Die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber in der Europäischen Union [1 ed.] 9783428498048, 9783428098040

Viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterwerfen Asylbewerber einem Arbeitsverbot. Die Kinder der Asylbewerber u

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Die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber in der Europäischen Union [1 ed.]
 9783428498048, 9783428098040

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DANIELA DOHMES-OCKENFELS

Die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber in der Europäischen Union

Schriften zum Völkerrecht

Band 135

Die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber in der Europäischen Union Von Daniela Dohmes-Ockenfels

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Dohmes-Ockenfels, Daniela: Die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber in der Europäischen Union I von Daniela Dohmes-Ockenfels. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Völkerrecht; Bd. 135) Zug!.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09804-8

Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Gerrnany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-09804-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 §

Vorwort Diese Arbeit wurde im Juli 1998 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Ich möchte allen danken, die mich durch ihren Rat, ihre Kritik und ihre Ermutigung bei der Erstellung der Arbeit unterstützt haben. An erster Stelle gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Christian Tomuschat, der mein Interesse an dem Thema der Arbeit geweckt und mir wertvolle Anregungen gegeben hat. Herrn Professor Dr. Gerd Seidel danke ich für seine Bereitschaft, das Zweitgutachten im Promotionsverfahren anzufertigen. Herr Professor Dr. Helmut Steinberger eröffnete mir die Möglichkeit, die umfangreiche Bibliothek des Max-Planck-Institutes für Völkerrecht in Heidelberg zu nutzen. Ihm und den beiden Direktoren des Max-Planck-Institutes, Professor Dr. Dr. h.c. Jochen Abr. Frowein und Professor Dr. Rüdiger Wolfrum, bin ich für diese Nutzungsmöglichkeit sehr dankbar. Ich danke auch den Mitarbeitern des Max-Planck-Institutes für ihre unermüdliche Hilfsbereitschaft bei der Suche nach Literatur und Rechtsquellen. Meinen Dank möchte ich weiterhin allen Freunden und Kollegen ausdrükken, die mir in zahlreichen Diskussionen förderliche und nützliche Hinweise gegeben haben. Meinen Eltern, Johannes und Ursula Dohmes, danke ich sehr herzlich, daß sie mich zu jeder Zeit unterstützt und meine Interessen nach Kräften gefördert haben. Sie haben meinen Geschwistern und mir alle Möglichkeiten der Ausund Weiterbildung eröffnet und stehen uns nach wie vor mit Rat und Tat zur Seite. Ein ganz besonders herzlicher Dank gilt schließlich meinem Mann Axel, der mir in allen Phasen der Entstehung dieser Arbeit mit vielen Anregungen beigestanden hat. Braunschweig, im Dezember 1998

Daniela Dohmes-Ockenfels

Inhaltsverzeichnis Einleitung ..........................................................................................................

19

Erster Teil

Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union A.

B.

c.

Asyl im Völker- und Europarecht ........ .... .............. ...... ...... .... ....................... 1. Die Gewährung von Asyl im Völkerrecht.............................................. II. Asylrecht in der Europäischen Union.................................................... 1. Vor Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union ............ 2. Nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union .......... 3. Ausblick: Vergemeinschaftung des Asylrechts.................................. lII. Das Asylverfahrensrecht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union................................................................................................... Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit für Asylbewerber...... I. Anspruch auf Arbeitserlaubnis ................................................... ........... II. Arbeitsverbot ......... .... ........................................................................... 1. Zeitlich begrenztes Arbeitsverbot... ................................................ .. 2. Zeitlich unbeschränktes Arbeitsverbot.............................................. lII. Allgemeines Ausländerrecht: Erteilung der Arbeitserlaubnis nach Lage am Arbeitsmarkt.... ............................................................................... IV. Zusammenfassung................................................................... ...... ....... Die Möglichkeit des Schulbesuchs für Asylbewerberkinder ................... ....... 1. Schulpflicht........................................ .................................................. II. Anspruch aufUnterrichtung.................................................................. lII. Möglichkeit zum Schulbesuch nach Kapazitäten................................... IV. Zusammenfassung ................................................................................

24

24 26 28 28 32 35 37 39 40 41 41 44 46 52 53 54 57 59 60

Zweiter Teil

A.

Die Rechte auf Arbeit und Bildung im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

61

Die Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte......... 1. Die Internationale Arbeitsorganisation ..................................................

61 61

8

B.

Inhaltsverzeichnis ll. Die Minderheitenschutzverträge im System des Völkerbundes.............. III. Die Kodifizierung von Menschenrechten nach dem zweiten Weltkrieg .. 1. Charta der Vereinten Nationen......................................................... 2. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte...................................... 3. Pakte ............................................................................................... IV. Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte .................................................................................................. V. Regionale Menschenrechtsverträge ....................................................... 1. Europarat... ...................................................................................... 2. Organisation Amerikanischer Staaten....................................... ........ 3. Organisation der Afrikanischen Einheit............................................ VI. Zusammenfassung................................................................................ Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6IPWSKR.............................. .................. I. Persönlicher Geltungsbereich. ........................................... .................... 1. Staatsangehörigkeit...... ........................................... ........... .............. a) System der Menschenrechtspakte ............................................. b) Diskriminierungsverbot ... ......... ..... ....... ..... .............................. . c) Nachfolgende Auslegung.......................... ................................ d) Nachfolgende Staatenpraxis...................................................... e) Sinn und Zweck................................. ...................................... f) Zusammenfassung.............................. ................................... ... 2. Rechtmäßiger Aufenthalt .......................... ..................... ............. ..... 3. Dauerhafter Aufenthalt .............................. ..................................... . 4. Aufenthalt im Transitbereich ........................................................... 5. Vorbehalte der ratifizierenden Staaten ............................................. 6. Asylbewerber als Inhaber des Rechts auf Arbeit............................... ll. Sachlicher Geltungsbereich............................ .................... ...... ..... ........ 1. Begriff der Arbeit ................................................................... ......... 2. Recht auf freie BerufswahL... ..... ................... ...... ....................... ..... a) Zugang zum Arbeitsmarkt .................. ..................................... . b) Negative Freiheit der Berufswahl........... .................................. c) Verbot der Zwangsarbeit............................................... ........... d) Garantie des Arbeitsplatzes ...................................................... 3. Drittwirkung des Rechts auf Arbeit.................................................. 4. Politik der Vollbeschäftigung....................... .................................... a) Fachliche und berufliche Beratung................................... ...... ... b) Ausbildungsprogramme ...... ........................ .......... ..... ....... ........ c) Besonderer Schutz für bestimmte Gruppen............................... 5. Beschränkungen der Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern als Eingriff in den sachlichen Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit.......... a) Arbeit....................................................................................... b) Situation im Transitbereich ............ .......................................... c) Arbeitsverbot ................................... ........................................

63 65 66 67 69 71 74 74 76 77 78 78 80 80 81 81 85 86 86 87 87 88 90 91 94 94 95 96 96 98 101 101 103 104 106 107 108 109 109 110 110

Inhaltsverzeichnis

C.

9

d) Arbeitserlaubnis als Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt................................................................................ 110 e) Freier Zugang zum Arbeitsmarkt.............................................. 111 f) Ergebnis................................................................................... III Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR............. .. ............................. 112 1. Persönlicher Geltungsbereich. ..... ..................... ..................................... 115 I. Asylbewerber................................... .............................. .... ........ ...... 116 2. Kinder ............................................................................................. 116 3. Beschränkung auf Kinder............................................. .................... 120 4. Asylbewerberkinder als Inhaber des Rechts auf Bildung....... .... ........ 120 n. Sachlicher Geltungsbereich ......................... .......................................... 121 1. Begriff der Bildung.......................................................................... 123 2. Recht auf Bildung als Abwehrrecht - Bildungsfreiheit...................... 127 a) Zugang zu Bildungseinrichtungen............................................. 127 ( I) Diskriminierungsverbot .......................................... .... ..... 128 (2) Unterrichtssprache........................................................... 129 b) Negative Bildungsfreiheit........................ ................................. 130 c) Elternrechte......................................................... .. ................... 132 (1) Wahl der Bildungseinrichtung ....... ............ ...................... 134 (2) Sicherung der religiösen und sittlichen Erziehung............ 136 d) Private Bildungseinrichtungen .................................................. 138 3. Leistungspflichten im Rahmen der staatlichen Bildungspolitik......... 140 a) Pflicht zur Verschaffung eines Bildungsplatzes......................... 140 b) Kostenfreiheit des Unterrichts.... .................. ...................... ...... 142 c) Progressivität der Verpflichtungen........................ .. .................. 143 d) Unterrichtssprache ................................................................... 145 e) Entwicklung von Schulsystemen, Stipendien und Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Lehrpersonals............... 146 4. Eröffnung des sachlichen Geltungsbereiches des Rechts auf Bildung durch die Regelungen zum Schulbesuch von Asylbewerberkindern... 147 a) Situation im Transitbereich ...................................................... 148 b) Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen................. ........ 148 c) Recht auf Teilnahme am Elementarunterricht ........................... 149 d) Schulpflicht.............................................................................. 149 e) Ergebnis................................................................................... 150 Dritter Teil

Die Schranken der Rechte im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte A.

Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. I IPWSKR ..................... 1. Progressive und unmittelbare Verwirklichung der Rechte......................

152 153 154

10

B.

Inhaltsverzeichnis 1. Umnittelbar zu erfüllende Verpflichtungen...... ................................ a) Erfüllung der Rechte ........................................................... .. ... b) Schutz der Rechte................................................... .. ................ c) Respekt der Rechte...... .... ......................................................... d) Zusarmnenfassung......... ........................................... ........ ........ 2. Stetige Fortschritte........................................................................... 3. Die Möglichkeit progressiver Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber.......................................................................................... II. Die Ausschöpfung vorhandener Ressourcen........ .. .. .. ............................ 1. Maßnahmen zur Verwirklichung der Rechte.................... ...... .. .. ... .... 2. Vorhandene Ressourcen................................................................... 3. Ressourcenknappheit für Industrieländer ... ............ .. ... ... .... ... ............ 4. Wesensgehalt der Rechte ................................................................. 5. Der Einwand begrenzter Ressourcen bei der Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber ................................................................. m. Internationale Hilfe und Zusarmnenarbeit ............................................. 1. Völkerrechtliche Pflicht zur Hilfe und Zus8mmenarbeit ................... 2. Beschränkung der im Pakt anerkannten Rechte ................................ 3. Die Bedeutung der internationalen Hilfe und Zusarmnenarbeit für die Rechte der Asylbewerber............................................................ IV. Die Bedeutung des Art. 2 Abs. 1 IPWSKR für die Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber ...................................................................... Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR......... ...................... 1. Definition der Diskriminierung.......................................... ........ .. ......... 1. Ungleichbehandlung ........................................................................ 2. Rechtfertigung ...... .... .................. ..................................................... a) Rechtfertigungsmöglichkeiten bei einzelnen Diskriminierungsgründen .................................................................................... b) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Rahmen des Diskriminierungsverbotes ........................................................................ .. . c) Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR........................ d) Zusarmnenfassung.................................................................... II. Die Drittwirkung des Diskriminierungsverbotes. .. ................................. m. Umnitte1bare und progressive Verwirklichung des Diskriminierungsverbotes ................. ............................................................................... 1. Die Bedeutung des Diskriminierungsverbotes für die Erflillungspflichten des Paktes....... ........................................................... ....... 2. Die aus dem Diskriminierungsverbot resultierenden Erfilllungspflichten.......................................................................................... 3. Zusarmnenfassung ........................................................................... IV. Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung der Asylbewerber gemäß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR............................................................... 1. Vernünftige und objektive Gründe für die Ungleichbehandlung........

155 157 157 158 158 159 159 160 160 161 164 164 165 166 166 169 169 169 170 172 175 176 177 178 179 180 181 182 183 185 186 186 187

Inhaltsverzeichnis a) BeschränkWlg des Zuzugs vonAusländern................................ b) Sicherung der Ausreise abgelehnter Asylbewerber.................... c) Entlastung der Arbeitsmärkte...................................... ............. d) Einsparung von Haushaltsmitteln ............................................. 2. Geeignetheit und Erforderlichkeit der UngleichbehandlWlg.............. a) BeschränkWlg des Zuzugs von Ausländern................................ b) Sicherung der Ausreise abgelehnter Asylbewerber.................... c) EntlastWlg der Arbeitsmärkte................................................... d) Einsparung von Haushaltsmitteln ........ ............ ......................... e) ZusammenfassWlg.................................................................... 3. Angemessenheit der UngleichbehandlWlg ................................... ..... a) BeschränkWlgen während des Transitaufenthaltes ........... .... ..... b) Recht auf Arbeit....................................................................... (1) Arbeitserlaubnis ............ ...... ............................. ............... (2) Arbeitsverbot... ... .... .. .. .......... .............................. ..... ........ (3) Ergebnis................ .......................................................... c) Recht auf BildWlg .................................................................... (l) BeschränkWlg des Zugangs zu bestehenden Schulen........ (2) ErfüllWlg der Pflicht zur Einflihrung der allgemeinen Schulpflicht..................................................................... (3) Ergebnis .......................................................................... 4. ZusammenfassWlg .................. ............ .......... ....... ............................ c. Die BeschränkWlg der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR................................... 1. Voraussetzungen des Art. 4 IPWSKR........................ ............... ........ ..... 1. Gesetzliche Grundlage..................................................................... 2. Legitimes Ziel der EinschränkWlg.................................................... a) Das allgemeine Wohl in einer Gesellschaft............................... b) Die demokratische Gesellschaft................................................ 3. WahrWlg der Natur der Rechte............................ .......... ................... II. Die BeziehWlg zwischen Art. 4 Wld Art. 2 IPWSKR.............................. 1. Art. 4 IPWSKR Wld die Möglichkeit progressiver Realisierung der Rechte............................................................................................. 2. Art. 4 IPWSKR Wld das DiskrirninierWlgsverbot.............................. IIl. RechtfertigWlg der BeschränkWlgen der Rechte der Asylbewerber durch Art. 4 IPWSKR ................................................... ........................ 1. Gesetzliche Grundlage..................................................................... 2. Legitimes Ziel der EinschränkWlg.................................................... 3. Verhältnismäßigkeit der einschränkenden Gesetze ........................... D. Ergebnis: Die Rechtmäßigkeit der Eingriffe in die Rechte auf Arbeit Wld BildWlg der Asylbewerber............................................................................

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12

Inhaltsverzeiclmis Vierter Teil

Die Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und der ihnen entsprechenden staatlichen Verpflichtungen A.

212

Die Klage vor dem Internationalen Gerichtshof............................................ Das Individualbeschwerdeverfahren vor dem Menschenrechtsausschuß des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte...................... I. Anwendbarkeit für Beschwerden aus dem Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte............................ .. .. ........ .. .. .. .. .. . n. Ansätze zur Erweiterung des Ermessensspielraums der Vertragsstaaten rn. Konsequenzen der Rechtsprechung des Menschenrechtsausschusses ..... Innerstaatliche Rechtsmitte1......................................................................... 1. Geltung des IPWSKR im innerstaatlichen Recht................................... 1. Monistisch verfaßte Staaten................................................ .. .... .. ..... 2. Dualistisch verfaßte Staaten............................................................. n. Unmittelbare Anwendbarkeit der im IPWSKR anerkannten Rechte....... I. Formelle Kriterien ........................................................................... 2. Materielle Kriterien......................................................................... 3. Respekt der Rechte .......................................................................... a) Geltungsbereich ....................................................................... b) Rechtfertigungsgrunde für Eingriffe.............................. ..... ....... c) Zusammenfassung.................................................................... 4. Schutz der Rechte ............................................................................ 5. Erfüllung der Rechte............................................ ............................ 6. Zusammenfassung ........................................................................... rn. Innerstaatliche Rechtsmittel für die Verletzung der Rechte der Asylbewerber auf Arbeit und Bildung.............................................................. Zusammenfassung................................... ... .. ................................................

238 239

Schluß betrachtung ............. ...............................................................................

240

Thesen........................................................................................... .. ...................

242

Literaturverzeichnis ..........................................................................................

251

Sachverzeichnis............................................................................................ ......

278

B.

C.

D.

213 215 217 221 223 225 225 226 226 228 230 231 233 233 234 234 235 236 237

Abkürzungsverzeichnis a.A.

Abb.

ABI. Abs.

AEMR AEVO AFG AGMR

AJIL AmMRK Anm. Art. ASIL AsylG AsylVfG AsylVfD AuslArbG AuslBG AuslDekret AuslErlaß AuslG AuslVO BB belg. BGBl. BildungsG brit. BritishYbllBullHR BVerfG BVerfGE

bzw. CanHRY

anderer Ansicht Abbildung Amtsblatt Absatz Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Arbeitserlaubnisverordnung Arbeitsförderungsgesetz Amerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte The American Journal ofInternational Law Amerikanische Menschenrechtskonvention Anmerkung Artikel American Society of International Law Asylgesetz Asylverfahrensgesetz Asylverfahrensordnung Ausländerarbeitsgesetz Ausländerbeschäftigungsgesetz Ausländerdekret Ausländererlaß Ausländergesetz Ausländerverordnung Betriebs-Berater be1gisch Bundesgesetzblatt Bildungsgesetz britisch British Yearbook of International Law Bulletin of Human Rights Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Canadian Human Rights Yearbook

14 CardozoLR CCPR dän. Doc. Dok. dt. DVBl. ECHR ECRE EG EGMR EG-Vertrag EMRK EMRKom EPIL Erl. ERPL ESC ESCR et al. EU EuGH EuGRZ

EuR EU-Vertrag

f. FDK Fed.

tT. fmn. Fn. FPI-IPBPR

fr. GA Georgetown Immigr. LJ GermanYbIL GFK GG gg.

Abkürztingsverzeichnis Cardozo Law Review Covenant on Civil and Political Rights dänisch Document Dokument deutsch Deutsches Verwaltungsblatt European Convention on Human Rights European Council on Refugees and Exiles Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof fUr Menschenrechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäische Menschenrechtskonvention Europäische Menschenrechtskommission Encyclopedia ofPublic International Law Erläuterung European Review of Public Law Europäische Sozia1charta Economic, Social and Cultural Rights et alii Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht Vertrag über die Europäische Union folgende Frauendiskriminierungskonvention Federation fortfolgende fmnisch Fußnote Erstes Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte französisch General Assembly Georgetown Immigration Law Journal German Yearbook ofInternational Law Genfer Flüchtlingskonvention Grundgesetz gegen

AbkilrZUngsveneichnis Gisti GMBl.

griech. GrundschulG HastingsICLR HRLJ

HRQ Hrsg. Hs. ICESCR IGH DCR ILConf. ILM ILO Jmm. & Nat. Law & Pract. Int. J. of Ref. Law Int. IPBPR IPWSKR ir. IsraelYbHR it. iVm Journal ofInt. Aff. JZ

KMS KRK lit. LNfS lux. MVBl.

mwN NethQHR NethYbIL NILR

15

Groupe d'information et de soutien des travailleurs immigres Gemeinsames Ministerialblatt griechisch Grundschulgesetz Hastings International and Comparative Law Review Human Rights Law Journal Human Rights Quarterly Herausgeber Halbsatz International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights Internationaler Gerichtshof International Journal of Children's Rights International Labour Conference International Legal Materials International Labour Organisation Immigration and Nationality Law and Practice International Journal of Refugee Law International Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte irisch Israel Yearbook ofHuman Rights italienisch in Verbindung mit Journal ofInternational Affairs Juristen Zeitung Kultusministerschreiben Kinderrechtskonvention littera League ofNations Treaty Series luxemburgisch Ministerielles Verordnungsblatt mit weiteren Nachweisen Netherlands Quarterly ofHuman Rights Netherlands Yearbook ofInternational Law Netherlands International Law Review

16 NJCM

nl. No. Nr. NVwZ OAS OAU OP öst. port. RdC

RDK REDP Res. Rev. BeIge de Droit Const. Rev. Droits de l'Horrune Rev. fr. Droit adm. Rev. Gen. DIP Rev. trirn. droits de l'homme Rs.

Rz. S. SCLR SFS s.o. s.U SchulbildungsG SchulG SchulPflG schw. Slg. span. TexaslLJ

u. u.a. UN UNESCO UNHCR UNTS

Abkürzungsverzeichnis Nederlands Juristen Cornite voor de Mensenrechten niederländisch Number Nummer Neue Zeitschrift fUr Verwaltungsrecht Organization of American States Organization of African Unity Optional Protocol österreichisch portugiesisch Recueil des Cours Rassendiskriminierungskonvention Revue Europeenne de Droit Public Resolution Revue BeIge de Droit ConstitutionneI Revue des Droits de l'Homme Revue fran~aise de droit adrninistratif Revue Generale de Droit International Public Revue trirnestrielle des droits de l'homme Rechtssache Randziffer Seite Santa Clara Law Review Svensk Författningssarnling siehe oben siehe unten Schulbildungsgesetz Schulgesetz Schulpflichtgesetz schwedisch Sammlung spanisch Texas International Law Journal und und andere United Nations United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization United Nations High Commissioner for Refugees United Nations Treaty Series

Abkürzungsverzeiclmis vgl. Vol. Vorb. VRÜ vs. WashLR

WVRK

z.B. ZaöRV

ZAR Ziff. ZPI-AmMRK

ZPI-EMRK

2 Dohmes-Ockenfels

17

Vergleiche Volume Vorbemerkung Verfassung und Recht in Übersee versus Washington Law Review Wiener Vertragsrechtskonvention zum Beispiel Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Ausländerrecht Ziffer Erstes Zusatzprotokoll zur Amerikanischen Menschenrechtskonvention Erstes Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention

Einleitung Seit der völkerrechtlichen Kodifizierung der Menschenrechte in dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPWSKR)\ und dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR)2 hat sich eine wahre Flut völkerrechtlicher Literatur mit der Auslegung und Anwendbarkeit der Menschenrechte auf internationaler Ebene befaßt. Es ist bemerkenswert, daß trotz der immer wieder proklamierten Einheit aller Rechte ein deutliches Übergewicht der Beiträge zugunsten der bürgerlichen und politischen Rechte existiert. Die Bedeutung des IPWSKR als gleichberechtigte Kodifikation von Menschenrechten wurde lange Zeit entweder vollständig ignoriert oder mit deutlichen Worten abgelehnt. Es herrschte die Auffassung, daß die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte keine echten Rechte seien, sondern allenfalls Programmsätze darstellten, welche die Staaten gegenüber den begünstigten Personen nicht zur Vornahme oder Unterlassung einzelner Handlungen verpflichteten. 3 Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte wurden hauptsächlich als Leistungsrechte betrachtet, 4 deren Erfüllung nach staatlichem Ermessen erfolgte und damit rechtlich nicht überprüfbar sein sollte. Die bürgerlichen und politischen Rechte wurden dagegen häufig als reine Abwehrrechte gesehen, welche

\ International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, UNTS 993, S. 3, in Kraft getreten am 3.1.1976, im folgenden IPWSKR; am 29.9.1997 hatten 137 Staaten den IPWSKR ratifIziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 2 International Covenant on Civil and Political Rights, UNTS 999, S. 171, in Kraft getreten am 23.3.1976, im folgenden IPBPR; am 29.9.1997 hatten 140 Staaten den IPBPR ratifIziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 3 Vgl. z.B. Cranston, Human Rights, S. 65ff.; Bossuyt, Rev. Droits de l'Homme 8 (1975), S.783, 805ff.; Tomuschat, CanHRY 1984-85, S. 31, 40; Echterhölter, BB 1973, S. 1595, 1596; Machacek in: Matscher, Durchsetzung, S. 21, 41; mit Einschränlamgen Vierdag, NethYbIL 9 (1978), S. 69, 103; van Boven in: VasakiAlston, Human Rights, S.43, 52f.; zusammenfassend Cancado Trindad, Rev. Gen.DIP 4 (1990), S. 913, 914ff. 4 Vgl. z.B. Bossuyt, Rev. Droits de l'Homme 8 (1975), S. 783, 790; Vierdag, NethYbIL 9 (1978), S. 69, 92f.; Tomuschat, BullHR 1985, Special Issue, S. 24,34; Müller, Soziale GTUT1drechte, S. 171; Jenks in: Festschrift Guggenheim, S. 805,811.

2'

20

Einleitung

lediglich staatliche Zurückhaltung erforderten5 und von den begünstigten Personen selbst eingefordert werden könnten. Die früher vorherrschende Auffassung einer strikten Trennung zwischen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten auf der einen Seite und bürgerlichen und politischen Rechten auf der anderen Seite ist inzwischen einer vennittelnden Meinung gewichen, nach der alle Menschenrechte sowohl Leistungs- als auch Abwehrrechte enthalten können. 6 Herausragendes Beispiel bei den bürgerlichen und politischen Rechten ist das Recht auf Leben, das neben dem Verbot willkürlicher Tötungen beispielsweise auch das Recht auf Schutz vor dem Verhungern umfaßt. 7 Reine Leistungsrechte sind das Recht auf ein Rechtsmittel aus Art. 2 Abs. 2 IPBPR und im Bereich der EMRK das Recht auf ein faires Verfahren. 8 Die Einrichtung eines effektiven Rechtsschutzsystems kann, wie die vor den europäischen Menschenrechtsschutzorganen ausgetragenen Fälle eindrucksvoll belegen, auch in bereits bestehenden rechtsstaatlichen Systemen erhebliche Kosten verursachen. 9 Das Argument, diese Kosten entstünden unabhängig von den Menschenrechten in jedem funktionsfähigen Staat, I 0 ist nicht zu halten, wenn man bedenkt, daß in vielen funktionsfähigen Diktaturen der Welt ein Rechtsschutzsystem gerade nicht existiert. Bemerkenswert ist bei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten, daß das Recht auf Bildung in Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPI-EMRK)I\ negativ und damit als Abwehrrecht und in Art. 13 IPWSKR positiv und damit als Leistungsrecht formuliert ist. Das Recht zur

5 Vgl. z.B. Bossuyt, Rev. Droits de l'Homrne 8 (1975), S. 783, 790; Tomandl, Recht und Staat 337/338 (1967), S. 1Of. 6 Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35, 39ff.; derselbe in: Eide, ESCR, S. 21, 36ff.; Simma, VRÜ 1992, S. 382, 393; Alston/Quinn, HRQ 7 (1987), S. 156, 184; van Hoofin: AlstonITomaJevski, Right to Food, S. 97, 106f.; Nowak, CCPR, Art. 2, Rz. 19; Ohlinger in: Festschrift Floretta, S. 271, 274f.; Simma in: Festschrift Lerche, S. 83, 92f.; Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 368f. 7 Vgl. z. B. die allgemeine Bemerkung Nr. 6 (16) des Menschenrechtsausschusses zu Art. 6 IPBPR, UNDoc. CCPRlCl21lRev.l (1989), S. 4ff., § 6. 8 Vgl. hierzu die Bemerkung des israelischen Vertreters zur Justiziabilität der bürgerlichen und politischen Rechte, UN Doc AlC.3/SR.41O (1952); Aiston/Quinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 184; van Hoofin: AlstonITomaJevski, Right to Food, S. 97, 103. 9 AusftlhrlichdazuJhabvala,NILR31 (1984),S.149, 163ff. 10 Bossuyt, Rev. Droits de l'Homrne 8 (1975), S. 783, 813f., Fn. 19. 11 Additional Protocol to the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms vom 20.3.1952, European Treaty Series Nr. 9, in Kraft getreten am 18.5.1954, im folgenden ZPI-EMRK; am 22.9.1997 hatten 36 Staaten das ZP1EMRK ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Einleitung

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Gründung von Gewerkschaften ist mit unterschiedlichen Schwerpunkten sowohl im IPWSKR als auch im IPBPR enthalten. 12 Es bietet sich an, bei der Interpretation der Rechte eine Unterteilung nach unterschiedlichen Verwirklichungsebenen vorzunehmen, die mit den Begriffen "Respektieren", "Schützen" und "Erfüllen" umschrieben werden können. 13 Die Verpflichtung, ein Recht zu respektieren, erfordert staatliche Zurückhaltung beim Eingriff in die Freiheitsrechte des einzelnen, die in fast jedem Menschenrecht als Ausfluß der allgemeinen Handlungsfreiheit enthalten sind. Die Verpflichtung, ein Recht zu schützen, bedeutet, daß der Staat durch den Erlaß von Gesetzen die Geltung der Rechte bis zu einem gewissen Grad auch zwischen Privatpersonen sichern muß. Die Verpflichtung, ein Recht zu erfüllen, erfordert schließlich positive Leistungen des Staates zur Sicherung der vollen Verwirklichung des Rechts, soweit dies nicht durch das Handeln von Privatpersonen allein gewährleistet ist. Auf der Basis dieser Unterscheidung kann jedes Recht auf Handlungs- und Unterlassungspflichten des Staates hin untersucht werden. Die vorliegende Arbeit versucht, die bislang durch Wissenschaft und Praxis gewonnenen Erkenntnisse über Rechtsnatur und Wirkungsweise der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu sanuneln und auf einen spezifischen Sachverhalt anzuwenden. Ausgewählt wurde für diese Anwendung die Rechtsstellung von Asylbewerbern während des Asylverfahrens in der Europäischen Union. Es hat im Zuge zunehmender Vereinheitlichung der Asylverfahren innerhalb der Europäischen Union eine ganze Reihe rechtsvergleichender Arbeiten zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der europäischen Asylverfahren gegeben, welche die hier untersuchten Regelungen aber allenfalls streiften. Die Diskussion um Asylverfahren dreht sich in der Regel um Fragen der Asylberechtigung, Kürzung von Rechtsmitteln und vereinfachte Abschiebungen in Drittstaaten. Als Ansatzpunkte für die Interpretation wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte werden demgegenüber in dieser Arbeit die Regelungen über die unselbständige Erwerbstätigkeit und den Schulbesuch von Asylbewerbern und ihren Kindern gewählt, die an den Rechten auf Arbeit und Bildung aus Art. 6 und 13 IPWSKR zu messen sind. Die Arbeit gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil werden die Möglichkeiten zur unselbständigen Erwerbstätigkeit und zum Schulbesuch von Asylbewerbern und ihren Kindern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Art. 8 IPWSKR, Art. 22 IPBPR. Vgl. dazu Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35, 37f.; derselbe in: Eide u.a., ESCR, S. 21, 37[.; Craven, ICESCR, S. 109fT.; van Hoof in: AlstonITomasevski, Right to Food, S.97, 106; van den BergiGuldenmund in: Bloedlvan Difk, He1sinki Process, S. 103, 112. 12

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dargestellt. Es wird ein Überblick über die völker- und europarechtlichen Normen zum Asylrecht gegeben, welche die Asylpolitik der Mitgliedstaaten notwendigerweise beeinflussen. Die nationalen Regelungen zerfallen in mehrere Gruppen, die sich in der Intensität der Beschränkung von Rechten der Asylbewerber unterscheiden. Der zweite und dritte Teil der Arbeit enthalten eine Auslegung der Rechte auf Arbeit und Bildung sowie der Vorschriften zur Art und Weise der Verwirklichung der Rechte, die im allgemeinen Teil des Paktes enthalten sind. Im zweiten Teil werden die persönlichen und sachlichen Geltungsbereiche der Rechte auf Arbeit und Bildung bestimmt. Die Auslegung der Art. 6 und 13 IPWSKR erfolgt mit Hilfe der oben ausgeführten Dreiteilung der Verwirklichungsebenen von Menschenrechten und verdeutlicht die VielfaItigkeit der in den Rechten enthaltenen staatlichen Verpflichtungen. Im Anschluß daran wird erörtert, inwiefern die nationalen Regelungen zur Erwerbstätigkeit und zum Schulbesuch der Asylbewerber in die Rechte auf Arbeit und Bildung eingreifen. Im dritten Teil der Arbeit werden die Rechtfertigungsmöglichkeiten für die festgestellten Eingriffe in die Rechte auf Arbeit und Bildung untersucht. Das größte Hindernis für die Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte stellt die Möglichkeit progressiver Realisierung der Rechte unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen aus Art. 2 Abs. 1 IPWSKR dar. Es wird sich zeigen, daß der Anwendungsbereich dieser Schranke, welche den Grund für das große Mißtrauen gegenüber dem IPWSKR bildet, weitaus kleiner ist, als die Kritiker des Paktes und möglicherweise auch die Vertragsstaaten glauben. Als Schranke hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereiches der im Pakt anerkannten Rechte kann auch das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR behandelt werden, welches die Beschränkung von Rechten aber nur in eng begrenzten Fällen rechtfertigt. Da die nationalen Rechtsordnungen die Staatsangehörigen gegenüber den Ausländern häufig bevorzugen, ist die Bestimmung des persönlichen Geltungsbereiches der im Pakt anerkannten Rechte unter Heranziehung des Diskriminierungsverbotes für die Rechtsstellung der Asylbewerber von besonderer Bedeutung. Im vierten Teil der Arbeit werden schließlich die Möglichkeiten zur Durchsetzung der im IPWSKR anerkannten Rechte auf völkerrechtlicher und innerstaatlicher Ebene erörtert. Da der IPWSKR selbst kein Durchsetzungsverfahren enthält, muß auf die allgemeinen völkerrechtlichen Regeln zur friedlichen Streitbeilegung und auf das Individualbeschwerdeverfahren des IPBPR eingegangen werden. Die Durchsetzung der Rechte auf innerstaatlicher Ebene hängt im wesentlichen davon ab, wie die nationalen Behörden und Gerichte die unmittelbare Anwendbarkeit einzelner Rechte des Paktes beurteilen. Im

Einleitung

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Rahmen dieser Arbeit können daher nur die Ausschlußgrtinde unmittelbarer Anwendbarkeit diskutiert werden. Die Schlußbetrachtung befaßt sich mit der Existenzberechtigung des IPWSKR neben dem IPBPR und erörtert, inwiefern die Einführung eines gesonderten Durchsetzungsmechanismus der Verwirklichung der Rechte dienen kann.

Erster Teil

Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union A. Asyl im Völker- und Europarecht In den vergangenen zehn Jahren ist das Asylrecht europaweit zunehmend in den Mittelpunkt innenpolitischer Diskussionen getreten. Grund dafür ist der rapide Anstieg der Asylbewerberzahlen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die zu Beginn der neunziger Jahre ihre Höchststände erreichten.\ Seit 1994 ist die Zahl der Asylbewerber wieder gesunken. Insgesamt wurden zwischen 1991 und 1994 in der Europäischen Union etwa 2,1 Millionen Asylanträge gestellt, während es zwischen 1983 und 1986 etwa 520.000 Anträge gewesen waren. 2 Dabei lag Deutschland als Aufnahmeland mit über 400.000 Asylbewerbern unangefochten an der Spitze. Es folgten Belgien und Schweden mit je 50.000-80.000 Asylbewerbern und Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Spanien mit je 10.000-30.000 Asylbewerbern. Finnland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Österreich und Portugal nahmen jeweils weniger als 5.000 Asylbewerber aue Für die Zunahme der Asylbewerberzahlen werden verschiedene Gründe angeführt. 4 Zum einen haben sich die Ursachen für eine Flucht aus dem Heimatstaat stark verändert. Weltweit hat die Zahl regionaler bewaffneter Konflikte, seien sie innerstaatlicher oder internationaler Art, zugenommen. Zu Zeiten des Kalten Krieges stellte die politische Verfolgung Oppositioneller den Hauptfall \ Vgl. die Tabelle des UNHCR-RegionalbÜfos Europa 1994. UNHCR, Refugees, Annex 11, Tabelle 9, S. 253. 3 UNHCR, Refugees, Annex 11, Tabelle 11. 4 Vgl. zwn folgenden Consideration of ECOSOC Res. 1995156, UNHCR Doc. EC/46/SC/CRP.12 vom 4.1.1996, §§ 1-8; Nuscheler, Migration, S.32ff.; UNHCR, Refugees, S.34ff., 143fI, 187ff.; Khan in: International Refugee and Humanitarian Law, S. 70ff.; UNHCR in: International Refugee and Humanitarian Law, S. 80ff., 90ff.; ArboledaIHoy, Int. J. of Ref. Law 5 (1993), S. 66, 71ff.; Loescher, Journal of Int. Aff. 47 (1994), S. 352ff.; Baldwin-Edwards/Schain, West European Politics 17 (1994), S. 1-16; Göbel-Zimmermann in: Huber, Handbuch, Abschnitt l.lV, Rz. 1; Kimminich, AWR-Bulletin 32 (41) (1994), S. 160-174; McCalmon, Georgetown Immigr. LJ 10 (1996), S. 215,217-223. 2

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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von Menschenrechtsverletzungen dar und führte zur Flucht einzelner Personen oder kleinerer Gruppen. Heute müssen große Gruppen von Menschen in Kriegsgebieten wie Somalia, Ruanda oder Bosnien-Herzegowina unabhängig von ihrer politischen Einstellung allein aufgrund der Anwendung von Waffengewalt um ihr Leben fürchten. 5 Die bewaffneten Konflikte bringen zusätzlich wirtschaftlichen Zerfall mit sich, der ebenso wie Naturkatastrophen mit daraus resultierenden Hungersnöten ein übriges tut, um Menschen aus ihren Heimatländern zu treiben. Gleichzeitig wirken Frieden, wirtschaftlicher Wohlstand und soziale Absicherung in den Industrieländern Europas anziehend für die Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern Afrikas und Asiens. Häufig kann man zwischen politischen Flüchtlingen, die vor individueller Verfolgung flüchten, und Auswanderungswilligen, die anderer Not entgehen wollen, nicht mehr unterscheiden. 6 Zum anderen hat die weltweit größere Mobilität von Menschen die Massenfluchtbewegungen gefordert. Während sich die Wanderungsbewegungen früher auf den Kontinent beschränkten, auf dem sie entstanden, können Menschen nun mit dem Flugzeug schnell und relativ mühelos zwischen Kontinenten hin- und herreisen. Auf der ganzen Welt leben etwa 27 Millionen Menschen, die aus einem der genannten Gründe ihre Heimat verlassen haben (sogenannte "displaced persons" oder "vertriebene Personen"). Davon sind mehr als zwei Drittel in Afrika und Asien geblieben, 7 doch immerhin stieg die Zahl der vertriebenen Personen in Europa zwischen 1985 und 1995 von 0,7 auf 6,5 Millionen. 8 Bis in die siebziger Jahre hinein wurden ausländische Personen in Europa zur Arbeitsaufnahme angeworben. Wenn sie ihr Heimatland verlassen wollten, konnten sie sich um Arbeitsplätze in den damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bewerben und legal einreisen. Da seit Mitte der siebziger Jahre die Anwerbung von ausländischen Arbeitnehmern aber beendet ist, findet eine Einreise zur Arbeitsaufnahme in der Regel nicht mehr statt. 9 Einreisewilligen bleibt damit nur die Stellung eines Asylantrags, wenn sie ein wenigstens vorläufiges Aufenthaltsrecht erlangen wollen. 10 Dazu Gallagher, Journal ofInt. Aff. 47 (1994), S. 429, 439ff. Lamber!, Asylum, S. 6. 7 Quellen: UNHCR, Refugees, Annex II, Tabelle 1, S.247; Khan in: International Refugee and Humanitarian Law, S. 70, 71; UNHCR in: International Refugee and Humanitarian Law, S. 80, 90. 8 Quelle: UNHCR, Refugees, S. 35, Abb. 1.2. 9 Hierzu ausführlich Baldwin-Edwards/Schain, West European Politics 7 (1994), S. I, 8ff. tO Vgl. hierzu die Mitteilung der EU-Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über das Asylrecht vom 11.10.1991, Vermerk mit Überlegungen zum Asyl5

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1. Teil: Unselbständige ElWerbstätigkeit und Schulbildung ftlr Asylbewerber

Als Reaktion auf die ansteigenden Asylbewerberzahlen verschärften fast alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Asylbewerbern und erleichterten ihre Abschiebung im Falle der Ablehnung der Asylanträge. 11 Im Zuge dieser Gesetzesänderungen sind die Asylbewerberzahlen seit 1994 fast überall stark gesunken. So stellten 1995 in Deutschland nur noch etwa 128.000 Asylbewerber, in Belgien, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden je etwa 14.000-30.000 Asylbewerber, in Dänemark, Italien, Schweden und Spanien je etwa 5.000-9.000 Asylbewerber und in Finnland, Griechenland, Irland und Portugal je unter 1.500 Asylbewerber einen Asylantrag. Im Rahmen dieser Arbeit sind die Regelungen hinsichtlich des Aufenthalts von Asylbewerbern in den Aufnahmestaaten von besonderem Interesse. Alle Gesetzesänderungen zur Senkung der Zahl der Asylanträge müssen aber im Kontext bestehender völkerrechtlicher Verpflichtungen der Staaten betrachtet werden. Im folgenden wird daher zunächst ein Überblick über die völker- und europarechtlichen Regelungen bezüglich der Gewährung von Asyl gegeben, bevor die Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten der Asylbewerber in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union dargestellt werden. I. Die Gewährung von Asyl im Völkerrecht Maßgeblich für die Gewährung von Asyl sind im internationalen Recht das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (GFK)12 und das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.1.1967 (New Yorker Protokoll).13 Beide Instrumente kodifizieren jedoch kein Recht auf Asyl,14 sondern behandeln lediglich das Recht im Asyl vor dem Hintergrund, daß die Gewährung von Asyl souveränes Recht,15 nicht aber völkerrechtliche Pflicht eines jeden Staates ist. Einzige Ausnahme ist Art. 33 GFK, wonach ein Flüchtling nicht in ein Gebiet ausgewiesen werden darf, in dem "sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörecht, EG Dok. SEK (91) 1857, S. 1; siehe auch Boyd, Georgetown Immigr. LJ 10 (1996), S. 257, 270f 11 hn einzelnen s.u. Teill, I.C. 12 Convention relating to the Status ofRefugees vom 28.7.1951, UNIS 189, S. 137, in Kraft getreten am 22.4.1954, im folgenden GFK; am 29.9.1997 hatten 131 Staaten die GFK ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. \3 Protocol relating to the Status of Refugees vom 31.1.1967, UNIS 606, S. 267, in Kraft getreten am 4.10.1967; am 29.9.1997 hatten 130 Staaten das Protokoll ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 14 Dazu Tomuschat, HRLJ 13 (1992), S. 257,258. 15 Dazu umfassend Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 13fT.; zur völkerrechtlichen Zulässigkeit der Gewährung von Asyl vgl. Cremer, Auslandsfolgen, S. 210214.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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rigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde. ,,16 Das sogenannte "Refoulement-Verbot" bietet zumindest Schutz vor der Zurückweisung in Länder, in denen das Leben des Asylbewerbers aufgrund einer Verfolgung gefährdet sein könnte. 17 Ergänzend wirkt Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK),18 der von dem Europäischen Gerichtshof fiir Menschenrechte (EGMR)19 so ausgelegt wird, daß niemand in ein Land ausgewiesen werden darf, in dem ihm Folter oder unmenschliche Behandlung drohen. 20 In Art. I A GFK ist eine Definition des Flüchtlings enthalten, der nach Anerkennung durch den Aufnahmestaat die in der Konvention genannten Rechte genießt. Die Definition umfaßt Personen, welche "aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung" ihr Heimatland verlassen mußten, und sich daher außerstande sehen, den Schutz ihres Heimatlandes in Anspruch zu nehmen,21 nicht aber Personen, die

16 Im englischen Wortlaut: "No contracting State shall expel or return ("refouler") a refugee in any manner whatsoever to the frontiers of territories where his life or freedom would be threatened on account of his race, religion, nationality, membership of a particular social group or political opinion. " 17 Vgl. dazu im einzelnen Stenberg, Non-expulsion, S. 171-280; Tomuschat, HRLJ 13 (1992), S. 257, 258; Goodwin-Gill, Refugee, S. 117-171; Zimmermann, Grundrecht auf Asyl, S. 49-81; Boeles, NILR 43 (1996), S. 291, 294ff.; Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 44-80. 18 "No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment. "; Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, UNTS 213, S. 221, in Kraft getreten am 3.9.1953, im folgenden EMRK; am 22.9.1997 hatten 38 Staaten die EMRK ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 19 Im folgenden EGMR. 20 Vgl. Soering gg. Großbritannien, Urteil vom 7.7.1989, Series A, Vol. 161, § 111; Cruz Varas u.a. gg. Schweden, Urteil vom 20.3.1991, Series A, Vol. 201, §§ 69f.; Vilvarajah u.a. gg. das Vereinigte Königreich, Urteil vom 30.10.1991, Series A, Vol. 215, §§ 102f.; umfassend dazu Frowein in: FroweinIPeukert, EMRK, Art. 3 Rz. l8ff.; Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S.85-134; siehe ergänzend Laws, REDPIERPL 7 (1995), 565, 566ff.; Tomuschat, HRLJ 13 (1992), S. 257, 259f.; Cremer, Auslandsfolgen, S. 215-221; Seidel, Handbuch, S. 227; EG-Bericht über Einwanderungs- und Asylfragen, Textsammlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 4464/1195 Rev. 1, S. 79, 91. 21 Im englischen Wortlaut: "For the purposes of the present Convention, the term "refugee" shall apply to any person who: ( ... ) owing to well-founded fear ofbeing persecuted for reasons of race, religion, nationality, membership of a particular social group or political opinion, is outside the country of his nationality and is unable, or owing to such fear, is unwilling to avail himse1f of the protection of that country ( ... )";

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

durch Bürgerkriege, Stammesfehden oder Naturkatastrophen bedroht sind. 22 Viele afrikanische und lateinamerikanische Staaten haben diese Definition erweitert, so daß auch Menschen, die vor gravierenden Störungen der öffentli chen Ordnung aus ihrem Land fliehen, als Flüchtlinge anerkannt werden. 23 In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt dagegen weiterhin die enge Definition der GFK als Grundlage der Asylberechtigung. 24 Weil viele Asylbewerber in Europa zu den von der Definition nicht erfaßten Gruppen gehören, ist die Anerkennungsquote sehr gering. Für ganz Europa ist sie von etwa 42% im Jahre 1984 auf unter 10 % im Jahr 1993 gesunken. 25 So zählt auch der UNHCR von den 27 Millionen vertriebenen Personen in Europa nur etwa fünfzehn Millionen zu den Flüchtlingen im eigentlichen Sinne. 26 11. Asylrecht in der Europäischen Union Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben in zunehmendem Maße ihre jeweiligen Regelungen zum Asylverfahren aufeinander abgestimmt, um der ungleichmäßigen Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und später der Europäischen Union entgegenzuwirken. 27 Dabei wurden vor und nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union (EU-Vertrag)28 unterschiedliche Mittel eingesetzt.

1. Vor lnkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union Im Zuge der Verwirklichung des Binnenmarktes zum 31.12.1992 gemäß Art.7a EG-Vertrai9 wurde das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft zu vgl. dazu UNHCR, Handbook, §§ 37-105; Stenberg, Non-expulsion, S.59-81; Goodwin-Gill, Refugee, S. 40-79. 22 Vgl. zu dieser Auslegung und ihren Konsequenzen: Bodart, Int. J. of Ref. Law 7 (1995), S. 39-59; ArboledaIHoy, Int. J. of Ref. Law 5 (1993), S. 66, 84fT.; Helton, Journal ofInt. Aff. 47 (1994), S. 351, 380fT. 23 Vgl. z.B. Art. 1 Abs. 2 der OAU Convention Governing the Specific Aspects of Refugee Problems in Africa, UNTS 1001, S. 45; siehe auch Helton, Journal ofInt. Aff. 47 (1994), S. 351, 382; UNHCR, Refugees, S. 197; Hein in: Festschrift Franz/Müller, S. 592, 593f.; Goodwin-Gill, Refugee, S. 20f. 24 Lambert, Asylum, S. 8. 25 UNHCR, Refugees, S. 196. 26 UNHCR, Refugees, Annex II, Tabelle 1, S. 247. 27 Dazu ausftlhrlichMaaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 349-365. 28 Vertrag über die Europäische Union vom 7.2.1993, BGBl. 1992 Teil II, S. 1251, im folgenden EU-Vertrag, in Kraft getreten am 1.11.1993 nach Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 29 Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957, seit Inkrafttreten des EU-Vertrages: Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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einem Raum ohne Binnengrenzen, in dem unter anderem der freie Personenverkehr gewährleistet ist. Dies hat dazu geführt, daß sich nicht nur die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, sondern faktisch auch Angehörige von Drittstaaten, darunter die Asylbewerber, innerhalb der Gemeinschaft frei bewegen können. Sobald sie auf das Staatsgebiet eines Mitgliedstaates gelangt waren, konnten sie beispielsweise Asylanträge in mehreren Mitgliedstaaten stellen oder denjenigen Mitgliedstaat auswählen, der das für sie günstigste Asylverfahren durchführte. 3D Zur Vermeidung solcher unerwünschter Konsequenzen beschlossen die Mitgliedstaaten, ihre Asylpolitiken untereinander zu koordinieren. 31 Da der EWG-Vertrag keine Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Asyl- und Ausländerrechts enthielt, mußten die Mitgliedstaaten auf intergouvernementaler Ebene vorgehen. Bereits im Jahr 1985 schlossen Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande im luxemburgischen Schengen ein völkerrechtliches Abkommen, in dem sie sich verpflichteten, ihre Grenzen für den Personenverkehr zu öfInen. 32 Zur Durchführung dieses ersten Schengener Abkommens schlossen sie 1990 ein weiteres Abkommen,33 welches in Kapitel 7 die internationale Zuständigkeit zur Bearbeitung eines Asylantrags behandelt. 34 Weil die nach diesen Vorschriften nicht 30 Dazu Lobkowicz, Revue du Marche Commun 1990, 93, 97f.; vgl. auch EG-Bericht über Einwanderungs- und Asylfragen, Textsanunlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok, 4464/1/95 Rev.l, S. 79, 96f. 31 Vgl. EG-Bericht über Einwanderungs- und Asylpolitik, Textsanunlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 4464/1/95/Rev.I vom 25.4.1996, S. 79, 86ff. 32 Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, im folgenden erstes Schengener Abkommen, GMBL 1986, S.79. 33 Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 19.6.1990, im folgenden zweites Schengener Abkommen, BGBL 1993, Teil II, S. 1010, in Kraft getreten am 1.9.1993; am 31.12.1996 hatten die fünf Vertragsstaaten das Abkommen ratifiziert und durch Beitrittsabkommen waren Griechenland, Italien, Portugal und Spanien dem Abkommen beigetreten. Am 26.3.1995 wurden beide Schengener Abkommen durch Beschluß des Schengener Exekutivausschusses für Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Luxemburg, Portugal und Spanien in Kraft gesetzt. Österreich hat das Abkommen unterzeichnet und Dänemark, Schweden und Finnland haben seit dem 1.5.1996 Beobachterstatus. 34 Vgl. zu den Schengener Abkommen Tomuschat, HRLJ 13 (1992), S.257, 261; Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 359ff.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

zuständigen Staaten das Recht haben, die Asylbewerber in die jeweils zuständigen Staaten abzuschieben, wird die mehrfache Antragstellung innerhalb der Vertrags staaten unterbunden. 35 Identisch mit Kapitel 7 des zweiten Schengener Abkommens ist das ebenfalls 1990 geschlossene Dubliner Übereinkommen,36 das von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurde?7 Seitdem das Dub1iner Abkommen in Kraft getreten ist, gelten die Regelungen für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Dezember 1991 verabschiedete der Europäische Rae 8 von Maastricht ein Arbeitsprogramm zur Harmonisierung der Asylpolitiken. 39 In Ausführung des Programms nahm der Rat der Europäischen Gemeinschaft40 im Dezember 1992 mehrere Erklärungen betreffend die Harmonisierung des materiellen Asylrechts an. Über die einheitliche Definition einiger Grundbegriffe der Flüchtlingsdefinition, die bestimmte Konsequenzen für den Fortgang der Asylverfahren haben, sollte nicht nur eine Vereinheitlichung der Anerkennungspraxis erreicht werden, sondern auch eine Angleichung der Asylverfahren, die grundsätzlich der nationalen Gesetzgebung überlassen blieben. 41 Ergebnis der Ratstagung waren Schlußfolgerungen über sichere Herkunftsländer42 sowie eine Entschließung über offensichtlich unbegründete Asylanträge43

35 Vgl. dazu Gilsdorf, EuR 1990, S.65; Gerlach, AWR-Bulletin 1991, S.34fT.; Hai/bronner, Int. J. ofRef. Law 5 (1993), S. 31, 35; Bati./JollLagarde, Droit Int. Prive, ZifT. 163. 36 Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrages vom 15.6.1990, BGBl. 1994 Teil 11, S. 791, in Kraft getreten am 1.9.1997; alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben das Dubliner Abkommen ratifiziert. 37 Zu den drei Abkommen und ihrem Verhältnis untereinander vgl. Zimmermann, Grundrecht auf Asyl, S. 145-153. 38 Rat der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, vgl. nunmehr Art. D EU-Vertrag. 39 Auszugsweise abgedruckt in: Bericht über den Stand der Durchfilhrung des 1991 angenommenen Maastrichter Programms auf dem Gebiet der Asylpolitik, Textsammlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 4464/1/95 Rev.l vom 25.4.1995, S. 11Of. 40 Rat der zuständigen Minister der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft; zu Besetzung und Aufgaben des Rates in der Europäischen Gemeinschaft vgl. Art. 145fT. EG-Vertrag. 41 Vgl. EG-Bericht über Einwanderungs- und Asylpolitik, Textsammlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 4464/1/95. Rev 1, S. 79, 94; Nanz in: MonarlMorgan, Third PilIar, S. 123, 127. 42 Schlußfolgerungen betreffend Länder, in denen im allgemeinen keine ernstliche Verfolgungsgefahr besteht, vom 30.11.11.12.1992, abgedruckt in: Textsamrnlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 4464/1/95 Rev.l, S. 128fT.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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und eine Entschließung über sichere Aufnahmedrittländer. 44 Diese Erklärungen sind nicht bindend,4s sondern stellen eine gemeinsame Rechtsüberzeugung fest, auf welche die Mitgliedstaaten sich bei der Regelung ihrer Asylverfahren stützen können. 46 Kernelement der Erklärungen ist die Entschließung über offensichtlich unbegründete Asylanträge. Alle Mitgliedstaaten legen der Prüfung von Asylanträgen Flüchtlingsdefinitionen zugrunde, welche der Definition des Art. 1 A GFK weitgehend entsprechen. Die Entschließung über offensichtlich unbegründete Asylanträge behandelt Asylbewerber, welche die Kriterien der Flüchtlingsdefinition offensichtlich nicht erfüllen. Gemäß Ziff. I a in Verbindung mit Ziff. 2 der Entschließung können die Mitgliedstaaten beschleunigte summarische Prüfungen der Asylanträge vornehmen, wenn Asylbewerber eine unbegründete Furcht vor Verfolgung haben oder wenn Anträge auf einer vorsätzlichen Täuschung beruhen bzw. mißbräuchlich sind. Eine unbegründete Furcht vor Verfolgung haben nach den Ziff. 6-8 der Entschließung Asylbewerber, die keine Flüchtlinge im Sinne des Art. I A GFK sind, oder deren Anträge jeglicher Grundlage entbehren oder unglaubwürdig sind. Eine unbegründete Furcht vor Verfolgung liegt auch vor, wenn die Asylbewerber innerhalb ihres Herkunftslandes Fluchtalternativen haben und insbesondere, wenn sie aus einem Land kommen, in welchem im allgemeinen keine ernste Verfolgungsgefahr besteht. Die Einschätzung dieser sogenannten "sicheren Herkunftsländer" bleibt den Mitgliedstaaten überlassen. Der Rat hat aber in den Schlußfolgerungen betreffend sichere Herkunftsländer gewisse Kriterien aufgeführt, nach denen die Verfolgungsgefahr in einem bestimmten Land eingeschätzt werden soll. Hierzu gehören gemäß Ziff. 4 der Schlußfolgerungen frühere Flüchtlingszahlen und Anerkennungsraten fiir Asylbewerber aus dem betreffenden Land sowie die Achtung der Menschenrechte, die Existenz demokratischer Einrichtungen und die allgemeinpolitische Stabilität in dem Land. Gemäß Ziff. 3 der Schlußfolgerungen sollen die Asylanträge von Bewerbern, welche aus sicheren Herkunftsstaaten kommen, nicht ohne weitere Prüfung abgelehnt werden. Vielmehr soll eine Vermutung für die Unbegrün-

43 Entschließung über offensichtlich unbegründete Asylanträge vom 30.11./ 1.12.1992, abgedruckt in: Textsammlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 4464/ llRev.1 vom 25.4.1995, S. 131ff. 44 Entschließung zu einem einheitlichen Konzept in bezug auf Aufnahmedrittländer vom 30.11./1.12.1992, abgedruckt in: Textsammlung zur europäischen Asylpraxis, EG Dok. 446411/95 Rev. 1, S. 137ff. 45 Vgl. Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 363. 46 Zur Verbindlichkeit von Entschließungen vgl. Everling in: Gedächtnisschrift Constantinesco, 133, S. 138ff.

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l. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung fUr Asylbewerber

detheit des Antrages gegeben sein, welche aber durch die Asylbewerber widerlegt werden kann. Gemäß Ziff. 1 b der Entschließung über offensichtlich unbegründete Asylanträge müssen Anträge nicht beachtet werden, wenn die Asylbewerber aus sogenannten sicheren Aufnahmedrittländern eingereist sind. Es handelt sich hier gemäß Ziff. 2 c der Entschließung über sichere Aufnahmedrittländer um Staaten, in welchen die Asylbewerber bereits einen Asylantrag mit Erfolg gestellt haben oder hätten stellen können, bevor sie in den Antragsstaat eingereist sind. Diese Staaten gelten gemäß Ziff. 2 a, bund c der Entschließung als sicher, wenn dem Asylbewerber dort weder Verfolgung gemäß Art. 33 GFK. noch unmenschliche Behandlung droht, und wenn er dort vor Aus- oder Zurückweisung tatsächlich sicher ist. 47 Über die Definition der Begriffe "offensichtlich unbegründeter Asylantrag", "sicheres Herkunftsland" und "sicheres Aufnahmedrittland" soll mittelbar eine Angleichung der Asylverfahren angestrebt werden. Durch die Angleichung der Bedingungen für beschleunigte Asylverfahren im Falle offensichtlich unbegründeter Anträge nach dem jeweiligen innerstaatlichen Verwaltungsverfahrensrecht sinken die Anreize für neu ankommende Asylbewerber, innerhalb der Europäischen Union herumzureisen, da die Chancen für einen längeren Aufenthalt während des Verfahrens überall gleich sind. Durch die Übernahmeverpflichtungen aus dem zweiten Schengener und dem Dubliner Übereinkommen wird gleichzeitig die mehrfache AntragsteIlung unterbunden. 48 Beide Maßnahmen dienen damit der Senkung der Asylbewerberzahlen und der Verkürzung der Asylverfahren. 2. Nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union

Mit Inkrafttreten des EU-Vertrages am l. November 1993 wurde das Asylrecht gemäß Art. K.I EU-Vertrag zur Angelegenheit von gemeinsamem Interesse im Rahmen der dritten Säule des EU-Vertrages, welche die Bestimmungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres enthält. Die Zusammenarbeit findet nach wie vor auf intergouvernementaler Ebene statt, doch dank der Einfügung der Asylpolitik in den EU-Vertrag können die durch

47 Vgl. zum Konzept der "sicheren Herkunfts- und AufnahmedriUländer" Zimmermann, Grundrecht auf Asyl, S.45-83;106-129, 140-167; Hailbronner, Int. J. of Ref. Law 5 (1993), S. 31ff.;Achermann/Gattiker, Int. J. ofRef. Law 5 (1993), S. 19-38. 48 Vgl. dazu Gilsdorf, EuR 1990, S.65; Gerlach, AWR-Bulletin 1991, S.34ff.; Hailbronner Int. J. of Ref. Law 5 (1993), S. 31, 35; BatiffollLagarde, Droit Int. Prive, Ziff. 163.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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den EG-Vertrag geschaffenen Institutionen, insbesondere Rat, Kommission und Parlament, gemäß Art. C, E EU-Vertrag genutzt werden. 49 Handlungsinstrumente der dritten Säule sind gemäß Art. K.3 EU-Vertrag gemeinsame Standpunkte, gemeinsame Maßnahmen und völkerrechtliche Übereinkommen, welche im Bereich der Asylpolitik auf Initiative eines der Mitgliedstaaten oder der Kommission verabschiedet werden. Daneben sind auch die im Völkerrecht allgemein üblichen Instrumente wie Entschließungen und Deklarationen möglich. Die gemeinsamen Standpunkte entfalten Bindungswirkung für die nationalen Regierungen, verpflichten aber nicht die nationalen Legislativen und Judikativen. 50 Sie dienen der Koordinierung des internationalen Auftretens einzelner Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen, denn gemäß Art. K.5 EU-Vertrag sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die gemeinsamen Standpunkte bei diesen Gelegenheiten zu vertreten. Das Parlament hat keine Mitentscheidungsbefugnisse im Rahmen der Innenund Justizpolitik, doch gemäß Art. K.6 EU-Vertrag wird es regelmäßig unterrichtet und bei der Vorbereitung einzelner Maßnahmen gehört. Im übrigen kann es Anfragen oder Empfehlungen an den Rat richten und hält einmal im Jahr eine Aussprache über die im Rahmen der Innen- und Justizpolitik getroffenen Maßnahmen. Der EuGH ist für die Asylpolitik der Europäischen Union gemäß Art. L EU-Vertrag nicht zuständig. Der Rat hat bislang, gestützt auf Art. K.l EU-Vertrag, eine Entschließung über Mindestgarantien für Asylverfahren51 und einen gemeinsamen Standpunkt über die Definition des Flüchtlings gemäß Art. 1 A GFK.52 verabschiedet, beides in dem Bemühen, die Asylverfahren in den Mitgliedstaaten weiter zu vereinheitlichen. Die Entschließung über Mindestgarantien für Asylverfahren enthält Regelungen betreffend die Zuständigkeiten der Asylbehörden, den Amtsermittlungsgrundsatz, den Datenschutz und die erforderliche Sachkompetenz der ermittelnden Behörden sowie die Einräumung von Rechtsmitteln vor unabhängigen Instanzen. 53 Die Asylbewerber sollen im allgemeinen ein Dazu Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 351ff. VgI. die Erklärung in dem Gemeinsamen Standpunkt vom 4.3.1996 - vom Rat aufgrund von Artikel K.3 des Vertrages über die Europäische Union festgelegt - betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art. 1 des Genfer Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, ABI. L 63 vom 13.3.1996, S. 2ff. 51 Entschließung des Rates vom 20.6.1995 über Mindestgarantien filr Asylverfahren, ABI. C 274 vom 19.9.1996, S. 13ff. 52 Gemeinsamer Standpunkt vom 4.3.1996, ABI. L 63 vom 13.3.1996, S. 2ff. 53 VgI. zur Kritik an der Entschließung Europäisches Parlament, Bericht über den Entwurf einer Entschließung des Rates über Mindestgarantien ftlr Asylverfahren (5585/95-C4-0356/95), Berichterstatterin: Frau Hedy d'Ancona, EG Dok. A4-0315/96 vom 10.10.1996, S. lOff. 49

50

3 Dohmcs-Oclccnfels

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung filr Asylbewerber

Aufenthaltsrecht haben, bis eine Entscheidung über den Antrag ergangen ist. Sie müssen in der Lage sein, gegebenenfalls mit Hilfe eines ihnen gestellten Dolmetschers dem Verfahren zu folgen, und sollen jederzeit die Möglichkeit haben, Kontakt zu einem Rechtsanwalt und zum UNHCR aufzunehmen. Sie haben ein Recht auf einen schriftlichen Bescheid nach einer Anhörung mit einer ausreichenden Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels. Ausnahmen werden für offensichtlich unbegründete Anträge gemacht. Gemäß den Ziff. 18-22 können die Mitgliedstaaten Rechtsmittel ausschließen, vereinfachte Verfahren anwenden und in Ausnahmefällen auch das Aufenthaltsrecht einschränken. Die Entscheidung über den Antrag kann mündlich mitgeteilt werden und muß nur auf Antrag schriftlich ergehen. Hinsichtlich von Asylanträgen an der Grenze bestimmen die Ziff. 23-25, daß besondere Verfahren eingeführt werden können, in denen noch vor der Einreise der Asylbewerber entschieden wird, ob die Anträge offensichtlich unbegründet sind. Ist dies der Fall, so kann den Asylbewerbern die Einreise verweigert werden, wobei diese Entscheidung von einer zentralen Behörde und nicht lediglich von den Grenzbeamten getroffen werden muß. Wenn die Asylbewerber aus einem sicheren Aufnahmedrittland kommen, gelten ähnliche Vereinfachungen wie im Fall der offensichtlich unbegründeten Anträge. Weitere Garantien werden gemäß den Ziff. 26-28 unbegleiteten MindeIjährigen und Frauen eingeräumt. Sie betreffen die Betreuung und Unterbringung der MindeIjährigen und die Pflicht zur Beteiligung weiblicher Bediensteter bei Asylverfahren von Asylbewerberinnen. Gemäß Ziff. 32 behalten die Mitgliedstaaten das Recht, günstigere Regelungen für Asylbewerber in ihrem Asylverfahrensrecht aufrechtzuerhalten. Die Entschließung soll einer Entwicklung entgegenwirken, in der die Staaten sich gegenseitig in den Garantien für Asylbewerber unterbieten, um möglichst wenig attraktiv für neue Asylanträge zu werden. Eine solche Entwicklung würde der GFK zuwiderlaufen, welche die wohlwollende Prüfung der Asylanträge vorsieht. Der gemeinsame Standpunkt über die Definition des Flüchtlings ist die erste Maßnahme im Rahmen der Asylpolitik, die vom Rat unter Bezugnahme auf Art. K.3 EU-Vertrag verabschiedet wurde. Er enthält ausführliche Leitlinien zur Auslegung des Begriffs der Verfolgung und zu den in Art. 1 A GFK aufgezählten Verfolgungsgründen sowie die Beschreibung von Tatbeständen, welche die Anerkennung als Flüchtling ausschließen können. Im wesentlichen wird die herrschende, enge Auslegung des Begriffs der Verfolgung bestätigt, wonach die Verfolgung von seiten des Staates erfolgen oder jedenfalls geduldet werden muß. Wer von anderen Privatpersonen, etwa terroristischen Organisationen oder Rebellengruppen verfolgt wird, gilt daher nur als Flüchtling, wenn diese Verfolgung mit Zustimmung staatlicher Organe erfolgt. Das Vorliegen einer Bürgerkriegssituation allein kann demnach die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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3. Ausblick: Vergemeinschaftung des Asylrechts Da die Instrumentarien der dritten Säule des EU-Vertrages, insbesondere die Möglichkeit des Abschlusses der allein rechtlich bindenden völkerrechtlichen Übereinkommen, bei der Koordinierung der gemeinsamen Innen- und Justizpolitik bislang nur unzureichend in Anspruch genommen wurden, sind im Rahmen der Regierungskonferenz zur Änderung des EU-Vertrages Vorschläge mit dem Ziel unterbreitet worden, die supranational wirkenden Instrumente des Art. 189 EG-Vertrag auf das Asylrecht zu übertragen. Im EU-Vertrag nach geltender Fassung ist in Art. K. 9 bereits die Möglichkeit vorgesehen, Art. 100c EG-Vertrag, welcher sich mit der Visumspolitik befaßt, auf die Asylpolitik durch einstimmigen Beschluß des Rates auf Initiative der Kommission oder eines Mitgliedstaates anwendbar zu machen und dadurch das Asylrecht zu vergemeinschaften. Art. 100c Abs. 3 EG-Vertrag sieht insbesondere vor, daß seit dem 1.1.1996 Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können. Da die Entscheidung im Sinne des Art. K.9 EUVertrag aber einstimmig durch alle Mitgliedstaaten erfolgen muß, hielt man es für aussichtsreicher, im Rahmen der Änderungen des EU-Vertrages durch die Regierungskonferenz die Asylpolitik völlig neu zu strukturieren. Der Entwurf des am 2.10.1997 von den Mitgliedstaaten unterzeichneten Vertrags von Amsterdam54 sieht vor, daß ein neuer Titel "Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr"ss in den EG-Vertrag eingefiigt wird. In dem neuen Titel wird mit den Art. 73i und 73k des Entwurfs eine Rechtsgrundlage fiir Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Schutz der Rechte von Staatsangehörigen dritter Länder geschaffen. Gemäß Art. 73k Abs. 1 des Entwurfs beschließt der Rat innerhalb von fiinf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam Maßnahmen betreffend die internationale Zuständigkeit zur Bearbeitung von Asylanträgen, Mindestnorrnen fiir die Aufnahme von Asylbewerbern, die Anerkennung von Flüchtlingen und die Verfahren zur Bearbeitung von Asylanträgen. Gemäß Art. 730 Abs. 1 des Entwurfs wird fiir einen Zeitraum von fiinf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam zur Beschlußfassung das Einstimmigkeitsverfahren im Rat mit Anhörung des Europäischen Parlaments mit der Besonderheit angewandt, daß neben der Kommission auch die Mitgliedstaaten ein Initiativrecht haben. Nach Ablauf von fiinf Jahren entfällt gemäß Art. 730 Abs. 2 des Entwurfs das Initiativrecht der Mitgliedstaaten. Die

54 Entwurf des Vertrags von Amsterdarn zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusanunenhängender Rechtsakte, vgl. http://ue.eu.intiAmsterdam/de/ treaty.htm. 55 Titel illa, vgl. Art. 2 Abs. 15 des Entwurfs des Vertrags von Amsterdarn.

3"

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit Wld SchulbildWlg ftlr Asylbewerber

Kommission ist dann verpflichtet, Anträge der Mitgliedstaaten auf Unterbreitung eines Vorschlages zu prüfen. Gemäß Art. 730 Abs. 2 des Entwurfes hat der Rat die Möglichkeit, nach Ablauf der fünf Jahre durch einstimmigen Beschluß das Mitentscheidungsverfahren des Art. 189b EG-Vertrag anzuwenden. Die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes im Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 177 EG-Vertrag wird durch Art. 73p des Entwurfs modifiziert. Demnach können nur die höchstinstanzlichen nationalen Gerichte dem Gerichtshof Fragen der Auslegung des Titels lIla oder der auf diesen Titel gestützten Rechtsakte vorlegen, wenn sie die Entscheidung des Gerichtshofes darüber für den Erlaß ihrer Urteile für erforderlich halten. Unterinstanzliehe Gerichte können Auslegungsfragen aus dem Bereich des Titels lIla demnach dem Gerichtshof nicht vorlegen. Die Einbeziehung des Asylrechts in den EG-Vertrag bedeutet, daß die bereits erlassenen Entschließungen und Schlußfolgerungen in Zukunft als verbindliche Maßnahmen des Gemeinschaftsrechts erlassen werden können. Augenblicklich stellen die Erklärungen lediglich Absichtserklärungen dar, welche die Regierungen zwar untereinander binden, den Asylbewerbern aber keine unmittelbaren Rechte, etwa in bezug auf Verfahrensgarantien einräumen. Die Überprüfungskompetenz des EuGH stärkt die Rechtsstellung der Asylbewerber zusätzlich. Andererseits steht zu befürchten, daß die Vergemeinschaftung des Asylrechts zu wesentlich restriktiveren Regelungen führt, wenn alle Mitgliedstaaten gemeinsam die Beschränkung der Asylbewerberzahlen verfolgen. Da die Asylpolitik als Teil der Innenpolitik den Kern nationaler Souveränität berührt, hat sich Widerstand gegen die Vergemeinschaftung der Bereiche Asyl und Einwanderung geregt, der einen von allen Mitgliedstaaten getragenen Komprorniß in dem Entwurf des Vertrags von Amsterdam nicht zuließ. So brauchen sich Großbritannien, Irland und Dänemark entsprechend dem "Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands,,56 und dem "Protokoll über die Position Dänemarks,,57 an der Annahme von Maßnahmen nach Titel lIla des Entwurfs nicht zu beteiligen. Dementsprechend sind die nach diesem Titel erlassenen Maßnahmen oder geschlossenen internationalen Übereinkommen sowie die Entscheidungen des Gerichtshofs zu Fragen betreffend diesen Titel für Großbritannien, Irland und Dänemark nicht verbindlich, wenn diese Länder an der Beschlußfassung nicht mitgewirkt haben.

56 Vgl. http://ue.eu.intlArnsterdam/de/treaty.htrn. 57 Vgl. http://ue.eu.intlArnsterdam/de/treaty.htrn.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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Irr. Das Asylverfahrensrecht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 58 Bevor die Rechtsstellung der Asylbewerber mit Blick auf ihre Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten im einzelnen dargestellt wird, soll ein Überblick über das Asylverfahrensrecht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegeben werden. Die im Rahmen der Europäischen Union erfolgten Abstimmungen haben erwartungsgemäß dazu geführt, daß die Mitgliedstaaten durch zahlreiche Gesetzesänderungen ihre Verfahren immer mehr vereinheitlicht haben. So kann sich die Darstellung der Asylverfahren auf die Aufzählung typischer Verfahrenselemente mit Hinweisen auf die in den einzelnen Staaten relevanten Rechtsnormen beschränken. In Übereinstimmung mit der Entschließung über Mindestgarantien in Asylverfahren59 haben Asylbewerber in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Regel ein vorläufiges Aufenthaltsrecht. 60 Ausnahmen werden für 58 VgI. zu den Asylverfahren in Europa umfassend Lomber!, Asylum, s. 8-125; Hailbronn er, Vergleich, S. 11-73; derselbe, Int. J. ofRef. Law 5 (1993), S. 31,36-43; U/mer, Asylrecht, S. 272-389; Christensen, Int. J. ofRef. Law 7 (1995), S. 102-118; Göbe/-Zimmermann in: Huber, Handbuch, Abschnitt 1.IV Rz. 267-333; Guimezanes, Circulation, S. 100-111; UNHCR, Protection Issues, S. 1-21; ECRE, Asylum in Europe, S. 1-50. 59 S.o. Teil 1, I.A.2. 60 VgI. z.B. für Belgien: Art. 53 Loi du 15.12.1980 sur l'acces au territoire, le sejour, l'etab1issement et l'eloignement des etrangers (belg. AusIG), Moniteur Belge vom 31.12.1980, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.7.1996, Moniteur BeIge vom 5.10.1996, S. 25616, iVmArt. 72 Am!te royal du 8.10.1981 sur l'acces au territoire, 1e sejour, l'etablissement et l'eloignement des etrangers (belg. AusIErlaß) in der Fassung des Arrete royal vom 11.12.1996, Moniteur Belge vom 7.1.1997; für Dänemark: Art. 31 Abs. 1 Udlrendingelov (dän. Aus1G), Gesetz Nr. 226 vom 8.6.1983 in der Fassung des Gesetzes Nr. 562 vom 30.6.1995; für Deutschland: § 55 Asylverfahrensgesetz (dt. Asy1VfG); für Finnland: § 38 Abs. 2 Ulkomaalaislaki 378/1991 vom 22.2.1991 in der Fassung vom 28.6.1996 (finn. Aus1G); für Frankreich: Art. 31 bis der Ordonnance n° 45-2658 relative aux conditions d'entree et de sejour des etrangers en France (fr. Aus1VO) in der Fassung des Gesetzes n° 93-396 vom 24.4.1997, Journal Officiel vom 25.4.1997; für Griechenland: Art. 25 Abs. 5 Gesetz Nr. 197511991 vom 21. November 1991 über Einreise, Ausreise, Aufenthalt, Arbeit, Abschiebung von Ausländern, Verfahren über die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und andere Bestimmungen (griech. Aus1G) in der Fassung des Gesetzes Nr. 2452 vom 3l.l2.1996; für Großbritannien: Art. 6 Asylum and hnmigration Appeals Act 1993 (brit. AsylG 1993); für Irland: Art. 9 Abs. 1 Refugee Act, 1996 (ir. AsylG); für Italien: Art. 1 Abs.5 Gesetz 3911990 vom 28.2.1990 (it. AuslG); für Luxemburg: Art. 4 Loi du 3 avril 1996 portant d'une procedure relative ä l'examen d'une demande d'asile (lux. AsylVfG), Memorial vom 7.5.1996; für die Niederlande: Art. 12a, 12b Vreemdelingenwet vom 13.1.1965 (nI. AuslG), Staatsblad Nr 40/1965, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3.4.1996,

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

Asylbewerber gemacht, deren Anträge offensichtlich unbegründet sind. Sie haben kein Aufenthaltsrecht,61 und die Verfahren sind besonders in bezug auf Rechtsmittel stark verkürzt. 62 In den meisten Staaten wird die Frage offensichtlicher Unbegründetheit bereits im Rahmen der Zulässigkeit des Antrages geprüft. 63 Für Asylbewerber, die an der Landesgrenze ihren Asylantrag stellen, sind sogenannte "Transitzonen" eingerichtet worden, in denen die Asylbewerber festgehalten werden, bis über die Zulässigkeit ihres Antrages entschieden ist. Eine Einreise ist vorher ausgeschlossen. 64 Weil auch abgelehnte Asylbewerber aber häufig wegen Art. 33 GFK. oder Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden können und etwaige Durchreisestaaten nicht mehr feststellbar sind, muß vielen abgelehnten Asylbewerbern aus Staatsblad Nr. 36611996; ftlr Österreich: § 7 Abs. 1,4 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (öst. AsyIG), zuletzt geändert 1994, BGBl. 1994/610; für Portugal: Art. 14 Abs. 1 Gesetz Nr. 70/93 vom 29.9.1993, Direito de asilo (port. AsyIG); für Schweden: Kap. 2 § 5 Abs. 2 Nr. 2 Utlänningslag vom 8. Juni 1989 (1989:529) in der Fassung vom l.l.1997 (schw. AusIG); für Spanien: Art. 4 Abs. 2 Ley 5/1984 de 26 de marzo, reguladora deI derecho de asilo y de la condici6n de refugiado in der Fassung des Gesetzes 911994 vom 19.5.1994 (span. AsyIG). 61 Vgl. für Belgien: Art. 52 belg. AuslG; für Dänemark: Art. 33 Abs. 2 dän. AuslG; für Deutschland: § 18 Abs. 2 dt. AsylVfG; für Frankreich: Art. 31 bis fr. AusIVO; für Griechenland: Art. 25 Abs. 3 gr. AuslG; für Großbritannien: Art. 2 Asylum and hnmigration Act 1996 (brit. AsylG 1996); für Irland: Art. 12 Abs. 2, 13 Abs. 2 lit. b ir. AsylG; für Italien: Art. 1 Abs. 4 it. AuslG; für die Niederlande: Art. 15c nl. AuslG; für Österreich: § 17 Abs. 2 iVm § 7 Abs. 3 öst. AsylG; für Portugal: Art. 20 Abs. 2 port. AsylG; für Spanien: Art. 5 Abs. 6 span. AsylG. 62 Vgl. für Belgien: Art. 57-11 belg. AuslG; für Dänemark: Art. 53a Abs.3 dän. AuslG; für Deutschland: § 78 Abs. 1 dt. AsylVfG; für Finnland: § 34 [um. AuslG; für Griechenland: Art. 25 Abs. 3 gr. AuslG; für Großbritannien: Art. 3 brit. AsylG 1996 iVm Rule 5 Asylum Appeals (Procedure) Rules 1996 (brit. AsylVfVO 1996); für die Niederlande: Art. 29 nl. AuslG; für Österreich: § 17 Abs. 2 öst. AsylG; für Portugal: Art. 20 Abs. 4 port. AsylG; ftlr Spanien: Art. 5 Abs. 7 span. AsylG. 63 Vgl. für Belgien: Art. 52 belg. AuslG; für Dänemark: Art. 48 Abs. 2 dän. AuslG; für Deutschland: § 29 dt. AsylVfG; für Frankreich: Art. 31 bis fr. AusIVO; für Griechenland: Art. 25 Abs. 1 gr. AuslG; für Großbritannien: § 180 K hnmigration Rules in der Fassung vom 1.11.1996, He 31; für Italien: Art. 1 Abs. 4 it. AuslG; für Luxemburg: Art. 4 iVm Art. 7, 8, 91ux. AsylVfG; für die Niederlande: Art. 15b nl. AuslG; für Portugal: Art. 20 Abs. 1 port. AsylG; ftlr Spanien: Art. 5 Abs. 7 span. AsylG. 64 Dies betriffi häufig nur die Einreise über See- oder Flughäfen, vgl. für Belgien: Art. 74/5 belg. AuslG; für Dänemark: Art. 48 Abs. 2 dän. AuslG; für Deutschland: § 18a dt. AsylVfG; ftlr Frankreich: Art. 35 quater fr. AusIVO; für Großbritannien: Verwaltungspraxis beruhend auf Art. 8 hnmigration Act 1988 (im folgenden brit. AuslG 1988), vgl. StanIey, Irnm. & Nat. Law & Pract. 6 (1992), 126, 128; für die Niederlande: Art. 7a, l8a, 18b nl. AuslG; für Schweden: Kap. 6 schw. AuslG; für Spanien: Art. 5 Abs. 7 span. AsylG.

A. Asyl im Völker- und Europarecht

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humanitären Gründen gleichwohl ein Aufenthaltsrecht erteilt werden. 65 Die Verschärfung asylrechtlicher Bestimmungen führte damit zwar zu einer Senkung der Anerkennungsquote für Flüchtlinge im Sinne der GFK, nicht aber zu einer Senkung der Anerkennungsquote bezüglich der Personen, die im Aufnahmestaat ein dauerhaftes Bleiberecht erhielten. Um einen wesentlichen Anziehungs- und Integrationsfaktor des Lebens in der Europäischen Union auszuschalten, entschlossen sich viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Asylbewerber zu beschränken. Die Staaten wollen sicherstellen, daß zum einen weniger Personen den Willen haben, in die Europäische Union einzureisen, und daß zum anderen die Asylbewerber, die abgelehnt worden sind, das Aufnahmeland auch wirklich verlassen. Der in den nächsten Kapiteln folgende Überblick über die Rechtsstellung von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Hinblick auf die Möglichkeiten zur unselbständigen Erwerbstätigkeit und auf den Schulbesuch zeigt, daß trotz des einheitlichen Ziels aller Mitgliedstaaten zum Teil erhebliche Unterschiede in der Regelung der beiden Fragen existieren. Von besonders restriktiven bis hin zu liberalen Regelungen sind alle Schattierungen vorhanden, wobei sich eine Tendenz zu vermittelnden Lösungen abzeichnet.

B. Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit für Asylbewerber Asylbewerber benötigen in fast allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Arbeitserlaubnis, um erwerbstätig sein zu können, doch die Voraussetzungen zur Erlangung der Arbeitserlaubnis variieren stark voneinander. Die Regelungen reichen vom Anspruch auf Erteilung über die Anwendung allgemeinen Ausländerrechts und ein befristetes Arbeitsverbot bis hin zum vollständigen Arbeitsverbot für die gesamte Dauer des Asylverfahrens. Innerhalb dieser vier Gruppen gibt es verschiedene Überschneidungen, welche eine übersichtliche Kategorisierung erschweren. Es ist aber erkennbar, daß die nördlichen Staaten eher asylbewerberfreundliche Regelungen haben, während in den 65 Sogenannte De-Facto-Flüchtlinge, vg1. für Dänemark: Art. 9 dän. AuslG; fUr Deutschland: §§ 30 Ausländergesetz (dt. AusIG); für Frankreich: Circulaire vom 8.2.1994, abgedruckt in: Dictionnaire Permanent Etrangers, Band 2, S.3214C; fUr Griechenland: Art. 25 Abs. 6 gr. AuslG; für Großbritannien: § 180B Ziff. c immigration Rules 1996; für Irland: Art. 17 Abs. 6, 24 ir. AsylG; für Italien: Venvaltungspraxis infolge eines Dekretes des Außenministers von 1993, vg1. della Cananea, REDPIERPL 7 (1995), S. 809, 815; Nascimbene in: Hailbronner, Vergleich, S. 54, 59f.; fUr die Niederlande: Art. 12a, 12b, l3a n1. AuslG; fUr Österreich: § 8 Abs. 1 öst. AsylG; fUr Portugal: Art. 10 port. AsylG; für Schweden: Kap. 2 § 4 Abs. 1, Kap. 3 § 1 Abs. 3 schw. AuslG; für Spanien: Art. 17 Abs. 2, 20 Abs. 2 span. AsylG.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit Wld SchulbildWlg für Asylbewerber

südlichen Staaten die unselbständige Erwerbstätigkeit jedenfalls nach den gesetzlichen Regelungen zumeist ausgeschlossen ist. Auf der Ebene der Europäischen Union scheint eine Harmonisierung der Erwerbsmöglichkeiten für Asylbewerber nicht angestrebt zu werden. Der Rat berät augenblicklich über den Entwurf einer Empfehlung betreffend die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern, welche auf Art. K.1 EUVertrag gestützt wird und sich mit dem Aufenthalt der Asylbewerber in den Mitgliedstaaten während des laufenden Verfahrens befaßt. 66 In Ziffer 14 des Entwurfs wird deutlich gemacht, daß es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, wie sie den Zugang von Asylbewerbern zum Arbeitsmarkt regeln. Es wird nur festgestellt, daß bei der Bereitstellung materieller Unterstützung für Asylbewerber deren Erwerbsmöglichkeiten berücksichtigt werden sollen. L Anspruch auf Arbeitserlaubnis Nur Be/gien 67 gibt allen Asylbewerbern, deren Antrag als zulässig angenommen worden ist, einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis. Gemäß Art. 53 belg. AuslG erhalten Asylbewerber eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, die gemäß Art. 74 Abs. 1 belg. AuslErlaß drei Monate gültig ist und auf Antrag jeweils verlängert werden kann, bis das Asylverfahren beendet ist. Wenn sie eine Arbeitsstelle finden, so können sie eine vorläufige Arbeitserlaubnis erhalten, soweit sie wirksam einen Antrag auf Asyl gestellt haben und keine Ausweisungsverfügung gegen sie erlassen worden ist. 68 Der Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis muß gemäß dem Ministererlaß vom 26. April 199469 vom Arbeitgeber gestellt werden. Er muß einen schriftlichen Arbeitsvertrag vorzeigen, der den arbeitsrechtlichen Vorgaben entspricht. Bei der Erteilung der Arbeitserlaubnis wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt, so daß ein Vorrang anderer Arbeitnehmer auf eine bestimmte Arbeitsstelle nicht existiert. Für Asylbewerber, die ihren Asylantrag nach dem 30. September 1993 gestellt haben, gilt weiterhin, daß der Antrag als zulässig

EG Dok. 8112/6/96 Rev.6, Annex, vom 18.11.1996. Zum Asylverfahren in Belgien: Delperee, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S.272274; AndersenIDebroux, REDPIERPL 7 (1995), S. 685-728; JadoullMignon, Droit des Etrangers, S. 75-95, Ulmer, Asylrecht, S. 356-357; Lambert, Asylum, S. 11,48-52,92, 104, 116-118; van Outrive in: Hailbronner, Vergleich, S. 12-15; vgl. auch die EntscheidWlg des belgischen Cour d'Arbitrage vom 14.7.1994, Journal des TribWlaux 1994, Nr. 676; dazu die AnrnerkWlg von Blero, Rev. Beige de Droit Const. 1994, S.24Iff. 68 Vgl. dazu JadoullMignon, Droit des Etrangers, S. 93; Renault in: Festschrift FranzlMüller, S. 254,255. 69 Circulaire concemant les autorisations provisoires d'occupation pour candidats refugies (demandeurs d'asile) vom 26.4.1994, Moniteur Belge vom 30.4.1994, S. 11659. 66

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B. Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit

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angenommen sein muß. Asylbewerber, deren Anträge offensichtlich unbegründet sind, können eine Arbeitserlaubnis somit nicht erhalten. Dies ist konsequent, wenn man bedenkt, daß sie keinen Aufenthaltstitel erhalten und damit in der Regel sofort abgeschoben werden. 70 Die zeitliche Schranke ergibt sich daraus, daß erst mit dem Gesetz vom 6. Mai 1993 71 die Annahmeprüfung für Asylanträge eingeführt wurde. In der Praxis zeigt sich allerdings, daß die Asylbewerber auf dem Arbeitsmarkt sehr schlechte Chancen haben, so daß sie in der Regel von Sozialhilfe abhängig sind. 72

ß. Arbeitsverbot In vielen Staaten der Europäischen Union gilt für Asylbewerber ein Arbeitsverbot, wobei zu unterscheiden ist zwischen einem zeitlich begrenzten Arbeitsverbot, das sich auf die Frist beschränkt, in der das Asylverfahren normalerweise beendet werden sollte, und einem unbefristeten Arbeitsverbot, das solange gilt, bis das Asylverfahren letztinstanzlich beendet ist. 1. Zeitlich begrenztes Arbeitsverbot Einige nordeuropäische Staaten haben inzwischen ein zeitlich begrenztes Arbeitsverbot für Asylbewerber eingeführt, dessen Dauer die gesetzlich vorgesehene Dauer des Asylverfahrens nicht übersteigt. Nach Ablauf der Sperrfrist können Asylbewerber dann nach allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften eine Arbeitsgenehmigung beantragen, oder sie sind vom Erfordernis einer Arbeitserlaubnis befreit. Diese Regelung hat den Sinn, daß Asylbewerber, deren Anträge nach kurzer Zeit endgültig abgelehnt werden, möglichst bald und ungehindert den Aufnahmestaat wieder verlassen sollen. Die Ausweisung wird erschwert, wenn sie durch eine Arbeitsstelle bereits eine erste Stufe der Integration erreicht haben. Stellt sich hingegen heraus, daß das Asylverfahren sich in die Länge zieht, so wird es für die Staaten wichtig, daß die Asylbewerber die Möglichkeit erhalten, sich selbst zu versorgen. Dieser Gedanke erhält dann Vorrang vor der Verhinderung der Integration, zumal die Erfahrung zeigt, daß solche Asylbewerber in der Regel auch später nicht ausgewiesen werden können, weil ihnen jedenfalls ein humanitäres Aufenthaltsrecht gegeben wird. In der Praxis zeigt sich allerdings, daß selbst dort, wo Asylbewerber vom Erfordernis einer Arbeitserlaubnis befreit sind und damit ungehinderten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, die Arbeitslosigkeit unter ihnen sehr groß ist. Sie bleiben also weiterhin von der staatlichen Versorgung abhängig.

S.o. Teil 1, LC. Moniteur BeIge vom 21.5.1993, S. 11974, Art. 1l. 72 Vgl. Renault in: Festschrift FranzlMülIer, S. 254, 255. 70

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung filr Asylbewerber

In Deutschland73 erhalten Asylbewerber gemäß § 55 Abs. 1 dt. AsylVfG eine räumlich beschränkte Aufenthaltsgestattung, die ihnen lediglich den vorläufigen Aufenthalt zur Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf Asyl gemäß Art. 16a Abs. 1 GG sichert. 74 Gemäß § 47 dt. AsylVfG sind sie verpflichtet, zwischen sechs Wochen und drei Monaten in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die Beendigung der Verpflichtung bestimmt sich nach §§ 48, 49 dt. AsyIVfG. 75 Gemäß § 61 dt. AsylVfG unterliegen Asylbewerber solange einem Arbeitsverbot, wie sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Nach Ende des Arbeitsverbotes werden Asylbewerber arbeitsrechtlich den übrigen Ausländern gleichgestellt und müssen wie diese eine Arbeitserlaubnis beantragen. 76 In Finnland77 erhalten Asylbewerber gemäß § 38 Abs. 2 tinn. AuslG keine Aufenthaltsgenehmigung, sondern lediglich vorläufigen Abschiebungsschutz. Gemäß §§ 25, 26 tinn. AuslG kann eine Arbeitserlaubnis, die grundsätzlich zur Erwerbstätigkeit erforderlich ist, aber nur erteilt werden, wenn die Antragsteller eine Aufenthaltsgenehmigung haben. Für Asylbewerber besteht demnach ein Arbeitsverbot. Gemäß § 18 Abs. 9 tinn. AuslDekree s werden sie aber nach drei Monaten ab Stellung des Asylantrages auf Antrag von dem Arbeitsverbot und darüber hinaus vom Erfordernis der Arbeitserlaubnis befreit. 79 Sie erhalten eine Bestätigung ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Befreiung und können ungehindert eine Arbeitsstelle suchen. 73 Zum Asylverfahren in Deutschland: Hailbronner, Ausländerrecht, B.2; derselbe, Reform, S. 43-89; Marx, AsylVfG, §§ 12-43b; KraislTausch, Asylrecht, S. 204-366; Kugler, Asylrecht, S. 20-64; Lambert, Asylum, S. 12,52-56,92-93, 110-111, 118-119; Reermann in: Hailbronner, Vergleich, S. 16-28; Göbel-Zimmermann in: Huber, Handbuch, Abschnitt l.IV Rz. 110-261; Henkel in: Festschrift Franz1Müller, S.563-591; Ruge, NVwZ 1995, S.733-740; vgl. auch die Entscheidungen des BVerfG, NVwZ 1996, S.700ff., 691ff., 678ff., mit Anmerkungen von Tomuschat, EuGRZ 1996, S. 381-386; FroweiniZimmermann, JZ 1996, S. 753-764; Maaßenide Wyl, ZAR 1996, S. 158-163; Lübbe-WoljJ, DVBl. 1996, S. 825-841; Marx, Urteile, S. 49-71, 112-128, 183-203; Renner, ZAR 1996, S. 103-109; Hailbronner, NVwZ 1996, S. 625-631. 74 Vgl. KraislTausch, Asylrecht, C.V.2., S. 240. 75 Verpflichtung zum Ortswechsel, Anerkennung der Asylberechtigung, Eheschluß mit daraus folgendem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, vollziehbare Abschiebungsandrohung bei kurzfristiger Unmöglichkeit der Abschiebung, Aufenthaltsbefugnis nach § 32a dt. AuslG; vgl. Marx, AsylVfG, § 48, Rz.4-13, § 49, Rz.2-11. 76 S.u. Teil 1, lI.C. 77 Zum Asylverfahren in Finnland: Modeen, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S. 565f.; ECRE, Asylum in Europe, S. 107-146. 78 Ulkomalais asetus 142/94 vom 18.2.1994 in der Fassung des Dekretes 1/96 vom 5.1.1996. 79 Vgl. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18.

B. Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit

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In Großbritannien 80 können Asylbewerber nach den Regeln des allgemeinen Ausländerrechts keine Arbeitserlaubnis erhalten. 81 Einer ministeriellen Anordnung zufolge wird ihnen aber auf Antrag eine Arbeitserlaubnis erteilt, wenn sie sich mindestens sechs Monate im Land aufgehalten haben. 82 Etwaige Beschränkungen rur die Erteilung der Arbeitserlaubnis, die sich aus dem allgemeinen Ausländerrecht ergeben könnten, bestehen für sie dann nicht. 83 Soweit sie ein konkretes Arbeitsangebot vorweisen, können sie in Einzelfällen eine Arbeitserlaubnis schon vor Ablauf der sechs Monate erhalten. 84 In Schweden 85 erhalten Asylbewerber gemäß Kap. 2 § 5 Abs. 2 schw. AuslG keine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung, sondern lediglich eine Duldung. Ausländer benötigen gemäß Kap. 1 § 5 schw. AuslG eine Arbeitserlaubnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, welche eine Aufenthaltserlaubnis voraussetzt. Asylbewerber können damit keine Arbeitserlaubnis erhalten. Gemäß Kap. 4 § 3a AuslV086 sind sie jedoch vom Erfordernis der Arbeitserlaubnis befreit, wenn erkennbar ist, daß ihr Asylverfahren länger als vier Monate dauern wird. 87 Sie erhalten dann einen Ausweis, der sowohl ihr Aufenthaltsrecht als auch die Befreiung vom Erfordernis einer Arbeitserlaubnis enthält. Die Befreiung ist nicht abhängig von einem konkreten Arbeitsangebot. Wenn Asylbewerber eine Arbeitsstelle gefunden haben, so gibt ihnen diese aber kein vom Asylantrag unabhängiges Aufenthaltsrecht. 88 Trotz der Erleichterung bei

80 Zum Asylverfahren in Großbritannien: Ulmer, Asylrecht, S. 295-320; Vincenzil Marrington, Immigration Law, Anmerkung zu § 34, S. 56fT.; Morison, REDPIERPL 7 (1995), S. 879-893; O'KeejJelPiotrowicz in: Hailbronner, Vergleich, S. 38-54; Lambert, Asylum, S. 38-41, 67-71, 96-98, 115, 123-125; Storey, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S. 779-782; Gillespie, Imm. & Nat. Law & Practice 7 (1993), S. 68-70; derselbe, Imm. & Nat. Law & Practice 10 (1996), S. 86fT.; McKee, Imm. & Nat. Law & Practice 10 (1996), S. 136-138; derselbe, Imm. & Nat. Law & Practice 11 (1997), S.46-56; WinterbournelShahIDoebbler, Imm. & Nat. Law & Practice 10 (1996), S. 123-135; Shutter, Handbook, S. 71-106; Jackson, Immigration, S. 322-388. 81 Vgl. zum System der Erteilung von Arbeitserlaubnissen Andonian, Imm. & Nat. Law & Practice 6 (1992), S. 131f. 82 Vgl. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 83 Vgl. Shutter, Handbook, S. 92f.; Webb, Imm. & Nat. Law & Practice 7 (1993), S. 51,57; bestätigend Schreiben des britischen Innenministeriums vom 8.9.1995 und vom 3.3.1997. 84 Vgl. Shutter, Handbook, S. 93. 85 Zum Asylverfahren in Schweden: Kirilova Eriksson, Tidsskrift for Rettsvitenskap 1995, S. 623-685; Lambert, Asylum, S. 15-16,60-65,95-106, 112-113. 86 UtlänningsfOrordning 1989:547 in der Fassung vom 19.1.1993. 87 Vgl. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 88 Vgl. SandesjiJlBjiJrk, Utlänningsärenden, S. 37fT.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildlmg fUr Asylbewerber

der Arbeitsplatzsuche ist die Arbeitslosigkeit unter Asylbewerbern erheblich höher als in anderen Bevölkerungsgruppen. 89 2. Zeitlich unbeschränktes Arbeitsverbot

In den meisten südeuropäischen Staaten sowie in Dänemark, Irland und Luxemburg existiert nach wie vor die stärkste Form der Beschränkung des Arbeitsrechts für Asylbewerber. Hier dürfen Asylbewerber bis zur endgültigen Entscheidung über ihren Antrag nicht erwerbstätig sein. In DänemarkfXJ erhalten Asylbewerber keine formelle Aufenthaltsgenehmigung, sondern nach Art. 31 Abs. 1 dän. AuslG lediglich Schutz vor Ausweisung. Vorschriften über das Recht von Asylbewerbern, erwerbstätig zu sein, existieren nicht, so daß das Recht auf Arbeit nach allgemeinem Ausländerrecht betrachtet werden muß. Gemäß Art. 13 dän. AuslG bedürfen Ausländer einer Arbeitserlaubnis, um erwerbstätig sein zu können. Für eine Arbeitserlaubnis müssen sie im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung sein. Da Asylbewerber aber keine formelle Aufenthaltsgenehmigung erhalten, können sie auch eine Arbeitsgenehmigung nicht beantragen, so daß im Ergebnis ein Arbeitsverbot für Asylbewerber besteht. 91 In Griechenland 92 erhalten Asylbewerber gemäß Art. 25 Abs. 7 gr. AuslG eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, die gemäß Art. 26 gr. AuslG örtlich beschränkt werden kann. Regelungen über die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern bestehen nicht. Während in Art. 25 Abs. 4 die endgültig abgelehnten Asylbewerber ausdrücklich dem allgemeinen Ausländerrecht unterstellt werden, besteht eine solche Regelung für die Asylbewerber während des laufenden Verfahrens nicht. Art. 25 Abs.7 gr. AuslG bestimmt, daß Asylbewerbern aus dem vorläufigen Aufenthaltsrecht keinerlei weitere Rechte entstehen, so daß die Möglichkeit, nach allgemeinem Ausländerrecht

89 Vgl.zu den Erfolgsaussichten bei der Arbeitssuche Kirilova Eriksson, Tidsskrift for Rettsvitenskap 1995, S. 623, 682. 90 Zum Asylverfahren in Dänemark: LanglouislTomee, Udlrendingeloven, S. 76ff.; Jensen, ERPLIREDP 7 (1995), S.729-738; Hailbronner, Koordinierung, S.59-62; Wissenschaftliche Dienste, Asylrecht, S. 43-49; ECRE, Asylum in Europe, S. 63-102. 91 Jensen, ERPLIREDP 7 (1995), S.729, 734f.; ECRE, Asy1um in Europe, S.66; Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18; bestätigend Schreiben des dänischen Innenministeriums vom 26.3.1997. 92 Zum Asylverfahren in Griechenland: Papadopoulou, REDPIERPL 7 (1995), S. 844-866; SpiliotopouloslBredimas, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S. 767-772; Ulmer, Asylrecht, S. 358-360; Papassiopi-Passia, Refugees, S. 6-29; Stavropoulou, Iot. 1. of Ref. Law 6 (1994), S. 53-62; Sitaropoulos, hrun. & Nat. Law & Pract. 8 (1994), S. 5760, derselbe, hrun. & Nat. Law & Pract. 6 (1992), S. 89-93.

B. Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit

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eine Arbeitserlaubnis zu beantragen, auszuschließen ist. Damit besteht für Asylbewerber ein gesetzliches Arbeitsverbot. 93 In Irland 94 wurde zur Umsetzung des Dubliner Abkommens im Jahr 1996 ein Asylgesetz verabschiedet, welches das Asylverfahren erstmals gesetzlich regelte. Asylbewerber erhalten gemäß Art. 9 Abs. 1 ir. AsylG eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, die räumlich beschränkt werden kann. Gemäß Art. 9 Abs. 4 lit. b ir. AsylG dürfen sie während des gesamten Asylverfahrens nicht erwerbstätig sein. 95 In Art. 9 Abs. 7 ir. AsylG wird für Zuwiderhandlungen gegen das Arbeitsverbot eine Geldstrafe von bis zu 500 ir. Pfund oder Gefangnisstrafe von bis zu einem Monat angedroht. In Italien 96 erhalten Asylbewerber gemäß Art. 1 Abs. 5 it. AuslG eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, die alle drei Monate erneuert wird. Die Frage der Erwerbstätigkeit ist für Asylbewerber nicht gesondert geregelt, so daß das allgemeine Ausländerrecht Anwendung findet. Gemäß Art. 4 Abs.5 it. AuslG kann eine Arbeitserlaubnis aber nur im Zusammenhang mit einer Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden. Die vorläufige Aufenthaltsgenehmigung für Asylbewerber erfüllt diese Voraussetzung nicht,97 so daß im Ergebnis ein Arbeitsverbot für Asylbewerber existiert. 98 In Portugal 99 erhalten Asylbewerber gemäß Art. 14 Nr. 1 port. AsylG eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung, die sechzig Tage lang gültig ist und bis zum Ende des Asylverfahrens jeweils für dreißig Tage verlängert wird. Gemäß Art. 35ff. port. AsylG erhalten sie bei Bedürftigkeit Unterkunft und Sozialhilfe. Über ihr Recht, erwerbstätig zu sein, ist im AsylG nichts ausgesagt, so daß die Regeln des allgemeinen Ausländerrechts anzuwenden sind. Gemäß Art. 26 93 Vgl. Papadopoulou, REDPIERPL 7 (1995), S. 844, 859; Spiliotopoulos/Bredimas, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S. 767, 772; Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 94 Zum Asylverfahren in Irland: Egan, REDPIERPL 7 (1995), S. 785-808; Costello in: HejJemaniKingston, Human Rights, S. 354, 362-365; Shipsey in: HejJemani Kingston, Human Rights, S. 365-370; Bareroft, Int. J. of Ref. Law 7 (1995), S. 84- 99. 95 Vgl. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 96 Zum Asylverfahren in Italien: della Cananea, REDPIERPL 7 (1995), S. 807-822; Meoli, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S.773-775; Ulmer, Asylrecht, S. 361-364; Nascimbene in: Hailbronner, Vergleich, S. 55-62; D'Orazio, Rapports Nationaux Italiens 1994, S.379-407; Bonetti, Cittadino extracomunitario, S.377-430; Hein, AWRBulletin 1992, S. 64-67. 97 Vgl. Bonetti, Cittadino extracomunitario, S. 401. 98 Vgl. Viscomi, Irnmigrati, S. 216; Hein, AWR-Bulletin 30 (1992), S. 64, 66; Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 99 Zum Asylverfahren in Portugal: Caupers, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S.778779; Sousa Pinheiro, REDPIERPL 7 (1995), S. 867-877.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

port. AuslG100 wird Ausländern eine Arbeitserlaubnis für eine bestimmte Arbeitsstelle unter Berücksichtigung der Lage am Arbeitsmarkt nur im Zusammenhang mit einer Aufenthaltsgenehmigung vor der Einreise in das Land erteilt. Nach der Einreise können Arbeitserlaubnisse gemäß Art. 32 port. AuslG nur verlängert werden. Die vorläufige Aufenthaltsgenehmigung kann mit der vor der Einreise erteilten Aufenthaltsgenehmigung nicht gleichgestellt werden, so daß Asylbewerber einern Arbeitsverbot unterliegen. In. Allgemeines Ausländerrecht: Erteilung der Arbeitserlaubnis

nach Lage am Arbeitsmarkt

Einige europäische Staaten unterscheiden in bezug auf die Erwerbstätigkeit nicht zwischen Asylbewerbern und anderen Ausländern. Für alle gilt das Erfordernis einer Arbeitserlaubnis, die regelmäßig unter ähnlichen Bedingungen erteilt wird. Der Asylbewerber muß zunächst ein konkretes Arbeitsangebot vorweisen. Innerhalb einer bestimmten Frist prüft die zuständige Behörde, ob die Stelle an einen Staatsangehörigen des potentiellen Aufnahmelandes oder an einen EU-Bürger oder sonstigen bevorzugten Ausländer vermittelt werden kann. Kann die Stelle weitervermittelt werden, so wird der Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis abgelehnt. Kann sie nicht weitervermittelt werden, so wird geprüft, ob die Arbeitsbedingungen den für die inländischen Arbeitnehmer vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen, insbesondere, was Arbeitszeit und Arbeitslohn angeht. Nur wenn dies der Fall ist, wird die Arbeitserlaubnis erteilt. In bezug auf Asylbewerber wird die Arbeitserlaubnis in einigen Staaten noch befristet. Wenn es schon für Ausländer im allgemeinen schwierig ist, nach diesem Verfahren eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, so ist es für Asylbewerber fast unmöglich. Da Asylbewerber in den meisten Ländern mit sehr kurzen Abschiebungsfristen rechnen müssen, sobald ihr Antrag abgelehnt worden ist, wird es für sie schon schwierig, überhaupt eine Arbeitsstelle zu finden. Die Arbeitsämter können ihnen hier nicht behilflich sein, da alle Stellen primär an EU-Bürger vermittelt und nicht bevorzugte Ausländer erst an zweiter oder dritter Stelle berücksichtigt werden. Wenn sie aber Arbeitgeber finden, die bereit sind, das Risiko der Abschiebung zu tragen, so laufen sie große Gefahr, diese Arbeitsstellen an andere bevorzugte Personen zu verlieren. Obwohl die Staaten den Asylbewerbern hier theoretisch die Erwerbstätigkeit ermöglichen, laufen die Regelungen doch faktisch auf ein Arbeitsverbot hinaus, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis fast nicht zu erfüllen sind.

100 Decreto-Lei Nr. 59/93 vom 3.3.1993, Estabelece 0 regime juridico de entrada, permanencia, saida e expulsao de estrangeiros do territ6rio nacional.

B. Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit

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In Deutschland gilt für Asylbewerber nach Ablauf des Arbeitsverbotes lOl allgemeines Ausländerrecht. Gemäß § 19 dt. AFG102 bedürfen ausländische Arbeitnehmer zur Ausübung einer Beschäftigung einer Arbeitserlaubnis, die nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt wird. 103 Gemäß § 1 dt. AEVO l04 wird sie in der Regel als allgemeine Arbeitserlaubnis für eine bestimmte Arbeitsstelle erteilt. Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes wird berücksichtigt, indem Bürgern der Europäischen Union und Ausländern mit besonderer Arbeitserlaubnis hinsichtlich der zu besetzenden Arbeitsstelle Vorrang eingeräumt wird. Die freie Stelle wird in der Regel vom Arbeitsamt, das gemäß § 12 AEVO auch für die Erteilung der Arbeitserlaubnis zuständig ist, vier Wochen ausgeschrieben. Wenn sich danach kein bevorrechtigter Arbeitnehmer erfolgreich beworben hat, kann dem Asylbewerber die Arbeitserlaubnis für diese Stelle erteilt werden. 105 Die überlange Dauer eines Asylverfahrens kann im Ausnahmefall auch eine Härte im Sinne des § 2 Abs. 7 AEVO bedeuten, mit der Folge, daß einem Asylbewerber, dessen Verfahren außergewöhnlich lange andauert, eine besondere Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 AEVO erteilt werden kann. 106 Diese Arbeitserlaubnis wird unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und unabhängig von einer bestimmten Arbeitsstelle erteilt. In Frankreich 107 erhalten Asylbewerber gemäß Art. 15 Dekret n° 46_1574 108 eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung. Bis zum September 1991 enthielt S.o. Teil I, ll.B.1. Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 in der Fassung vom 23.6.1993. 103 Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind gemäß § 1 des Gesetzes über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1980, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.7.1990, davon nicht betroffen. 104 Verordnung über die Arbeitserlaubnis fUr nichtdeutsche Arbeitnehmer in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 1980, zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 1990. 105 Erlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, vgl. dazu Kugler, Asylrecht, S. 56f.; Bamberger, Ausländerrecht, S. 30ff.; Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 106 Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 5.11.1992 - S 8 AL 42/90, lnf AuslR 1993, S. 101. 107 Zum Asylverfahren in Frankreich: Demandeur d'asile in: Dictionnaire Permanent Etrangers, Band I, S. 575ff.; Barats, Etrangers, S. 66-76; Fromont, REDPIERPL 7 (1995), S.739-764; Ulmer, Asylrecht, S.282-294; Oellers-Frahm in: Hailbronner, Vergleich, S. 29-37; Lambert, Asylum, S. 12, 56-60, 93-94, 112; vgl. auch die Entscheidung des französischen Conseil constitutionnel vom 13.8.1993, Journal Ofliciel vom 18.8.1993, S. 11722 und Anmerkungen von Guimezanes, Journal du droit international 121 (1994), 59-88; Soltesz, Boston College lnt. and Comp. Law Review 18 101

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l. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

diese gemäß dem Erlaß des Premierministers vom 17.5.1985 109 eine auf drei Monate befristete Arbeitserlaubnis, die so lange verlängert wurde, bis das Verfahren abgeschlossen war. 110 Seit dem Erlaß des Premierministers vom 26. September 1991 111 enthält die vorläufige Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr das Recht auf Erteilung einer befristeten Arbeitserlaubnis. Asylbewerber unterliegen somit jetzt dem allgemeinen Ausländerrecht. ll2 Sie können eine Arbeitserlaubnis gemäß Art. R. 341-1 fr. Arbeitsgesetzbuch 113 beantragen, die ihnen auch auf die vorläufige Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. 114 Bei der Erteilung der Arbeitserlaubnis wird gemäß Art. R.341-4 fr. Arbeitsgesetzbuch unter anderem die Situation am Arbeitsmarkt berücksichtigt. Eine Arbeitserlaubnis wird an Ausländer nur erteilt, wenn die Zahl der in der betreffenden Berufssparte im fraglichen Gebiet zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze die Zahl der Arbeitsuchenden übertrifft. 11 5 Für einige Gruppen von Ausländern können Ausnahmen bestimmt werden, die dazu führen, daß diesen Ausländern die Situation am Arbeitsmarkt nicht entgegensteht. Der Erlaß vom 26. September 1991 stellt bezüglich der Asylbewerber aber fest, daß der Erteilung einer Arbeitserlaubnis an diese die Situation am Arbeitsmarkt immer entgegen steht. Asylbewerber können eine Arbeitserlaubnis für eine bestimmte Stelle somit nur erhalten, wenn in der entsprechenden Berufssparte ein Überangebot an Arbeitsstellen existiert. 116 Diese Regelung entspricht im Ergebnis der Regelung des Vorrangs von EU-Bürgern und privilegierten Ausländern und führt zu einem faktischen Arbeitsverbot für Asylbewerber. 117 In Luxemburg besteht seit April 1996 ein Gesetz über das Asylverfahren, das die Frage der Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern nicht regelt, so daß das

(1995), S. 265-315; Grewe/Weber, EuGRZ 1993, S. 496-511; Boyd, Georgetown Immigr. LJ 10 (1996), S. 257, 259-273. 108 Decret No. 46-1574 vorn 30.6.1946, Journal Officie1 vorn 2. und 10.7.1946, in der Fassung von Decret No. 94-768 vorn 2.9.1994, Journal Officiel vorn 4.9.1994. 109 Circulaire du 17 mai 1985 relative aux demandeurs d'asile; Journal Officie1 vorn 23.5.1985. 110 Vgl. Demandeur d'asile in: Dictionnaire Permanent Etrangers, Band 1, ZitT. 93. 111 Circulaire du 26 septembre 1991 re1ati ve a la situation des demandeurs d'asile au regard du marche du travail, Journal Officiel vorn 27 Sept. 1991. ll2 Demandeur d'asile in: Dictionnaire Permanent Etrangers, Band I, ZitT. 95. 113 Code du Travail. 114 Vgl. Gisti, Guide, S. 133. 115 Vgl. Travail des etrangers in: Dictionnaire Permanent Etrangers, Band 1, ZitT.34f 116 Vgl. Dernandeur d'asile in: Dictionnaire Permanent Etrangers, Band 1, Rz. 95. 117 Vgl. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18.

B. Die Möglichkeit der unselbständigen Erwerbstätigkeit

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Ausländerrecht anwendbar bleibt. Gemäß Art. 26 lux. AuslG1l8 bedürfen alle Ausländer zur Erwerbstätigkeit einer Arbeitserlaubnis, deren Erteilung von der Situation und Entwicklung des Arbeitsmarktes abhängig ist. Der ständigen Verwaltungspraxis zufolge wird Asylbewerbern während des Verfahrens eine Arbeitserlaubnis nicht erteilt. 119 In den Niederlanden 120 werden Asylbewerber arbeitsrechtlich den übrigen Ausländern gleichgestellt, denn ihre vorläufige Aufenthaltsgenehmigung121 wird im Sinne des Ausländerarbeitsgesetzes122 wie eine reguläre Aufenthaltsgenehmigung behandelt. 123 Gemäß Art. 2 Abs. 1 01. AuslArbG dürfen Ausländer ohne Arbeitserlaubnis nicht beschäftigt werden. Die Arbeitserlaubnis wird gemäß Art. 6 Abs. 1 n1. AuslArbG auf Antrag des Arbeitgebers fiir eine bestimmte Stelle erteilt. Sie ist gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. a 01. AuslArbG zu verweigern, wenn auf die betreffende Stelle ein EU-Bürger oder bevorrechtigter Ausländer124 vermittelt werden kann. 125 Die Stelle muß gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. b n1. AuslArbG vor AntragsteIlung fiinf Wochen lang ausgeschrieben werden. Erst wenn sich danach kein EU-Bürger oder bevorrechtigter Ausländer auf die Stelle beworben hat, kann dem Asylbewerber die Arbeitserlaubnis erteilt werden. 126 Wenn sich ein Asylbewerber fiir mehrere Jahre aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsgenehmigung im Land aufgehalten hat, ohne daß sein Verfahren zu einem Ende gekommen ist, so soll das Prioritätsprinzip nicht mehr angewandt werden. 127 Wird der Asylantrag erstinstanzlich abgelehnt, so verliert der Asylbewerber allerdings sein vorläufiges Auf118 Loi du 28 mars 1972 concernant 1. l'entree et le sejour des etrangers; 2. le contröle medical des etrangers; 3. l'emploi de la main-d'reuvre etrangere in der Fassung der Veröffentlichung vom 1.2.1996. 119 Siehe Schleder in: FroweiniStein, Rechtsstellung von Ausländern, S. 839, 865; Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18; ebenso das luxemburgische Justizministerium im Schreiben vom 26.2.1997. 120 Vg1. zwn Asylverfahren in den Niederlanden: v. Driel, Vreemdelingenrecht, S. 19-25, 147-153; Strijards, Vreemdelingenrecht, S. 229-261; Holtermann, Vreemdelingenrecht, S. 180-185; derselbe, REDPIERPL 7 (1995), S. 823-843; Steendijk, Migrantenrecht 1994, S. 53-55; VisserlHomburg, Migrantenrecht 1995, S. 223-227. 121 Zur vorläufigen Aufenthaltsgenehmigung vg1. Holtermann, Migrantenrecht 1994, S.48-52. 122 Wet arbeid vreemdelingen vom 21.12.1994, Staatsblad Nr. 959/1994, im folgenden n1. AuslArbG; dazu ausfi1hrlich Kuijer/Steenbergen, Vreemdelingenrecht, S. 351384. l23 Vg1. dazu Holtermann, Vreemdelingenrecht, S. 150. 124 Z.B. Asylberechtigte, Ausländer mit unbefristeter Aufenthaltsgenehmigung. 125 Dazu KuijeriSteenbergen, Vreemdelingenrecht, S. 362ff. 126 Vg1. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 127 In der Regel nach zwei Jahren, vg1.dazu Holtermann, Vreemdelingenrecht, S. 151; derselbe, REDPIERPL 7 (1995), S. 821,834.

4 Dohmes-Ockenfe1s

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l. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung fllr Asylbewerber

enthaltsrecht und unterliegt grundsätzlich der Ausweisung. Gemäß Art. 8 Abs. I lit. c n1. AuslArbG darf dann mangels Aufenthaltstitels keine Arbeitserlaubnis mehr erteilt werden. Dies gilt wiederum dann nicht, wenn ein Ausweisungshindernis besteht und der Asylbewerber somit im Land geduldet wird. 128 Die Regelung ähnelt der im deutschen Asylrecht und ruhrt zu einem faktischen Arbeitsverbot rur Asylbewerber, welches in Ausnahmefällen aufgehoben werden kann. In Österreich l29 erhalten Asylbewerber gemäß § 7 Abs. 1, 4 öst. AsylG eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis. In bezug auf eine Erwerbstätigkeit sind sie den übrigen Ausländern gleichgestellt, wie die Erwähnung von Asylbewerbern in § 4b Abs. 1 Ziff. 3b AuslBG I30 zeigt.\31 Gemäß § 3 Abs. 1, 2 AuslBG dürfen Ausländer nur beschäftigt werden, wenn ihre Arbeitgeber eine Beschäftigungsbewilligung oder sie selbst eine Arbeitserlaubnis haben. 132 Die Arbeitserlaubnis wird Ausländern gemäß § 14a Abs. I AuslBG auf Antrag erteilt, wenn sie in den letzten 14 Monaten vor der AntragsteIlung insgesamt 52 Wochen nach den Bestimmungen des AuslBG legal beschäftigt waren,133 und kommt rur Asylbewerber damit in der Regel nicht in Frage. Die Beschäftigungsbewilligung wird den potentiellen Arbeitgebern auf ihren Antrag rur ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis vom zuständigen Arbeitsamt erteilt. 134 Gemäß § 4 Abs. I AuslBG wird die Beschäftigung eines Ausländers nur bewilligt, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Gemäß § 4b AuslBG erfolgt die Prüfung der Lage und Entwicklung am Arbeitsmarkt, indem bei der Besetzung der betreffenden Arbeitsstelle unter den verfiigbaren Arbeitskräften eine bestimmte Reihenfolge einge-

128 Boltermann,

REDPIERPL 7 (1995), S. 821,834.

129 Zum Asylverfahren in Österreich: Kussbach, Int. J. ofRef. Law 6 (1994), S. 227-

243; Davy, ZAR 12 (1993), S. 70-78; Steiner, Asylrecht; Rohrböck, AWR-Bulletin 31 (1993), S. 21-31; derselbe, Asylgesetz, S. 151-233; Muzak, Aufenthaltsberechtigung, S.256-267. 130 Bundesgesetz vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird, BGB!. 1975/218, zuletzt geändert 1996, BGB!. 201/1996 (Ausländerbeschäftigungsgesetz ). 131 Vg!. auch Schramme!, Ausländerbeschäftigung, S.75; Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz § I, Er!. 2.1.1.; NeurathiSteinbach, Ausländerbeschäftigungsgesetz, § I, Er!. 2. 132 Zu den zivilrechtlichen Konsequenzen des Bewilligungsvorbehalts vg!. im einzelnen Schramme!, Ausländerbeschäftigung, S.97ff., S. 145ff. \33 Vg!. dazu Schrammei, Ausländerbeschäftigung, S. 137. 134 Vg!. NeurathiSteinbach, Ausländerbeschäftigungsgesetz, § 3, Er!. 1; Schramme!, Ausländerbeschäftigung, S. 100ff.

B. Die Möglichkeit der unselbständigen EIWerbstätigkeit

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halten wird. 135 Dabei gehen den aufenthaltsberechtigten Asylbewerbern alle Inländer und EU-Bürger sowie bestimmte begünstigte Ausländer vor, die in besonders hohem Maße in das Land integriert sind. Die potentiellen Arbeitgeber können die ihnen vom Arbeitsamt angebotenen "Ersatzkräfte" nur in sehr beschränktem Maße ablehnen, wenn sie objektive Gründe für die bessere Qualifikation der Asylbewerber vorbringen können. 136 Zusätzlich darf gemäß § 12 a AuslBG die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 8 % am österreichischen Arbeitskräftepotential nicht übersteigen. Diese sogenannte "absolute Bundeshöchstzahl" wird vom Bundesminister für Arbeit und Soziales jährlich bekanntgegeben. Sie ist so bemessen, daß Neueinstellungen von Ausländern für die Zukunft nur möglich sind, wenn andere Ausländer ihre Arbeitsstelle aufgeben. J37 Gemäß §§ 13, 13a AuslBG kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung weitere Höchstzahlen für bestimmte Arbeitsmarktbereiche oder Bundesländer festlegen. Bei Überschreitung dieser Zahlen darf eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6, 7, 8 AuslBG nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erteilt werden. 138 Die Verbindung der Festlegung von Ausländerquoten mit dem Beschäftigungsvorrang von EU-Bürgern und bevorrechtigten Ausländern wird es für Asylbewerber in der Praxis unmöglich machen, eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten. 139 In Spanien 140 erhalten Asylbewerber gemäß Art. 4 Abs.2 span. AsylG in Verbindung mit Art. 11 des Dekretes zur Ausführung des span. AsylG141 eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung. Gemäß Art. 15 Abs. 2 des Dekrets kön135 Vgl. auch Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz, § 4, Erl. 3.1; Schrammei, Ausländerbeschäftigung, S. 104ff 136 Vgl. dazu NeurathiSteinbach, Ausländerbeschäftigungsgesetz, § 4, Erl. 6; Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz, § 4, Erl. 3.1. 137 Näheres dazu bei Schrammei, Ausländerbeschäftigung, S. 102f. 138 Z.B., wenn der Ausländer "als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitspätzen inländischer Arbeitnehmer, ... in neu gegründeten Betrieben in strukturell gefährdeten Gebieten, ... als dringender Ersatz fUr die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, ... im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege" beschäftigt werden soll, vgl. § 4 Abs. 6 AuslBG. 139 Vgl. Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18. 140 Zum Asylverfahren in Spanien: Martin-Retortillo Baquer, Rev. fr. Droit adm. 9 (1993), S. 557-565; Cosculluela Montaner, REDPIERPL 7 (1993), S.645, 666-682; Rule, Irnm. & Nat. Law & Pract. 6 (1992), S. 83-88; Gorttizar, Int. J. of Ref. Law 6 (1994), S.457-459; Niemeyer, ZAR 1995, S. 187-190; Femtindez Sola in: Theron, Droit du refugie, S. 101-115. 141 Real Decreto 203/1995, de 10 de febrero, por el que se apruebe el Reglamento de aplicaci6n de la Ley 5 /1984, de 26 de marzo, reguladora dei derecho de asilo y de la condici6n de refugiado, modificada por la Ley 9/1994, de 19 mayo, Boletin Oficial vom 2.3.1995.

4'

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung fllr Asylbewerber

nen Asylbewerber nach den Bestimmungen des Ausländerrechts eine Arbeitserlaubnis erhalten. 142 Gemäß Art. 17 Abs. 1, 18 Abs. 1,3 span. AuslG 143 und Art. 76 Abs. 1 der Ausführungsverordnung zum span. AuslG 144 ist für die Erteilung der Arbeitsgenehmigung, welche nur für eine konkrete Arbeitsstelle erteilt wird, die Lage am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Dabei wird spanischen Staatsangehörigen und bevorrechtigten Ausländern, die eine besondere Verbindung zum spanischen Staat erlangt haben, Priorität bei der Vergabe der Arbeitsstelle eingeräumt. 145 Die Regelung des Vorrangs spanischer Staatsangehöriger und privilegierter Ausländer führt zu einem faktischen Arbeitsverbot für Asylbewerber. IV. Zusammenfassung

Es zeigt sich, daß nur wenige Staaten den Asylbewerbern eine echte Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit einräumen. Nur in Belgien, Finnland, Großbritannien und Schweden haben Asylbewerber, gegebenenfalls nach Ablauf gewisser Wartefristen, das Recht, eine Arbeitsstelle zu suchen. In den übrigen Staaten unterliegen Asylbewerber entweder einem gesetzlich mehr oder weniger ausdrücklichen Arbeitsverbot, oder die Erteilung der Arbeitserlaubnis wird von Bedingungen abhängig gemacht, welche Asylbewerber nicht erfüllen können. Damit unterliegen sie einem faktischen Arbeitsverbot, welches die gleichen Auswirkungen hat wie das rechtliche Arbeitsverbot. Im Rahmen der Untersuchung etwaiger Verletzungen des Rechts auf Arbeit aus Art. 6 IPWSKR im zweiten und dritten Teil dieser Arbeit wird Belgien wird als einziger Staat behandelt, welcher den Asylbewerbern während des gesamten Verfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt. In einer zweiten Kategorie sollen Finnland, Großbritannien und Schweden betrachtet werden, welche den Asylbewerbern ein unterschiedlich befristetes Arbeitsverbot auferlegen und ihnen erst nach Ablauf der Wartefrist den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Einen Sonderfall stellt Deutschland dar, wo Asylbewerber zunächst einem rechtlichen und nach Ablauf der Wartefrist einem faktischen Arbeitsverbot unterliegen. Schließlich sollen die Staaten, welche durch Gesetz den Asylbewerbern ein unbefristetes Arbeitsverbot auferlegen, und die Staaten, 142 Vgl. zu den Arten von Arbeitsgenelunigungen im einzelnen Aprell Lasagabaster, Extranjeros, S. 158ff.; Estrada Carrillo, Comentarios, Anm. zu Art. 15, S. 198ff. 143 Ley Organica 711985, de 1 de Julio, sobre derechos y libertades de los extranjeros en Espafia, Boletin Oficial vom 3.7.1985. 144 Reglamento de Ejecucion de la Ley Organica 7/1985, de 1 de Julio, sobre derechos y libertades de los extranjeros en Espafia, Real Decreto 15511996 vom 2.2.1996, Boletin Oficial vom 23.2.1996, S. 6949. 145 Näheres zu den privilegierten Ausländern bei Estrada Carrillo, Comentarios, Anm. zu Art. 18, S. 228f.

C. Die Möglichkeit des Schulbesuchs

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welche durch die Gleichbehandlung von Asylbewerbern und Ausländern ein faktisches Arbeitsverbot für Asylbewerber erzielen, betrachtet werden.

C. Die Möglichkeit des Schulbesuchs für Asylbewerberkinder Als Asylbewerberkinder werden im folgenden sowohl Kinder von Asylbewerbern bezeichnet als auch Kinder, welche einen eigenen Asylantrag gestellt haben. In fast allen Staaten haben diese Kinder einen Anspruch auf Unterrichtung in irgendeiner Form, auch wenn sie nicht überall eine der lokalen Schulen besuchen können. 146 Häufig wird ihnen in den zentralen Aufnahmelagern Unterricht erteilt, weil ihnen zunächst die für die Teilnahme am regulären Unterricht erforderlichen Sprachkenntnisse vermittelt werden müssen. Besondere Unterrichtsbedürfnisse ergeben sich zusätzlich aus den großen kulturellen Unterschieden zwischen ihren Heimat- und den Aufnahmestaaten. Zum Teil fehlen den Aufnahmestaaten aber auch die schulischen Kapazitäten und Lehrkräfte, die erforderlich wären, damit Asylbewerberkinder am regulären Unterricht teilnehmen könnten. In einigen Staaten unterliegen Asylbewerberkinder der allgemeinen Schulpflicht, welche zum Teil aber erst nach einer gewissen Wartefrist eintritt. Mit der allgemeinen Schulpflicht ist der Anspruch der Asylbewerberkinder auf einen Unterrichtsplatz verbunden, so daß die Pflicht als ein Mehr gegenüber dem Anspruch zu betrachten ist. In einigen Bundesländern Deutschlands bestehen dagegen Regelungen, wonach Asylbewerberkinder während des gesamten Verfahrens keinen Anspruch auf Unterrichtung, sondern nur die Möglichkeit des Schulbesuchs je nach vorhandenen Kapazitäten haben. Der Ausschluß des Anspruchs auf Unterrichtung widerspricht dem bereits erwähnten Entwurf des Rates der Europäischen Gemeinschaft für eine Empfehlung betreffend die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbem. 147 In Ziffer 15 wird festgestellt, daß Asylbewerberkinder im schulpflichtigen Alter auf derselben Grundlage wie die eigenen Staatsangehörigen Zugang zu den normalen öffentlichen Bildungseinrichtungen haben müssen, wenn ihnen nicht alternative angemessene spezifische Bildungsangebote gemacht werden. Die Formulierung läßt darauf schließen, daß die Einführung einer Schulpflicht in diesem Zusammenhang nicht gefordert wird. Vielmehr wird auf einen Anspruch auf Schulbesuch abgestellt, den alle Kinder im schulpflichtigen Alter haben sollen. Der Rat hat allerdings einen Entwurf für einen gemeinsamen 146 Die Regelungen zum Schulbesuch von Asylbewerberkindern in Griechenland müssen bei der Untersuchung zum Recht auf Bildung außer acht gelassen werden, weil sie weder durch Literatur oder Gesetzgebung noch durch Nachfragen bei den zuständigen Ministerien zu ermitteln waren. 147 EG Dok. 8112/6/96 Rev.6, Annex, vom 18.l1.1996; s.o. Teil 1, ll.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

Standpunkt betreffend die Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen in den Mitgliedstaaten erarbeitet, welcher die Mitgliedstaaten gemäß Punkt 3 zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht sowie des kostenfreien Elementarunterrichts verpflichtet. 148 Der gemeinsame Standpunkt wird eine stärkere Bindungswirkung entfalten als die bloße Empfehlung und die RechtssteIlung aller ausländischen Kinder, eingeschlossen die Asylbewerberkinder, betreffen. L Schulpflicht

In mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht für Asylbewerberkinder die allgemeine Schulpflicht. In den meisten dieser Staaten tritt die Schulpflicht aber erst nach einer bestimmten Frist ein, welche mit der Stellung des Asylantrages oder der Registrierung der Asylbewerber an ihrem Aufenthaltsort beginnt. In Belgien unterliegen alle Kinder im Alter von sechs bis achtzehn Jahren gemäß Art. lAbs. 1 belg. SchulGI49 einer zwölfjährigen Schulpflicht. Für die Kinder von Ausländern beginnt die Schulpflicht aber gemäß Art. lAbs. 7 belg. SchulG erst mit dem sechzigsten Tag nach der Registrierung ihrer Eltern am Wohnort in Belgien. Ob diese Kinder vor Ablauf der Frist schon ein Recht oder wenigstens die Möglichkeit haben, Schulen zu besuchen, ist unklar. Für Kinder, die nicht niederländisch oder französisch sprechen, gibt es Förderunterricht, der ihnen ermöglichen soll, dem Unterricht zu folgen. 150 Die Rechtslage Deutschlands muß differenziert betrachtet werden, da Bildungsangelegenheiten in die ausschließliche Kompetenz der Bundesländer fallen. Die allgemeine Schulpflicht für Asylbewerberkinder gilt in Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein. Nur in Berlin und Brandenburg tritt sie jedoch bereits mit AntragsteIlung ein und betrifft damit auch die Zeit, in der Asylbewerber gemäß § 47 AsylVfG noch verpflichtet sind, in zentralen Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen. In beiden Bundesländern ist die Schulpflicht von Asylbewerbern ausdrücklich an die Aufenthaltsgestattung geknüpft, welche gemäß § 55 dt. AsylVfG bereits bei Stellung des Asylantrags ausgestellt wird. 151 EG Dok.1 0356/95 ASIM 267 vom 4.10.1995. Loi concernant l'obligation scolaire vom 29.6.1983, Moniteur BeIge vom 6.7.1983, S. 8832. ISO Schreiben des belgischen Innenministeriums vom 3.3.1997; vgl. fUr den flämischen Teil Belgiens Rundschreiben des flämischen Unterrichtsministers vom 20.7.1994. 151 Vgl. für Berlin: § 15 Abs. I Schulgesetz für Berlin vom 26.6.1948 in der Fassung der Bekanntgabe vom 20.8.1980, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.1.1995; fUr 148

149

C. Die Möglichkeit des Schulbesuchs

55

In Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein beginnt die allgemeine Schulpflicht erst nach dem Auszug der Asylbewerber aus den zentralen Aufnahmeeinrichtungen. 152 In diesen Ländern ist Voraussetzung für die Schulpflicht, daß die Kinder und Jugendlichen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in den jeweiligen Bundesländern haben. Man geht davon aus, daß sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt erst nach dem Auszug aus den zentralen Aufnahmeeinrichtungen begründen, so daß während der Zeit, während der sie gemäß §§ 47, 48 dt. AsylVfG verpflichtet sind, in den zentralen Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben, die Schulpflicht nicht besteht. Es ist unklar, ob die Asylbewerberkinder vor Ablauf dieser Zeit wenigstens das Recht oder die Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen. In Frankreich unterliegen alle Kinder bis zum Alter von 16 Jahren der Schulpflicht, soweit sie auf französischem Gebiet wohnen. Davon sind alle Asylbewerberkinder erfaßt. 153 In Großbritannien sind alle Eltern gemäß Art. 36 BildungsG 1944154 verpflichtet dafür zu sorgen, daß ihre Kinder im schulpflichtigen Alter unterrichtet werden. Die Schulpflicht besteht gemäß Art. 277 BildungsG 1993 155 im Alter von fünf bis sechzehn Jahren und wird durch das Recht aller Kinder abgesichert, auf staatliche Kosten eine Schule zu besuchen. Da die Schulpflicht alle Kinder unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status erfaßt, besteht sie auch für Asylbewerberkinder .156

Brandenburg: § 36 Abs. 2 Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg vom 12.4.1996. 152 Vgl. filr Bayern: Art. 35 Abs. 1,37 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.7.1994, geändert durch Gesetz vom 23.12.1995, in Verbindung mit KMS Nr. IV/8-S7400/IO-4/62737 vom 20.4.1994; filr Bremen: §§ 52, 53 Bremisches Schulgesetz vom 20.12.1994; fllr Hessen: § 56 Hessisches Schulgesetz vom 17.6.1992, geändert durch Gesetz vom 28.11.1994; filr Mecklenburg-Vorpommern: § 41 Schulgesetz filr das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 15.5.1996; fllr Niedersachsen: §§ 63-65 Niedersächsisches Schulgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.9.1993, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.5.1996; filr Sachsen: §§ 26-28 Schulgesetz für den Freistaat Sachsen vom 3.7.1991, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.12.1995; filr SchleswigHolstein: §§ 40-42 Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.8.1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.3.1996. IS3 Schreiben des Office Fran~ais de Protection des Refugies et Apatrides vom 11.8.1995. IS4 Education Act 1944. ISS Education Act 1993. 156 Schreiben des britischen Innenministeriums vom 3.3.1997.

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I. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung f1.lr Asylbewerber

In Italien unterliegen Asylbewerberkinder der allgemeinen Schulpflicht in gleichem Maße wie die italienischen Kinder. Die Schulpflicht besteht für alle Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren. In bezug auf weiterführende Schulen, deren Besuch der Schulpflicht auch für italienische Kinder nicht mehr unterliegt, werden Asylbewerberkinder wie andere ausländische Kinder behandelt, so daß sie zwar das Recht, nicht aber die Pflicht haben, diese Schulen zu besuchen. 157 In den Niederlanden besteht gemäß Art. 3 nl. SchulG158 die allgemeine Schulpflicht für Kinder ab fünf Jahren. Sie endet in der Regel nach mindestens zwölf Schuljahren oder nach dem Schuljahr, in dem die Schüler das 16. Lebensjahr vollenden. Die Schulpflicht erfaßt alle Asylbewerberkinder, die eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis erhalten haben. 159 Für Kinder, welche nicht niederländisch sprechen, wird Förderunterricht in Sammelklassen angeboten, der zum Teil in den Aufnahmezentren selbst und zum Teil in den öffentlichen Schulen stattfindet. 160 In Osterreich besteht gemäß § 1 Abs. 1 iVm §§ 2, 3 öst. SchulPflGI61 eine neunjährige Schulpflicht für alle Kinder ab dem sechsten Lebensjahr, wenn sie sich in Österreich dauerhaft aufhalten. Durch Erlaß des Bundesministeriums für Unterriche 62 ist festgelegt, daß ein dauerhafter Aufenthalt nur vorliegt, wenn sich das Kind mindestens ein Schulhalbjahr (Semester) im Land aufhält. Für Asylbewerberkinder besteht die Schulpflicht demnach nur, wenn absehbar ist, daß das Asylverfahren entweder länger als ein Schulhalbjahr dauert oder wenn Abschiebungshindernisse bestehen, die einen dauerhaften Aufenthalt im Land erwarten lassen. Im übrigen haben Kinder, die sich nicht dauerhaft im Land aufhalten, gemäß § 17 öst. SchulPflG das Recht, freiwillig eine Schule ihrer Wahl zu besuchen, soweit sie die Aufnahmevoraussetzungen für die betreffende Schule erfüllen und ausreichende Sprachkenntnisse haben. 163 Da Asylbewerber gemäß § 7 Abs.4 öst. AsylG eine auf drei Monate befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten, ist also davon auszugehen, daß ihre Kinder 157 Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 26.1.1997 und 11.2.1997; vgl. auch Hauser, Zuflucht, S. 96f. 158 Leerpflichtwet vom 30.5.1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.3.1994, Staatsblad 53011994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 31.10.1995, Staatsblad Nr. 50111995. 159 Vgl. Halterman, REDPIERPL 7 (1995), S. 823, 835; bestätigend Schreiben des niederländischen Centraal Orgaan opvang asielzoekers vom 11.2.1997. 160 Schreiben des niederländischen Centraal Orgaan opvang asielzoekers vom 11.2.1997. 161 Schulpflichtgesetz von 1962 in der Wiederverlautbarung von 1985, BGBL Nr. 7611985. 162 Erlaß MVBl. Nr. 104/1968. 163 Vgl. dazu Boyer/Janko/Oberleitner, Schulrecht, S. 210f.

C. Die Möglichkeit des Schulbesuchs

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zunächst nur das Recht auf Schulbesuch haben, nicht aber der Schulpflicht unterliegen. Erst wenn sich das Verfahren in die Länge zieht und die Aufenthaltsberechtigung verlängert wird, kann die Schulpflicht auch für Asylbewerberkinder entstehen. I 64 In Schweden unterliegen alle Kinder im Alter von 7 bis 16 Jahren gemäß Kap. 6 § 30, Kap. 7 § 43 schw. SchulGI65 sowie dem Rundschreiben vom 21. 5.1974166 der allgemeinen Schulpflicht. 167 Besondere Vorschriften regeln den Förderunterricht in der schwedischen Sprache. 168 Asylbewerberkinder können entweder die örtlichen Schulen besuchen oder werden in besonderen Vorbereitungsklassen untergebracht. 169

11. Anspruch auf Unterrichtung Ein größerer Teil der Mitgliedstaaten der Europäischen Union räumt Asylbewerberkindern einen Anspruch auf Unterrichtung ein, ohne sie der allgemeinen Schulpflicht zu unterwerfen. In Dänemark begann bis zum April 1996 die Schulpflicht für Kinder von Ausländern, wenn sie sich länger als sechs Monate im Land aufgehalten hatten. Kinder von Asylbewerbern im Alter zwischen 6 und 17 Jahren erhielten in den Rotkreuzlagern 15 Stunden wöchentlich Unterricht. 170 Wo dies möglich war, konnten sie auch die lokalen Schulen besuchen. Zusätzlich zum normalen Schulunterricht gab es besondere Sprachkurse für die Kinder, die kein oder wenig Dänisch sprachen. 171 Im April 1996 wurde durch Änderung des dän. AuslG die Praxis der Unterrichtung von Asylbewerberkindern gesetzlich geregelt. Gemäß Art. 42 c dän. AuslG sollen diese Kinder grundsätzlich in gesonderten Gruppen unterrichtet werden. Der Innenminister kann aber in Kooperation mit dem Unterrichtsminister festlegen, inwieweit die Kinder am regulären Schulunterricht teilnehmen. Es scheint, daß die Asylbewerberkinder der allgemeinen Schulpflicht gemäß dem Schulgesetz aufgrund der speziellen Regelung im AuslG nun nicht mehr unterliegen. Sie behalten aber einen An164 So auch das österreichische Unterrichtsministerium im Schreiben vom 12.1l.l997. 165 Skollagen, SFS 1962:319 mit Änderungen. 166 The Regulations of the Educational System, Utbildningsväsendets författningsbok. 167 Vgl. dazu Nobel, Alien, S. 28. 168 SFS 1982:490. 169 Swedish Ministry ofCultural AfIairs, Policy, S. 34. 170 Vgl. ECRE, Asy1um in Europe, S. 66. 171 Vgl. Langkjrer/Stummel in: Frowein/Stein, Rechtsstellung von Ausländern, S. 237, 259; ECRE, Asylum in Europe, S. 66; so auch das dänische Bildungsministerium im Schreiben vom 4.1.1997.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber

spruch auf Unterricht, wenn auch dieser Unterricht nicht notwendigerweise in den regulären Schulen stattfindet. Die separate Unterrichtung von Asylbewerberkindern soll wohl den Sprach- und Integrationsproblemen Rechnung tragen und diese Kinder in besonderem Maße auf ihr Leben in Dänemark vorbereiten. In Finnland besteht gemäß § 32 finn. GrundschulG172 eine neunjährige Schulpflicht für alle finnischen Staatsangehörigen, die das siebte Lebensjahr vollendet haben. Asylbewerberkinder unterliegen demnach nicht der Schulpflicht. Wie alle ausländischen Kinder haben sie aber das Recht, eine Schule zu besuchen. 173 In Finnland besuchen Kinder zunächst für neun Jahre eine Gesamtschule. Einige Schulen bieten ein zusätzliches zehntes Schuljahr an, welches für alle Kinder freiwillig ist. Die Unterrichtssprache ist Finnisch oder Schwedisch, und für Ausländer wird Förderunterricht angeboten, der sowohl finnischen und schwedischen Sprachunterricht als auch sonstige Schulfacher urnfaßt. Unterricht in anderen als den Sprachfachern wird teilweise auch in der Muttersprache der Kinder erteilt. Zusätzlich wird ihnen Sprachunterricht in ihrer Muttersprache angeboten mit dem Ziel, die Kinder zweisprachig aufwachsen zu lassen. 174 Das finnische Parlament berät seit dem Frühjahr 1997 eine Gesetzesinitiative mit dem Ziel, den Gesamtschulunterricht auch für ausländische Kinder zur Pflicht zu machen. Der Ausgang des Verfahrens ist noch nicht absehbar. 175 In Irland wird der Schulbesuch durch eine Schulverordnung176 geregelt. Gemäß § 10 der Verordnung haben alle Kinder im Alter von vier bis 18 Jahren unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus das Recht, eine Schule zu besuchen. Dies gilt sowohl für irische als auch für ausländische Kinder. Sollten in einer Schule nicht genügend Schulplätze zur Verfügung stehen, so hat die Auswahl unter Bewerbern ohne Diskriminierung zu erfolgen. 177 In Portugal besteht gemäß Art. 6 port. SchulbildungsGI78 die allgemeine Schulpflicht für Kinder im Alter zwischen 6 und 15 Jahren. Asylbewerberkinder unterliegen in der Praxis aber nicht der Schulpflicht. 179 Weil gemäß Art. 6

l7l Grundskolelag Nr. 47611983 vom 27.5.1983, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 101O1l991 vom 28.6.1991. 173 Vgl. Broschüre des National Board of Education, Education for Foreigners in Finland, S. 7. 174 Vgl. Broschüre des National Board of Education, Education for Foreigners in Finland, S. 8fT. 17S Schreiben des finnischen Unterrichtsministeriums vom 21.1.1997. 176 Rules for National Schools. 177 Schreiben des irischen Bildungsministeriums vom 16.1.1997. 178 Lei de Bases do Sisterna Educativo, Gesetz Nr. 46/86 vom 14.10.1986. 179 Schreiben des portugiesischen Justizministeriums vom 13.5.1997.

C. Die Möglichkeit des Schulbesuchs

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Abs. 1 port. SchulbildungsG die Elementarbildung allen zusteht, haben sie gleichwohl ein Recht auf Schulbesuch. In Spanien 180 haben Ausländer gemäß Art. 9 span. AuslG ein Recht auf Bildung, soweit sie sich legal im Land aufhalten. Ebenso gibt Art. 1.3 BildungsG181 Ausländern, die dauerhaft im Land wohnen, ein Recht auf kostenlose Grundschulbildung und höhere Schulbildung nach den Fähigkeiten jedes einzelnen. Das Recht auf Bildung steht auch Asylbewerberkindern zu. Sie unterliegen aber nicht der allgemeinen Schulpflicht, die gemäß Art. l.l BildungsG nur spanische Kinder betrifft. 182

m. Möglichkeit zum Schulbesuch nach Kapazitäten Das Recht, eine Schule zu besuchen, wird den Asylbewerberkindern innerhalb Deutschlands nur in Baden-Württemberg, Hamburg, NordrheinWestfalen, Rheinland-Pjalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen versagt. In diesen Bundesländern entsteht die Schulpflicht, wenn die betreffenden Personen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesen Bundesländern begründen. 183 Die Bundesländer legen diese Begriffe jedoch so eng aus, daß der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt erst begründet wird, wenn das Asylverfahren beendet ist oder wenn aus einem anderen Grund feststeht, daß die Asylbewerber auf Dauer in dem Bundesland bleiben können, etwa, weil ein Abschiebungshindernis besteht. In der Regel wird den Asylbewerberkindern damit je nach bestehenden Kapazitäten der Schulbesuch oder 180 Vgl. zwn folgenden Aprell Lasagabaster, Extranjeros, S. 70ff.; Estrada Carrillo, Comentarios, Anm. zu Art. 9, S.88ff. 181 Ley orgaruca reguladora del Derecho a la Educaci6n, Gesetz 159/1985 vom 3.7.1985, Boletin Oficial4.7.1985. 182 Bestätigend Schreiben des spanischen Bildungsministeriums vom 7.3.1997. 183 Vgl. für Baden-Württemberg: § 72 Abs. 1 Schulgesetz für Baden-Württemberg in der Fassung vom 1.8.1983, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.1995; für Hamburg: § 2 Schulgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg vom 9.12.1966, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.6.1989 iVm den Richtlinien und Hinweisen f\lr die Erziehung und den Unterricht ausländischer Kinder und Jugendlicher in Hamburger Schulen; für Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Schulpflicht im Lande Nordrhein-Westfa1en in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.2.1980, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.4.1995; für Rhein1and-Pfalz: § 44 Abs. 1 Landesgesetz über die Schulen in Rheinland-Pfalz vom 6.11.1974, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.1.1996; f\lr das Saarland: § 1 Abs. 1 Gesetz über die Schulpflicht im Saarland, Gesetz Nr. 826 vom 11.3.1966 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.5.1985, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.3.1996; f\lr Sachsen-Anhalt: § 36 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.6.1993, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.12.1995; für Thüringen: § 17 Thüringer Schulgesetz vom 6.8.1993.

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1. Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung flir Asylbewerber

Unterricht in anderer Form ermöglicht, ohne daß jedoch ein Anspruch darauf anerkannt wird.

IV. Zusammenfassung Hinsichtlich der Schulbildung von Asylbewerberkindern erscheint die Rechtslage in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union homogener als in bezug auf die Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern, da die weitaus überwiegende Mehrheit von Staaten den Kindern jedenfalls einen Anspruch auf Unterrichtung einräumt. Gleichwohl sind Unterschiede erkennbar, welche bei der Untersuchung etwaiger Verletzungen des Rechts auf Bildung aus Art. 13 IPWSKR relevant werden. Eine erste Gruppe bilden die Staaten, welche die Asylbewerberkinder einer uneingeschränkten Schulpflicht unterwerfen, wie sie für die Kinder von Staatsangehörigen nach den jeweiligen nationalen Regelungen gilt. Des weiteren sind die Staaten zu betrachten, welche eine Wartefrist aufstellen, während der das Recht von Asylbewerberkindern auf Schulbesuch unterschiedlich deutlich geregelt ist, nach deren Ablauf aber die allgemeine Schulpflicht eintritt. Die größte Gruppe bilden die Staaten, welche den Asylbewerberkindern ein uneingeschränktes Recht zum Schulbesuch oder zum Ersatzunterricht einräumen, ohne Regelungen über die Schulpflicht zu treffen. Schließlich sind die deutschen Bundesländer zu betrachten, welche den Asylbewerberkindem kein Recht auf Schulbesuch oder Ersatzunterricht einräumen und ihnen lediglich je nach Kapazitäten die Möglichkeit zur Teilnahme am Unterricht geben.

Zweiter Teil

Die Rechte auf Arbeit und Bildung im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Im zweiten Teil dieser Arbeit steht die Frage im Mittelpunkt, inwiefern die persönlichen und sachlichen Geltungsbereiche der Rechte auf Arbeit und Bildung aus dem IPWSKR durch die im ersten Teil der Arbeit dargestellten Regelungen zur Rechtsstellung der Asylbewerber berührt werden. Darüber hinaus wird der Versuch einer Kommentierung beider Rechte unternommen, welche die verschiedenen sich aus den Ebenen des Respekts, des Schutzes und der Erfüllung der Rechte ergebenden Verpflichtungen der Vertragsstaaten aufführt. Es wird sich zeigen, daß die jeweiligen Regelungen des Paktes den Staaten bei der Erfüllung, die in der Regel staatliche Leistungen erfordert, erheblich mehr Spielraum lassen als bei der Respektierung der Rechte, bei welcher grundsätzlich staatliche Zurückhaltung gefordert ist.

A. Die Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Viele Vorschriften im IPWSKR lassen sich nur vor dem Hintergrund der völkerrechtlichen Entstehungsgeschichte der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte erklären. Im folgenden soll daher der Prozeß der Kodifikation der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte wiedergegeben werden, in dessen Rahmen zugleich die für die Überwachung dieser Rechte wesentlichen Internationalen Organisationen vorgestellt werden. Die Anerkennung der den Menschen innewohnenden Würde prägte zwei für die KodifIkation der Rechte wesentliche Gedanken: das Recht aller auf Streben nach wirtschaftlichem Wohlstand und die Gleichberechtigung aller bei der Verteilung staatlicher Leistungen.

I. Die Internationale Arbeitsorganisation Die KodifIzierung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nimmt ihren Anfang mit der Gründung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)l durch Teil XIII des Versailler Friedensvertrages2 im Jahre 1919. 3 Ziel der ILO war nach der Präambel der ILO-Verfassung von 1919 die Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit auf dem Weg zum internationalen Frie-

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

den. Das Ziel sozialer Gerechtigkeit sollte durch die Verabschiedung von Konventionen und Empfehlungen zur Schaffung von Mindeststandards auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts erreicht werden, die heute zum gesicherten Bestand wirtschaftlicher und sozialer Menschenrechte gezählt werden können. 4 Die ILO begriff ihre Arbeit allerdings zunächst nicht als die Kodifikation von Menschenrechten. 5 Die Konventionen begründeten lediglich zwischenstaatliche Verpflichtungen und damit gerade keine Rechte von Personen,6 weil diese nach der allgemeinen Auffassung keine Völkerrechtssubjekte sein konnten. Die Beziehung von Staaten zu ihren Staatsangehörigen galt als rein innerstaatliche Angelegenheit, und jegliche Handlung oder Bemerkung anderer Staaten diesbezüglich war grundsätzlich unerlaubte Einmischung in innere Angelegenheiten. 7 Für Ausländer trat gegenüber dem Aufenthaltsstaat

1 International Labour Organisation, im folgenden !LO; am 1.1.1997 waren 174 Staaten Mitglieder der !LO, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 2 Treaty of Peace between the British Empire, France, ltaly, Japan and the United States (the Principal Allied and Associated Powers), and Belgium, Bolivia, Brazil, China, Cuba, Czechoslovakia, Ecuador, Greece, Guatemala, Haiti, the Hedjaz, Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama, Peru, Poland, Portugal, Roumania, the Serb-CroatSlovene State, Siam, and Uruguay, and Germany, signed at Versailles, 28.6.1919, Consolidated Treaty Series, Bd. 225 (1919), S. 188-393. 3 Die !LO ist heute Sonderorganisation (Specialized Agency) der Vereinten Nationen, vgl. dazu Art. 57 UN-Charta. 4 Vgl. weiter zur!LO und ihren Aufgaben: Valticos, Rev. Gen. DIP 100 (1996), S. 541; Samson, EP!L II (1995), S. 1150-1156; Leary in: Alston, UN and Human Rights, S. 580, 582ff.; Steiner/Alston, International Human Rights, S. 256, 257f.; Vierdag, NethYb!L 9 (1978), S.69; Ghebali, !LO, S.61-101; Ermacora, Menschenrechte, §§ 168-177; Betten, Labour Law, S. 7-31; Jennings/Watts, Oppenheim's Int. Law, § 432; alle mwN. 5 Vgl. die DefInition der Menschenrechte bei Buergenthal, Human Rights, S. 1: "the law that deals with the protection of individuals and groups against violations by governments oftheir internationally guaranteed rights". 6 Vgl. Leary in: Alston, UN and Human Rights, S. 580, 583. 7 Vgl. statt aller Partseh, EP!L II (1995), S. 957, 958, 961f.; Jennings/Watts, Oppenheim's Int. Law, § 377; Henkin, EP!L II (1995), S. 886; Humphrey, Human Rights, S. 1Of.; Buergenthal, Human Rights, S. 2; Tomuschat in: Menschenrechte, S. 4, 5; alle mwN; siehe auch die Zusammenstellung von Literatur bei SohnIBuergenthal, Human Rights, S. 1-21. Umstritten war die Doktrin der humanitären Intervention, wonach die Anwendung von Gewalt in Ausnahmefiillen erlaubt war, wenn ein Staat seine eigenen Staatsangehörigen in solcher Weise brutal unterdrückte, daß es für die internationale Gemeinschaft schlechthin untragbar war, tatenlos zuzusehen. Vgl. dazu Buergenthal, Human Rights, S. 3ff. mwN.

A. EntwicklWlg der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

63

ihr Heimatstaat als Schutzmacht auf. Nur er konnte in Ausübung seiner Personalhoheit Schadensersatz und Wiedergutmachung wegen Rechtsverletzungen seiner Staatsangehörigen gegenüber dem Aufenthaltsstaat geltend machen. Bereits im 19. Jahrhundert hatte sich so die Theorie vom internationalen Mindeststandard für die Behandlung von Ausländern gewohnheitsrechtlich herausgebildet, welche vorwiegend Fragen der Behandlung von Eigentum und wirtschaftlichem Vermögen betraf. 8 Erst in der Erklärung von Philadelphia, die nach dem Ende des zweiten Weltkrieges die Grundlage der neuen ILOVerfassung von 1946 wurde,9 kam der Gedanke zum Ausdruck, daß die geschaffenen Mindeststandards als Rechte des einzelnen zu sehen seien. In Art. 11 lit. a der Erklärung ist die soziale Gerechtigkeit umschrieben als das Recht aller Menschen, "ungeachtet ihrer Rasse, ihres Glaubens und ihres Geschlechts, ... , materiellen Wohlstand und geistige Entwicklung in Freiheit und Würde, in wirtschaftlicher Sicherheit und unter gleich günstigen Bedingungen zu erstreben". \0

n.

Die Minderheitenschutzverträge im System des Völkerbundes

Einen ersten Ansatz zum Individualschutz im Völkerrecht bildeten die Minderheitenschutzverträge der zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts, eingebettet in das System des Völkerbundes, der durch Teil I des Versailler Friedensvertrages gegründet worden war. In die Völkerbundsatzung selbst wurden trotz entsprechender Vorschläge weder der Schutz von Minderheiten noch Menschenrechte oder das Verbot der Diskriminierung aufgenommen. 11 Der Versailler Friedensvertrag enthielt aber ebenso wie die übrigen Friedensverträge Verpflichtungen für die jeweiligen Staaten, hinsichtlich der auf ihrem Gebiet ansässigen Minderheiten in weiteren Verträgen gewisse Schutzverpflichtungen zu übernehmen. 12 In den daraufhin geschlossenen Verträgen l3

8 Dazu Amold, EPIL I (1992), S. 102ff.; Ipsen, Völkerrecht, § 46, Rz. 4ff.; Lillich, Hwnan Rights of Aliens, S. 8-21, derselbe, RdC 161 (1978 ill), S. 329, 346ff.; Buergenthai, Hwnan Rights, S. 13-17; JenningslWatts, Oppenheim's Int. Law, § 374; alle mwN; siehe auch die ZusammenstellWlg von Literatur bei SohnIBuergenthal, Hwnan Rights, S. 23-136. 9 Erklärung über die Ziele Wld Zwecke der Internationalen Arbeitsorganisation, Anlage zur ILO-VerfassWlg; vgl. dazu Ghebali, ILO, S. 61. 10 "All hwnan beings, irrespective of trade, creed or sex, have the right to pursue both their material well-being and their spiritual development in conditions of freedom and dignity, of economic security and equal opportWlity". Jl Vgl. dazu Capotorti, Minorities, §§ 82-91; Schwelb, International CommWlity, S. 19f.; Ennacora, Menschenrechte, § 147; Thomberry, Minorities, S. 38ff. 12 Z.B. Art. 86, 93 des Versailler Friedensvertrages fiIr die Tschechoslowakei Wld Polen.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

mehrerer mittel- und osteuropäischer Staaten untereinander und mit den Alliierten wurde der Schutz der Minderheiten als Angelegenheit von internationalem Interesse bezeichnet und somit dem unantastbaren Bereich der innerstaatlichen Angelegenheiten entzogen. Der Schutz der Minderheiten wurde nicht lediglich als zwischenstaatliche Verpflichtung ausgestaltet. Vielmehr garantierten die Staaten den Angehörigen ihrer jeweiligen Minderheiten Gleichbehandlung mit der Mehrheitsbevölkerung vor dem Gesetz sowie gleiche bürgerliche und politische Rechte. Sie räumten ihnen das Recht ein, ihre ethnischen und religiösen Gebräuche beizubehalten und auszuüben und ihre eigenen Sprachen auch im öffentlichen Leben zu sprechen, womit das Recht, eigene religiöse, soziale und schulische Einrichtungen zu betreiben, eng verbunden war. Ausdrücklich wurde ihnen auch das Recht auf gleichen Zugang zur unselbständigen wie selbständigen Erwerbstätigkeit eingeräumt. Die wirtschaftlichen und sozialen Rechte wurden damit zu echten Freiheitsrechten, welche den Minderheiten die Wahrung ihrer kulturellen Eigenarten sichern sollten. Zur Durchsetzung der Minderheitenrechte wurde der Völkerbundrat ermächtigt, Staatenbeschwerden zu prüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. 14 Die Angehörigen der Minderheiten oder ihre Vereinigungen konnten Petitionen einreichen, um solche Beschwerdeverfahren in Gang zu setzen. Über zwischenstaatliche Streitigkeiten wegen behaupteter Rechtsverletzungen sollte der Ständige Internationale Gerichtshof entscheiden. Dieses System des Minderheitenschutzes ging mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter15 und findet sich heute nur noch ansatzweise in Art. 27 IPBPR. 16

13 Vgl. dazu und zum folgenden Capotoni, Minorities, §§ 92-105; de Azcarate, National Minorities, S. 92-102; Gatermann, Minderheitenschutzverfahren, S. 15-33; Capotorti, EPIL 8 (1985), S. 385, 386-389; Schwelb, International Community, S. 20f.; Ermacora, Menschenrechte, §§ 146-161; Thornberry, Minorities, S. 41-46, Kimminich in: Festschrift FranziMüller, S. 91, 94-96; Bilder, IsraelYbHR 20 (1990), S. 71, 74-79; Röben, GerrnanYbll.. 31 (1988), S. 621,625-628; Buergenthal, Human Rights, S. lOB; alle mwN; vgl. auch die Zusammenstellung von Literatur bei SohnIBuergenthal, Human Rights, S. 213-335, insbesondere den dort, S. 213-251, abgedruckten Bericht des vom Völkerbund eingesetzten Berichtsausschusses zum Minderheitenschutz. 14 Dazu ausfilhrlich Capotorti, Minorities, §§ 106-127; de Azcarate, National Minorities, S. 102-109; Bericht des Berichtsausschusses, abgedruckt bei SohnIBuergenthai, Human Rights, S.213-251; Gatermann, Minderheitenschutzverfahren, S. 35-272.

A. Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

65

m. Die Kodifizierung von Menschenrechten nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg führte das Ausmaß von Leid, das die systematische Mißachtung von Menschenrechten unter der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland hervorrief, zu der Erkenntnis, daß die Achtung der Menschenrechte unabdingbare Voraussetzung des internationalen Friedens und damit eine Angelegenheit der internationalen Gemeinschaft sei. 17 Der Präsident der Vereinigten Staaten Franklin D. Roosevelt wandte sich 1941 an den amerikanischen Kongreß und proklamierte die vier Freiheiten, auf welche die Welt gegründet sein müsse: Freiheit der Rede, Freiheit der Religion, Freiheit von Mangel und Freiheit von Furcht. I 8 Man hatte erkannt, daß persönliche Freiheit und wirtschaftliche Sicherheit untrennbar waren und begann, einen Menschenrechtskatalog zu erarbeiten, der sowohl bürgerliche und politische als auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte enthielt. Der Einfluß dieser frühen Diskussionen um die Menschenrechte auf die Ausarbeitung der späteren Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta)19 sowie die Arbeit ihrer Organe ist nicht zu verkennen. 20

15 Vgl. zu den Gründen statt vieler Capotorti, Minorities, §§ 128-134; Riedel in: Kä/in u.a., Menschenrechtsschutz, S.49, 51f.; Ermacora, Menschenrechte, §§ 158fT.; Thomberry, Minorities, S.46fT., Kimminich in: Festschrift FranzlMüller, S. 91, 96; Bilder, IsraelYbHR 20 (1990), S. 71, 78f., alle mwN; siehe auch die Studie der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen: Etude sur la valeur juridique des engagements en matiere de minorites, UN Doc. E/CN.4/367 (1950), E/CN.4/467.Add.1 (1951). 16 Dazu Capotorti, Minorities, §§ 165-242; Tomuschat in: Festschrift Mosler, S. 949-979. Vgl. zur weiteren Entwicklung des internationalen Minderheitenschutzes z.B. Kimminich in: Festschrift FranzlMüller, S. 19, 96-105; Rosenne, Israe1YbHR 20 (1990), S. 359-364; Bilder, Israe1YbHR 20 (1990), S. 71,82-92; Röben, GermanYbIL 31 (1988), S. 621, 628-638; Hofmann, ZaöRV 52 (1992), S. 4,12-65. 17 Vgl. Präambel Abs. 1,2 AEMR; vgl. dazu statt aller Schwelb, International Community, S. 24f.; Jennings/Watts, Oppenheim's Int. Law, § 433; Partsch in: Menschenrechte, S. 9f.; Cohen Jonathan, EPIL 11 (1995), S. 915; Henkin, EPIL 11 (1995), S. 886; Tomuschat in: Menschenrechte, S. 4, 5; Humphrey, Human Rights, S. IIf.; Green, UN and Human Rights, S. 13f.; Sieghart, Human Rights, § 1.8. 18 "Four Freedoms", 6. Januar 1941, Congressional Record, Band 87, Teil I (3.1.1941-18.2.1941), S. 44, 46f.: "We look forward to a world founded upon four essential human freedoms ... freedom of speech and expression ... freedom of every person to worship ... freedom from want...freedom from fear ... ". 19 United Nations Charter vom 26.6.1945, UNIS 557, S. 143; UNIS 638, S. 308; UNIS 892, S. 119, in Kraft getreten am 24.10.1945, im folgenden UN-Charta; am

5 Dohmes-Ockenfels

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit Wld BildWlg im IPWSKR

1. Charta der Vereinten Nationen

In der UN-Charta fehlt die Aufzählung und Definition von Menschenrechten trotz zahlreicher Vorschläge, die zum Teil bereits vor Beginn der Konferenz über die Vereinten Nationen in San Francisco im Jahre 1945 vorgebracht worden waren. 21 Man ging bei der Erarbeitung der UN-Charta davon aus, daß die Vereinten Nationen nach ihrer Gründung durch die noch einzusetzende Menschenrechtskommission eher in der Lage sein würde, einen Katalog der Menschenrechte aufzustellen, als die Konferenz. 22 So wurde gemäß Art. 1 ZifI. 3 UN-Charta die Förderung und Festigung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied ein Ziel der Vereinten Nationen?3 Nach Art. 55 lit. a und c UN-Charta fördern die Vereinten Nationen "die Verbesserung des Lebensstandards, die Vollbeschäftigung und die Voraussetzungen für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und Aufstieg"24 und "die allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle".25 Zuständig zur Verwirklichung dieser Ziele ist der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC),26 der nach Art. 62 UNCharta die Befugnis hat, Empfehlungen abzugeben, Konventionen zum Schutz der Menschenrechte zu entwerfen und internationale Konferenzen zu Men-

29.9.1997 hatten 185 Staaten die UN-Charta ratifiziert, darWlter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 20 Ausfilhrlich zu der Vorgeschichte der Menschenrechtskodifikation Samney, Human Rights, S. 9-29. 21 So z.B. in den Proposals of Dwnbarton Oaks for the Establishment of a General International Organization, siehe den Abdruck mit ÄnderWlgsvorschlägen in: The United Nations Conference on International Organization, S. 87-242; spätere Vorschläge kamen von Panama, The United Nations Conference on International Organization, S. 97-99, Wld Kuba, The United Nations Conference on International Organization, S. 103-105. 22 The United Nations Conference on International Organization, S. 483, 496; Wol[rum in: Simma, UN-Charter, Art. 1, Rz. 14; UN Action, S. 31; Verdoodt, Declaration Universelle, S. 47; MarielQuestiaux in: CotIPellet, Charte, Art. 55 alinea c, S. 867. 23 Art. 1 ZifI 3 UN-Charta: "To achieve international co-operation in solving international problems of an economic, social, cultural, or humanitarian character, and in promoting and encouraging respect for hwnan rights and for fWldamental freedoms for a11 without distinction as to race, sex, language, or religion". 24 Art. 55 (a) UN-Charta: (The UN shall promote) "higher standards of living, full employment, and conditions of economic an social progress and development". 25 Art. 55 (c) UN-Charta: (The UN shall promote) "universal respect for, and observance of, hwnan rights and fWldamental freedoms for a11 without distinctions as to race, sex, language, or religion". 26 Economic and Social COWlcil, im folgenden ECOSOC.

A. Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

67

schenrechtsfragen einzuberufen. 27 In Erfüllung seiner Aufgabe, die Menschenrechte zu kodifizieren, begann er bald nach Gründung der Vereinten Nationen mit der Erarbeitung der internationalen Menschenrechtscharta. Als einziges ausformuliertes Menschenrecht findet sich in fast allen oben genannten Vorschriften das Diskriminierungsverbot. 28 Schon früh wurde erkannt, daß mit der Gleichberechtigung aller jedenfalls ein Mindeststandard an Menschenrechten geschaffen werden kann, auch wenn eine Einigung über den Inhalt einzelner Menschenrechte nicht erzielt werden konnte. Es ist das Verdienst der UN-Charta, durch die Aufnahme der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Förderung der Menschenrechte den Menschenrechtsschutz aus dem Bereich der rein innerstaatlichen Angelegenheiten in das Völkerrecht eingeführt zu haben. So ist es heute allgemein anerkannt, daß Menschenrechte nicht zu den Angelegenheiten gemäß Art. 2 Abs.7 UN-Charta zählen, die "ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören"/9 mit der Folge, daß das Einmischungsverbot für Menschenrechte praktisch aufgehoben ist. 30

2. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Nach der Gründung der Vereinten Nationen wurde die Menschenrechtskommission gemäß Art. 68 UN-Charta als einzige in der UN-Charta vorgesehene Kommission des ECOSOC eingerichtet. 31 Sie begann im Jahre 1947 mit der Erarbeitung einer internationalen Menschenrechtscharta32 auf der Grundlage von Vorschlägen, welche schon in der ersten Sitzung der Generalversammlung eingebracht worden waren. 33 Am 10.12.1948 wurde die Allgemeine

27 Näher zu den Aufgaben und Befugnissen des ECOSOC O'Donovan in: Alston, UN and Human Rights, S. 107-125. 28 Ausdrücklich erwähnt ist es in den Art. 1 Abs. 3, 13 Abs. 1 lit. b, 55 lit. c und 76 lit. c UN-Charta; Vgl. zur Entstehungsgeschichte McKean, Equality and Discrimination, S. 52ff. 29 "Nothing contained in the present Charter shall authorize the United Nations to intervene in matters which are essentially within the domestic jurisdiction of any state ... ". 30 Vgl. dazu statt vieler Ermacora in: Simma, UN-Charter, Art. 2 (7), Rz. 38ff.; Marie/Questiaux in: CotiPellet, Charte, Art. 55 alinea c, S. 869f.; Buergenthal, Human Rights, S. 25; Henkin, Age ofRights, S. 54f.; Bindschedler in: Festschrift Schlochauer, S. 179, 186f.; allemwN. 31 ECOSOC-Res. 5 I (1946). 32 International Bill of Rights. 33 Vorschlag Kubas: UN Doc. A/3 (1946); Vorschlag Panamas: UN Doc. A/148 (1946).

S"

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Erklärung der Menschenrechte34 als erstes Menschenrechtsinstrument durch die Generalversammlung ohne Gegenstimme, aber bei Stimmenthaltung von acht Staaten35 in Abwesenheit zweier Staaten36 angenommen. 37 Daß neben bürgerlichen und politischen Rechten (Art. 3 bis 21) auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte (Art. 22 bis 27) in die Erklärung aufgenommen wurden, zeigt die Weitsicht der Verfasser und hat zu der großen historischen Bedeutung der Erklärung beigetragen. 38 Mit ihr wurde erstmals ein umfassender Katalog von Menschenrechten auf der Ebene des Völkerrechts erstellt. 39 Der Gedanke der Gleichheit aller durchzieht die gesamte Erklärung. 4o Als Sondervorschrift verbietet Art. 2 die Diskriminierung wegen "Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Vermögen, Geburt oder sonstigem Status".41 Während in der UN-Charta erst vier Diskriminierungsmerkmale aufgezählt waren, zeigt sich hier die zunehmende Bedeutung des Diskriminierungsverbotes an der Aufzählung von zehn Diskriminierungsmerkmalen. Nach Absatz 7 ihrer Präambel ist die Erklärung "das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal".42 Als Resolution der Generalversammlung ist sie rechtlich nicht bindend, doch einzelne Teile sind durch nachfolgende Praxis seitens der UN-Organe und der Mitgliedstaaten zu Ge-

34 Universal Declaration ofHuman Rights, GA Res. 217 m (1948). 35 Weißrußland, Tschechoslowakei, Polen, Sowjetunion, Ukraine, Jugoslawien, Saudi-Arabien, Südafrika. 36 Honduras, Jemen. 37 Ausfilhrlich zu der Arbeit der Menschenrechtskommission: Humphrey, Human Rights, S. 14-77; Samney, Human Rights, S. 30-120; Alston in: Alston, UN and Human Rights, S. 126-210; UN Action, S. 31f. 38 Eide in: Eide u.a., ESCR, S. 21, 28; Hili in: BeddardIHilI, ESCR, S. I, 5f.; BuergenthaI, WashLR63 (1988), S. 1,7. 39 Vgl. Verdross/Simma, § 1234; Carrillo Salcedo, EPIL II (1995), S.922, 923f.; Buergenthal, WashLR 63 (1988), S. I, 6; Eide, Right to Food, UN Doc. E/CN.4/Sub.211987/23, Fußnote 25. 40 Vgl. Art. 1,2, 7, 10, 16,23 Abs. 2, 25 Abs. 2, 26 AEMR. Schon die Verwendung der Begriffe "jedermann" und "niemand" schließt eine Ungleichbehandlung aus; siehe auch Schwelb, International Community, S. 44f. 41 "Everyone is entitled to an the rights and freedoms set forth in this Declaration, without distinction of any kind, such as race, colour, sex, language, religion, political or other opinion, national or social origin, property, birth or other status." Vgl. zur Entstehungsgeschichte McKean, Equality and Discrimination, S. 62ff. 42 "... a common standard of achievement for an peoples and an nations".

A. Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

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wohnheitsrecht geworden. 43 Sie ist formuliert als Zielvorstellung und beschreibt eine gemeinsame Absicht, hat aber darüber hinaus eine moralische und politische Autorität erzielt, wie sie neben der UN-Charta selbst sonst keinem Instrument des internationalen Rechts zukommt. 44 In den Schlußdokumenten der Teheraner Menschenrechtskonferenz von 196845 und der Wiener Menschenrechtskonferenz von 1993 46 wurde festgestellt, daß die AEMR für die Völker der Welt ein gemeinsames Verständnis der unabdingbaren und unverletzlichen Rechte aller Mitglieder der menschlichen Familie47 darstellt und eine Verpflichtung für alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft: begründet. Sie wird in fast allen Resolutionen der Generalversammlung zitiert, die sich mit dem Schutz der Menschenrechte befassen. 48 Von einigen Autoren wird sie daher als maßgebliche Interpretation der UN-Charta angesehen. 49 3. Pakte

Bald nach Verabschiedung der AEMR begann die Menschenrechtskommission, den ersten Vertragsentwurf für einen Menschenrechtspakt und einen entsprechenden Durchsetzungsmechanismus zu prüfen. 50 Als die Generalversammlung im Jahr 1950 beschloß, wirtschaftliche, soziale und kulturelle 43 Verdross/Simma, § 1234; Partsch in: Simma, UN-Charter, Art. 55 (c), Rz.33; Carrillo Salcedo, EPIL II (1995), S. 922, 925f.; Tomuschat in: Menschenrechte, s. 4, 8; Pechota in: Henkin, Bill of Rights, S. 32, 38; Humphrey, Hmnan Rights, S. 75f.; derselbe in: Ramcharan, Universal Declaration, S. 21, 28ff.; Gros-Espiell in: Ramcharan, Universal Declaration, S. 41, 45f.; Buergenthal, WashLR 63 (1988), S. 1,9 mwN; Restatement ofthe Foreign Relations Law ofthe United States (Third) (1987), § 702; Lillich, Hmnan Rights of Aliens, S. 44; Henkin, EPIL II (1995), S. 886, 889; McDougallLasswell/Chen, Hmnan Rights, S. 274,338; Sohn, TexasILJ 12 (1977), 129, 133; Buergenthal, Hmnan Rights, S. 33f.; alle mwN. 44 Vgl. dazu Carrillo Salcedo, EPIL II (1995), S. 922, 925; Partsch in: Wolfrum, United Nations, § 60, Rz. 17; Tomuschat in: Menschenrechte, S. 4; Humphrey in: Ramcharan, Universal Declaration, S. 21,28; Buergenthal, WashLR 63 (1988), S. 1, 6f.; Nowak, CCPR, Introduction, Rz. 2; Schwelb, International Community, S.37ff.; Verdross/Simma, § 1234; Henkin, Age of Rights, S. 19; Eide/Alfredsson in: Eide u.a., Universal Declaration, Introduction, S. 5f. 45 UN Doc. A1CON.32/41 (UN Pub. E.68Jav.2), § 2. 46 UN Doc. A1CONF.157/23 vom 25.6.1993, Präambel Abs. 6. 47 "A common understanding of the peoples of the world concerning the inalienable and inviolable rights of all members of the hmnan family". 48 Vgl. dazuPartsch in: Simma, UN-Charter, Art. 55 (c), Rz. 33 mwN. 49 So Carrillo Salcedo, EPIL II (1995), S. 922,925; McDougal/Lasswell/Chen, Human Rights, S. 325; Buergenthal, WashLR 63 (1988), S. 1, 9; dagegen Lauterpacht, Hmnan Rights, S. 409; Tomuschat in: Menschenrechte, S. 4, 8; Schaumann in: Veiter/Klein, Menschenrechte, S. 15,27. 50 Vgl. zur Erarbeitung der Pakte ausfllhrlich Craven, ICESCR, S. 16-22 mwN.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Rechte sowie die explizite Anerkennung der Gleichheit von Mann und Frau in bezug auf die in der UN-Charta niedergelegten Rechte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker in den Pakt einzubeziehen,51 entwarf die Menschenrechtskommission 14 Artikel über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie 10 Artikel zur Durchsetzung dieser Rechte, basierend auf Vorschlägen von Regierungen und Sonderorganisationen. 52 Im Jahre 1952 beschloß die Generalversammlung nach langer Debatte auf Vorschlag des Wirtschafts- und Sozialrates, 53 daß zwei Pakte entworfen werden sollten, die zur gleichen Zeit angenommen und zur Unterschrift aufgelegt werden sollten. 54 Diese Entscheidung war notwendig geworden, weil sich die Ansicht durchgesetzt hatte, daß wegen des unterschiedlichen Charakters von Anspruchs- und Abwehrrechten zur Durchsetzung der Rechte unterschiedliche Mechanismen notwendig sein würden, die in einem Vertrag schwer zu vereinbaren seien, ohne daß die eine Gruppe von Rechten hinter der anderen zurückgesetzt würde. Dennoch wurde und wird immer wieder betont, daß die Menschenrechte unteilbar sind, auch wenn sie in zwei verschiedenen Instrumenten festgelegt sind. 55 Immerhin zeigt sich bereits in der Formulierung der Rechte56, daß der IPWSKR zunächst die Verpflichtung der Staaten betont, während der IPBPR unmittelbar auf das Recht des einzelnen abstellt. 57 Die Entwürfe der zwei Pakte, welche die Menschenrechtskommission im Februar 1954 verabschiedete, wurden an den dritten Ausschuß der Generalversammlung weitergeleitet, der jeden Artikel der Pakte gesondert diskutierte und seine Arbeit im Jahre 1966 beendete. Am 16. Dezember 1966 verabschiedete 51 GA Res. 421 V (1950); vgl. dazu die kontroverse Diskussion in der Generalversammlung, UN Doc. AlPY317 (1950). 52 Vgl. zu den Vorschlägen UN Doc. E/CN.4/AC.14/2 und Add. 1-5 (1951). 53 ECOSOC Res. 384 XIII (1951); zur Entscheidungsfmdung vgl. Jhabvala, NlLR 32 (1985), S. 149, 156ff.; die Entscheidung hat viel Kritik erfahren, vgl. Partsch in: Simma, UN-Charter, Art. 55 (c), Rz.39. Siehe auch die Diskussion in der Menschenrechtskommission über Unterschiede zwischen den zwei Gruppen von Rechten, UN Doc. ElCN.4/SR.205-207 (1951). 54 GA Res. 543 VI (1952); vgl. die kontroverse Diskussion im dritten Ausschuß, UN Doc. AlC.3/SR.360, 388-390, 393-396 (1951), und in der Generalversammlung, UN Doc. AlPV.374, 375 (1952). 55 So z.B. § 5 Vienna Declaration and Programme of Action, Abschlußdokument der Wiener Weltkonferenz über Menschenrechte, UN Doc. AlCONF.157/23 vom 25.6.1993; siehe auch Cohen Jonathan, EPIL II (1995), S. 915, 916f.; Partsch in: Menschenrechte, S. 9, 15; Simma, VRÜ 25 (1992), S. 382, 392. 56 IPWSKR: "The States Parties to the present Covenant recogr1ize the right of everyone ... "; IPBPR: "everyone shall have the right...". 57 Vgl. Jenks in: Festschrift Guggenheim, S. 805, 812; Henkin in: Henkin, Bill of Rights, S. I, 10; TUrk, Realization ofRights, UN Doc. E/CN.4/Sub.211992/16, §§ 11ff.

A. EntwicklWlg der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

71

die Generalversammlung nach 20 Jahren der Ausarbeitung den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie das Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ZP_IPBPR),58 das ein Verfahren für Individualbeschwerden vorsieht. 59 Nach der Unterschrift des 35. Staates trat der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte nach weiteren 10 Jahren am 3.1.1976 in Kraft. 60 Er hat weltweit Resonanz gefunden und bildet mit der AEMR und dem IPBPR die Internationale Menschenrechtscharta. IV. Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Der IPWSKR ist in fünf Teile aufgeteilt. Teil I enthält in Art. 1 das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Teil 11 (Art. 2-5) bildet den allgemeinen Teil des Paktes und enthält Regelungen über Natur, Inhalt und Beschränkungen der kodifizierten Rechte. In Teil III (Art. 6-15) des Paktes sind neben den noch näher zu betrachtenden Rechten auf Arbeit und Bildung die dem Recht auf Arbeit verwandten Rechte auf angemessene Arbeitsbedingungen, Organisation in einer Gewerkschaft und soziale Sicherheit sowie die Rechte auf Schutz der Familie, einen angemessenen Lebensstandard, Gesundheit, Teilnahme am kulturellen Leben und am wissenschaftlichen Fortschritt sowie der Schutz des Urheberrechts enthalten. In Teil IV (Art. 16-25) des IPWSKR wird als Durchsetzungsmechanismus für die im Pakt kodifizierten Rechte ein Berichtsverfahren eingeführt,61 während Teil V (Art. 26-31) des IPWSKR einige Schlußbestimmungen enthält. Die Staaten sind verpflichtet, zwei Jahre nach der Ratifikation und danach alle runf Jahre Berichte über den Fortschritt hinsichtlich der Gewährung der im IPWSKR enthaltenen Rechte abzugeben. 62 Nachdem der ECOSOC zunächst zur Prüfung der Berichte eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Regierungsvertretern, eingesetzt hatte, ist seit 1987 der neugegründete Ausschuß über wirt-

58 Optional Protocol to the International Covenant on Civil and Political Rights, UNTS 999, S. 171, in Kraft getreten am 23.3.1976, im folgenden ZP-IPBPR; am 29.9.1997 hatten 92 Staaten das ZP-IPBPR ratifIziert, darWlter alle Mitgliedstaaten der Emopäischen Union außer Großbritannien. 59 GA Res. 2200 XXI (1966). 60 Der IPBPR sowie das ZP-IPBPR traten am 23.3.1976 in Kraft. 61 Zm EntstehWlgsgeschichte vgl. Craven, ICESCR, S. 35f 62 Ausfiihrlich ZW' VorgehensweiseAlston in: Alston, UN and Human Rights, S. 473, 491f; Craven, ICESCR, S. 57-96; Simma, VRÜ 25 (1992), S. 382, 390f.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

schaftliche, soziale und kulturelle Rechte63 zuständig, der im Gegensatz zu der früheren Arbeitsgruppe aus 18 unabhängigen Experten besteht. 64 Das Berichtsprüfungsverfahren bleibt hinter dem im IPBPR enthaltenen Staatenbeschwerdeverfahren und dem im Zusatzprotokoll zum IPBPR geregelten Individualbeschwerdeverfahren weit zurück. 65 Die Unterschiede in der Durchsetzbarkeit der beiden Gruppen von Rechten waren ein wesentlicher Grund für die Trennung der beiden Pakte gewesen. Man hatte die wesentlich fortgeschritteneren Durchsetzungsmechanismen für bürgerliche und politischen Rechte nicht auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte übertragen wollen. 66 In den vergangenen Jahren ist jedoch die Diskussion um die Einführung eines Individualbeschwerdeverfahrens für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nicht verstummt. 67 Der Ausschuß hat 1991 begonnen, die Frage eines Zusatzprotokolls zum IPWSKR über ein Individualbeschwerdeverfahren zu diskutieren,68 und auch in der Menschenrechtskommission wurde der Vorschlag zur Einführung eines Individualbeschwerdeverfahrens vorgebracht. 69 In einem Bericht an die Menschenrechtskommission hat der Ausschuß inzwischen den Entwurf eines Zusatzprotokolls über ein Individualbeschwerdeverfahren vorgestellt, welches weitgehend an das Individualbeschwerdeverfahren des IPBPR angeglichen ist. 70 Der Vorschlag, eine Art Popularbeschwerde von Nichtregierungsorganisationen zuzulassen, wurde nicht aufgegriffen, doch die Beschwerde dritter Personen, die im Namen verletzter Personen handeln, soll zugelassen werden. 7! Uneinigkeit besteht in der Frage, ob die Staaten befugt sein sollen, einzelne Rechte vom Individualbeschwerde63 Committee on Economic, Social and Cultural Rights, im folgenden "Ausschuß". Zur Zusammensetzung und zu den Aufgaben des Ausschusses vgl. Alston, HRQ 9 (1987), S. 332,350-362; Craven, ICESCR, S. 42-51. 64 Zur Kritik an der ursprünglichen Arbeitsgruppe ausfuhrlich Alston in: Alston, UN and Human Rights, S. 473,475-487; derselbe, HRQ 9 (1987), S. 332, 335-349; Craven, ICESCR, S. 39-42; siehe auch Simma, VN 1989, 191, 194; Partsch in: Simma, UN-Charter, Art. 55 (c), Rz. 65. 65 Dazu auch Simma, VRÜ 25 (1992), S. 382, 388. 66 S.o. Teil 2, AIII.3. 67 Vgl. z.B. Alston in: Festschrift Opsahl, S.79, 86-100; Craven, ICESCR, S. 89-102; Coomans, SIM-Special No. 16 (1995), S. 3, 34ff. 68 UN Doc. E/C.1211990/8, § 285f.; siehe auch Statement to the World Conference on Human Rights on behalf of the Committee on Economic, Social and Cultural Rights, UN Doc. E/C.1211992/2, Annex III, § 18; vgl. UN Doc. E/C.1211991, WP.2 (1991). 69 Siehe Türk, Realization of Rights, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1992116, § 211. 70 Vgl. UN Doc. E/CN.4/19971105; zum Individualbeschwerdeverfahren des IPBPR s.u. Teil 4, B. 7! UN Doc. E/CN.4119971105, §§ 22f.

A. Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

73

verfahren auszuschließen. 72 Obwohl sich eine knappe Mehrheit gegen diese Beschränkungsmöglichkeit gefunden hat, läßt die Diskussion erkennen, daß diese Frage ein zentrales Thema bei der Erarbeitung des Protokolls werden könnte. Eine im Ausschuß unumstrittene Neuerung stellt schließlich die Aufnahme eines Folgeverfahrens in das Protokoll dar. 73 Der Ausschuß soll befugt sein, die Staaten zur Berichterstattung über Maßnahmen aufzufordern, welche diese als Konsequenz einer Entscheidung über eine Beschwerde getroffen haben. Der Menschenrechtsausschuß führt solche Folgeverfahren seit einigen Jahren durch, ohne jedoch ausdrücklich dazu befugt zu sein. Der Ausschuß sieht daher in der Aufnahme des Folgeverfahrens lediglich eine KlarsteIlung, welche im Zusatzprotokoll zum IPBPR fehlt. Es ist zu erwarten, daß die Menschenrechtskommission sich nun mit dem Vorschlag des Ausschusses befaßt. Bis zur Verwirklichung des Vorhabens in Form eines von den Vertragsstaaten zu ratifizierenden Zusatzprotokolls zum IPWSKR wird allerdings noch viel Zeit vergehen, und augenblicklich ist nicht absehbar, wie sich der Vorschlag des Ausschusses weiterentwickeln wird. Eine wichtige weitere Aufgabe des Ausschusses ist die Auslegung der im Pakt kodifizierten Rechte. Sie erfolgt in Form von "General Comments", die der Ausschuß regelmäßig in Zusammenhang mit seinem jährlichen Bericht veröffentlicht. 74 Bislang sind solche allgemeinen Bemerkungen über das Berichtssystem,75 über internationale technische Hilfe im Sinne des Art. 22 IPWSKR, 76 die Rechtsnatur der vertraglichen Verpflichtungen gemäß Art. 2 Abs. I IPWSKR, 77 das Recht auf Wohnung gemäß Art. II Abs. I IPWSKR/ 8 Personen mit Behinderungen79 und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte älterer Menschen80 ergangen. Der Ausschuß hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, die Menschenrechtslage in bestimmten Staaten vor Ort zu beobachten. Im Jahr 1995 wurde auf Entscheidung des ECOSOC eine Mission zur Überwachung der Durchsetzung des Rechts auf eine Wohnung in Panama durchgeführt. 81 Als Konsequenz des Berichtes über diese Mission richtete der Ausschuß Empfehlungen an Panama zur besseren Durchsetzung des Rechts.

UN Doc. E/CNAI19971105, §§ 24-28. 73 UN Doc. E/CNAI19971105, §§ 50f. 74 Dazu Alston in: Alston, UN and Human Rights, S. 473,494-496. 75 UN Doc. E/C.121198915, Annex m. 76 UN Doc. E/C.1211990/3, Annex m. 77 UN Doc. E/C.1211990/8, Annex m. 78 UN Doc. E/C.1211991/4, Annex m. 79 UN Doc. E/C.12/1994120, Annex IV. 80 UN Doc. E/C.1211995118, Annex IV. 81 UN Doc. E/C.12/1995/18, Annex V. 72

74

2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

v.

Regionale Menschenrechtsverträge

Im Rahmen der regionalen Organisationen Europarat, Organisation Amerikaniseher Staaten und Organisation der Afrikanischen Einheit sind Menschenrechtsverträge abgeschlossen worden, welche zum Teil auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte enthalten. Sie sollen im folgenden kurz vorgestellt werden, weil einige Vorschriften zur Interpretation des IPWSKR herangezogen werden können. 82 J. Europarat

Der Europarat wurde am 5.5.1949 mit Unterzeichnung der Satzung des Europarates83 gegründet. Seine Aufgabe ist gemäß Art. 1 lit. a der Satzung, eine engere Verbindung zwischen den Mitgliedern zum Schutz und zur Förderung der gemeinsamen Ideale und Grundsätze herzustellen. 84 Wesentliches Mittel zur Erfullung dieser Aufgabe ist gemäß Art. 1 lit. b der Satzung die Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Infolgedessen hat der Europarat am 4.11.1950 die EMRK und im Laufe der folgenden Jahre insgesamt 11 Zusatzprotokolle zur Konvention verabschiedet, von denen bislang 7 in Kraft getreten sind. 85 Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sind insbesondere im ZPI-EMRK enthalten, welches unter anderem das Recht auf Eigentum und das Recht auf Bildung kodifiziert. Zur Durchsetzung der EMRK sind eine Menschenrechtskommission (EMRKom) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingesetzt worden. Neben einem Staatenbeschwerdeverfahrenexistiert auch ein Individualbeschwerdeverfahren, über welches der EGMR gegebenenfalls durch Urteil entscheidet. 86 Die EMRK und das ZPI-EMRK sind stark durch die Vorarbeiten zu den beiden Internationalen Pakten beeinflußt, so daß die ausführliche Rechtsprechung des

82 Zum Vergleich der drei Menschenrechtsschutzmechanismen siehe Mubiala, AfrnCLl997, S. 42-54. 83 Satzung des Europarates vom 5.5.1949, UNTS 87, S. 103; UNTS 614, S.296; UNTS 777, S. 322; UNTS 793, S. 350, in Kraft getreten am 3.8.1949; am 12.6.1997 waren 40 Staaten Mitglieder des Europarates, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 84 Siehe zum Europarat lpsen, Völkerrecht, § 30 I; Burban, Conseil de l'Europe, jeweilsmwN. 85 Vgl. die Aufzählung in UNESCO, Human Rights. Major International Instruments. Status as at 31 May 1996, S. 22f. 86 Zur EMRK und dem Durchsetzungsverfahren vgl. statt vieler Frawein in: FroweinIPeukert, EMRK-Kommentar, Einftlhrung, GomienIHarris/Zwaak, ECHR and ESC, S. 17-92; van Dijk/van Hoof, ECHR, S. 1-212; Vasak in: Vasak/Alston, Human Rights, S. 457, 458-536; Higgins in: Meron, Human Rights, S. 495-549; Buergenthal/Kiss, Droits de l'homme, S. 55-86; jeweils mwN.

A. EntwicklWlg der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

75

Europäischen Gerichtshofes bei der Interpretation der Pakte immer wieder herangezogen wird. Eine Parallele zum IPWSKR bildet die Europäische Sozialcharta (ESC),87 welche eine größere Zahl wirtschaftlicher und sozialer Verpflichtungen kodifiziert, darunter das Recht auf Arbeit und gerechte Arbeitsbedingungen. 88 Die ESC enthält in ihrem Teil I die Ziele, welche die Vertragsstaaten zu verfolgen haben, und in Teil 11 zu jedem der Ziele eine Aufzählung von Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele ergriffen werden sollen. Der persönliche Geltungsbereich der ESC ist insofern eingeschränkt, als sie neben den eigenen Staatsangehörigen des Vertragsstaates nur diejenigen Ausländer schützt, die Staatsangehörige anderer Vertragsstaaten sind und die ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Vertragsstaates haben oder dort ordnungsgemäß beschäftigt sind. 89 Gemäß Art. 20 ESC können die Staaten darüber hinaus die Bestimmungen aussuchen, an die sie gebunden sein wollen. Zur Durchfuhrung der staatlichen Verpflichtungen enthält die ESC kein Beschwerdeverfahren, sondern lediglich ein Berichtsverfahren vor dem ESCExpertenausschuß,90 welches Ähnlichkeiten mit dem Berichtsverfahren des IPWSKR aufweist. 91 In letzter Zeit sind, ähnlich der Entwicklung beim IPWSKR, Versuche unternommen worden, die Anwendbarkeit der Bestimmungen der ESC zu verbessern. Auf materiell-rechtlicher Ebene wurde ein Zusatzprotokoll verabschiedet, welches die Rechte der Arbeitnehmer verbessert. 92 Auf verfahrensrechtlicher Ebene sind zwei Zusatzprotokolle verabschiedet worden, von denen eines ein verbessertes Berichtsverfahren93 und das

87 European Social Charter vom 18.10.1961, in Kraft getreten am 26.2.1965, European Treaty Series NT. 35, im folgenden ESC; am 22.9.1997 hatten 21 Staaten die ESC ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 88 Zur ESC vgl. GomienIHarris/Zwaak, ECHR and ESC, S. 377-437; Vasak in: Vasak/Alston, Human Rights, S. 457, 536-542 mwN. 89 Art. 1 des Anhangs zur ESC. 90 Committee ofExperts, vgl. Art. 25 ESC. 91 Zu den Einzelheiten des BerichtspTÜfungsverfahrens vgl. GomienIHarris/Zwaak, ECHR and ESC, S. 415-426. 92 Additional Protocol to the European Social Charter vom 5.5.1988, European Treaty Series Nr. 128, in Kraft getreten am 4.9.1992; am 22.9.1997 hatten sechs Staaten das Zusatzprotokoll ratifiziert, darunter Dänemark, Finnland, Italien, die Niederlande Wld Schweden. 93 Protocol Amending the European Social Charter vom 21.10.1991, European Treaty Series Nr. 142.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

andere ein neu einzuführendes Beschwerdeverfahren vorsieht. 94 Beschwerdebefugt sind nach Art. 1 dieses letzteren Protokolls alle Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und sonstige Nichtregierungsorganisationen, wenn sie beim Europarat Beraterstatus haben und in eine Liste der zur Beschwerde zugelassenen Organisationen aufgenommen worden sind. Im Jahr 1996 ist eine revidierte Fassung der ESC verabschiedet worden, welche die verfahrensrechtlichen Neuerungen der beiden Zusatzprotokolle berücksichtigt und neue Rechte enthält. 95 Die zwei verfahrensrechtlichen Zusatzprotokolle und die revidierte ESC sind bislang nicht in Kraft getreten, so daß die ESC vorläufig in ihrer ursprünglichen Fassung anwendbar bleibt. 2. Organisation Amerikanischer Staaten

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wurde am 30.4.1948 gegründet. Ihre Hauptaufgabe ist gemäß Art. 2 lit. a OAS-Charta96 die Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit auf dem amerikanischen Kontinent. 97 Eine weitere wesentliche Aufgabe ist die Wahrung der Menschenrechte, und so wurde am 22.11.1969 die Amerikanische Menschenrechtskonvention (AmMRKr verabschiedet. Sie enthält ähnlich der EMRK im wesentlichen bürgerliche und politische Menschenrechte und in Art. 26 eine programmatische Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur progressiven Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, wie sie in der Satzung der OAS niedergelegt sind. Neben einer Menschenrechtskommission wurde der Amerikanische Menschenrechtsgerichtshof (AGMR) eingerichtet, der über Staaten- und gegebenenfalls über Individualbeschwerden durch Urteil entscheidet. 99 Es hat zwei Zusatzprotokolle zur AmMRK gegeben, von denen 94 Additional Protocol to the European Social Charter Providing for a System of Collective Complaints vom 9.11.1995, European Treaty Series Nr. 158; vgl. dazu GomienIHarrislZwaak, ECHR and ESC, S. 426-429. 95 European Social Charter (Revised) vom 3.5.1996, European Treaty Series Nr. 163; vgl. dazuPettiti, Rev. trim. droits de l'hOlnme 8 (1997), S. 3, 5-16. 96 Charter ofthe Organization of American States vom 30.4.1948, UNTS 119, S. 48; UNTS 721, S. 324; ll..M 1986, S. 527. 97 Siehe zur OAS Ipsen, Völkerrecht, § 30 TI; Garcia-Amador, EPll.. 6 (1983), S. 276-281; jeweils mwN. 98 American Convention on Human Rights ("Pact of San lose, Costa Rica"), im folgenden AmMRK, ll..M 1970, S.673, in Kraft getreten am 18.7.1978, am l.6.1997 hatten 25 Staaten die AmMRK ratifiziert. 99 Vgl. zur AmMRK und ihrem Durchsetzungsmechanismus Ipsen, Völkerrecht, § 45 TI; Buergenthal, EPll.. I (1992), S. l31-l36; derselbe in: Meron, Human Rights, S. 439493; Gros-Espiell in: Vasak/Alston, Human Rights, S. 543-565; Kokott, Interamerikanisches System, S. 31-151; Robertson, Human Rights in the World, S. 111-l39; BuergenthallKiss, Droits de l'homme, S. 92-126; jeweils mwN.

A. Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

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eines wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte enthält, welche nur zum Teil der Kompetenz des AGMR unterfallen sollen. loo Keines der Protokolle ist bislang in Kraft getreten. Da der AGMR nur über die in der AmMRK enthaltenen bürgerlichen und politischen Rechte entscheiden kann, ist seine Rechtsprechung für die in dieser Arbeit untersuchten Fragen wenig bedeutsam. Gleichwohl sollen die jeweiligen einschlägigen Vorschriften der AmMRK und des ZPI-AmMRK an relevanter Stelle zitiert werden. 3. Organisation der Afrikanischen Einheit

Die Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU) wurde am 25.5.1963 gegründet. lol Gemäß Art. 11 der Satzung der OAU hat sie zum Ziel, die Einheit und Solidarität zwischen den afrikanischen Staaten zu fordern. \02 Am 27.6.1981 wurde die Afrikanische Menschenrechtskonvention (AfrMRK)I03 verabschiedet, die als einzige der Menschenrechtsverträge zusätzlich zu den Rechten auch die Pflichten des einzelnen kodifiziert. Sie enthält sowohl bürgerliche und politische als auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und umfaßt neben dem Recht auf Selbstbestimmung noch weitere kollektive Menschenrechte. Damit stellt sie den bislang wohl umfassendsten Katalog von Menschenrechten dar. I04 Durchsetzungsorgan der AfrMRK ist die Menschenrechtskommission, die aufgrund einer größeren Zahl von Mitteilungen über Menschenrechtsverletzungen durch die Versammlung der Staats- und Regierungschefs der OAU beauftragt werden kann, Empfehlungen zur Beendung der Verletzungen abzugeben. lo5 Ein Beschwerdeverfahren wie bei der EMRK und der AmMRK besteht damit nicht. Allerdings bestehen Bestrebungen, auch in das afrikanische Menschenrechtssystem einen Gerichtshof einzufügen, der zur Entscheidung über Menschenrechtsbeschwerden und zur Erstattung von

100 Protocol to the American Convention on Human Rights in the Area of Economic, Social and Cultural Rights ("Protocol of San Salvador") vom 14.11.1988, im folgenden ZPI-AmMRK, ILM 1989, S. 156; vgl. zu seinem Inhalt Coomans, SlM-Special No. 16 (1995), S. 3, 29f. 101 Charter ofthe Organization of African Unity vom 25.5.1963, UNTS 479, S. 39. 102 Vgl. zu OAU Ipsen, Völkerrecht, § 30 ill; Bello, EPIL 6 (1983), S. 270-276; jeweilsmwN. 103 African Charter on Human and Peoples' Rights vom 27.6.1981, ILM 1982, S. 59, in Kraft getreten am 21.10.1986, im folgenden AfrMRK; am 29.4.1997 hatten 51 Staaten die AfrMRK ratifiziert. 104 Vgl. zur AfrMRK Ipsen, Völkerrecht, § 45 IV; Buergenthal/Kiss, Droits de l'homme, S.127-141; Mbaya, EPIL I (1992), S.54-58; M'BayelNdiaye in: VasakiAlston, Human Rights, S. 583, 601-616; Ouguergouz, Rev. Afr. Comm. HPR 2 (1992), S. 55-70; WaMlltua, Rev. Afr. Comm. HPR 3 (1993), S. 5-11; jeweils mwN. 105 Dazu Mubiala, AfrnCL 1997, S. 42, 46ff.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Gutachten zuständig sein SOll.I06 Die Kommission hat bislang wenig Gelegenheit zur Interpretation der AfrMRK gehabt, so daß die Heranziehung der Rechtsprechung zur AfrMRK wenig zur Interpretation des IPWSKR beiträgt. Daher soll im Verlauf der Arbeit lediglich auf die jeweils einschlägigen Rechte der AfrMRK hingewiesen werden. VI. Zusammenfassung Die Kodifikation der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte ist ein fortlaufender Prozeß, der mit der Verabschiedung des IPWSKR nicht abgeschlossen wurde, sondern nur ein erstes wichtiges Ziel erreicht hat. Ein weiteres Ziel wird die Einfiihrung von Durchsetzungsverfahren sein, welche Einzelpersonen die Beschwerde über Rechtsverletzungen vor einem internationalen Gremium ermöglichen. Alle oben angeführten Reformbemühungen zielen in diese Richtung. Im IPWSKR und in der ESC werden Versuche unternommen, neue, auf die jeweiligen Besonderheiten der beiden Verträge abgestimmte Beschwerdeverfahren einzuführen. Die Kodifizierung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte im ZPI-AmMRK dient dagegen der Erweiterung der Zuständigkeit von Organen bereits existierender Beschwerdeverfahren. Der Ausgang aller Reformbemühungen ist bislang offen, denn es ist unklar, ob eine ausreichende Anzahl von Staaten die neuen Verpflichtungen auf sich nehmen will. Durch das Ende ideologischer Gegensätze zwischen Ost und West, welche die Arbeit im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in besonderem Maße behinderten, haben sich die Chancen einer Verwirklichung der Vorhaben jedoch erheblich verbessert.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR Art. 6 IPWSKR 1. Die Vertragsstaaten erkennen das Recht auf Arbeit an, welches das Recht jedes einzelnen auf die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenOIlU1lene Arbeit zu verdienen, umfaßt, und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz dieses Rechts. 2. Die von einem Vertragsstaat zur vollen Verwirklichung dieses Rechts zu unternehmenden Schritte umfassen fachliche und berufliche Beratung und AusbildungsprograIlU1le sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung und einer pro-

106

Vgl. Mubiala, AfrnCL 1997, S. 42, 52f.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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duktiven Vollbeschäftigung unter Bedingungen, welche die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des einzelnen schützen.

Englischer Wortlaut: 1. The States Parties to the present Covenant recognize the right to work, which includes the right of everyone to the opportunity to gain his living by work wh ich he freely chooses or accepts, and will take appropriate steps to safeguard this right. 2. The steps to be taken by aState Party to the present Covenant to achieve the full realization of this right shall include technical and vocational guidance and training programmes, policies and techniques to achieve steady economic, social and cultural development and full and productive employment under conditions safeguarding fundamental political and economic freedoms to the individual.

Das Recht auf Arbeit ist eines der zentralen wirtschaftlichen Menschenrechte l07 und wurde in mehreren internationalen Rechtsinstrumenten in unterschiedlicher Form kodifiziert. Neben Art. 23 AEMR, welcher das Recht auf Arbeit zuerst formulierte, enthalten unter den regionalen Menschenrechtsverträgen Art. 1 ESC, Art. 15 AfrMRK und Art. 6 ZPI-AmMRK das Recht auf Arbeit, wobei die AfrMRK in Art. 29 auch eine Arbeitspflicht im Rahmen der Möglichkeiten des einzelnen begründet. Die EMRK und die AmMRK enthalten keine Bestimmungen über das Recht auf Arbeit. 108 Die ILO hat als fiir das Arbeitsrecht zuständige Sonderorganisation mehrere einschlägige Konventionen erarbeitet, die im einzelnen bei der Darstellung der sich aus Art. 6 IPWSKR ergebenden staatlichen Verpflichtungen genannt werden. Bei der Prüfung der Staatenberichte zum IPWSKR stellt der Ausschuß in aller Regel fest, ob die betreffenden Staaten relevante ILO-Konventionen ratifiziert haben, 109 und beruft sich auf die Berichte des ILO-Expertenausschusses, 11 0 der ähnlich dem Ausschuß Staatenberichte über die Verwirklichung von ILO-Konventionen prüft. Der Ausschuß hat ein Treffen sowohl mit den Mitgliedern des ILO-Expertenausschusses als auch mit den Mitgliedern

Vgl. Eide in: Eide u.a., ESCR, S. 21, 31. Vgl. auch die rechtsvergleichende Darstellung bei Seidel, Handbuch, S. 183-193. 109 Vgl. z.B. UN Doc. FlC.l21l/Add.3 (1996), § 5; UN Doc. E/C.l2/IIAdd.4 (1996), § 5; UN Doc. E/C.121l995/18, § 90; UN Doc. FlC.l2/1994/20, § 144; UN Doc. E/C.121l994/20, § 80; UN Doc. E/C.l2/1994/20, § 199. 110 !LO Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations; fllr die Heranziehung von !LO-Konventionen zur Interpretation des Paktes auch Coomans, SIM-Special No. 16 (1995), S. 3, 22f. 107 108

80

2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

des ESC-Expertenausschusses angeregt, welches dem Austausch von Informationen dienen soll. 11 I I. Persönlicher Geltungsbereich

Der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit scheint keinerlei Probleme aufzuwerfen, denn nach dem Wortlaut von Art. 6 Abs. I IPWSKR hat jederl12 ein Recht auf Arbeit. 113 Schon bei der Erarbeitung des Paktes war es aber sehr umstritten, ob das Recht Ausländern in gleichem Maße zustehen sollte wie den Staatsangehörigen. Wenn schon die Geltung des Rechts auf Arbeit für Ausländer Schwierigkeiten bereitet, so muß dies erst recht für Asylbewerber gelten. Asylbewerber sind nicht nur Ausländer in den jeweiligen Aufnahmestaaten, sondern haben zusätzlich einen besonderen Aufenthaltsstatus. Sie sind nur vorübergehend im Land geduldet und müssen mit der jederzeitigen Abschiebung rechnen, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird. Dennoch zeigt die folgende Analyse, daß der persönliche Geltungsbereich von Art. 6 Abs. I IPWSKR sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach dem systematischen Zusammenhang innerhalb aller Menschenrechte, dem Sinn und Zweck des Paktes und seiner Entstehungsgeschichte unbeschränkt ist. J. Staatsangehörigkeit

Bei der Ausarbeitung des Paktes hat es Versuche gegeben, den persönlichen Geltungsbereich des Art. 6 Abs. I IPWSKR ausdrücklich auf die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates zu beschränken. 1I4 Die Tatsache, daß die entsprechenden Vorschläge nie zur Abstimmung kamen, zeigt schon, daß die Mehrheit der Verfasser des Paktes eine solche Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches nicht wünschte. Ein weiterer Vorschlag, in einer Generalklausel zur Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte die persönlichen Geltungsbereiche aller Rechte auf die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten zu beschränken, I 15 fand ebenfalls keine Zustimmung in der Menschen-

UN Doc. E/C.l2/1994120, § 397. "Everyone". 113 So auch Tomuschat in: Rosas u.a., Human Rights, S. 174, 188; vgl. allgemein zum persönlichen Geltungsbereich der Menschenrechte ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,251,267. 114 Vorschlag von Dänemark, UN Doc. E/CN.4/542 (1951); unterstützt von Ägypten, UN Doc. E/CN.4/547 (1951); vgl. dazu Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 10; UNHCR, UN Doc. E/CN.4/562 (1951); vgl. auch Gonzalez Camacho (EI Salvador), UN Doc. NC.3/SR.657 (1955), § 16. 115 Vorschlag von Jugoslawien, UN Doc. E/CN.4/609/Rev.1 (1951). 111

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B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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rechtskommission. 11 6 Das Wort "everyone", welches die Geltungsbereiche aller Rechte kennzeichnete, sollte ganz deutlich zum Ausdruck bringen, daß alle Menschen ohne Unterschied Inhaber des Rechts auf Arbeit sein sollten. 117 a) . System der Menschenrechtspakte Der systematische Vergleich mit dem IPBPR zeigt, daß die Verfasser der Pakte bewußt zwischen Rechten mit eingeschränktem persönlichem Geltungsbereich und Jedermann-Rechten unterschieden haben. 1I8 So gilt Art. 13 IPBPR, der sich mit Verfahrensrechten bei der Ausweisung befaßt, ausdrücklich nur für AuSländer,1\9 während Art. 25 IPBPR, welcher Rechte auf die Teilnahme am politischen Leben betrifft, nur Staatsbürgerl20 schützt. Art. 6 Abs. 1 IPWSKR gehört also zur Kategorie der Jedermann-Rechte. b) Diskriminierungsverbot In der Literatur ist die Ansicht vertreten worden, daß das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKRI21 die Anwendbarkeit des Paktes für Ausländer einschränke l22 oder gar ausschließe. 123 Das Diskriminierungsverbot ist akzessorischer Natur und muß bei der Bestimmung des persönlichen Geltungsbereiches der im Pakt anerkannten Rechte berücksichtigt werden. Es fällt auf, daß die Staatsangehörigkeit in der Aufzählung unzulässiger Diskriminierungsgründe in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nicht enthalten ist. Der Begriff der nationalen Herkunftl24 bezieht sich nicht auf den Rechtsstatus einer Person, sondern auf ihre Abstammung. 125 Gemeint sind insbesondere die Angehörigen 116 Schon vor der Abstimmung war die Beschränkung auf die Staatsangehörigen aufgehoben worden, vgl. Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR.233 (1951), S. l3; siehe zur Abstimmung UN Doc. E/CN.4/SR.233 (1951), S.23; vgl. dazu AIstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,225. 117 Vgl. dazu auch Hsueh (China), UN Doc. AlC.3/SR.658 (1955), § 32. 118 Für die Anwendbarkeit der Jedermann-Grundrechte auf Ausländer auch Ramcharan in: Henkin, Bill of Rights, S. 246, 263; Knight, HastingsICLR 19 (1995/1996), S. 183,203. 119 "Alien". 120 "Citizen". 121 "The States Parties to the present Covenant undertake to guarantee that the rights enunciated in the present Covenant will be exercised without discrimination of any kind as to race, colour, sex, language, religion, political or other opinion, national or social origin, property, birth or other status." 122 Elles, Rev. Droits de IHomme 7 (1974), S. 291, 309. 123 Lillich, Human Rights of Aliens, S. 47f. 124 "Nationalorigin" . 125 Vgl. schon UN Doc. E/CN.4/Sub.2/SR.5 (1947), S. 7ff., fi1r die Interpretation des Begriffs in der AEMR; siehe auch Kyrou (Griechenland), UN Doc. E/CN.4/SR.272

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

nationaler Minderheiten in einem Staat, wenn sie zwar die Nationalität des Staates haben, in dem sie wohnen, sich aber einer anderen nationalen Gruppe außerhalb des Staates zugehörig fühlen oder früher eine andere Staatsangehörigkeit hatten und eingebürgert wurden.!26 Wie der Hinweis auf den "sonstigen Status" aber zeigt, ist die Aufzählung in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nicht abschließend gemeint. 127 In anderen Diskriminierungsverboten wird dies deutlicher, weil als Präposition vor den Diskriminierungsgründen der Ausdruck "wie insbesondere" oder "wie etwa"!28 verwendet wird. Art. 2 Abs. 2 IPWSKR verwendet dagegen mit dem Wort "hinsichtlich,,!29 eine Präposition, die eine abschließende Aufzählung andeutet. 130 Ohne weitere Begründung wurde diese Präposition im dritten Ausschuß anstelle des vorher verwendeten "such as,,!3! in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR eingefiigt. Es spricht einiges dafiir, daß es sich hier um eine unbedachte Änderung des Wortlautes von Art. 2 Abs.2 IPWSKR handelt, welche auf den Inhalt keinen Einfluß haben sollte.!32 Daß Ausländer von dem Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR geschützt werden sollten, wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Die Menschenrechtskommission hatte in ihrem Vorschlag noch die "Ungleichbehandlung"133 und nicht nur die "Diskriminierung,,!34 als ungerechtfertigte Ungleichbehandlung135 verboten. Hierzu wurde im dritten Ausschuß der Generalversammlung festgestellt, daß in den meisten Staaten die Ausländer nicht den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt hätten wie die Staatsangehörigen und daß die damit vorliegende Ungleichbehandlung hinsichtlich des Diskriminierungsverbotes Probleme aufwerfen könnte.!36 Dabei (1952), S. 6; EI/es, Non-Citizens, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/392/Rev.l (1980), § 114; Lillich, Human Rights of Aliens, S. 46; Craven, ICESCR, S. 172, Fn. 126; a.A. Santa Croz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.272 (1952), S. 6. 126 Vgl. dazu EI/es, Non-Citizens, UN Doc. ElCN.4/Sub.2/392/Rev.l (1980), § 177; a.A. wohl Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.657 (1955), § 24. 127 Vgl. z.B. Refslund-Thomsen (Dänemark), UN Doc. AlC.3/SR.1183 (1962), § 24; siehe auch Klerk, HRQ 9 (1987), S.250, 256; Craven, ICESCR, S. 168; a.A. ohne nähere Begründung wohl Lillich, Human Rights of Aliens, S. 48. 128 "Such as", vgl. Art. 2 AEMR; Art. 2 Abs. 1 IPBPR. 129 "As to". 130 Vgl. dazu EI/es, Rev. Droits de l'Homme 7 (1974), S. 291, 309; Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 256. 131 UN Doc. Al2929 (1955), Kapitel V, Art. 2 Abs. 2ICESCR. 132 Vgl. auch Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 256; Craven, ICESCR, S. 168. 133 "Distinction", UN Doc. Al2929 (1955), Kapitel V, Art. 2 Abs. 2ICESCR. 134 "Discrimination". 135 Vgl. dazu Riphagen (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.658 (1955), § 9; Capotorti (Italien), UN Doc. AlC.3/SR.1184 (1962), § 15; siehe auch unten Teil 3, B.I. 136 Vgl. dazu Elliot (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.562 (1954), § 6; Riphagen (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.655 (1955), § 17; Ciselet (Belgien), UN Doc.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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bestand Einigkeit, daß die Verwehrung des Zugangs zur Erwerbstätigkeit für Ausländer eine Ungleichbehandlung im Sinne des so formulierten Diskriminierungsverbotes darstellte. 137 Zur Lösung dieses Problems gab es vornehmlich von Seiten der Entwicklungsländer Vorschläge, das Diskriminierungsverbot und damit auch den Anwendungsbereich des gesamten Paktes auf die eigenen Staatsangehörigen zu beschränken. 138 Diese stießen aber auf den entschiedenen Widerstand der Mehrheit der Vertreter im dritten Ausschuß der Generalversammlung, weil dies dem Zweck des Paktes, einen allumfassenden Menschenrechtsschutz zu begründen, diametral entgegenstand. 139 Erst der Vorschlag, den Entwicklungsländern das Recht zur Einschränkung des persönlichen Geltungsbereichs der Rechte im Pakt zuzubilligen,140 fand eine knappe Mehrheit. 141 Gemäß Art. 2 Abs. 3 IPWSKR können daher nur die Entwicklungsländer bestimmen, inwiefern sie die wirtschaftlichen Rechte,142 wozu das Recht auf Arbeit, nicht aber das Recht auf Bildung zählt, auch für Ausländer verwirklichen wollen. NC.3/SR656 (1955), § 16; Bakhtiar (Pakistan), UN Doc. NC.3/SR656 (1955), § 19; Azkoul (Libanon), UN Doc. NC.3/SR657 (1955), § 14; Asiroglou (Türkei), UN Doc. NC.3/SR659 (1955), § 34. J37 So ausdrücklich Hoare, UN Doc. NC.3/SR655 (1955), § 22. 138 Vorschlag von fdris (Indonesien), UN Doc. NC.3/SR1l84 (1962), § 42; dazu Sahai (Indien), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § 16; Donkor (Ghana), UN Doc. NC.3/SRI184 (1962), § 44; Maamouri (Tunesien), UN Doc. NC.3/SRI184 (1962), § 53; Wachuku (Nigeria), UN Doc. NC.3/SRI202 (1962), § 23; Quiambao (Philippinen), UN Doc. NC.3/SR.1202 (1962), § 39; U Khin Maung Pyu (Burma), UN Doc. NC.3/SRI202 (1962), § 43; Marshall (Liberia), UN Doc. NC.3/SRI204 (1962), § 41; Dembinska (Polen), UN Doc. NC.3/SRI205 (1962), § 8. 139 Vgl. Glover (Großbritannien), UN Doc. NC.3/SR1l85 (1962), § 41; Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. NC.3/SRll85 (1962), § 47; Jativa (Ecuador), UN Doc. NC.3/SR1202 (1962), § 32; Troclet (Belgien), UN Doc. NC.3/SR1203 (1962), § 4; Zuloaga (Venezuela), UN Doc. NC.3/SR1203 (1962), § 23; Relslund Thomsen (Dänemark), UN Doc. NC.3/SR.1204(1962), § 9; Mantzoulinos (Griechenland), UN Doc. NC.3/SR1204 (1962), § 12; Sharp (Neuseeland), UN Doc. NC.3/SRI204 (1962), § 17; Albuquerque Mello (Brasilien), UN Doc. NC.3/SR1204 (1962), § 39; Belaunde Moreyra (Peru), UN Doc. NC.3/SR1204 (1962), § 48; Tree (USA), UN Doc. NC.3/SRI204 (1962), § 50; White (Australien), UN Doc. NC.3/SR1204 (1962), § 2; Hemdl (Österreich), UN Doc. NC.3/SR1204 (1962), § 6. 140 Nunmehr in Art. 2 Abs. 3 IPWSKR enthalten; vgl. Dembinska (Polen), UN Doc. NC.3/SRI205 (1962), § 8; U Dhin Maung Pyu (Burma), UN Doc. NC.3/SR1205 (1962), § 18. 141 41 zu 38 Stimmen bei 12 Enthaltungen, UN Doc. NC.3/SR1206 (1962), § 44. 142 Zu dieser Einschränkung ausdrücklich Idris (Indonesien), UN Doc. NC.3/ SR1204 (1962), § 2; vgl. auch Elles, Rev. Droits de l'Homme 7 (1974), S. 291, 309; Lillich, Human Rights of Aliens, S. 47. 6'

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Die Vorschrift wird nach wie vor als mit den Prinzipien des Völkerrechts nicht vereinbar kritisiert. 143 Schon ihre Existenz zeigt aber, daß die Diskriminierung von Ausländern grundsätzlich durch den Pakt verboten wird. 144 Für die übrigen Staaten fand sich eine Lösung durch die Einfügung einer Schranke in das Diskriminierungsverbot. Man entschloß sich, das Wort "distinction" durch "discrimination" zu ersetzen, um zum Ausdruck zu bringen, daß nicht jede, sondern nur die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung eine Verletzung des Paktes darstelle. 145 Gleichzeitig erkannte man damit an, daß eine Ungleichbehandlung jedenfalls einen Eingriff in die im Pakt anerkannten Rechte darstellt, der durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden muß. Auch in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot ist also der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit nicht auf Staatsangehörige beschränkt. Bestätigt wird diese Auslegung durch die interpretative Erklärung Belgiens bei der Ratifikation des IPWSKR. Belgien sah es für erforderlich an, zu erklären, daß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nicht jede Ungleichbehandlung zwischen Staatsangehörigen und Ausländern verbiete, sondern nur diejenige, welche auf Will-

Elles, Non-Citizens, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/392fRev.I (1980), § 116 (c). So auch Tomuschat in: Rosas u.a., S.174, 188; Craven, ICESCR, S.213; ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245, 252; Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 339. 145 Vorschlag von Capotorti (Italien), UN Doc. AlC.3/SR1l83 (1962), § 16; dazu Pico (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SR1l84 (1962), § 17; Fekini (Libyen), UN Doc. AlC.3/SR.1l84 (1962), § 22; Villgratner (Österreich), UN Doc. AlC.3/SR1l84 (1962), § 38; Quan (Guatemala), UN Doc. AlC.3/SR1l84 (1962), § 51; Maamouri (Tunesien), UN Doc. AlC.3/SR1184 (1962), § 53; Cattarossi (Uruguay), UN Doc. AlC.3/SR1l84 (1962), § 20; Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SR1185 (1962), § 44; Khatoon (Pakistan), UN Doc. AlC.3/SR 11 85 (1962), § 52; Jativa (Ecuador), UN Doc. AlC.3/SRI202 (1962), § 33; Nasser (Jordan), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 2; Pico (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 18; Zuloaga (Venezuela), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 24; Refslund-Thomsen (Dänemark), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 8; Mantzoulinos (Griechenland), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 13; Sharp (Neuseeland), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 18; Rios (Panama), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 35; Martinez Bonilla (Dominikanische Republik), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 38; Marshall (Liberia), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 41; Glover (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 46; Barboza (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 51; dagegen mit unterschiedlichen Begründungen nur Ostrovsky (UdSSR), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 16; Bouquin (Frankreich), UN Doc. AlC.3/SRI205 (1962), § 13; EI-Ahdab (Libanon), UN Doc. AlC.3/SRI206 (1962), § 8; Abstimmungsergebnis: 76 zu 2 Stimmen bei 13 Enthaltungen; UN Doc. AlC.3/SRI206 (1962), § 40. 143

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B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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kür beruhe. 146 Damit erkennt es an, daß eine Ungleichbehandlung grundsätzlich in den Geltungsbereich des Paktes eingreift, aber durch sachliche und vernünftige Gründe gerechtfertigt werden kann. 147 In der Literatur ist vertreten worden, die Diskussion im Dritten Ausschuß zeige, daß die Ungleichbehandlung von Ausländern gerade nicht vom Diskriminierungsverbot erfaßt werde. 148 Da aber gleichzeitig betont wird, daß Ungleichbehandlungen nicht ungerechtfertigt oder willkürlich sein dürfen, scheint auch nach dieser Auffassung die Ungleichbehandlung von Ausländern einen Eingriff in den persönlichen Geltungsbereich der im Pakt anerkannten Rechte darzustellen, der aber in der Regel gerechtfertigt werden kann. Dies bestätigt auch der Hinweis auf weitere Schranken des Paktes, die in der Regel eingreifen sollen, sowie die Aussage, daß das Recht auf Arbeit Ausländern grundsätzlich zustehen soll.149 c) Nachfolgende Auslegung Auffallend ist, daß selbst die Generalversammlung in einer 1985 verabschiedeten Erklärung über die Menschenrechte von Individuen, die nicht Staatsangehörige des Landes sind, in welchem sie wohnen,150 nicht das Recht auf Arbeit, sondern nur das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen aufgefiihrt hat. Es scheint, als ob die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, ausgehend von einem Bericht über die Rechte dieser Personen, I 51 die Ansicht vertraten, daß Ausländer das Recht auf Arbeit nicht genießen. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, daß der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR durch nachfolgende Staatenpraxis eingeschränkt worden sei. Art. 2 Abs. 2 der Erklärung verweist nämlich ausdrücklich darauf, daß die durch andere Instrumente des Völkerrechts geschaffenen weitergehenden Rechte von Ausländern durch die Erklärung nicht eingeschränkt werden sollen.

146 Vgl. Multilateral Treaties Deposited with the Secretmy-General, United Nations, New York STILEG/SER.E, as available on http://www.un.org/Depts/Treaty on 31.5.1997, Teil I, Kapitel IV.3. 147 Dazu auch Vierdag, NethYbn.., S. 69, 76; Knight, HastingsICLR 19 (1995/1996), S. 183,204. 148 E/les, Rev. Droits de l'Homme 7 (1974), S. 291, 309. 149 E/les, Rev. Droits de l'Homme 7 (1974), S. 291, 309ff. ISO Dec1aration on the human rights of individuals who are not nationals of the country in which they live, GA Res. 40/144, UN Doc. Al40/53 (1985/86). 151 E/les, Non-Citizens, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/392/Rev.l (1980); kritisch dazu ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,257.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

d) Nachfolgende Staatenpraxis Auch die vielfach zu beobachtende Übung von Staaten zur Einschränkung der Enverbsmöglichkeiten von Ausländern hat nicht zur Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches von Art. 6 Abs. I IPWSKR durch nachfolgende Staatenpraxis im Sinne des Art. 31 WVRK152 geführt. 153 Voraussetzung hierfür wäre zum einen die ausnahmslose Beschränkung der Enverbstätigkeit von Ausländern und zum anderen die einheitliche Rechtsüberzeugung, daß diese Praxis nicht in den persönlichen Geltungsbereich des Paktes eingreift. Die Voraussetzungen für den Zugang von Ausländern zum Arbeitsmarkt sind in den Mitgliedstaaten des IPWSKR sehr unterschiedlich, wie schon die Darstellung der Enverbsmöglichkeiten von Asylbewerbern in den Ländern der Europäischen Union im ersten Teil dieser Arbeit gezeigt hat. Eine einheitliche Praxis der Venvehrung des Zugangs kann hier nicht festgestellt werden. Wichtig ist aber auch, daß die Beschränkung der Enverbsmöglichkeiten von Ausländern schon vor der Erarbeitung der Paktes praktiziert wurde und damit keine nachfolgende Staatenpraxis darstellt, welche bei der Kodiftkation des Rechts auf Arbeit nicht berücksichtigt werden konnte. Was die gemeinsame Rechtsüberzeugung angeht, so haben selbst die Verfasser des Paktes die Unvereinbarkeit nationaler Regelungen zur Enverbstätigkeit von Ausländern mit dem Recht auf Arbeit erkannt, ohne allerdings daraus die Konsequenz einer ausdrücklichen Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches zu ziehen. Ganz im Gegenteil herrschte Einigkeit darüber, daß die bestehenden Regelungen einen Eingriff in das zu kodiftzierende Recht auf Arbeit darstellten und lediglich im Rahmen des Diskriminierungsverbotes zu rechtfertigen seien. 154 Die Rechtsüberzeugung geht also allenfalls dahin, daß an die Rechtfertigung von Rechtseinschränkungen bei Ausländern geringere Anforderungen zu stellen sind als bei Staatsangehörigen. e) Sinn und Zweck Gegen die Beschränkung des Geltungsbereiches der im Pakt anerkannten Rechte auf die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates sprechen aber auch Sinn und Zweck der völkerrechtlichen Kodiftkation von Menschenrechten. Die Menschenrechtsverträge sollen nach der übereinstimmenden Auffassung 152 Vienna Convention on the Law of Treaties vom 23.5.1969, ums 1155, S. 331, in Kraft getreten am 27.1.1980, im folgenden WVRK; am 29.9.1996 hatten 83 Staaten die WVRK ratiftziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Frankreich, Irland und Portugal. 153 Zur Vertragsänderung durch nachfolgende Staatenpraxis umfassend Kar/, Spätere Praxis, S. 212-376. 154 S.o. Teil 2, B.I.l.b.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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aller Vertragsstaaten gerade die Geltung der Menschenrechte für alle ohne Unterschied sichem. 155 Dieser Zweck würde vollständig aufgehoben, wenn sich Ausländer auf die im Pakt anerkannten Rechte nicht mehr berufen könnten. f) Zusammenfassung

Sowohl der Ausschuß als auch der Menschenrechtsausschuß des IPBPR vertreten die Ansicht, daß die Menschenrechte grundsätzlich auch Ausländer schützen. Der Menschenrechtsausschuß hat eine allgemeine Bemerkung zu der Rechtsstellung von Ausländern nach dem IPBPR verfaßt und darauf hingewiesen, daß Ausländer und Staatsangehörige unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes gleichzubehandeln seien. 156 Nach den vom Ausschuß des IPWSKR erstellten Richtlinien zu Form und Inhalt der Staatenberichte sollen die Staaten sich dazu äußern, ob und in welchem Ausmaß die im Pakt anerkannten Rechte den im Land lebenden Ausländern eingeräumt werden. 157 Dementsprechend fragt er bei der Prüfung der Berichte regelmäßig nach der Rechtsstellung der Ausländer in dem jeweiligen Staat und kritisiert beispielsweise Regelungen, welche die ausländischen Arbeitnehmer gegenüber den Staatsangehörigen benachteiligen. 158 Dies läßt darauf schließen, daß der Ausschuß einen Eingriff in den persönlichen Geltungsbereich der im Pakt anerkannten Rechte annimmt, wenn ein Staat die Ausländer im Vergleich zu seinen Staatsangehörigen benachteiligt.

2. Rechtmäßiger Aufenthalt Es stellt sich die Frage, ob Art. 6 IPWSKR nur diejenigen schützt, die sich legal auf dem Territorium des Vertragsstaates aufhalten, oder ob auch diejenigen geschützt sind, deren Aufenthalt nicht rechtmäßig ist. Die Frage des rechtmäßigen Aufenthaltes ist entscheidend für die Geltung der Rechte für Asylbewerber, weil manche Staaten die Auffassung vertreten, der Aufenthalt

Dazu ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,252. Allgemeine Bemerkung 15 (27), UN Doc. CCPRlC/21IRev.1 (1989), S. 17, § 2. 157 Revised general guidelines regarding the form and contents of reports to be subrnitted by states parties under articles 16 and 17 of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, UN Doc. E/C.l2/199111, im folgenden Reporting Guidelines. 158 Vgl. z.B. UN Doc. E/C.1211995118, §§ 75, 82, 85, 158, 165, 238, 243; UN Doc. E/C.1211993119, §§ 262, 266; UN Doc. E/C.1211992/2, §§ 62,83, 110, 135, 157; UN Doc. E/C.121199114, §§ 138, 148, 160,204,270; UN Doc. ElC.1211990/3, §§ 53,88, 138,198,202,245,271; vgl. auch Craven, lCESCR, S. 173. 155 156

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

von Asylbewerbern sei nicht rechtmäßig, da sie nur eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erhielten oder gar nur Abschiebungsschutz genössen. 159 Aus der Entstehungsgeschichte des IPWSKR ergibt sich hierzu nichts, doch ein Vergleich mit den Art. 12 und 13 IPBPR zeigt, daß die Verfasser der Pakte auch die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes als Voraussetzung für die Gewährung einzelner Rechte diskutiert haben. Art. 12 IPBPR räumt Bewegungsfreiheit nur denjenigen ein, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhalten,160 während Art. 13 IPBPR den prozessualen Ausweisungsschutz nur Ausländern zugesteht, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhalten. 161 Die Tatsache, daß die Verfasser des Paktes die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes von Personen als Voraussetzung für die Gewährung von Menschenrechten in diesen beiden Fällen ausdrücklich erwähnt haben, zeigt, daß die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes von Personen den Geltungsbereich der übrigen Menschenrechte nicht einschränken sollte. Auch aus der Anwendung des Diskriminierungsverbotes ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der Aufenthaltsstatus einer Person ist "sonstiger Status" im Sinne des Diskriminierungsverbotes, das jede Ungleichbehandlung erfassen soll. Damit wird die Frage, ob eine Ungleichbehandlung aufgrund des Aufenthaltsstatus gerechtfertigt werden kann, auf die Schrankenebene des Rechts auf Arbeit verlagert. Der persönliche Geltungsbereich wird davon nicht berührt.

3. Dauerhafter Aufenthalt Man könnte argumentieren, daß die im IPWSKR kodifizierten Rechte nur für Personen gelten, die sich für eine gewisse Mindestdauer im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufhalten. 162 Schränkt man die Anwendbarkeit der Rechte nicht in dieser Weise ein, so könnte dies im Extremfall zum Beispiel bedeuten, daß alle Touristen, die auf der Reise zu ihrem Urlaubsziel einen Vertragsstaat lediglich durchqueren müssen, gemäß Art. 12 IPWSKR ein Recht auf ärztliche Versorgung im gleichen Umfang hätten wie die Einwohner des Landes. Dies würde nicht nur für medizinische Notfälle gelten, die sich auf der Reise ereigneten, sondern auch für jede andere Erkrankung, deren Behandlung im Herkunftsstaat möglicherweise ausgeschlossen war. Ebenso könnten ausländische Arbeitnehmer, die sich auf der Durchreise befinden, ihr Recht auf Sozialversicherung im Vertragsstaat geltend machen. 163 Es liegt auf der Hand, daß die

159 Vgl. z.B. flir Frankreich: BatiffollLagarde, Droit Int. Prive, S. 257. 160 "Everyone lawfully within the territory of aState". 161 "An alien lawfully in the territory of aState Party to the present Covenant". 162 Vgl. Eide in: Eide u.a., ESCR, S.21, 34f.; andeutungsweise ClarklNiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,247. 163 Vgl. Tomuschat in: Rosas u.a., Human Rights, S. 174, 190.

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Verfasser des IPWSKR sich einen solch umfassenden wirtschaftlichen und sozialen Schutz aller Menschen nicht vorgestellt haben. 164 Aus dem Wortlaut von Art. 6 IPWSKR läßt sich eine Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches auf Personen, die sich fur eine gewisse Dauer im Vertragsstaat aufbalten, allerdings nicht herleiten. Die Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes ist ein "sonstiger Status" im Sinne des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR, der alle denkbaren Unterscheidungsmerkmale erfassen soll. Damit sind auch Personen, welche sich nur vorübergehend in einem Staat aufbalten, vom persönlichen Geltungsbereich der im Pakt anerkannten Rechte erfaßt. Die weite Auslegung läßt sich aus der Entstehungsgeschichte des Paktes begründen. Die Verfasser des Paktes haben die Problematik des dauerhaften Aufenthalts als Voraussetzung fur die Gewährung der Rechte erkannt165 und die Ansicht vertreten, daß auch die Unterscheidung nach der Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes eine Ungleichbehandlung sei. l66 Gerade diese weite Auslegung des Begriffs "Ungleichbehandlung" wurde als Argument fur die Unterscheidung zwischen unzulässiger und gerechtfertigter Ungleichbehandlung verwandt. 167 Die Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes sollte demnach bei der Rechtfertigung und nicht bereits bei der Feststellung einer Ungleichbehandlung berücksichtigt werden. Der Ausschuß hat fur das Recht auf eine Wohnung aus Art 11 Abs. I IPWSKR festgestellt, daß Asylbewerber vom Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR geschützt werden. 168 Demnach scheint er davon auszugehen, daß der nur vorübergehende Aufenthalt einer Person die Anwendung des Paktes nicht ausschließt. Das Problem der Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches auf Personen, die sich dauerhaft im Land aufbalten, liegt in der Aufstellung allgemeingültiger Definitionen fur den dauerhaften und den vorübergehenden Aufenthalt. Beide Definitionen müssen sowohl eine objektive zeitliche Grenze als auch die subjektive Einstellung des Ausländers berücksichtigen. Der vorübergehende Aufenthalt umfaßt den Aufenthalt von ein paar Minuten genauso wie den von vornherein auf mehrere Monate oder gar Jahre begrenzten Aufenthalt, je nachdem, wie der einzelne sich auf den Aufenthalt einstellt. Der Tran164 Vgl. z.B. Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.272 (1952), S.6 zur Anwendbarkeit des Paktes auf Touristen und Durchreisende. 165 Vgl. Morozov (UdSSR), UN Doc. AlC.3/SR.656 (1955), § 28. 166 Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.656 (1955), § 36; Azkoul (Libanon), UN Doc. AlC.3/SR.657 (1955), § 14; Riphagen (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.656 (1955), § 23. 167 Azkoul (Libanon), UN Doc. AlC.3/SR.657 (1955), § 14. 168 UN Doc. E/C.1211994120, § 157.

2. Teil: Die Rechte auf Arbeit Wld BildWlg im IPWSKR

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sitaufenthalt am Flughafen oder Bahnhof kann nicht mit dem Studienaufenthalt gleichgesetzt werden, auch wenn beide von vornherein auf eine bestimmte Dauer begrenzbar sind. Definiert man den dauerhaften Aufenthalt als die Begründung des Lebensmittelpunktes an einem bestimmten Ort, so hängt die Subsumtion unter diesen Begriff vornehmlich von der subjektiven Einschätzung des Ausländers ab. Bei der Bestimmung der Anwendbarkeit des Paktes im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer einer Person ist daher eine Abwägung zwischen der Art der Bedürfnisse dieser Person und dem Ausmaß der erforderlichen staatlichen Maßnahmen unabdingbar, bei der insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten ist. Diese Überlegung läßt es ebenso wie der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR und seine Entstehungsgeschichte angebracht erscheinen, die Prüfung des vorübergehenden Aufenthalts auf die Ebene der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung einer Person aufgrund der Aufenthaltsdauer zu verlagern, damit die verschiedenen, einander zum Teil auch widersprechenden Interessen des Staates und der Betroffenen gegeneinander abgewogen werden können. 4. Aufenthalt im Transitbereich Analog Art. 29 WVRK findet der IPWSKR auf dem gesamten Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates Anwendung. Er schützt damit nur Personen, die das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates betreten haben. Asylbewerber werden aber häufig bis zum Abschluß einer ersten Phase der Prüfung ihres Antrages in Transitbereichen festgehalten, bevor die Staaten ihnen die Einreise gewähren. Damit sind sie zwar rein tatsächlich, nicht aber nach den innerstaatlichen Einreisebestimmungen in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates eingereist. 169 Die Staaten könnten argumentieren, daß die Transitbereiche nicht zum Staatsgebiet gehören und damit ihrer Hoheitsgewalt nicht unterliegen. Die Tatsache aber, daß die Asylbewerber in diesen Bereichen festgehalten und aus ihnen gegebenenfalls auch abgeschoben werden können, zeigt bereits, daß die Staaten auch dort ihre Hoheitsgewalt ausüben. 170 Der EGMR hat mit diesem Argument in einem Fall betreffend das Recht auf Freiheit und Sicherheit von Asylbewerbern die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 1 EMRK auch für Personen im Transitbereich eines Staates bejaht. 171

Vgl. z.B. EntscheidWlg des BVerfG, NVwZ 1996, S. 678, 680f. So auch die RechtsprechWlg der britischen Gerichte, vgl. Stanley, hnm. & Nat. Law& Pract. 6 (1992), S. 126. 171 Amuur gg. Frankreich, Urteil vom 25.6.1996, EGMR Dok. 17/1995/523/609, abgedruckt in deutscher ÜbersetzWlg in EuGRZ 1996, S. 577-587, §§ 49, 52; dazu Kokoff, EuGRZ 1996, S. 569-571. 169

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B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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Auch illegale Einwanderer, welche die Landesgrenze überschreiten, befinden sich nur faktisch auf dem Hoheitsgebiet eines Staates, da ihnen die Einreise nicht gewährt worden iSt. I72 Die Gewährung der Einreise ist in diesem Sinne nichts anderes als die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis. Die Personen in den Transitbereichen unterscheiden sich also von anderen Ausländern lediglich durch ihren Aufenthaltsstatus, der, wie bereits ausgeführt wurde, für die Eröffnung des persönlichen Geltungsbereiches der Rechte unerheblich ist. Für den völkerrechtlichen Schutz von Menschenrechten reicht es demnach aus, daß die zu schützenden Personen das Hoheitsgebiet tatsächlich betreten haben, auch wenn sie nach innerstaatlichen Vorschriften noch nicht eingereist sind. 5. Vorbehalte der ratifizierenden Staaten

Durch das Anbringen von Vorbehalten gemäß Art. 19 WVRK können die Staaten bei der Ratifikation des IPWSKR, der hierzu keine Regelungen enthält, den persönlichen Geltungsbereich der im Pakt anerkannten Rechte einschränken. Zwei bei der Ratifikation des Paktes abgegebene Erklärungen von Frankreich und Großbritannien, welche die Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. I IPWSKR auf Ausländer betreffen, geben Anlaß zu der Prüfung, ob es sich hier um den Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit einschränkende Vorbehalte 173 oder lediglich um interpretative Erklärungen handelt, die eine vertretbare, den Geltungsbereich des Rechts nicht berührende Auslegung des Paktes enthalten. 174 Während die Formulierung der französischen Erklärung 175 nahelegt, daß lediglich die Auslegung von Art. 6 Abs. I IPWSKR betroffen ist, verwendet Großbritannien176 mit der Formulierung "reserves the right" einen Aus-

172 Zur Anwendbarkeit der EMRK auf illegal Eingereiste vgl. Kokon, EuGRZ 1996, S.569. 173 Vgl. Art. 2 Abs. llit. d WVRK; dazu Li}nzaad, Reservations, S. 31ff. 174 Vgl. dazu Kühner, Vorbehalte, S. 35ff.; Horn, Reservations, S. 110; Lijnzaad, Reservations, S. 59ff.; Bauer, Vorbehalte, S.40ff.; siehe auch Menschenrechtsausschuß, Allgemeine Bemerkung 24(52), UN Doc. CCPRlC/21IRev.lIAdd.6 (1994), § 3. 175 "The Governrnent ofthe Republic declares that articles 6, 9, 11 and 13 are not to be interpreted as derogating from provisions governing the access of aliens to employment... ." ; vgl. Multilateral Treaties Deposited with the Secretary-General, United Nations, New York STILEG/SER.E, as available on http://www.un.orgIDeptsITreaty on 29.9.1997, Teil I, Kapitel IV.3. 176 "The Governrnent ofthe United Kingdom reserve the right to interpret article 6 as not precluding the imposition ofrestrictions, based on place ofbirth or residence qualifications, on the taking of employment in any particular region or territory for the purpose of safeguarding the employment opportunities of workers in that region or territory. "; vgl. Multilateral Treaties Deposited with the Secretary-General, United Nations,

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

druck, der eher das Anbringen eines Vorbehaltes vermuten läßt. Bei der Auslegung von RatifIkationserklärungen kommt es jedoch nicht so sehr auf die Verwendung bestimmter Formulierungen an, sondern vielmehr auf die Intention der Vertragsparteien, wie sie aus dem Gesamtzusammenhang der Erklärung deutlich wird. I 77 Großbritannien weist in seiner Erklärung darauf hin, daß unter bestimmten Voraussetzungen die Einschränkung der Erwerbsmöglichkeiten aufgrund der Herkunft oder des Aufenthaltsstatus möglich ist. Diese Auslegung des Rechts auf Arbeit widerspricht nicht der Auffassung, daß das Recht grundsätzlich allen Menschen zusteht. Schon der allgemeine Teil des IPWSKR läßt erkennen, daß auch die Verfasser des Paktes Einschränkungen der Rechte unter bestimmten Voraussetzungen zulassen wollten. Durch seine Erklärung schränkt Großbritannien den persönlichen Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit damit nicht ein. Die Erklärung stellt sich als rein interpretative Erklärung und nicht als Vorbehalt dar. 178 Die Erklärung Frankreichs wirft größere Probleme auf. Schon die Formulierung, daß Art. 6 IPWSKR nicht so zu interpretieren sei, daß er von den innerstaatlichen Vorschriften abweiche, ist bedenklich angesichts der Tatsache, daß die innerstaatlichen Gesetze grundsätzlich in Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen zu bringen sind. Frankreich scheint umgekehrt davon auszugehen, daß die völkerrechtlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung innerstaatlicher Bestimmungen interpretiert werden sollen. Ziel der Erklärung soll wohl der Ausschluß einer Prüfung der französischen Gesetze betreffend den Zugang von Ausländern zum Arbeitsmarkt anband von Art. 6, 9,179 11 180 und 13 181 IPWSKR und damit eine Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches dieser Rechte sein. Daß die französische Erklärung einen Vorbehalt darstellen sollte, hat der französische Vertreter bei einer Berichtsprüfung vor dem Ausschuß ausdrücklich geltend gemacht, als der Ausschuß französische Gesetze kritisierte, welche nur den französischen Staatsangehörigen ein Recht auf Sozialleistungen im Fall der Behinderung gaben. 182 Durch die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches der Rechte schränkt Frankreich mit seinem Vorbehalt das Diskriminierungsverbot in einem Maße ein, welches die Frage aufwirft, ob der Vorbehalt mit Sinn und New York STILEG/SER.E, as available on http://www.un.orglDeptslTreaty on 29.9.1997, Teil I, Kapitel IV.3. 177 Vgl. Kühner, Vorbehalte, S. 15(; Bauer, Vorbehalte, S. 36( 178 AA Craven, ICESCR, S. 213. 179 Recht auf Sozial versicherung. 180 Recht auf einen angemessenen Lebensstandard. 181 Recht auf Bildung. 182 Vgl. UN Doc. E/C.1211989/SR.l2, § 61; UN Doc. E/C.1211989/SR.13, § 42.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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Zweck des IPWSKR im Sinne des Art. 19 lit. c WVRK vereinbar ist. 183 Angesichts der Tatsache, daß Sinn und Zweck der Kodiftkation von Menschenrechten unter anderem gerade die Beseitigung der Diskriminierung ist,184 hat der Menschenrechtsausschuß in seiner allgemeinen Bemerkung zu Vorbehalten bei der Ratiftkation des IPBPR ausgeführt, daß Vorbehalte, welche die Gewährung der Rechte unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes einschränken, unzulässig seien. ISS Der Ausschluß der Geltung von vier der bedeutenderen Rechte des IPWSKR für Fragen der Erwerbstätigkeit von Ausländern kann unter diesen Gesichtspunkten als mit Sinn und Zweck der Gewährung von Menschenrechten unvereinbar betrachtet werden. Problematisch ist allerdings, daß kein Staat dem Vorbehalt Frankreichs widersprochen hat, so daß er gemäß Art. 20 Abs.4, 5 WVRK als einstimmig angenommen gilt. Der Internationale Gerichtshof und die Menschenrechtsorgane hatten bislang keine Gelegenheit, zur Wirksamkeit eines Vorbehaltes Stellung zu nehmen, der möglicherweise mit Sinn und Zweck eines Vertrages unvereinbar ist, dem aber kein anderer Vertragsstaat widersprochen hat. Eine Mehrheit in der Literatur geht wie die Verfasser der WVRK davon aus, daß es der staatlichen Souveränität überlassen bleibt, auch solche Vorbehalte anzunehmen, die mit Sinn und Zweck des Vertrages unvereinbar sind. 186 Die Vorschrift des Art. 19 lit. c WVRK ist damit lediglich ein Kriterium der Wirksamkeit von Vorbehalten, dessen Anwendung im Ermessen der Staaten steht. 187 Jedenfalls für den IPWSKR erscheint diese Auffassung zutreffend, da der Ausschuß als reines Überwachungsorgan wohl nicht zur Entscheidung über die Wirksamkeit von Vorbehalten zuständig ist. Damit behalten die Vertragsstaaten die Zuständigkeit, über die Wirksamkeit und damit implizit über die Vereinbarkeit von Vorbehalten mit dem Sinn und Zweck des Paktes zu entscheiden. Der Ausschuß kann allenfalls im Rahmen der Prüfung von Staatenberichten die Existenz einzelner Vorbehalte kritisieren und die Staaten auffordern, die Rücknahme solcher Vorbehalte in Erwägung zu ziehen. 188 Da 183 Zu den Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Vorbehalten zu Menschenrechtsverträgen mit deren Sinn und Zweck z.B. Lijnzaad, Reservations, S. 80-103; CohenJonathan, Rev. Gen. DIP 1996, S. 915,929-938. 184 Dazu ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S.245, 252; ftlr den IPBPR siehe Menschenrechtsausschuß, Allgemeine Bemerkung 24 (52), UN Doc. CCPRlCl2l1 Rev.1/Add.6 (1994), § 12. 185 Allgemeine Bemerkung 24 (52), UN Doc. CCPRlC/21IRev.l/Add.6 (1994), § 9. 186 Dazu Kühner, Vorbehalte, S. 146ff.; Lijnzaad, Reservations, S.41ff., jeweils mwN; Tomuschat, ZaöRV 27 (1967), S. 463, 477; aA Bowett, British YbIL 48 (1976/77), S. 67, 83f.; Bauer, Vorbehalte, S. 220ff. mwN. 187 Vgl. Kühner, Vorbehalte, S. 147. 188 Zur Zuständigkeit des Menschenrechtsausschusses in dieser Hinsicht Lijnzaad, Reservations, S. 294f.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

der Vorbehalt Frankreichs von den übrigen Vertragsstaaten angenommen worden ist, soll im folgenden davon ausgegangen werden, daß Frankreich den persönlichen Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit mit einem wirksamen Vorbehalt erfolgreich eingeschränkt hat, so daß die Regelungen zur Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern nicht am Maßstab des Art. 6 IPWSKR gemessen werden können. 189 6. Asylbewerber als Inhaber des Rechts aufArbeit Im Rahmen des persönlichen Geltungsbereiches des Rechts auf Arbeit ist eine einschränkende Auslegung des Begriffs "everyone" ungeeignet zur effektiven Verwirklichung des Rechts. Das Recht auf Arbeit schützt somit nach seinem persönlichen Geltungsbereich alle Menschen, die sich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhalten, unabhängig von der Dauer und Art ihres Aufenthaltes. Voraussetzung ist nur, daß sie das Hoheitsgebiet tatsächlich betreten haben. Dieser weite Geltungsbereich der im IPWSKR anerkannten Rechte ist auch den Fragen des Ausschusses zur Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen in den zu prüfenden Staaten zu entnehmen. l90 Damit schützt Art. 6 Abs. 1 IPWSKR alle Asylbewerber, die sich auf dem Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Einschluß der Transitbereiche befinden. 11. Sachlicher Geltungsbereich Die Bestimmung des sachlichen Geltungsbereiches zerfällt zunächst entsprechend der Aufteilung des Art. 6 IPWSKR in zwei Teile. Art. 6 Abs. 1 IPWSKR beschreibt das Abwehrrecht auf freie Berufswahl, und Art. 6 Abs. 2 IPWSKR enthält die näher ausgeführte Verpflichtung der Staaten, zur vollständigen Gewährleistung des Rechts auf Arbeit eine Politik der Vollbeschäftigung zu verfolgen. Eine Zwischenposition nimmt die Verpflichtung der Staaten zum Schutz des Rechts auf Arbeit ein, die sich aus der mittelbaren Drittwirkung des Rechts ergibt und den Erlaß von Gesetzen erfordert, durch welche die Arbeitsverhältnisse von Privatpersonen untereinander geregelt werden. Die Schutzverpflichtung ist einerseits Leistungspflicht und ähnelt damit den Pflichten aus Art. 6 Abs. 2 IPWSKR, ergibt sich andererseits aber aus der Freiheit der Berufswahl gemäß Art. 6 Abs. 1 IPWSKR, die als Abwehrrecht in gewissem Maße auch unter Privatpersonen gelten soll.

Im Ergebnis ebenso Craven, ICESCR, S. 213f. Vgl. z.B. UN Doc. E/C.12/liAdd.2 (1996), § 10; Ceausu, UN Doc. E/C.12/ 1996/SR.3, § 42: Asylbewerber, Ausländer, Wanderarbeitnehmer, Roma und Sinti, Flüchtlinge, Schwarzarbeiter. 189 190

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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1. Begriff der Arbeit

Der Begriff der Arbeit erwies sich im dritten Ausschuß der Generalversammlung als schwer definierbar. Arbeit ist sowohl selbständige wie auch unselbständige Erwerbstätigkeit. 191 Sie dient zunächst der Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes, denn wer sich nicht durch eigenes Vermögen unterhalten kann, muß arbeiten, um Geld zu verdienen. Zunehmende Bedeutung hat aber neben dem rein wirtschaftlichen Aspekt der Arbeit ihr persönlicher Aspekt erlangt. Arbeit dient heute in hohem Maße auch der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und stellt als solches einen eigenständigen Lebenszweck dar. 192 Nachdem der ursprüngliche Vorschlag der Menschenrechtskommission noch formuliert war: "... right to work, that is to say (... ) the opportunity (... ) to gain his living", 193 einigte man sich schließlich statt dessen auf den Ausdruck "which includes",194 der auch in der Endfassung erscheint, um zum Ausdruck zu bringen, daß das Recht eines jeden, seinen Lebensunterhalt durch eine eigene Tätigkeit zu verdienen, nur ein Teilaspekt des Rechts auf Arbeit ist. 195 Der Hinweis auf den Lebensunterhalt196 bedeutet, daß das Einkommen zur Befriedigung der Grundlebensbedürfnisse ausreichen sollte. 197 Näheres wird durch Art. 7 IPWSKR normiert, der das Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen betrifft und in lit. (a) (i) das Recht auf gerechte Löhne kodifiziert. 198 Der persönliche Aspekt der Arbeit wird durch die Betonung des Rechts auf freie Wahl des Arbeitsplatzes herausgehoben. Nur wer seinen Beruf und seine Arbeitsstelle frei wählen kann, ist in der Lage, die seinen Fähigkeiten und 191

Tomuschat in: Rosas u.a., Human Rights, S. 174, 184.

192 Ygl. Craven, ICESCR, S. 194; Drzewicki in: Eide u.a., ESCR, S. 169; Badura in:

Festschrift Berber, S. 11,34; Dollinger in: Festschrift Floretta, S. 131; Scholz in: Bökkenjörde/JekewitzIRamm, Soziale Grundrechte, S. 75; jeweils mwN. 193UN Doc. E/CN.4/571 (1951), dazu Erläuterungen von Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 17f. 194 Auf Vorschlag von Eustathiades (Griechenland), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 35. 195 Ygl. z.B. Mufti (Syrien), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 31; Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 34; Thierry (Frankreich), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 37; Ahmed (Pakistan), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 39; in der Menschenrechtskomrnission war dieser Gedanke allerdings auch schon vorgebracht worden, vgl. z.B. Azmi Bey (Ägypten), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 20f.; Jevremavic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 21; vgl. dazu Craven, ICESCR, S. 196f. mwN; Dollinger in: Festschrift Floretta, S. 131, 135. 196 "Living". 197Ygl. Ausschuß, UN Doc. E/C.1211993119, § 78; UN Doc. E/C.l211992/2, § 160; so auch schon Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 28; vgl. dazu Craven, ICESCR, S. 205. 198 Ygl. zu Art. 7 IPWSKR Craven, ICESCR, S. 226-247 mwN.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Interessen entsprechende Arbeit zu finden und auszuüben. In Art. 6 Abs. 1 PWSKR heißt es folglich: "work which he freely chooses or accepts".199 Durch die Verwendung der beiden Begriffe "chooses" und "accepts" soll zum Ausdruck kommen, daß sowohl die Wahl des Berufs als auch die Wahl der einzelnen Arbeitsstelle frei sein sollen. 200

2. Recht auffreie Berufswahl Das Recht auf freie Berufswahl aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR ist vergleichbar der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. Es ist ebenfalls enthalten in Art. 23 Abs. 1 AEMR,201 Art. 1 Abs. 2 ESC202 und in Art. 15 AfrMRK. 203 a) Zugang zum Arbeitsmarkt Art. 6 Abs. 1 IPWSKR umfaßt zunächst das Recht eines jeden auf Zugang zum Arbeitsmarkt, denn jeder muß die Möglichkeit haben, sich durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Der Staat muß demnach alles unterlassen, was den Zugang einzelner zum Arbeitsmarkt behindern könnte. Dies umfaßt echte Berufs- und Arbeitsverbote ebenso wie Zulassungsschranken und berufsregelnde Maßnahmen. Alle Verbote gegenüber einzelnen Personen oder Gruppen, bestimmte Berufe auszuüben oder überhaupt erwerbstätig zu sein, greifen in den Geltungsbereich des Art. 6 Abs. 1 IPWSKR ein. So hat der Ausschuß bei der Prüfung des Berichts von Österreich beispielsweise die Regelungen zur Beschränkung der Arbeitsmöglichkeiten für Ausländer kritisiert und darauf hingewiesen, daß solche Regelungen die Verwirklichung des Diskriminierungsverbotes beeinträchtigen können. 204 Bei der Prüfung des letzten Berichts von Deutschland hat er unter Hinweis auf den Bericht des ILO-Expertenausschusses angemerkt, daß die Entlassung von Beamten der ehemaligen DDR aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der SED oder aufgrund ihrer Mitarbeit im Staatssicherheitsdienst einen Eingriff in das Recht auf Arbeit der Betroffenen darstelle. Er betonte, daß solche Eingriffe ausschließlich durch objektive berufsbezogene 199 Vgl. zur Wahlfreiheit als Ausdruck der sozialen Komponente der Arbeit Yu (China), UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S. 12. 200 Vgl. z.B. Jaramil/o Arrobla (Kolumbien), UN Doc. AlC.3.1SR.7l2 (1956), § 14; siehe auch Craven, ICESCR, S. 199. 201 "Everyone has the right to work, to free choice of employment, ... and to protection against unemployment". 202 "With a view to ensuring the efTective exercise of the right to work, the Contracting Parties undertake: ( ... ) (2) to protect efTectively the right ofthe worker to earn his living in an occupation free1y entered upon". 203 "Every individual shall have the right to work". 204 UN Doc. E/C.1211994/20, §§ 253,259.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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Kriterien gerechtfertigt werden könnten, ohne näher darauf einzugehen, ob die genannten Kriterien als berufsbezogen einzustufen seien. 205 Der ILOExpertenausschuß hatte Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Entlassungen mit dem Verbot der Diskriminierung aufgrund der politischen Gesinnung aus Art. 1, 2 der einschlägigen ILO-Konvention Nr. 111 über die Diskriminierung im Beruf06 geäußert. 207 Er hat desgleichen die Praxis einiger Bundesländer kritisiert, welche die Einstellung von Personen in den öffentlichen Dienst verweigern, wenn diese nicht bereit sind, eine vorformulierte Erklärung zur Verfassungstreue zu unterzeichnen. 208 Der ILO-Expertenausschuß wies auf die Entscheidung des EGMR im Fall Vogt hin, wonach die Entlassung einer Lehrerin aus dem Beamtenverhältnis wegen ihrer Mitgliedschaft in der KPD einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der politischen Anschauung darstelle, und machte darauf aufmerksam, daß er diesen Fall bereits im Jahr 1987 als Diskriminierung im Beruf gemäß Art. 2 ILO-Konvention Nr. 111 gerügt hatte. 209 Ein weiteres Mal zeigt sich, daß die Auslegung des Geltungsbereiches eines der im Pakt anerkannten Rechte nur unter Berücksichtigung des Diskriminierungsverbotes erfolgen kann. Von den internationalen Gremien unbeachtet blieb die Frage der Zulassungsbeschränkungen für Apotheker in Deutschland, welche den Zugang von Apothekern zum Arbeitsmarkt beeinträchtigen und damit einen Eingriff in die Berufsfreiheit sowohl nach Art. 6 Abs. 1 IPWSKR als auch nach Art. 12 Abs. 1 deutsches Grundgesetz darstellen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu entschieden, daß die Zulassungsbeschränkungen gemäß Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigt seien. 21o Der Zugang zum Arbeitsmarkt wird nicht nur unmittelbar durch Zulassungsbeschränkungen behindert, sondern auch mittelbar durch berufsregelnde Maßnahmen. Das Verbot der Nachtarbeit für Frauen und Kinder ist beispielsweise zum Schutz dieser Personengruppen erlassen worden, stellt jedoch gleichzeitig eine Behinderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Frauen und UN Doc. E/C.1211993119, §§ 249, 253. ILO Convention (No. 111) concerning Discrimination in Respect of Employment and Occupation vom 25.6.1958, UNTS 362, S. 31, in Kraft getreten am 15.6.1960, im folgenden ILO-Konvention Nr. 111; am 29.9.1997 hatten 128 Staaten die ILOKonvention Nr. 111 ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Großbritannien, Irland und Luxemburg. 207 Vgl. Bericht des ILO-Expertenausschusses, ILConf. 83 (1996), Rapport m, Partie 4A, C.lll, Allemagne, §§ 7fT.; dazu auch Drzewicki in: Eide u.a., ESCR, S. 169, 178f. 208 Vgl. Bericht des ILO-Expertenausschusses, ILConf. 83 (1996), Rapport m, Partie 4A, C.lII, Allemagne, § 5. 209 Vgl. Bericht des ILO-Expertenausschusses, ILConf. 83 (1996), Rapport m, Partie 4A, C.lll, Allemagne, § 6; siehe dazu EGMR, Vogt gg. Deutschland, Urteil vom 26.9.1995, SeriesA, Vol. 323. 210 Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 11.6.1958, BVerfGE 7, S. 372-444. 205

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7 Dohmes-Ockenfels

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit Wld BildWlg im IPWSKR

Kinder dar. 211 Auch Werbeverbote fiir Selbständige können deren Zugang zum Arbeitsmarkt behindern. 212 Die obigen Feststellungen bedeuten nicht, daß jegliche Zugangsbeschränkung zum Arbeitsmarkt gleichzeitig eine Verletzung des Rechts auf Arbeit ist. Zugangsbeschränkungen stellen lediglich einen Eingriff in den sachlichen Geltungsbereich von Art. 6 Abs. 1 IPWSKR dar und müssen durch im Pakt eingeräumte Schranken des Rechts auf Arbeit gerechtfertigt sein, welche im dritten Teil dieser Arbeit untersucht werden. b) Negative Freiheit der Berufswahl Die Freiheit der Berufswahl bedeutet nicht nur, daß jeder das Recht hat, sich seinen Beruf und seine Arbeitsstelle zu wählen, sondern auch, daß jeder das Recht hat, sich gegen Arbeit zu entscheiden. Diese Interpretation ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 IPWSKR, denn es steht dem einzelnen nicht nur frei, einen Beruf zu wählen,213 sondern auch jede einzelne Arbeitsstelle anzunehmen. 214 Wenn aber die Annahme der Arbeitsstelle frei ist, so darf niemand gezwungen werden, eine bestimmte Arbeitsstelle anzunehmen, wie dies zum Beispiel im Rahmen einer allgemeinen Arbeitspflicht der Fall wäre. Im ursprünglichen Wortlaut von Art. 6 Abs. I IPWSKR kam dieser Aspekt des Rechts auf Arbeit deutlicher zum Ausdruck, denn dort war der Nebensatz "if he so desires,,215 vor "to gain his living" eingefügt. Er wurde später gestrichen, weil das Wort "freely" den gleichen Inhalt habe. 216 Spanien und Kolumbien befürworteten die Streichung des Nebensatzes zwar damit, daß er dem "sozialen Schmarotzertum,,217 Vorschub leiste, relativierten diese BemerkunVgl. dazu Tomuschat in Rosas u.a., Human Rights, S. 174, 184. 212 Vgl. für Apotheker BWldesverfassWlgsgericht, Beschluß vom 22.5.1996, NJW

2II

1996, S. 3067-3070, Beschluß vom 20.8.1996, NJW 1996, S. 3070-3071. 213 "Chooses" so Teil 2 B TI 1 214 "Accepts": s.~.· Teil 2: B.ll.·1.· 215 Vgl. z.B. Sörensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 9; Eustathiades (Griechenland), UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S. 9; Malik (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S. 10; Myrddin-Evans, UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S. 16; Simsarian (USA), UN Doc. ElCN.4/SR.218 (1951), S. 4. 216 De Almeida, UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 11; Mufti (Syrien), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 42; Rivas (Venezuela), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 44; Ponce (Ecuador), UN Doc. AlC.3/SR.711(1956), § 13; Marriot (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.711(1956), § 37; Elliot (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.712 (1956), § 8; Townsend Ezcurra (Peru), UN Doc. AlC.3/SR.712 (1956), § 13. 2I7 "Social parasitism", vgl. Aznar (Spanien), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 30; Jaramillo Arrubla (Kolumbien), UN Doc. AlC.3/SR. 709 (1956), § 44.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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gen jedoch später. 218 Die Interpretation, daß beide Staaten eine Arbeitspflicht als Teil des Rechts auf Arbeit beftirworteten,219 erscheint daher unhaltbar. Allerdings blieben einige Stimmen, die eine allgemeine gesetzlich festgelegte Arbeitspflicht mit dem Recht auf freie Berufswahl rur vereinbar hielten. 22o Sie argumentierten, unter der Prämisse, daß der Mensch arbeiten müsse, könne er sich sowohl seinen Beruf als auch die Arbeitsstelle frei wählen, so daß das Recht auf Arbeit von der Pflicht zur Arbeit unberührt bleibe. Schon sehr früh war dagegen in der Menschenrechtskommission klargestellt worden, daß das Recht auf Arbeit keineswegs mit einer allgemeinen Arbeitspflicht vereinbar sei. 221 Die gleiche Auffassung vertrat später die Mehrheit im dritten Ausschuß der Generalversammlung. 222 Auch bei der Erarbeitung von Art. 23 AEMR bestand Streit über die Vereinbarkeit einer allgemeinen Arbeitspflicht mit dem Recht auf Arbeit. Durch die Formulierung "Jedermann hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl ... " sollte jedoch deutlich gemacht werden, daß eine Pflicht zur Arbeit vom Recht auf Arbeit gerade nicht umfaßt werde. 223 Die Unvereinbarkeit einer allgemeinen Arbeitspflicht mit dem Recht auf Arbeit ist heute in den internationalen Gremien zur Überwachung des Rechts auf Arbeit unumstritten. Der Ausschuß hat bei der Berichtsprüfung in verschiedenen Fällen durch entsprechende Fragen erkennen lassen, daß die Existenz von Strafbestimmungen fiir Personen, die nicht berufstätig sein wollten, im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 IPWSKR jedenfalls problematisch ist. 224 Ebenso hat der ILO-Expertenausschuß das Vorhandensein einer Arbeitspflicht als

218 Aznar (Spanien), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 5; Jaramillo Arrobla (Kolumbien), UN Doc. AlC.3/SR.710 (1956), § 41. 219 So Craven, ICESCR, S. 198. 220 Vgl. z.B. Quan (Guatemala), UN Doc. AlC.3/SR.710 (1956), § 16; Rivas (Venezuela), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 21; Nestor (Rumänien), UN Doc. AlC.3/SR.712 (1956), § 7. 221 Vgl. z.B. Simsarian (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S.18f.; Sender (Confederation internationale des syndicats libres), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 19f.; Myrddin-Evans (ILO), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S. 30; Azkoul (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.268 (1952), S. 9; Kyrou (Griechenland), UN Doc. ElCN.4/SR.276 (1952), S. 6. 222 Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 34; Eustathiades (Griechenland), UN Doc. AlC.3/SR.709 (1956), § 35; Bengston (Schweden), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 25; U Thwin (Burma), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 32; Cheng (China), UN Doc. AlC.3/SR.71O (1956), § 35. 223 Vgl. dazu Källstr6m in: Eide u.a., Universal Dec1aration, Art. 23, S. 361f.; Verdoodt, Dec1aration Universelle S. 226. 224 Vgl. UN Doc. E/C.1211987/5, §§ 155f., 272.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Verletzung des Rechts auf Arbeit verurteilt. 225 Schließlich hat auch der Europäische Expertenausschuß zu Art. 1 Abs. 2 ESC festgestellt, daß diese Vorschrift jegliche Fonn des Zwangs bei der Wahl des Berufes ausschließt. 226 Etwas anderes gilt für die Frage, ob einzelnen Personen unter bestimmten Umständen die Pflicht auferlegt werden kann, gewisse Arbeiten zu verrichten, wie dies etwa der Fall ist, wenn die Gewährung von Sozialhilfe von der Leistung öffentlicher Arbeiten abhängig gemacht wird. 227 Hier wird keine für alle Personen geltende allgemeine Arbeitspflicht postuliert, weil etwa Personen, die sich durch ihr Vennögen selbst unterhalten können, nicht verpflichtet werden, einen Beruf zu ergreifen. Eine solche Pflicht zur Leistung von Arbeit für Sozialhilfeempfanger greift in den sachlichen Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit der Sozialhilfeempfanger ein, kann aber durch die im Pakt eingeräumten Schranken des Rechts auf Arbeit gerechtfertigt sein. 228 Das Recht auf freie Wahl der Arbeitsstelle bedeutet aber nicht nur, daß sich jeder gegen die Arbeit insgesamt entscheiden kann, sondern auch, daß jeder das Recht hat, einen Beruf abzulehnen und einen anderen zu ergreifen. Dabei kann eine Unterscheidung zwischen nützlichen und nicht nützlichen Berufen nicht getroffen werden. Die Verfasser des Paktes haben dies bereits sehr früh erkannt. In der Menschenrechtskommission wurde der Vorschlag, nur das Recht auf "nützliche" Arbeit zu schützen,229 als rechtlich undurchsetzbar abgelehne30 . Gleichwohl haben die sozialistischen Staaten zum Beispiel künstlerische Berufe nicht als Arbeit anerkannt und ihre Staatsbürger dazu verpflichtet, einen "nützlichen" Beruf zu ergreifen. 231 Seit dem Untergang des Sozialismus, mit dessen Ideologie diese Praxis verbunden war, spielen sowohl das Problem einer allgemeinen Arbeitspflicht als auch die Frage der Nützlichkeit von Berufen heute keine große Rolle mehr.

m So z.B. ILConf. 70 (1984), Rapport m, Partie 4 A, C.29, Pologne, § 2.

Council of Europe, Committee of Independent Experts on the European Social Charter, Conclusions (im folgenden ESC-Conclusions), m (1973), S. 5; Sieghart, Human Rights, § 18.1.4; vgl. dazu GomienIHam'sIZwaak, ECHR and ESC, S. 382f. 227 Vgl. dazu Maaßen, Rechtsstellung des Asylbewerbers, S. 343. 228 Dazu kritisch Tomuschat, ZAR 1984, S. 98, IOlf. 229 Vgl. Vorschlag von Dänemark, UN Doc. E/CN.4/542 (1951); Ciasullo (Uruguay), UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S. 9; Yu (China), UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S.12. 230 Vgl. z.B. Bowie (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.206 (1951), S.10f.; Myrddin-Evans (Int. Arbeitsbüro), UN Doc. E/CN.4/SR.217 (1951), S. 15f. 231 Dazu Tomuschat in: Rosas u.a., Human Rights, S. 174, 184. 226

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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c) Verbot der Zwangsarbeit Im Gegensatz zur allgemeinen Arbeitspflicht, welche alle Personen gleichermaßen trifft, ist die Zwangsarbeit eine Tätigkeit, welche einzelnen Personen oder Personengruppen aus unterschiedlichen Gründen auferlegt wird. Wie die allgemeine Arbeitspflicht wird die Zwangsarbeit, welche einen noch stärkeren Eingriff in die Freiheit der Berufswahl darstellt, durch Art. 6 Abs. I IPWSKR grundsätzlich verboten. 232 Das Verbot der Zwangsarbeit ist ebenfalls geregelt in Art. 8 Abs. 3 IPBPR und in den beiden ILO-Konventionen Nr. 29 233 und 105 234 , die zur Interpretation von Art. 6 IPWSKR herangezogen werden können. 235 Gemäß Art. 2 Abs. 1 ILO-Konvention Nr. 29 ist Zwangsarbeit jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat. 236 Ausgenommen von dieser Definition sind gemäß Art. 2 Abs. 2 ILO-Konvention Nr. 29 gewisse Arbeitspflichten im Rahmen des Militärdienstes, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehörenden oder die durch Strafurteil auferlegten Arbeitspflichten sowie Arbeitspflichten in Katastrophen- oder Kriegsfällen. 237 Diese Arbeitspflichten können im Rahmen des IPWSKR als zulässige Einschränkungen des Rechts auf Arbeit gerechtfertigt werden. Der Ausschuß hat bislang hinsichtlich der Frage der Zwangsarbeit Zurückhaltung gezeigt, möglicherweise, weil das Verbot der Zwangsarbeit ausdrücklich sowohl im IPBPR als auch in den ILO-Konventionen geregelt ist und daher andere Menschenrechtsgremien näher damit befaßt sind. 238 d) Garantie des Arbeitsplatzes Es wurde bei der Erarbeitung des IPWSKR argumentiert, daß das Recht auf freie Berufswahl die Pflicht des Staates beinhalte, dafiir zu sorgen, daß jeder in

So auch Craven, ICESCR, S. 205. ILO Convention (No. 29) concerning Forced Labour vom 28.6.1930, LNTS 39, S.55ff., in Kraft getreten am 1.5.1932, im folgenden ILO-Konvention Nr. 29; am 29.9.1997 hatten 145 Staaten die ILO-Konvention Nr. 29 ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 234 ILO Convention (No. 105) concerning the Abolition of Forced Labour vom 25.6.1957, UNTS 320, S. 291ff., in Kraft getreten am 17.1.1959; am 29.9.1997 hatten 127 Staaten die ILO-Konvention Nr. 105 ratiflziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 235 Vgl. auch Drzewicki in: Eide u.a., ESCR, S. 169, 177ff.; Craven, ICESCR, S.218. 236 Vgl. zum Verbot der Zwangsarbeit auch Seidel, Handbuch, S. 192. 237 Vgl. näher dazu Betten, Labour Law, S. 127-155; Bobke in: Däubler u.a., Arbeitsu. Sozialordnung, S. 255-258; beide mwN. 238 Vgl. dazu Craven, ICESCR, S. 219f. 232 233

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

dem Beruf tätig sein könne, den er sich selbst gewählt habe. 239 Damit sollte ein Recht auf Verschaffung eines Arbeitsplatzes in den IPWSKR hineingelesen werden. Die Mehrheit der Staaten ging dagegen davon aus, daß ein solches Recht nicht zu gewährleisten sei, weil die Schaffung unbegrenzt vieler Arbeitsstellen in einer bestimmten Berufssparte nicht zu verwirklichen sei. 240 Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 IPWSKR läßt Raum für beide Interpretationen. Das Wort "Möglichkeit" kann verstanden werden im Sinn von "Gelegenheit" und meint dann lediglich das Recht, frei von staatlichen Eingriffen eine Arbeit zu suchen. Andererseits kann man argumentieren, daß die "Möglichkeit" zur freien Wahl eines Berufs voraussetzt, daß ausreichende Arbeitsplätze in den gewünschten Berufssparten vorhanden sind, wofiir der Staat aufgrund seiner Verpflichtung zu sorgen habe. Die Diskussion der Verfasser zu dieser Auslegung deutet aber an, daß das Wort Möglichkeit im Sinne von Gelegenheit verstanden und eine Pflicht des Staates, Arbeitsplätze in gewünschten Sparten zu schaffen, gerade nicht begründet werden sollte. 241 Zu beachten ist diesem Zusammenhang, daß der Vorschlag der UdSSR, das Recht auf Arbeit in Art. 6 Abs. 1 IPWSKR zu "garantieren",242 nicht angenommen wurde. Schon bei der Erarbeitung von Art. 23 AEMR war die UdSSR mit dem Versuch, eine Arbeitsplatzgarantie zu schaffen, gescheitert. 243 Eine Garantie des Rechts hätte die Verpflichtung der Staaten zur Verschaffung von Arbeitsplätzen beinhaltet, doch statt dessen erkennen die Staaten in Art. 6 Abs. 1 IPWSKR das Recht auf Arbeit gemäß dem Vorschlag Australiens nur 239 Azkoul (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.268 (1952), S. 8; Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR.277 (1952), S. 11; Santa Cruz (Chile), E/CN.4/SR.275 (1952), S. 12; Bracco (Uruguay), UN Doc. E/CN.4/SR.269 (1952), S.9; Kovalenko (Ukraine), UN Doc. E/CN.4/SR.269 (1952), S. 10; Boratynski (Polen), UN Doc. E/CN.4/SR.275 (1952), S.9; Kahn (World Fed. of Trade Unions), UN Doc. E/CN.4/SR.276 (1952), S. 7f. 240 Vgl. Myrddin-Evans (Int. Arbeitsamt), UN Doc. ElCN.4/SR.216 (1951), S.30; Nisot (Belgien), UN Doc. E/CN.4/SR.268, S. 8; Roosevelt, UN Doc. E/CN.4/SR.269 (1952), S. 6 und UN Doc. E/CN.4/SR.275 (1952), S. 11; R6ssel (Schweden), UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S.6; Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.275 (1952), S. 12; dazu auch Craven, lCESCR, S. 195f.; Smit, Passende arbeid, S. 81-97, mwN. 241 Vgl. Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/AC.l4/SR.3 (1951), S. 16; Jouhaux (Vertreter der Arbeitnehmer, Int. ArbeitsbÜfo), UN Doc. E/CN.4/AC.13/SR.3 (1951), S. 16f.; Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/AC.14/SR.3 (1951), S. 17; Malik (Libanon), UNDoc. E/CN.4/AC.14/SR.3 (1951), S. 19. 242 "Guarantee", vgl. den Vorschlag der Sowjetunion in UN Doc. E/CN.4/537 (1951), UN Doc. E/CN.4IL.45 (1952); dazu die Bemerkungen des sowjetischen Vertreters in der Menschenrechtskommission Morosov, z.B. UN Doc. E/CN.4/SR.216 (1951), S.11ff. 243 Vgl. Källström in: Eide u.a., Universal Declaration, Art. 23, S. 362.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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an. 244 Die sehr kontroverse Diskussion über die Aufnahme einer Arbeitsplatzgarantie zeigt schon, daß keine Einigkeit über eine entsprechende Verpflichtung der Staaten erzielt werden konnte. Hätte eine Mehrheit der Staaten das Vorliegen einer Garantie befürwortet, so hätte man sich auf einen klareren Wortlaut einigen können. Schon die Entstehungsgeschichte spricht also gegen eine extensive Auslegung des Wortes "Möglichkeit". Auch ist Art. 6 Abs. 2 IPWSKR zu beachten, wonach die Staaten eine Politik mit dem Ziel der Vollbeschäftigung zu verfolgen haben,245 aber keineswegs Vollbeschäftigung garantieren und damit dem einzelnen kein Recht auf einen Arbeitsplatz einräumen. Der Hinweis auf das Ziel der Vollbeschäftigung und entsprechend zu unternehmende Schritte wäre überflüssig, wenn das Recht auf eine Arbeitsstelle bereits in Art. 6 Abs. 1 IPWSKR verankert wäre. Es zeigt sich, daß Art. 6 Abs. 1 IPWSKR als reines Freiheitsrecht konzipiert ist und den Staat nicht zur Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern lediglich zur Unterlassung von Maßnahmen verpflichtet, welche die Berufswahl von Personen behindern könnten. Das Recht auf die Möglichkeit der freien Berufswahl bezieht sich in Art. 6 Abs. 1 IPWSKR damit allein auf die freie Wahl unter den vorhandenen Arbeitsplätzen.

3. Drittwirkung des Rechts aufArbeit Der Schutz des Rechts auf Arbeit beinhaltet die Pflicht der Staaten, vornehmlich durch den Erlaß von Gesetzen sicherzustellen, daß das Recht auch in den Beziehungen zwischen Privatpersonen gewahrt wird. 246 Die Schutzebene des Rechts auf Arbeit wird ausführlich behandelt in Art. 7 IPWSKR, welcher das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen enthält. Hier werden die Staaten im wesentlichen verpflichtet, Schutzgesetze zur Sicherung der Bedingungen am Arbeitsplatz und im Arbeitsverhältnis zu erlassen. Art. 6 Abs. 1 IPWSKR befaßt sich dagegen nicht mit dem Recht in der Arbeit, sondern mit dem Recht zur Arbeit, dessen Schutz insbesondere das Recht des Arbeitnehmers umfaßt, eine angenommene Arbeitsstelle auszufiillen. Damit sind nicht nur Vorschriften über die Annahmepflichten von Arbeitgebern in bezug auf angebotene Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer erfaßt, sondern vor allem Kündigungsschutzvorschriften. 247 Der Ausschuß hat sich bislang zu der Frage des Schutzes vor willkürlichen Entlassungen im Arbeitsrecht nur sporadisch geäußert, doch seine Bemerkungen haben erkennen lassen, daß er den Schutz vor willkürlichen Entlassungen ,

Vgl. UN Doc. E/CN.4/AC.l4/2 (1951), S. 3. S.u. Teil2, B.II.4. 246 Dazu Drzewicki in: Eide u.a., ESCR, S. 169, 182. 247 So z.B. Craven, ICESCR, S. 221; Drzewicki in: Eide u.a., ESCR, S. 169, 182f. 244 245

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

als Teil des Rechts auf Arbeit aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR begreift. 248 Hinsichtlich des Rechts auf eine Wohnung gemäß Art. 11 Abs. 1 IPWSKR, mit dem sich die Mitglieder des Ausschusses eingehend befaßt haben, ist ausgeführt worden, daß die Personen, welche eine Wohnung haben, bis zu einem gewissen Grad vor der zwangsweisen Räumung geschützt werden müssen. 249 Es ist davon auszugehen, daß der Ausschuß eine vergleichbare Haltung auch in bezug auf den Schutz des Rechts auf Arbeit einnimmt. Bei der Aufstellung von Verpflichtungen zum Schutz eines Rechts ist allerdings stets zu beachten, daß die geforderten Schutzgesetze zwangsläufig in die Freiheitsrechte anderer Personen eingreifen. Die freie Wahl des Arbeitsplatzes ist nichts wert, wenn die Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer jederzeit grundlos entlassen können. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit würde eine solche Willkür das Recht auf Arbeit aushebeln. Der Schutz vor willkürlichen Entlassungen von Arbeitnehmern beschränkt allerdings die Berufsfreiheit der Arbeitgeber, die in der Führung ihrer Betriebe nicht mehr vollkommen frei sind. Der Erlaß von Gesetzen zum Schutz eines Rechts zwischen Privatpersonen muß also das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung der Interessen der Betroffenen sein. Hier zeigt sich die Zwischenposition der Schutzebene von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten. Der Schutz von Rechten ist nur möglich, wenn die Staaten einerseits positive Maßnahmen ergreifen und andererseits größtmögliche Zurückhaltung beim Ergreifen dieser Maßnahmen üben.

4. Politik der Vollbeschäftigung Art. 6 Abs. 2 IPWSKR beschreibt die staatlichen Leistungspflichten, welche das Recht auf Arbeit umfaßt. Schon durch den Wortlaut der Vorschrift wird deutlich, daß aus Art. 6 Abs. 2 dem einzelnen keine Rechte erwachsen, denn erwähnt werden nur die Vertragsstaaten, nicht aber "jedermann". Auch das Wort "Recht" erscheint hier nicht. Es handelt sich hier um die Leistungsebene des Rechts auf Arbeit, auf der die Staaten mit der Einräumung von Rechten des einzelnen zurückhaltend sind. 250 Dementsprechend sind auch die Verpflichtungen nur in sehr allgemeinen Fonnulierungen aufgezählt, welche den Vertrags staaten bei der Erfüllung einen großen Ennessensspielraum in bezug auf Zeitpunkt, Art und Ausmaß der zu ergreifenden Maßnahmen gewähren. In der Begründung rein zwischenstaatlicher Verpflichtungen kann eine Parallele 248 Vgl. z.B. UN Doc. E/C.12/1987/5, §§ 30,155; UN Doc. E/C.1211/AddA (1996), §31. 249Vgl. Allgemeine Bemerkung Nr. 4 (1991), UN Doc. E/C.121199114, Annex m, § 8 lit. a. 250 Siehe dazu die Bemerkung von Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CNA/SR.275 (1952), S. 12; vgl. auch Craven, ICESCR, S. 205.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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zu Art. 1 Abs. 1, 3, 4 ESC hergestellt werden, dessen Verpflichtungen denen des Art. 6 Abs. 2 IPWSKR weitgehend entsprechen. Ziele der Politik der Mitgliedstaaten sollen gemäß Art. 6 Abs. 2 IPWSKR stetiges Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung sein. Dieses Ziel darf aber nicht um jeden Preis erreicht werden, wie der Hinweis auf die Einhaltung politischer und wirtschaftlicher Grundfreiheiten des einzelnen deutlich macht. 251 Der Hinweis war auf Betreiben der westlichen Staaten eingefügt worden, die verhindern wollten, daß eine Politik der Beschäftigung im Rahmen eines totalitären Herrschaftssystems als vereinbar mit Art. 6 Abs. 2 IPWSKR betrachtet werden könnte. 252 Die Formulierung des Art. 6 Abs. 2 IPWSKR zeigt, daß die Geschwindigkeit der Erfüllung der hier vorgegebenen Verpflichtungen von Struktur und wirtschaftlicher Entwicklung im Vertragsstaat abhängt. Die Staaten haben lediglich Schritte zu unternehmen, um eine stetige Entwicklung auf dem Weg zur Vollbeschäftigung zu erzielen. Dabei kommt es nicht darauf an, daß dieses Ziel jemals erreicht wird,253 solange es zu keinem Zeitpunkt außer acht gelassen wird. 254 Damit ist den Staaten fast völlige Freiheit bei der Verfolgung ihrer Beschäftigungspolitik gegeben, was zu ergreifende Schritte oder einzusetzende Mittel anbelangt. Es ist dies die für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte typische Leistungsebene, die von der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit der Staaten abhängt und daher nicht in allen Staaten in gleichem Maße und mit gleicher Geschwindigkeit erfüllbar ist. 255 Der ESCExpertenausschuß verlangt aus diesem Grund von den Vertragsstaaten der ESC nicht, daß die Beschäftigungssituation sich von Berichtszeitraum zu Berichtszeitraum verbessert, sondern daß die Staaten Bemühungen darlegen, welche eine stetige Verbesserung der Beschäftigungssituation bezwecken. 256 Die große Freiheit der Vertragsstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen ergibt sich insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 IPWSKR, der die Art und Weise der Erfüllung der staatlichen Verpflichtungen betrifft. Da er den Staaten die Möglichkeit zur Einschränkung der im Pakt anerkannten Rechte gibt, wird er 251 So auch Källström in: Eide u.a., Universal Dec1aration, Art. 23, S. 363. m Azkoul (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.276 (1952), S. 13f.; Rössel (Schweden), UN Doc. E/CN.4/SR.277 (1952), S. 4. 253 So auch Craven, ICESCR, S. 206. 254 Vgl. Tomuschat in: Rosas u.a., Human Rights, S. 174, 184; so auch ESCConc1usions I (1969/70), S. 14. m Vgl. zur Diskussion in der Menschenrechtskonunission und im dritten Ausschuß der Generalversammlung Craven, ICESCR, S. 199ff. 256 ESC-Conc1usions I (1969/70), S. 13f.; ESC-Conc1usions II (1971), S. 3; siehe auch Sieghart, Human Rights, § 18.1.4; vgl. dazu Gomien/Harris/Zwaak, ECHR and ESC, S. 382.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

im dritten Teil dieser Arbeit gesondert behandelt. An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, daß der Ausschuß bei der Prüfung der Staatenberichte zur Verwirklichung der Rechte die wirtschaftliche Entwicklung im Land zu beIÜcksichtigen hat,257 was die Feststellung von Pflichtverletzungen in besonderem Maße erschwert. Gemäß Art. 6 Abs. 2 IPWSKR schließen die Schritte, welche die Staaten zu unternehmen haben, die fachliche und berufliche Beratung sowie Ausbildungsprogramme ein. Der Ausschuß greift zur Interpretation dieser Verpflichtungen auf verschiedene ILO-Konventionen ZUlÜck, da sich die ILO bereits seit langer Zeit mit Fragen der Berufsberatung und der beruflichen Ausbildung zur Förderung der Vollbeschäftigung befaßt hat. 258 a) Fachliche und berufliche Beratung Die fachliche und berufliche Beratung urnfaßt zum einen die reine Beratungstätigkeit über Erfordernisse, Inhalte und Möglichkeiten bestimmter Berufe, zum anderen aber auch die Vermittlung freier Arbeitsstellen. Der Ausschuß hat sich bislang über Einzelheiten zu den Beratungspflichten nicht geäußert, doch in seinen Richtlinien zur Abfassung der Staatenberichte empfiehlt er den Staaten, bei ihren Berichten über die Implementierung von Art. 6 Abs. 2 IPWSKR auf ihre Berichte gegenüber der ILO zu verweisen. 259 Dies deutet an, daß er die relevanten ILO-Konventionen als Auslegungshilfen für Art. 6 Abs. 2 IPWSKR heranziehen möchte. Einschlägig ist beispielsweise die ILO-Konvention Nr. 96,260 welche Regelungen zur Abschaffung kostenpflichtiger Arbeitsvermittlungen enthält und lediglich ausnahmsweise die Existenz solcher Vermittlungen zuläßt. 261 Für die europäischen Staaten stellt die ESC in Art. 1 Abs. 3 eine ähnliche Verpflichtung auf, wonach den Arbeitnehmern kostenlose Arbeitsvermittlungen zur Verfügung zu stellen sind, wenn auch kostenpflichtige Arbeitsvermittlungen daneben existieren können. 262 Der ESC-Expertenausschuß hat des weiteren festgestellt, daß im Rahmen unentgeltlicher Arbeitsvermittlungsdienste weder

Vgl. UN Doc. ElC.1211987/5, §§ 302ff. Vgl. wnfassend dazu Betten, Labour Law, S. 361. 259 Reporting Guidelines, siehe auch Craven, ICESCR, S. 207, Fn. 117. 260 110 Convention (No. 96) concerning fee-charging employment agencies (revised 1949) vom 1.7.1949, in Kraft getreten am 18.7.1951; am 29.9.1997 hatten 42 Staaten die Il,o-Konvention Nr. 96 ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Dänemark, Griechenland, Großbritannien und Österreich. 261 Vgl. dazu Betten, Labour Law, S. 346f. 262 ESC-Conc1usions XII-I (1988/89), Art. 1 Abs. 3, Dänemark, S. 65. 257 258

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zu Kosten der Arbeit!>vermittlung herangezogen werden dürfen?63 Der IPWSKR schweigt sich über die Frage der Kostenpflichtigkeit von Beratungstätigkeiten völlig aus. Zweck der Arbeitsvermittlungsdienste ist es, Menschen Arbeit zu vermitteln, die keine Arbeitsstelle haben. Diese Menschen werden in der Regel nicht die finanziellen Mittel haben, um sich kostspielige Vermittlerdienste leisten zu können. Die Verpflichtung zu beruflicher und fachlicher Beratung ist daher nur sinnvoll, wenn sie für die Bedürftigen auch erschwinglich ist. Die Regelungen in der ILO-Konvention Nr. 96 und in der ESC, wonach jedenfalls eine kostenfreie Arbeitsvermittlung angeboten werden muß, erscheint daher auch dem Sinn und Zweck von Art. 6 Abs. 2 IPWSKR zu entsprechen. Die Vertragsstaaten müssen zumindest neben kostenpflichtigen Vermittlungsdiensten auch kostenfreie Dienste bereitstellen. Es bleibt ihnen aber freigestellt, ob sie ihrer Verpflichtung durch das Angebot behördlicher Dienste oder die Einrichtung privater Institutionen nachkommen. b) Ausbildungsprogramme Die Erwähnung von Ausbildungsprogrammen auf dem Weg zur Verwirklichung des Rechts auf Arbeit stellt die enge Verbindung zwischen dem Recht auf Bildung aus Art. 13 IPWSKR und dem Recht auf Arbeit besonders deutlich heraus, denn in Art. 13 IPWSKR ist das Recht auf berufliche Bildung ausführlich beschrieben. 264 Es zeigt sich eine Parallele zu der ESC, in deren Art. 1 Abs. 4 das Recht auf berufliche Bildung als Teil des Rechts auf Arbeit genannt ist, während es in Art. 9 und 10 ESC im Rahmen der Bildungsrechte näher ausgeführt ist. Die ILO hat mehrere Empfehlungen über die Berufsausbildung in verschiedenen Berufen abgegeben. 265 Die ILO-Konvention Nr. 142266 als einziges rechtlich bindendes Instrument stellt in Art. 1 Abs. 1 die Verpflichtung auf, umfassende und koordinierte Ausbildungsprogramme zu erstellen, die auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt und Erfordernisse der Beschäftigten berücksichtigen. Der einzelne soll gemäß Art. lAbs. 4, 5 ILO-Konvention Nr. 142 in die Lage versetzt werden, seine Fähigkeiten in Übereinstimmung mit 263 Vgl. z.B. ESC-Conc1usions XII-I (1988/89), Art. 1 Abs.3, Dänemark, S.65; Sieghart, Human Rights, § 18.1.4. 264 Art. 13 Abs. 2 lit. b IPWSKR. 265 Für eine AufZählung der Empfehlungen vgl. Betten, Labour Law, S. 348. 266 n.O Convention (No. 142) concerning vocational guidance and vocational training in the development ofhuman resourees vom 23.6.1975, BGBL 1980 Teil TI, S. 1370, in Kraft getreten am 19.7.1977; am 29.9.1997 hatten 59 Staaten die n.O-Konvention Nr. 142 ratifIziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Belgien und Luxemburg.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

seinen eigenen Interessen und Vorhaben bestmöglich zu entwickeln. Auch außerhalb des formalen Bildungssystems sind nach Art. 3, 5 ILO-Konvention Nr. 142 Weiterbildung und Umschulung unter Konsultation von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu ermöglichen. Betrachtet man das Ziel der Ausbildungsprogramme gemäß Art. 6 Abs. 2 IPWSKR, so ist zu beachten, daß durch eine fundierte Ausbildung nicht nur die Arbeitslosigkeit bekämpft wird, sondern auch die Arbeitsaussichten jedes einzelnen verbessert werden. Hier zeigt sich nochmals die Verbindung zwischen staatlicher Beschäftigungspolitik und dem individuellen Wohlergehen. 267 Die Frage, ob staatliche Ausbildungsförderung nur durch staatliche Stellen gewährleistet werden soll oder ob auch private Arbeitgeber Ausbildungsprogramme durchführen können, wird weder im Pakt noch in den ILOInstrumenten behandelt. Bedenkt man, daß die Staaten in der Art und Weise, wie sie ihre Verpflichtungen erfüllen, frei sind, so ist der Schluß zwingend, daß es den Staaten überlassen bleibt, wie sie die Berufsausbildung regeln wollen. Dabei ist sowohl die rein privatrechtliche Berufsausbildung wie auch die rein staatliche Ausbildung, aber auch das deutsche duale System der Kombination von privatem Ausbildungsplatz und öffentlich-rechtlich geführter Berufsschule möglich. c) Besonderer Schutz für bestimmte Gruppen Der Ausschuß hat in zwei Allgemeinen Bemerkungen herausgestellt, inwiefern die im Pakt kodifizierten Rechte für behinderte oder ältere Menschen zu erfüllen sind. 268 Er hat bezüglich behinderter Menschen festgestellt, daß zur Erfüllung der Rechte dieser Menschen der Staat weit mehr zu tun habe, als lediglich einschränkende Maßnahmen zu verhindern. Er habe positive Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere offene oder versteckte Diskriminierung zu verhindern. 269 Hinsichtlich des Rechts auf Arbeit stellt der Ausschuß fest, daß hier die Diskriminierung behinderter Menschen besonders deutlich werde. Das Recht behinderter Menschen auf freie Berufswahl werde nicht erfüllt, wenn diese lediglich in Behindertenwerkstätten tätig sein könnten. Soweit die Behinderten zur Erfüllung einer Therapie bestimmte Tätigkeiten erledigen

267 Vgl. dazu auch Betten, Labour Law, S. 351. 268Vgl. General Comment No. 5 (1994), UN Doc. E/C.1211994/20, Annex IV, im folgenden Allgemeine Bemerkung Nr. 5; General Comment No. 6 (1995), UN Doc. E/C.1211995118, Annex IV, im folgenden Allgemeine Bemerkung Nr. 6. 269 Allgemeine Bemerkung Nr. 5 (1994), UN Doc. E/C.12/1994/20, Annex IV; §§ 9,

13.

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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müßten, könnte auch das Verbot von Zwangsarbeit betroffen sein. 270 Zur Abschaffung der Diskriminierung sei es erforderlich, bestimmte Anforderungen an die Arbeitsplatzgestaltung zu stellen, die es Behinderten rein tatsächlich ermöglichten, bestimmte Tätigkeiten auszuführen. 271 Die technische und berufliche Ausbildung müsse die besonderen Situationen Behinderter berücksichtigen und ihnen ermöglichen, ihre speziellen Fähigkeiten bestmöglich einzusetzen. 272 Der Ausschuß empfiehlt in diesem Zusammenhang den Mitgliedstaaten die Ratifikation der ILO-Konvention Nr. 159 (1983) über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. 273 Zu den Rechten älterer Menschen hat der Ausschuß ausgeführt, daß diese gerade in Zeiten wirtschaftlicher Rezession oder Restrukturierung besonders gefährdet seien. Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, daß diskriminierende Handlungen oder Gesetze abgeschafft werden. 274 Insbesondere mit Blick auf das Recht auf Arbeit älterer Menschen sei es eine wichtige Pflicht der Staaten, durch Gesetzgebung oder sonstige Maßnahmen die Diskriminierung wegen Alters zu unterbinden. 275 5. Beschränkungen der Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern als Eingriff in den sachlichen Ge/tungsbereich des Rechts aufArbeit

Die Regelungen zur Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern betreffen ausschließlich den Zugang zum Arbeitsmarkt und damit lediglich das Abwehrrecht auf freie Berufswahl aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR. a) Arbeit Die durch die Asylverfahrensvorschriften betroffenen Tätigkeiten von Asylbewerbern stellen Formen von Arbeit dar, denn es handelt sich um Beschäftigungen, die mit dem Ziel der Finanzierung des Lebensunterhaltes ausgeübt werden. Daneben geben solche Beschäftigungen Asylbewerbern auch einen 270 Allgemeine Bemerkung Nr. 5 (1994), UN Doc. E/C.1211994/20, Annex IV; §§ 21. 271 Allgemeine Bemerkung Nr. 5 (1994), UN Doc. E/C.1211994/20, Annex IV; §§ 23. 272 Allgemeine Bemerkung Nr. 5 (1994), UN Doc. E/C.l2/1994/20, Annex IV; §§ 24. 273ll-O Convention (No. 159) concerning vocational rehabilitation and employment of persons with disabilities vom 20.6.1983, BGB!. 1990, Teil II, S. 170, in Kraft getreten am 20.6.1985; am 29.9.1997 hatten 60 Staaten die ll-O-Konvention Nr. 159 ratifziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Belgien, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Portugal und Österreich. 274 Allgemeine Bemerkung NT. 6 (1995), UN Doc. E/C.1211995/18, Annex IV, §§ 17f. 275 Allgemeine Bemerkung NT. 6 (1995), UN Doc. E/C.1211995/18, Annex IV, § 22.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Sinn ihres Aufenthaltes, der sich sonst durch das Warten auf Fortschritte im Asylverfahren und allgemeine Tatenlosigkeit auszeichnet. b) Situation im Transitbereich Bevor die Rechtslage in den einzelnen Staaten betrachtet wird, muß festgestellt werden, daß alle Mitgliedstaaten, die ein Asylverfahren im Transitbereich an Flug- oder Seehäfen kennen, den Asylbewerbern in diesen Bereichen das Recht auf Arbeit vollständig verweigern. Die Asylbewerber können sich in den Transitbereichen aufhalten und werden versorgt, doch da sie nicht als eingereist gelten und den Transitbereich nur in Richtung Ausland wieder verlassen können, haben sie keinerlei Möglichkeit, erwerbstätig zu sein. Das Besondere an ihrer Situation liegt darin, daß sie nach nationalem Recht den Boden des Aufnahrnestaates noch nicht betreten haben, nach Völkerrecht aber bereits dem Menschenrechtsschutz unterliegen. Der Aufenthalt im Transitbereich ist in der Regel auf wenige Tage beschränkt, so daß die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit im Normalfall gar nicht erst entstehen kann. Zur vollständigen Bewertung der Rechtsstellung der Asylbewerber muß aber selbst der hypothetische Fall einer Erwerbsmöglichkeit beIÜcksichtigt werden, zumal sich in Ausnahmefällen der Aufenthalt auf mehrere Monate ausdehnen kann. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Arbeitsmöglichkeiten soll jedoch für den Transitbereich gesondert betrachtet werden. c) Arbeitsverbot Die Auferlegung eines gesetzlichen Arbeitsverbotes stellt den stärksten Eingriff in die Freiheit der Berufswahl der Asylbewerber dar, denn diese Freiheit ist während der Dauer des Arbeitsverbotes aufgehoben. Damit liegt ein Eingriff in den sachlichen Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit in Dänemark, Deutschland, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Portugal und Schweden vor, dessen Intensität von der Dauer des Arbeitsverbotes abhängt. d) Arbeitserlaubnis als Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt Schon das Erfordernis einer Arbeitserlaubnis stellt einen Eingriff in das Recht auf freie Berufswahl dar, denn die von dem Genehrnigungserfordernis Betroffenen können eine ihnen angebotene Arbeitsstelle nicht einfach antreten. Selbst wenn die Arbeitserlaubnis ausschließlich Registrierungszwecken dient, so behindert sie den freien Zugang zum Arbeitsmarkt. In Belgien wird Asylbewerbern, deren Antrag zulässig ist, auf Antrag eine Arbeitserlaubnis erteilt, wenn diese ein konkretes Arbeitsangebot vorweisen können. Diese Arbeitserlaubnis dient lediglich der Registrierung erwerbstätiger Ausländer und stellt damit nur einen geringen Eingriff in das Recht auf

B. Das Recht auf Arbeit gemäß Art. 6 IPWSKR

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Arbeit der Asylbewerber dar. Da das Erfordernis der Arbeitserlaubnis nur Ausländer trifft, liegt gleichzeitig eine Ungleichbehandlung der Asylbewerber in ihrer Eigenschaft als Ausländer vor, welche dem Diskriminierungsverbot unterliegt. In Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und Spanien wird die Erteilung einer Arbeitserlaubnis rur Asylbewerber an Voraussetzungen geknüpft, welche den Zugang der Asylbewerber zum Arbeitsmarkt nicht nur erschweren, sondern ausschließen. Die Regelungen dieser Staaten stellen einen ebenso intensiven Eingriff in das Recht auf freie Berufswahl der Asylbewerber dar wie die gesetzlichen Arbeitsverbote in anderen Staaten. Soweit jedoch der Vorrang von EU-Bürgern und anderen bevorrechtigten Ausländern nach einer gewissen Dauer des Verfahrens aufgehoben wird, wie dies in Deutschland und den Niederlanden der Fall ist, sind die Regelungen einern zeitlich befristeten Arbeitsverbot gleichzustellen. Soweit die Asylbewerber nach dem Ende dieses faktischen Arbeitsverbotes eine allgemeine Arbeitserlaubnis erhalten, welche lediglich Registrierungszwecken dient, liegt ab diesem Zeitpunkt ein Eingriff vor, wie er bereits mit Bezug aufBelgien festgestellt wurde. e) Freier Zugang zum Arbeitsmarkt Soweit den Asylbewerbern nach Ablauf befristeter Arbeitsverbote der freie Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wie dies in Finnland, Großbritannien und Schweden der Fall ist, endet der Eingriff in das Recht auf Arbeit. In Schweden ist sogar der Fall denkbar, daß die zuständige Behörde bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung feststellt, daß das Asylverfahren länger als vier Monate dauern wird und das Arbeitsverbot sofort aufhebt. In diesem Fall wäre ein Eingriff in das Recht auf Arbeit der betreffenden Asylbewerber von vornherein nicht gegeben. f) Ergebnis

Sieht man von den Regelungen zum Aufenthalt der Asylbewerber im Transitbereich ab, so greifen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit unterschiedlicher Intensität in das Recht auf Arbeit der Asylbewerber ein. Den geringsten Eingriff stellt das Erfordernis einer Arbeitserlaubnis dar, welche lediglich Registrierungszwecken dient. 276 Soweit die Arbeitserlaubnis von weiteren Voraussetzungen abhängt, welche faktisch nicht zu erfiillen sind, ist

276 Belgien ab Beginn des Asylverfahrens; Deutschland und Niederlande nach einer gewissen Dauer des Verfahrens.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

ein faktisches Arbeitsverbot gegeben?77 Dem faktischen Arbeitsverbot entspricht in der Eingriffsintensität das gesetzliche Arbeitsverbot, welches befristet und unbefristet sein kann. 278 Bei der Prüfung der Rechtfertigung der festgestellten Eingriffe werden daher folgende Gruppen unterschieden: •

Aufenthalt im Transitbereich



Arbeitserlaubnis zu Registrierungszwecken



Arbeitserlaubnis mit faktischem Arbeitsverbot



Gesetzliches Arbeitsverbot

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR Art. 13 IPWSKR 1. Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Bildung an. Sie stinunen überein, daß die Bildung auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewußtseins ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muß. Sie stimmen ferner überein, daß die Bildung es jedermann ermöglichen muß, eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen, daß sie Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen fOrdern sowie die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen muß. 2. Die Vertrags staaten erkennen an, daß im Hinblick auf die volle Verwirklichung dieses Rechts a. der Grundschulunterricht fUr jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muß; b. die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschließlich des höheren Fach- und Berufsschulwesens auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einfilhrung der Unentgeltlichkeit, allgemein verfügbar und jedermann zugänglich gemacht werden müssen; c. der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muß;

277 Deutschland und Niederlande befristet; Frankreich, Luxemburg, Österreich und Spanien unbefristet. 278 Deutschland, Finnland, Großbritannien und Schweden befristet; Dänemark, Griechenland, Irland, Italien und Portugal unbefristet.

c. Das Recht aufBildWlg gemäß Art. 13 IPWSKR

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d. eine grundlegende BildWlg ft1r Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, so weit wie möglich zu fordern oder zu vertiefen ist; e. die EntwicklWlg eines Schulsystems auf allen Stufen aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten Wld die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft fortlaufend zu verbessern ist. 3. Die Vertrags staaten verpflichten sich, die Freiheit der Eltern Wld gegebenenfalls des VormWlds oder Pflegers zu achten, ft1r ihre Kinder andere als öffentliche Schulen zu wählen, die den vom Staat gegebenenfalls festgesetzten oder gebilligten bildWlgspolitischen Mindestnormen entsprechen, sowie die religiöse Wld sittliche ErziehWlg ihrer Kinder in ÜbereinstimmWlg mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen. 4. Keine BestimmWlg dieses Artikels darf dahin ausgelegt werden, daß sie die Freiheit natürlicher oder juristischer Personen beeinträchtigt, BildWlgseinrichtWlgen zu schaffen Wld zu leiten, sofern die in Absatz 1 niedergelegten Grundsätze beachtet werden Wld die in solchen EinrichtWlgen vermittelte BildWlg den vom Staat gegebenenfalls festgesetzten Mindestnormen entspricht.

Englischer Wortlaut: 1. The States Parties to the present Covenant recognize the right of everyone to education. They agree that education shall be directed to the full development of the human personality and the sense of its dignity, and shall strengthen the respect for human rights and fundamental freedoms. They further agree that education shall enable all persons to participate ejJectively in afree sOciety, promote understanding, tolerance and friendship among all nations and all racial, ethnic or religious groups, and further the activities of the United Nations for the maintenance of peace. 2. The States Parties to the present Covenant recognize that, with a view to achieving thefull realization ofthis right: a. primary education shall be compulsory and available free to all; b. secondary education in its different fonns, including technical and vocational secondary education, shall be made generally available and accessible to all by every appropriate means, and in particular by the progressive introduction offree education; c. higher education shall be made equally accessible to all, on the basis of capacity, by every appropriate means, and in particular by the progressive introduction of free education; d.fundamental education shall be encouraged or intensified as far as possible for those persons who have not received or completed the whole period of their primary education; e. the development of a system of schools at all levels shall be actively pursued, an adequate fellowship system shall be established, and the maten·al conditions of teaching stajJshall be continuously improved.

8 Dohmes-Ockenfels

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

3. The States Parties to the present Covenant undertake to have respect for the liberty of parents and, when applicable, legal guardians, to choose for their chi/dren schools, other than those established by the public authorities, which conform to such minimum educational standards as may be laid down or approved by the State and to ensure the religious and moral education oftheir chi/dren in conformity with their own convictions. 4. No part of this article shall be construed so as to interfere with the Iiberty of individuals and bodies to establish and direct educational institutions, subject always to the observance of the principles set forth in paragraph 1 of this article and to the requirement that the education given in such institutions shall conform to such minimum standards as may be laid down by the State.

Art. 13 IPWSKR ist unter den Menschenrechtsartikeln des Paktes mit Abstand die längste Vorschrift. Er beruht im Wesentlichen auf einern Vorschlag der UNESCO, die als Sonderorganisation der Vereinten Nationen für den Bereich der Bildung verantwortlich ist,279 und wurde wegen seiner Länge mehrfach kritisiert. 280 Die Verfasser waren aber trotz dieser Kritik außerstande, die vielfältigen Teilaspekte des Rechts auf Bildung in einer knapperen Vorschrift zu formulieren. 281 Das Recht auf Bildung ist ein kulturelles Menschenrecht mit engen Verbindungen zu den Gruppen der wirtschaftlichen und der sozialen Rechte. 282 Es wurde auf internationaler Ebene zuerst in Art. 26 AEMR formuliert und ist des weiteren in Art. 28, 29 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (KRK)283 kodifiziert. Unter den regionalen Instrumenten enthalten Art. 17 AfrMRK und Art. 13 ZPI-AmMRK das Recht auf Bildung in gleichem Umfang.

279 Vgl. zur Arbeit der UNESCO Hafner in: Wolfrom, United Nations, § 137, Rz. 1131, lpsen, Völkerrecht, § 28, Rz. 73; beide mwN. 280 Vgl. z.B Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. ElCN.4/SR.228 (1951), S. 5; Whitlam (Australien), UN Doc. E/CN.4/SR.228 (1951), S. 6; Saba (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 10; Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.780 (1957), § 19; Shoham-Sharon (Israel), UN Doc. AlC.3/SR. 782 (1957), § 52. 281 Zu den Problemen einer knappen Formulierung vgl. den Bericht des UNESCOCommittee on Human Rights, UN Doc. E/CN.4/655/Add.4, Annex, Abschnitt I (a). 282 Vgl. Eide in: Eide u.a., ESCR, S. 21, 32. 283 Convention on the Rights of the Child vom 20.11.1989, UN Doc. AlRES/44/25, in Kraft getreten am 2.9.1990, im folgenden Kinderrechtskonvention (KRK); am 29.9.1997 hatten 191 Staaten die Kinderrechtskonvention ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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Das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen (ÜDU)284 betrifft einen spezifischen Aspekt des Rechts auf Bildung und gibt eine Definition des Begriffes "Unterricht" in Art. 1. Als Abwehrrecht ist das Recht auf Bildung enthalten in Art. 2 ZPl-EMRK. Art. 18 Abs. 4 des IPBPR und Art. 12 AmMR.K befassen sich nur mit dem Recht der Erziehungsberechtigten, die religiöse und moralische Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen. Art. 9 und 10 ESC betreffen dagegen nur das Recht auf eine Berufsausbildung und schränken so den Geltungsbereich des Rechts auf Bildung stark ein. 285

L Persönlicher Geltungsbereich Die Nennung unterschiedlicher Personengruppen in Art. 13 IPWSKR zeigt schon, daß der persönliche Schutzbereich des Art. 13 IPWSKR komplexer ist als der von Art. 6 IPWSKR. Das Recht auf Arbeit gilt in erster Linie im Verhältnis des Individuums zum Staat und betrifft nur in Einzelbereichen andere Beziehungen, wie zum Beispiel die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Fragen der KÜDdigung von Arbeitsverträgen. Das Recht auf Bildung dagegen kennt das für andere Menschenrechte übliche Zweierverhältnis von Individuum zu Staat nur in dem eher unbedeutenden Teilaspekt des Rechts auf selbständige Weiterbildung, welches eng mit der Informationsfreiheit des Art. 19 Abs. 2 IPBPR verwandt ist. Es behandelt in seiner hauptsächlichen Ausprägung als Recht auf Unterricht und Ausbildung durch Dritte ein Dreiecksverhältnis. Nicht nur die Rechte von Schülern gegenüber dem Staat werden geschützt, sondern auch die Rechte der Erziehungsberechtigten und Lehrer gegenüber dem Staat und die Rechte der Kinder gegenüber ihren Erziehungsberechtigten und Lehrern. 286 Man kann also zunächst diejenigen betrachten, welche Bildung erhalten sollen (Schüler im weitesten Sinne), dann diejenigen, welche dafür verantwortlich sind, daß die Schüler in den Genuß von Bildung kommen (die Erziehungsberechtigten, aber auch der Staat), und schließlich diejenigen, welche Bildung weitergeben sollen (Lehrer und Ausbilder, aber auch die schulischen Einrichtungen als solche und die Erziehungsberechtigten).287 Dieses komplizierte Beziehungsgeflecht bringt es mit sich, daß in Art. 13 IPWSKR einzelne Absätze nur auf die eine oder andere Personengruppe ge284UNESCO Convention against Discrimination in Education vom 15.12.1960, UNTS 429, S. 93, in Kraft getreten am 22. Mai 1962, im folgenden ÜDU; am 31.12.1997 hatten 85 Staaten das ÜDU ratiflziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Belgien, Griechenland, Irland und Österreich. 285 Vgl. auch die rechtsvergleichende Darstellung in Seidel, Handbuch, S. 200-203. 286 Vgl. Halvorsen, HRQ 12 (1990), S. 341, 348; Kiss, Rev. Droits de l'Homme 6 (1973), S. 467, 478f. 287 Vgl. Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189, 190. 8·

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

münzt sind, so daß sich der persönliche Geltungsbereich der jeweiligen Vorschrift schon dem Wortlaut nach auf diese Personengruppe beschränkt. Da diese Einschränkungen des persönlichen Geltungsbereiches in Einzelbereichen des Rechts auf Bildung aber eng mit dem sachlichen Schutzbereichjeder Vorschrift verbunden sind, wird im Rahmen des sachlichen Schutzbereiches an entsprechenden Stellen auf sie eingegangen.

1. Asylbewerber Nach seinem Wortlaut schützt Art. 13 Abs. 1 IPWSKR ebenso wie Art. 6 Abs. 1 IPWSKR jeden einzelnen. 288 Die Überlegungen zur Beschränkung des persönlichen Schutzbereiches auf Staatsangehörige oder rechtmäßig und dauerhaft im Land ansässige Ausländer gelten hier somit entsprechend. 289 Eine solche Einschränkung des persönlichen Schutzbereiches wäre unvereinbar mit dem Wortlaut "everyone" und mit Sinn und Zweck des Paktes, der die Menschenrechte fiir alle ohne Unterschied kodifizieren soll. Aus den vorbereitenden Materialien zu Art. 13 IPWSKR sind Vorschläge zu einer solchen Begrenzung des Schutzbereiches auch nicht erkennbar. Die Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches des Rechts auf Bildung verbietet sich aber auch schon aufgrund der besonderen Bedeutung, welche die Schulbildung fiir die persönliche Entwicklung eines Kindes hat. Der amerikanische Supreme Court hat vor dem Hintergrund dieser Überlegung ein Gesetz, welches die Kinder illegaler mexikanischer Immigranten vom Schulbesuch ausschloß, für verfassungswidrig erklärt, weil es die Gefahr begründete, daß diese Kinder als Analphabeten keine Möglichkeit erhielten, innerhalb der amerikanischen Gesellschaft zu bestehen und zu ihrer Weiterentwicklung beizutragen. 290 Die Asylbewerber in der Europäischen Union sind damit vom Recht aufBildung geschützt, sobald sie das Staatsgebiet eines Mitgliedstaates betreten haben.

2. Kinder Es stellt sich die Frage, inwieweit Kinder Träger der in Art. 13 IPWSKR enthaltenen Rechte sein können. 291 Nach dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 288 "Everyone"; vgl. auch Elles, Non-Citizens, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/392/Rev.1 (1980), § 242. 289 Vgl. zwn persönlichen Geltungsbereich des Rechts auf Bildung Knight, HastingsICLR 19 (1995/1996), S. 183,197. 290 Plyler vs. Doe, Urteil vom 15.6.1982, 457 US 202, 223; dazu auch Tomuschat, ZAR 1984, S. 98, 102. 291 Vgl.auchKiss, Rev. Droits de l'Homme 6 (1973), S. 467, 469.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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IPWSKR sind diejenigen, welche Unterricht erhalten, also die Schüler im weitesten Sinne, Träger des Rechts auf Bildung. Allerdings wird in Art. 13 Abs. 3 IPWSKR den Erziehungsberechtigten das Recht eingeräumt, die Schule für ihre Kinder auszuwählen und Einfluß auf deren religiöse und sittliche Erziehung zu nehmen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift haben Kinder somit kein Recht auf freie Wahl der Bildungseinrichtung und Bestimmung der eigenen religiösen und sittlichen Bildung, so daß im Falle eines Konfliktes zwischen Wünschen des Kindes und der Erziehungsberechtigten die Entscheidung des Erziehungsberechtigten Vorrang hat. 292 Dies ist akzeptabel, wenn man bedenkt, daß die allgemeine Schulpflicht in der Regel für Kinder im Alter von sechs oder sieben Jahren beginnt. In diesem Alter können Kinder die Folgen einer Entscheidung fiir oder gegen eine Art der Ausbildung noch nicht beurteilen. Wenn die Schüler älter werden, nimmt jedoch ihre Einsichtsfahigkeit zu, bis sie in der Lage sind, bestimmte Entscheidungen zu ihrer Aus- und Weiterbildung eigenverantwortlich zu treffen. 293 In dieser Situation erscheint es ungerechtfertigt, sie vom Entscheidungsprozeß über den weiteren Verlauf ihrer Ausbildung auszuschließen. Hier ist die Frage der Grundrechtsmündigkeit von Kindern angesprochen, welche im internationalen Recht noch nicht eindeutig beantwortet ist. In Gerichtsentscheidungen ist der Konflikt zwischen den Interessen von Eltern und ihren Kindern bislang nicht relevant geworden, so daß lediglich einzelne Sondervoten eine Tendenz erkennen lassen, den Kindern mit zunehmendem Alter ein stärkeres Mitspracherecht bei Fragen ihrer Ausbildung einzuräumen. Der EGMR. hatte in einem Fall über die Vereinbarkeit der Pflicht zur Teilnahme am Sexualkundeunterricht mit Art. 2 S. 2 ZPI-EMRK zu entscheiden, der Eltern das Recht zur Sicherung ihrer religiösen und weltanschaulichen Erziehung im Schulunterricht gibt. Die Beschwerde wurde abgewiesen, ohne daß auf die Frage einzugehen war, wessen Ansichten den Vorrang hätten, wenn ein Konflikt der Anschauungen zwischen Eltern und ihren Kindern entstünde. 294 In einem Sondervotum zu der dem Gerichtsurteil vorausgegangenen Entscheidung der EMRKom äußerte ein Komrnissionsmitglied jedoch die Ansicht, daß Art. 2 S. 2 ZPI-EMRK den Eltern nicht das ausschließliche Recht zur Bestimmung der religiösen und weltanschaulichen Erziehung gebe. Vielmehr habe der Staat die Interessen des Kindes in besonderer Weise zu würdigen, die dieses mit zunehmendem Alter auch selbst vertreten könne. Damit

Vgl. van Bueren in: HejJernaniKingston, Human Rights, S. 339, 345f. Vgl. auch Hodgson, IJCR 4 (1996), S. 237, 260. 294 Kj'eldsen, Busk Madsen und Pedersen gg. Dänemark, Urteil vom 7.12.l976, Series A, Vol. 21, §§ 50-55. 292 293

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

könne nicht jeder Konflikt zwischen den Auffassungen von Eltern und ihren Kindern zu Gunsten der Eltern gelöst werden. 295 In einem Fall vor dem amerikanischen Supreme Court machten Eltern, die zur religiösen Sekte der Amish People gehörten, das Recht geltend, aus ihrer Tradition heraus Kinder entgegen den gesetzlichen Vorschriften über die allgemeine Schulpflicht bereits im Alter von vierzehn oder fünfzehn aus der Schule zu nehmen, um sie zu Hause auf den traditionell landwirtschaftlich geprägten Lebensstil der Amish People vorzubereiten. Der Supreme Court gab ihnen recht, ohne auf die Frage möglicher Konflikte zwischen den Interessen der Kinder und ihrer Eltern eingehen zu müssen. 296 Das Recht der Kinder auf Bildung wurde jedoch in mehreren Sondervoten eingehend behandelt, die zum Teil von dem Urteil abwichen. 297 In einem der Sondervoten, welche der Entscheidung zustimmten, wurde betont, daß die Entscheidung zugunsten der Eltern in keiner Weise das Recht ihrer Kinder beeinträchtige, die Schule auch gegen den Willen ihrer Eltern bis zum Ende der Schulpflicht zu besuchen. 298 Es ist festzustellen, daß sich die Stimmen mehren, welche eine Beteiligung der Kinder an Entscheidungen ihrer Eltern betreffend ihre Ausbildung mit zunehmendem Alter der Kinder verstärken wollen. Da die Frage in den zitierten Fällen jeweils nur im Rahmen von Minderheitenvoten angesprochen wurde, läßt sich ein internationaler Standard hierzu jedoch noch nicht festlegen. 299 Die Kinderrechtskonvention löst die mögliche Kollision der Interessen von Kindern und Eltern, indem sie als Träger aller Rechte die Kinder selbst benennt, in Art. 5 KRK aber die Rechte der Erziehungsberechtigten anerkennt, ihre Kinder bei der Ausübung der Rechte zu leiten und zu ruhren. Dieser Gedanke wird in Art. 14 Abs. 2 KRK, welcher das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit betrifft, nochmals aufgegriffen. Rechtsträger sind damit die Kinder selbst, während die Eltern die Rechte rur ihre Kinder ausüben können, soweit die Kinder selbst dazu nicht in der Lage sind. Bezeichnenderweise fehlt im Rahmen des Rechts auf Bildung in Art. 28 KRK der Hinweis auf das Recht der Eltern zur Wahl der Schule und zur Einflußnahme auf die religiöse und sittliche Erziehung der Kinder. Im Rahmen der Kinderrechtskonvention sind demnach flexible Lösungsmöglichkeiten zu

295

Kj'eldsen, Busk Madsen und Pedersen gg. Dänemark, Kommissionsbericht vom

21.3.1975, Series B, Vol. 21, S. 50; vgl. dazu van Bueren in: HeffemaniKingston, Human Rights, S. 339, 345f. 296 State ofWisconsin vs. Jonas Yoderet al., Urteil vom 15.5.1972,406 US 205ff. 297 406 US 205, 237ff. 298 406 US 205 237 299 Nowak in: Eide u:a., s. 189,205, Fn. 45.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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dem Konflikt zwischen Kinder- und Elternwünschen angelegt?OO Solange Kinder in einem Alter sind, in welchem ihnen die Einsichtsfähigkeit für die Ausübung ihrer Rechte fehlt, haben die Eltern das Recht, notwendige Entscheidungen zum Wohl ihrer Kinder zu treffen. Wenn die Kinder grundrechtsmündig werden, muß ihre Meinung bei zu treffenden Entscheidungen gebührend berücksichtigt werden. Dieser Gedanke ist auch in Art. 12 Abs. 1 KRK enthalten, der das Recht des Kindes betrifft, seine eigene Meinung zu äußern und damit angemessene Berücksichtigung zu finden, soweit es fähig ist, eine eigene Meinung zu bilden. Der IPWSKR läßt nach seinem Wortlaut eine der Kinderrechtskonvention vergleichbare flexible Lösung nicht zu, da die Wahlrechte ohne Hinweis auf die konkurrierenden Rechte der Kinder ausdrücklich den Eltern zugesprochen werden. Die Verfasser der Paktes waren sich einig darüber, daß Sinn und Zweck des Wahlrechts der Eltern allein der Schutz der Rechte und Interessen der Kinder sei. Sie sahen sich jedoch außerstande, eine Formulierung zu finden, welche diese Auffassung in Art. 13 Abs. 3, 4 IPWSKR zum Ausdruck bringen könnte. 301 Es bietet sich an, eine Abwägung zwischen dem Recht der Kinder auf Bildung gemäß Art. 13 Abs. 1 IPWSKR und den Erziehungsrechten der Eltern aus Art. 13 Abs. 3 IPWSKR vorzunehmen, um auf diesem Wege zu einer von der Einsichtsfähigkeit der Kinder abhängenden Zwischenlösung zu kommen. Solange die Kinder noch nicht in der Lage sind, die Tragweite ihrer Entscheidungen zu erkennen, müssen sie sich von ihren Eltern vertreten und anleiten lassen. 302 In späteren Jahren müssen die Eltern dann zunehmend bei ihren Entscheidungen den Willen ihrer Kinder berücksichtigen, wobei die Religions- oder Strafmündigkeit von Jugendlichen als Maßstab herangezogen werden könnte. 303 Es dürfte davon auszugehen sein, daß ein Kind im Alter von etwa 14 oder 15 Jahren die Reife besitzt, eine eigene Meinung zu seiner weiteren Ausbildung zu bilden, die von den Erziehungsberechtigten bei ihren Entscheidungen berücksichtigt werden muß. Der Ausschuß scheint dieser Auffassung nahezustehen, denn er hat in einzelnen Fällen nachgefragt, wie in den zu prüfenden Staaten Konflikte zwischen Eltern und Kindern hinsichtlich des Schulbesuchs gelöst würden. 304

So auch van Eueren in: HefJemaniKingston, Human Rights, S. 339, 346. Vgl. z.B. Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S. 11. 302 Vgl. Harris/O'BoylelWarbrick, ECHR, S. 541. 303 Vgl. dazu auch Delbrack, GennanYbIL 35 (1992), S.92, 103; Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189, 205; derselbe, CCPR, Art. 18, Rz.48, hier schlägt er die Strafmündigkeit als Anhaltspunkt vor. 304 Vgl. z.B. UN Doc. E/C.1211992/2, § 115. 300 301

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

3. Beschränkung aufKinder Das Recht auf Bildung würde zu eng verstanden, wenn man es ausschließlich auf Kinder und Jugendliche beziehen würde. 305 Es kommt wohl in erster Linie Kindern und Jugendlichen zugute, da sich ein großer Teil der Ausbildung, die ein Teilbereich von Bildung im weiteren Sinne ist,306 während der Jugendzeit konzentriert. Aus Art. 13 Abs. 2 lit. d IPWSKR, der die Verpflichtungen von Vertragsstaaten zur Förderung der Bildung von Personen betrifft, welche am Elementarunterricht nicht oder nur teilweise teilgenommen haben, ergibt sich aber, daß auch Erwachsene ein Recht auf Bildung haben. Eine frühe Fassung des Art. 26 AEMR, der das Recht auf Bildung betrifft, enthielt die Formulierung, daß nur Kinder ein Recht auf Bildung haben. Im Verlauf der Diskussionen wurde das Wort "Kinder" aber durch "jedermann" ersetzt. 307 Bei den Arbeiten zum IPWSKR wurde das Recht auf Bildung von vornherein an die endgültige Fassung des Art. 26 AEMR angelehnt, ohne daß Vorschläge zur Beschränkung des Geltungsbereiches noch unterbreitet wurden. Man hat also bei der Kodifizierung des Rechts auf Bildung zu einem frühen Zeitpunkt an die Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches gedacht, hat sich aber bewußt dagegen entschieden. Daß die Kinderrechtskonvention das Recht auf Bildung nur Kindern einräumt, ist dagegen kein Argument für die allgemeine Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches. Sie wurde verabschiedet als Konvention zum Schutz der Rechte von Kindern im Gegensatz zu dem IPWSKR, der dem Schutz aller dienen soll. Parallelen hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereiches der beiden Rechtsinstrumente können somit nicht gezogen werden. Sinn und Zweck des Rechts auf Bildung ist, daß jeder in die Lage versetzt wird, seinen Wissensstand ständig zu aktualisieren und bis an sein Lebensende sein Wissen stetig zu vergrößern, denn Bildung ist ein Prozeß, der sich durch das gesamte Leben des einzelnen hindurchzieht. Eine zeitliche Einschränkung des Rechts auf Bildung würde diesem Sinn von Bildung nicht gerecht.

4. Asylbewerberkinder als Inhaber des Rechts auf Bildung Es bleibt festzuhalten, daß der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Bildung alle Menschen umfaßt. Kinder sind selbst Träger des Rechts, sind aber in der Ausübung durch das Erziehungsrecht der Eltern bis zu einem ge305 Hodgson, DCR 4 (1996), S. 237, 238; van Bueren in: HejJernan/Kingston, Hwnan Rights, S. 339. 306 S.u. Teil 2, C.ll.I. 307 Verdoodt, Declaration Universelle, S. 244, 251; Kiss, Rev. Droits de l'Homme 6 (1973), S. 467,468.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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wissen Alter eingeschränkt. Damit steht das Recht auf Bildung den Asylbewerberkindern selbst zu. Sie müssen sich aber bis zum Alter von etwa 14 oder 15 Jahren der Entscheidung ihrer Eltern bezüglich der zu besuchenden Schule unterordnen. 11. Sachlicher Geltungsbereich Die Formulierung des Rechts auf Bildung und seiner Bestandteile erwies sich wegen der großen Unterschiede in den nationalen Schulsystemen als besonders schwierig. Dabei war die Definition der Bildung im Vergleich zur Definition der Arbeit eher unproblematisch. Doch während sich die Arbeitsmärkte im Wesentlichen nur durch das im Staat herrschende Wirtschaftssystem unterscheiden und damit generell in marktwirtschaftliche und planwirtschaftliche Konzeptionen unterteilt werden können, ist es auf dem Schulsektor anders. Hier entscheidet viel weniger das politische System als historische Entwicklungen und einzelstaatliche Traditionen. 30s Schon die Unterteilung in Bildungsstufen, wie Art. 13 Abs. 2 IPWSKR sie vornimmt, unterscheidet sich von Staat zu Staat, was Konsequenzen für die dem Staat auferlegten Pflichten hat. Diese Unterschiede so miteinander zu vereinbaren, daß eine praktisch brauchbare Definition des Rechts auf Bildung entstand, war die große Aufgabe der Verfasser des Art. 13 IPWSKR. Die Schwierigkeiten bei der Kodifikation des Rechts auf Bildung zeigen sich auch in der Struktur des Art. 13 IPWSKR. Die Trennung zwischen den Verpflichtungen, das Recht auf Bildung zu respektieren, zu schützen und zu erfüllen, ist nicht sehr streng vollzogen. Das Recht auf Bildung als Abwehrrecht wird in Art. 13 IPWSKR nicht ausdrücklich erwähnt. Während Art. 13 Abs. 1 IPWSKR das Recht auf Bildung lediglich postuliert, ohne es näher zu definieren, sind in Art. 13 Abs. 2 IPWSKR die staatlichen Leistungspflichten und in Art. 13 Abs. 3 und 4 IPWSKR lediglich die Abwehrrechte einzelner Personengruppen beschrieben. Dies könnte damit zusammenhängen, daß das Recht auf Bildung generell als Verantwortung des Staates und daher hauptsächlich auf der Ebene staatlicher Leistungspflichten betrachtet wird. 309 Bevor der sachliche Geltungsbereich von Art. 13 IPWSKR näher betrachtet werden kann, müssen noch einige Begriffe im Zusammenhang mit der Bildung im Sinne des Paktes erläutert werden. Art. 13 Abs. 2 IPWSKR unterscheidet zwischen unterschiedlichen Stufen der Ausbildung. Die englischen Begriffe "primary education", "secondary education" und "higher education" 308 Für eine umfassende Darstellung der Entwicklung von Bildungssystemen in der gesamten Welt vgl. Encyclopredia Britannica, History of Education, Band 18, S. 11, 13-98. 309 Vgl. dazu Harris/O'Boyle/Warbrick, ECHR, S. 540.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit Wld BildWlg im IPWSKR

sind als Verweise auf das Landesrecht gemeint und haben in den verschiedenen Schulsystemen unterschiedliche Entsprechungen, was die Anzahl der jeweils abzuleistenden Schuljahre betrifft. 310 In Deutschland kennt man die Unterscheidung zwischen Grundschule, weiterführender Schule und Universität, wobei die weiterführenden Schulen sowohl auf eine Berufsausbildung als auch auf eine Universitätsausbildung vorbereiten können. Entsprechend wird in der amtlichen Übersetzung des Paktes der Begriff "primary education" mit Grundschulunterricht übersetzt. Wie aber Art. 13 Abs. 2 lit. b zeigt, soll "secondary education" bereits alle Formen einer Berufsausbildung umfassen, welche nach dem deutschen Schulsystem erst nach Abschluß einer weiterführenden Schule erfolgen kann. Der Begriff der "primary education" muß also sowohl die Grundschulen als auch die weiterführenden Schulen im deutschen Schulsystem umfassen. In Art. 26 Abs. 1 AEMR311 wird eine andere Terminologie verwendet. Man spricht von der Elementar- und Grundstufe3\2 und meint damit die erste Stufe der Ausbildung, welche mit dem Eintritt in die Berufsausbildung aufhört, wie sich aus Art. 26 Abs. 1 S. 3 AEMR ergibt, der diese Stufe der Ausbildung getrennt behandelt. Üblicherweise wird man auch in anderen Ländern den Zugang zu einer Berufsausbildung jeglicher Art frühestens nach sechs oder sieben Jahren Schulbesuch zulassen. So muß man den Begriff der "primary education" im Sinne der "elementary education" des Art. 26 Abs. 1 AEMR verstehen, der weniger Verwechselungsgefahr mit dem deutschen Schulsystem in sich birgt. Im folgenden soll "primary education" demnach mit "Elementarbildung" oder "Elementarunterricht" übersetzt werden, damit deutlich wird, daß diese Bildungsstufe mit dem Grundschulunterricht nach dem deutschen Schulsystem nichts gemeinsam hat. Gemeint ist jede Art von Ausbildung, die nach nationalem Recht durchlaufen werden muß, damit der Zugang zu einer Berufsausbildung möglich ist. Der deutsche Real- und Hauptschulunterricht wird in diesem Sinne der Elementarbildung zugerechnet, während der Gymnasialunterricht jedenfalls ab der Oberstufe zur "secondary education" zu zählen ist. Der Begriff "secondary education" soll in Anlehnung an die amtliche Übersetzung mit "höhere Schulbildung" oder "höherer Unterricht" und "higher

310

Vgl. Torres Bodet (UNESCO), UN Doc. ElCN.4/AC.14/SR.l (1951), S. 13f.; UN

Doc. A/2929 (1955), Kapitel VIII, § 39.

31\ "Everyone has the right to education. Education shall be free, at least in the elementary and fWldamental stages. Elementary education shall be compulsory. Technical and professional education shall be made generally available and higher education shall be equally accessible to all on the basis of merit. " 312 "Elementary and fundamental stages".

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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education" mit "Hochschulbildung" oder "Hochschulunterricht" übersetzt werden. 1. Begriff der Bildung

Bildung ist die Übermittlung der Werte und des Wissens in einer Gesellschafe I3 und dient der Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit. 314 Die Ansammlung von Wissen und Erfahrungen soll dem einzelnen helfen, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden und in ihr eine sinnvolle Rolle zu spielen. Sie kann stattfinden im Rahmen von Erziehung als Bildung im materiellen Sinne wie auch durch Unterricht in jeglicher Form als Bildung im formellen Sinne. Bildung kann dabei als Prozeß verstanden werden und beinhaltet dann die Vorgänge des Lernens und des Unterrichtens oder Erziehens.3\5 Bildung ist aber auch ein Zustand im Sinne eines "Bildungsstandes" des einzelnen zu einem gegebenen Zeitpunkt. 316 Der EGMR hat Bildung gemäß Art. 2 ZPI-EMRK317 definiert als "den gesamten Prozeß, durch den in jeder Gesellschaft Erwachsene versuchen, ihren Glauben, ihre Kultur und andere Werte den Jüngeren weiterzugeben, wohingegen der Unterricht insbesondere die Übermittlung von Wissen und die intellektuelle Entwicklung betrifft".3\8 Art. lAbs. 2 ÜDU definiert Unterriche 19 im engeren Sinne als "sämtliche Arten und Stufen (von Unterricht) und ... Zugang zum Unterricht, dessen Niveau und Qualität sowie die Bedingungen, unter denen er erteilt wird. ,,320 Hier wird der Aspekt der Erziehung ausgeklammert, was schon durch die deutsche Übersetzung des englischen Wortes "education" als "Unterricht" deutlich wird.

Encyclopa:dia Britannica, History ofEducation, Band 18, S. 11. Vgl. Brockhaus, Bildung, Band 3, S. 313. 315 Vgl. Lonbay in: BeddardIHill, ESCR, S. 163, 164. 316 Vgl. Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189, 190. 317 "Das Recht auf Bildung darfniemandem verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen." 318 Campbell und Cosans gg. das Vereinigte Königreich, Urteil vom 25.2.1982, Series A, Vol. 48, § 33. 319 Englischer Wortlaut: "education". 320 "( .•• ), the term "education" refers to all types and levels of education, and includes access to education, the standard and quality of education, and the conditions under which it is given." 313 314

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Bei der Erarbeitung des Art. 13 IPWSKR wählte man bewußt statt des engeren Begriffs IUnterricht" 321 den umfassenden Begriff "Bildung,,322, um zu dokumentieren, daß das zu kodifizierende Recht sich nicht auf den Zugang zum Unterricht beschränken sollte. 323 Das Recht auf Bildung als Recht auf Erziehung durch die Eltern spielt aber im Rahmen des Art. 13 IPWSKR nur eine untergeordnete Rolle, denn es ist eher dem Recht auf Schutz der Familie aus Art. 10 IPWSKR zuzuordnen und in Art. 13 Abs. 3 IPWSKR allenfalls als Recht der Eltern auf Einflußnahme auf die schulische Erziehung enthalten. Im folgenden wird daher als Schwerpunkt das Recht auf Bildung im formellen Sinne untersucht. Wie bereits erwähnt wurde, ist in Art. 13 IPWSKR keine Definition von Bildung enthalten. In Art. 13 Abs. 1 IPWSKR werden lediglich die Ziele festgelegt, auf welche die Bildung gerichtet sein soll. Allerdings war diese Aufzählung von Zielen der Bildung umstritten, da andere Menschenrechte eine vergleichbare Aufzählung nicht enthielten. 324 Man befürchtete, durch eine solche Aufzählung den Geltungsbereich des Rechts auf Bildung zu begrenzen, weil keine Aufzählung alle relevanten Bildungsziele enthalten könne. 325 Andererseits erschien es der Mehrheit der Verfasser unerläßlich, sicherzustellen, daß die Bildungspolitik der Vertragsstaaten keine den Zielen der Vereinten Nationen widersprechenden Ziele verfolge. 326 So einigte man sich auf eine Formulierung, welche die für die Gesellschaft wichtigen Ziele der Bildung nennt, dabei aber die für die geschützten Personen möglicherweise davon abweichenden individuellen Ziele ausklammert. 327 Ziel von Bildung soll gemäß Art. 13 Abs. 1 IPWSKR die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit im Bewußtsein der menschlichen Würde sein. Was die Inhalte der Bildung angeht, so soll der Respekt für Menschenrechte und Grundfreiheiten gestärkt werden. Am Ende der Entwicklung soll der Mensch stehen, der in einer freien Gesellschaft eine nützliche Rolle spielt, aktiv das Verständnis unter allen Völkern und Völkergruppen fordert und die Tätigkeiten der Vereinten Nationen zur Friedenssicherung unterstützt. Diese Bil321 "Instruction", "enseignement". 322 "Education"; vgl. den anders lautenden Vorschlag Großbritanniens in UN Doc. E/CN.4/L.85/Rev. 1 (1952) mit Begründung Hoare (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.289 (1952), S. 10; Kommentar von Saba (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952) S. 12; Mehta (Indien), UN Doc. E/CN.4/SR.286 (1952), S. 5. 323 Vgl. Mehta (Indien), UN Doc. E/CN.4/SR.287 (1952), S. 11. 324 Vgl. UN Doc. A/2929 (1955), Kapitel VIIl, § 37. 325 Hoare (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 7. 326 Vgl. z.B. Sörensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 8; Juvigny (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.286 (1952), S. 11. 327 Vgl. dazu DelbriJck, GermanYbIL 35 (1992), S. 92, 100.

C. Das Recht aufBildWlg gemäß Art. 13 IPWSKR

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dungsziele wurden mit einigen Ergänzungen aus Art. 26 Abs. 2 AEMR328 übernommen, wo ihre Daseinsberechtigung weniger umstritten war. Da die AEMR als Resolution keine rechtlichen Verpflichtungen begründen sollte, konnten auch Feststellungen mit deklaratorischem Charakter aufgenommen werden. Der Pakt sollte hingegen Rechtsnormen begründen und daher sollten rein deklaratorische Formulierungen keinen Platz in seinem operativen Teil haben. Art. 29 Abs. 1 KRK.329 enthält als aktuellste Norm weitere Bildungsziele wie die Entfaltung der Begabungen des Kindes, die Achtung vor den Eltern und den eigenen kulturellen Werten und die Achtung vor der natürlichen Umwelt. Es stellt sich die Frage der Rechtsbindungswirkung dieser Aufzählung von Bildungszielen. 330 Es handelt sich um eine gemeinsame Erklärung aller Vertragsstaaten über die Ziele, welche mit der Bildung verfolgt werden sollen. Daß daraus konkrete rechtliche Verpflichtungen, etwa zur Gesetzgebung oder Einfiihrung von Unterrichtsfächern erwachsen sollen, ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte ersichtlich. Das Wort "agree" zeigt lediglich die Übereinstimmung, deutet aber im Gegensatz zu "recognize", "undertake to" oder "guarantee" keine Verpflichtung zur Ergreifung von Maßnahmen an.33\ So wurde auch bei der Verfassung des Paktes betont, daß diese Aufzählung keinerlei rechtliche Verpflichtung enthalte. 332

328 "Education shall be directed to the full development of the human personality and to the strengthening of respect for human rights and fundamental freedoms. It shall promote Wlderstanding, tolerance and friendship among all nations, racial or religious groups, and shall further the activities of the United Nations for the maintenance of peace." 329 "States Parties agree that the education of the child shall be directed to: (a) The development of the child's personality, talents and mental and physical abilities ... , (b) The development ofrespect for human rights and fWldamental freedoms, ... , (c) The development ofrespect for the child's parents, his or her own cultural identity, language and values, ... (d) The preparation ofthe child for responcible life in a free society, ... (e) The development of respect for the natural environment. " 330 Der australische Vertreter im dritten Ausschuß sah sich außerstande, diese Frage zu beantworten Wld enthielt sich daher der Stimme hinsichtlich dieses Teils von Art. 13 IPWSKR, vgl. Pyman (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.787 (1957), § 20. 331 Vgl. auch Devasar (Malaya), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 57; Messadi (Tunesien), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 19. 332 So Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 48; Calimari (Panama), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 4; die widersprechende Bemerkung, Artikel 13 sei nicht bloß deldaratorisch, geht an der Argumentation vorbei, Leflerova (Tschechoslowakei), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 8; Lima (EI Salvador), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 42.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Zu den Zielen der Bildung und ihrer großen Bedeutung für das Leben des Einzelnen innerhalb der Gesellschaft hat sich der amerikanische Supreme Court in eindrucksvoller Weise geäußert. 333 Er hatte über die Verfassungsmäßigkeit eines texanischen Gesetzes zu entscheiden, welches zum einen vorsah, daß die Kinder illegaler Einwanderer bei der Bestimmung der für die staatliche Finanzierung öffentlicher Schulen relevanten Schülerzahl nicht zu berücksichtigen seien, und zum anderen den öffentlichen Schulen die Möglichkeit eröffnete, diesen Kindern den Schulbesuch zu verweigern. Der Supreme Court stellte die Unvereinbarkeit des Gesetzes mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Diskriminierungsverbot fest und führte aus, daß die Bildung eine der wichtigsten staatlichen Aufgaben sei, weil die Bildung es den Einwohnern eines Staates ermögliche, Teile der Gesellschaft zu werden. Bildung sei erforderlich zur Vorbereitung des Einzelnen auf die Teilnahme am politischen Leben und ermögliche es jedem, zum Wohle aller ein wirtschaftlich produktives Leben zu führen. Der Supreme Court hob hervor, daß es gelte, den Analphabetismus zu bekämpfen und schloß mit der Bemerkung, daß die Vorenthaltung einer Elementarbildung den Kindern illegaler Einwanderer jede Möglichkeit nehme, innerhalb der Strukturen der bürgerlichen Gesellschaft zu leben. Ein für die Arbeit der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen besonders wichtiges Ziel von Bildung ist die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten. Dieses Prinzip ist auch in Art. 26 Abs. 2 AEMR, Art. 29 Abs. 1 KRK, Art. 25 AfrMRK und Art. 13 Abs. 2 ZPlAmMRK sowie in unzähligen anderen internationalen Verträgen und Erklärungen niedergelegt334 und hat seine Grundlage in Art. 1 Abs. 3 UN-Charta, der die Förderung der Menschenrechte als eines der Ziele der Vereinten Nationen proklamiert. Die Menschenrechtserziehung wird unter zwei Gesichtspunkten gefordert. 335 Zum einen soll die zunehmende Kenntnis der Menschenrechte und ihrer Durchsetzbarkeit im internationalen Recht die in ihren Rechten Verletzten in die Lage versetzen, sich vor internationalen Gremien gegen Rechtsverletzungen in ihrem Herkunftsstaat zur Wehr zu setzen, wenn nach nationalem Recht keine Rechtsmittel (mehr) gegeben sind?36 Zum anderen erwartet man, daß ein höherer Bildungsstand aller auch in bezug auf die Achtung vor den Menschenrechten die Beziehungen zwischen einzelnen oder Menschengruppen durch gegenseitiges Verständnis, Toleranz und Respekt

333 Plyler vs. Doe, Urteil vom 15.6.1982, 457 US 202ff., 221-225; vgl. zu der Entscheidung Tomuschat, ZAR 1984, S. 98, 102. 334 Siehe die AufZählung bei Alfredsson in: Eide u.a., ESCR, S. 213-221. 335 Vgl. zum folgenden die Schlußfolgerungen des Ausschusses zur Menschenrechtserziehung, UN Doc. E/C.1211995/18, §§ 323-338. 336 Hodgson, DCR 4 (1996), S. 237, 253.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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verbessern. 337 Dieses Bildungsziel soll erreicht werden durch Unterrichtung auf allen Schulebenen sowie Ausbildung für Lehrer, Übersetzung der Menschenrechtsinstrumente in andere Sprachen und internationale Kooperation zwischen Regierungen und privaten Institutionen. 338 2. Recht aufBi/dung als Abwehrrecht - Bildungsfreiheit

Aus der Verpflichtung der Staaten, das Recht auf Bildung zu respektieren, ergibt sich das Recht auf Bildung als Abwehrrecht, welches im folgenden als Bildungsfreiheit bezeichnet werden soll. Bei der Auslegung dieses Abwehrrechts hilft der Vergleich mit Art. 2 S. 1 ZPI-EMRK, der das Recht auf Bildung ausschließlich als Abwehrrecht formuliert. Nach der Rechtsprechung des EGMR enthält diese Formulierung das Recht auf Zugang zu den vorhandenen Bildungseinrichtungen und das Recht auf Anerkennung der Abschlüsse, welche die Schüler erlangen können. 339 Soweit das Recht auf Bildung aus Art. 13 IPWSKR als Abwehrrecht untersucht wird, kann diese Auslegung auf den Pakt übertragen werden. a) Zugang zu Bildungseinrichtungen Die Bildungsfreiheit als Recht, ungehindert Zugang zu Bildungseinrichtungen zu haben, geht mittelbar aus Art. 13 Abs. 2 IPWSKR hervor. In dieser Vorschrift werden die Staaten verpflichtet, allen Menschen Zugang zu den Bildungseinrichtungen aller Bildungsstufen zu verschaffen und im Falle eines Mangels an Schulplätzen neue Einrichtungen zu schaffen. Als selbstverständlich wird dabei vorausgesetzt, daß die Staaten niemanden davon abhalten dürfen, Zugang zu den bereits existierenden Bildungseinrichtungen zu erlangen. Im Pakt wird der Begriff "Schule,,340 verwandt, wenn auf die öffentlich zugänglichen Einrichtungen zur Vennittlung von Bildung verwiesen wird. Ein Vorschlag, den Ausdruck "Maßnahmen zur Bildung,,341 zu verwenden, um auch den Privatunterricht von Eltern als Ersatz für den Besuch öffentlicher 337 Vgl. dazu AlJredsson in: Eide u.a., ESCR, S. 213,222. 338 Vgl. näher dazu AlJredsson in: Eide u.a., ESCR, S. 213, 223ff.; Hodgson, HCR 4 (1996),S.237,253f. 339 Case "Relating to Certain Aspects of the Laws on the Use of Languages in Education in Be1gium", Urteil vom 23.7.1968, Series A, Vol. 5/6, S. 31, § 4. 340 "School". 341 "Means towards education"; vgl. Vorschlag von Irland, UN Doc. NC.3/L.617 (1957); dazu Maheu (UNESCO), UN Doc. NC.3/SR.781 (1957), § 12; Mahmud (Ceylon), UN Doc. NC.3/SR.781 (1957), § 18; Aldunate (Chile), UN Doc. NC.3/SR.782 (1957), § 32; Messadi (Tunesien), UN Doc. NC.3/SR.783 (1957), § 4; Krajewski (Polen), UN Doc. NC.3/SR.783 (1957), § 2l.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit Wld BildWlg im IPWSKR

Schulen zuzulassen, wurde abgelehnt. Dies veranlaßte Irland dazu, sich bei der Ratifikation des Paktes das Recht vorzubehalten, den Eltern den Privatunterricht ihrer Kinder zu gestatten. In der deutschen Sprache hat das Wort "Schule" jedoch einen sehr engen Anwendungsbereich. Er bezieht sich nur auf die Einrichtungen der Elementarbildung, wohingegen für die Einrichtungen der höheren und Hochschulbildung die Begriffe der "Berufsschule" oder "Hochschule" bzw. "Universität" geprägt wurden. Daneben existieren Volkshochschulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Daher soll im folgenden der Begriff der Bildungseinrichtung verwendet werden, der sich auf die Schulen aller Bildungsstufen bezieht, soweit sie öffentlich zugänglich sind. Bildungseinrichtungen können demnach Schulen oder andere öffentlich zugängliche Institutionen sein, deren Dienstleistung in der Bereitstellung und Vermittlung von Wissen besteht. (1) Diskriminierungsverbot

In Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot aus Art. 2 Abs. 2 IPWSKR wird die Bildungsfreiheit zum Recht aller ohne Unterschied auf Zugang zu existierenden Bildungseinrichtungen. Stärker noch als im Rahmen des Rechts auf Arbeit kann staatliche Diskriminierung das Recht jedes einzelnen auf Bildung beeinträchtigen, da Bildung seit dem 17. Jahrhundert als Verantwortung der öffentlichen Gewalt betrachtet wird,342 während Arbeitsplätze jedenfalls in marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen in erster Linie durch Initiative der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Daher sollte das Diskriminierungsverbot ursprünglich ausdrücklich in Art. 13 IPWSKR aufgenommen werden. 343 Da in der allgemeinen Vorschrift des Art. 2 IPWSKR ein für alle Rechte geltendes Diskriminierungsverbot enthalten war, entschied man sich später für die Streichung des Absatzes in Art. 13 IPWSKR, da man fürchtete, sonst die Wirkung des Diskriminierungsverbotes in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR für den gesamten Pakt zu verringem. 344 Der Gedanke der Gleichbehandlung

342 Zur Geschichte der BildWlg vgl. Encyc10predia Britarutica, History of Education, Band 18, S. 11-100, dort S. 54ff. 343Vorschlag von Chile, UN Doc. E/CN.4/613/Rev.l (1951); dazu Morozov (UdSSR), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. llf.; Santa Croz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 20f.; derselbe, UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S. 16; Boratynski (Polen), UN Doc. E/CN.4/SR.288 (1952), S. 8f.; Kovalenko (Ukraine), UN Doc. E/CN.4/SR.288 (1952), S.13; Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR.289 (1952), S. 5; Saba (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.289 (1952), S. 6. 344 Vgl. z.B. Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S. 12; Elwin (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S. 13f.; Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.286 (1952), S. 8; Azkoul (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.287 (1952), S. 14; Whitlam (Australien), UN Doc. E/CN.4/SR.288 (1952), S. 6; Rössel (Schwe-

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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kommt gleichwohl in Art. 13 Abs. 2 IPWSKR zum Ausdruck. Zum einen bewirken schon die Worte "alle" und "jedermann"345 die unterschiedslose Anwendung des Rechts auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen auf jeden einzelnen. 346 In Art. 13 Abs.2 lit. c IPWSKR wird darüber hinaus das Wort "gleichermaßen"347 verwendet, welches auf das Diskriminierungsverbot hinweist. Eine Einschränkung des persönlichen Geltungsbereiches erfahrt das Recht auf gleichen Zugang aller zu existierenden Bildungseinrichtungen in Art. 13 Abs. 2 lit. c IPWSKR. Auf der Ebene der Hochschulbildung gilt das Recht auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen nur für diejenigen, welche die für ein Hochschulstudium erforderlichen Fähigkeiten besitzen. Daher greifen Gesetze und andere Maßnahmen, wonach ein Nachweis solcher Fähigkeiten für den Eintritt in eine Hochschule erforderlich wird, nicht in den persönlichen Schutzbereich von Art. 13 Abs. 2 IPWSKR ein. Die ausdrückliche Erwähnung in Art. 13 Abs. 2 lit. c IPWSKR impliziert, daß eine solche Einschränkung für das Recht auf freien Zugang zur Elementar-, aber auch zur höheren Bildung nicht besteht. Das Recht auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen steht also bis zur Ebene der höheren Schulbildung jedem zu.

(2) Unterrichtssprache Kinder von Asylbewerbern werden häufig dem Unterricht nicht folgen können, weil ihre Kenntnisse der jeweiligen Landessprache dazu nicht ausreichen. Es fragt sich, ob das ausschließliche Abhalten des Unterrichts in der Landessprache einen Eingriff in das Recht auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen darstellt. In einer Beschwerde aus Belgien, die vom EGMR zu entscheiden war, bestanden die wallonischen Eltern von Schülern, die im flämischen Teil Belgiens zur Schule gingen, darauf, daß ihre Kinder in Französisch und nicht in Niederländisch unterrichtet würden. Sie machten geltend, die belgischen Regionen seien verpflichtet, in allen Teilen Belgiens sowohl französischsprachige als auch niederländische Schulen einzurichten oder jedenfalls die Einrichtung privater Schulen gleichermaßen zu unterstützen, damit jedes Kind in der Sprache unterrichtet werden könne, mit der es aufwachse. 348 Der EGMR hat den), UN Doc. E/CN.4/SR.288 (1952), S.IO; Haare (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.289 (1952), S. 11; siehe auch UN Doc. N2929 (1955), Kapitel VIII, § 44. 345 "All". 346 Vgl. dazu Maheu (UNESCO), UN Doc. NC.3/SR.785 (1957), § 21. 347 "Equally". 348 Case "Relating to Certain Aspects of the Laws on the Use of Languages in Education in Belgium", Urteil vom 23.7.1968, Series A, Vol. 5/6, S. 36f., § 4; S. 46f., § 10. 9 Dohmes-Ockenfels

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

die Beschwerde in weiten Teilen abgewiesen und erklärt, aus Art. 2 ZPIEMRK erwachse auch in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot keine Pflicht des Staates zur Einrichtung neuer Schulen, denn er müsse lediglich den freien Zugang zu bestehenden Schu1en garantieren. 349 Innerhalb eines vom Staat eingerichteten Schulsystems hätten jedoch alle Schü1er das Recht, in einer der Amtssprachen des jeweiligen Staates unterrichtet zu werden. 350

Man kann diese Rechtsprechung auf Art. 13 Abs. 2 IPWSKR übertragen. Die Gewährleistung des Rechts auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen obliegt dem Staat nur hinsichtlich bestehender Bildungseinrichtungen, soweit diese eine der jeweiligen Amtssprachen des Landes als Unterrichtssprache verwenden. Auch unter Berücksichtigung des Diskriminierungsverbotes aus Art. 2 Abs. 2 IPWSKR wird das Recht auf gleichen Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen nicht zum Recht auf Unterrichtung in der eigenen Muttersprache, denn unter Zugang ist in diesem Zusammenhang ausschließlich die Möglichkeit zur Teilnahme am Unterricht in seiner bestehenden Form zu verstehen. 351 Die Frage, ob ein Staat zur Gewährleistung effektiven Unterrichts neue Bildungseinrichtungen schaffen muß, wenn eine gewisse Anzahl von Schülern die bisher übliche Unterrichtssprache nicht versteht, ist im Rahmen der dem Staat entstehenden Leistungspflichten zu behandeln. b) Negative Bildungsfreiheit Das Recht auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen enthält wie das Recht auf freie Berufswahl als negative Komponente auch das Recht, sich gegen eine Ausbildung überhaupt zu entscheiden. Dieses Recht ist aber im IPWSKR nur eingeschränkt geschützt. Die Vertragsstaaten sind nicht nur berechtigt, sondern gemäß Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR sogar verpflichtet, die allgemeine Schulpflicht fiir die Stufe der Elementarbildung einzufiihren. Die Staaten waren sich sehr schnell über die Einfiihrung der allgemeinen Schu1pflicht als völkerrechtliche zwischenstaatliche Verpflichtung einig, denn in den meisten industrialisierten Staaten war eine allgemeine Schu1pflicht bereits bis Mitte des 19. Jahrhunderts eingefiihrt worden. 352 Somit wurde lediglich kodifiziert, was sich als internationaler Standard schon herausgebildet 349 Case "Re1ating to Certain Aspects of the Laws on the Use of Languages in Education in Be1gium", Urteil vom 23.7.1968, Series A, Vol. 5/6, S. 31, § 4; S. 42f., § 7; S. 49f., § 13; vgl. dazu Lonbay in: BeddardIHill, ESCR, S. 163, 167f. 350 Case "Relating to Certain Aspects of the Laws on the Use of Languages in Educationin Be1gium", Urteil vom 23.7.1968, SeriesA, Vol. 5/6, S. 31, § 3. 351 Vgl. van Dijklvan Boof, ECHR, S.476, zur Frage des Unterrichts in ausländischer Sprache. 352 Vgl. dazu Encyc1opa:dia Britannica, History ofEducation, Band 18, S. 11,57-66, 70-83.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13ll'WSKR

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hatte, bevor das Recht auf Bildung international anerkannt wurde. 353 Dies zeigt auch die Tatsache, daß Art. 26 Abs. 1 AEMR als erste das Recht auf Bildung international anerkennende Vorschrift bereits die allgemeine Schulpflicht für den Elementarunterricht enthält. Sinn der Einführung der allgemeinen Schulpflicht ist die Durchsetzung des allgemeinen Zugangs zur Elementarbildung und damit auch der Schutz vor Diskriminierung durch den Staat. 354 Die Schulpflicht schützt aber auch die Kinder vor ihren Erziehungsberechtigten, denn diesen wird das Recht entzogen, sich gegen eine Ausbildung ihrer Kinder zu entscheiden. 355 Bei der Erarbeitung der Grundvorschrift des Art. 26 Abs. I AEMR wurde betont, daß das Recht der Kinder auf Bildung für sie geschützt werden müsse, da sie in der Regel zu jung seien, ihre Rechte selbst zu verteidigen. 356 Letztlich dient die Schulpflicht damit der Verbesserung des allgemeinen Bildungsstandes und dem Schutz der Kinder, welche eine Elementarbildung erhalten sollen, bevor sie erwerbstätig werden. 357 Leider bleibt dieses Ziel für die Kinder in vielen Entwicklungsländern bislang unerfüllbar, denn wirtschaftliche Not ihrer Familien zwingt sie früh, auf den Schulbesuch zu verzichten, um zum Unterhalt ihrer Familien durch Arbeit beizutragen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, in welchem diese Kinder nicht die Chance erhalten, ihr Bildungsniveau und damit ihre Aussicht auf einen einträglichen Arbeitsplatz zu verbessern, der ihnen ermöglichen könnte, ihre eigenen Kinder bis zum Abschluß der Elementarbildung in der Schule zu belassen. 358 Die Einführung und effektive Implementierung der allgemeinen Schulpflicht in diesen Ländern muß daher oberstes Ziel der zur Überwachung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte eingesetzten Organe sein. Aus den Überlegungen zu Sinn und Zweck der allgemeinen Schulpflicht ergibt sich auch ihr persönlicher Geltungsbereich. Es handelt sich um eine völkerrechtliche Pflicht der Staaten, entsprechende Gesetze einzuführen, die ihrerseits die Erziehungsberechtigten nach nationalem Recht verpflichten sollen, die Schulpflicht ihrer Kinder zu achten und zu befolgen. Obwohl die Kinder die Hauptbetroffenen der Schulpflicht sind, müssen sich die nationalen Geset353Nowakin:Eideu.a.,ESCR,S.189,197. Vgl. Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189, 197; siehe auch Eustathiades (Griechenland), UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S. 5f. 355 Vgl. dazu auch Hodgson, IJCR 4 (1996), S. 237, 241; zur Diskussion bei der Erarbeitung von Art. 26 Abs. 1 AE'MRHalvorsen, HRQ 12 (1990), S. 341,351. 356 Roosevelt(USA), UNDoc. E/CN.4/AC.lISR.15 (1947), S. 5. 357 Vgl. auch Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189, 205; Hodgson, IJCR 4 (1996), S. 237, 239. 358 Dazu der Ausschuß, UN Doc. E/C.12/1 (1996), S. 22; vgl. auch Hodgson, IJCR 4 (1996), S. 237,261. 354



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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

ze an die Erziehungsberechtigten richten, deren Erziehungsrechte damit zum Wohl der Kinder eingeschränkt werden. Die Schulpflicht ergibt sich also weder für die Kinde?59 noch für die Eltern unmittelbar aus dem Völkerrecht. Wie sich im Umkehrschluß aus Art. 13 Abs. 2 lit. d IPWSKR ergibt, hat die allgemeine Schulpflicht nur für Kinder bis zu einem vom Staat zu bestimmenden Alter zu gelten,360 nicht für alle Personen, die einen gewissen Bildungsstand noch nicht erreicht haben. Art. 13 Abs. 2 lit. d IPWSKR behandelt nämlich die Pflicht von Staaten, die Bildung der Erwachsenen zu fördern, welche am Elementarunterricht nur teilweise oder gar nicht teilgenommen haben. Diese Pflicht wäre überflüssig, wenn die Staaten verpflichtet wären, auch für diese Erwachsenen eine allgemeine Schulpflicht einzuführen. Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR schützt somit lediglich Kinder bis zu einem Alter, das jeder Staat nach seinem Bildungssystem festzulegen hat. Dies hat auch der Vertreter der UNESCO in der Menschenrechtskommission betont, der weiter darauf hinwies, daß es wünschenswert sei, die Dauer der Elementarbildung und damit der Schulpflicht eher zu verlängern als zu verkürzen. 361 Die Einschränkung der negativen Bildungsfreiheit gilt daher nur für die Ebene der Elementarbildung. Wer die Elementarbildung abgeschlossen hat, ist frei, sich nicht weiterzubilden. Die Einführung einer Schulpflicht auch für die höhere oder Hochschulbildung würde einen Eingriff in den sachlichen Geltungsbereich der Bildungsfreiheit darstellen, weil der freie Zugang zu Bildungseinrichtungen, der die Freiheit einer Entscheidung für oder gegen die Aufnahme einer Aus- oder Weiterbildung voraussetzt, damit beeinträchtigt wäre. c) Elternrechte Das Gegenstück zum Recht, unterrichtet zu werden, bildet im Rahmen des Rechts auf Bildung das Recht, vom Unterricht befreit zu werden, wenn dieser mit den Überzeugungen der Gruppe, der man angehört, nicht übereinstimmt. 362 Dieses Recht kommt in Art. 13 Abs. 3 IPWSKR zum Ausdruck, der sich mit dem Erziehungsrecht der Eltern befaßt. Es umfaßt die Rechte der Eltern, eine Schule für ihre Kinder auszuwählen und sicherzustellen, daß die religiöse und sittliche Bildung der Kinder mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmt. Bereits die Formulierung "respect" macht deutlich, daß Art. 13 Abs. 3 IPWSKR ein Abwehrrecht postuliert. Die Staaten werden nicht zum Van Bueren in: HejJemaniKingston, HlUDan Rights, S. 339,341. Vgl. van Bueren in: HejJemaniKingston, HlUDan Rights, S. 339, 341. 361 Saba (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.287 (1952), S. 9. 362 Vgl. dazu Lewin (Organisation Mondiale Agudas Israel), UN Doc. E/CN.4/ SR.287 (1952), S. 6. 359

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C. Das Recht auf BildWlg gemäß Art. 13 IPWSKR

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Handeln aufgefordert, sondern haben ganz im Gegenteil passiv zu bleiben, um die elterliche Erziehung nicht zu beeinträchtigen. 363 Geschützt sind nach dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 3 IPWSKR die Eltern und gegebenenfalls der Vormund oder Pfleger, also jeweils die Personen, welche das Sorgerecht für die betroffenen Kinder haben. 364 Für Adoptivkinder üben die Adoptiveltern und nicht die leiblichen Eltern die Rechte aus. Soweit nur ein Elternteil das Sorgerecht für die Kinder hat, übt dieser Elternteil das Recht allein aus. 365 Wie oben bereits dargelegt wurde, dient das Recht der Eltern mittelbar dem Schutz der auszubildenden Kinder und Jugendlichen. 366 Vorgänger von Art. 13 Abs. 3 IPWSKR ist Art. 26 Abs. 3 AEMR, welcher den Eltern ein vorrangiges Recht zur Wahl der Art von Bildung gibt, die ihren Kindern zuteil werden soll. Bei den Arbeiten zum IPWSKR wurde diese Formulierung als zu allgemein für ein rechtlich bindendes Instrument kritisiert. 367 Der Staat solle jedenfalls die Möglichkeit haben sicherzustellen, daß die von den Schulen gewährte Bildung mit den Prinzipien von Art. 13 Abs. 1 IPWSKR übereinstimme. 368 Unumstritten war dagegen, daß die Eltern das Recht haben sollten, die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder nach ihren Überzeugungen zu beeinflussen, wie dies schon in Art. 18 Abs. 4 IPBPR369 kodifiziert war. 370 Der Vorschlag, das Wahlrecht der Eltern auf die religiöse oder sittliche Erziehung ihrer Kinder zu begrenzen,371 fand jedoch keinen Niederschlag im Pakt, so daß Eltern auch frei sind, ihre Kinder Schu-

Vgl. dazu auch Alston/Quinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 184. Dazu de Figueres (Costa Rica), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 51. 365 Vgl. für die Rechtslage nach Art. 2 S.2 ZPI-EMRK Harris/O'BoylelWarbrick, ECHR, S. 544 mwN. 366 S.O. Teil 2, C.I.2. 367 Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 4; Azmi Bey (Ägypten), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S.6; Bowie (Großbritannien), UN Doc. E/CN.41 SR.227 (1951), S. 17; den Streit zusammenfassend Cassin (Frankreich), UN Doc. EI CN.4/SR.227 (1951), S. 19f. 368 Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 4; Azmi Bey (Ägypten), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S.5; Sörensen, (Dänemark), UN Doc. E/CN.41 SR.227 (1951), S. 8; vgl. auch Kiss, Rev. Droits de lHomme 6 (1973), S. 467,479. 369 "The States Parties to the present Covenant Wldertake to have respect for the liberty of parents and, when applicable, legal guardians to ensure the religious and moral education oftheir children in conformity with their own convictions." 370 Vgl. nur Azmi Bey (Ägypten), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 6; Malik (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.228 (1951), S. 19; Sörensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.228 (1951), S. 18; Lewin (Organisation mondiale Agudas Israel), UN Doc. E/CN.4/SR.287 (1952), S. 7. 371 Vgl. z.B. Azmi Bey (Ägypten), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 6; ähnlich Sörensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 9f. 363 364

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

len besuchen zu lassen, die keine spezielle religiöse oder weltanschauliche Überzeugung vertreten.

Art. 2 S.2 ZPI-EMRK enthält vergleichbare Vorschriften zu den Elternrechten, wonach der Staat "bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten (hat), die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen".372 Nur scheinbar ist diese Formulierung enger als die des Art. 13 Abs.3 IPWSKR. Zwar wird den Eltern nicht ausdrücklich das Recht auf freie Wahl der Schule fiir ihre Kinder eingeräumt, doch das Recht, den Unterricht entsprechend ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen, enthält notwendigerweise ein solches Wahlrecht. 373 Keinesfalls ist die Vorschrift so gemeint, daß die Eltern aktiv Einfluß auf die Lehrpläne von Schulen nehmen können. 374 Sie können ihre Kinder zum einen zu einer Schule ihrer Wahl schicken und gegebenenfalls von einzelnen Unterrichtsstunden abmelden und haben zum anderen das Recht, die Gründung einer privaten Schule zu betreiben, wenn sie keine Schule finden, die mit ihren Überzeugungen in Einklang zu bringen ist. 375 Somit ergeben sich auch aus Art. 2 S. 2 ZPI-EMRK die zwei Komponenten der freien Schulwahl und Sicherung der religiösen und sittlichen Erziehung der Kinder. (1) Wahl der Bildungseinrichtung

Art. 13 Abs.3, l. Hs. IPWSKR räumt den Eltern das Recht ein, fiir ihre Kinder andere als öffentliche Schulen zu wählen. Der Staat muß also die Koexistenz staatlicher und privater Schulen zur Gewährleistung einer echten Wahlfreiheit fiir die Eltern zulassen. 376 Im englischen Wortlaut ist der Ausdruck "private schools" nicht enthalten, weil in den Ländern, die das britische Schulsystem angenommen haben, die Privatschulen gerade "public schools" genannt werden. 377 Dies zeigt einmal mehr, welche Schwierigkeiten die einheitliche Formulierung eines Rechts auf Bildung fiir eine Vielzahl unterschiedlichster Schulsysteme mit sich bringt. Als Umschreibung fiir private, das heißt, nicht von der öffentlichen Hand be372 "(T)he State shall respect the right of parents to ensure such education and teaching in conformity with their own religious and philosophical convictions". 373 Dazu van Dijklvan Hoo/, ECHR, S. 470. 374 EGMR, Kj'eldsen, Busk Madsen und Pedersen gg. Dänemark, Urteil vom 7.12.1976, Series A, Vol. 23, § 53. m Vgl. EMRKom, W und K.L. gg. Schweden, Kommissionsentscheidung vom 11.12.1985, Decisions and Reports, Vol. 45, S. 143. 376 Vgl. dazu S6rensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.228 (1951), S. 17f. 377 Vgl. Whitlam (Australien), UN Doc. ElCN.4/SR.228 (1951), S. 8.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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triebene Schulen verwendete man im Englischen den Ausdruck "schools, other than those established by the public authorities". 378 Auch das Wort "state" wollte man vermeiden, weil in vielen Ländern nicht der Staat, sondern andere öffentliche Stellen, zum Beispiel kommunale Behörden, Schulträger sind. 379 Die Wahlfreiheit der Eltern ist eingeschränkt durch die Möglichkeit des Staates, bildungspolitische Mindestnormen aufzustellen, an die auch private Schulen gebunden sind. Nur aufgmnd dieser Einschränkung kann der Staat seine weiteren Verpflichtungen aus Art. 13 Abs.2 IPWSKR zur Gewährleistung eines Mindestbildungsstandards fiir alle erfiillen. 380 Die Vorschrift ist Ausdruck der mittelbaren Drittwirkung des Rechts auf Bildung, denn sie bewirkt, daß auch Privatschulen ihren Schülern ein Mindestmaß an Bildung vermitteln müssen. Der Staat darf jedoch nur einen Rahmen an zu vermittelndem Wissen vorgeben, der den Schulen in der Ausgestaltung der Lehrpläne einen Spielraum beläßt. Die Wahlfreiheit beinhaltet nicht das Recht der Erziehungsberechtigten auf finanzielle Unterstützung durch den Staat, wenn sie sich fiir eine gebührenpflichtige Schule entscheiden, denn sie haben lediglich die Freiheit und nicht das Recht zur Wahl der Schule. Die Verfasser des Paktes wählten bewußt das Wort "liberty", um Mißverständnisse hinsichtlich der Rolle des Staates bei der Verwirklichung der Elternrechte zu vermeiden.38\ In einer Entscheidung zu Art. 18 Abs. 4 IPBPR folgte der Menschenrechtsausschuß des IPBPR dieser Interpretation. 382 Einige Eltern hatten ihre Kinder in einer privaten Schule angemeldet, die vom Staat nicht die gleichen Subventionen erhielt wie die öffentlichen Schulen und daher Schulgebühren verlangte. Die Eltern machten geltend, daß der Staat ihnen die Schulgebühren ersetzen müsse, um ihr Wahlrecht zu verwirklichen. Der Menschenrechtsausschuß 378 Dazu der Vorschlag von Whitlam (Australien), UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S.lO. 379 Siehe dazu Nisot (Belgien), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 9. 380 Vgl. SlJrensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.228 (1951), S. 18. 381 Vgl. dazu Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.780 (1957), § 20; Maheu (UNESCO), UN Doc. AlC.3/SR.781 (1957), § 12; Messadi (Tunesien), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 4; Lima (EI Salvador), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 37; MacEntee (Irland), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 62; Radic (Jugoslawien), UN Doc. AlC.3/SR.784 (1957), § 4; Baroody (Saudi-Arabien), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 50; Fujita (Japan), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 7. 382 Beschwerde Nr. 191/1985, Selected Decisions of the Human Rights Committee under the Optional Protocol, Volume 2 (im folgenden Selected Decisions TI), UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 216fT.; die PIilfung anhand des Diskriminierungsverbotes aus Art. 26 IPBPR erfolgte in Beschwerden Nr. 298/1988, 299/1988, UN Doc. Al46/40, S.253fT.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

entwickelte das Recht auf freie Schulwahl aus Gründen der religiösen und sittlichen Anschauungen der Erziehungsberechtigten, doch er stellte fest, daß dieses Recht nicht verletzt sei. Wenn Erziehungsberechtigte für private Schulen Gebühren zahlen müßten, während die öffentlichen Schulen aufgrund staatlicher Subventionen gebührenfrei seien, so hätten die Erziehungsberechtigten die freie Wahl zwischen diesen Schulen, könnten aber keine Unterstützung des Staates verlangen, wenn sie sich für die gebührenpflichtige private Schule entschieden. 383 Der gleiche Fall war bereits vor die EMRKom gebracht und dort als unzulässig abgewiesen worden. Die EMRKom entschied im gleichen Sinne wie der Menschenrechtsausschuß und betonte, daß der Staat nur verpflichtet sei, die Einrichtung neuer Schulen zuzulassen, ohne diese finanziell unterstützen zu müssen. 384 (2) Sicherung der religiösen und sittlichen Erziehung

Art. 13 Abs. 3,2. Hs. IPWSKR formuliert die Verpflichtung der Staaten, die Freiheit von Erziehungsberechtigten zu achten, die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen. Dieser Teil von Art. 13 Abs. 3 IPWSKR ist identisch mit Art. 18 Abs. 4 IPBPR, der die Rechte der Eltern im Zusammenhang mit dem Recht auf Meinungsfreiheit formuliert. Die Verwendung des gleichen Wortlauts in beiden Rechten zeigt deutlich die enge Verbindung des Rechts auf Bildung zu den politischen Rechten. Das Recht zur Sicherung der religiösen und sittlichen Erziehung erlangt seine Bedeutung im Unterricht in öffentlichen Schulen, auf deren Lehrplan die Erziehungsberechtigten ansonsten nicht Einfluß nehmen können. 385 Der Begriff der sittlichen Erziehung bezieht sich auf die weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern im Sinne von Art. 2 S. 2 ZPI-EMRK und betrim alle nichtreligiösen Grundüberzeugungen der Erziehungsberechtigten. In dem Fall betreffend den belgischen Sprachenstreit hatten die Eltern unter anderem auch ihre Sprache als Teil ihrer Weltanschauung bezeichnet. Der EGMR ist dem

383 Beschwerde Nr. 19111985, Se1ected Decisions n, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 216fT., § 10.3.; Beschwerden Nr. 29811988,29911988, UN Doc. A/46/40, S. 253fT. §§ 1O.3f. 384 W. und KL. gg. Schweden, Kommissionsentscheidung vom 11.12.1985, Decisions and Reports, Vol. 45, S. 143. 385 Vgl. dazu für Art. 18 Abs. 4 IPBPR Nowak, CCPR, Art. 18, Rz. 49; siehe auch Seidel, Handbuch, S. 201.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13IPWSKR

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jedoch nicht gefolgt und hat entschieden, daß die Sprache nicht Teil einer Weltanschauung sein könne. 386 Die Eltern können ihr Recht aus Art. 13 Abs. 3, 2. Hs. IPWSKR geltend machen, indem sie ihre Kinder von der Teilnahme an allen Unterrichtsstunden befreien lassen, in denen einzelne religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen vermittelt werden, die mit ihren eigenen Überzeugungen nicht zu vereinbaren sind?87 Der Staat ist jedoch nicht gehindert, die Schüler zur Teilnahme am Religions- oder Philosophieunterricht zu verpflichten, solange in diesen Unterrichtsfächern das Wissen über die unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen in einer neutralen und objektiven Weise vermittele88 und jegliche Art von Indoktrination der Schüler unterlassen wird. Der Menschenrechtsausschuß des IPBPR hatte beispielsweise zu entscheiden, ob die Teilnahmepflicht an einem Kurs über Religions- und Ethikgeschichte für Kinder, welche vom Religionsunterricht befreit waren, mit dem Recht der Erziehungsberechtigten aus Art. 18 Abs. 4 IPBPR vereinbar sei. Er wandte die oben angeführten Prinzipien an und hielt die Teilnahmepflicht für vereinbar mit Art. 18 Abs. 4 IPBPR, weil im Rahmen des Unterricht Informationen in einer neutralen und objektiven Weise vermittelt würden, welche die Überzeugungen der Erziehungsberechtigten respektiere, die sich keiner Religion zugehörig fühlten. 389 Problematisch ist, wie das Recht auf Sicherung der religiösen und sittlichen Erziehung der Eltern verwirklicht werden kann, wenn der Unterrichtsstoff in weltanschaulich neutralen Fächern Themen enthält, welche von unterschiedlichen Weltanschauungen geprägt sein können. Weil solche Themen unter Umständen ganz beiläufig im Unterricht zur Sprache kommen können, ist es den Eltern unmöglich, ihre Kinder vom Unterricht fernzuhalten. Andererseits kann die Behandlung solcher Themen für die umfassende Ausbildung der Schüler unerläßlich sein, so daß es sich als urunöglich erweist, den Schulunterricht vollständig weltanschaulich neutral zu halten. Ein Beispiel für diese Problematik stellte die Beschwerde an den EGMR betreffend die Teilnahmepflicht am Sexualkundeunterricht in Dänemark dar. Der Sexualkundeunterricht sollte im Rahmen des Biologieunterrichts abgehalten werden, wenn sich durch entsprechende Fragen der Schüler eine Gelegenheit ergab. Der EGMR 386 Case "Relating to Certain Aspects of the Laws on the Use of Languages in Education in Belgium, Urteil vom 23.7.1968, Vol. 5/6, S. 32, § 6. 387 Vgl. auch Nowak, CCPR, Art. 18, Rz. 54. 388 Vgl. van Eueren in: HefJernaniKingston, Human Rights, S. 339, 343f.; Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189,206; Seidel, Handbuch, S. 202. 389 Beschwerde Nr. 40/1978, Selected Decisions under the Optional Protocol, Band I (im folgenden: Selected Decisions I), UN Doc. CCPRlC/OPIl (1985), S. 74ff., § 10.4.; vgl. dazu ausführlich Nowak, CCPR, Art. 18 Rz. 52.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

entschied, daß die Teilnahme an solchen Unterrichtsstunden das Recht der Eltern auf religiöse und sittliche Erziehung nicht beeinträchtigte, weil der Sexualkundeunterricht in einer objektiven Weise erteilt wurde?90 Eine Grenze zieht der EGMR für das Recht der Eltern, wenn die Überzeugungen der Eltern mit der Menschenwürde unvereinbar sind, in einer demokratischen Gesellschaft keinen Respekt verdienen oder dem Recht auf Bildung des Kindes widersprechen. 391 Da aus Art. 13 Abs. 1 S. 2 IPWSKR folgt, daß der Staat verpflichtet ist, seine Bildungspolitik auf die Achtung und Wahrung der Menschenrechte auszurichten und überdies das Recht der Kinder auf Bildung zu schützen, kann diese Rechtsprechung in gewissen Grenzen auch auf den IPWSKR übertragen werden. Es ist allerdings zu beachten, daß im Extremfall die Religions- und Gewissensfreiheit der Eltern vollkommen ausgehebelt wird, wenn der Staat die Möglichkeit hat, die Überzeugungen der Eltern zu bewerten. Daher muß diese Schranke des Art. 13 Abs. 3 IPWSKR sehr restriktivangewandt werden. Soweit es um die Teilnahme an dem vom Staat vorgeschriebenen Unterricht geht, reicht die Rechtsprechung zur Objektivität des Unterrichtes aus, um negative Einflüsse von elterlichen Überzeugungen abzuwenden. Erst wenn Eltern aktiv auf die Erstellung eines Lehrplanes einwirken wollen, ist auf die soeben dargelegte Rechtsprechung zurückzugreifen. d) Private Bildungseinrichtungen Ganz eng mit dem Recht auf freie Wahl der Bildungsstätte verknüpft ist das Recht natürlicher und juristischer Personen aus Art. 13 Abs. 4 IPWSKR, eigene Schu1en zu errichten und zu leiten, denn ohne diese Freiheit würde das Recht der Eltern auf freie Wahl der Bildungseinrichtung leerlaufen. Dieses Recht erweitert den persönlichen Geltungsbereich des Rechts auf Bildung, denn es schützt neben natürlichen Personen auch juristische Personen. Unmittelbar geschützt sind potentielle und tatsächliche private Schu1träger, doch wie alle Rechte in Art. 13 IPWSKR dient auch dieses Recht mittelbar dem Recht auf Bildung der Schüler. Das Recht aus Art. 13 Abs. 4 IPWSKR ist als Schranke des Art. 13 IPWSKR konstruiert. Kein Teil des Rechts auf Bildung darf so angewandt werden, daß das Recht von natürlichen oder juristischen Personen auf Errichtung und Leitung von Bildungseinrichtungen jeglicher Art eingeschränkt wird. Weil der Staat andererseits aber Pflichten zur Sicherung einer bestimmten Art von Bildung hat, ist das Recht zur Errichtung von Bildungsstätten sei390 Kjeldsen, Busk Madsen and Pedersen gg. Dänemark, Urteil vom 7.12.1976, Series A, Vol. 23, §§ 53f. 391 Campbell und Cosans gg. Großbritannien, Urteil vom 25.2.1982, Series A, Vol. 46, § 36.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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nerseits beschränkt durch Art. 13 Abs. 1,2,4 IPWSKR. Der Staat muß durchsetzen, daß auch in privaten Bildungseinrichtungen die in Art. 13 Abs. 1 IPWSKR niedergelegten Bildungsziele eingehalten werden. Zur Durchsetzung dieser Ziele und zur Verwirklichung der Elementarbildung für alle ist er gemäß Art. 13 Abs. 4 IPWSKR berechtigt, Mindestbildungsnormen aufzustellen, um ein Mindestmaß an Bildung in allen Schulen des Landes zu gewährleisten. Den Staat trifft keinerlei Pflicht, die privat eingerichteten Schulen finanziell zu unterstützen oder gar zu tragen, denn das Recht zur Errichtung dieser Schu1en ist ein reines Abwehrrecht. 392 Private Schulträger haben aber wiederholt geltend gemacht, daß die Weigerung des Staates, an die privaten Schulen Subventionen zu verteilen, welche staatlichen Schulen zustehen, eine Form der indirekten Behinderung privater Schulträger ist, die durch Art. 13 Abs. 4 IPWSKR verboten ist. 393 Das Diskriminierungsverbot, dessen Verletzung hier geltend gemacht wird, kann aber in der Anwendung auf reine Abwehrrechte den Staat nicht zu Leistungen verpflichten. Nur ein abstraktes Diskriminierungsverbot kann eine solche Selbstbindung der Verwaltung bei der Verteilung nicht geschuldeter Leistungen bewirken. Ein akzessorisches Diskriminierungsverbot kann dagegen den Staat im Zusammenhang mit Abwehrrechten nicht zum positiven Handeln verpflichten. Dementsprechend lehnen auch das Bundesverfassungsgeriche 94 und inzwischen das Bundesverwaltungsgeriche95 einen unmittelbaren Leistungsanspruch privater Schulen auf finanzielle Unterstützung durch den Staat aus Art. 7 Abs. 4 GG ab. Das Recht zur Errichtung privater Schu1en begründet nach dieser Rechtsprechung nur die objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, den Bestand des privaten Schu1wesens als Institution zu schützen. Nur wenn der Bestand des Privatschulwesens gefährdet ist, kann eine Handlungspflicht des Staates entstehen. 396 Wenn sich der Staat dann in Erfiillung seiner Handlungspflicht dazu entschließt, Privatschulen finanziell zu fördern, so hat er den Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu beachten. 397 Wie schon die Verfasser des Paktes klarstellten, ergibt sich eine Pflicht zur Förderung der privaten Bildungseinrichtungen auch nicht aus der allgemeinen

392 Vgl. Hoare (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 6; derselbe, UN Doc. E/CN.4/SR.288 (1952), S. 12; siehe auch Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189, 207; Seidel, Handbuch, S. 201. 393 Vgl. dazu Nowak in: Eide u.a., ESCR, S. 189,207. 394 BVerfGE 75, S. 40, 66-75; BVerfGE 90, S. 107, 114-121. 395 BVerwGE 79, S. 154, 156ff.; vgl. aber noch BVerwGE 70, S. 290, 292ff. 396 Vgl. dazu v. Manch, GG, Art. 3, Rz. 45; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rz. 748. 397 BVerfGE 75, S. 40, 69.

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Schulpflicht. 398 Die Staaten haben zur Sicherung der Schulpflicht dafür zu sorgen, daß jedes Kind einen Schulplatz erhält, können aber die Mittel zur Erreichung dieses Ziels frei wählen. Sie können sich der Hilfe privater Bildungseinrichtungen bedienen, doch es bleibt ihnen überlassen, den Bau öffentlicher Schulen vorzuziehen.

3. Leistungspjlichten im Rahmen der staatlichen Bildungspolitik Das Recht auf Bildung wird selbst in marktwirtschaftlieh orientierten Staaten in erster Linie auf der Ebene staatlicher Leistungspflichten betrachtet. Dies zeigt sich, wie bereits erwähnt wurde, auch in der Struktur des Art. 13 IPWSKR, der eine scharfe Trennung zwischen Abwehrrecht und staatlicher Leistungspflicht nur bei den Rechten von Erziehungsberechtigten und privaten Schulträgern trifft. Hinsichtlich des Rechts auf Bildung stellt Art. 13 Abs. 2 IPWSKR ausschließlich Leistungspflichten auf, die sich aber in ihren Formulierungen stark voneinander unterscheiden. Von der Präzision der Formulierungen hängt es ab, wie gut der Ausschuß die Einhaltung der Verpflichtungen bewerten kann. In der folgenden Darstellung der Pflichten soll daher der Aspekt der Durchsetzbarkeit der Verpflichtungen besonders berücksichtigt werden. a) Pflicht zur Verschaffung eines Bildungsplatzes Im Gegensatz zu Art. 6 IPWSKR enthält Art. 13 Abs. 2 IPWSKRjedenfalls im Rahmen der Elementarbildung die Pflicht der Vertragsstaaten zur Verschaffung eines Bildungsplatzes für alle Schüler. 399 In Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR heißt es, daß die Elementarbildung rur jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muß. Die Schulpflicht kann aber nur verwirklicht werden, wenn alle Schüler gleichzeitig das Recht auf Elementarbildung haben, welches voraussetzt, daß für alle Schüler eine ausreichende Anzahl an Schulplätzen zur Verfiigung steht. Etwas anderes gilt für die weiteren Stufen der Bildung. In Art. 13 Abs. 2 lit. bund c IPWSKR wird formuliert, daß die höhere Schulbildung jedermann und der Hochschulunterricht nur denjenigen zugänglich gemacht werden muß, welche die Fähigkeiten haben, die der Hochschulunterricht voraussetzt. Aus der Einfiigung des Wortes "gemacht"4°O wird bereits die Progressivität der Verpflichtung deutlich. Die Staaten haben, ähnlich wie im Rahmen des Rechts 398 So auch Bowie (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 16; vgl. UN Doc. A/2929 (1955), Kapitel VIII, § 41; Calimari (Panama), UN Doc. A/C.3/SR.785 (1957), § 5. 399 So auch Saba (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 12. 400 "Made".

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

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auf Arbeit gemäß Art. 6 Abs. 2 IPWSKR, darauf hinzuwirken, daß möglichst alle Menschen einen Bildungsplatz ihrer Wahl erhalten, ohne daß es zunächst darauf ankommt, ob dieses Ziel erreicht werden kann. 40\ Der Unterschied ist möglicherweise nur sehr gering, wirkt sich aber auf die Durchsetzbarkeit der Verpflichtungen aus. In bezug auf Art. 13 Abs.2 lit. a IPWSKR kann der Ausschuß feststellen, ob alle schulpflichtigen Kinder einen Schulplatz erhalten haben. Bei Art. 13 Abs. 2 lit. b IPWSKR ist dagegen den Vertragsstaaten ein Ermessensspielraum hinsichtlich der Mittel überlassen, die sie einsetzen, um möglichst allen einen Ausbildungsplatz zu verschaffen. Die Auswahl der Mittel kann der Ausschuß nur in engen Grenzen beurteilen. Im Rahmen der Erwachsenenbildung trifft die Staaten die Verpflichtung, eine grundlegende Bildung fiir die Personen, welche die Elementarbildung nicht durchlaufen oder nicht beendet haben, zu fördern. Der Begriff der "grundlegenden Bildung" ist von der UNESCO definiert worden. 402 Grundlegende Bildung ist demnach weder Schul- noch Weiterbildung und hat nicht nur unterstützenden Charakter, sondern soll ein vollständiges Unterrichtungsprogramm darstellen. Die Vorschrift gilt insbesondere fiir die Entwicklungsländer, wo das Schulsystem noch nicht gewährleisten kann, daß jede Person am Elementarunterricht teilnimmt. Die grundlegende Bildung soll den Elementarunterricht so weit wie möglich ersetzen und umfaßt demnach mehr als lediglich den Erwerb von Lese- und Schreibkenntnissen. Im Rahmen der Erwachsenenbildung sollen Kenntnisse in praktischen, technischen und ethischen Fächern vermittelt werden. 403 Die Verpflichtung ist allerdings schwächer als die Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 2lit. bund c IPWSKR, denn die Förderung oder Vertiefung einer grundlegenden Bildung setzt weder bestimmte Maßnahmen voraus, noch ist sie auf ein konkretes Ziel ausgerichtet. Während sich Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR nur auf Schüler bezieht, die in der Elementarbildung sind und damit der Schulpflicht nach nationalem Recht unterliegen, betreffen Art. 13 Abs. 2 lit. bund c IPWSKR nur Personen, die eine höhere Schule, Berufsausbildung oder Universität durchlaufen wollen. Es handelt sich hier um Personen, welche die Elementarbildungsphase abgeschlossen haben und der Schulpflicht nicht mehr unterliegen. Auch die durch Art. 13 Abs.2 lit. d IPWSKR geschützten Personen sind nicht mehr schulpflichtig, obwohl sie die Elementarbildungsphase nicht abgeschlossen haben. Die persönlichen Geltungsbereiche von Art. 13 Abs.2 lit. a IPWSKR einerseits und Art. 13 Abs. 2 lit. b, c und d IPWSKR andererseits schließen einan-

So auch Bowie (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.227 (1951), S. 16. UNESCO, Report ofthe Programme Commission, UNESCO Doc. 9CIResolutions (1956), Annex A, S. 90, § 6. 403 Vgl. dazu Maheu (UNESCO), UN Doc. E/C.3/SR.780 (1957), § 3. 401

402

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

der also aus, so daß nur Art. 13 Abs. 2 IPWSKR als Ganzes das Recht auf Bildung aller Personen schützt. b) Kostenfreiheit des Unterrichts Das Recht auf Zugang zu Bildungseinrichtungen wird gewährleistet durch die Verpflichtung zur Einführung kostenfreien Unterrichts. 404 Dieses Prinzip blieb unter den Verfassern nicht unwidersprochen. Kritiker führten an, daß der staatlichen Subventionierung privater Bedürfnisse ein System vorzuziehen sei, in dem jeder einzelne in der Lage sei, für seine Bildung und die seiner Kinder selbst aufzukommen. Dieses System respektiere als Ideal die menschliche Würde und Verantwortung für das eigene Wohlergehen besser. Nur weil das Ideal in der Realität nicht zu erreichen sei, müsse das Prinzip der Kostenfreiheit des Unterrichts als gegenüber mangelnder Bildung geringeres Übel akzeptiert werden. 405 Als problematisch wurde auch angesehen, daß die Staaten durch die Verpflichtung zur Einführung kostenfreien Unterrichts auf ein Mittel zur Gewährleistung des Rechts auf Bildung für alle festgelegt würden und andere Mittel wie ein gut funktionierendes Stipendiensystem damit nicht in jedem Fall vereinbar seien. 406 Die Verpflichtung aus Art. 13 Abs.2 IPWSKR heißt aber im englischen Wortlaut "available free to all", was nicht notwendigerweise bedeutet, daß Schulgebühren nicht anfallen dürfen. In der deutschen Übersetzung "unentgeltlich" ist der Gedanke der Gegenleistung enthalten, welcher aber in dem englischen Wort "free" nicht zum Ausdruck kommt. Eine korrektere Übersetzung könnte "kostenfrei" sein, welche bedeutet, daß den Schülern oder ihren Eltern durch den Schulbesuch keine finanziellen Nachteile entstehen dürfen. Denkbar ist daher auch ein staatliches Stipendiensystem zur Erstattung der Gebühren für alle oder die Einführung bezahlter Berufsausbildungen mit integriertem Unterricht. 407 Auf dem Weg zum Ziel kostenfreien Unterrichts für alle kann auch eine Regelung, wonach die Schulgebühren nur für Kinder bedürftiger Eltern ersetzt werden, mit den Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 2 IPWSKR vereinbar sein, solange das Ziel der Kostenfreiheit für alle stetig weiterverfolgt wird. 408 Umgekehrt kann eine Verletzung der Verpflich404 Vgl. auch Eustathiades (Griechenland), UN Doc. E/CN.4/SR.229 (1951), S.6; Nisot (Belgien), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 8. 405 So Nisot (Belgien), UN Doc. ElCN.4/SR.25 (1952), S. 9. 406 Beaufort (Niederlande), UN Doc. NC.3/SR.781 (1957), § 2f.; Cise/et (Belgien), UN Doc. NC.3/SR.782 (1957), § 17; ablehnend Mahmud (Ceylon), UN Doc. NC.3/SR.781 (1957), § 19. 407 Vgl. Cise/et (Belgien), UN Doc. NC.3/SR.782 (1957), § 17. 408 Dazu Shoham-Sharon (Israel), UN Doc. NC.3/SR.782 (1957), § 55; Efend; Nur (Indonesien), UN Doc. NC.3/SR. 782 (1957), § 61.

C. Das Recht aufBildWlg gemäß Art. 13 IPWSKR

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tung zur Gewährleistung kostenfreien Unterrichts rur alle gegeben sein, wenn die Schüler aufgrund von Mängeln im Schulsystem faktisch gezwungen sind, private Nachhilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie die Unterrichtsziele anders nicht erreichen können. 409 Die bloße Gewährung gebührenfreien Unterrichts ist also weder erforderlich noch ausreichend zur Erfüllung der Verpflichtung zur Bereitstellung kostenfreier Bildung. c) Progressivität der Verpflichtungen Das Prinzip der Kostenfreiheit wird auf der Ebene der höheren und Hochschulbildung in Art. 13 Abs. 2 lit. bund c IPWSKR wie die Pflicht zur Schaffung ausreichender Bildungsplätze als progressiv zu erfüllende Pflicht festgeschrieben, während der Hinweis auf die Progressivität in Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR fehlt. Dies hat den so'\\jetischen Vertreter in der Menschenrechtskommission zu der Auslegung bewogen, daß Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR entgegen der fiir alle Verpflichtungen geltenden progressiven Verwirklichung gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR sofort zu erfiillen sei. 410 Wie sich aber aus Art. 14 IPWSKR ergibt, ist auch Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR lediglich nach und nach zu erflillen, so daß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR auch fiir diese Verpflichtung gilt. 411 Die Verfasser haben in Art. 14 IPWSKR rur die Einführung der Schulpflicht und des kostenlosen Unterrichts auf der Ebene der Elementarbildung eine rur den Pakt einzigartige Erfüllungsfrist eingefiihrt. So sollen die Vertragsstaaten, die das Prinzip der Schulpflicht und Kostenfreiheit des Elementarunterrichtes noch nicht eingefiihrt haben, innerhalb von zwei Jahren nach Ratifizierung des Paktes einen Plan aufstellen, der die Einfiihrung dieses Prinzips innerhalb einer angemessenen Zahl von Jahren behandelt. Art. 14 IPWSKR ist auf alle Staaten anwendbar und nicht nur auf die abhängigen Gebiete der ehemaligen Kolonialstaaten, obwohl bei der Diskussion über diesen Artikel die Situation in den Kolonialstaaten und ihren abhängigen Gebieten im Vordergrund stand. 412 Vgl. Ausschuß, UN Doc. E/C. 1211 994/20, § 181. Morosov (UdSSR), UN Doc. E/CN.4/SR.287 (1952), S. 18. 411 Vgl. auch Quart (Kanada), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 14; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 186. 412 Vgl. zu der Kontroverse: Morozov (UdSSR), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 10; Pyman (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 12; Baroody (SaudiArabien), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 21; Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 24; Roy (Haiti), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 40; Bratanov (Bulgarien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 13ff.; Carasales (Argentina), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 17; D'Souza (Indien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 26. 409

410

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

Kein anderes Recht enthält eine Erfüllungsfrist, und so war ihre Einfügung in den Pakt sehr umstriuen. 413 Art. 14 IPWSKR paßt mit der sehr detaillierten Regelung der Durchsetzung des Rechts auf Bildung nicht in das System des IPWSKR, der sich zumeist auf die Beschreibung der Rechte beschränkt und nur selten einzelne Verpflichtungen aufzählt. 414 Auch ist der rechtliche Gehalt der Frist nur schwer faßbar. Einer strikten Zweijahresfrist, in welcher die Vertragsstaaten einen Plan vorstellen sollen, steht eine sehr weiche Frist gegenüber, welche die Vertragsstaaten sich selbst zur Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht und Kostenfreiheit im Elementarunterricht setzen. Wenn sich herausstellt, daß diese zweite Frist, die ohnehin nur angemessen sein muß, nicht einzuhalten ist, so soll eine Anpassung der Frist an die tatsächlichen Verhältnisse auch später noch möglich sein. 415 Legt man die Verpflichtung aus Art. 14 IPWSKR in diesem Sinne aus, so wird sie im Rahmen des Rechts auf Bildung überflüssig, denn die bloße Aufstellung eines Planes, an den der Staat letztlich nicht gebunden ist, fördert das Recht auf Bildung nicht mehr als die Postulierung der Pflicht zur Einführung kostenfreien und verpflichtenden Unterrichts in der Elementarstufe in Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR. 416 Andererseits ist die Aufstellung eines Planes zur Durchsetzung der Schulpflicht und Kostenfreiheit des Elementarunterrichts mit entsprechenden Fristen häufig gar nicht möglich, weil die Verhältnisse in einzelnen Staaten genaue Prognosen über realisierbare Vorhaben nicht zulassen. 417 Immerhin zeigt die Vorschrift aber den Willen der Vertragsstaaten, auf ein positives Ergebnis bei der Durchsetzung eines Rechts auf Bildung für alle hinzuarbeiten. 418 Die Zweijahresfrist hat Signalwirkung für die Bedeutung, welche die Vertrags-

Vgl. nur UN Doc. AlC.3/SR.789-793 (1957). Vgl. Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 6; Pyman (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 11; Beaufort (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 20; Carasales (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 18; dagegen: EfJendi Nur (Indonesien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 22. 415 Vgl. Maheu (UNESCO), UN Doc. AlC3/SR.790 (1957), § 4; Juvigny (Frankreich), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 19; siehe auch den Bericht des UNESCO Committee on Human Rights, UN Doc. E/CN.4/655/Add.4, Annex, Abschnitt I (c), S.6. 416 So auch Massoud-Ansari (Iran), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 3; Pyman (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 38; Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 49. 417 Pyman (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 12; Carasales (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SR.790 (1957), § 17. 418 Juvigny (Frankreich), UN Doc. AlC.3/SR.789 (1957), § 15; Rossides (Griechenland), UNDoc. AlC.3/SR.791 (1957), § 1. 413

414

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. l3IPWSKR

145

staaten gerade der Elementarbildung beimessen,419 auch wenn rechtlich erhebliche Konsequenzen sich aus Art. 14 IPWSKR nicht ziehen lassen. Die Vorschrift wurde in den Pakt aufgenommen, weil sie als notwendige Konsequenz von Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR das Recht auf Elementarbildung jedenfalls ergänzt. 420 Es· ist allerdings aus den Berichten vor dem Ausschuß nicht erkennbar, daß Staaten, in denen die allgemeine Schulpflicht noch nicht eingeführt ist, Schritte unternommen haben, einen Plan zu ihrer Einführung aufzustellen. d) Unterrichtssprache Die Pflicht zur Verschaffung eines Unterrichtsplatzes für alle auf der Ebene der Elementarbildung kann nur sinnvoll erfüllt werden, wenn die Schulkinder dem Unterricht auch folgen können. Problematisch wird dies, wenn, wie im Fall der Asylbewerber, die Kinder mangels ausreichender Sprachkenntnisse dem Unterricht nicht folgen können. Im Rahmen ihrer Leistungspflichten zur Gewährleistung des Rechts auf Bildung können für die Vertragsstaaten in solchen Fällen auch Verpflichtungen entstehen, Förderkurse einzurichten und zu unterhalten, die den Kindern Sprachkenntnisse vermitteln, damit diese dem regulären Unterricht nach einiger Zeit folgen können. Der Ausschuß hat bei der Berichtsprüfung von Surinam zum Beispiel kritisiert, daß der Schulunterricht ausschließlich in der Amtssprache Niederländisch abgehalten wird, und gefordert, daß zur Erhaltung der Stammessprachen, die im übrigen von der Mehrheit der Bevölkerung noch gesprochen werden, Unterricht auch in diesen Sprachen angeboten wird. 421 Dieser Sonderfall des Auseinanderfallens von Amtssprache und mehrheitlich gesprochener Sprache ist aber im Fall der Asylbewerberkinder nicht gegeben, die an einer Schule und erst recht in einem Land immer in der Minderheit bleiben werden. Eine Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung fremdsprachiger Schulen ist damit nur in Extremfällen denkbar, wo sehr große Gruppen ausländischer Kinder im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates anwesend sind, denen das Erlernen der Landessprache nicht zumutbar ist. Allerdings sind Gründe für eine solche Unzumutbarkeit kaum vorstellbar, zumal die Sprache 419 Dazu Maheu (UNESCO), UN Doc. NC.3/SR.790 (1957), § 12; E.lJendi Nur (Indonesien), UN Doc. NC.3/SR.790 (1957), § 21; Quan (Guatemala), UN Doc. NC.3/SR.790 (1957), § 36; Shoham-Sharon (Israel), UN Doc. NC.3/SR.790 (1957), § 42; Rossides (Griechenland), UN Doc. NC.3/SR.791 (1957), § 2; Lejlerova (Tschechoslowakei), UN Doc. NC.3/SR.792 (1957), § 14. 420 Vgl. dazu Afnan (Irak), UN Doc. NC.3/SR.789 (1957), § 9; Morozov (UdSSR), UN Doc. NC.3/SR.789 (1957), § 10; Tejera (Uruguay), UN Doc. NC.3/SR.792 (1957), § 9. 421 UNDoc. E/C. 121l9951l 8, § 163, 170.

10 Dohmes-Ockenfels

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2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

nicht als Teil weltanschaulicher Überzeugungen im Sinne von Art. 13 Abs. 3 IPWSKR angesehen wird. Es ist ganz im Gegenteil sinnvoll, wenn die Staaten gemäß Art. 13 Abs. 3, 4 IPWSKR festlegen, daß zu den Mindesterfordernissen im Schulunterricht die Kenntnisse der Landessprache gehören, weil diese Kenntnisse für ein normales Leben in den Aufnahmestaaten unerläßlich sind. Im Rahmen ihrer Leistungspflichten haben sie durch das Angebot ausreichenden Sprachunterrichts dann dafür zu sorgen, daß die Mindesterfordernisse auch an staatlichen Schulen eingehalten werden können. e) Entwicklung von Schulsystemen, Stipendien und Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Lehrpersonals Art. 13 Abs. 2 lit. e IPWSKR kann als Sammelvorschrift gesehen werden, in der alle Einzelverpflichtungen aufgefiihrt sind, welche die Verfasser fiir so wichtig hielten, daß sie einen Platz im IPWSKR erhalten sollten, ohne daß sie systematisch bei einem der Teilrechte einzuordnen waren. 422 Zusätzlich war noch im Gespräch die Förderung des Sportunterrichts423 und eine Verpflichtung zum Bau neuer Schulgebäude. 424 Es gab aber auch Kritik an der Einfiigung dieser Einzelverpflichtungen, weil man sie für zu detailliert für die Aufnahme in einen internationalen Menschenrechtsvertrag hielt. 425 Trotz der beträchtlichen Widerstände gegen die Vorschrift stimmte die Mehrheit im dritten Ausschuß der Generalversammlung für ihre Einfiigung in Art. 13 IPWSKR, ohne daß signifIkante Argumente gegen die ablehnenden Stimmen vorgebracht worden waren. 426 Möglicherweise sahen auch die ablehnenden Staaten die Vorschrift letztlich nicht als schädlich an, weil sie allenfalls über-

422 Vgl. Malitza (Rumänien), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 15; MacEntee (Irland), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 18; Bi/ai (Ukraine), UN Doc. AlC.3/SR.787 (1957), § 1l. 423 Vgl. UN Doc. Al2929 (1955), Kapitel VIII, § 43. 424 Vgl. Vorschlag der UdSSR, UN Doc. E/CN.4/L.51 (1952); dazu Mehta (Indien), UN Doc. ElCN.4/SR.289 (1952), S. 8. 425 SO Z.B. Saba (UNESCO), UN Doc. E/CN.4/SR.285 (1952), S. 11; ShohamSharon (Israel), UN Doc. AlC.3/SR.782 (1957), § 57; Haare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 52; MacEntee (Irland), UN Doc. AlC.3/SR.783 (1957), § 65; Carasales (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SR.784 (1957), § 18; Quart (Kanada), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 15; D'Souza (Indien), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), § 25; Chaudhuri (Pakistan), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 9; Beaufort (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 10; Small (Neuseeland), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 35; Afnan (Iran), UN Doc. AlC.3/SR.786 (1957), § 41; Pyman (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.787 (1957), § 22; siehe auch Halvorsen, HRQ 12 (1990), S. 356. 426 Vgl. UN Doc. AlC.3/SR.788 (1957), § 8: 35 Stimmen dafür, 17 Stimmen dagegen, 18 Enthaltungen.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

147

flüssige Einzelheiten enthalte. 427 Im Ergebnis enthielten sich einige der Staaten, welche vorher ihre Ablehnung hatten erkennen lassen, der Stimme, so daß zwischen zustimmenden und ablehnenden bzw. sich enthaltenden Stimmen ein Gleichgewicht bestand. 428 Alle Verpflichtungen sind sehr vage gehalten. Hinsichtlich der Mittel zu ihrer Erfüllung ist den Staaten ein sehr weiter Ermessensspielraum eingeräumt, so daß eine Überprüfung der Einhaltung dieser Verpflichtungen durch den Ausschuß fast ausgeschlossen ist. Bezüglich der Verpflichtungen zur Einrichtung eines Stipendiensystems und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Lehrer stellt der Ausschuß in den Richtlinien zur Berichterstattung die Frage nach den Regelungen zur Stipendienvergabe und nach der wirtschaftlichen Situation der Lehrer, ohne bei der Berichtsprüfung darauf einzugehen, welche Verbesserungen die Staaten in dieser Hinsicht vornehmen könnten. 429 Die Pflicht zur Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen besteht nur ftir diejenigen Staaten, in denen die Bildung auf allen Stufen noch nicht möglich ist. Sie richtet sich also eher an Entwicklungsländer als an die industrialisierten Staaten Westeuropas. Im übrigen stellt sie lediglich fest, was im Rahmen des Rechts auf Bildung selbstverständlich ist: zur. Gewährleistung des Rechts auf Bildung muß der Staat Schulen einrichten. 4. Eröffnung des sachlichen Geltungsbereiches des Rechts aufBildung durch die Regelungen zum Schulbesuch von Asylbewerberkindern Die Regelungen zum Schulbesuch von Asylbewerberkindern in der Europäischen Union betreffen das Recht auf Bildung auf unterschiedlichen Ebenen. Da dieses Recht sehr viel weitergehende Leistungspflichten hat als das Recht auf Arbeit, ist hier nicht nur der freie Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen betroffen, sondern ebenso die Pflicht der Staaten zur Schaffung ausreichender Kapazitäten ftir die Teilnahme aller Schüler am Elementarunterricht, welche durch die Pflicht zur Verwirklichung der allgemeinen Schulpflicht ergänzt wird. Bevor die Eröffnung des sachlichen Geltungsbereiches des Rechts auf Bildung untersucht wird, sind noch einige Bemerkungen zur Beziehung von Bund und Ländern hinsichtlich der auswärtigen Beziehungen in Deutschland erforderlich. Gemäß Art. 32 Abs. 1 GG ist die Außenpolitik und damit auch

427

§ 19. 428 429

10·

Vgl. dazu die Bemerkung von Aldunate (Chile), UN Doc. AlC.3/SR.785 (1957), Vgl. dazu die Bemerkung vonRoy (Haiti), UN Doc. AlC.3/SR.788 (1957), § 32. Vgl. Reporting Guide1ines, UN Doc. E/C.12/l991/l, Art. 13, §§ 5 lit. c, 6.

148

2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im lPWSKR

der Abschluß völkerrechtlicher Verträge grundsätzlich Sache des Bundes. 430 Die Bundesrepublik Deutschland tritt damit in bezug auf die Verpflichtungen aus dem IPWSKR als Einheit auf, obwohl gerade die Bildungspolitik Ländersache ist. Wenn also die Bundesländer Regelungen treffen, die in den Geltungsbereich des Paktes eingreifen, so ist aus völkerrechtlicher Sicht die Bundesrepublik Deutschland Urheberin dieser Eingriffe. Im folgenden sollen gleichwohl die Bundesländer getrennt erwähnt werden, weil sich die jeweiligen Regelungen zum Schulbesuch in ihrer Eingriffsintensität voneinander unterscheiden. a) Situation im Transitbereich Wie bei der Betrachtung des Rechts auf Arbeit muß die Situation der Asylbewerberkinder in den Transitbereichen der Aufnahmestaaten gesondert betrachtet werden. Solange die Asylbewerberkinder sich in den Transitbereichen aufhalten, unterliegen sie nicht der nationalen Gesetzgebung zum Schulbesuch. Sie erhalten keinen Unterricht und sind damit vom Schulbesuch vollständig ausgeschlossen. Die Frage der Rechtfertigung dieses Eingriffs in das Recht auf freien Zugang zu bestehenden Schulen ist rur alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleichermaßen zu betrachten, soll aber aufgrund der Sonderstellung des Asylverfahrens im Transitbereich getrennt von den Regelungen zum Schulbesuch der Asylbewerberkinder betrachtet werden, welche in den Aufnahmestaat eingereist sind. b) Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen Ein regelrechtes Schulverbot für Asylbewerber zur Verhinderung des Zugangs zu den Schulen besteht in keinem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Obwohl in Belgien und in Deutschland431 in Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommem, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein die Rechtsstellung der Asylbewerberkinder während der Wartefrist vor Eintritt der Schulpflicht unklar ist, ist wohl in der Praxis davon auszugehen, daß keine Schule einem Kind die Teilnahme am Unterricht verwehren wird, wenn noch ein freier Schulplatz vorhanden ist.

430 Vgl. dazu Ipsen, § 74, Rz. 4; gemäß Art. 32 Abs. 3 GG köIUlen jedoch die Bundesländer mit Zustimmung der Bundesregierung Verträge mit auswärtigen Staaten schließen, soweit sie fUr die Gesetzgebung zuständig sind. 431 Obwohl auf völkerrechtlicher Ebene die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat des lPWSKR etwaige Eingriffe in die anerkaIUlten Rechte zu vertreten hat, werden im folgenden die deutschen Bundesländer getreIUlt betrachtet, weil die Regelungen zum Schulbesuch von Asylbewerberkindern iIUlerhalb Deutschlands sehr unterschiedlich gestaltet sind.

c. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

149

Ein Eingriff in das Recht auf freien Zugang zu bestehenden Schulen liegt aber nicht nur im Falle eines Schulverbotes vor, sondern aufgrund des Diskriminierungsverbotes auch bei einer Ungleichbehandlung der Asylbewerberkinder gegenüber anderen Kindern. In Deutschland dürfen Asylbewerberkinder in Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen während des gesamten Asylverfahrens nur dann eine Schule besuchen, wenn die Kapazitäten dies zulassen. Kinder von Staatsangehörigen und bevorrechtigten Ausländern werden Asylbewerberkindern bei der Verteilung der Schulplätze immer vorgezogen, so daß eine Ungleichbehandlung der Asylbewerber wegen des Aufenthaltsstatus gegeben ist. Diese Ungleichbehandlung behindert den freien Zugang der Asylbewerberkinder zu den Schulen und begründet einen Eingriff in ihr Recht auf Bildung. In Belgien und in Deutschland in Bayern, Bremen, Hessen, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein tritt die Schulpflicht für Asylbewerberkinder erst nach einer gewissen Wartefrist ein. Bis zum Eintritt der Schulpflicht dürfen sie, soweit ersichtlich, eine Schule nur besuchen, wenn nach der Verteilung von Schulplätzen an alle anderen Kinder noch Kapazitäten offen sind. Während der Wartezeit liegt damit in Belgien und den genannten deutschen Bundesländern ein Eingriff in das Recht der Asylbewerberkinder auf freien Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen vor. c) Recht auf Teilnahme am Elementarunterricht Auf der Ebene der Erfüllung ist das Recht auf Bildung der Asylbewerberkinder zunächst betroffen, wenn die Staaten ihrer Verpflichtung zur Einführung eines Rechts auf einen Schulplatz für die Asylbewerberkinder nicht nachkommen. Die bereits genannten Staaten, welche in die Bildungsfreiheit der Asylbewerberkinder eingreifen, indem sie die Asylbewerberkinder gegenüber anderen Kindern benachteiligen, erfüllen zwangsläufig ihre Verpflichtung nicht, allen Asylbewerberkindern einen Schulplatz zu verschaffen. Außer diesen Staaten räumen jedoch alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Asylbewerberkindern ein Recht auf einen Schulplatz ein und erfüllen damit diesen Teil des Rechts auf Bildung. d) Schulpflicht Obwohl die meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Asylbewerberkindern einen Anspruch auf einen Schulplatz einräumen, haben nicht alle dieser Staaten die allgemeine Schulpflicht für Asylbewerberkinder eingeführt.

150

2. Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im IPWSKR

In den deutschen Bundesländern Berlin und Brandenburg sowie in Frankreich, Großbritannien, Italien und in den Niederlanden unterliegen alle Asylbewerberkinder uneingeschränkt der allgemeinen Schulpflicht. Diese Staaten erfüllen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR in vollem Maße. Die übrigen Staaten erfüllen ihre Verpflichtungen zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung nicht in vollem Maße. In den deutschen Bundesländern Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein sowie in Belgien tritt die allgemeine Schulpflicht für Asylbewerberkinder zum Beispiel erst nach Ablauf einer Wartefrist ein. In Dänemark, Finnland, Irland und Spanien unterliegen die Asylbewerberkinder zu keinem Zeitpunkt während des Asylverfahrens der Schulpflicht. In Österreich gilt eine Sonderregelung. Asylbewerberkinder können von Beginn des Asylverfahrens der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, soweit erkennbar ist, daß das Asylverfahren länger als ein Schulhalbjahr dauert. Im dritten Teil dieser Arbeit ist zu untersuchen, ob die Regelungen gleichwohl mit Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR vereinbar sind. e) Ergebnis Die Bewertung der Verwirklichung des Rechts auf Bildung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vollzieht sich zum einen auf der Abwehr- und zum anderen auf der Erfüllungsebene des Rechts. Sieht man von der Rechtsstellung der Asylbewerberkinder in den Transitbereichen der Aufnahmestaaten einmal ab, so ist ein Eingriff in das Recht auf freien Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen auf der Abwehrebene nur im Zusammenspiel mit dem Diskriminierungsverbot gegeben, soweit einige Staaten den Asylbewerberkindern den Zugang zu örtlichen Schulen erst gewähren, wenn alle anderen Kinder einen Schulplatz erhalten haben. 432 Erfüllen können das Recht auf Bildung nur die Staaten, welche die Asylbewerberkinder der allgemeinen Schulpflicht unterwerfen, denn sie räumen den Kindern zwingend damit auch ein Recht zum Schulbesuch ein. 433 Die Staaten, welche den Kindern zwar ein Recht zum Schulbesuch gewähren, sie aber nicht 432 Belgien und Deutschland (Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommem, Niedersachsen, Sachen und Schleswig-Holstein) befristet; Deutschland (BadenWürttemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, SachsenAnhalt und Thüringen) unbefristet. 433 Deutschland (Berlin und Brandenburg), Frankreich, Großbritannien, Italien und die Niederlande ab Beginn des Asylverfahrens; Belgien und Deutschland (Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommem, Niedersachsen, Österreich, Sachsen und Schleswig-Holstein) nach einer gewissen Wartefrist.

C. Das Recht auf Bildung gemäß Art. 13 IPWSKR

151

zum Schulbesuch verpflichten, erfiillen dagegen ihre sich aus dem Recht auf Bildung ergebenden Verpflichtungen nur teilweise. 434 Die Staaten schließlich, welche den Kindern kein Recht auf Schulbesuch geben, sind identisch mit den Staaten, welche schon in das Abwehrrecht auf Zugang zu den Schulen eingreifen, und müssen damit auf der Erfiillungsebene nicht gesondert betrachtet werden. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit festgestellter Eingriffe und unterlassender Erfiillungsmaßnahmen werden somit folgende Fälle unterschieden: •

Situation im Transitbereich



Beschränkung des Zugangs zu bestehenden Schulen



Erfiillung der Pflicht zur Einfiihrung der allgemeinen Schulpflicht für Asylbewerberkinder

434 Dänemark, Finnland, Irland und Spanien während des gesamten Asylverfahrens; Österreich höchstens bis zu einem Schulhalbjahr.

Dritter Teil

Die Schranken der Rechte im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Nachdem im zweiten Teil dieser Arbeit die sich aus den Rechten auf Arbeit und Bildung ergebenden staatlichen Verpflichtungen beschrieben wurden, stehen im dritten Teil die Schranken der im IPWSKR anerkannten Rechte im Vordergrund. Es wurde festgestellt, daß die staatlichen Regelungen zur Rechtsstellung der Asylbewerber die Geltungsbereiche der beiden Rechte sowohl auf der Ebene des Respekts als auch auf der Ebene der Erfüllung der Rechte berühren. Wenn die im allgemeinen Teil des Paktes enthaltenen Schranken die Beschränkungen der Rechte zulassen, so sind die Staaten in ihrem Verhalten gerechtfertigt, und Rechts- oder Pflichtverletzungen können nicht festgestellt werden. Der allgemeine Teil, der Ausführungen zur Art und Weise der Verwirklichung der Rechte enthält und damit die Weichen für ihre Durchsetzbarkeit stellt, ist das Herzstück des IPWSKR. Die bloße Anerkennung der Rechte, wie sie im besonderen Teil des Paktes erfolgt, ist zwar politisch bedeutsam, hat aber rechtliche Konsequenzen nur, wenn die Schranken des allgemeinen Teils die Verwirklichung der Rechte nicht vollständig aushebeln. Die Formulierung der Vorschriften im allgemeinen Teil des Paktes läßt nur Art. 4 IPWSKR als Schrankenbestimmung erkennen, der das Wort "limitations" enthält und die Voraussetzungen für Beschränkungen der Rechte enthält. Auch Art. 2 IPWSKR enthält jedoch Möglichkeiten zur Rechtfertigung der unvollständigen Verwirklichung der Rechte durch die Staaten und ist damit als Schranke zu behandeln. Die anläßlich eines Seminars der International Commission of Jurists, einer privaten Organisation zum Schutz der Menschenrechte, verabschiedeten Limburg Principles l haben viel zur Auslegung der Vorschriften des allgemeinen Teils des Paktes beigetragen. Auf der Grundlage der Limburg Principles hat der Ausschuß in seiner dritten allgemeinen Bemerkung eine Analyse des

I The Limburg Principles on the Implementation of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, UN Doc. E/CN.411987/17, Annex, abgedruckt in HRQ 9 (1987), S. 122-135.

A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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Art. 2 Abs. 1 IPWSKR vorgenommen2 und die Schlüsselbegriffe dieser Vorschrift definiert. Sowohl die Limburg Principles als auch die Bemerkung Nr. 3 des Ausschusses werden im folgenden zur Auslegung der Schranken herangezogen.

A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR Art. 2 Abs. 1 IPWSKR Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenarbeit, insbesondere wirtschaftlicher und technischer Art, unter Ausschöpfung aller seiner Möglichkeiten Maßnahmen zu treffen, um nach und nach mit allen geeigneten Mitteln, vor allem durch gesetzgeberische Maßnahmen, die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichen.

Englischer Wortlaut: Each State Party to the present Covenant undertakes to take steps, individually and through international assistance and co-operation, especially economic and technical, to the maximum 01 its available resources, with a view to achieving progressively the lull realization 01 the rights recognized in the present Covenant by all appropriate means, including particularly the adoption 01 legislative measures.

Art. 2 Abs. 1 IPWSKR stellt vordergründig eine Wiederholung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes "pacta sunt servanda" dar, wie er sich auch aus Art. 26 WVRK ergibt. Die Pflicht, Verträge einzuhalten, bringt es mit sich, daß die Staaten nach der Ratifizierung eines Vertrages Schritte unternehmen, um die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. 3 So verpflichten sich die Staaten in Art. 2 Abs. 1 IPWSKR, ebenso wie in Art. 2 Abs.2 IPBPR, Schritte zur Verwirklichung der Rechte zu unternehmen. Ursprünglich hatte man geplant, im besonderen Teil des Paktes zu jedem einzelnen Recht die Maßnahmen aufzuzählen, die zu seiner Verwirklichung unternommen werden müßten, so daß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR lediglich einen Hinweis auf die im besonderen Teil des Paktes ausgeführten staatlichen Verpflichtungen darstellen sollte. 4 Im weiteren Verlauf der Entstehung des Paktes erwies sich dieses Vorhaben aber als vielfach undurchführbar, und so sind in der Endfassung des Paktes nur zu einzelnen Rechten Schritte vorgegeben, die 2 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex ill: General Comment No. 3 (1990), The nature of States parties obligations (Art. 2. para. 1 of the Covenant), im folgenden: Allgemeine Bemerkung Nr. 3. 3 Vgl. Craven, ICESCR, S. 114. 4 Vgl. UN Doc. A/2929 (1955), Kapitel TI, §§ 19,22.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

zu unternehmen sind. Andere Rechte wie das Recht auf Sozialversicherung aus Art. 9 IPWSKR enthalten ohne jede Aufzählung von Maßnahmen lediglich einen Satz zur Anerkennung des Rechts und bedürfen extensiver Auslegung, damit einzelne staatliche Verpflichtungen daraus abgeleitet werden können.

L Progressive und unmittelbare Verwirklichung der Rechte Gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR haben die Staaten die im Pakt anerkannten Rechte nicht unmittelbar nach Ratifizierung des Paktes, sondern lediglich nach und nach zu verwirklichen. Dreh- und Angelpunkt bei der Anwendung des IPWSKR ist die Frage, welche Konsequenzen sich aus dieser Pflicht der Staaten zur progressiven Verwirklichung der Rechte ergeben. 5 Wenn nämlich die Geschwindigkeit der Verwirklichung der Rechte in das freie Ermessen der Staaten gestellt ist, so können die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nichts anderes als Programmsätze sein, welche möglicherweise politisch, nicht aber rechtlich durchsetzbar sind. 6 Daß die Begründung bloßer Programmsätze nicht Sinn und Zweck einer Kodifikation zum Schutz der Menschenrechte sein kann, haben bereits die Verfasser des Paktes zum Ausdruck gebracht. Es wurde befürchtet, daß die Einfiigung des Wortes "progressively" die im Pakt festzulegenden Verpflichtungen zu leeren Worthülsen machen würde, weil die Verwirklichung der Verpflichtungen nicht mehr kontrollierbar sei. 7 Die Befürworter des Begriffs betonten aber, daß eine dynamische Verpflichtung begründet werden solle, die nicht an einem bestimmten Punkt anhalten könne. 8 Man ging davon aus, daß Pflichtverletzungen auch bei progressiver Verwirklichung der Rechte festgestellt werden könnten, und wollte somit gerade keine bloßen Programmsätze, sondern durchsetzbare rechtliche Verpflichtungen formulieren. 9 Auch der Ausschuß geht davon aus, daß Sinn und Zweck des Paktes die Begründung durchsetzbarer Verpflichtungen ist. Die Möglichkeit progressiver Realisierung soll den Staaten nur dort den erforderlichen Ermessensspielraum geben, wo die Besonderheit einzelner Rechte dies erfordert. 1O Die Vertragsstaaten müssen ihre Verpflichtungen aus dem Pakt aber so zügig und effektiv

s Craven, ICESCR, S. 129; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,172.

Diese Auffassung vertritt z.B. Vierdag, NethYbIL 9 (1978), S. 69, 105. z.B. Morozov (UdSSR), UN Doc. E/CN.4/SR.271 (1952), S. 11; Azkoul (libanon), UN Doc. ElCN.4/SR.271 (1952), S. 8. 8 Serensen (Dänemark), UN Doc. ElCN.4/SR.236 (1951), S. 19. 9 Dupont-Willeman (Guatemala) UN Doc. ElCN.4/SR.237 (1951), S. 10. 10 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. ElC.1211990/8, Annex m, § 9. 6

7 So

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wie möglich erfüllen. 11 Insbesondere haben sie die ersten Schritte zur Verwirklichung der Rechte unmittelbar nach Ratifizierung des Paktes zu unternehmen. 12 Dies bedeutet, daß die Vertragsstaaten sofort nach Inkrafttreten des Paktes Maßnahmen ergreifen müssen, um die volle Realisierung der Rechte zu erreichen. Nur das Ausmaß der Schritte wird von der Pflicht zur progressiven Verwirklichung beeinflußt. 1. Unmittelbar zu erfüllende Verpflichtungen Nach der Interpretation des Ausschusses unterliegen nicht alle staatlichen Verpflichtungen, die sich aus dem IPWSKR ergeben, der progressiven Verwirklichung. Es bietet sich an, zur Herleitung der unmittelbar zu erfüllenden Verpflichtungen den IPBPR heranzuziehen, weil dieser die Verpflichtung zur progressiven Realisierung nicht enthält. Im Entwurf des Paktes von 1951, der noch alle Menschenrechte umfaßte, galt die progressive Verwirklichung der anerkannten Rechte gemäß Art. 1 Abs. 1 sowohl für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen als auch fiir die bürgerlichen und politischen Rechte. \3 Durch die Formulierung "within reasonable time" wurde impliziert, daß eine sofortige Erfüllung der Verpflichtungen nicht verlangt werde. 14 Ein wichtiges Argument fiir die Trennung der beiden Pakte war die Forderung, daß nur die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen, nicht aber die bürgerlichen und politischen Rechte der progressiven Verwirklichung unterliegen sollten. 15 Folglich wurde die progressive Erfüllung nach der Trennung der Pakte nur fiir die wirtschaftlichen,

11 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. ElC.1211990/8, Annex m, § 9; ebenso Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 21. 12 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. ElC.1211990/8, Annex m, § 2; ebenso Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 16; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 166; Craven, ICESCR S. 115; AndreasseniSmith/Stokke in: EideIHagtvet, Human Rights, S. 252, 256; Simma, VRÜ 25 (1992), 382, 385; Eide, Right to Food, UN Doc. ElCN.4/Sub.211987123, § 102. 13 Vgl. UN Doc. ElCN.4/640, Art. 1 Abs.2: "The States Parties undertake to take, within reasonable time, the necessary steps". 14 Dazu Hoare (Großbritannien), UN Doc. ElCN.4/SR.329 (1952), S. 4(; Juvigny (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.329 (1952), S. 5; Roosevelt (USA), UN Doc. ElCN.4/SR.329 (1952), S. 6; Nisot (Belgien), UN Doc. ElCN.4/SR.329 (1952), S. 8; Azkoul (Libanon), UN Doc. E/CN.4/SR.329 (1952), S. 8(; Whitlam (Australien), UN Doc. E/CN.4/SR.329 (1952), S. 11. 1S Vgl. dazu Roosevelt (USA), UN Doc. AlC.3/SR.360 (1951), § 10; Dehousse (Belgien), UNDoc. AlC.3/SR.360 (1951), § 4.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

sozialen und kulturellen Rechte übernommen. 16 Versuche, die progressive Erfüllung auch für den IPBPR wieder einzuführen, schlugen fehl. 17 Den bürgerlichen und politischen Rechten ist nunmehr nach Art. 2 Abs. 2 IPBPR Wirksamkeit zu verleihen. 18 Damit sind die Vertragsstaaten grundsätzlich verpflichtet, bereits mit seiner Ratifizierung die Gewährleistung der Rechte zu sichern. Bei der Erarbeitung des IPBPR war eine größere Anzahl von Staatenvertretern jedoch der Ansicht, daß die Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 IPBPR, Schritte zur Gewährleistung der Rechte zu unternehmen, ihnen eine gewisse Übergangszeit zwischen Inkrafttreten des Paktes und voller Gewährleistung der Rechte errnögliche. 19 Schließlich schuf man einen Komprorniß zwischen den Befürwortern sofortiger und den Befürwortern progressiver Verwirklichung, indem man sich auf die Auslegung einigte, daß die Gewährleistung der Rechte so schnell wie möglich nach Ratifizierung des Paktes zu erfolgen habe. 20 Heute geht die wohl herrschende Meinung davon aus, daß die Rechte des IPBPR unmittelbar und nicht progressiv zu verwirklichen sind. 21 Immerhin zeigt sich an dieser Diskussion, daß die Verpflichtung zur unmittelbaren Verwirklichung der bürgerlichen und politischen Rechte keineswegs unumstritten war. Für die Gruppe der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte wurde die Pflicht zur lediglich progressiven Verwirklichung der Rechte mehrheitlich vor dem Hintergrund befürwortet, daß diese Rechte staatliche Leistungen erforderten, die wesentlich von den vorhandenen finanziellen der Staaten abhin16 Zur Streichung der progressiven Erfüllung bei den bürgerlichen und politischen Rechten vgl. Glover(Großbritarurien), UN Doc. A/C.3/SRI181 (1962), § 2; siehe auch Nowak, CCPR, Art. 2 Rz.5tT., 53tT. 17 Vgl. dazu UN Doc. A/2929 (1955), Kapitel V, §§ 7-10; Mantzoulinos (Griechenland), UN Doc. NC.3/SR.1257 (1963), § 2; Goodhart (Großbritannien), UN Doc. A/C.3/SRI257 (1963), § 6; UN Doc. A/5655 (1963), §§ 21-23; Nowak, CCPR, Art. 2 Rz.8. IB Englischer Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 IPBPR: "( ... ) each State Party to the present Covenant undertak.es to take the necessary steps, ( ... ), to adopt such legislative or other measures as may be necessary to give etTect to the rights recognized in the present Covenant." 19 Siehe die Zusammenfassung der Ansichten bei Capotorti, UN Doc. NC.3/SRI257 (1962), § 12. 20 UN Doc. A/5655 (1963), § 23; siehe auch Nowak, CCPR, Art. 2 Rz. 9, 54; Jhabvala, NILR 32 (1985), S. 461, 468f. 21 Vgl. Nowak, CCPR, Art. 2, Rz. 55; Art. 40, Rz. 15tT., 21 mwN; a.A. Jhabvala, NILR 32 (1985), S.461, 467tT.; zu dem Streit siehe Humphrey, HRQ 6 (1984), S. 539f.; Jhabvala, HRQ 7 (1985), S. 242tT.; Iwasawa, HRQ 7 (1985), S.565; vgl. auch den Ausschuß in seiner allgemeinen Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex m, § 9; Tomuschat, CanHRY 1984, S. 31, 35.

A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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gen. 22 So sollte eine Berufung auf die progressive Verwirklichung der Rechte ausgeschlossen sein, wenn in dem betreffenden Staat kein Mangel an Ressourcen herrschte. 23 Die Möglichkeit progressiver Verwirklichung greift somit nur ein, wenn für die volle Verwirklichung staatliche Ressourcen notwendig sind, die dem betreffenden Staat fehlen. 24 Dabei spielt die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Unterlassungspflichten eine wichtige Rolle. Im zweiten Teil dieser Arbeit ist ausgeführt worden, daß die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte genau wie die bürgerlichen und politischen Rechte sowohl Leistungs- als auch Unterlassungspflichten enthalten. Betrachtet man die Verpflichtung zur Verwirklichung der Rechte also auf den Ebenen des Respekts, des Schutzes und der Erfüllung, so zeigt sich, daß die Möglichkeit progressiver Realisierung jedenfalls auf der Ebene des Respekts der Rechte nicht existiert. a) Erfüllung der Rechte Die Verpflichtung zur Erfüllung der im Pakt anerkannten Rechte beinhaltet in aller Regel Leistungspflichten, welche den Einsatz von Ressourcen erfordern. Die Gewährung von Sozialleistungen im Fall von Krankheit, Alter, Arbeitslosigkeit oder Armut hängt sehr stark von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Staates ab. Auch die Durchführung von Programmen zur Arbeitsvermittlung oder die Organisation von Schulen erfordert nicht nur personellen, sondern vor allem finanziellen Einsatz, dessen Angemessenheit im Einzelfall von außen nur schwer zu bewerten ist. Hier benötigen die Staaten den Ermessensspielraum bei der Verteilung ihrer Ressourcen, den ihnen die Möglichkeit progressiver Verwirklichung der Rechte gibt. Die Ebene der Erfüllung unterliegt damit der progressiven Realisierung. b) Schutz der Rechte Die Verpflichtung zum Schutz der Rechte ist Ausfluß der mittelbaren Drittwirkung der Rechte und erfordert in der Regel den Erlaß von Schutzgesetzen, 22 Vgl. dazu Z.B. Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR271 (1952), S. 16; AbdelGhani (Ägypten), UN Doc. AlC.3/SR658 (1955), § 19; Bouquin (Frankreich), UN Doc. AlC.3/SR1l81 (1962), § 25; Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SR1l81 (1962), § 26; Quiambao (Philippinen), UN Doc. AlC.3/SRl182 (1962), § 22; Pico (Argentinien), UN Doc. AlC.3/SR1l84 (1962), § 14; Fekini (Libyen), UN Doc. AlC.3/SR.1l84 (1962), § 21; Afnan (Irak), UN Doc. AlC.3/SR1l84 (1962), § 34; Attlee (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR1203 (1962), § 12. 23 Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR233 (1951), S. 5; SBrensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR236 (1951), S. 20f.; Juvigny (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR307 (1952), S. 7. 24 So auch Craven, ICESCR, S. 132; Eide in: Eide u.a., S. 21, 36.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

die zwischen den Privatpersonen Anwendung finden. Im Bereich des Rechts auf Arbeit könnte es sich zum Beispiel um Gesetze zum Schutz vor willkürlichen Entlassungen im Krankheitsfall oder bei Schwangerschaft handeln. Der Schutz des Rechts auf Bildung könnte den Erlaß von Lehrplänen erfordern, welche die Ausbildung in staatlichen und privaten Schulen koordinieren. Soweit die in einem Gesetzgebungsverfahren einzusetzenden staatlichen Ressourcen betroffen sind, wird man davon ausgehen können, daß in einem funktionsfähigen Staat die Gesetzgebungsorgane als ständige Einrichtungen mit eigenen Haushaltsmitteln existieren, so daß der Erlaß eines einzelnen Gesetzes im Haushalt eines Staates nicht gesondert zu Buche schlägt. Die Staaten können sich allenfalls darauf berufen, daß durch das Verfahren der Gesetzgebung zeitliche Verzögerungen bei der Verwirklichung der Rechte entstehen, die aber einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren ab der Ratifikation des Paktes im Normalfall nicht überschreiten dürften. Die Ebene des Schutzes der im IPWSKR anerkannten Rechte unterliegt also nur in einer Übergangsphase nach Ratifikation des Paktes der progressiven Realisierung, die für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesichts der Tatsache, daß Irland als letzter Staat bereits im Jahr 1990 den IPWSKR ratifiziert hat, inzwischen abgelaufen sein dürfte. c) Respekt der Rechte Die Verpflichtung der Staaten, die Rechte zu respektieren, unterliegt grundsätzlich nicht der progressiven Verwirklichung. 25 Der Respekt der Rechte erfordert in der Hauptsache das Unterlassen staatlicher Eingriffe, welches kostenneutral ist. Im Rahmen der Anpassung der innerstaatlichen Rechtsordnung an die Vorgaben des Paktes kann die Änderung von Gesetzen erforderlich werden, wenn diese einzelne der im Pakt anerkannten Rechte bislang verletzt haben. Im Rahmen solcher Verpflichtungen gelten die gleichen Überlegungen wie beim Schutz der Rechte. Zeitliche Verzögerungen bei der Abschaffung bestehender Eingriffe in die Rechte können in einer Übergangsphase nach der Ratifikation des Paktes mit dem Argument progressiver Realisierung gerechtfertigt werden. d) Zusammenfassung Die Analyse der drei Ebenen der Verwirklichung von Rechten zeigt, daß die Möglichkeit progressiver Realisierung nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne ab der Ratifikation des IPWSKR nur noch auf der Ebene der Erfüllung der Rechte besteht. Dies stimmt überein mit der Intention der Verfasser, welche die Möglichkeit progressiver Realisierung nur für die Leistungspflichten ein-

25

Vgl. Craven, NILR 40 (1993), S. 367,392.

A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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fuhren wollten, weil diese den Einsatz staatlicher Ressourcen erforderten. Es entspricht auch dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Menschenrechte, denn die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte werden infolge der engen Auslegung der Möglichkeit progressiver Realisierung den vornehmlich als Abwehrrechten betrachteten bürgerlichen und politischen Rechten weitgehend gleichgestellt.

2. Stetige Fortschritte Die Progressivität gibt den Staaten kein uneingeschränktes Ermessen bei der Verwirklichung der Rechte. Der Ausschuß hat in seiner allgemeinen Bemerkung Nr. 3 vielmehr festgestellt, daß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR die Verpflichtung aufstellt, so prompt und effektiv wie möglich auf das Ziel vollständiger Verwirklichung der Rechte zuzugehen. Insbesondere sind Rückschritte in dieser Entwicklung den im Pakt vorhandenen Beschränkungen unterworfen?6 Wendet man diese Auslegung auf die Erfiillungspflichten der Staaten an, so ergibt sich, daß die Staaten die unvollständige Erfiillung ihrer Verpflichtungen nur rechtfertigen können, wenn sie geltend machen und darlegen können, daß sie die volle Verwirklichung der betroffenen Rechte stetig anstreben. Sie müssen dann keine Einzelerfolge nachweisen, dürfen aber Einschnitte in bereits gewährte Leistungen nur unter Angabe weiterer Rechtfertigungsgründe vornehmen. Die Einfiibrung von Studiengebühren stellt beispielsweise einen Rückschritt hinsichtlich der Verpflichtung zur Bereitstellung kostenfreien Unterrichts dar, wenn die Studiengebühren nicht durch Maßnahmen flankiert werden, welche die Kostenfreiheit auf andere Weise sicherstellen?? Das gleiche gilt für Einschnitte in Sozialleistungen, welche das Recht auf Sozialversicherung betreffen. 28 Solche Rückschritte auf dem Weg zur vollen Verwirklichung der Rechte stellen Eingriffe in die im Pakt anerkannten Rechte dar, die durch die im Pakt eingeräumten Schranken gerechtfertigt sein müssen.

3. Die Möglichkeit progressiver Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber Da die Möglichkeit progressiver Realisierung der im IPWSKR anerkannten Rechte für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nur auf der Ebene der 26 UN Doc. E/C.1211990/8, Annex III, § 9; so auch Simma, VRü 25 (1992), S. 382, 385; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 165f. 2? Vgl. z.B. die Prüfung des Berichts von Mauritius, UN Doc. E/C.1211994/20, § 181; zur Einfilhrung von Studiengebühren in Neuseeland und den Reaktionen der Menschenrechtskonurussion vgl. Alston in: Festschrift Opsahl, S. 79, 87. 28 Vgl. die Schlußfolgerungen des Ausschusses in bezug auf Belgien, UN Doc. E/C.1211994/20, § 153.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Erfüllung der Rechte existiert, findet sie bezüglich der Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber keine Anwendung. Wie an flÜherer Stelle ausgeführt wurde,29 betreffen sämtliche Regelungen der Mitgliedstaaten zur Erwerbstätigkeit und Schulbildung von Asylbewerbern und ihren Kindern die Ebenen des Respekts und des Schutzes der Rechte auf Arbeit und Bildung. Lediglich die Regelungen der deutschen Bundesländer, die den Asylbewerberkindern einen Anspruch auf einen Schulplatz verweigern, betreffen auch die Ebene der Erfüllung des Rechts auf Bildung. Sie greifen aber gleichzeitig in das Recht der Kinder auf gleichen Zugang zu den bestehenden Schulen ein, weil deutsche und andere ausländische Kinder gegenüber Asylbewerberkindern bevorzugt behandelt werden. Dieser Eingriff findet auf der Ebene des Respekts des Rechts auf Bildung im Zusammenspiel mit dem Diskriminierungsverbot statt und unterliegt somit nicht der Möglichkeit progressiver Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR.

n.

Die Ausschöpfung vorhandener Ressourcen

Gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR sind die Vertragsstaaten velpflichtet, die im Pakt anerkannten Rechte im Rahmen aller ihrer Möglichkeiten zur verwirklichen. Die amtliche deutsche Übersetzung verwendet für den englischen Begriff "ressourees" das Wort "Möglichkeiten", welches sehr unbestimmt ist. Treffender erscheinen die Begriffe "Mittel" oder "Ressourcen", die im folgenden verwendet werden. Als vorhandene Mittel haben die Staaten im wesentlichen finanzielle Mittel, aber auch Grund und Boden sowie zur Verfligung stehendes Wissen und Technologie und nicht zuletzt Personalmittel einzusetzen. 30 Bei der Auswahl der einzusetzenden Mittel ist ihnen ein sehr großer Ermessensspielraum eingeräumt. 3l Der Ausschuß nimmt gleichwohl an, daß er die Angemessenheit der eingesetzten Mittel überprüfen kann. 32 J. Maßnahmen zur Verwirklichung der Rechte

Art. 2 Abs. 1 IPWSKR verpflichtet die Vertragsstaaten, alle geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte zu ergreifen. 33 Als mögliche Maßnahmen führt der Ausschuß in seiner allgemeinen Bemerkung zu Art. 2 Abs. 1 IPWSKR neben der in Art. 2 Abs. I IPWSKR 29 S.O. Tei12, B.II.5., C.II.4. 30

Robertson, HRQ 16 (1994), S. 691, 695ff.

3l Craven, ICESCR, S. 116. 32 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.12/1990/8, Annex III, § 4; ebenso

Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 20; vgl. Craven, ICESCR, S. 116. 33 Zur Vermeidung von Verwechselungen zwischen den Begriffen "means" und "ressources" in der deutschen Übersetzung soll ftlr "means" im folgenden das Wort "Methoden" oder "Maßnahmen" und nicht "Mittel" verwendet werden.

A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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ausdrücklich erwähnten Gesetzgebung die Einführung von Rechtsmitteln34 zur Geltendmachung gesetzlich eingeräumter Rechte sowie Verwaltungsmaßnahmen oder den Einsatz finanzieller, sozialer und bildungspolitischer Mittet3s an. Geeignet sind auch sogenannte Förderungsmaßnahmen,36 wozu die Verteilung des Textes des IPWSKR ebenso gehört wie die Organisation von Informationsveranstaltungen und die Gestaltung von Unterrichtseinheiten. 37 Angefiihrt sind hier vornehmlich positive Maßnahmen, doch auch das Unterlassen von Handlungen kann eine geeignete Maßnahme zur Verwirklichung der Rechte sein, soweit die Ebene des Respekts der Rechte betrachtet wird. Die Einrichtung eines bestimmten Regierungs- oder Wirtschaftssystems ist nicht Voraussetzung fiir die volle Verwirklichung der Rechte,38 wenngleich das Diskriminierungsverbot und der Hinweis auf die "demokratische Gesellschaft" in Art. 4 IPWSKR anzudeuten scheinen, daß jedenfalls ein gewisses Maß an Pluralismus in der Gesellschaft gewährt werden muß, damit alle Personen die anerkannten Rechte in vollem Maße genießen können. 39 2. Vorhandene Ressourcen

Gegen den Vorwurf, keine ausreichenden Maßnahmen zur Erfiillung der Rechte ergriffen zu haben, kann sich der Staat mit dem Hinweis verteidigen, er habe seine Ressourcen ausgeschöpft. Problematisch an dieser Verteidigung ist, daß die Staaten selbst durch den Haushaltsplan festlegen, welchen Anteil der insgesamt zur Verfiigung stehenden Ressourcen sie fiir die Verwirklichung der Rechte des IPWSKR verwenden. Es besteht Einigkeit dartiber, daß sie nicht verpflichtet sind, alle vorhandenen Ressourcen fiir die Verwirklichung der Rechte einzusetzen und erst nach Erreichen dieses Zieles wieder andere Tätigkeitsfelder eröffnen können. 4o Bei der Verteilung der vorhandenen Mittel

34 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.12/1990/8, Annex m, § 5; ebenso Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fT., § 19; vgl. auch AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,170; Craven, ICESCR, S. 127. 35 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex m, § 7; ebenso Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fT., § 17; vgl. Craven, ICESCR, S. 115. 36 Promotional measures. 37 Vgl. z.B. UN Doc. E/C.12/1994120, § 118. 38 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex m, § 8; vgl. auch Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR.271 (1952), S. 10; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fT., § 6; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 181f.; Craven, ICESCR, S. 123f. 39 Vgl. dazu und zu der Diskussion im Ausschuß Craven, ICESCR, S. 124. 40 Dazu auch Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35,45. 11 Dohmes-Ockenfels

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

auf verschiedene Tätigkeitsfelder ist ihnen ganz im Gegenteil ein großer Ermessensspielraum eingeräumt. 41 Auch die Formulierung "maximum of its available resources" muß aber im Lichte von Sinn und Zweck der Kodifizierung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte ausgelegt werden, die echte Rechtsverpflichtungen für die Vertragsstaaten schaffen soll. Damit die im Pakt anerkannten Rechte also nicht unter dem Vorwand begrenzter Mittel faktisch aufgehoben werden, kann den Staaten kein freies Ermessen bei der haushaltsplanerischen Festsetzung der einzusetzenden Mittel eingeräumt werden. 42 Bei der Verfassung des Paktes wurde mit dieser Begründung der Vorschlag abgelehnt, die Verwirklichung der Rechte auf die von den Staaten zu diesem Zweck vorgesehenen Mittel zu beschränken. 43 Die vorhandenen Ressourcen sollten nicht am Haushaltsplan,44 sondern an der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit und der Verfügbarkeit von Mitteln insgesamt gemessen werden. 45 Gerade die Frage der Überprüfbarkeit des staatlichen Ermessens bei der Verteilung vorhandener Ressourcen stellt aber in der Praxis ein großes Problem dar. Wer zum Beispiel beurteilen will, ob die von einem Staat zur Erreichung der Vollbeschäftigung ergriffenen Maßnahmen ausreichend sind, muß sich zum einen sehr ausgiebig mit der wirtschaftlichen Situation in diesem Staat befassen und zum anderen die zum Teil gegensätzlichen volkswirtschaftlichen Ansätze zur Erreichung der Vollbeschäftigung berücksichtigen. Ein weiteres Beispiel stellt die Forderung des Ausschusses dar, nach der die Staaten zur Verwirklichung des Rechts auf eine Wohnung aus Art. 11 Abs. 1 IPWSKR den Bau billiger Wohnungen fördern sollen, damit Personen mit geringem Einkommen die Miete zahlen können. 46 Indem er die Verwirklichung des Rechts auf eine Wohnung an den Bau von Sozialwohnungen knüpft, läßt er die Möglichkeit der Gewährung direkter Subventionen für die 41 So schon Serensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR.236 (1951), S. 18f.; siehe auch Craven, ICESCR, S. 137; AIstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 180. 42 Vgl. AIstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 178. 43 Vgl. Roosevelt (USA), UN Doc. ElCN.4/SR.271 (1952), S. 4: "... maximum of its available resources for this purpose"; dazu kritisch Santa Cruz (Chile), UN Doc. ElCN.4/SR.271 (1952), S. 5; Morozov (UdSSR), UN Doc. ElCN.4/SR.271 (1952), S. 1Of.; vgl. Craven, ICESCR, S. 137; AIstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,179. 44 Azkoul (Libanon), UN Doc. ElCN.4/SR.271 (1952), S. 7. 45 Vgl. Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.271 (1952), S. 8f.; siehe auch Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.12/1990/8, Annex m, § 10; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 27. 46 Vgl. z.B. die Allgemeine Bemerkung Nr. 4: General Comment No. 4 (1991), The Right to Adequate Housing (Art. 11 (1) of the Covenant), UN Doc. E/C.121199114, Annex m, § 8 (c); UN Doc. E/C.1211995/18, §§ 118, 200 (c); UN Doc. E/C.1211994120, §§ 157, 179,327; UN Doc. E/C.1211993119, § 238.

A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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auf dem freien Markt erhältlichen Wohnungen an bedürftige Personen außer acht, welche den Bau von Sozialwohnungen überflüssig machen würden. Die Schaffung ausreichenden Wohnraums fiir alle hängt nach der unter Volkswirtschaftlern überwiegenden Ansicht gerade nicht vom sozialen Wohnungsbau ab. 47 Diese Beispiele zeigen, daß die Frage der richtigen und ausreichenden Mittel bei der Förderung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte gerade in bezug auf die Form staatlicher Intervention nicht zu beantworten ist. Selbst wenn die Realisierung eines Rechts nicht gelingt, ist die Feststellung unmöglich, daß die von den betreffenden Staaten gewählten Mittel nicht ausgereicht haben. Schwierig ist auch die Feststellung, welchen Anteil seines Haushaltes ein Staat für Sozialausgaben bereitstellen muß, damit er die vorhandenen Ressourcen ausreichend zur Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte nutzt. Eine solche Analyse erfordert eine Prognose über die in jedem einzelnen Staat verfügbaren Ressourcen sowie eine anstelle des betreffenden Staates vorgenommene Abwägung der unterschiedlichen staatlichen Ausgaben,48 die einem internationalen Gremium wie dem Ausschuß nahezu unmöglich sein dürfte. Der Ausschuß hat Staaten des öfteren darauf hingewiesen, daß das Stadium der Verwirklichung einzelner Rechte mit der sonstigen Wirtschaftslage nicht zu vereinbaren sei und die Forderung geäußert, daß die betreffenden Staaten ihre vorhandenen Ressourcen besser zur Verwirklichung der Rechte einsetzten. 49 In dieser generellen Weise steht es dem Ausschuß sicherlich zu, die Wirtschaftslage eines Landes bei der Bewertung der Verwirklichung der Rechte zu berücksichtigen, doch durchsetzbare Forderungen nach Ergreifung bestimmter Maßnahmen lassen sich hieraus nicht herleiten. Der Ausschuß ist aber weiter gegangen und hat Feststellungen über den Anteil getroffen, den einzelne Staaten aus dem Gesamthaushalt für soziale Leistungen im weitesten Sinne vorzusehen hatten. 50 Als Maßstab hat er vereinzelt die im Haushalt vorgesehenen Verteidigungsausgaben herangezogen. 5\ Es ist nicht auszuschließen, daß die Sozialausgaben in einem Staat einen Stand erreichen, der in einem krassen Mißverhältnis zu anderen öffentlichen Ausgaben wie dem Ver47 Expertenkommission, Wohnungspolitik, S. 4l8f.

48 Vgl. Ansätze hierzu bei Andreassen/Smith/Stokke in: EideIHagtvet, S. 252, 263; Robertson, HRQ 16 (1994), S. 693, 703; dazu auch unten, Teil 3, A.ll.4. 49 Soz.B. in UNDoc. E/C.1211995118, §§ 76, 95, 96,181; UNDoc. E/C.1211993119, §§ 99, 101. 50 So z.B. in UN Doc. ElC. 12/lIAdd.1 (1996), § 6: 20% reichen aus; siehe auch UN Doc. E/C.1211993/19, § 83; UN Doc. ElC.1211992/2, § 130; UN Doc. E/C.1211991/4, § 145. 51 So z.B. in UN Doc. E/C.12/19951l8, § 89, hier die Entwicklung lobend.

11'

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

teidigungshaushalt steht. Tritt dieser Ausnahmefall ein, so steht es dem Ausschuß zu, die Verteilung der Haushaltsmittel zu kritisieren. Wenn der Ausschuß aber pauschal die Senkung öffentlicher Ausgaben in einzelnen Sektoren anmahnt, läßt er unter Umständen die wirtschaftlich zulässige Überlegung außer acht, daß staatliche Zurückhaltung, die mit der Senkung der öffentlichen Ausgaben verbunden ist, zur Verbesserung der Wirtschaftslage und damit zur Erhöhung des allgemeinen Lebensstandards führen kann. Es zeigt sich, daß der Einwand begrenzter Ressourcen nur sehr eingeschränkt der rechtlichen Kontrolle unterliegt. Der Ausschuß kann lediglich bereits erfolgte Maßnahmen und Einschätzung des Staates bewerten, während eine Prognose über weiter vorzunehmende Schritte kaum die sehr unterschiedlichen Ansichten über die Möglichkeiten zur Verwirklichung einzelner Rechte gleichermaßen würdigen kann. 52 Aber auch hinsichtlich bereits erfolgter staatlicher Handlungen wird der Ausschuß eine Verletzung von Erfüllungspflichten nicht feststellen können, solange der Entscheidungsprozeß in einem Vertragsstaat nach nachvollziehbaren Kriterien verläuft. 3. Ressourcenknappheit für Industrieländer Es wird argumentiert, daß die Industrieländer den Einwand begrenzter Ressourcen nicht geltend machen könnten, weil sie wirtschaftlich leistungsfähig genug seien, um die Rechte zu verwirklichen. 53 Dieses Argument geht aber an der Realität vorbei. Aufgrund der weiter fortgeschrittenen Entwicklung können die Industrieländer sich möglicherweise nur in geringem Maße auf fehlende Ressourcen berufen. Kein Staat ist jedoch in der Lage, alle im Pakt anerkannten Rechte gleichzeitig in vollem Umfang zu verwirklichen. 54 Bei der Berufung auf begrenzte Ressourcen ist daher für jeden Staat je nach Leistungsfähigkeit getrennt zu prüfen, ob das Verhältnis zwischen den zur Verfügung stehenden Mitteln und der Leistungsfahigkeit angemessen ist. Grundsätzlich können aber auch Industrieländer geltend machen, daß Eingriffe in die Rechte Einzelner durch begrenzte Ressourcen gerechtfertigt sind. 4. Wesensgehalt der Rechte Der Ausschuß hat in seiner allgemeinen Bemerkung Nr. 3 festgestellt, daß die Staaten sich nicht auf ihre begrenzten Ressourcen berufen können, wenn den Menschen in ihrer Hoheitsgewalt ein Grundstock an wirtschaftlichen,

Vgl. auch Craven, leESeR, S. 142f. HRLJ 10 (1989), S. 35,45. 54 Vgl. im Zusanunenhang mit der progressiven Verwirklichung Craven, leESeR, S.133. 52

53 Eide,

A. Die VetwirklichWlg der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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sozialen und kulturellen Rechten vorenthalten wird. 55 Der sogenannte "Minimal Threshold Approach" auf der Ebene der Erfüllung der Rechte ist vergleichbar mit dem Wesensgehalt der Rechte, der auf der Ebene des Respekts von Rechten eine Mindestschwelle der Verwirklichung sichert. Auch der Ansatz einer Mindestschwelle kann aber die Problematik des Einwandes begrenzter Ressourcen bei der Erfüllung von Rechten nicht lösen. 56 Die größte Schwierigkeit ergibt sich schon bei der Bestimmung des Mindestgehaltes. Wenn die Mindestschwelle der Erfüllung für jeden Staat gesondert festgesetzt wird, so verlieren die Menschenrechte jedenfalls auf der Erfüllungsebene ihre universelle Geltung, da ihre Verwirklichung in den Vertragsstaaten mit unterschiedlichen Maßen gemessen wird. Die Bestimmung eines international einheitlichen Mindestgehalts der Rechte muß dagegen so niedrig angesetzt werden, daß die im Pakt anerkannten Rechte fast völlig ausgehebelt werden. Entsprechende Ansätze in der Literatur weichen zum Teil auf die Forderung bloßer Verfügbarkeit ausreichender Nahrung zurück. 57 Auch die Forderung, daß die Staaten ohne Berücksichtigung ihrer Ressourcen immer die Verfügbarkeit ausreichender Nahrung sichern müssen, ist aber in einigen besonders armen Staaten unrealistisch. 58 Die Feststellung, daß sie ihren Verpflichtungen aus dem IPWSKR nicht nachkommen, weil sie sich auf den Mangel an Ressourcen nicht berufen können, hilft keinem ihrer Bewohner, da die Erfüllung der Rechte nicht möglich ist, wenn ein Staat keinerlei eigene Ressourcen hat. Erst wenn durch internationale Hilfe Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, ergibt sich erneut die Möglichkeit der Verwirklichung der Rechte. 5. Der Einwand begrenzter Ressourcen bei der Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber

Da der Einwand begrenzter Ressourcen nur im Rahmen der Möglichkeit progressiver Verwirklichung und damit im wesentlichen auf der Ebene der Erfüllung der Rechte zum Tragen kommt, findet er in bezug auf die Regelungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Erwerbstätigkeit und Schulbildung von Asylbewerbern und ihren Kindern keine Anwendung. Wie 55 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex m, § 10; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fT., § 25; vgl. Shue, Basic Rights, S. 22fT.; AndreasseniSmithiStokke in: EideIHagtvet, S. 252, 258fT.; Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35, 45[.; Craven, lCESCR, S. 141ff. 56 Vgl. dazu die Ansätze bei AndreasseniSmithiStokke in: EidelHagtvet, S. 252, 263; Robertson, HRQ 19 (1994), S. 693,703; Kritik dazu bei: Craven, lCESCR, S. 143. 57 Vgl. dazu Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35, 46f.; AndreasseniSmithiStokke in: EidelHagtvet, S. 252, 258[. 58 Vgl. z.B. AndreasseniSmithiStokke in: EidelHagtvet, S. 252,262.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

bereits ausgeführt wurde,59 betreffen sämtliche Regelungen die Ebenen des Respekts und des Schutzes der Rechte auf Arbeit und Bildung, hinsichtlich derer die Mitgliedstaaten die Möglichkeit progressiver Verwirklichung nicht geltend machen können.

ill. Internationale Hilfe und Zusammenarbeit Mit der Schranke begrenzter Ressourcen ist eng verbunden der Hinweis auf die internationale Hilfe und Zusammenarbeit in Art. 2 Abs. 1 IPWSKR. Tatsächlich gehören zu den von den Staaten aufzuwendenden Mitteln nicht nur die dem betreffenden Staat zustehenden Mittel, sondern auch Mittel, welche von seiten eines weiteren Staates kommen können. 60 Hinweise auf internationale Hilfe und Kooperation finden sich noch in Art. 11 Abs. 1 S. 2,61 Abs. 2,62 Art. 2263 und Art. 23 64 IPWSKR. Ungewöhnlich an dem Hinweis in Art. 2 Abs. 1 IPWSKR ist, daß die Kooperation sich auf die zwischenstaatliche Ebene bezieht, während Art. 2 Abs. 1 IPWSKR ansonsten die Verwirklichung der Rechte in der Beziehung zwischen Staat und Privatpersonen betrifft. Daher wurde bei der Erarbeitung des Artikels zum Teil geltend gemacht, daß dieser Hinweis in dem Pakt keinen Platz habe. 65

1. Völkerrechtliche Pflicht zur Hilfe und Zusammenarbeit Aus der Entstehungsgeschichte des Paktes ist erkennbar, daß der Begriff der Kooperation jegliche Zusammenarbeit mehrerer Staaten unter gegenseitiger Unterstützung umfaßt, während sich der Begriff der Hilfe auf einseitige Leistungen eines Staates an einen anderen beschränkt und damit in erster Linie auf die Beziehungen zwischen den entwickelten und den weniger entwickelten Ländern anzuwenden ist. 66 Hier stellt sich die Frage, ob dieser Hinweis als völkerrechtliches Recht der Entwicklungsländer auf Unterstützung durch die Industrieländer verstanden werden kann. S.o. Teil 3, AI.3. Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR233 (1951), S. 8; Serensen (Dänemark), UN Doc. E/CN.4/SR236 (1951), S. 18; UN Doc. A/2929 (1955), Kapitel V, § 24; De Santiago Lopez (Mexico), UN Doc. A/C.3/SRI204 (1962), § 20; Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex II1, § 13; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fI, § 26; AIstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 187; Craven, ICESCR, S.144. 61 Recht auf einen angemessenen Lebensstandard. 62 Recht auf Nahrung. 63 Veranlassung internationaler Hilfe durch den ECOSOC. 64 Aufzählung internationaler Maßnahmen. 65 Hemdl (Österreich), UN Doc. A/C.3/SR.1205 (1962), § 6. 66 Dazu Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. A/C.3/SRI203 (1962), § 13; vgl. Craven, ICESCR, S. 147. 59

60

A. Die VerwirklichWlg der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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Während im ursprünglichen Vorschlag der Menschenrechtskommission lediglich ein Hinweis auf die internationale Kooperation enthalten war,67 entstanden im dritten Ausschuß der Generalversammlung große Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit eines zusätzlichen Hinweises auf die internationale Hilfe als Unterstützung der Entwicklungsländer im Rahmen eines Menschenrechtsvertrages. 68 Nur ein Vertreter machte aber ausdrücklich geltend, daß im Völkerrecht bereits eine Verpflichtung der entwickelten Länder existiere, den weniger entwickelten Ländern Hilfe zu leisten. 69 Hiergegen wandten sich nicht nur die Vertreter der Industriestaaten sondern selbst einige Entwicklungsländer. 70 Auch heute wird man trotz zahlreicher Deklarationen und Empfehlungen7\ ein Recht der Entwicklungsländer auf Hilfe der entwikkelten Länder im Sinne eines Rechts auf Entwicklung als Leistungsrecht nicht annehmen können. 72 Bereits aus Art. 2 Ziff. 2 iVm Art. 56 UN-Charta73 ergibt sich eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, bei der Verwirklichung der Menschenrechte in dem Maße miteinander zu kooperieren, das sie fiir angemessen halten,74 ohne daß einzelne Maßnahmen erwähnt werden. 75 Es handelt sich hier nur um eine objektive Verpflichtung, aus der einzelne Staa67 Vgl. UN Doc. Al2929 (1955), Kapitel V, Art. 2 of the Draft Covenant on Economic, Social and Cultural Rights. 68 Dafür z.B. Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SR.l202 (1962), § 14; Rousseau (Mali), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 22; Zuloaga (Venezuela), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 24; Ben Mebarak (Algerien), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 52; dagegen z.B. Ostrovsky (Ukraine), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 14; Afnan (Irak), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 21; Mantzoulinos (Griechenland), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 14; Sharp (Neuseeland), UN Doc. AlC.3/SR1204 (1962), § 19; De Santiago Lopez (Mexiko), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 20; Albuquerque Mello (Brasilien), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 40; Tree (USA), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 49; zur Diskussion vgl. auchAlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 188fT. 69 Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 10. 700strovsky (Ukraine), UN Doc. AlC.3/SRI203 (1962), § 14; Mantzoulinos (Griechenland), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 14; Sharp (Neuseeland), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 19; De Santiago Lopez (Mexiko), UN Doc. AlC.3/SR.1204 (1962), § 20. 7\ Vgl. die AufstellWlg bei Eide, Right to Food, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1987/23, §§ 182fT. 72 Vgl. Eide, Right to Food, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1987/23, §§ 219-221; AIstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 191; Rosas in: Eide u.a., ESCR, S. 247-251. 73 "All Members pledge themselves to take joint and separate action in co-operation with the Organization for the achievement of the purposes set forth in Article 55." 74 Vgl. dazu Wolfrum in: Simma, UN-Charter, Art. 56 Rz. 2. 7S Dazu auch Craven, ICESCR, S. 147; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 187f.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

ten kein Recht auf Unterstützung herleiten können. Auf die Verpflichtungen der Staaten aus den Art. 55 und 56 UN-Charta weisen die Limburg Principles hin, welche zur Auslegung des Prinzips internationaler Zusammenarbeit und Hilfe eine Verpflichtung der Staaten zur Zusammenarbeit bei der Förderung der Menschenrechte sowie des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fortschritts insbesondere in den Entwicklungsländern postulieren. 76 Es scheint, daß Art. 2 Abs. 1 lPWSKR in dieser Hinsicht lediglich die Präzisierung der Verpflichtung aus Art. 56 UN-Charta darstellt. Beispiele einer internationalen Zusammenarbeit und Hilfe ergeben sich aus den Art. 22 und 23 lPWSKR, welche mögliche Maßnahmen aufzählen. 77 Die Hilfe in Form von wirtschaftlicher Unterstützung ist in der Aufzählung nicht enthalten. Hier zeigt sich, daß der Hinweis auf die internationale Hilfe und Zusammenarbeit in Art. 2 Abs. 1 lPWSKR lediglich die bestehenden Kooperationsmechanismen innerhalb internationaler Organisationen betrifft, ohne daß sich neue Rechte aus ihm ergeben können. So stellt auch der Ausschuß in der Allgemeinen Bemerkung Nr. 3 keine Verpflichtungen der Staaten zur internationalen Hilfe fest, sondern verweist lediglich auf die Möglichkeiten, welche sich aus Art. 22 lPWSKR ergeben. 78 Während der Hinweis auf internationale Zusammenarbeit und Hilfe nicht als Leistungsrecht verstanden werden kann, ergibt sich aus der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Kooperation ohne weiteres eine Verpflichtung zum Respekt vor der Entwicklung anderer Länder, welche sich in der Pflicht ausdrückt, alles zu unterlassen, was die Entwicklung anderer Staaten behindern könnte. 79 Diese Verpflichtung betrifft aber nicht nur den Schutz von Menschenrechten, sondern folgt schon aus dem Verbot der Einmischung in innerstaatlichen Angelegenheiten. Für die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Verletzungen von Rechten Einzelner können diese zwischenstaatlichen Verpflichtungen nicht herangezogen werden. Das gleiche gilt für die Verpflichtung, das Recht auf Entwicklung anderer Staaten zu schützen, welche Verhaltensvorschriften allenfalls für international tätige Unternehmen bedingen kann, die im Hoheitsgebiet eines Staates ansässig sind. 80

Limburg Princip1es, HRQ 9 (1987), S. 122ff., §§ 29-34. Z.B. Mitteilung an andere Organe der UN, Abschluß von Übereinkommen, Annahme von Empfehlungen, Gewährung technischer Hilfe, Abhaltung von Tagungen. 78 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex ill, § 13; zu Art. 22 hat der Ausschuß die Allgemeine Bemerkung Nr. 2 verfaßt, General comment No. 2 (1990): International technical assistance measures (article 22 of the Covenant), UN Doc. E/C.1211990/3, Annex ill; vgl. auch Harns, HRQ 9 (1987), S. 147, 152-155. 79 Vgl. Craven, ICESCR, S. 147f. 80 Dazu Craven, ICESCR, S. 148. 76

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A. Die Verwirklichung der Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR

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2. Beschränkung der im Pakt anerkannten Rechte

Nach dem Willen der Verfasser von Art. 2 Abs. 1 IPWSKR sollte der Hinweis auf internationale Hilfe und Kooperation auch nicht als Schranke der im Pakt anerkannten Rechte verstanden werden. Wie die Befürworter des Hinweises ausdrücklich betonten, sollten Staaten die unzureichende Verwirklichung der Rechte nicht mit dem Hinweis auf fehlende internationale Hilfe rechtfertigen können. 8i Diese Interpretation wird auch durch die Art. 22 und 23 IPWSKR bestätigt, welche die internationale Kooperation im Rahmen der Einrichtungen der Vereinten Nationen betreffen. Die Staatenberichte können unter anderem als Auslöser für die Behandlung spezifischer Probleme einzelner Staaten im Rahmen der Vereinten Nationen dienen, doch daraus können die betroffenen Staaten keinerlei Rechte herleiten. 82 3. Die Bedeutung der internationalen Hilfe und Zusammenarbeit für die Rechte der Asylbewerber

Der Hinweis auf internationale Hilfe und Kooperation bei der Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte hat rein deklaratorische Bedeutung, denn er verweist lediglich auf die aus anderen völkerrechtlichen Instrumenten bereits entstandenen Pflichten zur internationalen Zusammenarbeit, aber auch zum Respekt der Souveränität anderer Staaten. Für die Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber hat er keine Bedeutung. IV. Die Bedeutung des Art. 2 Abs. 1 IPWSKR für die Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber Es hat sich gezeigt, daß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR die Regelungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Erwerbstätigkeit und Schulbildung von Asylbewerbern und ihren Kindern nicht berührt. Da Art. 2 Abs. I IPWSKR im wesentlichen die Erfüllung der im Pakt anerkannten Rechte betrifft, können die Mitgliedstaaten sich nicht auf die Möglichkeit progressiver Verwirklichung der Rechte oder einen Mangel an Ressourcen berufen, wenn sie in die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber eingreifen.

8i Diaz Casanueva (Chile), UN Doc. AlC.3/SR.1203 (1962), § 11; vgl. die entsprechende Beftlrchtung bei Baroody (Saudi Arabien), UN Doc. AlC.3/SR.1203 (1962), § 5; dazu AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,190. 82 Vgl. auch die Allgemeine Bemerkung Nr. 2, UN Doc. E/C.1211990/3, Annex 111.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR Art. 2 Abs. 2 !PWSKR Die Vertrags staaten verpflichten sich, zu gewährleisten, daß die in diesem Pakt verkündeten Rechte ohne Diskrirninienmg hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechtes, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vennögens, der Geburt oder des sonstigen Status ausgeübt werden.

Englischer Wortlaut: The States Parties to the present Covenant undertake to guarantee that the rights enunciated in the present Covenant will be exercised without discrimination of any kind as to race, colour, sex, language, religion, political or other opinion, national or social origin, property, birth or other status.

Art. 5 Abs. 1 !PWSKR Keine Bestimmung dieses Paktes darf dahin ausgelegt werden, daß sie filr einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffimg der in diesem Pakt anerkannten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschrllnkungen dieser Rechte und Freiheiten, als in dem Pakt vorgesehen, hinzielt.

Englischer Wortlaut: Nothing in the present Covenant may be interpreted as implying for any State, group or person any right to engage in anyactivity or to perform any act aimed at the destruction of any ofthe rights or freedoms recognized herein, or at their limitation to a greater extent than is provided for in the present Covenant.

Das Diskriminierungsverbot in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR ist als akzessorisches Verbot fonnuliert und bezieht sich damit ebenso wie die Diskriminierungsverbote der Art. 2 AEMR, 2 Abs. 1 IPBPR, 14 EMRK und 1 Abs. 1 AmMRK nur auf die Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte. 83 Es beruht auf der Überzeugung, daß die Menschenrechte als Ausdruck der allen Menschen innewohnenden menschlichen Würde gleichermaßen für alle gelten müssen. 84 Vgl. auch Craven, ICESCR, S. 179f; Seidel, Handbuch, S. 370-401. So auch Abs. 1, 6 der Präambel und Art. 1 AEMR; Abs. 1, 2 der Präambel des IPWSKR; vgl. auch Craven, ICESCR, S. 153; Polyviou, Equal Protection, S.9ff.; Bedjaoui in: Universality of Hwnan Rights, S. 32, 38ff.; Tomuschat in: Gedächtnisschrift Sasse, S. 585, 609; Sieghart, Human Rights, § 7.0.3; Eide in: Eide u.a., ESCR, 83

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B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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Ein Diskriminierungsverbot ist bereits in dem Wort "everyone" enthalten, das den persönlichen Geltungsbereich der im IPWSKR anerkannten Rechte umschreibt. 85 Damit ist die ausdrückliche Verankerung des Diskriminierungsverbotes in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR strenggenommen überflüssig, denn sie geht über die Auslegung des Wortes "everyone" nicht hinaus. Die gesonderte Erwähnung trägt aber der Bedeutung des Diskriminierungsverbotes Rechnung86 und verringert die Gefahr einer restriktiven Auslegung des persönlichen Geltungsbereiches der Rechte. Die Aufzählung von traditionellen Diskriminierungsgrunden lenkt die Aufmerksamkeit auf gefährdete Personengruppen, um deren Gleichberechtigung die Staaten in besonderer Weise bemüht sein müssen. Die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts wurde als eine solche Bedrohung der Verwirklichung der Menschenrechte angesehen, daß die Verpflichtung zur Gleichberechtigung von Männem und Frauen in Art. 3 IPWSKR noch einmal betont wird. 87

S. 21,24; differenzierend KUhnhardt, Universalität, S. 29ff.; Hersch in: Universality of Human Rights, S. 100, 102; alle mwN. 85 So auch Tomuschat in: Rosas u.a., S. 174, 188; Craven, lCESCR, S. 153; fllr das Diskriminierungsverbot im IPBPR vgl. Nowak, CCPR, Art. 26, Rz. 6; Ramcharan in: Henkin, Bill ofRights, S. 247. 86 Vgl. fil.r das Diskriminierungsverbot im IPBPR Tomuschat in: Festschrift SchIochauer, S. 691, 692. 87 Vgl. zur Diskussion über die Notwendigkeit von Art. 3 IPWSKR: Tree (USA), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § 5; Radic (Jugoslawien), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § 9; Kracht (Chile), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § IOff.; Mantzoulinos (Griechenland), UN Doc. NC.3/SRI182 (1962), § 29; Bouquin (Frankreich), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § 38; Baroody (Saudi-Arabien), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § 41f.; Zuloaga (Venezuela), UN Doc. NC.3/SR1l83 (1962), § 4; Nebailo (Ukraine), UN Doc. NC.3/SR1l83 (1962), § 10; Capotorti (Italien), UN Doc. NC.3/SR.1l83 (1962), § 17; Enciso (Paraguay), UN Doc. NC.3/SR1l83 (1962), § 22; Rana (Nepal), UN Doc. NC.3/SR.1183 (1962), § 26; Yancy (Liberia), UN Doc. NC.3/SR1l84 (1962), § 3; Beaufort (Niederlande), UN Doc. NC.3/SR1l84 (1962), § 12 Pico (Argentinien), UN Doc. NC.3/SRll84 (1962), § 18; Sharp (Neuseeland), UN Doc. NC.3/SR1l84 (1962), § 27; Nikolaeva (UdSSR), UN Doc. NC.3/SR1l84 (1962), § 33; Afnan (Irak), UN Doc. NC.3/SR1l84 (1962), § 36f.; Donkor (Ghana), UN Doc. NC.3/SRI184 (1962), § 45; Maamouri (Tunesien), UN Doc. NC.3/SRI184 (1962), § 54; Cattarossi (Uruguay), UN Doc. AlC.3/SR1l85 (1962), § 22; Chow (China), UN Doc. AlC.3/SR1l85 (1962), § 30; Leflerova (Tschechoslowakei), UN Doc. AlC.3/SR1l85 (1962), § 34; Glover (Großbritannien), UN Doc. NC.3/SR1l85 (1962), § 42; Khatoon (Pakistan), UN Doc. AlC.3/SR1l85 (1962), § 53; Wachuku (Nigeria), UN Doc. AlC.3/SRI202 (1962), § 24; Jativa (Ecuador), UN Doc. AlC.3/SRI202 (1962), § 35; Wahlund (Schweden), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 45; Hemdl (Österreich), UN Doc. AlC.3/SRI204 (1962), § 7; Art. 3 wurde einstimmig angenommen, UN Doc. AlC.3/SR.l206 (1962), § 50.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

I. Definition der Diskriminierung Der Zweck des Diskriminierungsverbotes ist nicht die Herstellung der Gleichheit, sondern die Sicherung der Gleichberechtigung aller Menschen. 88 Es ist auf die Gleichbehandlung aller durch das Gesetz und vor dem Gesetz gerichtet und bindet damit einerseits die Legislative und andererseits die Exekutive und die Judikative. 89 Die Verpflichtung zur Gleichberechtigung aller verhindert nicht, daß die Staaten für unterschiedliche Sachverhalte unterschiedliche Regelungen aufstellen. Das Problem stellt sich aber im Rahmen der Definition des Begriffes der Diskriminierung bei der Frage, in welchen Fällen die Staaten Personen unterschiedlich behandeln dürfen. Es gibt völkerrechtliche Verträge, welche den Begriff der Diskriminierung mit Ungleichbehandlung gleichsetzen. Diese Verträge betreffen aber entweder die Ungleichbehandlung aufgrund bestimmter Gründe oder die Ungleichbehandlung in eng begrenzten Gebieten. Die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (RDK)90 und die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (FDK)91 verbieten beispielsweise jegliche Ungleichbehandlung, die entweder aufgrund der Rasse92 oder aufgrund des Geschlechtes93 erfolgt, wenn dadurch die Rechtsstellung der betroffenen Personen im Vergleich zu anderen beeinträchtigt wird. 94 Eine Ungleichbehandlung, welche ausschließlich auf diese Gründe gestützt ist, kann

88 Vgl. dazu Rüpke in: Festschrift Ermacora, S.475. 89 Dazu auch Wolfrum in: Festschrift Partsch, S. 67, 89. 90 International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination v. 21.12.1965, in Kraft getreten am 4.1.1969, UNIS 660, S. 195, im folgenden Rassendiskriminierungskonvention (RDK); am 29.9.1997 hatten 150 Staaten die RDK ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland. Zur RDK ausfilhrlich Strauss, Rassendiskriminierung, S. 90-170; Meron, AJIL 79 (1985), S. 283-318; McKean, Equality and Discrimination, S. 152-165. 91 Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Wornen v. 18.12.1979, in Kraft getreten am 3.9.1981, UNIS 1249, S. 243, im folgenden Frauendiskriminierungskonvenion (FDK); am 29.9.1997 hatten 161 Staaten die FDK ratifiziert, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Zur FDK ausfilhrlich De/brack in: Festschrift Schlochauer, S. 247-270. 92 Art. 1 Abs. 1 RDK: "... any distinction, exc1usion, restriction or preference based on race, colour, descent, or national or ethnic origin" . 93 Art. 1 Abs. 1 FDK: "... any distinction, exc1usion or restriction made on the basis ofsex". 94 Art. 1 Abs. 1 RDK: "... which has the purpose or efTect of nu11ifying or impairing the recognition, enjoyment or exercise, on an equal footing, of human rights and fundamental freedorns in the political, economic, social, cultural or any other fie1d of public life"; Art. 1 Abs. 1 FDK ist fast identisch.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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nicht gerechtfertigt werden. 95 Die ILO-Konvention Nr. 111 und das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen definieren Diskriminierung als jede Ungleichbehandlung aufgrund einer ganzen Reihe von Gründen, beschränken ihre Definitionen aber auf die jeweiligen Bereiche Erwerbstätigkeit96 und Bildung97 . Während das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen insbesondere jegliche Ungleichbehandlung beim Zugang zu Bildungseinrichtungen verbietet,98 macht die ILO-Konvention Nr. 111 die Einschränkung, daß die Ungleichbehandlung bei der Einstellung aufgrund berufsbezogener Kriterien keine Diskriminierung darstellen soll.99 Auch diese beiden Konventionen lassen aber ansonsten keinerlei Rechtfertigungsgründe fur Ungleichbehandlungen in den genannten Gebieten zu. In den genannten Konventionen wird damit fur begrenzte Bereiche oder fur einzelne Unterscheidungsmerkmale festgestellt, daß die Staaten Personen nicht unterschiedlich behandeln dürfen. Eine solch weite Definition der Diskriminierung kann auf ein allgemeines Diskriminierungsverbot wie das des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nicht übertragen werden, da dieses Diskriminierungsverbot weder auf eine abschließende Aufzählung von Gründen gestützt ist noch einen eng begrenzten Geltungsbereich hat. 1Oo Das Verbot jeglicher Ungleichbehandlung in IPBPR und IPWSKR würde beispielsweise die Festsetzung des Wahlalters lol oder die Vergabe von Stipendien nach der Begabung der Bewerber verhindern. Die Beurteilung von Eignung und Fähigkeiten von Bewerbern bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst wäre ebenso untersagt wie Regelungen über die vorgeschriebene Sehfähigkeit von Flugzeugpiloten. Die absolute Gleichstellung aller Menschen unabhängig von Unterschieden, welche sich sowohl aus persönlichen Merk95 Vgl. für die RDK Meron, A.JIL 79 (1985), S. 283, 290; für die FDK Delbrück in: Festschrift Schlochauer, S. 247, 264ff. 96 Art. I Abs. I lit. a rr..o-Konvention Nr. 111: "... any distinction, exclusion or preference made on the basis of race, colour, sex, religion, political opinion, national extraction or social origin which has the effect of nullifying or impairing equality of opportunity or treatment in employment or occupation". 97 Art. I Abs. I ÜDU: "any distinction, exclusion, limitation or preference which, being based on race, colour, sex, language, religion, politicalor other opinion, national or social origin, economic condition or birth, has the purpose or effect of nullifying or impairing equality of treatment in education". 98 Art. I Abs. I lit. a ÜDU: "... depriving any person or group of persons of access to education of any type or at any level". 99 Art. lAbs. 2 ILO-Konvention Nr. 111: "Any distinction, exclusion or preference in respect of a particular job based on the inherent requirements thereof shall not be deemed to be discrimination. " 100 Vgl. für Art. 14 EMRK, Art. 2 Abs. I IPBPR Sachs, Diskriminierungsverbot, S.191ff 101 Vgl. auch Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691, 715.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

malen als auch aus den jeweiligen Lebensumständen ergeben können, kann nicht der Sinn des Diskriminierungsverbotes im Pakt gewesen sein. In der Literatur hat sich die Ansicht durchgesetzt, daß der Begriff der Diskriminierung jedenfalls rur die allgemeinen Diskriminierungsverbote in den Menschenrechtsverträgen nur solche Ungleichbehandlungen erfaßt, welche nicht durch vernünftige Erwägungen gerechtfertigt werden können. I02 Wie bereits anhand der Entstehungsgeschichte von Art. 2 Abs. 2 IPWSKR erläutert wurde, 103 galt der Begriff" discrimination" ursprünglich als synonym mit dem Wort "distinction" und erlangte erst später eine negative Bedeutung, welche implizierte, daß die Ungleichbehandlung in irgendeiner Weise ungerecht sein mußte. 104 Während der Begriff "distinction" im IPWSKR durch "discrimination" ersetzt wurde, blieb er erstaunlicherweise später in Art. 2 Abs. 1 IPBPR bestehen, obwohl der Vorschlag zur Verwendung von "discrimination" auch bei der Erarbeitung dieses Diskriminierungsverbotes geäußert wurde. lOS Dies ist möglicherweise auf die veränderte Besetzung des dritten Ausschusses zurückzufiihren, dessen Vertreter nunmehr den aus der AEMR übernommenen Begriff "distinction" bevorzugten. I06 Allerdings herrschte Einigkeit, daß auch das Wort "distinction" nur ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen erfassen sollte. 107 Die enge Definition der Diskriminierung hat sich in mehreren Entscheidungen internationaler Menschenrechtsorgane bestätigt.IOS Der EGMR entschied, 102 Vgl. Jaenicke in: Schlochauer, Wörterbuch, S. 387, 388; Partsch, EPIL I (1992), S. 1079; Delbrück in: Wolfrum, United Nations, Rz. 1; Vierdag, Discrimination, S. 60f.; Ermacora, Diskriminierung, S. 233; Bossuyt, Discrimination, S. 128; Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691, 714; Nowak, CCPR, Art. 2, Rz. 33; Craven, ICESCR, S. 167; Sieghart, Human Rights, § 7.0.3; Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 255; Villiger, EMRK, § 32, Rz. 638; Clark/Niessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,274. 103 S.o. Teil2, B.I.l.b. 104 Vgl. zur Geschichte des Begriffs der Diskriminierung Vierdag, Discrimination, S. 48-60; Jaenicke in: Schlochauer, S. 387, 388ff. lOS Capotorti (Italien), UN Doc. NC.3/SRI257 (1963), § 11; vgl. McKean, Equality and Discrimination, S. 149. 106 Vgl. Combal (Frankreich), UN Doc. NC.3/SR1257 (1963), § 26; Moreno Salcedo (Philippinen), UN Doc. NC.3/SRI257 (1963), § 27; Kironde (Uganda), UN Doc. NC.3/SRI257 (1963), § 28; Ionascu (Rumänien), UN Doc. NC.3/SRI258 (1963), § 2; Hamid (Sudan), UN Doc. NC.3/SRI258 (1963), § 9. 107 Vgl. z.B. Combal (Frankreich), UN Doc. NC.3/SRI257 (1963), § 26; Diaz Casanueva (Chile) als Chairman, UN Doc. NC.3/SRI258 (1963), § 22; Capotorti (Italien), UN Doc. NC.3/SRI258 (1963), §§ 24, 27; vgl. dazu auch Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250,252. 108 Ausführlich zu den Entscheidungen Bayefski, HRLJ 11 (1990), S. 1, Ilff.; Seidel, Handbuch, S. 370-381, 387-399.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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daß eine Diskriminierung gemäß Art. 14 EMRK109 vorliegt, wenn eine Ungleichbehandlung festgestellt wird, fiir die keine objektiven und vernünftigen Gründe angegeben werden können und wenn die angewandten Mittel nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen. l1O Der Menschenrechtsausschuß hat, wohl unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR, 111 entschieden, daß eine Ungleichbehandlung diskriminierend wirkt, wenn sie willkürlich ist,1I2 und an anderer Stelle ausgeführt, daß eine Ungleichbehandlung durch objektive und vernünftige Gründe gerechtfertigt werden könne. 1\3 Auch der AGMR hat sich auf die Rechtsprechung des EGMR berufen und die enge Definition der Diskriminierung angewandt. 114 Die enge Definition der Diskriminierung kann heute jedenfalls im Rahmen allgemeiner Diskriminierungsverbote als unumstritten betrachtet werden. Eine Ungleichbehandlung ist demnach gerechtfertigt, wenn sie auf vernünftige und objektive Gründe zurückzufiihren ist. Dies ist der Fall, wenn mit der Ungleichbehandlung ein legitimes Ziel verfolgt wird und die getroffenen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel stehen. J. Ungleichbehandlung

Eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn einzelne Personen oder Gruppen in bezug auf ein Recht besser oder schlechter gestellt werden als andere Personen. 11 5 Dabei kommt es auf die Diskriminierungsabsicht des Staates nicht an. 116 Sowohl die direkte Ungleichbehandlung, welche der Staat bewußt und 109 Art. 14 EMRK verwendet in der englischen Fassung das Wort "discrimination" und in der französischen Fassung das Wort "distinction". 110 Case "Relating to Certain Aspects of the Laws on the Use of Languages in Education in Belgium, Urteil vom 23.7.1968, Series A, Vol. 5/6, S. 34, § 10; Abdulaziz, Cabales und Balkandali gg. Großbritannien, Urteil vom 28.5.1985, Series A, Vol. 94, § 72; [nze gg. Österreich, Urteil vom 28.10.1987, Series A, Vol. 126, § 41; Lithgow u.a. gg. Großbritannien, Urteil vom 8.7.1986, SeriesA, Vol. 102, § 177. 111 Vgl. dazu Nowak, CCPR, Art. 26 Rz. 23, Fn. 77. 112 Beschwerde Nr. 3511978, Selected Decisions I, UN Doc. CCPRlC/OPI1 (1985), S. 67ff., § 9.2.; Beschwerde Nr. 19811985, Selected Decisions 11, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 221fT., § 10. m Beschwerde Nr. 17211984, Selected Decisions TI, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S.196fT., § 13; Beschwerde Nr. 18011984, Selected Decisions 11, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 205fT.; § 13; Beschwerde Nr. 18211984, Selected Decisions 11, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 209fT., § 13; siehe auch General Comment 18 (37), UNDoc. CCPRlC/21IRev.lIAdd.1 (1989), §§ 7,13. 114 Amendments to the naturalization provisions of the Constitution of Costa Rica, Advisory Opinion vom 19.1.1984, No. OC-411984, HRLJ 5 (1984), S. 161fT., § 56f. I\S Vgl. Vierdag, Discrirnination, S. 44; Bossuyt, Discrimination, S. 34. 116 Dazu ausfi1hrlich Bayefski, HRLJ 11 (1990), S. 1, 8ff.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

zielgerichtet unternimmt, als auch die indirekte Ungleichbehandlung, welche das möglicherweise ungewollte Ergebnis staatlichen Verhaltens ist, werden durch das Diskriminierungsverbot erfaßt. Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nennt als mögliche Kriterien für eine Ungleichbehandlung Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politische oder sonstige Anschauung, nationale oder soziale Herkunft, Vermögen und Geburt. Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Aufzählung in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nicht abschließend gemeint, so daß ein sonstiger Status und damit jedes Kriterium, auf welches ein bestimmtes staatliches Verhalten gegründet ist, zu einer Ungleichbehandlung führen kann. 117 Als weitere häufig angewandte Unterscheidungsmerkmale sind z.B. Alter, Familienstand, Behinderung, Staatsangehörigkeit, regionale Herkunft, Krankheit und sexuelle Orientierungl18 identifiziert worden. Die Feststellung einer Ungleichbehandlung wird relativ unproblematisch sein, wenn Einzelpersonen ein staatliches Verhalten erfahren, welches gegenüber anderen Personen nicht festzustellen ist. 119 Schwierigkeiten können sich aber ergeben, wenn das Unterscheidungskriterium bestimmt werden soll, auf welches das staatliche Verhalten gestützt ist. Da Personen, die eine unterschiedliche Behandlung durch den Staat erfahren haben, sich in der Regel in mehr als nur einem Merkmal unterscheiden,120 gilt es, durch Abstraktion Personengruppen zu finden, die sich in einer charakteristischen Eigenschaft gleichen oder unterscheiden, damit festgestellt werden kann, woran der Staat eine bestimmte Rechtsfolge geknüpft hat. 121

2. Rechtfertigung Das Diskriminierungsverbot dient nicht nur der Definition des persönlichen Geltungsbereiches der im Pakt anerkannten Rechte, sondern begründet auch die Möglichkeit der Beschränkung von Rechten, weil es Rechtfertigungsgrunde fiir eine Ungleichbehandlung von Personen zuläßt. Die Rechtfertigung besteht im wesentlichen aus einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ungleichbehandlung, wobei den Zielen der Ungleichbehandlung eine wichtige Rolle zukommt.

S.o. Teil2, B.I.1.b. Vgl. Wol/rom in: Festschrift Partsch, S.67, 88, Fn. 92; Craven, leESeR, S. 169ff. 119 Vgl. Bossuyt, Discrirnination, S. 34. 120 Dazu Vierdag, Discrirnination, S. 9f. 121 Zu den Schwierigkeiten dieser Abstraktion vgl. Westen, HarvardLR 95 (1982), S. 537, 544ff.; Craven, leESeR, S. 155. 117

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B. Das Diskrirninierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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a) Rechtfertigungsmöglichkeiten bei einzelnen Diskriminierungsgriinden Die Rechtfertigungsmöglichkeiten für Ungleichbehandlungen im Rahmen des Diskriminierungsverbotes sind begrenzt. Es läßt sich argumentieren, daß eine Rechtfertigung in bezug auf einzelne Diskriminierungsgriinde weitgehend ausgeschlossen ist, weil hier keine Ziele einer Ungleichbehandlung denkbar sind, die als legitim bezeichnet werden können. Es wurde bereits erwähnt, daß das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder des Geschlechts durch völkerrechtliche Verträge in der Weise absolut gilt, daß jede Ungleichbehandlung zu Lasten Einzelner verboten ist. Sowohl die Rassendiskriminierungskonvention als auch die Frauendiskriminierungskonvention wurden von fast allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ratifiziert, was darauf schließen läßt, daß sich inzwischen eine allgemeine Rechtsauffassung der Staaten gebildet hat, wonach Benachteiligungen von Personen, die ausschließlich auf das Geschlecht oder die Rasse gegriindet sind, nur in besonders gelagerten Einzelfällen gerechtfertigt werden können. Die Praxis internationaler Menschenrechtsorgane bestätigt diese Entwicklung. 122 Bezüglich der Diskriminierungsgründe Rasse und Geschlecht scheint die weit überwiegende Mehrheit der Staaten der Ansicht zu sein, daß legitime Ziele für Benachteiligungen schlechthin nicht denkbar sind. 123 Die Aufzählung sonstiger Diskriminierungsgründe in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR enthält die von den Verfassern als typisch und in der Regel unrechtmäßig angesehenen Unterscheidungsmerkmale. 124 Sie stellen keine geringere Gefährdung der vollen Verwirklichung der Rechte dar als die oben erwähnten Gründe, doch sie sind nicht Gegenstand internationaler Konventionen geworden, welche eine weite Definition der Diskriminierung enthalten. Wenn Staaten eine Ungleichbehandlung auf ein Unterscheidungsmerkmal dieser zweiten Gruppe stützen, so gilt eine Vermutung für die Rechtswidrigkeit einer Ungleichbehandlung. 125 Die ungenannten Unterscheidungsmerkmale schließlich gehören zu einer Gruppe von Unterscheidungsmerkmalen, für deren Unrechtmäßigkeit sich auf 122 EGMR, Abdulaziz, Cabales Wld Balkandali gg. Großbritannien, Urteil vom 28.5.1985, Series A, Vol. 94, § 78; Menschenrechtsausschuß des IPBPR, Beschwerde Nr. 3511978, Selected Decisions I, UN Doc. CCPR/C/OPI1 (1985), S. 67ff.; § 9.2. (b) 2 (i) 8; vgl. dazu Bayefsky, HRLJ 11 (1990), S. 1, 18ff., die ähnliche ErwägWlgen fUr die Diskriminierung wegen der Religionszugehörigkeit anstellt. 123 Vgl. auch ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245, 250f. 124 Vierdag, Discrimination, S. 84. 125 Vgl. Tomuschat in: Festschrift SchIochauer, S.691, 714; Craven, lCESCR, S. 167f.; Bemhardt in: Festschrift Partsch, S. 97, 102; Bossuyt, Discrimination, S. 64; ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,251. 12 Dolunes-Ockenfels

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

internationaler Ebene bislang kein Konsens gefunden hat. Dies bedeutet aber nicht, daß für sie die Vermutung der Rechtmäßigkeit gilt. Auch diese Ungleichbehandlungen müssen daher gerechtfertigt werden, wobei die Darlegung legitimer Ziele in der Regel unproblematisch sein wird. Während die Existenz der Rassen- und der Frauendiskriminierungskonvention die Rechtfertigungsmöglichkeiten für Ungleichbehandlungen wegen bestimmter Gründe einschränken, beeinflussen die ILO-Konvention Nr. 111 und das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen die Rechtfertigungsmöglichkeiten der Staaten im Bereich des IPWSKR nicht. Die ILOKonvention Nr. 111 hat mit etwa 120 Ratifikationen zwar weltweite Anerkennung erreicht, doch sie enthält im wesentlichen programmatische Verpflichtungen der Staaten zur Verfolgung einer Politik der Gleichberechtigung und zur Konsultation mit den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden. Sie läßt legitime Ziele einer Ungleichbehandlung zu, wie Art. 1 Abs. 2 ILOKonvention Nr. 111 betreffend die Ungleichbehandlung aufgrund berufsbezogener Merkmale zeigt. Das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen enthält dagegen stärkere staatliche Verpflichtungen. Es ist aber mit weniger als 90 RatifIkationen bislang bei den Staaten nicht auf solche Zustimmung gestoßen, daß eine allgemeine Rechtsauffassung für ein Verbot jeglicher Ungleichbehandlung im Bereich der Bildung festgestellt werden könnte. b) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Rahmen des Diskriminierungsverbotes Einschränkungen von Menschenrechten werden im internationalen wie im nationalen Recht als verhältnismäßig bezeichnet, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet, erforderlich und angemessen sind. 126 Im Rahmen der Einschränkung der im IPWSKR anerkannten Rechte ist die Geeignetheit oder Erforderlichkeit von Mitteln nur selten positiv feststellbar. Die staatliche Politik verfolgt auf diesem Gebiet Ziele, die auf unterschiedlichste Weise erreicht werden können. Die Richtigkeit einzelner Maßnahmen ist in der Regel eine vorwiegend politische Frage, die mit den Mitteln des IPWSKR nicht beantwortet werden kann. Der Schutz des Arbeitsmarktes ist beispielsweise ein Ziel, zu dessen Erreichung von unterschiedlichen politischen Parteien zum Teil entgegengesetzte Maßnahmen vorgeschlagen werden. Das gleiche gilt fur das politische Ziel der Einwanderungsbeschränkung.

126 Vgl. zwn Prinzip der Verhältnismäßigkeit im Völkerrecht Delbrack, EPIL 7 (1984), S. 396-400; RandelzhoJer in: Simma, UN Charter, Art. SI, Rz. 37; fur das Gebiet der Menschenrechte vgl. Frowein in: FroweinIPeukert, EMRK, Vorb. Art. 8-11, Rz. 17; Harris/O'BoylelWarbrick, ECHR, S. 300f.; Nowak, CCPR, Art. 12, Rz. 33.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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Denkbar ist hier allenfalls die Feststellung, daß einzelne Maßnahmen schlechthin ungeeignet sind. Die Bewertung der Erforderlichkeit der Maßnahmen erfordert eine Aussage darüber, ob mildere Mittel zur Erreichung des vorgegebenen Zieles denkbar sind, die ebenso effektiv gewesen wären wie die unternommenen Beschränkungen der Rechte. Angesichts der Tatsache, daß schon die Effektivität der getroffenen Maßnahmen in der Regel nicht beurteilt werden kann, ist auch die Beurteilung der Frage, ob mildere Mittel existiert hätten, weder ex ante noch ex post möglich. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Mittel muß sich also auf den Aspekt der Angemessenheit beschränken, die zu verneinen ist, wenn die Beschränkungen außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Dabei kann die Unsicherheit hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahmen berucksichtigt werden. c) Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR Einen Sonderfall der Angemessenheitsprüfung bildet die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR, der jeden Mißbrauch der Bestimmungen des Paktes verbietet, welcher zur Abschaffung der im Pakt anerkannten Rechte führen könnte. Art. 5 Abs. I IPWSKR ist fast identisch mit der Vorgängernorm des Art. 30 AEMR und mit der entsprechenden Mißbrauchsklausel in Art. 17 EMRK. Die wortgleiche Vorschrift in Art. 5 Abs. I IPBPR zeigt, daß die Staaten in bezug auf den Mißbrauch der Beschränkungsbestimmungen zwischen den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten und den bürgerlichen und politischen Rechten keine Unterschiede sahen. Die generelle Übereinstimmung hinsichtlich der Notwendigkeit und des Inhalts von Art. 5 IPWSKR zeigt sich auch in den eindeutigen Abstimmungsergebnissen in der Menschenrechtskommission und im dritten Ausschuß der Generalversammlung. Den jeweiligen Abstimmungen waren nennenswerte Diskussionen über die Klausel nicht vorausgegangen. 127 Art. 5 Abs. I IPWSKR dient wie die Parallelvorschrift des IPBPR dazu, die rechtsmißbräuchliche Berufung von Vertragsstaaten auf vertraglich vorgese127 Vgl. für die Menschenrechtskommission UN Doc. E/CN.4/SR306 (1952), S. 8; zur Diskussion UN Docs. ElCN.4/SR303-306 (1952); für den dritten Ausschuß der Generalversanunlung UN Doc. AlC.3/SR1206 (1962), § 54; zur Diskussion siehe Tree (USA), UN Doc. AlC.3/SR1182 (1962), § 6; Bouquin (Frankreich), UN Doc. AlC.3/SR 11 82 (1962), § 40; Albuquerque Mello (Brasilien), UN Doc. AlC.3/SR1184 (1962), § 47; Grinan (Kuba), UNDoc. AlC.3/SR1185 (1962), § 27. 12·

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

hene Beschränkungen der Rechte zu verhindern, welche zwar nach dem Wortlaut einzelner Bestimmungen möglich sind, aber ohne Zweifel gegen den Sinn und Zweck der Kodifikation der Menschenrechte verstoßen. 128 Darüber hinaus richtet sich die Wesensgehaltsgarantie auch gegen die Möglichkeit der Berufung auf im Pakt anerkannte Rechte von Privatpersonen, durch welche die Rechte anderer Personen aufgehoben werden könnten. 129 Die Wesensgehaltsgarantie findet auf allen drei Ebenen der Verwirklichung der Rechte Anwendung und schützt jeweils davor, daß die Ausübung der Rechte schlechthin unmöglich gemacht wird. Auf der Ebene des Respekts der Rechte ist der Wesensgehalt berührt, wenn einzelne Maßnahmen oder MaßnahmenbÜDdel einer Person jegliche Möglichkeit nehmen, ihr Recht überhaupt wahrzunehmen. Auf der Ebene des Schutzes der Rechte werden Regelungen verboten, welche die eine Partei eines Privatrechtsverhältnisses zugunsten der anderen Partei von der Ausübung eines Rechts ausschließen. Während die Feststellung eines Wesensgehaltes auf den Ebenen des Respekts und des Schutzes der Rechte in der Regel unproblematisch ist, muß auf der Ebene der Erfiillung der Rechte auf den bereits erläuterten Ansatz der Mindestschwelle an zu erfüllenden Rechten zurückgegriffen werden. Jedenfalls die ganz wesentlichen Bedürfnisse nach Nahrung, Unterkunft und Gesundheitsvorsorge gehören zum Wesensgehalt der Leistungsrechte, so daß vorhandene Ressourcen vorrangig zur Erfüllung der hieraus entstehenden Verpflichtungen eingesetzt werden müssen. 130 Die Problematik der Feststellung eines solchen Wesensgehaltes für Staaten auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen wurde bereits behandelt. 131 d) Zusammenfassung Die Rechtfertigung von Maßnahmen im Rahmen des Diskriminierungsverbotes vollzieht sich, wie die Überlegungen zu den einzelnen Elementen der Verhältnismäßigkeit zeigen, im wesentlichen auf der Ebene der Angemessenheit staatlicher Maßnahmen. Die Bewertung der Angemessenheit hat dabei stets die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR zu berücksichtigen, der

128 So im Zusammenhang mit den Rechten des IPBPR Tomuschat, Sondervotum zu Beschwerden Nr. 52/1979, 56/1979, Se1ected Decisions I, UN Doc. CCPRlC/OP/1 (1985), S. 88ff., 92, 94; Nowak, CCPR, Art. 5, Rz. 6. 129 Dazu AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,208; Nowak, CCPR, Art. 5, Rz. 7-10; Frowein in: FroweinIPeukert, EMRK, Art. 17, Rz. 2-4; Harris/O'BoylelWarbrick, ECHR, S. 510-512; Le Mire in: PettitilDecauxllmbert, Art. 17, S. 512-517; LockwoodlFinnlJubinsky, HRQ 7 (1985), S. 35,38-41. 130 Vgl. auch die Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 47. \31 S.o. Teil 3, AII.4.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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auf der letzten Stufe der Prüfung jedenfalls die Abschaffung der Rechte verhindert. II. Die Drittwirkung des Diskriminierungsverbotes

Es ist fraglich, ob das Diskriminierungsverbot Drittwirkung entfaltet mit der Folge, daß die Staaten verpflichtet sind, durch Gesetzgebung sicherzustellen, daß auch zwischen Privatpersonen keine Diskriminierung herrscht. Der Wortlaut des Art. 2 Abs.2 IPWSKR enthält keinen Hinweis für oder gegen eine solche Auslegung, im Gegensatz zu Art. 2 Abs. I lit. d RDK oder Art. 2 lit. b, e, fFDK, wo das Gebot begründet wird, auch im Verkehr zwischen Privatpersonen die Diskriminierung wegen der Rasse bzw. wegen des Geschlechts zu unterbinden. Bei der Erarbeitung des Diskriminierungsverbotes im IPWSKR bestand Uneinigkeit dartiber, in welchem Maße die Staaten das Diskriminierungsverbot auch unter Privatpersonen durchzusetzen hätten. Es wurde angeführt, daß die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern weitgehend auf privatrechtlicher Basis existierten und die Staaten keinerlei Einflußmöglichkeit hätten. 132 Andererseits wurde darauf hingewiesen, daß auch die Regulierung von privatrechtlichen Beziehungen dem Staat zustehen könne. 133 Der Ausschuß hat die Auffassung erkennen lassen, daß die Staaten bis zu einem gewissen Grad auch die Geltung des Diskriminierungsverbotes zwischen Privaten durchzusetzen haben. In seiner allgemeinen Bemerkung Nr. 5 stellte er fest, daß die Staaten verpflichtet sind, aktiv Einfluß auf den privaten Rechtsverkehr zu nehmen, um die Gleichberechtigung behinderter Personen auch auf diesem Sektor des öffentlichen Lebens durchzusetzen. \34 Die staatliche Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes zwischen Privatpersonen kann erhebliche Eingriffe in deren Handlungsfreiheit mit sich bringen, so daß bei der Entscheidung über die Drittwirkung des Diskriminierungsverbotes die Interessen der Privatpersonen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Gleichberechtigung aller abgewogen werden müssen. 135 Eine Abgrenzung zwischen den staatlichen Interessen und der Handlungsfreiheit von Privatpersonen könnte sich an dem Begriff des öffentlichen Lebens vollziehen. Dort wo Privatpersonen am öffentlichen Leben teilnehmen, indem sie Unternehmen betreiben oder der Öffentlichkeit Leistungen anbieten, unterwerfen sie sich bis zu einem gewissen Grad den für Staaten geltenden Verpflichtungen zur Gleichbehandlung anderer. Wo aber die Öffentlichkeit durch Rechtsgeschäfte oder soziale Kontakte nicht berührt ist, erhält die Handlungsfreiheit Vgl. Glover (Großbritannien), UN Doc. NC.3/SR.1l82 (1962), § 20. Vgl. Bahnev (Bulgarien), UN Doc. NC.3/SR.l182 (1962), § 15. 134 UN Doc. E/C.1211994/20, Annex IV, § 11. 135 Siehe dazu Craven, lCESCR, S. 19lf. 132 133

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Vorrang mit der Folge, daß Privatpersonen an das Diskriminierungsverbot nicht gebunden werden können. 136 In die vom Diskriminierungsverbot unberührte Privatsphäre gehört zum Beispiel das Recht, Freundschaften zu pflegen, aber auch das Recht, bestimmte Kaufhäuser anderen vorzuziehen. Das öffentliche Leben ist berührt, wenn ein Arbeitgeber Arbeitnehmer einstellt oder wenn Schulen Unterricht anbieten. Das Beispiel religiöser Schulen, die lediglich Angehörige einer Glaubensrichtung aufnehmen, zeigt aber, daß bereits in diesem Bereich die Grenzen verschwimmen. 137 Es ist der Sinn privater Schulen, daß sie bestimmte Weltanschauungen bevorzugen, um Schüler vor dem Hintergrund der entsprechenden Überzeugungen unterrichten zu können. Das Diskriminierungsverbot kann nicht dazu verwandt werden, die Einrichtungsgarantie für Privatschulen aus Art. 13 Abs. 4 IPWSKR aufzuheben. Das Diskriminierungsverbot muß für die Regelung von Beziehungen zwischen Privatpersonen sehr restriktiv gehandhabt werden. Es ist der Entscheidung des Einzelfalls überlassen, wo die Grenzen staatlicher Einwirkung auf den privaten Rechtsverkehr zu ziehen sind.

m

Unmittelbare und progressive Verwirklichung des Diskriminierungsverbotes

Die aus dem Diskriminierungsverbot entstehenden Verpflichtungen der Staaten sind im Gegensatz zu anderen Pflichten aus dem Pakt grundsätzlich unmittelbar und nicht progressiv zu erfüllen. 138 Dafür spricht zunächst der Wortlaut von Art. 2 Abs.2 IPWSKR. Die Staaten verpflichten sich danach, die Ausübung der Rechte ohne Diskriminierung zu garantieren, während sie sich gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR nur verpflichten, Schritte zu unternehmen, um die Rechte zu verwirklichen. Das Wort "guarantee" impliziert bereits eine unmittelbare Erfüllungspflicht. 139 Die Pflicht zur progressiven Verwirklichung besteht gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR im übrigen nur bezüglich der im Pakt anerkannten Rechte. Der Ausdruck "anerkannte Rechte" stellt eine Verbindung zu den Rechten im besonderen Teil des Paktes dar, während Art. 2 Abs. 2 IPWSKR im allgemeinen Teil enthalten ist. Auch hieraus läßt sich 136 Älmlich Ramcharan 137

in: Henkin, Bill ofRights, S. 246, 262f. So für das Beispiel der Kirchen Tomusehat, BullHR 1985,Special Issue, S. 24,

30. Allgemeine Bemerkung Nr. 3 des Ausschusses, UN Doc. E/C.1211990/8, Annex 122ff., § 22; so auch Craven, ICESCR, S. 181; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 186; Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 262; Echterhölter, BB 1973, S. 1595, 1596; Hill in: BeddardIHill, S. 1, 10; a.A. wohl Bossuyt, Rev. Droits de l'Homme 8 (1975), S. 783, 793. 139 Craven, ICESCR, S. 181; Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250,260. 138

m, § 1; Limburg Princip1es, HRQ 9 (1987), S.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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schließen, daß die progressive Verwirklichung auf das Diskriminierungsverbot nicht anwendbar ist. 140 Die Entstehungsgeschichte bestätigt diese Auslegung. Während einige Vertreter im dritten Ausschuß die progressive Verwirklichung auch fiir das Diskriminierungsverbot gelten lassen wOllten,141 lehnte die Mehrheit diese Auffassung ab. 142 Der Vorschlag, Art. 2 Abs. 1 und Abs.2 IPWSKR zu einem Absatz zusammenzufassen, um so ganz deutlich das Diskriminierungsverbot der progressiven Verwirklichung zu unterstellen, wurde daher mehrheitlich abgelehnt. 143 Nur zwei Vertreter äußerten danach die Auffassung, daß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR in seiner endgültigen Form die progressive Realisierung des Diskriminierungsverbotes zulasse. 144

1. Die Bedeutung des Diskriminierungsverbotes ftJr die Erjü/lungspflichten des Paktes Soweit bezüglich der Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte die Ebenen des Respekts und des Schutzes betrachtet werden, kann die Möglichkeit progressiver Realisierung des Diskriminierungsverbotes schon aufgrund der weiter oben dargestellten Überlegungen ausgeschlossen werden. Wenn schon der Respekt und der Schutz der Rechte in der Regel unmittelbar zu erfolgen haben, so muß das Diskriminierungsverbot diesbezüglich ebenso unmittelbar beachtet und durchgesetzt werden. Es können sich allenfalls Ausnahmen bei der Abänderung bestehender Gesetze in einer Übergangsphase

So Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 261. Vgl. z.B. Riphagen (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.655 (1955), § 18[.; Hoare (Großbritannien), UN Doc. AlC.3/SR.655 (1955), § 22; Cise/et (Belgien), UN Doc. AlC.3/SR.656 (1955), § 16; Bakhtiar (Pakistan), UN Doc. AlC.3/SR.656 (1955), § 19; Abdel-Ghani (Ägypten), UN Doc. AlC.3/SR.658 (1955), § 23; McClure-Smith (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.658 (1955), § 37; RIJssel (Schweden), UN Doc. AlC.3/SR.659 (1955), § 15. 142 Vgl. z.B. Morozov (UdSSR), UN Doc. AlC.3/SR.655 (1955), § 23; Gonzalez Camacho (EI Salvador), UN Doc. AlC.3/SR.657 (1955), § 15; Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. AlC.3/SR.657 (1955), § 18; Kopecky (Tschechos10wakei), UN Doc. AlC.3/SR.658 (1955), § 4; Azkoul (Libanon), UN Doc. AlC.3/SR.659 (1955), § 7; Domanska (Polen), UN Doc. AlC.3/SR.659 (1955), § 10; Us (Weißrußland), UN Doc. AlC.3/SR.659 (1955), § 24; Lucio (Mexiko), UN Doc. AlC.3/SR.659 (1955), § 28; Sahai (Indien), UN Doc. AlC.3/SR.l182 (1962), § 17. 143 Vorschlag von Riphagen (Niederlande), UN Doc. AlC.3/SR.655 (1955), § 18; zu den Folgen: Gonzalez Camacho (EI Sa1vador), UN Doc. AlC.3/SR.657 (1955), § 18; McClure-Smith (Australien), UN Doc. AlC.3/SR.658 (1955), § 37. 144 Capotorti (Italien), UN Doc. AlC.3/SR.1183 (1962), § 16; Riphagen (Niederlande), UNDoc. AlC.3/SR.1184 (1962), § 10. 140 141

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

nach RatifIkation des Paktes ergeben, welche durch die zeitliche Verzögerung, die das Gesetzgebungsverfahren verursachen kann, zu rechtfertigen sind. Es ist die Ebene der Erfüllung der Rechte, auf der die unmittelbare Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes relevant wird. Hier bieten die Möglichkeit progressiver Realisierung und die Berufung auf mangelnde Ressourcen den Vertragsstaaten ein Ausmaß an Rechtfertigungsgründen, welches die Feststellung von Verletzungen der Erfüllungspflichten fast vollständig ausschließt. Die Staaten können bei der Erfüllung der Rechte in der Regel nicht zur Vornahme oder Unterlassung einzelner Handlungen verpflichtet werden, weil sie auf dieser Ebene eher Ergebnispflichten übernommen haben, deren Verwirklichung auf sehr unterschiedlichen Wegen denkbar ist. 145 Auch die Verteilung staatlicher Ressourcen auf verschiedene Tätigkeitsgebiete durch den Haushaltsplan unterliegt einern derart großen Ermessensspielraum, daß die Beurteilung der staatlichen Haushaltsplanung mit dem Ziel der Feststellung von Pflichtverletzungen in der Regel nicht zu befriedigenden Ergebnissen führt. Wenn sich die Staaten zur Gewährung von Leistungen entscheiden, so sind sie an das Diskriminierungsverbot gebunden. Wenn einzelne Personen gegenüber anderen benachteiligt oder bevorzugt werden, dann müssen diese Ungleichbehandlungen gerechtfertigt werden. Das Diskriminierungsverbot bewirkt so, daß im Rahmen der vorhandenen staatlichen Mittel alle Menschen an der progressiven Erfüllung der Rechte gleichermaßen teilhaben. 146 Die Staaten können insbesondere nicht geltend machen, daß ihre Ressourcen nur zur Verwirklichung der Rechte eines Teils der Bevölkerung ausreichen. Das Diskriminierungsverbot hat das Ziel, allen die gleichen Möglichkeiten zur Ausübung der Rechte zu geben. Wenn eine Gruppe aber von der Ausübung der Rechte durch den Staat ausgeschlossen wird, damit die Rechte einer anderen Gruppe verwirklicht werden können, so wird der benachteiligten Gruppe jede Möglichkeit zur Ausübung der Rechte genommen. Diese Überlegungen verdeutlichen, daß aus den langfristig anzustrebenden Zielen, die sich aus der Pflicht zur Erfüllung der Rechte des IPWSKR ergeben und weitreichenden Beschränkungsmöglichkeiten unterliegen, durch das unmittelbar anwendbare Diskriminierungsverbot konkrete Einzelverpflichtungen der Staaten werden können, welche den Pflichten auf den Ebenen des Respekts und des Schutzes der Rechte gleichzustellen sind. 147

Vgl. Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35, 36f.; a.A. Simma, VRÜ 25 (1992), S. 382, 386. Vgl. die Bemerkilllgen des Ausschusses in UN Doc. E/C.1211995118, §§ 82,85, 160, 165. 147 Vgl. Craven, ICESCR, S. 154; Häusermann in: BeddardlHill, S. 47, 52; vgl. in bezug auf Art. 14 EMRK Abdulaziz, Cabales illld Balkandali gg. Großbritannien, Ur145

146

B. Das Diskriminienmgsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

185

2. Die aus dem Diskriminierungsverbot resultierenden Erjüllungspj1ichten

Die Pflicht zur unmittelbaren Verwirklichung des Diskriminierungsverbotes bereitet Schwierigkeiten, wenn die Staaten zur Erreichung der Gleichberechtigung aller nicht nur vorhandene Ressourcen aufwenden, sondern neue Mittel einsetzen müssen. Der Einsatz zusätzlicher Ressourcen kann bei der Abschaffung bereits bestehender Diskriminierungen erforderlich werden, wenn die Kürzung von Leistungen an die bislang bevorzugten Gruppen nicht möglich ist. Denkbar sind solche Fälle im Bereich der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe, wo die vorhandenen Ressourcen häufig lediglich zur Sicherung des Existenzminimums ausreichen. Hier läßt sich argumentieren, daß den Staaten bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung eine gewisse Übergangszeit zugestanden wird, in der sie die Abschaffung diskriminierender Tatbestände vorrangig betreiben müssen. 148 Dieser Übergangszeitraum wird länger anzusetzen sein als die Frist zur Abänderung von Gesetzen, doch er muß überschaubar bleiben, damit der besonderen Bedeutung des Diskriminierungsverbotes für die Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte Rechnung getragen werden kann. Das Diskriminierungsverbot kann die Staaten in Einzelfalien auch zur Bevorzugung einzelner Bevölkerungsgruppen verpflichten, damit diese im Ergebnis den übrigen Bevölkerungsgruppen gleichgestellt sind. 149 In diesen Fällen der positiven Diskriminierung schafft das Diskriminierungsverbot eine Leistungspflicht, deren Erfüllung von der Verfügbarkeit ausreichender Mittel genauso abhängig ist wie die sich auf der Ebene der Erfüllung der Rechte ergebenden staatlichen Verpflichtungen. Die Abhängigkeit von vorhandenen Ressourcen rechtfertigt die Annahme, daß für Maßnahmen der positiven Diskriminierung die Einwände progressiver Realisierung und des Mangels an Ressourcen zulässig sind. Es unterliegt dem Ermessen der Staaten, in welcher Weise sie die Gleichberechtigung aller als Ziel anstreben. Das Diskriminierungsverbot wird nur in einzelnen Sonderfällen zur Grundlage für Erfüllungspflichten der Staaten. Soweit die Staaten aber zusätzliche

teil vom 28.5.1985, Series A, Vol. 94, § 83; dazu Bemhardt in: Festschrift Partsch, S. 96, 100. 148 Vgl. dazu Craven, ICESCR, S. 181f.; Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 262. 149 Vgl. dazu den Ausschuß, UN Doc. E/C.121l/Add.3 (1996), § 27; UN Doc. E/C.121l994/20, § 97; vgl. Menschenrechtsausschuß, General Comment 18 (37), UN Doc. CCPRlCI21IRev.I/Add.1 (1989), § 10; siehe auch Klerk, HRQ 9 (1987), S. 250, 265; Bayefsky, HRLJ 11 (1990), S. 1, 24fT.; Craven, ICESCR, S. 184fT.; Rüpke in: Festschrift Ermacora, S. 475, 477fT.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Mittel einsetzen müssen, um die Gleichberechtigung aller zu erreichen, ist ihnen im Einklang mit den Wertungen des Art. 2 Abs. 1 IPWSKR die Berufung auf begrenzte Ressourcen zuzugestehen. Wenn alle Erfiillungspflichten des Paktes wegen ihrer Abhängigkeit von vorhandenen Ressourcen der progressiven Realisierung unterliegen, so muß dies auch für ressourcenabhängige Erfiillungspflichten gelten, die sich aus dem Diskriminierungsverbot ergeben.

3. Zusammenfassung Bei der Verwirklichung des Diskriminierungsverbotes im Rahmen des IPWSKR bestätigt sich, daß die Frage der progressiven Realisierung der staatlichen Verpflichtungen der Dreh- und Angelpunkt der Anwendung des IPWSKR ist. Die Durchsetzbarkeit der Rechte im Pakt hängt davon ab, ob die aus ihnen abzuleitenden staatlichen Verpflichtungen der progressiven Realisierung unterliegen oder nicht. Das Diskriminierungsverbot ist das Einfallstor für die Begründung unmittelbar einzuhaltender Verhaltenspflichten der Staaten auf der Ebene der Erfiillung, deren Verpflichtungen grundsätzlich voll und ganz der progressiven Verwirklichung unterliegen. Es bleibt den Staaten freigestellt, zur Erfiillung der Rechte unterschiedliche Wege einzuschlagen, doch bei der Durchführung einzelner Maßnahmen, insbesondere bei der Verteilung einzelner Leistungen haben sie jederzeit sicherzustellen, daß alle Menschen in gleicher Weise vom staatlichen Handeln profitieren. IV. Rechtfertigungsgriinde für die Ungleich behandlung der Asylbewerber gemäß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR Die unvollständige Verwirklichung der Rechte der Asylbewerber kann als Ungleichbehandlung gemäß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nach der oben gegebenen Definition der Diskriminierung gerechtfertigt werden, wenn sie auf vernünftige und objektive Gründe gestützt und im Verhältnis zu diesen Gründen nicht unverhältnismäßig ist. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde angedeutet, daß aufgrund der allgemeinen Staatenpraxis an die Rechtfertigung von Eingriffen in das Recht auf Arbeit von Ausländern geringere Anforderungen zu stellen sein könnten als an die Rechtfertigung von Eingriffen in das Recht auf Arbeit von Staatsangehörigen. In der Tat beschränken viele Staaten die Möglichkeiten von Ausländern, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Es ist aber zu berücksichtigen, daß in diesen Staaten die Erteilung einer Arbeitserlaubnis an Ausländer in der Regel gleichzeitig mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfolgt, die noch vor der Einreise einzuholen ist. In einigen Staaten kann die Arbeitserlaubnis ausschließlich vor der Einreise der betreffenden Ausländer erstmalig erteilt werden, so daß die Asylbewerber, die vor Stellung des Antrages auf eine Arbeitserlaubnis eingereist sind, schon aus diesem Grund keine Arbeitserlaubnis nach

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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allgemeinem Ausländerrecht erhalten können. 150 Die Bestimmung über die Erwerbstätigkeit stellt sich damit als Teil der Bestimmung über die Einreise von Ausländern dar, die nach wie vor der staatlichen Souveränität überlassen bleibt. 151 Asylbewerber befinden sich dagegen in einer anderen Situation. Sie sind bereits eingereist und befinden sich auf dem Territorium des Vertragsstaates, so daß der IPWSKR Anwendung findet. 152 Hintergrund der Ungleichbehandlung von Asylbewerbern ist nicht das Argument, daß sie Ausländer und damit vom IPWSKR nicht geschützt seien, sondern daß sie nur vorläufig im Land sind und dem Schutz der Menschenrechte nicht in gleichem Maße unterliegen wie die dauerhaft im Land lebende Bevölkerung. Es wurde bereits ausgeführt, daß die Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes ein wesentliches Kriterium für den Umfang des Schutzes der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sein kann. Es ist nicht Sinn und Zweck der Rechte des IPWSKR, allen Menschen, die das Hoheitsgebiet eines Staates betreten, den gleichen sozialen Schutz zu gewähren. Vielmehr spielt die Nähe einer Person zu dem sie schützenden Staat eine Rolle bei der Beurteilung seiner Pflicht, diese Person zu versorgen. Die Unterscheidung nach der Dauer des Aufenthaltes kann daher nicht von vornherein als willkürlich bewertet werden. 1. Vernünftige und objektive Gründe für die Ungleichbehandlung Die Ungleichbehandlung der Asylbewerber auf den Gebieten der Erwerbstätigkeit und des Schulbesuchs kann auf sehr unterschiedliche Gründe zurückgeführt werden. Es spielen sowohl asylpolitische Ziele als auch spezifische Ziele der Arbeitsmarkt-und der Bildungspolitik eine Rolle. Allen Gründen ist aber die Überlegung gemeinsam, daß der Aufenthalt von Asylbewerbern im Aufnahmestaat vorläufig bleiben soll. Die Bearbeitung der Asylanträge soll so zügig wie möglich durchgeführt werden, damit die anerkannten Flüchtlinge ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erhalten und die abgelehnten Asylbewerber das Land verlassen. a) Beschränkung des Zuzugs von Ausländern Es ist ein Ziel der Beschränkung der Rechte von Asylbewerbern, die Anziehungsfaktoren der Mitgliedstaaten der Europäischen Union für potentielle 150 So Z.B. in Dänemark, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Italien, Portugal und Schweden, s.o. Teil 1, B. 151 Vgl. dazu General Comment 15 (27) des Menschenrechtsausschusses, The position of aliens under the Covenant, UN Doc. CCPRlC/21IRev.1 (1989), § 6; ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245,270. 152 So auch ClarkINiessen, NethQHR 14 (1996), S. 245, 270f.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Einwanderer zu verringern, damit weniger Personen dort Asyl suchen, wenn sie keine Chance haben anerkannt zu werden. So soll die Funktionsfähigkeit der Asylverfahren verbessert und der Zuzug von Ausländern in die Europäische Union verringert werden. Die öffentliche Diskussion über die Asylbewerber in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zeigt, daß erhebliche Differenzen hinsichtlich der politischen Bewertung dieser Ziele bestehen. Da es aber das souveräne Recht aller Staaten ist, über die Einreise von Ausländern zu entscheiden, sind die Ziele aus völkerrechtlicher Sicht als legitim zu bewerten. Die Berücksichtigung der Genfer Flüchtlingskonvention führt zu keinem anderen Ergebnis, denn sie schränkt das Recht der Gewährung von Asyl verbunden mit dem Recht zur Entscheidung über die Einreise nicht ein. 153 b) Sicherung der Ausreise abgelehnter Asylbewerber Die Rechtsbeschränkungen behindern eine mögliche Integration der Asylbewerber, die solange nicht erwünscht ist, wie die Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes nicht geklärt ist. Bis zum Abschluß des Asylverfahrens soll die jederzeitige Möglichkeit der Ausreise gewahrt bleiben, wie das vorläufige Aufenthaltsrecht der Asylbewerber und die zahlreichen Gesetzesänderungen zur Erleichterung der Abschiebung zeigen. Asylbewerber, die eine Arbeitsstelle haben oder deren Kinder eine Schule besuchen, werden in aller Regel nicht freiwillig das Land verlassen, wenn ihr Antrag abgelehnt worden ist. Wenn sie aber keinen festen Halt im Land gefunden haben, so ist die Wahrscheinlichkeit ihrer freiwilligen Ausreise größer, wenn ihr Asylverfahren mit einer Ablehnung endet. Da die Bestimmung des Aufenthaltsrechts von Ausländern souveränes Recht aller Staaten ist, kann die Sicherung der Ausreise unerwünschter Ausländer im Sinne völkerrechtlicher Vorgaben als legitimes Ziel staatlichen HandeIns bewertet werden, unabhängig davon, ob das Handeln als politisch richtig beurteilt wird. Auch die Menschenrechtsverträge geben Ausländern kein Aufenthaltsrecht in fremden Staaten. Art. 13 IPBPR unterwirft die Ausweisung von Ausländern ausschließlich verfahrensrechtlichen Beschränkungen, während die materiellen Voraussetzungen der Ausweisung nicht geregelt sind. Art. 12 IPBPR befaßt sich mit der Bewegungsfreiheit, welche nach Art. 12 Abs.2 IPBPR das Ausreise-, nicht aber das Bleiberecht erfaßt. 154 Lediglich Art. 33 GFK. und Art. 3 EMRK begründen in engen Grenzen ein Aufenthaltsrecht, dessen Geltungsbereich durch die staatlichen Beschränkungen der Rechte auf Arbeit und Bildung jedoch nicht berührt ist. Wenn nämlich fest153

154

S.O. Teil 1, AI. Vgl. allgemein dazu Boyd, Georgetown Immigr. LJ 10 (1996), S. 257, 266f.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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steht, daß abgelehnte Asylbewerber aus Gründen des Art. 33 GFK oder Art. 3 EMRK nicht ausgewiesen werden können, so erhalten sie ein Aufenthaltsrecht, das den Beschränkungen der asylverfahrensrechtlichen Regelungen nicht unterliegt. c) Entlastung der Arbeitsmärkte Die Beschränkung der Arbeitsmöglichkeiten für Asylbewerber soll die nationalen Arbeitsmärkte entlasten, wie die Regelungen zum Vorrang bestimmter Personen in bezug auf einzelne Arbeitsstellen zeigen. Mehrere Staaten geben den Asylbewerbern die theoretische Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit, solange hinsichtlich einzelner Berufssparten keine Nachfrage an Arbeitsplätzen herrscht. Der EGMR hat festgestellt, daß der Schutz des Arbeitsmarktes ein legitimes Ziel nationaler Politik ist. 1ss Gemäß Art. 6 Abs. 2 IPWSKR sind die Staaten verpflichtet, eine Politik der Vollbeschäftigung zu verfolgen, die Schutzmaßnahmen zugunsten des nationalen Arbeitsmarktes umfassen kann. Die politische Bewertung solcher Maßnahmen ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Allerdings erfordert besonders dieses Ziel eine eingehende Prüfung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Maßnahmen angesichts der Tatsache, daß zwar die Vollbeschäftigung unter bestimmten Personengruppen möglicherweise erleichtert wird, die Vollbeschäftigung unter Asylbewerbern dagegen erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wird. d) Einsparung von Haushaltsmitteln Die Beschränkung der Möglichkeiten zum Schulbesuch für Asylbewerberkinder ermöglicht Einsparungen im Bereich der Bildung, da auf diese Weise die Notwendigkeit zur Schaffung neuer Schulplätze umgangen werden kann. Das Ziel sparsamer Haushaltsführung ist als legitimes Ziel nationaler Politik grundsätzlich anzuerkennen, doch bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel wird insbesondere die Rolle des Diskriminierungsverbotes bei der Verteilung vorhandener Ressourcen zu berücksichtigen sein. 2. Geeignetheit und Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung Es wurde bereits ausgeführt, daß die Geeignetheit und Erforderlichkeit getroffener staatlicher Maßnahmen nur im Ausnahmefall abgelehnt werden kann. 1S6 Die Problematik wird bei der Bewertung der Eignung der staatlichen

155 Abdulaziz, Cabales und Balkandali gg. Großbritannien, Urteil vom 28.5.1985, Series A, Vol. 94, § 78. 156 S.o. Teil 3, B.I.l.b.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Regelungen zur Erwerbstätigkeit und zum Schulbesuch anhand der aufgeführten politischen Ziele deutlich. a) Beschränkung des Zuzugs von Ausländern Es ist nicht erkennbar, ob die Beschränkung der Arbeitsmöglichkeiten und des Schulbesuchs dazu beigetragen hat, daß weniger Ausländer in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Asylanträge gestellt haben. Die Staaten haben zur Senkung der Asylbewerberzahlen eine Vielzahl von Gesetzesänderungen vorgenommen, deren Wirkungen im Einzelnen nicht voneinander getrennt werden können. Zusätzlich läßt die große Anzahl an Ausländern mit humanitärem Aufenthaltsrecht Zweifel aufkommen, ob die Zahl der eingereisten Ausländer insgesamt verringert wurde. Berücksichtigt man allerdings, daß die Staaten ihre Beurteilung ex ante vornehmen mußten, so ist zuzugestehen, daß es nicht von vornherein ausgeschlossen war, daß die Beschränkung der Arbeitsmöglichkeiten und des Schulbesuchs Ausländer davon abhalten würde, in die Europäische Union einzureisen. b) Sicherung der Ausreise abgelehnter Asylbewerber Es kann unterstellt werden, daß die Beschränkung von Arbeitsmöglichkeiten und Schulbesuch die Integration der Asylbewerber behindert. Allerdings ist keine Aussage darüber möglich, ob damit die Ausreisewilligkeit von abgelehnten Asylbewerbern erhöht wird. Wenn Personen sich für eine gewisse Zeit in einem Land aufgehalten haben, so wollen sie häufig auch dann nicht ausreisen, wenn sie in ihrer Handlungsfreiheit beschränkt werden. c) Entlastung der Arbeitsmärkte Ob die Beschränkung von Arbeitsmöglichkeiten für Asylbewerber die nationalen Arbeitsmärkte tatsächlich entlastet, ist zweifelhaft. Die hohe Arbeitslosigkeit von Asylbewerbern in den Staaten, in denen sie freien Zugang zum Arbeitsmarkt haben, zeigt, daß die Asylbewerber keine besondere Bedrohung der nationalen Arbeitsmärkte darstellen. Diese Überlegung ist jedenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten. d) Einsparung von Haushaltsmitteln Die Beschränkung des Zugangs zu bestehenden Schulen für Asylbewerberkinder ist sicherlich geeignet zur Einsparung von Haushaltsmitteln, denn die Bereitstellung von Unterrichtsmitteln und Lehrkräften erfordert zusätzliche Ausgaben, wenn mehr Schüler unterrichtet werden müssen. Sie ist aber nicht erforderlich, da ein geringerer Eingriff in die Rechte der Asylbewerberkinder denkbar ist. Es wurde bereits angeführt, daß die Staaten verpflichtet sind, die vorhandenen Ressourcen gleichmäßig an alle zu verteilen, so daß als milderes

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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Mittel die Begrenzung der Unterrichtsstunden für alle Kinder unter Erweiterung der Zahl vorhandener Schulplätze denkbar ist. Die Möglichkeit zur Einsparung von Haushaltsmitteln kann damit nicht als vernünftiger und objektiver Grund für die Beschränkung des Schulbesuchs von Asylbewerberkindern angeführt werden. e) Zusammenfassung Die Mitgliedstaaten können für die Ungleichbehandlung der Asylbewerber mehrere objektive und vernünftige Gründe anführen. Sie können sich allerdings zur Beschränkung des Schulbesuchs von Asylbewerberkindern nicht auf eine sparsame Haushaltsführung berufen, da die Beschränkung des Schulbesuchs dafür nicht erforderlich ist. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Rechtsbeschränkungen zur Erreichung der übrigen Ziele kann nicht ausgeschlossen werden. 3. Angemessenheit der Ungleich behandlung

In einem abschließenden Schritt ist zu prüfen, ob die staatlichen Regelungen zur Beschränkung der Erwerbsmöglichkeiten und des Schulbesuchs von Asylbewerbern angemessen sind. Dies ist der Fall, wenn sie nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen und wenn die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR beachtet wird. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung muß berücksichtigt werden, daß die Ausübung der Rechte auf Arbeit und Bildung in der Regel den Aufenthalt der betreffenden Person für eine gewisse Dauer voraussetzt. Eine Arbeitsstelle kann normalerweise nur ausgefüllt werden, wenn der Arbeitnehmer sie über längere Zeit hinweg innehat. Es darf nicht übersehen werden, daß auch die Saisonarbeit oder die nur tageweise angebotene Arbeit vom Recht auf Arbeit geschützt sind, doch sowohl der Aspekt der Sicherung des Lebensunterhaltes als auch die Möglichkeit der Selbstverwirklichung durch die Arbeit setzen regelmäßig voraus, daß eine Arbeitsstelle dauerhaft besetzt wird. Aus diesen Überlegungen heraus können an vorübergehende Einschränkungen des Rechts auf Arbeit von Ausländern, die noch keinen gefestigten Aufenthalt im Land gefunden haben, geringere Anforderungen gestellt werden als an solche Einschränkungen, welche die Ausübung eines Berufes dauerhaft behindern. Für das Recht auf Bildung können ähnliche Erwägungen angestellt werden. Schon die Einteilung der schulischen Ausbildung in Schuljahre zeigt, daß Bildung ein Prozeß ist, der sich über längere Zeit hinzieht und letztlich während des gesamten Lebens nicht zum Stillstand kommt. Der Unterricht ist auf längere Abschnitte ausgerichtet, deren Unterbrechung durch Zu- oder Wegzug die Unterrichtsziele möglicherweise unerreichbar macht. Andererseits ist Bildung für die Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit von solcher Be-

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

deutung, daß die Behinderung des Zugangs zum Schulunterricht über längere Dauer eine ernsthafte Gefährdung für die Zukunftsaussichten betroffener Kinder verursachen kann. Hier zeigt sich, daß die Dauerhaftigkeit einer Einschränkung der beiden Rechte ausschlaggebend für die Angemessenheit staatlicher Eingriffe ist. a) Beschränkungen während des Transitaufenthaltes Die Beschränkungen der Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber während ihres Aufenthaltes im Transitbereich von Flug- oder Seehäfen können gemeinsam beurteilt werden, da die staatlichen Regelungen schon durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Asylbewerber den Zugang sowohl zum Arbeitsmarkt als auch zu Bildungseinrichtungen verhindern. Das Transitverfahren gibt den Asylbehörden die Möglichkeit, diejenigen Asylanträge, welche keine Aussicht auf Erfolg haben, schon abzulehnen, bevor die Asylbewerber in den Aufnahmestaat eingereist sind. Die Kriterien der offensichtlichen UnbegIÜndetheit sind genau definiert, so daß schnelle Entscheidungen getroffen werden können. Der Aufenthalt im Transitbereich dauert daher in der Regel nicht länger als ein paar Tage und ist damit als vorläufig zu bezeichnen. Die Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit sind in den ersten Tagen des Aufenthaltes im Aufnahmestaat schon aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nur sehr gering, so daß das faktische Arbeitsverbot, das aus dem zwangsweisen Aufenthalt im Transitbereich folgt, nicht sehr weit in das Recht auf Arbeit der Asylbewerber eingreift. Ähnliche Erwägungen lassen sich für die Beschränkung des Zugangs zu Schulen anführen, denn die sprachlichen Schwierigkeiten beeinträchtigen auch die Möglichkeit eines effektiven Schulbesuchs. Solange sich der Aufenthalt im Transitbereich nur auf wenige Tage oder Stunden beschränkt, ist der Wesensgehalt der Rechte nicht berührt, obwohl sie in dieser Zeit aufgehoben sind. Da beide Rechte nur über einen längeren Zeitraum sinnvoll ausgeübt werden können, steht die Beschränkung der Arbeitsund Bildungsmöglichkeiten der Asylbewerber, welche sich als Folge der vorläufigen Einschränkung der Bewegungsfreiheit darstellt, nicht außer Verhältnis zu dem Ziel der zügigen Durchführung von Asylverfahren. b) Recht auf Arbeit Das Recht auf Arbeit wird für Asylbewerber zum einen durch das Erfordernis einer Arbeitserlaubnis und zum anderen durch die Auferlegung unterschiedlich ausgestalteter Arbeitsverbote eingeschränkt. Da das bloße Erfordernis einer Arbeitserlaubnis, deren Erteilung nicht an weitere materielle Voraussetzungen gebunden ist, einen erheblich geringeren Eingriff in das Recht auf

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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freien Zugang zum Arbeitsmarkt darstellt, soll diese Beschränkung getrennt von den verschiedenen Arten von Arbeitsverboten geprüft werden. (1) Arbeitserlaubnis

Das Hauptbeispiel für eine innerstaatliche Regelung, nach welcher der Zugang der Asylbewerber zum Arbeitsmarkt an die Erteilung einer Arbeitserlaubnis geknüpft ist, die lediglich Registrierungszwecken dient, stellt Belgien dar. Hier wird die Arbeitserlaubnis an Asylbewerber erteilt, die ein Arbeitsangebot vorweisen können, wenn dieses mit den sonstigen arbeitsrechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Die Vereinbarkeit mit arbeitsrechtlichen Vorschriften stellt keine die Asylbewerber als Gruppe einschränkende Voraussetzung dar, denn alle Arbeitnehmer in Belgien dürfen eine Arbeitsstelle nur antreten, wenn diese den arbeitsrechtlichen Vorgaben entspricht. Die Prüfung des Arbeitsangebotes dient allenfalls dem Schutz der Asylbewerber, die als Ausländer die im Land geltenden Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer möglicherweise nicht kennen und der Gefahr der Ausbeutung durch Arbeitgeber in besonderer Weise ausgeliefert sind. Vergleichbare Regelungen finden sich in den Niederlanden und in Deutschland für Asylbewerber, deren Verfahren sich bereits über Jahre hinziehen. Das Erfordernis einer bloßen Registrierung arbeitender Asylbewerber beschränkt nicht die Arbeitsmöglichkeiten der Asylbewerber, sondern lediglich den ungehinderten Antritt einer Arbeitsstelle. Soweit die bloße Fonnalität der Registrierung nicht durch lange bürokratische Wege zum echten Hindernis wird, steht sie nicht außer Verhältnis zu dem Interesse des Staates an der Kontrolle der Tätigkeiten von Asylbewerbern und der Vorgänge auf dem Arbeitsmarkt und ist mit Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 IPWSKR vereinbar. 157 Die Regelung in Belgien ist also mit Art. 6 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 2 IPWSKR vereinbar. (2) Arbeitsverbot

Die durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union begründeten Arbeitsverbote für Asylbewerber sind sehr unterschiedlich gestaltet. Für die Frage der Rechtfertigung dieser Arbeitsverbote können die gesetzlichen und die faktischen Arbeitsverbote gemeinsam betrachtet werden, da beide Arten von Ungleichbehandlungen auf die gleichen Erwägungen gestützt sind und sich in ihrer Eingriffsintensität nicht voneinander unterscheiden. Die befristeten und

157 Zu den bürokratischen Hindernissen bei der Erteilung einer Arbeitserlaubnis in Belgien siehe Centre for Migration Research, Reception Policies, S. 18.

13 Dohrnes-Ockenfels

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

die unbefristeten Arbeitsverbote unterscheiden sich dagegen in ihrer EingrifIsintensität, so daß ihre Rechtfertigung unterschiedlichen Argumenten unterliegt. Die Befristung von Arbeitsverboten ist in der Regel an die durchschnittliche Dauer eines Asylverfahrens in den jeweiligen Staaten geknüpft. Sie basiert auf der Überlegung, daß die Asylverfahren möglichst schnell und ohne Behinderung durch die Asylbewerber durchgeführt werden sollen. Mögliche Arbeitsstellen könnten die Flexibilität der Asylbewerber einschränken, soweit mündliche Termine oder die zügige Beantwortung von Anfragen betroffen sind. Diese Motivation zeigt sich besonders deutlich in den Staaten, in denen die Asylbewerber zunächst in zentralen Aufnahmestellen untergebracht sind, wo sie jederzeit zur Fortführung des Verfahrens zur Verfügung stehen sollen. Gerade in den ersten Monaten des Verfahrens sollen die Asylbewerber, deren Antrag von vornherein nur geringe Aussichten auf Erfolg hat, aus dem Verfahren ausgeschieden und in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden. Die Vorläufigkeit ihres Aufenthaltes wird hier zu Recht berücksichtigt. Die schwedische Regelung, nach der die Asylbewerber, deren Antrag mit einiger Wahrscheinlichkeit länger als vier Monate dauern wird, sofort die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit erhalten, scheint angesichts dieser völkerrechtlich legitimen Zielsetzungen den geringst möglichen Eingriff in das Recht auf Arbeit der Asylbewerber darzustellen und ist als angemessen zu beurteilen. Doch auch die übrigen innerstaatlichen Regelungen, die ein drei- bis sechsmonatiges Arbeitsverbot vorsehen, stellen im Verhältnis zu den Zielen keine unangemessene Beeinträchtigung der Rechte der Asylbewerber dar. Das staatliche Interesse an der zügigen Durchführung der Asylverfahren ist angesichts der großen Anzahl von Asylbewerbern hoch einzuschätzen, da die Asylverfahren einen beträchtlichen Teil der innerstaatlichen Verwaltung und Gerichtsbarkeit binden. Dagegen sind die Chancen der Asylbewerber, in den ersten Monaten ihres Aufenthaltes im Aufnahmestaat eine Arbeitsstelle zu finden, von vornherein sehr gering. Die hohe Arbeitslosigkeit von Asylbewerbern in den Staaten, in denen sie nach Ablauf der Wartefrist die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit ohne Beschränkung erhalten, zeigt, daß Asylbewerber selbst nach Monaten des Aufenthaltes im Aufnahmestaat noch sehr geringe Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit haben. Der Lebensunterhalt der Asylbewerber ist während der Zeit des Arbeitsverbotes gesichert, da alle Staaten, die ein befristetes Arbeitsverbot vorsehen, ihre Asylbewerber durch Sozialhilfe unterstützen. Das Arbeitsverbot trifft also lediglich den Aspekt der freien Entfaltung der Persönlichkeit durch Erwerbstätigkeit. Die auf einige Monate begrenzte Einschränkung dieses Aspekts des Rechts auf Arbeit erscheint angesichts der Vorteile eines zügigen Verfahrens, das auch den Asylbewerbern eine schnelle Entscheidung über die Dauerhaftigkeit ihres Aufenthaltes im Aufnahmestaat sichert, nicht unangemessen. Die Vorschriften über die Erwerbs-

B. Das Diskrirninierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

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tätigkeit in Finnland und Großbritannien sind damit als Ungleichbehandlungen gemäß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR gerechtfertigt. Schwierigkeiten bereiten die Regelungen in Deutschland und den Niederlanden. In Deutschland besteht formal ein auf maximal drei Monate begrenztes Arbeitsverbot, das gerechtfertigt ist. An das gesetzliche Arbeitsverbot schließt sich jedoch ein auf mehrere Jahre begrenztes faktisches Arbeitsverbot an, das erst aufgehoben wird, wenn in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Voraussetzungen zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis gelockert werden. In den Niederlanden besteht das faktische Arbeitsverbot mehrere Jahre lang, bis es aus Gründen der Billigkeit eingeschränkt werden kann. Soweit diese Aufhebung der Arbeitsverbote aber erst nach Jahresfrist erfolgt, kann von einer vorläufigen Einschränkung des Rechts auf Arbeit nicht mehr gesprochen werden. Da die meisten Asylverfahren nach dieser Zeit beendet sind, betrifft die Erleichterung nur ganz wenige Ausnahmefälle. Die Arbeitsverbote, die länger als ein Jahr bestehen, sind damit den dauerhaften Arbeitsverboten gleichzusetzen. Die auf die gesamte Dauer des Asylverfahrens ausgedehnten Arbeitsverbote können nur mit dem Argument des vorläufigen Aufenthaltes gerechtfertigt werden, wenn die Asylverfahren in den betreffenden Staaten nicht länger als drei bis sechs Monate dauern. Dies ist aber keineswegs sichergestellt. Der melujährige Aufenthalt von Asylbewerbern in einem Land kann nicht mehr als vorläufig betrachtet werden, selbst wenn ein endgültiges Aufenthaltsrecht noch nicht ausgesprochen worden ist. Wenn die Ausübung des Rechts auf Arbeit von der staatlichen Definition des dauerhaften Aufenthaltes abhängig gemacht würde, so könnte jeder Staat durch die Definition des Aufenthaltsstatus einer Person deren Menschenrechte an- oder aberkennen. Das Argument, daß die Asylbewerber sich nicht zu sehr in die Gesellschaft integrieren sollen, damit ihre Ausreise im Fall der Ablehnung leichter durchgesetzt werden kann, greift nicht mehr, wenn die Asylbewerber sich rur mehr als ein Jahr in einem Staat aufhalten. In dieser Zeit ist eine Integration unvermeidlich und Verfahren von dieser Länge betreffen in der Regel Personen, die später häufig ein humanitäres Aufenthaltsrecht erhalten und auf Dauer im Land bleiben können. Hinzu kommt, daß in mehreren Staaten, die ein dauerhaftes Arbeitsverbot vorsehen, die soziale Versorgung der Asylbewerber nicht gesichert ist. In Griechenland erhält beispielsweise nur eine eng begrenzte Zahl von Asylbewerbern Unterkunft, und die übrigen Asylbewerber müssen sich selbst versorgen. In Italien erhalten Asylbewerber nur während der ersten 45 Tage des Verfahrens Sozialhilfe, ohne daß feststeht, ob Verfahren in dieser Zeit abgeschlossen werden können. In diesen Staaten ist nicht nur die freie Entfaltung der Persönlichkeit betroffen, sondern zusätzlich das Recht, den Lebensunter13"

196

3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

halt durch Arbeit zu verdienen, so daß die Existenz dieser Menschen bedroht ist. Der Schutz des nationalen Arbeitsmarktes kann eine solche Beschränkung des Rechts auf Arbeit der Asylbewerber nicht rechtfertigen. Die Aufhebung des Rechts auf Arbeit von Asylbewerbern für die Dauer des gesamten Asylverfahrens kann daher durch sachliche Gründe gemäß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nicht gerechtfertigt werden. Dies betrifft sowohl die Staaten mit gesetzlichen als auch mit faktischen Arbeitsverboten, wenn diese Arbeitsverbote länger als ein Jahr wirksam sind. Die Regelungen zur Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und Spanien können mit dem Diskriminierungsverbot nicht vereinbart werden.

(3) Ergebnis Von den Regelungen zur Erwerbstätigkeit der Asylbewerber können nur das Erfordernis einer Arbeitserlaubnis zu Registrierungszwecken und die auf drei bis sechs Monate befristeten Arbeitsverbote als verhältnismäßig bezeichnet und im Sinne des Diskriminierungsverbotes gerechtfertigt werden. c) Recht auf Bildung Das Recht auf Bildung der Asylbewerberkinder wird auf verschiedenen Ebenen beschränkt. Die Einschränkungen des Rechts auf einen Schulplatz sind wegen des Eingriffes in das Diskriminierungsverbot identisch mit den Einschränkungen auf der Ebene des Respekts des Rechts,15S so daß hier eine einheitliche Prüfung erfolgt. Die Verpflichtung zur Einfiihrung der Schulpflicht wird als Erfüllungspflicht gesondert geprüft. (1) Beschränkung des Zugangs zu bestehenden Schulen Die Regelungen zur Beschränkung des Zugangs von Asylbewerberkindern zu bestehenden Schulen unterscheiden sich, ähnlich wie die Arbeitsverbote, in der Dauer der Beschränkung. Einige Staaten haben eine Art von Wartefrist eingefiihrt, die den Zeitraum von drei Monaten nicht überschreitet. Zur Rechtfertigung dieser Wartefrist können ähnliche Argumente angeführt werden wie zur Rechtfertigung der befristeten Arbeitsverbote. Ein wichtiger Unterschied besteht aber in der Tatsache, daß der Schulbesuch für die Kinder zu keinem Zeitpunkt vollkommen ausgeschlossen ist. Es ist durchaus denkbar, daß in einigen Orten die Schulen nicht ausgelastet sind und freie Schulplätze auch den Asylbewerberkindern zur Verfügung gestellt werden. 15S S.o. Teil 2, C.II.4.e.

B. Das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR

197

Eine Parallele zu den Arbeitsverboten zeigt sich in der Vorläufigkeit des Aufenthaltes. In der Regel entscheidet sich in den ersten Monaten des Aufenthaltes der Asylbewerberkinder, ob sie das Land bei Ablehnung ihres Antrags sofort verlassen müssen oder ein humanitäres Aufenthaltsrecht erhalten, so daß der Aufenthalt in der Anfangszeit wirklich als vorläufig betrachtet werden kann. Die Kinder werden ohnehin einige Zeit brauchen, um sich auf die Lebensumstände im Aufenthaltsstaat einzustellen und erste Sprachkenntnisse zu erwerben. Da die Staaten durch das Recht auf freien Zugang zu bestehenden Schulen nicht zur Erteilung von Sprachunterricht verpflichtet werden, kann man nicht argumentieren, daß die Kinder gerade in den ersten Monaten ihres Aufenthaltes Unterricht erhalten müssen. Um ihr Recht auf Zugang zu den Schulen auszuüben, müssen sie sich die erforderlichen Sprachkenntnisse selbst aneignen. Weil ihr Aufenthalt nicht gesichert ist, kann es dazu kommen, daß Asylbewerberkinder nur für einige Monate die Schule besuchen, um sie dann zu verlassen und den nächsten Asylbewerberkindern den Platz zu überlassen. Dies würde eine große Fluktuation in den Schulklassen bewirken und könnte zur Störung des kontinuierlichen Unterrichtes für andere Kinder führen. Andererseits stellt es keine erhebliche Behinderung der persönlichen Entwicklung der Kinder dar, wenn sie für bis zu drei Monate keine Schule besuchen. Die Behinderung des Zugangs zu Schulen für Asylbewerberkinder in den ersten Monaten ihres Aufenthaltes im Aufnahmestaat kann nicht als unangemessen bezeichnet werden. Die Regelungen zum Schulbesuch der Asylbewerberkinder in Belgien und Deutschland (Bayern, Hessen, MecklenburgVorpommem, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein) sind als Ungleichbehandlungen im Sinne des Diskriminierungsverbotes gerechtfertigt. Die Verweigerung eines garantierten Schulplatzes für die gesamte Dauer des Asylverfahrens ist dagegen nicht verhältnismäßig, selbst wenn die Möglichkeit des Schulbesuchs im Rahmen vorhandener Kapazitäten bestehen bleibt. Das Recht auf Bildung der Asylbewerberkinder wird nicht aufgehoben, doch in einer Weise eingeschränkt, welche die persönliche Entwicklung dieser Kinder unzumutbar gefährdet. Wenn Kinder für Jahre keine Schule besuchen können, so werden sie in ihrer Entwicklung weit zurückgeworfen. Selbst die bloße Gefährdung des Schulbesuchs berührt hier den Wesensgehalt des Rechts, weil eine unterbliebene Ausbildung in der Kindheit nur sehr bedingt nachholbar ist. Die Regelungen in Deutschland (Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen) können mit dem Diskriminierungsverbot nicht vereinbart werden. (2) Erfüllung der Pflicht zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht

Es gibt in der Europäischen Union Staaten, die den Asylbewerberkindern zwar ein Recht zum Schulbesuch gewähren, sie aber nicht der allgemeinen Schulpflicht unterwerfen. Gründe für diese Regelungen sind nicht ersichtlich.

198

3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Die Beschränkung der Schulpflicht auf die dauerhaft im Land wohnenden Asylbewerberkinder kann nach dem Vorbild der belgischen und österreichischen Regelungen erfolgen, welche nur die Kinder von der Schulpflicht ausschließen, die sich weniger als sechzig Tage bzw. ein Schulhalbjahr im Land aufhalten. Diese Regelungen sind angesichts der Tatsache, daß die Schulpflicht eine kontinuierliche, sich über Jahre hinstreckende Schulbildung sichern soll, angemessen. Soweit die Kinder aber für längere Zeit im Aufenthaltsstaat sind und ihr Recht auf Schulbesuch ausüben, ist kein Nachteil für die Staaten erkennbar, der sie davon abhalten könnte, diese Kinder auch der Schulpflicht zu unterwerfen, wie Art. 13 Abs. I lit. a IPWSKR dies vorschreibt. Da sie sich durch die Gewährung des Rechts auf einen Schulplatz bereits zur Schaffung neuer Kapazitäten verpflichten, sind haushaltspolitische Gründe nicht erkennbar. Die Integration der Kinder kann durch die Beschränkung der Schulpflicht nicht eingeschränkt werden. Die Einführung der Schulpflicht kann nicht als Anziehungsfaktor für die Staaten betrachtet werden, welcher die Einwanderung von Ausländern begünstigt. Da ein sachlicher Grund für die Beschränkung der Schulpflicht nicht erkennbar ist, kann die Unterlassung dieser Erfüllungspflicht nicht gerechtfertigt werden. Die unvollständige Erfüllung des Rechts auf Bildung in Dänemark, Finnland, Irland und Spanien ist also durch das Diskriminierungsverbot nicht zu rechtfertigen. (3) Ergebnis

Von den Regelungen zum Schulbesuch der Asylbewerberkinder kann nur die Beschränkung des Rechts auf einen Schulplatz während der ersten Monate des Asylverfahrens durch das Diskriminierungsverbot gerechtfertigt werden. 4. Zusammenfassung

Die Asylbewerber unterscheiden sich in einern wesentlichen Kriterium von der übrigen Bevölkerung in den Aufnahmestaaten, weil ihr Aufenthalt nur vorläufig ist. Dieser Unterschied rechtfertigt Ungleichbehandlungen der Asylbewerber, wenn er in objektiv nachvollziehbarer Weise angewandt wird. Der Begriff des vorläufigen Aufenthaltes beinhaltet ein zeitliches Element, das in Regelungen zur Beschränkung der Rechte der Asylbewerber immer enthalten sein muß. Es ist daher unvermeidlich, daß die Eingriffe auf den Zeitraum begrenzt werden, in welchem ein Aufenhalt noch als vorläufig bezeichnet werden kann. Dies zeigt auch die nunmehr erfolgte Prüfung der Vereinbarkeit der staatlichen Regelungen mit dem Diskriminierungsverbot. Nur die Regelungen, welche zeitlich befristet waren, konnten als angemessen und damit vereinbar mit dem Diskriminierungsverbot bezeichnet werden. Dabei wird kein Unterschied zwischen den Verpflichtungen auf der Ebene des Respekts

C. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR

199

oder der Erfüllung gemacht. Die zur Feststellung der Verhältnismäßigkeit der Mittel erforderliche Abwägung führt notwendigerweise zu moderaten Lösungen.

c. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR Art. 4 IPWSKR Die Vertragsstaaten erkennen an, daß ein Staat die Ausübung der von ihm gemäß diesem Pakt gewährleisteten Rechte nur solchen Einschränkungen unterwerfen darf, die gesetzlich vorgesehen und mit der Natur dieser Rechte vereinbar sind und deren ausschließlicher Zweck es ist, das allgemeine Wohl in einer demokratischen Gesellschaft zu llirdern. Englischer Wortlaut: The States Parties to the present Covenant recognize that, in the enjoyment oJ those rights provided by the State in conJormity with the present Covenant, the State may subject such rights only to such limitations as are determined by law only in so Jar as this may be compatible with the nature oJ these rights and solely Jor the purpose oJ promoting the general welfare in democratic society.

Im Rahmen des IPWSKR hat man davon abgesehen, die einzelnen Rechte mit Schranken zu versehen, wie dies im IPBPR geschehen ist. 1S9 Statt dessen entschied man sich fiir eine allgemeine Schrankenbestimmung in Art. 4 IPWSKR, die Beschränkungen aller im Pakt anerkannten Rechte unter bestimmten Voraussetzungen zuläßt. Vorbild fiir Art. 4 IPWSKR war Art. 29 Abs. 2 AEMR, der die Beschränkungsmöglichkeiten der in der AEMR anerkannten Rechte beschreibt. Weitere allgemeine Schrankenklauseln finden sich in Art. 31 Abs. 1 ESC und Art. 5 ZPI-AmMRK, während die EMRK ähnlich wie der IPBPR besondere Schranken fiir die einzelnen Rechte beschreibt. In der AmMRK sind sowohl spezielle Schrankenbestimmungen fiir die einzelnen Rechte als auch eine allgemeine Schrankenbestimmungl60 enthalten, welche zusätzliche Anforderungen begründet. In Art. 27 AfrMRK findet sich eine allgemeine Schranke der Rechte in Form der Pflicht jedes Einzelnen, seine Rechte in Übereinstimmung mit den Rechten anderer, kollektiver Sicherheit, Moral und gemeinsamen Interessen auszuüben. Der Vorteil gesonderter Schranken fiir einzelne Rechte besteht darin, daß die Schranken präziser formuliert und auf die Natur jedes Rechts abgestimmt werden können. In Art. 4 IPWSKR finden sich dagegen zum Teil sehr allge159 160

Vgl. dazu Kiss in: Henkin, Bill ofRights, S. 290-310. Art. 30 ArnMRK.

200

3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

meine Formulierungen, die zur Beschränkung staatlicher Eingriffsmöglichkeiten nicht sehr geeignet sind. 161 Wie sich bei der Auslegung der einzelnen Voraussetzungen zeigen wird, kann lediglich das Gebot der Wahrung der Natur der Rechte ausufernde Beschränkungen verhindern. Die Gefahr einer Aushöhlung der Rechte durch die allgemeine Schrankenklausel wurde in der Menschenrechtskommission als Argument gegen die Einfügung von Art. 4 IPWSKR vorgetragen. 162 Die Befürworter von Art. 4 IPWSKR beriefen sich dagegen auf Art. 29 Abs.2 AEMR163 und argumentierten, die Möglichkeit zur Beschränkung der Rechte sei erforderlich, damit die Staaten der Gefahr des Betrugs164 bei der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen und unvorhersehbaren Konsequenzen der Rechtsausübung165 begegnen könnten. Es war unumstritten, daß bei der Verwirklichung der Rechte im Pakt Widersprüche auftreten könnten, die nur durch Beschränkungen einzelner Rechte aufgehoben werden könnten,166 so daß eine Mehrheit in der Menschenrechtskommission der Generalklausei schließlich zustimmte. 167 Im dritten Ausschuß der Generalversammlung fand eine für die Interpretation der Vorschrift aufschlußreiche Diskussion nicht mehr statt. 168 Die zum Teil 161 Vgl. flir die Schranken im IPBPR LockwoodlFinnlJubins, HRQ 7 (1985), S. 35. 162 Vgl. z.B. Malik (Libanon) als Präsident der Menschenrechtskommission, UN

Doc. E/CN.4/SR234 (1951), S. 21; Mehta (Indien), UN Doc. E/CN.4/SR234 (1951), S. 23; Jevremovic (Jugoslawien), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S. 5f.; Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S. 12f.; Kovalenko (Ukraine), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S. 16; Waheed (Pakistan), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S. 17; Morozov (UdSSR), UN Doc. E/CN.4/SR306 (1952), S. 13; Boratinsky (Polen), UN Doc. E/CN.4/SR.307 (1952), S. 10; zusammenfassend UN Doc. N2929 (1955), Kapitel V, § 49. 163 Vgl. Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR234 (1951), S. 21; Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S. 18. 164 Vgl. Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S. 18. 165 Vgl. Ciasullo (Uruguay), UN Doc. E/CN.4/SR234 (1951), S. 22; Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR235 (1951), S.5; Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR306 (1952), S. 15; Hoare (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR307 (1952), S. 4. 166 Vgl. zu der Diskussion auch AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 194-197. 167 Abstimmungsergebnis: 10 zu 6 bei 2 Enthaltungen, UN Doc. E/CN.4/SR.308 (1952), S. 14. 168 Vgl. z.B. Tree (USA), UN Doc. NC.3/SRI182 (1962), § 6; Bouquin (Frankreich), UN Doc. NC.3/SR1l82 (1962), § 39; Kapur (Indien), UN Doc. NC.3/SR1l83 (1962), § 9; Pico (Argentinien), UN Doc. NC.3/SR1l83 (1962), § 19; Donkor (Ghana), UN Doc. NC.3/SR.1l83 (1962), § 45; Maamouri (Tunesien), UN Doc. NC.3/SR1l83 (1962), § 55; Cattarossi (Uruguay), UN Doc. NC.3/SRI185 (1962), § 23; Wachuku (Nigeria), UN Doc. NC.3/SRI202 (1962), § 25; Jativa (Ecuador), UN Doc. NC.3/SRI202 (1962), § 36; Quambao (Philippinen), UN Doc. NC.3/SRI202

C. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR

201

geäußerte Kritik an den sehr allgemein gehaltenen Formulierungen sowie unterschiedliche Vorschläge zur Umformulierung des Art. 4 IPWSKR konnten eine Abänderung des Vorschlages der Menschenrechtskommission in seinem Wortlaut nicht bewirken. 169 So wurden nur wenige Versuche unternommen, einzelne Begriffe der Vorschrift zu interpretieren. Der Ausschuß hat sich bislang zur Interpretation des Art. 4 IPWSKR nicht geäußert, doch die Limburg Principles gehen auf die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR ein. Anläßlich eines SeminarS der International Commission of lurists zur Interpretation der Schrankenbestimmungen des IPBPR wurden die Siracusa Principles verabschiedet, deren Aussagen auch für die Interpretation der Schrankenbestimmung des IPWSKR hilfreich sind. 170 I. Voraussetzungen des Art. 4 IPWSKR Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR ist möglich, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage erfolgt, ein legitimes Ziel verfolgt und mit der Natur der Rechte vereinbar ist. Legitimes Ziel der Einschränkung ist das allgemeine Wohl in einer demokratischen Gesellschaft, welches als eine Art Allgemeinklausel die Beschränkungsmöglichkeiten der Staaten allerdings nicht wirklich zu qualifizieren vermag. Art. 4 IPWSKR stellt zum einen eine Schranke der im Pakt anerkannten Rechte dar und wirkt damit für die betroffenen Personen belastend, schränkt zum anderen aber die Handlungsmöglichkeiten der Staaten ein, weil er zusätzlich zu Art. 2 Abs. 1 und 2 IPWSKR Eingriffsvoraussetzungen schafft, welche das Ausmaß an staatlichen Eingriffen begrenzen können. 171

(1962), § 41; Art. 4 IPWSKR wurde schließlich ohne Veränderung einstimmig angenommen, UN Doc. AlC.3/SR.1206 (1962), § 53. 169 Vgl. z.B. Sharp (Neuseeland), UN Doc. AlC.3/SR.1184 (1962), § 28; Jdris (Indonesien), UN Doc. AlC.3/SR.l184 (1962), § 43; Albuquerque Mello (Brasilien), UN Doc. AlC.3/SR.1184 (1962), § 49; Marsh (Kanada), UN Doc. AlC.3/SR.1185 (1962), § 18; Grifian (Kuba), UN Doc. AlC.3/SR.1l85 (1962), § 26; Khatoon (Pakistan), UN Doc. AlC.3/SR.1l85 (1962), § 54. 170 The Siracusa Principles on the Limitation and Derogation Provisions in the International Covenant on Civil and Political Rights, abgedruckt in: HRQ 7 (1985), S. 3-14; vgl. auch den Kommentar von Kiss, HRQ 7 (1985), S. 15-22. 171 So schon Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.236 (1951), S.6; Juvigny (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.306 (1952), S. 12; Hoare (Großbritannien), UN Doc. E/CN.4/SR.307 (1952), S.4; Whitlam (Australien), UN Doc. ElCN.4/SR.308 (1952), S.6; zusammenfassend UN Doc. Al2929 (1955), Kapitel V, § 50; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fT., § 46; vgl. auch AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,193.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

J. Gesetzliche Grundlage

Beschränkungen der Rechte müssen auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen. Der Ausdruck "gesetzlich vorgesehen" kommt mit inhaltlich unbedeutenden Abwandlungen auch in den Schrankenbestimmungen des IPBPR172 , der EMRK173 und der AmMRK I74 vor, deren Überwachungsorgane bereits eine übereinstimmende Definition erstellt haben. Es ist davon auszugehen, daß der Ausschuß des IPWSKR von dieser nunmehr gefestigten Interpretation nicht abweichen wird. Bei der Erarbeitung von Art. 4 IPWSKR wurde betont, daß der Begriff "Gesetz" das gesamte anwendbare Recht meine. 17S Einige Vertreter führten an, der Begriff "Gesetz" beziehe sich nur auf das geschriebene, also formelle Gesetz, und regten die Verwendung eines umfassenderen Begriffes an. 176 Die Diskussion zeigt aber schon, daß letztendlich jede Form des Rechts unter den Begriff des Gesetzes gefaßt werden sollte, denn niemand vertrat die Ansicht, daß Einschränkungen nur durch formelle Gesetze vorgenommen werden dürften. Als Gesetze im Sinne der Schrankenbestimmungen zu Menschenrechtsverträgen werden dementsprechend heute nicht nur formelle, durch ein Parlament verabschiedete Gesetze angesehen, sondern auch Vorschriften des Common Law und materielle Gesetze wie Rechtsverordnungen oder Satzungen, die ihrerseits auf gesetzlicher Grundlage ergangen sind. I77 Wichtiger als die äußere Form von Gesetzen sind die Anforderungen an ihre Geltungsweise, denn das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung von Einschränkungen ist Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips, welches allen Menschenrechtsverträgen zugrunde liegt.178 Die Gesetze müssen abstrakt und generell

172 Vgl. z.B. Art. 6 Abs. 2,9 Abs. 1, 12 Abs. 3, 18 Abs. 3, 19 Abs. 3, 21, 22 Abs. 2 IPBPR. 173 Vgl. z.B. Art. 5 Abs. 1,8 Abs. 2, 9 Abs. 2, 10 Abs. 2,11 Abs. 2 EMRK. 174 Vgl. z.B. Art. 7 Abs. 2, 12 Abs. 3, 13 Abs. 2, 15, 16 Abs. 2, 21 Abs. 2, 22 Abs. 2

AmMRK.

m Vgl. z.B. Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.236 (1951), S. 8.

176 Vgl. Santa Cruz (Chile), UN Doc. ElCN.4/SR.236 (1951), S. 9; Dupont-Willemin (Guatemala), UN Doc. E/CN.4/SR.236 (1951), S. 9. 177 EGMR, Sunday Times gg. Großbritannien, Urteil vom 26.4.1979, Series A, Vol. 30, § 47; Malone gg. Großbritannien, Urteil vom 2.8.1984, Series A, Vol. 82, § 124; EMRKom, Leander gg. Schweden, Kommissionsbericht vom 17.5.1985, abgedruckt in Series A, Vol 116, S. 37fT., § 60f.; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122fT., § 4851; vgl. AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 200; Kiss, HRQ 7 (1985), S. 15, 18; derselbe in: Henkin, Bill of Rights, S. 290, 305; LockwoodlFinnlJubinsky, HRQ 7 (1985), S. 35,47; Frowein in: FroweinIPeukert, Vorb. Art. 8-11, Rz. 2. 178 "Legality" oder "Rule of Law"; EGMR, Malone gg. Großbritannien, Urteil vom 2.8.1984, Series A, Vol. 82, § 67; EMRKom, Leander gg. Schweden, Kommissionsbe-

C. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR

203

sein,179 veröffentlicht werden und in ihren Regelungen so bestimmt sein, daß die Voraussetzungen und daraus entstehende Rechtsfolgen für jedermann vorhersehbar sind. 180 In diesen Grenzen ist auch ein Ermessensspielraum für Entscheidungen der Verwaltung zulässig, soweit das Ermessen der Verwaltung überprüfbar bleibt. 181 2. Legitimes Ziel der Einschränkung Während Art. 29 Abs. 2 AEMR als legitime Ziele einer Einschränkung der Rechte die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer, gerechte Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zuläßt, dürfen die Staaten mit Einschränkungen gemäß Art. 4 IPWSKR lediglich das allgemeine Wohl in einer demokratischen Gesellschaft fordern. Man hatte die übrigen in Art. 29 Abs. 2 AEMR enthaltenen Ziele als zu allgemein und wenig überprüfbar abgelehnt. 182 Das Ziel einer Förderung des allgemeinen Wohls in einer demokratischen Gesellschaft ist allerdings ebenfalls nur wenig geeignet, den Handlungsspielraum von Staaten bei der Beschränkung von Rechten einzuschränken. 183 richt vom 17.5.1985, abgedruckt in Series A, Vol. 116, S. 37ff., § 60; vgl. LockwoodlFinnlJubinsky, HRQ 7 (1985), S.35, 45; dazu Frowein in: FroweinIPeukert, Vorb. Art. 8-11, Rz. 2, 5. 179 Vgl. Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 48; Lockwoodl FinnlJubinsky, HRQ 7 (1985), S. 35, 45; Kiss, HRQ 7 (1985), S. 15, 18; derselbe in: Henkin, Bill ofRights, S. 290, 304. 180 EGMR, Sunday Times, Urteil vom 26.4.1979, Series A, Vol. 30, § 49; Malone gg. Großbritannien, Urteil vom 2.8.1984, Series A, Vol. 82, § 67; EMRKom, Leander gg. Schweden, Kommissionsbericht vom 17.5.1985, abgedruckt in Series A, Vol. 116, S. 37ff., § 60; vgl. Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 50; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 199f.; Syracusa Principles, HRQ 7 (1985), S. 3ff., § 17; dazu Kiss, HRQ 7 (1985), S. 15, 18; derselbe in: Henkin, Bill ofRights, S. 290,304; Frowein in: FroweinIPeukert, EMRK, Vorb. Art. 8-11, Rz. 3; Nowak, CCPR, Art. 18, Rz. 32. 181 EGMR, Si/ver u.a. gg. Großbritannien, Urteil vom 25.3.1983, Series A, Vol. 61, §§ 88; Malone gg. Großbritannien, Urteil vom 2.8.1984, Series A, Vol. 82, § 68; EMRKom, Leander gg. Schweden, Kommissionsbericht vom 17.5.1985, abgedruckt in Series A, Vol. 116, S. 37ff., § 60;AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987),156,200. 182 Vgl. Ciasullo (Uruguay), UN Doc. E/CN.4/SR.234 (1951), S.22; als Reaktion auf die Kritik siehe Juvigny (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.308 (1952), S. 4; Roosevelt (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.308 (1952), S. 4; dazu AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 198. 183 So auch Malik (Libanon) als Präsident der Menschenrechtskommission, UN Doc. E/CN.4/SR.234 (1951), S. 23; Cassin (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.235 (1951), S.18.

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3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

a) Das allgemeine Wohl in einer Gesellschaft Das allgemeine Wohl in einer Gesellschaft kann definiert werden als "die Sorge der Regierung um Gesundheit, Frieden, Moral und Sicherheit ihrer Bürger" .184 Die Limburg Principles definieren den Begriff als das Wohlergehen der gesamten Bevölkerung. 185 Bereits diese Definitionen machen deutlich, daß Staaten fast jede Beschränkung der Rechte mit ihrer Sorge um das allgemeine Wohl in der Gesellschaft begründen können. Im Extremfall kann auch die vollständige Aufhebung von Rechten damit gerechtfertigt werden, daß die Rechte anderer dadurch besser geschützt werden. Die Bemerkungen der staatlichen Vertreter bei der Erarbeitung des Art. 4 IPWSKR lassen erkennen, daß die Schranke sehr restriktiv ausgelegt werden sollte. 186 Der Schutz staatlicher Ressourcen zur Förderung des allgemeinen Wohls sollte im Rahmen der Vorschrift nicht rechtfertigend wirken. 187 Unstimmigkeiten gab es bei der Frage, ob die nationale Sicherheit im Falle eines Ausnahmezustandes unter das allgemeine Wohl der Gesellschaft zu subsumieren sei. Zieht man in Betracht, daß der IPBPR mit Art. 4 eine Beschränkungsmöglichkeit für den Ausnahmezustand ausdrücklich vorsieht, so wird man zu dem Ergebnis kommen, daß Art. 4 IPWSKR als die sehr viel weitere Schrankenklausel auch den Fall des Ausnahmezustandes umfaßt. 188 Daß die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums nicht in jedem Fall mit der Förderung des allgemeinen Wohls gleichgesetzt werden kann, wurde in der Menschenrechtskommission ausdrücklich festgestellt. So kann die Verzögerung bei der Einführung der allgemeinen Schulpflicht oder bei der Förderung der allgemeinen Gesundheit nicht damit gerechtfertigt werden, daß andere wirtschaftliche Rechte den Angehörigen der bestehenden Generation nützen, während die Rechte künftiger Generationen zurückstehen müssen. 189 b) Die demokratische Gesellschaft Die staatliche Einschränkung von Rechten ist nur zulässig, wenn sie das allgemeine Wohl in einer demokratischen Gesellschaft schützt. Die Formulierung in Art. 4 IPWSKR unterscheidet sich von den im IPBPR und in der EMRK üblichen Formulierungen. Dort ist es erforderlich, daß die Einschränkungen in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind, so daß im Rah184 "The government's concern for the health, peace, morals and safety of its citizens", Black's Law Dictionary, "General Welfare", S. 617. 185 HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 52. 186 Ausdrücklich dazu Eustathiades (Griechenland), UN Doc. E/CN.4/SR.235 (1951), S. 11; vgl. auch AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,202. 187 Dazu AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 194. 188 Ausfilhrlich dazu AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 219. 189 Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.235 (1951), S. 13.

C. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR

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men der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Abwägung zwischen den Individualinteressen und den Interessen der demokratischen Gesellschaft vorzunehmen ist. 190 Nach Art. 4 IPWSKR müssen Beschränkungen dagegen mit den Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft vereinbar sein. Da die Auffassungen über die Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft gerade im Hinblick auf die Freiheit von Wahlen und Abstimmungen unter den Staaten verschiedener Regierungssysteme sehr stark variieren, kann hier als Minimalkonsens lediglich auf die Wahrung der anerkannten Menschenrechte und Grundfreiheiten abgestellt werden. 191 Damit entsteht allerdings die Gefahr eines Zirkelschlusses, denn die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Beschränkung der Rechte dient gerade der Untersuchung, ob der betreffende Staat die Menschenrechte wahrt. Da der Hinweis auf die demokratische Gesellschaft die Eingriffsmöglichkeiten der Staaten beschränken soll, erfordert er wohl, daß jedenfalls die zur Prüfung anstehende Entscheidung über die Beschränkung der Rechte in einer Weise gefallt wird, wie dies in einem demokratischen Staat, welcher die Menschenrechte wahrt, der Fall wäre. 192 3. Wahrung der Natur der Rechte Die staatlichen Einschränkungen bei der Verwirklichung der Rechte müssen gemäß Art. 4 IPWSKR mit der Natur dieser Rechte vereinbar sein. Dieses Gebot war in Art. 29 Abs. 2 AEMR nicht enthalten und wurde erst im Rahmen der Arbeiten der Menschenrechtskomrnission zur stärkeren Eingrenzung der allgemeinen Schrankenklausel aufgenommen. 193 Da es in der Natur aller Menschenrechte liegt, daß sie möglichst frei von Einschränkungen gewährt werden, dürfen die Staaten nur die Einschränkungen vornehmen, welche sie nach Abwägung ihrer Interessen mit den betreffenden Rechten rur notwendig erachten. Damit stützt sich das Gebot der Wahrung der Natur der Rechte auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen. Es verbietet jedenfalls die unterschiedslose Einschränkung aller im Pakt anerkannten Rechte beispielsweise für einzelne Bevölkerungsgruppen, weil dem Staat der Nachweis, daß diese mit der Natur aller Rechte vereinbar 190 Vgl. z.B. Art. 21 IPBPR; Art. 8 Abs. 2, 9 Abs. 2, 10 Abs. 2, 11 Abs.2 EMRK; dazu eingehend Hailbronner in: Festschrift Mosler, S. 357, 362-374. 191 Vgl. Ciasul/o (Uruguay), UN Doc. E/CN.4/SR.235 (1951), S. 10; Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 55; siehe auch Siracusa Principles, HRQ 7 (1985), S. 3ff., § 21; Kiss, HRQ 7 (1985), S. 15, 19; derselbe in: Henkin, Bill ofRights, S. 291, 305ff. mit Hinweisen auf die Diskussion im Rahmen der Verfassung des IPBPR; AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,203. 192 Vgl. AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 204; Garibaldi in: Festschrift Sohn, S. 23, 28ff. 193 Vorschlag von Santa Cruz (Chile), UN Doc. E/CN.4/SR.235 (1951), S. 13.

206

3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

ist, wohl nur schwerlich gelingen kann. 194 Im übrigen sind die Kriterien der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahmen im Verhältnis zu dem Ziel der Förderung des Allgemeinwohls zu prüfen, die im Rahmen der Auslegung des Diskriminierungsverbotes bereits erörtert wurden. In dem Gebot der Wahrung der Natur der Rechte ist die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR bereits enthalten, denn es widerspricht der Natur eines jeden Rechts, wenn seine Einschränkung dazu fuhrt, daß es faktisch aufgehoben wird. 195 Selbst wenn eine Beschränkung von Rechten also geeignet zur Förderung des Allgemeinwohls in einer demokratischen Gesellschaft ist und diesbezüglich das mildeste Mittel darstellt, ist sie gemäß Art. 4 iVm Art. 5 Abs. I IPWSKR rechtswidrig, wenn der Wesensgehalt des Rechts berührt wird. IL Die Beziehung zwischen Art. 4 und Art. 2 IPWSKR Bereits Art. 2 IPWSKR enthält im Rahmen der Regelungen zur Verwirklichung der Rechte mehrere Rechtfertigungsgrunde fur Rechtsbeschränkungen. Es stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Schranken zu der allgemeinen Schrankenklausel des Art. 4 IPWSKR stehen. 1. Art. 4 IPWSKR und die Möglichkeit progressiver Realisierung der Rechte Die Möglichkeit progressiver Realisierung der Rechte im Rahmen vorhandener Ressourcen gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR findet als Schranke der im Pakt anerkannten Rechte grundsätzlich nur auf der Ebene der Erfiillung der Rechte Anwendung, deren Verwirklichung von der Verfiigbarkeit staatlicher Ressourcen abhängig ist. Die Anwendbarkeit von Art. 4 IPWSKR auf dieser Ebene ist jedoch unklar, so daß zu untersuchen ist, ob Kollisionen zwischen diesen beiden Schrankenklauseln überhaupt denkbar sind. Obwohl sowohl Art. 2 Abs. 1 IPWSKR als auch Art. 4 IPWSKR den Staaten die Möglichkeit eröffnen, von einer vollständigen Verwirklichung der Rechte abzusehen, ergeben sich Unterschiede in der Konstruktion der Rechtfertigungsgründe. Art. 2 Abs. 1 IPWSKR ist positiv formuliert und auf die progressive und ressourcenabhängige Verwirklichung der Rechte ausgerichtet. Rechtfertigungsgründe fiir die unvollständige Verwirklichung sind rein tatsächlicher Natur, denn sie betreffen die dem Staat zur Verfiigung stehenden Mittel. Sie können nur vorübergehend vorgebracht werden, und sollen im Verlauf der progressiven Verwirklichung stetig aufgehoben werden. Die Schrankenklausel des Art. 4 IPWSKR ist dagegen negativ formuliert und kann Vgl. dazuAlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156,201. Vgl. Limburg Principles, HRQ 9 (1987), S. 122ff., § 56; Nowak, CCPR, Art. 5, Rz.6. 194 195

C. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR

207

die vollständige Erfüllung der Rechte dauerhaft verhindern. Sie betrifft rechtliehe Beschränkungen, welche unabhängig von der progressiven Realisierung eingerichtet werden können, wenn die Ausübung einzelner Rechte zu Kollisionen mit den Rechten anderer und mit dem öffentlichen Interesse führt. 196 Die Anwendung der Schranke aus Art. 4 IPWSKR setzt staatliche Einschränkungen der im Pakt anerkannten Rechte voraus, die im Sinne von Eingriffen in bestehende Rechtspositionen zu verstehen sind. Auf den Ebenen des Respekts und des Schutzes der Rechte ist die Feststellung von Rechtsbeschränkungen unproblematisch. Auf der Ebene der Erfüllung kann hingegen allenfalls von einer unvollständigen Verwirklichung der Rechte gesprochen werden, die aber keine Einschränkung der Rechte darstellt, wenn die Staaten die vorhandenen Ressourcen zum Vorteil aller ohne Unterschied einsetzen. 197 Da Art. 4 IPWSKR ausdrücklich nur bei der Beschränkung von Rechten eingreift, ist er im Rahmen der Leistungsrechte nicht als allgemeiner Gesetzesvorbehalt anzusehen. Im Rahmen der Erfüllung von Rechten können Rechtsbeschränkungen nur bei der Einschränkung bereits vorhandener Leistungen oder im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot festgestellt werden, wenn einzelne Personen in bezug auf staatliche Leistungen im Vergleich zu anderen benachteiligt werden. Eine Kollision zwischen Art. 4 und Art. 2 Abs. 1 IPWSKR ist damit nicht möglich. 2. Art. 4 IPWSKR und das Diskriminierungsverbot

Wie schon die Verhältnismäßigkeitsprüfung als gemeinsamer Bestandteil beider Schranken zeigt, haben die Schrankenklausel des Art. 4 IPWSKR und das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs.2 IPWSKR den gleichen Geltungsbereich. Auf den Ebenen des Respekts und des Schutzes der Rechte sind beide uneingeschränkt anwendbar, während sie auf der Ebene der Erfüllung der Rechte nur im Falle einer Ungleichbehandlung einzelner Personen oder Gruppen die Eingriffsmöglichkeiten der Staaten beschränken. Zu unterschiedlichen Ergebnissen können die Schranken nur führen, wenn ein staatlicher Eingriff nicht durch Gesetz vorgesehen ist. Die Rechtfertigungsmöglichkeit des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR enthält diese formelle Voraussetzung nicht, so daß eine nach dem Diskriminierungsverbot gerechtfertigte staatliche Maßnahme gemäß Art. 4 IPWSKR rechtswidrig sein kann. Aus diesem Grund müssen staatliche Rechtsbeschränkungen sowohl durch das Diskriminierungsverbot als auch durch Art. 4 IPWSKR gerechtfertigt sein, wenn eine Verletzung der Verpflichtungen aus dem Pakt ausgeschlossen werden soll.

196 Juvigny (Frankreich), UN Doc. E/CN.4/SR.307 (1952), S. 7; vgl. auch AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 194. 197 Vgl. AlstoniQuinn, HRQ 9 (1987), S. 156, 197.

208

3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

Ein logischer Prüfungsvorrang des Diskriminierungsverbotes könnte darin gesehen werden, daß es Bestandteil der Regelungen über die Verwirklichung der Rechte ist, wie sein systematischer Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 1 IPWSKR zeigt. Art. 4 IPWSKR bildet mit der ausdrücklichen Erwähnung von Rechtsbeschränkungen gewissermaßen das Gegenstück zur Verwirklichung und kommt erst zur Anwendung, wenn die Verwirklichung der Rechte geprüft ist. Für diese Prüfungsreihenfolge spricht auch, daß Art. 4 IPWSKR auf der Ebene der Erftillung der Rechte nur eingreift, wenn bei der Verteilung staatlicher Leistungen eine Ungleichbehandlung im Sinne des Diskriminierungsverbotes festgestellt worden ist.

ill. Rechtfertigung der Beschränkungen der Rechte der Asylbewerber durch Art. 4 IPWSKR Die Beschränkungen der Rechte der Asylbewerber sind gemäß Art. 4 IPWSKR rechtmäßig, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage erfolgen, das allgemeine Wohl in einer demokratischen Gesellschaft fördern und verhältnismäßig sind. Die Rechtsbeschränkungen betreffen auf der Ebene des Respekts der Rechte die Berufs- und die Bildungsfreiheit und unterliegen hier der Schranke des Art. 4 IPWSKR. Auf der Ebene der Erftillung sind das Recht auf einen Schulplatz und die Pflicht zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht betroffen. Da die staatlichen Maßnahmen eine Ungleichbehandlung darstellen und damit die Rechte einschränken und nicht lediglich unvollständig verwirklichen, findet Art. 4 IPWSKR auch für diese Maßnahmen Anwendung. 1. Gesetzliche Grundlage

Problematisch ist schon, daß nicht alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Bestimmungen über die Arbeitsmöglichkeiten und den Schulbesuch von Asylbewerbern und ihren Kindern gesetzlich geregelt haben. Die Erwerbstätigkeit der Asylbewerber regeln nur Dänemark, Griechenland, Irland, Italien, die Niederlande, Österreich und Portugal vollständig durch Gesetz, wobei zu beachten ist, daß einige dieser Gesetze die Asylbewerber nicht betreffen und gerade dadurch das Arbeitsverbot begründen. Allerdings ist davon auszugehen, daß auch das Fehlen einer gesetzlichen Berechtigung als gesetzliche Regelung gilt, wenn ein Gesetz existiert, das den betreffenden Bereich abschließend regelt. In Deutschland, Finnland und Schweden wird die Erwerbstätigkeit der Asylbewerber sowohl durch Gesetz als auch durch Rechtsverordnung geregelt, die ihre Rechtsgrundlage in einem Gesetz hat. Damit ist dem Erfordernis einer

c. Die Beschränkung der Rechte gemäß Art. 4 IPWSKR

209

gesetzlichen Grundlage Genüge getan, da die Rechtsgrundlagen für die Verordnungen ausreichend bestimmt sind. In Großbritannien ist die Arbeitsmöglichkeit für Asylbewerber nach Ablauf der Wartefrist durch ministeriellen Erlaß geregelt, während das Arbeitsverbot seine Grundlage im Ausländerrecht hat. Nur das Arbeitsverbot stellt aber eine Beschränkung der Erwerbstätigkeit der Asylbewerber dar, so daß eine gesetzliche Grundlage für die Einschränkung existiert. In Belgien und Luxemburg sind die Beschränkungen des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber lediglich Bestandteil der Verwaltungspraxis, die als gesetzliche Grundlage auch für das bloße Registrierungserfordernis in Belgien nicht ausreichend ist. Die Eingriffe in das Recht auf Arbeit sind in diesen beiden Staaten nicht durch Art. 4 IPWSKR gedeckt und damit rechtswidrig. In allen Mitgliedstaaten wird der Schulbesuch der Asylbewerberkinder durch formelle Gesetze geregelt, die in einigen Ländern durch Rechtsverordnungen oder Dekrete ausgeführt werden und damit dem Formerfordernis des Art. 4 IPWSKR genügen. In den deutschen Bundesländern hängt die Rechtsstellung der Asylbewerberkinder zum Teil ausschließlich von der Auslegung des Begriffs "gewöhnlicher Aufenthalt" durch die Landesverwaltungen ab. Dieser Begriff ist nicht so unbestimmt, daß die ihn verwendenden Gesetze als unbestimmt bewertet werden müssen. Nur in den Staaten, in denen die Schulpflicht oder das Recht zum Besuch erst nach Ablauf einer Wartefrist eintritt, ist die Rechtsstellung der Kinder während der Wartefrist nicht gesetzlich geregelt. Soweit die Kinder in dieser Zeit kein Recht haben, eine Schule zu besuchen, liegt ein Eingriff in das Recht auf Bildung der Kinder vor, der durch Art. 4 IPWSKR nicht gerechtfertigt werden kann. 2. Legitimes Ziel der Einschrankung Bereits im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung wurden die Ziele der Rechtsbeschränkungen für Asylbewerber aufgezählt. Soweit die Rechtsbeschränkungen der Beschleunigung von Verfahren dienen und die Zahl der Asylbewerber senken sollen, ist die Entlastung der Staatshaushalte angestrebt. Die Beschränkung des Zugangs zu den Arbeitsmärkten kann die Anzahl der erwerbsberechtigten Arbeitslosen und damit ebenfalls die öffentlichen Ausgaben senken. Eine sparsame Haushaltsführung ist als Förderung des allgemeinen Wohls anzusehen. 3. Verhaltnismaßigkeit der einschrankenden Gesetze Die Verhältnismäßigkeit der Rechtsbeschränkungen wurde bereits eingehend geprüft. Die im Rahmen des Diskriminierungsverbotes angestellten Er14 Dohmes·Ockenfels

210

3. Teil: Die Schranken der Rechte im IPWSKR

wägungen gelten hier entsprechend. Es liegt in der Natur der Rechte auf Arbeit und Bildung, daß sie über einen längeren Zeitraum hinweg ausgeübt werden, damit die in ihnen enthaltenen Begünstigungen vollständig zur Geltung kommen. Das Recht auf Arbeit soll dem Einzelnen ermöglichen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und sich in der Arbeit zu verwirklichen. Beide Aspekte erfordern die Ausübung einer Erwerbstätigkeit über längere Zeit, denn eine Arbeitsstelle, welche diese Ziele erfiillen kann, steht im Normalfall nicht nur fiir wenige Tage oder Wochen zur Verfiigung. Auch das Recht auf Bildung läßt sich sinnvoll nur über einen längeren Zeitraum hinweg ausüben. Bildung ist ein langsamer Prozeß, der nicht sofort Wirkung zeigen kann. Gerade im Bereich der Elementarbildung ist ein wichtiges Mittel die Wiederholung bestimmter Vorgänge, die den Schülern zur Gewohnheit werden sollen. Die Anknüpfung von Rechtsbeschränkungen an die Voraussetzung des vorläufigen Aufenthaltes erscheint im Bereich dieser beiden Rechte als angemessen. Allerdings kann der vorläufige Aufenthalt nicht beliebig lange ausgedehnt werden. Sobald sich die Asylbewerber fiir mehrere Monate in einem Staat aufhalten, verfestigt sich ihr Aufenthalt in einer Weise, welche die Angemessenheit von Beschränkungen in Frage stellt. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit fiir einige Monate ist genauso sinnvoll zur Verwirklichung des Rechts auf Arbeit wie dies der Fall bei einem mehrmonatigen Schulbesuch zur Verwirklichung des Rechts auf Elementarbildung ist. Die Beschränkung oder gar der Ausschluß dieser Rechte ist unangemessen, soweit sie eine Frist von drei bis sechs Monaten übersteigt.

D. Ergebnis: Die Rechtmäßigkeit der Eingriffe in die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber Nur die Beschränkungen der Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern in Form befristeter Arbeitsverbote in Finnland, Großbritannien und Schweden sind mit dem Recht auf Arbeit aus Art. 6 Abs. I lPWSKR vereinbar und damit rechtmäßig. Die Regelung in Belgien ist materiell rechtmäßig, entbehrt aber einer gesetzlichen Grundlage und ist damit gemäß Art. 4 lPWSKR rechtswidrig. Die Arbeitsverbote der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verletzen als unverhältnismäßige Einschränkungen das Recht auf Arbeit der Asylbewerber. Das Recht auf Elementarbildung der Asylbewerberkinder ist in Teilen Deutschlands (Berlin, Brandenburg), Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Schweden in vollem Maße erfiillt. Die Regelungen in Belgien und der Mehrheit der Bundesländer Deutschlands (Bayern, Hessen, Meck-

D. Die Rechtmäßigkeit der Eingriffe in die Rechte der Asylbewerber

211

lenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein) greifen in zulässigem Maße in die Rechte der Asylbewerber ein. Die fehlende Einfiihrung der Schulpflicht fiir Asylbewerberkinder in Dänemark, Finnland, Irland und Spanien stellt dagegen eine Verletzung der Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. I lit. a IPWSKR dar. Die Regelungen zum Schulbesuch in einigen Bundesländern Deutschlands (Baden-Württemberg, Hamburg, NordrheinWestfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen) schließlich verletzen als unverhältnismäßige Eingriffe die Bildungsfreiheit der Asylbewerberkinder.

14"

Vierter Teil

Die Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und der ihnen entsprechenden staatlichen Verpflichtungen Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln festgestellt worden ist, daß ein Teil der Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Rechte auf Arbeit und Bildung von Asylbewerbern verletzen, stellt sich abschließend die Frage, in welcher Weise diese Rechtsverletzungen auf internationaler und nationaler Ebene geltend gemacht werden können. Das Berichtsverfahren des IPWSKR bildet hierfür keine ausreichende Grundlage, da der Ausschuß lediglich die Staatenberichte zu Kenntnis nehmen und Empfehlungen abgeben kann, ohne aber festzustellen, daß Berichtsstaaten einzelne Verpflichtungen aus dem Pakt verletzen. Weder die Vertragsstaaten noch die betroffenen Asylbewerber können im Rahmen des Berichtsverfahrens eine Untersuchung möglicher Menschenrechtsverletzungen in einzelnen Staaten veranlassen.\ Das Berichtsverfahren ist daher kein Durchsetzungs-, sondern eher ein Überwachungsverfahren, welches auf die Kooperation des betreffenden Staates mit dem Ausschuß baut. Die Verfasser des Paktes haben bewußt auf die Einfugung eines Durchsetzungsverfahrens rur die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verzichtet und sogar die Trennung der beiden Pakte veranlaßt, um ein Beschwerdeverfahren fiir die im IPBPR anerkannten Rechte einfuhren zu können. Trotz dieser Lücke im IPWSKR müssen die in ihren Rechten verletzten Asylbewerber nicht auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichten. Nur kurz sollen in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten anderer Staaten zur Geltendmachung von Menschenrechtsverletzungen dargestellt werden, denn die Vergangenheit hat gezeigt, daß die Staaten sehr zurückhaltend sind, wenn es darum geht, die Menschenrechtsverletzungen anderer Staaten in den dafiir vorgesehenen gerichtlichen oder gerichtsähnlichen Verfahren anzuklagen. Aussichtsreicher erscheint die Nutzung des Individualbeschwerdeverfahrens des IPBPR, das die Asylbewerber unter dem Aspekt eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 26 IPBPR in Anspruch nehmen können. In I Vgl. im Zusammenhang mit Art. 40 IPBPR Simma in: MacdonaldlJohnston, International Law, S. 485, 501; derselbe in: Festschrift Schlochauer, S. 635,640.

A. Die Klage vor dem Internationalen Gerichtshof

213

einem letzten Schritt soll untersucht werden, in welcher Weise der IPWSKR das innerstaatliche Recht beeinflussen kann, mit der Folge, daß innerstaatliche Rechtsmittel zur Durchsetzung der Rechte genutzt werden können.

A. Die Klage vor dem Internationalen Gerichtshof Es ist bislang gerichtlich nicht geklärt, ob die Vertragsstaaten der Menschenrechtspakte Vertragsverletzungen vor dem Internationalen Gerichtshof geltend machen können, wenn sie seine Gerichtsbarkeit gemäß Art. 36 IGHStatut anerkannt haben. 2 Materiellrechtlich stellen sich die Menschenrechtsverletzungen als Verletzungen völkerrechtlicher Verpflichtungen dar, deren Wiedergutmachung nach den Regeln der Staatenverantwortlichkeit verlangt werden kann. 3 Aktivlegitimiert sind nach Art. 40 Abs.2 lit. e (iii) des Entwurfs der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit4 alle Vertragsstaaten, selbst wenn sie keinen eigenen Schaden erlitten haben. 5 Prozessual stellt sich die Frage, ob das für beide Menschenrechtspakte obligatorische Berichtsverfahren die allgemeinen Regeln zur Streitbeilegung und damit das Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof ausschließt. 6 Der Internationale Gerichtshof hat in seiner Entscheidung zum Nicaragua-Fall betont, daß zum Schutz von vertraglich anerkannten Menschenrechten die in den entsprechenden Verträgen enthaltenen Schutzmechanismen vorgesehen seien, woraus geschlossen werden kann, daß er die Klage zur Durchsetzung solcher vertraglicher Verpflichtungen als unzulässig ansieht.? Gegen den Ausschluß des IGH-Verfahrens spricht aber schon, daß gemäß

Art. 44 IPBPR neben den Schutzmechanismen des IPBPR sonstige Verfahren 2 Am 9.6.1997 hatten 63 Staaten die Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes anerkannt, darunter die Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Deutschland, Frankreich, hland und Italien. 3 Vgl. dazu Kamminga, Inter-State Accountability, S. 127-190; Ramcharan in: Festschrift Schwarzenberger, S. 242-261; Meron, ASIL-Proceedings 1989, S. 372-385. 4 Draft Articles on State Responsibility, UN Doc. A/5111O (1996), S. 125, 140; vgl. den Kommentar dazu in ILC-Yearbook 1985, Band 11, Teil 2, S. 27, § 20; siehe auch die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes, Case concerning the Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited, Urteil vom 5.2.1970, ICJ Reports 1970, S. 32, §§ 33f. 5 Vgl. Simma in: Festschrift Schlochauer, S. 635, 644 mwN; Ramcharan in: Festschrift Schwarzenberger, S. 242- 255; Kamminga, Inter-State Accountability, S. 163ff. 6 So Frowein in: Buergenthal, Helsinki Accord, S. 71, 78fI; derselbe in: Festschrift Mosler, S. 241, 255f. 7 Case concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua, Urteil vom 27.6.1986, ICJ Reports 1986, S. 14, 134, § 267; vgl. dazu Schwebel in: Festschrift Jennings, S. 327,340.

214 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen lUld kulturellen Rechte

zur Beilegung von Streitigkeiten anwendbar bleiben. 8 Die Konkurrenznorm ist für den IPBPR erforderlich, weil dieser jedenfalls auf fakultativer Basis sowohl ein Staaten- als auch ein Individualbeschwerdeverfahren vorsieht, welche als Mittel völkerrechtlicher Streitschlichtung angesehen werden können. 9 Hinsichtlich des Individualbeschwerdeverfahrens bestimmt Art. 5 Abs. 2 lit. b FPI-IPBPR zusätzlich, daß die Beschwerde nur zulässig ist, wenn dieselbe Sache nicht bereits von einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren geprüft wird, und setzt damit voraus, daß die allgemeinen Streitschlichtungsmechanismen neben dem vertraglich vorgesehenen Schutz anwendbar bleiben. Der IPWSKR enthält ausschließlich das Berichtsverfahren, das als reines Überwachungsverfahren mit den Durchsetzungsverfahren des IPBPR und des Internationalen Gerichtshofes nicht vergleichbar ist. I 0 Hieraus läßt sich schließen, daß ein Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Verfahrenstypen nicht besteht, weil sie sich allenfalls ergänzen. 11 Andererseits kann argumentiert werden, daß die Verfasser sich bewußt gegen ein Durchsetzungsverfahren selbst auf fakultativer Basis entschieden haben und damit auch das Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof nicht zur Durchsetzung der im IPWSKR anerkannten Rechte zulassen wollten. I 2 Der Ausschluß der allgemeinen völkerrechtlichen Regeln zur Durchsetzung von Verpflichtungen würde allerdings bedeuten, daß die im Pakt anerkannten Rechte mit Hilfe des Berichtsverfahrens nur überwacht, nicht aber durchgesetzt werden könnten. Verletzungen dieser Verpflichtungen wären damit sanktionslos möglich, wogegen die Verletzungen anderer völkervertragsrechtlich begründeter zwischenstaatlicher Verpflichtungen nach den Regeln der Staatenverantwortlichkeit vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt werden können. 13 Die Existenz des Berichtsprüfungsverfahrens würde die Menschenrechte faktisch schwächen und zu einer Art von "soft law" machen,14 was nicht Sinn und Zweck seiner Einfügung gewesen sein kann. 8 Dazu Simma in: Festschrift Schlochauer, S. 635, 647; Kamminga, Inter-State AccOlUltability, S. 179fI 9 Vgl. Simma in: Festschrift Schlochauer, S. 635,647. 10 Vgl. Simma in: Festschrift Schlochauer, S. 635,640. 11 So Simma in: Festschrift Schlochauer, S. 635, 638f. mwN; Henkin in: Buergenthal, Helsinki Accord, S. 21, 29ff.; Tomuschat, ZaöRV 45 (1985), S. 547,579 mwN. 12 So fiI.r den Ausschluß von Repressalien Frowein in: Festschrift Mosler, S.241, 256. 13 Vgl. Simma in: Macdonald/Johnston, International Law, S.485, 501; Meron, ASIL-Proceedings 1989, S. 372,374; Frowein in: Festschrift Mosler, S. 241, 258f. 14 Dazu Simma in: Macdonald/Johnston, International Law, S. 485, 502; derselbe in: Festschrift Schlochauer, S. 635,641.

B. Das Individualbeschwerdeverfahren nach dem IPBPR

215

Es ist unwahrscheinlich, daß der Internationale Gerichtshof die Gelegenheit erhält, das Konkurrenzverhältnis zwischen den Mechanismen zum Schutz vertraglich anerkannter Menschenrechte und den allgemeinen Regeln zur völkerrechtlichen Streitschlichtung gerichtlich zu klären. 15 Gemäß Art. 34 IGHStatut sind in dem Verfahren nur Staaten parteifahig, so daß sich ein Staat bereit finden müßte, die Interessen der in ihren Rechten verletzten Asylbewerber zu vertreten. Weil jedoch Staaten selbst in der Regel durch Menschenrechtsverletzungen anderer Staaten nicht geschädigt werden, hat noch nie ein Staat vor dem Internationalen Gerichtshof Menschenrechtsverletzungen eines anderen Staates angeklagt.16 Man beobachtet auch bei Menschenrechtsverträgen, welche sowohl ein Staaten- als auch ein Individualbeschwerdeverfahren vorsehen, daß die Staatenbeschwerden sehr viel seltener erfolgen als Individualbeschwerden. 17 Zur Durchsetzung von Menschenrechten ziehen Staaten die Kanäle diplomatischer Verhandlung und politischer Druckmittel offenbar dem öffentlich kontrovers ausgetragenen Rechtsstreit vor. 18 Obwohl einiges dafür spricht, daß die Klage eines Vertragsstaates wegen Wiedergutmachung der den Asylbewerbern durch Verletzungen des IPWSKR entstandenen Schäden vor dem Internationalen Gerichtshof zulässig ist, spielt diese Durchsetzungsmöglichkeit in der Praxis eine unwesentliche Rolle, da kein Staat eine solche Klage erheben wird.

B. Das Individualbeschwerdeverfahren vor dem Menschenrechtsausschuß des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte Das im ersten Fakultativprotokoll des IPBPR geregelte Individualbeschwerdeverfahren ist das einzige institutionalisierte und universell geltende Verfahren, bei dem Privatpersonen ihre Rechte auf internationaler Ebene geltend machen können, ohne auf den Schutz eines Staates vertrauen zu müssen. Gemäß Art. 1 FPI-IPBPR können Vertragsstaaten des IPBPR die Zuständigkeit des Menschenrechtsausschusses für die Annahme und Prüfung sogenannter Mitteilungen von Einzelpersonen anerkennen, welche die Verletzung einzelner im IPBPR kodifizierter Rechte geltend machen. Der Menschen-

Dazu Kalshoven, GermanYbIL 21 (1978), S. 119,142. Vgl. Kamminga, Inter-State Accountability, S. 127, 187; Simma in: Festschrift Lerche, S. 83,87; Frowein in: Festschrift Mosler, S. 241, 259f. 17 Vgl. Meron, ASIL-Proceedings 1989, S.372, 382; Simma in: Festschrift Schlochauer, S. 635, 639. 18 Vgl. dazu Kamminga, Inter-State Accountability, S. 193; Frowein in: Buergenthal, Helsinki Accord, S. 71, 80. 15

16

216 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

rechtsausschuß prüft gemäß Art. 5 FPI-IPBPR die Mitteilungen und teilt dem betroffenen Vertragsstaat und der mitteilenden Person seine Auffassungen zu dem Fall mit. 19 Wie der Begriff es schon andeutet, sind diese Auffassungen anders als die Urteile des EGMR.2o und des AGMR.21 nicht verbindlich,22 doch der Menschenrechtsausschuß trifft gleichwohl eine abschließende Entscheidung in der Form eines Urteils über die Zulässigkeit und Begründetheit der "Mitteilungen", welche wie Beschwerden behandelt werden. 23 Dementsprechend ähnelt das Verfahren auch in weiten Teilen einem Gerichtsverfahren. 24 Die Beschwerde muß schriftlich eingereicht werden,25 den Beschwerdeführer erkennen lassen26 und darf nur Vorgänge betreffen, welche nach Inkrafttreten des Paktes und innerhalb des Hoheitsgebietes des betroffenen Staates stattgefunden haben. 27 Die Beschwerdeführer müssen gemäß Art. 2 FPI-IPBPR in ihren eigenen Rechten betroffen sein28 und ihre Vorwürfe substantiieren. 29 Die Entscheidung wird gemäß Art. 5 FPI-IPBPR aufgrund der schriftlichen Vorträge der Beschwerdeführer und des betroffenen Staates getroffen, wenn der Fall nicht bei einem anderen internationalen Gremium anhängig ist, und wenn die Beschwerdeführer die innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft haben. 30 Das Verfahren ist gemäß Art. 5 FPI-IPBPR vertraulich, doch die Entschei-

19 Zu Art und möglichem Inhalt der Auffassungen vgl. Pappa, Individualbeschwerdeverfahren, S. 295ff. 20 Vgl. Art. 52, 53, EMRK. 21 Vgl. Art. 68 AmMRK. 22 Vgl. z.B. Nowak, CCPR, Art. 5 l.OP, Rz. 33; Pappa, Individualbeschwerdeverfahren, s. 309ff.; Tomuschat, ZaöRV 45 (1985), S. 578f.; M(Jse/Opsahl, SCLR 21 (1981), S. 271, 322f.; Seidel, Handbuch, S. 435. 23 Vgl. Nowak, CCPR, Präambel l.OP, Rz. 2; McGoldrick, Human Rights Committee, S. 15Of.; Pappa, Individualbeschwerdeverfahren, S. 314; Seidel, Handbuch, S. 435. 24 Vgl. dazu Nowak, CCPR, Art. 2 l.OP, Rz. 12; Art. 5 l.OP, Rz. 30; Tomuschat, HRLJ 1 (1980), S.249, 255; Mose/Opsahl, SCLR 21 (1981), S. 271, 323f.; Zwart, Admissibility, S. 8ff. 2S Art. 2 FPl-lPBPR. 26 Vgl. Mose/Opsahl, SCLR 21 (1981), S. 271, 293f.; Zwart, Admissibility, S. 155f.; Pappa, Individualbeschwerdeverfahren, S. 150ff. 27 Art. 3 FPl-lPBPR, vgl. dazu Nowak, CCPR, Art. 3 l.OP, Rz. 8-28; Mose/Opsahl, SCLR 21 (1981), S. 271, 295fI; Zwart, Admissibility, S. 123ff.; McGoldrick, Human Rights Committee, S. 160ff.; Pappa, Individualbeschwerdeverfahren, S. 152ff. 28 Vgl. Nowak, CCPR, Art. 2 l.OP, Rz. 5ff.; Zwart, Admissibility, S. SOff.; McGoldrick, Human Rights Committee, S. 169; Pappa, lndividualbeschwerdeverfahren, S. 125ff.; Seidel, Handbuch, S. 436. 29 Dazu Nowak, CCPR, Art. 2 1.0P, Rz. 19ff.; Zwart, Admissibility, S. 144ff.; Pappa, Individualbeschwerdeverfahren, S. 175ff. 30 Dazu Mose/Opsahl, SCLR 21 (1981), S. 271, 302ff.; Pappa, lndividualbeschwerdeverfahren, S. 209ff., 236ff.; Seidel, Handbuch, S. 436.

B. Das Individualbeschwerdeverfahren nach dem IPBPR

217

dungen werden in den Jahresberichten des Menschenrechtsausschusses an die Generalversammlung veröffentlicht. 31

L Anwendbarkeit für Beschwerden aus dem Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Individualbeschwerden werden gemäß Art. 2 FPI-IPBPR nur zur Entscheidung angenommen, wenn sie Verletzungen von Menschenrechten geltend machen, welche im IPBPR enthalten sind. 32 Einfallstor für Beschwerden im Zusammenhang mit wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten ist aber Art. 26 IPBPR, welcher lautet: Art. 26 IPBPR

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. In dieser Hinsicht hat das Gesetz jede Diskriminierung zu verbieten und allen Menschen gegen jede Diskriminierung, wie insbesondere wegen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status, gleichen und wirksamen Schutz zu gewährleisten. Englischer Wortlaut: All persons are equal before the law and are entitled without any discrimination to the equal protection ofthe law. In this respect, the law shall prohibit any discrimination and guarantee to all persons equal and effective protection against discrimination on any ground such as race, colour, sex, language, religion, political or other opinion, national or social origin, property, birth or other status.

Über den Geltungsbereich des Diskriminierungsverbotes in Art. 26 IPWSKR wurde in der Literatur lange Zeit gestritten. 33 Dabei ging es zum einen um die Unterscheidung zwischen Gleichbehandlung vor dem Gesetz und durch das Gesetz und zum anderen um die Frage der abstrakten Geltung des Diskriminierungsverbotes. Die Entstehungsgeschichte von Art. 26 IPBPR unterstützt sowohl die Argumentation einer restriktiven Interpretation, wonach Art. 26 IPBPR nur die Gleichheit in der Anwendung von Gesetzen und nur in 31 Vgl. Nowak, CCPR, Art. 5 I.OP, Rz. 32; McGoldrick, Human Rights Committee, S. 130f. 32 Vgl. dazu Nowak, CCPR, Art. 3 1.0P, Rz. 29ff. 33 Vgl. dazu Ramcharan in: Henkin, Bill of Rights, S. 246, 253f.; Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691, 698-712; Opsahl in: Festschrift Ermacora, S. 51, 6063; Nowak, CCPR, Art. 26, Rz. 12f.

218 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

bezug auf die im Pakt enthaltenen Rechte betrifft,34 als auch eine weite Interpretation, wonach Art. 26 IPBPR einen allgemeinen Gleichheitssatz ähnlich Art. 3 GG aufstellt. 35 Deutlich wird lediglich, daß die Verfasser der Vorschrift sich über die Bedeutung von Art. 26 IPBPR im einzelnen nicht einigen konnten. 36 Aber auch der Wortlaut, die systematische Interpretation und die Interpretation nach Sinn und Zweck der Vorschrift lassen sowohl die weite als auch die enge Interpretation zu. Umstritten ist schon die Frage, ob die Ausdrücke "equal before the law" und "equal protection of the law" unterschiedliche Aspekte des Diskriminierungsverbotes enthalten. Nach der weiten Auslegung bezieht sich die Gleichheit vor dem Gesetz auf die Ausführung von Gesetzen und bindet damit die Exekutive und die Judikative, während der Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz die Legislative bindet. 37 Nach der engen Auslegung betrifft der Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz nur einen besonderen Aspekt der Gesetzesanwendung und soll die faktische Gleichbehandlung sicherstellen. Es behandelt somit nicht die Gesetzgebung, geht aber über die Gleichheit vor dem Gesetz dennoch hinaus. 38 Entsprechende Divergenzen finden sich in der Interpretation des Art. 26 S. 2 IPBPR, der nach der weiten Auffassung die Gleichheit durch das Gesetz näher ausführt39 und nach der engen Auffassung nur die Gleichheit vor dem Gesetz betrifft. 40 Die systematische Interpretation führt nicht weiter. Dem Argument, daß Art. 26 IPBPR über den Anwendungsbereich des akzessorischen Diskriminierungsverbotes in Art. 2 Abs. 2 IPBPR hinausgehen müsse, um überhaupt eine Bedeutung im System des Paktes zu haben,41 steht der Einwand gegenüber, daß es systemfremd sei, wenn der Durchsetzungsmechanismus des IPBPR, der wesentlicher Grund für die Trennung der zwei Pakte gewesen ist, durch die Hintertür des Art. 26 IPBPR auf den IPWSKR übertragen werde. 42 34 So Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691, 716; derselbe, EuGRZ 1989, S. 37f. 3S SO Nowak, CCPR, Art. 26, Rz. 12; Ramcharan in: Henkin, Bill of Rights, S. 253; Opsahl in: Festschrift Ennacora, S. 51, 53. 36 Vgl. zur EntstehWlgsgeschichte insbesondere Tomuschat in: Festschrift SchIachauer, S. 691, 698-706; Simma, Art. 26, Rz. 8-11; McKean, Equality and Discrimination, S. 137ff. mit Wlterschiedlichen SchlußfolgerWlgen; dazu auch Opsahl in: Festschrift Ermacora, S. 51,52. 31 So z.B. Nowak, CCPR, Art. 26, Rz. 14,17; Ramcharan in: Henkin, Bill ofRights, S. 246, 255. 38 So Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691, 707. 39 Nowak, CCPR, Art. 26, Rz. 17. 40 Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691,708. 41 Nowak, CCPR, Art. 26, Rz. 13; Meron, Human Rights Law-Making, S. 122. 42 Tomuschat in: Festschrift Schlochauer, S. 691,708.

B. Das Individualbeschwerdeverfahren nach dem IPBPR

219

Nachdem für beide Auffassungen überzeugende Argumente angeführt wurden, blieb es der Entscheidung des Menschenrechtsausschusses überlassen, wie Art. 26 IPBPR im konkreten Fall auszulegen sei. Im Jahr 1987 entschied er, daß Art. 26 IPBPR weit zu interpretieren sei. 43 Der zu entscheidende Fall war von zwei Beschwerdeführerinnen vorgebracht worden und behandelte ein niederländisches Gesetz zur Arbeitslosenhilfe, wonach verheiratete Frauen Arbeitslosenhilfe nur erhalten konnten, wenn sie entweder Unterhaltsträgerinnen oder ständig von ihrem Ehemann getrennt waren, wohingegen verheiratete Männer diese Voraussetzungen nicht erfüllen mußten. Das Gesetz war gestützt auf die generelle Vermutung, daß Männer in der Regel Unterhaltsträger seien, so daß sie diese Voraussetzung nicht nachzuweisen brauchten, während verheiratete Frauen im Falle der Arbeitslosigkeit durch ihre Ehemänner unterhalten werden könnten. Problematisch war für die Zulässigkeit der Beschwerde, daß das Gesetz nur den Geltungsbereich des Art. 9 IPWSKR berührte, der das Recht auf soziale Sicherheit enthält. Die Niederlande hatten daher geltend gemacht, daß diese Beschwerde nur im Rahmen des Überwachungsverfahrens des IPWSKR behandelt werden könne, der die Möglichkeit der Individualbeschwerde gerade nicht vorsehe und insofern als abgeschlossenes System betrachtet werden müsse. 44 Der Menschenrechtsausschuß ist dem nicht gefolgt und hat entschieden, daß seine Kompetenz nicht dadurch beeinträchtigt sei, daß der Fall Berührungen mit dem IPWSKR aufweise. Insbesondere stelle das Berichtsprüfungsverfahren kein anderes internationales Verfahren im Sinne des Art. 5 Abs. 2 lit. a FPI-IPBPR dar, welches die Zulässigkeit der Beschwerde berühren könnte. 45 Hinsichtlich des Geltungsbereiches von Art. 26 IPBPR vertraten die Niederlande die restriktive Auffassung, wonach Art. 26 IPBPR sich nur auf Diskriminierungen im Bereich der bürgerlichen und politischen Rechte beziehe, wenn er auch nicht notwendigerweise auf die im Pakt enthaltenen Rechte beschränkt sei. 46 Der Menschenrechtsausschuß hat sich der weiten Auffassung

43 Beschwerde Nr. 17211984, Se1ected Decisions 1I, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 196ff.; Beschwerde Nr. 18211984, Selected Decisions 1I, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 209ff. Die Entscheidungen sind fast wortgleich ergangen, so daß im folgenden nur auf Beschwerde Nr. 172/1984 verwiesen wird. Vgl. zur Entscheidung Zwart, NJCM-Bulletin 12 (1987), S. 389, 390f.; Knight, HastingsICLR 19 (199511996), S. 183, 205ff. 44 Beschwerde Nr. 17211984, Selected Decisions 1I, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 196fI, §§ 4.1., 4.2., 8.3. 4S Beschwerde Nr. 17211984, Selected Decisions 1I, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 196ff., §§ 6.2., 6.3. 46 Beschwerde Nr. 17211984, Selected Decisions 1I, UN Doc. CCPRlC/OPI2 (1990), S. 196ff., § 8.3.

220 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte angeschlossen und ausgeführt, daß Art. 26 IPBPR sowohl die Anwendung als auch den Erlaß von Gesetzen betreffe und in bezug auf die möglichen Inhalte von Gesetzen nicht auf die im IPBPR enthaltenen Rechte beschränkt sei. 47 Er argumentierte, daß Art. 26 IPBPR nicht eine bloße Wiederholung von Art. 2 Abs. 2 IPBPR sein könne, welcher ein akzessorisches Diskriminierungsverbot aufstellt. Das Diskriminierungsverbot des Art. 26 IPBPR betreffe das Gebot der Gleichbehandlung vor dem Gesetz und durch das Gesetz, und eine Beschränkung auf die im IPBPR enthaltenen Rechte sei ihm nicht zu entnehmen. Bei der Prüfung des Gesetzes am Maßstab des Art. 26 IPBPR stellte er fest, daß die Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts nicht gerechtfertigt werden könne, und forderte die Niederlande, welche das Gesetz zwischenzeitlich geändert hatten, auf, Wiedergutmachung an die Beschwerdeführerinnen zu leisten. Diese Interpretation hat der Menschenrechtsausschuß seither in ständiger Rechtsprechung vertreten. Der Ausschuß des IPWSKR hat in seiner allgemeinen Bemerkung Nr. 2 auf diese Möglichkeit der Durchsetzung der im Pakt anerkannten Rechte ausdrücklich hingewiesen. 48 Der Hauptanwendungsbereich des abstrakten Diskriminierungsverbotes blieb bei bisherigen Beschwerden die Ungleichbehandlung in bezug auf Sozialversicherungsleistungen wegen des Geschlechts oder des Ehestandes. 49 In zwei weiteren Fällen hatte der Menschenrechtsausschuß über Ungleichbehandlungen in bezug auf das Recht auf Bildung zu entscheiden. Dort entschied er über die Begründetheit, ohne nochmals auf den Geltungsbereich von Art. 26 IPBPR hinzuweisen. 50 Beide Fälle betrafen die Verweigerung von staatlichen Subventionen für Privatschulen oder für Eltern, deren Kinder Privatschulen besuchten, und waren in vergleichbarer Konstellation bereits vom EGMR entschieden worden. 51 Verlet-

47 Beschwerde Nr. 17211984, Selected Decisions 11, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 196ff., § 12.3. 48 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.12/1990/8, Annex III, § 5. 49 Beschwerde Nr. 180/1986, Selected Decisions 11, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S.205ff., § 12.3.; Beschwerde Nr. 21811986, UN Doc. CCPRl8/Add. I (1988/89), S. 423ff., § 11.2; Beschwerde Nr. 39511990, UN Doc. Al47/40, S. 311ff., § 7.2; Beschwerde Nr. 40611990, 42611990, UN Doc. Al48/40 (1993), S. 13lff., § 7.3.; Beschwerde Nr. 41511990, UN Doc. Al47/40 (1992), S. 325ff., § 7.2.; Beschwerde Nr. 41811990, UN Doc. Al49/40 (1994), S. 114 ff., § 7.3.; Beschwerde Nr. 42511990, UN Doc. Al49/40 (1994), S. 120ff., § 7.2.; Beschwerde Nr. 48411991, UN Doc. Al49/40 (1994), S. 221ff., § 7.2.; Beschwerde Nr. 47711991, UN Doc. Al49/40 (1994), S.294 ff., § 5.3. so Beschwerde Nr. 19111985, Selected Decisions 11, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 216ff.; Beschwerden Nr. 29811988,29911988, UN Doc. CCPRllO/Add.l (1990/91), S.466ff. 51 S.o. Teil 2, C.II.2.c.(1).

B. Das fudividualbeschwerdeverfahren nach dem IPBPR

221

zungen von Art. 26 IPBPR wurden nicht festgestellt, weil die jeweiligen Ungleichbehandlungen durch sachliche Gründe gerechtfertigt waren. Hinsichtlich des Katalogs verdächtiger Diskriminierungsgründe entschied der Menschenrechtsausschuß schließlich, daß auch die Ungleichbehandlung wegen der Staatsangehörigkeit den Geltungsbereich von Art. 26 IPBPR berühre. 52/53 Die Anwendbarkeit des Art. 26 IPBPR ist aber nicht auf die im IPWSKR enthaltenen Rechte beschränkt, sondern kann sogar Rechte betreffen, welche in keinem Menschenrechtsvertrag anerkannt sind. Eine neuere Beschwerde betraf die Rückübertragung unrechtmäßig enteigneter Grundstücke in der ehemaligen Tschechoslowakei nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes. 54 Nach einem dortigen Gesetz konnten nur tschechische Staatsbürger, die sich dauerhaft im Land aufhielten, die Rückübertragung verlangen. Vier Beschwerdeführer, welche das Land in den Jahren 1968 und 1987 verlassen mußten und nicht zurückgekehrt sind, machten daher vor dem Menschenrechtsausschuß eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes in bezug auf ihre Eigentumsrecht geltend. Der Menschenrechtsausschuß hat eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer bejaht und festgestellt, daß das Eigentum, welches im IPBPR nicht enthalten sei, im Rahmen des Diskriminierungsverbotes geschützt werde. 55 Da die Ungleichbehandlung aufgrund von Staatsangehörigkeit und Wohnort nicht zu rechtfertigen sei, hat er eine Verletzung des Paktes bejaht. Der Tschechischen Republik als Nachfolgerin der Tschechoslowakei wurde aufgegeben, die Gesetzgebung zu ändern und die Beschwerdeführer zu entschädigen, wenn ihr früheres Eigentum nicht zurückübertragen werden könne. 56

IL Ansätze zur Erweiterung des Ermessensspielraums der Vertragsstaaten In letzter Zeit sind Ansätze im Menschenrechtsausschuß zu beobachten, wonach der Anwendungsbereich des Art. 26 IPBPR bei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten möglicherweise etwas eingeschränkt wird. In einigen Sondervoten haben einzelne Mitglieder des Menschenrechtsausschusses darauf hingewiesen, daß bei der Anwendung des Art. 26 IPBPR die Be-

BeschwerdeNr. 19611985, UNDoc. CCPRl8/Add.1 (1988/89), S. 408ff., § 9.4. Beschwerde Nr. 51611992, abgedruckt in: Human Rights Cornmittee, Final Decisions, 1996 (im folgenden Final Decisions 1996), UN Doc. CCPRlCI57/1, S. 99ff. 55 Beschwerde Nr. 51611992, Final Decisions 1996, UN Doc. CCPRlCI57/1, S. 99ff., § 11.3. 56 Beschwerde Nr. 51611992, Final Decisions 1996, S. 99ff., §§ 12.1-12.3. 52153

54

222

4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

sonderheiten der Rechte beachtet werden müßten. 57 Dabei stellten sie nicht die Anwendbarkeit des Art. 26 IPBPR selbst in Frage, sondern regten an, den Prüfungsmaßstab des Menschenrechtsausschusses einzuengen. Der Ermessensspielraum der Vertragsstaaten bei der Einschätzung der sozialen Lage im Land soll verstärkt berücksichtigt werden. Eine Verletzung von Art. 26 IPBPR wäre dann nur gegeben, wenn offensichtliche Diskriminierung oder Willkür herrsche. Keinesfalls dürfe der Menschenrechtsausschuß seine Bewertung an die Stelle der staatlichen Bewertung setzen. 58 Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse ständig veränderten und Diskriminierungen durch veränderte gesellschaftliche Bedingungen erst entstehen könnten, könne es nicht verlangt werden, daß die Staaten jederzeit vollständige Gleichbehandlung gewährten. 59 Der Gleichheitssatz soll damit in bezug auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte als Verpflichtung gesehen werden, die vollständige Gleichbehandlung aller jederzeit anzustreben, womit die progressive Realisierung der Gleichberechtigung aller ausreicht. 60 Die zeitliche Komponente bei der Nichtdiskriminierung hatte der Menschenrechtsausschuß bislang nicht berücksichtigt, doch die betroffenen Mitgliedstaaten argumentierten regelmäßig, daß die Ungleichbehandlungen zu einem früheren Zeitpunkt gerechtfertigt gewesen waren und eine Anpassung bislang nicht hatte erfolgen können. Die Sondervoten lassen erkennen, daß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Prüfung der Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen eine stärkere Bedeutung gegeben werden soll. Es ist allerdings nicht erkennbar, daß der Menschenrechtsausschuß die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zum Ermessensspielraum der Vertragsstaaten bislang vernachlässigt hat. Er hat in keinem der Fälle eigene Ermessenserwägungen angestellt, sondern immer die Ermessensausübung der Staaten am Maßstab des Diskriminierungsverbotes überprüft. In den meisten Fällen lag eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts vor, die unter den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gerechtfertigt war. Dabei wurden die Besonderheiten der Gewährung von Sozialleistungen in den betreffenden Staaten nicht außer acht gelassen. Auch die Überlegungen, daß es Staaten unzumutbar ist, das Diskriminierungsverbot zu jedem denkbaren Zeitpunkt vollständig zu erfüllen, treffen zu. Dies betrifit aber nicht nur die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, sondern in gleicher Weise auch die bürgerlichen und politischen 57 Beschwerde Nr. 39511990, UN Doc. N47/40 (1992), S. 311fT., 315f.; BeschwerdenNr. 40611990,42611990, UNDoc. N48/40 (1993), S. 131fT., 137. 58 Beschwerden Nr. 40611990, 426/1990, UN Doc. N48/40 (1993), S. 131fT., 137. 59 Vgl. dazu auch Heringa, NJCM-Bulletin 12 (1987), S. 405, 406f. 60 Beschwerde Nr. 39511990, UN Doc. N47/40 (1992), S. 311fT., 315f.

B. Das Individualbeschwerdeverfahren nach dem IPBPR

223

Rechte. Die Festlegung des Mindestwahlalters auf 18 Jahre ist beispielsweise zum heutigen Zeitpunkt allgemein als sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung Jugendlicher in bezug auf das Recht zur Teilnahme am politischen Leben gemäß Art. 25 lit. b IPBPR anerkannt. Es ist aber keinesfalls ausgeschlossen, daß sich die gesellschaftlichen Verhältnisse eines Tages in einer Weise ändern, daß der Ausschluß Jugendlicher im Alter von 16 bis 18 Jahren von bestimmten Abstimmungen und Wahlen als willkürlich betrachtet wird und Wahlgesetze demzufolge gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. Auch in solchen Fällen sind die Vertragsstaaten gehalten, ständig ihre Gesetze auf ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen hin zu überprüfen. Daher kann man bei der Prüfung des Diskriminierungsverbotes in allen Fällen berücksichtigen, ob es den jeweiligen Staaten zeitlich und organisatorisch zumutbar war, diskriminierende Gesetze abzuändern. Die Überlegung kann aber an der Feststellung einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes nichts ändern, sondern wirkt sich allenfalls auf die Art der Wiedergutmachung erlittenen Schadens für die betroffenen Personen aus. Soweit es einem Staat unzumutbar war, verletzende Gesetze zu ändern, wird man nicht verlangen können, daß er Ersatz für erlittenen Schaden leistet. Gleichwohl ist der Staat in dem Augenblick, in dem eine Verletzung festgestellt wird, verpflichtet, alles zu tun, um diese Verletzung so bald wie möglich abzuschaffen. Obwohl demnach eine Kehrtwende der Rechtsprechung zu Art. 26 IPBPR nicht zu erwarten ist, lassen die Sondervoten erkennen, daß der Menschenrechtsausschuß in Zukunft möglicherweise etwas nachsichtiger mit den Mitgliedstaaten sein wird, wenn es um die Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte geht.

m Konsequenzen der Rechtsprechung des Menschenrechtsausschusses Sinn und Zweck des Diskriminierungsverbotes aus Art. 26 IPBPR ist nach der Rechtsprechung des Menschenrechtsausschusses der umfassende Schutz vor ungerechtfertigter Ungleichbehandlung auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. 61 Damit enthält Art. 26 IPBPR einen allgemeinen Gleicbheitssatz, der nicht nur auf die im IPBPR, sondern auch auf die im IPWSKR enthaltenen und selbst auf nicht kodifizierte Rechte anwendbar ist. 62 Die Fragen der bevorzugten Beförderung von Frauen im öffentlichen Dienst stehen ebenso zu seiner Disposition wie die Kürzung von Sozialleistungen an Asylbewerber oder die Gerechtigkeit nationaler Steuergesetze. Es ist erstaunlich, daß angesichts dieses unendlichen Anwendungsfeldes die Anzahl von Beschwerden betreffend 61 Beschwerde Nr. 1721l984, Selected Decisions TI, UN Doc. CCPRlC/OP/2 (1990), S. 196fT., § 12.3. 62 Dies war auch der Hauptkritikpunkt an der Entscheidung, vgl. Tomuschat, EuGRZ 1989, S. 37, 38.

224 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

Art. 26 IPBPR bislang relativ klein geblieben ist. Der weit überwiegende Teil der Beschwerden betraf die Diskriminierung wegen des Geschlechts in bezug auf Sozialleistungen und stammte aus den Niederlanden, wo auch die Präzedenzfalle ihren Ursprung hatten. Die Einschränkungen der Rechte auf Arbeit und Bildung können, wie gezeigt wurde, am Maßstab des Diskriminierungsverbotes gemessen werden. Die Nichtgewährung von Unterricht ist der klassische Anwendungsfall einer Diskriminierung in bezug auf die Gewährung staatlicher Leistungen, während die Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt im Grunde genommen ein reiner Eingriff in das Abwehrrecht der Berufsfreiheit ist. Da aber der Eingriff zugleich eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt, läßt sich die gesamte Überprüfung nationaler Gesetze zur Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern im Rahmen des Diskriminierungsverbotes vornehmen. Wenn der Ausschuß den im Rahmen dieser Arbeit angestellten Erwägungen zur Rechtswidrigkeit längerfristiger Arbeitsverbote zustimmt, so sind die Erfolgsaussichten solcher Beschwerden gut. Es ist allerdings anzumerken, daß Deutschland und Österreich zu Art. 26 IPBPR Vorbehalte angebracht haben, welche die Überprüfung der Rechtsverletzungen der Asylbewerber durch den Menschenrechtsausschuß ausschließen. Österreich hat bei der Ratifikation des IPBPR erklärt, daß Art. 26 IPBPR nicht die Ungleichbehandlung von Ausländern gegenüber österreichischen Staatsangehörigen ausschließe, wie sie nach Art. 1 Abs. 2 RDK63 erlaubt sei. 64 Die RDK schließt aus ihrer Definition der Rassendiskriminierung die staatliche Ungleichbehandlung von Staatsangehörigen und Ausländern aus, was wohl die Benachteiligung von Asylbewerbern einschließt. Deutschland hat dagegen keinen Vorbehalt zu Art. 26 IPBPR, sondern lediglich zu Art. 5 Abs. 2 lit. a FPI-IPBPR eingelegt, wonach der Menschenrechtsausschuß zur Entscheidung über Beschwerden betreffend die Diskriminierung im Bereich anderer als der im IPBPR anerkannten Rechte nicht zuständig sein soll.65 Da alle Vertrags63 "This Convention shall not apply to distinctions, exclusions, restrictions or preferences made by aState Party to this Convention between citizens and non-citizens." 64 "Article 26 is understood to mean that it does not exclude different treatment of Austrian nationals and aliens, as is also permissible under article 1, paragraph 2, of the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination." Vgl. Multilateral Treaties Deposited with the Secretary-General, United Nations, New York, STILEG/SER.E, as available on http://www.un.org/DeptslTreaty on 31.5.1997, Teil I, Kapitel IV.4. 65 "The Federal Republic of Germany formulates a reservation concerning article 5 paragraph 2 (a) to the effect that the competence of the Committee shall not apply to communications ( ... ) by means of which a violation of article 26 of the (said Covenant) is reprimanded, if and insofar as the reprimanded violation refers to rights other than those guaranteed under the aforementioned Covenant." Vgl. Multilateral Treaties De-

C. Innerstaatliche Rechtsmittel

225

staaten beide Vorbehalte widerspruchslos akzeptiert haben, ist von ihrer Wirksamkeit auszugehen, mit der Folge, daß Asylbewerber in Deutschland und Österreich ihre Rechte nicht vor dem Menschenrechtsausschuß geltend machen können. 66

C. Innerstaatliche Rechtsmittel Die Verfügbarkeit innerstaatlicher Rechtsmittel für die Geltendmachung der Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber setzt voraus, daß der IPWSKR innerstaatlich anwendbar ist. Der Ausschuß vertritt die Meinung, daß jedenfalls einzelne Rechte durchaus in den nationalen Rechtsordnungen angewandt werden können, und er hat ausgefiihrt, daß die Bereitstellung innerstaatlicher Rechtsmittel zu den Mitteln gehört, durch welche die im Pakt anerkannten Rechte realisiert werden können. 67 Im Gegensatz zum IPBPR68 enthält der IPWSKR keine Pflicht zur Bereitstellung von Rechtsmitteln, doch wegen des großen Anwendungsbereiches von Art. 26 IPBPR sind die Vertragsstaaten des IPBPR verpflichtet, zur Gewährleistung des Diskriminierungsverbotes auch im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte innerstaatliche Rechtsmittel bereitzustellen. 69 In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union existieren durchweg Organe der Rechtspflege, welche zur Durchsetzung der im IPWSKR anerkannten Rechte gegenüber den Staaten angerufen werden können, wenn der IPWSKR Teil der nationalen Rechtsordnungen und unmittelbar anwendbar ist.

I. Geltung des IPWSKR im innerstaatlichen Recht Der IPWSKR kann auf unterschiedliche Weise in die nationalen Rechtsordnungen einbezogen werden, je nachdem, ob die Staaten monistisch oder dualistisch verfaßt sind. 70 Nach der monistischen Konzeption gilt das Völkerrecht unmittelbar in der nationalen Rechtsordnung und bedarf der Adoption zur Herbeiführung der posited with the Secretary-General, United Nations, New York, STILEG/SER.E, as available on http://www.un.orgIDepts/Treatyon31.5.1997, Teil I, Kapitel IV.5. 66 Zur Wirksamkeit von Vorbehalten s.o. Teil 2, B.I.5. 67 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.12/l990/8, Annex m, § 5. 68 Vgl. Art. 2 Abs. 3lPBPR. 69 Allgemeine Bemerkung Nr. 3, UN Doc. E/C.12/l990/8, Annex m, § 5. 70 Zwn Verhältnis von Völker- und Landesrecht vgl. statt vieler Ipsen, Völkerrecht, §§ 72, 73; Koller, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 58-68; Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 371fT.; van Dijk in: Festschrift Ermacora, S. 631, 634ff; Henkin, International Law, S. 64-68; alle mwN. 15 Dohmes-Ockenfels

226 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen lUld kulturellen Rechte

innerstaatlichen Verbindlichkeit. Die dualistische Konzeption geht davon aus, daß Völkerrecht und nationales Recht nebeneinander existieren. Somit müssen Völkerrechtsnormen in nationales Recht umgesetzt werden, um innerstaatliche Geltung zu erlangen. Die Umsetzung kann in Form der Transformation der Norm in innerstaatliches Gesetz oder durch einen Vollzugsbefehl als Ermächtigungsgrundlage fiir die innerstaatliche Anwendung einer völkerrechtlichen Norm erfolgen.

1. Monistisch verfaßte Staaten Zu den Staaten, welche die völkerrechtlichen Verträge durch Adoption der nationalen Rechtsordnung zugänglich machen und damit der monistischen Konzeption zuzurechnen sind, gehören Belgien,7! Frankreich,72 Griechenland,73 die Niederlande,74 Portugal75 und Spanien. 76 Hier gilt der IPWSKR als völkerrechtlicher Vertrag unmittelbar. In der Regel ist in monistisch orientierten Verfassungen ein Vorrang des Völkerrechts vor dem nationalen Recht enthalten,77 so daß nationale Gesetze die Verpflichtungen aus dem Pakt innerstaatlich nicht außer Kraft setzen können. Diese Geltungsweise ist fiir die durch den Pakt geschützten Personen die günstigste, denn sie können sich vor den Gerichten unmittelbar auf den Pakt berufen. Dieser geht etwaigen völkerrechtswidrigen Ermächtigungsgrundlagen der Verwaltung vor, wenn seine Vorschriften unmittelbar anwendbar sind. 78

2. Dualistisch verfaßte Staaten Die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehen das Völkerrecht und ihr nationales Recht als zwei grundsätzlich voneinander getrennte Rechtsordnungen, so daß in diesen Staaten der IPWSKR nur Anwendung findet, wenn er als nationales Gesetz in die Rechtsordnung inkorporiert worden

71 Vgl. Art. 167 § 2 der belgischen VerfasslUlg; zur insoweit vergleichbaren Rechtslage vor 1994 Maresceau in: JacobslRoberts, Effect of Treaties, S. I, 2. 72 Vgl. Art. 53, 55 der französischen VerfasslUlg; dazu de la Rochere in: JacobsIRoberts, Effect ofTreaties, S. 39ff.; Leary, Labour Conventions, S. 47f. 73 Vgl. Art. 28 Abs. 1 der griechischen VerfasslUlg. 74 Vgl. Art. 91 der niederländischen VerfasSlUlg; dazu Schermers in: JacobsIRoberts, Effect of Treaties, S. 109ff.; Leary, Labour Conventions, S.48f.; van Dijle in: Festschrift Ennacora, S. 631, 639ff. 75 Vgl. Art. 8 Abs. 2 der portugiesischen VerfasslUlg. 76 Vgl. Art. 96 Abs. I der spanischen VerfasslUlg; dazu Craven, NILR 40 (1993), S. 367,371; Tomuschat, CanHRY 1984, S. 31, 42f. n Vgl. z.B. Maresceau in: JacobsIRoberts, Effect of Treaties, S. 1, 14f.; Schermers in: JacobslRoberts, Effect ofTreaties, S. 109, 112ff. 78 Dazu s.u. Teil 4, C.II.2.

C. Innerstaatliche Rechtsmittel

227

ist. In Deutschland,79 Finnland,80 Italien8! und Luxemburg82 ist die Inkorporierung erfolgt.83 Das jeweilige innerstaatliche Gesetz übernimmt im Nonnalfall den Wortlaut des Paktes und verschafft ihm so unverändert Geltung. Der entscheidende Unterschied zur Adoption des Paktes liegt im Rang des Paktes in der innerstaatlichen Rechtsordnung. Wenn er als nationales Gesetz Geltung erlangt, so ist er allen anderen nationalen Gesetzen gleichgestellt. Er verdrängt damit ältere Gesetze, welche möglicherweise nicht mit ihm vereinbar sind, kann aber durch nachfolgende Gesetze unanwendbar werden. Eine völkerrechtliche unzulässige Einschränkung der Rechte aus dem Pakt verpflichtet die Staaten zwar international dazu, ihre Gesetzgebung wieder in Einklang mit dem Pakt zu bringen, bedeutet aber für die innerstaatliche Rechtsordnung, daß die Personen zunächst die Möglichkeit verlieren, ihre Rechte vor nationalen Gerichten geltend zu machen. Völkerrechtswidrige innerstaatliche Normen behalten damit, soweit sie zeitlich nach der Inkorporierung des Paktes erlassen wurden, ihre Geltung. 84 Immerhin leitet sich aus dem Gebot zur Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen die Vermutung ab, daß Staaten im Normalfall durch nationale Gesetzgebung ihre Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Verträgen nicht verletzen wollen, so daß mehrdeutige Regelungen völkerrechtsfreundlich auszulegen sind. 85 Dies hilft aber dort nicht, wo die nationalen Gesetze unmißverständlich formuliert sind. In den Staaten, welche den Pakt in ihr nationales Recht inkorporiert haben, hängt also die innerstaatliche Durchsetzung der in ihm enthaltenen Rechte vornehmlich davon ab, daß spätere Gesetze seine Wirkung nicht aufgehoben haben. Dänemark,86 Großbritannien,87 Irland,88 Österreich89 und Schweden90 haben nichts getan, um den IPWSKR in ihr nationales Recht zu inkorporieren, so

79 Vgl. Art. 59 Abs.2 00; dazu Frowein in: lacobslRoberts, Effect of Treaties, S. 63, 65ff. 80 Vgl. § 33 der flnnischen VerfassWlg; dazu Rosas in: Matscher, DurchsetzWlg, S. 223,228. 81 Art. 80 der italienischen VerfassWlg; dazu Gaja in: lacobslRoberts, Effect of Treaties, S. 87, 89ff.; Leary, Labour Conventions, S. 49f. 82 Vgl. Art. 37 der luxemburgischen VerfassWlg. 83 Vgl. Tomuschat, CanHRY 1984-85, S. 31, 43; Craven, NlLR 40 (1993), S. 367, 372. 84 Vgl. dazu Leary, Labour Conventions, S. 36, 40 mwN; siehe auch Tomuschat in: Gedächtnisschrift Constantinesco, S. 801, 808f. 85 Vgl. dazu z.B. van Dijk in: Festschrift Ermacora, S. 631,635 mwN. 86 Vgl. § 19 Abs. I der dänischen VerfassWlg; dazu Rosas in: Matscher, DurchsetZWlg, S. 223,228; Gulmann in: lacobslRoberts, Effect ofTreaties, S. 29, 30f.

15'

228 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

daß sich Personen vor den staatlichen Organen nicht auf ihn berufen können. Diese Staaten erfüllen ihre Verpflichtungen aus dem Pakt, indem sie ihre bestehenden Gesetze in Einklang mit den Rechten des Paktes bringen, wie dies ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen verlangen. 91 Diese Art der Erfüllung der Verpflichtungen ist mit dem Pakt vereinbar, der keine Pflicht zu seiner Umsetzung in nationales Recht enthält. 92 Einzelpersonen können damit etwaige Rechte aus dem Pakt nicht vor innerstaatlichen Gerichten geltend machen, weil die geltenden innerstaatlichen Gesetze unabhängig von ihrer möglichen Völkerrechtswidrigkeit anwendbar sind.

Allerdings wird die strenge Trennung zwischen völkerrechtlichen und nationalen Rechtsnormen nicht immer aufrechterhalten. So ziehen beispielsweise Gerichte in Großbritannien und in den skandinavischen Staaten die völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Interpretation mehrdeutiger innerstaatlicher Gesetze heran, wie dies auch die Gerichte in den Staaten tun, welche den Pakt inkorporiert haben. Desgleichen können völkerrechtliche Verpflichtungen bei der Herausbildung von common law berücksichtigt werden. 93

n.

Unmittelbare Anwendbarkeit der im IPWSKR anerkannten Rechte

In den Staaten, in denen die Bestimmungen des IPWSKR innerstaatlich Geltung erlangt haben und nicht durch später erlassene Gesetze aufgehoben worden sind, können Asylbewerber ihre Rechte aus dem Pakt nur geltend machen, wenn sie ihnen subjektive Rechte auf ein staatliches Tun oder Unterlassen geben. 94 87 Vgl. dazu Harris in: Matscher, Durchsetzung, S. 201, 219fT.; Higgins in: JacobslRoberts, S. 123, 125fT. 88 Vgl. Art. 29 Abs. 6 der irischen Verfassung. 89 Vgl. Art. 50 Abs. 1, 2 der österreichischen Bundesverfassung; vgl. dazu den Bericht Österreichs von 1990, UN Doc. ElC.1211994/20, § 252. 90 Vgl. Kap. 10 § 5 Abs. 2 der schwedischen Verfassung; dazu Rosas in: Matscher, Durchsetzung, S. 223,228. 91 Vgl. Craven, Nll..R40 (1993), S. 367, 373(; Tomuschat, CanHRY 1984-85, S. 31, 48; zur Vorgehensweise in Großbritannien vgl. Harris in: Matscher, Durchsetzung, S. 201, 205fT.; Higgins in: Jacobs/Roberts, EfTect ofTreaties, S. 123, 131fT.; zur Vorgehensweise in den nordischen Ländern vgl. Rosas in: Matscher, Durchsetzung, S. 223, 229ff. 92 Simma in: Festschrift Lerche, S. 83, 92; Tomuschat in: Gedächtnisschrift Constantinesco, S. 801, 808; allgemein zur Umsetzungspflicht der Vertragsstaaten bei Menschenrechtsverträgen Bemhardt in: Festschrift Mosler, S. 75, 76f. 93 Dazu Harris in: Matscher, Durchsetzung, S. 201, 220; Bemhardt in: Festschrift Mosler, S. 75, 77; Flauss, Rev.trim.droits de l'homme 1997, S. 35; Gu/mann in: JacobslRobertson, EfTect ofTreaties, S. 29, 32f. 94 Dazu Buchs, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 39f.

C. Innerstaatliche Rechtsmittel

229

Häufig bedürfen Vertragsbestimmungen neben der Transfonnation in innerstaatliches Recht weiterer Umsetzungsmaßnahmen, bevor sie durch nationale Behörden oder Gerichte angewandt werden können. In diesem Fall können sich Einzelpersonen nicht auf die Vertragsbestimmungen selbst, sondern nur auf die ihnen durch die Umsetzungsmaßnahmen eingeräumten Rechte berufen. Es wird eine Unterscheidung zwischen indirekt und direkt anwendbaren Vertragsverpflichtungen getroffen, je nachdem, ob die Anwendbarkeit von besonderen gesetzlichen Erfüllungshandlungen abhängig ist oder nicht. 95 In der völkerrechtlichen Literatur nennt man die direkt anwendbaren Vertragsvorschriften auch "self-executing treaty provisions", weil diese aus sich selbst heraus ohne weitere Gesetzgebung anwendbar sind. 96 Es gibt keine allgemeingültigen Voraussetzungen für die direkte Anwendbarkeit völkerrechtlicher Vorschriften, da es der staatlichen Souveränität überlassen ist, einzelne Verpflichtungen als direkt anwendbar zu qualifizieren. 97 Allerdings haben sich durch staatliche Praxis verschiedene Kriterien herausgebildet, welche von den Behörden und vor allem von den Gerichten in der Regel zur Bestimmung der direkten Anwendbarkeit völkerrechtlicher Nonnen angewandt werden. 98 Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Bestimmungen des EG-Vertrages und von Richtlinien bei unterlassener Umsetzung kann zur Bestimmung der Kriterien herangezogen werden. 99 95 Vgl. dazu Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 377; Tomuschat in: Gedächtnisschrift Constantinesco, S. 801, 815f. 96 Vgl. Bleckmann, EPIL 7 (1984), S. 414; Leary, Labour Conventions, S. 54ff.; vgl. umfassend zu den Defmitionen von "self-executing treaty provisions" Bleckmann, Innerstaatliche Anwendbarkeit, S. SOff. 97 Dazu Bleckmann, EPIL 7 (1984), S. 414f.; Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 383f. mwN; Leary, Labour Conventions, S. 54; van Dijk in: Festschrift Ermacora, S.631, 637; Buchs, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 31ff.; differenzierend Koller, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 114ff. mwN. 98 Vgl. zu der Staatenpraxis und den im folgenden aufgefilhrten Kriterien Bleckmann, EPIL 7 (1984), S. 414, 415f.; Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 384ff.; Frowein in: JacobslRoberts, Effect of Treaties, S. 63, 71f.; Leary, Labour Conventions, S. 57ff.; Koller, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 94ff.; Buchs, Unmittelbare Anwendbarkeit, S.46ff. 99 Zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Vertragsbestimmungen vgl. EuGH, Rs. 26/62 "van Gent & Loos", Urteil vom 5.2.1963, Slg. 1963, S. 1, 25f.; dazu Grabitz in: GrabitzlHilf, Europäische Union, Art. 189 EG-VERTRAG, Rz. 13; zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien vgl. EuGH, Rs. 41/74 "van Duyn", Urteil vom 4.12.1974, Slg. 1974, S. 1337, 1348; dazu Grabitz in: GrabitzIHilf, Europäische Union, Art. 189 EG-Vertrag, Rz. 61; zur Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf die unmittelbare Anwendbarkeit sonstiger völkerrechtlicher Bestimmungen Buchs, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 37ff.

230 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

1. Formelle Kriterien Als fonnelle Kriterien direkter Anwendbarkeit kommen Bestimmungen im Vertrag selbst und die Festlegung oder der Ausschluß direkter Anwendbarkeit von völkerrechtlichen Nonnen durch die Staaten schon bei der Ratifikation des Vertrages in Betracht. Der Ausschluß direkter Anwendbarkeit von völkerrechtlichen Nonnen durch das Ratifizierungsgesetz oder andere Ratifizierungsakte ist aber eher ungewöhnlich, und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben bei der Ratifikation des IPWSKR von solchen ausdrücklichen Bestimmungen abgesehen. Der IPWSKR trifft keine Bestimmung über die direkte Anwendbarkeit seiner Vorschriften, obwohl ein Vorschlag zur Einfügung eines formellen Ausschlusses seiner direkten Anwendbarkeit in der Menschenrechtskommission vorgebracht worden war. I00 Später wurde die Meinung geäußert, daß schon die progressive Realisierung der im Pakt anerkannten Rechte eine direkte Anwendung ausschließe,IOI doch mangels jeglicher Reaktionen auf diese Äußerung können Rückschlüsse auf die Mehrheitsmeinung der Verfasser zur direkten Anwendbarkeit des Paktes nicht gezogen werden. 102 Vergleicht man den Wortlaut der Rechte des IPWSKR mit dem der Rechte des IPBPR, so fällt auf, daß im IPBPR Gebote und Verbote fiir die Staaten fonnuliert werden, 103 während im IPWSKR eine Anerkennung von Rechten durch die Staaten erfolgt.104 Die Einzelpersonen werden im IPBPR also schon grammatikalisch als Subjekte der Rechte genannt, während sie im IPWSKR Objekte der Anerkennung sind. Typisch für die Konstruktion von Rechten im IPWSKR ist die Anerkennung des Rechts im ersten Absatz einer Vorschrift und die Aufzählung einzelner Schritte im zweiten Absatz der Vorschrift, die als zwischenstaatliche Verpflichtungen fonnuliert werden und die begünstigten Einzelpersonen nicht mehr nennen. Ios Allerdings wird auch im IPWSKR der Begriff "Recht eines jeden" verwandt, der sich deutlich von der Formulierung einer bloßen zwischenstaatlichen Verpflichtung abhebt. Vergleicht man die Ausführungsbestimmungen in Art. 2 Abs. 2 IPBPR und Art. 2 Abs. 1 IPWSKR, so zeigt sich, daß die Staaten in beiden Pakten verpflichtet werden, 100 Roosevelt als Präsidentin der Menschenrechtskomrnission (USA), UN Doc. E/CN.4/SR.193 (1950), S. 17, § 72; vgl. zur parallelen Entwicklung im IPBPR Jhabvala, NILR 32 (1985), S. 461, 463[. 101 Tree (USA), UN Doc. AlC.3/SR.1182 (1962), § 4. 102 Vgl. Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 384 zwn mangelnden Interesse in dieser Frage bei der Erarbeitung des Paktes. 103 "No one shall"; "Everyone has the right", vgl. z.B. Art. 7, 8, 9,11,12, 15 IPBPR. 104 Dazu Henkin, CardozoLR 1 (1979), S. 425, 437. lOS "The steps to be taken"; "The States Parties ... shall take", vgl. z.B. Art. 6, 11, 12, 14,15 IPWSKR.

C. Innerstaatliche Rechtsmittel

231

Schritte zu unternehmen, was eher auf objektive staatliche Verpflichtungen als auf direkt anwendbare individuelle Rechte schließen läßt. Daß man im Falle des IPBPR trotzdem von der direkten Anwendbarkeit der Rechte fiir Individuen ausgeht,l06 zeigt schon, daß den Fonnulierungen in den beiden Pakten keine allzu große Bedeutung beigemessen werden kann. Aufgrund der Fonnulierung der Rechte im IPWSKR allein kann die direkte Anwendbarkeit seiner Vorschriften nicht ausgeschlossen werden.

2. Materielle Kriterien Bei der Feststellung der direkten Anwendbarkeit völkerrechtlicher Nonnen werden in vielen Staaten vornehmlich materielle Kriterien angewandt, welche die Bestimmtheit der Nonnen und die Vorhersehbarkeit ihrer Rechtsfolgen für den Einzelnen betreffen. I07 Die materiellen Voraussetzungen der direkten Anwendbarkeit von Menschenrechten durch Gerichte und Behörden sollen im folgenden durch den Begriff der lustiziabilität zusammengefaßt werden. Rechte sindfiir Behörden demnach justiziabel, wenn sie einer Auslegung zugänglich sind, die eine Rechtsentscheidung ennöglicht. Bezogen auf Gerichte bedeutet lustiziabilität, daß Rechte durch Auslegung derart auf einen Lebenssachverhalt angewandt werden können, daß eine Verletzung der Rechte durch staatliches Verhalten feststellbar ist. I 08 Es wird argumentiert, daß die im IPWSKR enthaltenen Rechte nicht justiziabel seien, weil den Staaten bei der Erfüllung der Pflichten freies Ennessen hinsichtlich der zu unternehmenden Schritte eingeräumt sei. 109 Es handele sich um reine Programmverpflichtungen, die den Individuen keine subjektiven Rechte verleihen sollten. 11 0 Diese Argumente spielen wohl auch eine Rolle,

Nowak, CCPR, Introduction, Rz. 14. Vgl. B1eckmann, EPIL 7 (1984), S. 414,416; Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 387ff. mwN; Maresceau in: JacobslRoberts, Effect of Treaties, S. 1, 16f.; Frowein in: JacobslRoberts, Effect of Treaties, S. 63, 69; Gaja in: JacobslRoberts, Effect of Treaties, S. 87, 104f.; Addo in: BeddardIHill, ESCR, S. 93, 100f.; Buchs, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 38ff.; Tomuschat in: Gedächtnisschrift Constantinesco, S.801, 810[; zur Rechtslage in der Europäischen Union vgl. Grabitz in: GrabitzlHi/f, Art. 189, Rz. 13,6l. 108 Zu den vielfiUtigen Deftnitionsmöglichkeiten vgl. Vierdag, NethYbIL 9 (1978), S. 69, 73; Eide, HRLJ 10 (1989), S. 35, 36. 109 So Vierdag, NethYbIL 9 (1978), S. 69,92[; Bossuyt, Rev. Droits de l'Homme 8 (1975), S. 783, 793; MaUer, Soziale Grundrechte, S. 29lf. mwN; Cranston, Human Rights, S. 68[; Ipsen § 44, Rz. 48; van den Berg/Guldenmund in: Bloedlvan Dijk, He1sinki Process, S. 103, l1lf. 110 Tomuschat, CanHRY 1984-85, S. 31,40. 106

107

232

4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

wenn Staaten in ihren Berichten vor dem Ausschuß betonen, daß sie die im Pakt enthaltenen Rechte nicht für direkt anwendbar halten. 111 Der Ausschuß hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 3 im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Einräumung von Rechtsmitteln festgestellt, daß er einige der im Pakt anerkannten Rechte durchaus als justiziabel und gegenteilige Ansichten als schwer begründbar ansieht. 1l2 Ohne weitere Ausführungen nennt er die Gleichberechtigung von Mann und Frau,113 das Recht auf angemessenen und gleichen Lohn für gleiche Arbeit,114 die Rechte im Zusammenhang mit der Gründung von Gewerkschaften,115 das Recht auf besonderen Schutz der Kinder und Jugendlichen,116 die Pflicht zur Einführung der Schulpflicht auf der Ebene des Elementarunterrichtes sowie das Recht auf kostenlosen Unterricht auf dieser Ebene,117 die Elternrechte im Zusammenhang mit der Bildung ihrer Kinder,118 das Recht auf Gründung und Betrieb einer privaten Bildungseinrichtung119 und die Freiheit der Wissenschaft. 120 Die Aufzählung enthält zwei Leistungsrechte, 121 eine staatliche Verpflichtung l22 und im übrigen alle im IPWSKR ausdrücklich formulierten Abwehrrechte außer Art. 6 Abs. 1 IPWSKR. Es scheint angebracht, für die Bestimmung der Justiziabilität der im IPWSKR anerkannten Rechte die drei Ebenen der Verwirklichung getrennt zu betrachten. Weder Verträge als Ganzes noch Vertragsbestimmungen als solche müssen justiziabel sein. Vielmehr können einzelne völkerrechtliche Verpflichtungen Elemente enthalten, welche der gerichtlichen oder behördlichen Anwendung zugänglich sind, während andere Elemente legislative Maßnahmen erfordern. 123 Im folgenden soll daher die Justiziabilität der Rechte auf Arbeit und Bildung unter Berücksichtigung der Verwirklichungsebenen untersucht werden. Dabei kann zu einem großen Teil auf die bereits im zweiten Teil 111 Vgl. z.B. Belgien, UN Doc. E/C.1211994/20, § 146; Finnland, UN Doc. E/C.12/199114, § 202; siehe auch Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 381f.; dagegen der Ausschuß, UN Doc. E/C.12/1994/20, § 146. 112 UN Doc. E/C.12/1990/8, § 5; ebenso Simma, VRü 25 (1992), 382, 385. m Art. 3 IPWSKR. 114 Art. 7lit. a (i) IPWSKR. 115 Art. 8 IPWSKR. 116 Art. 10 Abs. 3 IPWSKR. 117 Art. 13 Abs. 21it. a IPWSKR. 118 Art. 13 Abs. 3 IPWSKR. 119 Art. 13 Abs. 4 IPWSKR. 120 Art. 15 Abs. 3 IPWSKR. 121 Recht auf angemessenen Wld gleichen Lohn; Recht auf kostenlosen Unterricht. 122 Pflicht zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht im ElementarWlterricht. 123 Vgl. dazu Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 390 mwN; Frowein in: JacobslRoberts, Effect ofTreaties, S. 63,69.

C. Innerstaatliche Rechtsmittel

233

dieser Arbeit unternommene Interpretation der Bestimmungen des allgemeinen und besonderen Teils des IPWSKR zurückgegriffen werden. 3. Respekt der Rechte

Die Respektierung der im Pakt anerkannten Rechte beschränkt sich auf die Pflicht zur Unterlassung von staatlichen Eingriffen. Der persönliche Geltungsbereich aller Rechte ist in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot gemäß Art. 2 Abs. 2 IPWSKR bestimmbar. 124 Die sachlichen Geltungsbereiche der Rechte auf Arbeit und Bildung sind durch die Begriffe "Arbeit" und "Bildung" bzw. "Bildungseinrichtungen" beschrieben. Sie können als unbestimmte Rechtsbegriffe durch nationale Behörden und Gerichte im Sinne des Paktes ausgelegt werden, wobei es zur einheitlichen Auslegung der Begriffe für alle Vertrags staaten sinnvoll wäre, etwaige Äußerungen des Ausschusses heranzuziehen. Der Ausschuß kann keine bindenden Feststellungen über die Auslegung des Paktes und die den Staaten daraus erwachsenden Pflichten treffen. Es steht den Staaten jedoch frei, seine Äußerungen bei ihrer Interpretation der Bestimmungen des Paktes zu berücksichtigen. 125 a) Geltungsbereich Inhalt der Verpflichtungen aus dem Recht auf Arbeit als Recht auf freie Berufswahl ist nach den Ausführungen im zweiten Teil dieser Arbeit die Gewährung freien Zugangs zum Arbeitsmarkt, was sowohl die freie Entscheidung über das Ausüben einer Erwerbstätigkeit überhaupt als auch die freie Entscheidung über Beruf und Arbeitsstelle beinhaltet. Die Rechtsfolgen des Rechts auf freie Berufswahl erschöpfen sich damit im Unterlassen von Beschränkungen hinsichtlich des freien Zugangs zum Arbeitsmarkt. Sie ergeben sich mit hinreichender Genauigkeit aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR und sind sowohl für die Vertragsstaaten als auch für die betroffenen Individuen vorhersehbar. Das Recht auf Bildung im Sinne der Bildungsfreiheit beinhaltet entsprechend dem Recht auf freie Berufswahl zunächst das Recht eines jeden auf freien Zugang zu Bildungseinrichtungen. Dieses Recht ergibt sich nicht unmittelbar aus Art. 13 IPWSKR, ist aber notwendiger Bestandteil des Rechts auf Bildung, welches über die bloße Unterlassung von Eingriffen hinaus konkrete Leistungspflichten der Staaten begründet. Weitere Abwehrrechte ergeben sich aus Art. 13 Abs. 3, 4 IPWSKR. Sowohl das Recht der Eltern auf Bestimmung der Erziehung ihrer Kinder als auch das Recht aller, private Bildungseinrichtungen zu gründen und zu betreiben, begründen ausschließlich die Pflicht der 124 125

S.O. Teil 2, B.I.l. Vgl. Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 390 mwN.

234 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

Staaten zur Unterlassung von Eingriffen. Die Tatbestandsvoraussetzungen beider Rechte sind in Art. 13 Abs. 3 und 4 IPWSKR hinreichend präzise formuliert, damit nationale Organe im Einzelfall feststellen können, ob das Recht gewahrt ist oder nicht. 126 b) Rechtfertigungsgründe für Eingriffe Auf der Ebene des Respekts der Rechte findet die rechtlich schwer überprtifbare Schranke des Art. 2 Abs. I IPWSKR mit der Möglichkeit progressiver Verwirklichung und des Einwandes begrenzter Ressourcen keine Anwendung. Als Rechtfertigungsgrund greift aber das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR ein, welches trotz des unbestimmten Rechtsbegriffes der Diskriminierung durch internationale Rechtsprechung und Literatur inzwischen ausreichend bestimmt geworden ist. Daß im Rahmen der Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung eine Abwägung erforderlich wird, welche ein Werturteil enthalten muß, ist ein typisches Wesensmerkmal einer jeden Verhältnismäßigkeitsprüfung und hindert auch im nationalen Recht die Justiziabilität einzelner Rechte nicht. Die Schranke des Art. 4 IPWSKR eröffnet den Staaten Ermessen bei der Einschätzung, ob einzelne Eingriffe dem allgemeinen Wohl dienen. Dieses Ermessen ist aber nicht unbeschränkt, sondern findet seine Grenze in dem Gebot der Wahrung der Natur der Rechte. Der Wesensgehalt von Rechten kann durch staatliche Organe bestimmt und durch Gerichte überprüft werden, so daß Art. 4 IPWSKR die Justiziabilität der im Pakt anerkannten Rechte nicht hindert. c) Zusammenfassung Es läßt sich zusammenfassend feststellen, daß der unmittelbaren Anwendung der Rechte auf Arbeit und Bildung nichts im Wege steht, soweit die Ebene des Respekts betrachtet wird. Wenn die Unvereinbarkeit staatlicher Maßnahmen mit den Rechten festgestellt wird, richtet sich die Rechtsfolge einer solchen Feststellung nach dem nationalen Recht. Wenn der IPWSKR Vorrang vor dem nationalen Recht hat, so müssen die mit dem Pakt unvereinbaren Gesetze gegebenenfalls von den dazu zuständigen Gerichten für ungültig erklärt werden. Hat der IPWSKR den gleichen Rang wie das nationale Recht, so müssen die mit dem Pakt unvereinbaren Gesetze durch neue Gesetze abgeändert werden. Die Feststellung der Völkerrechtswidrigkeit von Gesetzen kann die Einzelpersonen in diesem Fall nicht begünstigen.

126

Für die unmittelbare Anwendbarkeit der entsprechenden BestimmWlgen der

EMRK van Dijk/van Roof, ECHR, S. 477.

c. Innerstaatliche Rechtsmittel

235

Soweit aus den übrigen Rechten des IPWSKR Abwehrrechte hergeleitet werden können, gilt Entsprechendes auch für diese Rechte. Allerdings ist die Konstruktion einer Abwehrebene bei manchen Rechten schwierig bis unmöglich. Die Rechte auf angemessene Arbeitsbedingungen aus Art. 7 IPWSKR erfordern zum Beispiel Gesetzgebung zum Schutz der Arbeitnehmer in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen und damit ein Eingreifen des Staates in private Rechtsbeziehungen. Das Recht auf soziale Sicherheit gemäß Art. 9 IPWSKR ist schon wegen seiner Kürze nur schwer durch nationale Organe auszulegen. Es erfordert aber wohl vornehmlich entweder staatliche Gesetzgebung zur Einrichtung und Fortführung von Sozialversicherungen oder staatliche Leistungen. Bloßes Untätigbleiben des Staates ist hier nicht ausreichend. Die Rechte auf einen angemessenen Lebensstandard aus Art. 11 IPWSKR und auf Gesundheit aus Art. 12 IPWSKR werden dagegen zwar überwiegend als Leistungspflichten der Vertragsstaaten angesehen, können aber in geringerem Umfang auch bloße Zurückhaltung des Staates erfordern, damit Einzelpersonen aus eigener Kraft ihren Lebensstandard und ihre Gesundheit sichern können. Eine ähnlich deutliche Trennung zwischen Abwehr- und Leistungsebene des Staates wie bei den Rechten auf Arbeit und Bildung läßt sich wohl nur bei dem Recht zur Gründung von und Beitritt zu Gewerkschaften aus Art. 8 IPWSKR vornehmen, welches ein typisches Freiheitsrecht ist. Die im IPWSKR anerkannten Rechte sind also justiziabel, soweit sie Abwehrrechte gegenüber staatlichen Eingriffen enthalten. 127 Die den Abwehrrechten korrespondierenden staatlichen Verpflichtungen bedürfen keiner weiteren Umsetzungsmaßnahmen, um für die Individuen Geltung zu erlangen. Sie sind, soweit die Rechte auf Arbeit und Bildung betroffen sind, ausreichend präzise formuliert und können durch Einzelpersonen direkt geltend gemacht werden. 4. Schutz der Rechte

Die Verpflichtung zum Schutz der Rechte auf Arbeit und Bildung erfordert staatliche Maßnahmen, welche sicherstellen, daß die Rechte auch zwischen Privatpersonen, seien sie natürliche oder juristische Personen, Anwendung finden. Durch diese staatlichen Maßnahmen sollen also einerseits Personen zur Ausübung ihrer Rechte gegenüber anderen berechtigt werden und andererseits Personen zur Wahrung der Rechte anderer verpflichtet werden. Schon die Tatsache, daß die Verpflichtung zum Schutz der Rechte nur durch staatliche Maßnahmen erfüllt werden kann, zeigt, daß sie nicht unmittelbar anwendbar ist, denn ihre Verwirklichung bedarf weiterer Ausführungsschritte.

127

Vgl. dazu Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 391f. mwN.

236 4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

Die unmittelbare Anwendung des Rechts auf Arbeit auf der Schutzebene würde beispielsweise bedeuten, daß willkürliche Kündigungen durch die Arbeitgeber auch unwirksam wären, wenn ein Gesetz zum Kündigungsschutz nicht existieren würde. Ein Urteil, welches die Unwirksamkeit einer Kündigung ausspräche, würde dann ohne gesetzliche Grundlage in das Recht auf Arbeit der Arbeitgeber eingreifen. Gemäß Art. 4 IPWSKR muß aber jeder Eingriff in ein Recht des Paktes durch ein Gesetz legitimiert werden. Der Schutz des Rechts auf Bildung erfordert Gesetzgebung zur Sicherung der Zugangs zu den privaten Bildungseinrichtungen, welche in das Recht zur Führung solcher Bildungseinrichtungen aus Art. 13 Abs. 4 IPWSKR eingreift. Die unmittelbare Anwendung des Rechts auf Bildung würde hier bedeuten, daß die Schüler sich den Zugang zu solchen Bildungseinrichtungen ohne Gesetzesgrundlage erzwingen könnten. Ein Verstoß gegen Art. 4 IPWSKR wäre auch hier unvermeidbar. Da der Schutz der Rechte einzelner den Eingriff in die Rechte anderer zwingend voraussetzt, ist er ohne gesetzliche Grundlage nicht zu verwirklichen. Die Begünstigung der durch die Gesetze zu schützenden Personen stellt lediglich einen Reflex der zwischenstaatlichen Verpflichtungen zum Erlaß von Schutzmaßnahmen dar und ist nicht unmittelbar anwendbar. 5. Erfüllung der Rechte

Die Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Erfüllung der im IPWSKR anerkannten Rechte erfordert staatliche Leistungen, deren Ausgestaltung weitgehend dem staatlichen Ermessen unterliegt. Das Recht auf Arbeit enthält zum Beispiel auf der Ebene der Erfüllung lediglich die eher programmatischen Verpflichtungen des Art. 6 Abs. 2 IPWSKR. Den Staaten ist nicht nur bei der Verfolgung einer Politik der Vollbeschäftigung, sondern auch bei der Einrichtung von Berufsberatungen und Arbeitsvermittlungen ein großer Ermessensspielraum eingeräumt, der die unmittelbare Anwendung des Art. 6 Abs. 2 IPWSKR durch Behörden oder Gerichte ausschließt. Sogar Leistungspflichten wie die Pflicht zur Schaffung ausreichender Bildungsplätze im Bereich der Elementarbildung aus Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWKSR, die rur sich genommen bestimmt genug sind, werden durch die Möglichkeit progressiver Verwirklichung und den Einwand mangelnder Ressourcen aus Art. 2 Abs. I IPWSKR in einer Weise eingeschränkt, welche ihre unmittelbare Geltendmachung durch Personen ausschließt. Dies hat sich bereits im dritten Teil dieser Arbeit gezeigt, als es darum ging, ob staatliche Verletzungen des IPWSKR festgestellt werden können. Die Schranken des Art. 2 Abs. I IPWSKR geben den Vertragsstaaten einen Ermessensspielraum bei der Umsetzung der Verpflichtungen, welcher die unmittelbare Anwendung

c. Innerstaatliche Rechtsmittel

237

der Leistungspflichten auch dort ausschließt, wo sie ausreichend bestimmt sind. Die Pflicht zur Erfüllung der Rechte kann aber justiziabel werden, wenn die Staaten bei der Erfüllung gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, welches unmittelbar anwendbar ist. 128 Die Staaten können aufgrund der Erfüllungspflichten zwar nicht zur Vornahme einzelner Leistungen verpflichtet werden, doch sie müssen bei der Gewährung von Leistungen das Diskriminierungsverbot achten. Dies bedeutet nicht, daß Leistungen nur an alle oder gar nicht gewährt werden können, sondern daß die vorhandenen Ressourcen so verteilt werden, daß Ungleichbehandlungen, die nicht auf sachliche Gründe zurückzuführen sind, vermieden werden. Im Zusammenspiel mit dem Diskriminierungsverbot können einzelne Leistungspflichten also zu Individualansprüchen werden, welche vor den innerstaatlichen Gerichten durchgesetzt werden können. 6. Zusammenfassung

Der Einschätzung des Ausschusses zur unmittelbaren Anwendbarkeit einzelner im IPWSKR anerkannter Rechte kann nur teilweise zugestimmt werden. Soweit der Ausschuß Leistungspflichten wie die Pflicht zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht und das Recht auf kostenfreien Unterricht als unmittelbar anwendbar qualifiziert, bleibt unklar, wie er den Ermessensspielraum hinsichtlich der progressiven Realisierung der Rechte bewertet. Es scheint nach den im Rahmen dieser Arbeit angestellten Überlegungen ausgeschlossen, daß Schüler beispielsweise das Recht auf einen kostenfreien Unterrichtsplatz vor nationalen Behörden oder Gerichten unmittelbar aus Art. 13 Abs. 2 lit. a IPWSKR geltend machen können, ohne auf das Diskriminierungsverbot zurückgreifen zu müssen. Andererseits bewertet der Ausschuß das Recht auf Berufsfreiheit aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR nicht als unmittelbar anwendbar. Möglicherweise hat der in Art. 6 Abs. 1, 2. Hs. IPWSKR enthaltene Hinweis auf die zum Schutz des Rechts zu unternehmenden Schritte bei der Bewertung eine Rolle gespielt, weil dieser Halbsatz zu unbestimmt und damit nicht unmittelbar anwendbar ist. Dies ist der Nachteil einer pauschalisierten Betrachtungsweise einzelner Vorschriften, welche die unterschiedlichen Ebenen der Verwirklichung der Rechte nicht berücksichtigen kann.

128

Dazu Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 395.

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4. Teil: Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen Wld kulturellen Rechte

ßL Innerstaatliche Rechtsmittel für die Verletzung der Rechte der Asylbewerber auf Arbeit und Bildung Es erscheint nach den bislang angestellten Überlegungen nicht ausgeschlossen, daß die in ihren Rechten verletzten Asylbewerber nationale Gerichte anrufen können, um die Unvereinbarkeit der betreffenden Gesetze zur Erwerbstätigkeit und zum Schulbesuch von Asylbewerbern mit dem IPWSKR feststellen zu lassen. Allerdings muß bei etwaigen Klagen immer berücksichtigt werden, daß die Gerichte selbst über die unmittelbare Anwendbarkeit einzelner völkerrechtlicher Normen entscheiden. Angesichts der bisherigen Zurückhaltung nationaler Gerichte bei der Anwendung des Paktes bleibt es daher zweifelhaft, ob die Asylbewerber mit entsprechenden Klagen Erfolg haben würden. 129 Hinzu kommt, daß die Unvereinbarkeit nationaler Gesetze mit dem Pakt nur zu deren Nichtigkeit führt, wenn der Pakt Vorrang vor den Gesetzen hat, wie dies in den Staaten mit monistischer Verfassung der Fall ist. Nur in diesen Staaten können die Asylbewerber einen Anspruch auf Zugang zum Arbeitsmarkt und zu den Schulen geltend machen, der sich jedenfalls im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot unmittelbar aus dem Pakt ergibt. Bei Staaten, welche den Pakt als innerstaatliches Gesetz inkorporieren, muß differenziert werden. Wenn die nach Inkorporierung erlassenen Gesetze eine mit dem Pakt vereinbare Auslegung zulassen, so können die im Pakt enthaltenen Rechte zur Auslegung herangezogen werden. Die Beschränkungen des Schulbesuchs von Asylbewerberkindem werden zum Beispiel häufig an den Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes geknüpft. Asylbewerberkinder können ihren Anspruch auf Schulbesuch in diesen Staaten mit der Argumentation geltend machen, daß der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes völkerrechtsfreundlich ausgelegt werden müsse und damit eine Wartezeit ohne Möglichkeit des Schulbesuchs nur in engen Grenzen zulässig sei. 130 Sind die nationalen Gesetze nicht auslegungsfähig, so verstoßen sie zwar gegen den Pakt, doch die nationalen Gerichte müssen die Gesetze anwenden, weil sie innerstaatlich als spätere Gesetze die Regelungen des Paktes verdrängt haben. In diesen Ländern steht den Asylbewerbern kein innerstaatliches Rechtsmittel gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung. Ist das Arbeitsverbot beispielsweise in Gesetzen ausgesprochen, welche nach der Inkorporierung des Paktes verabschiedet wurden, so hat es für die innerstaatliche Anwendung Vorrang vor dem Recht auf Arbeit aus dem Pakt.

Vgl. die Beispiele bei Craven, NILR 40 (1993), S. 367,374. Zu den vielfältigen Möglichkeiten dieses Ansatzes vgl. Craven, NILR 40 (1993), S. 367, 396ff. mit ausftlhrlichen Beispielen aus der Gerichtspraxis. 129 130

D. Zusammenfassung

239

Eine letzte Möglichkeit der unmittelbaren Anwendung des Paktes ergibt sich

fiir die obersten Gerichte der Vertragsstaaten, soweit sie zuständig sind, die

Vereinbarkeit nationaler Gesetze mit der Verfassung zu prüfen. Es ist denkbar, daß diese Gerichte bei der Interpretation der in der jeweiligen Verfassung enthaltenen Grundrechte die Wertungen des IPWSKR berücksichtigen. 13I Das deutsche Bundesverfassungsgericht beruft sich etwa zur Herleitung der im Grundgesetz nicht ausdrücklich verankerten Unschuldsvermutung aus dem Rechtsstaatsprinzip in ständiger Rechtsprechung auf Art. 6 Abs. 2 EMRK. Es betont, daß Gesetze im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands auszulegen und anzuwenden seien, selbst wenn sie zeitlich später erlassen worden seien als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag. 132 Mit diesen Erwägungen könnte es den Schutzbereich der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, die nur Deutschen eingeräumt ist, unter Berücksichtigung der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands aus Art. 6 Abs. 1 IPWSKR auf Ausländer ausdehnen. Die Interpretation von Verfassungsvorschriften im Lichte des IPWSKR würde die obersten Gerichte in die Lage versetzen, nationale Gesetze für nichtig zu erklären, wenn sie gegen die Verpflichtungen des IPWSKR verstoßen.

D. Zusammenfassung Betrachtet man die Möglichkeiten zur Durchsetzung der im IPWSKR enthaltenen Rechte, so erscheint die Individualbeschwerde vor dem Menschenrechtsausschuß des IPBPR als das aussichtsreichste Rechtsmittel fiir die in ihren Rechten verletzten Asylbewerber. Die Asylbewerber sind weder auf den Schutz eines Staates angewiesen wie im Falle der Klage vor dem Internationalen Gerichtshof noch müssen sie darauf vertrauen, daß die nationalen Gerichte ausnahmsweise einmal wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte als unmittelbar anwendbar qualifizieren. Mit der Beschwerde vor dem Menschenrechtsausschuß können sie keine bindende Entscheidung erhalten, welche ihre Rechtsstellung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar verändert. Die Feststellung des Menschenrechtsausschusses, daß ein Staat seine Verpflichtungen aus dem IPBPR verletzt, kann aber politischen Druck erzeugen, der den jeweiligen Staat dazu bewegt, seine Gesetze in Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen zu bringen.

131 Vgl. dazu mit Beispielen aus den USA und Kanada, Craven, NILR 40 (1993), S.367,397f. 132 BVerfGE 74, S. 358, 370; BVerfGE 82, S. 106, 114.

Schluß betrachtung Im Rahmen dieser Arbeit hat sich die besondere Bedeutung des Diskriminierungsverbotes für die Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sowohl im Bereich des materiellen Rechts als auch für die Durchsetzung der Rechte gezeigt. Das Diskriminierungsverbot bewirkt, daß Verletzungen der im Pakt anerkannten Rechte nicht nur auf der Ebene des Respekts der Rechte, sondern auch auf den Ebenen von Schutz und Erfüllung feststellbar werden, obwohl den Staaten durch den IPWSKR hier ein erhebliches Ermessen eingeräumt wird, welches allenfalls politische, nicht aber juristische Bewertungen staatlichen Handeins zuläßt. Prozessual führt das Diskriminierungsverbot dazu, daß die im IPWSKR anerkannten Rechte justiziabel sind und Verletzungen des Paktes auf individuelle Beschwerde vom Menschenrechtsausschuß festgestellt werden können. Im Rahmen solcher Erwägungen drängt sich die Frage auf, welche Existenzberechtigung der IPWSKR neben dem IPBPR hat, wenn alle mit juristischen Mitteln feststellbaren Verletzungen des IPWSKR auch als Verletzungen des IPBPR dargestellt werden können. Insbesondere könnte gegen die Einführung eines Individualbeschwerdeverfahrens im Rahmen des IPWSKR angeführt werden, daß dieses angesichts der umfassenden Kompetenz des Menschenrechtsausschusses überflüssig sei. Solche Schlußfolgerungen lassen die erhebliche Kritik außer acht, welche die Rechtsprechung des Menschenrechtsausschusses zu Art. 26 IPBPR hervorgerufen hat. Gerade das Argument, daß der Menschenrechtsausschuß die für die Beurteilung von Diskriminierungen auf dem Gebiet der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte erforderliche Sachkenntnis nicht habe, wird entkräftet, wenn der Ausschuß des IPWSKR, der sich seit Jahren mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage in den Vertragsstaaten befaßt, für die Beurteilung staatlichen Verhaltens auf diesem Gebiet zuständig wäre. Mit der Einführung eines gesonderten Individualbeschwerdeverfahrens könnte auch das systematische Argument, wonach die Rechtsprechung des Menschenrechtsausschusses die Trennung der beiden Pakte mißachte, überwunden werden. Es muß darüber hinaus betont werden, daß nicht alle denkbaren Verletzungen des IPWSKR als Diskriminierungen dargestellt werden können. Wenn ein Staat die aus dem IPWSKR herzuleitenden Abwehrrechte der Bevölkerung ohne Unterschied beschränkt, so kann eine Ungleichbehandlung nicht festge-

Schlußbetrachtung

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stellt werden. Denkbar ist dies beispielsweise bei der Einführung einer Arbeitspflicht für alle, welche mit dem IPWSKR nicht vereinbar wäre. Auch im IPBPR hat die Kodifikation einzelner Rechte neben dem Gleichheitssatz ihren Sinn, weil es denkbar ist, daß Staaten etwa die Meinungsfreiheit der gesamten Bevölkerung einschränken und damit keine Person bevorzugen oder benachteiligen. Verletzungen des IPWSKR können des weiteren gegeben sein, wenn Staaten ohne Rechtfertigung die Gewährung bislang erbrachter Leistungen einschränken. Das Beispiel der Einführung von Studiengebühren wurde im Rahmen der Arbeit erwähnt und ist von der Menschenrechtskommission erörtert worden. Angesichts solcher Überlegungen ist es wünschenswert, daß die Arbeiten zum Individualbeschwerdeverfahren für den IPWSKR erfolgreich verlaufen und damit der Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte weiteren Vorschub leisten.

16 Dohmes-Ockenfels

Thesen Zum Ersten Teil: Unselbständige Erwerbstätigkeit und Schulbildung für Asylbewerber in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 1. Nach Völkerrecht ist die Gewährung von Asyl ein souveränes Recht aller Staaten. In der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 ist eine Definition des Begriffs "Flüchtling" enthalten, welche die Flucht vor individueller Verfolgung, nicht aber vor Bürgerkriegen oder Naturkatastrophen erfaßt. 2. In der Europäischen Union wird versucht, sowohl die Gewährung von Asyl als auch den Ablauf von Asylverfahren über die Definition einzelner für die Gewährung von Asyl erheblicher Begriffe zu harmonisieren. Der EUVertrag enthält Kompetenzen zum Asylrecht nur im Bereich Justiz und Inneres, doch durch den noch zu ratifizierenden Vertrag von Amsterdam wird das Asylrecht zur Gemeinschaftsmaterie. 3. Schon jetzt sind Parallelen in den Asylverfahren der Mitgliedstaaten erkennbar. So erhalten Asylbewerber in der Regel ein Aufenthaltsrecht oder jedenfalls Schutz vor Abschiebung. Wenn ihre Anträge offensichtlich unbegründet sind, werden die Verfahren beschleunigt durchgefiihrt. In sogenannten Transitzonen werden Asylbewerber festgehalten, bis darüber entschieden ist, ob ihre Anträge offensichtlich unbegründet sind. 4. Nur in Belgien, Finnland, Großbritannien und Schweden haben Asylbewerber, gegebenenfalls nach Ablauf gewisser Wartefristen, das Recht, eine Arbeitsstelle zu suchen. 5. In Dänemark, Griechenland, Irland, Italien, den Niederlanden und Portugal unterliegen sie während des gesamten Asylverfahrens einem gesetzlichen Arbeitsverbot. In den Niederlanden wird das Arbeitsverbot allerdings aufgehoben, wenn sich das Verfahren über mehrere Jahre hinzieht. 6. In Frankreich, Luxemburg, Österreich und Spanien können Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis beantragen. Bei der Besetzung freier Arbeitsstellen wird jedoch ausnahmslos EU-Bürgern und länger im Land lebenden Ausländern Vorrang eingeräumt, so daß Asylbewerber bei der bestehenden Arbeitsmarktlage einem faktischen Arbeitsverbot unterliegen. In Deutschland besteht zunächst ein auf maximal drei Monate befristetes gesetzliches Arbeitsverbot,

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dem ein faktisches Arbeitsverbot folgt. Wie in den Niederlanden kann das faktische Arbeitsverbot aber bei überlangen Asylverfahren aufgehoben werden. 7. In Belgien und Deutschland (Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und SchleswigHolstein) unterliegen Asylbewerberkinder, gegebenenfalls nach Ablauf einer gewissen Wartefrist, der allgemeinen Schulpflicht. 8. In Dänemark, Finnland, Irland, Portugal und Spanien unterliegen Asylbewerberkinder nicht der Schulpflicht, doch sie haben ein Recht auf Unterrichtung, welches mit einem Anspruch auf einen Schulplatz verbunden ist. 9. In Deutschland (Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen) haben Asylbewerberkinder kein Recht auf Unterrichtung. Sie können lediglich eine Schule besuchen, wenn die vorhandenen Kapazitäten dies ermöglichen.

Zum Zweiten Teil: Die Rechte auf Arbeit und Bildung im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 wurden die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte erstmals als Rechte des einzelnen formuliert. Die Verabschiedung des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im Jahr 1966 bildete den vorläufigen Höhepunkt der Kodifikationsarbeiten. Neue Reformbemühungen zielen auf die Einführung eines völkerrechtlichen Beschwerdeverfahrens, in dessen Rahmen Individuen Verletzungen des Paktes vor dem Ausschuß für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte geltend machen können. 2. Der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit ist unbeschränkt. Das Diskriminierungsverbot aus Art. 2 Abs. 2 IPWSKR schränkt den Geltungsbereich nicht ein, sondern verdeutlicht die Stellung des Rechts auf Arbeit als Jedermann-Recht. 3. Der sachliche Geltungsbereich des Rechts auf Arbeit kann unter den Gesichtspunkten des Respekts, des Schutzes und der Erfüllung der Rechte betrachtet werden. Die Verpflichtung zum Respekt der Rechte erfordert staatliche Zurückhaltung beim Eingriff in die Freiheitsrechte des einzelnen. Die Verpflichtung zum Schutz der Rechte erfordert, daß die Staaten durch den Erlaß von Gesetzen die Geltung der Rechte bis zu einem gewissen Grad auch zwischen Privatpersonen sichern müssen. Die Verpflichtung zur Erfüllung der Rechte erfordert positive Leistungen der Staaten zur Sicherung der vollen Verwirklichung der Rechte, soweit diese nicht durch das Handeln von Privatpersonen allein gewährleistet ist.

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Thesen

4. Das Recht auf freie Berufswahl gibt den geschützten Personen das Recht, sowohl den Beruf als auch eine Arbeitsstelle frei zu wählen. Dies setzt ein Recht auf freien Zugang zum Arbeitsmarkt ebenso voraus wie ein Recht, sich gegen die Berufstätigkeit zu entscheiden. Die Berufsfreiheit enthält keine Arbeitsplatzgarantie. 5. Die Verpflichtung zum Schutz des Rechts auf Arbeit ist näher ausgeführt in Art. 7 IPWSKR, der das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen enthält. Art. 6 Abs. 1 IPWSKR befaßt sich dagegen mit dem Recht zur Arbeit, dessen Schutz insbesondere Kündigungsschutzvorschriften erfordert. Da der Erlaß von Schutzgesetzen zwangsläufig in das Recht auf Arbeit der Arbeitgeber eingreift, ist eine sorgfältige Abwägung der Interessen der Betroffenen notwendig. 6. Die Verpflichtung zur Erfüllung des Rechts auf Arbeit enthält die Pflicht der Vertragsstaaten, eine Politik der Vollbeschäftigung zu verfolgen, Berufsvermittlungen, Berufsberatung und Ausbildungsprogramme anzubieten sowie einzelne Personengruppen wie beispielsweise behinderte Arbeitnehmer in besonderer Weise zu schützen. 7. Asylbewerber haben ein Recht auf Arbeit, welches das Recht auf freie Berufswahl einschließt. Die Asylverfahrensregelungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union greifen mit unterschiedlicher Intensität in dieses Recht ein. Während ihres Aufenthaltes im Transitbereich ist das Recht auf Arbeit der Asylbewerber aufgehoben. Im übrigen lassen sich die Regelungen wie folgt unterteilen: -

Arbeitserlaubnis zu Registrierungszwecken Arbeitserlaubnis mit faktischem Arbeitsverbot gesetzliches Arbeitsverbot

8. Der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Bildung ist unbeschränkt. Geschützt werden insbesondere, aber nicht ausschließlich, Kinder und Jugendliche. Konflikte können zwischen dem Recht von Kindern auf Bildung und dem Recht der Eltern auf Erziehung entstehen. Die Beteiligung der Kinder an den Entscheidungen ihrer Eltern sollte mit zunehmendem Alter der Kinder verstärkt werden. Es ist davon auszugehen, daß ein Kind im Alter von etwa 14 oder 15 Jahren die Reife besitzt, eine eigene Meinung zu seiner weiteren Ausbildung zu bilden, die von den Erziehungsberechtigten bei ihren Entscheidungen berücksichtigt werden muß. 9. Das Recht auf Bildungsfreiheit gibt allen Menschen ein Recht auf freien Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen, ohne die Staaten zur Schaffung neuer Kapazitäten zu verpflichten. Ein Recht auf Unterricht in einer bestimmten Sprache kann aus der Bildungsfreiheit nicht hergeleitet werden, so daß das Unterrichtsangebot der Vertragsstaaten in einer der Landessprachen

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zur Respektierung des Rechts auf Bildung ausreicht. Die negative Bildungsfreiheit als Recht, auf eine Ausbildung zu verzichten, ist durch die Pflicht der Vertragsstaaten eingeschränkt, die allgemeine Schulpflicht im Bereich der Elementarbildung einzuführen. 10. Eltern haben das Recht, zum einen die Schule für ihre Kinder frei auszuwählen und zum anderen die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder zu sichern. Dies bedeutet aber nicht, daß Eltern aktiv Einfluß auf die Unterrichtsgestaltung in den Schulen nehmen können. Sie haben nur das Recht, ihre Kinder von bestimmten Unterrichtsstunden femzuhalten, wenn die Unterrichtsinhalte nicht mit ihren Überzeugungen zu vereinbaren sind. Dies gilt nicht, soweit Informationen in objektiver und neutraler Weise vermittelt werden, selbst wenn die Eltern die Vermittlung solcher Informationen nicht wünschen. 11. Das Recht zur Errichtung und Leitung privater Bildungseinrichtungen enthält kein Recht auf Subventionierung durch den Staat. Eltern, die ihre Kinder zu solchen Schulen schicken, können auch dann keine staatliche Unterstützung verlangen, wenn an entsprechenden staatlichen Schulen finanzielle Hilfen gewährt werden. 12. Die Pflicht zur Erfüllung des Rechts auf Bildung umfaßt die Verpflichtung der Staaten, auf der Ebene des Elementarunterrichtes die allgemeine Schulpflicht einzuführen und allen Kindern das Recht auf kostenfreien Unterricht zu geben. Die Staaten sind verpflichtet, einen Plan zur Erfüllung dieser Verpflichtungen aufzustellen. Auf der Ebene des höheren und des Hochschulunterrichtes haben die Vertragsstaaten die allgemeine Zugänglichkeit und die Kostenfreiheit einzuführen. Die Bildung von Erwachsenen soll gefordert werden. Es ist unklar, ob der Begriff der Kostenfreiheit des Unterrichts auch Regelungen zuläßt, wonach die Schulgebühren durch ein Stipendiensystem aufgefangen werden. 13. Die Erfüllungspflicht enthält auch die Pflicht der Vertragsstaaten, Unterricht in bestimmten Sprachen anzubieten, wenn eine größere Anzahl von Schülern dem Unterricht aus sprachlichen Gründen nicht folgen kann. Dabei ist es den Staaten freigestellt, gesonderten Sprachunterricht anzubieten oder fremdsprachige Schulen zu grunden. 14. Asylbewerberkinder haben ein Recht auf Bildung, welches sowohl das Recht auf freien Zugang zu bestehenden Bildungseinrichtungen im Sinne der Bildungsfreiheit als auch das Recht auf einen Schulplatz umfaßt. Die Staaten sind auch in bezug auf Asylbewerberkinder verpflichtet, die allgemeine Schulpflicht einzuführen. Die Regelungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union greifen in unterschiedlicher Form in die Rechte der Asylbewerberkinder ein. Während ihres Aufenthaltes im Transitbereich ist das Recht auf Bildung

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der Kinder aufgehoben. Im übrigen lassen sich die Regelungen wie folgt unterteilen: -

Beschränkung des Zugangs zu bestehenden Schulen Erfüllung der Pflicht zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht fiir Asylbewerberkinder

Zum Dritten Teil: Die Schranken der Rechte im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1. Die Möglichkeit progressiver Realisierung gemäß Art. 2 Abs. 1 IPWSKR gilt uneingeschränkt fiir die sich aus der Erfüllung der Rechte ergebenden staatlichen Verpflichtungen. Die sich aus dem Schutz der Rechte ergebenden Verpflichtungen haben die Staaten innerhalb einer Übergangsfrist nach Ratifizierung des Paktes zu erfüllen. Die sich aus dem Respekt der Rechte ergebenden Verpflichtungen müssen die Staaten unmittelbar nach Ratifizierung des Paktes erfüllen. Nur soweit existierende Gesetze geändert werden müssen, können geringe Verzögerungen beim Respekt der Rechte gerechtfertigt werden. 2. Soweit Staaten die unvollständige Verwirklichung von Rechten durch die Möglichkeit progressiver Realisierung rechtfertigen wollen, müssen sie stetige Fortschritte bei der Realisierung der betreffenden Rechte darlegen. Rückschritte können durch die Möglichkeit progressiver Realisierung nicht gerechtfertigt werden. 2. Da die Mitgliedstaaten durch die Regelung der Erwerbsmöglichkeiten und des Schulbesuchs von Asylbewerbern und ihren Kindern auf der Ebene des Respekts und des Schutzes der Rechte in die Rechte auf Arbeit und Bildung eingreifen, können diese Eingriffe durch die Möglichkeit progressiver Realisierung nicht gerechtfertigt werden. Die seit der Ratifizierung des Paktes verstrichene Zeit läßt eine solche Rechtfertigungsmöglichkeit auch nicht im Hinblick auf zu ändernde Gesetze zu. 3. Die Möglichkeit der Berufung auf mangelnde Ressourcen gibt den Staaten nicht das Recht, die vorhandenen Ressourcen nach freiem Ermessen auf ihre öffentlichen Ausgaben zu verteilen. Gleichwohl bereitet die Überprüfung der Haushaltsplanung von Staaten anhand des Paktes große Schwierigkeiten. Es kann nur festgestellt werden, wenn ein unerträgliches Mißverhältnis zwischen den Sozialausgaben und anderen öffentlichen Ausgaben besteht. Die Einführung einer Mindestschwelle an zu erfiillenden Rechten wirft in der Praxis unüberwindbare Schwierigkeiten auf, weil einige Vertragsstaaten so arm sind, daß sie ihren Einwohnern noch nicht einmal ein Recht auf den täglichen Bedarf an Lebensmitteln gewähren können.

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4. Die Mitgliedstaaten können sich bei der Regelung der Erwerbstätigkeit und des Schulbesuchs von Asylbewerbern und ihren Kindern auf einen Mangel an Ressourcen nicht berufen, da sämtliche Regelungen die Bereiche des Respekts und des Schutzes der Rechte berühren, die eine Berufung auf mangelnde Ressourcen nicht zulassen. 5. Der Hinweis auf internationale Hilfe und Zusammenarbeit in Art. 2 Abs. 1 IPWSKR ist rein deklaratorischer Natur. Er gibt den Entwicklungsländern weder ein Recht auf Entwicklung gegenüber den entwickelten Ländern noch eine Rechtfertigungsmöglichkeit für die mangelnde Verwirklichung von Rechten. 6. Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR kann definiert werden als jede Ungleichbehandlung, die nicht auf vernünftige und objektive Gründe zurückzuführen ist. Eine Ungleichbehandlung ist demnach gerechtfertigt, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgt und die getroffenen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel stehen. 7. Ungleichbehandlungen aufgrund der Rasse oder des Geschlechts können nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gerechtfertigt werden, da legitime Ziele solcher Ungleichbehandlungen heute in der Regel nicht mehr existieren. Für Ungleichbehandlungen aufgrund sonstiger in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR genannter Ziele gilt die Vermutung der Rechtswidrigkeit. Ungleichbehandlungen aus Gründen, die nicht in Art. 2 Abs. 2 IPWSKR genannt sind, müssen ebenfalls gerechtfertigt werden, doch die Darlegung legitimer Ziele wird in der Regel unproblematisch sein. 8. Die Verhältnismäßigkeit getroffener Maßnahmen im Sinne des Diskriminierungsverbotes ist gegeben, wenn die Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet, erforderlich und angemessen sind. Dabei ist die Geeignetheit oder Erforderlichkeit der Maßnahmen nur selten positiv feststellbar, da die Richtigkeit einzelner Maßnahmen in der Regel eine vorwiegend politische Frage ist, die mit den Mitteln des IPWSKR nicht beantwortet werden kann. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit muß sich also auf die Frage der Angemessenheit getroffener Maßnahmen beschränken. 9. Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 5 IPWSKR findet auf allen drei Ebenen der Verwirklichung von Rechten Anwendung und schützt jeweils davor, daß die Ausübung der Rechte schlechthin unmöglich gemacht wird. 10. Das Diskriminierungsverbot entfaltet nur in beschränktem Maße Drittwirkung. Seine Anwendung auf die Regelung von Beziehungen zwischen Privatpersonen muß sehr restriktiv gehandhabt werden. Es ist der Entscheidung im Einzelfall überlassen, wo die Grenzen staatlicher Einwirkung auf den privaten Rechtsverkehr zu ziehen sind.

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11. Das Diskriminierungsverbot ist grundsätzlich unmittelbar anwendbar. Dies wird auf der Ebene der Erfiillung der Rechte relevant. Die Staaten können bei der Erfiillung der Rechte in der Regel nicht zur Vornahme oder Unterlassung einzelner Handlungen verpflichtet werden, weil sie auf dieser Ebene keine Handlungs-, sondern eher Ergebnisverpflichtungen übernommen haben. Wenn sie sich aber zur Gewährung von Leistungen entscheiden, so sind sie an das Diskriminierungsverbot gebunden. Das Diskriminierungsverbot bewirkt so, daß im Rahmen der vorhandenen staatlichen Mittel alle Menschen an der progressiven Erfiillung der Rechte gleichermaßen teilhaben. 12. Die Staaten, welche den Asylbewerberkindern kein Recht auf einen Schulplatz geben, verstoßen gegen das Diskriminierungsverbot, welches unmittelbar anwendbar ist. Damit hilft ihnen die Berufung auf mangelnde Ressourcen nicht, da sie bei der Verteilung der vorhandenen Ressourcen in den Schutzbereich des Diskriminierungsverbotes eingreifen. 13. Soweit das Diskriminierungsverbot die Staaten zur Vornahme von Handlungen verpflichtet, gilt auch in seinem Rahmen die Möglichkeit progressiver Realisierung. Relevant ist dies insbesondere bei der Frage der Bevorzugung einzelner Bevölkerungsgruppen im Sinne einer positiven Diskriminierung.

14. Die Ungleichbehandlung der Asylbewerber kann nur in gewissem Maße durch das Diskriminierungsverbot gerechtfertigt werden. Es können legitime Ziele der Ungleichbehandlungen angeführt werden, doch die getroffenen Maßnahmen sind nicht immer angemessen. Dabei spielt die Vorläufigkeit des Aufenthaltes von Asylbewerbern im Aufnahmestaat eine entscheidende Rolle. Solange ihr Aufenthalt noch als vorläufig bezeichnet werden kann, sind Einschränkungen ihrer Rechte als Ungleichbehandlungen zu rechtfertigen. Nur Regelungen, welche die Rechte der Asylbewerber und ihrer Kinder für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten beschränken, sind daher mit dem IPWSKR zu vereinbaren. Rechtsbeschränkungen, die länger andauern, sind unverhältnismäßig und damit durch das Diskriminierungsverbot nicht zu rechtfertigen. Dies gilt insbesondere für die Berufs- und die Bildungsfreiheit der Asylbewerber sowie die Pflicht der Staaten, den Asylbewerberkindern ein Recht auf einen Schulplatz einzuräumen. Die Unterlassung der Einführung der Schulpflicht für Asylbewerberkinder in Staaten, die ihnen ein Recht auf einen Schulplatz einräumen, kann dagegen nicht gerechtfertigt werden. 15. Art. 4 IPWSKR ist eine für alle im IPWSKR enthaltenen Rechte geltende Schranke. Rechte können demnach beschränkt werden, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage erfolgen, ein legitimes Ziel verfolgen und mit der Natur der Rechte vereinbar sind. Eine gesetzliche Grundlage haben Maßnahmen auch dann, wenn sie auf "common law" zurückzuführen sind, oder wenn sie als Rechtsverordnungen ergehen, die auf ein formelles Gesetz gestützt sind.

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Legitimes Ziel einer Rechtsbeschränkung ist das allgemeine Wohl in der demokratischen Gesellschaft, welches die Beachtung demokratischer Grundsätze bei der Einschränkung von Rechten erfordert. Die Pflicht zur Wahrung der Natur der Rechte entspricht der Pflicht aus Art. 5 IPWSKR, der ebenso wie Art. 4 IPWSKR vor der Aufhebung der Rechte schützen soll. 16. Da Art. 4 IPWSKR staatliche Eingriffe in die im Pakt anerkannten Rechte voraussetzt, sind Kollisionen mit der Möglichkeit progressiver Realisierung aus Art. 2 Abs. 1 IPWSKR, welche die unvollständige Verwirklichung der Rechte betrifft, nicht denkbar. Dagegen sind Art. 4 und das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 2 IPWSKR nebeneinander anwendbar, wobei ein logischer Prüfungsvorrang des Diskriminierungsverbotes darin gesehen werden könnte, daß es Bestandteil der Regelungen über die Verwirklichung der Rechte ist, während durch Art. 4 IPWSKR die Verwirklichung der Rechte dauerhaft verhindert werden kann. 17. Die Rechtfertigung der Beschränkungen der Rechte der Asylbewerber durch Art. 4 IPWSKR vollzieht sich in ähnlicher Weise wie die Rechtfertigung ihrer Ungleichbehandlung gegenüber ständigen Einwohnern der Vertragsstaaten. Lediglich die Frage der gesetzlichen Grundlage getroffener Maßnahmen hat sich im Rahmen des Diskriminierungsverbotes nicht gestellt. Soweit Rechtsbeschränkungen aufgrund einer Verwaltungspraxis vorgenommen werden, sind sie gemäß Art. 4 IPWSKR rechtswidrig.

Zum Vierten Teil: Die Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und der ihnen entsprechenden staatlichen Verpflichtungen 1. Die Klage eines Vertragsstaates vor dem Internationalen Gerichtshof auf Zahlung einer Entschädigung aufgrund von Menschenrechtsverletzungen nach den allgemeinen Regeln der Staatenverantwortlichkeit ist möglich, denn das Berichtsprüfungsverfahren des IPWSKR schließt die Anwendung sonstiger Verfahren zur Streitbeilegung nicht aus. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit solcher Klagen sehr gering, da durch die Menschenrechtsverletzungen nur Menschen, nicht aber die übrigen Vertragsstaaten unmittelbar betroffen sind. Es ist nicht zu erwarten, daß sich Staaten finden werden, die bereit sind, die Rechte der Asylbewerber durchzusetzen. 2. Art. 26 IPBPR enthält nach der Rechtsprechung des Menschenrechtsausschusses ein abstrakt geltendes Verbot der Diskriminierung vor dem Gesetz und durch das Gesetz. Es ist nicht nur auf die im IPBPR enthaltenen Rechte anwendbar, sondern auch auf die Rechte des IPWSKR und sogar auf Rechte, die völkerrechtlich nicht kodifiziert sind. Daher können die Asylbewerber das Individualbeschwerdeverfahren des IPBPR nutzen, um die Feststellung von Verletzungen ihrer Rechte auf Arbeit und Bildung zu erreichen.

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3. Die Anwendbarkeit des IPWSKR im innerstaatlichen Recht hängt zunächst davon ab, wie die Staaten völkerrechtliche Verträge innerstaatlich umsetzen. Nur in Staaten, in denen der Pakt nach der monistischen Konzeption unmittelbar gilt, oder die den Pakt in ihr innerstaatliches Recht inkorporieren, kann er vor innerstaatlichen Gerichten und Behörden angewandt werden. 4. Die im IPWSKR anerkannten Rechte sind justiziabel, soweit sie Abwehrrechte gegenüber staatlichen Eingriffen enthalten. Die den Abwehrrechten korrespondierenden staatlichen Verpflichtungen bedürfen keiner weiteren Umsetzungsmaßnahmen und sind, soweit die Rechte auf Arbeit und Bildung betroffen sind, ausreichend präzise formuliert. 5. Da der Schutz der Rechte einzelner den Eingriff in die Rechte anderer zwingend voraussetzt, ist er ohne gesetzliche Grundlage nicht zu verwirklichen. Die Begünstigung der durch die Gesetze zu schützenden Personen stellt lediglich einen Reflex der zwischenstaatlichen Verpflichtungen zum Erlaß von Schutzmaßnahmen dar. Auf der Ebene des Schutzes sind die Rechte daher nicht unmittelbar anwendbar. 6. Da die Erfüllung der im IPWSKR anerkannten Rechte staatliche Leistungen erfordert, deren Ausgestaltung weitgehend in das staatliche Ermessen gestellt ist, können die Rechte auf dieser Ebene der Verwirklichung nicht unmittelbar angewandt werden. Die Pflicht zur Erfüllung der Rechte kann aber justiziabel werden, wenn die Staaten bei der Erfüllung gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, welches unmittelbar anwendbar ist. Die Staaten müssen die vorhandenen Ressourcen so verteilen, daß sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen unterbleiben.

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Sachverzeichnis Afrikanische Menschenrechtskommission 77 Afrikanische Menschenrechtskonvention 77,79,114,126,199 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 67ff., 79, 114, 125f., 133, 170,174,199f. Amerikanische Menschenrechtskommission 76f. Amerikanische Menschenrechtskonvention 76f.,79, 114, 126, 170, 199 Amerikanischer Menschenrechtsgerichtshof 76f., 175,216 Anspruch auf Arbeitserlaubnis 4Of., 193 Anspruch auf einen Arbeitsplatz 10Hf Anspruch auf Unterrichtung 57ff., 140ff. Arbeitserlaubnis nach Lage am Arbeitsmarkt 46ff., 193ff. Arbeitsverbot 41ff., 193ff. - zeitlich beschränkt 41ff. - zeitlich unbeschränkt 44ff. Asyl im Völkerrecht 26ff. Asylbewerberzahlen 24ff. Asylverfahren 30ff., 37ff. Aufenthaltsrecht 33f., 37 Ausbildungsprogramme 107f. Ausschuß über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 71 ff., 152ff., 201,220,232 ~chUqxüftxngsverfahren

71ff., 214

Berufsfreiheit siehe Recht auf freie Berufswahl Bildungsfreiheit 127ff., 196f. Bildungsziele 125ff. Binnenmarkt 28f. Charta der Vereinten Nationen 66f.

Dauerhafter Aufenthalt 88ff. Diskriminierungsverbot 170ff.,207f., 217ff. - Defmition der Diskriminierung 172ff. - IPWSKR 81ff., 128f., 171 - Positive Diskriminierung 185f. - Rechtfertigungsmöglichkeiten 176f., 186ff. - Ungleichbehandlung 175f., 186ff. Drittwirkung103f., 181 Dualismus 226f. Dubliner Abkommen 30 Durchsetzung der Rechte siehe Verwirklichung der Rechte Elternrechte 132f. Entwicklung der wirtschaftlichen, s0zialen und kulturellen Rechte siehe Geschichte des IPWSKR Europäische Menschemechtskommission 74, 136f. Europäische Menschenrechtskonvention 74,79,115,127,134,170 Europäische Sozialcharta 75, 79, 107, 199

Sachverzeichnis Europäische Union 99ff. Europäischer Menschenrechtsgerichtshof74, 117, 123, 137f., 174f.,216, 220 Europarat 74f. Fachliche und berufliche Beratung 106f F1uchtgrtlnde 24ff., 27f., 31f. FlüchtlingsdefInition 27f., 34fT. Freie Berufswahl 96fT. Garantie des Arbeitsplatzes siehe Anspruch auf einen Arbeitsplatz General Comments 73,152fT. Genfer Flüchtlingskonvention 26ff. Geschichte des IPWSKR 61 ff.

279

Justiziabilität 231 ff. Kinder 116ff. KinderrechtSkonvention siehe Übereinkommen über die Rechte des Kindes Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau siehe GeschlechtsspezifIsche Diskriminierung Konvention zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung siehe Rassendiskriminierung Leistungspflichten 140ff. Menschenrechtscharta 65 MenschenrechtSkommission 67

Harmonisierung der Asylpolitiken 30, 32ff.

Minderheitenschutzverträge 63ff. Mindestgarantien 33fT. Minimal ThresholdApproach 164f Möglichkeit zum Schulbesuch 59f. Monismus 225f.

ILO-Konvention Nr. 111 173, 178 ILO-Konvention Nr. 142 107f. Individualbeschwerdeverfahren

Natur der Rechte 19ff, 205f. Negative Bildungsfreiheit 130ff. Negative Freiheit der Berufswahl 98ff.

GeschlechtsspezifIsche Diskriminierung 172,l77f

- IPBPR 215ff. - IPWSKR 72f, 240f Innerstaatliche Rechtsmittel 225ff. Internationale Arbeitsorganisation 61 fT. 79,107ff. Internationale Menschenrechtspakte 69ff. Internationaler Gerichtshof 213f Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 115, 135, 137, 156,170,199, 203f, 217ff., 230 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 71ff.

Offensichtlich unbegrtlndete Asylanträge 31fT. Organisation Amerikanischer Staaten 76f Organisation der Afrikanischen Einheit 77f Politik der Vollbeschäftigung l04f Private Bildungseinrichtungen l04ff. Rassendiskriminierung 172, 177f Recht auf Arbeit 78ff., 192ff. - DefInition der Arbeit 95f.

280

Sachveneichnis

- Persönlicher Geltungsbereich 80ff. - Sachlicher Geltungsbereich 94ff.

Sichere Aufnahmedrittländer 32 Sichere HerkWlfts1änder 31f.

Recht aufBildWlg 1l2ff., 196ff.

Staatsangehörigkeit 80f.

- Deflnition der Bi1dWlg 123ff. - Persönlicher Geltungsbereich 115f. - Sachlicher Geltungsbereich 121 Recht auf Eigentwn 221 Recht auf EntwicklWlg 166ff. Recht auf freie Berufswahl 96ff. Recht auf soziale Sicherheit 219ff. Rechtmäßiger Aufenthalt 87f. Refoulement-Verbot

Transitbereich 90f., 192 'Übereinkommen gegen DiskriminierlU1g im Unterrichtswesen 115, 173, 178 Übereinkommen über die Rechte des Kindes 114, 118f., 126 UNESCO 114 Unmittelbare Anwendbarkeit 228ff.

Ressourcenknappheit 160ff.

Unselbständige Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern 39ff.,109ff.

Schengener Abkommen 29f. Schranken 152ff., 199ff.

- Belgien 40f., 11Of. - Dänemark 44, 11Off. - Deutschland 42,47, 11 Off.

- Allgemeines Wohl 204 - Demokratische Gesellschaft 204f. - Gesetzliche Grundlage 202f.,208f. - Legitimes Ziel 203f., 209 Schulbesuch 54ff., 147ff. - Belgien 54, 148ff. - Dänemark 57f. 150

- Finnland 42f., 11Off. - Frankreich 47f., 111f. - Griechenland 44f., HOff. - Großbritannien 43, 11Off. - Irland 45, 11Off. - Italien 45, 110ff. - Luxemburg 48f., 111 f.

- Deutschland 54f., 59, 147ff.

- Niederlande 49f., 111f.

- Finnland 58, 150

- Österreich 50f., 111 f.

-

- Portugal 45f., 11 Off. - Schweden 43f., 11 Off. - Spanien 5lf., 111 f. Unterrichtssprache 129f., 145f.

Frankreich 55, 150 Griechenland 53 Großbritannien 55, 150 Irland 58, 150 Italien 56, 150

- Niederlande 56, 150 - Österreich 56, 150

Verbot der Zwangsarbeit 101 Vereinte Nationen 66ff.

- Portugal 58f.

Vergemeinschaftung des Asylrechts 35ff. Verhältnismäßigkeit 178, 189ff., 209f., 222f. Versailler Friedensvertrag 61

- Schweden 57 - Spanien 59, 150 Schulpflicht 54ff., 197f.

Sachverzeichnis Vertrag über die Europäische Union 32ff. Vertrag von Amsterdam 35 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft 28ff. Verwirklichung der Rechte 21, 153ff., 182ff. - Erfilllung 157, 183ff., 236f.

281

- progressiv 143ff., 154, 159, 206f. - Respekt 158, 233ff. - Schutz 157,235f. - wunitte1bar 155 Völkerbund 63 Vorbehalte 91 ff. Wesensgehalt 164f., 179f.