Die Rechtsverfolgung der Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder im Ausland [Reprint 2022 ed.] 9783112669921, 9783112669914

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Die Rechtsverfolgung der Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder im Ausland [Reprint 2022 ed.]
 9783112669921, 9783112669914

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Literatur
Einleitung
I. Teil. Europa
1. Albanien
2. Andorra
3. Belgien
4. Bulgarien
5. Dänemark
6. Danzig
7. Deutschland
8. Estland
9. Finnland
10. Frankreich
11. Gibraltar
12. Griechenland
13. Großbritannien
14. Jugoslawien
15. Italien
16. Lettland
17. Liechtenstein
18. Litauen
19. Luxemburg
20. Monaco
21. Niederlande
22. Nowegen
23. Österreich
24. Polen
25. Portugal
26. Rumänien
27. Rußland
28. Schweden
29. Schweiz
30. Spanien
31. Tschechoslowakei
32. Türkei
33. Ungarn
Aus dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß
II. Teil Asten
1. Afghanistan
2. Britisch-Hinterindien
3. Ceylon
4. China
5. Französische Besitzungen
6. Hongkong
7. Indien
8. Irak
9. Japan
10. Niederländisch-Indien
11. Palästina
12. Persien
13. Philippinen
14. Portugiesische Besitzungen
15. Syrien und Libanon
III. Teil. Afrika
1. Abessinien
2. Ägypten
3. Französische Besitzungen
4. Goldküste
5. Italienische Besitzungen
6. Kenya-Kolonie
7. Kongo
8. Marokko
9. Nigeria
10. Portugiesische Besitzungen
11. Spanische Besitzungen
12. Union von Südafrika
IV. Teil. Amerika
1. Argentinien
2. Bolivien
3. Brasilien
4. Chile
5. Columbien
6. Cuba
7. Curacao
8. Ecuador
9. Französische Besitzungen
10. Haiti
11. Kanada
12. Mexiko
13. Mittelamerika und Panama
14. Niederländisch-Guayana
15. Paraguay
16. Peru
17. Uruguay
18. Venezuela
19. Vereinigte Staaten von Nordamerika
V. Teil. Australien
Australischer Bund
Alphabetisches Sachregister

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Die Rechtsverfolgung der Anterhaltsansprüche

unehelicher Kinder im Ausland Lerausgegeben von

Rechtsanwalt

Dr. Konrad Weitpert,

Vorstand der Amtsvormundschast München

Dr. jur. Wilhelm Richter, Vereinsvormund beim Caritasverband Nürnberg.

19 2 9 München, Berlin, Leipzig I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).

Der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Berufsvormünder gewidmet.

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, Vorbehalten. Printed in Germany.

Vorwort. Als wir daran gingen, den Titel und das Vorwort dieses Buches zu entwerfen, da erinnerten wir uns an die Worte von Friedrich Novalis*): „Oft ist der Titel selbst physiognomisch lesbar genug. Auch die Vorrede ist ein subtiler Büchermesser. Die Klügeren lassen deshalb jetzt diesen verräterischen Jnhaltsanzeiger gewöhnlich weg und die Bequemen tun es, weil eine gute Vorrede schwerer ist, wie ein Buch — denn, wie der junge Revolutionär Lessing sich ausdrückte, ist die Vorrede Wurzel und Quadrat des Buches zugleich, und ich füge hinzu, mithin nichts anderes, als die echte Rezension desselben." Ein Vorwort, das sich als eine Rezension, also als eine Selbstkritik des Buches werten läßt, erschien auch uns schwierig. Immerhin glaubten wir aber die Forderungen des großen Meisters hinsichtlich der Vorrede wenigstens insoweit erfüllen zu müssen, als wir mit einigen Worten auf die Gründe Hinweisen wollen, die uns die Abfassung des Buches notwendig erscheinen ließen und aus denen gleichzeitig sein Zweck ersichtlich ist. Ob dieser Zweck wirklich erreicht wird, müssen wir allerdings dem Urteil jener überlassen, zu deren Unterstützung das Werk gedacht ist. Die vorwärtsstürmende Entwicklung unserer modernen Zeit auf allen Gebieten des menschlichen Lebens bringt die Völker dieser Erde, mögen sie sich auch noch so ablehnend gegenüberstehen, in immer nähere Berührung miteinander. Die unablässig fortschreitende Vervollkommnung der Verkehrsmittel, die immer engere Verflechtung aller wirtschaftlichen und politischen Beziehungen und der damit Hand in Hand gehende Austausch sachlicher und geistiger Güter führt notwendigerweise zu einem Fallen der Schranken zwischen den Angehörigen der verschiedenen Nationen, zu ihrem immer lebhafteren Verkehr untereinander und schließlich auch in steigendem Maße zur wechselseitigen Seßhaftmachung im fremden Gebiet. Notwendigerweise muß hierbei die Frage entstehen, wie die Rechte und Pflichten zu gestalten und zu verwirklichen sind, deren Träger sich nach ihrer Entstehung in ein fremdes Land begeben haben. Das Problem gestaltet sich um so komplizierter, als das Personalstatut des Ausländers vielfach mit den Gesetzen seines neuen Aufenthaltsortes nicht übereinstimmt. Die Rechtsgrundsätze, die sich hinsichtlich der Lösung solcher Fragen im Lauf der Zeit unter den Völkern herausgebildet haben, sind dem Juristen unter der Bezeichnung „Internationales Privatrecht" geläufig. Ein kleiner Ausschnitt hieraus bildet den Gegenstand dieses Buches und zwar handelt es sich um ein Spezialgebiet, dessen täglich wachsende Bedeutung ohne weiteres aus dem Gesagten hervorgeht und dessen Schwierigkeit dem berufsmäßig damit Befaßten nur allzu gut bekannt sein dürfte. Ständig wächst die Zahl der Fälle, in denen die rechtlichen Beziehungen zwischen Personen, die sich im Ausland befinden und ihren im Inland zurückgebliebenen ehelichen oder unehelichen Kindern geklärt und die Erfüllung der hieraus sich ergebenden Rechte *) Friedrich v. Hardenberg genannt Novalis, 1772—1801.

IV

Vorwort.

und Pflichten angestrebt werden muß. Da aber gerade auf diesem Gebiet das internationale Privatrecht sehr häufig die Anwendung ausländischer Gesetze vorschreibt, gehört deren Kenntnis schon jetzt zum unerläßlichen Handwerkszeug aller, die auf diesem Gebiet Recht suchend oder Recht anwendend tätig sind. Ermutigt durch die in langjähriger Arbeit gewonnenen praktischen Erfahrungen haben wir daher versucht, den beteiligten Kreisen die Unterlagen zur Lösung der einschlägigen Rechtsfragen in gedrängter Form zugänglich zu machen. Wir waren dabei darauf bedacht, nur die neuesten gesetzlichen Bestimmungen des Auslandes darzustellen, da sonst das Buch seinen praktischen Zweck, dem es ja in erster Linie zu dienen bestimmt ist, verfehlen würde. Immerhin dürfte es auch dem Wissenschaftler vom rechtsvergleichenden Standpunkt aus, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Reform des Unehelichenrechtes in Deutschland, manche wertvolle Aufklärung und Anregung bringen. Von der Aufnahme einer Zusammenstellung der deutschen diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Ausland, die an sich durch den Zweck des Buches geboten gewesen wäre, wurde wegen der häufig eintretenden Veränderungen Abstand genommen. Das Auswärtige Amt ließ bis jetzt alljährlich ein jeweils auf den neuesten Stand gebrachtes Verzeichnis in Carl Heymanns Verlag in Berlin erscheinen. Es ist wohl anzunehmen, daß dieses Verzeichnis auch künftig jedes Jahr neu erscheinen wird. Wir erachten es als unsere Pflicht, auch an dieser Stelle den deutschen Vertretungen im Ausland, die unser Bemühen, das Unterhaltsrecht der unehelichen Kinder im Ausland möglichst lückenlos darzustellen, in außerordentlich verständnis­ voller und entgegenkommender Weise unterstützt haben, unseren ergebensten Dank auszusprechen. Ebenso gilt unser Dank allen jenen innerhalb der deutschen Grenzpfähle, die uns beim Aufbau des Werkes tatkräftig unterstützt haben. Besondere Erwähnung verdienen Herr Amtsrichter Ernst Trümmer beim Vor­ mundschaftsgericht München, der uns sein reiches Wissen im ausländischen Recht und seine ausgezeichneten Kenntnisse in fremden Sprachen zur Verfügung gestellt hat, die Wohlfahrtsoberpflegerin Frl. Lucie Carle, die fünfzehn Jahre bei der Amtsvormundschaft München Auslandssachen bearbeitet und uns auf Grund ihrer reichen Erfahrungen wertvolle Bausteine geliefert hat, sowie Herr Rechtsanwalt Alois Rauck und Herr Oberregierungsrat a. D. Dr. Karl Wolff in München, die für die vorliegende Arbeit beachtenswerte Anregungen gegeben haben. München, im Oktober 1929.

Die Berfaffer.

Inhaltsübersicht. Vorwort Literatur Einleitung

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28 29. 30. 31. 32. 33.

..................................................................

I. Teil: Europa. Albanien Andorra Belgien Bulgarien Dänemark Danzig Deutschland Estland Finnland Frankreich Gibraltar Griechenland Großbritannien und Irland a) England b) Schottland c) Irland Jugoslawien Italien Lettland Liechtenstein Litauen. Luxemburg Monaco Niederlande Norwegen Österreich Polen Portugal Rumänien Rußland Schweden Schweiz Spanien Tschechoslowakei > Türkei Ungarn. Aus dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß: Armenrecht

III VII VIII

3 3 3 7 9 .10 .10 11 .11 13 16 16 24 25 28 28 29 30 39 40 40 41 44 44 47 51 55 57 60 61 66 .70 75 79 83 89 .... 90

II. Teil: Asien.

1. 2. 3. 4.

Afghanistan Britisch Hinterindien Ceylon China

95 95 95 95

Inhaltsübersicht.

VI

Sette

5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Französische Besitzungen................................................................................................................ 97 Hongkong (Britische Besitzung)............................................................................................. 97 Indien............................................................................................................................................ 97 Irak.......................................................................................................................................... 102 Japan.......................................................................................................................................... 104 Nieder!ändisch-Jndi en ...............................................................................................................106 Palästina................................................................................................................................. 108 Persien.......................................................................... . 112 Philippinen................................................................................................................................. 112 Portugiesische Besitzungen.............................................. • 116 Syrien und Libanon...................................................................................................................... 117

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

III. Teil: Afrika. Abessinien................................................................................................................................. 121 Ägypten.......................................................................................................................................... 121 Französische Besitzungen........................................................ 122 Goldküste (Britische Goldküstenkolonie)..................................................................................122 Italienische Besitzungen.............................................................................................. . 122 Kenya Kolonie (Britisch Ostafrika)............................................................................................122 Kongo (Belgische Kolonie)..................................................................................... 123 Marokko ...........................................................................................................................................124 Nigeria (Kolonie und Protektorat)........................................................................................... 124 Portugiesische Besitzungen.....................................................................................................125 Spanische Besitzungen.............................................................................................................. 125 Union von Südafrika.............................................................................................................. 125

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

IV. Teil: Amerik a. Argentinien................................................................................................................................. 131 Bolivien...........................................................................................................................................132 Brasilien...........................................................................................................................................133 Chile ...........................................................................................................................................134 Columbien.................................................................. 135 Cuba ............... 137 Curayao (Niederländisch-Westindische Kolonie).........................................................................139 Ecuador.......................................................................................................................................... 139 Französische Besitzungen...............................................................................................................139 Haiti...........................................................................................................................................139 Kanada...........................................................................................................................................HO Mexiko.....................................................................................................................................140 Mittelamerika undPanama....................................................................................................... 140 Niederländisch-Guayana(Surinam).................................................................................... 141 Paraguay ..................................................................................................................................141 Peru.............................................................................................. ... 142 Uruguay...........................................................................................................................................143 Venezuela................................................................................................................................. 145 Vereinigte Staaten vonNordamerika.................................................................................. 148 V. Teil: Australien. Australischer Bund

155

Literatur. Andrees Handatlas, 8. Auflage, Verlag von Belhagen & Klasing in Bielefeld und Leipzig 1928. Bergmann — Dr. Alexander Bergmann, „Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht", Band I: Allgemeine Einführung — 1926, Band II: Ehe- und Kindschaftsrecht der europäischen Staaten — 1926 und Band III: Ehe- und Kindschaftsrecht in außereuropäischen Staaten — 1928; Verlag des Reichsbundes der Standesbeamten Deutschlands, Berlin. Cairns — Alexander Cairns, „Eversley’s Law of the Domestic Relations“; fourth edition, Sweet & Maxwell, Limited, 2 & 3 Chancery Lane, W. C. 2, London 1926. Code Civil Ture — „Code Civil Ture“; la lSgislation turque, John A. Rizzo Editeur — Imprimeur, Roman Han — Galata, Constantinople 1926. Franchi — Prof. L. Franchi della R. Universitä di Pavia, „Codici e leggi del Regno d’Italia: Codice Civile“; settima edizione, Ulrico Hoepli, Milano 1921. Freund — Dr. Heinrich Freund, „Das Zivilrecht der Sowjetunion" in Band VI „Die Zivil­ gesetzgebung der Gegenwart"; Verlag I. Bensheimer, Berlin, 1927. Freund — Ernst Freund, Professor of jurisprudence and public law University of Chicago law school, „Illegitimacy laws of the United States“ (U. 8. Department of labor children’s bureau); Government printing office, Washington 1919. Fürer — Dr. jur. I. Fürer, „Die Adoption, Legitimation und die Kindesanerkennung im inter­ nationalen Rechte"; Hermann Beyer & Söhne (Beyer & Mann), Langensalza 1926. Keller-Klumker — Dr. Arthur Keller, Chr. I. Klumker, „Säuglingssürsorge und Kinderschutz in den europäischen Staaten"; Verlag von Julius Springer, Berlin 1912. Klumker — siehe Keller. Klumker — Dr. Chr. I. Klumker, „Uneheliche Kinder in den nordischen Ländern und im Deutschen Reiche"; Hermann Beyer & Söhne (Beyer & Mann), Lanaensalza 1925. Luxemburg — Memorial des Großherzogtums Luxemburg Nr. 29, 1925. Meukel — Dr. Leonhard Meukel, „Der zwischenstaatliche Rechtsverkehr in Zivil- und Straf­ sachen"; C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München 1929. Riß-Weitpert-Richter — Franz Riß, Dr. Konrad Weitpert, Dr. Wilhelm Richter, „Jugendwohl­ fahrtsrecht Band 3: Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt", Handausgabe; Bayer. Kommunal­ schriftenverlag München 1926. Schey — Dr. Josef Freiherr von Schey, „Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für Österreich"; Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1922. Staudinger — I. v. Staudinger's Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch VI. Band: Ein­ führungsgesetz. Erläutert von Fritz Keidel. 9. Auflage; Verlag I. Schweitzer München, Berlin unv Leipzig 1929. Stevenson = Marietta Stevenson, Ph. D., „Analysis and tabular summary of state laws relating to illegitimacy in the united states, in effect january 1, 1928 and the text of selected laws“; (United States department of labor, children’s bureau, chart No. 16). United States government printing office, Washington 1929. Tomforde = Dr. Hans Tomforde, „Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Ausland", 2. Auslage; Verlag von Hermann Beyer & Söhne (Beyer & Mann), Langensalza 1924. Verzeichnis - Verzeichnis der deutschen diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Ausland; herausgegeben vom Auswärtigen Amt; Carl Heymanns Verlag, Berlin 1929. Weitpert — R.A. Dr. Konrad Weitpert, „Ungeborene", Bayer. Druckerei und Verlagsanstalt München 1929. Weitpert — R.A. Dr. Konrad Weitpert, „Wegweiser für den Vormund", 10. Tausend; Bayer. Druckerei und Berlagsanstalt München 1927.

Einleitung Als das Verfassungswerk von Weimar unter dem Zwang, aus einer furcht­ baren Katastrophe einen Ausweg zu neuem staatlichen Leben zu finden, geschaffen wurde, da mag vielen die ideologische Sprache dieses Reformwerkes wie ein schriller Mißton geklungen haben im Sturm und Drang jener von politischer und wirtschaftlicher Not gepeitschten Zeit, die erfüllt von schroffstem Materialismus nur noch die Sorge um die eigene Existenz kannte und den Begriff des Gemein­ wohls als ein abgegriffenes Requisit vergangener Zeiten bestenfalls mitleidig belächelte. Wenn trotzdem die Schöpfer der Verfassung bei ihrer Neugestaltung ein besonderes Gewicht darauf legten, ihr Reformwerk mit sittlichen Grundsätzen für das Gemeinschaftsleben zu untermauern, so zeugt dies davon, daß der Zu­ sammenbruch, der nur die finsteren Mächte schlimmster menschlicher Leidenschaften entfesselt zu haben schien, doch auch gleichzeitig moralische Triebkräfte freigemacht hatte, deren Wirken freilich erst langsam nach wiedereingetretener Beruhigung der Verhältnisse erkennbar wurde. Die Weimarer Verfassung dankt es sicherlich nicht zuletzt den hohen ethischen Grundsätzen, von denen sie in sozialpolitischer Hinsicht getragen wird, daß sie trotz aller Schwächen und Unzulänglichkeiten, die eine Folge ihrer stürmischen Geburtsstunde waren, sich bis heute behauptete. Zu den Problemen, die die Weimarer Gesetzgeber in den Vordergrund schoben, gehörte auch die Besserung der öffentlichen und privatrechtlichen Stellung der unehelichen Kinder. Durch das Versprechen, ihnen die gleichen Bedingungen für ihre leibliche, seelische und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen wie den ehelichen Kindern, wurde ihnen eine bessere Zukunft verheißen. Sie sollten erlöst werden von dem Fluch, der Jahrhunderte hindurch ihre natürliche Entwicklung hemmte, ihr Leben vergiftete und fie bis an ihr Ende als Menschen minderen Rechtes brandmarkte. Fürwahr ein großes und schönes Ziel, das der Gesetzgebung hier gesetzt wurde. Die kommenden Jahre zeigten das ehrliche Bemühen, das gegebene Ver­ sprechen einzulösen. Aber hierbei trat erst in aller Schärfe hervor, daß die ge­ stellte Aufgabe Schwierigkeiten barg, die auch heute noch nach jahrelanger gründ­ lichster Durcharbeitung des Problems einfach unlösbar erscheinen. Anknüpfend an das Gesetz vom 4. August 1914 betreff die Unterstützung von Familien der in den Dienst eingetretenen Mannschaften, das grundsätzlich uneheliche Kinder den ehelichen gleichstellte, bemühte man sich den gleichen Gedanken bei der nach dem Krieg ergehenden wiederholten Neuregelung der Beamtenbefoldungen, bei der Schaffung der Tarifverträge für die Angestellten und Arbeiter des Reiches und der Länder, bei der Versorgung der Kriegsbeschädigten, bei der Sozial­ versicherung, bei der Erwerbslosenfürsorge und insbesondere bei der allgemeinen Regelung der Wohlfahrtspflege durch die Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924, schließlich auch in zahlreichen Steuergesetzen zu ver­ wirklichen. Nicht geringe Lasten wurden hier von der Allgemeinheit übernommen.

um die materielle Lage vieler unehelicher Kinder zu verbessern. Während sich aber diese Fürsorge immer nur auf die unehelichen Kinder eines bestimmten Kreises von Vätern ober Müttern beschränkte, brachte erstmalig das Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 7. Juli 1922 Bestimmungen, die allen unehelichen Kindern ohne Unterschied zugute kamen und die vor allem dem Zweck dienten, im einzelnen Fall die Hilfsbedürftigkeit eines unehelichen Kindes rascher zu erkennen und die notwendige Fürsorge zu beschleunigen und zu erleichtern. Während aber alle diese gesetzgeberischen Reformen, abgesehen von der No­ velle zum Reichspersonenstandsgesetz vom 11. Juni 1920 (RGBl. I S. 1209), betr. Auszüge aus den Heirats- und Sterberegistern, und der Novelle vom 14. Februar 1924 (RGBl. I S. 116) betr. Geburtsscheine, ausschließlich die Besserung des materiellen Loses der Unehelichen zum Gegenstand hatten, blieb das Hauptproblem, nämlich die Angleichung der privatrechtlichen Stellung der Unehelichen an jene der ehelichen Kinder und darüber hinaus die Gleichstellung beider in gesellschaftlicher Hinsicht nach wie vor in der Schwebe. Nach langen Beratungen wurde schließlich vom Reichsrat ein zweiter Gesetzentwurf beschlossen und dem Reichstag zur Beschlußfassung zugeleitet, der einstweilen als Nr. 733 der Reichstagsdrucksachen von 1929 der Kritik der Öffentlichkeit unterbreitet ist. Es sei gleich vorweg genommen, daß der Versuch, auf gesetzgeberischem Weg die unehelichen Kinder den ehelichen Kindern gleichzustellen, als gescheitert be­ trachtet werden muß. Zwar bringt der Entwurf für jene Kinder, hinsichtlich deren die Vaterschaft, sei es durch freiwilliges Anerkenntnis, sei es durch Gerichtsurteil festgestellt ist, eine gewisse persönliche Hebung, indem ihnen die Erlangung des Familiennamens ihres Vaters erleichtert und ihrem Vater sogar die Möglichkeit geboten wird, gegen die Übernahme der gleichen Unterhaltspflicht wie gegenüber einem ehelichen Kind das Recht der Personenfürsorge für das Kind und in geeigneten Fällen sogar die volle elterliche Gewalt über das Kind zu erlangen. Doch lehrt die Er­ fahrung, daß im allgemeinen das Interesse der unehelichen Väter an ihren Kindern viel zu gering ist, als daß zu hoffen wäre, daß die Mehrzahl von ihnen die hier gebotene Gesetzeswohltat unter Übernahme der vom Gesetz verlangten Opfer den Kindern zugute kommen lassen wird. Materiell soll die Lage dieser Kinder dadurch gebessert werden, daß einmal der Kreis der Unterhaltspflichtigen durch Einbeziehung der Eltern des Vaters vergrößert und daß gleichzeitig das Maß des zu gewährenden Unterhalts inso­ fern erweitert wird, als neben der Lebensstellung der Mutter zugunsten des Kindes auch die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Vaters beachtet werden sollen, was allerdings auf der anderen Seite wieder eine gewisse Abschwächung erfahren soll durch das für den Vater neugeschaffene Recht, im Falle eigener Bedürftigkeit eine angemessene Senkung der Unterhaltsbeiträge unter das dem Stand der Mutter entsprechende Maß zu verlangen. Die Unterhaltspflicht des Vaters soll ferner zeitlich bis zu dem Zeitpunkt ausgedehnt werden, wo das Kind auf der Grundlage seiner beruflichen Ausbildung imstand ist, sich selbst zu unter­ halten, während für den Fall eines außerordentlichen Bedürfnisses, insbesondere bei schwerer Erkrankung des Kindes, eine Erhöhung der Unterhaltsleistung in Gestalt einer Sonderleistung des Vaters vorgesehen ist. Abschließend soll auch eine gewisse Besserstellung der körperlich und geistig gebrechlichen Kinder gegen­ über dem bisherigen Rechtszustand nicht vergessen werden.

X

Einleitung.

Auf erbrechtlichem Gebiet mußten sich die von einem Vater anerkannten Kinder damit zufrieden geben, daß die Befugnis des Erben, sie nach § 1712 BGB. auf den Pflichtteil zu verweisen, eingeschränkt wurde und ihnen unter gewissen Umständen ein Anspruch auf Abfindung aus dem Nachlaß des Vaters gewährt wurde. Jene Kinder aber, deren Vater nicht mit Sicherheit zu ermitteln ist, und es handelt sich hier um nahezu ein Drittel aller unehelichen Kinder, sollen nach dem Entwurf nur einen Unterhaltsanspruch von gleicher Art und Höhe gegen einen der mehreren Beihälter ihrer Mutter erlangen, wie er bisher den un­ ehelichen Kindern gegenüber ihrem als Vater festgestellten Erzeuger einge­ räumt war. Nur nebenbei sei noch erwähnt, daß die Rechtslage jener Kinder, deren Er­ zeuger sich der Anerkennung oder gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft ent­ zieh! oder jener Kinder, hinsichtlich deren die Beihälter der Mutter nicht fest­ stellbar sind, im wesentlichen auch künftig unverändert bleiben soll. Das Gesamtergebnis des Reformwerkes konnte, was vielen Einsichtigen schon vorher klar geworden war, nicht gut anders ausfallen. Man kann einem Kind nicht die fehlende Familie nachträglich von Staats wegen schaffen, so kunst­ volle Ersatzmittel man auch für diesen von der Natur geschaffenen Organismus erdenken mag. Fehlt aber die Familie, so fehlt die Wurzel und natürliche Voraus­ setzung aller jener Vorteile, die der Familienverband seinen Angehörigen in recht­ licher und tatsächlicher Hinsicht gewährt. Da aber die Familie die Grundlage des Staates ist und es nach Artikel 119 der Deutschen Reichsverfassung für Deutschland auch künftig bleiben soll, bleibt jeder Versuch, einem Kind ohne Familie auf künstlichem Weg die Stellung, Rechte und Vorteile der ehelichen Geburt schaffen zu wollen, ein eitles, nutzloses Unterfangen. Resigniert steht man vor diesem Ergebnis. In seiner ganzen Schwere wird dieser Mißerfolg menschlichen Strebens erst offenbar, wenn man sich kurz die Zahlen der hierbei Betroffenen und ihre Bedeutung für die Zukunft des deutschen Volkes vergegenwärtigt. In Deutschland leben nahezu zweieinhalb Millionen Menschen unehelicher Abkunft, darunter eine Million unter 14 Jahren. Im Jahre 1914 wurden in Deutschland 183114 uneheliche Kinder geboren. Nach dem Krieg sank ihre Zahl infolge der Verringerung des Gebietsstandes des Deutschen Reiches, betrug aber beispielsweise im Jahre 1925 immer noch 160452. Im gesamten Deutschen Reich ist jedes zehnte Kind, das geboren wird, in Bayern sogar jedes sechste Kind und in München jedes dritte Kind unehelicher Abkunft. Wie beredt ist doch die Sprache dieser Ziffern angesichts der Tatsache, daß wir in einer Zeit unaufhaltsamen Geburtenrückganges leben, eines Rückganges, der für unser Vaterland um so gefährlicher geworden ist, als die furchtbaren Wunden, die der Krieg unserem Volkskörper geschlagen, nicht nur weit von einer Heilung entfernt sind, sondern durch die teuflisch erdachte wirtschaftliche Drosse­ lung des Versailler Diktates auch noch künstlich offen gehalten werden in der Absicht, unser Volk auch weiterhin langsam aber sicher zahlenmäßig zu ver­ mindern und uns so für die endgültige Vernichtung reif zu machen. Es hieße die Lehren der Geschichte gründlich verkennen, wenn man sich nicht darüber klar sein wollte, daß unser Schicksal bei dem Daseinskampf, den wir

Einleitung.

XI

gegen unsere Feinde durchzukämpfen haben werden, von der Erhaltung unserer Volkskraft und Zahl entscheidend bestimmt werden wird. Welche Wichtigkeit dem Problem des Bevölkerungszuwachses von allen euro­ päischen Völkern beigemessen wird, das ersieht man aus der Sorge, mit der diese Frage in der Presse, in den Parlamenten, in den wissenschaftlichen Kreisen, kurz in der gesamten Publizistik jedes Landes fortlaufend erörtert wird. Die Versuche, die unehelichen Geburten aus moralischen, aus fürsorge- öder bevölkerungspolitischen Gründen einzudämmen, sind endgültig erfolglos ge­ blieben. Es wäre bei unserer heutigen Lage nicht nur zwecklos, über derartige Mittel noch länger zu meditieren, nein es wäre gar nicht im Interesse unseres Volkes und seiner Zukunft gelegen, den Geburtenrückgang etwa durch Unter­ drückung der unehelichen Geburten noch beschleunigen zu wollen. Insbesondere sind Empfängnisverhinderung wie Abtreibung in wie außer der Ehe als unser Volk schädigend zu verwerfen. Nur ein Ziel kann es auf diesem Gebiet geben, das ist die bestmögliche Erhaltung des Lebens aller unehelich Geborenen, ihre sorgfältige Pflege und Erziehung, auf daß sie vollwertige Menschen und als solche ein kraftvoller Zu­ wachs für unser deutsches Volkstum werden. Leider sieht die Wirklichkeit ganz anders aus und der Grund hierfür ist leicht festzustellen. Es liegt in der Natur der Dinge, daß die Entwicklung eines Menschen im wesentlichen durch seine wirtschaftliche Lage bestimmt wird. Zwangs­ läufig wird das Schicksal der Unehelichen geformt durch die Tatsache, daß die notwendigen Mittel für ihre Ernährung, ihre Bekleidung und ihre Erziehung nicht ausreichend beschafft werden können. Fast 9Oo/o aller unehelichen Mütter in Deutschland gehören den unbemittelten Klassen an. Sie sind durchweg nicht in der Lage, ihr Kind selbst zu erhalten. Der Staat verweist sie in erster Linie auf den Unterhaltsbeitrag des unehelichen Vaters und letzten Endes auf die Wohlfahrtspflege. Die Beiträge beider sind ungenügend. Mag auch das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch bestimmen, daß der Vater den vollen Unterhalt des un­ ehelichen Kindes zu leisten habe, so ist es doch nie gelungen, diesen Gesetzeswillen in die Tat umzusetzen. Einmal beraubte der Gesetzgeber selbst seine Anordnung ihrer vollen Wirksamkeit, indem er den Lebensstand der Mutter als Maßstab für den zu leistenden Unterhalt festsetzte, auf der anderen Seite aber, und das muß leider gesagt werden, hat die Rechtsprechung die Bedürfnisse dieses durch­ schnittlichen Lebensstandes auf ein solch armseliges Maß zusammengeschnitten, daß tatsächlich nur das nackte Leben des Kindes aus dem vom Vater zu leistenden Unterhalt gefristet werden kann. Das Kind muß daher mit einem großen Teil seiner Bedürfnisse seiner Mutter zur Last fallen, der Mutter, die oft selbst nicht ihren eigenen Notbedarf zu befriedigen imstande ist. Bei fremden Leuten unter­ gebracht, die in der Regel das Kind nur aufnehmen, weil sie sich aus den Pflege­ geldern einen finanziellen Vorteil erhoffen, der aber oft ausbleibt, fehlt dem Kind meist alles, was ihm seine Jugendzeit heiter und froh stimmen könnte, ja es muß glücklich sein, wenn es nicht zu Hunger und Not auch noch die Miß­ handlungen unzufriedener Pflegeeltern oder einer verbitterten Mutter ertragen muß. Die erschreckend hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit der Unehelichen spricht hier deutlicher, als es auch die lebendigste Darstellung dieses Elends ver­ möchte. Dabei muß man berücksichtigen, daß gerade das Material der unehelichen Kinder vom Volks- und rassenbiologischen Standpunkt aus durchaus nicht minder-

XII

Einleitung.

wertig ist, weil seine Erzeuger meist kräftige junge Menschen in der besten Jugend­ frische sind. Würde solchen Kindern eine entsprechende Pflege und Erziehung zuteil, so würden sie zweifellos eine wertvolle Mehrung für das Volksganze bedeuten. In Wirklichkeit zeigt aber die Statistik, daß sie zu unverhältnismäßig hohem Prozentsatz der Kranken- und Krüppelfürsorge zur Last fallen und daß sich aus ihnen in besonderem Maße Verbrechertum und Prostitution rekrutieren. Unbestreitbar ist diese seelische und sittliche Entgleisung in erster Linie eine Folge der wirtschaftlichen Not, die in ihrer deformierenden Wirkung unerbittlich den Menschen ins Gefängnis oder Arbeitshaus führt, seine körperliche und geistige Gesundheit untergräbt und für ihn Krankheit, Siechtum und frühen Tod bedeutet. Gesetzgeberisch hat sich die ideelle Seite des Problems als unlösbar erwiesen und doch ist sie nicht ganz aussichtslos. Schon seit langem betrachtet der moderne Zeitgeist den Komplex aller die Unehelichen berührenden Fragen aus einem ganz andern Gesichtswinkel als vergangene Jahrhunderte, die unter dem Einfluß romanisch-kanonischer Anschauungen in diesen Kindern nur voll Abscheu die Früchte der Unzucht sahen *). Unverkennbar hat sich in den Anschauungen des Volkes eine Wandlung in der Richtung vollzogen, den unehelich Geborenen als gleichberechtigten Mitmenschen anzuerkennen und ihm aus seiner illegitimen Ab­ kunft keine unnötigen Schwierigkeiten zu bereiten. Freilich leben wir erst in den Anfängen dieser Entwicklung und die Erfahrungen, die man mit dem vergeblichen Versuch machte, dieser geistigen Einstellung auch legislatorisch Ausdruck zu ver­ leihen, beweisen nur zu deutlich, wie weit das Ziel noch entfernt ist. Die Hoff­ nung soll aber nicht begraben werden, daß es der wachsenden Menschlichkeit kommender Generationen gelingen werde, von den Unehelichen auch den letzten Makel in gesellschaftlicher Beziehung zu nehmen und ihnen in allen Angelegen­ heiten des öffentlichen und privaten Lebens als gleichberechtigten und gleich­ geachteten Mitmenschen zu begegnen. Was aber die materielle Seite des Problems anlangt, so kann niemand ernstlich leugnen, daß die Beseitigung der wirtschaftlichen Not und aller damit verbundenen Hemmnisse schon heute in der Reichweite unserer Kräfte liegt. Freilich gehört eine gewisse Großzügigkeit zur Lösung dieser schwierigen Aufgabe. Wie kurzsichtig und engherzig ist doch der bei allen gesetzgeberischen Vorschlägen in dieser Richtung auftauchende Einwand, daß es den unehelichen Kindern auf keinen Fall besser gehen dürfe als den ehelichen Kindern, weil sonst die Familie gefährdet sei. Man vergißt dabei völlig, daß auch in unserer heutigen Zeit ein Unehelicher, selbst wenn er wirtschaftlich besser gestellt sein sollte als ein eheliches Kind, nach wie vor doch nur ein Unehelicher bleibt und sich als solcher alle jene Zurücksetzungen gefallen lassen muß, die sich geschichtlich zu seinen Ungunsten ent­ wickelt haben. Man übersieht weiter, daß ein eheliches Kind, auch wenn es über r) Die katholische Kirche will zwar trotz des harten Urteils über die uneheliche Zeugung den Makel nicht aus das uneheliche Kind selbst übertragen wissen. Dieses wird wie das eheliche Kind durch die Taufe ein vollwertiges Glied der Kirche: es ist ein Kind Gottes mit unsterblicher Seele. Die Kirche hat deshalb von jeher trotz ihrer grundsätzlichen Ein­ stellung, daß nur innerhalb der Ehe Kinder gezeugt werden sollen, ein warmes Herz für die unehelichen Kinder bekundet — es sei nur z. B. an die großzügige Findlingsfürsorge er­ innert. Nach einigen Bestimmungen des Codex juris canonici sind zwar unehelich Ge­ borene von der Erlangung geistlicher Würden ausgeschlossen, es wird jedoch im einzelnen Fall erfahrungsgemäß regelmäßig Dispens gewährt, sofern der unehelich Geborene die übrigen Voraussetzungen erfüllt.

Einleitung.

XIII

geringere Mittel verfügt als ein uneheliches Kind, letzterem immer in seiner Lebenshaltung und seinen Entwicklungsmöglichkeiten überlegen sein wird, weil es geborgen in der Familie und betreut von der Elternliebe psychische Vorteile genießt, die niemals durch Geld ausgewogen werden können. Wenn demnach der Gedanke der Verfassung, den unehelichen Kindern eine gleiche Entwicklungs­ möglichkeit zu schaffen wie den ehelichen, überhaupt irgendwie verwirklicht werden soll, dann ist dies nur möglich durch eine Besserung der materiellen Lage der unehelichen Kinder selbst auf die Gefahr hin, daß sie in dieser Hinsicht den ehe­ lichen Kindern gewisse Vorteilevoraushaben sollten. Mögen sich das jene gesagt sein lassen, die dem sog. Mehrverkehrskind beim Tode oder bei Zahlungsunfähig­ keit des auf Unterhalt belangten Beihälters den Rückgriff auf einen andern der Beihälter abschneiden wollen mit dem billigen Einwand, daß das eheliche Kind auch beim Tode seines Vaters kein Rückgriffsrecht auf einen Ersatzvater habe. Es muß anerkannt werden, daß der Gesetzentwurf einen bedeutsamen Fort­ schritt auf dem Weg der wirtschaftlichen Förderung der Unehelichen darstellt. Freilich konnte man sich nicht entschließen, den unehelichen Kindern einen pri­ mären Unterhaltsanspruch gegen den Staat zu gewähren, wodurch ihre Ver­ sorgung gleichheitlich geregelt und insbesondere von den Wechselfällen eines un­ sicheren Vaterschaftsprozesses sowie von der Gutwilligkeit und Zahlungsfähigkeit des Kindsvaters ein für allemal unabhängig gemacht worden wäre. Man be­ fürchtete daraus eine zu schwere Belastung der öffentlichen Finanzen, wie auch eine Benachteiligung der ehelichen Kinder und nicht zuletzt eine Minderung des Verantwortungsgefühles der Bevölkerung auf dem Gebiet des außerehelichen Beischlafes. Man knüpfte daher die Unterhaltsleistung wie bisher an die privatrechtliche Verpflichtung bestimmter Personen, wobei die Grundlage der Versorgung die Zahlungspflicht des außerehelichen Vaters bildet. Diese Zahlungspflicht muß also im einzelnen Fall gegenüber dem Erzeuger des Kindes festgestellt und bei Nichterfüllung erzwungen werden. Feststellung und Erzwingung begegnen aber in der Wirklichkeit oft den größten Schwierigkeiten und zwar deshalb, weil der Erzeuger des Kindes seinen Aufenthalt ohne Angabe des Reisezieles vorher gewechselt hat. Es ist seltsam aber wahr, daß innerhalb Deutschlands ein Kindsvater sich nur unter Verschweigung seines künftigen Wohnortes aus einem deutschen Land in ein anderes zu begeben braucht, um endgültig dem Zugriff des Vormundes und des Vormundschaftsgerichtes zu entgehen. Zwar bestehen in allen deutschen Ländern polizeiliche Fahndungsblätter, aber meistens sind sie den Vormund­ schaftsorganen für Aufenthaltsrecherchen nach Kindsvätern verschlossen. Ein Fahndungsblatt für das ganze Reichsgebiet existiert erst recht nicht. So muß man es dem Zufall überlassen, ob es nicht gelingt, eines Tages Kunde über den Aufenthalt des flüchtigen Kindsvaters zu erlangen, gewiß ein höchst un­ erfreulicher Zustand. Noch ernster gestaltet sich aber die Lage für das uneheliche Kind, wenn der Kindsvater sich ins Ausland wendet. Zwar kann nach § 11 Abs. II der Bek. zur Ausführung der Paßverordnung vom 4. Juni 1914 einem Unterhaltspflich­ tigen der Paß versagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Paßbewerber den Paß benützen will, um sich durch eine Reise ins Ausland seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten zu entziehen. Ebenso kann ein bereits aus-

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Einleitung.

gestellter Paß nach § 21 der genannten Bekanntmachung aus den gleichen Gründen wieder eingezogen werden. In vielen Fällen kommt aber die Paß­ sperre zu spät oder die Umstände sind so gestaltet, daß sie untunlich erscheint. Infolge der starken durch die Nachkriegsverhältnisse bedingten Auswanderung ist es eine alltägliche Erscheinung geworden, daß der Kindsvater entweder vor oder nach Feststellung seiner Vaterschaft im Ausland gesucht und dort auf Unter­ haltsleistung belangt werden muß. Ganz besonders schwierig wird die Lage für das Kind, wenn sein Erzeuger ausländischer Staatsangehöriger ist. Ihm gegenüber entfällt das Mittel der Paßsperre von vornherein, weil ihm der von seiner Heimatbehörde ausgestellte Reisepaß nicht abgenommen werden darf. Auch der durch die Zivilprozeßordnung gegen einen fluchtverdächtigen Schuldner vorgesehene persönliche oder dingliche Arrest erweist sich Ausländern gegenüber meist als untaugliches Mittel. Da es sich regelmäßig um Personen handelt, die Deutschland nur zu Studien oder Ver­ gnügungszwecken ausgesucht haben, versagt zunächst der dingliche Arrest, weil die nur zu vorübergehendem Aufenthalt eingereisten Ausländer hinreichend wert­ volle, beschlagnahmefähige Vermögensstücke naturgemäß nicht mit sich zu führen pflegen. Der persönliche Arrest aber, der an sich wirksamer wäre, darf nicht an­ gewandt werden, um einen Schuldner zur Herbeischaffung von im Ausland be­ findlichen Vermögenswerten zu zwingen. Infolgedessen muß man leider oft untätig zusehen, wie der ausländische Vater eines unehelichen Kindes ohne Erfüllung seiner Verpflichtungen in seine Heimat zurückkehrt und dorthin gerichtete Zahlungsaufforderungen auch noch mit Schimpf- und Spottreden beantwortet. So bildet denn die Frage, wie man einen im Ausland befindlichen Kinds­ vater auf Anerkennung der Vaterschaft und Leistung des notwendigen Unterhalts belangen könne, angesichts der Häufigkeit der Fälle seit langem einen Gegenstand lebhafter Sorge für Vormünder und Vormundschaftsgerichte. Ein durch Berufsvormundschaften häufig beschrittener Weg besteht darin, den Aufenthalt des Kindsvaters im Ausland durch die deutschen Konsulate oder durch an Ort und Stelle befindliche Vereine der freien Liebestätigkeit auszufor­ schen, um ihn dann durch gütliche Verhandlungen zur Anerkennung und Er­ füllung seiner Pflichten zu veranlassen. Leider versagt aber dieser Lösungsversuch nur allzuoft. Es bleibt dann nur der Ausweg, die Hilfe der fremden Gerichte an­ zurufen. Ob auf diese Weise aber überhaupt eine Hilfe zu erwarten ist, hängt davon ab, ob die Gesetzgebung des betreffenden Landes grundsätzlich Unterhalts­ ansprüche unehelich erzeugter Kinder gegen ihre Väter kennt, des weiteren, ob solche Ansprüche auch einem ausländischen Kind, insbesondere einem deutschen Kind zuerkannt werden und schließlich davon, daß prozessual der richtige Weg eingeschlagen wird, wozu dann noch die Schwierigkeiten der Zwangsvollstreckung kommen. Es liegt auf der Hand, daß eine als Vormund bestellte Privatperson hier in der Regel vor unüberwindlichen Schwierigkeiten steht ganz abgesehen davon, daß allein schon die Unkenntnis der fremden Sprache alle Bemühungen von Anfang an zur Erfolglosigkeit verurteilen muß. Aber auch Jugendämter uni> Berufsvormundschaften, die in der Regel über ein entsprechend geschultes und erfahrenes Personal verfügen, scheitern an der Tatsache, daß die erfolgreiche Geltendmachung der Unterhaltsansprüche im Ausland eine eingehende Kennt-

Einleitung.

XV

nis der Verhältnisse des betreffenden Landes und insbesondere auch der daselbst geltenden Gesetze fordert. Die von Jahr zu Jahr an Zahl wachsenden Bitten von Vormündern und Kindsmüttern, ihnen bei der Nachforschung nach im Ausland befindlichen Kinds­ vätern und bei der Verfolgung der Ansprüche ihrer der Not preisgegebenen Kinder behilflich zu sein, veranlaßten die Münchner Amtsvormundschaft schon im Jahre 1911, die Beratung und Hilfeleistung in solchen Fällen systematisch zu organisieren. Mit Unterstützung der deutschen diplomatischen und konsu­ larischen Vertretungen im Ausland, die stets bereitwilligst gewährt wurde, wandte man sich an dort befindliche Wohlfahrtsvereine und ausländische Behörden, um den Kindsvater zu ermitteln und ihn zur freiwilligen Unterhaltsleistung zu be­ wegen. Nutzte dies nichts, so ließ man sich durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes zur Prozeßführung ermächtigen, falls die Landesgesetze eine solche zu­ ließen, und führte auch die Zwangsvollstreckung auf Grund des erlangten Urteils durch, wenn letztere nicht, was auch ausnahmsweise möglich ist, schon auf Grund eines im Inland erwirkten Vollstreckungstitels betrieben werden konnte. Ermutigt durch die Erfolge, die oft auch in scheinbar aussichtslosen Fällen erzielt wurden, ging man daran, die Erfahrungen und Kenntnisse sorgfältig zu sammeln, die sich notwendigerweise aus dieser Tätigkeit ergaben. Ergänzt durch Material, das auf wissenschaftlichem Weg zusammengestellt wurde, konnten sie schließlich zu der vorliegenden Sammlung vereinigt werden. Sie ist bestimmt, allen jenen ein Hilfsmittel zu sein, die ihre Aufgabe in der Besserung des Loses jener Kinder sehen, die von pflichtvergessenen Ernährern im Stich gelassen um ihr Recht auf Unterhalt in fremden Ländern streiten müssen. Möge so dieses Werk ein kleiner Baustein werden für den Weg zur Erleichterung des Schick­ sales der Ärmsten und Hilflosesten unseres Volkes, auf daß auch sie zu gesunden und kraftvollen Menschen erstarken mögen, die freudig mitarbeiten im Dienst der Gesamtheit zum Besten einer glücklicheren deutschen Zukunft.

Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehe­ lichen Kinde und seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Schwangerschaft, der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zurzeit der Geburt des Kindes angehört; es können jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. ^Artikel 21 des Einführungsgesetzes zum Deutschen Bürger­

lichen Gesetzbuch).

I. Seit.

Europa.

Weitpert-R ichter, Die Rechtsverfolgung der Unierhaltsansprüche unehelicher Kinder tm Ausland.

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1. Albanien. In Albanien sind im allgemeinen noch die türkischen Gesetze des Jahres 1913 in Kraft, auf Grund deren Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder nicht geltend gemacht werden können. Ein neues bürgerliches Recht, das auf fran­ zösischer Rechtsauffassung aufgebaut werden soll, ist in Vorbereitung.

2. Andorra. In der in den Pyrenäen gelegenen Republik Andorra gilt französisches Recht. Die deutschen Interessen werden durch die Deutsche Botschaft in Paris wahr­ genommen.

3. Belgien. Für die Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder, die in Belgien geltend ge­ macht werden, sind die 1908 abgeänderten Bestimmungen der Artikel 340 a—f, 341a—c und 342 a und b des Code Civil maßgebend.

Code Civil. (Loi du 6 avril 1908) Art. 340a: Die Nachforschung nach der Vater­ La recherche de la paternite n’est admise que dans les cas suivants: schaft ist nur in folgenden Fällen zulässig: 1. wenn die familienrechtlichenVerhält1. S’il y a possession d’etat d’enfant nisse des unehelichen Kindes nach den naturel dans les conditions pr&vues Voraussetzungen des Artikels 321*) par Farticle 321;

2.81, pendant la pöriode legale de la Conception, ü y a eu enlevement par violence, ruse ou menace,

gegeben sind; 2. wenn während der Empfängniszeit eine Entführung unter Anwendung von Gewalt, List oder Drohung eine

Art. 321*):

La possession d’etat s’Etablit par une rEunion süffisante de faits qui indiquent le rapport de filiation et de parente entre un individu et la famille ä laqnelle il pretend appartenir. Les principaux de ces faits sont: que l’individu a toujours porte le nom du pere auquel il prüfend appartenir ; que le pere Pa traite comme son enfant, et a pourvu, en cette qualite, ä son education, ä son entretien et ä son Etablissement; qu’il a EtE reconnu constamment pour tel dans la societe; qu’il a EtE reconnu pour tel par la famille.

Der Personenstand wird durch eine hin­ reichende Vereinigung von Tatsachen begründet, welche die Beziehungen der Kindschaft und der Verwandtschaft zwischen einer Person und der Familie, von der sie abzustammen behauptet, anzeigen. Die hauptsächlichsten dieser Tatsachen sind: daß die Person immer den Namen des Vaters geführt hat, dem sie anzugehören behauptet; daß der Vater sie als sein Kind behandelt und in dieser Eigenschaft für ihre Erziehung, ihren Unterhalt und die Begründung einer Lebensstellung gesorgt hat; daß sie beständig in der Gesellschaft dafür anerkannt ist; daß die Familie sie dafür anerkannt hat.

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I.

Teil.

Europa.

detention, Sequestration arbitraire ou viol.

Einsperrung oder sonstige eigen» mächtige Absonderung der Kinds­ mutter oder Notzucht an ihr statt­ gefunden hat.

Art. 340b. L’enfant naturel peut reclamer de

celui qui a eu des relations avec sa möre, pendant la periode legale de la Conception, une pension annuelle pour son entretien et son education, jusqu'ä, l’äge de dix-huit ans accomplis. La preuve de ces relations ne peut resulter que de l’une des circonstances suivantes: 1. De leur aveu dans des actes ou des ecrits emanes du defendeur;

2. De leur caract6re habituel et notoire; 3. De l’attentat L la pudeur consomme sans violence sur la personne d’une fille de moins de seize ans accomplis; 4. De la seduction de la mere par promesse de mariage, manoeuvres frauduleuses ou abus d’autorite.

Das uneheliche Kind kann von demjenigen, der mit seiner Mutter während der gesetzlichen Empfängniszeit in Ge­ schlechtsverkehr gestanden hat, eine jähr­ liche Rente für Unterhalt und Erziehung bis zum vollendeten achtzehnten Lebens­ jahr verlangen. Der Beweis dieses Verkehrs kann nur aus folgenden Umständen gefolgert werden: 1. aus seinem aktenmäßigen oder son­ stigen schriftlichen Zugeständnis durch den Beklagten; 2. aus seiner Regelmäßigkeit und Offenkundigkeit; 3. aus der Verführung eines Mädchens unter sechzehn Jahren;

4. ausderVerführungderMutterdurch Heiratsversprechen, betrügerische Machenschaften oder Mißbrauch der Autorität.

Art. 340 c: In den Fällen des vorhergehenden Dans les cas pr6vus l’article precedent, la mere a droit aux frais d’ac- Artikels hat die Mutter Anspruch auf couchement, ainsi qu’ä son entretien Entbindungskosten und auf den Unter­ pendant les quatres semaines qui sui- halt während vier Wochen nach der vent la delivrance, sans prejudice aux Entbindung vorbehaltlich ihrerSchadensdommages-interets quipeuvent lui etre ersatzansprüche aus Artikel 1382. dus par application de l’article 1382. Art. 340 d: Unbeschadet anderer Einreden ist Sous reserve des autres moyens de defense, les demandes prevues die Klage aus Artikel 340 a, 340 b, aux articles 340 a, 340 b et 340 c 340 c zurückzuweisen, wenn die Mutter seront rejetees, s’il est etabli que, während der Empfängniszeit mit einem pendant la periode legale de la Con­ anderen Manne geschlechtlichen Umgang ception, la mere a eu des relations gehabt hat oder einen offenkundig unsitt­ avec un autre individu ou etait d’une lichen Lebenswandel geführt hat. inconduite notoire.

Belgien.

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Art. 340 e: Die Unterhaltsklage steht dem Kinde L’action alimentaire est personnelle ä l’enfant. Elle doit etre intentee persönlich zu. Sie muß binnen drei dans les trois ans qui suivent seit Jahren nach der Geburt oder nach dem la naissance, seit la cessation des Aufhören der von dem Beklagten mittel­ secours fournis directement ou indi- bar oder unmittelbar geleisteten Unter­ rectement par le defendeur. Elle ne haltsbeiträge erhoben werden. Sie passe pas aux höritiers; toutefois, geht auf die Erben nicht über, doch ceux-ci peuvent suivre l’action com- können diese den begonnenen Prozeß fortsetzen. mencee. Die Klage gemäß Artikel 340 c steht L’action prevue ä l’article 340 c est personelle ä la möre et doit etre der Mutter persönlich zu und muß intentee dans les trois ans qui suivent binnen drei Jahren nach der Nieder­ kunft erhoben werden. Paccouchement. Art. 340 f: Der Kläger, der eine Klage einreichen will, die im Artikel 340 b oder 340c vor­ hergesehen ist, muß dem Gerichtspräsi­ denten einen Antrag vorlegen, der eine gedrängte Darstellung der Tatsachen ent­ hält, begleitet von Beweisstücken, wenn er solche besitzt. La requete sera repondue d une Hierauf bestimmt der Präsident Ter­ convocation signee du President et min zur Verhandlung. Die Ladung fixant les jour et heure oü les parties wird den Parteien in eingeschriebenem comparaitront devant lui. La con­ Brief zugestellt.

Le demandeur qui voudra latenter l’action prövue ä l’article 340 b ou ä l’article 340 c presentera, au President du tribunal, une requete contenant un expose sommaire des faits, accompagne de pieces ä l’appui, s’il y en a.

vocation sera adressee aux parties par lettre recommandee. Les parties comparaitront sans pouvoir se faire assister d’avoußs, ni de conseils, et le defendeur sera seul admis ä se faire representer. A defaut d’entente des parties, ou si eil es ne comparaissent pas, le Pre­ sident rendra une ordonnance les renvoyant ä se pourvoir devant le tribunal. Lorsque au cours de cette premiere comparution, le defendeur admet l’existence des relations qui servent de fondement aux actions intentees en vertu des articles 340 b et 340 c, la cause sera instruite en chambre du conseil et le jugement prononce en audiense publique. (II sera Statut dans la meine forme sur Pappel).

Die Klageparteien dürfen in dem Ter­ min weder von Rechtsanwälten noch Beratern verbeistandet werden; nur der Beklagte kann sich vertreten lassen. In Ermangelung einer Verständigung der Parteien oder bei Nichterscheinen derselben hat der Präsident sie an das ordentliche Gericht zu verweisen.

Wenn im Laufe dieses ersten Erschei­ nens vor dem Präsidenten der Beklagte das Vorhandensein von Beziehungen zu­ gibt, die als Grundlage der für die auf Grund des Art. 340 b und 340 c ein­ gereichten Klagen dienen, wird der Prozeß in der Kammer verhandelt und das Urteil in öffentlicher Sitzung verkündet. (Bei der Berufung wird auf die gleiche Weise verfahren).

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J. Teil.

Europa.

Art. 341a:

La recherche de la maternite est admise: 1.8'11 y a possession d’etat dans les conditions prevues par Fart. 321; 2.81 l'accouchement de la möre pretendue et l’identite du reclamant avec l’enfant dont eile est accouchee sont rendus vraisemblables par un commencement de preuve par ecrit conform aux dispositions de l’article 324, ou par les enonciations de Tacte de naissance.

Die Nachforschung der Mutterschaft ist erlaubt: 1. wenn die familienrechtlichen Ver­ hältnisse des Kindes nach den Vor­ aussetzungen des Artikels 321 ge­ geben erscheinen; 2. wenn die angebliche Niederkunft der Mutter und die Identität des Antragstellers mit dem von ihr geborenen Kinde durch An­ treten eines schriftlichen Beweises gemäß den Bestimmungen des Art. 324*) oder durch die Angaben in der Geburtsurkunde glaubhaft gemacht sind.

Art. 341b:

L'action en reclamation d'etat est personnelle ä l’enfant. Son representant legal est tenu, avant de Texercer, de so faire autoriser par le conseil de famille. Elle ne pent etre intentee apres les cinq annees qui suivent la majorite de l’enfant. Toutefois, s’il y a possession d’etat, ce delai est prolonge jusqua Texpiration de Taiinee qui suit le deces du pere ou de la mere pretendus. L’action ne passe pas aux heritiers de l’enfant naturel. Neanmoins les descendants ont, conformement ä Tarticle 330, la faculte de suivre l’action commencee par leur auteur.

Die Klage auf Feststellung des Per­ sonenstandes steht dem Kinde persönlich zu. Sein gesetzlicher Vertreter bedarf zu ihrer Erhebung der Genehmigung des Familienrats. Sie kann nur binnen fünf Jahren nach der Volljährigkeit des Kindes erhoben werden. Diese Frist verlängert sich jedoch bis zum Ablauf des Jahres nach dem Tode des angeblichen Vaters oder der angeblichen Mutter. Die Klage geht nicht auf die Erben des unehelichen Kindes über. Die Abkömm­ linge können aber gemäß Artikel 330 den begonnenen Rechtsstreit fortsetzen.

Art. 341c:

Le jugement qui declare la filiation naturelle produit les meines effets que la reconnaissance.

Das Urteil, das die Kindschaft fest­ stellt, hat die gleichen Wirkungen wie die Anerkennung.

Art. 324*).

Le commencement de preuve par ecrit resulte des titres de famille, des registres et papiers domestiques du pere ou de la mere. des actes publica et meme prives em an es d’une partie engagee dans la contestation, ou qui y aurait interet si eile etait vivante.

Der Anfang eines schriftlichen Beweises ergibt sich aus Familientitcln, aus Haus-Registern und Papieren des Vaters oder der Mutter, aus öffentlichen und selbst aus Privaturkunden, welche entweder von einer an dem Streite teil­ nehmenden Partei, oder von jemand herrühren, der, wenn er noch lebte, dabei ein Interesse haben würde.

Belgien. Bulgarien.

Le jugement qui condamme le dSfendeur au payement d’aliments, en vertu de l’article 340 b, produit les memes effets que la reconnaissance en ce qui concerne les empechements au mariage.

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Durch die Verurteilung zur Unter­ haltsleistung gemäß Art. 340 b wird das gleiche Ehehindernis geschaffen wie durch die Anerkennung der Vaterschaft.

Art. 342 a:

Dans les cas oü, suivant Part. 335, la reconnaissance ne peut avoir lieu, l’enfant ne sera jamais admis soit ä la recherche de la paternit6 ou de la maternite, soit ä la reclamation d’aliments prevue ä l’article 340 b.

Falls die Anerkennung nach Art. 335*) nicht möglich ist, kann das Kind nie­ mals auf Feststellung der Vaterschaft oder Mutterschaft oder auf Unterhalt nach Artikel 340 b klagen.

Art. 342 b:

Les prohibitions des art. 331, 335 et 342 ne concernent pas les enfants n6s de personnes parentes ou alliees entre lesquelles le mariage pouvait etre autorise par dispense.

Die Verbote der Art. 331, 335, 342 a betreffen nicht diejenigen Kinder, die von Verwandten oder verschwägerten Per­ sonen abstammen, zwischen denen die Ehe auf Grund Dispenses möglich wäre.

In der belgischen Kolonie Kongo gilt nicht ganz dasselbe Recht wie im Mutterlande; vgl. Kongo. Auf Grund des Vertrages von Versailles gilt in den an Belgien abgetre­ tenen, ehemals deutschen Gebieten nicht mehr das deutsche BGB., sondern der Code Civil. Für die Stellung der unehelichen Kinder sind in diesen Gebieten daher dieselben Bestimmungen wie im übrigen Belgien maßgebend.

4. Bulgarien. I.

Die Anfrage, ob in Bulgarien „die Vaterschaft für ein deutsches uneheliches Kind festgestellt und dessen Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden kann: 1. gegen deutsche Väter, die nach Bulgarien ausgewandert sind, 2. gegen Bul­ garen, die in ihre Heimat zurückgewandert sind, 3. gegen Ausländer (Nicht­ bulgaren, ausgenommen deutsche Staatsangehörige), die sich in Bulgarien auf­ halten", hat die Deutsche Gesandtschaft in Sofia wie folgt beantwortet: Die freiwillige Anerkennung der Vaterschaft durch leistungswillige Erzeuger kann in Bulgarien in notarieller Form erfolgen. Sie ist unzulässig, wenn ein Elternteil während der Empfängniszeit verheiratet war oder wenn der Verheiratung der Eltern das Ehehindernis der Verwandtschaft oder SchwägerArt. 335*).

Cette reconnaissance ne pourra avoir lieu au profit des enfants nös (Tun commerce incestueux ou adulterin.

Diese Anerkennung findet zum Vorteile des in Blutschande oder im Ehebrüche erzeugten Kindes nicht statt.

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I. Teil.

Europa.

schäft entgegenstand. Deutsche können diese Erklärung vor der Deutschen Gesandt­ schaft in Sofia und vor dem Deutschen (Berufs-)Konsulat in Warna abgeben, Bulgaren und nichtdeutsche Ausländer vor dem örtlich zuständigen bulgarischen Notar, wobei nötigenfalls die deutschen Konsulate in Sofia, Warna, Philippopel (Plovdiv), Burgas, Rustschuk und Gäbrowo um Vermittlung angegangen werden können. Sind die Erzeuger jedoch nicht anerkennungs- und zahlungswillig, dann ist die Aussicht auf Unterhaltsgelder sehr gering. 1. Ist der reichsdeutsche Erzeuger, der in Bulgarien den Wohnsitz hat, schon in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden, so besteht keine Mög­ lichkeit, das Urteil hier vollstrecken zu lassen. Das gleiche gilt von deutschen voll­ streckbaren Anerkennungsurkunden, weil Bulgarien lediglich deutsche Kosten­ entscheidungen zur Vollstreckung zuläßt. Das deutsche Mündel muß also immer vor bulgarischen Gerichten klagen bzw. neu klagen, wobei deutsche Urteile und Anerkennungsurkunden als Beweisstücke verwendet werden können. Zu einem Klageverfahren vor bulgarischen Gerichten kann aber wegen der notorischen Schwierigkeiten, die der ortsanwesende, böswillige Beklagte durch manches Prozeßmittel noch bereiten kann, nur dann geraten werden, wenn wirklich Aus­ sicht auf Einziehbarkeit der Urteilssumme besteht und die Möglichkeit ausge­ schlossen erscheint, daß der in Bulgarien verurteilte Beklagte in einen benach­ barten Balkanstaat hinüberwechselt. Seßhaftigkeit ist in Bulgarien unter den im großen ganzen schlecht situierten Ausländern selten. 2. Bulgarien hat sein Familienrecht aus dem Code Napoleon geschöpft und bekennt sich demgemäß noch zum Grundsatz: „la recherche de la paternite est interdite“. Daraus folgt erstens, daß die bulgarischen Gerichte einer Klage auf Unterhaltsleistung (nicht Deflorationsentschädigung!) für das deutsche uneheliche Kind eines Bulgaren nicht stattgeben, und zweitens, daß deutsche Urteile gegen solche Erzeuger (aus § 1708 BGB. in Verb, mit Art. 21 EG.BGB.) in Bulgarien nicht vollstreckt werden und dies auch dann, wenn ein­ mal durch „Gewährung der Gegenseitigkeit" (vgl. § 328 Nr. 5 DZPO.) oder infolge von Staatsverträgen die Vollstreckung deutscher Urteile im allgemeinen zugelassen werden sollte. 3. Bulgarien besitzt noch keine allgemein-gültigen Leitsätze internationalen Privatrechts, wie wir sie z. B. in den Art. 20 bis 22 des deutschen EG.BGB. haben. Gerichte, die mit Vaterschafts- und Unterhaltsstreitigkeiten befaßt werden, müssen sich deshalb an Hand von internationalen Privatrechtsregeln anderer Staaten oder an Hand von fremden Staatsverträgen über Statutenkollisionen darüber schlüssig werden, ob im jeweiligen Falle das Recht des Klägers oder des Beklagten anzuwenden ist. Der Ausgang solcher Prozesse ist daher nicht voraus­ zusehen. Nach Art. 4 des Deutsch-Bulgarischen Vertrags über den Rechtsverkehr vom 22. Dezember 1926 (RGBl. 1927 II S. 416) werden die Angehörigen der Vertragsstaaten unter denselben Bedingungen wie die Landesangehörigen zum Armenrecht zugelassen. Auch für die uneheliche Mutter ist die Rechtslage nicht günstig. Art. 223 des bulgarischen Strafgesetzes lautet: „Wer einer Jungfrau im Alter von mehr als 16 Jahren die Jungfräulichkeit nimmt mit dem vorherigen

Dänemark.

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Versprochen, die Ehe mit ihr einzugehen und dies nachträglich nicht tut, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft." Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein, d. h. die Verfolgung geschieht nur im Wege der Privatklage. Die Klägerin hat sämtliche Beweise und Kosten zu tragen, wie in einem Zivilprozeß. Die Frist zur Erhebung der Privatklage ist sechs Monate. Es wird angenommen, daß diese Frist mit der Weigerung, die Ehe einzugehen, beginnt. Voraussetzung ist also, daß die Klägerin beweist: 1. daß sie Jungfrau gewesen ist, 2. daß ihr vor der Defloration die Eingehung der Ehe versprochen worden ist. Dieser Weg führt selten zum Ziele. Die Voraus­ setzungen der Klage sind schwer zu beweisen. In der Praxis kommt es sehr selten zur Verurteilung. In den Fällen, wo die Voraussetzungen bewiesen werden können, kann dies natürlich ein Pressionsmittel sein. Auch kann Schadenersatz erwirkt werden, jedoch nicht in Form von Ali­ menten, sondern in Form einer einmaligen Entschädigung.

5. Dänemark.

Die Deutsche Gesandtschaft in Kopenhagen teilte mit, daß nachstehend ab­ gedrucktes Merkblatt zur Geltendmachung von Alimentationsansprüchen für ganz Dänemark, also auch für die ehemaligen deutschen Gebietsteile Geltung habe: 1. Alimentationsansprüche werden in Dänemark gewöhnlich im Verwal­ tungswege geltend gemacht. Zu diesem Zweck ist ein Gesuch um Erlaß einer sogenannten Alimentationsresolution in Kopenhagen an das Oberpräsidium, in der Provinz an den zuständigen Amtmann zu richten. Das Gesuch, das zweck­ mäßig von der Mutter mit unterzeichnet wird, kann in deutscher Sprache, mög­ lichst mit Maschinenschrift, abgefaßt sein und muß die etwaigen Beweis­ mittel für den Anspruch ergeben. Die Bestallung für den gesetzlichen Vertreter, die Geburtsurkunde und ein behördliches Lebensattest des Kindes sind beizufügen. Die dänische Behörde vernimmt den in Anspruch Genommenen und erkennt über den Antrag je nach der Sachlage. Das Verfahren ist kostenlos. Das Gesuch kann schon eingereicht werden, wenn laut Erklärung eines beamteten Arztes oder einer praktizierenden Hebamme der sechste Monat der Schwangerschaft verstrichen ist. Wird die Vaterschaft nicht anerkannt oder sind mehrere Personen der Vater­ schaft bezichtigt, muß zwar Klage gegen die betreffenden Personen beim zu­ ständigen Gericht angestrengt werden, aber auch in diesem Falle tut die dänische Behörde selbst die nötigen Schritte zur Klage­ anstrengung, indem dem Kläger ein Rechtsanwalt angewiesen wird, der den Kläger im Alimentationsprozesse vertritt. Wenn dieser Prozeß erledigt ist, geht die Sache zurück zu der Verwaltungsbehörde, die die Alimentationsresolution in Übereinstimmung mit dem Urteil ausfertigt. 2. Auf Grund der erlassenen Alimentationsresolution kann, wenn der Vater des Kindes von der Resolution bzw. dem Urteile in Kenntnis gesetzt ist, die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Anträge sind an den Stadtvogt (Byfoged) in Kopenhagen oder den zuständigen Zivilrichter unter Beifügung der Resolution, der Bestallung des Vormundes und eines Lebensattestes für das Kind (frühestens einen Tag nach Fälligkeit ausgestellt) zu richten. In dem Anträge sind anzu­ geben: Namen der Parteien, Adresse des Schuldners, Zeitraum, für den die Alimente verlangt werden und ihr genauer Betrag in dänischen Kronen. Länger

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I. Teil.

Europa.

als ein Jahr alte Alimente werden durch den Stadtvogt nicht eingetrieben. Als Zwangsmittel stehen zur Verfügung Pfändung und Lohnbeschlagnahme. Nach fruchtloser Vollstreckung kann der Schuldner auf Antrag zur Abbüßung (Afsoning) im Gefängnis gehalten werden. Doch kann solche Abbüßung nicht für weniger als die Alimente für ein halbes Jahr in Anwendung gebracht werden. Den Abbüßungsbeschluß faßt die Oberverwaltungsbehörde; dieselbe kann jedoch bestimmen, daß diese Abbüßung nur für einen Bruchteil des Alimentations-betrages, wenn der Alimentant Familienversorger ist, gelten soll, sie kann sogar den Antrag auf Abbüßung ablehnen, wenn die Familie des Alimentanten dadurch in Not kommen würde. Falls der Vater Dänemark für längere oder unbestimmte Zeit verlassen will, kann von ihm verlangt werden, daß er Sicherheit für die künftigen Ali­ mente stellt. 3. Der vorstehende unter 1 angegebene Weg empfiehlt sich auch, wenn bereits ein Urteil in Deutschland ergangen ist, da ein solches in Dänemark nur nach einem neuen dänischen Judikatsurteil, das auf Grund des deutschen Urteils beim zuständigen dänischen Gericht erworben werden kann, als Grundlage sür Schritte gegen den Vater dienen kann. 4. Es empfiehlt sich, die Anträge durch Vermittelung der deutschen Ge­ sandtschaft in Kopenhagen einzureichen. Die Unterhaltspflicht dauert bis zum vollendeten 18. Lebensjahre des Kindes, kann aber mit dem vollendeten 14. Jahr herabgesetzt werden oder ganz in Fortfall gelangen, wenn der Beitrag nach dem Dafürhalten der Oberverwal­ tungsbehörde teilweise oder ganz überflüssig ist oder der Alimentant eheliche Kinder hat, die er, wenn sie im gleichen Alter gewesen wären, nicht hätte unter­ stützen können. Die Höhe des sogenannten „Normalbeitrages" wird alljährlich festgesetzt, sie ist außerdem sehr verschieden in den Städten und auf dem Lande, wie auch in den verschiedenen Gegenden; sie variiert zurzeit zwischen 348 und 150 Kr. Die einschlägigen Gesetze haben für alle Väter, sowohl dänische als auch aus­ ländische, Gültigkeit. Die betreffenden dänischen Bestimmungen sind in den Ge­ setzen Nr. 130 vom 27. Mai 1908 nebst Änderungen und Nr. 113 vom 29. April 1913 enthalten. Für das dänische Staatsgebiet besteht einheitliches Recht. Die einzige dänische Besitzung: Grönland ist für Ausländer geschlossen und Dänen können nur kraft spezieller Erlaubnis dort wohnen.

6. Danzig. Der Freistaat Danzig hat für die unehelichen Kinder die gleichen materielle rechtlichen Bestimmungen wie das Deutsche Reich. Zwischen Deutschland und Danzig ist für die Vollstreckung von Urteilen die Gegenseitigkeit verbürgt; int Gebiet von Danzig gilt noch die deutsche Zivilprozeßordnung.

7. Deutschland. Von der Darstellung des für die unehelichen Kinder in Deutschland gelten­ den Rechts konnte abgesehen werden, weil die einschlägigen Bestimmungen jedem deutschen Berufsvormund geläufig sind (§§ 1705 ff. BGB., Art. 20, 21, 22, 23 EG.BGB.).

Estland.

Finnland.

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Es darf vielleicht an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß ma­ terielles und formelles deutsches Recht im „Wegweiser für den Vormund" von Dr. Weitpert in ausführlicher Weise unter Beifügung von Formularen für die Prozeßführung und die Zwangsvollstreckung dargestellt ist (Bayerische Druckerei und Verlagsanstalt G. m. b. H., München, Müllerstr. 27; Preis 2 RM., 114 S., Auflage 10. Tausend).

8. Estland. Für die außerehelichen Kinder findet in Estland noch das Recht des früheren russischen Zarenreiches Anwendung. Es wird dort zwischen ehelichen und un­ ehelichen Kindern kein Unterschied gemacht; die nachgewiesene Abstammung ist maßgebend. Durch sie wird ein Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seine Eltern begründet. Aus deutschen Urteilen kann in Estland nicht vollstreckt werden. Zur Er­ langung eines vollstreckbaren Urteils ist in Estland selbst ein neuer Prozeß an­ zustrengen. In den meisten Fällen ist es schwierig, die nötigen Unterlagen zu beschaffen, da die Aussage der Mutter keinen vollen Beweis liefert. Die estnischen Gerichte machen bei der Entscheidung keinen Unterschied, ob der Erzeuger Est­ länder oder Ausländer ist. Für ausländische Kinder wird die Anstrengung eines Prozesses dadurch erschwert, daß bei der Einreichung der Klage regelmäßig eine Kaution in der Höhe der Klagesumme verlangt wird. Nur wenn der Erzeuger und die Mutter des Kindes die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen, kann von der Erhebung einer Kaution abgesehen werden. In diesem Falle kann wie in Deutschland das Armenrecht bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden. Die deutschen Vertretungen in Estland haben in vielen Fällen auf gütlichem Wege die Anerkennung der Vaterschaft sowie die freiwillige Zahlung von Unter­ haltsgeldern vermittelt (Deutsches Konsulat in Reval).

9. Finnland. I.

Das Recht des unehelichen Kindes ist in Finnland durch das Gesetz betr. die außerehelichen Kinder vom 27. Juli 1922 in der Fassung vom 9. Dezember 1927 geregelt. Nach diesem Gesetze haben die unehelichen Kinder einen Unterhalts­ anspruch zunächst gegen den Vater und dann gegen die Mutter. Für die gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs ist in Finn­ land das Gericht des Wohnsitzes bzw. Aufenthaltsortes des Beklagten zuständig, gleichviel ob er Finnländer oder Ausländer ist. Dieser Anspruch verjährt in fünf Jahren nach der Geburt des Kindes, wenn nicht die Unmöglichkeit seiner Geltendmachung während dieser Frist ausdrücklich nachgewiesen wird; bei Kindern, die vor dem 1. Januar 1926 geboren sind, beträgt die Klagefrist zwei Jahre. Bei verspäteter Klageerhebung kann sich der Kläger nicht auf Unkenntnis des Gesetzes berufen. Wenn der Beklagte in dem Verhandlungstermin unentschuldigt ausbleibt, so wird dadurch die Fällung des Urteils, sofern der Sachverhalt genügend geklärt ist, nicht verhindert. Die Beweisaufnahme (schriftliche Beweise sind in der Regel nicht vorhanden) kann auch im Wege der Rechtshilfe im Auslande erfolgen. Diese Beweisaufnahme

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I. Teil.

Europa.

vor ausländischen Behörden kann auf Ersuchen der Parteien oder auch von Amts wegen durch das finnländische Gericht angeordnet werden. Die Entscheidung erfolgt auf Grund freier richterlicher Beweiswürdigung. Der Beklagte wird zum Unterhalt verurteilt, wenn er nachweislich der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat, es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unwahrscheinlich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Der Einwand, daß auch ein anderer während der Empfängniszeit der Mutter beigewohnt hat, ist unzulässig, es sei denn, dast nachgewiesen werden kann, daß der Beklagte das Kind tatsächlich nicht gezeugt hat. Können genügende Nachweise nicht erbracht werden, so kann einer der Par­ teien die Eidesleistung zugeschoben werden. Ist der unterhaltspflichtige Vater gestorben, so kann der Unterhaltsanspruch der Mutter und des Kindes gegen dessen Erben geltend gemacht werden. Die Unterhaltspflicht besteht bis zum vollendeten 17. Lebensjahr des Kindes oder bis zu dem Zeitpunkt, in dem es sich selbst versorgen kann. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung des Kindes nach Maßgabe der Lebensstellung der Mutter, doch ist eine allenfallsige bessere Lebensstellung des Vaters zu berücksichtigen. Auch die Mutter kann Ersatz ihres Unterhalts für die Zeit von 2 Monaten vor bis 9 Monate nach der Geburt des Kindes verlangen. Die Unterhaltsklage kann durch Vermittlung eines Advokaten oder durch eine andere geeignete Person erhoben werden. Es gibt aber auch in Finnland Behörden, denen die Pflege unehelicher Kinder obliegt. In jeder Kommune — sowohl in der Stadt als auf dem Lande — befindet sich nämlich ein Aufseher, der dir Interessen der außerehelichen Kinder und deren Mütter wahrzunehmen hat. Die Obliegenheiten der Aufseher sind durch Gesetz festgestellt. Will eine Mutter, die sich wegen Mittellosigkeit nicht an einen Advokaten wenden kann, die Hilfe eines solchen Aufsehers in Anspruch nehmen, so muß sie, obwohl das finnische Gesetz keine Bestimmungen über eine Zusammenarbeit der Aufseher mit den ausländischen Kinderpflegebehörden gleicher Art enthält, ihr Gesuch durch die Kinderpflegebehörde ihres Aufenthaltsortes in Deutschland — durch das Jugendamt oder die Amtsvormundschaft — mit einer Bestätigung über ihre Mittellosigkeit einreichen lassen. Ganz kostenlos werden Angelegenheiten dieser Art nicht besorgt, sondern es müssen die tatsächlichen Auslagen der Behörden bezahlt werden. Diese pflegen jedoch in der Regel ziemlich gering zu sein. Helsingfors, den 26. März 1928.

Jur.-Doktor Herm. Friedmann, Advocat byra.

II. In Finnland kann die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind in der Stadt vor dem Notar und auf dem Lande vor dem Polizeikommissar anerkannt werden. Zur Wirksamkeit der Anerkennung ist die Zustimmung der Mutter oder, wenn diese tot ist, die Zustimmung des Vormundes notwendig. Das uneheliche Kind hat gegen die Mutter und ihre Verwandten und bei Anerkennung der Vaterschaft auch gegen den Vater und dessen Verwandten ein Erbrecht.

Frankreich.

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10. Frankreich.

Der bekannte Satz des Code civil „La recherche de la paternite est inlerdite“ bezog sich nur auf die familienrechtliche und erbrechtliche Seite des Verhältnisses zwischen einem unehelichen Kind und seinem Erzeuger, so daß jenes weder dessen Namen führen konnte, noch ihm gegenüber ein Erbrecht hatte. Da­ gegen bestand von jeher die Möglichkeit, auf Grund des Artikels 1382 des Code civil unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes Unterhaltsansprüche für das Kind gegenüber dem Vater geltend zu machen. Allerdings hatte die französische Rechtsprechung einen solchen Schadenersatzanspruch von einem Verschulden des Erzeugers abhängig gemacht, das nur in gewissen Fällen, z. B. bei Entführung, Heiratsversprechen, Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses usw. als gegeben angesehen wurde. Die heutige Rechtslage ist durch die Novelle von 1912 (Loi du 16 novembre 191.2) bestimmt. Diese hat den neuen Artikel 340 eingefügt, der auch die Klage auf Feststellung der Vaterschaft ermöglicht. Diese ist an ähnliche Voraussetzungen geknüpft wie die frühere Schadenersatzklage auf Unterhalt (Entführung, Ver­ gewaltigung, Verführung, Heiratsversprechen, Konkubinat usw.). Artikel 340 bezieht sich jedoch nur auf die gerichtlich durchzusetzende familienrechtliche Vater­ schaftserklärung, die ebenso wie die gleichfalls mögliche freiwillige Anerkennung zum Geburtsregister dem Kinde den Familiennamen des Vaters und Erbrecht an seinem Nachlaß gewährt (Artikel 756 ff.). In diesen Fällen ergibt sich der Unterhaltsanspruch des Kindes aus den Bestimmungen über die Unterhalts­ pflicht des ehelichen Vaters von selbst. Die Ausschlußfrist für die Geltendmachung der Ansprüche aus Artikel 340 Abs. 4 C. c. beträgt zwei Jahre nach der Geburt. Der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes, das nicht in die Familie des Vaters eintreten kann oder will, weil die Voraussetzungen des Artikels 340 nicht vorliegen, ergibt sich auch nach Inkrafttreten der Novelle von 1912 aus dem allgemeinen Schadenersatzartikel 1382. Dabei geht die Rechtsprechung bei der Annahme eines Verschuldens des Erzeugers heute weiter als früher und nimmt ein solches in der Mehrzahl der Fälle an. Auch eine formlose, indirekte Anerkennung der Vaterschaft oder die Tatsache, daß der Vater längere Zeit mit der Kindsmutter' zusammengelebt hat, genügt für die Anwendung des Artikels 1382. Die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aus Artikel 1382 ist nicht Befristet. Für die Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder, die von Franzosen erzeugt und in Deutschland von einer deutschen Mutter geboren sind, findet nach den Grundsätzen des französischen ebenso wie des deutschen internationalen Privat­ rechts, das deutsche materielle Recht Anwendung (Personalstatut: Code civil Art. 3 § 3 und EG.BGB. Art. 21). Der Anspruch dieser Kinder gründet sich auf das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch und kann, wenn er nach dessen Be­ stimmungen begründet ist, auch in Frankreich durchgesetzt werden. Das war früher anders, soweit nicht die Voraussetzungen vorlagen, von denen die Rechtsprechung die Anwendung des Artikels 1382 abhängig machte, weil eben der Grundsatz „La recherche de la paternite est interdite“ galt und dieser als ein Grundsatz der öffentlichen Ordnung (ordre public) der Anwendung des deutschen Rechts in diesem Punkt entgegenstand. Seitdem aber dieser Grundsatz durch die eigene Einführung des Artikels 340 neuer Fassung in Frankreich auf-

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I. Teil.

Europa.

gehoben wurde, steht der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen unehelicher Kinder auf Grund des deutschen Rechts in Frankreich nichts mehr entgegen. Anderseits kann ein Franzose wegen Verpflichtungen, die er selbst im Aus­ lande einem Ausländer gegenüber eingegangen ist, stets vor sein eigenes Forum in Frankreich zitiert werden (Code civil Artikel 15). Wenn somit ausreichende Beweise für die Vaterschaft eines französischen Besatzungsangehörigen vorliegen, so dürfte eine Alimentenklage gegen ihn erfolg­ versprechend sein. Von den Kosten des normalen Alimentenprozesses, die denen des gewöhn­ lichen Zivilprozesses entsprechen und deren Höhe sich im voraus nicht abschätzen läßt, sind in erster Linie zu berücksichtigen die „enregistrements“, b. h. Gebühren, die von dem Werte des Streitgegenstandes abhängen. Nach den Bestimmungen des Zeichnungsprotokolls zu Artikel 25 des Handelsabkommens zwischen Deutschland und Frankreich wird den deutschen Prozeßparteien das Armenrecht vor französischen Gerichten wieder gewährt. (Zeichnungsprotokoll zum Handelsabkommen zwischen Deutschland und Frank­ reich vom 17. August 1927 (RGBl. II S. 849, 864], Übereinkunft zwischen Deutschland und Frankreich wegen Bewilligung des Armenrechts vom 20. Fe­ bruar 1880 sRGBl. 1881 S. 81].) Zur Durchführung eines Prozesses im Armenrecht muß sich die klägerische Partei ein amtliches Armutsattest von der Polizeibehörde ihres Wohnortes ausstellen und dieses von dem zuständigen französischen Konsulat legalisieren lassen. Die Legalisierung erfolgt gebühren­ frei. Diese Bescheinigung muß außerdem mit einer amtlichen französischen Über­ setzung versehen sein. Die deutsche Botschaft in Paris wäre gegebenenfalls bereit, auf Ersuchen der Betreffenden und nach Beibringung der erforderlichen Unter­ lagen wegen Bewilligung des Armenrechts sowie Stellung eines Armenanwalts im Benehmen ihres Rechtsbeistandes das Erforderliche zu veranlassen (Mit­ teilung des Auswärtigen Amtes, veröffentlicht in den Blättern für Wohlfahrts­ pflege 1928 S. 199).

Code Civil. Art. 1382.

Tout fait quelconque de l’homme, qui cause ä autrui un dommage, ad­ lige celui par la saute duquel il est arrive, ä le reparer.

Jede menschliche Handlung, die einem anderen einen Schaden verursacht, ver­ pflichtet den, durch dessen Verschulden er eingetreten ist, zum Ersatz.

Code Civil.

Loi du 16 novembre 1912. Art. 340.

I. La paternite hors manage peut etre judiciairement declaree: 1. Dans le cas d’enlevement ou de viol, lorsque Fepoque de l’enlevement ou du viol se rapportera ä celle de la Conception;

I. Die außereheliche Vaterschaft kann gerichtlich festgestellt werden: 1. Im Falle der Entführung oder Not­ zucht, sofern die Zeit der Entführung oder der Notzucht in die Empfängniszeit fällt;

Frankreich.

2. Dans le cas de seduction accomplie L l’aide de manoeuvres dolosives, abus d’autorite, promesse de manage ou fiangailles, et s’il existe un commencement de preuve par ecrit, dans les termes de l'article 1347;

3. Dans le cas oü 11 existe des lettres ou quelque autre ecrit prive emanant du pere pretendu et desquels 11 r6suite un aveu non equivoque de paternite; 4. Dans le cas oü le pere pre­ tendu et la mSre out vecu en etat de concubinage notoire pendant la Periode legale de la Conception; 5. Dans le cas oü le pere pretendu a pourvu ou participe ä l’entretien et ä l’education de l’enfant en qualite de püre; II. L’action en reconnaissance de paternitö ne sera pas recevable: 1. 8'11 est Stabil que, pendant la periode legale de la Conception la mere etait d’une inconduite notoire ou a eu commerce avec un autre individu;

2. Si le pere pretendu Stait, pen­ dant la meme periode, soit par suite d’Sloignement, soit par 1’esset de quelque accident, dans l’impossibilite physique d’etre le pere de l’enfant; III. L’action n’appartient qu’ä, l’enfant. Pendant la minoritS de l’enfant la mere, meme mineure, a seule qualite pour l’intenter. Ella devra, ä peine de decheance, etre intentee dans les deux annees qui suivront l’accouchement. Toutefois, dans les cas prövus aux paragraphes 4 et 5 ci-dessus l’action pourra etre intentee jusqu’ä l’expiration des deux annees qui suivront la cessation, soit du concubinage, soit de la participation du prStendu pere

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2. Im Falle der Verführung, sofern diese durch betrügerische Machenschaften, Mißbrauch eines Gewaltverhältnisses, Heirats- oder Verlobungsversprechens zuwege gebracht ist und sofern der Anfang eines schriftlichen Beweises gemäß den Bestimmungen des Artikels 1347 des ZGB. vorhanden ist; 3. Falls Briefe oder irgendwelche andere von dem angeblichen Vater her­ rührende, private Schriftstücke vorhanden sind, aus denen sich ein unzweideutiges Vaterschaftsbekenntnis ergibt; 4. Falls der angebliche Vater mit der Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit in offenkundigem Konkubinat gelebt hat; 5. Falls der angebliche Vater wie ein ehelicher Vater für den Unterhalt und die Erziehung des Kindes gesorgt oder dazu beigesteuert hat.

II. Die Klage auf Anerkennung der Vaterschaft ist unzulässig: 1. Wenn fcststeht, daß die Mutter während der gesetzlichen Empfängniszeit einen offenkundig unsittlichen Lebens­ wandel geführt hat oder mit einem anderen Manne geschlechtlichen Umgang gehabt hat. 2. Wenn der angebliche Vater während der Empfängniszeit, sei es infolge Ab­ wesenheit oder sei es aus irgend einem physischen Grund, unmöglich das Kind gezeugt haben kann; III. Die Klage steht nur dem Kinde zu. Während der Minderjährigkeit des Kindes kann nur die Mutter, selbst wenn sie noch minderjährig ist, die Klage erheben. Sie muß, bei Vermeidung des Rechts­ verlustes, in den ersten zwei Jahren nach der Entbindung (Geburt) erhoben werden. Es kann jedoch in den oben unter 4 und 5 vorgesehenen Fällen die Klage stets noch bis zum Ablauf von zwei Jahren nach der Beendigung des Kon­ kubinats oder der Beteiligung des an­ geblichen Vaters an dem Unterhalt

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I. Teil.

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A l’entretien et ä l’education de l’enfant. A d6faut de reconnaissance par la möre, ou si eile est decedee, interdite ou absente, l’action sera intentee conformement aux dispositions de l’article 389.

und der Erziehung des Kindes erhoben werden. In Ermangelung der Anerkennung durch die Mutter oder wenn sie verstorben, unter Vormundschaft gestellt oder ab­ wesend ist, wird die Klage übereinstim­ mend mit den Bestimmungen des Ar­ tikels 389 eingeleitet. Wenn die Klage nicht während der Minderjährigkeit des Kindes erhoben worden ist, kann dieses dieselbe während des ersten Jahres seiner Volljährigkeit erheben. (Civ. 342; P6n. 345 s.)

81 l’action n’a pas At6 intentee pendant la minoritS de l’enfant celui-ci pourral’intenter pendant tonte l’annee qui suivra sa majorite. (Civ. 342; Pen. 345 s.).

Durch das Gesetz vom 1. Juni 1924 wurde in Elsaß-Lothringen die franzö­ sische Gesetzgebung eingeführt. In den französischen Besitzungen und Kolonien gilt das Recht des Mutter­ landes, soweit es sich um eine Rechtsverfolgung zwischen Europäern handelt.

11. Gibraltar. In Gibraltar gelten vorwiegend die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie sie in Großbritannien in Kraft sind. Die geltenden Bestimmungen sind wie in Großbritannien nicht kodifiziert. Die Rechtsgrundsätze werden lediglich dem „Case Law" (Aufzeichnung von Rechtsfällen) entnommen, d. h. die Entscheidung im Einzelfall wird den in gleichliegenden Fällen ergangenen Entscheidungen angeglichen (vgl. Großbritannien).

12. Griechenland*). I. Gesetz betreffend die Stellung des unehelichen Kindes vom 14./17. Juli 1926 in der Fassung vom 13. November 1927 (Griechisches Regierungsblatt 1927 Teil I Blatt 290 S. 2163 ff.).

Teil A.

Allgemeine Bestimmungen. Art. 1. Das Verhältnis des unehelichen Kindes zu seiner Mutter beruht auf der Geburt, das Verhältnis zum Vater gründet sich auf Anerkennung oder Legiti­ mation. Art. 2.

1. Die Vaterschaft wird entweder freiwillig anerkannt oder durch Urteil festgestellt. *) Nach der Verordnung der griechischen Republik vom 7. August 1925 werden deutsche Reichsangehörige in Griechenland unter den gleichen Bedingungen wie die griechischen Staatsange­ hörigen zum Armenrecht zugelassen.

Griechenland.

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2. Das uneheliche Kind erlangt die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes durch nachfolgende Ehe der Eltern oder durch Verfügung der Staats­ gewalt (Ehelichkeitserklärung).

Art. 3.

Solange das Kind weder freiwillig anerkannt noch legitimiert wurde, führt es den Familiennamen der Mutter, teilt deren Staatsangehörigkeit. Gegen­ über den Verwandten der Mutter hat es die Rechte und Pflichten der ehelichen Verwandtschaft. Die unehelichen Kinder einer verwitweten Mutter erhalten Familienname und Staatsangehörigkeit des mütterlichen Großvaters. Art. 4.

Legitimation und Anerkennung sind unzulässig, wenn das Kind von Eltern stammt, die zueinander in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie im zweiten Grade verwandt sind. Art. 5.

1. Die Legitimation wird durch den Standesbeamten in das Legitimations­ register eingetragen. 2. Die Legitimation wird auch am Rande der Eintragung des Legitimierten im Geburtsregister vermerkt. 3. In den Gemeinden, in denen kein Standesbeamter vorhanden ist, erfolgt an Stelle der standesamtlichen Eintragung die notarielle Beurkundung. 4. Vorstehende Bestimmungen sind bei der freiwilligen Anerkennung ent­ sprechend anzuwenden. Art. 6.

1. Außer in den Fällen des Art. 4 wird ein Kind für ehelich erachtet, wenn es einer nichtigen oder anfechtbaren Ehe entstammt. 2. Auch werden Kinder griechischer Untertanen, die ohne die Zeremonien des orthodoxen christlichen Glaubens im Auslande getraut sind, als ehelich angesehen. Teil B.

Die Anerkennung außerehelicher Kinder. Kapitel A.

Die freiwillige Anerkennung. Art. 7.

Die Anerkennung eines unehelichen Kindes erfolgt durch den Vater. Ist derselbe gestorben, als verschollen erklärt oder dauernd geisteskrank, dann kann es auch vom väterlichen Großvater anerkannt werden. Art. 8. 1. Die Anerkennung erfolgt a) durch Erklärung vor dem Notar, b) durch öffentliches oder privates Testament. Weitpert-Richter, Die Rechtsverfolgung der Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder im Ausland.

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2. Die Anerkennung ist binnen drei Monaten seit ihrer Erklärung oder der Eröffnung des Testaments in das standesamtliche Register der Gemeinde oder des Geburtsortes des Kindes oder des Wohnorts des Anerkennenden gemäß Art. 5 einzutragen. 3. Wenn das Kind int Auslande geboren wurde und wenn die Eltern im Auslande leben, ist der letzte Wohnort des Vaters in Griechenland und in Ermangelung dessen Athen zuständig.

Art. 9. 1. Die Mutter, das Kind und nach dessen Ableben seine Erben sowie jeder, der ein berechtigtes Interesse hat, können die Anerkennung bei dem Ge­ richte erster Instanz anfechten mit der Begründung, daß der Anerkennende nicht der Vater oder Großvater des Kindes oder daß die Anerkennung für dieses schädlich sei. 2. Die Anfechtungsklage ist unzulässig drei Monate nach Kenntnisnahme der Anerkennung durch den Anfechtungsberechtigten; im übrigen drei Jahre seit dem Tage der Anerkennung. Kapitel B.

Die gerichtliche Anerkennung. Art. 10. 1. Die Mutter des unehelichen Kindes kann auf Anerkennung des Kindes durch den Vater klagen. 2. Das gleiche Recht steht dem Vormund oder dem Kinde nach vollendetem 14. Lebensjahre zu. 3. Die Klage ist gegen den Vater oder gegen dessen Erben, .wenn sie die Erbschaft angenommen haben, zu erheben. Art. 11. 1. Die Vaterschaft wird vermutet, wenn bewiesen ist, daß der Beklagte mit der Mutter des Kindes innerhalb der Zeit zwischen dem 300. und 180. Tage vor der Geburt des Kindes ununterbrochen zusammenlebte. 2. Die Vermutung ist widerlegt, wenn Tatsachen angeführt werden, welche ernste Zweifel an der Vaterschaft des Kindes begründen. 3. War der Vater während der Empfängniszeit des Kindes verheiratet, so wird ein offenkundiges Zusammenleben von wenigstens einem Jahr verlangt. Art. 12.

Zuständig ist das Gericht oder der Vorsitzende des Gerichts erster Instanz, in dessen Bezirk der Kläger oder der Beklagte zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Der Gerichtsstand ist ein ausschließlicher. Art. 13. War die Mutter des Kindes während der Empfängniszeit verheiratet, so kann die Klage erst dann erhoben werden, wenn die Unehelichkeit des Kindes nach den hierüber geltenden Vorschriften gerichtlich festgestellt ist.

Griechenland.

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Art. 14.

Die Klage ist unzulässig a) wenn die Mutter in der Empfängniszeit einen offenkundig unsittlichen Lebenswandel geführt hat; b) wenn der Beklagte in der fraglichen Zeit wegen Abwesenheit oder infolge irgendeiner anderen Tatsache nicht als Erzeuger des Kindes in Betracht kommt; c) wenn seit der Geburt des Kindes drei Jahre verstrichen sind, es sei denn, daß das Kind nach Art. 10 Satz 2 selbst klagt; die Klage ist auch dann unzulässig, wenn seit der Volljährigkeit des Kindes drei Iah« ver­ strichen sind; d) wenn seit der erfolgreichen Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes drei Jahre verstrichen sind.

Kapitel C. Wirkungen der Anerkennung. Art. 15.

Wenn das Kind während Bestehens eines öffentlich bekanntgegebenen Ehe­ versprechens, eines Verlöbnisses, durch Vergewaltigung, Entführung oder Ver­ führung im Sinne des Strafgesetzbuchs empfangen wurde, ferner wenn der Vater Vormund, Pfleger oder ein anderer Sachwalter der Mutter war, dann stellt das Gericht die Vaterschaft fest und billigt dem Kinde einen Anspruch a) auf Unterhalt, auf Erziehung und Ausstattung wie einem ehelichen Kinde zu; b) das Jntestaterbrecht und die Rechte auf den Pflichtteil. (Die Nichteinsetzung des Kindes im Testament ist jedoch kein Grund für dessen Ungültigkeit, sondern es bleiben die Erbansprüche des Kindes auf den gesetzlichen Anteil ungeschmälert erhalten.) Wenn das Testament zugunsten der Abkömmlinge des Vaters lautet, bekommt das Kind die Hälfte dessen, was es bekommen würde, wenn es ehelich wäre, in jedem anderen Falle verbleiben ihm die ungeschmälerten Rechte eines ehelichen Abkömmlings. Art. 16.

Im Falle der freiwilligen Anerkennung erhält das uneheliche Kind a) bett Familiennamen und die Staatsangehörigkeit des Vaters, b) das Rsht auf Unterhalt, Erziehung und Ausstattung eines ehelichen Kindes, c) das Jntestaterbrecht und das Pflichtteilsrecht. Art. 17. Falls die Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist, erhält das Kind außer den in Art. 15 aufgezählten Rechten die sich aus dem nachfolgenden Artikel er­ gebenden Rechte.

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Art. 18. 1. Das Kind hat gegenüber dem Vater einen Anspruch auf Unterhalt und Erziehung, die der sozialen Stellung der Mutter und der Vermögens­ lage des Vaters entspricht. 2. Das Recht auf Unterhalt und Erziehung hat ein Kind männlichen Ge­ schlechts bis zur Vollendung des 18., baä Kind weiblichen Geschlechts bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres. 3. Der Anspruch erlischt mit Eingehung einer Ehe durch das Kind. 4. Das Gericht kann die Verpflichtung auf den Unterhalt auch über die Grenzen des Absatzes 2 hinaus ausdehnen, wenn das Kind wegen eines körperlichen oder geistigen Schadens unfähig ist, sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres oder nach Eintritt der Volljährigkeit oder später selbst zu ernähren. 5. Die Höhe der Unterhaltsleistung wird entweder während des Vater­ schaftsprozesses oder auf eine eigene Unterhaltsklage hin festgesetzt. 6. Das Recht des Kindes auf Unterhalt richtet sich auch gegen die recht­ mäßigen Erben des unterhaltspflichtigen Vaters, es sei denn, daß diese sich von der Verpflichtung dadurch befreien, daß sie dem Kinde den 3. Teil des gesetzlichen Anteils, welchen es bekäme, wenn es ehelich wäre, ge­ währen. 7. Auf Antrag des Klägers oder des Beklagten kann das Gericht bei wesent­ licher Veränderung der Verhältnisse int allgemeinen oder besonderen die Höhe der Unterhaltsrente erneut festsetzen oder die Pflicht auf Unter^haltsleistung aufheben, wenn das Kind ein selbständiges oder seiner sozialen Stellung entsprechendes Einkommen erlangt hat. 8. Der Anspruch des Kindes verjährt in fünf Jahren seit der Einstellung jeglicher Unterhaltsleistung.

Art. 19. 1. Die Bestimmungen über die Vormundschaft der außerehelichen Kinder finden auch auf die anerkannten außerehelichen Kinder Anwendung. 2. Der Vater kann jedoch nach Anerkennung seine Bestellung zum Vormund beim Gericht erster Instanz beantragen. 3. Die Sorge für die Person des Kindes kommt der Mutter zu, die von Rechts wegen sein Vormund ist, es sei denn, daß das Gericht anders entscheidet. 4. Beide Eltern haben in jedem Falle das Recht, mit dem Kinde persönlich zu verkehren; Streitigkeiten hierüber entscheidet endgültig der Vorsitzende des Gerichts 1. Instanz. Art. 20. 1. Der Vater oder dessen Erben sind verpflichtet, der Mutter des aner­ kannten Kindes den Unterhalt zu gewähren und zwar für die ganze Zeit der Schwangerschaft, für die Dauer eines Jahres nach der Geburt, end­ lich die Kosten der Entbindung zu ersetzen. Bei Festsetznug der Höhe sind die soziale Stellung der Mutter und die Vermögensverhältnisse beider Eltern zu berücksichtigen. 2. Dieser Anspruch steht der Mutter auch dann zu, wenn das Kind tot­ geboren wurde oder vor Verkündung des Anerkenntnisses starb.

Griechenland.

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3. Die Höhe der Leistungen setzt der Richter nach freiem Ermessen auf Grund einfacher Zusicherung hin fest. 4. Die Ansprüche der Mutter verjähren in drei Jahren; die Verjährungs­ frist beginnt mit dem Ablauf von sechs Wochen nach der Geburt. 5. Wenn die Vaterschaft sehr wahrscheinlich ist und die Mutter sich in Not befindet, kann der Vorsitzende des Gerichts 1. Instanz oder das zuständige Gericht auch vor dem erstinstanziellen Urteil unbeschadet der Ansprüche der Mutter, den Vater oder seine Erben zwingen, zur Deckung der Aus­ lagen für die Entbindung und den Unterhalt der Mutter und des Kindes für drei Monate einen Betrag zu hinterlegen oder der Mutter die Hälfte davon vorzustrecken. Art. 21. Auf die aus diesem Kapitel sich ergebenden Forderungen kann weder ver­ zichtet noch können sie gepfändet werden; jede Pfändung oder Abtretung ist ohne weiteres nichtig. Art. 22. Die Erhebung der Klage in Kenntnis der Tatsache, daß der Beklagte nicht der Vater ist und zur Verfolgung ungesetzlicher Ziele ist ein Vergehen und wird auf Antrag des Beklagten mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu 5000 Drachmen oder mit beiden Strafen geahndet. Die strafrechtliche Verfolgung kann vor der Beendigung des Vaterschaftsprozesses nicht betrieben werden. Die Verjährung dieses Vergehens beginnt mit der Verkündung des Endurteils.

Teil C.

Die Legitimation der außerehelichen Kinder. Kapitel A. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe. Art. 23. 1. Das uneheliche Kind wird durch Eheschließung zwischen dem Erzeuger und seiner Mutter ehelich, wenn diese es durch eine Erklärung als eigenes anerkennen. Die Abgabe der Erklärung geschieht vor dem Standes­ beamten, in dessen Bezirk die Ehe geschlossen wurde. 2. Wenn die Ehe im Auslande geschlossen wurde, erfolgt die Abgabe der Erklärung vor dem Standesbeamten von Athen in eigener Person oder durch einen besonderen Bevollmächtigten.

Art. 24. Wenn keine Erklärung abgegeben wurde oder wenn einer der beiden Ehe­ gatten starb oder geschäftsunfähig wurde oder dieses bei beiden der Fall war, so tritt die Legitimation der Kinder ohne weiteres durch die Eheschließung ein. Art. 25. 1. Die Legitimation des außerehelichen Kindes erfolgt nach den gleichen Vor­ schriften auch nach dessen Tode, wenn es Nachkommen hinterlassen hat. 2. Die Legitimation wirkt auch für seine Nachkommen.

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Kapitel B. Die Legitimation durch Verfügung der Staatsgewalt. Art. 26. 1. Auf Antrag des Vaters kann das uneheliche Kind durch Verfügung der Staatsgewalt (Entschließung des Justizministers) für ehelich erklärt wer­ den. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung ist in notarieller Form zu stellen. 2. Der Vater hat eine Abschrift der Entschließung dem Standesbeamten des Geburtsorts des für ehelich erklärten Kindes innerhalb drei Monaten seit deren Erlaß vorzulegen. Art. 27. 1. Zur Ehelichkeitserklärung ist auch die notarielle Zustimmung des Kindes erforderlich. 2. Wenn das Kind sein fünfzehntes Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wenn es aus einem anderen Grunde noch nicht geschäftsfähig ist, erfolgt die Erklärung der Einwilligung durch den Vorsitzenden des Gerichts 1. Instanz auf Antrag seines gesetzlichen Vertreters. 3. Wenn das Kind minderjährig ist, ist auch die Einwilligung der Mutter in notarieller Form erforderlich. Weigert sich die Mutter oder ist sie ge­ schäftsunfähig, so wird ihre Einwilligung durch den Vorsitzenden des Ge­ richts 1. Instanz auf Antrag des Vaters ersetzt.

Art. 28.

Nach dem Tode des Vaters kann die Ehelichkeitserklärung des unehelichen Kindes durch Entschließung auf seinen Antrag hin erfolgen, a) wenn der Vater vor dem Notar oder durch Testament kundgab, daß er das Kind für ehelich erkläre; b) wenn der Vater nicht verheiratet war, einerlei ob aus einer früheren, aufgelösten Ehe Kinder vorhanden sind oder nicht, er aber mit der Mutter in Konkubinat lebte und ihr die Ehe versprach, aber starb oder wenn er vor Einreichung des Antrags auf Ehelichkeitserklärung oder vor der Ehe­ schließung auf Feststellung der Vaterschaft verklagt wurde. Die Ent­ scheidung über diese Kinder erfolgt durch Urteil des Gerichts 1. Instanz, in dessen Bezirk der vermeintliche Vater seinen Wohnort hat, gemäß den Bestimmungen, die für die Behandlung des Antrags gelten. Dritte, die ein berechtigtes Interesse haben, haben gegen die Entscheidung ein Ein­ spruchsrecht. Kapitel C.

Wirkung der Legitimation. Art. 29. 1. Die Wirkung der Legitimation durch nachfolgende Ehe beginnt mit der Eheschließung, die der Ehelichkeitserklärung vom Tage der Bekanntgabe der Entschließung im Regierungsblatt. 2. Die bedingte, wahlweise oder befristete Legitimation ist unzulässig.

Griechenland.

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Art. 30.

Das legitimierte Kind und seine ehelichen Nachkommen werden ehelichen Kindern völlig gleichgestellt. Teil D.

Schlußbestimmungen. Art. 31. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. August 1926 in Kraft und findet auf die nach dem 31. Juli 1926 geborenen Kin­ der Anwendung. Ausnahmsweise finden die Bestimmungen über Legiti­ mation wie auch jene des Art. 6 auch auf die vor dem 1. August 1926 geborenen Kinder Anwendung, jedoch ist der Antrag auf Legitimation durch Entschließung nach dem 31. Juli 1927 unzulässig. Art. 32.

Jede dem gegenwärtigen Gesetze entgegenstehende Bestimmung wird auf­ gehoben. Das Gesetz vom 30. April 1926 über die „Nachforschung nach der Vater­ schaft" wird von nun an als von Anfang an nicht mehr bestehend und als gesetz­ lich kraftlos erklärt. Wir beauftragen unseren Justizminister mit der Bekanntmachung und dem Vollzug der gegenwärtigen Verordnung. Athen, den 13. November 1927.

II. Vollstreckung ausländischer Urteile in Griechenland. Nach Mitteilung der Deutschen Gesandtschaft in Athen gelten betreffend der Vollstreckung ausländischer Urteile in Griechenland die Bestimmungen der Art. 858 und 860 des griechischen Gesetzbuches über das Zivilverfahren: Von ausländischen Gerichten erlassene Urteile und von ausländischen Be­ amten abgefaßte öffentliche Urkunden können, wenn Staatsverträge nicht das Gegenteil verfügen, in Griechenland nur dann exequiert werden, wenn dieselben von inländischen Gerichten für exekutorisch erklärt worden sind (Art. 858). Der Vollziehungsbefehl ist gemäß Art. 859 im Falle des vorigen Artikels zu erteilen: 1. vom Präsidenten des Bezirksgerichtes des Exekutionsortes in der in Art. 119 und 857 bestimmten Form, und ohne weitere Untersuchung des Inhaltes des Urteils oder der Urkunde, wenn alle Parteien Ausländer sind; 2. vom gesamten Bezirksgerichte und erst nach vorgängiger Untersuchung des Inhalts, wenn eine der Parteien ein Inländer ist. Im letzten Falle sind sowohl Vollziehungs- als Nichtvollziehungsbefehle von sämtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber zu unterschreiben. Im Falle des Art. 859 Nr. 2 kann der Vollzug nur dann verweigert werden, wenn Urteile gegen erwiesene Tatsachen, oder Urteile sowohl als sonstige öffent­ liche Urkunden gegen inländische verbietende Gesetze anstoßen (Art. 860).

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I. Teil.

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13. Großbritannien*). Die Deutsche Botschaft in London hat nachstehendes Merkblatt zur Ver­ fügung gestellt: Personen, welche in Großbritannien und Irland Rechtsangelegenheiten, namentlich Wechsel- und sonstige Forderungssachen zu betreiben beabsichtigen, werden dabei nicht selten von der Voraussetzung geleitet, daß die Konsulatsbehörden fremder Mächte über die in England lebenden Angehörigen ihrer Nationalität Gerichtsbarkeit besitzen. Ebenso besteht vielfach die fernere Voraussetzung, daß Konsulate in der Lage seien, auf die Tätigkeit der zuständigen Landesbehörden Einwirkung zu üben, beziehungsweise den Gang der eingeleiteten Verhandlungen irgendwie zu beeinflussen. Beides ist unzutreffend. Konsulatsämter fremder Mächte sind in dem Vereinigten Königreiche nicht mit Gerichtsbarkeit bekleidet, daher ohne Mittel, säumige Schuldner zur Zahlung zu zwingen, beziehungsweise auf deren Entschließungen zugunsten von Gläubigern einwirken zu können und stehen außer aller Verbindung mit den Gerichten. Vor Beschreitung des Rechtsweges wird der Gläubiger zu erwägen haben, ob das nach Lage der Verhältnisse zu erhoffende Endresultat der Prozeßführung mit den Schwierig­ keiten und Kosten derselben in angemessenem Verhältnis steht. Erfahrungsmäßig findet bei dieser Erwägung die Verschiedenheit der prozessualischen Einrichtungen in England von denen anderer Länder, insbesondere Deutschlands, sowie der Abstand in den Skalen der Gerichts- und Anwaltskosten nicht die gebührende Berück­ sichtigung. Die folgenden Bemerkungen find bestimmt, einige Momente hervorzuheben, welche Ausländer sich gegenwärtig halten sollten, bevor sie Zivitanfprüche vor englischen Gerichten geltend machen. Ein Grundsatz des englischen Prozeßrechtes ist, daß die Partei ihre Sache, wenn auch mit Rechtsbeistand, persönlich vor Gericht zu vertreten hat. Der ausländische Gläubiger hat daher vor allem sich darüber schlüssig zu machen, ob er die Kosten der Reise und eines Aufenthaltes von ungewisser Dauer in der Fremde auf­ zuwenden in der Lage ist. Daß er bei Unkenntnis des englischen materiellen wie Prozeß­ rechtes selbst in einfachen und dem Betrage nach geringen Forderungssachen der Hilfe eines Rechtsbeistandes (Solicitors) nicht en traten kann, liegt auf der Hand. Der Solicitor über­ nimmt die Vertretung nur gegen Leistung eines Vorschusses, welcher, regelmäßig nach dem Werte des Streitobjektes bemessen, nur in seltenen Fällen weniger als £ 5, zumeist £ 10, unter Umständen mehr beträgt. Von dem persönlichen Erscheinen der Parteien kann ausnahmsweise Abstand genommen werden, wenn unter denselben eine Verständigung dahin erzielt ist, daß der Beweis ihrer tatsächlichen Behauptungen durch beschworene Urkunde, sogenanntes Affidavit, geführt werden soll. Ob dies nicht bloß für den ordentlichen Prozeß gilt, sondern auch für das beschleunigte Verfahren, welches etwa dem Bagatell-Prozeß in Deutschland entsprechend bei einfachen Schuldsachen im Betrage bis zu £ 50 vor Gerichten niederer Ordnung, den County Courts, stattfindet, steht dahin. Bejahenden Falles würden die Kosten der vorläufigen Korrespondenz zur Information des Sachverwalters, der Aufmachung und Vollziehung, unter Umständen der Abänderung des Affidavit allein schon eine Forderung geringeren Betrages ausgleichen oder überschreiten. In Schuldsachen, in welchen wegen umständlicher Erörterung bestrittener Tatsachen, oder wegen Einschlagens zweifelhafter Rechtsfragen das summarische Verfahren ausge­ schlossen ist, sowie bei Streitobjekten im Werte von mehr als £ 50 tritt die Kompetenz der höheren Landesgerichte ein. Hier wird das Verfahren, sowie die Last der Kosten schon dadurch beschwerlicher, daß die Hilfe des Solicitors allein nicht mehr ausreicht. Die Vertretung der Partei vor Gericht wird von einem Advokaten (Counsel) geführt. Dieser tritt indessen mit der Partei nicht in direkte Verbindung, nimmt vielmehr seine Information zur Sache aus zweiter Hand, vom Solicitor.

*) Alexander Cairns, Eversley’s Law of the Domestic Relations; fourth edition London 1926, Sweet & Maxwell, Limited, 2 & 3 Chancery Lane, W. C. 2.

Großbritannien.

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Das dem Counsel zu zahlende Honorar, welches je nach dem Werte des Streitobjekts und nach der Natur des Rechtsstreites sich verschieden stellt, bedingt in allen Fällen eine erhebliche Anschwellung der Kosten und ist im voraus zu erlegen. Der Fall ist nicht selten, daß die Kosten den Wert verhältnismäßig nicht unbedeutender Streitobjekte übersteigen. Die Entscheidung der Frage, ob im Falle des Obsiegens des Klägers eine Erstattung der Kosten stattfindet, steht im diskretionären Ermessen des Gerichtshofes, wenngleich die gemeinrechtliche Regel, daß der unterliegende Teil die Kosten zu erstatten hat, nicht außer Geltung gesetzt worden ist. Immerhin bedeutet Verurteilung des Beklagten in die Kosten nur so viel, daß dem Kläger diejenigen Kosten ersetzt werden, welche die zur Feststellung derselben berufene Behörde für erstattbar erklärt. Der Ertrag der erstattbaren Kosten deckt meistens nicht den gemachten Aufwand. Für die Prozeßkosten hat der auswärtige Kläger beim Beginn des Rechtsstreites Kaution zu stellen, deren Höhe dem richterlichen Ermessen anheimgegehen ist. Bei Streit­ gegenständen von über £ 50 Wert wird die Kaution durchschnittlich auf £ 50—100 angesetzt; bei geringerem Objekt entsprechend weniger. Stellt sich im Laufe der Verhandlungen heraus, daß die entstandenen Kosten den geleisteten Vorschuß bereits beträchtlich überschritten haben, so kann die Fortführung der Sache bis nach Leistung weiterer Sicherheit eingestellt werden. Die Kaution ist entweder bar bei Gericht zu hinterlegen, oder durch Bürgschafts­ leistung zweier solventen Hausbesitzer zu bestellen. Unter solchen Verhältnissen erscheint als eine Hauptbedingung erfolgreicher Prozeß­ führung, daß über die Solvenz beider Teile Zweifel nicht bestehen. Aber selbst die Er­ füllung dieser Vorbedingung vorausgesetzt, wird nicht selten Verzicht auf Geltendmachung eines Rechtsanspruches sich als vorteilhafter erweisen, als die Anstrengung und Durch­ führung eines Prozesses, auch wenn die Entscheidung zugunsten des Anspruchs lautet. Noch ist zu bemerken, daß in England auch die Anbringung und Verfolgung von Anträgen, welche Untersuchung und Ahndung angeblich strafbarer Handlungen bezwecken, lediglich der beteiligten Privatperson anheimfällt; die Gewährung amtlichen Beistandes erscheint in derartigen Fällen bei Abwesenheit der Antragsteller und dann ausgeschlossen, wenn Letztere die Sache nicht selbst vor Gericht zu vertreten gewillt oder befähigt sind.

Ferner hat die Deutsche Botschaft in London zwei Gutachten ihrer Rechts­ beistände, der Rechtsanwälte Buckeridge und Braune, übersandt. a) England. I. Nachstehendes Gutachten des Rechtsanwalts F. W. Braune (A. Solicitor of the Supreme Court of Judicature in England) behandelt Einzelfragen aus dem Recht der unehelichen Kinder unter Berücksichtigung der Bestimmungen der „Bastardy Acts“, wobei aber zu betonen ist, daß diese Bestimmungen nur aus Kinder angewendet werden können, die in England geboren sind und sich dort aufhalten: 1. Dem englischen Rechte ist eine gesetzliche Vertretung von Minderjährigen, wie sie das deutsche Recht kennt, überhaupt unbekannt. Die Mutter eines unehelichen Kindes ist, solange sie unverheiratet ist, verpflichtet, das Kind bis zum 16. Lebensjahre zu unterhalten. Diese Unterhaltspflicht bringt mit sich das Recht der Sorge für die Person des Kindes. Diese Rechte und Pflichten sind rein persönlich und gehen nicht auf die Erben der Mutter über. Falls eine Vertretung eines Minderjährigen für irgend­ welche rechtliche Zwecke sich nötig macht, wird auf Antrag ein Vormund ad hoc vom Gericht bestellt. 2. Zum Nachweis der Vaterschaft ist das Zeugnis der Mutter des Kindes über den erfolgten Geschlechtsverkehr unbedingt notwendig, jedoch allein nicht ausreichend. Außer ihrer eigenen Zeugenaussage muß sie noch kor­ porativen Beweis beibringen. Was als genügender bekräftigender Be­ weis anzusehen ist, steht im Ermessen des Gerichts.

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I. Teil.

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Europa.

Die Tatsache, daß die Kindesmutter mit anderen Männern mährend der Empfangszeit Geschlechtsverkehr gepflegt hat, ist allein nicht ein durchschlagender Einwand gegen den Unterhaltsanspruch. Dem Staate und der Armenversorgung gegenüber ist, wie oben erwähnt, die Kindsmutter für den Unterhalt eines unehelichen Kindes verantwort­ lich. Die Kindesmutter ist jedoch auf Grund der Bastardy Law Amend­ ment Act 1872 berechtigt, vor Geburt des Kindes oder innerhalb 12 Mo­ naten nach der Geburt bei dem zuständigen Friedensrichter einen An­ trag zu stellen, daß dem Erzeuger des Kindes aufgegeben wird, an sie die Kosten der Geburt und Unterhalt für das Kind zu zahlen. Die Frage, ob die Kindesmutter imstande ist, den Unterhalt des Kindes selbst zu tragen, ist unwesentlich. Der Antrag auf Unterhaltszahlung seitens der Mutter muß spätestens innerhalb 12 Monaten nach der Geburt gestellt werden; nur wenn der Erzeuger innerhalb der ersten 12 Monate nach der Geburt des Kindes nachweisbar einen Beitrag zum Unterhalt des Kindes geleistet hat, kann der Antrag beliebige Zeit später gestellt werden. Ferner kann, wenn der Erzeuger innerhalb der ersten 12 Monate nach der Geburt des Kindes aus 'England verzogen ist, der Antrag auf Leistung eines Unterhaltsbeitrages innerhalb 12 Monaten nach der Rückkehr des Erzeugers nach England gestellt werden. Der Anspruch auf Unterhaltszahlung ist ein Anspruch der Mutter, nicht des Kindes. Der Unterhalt, der seitens der Mutter beansprucht werden kann, war bis zum 1. Januar 1919 auf Grund der Bastardy Law Amendment Act 1872 fünf Schilling per Woche, in der Zeit vom 1. Januar 1919 bis zum 30. September 1923 auf Grund der Affiliation Orders (Increase of Maximum Payment) Act 1918 zehn Schilling die Woche und seit dem 30. September 1923 auf Grund der Bastardy Act 1923 zwanzig Schil­ ling wöchentlich. Die erwähnten Beträge sind Höchstbeträge, welche die Friedensrichter zusprechen können. In der Praxis werden jedoch, wenn nicht ganz besondere Umstände vorliegen, diese Höchstbeträge regelmäßig zugesprochen. Die Unterhaltspflicht des Erzeugers läuft von dem Datum, an dem die Entscheidung der Friedensrichter auf Zahlung ergeht. Rückständiger Unterhalt kann nur dann zugesprochen werden, wenn der Antrag der Mutter vor oder innerhalb zweier Monate nach der Geburt des Kindes gestellt worden ist. In diesem Fall kann die Zahlung der wöchentlichen Summe von der Geburt an verlangt werden. Die Verpflichtung des Erzeugers zur Zahlung von Unterhalt auf Grund der Entscheidung der Friedensrichter erlischt mit der Vollendung des 13. Lebensjahres oder mit dem vorherigen Tode des Kindes; es steht jedoch den Friedensrichtern frei anzuordnen, daß die Zahlungen geleistet werden sollen, bis das Kind das 16. Lebensjahr erreicht hat; die Friedens­ richter können auch eine kürzere Frist bestimmen. Falls in dem Beschluß eine Frist bestimmt ist, sei es, daß sie vor oder nach der Vollendung des 13. Lebensjahres des Kindes endigt, erlischt die Verpflichtung des Er­ zeugers mit dem Ablauf der in dem Beschluß bestimmten Frist.

Großbritannien.

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II. Die Frage, ob für ein deutsches uneheliches Kind in England die Vater­ schaft festgestellt bzw. sein Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden kann, be­ antwortet folgendes Gutachten: „Zunächst ist zu bemerken, daß der Status eines unehelichen Kindes nach ausländischem Recht zu beurteilen ist, wenn die Mutter zur Zeit der Geburt Ausländerin war. Auch wenn der Vater des Kindes sich in England aufhält, müßte der Anspruch auf die Vorschriften des deutschen Rechtes gestützt werden. Dabei ist aber Voraussetzung für die Erhebung der Klage in England, daß sich der Vater zum Zeitpunkt der Klageerhebung in England befindet, damit die Klage ihm persönlich zugestellt werden kann. Eine Ersatzzustellung im Ausland wäre nicht möglich. Es sei zunächst betont, daß die Bestimmungen des englischen Rechtes, die sich auf uneheliche Kinder beziehen, in den „Bastardy Acts“ ent­ halten sind und daß diese nicht angewendet werden können, wenn die Mutter des Kindes Ausländerin war und das Kind im Ausland geboren wurde. Der Zweck dieser „Bastardy Acts“ besteht darin, auf dem Gebiet der Armenpflege Vor­ sorge zu treffen, daß uneheliche Kinder der englischen Armenverwaltung nicht zur Last fallen. Bei den im Ausland geborenen unehelichen Kindern, deren Mütter sich ebenfalls im Ausland befinden, kommt dieser Gesichtspunkt aber nicht in Frage. Da das englische Recht sonst keine besonderen Vorschriften für die Geltend­ machung der Ansprüche unehelicher Kinder enthält, so muß eine Klage, gestützt auf die Bestimmungen des deutschen Rechtes, vor den ordentlichen Gerichten er­ hoben werden. Eine solche Klage dürfte Aussicht auf Erfolg haben, da ja das englische Recht, wenn es auch keine Vorschriften wie das deutsche Recht kennt, dennoch, wenn auch aus einem anderen Gesichtspunkt heraus, Vorschriften ent­ hält, die letzten Endes darauf abzielen, die Versorgung eines unehelichen 'Kindes sicherzustellen. Zuständig für eine Klage ist voraussichtlich in allen Fällen das High Court in London. Eine zweite Möglichkeit, in England Ansprüche des unehelichen Kindes gel­ tend zu machen, besteht darin, daß zunächst in Deutschland ein rechtskräftiges Urteil gegen den Vater des Kindes erwirkt wird. Voraussetzung hierfür ist, daß die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes nach deutschem Prozeßrecht gegeben ist. Falls ein solches Urteil erwirkt wird, kann auf Grund desselben gegen den in England befindlichen, verurteilten unehelichen Vater geklagt werden und die englischen Gerichte haben in derartigen Fällen entschieden, unter welchen Um­ ständen ein solches Urteil zur Grundlage eines Prozesses in England gemacht werden kann. Danach kann auf Grund eines solchen Urteils geklagt »werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind: 1. Das Urteil muß ein endgültiges sein, d. h. es muß in ihm genau fest­ gelegt sein, worin die Verpflichtungen des unehelichen Vaters bestehen. Wird dem Vater die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, beispielsweise 20 3$l pro Monat, etwa bis zum 16. Lebensjahr des Kindes auferlegt, so genügt das den englischen Gerichten. Wenn dagegen das Urteil be­ stimmt, daß die Zahlungsverpflichtung des Vaters in Zukunft abgeändert werden kann, z. B. dadurch, daß der zu zahlende Betrag nach freiem Ermessen des Gerichts erhöht werden kann, so würde das Urteil nicht zur Anerkennung kommen. 2. Weiterhin verlangen die englischen Gerichte, daß das Urteil gegen den unehelichen Vater zu dessen Lebzeiten ergangen sein muß, da dem eng-

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I. Teil.

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lischen Recht eine Verantwortlichkeit des Nachlasses bzw. des Erben (an­ ders im deutschen Recht) in solchen Fällen nicht bekannt ist. 3. Das Urteil darf nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Ein solcher Ver­ stoß würde darin gesehen werden, daß dem Vater die Zahlungsverpflich­ tung auf unbestimmte Zeit oder bis an sein Lebensende oder das des Kindes auferlegt ist. Für die Erhebung der Klage gegen einen unehelichen Vater in England, sei es auf Grund des deutschen Rechtes, oder auf Grund eines deutschen Urteils ist es unerheblich, welche Staatsangehörigkeit der Beklagte besitzt."

b) Schottland. Nach schottischem Recht ist die Rechtslage im wesentlichen die gleiche wie in England. Der Hauptunterschied besteht darin, daß, anders als in England, die Mutter namens des Kindes klagen muß. Unerheblich ist es, wo die Mutter bzw. das Kind den Wohnsitz hat. Es kommt lediglich darauf an, ob die Zuständigkeit der schottischen Gerichte gegeben ist, was in der Hauptsache dann der Fall ist, wenn der Vater sich in Schottland aufhält. Ausnahmsweise könnte die Zuständig­ keit der schottischen Gerichte auch dadurch begründet werden, daß die Mutter bzw. das Kind in Schottland Vermögen des Vaters arrestieren lassen, wodurch ein Gerichtsstand des Vermögens begründet wird. Eine Klage wäre unter diesen Umständen auch auf Grund eines deutschen Urteils zulässig, wobei allerdings auch wegen der Gültigkeit des deutschen Urteils ähnliche Gesichtspunkte zur An­ wendung kommen, wie bei einer gleichen Klage in England. Die Frage, welchen Betrag das uneheliche Kind in England bzw. die Mutter in Schottland als monatliche Unterstützung einklagen können, läßt sich mit irgendwelcher Bestimmtheit nicht beantworten. Nach englischem Recht würde hierfür voraussichtlich deutsches Recht ebenfalls maßgebend sein, so daß ein Betrag gefordert werden könnte, der in dem in Deutschland üblichen Verhält­ nis zu dem Einkommen und dem sonstigen Stand der Mutter entspricht. In Schottland haben die Gerichte dagegen entschieden, daß der Vater im allgemeinen nur für den Betrag von 4.50 (4—6 Schilling) pro Woche haftbar gemacht werden kann, da nach schottischem Recht auch die Mutter in gleicher Weise für den Unterhalt des Kindes verantwortlich ist. In beiden Ländern könnte die Mutter für sich auch Zahlung der Entbindungskosten verlangen. c) Irland. Das Deutsche Generalkonsulat für den Irischen Freistaat hat nach Rück­ sprache mit seinen Rechtsbeiständen über die Frage, in welcher Weise im Irischen Freistaat die Vaterschaft für ein deutsches uneheliches Kind festgestellt bzw. der Unterhaltsanspruch gegen Väter, die sich im Freistaat aufhalten, geltend gemacht werden kann, folgendes mitgeteilt: Für die Beurteilung dieser Frage ist allein das irische Recht maßgebend, gleichviel welcher Staatsangehörigkeit der im Freistaat befindliche Erzeuger des Kindes ist. Nach irischem Recht sind die Mutter und der Vater eines unehelichen Kindes verpflichtet, das Kind zu unterhalten, bis es das 15. Lebensjahr erreicht hat (Poor Relief Irish Act, 1838). Der Mutter steht eine gesetzliche Handhabe, den Vater zur Zahlung des Unterhalts zu zwingen, nicht zu. Nur die Bezirks-

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Jugoslawien.

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Armenbehörde hat auf Grund des Bastardy Irish Act, 1863, das Recht, den Erzeuger zur Zahlung von Alimenten anzuhalten. Die Bezirks-Armenbehördc kann durch einen sogenannten Zivil-Bill-Prozeß die Unterhaltskosten für ein uneheliches Kind unter 14 Jahren von dem Erzeuger beanspruchen, sofern und solange das Kind der Armenfürsorge zur Last fällt. Der in Frage stehende Prozeß kann nur gegen die Person angestrengt werden, die von der Mutter in einer beschworenen Urkunde als der Vater des Kindes angegeben worden ist. Die eid­ liche Erklärung der Mutter muß in den wesentlichen Punkten durch Zeugen­ aussagen bestätigt werden. In ähnlicher Weise kann unter dem Children’s Act, 1908, durch Verordnung des Gerichts der Erzeuger eines unehelichen Kindes zum Beitrag zu den Unterhaltskosten des Kindes angehalten werden, wenn es sich um Jugendliche handelt, die sich einer Gesetzesverletzung schuldig gemacht haben. Ist der Vater des unehelichen Kindes ein Angehöriger des irischen Heeres, so finden die Bestimmungen über die Heranziehung zu den Unterhaltskosten mit der Maßgabe Anwendung, daß die Zwangsvollstreckung in seine Löhnung, Aus­ stattung usw. nicht zulässig ist. Ferner darf der Unterhalt seiner Frau und der von Familienangehörigen nicht gefährdet werden (Defence Forces Act, 1923, Section 141).

Hervorzuheben ist noch, daß ein Ehemann zum Unterhalt etwaiger unehe­ licher Kinder seiner Frau verpflichtet ist, die sie bei der Eingehung der Ehe mit diesem gehabt hat. Aus dem Vorgehenden ergibt sich, daß ein Vorgehen von Deutschland aus im allgemeinen nicht in Frage kommt.

14. Jugoslawien. Im Staatsgebiet des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen herrscht hinsichtlich der Möglichkeit der Feststellung der Vaterschaft und der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche für uneheliche Kinder kein einheitliches Recht. I. Serbien, Südserbien und Erna Gora.

Nach den serbischen Gesetzen, die allein nur für das Königreich Serbien in dessen Vorkriegsgrenzen in Kraft sind, kann ein gerichtliches Verfahren wegen Feststellung der Vaterschaft nicht eingeleitet werden. Auf Grund der Behauptung und selbst des Beweises durch die uneheliche Mutter, daß der oder jener ihr in der Empfängniszeit beigewohnt habe, kann der in Anspruch genommene nicht als Vater festgestellt werden (Art. 130 Serb.Bürg.Ges.Buch). Eine Ausnahme von dieser Regel ist nur für den Fall möglich, wenn der Erzeuger die Vaterschaft zu dem unehelichen Kinde selbst anerkannt und sich verpflichtet hat, gewisse Be­ träge zum Unterhalt des Kindes zu leisten. In einem solchen Falle kann der Vater auch auf gerichtlichem Wege dazu gezwungen werden, die übernommenen Verpflichtungen einzuhalten. Diese gesetzlichen Bestimmungen sind ebenso für Serben wie auch für Aus­ länder, die im Gebiete des Königreiches Serbien wohnen, rechtsverbindlich.

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Europa.

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II. Neuerworbene Gebiete:

1. Montenegro.

Für das Gebiet des ehemaligen Königreiches Montenegro gelten noch die früheren Bestimmungen über uneheliche Kinder, die im § 71 des Gesetzbuches Daniels L, Fürsten von Montenegro und der Berda, vom 23. April 1855 ent­ halten sind. Hiernach muß der Erzeuger eines unehelichen Kindes 130 Taler Unterhalt bezahlen; das Kind hat, wenn es volljährig ist, gegen den Vater ein gesetzliches Erbrecht wie ein eheliches Kind. Der Vater kann das Kind auch in seinen Haushalt aufnehmen und den Unterhalt in Natur gewähren. Hat der uneheliche Vater das Kind im Ehebruch erzeugt, so hat er neben dem Unterhalt von 130 Talern noch eine Strafe von 6 Monaten schweren Kerkers (Wasser und Brot) zu verbüßen.

2. Ehemals österreichisch-ungarische Gebiete. Hier sind noch die alten ungarischen bzw. kroatischen und österreichischen Gesetze gültig, nach welchen ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft zu­ lässig ist. Im übrigen werden die familienrechtlichen und vermögensrechtlichen Familienstreitigkeiten, wenn es sich um einen Konflikt der Gesetze handelt, nach dem Personalprinzip entschieden: Deutsche Väter, die nach diesen Gebieten ausgewandert sind, haben sich nach deutschen Gesetzen zu verantworten. Für Serben, Kroaten und Slowenen gilt folgendes: a) im Banat, in der Backa und in Baranja gilt ungarisches Recht; es kann die Vaterschaft für ein deutsches uneheliches Kind festgestellt, bzw. dessen Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden; außerdem hat dieses in der Konkurrenz mit den ehelichen Kindern das Recht auch auf einen, wenn auch geringeren Teil der Hinterlassenschaft; b) in Kroatien, ©rem, Slawonien, Dalmatien und Slowenien gilt das österr. BGB.; c) in Bosnien und Herzegowina gilt für Muselmanen Medzeli, welcher die außerehelichen Beziehungen nicht kennt; für die übrigen gelten die Be­ stimmungen, ähnlich den Bestimmungen des österreichischen BGB. Die Deutsche Gesandtschaft in Belgrad hat als Vertrauensanwalt Herrn. Dr. M. Stojitsch, Belgrad, Knjeginje Ljubice ul 6 benannt.

15. Italien. I. Die Deutsche Botschaft in Rom hat das nachstehende Gutachten zur Ver­ fügung gestellt: Nach Art. 189 des Jtal. Bürgerl. Gesetzbuches sind die Nachforschungen nach der Vaterschaft nicht erlaubt, es sei denn, daß es sich um Entführung oder Ver­ gewaltigung handelt und die Zeit dieser Ereignisse mit der Zeit der Empfängnis übereinstimmt. Wenn der vermutliche Vater des unehelichen Kindes ein Italiener ist, so sind derartige Nachforschungen absolut verboten. Wenn indessen der vermutliche

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Italien.

Vater die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder einer anderen Nation angehört, bei welcher die Nachforschung nach der Vaterschaft gestattet ist, so steht den Nach­ forschungen nach der Vaterschaft, und zwar weil das Verbot gemäß Art. 189 des BGB. angesehen wird als ein Verbot, das die öffentliche Ordnung betrifft, der Art. 12 der Einführungsbestimmungen zum BGB. im Wege, nach welchem in keinem Fall die Gesetze, Handlungen und Urteile eines fremden Landes und private Bestimmungen und Übereinkommen gesetzliche Verbote des Königreichs Italien, die Personen, Güter und Handlungen betreffen, außer Acht lassen dürfen. Auf jeden Fall aber haben die natürlichen Kinder nach Artikel 193 des Codi ec civile ohne weiteres das Recht auf Unterhalt, wenn einer der drei dort genannten Fälle vorliegt, d. h. also 1. wenn die Vaterschaft oder die Mutterschaft indirekt aus einem Zivil­ oder Strafurteil hervorgeht; 2. wenn die Vaterschaft oder Mutterschaft aus einer für nichtig erklärten Ehe resultiert; 3. wenn die Vaterschaft oder die Mutterschaft aus einer ausdrücklichen schriftlichen Erklärung der Eltern hervorgeht (diese schriftliche Aner­ kennung der Vaterschaft kann z. B. in Briefen an Mutter oder Kind enthalten sein, sie ist nicht an eine bestimmte Form gebunden; mündliche Erklärungen, auch vor Zeugen abgegeben, sind belanglos). Avv. Emidio Marconi,

Rom, den 1. April 1928.

Rom, Via Sistina N. 27. II. Gesetzliche Bestimmungen.

a) Disposizioni sulla pubblicazione.interpretazioneed applicazione delle leggi in generale.

Art. 6. Lo stato e la capacitä delle persone ed i rapporti di famiglia sono regolati dalla legge della nazioni a cni esse appartengono.

Art. 12. Non ostante le disposizioni degli articoli precedenti, in nessun caso le leggi, gli atti e le sentenze di un paese straniero, e le private dispo­ sizioni e convenzioni potranno derogare alle leggi proibitive del regno

Einführungsgesetz zum italieni­ schen Bürgerlichen Gesetzbuch: Allgemeine Bestimmungen über die Veröffentlichung, Auslegung und Anwendung der Gesetze.

Art. 6. Der Zivilstand und die Geschäfts­ fähigkeit der Personen sowie ihre familien­ rechtlichen Beziehungen werden durch die Gesetze des Staates, dem sie ange­ hören, geregelt.

Art. 12.

Unbeschadet der Bestimmungen der vor­ hergehenden Artikel werden in keinem Fall durch Gesetze, Handlungen und Urteile eines fremden Landes und durch private Bestimmungen und Überein­ kommen die gesetzlichen Verbote des König-

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I. Teil.

Europa.

ehe concernano le persone, i beni o gli atti, ne alle leggi riguardanti in qualsiasi modo 1’online pubblico ed il buon costume.

reichs, die Personen, Güter oder Hand­ lungen betreffen, außer Kraft gefetzt; das gleiche gilt für diejenigen Gesetze, welche die öffentliche Ordnung und die guten Sitten irgendwie betreffen. b)

Codice civile del regno d’Italia.

Italienisches Bürgerliches Ge­ setzbuch.

Titolo VI.

VI. Titel.

Della filiazione.

Die Kindschaft.

Capo III.

III. Kapitel.

Della filiazione della prole nata fuori di matrimonio e della legittimazione.

Die außerehelichen Kinder und deren Legitimation.

Sezione I. Della filiazione della prole nata fuori di matrimonio.

I. Abschnitt. Die außerehelichen Kinder.

Art. 179. II figlio naturale puö essere riconosciuto dal padre e della madre tanto congiuntamente, quanto separatamente.

Art. 179. Das außereheliche Kind kann von dem Vater und von der Mutter gemein­ schaftlich oder von jedem einzeln aner­ kannt werden.

Art. 180. Non possono perö essere riconosciuti: 1. I figli nati da persone, di cui anche una soltanto fosse al tempo del concep'mento legata in matrimonio con altra persona; 2. I figli nati da persone fra le quali non poteva sussistere matrimonio per vincolo di parentela, o di affinitä in linea retta in infinite, o per vincolo di parentela in linea collaterale nel secondo grado.

Art. 181. 11 riconoscimento di un figlio na­ turale si farä nell’atto di nascita, o con un atto autentico anteriore o posteriore alla nascita.

Art. 180. Nicht können jedoch anerkannt werden: 1. die Kinder solcher Personen, von denen auch nur eine in der Empfängnis­ zeit mit einer anderen Person in gesetz­ licher Ehe lebte; 2. die Kinder solcher Personen, zwischen denen eine Ehe wegen Ver­ wandtschaft oder Schwägerschaft in ge­ rader Linie jeden Grades, oder wegen Verwandschaft in der Seitenlinie bis zum zweiten Grade, nicht möglich ist.

Art. 181.

Die Anerkennung eines außerehe­ liches Kindes erfolgt in der Geburts­ urkunde oder in einer öffentlichen Ur­ kunde vor oder nach der Geburt.

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Italien.

Art. 182.

Art. 182.

II riconoscimento non ha effetto ehe riguardo a quello dei genitori da cui fu fatto, e non da al figlio riconosciuto alcun dirirto verso l’altro genitore.

Die Anerkennung hat nur Wirkung ge­ genüber dem Elternteil, der anerkannt hat, und gibt dem anerkannten Kinde keinerlei Rechte gegen den anderen Elternteil.

Art. 183. II figlio naturale di uno dei coniugi, nato prima del matrimonio e rico­ nosciuto durante il medesimo, non puö essere introdotto nella casa coniugale, se non col consenso dell’ altro coniuge, salvoche questi avesse giä prestato il suo consenso al riconoscimento.

Art. 183. Das außereheliche Kind eines Ehe­ gatten, das vor der Ehe geboren und während derselben anerkannt wurde, kann in den ehelichen Haushalt nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten aus­ genommen werden, sofern dieser nicht schon seine Zustimmung zur Anerkennung gegeben hat.

Art. 184.

Art. 184.

Il genitore ehe riconobbe il figlio naturale, ne ha la tutela legale durante la minore etä.

Der Elternteil, der das außereheliche Kind anerkannt hat, hat über dasselbe die gesetzliche Vormundschaft während dessen Minderjährigkeit. Wenn die Anerkennung durch beide Elternteile erfolgte, steht die Vormund­ schaft vorzugsweise dem Vater zu. Es finden auf diese Vormundschaft die Bestimmungen der Art. 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227 und 233 Anwendung.

Se il riconoscimento fu fatto da ambidue i genitori, la tutela compete di preferenza al padre. Sono applicabili a questa tutela le disposizioni degli articoli 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227 e 233. Art. 185. Il figlio naturale assume il nome di famiglia del genitore ehe lo ha riconosciuto, o quello del padre, se 6 stato riconosciuto da ambidue i genitori.

Art. 186. Il genitore 6 tenuto a mantenere, educare, istruire ed avviare ad una professione o ad un’ arte il figlio na­ turale riconosciuto, ed a somministrargli anche successivamente gli alimenti in caso di bisogno, se il figlio non ha coniuge o discendenti in comdizione di somministrarglieli.

Art. 185. Das außereheliche Kind erhält den Familiennamen des Elternteiles, der es anerkannt hat, oder jenen des Vaters, wenn es beide Elternteile anerkannt haben.

Art. 186. Der Elternteil, der das außereheliche Kind anerkannt hat, ist verpflichtet, dieses zu unterhalten, zu erziehen, zu unterrichten und einem Berufe oder einem Handwerk zuzuführen; er hat ihm auch im Falle der Bedürftigkeit laufende Unterhaltsbeiträge zn gewähren, sofern das außereheliche Kind keinen Ehegatten und keine Abkömmlinge hat, die in der Lage sind, ihm den Unter­ halt zu gewähren.

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I. Teil. Europa.

Eguale obbligazione ha il genitore verso i discendenti legittimi del figlio naturale premorto, quando la loro madre o gli ascendenti materni non siano in grado di provvedervi. Art. 187. II figlio naturale deve gli alimenti al genitore, quando questi non abbia ascendenti o discendenti legittimi o coniuge ehe siano in grado di somministrarglieli. Art. 188. II riconoscimento puö essere impugnato dal figlio e da chiunque vi abbia Interesse.

Art. 189. Le indagini sulla paternitä non sono ammesse, fuorche nei casi di ratto o di stupro violento, quando il tempo di essi risponda a quello del concepimento. Art. 190.

Gleiche Verpflichtung trifft den Eltern­ teil gegenüber den ehelichen Abkömm­ lingen des verstorbenen außerehelichen Kindes, wenn ihre Mutter oder die Ascendenten mütterlicherseits nicht int Stande sind, für diese zu sorgen.

Art. 187.

Das außereheliche Kind ist dem Elternteil gegenüber unterhaltspflichtig, wenn dieser keine Ascendenten und keine ehelichen Descendenten oder keinen Ehegatten hat, die in der Lage sind, Unterhaltsbeiträge zu gewähren.

Art. 188. Die Anerkennung kann von dem Kinde und von jedem, der ein berechtigtes Interesse hat, angefochten werden.

Art. 189. Die Nachforschung nach der Vater­ schaft ist verboten, außer im Falle der Entführung oder der Vergewaltigung, soferne die Zeit der Entführung oder der Vergewaltigung in die Empfängnis­ zeit fällt. Art. 190.

Le indagini sulla maternitä, sono ammesse. Il figlio ehe reclama la madre deve provare d’ essere identicamente quel medesimo ehe fu da lei partorito. Non e perö ammessa la prova per testimoni, se non quando vi sia giä un principio di prova per iscritto, o quando le presunzioni e gli indizi risultanti da fatti giä certi siano abbastanza gravi per determinarne 1’ ammissione.

Die Nachforschung nach der Mutter ist zulässig. Das Kind, das nach seiner Mutter forscht, muß beweisen, daß es mit dem von ihr geborenen Kinde identisch ist. Der Beweis durch Zeugen ist jedoch nur zulässig, wenn der Beweis zum Teil schon durch Urkunden geführt ist oder wenn Vermutungen und Indizien, die sich aus schon festgestellten Tatsachen ergeben, ausreichen, um die Zulassung des Zeugenbeweises gerechtfertigt er­ scheinen zu lassen.

Art. 191.

Art. 191.

La domanda per dichiarazione di paternitä o di maternitä puö essere contraddetta da chiunque vi abbia Interesse.

Dem Verlangen auf Feststellung der Vaterschaft oder Mutterschaft kann von jedem widersprochen werden, der ein berechtigtes Interesse hat.

Italien.

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Art. 192.

Art. 192.

La sentenza ehe dichiara la filiazione naturale, produce gli effetti del riconoscimento.

Die Entscheidung, welche die außerehe­ liche Abstammung feststellt, hat dieselben Rechtswirkungen wie die Anerkennung.

Art. 193.

Nei casi in cui il riconoscimento 6 vietato (180), il figlio non e mai ammesso a fare indagini ne sulla paternitä, ne sulla maternitä.

Tuttavia il figlio naturale avrä semper azione per ottenere gli alimenti, 1. Se la paternitä o maternitä risulti indirettamente da sentenza civile o penale; 2. Se la paternitä o maternitä dipenda da un matrimonio dichiarato nullo. 3. Se la paternitä o maternitä risulti da esplicita dichiarazione per iscritto dei genitori. Sezione II. Della legittimazione dei figli naturali.

Art

193.

In den Fällen, in denen die Aner­ kennung unzulässig ist (180), ist dem Kinde auch stets die Nachforschung so­ wohl nach seinem Vater wie nach seiner Mutter verboten. Dem außerehelichen Kind steht jedoch immer der Prozeßweg zwecks Erlangung von Unterhalt offen: 1. wenn die Vaterschaft oder die Mutterschaft indirekt aus einem Zivil­ oder Strafurteil hervorgeht, 2. wenn die Vaterschaft oder die Mutterschaft aus einer für nichtig er­ klärten Ehe resultiert, 3. wenn die Vaterschaft oder die Mutterschaft aus einer ausdrücklichen schriftlichen Erklärung der Eltern her­ vorgeht. II. Abschnitt. Die Legitimation der außer­ ehelichen Kinder.

Art. 194. La legittimazione attribuisce a colui ehe ä nato fuori di matrimonio, la qualitä di figlio legittimo. Essa si opera per susseguente matrimonio contratto fra i genitori del figlio naturale, o per decreto reale.

Art. 194. Die Legitimation verschafft dem außer­ ehelichen Kinde die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. Sie erfolgt durch nachfolgende Ehe der Eltern des außerehelichen Kindes oder durch königliches Dekret (Ehelichkeits­ erklärung).

Art. 195. Non possono essere legittimati per susseguente matrimonio ne per decreto reale i figli ehe non possono essere legalmente riconosciuti (180).

Art. 195. Kinder, deren Anerkennung gesetzlich unzulässig ist (180), können weder durch nachfolgende Ehe noch durch königliches Dekret legitimiert werden.

Art. 196. Pud anche aver luogo la legitti­ mazione dei figli premorti in favore dei loro discendenti.

Art. 196. Es kann auch die Legitimation ver­ storbener Kinder zugunsten ihrer Ab­ kömmlinge erfolgen.

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I.

Teil. Europa.

Art. 197. I figli legittimi per susseguente matrimonio acquistano i diritti dei figli legittimi dal giorno del matri­ monio, se sono stati riconosciuti da ambidue i genitori nelF atto del matri­ monio od anteriormente, oppure dal giorno del riconoscimento, se questo fu posteriore al matrimonio.

Art. 198. La legittimazione puö essere accordata con decreto reale, quando concorrano le seguenti condizioni: 1. Che sia domandata dai genitori stessi, o da uno di essi; 2. Che il genitore il quäle la domanda, non abbia figli legittimi o legittimati per susseguente matri­ monio, ne discendenti da essi; 3. Che il medesimo genitore si trovi nella impossibilitä di legittimare il figlio per susseguente matrimonio; 4. Che, ove il richiedente sia vincolato a matrimonio, consti del consenso dell’altro coniuge.

Art. 197. Die durch nachfolgende Ehe legiti­ mierten Kinder erlangen die rechtliche Stellung ehelicher Kinder von dem Tage der Eheschließung ab, sofern die An­ erkennung von beiden Eltern in der Heiratsurkunde oder vorher erfolgt ist oder vom Tage der Anerkennung ab, wenn diese nach der Eheschließung erfolgt ist. Art. 198.

Die Legitimation durch königliches Dekret (Ehelichkeitserklärung) kann nur unter den folgenden Voraussetzungen stattfinden: 1. daß sie von beiden Elternteilen oder von einem derselben beantragt worden ist; 2. daß der Elternteil, der dieselbe be­ antragt hat, weder eheliche oder durch nachfolgende Ehe legitimierte Kinder, noch Abkömmlinge von solchen besitzt; 3. daß eben dieser Elternteil das Kind durch nachfolgende Ehe nicht le­ gitimieren kann; 4. daß bei einem verheirateten An­ tragsteller dessen Ehegatte seine Ein­ willigung erteilt.

Art. 199. Qualora uno dei genitori abbia espressa in un testamento od in un atto pubblico la volontä di legittimare i figli naturali, questi potranno dopo la morte di lui domandare la legitti­ mazione, sempreche al tempo della morte concorressero le condizioni stabilite dai numeri 2. e 3. dell’ articolo precedente. In questo caso la domanda sarä comunicata a due fra i prossimi parenti del genitore entro ilquartogrado.

Falls ein Elternteil in einem Testa­ ment oder in einer öffentlichen Urkunde den Willen zum Ausdruck gebracht hat, die außerehelichen Kinder zu legitimieren, können diese nach dessen Tode die Le­ gitimation beantragen, soferne zur Zeit des Todes die Voraussetzungen der Ziff. 2 und 3 des vorstehenden Artikels noch unverändert vorliegen. In diesem Fall ist der Antrag zwei unter den nächsten Verwandten des Elternteils bis zum 4. Grade mitzuteilen.

Art. 200.

Art. 200.

La domanda di legittimazione, accompagnata dai documenti giustificativi, sarä presentata alla corte di

Der Antrag auf Legitimation (Ehelich' keitserklärung) ist, mit den rechtfertigen­ den Urkunden belegt, dem Appellations-

Art. 199.

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Italien.

appello nel cui distretto il richiedente ha la sua residenza. La corte, sentito il pubblico mi­ nisten), dichiarerä in camera di consiglio se concorrono le condizioni stabilite dei due precedenti articoli, e conseguentemente potersi, o non potersi fare luogo alla domandata legittimazione. Se la deliberazione della corte di appello 6 affermativa, il pubblico ministero la trasmetterä coi relativ! documenti, e colleinformazioni assunte di ufflzio al ministro di grazia e giustizia il quäle, sentito il parere del consiglio di stato sulla convenienza della legittimazione, ne sarä relazione al re. Se il re accorda la legittimazione, il decreto reale sarä indirizzato alla corte ehe avrä dato il parere, sarä trascritto in apposito registro, e sarä per cura delle parti interessate annotato in margine all’ atto di nascita del flglio.

gericht vorzulegen, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz hat. Das Gericht stellt, nachdem es den Staatsanwalt gehört hat, in einer Sitzung fest, ob die Bedingungen (Voraus­ setzungen) der beiden vorhergehenden Artikel erfüllt sind und ob demgemäß dem Antrag auf Legitimation entsprochen werden kann oder nicht. Wenn die Beschlußfassung (Prüfung) des Appellationsgerichts bejahend ist, gibt ihn der Staatsanwalt mit den diesbezüglichen Urkunden und den von amtswegen erhobenen Ermittlungen an den Minister für Gnadensachen und für Justiz weiter, der nach Einholung des Gutachtens des Staatsrates über die Zweckmäßigkeit der Legitimation dem König Bericht erstattet. Wenn der König die Legitimation (Ehelichkeitserklärung) bewilligt, so wird das königliche Dekret an das Gericht ge­ leitet, welches das Gutachten abgegeben hat. Sie wird in einem besonderen Re­ gister eingetragen und wird auf Antrag der beteiligten Parteien auf dem Rande der Geburtsurkunde des Kindes vermerkt.

Art. 201.

Art. 201.

La legittimazione per decreto reale produce gli stessi effetti della legit­ timazione per susseguente matrimonio (197), ma soltanto dal giomo dell’ ottenuto decreto e riguardo al genitore ehe l’ha domandata.

Die Legitimation auf Grund könig­ lichen Dekrets (Ehelichkeitserklärung) hat die gleichen Rechtswirkungcn wie die Le­ gitimation durch nachfolgende Ehe (197), aber erst von dem Tage des Empfangs des Dekrets an und hinsichtlich des Elternteiles, der sie beantragt hat.

Adoption.

Art. 202 mit 219 Codice civile regeln die Adoption. Ein Minderjähriger kann erst adoptiert werden, nachdem er das 18. Lebensjahr vollendet hat (Art. 206). Die Adoption von Kriegerwaisen ist auch dann zulässig, wenn die­ selben das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Gesetz vom 31. Juli 1919). Außereheliche Kinder können von ihren Eltern nicht adoptiert werden (Art. 205).

Erbrecht. Außereheliche Kinder haben gegen ihren Vater, sofern er seine Vaterschaft anerkannt hat oder seine Vaterschaft festgestellt ist, ein Erbrecht in Höhe der Hälfte des Erbteils der ehelichen Kinder.

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I. Teil. Europa.

Zuständigkeit. In Italien ist für Vaterschafts- und Unterhaltsklagen das Kollegialgericht (tribunale) zuständig. Klagen wegen Unterhalts allein können vom Einzelrichter (prätore) entschieden werden. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz oder Aufenthalt des Vaters.

Armenrecht. Die italienischen Gerichte bewilligen auf Grund des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909 S. 410) in Vaterschafts­ und Unterhaltsprozessen auch für deutsche Kinder das Armenrecht; Voraus­ setzung ist der Nachweis der Vermögenslosigkeit und der Nachweis dafür, daß der Prozeß nicht aussichtslos erscheint. Es werden zweckmäßigerweise die deutschen Vertretungen in Italien um die Benennung eines Rechtsanwaltes ersucht, der bereit ist, einen solchen Prozeß im Armenrecht durchzuführen.

Zwangsvollstreckung aus deutschen Titeln. Wegen der Vollstreckbarkeit deutscher bürgerlichrechtlicher Urteile in Italien gilt folgendes: Art. 941 der italienischen Zivilprozeßordnung, der die Frage der Voll­ streckbarkeit ausländischer Urteile in Italien zum Gegenstand hat, wurde durch das Decreto-Legge Nr. 1272 vom 20. Juli 1919 wesentlich geändert. Das Dekret bestimmt insbesondere, daß das zur Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständige italienische Berufungsgericht durch Beschluß festzustellen habe, ob das ausländische Urteil sich nicht etwa im Gegensatz zu einer von italienischen Ge­ richten ausgesprochenen Entscheidung befindet und ob nicht in der gleichen An­ gelegenheit und zwischen denselben Parteien ein Rechtsstreit vor einem ita­ lienischen Gericht anhängig ist. Handelt es sich bei dem ausländischen Urteil um ein Versäumnisurteil, so tritt das italienische Berufungsgericht auf Antrag der vorgeladenen (und nicht erschienenen) Partei in eine sachliche Nachprüfung des Rechtsfalles ein. Das gleiche Verfahren findet statt, wenn der Beklagte das ausländische Urteil aus einem der in Art. 494 Abs. 1—4 her italienischen Zivil­ prozeßordnung angeführten Gründe anficht. In einem solchen Falle ist das Be­ rufungsgericht bei seiner Entscheidung des Rechtsstreits völlig frei. Die bisher angenommene Gegenseitigkeit im Sinne des § 328 Nr. 5 der deutschen ZPO. wird sonach künftig nicht mehr als verbürgt angesehen werden können (vr.Meukel, Zwischenstaatlicher Rechtsverkehr in Zivil- und Strafsachen S. 59 ff., C.H.Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München 1929).

Kolonien. In den Kolonien gilt das Recht des Mutterlandes. Für die Eingeborenen kommen bezüglich Familie, Religion und Erbfolge noch die alten Gesetze des Landes in Anwendung.

Abgetretene Gebiete. Durch ein königliches Dekret vom 4. November 1928 Nr. 2325 wurden mit Wirkung vom 1. Juli 1929 ab u. a. die österreichischen Gesetze in den ehemals

Italien. Lettland.

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österreichischen, durch den Vertrag von St. Germain an Italien gefallenen Ge­ bieten außer Kraft gesetzt und an deren Stelle die entsprechenden italienischen Gesetze eingeführt.

16. Lettland. Für die Rechtsstellung unehelicher Kinder in Lettland sind die §§ 163—174 des Ostseeprovinziellen Privatrechts maßgebend (deutsche Ausgabe von H. von Broecker, Dorpat 1902). Diese lauten: § 163. Als uneheliche Kinder werden diejenigen angesehen, welche 1. ge­ boren wurden, ohne daß ihre Eltern in einer ehelichen Verbindung miteinander standen oder von der geistlichen Behörde für Eheleute erklärt worden waren; 2. welche aus einer nichtigen Ehe geboren wurden, ohne daß wenigstens einem der Eltern die Nichtigkeit der Ehe unbekannt war; 3. welche, wenn auch während der Ehe geboren, gleichwohl vor dem 182. Tage nach eingegangener Ehe (Art. 134) zur Welt kamen und nicht von dem Ehemanne als seine Kinder anerkannt worden sind; 4. welche später als zehn Monate nach aufgelöster Ehe geboren wurden. § 164. Die uneheliche Geburt als solche hat auf die allgemeine Rechtsfähig­ keit des unehelich Geborenen keinen Einfluß: sie darf ihm von niemand vor­ geworfen werden und schließt ihn weder von der Übernahme öffentlicher Ämter, noch von der Aufnahme in Korporationen aus. § 165. Für den Vater eines unehelichen Kindes wird derjenige angesehen, der sich entweder freiwillig als solcher bekennt, oder vor Gericht dessen geständig oder überwiesen ist, der Mutter des Kindes in dem Zeitraum zwischen zehn Monaten und 182 Tagen vor der Geburt des Kindes fleischlich beigewohnt zu haben. Beweist er dagegen, oder ist die Mutter des Kindes dessen geständig, daß sie in demselben Zeitraume auch mit andern fleischlichen Umgang gehabt, so ist er seiner Vaterpflichten enthoben. § 166. Die unehelichen Kinder haben teilt en Anspruch auf den Namen und die Standes- und Familienrechte des Vaters; sie erhalten vielmehr entweder den Familiennamen der Mutter oder einen beliebigen andern, jedoch keiner bekannten adeligen Familie gehörigen Namen. § 167. Zur Verpflegung und Erziehung eines unehelichen Kindes ist nicht nur die Mutter, sondern auch der Vater verpflichtet, und zwar letzterer auch dann, wenn er zur Ehelichung oder Ausstattung der Mutter nicht verbunden war und obschon er keine väterliche Gewalt über das Kind erhält. § 168. Dem Vater liegt zunächst die Verbindlichkeit ob, seinem unehelichen Kinde die zu dessen Unterhalt und Erziehung erforderlichen Alimente so lange zu reichen, bis das Kind sich selbst zu ernähren imstande ist. § 169. Der Betrag der Alimente ist dem Ermessen des Richters anheim­ gestellt, welcher dabei sowohl auf die Vermögensumstände des Vaters, als auf den Stand der Mutter Rücksicht zu nehmen hat. § 170. Auch der Nachlaß des Vaters haftet für die seinem unehelichen Kinde gebührenden Alimente. Seine Eltern und übrigen Verwandten sind jedoch von jeder Verbindlichkeit zur Alimentation entbunden, es sei denn, daß sie seine Erbschaft angetreten haben. § 171. Wenn der Vater des unehelichen Kindes dasselbe zu alimentieren außerstande ist, so liegt die Verpflichtung dazu der Mutter des Kindes und dem­ nächst deren Aszendenten ob.

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I. Teil. Europa.

§ 172. Die Erziehung des unehelichen Kindes gebührt der Mutter; jedoch kann, wenn das Kind nicht mehr der mütterlichen Pflege bedarf und der Vater, statt Alimente zu reichen, selbst die Erziehung des Kindes zu übernehmen wünscht, ihm solches nur versagt werden, wenn sein Lebenswandel nicht tadellos und daher für die Zweckmäßigkeit der Erziehung eine begründete Besorgnis vor­ handen ist. § 173. Uneheliche Kinder erhalten durch die nachfolgende Schließung einer gesetzlichen Ehe von feiten ihrer Eltern alle Rechte der ehelichen Kinder, und zwar nicht nur Familien- und Erbrecht, sondern es folgen die dergestalt legiti­ mierten Kinder auch dem Stande des Vaters. Diese Wirkungen beginnen jedoch erst mit der Vollziehung der Ehe, so daß die Legitimation keine rückwirkende Kraft hat. § 174. Die unehelich geborenen Kinder und Aufzöglinge, welche durch be­ sondere Allerhöchste Befehle für ehelich erklärt worden sind, genießen die ihnen durch solche Befehle vorbehaltenen Rechte. Für die Geltendmachung der Ansprüche des Kindes gegenüber dem Vater ist dessen Staatsangehörigkeit ohne Belang. Da eine Rechtskonvention zwischen Deutschland und Lettland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen und Urkunden bisher nicht besteht, können deutsche Urteile hier nicht zur Vollstreckung gebracht werden. Es ist daher in solchen Fällen vor den hiesigen Gerichten von neuem zu klagen, wobei im Beweisverfahren das deutsche Urteil Berücksichtigung finden kann. Soll im Armenrecht geklagt werden, so ist ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts an das lettländische Bezirksgericht des Wohnorts des Beklagten zu richten. Das Gesuch muß vom Vormund des Klägers unterschrieben und kann in deutscher Sprache abgefaßt sein. Die Be­ stallung des Vormunds, die Geburtsurkunde des Kindes, ein Armutszeugnis sowie ein etwa in Deutschland bereits ergangenes Urteil oder sonstige Urkunden zur Glaubhaftmachung des Anspruchs sind beizufügen. Sämtliche Urkunden müssen von der zuständigen lettländischen Konsularbehörde in Deutschland legali­ siert sein. Es empfiehlt sich in jedem Falle das an das lettländische Bezirks­ gericht gerichtete Armenrechtsgesuch durch die Deutsche Gesandtschaft in Riga zu leiten.

17. Liechtenstein. Im Fürstentum Liechtenstein, das nach dem Weltkriege seine Beziehungen zu Österreich gelöst hat, ist mit der Herausgabe eines eigenen Zivilgesetzbuches begonnen worden. Bisher ist das Sachenrecht, sowie das Personen- und Gesell­ schaftsrecht neu erschienen. Bezüglich der Rechtsstellung der unehelichen Kinder gelten noch die familienrechtlichen Bestimmungen des österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches. Liechtenstein ist der Haager Konvention nicht bei­ getreten. Zwischen dem Deutschen Reich und Liechtenstein bestehen keinerlei Staatsverträge über die Gewährung des Armenrechts, Prozeßkautionen u. dgl. Trotzdem wird auf beiden Seiten das Armenrecht für Vaterschafts- und Unter­ haltsprozesse in der Regel bewilligt.

18. Litauen. Die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder ist in der litauischen Republik heute noch nicht einheitlich geregelt.

Litauen. Luxemburg.

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I. In dem früher zu den Gouvernements Kowno und Wilna gehörenden Teil gilt das Recht des früheren russischen Zarenreiches. Hiernach gelten als unehelich die Kinder, die von einer unverheirateten Frau oder aus einem Ehe­ bruch stammen oder erst nach dem 306. Tage nach Auflösung der Ehe geboren sind. Der festgestellte Vater hat dem Kind bis zur Volljährigkeit unter Berück­ sichtigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Mutter Unter­ halt zu gewähren. Bei Mehrverkehr können alle Konkumbenten zum Unterhalt herangezogen werden. Für die Klageerhebung ist das Gericht des Wohnortes des Vaters zuständig. II. In dem früher zum Gouvernement Suwalki gehörenden Gebiet wird noch das Recht, wie es für Kongreßpolen gilt, angewendet. Hiernach ist zwar die Vaterschaftsklage verboten, jedoch die Unterhaltsklage zulässig. III. Im Memelgebiet wird noch deutsches Recht angewendet. Nach Art. 4 des deutsch-litauischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 30. Okt. 1928 (RGBl. Teil II 1929 Nr. 23) werden die Angehörigen der Vertragsstaaten zum Armenrecht unter denselben Bedingungen wie die Landesangehörigen zugelassen. Die Gegenseitigkeit bei der Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten ist verbürgt. Gerichte des Memelgebiets haben in Urteilen den Grundsatz ausgesprochen, daß im Memelgebiet Urteile deutscher Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unter den gleichen Bedingungen vollstreckt werden, unter denen nach der deutschen Zivilprozeßordnung Urteile ausländischer Gerichte in Deutschland zur Vollstreckung gelangen.

19. Luxemburg. I. Früher war nach Art. 340 des in Luxemburg in Geltung stehenden Code civil die Nachforschung nach der Vaterschaft verboten. Durch das Gesetz vom 11. Juni 1925, das im Memorial des Großherzogtums Luxemburg Nr. 29 vom 20. Juni 1925 veröffentlicht worden ist, wurde in einer Reihe von Fällen die gerichtliche Feststellung der außerehelichen Vaterschaft zugelassen. Was die Erhebung der Feststellungsklage und die gerichtliche Geltend­ machung des Unterhaltsanspruchs angeht, so bestehen in Luxemburg keine Sonder­ vorschriften bezüglich der Ausländer. Auf drei Punkte wird besonders aufmerksam gemacht: 1. Erkenntnisse deutscher Gerichte können in Luxemburg nicht für vollstreck­ bar erklärt werden. Deutsche Staatsangehörige sind zum Rechtswege in Luxemburg ebenso zu­ gelassen, wie luxemburgische. An dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 ist Luxemburg beteiligt (RGBl. 1909 S. 409 und 907). Danach darf Deutschen, welche in einem der Vertragsstaaten ihren Wohnsitz haben und vor den luxem­ burgischen Gerichten als Kläger oder Intervenienten auftreten, keine Sicherheits­ leistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer (Deutscher) oder wegen Mangels eines inländischen (luxemburgischen) Wohnsitzes oder Aufenthalts auferlegt werden; die gleiche Regel findet Anwendung auf die Vorauszahlung, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wäre; deutsche

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I. Teil. Europa.

Kostenfestsetzungsbeschlüsse können in Luxemburg für vollstreckbar erklärt werden. Deutsche werden in Luxemburg zum Armenrechte zugelassen. Der zu be­ stellende Armenanwalt wird auf Antrag von dem Stabträger der Rechtsanwalt­ anwaltschaft in Luxemburg bezeichnet (RGBl. 1879 S. 318, 1909 S. 424). Deutsche Urteile können in Luxemburg nicht für vollstreckbar erklärt werden; es bedarf vielmehr neuer Klageerhebung; in dem darauf folgenden Verfahren können aber deutsche Urteile in Berücksichtigung gezogen werden. Der Teil der Prozeßkosten, welcher durch die Inanspruchnahme eines „avocat-avoue" entsteht, bleibt zu Lasten der betreffenden Partei, auch wenn sie obsiegt. Anwaltszwang, d. h. Zwang zur Vertretung durch einen „avocatavoue“, besteht vor dem Bezirksgerichte (Landgerichte), soweit diese in bürger­ lichen Rechtsstreitigkeiten — nicht, soweit sie in Handelssachen — zuständig sind. Im allgemeinen sind sie für die über die Zuständigkeit der Friedensgerichte hinausgehenden Sachen zuständig (d. h. wenn der Wert des Streitgegenstandes 500 Franken übersteigt). 2. Nach den belgischen fremdenpolizeilichen Bestimmungen kann ein Aus­ länder, der seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten nicht nachkommt, des Landes verwiesen werden. 3. Nach den belgischen Gesetzen ist Lohn- oder Gehaltspfändung nur mit Einwilligung des Lohnempfängers zulässig. II.

Loi du 11 juin 1925, concernant la recherche de la paternite naturelle (Memorial du Grand-Duche de Luxembourg-Samedi, le 20 juin 1925, Nr. 29). Nous CHARLOTTE, par la gräce de Dieu Grande-Duchesse de Luxembourg, Duchesse de Nassau, etc., etc., etc.; Notre Conseil d’Etat entendu; De l’assentiment de la Chambre des deput&s; Vu la decision de la Chambre des deputes du 19 mai 1925 et celle du Conseil d’Etat du 27 du meme mois, portant qu’il n’y a pas lieu ä second vote; Avons ordonne et ordonnons: Article unique. L’art. 340 du Code civil est remplacS par les dispositions suivantes: I. — La paternitö hors mariage peut etre judiciairement declaree: 1. Dans le cas d’enlevement ou de viol, lorsque l’epoque de l’enlevement ou de viol se rapportera ä l’Spoque legale de la Conception;

Gesetz vom 11. Juni 1925, die Er­ forschung der Vaterschaft betref­ fend (Memorial des Großherzogtums Luxemburg, Samstag, den 20. Juni 1925, Nr. 29). Wir Charlotte, von Gottes Gnaden Großherzogin von Luxemburg, Herzogin zu Nassau, usw., usw., usw.; Nach Anhörung Unseres Staatsrates; Mit Zustimmung der Abgeordneten­ kammer ; Nach Einsicht der Entscheidung der Abgeordnetenkammer vom 19. Mai 1925 und derjenigen des Staatsrates vom 27. desselben Monates, wonach eine zweite Abstimmung nicht erfolgen wird; Haben verordnet und verordnen: Einziger Artikel. Der Artikel 340 des Bürgerlichen Gesetzbuches wird durch folgende Bestimmungen ersetzt: 1. — Die außereheliche Vaterschaft kann gerichtlich festgestellt werden: 1. In Fällen der Entführung oder Notzucht, sofern die Zeit der Entführung oder der Notzucht in die Empfängnis­ zeit fällt;

Luxemburg.

2. Dans le cas de seduction accomplie ä. l’aide de manoeuvres dolosives, abus d’autorite, promesse de manage ou flangailles, et s’il existe un commencement de preuve par ecrit, dans les termes de l’art. 1347; 3. Dans le cas oü il existe des lettres ou quelque autre ecrit prive emanant du pere pretendu et desquels il resulte un aveu non equivoque de paternite; 4. Dans le cas oü le pere pretendu et la müre ont vecu en etat de concubinage notoire pendant la periode legale de la Conception; 5. Dans le cas oü le püre pretendu a pourvu ou participe ä l’entretien et ä l’üducation de l’enfant en qualite de pere. II. — L’action en reconnaissance de paternitü ne sera pas recevable: a) S’il est etabli que, pendant la periode legale de la Conception, la müre etait d’une inconduite notoire ou a eu commerce avec un autre individu; b) Si le püre pretendu etait, pen­ dant la m6me periode, soit par suite d’eloignement, soit par l’effet de quel­ que accident, dans l’impossibilit6 physique d’etre le pere de l’enfant. III. — L’action en r&damation d’ütat n’appartient qu’ä l’enfant. Elle devra, ä peine de declieance, etre intentee dans les deux annees qui suivront l’accouchement. Toutefois, dans les cas prevus aux paragraphes 4 et 5 ci-dessus, l’action pourra etre intentüe jusqu’ä l’expiration des deux annües qui suivront la cessation, soit du concubinage, soit de la participation du prütendu pere ä l’entretien etäl’education de l’enfant. Si l’action n a pas ete intentee pendant la minorite de l’enfant, ce-

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2. Im Falle von Verführung, sofern diese durch betrügerische Machenschaften, Mißbrauch eines Gewaltverhältnisses, Heirats- oder Verlobungsversprechen zuwege gebracht ist und sofern der Anfang eines schriftlichen Beweises gemäß den Bestimmungen des Artikels 1347 des ZGB. vorhanden ist; 3. Im Falle, daß Briefe oder irgend­ welche andere von dem angeblichen Vater herrührende, private Schriftstücke vor­ handen sind, aus denen sich ein unzwei­ deutiger Anhalt für die Vaterschaft ergibt. 4. Im Falle, daß der angebliche Vater mit der Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit in offenkundigem Kon­ kubinat gelebt hat; 5. Im Falle, daß der angebliche Vater wie ein ehelicher Vater ganz oder teil­ weise für den Unterhalt und die Er­ ziehung des Kindes aufgekommen ist. II. — Die Klage auf Anerkennung der Vaterschaft ist unzulässig. a) Wenn feststeht, daß die Mutter während der gesetzlichen Empfängniszeit einen offenkundig unsittlichen Lebens­ wandel geführt hat oder mit einem an­ deren Manne geschlechtlichen Umgang gehabt hat; b) Wenn es physisch unmöglich ist, sei es durch Abwesenheit während der Em­ pfängniszeit oder durch irgendein Ereignis während dergleichen Zeit, daß der angeb­ liche Vater der Erzeuger des Kindes ist. III. — Die Klage auf Feststellung des Status steht nur dem Kinde zu. Die Klage muß, bei Vermeidung des Rechtsverlustes, in den ersten zwei Jahren nach der Geburt erhoben werden. In den oben unter 4 und 5 vorge­ sehenen Fällen kann die Klage stets noch bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Aufhören des Konkubinats oder der Beteiligung des angeblichen Vaters an dem Unterhalt und der Er­ ziehung des Kindes erhoben werden. Wenn die Klage nicht während der Minderjährigkeit des Kindes erh oben wor-

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I. Teil. Europa.

lui-ci pourra l’exercer pendant tonte Fannäe qui suivra sa majorite. L’action ne passe pas aux heritiers de l’enfant. Neanmoins, ces derniers ont, conformement ä Fart. 330 du Code civil, la faculte de suivre l’action commencee par leur auteur. IV. — La presente loi est appli­ cable aux enfants naturels mineurs nes avant sa promulgation, si l’action en reconnaissance judiciaire de la paternite naturelle est intentee dans les dälais legaux. Mandons et ordonnons que la prä­ sente loi soit inseree au Memorial pour etre executee et observäe par tous ceux que la chose concerne.

den ist, kann dieses sie während des ersten Jahres seiner Volljährigkeit erheben. Das Klagerecht geht nicht auf die Erb­ folger des Kindes über. Doch steht letz­ teren das Recht zu, die von ihrem Ur­ heber in Gemäßheit des Art. 330 des ZGB. eingeleitete Klage weiterzuführen. IV. — Dieses Gesetz ist auf die vor seinem Inkrafttreten geborenen unehe­ lichen Kinder anwendbar, wenn die Klage auf gerichtliche Anerkennung der Vaterschaft in den gesetzlichen Fristen erhoben wird. Wir befehlen und verordnen, daß die­ ses Gesetz im „Memorial" veröffentlicht werde, um von Allen, die es betrifft, aurgeführt und befolgt zu werden.

Chateau deFischbach, le lljuin 1925. CHARLOTTE.

Schloß Fischbach, den 11. Juni 1925. Charlotte.

20. Monaco. Das Fürstentum Monaco hat einen eigenen Code civil, der sich jedoch an den französischen anlehnt. Die deutschen Interessen werden durch die Deutsche Botschaft in Paris wahrgenommen.

21. Niederlande. Das Deutsche Generalkonsulat für die Niederlande in Amsterdam hat das nachstehende, für den praktischen Gebrauch zugeschnittene Merkblatt zur Ver­ fügung gestellt. Geltendmachung von Unterhalts­ ansprüchen unehelicher Kinder in den Niederlanden.

Gerichtsstand. Der örtliche Gerichtsstand für die Unterhaltsklage eines unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger wird nach niederländischem Recht (Art. 344 b des nieder­ ländischen bürgerlichen Gesetzbuchs) durch den Wohnsitz des Kindes bestimmt. Nach einer Entscheidung des obersten niederländischen Gerichtshofes (Hooge Raad) vom Jahre 1917 kann für außerhalb der Niederlande wohnende un­ eheliche Kinder ein Gerichtsstand auch durch Ernennung eines in den Nieder­ landen wohnenden Vormundes begründet werden. Der Wohnort des Vor­ mundes gilt in diesem Fall als Wohnsitz des Kindes. Die Bestellung des Vor­ mundes muß durch das deutsche Vormundschaftsgericht erfolgen. Die Ernennung eines Pflegers, Gegenvormundes oder Mitvormundes ist nicht ausreichend.

Niederlande.

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Ernennung eines „besonderen Vertreters", Armenrecht. Der so ernannte Vormund muß bei dem zuständigen Gericht die Ernmnung eines „besonderen Vertreters", der gemäß Art. 344 h des niederländischen BGB. allein zur Durchführung der Unterhaltsklage berechtigt ist, sowie gemäß Art. 20 bis 23 des Haager Abkommens über den Zivilprozeß (RGBl. 1909 S. 410) die Verleihung des Armenrechts beantragen. In dem Anträge sind Name und Anschrift des Erzeugers sowie der Sach­ verhalt anzugeben; ferner sind die deutsche Vormundschaftliche Bestallung und ein Armutszeugnis des Mündels, ausgestellt vom zuständigen deutschen Gericht und legalisiert vom zuständigen niederländischen Konsulat in Deutschland (ge­ bührenfrei!) beizufügen. Das Armenrecht bezieht sich auch auf die Vollstreckung des Urteils ein­ schließlich der Lohnpfändungen. Nach Zuerkennung des Armenrechts kann der besondere Vertreter, falls er nicht selbst Rechtsanwalt ist, die Zuteilung eines Armenanwalts beantragen. Unterhaltsklage. Die Unterhaltsklage ist in der Regel bei der Arrondissements-Rechtbank (Landgericht) zu erheben. Nur falls der Erzeuger in dem Termin, in welchem über die Ernennung des besonderen Vertreters Beschluß gefaßt wird, die Vater­ schaft widerspruchslos anerkannt hat und es sich lediglich noch um die Festsetzung der Höhe der Unterhaltsbeträge handelt, kann das Kantongericht (Amtsgericht) entscheiden. Der Klageantrag wird zweckmäßig auf „Feststellung der Vaterschaft zwecks Unterhaltsleistung" gerichtet. Dem Klageantrag sind beizufügen: 1. eine Geburtsurkunde des Mündels; 2. Urschrift oder beglaubigte Abschrift der Vaterschaftsanerkennung; 3. ein etwa ergangenes Urteil eines deutschen Gerichtes (da deutsche Urteile in den Niederlanden nicht vollstreckbar sind, hat dieses lediglich Bedeutung als Beweismittel; ein Versäumnisurteil ist völlig wertlos); 4. Aufzeichnung des Sachverhaltes in ausführlicher Darstellung unter An­ führung etwa vorhandener weiterer Beweismittel (Briefe, Namen und Anschriften von etwaigen Zeugen usw.). Das niederländische Gericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach nett zu prüfen. Wenn keine urkundliche Anerkennung der Vaterschaft vorliegt und der Beklagte sie bestreitet, ist die Klage in sehr vielen Fällen von vornherein aus­ sichtslos. Der Beweis der Vaterschaft kann zwar auch durch Vorlegung von Briefen, die eine Anerkennung enthalten, oder durch Zeugenaussagen geführt werden. Das Zeugnis (auch das eidliche Zeugnis) der Mündelmutter allein ge­ nügt jedoch nicht, da im Falle des Zeugenbeweises die Aussage von mindestens zwei Zeugen notwendig ist. Zu bedenken ist, daß die Vernehmung von Zeugen außerhalb der Niederlande im Wege der Rechtshilfe auf Grund des Haager Ab­ kommens über den Zivilprozeß langwierig ist. Außerdem kann der Schuldner durch eine Reihe von Einreden das Gerichtsverfahren unter Umständen mehrere Jahre in die Länge ziehen. Es lohnt sich auch in den meisten Fällen nicht, gegen Schuldner gerichtlich vorzugehen, die ständig ihren Wohnort und ihre Arbeits-

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I. Teil. Europa.

stelle wechseln, da in solchen Fällen Zustellungen schwer zu bewirken sind und die Zwangsvollstreckung meist aussichtslos ist.

Umfang des Unterhaltsanspruchs. Als Erzeuger gilt nach § 344 a des niederländischen BGB., wer der Mutter zwischen dem 301. und dem 179. Tage vor der Geburt des Kindes beigewohnt hat. Die Unterhaltsklage wird abgewiesen a) wenn der Richter die Überzeugung gewonnen hat, daß der Beklagte nicht der Erzeuger ist; b) wenn der Beklagte die exceptio plurium geltend machen kann. Die Unterhaltsklage des § 344 a ff. richtet sich nicht auf die Feststellung eines Familienverhältnisses zwischen dem Kinde und seinem Erzeuger, sondern lediglich auf die Erfüllung einer durch die Vaterschaft begründeten Unterhaltsverpflichtung. Ein Familienverhältnis kann nur durch Anerkennung des außerehelich erzeugten Kindes gegenüber dem Standesamt begründet werden. Die Vaterschaft braucht bei der Anerkennung nicht nachgewiesen zu werden. Die Anerkennung kann daher durch den Erzeuger selbst oder z. B. durch den Ehemann der Mutter (unabhängig davon, ob er der Erzeuger ist) erfolgen. Falls der Unterhalt eines durch einen anderen als den Erzeuger anerkannten Kindes durch den Anerkennenden ganz oder teilweise sichergestellt ist, wird der Unterhaltsbeitrag des Erzeugers entsprechend herabgesetzt, höchstens jedoch auf die Hälfte des gesetzlichen Unterhaltsbeitrages. Die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsbeitrages richtet sich nach den Be­ dürfnissen des Kindes, dem Einkommen des Erzeugers und der Zahl seiner übri­ gen unterhaltsberechtigten Familienangehörigen. Der Unterhalt kann auch für die Vergangenheit verlangt werden, soweit er nicht verjährt ist (Verjährungsfrist 5 Jahre, vgl. unten). Bei einer Änderung der Einkommensverhältnisse sowohl des Erzeugers wie des Kindes kann eine Abänderung der gerichtlich festgestellten Unterhaltsleistun­ gen durch die zuständige Arrondissementsrechtbank erfolgen. Die Unterhaltspflicht dauert bis zum vollendeten 21. Lebensjahre des Kin­ des. Darüber hinaus bleibt sie bestehen, falls das Kind infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Verjährung. Die Klage auf Unterhaltsleistung verjährt nach niederländischem Recht innerhalb von 5 Jahren nach der Geburt des Kindes. Der Ablauf der Verjährungsfrist wird unterbrochen durch: a) Zustellung einer gerichtlichen Aufforderung oder Ladung an den Erzeuger; b) Anerkennung des Rechtes des Kindes seitens des Erzeugers durch Worte oder Taten (z. B. freiwillige Unterhaltsbeiträge). Rückständige Unterhaltsbeiträge verjähren gleichfalls innerhalb von 5 Jahren. Der Anspruch auf Entbindungskosten und Sechswochenkosten der Kindes­ mutter verfällt innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes. Gütliche Vermittlung. Mit Rücksicht auf die Schwierigkeit und Langwierigkeit der Prozeßführung empfiehlt es sich, in allen Fällen zunächst die Vermittlung des zuständigen deut-

Norwegen.

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schen Konsulats zwecks Herbeiführung einer gütlichen Einigung in Anspruch zu nehmen. In den niederländischen Kolonien gilt im allgemeinen das Recht des Mutter­ landes. Bezüglich Niederländisch-Ostindien siehe unter Asien, bezüglich Niederländisch-Westindien (Niederländisch-Guayana = (Surinam und Curayao) siehe unter Amerika.

22. Nowegen.

I. Für die rechtliche Stellung des unehelichen Kindes in Norwegen ist das Gesetz über Kinder, deren Eltern nicht die Ehe miteinander geschlossen haben, vom 10. April 1915 mit Änderungen vom 31. Mai 1919, 12. Juli 1920 und 6. Juli 1923, sowie das Gesetz über Änderungen im Erbrecht vom 10. April 1925 maßgebend. Ein Kind, dessen Eltern nicht die Ehe miteinander geschlos­ sen haben, hat, abgesehen von den Abweichungen, die das Gesetz im einzelnen bestimmt, dieselbe rechtliche Stellung im Verhältnis zum Vater wiezurMutter.

Name.

Das Kind hat das Recht, entweder den Familiennamen der Mutter oder den des Vaters zu führen. Wird der Familienname des Vaters nicht gleich bei der Geburt angenommen, so kann er später nur unter den sonst für die Namens­ änderung geltenden Bestimmungen angenommen werden (§ 1).

Erbrecht. Ein Kind, das nach dem 1. Januar 1917 geboren ist, hat dasselbe Erbrecht wie ein eheliches Kind. Es beerbt seine Mutter und deren Verwandte und wird umgekehrt von diesen beerbt. Das Kind hat Erbrecht gegenüber dem Vater und den Verwandten des Vaters, sofern die Vaterschaft festgestellt ist (§§ 3—6 des Gesetzes über Änderungen im Erbrecht vom 10. April 1925). Das Kind hat sowohl gegen den Vater wie gegen die Mutter Anspruch auf Unterhalt, Erziehung und Ausbildung (§ 2).

Sorge für das Kind. Die Mutter hat die Sorge für das Kind. Sie hat das Recht, das Kind bei sich zu haben. Die Fürsorge für das Kind kann auf Antrag auch dem Vater mit dessen Einverständnis überlassen werden, wenn die Mutter tot oder ungeeignet ist, für das Kind zu sorgen (§ 3). Der Elternteil, dem die Fürsorge für das Kind nicht obliegt, hat seine Pflicht durch regelmäßige Zahlung eines Geldbetrages zu erfüllen. Wenn keiner der Eltern für das Kind persönlich sorgt, so müssen beide Bei­ träge zahlen (§ 4).

Vormund.

Derjenige Elternteil, der persönlich für das Kind sorgt, ist sein Vormund. Befindet sich das Kind in fremder Pflege und Erziehung, wird von Amts wegen ein Vormund bestellt (§ 5).

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I. Teil. Europa.

Öffentliches Interesse an der Feststellung der Vaterschaft. Die Mutter hat die Pflicht, den Erzeuger ihres Kindes dem Gericht (Bei­ tragsvogt) unaufgefordert bekanntzugeben. Unterläßt die Mutter die vorgeschrie­ bene Mitteilung oder gibt sie wissentlich eine falsche Erklärung ab, so macht sie sich strafbar (§ 7). Die Mutter soll sich möglichst schon 3 Monate vor ihrer Niederkunft an einen Arzt oder eine Hebamme wenden und den Vater ihres zu erwartenden Kindes angeben. Der Arzt oder die Hebamme sind verpflichtet, die Mitteilung unverzüglich dem Gericht des Wohnortes der Mutter zu übermitteln (§ 6). Ausfertigung der Klageschrift von Amt s wegen. Die Anzeige wird unter Angabe der wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter und des angegebenen Vaters an den Oberpräsidenten weitergeleitet. Dieser fertigt gegen den angegebenen Vater die Klageschrift (Forelegg) aus. Der angegebene Vater hat nach Zustellung der Klageschrift, durch welche auch die Höhe der Unter­ haltsbeiträge festgesetzt wird, die Möglichkeit, entweder freiwillig die Vaterschaft anzuerkennen oder während einer vierwöchentlichen Frist Einspruch zu erheben. Maßgebend ist der Gerichtsstand der Mutter. Ist diese tot, so gilt der Gerichts­ stand des Kindes (§ 8). Freiwillige Anerkennung. Die Ausfertigung einer Klageschrift hat zu unterbleiben, wenn der ange­ gebene Vater freiwillig vor Gericht anerkennt, der Vater des Kindes zu sein und sich gleichzeitig zu angemessenen Unterhaltsleistungen verpflichtet (§ 10). Feststellung der Vaterschaft. Als Vater des Kindes wird festgestellt, wer zu der Mutter in einem solchen Verhältnis gestanden hat, daß er der Vater des Kindes sein kann, es, sei denn, daß das Gericht für erwiesen hält, daß die Mutter während der Empfängniszeit, welche in jedem Einzelfalle nach genau bestimmten Vorschriften festzustellen ist, auch mit anderen Männern verkehrt hat oder daß die Vaterschaft aus sonstigen Gründen zweifelhaft ist. Kann das Gericht die Vaterschaft nicht einwandfrei feststellen, so ist der angebliche Vater für beitragspflichtig zu erklären, sofern es das Gericht für er­ wiesen erachtet, daß er mit der Mutter zu solcher Zeit verkehrt hat, daß er an­ nehmbarerweise der Vater des Kindes sein kann (§ 13). Feststellung Zahlungspflichtiger. Hat die Mutter mehrere Männer angegeben, die Vater des Kindes sein können, so ist es möglich, daß mehrere Männer als unterhaltspflichtig für das­ selbe Kind bezeichnet werden, ohne daß die Vaterschaft festgestellt wird. Das Gericht bestimmt in einem solchen Falle, wie der Unterhalt zwischen ihnen ver­ teilt werden soll. Es haftet jedoch jeder für die volle Summe (§. 22). Es ist von Amts wegen dafür zu sorgen, daß der Sachverhalt vollkommen aufgeklärt wird (§ 12). Unterhaltspflicht. Die regelmäßige Unterhaltspflicht des Vaters oder der Mutter dauert bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres des Kindes. Falls die wirtschaftlichen

Norwegen.

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Verhältnisse des Vaters oder der Mutter so günstig sind, daß es ihnen mit Billig­ keit auferlegt werden kann, zum Zweck der weiteren Ausbildung des Kindes Unterhaltsbeiträge zu entrichten, so soll das geschehen. Auch wenn das Kind erwerbsunfähig ist, soll der Unterhalt über das 16. Lebensjahr hinaus weiter­ gezahlt werden. Ausnahmsweise kann auch vom Gericht bestimmt werden, daß die Erziehungspflicht der Eltern bereits mit Vollendung des 15. Lebensjahres des Kindes endet. Das Kind soll entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen des besser­ gestellten Elternteils erzogen werden (§ 19). Stirbt der Beitragspflichtige vor Beendigung der Unterhaltspflicht, so sind die noch fälligen Unterhaltsbeiträge aus dem Nachlaß zurückzubehalten (§ 39).

Ansprüche der Mutter. Die Mutter hat Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag für die letzten drei Monate vor der Niederkunft. Sie kann ferner Ersatz der Entbindungskosten, sowie einen besonderen Zuschuß für die ersten neun Monate nach der Geburt beanspruchen, wenn das Kind bei ihr lebt (§§ 20, 21). Zwangsvollstreckung.

Kommt der Schuldner trotz Aufforderung seiner Unterhaltspflicht nicht nach, können die rückständigen Beiträge durch Sachpfändung oder durch Abzug vom Arbeitslohn beigetrieben werden. Die Beitreibung obliegt dem Beitragsvogt. Der Erlaß eines besonderen Pfändungsbeschlusses ist nicht notwendig (§ 27). Nach den gleichen Bestimmungen des § 27 kann auch der Gehalt oder die Pension von Staats- oder Gemeindebeamten oder ein sonstiges Einkommen des Schuldners aus einer Staatskasse oder einer anderen öffentlichen, kommunalen oder privaten Kasse oder Versicherungsanstalt gepfändet werden (§ 28). Böswillige Unterhaltssäumige werden mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft, soweit nicht strengere Bestimmungen zutreffen (§ 30). II.

Es wurde früher allgemein angenommen, daß die Festsetzung der Unter­ haltspflicht gegen in Norwegen ansässige Väter erfolgen könnte, auch wenn die Mutter außerhalb des Landes wohnhaft war. Seit dem Rundschreiben des zu­ ständigen Ministeriums vom 27. Juni 1925 ist hier indessen eine Änderung ein­ getreten. Dieses Rundschreiben geht davon aus, daß, falls die Mutter nicht in Norwegen ihr Domizil hat, keine Möglichkeit besteht, ein Festsetzungsverfahren nach dem diesbezüglichen Gesetz vom 10. April 1915 einzuleiten. Diese Aus­ fassung des Ministeriums hat jetzt ihre Bestätigung durch das Urteil des Reichs­ gerichts vom 13. Dezember 1927 erhalten. Das Sondergesetz vom 10. April 1915 über Kinder, deren Eltern nicht die Ehe miteinander geschlossen haben, setzt ein besonderes Verfahren in bezug auf die Festsetzung der Unterhaltspflicht des Vaters dem Kinde gegenüber voraus. Auf Antrag hat der Amtmann in dem Bezirke, wo die Mütter ihre Wohnung hat, einen Beschluß über die Festsetzung der Unterhaltsbeiträge auszufertigen und ist derselbe dem angeblichen Vater zuzustellen, vorausgesetzt, daß er in Norwegen einen bekannten Aufenthalt hat. Der Vater ist darauf berechtigt, bei dem GeWeitpert-Richter, Di« Rechtenersolgnng der Unierhalteansprüche unehelicher Kinder Im Ausland.

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richtsstand der Mutter Klage einzureichen, falls er behauptet, nicht Vater zu sein. Diese Sache wird in erster Instanz unter Beihilfe des Richters gefördert und kann gegebenenfalls die Entscheidung über die Vaterschaft von Eidesleistung der einen oder anderen Partei abhängig machen. Durch dieses Verfahren wird sowohl die Vaterschaft als die Unterhaltspflicht des angeblichen Vaters ent­ schieden. Falls die Frage der Vaterschaft zweifelhaft ist, kann das Verfahren nur auf die Frage der Unterhaltspflicht beschränkt werden. Durch das Urteil des Reichsgerichts vom 13. Dezember 1927 ist es jetzt entschieden worden, daß das Gesetz vom 10. April 1915 voraussetzt, daß die Mutter und das Kind Domizil in Norwegen haben und daß das im Gesetz vor­ geschriebene Sonderverfahren nur als Schutz für in Norwegen domizilierte Mutter und Kinder festgesetzt ist. Dies ist nicht im Gesetze ausdrücklich vorge­ schrieben worden, aber das Reichsgericht hat diesen Standpunkt aus den ver­ schiedenen Bestimmungen des Gesetzes gefolgert. Es macht keinen Unterschied, ob die Väter von fremder oder norwegischer Staatsangehörigkeit sind. Es ist auch nicht eine Bedingung, daß die Mutter Nor­ wegerin ist. Ausschlaggebend ist nur das Domizil der Mutter bzw. des Kindes. Hat die Mutter Domizil außerhalb Norwegens, ist das Sonderverfahren laut Gesetz vom 10. April 1915 ausgeschlossen, gleichgültig ob die Mutter Nor­ wegerin ist oder von fremder Staatsangehörigkeit. Hat die Mutter dagegen Domizil innerhalb Norwegens und zwar im Augenblicke, wo der Antrag auf Unterhaltspflicht bzw. die Klage erhoben wird, so ist es auch gleichgültig, welcher Staatsangehörigkeit sie angehört. Da die norwegischen Behörden in Vaterschaftssachen nicht mehr tätig sind, wenn die uneheliche Mutter nicht norwegische Staatsangehörige ist und mit dem Kind außerhalb Norwegens wohnt, sind in solchen Fällen die ordentlichen Ge­ richte anzurufen. Falls eine Mutter den allgemeinen Prozeßweg benutzen will und zwar um die Festlegung der Unterhaltspflicht des Vaters zu erlangen, kommen auf diesen Prozeß die allgemeinen Prozeßregeln in der norwegischen Zivilprozeßordnung zur Anwendung. Besondere diesbezügliche gesetzliche Vorschriften bestehen nicht und es kann nur im allgemeinen auf das Gesetz über das Gerichtsverfahren für Streitsachen vom 13. August 1915 („Loven om Rettergangsmaaten vor tvistemaal“) verwiesen werden. Dies setzt also voraus, daß der Vater in Norwegen, einen Gerichtsstand hat. Dagegen braucht selbstverständlich nicht die Mutter einen solchen in Norwegen zu haben. Ist es erforderlich, daß die Mutter gerichtlich vernommen wird, kann dies durch eine Beweisaufnahme im Auslande erfolgen und zwar wo die Mutter wohnt. Ob durch eine solche Klage Antrag auf Fest­ setzung der Vaterschaft gestellt werden kann, dürfte vielleicht zweifelhaft sein, doch ist dies anzunehmen. Jedenfalls kann auf Festsetzung der Unterhaltsbeiträge geklagt werden. Wegen des zu bewilligenden Armenrechtes ist ein entsprechendes Gesuch mit den nötigen Unterlagen an das norwegische Justizministerium in Oslo zu richten.

Advokat Gunnar Mellbye, Nedre Slotsgate 15,

Vertrauensanwalt der Deutschen Gesandtschaft in Oslo.

Österreich.

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23. Österreich *). Die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde und die Gel­ tendmachung von dessen Unterhaltsanspruch müssen im streitigen Verfahren mit einer Klage geltend gemacht werden. Sachlich zuständig ist gemäß § 49 Punkt 2 des österreichischen Gerichtsverfassungsgesetzes, Gesetz vom 1. August 1895, RGBl. Nr. 110 (Jurisdiktionsnorm), ohne Rücksicht auf die Höhe des etwa geltend gemachten Unterhaltsanspruches, immer das Bezirksgericht (in Deutschland Amtsgericht). Örtlich zuständig ist der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten, also das Bezirksgericht seines Wohnortes, jedoch gibt der § 100 des österreichischen Gerichtsverfassungsgesetzes gegen österreichische Bundesangehörige auch dann die Möglichkeit, in Österreich vorzugehen, wenn für diese in Österreich ein Gerichtsstand nicht begründet ist, und zwar ist dann örtlich zuständig entweder der allgemeine Gerichtsstand des Klägers, oder wenn auch für diesen ein Gerichtsstand in Öster­ reich nicht begründet ist, das Bezirksgericht Innere Stadt in Wien. Nach § 163 österr. allgemeines bürgerliches Gesetzbuch wird derjenige als der Vater des Kindes vermutet, dem nachgewiesen wird, daß er der Mutter des Kindes innerhalb des Zeitraums beigewohnt hat, von welchem bis zur Ent­ bindung nicht weniger als 180 und nicht mehr als 300 Tage verstrichen sind. Die Mutter hat die erfolgte Beiwohnung zu beweisen. Der Beklagte verteidigt sich mit dem Nachweise, daß er der Mutter nicht beigewohnt haben kann, oder daß er zur Zeugung unfähig ist. Der Beweis durch die Blutprobe, in dem das Blut des Kindes und des an­ geblichen Vaters untersucht wird, wird in letzter Zeit von österreichischen Gerichten ziemlich ausnahmslos zugelassen, wird aber allein, das heißt ohne andere Be­ weismittel nicht für ausschlaggebend für oder gegen die Vaterschaft gehalten. Diese Grundsätze finden in einem in Österreich anzustrengenden Vater­ schaftsprozesse Anwendung, gleichgültig ob es sich um einen Reichsdeutschen, einen Österreicher oder einen Angehörigen anderer Staaten handelt, ob das uneheliche Kind in Österreich oder in Deutschland gezeugt ist. Jedoch ist dem österreichischen Rechte die Einwendung des § 1717 deutsches BGB., nämlich, daß außer dem Beklagten der Mutter innerhalb der Empfäng­ niszeit noch ein Anderer beigewohnt hat, unbekannt und wird nach der einmütigen Praxis der österreichischen Gerichte niemals zugelassen, svferne es sich um eine in Österreich erfolgte Zeugung handelt. Schwieriger ist die Rechtslage und die Praxis der Gerichte nicht einhellig in der Frage, ob ein Österreicher gegen die Klage einer reichsdeutschen Staats­ bürgerin auf Anerkennung der Vaterschaft, auf Grund einer in Deutschland er­ folgten Zeugung, sich dieser Einrede bedienen kann oder nicht. Nach der letzten maßgebenden Entscheidung des österr. Obersten Gerichts­ hofes, vom 19. Februar 1924, Sammlg. VI/66, ist der dem unehelichen Kinde günstigere, dem österr. Rechte entsprechende Standpunkt auch in diesem Falle eingenommen und in der Begründung dieser Entscheidung darauf hingewiesen, *) Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 21. Juni 1923 (RGBl. 1924II S. 55). — Vormundschaftsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 5. Febr. 1927 (RGBl. IIS. 511). 4*

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daß, da nach § 33 des österr. allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches den Fremden überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den Inländern zukommen, niemandem, also auch keinem Deutschen und keinem anderen Aus­ länder gegen eine in Österreich gegen ihn angestrengte Vaterschaftsklage, auch auf Grund einer in Deutschland erfolgten Zeugung, diese Einrede zusteht.

Jedoch halte ich diese Praxis im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 21 des deutschen BGB. und auf das Internationale Haager Übereinkommen über das Familienrecht von 1902, nach welchen beiden Stellen die Heimatzugehörigkeit der unehelichen Mutter für die Anwendung .des Rechtes entscheidend sein soll, keineswegs sicher und es muß damit gerechnet werden, daß gegen eine solche Vaterschaftsklage auch in Österreich eventuell die Einrede des § 1717 deutsches BGB. mit Erfolg angewendet werden kann. In den Bestimmungen über Umfang und Dauer der Unterhaltsverpflichtung des außerehelichen Vaters sind dem österr. Rechte nur einige nicht sehr ins Ge­ wicht fallende Unterschiede gegenüber den Bestimmungen der §§ 1708, 1712, 1715 und 1716 des deutschen BGB. eigen. Insbesondere die beiden letzteren Paragraphen sind seit der Novelle zum österr. allgemeinen bürgerlichen Gesetz­ buch von 1914 beinahe wörtlich in das österreichische Recht (§§ 167 und 168 a. b. GB.) ausgenommen. Unterschiede zur deutschen Regelung bestehen nur in folgenden Punkten:

Die Höhe des zu gewährenden Unterhalts richtet sich nach dem Einkommen und dem Vermögen des unterhaltspflichtigen Vaters, nicht wie nach § 1708 deutsches BGB. nach der Lebensstellung der Mutter. Die Altersgrenze, bis zu der der Unterhalt nach österr. Rechte zu gewähren ist, ist nicht bestimmt festgesetzt, sondern endet mit der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, entgegen den Bestimmungen des § 1708 Abs. 2 deutsches BGB. Ob nun im einzelnen Falle bei diesen Punkten deutsches Recht oder öster­ reichisches zur Anwendung kommt, ist meines Erachtens ebenso zu beurteilen wie ich es oben für die Einrede des § 1717 dargelegt habe.

Zusammenfassend berichte ich also auf die Anfrage, daß es im wesentlichen keinen Unterschied macht, ob der in Österreich zu belangende Vater Österreicher, Deutscher oder Angehöriger eines anderen Staates ist, daß die Klage gegen ihn beim Bezirksgerichte seines Wohnortes bzw. gegen einen Österreicher nach den angezogenen Bestimmungen des § 100 österr. Gerichtsverfassungsgesetzes ein­ zubringen ist und bemerke nur noch abschließend, daß vor einem Bezirksgerichte eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht notwendig, wohl aber ratsam ist, und daß bezüglich der Gewährung des Armenrechtes zwischen Deutschland und Österreich volle Reziprozität herrscht, daß also auf Grund eines deutschen Armutszeugnisses das Armenrecht in Österreich ausnahmslos erteilt wird. Jedoch wird bei einem Bezirksgerichte nicht ein Anwalt als Armenvertreter beigeordnet, sondern ein Gerichtsbeamter, weshalb sich die Betrauung eines Anwaltes unter gleichzeitiger Übersendung des Armutszeugnisses stets empfiehlt. Das diesbezügl. Recht ist in einzelnen Ländern des Bundesstaates Öster­ reich vollkommen gleich, auch die Praxis der Gerichte ist eine einheitliche, da oberste Instanz für den gesamten Bundesstaat Österreich der Oberste Gerichtshof in Wien ist.

Österreich.

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Die maßgebenden Gesetzesstellen für das Recht der unehelichen Kinder sind die §§ 155—171 österr. allgemeines bürgerliches Gesetzbuch.

Rechtsanwalt Justizrat Dr. Adolf Adler, Rechtsbeistand der Deutschen Gesandtschaft in Wien.

Aus dem österreichischen allgem. Bürgerlichen Gesetzbuch. Rechtsverhältnis zwischen unehelichen Eltern und Kindern. Nähere Bestimmung des Begriffs von unehelichen Kindern. § 155. Die unehelichen Kinder genießen nicht gleiche Rechte mit den ehelichen. Die rechtliche Vermutung der unehelichen Geburt hat bei denjenigen Kindern statt, welche zwar von einer Ehegattin, jedoch vor oder nach dem oben (§ 138) mit Rücksicht auf die ein­ gegangene oder aufgelöste Ehe bestimmten gesetzlichen Zeiträume geboren worden sind. § 156. Diese rechtliche Vermutung tritt aber bei einer früheren Geburt erst dann ein, wenn der Mann, dem vor der Verehelichung die Schwangerschaft nicht bekannt war, längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Nachricht von der Geburt des Kindes der Vaterschaft gerichtlich widerspricht. § 157. Die von dem Manne innerhalb dieses Zeitraumes rechtlich widersprochene Rechtmäßigkeit einer früheren oder späteren Geburt kann nur durch Kunstverständige, welche nach genauer Untersuchung der Beschaffenheit des Kindes und der Mutter die Ursache des außerordentlichen Falles deutlich angeben, bewiesen werden. § 158. Die Ehelichkeit eines innerhalb des gesetzlichen Zeitraumes geborenen Kindes kann der Mann längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Nachricht bestreiten, indem er gegen einen zur Verteidigung der ehelichen Geburt aufzustellenden Kurator die Un­ möglichkeit der durch ihn erfolgten Zeugung beweist. Weder ein Ehebruch der Mutter noch ihre Behauptung, daß ihr Kind unehelich sei, können für sich allein demselben die Rechte der ehelichen Geburt entziehen. Ist der Mann vor Ablauf der Bestreitungsfrist geisteskrank geworden, so kann sein gesetzlicher Vertreter innerhalb dreier Monate nach erhaltener Nachricht oder, wenn er von der Geburt des Kindes schon vorher Kenntnis hatte, innerhalb dreier Monate nach seiner Bestellung das Bestreitungsrecht ausüben. § 159. Ist der Mann vor Ablauf der Bestreitungsfrist gestorbeu oder seit der Geburt des Kindes dauernd unbekannten Aufenthaltes, so kann auch das Kind, unter Zustimmung der Mutter, wenn diese noch lebt, seine Ehelichkeit bestreiten. Zu diesem Behufe muß es die Klage gegen einen zur Verteidigung der ehelichen Geburt aufzustellenden Kurator anbringen. Das Klagerecht erlischt mit Ablauf eines Jahres nach erreichter Großjährigkeit. Ebenso können, wenn der Mann vor Ablauf der Bestreitungsfrist gestorben ist, auch die Erben, denen ein Abbruch an ihren Rechten geschähe, innerhalb dreier Monate nach dem Tode des Mannes aus dem angeführten Grunde die eheliche Geburt des Kindes bestreiten. § 159a. Das Bestreitungsrecht des gesetzlichen Vertreters des Mannes oder des Kindes selb st hört auf, wenn der handlungsfähige Ehemann die Ehelichkeit der Geburt des Kindes vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils gerichtlich anerkennt. Legitimation der unehelichen Kinder: a) durch Hebung des Ehehindernisses oder schuldlose Unwissenheit der Ehegatten: § 160. Kinder, die zwar aus einer ungültigen, aber aus keiner solchen Ehe erzeugt worden sind, der die in den §§ 62—64 angeführten Hindernisse entgegenstehen, sind als eheliche anzufehen, wenn das Ehehindernis in der Folge gehoben worden ist, oder wenn wenigstens einem ihrer Eltern die schuldlose Unwissenheit des Ehehindernisses zustatten kommt- doch bleiben in dem letzteren Falle solche Kinder von Erlangung desjenigen Ver­ mögens ausgeschlossen, welches durch Familienanordnungen der ehelichen Abstammung besonders Vorbehalten ist. b) durch die nachfolgende Ehe:

§ 161. Kinder, welche außer der Ehe geboren und durch die nachher erfolgte Ver­ ehelichung ihrer Eltern in die Famtlie eingetreten sind, werden, so wie ihre Nachkommen-

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I. Teil. Europa.

schäft unter die ehelich erzeugten gerechnet: nur können sie den in einer inzwischen be­ standenen Ehe erzeugten ehelichen Kindern die Eigenschaft der Erstgeburt und andere bereits erworbene Rechte nicht streitig machen. c) durch Verfügung im Gnadenwege. § 162. Die uneheliche Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen keinen Abbruch tun. Zu diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung des Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die Eltern können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der Standes­ vorzüge oder des Rechtes an dem frei vererblichen Vermögen teilhaft machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familienglieder hat diese Begünstigung keine Wirkung.

Beweis der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde. § 163. Wer auf eine in der Gerichtsordnung vorgeschriebene Art überwiesen wiro, daß er der Mutter eines Kindes innerhalb des Zeitraumes beigewohnt habe, von welchem bis zu ihrer Entbindung nicht weniger als 180 und nicht mehr als 300 Tage verstrichen sind; oder, wer dieses auch nur außer Gericht gesteht, von dem wird vermutet, daß er das Kind erzeugt habe (Nov. III, § 202). § 164. Die auf Angaben der Mutter erfolgte Einschreibung des väterlichen Namens in das Tauf- oder Geburtsbuch macht nur dann einen vollständigen Beweis, wenn die Einschreibung nach der gesetzlichen Vorschrift mit Einwilligung des Vaters geschehen und diese Einwilligung durch das Zeugnis des Seelsorgers uno des Paten mit dem Beisatze, daß er ihnen von Person bekannt sei, bestätigt worden ist.

Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses zwischen unehelichen Eltern und Kindern. § 165. Uneheliche Kinder haben weder auf den Familiennamen des Vaters noch auf den Adel, das Wappen und andere Vorzüge der Eltern Anspruch; sie führen den Ge­ schlechtsnamen der Mutter. Der Ehemann der Mutter kann durch Erklärung bei der politischen Landesbehörde dem Kinde mit Einwilligung der Mutter und des Kin­ des oder, wenn dieses minderjährig ist, des gesetzlichen Vertreters und des Gerichtes seinen Namen geben. Zur Wirksamkeit dieser Er­ klärungen ist erforderlich, daß sie in öffentlicher oder gerichtlich oder notariell beglaubigter Urkunde vorgelegt werden (Nov. I, § 8). § 166. Auch ein uneheliches Kind hat das Recht, von seinen Eltern eine ihrem Ver­ mögen angemessene Verpflegung, Erziehung und Versorgung zu fordern, und die Rechte der Eltern über dasselbe erstrecken sich soweit, als es der Zweck der Erziehung erfordert, übrigens steht das uneheliche Kind nicht unter der väterlichen Gewalt seines Erzeugers, sondern wird von einem Vormunde vertreten. Zur Verpflegung ist vorzüglich der Vater verbunden; wenn aber dieser dazu nicht im Stande ist, so fällt die Verbindlichkeit auf die Mutter undnachdieseraufdie mütter­ lichen Großeltern (Nov. I, § 9). § 167. Der Vater i st verpflichtet, der Mutter die Kosten der Ent­ bindung sowie die Ko st en ihres Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge der Entbindung weitere Aus­ lagen notwendig werden, auch diese zu ersetzen. Die Forderung ist mit Ablauf von drei Jahren nach der Entbin­ dung verjährt (Nov. I, § 10). § 168. Schon vor der Geburt des Kindes kann das Gericht auf An­ trag der Mutter, wenn sie dessen bedürftig ist und nicht einen unzüch­ tigen Lebenswandel führt, denjenigen, dessen Vaterschaft gemäß § 163 glaubhaft gemacht wird, dazu verhalten, daß er den Betrag des dem Kinde zu gewährenden Unterhaltes für die er st en drei Monate sowie den gewöhnlicher! Betrag der der Mutter nach § 16 7 zu ersetzen­ den Kosten bei Gericht erlege. § 169. Solange die Mutter ihr uneheliches Kind, der künftigen Bestimmung gemäß, selbst erziehen will und kann, darf ihr dasselbe von dem Vater nicht entzogen werden;

Österreich. Polen.

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dessen ungeachtet muß er die Verpflegskosten bestreiten. Läuft aber das Wohl des Kinoes durch die mütterliche Erziehung Gefahr, so ist der Vater verbunden, das Kind von der Mutter zu trennen und solches zu sich zu nehmen oder anderswo sicher und anständig unterzubringen. § 170. Es steht den Eltern frei, sich über den Unterhalt, die Erziehung und Ver­ sorgung des unehelichen Kindes miteinander zu vergleichen- ein solcher Vergleich kann aber dem Rechte des Kindes keinen Abbruch tun. § 171. Die Verbindlichkeit, uneheliche Kinder zu verpflegen und zu versorgen, geht gleich einer anderen Schuld auf die Erben des Vaters über. Wenn die Vaterschaft vom Vater anerkannt oder gerichtlich fest­ gestellt worden ist, können uneheliche Kinder, die zur Zeit des Ab­ lebens des Vaters in dessen Hause verpflegt und erzogen werden, die Verpflegung und Erziehung bis zur Selbster haltungs s ä h i g ke it auch weiterhin in demselben Maße wie bisher fordern, jedoch nicht in größerem Umfange, als sie nach dem hinterlassenen Vermögen den ehelichen Kindern zuteil werden kann.

24. Polen. Ist ein unterhaltssäumiger Mündelvater nach Polen ausgelvandert und dort unbekannten Aufenthalts oder ist ein polnischer Staatsangehöriger, der als Vater in Anspruch genommen werden soll, in Polen unbekannten Aufenthalts, so kann unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung über den deutsch-polnischen Rechts­ hilfeverkehr in Strafsachen und über die Veröffentlichung von Fahndungs­ ersuchen im deutschen und polnischen Fahndungsblatt vom 2. Januar 1926 (RGBl. Nr. 2, Jahrgang 1926, S. 89) um Ausschreibung des Gesuchten wegen Verletzung der Unterhaltspflicht im polnischen Fahndungsblatte in Warschau (Gazetta Sledcza za posrednictwem Ministerstwa Sprawiedliworci) ersucht werden.

Die Deutsche Gesandtschaft in Warschau hat für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen unehelicher Kinder in Polen zwei Merkblätter ausge­ arbeitet. Die in den Merkblättern bezeichnete Zuständigkeit greift ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Vaters Platz; maßgebend ist lediglich, an welchem Orte sich der beklagte Erzeuger in Polen aufhält. ^.. Merkblatt für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen unehelicher Kinder in Polen. I. Für die ehemals preußischen Gebietsteile Polens gelten nach wie vor die Bestimmungen des deutschen Rechts, die bei Übergang der Staats­ hoheit über diese Gebietsteile an Polen dort in Kraft waren.

II. Für die ehemals österreichischen Gebietsteile Polens gelten nach wie vor die Bestimmungen des österreichischen Rechts, die bei Übergang der Staatshoheit über diese Gebietsteile an Polen dort in Kraft waren. III. In den ehemals russischen Gebietsteilen Polens gilt das Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Polen vom 1./13. Juni 1825 und das russische Gesetz vom 3. Juni 1902 in der Fassung des Sondergesetzes vom 13. Mai 1913, betreffend die Verbesserung der Lage der unehelichen Kinder in den Gou­ vernements des Königreich Polens.

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I. Teil. Europa.

Die Bestellung eines besonderen Vertreters für die Klageerhebung ist hier nicht erforderlich. Zuständig für die Unterhaltsklage sind im allgemeinen die Landgerichte, da als Streitwert das zehnfache der geforderten jährlichen Rente festgesetzt wird und diese stets mehr als 1000 Zloty betragen, der Streitwert also die Summe von 1000 Zloty übersteigen wird. Der Klageantrag, der sich auf das eingangs bezeichnete Gesetz vom 3. Juni 1902/13. Mai 1913 stützt, wird zweckmäßig gerichtet auf Verurteilung des Be­ klagten, an die Klägerin für ihr Kind und sie als Unterhalt je . . . Zl. monatlich zahlbar und im Voraus beginnend von der Geburt zu bezahlen, nebst den gesetz­ lichen Verzugszinsen sowie den Prozeß- und Gerichtskosten. Wird der Unterhalt für die Vergangenheit nachverlangt, so ist der Vater nur verpflichtet, die Unter­ haltskosten für die Zeit von höchstens einem Jahr vor Geltendmachung der For­ derung zu erstatten. Ferner ist zu beantragen vorläufige Vollstreckbarkeit, Ver­ handlung auch in Abwesenheit der Klägerin und Bewilligung des Armenrechts. Der Klage beizufügen sind Armutszeugnis, Geburtsschein des Kindes und etwaige schriftliche Beweise der Vaterschaft. Mangels anderer Beweise kann die Vaterschaft gegebenenfalls durch Zeugen nachgewiesen werden, deren Vernehmung im ersten Punkte des Klageantrags zu beantragen wäre. Die Mutter kann als Partei nicht Zeugin sein. Parteieid ist unzulässig. Die exceptio plurium ist dagegen zugelassen. Als Empfängniszeit gilt der 306. bis 180. Tag vor der Geburt des Kindes. Die Höhe des Unterhaltsbeitrags richtet sich nach der Vermögenslage des Beklagten und der gesellschaftlichen Stellung der Mutter. Der Vater hat diesen Beitrag, wenn das Kind bedürftig ist, bis zur Volljährigkeit des Kindes oder bis zur Verheiratung der minderjährigen Tochter zu leisten. Daneben ist zu berücksichtigen, zu welchem Betrage die Mutter zu den Unterhaltskosten bei­ tragen kann. Außerdem hat die bedürftige Mutter einen Anspruch auf Erstattung der Entbindungs- und Wochenbettkosten, jedoch nur bis zum Ablauf eines Jahres seit der Entbindung, sowie Anspruch auf eigenen Unterhalt, wenn sie bedürftig und nicht erwerbsfähig ist. Der einmal festgesetzte Betrag des Unterhalts für das uneheliche Kind kann, entsprechend den veränderten Umständen, erhöht oder herabgesetzt werden. Unter Zustimmung des Vormundschaftsrats können die Parteien eine ein­ malige Abfindung vereinbaren. Eine solche ist mit Rücksicht auf die Schwierig­ keit und Langwierigkeit der Prozeßführung sehr empfehlenswert und anzustreben. Der Anspruch auf Unterhaltsleistung verjährt nach Aufhören der Unter­ haltspflicht: rückständige Unterhaltsbeiträge können nur für ein Jahr nach­ gefordert werden. Nach dem deutsch-polnischen Vertrag über den Rechtsverkehr vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 II S. 139, 1926 II S. 237) haben die Angehörigen des einen Staates allgemein einen Anspruch darauf, vor den Gerichten im ge­ samten Gebiete des anderen Staates zum Armenrecht unter den gleichen Bedingungen wie die Landesangehörigen zugelassen zu werden (Art. 5 ff.) und sind von der Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten befreit (Art. 2). Vgl. auch den Deutsch-polnischen Vertrag über den Rechtsverkehr vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 II S. 139) und das Deutsch-polnische Vormund­ schaftsabkommen vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 II S. 145),

Polen. Portugal.

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B. Merkblatt für Unterhaltsklagen vor Gerichten in Kongreß­ polen. Bei Unterhaltsklagen vor Gerichten in Kongreßpolen ist folgendes zu beachten: Der Klage ist eine beglaubigte polnische Übersetzung sowie der Gerichtskosten­ betrag beizufügeu. Soll der Prozeß als Armensache geführt werden, so ist es zweckmäßig, den Antrag auf Armenrechtsbewilligung und Zuweisung eines Armenanwalts mit der Klage zu verbinden. Zu diesem Zwecke ist ein Armen­ attest beizulegen. Wird der Antrag abgelehnt, so teilt das Gericht dem Antrag­ steller den Beschluß mit und fordert unter Fristsetzung Zahlung der Gerichts­ kosten. Werden diese innerhalb -er Frist nicht erlegt, so gilt die Klage als nicht eingereicht. Die Gerichtskosten betragen 2% von dem für zehn Jahre geforderten Unterhalt. Der Kläger muß für die Zustellungen einen Wohnsitz am Orte des zu­ ständigen Gerichts haben; andernfalls bleiben die Ladungen in der Gerichts­ kanzlei und gelten als zugestellt. Es empfiehlt sich daher, sich in Unterhalts­ prozessen von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Ein Beweis durch Eidesleistung oder Eideszuschiebung ist nicht möglich; die Klage muß auf Zeugenaussagen, Urkunden oder sonstiges Beweismaterial gestützt werden. Schließlich empfiehlt es sich, vorher Erkundigungen über die Vermögenslage des Beklagten einzuziehen.

25. Portugal. I. Aus dem Kinderschutzgesetz vom 25. Dezember 1910.

Das portugiesische Recht kennt zwei Gruppen von außerehelichen Kindern und zwar solche, die vom Erzeuger, von der Mutter oder von beiden Eltern gemeinschaftlich anerkannt werden können, ferner solche, die aus Blutschande hervorgegangen sind (Art. 22).

1. Feststellung der Vaterschaft und Mutterschaft. Eine Klage zur Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde kann gemäß Art. 34 unter folgenden Voraussetzungen erhoben werden: 1. wenn der als Vater in Anspruch Genommene in einem Schriftstück seine Vaterschaft ausdrücklich zugegeben hat; 2. wenn ein Kind offensichtlich von Vater und Mutter als eigenes Kind gehalten und auch von der Umwelt als solches betrachtet worden ist; 3. wenn die Vergewaltigung oder die Entführung in die Zeit der Emp­ fängnis fällt; 4. wenn jemand unter Ausnützung eines Autoritätsverhältnisses oder Ver­ trauensverhältnisses oder auf Grund eines Eheversprechens eine Frauens­ person verführt und der Zeitpunkt der Verführung in die Zeit der Emp­ fängnis fällt; 5. wenn Mündelmutter und Mündelvater während der Empfängniszeit im Konkubinat gelebt haben. Eine Klage zur Feststellung der Mutterschaft kann in jedem Fall eingereicht werden (Art. 35). Eine Klage, sei es nun zur Feststellung der Vaterschaft oder

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I. Teil. Europa.

Mutterschaft, darf vom Gericht nicht angenommen werden, wenn das Kind aus einem blutschänderischen Verkehr stammt oder wenn ein Hindernis der Aner­ kennung des Kindes auf feiten des Vaters oder auf feiten der Mutter vorliegt (Art. 36). Die Feststellungsklage kann auch innerhalb eines Jahres nach dem Tode des Erzeugers bzw. der Mutter eingereicht werden. Sonderfall: Sterben die Eltern, solange die Kinder noch minderjährig oder geisteskrank sind, so können diese die Feststellungsklage noch innerhalb vier Jahren einreichen von dem Zeit­ punkte ab, an welchem sie emanzipiert oder volljährig geworden oder wieder in den Gebrauch der freien Willensbestimmung gekommen sind. Falls das Kind eine die Vaterschaft oder die Mutterschaft anerkennende Urkunde, die von den Eltern eigenhändig geschrieben und unterzeichnet ist, auffindet, kann ohne zeit­ liche Beschränkung die Feststellungsklage angestrengt werden, dabei dürfen zwischen dem Zeitpunkt der Auffindung der Urkunde und der Klagestellung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sein (Art. 37). Eine Schwangere kann für das Kind Klage auf Feststellung der Vaterschaft bereits vor der Geburt des Kindes stellen, sie muß aber auf Grund der Prozeß­ rechtlichen Bestimmungen die Schwangerschaft bestätigen lassen. Die Klage ist aber illusorisch für den Fall, daß das Kind tot geboren wurde oder keine menschen­ ähnliche Gestalt hat, ferner wenn versäumt wurde, den Geburtsschein innerhalb 30 Tagen nach der Geburt bei Gericht einzureichen (Art. 38). Die Klage auf Feststellung kann gegen Erzeuger und Mutter gemeinschaftlich gestellt werden, wenn die Kindeseltern während der Empfängniszeit rechtsgültig eine Ehe schließen konnten (Art. 39). Wenn die Mutter während der Emp­ fängniszeit mit einem anderen Mann verehelicht war, kann das Gericht die Fest­ stellungsklage nur für den Fall zulassen, daß durch ein endgültiges Urteil die Ehelichkeit des Kindes mit Erfolg angefochten ist (Art. 40). Bei Jnteressenkollision zwischen dem Kind, der Mutter, dem Vater oder dem Vormund ist gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen ein vom Gericht auf­ gestellter „Pfleger", dessen Bestellung durch einen Blutsverwandten des Kindes oder durch die Staatsanwaltschaft beantragt werden kann (Art. 41). Die Feststellungsklagen können auch durch die Erben der inzwischen ver­ storbenen Kinder zu Ende geführt werden. Die Erben können auch Feststellungs­ klagen neu einreichen aber nur, wenn in analoger Weise die Voraussetzungen der Sonderfälle des Art. 37 Ziff. 1 gegeben sind und der Vormund keine Feststellungsklage eingereicht hat. Die Klage muß aber innerhalb eines Jahres seit dem Ableben des Minderjährigen gestellt werden (Art. 42). Zuständig für die Feststellungsklage ist das Gericht des Geburtsortes des klagenden Kindes. Im Fall, daß die Klage schon während der Schwangerschaft eingereicht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Kindseltern im Konkubinat lebten oder in dessen Bezirk die Beiwohnung stattfand (Art. 43). Das klagende Kind streitet im Armenrecht und erhält einen Rechtsbeistand. Bis zur endgültigen Durchführung des Vaterschafts- oder Mutterschaftsprozesses kann dem klagenden Kinde, wenn es dem Gericht seine Ansprüche genügend glaub­ haft macht, durch einstweilige Verfügung Unterhalt zugebilligt werden, was aber für das Endergebnis des Prozesses selbst keinerlei Bedeutung hat (Art. 44). Bei diesen Prozessen genießt sowohl das klagende Kind wie die Mutter neben der Unterstützung durch die Staatsanwaltschaft die des Rechtsbeistands (Art. 45).

Portugal.

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Wird die Vaterschaft bzw. die Mutterschaft festgestellt, so kommt das Kind gemäß Art. 46 mit 31 von dem Tage der Klagestellung an in den Besitz folgender Rechte: 1. es erwirbt den Familiennamen des Vaters bzw. der Mutter; 2. es erhält einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater bzw. die Mutter; 3. es wird erbberechtigt gegenüber dem Vater, der Mutter, den väterlichen oder mütterlichen Großeltern.

2. Unterhaltsrecht. Die uneheliche Mutter kann, wenn sie bedürftig ist, vom Vater Unterhalt verlangen und zwar, wenn die Vaterschaft festgestellt ist, ab Einreichung der Klage. Die Vorschriften der Art. 38, 44 und 46 sind hierbei zu berücksichtigen. Die Unterhaltspflicht des Vaters entfällt bei Mehrverkehr der Mutter während der Empfängniszeit und bei offenkundig liederlichem Lebenswandel. Art. 47. Neben dem Unterhaltsanspruch hat die Mutter einen Anspruch auf Ersetzung der durch die Schwangerschaft und Geburt entstandenen Auslagen und Schäden (Art. 48). Zweckmäßigerweise wird die Unterhaltsklage mit der Klage auf Fest­ stellung der Vaterschaft eingereicht; ist eine Jungfrau geschändet oder verge­ waltigt worden, so hat sie noch weitergehende Ansprüche (Art. 49). Uneheliche Kinder, die nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht anerkannt werden können (Art. 22), haben gegenüber ihrem Erzeuger lediglich einen An­ spruch auf notdürftigen Unterhalt. Ein solches Kind kann im Prozeßweg den Unterhaltsanspruch geltend machen, wenn die Zeugung durch ein Zivil- oder Strafurteil festgestellt ist, ferner auch wenn gerichtlich die Voraussetzungen der Fälle des Art. 34 Ziff. 3 und 4 erwiesen sind (Art. 50, 51 und 52). II.

In Portugal ist die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder durch das Gesetz zum Schutze der Kinder vom 25. Dezember 1910 geregelt. Zwischen dem unehelichen Kind und seinen Eltern bestehen nach diesem Gesetz grundsätzlich keinerlei rechtliche Beziehungen. Ein Rechtsverhältnis entsteht erst durch die freiwillige Anerkennung oder durch die gerichtliche Feststellung. Die Anerkennung kann von einem oder von beiden Elternteilen zum Geburts­ register durch öffentliche Urkunde oder Testament erfolgen. Die Anerkennung von Kindern, die in Blutschande oder Ehebruch erzeugt sind, ist verboten. Das anerkannte minderjährige Kind kann die Anerkennung binnen vier Jahren nach seiner Emanzipation oder Großjährigkeit anfechten (Art. 29). In Portugal besteht an und für sich die Möglichkeit, Unterhaltsansprüche der Kinder gegen ihre Väter geltend zu machen, wobei kein Unterschied gemacht wird, ob die Väter Portugiesen, Deutsche oder andere Ausländer sind. Vor­ bedingung ist jedoch, daß die Vaterschaft festgestellt ist. In der Praxis wird es nur in seltenen Fällen gelingen, den Vater zum Unterhalt heranzuziehen, so­ lange er die Vaterschaft bestreitet. Der Klageweg ist umständlich und kostspielig, schon weil die Mitwirkung eines portugiesischen Anwalts nicht zu umgehen ist. Die Vollstreckung eines deutschen Alimentenurteils ist in Portugal nach der Revision durch das Appellationsgericht möglich, doch darf das Urteil nichts

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f. Teil. Europa.

enthalten, was dem portugiesischen Recht entgegensteht (Art. 1087 und 1088 der Zivilprozeßordnung). Für die portugiesischen Kolonien gilt das Recht des Mutterlandes (Deutsche Gesandtschaft Lissabon).

26. Rumänien. In Rumänien mit seinen neuen Gebietsteilen ist die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder heute noch nicht einheitlich geregelt. In Altrumänien. (Moldau, Walachei und Dobrudscha) ist die Heranziehung des unehelichen Vaters grundsätzlich nicht zulässig. Es gilt dort der Grundsatz des Code civil: La recherche de la paternite est interdite. Das Verbot bezweckt den Schutz der guten Sitten und findet generelle Anwendung unabhängig von der Staats­ angehörigkeit der Beteiligten. Art. 307 des bürgerlichen Gesetzbuchs für Alt­ rumänien sagt: „Die Nachforschung der Vaterschaft ist verboten. Im Falle der Entführung kann der Entführer auf die Klage der beteiligten Personen als Vater erklärt werden, wenn der Zeitpunkt der Entführung in die Empfängniszeit fällt." Eine Unterhaltsklage eines unehelichen Kindes kann mit Aussicht auf Erfolg angestrengt werden, sofern das an sich natürliche, nicht einklagbare Schuld­ verhältnis durch schriftliche und vorbehaltlose Anerkennung seitens des Er­ zeugers in ein bürgerliches Schuldverhältnis verwandelt wurde. Ähnlich wie in Frankreich hat sich in Rumänien die Rechtsprechung dahin entwickelt, in Fällen außerehelicher Schwängerung Frauen Schadensersatzansprüche zuzugestehen, wenn sie durch Eheversprechen oder sonstige Mittel von dem Erzeuger verführt worden sind. Gestützt werden diese Ansprüche auf Art. 998 des bürgerl. Gesetzbuchs für Altrumänien, der folgendermaßen lautet: „Eine jede menschliche Tat, die einem anderen Schaden zufügt, verpflichtet denjenigen, durch dessen Verschulden er ent­ standen ist, ihn zu ersetzen." — Die Rechtsprechung in Rumänien geht sogar neuerdings soweit, daß sie jeder Frau, die mit einem Manne zusammengelebt hat und verlassen worden ist, einen Schadensersatzanspruch gewährt, wenn sie ein Kind geboren hat. In der Bukowina, die früher zu Österreich gehörte, gilt heute noch das österreichische Recht. In Transsylvanien, Banat, Crisana, Satmar und Maramures (Siebenbürgen) — diese Gebietsteile gehörten früher zu Ungarn — gilt heute noch ungarisches Recht. In Bessarabien, das früher zu Rußland gehörte, findet heute noch russisches Recht Anwen­ dung. In Caliacra und Durostor (neue Dobrudscha) — diese Gebietsteile gehörten früher zu Bulgarien — gilt heute noch bulgarisches Recht. Die Stellung der unehelichen Kinder soll demnächst für ganz Rumänien 'einheitlich geregelt werden. Die vorbereitenden Arbeiten wegen Vereinheitlichung des rumänischen Personenrechts stehen vor dem Abschluß und dürften in absehbarer Zeit Gesetz werden. Der Entwurf läßt die Feststellung der unehelichen Vater­ schaft zu und gewährt dem unehelichen Kinde einen Unterhaltsanspruch. (Mit­ teilung der Deutschen Gesandtschaft Bukarest vom 6. Juni 1929, Vertrauens­ anwalt der Gesandtschaft Dr. Avram in Bukarest.) Zwischen Deutschland und Rumänien sind die Bestimmungen des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 mit Wirkung vom 1. Mai 1929 wieder in Kraft gesetzt (RGBl. 1929 II Nr. 25 vom 11. Mai 1929).

Rußland.

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27. Rußland, nun: Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (U.d.S.S.R.). Das Sowjetrecht kennt keinen Unterschied zwischen der ehelichen und un­ ehelichen Abstammung. Als Grundlage der Familie wird die tatsächliche Ab­ stammung betrachtet. Das Eherecht ist von dem Familienrecht völlig getrennt. Die Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern sind so geregelt, als kämen hierbei drei selbständig auftretende Parteien in Betracht: Der Vater, die Mutter und das Kind. Letzteres als eheliches oder uneheliches zu bezeichnen, gilt als unzulässig, weil auch die Registrierung der Ehe im Standesamt auf den recht­ lichen Inhalt der Beziehungen des Kindes zu den Eltern mit Ausnahme der Bestimmungen über den Familiennamen des Kindes keine Wirkung ausübt. Die Geburt eines Kindes schafft selbst bei einem registrierten ehelichen Verhältnis nur die praesumtio juris, daß der Ehemann der Vater des Kindes ist; sie kann von der Ehefrau durch eine das Gegenteil, d. h. den Irrtum über die Vaterschaft, nachweisende offizielle standesamtliche Erklärung entkräftet werden. Diese Stellungnahme des Sowjetgesetzgebers zu dem Verhältnis zwischen Vater, Mutter und Kind wird vor allem aus dem Prinzip des Schutzes des Schwachen, also insbesondere des Kindes hergeleitet. Dieses Rechtssystem gilt deshalb auch für alle Ausländer, die als Schutzbefohlene auf dem Gebiet des Familienrechts in Frage kommen. Irgendwelche Ausnahmen würden dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Ausländer mit den Inländern im Gebiet der U.d.S.S.R. widersprechen. Die Sowjetgesetzgebung auf dem Gebiet des Familienrechts enthält auch keine zwischenrechtlichen Bestimmungen über Feststellung der Vaterschaft für ein Kind fremder Staatsangehörigkeit bzw. über die Geltendmachung von dessen Unterhaltsansprüchen gegenüber Vätern, die sich im Gebiet der U.d.S.S.R. aufhalten. Für das deutsche Kind, welches nach deutschem Recht als uneheliches gilt, wird übrigens, weil es nach dem Sowjetrecht als durch seine tatsächliche Ab­ stammung legitimiert erscheint, der Art. 10 des Niederlassungsabkommens zwischen der U.d.S.S.R. und dem Deutschen Reich vom 12. Oktober 1925 in der Regel zur Begründung der Vaterschaftsklage und des Unter­ haltsanspruchs genügen. Die Bestimmung dieses Artikels, daß die An­ gehörigen jedes vertragschließenden Teils nach Maßgabe des Völkerrechts im Gebiet des anderen Teils in Ansehung ihrer Person und ihres Vermögens das­ jenige Maß gerichtlichen oder behördlichen Schutzes genießen, welches den eigenen Staatsangehörigen oder den Staatsangehörigen der meistbegünstigten Nation zuteil wird, umfaßt auch obenbezeichnete Klagen. (Mitteilung des Deutschen Generalkonsulats in Tiflis.) Vgl. das Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über Rechtshilfe in bürger­ lichen Angelegenheiten vom 12. Oktober 1925 (RGBl. 1926 II S. 84) — Nieder­ lassungsabkommen —. I. Die Russische Soziali st ische Föderative Sowjetrepublik (R.S.F.S.R.).

Das augenblicklich geltende Ehegesetz 1926 der R. S. F. S.R. (in deutscher Übersetzung abgedruckt in dem Werke „Die Zivilgesetzgebung der Gegenwart"

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I. Teil. Europa.

Bd. VI „Das Zivilrecht der Sowjetunion", herausgegeben von Dr. Heinrich Freund, I. Abteilung, 1. Lieferung, Verlag I. Bensheimer, Berlin 1927) ist am 1. Januar 1927 in Kraft getreten. Das Ehegesetz setzt das eheliche Kind dem unehelichen grundsätzlich gleich (Art. 25) und bestimmt das Verfahren zur Feststellung des Vaters eines un­ ehelichen Kindes sowie seine Unterhaltspflicht (Art. 28 ff.). Die von sowjetrussischen Gerichten dem unehelichen Kinde zuerkannten Unterhaltsgelder sind in der Regel hoch. Sie betragen bis zu einem Drittel des Arbeitseinkommens des Vaters; in der Praxis werden dem Kinde jedoch nicht mehr als 50 Rubel monatlich zugesprochen. Rückständige Unterhaltsgelder werden im Gebiete der R.S.F.S.R. gericht­ lich nicht zugesprochen, außer wenn der Kindesvater sich schriftlich dazu ver­ pflichtet hat. Hinsichtlich der Geltendmachung von Alimentenansprüchen hat sich bei den hiesigen Gerichten folgende Praxis herausgebildet: a) Werden gegen einen unehelichen Kindesvater mehrere Alimentenforde­ rungen geltend gemacht, so kann er wegen aller Forderungen zusammen bis, zu höchstens 5Oo/o seines Einkommens zur Zahlung herangezogen werden. b) Das Gesetz setzt gegenwärtig die Höhe der Unterhaltsrente nach der Arbeitsfähigkeit des Klägers fest. c) Anspruch auf Alimente hat derjenige, der das Kind hei sich hat, also auch der Vater, wenn die Mutter arbeitsfähig ist. d) Der Kläger sowohl wie der Beklagte haben das Recht, nach Urteils­ fällung in einem Alimentenprozeß jederzeit ihre Forderungen auf gerichtlichem Wege zu erhöhen oder zu ermäßigen, wenn eine Änderung in ihrer materieller Lage eingetreten ist. e) Es erfolgt eine genaue Prüfung der Vaterschaft. Zu einer Verurteilung zur Zahlung von Unterhaltsgeldern ist die Beibringung einwandfreier Beweise der Vaterschaft notwendig. Sogar das Eingeständnis des Beklagten ist für das Gericht nicht bindend. Eine Kapitalisierung oder die Zahlung einer einmaligen Abfindungssumme ist nach sowjetrussischen Gesetzen unzulässig. Der säumige Schuldner kann (nach seiner Verurteilung) durch das Gericht auf Grund des Art. 158 des sowjetrussischen Strafgesetzbuches zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden. In den zahlreichen Fällen, in denen die Deutsche Botschaft in Moskau von Amtsvormundschaften und Privatpersonen ersucht wurde, Unterhaltsgelder von den im Gebiete der R.S.F.S.R. lebenden Vätern unehelicher Kinder ein­ zuziehen, ist bisher kein Unterhaltsprozeß durchgeführt worden. In den weitaus meisten Fällen hätte die Anstrengung eines solchen nicht zu dem gewünschten Erfolge geführt, weil die Kindesväter (frühere Kriegsgefangene) größtenteils gegenwärtig in derart ärmlichen und schwierigen Verhältnissen leben, daß sie kaum imstande sind, das für ihren eigenen Lebensunterhalt Erforderliche auf­ zubringen. In Fällen, wo es sich um zahlungsfähige Schuldner handelte, z. B. Ingenieure, Privatkaufleute usw., ist es der Botschaft meistens gelungen, diese auf dem Verhandlungswege zu bewegen, ihren Verpflichtungen in Deutschland freiwillig nachzukommen.

Rußland.

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Die Art des Vorgehens gegen Kindesväter im Gebiete der R.S.F.S.R. richtet sich in erster Linie nach der Vermögenslage des Schuldners. Die Bot­ schaft ist bereit, unter Inanspruchnahme der zuständigen Ortsbehörde in jedem einzelnen Falle, in dem sie um Vermittelung angegangen wird, entsprechende Erhebungen anzustellen und das weitere zu veranlassen (Mitteilung der Deutschen Botschaft in Moskau).

II. Die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (U.S.S.R.). Das in der Ukraine (U.S.S.R.) geltende „Gesetzbuch betreffend Familie, Vormundschaft, Ehe und Personenstandsurkunden" unterscheidet sich von den übrigen Gesetzen der U.d.S.S.R. in mancher Hinsicht, doch sind die Grund­ gedanken im wesentlichen die gleichen. Bekanntlich ist es auch in der Ukraine befolgter Grundsatz der sowjetistischen Gesetzgebung, in der rechtlichen Stellung der ehelichen und unehelichen Kinder keinen Unterschied zu machen. Die Abweichungen von dem Rechte der R.S.F.S.R. sind recht gering. Hervorgehoben sei die verschiedene Behandlung der Vaterschaftsfeststellung bei Ungewißheit, wer von Mehreren als Vater des Kindes anzusehen ist. Während die R.S.F.S.R. in dem Gesetz von 1926 dazu übergegangen ist, nur einen der als Erzeuger in Betracht Kommenden als Vater und Unterhaltspflichtigen des Kindes zu erklären, sucht die Ukraine die Interessen des Kindes dadurch in höherem Maße zu schützen, daß sie eine Solidarhaft aller Personen, die mit der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt haben, ausspricht, wobei aber vorgeschrieben ist, daß aus der Zahl der in Betracht kommenden Erzeuger einer als Vater festgestellt wird. Dieser hat dann die Elternrechte, während die übrigen daneben zur Unterhaltszahlung heranzuziehen sind (vgl. Freund a. a. O. S. 79). Die Unterscheidung zwischen Kindern russischer und ausländischer Staats­ angehöriger dürfte unwesentlich sein, falls nur der in Anspruch Genommene seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthaltsort im Sowjetbund hat. Wenn vielleicht auch die Sowjetgesetze dazu eine Handhabe bieten, so dürften doch in der Praxis Klagen auf Anerkennung der Vaterschaft und Leistung des Unterhalts im Auslande wohnhafter Personen wenig Erfolg versprechen, da einerseits durch die Bestellung eines Prozeßbevollmächtigten, die Schwierigkeiten der Beweisführung, Vorschüsse auf die Gerichtskosten u. dgl. die Prozeßführung mit hohen Unkosten verbunden sein würde, andererseits bei den geringen Mitteln, über die die in Anspruch Genommenen in der Regel verfügen, wiederkehrende Leistungen nur selten zu erzielen sein werden. Besonders auf dem Lande, wo die Einkommen zum großen Teil in Naturalien bestehen, kommen bei der Ein­ treibung von Unterstützungsbeiträgen, wenn solche überhaupt gefordert werden können, meist nur minimale Beträge in Frage. Es ist den Deutschen Konsulaten jedoch mehrfach gelungen, durch gütliche Einwirkung in Rußland ansässige Väter in Deutschland wohnhafter unehelicher Kinder zu Beitragszahlungen zu ver­ anlassen, und es hat den Anschein, als wenn dieser Weg im Falle der Aner­ kennung der Vaterschaft auch gegenwärtig immer noch der praktischste ist. (Mit­ teilung des Deutschen Generalkonsulats in Charkow.)

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I. Teil. Europa.

III. Die Transkaukasische Sozialistische Sowjetrepublik (T.S.S. R.).

Die Vaterschaftsklage wird in den transkaukasischen Sowjet­ republiken (Georgien, Armenien und Aserbaidschan) gemäß der Sowjetrechts­ ordnung anzustrengen sein, gleichviel ob der Vater oder die Mutter bzw. das Kind ausländische Staatsangehörige oder Sowjetbürger sind (Territorialprinzip). Wie die personenrechtlichen Verhältnisse der Eltern und Kinder, so werden auch ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse nach dem geltenden Sowjetrecht beurteilt. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß das Sowjet-Familienrecht nur das System völliger Gütertrennung hinsichtlich der Eltern und Kinder anerkennt; kein anderes Gütersystem kann, als dem Sowjetrecht zuwiderlaufend, in den Sowjetrepubliken auf Rechtsschutz rechnen. Die Unterhaltsansprüche, soweit sie sich auf das Sowjet­ recht stützen, können als Folgeerscheinungen der besagten vermögensrechtlichen Verhältnisse, also auch von Ausländern gegen Inländer und Ausländer geltend gemacht werden, soweit letztere sich im Gebiet der transkaukasischen Republiken aufhalten. DietranskaukasischenRepubliken haben jede ihr eigenes Familien­ recht, das in dem entsprechenden „Kodex über Ehe, Familie und Vormundschaft" enthalten ist. — Armenien und Aserbaidschan haben im vorigen Jahre eine neue Ausgabe dieses Gesetzbuchs mit Berücksichtigung der in der R.S.F.S.R. (Ruß­ land), U.S.S.R. (Ukraine) und W.S.S.R. (Weißrußland) durchgeführten Re­ organisation der ehe- und familienrechtlichen Verhältnisse besorgt. — Die arme­ nische Ausgabe ist ohne russische Übersetzung erschienen und daher weiteren Kreisen meist unbekannt. Der armenische Kodex weist wesentliche Abweichungen von den übrigen Sowjetkodexen über Ehe-, Familien- und Vormundschaftsrecht nicht auf. Georgien hat die von seiner Regierung bereits seit dem Jahre 1925 angekündigte Neuausgabe des „Kodex über Ehe- und Familienrecht" (bisher gilt noch das Dekret des Revolutionskomitees der S.S.R. Georgien vom Jahre 1921 Nr 28, das trotz verschiedener Ergänzungen aus nachfolgender Zeit längst als veraltet betrachtet wird) immer wieder zu überarbeiten für nötig erachtet, un­ geachtet dessen, daß der Entwurf dieses Kodex von der letzten Session des All­ georgischen Zentral-Vvllzugsausschusses Anfang d. I. im ganzen bereits gut­ geheißen worden ist und nur noch redaktionelle Verbesserungen an ihm vor­ genommen werden sollten (vgl. Notiz in der „Sarja Wostoka" Nr. 61 vom 15. März d. I.). Wie verlautet, ist auch in dem georgischen Familienrecht eine wesentliche Übereinstimmung mit den Grundzügen des Sowjet-Familienrechts überhaupt, also auch mit den des aserbaidschckner Familienrechts, zu konstatieren. Ein näheres Eingehen auf das geltende georgische Familienrecht (nach dem Dekret Nr. 28 (1921) dürfte sich somit erübrigen. Nach dem aserbaidschaner Familiengesetz wird zunächst dieGleichberechtigung der in registrierter Ehe und der in nichtregistrierter Ehe erzeugten Kinder ausdrücklich anerkannt (Art. 37). Vater und Mutter sollen im Geburten­ register, welches getrennt von dem Eheregister geführt wird, vermerkt werden (Art. 38). Das Fehlen einer solchen Eintragung, sowie Irrtümer oder Unge­ nauigkeiten bei der Eintragung können von den Interessenten auf gerichtlichem Wege durch Feststellung der Vaterschaft oder Mutterschaft bzw. des Gegenteils korrigiert werden (Art. 39). Im Interesse des Kindes steht der Mutter das

Rußland.

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Recht zu, in der Schwangerschaftsperiode oder auch nach der Geburt des Kindes eine standesamtliche Erklärung über die Vaterschaft abzugeben (Art. 40). Das Standesamt setzt die in obiger Erklärung bezeichnete Person hierüber in Kennt­ nis; erfolgt innerhalb eines Monats seit der Benachrichtigung keine Erwiderung, so wird diese als Vater des Kindes in das betreffende Register eingetragen. Im Laufe eines Jahres gerechnet von dem Augenblick der erwähnten standesamt­ lichen Bekanntmachungen kann die als Vater bezeichnete Person im Gericht eine Klage gegen die Mutter des Kindes wegen Unrichtigkeit ihrer Erklärung ein­ leiten (Art. 41). Mit der Eingabe betreffs Feststellung der Vaterschaft nach der Geburt des Kindes kann die Mutter des Kindes sich auch an das Gericht wenden (Art. 42). Wenn das Gericht erkennt, daß der Vater des Kindes die in der Er­ klärung der Mutter bezeichnete Person ist, so verurteilt es zugleich letztere zur Beteiligung an den durch die Schwangerschaft und die Geburt verursachten Aus­ lagen und an den Unterhaltskosten für das Kind und die Mutter, bezüglich letz­ terer aber nur für die Zeit der Schwangerschaft und die ersten sechs Monate nach der Geburt des Kindes (Art. 43). Wenn das Gericht bei Prüfung der Vaterfchaftsklage erkennt, daß die Mutter des Kindes in der Zeit der Empfäng­ nis geschlechtliche Beziehungen außer mit dem vermeintlichen Vater des Kindes auch mit anderen Personen unterhalten hat, so entscheidet es, wer von all diesen in Frage kommenden Personen als Vater des Kindes gelten und die in dem vorhergehenden Satze angegebenen Unkosten tragen soll (Art. 44). Vater und Mutter haben den Kindern gegenüber die gleichen Rechte und Pflichten; bei Meinungsverschiedenheiten fällt die zuständige Vormundschaftsbehörde unter Hinzuziehung der Eltern die Entscheidung (Art. 50—51). Leben die Eltern ge­ trennt (der gemeinsame Haushalt ist nach Sowjetrecht durchaus nicht ein Er­ fordernis des ehelichen Verhältnisses), so hängt es von ihrer beiderseitigen Ver­ ständigung ab, bei welchem Elternteile das Kind während seiner Unmündigkeit leben soll; fehlt eine solche Abmachung, so entscheidet diese Frage das Volks­ gericht im allgemeinen Klageverfahren (Art. 52). Die Fürsorge für das minder­ jährige Kind, einschließlich seiner Erziehung und Vorbereitung für eine gemein­ nützige Tätigkeit, liegt beiden Eltern ob; insbesondere sollen sie gemeinsam seinen Unterhalt bestreiten und zwar während der Unmündigkeit. Nach erreichter Voll­ jährigkeit gilt diese Verpflichtung nur im Falle der Arbeitsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit, bei letzterer bloß während 6 Monaten, in Ausnahmefällen kann das Gericht die Eltern von den Unterhaltskosten befreien (Artikel 53, 55, 61, 63—65). Die Vertretung der Interessen der minderjährigen Kinder, sowohl der persönlich-, als auch der vermögensrechtlichen, liegt den Eltern ob, welche hierzu keiner besonderen Vollmacht weder vor Gericht, noch vor anderen Be­ hörden bedürfen (Art. 56). Die Eltern haben das Recht, die Herausgabe ihrer Kinder von jedermann, der sie widerrechtlich zurückhält, mittels gerichtlicher Klage zu fordern, wobei das Gericht aber keineswegs durch das formelle Recht der Eltern gebunden erscheint, sondern jeden Fall nach Maßgabe der Inter­ essen der Kinder beurteilt und entsprechend entscheidet (Art. 57). Bei unzuläng­ licher Fürsorge der Eltern für die Kinder und z. B. bei grausamer Behandlung, verfügt das Gericht die Abnahme der Kinder und ihre Übergabe an die Vormundschastsbehörde, unter Verurteilung der Eltern in die Unterhaltskosten (Art. 59). Stirbt die Person, welche die Alimente zu bestreiten hatte, und hinter­ läßt Vermögen, auf das die zu verpflegende Person keinen gesetzlichen oder testaWeitxerl-Richler, Die Rechiroerfolgung der Unterhaltsanspriiche unehelicher Kinder im Ausland.

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mentarischen Erbanspruch hat, so ist das Gericht befugt, die betreffenden Unter­ haltskosten den Erben des Verstorbenen entsprechend ihren Erbanteilen und in einem Ausmaße aufzuerlegen, der den Wert des gesamten Nachlasses nicht über­ steigt (Art. 68). Alimente werden von Personen, welche zur Gruppe der werk­ tätigen Landwirte gehören, nur im Rahmen ihres persönlichen Anteils an der betreffenden Wirtschaft gewährt (Art. 69, mit Berufung auf Art. 33). Die Zuständigkeit des Volksgerichts bestimmt sich nach dem Wohnsitz des Beklagten. Die Vertretung der Interessen des Mündels wird der Vormund bzw. die zuständige Vormundschaftsbehörde am zweckmäßigsten wohl einem am Orte des Forums wirkenden Rechtsanwalt aus der Zahl der zum betreffenden Kollegium der Verteidiger gehörigen Personen übertragen, wobei die Vermittlung des Deut­ schen Generalkonsulats jedesmal angerufen werden sollte, um etwaigen Mißver­ ständnissen vorzubeugen. Schließlich wird noch darauf hingewiesen, daß bei Beurteilung von Fragen des Vormundschaftsrechts die Auffassung der Sowjetrechtsordnung zu berücksich­ tigen ist, wonach das Nationalitätsprinzip (Vormundschaft über Ausländer auf Grund ihres Heimatgesetzes) gilt. (Vgl. Konsularvertrag zwischen U.d.S.S.R. und Deutschland vom 12. Oktober 1925, Artikel 21 und Rundschreiben des Volks­ kommissariats für Aufklärung der R.S.F.S.R. vom 6. April 1925) — Mit­ teilung des Deutschen Generalkonsulats in Tiflis —. IV. Die Weißrussische Soziali st ische Sowjetrepublik (Weißr. S. S. R.). Die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik hat ihr Familienrecht zum ersten Male in eigener Kodifizierung in dem Gesetz betreffend Ehe-, Familienund Vormundschaftsrecht vom 27. Januar 1927, welches am 1. März 1927 in Kraft getreten ist, geregelt. Weißrußland folgt in diesem Gesetz, insbesondere in den Vorschriften über das Familienrecht dem Vorbild der R.S.F.S.R. und der Ukr.S.S.R. fast in allen Punkten. Im übrigen vgl. Freund a. a. O.

28. Schweden. Schweden hat die Rechtsverhältnisse der unehelichen Kinder in dem Gesetz über außereheliche Kinder vom 14. Juni 1917 mit Änderungen vom 11. Juni 1920 und 27. Juni 1924 geregelt. Uneheliche Kinder, Brautkinder. Nach diesem Gesetz gelten als „unehelich" Kinder, die außer der Ehe ge­ boren sind. Im Gegensatz zu anderen Gesetzgebungen schafft das schwedische Gesetz die besondere Gruppe der Brautkinder. Unter Brautkindern versteht das Gesetz Kinder, welche in der Verlobungszeit erzeugt wurden, oder deren Eltern sich nach der Erzeugung des Kindes verlobt haben. Sind die Eltern bei der Verlobung so nahe verwandt oder verschwägert, daß die Ehe zwischen ihnen unstatthaft wäre, oder ist der eine von ihnen verheiratet, soll das Kind als Brautkind gelten, so­ fern die Eltern oder einer von ihnen in gutem Glauben waren (§ 1).

Sorge für die Person des Kindes. Die Mutter hat grundsätzlich die Sorge für das Kind und ist sein Vormund. Es kann jedoch auf Antrag auch der Vater als Vormund bestellt werden, wenn

Schweden.

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er hierzu geeignet ist. Das Gericht soll den Vater oder eine andere Person als Vormund bestellen, wenn sich die Mutter als unfähig erweist, die Angelegenheiten des Kindes zu handhaben, oder wenn sie gestorben ist. Dem nicht sorgeberechtigten Elternteil darf der Verkehr mit dem Kind nicht unterbunden werden, falls nicht besondere Umstände dies erfordern (§ 2). Unterhaltspflicht.

Die Unterhaltspflicht wird durch Vereinbarung oder, falls eine solche nicht zustande kommt, durch gerichtliche Entscheidung festgesetzt. Das Kind soll von den Eltern unterhalten werden, entsprechend dem Stand beider Eltern. Dieser Unterhaltsanspruch endet nicht vor dem vollendeten 16. Lebensjahr des Kindes und nicht später als mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, falls nicht seine Anlagen und sonstigen Umstände eine weitere Ausbildung notwendig erscheinen lassen (§ 3). Zu den Kosten des Unterhalts für das Kind trägt jeder der Eltern nach seinem Vermögen bei. Vater oder Mutter, die nicht die Sorge für die Person haben, müssen den Unterhaltsbeitrag in Geld leisten (§ 4). Ist das Kind nach Ablauf feiner Unterhaltsansprüche aus § 3 infolge von Krankheit oder einer ähnlichen Ursache außerstande, sich selbst zu unterhalten, so sind die Eltern entsprechend ihrer Vermögensverhältnisse verpflichtet, dem Kind billigen Unterhalt zu gewähren. Die gleiche Unterhaltspflicht liegt dem Kinde gegen den Vater oder die Mutter ob, wenn diese durch Krankheit oder ähnlicher Ursache außerstande sind, sich zu versorgen (§ 6). Der Unterhaltsbeitrag ist im voraus für den Kalendermonat zu ent­ richten (§ 8).

Abfindungsvertrag. Eine Vereinbarung über Entrichtung der Unterhaltsbeiträge zu bestimmten Zahlungsterminen muß in schriftlicher, von zwei Personen bezeugten Handlung niedergelegt werden und von dem Kinderpfleger, oder wenn ein solcher nicht da ist, von dem Kinderpflegeausschuß anerkannt werden. Umfaßt die Abmachung eine Bestimmung, nach der zum Unterhalt des Kindes eine einmalige Ab­ findungssumme gezahlt wird, so bedarf sie in jedem Falle der Zustimmung des Kinderpflegeausschusses. Eine solche Übereinkunft kann auch vor der Geburt des Kindes getroffen werden (§ 9). Die Abfindungssumme ist an den Kinderpflegeausschuß zu bezahlen. Der Ausschuß hat Sorge zu tragen, daß dem Kind dafür eine Leibrente gekauft wird, sofern es nicht notwendig erscheint, daß der Betrag auf andere Weise für den Unterhalt des Kindes verwendet wird (§ 10). Sind, nachdem die Unterhaltsbeiträge durch Übereinkunft oder Urteil fest­ gesetzt waren, wesentliche Änderungen in den Verhältnissen eingetreten, so kann wegen eines entsprechenden Ausgleichs neuerdings Klage erhoben werden. Eine solche Klage kommt nicht in Frage, wenn der Unterhaltspflichtige eine einmalige Abfindungssumme gezahlt hat (§ 33).

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Name des Kindes. Erbrecht.

Das außereheliche Kind steht zu seiner Mutter und den mütterlichen Ver­ wandten im gleichen rechtlichen Verhältnis wie ein eheliches Kind. Es beerbt sie und erhält den Familiennamen der Mutter mit Ausnahme des Brautkindes, das den Namen seines Vaters erhält. Das uneheliche Kind hat gegen seinen Vater kein Erbrecht. Das Brautkind dagegen beerbt seinen Vater, nicht aber dessen Verwandte. Der Vater kann durch eine Erklärung das gleiche Erbverhältnis zu dem unehelichen Kind wie zu einem ehelichen Kind Herstellen (§ 12). Stirbt der Vater und hat das Kind nicht nach den Vorschriften des § 12 Erbrecht nach seinem Vater, so muß beim Tode des Vaters der zum künftigen Unterhalt des Kindes erforderliche Betrag dem Bestand des Nachlasses vor den Erbschafts-Testamentsanteilen entnommen werden, doch soll das außereheliche Kind auf diese Weise nicht mehr erhalten, als es hätte bekommen müssen, wenn es ehelich gewesen wäre (§ 11).

Kinderpfleger. Für jedes uneheliche Kind wird in Schweden ein Kinderpfleger bestellt. Diesem obliegt die Sicherstellung der Unterhaltsansprüche. Er hat auch event, für Bestellung eines Vormundes zu sorgen. Sein Amt endet mit der Voll­ endung des 18. Lebensjahres des Kindes (§§ 13ff.). Die Vaterschaft soll, soweit möglich, in jedem Falle festgestellt werden. Die Vaterschaft zu einem außerehelichen Kinde kann nach dem schwedischen Gesetz anerkannt oder gerichtlich festgestellt werden.

Anerkennung der Vaterschaft.

Die Vaterschaftsanerkennung ist gesetzlich gültig, wenn sie vor einem Geistlichen, sowie in Gegenwart von zwei Zeugen vor einem Provinzial­ beamten oder einem öffentlichen Notar abgegeben ist, oder wenn sie vor zwei Zeugen vertraglich unter gleichzeitiger Verpflichtung zur Unterhaltszahlung nach amtlichem Formular festgelegt ist. In jedem Fall muß der Anerkennung von der Mutter des Kindes als der nach schwedischem Recht gesetzlichen Vertreterin des Kindes die Zustimmung erteilt werden (§ 20).

Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Die Klage wegen der Vaterschaft und der Verpflichtung des Vaters dem Kind oder der Mutter Unterhalt zu gewähren, wie auch über die Erklärung des Kindes als Brautkind, ist vor dem Gericht des Wohnsitzes des Beklagten zu erheben. Es ist aber auch zulässig, die Klage an dem Gericht des Ortes anhängig zu machen, wo der Beischlaf stattgefunden hat. Die Klage ist bereits vor der Geburt des Kindes zulässig, darf aber erst nach der Geburt entgültig entschieden werden (§ 21). Das Gericht kann auf Verlangen einer Partei die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausschließen (§ 23). Wird ermittelt, daß der Beklagte mit der Mutter zu einer Zeit geschlechtlich verkehrt hat, in der das Kind erzeugt sein kann, so ist er als Vater anznsehen.

Schweden.

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sofern es nicht offenbar ist, daß das Kind nicht bei diesem Beischlaf erzeugt sein kann (§ 26). Der Einwand der mehreren Beihälter ist unzulässig. Ist zu vermuten, daß der Beklagte mit der Mutter zu einer Zeit verkehrt hat, in der das Kind erzeugt sein kann, so kann das Gericht entweder der Mutter den Eid auferlegen, zu beweisen oder dem Beklagten, mit Eid zu bestreiten, daß ein solcher Beischlaf stattgefunden hat. Der Eid soll demjenigen auferlegt werden, welchen! man mit Rücksicht aus sämtliche Umstände denselben mit größter Sicher­ heit anvertrauen darf (§ 27).

Einstweilige Verfügung. Kann das Urteil nicht sofort gefällt werden, bewegt sich aber der Streit nur um die Höhe des Unterhaltsbeitrages oder liegen Gründe vor zur Annahme, daß der Beklagte unterhaltspflichtig ist, so kann das Gericht auf Verlangen des Klägers anordnen, daß der Beklagte sofort einen billigen Betrag für die Zeit zahlt, bis das endgültige Urteil ergangen ist (§ 28). Eine Anordnung gemäß § 28 wird genau wie ein rechtsgültiges Urteil vollstreckt (§ 30). Klage wegen Erklärung des Kindes als Brautkind. Die Klage über Erklärung des Kindes als Brautkind muß unter Gefahr des Verlustes des Anspruches innerhalb zwei Jahren nach der Geburt des Kindes erhoben werden. Lag ein Hinderungsgrund vor, die Klage in der genannten Zeit zu erheben, so kann doch, wenn der angebliche Vater nicht gestorben ist, die Klage innerhalb eines Jahres nach Beseitigung des Hindernisses erhoben werden (§ 35). Klage gegen die Erben. Ist derjenige, welcher als Vater des Kindes angegeben wird, tot, so muß nach Vorladung gegen seine Erben bei dem Gerichtshof, welcher die Schlichtung der Erbschaft desselben regelt, die Klage über das Recht des Kindes und der Mutter geführt werden (§ 34). Vorschriften über das Verfahren. Die prozessualen Vorschriften decken sich im allgemeinen in der Frage 'der Aktivlegitimation, Zuständigkeit und Beweismittel mit dem deutschen Prozeßrecht, jedoch ist das Gericht nicht an das Anerkenntnis einer Partei ge­ bunden. Das Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft für ein deutsches un­ eheliches Kind und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen richtet sich, gleichviel, ob als Vater des Kindes ein Deutscher, Schwede oder anderer Aus­ länder in Anspruch genommen wird, nach schwedischem Recht. Das Armen­ recht kann bewilligt werden.

Zwangsvollstreckung. Hat sich der Mündelvater zugleich mit der Vaterschaftsanerkennung zur Unterhaltszahlung verpflichtet, so kann auf Grund dieser Urkunde jederzeit die Zwangsvollstreckung in seinen Arbeitsverdienst beantragt werden (Gesetz betr. Arrest in Lohn sLohnpfändungj oder Gehalt, Pension oder Leibrente vom

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14. Juni 1917). Die Pfändung in sonstiges Vermögen ist jedoch nur bei Vor­ liegen einer gerichtlichen Entscheidung zulässig.

Ansprüche der Mutter. Der Vater ist verpflichtet, nach dem, was nach seinen oder nach den Ver­ hältnissen der Mutter als billig zu erachten ist, zu ihrem Unterhalt sechs Wochen vor und sechs Wochen nach der Niederkunft beizutragen. Gegebenenfalls hat er für weitere Aufwendungen in den Fällen der Erwerbsunfähigkeit oder Krankheit infolge von Schwangerschaft, höchstens jedoch vier Monate vor und neun Monate nach der Niederkunft aufzukommen (§ 5).

29. Schweiz. I. Die Rechtslage der unehelichen Kinder ist in der Schweiz materiell einheitlich geordnet in Titel 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907.

Das außereheliche Kindesverhältms. Art. 302. Das außereheliche Kindesverhältnis entsteht zwischen dem Kind und der Mutter mit der Geburt. Zwischen dem Kinde und dem Vater wird es durch Anerkennung oder durch den Richter festgestellt.

Anerkennung der Vaterschaft. Art. 303. Die Anerkennung eines außerehelichen Kindes kann durch den Vater oder, wenn dieser gestorben oder dauernd urteilsunfähig ist, durch den väterlichen Großvater erfolgen. Sie erfolgt in der Form einer öffentlichen Urkunde oder durch eine Verfügung von Todes wegen und ist dem Zivilstandsbeamten der Heimat des Anerkennenden mitzuteilen. Art. 304. Die Anerkennung eines im Ehebruch oder in Blutschande erzeugten Kindes ist ausgeschlossen. Einspruch von Mutter und Kind. Art. 305. Sowohl die Mutter als das Kind und nach dessen Tod seine Nachkommen können gegen die Anerkennung binnen drei Monaten, nachdem sie von ihr Kenntnis er­ halten haben, beim zuständigen Zivilstandsbeamten mit der Behauptung Einspruch erheben, daß der Anerkennende nicht der Vater oder Großvater sei, oder daß die Anerkennung dem Kinde nachteilig wäre. Der Zivilstandsbeamte hat dem Anerkennenden oder dessen Erben von dem Ein­ sprüche Mitteilung zu machen, worauf binnen drei Monaten beim Richter des zuständigen Zivilstandsamtes auf Abweisung des Einspruches geklagt werden kann. Anfechtung durch Dritte. Art. 306. Die Anerkennung kann von der zuständigen Behörde des Heimatkantons des Vaters sowie von jedermann, der ein Interesse hat, binnen drei Monaten, nachdem sie davon Kenntnis erhalten haben, beim Richter des zuständigen Zivilstandsamtes mit dem Nachweis angefochten werden, daß der Anerkennende nicht der Vater oder der Großvater des Kindes, oder daß die Anerkennung ausgeschlossen ist.

Vaterschaftsklage. Art. 307. Die Mutter eines außerehelichen Kindes ist berechtigt, zu verlangen, daß die Vaterschaft durch den Richter festgestellt werde. Die gleiche Klage steht dem Kinde zu. Die Klage richtet sich gegen den Vater oder dessen Erben. Einjährige Klagefrist. Art. 308. Die Klage kann vor oder nach der Niederkunft angebracht werden, ist aber vor Ablauf eines Jahres seit der Geburt des Kindes anzuheben.

Schweiz.

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Klagbegehren.

Art. 309. Die Baterschaftsklage geht auf Vermögensleistungen des Vaters an die Mutter und das Kind und außerdem, wenn die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden sind, auf Zusprechung des Kindes mit Standesfolge. Die Vermögensleistungen an die Mutter können auch dann eingeklagt werden, wenn das Kind vom Vater anerkannt oder wenn es tot geboren oder vor dem Urteil gestorben ist. An Stelle der Vermögensleistungen an das Kind tritt, wenn dieses dem Stande des Vaters folgt, die Erfüllung der Elternpslicht. Verfahren.

Prozeßvorschriften.

Art. 310. Das Verfahren in Vaterschaftssachen wird unter Vorbehalt der Bestim­ mungen dieses Gesetzes durch das kantonale Prozeßrecht geordnet. Die Kantone dürfen jedoch keine Beweisvorschriften aufstellen, die strenger sind als diejenigen des ordentlichen Prozeßverfahrens. Bestellung eines Beistandes.

Art. 311. Sobald die Vormundschaftsbehörde von der außerehelichen Geburt Kennt­ nis erhalten oder die Mutter ihr die außereheliche Schwangerschaft angezeigt hat, wird in allen Fällen dem Kinde ein Beistand ernannt, der dessen Interessen zu wahren hat. Der Beistand wird nach Durchführung der erhobenen Klage oder nach Ablauf der Klagefrist durch einen Vormund ersetzt, wenn die Vormundschaftsbehörde es nicht für angezeigt erachtet, das Kind unter die elterliche Gewalt der Mutter oder des Vaters zu stellen. Zuständigkeit des Gerichts. Art. 312. Die Vaterschaftsklage ist beim Richter klagenden Partei zur Zeit der Geburt oder am Wohnsitz anzubringen. Geht die Klage auf Zusprechung des Kindes mit gemeinde des Vaters zur Wahrung ihrer Interessen von teilung zu machen.

am schweizerischen Wohnsitze der des Beklagten zur Zeit der Klage

Standesfolge, so ist der Heimat­ der Klage von Amts wegen Mit­

Heimatlicher Gerichtsstand. Art. 313. Gegen einen Schweizer, der im Auslande wohnt, kann die Klage, wenn Mutter und Kind ebenfalls im Auslande ihren Wohnsitz haben, beim Richter seines Heimat­ ortes angebracht werden.

Vermutung der Vaterschaft. Art. 314. Hat der Beklagte nachweisbar in der Zeit vom dreihundertsten bis zum hundertachtzigsten Tage vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet. Diese Vermutung fällt jedoch weg, sobald Tatsachen nachgewiesen werden, die er­ hebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten rechtfertigen. Schuld der Mutter. Art. 315. Hat die Mutter um die Zeit der Empfängnis einen unzüchtigen Lebens­ wandel geführt, so ist die Klage abzuweisen.

Klage bei Ehe der Mutter. Art. 316. War die Mutter zur Zeit der Empfängnis verheiratet, so kann eine Vater­ schaftsklage nur erhoben werden, nachdem das Kind durch den Richter für unehelich erklärt worden ist. In diesem Falle beginnt die Klagefrist erst mit dem Tage, an dein das Kind für unehelich erklärt worden ist.

Verurteilung zu Vermögensleistungen. Ansprüche der Mutter. Art. 317. Der Richter hat der Mutter, wenn die Klage begründet ist, Ersatz zu­ zusprechen: 1. für die Entbindungskosten, 2. für den Unterhalt während mindestens je vier Wochen vor und nach der Geburt,

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3. für andere infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung notwendig gewordene Auslagen. Art. 318. Hat der Vater der Mutter vor der Beiwohnung die Ehe versprochen, hat er sich mit der Beiwohnung eines Verbrechens an ihr schuldig gemacht oder die ihm über sie zustehende Gewalt mißbraucht, oder ist sie zur Zeit der Beiwohnung noch nicht mündig gewesen, so kann ihr der Richter eine Geldsumme als Genugtuung zusprechen. Unterhaltsanspruch des Kindes. Art. 319. Der Richter hat, wenn die Klage begründet ist, dem Kinde ein Unterhalts­ geld zuzusprechen, das der Lebensstellung der Mutter und des Vaters entsprechen, in jedem Falle aber in einem angemessenen Beitrag an die Kosten des Unterhalts und der Erziehung des Kindes bestehen soll. Das Unterhaltsgeld ist bis zum vollendeten achtzehnten Alt ersjahre des Kindes zu entrichten, uno zwar mit Vorausbezahlung auf die Termine, die der Richter festsetzt. Das Klagerecht des Kindes wird durch einen von der Mutter abgeschlossenen Vergleich oder von ihr geleisteten Verzicht, der das Kind in seinen Ansprüchen offenbar beeinträchtigt, nicht aufgehoben. Unterhaltserhöhungsklage. Art. 320. Auf Begehren des Klägers oder des Beklagten kann bei erheblicher Ver­ änderung der Verhältnisse der Unterhaltsbeitrag neu bestimmt und auf den Zeitpunkt, wo das Kind ein nach seiner Lebensstellung hinreichendes selbständiges Einkommen erlangt hat, als hinfällig erklärt werden. Sicher stellun g. Art. 321. Wird die Vaterschaft glaubhaft gemacht und befindet sich die Mutter in Not, so kann der Richter den Vater auch ohne den Nachweis, daß der Anspruch gefährdet sei, schon vor dem Urteil anhalten, die mutmaßlichen Kosten der Entbindung und des Unter­ haltes des Kindes für die ersten drei Monate sicherzustellen.

Anspruch gegen die Erben. Art. 322. Die Ansprüche gehen auch gegen die Erben des Vaters. Diese haben jedoch dem Kinde nicht mehr zu entrichten, als es im Falle der Aner­ kennung als Erbe zu beanspruchen hätte. Zusprechung mit Standesfolge. Art. 323. Mit Standesfolge wird auf Begehren des Klägers das Kind dem Be­ klagten zugesprochen, wenn dieser der Mutter die Ehe versprochen, oder sich mit der Bei­ wohnung an ihr eines Verbrechens schuldig gemacht oder die ihm über sie zustehende Ge­ walt mißbraucht hat. Gegenüber einem Ehemanne ist die Zusprechung mit Standesfolge ausgeschlossen, wenn er zur Zeit der Beiwohnung schon verheiratet war. Art. 324. Bleibt das Kind der Mutter, so erhält es ihren angestammten Familien­ namen und ihre Heimatangehörigkeit und steht zur mütterlichen Seite in den Rechten und Pflichten der außerehelichen Verwandtschaft. Die Mutter hat für das Kind zu sorgen wie für ein eheliches. Die Vormundschaftsbehörde kann das Kind unter die elterliche Gewalt der Mutter stellen. Art. 325. Wird das Kind freiwillig anerkannt, oder wird es dem Vater mit Standes­ folge zugesprochen, so erhält es den Familiennamen und die Heimatangehörigkeit des Vaters und steht zur väterlichen wie zur mütterlichen Seite in den Rechten und Pflichten der außerehelichen Verwandtschaft. Der Vater hat für das Kind zu sorgen wie für ein eheliches. Die Vormundschastsbehörde kann das Kind unter die elterliche Gewalt des Vaters oder der Mutter stellen. Art. 326. Wird ein außereheliches Kind unter die Gewalt des Vaters gestellt, so hat die Mutter gleichwohl ein Recht auf angemessenen persönlichen Verkehr mit ihrem Kinde. Die Vormundschaftsbehörde kann auf Begehren der Mutter oder von sich aus die elterliche Gewalt über das Kind bis zu einem bestimmten Alter der Mutter und dann erst dem Vater zuweisen.

Schweiz.

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Art. 327. Stellt die Bormundschaftsbehörde das Kind unter die elterliche Gewalt des Vaters oder der Mutter, so bestimmt sie zugleich, welche Rechte denselben am Kindes­ vermögen zustehen.

II. Die Deutsche Gesandtschaft in Bern hat folgendes mitgeteilt: Für die Rechtsverhältnisse der Schweizer im Auslande und der Ausländer in der Schweiz, und soweit kantonal verschiedenes Recht zur Anwendung kommt, ist nach Art. 61 der Anwendungs- und Einführungsvorschriften zum ZGB. das „Bundesgesetz betreffend die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter" vom 25. Juni 1891 maßgebend. Art. 8 dieses Gesetzes lautet: „Der Familienstand einer Person, insbesondere die Frage der ehelichen oder un­ ehelichen Geburt, die Frage der Wirkungen einer freiwilligen Anerkennung oder einer durch die Behörden erfolgten Zusprechung Unehelicher, die Frage der Adoption (Wahl­ kindschaft), bestimmt sich nach dem heimatlichen Recht und unterliegt der Gerichtsbarkeit der Heimat. Als Heimat gilt in diesen Fällen der Heimatkanton des Ehemannes, des Vaters, der adoptierenden Person."

Nach schweizerischem Recht bezieht sich der zitierte Artikel nur auf die so­ genannten familienrechtlichen Staatsklagen. Soweit also eine Klage auf Zu­ sprechung des Kindes mit Standesfolge (Art. 312 ZGB.) oder auf Anerkennung eines außerehelichen Kindes (Art. 303 ZGB.) in Frage kommen könnte, wäre nach Art. 8 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1891 lediglich das Heimatrecht maßgebend; es besteht für ein schweizerisches Gericht keine Möglichkeit, gegenüber Ausländern sich mit Klagen solcher Natur zu befassen. So heißt es in.Ziffer 7 des Kreisschreibens des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 30. Mai 1922: „Das Eidgenössische Departement hatte verschiedentlich Anlaß, schweizerisch« Gerichte darauf aufmerksam machen zu lassen, daß nach Art. 8 bzw. 32 des Bundesgesetzes über die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter schweizerische Gerichte nicht zuständig find. Klagen auf Anerkennung oder Zusprechung eines Kindes mit Standes­ folgen (Art. 323 ZGB.) gegen Angehörige auswärtiger Staaten an die Hand zu nehmen. Dazu sind einzig die Gericht« der Heimat des angesprochenen Vaters befähigt."

Anders hingegen, wenn es sich um einfache, bloß auf vermögensrechtliche Leistungen und Alimente gerichtete Vaterschaftsklagen handelt. Diese sind als persönliche Ansprüche den hierfür gültigen Normen unterworfen. Insofern also die Mutter des unehelichen Kindes oder das uneheliche Kind Unterhaltsansprüche, wie sie sich aus Art. 307, 308, 309 ergeben, geltend machen, macht es keinen Unterschied, welche Heimatzugehörigkeit die Partei hat. Der uneheliche Vater kann mithin, gleichgültig welcher Nationalität er ist, vor dem schweizerischen Richter für finanzielle Leistungen aus einer behaupteten Vaterschaft verklagt werden, sofern die Zuständigkeit gemäß Art. 312 ZGB. bei einem schweizerischen Gerichte begründet, nämlich am schweizerischen Wohnsitz der klagenden Partei zur Zeit der Geburt oder am Wohnsitz des Beklagten zur Zeit der Klageerhebung gegeben ist. In Bezug auf die Anwendung des materiellen Rechtes ist Art. 2 des Bundesgesetzes betr. die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter maßgebend, welcher lautet: „Wo dieses Gesetz nicht ausdrücklich den Gerichtsstand der Heimat Vorbehalt, unter­ liegen die Niedergelassenen und Aufenthalter in bezug auf die in Art. 1 erwähnten zivil­ rechtlichen Verhältnisse der Gerichtsbarkeit des Wohnsitzes.

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Europa.

Der Richter hat das Zivilrecht eines andern Kantons von Amts wegen anzuwenden. Vorbehalten bleiben die kantonalen Borschristen betreffend die Beweiserhebung über Statutar-- und Gewohnheitsrecht."

Zur Zeit des Erlasses des genannten Gesetzes war das schweizerische Zivil­ gesetzbuch noch nicht in Kraft. Immerhin kommt auch jetzt noch unter Umständen die Anwendung kantonalen Rechtes, z. B. Gewohnheitsrechtes in Frage. Der in Art. 2 ausgesprochene Grundsatz gilt nach Art. 32 auch für Ausländer, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben in bezug auf ihr Heimatrecht. Für die Vaterschaftsklage auf Geldleistung ist der vorgenannte Art. 2 in bezug auf die Frage des anzuwendenden materiellen Rechtes maßgebend. Das Bundesgericht hat dies ausdrücklich festgestellt. Danach kommt zur Anwendung das Recht am Wohnsitz des Beklagten und zwar nach der neueren Praxis.des Bundesgerichtes nicht etwa zur Zeit der Klageerhebung, sondern zur Zeit der Schwängerung (vgl. Bundesgerichtliche Entscheidungen, amtliche Sammlung, Bd. 51, I. Teil S. 101 ff.). Die Verfahrensvorschriften werden gemäß Art. 310 ZGB., soweit sie nicht wie z. B. in bezug auf den Gerichtsstand durch das Zivilgesetzbuch ge­ regelt werden, den Kantonen überlassen. Das Zivilprozeßrecht ist nicht bundes­ rechtlich normiert, sondern der kantonalen Gesetzgebung Vorbehalten. Einige Kantons haben die Prozeßvorschriften in ihrem Einführungsgesetz geordnet, andere verweisen auf die Prozeßordnung und bestimmen, daß die Vaterschafts­ klage in den Formen des gewöhnlichen Zivilprozesses erfolgt. III. Das Armenrecht kann auch Ausländern bewilligt werden (Haager Ab­ kommen vom 17. Juli 1905, Art. 20—23). Da jedoch das Prozeßrecht kantonal nicht einheitlich geregelt ist, hat auch die Bewilligung des Armenrechtes ent­ sprechend verschiedene Bedeutung. Das bewilligte Armenrecht befreit nicht immer von allen Gebühren und umfaßt auch nicht immer die Beiordnung eines Armen­ anwaltes. Die Betreibung (Zwangsvollstreckung) ist ein Verwaltungsverfahren und in bent eidgenössischen Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vvnl 11. April 1889 geregelt. Das Armenrecht wird für das Betreibungsver­ fahren im allgemeinen nicht bewilligt. Der vom Gläubiger zu leistenbe Kosten­ vorschuß richtet sich nach der Höhe der Forderung; übersteigt aber selten 15 R/)l. Das Betreibungsbegehren — Antrag auf Erlaß eines Zahlungsbefehls — ist bei dem Betreibungsamt am Wohnsitz event, am Aufenthaltsort des Schuldners zu stellen. Im Ausland wohnende Gläubiger müssen für Aufstellung eines in der Schweiz, wohnhaften Bevollmächtigten zum Zwecke der Entgegennahme der Zustellungen sorgen. Die früher zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz vorhandene Gegenseitigkeit für die Vollstreckung von Urteilen kann im allgemeinen nicht mehr als verbürgt angesehen werden. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen in der Schweiz aber nicht vollstreckbaren Urteils eines deutschen Gerichts muß durch eine neue Klage ein in der Schweiz vollstreckbarer Titel erwirkt werden. Für den Verkehr in Vormundschaftssachen ist die zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz im Anschluß an das Haager Abkommen zur Regelung

Schweden.

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der Vormundschaft über Minderjährige vom 12. Juni 1902 (RGBl. 1904 S. 240) getroffene Vereinbarung vom 26. Juni 1914 (RGBl. S. 251) maßgebend.

30. Spanien. I. Aus dem Spanischen Bürgerlichen Gesetzbuch (Codigo Civil). (Titel V, Kap. 4 und Titel VI).

Das spanische Recht unterscheidet zwei Gruppen von außerehelichen Kindern: natürliche und uneheliche Kinder. Unter natürlichen Kindern versteht es alle die Kinder, deren Eltern z. Zt. der Erzeugung nach den bestehenden Gesetzen eine gültige Ehe schließen konnten. Diese Kinder können auch durch nachfolgende Ehe oder durch eine königliche Verfügung legitimiert werden. Alle anderen außerehelichen Kinder sind uneheliche Kinder.

1. Natürliche Kinder — Anerkennung.

Ein außereheliches Kind kann von seinem Erzeuger, von seiner Mutter oder von beiden gemeinschaftlich anerkannt werden (Art. 129). Wenn das außer­ eheliche Kind nur vom Erzeuger oder nur von der Mutter anerkannt wurde, so erwirbt es die Stellung eines natürlichen Kindes; dabei ist aber Voraussetzung, daß der Anerkennende z. Zt. der Erzeugung eine nach den gesetzlichen Bestim­ mungen gültige Ehe eingehen konnte (Art. 130). Die Anerkennung der außer­ ehelichen Kinder geschieht entweder in der Geburtsurkunde, im Testament oder in einer sonstigen öffentlichen Urkunde (Art. 131). Art. 132 verlangt bei einer besonderen Art von Anerkennung den Schutz der Person, mit der das außer­ eheliche Kind gezeugt wurde. Neben der Anfechtung der Anerkennung von feiten des Kindes regelt Art. 133 die Anerkennung volljähriger Personen (hier ist deren Einwilligung nötig) und die Form, wenn die Anerkennung nicht in einer Geburtsurkunde oder in einem Testamente geschah. Ein anerkanntes außereheliches Kind führt den Namen dessen, der es an­ erkannt hat; es erhält von ihm nach Maßgabe des Art. 143 Unterhalt und hat auch einen Erbanspruch (Art. 134). Ein außereheliches Kind hat einen Anspruch auf Anerkennung, wenn der Erzeuger in einem Schriftstück die Vaterschaft zu dem Kinde ausdrücklich anerkannt hat oder wenn das Kind offensichtlich beim Erzeuger die Stellung eines natürlichen Kindes genießt und diese Eigenschaft durch Schriftstück von der Vaterseite beweisen kann. Liegt Notzucht, Vergewalti­ gung oder Entführung vor, so sind bezüglich der Anerkennung die Strafbestim­ mungen maßgebend (Art. 135). Ein außereheliches Kind muß von seiner Mutter anerkannt werden, wenn in analoger Weise eine der Voraussetzungen des Art. 135 gegeben ist oder wenn einwandfrei nachgewiesen ist, daß das anzuerkennende Kind von der Anerkennenden geboren wurde. Das außereheliche Kind kann auf Anerkennung klagen und dies grundsätzlich nur solange, als die Elternteile leben. Ausnahmsweise kann auch Klage auf Anerkennung erhoben werden, wenn die Eltern gestorben sind, solange das Kind noch minderjährig ist oder wenn nach dem Ableben eines Elternteiles eine bisher noch unbekannte Anerkennungsurkunde der Eltern entdeckt wird; im ersten Fall erlischt der Klageanspruch nach vier Jahren ab Eintritt der Volljährigkeit, im letzteren Falle nach Ablauf von sechs Monaten gerechnet von dem Zeitpunkt ab, in welchem die Anerkennungsurkunde entdeckt wurde (Art. 137). Die An-

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erkennung kann, wenn sie ein Kind betrifft, das nicht die Stellung eines natür­ lichen Kindes inne haben kann, oder wenn sie gegen die Vorschriften der Art. 129 bis 138 verstößt, von dem Geschädigten angefochten werden (Art. 138). Ist ein außereheliches Kind während seiner Minderjährigkeit anerkannt worden, so kann es innerhalb vier Jahren nach Eintritt seiner Volljährigkeit die Anerkennung anfechten (Art. 133). 2. Uneheliche Kinder. Außereheliche Kinder, die nur die Stellung von unehelichen Kindern haben, besitzen gegenüber ihren Eltern lediglich einen Unterhaltsanspruch nach Maßgabe des Art. 143 (Art. 139). Der Unterhaltsanspruch wird begründet, wenn aus einem rechtskräftigen Urteil, sei es ein Zivil- oder Strafurteil, die Vaterschaft oder Mutterschaft hervorgeht, wenn der Erzeuger oder die Mutter in einem Schriftstück die Vaterschaft bzw. Mutterschaft ausdrücklich anerkannt hat oder wenn einwandfrei nachgewiesen ist, daß das uneheliche Kind von der in An­ spruch genommenen Mutter tatsächlich geboren wurde (Art. 140). Für uneheliche Kinder kann keine Klage auf Feststellung der Vaterschaft eingereicht werden (Art. 141).

3. Unterhaltsanspruch der außerehelichen Kinder. Der Begriff „Unterhalt" umfaßt die Kosten für Verpflegung, Unterkunft, Bekleidung, Erziehung und Berufsausbildung, sowie für gesundheitliche Für­ sorge, wobei die soziale Stellung zu berücksichtigen ist (Art. 142). Die Eltern, die außereheliche Kinder anerkannt haben, sind diesen und deren Abkömmlingen gegenüber gemäß Art. 142 unterhaltspflichtig und umgekehrt. Der Unterhalts­ anspruch der unehelichen Kinder gegenüber den Eltern beschränkt sich auf den notdürftigen Unterhalt. Aber auch hier haben die Eltern für die Berufsausbil­ dung der unehelichen Kinder zu sorgen. Ferner besteht eine Unterhaltspflicht zwischen Geschwistern (Art. 143). II. Auskunft der Deutschen Botschaft in Madrid.

In Spanien kann für ein uneheliches deutsches Kind die Vaterschaft ge­ richtlich nicht festgestellt werden, da der Grundsatz „La recherche de la paternite est interdite" noch in der spanischen Gesetzgebung verankert ist. Eine Unter­ haltsklage kann nach spanischem Recht nur dann geführt werden, wenn der Erzeuger des Kindes in einem öffentlichen Dokument oder in einem eigenhändig geschriebenen privaten Dokument die Vaterschaft ausdrücklich anerkannt hat. Eine solche Klage vor einem spanischen Gericht käme in Frage, wenn der Erzeuger ein nach seiner Heimat zurückgekehrter Spanier ist; die Bewilligung des Armen­ rechtes müßte bei dem betreffenden Gericht beantragt werden. Das Armenrecht wird in dergleichen Fällen meistens erteilt, jedoch entstehen Kosten für die vor­ bereitenden Schritte des mit der Angelegenheit zu betrauenden, unumgänglich notwendigen spanischen Rechtsanwalts. Im allgemeinen dürfte es möglich sein, die Vaterschafts- und Unterhalts­ klage vor dem für den Wohnsitz der Mutter bzw. des Kindes zuständigen deutschen Gericht durchführen und das rechtskräftig gewordene und für vollstreckbar er­ klärte Urteil in Spanien vollstrecken zu "lassen. Deutsche rechtskräftige Urteile können in Spanien I vollstreckt werden; allerdings stößt die Vollstreckung von

Spanien.

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Versäumnisurteilen im allgemeinen auf Schwierigkeiten. Auch bei der Vollstreckung kann das Armenrecht erwirkt werden, betr. der Kosten für den Anwalt gilt das oben Gesagte. Das ganze Verfahren ist umständlich und zeitraubend. Wird die Bewilli­ gung des Armenrechts nicht erreicht, so sind die Kosten, welche der Kläger vor­ zuschießen hat, erheblich. Den beklagten Ausländern, also auch den hier lebenden Deutschen, kommt ferner zustatten, daß in Spanien ein geordnetes EinwohnerMeldewesen nicht besteht. Ein Deutscher z. B., der sich — obwohl verurteilt — seiner Unterhaltspflicht entziehen will und sich weder bei einem deutschen Kon­ sulat noch bei der Polizei anmeldet, kann hier, wenn er sonst mit den Gesetzen nicht üt Konflikt kommt, jahrelang leben, ohne daß es möglich ist, seine Anschrift ausfindig zu machen. Ebenso kann er seinen Aufenthaltsort wechseln, sobald er merkt, daß er gerichtlich zu Zahlungen gezwungen werden soll und das ganze Verfahren muß unter Umständen von neuem beginnen. Soweit es sich um die Vollstreckung eines deutschen rechtskräftigen Urteils handelt, dürfte kein Unterschied gemacht werden, ob der Erzeuger ein Deutscher, Spanier oder anderer Ausländer ist. Zweifelhaft bleibt allerdings, ob die Voll­ streckung gegen einen Spanier durchgeführt werden wird, wenn dieser — der richterlichen Entscheidung entgegen — behauptet, nicht der Erzeuger des Kindes zu sein. In jedem Falle, in dem die Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Spanien verlangt wird, entscheidet der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) in Madrid, ob dem Verlangen stattzugeben ist. Die Vermittlung eines in Madrid ansässigen Rechtsanwalts, der den vor­ erwähnten Antrag beim Tribunal Supremo zu stellen hat, ist unbedingt er­ forderlich. Bei der Durchführung hat der Rechtsanwalt dann seinerseits wieder einen Prokurator zu bestellen. Als Rechtsanwälte benennt die Deutsche Bot­ schaft in Madrid unverbindlich die Herren Antonio Gabriel Rodriguez, calle de Veläzquez 29 (der auch als Rechtsbeistand der Deutschen Botschaft tätig ist) und Alfonso Falkenstein, calle de Zorrilla 31, Madrid. Beide Herren führen deutschen Schriftwechsel.

III. Auskunft des Deutschen Generalkonsulats in Barcelona, die unter Inanspruchnahme des dortigen Ver tr au en s anwalts erteilt wurde: A. 1. Der uneheliche Vater ist ein Deutscher: hier sind zwei Fälle zu unter­ scheiden: a) Wenn ein deutsches Urteil bereits vorliegt, handelt es sich hierbei einfach um die Vollstreckung eines deutschen Urteiles in Spanien. b) Wenn kein deutsches Urteil vorliegt und der deutsche Vater sich im spanischen Gebiet befindet, kann der deutsche Vater entweder a) in Deutschland verklagt und verurteilt werden, unter Beachtung der nötigen Vorschriften, damit das Urteil in Spanien rechtskräftig ist, oder ß) in Spanien verklagt werden, wobei das deutsche Familien­ recht in Anwendung kommt und bewiesen werden muß.

78

I. Teil.

Europa.

2. Die Sache gestaltet sich viel schwieriger, wenn der Vater ein Spa­ nier ist. a) Wenn ein deutsches Urteil vorliegt, wird dieses in Spanien nicht voll­ streckt werden aus folgenden beiden Gründen: a) Nach Art. 63 Abs. 1 span. ZPO. ist Gerichtsort für diese Fragen der Wohnort des Beklagten. ß) Nach Art. 9 des span. Codigo Civil ist hierbei das spanische Recht anzuwenden. Beides wird höchstwahrscheinlich im deutschen Urteil nicht zu­ treffen und demnach wird das Urteil in Spanien nicht vollstreckbar sein. b) Wenn kein Urteil vorliegt, kann der Vater in Spanien auf dem Prozeßwege verfolgt werden, aber nur auf Grund des spanischen Rechtes. Die Untersuchung der Vaterschaft und die Pflichten des Vaters bei unehelichen Kindern sind verschieden und es wird hierbei zwischen den sog. natürlichen Kindern und den sog. illegitimen Kindern unterschieden. 3. Wenn der Vater weder Deutscher noch Spanier ist, gestaltet sich die Sache noch schwieriger. a) Wenn ein deutsches Urteil vorliegt, ist die Sache ähnlich wie bei spanischen Vätern zu beurteilen. Abgesehen von der Zuständigkeits­ frage würde Spanien kaum ein Urteil gegen einen Franzosen an­ wenden, welches auf Grund des deutschen Familienrechts diktiert worden wäre. b) Ein Ausländer kann wohl in Spanien in einer solchen Angelegenheit verklagt werden, wenn er in Spanien wohnt. Zur Anwendung käme aber wohl sein eigenes Familienrecht, welches bewiesen werden müßte. B. Ein besonderer Vertrag über Vollstreckbarkeitserklärungen deutscher Urteile in Spanien ist zwischen Deutschland und Spanien nicht geschlossen. Die Frage, inwieweit deutsche, für vollstreckbar erklärte Urteile in Spanien vollstreckt werden können, ist daher lediglich nach den Vorschriften der spanischen Zivilprozeß­ ordnung (Ley de Enjuiciamiento) zu entscheiden. Nach Art. 951 ff. dieses Ge­ setzes können ausländische rechtskräftige und vollstreckbare Urteile in Spanien für vollstreckbar erklärt werden, wenn Gegenseitigkeit verbürgt ist. Nach einer Entscheidung des Tribunal Supremo in Madrid aus den letzten Jahren vor dem Kriege, das für den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung zuständig ist, wurde die Gegenseitigkeit auf Grund der Paragraphen 722 und 723 mit den Ein­ schränkungen von § 328 Ziff. 1—4 der deutschen ZPO. als verbürgt angesehen und demgemäß in dem damals dem Tribunal vorliegenden Fall das deutsche, für vollstreckbar erklärte Urteil auch als in Spanien vollstreckbar erklärt. Wenngleich ein Fall bekannt geworden ist, in dem das Tribunal Supremo ein deutsches Versäumnisurteil für vollstreckbar erklärt hat, so dürfte doch die Vollstreckung von Versäumnisurteilen vielleicht auf Schwierigkeiten stoßen und deshalb kann man, obwohl die gesetzliche Auslegung dahin gehen muß, daß sie in Spanien vollstreckbar sind, ihre instanzenmäßige Abwickelung nicht als so üblich ansehen wie die von Endurteilen.

Spanien. Tschechoslowakei.

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Der einzuschlagende Weg ist folgender: Die deutsche Partei läßt sich von dem zuständigen deutschen Gericht bestätigen, daß das Urteil ein nach deutschem Recht vollstreckbares Endurteil ist. Dann sendet die deutsche Partei die Voll­ streckbarkeitserklärung nebst Ausfertigung des deutschen rechtskräftigen, für voll­ streckbar erklärten Urteils, nachdem sie vom zuständigen spanischen Konsul legali­ siert worden sind, der Deutschen Botschaft in Madrid ein. Diese übergibt den Antrag nebst Anlagen und einer (von einem bei den spanischen Gerichten zu­ gelassenen beeidigten Dolmetscher gefertigten) Übersetzung einem Rechtsanwalt, der den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung dem zur Entscheidung zuständigen Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in Madrid einreicht. Für das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist mit dessen juristischen Leitung ein Rechtsanwalt zu betrauen; in Spanien hat man jedoch außerdem noch (im Gegensatz zu den einschlägigen deutschen Vorschriften) die Vertretung der Sache selbst einem Prokurator zu übertragen. Daher ist es nötig, daß eine auf den Namen des Prokurators lautende Vollmacht ausgefertigt werde. Diese Vollmacht muß von der Partei gusgestellt werden, die um den Vollzug des Urteils nachsucht, und zwar hat dies von einem spanischen Konsul oder vor einem deutschen Notar zu geschehen; in letzterem Falle muß die Unterschrift des Notars vom spanischen Konsul beglaubigt werden. Es ist üblich, daß der Rechtsanwalt, der die Leitung der Sache übernimmt, dem Klienten den Namen des Prokurators nennt, für den die Vollmacht ausgefertigt werden soll, und es ist daher gleichfalls üblich, daß der Rechtsanwalt seinem Klienten ein entsprechendes Vollmachts­ formular übersendet. Für die in diesem Verfahren anfallenden Rechtsanwaltskosten ist neben dem Streitwert die zu leistende Arbeit usw. maßgebend. Der Prokurator ist berechtigt, von der ihn beauftragenden Partei gewisse Beträge als Vorschuß zu fordern, denn da er zur Ausübung seines Berufes eine Bürgschaft hat hinterlegen müssen, steht er mit dieser persönlich für die ent­ standenen Kosten ein; und besonders bei ausländischen Klienten ist es nicht Brauch, daß er irgendwelche Summen vorstreckt. Nach Art. 950 der spanischen ZPO. müssen die Kosten des Vollstreckungs­ verfahrens von der verurteilten Partei getragen werden. Dazu gehören auch die Kosten des Verfahrens, durch das die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Urteils erreicht werden soll. Für die spanischen B esitzungen und Kolonien gilt, soweit der deutschen Botschaft in Madrid bekannt ist, das Recht des Mutterlandes.

31. Tschechoslowakei. Nach Mitteilung der Deutschen Gesandtschaft in Prag ist für Vaterschafts­ und Unterhaltsklagen unehelicher Kinder ohne Rücksicht auf die Staatsangehörig­ keit des Beklagten das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel der uneheliche Vater seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Über die Organisation der Gerichte in der Tschechoslowakischen Republik gibt die Bekanntmachung RGBl. 1924, II, S. 133 Aufschluß. Die Deutsche Gesandtschaft hat folgende Aufzeichnung ihres Rechtsbeistandes über den Vaterschafts- und Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes im Ge­ biete der tschechoslowakischen Republik zur Verfügung gestellt:

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I. Teil' Europa.

Im Gebiete der Tschechoslowakei gilt zweierlei Recht, und zwar im Gebiete der ehemals zu Österreich gehörigen Länder, den sog. historischen Ländern, das alte österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, int früher ungarischen Ge­ biete ungarisches Recht, das jedoch nicht kodifiziert ist und nur als Gewohnheits­ recht geübt wird. I. Das in den historischen Ländern geltende Recht unterwirft den unehelichen Vater den Bestimmungen des alten Bürgerlichen Gesetzbuches (a. BGB.) ohne Rücksicht auf seine staatliche Zugehörigkeit. Wegen Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde bestimmt § 163 a.BGB.: „Wer auf eine in der Gerichtsordnung vorgeschriebene Art überwiesen wird, daß er der Mutter eines Kindes innerhalb des Zeitraumes beigewohnt habe, von welchem bis zu ihrer Entbindung nicht weniger als 180 und nicht mehr als 300 Tage verstrichen sind, oder wer dieses auch nur außer Gericht gesteht, von dein wird vermutet, daß er das Kind erzeugt habe (Nov. III, § 202)." Diese Regel ist bindend und wird infolgedessen z. B. die dem deutschen Rechte bekannte exceptio plurium concumbentium als gegen zwingende Rechtsvor­ schriften verstoßend nicht zugelassen. Eine weitere Beweisregel enthält § 164 a. BGB.: „Die auf Angehen der Mutter erfolgte Einschreibung des väterlichen Namens in das Tauf- oder Geburtsbuch macht nur dann einen vollständigen Beweis, wenn die Einschreibung nach der gesetzlichen Vorschrift mit Einwilligung des Vaters geschehen und diese Einwilligung durch das Zeugnis des Seelsorgers und des Paten mit dem Beisatze, daß er ihnen von Person bekannt sei, bestätigt Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters ist in §§ 166—171 a. BGB. in folgender Weise geregelt: 1. Das uneheliche Kind hat das Recht, von seinen Eltern eine ihrem Verntügen angemessene Verpflegung, Erziehung und Versorgung zu fordern. Zur Verpflegung ist vorzüglich der Vater berufen; wenn aber dieser nicht imstande ist, so fällt die Verbindlichkeit auf die Mutter und nach dieser auf die mütter­ lichen Großeltern. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge der Entbindung weitere Auslagen notwendig sind, auch diese zu ersetzen. Die Forderung verjährt mit Ablauf von drei Jahren. Derjenige, dessen Vaterschaft nach § 163 a. BGB. glaubhaft gemacht wird, kann dazu verhalten werden, daß er den Betrag des dem Kinde zu gewährenden Unterhaltes für die ersten drei Monate sowie den gewöhnlichen Betrag der der Mutter zu ersetzenden Kosten bei Gericht hinterlegt, falls die Mutter bedürftig ist und keinen un­ züchtigen Lebenswandel führt. Solange die Mutter ihr uneheliches Kind der künftigen Bestimmung gemäß selbst erziehen will und kann, darf es ihr vom Vater nicht entzogen werden; dessenungeachtet muß dieser die Verpflegungskosten bestreiten. Läuft aber das Wohl des Kindes durch die mütterliche Erziehung Gefahr, so ist der Vater ver-

81

Tschechoslowakei.

bunden, das Kind von der Mutter zu trennen und es zu sich zu nehmen oder anderswo sicher und anständig unterzubringen. Den Eltern steht es frei, sich über den Unterhalt, die Erziehung und Ver­ sorgung des unehelichen Kindes miteinander zu vergleichen; ein solcher Vergleich kann aber den Rechten des Kindes keinen Abbruch tun. 2. Die Verbindlichkeit, uneheliche Kinder zu verpflegen und zu versorgen, geht gleich einer anderen Schuld auf die Erben über. Ist die Vaterschaft an­ erkannt oder gerichtlich festgestellt, so können uneheliche Kinder, die zur Zeit des Ablebens des Vaters in seinem Hause erzogen und verpflegt wurden, die Ver­ pflegung und Erziehung bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit auch weiterhin in dem­ selben Maße wie bisher fordern, jedoch nicht in größerem Umfange, als sie nach dem hinterlassenen Vermögen den ehelichen Kindern zuteil werden kann. 3. Für die formelle Geltendmachung der Rechte des unehelichen Kindes bestimmt § 16 der ersten Teilnovelle zum a?BGB.: „Wenn es zur Wahrung der Rechte des Kindes nötig ist, hat das Gericht dafür Sorge zu tragen, daß die Vaterschaft im Wege freiwilliger Gerichtsbarkeit anerkannt oder im Prozeßwege gerichtlich festgestellt werde. Wird die Vater­ schaft anerkannt, so hat das Gericht das Ausmaß der dem Vater nach dem Gesetze obliegenden Leistungen im Verfahren außer Streitsachen von Amts wegen fest­ zustellen, wenn aber die Entscheidung von der Ermittlung streitiger Tatsachen abhängt, die mit den Mitteln des Verfahrens außer Streit nicht festgestellt werden können, den Vormund zur Erhebung der Klage anzuweisen. Von der Feststellung des Ausmaßes der Unterhaltspflicht ist abzusehen, solange der un­ eheliche Vater seinen Pflichten freiwillig nachkommt oder es nach seinen Ver­ hältnissen ganz ausgeschlossen ist, daß er zum Unterhalt etwas beizutragen vermag." Sowohl für die Feststellung der Vaterschaft, als auch des Unterhalts (int strittigen und außerstrittigen Verfahren) ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel der uneheliche Vater seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, also das Bezirksgericht seines Wohnsitzes oder Aufenthaltes. Zur Erhebung der einschlägigen Klagen werden folgende Unterlagen benötigt: a) eine vom Vormund unterzeichnete Vollmacht, b) ein Beschluß des Vormundschaftsgerichtes, wodurch der Vormund zur Klageerhebung angewiesen wird, c) ein Armutszeugnis des Mündels zwecks Erlangung des Armenrechtes, falls dieses zur Befreiung von den Gebühren in Anspruch genommen wird, d) Geburtsurkunde des Mündels, e) alle etwa schon vorhandenen Protokolle, gerichtlichen Beschlüsse und Urteile. 4. Hinsichtlich der Frage der Vollstreckbarkeit der in Deutschland und in der Tschechoslowakei ergangenen gerichtlichen Entscheidungen gilt folgendes: a) In der Tschechoslowakei sind vollstreckbar die Urteile und Beschlüsse tschechoslowakischer Gerichte, insbesondere auch soweit dadurch der Unter­ halt im außerstrittigen Verfahren gemäß § 16 der ersten Teilnovelle fest­ gesetzt wird. b) Ferner sind in der Tschechoslowakei vollstreckbar die in Deutschland er­ gangenen Urteile, insofern sie der unter Nr. 131 der Sammlung der Gesetze und Verordnungen (RGBl. 1924, Teil II, S. 143) erschienenen Weitpert-Richter, Die Rechtroerfolgung der Unlerhallsansprüchc unehelicher Kinder im Ausland.

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82

I. Teil.

Europa.

Kundmachung vom 25. Juni 1924 entsprechen. Danach sind z. B. die vor deutschen Gerichten aufgenommenen Vergleiche in Unterhaltssachen und von deutschen Gerichten im außerstrittigen Verfahren ergangene Be­ schlüsse hier ebensowenig vollstreckbar wie eine Urkunde nach § 794 Ziff. 5 der deutschen ZPO. II.

Nach dem in der Slowakei geltenden ungarischen Rechte begründet die ge­ schlechtliche Beiwohnung während der Empfängniszeit, d. i. vom 182. bis zum 300. Tage vor der Geburt des Kindes, die Vermutung der unehelichen Vater­ schaft. Es ist zwar auch hier die exceptio plurium concumbentium ausge­ schlossen, jedoch trifft die Vermutung der Vaterschaft nicht zu, wenn die Mutter in der kritischen Zeit gewerbsmäßig den Beischlaf ausgeübt oder einen unzüchtigen Lebenswandel geführt hat. Das Anerkenntnis der Vaterschaft kann nur dann in die Matrikel einge­ tragen werden, wenn der Vater selbst vor dem Matrikelführer erklärt, daß er die Vaterschaft anerkennt, oder wenn dieses Anerkenntnis in eine öffentliche Urkunde ausgenommen wurde. Die Folge der unehelichen Vaterschaft ist die gesetzliche Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters. Das Maß bestimmt sich nach den Erfordernissen eines standesgemäßen Unterhalts des Kindes entsprechend der gesellschaftlichen Stellung der Mutter, wobei auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters nicht außer acht zu lassen sind. Gewöhnlich ist der Unterhalt von dem Vater in Geld zu leisten, doch erscheint ein Naturalunterhalt nicht ausgeschlossen. Die Unterhaltspflicht dauert bis zu einer anderen vollwertigen familien­ rechtlichen Versorgung bzw. bis zur Erwerbsfähigkeit des Kindes, welche das Gericht nicht nach allgemeinen Kriterien, sondern von Fall zu Fall festzu­ stellen hat. Hat das Kind die Erwerbsfähigkeit einmal erreicht, lebt die Unterhalts­ pflicht des Vaters auch dann nicht auf, wenn es sie später verliert (int Gegensatz zu dem in den historischen Ländern geltenden Rechte). Besitzt das Kind eigenes Vermögen, belastet die Unterhaltspflicht den unehelichen Vater nur insoweit, als die Einkünfte des Kindes nicht ausreichen. Unterhaltsberechtigt ist das uneheliche Kind selbst. Seine Forderung kann jedoch — insoweit dies den weiteren Unterhalt des Kindes nicht gefährdet — kraft Gesetzes durch die den Unterhalt tatsächlich gewährende Mutter oder dem Kinderschutze dienenden öffentlichen Anstalten ausgeübt werden. Die gesetzliche Vertretung und die Vertretung des Vermögens des unehelichen Kindes steht während seiner Minderjährigkeit der Mutter als dem natürlichen und gesetz­ lichen Vormunde zu. Innerhalb der mütterlichen Verwandten ist das uneheliche Kind erbrechtlich den ehelichen vollständig gleichgestellt, dem Vater und den väter­ lichen Verwandten gegenüber ist es erbrechtlich als Freund zu betrachten. Gemäß Verordnung Nr. 3982/1916 ist der uneheliche Vater verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung und die Unterhaltskosten für die Dauer von zwei Wochen vor der Entbindung, wie auch die anderen mit der Schwangerschaft: und Entbindung verbundenen Kosten zu bezahlen. Diese Forderung verjährt, innerhalb drei Monaten seit der Geburt des Kindes:

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Tschechoslowakei. Türkei.

Gemäß § 3 eben dieser VO. kann das Gericht auf Ansuchen der Mutter vor der Geburt des Kindes, dem der zur Alimentierung des Kindes verpflichtet ist, auferlegen den dreimonatlichen Unterhalt und den der Mutter gemäß der oben erwähnten Bestimmung gebührenden Aufwand zu bezahlen und diesen Be­ trag in angemessener Frist vor der Geburt bei Gericht zu erlegen. Kodifizierte Bestimmungen betreffend das Rechtsverhältnis der unehelichen Kinder enthält nur der GesArt. XX ex 1877 betreffend die Regelung der Vor­ mundschaft und Kuratelsachen. Schließlich statuiert § 1 i der ungarischen ZPO. für die gerichtliche Geltend­ machung der unehelichen Vaterschaft und der Unterhaltspflicht die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes.

32. Türkei. Dem von der Türkischen Nationalversammlung am 17. Februar 1926 an­ genommenen und am 4. April 1926 verkündeten Zivilgesetzbuch, welches das alte religiöse Recht beseitigt, liegen mit Ausnahme von ganz wenigen den be­ sonderen türkischen Verhältnissen angepaßten Vorschriften, die Bestimmungen des Schweizer Zivilgesetzbuches zugrunde.

Code Civil Ture. TITRE HUIT1EME.

Türkisches Zivilgesetzbuch. Achter Titel.

De la filiation illegitime.

Die uneheliche Abstammung.

Art. 290. — La mere d’un enfant illegitime est sa mere qui l’a mis au monde. A l’Sgard du p6re, eile doit etre ätablie par une reconnaissance ou un jugement.

Art. 290. Die Mutter eines unehe­ liches Kindes ist die Frau, die es ge­ boren hat. Die Vaterschaft muß anerkannt oder durch Urteil festgestellt werden.

Reconnaissance. Conditions et formes. Art. 291. — L’enfant naturel peut 6tre reconnu par son pere et, en cas de d6c6s ou d’incapacite permanente de discernement, par son grand-pere paternel. La reconnaissance a lieu par acte authentique ou par disposition pour cause de mort; eile est communiquee ä l’officier de l’&tat civil du lieu oü est enregiströ l’enfant reconnu.

Anerkennung. Voraussetzungen und Formen.

Art. 291. Das uneheliche Kind kann von seinem Vater und falls derselbe verstorben oder dauernd unzurechnungs­ fähig ist, von seinem väterlichen Groß­ vater anerkannt werden. Die Anerkennung erfolgt in öffent­ licher Urkunde oder durd) Verfügung von Todes wegen. Sie ist dem Standes­ beamten des Ortes, an dem das Kind eingetragen ist, mitzuteilen.

Reconnaissance prohibGe.

Verbot der Anerkennung.

Art. 292. — L’enfant n6 d’un commerce adulterin ou incestueux ne peut etre reconnu.

Art. 292. Die Anerkennung eines im Ehebruch oder in Blutschande erzeugten Kindes ist ausgeschlossen.

84

L Teil.

Europa.

Kevocation. Opposition de la mere ou de l’enfant.

Widerruf. Widerspruch der Mutter oder des Kindes.

Art. 293. — La mere, l’enfant ou ses descendants apres sa mort peuvent s’opposer L la reconnaissance aupres du juge dans les trois mois ä partir du jour oü ils ont su qu’elle a eu lieu; ils devront alleguer que l’auteur de la reconnaissance n’est ni le pere ni le grand-pere ou quelle serait prejudiciable ä, l’enfant. L’officier de l’etat civil communique l’opposition ä l’auteur de la recon­ naissance ou L ses heritiers, qui pourront, dans les trois mois, en demander le rejet au tribunal local.

Art. 293. Die Mutter, das Kind oder nach seinem Tode seine Abkömm­ linge können der Anerkennung vor dem Richter binnen drei Monaten nach Kenntnisnahme widersprechen mit der Begründung, daß der Anerkennende weder der Vater noch der Großvater sei oder daß die Anerkennung dem Kinde nachteilig wäre. Der Standesbeamte hat dem Aner­ kennenden oder dessen Erben von dem Widerspruch Mitteilung zu machen. Diese können binnen drei Monaten die Zurückweisung des Widerspruchs beim örtlich zuständigen Gericht beantragen.

Opposition de tiers.

Widerspruch Dritter.

Art. 294. — Le tresor et tout In­ teresse peuvent attaquer la recon­ naissance en justice au siege de l’offlce de l’etat civil competent, dans les trois mois ä compter du jour oü ils ont su qu’elle a eu lieu; ils etabliront que l’auteur de la reconnais­ sance n’est ni le püre, ni le grandpere de l’enfant ou que la reconnais­ sance Stait prohibee.

Art. 294. Der Fiskus und jeder, der ein rechtliches Interesse hat, können die Anerkennung binnen drei Monaten seit Kenntnisnahme bei dem Gericht am Sitze des zuständigen Standesamtes anfechten mit der Begründung, daß der Anerkennende weder der Vater noch der Großvater des Kindes ist oder daß die Anerkennung ausgeschlossen ist.

Action en paternitA Droit de l’intenter.

Vaterschaftsklage.

Art. 295. — La mere peut rechercher en justice le pere de son enfant naturel. L’enfant a la meme action. L’action est intentGe contre le püre ou ses heritiers.

Art. 295. Die Mutter ist berechtigt, auf Feststellung des Vaters ihres un­ ehelichen Kindes zu klagen. Die gleiche Klage steht dem Kinde zu. Die Klage ist gegen den Vater oder dessen Erben zu richten.

Delai.

Klagefrist.

Art. 296. — L’action peut etre intentGe avant ou aprüs la naissance de l’enfant; eile doit l’etre, au plus tard, un an apres la naissance.

Art. 296. Die Klage kann vor oder nach der Geburt des Kindes, spätestens aber binnen eines Jahres nach der Ge­ burt des Kindes erhoben werden.

Klagerecht.

Türkei.

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Objet de l’action.

Gegenstand der Klage (Klage­ begehren).

Art. 297. — L’action tend soit L des prestations pöcuniaires du p6re en faveur de la mere et de l’enfant, soit en outre, dans les cas prevus par la loi, ä, la declaration de paternit6 avec ses effets d’etat civil. Les prestations pecuniaires dues ä la mere peuvent etre reclamees meme si l’enfant a 6te reconnu par le pere, est mortne ou est decede avant le jugement. Les prestations pGcuniaires dues ä l’enfant qui suit la condition du pere sont remplacees par l’acquittement des obligations derivant de la puissance paternelle.

Art. 297. Die Klage geht auf Geld­ leistungen des Vaters für Mutter und Kind oder falls die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, auf Fest­ stellung der Vaterschaft mit ihren Per­ sonenstandsfolgen. Die an die Mutter geschuldeten Geld­ leistungen können auch dann gefordert werden, wenn das Kind vom Vater anerkannt worden, tot geboren wurde oder vor dem Urteil gestorben ist. An Stelle der dem Kind geschuldeten Geldleistungen tritt, wenn es dem Stande des Vaters folgt, die Erfüllung der Elternpflicht.

Nomination d’un curateur.

Bestellung eines Pflegers.

Art. 298. — Le tribunal nomme un curateur Charge de veiller aux interets de l’enfant naturel des qu’il est informö de la naissance ou des que la m6re lui a donne avis de la grossesse. üne fois le proces termine ou le delai pour intenter l’action expire, le curateur est remplace par un tuteur, ä moins que le tribunal ne juge utile de mettre l’enfant sous la puissance paternelle de la mere ou du pere.

Art. 298. Sobald das Gericht Kennt­ nis erhält von der unehelichen Geburt oder ihm die Schwangerschaft von der Mutter angezeigt wird, ernennt es einen Pfleger, der die Interessen des Kindes wahrzunehmen hat. Sobald der Prozeß beendigt oder die Frist für die Klageerhebung verstrichen ist, wird der Pfleger durch einen Vormund er­ setzt, es sei denn, daß es das Gericht für zweckmäßig erachtet, das Kind unter die elterliche Gewalt des Vaters oder der Mutter zu stellen.

For en general.

Zuständigkeit im allgemeinen.

Art. 299. — L’action en paternite est portöe devant le juge du domicile que la partie demanderesse avait en Turquie au temps de la naissance, ou devant le juge du domicile du d&fendeur au temps de la demande. Si la demande tend ä, la declaration de paternite, eile est communiquee d’offlce par le juge au bureau du Tresor de la commune d’origine du d6fendeur pour qu’il soit en mesure de sauvegarder ses interets.

Art. 299. Die Vaterschaftsklage ist bei dem Gericht einzureichen, in dessen Bezirk die klagende Partei zur Zeit der Geburt ihren Wohnsitz in der Türkei hatte oder bei dem Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte zur Zeit der Klage seinen Wohnsitz hat. Ist die Klage auf Feststellung der Vaterschaft gerichtet, dann ist sie von amtswegen dem Kassenbüro der Ge­ burtsgemeinde des Beklagten mitzu­ teilen, damit diese ihre Interessen wahr­ nehmen kann.

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I.

Teil.

Europa.

For du Heu d'origine. Art. 300. — Lorsque la mere et lenfant sont domicilies hors du pays, l’action en paternite peut etre intentee, contre un Ture habitant aussi Fetranger, devant le juge de son lieu d’origine.

Gerichtsstand des Heimatortes.

Prösomption. Art. 301. — La paternite est presumße, lorsqu’il est prouve qu’entre le trois centieme et le cent quatrevingtieme jour avant la naissance le defendeur a cohabite avec la mere de l’enfant. Cette prGsomption cesse si des faits etablis permettent d’elever des doutes serieux sur la paternite du defendeur.

Vaterschaftsvermutung.

Art. 300. Wenn Mutter und Kind im Ausland wohnen, so kann die Vaterschaftsklage gegen einen gleichfalls im Auslande wohnenden Türken vor dem Gerichte seines Heimatortes erhoben werden.

Art. 301. Die Vaterschaft wird ver­ mutet, wenn erwiesen ist, daß der Be­ klagte der Mutter des Kindes zwischen dem 300. und 180. Tage vor der Ge­ burt beigewohnt hat. Diese Vermutung entfällt, wenn Tat­ sachen nachgewiesen werden, die erhebliche Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten rechtfertigen.

Fante de la mere. Art. 302. — L’action en paterni t6 est rejetee lorsque la mere vivait dans l’inconduite ä l’epoque de la Conception.

Verschulden der Mutter.

M6re marine. Art. 303. — Lorsque la mere etait marine ä l’epoque de la Conception, une action en paternite ne peut etre intentee qu’apres que la filiation ille­ gitime de l’enfant a ete declaree par le juge. Dans ce cas, le delai pour intenter l’action court ä partir du jour oü l’enfant a ete declare illegitime.

Klage bei Ehe der Mutter.

Jugement. Prestations en faveur de la mere. Dommagesinterets. Art. 304. — Si la demande est fondee, la mere est indemnisee: 1. Des frais de couches; 2. De l’entretien, au moins pour quatre semaines avant et quatre semaines apres la naissance; 3. Des autres depenses occasionnees par la grossesse et l’accouchement.

Urteil. Leistungen zugunsten der Mutter. Schadensersatz­ ansprüche.

Art. 302. Die Vaterschaftsklage wird zurückgewiesen, wenn die Mutter während der Empfängniszeit einen unzüchtigen Lebenswandel führte.

Art. 303. War die Mutter in der Empfängniszeit verheiratet, dann kann die Vaterschaftsklage nur erhoben werden, nachdem die uneheliche Abstammung des Kindes durch richterliches Urteil festgestellt worden ist. In diesem Falle läuft die Klagefrist von dem Tage an, an welchem das Kind für unehelich erklärt worden ist.

Art. 304. Wenn die Klage begründet ist, erhält die Mutter Ersatz: 1. der Entbindungskosten; 2. des Unterhalts, wenigstens für vier Wochen vor und vier Wochen nach der Geburt; 3. anderer Ausgaben, die eine Folge der Schwangerschaft und der Niederkunft sind.

Türkei.

Reparation morale. Art. 305. — Une somme d’argent peut etre allouSe ä titre de reparation morale ä. la mere lorsque le defendeur lui avait promis le mariage, lorsque la cohabitation a et 6 un acte criminel ou un abus d’autorite, ou lorsque la demanderesse 6tait encore mineure ä, l’epoque de la cohabitation.

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Genugtuung aus moralischen Gründen. Art. 305. Hat der Beklagte der Mutter die Ehe versprochen oder stellt sich die Beiwohnung als strafbare Hand­ lung oder als Mißbrauch der Autorität dar oder war die Klägerin zur Zeit der Beiwohnung noch minderjährig, so kann ihr aus Gründen sittlicher Genugtuung ein Geldbetrag zugesprochen werden.

Prestation en faveur de l’enfant. Pension alimentaire. Art. 306. — 81 la demande est fondee, le juge alloue ä l’enfant une Pension alimentaire, qu’il regle en consideration de la position sociale de la m6re et du pere cette pension doit, dans tous les cas, representer une contribution equitable aux frais d’entretien et d’education de l’enfant. La pension est payable d’avance aux öpoques flxGes par le juge, jusqu’ä ce que l’enfant soit äg6 de dix-huit ans revolus. L’action subsiste pour l’enfant meme apres que la mere a transige ou renoncd ä l’intenter, si eile l’a fait dans des conditions manifestement prejudiciables aux interets de son enfant.

Art. 306. Ist die Klage begründet, so hat der Richter dem Kinde einen Unterhaltsbetrag zu bewilligen, der dem Stande des Vaters und der Mutter entspricht. Der Unterhalt muß auf jeden Fall einen angemessenen Beitrag zu den Unterhalts- und Erziehungs­ kosten darstellen. Der Unterhalt ist im voraus an den vom Richter festgesetzten Zeitpunkten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes zu entrichten. Die Klage steht dem Kinde selbst dann zu, wenn die Mutter einen Vergleich geschlossen oder auf das Klagerecht ver­ zichtet hat, wenn dies unter Bedingungen geschah, die den Interessen des Kindes offensichtlich zuwiderlaufen.

Faits nouveaux.

Neue Tatsachen.

Art. 307. — Les decisions concernant le montant de la pension ali­ mentaire peuvent etre revisees ä la requete de l’une des parties, si les circonstances se modifient notablement; la pension peut etre supprimee le jour oü l’enfant a des ressources personnelles süffisantes en egard ä sa Position sociale.

Art. 307. Die Entscheidung über die Höhe des Unterhalts kann auf Verlangen einer Partei nachgeprüft werden, wenn die Verhältnisse sich wesentlich geändert haben. Der Unterhalt kann ganz weg­ fallen zu dem Zeitpunkte, an welchem das Kind ein ausreichendes, seiner gesell­ schaftlichen Stellung entsprechendes Ein­ kommen hat.

Sür et6s. Art. 308. — Lorsque la paternite du dSfendeur parait etablie, ce dernier peut, si la m6re est dans le besoin, ötre condamnS avant le jugement ä

Sicherheitsleistung.

Leistungen zugunsten des Kindes. Unterhalt.

Art. 308. Sobald die Vaterschaft des Beklagten erwiesen erscheint, kann derselbe, wenn die Mutter des Kindes in Not ist, schon vor Verkündung des

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I. Teil.

Europa.

fournir des süretes pour les frais prösumables de l’accouchement et pour ceux d’entretien de l’enfant pendant trois mois; il en est ainsi, meme lorsque la preuve n’est pas falte que les droits de la m6re sont en peril.

Urteils angehalten werden, die mutmaß­ lichen Kosten der Entbindung und des Unterhalts des Kindes für drei Monate sicherzustellen. Dies gilt auch dann, wenn nicht erwiesen ist, daß die Rechte der Mutter gefährdet sind.

Obligations des heritiers. Art. 309. — Les droits accordes contre le pere peuvent etre exerces contre ses heritiers. Ceux-ci n’auront toutefois rien ä payer ä l’enfant au delä de ce qu’il aurait requ comme heritier s’il avait 6te reconnu.

Haftung der Erben.

Art. 309. Die gegen den Vater be­ stehenden Ansprüche können auch gegen dessen Erben geltend gemacht werden. Diese haben dem Kinde jedoch nicht mehr zu zahlen, als es als Erbe er­ halten würde, wenn es anerkannt wor­ den wäre.

Declaration de paternite.

Vaterschaftsfeststellung.

Art. 310. — Le juge, sur les conclusions de la partie demanderesse, declare la paternite du defendeur, lorsque ce dernier avait promis le manage ä la mere ou lorsque la cohabitation a ete un acte criminel ou un abus d’autoritö. 11 ne peut declarer la paternite si le defendeur etait dejä marie lors de la cohabitation.

Art. 310. Auf Antrag der Klags­ partei stellt der Richter die Vaterschaft des Beklagten fest, wenn dieser der Mutter die Heirat versprochen hatte oder wenn die Beiwohnung sich als strafbare Handlung oder als Autoritäts­ mißbrauch darstellt. War der Beklagte zur Zeit der Bei­ wohnung schon verheiratet, so kann die Vaterschaft nicht festgestellt werden.

Effets. A l’Ggard de la mere et de l’enfant.

Wirkungen gegenüber der Mutter und dem Kind.

Art. 311. — Les enfants naturels qui restent ä leur mere portent le nom de sa famille, acquierent son droit de eite et ont, tant envers eile qu’envers ses parents, les droits et les devoirs rösultant de la filiation illegitime. Les obligations de la m6re sont les memes que si l’enfant etait legitime. Le tribunal peut conferer la puissance paternelle ä la mere.

Art. 311. Die unehelichen Kinder, die der Mutter verbleiben, führen deren Familiennamen, erwerben ihr Bürger­ recht und haben gegen sie sowie ihre Verwandten die aus der unehelichen Abstammung folgenden Rechte und Pflichten. Die Pflichten der Mutter sind die gleichen, wie wenn das Kind ehelich wäre. Das Gericht kann der Mutter die elterliche Gewalt übertragen.

A l’egard du pere et de l’enfant.

Wirkungen gegenüber dem Vater und dem Kind.

Art. 312. — L’enfant dont la fili­ ation paternelle resulte d’une reconnaissance ou d’un jugement declaratif

Art. 312. Ein Kind, dessen väter­ liche Abstammung auf Anerkennung oder richterlicher Vaterschaftsfeststellung

Türkei.

Ungarn.

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de paternite porte le nom de famille de soo pere, acquiert son droit de eite, et a, dans la famille tant du pere que de la mere, les droits et les devoirs resultant de la filiation ille­ gitime. Les obligations du pere sont les meines que si l’enfant etait legitime. Le tribunal peut conferer la puissance paternelle au pere ou ä la mere.

beruht, erhält den Familiennamen seines Vaters, erwirbt dessen Bürgerrecht und hat in der Familie des Vaters und der Mutter die Rechte und Pflichten, die sich aus der unehelichen Abstammung ergeben. Die Verpflichtungen des Vaters sind die gleichen, wie wenn das Kind ehelich wäre. Das Gericht kann die elterliche Gewalt dem Vater oder der Mutter übertragen.

Partage de la puissance pa­ ternelle. Art. 313. — La mere a le droit de conserver avec son enfant, s’il vit sous la puissance du pere, les relations personnelles indiquees par les circonstances. Le tribunal peut, d’office ou ä la requßte de la mere, conferer ä celle-ci la puissance paternelle, jusqu’ä ce que l’enfant ait atteint un certain äge et ne la rendre au p6re qu’apres l’expiration du temps fix6.

Teilung der elterlichen Gewalt. Art. 313. Steht das Kind unter der väterlichen Gewalt, so verbleibt der Mutter das Recht auf persönlichen Verkehr mit ihrem Kind nach Maßgabe der Verhältnisse. Das Gericht kann von amtswegen oder auf Antrag der Mutter dieser die elter­ liche Gewalt bis zu einem bestimmten Alter des Kindes übertragen, um sie erst nach Ablauf der festgesetzten Zeit dem Vater wieder zuzuweisen.

Droits sur les biens de l’enfant. Art. 314. — Lorsque le tribunal conföre la puissance paternelle au pere ou ä la möre, il determine en meme temps leurs droits sur les biens de l’enfant.

Rechte am Kindesvermögen. Art. 314. Wenn das Gericht die elterliche Gewalt dem Vater oder der Mutter überträgt, so entscheidet es gleichzeitig über deren Rechte am Ver­ mögen des Kindes.

33. Ungarn. I. Die Deutsche Gesandtschaft in Budapest teilte folgende Richtlinien bei Ali­ mentenforderungen in Ungarn mit: 1. Über die Ansprüche unehelicher Kinder an den natürlichen Vater bestehen in Ungarn keine bestimmten Rechtsnormen, es sind jedoch in der ungarischen Rechtspraxis gewisse Grundsätze aufgestellt. Danach ist der natürliche Vater ver­ pflichtet, dem unehelichen Kinde von dessen Geburt an bis zum erlangten er­ werbsfähigen Alter, d. h. in der Regel dem 14. bis 16. Lebensjahre, Unterhalts­ beiträge zu gewähren, deren Höhe sich nach dem Stande der Mutter und den Vermögensverhältnissen des Vaters richtet. 2. Die Deutsche Gesandtschaft in Budapest ist auf Antrag und int Interesse deutscher Reichsangehöriger bereit, auf die gütliche Regelung der Unterhalts­ pflicht hinzuwirken, sie ist aber nicht in der Lage, bei etwaigem Scheitern der Vergleichsverhandlung irgendwelchen Zwang auf den Schuldner auszuüben.

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I. Teil.

Europa.

3. Jnr Falle der Ablehnung einer freiwilligen Zahlung können die Unter­ haltsansprüche in Prozeßwege geltend gemacht werden. Die Klage ist gemäß der hiesigen Rechtspraxis nicht von dem Kinde bzw. dessen gesetzlichen Vertreter, sondern in der Regel von der Kindesmutter vor dem zuständigen ungarischenGerichtzuerheben. Nur wenn zwischen der Mutter und dem Kinde ein Interessengegensatz bestände, kommt der gesetzliche Vertreter des Kindes als Kläger in Betracht. 4. Wenn die Kindesmutter nicht in der Lage ist, die Kosten des anzu­ strengenden Prozesses zu bestreiten, so kann sie zur 'Erlangung des Armenrechts die Vermittlung der Deutschen Gesandtschaft in Anspruch nehmen. Sie hat in diesem Falle ein auf ihren Namen ausgestelltes, von einer höheren Regierungs­ behörde beglaubigtes Armutszeugnis, deren Unterschrift wieder von dem zu­ ständigen Königlich Ungarischen Konsulat in Deutschland beglaubigt sein muß, einzureichen, worauf die Bewilligung des Armenrechts und die Beiordnung eines Armenanwaltes in die Wege geleitet wird. Durch das Armenrecht erlangt die Partei die vorläufige Befreiung von der Zahlung der Prozeßkosten. Das Armuts­ zeugnis darf bei Einreichung der Klage höchstens sechs (6) Monate alt sein und muß die Klausel enthalten, daß es zum Zwecke der Erlangung der Gebühren­ freiheit des gegen den Kindesvater (Namen anzugeben) anzustrengenden Ali­ mentationsprozesses ausgestellt wurde. 5. Die Unterhaltsprozesse dauern hier in der Regel längere Zeit. Infolge des langsamen Ganges des Verfahrens haben die mit der Prozeßführung be­ trauten Rechtsanwälte keinen Anlaß, in kurzen Zeitabständen ihren Auftrag­ gebern Bericht zu erstatten, wie dies ost gewünscht wird. 6. Urteile deutscher Gerichte sind in Ungarn mangels verbürgter Gegen­ seitigkeit nicht vollstreckbar. 7. Die ungarischen Gerichte wenden in Vaterschafts und Unterhaltsprozessen stets ungarisches Recht an und dies ohne Rücksicht darauf, ob der Beklagte Ungar oder Ausländer ist. II. Der Vater ist dem unehelichen Kind gegenüber vor der Mutter und den mütterlichen Großeltern unterhaltspflichtig. Als Vater gilt, wer der Mutter innerhalb des 182. mit 300. Tages vor der Geburt beigewoynt hat. Das un­ garische Recht kennt die exceptio plurium nicht; ferner gibt es keine Vermutung dec Vaterschaft, wenn die Mutter während der Empfängniszeit gewerbsmäßig Unzucht getrieben oder sonst einen liederlichen Lebenswandel geführt hat. Für die Vaterschafts- und Unterhaltsklage ist in Ungarn das Gericht des Wohnsitzes bzw. des Aufenthaltsortes des Beklagten zuständig.

Aus dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß. Vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909 S. 410).

IV. Armenrecht. Art. 20. Die Angehörigen eines jeden der Vertragsstaaten werden zur Wohltat des Armenrechts in allen anderen Vertragsstaaten ebenso wie die

Aus dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß.

91

eigenen Staatsangehörigen zngelassen, sofern sie sich nach der Gesetzgebung des Staates richten, wo das Armenrecht nachgesucht wird. Art. 21. In allen Fällen muß die Bescheinigung oder die Erklärung des Unvermögens von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Aus­ länders oder, in Ermangelung eines solchen, von den Behörden seines derzeitigen Aufenthaltsorts ausgestellt oder entgegengenommen sein. Gehören diese Be­ hörden keinem Vertragsstaat an und werden von ihnen solche Bescheinigungen oder Erklärungen nicht ausgestellt oder entgegengenommen, so genügt die Aus­ stellung oder Entgegennahme der Bescheinigung oder der Erklärung durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem der Ausländer ang'ehört. Hält der Antragsteller sich nicht in dem Lande auf, wo das Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Bescheinigung oder die Erklärung des Unvermögens kostenfrei von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, wo die Urkunde vorgelegt werden soll, zu beglaubigen. Art. 22. Die zur Ausstellung der Bescheinigung oder zur Entgegennahme der Erklärung über das Unvermögen zuständige Behörde kann bei den Behörden der anderen Vertragsstaaten Auskünfte über die Vermögenslage des Äntragstellers einziehen. Die Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, behält in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse das Recht, die ihr vorgelegten Bescheinigungen, Erklärungen und Auskünfte einer Nachprüfung zu unterziehen. Art. 23. Ist die Wohltat des Armenrechts dem Angehörigen eines der Ver­ tragsstaaten bewilligt worden, so werden für Zustellungen, die sich auf denselben Prozeß beziehen und die in einem anderen dieser Staaten zu bewirken sind, von dem ersuchenden Staate dem ersuchten Staate nur die Auslagen erstattet, die durch die Anwendung einer besonderen Form auf Grund des Art. 3 entstanden sind. In demselben Falle werden für die Erledigung von Ersuchen dem ersuchten Staate von dem ersuchenden Staate nur die an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen sowie die durch die etwaige Anwendung des Art. 14 Abs. 2 erforderlich gewordenen Auslagen erstattet. Die Gegenseitigkeit für die Gewährung des Armenrechts auf Grund des Haager Abkommens über den Zivilprozeß kann sonach in folgenden Staaten als verbürgt angesehen werden: Belgien, Dänemark, Danzig, Finnland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei und Ungarn. Im Verhältnis zu Frankreich und Rumänien, die gleichfalls am Haager Abkommen über den Zivilprozeß be­ teiligt sind, wurde dessen Anwendung durch Art. 287 des Versailler Vertrags außer Wirksamkeit gesetzt. Zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich wird das Armenrecht auf Grund des Zeichnungsprotokolls zu Art. 25 des deutsch­ französischen Handelsabkommens vom 17. August 1927 (RGBl. II S. 524, 864) wieder nach Maßgabe der Übereinkunft vom 20. Februar 1880 (RGBl. 1881 S. 81) bewilligt. Zwischen Deutschland und Rumänien sind die Bestimmungen des Haager Abkommens mit Wirkung vom 1. Mai 1929 wieder in Kraft gesetzt worden (RGBl. 1929 II Nr. 25 vom 11. Mai 1929). Besondere Rechtshilfeverträge, die an Stelle der Bestimmungen des Haager Abkommens treten und teilweise über die Abmachungen desselben hinausgehen,

92

I. Teil.

Europa.

bestehen zwischen Deutschland und Österreich: Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 21. Juni 1923 (RGBl. 1924 II S. 55), zwischen Deutschland und Palen: deutsch-polnischer Vertrag über den Rechtsverkehr vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 II S. 139) und deutsch-polnisches Vormundschaftsabkommen vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 II S. 145), zwischen Deutschland und der Tschechoslowa­ kei: Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Repu­ blik über Rechtsschutz und Rechtshilfe in bürgerlichen Angelegenheiten vom 20. Januar 1922 (RGBl. 1923 II S. 57) sowie die Bekanntmachung vom 25. Juni 1924 (RGBl. II S. 133) und die Verordnung vom 25. Juni 1924 (RGBl. II S..144). Weitere Rechtshilfe-Verträge, welche die Angehörigen der Vertragsstaaten unter denselben Bedingungen wie die Landesangehörigen zum Armenrecht zu­ lassen, wurden vom Deutschen Reich mit folgenden am Haager Abkommen über den Zivilprozeß nicht beteiligten Staaten geschlossen: Bul­ garien (deutsch-bulgarischer Vertrag über den Rechtsverkehr vom 22. Dezem­ ber 1926 — RGBl. 1927 II S. 416), Litauen (deutsch-litauisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 30. Oktober 1928 — RGBl. 1929, II S. 255), Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Vertrag vom 12. Ok­ tober 1925 — RGBl. 1926 II S. 2 (Niederlassungsabkommen). In Griechenland wird Deutschen das Armenrecht auf Grund der Ver­ ordnung der Griechischen Republik vom 7. August 1925 gewährt. Mit der Bewilligung des Armenrechts kann beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch in Estland und Lettland gerechnet werden. Das Memel­ gebiet, obgleich am Haager Abkommen nicht beteiligt, wendet diese Bestimmungen entsprechend an. Kostenfrei erfolgt in der Regel auch die Rechtshilfe in Liechten­ stein und in Monaco. In den übrigen Staaten muß dagegen mit der Aufrech­ nung von Kosten für die Rechtshilfe in bürgerlichen Angelegenheiten gerechnet werden.

[1. Teil

Asten.

1. Afghanistan. Nach Mitteilung der Deutschen Gesandtschaft für Afghanistan in Kabul kann für ein deutsches uneheliches Kind dort weder die Vaterschaft festgestellt noch ein Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden, da es hierüber keine gesetzlichen Bestimmungen gibt. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um deutsche Väter handelt, die nach Afghanistan ausgewandert sind, oder um Afghanen, die in ihre Heimat zurückgekehrt sind, oder um sonstige Ausländer.

2. Britisch-Hinterindien. Der Amtsbezirk des Deutschen Generalkonsulats in Singapore umfaßt*): die Kolonie Straits Settlements einschließlich der Insel Labuan und ihrer Zubehör­ gebiete (Dependencies): Kokos-(Keeling-)Jnseln und Weihnachtsinseln, Djohor, Vereinigte Schutzstaaten von Malakka (Federated Malay States) und die unter britischem Schutz stehenden Staaten auf der Halbinsel Malakka (Kelantan, Tringganu, Kedah, Perlis nebst den Langkavi-Jnseln) und auf der Insel Borneo: Britisch-Nord-Borneo (State of North Borneo), Brunei (Schutzstaat) und Sarawak.

Die Verhältnisse im Bezirk des Generalkonsulats liegen insofern besonders schwierig, da nicht weniger als zehn verschiedene Rechtsgebiete vorhanden sind, nämlich: eine Britische Kronkolonie, ein Bundesstaat, eine Charteret! Company und sieben Einzelsultanate. Eine verlässige Darstellung der verschiedenen Rechte konnte nicht erlangt werden.

3. Ceylon. Über die Rechtslage hinsichtlich der Vaterschaft bei unehelichen Kindern gelten nach Mitteilung des Deutschen Konsulats in Colombo nachstehende Richt­ linien: „Der Vater eines unehelichen Kindes ist rechtlich verpflichtet, diesem den Unterhalt zu gewährens die Verpflichtung erstreckt sich sogar auf die Erben des Vaters und die Mutter kann die Einhaltung dieser Verpflichtung durch eine Zivilklage gemäß der Verordnung über den Unterhalt von Ehefrauen und Kindern Nr. 19 von 1889 erzwingen." „Nach der Eherechtsverordnung Nr. 15 von 1876 erben uneheliche Kinder den Besitz ihrer verstorbenen Mutter, jedoch nicht den Besitz ihres Vaters oder den Besitz aus oer Verwandtschaft der Mutter. Wenn eine unehelich geborene Person keine sie überlebenden Nachkommen hinterläßt, dann fällt sein oder ihr Besitz an die Erben der Mutter, nicht aber ans Krongut."

Diese Richtlinien finden Anwendung, wobei die Staatsangehörigkeit keine Rolle spielt.

4. China. Die Deutsche Gesandtschaft in Peking hat auf Ersuchen folgende Auskunft erteilt: Bei der verworrenen innerpolitischen Lage Chinas und der dadurch ge­ hemmten Arbeit der verfassungsmäßigen Gesetzgebungsorgane ist es zurzeit un♦) Vgl. Verzeichnis der deutschen diplomatischen und konsularischen Vertretungen ün Ausland, herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Berlin, Carl Heymanns Verlag.

96

II. Teil.

Asien.

möglich, eine auf längere Zeit hinaus gültige generelle Auskunft über die Fest­ stellung der Vaterschaft und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen un­ ehelicher Kinder in China zu erteilen. Es bestehen zwar Entwürfe eines Chinesi­ schen Bürgerlichen Gesetzbuches nach europäisch-japanischem Vorbild, von denen die Pekinger Regierung den Gerichten auch einzelne Teile (jedoch nicht das Familienrecht) zur vorläufigen praktischen Anwendung empfohlen hat. Es ist jedoch nicht abzusehen, wann ein für ganz China einheitliches bürgerliches Recht verfassungsmäßig zustande kommen wird. Vorläufig werden daher im allge­ meinen auf familienrechtliche Verhältnisse noch die Bestimmungen des Gesetz­ buches der Mandschu-Dynastie, des sogenannten Taching Lü-li, angewendet. Für die Fragen des internationalen Privatrechtes gilt, zumindest in Nordchina, soweit es der Pekinger Regierung untersteht, das Gesetz über die Anwendung der Rechts­ normen vom 5. August 1918. Zu den gestellten drei Fragen ist im einzelnen folgendes zu bemerken: 1. Ist der Vater ein Deutscher, der nach China ausgewandert ist, so ist zu empfehlen, ihn durch Vermittlung des zuständigen deutschen Konsulates aufzufordern, die Vaterschaft anzuerkennen. Bleibt die Vermittlung ohne Erfolg, so besteht die Möglichkeit, eine Klage auf Anerkennung der Vater­ schaft vor dem chinesischen Gericht zu erheben. Für die Entscheidung des Gerichtes ist das deutsche Recht maßgebend. Über die praktische Durch­ führbarkeit einer solchen Klage würde im Einzelfall eine gutachtliche Äußerung. des zuständigen Deutschen Konsulats zu erbitten sein, ehe irgendwelche Schritte eingeleitet werden. 2. Ist der Vater ein Chinese, der nach China zurückgekehrt ist, so ist das chinesische Recht maßgebend, und zwar vorläufig das Taching Lü-li, so­ lange kein Bürgerliches Gesetz allgemein eingeführt ist. Hienach kann der Vater auf Anerkennung der Vaterschaft durch das Kind oder seinen gesetz­ lichen Vertreter verklagt werden. Wird das Kind anerkannt, so erwirbt es nach dem chinesischen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 18. Nov. 1912 in der Fassung der Novelle vom 30. Nov. 1914, Art. 2 Ziff. 2, die chinesische Staatsangehörigkeit. Das anerkannte uneheliche Kind hat gegenüber der väterlichen Familie den gleichen Unterhaltsanspruch wie das eheliche Kind. Ob dieser Anspruch von dem in Deutschland befind­ lichen Kind oder dessen gesetzlichen Vertreter geltend gemacht werden kann, erscheint nicht ganz sicher. Ehe gegenüber einem solchen chinesischen Kinds­ vater irgendwelche Schritte unternommen werden, dürfte es sich emp­ fehlen, unter genauer Darlegung des Falles zunächst das zuständige Deutsche Konsulat um Rat zu fragen und die erforderlichen Feststellungen vornehmen zu lassen. 3. Angehörige solcher Staaten, die noch Konsulargerichtsbarkeit in China haben, können nur vor ihren Konsulargerichten verklagt werden. Zurzeit haben noch folgende Staaten das Recht der Exterritorialität: England, Frankreich, Niederlande, Schweden, Norwegen, Dänemark, Italien, Schweiz, Portugal, Vereinigte Staaten, Mexiko, Peru, Brasilien, Japan. Nicht exterritorial sind außer den Deutschen zurzeit: die Österreicher, Ungarn, Polen, Tschechoslowaken, Esten, Letten, Litauen, Serben, Jugo­ slawen, Rumänen, Belgier, Spanier, Türken, Finnen, Perser und Boli­ vianer. Auch im Falle von Ansprüchen gegen Ausländer dieser Art wird

Französische Besitzungen. Hongkong. Indien.

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eine vorherige Befragung des zuständigen Deutschen Konsulats von Vorteil sein.

5. Französische Besitzungen.

In Französisch-Jndochina (b. s. die Landschaften Kambodscha, Cochinchina, Annam und Tongking) und im Pachtgebiet Kwangchow-wan gilt das Recht des Mutterlandes, soweit es sich um Rechtsverfolgung zwischen Europäern handelt.

6. Hongkong

(britische Besitzung).

Hongkong ist britische Kronkolonie. Nach den Ausführungen des Deutschen Konsulats kennt sowohl das übernommene ältere englische Recht als auch die bis zum 4. April 1843 zurückgreifende eigene Gesetzgebung weder eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft noch eine Klage auf Unterhalt des unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger. Auch wird nach dem dort geltenden Recht ein uneheliches Kind durch die nachfolgende Ehe der Eltern nicht legitimiert. In den Fällen, in denen ein in Hongkong lebender unehelicher Erzeuger als Vater festgestellt oder zur Unterhaltsleistung herangezogen werden soll, bleibt nichts anderes übrig, als daß das Deutsche Konsulat angegangen wird, nach Möglichkeit eine gütliche Einwirkung auf den Mündelvater, welcher Staats­ angehörigkeit er auch sei, zur Erfüllung der gegen ihn erhobenen Ansprüche zu versuchen. Ist der als Vater in Anspruch Genommene ein Chinese, so ist zur Ermittlung seines Aufenthalts eine besonders genaue Ädressenangabe — mög­ lichst mit Angabe der chinesischen Zeichen — erforderlich.

7. Indien. Das Deutsche Generalkonsulat für Britisch-Jndien in Kalkutta hat bezüglich der Frage der Feststellung der Vaterschaft und der Geltendmachung des Unter­ haltsanspruches eines unehelichen Kindes nachstehende zwei Gutachten zur Ver­ fügung gestellt: I. Rechte und Pflichten von Indern, die uneheliche in Deutsch­ land geborene Kinder haben.

Im allgemeinen ist ein Hindu auch seinem unehelichen Kinde gegenüber unterhaltspflichtig und sind für die Unterhaltsklage die Zivilgerichte des Landes zuständig. Auf Grund der Rechtsprechung steht jedoch fest, daß nach Hindurecht ein Hindu nicht von dem Kind einer christlichen Mutter mif Unterhaltsleistung in Anspruch genommen werden kann. Nach mohammedanischem Recht ist das un­ eheliche Kind einer nicht mohammedanischen Mutter nicht besser gestellt. Das englische Gesetz verpflichtet einen Vater zwar nicht zum völligen Unter­ halt seines unehelichen Kindes (dessen natürlicher Vormund die Mutter ist), aber zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen während einer bestimmten Reihe von .Jahren. Gewöhnlich können diese Beiträge verlangt werden, bis das Kind 16 Jahre alt wird. Die Zuständigkeit zur Anordnung von Untechaltszahlungen on die Mutter eines unehelichen Kindes — oder an irgend jemand anderen zu­ gunsten der Mutter oder des Kindes — ist den Friedensrichtern übertragen, während die Anordnung selbst mit „Affiliation Order“ (Vaterschaftsverfügung) bezeichnet wind. „Maintenance Order“ (Unterhaltsverfügung) bezieht sich da­ gegen in England auf Ehefrauen oder eheliche Kinder. Weitpert-Richter, Di« Rechtsoerfolgung der Untcrhalisanspriiche unehelicher Kinder im Ausland.

7

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II. Teil. Asien.

In Britisch-Jndien ist eine der vorstehend geschilderten gleichartige Zu­ ständigkeit gewissen Friedensrichtern übertragen, deren Befugnisse einschließlich der allgemeinen Versahrensvorschriften niedergelegt sind in der Strafprozeßord­ nung (Act V of 1898) in der Neufassung des Criminal Procedure Ammendment Act of 1923 (Strafprozeßnovellc von 1923), des Criminal Law Ammendment Act (Strafgesetznovelle) und des Racial Distinctions Act (Gesetz über die Rassenunterschiede) aus dem gleichen Jahre. Obwohl das vorgenannte Gesetz­ buch allein alle für den Richter maßgebenden Vorschriften auf diesem Gebiete enthält, wird das Verfahren selbst im Gegensatz zum Strafverfahren als ein Quasi-Zivilverfahren angesehen; auch wurde an maßgebender Stelle entschieden, daß der angebliche Vater nicht ein „Angeklagter" im Sinne der sonstigen Vor­ schriften des Gesetzes, noch auch daß die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind ihrer Bedeutung nach ein „Vergehen" im Sinne des indischen Strafgesetzes ist. In dem Verfahren nach Kapitel XXXVI des Gesetzbuches wird deshalb der an­ gebliche Vater als Beklagter und die fragliche Mutter als Antragstellerin oder bisweilen als Klägerin bezeichnet. Der Friedensrichter kann nach diesen Vor­ schriften keine höhere Unterhaltsrente als monatlich 100 Rupien festsetzen. Es war mir nicht möglich, einen Fäll ausfindig zu machen, in dem die Mutter eines unehelichen Kindes, die außerhalb Indiens wohnte oder sich auf­ hielt, den Versuch gemacht hätte, die Rechtsprechung eines dortigen Friedens­ gerichtes anzürufen. Die Anrufung ist schwierig und das Recht hierzu durchaus nicht zweifelsfrei. Wie muß zunächst das Verfahren in Gang gebracht werden? In, Fällen, in denen eine Person gegen eine andere den Vorwurf eines „Vergehens" erhebt, befiehlt das Gesetzbuch, daß der Friedensrichter den Kläger unter Eid vernehmen muß, bevor er über ein „Vergehen" erkennt. Diese Vorschrift kann folglich nicht erfüllt werden, wenn der Kläger abwesend ist. Es muß weiter beachtet werden, daß sich nach indischem Gesetz eine Person strafbar macht, die eine andere Person fälschlich anklagt. Alle diese Gesetzesvorschriften sind nicht anwendbar gegenüber einer Person, die sich völlig außerhalb des Machtbereiches der indischen Gerichte befindet. Ihrer Wichtigkeit entsprechend seien diese Bedenken hier dargetan, doch bin ich der festen Meinung, daß sie kein Hindernis für einen Antrag nach See. 488 des Gesetzbuches bilden dürften. Die zwei ersten Absätze von See. 488 lauten wie folgt: 488 (1): Wenn jemand, der über hinreichende Mittel verfügt, aus Nachlässigkeit oder absichtlich versäumt, seiner Frau oder seinem ehelichen oder unehelichen Kinde, die außer­ stande sind, sich selbst zu erhalten, Unterhalt zu gewähren, so kann der District Magistrate, ein Presidency Magistrate, ein Sub-divisional Magistrate oder ein Magistrate of the first dass auf Nachweis der Vernachlässigung oder Abweisung der Unterhaltspflicht verfügen, daß die betreffende Person einen dem Richter angemessen erscheinenden monatlichen, jedoch 100 Rupien nicht übersteigenden Unterhaltsbeitrag für seine Frau oder sein Kind zu leisten hat, der an die vom Richter jeweils bestimmte Person zu zahlen ist. (2): Der Unterhaltsbeitrag ist vom Tag der Verfügung an oder auf besondere An­ ordnung vom Tag des Unterhaltsantrages an zu entrichten.

Es ist nach diesen Bestimmungen zu beachten, daß der Friedensrichter die erbetene Verfügung erst erlassen kann, wenn die Vernachlässigung oder die Wei­ gerung erwiesen sind und daß ein als „Applikation" bezeichneter Antrag vor­ liegen muß. Nach meiner Meinung ist der Antragsteller nicht notwendigerweise ein „Kläger" nach der im Gesetzbuch sonst gebrauchten Ausdrucksweise und muß mit der geschädigten Partei nicht personengleich sein. Es erscheint mir aber von

Indien.

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besonderer Bedeutung, daß die Worte „Klage" und „Kläger" nirgends sonst in einem der 8 Absätze der See. 488 erwähnt sind, noch auch in See. 489, und daß in See. 490 (welch letztere Sektion sich mit diesem besonderen Ersatzwort im Ge­ setzbuch behilft) das Wort „Person" sowohl als Bezeichnung für den angeblichen Baler oder den Gatten wie auch hinsichtlich jener gebraucht ist, zu deren Gunsten oder an die das Geld zu zahlen ist. In allen diesen Fällen ist die Mutter offenbar nicht allein mit „Person" gemeint. Ich bin daher der Meinung, daß jeder Antrag weiter behandelt werden muß, der von einer Person gestellt wird, die sich im Besitz einer Anwaltsvollmacht befindet und, was in der fraglichen Vollmacht zum Ausdruck gebracht sein muß, beauftragt ist, ünen Antrag nach See. 488 zu stellen, falls der Antrag zur Glaubhaftmachung des Gesuches durch eine eidesstattliche Versicherung oder eine andere Urkunde, der nach dem betreffenden fremden Recht die gleiche Wirkung zukommt, gestützt wird. Die zweite Schwierigkeit bei der Einleitung eines Verfahrens zugunsten einer Mutter, die außerhalb der indischen Gerichtsbarkeit lebt, betrifft die Bei­ bringung der Beweise, die notwendig sind, um die Gerichte zur Erlassung der beantragten Verfügung in Stand zu setzen. Selbst angenommen, der Gerichtshof würde sich mit einer eidesstattlichen Versicherung (oder einer nach fremdem Recht gleichwertigen Urkunde) als Glaub­ haftmachung des Antrages zufrieden geben, so müßte doch bestimmt das weitere Verfahren den Vorschriften des Gesetzbuches folgen, weil die Beweisaufnahme ausdrücklich darin geregelt ist. In dieser Hinsicht lautet die maßgebende Sektion folgendermaßen: 488 (6): Alle in diesem Kapitel vorgeschriebenen Beweise müssen je nachdem in Gegenwart des Vaters oder des Gatten ausgenommen werden oder in Gegenwart seines Sachwalters, wenn der Betreffende vom persönlichen Erscheinen entbunden sein sollte und müssen entsprechend den in Ladungssachen geltenden Vorschriften protokolliert werden.

Der Richter kann den Fall nur auf Grund des Vorbringens einer Partei verhandeln und entscheiden unter der Voraussetzung, daß er die Überzeugung gewonnen hat, daß eine absichtliche Vernachlässigung oder Unterhaltsverweige­ rung vorliegt. Solche Entscheidungen sind aber wieder aufzuheben, wenn dies innerhalb dreier Monate vom Tage ihrer Erlassung an unter Darlegung trif­ tiger Gründe beantragt wird. Immerhin ist an anderer Stelle (siehe See. 503 ff.) vorgesehen, daß das Gericht um Rechtshilfe ersuchen kann, wenn das Erscheinen eines notwendigen Zeugen nicht anders als mit Hilfe eines den Umständen nach untunlich erschei­ nenden Maßes von Zeit, Geld oder sonstigen Unzuträglichkeiten zu ermöglichen ist. In der Praxis nimmt man in Vaterschaftsprozessen oder anderen Verfahren nach der vorhergehenden Sektion häufig seine Zuflucht zur Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg und zwar wird die Zeugenaussage zu Protokoll genommen in Form von Antworten auf schriftlich niedergelegte Fragen oder von Kreuzfragen, die von« Gericht geordnet und dem Beamten übersandt wurden, der die Ein­ vernahme auf Ersuchen leitet. Was nun den vorliegenden Fall betrifft, so hat unglücklicherweise der Friedensrichter in Indien nicht die Möglichkeit, ein Rechtshilfeersuchen an andere als gleichgeordnete Friedensrichter in Indien zu richten. Er kann sich weder nach England noch sonst irgendwohin außerhalb Indiens wenden. Selbst der High 7»

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II. Teil. Asien.

Court (der höchste Gerichtshof) könnte es nicht an seiner Stelle veranlassen, obwohl dieser Gerichtshof (in Zivilsachen) auf Grund seines Privilegs und auch sonst ermächtigt ist, Gesuchschreiben an ausländische Gerichtshöfe zu richten mit der Bitte um Prüfung durch Einvernahme bestimmter Personen oder sonst irgend­ wie. Einige Länder (darunter Deutschland) verlangen, daß solche Ersuchschreiben über den diplomatischen Weg geleitet werden. Frankreich, Jtalim, Dänemark, Belgien, die Niederlande und Norwegen gestatten die Einvernahme von Zeugen durch die britischen Konsulatsbeamten. Ein Chief Presidency Magistrate (d. i. ein Richter, der an den obersten Gerichtshöfen von Calcutta, Bombay oder Madras den Vorsitz führt) ist in allen Verwaltungsangelegenheiten unmittelbar dem Judicial Department der ört­ lichen Gouvernements-Regierung unterstellt. Ich kenne bisher keinen Fall — es scheint noch nicht vorgekommen zu sein —, in dem ein Richter im Wege der Rechtshilfe durch die Gouvernements-Regierung eine Beweisaufnahme im Aus­ lande veranlaßt hätte, doch sehe ich keinen theoretischen Hinderungsgrund. Zwar sind dem Friedensrichter keine solchen Machtbefugnisse durch das Gesetzbuch ausdrücklich übertragen, wie es durch besonderes Gesetzesprivileg bei gewissen High Courts in Indien geschehen ist. Dagegen steht durch Entscheidung maßgebender Stellen bestimmt fest, daß die Strafprozeßordnung nicht er­ schöpfend ist. Gesetzliche Vorschriften über den Weg, den eine in Deutschland wohnende Mutter einzuschlagen hätte, um in Indien eine Verfügung zu erlangen, daß an sie oder ihren Vertreter Geldbeträge auf Grund der Vaterschaft zu ihrem un­ ehelichen Kinde zu leisten seien, bestehen sonach meiner Meinung nach nicht. Andererseits betrachte ich die offensichtlich bestehenden Hindernisse nicht als not­ wendigerweise unüberwindlich. Ein Probefall würde sicher Klärung schaffen. Ich neige jedenfalls zu der Anschauung, daß die Regierung Indiens und die Staats­ sekretäre für auswärtige Angelegenheiten und für Indien nach Kräften gerne alles tun würden und sei es sogar auf dem Wege einer Änderung der Gesetz­ gebung, um jene offensichtlichen Hindernisse zu beseitigen, wenn sie ihnen frei­ mütig samt den Härten, die sie nach sich ziehen, vor Augen geführt würden.

Calcutta, den 23. Februar 1927.

M. Barnell, Rechtsanwalt.

II. Uneheliche Geburt und Vaterschaft nach indischem Recht. Meinem Gutachten lege ich zugrunde, daß die Mutter des unehelichen Kindes in jedem Fall in Deutschland wohnt und daß das Kind dort selbst geboren ist. Wesentlich andere Gesichtspunkte sind maßgebend, wenn das Kind in England oder sonst irgendwo in den britischen Dominien geboren sein sollte; denn in letzterem Fall können erfolgreiche Entscheidungen in Vaterschaftsprozessen, die in England oder sonstigen britischen Gebieten ergangen sind, in Indien auf Grund eines besonderen Gegenseitigkeitsabkommens geltend gemacht werden. Um jedoch ein derartiges Verfahren in England oder in einem der britischen Dominien zu erfolgreichem Ende zu bringen, ist das persönliche Erscheinen der Mutter da­ selbst notwendig, während gleichzeitig dem angeblichen Vater Gelegenheit gegeben werden muß, zu erscheinen und sich einvernehmen zu lassen. Dies pflegt für eine deutsche Mutter, die noch in Deutschland wohnt, in der Regel eine unüberwind­ liche Schwierigkeit zu bilden. Im Interesse der Vollständigkeit habe ich aber hier

Indien.

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die ihr gegebenen Möglichkeiten dargelegt für den Fall, daß sie sich innerhalb des Gebietes der britischen Rechtsprechung selbst befinden sollte. Ich wende mich daher wieder dem Falle zu, daß eine deutsche Mutter ein Kind infolge Verkehrs mit einer in Indien wohnenden Person in Deutschland geboren hat. Das indische Gesetz über uneheliche Kinder und ihre Eltern unter­ scheidet sich in mancher Hinsicht von dem in England geltenden. In beiden Ländern erkennen die Gerichte gewisse Rechte der Mutter des unehelichen Kindes an. Diese sind: 1. das Recht auf Personenfürsorge für das Kind, 2. das Recht, die Religion zu bestimmen, in der das Kind erzogen werden soll, 3. das Recht, zugunsten des Kindes von dessen Vater Unterhaltsgelder zu empfangen, sobald letzterer entweder die Vaterschaft anerkannt hat öder sobald ein diesbezügliches Urteil eines zuständigen Gerichtes vorliegt. Da jedoch das Heimatrecht, das in Britisch-Jndien zur Anwendung kommt, verschieden ist, kann in Wirklichkeit nicht jede Mutter auf dem Wege des Zivil­ prozesses Unterhalt für ihr Kind erlangen. Andererseits wird ihr der Erfolg nicht versagt sein, wenn es ihr gelingt, die Anwendung von See. 488 der Straf­ prozeßordnung als die für sie und ihren Fall maßgebende Bestimmung zu er­ reichen. Diese Sektion befaßt sich in keiner Weise mit Angelegenheiten der Staats­ angehörigkeit, sondern gibt eine unmittelbare gesetzliche Handhabe ohne Rücksicht auf das Heimatrecht. Was den gesetzmäßigen Behelf nach See. 488 der Strafprozeßordnung be­ trifft, so darf ich auf das Gutachten über Rechte und Pflichten von Indern, die in Deutschland geborene uneheliche Kinder haben (siehe Ziffer I), verweisen, nach­ dem ich darin ausführlich die Schwierigkeiten besprochen habe, denen eine Mutter begegnet, die, obwohl außerhalb Indiens lebend, sich auf diese besondere Sektion der Strafprozeßordnung zu berufen wünscht. Die Schwierigkeit hierbei liegt, so wie ich es ansehe, ausschließlich im Verfahren. Obgleich dieses besondere Gut­ achten als Antwort auf die Frage betreffend die Vaterschaft von Indern erstattet wurde, beziehe ich mich darauf, weil alles, was darin über die technischen Schwierigkeiten gesagt wurde, ebenso auf die Vaterschaft irgendeines anderen in Indien wohnenden Staatsangehörigen anwendbar ist. Die folgenden Antworten beschränken sich daher auf den Fall, daß im Wege des Zivilrechtsstreites oder „Civil suit“, wie es in Indien heißt, Abhilfe gesucht wird.

1. Der Vater ist deutscher Staatsangehöriger und wohnt in In dien. In diesem Fall kann das Heimatrecht von Vater und Mutter zugrunde gelegt werden und zwar entweder dadurch, daß der Rechtsstreit auf das deutsche Unehelichenrecht oder dadurch, daß er auf das Urteil eines zuständigen deutschen Gerichtes gestützt wird. Sollte indes ein Zivilrechtsstreit in Deutschland nicht zulässig sein, so ist er auch in Indien nicht zulässig. Das im abgekürzten Verfahren ergangene Urteil eines deutschen Gerichtshofes, durch das der Vater zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme angehalten wird, kann zweifellos als Grundlage für einen Rechts­ streit in Indien verwendet werden, doch muß die verlangte Summe ein fest be­ stimmter Betrag und nicht ein monatlicher, vierteljährlicher oder halbjährlicher Beitrag sein.

2. a) Der Vater ist britischer Staatsangehöriger und wohnt in Indien. Englische Gerichtshöfe gestatten nicht, daß Vaterschaftsverfügungen gegen angebliche Väter erlassen werden, deren Kinder im Ausland geboren wurden, selbst wenn das Kind in England oder sonst auf britischem Gebiet erzeugt oder kurz nach seiner Geburt nach England gebracht worden sein sollte. Was die Frage der Örtlichkeit anlangt, so gilt die Gebürt auf einem Schiss, das die britische Flagge führt, als Geburt auf englischem Gebiet. Aus vorstehenden Gründen kann niemals gegenüber einem britischen Staats­ angehörigen der Rechtsstreit auf ein Heimatrecht gestützt werden, wenn das Kind, als dessen Vater er bezeichnet wird, in Deutschland geboren wurde; in derartigen Fällen würden deshalb auch indische Gerichtshöfe keine Zivilklage auf Unterhalt für das Kind behandeln.

b) Der Vater ist indischer Staatsangehöriger und wohnt in Indien. (Siehe mein vorhin erwähntes früheres Gutachten.)

3. Der Vater ist weder Brite noch Deutscher. Hier kommt es auf das Heimatrecht der Parteien an. Ein Rechtsstreit ist in Indien nicht zulässig, wenn die Grundlagen der Heimatrechte von Vater und Mutter über die Unterhaltsfrage nicht im wesentlichen übereinstimmen. Was die äußere Form des Rechtsstreites anlangt, so kann ein Kind in Indier: den Rechtsstreit durch seinen Vormund oder seinen nächsten Freund an­ strengen lassen. Es besteht daher für eine überseeische Vormundschaftsbehörde kein Hindernis, durch einen entsprechend bevollmächtigten Anwalt in Indien einen Rechtsstreit anzustrengen. Zum Schluß darf ich jedenfalls sagen, daß die wesentlich praktischen Schwierigkeiten sowohl im Zivilverfahren, wie im Verfahren nach See. 488 der Strafprozeßordnung in der Hauptsache Beweisschwierigkeiten sind. Doch besteht im Zivilverfahren weitgehend die Möglichkeit, die Beweisaufnahme im Ausland im Rechtshilfewege durchzuführen, es müßte aber eine derartige Beweisaufnahme mit einiger Sorgfalt durchgeführt werden, weil die Verlesung solcher Teile, die nach indischen Beweisgesetzen nicht zulässig sind, im Prozeß nicht zugelassen würde, auch müßte das angewandte Verfahren, die Persönlichkeit des Vaters durch Lichtbild festzustellen, einer sehr genauen Nachprüfung unterzogen werden.

Calcutta, den 15. Mai 1928.

M. Barnell, Juris Consultus. 8. Irak.

Der Irak, dessen Staatsgebiet der Amtsbezirk des Deutschen Konsulats in Bagdad umfaßt, ist britisches Mandatsgebiet. Das Deutsche Konsulat schildert die Verhältnisse bezüglich der Möglichkeit der Durchführung einer Vaterschafts­ und Unterhaltsklage für ein deutsches uneheliches Kind wie folgt: Staatsrechtlich ist der Irak ein selbständiges Königreich, das mit Groß­ britannien Bündnisverträge geschlossen hat, die vom Völkerbund als den Er-

Irak.

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fordernissen eines Mandatsverhältnisses entsprechend anerkannt worden sind. Wegen Einzelheiten wird auf den Artikel „Irak" in dem rechtsvergleichenden Handwörterbuche für das Zivil- und Handelsrecht des In- und Auslandes, herausgegeben von Dr. Franz Schlegelberger, Verlag von Franz Vahlen in Berlin, verwiesen. Die Frage der irakischen Staatsangehörigkeit ist geregelt durch das irakische Staatsangehörigkeitsgesetz vom 19. Oktober 1924. — In Wirklichkeit sind auch britische Staatsangehörige im Irak Ausländer. Ausländische Urteile können im Irak nicht vollstreckt werden. Mangels gesetzlicher Regelung und entsprechender Verträge kann Vollstreckung im Irak nur durch nochmalige Prozeßführung erreicht werden. Im Auslande ergangene Urteile, die im Prozeß als Beweismittel vorgebracht werden, unterliegen der freien Beweiswürdigung der Richter, und entsprechend würde auch eine im Aus­ lande bereits erfolgte Anerkennung der Vaterschaft im Irak nochmaliger Nach­ prüfung durch das Gericht unterliegen. Zuständig für Klagen betreffend die Vaterschaft und den Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes sind im Irak die ordentlichen Gerichte (nicht die geistlichen Gerichte). Die Staatsangehörigen von Großbritannien, Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland, Belgien, Frankreich, Portugal, Spanien, Italien, Griechen­ land, Rumänien, Japan, den Vereinigten Staaten von Amerika, Österreich und Ungarn genießen im Irak die im Art. II des englisch-irakischen Gerichtsbarkeits­ abkommens vom 25. März 1924 bezeichneten Vorrechte. Diese bestehen im wesent­ lichen darin, daß auf Verlangen der Vorsitzende des Gerichtes ein Engländer sein muß, die Verhandlungen aus dem Arabischen in das Englische übersetzt werden müssen, und daß Vollstreckungshandlungen und Haussuchungen nur auf Grund eines von einem englischen Beamten unterzeichneten Schriftstückes stattfinden können. Das anzuwendende materielle und formelle Recht ist das mohammedanischhanefitische geistliche Recht. Auf den Antrag des deutschen Konsuls in Bagdad hin hat das Justizmini­ sterium den Richter eines Gerichtes in Bagdad, das gegebenenfalls zur Ent­ scheidung einer solchen Klage zuständig wäre, mit der Abfassung eines Gutachtens beauftragt und ihm dieses Gutachten in arabischer Sprache übersandt. Dieses Gutachten lautet in deutscher Sprache, wie folgt: „An den geehrten Herrn Gerichtspräsidenten. 1. Wenn ein Vater die Vaterschaft an einem aus unehelichem Bette hervor­ gegangenen Kinde leugnet, so liegt der unehelichen Mutter der Beweis ob, daß das Kind von dem Manne erzeugt worden ist, d. h. daß es aus einem Beischlafe mit diesem Manne hervorgegangen ist. Beweisgegner ist der Mann. Wenn der Mann das, was die Frau gegen ihn vorbringt, leugnet, so muß diese den Beweis antreten, und es liegt auf der Hand, daß dieser Beweis ein „persönlicher Beweis" sein muß. 2. Wenn bewiesen worden ist, daß der Mann der uneheliche Vater ist, so ist er zum Unterhalt des Kindes verpflichtet nach seinem Vermögen und seinen Kräften. Es macht dabei keinen Unterschied, ob dieser Mann ein Ausländer oder Iraker ist. Nur müssen, wenn er ein Ausländer ist, bei der Ausführung und Vollstreckung gegen ihn die Staatsverträge des Irak mit seinem Lande beachtet werden. Ist die Frau im Irak und der Mann

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II. Teil. Asien.

im Irak oder im Auslande, so kann die Frau.bei den Gerichten ihres Wohnsitzes die Klage auf Unterhalt anstrengen entsprechend dem Art. 9 des Gesetzes über die Prozeßführung vor den geistlichen Gerichten; alles, was mit der Unterhaltsklage zusammenhängt, wie der Beweis der Vater­ schaft usw., gehört ebenfalls zur Zuständigkeit dieses Gerichtes. 3. Dasselbe ist der Fall bei Prozessen gegen irakische Staatsangehörige, die aus fremden Ländern nach dem Irak zurückkehren, und gegen Ausländer, die im Irak wohnen. 4. Das bei solchen Entscheidungen anzuwendende Recht ist das irakische Recht, und zwar sind es bei Personenstandssachen die Bestimmungen des hanefitischen geistlichen Rechtes der islamischen Rechtsgelahrtheit (Fiqh) ge­ mäß der Justizentscheidung für das Jahr 1918." Allgemein wird noch bemerkt, daß das uneheliche Kind, das von seinem Vater Unterhalt bekommt, dennoch kein Erbrecht hat. Zur Vertretung deutscher unehelicher Kinder vor irakischen Gerichten emp­ fiehlt das Konsulat den Rechtsanwalt Isaac Selim Effendi, Bagdad, Bank Street, der in französischer Sprache korrespondiert, aber auch deutsche Schrift­ sätze zu lesen vermag.

9. Japan. Zum Verständnis der Lage der unehelichen Kinder unter dem Japanischen Recht ist der Hinweis erforderlich, daß es nach dem Jap. Bürgerlichen Gesetzbuch zwei Arten der Verwandtschaft gibt, nämlich neben der auf Blutsbanden be­ ruhenden Blutsverwandtschaft die spezifisch-japanische Hausverwandtschaft, d. h. die Zusammenfassung der in einer Familie, „Haus" geeinten Personen, zu denen außer Ehegatten, Blutsverwandten auch angenommene, aufgenommene und aus ferneren Familienbeziehungen stammende Personen gehören; diese bilden eine besondere Hausgemeinschaft, die ähnlich wie bei der römischen Agnatenfamilie oder der deutschen „Munt" unter der Gewalt eines Hausältesten („Hausherrn", jap. „Koshu“) steht und mit ihm den Familiennamen teilt. Unter diesem doppelverwandtschaftlichen System treten die unehelichen Kin­ der, was zunächst die Blutsverwandtschaft anbetrifft, nur zu der Mutter und bereit Verwandten in das Verhältnis von Blutsverwandten. Zwischen dem Vater und dem unehelichen Kinde entsteht kein Verwandtschaftsverhältnis. Denn der Vater gilt als „unbekannt" (s. die von mir herausgegebene deutsche Übersetzung des Jap. BGB. §§ 733 Abs. 2, 877 Abs. 2): er ist daher auch nicht unterhalts­ pflichtig. Das jap. Gesetz kennt keinen Alimentationsanspruch des unehelichen Kindes oder Entschädigungsanspruch der Mutter gegen den Erzeuger. Um so bemerkenswerter ist es, daß das BGB. dem unehelichen Kinde einen gesetzlichen Erbanspruch auf die Hälfte des dem ehelichen Kinde zufallenden Erbteils zu­ spricht (§§ 1004, 1146). — Die Mutter hat die elterliche Gewalt über das un­ eheliche Kind (§ 877); eine Vormundschaft über uneheliche Kinder, wie im deut­ schen Recht, ist nicht eingeführt: die elterliche Gewalt einer Mutter ist aber an sich beschränkter Natur (§ 886). Die uneheliche Mutter ist berechtigt, ihr Kind durch Adoption zu ihrem ehelichen Kinde zu erheben. Im Verhältnis zu dem „Hause" tritt das uneheliche Kind in das Haus der Mutter ein, wenn diese ein eigenes „Haus" gegründet hat; ist die Mutter, tote im Regelfälle, Hausangehörige im Hause des Familienältesten, so hängt

die Aufnahme des Kindes in die Familie von der Einwilligung des Hausherrn ab. Wird sie versagt, so muß die Mutter ein eigenes Haus begründen (§ 735). Wenn das uneheliche Kind jedoch wie in der Regel in das Haus, dem die Mutter angehört, ausgenommen ist, so ist es damit Mitglied der Hausgemeinschaft ge­ worden und genießt als solches alle Vorteile, die die Hausgemeinschaft in recht­ licher und materieller Hinsicht bietet; namentlich ist es berechtigt, von dem Haus­ herrn Unterhalt zu verlangen (§ 747). Mangels anderer Abkömmlinge ist cs sogar gesetzlich zur Hauserbschaft, d. h. Nachfolgerschaft in die Hausherrnstellung und das Hausvermögen berufen. Die Hausgemeinschaft ist es demnach, die das Kind vor Verwahrlosung schützt; aus diesem Grunde konnte auch der unmittel­ bare Unterhaltsanspruch gegen den leiblichen Vater, dessen Fehlen zunächst als Härte erscheint, ohne große Bedenken versagt bleiben. Aber das Gesetz geht noch weiter und gewährt dem Kind mittelbar gegen den Erzeuger einen Unterhaltsanspruch mit Hilfe der in §§ 827ff. vorgesehenen „Anerkennung" von feiten des Vaters, auf die das Kind einen einklagbaren Anspruch hat. Das vom Vater anerkannte Kind wird mit dem Namen „Shoshi" ausgezeichnet und tritt mit der Anerkennung in das besondere Rechtsverhältnis eines solchen. Die Anerkennung erfolgt durch die Erklärung gegenüber dem Standesbeamten, daß der Vater das Kind als von ihm abstammend gelten lassen will. Die Erklärung ist unwiderruflich (§ 833), aber von feiten des Kindes oder anderer Interessenten anfechtbar; sie ist nicht Anerkennung der Ehelichkeit, son­ dern der einfachen Vaterschaft. Daraus folgt, daß, obwohl zwischen dem Vater und dem „Shoshi" die Beziehungen von Vater und Kind eintreten, woraus die elterliche Gewalt des Vaters und Unterhaltspflicht gegenüber dem „Shoshi" her­ vorgeht, letzterer doch dem ehelichen Kinde nicht in jeder Beziehung gleichgestellt ist. Dies zeigt sich bei der Hausaufnahme und der Erbfolge, wo der „Shoshi" als ein noch nicht anerkanntes uneheliches Kind angesehen wird (§§ 735,1004,1146), er ist jedoch vor letzterem als Hausgenosse zur Hauserbschaft berufen (§ 970, Nr. 4). Der „Shoshi" kann die Stellung des ehelichen Kindes dadurch erlangen, daß der Vater die Ehe mit der Mutter eingeht (legitimatio per subsequetis matrimonium), (§ 836); ist die Ehefrau nicht die Mutter des Kindes, so bleibt das Kind „Shoshi", wird aber auch mit der Stiefmutter im Verhältnis von Mutter und Kind verwandt (§ 728). Die Anerkennung des unehelichen Kindes durch den Vater nach der Ehe mit der Mutter bewirkt Ehelichkeit des Kindes (§ 836 Abs. 2). Das uneheliche Kind wird demnach nicht ohne weiteres, dadurch daß die Mutter den Vater heiratet, ehelich, wie dies nach dem Deutschen BGB. § 1719 der Fall ist, sondern nur durch ausdrückliche Willenserklärung und Anmeldung beim Standesbeamten. Die ausländische uneheliche Mutter kann die Alimentation durch einen jap. Vater in Japan nötigenfalls auf dem Wege der Geltendmachung des Anerken­ nungsanspruchs (auf Erklärung des Kindes zum „Shoshi") herbeiführen. Für den ausländischen Vater eines mit einer Japanerin erzeugten Kindes besteht keine eigentliche gesetzliche Unterhaltspflicht, da hierfür die jap. Gesetze maß­ gebend sind*) und nach der jap. Rechtsordnung die Anmeldung des „Shoshi"*) Gesetz Nr. 10 vom Jahre 1898 betr. die Anwendung der Gesetze (sog. Einführuugsgesctz):

Artikel 18: Die Erfordernisse für die Anerkennung eines unehelichen Kindes von feiten des Vaters sowie der Mutter richten sich nach dem Gesetz des Staates, dem der Vater oder die Mutter

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II. Teil.

Asien.

Verhältnisses zum standesamtlichen Familienregister, die die Zugehörigkeit zum jap. Hausverband bedingt, durch einen Ausländer formell nicht zulässig ist. Gleichwohl ist der ausländische Vater für alimentationspflichtig zu erklären, weil die Rechtsprechung unter dem starken Einfluß eines natürlichen Zusammen­ gehörigkeitsgefühls der jap. Familie bestrebt ist, über Formalbedenken hinweg dem Geist der angeführten Rechtsbestimmungen zu folgen, denen, wie gezeigt, ein Zug milder Menschlichkeit gegenüber dem unehelichen Kinde innewohnt. Prozeßrechtlich wird der Anspruch auf Anerkennung auf Grund des § 30 des jap. Personenstandsgesetzes (Gesetz Nr. 13 vom Jahre 1898) durch Klage vor dem Landgericht des allgemeinen Gerichtsstandes des Kindes von feiten der Mutter, ihres Ehemannes oder früheren Ehemannes verfolgt. Die allgemeine Unterhaltsklage ist ebenfalls im Wege der Zivilklage vor den ordentlichen Ge­ richten zu betreiben. Dr. Karl Vogt, Justiziar bei der Deutschen Botschaft in Tokio. Das Deutsche Konsulat Yokohama hat dem vorstehenden Gutachten noch folgendes beigefügt: Wenn somit in Japan auch eine gesetzliche Handhabe besteht, um gegen bös­ willige deutsche, japanische und in den meisten Fällen wohl auch anderweitige Ausländer auf dem Klagewege vorzugehen, so ist dieser Weg doch zumeist für die praktische Anwendung nicht zu empfehlen, weil es ein Armenrecht in der japanischen Justiz nicht gibt, weil auch im Falle des Obsiegens die Kosten des eigenen Rechtsbeistandes nicht erstattet werden und weil selbst nach Erringung eines obsiegenden Urteils es einem böswilligen Schuldner häufig gelingt, sich dec Vollstreckung zu entziehen. Deshalb sollten solche Schritte stets nur nach vorheriger Konsultierung des Konsulats unternommen werden. Die einschlägigen Bestimmungen gelten auch in den japanischen Besitzungen, Kolonien und Mandatsgebieten.

10. Niederländisch-Jndien. Der niederländisch-indische Besitz umfaßt: u) die vier großen Sunda-Jnseln: Sumatra, Java, Borneo und Celebes; b) die kleinen Sunda-Jnseln mit Timor, das nur zur Hälfte niederländischer Besitz ist; c) die Molukken oder Gewürzinseln. Das deutsche Generalkonsulat in Batavia hat im Zusammenwirken mit seinem niederländisch-indischen Rechtsberater bezüglich der Möglichkeit der Fest­ stellung der Vaterschaft und der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche für deutsche uneheliche Kinder folgende Auskunft erteilt: angehört. Die rechtlichen Folgen der Anerkennung richten sich nach dem Gesetz des Staates, dem der Vater oder die Mutter angehört. Artikel 20: Für das gesetzliche Verhältnis zwischen den Eltern und dem Kind ist das Gesetz des Staates maßgebend, dem der Vater angehört. Falls kein Vater vorhanden ist, gilt das Gesetz des Staates der Mutter. .Artikel 21: Die Unterhaltspflicht wird nach dem Gesetz des Staates beurteilt, dem der Unterhalts­ pflichtige angehört.

Niederländisch-Jndien.

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Das niederländisch-indische Gesetz unterscheidet dreierlei Arten von außer­ ehelich geborenen Kindern: a) außerehelich geborene, aber durch nachfolgende Ehe der Eltern gesetzlich gewordene Kinder (sogenannte „gewettigde linderen", Art. 272 ff. Burgerlijk Wetboek-Gesetzbuch), b) außerehelich geborene Kinder, dann aber durch den Vater oder die Mutter gesetzlich anerkannt (sogenannte „erkende linderen", Art. 280 ff. BW.), c) außerehelich geborene Kinder, die weder „gewettigd", noch „erkend" wor­ den, also nach deutschem Begriff „unehelich" geblieben sind (sogenannte „natuurlijke linderen"). Zu a und b. Nach dem niederländisch-indischen Gesetz haben „gewettigde" und „erkende" Kinder Anspruch auf Lebensunterhalt gegenüber dem Vater. Bei solchen Kin­ dern dürften demnach in bezug auf die Unterhaltspflicht keinerlei Schwierigkeiten entstehen. Ebensowenig bei solchen Kindern, die analog auf Grund der Bestim­ mungen des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches durch „Legitimation durch nach­ folgende Ehe" (§§ 1719 ff.), oder „Ehelichkeitserklärung" (§§ 1723 ff.) in Deutschland als „ehelich" anerkannt sind. Ungeklärt bleiben jedoch die rechtlichen Folgen aus der Anerkennung eines Kindes nach BGB. §§ 1705—1718. Zu c. Bei unehelichen Kindern, die weder „gewettigd" noch „erkend" sind (natuur­ lijke linderen), gibt es im niederländisch-indischen Gesetz keinerlei Rechtsverhält­ nis zwischen Kind und Erzeuger. Dieser ist dem Kinde gegenüber daher auch nicht unterhaltspflichtig. Es gibt mithin auch keinen ordentlichen Rechtsweg, um einen solchen Unterhaltsanspruch geltend zu machen. Doch scheint es nach Meinung des Rechtsberaters des Generalkonsulats möglich, auf folgendem Wege Ansprüche gegen den in Niederländisch-Jndien befindlichen Vater eines in Deutschland er­ zeugten und von einer deutschen Mutter in Deutschland außerehelich geborenen Kindes sicherzustellen: Ehe der Rechtsstreit in Niederländisch-Jndien anhängig gemacht wird, wird in Deutschland durch die dazu befugten Behörden die Vaterschaft des Erzeugers und seine Unterhaltspflicht nach deutschem Gesetz festgestellt. Danach wird vor dem zuständigen Richter in Niederländisch-Jndien Anspruch auf fortlaufenden Unterhalt erhoben. Anheimzugeben ist, diesen Anspruch baldmöglichst nach der Geburt des Kindes zu erheben. Das zuständige Gericht ist der „Raadvan Justitie" (Landgericht des Bezirks, in dem der Vater wohnhaft ist). Der Rechtsanspruch muß erhoben werden durch den gesetzlichen Vertreter (Vormund) des Kindes und in seinem Namen durch einen beim Raad van Justitie zugelassenen Rechtsanwalt, dem die Klage zu übergeben ist. Es genügt einfache Anwaltsvollmacht. Eine große Schwierigkeit liegt allerdings in der technischen Durchführung einer solchen Klage infolge der damit verbundenen hohen Beträge, die zunächst vom Kläger vorschußweise sichergestellt werden müssen. Kostenlose Prozeßführung für bedürftige Ausländer ist nicht möglich. Die Höhe der Kosten ist von den Um­ ständen des einzelnen Falles abhängig. Die verlierende Partei hat alle Kosten zu tragen, die durchschnittlich fl. 500.— für jede Partei in einer Instanz be­ tragen. Der Beklagte kann verlangen, daß der Kläger, wenn er ein Ausländer ist, einen Vorschuß hinterlegt, von dem nötigenfalls die Prozeßkosten abgezogen

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II. Teil. Asien.

werden können; dieser Vorschuß wird meist auf fl. 1000.— festgesetzt. Der mit den Interessen des Kindes beauftragte Rechtsanwalt verlangt im Anfang den üblichen Prozeßvorschuß von fl. 200.—, der je nach Umständen ergänzt werden muß.

Erheblich billiger ist allerdings statt dessen eine außergerichtliche Vertretung des Rechtsanspruchs durch einen niederländisch-indischen Anwalt. Die Kosten dürften sich dabei, je nach Lage des Falles, auf fl. 30—50 belaufen. In nor­ malen Fällen wird eine derartige Vertretung wohl auch zu dem gewünschten Ziele führen können. Aus den zur Sache gemachten Ausführungen des niederländisch-indischen Rechtsberaters des deutschen Generalkonsulats ist noch folgendes hervorzuheben:

Angenommen, daß das außereheliche Kind, für das Anspruch auf Lebens­ unterhalt gegen seinen in Niederländisch-Jndien wohnhaften Vater erhoben werden soll, in Deutschland erzeugt und von einer deutschen Mutter geboren ist: Ist der Vater eines solchen Kindes Deutscher, oder war er es zum mindesten in der Zeit, in der er das Kind erzeugte, dann scheint es zweifellos, daß der Kläger mit seinen Ansprüchen auf Lebensunterhalt auch beim niederländisch­ indischen Richter Erfolg haben wird. In diesem Fall fällt das Gesetz des Landes, in bent das Kind erzeugt ist, das zuständige Landesgesetz der Mutter und das zuständige Landesgesetz des Vaters zusammen. Es hätte in diesem Falle keinen Sinn, obwohl in der Literatur manchmal ein anderer Standpunkt eingenommen wird, das niederländisch-indische Gesetz über die Unterhaltspflicht gelten zu lassen, nur weil der Vater in Niederländisch-Jndien wohnhaft ist. Ist dagegen der Vater Nichtdeutscher, dann entsteht die Frage, ob man das Gesetz des Landes gelten lassen soll, in dem das Kind erzeugt ist, oder das zu­ ständige Landesgesetz des Vaters oder das Gesetz des Landes, in dem der Rechts­ streit geführt wird. In der Literatur werden alle diese Standpunkte eingenom­ men. Entgegen der in der Literatur vertretenen deutschen Auffassung würde wahrscheinlich der niederländisch-indische Richter das Gesetz des Landes gelten lassen, in dem das Kind erzeugt wurde. Hierbei wird eine Analogie angenommen zwischen dem Erzeuger eines außerehelichen Kindes und einer unrechtmäßigen Tat, deren Unrechtmäßigkeit und Folgen nach der im Völkerrecht am meisten ver­ tretenen Anschauung nach dem Gesetz des Landes zu beurteilen sind, in dem die Tat geschehen ist. Diese Auffassung wird auch in dem maßgebenden Werk von Mr. I. Kosters „Het International Burgerlijk Recht in Nederland" vertreten und kommt auch in einigen Urteilen niederländischer Gerichte zum Ausdruck.

Vertritt man diese anscheinend richtigste Auffassung, die wahrscheinlich auch der niederländisch-indische Richter vertreten dürfte, so kann das in Deutschland mit einer deutschen Mutter erzeugte Kind gegen seinen in Niederländisch-Jndien wohnenden Vater Anspruch auf Lebensunterhalt erheben, ganz gleich welcher Nationalität er ist. Als zweckmäßigster Weg hierzu wird der oben dargelegte empfohlen.

11. Palästina. Die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Berufsvormünder hat um Auf­ schluß darüber gebeten, ob und wie in Palästina die Vaterschaft für ein deutsches

Palästina.

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uneheliches Kind festgestellt bzw. dessen Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden kann: 1. gegen deutsche Väter, die nach Palästina ausgewandert sind; 2. gegen britische Staatsangehörige (auch Eingeborene), die in ihre palästi­ nensische Heimat zurückgekehrt sind; 3. gegen Ausländer (gleich Nichtengländer, Nichtdeutsche), die sich in Palä­ stina aufhalten. I. Zu der obigen Fragestellung bemerke ich zunächst, daß die Einteilung bezüglich der Staatsangehörigkeit der beklagten Väter einer Korrektur bedarf. Es muß unterschieden werden zwischen Vätern palästinensischer Staatsangehörig­ keit — eine solche palästinensische Staatsangehörigkeit gibt es nämlich neben der britischen — und Ausländern (foreigners) im Sinne des palästinensischen Rechts. Im Sinne dieses Gesetzes sind auch Engländer Ausländer. II. Die hier gestellte Frage ist eine des internationalen Privatrechts. Die Normen des internationalen Privatrechts sind bekanntlich nicht einheitlich inter­ national geregelt. Jedes Land hat seine rechtlichen Grundsätze für die Behand­ lung internationaler privatrechtlicher Fragen. Die Vorfrage besteht daher darin: Nach welcher international privatrechtlichen Norm ist die vorgelegte Frage zu entscheiden? Das Einführungsgesetz zum Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch gibt hierauf die klare Antwort, daß sich die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde nach dem Gesetze des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Dies ist aber nicht die englisch-recht­ liche Auffassung, und es ist als sicher anzunehmen, daß die palästinensischen Ge­ richte in Fragen des internationalen Privatrechts die Grundsätze der englischen Praxis befolgen werden. Diese geht nun dahin, daß bei Ansprüchen des unehe­ lichen Kindes gegen den erzeugenden Vater ausschließlich das Recht des Domizils des Vaters entscheidet (vgl. Westlake-Bentwich, Private International Law, VII. Auflage, London, Sweet & Maxwell 1925, S. 106; — Entscheidung in Sachen Coldingham Parish Council vs. Smith in The English and Empire Digest Vol. XI S. 442 Nr. 1017). Auch das kürzlich erschienene Buch Goadly, International and interreligious private Law in Palestine (Jerusalem 1926) ist der Meinung, daß in Unterhaltsfragen des Recht des Schuldners entscheidet (a. a. O. S. 162). Damit kommt das deutsche Recht, obwohl es sich um eine deutsche Mutter und ein deutsches Kind handelt, für die hiesigen Gerichte als Ausgangspunkt nicht in Betracht. Es kommt vielmehr das palästinensische Recht als das Recht des Domizils des Vaters in Frage. III. Nach palästinensischem Recht gehört der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater (maintenance) zum Recht des sogen, personal status. Dieses Recht ist grundsätzlich verschieden für Palästinenser und Foreigners (als Aus­ länder gelten Angehörige eines europäischen oder amerikanischen Staates oder Japans, unter Ausschluß der ottomanischen Staatsangehörigen, die int Recht des personal status wie Palästinenser behandelt werden. 1. Der Unterhaltsanspruch gegen ausländische Väter, die ihren Wohnsitz in Palästina haben. Über die Zuständigkeit der Gerichte und das anzuwendende Recht entscheidet hier Art. 64 of the Palestine order in Council 1922 (Palästinensische Verfassung). Danach ist für einen solchen Anspruch der District Court (Land­ gericht) des Wohnsitzes des Vaters zuständig. Das Gericht hat dabei das Recht des

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II. Teil. Asien.

Heimatstaates des Vaters anzuwenden, es sei denn, daß das Recht dieses Heimat­ staates auf das Recht des Domizils verweist, in welchem Falle das Recht am Domizil des Vaters anzuwenden ist. Der District Court besteht bei solchen Unterhaltsklagen, wie bei allen Sachen des personal status, die foreigners betreffen, allein aus dem britischen Präsidenten des District Courts. Wenn es sich dabei um Ansprüche gegen Nichtengländer handelt, so kann der Präsident des Gerichts den betreffenden Konsul auffordern, als Beisitzer an dem Verfahren teilzunehmen, um ihn über das Heimatrecht des betreffenden Ausländers zu be­ raten. Im Falle der Berufung gegen ein Urteil des District Courts ist der Konsul des betreffenden Ausländers berechtigt, als Beisitzer im Berufungs­ gericht (Court of Appeal) zu sitzen. a) Ansprüche gegen deutsche Väter. Da nach dem eben Ausgeführten das hiesige Recht in erster Reihe das Heimatrecht des Beklagten entscheiden läßt und das deutsche Recht in Artikel 21 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Ge­ setzbuch die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde nach dem Gesetz des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört, so werden auch die palästinensischen Gerichte bei Unterhaltsklagen gegenüber einem deutschen Vater in Palästina das deutsche Recht zur Anwendung bringen. Dieses Recht bedarf natürlich in diesem Gutachten keiner Darstellung. b) Unterhaltsanspruch gegen einen englischen Vater, der in Palästina seinen Wohnsitz hat. Hier ist der Anspruch in erster Reihe nach dem englischen Recht zu beurteilen. Dieses verweist für unsere Frage auf das Recht des Domizils. Nun gibt es aber für Ausländer in Palästina keine besonderen palästinensischen fami­ lienrechtlichen Bestimmungen. Die herrschende und wohl richtige Ansicht geht dahin, für Ausländer Fragen ihres personal status nach dem Recht ihres Heimatstaates zu beurteilen, soweit das palästinensische Recht keinerlei Vor­ schriften für Foreigners enthält. Danach kommt bei Unterhaltsansprüchen gegen englische Väter englisches Recht zur Anwendung. Das englische Recht aber läßt eine Vaterschafts- und Alimentationsklage eines nichtenglischen unehelichen Kindes nur zu, wenn das Kind in England oder auf einem englischen Schiff geboren ist. Danach ist eine Klage gegen einen eng­ lischen Vater seitens eines in Deutschland geborenen unehelichen Kindes ausge­ schlossen (vgl. Halsbury, Laws of England vo. 2, p. 443). c) Unterhaltsanspruch gegen einen französischen Vater in Palästina. Auch nach französischem Recht wird der Unterhaltsanspruch nach der herrschenden Auf­ fassung nach dem Rechte des unehelichen Vaters beurteilt. Das hiesige Gericht würde also bei einem Unterhaltsanspruch eines deutschen unehelichen Kindes gegen einen Franzosen, der seinen Wohnsitz in Palästina hat, französisches Recht zur Anwendung bringen. In Frankreich ist bekanntlich der berüchtigte Art. 340 des Code civil: „la recherche de la paternite est interdite“ durch das Gesetz vom 16. November 1912 ersetzt worden. Nach diesem Gesetz kann die außerehe­ liche Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden: „im Falle von Entführung oder Notzucht innerhalb der Empfängniszeit, im Falle vollendeter Verführung, wenn diese mittels hinterlistiger Kunstgriffe, Mißbrauch der Autorität, Versprechen der Ehe oder der Verlobung, begangen ist, falls Briefe oder andere Privatschriften des Vaters vorliegen, aus denen ein Geständnis der Vaterschaft in unzweideutiger Weise sich ergibt, falls der Vater mit der Mutter während der Empfängniszeit in Konkubinat gelebt hat, falls der angebliche Vater als Vater ganz oder zum Teil

Palästina.

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zu dem Unterhalt und der Erziehung des Kindes beigetragen hat. Die Klage auf Anerkennung der Vaterschaft ist unzulässig, 1. wenn festgestellt wird, daß die Mutter während der Empfängniszeit notorisch einen unsittlichen Lebenswandel geführt oder mit einem anderen Manne geschlechtlich verkehrt hat; 2. wenn der angebliche Vater während der gleichen Zeit infolge Abwesenheit oder eines an­ deren Umstandes körperlich nicht in der Lage war, der Erzeuger des Kindes zu sein. (Zitiert nach Gustav Walker, Internationales Privatrecht, 3. Ausl., Wien 1924, S. 703 Anm. 4.) d) Für das Recht der übrigen europäischen Staaten verweise ich auf die Übersicht bei Gustav Walker, a. a. O. S. 701 ff. Eine eingehendere Darstellung der verschiedenen ausländischen Rechte würde über den Rahmen dieses Gutachtens hinausgehen, dessen Aufgabe mir vor allem die Lösung der international-privatrechtlichen Frage zu sein scheint, welches Recht zur Anwendung kommt. Über den Inhalt dieses Rechts wird jeweils der betreffende Konsul vom Gericht befragt werden.

Außergerichtliche Anerkennung der Vaterschaft. Das palästinensische Recht verleiht den Konsuln der ausländischen Staaten in Palästina die Zuständigkeit zur Entgegennahme und Beurkundung von Ver­ handlungen über Anerkennung der Vaterschaft eines unehelichen Kindes, soweit das Recht der betreffenden Staaten selbst den Konsuln diese Zuständigkeit ge­ währt. Danach ist z. B. der deutsche Konsul in Palästina zuständig für die Be­ urkundung einer Verhandlung über Anerkennung der Vaterschaft des unehelichen Kindes. 2. Ansprüche gegen mohammedanische Väter. Die vorstehenden Ausführungen zu III, 1 über den Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes gegen ausländische Väter unterliegen einer Ausnahme für Mohammedaner. Gegen mohammedanische Väter gilt nämlich, gleichviel ob sie Palästinenser oder Ausländer sind, immer ausschließlich das religiöse moham­ medanische Recht, und zuständig sind ausschließlich die mohammedanischen reli­ giösen Gerichte, nicht die staatlichen District Courts. Ein Unterhaltsanspruch gegen einen Mohammedaner britischer Staatsangehörigkeit würde daher auch vor dem mohammedanischen religiösen Gericht zu erheben sein (vgl. Palestine Order in Council Art. 52). Das mohammedanische Recht macht bezüglich der Unterhaltspflicht keinen Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern. Die Pflicht zum Unter­ halt und der Erziehung der Kinder obliegt dem Vater. Vernachlässigt der Vater die Unterhaltspflicht gegenüber den ehelichen oder unehelichen Kindern, so unter­ liegt er Strafen nach dem Ermessen des Kadi (geistlichen Richters). Bei unehe­ lichen Kindern ist die Weigerung der Mutter, die Kinder dem Vater zu über­ geben, kein hinreichender Grund für eine Verweigerung des Unterhalts (vgl. dazu Syed Ameer Ali Mohammedan Law, Calcutta 1917). Ist danach das materielle Recht günstig, so vermag ich den Darstellungen des mohammedanischen Rechts nichts über das Beweisverfahren zu entnehmen. Es scheint so zu sein, daß die Unterhaltspflicht nur dann besteht, wenn der Vater das Kind als von ihm erzeugt anerkennt. 3. Unterhaltsansprüche gegen Väter palästinensischer Staatsangehörigkeit, die nicht Mohammedaner sind.

112

II. Teil. Asien.

Die Gerichtsbarkeit der palästinensischen geistlichen jüdischen Gerichte und geistlichen christlichen Gerichte in Fragen des personal status geht nicht so weit wie die geistlichen muslemischen Gerichte. Dem jüdischen und christlichen geist­ lichen Gerichte ist wohl die Zuständigkeit für Unterhaltsansprüche der Frauen gegen die Männer, aber nicht für die der Kinder gegen die Eltern überwiesen (Palestine Order in Council 1922 Art. 53 und 54). a) Der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes gegen den jüdischen palä­ stinensischen Vater ist vor dem staatlichen District Court zu erheben. Dieser wird materiell jüdisches Recht anzuwenden haben. Das jüdische Recht kennt keinerlei Unterschied in der Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber ehelichen und unehelichen Kindern. Es ist allerdings anzunehmen, daß der staatliche District Court auch in der Beweisfrage dem jüdischen Recht folgen wird, und dieses macht die Unterhaltspflicht des Vaters davon abhängig, daß er das Kind als von ihm erzeugt anerkennt. b) Der Unterhaltsanspruch gegen einen christlichen Palästinenser. Dieser Anspruch ist gleichfalls vor dem staatlichen District Court zu erheben. Materiell wird der District Court das religiöse Recht der christlichen Gemeinde anzuwenden haben, dem der betreffende Vater jeweils angehört. Anerkannt sind folgende christliche Gemeinden: die östliche (griechisch-orthodoxe), die römisch-katholische, gregorianisch-armenische, armenisch-katholische, syrisch-katholische, chaldäische (uniate), griechisch-katholisch-melkitische und die maronitische. Es kann nicht die Aufgabe dieses Gutachtens sein, das religiöse Recht dieser verschiedenen Kirchen darzustellen. c) Sollte das religiöse Recht der oben angeführten anerkannten Gemein­ schaften keine Vorschriften über die Unterhaltspflicht enthalten, so ist in Analogie zu anderen palästinensischen gesetzlichen Vorschriften wohl anzunehmen, daß das Gericht nach allgemeinen Billigkeitsgrundsätzen zu entscheiden hat. Dasselbe wird zu gelten haben, wenn es sich um einen Palästinenser handelt, der gar keiner religiösen Gemeinschaft angehört, oder zu einer religiösen Gemein­ schaft gehört, die ein geistliches Familienrecht nicht kennt, wie z. B. ein Ange­ höriger der protestantischen Kirche. Jerusalem, 24. August 1928.

gez. Dr. Moses Smoira, Advokat. 12. Persien.

Die Deutsche Gesandtschaft in Teheran teilt mit, daß die Verfolgung von Vaterschaftsansprüchen gegen Perser auf Grund der persischen religiösen Gesetze auf die größten Schwierigkeiten stößt. 13. Philippinen.

Die Philippinen, die früher spanischer Besitz waren, sind von Spanien durch den Pariser Frieden vom 10. Dezember 1898 an die Vereinigten Staaten von Nordamerika abgetreten worden. Das Deutsche Konsulat in Manila hat die nachstehende Aufzeichnung über das Recht der unehelichen Kinder auf den Philippinen durch Vermittlung des Auswärtigen Amts in Berlin zur Verfügung gestellt.

113

Philippinen.

'Memorandum o n illegitimate childr en.

Bestimmungen über uneheliche

Kinder.

(Die gesetzlichen Bestimmungen sind fast durchweg Übersetzungen aus dem spanischen Zivilgesetzbuch (Codigo civil); es wird daher hier auch auf dieses verwiesen).

There are two kinds of illegitimate children: a) A child born of a man and a woman who, at the time of Conception, could legally marry. Such a child is called „natural child", and may be acknowledged and legitimated. (See Art. 119 of Civil Code, and the following cases: Mijares v. Nery, 3. Phil. 195; Cosio v. Pili, 10 Phil. 72; Serrano v. Serrano, 22 Phil. 10; Estate of Enriquez and Reyes, 29 Phil. 167; Osorio v. Osorio, 34 Phil. 52*2; Concepcion v. Untaran, 38 Phil. 736; Ferrer v. De Inchausti, 38 Phil. 905). b) A child born of adulterous relations. Such a child cannot be legitimated. (See case of Ramirez v. Gmur 42 Phil. 863). I. — Natural Children. The following articles of the Civil Code and the cases cited show how a natural child may be acknowledged and legitimated.

Art. 12 0: Legitimation may be effected: 1. By the subsequent marriage of the parents. 2. By Royal concession (This paragraph 2 is not in force). Art. 121: Children shall be considered as legitimated by a subsequent marriage only when theyhavebeenacknow­ ledged by the parents before or after the celebration thereof. (Subsequent marriage of alleged parents unaccompanied by some act of acknowledgment does not give the child the status of natural or legitimized child, Siguiong v. Siguiong, 8. Phil. 5: Serrano v. Serrano, 22 Phil. 10). Art. 131: The acknowledgment of a natural child must be made in the record of birth, in a will, or in some other public document. Art. 135: The father may be compelled to acknowledge his natural child in the following cases: 1. When an indisputable paper written by him, expressly acknowledging his paternity, is in existence. 2. When the child has been in the uninterrupted position of the status of a

Es gibt zwei Arten unehelicher Kinder: a) Kinder eines Mannes und einer Frau, die zur Zeit der Empfängnis nach dem Gesetze heiraten konnten. Solche Kinder heißen „natürliche Kinder" und können anerkannt und legitimiert werden. (Art. 119 des Zivilgesetzbuches: Nur na­ türliche Kinder können legitimiert werden. Natürliche Kinder sind solche, die außer der Ehe geboren sind von Eltern, welche mit oder ohne Dispens sich hätten heiraten können).

b) Kinder aus ehebrecherischen Beziehungen; solche Kinder können nicht legitimiert werden.

I

— Natürliche Kinder.

Folgende Artikel des Zivilgesetzbuchs und die angeführten Fälle zeigen wie ein natür­ liches Kind anerkannt und legitimiert werden kann: Art. 120: Die Legitimation kann bewirkt werden: 1. durch nachfolgende Eheschließung der Eltern,

2. durch Königliche Genehmigung. § 2 ist nicht in Kraft).

(Dieser

Art. 121: Kinder sind nur dann als durch nachfolgende Ehe legitimiert anzusehen, wenn sie vor oder nach der Eheschließung durch die Eltern anerkannt worden sind. (Eine spätere Heirat angeblicher Eltern ohne irgendeine Anerkennungshandlung gibt dem Kind nicht den Status eines natürlichen oder legitimierten Kindes.

Art. 131: Die Anerkennung eines natür­ lichen Kindes erfolgt im Geburtenregister, in einem Testament oder in einer anderen öffent­ lichen Urkunde. Art. 135: Der Vater ist verpflichtet, sein natürliches Kind in folgenden Fällen anzu­ erkennen : 1. wenn ein unbestreitbares Schriftstück von seiner Hand vorhanden ist, das ausdrück­ lich seine Vaterschaft anerkennt, 2. wenn das Kind durch den Vater selbst oder seine Familie ununterbrochen in der

Weitpert-Richter, Die Rechlsverfolgung der Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder im Ausland.

8

114

II. Teil.

natural child of the defendant father, juatified by the conduct of the father himself or that of hia family. In casea of rape, aeduction, or abduction, the proviaiona of the penal code with regard to the acknowledgment of the iaaue, shall be obaerved.

Actions to enforce acknowledg­ ment or recognition. Art. 13 7: Actione for the acknowledg­ ment of natural children may be commenced only during the lifetime of the puta­ tive parenta except in the following caaea: 1. If the father or mother died during the minority of the child, in which caae the latter muat commence the action within the four yeara next following the attainment of ita majority. 2. If, after the death of the father or mother, aome document, before unknown, ahould be diacovered in which the child ia expreaaly acknowledged. In thia caae the action muat be commenced within the aix montha next fol­ lowing the diacovery of auch document. „A father cannot be compelled judically to recognize a child, unleaa he haa in writing expreaaly done ao, or unleaa the child haa enjoyed the uninterrupted atatua of a natural child; or upon final judgment for rape, aeduction or abduction“ (Supreme Court deciaion in the caae of Mendoza v. Ibanez, 4 Phil. 666; also citing art. 135 of the Civil Gode, reproduced above). „No civil action liea againat the putative father compelling recognition in caaea of rape, abduction, or aeduction, unleaa he ia firat proceeded againat criminally“ (Art. 449 of Penal Code in connection with Art. 135 of the Civil Code). See caae of Benedicto v. De la Rama, 4 Phil. 746.

Right of acknowledged natural child to aupport: Art. 13 4: An acknowledged natural child ia entitled: 1. Te bear the aurname of the peraon acknowledging it. 2. To receive aupport from auch peraon, in accordance with Article 143 (of the Civil Code). 3. To receive the hereditary portion determined by thia Code.

Asien.

Rechtsstellung eines gehalten wurde.

natürlichen Kindes

In Fällen von Notzucht, Verführung ober Entführung sind die Bestimmungen des Straf­ gesetzbuchs bezüglich der Anerkennung der Nachkommenschaft maßgebend. Klagen auf Anerkennung der Vaterschaft.

Art 137: Verfahren zur Anerkennung natürlicher Kinder können nur zu Lebzeiten der vermutlichen Eltern eingeleitet werden, außer in folgenden Fällen: 1. Wenn der Vater oder die Mutter während der Minderjährigkeit des Kindes gestorben ist; in diesem Fall muß dieses die Klage binnen vier Jahren nach Erreichung der Volljährigkeit erheben. 2. Wenn nach dem Tode des Vaters oder der Mutter ein zuvor unbekanntes Schrift­ stück aufgefunden wird, in dem das Kind ausdrücklich anerkannt wird. In diesem Fall muß die Klage binnen sechs Monaten nach der Auffindung des Schriftstücks eingeleitet werden. „Ein Vater kann gerichtlich nicht gezwungen werden, ein Kind anzuerkennen, außer wenn er dies ausdrücklich schriftlich getan hat, ober wenn das Kind ununterbrochen die Stellung eines natürlichen Kindes eingenommen hat, oder infolge einer endgültigen Verurteilung wegen Notzucht, Verführung oder Entführung" (Entscheid des Obersten Gerichtshofs im Fall Mendoza gegen Jbannez, 4 Phil. 666, der auch den oben angeführten Art. 135 Zivil­ gesetzbuch heranzieht). „Kein zivilrechtliches Verfahren kann gegen den vermeintlichen Vater zur Eizwingung der Anerkennung in Fällen von Notzucht, Ent­ führung oder Verführung durchgesührt werden, außer wenn zunächst ein strafrechtliches Ver­ fahren gegen ihn eröffnet wird" (Art. 449 Strafgesetzbuch in Verbindung mit Art. 135 Zivilgesetzbuch).

Recht des anerkannten natürlichen Kindes auf Unterhalt. Art. 134: Ein anerkanntes natürliches Kind ist berechtigt: 1. den Familiennamen der es anerkennenden Person zu führen. 2. Von dieser Person gemäß Art. 143 (Zivil­ gesetzbuch) Unterhalt zu beanspruchen. 3. Das Erbteil, das dieses Gesetzbuch bestimmt, zu empfangen.

115

Philippinen.

„A natural child acquires these right8 not by reason of bis birth, but of bis acknowledgment“. See cases of Mijares v. Nery, 3 Phil. 195; Infante v. Figueras, 4 Phil. 738; Mendoza v. Ibanez, 4 Phil. 666; Buenaventura vs. Urbano, 5 Phil. 1; Tiamson v. Tiamson, 32 Phil. 62; Con­ ception v. Untaran, 38 Phil. 736; Dusepec v. Torres, 39 Phil 760. Art. 142: By Support is understood all that is necessary for food shelter, clothing and medical assistance, according to the social Standing of the family. Support also includes the education of the person receiving it, when he or she is a minor.

II. — Other illegitimate children. Art. 139: Illegitimate children not having the legal Status of natural children shall be entitled only to Support from their parents in accordance with article 143 (See below). Art. 140: The right to Support, referred to in the preceding article, can be claimed only: 1. It the paternity or maternity is established by a final judgment rendered in a criminal or civil action.

2. It the paternity or maternity is shown by some document unquestionably executed by the father or m other, in which the filiation is expressly acknowledged. 3. Whit regard to the mother, if the fact of the birth and the identity of the child are fully proven. Art. 141: With the exception of the cases mentioned in paragraphs 1 and 2 of the next preceding article, no court shall permit the filing of any complaint, the purpose of which my be to investigate, either directly or indirectly, the paternity of illegitimate children who have not the legal status of natural children (See also cases of Infante v. Figueras, 4 Phil. 738; Tengco v. Sanz, 11 Phil. 163). Art. 143: The following are bound to Support each other to the full extent of the term as defined by the next preceding article (Art. 142, see above):

2.— ........ . 3. —...................................... 4. — Parents and acknowledged natural children, and the legitimate descendants of the latter.

„Ein natürliches Kind erwirbt diese Rechte nicht auf Grund seiner Geburt, sondern auf Grund seiner Anerkennung." Siehe Fälle. . .

Art. 142: Unter Unterhalt ist zu verstehen, alles, was gemäß der sozialen Stellung der Familie an Ernährung, Wohnung, Kleidung und ärztlicher Hilfe notwendig ist. Der Unterhalt umfaßt auch die Erziehung des minderjährigen Unterhaltsberechtigten.

II. — Andere uneheliche Kinder. Art. 139: Uneheliche Kinder, die nicht den gesetzlichen Stand natürlicher Kinder haben, sind nur zum Unterhalt durch ihre Eltern ge­ mäß Art. 143 berechtigt (Siehe unten).

Art. 140: Das im vorigen Artikel erwähnte Recht auf Unterhalt kann nur beansprucht werden: 1. Wenn die Vaterschaft oder die Mutter­ schaft durch ein in einem strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Verfahren ergangenes endgültiges Urteil festgestellt ist. 2. Wenn die Vaterschaft oder die Mutter­ schaft durch ein unzweifelhaft vom Vater oder der Mutter vollzogenes Schriftstück nachgewiesen wird, in dem die Kindschaft ausdrücklich anerkannt wird. 3. Gegenüber der Mutter, wenn die Tatsache der Niederkunft und die Identität des Kindes voll erwiesen sind.

Art. 141: Mit Ausnahme der in Ziff. 1 und 2 vorstehenden Artikels erwähnten Fälle darf kein Gericht die Einreichung irgendeiner Klage zulassen, deren Zweck die direkte oder indirekte Erforschung der Vaterschaft unehe­ licher Kinder ist, die nicht den gesetzlichen Stand natürlicher Kinder haben.

Art 143: Die Folgenden sind verpflichtet, einander im vollen Umfang des Artikels 142 Unterhalt zu gewähren:

1. —.......................................... 2.—..........................................

3 —...................................... 4. — Eltern und anerkannte natürliche Kinder und die ehelichen Nachkommen der letzteren.

116

II. Teil.

Asien.

Parente and illegitimste children not having the legal Status of natural children, owe each other by way of Support all the help necessary for their subsistence. Such parents are, furthermore, bound to defray the expenses necessary to give such children an elementary education and teach them some profession, art or trade.

Eltern und uneheliche Kinder, die nicht den gesetzlichen Stand natürlicher Kinder haben, schulden einander als Unterhalt alle zu ihrem Lebensunterhalt notwendige Hilfe. Die Eltern sind überdies verpflichtet, die Kosten zu bestreiten, die notwendig sind, um ihren Kindern eine Volksschulerziehung zu geben und ihnen einen Beruf, eine Kunst oder ein Gewerbe zu lehren.

Action against the father, who lest for the Philippinen As a general rule, if the defendant father is a resident of the Philippine Islands and the suit for recognition or for Support is brought in a competent court in the Phi­ lippine Islands, it would make no difference whether the defendant father is a German, an American, a Filipino, or of any other nationality. Bastardy proceedings are considered transitory in their nature, and the father Subject to suit in the country of his residence.

Verfahren g egen den Vater, dernach den Philippinen verzogen ist.

Should suit have already been instituted in a foreign country and a judgment against the father properly and validly obtained in such suit, the following provisions of section 311 of the Code of Civil Procedure of the Philippine Islands would be applicable:

See. 311: Effect of other foreign jud­ gment. — The effect of a judgment of any other tribunal of a foreign country, having jurisdiction to pronounce the judgment, is as follows: 1. In case of a judgment against a specific thing, the judgment is conclusive upon the title to the thing.

2. In case of a judgment against a person, the judgment is presumptive evidence of a right as between the parties and their successors in interest by a subsequent title; but the judgment may be repelled by evidence of a want of jurisdiction, want of notice to the party, collusion, fraud, or clear mistake of law or fact.

In der Regel würde es, wenn der beklagte Vater in den Philippinen wohnhaft ist und die Klage auf Anerkennung oder auf Unter­ halt bei einem zuständigen Gericht auf den Philippinen eingereicht wird, keinen Unterschied machen, ob der beklagte Vater die deutsche, amerikanische, philippinische oder irgendeine andere Staatsangehörigkeit hat. Verfahren mit Bezug auf uneheliche Kinder gelten als ihrer Natur nach nicht an das Land ihrer Veranlassung gebunden, und der Vater als in dem Lande beklagbar, in dem er wohn­ haft ist. Sollte eine Klage im Auslande bereits ein­ geleitet und ein Urteil gegen den Vater in diesem Verfahren rechtskräftig ergangen sein, so finden folgende Bestimmungen des Ab­ schnitts 311 der Zivilprozeßordnung der Phi­ lippinnen Anwendung: Abschnitt 311: Wirkung eines anderen aus­ ländischen Urteils. — Die Wirkung eines Urteils irgend eines anderen Gerichtshofes eines fremden Lan­ des, der zuständig ist, das Urteil zu fällen, ist folgende: 1. Im Falle das Urteil eine bestimmte Sache (oder Leistung) zum Gegenstand hat, hat es materielle Rechtskraft hinsichtlich der Rechte an der Sache 2. Hat das Urteil ein Personenrecht zum Gegenstand, so kommt diesem Urteil lediglich Beweiskraft für Rechte zwischen den Parteien oder ihren Rechtsnachfolgern für einen später geltend gemachten Rechtsanspruch zu; das Ur­ teil kann jedoch durch den Nachweis der man­ gelnden Zuständigkeit, der mangelnden Zu­ stellung an die Partei, des betrügerischen ge­ heimen Einverständnisses unter vorgeblichen Gegnern, des Betruges oder offenbaren Irr­ tums inbezug auf gesetzliche Bestimmungen oder Tatsachen für kraftlos erklärt werden.

14. Portugiesische Besitzungen.

In den Kolonien Macau, Timor und Goa gilt das Recht des Mutterlandes.

Syrien und Libanon.

117

15. Syrien und Libanon. Dieses französische Mandatsgebiet umfaßt die Vereinigten Staaten von Syrien (Staaten Damaskus und Aleppo), Staat Groß-Libanon mit Beirut, Staat der Alauiten und den selbständigen Bezirk Alexandrette *). Unter Ausschluß jeglicher Gewähr für die Richtigkeit hat das Konsulat für Syrien und die Republik Groß-Libanon in Beirut ein ihm von dortigen Fach­ kreisen zur Verfügung gestelltes Gutachten über die Vaterschafts- und Unterhalts­ verhältnisse mitgeteilt. Es handle sich darnach dort in der Tat um einen Gesetzes­ konflikt, der auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts liege; außer auf die ausdrücklichen Vertragsbestimmungen zwischen den verschiedenen beteiligten Staaten müsse noch auf Rechtswissenschaft und Rechtslehre zurückgegriffen werden, um zu einer entsprechenden Lösung zu kommen. Die Rechtswissenschaft könne aber keinen entsprechenden Aufschluß geben; ferner sei vor den Gerichten von Syrien und Libanon noch kein derartiger Fall zur Aburteilung gekommen. Man müsse deshalb auf das allgemeine Recht zurückgreifen. Ferner führt das Gutachten aus: 1. Auf deutsche Staatsangehörige, die sich in Syrien und im Libanon auf­ halten, sind die deutschen Gesetze anzuwenden. Für Vaterschafts- und Unterhaltsklagen sind die „Tribunaux des Causes Etrangeres“ zu­ ständig; diese sind grundsätzlich mit einem französischen Vorsitzenden und zwei Richtern, entweder syrischen oder libanischen, besetzt. Die französische Mehrheit kann jedoch von einem der Prozeßführenden vor jeder Ver­ handlung verlangt werden. 2. Bei den französischen Staatsangehörigen ist grundsätzlich das französische Recht anzuwenden. Nach der Meinung des französischen Gelehrten Andre Weis jedoch soll das Recht des Staates angewendet werden, dem das Kind angehört. Zuständig sind die „Tribunaux des Causes Etrangeres“. 3. Für Syrier und Libaner gilt osmanisches Recht. Dieses kennt keine Vor­ schriften über Vaterschaft und Unterhalt. Die Nachforschung nach der Vaterschaft außerhalb der Ehe war im osmanischen Recht unzulässig. Die Heiratsfrage hat immer zur Zuständigkeit der religiösen Gerichte der verschiedenen Riten gehört, jede Gemeinschaft hatte in dieser Be­ ziehung ihr eigenes Recht. Die Kirche hat nie rechtliche Beziehungen zwischen dem unehelichen Kind und seinem Vater anerkannt. Das Zivil­ recht sieht für die Mündelmutter einen Schadenersatzanspruch vor, wenn die Verantwortlichkeit des unehelichen Vaters genau festgestellt ist und eine Verführung von seiner Seite stattgefunden hat. Es ist wahrscheinlich, daß die moderne Rechtsprechung der Gerichte von Syrien und Libanon sich dahin entwickelt, daß Verflegungsgelder gewährt werden, sowohl der Mutter als dem Opfer der Verführung, wie dem Kinde, das aus ihren schuldhaften Beziehungen entsprossen ist. 4. Auch bei allen anderen Fremden irgendwelcher Nationalität gilt der Grundsatz, daß das Recht des Heimatstaates anzuwenden ist. Bei dem Mangel an internationalen Kollisionsnormen ist es zu empfehlen, ein Urteil vor einem deutschen Gericht zu erwirken und die Vollstreckung des *) Vgl. Verzeichnis der deutschen diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Ausland, berausgegeben vom Auswärtigen Amt, Berlin, Carl Heymann's Verlag.

118

II. Teil.

Asien.

Urteils bei den Gerichten in Syrien und Libanon zu beantragen. Selbst in diesem Falle können die Gerichte den Vollzug ablehnen. Es handelt sich darum, all­ mählich eine Rechtsprechung zu schaffen; die Frage ist nicht einfach, da es sich um ein Land handelt, in dem religiöse Vorschriften die bedeutendste Rolle spielen. Allgemein sei noch bemerkt, daß die Klage für Minderjährige vom Vor­ mund eingereicht werden muß. Ohne Antrag des gesetzlichen Vertreters kann keine Behörde und kein Gericht tätig werden. Die Vollmacht des gesetzlichen Vertreters muß von den zuständigen deutschen Behörden beglaubigt und vom zuständigen deutschen Konsulat visiert werden.

III. Teil.

Afrika.

1. Abessinien. Nach den Ausführungen der Deutschen Gesandtschaft in Adis Abeba werden Vaterschafts- und Alimentenprozesse gegen deutsche Väter nach deutschem Recht vor dem Konsulargericht der Deutschen Gesandtschaft geführt.

Gegen Abessinier ist vor dem Spezialgericht zu klagen. Dies besteht aus einem abessinischen Richter und einem deutschen Beisitzer, d. i. ein Mitglied der Gesandtschaft, wenn ein Deutscher Prozeßpartei ist. Der deutsche Beklagte wird nach deutschem Recht beurteilt, der abessinische Beklagte nach abessinischem Recht. Dieses ist in dem alten Feta negest, dem Recht der Könige ausgezeichnet. Aus­ züge finden sich bei Rein, Abessinien, 1. Band. Gegen Ausländer ist bei dem Konsulargericht vorzugehen, dem sie unmittel­ bar oder als Schutzgenossen unterstehen. Unterstehen sie keinem konsularischen Schutz, so ist das Spezialgericht zuständig. Gesetzliche Unterlagen sowie gedrucktes Material über abessinisches Recht gibt es dort nicht.

2. Ägypten. Die Deutsche Gesandtschaft in Kairo berichtet betreffend die Regelung der Vaterschafts- und Unterhaltsverhältnisse folgendes: Gegen deutsche Väter, die nach Ägypten ausgewandert sind, kann die Klage auf Feststellung der Vaterschaft sowie Zubilligung eines Unterhaltsanspruches bei den in Kairo und Alexandrien bestehenden deutschen Konsulargerichten ent­ sprechend dem jeweiligen Wohnsitz des Beklagten anhängig gemacht werden. Die Klage hätte sich dabei auf § 1708 BGB. zu stützen, der die Verpflichtung ent­ hält, daß der Vater eines unehelichen Kindes diesem bis zur Vollendung des sechzehnten Lebensjahres den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unter­ halt zn gewähren hat. Hinsichtlich Ägyptern, die hierher zurückgekehrt sind, sowie bezüglich sonstiger Ausländer sind die Gemischten Gerichte zuständig. Gesetzlich ist indessen eine Verpflichtung des Vaters zur Leistung von Alimentationsbeiträgen für uneheliche Kinder nicht festgelegt. Dagegen wird nach dem hier herrschenden Gewohnheits­ recht von Fall zu Fall eine derartige Verpflichtung anerkannt und die Erzeuger zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen in Höhe von 3—4 £ Eg. (= ägyptische Pfund) monatlich verurteilt. Im allgemeinen empfiehlt es sich, falls die hierfür nach deutschem Recht geltenden Voraussetzungen vorliegen, im Armenrechtswege zu klagen und damit einen der nachgenannten Anwälte zu beauftragen:

Rechtsanwälte Dahm & Liebhaber, Kairo, rue Manakh 26,

Justizrat Eschenbach, Kairo, rue Kasr ei Nil 23.

122

III. Teil. Afrika.

3. Französische Besitzungen. In Algier, Madagaskar, Französisch Äquatorial-Afrika, Dahome, an der Elfenbeinküste, in Französisch-Guinea und in Senegambien usw. gilt das Recht des Mutterlandes, soweit es sich um eine Rechtsverfolgung zwischen Europäern handelt. Von einem Eingeborenen Alimente beizutreiben, würde, selbst wenn die Klage an sich Aussicht auf Erfolg hätte, doch wegen Uneinbringlichkeit regel­ mäßig ein völlig ergebnisloser Versuch bleiben.

4. Goldküste

(Britische Goldküstenkolonie).

Für die Goldküste gilt nach Mitteilung des Deutschen Konsulats in Accra englisches Recht. Auf die Feststellung der Vaterschaft bzw. auf die Geltend­ machung des Unterhaltsanspruchs finden die einschlägigen Bestimmungen des englischen Rechtes Anwendung.

5. Italienische Besitzungen. Bezüglich Libyen (Tripolitanien, Benghasi und Fessan), in Erythräa und Somaliland vgl. Italien.

6. Kenya-Kolonie

(Britisch-Ostafrika).

Zum Amtsbezirk des Deutschen Konsulats in Mombasa gehört: Kenya, Uganda und das Mandatsgebiet Tanganyika, sowie Zanzibar und Britisch-Nyassaland *). Das Deutsche Konsulat teilte betreffend die Vaterschafts- und Unterhalts­ verhältnisse folgendes mit:

a) für Uganda: Die einzigen gesetzlichen Bestimmungen, die von der Vollstreckung von Unter­ haltsverfügungen handeln, sind im „Law of Uganda“, Band I, Kap. 8, S. 188 enthalten. Die Bestimmungen gelten selbstverständlich nur in den britischen Be­ sitzungen und Protektoratsgebieten. b) für das Tanganyika-Territorium: Bestimmungen über die Feststellung der Vaterschafts- und Unterhalts­ ansprüche für uneheliche Kinder sind in der Strafprozeßordnung (Criminal Procedure Code) enthalten. Die Vorschriften dieses Gesetzes regeln das Ver­ fahren vor den einheimischen Gerichten und zwar für Parteien, die im Tanganyika-Gebiet wohnen. Vor dem Gesetz sind alle Bewohner des TanganyikaGebiets, ohne Rücksicht auf ihre Nationalität, gleich. Die einschlägigen Bestimmungen des Criminal Procedure Code (Act V von 1898) sind folgende: 488. Unterhaltsverfügung für Frauen und Kinder. 1. Wenn jemand, der über genügend Mittel verfügt, seiner Frau oder seinen ehelichen oder unehelichen Kindern, die sich nicht selbst unterhalten können, den Unterhalt teilweise oder ganz verweigert, so kann der District. Magistrate, der Presidency Magistrate, der Sub­ divisional Magistrate oder der Magistrate of the first dass nach Prüfung des Tatbestandes

*) Vgl. Verzeichnis der deutschen diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Ausland, herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Berlin, Carl Heymanns Verlag.

Kenya-Kolonie.

123

Kongo.

verfügen, daß der Unterhaltspflichtige für den Unterhalt von Frau und Kindern eine monat­ liche Rente bis zu 50 Rupien, wie sie der Richter nach freiem Ermessen festsetzt, an die vom Richter bestimmte Person zu zahlen hat. 2. Die UnterhMsrente ist zahlbar ab Verkündung der Verfügung oder, wenn aus­ drücklich bestimmt, vom Tage der Klageeinreichung ab.

Vollstreckung von Verfügungen. 3. Wenn jemand absichtlich die Unterhaltsverfügung nicht erfüllt, kann ein Richter für jede Übertretung der Verfügung anordnen, den fälligen Betrag beizutreiben: er kann auch Geldstrafen aussprechen und kann dem, der trotz des Vollstreckungsbefehls ein Monat den Unterhalt ganz oder teilweise schuldig bleibt, zu Gefängnis bis zu einem Monat oder bis zum Zeitpunkt der Zahlung, wenn diese vor Ablauf des Monats geleistet wird, ver­ urteilen.

489. Änderung der Unterhalts lei st ung. Wenn die Prüfung ergeben hat, daß sich die Verhältnisse dessen, der nach Abschnitt 488 eine monatliche Unterhaltsrente erhält oder an Frau und Kinder eine monatliche Unter­ haltsrente zu bezahlen hat, geändert haben, so kann der Richter den Unterhaltsbetrag nach seinem freien Ermessen neu festsetzen: auch die erhöhte Unterhaltsrente darf den Betrag von monatlich 50 Rupien nicht übersteigen.

490. Vollstreckung von Unterhaltsverfügungen. Eine gebührenfreie Abschrift der Unterhaltsversügung erhält der, zu dessen Gunsten die Verfügung ergangen ist, oder dessen etwaiger Vormund oder der, an den der Unterhalt zu zahlen ist: aus einer solchen Verfügung kann bei jedem Richter des Ortes, an dem sich der Schuldner aufhält, vollstreckt werden, wenn der Richter von der Identität der Parteien und von der Nichterfüllung der fälligen Unterhaltsforderungen überzeugt ist.

7. Kongo (belgische Kolonie). Vgl. Belgien. Livre Premier (Des personnes section 3).

I. Buch (Personenabteilung 3).

Art. 210. La recherche de la paternite n’est autoDie Nachforschung nach der Vaterschaft ist ris6 que dans les cas suivants: nur in den folgenden Fällen gestattet: 1. S’il y a aveu de la paternite resultant 1. Wenn ein Geständnis der Vaterschaft vor­ d’actes ou d’ecrits quelconques emanes du liegt, das aus Handlungen oder irgendwelchen pdre pretendu, seit de faits et circonstances, Schriften hervorgeht, die von dem angeblichen dont la rßunion caracterise la possession Vater stammen, oder aus Tatsachen oder Um­ d’etat d’apres Part. 189. ständen hervorgeht, deren Zusammenfassung

2. Si le pöre pretendu a 6te condamne du chef d’enlevement, du chef d’arrestation, de detention ou de Sequestration arbitraites, du chef de viol ou roeme du chef d’attentat ä la pudeur, consommö sans violence sur la personne d’une fille agee de meins de douze ans accomplis, lorsque Fepoque de ces infractions se rapporte ä celle de la Conception. Aprds avoir constate la recevabilite de la dem an de, le juge decide suivant les circonstances de la cause, si Fenfant a pour pere celui qu’il reclame. Elle ne pourra etre regue contre les etrangers que contormement ä la nationalste de ceux-ci.

den Besitz des Personenstandes nach Art. 189 zuläßt. 2. Wenn der angebliche Vater wegen Ent­ führung, Nötigung, Gefangenhaltung, willkür­ licher Freiheitsberaubung, wegen Notzucht oder Sittlichkeitsverbrechen, begangen an einer Person unter 12 Jahren, verurteilt worden ist, wenn die Zeit des Vergehens in die der Empsängniszeit fällt.

Nach Feststellung der Zulässigkeit der Klage entscheidet der Richter nach den Umständen des Prozeßfalles, ob das Kind den zum Vater hat, den es beansprucht. Sie kann gegen Ausländer nur entsprechend deren Staatsangehörigkeit zugelassen werden.

124

III. Teil.

Afrika.

Art. 189. Das Recht als Kind zu gelten, gründet sich La possession d’etat s’etablit par une reunion süffisante de faits qui indiquent le auf einen hinreichenden Nachweis von Tat­ rapport de la filiation et de parente entre sachen, welche die Beziehung zwischen Kindschaft un individu et la famille ä laquelle 11 pr6- und Elternschaft bei einer Person und der tend appartenir. Familie, welcher sie (die Person) anzugehören vorgibt, erweisen.

Les principaux de ces faits sont: Die hauptsächlichsten dieser Fälle sind: 1. Que Pindividu a toujours porte le nom 1. Die Person hat stets den Namen dessen de celui qu’il pretend avoir pour pere. getragen, den sie als Vater angibt. 2. Jene, als deren Kind es sich bezeichnet, 2. Que ceux dont il se dit Penfant Pont toujours traite cornme tel et ont pourvu, haben es stets als solche behandelt und haben en cette qualite, ä son education, ä son als solche für seine Erziehung, Unterhalt und entretien et ä son etablissement. Versorgung gesorgt. 3. Sie ist stets als solches in der Gesellschaft 3. Qu’il a ete reconnu constamment par tel dans la soci&te. anerkannt gewesen. 4. Sie ist stets als solches in der Familie 4. Qu’il a et6 reconnu constamment pour tel dans la famille. anerkannt gewesen. Die deutschen Interessen im Belgisch-Kongo nimmt das Deutsche Konsulat in Matadi wahr.

8. Marokko. Deutsche, Engländer und Bürger der Vereinigten Staaten von Nordamerika unterstehen in Marokko den Gesetzen ihres Heimatstaates. Die Feststellung der Vaterschaft und die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs erfolgt also nach dell jeweiligen Gesetzen. Das französische, spanische und marokkanische Recht kennt keine Verpflich­ tung der Erzeuger unehelicher Kinder für deren Anerkennung oder Unterhalt. In der französischen Zone gilt für Ausländer, die den obengenannten Staaten nicht angehören, das französische, in der spanischen Zone das spanische Recht. In Tanger unterstehen Bürger der Vereinigten Staaten von Nordamerika und Italiener ihrem Heimatrecht. Die Angehörigen der übrigen Nationen den Ge­ setzen Tangers, die aber eine solche Verpflichtung nicht kennen. Es können also deutsche und britische Staatsangehörige in der französischen und spanischen Zone Marokkos, Bürger der Vereinigten Staaten von Nord­ amerika in der französischen, spanischen und Tanger-Zone, Italiener in Tanger alleii'. zur Anerkennung der Vaterschaft und zum Unterhalt ihrer unehelichen Kinder herangezogen werden. Das Deutsche Konsulat in Tetuan gibt anheim, die Ansprüche bei den jeweils zuständigen Konsulaten geltend zu machen.

9. Nigeria (Kolonie und Protektorat). Das Deutsche Konsulat in Lagos teilt auf Grund einer Auskunft der Rechts­ anwaltsfirma Alakiya & Alakiya in Lagos mit, daß es in Nigeria kein Gesetz gibt, das einen Deutschen, Engländer (ob Eingeborener oder Nichteingeborener) oder einen Angehörigen einer sonstigen fremden Nation, der sich in Nigeria aufhält und Vater eines entweder in Deutschland oder sonst irgendwo geborenen Kindes ist, zwingen kann, diesem Kind außerhalb Nigeria Unterhalt zu gewähren. Es ist zweifelhaft, ob das Gericht in Nigeria die Macht hat, einen Vater zu Unterhaltsleistungen für ein Kind heranzuziehen, selbst in dem Fall, daß sich das Kind in Nigeria aufhält.

Portugiesische Besitzungen. Spanische Besitzungen.

Union von Südafrika.

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Nach Meinung des Gewährsmannes ist dem unehelichen Vater durch Ein­ leitung eines gerichtlichen Verfahrens nach deutschem Recht beizukommen. Ein gegen ihn erlassener Beschluß oder ein Urteil kann in Nigeria als ausländisches (deutsches) Urteil für vollstreckbar erklärt werden.

10. Portugiesische Besitzungen. I. In den Kolonien Portugiesisch-Guinea, Angola, Mocambique und Louren?o Marques usw. gilt das Recht des Mutterlandes.

II. Madeira. Bezüglich der Feststellung der Vaterschaft und Geltendmachung von Unter­ haltsansprüchen für ein deutsches uneheliches Kind liegen nach Auskunft des Deutschen Konsulats in Funchal die Verhältnisse auf Madeira, wie folgt: Wenn der vermeintliche Vater seinen festen Wohnsitz auf Madeira hat, ist es möglich, die Feststellung der Vaterschaft bzw. den Unterhaltsanspruch hier geltend zu machen, und Zwar vor dem Gericht, welchem der vermeintliche Vater untersteht (Art. 43, Gesetz Nr. 2 vom 25. Dez. 1925, Art. 16 do CPC. — Gaseta da Rel. deLixa volume 27 pg. 449, Prof. Machado Vilela em „Tratado elementar teorico e pratico de Dto. Int.a> privado vol. 2 pg. 651 e diversos accordäos dos Tribunaes Superiores referidos pelo mesmo Prof. M. Vilela“). Wenn der vermeintliche Vater sich nur vorübergehend in Madeira aufhält, kann die Feststellung der Vaterschaft bzw. der Unterhaltsanspruch geltend ge­ macht werden, wenn die Mutter Portugiesin ist (Art. 20 CPC.). Ist die Mutter keine Portugiesin, ist die Nachforschung untersagt (Art. 20 CPC.). Bei der Nachforschung nach der Vaterschaft muß die gesamte Gesetzgebung des Landes, dem der Vater und das Kind angehören, berücksichtigt werden (Dr. Eduardo Carvalho em „Questöes e julgamentos“ pag. 283. e segg.) be­ schränkt jedoch in dem Maße, in welchem die Vorschriften dieser Gesetze den Vor­ schriften der lokalen Gesetze der internationalen öffentlichen Ordnung wider­ sprechen (Dec. No. 2 de 25. Dec. 1910 art. 36 e Prof. Machado Vilela na ob. cit. pag. 649). Gewährsmann des Deutschen Konsulats ist der Notar und Rechtsanwalt Dr. Frederico de Freitas in Funchal (Madeira).

11. Spanische Besitzungen. In der Kolonie Rio de Oro und in den Besitzungen im Golf von Guinea (Insel Fernando Poo, Insel Annoböm und Rio-Muni-Gebiet) gilt das Recht des Mutterlandes. Die vorbezeichneten Besitzungen gehören zum Amtsbezirk der Deutschen Botschaft in Madrid.

12. Union von Südafrika. Nach Mitteilung des Deutschen Generalkonsulats in Pretoria sind nach dem in der Union von Südafrika geltenden römisch-holländischen Recht zunächst beide Eltern zum Unterhalt der Kinder unter 16 Jahren sowie älterer, die sich aus besonderen Gründen (z. B. krankheitshalber) nicht selbst unterhalten können, ver­ pflichtet Die Hauptunterhaltspflicht ruht auf dem Vater, neben ihm ist die Mutter unterhaltspflichtig. Sie trifft die Unterhaltspflicht allein, wenn ’ber

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III. Teil. Afrika.

Vater zu deren Erfüllung (z. B. wegen Erwerbsunfähigkeit) nicht in der Lage ist. Die Unterhaltspflicht trifft denjenigen, dem sie durch Gesetz auferlegt ist, d. i. den ehelichen wie den außerehelichen Vater, wenn der letztere die Vaterschaft an­ erkannt hat, oder zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen rechtskräftig verurteilt worden ist. Die Unterhaltspflicht umfaßt: Gewährung angemessener Unterkunft, Verpflegung, Kleidung und einer den Verhältnissen der Eltern entsprechenden Erziehung. Diese Unterhaltsverpflichtung ist gesetzlich festgelegt durch Verordnungen der jetzt die vier Provinzen der Südafrikanischen Union bildenden früheren Kolonien bzw. Freistaaten (d. s. Kapland, Natal, Transvaal, Orange-Freistaat). Die Ver­ ordnungen sind noch in Kraft und auf Grund der in ihnen enthaltenen Bestim­ mungen kann die Erfüllung der Unterhaltspflicht erzwungen werden. Die gesetzliche Unterhaltspflicht trifft die Verpflichteten ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit; sie kann vor einem südafrikanischen Gericht gegen jeden geltend gemacht werden: also gleichermaßen gegen Deutsche, Briten und Ange­ hörige einer dritten Nation, vorausgesetzt natürlich, daß sich der Unterhalts­ pflichtige in dem Gebiete der Union aufhält. Die Unterhaltspflicht trifft auch Eingeborene, doch dürfte der Fall kaum vorkommen, daß ein Eingeborener der Südafrikanischen Union nach Deutschland kommt und später als Erzeuger eines Kindes mit einem deutschen Mädchen in Anspruch genommen werden muß. Ein Vorgehen gegen einen Eingeborenen — um dies hier vorauszunehmen — empfiehlt sich, falls der Fall überhaupt Vor­ kommen sollte, nicht, schon aus dem Grunde, weil der außereheliche Verkehr von Weißen mit Eingeborenen nach einem Unions-Gesetz von 1927 mit Gefängnis bis zu 5 Jahren für beide Teile bestraft wird. Zudem sind 99