1931 wurden neben 19 Gesetzen nur 2 Notverordnungen erlassen. Im zweiten und dritten Drittel des Jahres standen neben 0 Gesetzen 40 Notverordnungen. Im Jahr 1932 waren es 5 Gesetze und 59 Notverordnungen. Bezeichnend waren auch die kurzen Sitzungsperioden des Reichstags. Waren es im Jahre 1930 noch 94 Sitzungstage, 1931 noch 41, so waren es 1932 nur noch 13 Sitzungsstage: Vgl.: Poetzsch-Heffter, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 127 mit Verweis auf Glum, Das parlamentarische Regierungssystem in Deutschland, Großbritannien und Frankreich, München Berlin 1950, S. 237. 681 Vgl.: Poetzsch-Heffter, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 127. Die Verordnung (RGBl. I, S. 311) enthielt im ersten Teil Deckungsmaßnahmen für den Reichshaushalt 1930. Im zweiten Teil wurde die Zulassung einer Gemeindegetränkesteuer geregelt. 682 Zur Begründung gab man an, dass der Notstand in seiner Dauer nicht abzuschätzen gewesen sei: Poetzsch-Heffter, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 132. 683 Poetzsch-Heffter gibt an, dass aus der Perspektive dieser Zielrichtung alle Gebiete des Staatslebens dem Zugriff des Diktaturgesetzgebers geöffnet worden seien: Poetzsch-Heffter, in Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 21, S. 128. 684 Im Einzelnen handelte es sich um folgende vier Verordnungen: Am 1. Dezember 1930 wurde die Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen erlassen (RGBl. I, S. 517). Sie bestand aus insgesamt neun Teilen und enthielt neben Vorschriften zur Erschleißung von Einnahmen für Gemeinden sowie zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung, Regelungen zum Haushaltsrecht, der Steuervereinfachung und Steuervereinheitlichung, zur Senkung von Realsteuern und Verkehrssteuern, zum Finanzausgleich, zur Reichsbank, zur Wohnungswirtschaft, zum Schutze der Landwirtschaft und schließlich Rege-

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ordnungsrecht zum „zentralen Instrument der Wirtschaftspolitik“.685 Neben einer Reihe von Maßnahmen, die entsprechend der ursprünglichen Zielrichtung des Art. 48 Abs. 2 WRV zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung erlassen wurden,686 schuf das Kabinett mit Hilfe v. Hindenburgs „Diktaturgewalt“ eine Vielzahl von Verordnungen zur Wirtschaftslenkung. Gemein war den meisten, dass sie dem Staat lebensnotwendige Ersparnisse sichern und für Stabilität sorgen sollten. Nörr gibt hierzu an, dass die Verordnungen Mittel eines massiven staatlichen Interventionismus gewesen seien.687 Nicht mehr „punktuell- und bereichsweise“ sondern „im Dienst einer umfassenden, das gesamte Wirtschaftsleben bestreichenden Krisenpolitik“ sei nun eingegriffen worden. Hätten die großen Notverordnungen zunächst der Haushaltssanierung gegolten, habe man mit ihnen bald „ein allgemeines Wirtschafts- und Finanzprogramm im Sinne der Deflationspolitik“ verfolgt. Alle Bereiche des Rechts hätten sich von nun an unterordnen müssen. Charakteristisch sei „die systematische Ausrichtung auf das gesamtpolitische Ziel“ gewesen, „die über die Maßnahmenbündel früherer Phasen, etwa zur Überwindung der Währungskrise,“ hinausgegangen sei. Besonders massive Eingriffe habe dabei das Privatrecht hinnehmen müssen, das umfassend in die strenge Deflationspolitik Brünings einbezogen worden sei.688 lungen zur Vereinfachung und Einsparung auf dem Gebiet der Rechtspflege. Die Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 (RGBl. I, S. 279) enthielt zunächst Vorschriften zur Abänderung der am 1. Dezember des Vorjahres erlassen Verordnung. Neben weiteren Regelungen zur Sicherung des Haushalts, enthielt sie solche zur Regelung der Arbeitslosenhilfe, zu Wohlfahrtslasten der Gemeinden und Gemeindeverbände, zur Sozialversicherung und öffentlichen Fürsorge, zur Wohnungswirtschaft und schließlich Vorschriften zur Handels- und Wirtschaftspolitik. Die Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen wurde am 6. Oktober 1931 erlassen (RGBl. I, S. 537). Sie regelte neben der Arbeitsvermittlung, Arbeitslosenversicherung und Krisenfürsorge, das Haushalts- und Schuldenwesen, das Wohnungs- und Siedlungswesen, die Handels- und Wirtschaftspolitik, die Rechtspflege und schließlich die Bekämpfung politischer Ausschreitungen. Die Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I, S. 699) enthielt neben Regelungen zur Preis- und Zinssenkung, zur Wohnungswirtschaft, Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung sowie sonstige wirtschaftlicher Maßnahmen. Weiter enthielt sie Vorschriften zur Sozialversicherung und Fürsorge, Arbeitsrechtliche Vorschriften, Regelungen zur Sicherung der Haushalte und schließlich zum Schutz des inneren Friedens. 685 Meyer, GRUR 2001, S. 98(104). 686 In diesem Zusammenhang ist etwa die Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 17. 7. 1931 zu nennen: RGBl. I, S. 371(371). 687 Nörr, Zwischen den Mühlsteinen, eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik, S. 23 f. 688 Nörr, Zwischen den Mühlsteinen – Eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik, S. 16. Dabei unterscheidet er drei Gruppen von Notverordnungen: Während die erste Gruppe „auf frühere legislative Arbeiten oder Vorhaben zurückgegangen sei, deren Verwirklichung die Krise lediglich beschleunigt habe“ (so etwa die Aktienrechtsnovelle, die Orderlagerscheinverordnung und die Zugabeverordnung), sei die zweite Gruppe erst von der Notlage selbst hervorgerufen worden (so etwa die „preispolitisch motivierte Verschärfung des Kartell-

F. Die Missachtung des Parlaments

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V. Das Notverordnungsrecht und das Zugabewesen Erste Forderungen, die Regelung des Zugabewesens nicht dem Parlament zu überlassen und statt eines Gesetzes eine Verordnung genügen zu lassen, waren bereits im Frühjahr 1931 zu hören gewesen. Sie kamen von Seiten ausgemachter Zugabegegner und beschränkten sich zunächst noch darauf, sich nur vorläufig mit einer Verordnung begnügen zu wollen. Reichskanzler Brüning wurde aufgefordert, „bis zur Verwirklichung des Zugabenverbots via Reichstag durch eine ( . . . ) Notverordnung die gröbsten Zugabenauswüchse“ zu unterbinden.689 In der Folgezeit mehrten sich dann von Seiten der Zugabegegner die Forderungen nach dem Erlass einer Verordnung. Reichsjustizminister Joël hatte erstmals in einer Chefbesprechung am 17. Februar 1932 im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit Reichskommissar Goerdeler die Frage aufgeworfen, ob es sinnvoll sei, den vom Reichsrat angenommenen Kabinettsentwurf dem Reichstag zuzuleiten oder die Materie nach Art. 48 Abs. 2 WRV mittels einer Notverordnung zu regeln.690 In einer am 2. März 1932 stattfindenden Kabinettssitzung schlug er dann vor, die Regelung des Zugabewesens mit der der Einheitspreisgeschäfte und der Frage des unlauteren Wettbewerbs zu verbinden und in einer Notverordnung nach Art. 48 der Reichsverfassung zusammenzufassen. Reichkanzler Brüning äußerte Bedenken gegen diesen Vorschlag. Diese bezogen sich jedoch weniger auf das Vorgehen im Wege einer Notverordnung als vielmehr, auf die Frage, ob es nicht ratsam sei, „die ganz besonders umstrittene Frage des Zugabewesens mit den anderen Fragen zu verbinden, für die die Öffentlichkeit mehr Verständnis habe“. Zudem gab er zu bedenken, „ob es sich empfehle, die Regelung des Zugabewesens überhaupt vor den Wahlen vorzunehmen“.691 Scheinbar räumte der Kanzler diese Bedenken dann jedoch binnen weniger Tage beiseite. In der nächsten, am 8. März stattfindenden Kabinettssitzung erklärte sein Justizminister Joël, dass es „sachlich erwünscht“ und auch im Sinne des abwesenden Reichskanzlers sei, die Frage der Zugaben, der Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, der Einheitspreisgeschäfte wie auch der Bekämpfung der Industriespionage692 möglichst bald nach Art. 48 Abs. 2 WRV als Verordnung rechts und die durch die Bankenkrise veranlasste Einführung der Bankaufsicht“.) Zur dritten Gruppe schließlich hätten Vorschriften gehört, „die von vornherein als einmaliger oder kurzfristiger Eingriff konzipiert“ gewesen seien (so etwa die gleichzeitige Senkung von Preisen, Zinsen, Mieten, Löhnen und Gehältern durch die 4. NotVO), S. 25. 689 So etwa: Pelka, in: Sonderdruck aus der Deutschen Handelswarte, Heft 6, März 1931, S. 6: BArch, R 3001 / 2633, Bl. 109 f. Mit gleicher Forderung: Nürnberger Bund, Schreiben vom 21. 3. 1931 an den Reichspräsidenten: BArch R 3001 / 2633, Bl. 109 f. 690 Protokoll der Chefbesprechung vom 17. 2. 1932, abgedruckt auch bei Koops, Akten der Reichskanzlei, Bd. 3 (10. 10. 1931 – 30. 5. 1932), S. 2304. 691 Koops, Akten der Reichskanzlei, Bd. 3 (10. 10. 1931 – 30. 5. 1932), S. 2347(2348).

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in Kraft zu setzen. Nachdem der Reichsrat den Entwurf zum Zugabewesen mit nur geringfügigen Änderungen angenommen habe, erübrige sich eine sachliche Erörterung.693

G. Die Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft Am 9. März 1932, d. h. einen Tag nach der Kabinettssitzung, erließ Reichspräsident v. Hindenburg die Verordnung zum Schutze der Wirtschaft.694 Das Regelungswerk bestand insgesamt aus fünf Teilen und galt gemäß den einführenden behördlichen Erläuterungen der Bekämpfung von „Ausartungen des Wettbewerbs“, die sich „als Begleiterscheinung der Wirtschaftskrise“ bemerkbar machten und „namentlich den gewerblichen Mittelstand“ schwer belasteten.695 In den ersten drei Teilen enthielt die Verordnung neben der Regelung zum Zugabewesen auch eine solche zum Ausverkaufswesen696 sowie eine weitere betreffend die Einheitspreisgeschäfte.697

I. Die Zugabeverordnung – Regelungsgehalt und Verhältnis der Regelung zum UWG Nachdem die Regelung zum Zugabwesen nicht das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen hatte, wurde sie – abweichend von der Kabinettsvorlage vom 3. März 1931, die die Gesetzesform vorgesehen hatte – als Verordnung erlassen. Weitere Abweichungen waren nicht vorhanden, die Zugabeverordnung hatte vielmehr den identischen Wortlaut wie der Entwurf des Gesetzes über die Gewährung von Zugaben zu Waren oder Leistungen.698

692 Das Reichjustizministerium hatte am 27. 5. 1931 einen Gesetzesentwurf zum Schutze von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen vorgelegt, den das Reichskabinett am 11. 6. 1931 gebilligt hatte. 693 Koops, Akten der Reichskanzlei, Bd. 3 (10. 10. 1931 – 30. 5. 1932), S. 2359(2360). 694 RGBl. I, S. 121. 695 Deutscher Reichsanzeiger, Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 1. 696 Daneben sah der zweite Teil in Artikel II Veränderungen der §§ 172, 174 Gerichtsverfassungsgesetz vor, die dem Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen dienen sollten. 697 Der vierte Teil enthielt Regelungen zu Zolländerungen sowie zur vorläufigen Anwendung zweiseitiger Wirtschaftsabkommen, der fünfte Teil eine Änderung des Zolltarifgesetzes. 698 Zum Wortlaut der Zugabeverordnung vom 9. 3. 1932 siehe unten in der Anlage auf S. 305.

G. Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft

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Zur Begründung des Grundkonzepts einer Verbotslösung mit weiter Ausnahmeregelung gab der Verordnungsgeber in seinen amtlichen Erläuterungen zur Notverordnung an, dass auf diese Weise Unklarheiten des Publikums über den wirklichen Wert von Zugaben verhindert werden könnten.699 Täuschungen könnten nur unterbunden werden, wenn den Verbrauchern eine feste Berechnung möglich sei, „welcher Teil des ihnen abverlangten Preises auf die eigentliche Ware und welcher Teil auf die Nebenleistung entfalle“. Dieses Bedürfnis werde durch die Verordnung sichergestellt, indem die grundsätzlich verbotenen Zugaben ausnahmsweise erlaubt seien, wenn ihr Wert ohne weiteres erkennbar sei. Dreh- und Angelpunkt der Regelung sei damit die Ausnahme des § 1 Abs. 2 Ziff. e). Auch in den Ausnahmen der Ziff. b) und c) komme dieser Gedanke zum Ausdruck. Sowohl Bar- wie auch Warenrabatte ließen ohne weiteres den Wert einer Zugabe erkennen und schlössen damit eine Preisverschleierung zu Lasten des Publikums aus. Hinter den weiteren Ausnahmen der Ziff. a), d), f) und g) stehe ein anderer Gedanke. Sie seien erforderlich, um dem Handel die nötige Bewegungsfreiheit zu lassen. Von den hier erfassten typischen Kundenbelohnungen und geschäftlichen Gepflogenheiten gehe für die Verbraucher keine Gefahr aus.700 Zur Verhinderung von Umgehungsversuchen seien schließlich die Regelungen des § 1 Abs. 1 S. 1 und 2 der Verordnung gedacht. Im ersten Fall würden als Zugaben auch solche Zuwendungen behandelt, für die ein so geringes Entgelt verlangt werde, dass dieses offenbar nur zum Schein erhoben werde. Gleiches gelte für den Fall, dass eine Zugabe zur Verschleierung ihres Wesens mit einer Hauptware zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt werde.701 Angaben über das Verhältnis von Zugabeverordnung und Wettbewerbsgesetz machte der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 3 der Verordnung. Danach sollten Ansprüche, „die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet werden“, unberührt bleiben. Hieraus ergab sich, dass die sondergesetzliche Regelung des Zugabwesens als Ergänzung zu den Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes geschaffen worden war, die Zugabeverordnung und das UWG also in Gesetzeskonkurrenz zueinander stehen sollten. Verstöße gegen die Zugabeverordnung konnten danach gleichzeitig auch einen Verstoß gegen die §§ 1, 3 UWG darstellen, waren es aber nicht schlechthin. Dies sollte vielmehr nur dann der Fall sein, wenn besondere Umstände vorlagen, d. h. ein sittenwidriges Verhalten im Sinne des § 1 UWG 699 Amtliche Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. 3. 1932, DRAnz Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 2. 700 Hierunter fielen Reklamegegenstände geringen Wertes (Ziff. a), handelsübliches Zubehör und handelsübliche Nebenleistungen (Ziff. d), die Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen (Ziff. f) und schließlich die im Zeitungsgewerbe verbreiteten Abonnentenversicherungen (Ziff. g). 701 Von der Literatur wurden diese Fälle als „Scheinkauf der Zugabe“ (S. 1) und als „offener Koppelungskauf“ (S. 2) bezeichnet: Junckerstorff, Zur Systematik des reichsgesetzlichen Zugabeverbots, S. 15 f.

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oder die Erweckung eines besonders günstigen Angebots im Sinne von § 3 UWG gegeben war.702

II. Die Vorschriften zum Ausverkaufswesen Das Ausverkaufswesen hatte in der krisengeschüttelten Weimarer Republik eine ganz ähnlich rasante Entwicklung genommen wie das Zugabewesen. Nachdem beim Einzelhandel in den ersten Jahren nach Kriegsende für beschleunigte Verkäufe kein Bedarf bestanden hatte, war das Aus- und Sonderverkaufswesen nach Stabilisierung der Wirtschaft, insbesondere mit Einführung der Rentenmark im November 1923, über Nacht wieder aufgetaucht und hatte sich zunehmend ausgebreitet.703 Mit Verschlechterung der Wirtschaftlage gegen Ende der 20er Jahre war es schließlich auch hier zu einem erheblichen Anstieg gekommen. Schon bald „löste [ein Sonderverkauf] den anderen ab, Preisherabsetzungen waren an der Tagesordnung, vielfach musste sich der Eindruck ergeben, dass ein normales Geschäft überhaupt nicht mehr vorhanden sei, sondern dass sich das Geschäft fortlaufend aus Sonderangeboten zusammensetzte“.704 Als Gründe dieser Entwicklung werden „der Kapitalmangel, der große Steuerdruck und die immer größer werdenden sozialen Lasten“ für die Einzelhändler genannt. Sie hätten die Händler gezwungen, den Warenumsatz zu beschleunigen und den Absatz anzuheben.705 Da das Gesetz 702 Kahn, Das Zugabeverbot, S. 14 ff., Bücker, Das Zugabewesen, S. 48 f.; Klauer-Seydel Einführung Rn. 5 f.; Hoth-Gloy, Zugabeverordnung, Rn. 8. Kritiker des Zugabewesens stellten diese ganz herrschende Sicht der Dinge bereits kurze Zeit nach Erlass der Regelung in Frage und unternahmen damit letztlich den Versuch, die Wirkung der Zugabeverordnung noch zu erweitern. So deuteten sie die Verordnung nicht als Ergänzung, sondern als „Modifikation des Wettbewerbsgesetzes“. Junckerstorff etwa gab hierzu an, dass sich für ihn bereits aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergäbe, dass Zugaben generell objektiv sittenwidrig seien. Diese gehe darauf zurück, dass der Gesetzgeber angegeben habe, dass Zugaben die „Gefahr der Täuschung des Publikums“ in sich trügen. Damit könne diese Wettbewerbshandlung objektiv nicht den guten Sitten entsprechen. Die subjektive Sittenwidrigkeit ergäbe sich bereits aus dem Umstand, dass die beteiligten Verkehrskreise die Zugabe als unlauteren Wettbewerbsmittel betrachteten. Im Ergebnis bedeute dies, dass jeder Verstoß gegen die Zugabeverordnung gleichzeitig eine Verletzung der Generalklausel des § 1 UWG beinhalte. Dies führe letzten Ende ferner dazu, dass diese Zugabegeschäfte nach § 138 BGB nichtig seien: Junckerstorff, Zur Systematik des reichsgesetzliches Zugabeverbots, S. 20 ff.(23); derselbe: Die Praxis des Zugabeverbots, S. 37(39). 703 Mewes gibt hierzu an, dass der Einzelhandel nach Wiedereinführung der stabilen Währung seine Lager vorzeitig aufgefüllt hatte, um den Warenhunger der Bevölkerung stillten zu können. Um das Geschäft wieder in Gang zu bringen, hätte man sich gezwungen gesehen auf das bewährte Werbemittel des Ausverkaufs zurückgegriffen. Eine besondere Rolle hätten hierbei von Beginn an die Warenhäuser gespielt: Mewes, Das Recht der Sonderverkaufsveranstaltungen, S. 20. 704 Mewes, Das Recht der Sonderverkaufsveranstaltungen, S. 21, mit Verweis auf Rubens, Der Kampf des Spezialgeschäfts gegen das Warenhaus, Diss. Köln 1929, S. 72. Ähnlich auch Jestaedt, in UWG Großkommentar, § Rn. 2. 705 Harmening, JW 1932, S. 990(990).

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gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 nur wenige Vorschriften betreffend das Ausverkaufswesen enthielt706 und diese zudem „leicht und auf vielfältige Weise“ umgangen werden konnten,707 war aus Kreisen des Einzelhandels schon früh nach einer stärkeren Reglementierung dieser Praktiken verlangt worden. Hierbei soll sich vor allem der mittelständische Einzelhandel hervorgetan haben,708 dessen Schutz bei der Verschärfung des Wettbewerbsgesetzes dann letztlich auch im Vordergrund gestanden habe.709 Die Verordnung von Reichspräsident v. Hindenburg vom 9. März 1932 sorgte für eine Neufassung der Ausverkaufs- und Räumungsverkaufsvorschriften der §§ 7 bis 9 UWG. Nach § 7 Abs. 1 UWG durften als „Ausverkäufe“ nur noch solche Veranstaltungen angekündigt werden, die ihren Grund in der Aufgabe des gesamten Geschäftsbetriebs (Ziff. a) oder des Geschäftsbetriebs einer Zweigniederlassung (Ziff. b) oder in der Aufgabe einer einzelnen Warengattung (Ziff. c) hatten. Weiter wurde bestimmt, dass bei der Ankündigung eines Ausverkaufs der Grund für den Ausverkauf, im Fall von Ziff. c) zudem die Warengattung, zu nennen war, auf die sich der Ausverkauf bezog (§ 7 Abs. 2). Wichtig war zudem die Einführung einer Sperrfrist (§ 7 Abs. 4). Danach war es dem Geschäftsinhaber nach Beendigung eines Ausverkaufs vor Ablauf einer Frist von einem Jahr nicht gestattet, am selben Ort einen Handel mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen.710 Neu eingefügt wurde durch die Notverordnung zudem die Vorschrift des § 7 a. Sie regelte die Ankündigung von Verkäufen zum Zwecke der Räumung eines bestimmten Warenvorrats und verpflichtete den Verkäufer, den Grund des Verkaufs und ggf. die betroffenen Warengattungen auszuweisen. Ebenfalls neu eingefügt worden war die Regelung des § 7 b. Sie verlieh den höheren Verwaltungsbehörden wie auch den zuständigen amtlichen Berufsvertretungen gegenüber der Regelung in § 7 Abs. 2 a.F. erweiterte Befugnisse.711 Ferner war durch die Notverordnung § 8 neu gefasst worden und enthielt nun für Fälle des sogenannten Vor- und Nachschiebens eine Strafandrohung.712 Der 706 So war es bis dahin etwa nicht möglich, die Verwendung des Wortes „Ausverkauf“ für solche Veranstaltungen zu verbieten, bei denen es gar nicht darum ging, einen Laden vollkommen zu räumen und eine bestimmte Warengattung aufzugeben, sondern nur um die Räumung eines bestimmten Warenvorrats aus dem vorhandenen Bestande: Vgl.: Harmening, JW 1932, S. 990(991). 707 v. Gamm, Wettbewerbrecht, Kap. 45, Rn. 1. 708 Nörr, Zwischen den Mühlsteinen, eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik, S. 161. Mewes, Das Recht der Sonderverkaufsveranstaltungen, S. 21. 709 Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung B 26. 710 Ausnahmen von diesem Verbot konnte nur die höhere Verwaltungsbehörde zulassen. 711 Wollten Einzelhändler Veranstaltungen im Sinne der § 7 und § 7 a durchführen, hatten sie diese den Behörden unter Einhaltung einer zuvor von ihnen festzusetzenden Frist anzukündigen.

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ebenfalls neu gefasste § 9 bestimmte schließlich, dass die neuen Regelungen der §§ 7 bis 8 UWG auf „Saison- oder Inventurverkäufe“ (die nach den neuen Regelungen nicht mehr als „Ausverkäufe“ bezeichnet werden durften) keine Anwendung fanden.713 Eine wichtige Neuerung enthielt schließlich der ebenfalls neu eingestellte § 27 a. Diese Vorschrift legalisierte die bei zahlreichen Handelskammern des Reiches bereits bestehenden Einigungsämter. Waren sie bisher auf Initiative der Kammern und sonstigen Handelsvertretungen ins Leben gerufen worden, sollte ihre Einrichtung von nun an auch von den obersten Landesbehörden angeordnet werden können. Ziel dieser Maßnahme war, dass diese Stellen noch mehr als bisher zur Erledigung von Streitigkeiten auf dem Gebiet des unlauteren Wettbewerbs herangezogen werden sollten, um für einen gütlichen Ausgleich unter den Parteien zu sorgen.714 Hiervon erhoffte man sich eine Entlastung der Gerichte und vor allem ein schnelles und wirksames Eingreifen „in allen Fällen, in denen es gilt, als unzulässig oder unlauter empfundene Wettbewerbshandlungen rechtzeitig vorzubeugen“.715 Zuständig sein sollten die Einigungsämter für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus § 13 UWG, soweit die Wettbewerbshandlungen den Einzelverkauf an den letzten Einzelverbraucher betrafen.716

III. Die Vorschriften betreffend Einheitspreisgeschäfte Der Dritte Teil der Notverordnung enthielt Beschränkungen betreffend der sogenannten „Einheitspreisgeschäfte“ und sollte ebenfalls die mittelständischen Einzelhändler in ihrem Bestand schützen.

712 Vor- oder Nachschieben von Waren sollte vorliegen, wenn im Rahmen eines Ausverkaufs Waren angeboten und verkauft wurden, die eigens für diese Veranstaltung herbeigeschafft wurden (§ 8 Nr. 1). 713 Nach Satz 2 dieser Vorschrift sollten von nun an die höheren Verwaltungsbehörden über die Zahl, Zeit und Dauer der Aktionen Bestimmungen treffen. Hierbei hatten sie die zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie zu beteiligen. 714 Amtliche Erläuterung zur Notverordnung vom 9. 3. 1932: DRAnz. Nr. 61 v. 12. 3. 1932; abgedruckt bei Mewes, Das Recht der Sonderverkaufsveranstaltungen, S. 39. Insbesondere im Bereich der Ausverkäufe und Sonderveranstaltungen waren die Einigungsämter bereits unter der Regie der Kammern umfänglich tätig gewesen: Harmening, JW 1932, S. 990(993). 715 Amtliche Erläuterung zur Notverordnung vom 9. 3. 1932: DRAnz. Nr. 61 v. 12. 3. 1932; abgedruckt bei Mewes, Das Recht der Sonderverkaufsveranstaltungen, S. 39. 716 Der Zweck der Einbeziehung des mit einem rechtskundigen Vorsitzenden besetzten Amtes sollte in der Herbeiführung einer Aussprache mit dem Gegner über den Streitfall liegen (§ 27 a Ab S. 1). Eine Entscheidungsbefugnis wurde den Einigungsämtern nicht eingeräumt. Nur ausnahmsweise, wenn sich die Parteien im Wege eines Schiedsvertrags ihrer Entscheidung unterwarfen, sollte ihnen diese Befugnis zustehen. Eine wichtige Neuerung lag darin, dass das Amt das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen und für den Fall des Ausbleibens Ordnungsstrafen in Geld festsetzen konnte (§ 27 a Abs. 2).

G. Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft

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Die Idee der Einheitspreisgeschäfte (auch Kleinpreisgeschäfte) stammte aus den Vereinigten Staaten, wo bereits im Jahr 1880 das erste Geschäft dieser Art eröffnet worden war.717 Das Konzept hatte sich schnell als sehr erfolgreich erwiesen, bereits vor Ausbruch des ersten Weltkrieges verfügte der Firmengründer über 600 Geschäfte. Geführt wurden Waren des täglichen und kurzperiodischen Bedarfs, neben kleineren Gebrauchsgegenständen und Drogerieartikeln waren dies auch Lebens- und Genussmittel. Neu war an den Läden, dass sämtliche Waren äußerst günstig waren und es zudem nur wenige Preisabstufungen gab.718 Meistens gab es nur zwei verschiedene Preise, die Waren kosteten anfangs nur 5- oder 10-Cent. Im deutschen Einzelhandel fanden sich im Jahre 1925 mit Leonard Tietz (Ehape), der Wohlwert Handelsgesellschaft mbH und nur zwei Jahre später mit R. Karstadt (Epa) schnell Nachahmer. Auch hier zeigte sich, dass das Geschäftmodell nicht nur einfach, sondern auch durchschlagend war. Bis 1932 gab es im Deutschen Reich insgesamt 400 solcher Verkaufstellen. Obwohl der Marktanteil aller Geschäfte zu keinem Zeitpunkt mehr als etwa 1 % des gesamtes Einzelhandelsumsatzes ausmachte,719 weckten die Einheitspreisgeschäfte mit ihren Tiefpreisen schnell den Unmut der mittelständischen Konkurrenz.720 Die Notverordnung des Reichspräsidenten sperrte die Errichtung weiterer Verkaufsstellen in Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern.721 Hiermit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass mittelständische Einzelhändler hier besonders hart bedrängt wurden, und teilweise gerade infolge dieses Wettbewerbs 717 Firmengründer war F. W. Woolwort. Vgl.: Berekhoven, Geschichte des Deutschen Einzelhandels, S. 59. 718 Die Preise konnten äußerst klein gehalten werden, weil nur „gängige, schnelldrehende Artikel“ verkauft, weitestgehend auf Verkaufspersonal verzichtet oder nur ungelernte Mitarbeiter eingestellt sowie auf Dekoration, Werbung und Reklame verzichtet wurde: Berekhoven, Geschichte des Deutschen Einzelhandels, S. 59. 719 Der Anteil der Einheitspreisgeschäfte am Gesamtumsatz des Einzelhandels betrug im Jahre 1930 lediglich 0,75% und im Jahr 1933 1,0%: Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Einheitspreisgeschäfte in Deutschland und Amerika: FfH Mitteilungen, 1. Jhrg. Nr. 3 v. 17. 12. 1930, S. 9(14); auch: Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 70. 720 Vgl. insgesamt: Berekhoven, Geschichte des Einzelhandels, S. 59 f. Hier wird berichtet, dass sich die Einheitspreisgeschäfte sogar der Preisbindung bei Markenartikeln widersetzt hätten. Nachdem eine Reihe von Markenartikelherstellern dieses Vorgehen zunächst stillschweigend akzeptiert hätten, hätte letztere erst ein Boykott des übrigen Einzelhandels dazu bewegt, auch hier ihre Preisvorstellungen durchzusetzen: Vgl. auch: Splettstösser, Der Einzelhandel, S. 42 f. 721 Nach der Legaldefinition der Notverordnung waren mit „Einheitspreisgeschäften“ solche Verkaufsstellen gemeint, „in denen Waren mehrerer nicht zusammengehöriger Warenarten ausschließlich oder überwiegend in einer oder mehreren feststehenden Preisstufen feilgehalten werden“ (§ 1 der Verordnung über Einheitspreisgeschäfte). Nach Auffassung des Gesetzgebers handelte es sich damit in der Regel um Gemischtwarengeschäfte: Amtliche Erläuterung zur Verordnung im DRAnz., Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 3. Fachgeschäfte sollten von der Regelung nicht betroffen sein.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

aufgeben mussten. In Großstädten dagegen hielt der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung nicht für erforderlich, da sich in ihnen der „Wettbewerb auf eine verhältnismäßig große Zahl von Einzelhandelsunternehmen“ verteile, „dem einzelnen Betrieb gegenüber also verhältnismäßig leichter erträglich“ sei. Die Begrenzung der Errichtung von Einheitspreisgeschäften war auf die Dauer von zwei Jahren beschränkt.722 Die weiteren Vorschriften der §§ 2 und 3 der Verordnung bezogen sich auf bereits bestehende Einheitspreisgeschäften und richteten sich gegen die missbräuchliche Verwendung der Bezeichnung „Einheitspreisgeschäft“ 723 und verlangten zudem eine deutlich sichtbare Bekanntgabe sämtlicher Einheitspreise wie auch der Einheiten, Zahlen und Gewichte der vertriebenen Waren. Hiermit sollte der Preiswahrheit Rechnung getragen werden. § 5 schließlich drohte eine Geldstrafe für Verstöße gegen die §§ 1 bis 3 an.

H. Die Wirkungen der Zugabeverordnung und der Kampf für ihre Verschärfung I. Frühe Kritik an der neuen Regelung Bereits Wochen nach dem Erlass der Zugabeverordnung und damit noch vor ihrem Inkrafttreten im Juni 1932 gingen bei den zuständigen Ministerien eine Reihe von Eingaben ein, in denen die Unzulänglichkeit der Regelung zum Ausdruck gebracht wurde. Handelte es sich zunächst noch um Schreiben, die Kritik nur bei Gelegenheit von Anfragen zur Auslegung der neuen Verordnung anbrachten,724 häuften sich schon bald auch solche Schriften, die eigens zu diesem Zweck aufgesetzt worden waren. Auffallend war, dass sich die Kritik in den meisten Fällen auf die ohnehin heftig umkämpfte Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Ziff. e) bezog. Hierzu erklärte man, dass die gesamte Regulierung des Zugabewesens mit dieser Ausnahmeregelung hinfällig sei, da damit das eingangs angeordnete Verbot der Zugaben praktisch zunichte gemacht werde.725 Unterstützung bekamen sie von der Wirtschaftspartei, deren Fraktion am 10. Mai 1932 im Reichstag einen Antrag ein722 „( . . . ) in der Zeit bis 1. April 1934.“ Mit dem Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. 5. 1933 (RGBl. I, S. 262) hob die Regierung Hitler diese Befristung auf und ließ das Errichtungsverbot unbefristet gelten. 723 Die Bezeichnung „Einheitspreisgeschäft“ war solchen Verkaufsstellen vorbehalten, die „in ihren Verkaufstellen ( . . . ) ausschließlich Waren zu feststehenden, nach § 3 Ab S. 1 bekannt zu gebenden Preisstufen“ feilboten. 724 So etwa das Schreiben des Reichsverbandes des Deutschen Gross- und Überseehandels e.V. an das Reichsjustizministerium vom 17. 3. 1932: BArch, R 3001 / 2635. 725 So etwa: Verein der Konfitürenhändler von Berlin und Umgegend 1900 e.V. in seinem Schreiben an Reichskanzler Brüning 30. 4. 1932: BArch, R 3001 / 2635. Ebenfalls der Gewerbekammertag Leipzig in seinem Scheiben an Reichskommissar Goerdeler vom 18. 5. 1932: BArch, R 3001 / 2635.

H. Wirkungen der Zugabeverordnung und Kampf um ihre Verschärfung

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brachte.726 Neben der Verschärfung des § 1 Abs. 2 Ziff. f), des § 3 wie auch des § 5 forderte sie die ersatzlose Streichung des § 1 Abs. 2 Ziff. e).727 Ab Sommer 1932 gingen in den Ministerien dann erste Warnungen ein, in denen erklärt wurde, dass die Ausnahme der Ziff. e) gewissen Kreisen nicht nur helfe, das generelle Zugabeverbot zu unterlaufen, sondern im Ergebnis sogar zu einer weiteren Ausbreitung des Zugabewesens und damit einer Verschärfung der gesamten Problematik sorgen werde. Die einschlägigen Geschäfte könnten ungehindert Zugaben gewähren, wenn sie nur den Wert ihrer Zugaben in der Höhe des Einstandspreises angäben und alternativ seine Auszahlung anböten. Dies bedeute im Ergebnis den Verkauf branchenfremder Waren zu Einkaufspreisen zum Zwecke der Kundenwerbung.728 Ende August 1932 bekamen die zugabenkritischen Kreise dann erneut Unterstützung aus dem Reichstag. Abgeordnete der Deutschnationalen Volkspartei legten im Parlament einen Antrag vor, in dem erneut die Streichung der Ziff. e) verlangt wurde.729

II. Der Druck auf die Reichsregierung erhöht sich Ab Spätherbst 1932 konnten dann keine Zweifel mehr bestehen, dass die im Sommer in Kraft getretene Verordnung tatsächlich zu einer weiteren deutlichen Ausbreitung des Zugabewesens führte und damit die Situation am Markt noch verschärfte. Letztlich kehrte sich die Verordnung also gegen diejenigen Kreise, die sie eigentlich schützen sollte.730 Die Reichsregierung wurde nun aus Kreisen des Ein726 Antrag Borrmann Lauterbach Hömberg Pallmann Mollath und Genossen: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 453, Drucksache Nr. 1547. 727 Nach § 1 Abs. 2 Ziff. f) sollten Zugaben in Form von Auskünften oder Ratschlägen nur dann erlaubt sein, wenn diese „in direkter Verbindung mit dem gekauften Gegenstand“ standen. § 3 sollte dahingehend verschärft werden, dass bereits die fahrlässige Zuwiderhandlung gegen § 1 zu einer Geldstrafe führen konnte. § 5 sollte eine verschärfte Übergangsregelung enthalten. 728 Reichsverband Deutscher Spezialgeschäfte in einem Schreiben vom 6. 6. 1932 am den Reichsjustizminister: BArch, R 3001 / 3635. 729 Zur Begründung des Antrags erklärte auch der Abgeordnete Jaeger, dass die Missstände im Bereich der Zugaben durch die Zugabeverordnung eine weitere Ausdehnung gewonnen hätten: Schreiben an Justizminister Gürtner vom 19. 9. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Ähnlich wie bereits in dem im Mai vorausgegangenen Antrag wurde zudem angeregt, in § 3 neben der vorsätzlichen auch die fahrlässige Zuwiderhandlung unter Strafe zu stellen: Antrag Jaeger (Celle) Dr. Wienbeck Dr. Ing. Wider und Genossen vom 30. 8. 1932: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 454, Drucksache Nr. 133. 730 Vgl.: Gottschick, Neues im Zugaberecht, MblWiA 1933, S. 340(340). Die Masse der der Reichsregierung in dieser Zeit zugegangenen Eingaben bestätigte, dass das Zugabewesen im gesamten Handel an Bedeutung wie auch an Umfang zugenommen hatte. Einzelhändler, die bereits zuvor Kunden mit der Ankündigung und Gewährung von Zugaben geworben hatten, weiteten ihre Aktionen noch aus. Andere, die bis dato noch nicht mit Zugaben geworben hatten, begannen nun, sich dieses Absatzmittels zu bedienen.

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zelhandels wie auch des Handwerks731 von einer wahren Flut von Eingaben überhäuft. Mit gleicher Zielrichtung meldete sich ein weiteres Mal auch der Reichskommissar für Preisüberwachung zu Wort.732 Sie alle forderten die Regierung auf, umgehend für eine Streichung sämtlicher Ausnahmen des § 1 Abs. 2 oder zumindest der Ziff. e) zu sorgen.733 Besonders zu leiden hatte unter dieser Entwicklung der Fachhandel (insbesondere für Porzellan oder Besteck). Er musste mit ansehen, wie die eigentlich von ihm vertriebenen Artikel andernorts „verschleudert“ wurden. Hinzu kam, dass er sich durch die Bekanntmachung der Einstandspreise der Zugaben, die vielfach den eigenen Produkten entsprachen, beim Publikum in Misskredit gebracht und förmlich „an den Pranger gestellt“ fühlte.734 Aufgrund der ständig zurückgehenden Nachfrage sah man sich gezwungen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diese sollten den „Zugablern“ schaden. Hierzu gingen die Fachgeschäfte dazu über, Produkte der als Gegner ausgemachten Branchen in das eigene Sortiment aufzunehmen.735 Entweder gab man diese dann als Zugaben aus oder verschleuderte sie zum Einstandspreis. Für diese Methoden der Porzellan-, Haushalts-, und Küchengerätehändler etablierten sich im Volksmund schon bald Begriffe wie „Abwehrkaffee“ oder „Abwehrmargarine“.736 Gewarnt wurde nun vor einem Kampf „Aller gegen 731 Reichsverband des deutschen Handwerks, Schreiben an den Reichsjustizminister vom 7. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636. 732 Schreiben Goerdelers an den Reichwirtschaftsminister vom 5. 11. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Goerdeler erklärte, dass sich die gerichtlichen wie auch außergerichtlichen Auseinandersetzungen um das Zugabewesen zu einer „politischen und berufspolitischen Frage erster Ordnung“ entwickelt hätten. Im selben Schreiben unternahm Goerdeler zudem einen erneuten Vorstoß, die Regelung des Zugabewesens an sich zu reißen. 733 So etwa: Entschließung des Einzelhandelsausschusses des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 6. 10. 1932: Erwähnt im Schreiben an den Reichjustizminister vom 4. 3. 1933: BArch, R 3001 / 2637. Auch: Die Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Spezialhandels mit Tabakwaren in ihrem Schreiben an den Reichswirtschaftsminister vom 27. 10. 1932, der Bund der Handel und Gewerbetreibenden e.V. seinem Schreiben an Reichskanzler v. Papen vom 22. 10. 1932: Allesamt BArch, R 3001 / 2636. 734 Reichsausschuss für das Zugabeverbot, Denkschrift an die Reichsregierung von November 1932: BArch, R 3001 / 2636. 735 Meier, Die Geschenkwerbung unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933, S. 19. Er gibt zudem an, dass gleichfalls Boykottbeschlüsse der örtlichen Händlerorganisationen gegen die Zugabenreklametreibenden gefasst worden seien. 736 Das Sortiment reichte von der Untertasse bis zum großen Tafelgeschirr. Diese Entwicklung ging so weit, dass manche Einzelhändler mehr eigentlich branchenfremde als eigene Waren absetzten. So der Reichskommissar für Preisüberwachung Goerdeler Er schilderte dem Reichswirtschaftsminister einen Fall, in dem ein Einzelhändler im Oktober 1932 eigene Waren für 3375 RM und Abwehrkaffee und -margarine für 3200 RM umsetzte. Hätte der Händler die Abwehrwaren nicht zum jeweiligen Einstandspreis sondern zum üblichen Marktpreis verkauft, hätte die Umsätze für diese Produkte diejenigen für die eigenen Produkte weit überragt: Vgl. Schreiben an den Reichswirtschaftsminister vom 17. 12. 1932: BArch R 3101 / 2204.

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Alle“,737 der schlimmstenfalls zu einer „Selbstzerfleischung des Mittelstandes“ und letzten Endes zu einem „Zusammenbruch der betroffenen Wirtschaftszweige“ führen konnte.738

III. Die Gründe für das Versagen der frühen Regelung Die Hauptursache der starken Ausbreitung des Zugabewesens war wohl, dass gewisse Kreise aus Handel und Industrie die Zugabeverordnung so auslegten, als werde das Zugabewesen durch sie erst „sanktioniert“. Sie fassten die Regelung quasi als „Schutzgesetz für die Wertreklame“ auf, durch welches das Zugabewesen von den „letzten Fesseln“ des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb befreit werde.739 Diese Sichtweise war durchaus nachvollziehbar: Im Wettbewerbsgesetz hatte das Zugabewesen gewissermaßen in einer Grauzone gelegen. Nun, unter der Zugabeverordnung, war in § 1 Abs. 2 Ziff. a – g „schwarz auf weiß“ zu lesen, wann Zugaben erlaubt waren. Unter den dort festgelegten Voraussetzungen konnten sie ohne weiteres gewährt werden.740 Von besonderer Bedeutung war dabei von Beginn an die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Ziff. e). Ihre Voraussetzungen waren für die mit Zugaben arbeitenden Betriebe leicht zu erfüllen und ließen die Zugaben beim Publikum zudem noch attraktiver erscheinen als sie eigentlich waren. Letzteres hing damit zusammen, dass die Angabe der Einstandspreise das Publikum dazu veranlasste, sie mit denjenigen zu vergleichen, die die betreffenden Waren im Fachhandel kosteten. Hinzu 737 Vgl.: Denkschrift der Kaffee Gross-Rösterei „Zum Spaten“ an die IHK Düsseldorf vom 18. 11. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Der Abgeordnete Jaeger (Celle) gab hierzu an: „( . . . ) und so bahnt sich ( . . . ) ein ein völliges Chaos in wichtigen Zweigen unseres Wirtschaftslebens an, das mit dem Zusammenbruch eben dieser Zweige enden muss. Das Bedenkliche an der gesamten Entwicklung ist, dass sie sich ausschließlich auf Gebieten abspielt, die für die Versorgung unseres Volkes mit den lebensnotwendigen Artikeln maßgebend sind. Die Nahrungsmittelbranche ist diejenige, die am meisten von den Missständen betroffen ist und weite Branchen des täglichen Bedarfs stehen fast auf dem gleichen Stand.“ Schreiben Jaegers an Justizminister Gürtner vom 19. 9. 1932: BArch, R 3001 / 2636. 738 Denkschrift der Industrie- und Handelskammer Leipzig vom 15. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Auch: Reichsausschuss für das Zugabeverbot, Denkschrift an die Reichsregierung von November 1932: BArch, R 3001 / 2636. Auch im Parlament riss die Debatte um die Verschärfung des Zugabeverordnung nicht ab. Am 9. Dezember 1932 brachten ein weiteres Mal die Abgeordneten Jaeger (Celle) Dr. Wienbeck Timm und Genossen mit einem Antrag zur Verschärfung der Zugabeverordnung ein. Dieser war sowohl vom Wortlaut wie auch vom Inhalt deckungsgleich mit dem Antrag, den Jaeger im August desselben Jahres Abgeordneten Wienbeck und Wider vorgelegt hatten. Verhandlungen des Reichstags, Bd. 455, Drucksache Nr. 224. 739 Vgl.: Schreiben des MdR Jaeger (-Celle) an Justizminister Gürtner vom 19. 9. 1932: BArch, R 3001 / 2636. 740 Vgl.: Denkschrift der Industrie- und Handelskammer Leipzig vom 15. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636.

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kam, dass es bei der Ausweisung der Barwerte ausreichte, die Einstandspreise zu nennen.741 Diese lagen zwangsläufig unter den Preisen, die der Fachhandel für vergleichbare Produkte verlangte. Letzterer musste nicht allein seine Kosten decken, sondern hatte zudem auch noch einen Gewinn zu erwirtschaften. Dieses Missverhältnis wurde zudem noch dadurch verschärft, dass kapitalkräftige Einzelhandelsunternehmen ihre Zugaben in großen Mengen einkauften und damit häufig Sonderrabatte gewährt bekamen. Damit waren ihre Einstandspreise noch geringer und die Differenz zu den Verbraucherpreisen noch größer.742 Wurden diese dann dem Publikum bekanntgegeben, musste der Eindruck entstehen, dass die Preise des Fachhandels überzogen waren. Die Folge war, dass sich so gut wie niemand den geringen Barwert auszahlen ließ. Die ganz große Masse zog vielmehr die Zugabeartikel vor, die es beim Fachhandel nur gegen vergleichsweise hohe Preise zu kaufen gab.743 Die Ausnahme des § 1 Ziff. e) verfehlte nicht zuletzt auch deshalb ihre Wirkung, weil sich seine Voraussetzungen in der Praxis leicht unerlaufen ließen und ihre Einhaltung zudem kaum kontrollierbar war. Zur Umgehung der eigentlichen Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift genügte es nämlich, die Möglichkeit der Auszahlung eines Barbetrages „in gänzlich unauffälliger Schrift bzw. an unauffälliger Stelle“ bekannt zu geben. Eine Überprüfung der Einhaltung der Ausweisung des Barwertes wie auch des Rechts der alternativen Auszahlung hätte es verlangt, vor jedem Laden einen Polizeibeamten zu postieren. Derartige Kontrollen waren natürlich nicht möglich.744

741 Schreiben des Reichsbunds des Textil-Einzelhandels e.V. an den Reichsjustizminister vom 21. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636. 742 Gottschick, Neues im Zugaberecht, MblWiA 1933, S. 340(340). Ähnlich: Denkschrift der Industrie- und Handelskammer Leipzig vom 15. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636; Freise, Wettbewerb und Politik in der Rechtsordnung des Nationalsozialismus, S. 127. 743 Schreiben des Reichsbunds des Textil-Einzelhandels e.V. an den Reichsjustizminister vom 21. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Ebenso: Reichsausschuss für das Zugabeverbot, Denkschrift an die Reichsregierung vom November 1932: BArch, R 3001 / 2636. Letzterer gab an, dass bei den Käufern so der Eindruck hervorgerufen wurde, dass sie bei der Wahl der Zugabe „mindestens den Preisunterschied zwischen Fabrik- und Ladenpreis der Zugabe gratis erhielten“. Für den Reichsausschuss für das Zugabeverbot stellte sich in dieser Zeit der Verkauf einer Ware mit einer Zugabe wie der „Verkauf der Zugabe zum Einstandspreise im gekoppelten Verkauf mit einer Hauptware“ dar: Denkschrift des Reichsausschusses für das Zugabeverbot e.V. über die Auswirkungen der Notverordnung vom 9. 3. 1932 in der Gestalt des Reichsgesetzes vom 12. 5. 1933: MuW 1934, S. 194(194). 744 Vgl.: Schreiben des Reichsverbandes des deutschen Handwerks an den Reichsjustizminister vom 7. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Zuvor bereits ähnlich: Reichsausschuss für das Zugabeverbot, Denkschrift an die Reichsregierung von November 1932: BArch, R 3001 / 2636. Die Arbeitsgemeinschaft deutscher Verbände des Lebens- und Genussmittel-Einzelhandels gab an, dass die Voraussetzungen der Ziff. e) damit letztlich zur Floskel verkommen seien: Schreiben an den Reichsjustizminister vom 8. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636.

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IV. Widerstand von Reichsregierung, Schutzverband für Wertreklame und Industrie 1. Die Reichsregierung Die Reichsregierung reagierte von Beginn an ablehnend auf die Vorstöße zur Verschärfung der Zugabeverordnung. Reichjustizminister Gürtner (DNVP) etwa erklärte auf den Vorstoß einiger Mitglieder der eigenen Fraktion im Reichstag im Oktober 1932,745 dass man sich vor Erlass der Zugabeverordnung eingehend mit den widerstreitenden Interessen des Fachhandels auf der einen und der Zugabenindustrie auf der anderen Seite auseinandergesetzt habe.746 Die Ausnahme der Ziff e) des § 1 Abs. 2 habe man ganz bewusst in das Regelwerk aufgenommen und sei damit sowohl der gutachterlichen Äußerung des RWR wie auch den Beschlüssen des Reichsrates gefolgt. Wenn heute Kritik an der Vorschrift geäußert werde, setzte sich lediglich die Meinungsverschiedenheit der betroffenen Kreise fort, die bereits, vor Erlass der Verordnung bestanden hätte. Seit Erlass der Zugabeverordnung sei lediglich ein Vierteljahr vergangen, damit sei es viel zu früh, die Wirkungen der Ziff. e) absehen zu können. Im Ergebnis bleibe der Reichsregierung damit zunächst keine andere Wahl als die nun in Kraft befindliche Regelung zu beobachten.747 Anfang Dezember 1932 meldete sich dann auch der parteilose Reichswirtschaftsminister Warmbold in dieser Angelegenheit zu Wort.748 Anders als sein Ministerkollege stellte er die von den Kritikern behaupteten nachteiligen Folgen der Zugabeverordnung nicht in Frage. Dennoch erklärte er aus wirtschaftlichen Bedenken jede Regelung für unvertretbar, die praktisch einem Verbot des Zugabewesens gleichkomme. Zur Begründung gab er an, dass ein völliges Verbot des Zugabewesens nicht mit den Maßnahmen der Reichsregierung zur Belebung der Wirtschaft in Einklang zu bringen sei. Dabei sei entscheidend, dass „in verschiedenen Teilen des Reichsgebiets große Fabrikbetriebe, insbesondere in der Porzellan- und Stein745 Antrag Jaeger (Celle) Dr. Wienbeck Dr. Ing. Wider und Genossen vom 30. 8. 1932: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 454, Drucksache Nr. 133. 746 Schreiben Reichsjustizministers Gürnter an MdR Jaeger (Celle) vom 11. 10. 1932: BArch, R 3001 / 2636. 747 Der Abgeordnete Jaeger (Celle) reagierte auf die ablehnende Haltung des Justizministers mit einem Schreiben, dem als Anlage eine Sammlung von Entschließungen und Äußerungen von Industrie- und Handelskammern, Gewerbekammern wie auch Handwerkskammern beigefügt war. Darin erklärten insgesamt 31 dieser Einrichtungen aus dem gesamten Reichsgebiet, dass die Notverordnung vom 9. März nicht geeignet sei, die Missstände im Bereich des Zugabewesens zu unterbinden. Nur ein völliges Verbot der Zugaben könne Abhilfe schaffen. In erster Linie sei es notwendig, die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Ziff. e) zu streichen. Anlage zum Schreiben vom 15.10. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Reichsjustizminister Gürtner ließ sich auch von diesem Schreiben Jaegers nicht überzeugen: Schreiben Gürtners an Jaeger (Celle) 5. 11. 1932: BArch, R 3001 / 2636. 748 Vgl.: Schreiben Warmbolds an Reichskommissar Goerdeler vom 5. 11. 1932: BArch, R 3001 / 2636.

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gutbranche, den Branchen der Papierverwertung und der Lederverarbeitung ganz wesentlich, teilweise sogar ausschließlich mit der Herstellung von Zugabeartikeln befasst“ seien. Da diese Unternehmen ihre Produktion gegenwärtig nicht umstellen könnten, müsste die von den Kritikern verlangte, auf ein Verbot der Zugaben hinauslaufende, Verschärfung der Zugabeverordnung in den betreffenden Regionen zu einer „besonders fühlbaren Vermehrung der Arbeitslosigkeit führen“. Aus diesem Grund sei er sich mit Reichsarbeitsminister Syrup (parteilos) einig, dass eine entsprechende Verschärfung der Zugabeverordnung ausscheide.749

2. Der Schutzverband für Wertreklame e.V. Der Schutzverband für Wertreklame e.V. gab zur Begründung seiner Ablehnung der geforderten Streichung der Ausnahme des § 1 Abs. 2 Ziff. e) an, dass ein solches Vorgehen nicht mit der Zielrichtung der Zugabeverordnung zu vereinbaren sei. Die Verordnung sei auf Empfehlung des RWR geschaffen worden, um für den Betrieb der Wertreklame einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, nicht indes um sie zu verbieten. Darüber hinaus bestritt man beim Schutzverband bis ins Frühjahr 1933, dass es infolge der Regelung des Zugabewesens überhaupt zu einer Verschärfung der Gesamtsituation gekommen sei. Bereits aus diesem Grund seien entsprechende Forderungen zurückzuweisen. Diese kämen ohnehin keineswegs von allen Einzelhändlern. In Wahrheit handele es sich nur um eine kleine Gruppe von Spezialhändlern, die es verstanden hätten, die Organisationen des Einzelhandels auf ihre Seite zu bringen.750 Der „einzelne Händler, insbesondere der Kolonialwaren- und Lebensmittelhändler“ sei nach wie vor Anhänger der Wertreklame. Unrichtig sei zudem die Behauptung, dass der Frontverlauf zwischen Zugabebefürwortern und Zugabegegnern demjenigen zwischen Großfilialekonzernen bzw. Großindustrie auf der einen und dem Mittelstand auf der anderen Seite entspräche. Dieser Behauptung sei entgegenzuhalten, dass sich im Lager der Zugabegegner die Markenartikel-Industrie, die Warenhäuser, die Einheitspreisgeschäfte und Konsumvereine befänden, die überwiegend „mit riesenhaften Kapitalien arbeitende Grossbetriebe“ seien.751 Zur eigenen Seite der Zugabebefürworter hingegen, die 749 Schreiben Reichswirtschaftsministers Warmbolds an Goerdeler vom 8. 12. 1932: BArch, R 3001 / 2636. Neben diesen wirtschaftlichen Bedenken verneinte Warmbold zudem die Regelungskompetenz des Reichskommissars für Preisüberwachung. 750 Auch deren Engagement sei letztlich unbegründet, da der Umsatz in Wertreklame in Wahrheit ein zusätzlicher Umsatz sei und nicht dem Einzelhandel verloren gehe. 751 In einer vom Schutzverband für Wertreklame unterstützten und in der von der Hauptabteilung IV b (Privatwirtschaft) der Reichsorganisationsleitung der NSDAP herausgegebenen Zeitschrift Deutsche Wirtschaftswarte ging man unter der Überschrift „Weltkonzerne kontra deutsche Fabrikanten“ dem neuen Zeitgeist entsprechend noch weiter. Man erklärte, dass die Zugaben das einzige wirksame Reklamemittel des industriellen deutschen Mittelstandes gegen die internationalen Großkonzerne und Trusts sei. Letztere betrieben eine regelrechte Hetze gegen das Zugabewesen, täten jedoch alles dafür, dass andere – aus Kostengrün-

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vielfach auch im Schutzverband organisiert seien, gehöre eine große Zahl mittelständischer Unternehmen.752

3. Der Reichsverband der Deutschen Industrie Wie bereits von Beginn der Auseinandersetzung um das Zugabewesen gegen Ende der 20er Jahre an ließ sich der Reichsverband der Deutschen Industrie auch jetzt von den Interessen der Zugaben herstellenden Industrie lenken.753 Anders als der Schutzverbandes für Wertreklame bestritt er nicht, dass der Erlass der Zugabenverordnung zu einer weiteren Verschärfung der Wertreklamefrage geführt hatte. Er erklärte, dass er sich schon immer gegen eine gesetzliche Regelung des Zugabewesens ausgesprochen habe und sich nunmehr durch die aktuelle Entwicklung des Zugabewesens bestätigt fühle. Der Versuch einer kasuistischen Regelung wie der Notverordnung vom 9. März 1932 sei unbefriedigend ausgefallen. Keinesfalls dürfte nun der Versuch unternommen werden, die Situation durch eine weitere, zu einem totalen Zugabeverbot führende, Gesetzesverschärfung zu lösen. Am sinnvollsten erscheine vielmehr eine Beseitigung der Zugabeverordnung.754

den ihnen vorbehaltene – Reklameformen erlaubt blieben. Auf diese Weise versuche man, die kleinen und mittleren Industriebetriebe zu vernichten. Kampfmittel der Großbetriebe sei der „mit ungeheuren Mitteln versorgte“ Reichsverband für das Zugabeverbot, der „natürlich von einem Juden geleitet“ werde. „Dieser Jude schiebt nun „deutsche Belange“ und „Sauberkeit in der Werbung“ vor, um uns glauben zu machen dieser Interessenverband sei eine menschenfreundliche und keine geschäftliche Angelegenheit. Er nennt sich „Reichverband“ und verschweigt seinen eigenen, koscheren Namen.“: Anlage zum Schreiben des Schutzverbandes für Wertreklame an Reichsjustizminister Gürtner vom 2. 5. 1933: BArch, R 3001 / 2637. 752 Schreiben des Schutzverbandes an den Reichsjustizminister vom 31. 3. 1933: BArch, R 3001 / 2636. Nach Angaben des Schutzverbandes für Wertreklame waren es neben dem Reichsverband der Deutschen Industrie folgende Verbände, die mit ihm gegen eine Verschärfung der Zugabeverordnung kämpften: Deutscher Reklame- Verband e.V., „Degro“ Deutscher Großhändlerverband für Kurz-, Galanterie, und Spielwaren, Gesamtausschuss der Papierverarbeitenden Industrien, Gesamtvereinigung der Weiß- und Schwarzblech verarbeitenden Industrien e.V., Reichsbund der Deutschen Metallwaren-Industrie, Reichsverband des Lack- und Farbenfaches e.V., Reichsverband Deutscher Spielwaren-Industrieller e.V., Verband Deutscher Offset- und Steindruckereibesitzer e.V., Verband Deutscher Porzellangeschirr-Fabriken G.m.b.H., Verband Keramischer Gewerke in Deutschland e.V., Verband Sächsischer Industrieller, Verband der Plakat- und Reklame-Industrie e.V., Verband Deutscher Leinenwebereien e.V., Deutscher Buchdrucker-Verein e.V., Verband der Glasindustriellen Deutschlands e.V., Verkehrsverband nordbayrische Ostmark, Bund leitender Werbefachleute, Reichsverband Deutscher Sportartikel-Fabrikanten e.V., Bayrischer Industrieellen Verband. 753 Dabei handelte es sich im wesentlichen um die Porzellan- und Glasindustrie. Der Keramische Bund hatte sich selbst an den Reichsjustizminister gewandt und für den Fall eines völliges Zugabeverbots davor gewarnt, dass 7.000 – 8.000 Porzellan- und Steingutarbeiter sowie 5.000 Glasarbeiter und etwa 1.000 Arbeiter der Spezialwarenindustrie ihren Arbeitsplatz verlieren würden. Schreiben vom 7. 3. 1933: BArch, R 3001 / 2637. 14*

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I. Die Verschärfung der Zugabeverordnung durch die Regierung Hitler Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul v. Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Bereits wenig später verschärfte die Regierung Hitler die Zugabeverordnung. Bevor im Folgenden auf die genauen Umstände dieses gesetzgeberischen Eingreifens eingegangen wird, werden zunächst die Grundlagen der nationalsozialistischen Wirtschaftsideologie sowie der nationalsozialistischen Wettbewerbs- und Einzelhandelspolitik skizziert.

I. Die Nationalsozialistische Wirtschaftsideologie und der Einzelhandel 1. Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft Anhaltspunkte dafür, welche Rolle die Wirtschaft im nationalsozialistischen Staat spielen sollte, finden sich bereits in Adolf Hitler’s „Mein Kampf“. Darin hatte Hitler schon Anfang der 20er Jahre deutlich gemacht, dass das Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft ein rein pragmatisches sein sollte – eine „bestimmte Wirtschaftsauffassung“ sollte nicht Sache des Staates sein.755 Die Wirtschaft sollte vielmehr nur eine untergeordnete Bedeutung haben, d. h. „nur eines der vielen Hilfsmittel“ zur Erreichung der politischen und ideologischen Staatsziele sein.756 War vom „Primat der Politik“ die Rede, meinte man damit, dass die Wirtschaft nicht mehr als eine „Dienerin des Staates“ auf dem Weg zu einem schnellen Aufschwung wie auch einer zügigen Wiederbewaffnung sein sollte.757 Im Gegensatz zu früheren Zeiten fasste man die Wirtschaft nicht mehr als „Selbstzweck“, „sondern als zweckbestimmte Funktion, und zwar als eine von vielen innerhalb des völkischen Gemeinschaftslebens“ auf.758 Hierzu gehörte auch, dass man der Privatwirtschaft keine Sonderrolle mehr einräumte,759 die Trennung zwischen öffentlicher und privater Sphäre vielmehr aufhob und durch die sogenannte „Gemein754 Entschließung des Vorstand des Reichsverbandes der Deutschen Industrie vom 17. 2. 1933, Anlage zum Schreiben an den Reichsjustizminister vom 21. 2. 1933: BArch, R 3001 / 2637. 755 Hitler, Mein Kampf, S. 164. 756 Puppo, Die wirtschaftsrechtliche Gesetzgebung des Dritten Reiches, S. 3 f. Hedemann sprach davon, dass die Wirtschaft nur „ein organisches Glied im Volkskörper“ sei: Hedemann, Deutsches Wirtschaftsrecht, S. 24. 757 Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 65. 758 Buwert, Deutsches Recht 1935, S. 67(67). So auch für den Einzelhandel: Splettstösser, Der Einzelhandel, S. 36. 759 Rücker spricht insoweit von einem „extremen Antiliberalismus“: Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 66.

I. Verschärfung der Zugabeverordnung durch die Regierung Hitler

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wirtschaft“ ersetzte. In ganz bewusster Abgrenzung zu vergangenen „liberalistischen“ Zeiten sollte der bisher für die Privatwirtschaft geltende Grundsatz des „laissez fair – laissez aller“ im nationalsozialistischen Staate keine Anwendung mehr finden.760

2. Das grundsätzliche Bekenntnis zum Wettbewerb und seine Einschränkungen Den Wettbewerb als solchen stellten die Nationalsozialisten zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Frage.761 Man sah in ihm vielmehr „eine der gewaltigsten Triebkräfte im Treiben der Wirtschaft“. Nur sie könne immer wieder aufs neue „Entschluss, Energie, Einsatzbereitschaft, Tatkraft, Leistung und Forschritt“ wecken. Kein Staat könne deshalb gänzlich auf diese „Urkraft“ verzichten, ihre Unterdrückung würde vielmehr dem Ende jeder menschlichen Geschichte und Kultur gleichkommen.762 Ideologische Prägung erhielt das Verständnis des Wettbewerbs dahingehend, als auch hier das oberste Gesetz der Wirtschaft „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ gelten sollte. Damit sei die früher das Wirtschaftsleben bestimmende „individualistische Ellenbogenfreiheit“, in der jeder Gewerbetreibende einzig um das ganz persönliche Fortkommen (und ohne Rücksicht auf die Folgen für die Allgemeinheit) bemüht gewesen sei, beseitigt. Dem „deutschrechtlichen Denken“ entspreche es auch, dass „Wettbewerbsrecht aus der Sphäre des Privatrechts mehr und mehr in das Recht der Gemeinschaft, in das öffentliche Recht,“ hinüberzuleiten.763 Beschränkungen des Wettbewerbs hielt man für erforderlich, als der Wettbewerb bei dem in der modernen Zeit in viel engere Räume als früher zusammengedrängten und unter der wirtschaftlichen Verknappung leidenden Menschen,764 auch seine Schattenseite zeige. Seiner unverzichtbaren Kraft als „Motor der Gesellschaft“ stehe damit neuerdings regelmäßig ein „wahrer Taumel der Konkurrenz“, ein „Fieber des Wettbewerbs“ und ein „Wettrennen um den Kunden gegenüber“. Damit sei der Wettbewerb häufig mit Unrecht, Betrug, Korruption und Spekulation 760 Zu den Verhältnissen im früheren, „liberalistischen Staat“ gab man an: „Man erklärte die Wirtschaft als typisch zur privaten Sphäre gehörig und kämpfte erbittert gegen jegliche Einmischung des Staates in diese private Angelegenheit der Bürger. Waren solche Eingriffe jedoch unvermeidbar, so ließ man sie nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und unter genauester Abgrenzung des Wirkungsbereiches zu.“: Das oberste Prinzip lautete von nun an „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“: Stritzke, MuW 1933, S. 504(505). Vgl. auch: Buwert, Deutsches Recht 1935, S. 67(67). 761 Meinhold, ZgStw 1942, S. 702(703). 762 Hedemann, Deutsches Wirtschaftsrecht, S. 110. Auch: Hunke, Der praktische Betriebswirt 1936, S. 485(491). 763 Stritzke, Muw 1933, S. 504(505). 764 Vgl.: Hedemann, Deutsches Wirtschaftsrecht, S. 109.

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verbunden und schade letzten Endes nicht allein dem einzelnen Kaufmann oder Konsumenten, sondern könne sogar die „Gesamtwirtschaft des Volkes“ erschüttern.765 Erträglich könne der Wettbewerb insoweit nur sein, wenn er „vom sittlichen Willen, von nationalsozialistischer Gesinnung und vom arteigenen Recht beherrscht, werde.766 Hierfür sei es notwendig, dem „sogenannten « freien Spiel der Kräfte », als dem Bürgen der Gelegenheit, Geld zu verdienen“ Einhalt zu gebieten und durch eine „öffentliche Marktordnung“ zu ersetzen.767 Diese müsse dafür sorgen, dass „durch eine Neuausrichtung und Neuabgrenzung des freien Spiels der Kräfte die notwendige Synthese zwischen Privatinitiative und Gemeinnutz“ herbeigeführt würde.768 Zum „Ordnungsprinzip der neuen deutschen Wirtschaft“ erklärte man den Leistungswettbewerb.769 In Erweiterung des ursprünglich im Jahr 1930 von Nipperdey entwickelten Begriffs, der die Abgrenzung des lauteren „Leistungswettbewerbs“ vom grundsätzlich unlauteren „Behinderungswettbewerb“ im Auge hatte,770 sollte es nun zusätzlich darum gehen, den Wettbewerb in den „Dienst an der Volksgemeinschaft“ zu stellen. Vorrangiges Ziel dieses Wettbewerbs sollte eine Leistungssteigerung der Wirtschaft zur Förderung des Gemeinwohls sein.771 Hierfür sei es notwendig, dass die in einer Leistungsgemeinschaft verbundene Unternehmerschaft nicht gegen-, sondern miteinander schaffe.772 Jede Art von Nichtleistungswettbewerb sei damit auf das entschiedenste abzulehnen. Wettbewerb auf Kosten der Mitbewerber -“sei es mit gesetzlich erlaubten, sei es mit unlauteren Mitteln“ – verschlinge nur nutzlos Energie und trage so nicht zur Mehrung des Sozialproduktes bei.773

765 Hunke, Der praktische Betriebswirt 1936, S. 485(490). Hedemann, Deutsches Wirtschaftsrecht, S. 110. 766 Hunke, Der praktische Betriebswirt, S. 485(492). Zulässig sein könnten in Zukunft deshalb nur die „gesunden“ und „volksgemäßen“ Erscheinungsformen des Wettbewerbs: Hedemann, Deutsches Wirtschaftsrecht, S. 110. 767 Den „freien Wettbewerb“ lehnte man insoweit als eine Irrlehre ab: Hunke, Der praktische Betriebswirt 1936, S. 485(492). 768 Hunke, Der praktische Betriebswirt 1936, S. 485(491). 769 Klug, ZakDR 1935, S. 621(624). 770 Nipperdey, Wettbewerb und Existenzvernichtung, S. 23. Ulmer, GRUR 1977, S. 565(567). Rücker spricht insoweit von einer Neuinterpretation des Begriffes des Leistungswettbewerbs: Ulmer, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 71. 771 Schramm, GRUR 1937, S. 433(436). 772 Vgl. Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 71. Vgl. auch Reinhard, der den Begriff des Leistungswettbewerbs wie folgt definierte: „Leistungswettbewerb ist danach ein Wettbewerb, der nicht nur auf das Mittel der Täuschung und Verschleierung verzichtet, der nicht nur den Eingriff in solche besonderen Schutz genießende fremde Mittel meidet, sondern der zugleich den Einsatz der eigenen Mittel so gestaltet, wie es ihm die Verantwortlichkeit für das Ganze vorschreibt.“ Reinhard, in: Festschrift für Hedemann, S 381(385). 773 Vgl.: Meinhold, ZgStw 1942, S. 702(707 f.).

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3. Die nationalsozialistische Einzelhandelspolitik a) Die ideologischen Grundlagen Als die Nationalsozialisten Ende Januar 1933 an die Macht kamen, verfügten sie über kein „geformtes wirtschaftspolitisches Konzept“,774 wie dem unter der großen Wirtschaftskrise besonders notleidenden Einzelhandel geholfen werden sollte. Anhaltspunkte hierfür lieferte lediglich das 25-Punkte-Programm der NSDAP aus dem Jahre 1920,775 dem auch noch im Rechtsleben des neuen Staates eine nicht unbedeutende Rolle eingeräumt wurde.776 In dem schlagwortartig abgefassten Forderungskatalog hatte man in Punkt 16 die „Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung“ gefordert. Gewissermaßen als Gegenstück hierzu hatte man mit Blick auf den Einzelhandel die „sofortige Kommunalisierung der Großwarenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbereibende“ verlangt. Letzteres hatte man damit begründet, dass die Warenhäuser „Zeichen einer niedergehenden Ramschwirtschaft“ und „Zwingburgen für die Vernichtung jedes schöpferisch gewerbetreibenden Lebens“ seien.777 Wie sich aus Schriften der 30er Jahre ergibt, lag diesen Forderungen eine Verklärung des Gewerbelebens der vorkapitalistischen Wirtschaftsepoche zugrunde. Für die Nationalsozialisten verkörperten die Einzelhandelsstrukturen und Wettbewerbsverhältnisse dieser Zeit gewissermaßen das Idealbild des Einzelhandels.778 Obwohl man einräumte, dass sich die Geschichte nicht wiederholen ließe und historische Erfahrungen auch nicht sklavisch verfolgt werden dürften, sollten aus dieser Epoche wichtige Überlieferungen der Vorfahren übernommen und in geeigneter Form für die Zukunft berücksichtigt werden. Dies sollte vor allem für die Stellung des vorkapitalistischen Einzelhändlers gelten, der man unterstellte, von einer „sittlichen Stabilität“, „Loslösung vom Gewinnstreben“, „Ablehnung einer Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 63. Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930 – 1945, S. 29. Auch: Barkai, Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus, S. 30. 776 Welche Bedeutung dem Programm letztlich beigemessen wurde, wird etwa aus folgender von Reichsrechtsführer Hans Frank anlässlich des Deutschen Juristentages 1936 gehaltenen Rede, deutlich: „Das Parteiprogramm ist für das Rechtsdenken und die Rechtswirklichkeit des Dritten Reiches gültig, nicht als formelles Gesetz, sondern kraft des schöpferischen Willens des Führers. Das Parteiprogramm hat nicht formelle Gesetzeskraft, es ist aber eine Leitlinie für die Entscheidung in allen sozialen Problemen des deutschen Volkes, ( . . . ) ebenso wie für die Lösdung geschichtlicher Aufgaben. Da im Parteiprogramm die letzten Ziele der NSDAP erkennbar sind, hat es ein stetes Hilfsmittel des deutschen Rechtswahrers in Rechtswissenschaft, Rechtslehre und Rechtspraxis zu sein ( . . . )“: Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung – Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus, S. 132 f. 777 James, Deutschland in der Wirtschaftskrise, S. 345. An diesen Grundsätzen orientierte sich die Partei auch danach und agitierte seit Mitte der 20er Jahre zunehmend gegen Warenhäuser wie auch andere Großbetriebsformen. 778 Sog. „traditionalistische Einzelhandelsgesinnung der frühkapitalistischen Epoche“. 774 775

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Beschleunigung des Güterumlaufs“, des „Strebens nach Preisgerechtigkeit“ und schließlich der „Ablehnung des Konkurrenzgedankens“ gekennzeichnet gewesen zu sein.779 Gerade das zuletzt genannte Ideal, in jedem Konkurrieren etwas Unmoralisches zu sehen, habe die Händler dazu veranlasst, „den gewerblichen Betrieb nicht über dasjenige hinaus auszudehnen, was nötig war“. Letzten Endes hätten sich auf diese Weise „feste Wettbewerbsregeln auf religiöser und sittlicher Grundlage herausgebildet“, die allseits respektiert worden seien.780 Zu einem Verfall dieser als ideal empfundenen Wettbewerbssitten war es nach Auffassung der Nationalsozialisten dann nach und nach mit Einzug der kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung wie auch dem zunehmenden jüdischen Einfluss im Handel gekommen. Das mit dem Kapitalismus verbundene Konkurrenzprinzip habe zunehmend die „Umfriedungen durchbrochen“, welche sich der „auf Kunden wartende deutsche Einzelhändler aus traditionellen Empfindungen heraus“ bis dahin selbst gesetzt gehabt hätte. Von nun an seien Händler dazu übergegangen, „den Kunden aufzusuchen, ihm seine Ware anzupreisen und die Ware des andern im Preise weit zu unterbieten“. Unvermeidliche Begleiterscheinung derartigen Kundenfangs sei schon bald das Gewinnstreben, d. h. das Streben nach „Absatz um jeden Preis“ gewesen.781

b) Die praktische Umsetzung aa) Förderung des Mittelstands Wie in dem 25-Punkte-Programm von 1920 vorgegeben, orientierte sich die Einzelhandelspolitik der Nationalsozialisten auch in der Praxis an den Interessen des Mittelstandes. Entscheidend war hierfür, dass die kleinen und mittleren Kaufleute gegen Anfang der 30er Jahre immerhin fast 80% des Einzelhandelsumsatzes er779 Splettstösser, Der Einzelhandel, S. 15 f. Im Einzelnen führt er hierzu auf Seite 19 f. weiter aus: „Analog der handwerksmäßigen Tradition, und in Beachtung des Grundsatzes: „Wovon zweye leben könne, das sollte nicht einer tun“, vollzog sich die Tätigkeit des Einzelhändlers in der Weise, dass er auf den Kunden wartete und es als standeswidrig empfand, diesen aufzusuchen. Es herrschte das statische Prinzip, nach welchem die Kundschaft als ein umfriedeter Bezirk galt, welcher dem einzelnen Händler zugesprochen war und dessen Grenzen man schicklicherweise nicht verletzen durfte.“ Ähnlich: Rilk, Das Judentum in der Rechtswissenschaft, S. 6. 780 Der Wettbewerb habe damit nicht im Kampf um den höchsten Warenumsatz um jeden Preis, sondern im reinen Leistungswettbewerb bestanden. „Jede darüber hinausgehende Reklame in Form der Warenanpreisung ohne Beschränkung des Werbemittels galt als sittenwidrig und unerlaubt. Die gute Ware wollte sich selbst loben, und wenn der Käufer zufrieden war, sollte er den anderen Kauflustigen weitersagen. Eine unmittelbare Einwirkungshandlung des Verkäufers selbst fand kaum statt.“ Rilk, Das Judentum in der Rechtswissenschaft, S. 6. 781 Für den Zeitpunkt und den Umfang der Verbreitung dieses Strebens sei ausschlaggebend gewesen, „bis zu welchem Umfang das jüdische Element Eingang in den deutschen Einzelhandel gefunden“ habe: Splettstösser, Der Einzelhandel, S. 21 f.

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wirtschafteten und gleichzeitig den mit Abstand größten Bevölkerungsanteil innerhalb dieser Berufsgruppe stellten.782 Diesen Umstand hatte die NSDAP bereits Jahre vor der „Machtergreifung“ zum Anlass genommen, sich um den Mittelstand mit besonderen Eifer zu bemühen.783 Zu diesen wahltaktischen Erwägungen kam, dass die Betriebsstrukturen der Mittelständler den ideologischen Idealvorstellungen des nationalsozialistischen Einzelhändlers am nächsten kamen. Dies galt vor allem für den Facheinzelhandel, den man als den „Kern des deutschen Einzelhandels“ bezeichnete. Zur Begründung gab man an, dass bei ihm – im Unterschied zu den Großbetriebsformen – die „Persönlichkeit“ dominiere. Werde die persönliche Leistung als Grundlage der Gesamtleistung der Volkswirtschaft gesehen, müsse er allein aus diesem Grund als die Betriebsform des Einzelhandels angesehen werden. Als weiteren Vorteil gegenüber den Großbetrieben sah man die größere Krisenfestigkeit des Fachhandels, die im „Traditionalismus“ dieser Betriebe begründet liege.784 Im Ergebnis fördere dieser Umstand nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch das Durchhaltevermögen in schwierigen Zeiten.785 Ergänzend wurde angeführt, dass der Fachhändler aufgrund der mit seiner Spezialisierung verbundenen zahlenmäßigen Beschränkung des Kundenkreises einen engen persönlichen Kontakt zu den Verbrauchern habe. Letztere könnten damit darauf vertrauen, „sachlich einwandfrei in der richtigen Verwendung der Kaufmittel“ beraten zu werden. Zusammenfassend sei der Fachhändler am besten geeignet, „als Mittler zwischen Erzeugung und Verbrauch aufzutreten“ und die Versorgung der Volksgemeinschaft sicherzustellen.786

bb) Ablehnung von Großbetrieben Gewissermaßen als Kehrseite zu dieser ideologischen Überhöhung des mittelständischen Fachhandels lehnten die Nationalsozialisten andere Betriebsformen, insbesondere die Großbetriebsformen des Einzelhandels, ab und erklärte sie für „unerwünscht“. Dies galt neben den Einheitspreisgeschäften und Konsumanstalten insbesondere für die Warenhäuser. Den Einheitspreisgeschäften hielt man verächtlich entgegen, dass sie auf einer „amerikanische Betriebsform“ basierten, „die den Geist des reinen Kapitalismus am unverkennbarsten in sich“ trüge. Hierzu komme, 782 Dies geschah in Fachgeschäften, im Gemischtwarenhandel und im sog. ambulanten Handel: Berekoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 57. 783 James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 343. 784 Die Fachhändler widmeten ihre Zeit, wie auch die ihrer Familienangehörigen, ausschließlich ihrem Geschäft. Hierdurch komme es bei ihnen zu einer erheblich festeren Verbundenheit zum Gewerbe, als dies bei den anonymen Großbetrieben der Fall sei. 785 Diese Einschätzung habe in der Vergangenheit bereits dadurch ihre Bestätigung gefunden, dass der Facheinzelhandel „trotz aller entgegengerichteter Tendenzen die zentrale Stellung im Verteilungssektor der arbeitsteiligen Verkehrswirtschaft zu keiner Zeit verloren“ habe. 786 Centner, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Einzelhandels, S. 59 f.

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dass sie den klein- und mittelständischen Einzelhandel in unerträglichem Maße bedrängen würden.787 Den Konsumgenossenschaften warfen die Nationalsozialisten vor, dass diese bereits von ihrem „genossenschaftlich, sozialistischen“ Grundgedanken her auf die Ausschaltung des traditionellen Einzelhandels gerichtet seien. Gelitten hätte unter dieser Tendenz insbesondere der mittelständische Handel, der selbst „weder von Profitiger noch von individualistischem Geist“ geleitet sei.788 Die größten Vorbehalte indes brachten die Nationalsozialisten den Warenhäusern entgegen. Da eine ganze Reihe von ihnen in jüdischer Hand war, waren sie bereits seit Mitte der 20er Jahre eine besondere Zielscheibe für die politische Agitation der NSDAP.789 Man beließ es nicht bei öffentlichen Anfeindungen, mit zunehmendem Verfall der Weimarer Republik ging man vielmehr auch zu offenem Terror durch SA-Trupps über.790 Zum Vorwurf machte man den Warenhäusern, „entpersönlicht“, besonders kapitalintensiv und in großem Umfang umsatzabhängig zu sein. Letzteres zwinge sie gewissermaßen dazu, sich besonders aggressiver „undeutscher“ Verkaufs- und Reklamepraktiken zu bedienen.791 Hinzu kam, dass man mit dieser Agitation den Interessen des Heeres der notleidenden kleinen und mittleren Einzelhändler entgegenkam. Bei ihren Existenzängsten stießen Parolen gegen die „Verjudung des Einzelhandels“ wie auch Warnungen vor mächtigen, allein vom Finanzkapital gesteuerten Einzelhandelskonzernen auf offene Ohren.792 Als die SA kurz nach der „Machtergreifung“ am 1. April 1933 jüdische Geschäfte boykottierte, war auch eine Reihe von Warenhäusern betroffen. Durch Boykott, Randale, Gewalttätigkeiten und vereinzelt sogar Verhaftungen von Geschäftsinhabern entstanden ihnen nicht unerhebliche Umsatzeinbußen.793 Dass die Warenhäuser die Jahre des „Dritten Reiches“ letztlich überhaupt überlebten, verSplettstösser, Der Einzelhandel, S. 42. Noch im Jahr ihrer „Machtergreifung“ zwangsvereinigte die NSDAP die beiden bestehenden Konsumbewegungen, d. h. den Reichsverband deutscher Konsumvereine e.V. (Köln) und den Zentralverband deutscher Konsumvereine e.V. (Hamburg): Berekoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 73 f. Mit Verordnung vom 18. 2. 1941 (RGBl. I, S. 106) wurden die Konsumvereine schließlich unter Übertragung ihres Vermögens auf die Deutsche Arbeitsfront aufgelöst: Tetzner, Rabattgesetz, Einl. Rn. 11. 789 Gerade einige der größten Warenhausketten wie die Leonard Tietz AG, die Hermann Tietz & Co. und die A. Wertheim GmbH waren in jüdischer Hand. James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 345. 790 Berekhoven, Die Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 63. 791 Centner, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Einzelhandels, S. 68. Ähnlich. Berekhoven, Die Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 63. 792 Berekoven, Die Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 63. Vgl auch: Fischer, Deutsche Wirtschaftspolitik 1918 – 1945, S. 78. 793 In Nürnberg etwa verhafteten Angehörige der örtlichen NS-Betriebszellenorganisation (NSBO) die gesamte Geschäftsführung des Warenhauses Schocken & Co. Damit kam der Terror nicht nur von außen, sondern durch Betriebsangehörige auch von innen: James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 345. 787 788

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dankten sie der sich bei der Regierung Hitler bereits bald nach ihrem Regierungsantritt einstellenden Einsicht, dass eine völlige Ruinierung dieser Großbetriebe letztlich auch der Gesamtwirtschaft schaden würde794 und die Großbetriebe den Warenhandel zudem rationeller gestalten konnten und damit den Leistungsmaximen der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik besser entsprachen als der Kleinhandel.795 Wirtschaftsminister Hugenberg (DNVP) etwa verfolgte aus diesem Grund das Ziel, zwar keine neuen Warenhäuser mehr zuzulassen, vorhandene Einrichtungen jedoch nicht zu zerschlagen.796 Dieser Kurs wurde im Wesentlichen auch von seinem Nachfolger Schmitt (NSDAP) weitergeführt.797 Insgesamt darf dieser Sinneswandel auf Regierungsseite jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Warenhäuser in diesen Jahren schwerer Schaden zugefügt wurde.798 cc) Das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 Gesetzgeberisch versuchten die Nationalsozialisten bereits im Frühjahr 1933 durch das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels Einfluss auf die Verhältnisse im Einzelhandel zu nehmen.799 Das noch von Minister Hugenberg unterzeichnete Gesetz trat mit dem Tag der Verkündung in Kraft und bestimmte zunächst, dass die im Rahmen der Notverordnung zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932 angeordnete Befristung des Verbots der Errichtung von Einheitspreisgeschäften aufgehoben wurde. Damit galt dieses Verbot von nun an unbefristet.800 Weiterhin untersagte das Gesetz die Errichtung neuer sowie die Erweiterung oder Übernahme 794 Zuvor waren den Warenhäusern im Frühsommer 1933 die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) zur Hilfe gekommen und hatten im Namen der Angestellten erklärt, dass insgesamt ca. 90 000 Arbeitsarbeitsplätze auf dem Spiel stünden: James, Deutschland in der Wirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 345. Weiterhin hatte eine Reihe deutscher Großbanken verschiedenen Warenhäusern Kredite gewährt. Für den Fall ihres Zusammenbruchs fürchtete man auch um ihre Existenz: v. Saldern, Mittelstand im „3. Reich“, S. 61. 795 v. Saldern, Mittelstand im „3. Reich“, S. 61. 796 Hierbei ging er mit der Zustimmung Hitlers im Frühjahr 1933 so weit, den hoch verschuldete Karstadt-Konzern mit einem staatlichen Darlehen zu unterstützen und auf diese Weise einen Bankrott abzuwenden.: Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930 – 1945, S. 63 797 Unter Wirtschaftsminister Schmitt genehmigte das Kabinett im Juli 1933 verschiedenen Banken die Sanierung der Tietz Warenhäuser: Boelcke, Deutsche Wirtschaftspolitik 1930 – 1945, S. 70. 798 v. Saldern, Mittelstand im „3. Reich“, S. 61. Hierbei spielte auch eine Rolle, dass untere Parteiorgane nach Jahren der Agitation gegen diese Betriebe den neuen und wenig konsequenten Regierungskurs nur schwer nachvollziehen konnten und gerade in Zeiten gesteigerten Bedarfs (etwa zu Weihnachten) immer wieder Boykottaufrufe starteten oder mit anderen Schikanen gegen die Warenhäusern vorgingen: Berekoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 65. 799 Gesetz vom 12. 5. 1933, RGBl. I, 262. 800 § 1 des Gesetzes zum Schutze des Einzelhandel.

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bestehender Warenverkaufsstellen. Bereits bestehende Betrieben wurde desweiteren untersagt, ihr Sortiment auf den Verkauf von Lebens- und Genussmitteln auszudehnen.801 Diese zunächst bis zum bis zum 1. November 1933 befristete Maßnahme wurde durch spätere Änderungsgesetze immer wieder verlängert. Entgegen der Forderung der Mittelständler galt das Errichtungsverbot nicht nur für Waren- und Kaufhäuser, sondern für jegliche Art von Verkaufsstellen. Zum einen wollte man hierdurch der Gefahr von Umgehungsversuchen begegnen802 und zudem auch andere Großbetriebsformen, wie etwa Filialgeschäfte, treffen. Schließlich ging man auch davon aus, dass der Einzelhandel als solcher insgesamt übersetzt sei und auch bei den kleinen und mittleren Betrieben ein weiteres Anwachsen der Betriebszahl verhindert werden müsse.803 Laut der amtlichen Begründung im Reichsgesetzesblatt sollte hierdurch der Bestand der bereits existierenden kleinen und mittleren Einzelhändler gesichert werden. Zudem sollten „die missbräuchlichen Formen und Ausartungen im Wettbewerb der vergangenen Jahre“, die man für eine Folge der immer stärker gewordenen Überbesetzung wie auch der kaufmännischen Ungebildetheit vieler Kleinhändler hielt, unterbunden werden.804 Ausnahmen von dem umfänglichen Errichtungsverbot für Verkaufsstellen konnten nach der ersten Durchführungsverordnung zu dem Gesetz nur dann zugelassen werden, wenn in dem betreffenden Bezirk ein Bedürfnis für die Errichtung einer entsprechenden Verkaufsstelle nachgewiesen wurde.805 Eine besondere Einschränkung für Warenhäuser, Einheitspreisgeschäfte, Kleinpreisgeschäfte, Serienpreisgeschäfte und Konsumvereine enthielt das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels in § 7. Danach durften in ihnen keine selbständigen Handwerksbetriebe mehr errichtet werden. Zudem behielt man es sich vor, bereits bestehende Handwerksbetriebe in derartigen Geschäftsräumen zu schließen. Ergänzung fand die Regelung des § 7 durch die Verordnung über den Abbau der selbständigen Handwerksbetriebe in Warenhäusern vom 11. Juli 1933 (RGBl. I. 468) und die Verordnung zur Ausübung des Gaststättengesetzes vom 21. Juni 1933 (RGBl. I, 392). Während nach der ersten Vorschrift der Betrieb eines selbständigen Handwerksbetriebs auf Rechnung des Unternehmers eines Einzelhandelsbetriebes verboten wurde, ließ letztere Vorschrift die Erteilung einer Schankerlaubnis für 801 Wurden Verkaufsstellen entgegen diesem Verbot errichtet, hatten die Polizeibehörden sie zu schließen. Der Begriff der „Verkaufsstelle“ sollte weit ausgelegt werden. Erfasst werden sollten „alle Räume, die dem Publikum zum Kaufen von Waren im Kleinverkehr offen“ standen. Dazu zählen sollten auch nicht nur Läden, sondern auch Wohnungen, zu denen auf Anläuten Zugang gewährt wurde, ferner „Magazine, Buden, Automaten, Kohlenplätze und Tankstellen“: Oesterle, Neues Wirtschaftsrecht, S. 10. Nach § 4 des Gesetzes galt das Errichtungsverbot auch für die Verteilungsstellen der Konsumvereine und Werkskonsumvereine. 802 Hierzu gab man an, dass es in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten bei der Definition des Begriffs des „Waren-“ bzw. „Kaufhauses“ gegeben habe. 803 Oesterle, Neues Wirtschaftsrecht, S. 9 f. 804 Michel, Archiv für Wettbewerbsrecht 1935, S. 23(23). 805 Durchführungsverordnung vom 12. 5. 1933, RGBl. I, 267.

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Waren- oder Kaufhäuser nur in Ausnahmefällen und nur für alkoholfreie Getränke zu.806 Eine erhebliche Auflockerung für kleine und mittlere Betriebe erhielt die Regelung mit Erlass der dritten Durchführungsverordnung vom 23. Juli 1934.807 Darin verzichtete man auf den als zu starr empfundenen Bedürfnisnachweis und setzte an seine Stelle den Nachweis der für den Betrieb einer Verkaufsstelle erforderlichen Sachkunde. Zudem verlangte man, dass keine Tatsachen vorlagen, aus denen sich ein Mangel an persönlicher Zuverlässigkeit ergab. Keine Geltung hatte diese Erleichterung hingegen für „Warenhäuser, Serienpreisgeschäfte und andere durch die besondere Art der Preisgestaltung gekennzeichnete Geschäfte sowie Filialbetriebe“. Für sie blieb man bei der Voraussetzung des Nachweises eines Bedürfnisses im Sinne der ersten Durchführungsverordnung vom 12. Mai 1933. Zur Begründung dieser abweichenden Behandlung der Großbetriebe verwies man pauschal auf deren „besondere Betriebsart“. Daneben gab man an, dass es notwendig sei, den selbständigen Einzelhandelsgeschäften auf diese Weise einen gewissen Bestandsschutz zukommen zu lassen.808 Praktisch bedeutete dies für die Großbetriebe ein zwölfjähriges, d. h. bis zum Ende des „Dritten Reiches“ reichendes generelles Errichtungsverbot.809

II. Wirtschaftsminister Hugenberg gibt den entscheidenden Impuls für die Verschärfung der Zugabeverordnung Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde ein Großteil der Minister des Kabinetts v. Schleicher entlassen. Die neue Regierung Hitler basierte auf einer Koalition aus NSDAP und DNVP. Während Reichsjustizminister Gürtner, der der DNVP angehörte, auch in das neue Kabinett übernommen wurde, wurde der parteilose Reichswirtschaftsminister Warmbold durch Alfred Hugenberg (DNVP) ersetzt.810 806 Vgl.: Freise, Wettbewerb und Politik in der Rechtsordnung des Nationalsozialismus, S. 132. 807 RGBl. I, 726. Bereits nach der zweiten DurchführungsVO hatte eine Ausnahmeregelung dann erteilt werden können, wenn andere Verkaufstellen durch den neuen Betrieb nicht gefährdet wurden; die Bewilligung durfte jedoch versagt werden, wenn keine fachliche Eignung nachgewiesen wurde: v. Saldern, Mittelstand im „3. Reich“, S. 60. 808 Michel, Das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels, Archiv für Wettbewerbsrecht 1935, S. 23(24 f.). 809 Der für ihre Errichtung notwendige Nachweis eines Bedürfnisses wurde von den zuständigen Behören und Berufsverbänden prinzipiell verneint: Freise, Wettbewerb und Politik in der Rechtsordnung des Nationalsozialismus, S. 131 f. 810 Geheimrat Dr. rer. Pol. Alfred Hugenberg (1865 – 1951), einst Siedlungskommissar im Osten und Krupp-Direktor war Herrscher eines weitverschachtelten, gewaltigen Medienkonzerns; Reichswirtschaftsminister vom 30. 1. 1933 – 29. 6. 1933: Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 193 – 1945, S. 48 f.

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Hugenberg war es schließlich auch, der den entscheidenden Impuls für die Verschärfung der Zugabeverordnung gab. Mit einem persönlichen Schreiben an seinen Ministerkollegen Gürtner vom 12. April 1933 teilte er diesem mit, dass er es für „unvermeidbar und dringend geboten“ halte, die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Ziff. e) zu streichen. Gleichzeitig forderte er ihn auf, dem Reichskabinett umgehend eine Vorlage zur Streichung der Vorschrift vorzulegen. Zwar verkenne er nicht die sachlichen Bedenken, die gegen ein uneingeschränktes Zugabeverbot sprächen. Mittlerweile sei er jedoch zu der Auffassung gelangt, dass diese Bedenken „im Hinblick auf die seit der Notverordnung am 9. März 1932 eingetretene Entwicklung des Zugabewesens und auf die damit verbundenen schwierigen Nachteile zurücktreten“ müssten.811

III. Reichsjustizminister Gürtner reagiert umgehend Ungeachtet seiner noch im Spätherbst zum Ausdruck gebrachten Ablehnung gegenüber einer Verschärfung der Zugabeverordnung reagierte Reichsjustizminister Gürtner umgehend auf die Aufforderung Hugenbergs. Bereits am 27. April 1933 ließ er dem Staatssekretär in der Reichskanzlei einen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zugabeverordnung zukommen. Der Entwurf bestand insgesamt nur aus zwei Regelungen. In § 1 war vorgesehenen, die § 1 Abs. 2 unter Ziff. e) enthaltene Ausnahme vom Zugabeverbot zu streichen. Nach § 2 sollten die im § 27 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorgesehenen Einigungsämter auch bei Streitigkeiten aus der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932 angerufen werden können. Inkrafttreten sollten die Neuerungen am 1. August 1933.812 811 Den für die Zugabenindustrie zu erwartenden Nachteilen könne zudem dadurch entgegengetreten werden, dass das Zugabeverbot erst nach einer längeren Übergangszeit in Kraft gesetzt werde. Zur näheren Begründung erklärte Hugenberg, dass die Ausnahmeregelung der Ziff. e) „praktisch zur gesetzlichen Grundlage für ein weiteres erhebliches Anwachsen der Zugabe geworden“ sei und letztlich zu einer erheblichen Verschärfung des Kampfes um das Zugabewesen geführt habe. Von besonderer Bedeutung seien auch die mittlerweile „an fast allen größeren Plätzen“ veranstalteten Abwehrverkäufe, „durch die eine in hohem Maße unerwünschte Verwirrung der Preisverhältnisse“ verursacht würde. Bemerkenswert sei auch, dass sich mittlerweile auch der Hauptausschuss des Deutschen Industrie- und Handelstages für ein Verbot der Zugaben ausgesprochen habe: Schreiben des Hauptausschusses des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 4. 3. 1933: BArch, R 3001 / 2637. Zuvor hatte sich im Oktober 1932 nur sein Einzelhandelsausschuss für eine entsprechende Verschärfung der Zugabeverordnung stark gemacht: Entschließung des Einzelhandelsausschusses vom 6. 10. 1932: Erwähnt im Schreiben an den Reichjustizminister vom 4. 3. 1933: BArch, R 3001 / 2637. 812 Vgl.: Entwurf des Reichsjustizministeriums (RJM Nr. I i 445), Anlage zum Schreiben des Reichsjustizministers an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 27. 4. 1933: BArch, R 3001 / 2637. Die ebenfalls in § 3 des Entwurfs enthaltene Übergangsregelung sah vor, dass Ansprüche aus vorher eingeleiteten Zugabegeschäften unberührt bleiben sollten. Gutscheine,

J. Zusammenfassung und Bewertung

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Zu Begründung der Notwendigkeit einer Verschärfung der Zugabenverordnung gab Gürtner an, dass die vorgesehene Änderung „einer immer nachdrücklicher erhobenen Forderung des mittelständischen Einzelhandels in seinem Kampf gegen den erdrückenden Wettbewerb der mit Zugaben arbeitenden, zumeist großkapitalistischen Unternehmen“ entspreche. Gerade wegen der zu beseitigenden Ausnahme der Ziff. e) habe das Zugabewesen eine starke Ausbreitung erfahren, „deren Eindämmung im Interesse der Erhaltung vieler wirtschaftlich weniger starker Einzelhandelsunternehmen geboten“ erscheine. Die in § 3 vorgesehene „geräumige Übergangszeit“ sei notwendig, um „die Verwertung der vorrätig gehaltenen Zugabeartikel zu ermöglichen.

IV. Die Verkündung des Gesetzes über das Zugabewesen Ungeachtet weiterer Proteste des Schutzverbandes für Wertreklame veröffentlichte die Reichsregierung das Gesetz über das Zugabewesen nur einen Tag später, d. h. am 12. Mai 1933, im Reichsgesetzesblatt.813 Am Kabinettstisch hatte der Entwurf nur eine Änderung erfahren: Der Zeitpunkt des Inkrafttretens war vom 1. August um einen Monat auf den 1. September verschoben worden.814

J. Zusammenfassung und Bewertung I. Außergewöhnliche wirtschaftliche und politische Verhältnisse als Rahmen der Regulierung des Zugabewesens Die Zugabeverordnung wurde im März 1932 zu einer Zeit erlassen, als sich die wirtschaftliche und politische Krise, in die das Deutsche Reich geraten war, auf ihrem Höhepunkt befand – die junge Republik förmlich um ihr Überleben kämpfte. Erst im Februar desselben Jahres hatte die Arbeitslosigkeit mit 6,3 Millionen ihren Höhepunkt erreicht, fast ein Drittel der arbeitswilligen Bevölkerung war damit ohne Anstellung. Das Volkseinkommen war seit 1928 um rund 40 %, der Bruttowert der Industrieproduktion um mehr als die Hälfte gesunken. Einhergehend mit dem wirtschaftlichen Niedergang hatten die republikfeindlichen Kräfte begonnen, die aufgrund der Ziff. e) ausgegeben worden waren, sollten jedoch nach dem 31. Dezember 1933 nur noch durch Zahlung des an Stelle der Zugabe angebotenen Barbetrags eingelöst werden dürfen. Für den Fall, dass die Zahl der im Einzelfall zur Verfügung stehenden Gutscheine zum Bezug des ganzen Barbetrages nicht ausreichte, sollte nach dem 31. Dezember 1933 ihre Einlösung durch einen verhältnismäßig geminderten Betrag verlangt werden können. 813 RGBl. I, S. 264. Die Verschärfung der Zugabeverordnung stammte damit vom selben Tag wie das Gesetz zum Schutz des Einzelhandels. Hierzu siehe oben auf S. 219. 814 RGBl. I, 264.

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große Teile der Bevölkerung hinter sich zu bringen und im Parlament an Einfluss zu gewinnen.815 Für die Regulierung des Zugabewesens waren diese außerordentlichen, zum Teil sogar nahezu einzigartigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung. Nicht nur, dass die katastrophale allgemeinwirtschaftliche Lage wie auch die außergewöhnliche schlechte Verfassung großer Teile des Einzelhandels die lawinenartige Ausbreitung der Zugaben erst möglich gemacht hatte. Politisch bedeuteten sie zudem ein verzweifeltes Streben der Reichsregierung nach Stabilität. Die Folge war ein ausgeprägter staatlicher Dirigismus, von dem letztlich auch das Zugabewesen erfasst wurde.

1. Katastrophale wirtschaftliche Verhältnisse und Hypertrophie des Zugabewesens Nicht richtig wäre es, aus dem zeitlichen Zusammenfallen der Krise und des Erlasses der Zugabeverordnung den Schluss zu ziehen, dass es erst die katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnisse gegen Ende der 20er Jahre waren, die das Zugabewesen für Teile des Handels zu einem ernstzunehmenden Problem werden ließen. In Erinnerung gerufen sei vielmehr, dass die Forderungen nach einer gesetzlichen Beschränkung des Zugabewesens seit den Verhandlungen zur Schaffung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Jahre 1909 so gut wie nie verstummt waren. Nachdem eine Reihe bedeutender Einzelhandelsorganisationen etwa von 1911 an verstärkt gegen das Zugabewesens zu kämpfen begann, war noch vor 1914 der erste Verbotsantrag in den Reichstag eingebracht worden.816 Einzig der Erste Weltkrieg und der ihm folgende Zusammenbruch der deutschen Volkswirtschaft mit seinen verheerenden Folgen für den Warenverkehr hatte vorübergehend für Ruhe gesorgt. Entscheidend ist jedoch, dass das Zugabewesen erst mit Beginn der großen Wirtschaftskrise ab 1928 eine explosionsartige Ausbreitung erfuhr, die nahezu den gesamten Einzelhandel und weite Teile der Bevölkerung gegen sich aufbrachte und damit letztlich auch die Reichsregierung zwang, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen.817 815 Bereits bei der Reichstagswahl vom September 1930 hatte die NSDAP 18,3% der Stimmen errungen, kaum zwei Jahre später und nur viereinhalb Monate nach Erlass der Zugabeverordnung sollten es 37,3% sein. Damit stellten die Nationalsozialisten im Reichstag nach der Wahl vom 31. 7. 1932 die stärkste Fraktion: Longerich, Deutschland 1918 – 1933, S. 403. 816 Antrag Malkewitz Graf v. Carmer v. Graefe und Genossen vom 25. 11. 1913: Hierzu siehe oben auf S. 61. Zum Engagement der Handelskreise siehe ab S. 47. 817 Bis Ende des Jahres 1928 hatte die Zugabefrage selbst in den Fachministerien kaum eine Rolle gespielt. Auf Anfragen aus dem Parlament oder Eingaben aus Handelskreisen hatte man sich stets darauf beschränkt, die bereits im Jahre 1909 vom Gesetzgeber vertretene Haltung wiederzugeben, wonach das Zugabewesen neben den vorhandenen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften keiner speziellen Regelung bedurfte.

J. Zusammenfassung und Bewertung

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Hintergrund dieser Entwicklung war, dass die mit dem Rückgang der Beschäftigungszahlen einhergehende Schrumpfung des Volkseinkommens gleichzeitig eine enorme Abschwächung der Kaufkraft nach sich führte.818 Dies bedeutete für den ohnehin bereits seit Jahren übersetzten und krisengeschüttelten Einzelhandel einen deutlichen Rückgang der Nachfrage und letztlich eine drastischen Verschärfung der Verteilungskämpfe.819 Um unter diesen Umständen trotz sinkender Nachfrage überhaupt noch Waren absetzen zu können, intensivierten viele Einzelhändler ihre Werbemaßnahmen. Hierzu gehörte auch ein verstärkter Einsatz von Zugaben. Waren letztere zunächst eher von kleinen und mittelständischen Einzelhändlern eingesetzt worden, lernten in der Krise auch die Großbetriebe die Wirkungen dieses Reklamemittels zu schätzen. Ihre Finanzkraft ermöglichte die Gewährung zunehmend wertvollerer Zugaben. Hierdurch gerieten auch die mittelständischen Händler unter Zugzwang. Im Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums begann man so, sich gegenseitig „hochzuschaukeln“. Bald war von einem „Zwang zur Übersteigerung“ die Rede.820

2. Krise und wirtschaftspolitischer Dirigismus Auf die Finanz- und Wirtschaftspolitik des Kabinetts Brüning schlugen sich die katastrophalen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse insofern nieder, als man ab Sommer 1930 versuchte, den schlimmen Verwerfungen mittels eines ausgeprägten staatlichen Dirigismus zu begegnen. Der Regierung waren nun nahezu alle gesetzgeberischen Maßnahmen recht, die eine wirtschaftliche und politische Stabilisierung versprachen. Hierzu bediente man sich des Notverordnungsrechts des Reichspräsidenten, dessen eigentlich strenge Voraussetzungen man nach und nach so aufgeweicht hatte, dass es schließlich als reguläres Instrument der Wirtschaftslenkung zur Verfügung stand. Allein bis Ende 1931 erließ die Regierung auf diese Weise vier große Notverordnungen zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen.821 Hatten diese Maßnahmen anfangs vorrangig noch der Haushaltssanierung gegolten, wurde mit der „Diktaturgewalt“ schon bald ein allgemeines Wirtschafts- und Finanzprogramm im Sinne der Brüning’schen Deflationspolitik verfolgt. Diesem musste sich die gesamte Sozial- und Wirtschaftspolitik unterwerfen. Neu war hieran, dass der Staat mit ihnen „nicht mehr punkt- und bereichsweise“, sondern „im 818 Zwischen 1928 und 1932 nahm das Volkseinkommen um 40 % ab, vgl.: Fischer, Die deutsche Wirtschaftspolitik 1918 – 1945, S. 56. Die Massenkaufkraft lag 1932 um insgesamt 39 % unter dem Stand von 1929: Kolb, Die Weimarer Republik, S. 119. 819 Zuspitzung erfuhr diese Situation zusätzlich noch dadurch, dass auch in dieser Krise viele der nun zum Heer der Arbeitslosen zählenden versuchten, sich als Straßenhändler, Hausierer oder mit Kleinstbetrieben über Wasser zu halten. Hierzu siehe oben S. 76. 820 Siehe oben auf S. 78. 821 Hierzu siehe oben Fn. 684.

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Dienst einer umfassenden, das gesamte Wirtschaftsleben bestreichenden Krisenpolitik“ eingriff. Jede Notverordnung war eine „kleine Kodifikation für sich“, „die in die verschiedensten Bereiche der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, des öffentlichen und Privatrechts“ eindrang.822 In diesen Zusammenhang ist schließlich auch die Zugabeverordnung einzuordnen. Sie war als Teil der Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutz der Wirtschaft vom 9. März 1932 ebenso wie die neuen Gesetze zum Ausverkaufswesen und den Einheitspreisgeschäften primär eine Maßnahme des Mittelstandsschutzes. Obwohl diese Regelungen nicht unmittelbar zu den deflationspolitischen Anstrengungen der Regierung gezählt werden können, waren sie zumindest Teil des Krisenrechts der Reichsregierung und sollten für eine gewisse Beruhigung des krisengeschüttelten mittelständischen Einzelhandels und damit insgesamt für eine Stabilisierung sorgen.823 Für die Zugabeverordnung bedeutete dies, dass es sich bei ihr um eine rein gewerbepolizeiliche Maßnahme, nicht hingegen um eine auf Abgrenzung lauteren und unlauteren Wettbewerbs zielende Regelung handelte. Die Zugabe wurde nicht als unlautere Wettbewerbshandlung, sondern lediglich als „wirtschaftlich unzweckmäßige und unerwünschte Erscheinung“ bekämpft.824 Dem Mittelstand kam die Regulierung des Zugabewesens insoweit entgegen, als er seit Ende der 20er Jahre zu den größten Kritikern dieses Reklamemittels gehörte. Nachdem er zunächst zu den ersten gezählt hatte, der sich nach Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse wieder der Zugaben bedient hatte, war man – nachdem sich abzuzeichnen begann, dass die eigenen Wertreklamesysteme schon bald nicht mehr mit denjenigen der kapitalkräftigen Großfilialisten, Waren- und Kaufhäuser mithalten konnten, ins Lager der Zugabekritiker gewechselt.825 Für die Verschärfung der Vorschriften zum Ausverkaufswesen und im Besonderen für den Erlass der Regelungen betreffend die Einheitspreisgeschäfte gilt letztlich eine ähnliche Einschätzung. In beiden Fällen wurde ganz überwiegend aus Gründen des Mittelstandsschutzes eingegriffen.826 Wie auch das Zugabewesen 822 Nörr, Zwischen den Mühlsteinen, eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik, S. 24 f. 823 Vgl. hierzu die Präambel der amtlichen Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. 3. 1932, DRAnz Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 1. 824 Reschreiter, GRUR 1936, S. 696(700). Zur Begründung gibt er an, dass es andernfalls keiner sondergesetzlichen Regelung bedurft hätte, der Gesetzgeber vielmehr auch das Wettbewerbsgesetz überarbeiten hätte können. Später auch: Klauer-Seydel, § 1 Rn. 2; ReimerKrieger, § 1 Rn. 2. 825 Siehe oben auf S. 90. 826 Hierzu kann ebenfalls auf die Präambel der amtlichen Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. 3. 1932 verwiesen werden: DRAnz Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 1. Hinsichtlich der Vorschriften zum Ausverkaufswesen gibt auch Schünemann an, dass auch hier der Mittelstandsschutz „Triebfeder“ für die Verschärfung gewesen sei: Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher

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hatte auch das Ausverkaufswesen zum Ende der 20er Jahre in großem Umfang zugenommen. Anders als bei den Zugaben waren in diesem Fall die Waren- und Kaufhäuser die Vorreiter, erst etwas später kamen auch die Fachgeschäfte hinzu. Diese Entwicklung soll so weit gegangen sein, dass bald der Eindruck gerechtfertigt gewesen sei „dass ein normales Geschäft überhaupt nicht mehr vorhanden sei, sondern dass sich das Geschäft fortlaufend aus Sonderangeboten“ zusammensetzte.827 Ähnlich wie im Fall der Zugaben waren es letztlich auch hier die kleinen und mittleren Händler, die bald Klage über diese Entwicklung führten und nach dem Gesetzgeber riefen. Selbiges galt schließlich auch im Fall der Einheitspreisgeschäfte. Obwohl diese Geschäftsform am Gesamtumsatz des Einzelhandels bis zuletzt nur marginal beteiligt war,828 wurde in ihrem Fall auf Betreiben der mittelständischen Konkurrenz letztlich sogar die Gewerbefreiheit aufgehoben. Der Mittelstand hatte sich durch die Tiefpreispolitik der Einheitspreisgeschäfte von Beginn an bedrängt gefühlt. Aus seinen Kreisen als „amerikanische Betriebsform“ gegeißelt, die von allen Betriebsformen „den Geist des reinen Kapitalismus am unverkennbarsten in sich berge,“829 stoppte die Reichsregierung mit der Notverordnung vom 9. März 1932 schließlich ihre weitere Ausbreitung. Zur Erklärung gab man in diesem Fall ohne Umschweife an, dass es bei dieser Maßnahme darum gehe, den bedrängten mittelständischen Einzelhändlern „einen gewissen Schutz ihres Bestandes zu sichern“.830

II. Wettbewerbspolitische Rechtfertigung des gesetzgeberischen Eingreifens Obwohl die Zugabeverordnung nach heutigem Wettbewerbsverständnis richtigerweise als „Teil einer dirigistischen Wirtschaftsordnung“ eingeordnet wird, „in der die Wettbewerbsfreiheit viel zu stark zu Gunsten der obrigkeitlichen Kontrolle und einzelner Interessengruppen beschnitten wurde“,831 ergibt die rückblickende u. Teplitzky), Einleitung B 22. Ebenfalls: Petzfall, Ausverkaufswesen und Sonderveranstaltungen, S. 4. 827 Vgl.: Mewes, hierzu siehe oben in Fn. 704. 828 0,75% im Jahr 1930, 1,0% im Jahr 1933: Siehe oben Fn. 719. 829 Splettstößer, Der Einzelhandel, S. 42. 830 Amtliche Erläuterung zur VO im DRAnz., Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 3. Die Nationalsozialisten schließlich erklärten die Einheitspreisgeschäfte zur „unerwünschten Betriebsform“ und hoben mit dem im Frühjahr 1933 erlassenen Gesetz zum Schutz des Einzelhandels auch die ursprünglich festgelegte zeitliche Befristung ihres Errichtungsverbotes auf. Hierzu siehe oben S. 219. 831 Meyer, GRUR 2001, S. 98(105). Nörr spricht von „massivem staatlichen Interventionismus“: Nörr, Zwischen den Mühlsteinen, eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik, S. 23. 15*

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Überprüfung des gesetzgeberischen Eingreifens, dass die Regierung Brüning stichhaltige Beweggründe für ihr Tätigwerden hatte. Da die von ihr hierbei verfolgten Ziele zudem legitim waren, war die Regulierung insgesamt wettbewerbspolitisch gerechtfertigt.

1. Die Beweggründe der Reichsregierung Die Reichsregierung hatte im Wesentlichen vier Gründe, die Zugabeverordnung zu erlassen. Allesamt sollten der Abwehr von Gefahren dienen, die sich für die Mitbewerber wie auch das Publikum aus der Zugabenwerbung ergaben. Im Vordergrund standen hierbei die Gefahr der Übersteigerung sowie die Gefahr der Preisverschleierung bzw. Irreführung. Eher nachgeordnet kamen hierzu die Gefahren der unsachlichen Beeinflussung und des Brancheneinbruchs.832 Sämtliche Beweggründe wurden schließlich noch von der gesetzgeberischen Einschätzung ergänzt, dass das geltende Recht zur Bekämpfung der aus dem Zugabewesen resultierenden Gefahren nicht ausreichend sei. a) Die von der Zugabenwerbung ausgehenden Gefahren Zur Übersteigerungsgefahr hatte man im Reichsanzeiger angegeben, dass das Zugabewesen „notwendig die Gefahr einer Übersteigerung in sich [trage], die sich wirtschaftlich auf die Dauer höchst nachteilig auswirken müsse“, da sie zu einer Qualitätsverschlechterung der Hauptwaren führe.833 Hintergrund dieser Befürchtung war, dass das Zugabewesen stärker als andere Reklameformen „in die Augen“ springe und deshalb „auf die breiten und weniger geschäftskundigen Massen Anziehungskraft“ ausübe. In der Folge müsse damit gerechnet werden, dass im Rahmen des Konkurrenzkampfes zunehmend auch solche Einzelhändler und Unternehmen Zugabenreklame einsetzen würden, die bisher in dieser Hinsicht nicht in Erscheinung getreten seien. Damit einhergehend sei zu erwarten, dass die Händler sich mit dem Hinweis auf den hohen Wert ihrer Zugaben zu übertrumpfen suchten. Der Güte der Waren würde dabei zunehmend weniger Aufmerksamkeit gewidmet, „so dass eine Verschlechterung der Qualität nicht ausbleiben“ könne. Die Gefahr einer Preisverschleierung bzw. Irreführung hatte die Reichsregierung damit begründet, dass die Zugabenreklame das Publikum außerordentlich leicht 832 Die Nachgeordnetheit dieser Beweggründe ergibt sich bereits aus den amtlichen Erläuterungen im Reichsanzeiger. Dort hatte der historische Gesetzgeber ausdrücklich erklärt, dass bei seiner Einschätzung der Gebotenheit eines Eingreifens „zwei Momente im Vordergrund“ gestanden hätten. Hierbei handelte es sich um die Übersteigerungsgefahr und die Gefahr der Irreführung bzw. Preisverschleierung: Amtliche Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9.3. 1932, DRAnz Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 2. 833 Amtliche Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. 3. 1932, DRAnz Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 2.

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über den Wert der eigentlichen Ware in Irrtum versetze. Dieser Umstand werde dadurch begünstigt, dass Zugaben häufig zum Absatz solcher Waren eingesetzt würden, bei denen die Qualitätsunterschiede nur schwer zu erkennen und damit leicht zu verschleiern seien. Damit sei mit dem Zugabewesen eine „Unklarheit über den Wert der Hauptware und der Nebenleistungen unvermeidlich verbunden“. Zur Gefahr der unsachlichen Beeinflussung hatte der Gesetzgeber angegeben, dass die Wertreklame im Gegensatz zur Wort- und Anschauungsreklame die Aufmerksamkeit von der anzukaufenden Hauptware fortziehe und sie auf einen für den Kauf ganz unwesentlichen Nebenvorgang, die Zugabe, lenke. Damit achte er weniger auf Qualität und Preis der Hauptware, werde vielmehr von emotionalen Aspekten beherrscht. Diese hielten ihn letztlich von einem sachlichen Vergleich von Preis und Leistung ab und verleiteten stattdessen sogar vielfach zu einer unwirtschaftlichen Haushaltsführung. Die Gefahr des Brancheneinbruchs schließlich sah man darin, dass durch die Zugaben dem „branchenkundigen Einzelhandel der Absatz eines Teils seiner Artikel entzogen“ werde.

b) Die Unzulänglichkeit des geltenden Rechts Zur Rechtfertigung seiner Annahme, dass das geltende Recht für die Bekämpfung der mit dem Zugabewesen zusammenhängenden Missbräuche unzureichend sei, verwies der Gesetzgeber auf die gutachterlichen Ausführungen des RWR.834 Dort sei ausgeführt worden, dass sowohl § 1 UWG wie auch die §§ 823, 826 BGB keine sichere Handhabe böten. So sei der Rechtsprechung nicht die Feststellung gelungen, „ob und inwieweit die Gewährung von Zugaben gegen die guten Sitten verstößt“. Dieser Zustand sei jedoch auf Dauer nicht tragbar, weil Rechtssicherheit für die Gewerbetreibenden wie auch das Publikum unverzichtbar sei. Gleiches gelte im Ergebnis auch für die §§ 3 und 4 des Wettbewerbsgesetzes. Hier habe sich gezeigt, dass die Feststellung des vom Reichsgericht für die Lauterkeit von Zugaben für entscheidend erklärten Merkmals mit ungemeinen Schwierigkeiten verbunden sei. Zum einen sei die Preisberechnung grundsätzlich eine dem einzelnen Gewerbetreibenden zu überlassende Frage. Zum zweiten sei es für die Gerichte meistens gar nicht möglich, in alle Einzelheiten der Preisberechnung beim gewährenden Händler wie auch seinen Konkurrenten einzudringen.

834 Amtliche Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. 3. 1932, Reichsanzeiger Nr. 61 vom 12.3. 1932, S. 2.

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2. Die Tragfähigkeit und Legitimität der Beweggründe Gegen Anfang der 30er Jahre, als das Kabinett Brüning die Zugabeverordnung schuf, waren die vorstehend angeführten Beweggründe durchaus legitim und tragfähig. Entscheidend für diese Einschätzung sind die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse, die bei Erlass der Zugabeverordnung im Deutschen Reich herrschten. Diese ließen von der Zugabenwerbung tatsächlich die von der Reichsregierung angenommenen Gefahren ausgehen. Hierzu kam, dass die Rechtsprechung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht in der Lage war, für eine Unterdrückung der in diesem Bereich überhandnehmenden Auswüchse und Missbräuche zu sorgen.

a) Übersteigerung und Brancheneinbruch als Gefahren für den Mittelstand Sowohl die Übersteigerung wie auch der Brancheneinbruch wurden primär als Gefahren für den mittelständischen Mittelstand eingeschätzt. Die Tragfähigkeit dieser Gefahren als Gründe für ein gesetzgeberisches Eingreifen der Reichsregierung ergibt sich aus heutiger Sicht bereits aus dem Umstand, dass beide Phänomene gegen Anfang der 30er Jahre längst keine abstrakten Szenarien mehr waren, sondern vielmehr bereits der Realität entsprachen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird die Stichhaltigkeit dieser Beweggründe im Folgenden zusammen untersucht.

aa) Übersteigerung und Brancheneinbruch als tägliche Erscheinung der späten 20er Jahre Vorstehend wurde bereits ausführlich dargestellt, wie sich die Zugabenwerbung ab Mitte der 20er Jahre zunächst langsam und mit Eintritt der Krise wenige Jahre später explosionsartig ausgebreitete.835 Nachdem sich unter dem Druck der Konkurrenz nun auch größere, finanzkräftigere Unternehmen der Zugaben bedienten, begannen die Zugaben ständig an Wert zu gewinnen. Auch die anderen Teile des Handels mussten dieser Entwicklung folgen, da sich ansonsten die umsatzsteigernde Wirkung der eigenen Reklamen nicht erhalten ließ. In der Folge versuchte bald der gesamte Einzelhandel, sich in der Gewährung wertvoller Zugaben zu überbieten. Letzte Konsequenz dieses „Zwangs zur Übersteigerung“ musste ein Qualitätsverlust der Hauptwaren, eine Steigerung der Preise oder zumindest eine Selbstschädigung der Händler sein. Aus volkswirtschaftlicher Sicht konnten diese Effekte gerade mit Blick auf die schlimmen wirtschaftlichen Verwerfungen dieser Jahre nicht akzeptabel erscheinen. Dass Anfang der 30er Jahre schließlich auch 835

Hierzu siehe oben auf S. 69f.

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das Szenario des Brancheneinbruchs längst Gestalt angenommen hatte, dürfte bereits im Rahmen der Ausführungen deutlich geworden sein, wonach es vor allem der Fachhandel war, der zu den schärfsten Kritikern der Wertreklame gehörte. Er wandte sich dagegen, dass die von ihm vertriebenen Artikel andernorts als Zugaben „verschenkt“ wurden.836 Insbesondere Händler, die Porzellan, Glas, Schmuck, Textilien, Leder, Papier, Spielwaren sowie Haus- und Küchengeräte vertrieben, klagten allesamt über Umsatzeinbrüche und gaben an, dass das Publikum seinen Bedarf an entsprechenden Fachartikeln bereits beim Lebensmittelhändler oder in Kauf- oder Warenhäusern befriedige. Dort seien dieselben Artikel quasi schenkweise in Form von Zugaben zu haben. Die Tragfähigkeit des Beweggrunds der Übersteigerung wird zusätzlich dadurch gestützt, dass vor einer entsprechenden theoretischen Gefahr bereits der RWR Anfang 1930 gewarnt hatte. In seinem sorgfältigen und ausgewogenen Gutachten zu den wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens war er eigentlich zu dem Ergebnis gekommen, dass Zugaben per se kein negativer Einfluss auf die Menge wie auch die Qualität der Hauptwaren nachgesagt werden könne. Diese Feststellung hatte man dann jedoch dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht für den Fall einer weiteren Ausbreitung der Zugaben gelte. Würden vielmehr bald auch solche Unternehmen zu den Zugaben greifen, die sich ihrer bisher nicht bedient hätten, müsse damit gerechnet werden, dass kapitalkräftigere Unternehmen zunehmend kostbarere Zugaben gewährten und sich der Handel dann auf diese Weise gegenseitig zu überbieten zu beginne.837 Mit diesem Befund aus dem ersten Quartal des Jahres 1930 hatte der RWR exakt vorausgesehen, welche Entwicklung das Zugabewesen bereits wenig später nehmen sollte. Unterstützung findet das Argument der Gefahr der Übersteigerung schließlich auch noch in jüngster Zeit, sogar von Seiten ausgemachter Kritiker der Zugabeverordnung. Köhler und Bottenschein etwa rechtfertigten ihr Streben für eine Aufhebung der Verordnung damit, dass sie lediglich als Produkt einer „wirtschaftlichen Ausnahmesituation“ in der Weltwirtschaftskrise tragbar gewesen sei, in der „das Anschwellen des Zugabewettbewerbs als letzte Möglichkeit des Einzelhandels angesehen werden konnte, überhaupt Waren abzusetzen“.838 Ganz ähnlich fiel auch die Einschätzung des Gesetzgebers aus, als er die Zugabeverordnung im Juli 2001 abschaffte. Zur Begründung erklärte auch er, dass die Regelung „aus einer Zeit stammte, in der Übersteigerungen dieser Werbeform an der Tagesordnung waren“. Seither hätten sich die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse jedoch weitgehend verändert.839

Hierzu siehe oben auf S. 88f. Hierzu siehe oben S. 157. 838 Vgl. Köhler, in: Festschrift für Hoppmann, S. 292; Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 145. 839 BT-Dr. 14 / 5594, S. 7. 836 837

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bb) Schutz des Mittelstands als legitimes gesetzgeberisches Ziel Die aufgezeigten Gründe für die Regulierung des Zugabewesens verlieren schließlich auch nicht etwa deshalb an Berechtigung, weil der Verordnungsgeber hierbei ganz überwiegend die Interessen des mittelständischen Einzelhandels im Auge hatte. Einwänden, wonach gezielte strukturpolitische Maßnahmen zugunsten des Mittelstandes in diesem Umfang zumindest nach gegenwärtigem Wettbewerbsverständnis nicht mehr tragbar seien,840 ist entgegenzuhalten, dass der Schutz mittelständischer Strukturen dem Gesetzgeber der Weimarer Republik bereits von der Reichsverfassung ausdrücklich aufgegeben war.841 Hierbei ging man davon aus, dass die Protektion dieser Kreise gegen „Überlastung und Aussaugung“ nicht nur in deren eigenem Interesse, sondern vielmehr im „Sozialinteresse der Gesamtheit“ lag.842 Rechtfertigung fanden entsprechende Schutzmaßnahmen im Bereich des Einzelhandels zudem durch dessen ausgemacht „krämerhafte“ Struktur. Anders als heutzutage bestand er Anfang der 30er Jahre ganz überwiegend aus kleinen und mittelständischen Betrieben, die immerhin 78 % des Gesamtumsatzes dieser Branche erwirtschafteten.843 Wie das Bundesverfassungsgericht bereits 1967 in seiner „Warenhaus-Rabatt“-Entscheidung festgestellt hat, standen diese den wenigen großen Kauf- und Warenhäusern quasi „isoliert gegenüber“.844 Weil letztere aus ihrer wirtschaftlichen Übermacht Vorteile im Warenbezug und in der Werbung ziehen 840 So etwa: Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung B 24. Er erklärt, dass bestimmte Handelsstrukturen ebenso wenig wie der Zuschnitt von Branchen „in einer der Wettbewerbsfreiheit verpflichteten Wirtschaftsordnung“ fixe Größen seien könnten. Vgl. auch: Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 3 Rn. 119. Letzterer gibt an, dass das Ziel des historischen Gesetzgebers, nämlich die Erhaltung bestimmter Strukturen im Einzelhandel, unter den heutigen wirtschaftspolitischen Vorstellungen nicht mehr mit Gesetzen verfolgt werden könnte. 841 Art. 164 WRV hatte folgenden Wortlaut:„Der Mittelstand in Landwirtschaft, Gewerbe und Handel ist in Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aussaugung zu schützen.“ 842 Giese, Die Verfassung des Deutsches Reiches, Art. 164 WRV (S. 330). Tatsächlich war der Mittelstand erst gegen Ende der Weimarer Republik wieder in den Vordergrund des politischen Interesses gerückt, nachdem die noch im Kaiserreich verbreiteten Maßnahmen zu seinen Gunsten mit der Revolution von 1918 eine Ende gefunden hatte. Vorrang hatte zunächst der gesellschaftliche Kompromiss zwischen Arbeit und Kapital. Nun „als sich die politische Gesamtkonstellation zu verschieben begann und sich die Exekutive mehr Bewegungsfreiheit“ verschaffte, konnte wieder verstärkt auf seine Bedürfnisse eingegangen werden: v. Saldern, Mittelstand im 3. Reich, S. 24 f. 843 Hierzu siehe oben Fn. 242. Den Rest bestritten Waren- und Kaufhäuser, die Filialisten, Konsumanstalten und Versandgeschäfte: Berekoven, Geschichte de Einzelhandels, S. 57. 844 BVerfGE 21, 292 = GRUR 1967, S. 605(606 f.) – „Warenhaus-Rabatt“. In dieser Entscheidung beschäftigte sich das Gericht mit § 6 RabG, der sämtlichen Großbetriebsformen des Einzelhandels, im Unterschied zu den kleinen und mittelständischen Betrieben, die Gewährung eines 3%-igen Barzahlungsnachlasses untersagte. Das BVerfG erklärte diese Vorschrift letztlich für verfassungswidrig. Zu den Einzelheiten dieser Entscheidung siehe unten Fn. 1063.

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konnten, war den Kleinen von Seiten des Staates eine erheblich höhere Schutzbedürftigkeit einzuräumen, als dies später etwa in der Bundesrepublik der Fall sein musste.845 Mit Blick auf die Gefahr des Brancheneinbruchs ist schließlich die starke Differenzierung des kleinen und mittleren Einzelhandels der 20er und 30er Jahre zu berücksichtigen. Gerade in den Großstädten hatte sich nach Ende des Ersten Weltkriegs die erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts begonnene „Auf- und Abspaltung aus traditionellen Sortimenten in Richtung Fach- und Spezialgeschäft“ in verstärktem Maß fortgesetzt.846 Der mittelständische Einzelhandel bestand in der Folge ganz überwiegend aus kleinen Fachgeschäften, die jeweils lediglich einen sehr schmalen Produktausschnitt im Sortiment hatten.847 Vor diesem Hintergrund kann die in jüngerer Zeit, im Vorfeld der Aufhebung der Zugabeverordnung, geäußerte Kritik am staatlichen Vorgehen gegen Brancheneinbrüche kaum auf die damaligen Jahre übertragen werden. Die heutzutage vielfach für überkommen848 und nicht mehr schutzwürdig849 gehaltenen Branchenbilder prägten ganz maßgeblich die Wirklichkeit des Einzelhandels.850 Wichtig erscheint schließlich der Hinweis, dass Maßnahmen zum Schutze des Mittelstands selbst in der heutigen Zeit noch verbreitet sind. So gebietet die Ordnung der sozialen Marktwirtschaft zugunsten schwacher Bevölkerungsgruppen eine Durchbrechung des Grundsatzes des freien Wettbewerbs.851 In der Folge exis845 Vgl. auch: Hoth, GRUR 1977, S. 233(236). Die Vorteile, die die großen Unternehmen hatten, konnte der Mittelstand sich erst nach Ende des 2. Weltkriegs im Wege freiwilliger „Kooperation“, insbesondere durch Zusammenschluss zu Einkaufsgemeinschaften und sogenannter Ketten, verschaffen. Eine Rolle spielte nach Überzeugung des BVerfG nach Kriegsende auch die Steigerung der Massenkaufkraft. Mit dieser Entwicklung verloren die günstigen Preise der Warenhäuser an Bedeutung, weil die Kunden nun zunehmend nach Qualität strebten. 846 Von Bedeutung für diese Entwicklung des Einzelhandels waren eine Reihe von bereits „aus der Vorkriegszeit stammende Erfindungen und zivilisatorische Neuerungen“, die mit Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich zu werden begannen. Hierzu gehörte neben neuartigen Moden, dem Bedarf an Kosmetik, Sport und Reisen, die Photographie, der Hörfunk und das Fahrrad bzw. Motorrad: Berekhoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 28 f. u. S. 57 f. 847 Berekhoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 28 f. und 57 f. 848 Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung B 24. 849 Köhler, in Festschrift für Hoppmann, S. 291. 850 Wenn schließlich Reichsgerichtsrat Lobe das Argument des Brancheneinbruchs bereits im Jahr 1913 in Frage stellte, ist darauf zu verweisen, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse im Deutschen Reich erst infolge des wenig später beginnenden Ersten Weltkrieges nachhaltig verschlechterten und letztlich zu sozialen Verwerfungen führte, wie sie im kaiserlichen Deutschland für vermutlich kaum jemanden vorstellbar waren. Auch Lobe kann damit entgegengehalten werden, dass seine Einschätzung der Dinge (zumindest in dieser konkreten Frage) keine Gültigkeit für die Verhältnisse der frühen 30er Jahre hatte. ZU den Ausführungen Lobes, siehe oben auf S. 57 (Fn. 157).

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tiert auch gegenwärtig noch eine ganze Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die für eine Privilegierung des Mittelstands sorgen. Dies gilt insbesondere auch für den Handel, wo man aus Gründen der „Betriebsformenvielfalt, der Erhaltung des Wettbewerbs und der Sicherung der Versorgung der Verbraucher eine starke Konzentration leistungsfähiger Großbetriebe durch verschiedene Regelungen“ zu verhindern sucht.852 Das Kartellrecht etwa gewährt hier kleinen und mittelständischen Betrieben Schutz gegen marktstarke Unternehmen, indem es diesen verbietet, Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis anzubieten.853 Weiterhin erleichtert es zur Ausgleichung struktureller Wettbewerbsnachteile gegenüber Großunternehmen ganz generell die Kooperationen kleiner und mittelständischer Betriebe.854 Das Steuerrecht schließlich gewährt Mittelständlern Freibeträge und hält für sie verschiedene Abschreibungs- und Verlustabzugsmöglichkeiten bereit.855 b) Die Gefahr der Irreführung und Preisverschleierung aa) Die Anerkennung als Gefahr Der Beweggrund der Irreführung bzw. Preisverschleierung basierte auf der gesetzgeberischen Einschätzung, wonach es Angebote von Haupt- und Nebenleistung zu einem einheitlichen Preis dem Publikum erschwerten oder gar unmöglich machten, die richtigen Preise zu erkennen.856 Zum einen entstehe dadurch zumindest bei Teilen des Publikums der Eindruck, man bekäme etwas geschenkt. Hierbei entgehe ihnen, dass das Entgelt für die Nebenleistung im Gesamtpreis enthalten sei.857 Zum zweiten würden die Käufer verwirrt und in ihrer Urteilsfähigkeit getrübt. Letztlich würden sie daran gehindert, einen Preisvergleich mit Konkurrenzprodukten vorzunehmen, um die Preiswürdigkeit des Zugabenangebots festzustellen.858 851 Lichtnecker, Mittelstandsschutz im Kartellrecht, S. 6 f. Vgl. auch: Günther, WuW 1960, S. 159 (161 f.). 852 Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 14. 853 § 20 IV S. 1 GWB nimmt in diesem Fall eine unbillige Behinderung i.S.v. § 20 IV S. 1 GWB an. Ingesamt zu der seit den 60er Jahren im wesentlichen im Sinne des mittelständischen Einzelhandels geführten Debatte über den Verkauf unter Einstandspreis: Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 60 f. 854 Zur Erlaubnis sog. Mittelstandskartelle durch § 4 I GWB: Emmerich, Kartellrecht, S. 69. 855 Seifert / Grammel / Ufer, Handbuch der Fördermaßnahmen für mittelständische Unternehmen – Steueranreize und Förderungsprogramme, S. 21 ff. 856 Hierzu siehe oben S. 189. 857 So auch heute noch: Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 25; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, ZugabeVO Allg. Rn. 7. 858 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 95 und 139 f. Vgl.: Dichtl / Brinkmann u.a., BB 1995, Beil. 12, S. 25.

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Für die Tragfähigkeit dieser Erwägungen spricht aus heutiger Sicht, dass die Verbraucher der 30er Jahre einen vergleichsweise geringen Informationsstand hatten. Dieser hing nicht allein mit einem geringeren Bildungsniveau als vielmehr mit einer geringeren Sensibilität des Publikums für Verbraucherfragen zusammen. Hierbei spielte eine Rolle, dass verbraucherschützende Informationsquellen fast gänzlich fehlten. Diese Umstände gaben dem Publikum erheblich weniger Sicherheit in der Einschätzung der Preiswürdigkeit von Waren und machten damit Irreführungen über den Geschenkcharakter einer Zugabe viel wahrscheinlicher und als dies etwa heutzutage der Fall ist.859 Auch heutzutage wird die Gefahr der Irreführung bzw. der Preisverschleierung noch ernst genommen. So wurde zur Aufhebung der Zugabeverordnung von verschiedenen Seiten angeführt, dass die Gerichte mittlerweile in der Lage seien, diesen Bedrohungen mit § 3 UWG zu begegnen. Zu komplizierte Zugabesysteme zum Beispiel könnten nach der „kleinen Generalklausel“ bereits untersagt werden, weil sie den angesprochenen Verkehrskreisen zuvor nicht zutreffend und ausreichend vorgestellt und erläutert worden seien.860 Gleiches gelte etwa für den Fall, dass beim Verbraucher Fehlvorstellungen über die Qualität, den Wert oder die Beschaffenheit einer Zugabe geweckt würden, weil dieselbe die Bezeichnung „Markenware“ oder Markenqualität“ nicht verdiene.861 Ferner wies man daraufhin, dass ein gerichtliches Eingreifen heutzutage auch im Fall der bereits 1930 vom RWR als besonders schädlich bezeichneten (und deshalb vom Gesetzgeber im Rahmen der Zugabeverordnung auch ausdrücklich untersagten) Ankündigung von „Gratiszugaben“ möglich sei. Hierbei argumentierte man, dass Zugaben grundsätzlich bereits mit dem insgesamt zu entrichtenden Preis als abgegolten anzusehen seien. Würden sie dennoch als „gratis“ angepriesen, sei zu befürchten, dass auf Seiten des Verbrauchers die Fehlvorstellung erweckt werde, er könne die Zugabe unabhängig von der Hauptware, quasi schenkweise erlangen.862 859 Diese Bewertung der Dinge entspricht schließlich auch den Ausführungen, die der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Abschaffung der Zugabeverordnung im Sommer des Jahres 2001 gemacht hat: BT-Dr. 14/5594, S. 7. So rechtfertigte man die Aufhebung der Regelung u.a. damit, dass das Interesse der Verbraucher an Produktinformationen und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Warenangebot in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen hätten. Beigetragen hätten hierzu vor allem die „wirkungsvolle Verbraucherberatung in den Medien wie auch durch Verbraucherorganisationen“ (etwa durch die STIFTUNG WARENTEST). Hinzu kämen umfangreiche Produktinformationen in den Massenmdeien und im Internet. Beides ermögliche einen Überblick über die Angebotsvielfalt und fördere die Preistransparenz. Der „durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher“ sei mithin mit den Gegebenheiten des Marktes vertraut. Hierzu gehöre auch das Wissen darum, dass Kaufleute nichts zu verschenken hätten und dass die Kosten für wertvolle Nebenleistungen im Preis der Hauptleistung enthalten sei. So auch: Dichtl / Brinkmann u.a., BB 1995, Beil. 12, S. 25. 860 Berneke, WRP 2001, S. 615(621). 861 Hoß, MDR, 2001, S. 1094(1098). 862 Berneke, WRP 2001, S. 615(620); ebenso Hoß, MDR 2001, S. 1094(1098); Dittmer, BB 2001, S. 1961(1964); einschränkend: Heermann, WRP 2001, S. 855(856f.).

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bb) Die Unzulänglichkeit der Rechtsprechung mit Blick auf Irreführungen und Preisverschleierungen Den Gerichten war es zwischen 1910 und 1932 nicht gelungen, die Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes zu einer sinnvollen Unterbindung von Irreführungen und Preisverschleierungen heranzuziehen.863 Insbesondere die heutzutage in diesen Fällen maßgebliche „kleine Generalklausel“ des § 3 UWG wurde nicht erfolgreich angewendet. Ein Grund hierfür war vermutlich, dass die Gerichte – obwohl sich das Zugabewesen ab 1925 nahezu explosionsartig ausbreitete und vielerorts ausdrücklich über Irreführungen und Preisverschleierungen geklagt wurde – kaum Gelegenheit bekamen, über die Grenzen ordnungsgemäßer Zugabenwerbung zu urteilen.864 Viele potentielle Kläger scheuten aus Gründen der Unsicherheit des Verfahrensausgangs die Erhebung von Klagen.865 Nachdem die Gerichte bereits vor Ausbruch des ersten Weltkrieges zwischen 1910 und 1914 keinen sinnvollen Ansatz zur Abstellung der typischerweise im Zusammenhang mit dem Zugabewesen auftauchenden Missbräuche gefunden hatten (und es zwischen 1914 und 1924 im Deutschen Reich kaum unlauteren Wettbewerb gab), war hierfür nun auch der Zeitraum von 1925 – 1929 nicht ausreichend.866 Bis zuletzt fehlte es insbesondere an praktikablen höchstrichterlichen Leitentscheidungen, die den Instanzgerichten Orientierung und Führung für den Umgang mit den Zugaben hätten geben und der Rechtsprechung insgesamt zu Einheitlichkeit verhelfen können. Zur Rechtsicherheit trug vor allem die vielbeachtete Strafentscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1926 wenig bei.867 Darin hatte das Gericht für die Feststellung der irreführenden Wirkung einer Zugabereklame im Sinne (der mit § 3 UWG verwandten Strafnorm) des § 4 UWG den Nachweis verlangt, dass der Händler „über den ortsüblichen Preis der Ware gleicher Art und Güte“ hinausgehe.868 Abgesehen davon, dass Zugaben grundsätzlich niemals wirklich kostenlos sind und sich wie die Aufwendungen für jede Form der Werbung naturgemäß auch im Preis der Hauptware niederschlagen müssen,869 waren diese Vorgaben Siehe hierzu die umfänglichen Ausführungen auf S. 113ff. Außer in dem Strafverfahren von 1926 (RGSt 61, 58) war das Reichsgericht an der Rechtsprechung zum Zugabewesen nicht beteiligt. 865 Siehe oben Fn. 374. 866 So bereits Clad in seinem Gutachten für den Deutschen Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums aus dem Jahr 1929. Abgedruckt in: GRUR 1929, S. 843(852). Hierzu siehe oben auf S. 141. 867 RGSt. 61, 58. Hierzu siehe oben auf S. 101. 868 Nach Auffassung der Gerichts machte er in diesem Fall durch „den Ausdruck „Zugabe“ ( . . . ) die wissentlich unwahre Angabe, er biete dem Publikum außer dem, was die Konkurrenz biete, noch einen Warenwert für das gleiche Geld.“ Diese Angabe sei geeignet, das Publikum von dem Aussuchen einer reelleren Kaufgelegenheit abzuhalten, also irrezuführen. Hierzu siehe oben auf S. 101 und S. 118. 863 864

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insofern problematisch, als dass man von den Gerichten ein Eindringen in die interne Kalkulation des beklagten Kaufmann, wie auch seiner Mitbewerber verlangte.870 Die Untergerichte stellten diese Vorgaben vor kaum lösbare Feststellungs- und Beweisschwierigkeiten, letztlich waren sie für die Praxis damit nicht tauglich.

c) Die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung aa) Die Anerkennung als Gefahr Wenn der historische Gesetzgeber in der amtlichen Erläuterung zu seiner sondergesetzlichen Regelung des Zugabewesens darauf hinwies, dass „die Wertreklame im Gegensatz zur Wort- und Anschauungsreklame die Aufmerksamkeit des Käufers von der Hauptware fortziehe und auf einen für den Kauf ganz unwesentlichen Nebenvorgang, die Zugabe, lenke“,871 dann lag er mit diesen Ausführungen bereits nah an den Vorbehalten, die der Wertreklame auch noch heute entgegengebracht werden. Hefermehl etwa gibt in seiner aktuellen Kommentierung zum Wettbewerbsgesetz an, dass bei der Wertreklame der Werbende im allgemeinen nicht nur durch die Güte und Preiswürdigkeit seiner Ware, sondern „zugleich oder vor allem“ durch ein unsachliches Mittel – das Gewähren einer besonderen Vergünstigung – Kunden zu gewinnen suche. Mit dem „Leitbild eines an Güte und Preiswürdigkeit orientierten Leistungswettbewerbs“ sei eine Wertreklame deshalb nur schwer zu vereinbaren. Im Gegensatz zur Wort- und Anschauungsreklame beruhe ihre starke werbliche Wirkung darauf, dass dem Kunden ein besonderer Vorteil in Aussicht gestellt würde. Dieser sei geeignet, ihn zu sachfremden Überlegungen und Entschlüssen zu verleiten und gleichsam zu bestechen.872 Werden diese Grundsätze gegenwärtig vereinzelt in Frage gestellt, geschieht dies in der Regel mit dem Hinweis auf das Leitbild eines „durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers“.873 Dieser sei in der Lage, für ihn nachteilige Geschäfte zu erkennen und müsse sich entsprechend nicht durch Verbote bevormunden lassen.874 Auf den Käufer, wie er vor gut 70 Jahren anzu869 Beater, Verbraucherschutz und Schutzzweckglauben im Wettbewerbsrecht, S. 203. Zu diesem Ergebnis war Reichsgerichts Lobe bereits in seinem Gutachten aus dem Jahr 1913 gekommen. Hierzu siehe oben auf S. 56 f., insbesondere S. 57. 870 So sollte geklärt werden, „ob der Verkäufer seine Ware mit Zugabe zu einem Preise verkauft, der sich innerhalb der Grenzen hält, in denen Waren gleicher Art und Güte von Geschäften ähnlichen Rangs am gleichen Platz zur selben Zeit verkauft zu werden pflegen.“ Hierzu siehe oben auf S. 118. 871 Amtliche Erläuterung zur Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. 3. 1932, DRAnz Nr. 61 vom 12. 3. 1932, S. 2. 872 Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 85 f., 117 u. 4. 873 Zum Maßstab des „durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers“: BGH, NJW-RR 2000, 1490(1491).

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treffen war, kann dieser Einwand jedoch nicht übertragen werden. Der Großteil des Publikums dieser Zeit hatte weder den Kenntnisstand noch die Informationsmöglichkeiten des heutigen Verbrauchers. Sowohl die Rechtsprechung wie auch die Gesetzgebung durfte aus diesem Grund das Publikum der frühen 30er Jahre als „unerfahren und mit Werbung im allgemeinen und der Preiswerbung im Besonderen noch wenig vertraut“, einschätzen und so auch handeln.875

bb) Unzulänglichkeit der Rechtsprechung mit Blick auf die Gefahr unsachlicher Beeinflussung Nach heutigem Verständnis wird bei Erreichen eines gewissen Grades der unsachlichen Beeinflussung die Generalklausel des § 1 UWG herangezogen. Danach kann einer Wertreklame der Charakter eines sittenwidrigen „Kundenfangs“ beigemessen werden, „wenn die sachfremden Einflüsse auf den Kaufentschluss des Umworbenen ein zu starkes Gewicht haben und die Werbung mit Vergünstigungen zu einem Ersatz für den Leistungswettbewerb wird“.876 In diesem Fall wird die eigentlich wettbewerbseigene und zulässige Kundenbeeinflussung zu einem wettbewerbsfremden „unsachlichen Anlocken“ und verstößt damit gegen § 1 UWG.877 Gerade diese Rechtsentwicklung war für die Bundesregierung im Sommer 2001 ein wichtiges Argument im Zusammenhang mit der Abschaffung der Zugabeverordnung. So gab man an, dass sittenwidrige Werbung, „die zu einer nicht hinnehmbaren unsachlichen Beeinflussung des Kunden“ führe, auch in Zukunft verboten bleibe. Mit der Fallgruppe des Kundenfangs sei „ein umfassendes System zur Beurteilung sämtlicher Formen der Wertreklame geschaffen“ worden.878 874 Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 137; wohl auch: Emmerich, der die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung im Zusammenhang mit Wertreklamen nur noch in Fällen „übermäßig“ wertvoller Geschenke anerkennen will: Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 169 u. 172 f. 875 Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 10. Hier wird auf Greifelt, Die Randgebiete des Wettbewerbsrechts in europäischer Sicht, in: Internationaler Wettbewerb 1959, S. 19 – 26, verwiesen und von einen „urteilslosen Verbraucher“ gesprochen, „der die Angebote nicht genau prüft und ein leichtes Opfer für den lautesten Schreier wird“. 876 Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 85, mit Verweis auf BGH, GRUR 1974, S. 591(593) – „Schatzjagd“; BGH, GRUR 1974, S. 156(157) – „Geld-Gewinnspiel“. 877 Das „Anlocken“ gehört im Rahmen der von der Rechtsprechung zu § 1 UWG entwickelten Fallgruppe des „Kundenfangs;“ BGH, GRUR 1959, 31(32) – „Feuerzeug als Werbegeschenk“; BGH, GRUR 1959, S. 544(546) – „Modenschau“; BGH, GRUR 1967, S. 254 (255) – „Waschkugel“, und BGH, GRUR 1967, 202(203) – „Gratisverlosung“; BGH, GRUR 1995, S. 353(354) – „Super-Spar-Fahrkarten“. Vgl. auch: Gamm, Wettbewerberecht Bd. 1, Kap. 26. Rn. 14. Ebenfalls: Klosterfelde / Jaeger-Lenz, in Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 50 Rn. 83. Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 85 f., Rn. 117. 878 BT-Dr. 14 / 5594, S. 8; Die Bundesregierung stützte sich hierbei auf die Angaben Karenforts und Weißgerbers, MMR 2000, Beil. S. 38(40). Ähnlich auch: Hoß, MDR 2001, S. 1094(1095); Berneke, WRP 2001, S. 615(619 f.).

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Dem Reichsgericht hingegen war es vor Erlass der Zugabeverordnung nicht gelungen, die Generalklausel des § 1 UWG zur Unterbindung von Zugaben mit verunsachlichender Wirkung heranzuziehen. Eine Erklärung für diesen Umstand dürfte darin liegen, dass es sich bei dieser Vorschrift in den 20er Jahren um eine noch verhältnismäßig junge Regelung handelte und man unsicher war, wie eine solche Blankettnorm anzuwenden sei. Nachdem diese erst 1909, nach jahrelangem Kampf, nachträglich in das Wettbewerbsgesetz eingefügt worden war, waren die Gerichte aus diesem Grund mit ihrer Anwendung ausgesprochen zögerlich. Wie bereits in den Jahren zuvor, in denen sie den deliktsrechtlichen Vorschriften des BGB (§§ 823, 826 BGB) gegenüber den Sondervorschriften des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs von 1896 den Vorzug gegeben hatten, griffen sie auch nach 1909 nur sehr verhalten auf die neue UWG-Norm zurück.879 Nachdem es dann kriegs- und inflationsbedingt von 1914 bis 1925 kaum wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten gab, kann es kaum verwundern, dass erst viele Jahre vergehen mussten, bis das Gericht begannen, verbindliche und praktikable Grundsätze für die Anwendung der Generalklausel aufzustellen. Letztlich geschah dies erst gegen Mitte der 20er Jahre, als sich der Markt wieder von einem „Verkäufer-“ zu einem „Käufermarkt“ entwickelt hatte und die Gerichte wieder vermehrt über wettbewerbrechtliche Auseinandersetzungen zu entscheiden hatten.880 Von weiterer Bedeutung durfte in diesem Zusammenhang schließlich gewesen sein, dass das UWG von 1896 allein zum Schutz der Wettbewerber erlassen worden war, das Publikum hingegen nur mittelbar schützte.881 Fast ausschließlich mit wettbewerberschützender Zielrichtung setzten die Gerichte die Vorschriften dann auch ein.882 Hätte der Verbraucherschutz bereits früher im Focus der Gerichte gelegen, wäre es vermutlich auch 879 Gloy, Die Entwicklung des Wettbewerbsrechts und seiner Nebengebiete, S. 859. Hierzu vgl. auch Fn. 122. 880 Vgl.: Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 12. Bis ein Gericht eine Wertreklame wegen seiner verunsachlichenden Wirkung nach § 1 UWG untersagte, sollte noch einmal eine ganze Weile vergehen. So entschied das Reichsgericht erst im Jahr 1936, dass eine bereits unter die Zugabeverordnung fallende Gewährung eines wertvollen Tagebuches auch nach dem Wettbewerbsgesetz als sittenwidriges „Lockmittel“ zu untersagen sei: RG, GRUR 1936, S. 190(193) – „Taschenmerkbuch“. 881 Hierzu siehe oben Fn. 95. 882 Sog. deliktsrechtliche Schutzrichtung, vgl. etwa RG, GRUR 1911, S. 276; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 12. Nachdem der „Schutz des konsumierenden Publikums“ in den Materialien zum Wettbewerbsgesetz von 1896 zumindest erwähnt worden war, war er lange Zeit lediglich als „unselbständiger Reflex“ des Konkurrentenschutzes begriffen worden und so auch bereits in den 30er Jahren ab und an aufgetaucht (etwa in RG, MuW 1931, S. 376(378) – „Abonnementsvertrag“). Anfang der 30er Jahre hatte man dann zunächst auch den Wettbewerb als Institution (öffentliches Interesse) in den Kreis der geschützten Güter aufgenommen (RG 120, 47[49] und RG, GRUR 1936, S. 810(811) - „Diamantine“). Der Verbraucherschutz war erst in den 60er Jahren hinzugekommen. Explizite Anerkennung bekam dieser erst mit der Einführung des Klagerechts für Verbraucherverbände: Beater, Verbraucherschutz und Schutzzweckgedanken im Wettbewerbsrecht, S. 14.

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näherliegend gewesen, zumindest gegen grob verunsachlichende Reklamen vorzugehen.883

III. Die Untauglichkeit der Zugabeverordnung in der Fassung vom 9. März 1932 Die Zugabeverordnung, wie sie das Kabinett Brüning im Frühjahr 1932 erlassen hatte, war nachhaltig missglückt und von Beginn an zum Scheitern verurteilt.884 Dreh- und Angelpunkt war die „Barwertausnahme“, die – wie Reichsjustizminister Bredt bereits im Mai 1930 vorausgesehen hatte885 – die eigentlich erstrebte Wirkung der Verordnung so gut wie hinfällig machen musste. Während die Verordnung auf der einen Seite ein grundsätzliches Verbot der Zugaben anordnete, höhlte diese sie auf der anderen Seite durch die überaus weite Ausnahme des § 1 Abs. 2 Ziff. e) nahezu völlig aus. Die verunglückte Regelung war im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sie von Beginn an nicht mehr als ein Kompromiss zwischen den im Widerspruch stehenden Interessen des Einzelhandels und der Zugabenindustrie sein konnte.886 Während der Einzelhandel ganz überwiegend ein Verbot der Zugaben gefordert hatte, hatte sich die Industrie im Interesse der Hersteller von Zugaben und mit Rücksicht auf die Arbeitsplätze in diesen Unternehmen für eine Beibehaltung der Wertreklame stark gemacht. Hierbei konnte sie in Anbetracht der hohen Arbeitslosenzahlen auf die volle Unterstützung des Wirtschafts- wie auch des Arbeitsministeriums zählen. Ihren Ausdruck fanden diese Machtverhältnisse schließlich darin, dass das Reichskabinett im Sommer 1930 den vergleichsweise strengen, im Ergebnis aber konsequenten Entwurf Reichsjustizminister Bredts zurückwies.887 Wohl in dem Bestreben, den Interessen aller Beteiligter zu genügen, setzte Joël, der Bredt als Justizminister abgelöst hatte, dann im Herbst 1931 im Reichskabinett die am 9. März 1932 erlassene Fassung der Zugabeverordnung durch. Auf den ersten Blick sorgte Joël durch Wiedereinfügung der bereits früher von ihm betriebe883 Diese Vermutung liegt insofern nahe, als die von Wertreklamen ausgehende Verunsachlichung auch heutzutage ganz überwiegend unter verbraucherschützenden Gesichtspunkten betrachtet und letztlich unterbunden wird. Der Kunde soll davor bewahrt werden, nicht mehr auf Qualität und Preis, als allein darauf zu achten, wie er an den Reklamegegenstand kommt. Vgl. hierzu Beater, Verbraucherschutz und Schutzgedanken im Wettbewerbsrecht, S. 14. 884 Diese Einschätzung hatte Junckerstorff bereits im April 1932 geäußert und deshalb auch vermutet, dass es sich bei der Verordnung in der Fassung vom 9. 3. 1932 nur um eine „Übergangsmaßnahme“ handele: Junckerstorff , GRUR 1932, S. 424(424). 885 Hierzu siehe oben Fn. 588. 886 Vgl.: Elster, MuW 1932, S. 488(488). 887 Hierzu siehe oben auf S. 177. Bereits dieser frühe Entwurf hatte im wesentlichen die Fassung, die die Zugabeverordnung später nach ihrer Verschärfung vom 12. 5. 1933 bekam.

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nen „Barwertausnahme“ (§ 1 Abs. 2 Ziff. e) für eine Schwerpunktbildung zugunsten des Verbraucherschutzes.888 In Wahrheit ging es ihm hierbei wohl eher um eine weitgehende Befriedigung sämtlicher betroffenen Wirtschaftskreise.889 Mit der Beibehaltung der noch von Bredt stammenden Verbotslösung sollte vermutlich ein Signal in Richtung des Einzelhandels gesetzt werden, wonach Zugaben von nun an grundsätzlich untersagt seien. Gleichzeitig gestattete man mit der „Barwertausnahme“ eine weitreichende Auflockerung, die als Zeichen eines Entgegenkommens gegenüber der Industrie verstanden werden konnte. Hierbei ging man davon aus, dass der Handel die Pflicht zur alternativen Auszahlung als Belastung empfinden und damit vermehrt auf Zugaben verzichten werde.890 Die Käufer schließlich sollten von dieser Konzeption profitieren, als sie durch die Pflicht zur Ausweisung der Barwerte stets in die Lage versetzt werden sollten, die Preiswürdigkeit der Waren richtig einzuschätzen.

IV. Das umfassende Zugabeverbot als notwendige Gesetzeskorrektur Obwohl bereits das zeitliche Zusammenfallen der „Machtergreifung“ der Regierung Hitler mit der Verschärfung der Zugabeverordnung durch das Änderungsgesetz vom 12. Mai 1933 die Vermutung naheliegend erscheinen lässt, dass die weitergehende Regulierung ein früher Ausdruck der nationalsozialistischen Wirtschaftsideologie war, handelte es sich in Wahrheit ganz überwiegend lediglich um eine „notwendig gewordene Gesetzeskorrektur“.891 Diese Feststellung erscheint angebracht, nachdem Schünemann noch Mitte der neunziger Jahre sogar die für den Erlass der Verordnung vom 9. März 1932 ausschlaggebenden Beweggründe in den Nahbereich nationalsozialistischen Gedankenguts rückte.892 Zur Begründung gab er an, dass der Zweck der Regulierung im „Schutz des mittelständischen Fachhandels und der überkommenen Branchenbilder“ gelegen habe. Durch die Beschränkung seien vor allem jüdische Unternehmer getroffen worden, die zuvor mit neuen Absatzformen erfolgreich gewesen seien. Letztlich hätten sich „die mehr 888 So hatte er gegenüber Vertretern des Reichsrates angegeben, dass der wesentlichste Übelstand bei der Gewährung von Zugaben darin liege, dass durch die Zugabe der Preis verschleiert werde und der Käufer letztlich damit im Unklaren bleibe, zu welchem Betrag die Zugabe in den Kaufpreis einkalkuliert werde. Hierzu siehe oben S. 189 (Fn. 664). 889 Hierfür spricht bereits, dass Joël nach § 1 Ab S. 1 ZugabeVO die Gewährung von Zugaben nicht nur an Letztverbraucher, sondern auch an Gewerbetreibende verbieten ließ. 890 Diese Vermutung wurde zumindest aus dem Reichswirtschaftsministerium geäußert. Siehe oben in Fn. 579. 891 So bereits: Freise, Wettbewerb und Politik in der Rechtsordnung des Nationalsozialismus, S. 126. 892 Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung B 23 f.

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oder minder verbreitet vorhandenen rassistischen Ressentiments“ „mit dem Unmut über den immer stärker werdenden ökonomischen Anpassungsdruck“ verbunden. In die Gedankenwelt der wenig später an die Macht kommenden Nationalsozialisten habe sich „dieser zutiefst wettbewerbsfeindliche, auf Konservierung überkommender Strukturen bedachte, dabei kleinbürgerlich-protektionistische Geist“ bestens eingefügt. Vor diesem Hintergrund sei die Einschätzung, wonach die Zugabeverordnung angesichts ihres Entstehungsdatums gar kein „spezifisch nationalsozialistisches Gedankengut“ enthalten könnte, nur bedingt richtig. Zuzugeben ist Schünemann, dass bereits die Regierung Brüning dem mittelständischen Einzelhandel zur Erreichung einer allgemeinen wirtschaftlichen Stabilisierung zum Teil recht weite Konzessionen machte. Der dirigistische Charakter einiger ihrer Maßnahmen ähnelte insoweit den nur wenig später folgenden primär mittelstandsschützenden Regelungen der Nationalsozialisten. Äußerst kritisch zu sehen sind so etwa die Beschränkungen, die man den Einheitspreisgeschäften im Rahmen der präsidialen Notverordnung vom 9. März 1932 auferlegte und für sie damit zumindest in kleinen und mittelgroßen Städten die die Gewerbefreiheit aufhob.893 Die Nationalsozialisten sollten nur ein Jahr später nahezu nahtlos an diese Maßnahme anknüpfen. In ihrem Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 beseitigten sie die zuvor festgelegte zeitliche Befristung dieses Errichtungsverbots und sorgten damit für ein insgesamt 12 Jahre währendes Niederlassungsverbot für diese aus ihrer Sicht „unerwünschte Betriebsform“.894 Auf die Zugabeverordnung vom 9. März 1932 treffen entsprechende Feststellungen letzten Endes jedoch nicht zu. Ihre Ausgangsfassung unterschied sich von anderen Gesetzen dieser Jahre bereits dadurch, dass es sich bei der von Reichsjustizminister Joël entworfenen und vom Kabinett Brüning verabschiedeten Fassung nicht um eine restriktive, sondern um eine vergleichsweise liberale Regelung handelte. Von ihrer Grundkonzeption her war sie nicht allein auf den Schutz des mittelständischen Einzelhandels gerichtet, sondern sollte vielmehr in gleicher Weise auch Industrie- und zumindest in gewissem Umfang auch Verbraucherinteressen berücksichtigen. Auf eine strikte Regelung, die zu sehr die Interessen des der mittelständischen Einzelhändler in den Vordergrund gerückt hätten, hatte Joël bewusst verzichtet. In Erinnerung gerufen sei in diesem Zusammenhang zudem, dass zugaberegulierende Vorschriften im Europa der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts verbreitet waren. Neben Norwegen, Dänemark und Schweden hatten auch die Tschechoslowakei, Lettland und Österreich noch vor dem Deutschen Reich entsprechende Gesetze erlassen. Nur kriegsbedingt verzögert kamen einige Jahre später auch Frankreich, Belgien und die Niederlande hinzu.895 Deutlich wird hieraus, dass das dem Zugabewesen von der Reichsregierung ab Ende der 20er Jahre entgegengebrachte Misstrauen kein deutsches Phänomen war.896 893 894 895

Hierzu siehe oben auf S. 202. Siehe hierzu oben auf S. 219. Vgl. auch: Splettstößer, Der Einzelhandel, S. 42. Hierzu siehe oben auf S. 133 ff.

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Selbst die Verschärfung der Zugabeverordnung, für die die Regierung Hitler bereits kurz nach ihrer „Machtergreifung“ mittels des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 sorgte, war nur ganz bedingt Ausdruck der neuen Ideologie. Zwar war das Zugabwesen tatsächlich nicht mit der Rechts- und Wirtschaftsauffassung des neuen Staates in Einklang zu bringen. Danach sollten Kaufleute ihre Kundschaft nicht mit Anpreisungen oder Nebenleistungen, sondern vielmehr mit der Güte ihrer Leistungen überzeugen. In dem statt dessen angestrebten Leistungswettbewerb wurden sämtliche Nebenleistungen als Fremdkörper empfunden, die ihre Verwender gegenüber der traditionell arbeitenden Konkurrenz in unzulässiger Weise besser stellten.897 Gut vorstellbar erscheint vor diesem Hintergrund, das die neue Wettbewerbsvorstellung den Ministern Hugenberg und Gürtner ihr zügiges Eingreifen zumindest erleichterte. Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass die Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 keine andere Wahl hatten, als die Zugaben umfänglich zu untersagen. Auch für eine andere Regierung – welcher politischen Coleur auch immer – hätte sich unter den besonderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der frühen 30er Jahre ein entsprechendes Vorgehen als unumgänglich erwiesen. Entscheidend ist hierbei, dass bereits im Herbst des Jahres 1932 feststand, dass die Ausgangsfassung der Regierung Brüning nicht zu einer Zurückdrängung, sondern zu einer weiteren Verbreitung der Zugaben und parallel darüber hinaus auch zu bis dahin unbekannten, bedrohlich wirkenden Abwehr- und Selbsthilfemaßnahmen des Handels führte. Für den Gesetzgeber blieben in dieser Situation eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Die erste Alternative bestand darin, die gesamte Zugabeverordnung aufzuheben,898 die zweite Möglichkeit lag in der Strei896 Wie sich in den noch folgenden Ausführungen zeigen wird, gilt diese Feststellung etwa nicht für das Rabattwesen, siehe unten auf S. 251 ff. 897 Hierzu siehe oben in den allgemeinen Ausführungen zur nationalsozialistischen Wirtschaftsideologie (S. 212 ff.) zu ihrem Wettbewerbsverständnis (S. 213) wie auch ihrer konkreten Einzelhandelspolitik (S. 215). Ausdrücklich zum Ausdruck kommt dieser Umstand in den Unterlagen des (Reichs-) Ausschusses für Versicherungswesen der Akademie für Deutsches Recht, der sich im März 1934 in Berlin konstituiert hatte und sich von Juni 1934 an mit den Problemen des Abonnenten- und Zeitschriftenversicherungswesens (vgl. S. 98) auseinandersetzte. In der abschließenden Stellungsnahme des Ausschusses vom Frühjahr 1935 hielt man fest, dass nach der nationalsozialistischen Rechts- und Wirtschaftsauffassung neben „kulturund pressepolitischen“ auch wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen sämtliche Erscheinungsformen des Zugabewesens bestünden. So sei es nicht hinzunehmen, dass zwei eigentlich fremdartige Waren oder Leistungen miteinander verkoppelt würden. Auf diese Weise würden bei den Unternehmern verschiedene Startbedingungen geschaffen und „ein Fremdkörper“ in den Leistungswettbewerb hineingetragen. Dies führe letztlich zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der Zugabler gegenüber solchen Anbietern, die primär durch ihre Leistung werben würden: Gutachten und Reformvorschläge des Ausschussvorsitzenden Hans Ulrich (später vom Ausschuss einstimmig gebilligt) betreffend die Abonnentenversicherung (ZADR 1935, 283 – 290), in: Schubert, Akademie für Deutsches Recht 1933 – 1945, Bd. 13, S. XI f. u. 14 f.(18). 898 Diesen Vorschlag hatte der Reichsverband der Deutschen Industrie gemacht: Entschließung des Vorstandes vom 17. 2. 1933, Anlage zum Schreiben an den Reichsjustizminister vom 21. 2. 1933: BArch, R 3001 / 2637.

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Teil 3: Entstehung der Zugabeordnung und ihre Verschärfung

chung der weiten Ausnahme des § 1 Abs. 2 Ziff. e). Obwohl die zuletzt genannte Maßnahme die Wirkung der Verordnung völlig veränderte und statt der mit ihr ursprünglich beabsichtigten Missbrauchsunterbindung ein umfassendes Zugabeverbot bewirkte, war allein dieses Vorgehen erfolgsversprechend. Nur von ihr war eine allgemeine Beruhigung des Einzelhandels in der Zugabefrage zu erwarten.

Teil 4

Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933 A. Das Rabattwesen I. Erscheinungsformen des Rabattes Wie sich bereits aus der amtlichen Begründung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb aus dem Jahre 1909 ergibt, sind Preisnachlässe bzw. Rabatte eine „uralte Geschäftsgewohnheit“.899 Vermutlich gibt es sie bereits so lange, wie es auch den Wettbewerb gibt.900 Obwohl es seit jeher auch Auseinandersetzungen um ihre Zulässigkeit bzw. die Zulässigkeit ihrer Höhe gab, waren sie ein allseits akzeptiertes Reklame- und Absatzmittel.901 Innerhalb des Rabattwesens wird abhängig von der Art der Vergünstigung zwischen Geld- und Naturalrabatten (Warenrabatt) und nach dem Zeitpunkt der Auszahlung bzw. der Ausgabe nach Sofortrabatten oder nachträglich vergüteten Rabatten differenziert.902 Ein weiteres Differenzierungskriterium ist der Beweggrund für die Einräumung eines Nachlasses. Hier werden Barzahlungs- (Skonto), Mengen-, Treue-, Funktions- und Exportrabatte unterschieden. Abhängig von dem Kreis der potenziell Begünstigten werden schließlich noch allgemeine Rabatte und sogenannte Sonderrabatte unterschieden. Während die allgemeinen Rabatte jedermann zugänglich sind, werden letztere nur gewissen Personengruppen (wie etwa Beamten, Arbeitern oder Ärzten) gewährt.903 Abzugrenzen sind die Rabatte im eigentli899 Entwurf des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb samt Begründung: Verhandlungen des Reichstages, 12. Leg.Per, I. Session 1907 – 1909, Drucksache Nr. 1109, S. 8 f.; Vgl. auch: Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt, RabG Einf. Rn. 1. Vermutlich in Anlehnung hieran: RGZ 78, S. 194(198), wo es heißt: „Die Gewährung von Rabatt an den Käufer einer Ware entspricht uralten Geschäftsgewohnheiten ( . . . ).“ Zum Begriff des „Rabatts“, siehe oben auf S. 32. 900 Michel / Weber / Gies, Das Rabattgesetz , Einleitung Rn. 1. 901 Junckerstorff, Das Rabattgesetz, S. 1. 902 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 80. 903 Michel / Weber / Gies, Das Rabattgesetz, Einleitung Rn. 1. Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 80.

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

chen Sinne von den Preisherabsetzungen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie sofort allgemein allen Abnehmern in gleicher Höhe, zeitlich unbegrenzt gewährt werden und an die Stelle neuer Preise treten.904

II. Die Entwicklung des Rabattwesens seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts 1. Verbreitung in der Vorkriegszeit Als Massenphänomen tauchten Rabatte im Einzelhandel erstmals um 1900 auf. Hintergrund war bereits in dieser Zeit eine deutliche Verschärfung des Wettbewerbs, u. a. durch die zunehmende Konkurrenz durch Warenhäuser und Konsumvereine.905 Während die Warenhäuser ihre Kunden mit geringen Preisen warben und zudem aufwendige und aus Sicht das traditionellen Handels häufig aggressive Reklamen einsetzten,906 gaben die Konsumgenossenschaften einmal jährlich an ihre Mitglieder eine Rückvergütung aus.907 Hierzu kam, dass vereinzelte Händler begannen, mit den Vereinigungen bestimmter Bevölkerungskreise (wie Lehrern, Beamten oder Arbeitern) Absprachen zu treffen, wonach sie deren Mitgliedern Nachlässe bis zu 10 % einräumten.908 Viele kleine und mittlere Einzelhändler fühlten sich durch diese Praktiken im Kampf um den Kunden bedrängt und letztlich dazu gezwungen, ähnlich attraktive Vergünstigungen zu gewähren. Erleichtert wurde ihnen die Rabattgewährung in diesen Jahren schließlich durch die Einführung der ersten Kontrollkassen. Namentlich in Lebensmittel- und Genussgeschäften wurde es mit ihrer Hilfe üblich, „dem Kunden über seinen Einkauf einen Gut904 Auch die sog. „Krisenrabatte“ wurden allgemein allen Abnehmern in gleicher Höhe unbegrenzt gewährt, traten an die Stelle neuer Preise und waren damit keine Rabatte: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 80. 905 Dieses galt, obwohl etwa die Warenhäuser am gesamten Einzelhandelsumsatz mit nicht mehr als 1,0 bis 1,5 % beteiligt waren; 1913 waren es etwa 2,5 %. In Preußen und wenig später auch in Württemberg und Baden begann man im Jahre 1900 die Warenhäuser mit einer eigenen Steuer zu belegen: Berekoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 32 u. 38. 906 Sack, Rechts- und wirtschaftspolitische Argumente pro und contra Rabattverbot, S. 12. Vgl. auch Berekoven, Geschichte des deutschen Einzelhandels, S. 52. 907 Zur Konsumvereinsbewegung sowie zur Rückvergütung, siehe oben auf S. 92. 908 Faucherre sieht in den an diese Kreise gewährten Sonderrabatten die eigentliche Ursache der Ausbreitung des RabattwesenS. Zur Erklärung gibt er an, dass gerade die Beamten, als „fix und regelmäßig besoldete Klasse“, eine von den Händlern „gesuchte und begehrte“ Kundschaft gewesen sei. Zersplitterung, Uneinigkeit und Konkurrenzneid der Händler hätten dazu geführt, dass sie sich im Kampf um die „nach Tausenden zählenden Mitglieder der Beamtenvereine“ mit ihren Rabatten gegenseitig in die Höhe getrieben hätten. Das „Buhlen um die Beamtenkundschaft“ habe letztlich dazu geführt, dass die Beamten gegenüber den Händlern immer selbstbewusster und fordernder aufgetreten seien: Faucherre, Die Händler-Rabattsparvereine, S. 10 f.

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schein auszustellen und eine bestimmte Anzahl dieser Gutscheine späterhin gegen Waren wieder einzulösen“.909 Besonders häufig setzte man Rabatte nun zu Zeiten dringlicher Bedarfsdeckung, etwa zur Weihnachtszeit, ein. In diesen Tagen des Jahres schütteten auch die Konsumvereine ihre Rückvergütungen aus.910 Bald schon wurden Rabatte auch losgelöst von derartigen Anlässen über das gesamte Jahr hinweg gewährt. Hierbei spielte eine bedeutende Rolle, dass die Kunden auf diese Weise zur Barzahlung angehalten werden konnten.911 Dies war insoweit wichtig, als in kleinen und mittelgroßen Geschäften traditionell vielfach noch „angeschrieben“ wurde, während Großbetriebe grundsätzlich nur Barzahlung akzeptierten. Das sogenannte „Borgwesen“ verringerte die Liquidität und führte zu einer Erhöhung der Kosten. Damit konnten von Lieferanten grundsätzlich angebotene Skonti nicht genutzt werden.912 Vereinzelt kam es bereits in diesen frühen Jahren bei den Rabatten zu Auswüchsen. Berichtet wird etwa von Schleuderrabatten in Höhe von 10 bis 15 %.913 Insgesamt scheint sich das Rabattwesen fortan äußerst rasch ausgebreitet zu haben. Bereits aus dem Jahr 1906 stammen erste Klagen über den „Rabatt-Unfug,“ dem sich kaum noch ein Geschäft entziehe könne und der den gesamten Handelsstand schwer schädige.914 Im Unterschied zum Zugabewesen, für dessen gesetzliche Beschränkung oder sogar weitgehende Unterbindung sich bereits ab etwa 1911 eine breite Bewegung formiert hatte, blieben die Vorstöße gegen das Rabattwesens bis zum Beginn der 30er Jahre eher vereinzelt und unorganisiert. Wesentlich war hierfür wohl, dass man die Gewährung von Rabatten lediglich als eine Form der Preisbemessung bzw. der Zahlungsweise einordnete, die lediglich die Hauptleistung betreffe und keine besondere Nebenleistung einführe.915 Ebenfalls vielfach angeführt wurde das verbraucherschützende Argument, wonach Rabatte „nach Mark und Pfennig“ bestimmt seien und damit – im Unterschied zum Zugabewesen – auf Seiten des Publikums keine Unklarheiten 909 Vgl.: Petition der Handelskammer Bochum vom 6. 3. 1912 an den Reichstag: BArch, R 1501 / 107691 Bl. 175 f. Ähnlich: Artikel aus der Drogisten Zeitung „Rabattverbot und Borgsystem“ vom 28. 5. 1907 (Nr. 43): BArch, R 1501 / 107696 Bl. 186. 910 Kandt, Über das Rabattsparwesen, S. 4 f. Auch: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 81. 911 Artikel aus der Drogisten Zeitung „Rabattverbot und Borgsystem“ vom 28. 5. 1907 (Nr. 43): BArch, R 1501 / 107696 Bl. 186. 912 Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 9. Auch: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79(82), Tabelle 1. 913 Beythien, Das Rabatt-Spar-Vereinswesen, S. 6. 914 Zur Begründung gab man an, dass viele Händler zur Umsatzhebung Rabatte einsetzen würden, ohne vorher ausreichende Berechnungen angestellt zu haben. Hierdurch würden sich diese letztlich selbst aufreiben: Schreiben des Deutschen Bunds für Handel und Gewerbe (Leipzig) an den Bundesrat vom März 1906 (ohne genaue Angabe des Datums): BArch, R 1501 / 107695 Bl. 236(237). 915 So bereits Lobe, in seinem 1913 erstellten Gutachten zum Zugabewesen: Lobe, MuW 1913, S. 426 (429); vgl. auch Teil 1, D, III, 3.

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oder gezielte Verschleierungen über den Wert der Vergünstigungen entstehen könnten.916 In die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts fiel auch die Gründung einer Vielzahl sogenannte (Händler-)Rabatt-Sparvereine. Ausgehend von Hannover und Bremen schlossen sich in ihnen kleine und mittlere Einzelhändler zur Ausgabe gemeinsamer Rabattsparbücher und entsprechender Rabattmarken zusammen.917 Bald schon existierten im gesamten Deutschen Reich entsprechende Einrichtungen.918 Neben der Förderung der Barzahlung war die Mitgliedschaft in einem dieser Vereine für den einzelnen Kaufmann insoweit von Vorteil, als den umfänglichen Rabattsystemen nachgesagt wurde, anregend auf die Kauflust der Kunden und somit umsatzsteigernd zu wirken. Weiter hielt man die Ausgabe gemeinsamer Rabattmarken für ein wirksames Mittel im Kampf gegen die Niedrigpreise der Warenhäuser und Konsumvereine. Besonders wichtig war schließlich, dass die Vereine die Höhe ihrer Rabatte in ihren Satzungen einheitlich (in der Regel auf 5%) beschränkten.919 Im Falle der Mitgliedschaft eines Großteils der lokalen Einzelhändlerschaft war man damit im jeweiligen Vereinsbezirk vor unlauteren Übersteigerungen geschützt. Letztlich kam den Rabattsparvereinen damit gewissermaßen eine Ordnungsfunktion zu.920 Gleichzeitig waren sie auch Ausdruck der zwiespältigen Haltung, die der Kleinhandel zum Rabattwesen hatte. Auf der einen Seite fühlte man sich durch das Auftauchen „wilder Rabatte“ gefährdet. In geordneten Bahnen hingegen, d. h. unter der Aufsicht derartiger Vereine, waren sie ein willkommenes Mittel der Kundenbindung und damit für den Kampf gegen die Großbetriebe.921 916 So etwa der Bericht der Kleinhandelskommission des Deutschen Handelstages vom 3. 11. 1913: Mitteilungen des Deutschen Handelstages, 54. Jahrgang Nr. 1 vom 3. 11. 1913, S. 11 – 20: Archiv der Handelskammer Hamburg 80.A.2.o.1. 917 Gegen Vorlage der mit Marken des entsprechenden Vereins gefüllten Rabattsparbücher bei der vereinseigenen Sparkasse wurden die zuvor bei einer Vielzahl von Einkäufen gewährten Preisnachlässe nachträglich ausgezahlt: Beythien, Das Rabatt-Spar-Vereinswesen, S. 17 f. 918 Handelte es sich im Jahre 1903 noch um 50 Vereine mit 8 000 Mitgliedern, stieg ihre Zahl auf 500 Vereine mit 73 000 Mitgliedern im Jahre 1914: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79(79). Die im Jahr 1901 gegründete Spitzenorganisation der Rabattsparvereine, der Reichsverband der Handelsschutz- und Rabattsparvereine, entwickelte sich seinerzeit zur größten Organisation des Kleinhandels: Beythien, Das Rabatt-Spar-Vereinswesen, S. 7 f. 919 Faucherre, Die Händler-Rabattsparvereine, S. 1. 920 Beythien, Das Rabatt-Spar-Vereinswesen, S. 11 f. Der grundsätzlich zugaben- wie auch rabattkritische Kurt Junckerstorff lobte noch im Jahr 1934 die Rabattsparvereine und gab an, dass allein sie allen Versuchungen unlauterer Übersteigerungen widerstanden und deshalb wie ein „Fels in der brandenen Flut“ im Bereich des Rabattwesens für Ordnung gesorgt hätten: Junckerstorff, Das Rabattgesetz, S. 2. 921 Das Reichsgericht hatte bereits im Januar 1912 der Behauptung eines Klägers widersprochen, wonach der Kleinhandel das Rabattwesen geschlossen ablehne. Richtig sei lediglich, dass die Bewegung gegen die Rabattgewährung „ihren hauptsächlichen Rückhalt in den

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2. Krieg, Inflation und Wiederauftauchen gegen Mitte der 20er Jahre Ganz ähnlich wie auch das Zugabewesen gingen auch die Rabatte „mit der Umkehrung der Konkurrenzverhältnisse in der Kriegs- und Inflationszeit“, auf ein Minimum zurück.922 Erst mit Einführung der neuen Währung im Herbst 1923 und der damit einhergehenden Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse tauchten auch sie dann ab 1924 wieder auf.923 Nachdem sich die Ausbreitung des Rabattwesens zunächst nur verhalten vollzogen hatte, wurde sie schon bald rasanter. Dies galt wie bereits vor dem Krieg vor allem für den Bereich des Einzelhandels, d. h. für Geschäfte mit dem Verbraucher. Die übrigen Stufen des Absatzes hingegen wurden deutlich weniger berührt.924 Innerhalb des Einzelhandels waren die Preisnachlässe im Lebensmittelhandel, unter den kleinen und mittleren Einzelhändlern wie auch in Drogerien am verbreitetsten. Seltener bedienten sich Warenhäuser, Einheitspreisgeschäfte sowie der Markt- und Straßenhandel des Rabattwesens.925 Auch in organisierter Form, d. h. in den Rabattsparvereinen, waren Rabatte wieder häufiger zu beobachten. Nachdem die Zahl dieser Vereine infolge des Krieges und seiner Wirkungen auf die Warenmärkte stark zurückgegangen war, erhöhte sich diese von etwa 35 im Jahre 1924 auf 250 im Jahre 1932.926 Erste Rufe nach einer gesetzlichen Regelung der Rabatte wurde im Jahr 1930 laut. Zur Begründung erklärte man, dass die dauernde Steigerung der Höhe der Nachlässe zu einer ernstzunehmenden und letztlich existenzgefährdenden Verminderung der Bruttogewinne vieler Einzelhändler führe.927

Kreisen des Kleinhandels“ habe. Gleichzeitig, seien es gerade die Vertreter dieser Kreise, die sich gegenüber den Niedrigpreisen der Konsumvereine und Warenhäuser am besten durch die Gründung von Rabattsparvereinen durchsetzen zu meinen glaube: RGZ 78, 194(198). 922 Hierzu siehe oben auf S. 63. 923 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79(79). 924 Junckerstorff, Das Rabattgesetz, Einl. S. 2. 925 Michel / Weber, Das Rabattgesetz (1934), Einl. S. 1. 926 Vor dem Krieg hatte die Zahl der Rabattsparvereine ständig zugenommen. Von 50 Vereinen im Jahr 1903 war ihre Zahl auf 500 im Jahre 1914 angestiegen. Krieg und Inflation hatten viele von ihnen zur Aufgabe gezwungen: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79(83), Tabelle 2. Auch: Michel / Weber, Das Rabattgesetz (1934), Einl. S. 1. 927 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79(79).

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III. Rabatte und unlauterer Wettbewerb 1. Das Rabattwesen in der Rechtsprechung Nachdem man sich bereits in der Regierungsbegründung zum Entwurfe des Wettbewerbsgesetzes vom 8. Januar 1909 ausdrücklich gegen eine gesetzliche Beschränkung des Rabattwesens ausgesprochen hatte,928 ging in der Folgezeit auch die Rechtsprechung wie auch die rechtswissenschaftliche Literatur davon aus, dass Rabatte nicht grundsätzlich unlauter seien. Man meinte vielmehr, dass die Gewährung eines Abzugs vom üblichen Ladenpreis „eine besondere Art der Preisstellung“ bilde, in der die Kaufleute grundsätzlich frei seien. „Weder die Rabattgewährung an sich, noch auch die Gewährung des Rabatts durch sofortigen Abzug oder durch spätere Rückerstattung eines Teils des Kaufpreises ( . . . )“ sei per se als gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoßend anzusehen.929 Auch gegen die Gewährung von Sonderrabatten, deren Inanspruchnahme an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe gebunden sei und den übrigen Kunden vorenthalten werde, sei nichts einzuwenden. Es sei vielmehr „durchaus zulässig, dass sich eine Interessengruppe zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile als eine Vereinigung mit erhöhter finanzieller Leistungsfähigkeit zusammenschließt und von dieser Machtstellung zum Abschlusse günstiger Verträge Gebrauch macht“.930 Ein Einschreiten hielt man in Rechtsprechung und Literatur nur ausnahmsweise, in Fällen von Missbräuchen für erforderlich. In diesen Fällen konnte die Ankündigung oder Gewährung eines Rabatts die Voraussetzungen der §§ 3, 4 UWG bzw. des § 1 UWG erfüllen. Die Voraussetzungen einer unwahren Reklame im Sinne des § 3 UWG etwa hielt man für erfüllt, wenn die Zuwendung als unentgeltlich gewährt bezeichnet oder sonstwie der Eindruck der Unentgeltlichkeit erweckt 928 Dies geschah im Rahmen der bereits erwähnten Ausführungen des historischen Gesetzgebers zum Zugabewesen. Hierzu siehe oben auf S. 45. Zum Rabattwesen heißt es dort weiter: „Die Gewährung von Rabatt oder sonstigen Vergünstigungen an den Käufer einer Ware entspricht uralten Geschäftsgewohnheiten und liegt namentlich dann, wenn es sich um die Gewährung von Vorteilen für geleistete Barzahlung handelt, sogar im Interesse sowohl des Handelsverkehrs wie des Publikums. Zu diesen unbedenklichen Geschäftsbräuchen gehört nach den bisherigen Erfahrungen im allgemeinen auch die Rabattgewährung in Form von Rabattmarken, wie sie in vielen Geschäften, mehr und mehr Eingang findet.“: Verhandlungen des Reichstags, 12. Legislaturperiode, I. Session 1907 / 09, Drucksache Nr. 1109, S. 8 f. 929 RGZ 78, 194(197 f.). Vgl. auch: Cahn, GRUR 1927, S. 336(336 f.); Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsrecht (1929), S. 205; Callmann, Der unlautere Wettbewerb (1929), § 1 Rn. 74. 930 Ein Verstoß gegen die guten Sitten liege erst vor, wenn ein Missbrauch der durch die Kräftezusammenfassung erlangten Macht stattfinde. Darin, dass nur den Mitgliedern der Vereinigungen und nicht auch anderen Kunden der Rabatt geboten werde, liege nichts Anstößiges. Der Rabatt sei vielmehr die Gegenleistung dafür, „dass die Vereinigungen ihre Mitglieder dem Händler zuweisen, der den Rabatt gewährt, und diesen empfehlen.“: RGZ 78, 194(199). Auch: RGZ 79, 321(324); OLG Dresden, Urteil vom 31. 5. 1911, GRUR 1911, S. 242(243 f.).

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wurde. Hierfür sollte es ausreichen, dass ein Händler seinen Rabatt als „Geschenk“, „Belohnung“ oder „Anerkennungspreis“ ankündigte.931 Gleiches sollte für den Fall gelten, dass ein Händler zunächst seine Ladenpreise um einen gewissen Prozentsatz erhöhte, um durch die anschließende Gewährung eines Rabatts in identischer Höhe „seine Preise gegenüber den Preisen der Konkurrenz als die billigeren erscheinen zu lassen“. In diesem Fall würde das Publikum nur irrig in den Glauben versetzt, der Händler verkaufe zu ermäßigten Preisen.932 Eine Verletzung der Generalklausel des § 1 UWG schließlich wollten Rechtsprechung und Literatur nur bei solchen Rabattaktionen annehmen, die deutlich aus dem Rahmen ordnungsgemäßen Wettbewerbs fielen. Dies sollte etwa für den Fall einer ruinösen Unterbietung eines Mitbewerbers gelten, in dem „der Zweck der Maßnahme nach Lage der Tatumstände allein oder vorwiegend darin besteht, den Konkurrenten wettbewerbsunfähig zu machen oder ihn zu vernichten“.933 Gleiches wurde für den Fall angenommen, dass der vermeintliche Preisnachlass bereits vor Zahlung des Kaufpreises bzw. sogar vor Fälligkeit der Gegenleistung gewährt wurde.934 Von einem zulässigen Rabatt unterscheide sich dieser Fall dadurch, dass für den Kunden der Beweggrund zum Vertragsabschluss lediglich darin liege, in den Besitz des Barbetrages zu kommen. Bei den grundsätzlich zulässigen Rabatten hingegen liege der Beweggrund zum Vertragsabschluss in dem Wunsch, in den Besitz des Vertragsgegenstands zu kommen.

2. Das Rabattwesen im Ausland Im Unterschied zum Zugabewesen, das in einer Reihe europäischer Nachbarländer bereits seit Anfang der 20er Jahren Gegenstand sondergesetzlicher Regelungen war,935 gab es zum Rabattwesen keinerlei entsprechende Vorschriften.936 In einigen der Länder, die über Sondervorschriften zum Zugabewesen verfügten, existier-

931 Junckerstorff, Rabattgesetz, S. 38. Mit Verweis auf ein Urteil des AG Querfurt v. 9. 9. 1932, Az: 3 C 67 / 32. 932 RGZ 79, S. 195(197). Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsrecht (1929), S. 205. 933 Junckerstorff, Rabattgesetz, S. 39. Ähnlich: Rosenthal, Wettbewerbsgesetz (1930), § 1 Rn. 43. 934 Dieser Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass ein Verlag jeder Person, die sich zum Abschluss eines Lesezirkel-Abonnements verpflichtete, einen Barbetrag von 7,5 RM zukommen ließ: RG, MuW 1931, S. 376(377). 935 Hierzu siehe unten auf S. 122. 936 Die einzige Ausnahme bildete Norwegen. Hier waren zwar Barrabatte erlaubt, Warenrabatte jedoch untersagt. Dies ergab sich aus § 8 Ab S. 1 S. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juli 1922, wonach Rabattmarken, Sparmarken und dergleichen, die gegen Waren eingetauscht werden konnten als Zugaben galten und als solche untersagt wurden: Storm Bull, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 112. Auch heute noch verfügt kein EU-Mitglied über rabattregulierende Vorschriften: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, RabG Allg. Rn. 14.

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

ten hingegen ausdrückliche Anordnungen, wonach Rabatte von jeglichen Beschränkungen ausgenommen waren. Dies galt etwa für die Regelungen Österreichs, der Tschechoslowakei und Lettland. Zwar nicht ausdrücklich, im Ergebnis aber mit gleicher Wirkung, hatten Dänemark, Norwegen, Schweden und die Niederlande das Rabattwesen von dem Anwendungsbereich ihrer Wettbewerbs- bzw. Zugabegesetze ausgeklammert. In den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich, in denen es bis zuletzt auch keine speziellen Zugaberegelungen gab, verfügte man Anfang der 30er Jahre auch über keinerlei beschränkende Vorschriften zum Rabattwesen. In Österreich bestimmte § 2 Abs. 1 Ziff. a) u. b) des Gesetzes betreffend das Verbot der Ankündigung von Zugaben zu Waren oder Leistungen vom 20. Juni 1929, dass sowohl Bar- als auch Warenrabatte von dem in § 1 Abs. 1 bestimmten Verbot der Zugaben ausgenommen waren.937 In der Tschechoslowakei hatte man in § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 15. Juli 1927938 vom Zugabeverbot neben „bedeutungslosen Kleinigkeiten“, „Reklame- und Propagandaartikeln“, Verpackungen, anderem üblichen Zubehör auch den „üblichen Rabatt in Geld oder Waren“ ausgenommen.939 Gleiches galt auch für Lettland, wo man in der Zugabevorschrift des § 12 S. 2 des Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 4. Oktober 1927 Rabatte ausdrücklich für zulässig erklärt hatte.940 Dänemark gehörte schließlich zu den Ländern, die das Rabattwesen zwar nicht ausdrücklich vom Regelungsbereich ihrer Zugabegesetze ausgenommen hatten, in denen sich dieser Umstand jedoch aus dem jeweiligen Gesetzeszweck oder dem Zusammenspiel mit anderen Vorschriften ergab. So hatte man Rabatte nur insoweit in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 1. Mai 1959 aufgenommen, als in § 12 Abs. 2 angeordnet worden war, dass Unternehmen, die sich mit der Vermittlung von Rabattgewährungen an Verbraucher durch Rabatt- oder Sparmarken oder dergleichen zwecks späterer Einlösung befassten, einer Genehmigung des Ministers für Handel bedurften. Hiermit sollte lediglich sichergestellt werden, dass entsprechende Anbieter hinreichend solvent waren und die Erwartungen des Publikums nicht enttäuschten.941 Auch in Schweden erfasste das Gesetzes gegen den 937 BGBl. Nr. 227, abgedruckt in GRUR 1929, S. 1188. Österreich ersetzte dieses Gesetz 1934 durch eine der „reichsdeutschen“ Zugabeverordnung entsprechende Regelung. Im Jahr 1940 führte man auch das deutsche Rabattgesetz ein und behielt dies auch nach Kriegsende bei: Meyer, GRUR 2001, S. 98(106). 938 Pat.-Must.-Zeich.-Blatt 1928, S. 26. 939 § 4 Ab S. 1 definierte „üblichen Rabatt in Geld“ als „jeden Vorteil in Geld, der dem Abnehmer bei der Abnahme derartiger Waren oder Leistungen üblicherweise, und zwar entweder in barem oder durch Abzug (Nachlass) vom Preis für die Ware oder Leistung, gewährt wird.“ 940 Pat.-Must.-Zeich.-Blatt 1928, S. 26 f. Zum Wortlaut der Vorschrift: Junckerstorff, Rabattgesetz, Einleitung S. 10. 941 von Eyben, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 41.

A. Das Rabattwesen

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unlauteren Wettbewerb vom 13. März 1931 keine regulären Rabatte. Eine solche Vorschrift war auch nie ernstlich erwogen worden.942 In den Niederlanden existierte erst ab 1955 das Gesetz zur Beschränkung des Geschenkwesens. Dieses hatte keinerlei Wirkung auf das Rabattwesen.943 In den Vereinigten Staaten und Großbritannien waren Rabatte als discounts oder rebates bekannt. In beiden Ländern hielt man sie ausnahmslos für zulässig und verfügte über keinerlei Vorschriften zu ihrer Beschränkung.944 Für unlauter hielt man Preisnachlässe erst dann, wenn diese preiskämpferischen Charakter hatten und darauf abzielten, andere Wettbewerber zu schädigen oder sogar zu vernichten.945 Auch in Frankreich existieren keinerlei Regelungen über die Ankündigung oder Gewährung von Rabatten. Die Händler waren vielmehr frei, ihre Kunden durch die Gewährung attraktive Nachlässe anzulocken.946 Erst im Jahr 1962 erging ein Erlass für die Wahrheit in der Werbung. Dieser brachte für die Rabattgewährung keinerlei Einschränkungen, regulierte jedoch die Ankündigung von Rabatten. Ziel war es, Täuschungen des Publikums zu unterbinden. Danach musste jede Preisankündigung das Publikum den Nettoverkaufspreis erkennen lassen und zudem klarstellen, ob die Nachlässe für das gesamte Sortiment oder nur bestimmte Artikel galten.947

942 Bergqvist / Tengelin, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den nordischen Ländern, S. 180. Lediglich bei Preisnachlässen, die gezielt zu Zwecken eines Boykotts oder einer Diskriminierung eingesetzt wurden, konnten die Wettbewerbsvorschriften gegen unzulässige Begünstigung oder Benachteiligung herangezogen werden. 943 Ulmer / Baeumer, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 376. Eine gewisse Einschränkung erfuhr das Rabattwesen ab 1950 lediglich durch Bestimmungen der öffentlich-rechtlichen Betriebsverbände. Sie waren aufgrund einer Verordnung ermächtigt, ihrerseits Regelungen über eine Reihe mit der Tätigkeit der zu ihrem Bereich gehörenden Betriebe zu treffen. Die Regelungen konnten Fragen der Produktion, des Absatzes und des Wettbewerbs betreffen. 944 Callmann, The Law of Unfair Competition and Trade Marks, S. 516. Ulmer / Graf von Westerholt, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 317. In Großbritannien erließ man erst im Jahr 1964 den Trading Stamps Act. Dieser regelte weniger die Gewährung und Ankündigung von Rabatten als vielmehr das Rabattmarkenwesen. Verhindert werden sollten sich häufende unseriöse Praktiken, die im Zusammenhang mit der Vergabe von Wertmarken aufgetreten waren (wie z. B. die Nichteinlösung von Marken oder die bewusste Ungenauigkeit in den Wertangaben). 945 „Price-War as Unfair Competition“: Vgl.: Callmann, The Law of Unfair Competition and Trade Marks, S. 516. 946 Ulmer / Krasser, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 527. 947 Erlass vom 17. 10. 1962: Arreté no 24 – 692 du 17 octobre 1962, relatif à la publicité des prix à l’egard du consommateur, D. 1962 Lég. 340.

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

B. Die Entstehung des Gesetzes über Preisnachlässe948 I. Die Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin Im Frühjahr 1932 veröffentlichte die Forschungsstelle für den Handel, Berlin eine Untersuchung über das Rabattwesen im Einzelhandel.949 Das Gutachten war vom Reichswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben worden und enthielt neben eher allgemeinen Ausführungen zu den Erscheinungsformen und der Verbreitung der Rabatte in den unterschiedlichen Teilen des Einzelhandels auch Angaben über die wirtschaftlichen Belastungen, die aus ihm für den Handel erwuchsen.

1. Erscheinungsformen, Umfang und Belastung durch das Rabattwesen Die Untersuchung bestätigte zunächst, dass sich das Rabattwesen mit Eintritt der Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Verschärfung des Konkurrenzkampfes ständig verschärft habe. Mit dem Rückgang der Umsätze sei nicht nur bei den Einzelhändlern die Bereitschaft zur Rabattgewährung gestiegen, auch sei das Publikum immer entschlossener, Einkaufsvorteile auszunutzen. Letzten Endes werde im Handel immer weniger um den niedrigsten Preis als vielmehr um den höchsten Rabatt gekämpft. Regional hätten auch die Rückvergütungen der Konsumvereine an die Konsumenten Einfluss auf die Verbreitung der Rabatte.950 Zur Motivation der Einzelhändler Rabatte zu gewähren, gab man an, dass es ihnen darum gehe, ihre Umsätze zu steigern. Dabei seien die Unternehmen, die jeweils in ihrer Branche und ihrem Gebiet mit den Preisnachlässen begonnen hät948 Im Unterschied zu dem vorausgegangenen, das Zugabewesen betreffenden Teil dieser Arbeit konnte für die folgenden Ausführungen nur in erheblich geringerem Umfang auf Originalunterlagen zurückgegriffen werden. Von maßgebender Wichtigkeit wären hierfür eigentlich die Bestände des Reichswirtschaftsministeriums gewesen, das für die Erarbeitung des Rabattgesetzes zuständig war. Leider lassen sich diese Unterlagen im Bundesarchiv in Berlin z. Zt. nicht auffinden. In Berlin geht man aus diesem Grund davon aus, dass betreffende Material zu den früheren „Potsdamer Beständen“ gehört hat. Da sich in den ansonsten recht ausführlichen Findbüchern aus Potsdam jedoch keinerlei Hinweise auf Akten zum Rabattwesen finden lassen, müsse davon ausgegangen werden, dass die betreffenden Bestände bis heute nicht zugänglich seien. Entweder seien die Akten den Kriegswirren zum Opfer gefallen oder lagerten noch in Moskau, wo bis heute eine ganze Reihe von Akten des Reichswirtschaftsministeriums zurückgehalten würde. 949 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79 ff. 950 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 79 f. Zum Einfluss der Rückvergütung auf die regionale Verbreitung der Rabatte S. 85.

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ten, davon ausgegangen, „dass bei dem 60 – 70% igen Anteil fixer Kostenbestandteile an den Gesamtkosten des Einzelhandels ein beträchtlich erhöhter Umsatz mit dem vorhandenen Betriebsapparat ohne erhebliche Kostensteigerung in den Betrieben bewältigt werden“ könne. Von der den Umsatz steigernden Rabattgewährung werde folglich eine Einkommenssteigerung erwartet.951 Berechtigt sei diese Erwartung jedoch nur so lange, wie nur wenige Unternehmen in einem bestimmten Wirtschaftsbezirk Rabatte einsetzten und so die an den Nachlässen interessierten Verbraucherkreise an sich binden könnten. Problematisch werde es in dem Moment, in dem auch andere Unternehmen, ggf. mit Abwehrmaßnahmen, zur Rabattgewährung übergingen. In diesem Fall komme es zu einer fühlbaren Umsatzschrumpfung. Vielfach würden dann erneut Abwehrrabatte eingesetzt, um die verlorengegangenen Umsätze zurückzugewinnen.952 Zu den Erscheinungsformen der Rabatte gab die Forschungsstelle an, dass diese „unorganisiert als Eigenrabatte der betreffenden Unternehmen“ oder als „organisierte Rabatte“ gewährt würden. In letzterem Fall schlössen sich mehrere Einzelhändler zusammen, um gemeinsame Rabattmarken herauszugeben. Auch komme es vor, dass Verbraucherorganisationen mit Vertragsfirmen Vereinbarungen träfen, wonach letztere sich verpflichteten an die Mitglieder der betreffenden Organisation Rabatte zu gewähren. Beide Formen der Rabattgewährung hätten Vorteile. Während Eigenrabatte eine engere Bindung der Kunden ermöglichten und gleichzeitig mit geringerem Aufwand verbunden seien,953 ginge von gemeinschaftlichen Rabattmarken für die Kunden ein größerer Anreiz zur Sammlung aus. Zudem böten gemeinschaftliche Rabattmarken ganzer Handelszweige in dem betreffenden Wirtschaftsraum Schutz gegen Übersteigerungen. Für das Publikum seien die gemeinschaftlichen Rabattmarken ferner insoweit von Vorteil, als bei ihnen die spätere tatsächliche Einlösung gesichert sei.954 Am verbreitetsten waren die Rabatte nach der Untersuchung im Lebensmittelhandel wie auch in Drogerien. Ausschlaggebend hierfür sei, dass die Häufigkeit der Bedarfsdeckung einen entscheidenden Einfluss auf die Gewährung von Rabatten habe. Handelszweige hingegen, in denen „eine mit Stetigkeit wiederkehrende 951 „Sie erwarten, dass eine Rabattgewährung eine solche Umsatzsteigerung herbeiführe, dass ihr Einkommen also absolut steige, während es in Prozenten des Umsatzes durch Verringerung der Handelsspanne sinkt ( . . . ). 952 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 81. 953 Der geringe Kostenaufwand gehe darauf zurück, dass erfahrungsgemäß 30% der ausgegebenen Marken nicht eingelöst würden. Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 82. 954 Dies sei seit einer Revision der Rabattsparvereine durch den Reichsverband der Handelsschutz- und Rabattsparvereine der Fall. Die Unsicherheit der Eigenmarken in dieser Hinsicht habe im Februar 1933 auch bereits zu einem Verbotsantrag der sächsischen Einzelhandelsgemeinschaft im Sächsischen Landtag geführt.

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Bedarfsdeckung“ nicht vorliege, würden entsprechend weniger auf Rabatte zurückgreifen. Umfragen der Forschungsstelle ergaben, dass 85% der befragten Lebensmittelhändler, 67% der Drogisten, 21% der Hausrats-, und 17% der befragten Bekleidungsgeschäfte Rabatte gewährten. In der Mehrzahl wurden Rabatte in diesen Handelszweigen nicht auf alle, sondern nur auf ausgesuchte Waren gewährt.955 Im Durchschnitt soll sich die Rabattgabe bei Gütern des laufenden und lebensnotwendigen Bedarfs auf 78 % des Gesamtumsatzes belaufen haben. Mit Blick auf die verschiedenen Betriebsformen im Einzelhandel ermittelte die Forschungsstelle, dass Rabatte vor allem vom selbständigen Facheinzelhandel wie auch von Lebensmittelfilialunternehmen gewährt wurden. Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte wie auch der Markt- und Straßenhandel hingegen sollen ganz überwiegend auf Rabatte verzichtet haben.956 Zum Gesamtumfang der von der Rabattgewährung im deutschen Einzelhandel erfassten Umsätze gab die Forschungsstelle für den Handel schließlich an, dass die mit einem Preisnachlass verbundenen Umsätze im Jahr 1931 6,8 Mrd. RM betragen hätte.957 Die zurückvergüteten Preisnachlassbeträge beliefen sich auf etwa 250 Mio. RM, wobei 30,8 Mio. auf Zahlungen der den Rabattsparvereinen angeschlossen Unternehmen entfielen.958 Zur Höhe der einzelnen Rabatte gab die Forschungsstelle an, dass sich der Großteil der Rabatte bei 4 bis 5 % eingependelt habe,959 wobei sich die im Einzelfall gewährten Rabatte zwischen 2 und 8% bewegten.960 Zur Belastung des Einzelhandels durch die Rabatte bzw. zur Frage, welche Erhöhung des Umsatzes notwendig war, um bei gleicher Kalkulation nach Einführung von Rabatten mindestens das gleiche Unternehmereinkommen zu erzielen, ermittelte die Forschungsstelle schließlich noch Folgendes: Bei einer Handelsspanne von 20% müssten Unternehmer zur Gewährung eines 4% igen Rabatts eine Umsatzsteigerung um rund ein Fünftel, bei einem Rabatt von 5 % um rund ein Viertel erreichen, um den bisherigen Gewinn zu erwirtschaften. Hieraus schloss man bei der Forschungsstelle, dass Rabatte in einer Höhe von über 4 – 5% von der 955 Entweder schlossen Bestimmungen der Lieferanten die Gewährung von Rabatten auf bestimmte Produkte aus oder man führte hierfür kalkulatorische Gründe an. Dies war etwa bei sogenannten „Konkurrenzartikeln“ (wie Zucker, Eier, Schmalz und gewissen Molkereiprodukten) der Fall, die nur mit geringen Handelsaufschlägen vertrieben wurden. Auch Markenartikel waren weitgehend von der Rabattgabe ausgeschlossen. 956 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 83 f. 957 Nach Hefermehl war damit knapp ein Drittel des gesamten Einzelhandelsumsatzes von der Rabattgewährung betroffen: Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, RabG Allg. Rn. 5. 958 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 83. 959 Der Reichsverband der Handelsschutz- und Rabattsparvereine etwa verbiete seinen Mitgliedern höhere Rabatte als 5 %, der Normalsatz werde mit 4% empfohlen. 960 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 85.

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Mehrzahl von Einzelhandelsunternehmen nicht gewährt werden könnten, ohne dass eine Verminderung des Reingewinns bzw. ein „Verzehr der Substanz“ hingenommen werden müsste. Insoweit handele es sich in derartigen Fällen entweder um Fehlkalkulationen oder um Selbstausbeutung, weil die Arbeitsleistung des Unternehmers oder seiner Familienangehörigen nicht hinreichend vergütet werde.961

2. Die Empfehlung der Forschungsstelle Im Rahmen ihrer abschließenden Empfehlung kam die Forschungsstelle zu dem Ergebnis, dass ein Verbot oder auch nur eine Begrenzung der Rabatte abzulehnen sei. Auswüchse in diesem Bereich seien vielmehr im Wege der „kaufmännischen Selbsthilfe“ zu unterbinden. Hierzu könnten „regionale Abmachungen des Einzelhandels“ getroffen werden.962 Zur Begründung der Ablehnung eines gesetzgeberischen Eingreifens gab man in Berlin an, dass ein derartiges Vorgehen „die der Wirtschaft innewohnende Entwicklung und das freie Spiel der Kräfte hemmen“ und zudem „unter Außerachtlassung betrieblicher, örtlicher und sonstiger Verschiedenheiten zu einer Schematisierung der Wirtschaft“ führen würde. So sei zu erwarten, dass sich im Falle einer Begrenzung der Rabatte auf einen Höchstsatz gerade die wirtschaftlich stärkeren Unternehmen veranlasst sähen könnten, ihren Rabattsatz auf diesen Wert zu erhöhen. Im Ergebnis bestehe damit die Gefahr, dass sich dieser Höchstsatz, unabhängig von dem im Wettbewerb tatsächlich erforderlichen Satz, alsbald zu einem Normalrabatt entwickle. Ferner könnten sich durch entsprechende gesetzgeberische Vorgaben auch solche Unternehmen zur Rabattgewährung veranlasst sehen, die bisher ganz auf dieses Reklamemittel verzichtet hätten. Eine derartige Verbreitung der Rabatte müsse dazu führen, dass die schwächeren Betriebe letzten Endes dieses bedeutenden Reklamemittels beraubt würden. Für sie sei das Rabattwesen jedoch von immenser Wichtigkeit, da sie sich andere Reklameformen wie aufwendige Wort- und Anschauungsreklamen nicht leisten könnten.963 Ebenfalls zu ihren Ungunsten würde ferner wirken, dass eine weitgehende Unterbindung der Rabatte zu einer erneuten Rückkehr des „Borgwesens“ führen würde. Könnten Kunden nicht mehr durch Rabatte zur Barzahlung angehalten werden, müssten auch die Einzelhändler ihrerseits wieder ihre Einkäufe in höherem Maße mit Krediten bestreiten. 961 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 86 f. Zu den Grundlagen der Berechnung des erforderlichen Mehrumsatzes zur Erhaltung des gleichen absoluten Reingewinns bei Rabattgewährung: Vgl. im Anhang der Untersuchung der Forschungsstelle, S. 89 f. 962 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 88 f. 963 Rabatte hätten für kleine Unternehmen den generellen Vorteil, dass die Rabattgabe als Reklamemittel immer in einem festen Verhältnis zum Umsatz ständen.

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II. Der Erlass des Preußischen Wirtschaftsministers In Juni 1933 wandte sich der Preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit mit einem Erlass an die Industrie- und Handelskammern, ihre Zweckverbände und die Handwerkskammern des Landes.964 Darin gab er an, dass die Erregung über Missbräuche auf dem Gebiete des Zugabe- und Rabattwesens vielfach zu Sonderaktionen selbsternannter örtlicher Stellen gegen Einzelhändler geführt hätten.965 So seien vielfach Rabattverbote erlassen worden und Maßnahmen gegen Einzelhändler ergriffen worden, die in Einzelfällen so weit gegangen seien, dass man Läden geschlossen habe.966 Maßnahmen dieser Art seien jedoch abzulehnen und in Zukunft zu unterlassen. Sie entbehrten nicht nur jeder gesetzlichen Grundlage, sondern sorgten zudem für eine weitere Beunruhigung der Einzelhandels- und Industriekreise. Letztlich sei ein derartiges Vorgehen jedoch auch nicht notwendig, da man in Berlin nicht nur vor kurzem die Zugabeverordnung erlassen, sondern zudem begonnen habe, gesetzgeberische Maßnahmen „zur Bekämpfung ungesunder Übertreibungen auf dem Gebiete des Rabattwesens“ vorzubereiten. Bis zum Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes sei auf die schnelle und wirksame Hilfe der Einigungsämter für Wettbewerbsstreitigkeiten zu verweisen, die gemäß § 27 a UWG bei der Mehrzahl der Berufsvertretungen von Handel und Handwerk eingerichtet worden waren. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass „gegen Rabattankündigungen, die irrtümliche Vorstellung über Vorteile des Angebots erwecken“, schon heute nach § 3 UWG eingeschritten werden könne.967

III. Entwurf und Erlass des Rabattgesetzes Im Unterschied zu der Zugabeverordnung, die seinerzeit vom Reichsjustizministerium vorgelegt worden war, wurde das Rabattgesetz im Reichswirtschaftsministerium erarbeitet. Dieses wurde mittlerweile von Kurt Schmitt968 geleitet, der 964 Sonderabdruck aus dem Ministerialblatt für Wirtschaft und Arbeit vom 14. 6. 1933: GstA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5796, Bl. 248 d. 965 Verantwortlich seien für derartige Aktionen Organisationen wie der Kampfbund des gewerblichen Mittelstands: Dies ergibt sich auch aus einem Schreiben des Ministers an den Reichjustiz- und den Reichswirtschaftsminister vom 29. 4. 1933: BArch, R 3001 / 2637. 966 Zur Begründung hatte man anscheinend angegeben, die Rabatte gefährdeten die „öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit“. 967 Noch im gleichen Monat wandte sich der Preußische Justizminister mit einem ganz ähnlichen Erlass an die Generalstaatsanwälte des Landes. Letztere wurden aufgefordert, alle Strafsachen im Zugabe- und Rabattwesen „in enger Fühlungsnahme mit den gesetzlichen Berufsvertretungen von Handel und Handwerk“ zu bearbeiten. Neben dem Industrie- und Handelstag stehe der Reichsausschuss für das Zugabeverbot e.V. zur Verfügung, der neben Auskünften auch für eine Sammlung und die fortlaufende Bearbeitung des aus dem Reichsgebiete eingehenden Materials sorge: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5796, Bl. 248 d.

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Alfred Hugenberg am 29. Juni 1933 als Wirtschaftsminister abgelöst hatte. Für die Rabattproblematik war im Wirtschaftsministerium Ministerialdirektor Wienbeck zuständig.969 Im Namen des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium legte dieser erstmals am 25. September 1933 sämtlichen Reichsministern sowie dem Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Preußischen Justizminister eine Fassung eines Gesetzes gegen Preisnachlässe vor.970

1. Die Gründe des Gesetzgebers Zur Begründung der Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Eingreifens verwies man umfänglich auf die Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel. So gab man an, dass der Umfang der im Einzelhandel gewährten Rabatte seit Eintritt fester Währungsverhältnisse immer weiter zugenommen habe. Die von der Forschungsstelle ermittelten Zahlen bestätigten, dass diese Entwicklung in den letzten Jahren ein Ausmaß angenommen und Auswüchse hervorgebracht habe, die nicht mehr geduldet werden könnten. Aus diesem Grund sei ein Gesetz notwendig, dass die im Einzelhandel hervorgetretenen Missstände beseitige. Maßstab müsse hierbei der erzieherische Grundgedanke „kein Preisnachlass ohne Gegenleistung“ sein.971 Als Missstände erkannte man im Wirtschaftsministerium zum einen die Höhe vieler Rabatte. Diese erreichten mittlerweile Größenordnungen, „die mit einer nor968 Dr. jur. Kurt Schmitt (1886 – 1950) war zuvor Generaldirektor der Allianz-Versicherungsgesellschaft gewesen. Das Amt des Reichswirtschaftsministers [und in Personalunion das des Preußischen Wirtschaftsministers] hatte er offiziell vom 29. 6. 1933 bis zum 30. 1. 1935 inne, wobei er sich krankheitsbedingt bereits ab dem 28. 6. 1934 aus dem Amt zurückziehen musste. Obwohl Schmitt von Parteikreisen als erster wahrer Nationalsozialist an der Spitze des Wirtschaftsministeriums begrüßt wurde, gehörte er in Wahrheit wohl dem bürgerlich-privatwirtschaftlichen Flügel der NSDAP an. Erst am 1. 4. 1933 war er in die NSDAP eingetreten. Als Staatssekretär wurde ihm der Parteiideologe Prof. Dipl.-Ing. Gottfried Feder (1883 – 1941) an die Seite gestellt: Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930 – 1945, S. 66. Zur Haltung Schmitts vgl. auch: James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924 – 1936, S. 346. 969 Dr. Erich Wienbeck (1876 – 1946), seit 1903 erster Syndikus der Handwerkskammer Hannover; seit 1919 Vorsitzender der DNVP und seit 1920 Mitglied des Reichstags. Seit Anfang 1933 leitete Wienbeck als Ministerialdirektor die Abteilung 5 (Handwerk, Handel und Gewerbe) des Reichwirtschaftsministeriums. Im April 1933 ernannte ihn die Regierung Hitler zum „Reichskommissar für den Mittelstand“.: Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930 – 1945, S. 64. 970 Der Entwurf trug das Aktenzeichen H.G. 13871 / 33: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 2 ff. Zum Wortlaut des Entwurf siehe unten in der Anlage auf S. 307. 971 Begründung des Entwurfs vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz vom 25. 9. 1933: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 6 f.

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

malen kaufmännischen Betriebsrechnung nicht mehr im Einklang“ ständen. Im Einzelnen läge die Höhe der gewährten Nachlässe zwischen 2 % und 10%.972 Eine ähnliche Entwicklung sei bei den Sondernachlässen, d. h. nur an bestimmte Personengruppen gewährte Rabatten, zu beobachten. Auch hier werde zunehmend die Grenze der Wirtschaftlichkeit überschritten. Ein weiterer Missstand sei darin zu sehen, dass immer weitere Zusammenschlüsse von Einzelhandelsunternehmen auftauchten, die den Zweck hätten, gemeinsame Rabattmarken auszugeben. Bei ihnen sei die spätere Einlösung dieser Sparmarken vielfach nicht hinreichend gesichert. Schließlich müsse es in dem Rabattgesetz auch darum gehen, Unternehmen, die vor Inkrafttreten des umfänglichen Zugabeverbots vom 12. Mai 1933 verstärkt mit Zugaben gearbeitet hätten, davon abzuhalten, nunmehr auf die Gewährung von Preisnachlässen auszuweichen. Diese Gefahr bestehe, weil das am 12. Mai 1933 erlassene Gesetz über das Zugabewesen nunmehr vollends für eine Beseitigung des Zugabewesens gesorgt habe. Insgesamt sei eine einheitliche reichsgesetzliche Regelung aufgrund der nunmehr erhöhten Bedeutung der Rabatte einerseits, den Forderungen nach ihrer Einschränkung oder Abschaffung und schließlich den sich in dieser Richtung häufenden Einzeleingriffen örtlicher Stellen anderseits notwendig.973

2. Der Regelungsgehalt des Gesetzesentwurfs vom 25. September 1933 Das erklärte Ziel einer Regulierung des Rabattwesens sollte nach den Überlegungen der Beamten im Wirtschaftsministerium nicht darin liegen, Preisnachlässe völlig auszuschließen oder zu beseitigen. Das Bestreben sollte vielmehr lediglich dahingehen, Auswüchse zu unterbinden und die Nachlassgewährung „auf ihren gesunden Kern zurückzuführen“. Vergegenwärtigen müsse man sich dabei, dass Rabatte traditionell ein Abwehrmittel der mittelständischen Einzelhändler gegen die Rückvergütung der Konsumvereine und mittlerweile auch gegen die geringen Preise und Werbemöglichkeiten der Warenhäuser und Großbetriebe im Einzelhandel seien.974 972 In Wahrheit hatte die Forschungsstelle für den Handel in der vom Wirtschaftsministerium zugrundegelegten Untersuchung ermittelt, dass die „Rabatte sich auf 4 bis 5 % ziemlich allgemein eingespielt“ hätten. Eher als Ausnahme hatte man beschrieben, dass die Schwankungen „von 2 bis 8 %“ reichten: Hierzu siehe oben auf S. 254. 973 Begründung des Entwurfs vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz vom 25. 9. 1933: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 6 f. Diese Begründung entsprach im wesentlichen der späteren amtlichen und im Reichsanzeiger veröffentlichten Begründung des Gesetzes über Preisnachlässe: Amtliche Erläuterung zum Gesetz im DRAnz., Nr. 284 vom 5. 12. 1933, S. 4. 974 Begründung des Entwurfs vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft

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3. Die einzelnen Vorschriften im Überblick Zur erreichen erhoffte man dieses Ziel durch eine grundsätzliche Untersagung der Preisnachlässe. Lediglich im Umfang sehr beschränkte Barzahlungsnachlässe, Mengennachlässe und in ausdrücklich bestimmten Fällen auch Sondernachlässe wollte man ausnahmsweise zulassen. § 1 Abs. 1 des Entwurfs bestimmte deshalb, dass Preisnachlässe auf Waren oder Leistungen nur noch nach Maßgabe der weiteren Vorschriften des Gesetzes angekündigt oder gewährt werden durften.975 In diesen wollte man dann bestimmten, dass in Zukunft nur noch zwei Arten von Preisnachlässen, der Barzahlungsnachlass (§§ 2 ff.) und der Mengennachlass (§§ 7 ff.), zulässig sein sollten. Alle anderen Nachlassformen hingegen sollten grundsätzlich verboten sein. Sondernachlässe sollten ausnahmsweise nur noch zulässig sein, wenn sie einer der in § 10 Ziff. 1 – 3 ausdrücklich genannten Personenkreise gewährt wurden. Der Anwendungsbereich des Entwurfs sollte dahingehend beschränkt werden, dass sämtliche Regelungen lediglich für den Verkehr mit dem „letzten Verbraucher“ gelten (§ 1 Abs. 1) sollten.976 Nachlässe, die im Warenverkehr zwischen den verschiedenen Wirtschaftsstufen (etwa vom Produzenten an Großhändler oder vom Groß- an den Einzelhändler) eingeräumt wurden, sollten damit vom Regelungsbereich des Gesetzes ausgenommen sein. Weiterhin sollten nur Waren oder gewerbliche Leistungen „des täglichen Bedarfs“ erfasst werden. Da sich dieser Begriff letzten Endes jedoch an den noch aus dem Kriegsrecht stammenden und in zahlreichen zwangswirtschaftlichen Gesetzen und Verordnungen enthaltenen Begriff der „Gegenstände des täglichen Bedarfs“ anlehnte,977 war von vornherein mit einer äußerst weiten Auslegung zu rechnen. Letztlich umfasste der „tägliche Bedarf“ in diesem Sinne „im wesentlichen alles, was im mittelständischen Gewerbe hergestellt oder vertrieben wird mit Ausnahme ausgesprochener Luxusgegenstände“.978 und Arbeit wie auch Justiz vom 25. 9. 1933: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 6 f. 975 Das Vorliegen eines Preisnachlasses sollte sich nach dieser Vorschrift aus einer Gegenüberstellung des vom Unternehmer angekündigten oder allgemein geforderten Preises (Ausgangs- und Normalpreis) und des im Einzelfall ermäßigten Ausnahmepreises ergeben. Der konkrete Preisnachlass bestimmte sich danach nach der Differenz zwischen Ausgangsuns Ausnahmepreis. 976 Zur Erklärung wurde später angegeben, dass der geschäftsungewandte Letztverbraucher gegenüber „werbepsychologisch wirksamen Werbemethoden“ anfälliger sei als die vorausgehenden Handelsstufen: Tetzner, Das Rabattgesetz, Einl. Rn. 15. 977 So etwa im Gesetz betreffend Höchstpreise vom 4. 8. 1914 (RGBl. 1914, S. 339), in der Verordnung gegen übermäßige Preissteigerungen vom 23. 7. 1915 (RGBl. 1915, S. 467) und in der Verordnung gegen Preistreiberei vom 8. 5. 1918 (RGBl. 1918, S. 395). 978 Michel / Weber, Das Rabattgesetz (1934), S. 16, mit Verweis auf RGST. 50, 82 und RGSt 56, 238. Letztlich zählten zum „täglichen Bedarf“ auch Kölnisch Wasser wie auch photographische Apparate, Rasch, MblWiA 1933, S. 568(569).

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

a) Die beschränkte Zulässigkeit von Barzahlungsnachlässen (§§ 2 – 6) Die Sonderstellung, die man in einem zukünftigen Rabattgesetz den Barzahlungsnachlässen einräumen wollte, begründete man damit, dass diese den Zweck hätten, „den Kunden zur Barzahlung zu erziehen und das Borgen der Kundschaft mit seinen Verlusten und Ausfällen einzuschränken“. Nachdem die Barzahlung von den Großbetrieben vorausgesetzt werde, sollte sie in Zukunft auch dem Einzelunternehmer zugutekommen, „die Flüssigkeit seines Unternehmens stärken und ihm die Ausnutzung der von den Lieferanten gewährten Barzahlungsvorteile (Nachlässe, Skonti) ermöglichen“.979 Die in diesem Sinne von den Händlern angekündigten oder gewährten Nachlässe sollten jedoch nicht etwa in unbegrenztem Umfang eingesetzt werden dürfen. Für sämtliche Barzahlungsnachlässe sollte vielmehr gelten, dass der Nachlass keinesfalls höher als 3% des vom Gewerbetreibenden „sonst angekündigten oder allgemein geforderten“ Preises sein durfte (§ 2 S. 1). Zur Begründung gab man an, dass eine derartige Höhenbegrenzung vor dem Hintergrund der zunächst langsamen, später jedoch geradezu stürmischen Entwicklung der Rabatte in den vergangenen Jahren notwendig sei. Die Steigerung der Preisnachlasshöhe habe die Rohgewinne derartig sinken lassen, „dass die Bestandsmöglichkeit vieler, besonders kleinerer Geschäftsleute, Gewerbetreibender und Handwerker in Frage gestellt“ sei. Im Ergebnis werde damit letztlich genau das Gegenteil von dem erreicht, was man mit dem Barnachlass eigentlich bezwecken wolle. Zu der konkreten Begrenzung der Rabatthöhe gab man schließlich an, dass höhere Preisnachlässe als 3% „ohne eine Verminderung des Reingewinns und ohne Verzehr des Betriebsvermögens nicht möglich und daher schädlich“ seien.980 Als weitere Einschränkung sollte gelten, dass die Gegenleistung des Kunden „sofort bei der Lieferung der Ware oder der Bewirkung der gewerblichen Leistung durch Barzahlung oder in einer der Barzahlung gleichkommenden Weise“ zu bewirken war (§ 2).981 Damit sollte sichergestellt werden, dass der Rabatt tatsächlich ein Entgelt dafür war, dass der Kunde den Kaufpreis sofort bezahlte. Für ausreichend hielt man es dabei, dass die Zahlung für sämtliche Waren entsprechend einer Vereinbarung zwischen den Parteien innerhalb einer bestimmten Frist von höchstens einem Monat nach Lieferung oder Leistung erfolgte (§ 3).982 979 Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 7 f. 980 Ebenfalls Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 7 ff. 981 Eine der „Barzahlung gleichkommende Weise“ konnte etwa die Hingabe eine Schecks oder die Überweisung sein. 982 Diese Regelung sollte die damals in vielen Gegenden übliche Abrechnung zwischen Verbraucher und Lebensmittel-, Kolonialwaren- und Backwarenhändler wie auch Fleischer zum Monatsende auch weiterhin zulassen. Die Begrenzung des Zeitabschnitts auf längstens

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Der Rabattbetrag als solcher sollte entweder sofort von dem Preis abgezogen oder in Form von Gutscheinen gegeben werden können (§ 4).983 Hierdurch sollte sichergestellt werden, dass dem Barnachlass auch tatsächlich eine Gegenleistung (in Form der Barzahlung) gegenübersteht.984 Wurden Rabattmarken ausgegeben, die nicht von dem Gewerbetreibenden, sondern von sogenannten Rabattsparvereinen oder ähnlichen Einrichtungen eingelöst werden sollten, mussten sich letztere alljährlich einer unabhängigen Prüfung der „gesamten Geschäftsgebarung“ unterziehen. Hierdurch sollte gewährleistet werden werden, dass die Einlösung der Rabattmarken hinreichend gesichert war.985 Die §§ 5 und 6 sollten schließlich Regelungen für sogenannte „kapitalmäßig überlegene Einrichtungen“ enthalten. Zum einen sollte die von § 2 Abs. 1 S. 1 angeordnete 3 %- Grenze für Barnachlässe auch für die von Konsumvereinen jährlich an die Mitglieder ausgeschütteten Rückvergütungen gelten (§ 5). Dies begründete man damit, dass die Existenz des Rückvergütungssystems ursprünglich den Anstoß für die Nachlassgewährung wie auch die Auswüchse in diesem Bereich geliefert habe. Weiter wirke sich die Rückvergütung im Wettbewerb praktisch ebenso wie ein Preisnachlass aus. Zum zweiten sollte es Warenhäusern, Einheits-, Klein- und Serienpreisgeschäften „oder ähnliche(n), durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichnete(n) Geschäfte(n)“, Konsumvereinen und Werkskonsumanstalten in Zukunft verboten sein, überhaupt Barzahlungsnachlässe zu gewähren (§ 6). Dieser Eingriff sei notwendig, „um zu verhindern, dass die Großbetriebe künftig über die billige Preisstellung hinaus auch noch Barnachlässe, etwa durch ein besonderes Markensystem,“ einführten.986 einen Monat sollte verhindern, dass durch zu lange Abrechungszeiträume der Zweck des § 2 umgangen wurde: Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 7 f. 983 Die Gewährung eines Barzahlungsnachlasses in Waren sollte nicht zulässig sein. Gutscheine durften zudem nur bar eingelöst, nicht hingegen in Waren ausgezahlt werden. Der für die Einlösung der Gutscheine geforderte Mindestbetrag durfte 50,– RM nicht überschreiten dürfen. 984 Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 8 f. 985 Wegen der hierdurch gewährleisteten größeren Sicherheit sollte die 50,–RM-Grenze des § 4 Ab S. 1 S. 2 nicht gelten. Alternativ war angeregt worden, „eine staatliche Reichssparmarke“ (Einheitsrabattsystem) zu schaffen, die die Unternehmen von staatlichen Stellen (etwa Postämtern) beziehen sollten. Entsprechende Vorschläge waren jedoch verworfen worden, da man befürchtete, dass dies zu einer Überlastung der öffentlichen Verwaltung wie auch zu einer unerträglich starren Vereinheitlichung des Preisnachlasswesens geführt hätte: Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 8 f. 986 Bereits zu diesem Zeitpunkt gewährten die Großbetriebe neben ihren günstigen Preisen Rabattmarken: Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des

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b) Die beschränkte Zulässigkeit von Mengennachlässen (§§ 7 und 8) Die Sonderstellung, die den Mengennachlässen in dem Entwurf eingeräumt wurde, begründete man im Reichswirtschaftsministerium damit, dass bei der Abnahme einer größeren Menge die Kosten entsprechend geringer seien. Eine „volkswirtschaftlich nützliche Nebenwirkung“ liege zudem darin, dass bei den Händlern die Lager verringert und der Umsatz vergrößert werde.987 Voraussetzung der Gewährung eines Mengennachlasses sollte es sein, dass „mehrere Stücke oder eine größere Menge von Waren in einer Lieferung veräußert“ würden (§ 7 Abs. 1). Gleiches sollte „bei Aufträgen für mehrere gewerbliche Leistungen oder beim Kauf einer Dauer- oder Reihenkarte, die einen Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Leistungen begründet“, gelten (§ 8).988 In beiden Fällen sollte weitere Zulässigkeitsvoraussetzung sein, dass die Nachlässe „nach Art und Umfang sowie nach der verkauften Stückzahl oder Menge als handelsüblich angesehen“ werden (§ 7 Abs. 1). Die Handelüblichkeit musste also gleich in zweifacher Weise, d. h. einmal mit Blick auf die verkaufte Stückzahl oder Menge und ein weiteres Mal mit Blick auf den Mengennachlass selbst, gegeben sein. Von einer „Handelsüblichkeit“ sollte letztlich ausgegangen werden können, „wenn die in Betracht kommenden Handlungen im geschäftlichen Leben von der größeren Zahl der Gewerbetriebenden desselben Wirtschaftszweiges vorgenommen werden und sie nicht in Widerspruch mit gesetzlichen Bestimmungen stehe“.989 Waren diese Anforderungen erfüllt, konnte der Nachlass durch einen Preisnachlass oder durch Hingabe von Ware gleicher Art und Güte erfolgen. § 2 Abs. 1 S. 1 sollte auf den Preisnachlass keine Anwendung finden, Mengenrabatte waren damit nicht auf eine Höhe von 3% begrenzt. Zur Begründung, dass in diesem Fall im Unterschied zum Barnachlass keine Begrenzung erforderlich sei, gab man an, dass dies wegen der „Verschiedenheit und Vielgestaltigkeit des Mengennachlasses in den einzelnen Geschäfts- und Warenzweigen nicht möglich“ sei.990

Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 8 f. 987 Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 9. 988 Hiermit waren etwa Abonnements zum Mittagessen, Haarschneiden und Fensterputzen gemeint: Rasch, MBlWiA 1933, S. 568(571). 989 Michel / Weber, Das Rabattgesetz, S. 71. 990 Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 9.

B. Die Entstehung des Gesetzes über Preisnachlässe

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c) Das grundsätzliche Verbot von Sondernachlässen und seine Ausnahmen Zur Begründung des grundsätzlichen Verbots von Sondernachlässen nach § 9 erklärte man, dass es sich hierbei um Nachlässe handele, die ohne eigentliche Gegenleistung gewährt würden. Zudem würden sie mittlerweile nicht mehr allein von Seite des Handels, Handwerks und Gewerbes, sondern auch aus Kreisen der Verbraucher abgelehnt. Hier sei man der Auffassung, dass die unterschiedliche Behandlung von Kunden nicht mit dem „Grundsatz gleicher Preisstellung“ zu vereinbaren sei. Ausnahmen von diesem Verbot wollte man jedoch insoweit zulassen, als gewisse Formen von Sondernachlässen seit langem gebräuchlich seien oder nicht als Missbräuche wahrgenommen würden. Diese ausnahmsweise zulässigen Fälle sollten in § 10 Ziff. 1 – 3 aufgeführt werden. Nach Ziff. 1 sollten Personen, die die Ware oder Leistung in ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwerteten, Sondernachlässe gewährt werden dürfen (sog. Verarbeiterrabatt). Hierbei dachte man etwa an Ärzte, die Arznei- oder Verbandsmaterial, oder etwa an Handwerker, die Arbeitsgerät oder Werkstoffe kauften. Eigentlich handelt es sich bei diesen Personen nicht um Letztverbraucher, weshalb sie strenggenommen ohnehin nicht in den Anwendungsbereich des Rabattgesetzes fallen sollten. Dass man dennoch vorsah, für sie eine ausdrückliche Regelung zu schaffen, erklärte man damit, dass diese Fälle in der Praxis nicht einheitlich gestaltet seien und zumindest ein Teil dieser Personengruppe auch als Verbraucher aufträte und seinen Bedarf nicht im Groß- sondern im Einzelhandel decke.991 Eine Einschränkung sollte auch diese Ausnahme dadurch erfahren, dass sie nur dann zulässig sein sollte, wenn der Nachlass „seiner Art und Höhe nach orts- und handelsüblich war. Nach Ziff. 2 sollten auch dann ausnahmsweise Sondernachlässe gewährt werden dürfen, wenn die Abnehmer aufgrund besonderer Lieferträge Waren in solchen Mengen bezogen, dass sie als Großverbraucher angesehen werden konnten (sog. Großverbraucherrabatt). Von einem Mengennachlass im Sinne des § 7 sollten sich diese Fälle dadurch unterscheiden, dass ihnen besondere Vereinbarungen zwischen Unternehmer und Abnehmer zugrunde lagen und von den Unternehmern nicht allgemein gewährt wurden. Voraussetzung sollte insofern das Vorliegen eines „besonderen Liefervertrages“ sein, in dem sich der Abnehmer ausdrücklich zur Abnahme als Großverbraucher verpflichtete.992 Ziff. 3 991 Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 10. Michel / Weber verweisen in diesem Zusammenhang etwa auf Fälle, in denen ein Handwerker sein Arbeitsgerät im Einzelhandel einkauft oder Strom bezieht: Michel / Weber, Das Rabattgesetz, S. 79. 992 Da sich keine allgemeine Regel aufstellen ließ, welche Mengen den Tatbestand der „Großabnahme“ erfüllten, sollte auch in diesem Fall die bereits im Rahmen der Ausführungen zu Ziff. 1 beschriebene Handelüblichkeit ausschlaggebend sein.: Michel / Weber, Das Rabattgesetz, S. 81. Da davon ausgegangen wurde, dass die Menge, die eine Privatperson zur

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schließlich sah eine Ausnahme für Sondernachlässe zugunsten von Arbeitern, Angestellten, Leitern und Vertretern eines Unternehmens vor, sofern die im eigenen Haus hergestellten Waren oder Leistungen dem Eigenbedarf galten (sog. Werksangehörigennachlass).993 Hiermit sollte dem Gedanken der Betriebsgemeinschaft Rechnung getragen werden.994 Für alle drei Ausnahmen des § 10 des Entwurfs sollte schließlich gelten, dass sie eng auszulegen waren. Aus der Eingliederung des § 10 in den selbständigen dritten Abschnitt schließlich ergab sich für sämtliche Ausnahmen der Ziff. 1 – 3, dass die in den vorausgegangenen Abschnitten enthaltenen Beschränkungen wie die Festsetzung eines Höchstsatzes (§ 2), das Verbot für Großbetriebe (§ 6) oder die Bindung an die Handelsüblichkeit (§ 7) keine Anwendung fanden.995

d) Weitere Vorschriften § 11 Abs. 1 sollte das Aufeinandertreffen mehrerer Rabattarten regeln und bestimmen, dass der Nachlass maximal für zwei Arten gewährt werden dürfte. Dabei sollte der neben einer anderen Nachlassart gewährte Rabatt höchsten 2% betragen (§ 11 Abs. 2).996 Die §§ 12 und 13 sollten schließlich die Folgen von Zuwiderhandlungen gegen das Rabattgesetz regeln. Nach § 12 waren Verstöße mit Strafe bedroht, wobei Täter nur der Gewerbetreibende, nicht hingegen der Kunde, sein konnte. § 13 sollte schließlich Mitbewerbern und Verbänden einen Unterlassungsanspruch einräumen, der dem §§ 13 Abs. 1 UWG und § 2 Abs. 1 ZugabeVO entsprechen sollte.

Deckung ihres Privatbedarfs benötigte, die Voraussetzung eines derartigen Großverbrauchs nicht erfüllte, bezog sich diese Ausnahme letzten Endes nur auf Lieferungen in der Größenordnung, wie sie etwa von „Gaststätten, Krankenhäusern, Behörden, Arbeitlagern und dergleichen“ bestellt wurden. Diese Einrichtung wurden später in der amtliche Erläuterung zum Rabattgesetz aufgeführt: DRAnz., Nr. 284 vom 5. 12. 1933, S. 4. Im Ergebnis fielen auch diese Abnehmer – wie bereits im Fall der Ziff. 1 – gar nicht in den Regelungsbereich des Rabattgesetzes, da es sich nicht um Verbraucher handelte. Hierzu, vgl. Fn. 751. 993 Am Verzehr, Verbrauch bzw. der Nutzung der betreffenden Waren sollten auch Ehegatten, Abkömmlinge und die in häuslicher Gemeinschaft mit einem Werksangehörigen lebendende Personen teilhaben dürfen. 994 Begründung zum Entwurf vom 25. 9. 1933: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an sämtliche Reichsminister sowie die Preußischen Minister für Wirtschaft und Arbeit wie auch Justiz: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804, Bl. 10. 995 Vgl.: Michel / Weber, Das Rabattgesetz, S. 78. 996 Hierbei war etwa der Fall gedacht, dass ein Schneider zur Weiterverarbeitung in seinem eigenen Betrieb eine größere Menge Stoff bestellt und bei der Abnahme sogleich bar bezahlt. Theoretisch wären in diesem Fall die Voraussetzungen eines Barzahlungs-, eines Mengen- und eines Weiterverkäuferrabatts gegeben: Rasch, MBlWiA 1933, S. 568 (572).

B. Die Entstehung des Gesetzes über Preisnachlässe

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IV. Überarbeitung und Annahme des Entwurfs Am 3. Oktober kamen Vertreter aller beteiligten Ressorts zusammen, um unter dem Vorsitz Ministerialdirektor Wienbecks den Entwurf des Wirtschaftsministeriums zu erläutern.997 Deutlich wurde dieser Besprechung, dass gegen die grundsätzliche Richtung des Entwurfs keinerlei Einwände bestanden.998 An größeren Änderungen wurde lediglich von Seiten des Preußischen Wirtschaftsministeriums angeregt, Barzahlungsnachlässe nicht nur der Höhe nach zu beschränken, sondern gänzlich zu beseitigen. Dieser Vorschlag wurde jedoch von Seiten der anderen Teilnehmer zurückgewiesen. Ebenfalls ohne Erfolg blieb ein Vorstoß, wonach das ausdrückliche Verbot von Sondernachlässen aufgehoben werden sollte. Zur Begründung hierfür gab man an, dass § 9 bzw. die wenigen in § 10 vorgesehenen Ausnahmen „allzu empfindlich in bestehende Gepflogenheiten eingreifen“ würde. Der Vertreter des Wirtschaftsministeriums wies diese Anregung jedoch mit dem Hinweis zurück, dass zur Vermeidungen von Umgehungen eine möglichst lückenlose Regelung der Materie erforderlich sei. Angenommen hingegen wurde der Änderungsvorschlag, wonach die Definition des § 1 Abs. 2 um die Sondernachlässe erweitert werden sollte. Da deren Zulässigkeit damit bereits nach § 1 Abs. 1 von den nachfolgenden Bestimmungen abhängig gemacht wurde, konnte das generelle Verbot der Sondernachlässe in § 9 gestrichen und durch die bis dahin in § 10 geregelten Ausnahmen ersetzt werden. Weiterhin verständigte man sich, die Anwendung des § 3 zu erleichtern. Im Interesse der Rechtssicherheit wurde die Beschränkung der dort vorgesehenen Rabattgewährung auf Fälle, in denen dies „bisher orts- oder handelsüblich war, aufgehoben. Weiter einigte man sich darauf, § 7 Abs. 2 so zu fassen, dass ein Mengennachlass „in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge der verkauften Ware“ gewährt werden musste. Auf diese Weise sollten Zweifel ausgeräumt werden, die im Anschluss an § 1 Abs. 2 Ziff. c der Zugabeverordnung vom 9. März 1932 entstandenen waren.999 Für den Bereich der Preisnachlässe sollte es damit lediglich zulässig sein, nur dieselbe Ware und von derselben Ware nur die gleiche Qualität zu geben. Aus gesetzestechnischen Gründen schließlich ließ man ferner die Klammer in § 10 Ziff. 1 fortfallen und erklärte hierzu, dass die Erwähnung der Wiederverkäufer angesichts des § 1, dessen Anwendungsbereich auf Geschäfte mit Verbrauchern beschränkt war, zu Missverständnissen Anlass geben könnte. Nach Einfügung einiger weiterer redaktioneller Änderungen und einer internen Überarbeitung im Wirtschaftsministerium übersandte Reichswirtschaftsminister 997 Schnellbrief des Reichswirtschaftsministers an die beteiligten Ministerien vom 27. 9. 1933: BArch, R 3001 / 2638. 998 Vermerk des Vertreters des Reichsjustizministeriums vom 3. 10. 1933 über die Besprechung vom 3. 10. 1933: BArch R 3001 / 2638. 999 Nach dieser Vorschrift galt das allgemeine Verbot der Ankündigung und Gewährung von Zugaben des § 1 Ab S. 1 nicht, wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware bestand.

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

Schmitt den Entwurf am 18. Oktober 1933 an die Reichskanzlei und bat darum, den Entwurf auf die Tagesordnung der nächsten Kabinettsitzung zu setzen.1000 Diesem Wunsch wurde nicht umgehend entsprochen, vielmehr vertagte man die Beratungen zum Rabattgesetz „mit Rücksicht auf die Wahlen auf die Zeit nach dem 12. November 1933“.1001 Letztlich beschäftigte sich das Kabinett erst am 14. November 1933 mit dem Entwurf. Noch bevor man in die offiziellen Beratungen einstieg, ließ Wirtschaftsminister Schmitt von dem Staatssekretär in der Reichskanzlei noch einige kleine Änderungen in den Entwurf aufnehmen. Inkrafttreten sollte das Gesetz von nun an am 1. Januar 1934 (§ 14 Abs. 1). Weiterhin veränderte man den Wortlaut des § 5 dahingehend, dass für die Begrenzung der Rückvergütungshöhe nicht mehr auf § 2 S. 1 verwiesen wurde, sondern die Rückvergütung ausdrücklich 3 % nicht überschreiten durfte. In § 9 Ziff. 1 fügte man neben den Begriff der Ware auch die „Leistung“ ein und ersetzte das Wort „verwenden“ durch „verwerten“. Zur Erklärung gab man an, dass neuerdings Zweifel geäußert worden seien, ob auch elektrischer Strom oder Gas als Ware im Sinne dieser Vorschrift gelten könne. § 10 Abs. 2 wurde auf Anregung des Beauftragten für Wirtschaftsfragen gestrichen.1002 In der Kabinettssitzung vom 14. November 1933 einigte man sich schließlich noch darauf, dass nicht die Reichsregierung, sondern der Reichswirtschaftsminister für den Erlass der zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zuständig sein sollte.1003 Danach stimmte das Kabinett der Vorlage zu.1004 Am 25. 11. 1933 verkündete man das Gesetz über Preisnachlässe im Reichsgesetzesblatt.1005

1000 Schreiben an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 18. 10. 1933: BArch R 43 II / 349, Bl. 23. Der Entwurf trug das Aktenzeichen A 15144 / 33. 1001 Schreiben des Reichswirtschaftsministers an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 14. 11. 1933: BArch R 43 II / 349, Bl. 37. 1002 Schreiben des Reichswirtschaftsministers an den Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 14. 11. 1933: BArch R 43 II / 349, Bl. 37. 1003 Auszug der Kabinettssitzung vom 14. 11. 1933: BArch R 43 II / 349, Bl. 39; auch Protokoll der Kabinettsitzung: R 43 II / 1466, Bl. 76 – 82: Minuth, Akten der Reichskanzlei, Die Regierung Hitler, Teil I: 1933 / 34, Bd. 2 (12. 9. 1933 – 27. 8. 1934), Dokument Nr. 244 (S. 941 ff.) Anwesend waren u. a. Hitler, v. Papen, v. Neurath, Frick, Graf Schwerin v. Krosigk, Schmitt, Seldte, Gürtner, v. Blomberg, v. Eltz-Rübenach, Darré, Goebbels, Göring. 1004 Zum Wortlaut des Rabattgesetzes siehe unten in der Anlage auf S. 311. 1005 RGBl. I, S. 1011 – 1013.

C. Zusammenfassung und Bewertung

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C. Zusammenfassung und Bewertung I. Das Rabattgesetz als Fortsetzung der dirigistischen Wirtschaftspolitik Mit dem Gesetz über Preisnachlässe knüpften die Nationalsozialisten an die vom Kabinett Brüning eingeleitete dirigistische Wirtschaftspolitik der frühen 30er Jahre an. Auch ihnen ging es primär um die Erhaltung und Förderung der mittelständischen Strukturen im Einzelhandel.1006 Hierzu folgte man dem bereits von den Amtsvorgängern angedeuteten Kurs, wonach man dem unter dem von der wirtschaftlichen Depression ausgelösten Kaufkraftschwund leidenden kleinen und mittleren Handel am wirksamsten durch eine „Dämpfung des Wettbewerbs“ helfen zu können meinte.1007 Wie bereits die Zugabeverordnung war auch das Rabattgesetz eine rein gewerbepolizeiliche Maßnahme1008 – auch die Preisnachlässe wurden nicht als unlautere Wettbewerbshandlung, sondern lediglich als „wirtschaftlich unzweckmäßige und unerwünschte Erscheinung“ bekämpft.1009 Insgesamt stand das Rabattgesetz damit in einer Reihe mit der noch unter Brüning vorgenommenen Neuordnung des Ausverkaufs- und Sonderverkaufswesens, der Regelung des Zugabwesens wie auch der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit für Einheitspreisgeschäfte. Folgt man dem Großteil der Darstellungen in der juristischen Literatur vor und nach 1945, bestand ein weiterer, dahingehender Zusammenhang, als erst die gesetzliche Regelung des Zugabewesens auch eine Beschränkung des Rabattwesens erforderlich machte. Die meisten Autoren reduzieren ihre Ausführungen hierbei auf den Hinweis, dass der Handel erst nach Erlass der Zugabeverordnung verstärkt auf die Ankündigung und Gewährung von Preisnachlässen ausgewichen sei.1010 Hätten sie ihre Kunden bis dahin mit „Sachgeschenken“ bedacht, seien sie nun auf „Zugaben in Geld oder Waren gleicher Art“ übergegangen.1011 In enger Anknüpfung an die Ausführungen der amtlichen Erläuterungen des Rabattgesetzes im Reichsanzeiger wird hierbei zudem häufig angegeben, dass die vom Rabatt betroffenen Umsätze nach dem Verbot der Zugaben schon bald ein Drittel des Gesamtumsatzes ausgemacht hätten und die Geld- und Warenrabatte zudem in ihrer Höhe Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 3 Rn. 9. So auch: Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 91. Ebenfalls: Meyer, GRUR 2001, S. 98(104). 1008 Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, RabG Allg. Rn. 8. 1009 Schramm, in: GRUR 1937, S. 433(434). 1010 So etwa: Reimer / Krieger, Zugabe- und Rabattrecht (1955), RabG Vorbem. S. 115 f.; v. Godin / Hoth, Wettbewerbsrecht (1957), RabG Vorb. 1; Michel / Weber / Gries, Das Rabattgesetz (1957), § 1 Rn. 2; Hoth / Gloy, Zugabe und Rabatt (1973), RabG Einf. 1 f.; Seydel, Zugabeverordnung und Rabattgesetz (1993), RabG. Rn 1; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht (2001), RabG Rn. 5. 1011 Kisseler, WRP 1975, S. 129(130). 1006 1007

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ohne jegliche Beschränkung und ohne Rücksicht auf die Grundsätze kaufmännischer Vernunft gewährt worden seien. In der Folge dieses bald „ruinösen Rabattwettbewerbs“ sei die Existenz vieler Kleinbetriebe gefährdet gewesen. Zur Beseitigung der Fehlentwicklung sei es schließlich quasi unumgänglich gewesen, das Gesetz über Preisnachlässe zu schaffen. Im Ergebnis sei das „in Ausführung und Ergänzung der Zugabeverordnung“ erlassene Gesetz damit letztlich nicht mehr als ein „Bestandteil“ derselben.1012

II. Der wirtschaftspolitische Bruch zwischen Zugabeverordnung und Rabattgesetz Obwohl tatsächlich leicht der Eindruck entsteht, dass die Regierung Hitler mit dem Rabattgesetz lediglich auf Missstände reagierte, die sich infolge der Brüning’schen Regulierung des Zugabewesens einstellten, ist festzuhalten, dass zwischen der Zugabeverordnung und dem Rabattgesetz ein deutlicher wirtschaftspolitischer Bruch lag. Zum Ausdruck kam dieser bereits mit Erlass des Gesetzes zum Schutze des Einzelhandels im Mai 1933 wie auch des Gesetzes über Wirtschaftswerbung im September 1933. Während ersteres Ausdruck dafür war, dass sich die Nationalsozialisten im Bereich des Einzelhandels bereits weitgehend von der von ihnen verachteten „liberalistischen“ Wirtschaftsauffassung lossagten, trug letzteres bereits eindeutig ideologische Züge. Beide Regelwerke zeigten zudem, dass das NS-Regime bereit war, noch deutlich rigoroser zugunsten des Mittelstands in den Wettbewerb einzugreifen, als dies bei den vorausgegangenen Präsidialkabinetten ohnehin bereits der Fall gewesen war. Nicht zuletzt auch das wenig später erlassene Gesetz über Preisnachlässe selbst dokumentierte diesen Bruch in der Wirtschaftspolitik. Wie im Folgenden aufzuzeigen sein wird, ist hierbei entscheidend, dass man die Rabattregelung ohne „konkret regelungsbezogene Not“ erließ. Anders als im Fall der Zugaben – deren nahezu seuchenartige Ausbreitung eine Beschränkung tatsächlich unumgänglich gemacht hatte – griff die Regierung Hitler im Fall der Rabatte bereits vorbeugend ein.

1012 v. Godin / Hoth, Wettbewerbsrecht (1957), RabG Vorb. 1. Gewissermaßen in Erweiterung dieser Darstellung der Dinge sprachen frühe Kommentierungen das Rabattgesetz auch gänzlich von dem nach 1945 vereinzelt geäußerten Vorwurf frei, nationalsozialistische Tendenzen zu enthalten. So erklärt man, ein ideologischer Hintergrund scheide bereits deshalb aus, weil das Gesetz dem gleichen Zweck wie die bereits am 1. März 1932 erlassene Zugabeverordnung diene und zusammen mit dieser nur das Ergebnis bereits mehrere Jahre vorher begonnener Bestrebungen der beteiligten Wirtschaftskreise nach entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen gegen die verbreiteten Missstände und Auswüchse gewesen sei. Reimer / Krieger, Zugabe- und Rabattrecht, RabG Vorbem. S. 116; Michel / Weber / Gries, Das Rabattgesetz, § 1 Rn. 2; Meyer, MA 1950, S. 105(108).

C. Zusammenfassung und Bewertung

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1. Die Abkehr von der liberalen Wirtschaftsordnung Mit dem am 12. Mai 1933 erlassenen Gesetz zum Schutze des Einzelhandels hatte die Regierung Hitler im Bereich des Einzelhandels praktisch die Gewerbefreiheit aufgehoben. Da es von nun an niemandem mehr erlaubt war, Verkaufsstellen zu errichten oder auch nur das Sortiment eines bereits bestehenden Geschäftes zu ändern oder zu erweitern, schützte man die bestehenden Einzelhandelsbetriebe hiermit wirksam gegen das Auftauchen weiterer Konkurrenzbetriebe. Wie man bei der Durchführung dieses Gesetzes bereits bald zum Ausdruck brachte, galt dieser Schutz allein den kleinen und mittleren Betrieben. Unliebsame Betriebsformen hingegen wurden offen diskriminiert. Während man das Verbot der Errichtung weiterer Verkaufsstellen für mittelständische Betriebe mittels diverser Durchführungsverordnungen nach und nach aufweichte, blieb man im Fall der Warenhäuser wie auch anderen unliebsamen Betriebsformen bei dem generellen Errichtungsverbot. Für die Großbetriebe bedeutete das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels damit letzten Endes ein bis 1945 anhaltendes Errichtungsverbot. Ihre weitere Expansion war damit erst einmal gestoppt.1013 Da man mit der Regelung, zusammen mit anderen sogenannten kriegswirtschaftlichen Maßnahmen, gleichzeitig auch im Bereich der kleinen und mittleren Betriebe für eine „Auskämmung“, d. h. für eine Verminderung der Übersetzung sorgte,1014 erreichte man mit dem Gesetz zum Schutze des Einzelhandels insgesamt einen „umfassenden obrigkeitlich gestützten Bestandsschutz“ für die mittelständischen Kreise.1015 Im Ergebnis markierte bereits der Erlass dieser Regelung den „Beginn einer prinzipiellen Abkehr von der Gewerbefreiheit in Richtung auf eine konzessionierte Wirtschaft“.1016 Ein weiterer Beleg für diese Entwicklung und darüber hinaus noch deutlicher für die frühe ideologische Prägung der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik war das Gesetz über Wirtschaftswerbung vom 12. September 1933.1017 Nach der offiziellen Begründung dieser vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda geschaffenen Regelung lag das vornehmliche Ziel dieses Gesetzes in der Beseitigung der im „Werbungswesen bestehenden Mißstände“ wie auch in einer Neuordnung des Werbewesens. Nach § 1 WGG wurde zum Zwecke „einheitlicher und wirksamer Gestaltung“ ( . . . ) „das gesamte öffentliche und private Werbungs-, Anzeigen-, Ausstellungs-, Messe- und Reklamewesen der Aufsicht des Reichs“ unterstellt. In der Praxis bedurfte von nun an jedermann, der Werbung treiben wollte, zunächst der Genehmigung des sogenannten Werberats der deut1013 Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 45. Die Beteiligung der Großbetriebe am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels stagnierte nach 1933 nicht nur, sondern ging sogar deutlich zurück: Lampert, S. 70. 1014 Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 45. 1015 Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 8. 1016 Freise, Wettbewerb und Politik in der Rechtsordnung des Nationalsozialismus, S. 129. 1017 Gesetz vom 12. 9. 1933, RGBl. I, S. 625. Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 80.

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schen Wirtschaft.1018 Seine Aufgabe war es, für die „Geschlossenheit, Wirkungskraft, Ordnung, Klarheit und Sauberkeit der Werbung“ zu sorgen.1019 Nach den Richtlinien des Werberats zur Gestaltung von Wirtschaftswerbung hatte Werbung „in Gesinnung und Ausdruck deutsch zu sein“. Vorgeschrieben war zudem, dass derjenige, der Wirtschaftswerbung ausführte, „dabei als ehrbarer Kaufmann zu handeln“ hatte. Sämtliche Angaben mussten durchweg „wahr und klar“ sein, die Möglichkeit einer Irreführung war auszuschließen. Obwohl der Gesetzgeber bei dem wenig später erfolgenden Erlass des Rabattgesetzes in Wahrheit nicht darauf abgezielte, Preisverschleierungen entgegenzuwirken, gab man in der zeitgenössischen Literatur hierzu an, dass auch die Rabattregelung letztlich „eine praktische Ausführung dieser Richtlinien“ sei. Zur Begründung erklärte man, dass die missbräuchliche Anwendung von Rabatten häufig die wahre Preisgestaltung verschleiere und damit zu Irrtümern führe.1020

2. Das Rabattgesetz als Regulierung ohne „konkret regelungsbezogene Not“ In der juristischen Literatur nur vereinzelt vertreten, im Ergebnis aber treffender als die verbreitet vertretene Sicht der Dinge, wonach das Rabattgesetz lediglich eine notwendige Ergänzung der Zugabeverordnung war, ist die seit Anfang der 60er Jahre zunächst nur von Tetzner vertretene Einschätzung. Danach ergänzte das Rabattgesetz die Zugaberegelung zwar faktisch, keinesfalls war sein Erlass jedoch eine zwangsläufige Folge derselben.1021 Zur Begründung dieses Ansatzes verweist man auf den Umstand, dass die Regierung Hitler im Herbst 1933 „in beispielloser Eile“1022 für eine Beschränkung des Rabattwesens sorgte, obwohl zu diesem Zeitpunkt scheinbar gar keine „konkret regelungsbezogene Not“ herrschte.1023 1018 § 3 WWG. Hierdurch sollte erreicht werden, dass eine Genehmigung zum Betreiben von Wirtschaftswerbung nur erhielt, wer „zuverlässig“ war. Reichsminister Goebbels sicherte sich damit einen umfassenden Zugriff auf die gesamte Werbung. Rücker formuliert hierzu treffend, dass die Genehmigungspflicht jeglicher Art von Werbung die „Totalüberwachung der Branche und die Ausschaltung unliebsamer Berufsangehöriger“ bedeutete: Rücker, Wirtschaftswerbung unter dem Nationalsozialismus, S. 98 f. 1019 Zweite Bekanntmachung der Werberats der deutschen Wirtschaft vom 1. 11. 1933, abgedruckt in GRUR 1933, S. 831(832). 1020 Stritzke, MuW 1934, S. 4(4). Nach Johannson war das Gesetz über Wirtschaftswerbung letztlich auch geeignet, Wettbewerbsvorteile, die Großbetriebe des Einzelhandels im Bereich der Werbung bis dahin gegenüber kleinen und mittelständischen Konkurrenten gehabt hatten, zu neutralisieren: Johannson, Rabatt und Einzelhandel, S. 9. 1021 Zunächst nur Tetzner, Rabattgesetz, Einl. Rn 3. Später dann auch: Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 9 ff.; Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 91 ff.; Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 4; i.E. wohl auch zustimmend Littmann, Die Rechtslage vor und nach der Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 15 f. 1022 Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 4.

C. Zusammenfassung und Bewertung

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Berechtigte Zweifel an den verbreiteten Schilderungen einer unerträglichen und damit eine Beschränkung unumgänglich machenden Ausbreitung der Rabatte infolge des Zugabeverbots entstehen bereits beim Durchgehen der amtlichen Erläuterungen zum Gesetz über Preisnachlässe im Reichsanzeiger. Darin hatten die mit der Abfassung der Regelung und ihrer Begründung betrauten Beamten des Wirtschaftsministeriums festgehalten, dass man mit dem Gesetz lediglich einer entsprechenden „Gefahr“ begegnen wollte. Deutlich wird dies durch die Formulierung, wonach man „die Gefahr [sehe], dass nachdem das Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 (RGBl. I, S. 264) die Möglichkeit, Zugaben zu gewähren, mit Wirkung vom 1. September 1933 beseitigt hat, die Unternehmungen, die bisher Zugaben gewährt haben, nunmehr auf dem Gebiet der Preisnachlässe einen Ausgleich suchen“.1024 Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der von der Literatur als bereits eingetreten unterstellte Zustand zumindest bei Erlass des Gesetzes im November 1933 in Wahrheit noch nicht eingetreten war.1025 Plausibel erscheint diese Einschätzung bereits deshalb, weil entsprechende Ausweichbewegungen keinesfalls bereits mit Inkrafttreten der Zugabenverordnung in ihrer Ausgangsfassung im Juni 1932, sondern – wenn überhaupt – erst in ihrer durch das Gesetz über das Zugabewesen verschärften Fassung Anfang September 1933 vorstellbar waren. Die Ausgangsfassung der Verordnung hatte in keiner Weise für eine Zurückdrängung der Zugaben gesorgt. Im Gegenteil, die weite Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Ziff. e) hatte eine noch weitere Ausbreitung nach sich gezogen.1026 Damit erscheint ein Ausweichen von den Zugaben auf das Rabattwesen zumindest zu diesem Zeitpunkt als höchst unwahrscheinlich. Sollte es im Zusammenhang mit dem Zugabewesen tatsächlich eine umfängliche Ausbreitung der Preisnachlässe gegeben haben, kann dies nur nach Inkrafttreten der Verschärfung Anfang September 1933 geschehen sein. Letztlich scheint jedoch auch diese Gesetzesänderung nicht den maßgeblichen Impuls gegeben haben zu können. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass man im Reichswirtschaftsministerium bereits im Juni 1933, d. h. noch vor dem Inkrafttreten der Verschärfung der Zugabeverordnung, mit der Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs begann.1027 Selbst das Bestehen eines Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 94. Amtliche Erläuterung zur Gesetz im DRAnz., Nr. 284 vom 5. 12. 1933, S. 4. 1025 Derartige Beschreibungen werden selbst von den vom Wirtschaftsministerium im Reichanzeiger zur Begründung des Gesetzes über Preisnachlässe angeführten Zahlen nicht gestützt. Hierbei handelte es sich lediglich um diejenigen Zahlen, die die Forschungsstelle für den Handel bereits für das Frühjahr 1932 ermittelt hatte. Sie konnten damit ganz objektiv nicht geeignet sein, die „stürmische“ Zunahme des Rabattwesens zu dokumentieren. Johannson etwa errechnete unter Zugrundelegung dieser Zahlen einen durchschnittlichen Rabattsatz von 3,7 %. Selbst wenn auch diese Berechnungen recht hypothetisch bleiben, sprechen auch sie gegen die These von einer massiven Zunahme des Rabattwesens nach Verbot der Zugaben: Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 10; später auch: Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 94. 1026 Hierzu siehe oben auf S. 204ff. 1027 Zum Zeitpunkt des Beginns der Vorbereitung des Rabattgesetzes durch das Reichswirtschaftsministerium: Erlass des Preußischen Wirtschaftsministers vom Juni 1933, Sonder1023 1024

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unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem Gesetz über das Zugabewesen und dem Erlass der Rabattregelung erscheint damit eher unwahrscheinlich. Nicht unerwähnt bleiben darf der weitere Einwand, wonach eine ganze Reihe anderer europäischer Nationen in den 20er und 30er Jahren für Beschränkungen oder sogar Verbote des Zugabewesens gesorgt hatte. Aus keinem dieser Länder sind entsprechende Ausweichbewegungen hin zu den Preisnachlässen überliefert. Ihren Ausdruck fand diese Tatsache nicht zuletzt in dem Umstand, dass die deutsche Rabattregelung bis zu ihrer Aufhebung ein Unikum in der Welt blieb.1028 Ein letzter Umstand schließlich, der Zweifel an der Behauptung eines unmittelbaren „tatsächlich-technischen Zusammenhangs“ zwischen der Zugabeverordnung und einer unerträglicher Ausbreitung der Preisnachlässe berechtigt erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass diese Entwicklung nirgends dokumentiert wurde. Wie im Rahmen der Ausführungen zur Entstehung der Zugaberegelung dargestellt, sorgte das Wertreklamewesen der 20er und frühen 30er Jahre für hochemotional geführte, öffentliche Auseinandersetzungen der beteiligten Interessengruppen. Veränderungen in diesem Bereich wurden in der Regel umgehend von einer Vielzahl von Veröffentlichungen, Eingaben oder Parlamentsanträgen begleitet. Zum Rabattwesen und seiner behaupteten umfänglichen, ja letztlich sogar unerträglichen Ausbreitung infolge des Erlasses der Zugabeverordnung finden sich indes keine derartigen Reaktionen. Insbesondere im Reichstag, wo sich die Vertreter des Mittelstands mit ihrer Interessenpolitik durchaus auch noch nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ und der Entrechtung des Parlaments artikulieren konnten, gab es nicht eine Wortmeldung oder einen Antrag, der diese Entwicklung beschrieben hätte.1029 3. Das Rabattgesetz als Mittel zur Beseitigung einer missliebigen Reklameform Überzeugend erscheint damit letztlich die Einschätzung, wonach es der Regierung Hitler im Herbst 1933 weniger um die „Bewältigung eines akuten Problems“ als vielmehr um die Beseitigung einer seit vielen Jahren beobachteten und in ihren Kreisen als missliebig empfundenen Reklameform ging.1030 Nachvollziehbar erscheint dies bereits deshalb, als das Rabattwesen schon seit Anfang des Jahrhunderts immer wieder scharfe Kritik mittelständischer Kreise auf sich gezogen hatte druck aus dem Ministerialblatt für Wirtschaft und Arbeit vom 14. 6. 1933: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84 a, 5796, Bl. 248 d. 1028 Vgl.: Aicher / Lessiak, Rabatt contra Wettbewerb, S. 4. Zu den ganz wenigen Ausnahmen siehe oben in Fn. 3. 1029 Die Regierung Hitler hatte mit dem Ministerialdirektor Dr. Erich Wienbeck (MdR) im April 1933 eigens einen „Reichskommissar für den Mittelstand“ bestellt. Vgl. hierzu Fn. 969. 1030 Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 94.

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und zudem auch kaum mit der nationalsozialistischen Wirtschafts- bzw. Wettbewerbsauffassung in Einklang zu bringen war.1031 Nachdem das Rabattwesen bis dahin immer nur im Schatten des deutlich verbreiteteren und umstritteneren Zugabewesens gestanden hatte, musste es den Verantwortlichen nach dessen völliger Unterbindung mit dem Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 plötzlich um so deutlicher ins Auge fallen.1032 Entscheidend war hierbei, dass nach der nationalsozialistischen Vorstellung von einem der „Volksgemeinschaft“ zuträglichen Leistungswettbewerb ohnehin nur bedingt Raum für Anpreisungen, Preisunterbietungen wie auch die verschiedenen Formen der Wertreklame war. Für die Regierung Hitler waren sie allesamt vielmehr Ausdruck der verpönten „liberalistischen Wirtschaftsauffassung“, in der es dem „kapitalistisch-individualistisch“ denkenden Gewerbetreibenden allein um die Verbesserung der eigenen Stellung ging.1033 Wie die Zugaben lehnte man damit auch das Rabattwesen nahezu kompromisslos ab. Bestätigung findet diese Einschätzung schließlich bereits in der zeitgenössischen Literatur. Hier gab man an, dass das Gesetz über Preisnachlässe als Teil einer „Neuausrichtung und Neuabgrenzung des freien Spiels der Kräfte“ im nationalsozialistischen Staate zu begreifen sei.1034

III. Wettbewerbspolitische Rechtfertigung des Rabattgesetzes Obwohl das Rabattgesetz eine ganz ähnliche Zielrichtung wie die Zugabeverordnung verfolgte, erscheint es äußerst zweifelhaft, ob der Erlass auch dieser Regelung wettbewerbspolitisch gerechtfertigt war. Zwar konnte der Gesetzgeber eine Reihe grundsätzlich als legitim zu bezeichnender Beweggründe für die Schaffung des Gesetzes anführen. Ihre nähere Betrachtung zeigt jedoch, dass sie aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten der frühen 30er Jahre nicht tragfähig waren. Entscheidend ist hierbei bereits, dass das Rabattwesen im Herbst 1933 in Wahrheit noch keine bedrohlichen Ausmaße angenommen hatte, die Regierung Hitler mit ihrem Gesetz vielmehr bereits vorbeugend tätig wurde. Wie letztlich aus der Ausgestaltung des Gesetzes als auch seiner amtlichen Begründung zu erkennen, spielten hierbei zumindest auch ideologische Einflüsse eine Rolle. Diese spiegelten sich nicht zuletzt in der Unnachgiebigkeit wieder, mit der man nach 1933 die Interessen 1031 Faucherre etwa berichtete bereits im Jahr 1912 von der „Rabattkorruption im Detailhandel“ und klagte über Preisnachlässe in unerträglicher Höhe: Faucherre, Die Händler-Rabattsparvereine, S. 14 f. 1032 Passend erscheint insoweit auch, dass man im Reichswirtschaftsministerium – nachdem das Gesetz über das Zugabewesens Anfang Juni 1933 in Kraft getreten war – noch im Juni mit den Arbeiten zum Rabattgesetz begann. 1033 Tetzner, Rabattgesetz, Einl. Rn. 2. Meier, Die Geschenkwerbung unter besondere Berücksichtigung des Gesetzes über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933, S. 2. 1034 Hunke, Der praktische Betriebswirt 1936, S. 485(493).

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des mittelständischen Einzelhandels wahrnahm und im Gegenzug die als unerwünscht geltende Betriebsformen diskriminierte.

1. Die Beweggründe der Reichsregierung Während bei Erlass der Zugabeverordnung im März 1932 zumindest auch verbraucherschützende Erwägungen von Bedeutung gewesen waren, hatten die Nationalsozialisten bei Schaffung des Rabattgesetzes fast ausschließlich den Mittelstandsschutz im Auge.1035 Das Publikum hielt man im Zusammenhang mit dem Rabattwesen lediglich insoweit für schutzbedürftig, als von „wilden“ Rabattorganisationen Gutscheine ausgegeben wurden, deren spätere Einlösung nicht hinreichend gesichert war. Mit Blick auf die weitgehende Untersagung von Sondernachlässen für die Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften führte man eher grundsätzliche wettbewerbsrechtliche Erwägungen an. So gab man im Reichsanzeiger an, dass sich hiergegen nicht nur im „Einzelhandel, Handwerk und Gewerbe“, sondern „auch in den Kreisen der Abnehmer und Verbraucher“ zunehmend Widerstand rege. Letztlich stehe die unterschiedliche Behandlung der Kunden auch nicht mit dem Grundsatz gleicher Preisstellung im Einklang.1036 Den mittelständischen Einzelhandel hingegen hielt der historische Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Rabatten für derartig schutzbedürftig, dass man ihn gleich in zweifacher Weise schützen zu müssen meinte: Zum Einen vor einer „Selbstzerfleischung“ durch die eigene Gewährung wirtschaftlich nicht mehr vertretbare Preisnachlässe und zum Zweiten vor der Übermacht der Großbetriebe.1037 Zur Unterbindung zu hoher Rabattgaben, beschränkte man den Höchstsatz zulässiger Barrabatte auf 3 % und gab an, dass Rabatte in diesem Umfang auch von Mittelständlern gewährt werden könnten, ohne dass sich ihr „Reingewinn vermindere oder das Betriebsvermögen verzehrt“ werde. Gleichzeitig verzichtete man bewusst auf eine völlige Untersagung der Preisnachlässe und versuchte auf diese Weise, den Mittelständlern ihr „wirksames Abwehrmittel“ gegen die „Rückvergütung der Konsumvereine“ wie auch die „Preise und Werbemöglichkeiten der Warenhäuser und weiteren Großbetriebe im Einzelhandel“ zu belassen.1038 Den Großbetrieben hingegen untersagte man kurzerhand in Gänze die Gewährung von Barrabatten. Damit sollte das Publikum einen Grund weniger haben, in Waren- und Kaufhäusern, Konsumvereinen etc. zu kaufen.

Sosnitza, Wettbewerbsbeschränkungen durch die Rechtsprechung, S. 141 f. Amtliche Erläuterung zum Gesetz über Preisnachlässe im DRAnz., Nr. 284 vom 5. 12. 1933, S. 4. 1037 Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 9. 1038 Vgl.: Amtliche Erläuterung zum Gesetz über Preisnachlässe im DRAnz., Nr. 284 vom 5. 12. 1933, S. 4. 1035 1036

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2. Tragfähigkeit und Legitimität der Beweggründe a) Schutz der Verbraucher vor „wilden“ Rabattorganisationen Das Auftauchen unseriöser und deshalb vielfach als „wild“ bezeichneter Rabattorganisationen war nicht geeignet, eine Beschränkung des Rabattwesens zu rechtfertigen. Zwar häuften sich scheinbar tatsächlich die Klagen über Zusammenschlüsse von Einzelhändlern, die eigene Spar-(Rabatt-) Marken ausgaben und dann deren spätere Einlösung nicht hinreichend sicherstellten. Letztlich handelte es sich bei dieser Erscheinung jedoch lediglich um eine Randerscheinung des Rabattwesens, deren Unterbindung dem Gesetzgeber auch ohne eine Regulierung seines Kernbereiches möglich gewesen wäre. Die zur Abstellung dieser Missstände im Rabattgesetz in § 4 Abs. 2 RabG letztlich niedergelegte Pflicht für derartige Organisationen, sich jährlich einer Überprüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen zu unterziehen,1039 hätte auch angeordnet werden können, ohne das Recht zur Gewährung von Preisnachlässen zu beschneiden. In dieser Weise war man auch etwa in Großbritannien mit dem Trading Stamps Act aus dem Jahre 1964 gegen entsprechende unseriöse Praktiken bei der Vergabe von Wertmarken vorgegangen.1040

b) Schutz nicht-privilegierter Verbraucher vor Diskriminierung Nicht tragfähig erscheint auch der weitere Beweggrund, wonach man die Gewährung von Sonderpreisen nicht hinnehmen zu können meinte, weil die unterschiedliche Behandlung der Kunden nicht mit dem „Grundsatz gleicher Preisstellung“ zu vereinbaren sei. Obwohl unbestreitbar sein dürfte, dass das generelle Verbot von Sonderpreisen einer Diskriminierung gewisser Verbraucherkreise entgegenwirkte, ist zu berücksichtigen, dass ein allgemeines Diskriminierungsverbot im Wettbewerbsrecht keine Geltung hat. Wie auch in anderen Teilen des Privatrechts steht der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungs-grundsatz hier nicht zur Verfügung und kann damit auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung aller Verbrauchergruppen begründen.1041 Ergänzung finden diese Bedenken schließlich durch den Umstand, dass im Privatrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt.1042 Danach ist der Einzelne 1039 Für Littmann handelte es sich bei dieser Regelung letztlich um nicht mehr als einen Reflex gegen die mit dem Rabattwesen auftauchenden Auswüchse: Littman, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 15. 1040 Hierzu siehe oben Fn. 944. 1041 Assmann, Brauchen wir noch ein Rabattgesetz?, S. 163 f.; Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 215. Littmann, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 66. 1042 Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 12.

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frei, seine Lebensverhältnisse durch Verträge eigenverantwortlich zu gestalten1043. Neben der Freiheit der inhaltlichen Gestaltung eines Vertrages gehört hierzu auch das Recht, über den Vertragsabschluss und seinen Vertragspartner frei zu bestimmten.1044 Insgesamt ist mit Littmann damit festzuhalten, dass das Rabattgesetz – soweit es auf die Gleichbehandlung aller Verbraucher abzielte – ein „Fremdkörper in unserer Privatrechts- und Wirtschaftsordnung“ war.1045 Zurückzuweisen ist schließlich auch das von Befürwortern des Rabattgesetzes dem Diskriminierungsgedanken später vereinzelt hinzugefügte Argument, wonach die Sonderrabatte auch deshalb zu unterbinden waren, weil die Vergünstigungen letztlich vom nicht privilegierten Rest der Verbraucherschaft ausgeglichen werden müssten. Im Ergebnis sei es der „kleine Mann auf der Straße“, der die Sondernachlässe zu tragen habe, da von ihm im Gegenzug überhöhte Preise verlangt würden.1046 Entgegenzuhalten ist diesem Argument bereits, dass es betriebswirtschaftlich durchaus sinnvoll sein kann, bestimmte Kreise durch die Gewährung von Sonderpreisen als Vertragspartner zu gewinnen. Ziel ist es hierbei nämlich, eine Bündelung der Nachfrage zu erreichen, die im Ergebnis zu einer Steigerung des Umsatzes führen soll. Kann der eigene Marktanteil auf diese Weise tatsächlich erhöht werden, ist es gar nicht erforderlich, anderen – nicht privilegierten – Vertragspartnern höhere Preise in Rechnung zu stellen.1047 Zu ergänzen ist schließlich, dass eine generelle Unterbindung von Preisnachlässen letztlich zu einer Benachteiligung der gesamten Verbraucherschaft führt. Hierbei ist ausschlaggebend, dass der Einsatz von Rabatten – wie noch zu zeigen sein wird – tendenziell eine preisdämpfende Wirkung hat.1048 Unterbindet man Nachlässe, um Teile der Verbraucherschaft vor einer vermeintlichen Ungleichbehandlung zu schützen, sorgt man letztlich für ein überhöhtes Preisniveau und im Ergebnis für eine Diskriminierung aller.1049

1043 Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, Einf. § 144 Rn. 7. Dieser Grundsatz fand auch bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Rabattgesetzes Anwendung: Staudinger, Bd. I S. 605. 1044 Baumbach / Hefermehl, Allg. Grundlagen Rn. 49. 1045 Littmann, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 66. 1046 Kisseler, WuW, S. 129(131). 1047 Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 216. Littmann, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 62 f. Ähnlich: Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 50 f. Letztere geben schließlich auch noch zu bedenken, dass das Rabattgesetz mit § 9 Ziff. 2 auch nichts gegen einen Großverbrauchernachlass einzuwenden gehabt habe und werfen die berechtigte Frage auf, wie sich die Zulässigkeit dieser Begünstigung gegenüber dem Verbot anderer gruppenspezifischer Preisdifferenzierung rechtfertigen lasse (S. 64). Letztlich war in dem Gesetz damit wohl tatsächlich ein Wertungswiderspruch angelegt. Ob hierbei jedoch auch wettbewerbsfremde, politisch-ideologische Ziele („Volksgemeinschaft“) eine Rolle spielten, bleibt zumindest fraglich: Aicher / Lessiak mit Verweis auf Johannson, Rabattgesetz und Einzelhandel, S. 81. 1048 Hierzu siehe auf S. 295ff., Fn. 1103.

C. Zusammenfassung und Bewertung

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c) Schutz kleiner und mittlerer Betriebe vor einer „Selbstzerfleischung“ Generelle Befürchtungen einer „Selbstzerfleischung“ des Einzelhandels waren gegen Anfang der 30er Jahr durchaus gerechtfertigt. Schon im Zusammenhang mit der Untersuchung der Umstände, die zum Erlass der Zugabeverordnung führten, war beschrieben worden, dass der scharfe Wettbewerb dieser Jahre den Handel zu Übersteigerung neigen ließ. Gut vorstellbar erscheint es damit, dass es auch im Bereich der Rabatte zu Auswüchsen kam.1050 Ohne die Schädlichkeit solcher Erscheinungen gerade für die vielen Kleinstbetriebe in Frage zu stellen,1051 ist jedoch in Erinnerung zu rufen, dass das Rabattwesen im Herbst 1933 noch keine derartig umfängliche Verbreitung gefunden bzw. noch keine derartig unerträglichen Übersteigerungen hervorgebracht hatte, die es gerechtfertigt hätten, umgehend für eine Beschränkung zu sorgen. Zur Untermauerung dieser Einschätzung kann auf die Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel vom Frühjahr 1932 verwiesen werden. Obwohl man sich darin durchaus kritisch zu den Preisnachlässen äußerte, riet man in der abschließenden Empfehlung davon ab, gesetzgeberisch tätig zu werden. Zur Begründung erklärte man, dass andernfalls „die der Wirtschaft innewohnende Entwicklung wie auch das freie Spiel der Kräfte“ unnötig gehemmt würden. Im Fall einer bedrohliche Ausmaße annehmenden Ausbreitung des Rabattwesens hätte die Forschungsstelle für den Handel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine andere Empfehlung ausgesprochen.1052 Im Ergebnis folgt hieraus, dass man mit dem Gesetz über Preisnachlässe nicht auf bereits vorhandene, konkrete Missstände reagierte, sondern solchen Erscheinungen vielmehr vorbeugte.

1049 Sosnitza, Wettbewerbsbeschränkungen durch die Rechtsprechung, S. 144 f. Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 215; Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 52. 1050 So hatte die Forschungsstelle im Frühjahr 1932 auch beschrieben, dass sich die Rabatte im Handel auf 4 bis 5% eingespielt hätten, vereinzelt jedoch auch Rabatte in Höhe von 8% zu beobachten seien. Zum „Wochenende und zu Festen, also an den Tagen des größten Umsatzes“ würden dann teilweise sogar doppelte Rabattsätze gewährt: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 85. 1051 Im Zusammenhang mit der Gefahr einer Selbstruinierung durch die Gewährung zu hoher Preisnachlässe, ist entscheidend, dass der historische Gesetzgeber bei seinen Schutzerwägungen gerade die „krämerhaften“ Kleinbetriebe vor Auge hatte, die heutzutage im Lebensmittelbereich kaum noch anzutreffen sind. Die Inhaber dieser Betriebe hatten eine ungleich geringere betriebswirtschaftliche Bildung als etwa heute und damit vielfach auch keinen rechten Überblick über die Kostenstruktur ihrer Betriebe: Vgl.: Koenigs, NJW 1961, S. 1041(1044). Ähnlich auch: Sack, Rechts- und wirtschaftspolitische Argumente pro und contra Rabattverbot, S. 14. 1052 Für die Seriösität der Forschungsstelle für den Handel, Berlin spricht bereits, dass dieses vom Reichswirtschaftsministeriums mit Gutachtenaufträgen betraut wurde.

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d) Schutz vor einer weiteren Ausbreitung der Großbetriebe Auch das bereits seit Anfang des Jahrhunderts spürbare und nach Ende des ersten Weltkrieges noch einmal zunehmende Vordringen der Großbetriebe im Einzelhandel kann nicht als tragfähiger Beweggrund für den Erlass des Rabattgesetzes angesehen werden. Auf der einen Seite hatte die Gesamtheit dieser Betriebe noch keinen Umfang angenommen, der für den kleinen und mittleren Einzelhandel objektiv als eine ernsthafte Bedrohung angesehen werden konnte und damit eine offene, benachteiligende Regelung gerechtfertigt hätte. Auf der anderen Seite gehörten die Großbetriebe gar nicht zu denjenigen Teilen des Einzelhandels, die umfänglich mit Preisnachlässen arbeiteten. Maßnahmen, die diesen Betrieben dennoch ausdrücklich den Einsatz von Preisnachlässen untersagten, verdeutlichen nur, welche Rolle politisch-ideologische Einflüsse bei Schaffung des Rabattgesetzes spielten. Die von den Nationalsozialisten geschürten Ängste vor einer zu großen Konzentration bei den Großbetrieben waren bereits deshalb übertrieben, weil die Beteiligung der Warenhäuser, Konsumanstalten und Einheitspreisgeschäfte am Gesamtumsatz des Einzelhandels gegen Anfang der 30er Jahre trotz ihrer stetig hohen Wachstumszahlen noch verhältnismäßig gering war.1053 Die Warenhäuser etwa, die schon zu den etabliertesten der „neuen Unternehmen“ zählten, waren gegen Ende der 20er Jahre in Deutschland mit nicht mehr als 4,3% am Gesamtumsatz des Einzelhandels beteiligt.1054 Zum Vergleich sei darauf verwiesen, dass diese Betriebsform zum selben Zeitpunkt in Großbritannien mit 3,5 – 4,5 %, in Frankreich mit 5,3 – 6,3 %, in den Niederlanden mit 8,0 % und in den Vereinigten Staaten sogar mit 16% am Gesamtumsatz beteiligt waren.1055 Die Beteiligung der ebenfalls im Rabattgesetz aufgeführten und letztlich durch die Regelung auch benachteiligten Betriebsform der Konsumgenossenschaften betrug 1933 im Deutschen Reich nicht mehr als 2,8 %.1056 Der Anteil der Einheitspreisgeschäfte war noch geringer. Ihr Anteil am Gesamtumsatz des Einzelhandels betrug im Jahre 1930 lediglich 0,75 %1057 und im Jahr 1933 1,0 %1058. Mit Blick auf die seit der Jahrhundertwende fortschreitende Ausbreitung der Großbetriebe ist schließlich noch zu berücksichtigen, dass sich die Umsätze der kleinen und mittleren Unternehmen mit dem Anstieg der Umsätze der neuen Betriebe nicht einfach entsprechend verNieschlag, Die Gewerbefreiheit im Handel, S. 57. Mehr als 4,3% des Gesamtumsatzes erreichten sie auch nicht gegen Anfang der 30er Jahre: 1931 waren 4,0%, 1932 4,3%: Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 70. 1055 Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Der Anteil des Warenhauses an der Warenversorgung der Bevölkerung: FfH Mitteilungen, 2. Jhrg. Nr. 3 v. 23. 5. 1931, S. 11(11). 1056 Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 70. 1057 Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Einheitspreisgeschäfte in Deutschland und Amerika: FfH Mitteilungen, 1. Jhrg. Nr. 3 v. 17. 12. 1930, S. 9(14). 1058 Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 70. 1053 1054

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ringert hatten. In Wahrheit erlebten die Mittelständler einen „relativen Schrumpfungsprozess“, der weniger durch die Marktpräsenz der Großbetriebe als vielmehr auf die eigene Leistungsschwäche zurückging.1059 Ungeachtet der Tatsache, dass es den Großbetrieben bereits an einer die herkömmlichen Strukturen des Einzelhandels ernsthaft gefährdenden Verbreitung fehlte, waren sie es auch nicht, die zum Absatz ihrer Produkte verstärkt Rabatte einsetzten. Diese Tatsache hatte auch bereits die Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel vom Frühjahr 1932 an den Tag gebracht. Darin stellte man fest, dass Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte – im Unterschied zum selbständigen Facheinzelhandel wie auch zu Lebensmittelfilialunternehmen – ganz überwiegend auf die Ankündigung und Gewährung von Rabatten verzichteten.1060 Bestätigung findet dieser Umstand ansatzweise schließlich auch in der amtlichen Begründung des Rabattgesetzes. Dort gab man zur Rechtfertigung des § 6 RabG an, auf diese Weise verhindern zu wollen, dass „die Großbetriebe künftig über die billige Preisstellung hinaus auch noch Barzahlungsnachlässe etwa durch ein besonders Markensystem“ einführten.1061 Erkennbar wird aus diesen Ausführungen ein weiteres Mal, dass es sich scheinbar auch bei dieser konkreten Regelung des Rabattgesetzes nicht um die Abstellung bereits vorhandener als vielmehr um die Vorbeugung gegen erst erwartete Missstände ging. Die Vorschrift des § 6 RabG lässt gleichzeitig am deutlichsten erkennen, in welchem Umfang bei der Regulierung des Rabattwesens ideologische Einflüsse von Bedeutung waren. Ohne zu verkennen, dass sich die rassisch-ideologischen Triebkräfte, die die Wirtschaftspolitik des Regimes wenige Jahre später in Gänze prägen sollten, hier nur schemenhaft zeigten und letztlich auch nicht mehr als eine Facette 1059 Das Umsatzvolumen des gesamten Einzelhandels hatte sich im Laufe der Jahre immer weiter ausgeweitet, „so dass der sich relativ verringernde Marktanteil des selbständigen Einzelhandels keinen absoluten Umsatzrückgang“ zur Folge hatte. Nach Lampert handelte es sich damit vielmehr vorwiegend um einen „relativen Schrumpfungsprozess“ im Mittelstand. Letzterer hatte am Expansionsprozess nur einen geringeren Anteil, als dies ohne die Dynamik der neuen Betriebsformen vermutlich der Fall gewesen wäre. Ursache hierfür war weniger die Präsenz der großbetrieblichen Konkurrenz als vielmehr auf die Übersetzung des Einzelhandels, also auf die Überzahl an leistungsschwachen kleinen und Kleinstbetrieben: Lampert, Strukturwandlungen des deutschen Einzelhandels, S. 69 u. S. 45. Nieschlag, Die Gewerbefreiheit im Handel, S. 77. 1060 Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin: Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 83 f. Mit Blick auf Barzahlungsnachlässe erscheint diese Feststellung der Forschungsstelle bereits deshalb plausibel, weil die Großbetriebe von Beginn an ohnehin grundsätzlich nur Barzahlung akzeptiert hatten und damit im Unterschied zu ihren kleinen und mittleren Konkurrenten nicht unter dem verbreiteten Borgwesen litten. Für sie war es damit gar nicht erforderlich, die Kundschaft erst durch die Gewährung von Preisnachlässen zur Barzahlung anzuhalten. Wie noch zu zeigen sein wird, kam hierzu, dass die Warenhäuser aufgrund ihrer Organisationsstruktur gar in der Lage waren, Kunden individuelle Nachlässe zu gewähren. 1061 Amtliche Erläuterung zum Gesetz über Preisnachlässe: DRAnz., Nr. 284 vom 5. 12. 1933, S. 4.

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der Gesamtregelung bildeten,1062 kann hierbei an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1967 angeknüpft werden.1063 Obwohl es in diesem – letztlich zur Aufhebung des § 6 RabG führenden – Urteil um die Feststellung einer unzulässiges Ungleichbehandlung der Warenhäuser gegenüber anderen, neuartigen Großbetriebsformen der Nachkriegszeit ging,1064 erklärte das Gericht, dass die nationalsozialistische Wirtschaftsideologie unter der Parole »Schutz des Mittelstands« „vor allem den Kampf gegen die (jüdischen) Warenhäuser“ verstanden habe. Bereits angesichts der Entstehungszeit des Rabattgesetze liege damit die Vermutung nahe, „dass eine hauptsächlich die Warenhäuser diskriminierende Bestimmung auch nicht in rein wirtschaftspolitischen Vorstellungen ihre Wurzel gehabt habe“.1065 Im Ergebnis folgt hieraus, dass der historische Gesetzgeber mit § 6 RabG weniger für eine sinnvolle Beschränkung der Preisnachlässe als für eine gezielte Benachteiligung der aus (sogenannten) rassischen oder politischen Gründen unerwünschten Großbetriebe sorgte.1066 Während die Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte häufig jüdisch waren, sprach gegen die Konsumvereine, dass sie ursprünglich „Gründungen links stehender Kreise“ waren.1067 Hierzu kam, dass man 1062 Vgl: Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 93; In dieser Wertung ähnlich auch: Meyer, GRUR 2001, S. 98(104). 1063 „Warenhaus-Rabatt“ – Entscheidung: BVerfGE, 21, 292 = GRUR 1967, S. 605(606). Baumbach nahm diese Entscheidung zum Anlass für die Feststellung, dass das Rabattgesetz nicht mehr Wettbewerbswirtschaft passe. Zum einen verfüge kein einziges anderes Land der EWG über ein vergleichbares Sondergesetz. Zum zweiten frage es sich, ob nicht bereits die allgemeinen Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes, insbesondere die §§ 1, 3 UWG ausreichten, um Auswüchsen im Rabattwesen (v.a. Täuschungen der Verbraucher) zu begegnen. Abschließend gab er noch an, dass weder bei Gegnern noch bei Befürwortern des Rabattgesetzes Zweifel bestünden, „dass ein Gesetz dieses Inhalts heute nicht mehr erlassen würde“. Das Weiterbestehen des wirtschaftspolitisch so fragwürdig gewordenen Gesetzes beruhe allein „auf dem Beharrungsprinzip“: Baumbach, Anmerkung zur „Warenhaus-Rabatt“ – Entscheidung des BVerfGE 21, 292 = GRUR 1967, S. 608(608). 1064 Die für den Gleichheitssatz aus Art. 3 Ab S. 1 GG entscheidende Diskriminierung der Warenhäuser stellte das Gericht nicht im Verhältnis zu mittelständischen, sondern zu anderen Großunternehmen des Einzelhandels fest. Hiermit meinte das BVerfG solche Unternehmenstypen, die den Warenhäusern neuerdings an Größe und Wirtschaftlichkeit gleichkamen und nicht zum Mittelstand gerechnet wurden. Dies waren neben Supermärkten auch Diskont-, Kauf- und Versandhäuser: BVerfG, GRUR 1967, S. 605(607). 1065 Für das Gericht hatten diese Umstände für die Überprüfung des § 6 RabG keine weitere Bedeutung. Man erklärte vielmehr, dass es bei der Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung nicht auf die Motive des Gesetzgebers von 1933 ankomme. Entscheidend sei allein der objektive Gehalt sowie die Wirkung des § 6 RabG im heutigen Wirtschaftsleben: BVerfG, GRUR 1967, S. 605(606). 1066 Tetzner, Das Rabattgetz, Einl. Rn. 11. Littmann, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 12. Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung B 28 f. Vgl. auch Hoth, in. GRUR 1977, S. 233(235). Möschel, Rabattgesetz und Deregulierung, S. 32. 1067 Tetzner, Das Rabattgetz, Einl. Rn. 11. Hier wird treffend weiter ausgeführt: „Gerade die Entstehungsgeschichte des § 6 zeigt eindringlich, dass der Gesetzgeber sich nicht von

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den mittelständischen Einzelhändlern Wahlversprechen gemacht hatte, wonach ihre Gesamtsituation verbessert werden sollte.1068 Zu erreichen suchte man diese Ziele u. a. dadurch, dass man die Großbetriebe gänzlich von dem Absatzmittel des Preisnachlasses abschnitt. Der Mittelstand indes sollte davon profitieren, dass man ihm auch weiterhin die Gewährung von Rabatten erlaubte. Das Publikum hatte damit einen Grund mehr, bei den Kleinen und Mittleren und nicht bei den Großen zu kaufen. Dem Mittelstand gab man damit ein Abwehrmittel gegen die Niedrigpreise der Großbetriebe an die Hand. Anstatt riskante preispolitische Entscheidungen treffen zu müssen, konnten sie mit den in der Höhe kontrollierten und deshalb verhältnismäßig risikolosen Rabatten für sich werben.1069 Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass im zuständigen Reichswirtschaftsministerium Ministerialdirektor Dr. Wienbeck (DNVP) für die Lösung der Rabattfrage verantwortlich war und in dieser Funktion auch das Gesetz über Preisnachlässe entwarf.1070 Erich Wienbeck hatte sich bereits seit 1930 als Reichstagsabgeordneter mit einer Reihe von Gesetzesanträgen zur Regelung des vernünftig begründeten Erwägungen hat leiten lassen, sondern von dem Bestreben, die Willkür des Parteiprogramms der NSDAP durchzusetzen, und das Ergebnis ist eine Diskriminierung sehr gut geleiteter und entsprechend leistungsfähiger Großbetriebe, die zwar dem Einzelhandel eine lästige Konkurrenz sein mögen, die aber für die Befriedigung des Massenbedarfs zu angemessenen Preisen immer unentbehrlicher werden ( . . . )“. 1068 Redebeitrag von Molsberger, bei: Assmann, Brauchen wir noch ein Rabattgesetz?, S. 178. Auch die zeitgenössische Literatur bestätigt, dass das Rabattgesetz gezielt auf den Schutz des Mittelstands ausgelegt war. Stritzke etwa gab in seiner Kurzkommentierung zum Gesetz über Preisnachlässe im Jahr 1933 einleitend an, dass das Gesetz „Teil des Mittelstandsprogramms der Partei“ sei. Es solle dazu dienen, das infolge des überspitzten individualistischen Denkens im Wettbewerb eingetretene Mittelstandsproblem zu lösen. Hierbei verwies er auf Punkt 16 des Parteiprogramms vom 25. 11. 1920: Stritzke, MuW 1934, S. 4(4). Ergänzung findet diese Einschätzung durch die etwas spätere Veröffentlichung von Rudloff und Blochwitz, wonach die „nationalsozialistische Staats- und Wirtschaftsführung“ dem „Rabatttreiben mit seinen schädlichen Folgen“ mit dem Gesetzes über Preisnachlässe ein Ende gemacht habe. In der folgenden Skizzierung der Vorschriften des Rabattgesetzes beginnt man bezeichnender Weise mit denjenigen Einschränkungen, die das Gesetz für Warenhäuser, Einheits- und Serienpreisgeschäfte sowie Konsumvereine in den §§ 6 und 7 RabG angeordnet hatte: Rudloff / Blochwitz, Das Recht des Wettbewerbs, S. 230 f. Vgl. auch: Oesterle, Neues Wirtschaftsrecht, S. 1 u. 54 f. Hier wird das Rabattgesetz als einer der „Pfeiler der neuen Wirtschaftsverfassung“ angeführt. 1069 Vgl. auch: Littmann, Die Rechtslage vor und nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 10. Als weiteren „Sündenfall“ des Rabattgesetzes wird ganz vereinzelt auch § 11 RabG angesehen. Bei dieser Vorschrift handelte es sich um die Strafbestimmung des Gesetzes gegen Preisnachlässe. Danach sollten Verstöße gegen das Rabattgesetz – unterschiedslos ob vorsätzlich oder fahrlässig – mit Geldstrafe bestraft werden. Für den Fall von bereits wiederholter vorausgegangener rechtskräftiger Verurteilung konnte auch auf Gefängnis erkannt werden. Tetzner etwa spricht in diesem Zusammenhang von einer „jedem Rechtsempfinden Hohn sprechenden“ Bestimmung und gibt an, sie spiegele die „Brutalität seiner Entstehungszeit“ auf erschreckende Weise wieder: Tetzner, Das Rabattgesetz, Einl. Rn. 3. 1070 Hierzu siehe oben auf S. 258 (Fn. 970).

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Zugabewesens bzw. zur Verschärfung der zwischenzeitlich geschaffenen Verordnung hervorgetan und war im April 1933 von der Regierung Hitler zum „Reichskommissar für den Mittelstand“ ernannt worden.1071 Auch dieser Umstand verdeutlicht, wessen Interessen man bei Schaffung des Rabattgesetzes an erster Stelle verfolgte.

IV. Bedingte Zwecktauglichkeit des Rabattgesetzes zum Schutz des Mittelstands Losgelöst von Frage, inwieweit Anfang der 30er Jahre gezielte Maßnahmen zum Schutz des mittelständischen Einzelhandels gerechtfertigt waren, ist schließlich festzustellen, dass das Rabattgesetz nur bedingt geeignet war, dieses Ziel zu erreichen. Zweifel an der Zwecktauglichkeit der Regelung ergeben sich aus dem Umstand, dass diese letztlich insbesondere für den kleinen und mittleren Handel eine empfindliche Beschränkung bedeutete. Im Unterschied zu den Großbetrieben, für die Preisnachlässe aus verschiedenen (noch auszuführenden) Gründen nur bedingt von Interesse sind, ist die Gewährung von Rabatten im Sinne von § 1 Abs. 1 Alts. 2 RabG für die Mittelständler durchaus ein wichtiges Werbemittel.1072 Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Herbst 1933 die von den befürchteten Übersteigerungen ausgehenden Gefahren den mit den Preisnachlässen für den Mittelstand verbundenen Nutzen überwogen, schränkte das Gesetz den Handlungsspielraum des Mittelstands zumindest mittel- und langfristig empfindlich ein. Zur Veranschaulichung ist zunächst zwischen den beiden Verbotsalternativen des § 1 Abs. 1 RabG, der Gewährung und der Ankündigung eines Preisnachlasses, zu differenzieren. Während die Gewährung die tatsächliche Einräumung eines individuellen Einzelrabatts durch einen Einzelhändler beschreibt, meint man mit der Ankündigung, eine Handlung, die der Allgemeinheit oder mindestens einem größeren Personenkreis die Bereitschaft zur Nachlassgewährung anzeigt.1073 Hintergrund dieser, im Rabattgesetz letztlich folgenlos gebliebenen Differenzierung ist der Tatsache, dass für den mittelständischen Einzelhandel unter normalen Wettbewerbsverhältnissen allein die Ankündigung von Rabatten von besonderer Gefährlichkeit ist. Hierbei sind nämlich die Großbetriebe deutlich im Vorteil. Die Gewährung von Einzelnachlässen hingegen ist nur so lange bedrohlich, wie Hierzu siehe oben in den Fn. 969, 610, 729 und 738. Zu diesem Ergebnis war bereits auch die Forschungsstelle für den Handel in ihrer Untersuchung vom Frühjahr 1932 gekommen. U.a. aus diesem Grund hatte sie auch von einer Regulierung des Rabattwesens abgeraten: Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Das Rabattwesen im Einzelhandel: FfH Mitteilungen, 3. Jhrg. Nr. 11 / 12 v. 2. 3. 1933, S. 88 f. 1073 Letzteres kann etwa bedeuten, dass ein Kaufmann in Zeitungen oder auf Flugblättern damit wirbt, auf gewisse Teile seiner Produktpalette Rabatte zu gewähren: Michel / Weber / Gries, Das Rabattgesetz, § 1 Rn. 65. 1071 1072

C. Zusammenfassung und Bewertung

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äußerst angespannte wirtschaftliche Verhältnisse im Bereich des Einzelhandels für Übersteigerungen sorgen, in deren Folge sich die Händler durch unwirtschaftliche Nachlässe letzten Endes selbst gefährden. Unter stabilen Wettbewerbsverhältnissen hingegen bietet die Einräumung individueller Nachlässe gerade dem Mittelstand besondere Chancen, sich gegenüber großen Konkurrenten durchzusetzen.1074

1. Die Ankündigung von Rabatten als Werbemittel der Großbetriebe Auch heute noch besteht weitgehende Einigkeit, dass Großbetriebe mit Blick auf die Ankündigung von Rabatten gegenüber ihrer mittelständischen Konkurrenz im Vorteil sind.1075 Obwohl man hierbei umfängliche Gesamtumsatzrabatte, wie auch ausgeklügelte betriebs- oder gar branchenübergreifende Bonussysteme, im Auge hat, die bei Erlass der Rabattgesetzes noch keine Bedeutung hatten,1076 sind es ähnliche Erwägungen, die auch mit Blick auf die frühen 30er Jahre zu dem selben Ergebnis führen. Ausschlaggebend ist früher wie heute, dass mit der Ankündigung von Preisnachlässen neue Kunden nur gewonnen bzw. bereits vorhandene gebunden werden können, wenn es zuvor gelingt, die betreffende Preisvergünstigung umfänglich bekannt zu machen. Anfang der 30er Jahre gelang dies in der Regel nur über intensive Werbung in Zeitungen oder auf Flugblättern. Wie jedoch bereits im Zusammenhang mit der Regulierung der Zugabenreklame beschrieben, war umfängliche Wort- und Anschauungsreklame gegen Anfang der 30er Jahre überwiegend den Großbetrieben vorbehalten. Die zumeist kapitalschwachen kleinen und mittleren Betriebe hingegen konnten sich derartige Werbungen wegen der damit verbundenen ernormen Kosten in der Regel nicht leisten.1077 Bereits aus diesem Grund war die Ankündigung von Preisnachlässen ganz überwiegend ein Werbemittel der Großunternehmen. Seine Unterbindung war im Sinne des Mittelstandschutzes auch aus heutiger Sicht zumindest konsequent.

1074 Dieser Gesichtspunkt war 1994 auch in dem Antrag der CDU / CDU / FDP-Koalition auf Aufhebung des Rabattgesetzes von entscheidender Bedeutung. Als Grund für die Aufhebung des Rabattgesetzes hatte man u. a. angegeben, dass kleine und mittlere Unternehmen besonders von der Möglichkeit zur Gewährung von Rabatten profitieren würden, weil sie flexibler auf die Rabattwünsche ihrer Kunden eingehen könnten: BT-Drs 12 / 6722, S. 3. 1075 Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 214. 1076 Bei Gesamtumsatzrabatten wird der Preisnachlass erst ab einem bestimmten Umsatzvolumen gewährt; eine Variante dieser Form der Rabattwerbung besteht darin, die Höhe des Preisnachlasses nach Umsatzvolumina zu staffeln: Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 177. Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 15; Littmann, Die Rechtslage vor und nach Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 35 f.; Meyer, Rabatt- und Zugaberegulierung auf dem Prüfstand, S. 98(110). 1077 Hierzu siehe oben auf S. 69.

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Teil 4: Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933

2. Die Gewährung von individuellen Rabatten als Chance für den Mittelstand Im Bereich der Gewährung von individuellen Nachlässen hingegen waren und sind die kleinen und mittleren Betriebe gegenüber der großbetrieblichen Konkurrenz im Vorteil. Hintergrund dieser verbreiteten Einschätzung ist der Umstand, dass mittelständische Betriebe aufgrund ihrer organisatorischen Betriebsstruktur erheblich besser für die Gewährung von Einzelnachlässen geeignet sind. Ursache hierfür ist, dass individuelle Nachlässe eine „überschaubare Betriebsgröße, die leichte Erreichbarkeit der zur Entscheidung kompetenten Instanzen und die entsprechende Flexibilität der Unternehmensführung“ voraussetzen.1078 Während in kleinen und mittleren Geschäften mitunter der Unternehmer persönlich anwesend oder für Verhandlungen zumindest erreichbar ist, steht in Waren- und Kaufhäusern in der Regel lediglich ein Verkäufer und gegebenenfalls ein Abteilungsleiter zur Verfügung. Beiden Mitarbeitern fehlt häufig sogar im Fall lohnenswerter Geschäfte die Kompetenz, individuelle Preisnachlässe auszuhandeln.1079 Ingesamt bedeutet dies, dass es sich bei der individuellen Einräumung von Preisnachlässen um ein typisches Werbemittel des Mittelstands handelt. Letzterem bietet es eigentlich die Möglichkeit, sich gegenüber den ansonsten regelmäßig preisaktiveren Großbetrieben zu profilieren. Indem man die Gewährung von Rabatten 1933 weitgehend untersagte, traf man – entgegen der eigentlichen Schutzrichtung des Gesetzes – an erster Stelle kleine und mittlere Einzelhändler.

1078 Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 214. Ähnlich: Dichtl / Brinkmann u. a., BB 1995, Beil. 12, S. 15; Littmann, Die Rechtslage vor und nach Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 28; Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 272. 1079 Bestätigung findet diese Einschätzung etwa durch den Umstand, dass die Aufhebung des § 6 RabG im Jahre 1967 nicht dazu geführt hat, dass Warenhäuser in nennenswertem Umfang zur Gewährung von Einzelnachlässen übergangen sind: Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 214. Ebenfalls bezeichnend ist der Umstand, dass sich Großmärkte und Warenhäuser Mitte der 80er Jahre gegen eine Aufhebung des Rabattgesetzes aussprachen und zur Begründung angaben, dass dies zu einer einseitigen Begünstigung des Mittelstands führe. Allein dieser sei in der Lage, mit seinen Kunden individuelle Preise auszumachen: Assmann, Brauchen wir noch ein Rabattgesetz?, S. 164. Ebenfalls: Bottenschein, Restriktionen der Wertreklame, S. 178.

Teil 5

Schluss: Zusammenfassung und Ausblick A. Zusammenfassung Dem Erlass der Zugabeverordnung vom 9. März 1932 gingen jahrelang fortwährende Klagen über Auswüchse im Bereich der Zugabenwerbung voraus. Erste Vorstöße für ein gesetzgeberisches Eingreifen hatte es deshalb bereits vor dem ersten Weltkrieg gegeben.1080 Nach 1918 stieß das bereits früh wieder aufgetauchte Zugabewesen dann ab Mitte der 20er Jahre auf Rahmenbedingungen, die nicht nur zu seiner zügigen Ausbreitung, sondern auch bereits wenig später zu erneuten Auswüchsen führten. Hauptursache hierfür war der in weiten Teilen kleinstgewerblich strukturierte, bereits seit Kaiserzeiten als „übersetzt“ geltende, notleidende Einzelhandel auf der einen und die konjunkturbedingt einsetzende weitere Verschärfung des Wettbewerbs auf der anderen Seite. Ergänzend kam schließlich noch hinzu, dass das Zugabewesen unter diesen besonderen Bedingungen eine bis dahin ungekannte Eigendynamik entwickelte.1081 Die in Deutschland ab etwa 1925 wieder lebhaft geführte Diskussion um die Zugaben war im Wesentlichen ein Spiegelbild der Vorkriegskontroverse. Deutlich wurde erneut, dass das Zugabewesen nicht nur die Interessen des Einzelhandels, sondern in gleicher Weise diejenigen der Industrie und zumindest in Teilen auch der Verbraucherschaft berührte und hier zu kaum überbrückbaren Konflikten führte. Ein entscheidender Unterschied zu der Debatte aus den Jahren vor 1914 lag darin, dass man die Auseinandersetzung in dem wirtschaftlich unsicheren und politisch aufgeheizten Klima der späten Weimarer Republik deutlich schärfer und kompromissloser führte. Der Reichsregierung gelang es ungeachtet dieser Umstände lange Zeit, sich weitgehend aus der Zugabefrage herauszuhalten. Nachdem man sich bis 1929 trotz einer Vielzahl von Gesetzgebungsanträgen standhaft geweigert hatte, regulierend in den Wettbewerb einzugreifen, nahm sich die Regierung Müller (SPD) nur wider1080 Vornehmlich auf Druck der mittelständischen Einzelhandelskreise, deren Sprachrohr die Fraktion der Konservativen Partei war, hatte sich dann im Jahre 1913 erstmals auch der Reichstag mit der Zugabefrage beschäftigt. 1081 Auch in anderen europäischen Ländern nahm das Zugabewesen zur selben Zeit eine ähnliche Entwicklung. Eine ganze Reihe von Nationen schuf aus diesem Grund bereits in den 20er Jahren Gesetze zur Beschränkung der Zugabenwerbung.

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5. Teil: Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

willig des Zugabewesens an. Im Frühjahr 1930, kurz nachdem der zuvor regierungsseitig beauftragte vorläufige Reichswirtschaftsrat sein Gutachten zu dieser Frage veröffentlicht hatte, legte auch das Justizministerium einen ersten Gesetzesentwurf zur Beschränkung des Zugabewesens vor. Die hierin enthaltenen Vorschriften hielt man im Kabinett des mittlerweile amtierenden Reichskanzlers Brüning jedoch für zu restriktiv. Im Sinne der Zugabenartikel herstellenden Industrie und vor allem der in den betreffenden Betrieben auf dem Spiel stehenden Arbeitsplätze setzte sich am 3. November 1931 vielmehr eine deutlich liberalere Fassung durch. Nachdem zuvor auch noch der Reichsrat die Vorlage angenommen hatte, erließ Reichspräsident v. Hindenburg die Zugabeverordnung im Rahmen seiner Notverordnung zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932. Bereits unmittelbar nach Inkrafttreten der Regelung im Sommer 1932 zeigte sich dann jedoch, dass die Regelung nicht geeignet war, für eine sinnvolle Beschränkung des Zugabewesens zu sorgen. Letztlich wurde sogar deutlich, dass sie zu einem weiteren Umsichgreifen der Zugaben und der typischerweise mit ihr verbundenen Auswüchse führte. Die Regierung Hitler nahm diese Entwicklung im Frühjahr 1933 zum Anlass, unverzüglich ein die Verordnung verschärfendes Gesetz zu erlassen.1082 Das Gesetz über Preisnachlässe vom 25. November 1933 hingegen konnte lediglich auf eine Vorgeschichte deutlich geringeren Umfangs zurückblicken. Zwar war auch das Rabattwesen ein seit Beginn des 20. Jahrhunderts verbreitetes Phänomen im Einzelhandel, das bereits früh Missbräuche hervorbrachte, zu Übersteigerungen führte und entsprechende Widerstände auslöste. Wichtig ist jedoch, dass diese Auswüchse nicht auch nur annähernd den Umfang erreichten, der bei den Zugaben zu beobachten war. Auch Rufe nach dem Gesetzgeber blieben nur sehr vereinzelt. Letztlich dauerte es damit bis Anfang der 30er Jahre, dass erste ernstzunehmende Vorstöße für eine Regulierung des Rabattwesens vernehmbar wurden. Zuvor hatten die Preisnachlässe im Rahmen der allgemeinen Verschärfung des Wettbewerbs gegen Ende der 20er Jahre deutlich zugenommen. Nachdem auf Seiten der Reichsregierung bis dahin die Einschätzung vorgeherrscht hatte, dass Rabatte lediglich eine besondere Art der Preisstellung seien, in der die Kaufleute mit Blick auf ihre unternehmerische Freiheit frei bleiben müssten, nahm das Reichswirtschaftsministerium diese Entwicklung zum Anlass, bei einer unabhängigen Stelle eine Untersuchung über das „Rabattwesen um Einzelhandel“ in Auftrag zu geben. Die Forschungsstelle für den Handel (Berlin) kam in ihrem im Frühjahr 1932 veröffentlichten Gutachten zu dem Schluss, dass nunmehr auch im Bereich des Rabattwesens tatsächlich Missstände zu beobachten seien. Diesen maß man jedoch keine derartige Brisanz zu, dass man ein gesetzgeberisches Eingreifen für gerechtfertigt gehalten hätte. Stattdessen empfahl man Selbsthilfemaßnahmen des Handels. In der Öffentlichkeit spielte das Rabattwesen (anders als die Zugaben) kaum 1082

Gesetz über das Zugabewesen vom 12. 5. 1933.

B. Bewertung der Umstände des Zustandekommens der Regelungen

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eine Rolle. Entscheidend war hierfür vermutlich, dass die Preisnachlässe nach damaliger Einschätzung weder Interessen der Industrie noch der Verbraucher berührten. Zu einem Umdenken kam es schließlich erst nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“. Unter der Federführung des „Reichskommissars für den Mittelstand“ entwarf das Wirtschaftsministerium eine Regelung, wonach Preisnachlässe weitgehend untersagt werden sollten. Nachdem man mit Hilfe des „Ermächtigungsgesetzes“ bereits sämtliche demokratischen Gesetzgebungsorgane ausgeschaltet und den Entwurf nur geringfügig abgeändert hatte,1083 erließ die Regierung Hitler am 25. November 1933 das Gesetz über Preisnachlässe.1084

B. Bewertung der Umstände des Zustandekommens der Regelungen Für die Bewertung des Erlasses der Zugabeverordnung und des Gesetzes über Preisnachlässe bleibt aus dem Vorstehenden festzuhalten, dass die Umstände ihres jeweiligen Zustandekommens eine Reihe bedeutsamer Gemeinsamkeiten aufweisen. So stammen beide Regelungen aus Zeiten schwerster wirtschaftlicher Verwerfungen und politischer Instabilität. Beide sind im Zusammenhang mit der die Politik dieser Jahre kennzeichnenden staatlichen Wirtschaftslenkung zu sehen und waren selbst „Bausteine auf Stabilisierung angelegter Maßnahmengesetze“ der Kabinette Brüning und Hitler.1085 In beiden Fällen handelte es sich um wettbewerbsrechtliche Sondergesetze, die neben die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909 traten. Hier sollten sie nicht der Abgrenzung lauteren und unlauteren Wettbewerbs als vielmehr der Unterdrückung wirtschaftlich als unzweckmäßig geltender Erscheinungen dienen. Primäres Schutzobjekt beider Regelungen war der mittelständische Einzelhandel. Im harten Wettbewerbskampf der Jahre vor und nach der Weltwirtschaftskrise meinte man diesen davor bewahren zu müssen, sich mit kostspieligen Wertreklamen zu übersteigern und schlimmstenfalls selbst aufzureiben. Mittels einer ganzen Reihe wettbewerbsdämpfender Maßnahmen versuchte man so, dem Heer der kleinen und mittleren Betriebe einen weitgehenden Bestandsschutz zukommen zu lassen. Gemein war den Zugaben und den Rabatten von Beginn an ferner, dass sie als Erscheinungsform der Wertreklame nicht mit dem Wirtschafts- bzw. Wettbewerbsverständnis Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. 3. 1933 (RGBl. I 141). In anderen Nationen waren Gesetze zur Beschränkung des Rabattwesens gänzlich unbekannt. 1085 Vgl.: Meyer, GRUR 2001, S. 98(104). Während die Zugaberegelung im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen der Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932 zu sehen war, sind mit Blick auf die Rabattregelung das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. 5. 1933 (RGBl. I, S. 262) und das Gesetz über Wirtschaftswerbung vom 12. 9. 1933 (RGBl. I, S. 625) zu berücksichtigen. 1083 1084

19 Matz

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5. Teil: Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

der nationalsozialistischen Ideologie in Einklang zu bringen waren. Weder die Zugabeverordnung noch das Gesetz über Preisnachlässe war schließlich ein Parlamentsgesetz. Beiden fehlte es damit an demokratischer Legitimation. Neben diesen Gemeinsamkeiten fördert der Vergleich der beiden Entstehungsgeschichten auch eine Reihe von Unterschieden zu Tage. Berücksichtigt man die weitgehende inhaltliche Verzahnung der Zugabeproblematik mit der Rabattfrage, sowie die zeitliche Nähe ihrer jeweiligen Regulierung durch den Gesetzgeber, handelt es sich hierbei letztlich um erhebliche Abweichungen. Zunächst ist festzustellen, dass die Zugabeverordnung nicht allein den Interessen des gewerblichen Mittelstands, sondern zumindest auch dem Schutz der Verbraucher dienen sollte. Nach der amtlichen Begründung der Verordnung im Reichsanzeiger wollte man diese vor Irreführungen, Preisverschleierungen und unsachlichen Beeinflussungen schützen. Mit Blick auf die demokratische Legitimation der Regelungen wichen die Umstände des Erlasses der Zugabeverordnung insoweit von denen des Rabattgesetzes ab, als sich mit der Zugaberegelung der vorläufige Reichswirtschaftsrat wie auch der Reichsrat, und damit zumindest zwei der in der Weimarer Reichsverfassung für den Gang der Gesetzgebung vorgesehenen, Verfassungsorgane beschäftigt hatten. Hierzu kam schließlich noch, dass mittlerweile auch im Reichstag weitgehende Einigkeit über die Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Eingreifens bestand. Die Zustimmung des Parlaments wäre insoweit aller Voraussicht nach nicht mehr als eine reine Formsache gewesen. Im Zeitpunkt des Erlasses des Rabattgesetzes hingegen hatte das NS-Regime bereits sämtliche demokratischen Einrichtungen entmachtet und als Kontrollmechanismen außer Kraft gesetzt. Das Gesetz über Preisnachlässe war damit bereits ein wahres Diktaturgesetz. Der wohl maßgebliche Unterschied zwischen dem Zustandekommen der Zugabeverordnung und des Gesetzes über Preisnachlässe lag schließlich darin, dass der Regelung des Zugabewesens eine lawinenartige Ausbreitung der Zugabenwerbung vorausgegangen war, die für weite Teile des Einzelhandels ein belastendes und zum Teil sogar unerträgliches Ausmaß angenommen hatte. Als die Regierung Brüning schließlich gegen diese Erscheinung vorging, geschah dies in der Überzeugung, nur so den Handel von einer schweren Belastung befreien zu können. Neben der Unterbindung von Übersteigerungen zum Nachteil des gesamten Handels ging es dem Gesetzgeber auch um die Verhinderung weiterer Brancheneinbrüche zu Lasten des Fachhandels. In den wirtschaftlich wie politisch überaus unruhigen späten Jahren der Weimarer Republik durfte man sich hieraus durchaus eine gewisse Stabilisierung dieses Teils der Wirtschaft erhoffen. Auch der Verbraucherschutz war unter dem Eindruck der schlimmen Missstände im Bereich der Zugaben ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Nachdem es der Rechtsprechung seit der Neufassung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb im Jahre 1909 nicht gelungen war, praxistaugliche Grundsätze für die Heranziehung der §§ 3, 4, und 1 UWG zu erarbeiten, machte es Sinn, das Publikum mit Hilfe eines Sondergesetzes vor Irreführungen, Preisverschleierungen und unsachlichen Beeinflussungen zu schützen.1086 Obwohl die verbraucherschützenden Beweggründe für den historischen Gesetz-

B. Bewertung der Umstände des Zustandekommens der Regelungen

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geber gegenüber dem Mittelstandsschutz offenkundig nur nachgeordnete Bedeutung hatten, prägten auch sie die Umstände des Erlasses der Zugabeverordnung und müssen daher in eine abschließende Beurteilung mit einfließen. Tragfähige Gründe ließen sich schließlich auch für die Verschärfung der Zugaberegelung durch die Regierung Hitler vorbringen. Nachdem sich das Zugabewesen auch noch nach Inkrafttreten der Zugabeverordnung im Sommer 1932 ungebremst weiter ausgebreitet hatte und sich wenig später abzeichnete, dass sich die Zugabeproblematik sogar noch verschärfte, handelte es sich bei dem Eingreifen lediglich um eine „notwendig gewordene Gesetzeskorrektur“.1087 Diese fiel unter der neuen Reichsregierung auch nicht etwa unnötig restriktiv aus. Justizminister Gürtner (DNVP) gab der Zugabeverordnung vielmehr diejenige Fassung, die bereits sein Vorgänger im Kabinett Brüning im Mai 1930 für sie vorgeschlagen hatte.1088 Das Rabattwesen hingegen hatte weder im kaiserlichen Deutschland noch in der Weimarer Republik zu irgend einem Zeitpunkt ein vergleichbares Ausmaß angenommen. Dass man unter Reichwirtschaftsminister Schmitt (NSDAP) schließlich dennoch unverzüglich für eine weitgehende Unterbindung der Preisnachlässe sorgte, hatte primär damit zu tun, dass sich die Reichsregierung im Herbst 1933 mittlerweile noch weiter von den Grundsätzen einer liberalen Wirtschaftsordnung losgesagt hatte, als dies in den Jahren der Notverordnungen des Reichspräsidenten ohnehin der Fall gewesen war. Augenscheinlich war dieser wirtschaftspolitische Bruch bereits vor Erlass des Rabattgesetzes durch eine Reihe anderer wirtschaftspolitischer Maßnahmen geworden.1089 Mit ihnen hatte die Regierung Hitler ihre Bereitschaft offenbart, zur Erreichung ihrer ideologisch geprägten wirtschaftspolitischen Ziele noch deutlich rigoroser in den Wettbewerb einzugreifen. Zielsetzungen, wie der Schutz des Mittelstands, den die Nationalsozialisten zu den Leitbildern ihres politischen Strebens erklärt hatten, wurden nun noch rücksichtsloser verfolgt.

1086 Auch heute noch ist anerkannt, dass vom Zugabewesen für die Verbraucher nicht unerhebliche Gefahren ausgehen. So wird den Zugaben verbreitet eine erheblich konkretere Irreführungs- und Verunsachlichungsgefahr nachgesagt, als dies etwa bei den Preisnachlässen der Fall ist. Zur Begründung gibt man an, dass die Wertbestimmung für den Durchschnittverbraucher im Fall der Zugaben von Natur aus erheblich schwieriger sei als etwa bei (wahrheitsgemäßen) Rabatten. Bei Letzteren könne der Verbraucher ohne weiteres den ihm gewährten Preisvorteil erkennen.: So etwa: Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 462; Henning-Bodewig, WRP 2000, S. 886(888). 1087 Vgl.: Freise, Wettbewerb und Politik in der Rechtsordnung des Nationalsozialismus, S. 126. 1088 Hierbei handelte es sich um J. Victor Bredt (Wirtschaftspartei). Er war mit dem Entwurf in der Kabinettssitzung vom 3. 6. 1930 an den Widerständen des (kommissarisch eingesetzten) Wirtschaftsministers Trendelenburg und des Arbeitsministers Stegerwald gescheitert. 1089 Hierzu zählten das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 und das Gesetz über Wirtschaftswerbung vom 12. September 1933.

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5. Teil: Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

Zum Tragen kam diese Haltung schließlich auch bei der gesetzlichen Beschränkung des Rabattwesens. Entscheidend war hierfür, dass sich gerade im Einzelhandel, der sich zu dieser Zeit noch in weiten Teilen aus kleinen und mittleren Betrieben auf der einen und nur verhältnismäßig wenigen, dafür aber finanzstarken Großbetrieben zusammensetzte, aus Sicht der Nationalsozialisten mittelstandsschützende Maßnahmen nahezu aufdrängen mussten. Dies galt um so mehr, als viele der damals noch jungen Großbetriebe bei ihnen aus (sogenannten) rassischen oder politischen Gründen als unerwünscht galten. Spätestens, nachdem man eigens einen „Reichskommissar für den Mittelstand“ ernannt hatte, fanden Hilferufe aus Kreisen des Mittelstands nahezu umgehend Gehör. Obwohl im Spätsommer 1933 von den Rabatten für den Mittelstand weder eine ernstzunehmende Gefahr der „Selbstzerfleischung“ ausging, noch Warnungen vor einem unerträglichen Machtzuwachs der Großbetriebe berechtigt waren, griff man nun zu seinen Gunsten in das Wettbewerbsgeschehen ein. Im Bereich der Preisnachlässe unterband man so nicht nur die (vermeintliche) Gefahr weiterer rabattbezogener Übersteigerungen unter den mittelständischen Betrieben, sondern sorgte gleichzeitig für eine Benachteiligung sämtlicher Großbetriebe. Gemeinsam mit anderen Maßnahmen konnte man dem Mittelstand auf diese Weise einen weitgehenden Bestandsschutz angedeihen lassen. Eine Rolle spielte hierbei auch, dass sich das Rabattwesen nicht mit dem von den Nationalsozialisten neu definierten und zum Maßstab erklärten „gesunden Leistungswettbewerb“ vereinbaren ließ. Dieser besagte mit Blick auf den Wettbewerb und hier im Speziellen die Absatzförderung, dass Kaufleute ihre Kunden nicht mittels (vermeintlich unreeller und zudem kostspieliger) Reklamen, sondern mit der Güte der eigenen Ware überzeugen sollten. Auch Rabatte hatten hiernach nur eine sehr eingeschränkte Daseinsberechtigung. Gerade, nachdem man selbst erst im Frühjahr des Jahres 1933 für eine weitgehende Unterbindung der Zugaben gesorgt hatte, mussten die Preisnachlässe der Regierung Hitler nun um so deutlicher ins Auge fallen. Im Ergebnis ergibt die Gesamtschau der Umstände der Schaffung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes, dass es sich bei beiden Regelungen um „zeitbedingte Interventionen“ des Gesetzgebers handelte.1090 Beide Regelungen waren nur vor dem Hintergrund der besonderen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der frühen 30er Jahre und dem hierauf reflexartig folgenden ausgeprägten staatlichen Dirigismus denkbar. Beide Regelungen führten letztlich zu einem Ausmaß an Regulierung, das mit dem heutigen Wettbewerbsverständnis kaum in Einklang zu bringen ist. Mit Blick auf die Zugabeverordnung indes ist im Rahmen einer abschließenden Bewertung zu berücksichtigen, dass diese Regelung eine erheblich längere Vorgeschichte als die Rabattregelung hatte, deutlich kontroverser diskutiert wurde und zudem das Ergebnis eines ungleich komplexeren Gesetzgebungsprozesses war.1091 Entscheidend ist hierbei schließlich, dass es sich bei ihr

1090 Vgl.: Emmerich, der mit Blick auf die Zugaberegelung von einer „zeitbedingten Intervention“ spricht: Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs (5. Aufl.), S. 157.

C. Weitere wettbewerbsrechtliche Erwägungen zum Rabattgesetz

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um ein Maßnahmengesetz zur Unterbindung tatsächlich vorhandener und jahrelanglang fortdauernder Missstände handelte. Bei Erlass der Regelung konnte sich der historische Gesetzgeber auf eine Reihe von Beweggründen berufen, deren wettbewerbspolitische Überprüfung sie sogar aus heutiger Sicht als tragfähig und legitim erscheinen lässt. In der Summe folgt hieraus, dass die weitgehende Unterbindung der Zugaben zumindest im Zeitpunkt des gesetzgeberischen Eingreifens durchaus gerechtfertigt war. Für das Rabattgesetz hingegen lassen sich derartige Rechtfertigungsgründe nicht dienstbar machen. Sein Erlass kann nur schwerlich als Reaktion auf vorausgegangene Missstände gedeutet werden. Wie sich vielmehr nicht zuletzt aus der amtlichen Begründung ergibt, handelte es sich bei diesem gesetzgeberischen Eingreifen vielmehr um eine vorbeugende Maßnahme „ohne konkret regelungsbezogene Not“1092. Tragfähige und legitime gesetzgeberische Beweggründe waren in diesem Fall nicht vorhanden. Maßgeblicher Antrieb waren hier vielmehr ideologisch geprägte wirtschaftspolitische Ziele. Neben einem völlig überzogenen Schutz mittelständischer Betriebe gehörte hierzu auch das Streben nach einem „gesunden Leistungswettbewerb“. Um den Preis einer empfindlichen Beschneidung der Wettbewerbsfreiheit erreichte man auf diese Weise eine weitgehende staatliche Kontrolle des Wettbewerbs und leistete zudem einen Beitrag zur Privilegierung einzelner Interessengruppen. Nicht nur unter Anlegung eines heutigen, deutlich liberaleren Wettbewerbsverständnisses, sondern auch aus der Perspektive des zeitgenössischen Gesetzgebers war dieser „deutsche Sonderweg“ wettbewerbspolitisch äußerst zweifelhaft.1093

C. Weitere wettbewerbsrechtliche Erwägungen zum Rabattgesetz Losgelöst von der unterschiedlich zu beurteilenden Entstehungsgeschichte von Zugabeverordnung und Rabattgesetz, wird die deutlich kritischere Sicht der Rabattregelung auch von rein wettbewerbsrechtlichen Erwägungen getragen. Ausschlaggebend ist hierbei, dass die Beschränkung des Rechts zur Gewährung von Rabatten als Eingriff in die unternehmerische Preisbildungsfreiheit den Wettbewerb weitaus spürbarer belastete, als dies durch die gesetzliche Unterbindung des Zugabewesens geschah. Indem man den Einsatz von Rabatten weitgehend 1091 Letztendlich kann auch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es ohne den ersten Weltkrieg im Deutschen Reich nicht bereits wenig später zu einer entsprechenden Regelung gekommen wäre. Neben dem Umstand, dass derartige Regelungen Anfang der 20er Jahre auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern auftauchten, spricht für diese These, dass vor 1914 gerade aus Preußen, als dem einflussreichsten Flächenstaat des Landes, frühe Vorstöße für eine landesweite Beschränkung des Zugabewesens kamen. 1092 Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 94. 1093 Meyer, GRUR 2001, S. 98(110).

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5. Teil: Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

untersagte, beraubte man nicht nur potentiell preisaktive Unternehmer eines wichtigen wettbewerblichen Aktionsparameters, sondern sorgte zudem für außerordentlich stabile Preise.1094 Ausgangspunkt dieser Sicht der Dinge ist die bereits vor Erlass des Rabattgesetzes ganz überwiegend vertretene Auffassung, wonach die Gewährung eines Rabatts nur „eine besondere Art der Preisstellung“ ist, in der die Händler grundsätzlich frei sein müssen.1095 Nachdem dieser Ansatz in den Jahren nach Schaffung des Gesetzes über Preisnachlässe so gut wie keine Rolle mehr spielte und auch in der Bundesrepublik lange Zeit nur ganz vereinzelt vertreten wurde,1096 nahm man ihn in den 70er Jahren und mehr noch im Rahmen der Mitte der 80er Jahre erstmals intensiv geführten Deregulierungsdiskussion wieder auf.1097 Bald schon gelangte man zu dem Ergebnis, dass Rabatte eine Form der Preisdifferenzierung sind und auf den Wettbewerb anregend wirken.1098 Spätestens, seitdem auch die Bundesregierung diesen Gedanken zu einem wesentlichen Bestandteil ihres zweiten, im Jahr 1994 erfolgten Vorstoßes zur Aufhebung des Rabattgesetzes machte,1099 entspricht diese Anschauung der ganz überwiegenden Meinung in der juristischen Fachliteratur.1100 1094 Die Ankündigung oder Gewährung von Zugaben hingegen gehört generell nicht zum Preiswettbewerb. Hier geht es vielmehr um eine Ware (oder Leistung), die neben die eigentliche Hauptleistung des Unternehmers tritt. Als Folge hiervon können Zugaben auch nicht die positiven Wirkungen für das Preisniveau auslösen: Henning-Bodewig, WRP 2000, S. 888f. 1095 RGZ 78, 194(197 f.); Baumbach, Kommentar zum Wettbewerbsrecht (1929), S. 205; Callmann, Der unlautere Wettbewerb (1929), § 1 Rn. 74. 1096 Statt dessen ging man lange Zeit davon aus, dass die Regelung die Preisgestaltungsfreiheit der Einzelhändler weitgehend unberührt lasse. Nahezu formelhaft gab man hierzu an, dass kein Unternehmen an der freien Festsetzung seiner Preise und deren jederzeitigen Abänderung gehindert sei. Beschränkt sei lediglich die Möglichkeit, mit Rabatten zu arbeiten. Dies bedeute jedoch nicht zugleich, dass die Unternehmer nicht mehr Herr ihrer Preise seien: Meyer, MA 1950, S. 105(109 f.); OLG Düsseldorf, NJW 1952, 348(348); Reimer / Krieger, Zugabe- und Rabattrecht, RabG Vorbem.; Michel / Weber / Gries, Zugabeverordnung und Rabattgesetz, RabG § 1 Rn. 4; BGH, GRUR 1961, S. 367(368) – „Schlepper“; Kisseler, WRP 1975, S. 129(129); zuletzt noch Sack, Rechts- und wirtschaftspolitische Argumente pro und contra Rabattverbot, S. 16. 1097 Zu den insgesamt drei Vorstößen, die zur Deregulierung des Zugabe- und Rabattwesens notwendig waren, siehe oben in der Einleitung S. 2, Fn. 6 ff. Anfang der 70er Jahre dann: Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 201(207); Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend, S. 87; später dann: Assmann, Brauchen wir noch ein Rabattgesetz?, S. 160; Möschel, Rabattgesetz und Deregulierung, S. 18 f.; Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 57 f. 1098 Die Preisdifferenzierung bedeutet für den Unternehmer die Möglichkeit, dem Kunden A den Normalpreis zu berechnen, während er dem Kunden B einen Nachlass von X % gewährt: Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 59. 1099 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP vom 1. 2. 1994: BT-Drucksache 12 / 6722, S. 3 f. 1100 Schünemann, in: Großkommentar zum UWG (hrsg. v. Jacobs, Lindacher u. Teplitzky), Einleitung B 30. Benda, Gewerberecht und Kodifikation, S. 188; Bottenschein, Restriktionen

C. Weitere wettbewerbsrechtliche Erwägungen zum Rabattgesetz

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Richtigerweise ist man seither der Auffassung, dass Beschränkungen im Bereich der Differenzierungen bzw. Individualisierungen von Preisen deshalb kritisch zu sehen sind, als ihnen im Verkehr mit Endverbrauchern aufgrund ihrer wettbewerbsstimulierenden Wirkung eine positive Bedeutung zukommt. So sind Preisdifferenzierungen ein wichtiges Element des sogenannten „verstoßenden Preiswettbewerbs“ und geeignet Preisdruck auszulösen. Hiervon können sowohl einzelne Unternehmer wie auch die Allgemeinheit profitieren.1101 Für die Einzelhändler können Preisdifferenzierungen ein Mittel zur Erhöhung der eigenen Umsätze sein. Dies kann sowohl durch Gewinnung neuer Marktanteile wie auch durch Erschließung neue Märkte geschehen. In beiden Fällen lässt sich die Berechnung individueller Preise dazu einsetzen, die Kunden der Konkurrenz zu interessieren oder gänzlich neue Konsumentengruppen zu gewinnen. Entscheidend ist hierbei, dass mit der Berechnung unterschiedlicher Preise für dieselbe Ware auf die „unter den Konsumenten divergierende individuelle Preisbereitschaft“ reagiert werden kann.1102 Die Allgemeinheit schließlich profitiert von der durch den Einsatz von Preisdifferenzierungen ausgelösten Belebung des Wettbewerbs, weil er sie eine preisdämpfende Wirkung hat. Gelingt es etwa einem Unternehmer mittels Preisdifferenzierungen neue Kunden zu gewinnen, setzt er damit seine Konkurrenten unter Druck. Sie müssen auf seinen Vorstoß entsprechend reagieren. Hierdurch kommt es automatisch zu einer Intensivierung des Preiswettbewerbs, in deren Folge nicht nur eine Aufweichung erstarrten Preiswettbewerbs, sondern allgemeine Preissenkungen zu erwarten sind.1103 der Wertreklame, S. 161; Karenfort / Weißgerber, MMR-Beilage 7 / 2000, S. 38(42). Littmann, Die Rechtslage vor und nach Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 61 f. Henning-Bodewig, WRP 2000, S. 886(888). 1101 Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 74. Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 58. Im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP vom 1. 2. 1994 heißt es dazu: Gesetzesentwurf „( . . . ) ist Ausdruck der Bemühungen der Bundesregierung, den Wettbewerb als Kernelement jeder marktwirtschaftlichen Ordnung zu stärken. Die Aufhebung des Rabattgesetzes eröffnet zusätzliche Handlungsspielräume für die Unternehmen und erhöht gleichzeitig den wettbewerbspolitisch erwünschten Preisdruck, alle Möglichkeiten der Effizienzsteigerung zu nutzen“.: BT-Drucksache 12 / 6722, S. 3. 1102 Der Kaufentscheidung eines Kunden geht ein ganz individueller Vergleich zwischen dem Preis des Produktes und dem persönlichen Nutzen voraus: Vgl.: Littmann, Die Rechtslage vor und nach Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, S. 62. Vgl. auch: Assmann, der angibt, dass das Rabattgesetz den nichtdifferenzierenden Unternehmer gefördert und zu einer „Kollektivierung des Verbrauchers“ geführt habe: Assmann, Brauchen wir noch ein Rabattgesetz?, S. 160. In der täglichen Praxis eines Händlers bedeutet diese Freiheit, dass er – soweit ihm ein Geschäft (etwa mit einem potenziellen Neukunden) besonders lohnenswert erscheint – diesem preislich entgegenkommen kann: Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 211. 1103 Assmann, Brauchen wir noch ein Rabattgesetz?, S. 160; Klünder, Wirkt das Rabattgesetz wettbewerbsbeschränkend?, S. 74. Aicher / Lessiak, Rabattgesetz contra Wettbewerb, S. 51. Littmann, Die Rechtslage vor und nach Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zu-

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5. Teil: Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

D. Das Ende von Zugabeverordnung und Rabattgesetz Nachdem zuvor bereits zwei Vorstöße gleicher Zielrichtung am Widerstand des Handels gescheitert waren, hat der Gesetzgeber Ende Juli des Jahres 2001 sowohl das Rabattgesetz als auch die Zugabeverordnung aufgehoben.1104 Den Anlass für diese Liberalisierung des deutschen Wettbewerbsrechts gab letztlich die europäische Rechtsentwicklung im Bereich des elektronischen Warenverkehrs.1105 Zwar kam es im deutschen Einzelhandel wegen der konjunkturbedingt zurückgegangenen Verbrauchernachfrage bereits zum Jahreswechsel 2003 / 2004 erstmals wieder zu einem deutlich vermehrten Einsatz von Preisnachlässen. Selbst der Handel nimmt diese Erscheinungen heute jedoch nicht mehr zum Anlass, sich nach den „guten alten Zeiten“ des Rabattgesetzes zurückzusehnen. Vielmehr weiß man auch hier mittlerweile, dass die Chancen, die den eigenen Kreisen aus der wieder gewonnenen Wettbewerbsfreiheit erwachsen, gegenüber den befürchteten Nachteilen überwiegen, und vertraut gleichzeitig auf die Einsichts- und Lernfähigkeit der Gewerbetreibenden. Losgelöst von dieser aktuellen Entwicklung, ist die Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung bereits vor dem Hintergrund ihrer im Vorstehenden erarbeiteten Entstehungsgeschichte zu begrüßen. Da die Regelungen in erster Linie Ausdruck der äußerst schwierigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der frühen 30er Jahre waren, waren sie im ordnungspolitischen Rahmen der Bundesrepublik eigentlich von Beginn an nicht mehr haltbar – ihre Abschaffung vielmehr längst überfällig! Während es aus heutiger Sicht zumindest nachvollziehbar erscheint, dass der junge bundesdeutsche Gesetzgeber – bei den ungewissen Aussichten um 1949 – die beiden Gesetze zunächst unverändert fortgelten ließ, war spätestens bei Erreichen einer gewissen politischen und wirtgabeverordnung, S. 63. Anders als zwischenzeitlich verbreitet angenommen, wurde diese Einschränkung zu Zeiten der Geltung des Rabattgesetzes auch nicht etwa durch die Möglichkeit der Händler ausgeglichen, jederzeit die Preise zu ändern. Zuzustimmen ist vielmehr der Einschätzung, wonach zumindest eine deutliche Vermutung dafür spricht, dass Unternehmen sich schneller zu einer Rabatterhöhung entschließen als zu einer generellen Preissenkung. Der Grund hierfür liegt bereits in dem Umstand, dass Rabatterhöhungen leichter rückgängig zu machen sind als generelle Preissenkungen: Ulmer, Rabattgesetz und Wettbewerbsordnung, S. 210. 1104 Gesetz zur Aufhebung des Rabattgesetzes und zur Anpassung weiterer Vorschriften (BGBl. I 2001, 1663) und Gesetz zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Vorschriften (BGBl. I 2001, 1661), beide vom 23. 07. 2001. Zu den vorausgegangenen, erfolglosen Vorstößen siehe oben auf S. 2 f., Fn. 6 f. 1105 BT-Dr. 14(2001) / 5441, S. 6; BT-Dr. 14(2001) / 5594, S. 6. Hintergrund war der Erlass der sogenannten E-Commerce-Richtlinie vom 8. Juni 2000 (Richtlinie 2000 / 31 / EG vom 08. 06. 2000, ABl. L 178 vom 17. 07. 2000). Das in Art. 3 der Richtlinie geregelte Herkunftslandprinzip bedeutet, dass ausländische Internet-Anbieter – im Unterschied zu ihren deutschen Wettbewerbern – Zugaben und Rabatte in weitem Umfang auch in der Bundesrepublik als Vertriebs- und Marketinginstrumente einsetzen können: Zum Herkunftslandesprinzip vgl. oben Fn. 15.

D. Das Ende von Zugabeverordnung und Rabattgesetz

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schaftlichen Stabilität wie auch der Ausbildung einer praxistauglichen und zuverlässigen Rechtsprechung zu den §§ 1, 3 UWG eine Aufhebung der beiden Sondergesetze angezeigt. Geltung hat diese Einschätzung insbesondere für das Rabattgesetz, dem es selbst unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen seiner Entstehungszeit von vornherein an einer tragfähigen wettbewerbspolitischen Rechtfertigung fehlte und das in der Welt bis zuletzt so gut wie einzigartig war. Hefermehl etwa hatte bereits im Jahr 1967 anlässlich der „Warenhaus-Rabatt“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erklärt, dass sowohl bei Gegnern wie auch bei Befürwortern der Regelung Einigkeit bestehe, „dass ein Gesetz dieses Inhalts heute nicht mehr erlassen würde“ und sein Weiterbestehen „allein auf dem Beharrungsprinzip“ beruhe. In Frage zu stellen sei auch die neue verbraucherschützende Zielrichtung, die die Gerichte dem Gesetz seit 1959 gaben.1106 So sei zweifelhaft, „ob nicht schon die allgemeinen Vorschriften des Wettbewerbsrecht, insbesondere die §§ 1, 3 UWG ausreich[t]en, um Auswüchsen im Rabattwesen zu begegnen, vor allem den Verbraucher vor Irreführungen zu schützen.“1107 Spätestens, als im Jahr 1974 auch der Verbraucherbeirat beim Bundeswirtschaftsminister dieselbe Haltung an den Tag legte und sich für eine ersatzlose Streichung des Rabattgesetzes stark machte,1108 konnten keine Zweifel mehr daran bestehen, dass eine Liberalisierung erforderlich war. Selbiges galt letztlich auch für die Zugabeverordnung. Obwohl die Schaffung dieser Regelung zumindest ursprünglich wettbewerbspolitisch gerechtfertigt war und sich vergleichbare Beschränkungen auch in anderen europäischen Rechtsordnungen fanden, passte auch sie bereits ähnlich früh nicht mehr in die Wettbewerbsordnung der Bundesrepublik. Wie Meyer ganz richtig angibt, stimmte in diesem Fall das hinter der Regelung stehende Verbraucherleitbild schon bald nicht mehr mit der Wirklichkeit überein.1109 Bei aller Genugtuung über die Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung überwiegt letzten Endes die Nachdenklichkeit. So kann es nur erstaunen, dass von den ersten ernsthaften Vorstößen für eine Deregulierung im Jahr 1984 bis zum Sommer des Jahres 2001 letztlich 17 Jahre vergehen mussten, bis die dringend gebotene Liberalisierung tatsächlich erreicht war. Dies wiegt um so schwerer, als es an Vorbildern nicht fehlte. So hatte etwa Österreich bereits 1992 vorgemacht, dass man das Rabattgesetz ersatzlos streichen konnte, ohne dass Missstände zu erwarten waren. In der Bundesrepublik bedurfte es dennoch erst der Vorgaben aus Brüssel. Ohne diese hätte man hier vermutlich noch auf Jahre mit den beiden weitgehend überflüssigen und unnötig den freien Wettbewerb beschränkenden Regelungen gelebt. Ein Beleg für diese Vermutung ist nicht zuletzt die ExisHierzu siehe oben in Fn. 5. Hefermehl, Anmerkung zur „Warenhaus-Rabatt“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, GRUR 1967, S. 605(608). 1108 WRP 1974, S. 327. 1109 Meyer, GRUR 2001, S. 98(110). 1106 1107

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5. Teil: Schluss: Zusammenfassung und Ausblick

tenz des deutschen Ladenschlußgesetzes von 1956. Auch bei dieser Regelung steht seit Jahren ein besonders hohen Deregulierungsbedarf außer Frage.1110 Abzuwarten bleibt insoweit, wann die Europäische Union auch hier den Anstoß für eine Rechtsangleichung gibt.

1110 BGBl. I S. 744. Vgl. hierzu etwa: Dichtl / Brinkmann u. a., die in ihrer umfänglichen Untersuchung zu Ladenschlußgesetz, Zugabeverordnung und Rabattgesetz bereits 1995 mit Blick auf das Ladenschlußgesetz den dringlichsten Deregulierungsbedarf feststellten: BB 1995, Beil. 12, S. 27.

Anhang A. Quellen zur Regulierung des Zugabewesens I. Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 18961111 §1 Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, welche für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, die Herstellungsart oder die Preisbemessung von Waren oder gewerblichen Leistungen, über die Art des Bezuges oder die Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über den Anlass oder den Zweck des Verkaufs unrichtige Angaben tatsächlicher Art macht, welche geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, kann auf Unterlassung der unrichtigen Angaben in Anspruch genommen werden. Dieser Anspruch kann von jedem Gewerbetreibenden, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in geschäftlichen Verkehr bringt oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden, soweit die Verbände als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können. Neben dem Anspruch auf Unterlassung der unrichtigen Angaben haben die vorerwähnten Gewerbetreibenden auch Anspruch auf Ersatz des durch die unrichtigen Angaben verursachten Schadens gegen denjenigen, der die Angaben gemacht hat, falls dieser die Unrichtigkeit kannte oder kennen musste. Dieser Anspruch auf Schadensersatz kann gegen Redakteure, Verleger, Drucker oder Verbreiter von periodischen Druckschriften nur geltend gemacht werden, wenn dieselben die Unrichtigkeit der Angaben kannten. Die Verwendung von Namen, welche nach dem Handelsgebrauch zur Benennung gewisser Waren dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen zu sollen, fällt unter die vorstehenden Bestimmungen nicht. Im Sinne der Bestimmungen des Abs. 1 und 2 sind den Angaben tatsächlicher Art bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen gleich zu achten, die darauf berechnet und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen. Unter Waren im Sinne dieses Gesetzes sind auch landwirtschaftliche Erzeugnisse, unter gewerblichen Leistungen auch landwirtschaftliche zu verstehen.

1111

RGBl. 1896, Nr. 13, S. 145.

300

Anhang II. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 19091112 §1

Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. (...) §3 Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den Ursprung, die Herstellungsart oder die Preisbemessung von Waren oder gewerblichen Leistungen, über die Art des Bezugs oder die Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über den Anlaß oder den Zweck des Verkaufs oder über die Menge der Vorräte unrichtige Angaben macht, die geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, kann auf Unterlassung der unrichtigen Angaben in Anspruch genommen werden. §4 Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere die Preisbemessung von Waren oder gewerbliche Leistungen, über die Art des Bezugs oder die Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über den Anlass oder den Zweck des Verkaufs oder über die Menge der Vorräte wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Werden die im Abs. 1 bezeichneten unrichtigen Angaben in einem geschäftlichen Betriebe von einem Angestellten oder Beauftragten gemacht, so ist der Inhaber oder Leiter des Betriebs neben dem Angestellten oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem Wissen geschah.

III. Gesetzesvorschlag Karl Lobes aus dem Jahre 19131113 § 6 a) Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, ankündigt, dass bei dem Verkauf von Waren oder gewerblichen RGBl. 1909 S. 499. Schlussempfehlung aus dem Gutachten, das Lobe im Jahre 1913 auf Veranlassung für den Deutschen Zentralverband für Handel und Gewerbe e.V. erstellte: Abgedruckt in MuW (XIII) 1913 / 1914 S. 426(435). 1112 1113

Anhang

301

Leistungen Anweisungen (Gutscheine, Rabattmarken und dergl.) auf künftige Gewährung von Nebenleistungen irgendwelcher Art zu den gekauften Waren und Leistungen gegeben werden, darf dabei diese Nebenleistungen nicht als Zugaben oder mit gleichbedeutenden Ausdrücken als unentgeltliche bezeichnen. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot werden mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft bestraft, sofern nicht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe eintritt. § 10 a) Wer bei dem Verkauf von Waren oder anderen gewerblichen Leistungen Anweisungsscheine der in § 6 a bezeichneten Art verabfolgt, ist gehalten, auf ihnen den Teilbetrag in Geld anzugeben, der dem Teil der angewiesenen Nebenleistung entspricht. Sofern die Nebenleistung ganz oder teilweise auch zur Gewährung von Rabatt oder ähnlichen Preisnachlässen dient, hat er dies, und zu welchem Betrage der Preisnachlass erfolgt, darauf zu vermerken. Jede Anweisung ist von dem Aussteller innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist der Kaufpreisforderung zu dem vollen angegebenen Einzelbetrage in bar einzulösen. Wer diesen Vorschriften zuwider handelt, wird mit Geldstrafe bis 150 M. oder mit Haft bestraft. § 10 b) Wer bei dem Verkaufe von Waren oder ähnlichen gewerblichen Leistungen Anweisungen auf Nebenleistungen in der in § 6 a erwähnten Art verabfolgt und sich bei dieser Verkaufsweise einer nach § 1 zu beurteilende Handlung schuldig macht, dem kann vom Gericht die Ausgabe von Anweisungen überhaupt auf Dauer bis zu 5 Jahren untersagt werden. Zuwiderhandlungen gegen dieses gerichtliche Verbot werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu 5000 M. oder mit einer dieser Strafen geahndet.

IV. Sachverständigen-Fragenkatalog des wirtschaftspolitischen Ausschusses des vorläufigen Reichswirtschaftsrates1114 1. Welche Überlegungen haben in der Hauptsache zur Einführung von Zugaben geführt? 2. Steigert die Methode des Zugabewesens den Umsatz der eigentlichen Verkaufsware a) beim Produzenten, b) beim Großhändler, c) beim Einzelhändler? 3. Welche Wirkungen hat das Zugabewesen auf den Verkauf derselben Waren oder Waren ähnlicher Art im regulären Geschäft a) beim Produzenten, b) beim Großhändler, c) beim Einzelhändler? 4. Wo und in welchem Maße wird in Produktion, Großhandel und Einzelhandel von Zugaben Gebrauch gemacht: in welchem Gewerbezweig, bei großen, mittleren oder kleineren Firmen (im Einzelhandel besonders auch bei Warenhäusern oder Spezialgeschäften)?

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Drucksache des vorläufigen Reichswirtschaftsrates Nr. 367 v. 12. 5. 1930, S. 11 ff.

302

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5. Wie wirkt das Zugabewesen auf den Reklameaufwand: a) In welchem Umfang fällt bei der Zugabegewährung die sonstige Reklame fort? b) Wie sind absolut und in Prozenten vom Umsatz berechnet die Kosten der Reklame? a) im ganzen? bb) ohne Gewährung von Zugaben? 6. Wie hoch ist der Beschaffungspreis der Zugabe in Prozent der eigentlichen Verkaufsware a) beim Produzenten, b) beim Großhändler c) beim Einzelhändler? 7. Wie wirkt die Zugabe auf die Preisbildung der eigentlichen Verkaufsware a) beim Produzenten b) beim Großhändler c) beim Einzelhändler? 8. Wird die Qualität der eigentlichen Verkaufsware durch das Zugabewesen verschlechtert? 9. Wirkt die Zugabegewährung abstumpfend auf die Beurteilung der eigentlichen Verkaufswaren durch den Käufer; empfindet er sie als Geschenk oder als einen Unkostenanteil, der irgendwie einkalkuliert und von ihm mitbezahlt wird? Wie wirkt sie in geschmacklicher Hinsicht? 10. In welchen Formen tritt das Zugabewesen in Erscheinung; wie unterscheidet es sich von den anderen Arten der Käuferwerbung? 11. Wie würde ein Verbot des Zugabewesens wirken: a) auf die Hersteller von Zugabeartikeln (Unternehmer und Arbeiter) b) auf die Produzenten, die gleiche oder ähnliche Waren, aber nicht als Zugabeartikel, herstellen c) auf die Firmen, die die Zugabe beim Verkauf anderer Waren verwenden d) auf die Empfänger von Zugaben? V. Der erste Gesetzesentwurf vom 24. Mai 19301115 Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Zugaben zu Waren oder Leistungen Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird: §1 Es ist verboten, im Einzelhandel neben einer Ware oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Wert, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder Kleinigkeiten ohne eigenen Verkehrswert gewährt werden; b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht; 1115 Anlage zum Schreiben Staatsekretär Joëls an den Reichswirtschaftsminister, den Preußischen Minister für Handel und Gewerbe sowie den Preußischen Justizminister vom 24. 5. 1930: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 89.

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c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) wenn der die Zugabe Gewährende sich erbietet, an Stelle der Zugabe einen festen, von ihm ziffernmäßig zu bezeichnenden Geldbetrag bar auszuzahlen. Bei dem Angebot oder der Ankündigung einer solchen Zugabe ist auf das Recht, an Stelle der Zugabe den Barbetrag zu erhalten, hinzuweisen, sowie hinsichtlich jeder Zugabe der für sie zu zahlende Barbetrag anzugeben. Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk und dergl.) zu bezeichnen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen. §2 Wer den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Haupt- und Zugabeware (oder -leistung) herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, sowie von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, soweit sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist die Zuwiderhandlung im Geschäftsbetriebe von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen worden, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften des § 1 verstößt, ist zum Ersatze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens verpflichtet. Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, bleiben unberührt. §3 Wer vorsätzlich den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, wird sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit höherer Strafe bedroht ist, mit Geldstrafe bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Das Recht, den Strafantrag zu stellen, hat jeder der im § 2 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, dass die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. §4 Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober in Kraft. Unberührt bleiben die Ansprüche aus Zugabegeschäften, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingleitet worden sind.

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Anhang VI. § 1 der ersten Kabinettsvorlage vom 3. Juni 19301116 §1

Es ist verboten, im Verkehr mit dem letzten Verbraucher neben einer Ware oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Wert, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder Kleinigkeiten ohne eigenen Verkehrswert gewährt werden; b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht; c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen besteht; f) wenn im Zeitungs- oder Zeitschriftengewerbe gesetzlich zulässige Versicherungen zugunsten der Bezieher der Zeitung oder Zeitschrift übernommen werden. Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk und dergl.) zu bezeichnen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen. VII. § 1 der zweiten Kabinettsvorlage vom 3. März 19311117 §1 Es ist verboten, im Einzelhandel neben einer Ware oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Wert, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder Kleinigkeiten ohne eigenen Verkehrswert gewährt werden;

1116 RJM Nr. I b 582. Anlage zum Schreiben des Reichsministers der Justiz an den Staatssekretär in der Reichskanzlei: BArch, R 3001 / 2632, Bl. 209 ff. 1117 Vermerk Joëls vom 4. 11. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 12. Das Reichskabinett genehmigte den Entwurf in seiner Sitzung vom 3. 11. 1931: Schreiben des Staatssekretärs in der Reichskanzlei an den Reichsminister der Justiz vom 3. 11. 1931: BArch, R 3001 / 2634, Bl. 28.

Anhang

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b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht; c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) wenn der die Zugabe Gewährende sich erbietet, an Stelle der Zugabe den von ihm ziffernmäßig zu bezeichnenden Geldbetrag in Höhe des Wertes der Zugabe in bar auszuzahlen. Bei dem Angebot oder der Ankündigung einer solchen Zugabe ist auf das Recht, an Stelle der Zugabe den Barbetrag zu erhalten, hinzuweisen, sowie hinsichtlich jeder Zugabe der für sie zu zahlende Barbetrag anzugeben; f) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen besteht; g) wenn zugunsten der Bezieher einer Zeitung oder Zeitschrift Versicherungen bei beaufsichtigten Versicherungsunternehmen oder Versicherungsanstalten abgeschlossen werden. Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk und dergl.) zu bezeichnen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen.

VIII. Die Zugabeordnung vom 9. März 1932 Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft. Vom 9. März 1932 Erster Teil Zugabewesen §1 Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehre neben einer Ware oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Das gleiche gilt, wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt wird. Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Werte, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder geringwertige Kleinigkeiten gewährt werden; b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht; c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; 20 Matz

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Anhang

d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehöre zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) wenn der die Zugabe Gewährende sich erbietet, an Stelle der Zugabe einen festen, von ihm ziffernmäßig zu bezeichnenden Geldbetrag bar auszuzahlen, der nicht geringer als der Einstandspreis der Zugabe sein darf. Bei dem Angebot oder der Ankündigung einer solchen Zugabe ist auf das Recht, an Stelle der Zugabe den Barbetrag zu erhalten, hinzuweisen sowie hinsichtlich jeder Zugabe der für sie zu zahlende Barbetrag anzugeben; f) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen besteht; g) wenn zugunsten der Bezieher einer Zeitung oder Zeitschrift Versicherungen bei beaufsichtigten Versicherungsunternehmen oder Versicherungsanstalten abgeschlossen werden. Bei dem Angebote, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk und dergl.) zu bezeichnen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen. §2 Wer den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Haupt- oder Zugabeware oder Haupt- oder Zugabeleistung herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, sowie von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, soweit sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist die Zuwiderhandlung im Geschäftsbetriebe von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen worden, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften des § 1 verstößt, ist zum Ersatze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens verpflichtet. Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, bleiben unberührt. Die in den Abs. 1, 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Handlung an. Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Verjährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem der Schaden entstanden ist. §3 Wer vorsätzlich den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, wird sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Geldstrafe bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Das Recht, den Strafantrag zu stellen, hat selbständig jeder der im § 2 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig.

Anhang

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Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, dass die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. §4 Vergehen gegen § 3 können im Wege der Privatklage verfolgt werden. Die allgemeinen Vorschriften über die Privatklage finden Anwendung. §5 Die Vorschriften dieses Teiles treten drei Monate nach Verkündigung in Kraft. Unberührt bleiben die Ansprüche aus Zugabegeschäften, die vor dem Inkrafttreten eingleitet worden sind. ( . . . ) Berlin, dem 9. März 1932. Der Reichspräsidentvon Hindenburg Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichsminister der Finanzen H. Dietrich Der Reichsminister des Innern Groener (Reichswehrminister, mit Wahrnehmung der Geschäfte betraut) Der Reichswirtschaftsminister Warmbold Der Reichsminister der Justiz Dr. Joël

B. Quellen zur Regulierung des Rabattwesens I. Entwurf des Wirtschaftsministeriums vom 25. September 19331118 Entwurf eines Gesetzes über Preisnachlässe. Vom . . . . . . . . . . . . Die Reichsregierung hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: Erster Teil Preisnachlässe §1 (I) Werden im geschäftlichen Verkehr Waren des täglichen Bedarfs im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher veräußert oder gewerbliche Leistungen für den letzten Verbraucher ausgeführt, so dürfen Preisnachlässe (Rabatte) nur nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften angekündigt oder gewährt werden. (II) Als Preisnachlässe im Sinne dieses Gesetzes gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer ankündigt oder allgemein fordert.

1118 H.G. 13871 / 33: Anlage zum Schreiben des Reichswirtschaftsministers an die beteiligten Ministerien vom 25. 9. 1933: GStA PK, I. HA Justizministerium, Rep. 84a, 5804 Bl. 2 ff.

20*

308

Anhang Erster Abschnitt Barnachlässe §2

Der Preisnachlass für Barzahlung (Barnachlass) darf drei vom Hundert des Preises nicht überschreiten. Er darf nur gewährt werden, wenn die Gegenleistung sofort bei der Lieferung der Ware oder der Bewirkung der gewerblichen Leistung durch Barzahlung oder in einer der Barzahlung gleichkommenden Weise, insbesondere durch Ausstellung eines Schecks oder durch Überweisung, bewirkt wird. §3 Werden während eines bestimmten Zeitabschnitts unter Stundung der Gegenleistung Waren geliefert oder Leistungen bewirkt, so kann bei der nach Ablauf des Zeitabschnitts erfolgenden Bezahlung ein Barnachlass gewährt werden, sofern dies bisher orts- oder handelsüblich war. Die Vorschrift des § 2 findet entsprechende Anwendung. Der Zeitabschnitt in den in Satz 1 genannten Fällen darf nicht länger als einen Monat dauern. §4 (I) Wer einen Barnachlass gewährt, muss den Nachlassbetrag sofort vom Preise abziehen oder Gutscheine (Sparmarken, Kassenzettel, Zahlungsabschnitte) ausgeben, die in bar einzulösen sind. Der für die Einlösung der Gutscheine geforderte Mindestumsatzbetrag darf 50,– RM nicht übersteigen. (II) Gutscheine, die von einer Vereinigung nachlassgewährender Gewerbetreibender (Rabattsparvereine und dergl.) eingelöst werden, dürfen nur ausgegeben werden, sofern sich die Vereinigung alljährlich einer unabhängigen Prüfung durch einen sachverständigen Prüfer unterzieht. Die Prüfung muss sich auf die gesamte Geschäftsgebarung der Vereinigung während der Dauer eines Geschäftsjahres, insbesondere auf deren Sicherheit für die Einlösung der ausgegebenen Gutscheine, erstrecken. Der Prüfer muss einen schriftlichen Bericht erstatten, den die Vereinigung ihren Mitgliedern zugänglich zu machen hat. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. §5 Wird bei einem Konsumverein der Gewinn auf die Mitglieder nach Maßgabe der von den Mitgliedern mit dem Konsumverein erzielten Umsätze verteilt (Rückvergütung), so gilt die Vorschrift des § 2 Satz 1 entsprechend. §6 Warenhäuser, Einheits-, Klein- und Serienpreisgeschäfte oder ähnliche, durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichnete Geschäfte, Konsumvereine und Werkskonsumanstalten dürfen Barnachlässe nicht gewähren.

Anhang

309

Zweiter Abschnitt Mengennachlässe §7 (I) Werden mehrere Stücke oder eine größere Menge von Waren in einer Lieferung veräußert, so kann ein Mengennachlass gewährt werden, sofern dieser nach Art und Umfang sowie nach der verkauften Stückzahl als handelsüblich anzusehen ist. (II) Der Mengennachlass kann entweder durch einen entsprechenden Preisnachlass oder durch Hingabe von Ware gleicher Art und Güte gewährt werden, sofern dies nach Art und Umfang handelsüblich ist. §8 Die Vorschrift des § 7 findet entsprechende Anwendung auf Mengennachlässe, die bei Aufträgen für mehrere gewerbliche Leistungen oder beim Kauf von Dauer- oder Reihenkarten, die einen Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Leistungen begründen, gewährt werden. Dritter Abschnitt Sondernachlässe §9 Wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften dürfen besondere Preisnachlässe (Sondernachlässe) oder Sonderpreise nicht eingeräumt werden. § 10 Die Vorschrift des § 9 findet keine Anwendung auf die Einräumung von Sondernachlässen oder Sonderpreisen 1. an Abnehmer, die die Ware in ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwenden (Weiterverarbeiter oder Wiederverkäufernachlass), sofern dieser Nachlass seiner Art und Höhe nach orts- oder handelsüblich ist; 2. an Abnehmer, die auf Grund besonderen Lieferungsvertrages Waren in solchen Mengen beziehen, dass sie als Großverbraucher anzusehen sind; 3. an die Arbeiter, Angestellten, Leiter und Vertreter des eigenen Unternehmens, sofern die Ware für deren Bedarf, den Bedarf ihrer Ehegatten, ihrer Abkömmlinge oder der mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen bestimmt ist (Eigenbedarf) und in dem Unternehmen hergestellt oder vertrieben wird. Vierter Abschnitt Zusammentreffen mehrerer Preisnachlassarten § 11 (I) Treffen bei einem Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 mehrere Preisnachlassarten zusammen, so darf der Nachlass nur für zwei Arten gewährt werden.

310

Anhang

(II) Neben einer anderen Nachlassart darf der Barnachlass höchstens zwei von hundert betragen. Zweiter Teil Schlussvorschriften § 12 Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft. Bei wiederholter rechtskräftiger Verurteilung wegen schwerwiegender Verstöße kann auf Gefängnis erkannt werden. § 13 Wer einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren gleicher oder verwandte Art vertreibt oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art ausführt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Belange, soweit sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung und bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. § 14 Die in § 27 a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932, Zweiter Teil, Artikel I, Reichsgesetzblatt I S. 122, vorgesehenen Einigungsämter können bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus diesem Gesetz angerufen werden. § 15 (I) Die Gesetz tritt am 1. November 1933 in Kraft. Die Prüfung im Sinne des § 4 Abs. 2 hat erstmals für das nach Ablauf des beim Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Geschäftsjahr zu erfolgen. (II) Ansprüche aus vorher eingeleiteten Preisnachlassgeschäften bleiben unberührt. Jedoch müssen die auf Grund dieser Geschäfte ausgegebenen Gutscheine (Rabattmarken, Kassenzettel, Bons und dergl.) der Zahl- und Leistungsstelle spätestens bis zum 31. Dezember 1933 vorgelegt werden, sofern die Bedingungen des Preisnachlassgeschäfts nicht den Vorschriften diesen Gesetzes entsprechen. Erreichen Zahl oder Betrag der in einem solchen Fall zur Verfügung stehenden Gutscheine nicht den erforderlichen Mindestbetrag, so kann der Nachlassbetrag unter einer verhältnismäßigen Minderung verlangt werden. § 16 Wegen eines Schadens, der durch die in diesem Gesetz bestimmten Maßnahmen entsteht, sind weder das Reich noch die Länder zum Ersatz verpflichtet. § 17 Die Reichsregierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsund Verwaltungsverordnungen. Sie kann auch Vorschriften ergänzenden oder abändernden Inhalts erlassen.

Anhang

311

II. Das Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 25. November 19331119 Die Reichsregierung hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: Erster Teil Preisnachlässe §1 (1) Werden im geschäftlichen Verkehr Waren des täglichen Bedarfs im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher veräußert oder gewerbliche Leistungen für den letzten Verbraucher ausgeführt, so dürfen zu Zwecken des Wettbewerbs Preisnachlässe (Rabatte) nur nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften angekündigt oder gewährt werden. (2) Als Preisnachlässe im Sinne dieses Gesetzes gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer ankündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden. Erster Abschnitt Barzahlungsnachlässe §2 Der Preisnachlass für Barzahlung (Barzahlungsnachlass) darf drei vom Hundert des Preises der Ware oder Leistung nicht überschreiten. Er darf nur gewährt werden, wenn die Gegenleistung unverzüglich bei der Lieferung der Ware oder der Bewirkung der gewerblichen Leistung durch Barzahlung oder in einer der Barzahlung gleichkommenden Weise, insbesondere durch Hingabe eines Schecks oder durch Überweisung, erfolgt. §3 Werden während eines bestimmten Zeitabschnitts unter Stundung der Gegenleistung Waren geliefert oder Leistungen bewirkt, so kann bei der nach Ablauf des Zeitabschnitts erfolgenden Bezahlung ein Barzahlungsnachlass gewährt werden, sofern der Zeitabschnitt nicht länger als einen Monat dauert. Die Vorschrift des § 2 gilt entsprechend. §4 (1) Wer einen Barzahlungsnachlass gewährt, muss den Nachlassbetrag sofort vom Preise abziehen oder Gutscheine (Sparmarken, Kassenzettel, Zahlungsabschnitte) ausgeben, die in bar einzulösen sind. Der Umsatz an Waren oder Leistungen, von dem die Einlösung der Gutscheine abhängig gemacht wird, darf auf keinen höheren Betrag als fünfzig Reichsmark festgesetzt werden. (2) Gutscheine, die von einer Vereinigung nachlassgewährender Gewerbetreibender (Rabattsparvereine und dergleichen) eingelöst werden, dürfen nur ausgegeben werden, sofern 1119

RGBl. I, S. 1011 – 1013.

312

Anhang

sich die Vereinigung alljährlich einer unabhängigen Prüfung durch einen sachverständigen Prüfer unterzieht. Die Prüfung muss sich auf die gesamte Geschäftsgebarung der Vereinigung während der Dauer eines Geschäftsjahres erstrecken, insbesondere darauf, dass die Einlösung der ausgegebenen Gutscheine gesichert ist. Der Prüfer muss einen schriftlichen Bericht erstatten, den die Vereinigung ihren Mitgliedern zugänglich zu machen hat. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. §5 Wird bei einem Konsumverein der Gewinn auf die Mitglieder nach Maßgabe der von den Mitgliedern mit dem Konsumverein erzielten Umsätze verteilt (Rückvergütung), so darf die Rückvergütung drei vom Hundert nicht überschreiten. §6 Warenhäuser, Einheits-, Klein- und Serienpreisgeschäfte oder ähnliche, durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichnete Geschäfte, Konsumvereine und Werkskonsumanstalten dürfen Barnachlässe nicht gewähren. Zweiter Abschnitt Mengennachlässe §7 (1) Werden mehrere Stücke oder eine größere Menge von Waren in einer Lieferung veräußert, so kann ein Mengennachlass gewährt werden, sofern dieser nach Art und Umfang sowie nach der verkauften Stückzahl als handelsüblich anzusehen ist. (2) Der Mengennachlass kann entweder durch Hingabe einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge der verkauften Ware oder durch einen Preisnachlass gewährt werden. §8 Werden bei Aufträgen für mehrere gewerbliche Leistungen oder für eine gewerbliche Leistung größeren Umfangs oder beim Kauf von Dauer- oder Reihenkarten, die einen Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Leistungen begründen, Mengennachlässe gewährt, so gilt die Vorschrift des § 7 entsprechend. Dritter Abschnitt Sondernachlässe §9 Sondernachlässe oder Sonderpreise dürfen gewährt werden 1. an Personen, die die Ware in ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwerten, sofern dieser Nachlass seiner Art und Höhe nach orts- oder handelsüblich ist;

Anhang

313

2. an Personen, die auf Grund besonderen Lieferungs- oder Leistungsvertrages Waren oder Leistungen in solchen Mengen abnehmen, dass sie als Großverbraucher anzusehen sind; 3. an die Arbeiter, Angestellten, Leiter und Vertreter des eigenen Unternehmens, sofern die Ware oder Leistung für deren Bedarf, den Bedarf ihrer Ehegatten, ihrer Abkömmlinge oder der mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen bestimmt ist (Eigenbedarf) und in dem Unternehmen hergestellt oder vertrieben wird. Vierter Abschnitt Zusammentreffen mehrerer Preisnachlassarten § 10 Treffen bei einem Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 mehrere Preisnachlassarten z;usammen, so darf der Nachlass nur für zwei Arten gewährt werden. Zweiter Teil Schlussvorschriften § 11 Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft. Ist der Täter wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz bereits wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, so kann auf Gefängnis erkannt werden. § 12 (1) Wer einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, kann von jedem Gewerbetreibenden, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandte Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Belange, soweit sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (2) Nimmt in einem geschäftlichen Betriebe ein Angestellter oder Beauftragter Handlungen vor, die nach diesem Gesetz unzulässig sind, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. § 13 Die in § 27 a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932, Zweiter Teil, Artikel I (Reichsgesetzbl. I S. 122) vorgesehenen Einigungsämter können bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus diesem Gesetz angerufen werden.

314

Anhang § 14

(1) Die Gesetz tritt am 1. Januar 1934 in Kraft. (2) Ansprüche aus vorher eingeleiteten Preisnachlassgeschäften bleiben unberührt. Jedoch müssen die auf Grund dieser Geschäfte ausgegebenen Gutscheine (Sparmarken, Kassenzettel, Bons und dergl.) der Zahl- und Leistungsstelle spätestens bis zum 31. März 1934 vorgelegt werden, sofern die Bedingungen des Preisnachlassgeschäftes nicht den Vorschriften diesen Gesetzes entsprechen. Erreicht Zahl oder Betrag der in einem solchen Fall zur Verfügung stehenden Gutscheine nicht den erforderlichen Mindestbetrag, so kann der Nachlassbetrag unter einer verhältnismäßigen Minderung verlangt werden. § 15 Die Vorschriften des Gesetzes über das Verbot des Verkaufs von Tabakerzeugnissen unter Steuerzeichenpreis vom 21. September 1933 (RGBl. I S. 653) bleiben, soweit sich aus ihnen etwas anderen ergibt, unberührt. § 16 Zum Ersatz eines Schadens, der durch die in diesem Gesetz bestimmten Maßnahmen entsteht, sind weder das Reich noch die Länder verpflichtet. § 17 Die Reichsregierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsund Verwaltungsverordnungen. Sie kann auch Vorschriften ergänzenden oder abändernden Inhalts erlassen. Berlin, den 25. November 1933 Der Reichskanzler Adolf Hitler Der Reichswirtschaftsminister Dr. Schmitt

Quellen- und Literaturverzeichnis A. Archivarische Quellen I. Bundesarchiv Berlin (BArch) 1. Reichstag, R 101 805

Unlauterer Wettbewerb (Februar 1903 – Mai 1930) 2. Neue Reichskanzlei, R 43 II

349

Zugabewesen und unlauterer Wettbewerb (Juli 1933 – August 1935) 3. Akten des Reichs-Justizamtes, a) R 30 01

2150

Handel mit Gutscheinen (Hella- und Hydrasysteme, Rabattunwesen und dergl. (Dezember 1900 – Februar 1928)

2642

Unlauterer Wettbewerb (April 1883 – Februar 1895)

2643

Unlauter Wettbewerb (Februar 1895 – März 1895)

2644

Unlauterer Wettbewerb (Nov. 1899 – Januar 1907)

2645

Unlauterer Wettbewerb (Januar 1907 – Januar 1909)

2649

Äußerungen der Presse über den unlauteren Wettbewerb (Juli 1898 – Januar 1905) b) R 1501 (Deutsches Zentralarchiv, Reichsministerium des Innern)

107683

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (1884 – 1895)

107684

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (Oktober 1884 – März 1895)

107685

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (April 1895 – Mai 1896)

107686

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (Mai 1896 – Dezember 1901)

107689

Unlauterer Wettbewerb im Handel und Verkehr (März 1907 – September 1908)

107690

Unlauterer Wettbewerb im Handel und Verkehr (März 1907 – September 1908)

316

Quellen- und Literaturverzeichnis

107691

Unlauterer Wettbewerb im Handel und Verkehr (September 1908 – Mai 1909)

107695

Unlauterer Wettbewerb im Handel und Verkehr – Äußerungen Privater und der Presse (November 1903 – August 1906)

107696

Unlauterer Wettbewerb im Handel und Verkehr – Äußerungen Privater und der Presse (1906 – 1910) 4. Reichsjustizministerium, R 30 01

2631

Rabatt- und Zugabewesen (Juni 1929 – Mai 1930)

2632

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr – Rabatt- und Zugabewesen (Mai 1930 – Januar 1931)

2633

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (Februar 1931 – Juni 1931)

2634

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (November 1931 – März 1932)

2635

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (März 1932 – Oktober 1932)

2636

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (August 1932 – März 1933)

2637

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (Februar 1933 – Juni 1933)

2638

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (Juni 1933 – Januar 1934)

2639

Erlass gesetzlicher Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr (Januar 1934 – September 1934)

2641

Unlauterer Wettbewerb / Gewerbewesen (September 1926 – Dezember 1930) 5. Reichswirtschaftsministerium, R 31 01

2197

Unlauterer Wettbewerb / Gewerbewesen (September 1926 – Dezember 1930)

2198

Zugabewesen / Gewerbewesen (März 1929 – Oktober 1929)

2199

Zugabewesen / Gewerbewesen (September 1930 – Februar 1930)

2201

Zugabewesen (Mai 1930 – August 1930)

2202

Zugabewesen (August 1930 – Mai 1931)

2203

Zugabewesen (Mai 1931 – Dezember 1931)

2204

Zugabewesen (Januar 1932 – Dezember 1932)

2205

Zugabewesen – Eingaben (Oktober 1931 – Februar 1931)

2206

Zugabewesen – Eingaben (März 1932 – April 1933)

2207

Zugabewesen – Eingaben (April 1933 – Mai 1933)

2208

Zugabewesen – Eingaben (Juni 1933 – August 1933)

Quellen- und Literaturverzeichnis

317

6. Vorläufiger Reichswirtschaftsrat, R 401 997

Zugabewesen – Gutachten (Juni 1929 – Mai 1930)

998

Zugabewesen – Eingaben (Juni 1929 – November 1929)

999

Zugabewesen – Material der Konsumvereine (April 1929 – Oktober 1929)

999a

Zugabewesen – Material der Konsumvereine (April 1929 – Oktober 1929)

1000

Zugabewesen – Materialsammlung (Zeitungsartikel, Werbebroschüren etc.)

1000a

Zugabewesen – Materialsammlung (Zeitungsartikel, Werbebroschüren etc.)

1001

Arbeitsausschuss betreffend die wirtschaftlichen Wirkungen des Zugabewesens (Juni 1929 – April 1930)

1003

Sitzungsprotokolle des Arbeitsausschusses zur Vorbereitung des Gutachtens (Dezember 1929 – April 1930)

1005

Zugabewesen (kleine Materialsammlung, Fotos, Anzeigen etc.)

II. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) Preußisches Justizministerium, Hauptabteilung I Rep. 84 a 5791

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 1895 – 1901

5792

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 1901 – 1906

5793

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 1906 – 1909

5794

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 1910 – 1924

5795

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 1925 – 1930

5796

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 1930 – 1934

5804

Preisnachlässe (Rabattwesen) 1933 – 1934

III. Archiv der Handelskammer Hamburg (HK HH) Protokolle des Deutschen Handelstages 80.A.2.o.1 Mitteilungen des Deutschen Handelstages 80.A.2.h.3 Mitteilungen des Deutschen Handelstages

318

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