Die "Rationalität" des Nationalsozialismus: zur Kritik philosophischer Faschismustheorien am Beispiel der Kritischen Theorie

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Die "Rationalität" des Nationalsozialismus: zur Kritik philosophischer Faschismustheorien am Beispiel der Kritischen Theorie

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»Im Augenblick ihrer Vollendung ist

Michael Schäfer

die Vernunft irrational und dumm

Die »Rationalität«

geworden«, schrieb Horkheimer 1947 im Hinblick auf die Erfahrungen

des Nationalsozialismus

des Nationalsozialismus. Will man aber die »Verflechtung von Rationalität und gesellschaftlicher Wirklichkeit« angemessen

beschreiben und erklären, muß ein komplexerer Begriff von Rationalität zur Verfügung stehen.

Zur Kritik philosophischer Faschismustheorien am Beispiel der

Kritischen Theorie IS8N

3-Θ9647-021 Χ

BELIZ

Athenäum

Michael Schäfer

Die „Rationalität“ des Nationalsozialismus

Michael Schäfer Die Auseinandersetzung mit den Faschismustheorien der Kritischen Theorie hat Schäfer zu einem zwiespältigen Ergebnis geführt: Einerseits bieten diese nach wie vor einen bisher unübertroffenen, immer noch aktuellen interdisziplinären Ansatz für eine breit gefächerte Vielfalt von wissenschaftlichen Analysen des national­ sozialistischen Systems. Andererseits zeigen die vom interdisziplinären Projekt abgekoppelten philosophischen Faschismustheorien von Horkheimer und Adorno begriffliche Inkonsistenzen und Verkürzungen. Dabei ergibt sich ein erstes Problem daraus, daß Horkheimer und Adorno den Nationalsozialismus in ihren philosophischen Schriften allein unter dem Aspekt der instrumentellen Vernunft untersuchten. Ein zweites daraus, daß sie sich mit ihrer philosophischen Faschismustheorie von empirischen Studien abgekoppelt hatten, die ja - bis heute im wesentlichen unbe­ stritten - mit den eindrucksvollen Arbeiten von Neumann und Kirchheimer aus dem eigenen Schulzusammenhang vorlagen. Diese ebneten mit ihrer eingeschränkten Vernunft- oder Rationalitätskritik einen gangbaren Weg, auf dem empirische Bei­ träge zur Frage gesellschaftlicher Rationalisierung erarbeitet werden können, die eine konkrete Grundlage auch für normative Konzeptionen abgeben. Schäfers Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie ist geboten, weil zum einen viele Philosophen auch heute noch die hier bestrittene populäre Auffassung vertreten, daß zwischen Rationalität und nationalsozialistischer Herrschaft ein innerer und notwendiger Zusammenhang besteht. Zum anderen bietet die Ausein­ andersetzung die Gelegenheit, sich mit der Frage zu befassen, ob philosophische Faschismustheorien überhaupt einen relevanten Beitrag zum Verständnis dieses Phänomens leisten können.

Michael Schäfer, geb. 1953 in Berlin, studierte nach einer sechsjährigen Tätigkeit im Bundesverwaltungsdienst Philosophie, Geschichte und Germanistik in Berlin und Amsterdam. Nach dem Studium Dozent und Research Assistant am Fachbe­ reich Praktische Philosophie der Universiteit van Amsterdam. 1993 Promotion in Philosophie. Seit 1994 Research Fellow der Netherlands Organizationfor Scienti­ fic Research (NWO) und Jean Monnet Fellow am Europäischen Hochschulinstitut in Horenz.

Die „Rationalität“ des Nationalsozialismus Zur Kritik philosophischer F aschismustheorien am Beispiel der Kritischen Theorie

BELIZ

Athenäum

Inhalt

Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, Vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 1994 Beltz Athenäum Verlag, Weinheim Druck und Bindung : Druckhaus Thomas Müntzer, Bad Langensalza Printed in Germany ISBN 3-89547-021-X

Vorwort............................................................................

7

Einleitung........................................................................

9

1.

Nationalsozialismus und Liberalismus...................

35

1.1.

Liberalismus und Kritische Theorie........................

36

1.2.

Nationalsozialismus: vier Interpretationen............

46

2.

„Autoritärer Staat“ oder „Behemoth“......................

56

3.

Die Kritik der instrumentellen Vernunft als Erklä­ rungsmodell nationalsozialistischer Herrschaft. ..

78

3.1.

Von der Kritik des autoritären Staats zur Kritik der instrumentellen Vernunft..............................................

78

3.2.

Zum Begriff der Vernunft............................................

85

3.3.

Vemunftkritik und Antisemitismus...........................

92

4.

„Zweckrationalität“ und „instrumentelle Ver­ nunft“ im Zusammenhang mit der Vernichtung der europäischen Juden.......................................................... 109

4.1.

Webers Handlungs-und Rationalitätstypen............ 109

4.2.

„Instrumentelle Vernunft“ und „Zweckrationali­

tät“.........................................................................................117

4.3.

Historische Erklärungsmodelle..................................... 126

4.4.

Strukturgleichheit

von

„Wertrationalität“

und

„Mittelrationalität“.......................................................... 128

5.

Der moderne Staat, seine Rationalität und der Na­ tionalsozialismus - Max Weber, Franz Neumann und Otto Kirchheimer -

Vorwort

.............................................. 135

5.1.

Die neuere Diskussion über das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne............................. 135

5.2.

Webers Begriff der rationalen Herrschaft...............146

An diesem Buch habe ich viereinhalb Jahre lang gearbeitet.

5.2.1. Die Rationalisierung des Rechts.................................. 151 5.2.2. Die Theorie der Bürokratisierung................................160

5.2.3. Die Rationalisierung des Rechts und ihre Bezie­ hung zum Kapitalismus...................................................165 5.3.

6.

Neumanns und Kirchheimers Theorie des Natio­ nalsozialismus ................................................................... 169

Schlußbetrachtung............................................................. 183

Literaturverzeichnis..........................................................191

Personenregister.............................................................. 232 Sachregister....................................................................... 236

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Doch hat das Buch eine längere Geschichte. Sie beginnt mit dem Staunen über den Verlauf der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert und mein daraus resultierendes, langjähriges Ringen mit bestimmten Traditionen meines Heimatlandes. Letztendlich waren dies wohl die wesentlichen Faktoren, die nach Aufgabe meines erlernten Berufes für meine Studienwahl unmittelbar von Bedeutung waren. Erst relativ spät, eigentlich erst am Ende meines Studiums, habe ich mich mit der Kriti­ schen Theorie auseinandergesetzt. Ihre Theorien über den Nationalsozialismus faszinierten mich von Anfang an, waren mir doch bis dahin nur die ,trockenen1 empirischen Studien aus der Geschichtswissenschaft geläufig. Der Besuch von Vorlesungen und Kolloquien bei Emst Nolte, in denen die Geschichte des Faschismus und die Geschichte der modernen Philosophie behandelt wurden, hat in Berlin zu einem inter­ disziplinären Denken geführt, das in Amsterdam in meiner Magisterarbeit (doctoraalscriptie) seinen ersten Niederschlag fand und das in dieser Arbeit sein vorläufiges Ende findet. Das vorliegende Buch wurde im Frühjahr 1993 von der Faculteit der Wijsbegeerte der Universiteit van Amsterdam als Dis­ sertation angenommen. Sie wurde von Veit-Michael Bader betreut. Seine verläßliche Unterstützung, sein immenses Wis­ sen - das mich immer aufs neue überrraschte - und seine ergiebige Kritik waren überaus hilfreich. Von dieser Zusammenarbeit habe ich viel gelernt. Des weiteren haben mir auf dieser langen Wegstrecke mit den unterschiedlichsten Hinweisen und mit Kommentaren zu den früheren Fassungen meines Manuskripts geholfen: Maarten Brands, Dan Diner, Golo Mann, Hans Mommsen, Maarten van Nierop, Willem van Reijen und Rudolf Valkhoff. Den Mitar-

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beitem und Studenten meiner Fakultät (vakgroep Sociale Fi­ losofie, seit 1991 vakgroep Praktische Filosofie) danke ich für anregende Diskussionen, Jozef Keulartz für die Übersetzung der in den Niederlanden üblichen Zusammenfassung. Harry Kunneman hat die Arbeit mit Kompetenz und mit einem beträchtlichen Maß an streitbarer Toleranz gefördert; Herbert Schnädelbach hat sie mit Interesse von Anfang an begleitet. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Gabriele Varga von Kibéd und Gabriela D. Walterspiel danke ich für die Hilfe beim Prozeß der Verbesserungen des Manuskripts. Mein unwägbarer Dank für die Geduld und für das mir entge­ gengebrachte Vertrauen gilt Margit Èva Kibédi Varga. Ihr und den beiden, die Opfer der Deportationen wurden - ist dieses Buch gewidmet.

Einleitung „Es war eine Zeit in welcher (die Vernunft) die Königin aller Wissenschaften genannt

wurde, und (...) so verdiente sie (...) diesen Ehrennamen. Jetzt bringt es der Modeton des

Zeitalters so mit sich, ihr alle Verachtung zu beweisen und die Matrone klagt verstoßen

und verlassen, wie Hecuba: modo maxima

rerum, tot generis natisque potens - mine trahorexul, inops“' Immanuel Kant ,,[W]ir haben es nach der Seite der Geschichte mit dem zu tun, was gewesen ist, und mit dem,

Amsterdam, im März 1994

was ist, - in der Philosophie aber mit dem, was

weder nur gewesen ist noch erst nur sein wird,

sondern mit dem, was ist und ewig ist - mit der Vernunft, und damit haben wir zur Genüge zu tun.“1 2

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Eine erneute Auseinandersetzung mit den „Faschismustheorien der Kritischen Theorie“ (Schäfer 1991 )3 scheint mir aus 1 Kant (1968a. Vorrede Vili bis IX). Übersetzung: „eben noch die Allerhöchste, mächtig durch so viel Schwiegersöhne und Kinder, werde ich jetzt, verstoßen und hilflos, hinweggeführt." 2 Hegel (1986, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte [1822-1831], Werke 12, 114). 3 Dieses Buch ist eine Fortsetzung meiner Magisterarbeit. Es stellt den Versuch dar, die dort nur im Ansatz formulierte Kritik am Rationalitätsbegriff der Kriti­ schen Theorie im Zusammenhang mit deren Theorie des Nationalsozialismus systematisch fortzusetzen. Wenn wir die seit Anfang der siebziger Jahre verstärkt einsetzende Rezeption der Kritischen Theorie betrachten, so sind vor allem die Schriften von Jay (1973), A. Schmidt(1976,1979,1981,1986),Dubiel(l978),Söllner( 1979,1981,1982, 1983), Honneth (1985, 1989), Habermas (1984), Van Reijen (1984) und das Standardwerk von Wiggershaus (1986), das auch noch das Werk von Habermas

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zweierlei Gründen geboten. Zum einen, weil vorwiegend Phi­ losophen immer noch die hier zu bestreitende populäre Auf­ fassung vertreten, daß zwischen Rationalität und nationalso­ zialistischer Herrschaft ein innerer und notwendiger mitberiicksichtigt, zu erwähnen. Sie haben das Theorie- und Forschungspro­ gramm, das den Arbeiten der Kritischen Theorie zugrunde liegt, ausführlich dargestellt. Dieses wird hier dann auch nur insoweit in Erinnerung gerufen, als es für die Rekonstruktion der am Institut für Sozialforschung entwickelten Theorien über den Nationalsozialismus bedeutsam ist. Jays Pionierleistung be­ stand in der Aufarbeitung der theoretischen Entwicklungsgeschichte der Frank­ furter Schule. Dubiels wissenssoziologische Arbeit bildet den erstmaligen Ver­ such, „den Theoriebildungsprozeß des Frankfurter Kreises zwischen 1930 und 1945 als theorieförmige Reflexion seiner politisch-historischen Erfahrung“ (1978, 11) zu lesen. Wahrend sich diese beiden historischen Beiträge eher an der Entwicklung Horkheimers orientieren, ist es Söllners Verdienst, die von Neu­ mann und Kirchheimer durchgeführten Untersuchungen zur Rechts- und Gesell­ schaftstruktur des Nationalsozialismus hervorgehoben zu haben. Cramers Abhandlung verstand sich hingegen als erste theoretische Auseinander­ setzung mit „kritischer Faschismustheorie“ (1979, 9). Im Mittelpunkt seiner wenig rezipierten Untersuchung steht aber lediglich „Hitlers Antisemitismus“, so daß er - wenn auch vom Titel her ersichtlich - die für seine angestrebte umfassende Beschreibung der Faschismusanalysen der Kritischen Theorie so wichtigen Autoren wie Friedrich Pollock, Otto Kirchheimer und Herbert Marcuse nicht berücksichtigte, da sie dem Antisemitismus in ihren Untersuchun­ gen des deutschen Nationalsozialismus keinerlei Bedeutung beimaßen. Die wichtige Kontroverse am Institut um die theoretische Einschätzung des Natio­ nalsozialismus mit ihren weitreichenden Folgen, die sich in den vemunftkritischen Faschismustheorien Horkheimers und Adornos in besonderer Weise aus­ drückt, waren somit für Cramer ebenfalls kein Thema. Neben der Einleitung von Dubie) und Söllner zu den Schriften der Kritischen Theorie über „Wirtschaft, Recht und Staat im Nationalsozialismus“ (1984, 7-31) liegt schließlich mit Wilsons (1982) Untersuchung, die aus einer von Eike Hennig betreuten Dissertation hervorgegangen ist, die bisher umfangreichste Darstellung der Arbeiten zum Nationalsozialismus im Institut für Sozialfor­ schung vor. Doch beschränkt sich seine Arbeit größtenteils auf eine eher referie­ rende Darstellung der Analysen bis zum Zeitpunkt der Einstellung der .Zeitschrift für Sozialforschung' und geht den Gründen kaum nach, warum Horkheimer im Zusammenhang mit seiner Faschismustheorie das Programm einer interdiszipli­ när angelegten Sozialforschung zugunsten einer radikalisierten Vemunftkritik aufgab. Die Gründe für diese Wende finden sich dann auch in den von Wilson nicht mehr behandelten vemunftkritischen Faschismustheorien dargelegt.

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Zusammenhang besteht. So ist bei ihnen die Rede vom „nazi­ stischen Rationalismus“ (Horkheimer 1985a, 119) zur belieb­ ten, weithin anerkannten communis opinio geworden, die zu­ dem bei vielen eine über den Gegenstand hinausweisende zivilisationskritische Bedeutung erhält.4 Jürgen Habermas, der den Faschismus nie theoretisch zum Thema gemacht hat, beschränkt sich auf eine bloße Beschreibung der Faschismus­ theorie Horkheimers und Adornos. Er scheint ihren Thesen insofern zuzustimmen, als diese „nicht nur die Klassenbasis, auf der der Faschismus zur Macht gelangt ist“ erklären, „son­ dern auch die geschichtliche Funktion (...), nämlich in einer .verspäteten Nation' die Prozesse der gesellschaftlichen Modernisierung zu beschleunigen“ (Habermas 1981c, 492-494).5 Martin Heidegger versteht den Nationalsozialis­ mus im wesentlichen als die Ausprägung einer „seit Jahrhun­ derten verherrlichte[n] Vernunft“, die „die hartnäckigste Widersacherin des Denkens ist“ (Heidegger 1950, 247).6 Paul

4 Siehe auch die Kritik von Diner (1992,359) an neuen „Erklärungsversuchen der Endlösung“. Schließlich gibt es ja auch unter namhaften Historikern einige, wie z. B. erstmals Kogon (1989. 23), die ihre wertvollen und umfassenden empiri­ schen Untersuchungen über die nationalsozialistischen Vernichtungslager mit einer generalisierenden zivilisationskritischen Verurteilung der Aufklärung, der Moderne und ihrer Rationalität glauben untermauern zu müssen. Zu den erneu­ ten, wenig überzeugenden Bestrebungen von Historikern und Soziologen, der nationalsozialistischen Vernichtung der Juden ausschließlich rationale Motive zuzuschreiben, so daß Auschwitz als „Folge einer gnadenlosen instrumentali­ sierten Vernunft“ vor dem Hintergrund eines für die Moderne typisch „planen­ den, praxisorientierten Rationalismus“ erscheint, sind vor allem die Schriften von Aly und Heim (Zitate aus: 1991a, 19, 485 u. 1991b) und Bauman (1992) symptomatisch. 5 Allerdings hob Habermas später in einem Interview mit Robert Maggiori (in: 1990,33) differenzierter hervor, daß in Deutschland die Kritik an der Aufklärung und an den Idealen der Französischen Revolution fast zweihundert Jahre lang kultiviert wurde : „Die praktische Umsetzung dieser Vorurteile war der Faschis­ mus." 6 Vietta (1989) geht ausführlich auf Heideggers (1986, 1989) „Kritik am Natio­ nalsozialismus“ ein. Ihm geht es dabei vor allem darum, „ob Heideggers Denken,

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Lorenzen, Mitbegründer der „Erlanger Schule“, begreift den Nationalsozialismus als ein Ergebnis der einseitig die „mathematisch-technische Vernunft“ begünstigenden „euro­ päischen Aufklärung“ (Lorenzen 1989, 143). Paul Feyer­ abend spricht kurz und bündig vom „Ratiofaschismus“ (Feyerabend 1979, 89). Jean Baudrillard sieht im Faschis­ mus, von dem eine „Faszination“ ausgehe, einen berechtigten Widerstand gegen etwas noch Schlimmeres, nämlich gegen das „Rationale“ (Baudrillard 1989, 149; 1981, 71). Für den führenden Vertreter der postmodernen Philosophie JeanFrangois Lyotard verkörpert der Nationalsozialismus schlechthin ,,rationale[n] Terror“ (Lyotard 1987, 177; 1985,

auch nach dem Krieg, in einer dauernden Nähe zum Nationalsozialismus blieb, oder ob dieses Denken sich kritisch vom Nationalsozialismus abgelöst hat“ (8). Heideggers „explizite philosophische Kritik“ (9) des Nationalsozialismus er­ reicht allerdings bei weitem nicht den Umfang der theoretischen Auseinander­ setzung Kritischer Theorie. Um Heidegger eine „gerechtere Beurteilung“ im Zusammenhang mit seiner Kooperation mit dem NS-Staat zukommen zu lassen (8), arbeitet Vietta heraus, daß dieser den Nationalsozialismus seit 1934 im wesentlichen als eine „Erscheinungsform des Nihilismus, der .Seinsverlassenheit“‘ begriff (5, 1 Off.). Seine „metaphysikhistorische Entfaltung der Vernunft­ kritik“ bestimmt er dabei als Kem der sich entfaltenden Faschismuskritik Hei­ deggers (6). Bei näherem Hinsehen überrascht die verblüffend ähnliche, schablonenhafte Anwendung des Konzepts einer Kritik der subjektiven Vernunft auf den Nationalsozialismus, wie wir sie auch bei Horkheimer und Adorno vorfinden (31, 45 ff., 66, 78, 81, 86) und die von Vietta übrigens nicht bemerkt und überhaupt nicht problematisiert wird (wie auch die allgemeinen Behauptun­ gen über den vermeintlichen „Rationalisierungs- und Modemisierungsschub“ des Nationalsozialismus [33ff.]). Statt dessen mokiert er sich über Habermas' berechtigte Kritik, „daß Heidegger die politische und gesellschaftliche Praxis hastig unter einige stereotype Stichworte (subsumiert), ohne auch nur den Versuch einer differenzierenden Beschreibung, geschweige denn einer empiri­ schen Analyse zu unternehmen“ (Habermas 1991, Martin Heidegger - Werk und Weltanschauung [1989], 66). Zur Auseinandersetzung mit Heidegger in Frank­ reich aufgrund der Veröffentlichung des Buches von Farias ( 1987) und der Frage, welche Motive des okzidentalen Denkens im Nationalsozialismus zum Ausdruck gekommen sind, siehe: Derrida (1987), Lacoue-Labarthe (1987), Lyotard (1988a) und Bourdieu (1988).

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563).7 Besonders typisch für eine allgemeine Verurteilung der Vernunft sind schließlich die bekannten Sätze von Michel Foucault, die sich auf die totalitären Herrschaftssysteme unse­ res Jahrhunderts beziehen, deren „blutige Macht“ er in der „Macht der Vernunft“ und ihrer „Folter“ verkörpert sieht“ (Foucault 1977, 64, 65).8 Die erneute Auseinandersetzung bietet damit zum anderen die Gelegenheit, sich mit der bisher in der Rezeption nicht beant­ worteten Frage zu befassen, ob philosophische Faschismus­ theorien (oder die eher beiläufigen Bemerkungen von Philo­ sophen zum Nationalsozialismus), die in ihrer Abstraktheit Historisches und Systematisches methodisch nur schwer von­ einander zu trennen vermögen und dabei die Rolle der Ratio­ nalität einseitig überbetonen, überhaupt einen relevanten Bei­ trag zum besseren Verständnis des Nationalsozialismus liefern können. Schließlich haben wir es ja beim Nationalsozialismus mit einem politischen und gesellschaftlichen Phänomen zu tun, das als „Vergangenheit, die nicht vergehen will“ das für 7 In einem Gespräch mit Van Reijen und Veerman hat Lyotard (1988b, 105) allerdings hervorgehoben, ohne dabei auf den Nationalsozialismus einzugehen, „daß es nicht die eine Vernunft gibt, sondern die Vernunft im Plural“. Es komme darauf an zu zeigen, daß man es „nie mit einer massiven, einzigen Vernunft zu tun hat (. ..)“ (106). 8 Nun hebt Foucault zwar in dem Gespräch mit Boesers hervor, daß man von Folter nur in bezug auf die „instrumentelle“ oder „technologische Vernunft“ sprechen könne, weil im Französischen mit raison eben nur letztere Bedeutungen gemeint seien, niemals aber von der Vernunft, da „Vernunft im Deutschen (...) eine breitere Bedeutung als raison im Französischen habe“. Abgesehen davon, daß diese Behauptung höchst zweifelhaft ist, fragt man sich, warum Foucault das gleichsam „tänzerische Interview“ (Michael Walzer), in dem er widersprüchliche Positionen mit Bezug auf die Vernunft bezieht, unter dem Titel „Die Folter, das ist die Vernunft“ (La torture, c’est la raison) veröffentlichen ließ. Doch wohl nur darum, weil man, wenn es um die Beschreibung des Zusammenhangs von totalitären Herrschaftssystemen und Vemunft/Rationalität geht, es begrifflich nicht allzu genau nimmt. So verwundert es dann auch nicht, daß insbesondere Horkheimers und Adornos „Oeuvres“ für Foucault (1986,6) die „plus importan­ tes et (...) plus précieuses“ sind.

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Europa zweifellos folgenreichste Geschehen unseres langsam zu Ende gehenden Jahrhunderts darstellt.9 Für die Beschäftigung mit diesen beiden Fragestellungen scheint die von mir vorgenommene Wahl der Kritischen Theorie am ehesten auf der Hand zu liegen. Denn die Kri­ tische Theorie hat mit ihren Faschismustheorien eine Reihe von Arbeiten hinterlassen, die in vielerlei Hinsicht einzigartig sind. Nicht nur weil der deutsche Nationalsozialis­ mus - denn den meinten die Vertreter der Kritischen Theorie ja immer dann, wenn sie von Faschismus sprachen10 - hier wie

So der Historiker Christian Meier (1992), der in der Beantwortung der Frage, ,,[w]as die kommunistische von der nationalsozialistischen Geschichte unter­ scheidet“, zu der m.E. richtigen Schlußfolgerung kommt, „daß die Vergangen­ heit NS-Deutschlands“, die „auch bald 50 Jahre nach Kriegsende nicht vergehen will“, nicht auf die Bewältigung der Vergangenheit der kommunistischen Regi­ me übertragen werden kann : „So schlimm, so schwer vorstellbar auch war, was dort geschah, es leistet dem Verstehen keinen solchen Widerstand, es hat keine solche mythische Bedeutung wie die Vernichtung von sechs Millionen Juden.“ So haben z. B. die Ereignisse um den Golfkrieg wieder einmal gezeigt, wie schnell die Vergangenheit über die Gegenwart hereinbrechen kann. Die Giftgas­ lieferungen westdeutscher Unternehmen an den Irak wurden nicht nur in Israel sofort mit Auschwitz assoziiert. Nolte (in: „Historikerstreit“ 1987, 39) mit seinem Aufsatz „Die Vergangenheit, die nicht vergeht“ meint hingegen, daß die Sonderstellung der nationalsozialistischen Vergangenheit ,,alsSchreckbild“und damit für Deutschland „wie ein Richtschwert über der Gegenwart“ hängt. Zur Gegenwärtigkeit des Nationalsozialismus als psychisches Problem in der deut­ schen Gesellschaft, vgi. den Aufsatz von Bohleber (1990) und die neue Publi­ kation von Bude (1992). 10 Zwar sollte in dem von Horkheimer angekündigten, aber nie realisierten Buch über die .Theorie des Faschismus' „der Vergleich zwischen den Abweichungen der deutschen und der italienischen Ideologien und Institutionen“ einen wichti­ gen Bestandteil bilden. Gezeigt werden sollte, „daß diese Differenzen nicht zum Wesen, sondern zur Oberfläche gehören“ (Horkheimer 1985d : Idee, Aktivität und Programm des Instituts für Sozialforschung [1938], 162). Allerdings wurde trotz dieses Vorsatzes immer nur der deutsche Nationalsozialismus untersucht oder gemeint. Von einigen wenigen eher beiläufigen Ausnahmen bei Neumann abgesehen (1980, 340ff., 345ff.; 1984, 554 u. 1934), gab es keine institutsintemen Untersuchungen, die sich mit dem italienischen Faschismus oder anderen faschistischen Bewegungen und Regimes befaßten, um sich der von Horkheimer

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nirgendwo anders „thematisch“ so „frontal in philosophisch wichtig gewordenen Schriften behandelt wurde“ (Kuhlmann, in: Forum für Philosophie 1988, 16), sondern auch wegen der breit gefächerten Vielfalt der fachwissenschaftlichen Analysen sowie der Komplexität der Bezüge, die von den Vertretern der zum Ziel gesetzten analytischen Tragfähigkeit eines allgemeinen Faschismus­ begriffs zu vergewissern. In der Geschichtswissenschaft ist es dagegen durchaus umstritten, ob der .Faschismus' einen Typusbegriff bildet, unter den dann auch der deutsche Nationalsozialismus subsumiert werden kann. In derBegriffskontroverse lassen sich drei Gruppen unterschiedlicher Haltungen unterscheiden. Siehe dazu insbes.: Hofer (1983, 19ff.) und R. Schmidt (1985, 41 ff.): 1) Ein generalisierender Begriff des Faschismus sei grundsätzlich abzulehnen, weil fundamentale Unterschiede in den Voraussetzungen (z. B. Rassismus und Antisemitismus), Erscheinungsformen, Binnenstrukturen der Herrschaftsorga­ nisation (Bach 1990) und Zielen innerhalb der faschistischen Bewegungen verschleiert würden, vor allem die verschiedenen nationalen und politischen Traditionen sowie die unterschiedlichen sozialökonomischen Bedingungen. Außerdem bewirke ein inflationärer Gebrauch des Faschismusbegriffs eine Verharmlosung des deutschen Nationalsozialismus. So immer noch vor allem: Bracher (1991). 2) Ein generalisierender Begriff des Faschismus liefere den entscheidenen Beitrag zur Erklärung eines europäischen Faschismus. Dieser sei als Instrument des Kapitals und als Konsequenz einer monopolkapitalistischen Gesellschaft zu sehen. Aus dieser sozialen Funktion ist sodann der spezifisch reaktionäre Charakter faschistischer Ideologien und Systeme abzuleiten. Der Nationalso­ zialismus sei unter diesem Blickwinkel zu interpretieren und erscheint so als „deutscher Faschismus“. 3) Ein allgemeiner Faschismusbegriff sei zu befürworten, aber seine aus­ schließlich sozialökonomische Begründung abzulehnen. Die Anzahl vergleich­ barer Merkmale in den verschiedenen faschistischen Bewegungen und Syste­ men sei für ausreichend anzusehen, um sie so unter einen gemeinsamen Begriff zu subsumieren, ohne dabei die unter Punkt 1 genannten Abweichungen zu übersehen. Die durchaus feststellbaren Unterschiede sind als „Modifikationen bzw. stärkere oder schwächere Intensitätsgrade“ von gemeinsamen Strukturele­ menten zu betrachten (Erdmann 1976, 457; siehe dazu auch: Wippermann 1983). Der historischen Individualität des Nationalsozialismus innerhalb dieser Struktur wird darum ihre entsprechende Bedeutung nicht versagt. Eine ausführ­ liche Diskussion des Begriffs Faschismus und seiner Legitimität findet man bei Nolte (1984), der wesentlich dazu beigetragen hat, den Begriff Faschismus in den sechzigem Jahren als Eigenbegriff in die nichtmarxistische Literatur einzu-

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Kritischen Theorie in ihren Theorien über den Nationalsozia­ lismus aufgezeigt wurden, um zu der von Horkheimer gefor­ derten Vereinigung von Philosophie und Wissenschaft zu ge­ langen. Die erstrebte Zusammenarbeit von Philosophie und Wissenschaft verstand sich ja als der bisher einmalige Versuch, „in philosophischer Reflexion den Blick aufs Ganze zu wah­ ren und dennoch die empirischen Ergebnisse der Einzelwis­ senschaften in den Theoriebildungsprozeß aufzunehmen“ (Gangl 1987, 156).11 Auf der anderen Seite bezieht sich meine Wahl auf die exem­ plarische, umfassende und damit sehr einflußreiche Kritik gegen Aufklärung und subjektive Vernunft, die die Hauptver­ treter der Kritischen Theorie in ihren geschichtsphilosophi­ schen Schriften vor dem Hintergrund der Erfahrung des Na­ tionalsozialismus formulierten. Daß Horkheimer und Adorno dabei, aus der Perspektive einer unwiderruflich obsoleten Idee objektiver Vernunft die begriffliche Reduktion subjektiver Vernunft als instrumenteller durchgängig beibehalten und sie überdies mit Zweckrationalität und mit „formaler Vernunft“ gleichsetzen (Horkheimer 1985a, 18, 28, 32, 44, 47, 61, 119), hat weitreichende Folgen. Es führt sie in ihren von der Kritik der instrumentellen Vernunft geprägten geschichtsphilosophi­ schen Schriften zu einer durchaus nicht notwendigen Totalisierung der Kritik, deren wesentliches Motiv der Nachweis führen. Indem er die Gemeinsamkeiten zwischen französischen, italienischen und deutschen faschistischen Bewegungen hervorhob, ist die in der Philosophie und in den historischen und politischen Wissenschaften zeitweise dominierende Totalitarismuskonzeption (siehe dazu insbes.: Arendt 1986 [1951] und später bei Bracher 1979 u. 1980) an einem wesentlichen Punkte in Frage gestellt worden. Trotz seiner Schwächen und Grenzen gewinnt der Totalitarismusbegriff jedoch im gegenwärtigen politischen Klima, so auch bei Nolte (1987) wieder, an Popularität. 11 Siehe dazu den programmatischen Aufsatz von Horkheimer ( 1988a, Die gegen­ wärtige Lage der Sozialphilosophie und die Aufgaben eines Instituts für Sozial­ forschung [1931], 20-35; hier insbes. 28-29).

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bildet, daß zwischen aufklärender Vernunft und nationalsozia­ listischer Herrschaft ein innerer und zwingender Zusammen­ hang besteht, der in ihren Augen eine umfassende Kritik moderner Rationalität rechtfertigt. Ihre vemunftkritischen Faschismustheorien stellen somit eine radikale Abrechnung mit der spezifisch neuzeitlichen Ausprägung des Denkens dar, wie es sich im Prozeß der Aufklärung entwickelt hatte. Für Hork­ heimer ist der „Faschismus“ oder „Weltfaschismus"12, wie er zusammen mit Adorno in deutscher Übertreibung und Selbstüberschätzung den deutschen Nationalsozialismus zu nennen pflegte, dann auch in gleicher Überspitzung „die Wahrheit der modernen Gesellschaft“ mit ihrem „aufklärenden Denken“ (Horkheimer 1939/1940, 116).13 Obschon mit der Absicht angetreten, im Namen eines „intern-normativen Begrifffs] von Vernunft“ (Schnädelbach 1992, 80) selbstkri­ tisch das Programm der Aufklärung und der Moderne fortzu­ führen (Horkheimer 1985a, 165)14, glaubten sie angesichts des „nationalsozialistischen Terrors (...) genauso deutlich er­ kannt zu haben, daß der Begriff eben dieses Denkens, nicht

12 Horkheimer 1941 in einem Brief an Neumann (in: Erd 1985, 138). Ferner in: Horkheimer (1988b, Montaigne und die Funktion der Skepsis [ 1938], 271) und in (1939/1940, 128): „Die Auseinandersetzung zwischen Liberalismus und totalitärem Staat verläuft nicht mehr gemäß den Landesgrenzen. (...) Zum ersten Mal ist die ganze Welt in dieselbe politische Entwicklung gerissen.“ 13 In der Kennzeichnung des Nationalsozialismus als deutschen Faschismus drückte sich allerdings bei Horkheimer und Adorno auch die anfänglich marxi­ stische Unterschätzung aus. Dazu: Schäfer (1991). 14 Horkheimer und Adorno (1986) distanzieren sich ausdrücklich von konservati­ ven Kulturkritikem, denn nicht „um die Konservierung der Vergangenheit, sondern um die Einlösung der vergangenen Hoffnung ist es zu tun“ (5). Und sie „hegen keinen Zweifel (daran) - und darin hegt unsere petitio principii -, daß die Freiheit in der Gesellschaft vom aufklärenden Denken unabtrennbar ist“ (3). - Zu bestimmten Gemeinsamkeiten der Position von Horkheimer/Adomo und konservativen Denkern, siehe : Friedmann ( 1981 ) in bezug auf Oswald Spengler, Greven ( 1983) in bezug auf Hans Freyer und Honneth ( 1983 u. 1984) in bezug auf Ludwig Klages.

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weniger als die konkreten historischen Formen, die Institutio­ nen der Gesellschaft, in die es verflochten ist, schon den Keim zu jenem Rückschritt enthalten, der heute überall (Hervorhe­ bung, M.S.) sich ereignet“ (Horkheimer/Adorno 1986, IX und 3). Mit dieser fragwürdigen Verallgemeinerung ihrer Kritik des Nationalsozialismus haben Horkheimer und Adorno somit einem philosophischen Denken Vorschub geleistet, das einige Aspekte pathogener Züge des Moderni sierungs- und Rationalisierungsprozesses herausgreift, um diese dann zu pauschali­ sieren. Vor dem Hintergrund der Erfahrung eines sich stets radikaler gebärdenden nationalsozialistischen Regimes finden die vemunftkritischen Faschismustheorien an Nietzsches Kritik historischer Aufklärung15, an der Geschichtsauffas­ sung Benjamins (Benjamin 1974) und im wesentlichen an dem vermeintlich eindeutigen „Weberschen Bild der Neu­ zeit“16 ihre neue Orientierung. Sie werden daher auch „in

15 Vgl. dazu insbes.: Pütz (1973), Taureck (1989), Habermas (1985a, 130ff.), Ottmann (1985) u. Simon (1989). Nietzsches Kritik an „sokratischer Aufklä­ rung“ entspricht allerdings nicht der positiven Einschätzung des Sokrates von Horkheimer, der, so Horkheimer (1985a, 21), „gegen die subjektive, formali­ stische Vernunft (kämpfte), der die anderen Sophisten das Wort redeten“. 16 Kalberg (1989,425,430ff.) hat mit überzeugenden Argumenten darauf hinge­ wiesen, daß die populäre Auffassung von „Webers Bild der Moderne" dazu verleite, dieses Bild sehr viel einheitlicher und homogener zu schildern, als Weber selbst es getan hat. Eine solche allgemeine Darstellung wäre ein klarer Bruch mit den ausführlichen historisch-vergleichenden Untersuchungen, die Weber in den Schriften .Wirtschaftsgeschichte', .Wirtschaft und Gesellschaft* und .Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus' herausarbeitete, um die verschiedenen Wege in die Moderne aufgrund der einzigartigen gesell­ schaftlichen Konstellationen einzelner Lander herauszustellen. Analog dazu hat W. J. Mommsen (1983,394) darauf aufmerksam gemacht, daß „die noch in den älteren Schriften von .Wirtschaft und Gesellschaft' durchgehend zu beobach­ tende Abfolge von charismatischen über traditionale hin zu legalen bzw. büro­ kratischen Formen gesellschaftlicher bzw. politischer Organisation nicht länger als Quintessenz des einen historischen Prozesses präsentiert, sondern allenfalls als eine tendenzielle, gleichsam gerichtete Verlaufsform behauptet (werden

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einem kulturellen Klima, in dem es Mode geworden ist, die Rationalität für alle Übel in der Welt verantwortlich zu ma­ chen“ (Schnädelbach 1990, 124), von nicht wenigen Vertre­ tern der zeitgenössischen Philosophie als Grundlage für noch radikalere Abrechnungen in Anspruch genommen. In der Aus­ einandersetzung um Vernunft und Moderne äußert sich dieses Unbehagen dann in allgemeinen und populären Unverbind­ lichkeiten wie „Die Vernunft, das ist die Folter“, „Vom Elend der Aufklärung“ oder „Der Tod der Moderne“, so daß letzt­ lich die „Anklage (...) von jenseits der Grenze: aus dem An­ deren der Vernunft“ erhoben werden müsse (Böhme/Böhme 1985, 9). Nun nehmen allerdings die vemunftkritischen Faschismus­ theorien der Kritischen Theorie für sich in Anspruch, sich vornehmlich gegen die vereinfachenden Gegenüberstellungen von aufgeklärtem Westen und unaufgeklärtem nationalsozia­ listischen Deutschland zu richten. So verkörpert zum Beispiel für Talcott Parsons der Nationalsozialismus einfach „den fun­ damentalistischen Aufstand gegen die rationalistische Ten­ denz in der westlichen Welt insgesamt“ (Parsons 1964). Ihr von verschiedenen Seiten hervorgehobenes Verdienst besteht dann vor allem darin, dem Vorurteil entgegengewirkt zu ha­ ben, daß es sich bei dem Nationalsozialismus aus der „Per­ spektive eines ins Negative gekehrten Deutschland-Mythos“ um das schlechthin Dämonische, also um den Einbruch des nicht erklärbaren Irrationalen handelte, dem im übrigen eine vernünftige Welt gegenübergestanden habe (Wellmer 1986, 27; dazu auch: Fetscher 1989b, 522). Dem zugegebenermaßen allzu simplen Erklärungsmodell stellten die vemunftkritischen Faschismustheorien der Kriti-

kann), die prinzipiell in den verschiedenartigsten historischen Formationen und in den unterschiedlichsten Epochen, unter Einschluß gerade auch der Moderne (Hervorhebungen, Μ. S.), auftreten kann“.

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sehen Theorie allerdings die gegen gefährliche Vereinfachun­ gen ebenfalls nicht gefeite Deutung gegenüber, daß die Ge­ schichte der westlichen Moderne hauptsächlich vom Paradig­ ma der deutschen „reaktionären Modernität“ (Herf 1986) aus zu betrachten sei. Weit davon entfernt, den Deutschen in ihrer Geschichte einen entweder eigenen Entwicklungsgang - einen durch „Lempathologien“ (dazu: Eder 1985) verursachten Umweg - oder aber einen „Sonderweg“17 *innerhalb der kom­ 17 Dazu insbesondere Horkheimer (1985d, Deutschlands Erneuerung nach dem Krieg und die Funktion der Kultur [1943], 188ff. und sein: Programm einer intereuropäischen Akademie [1944/45], 197ff.). Im Vorwort zu Massings Stu­ die über die „Vorgeschichte des politischen Antisemitismus“ (1986 [1959], VI-VII), die während der Emigrationsjahre im Institut für Sozialforschung entstand, bekräftigen Horkheimer und Adorno dies noch einmal: Der Feststel­ lung, daß der „totalitäre Antisemitismus (keineswegs) ein spezifisch deutsches Phänomen“ ist (dazu v. a. Mosse 1990), ist zuzustimmen ; daß aber die „gesell­ schaftliche Auflösung“ seiner Verwirklichung „in der Sphäre nationaler Beson­ derheiten unmöglich“ sei, ist doch höchst zweifelhaft. Dazu insbesondere Fischer (1989, 105) mit seiner exponierten These, daß „Hitler kein Betriebsun­ fall“ war, denn er „gehört, gemessen an den Voraussetzungen, die sein Wirken und sein Auftreten ermöglichten, wie an seiner Gedankenwelt, tief in die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts hinein“. Adorno hat 1965 (in : 1969b, 106) allerdings dann völlig zurecht geschrieben: „Sowenig (.. .) Hitler als Schicksal dem deutschen Nationalcharakter zuzuschreiben ist, sowenig zufällig war doch, daß er in Deutschland hinaufgelangte. Allein schon ohne den deutschen Emst, der vom Pathos des Absoluten herrührt und ohne den das Beste nicht wäre, hätte der Hitler nicht gedeihen können. In den westlichen Ländern, wo die Spielregeln der Gesellschaft den Massen tiefer eingesenkt sind, wäre er dem Lachen verfallen.“ Apel (1988, 91, 96, 135), für den die Erfahrung der ,,nationale[n] Katastrophe der Hitlerzeit“ von großer Bedeutung für die philo­ sophische Arbeit geworden ist, fragt zweifelnd, ob „der nonnative Maßstab einer möglichen und nötigen Kritik der eigenen Tradition einfach aus dem Vergleich mit der sozusagen .normalen' Entwicklung der westlichen Demokra­ tien gewonnen werden könnte (...), insofern (...) auch die historischen Theo­ rien über den deutschen .Sonderweg' letztlich unbefriedigend“ blieben. Am Ende seines Artikels, der für die Bad Homburger Tagung „Zerstörung des moralischen Selbstbewußtseins : Chance oder Gefährdung ? Praktische Philoso­ phie in Deutschland nach dem Nationalsozialismus“ geschrieben wurde, kommt er aber zu einer anderen Schlußfolgerung. Er verweist nämlich ausdrücklich auf ein deutliches Zitat vom Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer: „Wir Deut-

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plexen westlichen Moderne zuzuschreiben, ist es dann auch „one of the ironies of modem social theory that the critical theorists, who thought they were defending the unique against the general, contributed to obscuring the uniqueness of Ger­ many’s illiberal path toward modernity“ (Herf 1986, 10). Dieser eigentümlichen Sichtweise von einem „Zusammen­ bruch der bürgerlichen Zivilisation“ überhaupt und von einer umfassenden „Selbstzerstörung der Aufklärung“ (Horkhei­ mer/Adorno 1986, 1) entspricht in der Folge ein ebenso verallgemeinerter Faschismusbegriff, der ausschließlich im Lichte einer vermeintlich neuzeitlichen Logik der subjektiv­ instrumentellen Vernunft rekonstruiert wird. Gegen diese Auffassung lassen sich vielerlei Einwände erhe­ ben. Schwerwiegende Bedenken sollen mit dieser Arbeit aber

sehen haben in einer langen Geschichte die Notwendigkeit und die Kraft des Gehorsams lernen müssen (...). (Aber) es mußte sich herausstellen, daß eine entscheidende Grunderkenntnis dem Deutschen noch fehlte (Hervorhebung, Μ. S.): die von der Notwendigkeit der freien, verantwortlichen Tat auch gegen Beruf und Auftrag.“ Indem er sich im Hinblick auf das „Problem des Übergangs von der konventionellen zur postkonventionellen Moral“ - darauf beruft, er­ scheint ihm dieses Problem wohl doch eher ein deutsches, als ein - wie er dann allerdings nicht vergißt wieder hinzuzufügen - „weltgeschichtliches“ zu sein. Von Klemperer (1992, 324, 337), der sich in seinem unlängst erschienenen Artikel mit der interessanten Frage auseinandersetzt, inwieweit der deutsche Widerstand sich in seinem Denken und Handeln von den „allgemein-mensch­ lichen Werten naturrechtlichen Gedankenguts, die sich mehr im westeuropäi­ schen Denken eingebürgert hatten“, hat leiten lassen, kommt zu dem Resümee, „daß der deutsche Widerstand unter dem Eindruck des Schocks seiner Notlage dabei war, den (deutschen, M.S.) .Sonderweg' in den allgemeinen europäischen Weg zurückzuführen". Dies kommt auch deutlich zum Ausdruck in dem Brief, den der Widerstandskämpfer Helmuth James von Moltke an seinen englischen Freund Lionel Curtius schrieb, worin es heißt, daß es sein dringendes Anliegen sei, „die Verbindung mit der großen Welt“ wiederherzustellen. In gewissem Sinne hat der von Apel angegriffene Rorty ( 1988,273 ff.) dann wohl schon recht, wenn er vom „Vorrang der Demokratie vor der Philosophie“ spricht. Zur Debatte der Sonderwegthese insbes.: Kocka (1988a u. 1988b); Grebing (1986); Faulenbach (1981 u. 1987); Sontheimer (1983); Wehler(1981); Eley (1991).

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insbesondere gegen den systematischen Gehalt ihrer, von einer Kritik der instrumentellen Vernunft geprägten, Theorie vorge­ bracht werden - insofern diese beansprucht, nicht nur die instrumentelle Vernunft und deren Implikationen kritisch zu reflektieren, sondern - unter vorschneller Gleichsetzung mit den von Max Weber in die philosophisch-soziologische Dis­ kussion eingebrachten Begriffen der „Zweckrationalität“ und „formaler Rationalität“ - gleichsam als umfassende Kritik neuzeitlicher subjektiver Vernunft zu gelten.18 In ihrer Konse­ quenz - wenn auch deutlich in entgegengesetzter politischer Perspektive zu den heutigen revisionistischen Bemühungen

18 In Weber sieht Horkheimer ( 1985a, 17-18) dann auch zu Unrecht den typischen Vertreter eines verkürzten Rationalitätsbegriffs. Dazu: Thyen (1989). Textstel­ len in den Schriften Horkheimers, die diese Gleichsetzung herstellen, gibt es viele. So u. a. in: Vernunft und Selbsterhaltung (in: 1987b, 323, 328, 331, 347) und in: Zum Begriff der Vernunft (in: 1985b, 23). Weitverbreitet ist diese begriffliche Gleichsetzung auch heute noch. Sie findet sich bei so unterschied­ lichen Autoren wie z. B. Apel (1979, 36), Acham (1986, 29), Mittelstraß (in: J. Schmidt 1989, 342), Nagl-Docekal (1988, 91, 92), Fetscher (1989a, 688), Theunissen (1981, 48) und - wenn auch nicht durchgängig - bei Habermas (1981c, 208ff., 462; 1985a, 137ff„ 144; 1990, 84-85), der übrigens zudem in seiner theoretischen Auseinandersetzung mit „Max Webers Theorie der Ratio­ nalisierung“ Schwierigkeiten hat, formale Rationalität von Zweckrationalität begrifflich zu unterscheiden (1981c, 243, 461). Ebenso: Luhmann (1983b, 91 ff.) und W. J. Mommsen (1985,272), der formale und technische Rationalität bei Weber für identisch hält. - Überraschenderweise findet man die Gleichset­ zung von instrumenteller Vernunft und Zweckrationalität auch bei Lenk und Spinner (1989, 4), die sich nun ja gerade um eine differenzierte Haltung bemühen, indem sie 22 verschiedene Rationalitätstypen herausarbeiten, um damit ein Instrumentarium des gegenwärtigen Verständnisses von Rationalität zur Verfügung zu haben ! Im übrigen machen neuere englische Übersetzungen im Hinblick auf die Gleichsetzung von instrumenteller Vernunft und Zweckra­ tionalität alles noch viel schlimmer als es im begrifflichen Durcheinander sowieso schon ist. So ist die ursprünglich von Parsons eingeführte Übersetzung von Zweckrationalität als „means-end rational“ in überwiegend „instrumentally rational“ verändert worden, z. B. grundlegend in der Übersetzung von .Wirt­ schaft und Gesellschaft“: .Economy and Society - an outline of interpretive Sociology, edited by Roth and Wittich, New York 1968“.

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einiger Historiker, die sich mit der Frage beschäftigen, ob die nationalsozialistische Judenvemichtung mit den Massenver­ nichtungen in der Sowjetunion zu vergleichen ist (dazu: „Hi­ storikerstreit“ 1987; ferner: Diner 1987; Hoffmann 1987) -, läuft diese mangelnde begriffliche Unterscheidung gewisser­ maßen auf eine „Relativierung“ und Ausblendung der histori­ schen Schuldfrage der nationalsozialistischen Verbrechen hin­ aus.19 20 In der vorliegenden Untersuchung soll darum gezeigt werden, daß, insbesondere im Zusammenhang mit einer Theo­ rie des Nationalsozialismus, der Horkheimersche Begriff der instrumentellen Vernunft deutlich beschränkter ist als die Weberschen Begriffe der „Zweckrationalität“ und der „formalen Rationalität“. Diese begrifflichen Unterscheidungen sind vor dem Hintergrund weitverbreiteter Vernunft- und Aufklärungs­ kritik29 und dem Wiederaufleben der Diskussionen um den „historischen Ort des Nationalsozialismus“ (vgl.: Pehle 1990; Diner 1987; Backes/Jesse/Zitelmann 1990)21 und seiner

19 So z. B. auch wenn Marcuse (1989, 99) Ionescos Zeilen über die Neutralität technologischer Rationalität zustimmend zitiert:"Die Welt der Konzentrations­ lager (...) war keine besonders entsetzliche Gesellschaft. Was wir dort sehen, war das Bild, in gewissem Sinne die Quintessenz der höllischen Gesellschaft, in der wir jeden Tag stecken.“ 20 Ich schließe mich damit der Meinung Schnädelbachs an, der in einem Gespräch mit Rötzer (1987b, 220) zu Recht fordert, daß „dem Verdacht eines Zusammen­ hangs zwischen Rationalität und Herrschaft (...) energisch nachgegangen werden (muß). Wenn man dabei eine Stelle findet, wo dieser Zusammenhang nicht notwendigerweise in dem Konzept von Rationalität selbst eingeschlossen ist oder wo man in der Vernunft selbst einen systematischen Widerstand gegen die Etablierung von Herrschafts- und Gewaltverhältnissen aufdecken kann, hat die Aufklärung als Prozeß der Emanzipation und der Verwirklichung der Ver­ nunft auch wieder eine Chance“. 21 Auslöser für diese neue Diskussion war der Aufsatz von Broszat (1985, 373 ff.) mit seinem mißverständlichen „Plädoyer für eine Historisierung des National­ sozialismus“. Ein Zusammenhang mit dem Historikerstreit besteht insofern, als sich Hildebrand (1986b), ein VerteidigerderPosition Noltes (1985), der diesen Streit ausgelöst hatte, sich explizit des Begriffes der „Historisierung“ bediente, den Martin Broszat 1985 in die Diskussion gebracht hatte: „Emst Nolte (...)

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„Modernität“22 insofern notwendig, als die pauschale Gleich­

setzung von Rationalitätsbegriffen in der philosophischen Dis­

kussion um den Nationalsozialismus Gefahr läuft, sehr unter­ schiedliche Modemisierungsprozesse gleichzusetzen. Die Gleichsetzung von Rationalitätsbegriffen läßt einen nämlich auch im unklaren darüber, auf welche Moderne sie sich sowohl in vergleichender als auch in historischer Perspektive bezieht. So macht es - wie Wolfgang Welsch zu Recht feststellte „schier einen Unterschied ums Ganze, ob man die Moderne

des 18. Jhd. - also das Projekt der Aufklärung - oder die Moderne des 19. Jhd. - also das Fortschrittsprogramm des Industrialisierungsprozesses - oder die Moderne des 20. Jhd. - und hier beispielweise die künstlerischen Avantgarden oder die Grundlagenkrise der Wissenschaft oder, noch einmal ganz anders, politische Totalitarismen - zum Bezugspunkt nimmt“ (Welsch 1988b, 2-3).23 Die mit dieser Arbeit angestrebte Kritik der mangelnden Un­ terscheidung von Ratonalitätsbegriffen, wie sie in den Faschismustheorien von Horkheimer und Adorno beispielhaft für die meisten philosophischen Auseinandersetzungen mit dem Na­ tionalsozialismus formuliert werden, trifft jedoch nicht die Kritische Theorie insgesamt. So wird zu zeigen sein, daß die

unternimmt es (...), das für die Geschichte des Nationalsozialismus (...) zentrale Element der Vemichtungskapazität der Weltanschauung und des Regi­ mes historisierend einzuordnen und diesen totalitären Tatbestand in dem aufein­ ander bezogenen Zusammenhang russischer und deutscher Geschichte zu be­ greifen.“ 22 Vgl. zu dieser Themaük die mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit bedachten Beiträge von Prinz und Ziteimann (1991). Ferner: Ziteimann (1990, 195-223);

Analysen des Nationalsozialismus von den Institutsmitglie­

dern Franz Neumann und Otto Kirchheimer begriffliche Un­ terscheidungen von Rationalität beinhalten, die der vermeint­

lich eindimensionalen Verengung neuzeitlicher Vernunft auf instrumentelle Vernunft weitgehend entgehen und damit auch den (institutionellen) Errungenschaften der Moderne weit we­ niger ablehnend gegenüberstehen. Die von Neumann und Kirchheimer durchgeführten empirischen Analysen einer De­ komposition bürgerlicher Rechtstraditionen und staatsrechtli­ cher Strukturen durch das polykratische nationalsozialistische Herrschaftssystem stellen dann auch klar heraus, daß selbst mit einer dem Marxismus verhafteten ambivalenten Haltung gegenüber einem im Liberalismus angelegten Rationalitätspotential die Deutung des Nationalsozialismus sich nicht not­ wendig aporetisch auf die Konzeption von Rationalität insge­ samt auswirken muß. Denn beide Autoren konnten überzeugend zeigen, worin die Zerstörung des Nationalsozia­ lismus bestand: daß sich nämlich dieser in Deutschland als „antiliberale Variante des Modemisierungsprozesses“ von Anfang an gegen jedes „Projekt der Moderne“ (Peukert 1989, 82) wandte, das sich rechtsstaatlichen Ideen verpflichtet wußte und damit eine rechtsenthobene, gleichsam unkontrollierte und ungehemmte Entwicklung einleitete, die Auschwitz erst möglich gemacht hat.24 Horkheimer und Adorno als philoso­

phische „Groß-Kritiker“ (Walzer 1991,310) konnten dagegen wegen der Verallgemeinerung ihrer Kritik und des von ihnen in der Faschismusdebatte verwendeten reduzierten Konzepts von moderner Rationalität als instrumenteller Vernunft nicht verhindern, daß sie sich mit ihrem gesellschaftstheoretischen

H. Mommsen (1990); Alber (1989) und Herf (1986).

23 Diese notwendige Unterscheidung sowohl in historischer als auch in verglei­ chender Perspektive bezieht sich übrigens auch auf den Begriff des „Kapitalis­ mus“. Entscheidend für seine Beurteilung ist, auf welchen Kapitalismus man

sich bezieht: auf die Version des 19. Jhd., auf den US-amerikanischen, auf den japanischen oder auf den schwedischen usw. Dazu: Bader (1992, 5).

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24 Zur Zerstörung des Rechtsstaats in Deutschland siehe den Aufsatz von Blasius: Zwischen Rechtsvertrauen und Rechtszerstörung, Deutsche Juden 1933-1935 (in: ders./Diner 1991, 121 ff.).

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Konzept einer „hemmungslosen Vemunftskepsis“ (Habermas 1985a, 156) überliessen. Die skizzierte Problemlage hat - neben persönlichen und politischen Gründen - die vorliegende Arbeit insgesamt moti­ viert. Um jene systematisch zu entfalten, habe ich mich - wie bereits angedeutet - unter einem methodologischen Gesichts­ punkt für die vielerorts wieder aktuell gewordene orientie­ rungspraktische Inanspruchnahme Max Webers25 entschieden, um seine handlungs- und rationalitätstheoretischen Überle­ gungen mit den vemunftkritischen Faschismustheorien der Kritischen Theorie zu konfrontieren.26 Für die Fragestellung, inwieweit der hier empirisch beschreibbare Zeitraum von ei­ nem Rationalitätsbegriff her zu deuten ist, der universelle Gültigkeit beansprucht, ist in diesem Zusammenhang einer­ seits Webers Einteilung der Rationalität in formale und mate­ riale interessant, andererseits seine Einteilung des rationalen

Handelns in zweck- und wertrationales - eingebunden in den Kontext affektueller und traditioneller Handlungsbegriffe. Le­ gitim scheint mir diese theoretische Gegenüberstellung inso­ fern, als ja leicht zu erkennen ist, daß sowohl die Faschismus­ theorien von Horkheimer und Adorno als auch die Analysen des Nationalsozialismus von Neumann Webers Thesen über den „okzidentalen Rationalismus“ und über die „Entzaube­ rung der Welt“ unter dem Eindruck der geschichtlichen Ereig­ nisse neu formulieren. Erfährt die rechts- und staatstheoreti­ sche Position Neumanns ihre spezifische Gestalt und Ausprägung dadurch, daß sie sich eng an Webers Rechtssoziologie und an seine Theorie der Herrschaftsformen anlehnt, so zeigt sich der einseitige Bezug Horkheimers und Adornos darin, daß sie die aufrichtige Ambivalenz, die Weber gegen­ über Rationalisierungsprozessen und ihren Konsequenzen noch hegte27, kurzerhand tilgen und ihre ursprünglich von

25 Symptomatisch sind die Bände von Lash/Whimster (1987), Weiß (1989), Peukert (1989) und von Gneuss/Kocka (1988). Letztere stellen fest, daß wenn man „nach der Häufigkeit der Zitate und Verweise, der Artikel und Monogra­ phien, der Sammelbände und Konferenzen (urteilt), ist Weber derzeit ,in‘, unter Sozialwissenschaftlem, Geisteswissenschaftlern und Intellektuellen“ (7). Schluchter(1991a, 15) stellt zu Recht fest: „Max Weber schuf sein Werk in der lebendigen Spannung von historisch-empirischer Forschung, theoretischer Begriffskonstruktion und eingreifender Praxis. Nur weil er keine dieser Kompo­ nenten vernachlässigte, ist es auch heute noch interessant.“ Daß die Aktualität Webers in vielen Ländern zunimmt, außer in den Niederlanden, unterstreicht auch Dassen (1991). Unter den neueren Arbeiten, die sich auf Weber beziehen, sind hier insbesondere die Dissertationen von Thyen (1989) und W. Lübbe (1991) zu erwähnen. 26 Auch von prominenter historischer Seite (Kershaw 1988, 339 u. 1991 ; Reben­ tisch 1989,20 Anm. 76) wird vorgeschlagen, nunmehr auf Max Webers theore­ tische Überlegungen zurückzugreifen. Diese könnten aufgrund der umfassen­ den Forschungslage der „Konzentrationspunkt“ einer zukünftigen Analyse des Nationalsozialismus sein, die die „Entwicklung", das „Wesen“ und die „Funk­ tion charismatischen Führertums", sowie die „Bedingungen seiner Entstehung“ und die zentrale „Rolle dieses Führertums in der Regierung und der Gesellschaft des Dritten Reiches“ untersucht (Zitate aus: Kershaw 1988).

27 Einerseits der Aufklärung im weitesten Sinne - entsprechend der Formulierung Kants als „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündig­ keit“ - verpflichtet, die ein Höchstmaß an persönlicher Selbstverwirklichung erlaubt, wollte Weber andererseits aber auch nicht „dem unendlich ahnungslose[n] Kinderglaube|n| an die Macht des Vernünftigen“ erliegen (Weber in einem Brief an Minna Tobler, zitiert nach Schluchter 1991a, 287) oder „in naivem Optimismus die Wissenschaft (. ..) als Weg zum Glück“ feiern (Weber 1973b, Wissenschaft als Beruf, 598). Außerdem war er sich in intellektueller Aufrich­ tigkeit der Gefahren bewußt, die aus dem unstillbaren Bedürfnis nach neuen Verzauberungen im Zuge fortschreitender Rationalisierung entstehen und die sich u. a. darin zeigen können, neuen Propheten nachzulaufen. In einem Brief an Tonnies (zitiert nach Baumgarten 1964. 670) heißt es: „Denn ich bin zwar religiös absolut unmusikalisch und habe weder Bedürfnis noch Fähigkeit, irgendwelche seelischen .Bauwerke' religiösen Charakters in mir zu errichten, - das geht einfach nicht, resp. ich lehne es ab. Aber ich bin nach genauer Prüfung weder antireligiös noch irreligiös. Ich empfinde mich auch in dieser Richtung als einen Krüppel, als einen verstümmelten Menschen, dessen inneres Schicksal es ist, sich dies ehrlich eingestehen zu müssen, sich damit (um nicht in roman­ tischen Schwindel zu verfallen) abzufinden, aber auch nicht - als ein Baum­ stumpf, der hin und wieder noch auszuschlagen vermag, - mich als einen vollen Baum aufzuspielen."

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Marx her bestimmte positive Einschätzung in eine negative Geschichtsinterpretation umkehren, mit der dann schließlich jegliche dialektische Spannung verschwindet (vgl.: Habermas 1981c, 208; Benhabib 1982, 137). Die Webersche These von der „Entzauberung der Welt“, die die „alten vielen Götter, entzaubert und daher in Gestalt unpersönlicher Mächte“ aus ihren Gräbern entsteigen und „untereinander wieder ihren ewigen Kampf' aufnehmen läßt (Weber 1973b, Wissenschaft als Beruf, 605), heißt bei Horkheimer und Adorno „Dialektik der Aufklärung“. Die Begriffe „Weltbeherrschung“ (Schluchter 1980) bzw. „Naturbeherrschung“ nehmen sowohl bei We­ ber als auch bei Horkheimer und Adorno einen zentralen Platz ein. Das „stahlharte Gehäuse“ (Weber 1988a, 203), in dem die moderne Welt zu erstarren droht, wird zur ,,verwaltete[n] Welt“28, und der komplexe Begriff der Zweckrationalität wird - und das nicht nur bei ihnen - kurzerhand auf instrumentelle Vernunft reduziert. Schließlich läßt sich Horkheimers Feststel­ lung, daß es „kein vernünftiges Ziel an sich“ mehr gebe und es daher sinnlos werde, „den Vorrang eines Ziels gegenüber anderen unter dem Aspekt der Vernunft zu diskutieren“ (Hork­ heimer 1985a, 17), durchaus als Reprise der Weberschen These vom Polytheismus der Werte, die nicht mehr rational begründbar sind, lesen. Diese allerdings nur isolierten und dem Zeitgeist jener Jahre entsprechenden Elemente aus We­ bers sogenannter illusionsloser Rationalisierungsthese, deren Konsequenzen übrigens für ihn nicht - wie bei Nietzsches kulturpessimistischer Modemitätskritik - eine notwendige und irreversible Entwicklung darstellten29, *haben geschichts­ 28 Siehe u. a. Adornos „Rede beim offiziellen Empfang im Heidelberger Schloß", in: Stammer (1965, 100). 29 „Niemand weiß noch, wer künftig in jenem (dem vom Geist des Kapitalismus geschaffenen, Μ. S.) Gehäuse wohnen wird und ob am Ende dieser ungeheuren Entwicklung ganz neue Propheten oder eine mächtige Wiedergeburt alter Ge­ danken und Ideale stehen werden, oder aber - wenn keins von beiden -

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philosophisch dann auch auf Horkheimer und Adorno einen ebenso dominanten Einfluß ausgeübt wie anfänglich der illu­ sionäre Marxsche Fortschrittsbegriff. Vor dem Hintergrund der Weberschen Handlungs- und Rationalitätstypologie, die unter dem Aspekt seiner vermeintlich eindeutig düsteren Rationalisierungstheorie völlig aus dem Blick geriet, ist jedoch auch ohne die anspruchsvolle Habermassche ,Theorie des kommunikativen Handelns' eine (auch handlungstheoretische) Kritik der vemunftkritischen Faschismustheorien der Kritischen Theorie durchaus möglich, wenn­ gleich kommunikative Rationalität immer schon die notwen­ dige Grundlage einer argumentativen Rationalitätskritik bildet.30 Inkonsistenzen im Horkheimerschen Begriff der in-

mechanisierte Versteinerung (.. .)“ (Weber 1988a, 204). Weber betonte auch später immer wieder den hypothetischen Charakter seiner düsteren Trendaussagen. Schon Bendix (1964. 404 Anm. 43) hatte darauf hingewiesen, daß für Weber der Prozeß der Rationalisierung und Bürokratisierung nicht „in irgend­ einer Weise als unausweisiich, unwiderruflich oder unumkehrbar galt“. Siehe auch: W. J. Mommsen (1985) und Peukert (1986), der Nietzsches Spuren im Werk Webers nachgeht (zum Verhältnis Webers zu Nietzsche schon früh: W. J. Mommsen 1974a und Fleischmann 1964, neuerdings: Hennis 1987). 30 Habermas ist den in den vemunftkritischen Schriften vorgelegten Gesellschafts­ diagnosen Horkheimers und Adornos bekanntlich nicht gefolgt. Statt sich, so seine Einwände, „einer hemmungslosen Vemunftskepsis (zu) überlassen“, hät­ ten sie vielmehr die Gründe erwägen können, „die an dieser Skepsis selber zweifeln lassen. Auf diesem Wege hätten sich die normativen Grundlagen der kritischen Gesellschaftstheorie vielleicht so tief legen lassen, daß sie von einer Dekomposition der bürgerlichen Kultur, wie sie sich damals in Deutschland vor aller Augen vollzogen hat, nicht berührt worden wäre“ (1985a, 156). Ihre in der •Dialektik der Aufklärung' ausgebreiteten Befunde übersähen mithin den „ver­ nünftigen Gehalt der kulturellen Moderne, der in den bürgerlichen Idealen festgehalten (...) ist“ ( 137 ff.). Die „Selbstreflexion der Wissenschaften“ treibe immer wieder über die pure „Erzeugung technisch verwertbaren Wissens“ hinaus, und „die universalistischen Grundlagen von Recht und Moral“ hätten „in den Institutionen der Verfassungsstaaten“ und in den „Formen demokrati­ scher Willensbildung, in individualistischen Mustern der Identitätsbildung auch eine (wie immer verzerrte und unvollkommene) Verkörperung gefunden“. Schließlich sei die „sprengende Kraft ästhetischer Grunderfahrung", allen „Im-

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Strumentellen Vernunft einerseits, aber auch systematische und folgenreiche Fehleinschätzungen im Hinblick auf eine allgemeine Theorie des Nationalsozialismus, die ihn als eine rationale Herrschaft par excellence ausweist, werden bereits mit Weber deutlich erkennbar.

perativen der Zwecktätigkeit und (...) Konventionen“ zum Trotz, ein Garant der Selbstverwirklichung des Subjekts. Habermas geht es, wie er im Vorwort seiner .Theorie des kommunikativen Handelns' (1981c, 7) erklärt, um den „Anfang“ einer normativ begründeten „Gesellschaftstheorie“, die in der Lage ist, „ihre kritische Maßstäbe auszuweisen“, was im Verfolg der von Horkheimer und Adorno entwickelten „Kritik der instrumentellen Vernunft“ unmöglich geworden sei. Habermas diagnostiziert in diesem Versagen die Konsequenz einer aporetischen Vemunftkonzeption, mit der Begründungsansprüche Kriti­ scher Theorie nicht mehr erfüllt werden können. Statt dessen möchte er - meiner Meinung nach zu Recht - an Horkheimers ursprünglichen Ansatz interdiszipli­ närer Forschung wiederanknüpfen (1981c, 516-517; 1981 d, 583), weil man nicht „Wahrheiten an den Wissenschaften vorbei produzieren“ (1985b. 204) kann. Der Philosophie bleibt dann nur noch die bescheidene Aufgabe, „zwi­ schen dem Expertenwissen und der orientierungsbedürftigen Alltagspraxis“ interpretierend zu vermitteln ( 1988b, 25 -26 ; auch : 1985b, 59-60). - Es ist aber mitnichten die Subjekt-oder bewußtseinsphilosophische Tradition, die Horkhei­ mer und Adomo daran gehindert hat, ihre normativen Maßstäbe auszuweisen und Alternativen vorzuweisen. Vielmehr ist es ihre eigene Position, in die sie sich gebracht haben, indem sie mit ihrer verengten Konzeption von moderner subjektiver Vernunft, die handlungstheoretische Vielfalt der subjektiven Rationalitätsbegriffe, insbesondere aber den Weberschen Begriff der Zweckrationalität, auf den Begriff der instrumentellen Vernunft verkürzt haben. Zwar kann Habermas die Aporten Horkheimers und Adornos namhaft machen, keineswegs aber die vermeintlichen Aporten einer subjektiven Vernunft, wenn er ebenfalls den Weberschen Begriff der Zweckrationalität, einerseits auf instrumentelles Handeln (siehe oben) oder andererseits als Oberbegriff für strategisches und instrumentelles Handeln theoriestrategisch reduziert (1981c, 345, 384ff.), um dann die „kommunikativen Handlungen“, die „über Akte der Verständigung koordiniert werden“, von vermeintlich nur ,,egozentrische[n| Erfolgskalküle[n]“ (385) zweckrationalen Handelns unterscheiden zu können. Dies ent­ spricht den Intentionen Webers aber nur zum Teil, wie wir später noch sehen werden. Siehe dazu auch die ausführlichen, aber voneinander sehr unterschied­ lichen Kritiken bei: Grondin (1987); Thyen (1989, 253ff.); W. Lübbe (1991, 37ff.) und Bader (1991).

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,,Im Augenblick ihrer Vollendung, ist die Vernunft irrational und dumm geworden“ (Horkheimer 1985a, 124), schrieb Horkheimer 1947 mit großem Pathos im Hinblick auf die Erfahrung des Nationalsozialismus. Aber wohl erst die Diffe­ renzierung unterschiedlicher Typen von Rationalität erlaubt es, Vemunftkritik - seit Kants ,Kritik der reinen Vernunft* als ein legitimes Anliegen neuzeitlicher Philosophie anerkannt31 - zur Geltung zu bringen, wenn die „Erfahrung“ des National­ sozialismus „reflektierte Erfahrung“ im Sinne „philosophi­ schen Denkens“ sein soll (Thyen 1989, 260). Ohne Differen­ zierung verschiedener Formen von Rationalität, die schon Weber einforderte32 und die es erlaubt, die pauschale Diffa­ mierung, Idealisierung33 oder „charismatische Verklärung der Vernunft“ (Weber 1985, 726) zu vermeiden, kann man über unsere unmittelbare Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr kompetent sprechen. Es dürfte daher auch schwerlich einzu­ sehen sein, warum der Nationalsozialismus und sei’s drum der Faschismus im allgemeinen, die Vollendung der Vernunft sein soll. Im ersten Kapitel möchte ich daher zunächst zeigen, daß die Beschränkung des Liberalismus auf seine ökonomischen For­ men bereits die Reduzierung des Vemunftbegriffs impliziert, mit dem dann in der Folge der Nationalsozialismus von Hork­ heimer und Adomo erklärt wird. Der Begriff der Rationalität erhält für Horkheimer mithin nicht erst mit der Erfahrung des

31 „Die Vernunft muß sich in allen ihren Unternehmungen der Kritik unterwerfen.“ Kant (1968a, A 738/B 766). 32 „Wenn zu irgend etwas, so möchte dieser Aufsatz (Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Μ. S.) dazu beitragen, den nur scheinbar eindeutigen Begriff des .Rationalen' in seiner Vielseitigkeit aufzudecken“ (1988, 35 Anm. 1). 33 Vgl. Lukács' (1955) Kritik am Nationalsozialismus als „Zerstörung der Ver­ nunft“. Maßstab der Vernunft stellte dabei aber lediglich die idealistische Parteinahme für die politisch organisierte Bewegung des Sozialismus dar.

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Nationalsozialismus, sondern schon angesichts der politischen Beurteilung der Weimarer Republik, die wiederum auf seinem äußerst engen und verkürzten Verständnis von Politik im all­ gemeinen und politischen Liberalismus im besonderen beruht, einen neuen Klang. Im zweiten Kapitel beschäftige ich mich sodann mit der wichtigen institutsintemen Kontroverse um die theoretische Einschätzung des Nationalsozialismus, der einer­ seits als „autoritärer Staat“, anderseits als polykratischer „Be­ hemoth“ begriffen wird. Horkheimer und Adorno als philoso­ phische Vertreter der Auffassung vom „autoritären Staat“ trennen sich dabei weitgehend von der rein marxistischen Einschätzung des Nationalsozialismus, der als Ausdruck des Übergangs vom Konkurrenz- zum Monopolkapitalismus ver­ standen wird. Sie stellen dabei zunächst in den Vordergrund ihrer von Friedrich Pollock geprägten theoretischen Betrach­ tungen, daß Partei und Bürokratie den ökonomischen Mecha­ nismus in die Hand nehmen, so daß fortan in ihren Augen von einem - allerdings nur eingeschränkten, ihrem im ersten Ka­ pitel charakterisierten Verständnis von Politik entsprechenden - „Primat der Politik“ gesprochen werden muß. Damit treten dann zum ersten Mal Aspekte der Weberschen Rationalisierungstheorie in den Vordergrund der Diskussion um die theo­ retische Einschätzung des Nationalsozialismus. An dieser be­ teiligen sich auch die Institutsmitglieder Franz Neumann und Otto Kirchheimer konstruktiv und in bemerkenswerter Weise, wobei insbesondere Neumanns Untersuchungen über den polykratischen Charakter des nationalsozialistischen Regimes bis heute weitgehend unumstritten sind. Was allerdings die Neumannsche Einschätzung der Rolle des Monopolkapitalis­ mus betrifft, so wächst hier dank einer vertieften Forschungs­ lage die Erkenntnis darüber, wie einfältig die institutsinteme Kontroverse um das Verhältnis von Politik und Wirtschaft war und wie sehr in der Politik des nationalsozialistischen Regimes vielmehr wirtschaftliche, ideologische und machtpolitische

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Überlegungen fast untrennbar miteinander verschmolzen wa­ ren. Im dritten Kapitel werde ich dann die vemunftkritischen Faschismustheorien von Horkheimer und Adorno skizzieren, die, wie wir im folgenden sehen werden, eher einen Rück­ schritt hinter das bei Weber erreichte Niveau einer Selbstreflexion der Moderne bedeuten. Daß dabei die Autoren der vernunftkritischen Faschismustheorien Gefahr laufen, zu Stars einer radikalisierten und total gewordenen Vemunftkritik zu avancieren, weil sie im Rahmen ihres Konzepts vom „Primat der Politik“ die vermeintliche Identifikation von Vernunft und nationalsozialistischer Herrschaft als Versagen von Vernunft überhaupt glauben darstellen zu müssen, ist Thema des vierten und fiinften Kapitels. Zunächst wird vor dem Hintergrund der Weberschen Rationalitätsauffassungen systematisch herausgearbeitet, daß das Er­ klärungsmodell. das die Vernichtung der europäischen Juden als direktes Resultat moderner Zweckrationalität interpretiert und das sich in Horkheimers und Adornos Faschismustheorien sowie in variierenden Formen auch in zahlreichen neueren Arbeiten finden läßt, äußerst fragwürdig ist. Die in diesem Zusammenhang geradezu klassische Unterstellung einer be­ grifflichen Gleichsetzung von Zweckrationalität und instru­ menteller Vernunft geht nicht so einfach auf wie weithin angenommen wird. Es läßt sich nämlich mit Weber zeigen, daß sich vielmehr zwischen einem spezifisch wertrationalem und einem spezifisch instrumentellem Handeln eine der reflexiven Zweckrationalität, die ja „die verschiedenen möglichen Zwecke gegeneinander rational abwägt“ (Weber 1985, 13), geradezu entgegengesetzte Strukturgleichheit ergibt. Beide Handlungsmuster sind nämlich jeweils bestimmt entweder durch die wertrationale ideologische Überzeugung von der Richtigkeit der nationalsozialistischen Weltanschauung oder durch eine Eigenlogik der Mittel, die beim deutschen Natio­ nalsozialismus im traditionellem Idealismus der Pflichterfül-

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lung motivlos „durch eingelebte Gewohnheit“ (Weber 1985, 12) zum Selbstzweck gerieten. Sie werden dann auch irratio­

nal, wo sie ohne Berücksichtigung der Folgen in der Verabso­

lutierung ihrer Mittel bzw. Eigenwerte verharren, damit also

„zu sich selbst in kein selbstreflexives Verhältnis treten“ (Thyen 1989, 109). Im letzten und umfangreichsten Kapitel

steht noch einmal die die vorliegende Arbeit prägende Auffas­ sung im Mittelpunkt, daß sich der Nationalsozialismus in Deutschland außer in den Bereichen Technologie und Indu­ strie auf entscheidenden Gebieten vom Zivilisationsprozeß der Moderne abgelöst hatte. Daß sich hier gewissermaßen die von Helmuth Plessner beobachtete Konstellation einer „verspäte­ ten Nation“ (Plessner 1974) fortsetzte, die zwar industriell-na­ turwissenschaftlich und militärisch mit an der Spitze der inter­ nationalen Entwicklung stand, ihrer politischen, gesell­ schaftlichen und kulturellen Mentalität nach aber dem soge­ nannten „zersetzenden jüdischen Geist der Moderne“ erbitter­ ten Widerstand entgegensetzte, hat eine kritische Auseinander­ setzung mit den in den philosophischen Schriften der

Kritischen Theorie dominanten und einflußreichen Mythen

und Klischees zur Folge, die von einer sogenannten eindeuti­ gen modernen „rationalen Herrschaft“ im Nationalsozialis­ mus ausgehen.

KAPITEL I

Nationalsozialismus und Liberalismus

„Die Ökonomie ist die erste Ursache des

Elends, und die theoretische und praktische Kritik hat sich zunächst auf sie zu richten.“34 Max Horkheimer und Herbert Marcuse

„Ich möchte (...) nur gegen den (...) hier gefallenen Ausdruck, daß irgend etwas, heiße

es Technik, heiße es Oekonomik, die ,letzte' oder .endgültige' oder .eigentliche' Ursache von irgend etwas sei, Protest einlegen. Wenn wir uns die Kausalkette vorlegen, so verläuft sie immer bald von technischen zu ökonomi­ schen und politischen [,] bald von politischen zu religiösen und dann ökonomischen usw. Dingen. An keiner Stelle haben wir irgendei­ nen Ruhepunkt. Und diejenige immerhin nicht seltene Auffassung der materialistischen

Geschichtsauffassung, als ob das .Oekonomische' in irgendeinem, wie immer gearteten Sinn, etwas .Letztes' inderUrsachenreihe sei, diese Ansicht ist meines Erachtens allerdings wissenschaftlich vollständig erledigt.“35 Max Weber

34 Horkheimer/Marcuse (1937, 628-629). 35 Weber (1924, 456).

35

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1.1. Liberalismus und Kritische Theorie Die Kritische Theorie entwickelte sich zu einer Zeit, in der die liberalen Grundlagen der Weimarer Verfassung keine nennens­ werte Rolle mehr spielten. Als die Kritische Theorie im Kon­ text des ,Instituts für Sozialforschung1 um 1931 entstand, war der politisch organisierte Liberalismus in Deutschland auf einen kleinen Rest zusammengeschrumpft, und die vielerseits bekämpfte Realität des Weimarer Rechtsstaats und seiner libe­ ralen Verfassungsstruktur stand unmittelbar vor ihrem un­ rühmlichen, lang ersehnten Ende. Denn schon zu lange waren in Deutschland die Ideale im Namen von Individualismus, Liberalismus, Demokratie und Freiheit „todmüde, verlebte und verurteilte Ideen (...) und zu nichts mehr nütze“ (Mann 1984, 200). Mit der Bildung der Präsidialregierung Brüning war die Weimarer Republik dann auch de facto erledigt; was folgte, war nur noch die Agonie eines innerlich bereits ausgehöhlten parlamentarischen Systems, so daß schon ab 1930 unter diktatorischer Ausnutzung des Notstandsartikels 48 der Weimarer Verfassung die Alternative nicht mehr Parlamenta­ rismus oder Diktatur lautete, sondern nur noch autoritäre oder nationalsozialistische Diktatur.36 Den Zusammenhang zwi­ schen dem Verfall des Liberalismus und dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland zu thematisieren, kurzum eine Erklärung für den Übergang von der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus zu finden sowie das Problem der gesellschaftlichen Grundlagen des Nationalsozialismus zu er­ örtern, war dann auch das zentrale Thema, dem sich die Kritische Theorie in den dreißiger Jahren widmete.

36 Dazu grundlegend immer noch: Bracher (1971). Weiterhin: Holl (1978); Joch­ mann (1978); Peukert (1987); H. Mommsen (1989b). Vgl. bereits: Heller (1930) und Neumann (Der Niedergang der deutschen Demokratie [1933], in: 1978, insbes. 115 ff.).

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Bei der Behandlung der gesellschaftlichen Grundlagen des deutschen Nationalsozialismus war die Haltung der meisten Vertreter der Kritischen Theorie dem Liberalismus gegenüber ambivalent.37 Die Auffassung, die das freie Individuum in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt und die sich auf die Empanzipation und die gleichen Rechte der Einzelnen kon­ zentriert, ist zunächst der gemeinsame normative Nenner bei­ der Positionen: „Das bürgerliche Denken beginnt als Kampf gegen die Autorität der Tradition und stellt ihr die Vernunft in jedem Individuum als legitime Quelle von Recht und Wahrheit entgegen“ (Horkheimer 1968, Band 1,303). Liberalismus und Kritische Theorie, deren Vertreter sich vorbehaltlos dem „auf­ geklärten und selbstkritischen Bürgertum“ zurechnen, fassen ihren konzeptuellen Ausgangspunkt individualistisch und füh­ ren ihre normativen Referenzen stets auf die Freiheit der Erkenntnis, der Selbstbestimmung und der Selbstverwirk­ lichung des Einzelnen zurück. Gemeinsames Ziel ist daher die Verwirklichung einer Gesellschaft, deren Substanz das selb­ ständige Individuum ist (Horkheimer 1974, 253). Diese Ge­ meinsamkeit im normativen Grundbegriff des autonomen In­ dividuums führt in beiden Auffassungen zu einer prinzipiellen kritischen Einstellung zu organisierten Systemen und kollek­ tiven Sozialgebilden. Sie bedingt grundsätzlich eine gemein­ same Frontstellung gegenüber bürokratischem Sozialismus, faschistischen Diktaturen und Nationalsozialismus. In engem Zusammenhang mit der gemeinsamen Frontstellung gegen diese diktatorischen Systeme berühren sich Liberalismus und

37 Wie im Verlauf der Arbeit zu zeigen sein wird, ist der Vorwurf von Kennedy ( 1986,380-381 ), daß die gesamte Frankfurter Schule eine „Abneigung gegen­ über dem Liberalismus und (...) Skepsis gegenüber liberaler Demokratie“ zeigte, in dieser Verallgemeinerung nicht richtig. Siehe dazu auch die zum Teil sehr kritischen Antworten von Söllner (1986b), Jay (1987) und Preuß (1987). Zum Dialog zwischen Kritischer Theorie und politischem Liberalismus, im folgenden : (in einer Ausgabe der Friedrich-Naumann-Stiftung): Hansen (1981).

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Kritische Theorie schließlich in einer allgemeinen Bürokratie­ kritik, die die Bürokratisierung als ein entscheidendes Merk­

mal der Modernisierung herausstellt. Max Webers soziologi­ sche Analysen über den epochalen Trend bürokratischer Rationalität stellen einen Höhepunkt genuin liberaler Gesellschaftskritik dar und formulieren auch ein Leit­ motiv, das sich durch das gesamte Werk der Kritischen Theorie zieht. Trotz dieser gemeinsamen normativen Ausgangspunkte waren die wichtigsten Vertreter der Kritischen Theorie jedoch zu­ gleich auch radikale Kritiker der Weimarer Republik. Schon in seinen frühen Aphorismen ,Dämmerung. Notizen in Deutschland4, die inhaltlich bereits typische Argumentations­ muster der späteren Kritischen Theorie vorwegnehmen, fand Horkheimer für das liberale System der Weimarer Republik vor dem Hintergrund seines Wunsches nach einer soziali­ stischen Demokratie lediglich verächtliche Worte (Horkhei­ mer 1987a, 312ff.).3x Die starke Abneigung gegen die Weima­ rer Republik führte ihn - gemeinsam mit Marcuse - zu hefti­ gen Angriffen gegen eine „lediglich formal“ verstandene Demokratie.38 39 Wer nämlich die „bürgerlichen Ideale (.. .) im Herzen“ trägt, der hat mit jenen „kümmerlichen liberalistischen und demokratischen Reformern“ wenig gemein, heißt

es bei Horkheimer (Horkheimer 1985 b, Bürgerliche Welt [ No­ tizen 1935], 230). Vor dem Hintergrund der desolaten wirt­ schaftlichen Lage der Weimarer Republik galt für Horkheimer auch die Tatsache, „daß unter den Bedingungen des gegen­

wärtigen Systems der Appell an das Urteil jedes Einzelnen

nicht genügt, um die Formen des gesellschaftlichen Lebens

den Bedürfnissen der Allgemeinheit anzupassen“ (Horkhei­

mer 1985 b, Autorität und Vernunft [Notizen 1935], 241). Zentraler Punkt der negativen Beurteilung der Weimarer Re­ publik war für Horkheimer die - wie er sie verstand - einge­ schränkte Vernunft des Liberalismus. Denn Vernunft sei keinesfalls als bloße formale Freiheit zu verstehen, um nach eigenem Ermessen entscheiden zu können: „In diesem Irrtum, der die objektive inhaltliche Seite übersieht, gründet die Einseitigkeit der liberalistischen Lehre vom Staat. Vernunft bezeichnet vielmehr ebensosehr das richtige wie das eigene Urteil und Freiheit ebensosehr die reale Möglichkeit zu leben und seine Kräfte zu entfalten wie die Entscheidung darüber. Die Theoretiker des Liberalismus dachten, wenn nur jeder sein Interesse verfolge, so entspringe daraus notwen­ dig das Glück der Allgemeinheit, und jeder müsse wissen, was sein eigenes Interesse sei. Subjektive und objektive Seite der Vernunft, d. h. selbständiges Ermessen und inhaltliche Zweckmäßigkeit galten ihnen ebenso unmittelbar als dasselbe wie das Interesse jedes Individuums und das Wohl des Ganzen“ (Horkheimer 1985 b, Autorität und Vernunft [No­ tizen 1935], 241). Wie den formalen Vemunftbegriff, den Horkheimer beim Übergang von der bürgerlich-liberalen Gesellschaft zur nationalsozialistischen Diktatur als konstantes Prinzip subjek­ tiver Vernunft betrachtet, will er auch die bürgerliche Demo­ kratie, deren rechtliche Gewährung individueller Selbst­ bestimmung für ihn nur die Möglichkeit von Freiheit bietet, um die objektive, inhaltliche Seite erweitert wissen. Demo­ kratie wäre dann nicht mehr bloß eine Staatsform, die ledig­ lich „das abstrakte Bewußtsein der Freiheit“ (Horkheimer

1988b, Montaigne und die Funktion der Skepsis [1938], 275) 38 Siehe hierzu im folgenden: Schürgers (1989). 39 Ähnliche Formulierungen finden sich bei Schmitt (1968), der den Niedergang

der Weimarer Republik als eine folgerichtige Konsequenz einer „bloß forma­ len" Demokratie betrachtete.

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zum Ausdruck bringen würde, indem sie den formal­

freiheitlichen Rahmen für individuelle Aktivitäten bereit­ stellt, sondern sie wäre die „konkrete Gestalt der Vernunft“,

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die die beiden Momente, die „freie Selbstbestimmung der Individuen“ und die „Befriedigung ihrer Bedürfnisse“ für die Verwirklichung von Freiheit einschließen könnte (Hork­ heimer 1985b, Autorität und Vernunft [Notizen 1935], 243).40 Hier offenbart sich bei Horkheimer eine deutliche Option für den Sozialismus, um ,,[i]m Namen der vom Bürgertum selbst verratenen Werte (.. .) gegen die von ihm geschaffene Ord­ nung“ aufzustehen und sich „mit den proletarischen Kräften zu vereinigen“ (Horkheimer 1985b, Bürgerliche Welt [Noti­ zen 1935], 228). Denn die „späten Bürger wissen, daß ihre Ideale nur durch die proletarische Revolution und in einer sozialistischen Ordnung oder niemals verwirklicht werden“ (Horkheimer 1985b, Bürgerliche Welt [Notizen 1935], 230). Doch war Horkheimer, der durchaus gewisse Errungenschaf­ ten des Liberalismus in eine sozialistische Zukunft hinüberret­ ten will, weit davon entfernt, Inhalt und Form dieses angestrebten Zieles politisch konkreter zu bestimmen. Einerseits lehnte er - bezugnehmend auf die Weimarer Republik - „die Staatstheorien, welche die Formen der Regierung unter Ver­ nachlässigung ihres Inhalts behandeln und der Vertretung der Interessen mehr Aufmerksamkeit als ihrer Erfüllung widmen“ kategorisch ab (Horkheimer 1988 a, Zum Rationalismusstreit in der gegenwärtigen Philosophie [ 1934], 209). An ihre Stelle sollte eine politische Theorie treten, die sich vornehmlich mit der Bestimmung des abstrakten Inhalts beschäftigt. Daß aber formalen Rechten im politischen Alltag ein ebenso hoher Stellenwert zukommt wie den materialen Prinzipien, die im positiv geltenden Verfassungsrecht eines demokratischen Ver­ fassungsstaates immer schon verankert sind, übersah Horkhei-

40 Zur neueren Diskussion um die „Möglichkeit“ und „Verwirklichung“ von Freiheit, siehe: Taylor (1988), der an die von Berlin (1969) entwickelte Unter­ scheidung von negativen und positiven Freiheitskonzeptionen anknüpft.

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mer dabei leichtfertig. Andererseits ging Horkheimer von vornherein von einem sehr eingeschränkten Politikbegriff aus, der zwischen Naturbeherrschung und politischer Herrschaft nicht unterschied und Politik lediglich als eine Form instru­ menteller Herrschaft darstellte. Denn indem der Mensch ledig­ lich als Objekt der Herrschaft in Erscheinung tritt, erscheint er in gleicher Weise verfügbar wie die Natur. Diese Reduzierung begreift Horkheimer, im Vorgriff auf seine geschichtsphiloso­ phischen Thesen in der ,Dialektik der Aufklärung1, als das Novum, das, erstmals von Machiavelli thematisiert, das poli­ tische Denken der Neuzeit maßgeblich bestimme und das den Nationalsozialismus mithin zum ,,geschliffenste[n] politi­ sche [n] System der Gegenwart“ (Horkheimer 1988 b, Die Philosophie der absoluten Konzentration [1938], 304) ge­ macht habe: ,,[N]icht auf der Beherrschung der Natur im engeren Sinne, nicht nur auf der Erfindung neuer Produktions­ methoden, auf dem Bau von Maschinen, auf der Erhaltung eines gewissen Gesundheitstandes beruht die Gesellschaft, sondern ebensosehr auf der Herrschaft von Menschen über Menschen. Der Inbegriff der Wege, die dazu führen, und der Maßnahmen, die der Aufrechterhaltung dieser Herrschaft die­ nen, heißt Politik“ (Hervorhebungen, Μ. S.; Horkheimer 1987, Anfänge der bürgerlichen Geschichtsphilosophie [1930], 183). - Dieses Verständnis von Politik im allgemei­ nen und von politischem Liberalismus im besonderen ist daher auch die Konsequenz einer interdisziplinären Perspek­ tivenverengung Kritischer Theorie, die das traditionelle Unverhältnis zum Politischen mit dem überwiegenden Teil der deutschen philosophischen Kultur aus der Weimarer Zeit teilte. Hochgradig autistisch auf deutsche Verhältnisse bezogen und darüber hinaus durch ideologische Brillen betrachtet wird Kulturkritik im wesentlichen in grober Selbstüberschätzung als allgemeine Zivilisationskritik ver­ standen, in deren Kern die Politik in allen ihren Gestalten

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lediglich als eine Form der Entfremdung und instrumenteller Herschaft angesehen wird.41 Die schärfste Kritik übte die Kritische Theorie aber am öko­ nomischen Liberalismus, der, wie ihre Vertreter meinten, mit seinen immanenten Entwicklungsgesetzen eine „fast lücken­ lose Kontinuität“ zur totalitären Staatsauffassung enthülle (Marcuse 1934, 174).42 In diesen Zusammenhang ist das wohl berühmteste Diktum aus Horkheimers Aufsatz ,Die Juden und Europa1 zu verstehen: „Wer aber vom Kapitalismus nicht

41 Wie Ringer (1987, 81-82) feststellt, der übrigens die marxistische Linke in seiner wertvollen kritischen Betrachtung über den Typus der deutschen akade­ mische Elite von 1890-1933 völlig ausspart, war die Haltung der meisten Gelehrten in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert von der Ansicht geprägt, „daß viele Intellektuelle in Frankreich seit dem 17. Jahrhunden Wissenschaft und Gelehrsamkeit beinahe ausschließlich mit der Vorstellung praktischer Handhabung, rationaler Technik und Naturbeherrschung verbunden hatten (Hervorhebung. Μ. S.)“. Diese verkürzte Auffassung des deutschen Manda­ rinentums „bildete den Hauptfeind, den wirklichen Drachen im Denken des 18. Jahrhunderts“, die ihre ganze Bösartigkeit allerdings erst im späten 19. Jahrhun­ dert enthüllte : „Im Kampf gegen diese Gefahr wurde das deutsche Bild von der westeuropäischen Aufklärung geschaffen.“ Daß Horkheimers Bild von der Politik in diese verkürzte Auffassung von westeuropäischer Aufklärung hinein­ paßt, glaubt Habermas (1984c, 466-467) in seiner Besprechung von Ringers Studie damit angemessen verharmlosen zu können, daß in dem - wie er zunächst vorsichtig ausdriiekt - „kulturkonservativen Bezugssystem der deutschen Man­ darine auch Erfahrungen verarbeitet und Problemstellungen verdeckt sein könn­ ten, die in einem angemessenen Bezugssystem neu formuliert werden und heute noch systematisches Interesse beanspruchen könnten“. Habermas fährt dann fort: „Diesen Gedanken hätte er (Ringer, Μ. S) sich nicht so einfach vom Leibe halten können, wenn er nicht einen in der deutschen Tradition tief verwurzelten, nämlich auf Hegel und Marx zurückgehenden Argumentationszusammenhang vollständig ausgeblendet hätte. Einsicht in die Dialektik der Aufklärung ist noch nicht Antimodemismus. Die eigentümliche Melancholie, die mit den unver­ meidlichen, aber akzeptierten Fortschritten jenes von Max Weber untersuchten Rationalisierungsprozesses auch die Erinnerung an die Opfer und die nicht eingelösten utopischen Gehalte der bürgerlichen Emanzipation in sich auf­ nimmt, ist noch nicht Kulturpessimismus.“ 42 Die Reduzierung des Liberalismus auf seine ökonomische Struktur findet man V. a. 165ff.

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reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“ (Horkhei­ mer 1988b [1939], 308-309). Die Kritik am ökonomischen Liberalismus bezog sich zu­ nächst einmal auf die in ihren Augen illusorische Freiheit der Individuen unter den Gesetzen der Marktökonomie. Die Indi­ viduen seien außerstande, so Horkheimer, „den gesellschaft­ lichen Arbeitsprozeß und damit die menschlichen Beziehun­ gen überhaupt vernünftig, d. h. nach einheitlichem Plan im Interesse der Allgemeinheit zu regeln und zu lenken“ (Hork­ heimer 1968, Band 1, 323). Bereits aus den grundlegenden Strukturelementen liberaler Ökonomie, dem Eigentum und dem vertraglich geregelten Austausch von Waren, erwachse ein Konkurrenzsystem bloßer Zweckrationalitäten, das die Menschen in täuschender Freiheit dem unbegriffenen und unverfügbaren Zweck einer irrationalen Totalität unterwerfe. Zudem bewege sich der Prozeß der Konzentration der Großin­ dustrie im Sinne der Marxschen Tradition ganz nach der Logik des kapitalistischen Akkumulationsprozesses, der die Zentra­ lisation und Konzentration des Kapitals von vornherein bein­ halte und auf eine Monopolisierung zusteuere. Während demnach die Herrschaftstendenzen prinzipiell be­ reits in den allgemeinen Grundbestimmungen einer auf „Tausch gegründeten Ökonomie“ angelegt seien und in der Monopolisierung nur eine neue Entwicklungsstufe erreichen, schien in kultureller Hinsicht jedoch ein grundlegender Wan­ del durchaus wahrnehmbar. Denn mit dem bürgerlichen Indi­ viduum sei zugleich auch der letzte Rest vernünftiger bürger­ licher Rationalität samt ihrer potentiellen Widerspenstigkeit untergegangen: „War auch die Freiheit, die der Markt den Produzenten, Konsumenten und dem unübersehbaren Heer ihrer Vermittler erlaubte, abstrakt und trügerisch, sie gewährte Spielraum zur Besinnung“, während unter nationalsoziali­ stischen Bedingungen „keinem Zeit gelassen wird“ und man „sich rasch orientieren, prompt innervieren können“ muß

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(Horkheimer 1987 b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 338). Denn ,,[i]n der Planwirtschaft werden die Menschen noch unbeschränkter vom Produktionsmittel beherrscht als auf dem Umweg über den Markt“ (Horkheimer 1987 b, Ver­ nunft und Selbsterhaltung [1942], 338). Und mit dem Verfall der Marktökonomie zerfalle schließlich auch die „Vernunft (. . .) des Individuums“ (Horkheimer 1987 b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 334), so daß erst im Monopo­ lisierungsprozeß die bereits strukturell eingebaute Herrschaft „radikaler als je auf ihre instrumentale Bedeutung zurückge­ führt“ werde (Horkheimer 1987 b, Vernunft und Selbsterhal­ tung [1942], 322). Die zentrale These der Kritischen Theorie, die damit das ökonomische Herrschaftsverhältnis gleichsam an die politische Herrschaftsform des Staates rückkoppelte, bestand nun darin, daß der Liberalismus aufgrund immanenter Entwicklungsgesetze instrumenteller Vernunft zum National­ sozialismus führen mußte: „Der Faschismus hat die Verfü­ gung über die Produktionsmittel für die Minderheit gerettet, die als entschlossenste aus dem Konkurrenzkampf hervorge­ gangen ist. Er ist die zeitgemäße Form“ (Horkheimer 1988b, Die Juden und Europa [1939], 323). Daher sei auch der gut­ gemeinte „Versuch, den Nationalsozialismus wesentlich bei der nordischen Physik, der Rassenlehre oder der Machtphilo­ sophie, anstatt stets zugleich in seinem ,Quellpunkt1, den er mit dem Liberalismus gemein hat, anzupacken, (. . .) ober­ flächlich“ (Horkheimer 1988b, Philosophie der absoluten Konzentration [1938], 304). Dieses Thema stand im Zentrum der ersten institutsinternen Analysen über den Nationalsozialismus, vor allem Herbert Marcuses. Auch Franz Neumann und Otto Kirchheimer sollten sich diesem Thema widmen.43 Allerdings - wie wir später

43 Siehe dazu Kapitel 5.

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sehen werden - vor dem Hintergrund einer deutlichen Unter­ scheidung der ökonomischen Theorie des Liberalismus von „seiner Gesellschaftslehre, (...) seinem Staats- und Rechts­ begriff“ (Neumann 1980, 200; Kirchheimer 198 ld, 142), und einer - Marcuse entgegengesetzten - theoretischen Position, „die den Liberalismus nicht nur in seiner ideologischen Ab­ straktheit, sondern auch in seiner institutionellen Konkretheit“ zu erfassen suchte (Söllner 1981, 115).44

44 Für Marcuse ( 1934, 166) war das liberale Gesellschaftssystem, bezugnehmend auf Ludwig von Mises' Definition, der alle Staatseingriffe in den Wirtschafts­ ablauf ablehnte, nicht mehr als „Eigentum, das heißt: Sondereigentum an den Produktionsmitteln (. ..) Alle anderen Forderungen des Liberalismus ergeben sich aus dieser Grundforderung". Auch wenn Neumann und Kirchheimer den liberalen Rechtsstaat keineswegs als ihr politisches Endziel ansahen, weil erst der soziale Rechtsstaat als die der Demokratie adäquate Rechtsform angesehen werden könne (so: Neumann (1978], in dem 1934 verfaßten Aufsatz .Rechts­ staat, Gewaltenteilung und Sozialismus', und Kirchheimer [1964], in dem 1930 verfaßten Aufsatz .Weimar - und was dann?*), so war er für sie doch, zumal unter dem Eindruck der Erfahrungen des italienischen Faschismus, eine Etappe des politischen Weges, die zu verteidigen sich lohnte. Dies kommt u. a. deutlich in Kirchheimers (1932, 419; auch in: 198ld) positiver Bewertung der parla­ mentarischen Demokratie zum Ausdruck: „Die (als) einzige Staatsform, (...) in einer Zeit wachsender sozialer und mitunter auch nationaler Heterogenität das Zusammenwirken bzw. den Wechsel verschiedener Gruppen verfassungs­ mäßig ermöglicht. Sie allein faßt durch die Garantie der politischen Freiheits­ rechte das Problem einer politischen Entsprechung zu bestimmten sozialen Strukturveränderungen ins Auge.“ In der Einschätzung der italienischen Dikta­ tur spiegelt sich v. a. der Einfluß Hellers wider - einer der Berliner Lehrer Kirchheimers -, der in seiner Arbeit .Europa und der Fascismus' ( 1931,82-83) schrieb, daß dem „Diktator die Befugnis gegeben (ist), ohne jede Hinzuziehung des Parlaments materielles Recht zu setzen“. Somit sei deutlich, „daß die bedeutendste Einbruchstelle der Diktatur in den Rechtsstaat (...) in der Gesetz­ gebung" zu finden ist, „um das ganze Gebäude des Rechtsstaates zu untermi­ nieren“.

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1.2. Nationalsozialismus: vier Interpretationen Als Marcuse ein Jahr nach der nationalsozialistischen Macht­ ergreifung eine Erklärung für den Übergang von der Weimarer

Republik zum Nationalsozialismus entwickelte, leitete er mit der ersten institutsintemen Analyse des Nationalsozialismus gleichsam den Abschied von dem anspruchsvollen interdiszi­

plinären Projekt einer umfassenden Theorie der Gesellschaft ein, das Horkheimer 1931 emphatisch mit den Worten verkün­ det hatte: ,,[A]uf Grund aktueller philosophischer Frage­ stellungen, Untersuchungen zu organisieren, zu denen Philo­ sophen, Soziologen, Nationalökonomen, Historiker, Psycho­ logen in dauernder Arbeitsgemeinschaft sich vereinigen“ (Horkheimer 1988a, Die gegenwärtige Lage der Sozialphilo­ sophie und die Aufgaben eines Instituts für Sozialforschung [1931], 29). Dieser gesellschaftstheoretischen Intention zuwi­ derlaufend wurde die nationalsozialistische Machtergreifung von der Kritischen Theorie zunächst lediglich schematisch begriffen als die der Logik des fortgeschrittenen Monopolka­ pitalismus gehorchende und damit notwendige politische Konsequenz. Marcuses - auf Friedrich Pollocks ökonomi­ schen Studien beruhende - These45 besagte dann auch, daß der

wicklung. Der total-autoritäre Staat bringt die dem mono­ polistischen Stadium des Kapitalismus entsprechende Organi­ sation und Theorie der Gesellschaft“ hervor (Marcuse 1934, 174-175). Auf der Grundlage dieser zentralen These sprach Marcuse zunächst von einer „neuen politischen Weltanschau­ ung“, die sich als Gegner des Liberalismus begreife (Marcuse 1934, 161). So sei diese politische Weltanschauung des „he­

total-autoritären Staate vollzieht sich auf dem Boden dersel­

roisch-völkischen Realismus“, die in Emst Kriecks Tiraden gegen den „formalen Verstand“ und „das rationale Zweckstre­ ben“ ihre exemplarische Verkörperung finde46, „das Sammel­ becken all der Strömungen (. . .), die (sich) seit dem Weltkrieg gegen die liberalistische Staats- und Gesellschaftstheorie“ herausgpbildet und die „die Konstituierung des total-autoritären Staates“ begleitet habe (Marcuse 1934, 161). Hierunter ver­ stand Marcuse eine breite Gegenströmung, die zunächst „fern der politischen Ebene als philosophische und wissenschafts­ theoretische Auseinandersetzung mit dem Rationalismus, In­ dividualismus und Materialismus des 19. Jahrhunderts“ be­ gann, aus der sich aber dann bald die „gemeinsame Front“ herausbildete, „die mit der Verschärfung der ökonomischen und sozialen Gegensätze in der Nachkriegszeit schnell ihre politische und gesellschaftliche Funktion offenbarte“ (Marcuse 1934, 161-162). Als die konstitutiven Bestandteile dieser neuen politischen Weltanschauung betrachtete Marcuse den „Universalismus“ (als Ausdruck der ökonomischen Struktur der monopolkapita­ listischen Gesellschaft) (Marcuse 1934, 175ff.), den „irratio­

ben Gesellschaftsordnung. Im Hinblick auf diese Einheit der

nalistischen Naturalismus“ (als Verklärung und Verdeckung

liberalistische Staat in seiner monopolkapitalistischen Phase notwendigerweise in den total-autoritären einmünden müsse,

da die veränderten Produktionsverhältnisse nach einem star­ ken Staat verlangen: „Die Wendung vom liberalistischen zum

ökonomischen Basis läßt sich sagen : es ist der Liberalismus selbst, der den total-autoritären Staat aus sich erzeugt : als sei ne

eigene Vollendung auf einer fortgeschrittenen Stufe der Ent­

45 Dazu die Ausführungen im nächsten Kapitel. Zum folgenden : Söllner ( 1979).

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46 So der von Marcuse zitierte Krieck (1933, 68). Auf ihn bezieht sich auch Neumann (1980, 199-202, hier: 199, 200), wenn es ihm darum geht, die nationalsozialistische „Ideologieschlacht, die die gegenwärtige deutsche Poli­ tikwissenschaft (...) gegen Liberalismus und Demokratie für den (...) Führer­ staat führt“, kenntlich zu machen.

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der offenen Brutalität der monopolkapitalistischen Wirtschaft) (Marcuse 1934, 178ff., insbes. 181) und schließlich den „Existenzialismus“ (als entscheidendes Moment der tota­ litären Staatstheorie), womit allerdings nicht der philoso­ phische Existentialismus, sondern der in seiner politischen Gestalt gemeint war, der sich nach Carl Schmitt darin defi­ niere, daß er im wesentlichen dezisionistisch ist (Marcuse 1934, 185 ff.).47 Von Marcuse wurden in diesem Zusammenhang vor allem die zeitgenössischen Vertreter eines „etatistische[n| Konservatis­ mus“ (Saage 1983, 22) hervorgehoben, die, entweder den „totalen Staat"48 oder den „autoritären Volksstaat"49 als die historisch-politische Konsequenz aus einer naturalistischen Weltanschauung ableiteten, in der „nicht (mehr) die Gesell­ schaft, sondern das Volk (...) als soziales Substrat“ zu fungie­ ren habe (Saage 1983, 184-185). Als Kritiker des Liberalis­ mus hielten sie daher auch die Ideen eines „politisch-ethischen Universalismus“ (dazu v. a.: Böhler 1988, 166-212) und die rationale (Rechts-) Politik durch Führerentscheid und Feinderklärung gleichsam für erledigt.50 Der normativ ungebundene Dezisionismus, als die Transformation der existentialistischen Entscheidung in die Politik, wurde so mit seinen Bekenntnis­ sätzen, „[sjouverän ist wer über den Ausnahmezustand ent­

47 Zum Begriff des politischen Existentialismus, der keine von außen kommende Norm anerkennt, vgl. v. a. Schmitt (1979). Dazu: Schnädelbach, Politischer Existentialismus - zur philosophischen Vorgeschichte von 1933 (in: 1992, 346-355). 48 Zum Begriff des „totalen Staates“ vgl. v. a.: Schmitt (1931) und Forsthoff (1933). 49 Zum Begriff des „autoritären Volksstaates“ vgl.: Koellreutter ( 1933), ein alter Widersacher Schmitts, kritisierte später das Konzept des „totalen Staates" als eine „unvölkische“ Theorie. Dazu insbes.: Rottleuthner ( 1983a, 251 ff.). 50 Vgl. hierzu die Kritik, die Benjamin (1930) unter dem Titel .Theorien des deutschen Faschismus' der von Emst Jünger hrsg. Sammelschrift .Krieg und Krieger' gewidmet hat.

scheidet“ (Schmitt 1922, 1) und ,,[d]er Führer schützt das Recht“ (Schmitt 1934 b), zum radikalen Gegner einer rationa­ len Vorstellung von Politik und Recht. Die gesellschaftliche Funktion dieser neuen Weltanschauung sah Marcuse allerdings, wenn auch durchaus als Angriff auf bestimmte Tendenzen im Liberalismus, jedoch nur als ihre verdeckte Fortsetzung : Wenngleich auch der „heroisch-völki­ sche Realismus“ mit voller Einstimmigkeit alles das, wogegen er kämpfe, unter dem Titel Liberalismus zusammenfasse, so verdecke die Frontstellung unter Abdrängung des wirklichen Gehalts des Liberalismus auf eine Weltanschauung das für Marcuse alles „Entscheidende“: Daß nämlich die allgemeine Kritik der Vertreter des „total-autoritären Staates“ am Libera­ lismus in Wahrheit vor der spezifischen Kritik der ökono­ mischen Struktur des Liberalismus systematisch ausweiche, da sie ja „mit dieser Grundstruktur weitgehend einverstanden“ sei. Absichtlich reduziere sie daher auch den „Kampf gegen den Liberalismus auf einen Kampf der Weltanschauungen“ (Marcuse 1934, 164-166).51 Zwar rüsteten die Vertreter des „heroisch-völkischen Realis­ mus“ anerkanntermaßen zum „Angriff gegen die Herrschaft der Ratio überhaupt“ (Marcuse 1934, 178). Und der universa­ listische Volksbegriff postuliere, jenseits der Sphären des öko­ nomischen und politischen Parteikampfes, die Herrschaft einer ,,naturhaft-organische[n]“ Einheit und Ganzheit. Aber der politische Irrationalismus zeichne sich dadurch aus, daß er zwei an sich widersprüchliche Elemente, nämlich den Aufruf zur politischen Tat und die Auffassung von der Geschichte als

51 Nur beiläufig geht Marcuse auf die antikapitalistischen Angriffe ein, die von nationalsozialistischer Seite in äußerster Schärfe geführt wurden. Statt dessen reduziert Marcuse die nationalsozialistische Kritik lediglich auf „eine bestimm­ te Gestalt des Bürgers, den Typus des kleinen und kleinlichen .Händlertums'“ (1934, 167-168).

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Naturprozeß, mit der Forderung verknüpfe, sich unter Be­ schwörungsformeln der „Frontgemeinschaft“ oder des „Kriegserlebnisses“ zu heroischen (Selbst-) Opfern bereit zu halten. Hier nun fand Marcuse die soziale Funktion dieses Irrationalismus, der auf die Verherrlichung derer abzielte, die ihr Leben nicht »bürgerlich1, d. h. als egoistische Nutzenmaximierer führen wollten und letzten Endes bereit seien für ihr Land zu sterben, dann auch besonders deutlich erkennbar: Denn „Pflichterfüllung, Opfer und Hingabe, die der heroische Realismus von den Menschen verlangt, werden im Dienst einer Gesellschaftsordnung erbracht, die Not und Glücklosigkeit der Individuen verewigt. Obwohl am Rande der Sinnlo­ sigkeit dargebracht, haben sie doch einen verborgenen sehr rationalen Zweck: das gegenwärtige System der Produktion und Reproduktion des Lebens faktisch und ideologisch zu stabilisieren. Der heroische Realismus versündigt sich gegen die großen Ideen von Pflicht, Opfer und Hingabe, indem er, was nur als freie Gabe freier Menschen geschehen kann, programmatisch in die Apparatur eines Herrschaftssystems einbaut“ (Marcuse 1934, 184).52 Walter Benjamin, dessen Blick sich in seiner Analyse des Faschismus vornehmlich auf das Nebeneinander von „Gewalt und schönem Schein“ (Reichel 1991), auf die Ästhetisierung der Politik, die Mystifizierung des Krieges und die Rolle der Technik richtete, unterstützte allerdings im Rahmen dieser neuen Sichtweise, die die Instrumentalisierung ästhetischer Surrogate in den Vordergrund stellte, Marcuses ökonomistische Auffassung dahingehend, daß der Nationalsozialismus lediglich versuche, die „proletarischen Massen zu organisie­ ren, ohne die Eigentumsverhältnisse (...) anzutasten“. Sein

52 Marcuse bezieht sich hier auf Horkheimers Aufsatz ,Zum Rationalismusstreit in der gegenwärtigen Philosophie' [1934] (in: 1988a, 209ff.). Die Zitate, die sie beide jeweils anführen, beziehen sich auf Jünger (1932, 170).

Heil sehe der Nationalsozialismus nämlich allein darin, „die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen“ (Benjamin 1977, 42).53 Diese „Konser­ vierung“ des Ausdrucks, dessen Elemente lediglich dazu die­ nen, die wirklichen Bedürfnisse in ritualisierte Verhaltensmu­ ster zu kanalisieren, in denen die proletarischen Massen sich selbst nicht mehr als Subjekte, sondern vielmehr - wie Sieg­ fried Kracauer es einmal pointiert ausdrückte - als „Ornament der Masse“ (Kracauer 1963) ohne Veränderung ihres politisch­ sozialen Status gegenüberstehen, laufe daher beim National­ sozialismus „folgerecht auf eine Ästhetisierung des politi­ schen Lebens hinaus“ (Benjamin 1977, 42). Einerseits hatte Benjamin zwar als einer der ersten überhaupt gesehen, daß der Faschismus einen Teil seines Massenerfolgs einer ästhetisch hergestellten Faszination verdankte, weil die antimodernen Bestrebungen des Faschismus, ein geschlosse­ nes Weltbild unter modernen Bedingungen zu simulieren, sich nur in der Sprache der Ästhetik artikulieren können. Denn die „politisch und gesellschaftlich gemeinten Ordnungs- und Sinngebungs versuche geraten unter den ihr entgegengesetzten Bedingungen der Moderne zwangsläufig zu ästhetischen“, weil aufgrund der Prozesse der Ausdifferenzierung, Pluralisierung und Autonomisierung „Einheit und Ganzheit nur noch im Medium des Ästhetischen erfahrbar ist“ (Klinger 1992, 796).54 Andererseits übersah Benjamin aber auch hier, wie die

53 Hinweise darauf lassen sich auch bei Neumann (1984, 508) finden. 54 In diesem Zusammenhang ist es interessant die beinahe gleichlautenden Äußerungen der faschistischen Politiker Mussolini und Goebbels zu zitieren (ich zitiere aus dem Aufsatz von Klinger [1992, 796]): „Die Politik ist die höchste Kunst, die Kunst der Künste, die göttlichste unter den Künsten, denn sie bearbeitet das schwierigste, weil lebendige Material: den Menschen (...). Dazu bedarf es einer Regierung, eines Mannes (...) der, je nachdem, über die zarte Hand des Künstlers oder die eiserne Faust des Kriegers verfügt.“ Bei Goebbels heißt es, die „Politik ist eine Kunst, vielleicht die höchste und

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meisten anderen Mitglieder des Instituts, daß der Faschismus mit seiner Instrumentalisierung ästhetischer Surrogate nur einer einseitigen, sogenannten „halbierten Moderne“ Vor­ schub leistete. Die Zerstörung und der Abbau verfassungs­ rechtlicher und demokratischer Institutionen - beides gleich­ sam Ausdruck gesellschaftlicher und politischer Moder­ nisierung - war ihm keine Auseinandersetzung wert. Gerade

hier aber standen „Ausdruck“ und „Recht“, die nationalsozia­ listische Organisation des öffentlichen Lebens in ästhetischen Formen und die politischen Rechte des einzelnen, im notwen­ digen Gegensatz zueinander (Benjamin 1977, 42). Mit der These, daß der Nationalsozialismus ein unvermeid­ liches Resultat der immanenten Entwicklungsgesetze der ,liberalistischen Wirtschaft des Kapitalismus1 darstelle und daß seine Kräfte lediglich versuchten, gleichsam unter Umgehung der vermeintlich realen (politischen) Bedürfnisse und Forde­ rungen der Massen, deren Erfüllung im Schein zu suggerieren, befand sich Marcuse also in grundsätzlicher Übereinstimmung mit anderen Mitgliedern des Instituts - mit Benjamin, aber auch mit Löwenthal und vor allem mit Horkheimer, der in seiner Liberalismuskritik kaum noch Schranken kannte. So heißt es bei ihm 1934: „Zu wählen haben die Menschen gegenwärtig keineswegs zwischen einer liberalistischen Wirt­

schaft und der totalitären Staatsordnung, denn die eine geht notwendig in die andere über, eben deshalb, weil diese die

liberalistische Forderung des Weiterbestehens der privaten Verfügung über die wichtigsten gesellschaftlichen Hilfskräfte heute am besten erfüllt“ (Horkheimer 1988 a, Vorbemerkung zu Mandelbaums und Meyers,Zur Theorie der Planwirtschaft*

umfassendste, die es gibt, und wir, die wir die moderne deutsche Politik gestalten, fühlen uns dabei als künstlerische Menschen, denen die verantwor­

tungsvolle Aufgabe anvertraut ist, aus dem rohen Stoff der Masse das feste und gestalthafte Gebilde des Volkes zu formen“.

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[1934], 223). 1938 in seinem Aufsatz .Montaigne und die Funktion der Skepsis* schreibt er dann: ,,[D]er Grund der autoritären Herrschaft (liegt) wahrlich nicht in dem Wahn

(. . .), mit dem sie sich rationalisiert, sondern in der Struktur der gesellschaftlichen Produktion, die das Zeitalter beherrscht und den Menschen je nach der Stellung, die sie in ihr einneh­ men, den Charakter aufprägt. Ideologien sind nicht primär“ (Horkheimer 1988b, 275). Die schärfste Verurteilung des Li­ beralismus findet sich dann in einem Text Horkheimers, der eine Vorarbeit zu dem Aufsatz ,Die Juden und Europa* dar­ stellt. Darin heißt es: „Der Faschismus ist nicht das Ende des Liberalismus, sondern der grausige Anfang einer geschicht­ lichen Bewegung aus der die Menschheit auch als Sieger hervorgehen kann“, und „die Theorie des Faschismus ist (...) wirklich die des Kapitalismus in ihrer aktuellen Gestalt“ (in: Fetscher 1986, 303-304). Und in einem anderen Fragment, den ,Notizen 1935 *, die noch weit offener sind als die entspre­ chenden Passagen der in der Zeitschrift für Sozialforschung* veröffentlichten Aufsätze, liest man, daß der „heuchlerische Liberalismus (...) seinem Wesen nach zum Faschismus“ (Horkheimer 1985b, Bürgerliche Welt [1935], 228) führe, da „demokratische Freiheit[en]*‘ schon „längst“ vor 1933 für die Massen zur „Illusion geworden waren“ (Horkheimer 1985b, Autorität und Vernunft [1935], 242). Schließlich verschloß sich Horkheimer, ähnlich wie Marcuse, auch diktatorischen Mitteln nicht: „Wäre das Versprechen,

Brot für alle und Glück nach wirklichem Verdienst zu gewäh­ ren, die Wirtschaft überhaupt in den Dienst der Menschen zu stellen, nicht bloß ein der radikalen Theorie gestohlenes und verdrehtes Wort gewesen, so könnte diese Autorität, die von den Menschen Verzicht auf Autonomie fordert, sich wahrhaft

rühmen, vernünftiger zu sein als die Freiheit eben des Libera­ lismus, aus welcher sie hervorging. Nicht daß sich die Men­

schen einer Diktatur unterwerfen, ist die Schuld des totalitären

53

Staats, die sein Schicksal besiegeln muß, sondern daß diese Diktatur den Interessen des Volks zuwiderläuft“ (Horkheimer 1985 b, 242).55 Auch Marcuse, vom Existentialismus zum Marxismus konvertiert, glaubte ,,[i]n der bewußten Politisie­ rung der Existenzbegriffe, in der Ent-Privatisierung und EntInnerlichung der liberalistisch-idealistischen Konzeption des Menschen“ einen „Fortschritt der totalitären Staatsauffassung“ zu erkennen. Denn diese Begriffe und Konzeptionen ermöglichen es dem Staat, sich auf dem Wege über die Existentialisierung und Totalisierung des Politischen als Träger der eigentlichen Möglichkeiten des Daseins zu entwickeln. Allerdings: „Bleibt sie auf ihrem Boden, wirkt der Fortschritt als Rückschritt: die Ent-Privatisierung und Politisierung ver­ nichtet die Einzelexistenz, statt sie in der Allgemeinheit wahr­ haft aufzuheben“ (Marcuse 1934, 192). Hier waren Horkhei­ mer und Marcuse offensichtlich allzu leichtfertig bereit, das demokratische und liberale Vermächtnis der ersten deutschen Republik zugunsten der abstrakten Alternative einer soziali­ stischen Diktatur aufzugeben. Hält man sich schließlich noch Leo Löwenthals literatursozio­ logischen Aufsatz ,Knut Hamsun - Zur Vorgeschichte der autoritären Ideologie* vor Augen, mit dem er 1937 ein ähnli­ ches Muster konkreter Kultur- und Ideologiekritik entwarf wie Marcuse 1934, so erkennen wir auch hier die für die Kritische

Theorie der dreißiger Jahre immer wiederkehrende und ty­ pische Argumentationsweise. Hamsuns Einstellung zur Natur werde ihm zum Refugium vor der ,,modeme[n] Welt“ (Lö­ wenthal 1937, 333), denn die Ablehnung städtischen Lebens mit seinem Intellektualismus und Kosmopolitismus entspre­ che der Verklärung des bäuerlichen - im Kreislauf der Jahres­ zeiten rhythmischen und traditionellen - Lebens sowie dem Nichtigkeitsgefühl des Individuums mit seinem Verzicht auf aktive Bewältigung des Lebenskampfes. Der damit verbunde­ ne Kult des Heroischen und die Antihaltung gegenüber jeg­ lichen Emanzipations- und Reformbestrebungen - sei es die der Arbeiter oder die der Frauen - korrespondiere mit der Ideologie der faschistischen Bewegungen, „in denen sich die Begriffe von Führer, Eigentum und bodenständigem Volkstum miteinander verbinden“ (Löwenthal 1937,299). Diese Ideolo­ gie, zu absoluten Zwecken hypostasiert, habe allerdings - und hier verfällt Löwenthals ansonsten durchaus treffende und scharfsinnige Analyse dem theoretischen Institutskonsens je­ ner Jahre -, nur eine funktionale Bedeutung für ökonomische Zwecke. Sie diene nämlich dem „Monopolkapitalismus“ le­ diglich als „brauchbare ideologische Funktion“ (Löwenthal 1937,329).

55 Ähnlich naiv äußerte sich Horkheimer (1985d, 162) auch in seinem 1938 veröffentlichten Memorandum über „Idee, Aktivität und Programm des Instituts für Sozialforschung“ worin es heißt, daß die „ideologische Seite der Entstehung und Ausbreitung des Faschismus“ zwar als „Aushöhlung und Verfall der demo­ kratischen und liberalistischen Theorien“ begann, dieser „Angriff aber „teil­ weise nicht unbegründet“ war. Denn die planwirtschaftlichen Bestrebungen des Faschismus „stellen einen historisch notwendigen Vorgang in freilich verzerrter und volksfeindlicher Form dar; die Planwirtschaft des autoritären Staats dient nicht dem Frieden und dem allgemeinen Glück, sondern der Festigung der bürokratischen Vorherrschaft und der Vorbereitung des imperialistischen Kriegs“.

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55

KAPITEL Π

„Autoritärer Staat“ oder „Behemoth“

Ende des Jahres 1941 hätte die Diskussion um die Konzeption des nationalsozialistischen „Staatskapitalismus“ am Institut für Sozialforschung eine theoretisch umfassendere und diffe­ renziertere Theorie des Nationalsozialismus hervorbringen können. Die bisher einseitig marxistisch ausgerichtete Orien­ tierung hätte damit überwunden werden können56, sozusagen als Teil der Erfüllung von Horkheimers eigenen interdiszipli­ nären Forderungen an die Sozialforschung. Das mit diesen Forderungen angestrebte Ziel einer umfassenden und verglei­ chenden „Theorie des Faschismus“57, dessen erste Ergebnisse zum Teil in den letzten beiden Jahrgängen der ,Studies in Philosophy and Social Science' publiziert, zum Teil in einer Vortragsreihe Ende 1941 an der New Yorker Columbia Uni­ versity vorgestellt wurden58, scheiterte jedoch an der - theo­

56 Insofern gab es in den dreißiger Jahren durchaus eine gemeinsame Faschismus­ theorie des Instituts der Sozialforschung. Wilsons erneute Feststellung, daß es keine gemeinsam ausgerichtete Faschismustheorie der Kritischen Theorie gab. trifft also nur für die vierziger Jahre zu. Siehe dazu den neuesten Beitrag von Wilson (1990, hier insbes. 176). 57 In dem 1938 von Horkheimer angekündigten, aber nie realisierten Buch über die .Theorie des Faschismus' sollte „der Vergleich zwischen den Abweichungen der deutschen und der italienischen Ideologien und Institutionen" einen wichti­ gen Bestandteil bilden. Gezeigt werden sollte, „daß diese Differenzen nicht zum Wesen, sondern zur Oberfläche gehören" (Horkheimer 1985 d : Idee, Aktivität und Programm des Instituts für Sozialforschung 11938], 162). 58 Vgl. dazu die von Dubiel und Söllner (1984) gesammelten und zum Teil ins Deutsche übersetzten Beiträge der an dieser Diskussion Beteiligten. Im folgen­ den wird aus diesen deutschen Übersetzungen zitiert (ihr ursprünglicher Ort ist im Literaturverzeichnis zu finden).

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retisch und methodologisch unüberwindlich kontroversen Einschätzung der auf Horkheimer und Pollock zurückgehen­ den Staatskapitalismusthese. In den ausschließlich vom poli­ tisch-ökonomischen Ansatz geprägten Analysen zeichneten sich dann sehr bald zwei verschiedene theoretische und me­ thodologische Positionen ab, deren Diskrepanz zur Desin­ tegration des Instituts beitragen sollte. Der andere wesentliche Grund bestand aber darin, daß Horkheimer zu der Überzeu­ gung gelangt war, daß die Zeitschrift für Sozialforschung' (die mit ihrem neuen Namen,Studies in Philosophy and Social Science' im Exil zunächst ihre Fortsetzung fand) in der vor­ liegenden Form aufgrund der zeitgeschichtlichen Ereignisse „längst nicht mehr den eigenen Intentionen“ entsprach (Wig­ gershaus 1987, 335). Die Verschlechterung der finanziellen Lage des Instituts dürfte nur ein zusätzlicher Anlaß für Hork­ heimer gewesen sein, sich 1941 von New York nach Los Angeles zurückzuziehen, um dort frei von institutionellen Verpflichtungen gemeinsam mit Adorno ein Buch über Dia­ lektik - später als .Dialektik der Aufklärung' betitelt - zu schreiben. Das Schicksal eines einzigartigen Modells einer Zeitschrift, die nach Horkheimers eigenen Worten „dem Ge­ samtgebiet der Human- und der Sozialwissenschaften“ ver­ pflichtet war, wurde damit besiegelt (Horkheimer 1985b : Idee, Aktivität und Programm des Instituts für Sozialforschung |1938],152). Die These, um die es bei der theoretischen Kontroverse um das Verhältnis von Politik und Wirtschaft ging, gründete sich auf die Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre entstandenen Arbeiten Friedrich Pollocks und seiner Mitarbei­ ter Kurt Mandelbaum und Gerhard Meyer über „die Aussich­ ten einer plan wirtschaftlichen Neuordnung“ (Pollock 1932; Mandelbaum/Meyer 1934; Meyer 1935; siehe hierzu im fol­ genden V. a.: Brandt 1981). Im Anschluß an seine 1929 publi­ zierte Untersuchung über „die planwirtschaftlichen Versuche

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in der Sowjetunion“ (Pollock 1929) hatte Pollock 1932 be­

hauptet, daß der „gegenwärtige Stand der planwirtschaftlichen Theorie“ es zwar nicht erlaube, „ein bis in die Einzel­ heiten ausgeführtes Bild einer Planwirtschaft zu zeichnen“, daß aber „doch alle ökonomischen Voraussetzungen zu ihrer Verwirklichung gegeben zu sein“ schienen (Pollock 1932, 26-27). Offen und strittig schienen zu diesem Zeitpunkt allein die politischen und gesellschaftlichen Realisierungsbedingungen und die Frage, ob eine solche neue Ordnung sich eher in der Form einer kapitalistischen oder einer sozialistischen Plan­ wirtschaft durchsetzen ließe. Im Hinblick auf die veränderten politischen Verhältnisse in Deutschland nach der nationalso­ zialistischen Machtergreifung hatten Mandelbaum und Meyer Pollocks Ausführungen zu den planwirtschaftlichen Eingrif­ fen des Staates zunächst dahingehend interpretiert, daß diese praktisch auf eine Stärkung der monopolkapitalistischen Ten­ denzen hinausliefen. Auch Marcuse hatte sich 1934, wie wir bereits gesehen haben, vorbehaltlos dieser Sichtweise angeschlossen und übernahm sie als Grundlage seiner ideologie­ kritischen Studie: ,,[S]ie (die ökonomischen Grundlagen, Μ. S.) liegen im wesentlichen alle auf der Linie der Wandlung der kapitalistischen Gesellschaft von dem auf der freien Kon­ kurrenz der selbständigen Einzelunternehmer aufgebauten Handels- und Industriekapitalismus zum modernen Monopol­ kapitalismus, in dem die veränderten Produktionsverhältnisse

eine kapitalistische Planwirtschaft sich auch als politisch möglich erwiesen habe. Damit aber, und der bisherigen gemeinsamen theoretischen Einschätzung des Instituts

nur scheinbar widersprechend, stelle der „Nationalsozialis­ mus“, so Pollocks Formulierung aus dem Jahre 1941, „eine neue Ordnung“ dar, deren wirtschaftliche und gesell­ schaftliche Struktur sich nicht mehr unter dem Begriff des „Monopolkapitalismus“ subsumieren lasse. Denn das neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Organisationsprinzip der Nationalsozialisten unterscheide sich paradigmatisch ebenso radikal von seinem Vorgänger wie einstmals „der Kapitalismus des 19. Jahrhunderts (...), wenn man ihn mit der ihm voraufgehenden feudalistischen Ordnung vergleicht“ (Pollock, 1984b, 111). In seinen weiteren wirtschaftstheoretischen Ausführungen, die viele Ähnlichkeiten mit Rudolf Hilferdings damals einflußreichem Aufsatz ,State Capitalism or Totalitarian State4 aufweisen und die ebenfalls vom Dualismus der ökonomischen Begriffe Plan und Markt bestimmt waren59, wies Pollock darauf hin, daß die Herrschenden

im Dritten Reich sich von der „herrschenden Klasse“ in der „kapitalistischen Ära“ dadurch unterscheiden, daß sich in dieser „gesellschaftliche Macht (...) primär von jemandes Eigentum herleite“, während die gesellschaftliche Stellung unter dem Nationalsozialismus durch die jeweilige politische Machtposition bestimmt werde (Pollock 1984b, 112). Damit seien mit der Abschaffung des Marktes und seinen Gesetzen

(...) eine alle Machtmittel mobilisierende starke Staatsgewalt fordern“ (Marcuse 1934, 174). Unter dem Eindruck der Konsolidierung der nationalsoziali­

die Freiheit des Handels und des Vertrages ebenso besei­

stischen Macht und den immer stärker dirigistisch von oben gesteuerten wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Zuge fort­

nehmer. Und da zudem die Preise genauso wie die Löhne

schreitender Aufrüstung (wie die der Verkündigung des,, Vier­

administrativ festgelegt seien, müsse das Wertgesetz selbst

tigt worden wie die freie Investitionstätigkeit der Unter­

jahresplanes“ im August 1936) glaubte Pollock nunmehr da­

von ausgehen zu können, daß die Anfang der dreißiger Jahre

noch offengelassene Frage sich von selbst beantwortet und daß

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59 Zu den Ähnlichkeiten in der Darstellung ausführlicher: Wilson (1982,150ÍT.).

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als suspendiert gelten (Saage 1983, 143). Zusammenfassend stellte Pollock fest, daß unter dem Nationalsozialismus „alle fundamentalen Konzepte und Institutionen des Kapita­ lismus (...) ihre Funktion geändert (haben); die Eingriffe des Staates in die Struktur der alten Wirtschaftsordnung haben schon wegen ihrer schieren Vollständigkeit und Intensität, Quantität in Qualität verwandelt, den Monopol­ kapitalismus in den Staatskapitalismus überführt“ (Pollock 1984b, 116). Diese Annahme, die Pollock zunächst einmal als eine im Weberschen Sinne idealtypische Konstruktion verstanden wissen wollte (Pollock 1984a, 1O6)60, lief schließlich auf die

60 Grundsätzliche Kritik an Pollocks Idealtypenbildung übte Neumann bereits hier, zur mehr inhaltlichen Kritik siehe die Ausführungen weiter unten. In einem Brief V. 23.7.1941 an Horkheimer heißt es :,, [E]in sehr ernsthaftes methodologisches Problem (scheint mir) im folgenden zu liegen. Idealtypen sind Abstraktionen aus der Wirklichkeit. Sie werden gewonnen durch das Weglassen von unerheb­ lichen und das Betonen von erheblichen Elementen in einer bestimmten Realität. Das bedeutet also, daß Idealtypen nur innerhalb einer bestimmten Realität Geltung haben, diese Realität aber nicht transzendieren können. Pollocks Ideal­ typ dagegen impliziert einen Sprung von einer Wirklichkeit (dem Kapitalismus) in eine andere Wirklichkeit, die nicht mehr Kapitalismus ist. Dieser Sprung ist von seinen eigenen Voraussetzungen aus nicht legitim.“ Horkheimer dagegen verteidigte Pollock in seiner brieflichen Antwort v. 2. 8.1941 : „Soviel ich selbst gegen die Methode Pollocks auch einzuwenden habe, so halte ich doch Ihre Kritik an dieser für verfehlt. Idealtypen sollen, meiner Meinung nach, genau die Funktion ausüben, die sie in dem Absatz leisten. In der Tat werden sie durch Abstraktion und Steigerung bestimmter Elemente der Wirklichkeit gewonnen; sie werden jedoch der Wirklichkeit auch entgegensetzt. Sie bilden Utopien, schöne oder hässliche, an denen die Wirklichkeit gemessen wird. Selbst wenn es richtig ist, daß das von Pollock entworfene System kein Kapitalismus wäre, worüber ich jetzt nicht diskutieren will, so hat er im Sinn der idealtypischen Methode doch das Recht, gesellschaftliche Bildungen der Gegenwart mit seiner Konstruktion zu vergleichen. Sie kann zur Beurteilung geschichtlicher Prozesse wichtig sein, auch wenn man von der Frage des Sprunges ganz absieht, ja, Pollock könnte im Sinne Webers geltend machen, daß bei der Erörterung dieser Frage seine oder ähnliche Konstruktionen die bewußte oder unbewußte Voraus­ setzung bilden.“ Schärfer in der Verteidigung Pollocks und deutlicher im Hin-

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zentrale These hinaus, daß an die Stelle des bisher für den Nationalsozialismus charakteristischen „Primats der Ökono­ mie“ ein der Selbsteinschätzung der Nationalsozialisten ent­ sprechendes Primat der Partei, ein sogenanntes „Primat der Politik“ getreten sei (Pollock 1984b, 124). Hitler hatte ja auf seiner Rede vom 21.3. 1933 als das Ziel seiner Regierung verkündet: „Wir wollen wiederherstellen das Primat der Poli­ tik“ (in: Domarus 1965, 1. Halbband, 227). Damit war das „Dritte Reich“ für Pollock im Begriff, „eine neue Wirtschafts­ ordnung aufzubauen, in der der Markt durch den Befehl ersetzt wird“ (Pollock 1984b, 118). Dies schloß selbst die für die Methodologie und Theorie eines interdisziplinären Materialismuskonzepts so folgenreiche Behauptung ein, daß „unter dem Staatskapitalismus Nationalökonomie als Sozialwissenschaft ihren Gegenstand verloren“ habe, denn wo „der Volkswirt sich früher über das Rätsel des Tauschprozesses den Kopf zerbrach, findet er unter dem Staatskapitalismus nur mehr Verwaltungs­ probleme“ (Pollock 1984a, 98). Dem Selbstverständnis natio­ nalsozialistischer Wirtschaftstheoretiker wurde damit inso­ weit recht gegeben, als „in einer Befehlswirtschaft alle theo­ retischen Gesetze der klassischen Wirtschaftstheorie ebenso wie die Theorie des monopolistischen Wettbewerbs weitge­ hend keine Geltung mehr haben“ (Pollock 1984b, 125). Ungleich größere Tragweite gewannen Pollocks Thesen zur staatskapitalistischen Ordnung des nationalsozialistischen Systems dadurch, daß sie von den philosophischen Hauptver-

blick auf den zukünftigen theoretischen Weg des Instituts wurde Hork­ heimer dann am Ende seines Briefes: „Sie wissen ganz genau, daß Pollock bei allen theoretischen Schwierigkeiten, mit denen er fertigzuwerden sucht, an der Theorie des Instituts wie kaum ein anderer hängt und diese Feststellung betrifft nicht nur die Vergangenheit, sondern sie enthält auch eine sehr entscheidene Prognose. Ihre schneidenden wissenschaftlichen und persönlichen Statements (...) sind zuweilen stumpfer als sie aussehen“ (in: Erd 1985, 135-140).

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tretem des Instituts positiv aufgegriffen und für deren weitere Arbeiten - wie wir im folgenden Kapitel sehen werden konstitutiv wurden. Manfred Gangl hat in seiner Studie »Poli­ tische Ökonomie und Kritische Theorie1 herausgearbeitet, daß hierin die „eigentliche Bedeutung und die wichtige und den­ noch bislang nahezu übersehene Rolle der ökonomischen Arbeiten Pollocks für die resignative Wende der späten Kri­ tischen Theorie“ lag (Gangl 1987, 202).61 Aus den hermeti­ schen Analysen Pollocks war ja nicht mehr abzusehen, welche ökonomischen Faktoren die Funktionsfähigkeit der neuen Ordnung der Nationalsozialisten noch gefährden sollten. Wenn die nationalsozialistische Regierung über die Kontrolle von Produktion und Verteilung verfügt und darüber hinaus über die entsprechenden Mittel, um „die wirtschaftlichen Ur­ sachen von Depressionen“ und die „sich häufenden geschäft­ lichen Ruinen und Nichtverwendung von Kapital und Arbeit auszuschalten“ (Pollock 1984a, 98), dann war es nur konse­ quent, daß aufgrund dieser unterstellten ökonomischen Dauer­ stabilität des nationalsozialistischen Systems als Staatskapita­ lismus62 die * Faschismustheorien von Horkheimer und Adorno

61 Gangl (226) zeigt, wie sich die Übereinstimmung Horkheimers, aber auch Adornos, mit Pollocks ökonomischen Analysen von den Aufsätzen .Traditionel­ le und kritische Theorie* bis .Autoritärer Staat* am Text exakt belegen läßt. So heißt es bei Horkheimer bereits 1935: „Nicht mehr der Vertrag, sondern die Befehlgewalt (...) kennzeichnen jetzt in steigendem Maße den inneren Ver­ kehr.“ 1938 heißt es dann: „Es zeigt sich ferner, daß der Vertrag nur der Form nach dem Arbeitsverhältnis zugrundelag ; Dekret und Befehl treten jetzt offen an seine Stelle.“ Und 1939: „Der strikte staatliche Befehl (...) entspricht der modernen Organisation der Wirtschaft genauer.“ 1941 schließlich: „The mar­ ket, an anonymous and democratic tribunal, is replaced by the command and plan of those in power.“ Auch Adorno, so belegt Gangl ferner, bezieht sich positiv auf Pollocks Theorie des Staatskapitalismus, den er „by the tendency of present economy to eliminate the market and the dynamics of competition" definiert sieht. 62 So Horkheimer (1987 b, Autoritärer Staat, 310-311), demzufolge im National­ sozialismus „die Bürokratie (...) den ökonomischen Mechanismus wieder in

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in der Folge in eine ausweglose vemunftkritische Verfallstheo­ rie münden mußten, die die heute wieder verfochtene These vom „Ende der Geschichte“, wenn auch unter anderen Vorzei­ chen, durchaus nahelegte.63 Dieser Schritt hin zur Vemunftkritik konnte aber nur darum erfolgen, weil sich unter dem trügerischen Theoriegerüst vom „Primat der Politik“64, wie bereits in den Liberalismusdefinitionen des Instituts, eine Nichtbeachtung der wirklichen politischen Qualität des Na­ tionalsozialismus und damit eine sich gleichsam selbst ver­ stärkende Konstruktion des Ökonomischen verbarg. Diese erweiterte Konstruktion des Ökonomischen wurde nunmehr theoretisch mit dem Konzept „einer alles umfassenden tech­ nischen Rationalität“ verbunden. Sie endete in einer vollends resignativen Sichtweise einer durch den Nationalsozialismus vermeintlich total verwalteten Welt: „Diese Rationalisierungsprinzipien (der technischen Rationalität, Μ. S.) werden auf alle Bereiche (des Nationalsozialismus) angewendet (. ..). Dies gilt für die Bereiche der militärischen Bereitschaft, der Kriegsführung, der Manipulation der öffentlichen Mei­ nung, des Zuteilens von Entschädigungen, der Handhabung des Justizapparates und der »Strategie des Terrors1. Im wirt­ schaftlichen Bereich hat dasselbe Prinzip viele Erfolge

die Hand (bekommt), der unter der Herrschaft des reinen Profitprinzips der Bourgeoisie entglitt“. 63 Fukuyama (1989), der das „Ende der Geschichte“ nicht zuletzt durch die jüngsten Wandlungen in Osteuropa und in der Sowjetunion verifiziert sieht.

64 In den Aufsätzen von Pollock, die in der Theoriediskussion der Kritischen Theorie unter dem Nenner „Primat der Politik“ bekannt geworden sind, verbirgt sich schon die eigentliche Abwesenheit des Politischen, die auf technische Rationalität reduziert wird. Mithin nicht erst in der .Dialektik der Aufklärung*, wie Koenis (1990) meint. Diese Tatsache macht den unmittelbaren Zusammen­ hang zwischen den Aufsätzen Pollocks und den vemunftkritischen Faschismus­ theorien deutlich. Zum Politikbegriff der Kritischen Theorie im allgemeinen, siehe die Ausführungen im vorigen Kapitel.

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in der Wiederaufrüstung möglich gemacht und hat zu­ gleich einige bürokratische Fehlentwicklungen gesteuert, die in jeder Knappheitswirtschaft Vorkommen“ (Pollock 1984b, 124).65 Die von Pollock vertretene These vom „Primat der Politik“, seine Auffassung von der planwirtschaftlichen Natur des na­ tionalsozialistischen Staatskapitalismus - einer „economy without economics“ (Saage 1983, 145) sowie die damit ein­ hergehenden geschichtsphilosophischen Überlegungen Horkheimers wurden allerdings von Franz Neumann, Otto Kirchheimer und Arkadij Gurland auf der fachwissenschaftlichen Ebene mit Nachdruck bestritten. Neumann und Kirchheimer gehörten, zusammen mit Benjamin und Fromm, zu einer Gruppe von Mitarbeitern, die mit dem Institut zwar nur für einen bestimmten Zeitraum, in jedem Fall aber theoretisch bestimmend verbunden waren. Im Gegensatz zu den anderen Institutsmitgliedem waren alle drei in der deutschen Sozialde­ mokratie groß geworden.66 67 Die wichtigste Rolle in dieser Gruppe kam zweifellos Neumann zu, so daß man innerhalb des Instituts eigentlich von der „Neumann-Gruppe“ sprechen konnte (Söllner 1986a, 13). Denn Neumann hatte mit seinem 1941 abgeschlossenen, 1942 (1944 in erweiterter Form) pu­ blizierten Hauptwerk ,Behemoth167 eine - nicht nur für die damalige Zeit - überaus kenntnisreiche und im Vergleich mit anderen Arbeiten des Instituts wohl umfassendste Analyse des

65 An anderer Stelle spricht Pollock davon, daß „die doppelte Rationalität, die Herrschende wie Beherrschte den gleichen Vorschriften unterwarf, (...) durch einseitige technische Rationalität“ ersetzt worden ist (112). 66 Von den anderen Institutsmitgliedem war nur Marcuse für ein kurze Periode Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Während des Ersten Weltkrieges war er ihr beigetreten. kehrte ihr aber Anfang 1919 schon wieder den Rücken, weil er ihre in seinen Augen reaktionäre Politik nicht gutheißen konnte. 67 Zur geistesgeschichtlichen Bedeutung der Begriffe .Behemoth' und .Leviathan' vgl. Schmitt (1982). Dazu ferner: Rottleuthner (1983a).

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nationalsozialistischen Herrschaftssystems vorgelegt. In sei­ ner Ausrichtung entsprach der ,Behemoth‘ außerdem der in­ terdisziplinären Gestalt der Sozialforschung, wie sie Horkhei­ mer 1931 programmatisch vorgetragen hatte.68 Emst Fraenkel, 68 Horkheimer gratulierte darum zunächst: „Wenngleich ich nur das von seinem Inhalt kenne, was ich in Ihren Vorlesungen (...) und aus gelegentlichen Bemer­ kungen aufnahm. so glaube ich doch, mir eine Vorstellung von der Bedeutung des Werks machen zu können. Wenn ich mich nicht falsch erinnere, war ich ja einer der ersten, die darauf gedrängt haben, daß Sie ein solches Buch schreiben. (...) Diese Publikation wird ein Dokument dafür bilden, daß unsere Theorie noch immer als bester Leitfaden in der Verschlungenheit der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse dienen kann. Es wird vielen den Rücken stärken, die auf Grund des intellektuellen Niedergangs mancher unserer Freunde, der wahrhaftig verständlich genug ist, schon an das Ende der Theorie glaubten“ (Horkheimer-Neumann, 30.8.1941 ; in : Wiggershaus 1987,321). Und anläßlich des 42. Geburtstages von Neumann schreibt Horkheimer: „Sie haben das Ansehen, das Ihnen Ihr Buch in Amerika gebracht hat, nicht wie das der meisten bekannten Emigranten durch Preisgabe der entscheidenen Intentionen erkauft. Sie haben im Gegenteil Ihre und unsere theoretischen Ansichten klarer und eindrucksvoller vertreten, als ich es bei einem solchen durch äußere Rücksichten mit veranlaßten Buch überhaupt für möglich hielt. Es enthält gewiß einige Anschauungen, in denen ich Ihnen nicht ganz beipflichten kann. (...) Trotz solcher Einzelheiten halte ich die theoretischen Grundlinien und weitaus die meisten Darstellungen für richtig und bin aufrichtig stolz darauf, daß dieses Buch im Institut entstanden ist. Auch für unsere Arbeit hier ist Ihr Werk eine wichtige Hilfe (Hervorhebung, Μ. S.; in: Intelmann 1990,42). Siehe auch dort die abgedruckten lobenden Rezensionen in den amerikanischen Zeitungen (42, Anm. 122). Andererseits machte Horkheimer auch die Differenzen, die er im obigen Brief vorsichtig angedeutet hatte, Neumann nunmehr in einem Brief v. 2. 6.1942 sehr deutlich (siehe dazu auch Anm. 60): „If there exists any real theoretical difference between us it pertains to the optimism which you show not only with regard to the question of better administration but also to some of the deeper lying issues of society itself, such as the inherent and insoluble antagonism of state capitalism and also to some anthropological issues, e. g. the one mentioned in your .offense memorandum', namly (sic!) the impossibility of a long-term existence of the .split personality'. I suppose the optimistic idea of the break down of the .split personality' as promoted by the mechanisms of National Socialism does not quite reflect what you really think. As a matter of fact the split of the ego which as you know, is one of the main theses of the article on the End of Reason, has a long pre-history. What happens today is only the consummation of a trend which permeates the whole modem era. It has made

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auch heute noch anerkannt durch sein 1940 veröffentlichtes Werk ,The Dual State4, nannte Neumanns Untersuchung trotz gegensätzlicher Auffassung vom Charakter des nationalsozia­ listischen Systems die „erste Enzyklopädie des Nationalsozia­ lismus444 (in: Saage 1983,35). Es ist in der Tat bemerkenswert, daß in Neumanns zeitgenössischer Studie schon viele Inter­ pretations- und Theorieansätze vorweggenommen wurden, die bis heute in den in der Politikwissenschaft und zeitge­ schichtlichen Forschung geführten Diskussionen um die Frage der Kompetenz-Anarchie, des administrativen Chaos und der polykratischen Herrschaft im Dritten Reich eine weithin aner­ kannte Rolle spielen.69 70 Neumann (und mit ihm Gurland, der an dem ökonomischen Teil des Behemoth mitgewirkt hatte) hielt nun in seinen Auf­ sätzen und Vorträgen eine Revision des „Primats der Ökono­ mie“ nicht für erforderlich, obwohl sich gerade mit der Be-

itself felt not only within the old juxtaposition of theological and scientific truth, but much more drastically within the division of labor and leisure, of private morals and business principles, of private and public life, and in innumerable other aspects of the existing order. What fascism does with respect to the personality is only to manipulate consciously and skillfully a break which itself is based on the most fundamental mechanism of this society“ (in: Erd 1985, 145-147). Zu Adornos, wenn auch später, Wertschätzung der Theorie des .Behemoth*, siehe Anm. 172. 69 So wird Neumann immer wieder, auch in der neuesten umfangreichen Studie von Rebentisch (1989) positiv erwähnt, in der sich der Autor erneut ausführlich mit der Frage beschäftigt, „ob der nationalsozialistische Umgang mit der Macht und den Institutionen der Verwaltung überhaupt noch von dem hergebrachten und nach den Theorien der Moderne weiterentwickelten StaatsbegrifP* erfaßt werden kann (1). Und im Hinblick auf den Begriff „politisches System" geht Rebentisch soweit zu behaupten, daß der Systembegriff zum Dritten Reich insofern nicht passe, als dieser „auf Rationalität, Regelhaftigkeit und Plan­ mäßigkeit“ hinziele. Es sei daher eher angemessen, von einem „wahllos oder willkürlich zusammengesetzten Herrschafts-,Gefüge* oder dem nationalsozia­ listischen Macht-,Gebilde“‘ zu sprechen (14). Eine gute Übersicht der Diskus­ sion enthält der Aufsatz von Hüttenberger (1976, 417-442). Vgl. dazu ferner: Funke (1975,60-67).

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Schreibung der Entwicklungen in Ideologie und Politik und deren Bedeutung für die einzigartige Herrschaftsstruktur des nationalsozialistischen Systems innerhalb der Moderne eine Anerkennung des Politischen verband.™ Neumann, der in seiner zunächst aus ökonomischen Argumen­ ten bestehenden Replik den Nationalsozialismus weiterhin als Produkt des modernen Kapitalismus in seiner monopo­ listischen Entwicklungsphase begriff, verblieb damit zunächst einmal auf der bisherigen Institutslinie. Seine Auseinanderset­ zung mit dem umstrittenen Konzept Pollocks hielt sich auf einer vorwiegend empirischen Ebene, die darauf abzielte, „die Struktur und Funktionsweise der deutschen Wirtschaft detail­ liert“ darzustellen. Seine Argumentation bezog sich auf zwei Einwände. Der erste Einwand beruhte auf dem theoretischen Vorbehalt, daß der „Begriff des Staatskapitalismus selbst (...) eine contradictio in adjecto“ sei (Neumann 1984, 274). Der zweite, der „methodologische Einwand“, hatte zwischen der empirischen und theoretischen Ebene der Argumentation zu vermitteln : „Die neue Theorie verletzt den Grundsatz, daß ein Modell oder Idealtypus aus der Realität gewonnen sein muß und diese nicht überschreiten darf. Denn ihre Verfechter be­ schreiben ein System, das dem Kapitalismus völlig fremd, d. h. tatsächlich sein direktes Gegenteil ist, so daß ein Sprung von einer Realität zu einer anderen notwendig wird. Dieser methodologische Einwand läßt natürlich ihre Theorie nicht falsch werden, doch er zwingt sie, in genauer Darstellung zu zeigen, daß der deutsche Kapitalismus zu existieren aufhörte. Sie können nämlich nicht nur auf Tendenzen innerhalb des 70 Es kann also gar keine Rede davon sein, daß Neumann mit seinem Werk .Behemoth* „die Nationalsozialismusforschung des Instituts exemplarisch zusammenfaßte“, wie Söllner (1986a, 13) behauptet. Seine besondere Rolle am Institut zeigt sich eher darin, daß er erstmals politischen, rechtlichen und ideologischen Strukturen innerhalb der Kritischen Theorie einen eigenen Status zuerkannte.

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Kapitalismus verweisen, um zu zeigen, daß diese Tendenzen notwendig ein System der Machtpolitik ohne Ökonomie hervorbringen müssen ; vielmehr müssen sie ihre Auffassung für jedes der betreffenden Systeme nachweisen“ (Neumann 1984, 275). Hält man sich nun Neumanns weitere Argumentation auf der Basis dieser zwei Einwände vor Augen, so bestand zunächst weitgehende Übereinstimmung mit Pollock und Horkheimer darin, daß institutionelle Veränderungen im nationalsoziali­ stischen System vorzufinden waren. Der wesentliche Unter­ schied zu beiden aber bestand darin, daß Neumann diese Veränderungen der „neuen Ordnung“ nicht auf der Grundlage der ökonomischen Struktur, sondern deutlich vor dem norma­ tiven Hintergrund der rechtsstaatlichen Institutionen der Wei­ marer Republik bewertete (Neumann 1980, 336, 352-353).71 So habe der Nationalsozialismus weder „ein allgemeines Ge­ setz noch eine rationale Bürokratie“, die sein Herrschaftssy­ stem vereinheitliche (Neumann 1984, 542). Konträr zu Horkheimers These vom Nationalsozialismus als autoritärem Staat, aber auch in deutlichem Gegensatz zu Emst Fraenkels These, daß im nationalsozialistischen Deutschland ein sogenannter „Doppelstaat“ herrsche, nämlich auf der einen Seite ein die Gesetze beachtender „Normenstaat“, gleichzeitig aber ein

71 Es waren nicht nur die philosophischen Vertreter der Kritischen Theorie, die die rechtsstaatlichen Institutionen der Weimarer Republik geringschätzten, sondern ,,[e]in gravierender zeitanalytischer und theoretischer Mangel der Philosophie der Weimarer Zeit“ überhaupt, wie Fahrenbach ( 1982,257-258) herausarbeitet. Hier war „der Spiegel der Philosophie fast blind bzw. spiegelte zumeist nur die ohnehin verbreitete Nichtachtung der Republik. Es waren primär und fast einzig Juristen und Staatsrechtler wie Radbruch, Heller, Kirchheimer, Neumann und Kelsen, die zwar nicht unkritisch, aber theoretisch prinzipiell die Republik und ihre demokratische Verfassung verteidigten. (...) Emst Bloch, der sich unter den Philosophen und Marxisten noch am wenigsten vorzuhalten hatte, schrieb (1936) mit Bezug auf die Demokratie der Weimarer Zeit: .Vieles leuchtet erst, nachdem es verlorenging

willkürlich handelnder „Maßnahmestaat“ (Fraenkel 1974; vgl. dazu : Luthardt 1983b, 197-209), schrieb Neumann 1942: „Was aber ist nun die Struktur des Nationalsozialismus, wenn es sich nicht um einen Staat handelt? Ich wage zu behaupten, daß wir es hier mit einer Gesellschaftsform zu tun haben, in der die herrschenden Gruppen die übrige Bevölkerung direkt kontrollieren - ohne die Vermittlung durch den wenigstens rationalen, bisher als Staat bekannten Zwangsapparat. Noch ist diese neue soziale Form nicht voll verwirklicht, aber die Tendenz ist vorhanden, und sie bestimmt das eigentliche We­ sen des Regimes“ (Neumann 1984, 543). Mit der Analyse einer rasch fortschreitenden Entstaatlichung des Systems war für Neumann gleichzeitig aber auch der häufig gemachte Vorwurf an die Adresse Hegels widerlegt, daß seine Staatsidee als die „Verwirklichung der Vernunft“ für die politische Theorie des Nationalsozialismus verantwortlich anzusehen war (Neumann 1980, 343 und 1984, 107-108, 534535; ähnlich auch Bataille 1978, 36—37).72 Hierin war er sich mit Marcuse völlig einig, der 1941 in seinem Buch ,Reason and Revolution', ebenfalls der vornehmlich in den angelsäch­ sischen Ländern vorherrschenden Ansicht ausführlich entge­ gentrat, daß Hegels Philosophie, besonders seine Staatslehre, zu den direkten Quellen der nationalsozialistischen Ideologie zähle (Marcuse 1982b, 354ff.). Das Konstatieren einer Auflösung rechtsstaatlicher Strukturen führte schließlich dazu, daß Neumann und Kirchheimer die

72 Einer ihrer bekanntesten Vertreter ist Popper ( 1992,38), der - ohne die entschei­ denden Strukturdifferenzen der zentralen Herrschaftsorganisation zwischem deutschen Nationalsozialismus und italienischen Faschismus zu beachten vorschnell davon ausging, daß die gesamte „faschistische extreme Rechte (...) ihre politische Philosophie auf Hegel“ gründe. Neumann (1980, 340-341) hat dagegen gezeigt, daß nur die in Italien herrschende Idee des „korporativen Staates“ die „Hegelsche Idee des Staates“ verkörperte. Siehe dazu auch Anm. 171.

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1985d : Idee, Aktivität und Programm des Instituts für Sozial­ begriffliche Anwendung des rationalen und formalen Geset­ zes- und Rechtsbegriffes auf den Nationalsozialismus ablehnten. Zwei Zitate von Neumann und Kirchheimer mögen hier

zunächst genügen. Ich werde ausführlicher im fünften Kapitel darauf zurückkommen. „Ist das generelle Gesetz die Grund­ form des Rechts, ist Gesetz nicht nur voluntas, sondern auch

ratio, dann können wir“, so faßte Neumann sein theoretisch und historisch-empirisch gewonnenes Ergebnis zusammen, „nicht davon sprechen, daß im faschistischen Staat ein Recht existiert. Recht als vom politischen Befehl des Souveräns geschiedenes Phänomen ist nur dann denkbar, wenn das Recht sich im allgemeinen Gesetz manifestiert“ (Neumann 1984, 522; dazu ferner: Neumann 1937 und 1980). Auch Kirchhei­ mer zufolge, der mit seinen Aufsätzen zur nationalsoziali­ stischen Rechtsordnung die Thesen von Neumann weitgehend unterstützte, wurde in wesentlichen Bereichen des Rechtssystems die formale und rationale Herrschaft des Gesetzes durch direkte Befehle und willkürliche Entscheidungen aufgehoben : „Das die ganze Staatsorganisation beherrschende Prinzip der technischen Rationalität verträgt sich nicht mit der Existenz eines allgemeines Gesetzessystems, in dem Normen sich nur schrittweise weiterentwickeln. Unter dem neuen System kann eine Rechtsnorm nur provisorischen Charakter haben ; es muß möglich sein, sie ohne Aufsehen zu ändern, notfalls sogar

rückwirkend. Das Dritte Reich, in dem der Führer eine unbe­ schränkte Gesetzgebungs- und Verordnungsbefugnis besitzt und diese großzügig an seine Gefolgsleute delegiert, eröffnet dafür zahlreiche Wege“ (Kirchheimer 1984b, 324-325). Damit aber nun schienen genau die Veränderungen im Institu­ tionen- und Rechtssystem benannt zu sein, die Pollock und Horkheimer dazu veranlaßt hatten, von einer „Befehlswirt-

schaft“ und einem „autoritären Staat“ zu sprechen; eine Veränderung allerdings, die im Hinblick auf den „Liberalis­ mus (...) keinen völligen Bruch“ bedeute (Horkheimer

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forschung [1938], 149). Auch Neumann zufolge tendierte die Logik dieser Veränderungen zunächst durchaus in Richtung

eines politischen Primats über die ökonomischen und gesell­ schaftlichen Verhältnisse. Nur, ,,[w]er greift ein und um wes­ sen Willen“, das war für Neumann die zentrale und entschei­ dende Frage: „Die Verfügung über den Staatsapparat ist daher der Angelpunkt, um den sich alles andere dreht. Dies ist die einzig mögliche Bedeutung des Primats der Politik über die Ökonomie. Soll der Staat die monopolistischen Besitztümer zerschlagen, sie zugunsten der Massen beschränken, oder sollen Eingriffe getätigt werden, um die monopolistischen Positionen zu stärken, um die völlige Eingliederung aller Wirtschaftsbereiche in das Netzwerk industrieller Organisa­ tionen voranzutreiben“ (Neumann 1984, 312-313)? Für Neumann war die Antwort klar. Anders als für Pollock und Horkheimer war für Neumann „eine der Funktionen des Na­ tionalsozialismus, die politische und ökonomische Freiheit durch das Mittel der neuen Hilfsgarantien des Eigentums, durch Befehl und Verwaltungsakt, zu unterdrücken und zu beseitigen, um so in Deutschland alles wirtschaftliche Handeln ins Netzwerk der von industriellen Magnaten geleiteten Wirtschaftskonzerne zu zwingen“. Unter solchen Umständen gab sich das nationalsozialistische Regime als Produkt des entfal­ teten Monopolkapitalismus zu erkennen, in dem die Macht auch unter dem Nationalsozialismus weiterhin an private Ver­ fügungsgewalt über Produktionsmittel gebunden war. Mit die­ ser Einschätzung war für Neumann das nationalsozialistische System „Monopolwirtschaft“ und - in gewisser Anerkennung von Pollocks Staatskapitalismusthese - „Befehlswirtschaft“ in einem und ließ sich am treffendsten als „totalitärer Monopol­ kapitalismus“ kennzeichnen“ (Neumann 1984, 313). Wie wir bereits gesehen haben, gab es jedoch, entgegen der propagierten Ideologie der Nationalsozialisten, keinen über-

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mächtigen und homogenen Staat mehr, weil es Neumann zufolge unmöglich war, „im Rahmen des nationalsoziali­ stischen politischen Systems ein bestimmtes Organ auszumachen, bei dem das Monopol der politischen Macht läge“ (Neu­ mann 1984, 542). Letztlich waren es vielmehr die im Dritten Reich rivalisierenden Interessen vier souveräner Machtgrup­ pen, die unter Mißachtung institutioneller Verfahrensformen eine für die Herrschaftsorganisation wesentliche Funktion übernommen hatten: Industrie, Wehrmacht, Partei und, mit stets abnehmenden Einfluß, die zivile Staatsbürokratie, die „[njichts (...) als Gewinne, Macht, Prestige und vor allem Furcht“ vor einem gemeinsamen Untergang Zusammenhalte und die bar jeder Loyalität nur „um die Wahrung ihrer eigenen Interessen besorgt“ seien (Neumann 1984, 460). Zwar hatte Pollock wie Neumann diese vier Gruppen im Nationalsozia­ lismus ebenfalls an der Macht gesehen (Pollock 1984b, 112), aber für Neumann war das entscheidende, daß in der sozial­ darwinistisch ausgerichteten Rivalität dieser Machtgruppen das nationalsozialistische Regime in eine durch Führerbefehl keineswegs vereinheitlichte Anarchie geriet. Die Entscheidun­ gen des Führers waren daher für Neumann, der Auffassung Kirchheimers entgegengesetzt, nicht viel mehr als das „Ergeb­ nis der zwischen den vier Führungen erzielten Kompromisse“ (Neumann 1984, 542)73, *die ihrerseits eine vollständige Auf­ 73 Selbst in der Diskussion über die Bedeutung Hitlers innerhalb des nationalso­ zialistischen Herrschaftssystems ist Neumanns Auffassung wegweisend und zeitweise dominant gewesen. So hat sich insbes. H. Mommsen (1981, 43ff., hier: 53) der frühen Auffassung Neumanns angeschlossen, daß Hitler eher ein „schwacher Diktator“ gewesen sei, dessen praktizierte Devise es war, „in (...) Konflikte nicht einzugreifen, sondern deren Ausgang abzuwarten und jede persönliche Festlegung (...) zu vermeiden“. Allerdings ist die sogenannte schwache Rolle Hitlers schon immer heftig bestritten worden. Hilberg, ein Schüler Neumanns, der den Ansatz Neumanns im Zusammenhang mit der Erklärung der Vernichtung der Juden in seiner bisher unübertroffenen stoffreichen Darstellung aus dem Jahre 1961 (Neuauflage: 1990) übernahm, hat aller-

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lösung der staatlichen Handlungseinheit zur Folge hatten. Die Schlußfolgerung lautete daher für Neumann :,,Hobbes war es, der beiden, Leviathan und Behemoth, zur Popularität verhalf. Sein Leviathan ist die Analyse eines Staates, d. h. eines poli­ tischen Zwangssystems, in dem Reste der Herrschaft des Gesetzes und von individuellen Rechten noch bewahrt sind. Sein Behemoth oder das lange Parlament, in dem er den englischen Bürgerkrieg des 17. Jahrhunderts behandelt, schil­ dert dagegen einen Unstaat, ein Chaos, einen Zustand der Gesetzlosigkeit, des Aufruhrs und der Anarchie. - Da wir glauben, daß der Nationalsozialismus ein Unstaat ist (...), ein Chaos, eine Herrschaft der Gesetzlosigkeit und der Anarchie, welche die Rechte wie die Würde des Menschen verschlun­ gen ‘ hat und dabei ist, die Welt durch die Obergewalt über riesige Landmassen in ein Chaos zu verwandeln, scheint uns dies der richtige Name für das nationalsozialistische System : Der Behemoth“ (Neumann 1984, 16). Allerdings sah Neumann auch in den strukturellen Entwick­ lungen des Dritten Reiches eine das eigentliche Wesen des Regimes bestimmende Tendenz, nämlich die Möglichkeit, daß die Partei eines Tages die Industrie enteignen könnte. Da die staatliche Bürokratie sowieso kein nennenswertes Eigenge­ wicht mehr habe, was sich in der mangelnden Bereitschaft der nationalsozialistischen Führungsgruppen ausdrücke, sich an institutionelle Regeln zu halten (und was ja in der Struktur und Mentalität der NS-Bewegung vor 1933 bereits angelegt war), würde es in naher Zukunft nur noch zwei herrschende Gruppen geben : Partei und Wehrmacht.74 Aber ein Ende des Kapitalisdings kürzlich seinen Standpunkt revidiert (1992,9, 25): „Der Täter par excel­ lence war Adolf Hitler selber. Er leitete die ganze Aktion als führender Architekt ; ohne ihn wäre sie undenkbar gewesen.“ Er war für den ,,kolossale[n] Feldzug gegen die Judenheit (...) absolut unentbehrlich“. 74 ,,[D]as rationale Verfahren der Bürokratie (ist) unvereinbar mit dem National­ sozialismus. Die Ablehnung der staatlichen Obergewalt ist daher mehr als ein

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mus würde diese Art einer neuen nichtstaatlichen Ordnung, wie sie Pollock und Horkheimer ja mit dem Begriff „Staats­ kapitalismus“ beschrieben hatten, keineswegs bedeuten. Das nationalsozialistische Deutschland träte dann vielmehr „in eine neue Periode ursprünglicher Akkumulation ein, in der das Kapital nicht durch den Produktionsprozeß, sondern allein durch Gewalt und Terror, also mit politischen Mitteln akku­ muliert wird. Schon heute weist das System viele Merkmale der ursprünglichen Akkumulation auf, so zum Beispiel die Arisierung, Germanisierung und die Gründung der GöringWerke. Dann wird eine neue Kapitalistenklasse entstehen und die politische Macht der Partei voll und ganz im Produktions­ prozeß verankert sein“ (Neumann 1984, 544).75

ideologisches Mittel (...); sie ist Ausdruck der realen Notwendigkeit des Systems, sich des rationalen Gesetzes zu entledigen“ (Neumann 1984. 110). Bereits 1937 in seinen Bemerkungen zum Exposé Dr. Heiders .Die Rolle der Bürokratie im totalitären Staat' schreibt Neumann ( 1937): ,,In der nationalso­ zialistischen Ideologie ist der Schwerpunkt zweifellos nicht auf die Totalität des Staates, d. h. der Bürokratie, sondern auf die Totalität der Bewegung, d. h. der Partei, gelegt, die durch den Führer handelt. Der Grund mag wohl der sein, daß gerade zwischen Partei und Staatsbürokratie ein auch heute noch lange nicht abgeschlossener Kampf um die Vorherrschaft im Staat besteht, und daß der Nationalsozialismus, um seine Überlegenheit gegenüber den alten, konservati­ ven Kräften zu demonstrieren, im Ideologischen den Primat der Politik betont, während in der Wirklichkeit (d. h. 1937 noch, Μ. S.) die Herrschaft der Büro­ kratie unangefochten ist. Der italienische Faschismus dagegen hat die Ideologie des totalen Staates herausgearbeitet, weil die staatliche Bürokratie in Italien bei Machtantritt des Faschismus nicht die soziale Bedeutung hatte, die ihr in Deutschland zukam.“ 75 In seinem 1950 publizierten Aufsatz .Ansätze zur Untersuchung politischer Macht' (in: Neumann 1986, 93) heißt es: „Zwar kam die NSDAP durch die finanzielle und politische Hilfe führender Industrieller zur Macht; diese hatten fraglos gehofft, die Partei für ihre eigenen Interessen benutzen zu können. Nach der Machtergreifung löste sich die Partei jedoch aus der Kontrolle der Wirtschaft und wurde eine autonome politische Macht. Die Partei ging dann noch weiter und suchte sich eigene wirtschaftliche Machtpositionen zu schaffen. Ganz eindeutig bemühte sich also die neue politische Macht um eine selbständige wirtschaftliche Basis.“

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Trotz dieser ähnlich klingenden Schlußfolgerungen, zu denen Neumann und Kirchheimer auf der einen, Horkheimer und Pollock auf der anderen Seite in der Einschätzung des Verhält­ nisses von Partei und Wirtschaft letztendlich gelangten, kann man zusammenfassend sagen, daß die Kritische Theorie seit ihrer an der Columbia University projektmäßig durchgeführten Analyse des Nationalsozialismus zwei sehr unterschied­ liche Ansätze verfolgte. Daß es sich hierbei zwar manchmal nur um einen Streit um Worte, theoretisch aber keineswegs um einen müßigen Streit handelte, wie Rolf Wiggershaus behaup­ tet (Wiggershaus 1987, 324), liegt eben daran, daß der eine Ansatz, verbunden mit den Namen Neumann, Kirchheimer und Gurland, einerseits den Nationalsozialismus im wesent­ lichen immer noch als notwendiges Produkt des modernen Kapitalismus in seiner monopolistischen Entwicklungsphase begriff. In seinen ökonomischen Aussagen zwar noch weitge­ hend marxistisch orientiert76, hob dieser Ansatz andererseits aber auch auf die Bedeutung einer weitgehenden Verselbstän­ digung miteinander konkurrierender nationalsozialistischer Herrschaftsträger ab, so daß der hergebrachte, nach den Theo­ rien der Moderne entwickelte normative rationale Staatsbegriff seine Bedeutung für eine Analyse des Nationalsozialis­ mus verlor. Der andere Ansatz, auf den der innere Kreis der Kritischen Theorie um Horkheimer, Pollock, Adorno und an­ satzweise auch Löwenthal sich stützte, sah dagegen die natio­ nalsozialistische Herrschaft durch die höchstmögliche Steige­ rung moderner staatlicher Macht gekennzeichnet. Darüber hinaus sahen sie damit weltgeschichtlich einen Trend zuneh-

76 Im Gegensatz zur sowjetisch-marxistischen Komintemdefinition aus dem Jahre 1933 wurde der Nationalsozialismus von Neumann aber nicht auf ein lediglich „dienstbares Werkzeug der deutschen Industrie“ reduziert. Er sah allerdings im Hinblick auf die imperialistischen Expansionsziele eine nahtlose Übereinstim­ mung zwischen ,,deutsche[r] Industrie und NSDAP“ (Neumann 1984, 232).

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mender rationaler Beherrschung bestätigt. Ohne sich analy­

tisch mit den politischen Strukturen des Nationalsozialismus näher zu befassen, endete dieser unter dem trügerischen Na­ men „Primat der Politik“ bekanntgewordene Ansatz mit Be­ griffen wie technische Rationalität und instrumentelle Ver­ nunft allerdings in einer vollkommen resignativen Blockade des Politischen. Die Identifikation von Vernunft und Herr­ schaft wurde sodann - wie im folgenden Kapitel zu zeigen sein wird - als Versagen von Vernunft schlechthin dargestellt.

Zugleich aber war damit ein zweiter, ein methodologischer und wissenschaftstheoretischer Gegensatz gegeben. Neu­ mann, Kirchheimer und Gurland mit ihren jeweiligen rechts­ wissenschaftlichen, politik- und wirtschaftstheoretischen Kenntnissen waren offensichtlich überzeugt, an der Möglich­ keit eines interdisziplinären Arbeitszusammenhangs am Insti­ tut festhalten zu können, allerdings ohne der Philosophie dabei den, von Horkheimer ursprünglich geforderten, zentralen Platz einräumen zu wollen. Sie bedienten sich, wie insbeson­ dere Neumanns ,Behemoth' zeigt, des Instrumentariums der verschiedenen empirischen Wissenschaften, um den National­

sozialismus theoretisch zu bewältigen. Einiges spricht somit dafür, daß die am Institut entstandenen Arbeiten dieser drei später hinzugekommenen Mitarbeiter nicht nur aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung, sondern auch aufgrund ihrer metho­ dologischen Orientierung im wesentlichen an dem ursprüng­ lichen Konzept der Kritischen Theorie festhielten. Denn die

gewidmete Arbeiten ,Die Juden und Europa' und Autoritärer Staat', die mit Sätzen wie ,,[d]er Faschismus ist die Wahrheit der modernen Gesellschaft“ (Horkheimer 1939, 116), schon dem Anspruch nach weniger analytisch sondern sehr allge­ mein und im Grundton sehr pessimistisch gehalten waren. Auch wenn sich Horkheimer nach dem Kriege für eine Wie­ derbelebung der empirischen Sozialforschung auf dem Niveau der in den Vereinigten Staaten gemachten Erfahrungen enga­ gierte, so geriet doch angesichts der düsteren zeitgeschicht­ lichen Erfahrungen und noch düsterer Prognosen das komple­ xe Geflecht des interdisziplinären Programms, in dem Ökono­ mie, Sozialpsychologie, und Kulturtheorie ein weitgehend differenziertes Instrumentarium der Theoriebildung und For­ schung zur Verfügung gestellt hatten, zunehmend in den Hin­ tergrund. Die Philosophie dagegen, damals noch auf die „Rol­ le eines problemsensitiven integrierenden Mediums der diszi­ plinär zersplitterten Einzelwissenschaften“ (Dubiel 1978, 138) beschränkt, sah sich nun vor die Aufgabe gestellt, eine Theorie des Nationalsozialismus als den wesentlichen Aus­ druck einer Dialektik der Aufklärung geschichtsphilosophisch zu begründen.

seit der Kontroverse um den Nationalsozialismus von Hork­ heimer und Adorno vertretene Weiterentwicklung der Kriti­ schen Theorie führte ja zu einer resignativ-pessimistischen

Wissenschafts- und Vemunftkritik, die damit „nicht mehr

(nur) den Wert einzelner Theorieentwürfe, sondern den eman­ zipatorischen Anspruch wissenschaftlicher Rationalität über­ haupt“ (Bonß/Honneth 1982, 13) anzuzweifeln begann. Ein Beleg dafür sind Horkheimers direkt dem Nationalsozialismus

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KAPITEL III

Die Kritik der Instrumentellen Vernunft als Erklärungsmodell Nationalsozialistischer Herrschaft „Verlorene Mythen werden weniger durch

aufgeklärte Rationalität als vielmehr durch

ihre schrecklichen säkularen Karikaturen er­ setzt.“77 Leszek Kolakowski

3.1. Von der Kritik des autoritären Staats zur Kritik der instrumentellen Vernunft Pollocks Thesen von einem sich insbesondere im Dritten Reich selbst stabilisierenden Staatskapitalismus hatten un­ gleich größere Tragweite durch Horkheimers 1940 verfaßten Aufsatz .Staatskapitalismus* gewonnen, der 1942 in einem mimeographierten Benjamin-Gedächtnisband unter dem heute bekannten Titel .Autoritärer Staat* erschienen ist.78 Man­

77 Kolakowski (1991, 195). 78 Adorno war mit den Thesen dieses Aufsatzes weitgehend einverstanden. Dies zeigt sich in seinem Vorschlag, den Staatskapitalismusaufsatz von Pollock umzuschreiben und zusammen mit Horkheimer neu zu veröffentlichen. Das lehnte Horkheimer allerdings ab, weil er froh darüber war, „daß von seinem engsten Freund nach so vielen Jahren endlich einmal wieder ein publizistischer Beweis seiner Beteiligung an der geistigen Arbeit des Instituts erscheinen sollte“ (in: Wiggershaus 1987, 317).

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fred Gangl hat deutlich herausgearbeitet, wie sehr die ökono­ mischen Faschismusanalysen Pollocks, die im Gegensatz zu den früheren Institutsanalysen von deutlichen Eingriffen des Staates und vom „Primat der Politik“ ausgehen und damit eine Geschlossenheit und innere Widerspruchslosigkeit des natio­ nalsozialistischen Systems suggerieren, dem Horkheimerschen Denken zur Grundlage und Voraussetzung wurden (Gangl 1987, 201 ff.). Horkheimer sprach nun ausdrücklich vom „Staatskapitalismus“ anstatt vom „Monopolkapitalis­ mus“ als konstituierendes Moment nationalsozialistischer Herrschaft: „Der Staatskapitalismus ist der autoritäre Staat der Gegenwart“ (Horkheimer 1987 b, Autoritärer Staat [1940/42], 294). Mit ihm, der den Markt beseitigt habe, sei in Deutschland mit der Zentralisierung aller ökonomischen und politischen Entscheidungskompetenzen eine „neue Ordnung“ erreicht. Und in dieser bekomme nun „die Bürokratie (. . .) den ökono­ mischen Mechanismus wieder in die Hand (. . .), der unter der Herrschaft des reinen Profitprinzips der Bourgeoisie“ entglit­ ten war (Horkheimer 1987b, Autoritärer Staat [1940/42], 310-311). Die Konsequenzen, die sich in diesem Aufsatz am prononciertesten für die weitere theoretische und methodologische Ent­ wicklung der Kritischen Theorie abzeichneten79, waren von großer Tragweite. Eine Erschütterung der bisherigen ge­

79 Bereits in seinen Aufsätzen .Montaigne und die Funktion der Skepsis* und ,Die Juden und Europa* zeichnete sich die neue Sichtweise bei Horkheimer ab. So heißt es im ersten Aufsatz, daß in der Gegenwart „der Staat“ dazu tendiere „Organ der stärksten kapitalistischen Gruppen zu werden. Seine kennzeich­ nendste Form ist der Führerstaat, in dem die industriellen und politischen Bürokratien verschmelzen“ (in: 1988b, 267). In ,Die Juden und Europa* geht Horkheimer (in: 1988b, 314) davon aus, daß die „neuen, mit den Schwächen der bürgerlichen Welt wohlvertrauten Machthaber (...) [,] die (...) ökonomisch unhaltbar gewordene Klassenherrschaft mit rein politischen Maßnahmen“ fort­ setzen (Hervorhebungen, Μ. S.).

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schichtsphilosophischen Überlegungen der Kritischen Theo­ rie war die Folge. Der optimistische marxistische Glaube, daß allein „eine Veränderung der Produktionsverhältnisse, (...) schon den Anbruch der Freiheit“ (Habermas 1985d, 287)80 erwirken könnte, wurde mit einer gleichzeitigen Kritik am Staatssozialismus sowjetischer Prägung aufgegeben.81 Außer-

80 In einem Brief an Horkheimer v. 23. 7. 1941 formulierte Neumann deutliche Kritik an Pollocks Aufsatz und den theoretischen Konsequenzen, die sich daraus für das Institut ergaben: „Er widerspricht von der ersten bis zur letzten Seite der Theorie des Instituts. (...) Zusammenfassend möchte ich sagen, daß der Aufsatz den Abschied an den Marxismus eindeutig enthält. Der Aufsatz dokumentiert weiterhin eine vollkommende Hoffnungslosigkeit. Der Staatskapitalismus, wie ihn Pollock konzipiert, kann das Millenium werden“ (in: Erd 1985, 135-136; siehe auch: Horkheimer 1988b, Philosophie der absoluten Konzentration (1938],303). 81 Unter die Kategorie „Staatskapitalismus“ und „autoritärer Staat“ subsumierte Horkheimer nunmehr auch das stalinistische System der Sowjetunion (1987b, 300): „Die konsequenteste Art des autoritären Staats, die aus jeder Abhängigkeit vom privaten Kapital sich befreit hat, ist der integrale Etatismus oder Staatsso­ zialismus.“ Horkheimer übernimmt hier sehr verspätet Webers Warnung (1985, 129), daß „jeder rationale Sozialismus“ die Bürokratien der kapitalistischen Gesellschaft übernehmen und ins Unermeßliche steigern würde. Gerade eine sozialistische Ordnung müsse „eine straffe bürokratische Verwaltung nach noch festeren, formalen Regeln“ schaffen als die kapitalistische. Horkheimer gehört mit seiner Analogisierung der beiden politischen Systeme damit innerhalb der Kritischen Theorie zu den ersten, die eine Art von Totalitarismusr/tese entwickelt haben, auch wenn er, wie Dubiel und Söllner (1984, 13-14) feststellten, nie explizit eine Totalitarismusrheorie formuliert bzw. der systematischen Entfal­ tung dieser These zugestimmt hat. Adorno ( 1969a, Marginalien zur Theorie und Praxis, 179) widersetzte sich auch immer deutlich der, wie er es nannte, „Spießbürgerweisheit, Faschismus und Kommunismus seien dasselbe“. - In Marcuses (1981a, 369, 374-375) Buch .Vernunft und Revolution' galt der Begriff des Totalitarismus zunächst, wie in seinem 1934 erschienenen Aufsatz, allein dem faschistischen System. Im 1954 beigefügten Nachwort galt er jedoch auch dem sowjetischen: „Die Niederlage von Faschismus und Nationalsozia­ lismus hat die Tendenz zum Totalitarismus nicht stillgelegt (.. .). Die stalini­ stische Gesellschaft (war) nicht weniger repressiv als die kapitalistische, nur viel ärmer.“ Neumann (1984, 67) dagegen legte Wert auf die Feststellung, daß im Fehlen einer grundlegenden nationalsozialistischen Theorie ein wichtiger Un­ terschied zwischen dem Nationalsozialismus und Stalinismus vorliege: „Der

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dem zeichnete sich eine deutliche Veränderung in der Beant­ wortung der Frage nach der Einschätzung des Rationalisierungsprozesses abendländischer Zivilisation ab. Die nunmehr im Hinblick auf die Charakterisierung des Nationalsozialis­ mus dominante Auffassung Horkheimers, daß sich um der „nackten Macht“ willen die herrschenden Gruppen techni­ scher Rationalität zum Zwecke ungeschminkter politischer Herrschaft bedienen, bestimmte seinen Blick auf die Ge­ schichte nachhaltig und hatte eine - allerdings nur auf den ersten Blick - radikale Kritik an dem geschichtsphilosophi­ schen Vemunftbegriff Hegelscher Provenienz zur Folge. An­ fangs hatte Horkheimer, insbesondere in seiner 1932 erschie­ nenen Studie .Geschichte und Psychologie4, den Marxschen Geschichtsbegriff noch auf den Hegelschen rückbezogen und dabei den letzteren affirmativ rezipiert. Gerade in der „Er­ kenntnis der einheitlichen dynamischen Struktur in der ver­ wirrenden Vielfältigkeit des Geschehens“ (Horkheimer 1932, 128) sah Horkheimer die eigentliche Leistung Hegels. Die Gefährlichkeit der Hegelschen Geschichtsphilosophie lag für Horkheimer jedoch vor allem darin, daß die Identifikation von Geschichte und Fortschritt auf eine fatalistische Rechtfertigungsideologie hinauslaufe: „So wenig das Denken aus sich heraus die Zukunft zu entwerfen vermag, so wenig bestimmt es den Zeitpunkt. Die Etappen des Weltgeistes folgen nach Hegel einander mit logischer Notwendigkeit, keine kann über-

Nationalsozialismus hat keine Theorie der Gesellschaft (...), keine konsistente Vorstellung ihrer Funktionsweise, Struktur und Entwicklung. Er will bestimmte Ziele durchsetzen und paßt seine ideologischen Äußerungen einer Reihe von ständig wechselnden Schritten an. Dieses Fehlen einer grundlegenden Theorie ist ein Unterschied zwischen dem Nationalsozialismus und dem Bolschewis­ mus. Die nationalsozialistische Ideologie (...) ist nicht in einer Reihe von begrifflich bestimmten Lehrsätzen festgelegt.“ Dazu auch Adomo (1976a, 428): „Faschistische Rationalität trachtet nach der Errichtung eines omnipotenten Machtsystems, nicht nach der Begründung einer Philosophie.“

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Sprüngen werden. Marx ist ihm darin treu geblieben. Die Geschichte wird als unverbrüchliche Entwicklung vorgestellt. Das Neue kann nicht beginnen, ehe seine Zeit gekommen ist. Aber der Fatalismus beider Denker bezieht sich, merkwürdig genug, bloß auf die Vergangenheit. Ihr metaphysischer Irrtum, daß die Geschichte einem festen Gesetz gehorche, wird durch den historischen Irrtum aufgehoben, daß es zu ihrer Zeit erfüllt sei. Die Gegenwart und das Spätere steht nicht wieder unter dem Gesetz. Es hebt auch keine neue gesellschaftliche Epoche an. Fortschritt gibt es in der Vorgeschichte. Er beherrscht die Etappen bis zur Gegenwart“ (Horkheimer 1987 b, Autoritärer Staat [1940/42], 305). Trotz dieser Kritik hielt Horkheimer in zweifacher Hinsicht weiterhin an dem Hegelschen Modell der Geschichtsphiloso­ phie fest: Einerseits informaler Hinsicht, als die Antwort auf die Frage nach der Vorgeschichte des Faschismus ebenfalls als eine große Geschichte im Singular, wenn auch nicht mehr als die Geschichte der kontinuierlichen Vermehrung der Freiheit, sondern als die Geschichte der kontinuierlichen Unter­ drückung der Natur gesehen wurde. Andererseits inhaltlich, als nunmehr keine neue Geschichte erzählt, sondern lediglich eine Umkehrung der Geschichte der Vernunft vorgenommen wurde, die als ,,singuläre[s] Referenzobjekt einer großen Erzählstruktur stilisiert“ (Schnädelbach 1989, 26), Hegels Auffassung von der Identität von Vernunft und Fortschritt gleichsam auf den Kopf stellte (Nagl-Docekal 1988, 90).82 Entsprechend war für Horkheimer mit dem Nationalsozialis­ mus, der ,,[d]ie planmäßige Leitung der Produktion“ und mit Hilfe instrumenteller Vernunft „die Naturbeherrschung ins Ungemessene“ praktiziere, „das Ende der Ausbeutung“ er­

82 Bei Adorno ergibt sich später in der .Negativen Dialektik* (1966, 312) eine regelrechte Umkehrung Hegels: „Zu definieren wäre der Weltgeist (...) als permanente Katastrophe.“

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reicht. Solches Ende aber war für ihn „keine Beschleunigung des Fortschritts mehr, sondern der Sprung aus dem Fortschritt heraus“ (Horkheimer 1987b, Autoritärer Staat [1940/42], 307). Diese geschichtsphilosophischen Überlegungen Horkheimers, die sich Benjamins Auffassung von der Geschichte als permanenter Katastrophe (Benjamin 1974, IX)83 und seiner Kritik an der marxistischen - der sozialdemokratischen wie der stalinistischen - Fortschrittsidee anschlossen84, *verdichte­ ten sich in der Folge vor allem in ,The End of Reason4, einem Aufsatz, der in wesentlichen Teilen den Inhalt der späteren ,Eclipse of Reason1 aus dem Jahre 1947 vorwegnahm, und schließlich in der gemeinsam mit Adorno verfaßten .Dialektik der Aufklärung1. Mit Hilfe einer „philosophischen Konstruk­ tion der Weltgeschichte“ (Horkheimer/Adorno 1986, 1) ver­ suchte Horkheimer fortan, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie es zu einer faschistischen Herrschaft über weite Teile von Europa gekommen war. Es sind dann vor allem diese vemunftkritischen Arbeiten, in denen Horkheimer von seiner bisherigen materialistischen Geschichtsauffassung abrückte und damit gleichsam die Prämissen der frühen Kritischen Theorie aufgab, die bis dahin, wenn auch nicht ungebrochen

83 Schölern (1971, 129) zufolge „vollzog" sich in Benjamins geschichtsphiloso­ phischen Thesen das „Erwachen aus dem Schock des Hitler-Stalin-Paktes“. 84 „Das Gothaer Programm trägt bereits Spuren (der) Verwirrung an sich. Es definiert die Arbeit als die .Quelle alles Reichtums und aller Kultur.* (...) Dieser vulgär-marxistische Begriff von dem, was die Arbeit ist, hält sich bei der Frage nicht lange auf, wie ihr Produkt den Arbeitern selber anschlägt, solange sie nicht darüber verfügen können. Er will nur die Fortschritte der Naturbeherrschung, nicht die Rückschritte der Gesellschaft wahr haben. Er weist schon die techno­ kratischen Züge auf, die wir später im Faschismus begegnen werden“ (Benjamin 1974, XI-XIII, hier XI, 699). - Die Annäherung zeigt sich auch darin, daß Horkheimers Schriften .Autoritärer Staat* und .Vernunft und Selbsterhaltung* zusammen mit Benjamins geschichtsphilosophischen Thesen in einem Benja­ min gewidmeten Privatdruck erschienen sind.

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(Horkheimer-Pollock v. 20.9.1937, in: Dubiel 1978, 15), ei­ nem linearen und optimistischen Geschichts- und Aufklärungsprozeß und einer - wie auch immer vermittelten - Einheit von Theorie und Praxis verpflichtet war. Indem Horkheimer im Hinblick auf die historische Einschätzung des Nationalso­ zialismus auf die Linie von Benjamins VIII. ,These über den Begriff der Geschichte' einschwenkte, fand er in Adorno den gemeinsamen Vertreter dieser neuen und dominanten Konzep­ tion, mit dem er fortan den Faschismus für die Wahrheit der modernen Gesellschaft hielt. Denn im Gegensatz zu Horkheimers Denken in den dreißiger Jahren war Adornos Denken von Anfang an von der Auffassung geprägt gewesen, daß der Faschismus als Symptom einer umfassenden Zivilisations­ krise anzusehen sei.85 Gegen marxistische Erklärungsversu­ che und Horkheimers methodologische Ziele, nämlich die Philosophie mit sozialwissenschaftlichen Mitteln fortzusetzen, um sie so schließlich in Gesellschaftstheorie aufzuheben, war Adornos Philosophie von Anfang an in besonderer Weise immun: Hatte Adorno doch bezeichnenderweise anläßlich seiner akademischen Antrittsvorlesung im selben Jahr, in dem Horkheimer sein interdisziplinäres Forschungsprogramm vor­ gestellt hatte, darauf insistiert, daß zwischen fachwissenschaftlicher Forschung und philosophischer Deutung eine scharfe Trennungslinie zu ziehen sei.86 In der Zusammenarbeit 85 Vgl. dazu: Honneth (1985, 46-47 und 1989, 11); Habermas (1991, Max Horkheimer: Zur Entwicklungsgeschichte seines Werkes [1986], 91-109). Zu Horkheimers eignen theoretischen Entwicklung im Zusammenhang mit einer Kritik am Nationalsozialismus, vgl. v. a.: Diner (1989, 270ff.). Ferner vom selben Autor: Aporie der Vernunft, Horkheimers Überlegungen zu Antisemitis­ mus und Massenvemichtung (in: 1988a, 30ff.). 88 Dazu insbes. der Aufsatz von Martin Jay: Positive und negative Totalität, Adornos Altemativentwurf zur interdisziplinären Forschung (in: Bonß/Honneth 1982,67 ff.). Adorno ( 1973,334) hatte eine etwas fragwürdige Auffassung von der Rolle der Fachwissenschaften - und zwar dann, wenn er behauptet, daß die Erkenntnisweisen von Philosophie und Wissenschaft grundsätzlich unter-

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mit Horkheimer, die sich seit 1939 intensivierte - zu einem Zeitpunkt als Erich Fromm das Institut verließ -, setzte sich die Skepsis Adornos und sein negativ-dialektisches Denken um so leichter durch, als Horkheimer durch die politischen Ereignisse jener Jahre theoretisch nicht unbeeindruckt87 und durch eigene metaphysisch-pessimistischen Frühschriften vorbereitet diesem Denken ohnehin nicht mehr völlig fremd gegenüberstand (A. Schmidt 1981). Bedeutete also für Hork­ heimer das Erklärungsmodell einer Kritik der instrumentellen Vernunft vor allem methodologisch einen deutlichen Bruch mit dem in der .Zeitschrift für Sozialforschung' verfolgten Programm einer interdisziplinären Forschung, so fügte es sich für Adorno „unauffällig in die Kontinuität eines später als negativ-dialektisch bezeichneten Denkens ein“ (Habermas 1991,99).

3.2. Zum Begriff der Vernunft Der Aufsatz ,The End of Reason', den Horkheimer 1941 im letzten Jahrgang der .Zeitschrift für Sozialforschung' veröf­ fentlicht hatte, enthielt bereits die „Rohskizze einer Ge­ schichtsphilosophie“ (Honneth 1985, 45), die einer zunächst nur langsam sich verändernden Auffassung von Vernunft ihren deutlichen Interpretationsrahmen zu geben versuchte.88 Ange­

schiedlich seien: ,,[D]ie Einzelwissenschaft (nimmt) ihre Befunde als unauflös­ lich und in sich ruhend (hin), während die Philosophie den ersten Befund bereits, der ihr begegnet, als Zeichen auffaßt, das zu enträtseln ihr obliegt. Schlicht gesagt: die Idee der Wissenschaft ist Forschung, die der Philosophie Deutung." 87 Dazu: Horkheimers Aufsatz .Traditionelle und kritische Theorie“, den er 1937 in der .Zeitschrift für Sozialforschung“ veröffentlicht hatte (in: 1988b, 162ff.). 88 Bereits in Horkheimers 1938 veröffentlichten Aufsatz .Montaigne und die Funktion der Skepsis ‘ (in : 1988b, 252) zeichnet sich ein veränderter Begriff von neuzeitlicher Vernunft ab : „Die Tendenz, die Wahrheit der Macht unterzuordnen

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sichts der militärischen Erfolge des Dritten Reiches glaubte Horkheimer nun emphatisch den „Zerfall der Stammbegriffe westlicher Zivilisation“ verkünden zu müssen (Horkheimer 1987b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 320). Damit stand der Begriff der Vernunft, der bis dahin vornehmlich positiv als kritische Instanz verstanden wurde, zum ersten Mal im Mittelpunkt seiner „umfassendefn] philosophische Theo­ rie“ (Horkheimer 1985 a, 14), die sich dem deutschen Natio­ nalsozialismus widmete: „Die neue, die faschistische Ord­ nung ist die Vernunft, in der Vernunft selbst als Unvernunft sich enthüllt“ (Horkheimer 1987b, Vernunft und Selbsterhal­ tung [1942], 348). Horkheimers neue geschichtsphilosophische Überlegungen waren geprägt von dem Unterschied zweier Vemunftbegriffe, dem objektiven und dem subjektiven. Für Horkheimer stellten dabei die beiden Vemunftbegriffe „keine zwei getrennten und unabhängigen Weisen des Geistes dar, obgleich ihr Gegensatz eine reale Antinomie ausdrückt“. Und die Aufgabe der Philo­ sophie sah Horkheimer nicht darin, „stur den einen gegen den anderen auszuspielen, sondern eine wechselseitige Kritik zu befördern und so, wenn möglich, im geistigen Bereich die Versöhnung beider in der Wirklichkeit vorzubereiten“. Da für Horkheimer aber die „isolierte subjektive Vernunft“ überall „mit fatalen Ergebnissen“ triumphiere, müsse die Kritik „not­ wendigerweise mehr mit dem Nachdruck auf der objektiven Vernunft geführt werden als mit dem auf Überbleibseln sub­ jektivistischer Philosophie, deren genuine Tradition im Lichte der fortgeschrittenen Subjektivierung jetzt selbst als objek­

(d. h. den religiösen Inhalt den jeweiligen Staatsinteressen), ist nicht erst im Faschismus aufgekommen; in der ökonomischen Situation des Bürgertums ebenso tief verwurzelt wie die freiheitlichen Züge, durchzieht der Irrationalis­ mus die gesamte Geschichte der Neuzeit und beschränkt ihren Begriff der Vernunft.“

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tivistisch und romantisch erscheinen“. Wenngleich er zuge­ stand, daß für ihn das „Element der Unwahrheit nicht einfach im Wesen eines jeden der beiden Begriffe, sondern in der Hypostasierung des einen gegenüber dem anderen“ (Horkhei­ mer 1985a, 163)89 liege, ist das eigentlich Problematische und Fragwürdige in Horkheimers Rekonstruktion die Reduzierung des Begriffs der subjektiven Vernunft. Indem er sie nämlich ausschließlich mit Formalisierung und Instrumentalisierung charakterisierte (Horkheimer 1985 b, Zum Begriff der Ver­ nunft [1952], 29), wurde sie mit dem diagnostizierten Verfall der westlichen Zivilisation als solcher voreilig in Zusammen­ hang gebracht. Denn subjektive Vernunft habe sich lediglich „den herrschenden Interessen gegenüber als anpassungsfähig erwiesen“ (Horkheimer 1985b, Zum Begriff der Vernunft [1952], 28). Gleichwohl aber war Horkheimer durchaus klar, daß der Be­ griff einer objektiven Vernunft keinen geeigneten Gegenbegriff mehr abgeben, noch gar ontologisch unterstellt werden konnte, weil die Menschen mit dem Fortschreiten der Aufklä­ rung unwiderruflich die grundlegende metaphysische Ge­ wißheit verloren hatten: „Die Beziehung zwischen diesen beiden Begriffen von Vernunft ist nicht bloß eine des Gegen­ satzes. Historisch hat es beide Aspekte der Vernunft, den subjektiven und den objektiven, seit Anbeginn gegeben, und das Vorherrschen jenes über diesen kam erst im Verlaufe eines langen Prozesses zustande“ (Horkheimer 1985a, 18). Im Zen­ trum des Aufsatzes von Horkheimer steht daher die These, der Ursprung des Vernunftverfalls sei die mit der Aufklärung „auf ihre instrumentelle Bedeutung zurückgeführtfe]“ Vernunft

89 Horkheimer wollte also gerade nicht die beiden Vemunftbegriffe gegeneinander ausspielen, wie Breuer in seiner Rezension (in der Frankfurter Allgemeine Zeitung V. 12. 6. 1991) anläßlich der Herausgabe des sechsten Bandes der Horkheimerschen .Gesammelten Schriften' behauptet.

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(Horkheimer 1987 b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 322). Diese diene lediglich als Mittel ,,großindustrielle[r] Selbstbehauptung“ (Horkheimer 1987 b, Vernunft und Selbst­ erhaltung [1942], 343), weil sie sich im Verlaufe des histo­ rischen Prozesses einer Selbstreduktion der Vernunft von einer umfassenderen und noch seinsgebundenen Vernunft abgelöst habe. Die „objektive Vernunft“ habe ursprünglich noch „den Ordnungen der Natur“ als Strukturgesetz zugrunde gelegen. Mit ihr waren Begriffe wie „Freiheit, Gerechtigkeit und Wahr­ heit“ (Horkheimer 1987b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 320) noch unmittelbar verknüpft, so daß der „Kritik gesellschaftlicher Meinungen im Namen der objektiven Ver­ nunft“ eine viel durchdringendere Kraft zuzuschreiben sei „als diejenige, die im Namen der subjektiven Vernunft vorgetragen wird“ (Horkheimer 1985a, 23). Freilich konnte Horkheimer zu solchen weitgehenden Schlußfolgerungen nur deshalb gelangen, weil er davon aus­ ging, daß mit der Zerstörung der objektiven Geltung der Werte, die sich auf ein religiöses oder metaphysisches Weltbild bezo­ gen, eine Zerstörung der ethischen Wertorientierung über­ haupt verbunden sei. Keineswegs folgt aber daraus, daß - wie Horkheimer behauptet - die sogenannte „isolierte subjektive Vernunft“ (Horkheimer 1985a, 163) sich notwendig zum lee­ ren Schematismus entwickeln muß, die über keine hinreichend plausiblen normativen Kriterien mehr verfügt.90 Wie schon Weber festgestellt hat, ist es zwar das Schicksal unserer „Kulturepoche, die vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, (.. .), daß wir den Sinn des Weltgeschehens nicht aus dem noch so sehr vervollkommneten Ergebnis seiner Durchforschung ab­ lesen können, sondern ihn selbst zu schaffen imstande sein

90 So auch Hösle (1992, 67), der meint, daß das „Verschwinden der Metaphysik (...) notwendig Hand in Hand mit der Beseitigung der Wertrationalität“ einher­ gehe.

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müssen“ (Weber, 1973 b, 154). Weit von wertrelativistischen Positionen entfernt, sah Weber die Notwendigkeit im Prozeß der Rationalisierung vielmehr darin, die Werte von nun an „aus der eigenen Brust holen zu sollen (...)“ (Weber 1988b, 420). Allerdings war er sich auch bewußt, daß nur der parla­ mentarische Verfassungsstaat den Rahmen biete, in dem sich die gegensätzlichen Werte aufgeklärt und regelgebunden arti­ kulieren können, ohne sich gegenseitig zu vernichten (Breuer 1991, 200).91 Aus diesem bereits aus Webers Sicht fragwürdigen Ergebnis, daß die Rationalisierung jegliche ethische Wertorientierung schlechthin zerstöre, entwickelte sich für Horkheimer mit dem neuzeitlichen Abschied von der Metaphysik jene verhängnis­ volle „Gleichsetzung von Vernunft und Nützlichkeit“, die lediglich noch dem Gesetz der „formalen und diskursiven Logik“ unterliege (Horkheimer 1985 b, Zum Begriff der Ver­ nunft [1952], 22, 23). In dieser, der bürgerlichen Gesellschaft vermeintlich inhärenten Denkform, die nur noch „den Vorteil im Auge“ habe und die „Kälte und Nüchternheit als Tugen­

91 Habermas‘ Kritik an Webers vermeintlich zu engem Handlungsbegriff wird hier problematisch. Siehe dazu bereits Anm. 30. Schluchter (1991a, 306-307) hat darauf hingewiesen, daß Weber, indem „er eine das materielle und ideelle Leben umfassende Konflikttheorie" vertritt, den Kampf der Ideale gerade nicht Gesinnungsethikern überlassen darf. Jenen Gesinnungsethikem nämlich, „die nach­ dem sie .soeben Liebe gegen Gewalt gepredigt haben, im nächsten Augenblick zur Gewalt aufrufen - zur letzten Gewalt, die dann den Zustand der Vernichtung aller Gewaltsamkeit' bringt. Aufgeklärt heißt: Du sollst deine Ideale einer Wertungsdiskussion aussetzen. Regelgebunden heißt: Du sollst die Ideale ster­ ben lassen, nicht die Menschen, die ihre Träger sind. Weil der absolute Polytheis­ mus der Werte gilt, kann sich keine Ethik mit dem monologischen Prinzip begnügen. Sie muß, schon allein um ihrer selbst willen, zum Dialog, zur Wertungsdiskussion, übergehen. Weil der absolute Polytheismus gilt, kann sich keine Ethik, wie aufgeklärt auch immer, als das Ganze setzen, ist keine berech­ tigt, Gewalt, die Degradation des anderen zum bloßen Mittel, ethisch zu legiti­ mieren, und handle es sich auch um die angebliche letzte Gewalt zur Aufhebung aller Gewalt“.

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den“ pflege (Horkheimer 1987b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 323), weil sie sich für außerstande halte, „die obersten Zwecke des Lebens zu bestimmen, und sich damit begnügen muß, alles, dem sie begegnet, auf ein bloßes Werkzeug zu reduzieren“ (Horkheimer 1985a, 93)92, sah Horkheimer nun­ mehr auch den Nationalsozialismus angelegt. Vor allem in der handlungspraktischen Reduktion egoistischer Selbsterhaltung liege die Beschränkung subjektiver Vernunft. Im Prozeß der Rationalisierung sei die bürgerliche Gesellschaft im National­ sozialismus daher auch nur zu sich selbst gekommen, der Nationalsozialismus stelle also keine Ausnahme dar. Vielmehr sei er die folgerichtige Fortsetzung einer Entwicklung, in der zwar „[d]ie neue Ordnung (...) einen Sprung in der Transfor­ mation der bürgerlichen in unvermittelte Herrschaft (bezeich­ ne)“, aber im wesentlichen doch die bürgerliche Ordnung nur fortsetze. Diese trat zwar,, 1789 als fortschrittliche ihren Weg“ an, trug aber „von Beginn an die Tendenz zum Nationalsozia­ lismus in sich“ (Horkheimer 1988b, Die Juden und Europa [1939], 324). In einer für den Horkheimer der dreißiger Jahre typischen Verschränkung von marxistischer Faschismustheorie und Vemunftkritik fielen somit die „Nationalsozialisten (...) aus dieser Entwicklung nicht heraus, wie die Rede, sie seien Gangster, es unterstellt. Sind sie schon Gangster, so neh­ men sie eine Tendenz der monopolistischen Periode auf, in der jeder wirtschaftliche Außenseiter gleichsam als gesetzlos galt. (...) Nicht einbrechende Gangster haben in Deutschland die Herrschaft über die Gesellschaft sich angemaßt, sondern die gesellschaftliche Herrschaft geht aus ihrem eigenen ökonomi-

sehen Prinzip heraus in die Gangsterherrschaft über“ (Hork­ heimer 1987b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 332). Gleichwohl übte Horkheimer trotz aller scharfen Kritik an der subjektiven Vernunft auch deutliche Kritik an künstlichen Restaurationsversuchen, die sich auf Inhalte einer objektiven Vernunft glaubten berufen zu können. Ihre Anwälte - so schreibt er - „sind in Gefahr, hinter den industriellen und wissenschaftlichen Entwicklungen zurückzubleiben“. Be­ haupten sie doch einen Sinn, der sich als pure Illusion erweise - zu nichts mehr nütze, als „reaktionäre Ideologien zu schaf­ fen“ (Horkheimer 1985a, 162).93 Die Versuche, „vergangene Theorien der objektiven Vernunft wiederzubeleben, um der rasch zerfallenden Hierarchie allgemein akzeptierter Werte“ eine philosophische oder ideologische abgestützte Grundlage zu geben, waren für Horkheimer daher auch äußerst fragwür­ dig. Ihre Wiederbelebung sei durch und durch künstlich, und diene lediglich dem Zweck, eine Lücke auszufüllen (Horkhei­ mer 1985a, 66): „Zusammen mit pseudoreligiösen oder halb­ wissenschaftlichen Seelenkulturen, Spiritismus, Astrologie, billigen Sorten vergangener Philosophien wie Yoga, Buddhis­ mus oder Mystik und populären Bearbeitungen klassischer objektivistischer Philosophien werden mittelalterliche Ontologien zum modernen Gebrauch empfohlen. (.. .) Die Philo­ sophen des Absoluten werden als ein großartiges Instrument angeboten, uns vor dem Chaos zu retten.“ Und der National­ sozialismus, dessen „Regime (. . .) die Vorzeit in seine Ge­ walt“ nimmt, hebe „das Verschüttete an den Tag“, benenne und mobilisiere es nunmehr für „die großindustrielle Selbst-

92 Auch hier übersieht Horkheimer, daß der Utilitarismus durchaus eine Ethik vertritt, die die egozentrische und instrumentalistische Perspektive überschrei­ tet. Das Gebot der Nutzenmaximierung setzt nämlich - bei ihren bekanntesten Vertretern Bentham, Mill und Sidgwick - voraus, daß der Nutzen jedes einzel­ nen in gleicher Weise zu berücksichtigen ist. Hierzu: Köhler (1979, 54ff.).

93 Ähnlich äußert sich Horkheimer auch auf Seite 123: „(...) (W)ir sind zum Guten oder Schlechten die Erben der Aufklärung und des technischen Fort­ schritts. Sich ihnen zu widersetzen durch Regression auf primitive Stufen, mildert die permanente Krise nicht, die sie hervorgebracht haben. Im Gegenteil, solche Auswege führen von historisch vernünftigen zu äußerst barbarischen Formen gesellschaftlicher Herrschaft.“

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behauptung“. Aber so „eitel es ist, den mythischen Gehalt des Nationalsozialismus als bloßen Schwindel abzutun, so unwahr ist doch der nationalsozialistische Anspruch, ihn zu bewahren“ (Horkheimer 1987b, Vernunft und Selbsterhaltung [1942], 343-344). Diese kritischen Urteile über die Versuche, neue Mythen etwa einen „Mythus des 20. Jahrhunderts“ (Rosenberg 1933) - künstlich herzustellen, deuten an, daß es Horkheimer bei aller Klage über den Verlust metaphysischer Prinzipien nicht um eine Restauration objektiver Vernunft ging. Er hatte damit den Mißbrauch der Nationalsozialisten in dieser Hinsicht durchaus erkannt. Aber die gleichzeitige erbitterte ideologi­ sche Feindschaft der Nationalsozialisten und ihrer Philoso­ phen gegen die liberaldemokrati sehen Formen der Moderne, die sie als die „Endgestalt des abendländischen Universalismus“ (Böhm 1938, 41) begriffen und die sie bezeichnender­ weise mit der „Tyrannei der Verstandesschemen“ (Rosenberg 1933, 697), dem „formalen Verstand“, der ,,rationale[n] Zwecksetzung“ (Krieck 1933, 68) und der „Zweckrationalität“ (Forsthoff 1933, 11) gleichsetzten, hatte er jedoch - mit weitreichenden Folgen für seine Theoriebildung - unter­ schätzt.

3.3. Vernunftkritik und Antisemitismus Mit der 1944 vollendeten .Dialektik der Aufklärung' erreichte der seit Anfang der vierziger Jahre manifeste Theoriewandel der prominenten Kritischen Theorie seinen radikalsten und folgenreichsten Höhepunkt. Wollten Horkheimer und Adorno mit ihrer Kritik an der Aufklärung zunächst „einen positiven Begriff von ihr vorbereiten, der sie aus der Verstrickung in blinder Herrschaft löst“ (Horkheimer/Adorno 1986, 6), so ist die konstruktive Wende, die in der Vorrede angekündigt wur­

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de, bekanntlich ausgeblieben. Mit diesem Buch, das mit sei­ nem Zweifel an der historischen Entwicklung der Moderne und an der Selbstbegründungskraft der Aufklärung in den letzten Jahren in den Debatten um die Moderne ein erneutes, wenn auch unterschiedliches Interesse gefunden hat94, wurde nunmehr die bisherige Vernunftkritik, die sich ausschließlich am Theoriekonzept eines „Primats der Politik“ orientierte, mit dem nationalsozialistischen Antisemitismus erkenntnistheore­ tisch neu verknüpft. Hatte das anspruchsvolle Programm der dreißiger Jahre noch auf „Kritik oder Fortführung fachlicher Lehren“ gesetzt, so gab Horkheimer mit Adorno nun „jenes Vertrauen“ auf (Horkheimer/Adorno 1986, 1), weil die unge­ heuerliche Vemichtungspolitik der Nationalsozialisten ihnen „die Schwäche des gegenwärtigen theoretischen Verständnis­ ses offenbarfe]“ (Horkheimer/Adorno 1986, 6). In der .Vorre­ de' wird dann auch deutlich gemacht, daß die thesenhafte Erörterung des nationalsozialistischen Antisemitismus dem in ihren Augen allgemein gewordenen Phänomen einer „Rück­ kehr der aufgeklärten Zivilisation zur Barbarei“ gilt. Und weil der aufgeklärten Zivilisation die eigentümliche „instrumentel­ le Vernunft“ der Tendenz nach schon von Anfang an innewoh­ ne, werde mit dem Entwurf einer „philosophische^] Urge­ schichte des Antisemitismus“ das antisemitische Handeln der Nationalsozialisten als eine notwendige Konsequenz der die gesamte okzidentale Zivilisation beherrschenden Vernunft, zum zentralen Thema: „Sein ,Irrationalismus' (des Antisemi­ tismus, Μ. S.) wird aus dem Wesen der herrschenden Vernunft selber und der ihrem Bild entsprechenden Welt abgeleitet“ (Horkheimer/Adorno 1986, 6-7).

94 Vgl. die Beiträge, die während der Veranstaltung .Dialektik der Aufklärung: zwischen Moderne und Postmoderne* in Amsterdam im Dezember 1987 gehal­ ten wurden (in: Kunneman/De Vries 1989). Ferner: Welsch (1988b); bei den Historikern wird v. a. Bezug genommen bei: Herf (1987) und bei Diner (1987).

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Unter dem Titel ,Elemente des Antisemitismus* entwarfen Horkheimer und Adorno eine Antisemitismustheorie, die in sieben Thesen eine dezentralisierte Gliederung diverser Erklärungsfaktoren enthält und die, wie in der Vorrede angekündigt, 1949/1950 den ,Studies in Prejudice* beigefügt wurde. Zwar finden sich in den Elementen' auch noch ökonomische Be­ gründungen, die sich aus der theoretischen Verpflichtung ge­ genüber Marx herleiteten, wie sie für den Aufsatz ,Die Juden und Europa* charakteristisch waren. Aber die ökonomischen Thesen büßen in der,Dialektik der Aufklärung * ihren primären Erklärungswert zugunsten einer geschichtsphilosophischen Theorie immer mehr ein, in der nunmehr die Rekonstruktion menschlicher Naturbeherrschung als instrumenteller „Ratio­ nalismus der Weltbeherrschung“95 und der Totalitätsbegriff des „Nichtidentischen“ einen zentralen Platz einnehmen. Hat­ te Horkheimer in seinem Aufsatz noch dezidiert behauptet, ,,[w]er aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“ (Horkheimer 1939/1940, 115), so distanzierte er sich zusammen mit Adorno nun von den eindeutigen monokausalen ökonomischen Erklärungen, die den Antisemitismus allein als einen Aspekt der Krise des Kapitalismus aufgefaßt hatten. Daß eine Distanzierung von den monokausalen Erklärungen angebracht war, bewies die berechtigte Empörung, die Horkheimers Arbeit ,Die Juden und Europa* damals bei einem Teil der deutschen und jüdischen Emigranten hervorgerufen hat­ te96, in der er betonte, daß der Kampf gegen den Nationalso­

95 So Schluchter (1980, 7) der das Leitmotiv in Webers Arbeit darin sieht, die Besonderheit des okzidentalen Rationalismus als ein Rationalismus der Weltbeherrschung zu identifizieren und Erklärungen seiner Entwicklung zu geben. 96 Horkheimer hatte dann auch 1967 bei der Neuherausgabe des Textes, der diese Äußerungen enthielt, diesen als „besonders peinlich“ empfunden, weil er For­ mulierungen enthalte, die Mißverständnisse hervorrufen könnten. Dazu ferner: Reichmann (1974, 181 ff.).

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zialismus gar nicht mehr im Namen liberaler Werte geführt werden dürfe, da sie ja mit gleichsam naturgesetzlicher Not­ wendigkeit in die völkische Diktatur einmünden: „Heute ge­ gen den Faschismus auf die kapitalistische Denkart des 19. Jahrhunderts sich berufen, heißt an die Instanz zu appel­ lieren, durch die er gesiegt hat“ (Horkheimer 1939/1940,132). Angesichts der Verfolgung der Juden und gerichtet an die Verteidiger des Liberalismus schrieb er: „Wer (.. .) an einer beschränkten menschlichen Ordnung teil hat, darf sich nicht wundem, wenn er gelegentlich selbst unter die Beschränkun­ gen fällt.“ Die brutale Unterdrückung der Juden bestätige vielmehr, „daß die alte Humanität und Religion und die ganze liberalistische Ideologie keinen Wert mehr haben“ (Horkhei­ mer 1939/1940, 134). Besonders Gershom Schölern, der freundschaftlich mit Walter Benjamin verbunden war, hatte damals in einem Brief äußerst schroff seine Ablehnung solcher ideologischen Allgemeinplätze bekundet. Zu Recht, wie ich meine: „Das ist ein gänzlich nichtsnutziges Produkt, an dem irgend etwas Förderliches und Neues in geradezu erstaunlicher Weise nicht zu entdecken ist. Der Autor hat weder einen Begriff vom jüdischen Problem noch ein Interesse dafür. Es ist offenbar, daß es im Grunde für ihn überhaupt kein derartiges Problem gibt. Nur aus Konvenienz bequemt er sich dann, sich dazu auch mal so nebenbei zu äußern. Der Vergleich mit Marx* Aufsatz,Zur Judenfrage* von dem ja genau das gleiche gilt, liegt nicht nur nahe, sondern ich bin in aller Bescheidenheit der Meinung, daß der Autor diesen Aufsatz (der ihm offenbar sehr tiefgründig erscheint), mutatis mutandis noch einmal schreiben wollte.“ Daß mit dem dama­ ligen Festhalten an Marx* Beurteilung des Antisemitismus etwas Wesentliches vergessen wurde, nämlich etwas zur Lage der verfolgten europäischen Juden in Europa zu sagen, war daher auch der Hauptvorwurf Scholems: „obwohl das doch meines Erachtens ein wirkliches Problem ist: das Ausscheiden

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der Juden aus Europa, dessen Sinn und Bedeutung er aber weder sieht noch vermutlich sehen kann“ (in: Mayer 1980, 43). Scholems Kritik war insofern berechtigt, als Horkheimer und seine Mitarbeiter in den dreißiger Jahren mit ihrem Festhalten an der dominanten Version der marxistischen Beurteilung des Nationalsozialismus, die den Antisemitismus praktisch igno­ rierte oder ihn lediglich stillschweigend in die breite Rubrik des Klassenkampfes einreihte - weitgehend ein Verhaltensmu­ ster bestätigt hatten, das für viele marxistische und vernunft­ kritische Faschismustheorien gilt: Die Neigung nämlich, dem nationalsozialistischen Antisemitismus in seiner spezifischen Form als sozialdarwinistisch aufgeladene Rassenideologie wenig Bedeutung beizumessen und damit einhergehend die immerhin konsequente Weigerung, Hitler mit seiner hier be­ stimmenden Weltanschauung als politischen Faktor überhaupt wahrzunehmen. Für Horkheimer war auch am Ende des Krie­ ges immer noch klar: „Im Faschismus, so können wir sagen, hat sich die Krankheit dieser Zivilisation manifestiert; Hitler scheint eher Symptom als Ursache zu sein“ (Horkheimer 1985d, Programm einer intereuropäischen Akademie [1944/45], 197). Eine Änderung dieser Position hatte sich nun innerhalb der Kritischen Theorie zunächst 1939 abgezeichnet, als ein Entwurf für ein Antisemitismus-Projekt erarbeitet und 1943 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Studien, an de­ nen so unterschiedliche Institutsmitglieder wie Arkadij Gurland, Leo Löwenthal, Friedrich Pollock und Felix Weil mitgearbeitet hatten, blieben jedoch aufgrund methodolo­ gischer, publizistischer und inhaltlich-politischer Bedenken unveröffentlicht. - Zu erwähnen sind daher zunächst die Betrachtungen Franz Neumanns, bevor ich auf die ,Dialektik der Aufklärung' weiter eingehe. Dieser verließ in seiner Monographie .Behemoth' den beschränkten Ansatz der Kri­

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tischen Theorie insofern, als er dem nationalsozialisti­ schen Antisemitismus zwar die bisher größte Aufmerksam­ keit schenkte, ohne allerdings die spezifische Bedeutung der Rassentheorie für die nationalsozialistische Ideologie zu er­ kennen. Zumindest in diesem Punkte hatte auch Neumann sich geirrt und an ideologischen Überzeugungen und Wahmehmungsgrenzen festgehalten, die erst Jahre später eine gewisse Modifizierung erfuhren.97 In seiner Interpretation des nationalsozialistischen Antisemi­ tismus betonte Neumann in dem Kapitel ,Die Ideologie des Antisemitismus' drei Faktoren: „Erstens sind Rassismus und Antisemitismus ein Ersatz für den Klassenkampf. Die offiziell etablierte, den Klassenkampf verdrängende Volks­ gemeinschaft benötigt ein integrierendes Element. (. . .) Zweitens bietet der Antisemitismus eine Rechtfertigung für die Expansion nach Osten. Sowohl in Hitlers Auto­ biographie als auch im Programm der NSDAP wird die Befreiung aller Rassenbrüder vom Joch der Fremdherrschaft 97 So in seinem Aufsatz .Angst und Politik’ aus dem Jahre 1954 (32-33,41). Aus einem Gespräch („Das Schweigen zum Sprechen bringen. Ein Gespräch über Franz Neumann und die Entwicklung der Holocaust-Forschung“), das Söllner mit Hilberg (in: Diner 1988a, 175-200, hier: 178) führte-einem Schüler Franz Neumanns -, wird deutlich, wie sehr sich Neumann (selbst Jude) auch nach Ende des Krieges der wahren Bedeutung der an materiellen Sinnkategorien gemesse­ nen sinnlosen Vernichtung der europäischen Juden verschloß: „Als Neumann das zusammenfassende Kapitel (der Magisterarbeit ,The Role of the German Civil Service in the Destruction of Jews', 1950, Μ. S.) mit mir durchging, sagte er zunächst: .Das ist gut. das können wir so lassen’ - bis er zu dem Abschnitt über das Verhalten der Juden kam. Hier waren seine Worte, wenn ich mich recht erinnere: ,Das kann man nicht ertragen, das müssen Sie herausnehmen.’ Er gab keinen wissenschaftlichen Grund an, er sagte nicht: ,Es ist falsch', sondern nur: ,Das kann man nicht ertragen.'“ Diner (1991, 15-17) hat eindringlich gezeigt, wie die Judenräte, die die Nationalsozialisten ökonomisch zu antizipieren suchten, indem sie von einer gemeinhin universell gültigen und handlungslei­ tenden Rationalitätsannahme ausgingen, zu Opfern dieser ihren fatalen Ein­ schätzung wurden: „Sie schlossen von als rational angenommenen Mitteln auf einen ebenso rational angenommenen Zweck.“

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gefordert; das bedeutet Expansion nach Osten. (...) Drittens schließlich ist der Antisemitismus in Deutschland ein Aus­ druck der Ablehnung des Christentums und all dessen, wofür er steht“ (Neumann 1984, 163-165). Obschon Neumann damit auch politische und soziale Gründe sowie religiöse Ursachen für die Interpretation des national­ sozialistischen Antisemitismus erörterte, lag die Betonung aber immer noch vorwiegend auf ökonomischen Erklärungs­ mustern. War für ihn die Enteignung jüdischen Besitzes einerseits nur Methode, um „die antikapitalistischen Sehn­ süchte des deutschen Volkes zu stillen“, so dienten anderer­ seits die „antijüdischen Maßnahmen“ auch dazu, „die Volksmassen anzuspomen oder ihre Aufmerksamkeit von anderen sozioökonomischen und internationalen Vor­ gängen abzulenken“ (Neumann 1984, 158-159). Insofern lief diese Erklärung auch für Neumann auf das nur schein­ bare Paradox hinaus, daß zwar ein latenter Antisemitismus in Deutschland weit verbreitet, aber der „spontane Anti­ semitismus des Volkes selbst (...) in Deutschland nach wie vor schwach“ sei. Denn es sei bezeichnend, „daß es trotz der unaufhörlichen Propaganda, der das deutsche Volk seit vielen Jahren ausgesetzt ist, keine einzige nachweis­ bare spontane antijüdische Aktion von Personen, die nicht der NSDAP angehören, gegeben hat“ (Neumann 1984, 159). In der zweiten Auflage seines Buches, die allerdings zu einer Zeit erschien, als Neumann nicht mehr Mitglied des Instituts war, betonte er sodann, daß die „antisemi­ tische Ideologie und Praxis“ vor allem ein Mittel darstelle, um das für die Nationalsozialisten wesentliche Ziel, die „Zerstörung freiheitlicher Institutionen, Meinungen und Gruppen“ zu erreichen. Der nationalsozialistische Anti­ semitismus sei daher die Speerspitze eines allgemeinen Terrors gewesen, und die Rolle der Juden sei lediglich die, daß sie „wie Versuchstiere benutzt“ werden, „um die

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Methoden der Repression zu testen“ (Neumann 1984, 582).98 Wie Neumann 1942, so sahen auch Horkheimer und Adorno in der,Dialektik der Aufklärung' die Funktion der Verfolgung der europäischen Juden zunächst darin, daß die Juden lediglich als Sündenböcke für antikapitalistische Gefühle fungierten : In allerdings weitaus süffisanteren Erklärungen, die an Horkheimers Bemerkungen aus ,Die Juden und Europa' erinnern, waren die Juden „im Einklang mit ihrer patriarchalen Religion die Vertreter städtischer, bürgerlicher, schließlich industrieller Verhältnisse“. Indem sie „kapitalistische Existenzformen in die Lande“ trugen, zogen sie „den Haß derer auf sich, die unter jenen zu leiden hatten“. So war es dann auch nicht verwunder­ lich, daß sie den „abschließenden, partikularen Charakter des Kapitalismus (. ..) nun an sich selber“ erfuhren (Horkhei­ mer/Adorno 1986, 184). In den Vordergrund ihrer Betrachtung trat nun aber eine Be­ schreibung, die den Antisemitismus als integralen Bestandteil einer Spirale zunehmender „Verdinglichung der ganzen Na­ tur'“ schlechthin darstellte (Horkheimer/Adorno 1986, 249). Die „Elemente des Antisemitismus“ integrierten Horkheimer und Adorno darum in eine „umfassende philosophische Theo­ rie“ (Horkheimer 1985a, 14), in der - mit zentralen und miteinander verflochten Denkmotiven von Nietzsche, Freud und Weber - die Apotheose instrumenteller Vernunft in den Vordergrund gestellt wurde. Auf der Grundlage des psycho­ analytischen Motivs der Wiederkehr des Verdrängten trat der Nationalsozialismus nun als die extreme und fortgeschrittene Form technologischer Naturbeherrschung in Erscheinung.

98 Ähnlich auch Arendt ( 1986), die die Auffassung vertrat, daß die Verfolgung und Vernichtung der Juden nicht in eine Linie mit der Geschichte des „ewigen Antisemitismus“ zurückzuführen sei, sondern vielmehr auf die innere Notwen­ digkeit des Regimes, ein Feindbild zu entwickeln.

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Nach einer langen, durch Aufklärung verdrängten unterir­ dischen Geschichte strebte er - so Horkheimer und Adorno danach, „die Rebellion der unterdrückten Natur gegen die Herrschaft unmittelbar der Herrschaft nutzbar zu machen“ (Horkheimer/Adorno 1986, 31). Wie für Nietzsches Kritik an „sokratischer Aufklärung“99, so war auch für Horkheimer und Adorno die Thematik der rast­

99 Im Gegensatz zu der Meinung vieler Marxisten, die in Nietzsche „nichts anderes als den präfaschistischen Mörder der Vernunft“ (Pütz 1974, 175) sahen und die davon ausgingen, daß in dessen Philosophie sich lediglich die bewußte Verherr­ lichung eines heroischen „Irrationalismus“ (Lukács 1955, 24) vollziehe (die rühmliche Ausnahme ist auch hier wiederum Neumann [1984, 166ff.J, der zwischen Nietzsches Philosophie und der nationalsozialistischen Ideologie eine „unüberbrückbare Kluft“ feststellte und der eher die popularisierende Rezeption seiner Philosophie als denjenigen Faktor ansah, der das Aufkommen des Natio­ nalsozialismus begünstigte), attestierten Horkheimer und Adonto (1969, 50) ihm, daß gerade er „wie wenige seit Hegel die Dialektik der Aufklärung erkannt (...) (und) ihr zwiespältiges Verhältnis zur Herrschaft formuliert“ habe. Dazu bereits: Horkheimer (1988b, Bemerkungen zu Jaspers' Nietzsche [ 1937], 233234), im Gegensatz zu früheren Verurteilungen Nietzsches (siehe den Artikel von Rath: Zur Nietzsche-Rezeption Horkheimers und Adornos, in: Van Reijen/SchmidNoerr 1987,73ff.¡auch: Baars 1987). Die Verteidigung Nietzsches teilten Horkheimer und Adorno mit den Entnazifizierungsversuchen, die auch Bataille (1973, 419) und Deleuze (1962) vorgenommen hatten. Insbesondere Adorno (1961 und 1982) verteidigte Nietzsche vehement gegen Angriffe Lukács': „Am krassesten wohl manifestiere sich in dem Buch .Die Zerstörung der Vernunft' die von Lukács' eigener. Höchst undialektisch rechnete darin der approbierte Dialektiker alle irrationalistischen Strömungen der neueren Philo­ sophie in einem Aufwaschen der Reaktion und dem Faschismus zu, ohne sich dabei viel aufzuhalten, daß in diesen Strömungen, gegenüber dem akademi­ schen Idealismus, der Gedanke auch gegen eben jene Verdinglichung von Dasein und Denken sich sträubte, deren Kritik Lukács' eigene Sache war. Nietzsche und Freud wurden ihm schlicht zu Faschisten, und er brachte es über sich, im herablassenden Ton eines Wilhelminischen Provinzialschulrats von Nietzsches .nicht alltäglicher Bedeutung' zu reden“ (1961, 153). Horkheimers und Adornos Übereinstimmung mit Nietzsche wird an der Art von Kritik an Aufklärung deutlich, die sich, wie bei ihm, gegen die exzessive Verwirklichung angewandter Aufklärung richtet. Bereits in seiner frühen Schrift ,Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik' hatte Nietzsche (1978, 81) auf die Folgen eines sich verselbständigenden Bewußtseins des „theoretischen Menschen“

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losen „Selbstzerstörung der Aufklärung“ (Horkheimer/Ador­ no 1986, 3) ein konstitutiver Wesenszug der menschlichen Zivilisationsgeschichte. Hatte Kant den Aufklärungsprozeß noch optimistisch definiert als den „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“, des Unvermö­ gens, „sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen“ (Kant 1981, Beantwortung der Frage: Was ist Auf­ klärung ? [1783], 53) und trug für ihn die sich nicht in bloße Naturbeherrschung erschöpfende Vernunft noch notwendig zur Entwicklung und zum Fortschritt der Menschengattung bei, so markierte für die Autoren der Dialektik der Aufklärung die Kantische Definition nur den Beginn einer letzten unheil­ vollen Etappe der Aufklärung: „Die Philosophen der Aufklä­ rung griffen die Religion im Namen der Vernunft an: letzten Endes war das, was sie zur Strecke brachten, nicht die Kirche, sondern die Metaphysik und der objektive Begriff der Vernunft selbst, die Quelle der Macht ihrer eigenen Anstrengungen“ (Horkheimer 1985a, 27). Denn nicht nur die neuzeitliche Aufklärung, die im Namen der Vernunft die durch Religion und Tradition übergeordneten Strukturen und gesellschaft­ lichen Bindungen in Frage gestellt hatte, wurde als die Wiege des Unheils gesehen, sondern in einem sehr viel umfassende­ ren Sinn verkörperte Aufklärung nun den Prozeß menschlicher Selbsterhaltung durch immer fortschrittlichere Formen instru­ menteller Herrschaft über die Natur. Daß dieser Prozeß der Herrschaft bis in die griechische Antike zurückreicht, versu-

hingewiesen, das für ihn Ausdruck sokratischen Denkens war. Bei Sokrates, so Nietzsche, der mit seiner Philosophie die Aufklärung exemplarisch verkörpere, sei das logisch-rationale Moment einseitig ausgebildet gewesen. Mit ihm be­ gann dann auch das Zeitalter der Vernunft, in dem sich alle Leidenschaft in den Willen zur rationalen Durchgliederung und Beherrschung des Seienden verwan­ delt habe. Diesem Denken korrespondiere der durch die Jahrhunderte sich manifestierende lebendige Optimismus, die „Heiterkeit des theoretischen Men­ schen“.

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chen Horkheimer und Adorno am Mythos des Odysseus zu zeigen. Denn in seiner Geschichte offenbare sich paradigma­ tisch die dunkle Seite „der Urgeschichte der Subjektivität“ (Horkheimer/Adorno 1986, 62; vgl. zur Kritik: Baars 1987). Er verkörpere das „Urbild“ eines auf bloße Selbsterhaltung bestimmten „bürgerlichen Individuums“ (Horkheimer/Ador­ no 1986, 50). So wurde die Furcht des Selbst vor dem „Ande­ ren“ - wobei das Andere mit der Natur gleichzusetzen ist - im Verlauf der zivilisatorischen Entwicklung durch die Herr­ schaft überdas Andere überwunden. Weil dieses Andere aber kein schlechthin Fremdes, sondern auch das naturhafte Selbst ist, bedeute Herrschaft über Natur gleichsam Herrschaft des Menschen über sich selbst. Auch Odysseus, der sich von seinen Gefährten während der Vorüberfahrt an der Insel der betörend singenden Sirenen am Schiffsmast festbinden läßt, um dem in ihm erregten Trieb nicht nachgeben zu müssen, ist ein Opfer seiner rationalen Selbsterhaltung gegenüber der Natur. Er verkörpere damit das Selbst, das durch Selbst-Be­ herrschung immerzu sich bezwingt: „Eben diese Verleug­ nung, der Kem aller zivilisatorischen Rationalität, ist die Zelle der fortwuchemden mythischen Irrationalität: mit der Ver­ leugnung der Natur im Menschen wird nicht bloß das Telos des eigenen Lebens verwirrt und undurchsichtig. In dem Au­ genblick, in dem der Mensch das Bewußtsein seiner selbst als Natur sich abschneidet, werden alle die Zwecke, für die er sich am Leben erhält, der gesellschaftliche Fortschritt, die Steige­ rung aller materiellen und geistigen Kräfte, ja Bewußtsein

Mythos in dem Maße Aufklärung ist, als er die Bildung instrumenteller Vernunft ermöglicht, mündete schließlich in der bekannten These: „Schon der Mythos ist Aufklärung, und: Aufklärung schlägt in Mythologie zurück“ (Horkhei­ mer/Adorno 1986, 6). Die so verstandene Dialektik von My­ thos und Aufklärung ziele somit, als „die Projektion von Subjektivem auf die Natur“ (Horkheimer/Adorno 1986, 12), auf die Unterwerfung der Natur, um sie den Menschen dienlich zu machen : der menschliche Verstand, „der den Aberglauben besiegt, soll über die entzauberte Natur gebieten. (...) Das Wissen, das Macht ist, kennt keine Schranken, weder in der Versklavung der Kreatur noch in der Willfährigkeit gegen die Herren der Welt. (. . .) Technik ist das Wesen diesen Wissens. Es zielt nicht auf Begriffe und Bilder, nicht auf das Glück der Einsicht, sondern auf Methode, Ausnutzung der Arbeit ande­ rer, Kapital. (. . .) Was die Menschen von der Natur lernen wollen, ist, sie anzuwenden. um sie und die Menschen voll­ ends zu beherrschen. Nichts anderes gilt“ (Horkheimer/Ador­ no 1986. 10). Auf der Grundlage dieser Beschreibung konnten Horkheimer und Adorno nunmehr das universale Herrschaftsverhältnis so bestimmen, daß sich für sie das moderne Industriezeitalter bedingt durch die Perfektionierung technologischer Naturbeherrschung - zwangsläufig in eine totale politische Regression äußern mußte. Zwar wurde der Nationalsozialismus mit sei­ nem anerkannten „Primat der Politik“ gegenüber dem Kapi­ talismus nicht mehr einfach als dessen direktes Organ angese­ hen, doch mußten beide Autoren weiterhin daran festhalten,

selber, nichtig, und die Inthronisierung des Mittels als Zweck, die im späten Kapitalismus den Charakter des offenen Wahn­ sinns annimmt, ist schon in der Urgeschichte der Subjektivität wahrnehmbar“ (Hervorhebungen, Μ. S.; Horkheimer/Ador­

daß die Kontinuität im Verhältnis von Kapitalismus und Fa­ schismus sich zwar nicht „mehr auf der Grundlage histori­ scher Produktionsverhältnisse“, dagegen aber „auf der Gat­

no 1986, 61-62). Diese Bestimmung der Funktion des Herr­

tungsgeschichte

schaftsprinzips, die die Unterscheidung zwischen irrationalem

Mythos und rationaler Aufklärung relativiert, weil schon der

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als einer Geschichte fortschreitender Naturbeherrschung“ herstelle (Brandt 1983, 153). Die faschi­ stischen Machthaber waren somit nicht mehr nur allein die

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Vertreter einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung, sondern das zwangsläufige Produkt einer langen Entwicklungsreihe im Gesamtprozeß der Aufklärung, in dem mit der „Konzentration des Kommandos über die gesamte Produktion (...) die Ge­

sellschaft wieder auf die Stufe unmittelbarer Herrschaft“ zu­ rückgebracht wurde (Horkheimer/Adorno 1986, 241). Die Nationalsozialisten waren damit die „restlos Aufgeklärten“, die reinen Vertreter der instrumentellen Vernunft, die alles, auch die Restbestände des Glaubens, zum Instrument der totalen Beherrschung machten: „Die Paradoxie des Glaubens entartet schließlich zum Schwindel, zum Mythos des zwanzig­ sten Jahrhunderts und seine Irrationalität zur rationalen Veran­ staltung in der Hand der restlos Aufgeklärten, welche die Gesellschaft ohnehin zur Barbarei hinsteuern“ (Horkhei­

mer/Adorno 1986, 26). Horkheimers und Adornos Buch zeigt, welchen zweifelhaften „heuristischen Wert“ (Nauta 1986, 303) das dialektische Ver­ fahren als Metatheorie für die Rekonstruktion der Geschichte haben kann. Sie vermag einen bestimmtem Sachverhalt auf das äußerste zu raffen und in greller Deutlichkeit erscheinen lassen. Mitunter gelingen so überzeugende Analysen. Um jedoch das dialektische Schema einhalten zu können, sahen sich beide Autoren zu einer holistischen Vorgehensweise ge­

nötigt, worin sie die Vielfalt und den komplexen Charakter der okzidentalen Geschichte über das zulässige Maß hinaus ver­

engen oder - paradoxerweise entgegen ihren eigenen aus­ drücklichen Absichten - verallgemeinern mußten. Jede Faschismustheorie, auch eine philosophische, muß sich „zunächst der ihr zugrundeliegenden historischen Tatbestände vergewissern, um überhaupt verbindliche Aussagen über den Charakter des Faschismus machen zu können“ (Schieder

1968,440). Vor diesem Problem standen auch Horkheimer und Adorno, die unbekümmert um die empirische Resultate aus

dem eigenen Schulzusammenhang, jeder historischen Kontrol­

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le enthoben waren. Eine Theorie, die im Rahmen einer narra­ tiven Geschichtskonstruktion lediglich die instrumentelle Ver­ nunft als den wesentlichen Aspekt des Nationalsozialismus in den Mittelpunkt stellt, verliert den Blick für die konkreten historischen und sozialen Voraussetzungen. Diese sollte man sich allerdings vergegenwärtigen, wenn man verhindern will, daß mittels philosophischer Deutung das historische Ereignis dekonstruiert und damit gleichsam eingeebnet wird. Die Abstraktion, die sich im Begriff der instrumentellen Ver­ nunft erschöpfte und die Horkheimer und Adorno notwendi­ gerweise dazu veranlaßt hatte, den Nationalsozialismus als ein Gesellschaftssystem zu beschreiben, das ökonomisch und po­ litisch vermeintlich auf der Höhe moderner Rationalität steht, trieb sie innerhalb ihrer Geschichtsphilosophie darüber hinaus in den konzeptuellen Zwang, die in den vierziger Jahren entstandene Theoriebildung auch auf andere Gesellschaftssy­ steme auszuweiten. So kamen dann auch Horkheimer und Adorno mit ihren über­ steigerten Kontinuitätsannahmen zu der Überzeugung, daß mit einer militärischen Niederlage des Nationalsozialismus keineswegs der Weg zu einer humaneren Gesellschaft be­ schritten wäre. Denn die militärische Überwindung des natio­ nalsozialistischen Deutschland durch überwiegend kapitali­ stische Staaten konnte ja noch keineswegs das Ende einer gesellschaftlichen Entwicklung herbeiführen, die doch den Siegeszug der instrumentellen Vernunft eingeleitet hatte. Die Substanz einer besseren Gesellschaft wurde somit in ihren Augen nicht nur durch den Faschismus, sondern durch die Entwicklung der bürgerlichen Welt überhaupt zerstört: Die Kulturindustrie, die die Menschen in einem „Zirkel von Ma­ nipulation und rückwirkendem Bedürfnis“ (Horkhei­ mer/Adorno 1986, 129) in ihrer Unmündigkeit bestärke, be­ sorge das nicht weniger gründlich als die Goebbelssche

Propaganda, nur käme ebenjene auch ohne offene Gewalt aus :

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„In Deutschland hat der Faschismus gesiegt unter kraß xeno­ phober, kulturfeindlicher, kollektivistischer Ideologie. Jetzt, da er die Erde verwüstet, müssen die Völker gegen ihn kämp­ fen, es bleibt kein Ausweg. Aber wenn alles vorüber ist, braucht keine freiheitliche Besinnung über Europa sich auszu­ breiten, seine Nationen können so xenophob, kulturfeindlich und peudokollektivistisch werden, wie der Faschismus war, gegen den sie sich wehren mußten. Auch seine Niederlage bricht nicht notwendig die Bewegung der Lawine“ (Horkhei­ mer/Adomo 1986, 232). Wenig Trost schöpften Horkheimer und Adomo daher auch aus der Niederlage des Dritten Reiches, die das Ende der Vernichtung der Juden in Europa bedeutete. Schon 1939 hatte Horkheimer die Hoffnung der Juden, die sich an den Zweiten Weltkrieg heftete, als armselig bezeichnet, weil „Heere von Arbeitslosen und Kleinbürgern (...) Hitler auf der ganzen Erde (!) um des Antisemitismus willen (lieben), und der Kem der herrschenden Klasse (...) in solcher Liebe mit ihnen zusammen(stimmt)“ (Horkheimer 1939/1940. 132— 134). Denn da der Inhalt der nationalsozialistischen Propa­ ganda, ja ihre antisemitische Aktion selbst, der Tendenz nach, nur ein Element einer ihr zugrundeliegenden allge­ meinen „Ticketmentalität“ darstelle - der nationalsozialisti­ sche Antisemitismus also nicht mehr sei als ein „Posten im auswechselbaren Ticket“ -, sei „die Hoffnung auf sein Ende“ vollkommen unbegründet (Horkheimer/Adomo 1986, 216). Diese Ticketmentalität habe ihre Ursache dann auch in jener paranoid-falschen Projektion, die der Natur­ beherrschung durch instrumentelle Vernunft immanent innewohne: „Nicht erst das antisemitische Ticket ist anti­ semitisch, sondern die Ticketmentalität überhaupt. Jene Wut auf die Differenz, die ihr teleologisch innewohnt, steht als Ressentiment der beherrschten Subjekte der Naturbeherrschung auf dem Sprung gegen die natürliche Minderheit, auch

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wo sie fürs erste die soziale bedrohen“ (Horkheimer/Adomo 1986, 217). Die philosophische Antisemitismustheorie Horkheimers und Adornos wurde somit ausschließlich aus der universalge­ schichtlichen Rekonstruktion menschlicher Naturbeherrschung entwickelt. Zwar spielte der Begriff des „Nichtidenti­ schen“ dabei eine zentrale Rolle, er verkörperte im wesentlichen die verfolgten Juden; das Erklärungsmodell für die Verfolgung und Vernichtung der Juden baute aber wie ihre gesamte dialektische Theorie in besonderem Maße auf ab­ strakte, zivilisationskritische Allgemeinbegriffe auf, die die wesentlichen Unterschiede einebneten. Zum gängigen gesell­ schaftlichen Vorurteil und zur bloßen Technik instrumenteller Vernunft reduziert, die jede Herrschaft sich zum Zwecke der Selbsterhaltung bediene, erschien die nationalsozialistische Massenvemichtung letztendlich als gängige Praxis bürgerli­ cher Gesellschaften.100 Denn die Kulturindustrie folge dem­ selben Prinzip wie die Ausgrenzung des Nichtidentischen im Antisemitismus. Ihre philosophische Antisemitismustheorie war damit von derselben Krankheit gezeichnet, zu deren Dia­ gnose Adornos Philosophie des „Nichtidentischen“ beitragen sollte. An die Stelle einer kritischen Erkenntnis des gesell­ schaftlichen Besonderen trat ein zivilisationskritisches Allge­ meines. Indem entscheidende Unterschiede eingeebnet wur­ den, um dem nationalsozialistischen Antisemitismus eine über den Gegenstand hinausweisende zivilisationskritische Bedeu-

luü Die gemeinsam von Horkheimer und Samuel H. Flowerman herausgegebenen und vom American Jewish Comittee finanzierten fünfbändigen Studies in Prejudice, insbesondere Adornos „Studien zum autoritären Charakter“ - in denen übrigens nicht die Bevölkerung des nationalsozialistischen Deutschland oder des faschistischen Italien untersucht wurde (bzw. werden konnte), sondern Teile der Bevölkerung der Vereinigten Staaten - fallen dagegen in ihren gesellschaftskritischen Schlußfolgerungen entschieden moderater aus. Dazu ausführlich: Baars (1987) und Sahmel (1988).

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KAPITEL IV

tung zukommen zu lassen, geriet auch hier der Totalitätsan­ spruch ihres Erklärungsmodells gewissermaßen in Wider­ spruch zu ihrer eigenen erkenntnistheoretischen Vorausset­

zung: Sich nämlich von der reflektierten Erfahrung der

komplexen Wirklichkeit leiten zu lassen, die mit der Kritik des identifizierenden Begriffs zusammenfällt (Schmid Noerr 1989,81).

„Zweckrationalität“ und „Instrumentelle Vernunft“ im Zusammenhang mit der Vernichtung der Europäischen Juden

„Die einzig wahrhafte Kraft gegen das Prin­ zip von Auschwitz wäre Autonomie, wenn ich den Kantischen Ausdruck verwenden darf; die Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestim­ mung (...).“ Theodor W. Adorno101

4.1. Webers Handlungs- und Rationalitätstypen Webers Ansätze zu einer Theorie der Rationalität verstehen sich als eine soziologische Theorie, die einerseits ihre Grund­ lage in der Typologie des Handelns hat, andererseits sich aber auch auf spezifische Struktureigentümlichkeiten von Herr­ schaftsstrukturen bezieht, die nur im Zusammenhang mit dem okzidentalen Rationalisierungsprozeß klare Konturen gewon­ nen haben. Durch Bezugnahme auf eine universal angewendete Regel in den Bereichen der Wirtschaft, des Rechts und der bürokratischen Herrschaft (Kalberg 1981,18), ist damit aber immer schon - ohne daß sich Weber darüber klar war „ein Systemzusammenhang thematisiert, der jenseits des Ho-

101 Adorno (1969d, 90).

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rizonts der einzelnen Handelnden (...)“ liegt (Bader u. a. 1976, 245). Gemeint ist in diesem Zusammenhang die „for­ male Rationalität“, wie sie in der Rechtssoziologie, Herr­

schaftssoziologie und Religionssoziologie zugrunde gelegt ist (u.a. in: Weber 1985, 44-45, 60, 94, 108, 128, 139, 468, 505ff„ 561 ff. u. in: 1973b, 473-474). Die Beziehung von formaler Rationalität zur Handlungstypo­ logie stellt sich nun in der Weise her, als jener Begriff, der sich in „Berechenbarkeit“, „Rechenhaftigkeit“ und Systematisie­ rung ausdrückt, die strukturellen Bedingungen für eine maxi­ male Ausbreitung subjektiver Zweckrationalität bezeichnet.

Dies hat Weber u. a. am Beispiel der formalen Rationalisie­ rung des Rechts erläutert: „Denn indem der spezifische Rechtsformalismus den Rechtsapparat wie eine technisch ra­ tionale Maschine funktionieren läßt, gewährt er dem einzelnen Rechtsinteressenten das relative Maximum an Spielraum für seine Bewegungsfreiheit und insbesondere für die rationale Berechnung der rechtlichen Folgen und Chancen seines Zweckhandelns“ (Weber 1985, 469). Andererseits stellt sich aber auch formale Rationalität im wirtschaftlichen Bereich als Konsequenz zweckrationalen Handelns ein: „Indem (die Marktteilnehmer, Μ. S.) derart, je strenger zweckrational sie handeln, desto ähnlicher auf gegebene Situationen reagieren, entstehen Gleichartigkeiten, Regelmäßigkeiten und Kontinui­ täten der Einstellung und des Handelns, welche sehr oft stabi­ ler sind, als wenn Handeln sich an Normen und Pflichten

orientiert (...)“ (Weber 1985, 15). Diese spezifische Struktur formaler Rationalität bedeute aber keineswegs ein Verschwinden der Handlungsorientierungen,

Die Webersche Handlungstypologie hingegen bezieht sich zu­ nächst einmal auf universelle menschliche Handlungsmög­ lichkeiten. Abhängig von gesellschaftlichen, kulturellen und historischen Bedingungen nimmt diese Handlungstypologie allerdings spezifische Formen an. Die Handlungstypologie ist auf vier verschiedenen Handlungsorientierungen aufgebaut. Dabei wird die Frage nach dem rationalen Gehalt von Hand­ lungen bei Weber „mit Hilfe der Gesichtspunkte Mittel, Zweck, Werte und Folge“ (Schluchter 1979a, 191) beantwor­ tet. Ein Handeln ist demnach „um so rationaler, je mehr der unterschiedenen Handlungsaspekte es kontrolliert. Je mehr Aspekte es kontrolliert, desto größer sind zugleich seine Frei­ heitsgrade. Denn im Übergang vom Mittel zum Zweck werden die Mittel, im Übergang vom Zweck zum Wert die Zwecke, im Übergang vom Wert zur Folge aber die Werte selber zur Disposition gestellt“ (Schluchter 1979a, 193). Wir werden im folgenden sehen, daß darum dem affektuellen und traditionel­ len Handeln, einzelnen Elementen des zweckrationalen, aber auch dem spezifisch wertrationalen Handeln, zumindest vom „Standpunkt der Zweckrationalität aus“ (Weber 1985,13), die Rationalität aus unterschiedlichen Gründen abgesprochen werden muß. Webers Paradigma der Rationalität und der möglichen Ratio­ nalisierung von Handeln beruht auf dem Begriff der „Zweck­ rationalität“. Alle anderen Typen des Handelns verstehen sich als schrittweise Verengung oder Abweichung vom zweckra­ tionalen Handeln. Dieses nun liegt idealtypisch dann vor, wenn es „nach Zweck, Mittel und Nebenfolgen orientiert und

konzipiert sind. Ebensowenig seien die Gefahren gebannt, daß

dabei sowohl die Mittel gegen die Zwecke, wie die Zwecke gegen die Nebenfolgen, wie endlich auch die verschiedenen möglichen Zwecke gegeneinander rational“ abgewogen wer­

die Struktureigenschaften formaler Rationalität von bestimm­

den, „also : jedenfalls weder affektuell (und insbesondere nicht

ten ,,Tendenz[en] zur materialen Rationalität“ überlagert wer­

emotional), noch traditional“ gehandelt wird. Die Entschei­

den könnten (Weber 1985, 130).

dung zwischen konkurrierenden Zwecken und Folgen kann

die durch die drei anderen Idealtypen Webers modellhaft

HO

111

dabei ihrerseits wertrational orientiert sein (...).“ Wie über­ haupt die wertrationale Orientierung des Handelns „zur zweckrationalen in verschiedenartigen Beziehungen stehen“ kann (Weber 1985, 13). Beim wertrationalen Handeln werden dagegen die möglichen Zwecke und Werte nicht mehr rational gegeneinander abge­ wogen. Die „Wertrationalität“ stellt darum nur die zweithöch­ ste Stufe der Rationalisierung dar.102 Sie liegt dann vor, wenn jemand zwar bewußt, aber „ohne Rücksicht auf die vorauszu­ sehenden Folgen handelt im Dienst seiner Überzeugung von dem, was Pflicht, Würde, Schönheit, religiöse Weisung, Pietät, oder die Wichtigkeit einer Sache gleichviel welcher Art ihm zu gebieten scheinen. Stets ist (im Sinn unserer Terminologie) wertrationales Handeln ein Handeln nach Geboten oder gemäß Forderungen, die der Handelnde an sich gestellt glaubt“ (We­ ber 1985, 12). So ist auch für Weber vom Standpunkt der Zweckrationalität aus Wertrationalität immer irrational, „und zwar je mehr sie den Wert, an dem das Handeln orientiert wird,

102 Es genügt Weber also nicht nur „das Vorkommen einer Zweck-Mittel-Abwägung, um Zweckrationalität zu diagnostizieren“, wie der ansonsten scharf­ sinnige Döbert (1989, 217) behauptet. Im Verhältnis von Zweck- und Wertra­ tionalität ist nämlich durchaus von einem Rationalitätsgefälle auszugehen, da der reflexive Charakter des zweckrationalen Handelns, der sich nicht nur auf die Zwecke und Werte, sondern auch auf die Mittel und Nebenfolgen erstreckt, beim wertrationalen Handeln wegfällt. Bestrebungen, wie die von Apel (1979; 1984, 25) und Dorschel (1990, 222), um den Weberschen Begriff von Zweck­ rationalität mißverständlich in „Mittei-Zweck-Rationalität" oder gar in „Mittelrationalität“ umzubenennen, treffen dann auch nicht die Intentionen Webers. - Auch Hesse (1992, 74-75) argumentiert mit ihrer voreiligen Attacke gegen alle „übereifrige Advokaten des Projekts der Aufklärung“, denen sie - wie u. a. Habermas - vorwirft, „Texte (...) (nicht) zureichend zur Kenntnis genom­ men zu“ haben, selbst völlig an Webers Text vorbei: „Die etwas irreführende Verwendung des Terminus .Zweckrationalität'/wr eine reduzierte Rationalität der Mittelwahl geht denn auch nicht zufällig auf Max Weber zurück, in dem Horkheimer einen typischen Vertreter eines verkürzten Rationalitätsbegriffs sieht (Hervorhebung, Μ. S.)."

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zum absoluten Wert steigert (...), (und) weil sie ja um so weniger auf die Folgen des Handelns reflektiert, je unbeding­ ter allein dessen Eigenwert (reine Gesinnung, Schönheit, ab­ solute Güte, absolute Pflichtmäßigkeit) für sie in Betracht kommt“ (Weber 1985, 13). Affektuelle Orientierung des Handelns, als dritter Handlungs­ typ, hat zunächst mit dem wertrationalen Handeln gemeinsam, „daß für sie der Sinn des Handelns nicht in dem jenseits seiner liegenden Erfolg, sondern in dem bestimmt gearteten Handeln als solchen liegt“ (Weber 1985, 12). An der Grenze zu be­ wußtem Handeln103 unterscheidet sich affektuelles Handeln vom wertrationalen Handeln aber insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen kann es „hemmungs­ loses Reagieren auf einen außeralltäglichen Reiz sein“. Der Wert und die Folgen des Handelns sind dabei nicht mehr Gegenstand rationaler Kontrolle, so daß das Zweck-MittelVerhältnis als ein durch Affekte verursachtes Handeln be­ stimmt ist, bei dem der Handelnde „sein Bedürfnis nach aktueller Rache, aktuellem Genuß, aktueller Hingabe, aktuel­ ler kontemplativer Seligkeit oder nach Abreaktion aktueller Affekte (gleichviel wie massiver oder sublimer Art) befrie­ digt“ (Weber 1985, 12). Hier liegt auch der entscheidende Unterschied zum wertratio­ nalen Handeln, das in Abgrenzung zum affektuellen Handeln durch „konsequente planvolle Orientierung“ (Weber 1985, 12) charakterisiert ist. Das bedeutet, daß im Unterschied zum affektuellen Handeln immerhin „die möglichen Folgen, die dieses rein prinzipiengeleitete Handeln gegebenenfalls mit sich bringt, prinzipiell bewußt (Hervorhebung, Μ. S.) sein

103 "Eine Sublimierung ist es, wenn das affektuell bedingte Handeln als bewußte Entladung der Gefühlslage auftritt: es befindet sich dann meist (nicht immer) schon auf dem Wege zur .Wertrationalisierung* oder zum Zweckhandeln oder zu beiden“ (Weber 1985, 12).

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müssen“. Allerdings läßt sich der wertrational Handelnde von dem Hinweis auf die Folgen, die sein Handeln für ihn haben können, nicht beeindrucken. Es spielt dann auch keine Rolle,

,,[o]b die Folgen richtig oder unrichtig eingeschätzt werden, (...) entscheidend ist die Voraussetzung der prinzipiellen Be-

wußtseinsfähigkeit von Folgen überhaupt“ (Thyen 1989, 56). An vierter und letzter Stelle seiner Handlungstypologie steht

für Weber das „traditionelle Handeln“, das im Sinne der rational reflektierten Elemente des Handlungsrahmens nur noch nach Mitteln ausgerichtet ist. Es ist nicht mehr an Zwecken, Werten und (Neben-) Folgen, sondern nur noch motivlos „durch eingelebte Gewohnheit“ orientiert (Weber 1985, 12). Bei der Aufstellung seiner Handlungstypologie hat Weber allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, daß innerhalb seines Programms einer an der historischen Erfahrung orien­ tierten idealtypischen Begriffsbildung diese Klassifikation nicht als erschöpfend anzusehen ist. Zudem können konkrete Handlungen selten rein einem Typus begrifflich zugeordnet werden. Immer werden in konkreten Handlungen mehrere Grundtypen, allerdings in unterschiedlicher Gewichtung ver­ treten sein. Handlungen und Handlungszusammenhänge kom­ men also real meistens als Mischform von Handlungstypen

vor (Weber 1985, 13). Gleichwohl schien für Weber die Tendenz des okziden-

talen Rationalisierungsprozesses darin zu liegen, daß die zweckrationale Orientierung sich in allen Bereichen der Kultur und des sozialen Lebens immer stärker durchsetze, während

die traditionellen Weltbildvoraussetzungen sich insofern auf­ lösten, als die wertrationale Orientierung immer mehr zu einer

Sache der subjektiven Entscheidung des Einzelnen wurde. Diesen Prozeß nannte Weber „Entzauberung der Welt“, die mit

dem okzidentalen „Rationalisierungsprozeß“ notwendiger­

weise verbunden ist.

114

Ähnlich nun wie Weber sahen auch Horkheimer und Adorno aus ihrer Perspektive einer unwiderruflich obsoleten Idee objektiver Vernunft die Verselbständigung des subjek­ tiven Vernunftbegriffs als eine wichtige Konsequenz der Entzauberung im okzidentalen Zivilisationsprozeß. Der diagnostizierte Umschlag von Aufklärung in erneute Mythologie, der sich durchaus als Reprise der Weber­ sehen These von der Wiederkehr der „alten vielen Götter“ (Weber 1973b, Wissenschaft als Beruf, 605) lesen läßt, wurde allerdings zu einem hermetischen dialektischen Grund­ muster, das nur noch den irreversiblen Zerstörungsprozeß der Vernunft herausstellen konnte. Es diente nicht mehr einer - wie noch bei Weber - differenzierten Rekonstruk­ tion des Prozesses abendländischer Rationalisierung, der, indem er die Ausdifferenzierung kognitiver Wertsphären betonte, damit gleichsam einer breiteren Handlungstheorie noch Raum ließ. Für meine systematische Auseinandersetzung mit dem Rationalitätsbegriff, der den vemunftkritischen Faschismustheorien von Horkheimer und Adorno und ihrer geschichtsphilosophischen Rekonstruktion des Prozesses abendländischer Rationalisierung zugrunde liegt, ist nun im folgenden nicht Webers gesamte Handlungstypologie und Rationalisierungstheorie von Interesse, sondern im wesentlichen nur die beiden handlungsleitenden Orien­ tierungen, die Weber explizit als rationale bestimmt hat: zweckrational und wertrational orientiertes Handeln. Entsprechend sind die folgenden Ausführungen in diesem Kapitel auf diese beiden Rationalitätsbegriffe beschränkt, obwohl dem affektuellen und traditionellen Handeln als Erklärungsmodell für die Handlungsweise der National­

sozialisten durchaus eine konstitutive Bedeutung zu­ kommt, insbesondere dann, wenn reiner „Haß“ oder Pflichterfüllung als Selbstzweck „die treibende Kraft

115

4.2. „Instrumentelle Vernunft“ und „Zweckrationalität“ war“.104 Legitim scheint mir die Beschränkung auf diese Rationalitätsbegriffe aber insofern, als ich beide vornehmlich unter dem Aspekt einer bei Horkheimer und Adorno systema­ tisch angelegten Reduktion von Zweckrationalität auf instru­ mentelle Vernunft betrachten möchte. Mit der Auseinanderset­ zung soll im Hinblick auf die Vernichtung der Juden gezeigt werden, daß schon eine beschränkte Ausdifferenzierung von Rationalitätsbegriffen es erlaubt, die These einer alles umfas­ senden Herrschaft der ,Zweckrationalität4, die der globalen Vemunftkritik zugrunde liegt, zu widerlegen. Dabei sind die folgenden Ausführungen in drei Teile unterteilt. Zunächst werden die Folgen analysiert, die sich aus der Gleichsetzung des Begriffs der „instrumentellen Vernunft“ mit Webers Be­ griff der Zweckrationalität ergeben. Der anschließende Teil befaßt sich skizzenhaft mit den Interpretationen der gegenwär­ tigen historischen Forschung zum Thema der nationalsoziali­ stischen Massenvemichtung. Auf der Grundlage dieser Inter­ pretationen kann dann zusammenfassend die begriffliche Gleichsetzung Horkheimers und Adornos kritisiert und ihre These, daß eine auf ökonomische Selbsterhaltung zurechtge­ stutzte ,Zweckrationalität* notwendig zu totalitären Gesell­ schaften oder gar zum Genozid führen muß, auf ihren Gehalt geprüft werden.

104 Daß reiner Haß bei einigen nationalsozialistischen Führungskräften durchaus die treibende Kraft war und die antisemitische Theorie nur die äußere Ausdrucksform, belegt Friedländer (1992, 37) an mehren Zitaten. Hier sei nur die frühe Äußerung des jungen Goebbels wiedergegeben, der am 2. Juli 1924 in sein Tagebuch schrieb: „Wenn ich in Deutschland zu sagen hätte, dann würden Sie (Maximilian Harden) heute noch im Verein mit Herrn Warburg, Herrn Louis Hagen, Herrn Nathan und etlichen anderen gelben Lümmeln im Viehwagen über irgendeine Grenze geschoben."

116

Horkheimers und Adornos Begriff von Rationalität beruht seit Horkheimers Abhandlung über ,Die Juden und Europa* auf einer für die Einschätzung und Beurteilung der Moderne folgenreichen Reduktion des Weberschen Begriffs von Zweckrationalität auf instrumentelle Vernunft, bzw. auf deren begrifflicher Verschmelzung.105 Gegen diese Verschmelzung muß man mit Weber starke Einwände geltend machen. Anke Thyen hat in einer kürzlich erschienenen Studie eindrucksvoll dargelegt, daß diese fehlende begriffliche Abgrenzung und die undifferenzierte Kritik ihre Wurzeln in einer bestimmten theo­ retischen Problemstellung hat, die den Prozeß der Verkürzung des Vemunftbegriffs schon in der griechischen Antike einseitig ansetzt und in der sich die Vemunftkritik von Horkheimer und Adorno dann in der Folge konzeptuell verstrickt (Thyen 1989). Instrumentelle oder subjektive Vernunft, so vergewissern wir uns noch einmal, habe „es wesentlich“, so Horkheimer 1947, „mit Mitteln und Zwecken zu tun, mit der Angemessenheit von Verfahrensweisen an Ziele (...). Befaßt sie sich überhaupt mit Zwecken, dann hält sie es für ausgemacht, daß auch sie vernünftig im subjektiven Sinne sind, d. h„ daß sie dem Interesse des Subjekts im Hinblick auf seine Selbsterhaltung dienen - sei es die des einzelnen Individuums oder die der Gemeinschaft, von deren Fortbestand der des Individuums abhängt“. Daß subjektive Vernunft außer über den unter einem rein instrumentellen Gesichtspunkt betrachteten Wert der „Selbsterhaltung“ auch auf andere Weise wertrational be­ stimmt sein könnte, schließt Horkheimer dabei aus. Denn der „Gedanke, daß ein Ziel um seiner selbst Willen vernünftig sein

105 Siehe zur Gleichsetzung bei anderen Autoren: Anm. 18.

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kann - auf Grund von Vorzügen, von denen Einsicht zeigt, daß das Ziel sie enthält -, ohne auf irgendeine Art subjektiven Gewinnes oder Vorteils sich zu beziehen, ist der subjekti­ ven Vernunft zutiefst fremd, selbst wo sie sich über die Rück­ sicht auf unmittelbar nützliche Werte erhebt und sich Re­ flexionen über die Gesellschaftsordnung, betrachtet als ein Ganzes, widmet“ (Hervorhebungen, Μ. S.; Horkheimer 1985a, 15). Einige Seiten weiter schreibt Horkheimer: „Wenn die Ver­ nunft für außerstande erklärt wird, die obersten Zwecke des Lebens zu bestimmen, und sich damit begnügen muß, alles dem sie begegnet, auf ein bloßes Werkzeug zu reduzieren, ist ihr einziges verbleibendes Ziel die bloße Perpetuierung ihrer gleichschaltenden Tätigkeit. (...) Solcher Verzicht bringt hin­ sichtlich der Mittel Rationalität und hinsichtlich des mensch­ lichen Daseins Irrationalität hervor“ (Horkheimer 1985a, 93-94). Diese weitere programmatische Beschreibung von neuzeitlicher subjektiver Vernunft als instrumentelle Vernunft zeigt einerseits deutlich die Inkonsistenzen des Horkheimerschen Vemunftbegriffs, denn nun ist nicht mehr von „vernünf­ tiger Selbsterhaltung“ die Rede, sondern von einem Zweck, der sich in einer gleichschaltenden Tätigkeit der Mittel er­ schöpft. Andererseits aber lassen die Horkheimerschen Defi­ nitionen auch deutlich werden, worin die wesentlichen Unter­ schiede im Hinblick auf den Weberschen Begriff der Zweckrationalität liegen. So zeigt Horkheimers Umschrei­ bung zunächst einmal, wie die zum Selbstzweck gewordene Mittelrationalität mit Zwecksetzungen überhaupt identifiziert wird: Ist zum einen die Zwecksetzung der Selbsterhaltung im Sinne von Horkheimers instrumenteller Vernunft gar nicht möglich, „wenn der Zweck auf die verabsolutierte Rationalität der Mittel reduziert wird“ (Thyen 1989, 230) - weil jenseits der Eigendynamik der Mittel der Zweck nicht mehr reflektiert werden kann -, so ist es dann andererseits auch nicht gerecht­

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fertigt, den einzigen Zweck, den man dem Menschen nicht „beraubt“ hat, nämlich den der Selbsterhaltung, mit Zweck­ setzung überhaupt zu identifizieren (Horkheimer 1985a, 101). Die Reduktion von Zwecken auf Mittel zieht mithin die Kon­ sequenz nach sich, daß im Hinblick auf die Horkheimersche Rede von instrumenteller Vernunft, die mit dem Zweck der Selbsterhaltung begrifflich verbunden ist, nur von einer reinen Mittelrationalität gesprochen werden kann. Instrumentelle Vernunft hieße also: „verabsolutierte Rationalität der Mittel, und zwar in dem Sinne, daß nicht die Zweck-Mittel-Relation symmetrisch rational bedacht würde, sondern lediglich der Werkzeugcharakter, d. h. der den Gegenständen eigene Zug, Mittel sein zu können, nicht mehr Mittel für (ein rational zweckhaft entworfenes Dasein), sondern Mittel ontologisch, d. h. Mittel mit einem eigenen Charakter, demgegenüber das Dasein als irrational erscheint, weil nicht mehr unter diesem Aspekt diskutierbar“ (Hubig 1981, 165-166). In einem Weber folgenden Verständnis von Zweckrationalität ist diese Mittelrationalität aber nur „ein Segment aus dem Bereich der Zweckrationalität“. In diesem Sinne spricht Chri­ stoph Hubig auch völlig zu Recht von lediglich ,,reduzierte[r] Zweckrationalität“ (Hubig 1981, 166), weil nämlich nur ein Aspekt der Zweckrationalität, die Mittelsuche, verabsolutiert wird. Ferner ist - wie Anke Thyen gezeigt hat - beim zweck­ rationalen Handeln „die Reduktion des Zwecks Selbsterhal­ tung (. ..) als reine Instrumentalität des Handelns“ schlechthin unmöglich, „weil neben der rationalen Wahl der Mittel“, d. h. ihrer Folgenabwägung, „auch die spezifische Sinnhaftigkeit, das Wie der Selbsterhaltung“ (Thyen 1989, 23O)106, also: die

106 Parsons (1981, 84) hatte bereits darauf hingewiesen, daß es problematisch sei, davon auszugehen, daß „beide Typen des (zweckrationalen und wertrationalen, Μ. S.) Handelns einfach völlig unvereinbare Gegensätze sind“. Man müsse vielmehr vermuten, daß „es komplexere, netzwerkartige Beziehungen zwi-

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rationale Abwägung der Zwecksetzung selbst, im Sinne wert­ rationaler Orientierung (Weber 1985,13)107, in der handlungs­ leitenden Motivation enthalten sein muß. Zweckrationales Handeln reflektiert also durchaus Werte, und darüber hinaus auch die Mittel und Nebenwirkungen108 zu ihrer Durchset­ zung, ist ihnen also nicht bloß unterworfen. Denn nicht nur die Tauglichkeit und Effektivität der gegebenen Handlungsalternativen als Mittel für einen Zweck, der den Anlaß für eine Handlungsplanung bildet, wird berücksichtigt. Bei der Wahl einer Alternative werden vielmehr auch die Gesamtheit der Zwecke und Ziele eines Akteurs und seine Präferenzen und Werthaltungen einbezogen. Zweckrationales Handeln muß sich mithin gerade nicht „blinden Gefühlseinstellungen und Dezisionen“ überlassen, wie dies unermüdlich von den ver­ schiedensten Seiten immer wieder hervorgehoben wird.109 *Es110

sehen ihnen gibt“. Weber (1985, 13) hatte ja auch eindeutig klargemacht, daß die „wertrationale Orientierung des Handelns (. . .) zur zweckrationalen in verschiedenen Beziehungen stehen“ kann. Zu der ansonsten gängigen und fragwürdigen Trennung von Zweck- und Wertrationalität neuerdings wieder unkritisch : Van der Loo/Van Reijen ( 1990, 129). 107 Es handelt sich also beim zweckrationalen Handeln nicht nur „um die Selektion von Zwecken unter vorgegebenen Werten“, wie Habermas ( 1992,545 ) behaup­ tet (Hervorhebung, Μ. S.). 108 Siehe dazu bereits Myrdal (1933, 310-312): „Nun ist es jedoch offenbar, daß nicht nur .Zwecke' Gegenstand von Wertsetzungen sind, sondern auch .Mittel'. Die Mitte] sind nicht wertmäßig indifferent. Die Wertsetzung bezieht sich jeweils auf einen ganzen Verlaufund nicht nur auf sein antizipiertes Schlußresultat. Das Werturteil hat zu vergleichen und auszuwählen zwischen verschie­ denen Verlaufsaltemativen. (...) Wertprämisse (...) wird jede einzelne Kom­ bination von Zwecken, Mitteln und Nebenwirkungen, d. h. jede Verlaufs­ alternative selbst." 109 Siehe dazu: Habermas (1983, 53). Er bezieht sich hier auf MacIntyres Studie .After Virtue, Study in Moral Theory', worin es heißt/’Reason is calculative; it can assess truths of fact and mathematical relations but nothing more. In the realm of practice it can speak only of means. About ends it must be silent.“ Die typische Formulierung findet man bei Loos (1970, 117ff., 124): „Die Wertra­ tionalität wird entwertet, die Zweckrationalität in der Weise verselbständigt.

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impliziert darüber hinaus auch nicht, daß der zweckrationale Akteur lediglich an der Realisierung seines isolierten Hand­ lungszwecks orientiert sein muß, dabei lediglich einem ,,egozentrische|n] Erfolgskalkül“ folgt (Habermas 1981c, 385)"°, um seine Gegenüber entweder strategisch als Gegenspieler zu betrachten oder aber instrumentell als bloße Objekte zu behan­ deln. Zwar mag (und hat) es Handelnde (ge)geben, für die diese Art des Handelns die bestmögliche Wahl darstellt - dafür sollte man dann aber lieber ihre Ziele oder Werte verantwort­ lich machen als ihre zweckrationale Einstellung (vgl.: Baurmann 1987). Unsinnig wäre daher auch eine generelle Ableh­ nung des zweckrationalen Handelns, welches als strategisches Handeln unter Umständen natürlich auch moralisch gerecht­ fertigt sein kann."1 Insofern ist die häufig anzutreffende Thedaß ihre Angewiesenheit auf die Wertgebung nicht mehr deutlich ist." 110 Webers allgemeine Definition des Handlungsbegrififs lautet zunächst (1985, 1, § 1): ...Handeln soll (...) ein menschliches Verhalten (...) heißen, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbin­ den." Daß der Sinn „subjektiv“ ist. impliziert nicht, daß die Subjekte sich über den Inhalt des von ihnen gemeinten Sinns nicht verständigen könnten. Das Motiv, aus dem heraus Subjekte sich miteinander über etwas zu verständigen suchen, ist ja nicht die Verständigung selber, sondern eben der Inhalt (siehe dazu auch: Dorschel 1990, 241 ff.). Und daß Zwecke ausschließlich egoistisch sein müßten, darüber schreibt Weber nichts: Zweckrational ist ein soziales Handeln (das seinem „gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist“ [1, § 1]), wenn es bestimmt ist „durch Erwartungen des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als .Bedingungen' oder als .Mittel' für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigene Zwecke". Inhalte einer ,,[s]oziale[n] Beziehung“, einem „seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer“ (§ 3) können die ,,allerverschiedenste[n] sein: Kampf, Feindschaft, Geschlechtsliebe, Freundschaft, Pietät, Marktaustausch, .Erfül­ lung' oder .Umgehung' oder .Bruch' einer Vereinbarung (.. .) (Hervorhebun­ gen, M.S.)“ (12-13). Wie Bader (1991, 77 Anm. 35, auch: 64) zu Recht feststellt, ist damit „erfolgsorientiertes oder zweckrationales Handeln in sozialen Handlungssituationen (...) nicht mit strategischem Handeln identisch

(■ ■ ·)."

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se, die z. B. auch jüngst wieder von dem Philosophen Vittorio Hösle vertreten wird, der sich im Anschluß an Apels Diskurs­ theorie der Begründung eines objektiven Idealismus verpflich­ tet fühlt, unzureichend.111 112 Er geht davon aus, „daß das SichAusbreiten der Überzeugung, Rationalität gebe es nur als Mittel-Zweck-Rationalität und es sei absurd, Wertfragen als objektiv anzusehen, die Ausführung der unserem Jahrhundert eigentümlichen Verbrechen erst ermöglicht hat“. Hösle, der sich aber der pauschalen Rationalitätskritik durchaus bewußt ist, schränkt dann allerdings ein, daß „natürlich die Verabso­ lutierung der Zweckrationalität keineswegs eine Option für verbrecherische Ziele (bedeute): Sie bedeutet allerdings, daß, wenn die Entscheidung für solche Ziele gefallen ist, ihnen nichts entgegenzusetzen, sondern nur an ihrer technisch voll­ kommenen Verwirklichung zu arbeiten ist. Das Phänomen des Dritten Reiches läßt sich ohne die Verbindung von nihilisti­ schem Irrationalismus und funktionaler Zweckrationalität nicht erklären“ (Hösle 1990, 80; auch: 1992, 68). Wenn wir uns nunmehr der Frage nach der sogenannten Irra­ tionalität von nationalsozialistischen Werten zu wenden, so hat Hilary Putnam in seinem Buch ,Reason, Truth and History1 (Putnam 1990,279ff.) mit interessanten Überlegungen darauf hingewiesen, daß wir zunächst einmal keine Möglichkeit ha­ ben, dafür zu argumentieren, daß die Zweck- oder Wertsetzun­ gen der Nationalsozialisten material irrational waren. Die Na­ tionalsozialisten waren nur in bezug auf die Werte anderer Meinung als wir, und deshalb seien sie noch lange nicht als

irrational zu betrachten. Wir könnten zwar sagen, daß die Zielvorstellungen der Nationalsozialisten moralisch abscheu­ lich, nicht aber, daß sie irrational waren. Dies würde Horkheimers Behauptung - der sich ja damit der altbekannten Auffas­ sung David Humes‘ (1964) anschließt, daß die Vernunft bloße „Sklavin der Leidenschaften“ sei - zunächst einmal bestäti­ gen, daß es sinnlos sei, „den Vorrang eines Zieles gegenüber anderen unter dem Aspekt der Vernunft zu diskutieren“ (Hork­ heimer 1985a, 17).113 Das Problem der Frage aber, ob es sinnvoll ist, die Entschei­ dung für einen moralisch schlechten Zweck irrational zu nen­ nen, könnte man zunächst einmal darin sehen, daß die Frage nach der Rationalität der Nationalsozialisten zu unvermittelt mit der Frage nach der Rationalität der Zwecke gleichgesetzt wird. Putnam schlägt daher vor, vielmehr die Frage der Irra­ tionalität faschistischer Überzeugungen und Argumente - und nicht die ihrer Ziele - zu untersuchen. Wenn man auf diese Weise argumentiert, kann man auch die weltanschaulichen Ziele der Nationalsozialisten irrational nennen, weil sie derart sind, daß sie. wenn man sie akzeptiert und verfolgt, entweder erstens dazu führen, daß man verrückte oder augenscheinlich völlig verfehlte - durchaus überprüfbare - inhaltliche Über­ zeugungen und Argumente für sie vorbringt (z. B. wird der Nationalsozialist alle möglichen Geschichtsklitterungen Vor­ bringen, die jeglichen Wahrheitsanspruch verloren haben, u. a., daß die westlichen Demokratien von einer „jüdischen Verschwörung“ dirigiert werden), oder weil sie zweitens dazu

111 Dazu jüngst überzeugend: Hösle (1992). Andererseits können ,,[s]trategische Orientierung und strategisches Handeln (...) durchaus traditional sein und sie können internalisiert und affektiv sein. Sie brauchen also keineswegs rational sein (,) (sondern) Rationalität im Sinne einer umfassenden Reflexion z. B. der Handlungsfolgen kann gerade einer der wichtigsten Gründe sein, um strategi­ sches Handeln zu begrenzen“ (Bader 1991, 65, 77 Anm. 37). 112 Siehe dazu auch meine Ausführungen auf S. 88ff.

113 Auch unter Ökonomen ist diese These populär. Herbert A. Simon, dem für seine „Pionierarbeiten über Entscheidungsprozes.se in ökonomischen Organisatio­ nen“ der Nobelpreis zuerkannt wurde, schreibt: „Während die Vernunft uns also sehr gut helfen kann, Mittel zum Erreichen unserer Ziele zu finden, kann sie über die Ziele selbst wenig aussagen. (...) Wir sehen, daß die Vernunft im ganzen nur ein Werkzeug ist. (...) Sie ist ein Söldner, der sich in den Dienst jedweder Sache stellt, ob gut oder böse“ (1993, 15-16).

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führen, daß die Nationalsozialisten sich ein von allen gewohn­ ten Maßstäben abweichendes Altemativschema zur Darstel­ lung moralisch-deskriptiver Fakten zu eigen machen (z. B., daß man, wenn man sogenannter „Arier“ ist, die Pflicht hat, die nichtarischen Rassen der „Herrenrasse“ zu unterwerfen oder zu vernichten), oder weil man schließlich drittens rund­ weg willkürlich handelt (z. B., wenn ein Nationalsozialist keinen anderen Grund für sein Nazisein ins Feld führt, als daß ihm einfach der Sinn danach steht). Wenn man also „von allen gewohnten Maßstäben abstrahiert, und nur die wahnwitzigen ideologischen Behauptungen des Rassismus“ berücksichtigt, dann, und nur dann macht die Vemichtungspolitik der Nationalsozialisten einen Sinn; aller­ dings einen Sinn, der mit Behauptungen gestützt ist, von denen die Nationalsozialisten, da sie gezwungen sind, jeglichen ra­ tionalen Rechtfertigungszusammenhang einfach abzubrechen, nur glauben können, sie seien durch „die Wissenschaft, die Erfahrung und durch die Gesetze des Lebens bewiesen“ (Arendt 1989, 8, 27).114 Im Hinblick auf die zentrale Zweck-

114 Baumans (1992, 84-85) Auffassung von Modernität und seine Beispiele für eine sogenannte rationale Beweisführung, die die Wissenschaftlichkeit des Rassismus vermeintlich begründen, sind mehr als fragwürdig. So beruft er sich - als einer, der sich der Theorie der .Kritik der instrumentellen Vernunft' in besonderer Weise verpflichtet fühlt - doch allen Ernstes auf zwei .Wissen­ schaftler', nämlich auf Linné und Gobineau, mit folgenden Bemerkungen: „Aus der sine ira et studio betriebenen Beobachtung der Wirklichkeit erschloß sich notwendig die materiell greifbare, unzweifelhaft und objektiv festzustellende abendländische Überlegenheit über alle anderen Kulturen und Erdteile. Linné (...) notierte die Unterschiede zwischen den Bewohnern Europas und Afrikas mit derselben gewissenhaften Akribie, die er auf die systematische Unterscheidung der Krustentiere und Fische verwandte. Wie hätte er die weiße Rasse wohl anders beschreiben können denn als .intelligent, voller Erfindungs­ geist, gesittet und durch Gesetze gelenkt (...). Und im Gegensatz dazu die Afrikaner als Negativfolie: faul, verschlagen und unfähig zur Selbstbestim­ mung.' Gobineau, der Vater des .wissenschaftlichen Rassismus', mußte somit nur durchschnittliche Originalität aufbringen, um der schwarzen Rasse geringe

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Setzung der Nationalsozialisten - um hier wieder auf Weber zurückzukommen - kann man also nicht mehr von einem wechselseitigen Implikationsverhältnis zweckrationaler und wertrationaler Orientierung sprechen - zumal einer rationalen Orientierung, die im Hinblick auf die Selbsterhaltung fähig wäre, auch die Folgen in Augenschein zu nehmen. Wenn man von einem derartigen Rationalitätsbegriff ausgeht, hatte die Vemichtungspolitik, der Zweck der Nationalsoziali­ sten, dann auch längst ihre rationale Orientierung verloren, „wobei“, so der oben schon zitierte Weber,“sowohl die Mittel gegen die Zwecke, wie die Zwecke gegen die Nebenfolgen, wie endlich auch die verschiedenen möglichen Zwecke gegen­ einander rational“ abgewogen werden“ (Hervorhebungen, Μ. S. ; Weber 1985,13). Als Zweck hatte die Vernichtung, wie auch Horkheimer und Adorno schließlich feststellten, ohne daraus allerdings für den Bereich der neuzeitlichen subjekti­ ven Vernunft handlungstheoretische Konsequenzen zu ziehen, nur noch sich selbst :,, Die Tat wird wirklich autonomer Selbst­ zweck, sie bemäntelt ihre eigene Zwecklosigkeit“ (Horkhei­ mer/Adorno 1986, 181).

Intelligenz zu bescheinigen, überentwickelte Triebhaftigkeit und verbunden damit eine primitive furchteinflößende Gewalt (ähnlich dem ungezügelten Mob), während er bei den Weißen eine ausgeprägte Neigung zur Freiheit, Moral und allem Geistigen sah.“ Hier erübrigt sich jeder weitere Kommentar, ange­ sichts der Blindheit gegenüber der Tatsache, daß solche „Wissenschaft“ zum Objekt eines weltanschaulichen Dezisionismus verkam.

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4.3. Historische Erklärungsmodelle Die heutigen Interpretationen in der, vornehmlich (westdeut­ schen, historischen Forschung zum Thema der nationalsozia­ listischen Massenvemichtung sind vor allem von intentionalistischen und funktionalistischen Paradigmata bestimmt"5, die auch im Hinblick auf das Herrschaftsgefüge des nationalso­ zialistischen Deutschland eine - wie wir im fünften Kapitel sehen werden - konstitutive Bedeutung erlangt haben. Das intentionalistische Erklärungsmodell geht dabei von der An­ nahme aus, daß man einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Ideologie und Tat herstellen könne. Dieser Interpre­ tation zufolge müsse die „Endlösung“ als zentrales Ziel eines von langer Hand entworfenen Vernichtungsplans gesehen werden, dessen Verwirklichung von Hitler von Beginn an erstrebt und letztlich seinen Befehlen und ideologischen Vor­ stellungen entsprechend durchgeführt wurde. Für die Intentionalisten besteht also eine direkte Beziehung zwischen Ideolo­ gie, Planung und praktischer Umsetzung im Dritten Reich. Die absolut zentrale Position Hitlers liegt für die Intentionalisten so sehr auf der Hand, daß einer ihrer exponiertesten Vertreter Klaus Hildebrand fordert, daß man eigentlich „nicht vom Nationalsozialismus reden sollte, sondern vom Hitlerismus“ (Hildebrand 1986, 199; dazu jüngst wieder: Ziteimann 1989a). Im Gegensatz dazu stellt der strukturalistische oderfunktiona­ listische Ansatz die unsystematische und improvisierende Ent­ wicklung der nationalsozialistischen Judenpolitik heraus, ohne dabei jedoch - wie häufig unterstellt wird - Hitler die ideologische Urheberschaft der „Endlösung“ abzusprechen.*

Dieser Ansatz besagt lediglich, daß die Rolle der vermeintlich obersten Entscheidungsinstanz durch die fortwährende Inter­ aktion verschiedener halbautonomer Handlungsträger recht beschränkt war und daß die nationalsozialistische Judenpolitik vornehmlich als eine Serie von ineinander verschränkten Re­ aktionen dieser verschiedenen halbautonomen Handlungsträ­ ger innerhalb eines polykratischen Systems gesehen werden muß. Obwohl dadurch eine unvermeidliche, systemimmanen­ te „kumulative Radikalisierung“ erzeugt wurde, sei die tat­ sächliche Vernichtung der Juden nicht von vornherein geplant worden. Sie habe sich erst während des Krieges sozusagen im Selbstlauf als „Lösung“ für die selbstverursachten Probleme des Regimes ergeben (H. Mommsen 1976a, 785ff.): „Der Zustand notorischer Unsicherheit über die jeweils erkämpfte Machtposition, der von Hitler eher gewohnheitsmäßig als absichtlich gefördert wurde und der im weiten Umfeld einfach ein Resultat der Unfähigkeit der Nationalsozialisten war, sich in ein einmal geschaffenes institutionelles Gefüge einzupas­ sen, bewirkte bei den Satrapen des Regimes einen beständigen Wettlauf um die Gunst des Führers. Er veranlaßte fast alle hohen Funktionäre des Regimes, sich durch die Propagierung radikaler Maßnahmen hervorzutun, sofern sie auf der Linie der Hitlerischen ideologischen Tiraden lagen (.. .) [DJie kumula­ tive Radikalisierungstendenz, die sich eben aus der andauern­ den Führungsrivalität herleitete, fand daher ein besonderes Ventil in der Judenfrage“ (H. Mommsen 1981, 56).

115 Vgl. dazu insbesondere die Beiträge von H. Mommsen und Hildebrand (in: Hirschfeld/Kettenacker 1981). Weiterhin: H. Mommsen (1986).

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4.4. Strukturgleichheit von „Wertrationalität“ und „Mittelrationalität“ Beide heute in der historischen Forschung für möglich gehal­ tenen Interpretationsmodelle - und es kommt mir hier zu­ nächst nicht darauf an, welche der beiden den Kem der Sache konkreter treffen - scheinen mir - und das ist das Wichtige in jeweils unterschiedlicher Weise gegen jenen Rationalitäts­ begriff zu sprechen, den Adorno und Horkheimer zur Erklä­ rung des nationalsozialistischen Antisemitismus in Anspruch genommen haben. Gehen wir vom intentionalistischen Erklä­ rungsmodell aus, so müßte dieser Interpretation zufolge die „Endlösung“ als zentrales, gleichsam wertrationales Ziel ei­ nes von langer Hand entworfenen Vemichtungsplans gesehen werden. Gehen wir dagegen vom strukturalistischen oder funktionalistischen Ansatz aus, so hätte sich die Vernichtung der Juden erst während des Krieges sozusagen im Selbstlauf als gewissen- und rücksichtslose „Lösung“, mithin unabhän­ gig von zweckrationalen Kalkülen, für die selbstverursachten Probleme des Regimes ergeben. Entgegen der Auffassung von Horkheimer und Adorno gehe ich daher auch davon aus, daß der nationalsozialistische „Zivilisationsbruch“ (Diner 1988a) - mit dem sich viele Deutsche in einem beispiellosen „Primitivisierungsprozeß“ (Mann 1989, 28) damals von der westlichen Zivilisation losgesagt haben - sowohl die Prinzipien Weberscher Zweckrationalität als auch die Horkheimerschen Prinzipien einer an an den Zweck egoistischer Selbsterhaltung gekoppelten instrumen­ tellen Vernunft widerlegt.116 Es zeigt sich nämlich, daß der so

116 In einem Brief vom 26. 11. 1941 an Marcuse schreibt Horkheimer (in: Wig­ gershaus 1987,333-334): „Die Vernunft war stets Organ der Selbsterhaltung. Auf sie ist, im brutalen Sinn, der Faschismus gegründet (Hervorhebung, Μ. S.).“

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oft zitierte vermeintliche „Antisemitismus der Vernunft“ (ge­ genüber dem des bloßen Gefühls), den Hitler bereits 1919 programmatisch für den Nationalsozialismus entwickelt hat­ te, dem ,subjektiv-instrumentellen4 Vemunftbegriff, wie ihn Horkheimer entfaltete, nur auf den ersten Blick, bei näherer Betrachtung aber schwerlich entsprechen kann. Diese für die nationalsozialistische Ideologie letztendlich bestimmende Programmatik, deren „letztes Ziel (...) unverrückbar die Ent­ fernung der Juden überhaupt sein“ (in : Deuerlein 1959,177 ff.) sollte, enthüllt vielmehr eine der Horkheimers ,subjektiv-in­ strumentellen4 Vernunft geradezu entgegengesetzte Funktion. Die Vernichtung der Juden erfüllte nämlich die wesentliche Funktion - und ich zitiere hier noch einmal Horkheimers Worte - als „Ziel um ihrer selbst willen“ sich als vernünftig darzustellen, „ohne auf irgendein Vorteil sich zu beziehen“ (Horkheimer 1985a, 15). Ein Gedanke also, der, so Horkhei­ mer, „der subjektiven Vernunft zutiefst fremd“ ist (Horkhei­ mer 1985a, 15; 1985b, Zum Begriff der Vernunft, 23). Auch die Annahme einer auf Ausbeutung gerichteten ökonomi­ schen Interessenpolitik, die Horkheimer von Anfang an im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Antisemitis­ mus vertreten hatte, hebt sich von der radikalen Massenver­ nichtung, die sich nur noch selbst Zweck war, in einer derart extremen Weise ab, daß auf utilitaristische Motive und Selbst­ erhaltung sich beziehende Erklärungsmodelle durch die natio­ nalsozialistische Handlungsweise in Frage gestellt werden müssen : „Das Ereignis Auschwitz rührt an Schichten zivilisa­ torischer Gewißheit, die zu den Grundvoraussetzungen zwi­ schenmenschlichen Verhaltens gehören. (. . .). Die (. ..) Mas­ senvernichtung bedeutet so etwas wie die Widerlegung einer Zivilisation, deren Denken und Handeln einer Rationalität folgt, die ein Mindestmaß antizipatorischen Vertrauens vor­ aussetzt“ (Hervorhebung, Μ. S; Diner 1988a, Vorwort, 7). Aus der Handlungsweise der Nationalsozialisten kann also

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schwerlich generell eine zivilisatorische Logik des Homo oeconomicus oder die der machtpolitischen Selbsterhaltung des Regimes erkannt werden. Wie wäre auch anders - um nur ein Beispiel zu nennen - die Tatsache zu erklären, daß einige Monate vor Kriegsende noch 2200 Juden von Rhodos aus tausende Kilometer weit nach Auschwitz geschafft wurden, und dies um den Preis des Zurücklassens schweren militäri­ schen Geräts.117 Die Vernichtung der Juden war in bezug auf die Bedürfnisse und den Erfolg der Kriegsmaschinerie (und der Selbsterhaltung des nationalsozialistischen Regimes) mit­ hin strategisch eindeutig destruktiv. Weil die Vernichtung der Juden für die Nationalsozialisten vorrangig war, verbietet sich daher der Zugriff auf jene zweckorientierte Vernunft, die zu­ dem noch mit dem Weberschen Begriff der Zweckrationalität in einen begrifflichen Zusammenhang gebracht wird. Hinsichtlich der von dem Historiker Dan Diner in ihrer wahren Bedeutung erkannten nationalsozialistischen „Vernichtung 117 Dieses Beispiel ist entnommen aus : Diner (1991a, 369). Auch in der empirisch wohl detailliertesten und umfangreichsten Studie von Hilberg (1990, 1075) über „die Vernichtung der europäischen Juden" wird trotz aller polykratisch verursachten Willkür der totale Vemichtungswille der Nationalsozialisten be­ stätigt: „Himmler machte nie einen Hehl daraus, das für ihn die Vernichtung der Juden selbst gegenüber der Rüstungsproduktion Vorrang habe. Als Beschaffungsbeamte gegen den Abzug jüdischer Arbeiter protestierten, antwortete Himmler lapidar: .Eine Gefährdung wehrwirtschaftlicher Arbeiten, die als der beliebteste Gegengrund heute in Deutschland angegeben wird, wenn man etwas abweisen will, erkenne ich von vornherein nicht an.“ In der nüchternen Amts­ sprache des Ministeriums für die besetzten Ostgebiete umschrieb man die Priorität des Vemichtungsprozesses so: .Wirtschaftliche Belange sollen bei der Regelung des Problems grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Browning (in : Schneider 1991,49) ebenfalls ein ausgewiesener Kenner der Materie, weist am Schicksal des Warschauer Ghettos nach, daß „es liquidiert (wurde) trotz steigender Nachfrage nach jüdischen Arbeitskräften und obwohl die Produkti­ vität des Ghettos rasch zunahm". Und das Ministerium für die besetzten Ostgebiete erteilte den Befehl: „Prinzipiell sei die Berücksichtigung wirt­ schaftlicher Faktoren hinsichtlich der Endlösung der Judenfrage unzulässig“ (in: Bauman 1992, 153).

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um der Vernichtung willen“ (Diner 1987,71)118, die sich nicht in ein rein ökonomisch oder militärisch geleitetes Interessen­ konzept einfügen ließ, kann der Mord an den europäischen Juden in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern nur mit zwei Begriffen von Rationalität bzw. ihres Umschlags in Irrationalität angemessen erklärt werden: Entweder (1) mit einem Begriff von Mittelrationalität - also einem reduzierten Begriff von Zweckrationalität -, der qua Anpassung an die Systemzwänge im strukturalistischen oder funktionalistischen Ansatz seinen Ausdruck findet, oder aber (2) mit dem Begriff der Wertrationalität, der im Zusammenhang mit dem intentio118 Im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Terror gewinnt das zur Charakterisierung verwendete Adjektiv „beispiellos“ seine volle Bedeutung. Arendt (1989, 9-10) schrieb bereits 1950 in einem bisher wenig beachteten Artikel: Der „Weg zur totalen Beherrschung durchläuft viele Zwischenstatio­ nen, die vergleichsw'eise normal und noch verstehbar sind. Einen Angriffskrieg wird man nicht im entferntesten als beispielloses Ereignis bezeichnen: Massa­ ker unter der Zivilbevölkerung des Feindes oder gar an einem vermeintlich feindlich gesonnenen Volk sind, wenn man die Geschichte betrachtet, fast an der Tagesordnung; Ausrottung von Eingeborenen im Kolonisationsprozeß und bei der Errichtung von neuen Siedlungen gab es in Amerika, Australien und Afrika; Sklaverei ist eine der ältesten Einrichtungen der Menschheit, und Staatssklaven, die zur Ausführung öffentlicher Arbeiten eingesetzt werden, stellten einen Hauptpfeiler des Römischen Imperiums dar. Sogar das aus der Geschichte politischer Träume wohlbekannte Streben nach Weltherrschaft ist kein Monopol totalitärer Regimes (...). So kriminell und scheußlich diese verschiedenen Richtungen totalitärer Herrschaften auch sind, sie haben eines gemein, was sie von dem Phänomen unterscheidet, mit dem wir es hier zu tun haben: Im Unterschied zu den Konzentrationslagern sind sie an einen erklär­ baren Zweck gebunden, sie gereichen den Herrschenden zum Vorteil, wie etwa der gewöhnliche Raub dem Räuber. Die Motive dabei sind klar und die Mittel im Hinblick auf den Zweck tauglich, das heißt nützlich in der gängigen Bedeutung des Wortes. Die außergewöhnliche Schwierigkeit, die beim Versuch entsteht, die Institution Konzentrationslager (s. c. Vernichtungslager, Μ. S.) zu verstehen und in die Menschheitsgeschichte einzuordnen, kommt genau daher, daß dieses Nützlichkeitskriteriumfehlt. Gerade diese Leerstelle ist mehr als alles andere für die merkwürdige Atmosphäre der Irrealität verantwortlich, welche diese Einrichtung und alles, was damit zusammenhängt umgibt (Hervorhebun­ gen, Μ. S.)."

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nalistischen Erklärungsmodell durch ,,konsequente planvolle Orientierung (...) ohne Rücksicht auf die vorauszusehenden Folgen“ (Weber 1985, 12) charakterisiert ist. Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß angesichts dieser für die Moderne wohl beispiellosen Tatsache die Begriffe „Zweckrationalität“ und eine an den Zweck der Selbsterhal­ tung gekoppelte „instrumentelle Vernunft“ sich als völlig un­ geeignete Rationalitätsbegriffe erweisen. Darüber hinaus wird deutlich, daß Zweckrationalität im Weberschen Sinne und die Horkheimersche Rede von instrumenteller Vernunft - sowohl im Zusammenhang mit dem Zweck der Selbsterhaltung als auch im Zusammenhang mit seiner zweiten Definition als reine Mittelrationalität, die im Sinne einer rationalisierten Eigenlogik der Mittel (z. B. alles „technisch Machbare“ zu realisieren), über ihre eigenen Hervorbringungen nicht mehr rational verfügen kann - vollkommen gegensätzliche Rationa­ litätsbegriffe darstellen."9 Eine der - auf Zwecke, Werte, Mittel und Folgen - reflektie­ renden Zweckrationalität geradezu entgegengesetzte eigen­ tümliche Strukturgleichheit ergibt sich aber zwischen wertrationalem (also einem nicht verantwortungsethischen, sondern gesinnungsethischen'20) Handeln und mittelrationalem Han-

119 Nur eine - im Sinne der zweiten Definition Horkheimers - Mittelrationalität, Weber verwendete hierfür auch den Begriff „technische Rationalität“ (Weber 1985,33), wäre als rationalitätstheoretischer Erklärungsansatz für den Vemichtungsprozeß geeignet. 120 Hierbei ist allerdings zu beachten, daß parallel zu der oben angeführten Impli­ kation von zweck- und wertrationalem Handeln die strikte Trennung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik nicht mehr ohne weiteres zu vertre­ ten ist. Dies herausgearbeitet zu haben - allerdings lassen sich hierfür bei Weber (1971, Politik als Beruf [1919], 547) bereits deutliche Hinweise finden -, ist das Verdienst von Schluchter (1991a, 165 ff., hier : 198), der sei bstkritisch seine früheren Stellungnahmen (in: 1979) revidiert. So schreibt er völlig richtig, daß die verantwortungsethische Maxime nicht fordert, „daß anstelle, sondern daß neben der, besser: zusätzlich zur Verantwortung für die Reinheit des Willens

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dein. Sie sind in unserem Fall jeweils entweder durch den „unbedingten Eigenwert“121 119 einer 120 * *Weltanschauung' ** 22 oder durch die Eigenlogik der Mittel (die sich z. B. in blinder Befehlstreue und mechanischer Pflichterfüllung [Weber 1985, 28] oder im Sinne traditionellen Handelns motivlos „durch eingelebte Gewohnheit“ [Weber 1985, 12], ausdrücken kann) bestimmt. Diese Strukturgleichheit drückt sich darin aus, daß sowohl ,Instrumentalität‘ als auch Wertrationalität dort irra­ tional werden, wo sie ohne berechnende Rücksicht auf die Folgen und in der hartnäckigen Blockade gegenüber anderen Möglichkeiten in der Verabsolutierung ihrer Mittel bzw. Ei­ genwerte verharren.123

(d. h. des Gesinnungswertes, Μ. S.) auch noch die Verantwortung für die als möglich oder wahrscheinlich vorauszusehenden Folgen des verwirklichten reinen Willens in Betracht zu ziehen ist". Ergeben sich aber bei einer aus reiner Gesinnungsethik fließenden Handlung üble Folgen, „so gilt (dem Gesinnungsethiker, Μ. S.) nicht der Handelnde, sondern die Welt dafür verantwort­ lich, die Dummheit der anderen Menschen oder - der Wille des Gottes, der sie so schuf' (Weber, ebd.). 121 Denn der „Sinn" dieses „Handelns“, liegt Weber (1985, 12) zufolge, „nicht in dem jenseits (...) liegenden Erfolg, sondern in den bestimmt gearteten Handeln als solchen". 122 „Weltanschauungen sind geistige Heimaten, intellektuelle Privatwohnungen, Schutz- und Trutzburgen im kulturellen Chaos, und sie tendieren dazu, den zu besitzen, der sie hat“ (Schnädelbach 1987a, Über Irrationalität und Irrationa­ lismus, 68). 123 Siehe dazu: Thyen (1989,235). Kolakowski (1991, Irrationalität in der Politik, 98-100) hat völlig recht, wenn er behauptet, daß wir Irrationalität nicht vordergründig mittels selbstzerstörerischer oder uns selbst schadender Folgen unserer Handlungen definieren können, da ja eine Selbstzerstörung durchaus intendiert sein kann. Es wäre etwa töricht zu sagen, daß Selbstmord per definitionem irrational sei. Irrational wäre eine Handlung vielmehr nur dann zu nennen, „deren Ergebnis der Handelnde berechnen kann, ohne es aber zu tun (und nicht eine solche, die im faktischen Ergebnis verheerend, selbstzerstöre­ risch, moralisch unannehmbar usw. ist)“. Unrecht hat er aber dann, wenn er in der Folge bemerkt, daß die Behauptung falsch sei, die Vernichtung der Juden sei für das Dritte Reich im Hinblick auf die Kriegsführung schädlich und damit irrational gewesen. Die Behauptung wäre nur dann richtig, so Kolakowski,

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KAPITEL V

Der Moderne Staat, seine Rationalität und der Nationalsozialismus - Max Weber, Franz Neumann und Otto Kirchheimer -

wenn die Nationalsozialisten in der Vernichtung ein Mittel gesehen hätten, um den Krieg zu gewinnen. Da die Vernichtung der Juden aber ein eigenständiges Ziel darstellte, konnte die Vernichtung mit anderen Zielen kollidieren, ohne deshalb irrational zu sein. Diese Betrachtungsweise läßt aber außer Betracht, daß die Nationalsozialisten neben dem Ziel der Vernichtung durchaus daran interessiert waren, den Krieg noch zu gewinnen, wenn auch die Vernichtung der Juden sich erst während des Krieges gegen die Sowjetunion als eine aber bereits vorhandene wertrationale „Lösung“ für die selbstverursachten Kriegsprobleme des Regimes ergeben hatte. Irrational war also die Vernich­ tung der Juden deshalb, weil die Nationalsozialisten die Konsequenzen der Vernichtung während des Krieges, den sie gewinnen wollten, durchaus berech­ nen konnten, ohne es aber zu tun! Wie Kolakowski ein paar Seiten weiter ja selbst behauptet (HO), kennen wir „die Stereotype von Herrschern, die aus krankhaftem Haß, aus Neid, Rachsucht und Machtgier gehandelt haben - von Tiberius und Kaiserin Theodora bis zu Stalin und Hitler -, doch es versteht sich keineswegs von selbst, daß solche Psychopathen durchweg unfähig waren, die Wirkungen ihres Handelns zu berechnen“.

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„Die Herrschaft des Gesetzes, ganz gleich wie beschränkt, ist immer noch unendlich viel sicherer als eine Herrschaft über dem Gesetz oder ohne Gesetz.“124 Herbert Marcuse

5.1. Die neuere Diskussion über das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne Die inzwischen schon lang anhaltende Diskussion über das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne ist, wenn man die neuesten von Rainer Ziteimann und Michael Prinz herausgegebenen Beiträge zu Rate zieht, noch weit davon entfernt, ein endgültiges Ergebnis erzielt zu haben. Diese Beiträge verstehen sich daher auch nur als eine „Zwischen­ bilanz“ einer Debatte, die - so die Autoren - seit Mitte der sechziger Jahre in der Forschung über den National­ sozialismus geführt wird und die in letzter Zeit „wesentlich an Intensität und damit an Bedeutung für die Ein­ schätzung dieser Epoche gewonnen“ hat (Prinz/Zitelmann

124 Marcuse (1989, 70-71).

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1991, IX).125 Im Kontext dieser Diskussion gibt es sehr ver­ schiedene Zugänge zu einem Verständnis der Moderne, wobei sich viele auf eine entweder zu einseitige oder aber auf eine zu allgemeine Sichtweise beschränken. Die einseitige Sichtweise betrachtet die Moderne lediglich aus einer besonderen Per­ spektive. Ihr Fehler ist, daß sie die jeweils anderen, ebenfalls untrennbar mit der Moderne verknüpften Aspekte tendenziell zu bloßen Epiphänomenen der jeweils bevorzugten Strukturei­ genschaften degradieren. Andererseits fehlt diesem Konglo­ merat von Eigenschaften aber auch „ein wirklicher nach­ gewiesener, innerer Zusammenhang, eine Ordnung, eine Hier­ archie der Faktoren oder eine rationale Klärung der angenom­ menen Interdependenz“ (Nipperdey 1990, 53). Zudem brau­ chen die verschiedenen Aspekte von Moderne in keinem harmonischen Verhältnis zueinander stehen. Daher gibt es ,,[d]ie Moderne (...) nicht, sondern es gibt manches, was sich

125 Zum Forschungsstand vgl. ferner: Ziteimann (1990). Ihmzufolge haben der Soziologe Dahrendorf (1965) und der Historiker Schoenbaunt (1980) die Diskussion Mitte der sechzigerJahre ausgelöst. Beide Autoren gingen dabei im Gegensatz zu den heutigen Beiträgen lediglich davon aus, daß die modernisie­ renden Wirkungen nationalsozialistischer Herrschaft in Deutschland nicht be­ absichtigt waren, da sie vielmehr im Widerspruch zu der ideologischen Ziel­ setzung der Nationalsozialisten standen. Daß aber erst damals „die implizite Verbindung von Nationalsozialismus und einem wie immer gearteten Fortschrittsbegriff provozierend“ (Prinz/Zitelmann 1991, VII) wirken konnte, kann allerdings im Hinblick auf die vemunfkritischen Faschismustheorien der Kri­ tischen Theorie schwerlich überzeugen. Auffallend ist überhaupt, daß Zitelmann im Zusammenhang der Diskussion über Nationalsozialismus und Mo­ derne zwar Historiker, Soziologen und Politikwissenschaftler aufführt, Philosophen aber völlig ausklammert. Nur so kann er zu der Feststellung gelangen, den Nationalsozialismus als moderne Erscheinung zu werten, habe erst Mitte der sechziger Jahre weitverbreitetes Unbehagen ausgelöst, das bis heute andauere (ebd., 1). Solch ein Unbehagen, nämlich dem Nationalsozialis­ mus oder dem italienischen Faschismus voreilig eine modernisierende Absicht oder Wirkung zuzuschreiben, wobei dann die rationalen Elemente stark betont werden, kann ja in der zeitgenössischen und zum Teil auch in der heutigen philosophischen Diskussion nicht wahrgenommen werden.

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unter (den) in bestimmten theoretischen Kontexten konzipier­ ten Begriff Moderne (. ..) sinnvoll subsumieren läßt“ (Schnädelbach 1989, 26). Ein solches Konglomerat wäre für histo­ rische, soziologische und philosophische Fragen auch schlecht anzuwenden, denn eine solche Beschreibung würde letztend­ lich immer in einer Fülle von allgemeinen und unbefriedigen­ den globalen Dichotomien prämodem/postmodern oder mo­ dern enden, während sich in der (historischen) Realität Modernisierung meist nur „partiell“ (Rüschemeyer, Partielle Modernisierung, in: Zapf 1971, 382ff., siehe auch: Tipps 1973) oder in der Gleichzeitigkeit historisch ungleichzeitiger Entwicklungen durchsetzt, die Praxis also aus Übergängen und Mischungen besteht. Nicht selten entsteht darum ein prekäres Ungleichgewicht innerhalb gesellschaftlicher Ent­ wicklungen, die sodann zu folgenreichen Modemisierungskrisen führen können. Die Weimarer Republik, die rückblickend als der gescheiterte Versuch dasteht, den Grundwiderspruch des Kaiserreichs - den Gegensatz zwischen wirtschaftlicher sowie kultureller Modernität einerseits und Rückständigkeit des politischen Systems andererseits aufzuheben - war gerade zu ihrem Ende hin Ausdruck einer solchen Modernisierungs­ krise. Der Erfolg des Nationalsozialismus in Deutschland war daher vor allem die - wenn auch nicht notwendige - Antwort darauf. Wie der Historiker Jeffrey Herf in Anbetracht dieser spezifischen chronologischen Gleichzeitigkeit historisch un­ gleichzeitiger Entwicklungen (Reinhart Koselleck) mit über­ zeugender Klarheit feststellte, war „ [t]he unique combination of industrial developement and a weak liberal tradition (...) the social background for reactionary modernism. The thesis of the dialectic of enlightenment obscured this historical uni­ queness“ (Hervorhebung, Μ. S.; Herf 1990, 10). Im Unterschied zu den angeführten perspektivischen Verkür­ zungen oder Verallgemeinerungen versucht nun der überwie­ gende Teil der neueren Beiträge, die sich auf das Verhältnis

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von Nationalsozialismus und Moderne beziehen, diese Fehler - insbesondere aber auch den der westlich-orientierten norma­ tiven Implikation - zu vermeiden. So versuchen sie zunächst einmal mit nicht allzu aufregenden, vermeintlich neuen Er­ kenntnissen nachzuweisen, daß die „Entwicklung von Wis­ senschaft und Technik keineswegs zwangsläufig“ zu einer Vergrößerung des Freiheitsspielraumes führen muß. Die Er­ fahrung des Nationalsozialismus zeige vielmehr, daß sich eine Modernisierung auch in einem diktatorischen System vollzie­ hen kann: Denn „Hitler“ - so Ziteimann, der sich seit seiner 1987 veröffentlichten Dissertation darum bemüht, den ,Füh­ rer* als unbedingten Anhänger der Moderne darzustellen „war kein Gegner des technischen Fortschritts und der Indu­ strialisierung“, und sein Entwurf demonstriere damit „die totalitäre Seite der Moderne“ (Ziteimann, Die totalitäre Seite der Moderne, in: Prinz/Zitelmann 1991, 15). Hier wird uns allerdings im Widerspruch zu der expliziten Absicht, eine einseitige perspektivische Verkürzung zu ver­ meiden, als Lösung wiederum nur eine, überdies aus der philosophischen Diskussion allzu bekannte Vereinfachung, eine bloße Umkehrung, vorgestellt. Denn um die normativen Implikationen des Modemisierungsbegriffs - die sich inhalt­ lich am westlichen Gesellschaftsmodell, d. h. an seinem poli­ tisch-ethischen Modernisierungsbegriff orientieren - zu um­ gehen, wird das gesamte Konzept der Modernisierung nun kurzerhand als Ausdruck der Technisierung und Industrialisie­ rung präsentiert, zu dem dann das politisch-ethische, recht­ liche und kulturelle „Projekt der Moderne“126 in keinem un­ mittelbaren Zusammenhang zu stehen brauche.

126 So hätte man sich in dem Band von Prinz und Ziteimann auch Beiträge über die Kunstpolitik des Dritten Reiches gewünscht, wo sich ja eindeutig der „Blut und Boden“ - Mythos durchsetzte und der Stil der Moderne als „entartet" verbannt wurde. Vgl. dazu v. a.: Barron (1992).

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Zwar geht es mir nun nicht darum, umgekehrt implizit eine verkürzte Gleichsetzung von Modernisierung und Demokra­ tisierung vorzunehmen127, denn es gibt keine „prästabilierte Harmonie“ (Leibniz) von Modemisierungsprozessen. Am Beispiel der komplexen gesellschaftlichen Entwicklung in Europa zeigt sich, daß es zwischen der Entfaltung des demo­ kratischen Rechtsstaates und der Industrialisierung keines­ wegs einen synchronen Verlauf gibt: „Wenn der in der Modernisierungstheorie angenommene Zusammenhang zwi­ schen Industrialisierung und Demokratisierung empirisch nicht zu halten ist, beide durchaus unabhängigen Tendenzen folgen, so löst sich der Zusammenhang zwischen Sozialstruk­ tur und politischer Ordnung in eine nicht näher definierte Wechselbeziehung auf. Ob die Modernisierung im Sinne von Industrialisierung die Demokratisierung fördert oder hindert, ist dann eine offene Frage, die historisch höchst unterschied­ liche Antworten findet. Zwischen beiden Prozessen besteht jedenfalls keine Synchronisation. Die wesentlichen demokra­ tischen Ordnungsideen und politischen Institutionen sind vor der Industrialisierung entwickelt worden und hatten keines­ wegs eine industrielle Massengesellschaft als Ordnungspro­ jekt vor sich“ (Lepsius 1969, 199).128 Daß aber daraus folgt, daß die neu vorgetragenen, vom Historiker Ziteimann als vermeintlich „wertfrei“ verstandenen Ergebnisse der histo­ rischen Forschung eine Revision bisheriger (normativer) Ur­ teile im Hinblick auf das „Projekt der Moderne“ unausweich­ lich machen sollen, erscheint mir höchst zweifelhaft (Zitelmann, Die totalitäre Seite der Moderne, in: Prinz/Zitelmann 1991, 3). Denn das Unbehagen, den Nationalsozialismus im allgemeinen Sinne als „modern“ zu bezeichnen, wie es in der

127 Siehe dazu: Matzerath/Volkmann (1977). Auch, allerdings ausgewogener: Alber (1989). 128 Dazu erstmals Bendix (1964).

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neueren Diskussion trotz gegenteiliger Absichten wiederum geschieht, indem das Konzept Modernisierung nun gänzlich auf die Bereiche Technologie, Industrie und Ökonomie einge­ schränkt wird, wird solange nicht schwinden, als politisch­ moralische Intentionen einerseits und der reale Widerstand gegen Demokratisierungs-, Liberalisierungs- und Emanzipa­ tionsprozesse andererseits in der Wahrnehmung und Beurtei­ lung des Nationalsozialismus eine Rolle spielen. Intentionen und Ambivalenzen in der modernen Entwicklung, die promi­ nente Vertreter der neueren Forschung nicht mehr gelten lassen wollen. Vielmehr wollen sie ihre zum Teil sehr zweifelhaften Ergebnisse, die die „Modemisierungsfunktion des National­ sozialismus“ - z. B. anhand der ausgiebigen Beschäftigung mit den persönlichen Vorlieben Hitlers - eindeutig belegen sollen129, dem Konzept der Historisierung des Nationalsozia­ lismus hinzufügen. Das vermeintliche „Unbehagen, den Na­ tionalsozialismus als modern zu bezeichnen, wird“ - so glau­ ben sie dann - „in dem Maße schwinden“, wie der von dem Historiker Martin Broszat geforderte Prozeß der „Historisie­ rung des Dritten Reiches“ (vgl.: Broszat 1985, 373-385)130

129 Dazu auch: Bauman (1992, hier in der englischen Fassung: 1989, 61), für den feststeht, daß „Modernity made racism possible“. Aly und Heim (1991b, 12) stellen die absurde Behauptung auf, daß „Auschwitz (.. .) ein[en] spezifi­ schen] deutsche|n] Beitrag zur Entwicklung der europäischen Moderne" dar­ stelle. Vgl. dazu V. a. die Gegenposition von Alber ( 1989). Elsner ( 1992) bestrei­ tet in ihrer Kritik detailliert, daß z. B. von sozialpolitischen Fortschritten zurZeit des Nationalsozialismus (so Ziteimann in: 1989b, 122) keine Rede sein kann. 130 Broszat distanziert sich allerdings von einer Unterschlagung der „moralischen Auswirkungen des weltanschaulichen Normensystems des Dritten Reiches“ (382). Recht hat er zudem, wenn er feststellt, daß eine Pauschaldistanzierung von der NS-Vergangenheit immer auch eine Form der Verdrängung und Tabui­ sierung darstelle, die den Eindruck eines kompensatorischen Alibis für den restaurierten Historismus auf sogenannte heile Gebiete machen könnte, die vor oder hinter der nationalsozialistischen Vergangenheit liegen (384-385). Zur Debatte der „Historisierung des Nationalsozialismus“ v. a.: Diner (1987). Ferner: Backes/Jesse/Zitelmann (1990).

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voranschreitet (Ziteimann, Die totalitäre Seite der Moderne, in: Prinz/Zitelmann 1991, 20). Die Moderne selbst ist ein Plural. In einem Zeitalter nicht nur der beklagten „Unübersichtlichkeiten“ sondern auch der fort­ währenden Pauschalisierungen, die die Unübersichtlichkeiten gerade wieder fördern, ist eine interne Differenzierung der Moderne erforderlich, die es uns ermöglicht, die politisch­ ethische und rechtliche Moderne von der ökonomischen und industriellen Moderne zu unterscheiden. Ein Plädoyer für eine Differenzierung im Modemisierungsbegriff ist also formal gesehen eine Verteidigung einer der Tradition der Aufklärung verpflichteten normativen Perspektive der Moderne. Denn Aufklärung hat nicht nur Industrialisierung, Wissenschaft und Technologie hervorgebracht (womit ohnehin nicht gesagt ist, daß dies per se negative Errungenschaften seien, vielmehr kommt es auf ihren Stellenwert an), sondern auch eine recht­ liche und politische Tradition, in der sich ein moralisch-prak­ tisches Selbstverständnis der Moderne im ganzen artikuliert, das „gleichermaßen in den Zeugnissen universalistischen Moralbewußtseins wie in den freiheitlichen Institutionen des de­ mokratischen Rechtsstaat zum Ausdruck“ kommt (Habermas 1992a, 11 ). Erforderlich ist daher eine interne Differenzierung des Modemisierungsbegriffs, um im Hinblick auf die hier relevanten vernunftkritischen Faschismustheorien der Kriti­ schen Theorie, die unterschiedliche Konkretisierung von Ra­ tionalität in besonderen gesellschaftlichen und institutionellen Kontexten herauszuarbeiten. Denn die Diagnose, die hinter dem offen aporetischen Zug der vernunftkritischen Faschis­ mustheorien steht und die nicht begreift, daß es verschiedene Formen von Rationalität gibt und daß die pauschale Diffamie­ rung von Rationalität nicht nur keine Probleme löst, sondern sie geradezu verschärft, grenzt den Spielraum einer konstruk­ tiven Kritik der Moderne aus. Eine Vemunftkritik, die im wesentlichen einer Kritik des Nationalsozialismus verpflichtet

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ist, muß daher, wenn sie eine relativistische Selbstauflösung vermeiden will, aus den empirisch feststellbaren Eigenschaf­ ten von Personen und Systemen, also aus den differentiellen Verhältnissen gesellschaftlicher Praxis, bzw. ihrer konkreten historischen Formen heraus argumentieren. Jede politische und gesellschaftliche Ordnung ist letztlich nur so vernünftig oder rational wie die konkrete Praxis, die mit ihrer Hilfe geregelt wird. Dabei sollen zunächst einmal die heute weitge­ hend anerkannten Ergebnisse der historischen und soziolo­ gischen Forschung über das atavistische Herrschaftsgefüge des nationalsozialistischen Deutschland zugrunde gelegt wer­ den. Diese gehen - in der Nachfolge Franz Neumanns - davon aus, daß die nationalsozialistische Diktatur in ihrer destrukti­ ven Dynamik von anarchischen Zügen und einem Kompetenzchaos ohne Beispiel geprägt war.131 Kontrovers unter Hi­ storikern ist jedoch, welcher Stellenwert diesem Befund zukommt, und wie er in eine Gesamtdeutung des Nationalso­ zialismus einzuordnen ist (vgl.: Kershaw 1985). Einerseits hält man an der sogenannten traditionalistischen Auffassung fest, Hitler als den maßgeblichen Gestalter des Dritten Reiches zu betrachten und die nationalsozialistische Politik als ein von oben organisiertes System terroristischer Herrschaft zu begreifen. Die Rassen- und Lebensraumpolitik wird dabei vornehmlich aus Hitlers Weltanschauung abgelei­ tet, wobei dem anerkannten institutionellen Wildwuchs und seiner Anarchie nur eine marginale Bedeutung zukommt. An­ dererseits stellt eine Gruppe sogenannter revisionistischer Hi­ storiker gerade dieses institutionelle Chaos von weitgehend autonomen, miteinander konkurrierenden Herrschaftsträgem in den Vordergund ihrer Betrachtungen. Diese charakterisieren - wie zuerst Neumann 1942 - die Politik des Dritten Reiches,

unter Umgehung der zentralen Bedeutung Hitlers und dessen Propagierung einer „monolithischen Einheit“ des Regimes132, allein auf der Grundlage der inneren gesellschaftlichen Struk­ turverhältnisse. 133 Die rationale und monokratische Steuerung der nationalsozialistischen Diktatur sowie die Planmäßigkeit im Handeln Hitlers wird daher auch wegen der systemimma­ nenten Radikalisierung des polykratischen Herrschaftssy­ stems erheblich in Zweifel gezogen. Bisher hat jedoch nur Dieter Rebentisch ausführlich gezeigt, wie die kontroverse Einschätzung der Rolle Hitlers vor dem Hintergrund des heute weitgehend unbestrittenen diagnostizierten Tatbestands der institutionellen Anarchie und des Kompetenzenchaos und der damit überstrapazierte polarisierende Streit über die Begriffe Monokratie oder Polykratie (bzw. Intention oder Struktur) überwunden werden kann (Rebentisch 1989, 16). Denn daß jede Betrachtungsweise problematisch sein dürfte, die Hitlers ideologisch motivierte Zielstrebigkeit für das nationalsoziali­ stische System nicht angemessen berücksichtigt, ja Hitler wie Horkheimer es einmal ausdrückte - lediglich als „Sym­ ptom" (Horkheimer 1985d : Programm einer intereuropä­ ischen Akademie [1944/45], 197) des Regimes betrachtet, habe auch ich schon an anderer Stelle zu zeigen versucht.134 Die sich selbstzerstörende institutionelle Anarchie „ohneglei­ chen“ und die gleichsam zunehmende Entsachlichung der Entscheidungsprozesse „auf allen Ebenen des Systems“ konnte letztendlich nur durch den am Ende der nationalsozia­ listischen Herrschaft gleichsam ins Nichts zerfallenden „Führermythos zusammengehalten“ werden (Kershaw 1980, 194). Wie keine andere Bewegung war der Nationalsozialismus, spätestens nach der befohlenen Ermordung zahlreicher SA132 Dieser Einschätzung unterlag insbesondere Horkheimer. 133 Dazu: Hüttenberger (1976,417ff.). 134 In meiner Magisterarbeit vom November 1986, jetzt: Schäfer (1991 ).

143 131 Dazu jüngst v. a.: Rebentisch (1989) und Bach (1990).

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Führer, geprägt von dem positiven Hitler-Bild und dem nega­ tiven Partei-Image. Der Nationalsozialismus ist daher nicht als eine primär ideologische oder programmatische Bewegung zu verstehen, sondern - im Sinne Webers - als eine charisma­ tische: „Die Schöpfung einer charismatischen Herrschaft in dem (...) ,reinen‘ Sinn ist stets das Kind ungewöhnlicher äußerer, speziell politischer oder ökonomischer (. . .) Situatio­ nen, oder beider zusammen (. .Darum ergreift,,der Träger des Charisma (...) die ihm angemessene Aufgabe und ver­ langt Gehorsam und Gefolgschaft kraft seiner Sendung. Ob er sie findet, entscheidet der Erfolg. Erkennen diejenigen, an die er sich gesandt fühlt, seine Sendung nicht an, so bricht sein Anspruch zusammen. Erkennen sie ihn an, so ist er ihr Herr, solange er sich durch,Bewährung1 die Anerkennung zu erhal­ ten weiß“ (Weber 1985, 661, 655, auch: 1988a, 269).135 Der behauptete Zusammenhang von Nationalsozialismus und moderner staatlicher Rationalität muß daher am Beispiel des destruktiven Potentials seiner charismatischen Bewegung in wesentlichen Aspekten der Herrschaftsorganisation, oder bes­ ser des „Macht-Gefüge[sJ“ (Rebentisch 1989, 14)136, erst ein­ mal in Zweifel gezogen werden.137 Bestätigt wird dies nicht 135 Zu den charismatischen Zügen des Nationalsozialismus vgl. weiterhin: Neu­ mann (1980, 348 und 1984, 114ff.), Gerth (1940), Nyomarkay (1967), Broszat (1978, 49), W. J. Mommsen (1974, insbes. 436), Lepsius (1981, 53-66), Cavalli (1987), Alber (1989, 356), Kershaw (1988 u. 1991), Elias (1989), Reichel (1989) und Bach (1990). 136 Rebentisch kommt in seiner umfassenden empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, daß der Systembegriff zu Hitlers Staat v. a. darum nicht passe, weil dieser weder auf Rationalität, Regelhaftigkeit noch auf Planmäßigkeit beruhe. 133 w. J. Mommsen (1985, 280) weist nun daraufhin, daß Charisma und Rationa­ lisierung keineswegs immer gegensätzliche Kräfte sein müssen : „Charisma kann Rationalisierungsschübe, die der optimalen Verwirklichung der von ihm vorgegebenen Ideale dienen, unter Umständen geradezu fordern. Ebenso kann es sich mit den Techniken formaler Rationalität verbünden, um die eigene Herrschaft auf Dauer zu stellen.“ Aber wie Weber ( 1985, 157) weiter ausführt,

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nur in den vielen zeitgenössischen Schriften oder Äußerun­ gen138, sondern auch in neueren Forschungsbeiträgen, die zu dem Ergebnis kommen, daß es der nationalsozialistischen Machtelite - im Gegensatz zu den italienischen Faschisten in besonderer Weise gelang, „die Vollzugsorgane der über­ kommenen Staatsbürokratie in die charismatische Herr­ schaftsstruktur“ gleichsam einzubauen (Bach 1990, 85):139 „It

führt lediglich die ..antiautoritäre (Hervorhebung, Μ. S.) Umdeutung des Charisma (. . .) normalerweise in die Bahn der Rationalität“. Das sieht auch Mommsen so. Entscheidend für unseren Fall ist aber, daß es sich beim Natio­ nalsozialismus als autoritärem Charisma gerade nicht um die „Zertrümmerung der traditionalen, feudalen, patrimonialen und sonstigen autoritären Gewalten“ (Weber 1985, 157) handelt, sondern vielmehr um die Zerstörung der formalen rationalen rechtsstaatlichen Strukturen. Weber (1985, 657) fährt fort: „Die genuine charismatische Herrschaft kennt (...) keine abstrakten Rechtssätze und Reglements und keine .formale’ Rechtsfindung. Ihr .objektives' Recht ist konkreter Ausfluß höchst persönlichen Erlebnisses von himmlicher Gnade und göttergleicher Heldenkraft. (...) Sie verhält sich daher revolutionär alles umwertend und souverän brechend mit aller traditionellen oder rationalen Norm: ,es steht geschrieben, - ich aber sage euch.“* 138 U. a. bei: Huber (zitiert aus: Rebentisch 1989, 2), bei dem es 1937 heißt, daß nicht „tote Institutionen“, starre Regeln „formell gesetzliche Einzel­ bestimmungen“ den Kem der nationalsozialistischen Herrschaft bilden, sondern die „ungeschriebene lebendige Ordnung, in der die politische Ge­ meinschaft des deutschen Volkes ihre Einheit und Ganzheit findet“. Des weiteren bei Hermann Göring, der 1934 (ebenf. zitiert aus: Rebentisch 1989, 551) schrieb: „Wer nur irgend die Verhältnisse bei uns kennt, weiß, daß jeder von uns genau so viel Macht besitzt als der Führer ihm zu geben wünscht. (...) [G jegen seinen Willen, ja auch nur ohne seinen Wunsch, wäre man im gleichen Augenblick vollständig machtlos. Ein Wort des Führers und jeder stürzt.“ 139 Wie in der neueren Untersuchung von Bach herausgearbeitet wird, sind die historischen Entwicklungsverläufe der nationalsozialistischen Zeit in Deutsch­ land und der faschistischen Periode in Italien nur schwer systematisch mitein­ ander zu vergleichen. Vertretbar erschien nur eine vergleichende Gegenüber­ stellung beider Systeme unter idealtypisch angelegter Forschungsperspektive (180). So ist die in Italien „institutionendurchbrechende Dynamik des Charis­ ma der faschistischen Monokratie (...) im großen und ganzen als verhältnis­ mäßig gering zu veranschlagen“ (165). Typologisch liege der Unterschied also darin, daß „das Dritte Reich als eine charismatisch qualifizierte Diktatur mit

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was not only the Weimar constitution that Hitler opposed, but any constitution seemed incompatible with his claim to ultimate authority. Therefore, Hitler never was interes­ ted in creating a National Socialist constitution, as he opposed all comprehensive legislative codifications, even when they were proposed by his followers as a means of furthering National Socialist ideals. A new penal law, which was to represent the new values of National Socialist Volksgemeinschaft, was not enacted in 1936 because of Hitler's opposition to any such codification“ (Lepsius 1981, 60).

5.2. Webers Begriff der rationalen Herrschaft Da der Bezug der Kritischen Theorie zu Webers kulturanthropologischem Thema der „Rationalisierung“ und „Entzaube­ rung“ eines ihrer zentralen Motive ist, erscheint mir auch an dieser Stelle der Rückgriff auf Weber hilfreich, weil er makro­ soziologische Fragestellungen mit konkreten historischen Un­ tersuchungen, die die spezifischen Bedingungen historischer Eigengesetzlichkeiten hervortreten lassen, in überzeugender Weise zu verbinden verstanden hat. Zudem benutzte Weber den Begriff Moderne niemals, ohne ihn näher zu bestimmen. So sprach er beispielsweise lediglich vom modernen Kapita­ lismus oder vom modernen Staat, aber niemals von der Mo­ derne. Er hat mithin schon früh erkennen lassen, wie sehr Pluralität zur Moderne gehört - eine Einsicht, die man heute nicht mehr unterbieten sollte. Im Rahmen seiner Rationalisierungstheorie diagnostizierte Weber außerdem qualitativ unter­

charismatisierten Verwaltungsstäben zu bezeichnen“ ist, der italienische Fa­ schismus dagegen als eine „charismatische Diktatur mit bürokratischen Ver­ waltungsstäben“ (184-185). Vgl. dazu auch: Rebentisch (1989).

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schiedliche Rationalisierungsprozesse, die auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Lebensbereichen ihren potentiell eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen und die tendenziell mitein­ ander in Konflikt geraten können. Autoren wie Wolfgang J. Mommsen und Stephan Kalberg haben auf dieser Grundlage immer wieder betont, daß allein schon die Dichotomie des Weberschen Rationalisierungskonzepts, in dem formale und materiale Rationalität auseinandertreten, auf diesen Umstand verweist: Materiale Rationalität, die ihren Ausgang von ganz unterschiedlichen Wertidealen nimmt, kann es in den verschie­ densten Richtungen geben, die formaler Rationalisierung ge­ radezu entgegengesetzt sein können (W. J. Mommsen 1985, 269). Im Vorfeld der ,Dialektik der Aufklärung' hatte Weber damit schon alle Geschichtsphilosophien, „die die modernen Gesellschaften als Produkt eines eindimensionalen Fortschreitens entweder zweckrationalen oder wertrationalen Handelns verstehen wollen“, explizit in Frage gestellt (Kalberg 1981, 23; siehe auch: Weber 1988a, 205). Damit ist auch, wie Mommsen zeigt, die „in den frühen Schriften Webers mehr nahegelegte als klar deklarierte historische Eindeutigkeit des Begriffs der Rationalisierung, und mit ihm auch des Begriffs der Entzauberung, prinzipiell dahin“ (W. J. Mommsen 1983, 396). In der Folge entwickelte Weber eine antinomische Kon­ zeption geschichtlichen Wandels, wie wir sie seit der ,Zwischenbetrachtung' in den ,Gesammelte[n] Aufsätzefn] zur Religionssoziologie' kennen, mit der er seine frühere Ansicht, daß es nur eine einzige Art von Rationalisierung gebe, gleich­ sam aufgab (Weber 1988a, 11-12, 534): „Man kann eben dieser einfache Satz, der oft vergessen wird, sollte an der Spitze jeder Studie stehen, die sich mit .Rationalismus' befaßt - das Leben unter höchst verschiedenen Richtungen hin .rationalisieren'. Der .Rationalismus' ist ein historischer Begriff, der eine Welt von Gegensätzen in sich schließt“ (Weber 1988a, 62).

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In Webers breit angelegter Theorie der „Rationalisierung“ kommt dem Begriff der „rationalen Herrschaft“ eine besonde­ re Rolle zu. In seiner Herrschaftssoziologie, vornehmlich in ,Wirtschaft und Gesellschaft1 und, vielleicht noch deutlicher, in den posthum veröffentlichten Münchener Vorlesungen über die Wirtschaftsgeschichte1 vertritt er die These, daß der mo­ derne Staat rational ist.140 Im folgenden will ich die Webersche Auffassung von der Rationalisierung des Rechts und seine Bürokratiekonzeption miteinander verknüpfen, um die beson­ deren Eigenschaften des modernen Staates in ihrem Zusam­ menhang herauszustellen. Dabei schließe ich mich insbeson­ dere den Feststellungen Arnold Zingerles und Stefan Breuers an, daß die große Zahl der Untersuchungen, die sich dem Thema der „rationalen Herrschaft“ widmen, vor allem durch ihre ausgeprägte, starr gehandhabte Selektivität auffallen, wo­ bei Juristen und Rechtssoziologen sich meistens nur auf die Rechtssoziologie Webers beziehen, Organisationssoziologen - und man sollte hinzufügen auch Philosophen - sich dagegen hauptsächlich auf seine Bürokratiekonzeption konzentrieren (Breuer 1991, 191;Zingerle 1981, 109ff.).141 Im Hinblick auf die vemunftkritischen Faschismustheorien der Kritischen Theorie wird dabei zunächst die Frage im Vordergrund stehen, inwieweit Webers Theorie der rationalen Herrschaft (im mo­ dernen Staat) den Zusammenhang von formaler Rationalität oder Zweckrationalität142 *und nationalsozialistischer Herr-

140 Dieser Text, aus Vorlesungen Webers in München entstanden, wurde im we­ sentlichen aus Mitschriften von Studenten nach seinem Tode rekonstruiert. Es handelt sich hierbei also nicht um einen originalen Webertext. 141 Auch Febbrajo (1987,55) bemängelt die heutzutage gewöhnlich zu fachspezifische Behandlung der Untersuchungsfelder, die von Weber noch im Rahmen eines einzigen Forschungsprojektes behandelt worden sind. 142 In der Erläuterung zu seinem Kapitel „Rationale Herrschaft“ klärt Breuer (1991,192-193) das immer wieder auftretende Mißverständnis, daß rationale Herrschaft im modernen Staat identisch sei mit Zweckrationalität. Z. B. wenn

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schäft bestätigt. Wenn wir Horkheimer und Adorno Glauben schenken, dann haben ihre Faschismustheorien konstituieren­ de Bedeutung für ihre Konstruktion der Moderne. Sie sehen die Moderne eingebettet in eine Geschichte der Vernunft, worin sie vermeintlich mit Weber der Auffassung sind, daß formale Rationalität143 „der gegenwärtige[n] industrielle[n] Kultur (d. h. 1944 im ganzen, Μ. S.) zugrundeliegt“ (Horkhei­ mer 1985a, 13). Die theoretischen Überlegungen von Neu­ mann und Kirchheimer, die sich in ihren Studien über den Nationalsozialismus vornehmlich auf Webers Rationalisierungstheorie in differenzierender Absicht beziehen, werden dann als Kontrastfolie zu den Faschismustheorien von Hork­ heimer und Adorno dienen. Zudem möchte ich anhand der Weberschen Differenzierung der - für Weber keineswegs not­ wendigen - Beziehung zwischen modernem Kapitalismus und formal-rationalem Recht zeigen, daß - wenn und insofern einzelne moderne Erscheinungen das Verhältnis zum Natio­ nalsozialismus konstituieren - ein allgemeiner Zusammen­ hang mit der Moderne damit noch lange nicht erklärt wird. Der Begriff des modernen Staates gehört bei Weber zur Theo­ rie der Herrschaftsformen, denn die in ,Wirtschaft und Gesell­ schaft1 dargelegte soziologische Theorie der Politik gründet sich auf den Begriff der Herrschaft, nicht auf den des Staates. Die verschiedenen Formen der politischen Verbände müssen

W. J. Mommsen (1974a, 430) Weber unterstellt, moderne Herrschaft, mithin rationale Herrschaft „war für sein Empfinden (...) im Grunde nur auf zweckrationaler Grundlage denkbar". Oder Habermas ( 1981 c, 302), wenn er von,,der Durchsetzung von Subsystemen zweckrationalen Handelns, und zwar in der Gestalt von kapitalistischem Betrieb und moderner Staatsanstalt“ bei Weber spricht. 143 „Indem Vernunft subjektiviert wird, wird sie auch formalisiert.“ Explizit macht Horkheimer (1985a, 18 Anm. 2) sodann deutlich, daß „die Termini Subjektivierung und Formalisierung (...) durchweg als praktisch gleichbedeutend gebraucht“ werden.

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darum auf eine der drei „reinen“ Typen der legitimen Herr­ schaft zurückgeführt werden. Dies gilt auch für den Staat, der „ebenso wie die ihm geschichtlich vorausgehenden poli­ tischen Verbände, ein auf das Mittel der legitimen (d. h.: als legitim angesehenen) Gewaltsamkeit gestütztes Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen (ist). Damit er beste­ he, müssen sich also die beherrschten Menschen der bean­ spruchten Autorität der jeweils herrschenden fügen“. Weber fragt sodann: „Wann und warum tun sie das? Auf welche inneren Rechtfertigungsgründe und auf welche äußeren Mittel stützt sich diese Herrschaft“ (Weber 1971, Politik als Beruf [1919],507)? Die Eigentümlichkeit des „modernen Staates“ als „anstalts­ mäßiger Herrschaftsverband“ (Weber 1971, Politik als Beruf [1919], 511) besteht nun darin, daß er „auf dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen“ beruht. Er ist die geschichtliche Verwirklichung der rationalen Herr­ schaft oder, wie Weber sie auch nennt, der „legalen Herr­ schaft“ als „spezifisch moderne Form der Verwaltung“ (Weber 1985,124). Sein Legitimitätsgrund, die Anerkennungswürdigkeit seiner politischen Ordnung, liegt somit eindeutig in jener besonderen Form, die Weber mit dem Ausdruck „Legalität“ bezeichnet. Aufgrund derer wird „der legal gesatzten sach­ lichen unpersönlichen Ordnung und dem durch sie bestimm­ ten Vorgesetzten“ gehorcht anstatt „der Person des (...) Herrn“, wie im Falle der traditionellen Herrschaft in ihren zahlreichen Arten oder dem politisch-religiösen Führer „kraft persönlichen Vertrauens in Offenbarung, Heldentum oder Vor­ bildlichkeit“, wie im Falle der charismatischen Herrschaft (Weber 1985, 124).144 Legitimitätsgründe gibt es also nach 144 Siehe auch: Weber (1973a, Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, 152).

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Weber drei, die allerdings keine Stufenfolge implizieren, mit­ hin auch nicht auf ein spezifisches historisches Stadium be­ schränkt sind: Der Legalitätsglaube, der in der „Fügsamkeit gegenüber formal korrekt und in der üblichen Form zustandegekommenen Satzungen“ besteht; die Tradition, die im „Glauben an die Heiligkeit des Alltäglichen“ besteht; und schließlich das Charisma, das „auf dem Glauben an die Hei­ ligkeit oder den Wert von Außeralltäglichem“ beruht (Weber 1988a, 267ff. u. 1985, 19, 124).

5.2.1. Die Rationalisierung des Rechts Die wesentliche Voraussetzung, auf die sich der legale Herr­ schaftstypus nun gründet, ist die rationale Satzung des Rechts im Machtbereich des Verbandes. D. h. die Geltung der Be­ fehlgewalt drückt sich in einem System gesatzter Regeln aus, welche als allgemeinverbindliche Normen Fügsamkeit verlan­ gen. Für Weber ist in der Rechtssoziologie die Verwandlung des Rechts in ein „geschlossenes, wissenschaftlich zu hand­ habendes Begriffssystem“ (Weber 1985,564) das Hauptergeb­ nis der Rationalisierung des Rechts: „Nach unserer heutigen Denkgewohnheit bedeutet sie (die Systematisierung, Μ. S.): die Inbeziehungsetzung aller durch Analyse gewonnenen Rechtssätze derart, daß sie untereinander ein logisch klares, in sich logisch widerspruchsloses und, vor allem, prinzipiell lückenloses System von Regeln bilden, welches also bean­ sprucht: daß alle denkbaren Tatbestände unter eine seiner Normen müssen logisch subsumiert werden können“ (Weber 1985,396). Konkret meint dies : Ein Recht, das erstens in Form „abstrakter Regeln“ organisiert ist. Eine Rechtspflege, die zweitens in der „Anwendung dieser Regeln auf den Einzelfall“ besteht. Eine Verwaltung, die drittens für „die rationale Pflege von, durch Verbandsordnungen vorgesehenen, Interessen“ sorgt. Viertens, der unpersönliche Charakter der Ordnung -

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d. h. „ohne Ansehen der Person“ - und damit einhergehend die zu vollziehende Unterordnung der jeweils Herrschenden. Fünftens, der ausschließliche Gehorsam gegenüber dem Recht und nicht gegenüber willkürlichen Befehlen (Weber 1985, 125), deren Inhalt der Gehorchende „um dessen selbst willen zur Maxime seines Verhaltens (macht), und zwar lediglich um des formalen Gehorsamsverhältnisses halber, ohne Rücksicht auf die eigene Ansicht über den Wert oder Unwert des Befehls als solchen“ (Weber 1985, 123). Sechstens, das Prinzip der „sachhchenZuständigkeit“, welche die Grenzen der Wirksam­ keit der Ordnung festsetzt und schließlich siebentens, das Prinzip der monokausalen Amtshierarchie (Weber 1985,125126, 551). Diese Voraussetzungen hat Weber bereits in dem allerdings erst 1922 posthum veröffentlichten Aufsatz ,Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft' dargestellt, worin er feststellt, daß in der legalen Herrschaft „nicht der Person“ gehorcht wird, „kraft deren Eigenrecht, sondern der gesatzten Regel, die dafür maßgebend ist“. Diese Regel ist eine ,/ormai abstrakte Norm“ (Weber 1973a, Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, 152). Die Kennzeichen des Rechts - sowohl im Hinblick auf die Rechtsschöpfung als auch im Hinblick auf die Rechtsfindung - bestimmt Weber auf der Grundlage von zwei Gegensatzpaa­ ren: einerseits dem zwischen Rationalität und Irrationalität und andererseits dem zwischen „formal“ und „material“. So schreibt Weber in ,Wirtschaft und Gesellschaft', daß „Rechts­ schöpfung und Rechtsfindung (. ..) entweder rational oder irrational sein“ können, und zwar in zweifacher Hinsicht, formell oder materiell : „Irrational sind sie formell dann, wenn für die Ordnung von Rechtsschöpfung und Rechtsfindungs­ problemen andere als verstandesmäßig zu kontrollierende Mittel angewendet werden, z. B. die Einholung von Orakeln oder deren Surrogate. Materiell sind sie irrational insoweit, als ganz konkrete Wertungen des Einzelfalls, seien sie ethische

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oder gefühlsmäßige oder politische, für die Entscheidungen maßgebend sind“ (Weber 1985, 396). Auf der anderen Seite, im Sinne der Rationalität, ist ein Recht formal „insoweit, als ausschließlich eindeutige generelle Tatbestandsmerkmale ma­ teriell-rechtlich und prozessual beachtet werden“, sei es, daß diese „sinnlich anschaulichen Charakter besitzen“, also im Aussprechen bestimmter Formeln oder in der Durchführung gewisser Handlungen bestehen, oder sei es, daß die rechtlich relevanten Merkmale „durch logische Sinndeutung erschlos­ sen“ werden „und darnach feste Rechtsbegriffe in Gestalt streng abstrakter Regeln gebildet und angewendet“ werden (Weber 1985, 396). - Die materielle Rationalität bringt es dagegen mit sich, „daß Normen anderer qualitativer Dignität als logische Generalisierungen von abstrakten Sinndeutungen auf die Entscheidung von Rechtsproblemen Einfluß haben sollen: ethische Imperative oder militärische oder andere Zweckmäßigkeitsregeln oder politische Maximen, welche so­ wohl den Formalismus des äußeren Merkmals wie denjenigen der logischen Abstraktion durchbrechen“ (Weber 1985, 397). Die formale Rationalität des Rechts fällt daher zusammen mit dem Rückgriff auf abstrakte Regeln, aus denen man durch ein Verfahren logischer Interpretation die Entscheidung im Einzelfall ableitenkann. Die materiale Rationalität bringt dagegen das Zurückgreifen auf Normen außerrechtlicher Art mit sich. Folglich besitzt das formal-rationale Recht immer einen hohen Grad von „Berechenbarkeit“, während das material-rationale Recht in seiner Anwendung weniger vorhersehbar ist, weil in die Interpretation heterogene Prinzipien eingreifen, die dann die jeweilige Entscheidung bedingen. Im Hinblick auf die Systematisierung, Berechenbarkeit und die Vorstellung von der logischen Geschlossenheit des Rechts bei Weber wurde in der umfangreichen Literatur die These aufgestellt, „daß der Typus der legalen Herrschaft den Rechts­ begriff des rechtswissenschaftlichen Positivismus voraus­

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setzt“ (Speer 1978,77). Das möchte ich hier dahingestellt sein lassen. Daß aber Weber lediglich einen „positivistischen Rechtsbegriff“ stützte, demzufolge Recht genau das sei, „was der politische Gesetzgeber (ob dieser nun demokratisch legi­ timiert ist oder nicht) (...) als Recht setzt“ (Habermas 1992 a, Recht und Moral [Tanner Lectures 1986], 541) und daß der Rechtspositivismus es somit den Nationalsozialisten ermög­ licht habe, die Macht auf legalem Wege zu übernehmen und dann schließlich auszuüben, haben verschiedene Autoren mit - wie ich meine - überzeugenden Argumenten zurückgewie­ sen (Rosenbaum 1972; Rottleuthner 1987; Walther 1988): „Nicht der ,Geltungspositivismus4 war die herrschende Rechtsauffassung des deutschen Juristenstandes' in der Wei­ marer Zeit und um 1933, sondern das mit einer bestimmten gesellschaftlichen und politischen, vordemokratischen Macht­ konstellation verknüpfte antidemokratische Weltbild und das mit dem Ideal eines starken hoheitlichen Staates verknüpfte Selbstbild des unpolitischen Juristen; diese ideologische Mit­ gift machte die Gleichschaltung letztlich so leicht“ (Walther 1988, 269). Eine bestimmte ideologische „Wertbindung"*145 oder das Interesse an einer raschen Karriere - nicht die viel­ geschmähte rechtspositivistische Haltung - hatten in der Tat wesentlichen Anteil an der schnellen Integration der Juristen in den nationalsozialistischen Staat. Der Vorwurf, daß nur ihr positivistischer Gesetzesgehorsam sie zu Dienern des Natio­ nalsozialismus gemacht habe, unterstellt dann auch, „daß das Recht im Dritten Reich durch Gesetzgebung ,nazifiziert‘ wor­ den sei. Tatsächlich wurde nach 1933 (aber) wenig neues Recht gesetzt (...). Überwiegend galt das bisherige Recht (der / 145 Dazu auch: Maus (1989a, 92): „Geht man die offiziellen Stellungnahmen zur juristischen Methodik des NS-Systems durch, kann man nur zu dem Ergebnis kommen, daß die Justiz nicht durch Gesetzesbindung, sondern durch Wertbin­ dung gleichgeschaltet wurde.“

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Weimarer Republik, Μ. S.) unter dem Nationalsozialismus weiter. Eine positivistische Rechtsanwendung hätte die natio­ nalsozialistische Ausrichtung und Durchdringung dieser Rechtsgebiete gerade verhindern müssen. Positivismus hätte hier verlangt, die bisherige Rechtsprechung fortzusetzen, hätte also nicht, wie behauptet, gegenüber dem Nationalsozialismus widerstandslos, sondern im Gegenteil widerstandsfähig ge­ macht“ (Rosenbaum 1972, 147).146 Vor dem Hintergrund dieser Tatsache ist es daher notwendig, mit Breuer (1991, 196) dem bekannten und gängigen Urteil Wolfgang Mommsens (auf das sich ja auch Habermas bezieht) zu widersprechen, Webers Modell der „legalen Herrschaft

146 Im Hinblick auf die bekannte Radbruch-These. daß der „Positivismus (...) in der Tat mit seiner Überzeugung .Gesetz ist Gesetz' den deutschen Juristenstand wehrlos gemacht (hat) gegen Gesetze willkürlichen und verbrecherischen Inhalts“ (Radbruch 1956, 352), fragt sich auch Rottleuthner (1987, 383) zu Recht: „Sollte dann etwa die anti-positivistische Propaganda der Nazis die angeblichen Juristen-Positivisten wehrlos gemacht haben?“ Senfft hat in einer Rezension (in: .Die Zeit' v. 12.4. 1991) zu der detaillierten Studie von Anger­ mund (1990) deutlich hervorgehoben, „daß die nach 1945 so oft strapazierte apologetische Erklärung für das Verhalten der deutschen Richter, sie seien zur Paragraphenabhängigkeit, zu einem unerschüttlichen Rechtspositivismus erzo­ gen worden, eine Lüge ist: Die Richter haben zwischen 1933 und 1945 mit großer Kaltblütigkeit - oder Feigheit - die Weimarer Verfassung, die niemand aufgehoben hatte, zu einem Fetzen Papier gemacht und formal geltendes Recht mit Brutalität willfährig angewandt, wozu sie weder einer erzogen noch ge­ zwungen hat". - Anfang der achtziger Jahre erregte Reifner ( 1983,18 ff.) großes Aufsehen bei den Juristen, die sich damit zu entschuldigen versuchten, daß die Rechtsprechung auch im Nationalsozialismus primär eine „dienende Funk­ tion“ gehabt habe, die ihrerseits in den vermeintlich formell gültig erlassenen Vorschriften des nationalsozialistischen Gesetzgebers begründet sei. Denn seine wenig schmeichelhafte These zur Rolle der Juristen im Dritten Reich lautete, daß nicht der Rechtspositivismus für die Instrumentalisierung der deutschen Justiz nach 1933 verantwortlich zu machen sei, sondern, „daß Richter und Staatsanwälte, Verwaltungsjuristen und Rechtsprofessoren und (in geringerem Maße) auch die Anwaltschaft aus eigener Überzeugung (...) am Aufbau des .Dritten Reiches' teilnahmen und hierfür die Institutionen des Rechtssystems (...) mißbrauchten“.

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kraft Satzung“ lebe primär von der „Kraft des Faktischen“ (W. J. Mommsen 1989b, 538)147 und die Legalität werde somit zur praktisch-relativistischen Spielregel depotenziert, „deren formale Einhaltung auch material-grundstürzende (sic !) Än­ derungen noch als legal erscheinen läßt“ (Loos 1970, 134). Daß Weber gerade nicht von der Richtigkeit eines solchen Legalismus überzeugt war, ist zunächst darauf zurückzuführen, daß er im Zusammenhang mit den „durch gesatzte Gewaltenbegrenzung“ bedingten „innerefn] Schranken der Le­ gitimität“ (Weber 1985, 394) Anordnungen. Befehle sowie Satzungen nur kraft einer Kompetenz gelten ließ, „welche juristisch letztlich stets als auf der Ermächtigung durch die .Verfassungs‘-Normen der Staatsanstalt beruhend gedacht wird“. Dies bedeute, „daß nicht nur die Respektierung oder Realisierung von geltendem objektivem Recht, lediglich des­ halb, weil es einmal als solches gilt und erworbene Rechte darauf beruhen, zum Objekt (haben), sondern die Realisierung von anderen, materialen Zwecken: politischen, sittlichen, mi­ litärischen oder welchen Charakters immer“ (Weber 1985, 389). Breuer weist zu Recht - unter Anlehnung an Schluchters Interpretation, nach der man bei Weber zwischen einfachen Satzungskompetenzen und diese wiederum beschränkenden gleichsam höherrangigen „Rechtsgrundsätze[nJ“ unterschei­ den muß (Schluchter 1979a, 162)148 - darauf hin, daß neue 147 So ähnlich bereits in W. J. Mommsen (1974a, 429). Ebenso: Speer (1978, 76): „Weber hat den Typus der legalen Legitimität in seiner reinen Form allein auf die Anerkennung der Faktizität einer Machtlage gestellt.“ Vgl. ausführlich und kritisch hierzu: Bader ( 1989b). 148 Schluchter weist zudem daraufhin, daß Rechtsgrundsätze, die auf „Menschen­ rechte“ und auf .freie Repräsentation und ihre Vereinigung in parlamentari­ schen Körperschaften“ bezogen sind - auf die Weber (1971, 321 und 1985, 173) sich ausdrücklich berufen hat -, eine Brückenfunktion zwischen Ethik und positivem Recht erfüllen (155): ,,[S]o wie eine .Naturrechtsordnung* ohne geregelte Positivierung leer wäre, so müßte eine Ordnung des positiven Rechts ohne Bezug auf Rechtsgrundsätze gleichsam blind werden“ (167).

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Ordnungen unter diesen Umständen nicht beliebig oder will­ kürlich erlassen werden können. Sie können es nur „in den dafür kraft gewohnter oder oktroyierter Verfassung eines Ver­ bandes als legitim geltenden Formen“ (Weber 1985, 441), unter Wahrung der für einen neuen Verfassungsgeber disponi­ blen Verfassung, weil „der typisch legale Herr: der Vorgesetz­ te, indem er anordnet und mithin befiehlt, seinerzeit der un­ persönlichen Ordnung gehorcht, an welcher er seine Anordnungen orientiert“ (Weber 1985, 125).149 Für den modernen Staat beruht also die Rechtfertigung des Anspruchs auf Gehorsam seinen Befehlen oder Anordnungen gegenüber nicht nur auf der bloßen Existenz einer einmal willkürlich festgelegten Verfahrensordnung, was zu einer, von Gustav Radbruch ursprünglich befürworteten, extrem rechts­ positivistischen Rechtfertigung der in Satzungen verkörperten Herrschaft als solcher führen würde, nach der das Recht, wenn es nur überhaupt „gesetzt“ ist, für den Rechtsanwendungsstab schlechterdings verbindlich wäre (Radbruch 1956, 174ff). Daraus aber den Nachweis abzuleiten, daß „Webers Konzept der Legitimität kraft Legalität“ insgesamt gesehen „keine rechtspositivistische“ Position einnimmt (W. Lübbe 1991,2), ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn der spezifische Geltungsbegriff, den Radbruch später unter dem Titel „Gesetz ist Gesetz“ entwickelt hatte, ein notwendiger Bestandteil jeder rechtspositivistischen Position wäre. Genau dies aber ist nicht der Fall und wird auch von Weber anders gesehen.150 Wenn auch Webers Konzept der Legitimität kraft Legalität „keine ,wertrationale‘ Legitimitätsgrundlage im Sinne eines 149 „Die Legitimation zur Satzung dieser Regeln (ruht) wiederum auf rational gesatzter oder interpretierter .Verfassung“. Im Namen nicht einer persönlicher Autorität, sondern im Namen der unpersönlichen Norm und der Erlaß des Befehls selbst ist auch seinerseits Gehorsam gegenüber einer Norm, nicht freie Willkür oder Gnade oder Privileg“ (Weber 1988a, 267-268). I5U Zu anderen Formen des modernen Rechtspositivismus siehe v. a.: Hart (1967).

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Rekurses auf,materiale Gerechtigkeit1 hat“ (W. Lübbe 1991, 2), so beruht die Rechtfertigung des Anspruchs auf Gehorsam dem Recht gegenüber bei Weber aber auf einer bestimmten „wertrationalen“ Übereinstimmung zwischen Regierenden und Regierten, die die Legalität der gesellschaftlichen Ord­ nung, die sie vereinbaren, „verbindlich“ anerkennen (W. Lüb­ be 1991,117).151 Die an sich schon unsinnige Feststellung, daß Legalität schlechthin mit willkürlich gesatztem Recht iden­ tisch sei und daß der „Prozeß der Rechtsentstehung (. ..) sich kaum als Kriterium der Unterscheidung verschiedener Rechts­ systeme“ eigne (Luhmann 1981, 123)152, daß damit also be­ reits Legitimität erzeugt werden könne, hat Weber nirgendwo getroffen.153 *Denn - um ein Beispiel aus der jüngst erschie­

151 Dazu ferner insbes. Bader (1989b, 323-324), dessen Ausführungen sich mit dieser Position Lübbes in besonderer Weise treffen: „Der Legalitätsglaube ist einfach ein besonderer Typus .wertrationalen Glaubens': Glaube an spezifi­ sche, formale Verfahren (Legalität, Satzung) als solche als .Werte'. Wie für alle anderen Typen des Legitimitätsglaubens und der Legitimität gilt auch hier, daß es sich einerseits um tatsächlichen, subjektiven Glauben der Akteure handeln muß, andrerseits um wertrationale Bejahung des Legalitäts- und Satzungsprin­ zips und nicht einfach um rein traditionale, affektuelle oder - und dies ist hier besonders hervorzuheben - rein strategische Orientierung an legalen Ordnun­ gen.“ 152 Zu der Feststellung kann Luhmann aber auch nur gelangen, weil er die Positivierung des Rechts - wie Habermas (1992, 97) inzwischen auch zugibt - auf die zu kurz greifende Formel bringt, „daß das Recht nicht nur durch Entschei­ dung gesetzt (das heißt ausgewählt) wird, sondern auch kraft Entscheidung (also kontingent und änderbar) gilt“ (Luhmann 1983a, 210). 153 So Habermas (1981c, 358-359): „Das positivistische Rechtskonzept bringt Weber bei der Frage, wie legale Herrschaft legitimiert werden kann, in Verle­ genheit. (...) Wie kann, vorausgesetzt, daß Legitimität eine notwendige Be­ dingung für den Fortbestand jeder politischen Herrschaft darstellt, eine legale Herrschaft, deren Legalität auf rein dezisionistisch gefaßtes Recht gestützt ist (also auf ein Recht, welches Begründung im Prinzip entwertet), überhaupt legitimiert werden? Webers Antwort, die von C. Schmitt bis Luhmann Schule gemacht hat, lautet: durch Verfahren. Legitimation durch Verfahren bedeutet dabei nicht den Rückgang auf formale Bedingungen der moralisch-praktischen Rechtfertigung von Rechtsnormen, sondern Einhaltung von Verfahrensvor-

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nenen Dissertation von Weyma Lübbe zu gebrauchen ,,[n]icht die bloße Tatsache, daß eine ,Betreten verboten‘-Ta­ fel aufgestellt wurde, läßt das Verbot den Beteiligten verbindlich erscheinen, sondern der Glaube an die Legalität dieser Maßnahme. Legalität ist nicht mit willkürlicher Gesatztheit identisch, sondern mit ordnungsgemäßer Gesatztheit: ,formal korrekt (. . .) zustandegekommen* muß die gesatzte Ordnung schon sein“ (W. Lübbe 1991, 117).154 Dieses Beispiel erklärt also recht deutlich, warum „Weber dazu kommt, legale Herrschaft als eine eigenständige Form legiti­ mer Herrschaft zu betrachten“ (Habermas 1981c, 360). So ist für die Regierenden und Regierten ein bestimmtes Verbot zwar legitim kraft Legalität, diese Legalität ihrerseits aber wiederum nur legitim, als sie - wie Weber hervorhebt „kraft Vereinbarung der Interessenten für diese“ (Her­ vorhebung, Μ. S.; Weber 1985, 19, § 7.d. a.)155 als , formal korrekte Satzung“ getroffen ist, nämlich die sodann ge­ troffene Entscheidung kraft Verfahren als verbindlich, wenn auch nicht unbedingt als vernünftig, zu akzeptie-

schriften in Rechtsprechung, Rechtsanwendung und Rechtsetzung. (...) Un­ klar bleibt, woher der Legalitätsglauben die Kraft zur Legitimation aufbringen soll, wenn Legalität lediglich Übereinstimmung mit einer faktisch bestehenden Rechtsordnung bedeutet, und wenn diese wiederum als willkürlich gesatztes Recht einer praktisch-moralischen Rechtfertigung unzugänglich ist.“ Weber fasse somit „das moderne Recht und die legale Herrschaft begrifflich so eng, daß das Prinzip der Begründungsbediirftigkeit zugunsten des Satzungsprinzips ausgeblendet wird“ (Habermas 1981c, 355). 154 Das vollständige Zitat bei Weber (1985, 19) lautet: „Die heute geläufigste Legitimitätsform ist der Legalitätsfßaube : die Fügsamkeit gegenüber formal korrekt und in der üblichen Form zustandegekommenen Satzungen." 155 Diese „sozialintegrative Eigenfunktion des Rechts“ übersieht Habermas (1992, 98) immer noch bei Weber: „Nach Weber bezieht der Rechtsstaat seine Legi­ timation letztlich nicht aus der demokratischen Form der Willensbildung, sondern nur aus Prämissen der rechtsförmigen Ausübung der politischen Herr­ schaft (...). Bei Weber ergibt sich ein spezifisch deutsches Bild vom Rechts­ staat, dem sich die Eliteherrschaft politischer Parteien einfügt.“

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ren.156 Die Vernünftigkeit zeige sich vielmehr darin, die Ent­ scheidung für ein bestimmtes Verbot als verbindlich anzunehmen (W. Lübbe 1991, 131, 175).

5.2.2. Die Theorie der Bürokratisierung Die Einrichtung rational organisierter Verwaltungssysteme ist dem Vorbild des rationalen Rechts verpflichtet, was es Weber ermöglicht, die bürokratische Verwaltung von anderen Typen der Verwaltung zu unterscheiden: d. h. für den „modernen Typus“ des Staates ist eine „Verwaltungs- und Rechtsord­ nung“ wesentlich, die als kontinuierlicher „Betrieb“ organi­ siert ist (Weber 1985, 30). Aus dieser Qualifizierung stammen die besonderen Eigenschaften der modernen Bürokratie, wie sie in ,Wirtschaft und Gesellschaft' definiert sind: „Ein kon­ tinuierlicher regelgebundener Betrieb von Amtsgeschäften“ innerhalb eines bestimmten Zuständigkeitsbereichs, „das Prinzip der Amtshierarchie“, ein Beamtenstand mit Fachschulung, die „volle Trennung des Verwaltungsstabs von den Ver­ waltungs- und Beschaffungsmitteln“, das Fehlen jeglicher Form von „Appropriation“ der Amtsstelle an den Inhaber, „das Prinzip der Aktenmäßigkeit“ und das Vorwiegen der schriftlichen Disposition über die mündliche Erörterung, so­ wie schließlich der berufsmäßige Charakter des Beamten­ stands (Weber 1985, 125-126). Diese „rein bureaukratische, also: die bureaukratisch-monokratische aktenmäßige Verwal­ tung ist nach allen Erfahrungen die an Präzision, Stetigkeit, Disziplin, Straffheit und Verläßlichkeit, also: Berechenbarkeit für den Herrn wie für den Interessenten, Intensität und Exten­ sität der Leistung, formal universeller Anwendbarkeit auf alle 156 Die Legalität stützt sich zwar,,auf .Dezision', wenn darunter einfach .Entschei­ dung' verstanden werden soll. Aber sie stützt sich nicht auf unbegründete, .willkürliche' Entscheidung. Vielmehr handelt es sich durchaus um ein ratio­ nales Einverständnis, das auf guten Gründen beruht“ (W. Lübbe 1991, 119).

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Aufgaben, rein technisch zum Höchstmaß der Leistung vervollkommenbare, in all diesen Bedeutungen: formal rational­ ste, Form der Herrschaftsausübung“ (Weber 1985, 128). Allerdings bleibe es - so Weber - unentschieden, „ob gerade die modernen Staaten, deren Bürokratisierung überall fort­ schreitet, dabei auch ausnahmslos eine universelle Zunahme der Macht der Bürokratie innerhalb des Staatswesens aufweisen“. Denn es sei eine wiederholt zu erörternde Tatsache - und der zum Teil erfolgreiche ,lange Marsch durch die Institutio­ nen' in der Bundesrepublik beweist das -, „daß die Demokra­ tie als solche trotz und wegen ihrer unvermeidlichen, aber ungewollten Förderung der Bürokratisierung Gegnerin der Herrschaft der Bürokratie ist und als solche unter Umständen sehr fühlbare Durchbrechungen und Hemmungen der büro­ kratischen Organisation schafft“. Und unmißverständlich stellt Weber fest: „Stets ist also der einzelne historische Fall daraufhin zu betrachten, in welcher speziellen Richtung gerade bei ihm die Bürokratisierung verlief' (Hervorhebungen, Μ. S.; Weber 1985, 572). Diese Feststellung, wie schon der bloße Vergleich der unterschiedlichen bürokratischen Struktu­ ren des faschistischen Italien und des nationalsozialistischen Deutschland zeigt157, relativiert dann auch seine eigene - in

157 Zwar gründet die Rationalität von Bürokratien nicht allein auf der Rationalität der in ihrem Rahmen handelnden Akteure (u. a. nämlich auch durch Regeln, Routine und Formen funktionaler Differenzierung, dazu insbes.: Luhmann 1964, 1968 u. 1983b), aber die Strukturen einer Bürokratie können schon in gewisser Weise ihren Überzeugungen und Mentalitäten entsprechen. Das Sy­ stem der Bürokratie ist daher auch nicht völlig von den „persönlichen und sozialen Bedingtheiten (seiner) Mitglieder“ befreit, wie Luhmann (1964, 157) behauptet. Wie anders sollte man sich daher auch die Tatsache erklären, daß das Verhalten von Bürokraten selbst zwischen faschistischen Ländern sehr unterschiedlich sein konnte. Traditionelle Muster spielten nämlich dabei eine große Rolle. Wie Hilberg (1988, 191) in einem Gespräch mit Alfons Söllner feststellte, „zeigt schon der bloße Vergleich zwischen Nazi-Deutschland und dem faschistischen Italien große Differenzen: Auch Italien hatte seine Büro-

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der Philosophie und Soziologie sehr populär gewordene metaphorische Beschreibung der Bürokratie als einer rational arbeitenden Maschine, die, gelöst von wertrationalen Einstel­ lungen, ihre Eigengesetzlichkeit zu einem „Gehäuse der Hö­ rigkeit“ unentrinnbar (Weber 1985, 834, 835) entfaltet: „Eine leblose Maschine ist geronnener Geist. Nur, daß sie dies ist, gibt ihr die Macht, die Menschen in ihren Dienst zu zwingen und den Alltag ihres Arbeitslebens so beherrschend zu bestimkraten, aber es ist schlicht nicht vorstellbar, daß sie sich genauso verhalten hätten wie die in Deutschland. Jene hatten keine Hemmungen, ineffizient zu sein. Befehle in Frage zu stellen“. Dazu ferner: Hilberg (1990. 1080) und neuerdings die detaillierte Studie des amerikanischen Historikers Steinberg (1992). - Die Erfahrungen, die der Philosoph Karl Lowith (1991, 82) im faschistischen Italien machte, bestätigen Hilbergs Ausführungen. Im Frühjahr 1934 mußte er seine Lehrtätigkeit aufgeben; über Italien und Japan emigrierte er mit seiner Familie 1941 nach Amerika. 1940 beteiligte er sich an einem Preisausschreiben der Harvard-University und verfaßte einen Bericht über sein „Leben in Deutschland vor und nach 1933“ - ein zeitgenössisches Dokument eines in seiner bürgerlichen und intellektuellen Existenz getroffenen Juden von großer historischer Aussagekraft. Darin schreibt er, wenn auch seine Typisie­ rung etwas zu schablonenhaft ausiallt: „[WJelch ein Unterschied im Charakter des Volkes ! Der Deutsche nimmt den Nationalsozialismus als eine Doktrin, mit der es ihm blutiger Emst ist; der Italiener (. ..) läßt sich als Individuum durch nichts imponieren. Der Deutsche ist pedantisch und intolerant, denn er nimmt die Sache stets prinzipiell, indem er sie von dem Menschen trennt ; der Italiener ist auch im schwarzen Hemd noch human (. ..). Für den durchschnittlichen Italiener ist der faschistische Wahlspruch : .Credere, obbedire, combattere- ein rhetorischer Spruch an dem er lächelnd vorbeigeht, für den Deutschen ist Hitlers Ausspruch: .Mein Wille ist euer Glaube' ein tiefsinniges und verpflich­ tendes Diktum, das er als (...) .Treue- und .Opfermut- auslegt.“ - Wir beurtei­ len also ein institutionelles Handlungssystem nicht nur nach seiner „System­ rationalität“, wir beurteilen es „vielmehr nach den üblichen Kriterien : nach seiner instrumentellen und ökonomischen Rationalität, nach der moralischen Rechtfertigung der Normen, auf denen es beruht, und der sozialen Konsequen­ zen, die es hervorbringt; nach den Werten oder Zielen, die es fördert; nach seiner Kompatibilität mit anderen Institutionen oder Teilsystemen, nach den sozialen Lemchancen und Korrekturmöglichkeiten, die es eröff net oder ver­ schließt, und danach, ob das Ausmaß an systematischer .Selbststeuerunggerechtfertigt werden kann gegenüber Ansprüchen auf .bewußte gesellschaft­ liche Kontrolle- “ (Peters 1991, 225).

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men, wie es tatsächlich in der Fabrik der Fall ist. Geronnener Geist ist auch jene lebende Maschine, welche die bürokrati­ sche Organisation mit ihrer Spezialisierung der geschulten Facharbeit, ihrer Abgrenzung der Kompetenzen, ihren Regle­ ments und hierarchisch abgestuften Gehorsamsverhältnissen darstellt“ (Weber 1985, 835). Wie nun gerade die jüngere deutsche Geschichte gezeigt hat, kann die Bürokratie - statt für eine verantwortungsbewußte Politik als Mittel zu dienen - auch über jene Eigengesetzlich­ keit verfügen, wenn sie in ein Spannungsverhältnis zur Ratio­ nalität legaler Herrschaftsbeziehungen tritt.158 Μ. Rainer Lepsius schreibt hierzu : „Natürlich bestanden auch unter dem Nationalsozialismus Bürokratien und Betriebe, die nach den Kriterien verfahrensmäßig kontrollierter Handlungsorientie­ rung weiter funktionierten. Entscheidend war aber nicht das Weiterfunktionieren von einzelnen Apparaten, sondern die Entinstitutionalisierung der Rationalitätskriterien im poli­ tischen System, in der Rechtsordnung und im volkswirtschaft­ lichen Steuerungssystem. Der Nationalsozialismus ist ein ein­ drucksvolles Beispiel dafür, wie durch die Veränderung des Rationalitätsgrades in einzelnen institutionellen Komplexen und durch die damit einhergehende Veränderung der Konstel­ lation von Institutionen und ihrer Beziehungen untereinander, das Kultur- und Sozialsystem einer ganzen Gesellschaft inner­ halb kurzer Zeit seinen Charakter ändert“ (Hervorhebungen, Μ. S.; Lepsius 1990, Die Institutionalisierung von Kriterien der Rationalität und die Rolle der Intellektuellen, 49).159 Weber hatte die Bürokratisierung als Steigerung formaler Ra­ tionalität daher nur dort für vernünftig gehalten, wo sie rechts­ staatlicher Kontrolle und Steuerung unterzogen wird, um die

158 Siehe dazu: Bader(1981, 18ff.). 159 Siehe dazu auch bereits: Neumann (1984, 110-111).

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„Leidenschaft für die Bürokratisierung“ zu begrenzen (Weber 1988b, 400ff.). Breuers Auffassung, das Problem der Verselb­ ständigung der Bürokratie mithin nicht in der Steigerung formaler Rationalität, sondern vielmehr in der sich überlagern­ den „Tendenz zur materialen Rationalität“ (Weber 1985,130) zu sehen, ist darum auch überzeugender (Breuer 1991,213 ff.) als die weitverbreitete Auffassung, daß damit „der Unter­ schied zwischen den verschiedenen Herrschaftstypen in den Hintergrund“ trete, weil der Bürokratisierungsprozeß so oder so über die „Legitimitätsgründe“ herrsche (Rossi 1987, 143 ff.). Wozu die Verselbständigung von bürokratischer Organisation führen kann, zeigte sich exemplarisch nach der nationalsozia­ listischen Machtergreifung in Deutschland. Nach und nach führte der Machtwechsel zu einer Selbstzerstörung politischer und rechtlicher Institutionen im Dienste einer unmittelbaren Wertverwirklichung (Lepsius 1990, Die Institutionalisierung von Kriterien der Rationalität und die Rolle der Intellektuellen, 49). Zunächst einmal konnte die staatliche Bürokratie - nicht mehr durch öffentliche Kritik und parlamentarische Kontrolle eingeschränkt - ein System weitgehender Beamtenherrschaft parallel zum nationalsozialistischen Parteiapparat entfalten (Fraenkels Doppelstaat); womit sie aber zugleich immer mehr dem Weberschen Idealtypus traditionaler Verwaltung ent­ sprach: Denn je stärker die Bürokratie sich zu einem System absoluter Beamtenherrschaft entwickle, „desto größer ihre Nähe zu vorrationalen Mustern“ (Breuer 1991,214).160 Ande­ rerseits zeigte sich im Verlaufe der Konsolidierung national­

160 Weber (1985, 141) schreibt dazu: „Die charismatische Herrschaft ist (...) sowohl der rationalen, insbesondere der bureaukratischen, als der traditionalen (...) schroff entgegengesetzt. (...) Die bureaukratische Herrschaft ist spezi­ fisch rational im Sinn der Bindung an diskursiv analysierbare Regeln, die charismatische spezifisch irrational im Sinn der Regelfremdheit."

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sozialistischer Herrschaft die „Tendenz zur materialen Ratio­ nalität“ immer mehr darin, daß es bei einer Reihe von natio­ nalsozialistischen Subsystemen, wie beispielsweise bei der SS, zum Aufbau selbständiger Institutionen mit weitgehender Handlungsfreiheit ohne ein stufenhaftes System von Zustän­ digkeiten kam. Diese Organisationen konnten sich damit auch immer mehr formaler Rationalität und staatlichen „bürokra­ tischen Führungsstrukturen“ entziehen, die für den moder­ nen Anstaltsstaat mit seinem Prinzip der Gesetzmäßigkeit und fester Zuständigkeitsregelungen charakteristisch sind (H. Mommsen 1981,63ff. ; dazu auch bereits: Neumann 1980, 344). 5.2.3. Die Rationalisierung des Rechts und ihre Beziehung zum Kapitalismus Der dem modernen Staat zugeschriebene ,,Betriebs"-charakter bildet schließlich die Grundlage der modernen kapitali­ stischen Wirtschaft, die wiederum als eine ihrer wesentli­ chen Voraussetzungen das „rationale“, d. h. das berechenbare Recht, hat. Denn „der moderne kapitalistische Wirtschaftsbetrieb (muß) (...) sich, wenn er rational wirtschaften soll,darauf verlassen können, daß berechenbar judiziert und verwaltet wird“ (Weber 1981, 240).161 Diese Voraussetzung - die in der

161 Rational Wirtschaften im Sinne des Kapitalismus heißt dabei nicht, lediglich nach bloßem Erwerbstrieb ausgerichtet, sondern an einer Rentabilität orientiert zu sein. Weber schreibt hierzu deutlich: ,„Erwerbstrieb‘, .Streben nach Ge­ winn’, nach Geldgewinn, nach möglichst hohem Geldgewinn hat an sich mit Kapitalismus gar nichts zu schaffen. Dies Streben fand und findet sich bei Kellnern, Aerzten, Kutschern, Künstlern, Kokotten, bestechlichen Beamten, Soldaten, Räubern, Kreuzfahrern, Spielhöllenbesuchem, Bettlern: - man kann sagen: bei ,all sorts and conditions of men’, zu allen Epochen aller Länder der Erde, wo die objektive Möglichkeit dafür irgendwie gegeben war und ist. Es gehört in die kulturgeschichtliche Kinderstube, daß man diese naive Begriffs­ bestimmung ein für allemal aufgibt. Schrankenloseste Erwerbsgier ist nicht im

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„völligen Berechenbarkeit des Funktionierens der Verwaltungs- und Rechtsordnung und verläßlichen rein formalen Garantie aller Vereinbarungen durch die politische Gewalt“ (Weber 1985, 94) eine präzise Entsprechung findet, einer Berechenbarkeit, die in .Wirtschaft und Gesellschaft* unter den Bedingungen der formalen Rationalität der Kapitalrechnung aufgezählt wird - zeigt die Verbindung, die Weber zwi­ schen modernem Kapitalismus, modernem Staat und formal­ rationalem Recht herstellt (Rossi 1987, 147). Allerdings ist für Weber die spezifische Beziehung zwischen modernem Kapitalismus und formal-rationalem Recht weit davon entfernt, eine notwendige Beziehung zu sein, weil „das Bündnis zwischen Staat und formaler Jurisprudenz (lediglich, Μ. S.) indirekt dem Kapitalismus zugute kam“ (Weber 1981, 29). Die Analyse dieser Beziehung bildet den Leitfaden seiner rechtssoziologischen Betrachtungen in .Wirtschaft und Ge­ sellschaft*, in denen er deutlich hervorhebt, daß erstens der umfassende Prozeß der Rationalisierung des Rechts in ver­ schiedenen Formen realisiert werden könne und daß zweitens die Gegenseitigkeit der Beziehungen zwischen Recht und Wirtschaft weder einseitig im Sinne eines „rechtlichen Deter­ minismus der Wirtschaft noch eines wirtschaftlichen Determi­ nismus des Rechts rekonstruierbar sind“ (Febbrajo 1987, 6566). Die Beziehung zwischen Recht und Wirtschaft ist daher auch sehr viel komplexer als die von der materialistischen Geschichtsauffassung behauptete, welche im Recht nicht mehr

mindesten gleich Kapitalismus, noch weniger gleich dessen .Geist“. Kapitalis­ mus kann geradezu identisch sein mit Bändigung, mindestens mit rationaler Temperierung, dieses irrationalen Triebes. Allerdings ist Kapitalismus iden­ tisch mit dem Streben nach Gewinn, im kontinuierlichen, rationalen kapitali­ stischen Betrieb: nach immer erneuten Gewinn: nach .Rentabilität“. Denn er muß es sein. Innerhalb einer kapitalistischen Ordnung (...) würde ein kapita­ listischer Einzelbetrieb, der sich nicht an der Chance der Erzielung von Renta­ bilität orientierte, zum Untergang verurteilt sein“ (Weber 1988a, 4).

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als eine bloße „Widerspiegelung“ von wirtschaftlichen Inter­ essen zu sehen vermag. So haben zwar in der modernen Rechtsentwicklung „ökono­ mische Bedingungen (...) sehr stark mitgespielt, aber (...) allein ausschlaggebend“ waren sie nicht (Weber 1985, 505). Im Kapitalismus als solchem liege daher auch „kein entschei­ dendes Motiv der Begünstigung derjenigen Form der Rationa­ lisierung des Rechts, welche seit der romanistischen Universitätsbildung des Mittelalters dem kontinentalen Okzident spezifisch geblieben ist“ (Weber 1985, 511); diese kann nur auf der Grundlage von Bedingungen erklärt werden, die nicht zur wirtschaftlichen Sphäre gehören. Denn das Recht garan­ tiere zunächst einmal keineswegs nur ökonomische, sondern die allerverschiedensten Interessen :,.Schutz rein persönlicher Sicherheit bis zu rein ideellen Gütern wie der eigenen Ehre und derjenigen göttlicher Mächte. Es garantiert vor allem auch politische, kirchliche, familiäre und andere Autoritätsstellungen und überhaupt soziale Vorzugslagen aller Art, welche zwar in den mannigfachsten Beziehungen ökonomisch bedingt und relevant sein mögen, aber selbst nichts Ökonomisches und auch nichts notwendig oder vorwiegend aus ökonomischen Gründen Begehrtes sind.“ Zum anderen könne einerseits „eine .Rechtsordnung* (...) unter Umständen unverändert bestehen bleiben, obwohl die Wirtschaftsbeziehungen sich radikal än­ dern“, während andererseits die „rechtliche Ordnung eines Tatbestandes (.. .) vom Standpunkt der juristischen Denkkategorien aus betrachtet fundamental verschieden sein (kann), ohne daß die Wirtschaftsbeziehungen dadurch in irgend erheb­ lichem Maß berührt werden, wenn nämlich nur in den ökono­ misch der Regel nach relevanten Punkten der praktische Effekt für die Interessenten der gleiche ist“ (Weber 1985, 196). Schließlich unterstreicht Weber auch die Vereinbarkeit der kapitalistischen Wirtschaft mit verschiedenen Formen des Rechts, wobei die Richtung, in der sich die Strukturprinzipien

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des Rechts entwickeln, bedingt ist durch die „innerjuristische[n] Verhältnisse“, d. h. durch „die Eigenart der Personen­ kreise, welche auf die Art der Rechtsgestaltung berufsmäßig Einfluß zu nehmen in der Lage sind“ (Weber 1985,455-456). Der Rationalisierungsprozeß des Rechts vollzog sich daher auch in zwei Richtungen, die Weber aufgrund des Gegensatzes zwischen formaler und materialer Rationalität bestimmt hat. Unter verschiedenen geschichtlichen Bedingungen und in un­ terschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen kann die Ratio­ nalisierung des Rechts im Sinne der einen oder der anderen Form der Rationalität erfolgen. Dieser Unterschied läßt also zunächst einmal eine prinzipielle Vereinbarkeit des modernen Kapitalismus mit zwei Richtungen der Rechtsentwicklung erkennen. Formale und materiale Rationalität stellen somit in bezug auf das Recht zwei Entwicklungsmodelle dar, die beide durchaus mit der modernen kapitalistischen Wirtschaft verein­ bar sind. Das ist die Folgerung, zu der Weber am Ende des Kapitels über die ,Rechtssoziologie‘ in, Wirtschaft und Gesell­ schaft1 kommt: „Als Resultat dieser Verschiedenheit der ge­ schichtlichen Konstellationen aber (. ..) steht die Tatsache vor uns, daß der moderne Kapitalismus gleichmäßig gedeiht und auch ökonomisch wesensgleiche Züge aufweist nicht nur unter Rechtsordnungen, welche, juristisch angesehen, (untereinan­ der) höchst ungleichartige Normen und Rechtsinstitute besit­ zen (...), sondern welche auch in ihren letzten formalen Strukturprinzipien soweit als möglich auseinandergehen“ (Weber 1985,509). - Material-rational orientiertes Recht kann sich demnach zwar mit den verschiedensten Formen der kapi­ talistischen, aber auch mit Formen nichtkapitalistischer Wirt­ schaft verbinden. Somit sei das einzige Recht, das in den wirtschaftlichen Beziehungen eindeutig an den spezifisch mo­ dernen Kapitalismus gebunden ist, eben das formal-rationale Recht. Denn seine wirtschaftliche Funktion, die der Vertrags­ freiheit und die der rechtlichen Garantie in bezug auf die von

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den wirtschaftlich Handelnden geschlossenen Verträge, ent­ spreche den Bedürfnissen des auf Erwerbsstreben und Renta­ bilität gegründeten Kapitalismus in besonderer Weise: Eines Kapitalismus nämlich, der „an Marktchancen orientiert (ist), also (an) wirtschaftlichen Chancen im engeren Sinne des Wortes“ (Weber 1981,286). Mit anderen Worten, der moderne Kapitalismus stellt das Erzeugnis der gleichen Entwicklung dar, die auch den modernen Staat mit seinem formal-rationalen Recht hervorgebracht hatte. Hierin bestehe sein eigentümli­ ches Komplementärverhältnis - seine strukturelle Wahlver­ wandtschaft -, ohne aber direkt mit dem modernen Staat verknüpft zu sein (Rossi 1987, 165).

5.3. Neumanns und Kirchheimers Theorie des Nationalsozialismus Diese Konstellation von Bedingungen für das Zustandekom­ men rationaler Formen von öffentlicher Herrschaftsausübung, die Weber systematisch behandelt hat, zeigt mithin sehr an­ schaulich, daß der Rationalisierungsprozeß der Herrschaft und des Rechts der Moderne sich nicht ohne weiteres auf das nationalsozialistische System übertragen läßt. Den National­ sozialismus, dem es ja in Frontstellung gegen den formalen und abstrakten Rechtsbegriff an einer „förmlichen Festlegung und Kodifizierung des Herrschaftssystems (geradezu) fehlte“ (Broszat 1978), was zu einer „uncontrolled hegemony of personal patronage at all levels“ (H. Mommsen 1976b, 198) führte, könnte man daher mit Weber eher als eine Form „recht­ licher Irrationalität“ (Weber 1985,396) betrachten. Demzufol­ ge werden im Sinne einer „Kadijustiz"162 konkrete Bewertun­ 162 "Der .rationalen’ Rechtsfindung auf der Basis streng formaler Rechtsbegriffe steht gegenüber eine Art der Rechtsfindung, welche (...) den konkreten Fall (. . .) erledigt (...) unformal nach konkreten ethischen oder anderen prakti­ schen Werturteilen. (...) Die Kadijustiz kennt gar keine (...) in unserem Sinn

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gen ethischer, rechtlicher oder politischer Art entweder sub­ jektiv (Neumann 1980, 333), intuitiv163 164 oder willkürlich, also im Schmittschen Sinne dezisionistisch vorgenommen (vgl.: Schmitt 1979), statt daß auf generelle Normen oder „Tradi­ tion“ rekurriert wird (Weber 1985, 658; dazu auch: Neumann 1980, 51). Die „charismatische“ Form nationalsozialistischer Führung bedingte ja von vornherein eine Ablehnung der insti­ tutionellen und bürokratischen Normen, die für die rationale Regierungsform eines modernen Staates mit seiner klaren institutionellen Zurechnung konstitutiv sind. Statt dessen wur­ de persönliche Loyalität und ein ,,unkontrollierbare[r| Volun­ tarismus“ (Bach 1990,23) zur Grundlage der Autorität und des Rechts, so daß man grundsätzlich von „durchweg improvisier­ ten gesetzgeberischen Aktionen“ sprechen kann, „die Hitlers persönliche Führerstellung begründeten und als Ausdruck dieser führerstaatlichen Willkür zu einer bisher unbekannten Aufsplitterung und Beliebigkeit der Rechtsetzung führten“ (Rebentisch 1989, 548). Schließlich schätzten die Nationalso­ zialisten gerade das gering, was Weber - wenn auch verach­ tungswürdig, sollten sie in ihren Ressorts selbstzufrieden „ohne Geist“ handeln - als das Kennzeichen moderner Ra­

rationalen .UrteilsgründeDer konkrete Werturteilscharakter der Kadijustiz kann sich bis zu[m](.. .)Bruch mitallerTraditionsteigem“(Weber 1985,563). 163 Mussolini sah sich z. B. ausdrücklich einem „intuitiven Relativismus“ ver­ pflichtet, der gegen Positivismus und Sozialismus gerichtet war: „In Italien (. . .) ist der Relativismus eine simple Tatsache. Der Faschismus ist eine im höchsten Grade relativistische Bewegung, weil sie nie den Versuch gemacht hat, seine vielschichtige und machtvolle Geisteshaltung in ein geschlossenes Programm zu kleiden. Sein Erfolg liegt vielmehr gerade darin, daß er ständig wechselnden individuellen Eingebung gefolgt ist. Alles was ich in den vergan­ genen Jahren gesagt und getan habe, ist intuitiver Relativismus. (...) Wir Faschisten haben stets unsere völlige Gleichgültigkeit gegenüberjederlei Theo­ rie zum Ausdruck gebracht“ (aus: Relativismo e Fascismo, in : Diuturna, hrsg. v. V. Morello Mailand 1924, 374ff.; Übersetzung in: Neumann 1984, 535).

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tionalisierung hervorhob: das „eingeschuite Fachmenschen-

Das nationalsozialistische Herrschaftssystem produzierte da­ her auch einen anderen Verwaltungstyp als den, der durch Regeln rationaler Leitung gekennzeichnet ist. Die Gefahr, daß der Untergebene durch seinen spezialisierten Sachverstand der Steuerung und Kontrolle des politischen Vorgesetzten immer mehr entgleite, drohte daher auch weniger als Weber befürch­ tet hatte (Weber 1985,835 ff.). Eher war das Gegenteil der Fall. Hans Mommsen schrieb dazu kürzlich treffend, daß ,,[d]ie Ersetzung des auf dem Prinzip der Kompetenzentrennung und Arbeitsteilung beruhenden modernen bürokratischen Anstaltsstaats durch einen personalen Herrschaftstypus, der auf unbedingtem Gehorsam einer verschworenen Gefolgschaft beruhte“, ein Herrschaftssystem darstellte, das deutlich „ata­ vistische Züge trug“. Die Realität des nationalsozialistischen Herrschaftsgebildes mit seinen sozialdarwinistischen Zügen erzeugte mit dem Verlust jeglicher institutionellen Einbindung gleichsam den zum Amtsmißbrauch geradezu disponierten „bramabarsierenden (sic !), korrupten, selbstüberzogenen und unfähigen Funktionär“, der eine tiefe Verachtung für Fachwis­ sen, Expertentum und Verwaltungshandeln hegte und „der durch Bestechung eine Clique von Abhängingen um sich scharrte und die Allüren eines lokalen Paschas an den Tag legte“ (H. Mommsen 1990, 39, 42, 43-44).

164 „Niemand weiß noch, wer künftig in jenem Gehäuse wohnen wird und ob am Ende dieser ungeheuren Entwicklung ganz neue Propheten oder eine mächtige Wiedergeburt alter Gedanken und Ideale stehen werden, oder aber- wenn keins von beiden - mechanisierte Versteinerung, mit einer Art von krampfhaftem Sich-wichtig-nehmen verbrämt. Dann allerdings könnte für die .letzten Men­ schen' dieser Kulturentwicklung das Wort zur Wahrheit werden: .Fachmenschen ohne Geist. Genußmenschen ohne Herz: dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben“' (Weber 1988a, 3, 204). Dazu ferner: Koehi (1960, 921 ff.).

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Franz Neumann, der sich in puncto staats- und rechtstheoretischer Argumentationen und der Überlegungen zum charisma­ tischen Herrschaftsbegriff165 die Weberschen Vorstellungen zu eigen machte, schrieb schon 1936 im Hinblick auf die natio­ nalsozialistischen „Umformungen des Rechts durch individu­ elle Befehle“, die lediglich „Bestimmungen für eine konkrete Handlung“ darstellen (Neumann 1980, 352), daß „es heute in Deutschland kein Recht mehr“ gebe: „Was Recht genannt wird (...) ist nichts weiter als ein arcanum dominationis“ (Neumann 1980, 355, auch: 339; 1984, 518). Die Eliminie­ rung von rationaler Form und tendenziell rationalem Inhalt in der faschistischen „Rechtstheorie“, die lediglich dazu diene, den Willen des Führers „so schnell wie möglich in eine rechtliche Form zu transformieren“ (Neumann 1980, 353), hätten dazu geführt, daß der Nationalsozialismus das bürger­ liche Recht für seinen Herrschaftsbereich nicht funktionalisiert, sondern schlechthin beseitigt habe. Im Dritten Reich genügte in der Tat - und das ist hinlänglich bekannt - „eine Willensäußerung, ein Befehl oder ein Erlaß des ,Führers4, ja oft schon die Berufung auf oder der Glaube an eine spezifische mündliche Auslassung Hitlers“ (Bach 1990, 101), um mate­ riales Recht zu setzen und politische oder administrative Pro­ zesse von großer Tragweite auszulösen. Sie ließen sich auch

165 „Max Weber hat auf die allgemeine Erscheinung charismatischer Herrschaft hingewiesen (.. .). Seine Entdeckung war in der Tat die Wiederentdekkung eines Phänomens, das so alt wie das politische Leben selbst ist. Charis­ matische Herrschaft ist lange Zeit vernachlässigt und lächerlich gemacht worden, hat aber offenbar weit zurückreichende Wurzeln und wird, wenn die geeigneten psychologischen und sozialen Bedingungen erst einmal vorhanden sind, zu einer machtvollen Antriebskraft. Die charismatische Macht des Führers ist kein bloßes Trugbild - niemand kann bezweifeln, daß Millionen an sie glauben“ (Neumann 1984, 116-117). „In seiner italienischen wie in seiner deutschen Form war der Faschismus zu Anfang das, was Max Weber die .charismatische Herrschaft' nannte“ (Neumann 1980, 348).

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dann nicht umgehen, wenn sich herausstellte, daß eine prakti­ sche Umsetzung der Befehle „schwerste Rechtswidrigkeiten und unübersehbare Funktionsstörungen im Verwaltungsablauf hervorrufen mußten“ (Rebentisch, 1989,408). Die Reduktion von Rechtsnormen auf Befehle des politischen Machthabers, die Recht damit in Politik gleichsam auflöste (Habermas 1992a, Recht und Moral [Tanner Lectures 1986], 587), zeigte sich gerade auch an den sogenannten „Nürnberger Gesetzen“ von 1935, in denen „die Normen des NS-Rechts immer weni­ ger eine Rechtsfunktion selbst im instrumentellsten Sinne reiner Steuerung wahrnahmen“. Es dominierte auch hier eine eher „noch symbolische Funktion des Rechts“ (Maus 1989a, 95).166 Seine frühen Formulierungen von 1936 zusammenfassend, schrieb Neumann 1942: „Ist das generelle Gesetz die Grund­ form des Rechts, ist Gesetz nicht nur voluntas, sondern auch ratio, dann können wir nicht davon sprechen, daß im faschi­ stischen Staat ein Recht existiert“ (Neumann 1984, 522; siehe auch bereits: 1980, 340ff.). Denn die Vernünftigkeit des Ge­ setzes bestimme sich nach seiner formalen Struktur und nicht nach der Vernünftigkeit der Gesellschaft, in der das Gesetz wirke: „Vernünftigkeit wird so zur Rationalität, eine Rationa­ lität jedoch, die formal und technisch ist, d. h. voraussagbar und berechenbar“ (Hervorhebung, M.S; Neumann 1984, 510). Entscheidend dabei aber sei, daß erst die Bindung der Staatsgewalt an den formalen Rechtsbegriff den bürgerlichen Rechtsstaat konstituiere und daß die „absolute Leugnung der Allgemeinheit des Gesetzes“ (Neumann 1984, 523), also die Leugnung seiner eingeschriebenen formalen Rationalität, ne-

166 Der Kem der sogen. „Nürnberger Gesetze“ lag im § 3: „Der Reichsminister der Innern (sic!) erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften“ (in: Maus 1989a, 95).

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ben dem Widerstand gegenüber moralischen Traditionen des Naturrechts167, den Kernpunkt nationalsozialistischer Rechts­ auffassung darstelle. Denn wenn es in den Anfängen der

167 Walther ( 1988,270-271 ) hebt hervor, daß der Nationalsozialismus sich gegen beide Formen der .Rationalisierung des Rechts' richtete, nämlich einerseits gegen die formale Rechtsstaatlichkeit (auf die Neumann sich hauptsächlich beschränkt), andererseits aber auch gegen die demokratische Rechtsstaatlich­ keit. Er schreibt hierzu daher auch deutlicher als Neumann ( 1939-1940, 361 ), daß die NS-Rechtsideologie und die ihr zuarbeitende Wissenschaft nicht nur die formale Rationalität des Positivismus bekämpfte, sondern auch das an universalistischen Kriterien orientierte moderne Naturrecht (zur Verbindung von Naturrecht und positivem Recht siehe: Habermas 1992a, Recht und Moral [Tanner Lectures 1986], 552. 568), mithin einen Zwei-Fronten-Kampf führte: „Auf der einen Seite wird der Positivismus bekämpft als diejenige Entartung des Rechtsdenkens, welche den engen Zusammenhang zwischen Recht und Gerechtigkeit, zwischen Recht und Sittlichkeit zerstört habe zugunsten eines abstrakten, ethisch entleerten Formalismus. Dagegen steht dann Hitlers Dik­ tum, im Dritten Reich seien Recht und Sittlichkeit identisch. Auf der anderen Seite wurde das rationale, an universalistischen Kriterien orientierte moderne Naturrecht, d. h. das Vemunftrecht seit dem 17. Jahrhundert, bekämpft, es wurde der Bankrott ihrer .idées générales' erklärt. Dieser Kampf gegen Vernunftrecht und Geltungspositivismus zugleich entsprang jedoch keiner ideolo­ gischen Verwirrung: Die NS-Ideologie war sich nämlich, sehr im Unterschied zur heutigen Diskussion, der Zusammengehörigkeit beider ziemlich sicher. Die strenge Gesetzesbindung stellt ja immer ein Hindernis für die Durchsetzung neuer (revolutionärer) und situativ wechselnder politischer Ziele mit Hilfe der Justiz dar. Der Gesetzespositivismus ist eine Strategie, staatliche Machtaus­ übung durch die Bindung an generelle Regeln zu domestizieren. Mit der Betonung der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit der Rechtsprechung weist der Positivismus eine deutliche Affinität zum Individualismus der ratio­ nalen Interessenkalkulation und -durchsetzung auf. Demselben Nährboden individualistisch-liberalen Denkens enstammt auch das rationale Naturrecht, das ebenso abstrakt und unter Vernachlässigung aller konkreten, das mensch­ liche Leben bestimmenden und durchwaltenden Bezüge die Gleichheit aller Menschen propagiert. Damit stehen beide Tendenzen in schroffem Gegensatz zu jenem wahren Naturrecht, das im Nationalsozialismus erneut zum Durch­ bruch und zur Herrschaft kommt : ,Es gibt kein Recht, das in den Sternen hängt, kein Recht, das dem einzelnen gleichmäßig eingeboren ist, also kein in diesem Sinne übervölkisches Naturrecht. Es gibt nur einen Grundsatz, der allerdings für alle Menschen gleich ist, und das ist der, daß er seiner Art gemäß leben soll.'“ Zum „Bankrott der idées générales“, siehe: Schmitt (1934a, 225).

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modernen bürgerlichen Gesellschaft darum ging, willkürliche Herrschaft zu minimieren und die ethische Funktion des all­ gemeinen Gesetzes in der Trennung von Recht und Moral zu fundieren (was Neumann als bleibendes Verdienst des Libera­ lismus ansieht), so ist die nationalsozialistische Form politi­ scher Herrschaft unter ideologisch vorgegebenen Prämissen für Neumann durch eine quasi Refeudalisierung, mithin einer regelrechten Aufhebung dieses Entwicklungsgesetzes ge­ kennzeichnet (Neumann 1984, 525): „Tatsächlich kann eine Identität von Recht und Moral nur in einer vollkommen ho­ mogenen Gesellschaft unterstellt werden, oder zum Beispiel in einer Religionsgemeinschaft, die von einem allgemein an­ erkannten Wertsystem regiert wird. Auf einem solchen Hin­ tergrund könnte das Gesetz nicht nur das äußere Verhalten, sondern auch die innere Überzeugung steuern, und die Moral könnte sowohl das Bewußtsein als auch die äußeren Pflichten prägen. In diesem Falle wären Recht und Moral identisch. In einer antagonistischen Gesellschaft jedoch, in der die morali­ schen Überzeugungen ständig aufeinanderprallen, ist eine an­ gebliche Identität der beiden Wertsysteme nichts weiter als ein Mittel zur Terrorisierung des menschlichen Bewußtseins“ (Neumann 1984, 513). Das Verhältnis von Gesetz und Gewalt, von Recht und Moral habe sich somit gegenüber den struktu­ rellen Bedingungen bürgerlicher Gesellschaft mit seiner Kom­ ponente der formalen Rationalität in sein Gegenteil verkehrt. Theoretisch zum „Dezisionismus“ reduziert und in der Praxis zu einem „Mittel der Machtstabilisierung“ verkommen, habe das Recht daher seine dominierende Regelungsfunktion im staatlichen wie gesellschaftlichen Handeln verloren (Neu­ mann 1984,518,523). Neumanns Resümee lautete dann auch: „Von dem Prinzip nulla poena sine lege, nullum crimen sine lege (keine Strafe ohne Gesetz, kein Verbrechen ohne Gesetz), der Grundformei jeder Rechtsordnung, ist nichts geblieben“ (Neumann 1984, 526).

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Indes, nicht nur das allgemeine Gesetz und das damit verbun­ dene Prinzip der Rechtsgleichheit - das allerdings selbst schon, entgegen der Annahmen Neumanns, die Institutio­ nalisierung von moralischen Grundnormen verkörpert168 -, habe der Nationalsozialismus beseitigt, Errungenschaften, die Adorno generell als „das Urphänomen irrationaler Rationali­ tät“ betrachtete, die insgeheim „der Ungleichheit Vorschub“ leisten (Adorno 1988, 304).169 Neumann konstatierte darüber 168 Neumann übersieht in seinem mißverständlichen Plädoyer für eine strikte, rein formale Trennung von Recht und Moral, daß dem liberalen Modell sehr wohl eine spezifische Form der Verknüpfung von Recht und Moral zugrunde liegt (klarer dazu: Kirchheimer 1984b). So liegt der moralische Charakter von Verfassungsprinzipien und Grundrechten „wie dem Gleichheitsgrundsatz, der Garantie von Handlungsfreiheiten und körperlicher Unversehrtheit, der Meinungs- und Gewissensfreiheit, der Unverletzlichkeit privater Lebenssphären usw. auf der Hand“ (Peters 1991, 63). Indem solche moralische Verfassungs­ prinzipien in strafrechtlichen Normen oder in zivilrechtlichen Regelungen spezifiziert werden, gibt es also eine eindeutige Beziehung zwischen Verfassungsrecht und einfachen Gesetzen. Das Problem der Gerechtigkeit des Rechts wird damit zum Problem der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze (Dreier 1991, 36ff.). Dazu bereits Heller (1971, Bd. II, Recht, Staat, Macht: 141 ff., 203ff. u. Bd. III, Staatslehre als Politische Wissenschaft: 305ff.). So auch jetzt: Haber­ mas (1992a, Recht und Moral (Tanner Lectures 1986], 541 ff., hier insbes.: 552). 169 „Recht ist das Urphänomen irrationaler Rationalität. In ihm wird das formale Äquivalenzprinzip zur Norm, alle schlägt es über denselben Leisten. Solche Gleichheit, in der die Differenzen untergehen, leistet geheim der Ungleichheit Vorschub (...). Die Rechtsnormen schneiden das nicht Gedeckte, jede nicht präformierte Erfahrung des Spezifischen um bruchloser Systematik willen ab und erheben dann die instrumentale Rationalität zu einer zweiten Wirklichkeit sui generis. Das juristische Gesamtbereich (sic!) ist eines von Definitionen. Seine Systematik gebietet, das nichts in es eingehe, was deren geschlossenem Umkreis sich entziehe, quod non est in actis. Dies Gehege, ideologisch an sich selbst, übt durch die Sanktionen des Rechts als gesellschaftlicher Kontrollinstanz, vollends in der verwalteten Welt, reale Gewalt aus. In den Diktaturen geht es über in diese unmittelbar, mittelbar stand sie von je dahinter. (. . .) Das System selbstgemachter Begriffe, das die ausgereifte Jurisprudenz vor den Lebensprozeß der Gesellschaft schiebt, entscheidet sich durch Subsumtion alles Einzelnen unter die Kategorie vorweg für die Ordnung, der das klassifikatorische System nachgeahmt ist“ (Adorno 1988, 304-305). - Diese Rechts-

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hinaus auch eine zunehmende Tendenz einer Dekomposition staatlicher Strukturen, deren Liquidierung gemäß der national­ sozialistischen Rechtsauffassung auch von Anfang an erstrebt wurde: „Hitler zeigt in seinem Buch (,Mein Kampf, Μ. S.) eine starke Verachtung gegenüber dem Begriff des Staates, eine Verachtung, die immer noch anhält, wie seine Reden auf den Reichsparteitagen von 1934 und 1935 in Nürnberg zeigen. Der Staat ist für ihn weder eine sittliche Einheit noch die Realisierung einer absoluten Idee, sondern er ist der Diener von ,Rasse und Volk4“ (Neumann 1980, 341).170 In seiner Studie .Behemoth4 verwies er daher mit Nachdruck darauf, daß die schon damals gängige Redeweise vom „totalen Staat“ übersehe, wie die einzelnen nationalsozialistischen Organisa­ tionen sich mit ihrer Willkürherrschaft gleichsam parasitär über den vorhandenen Staat legten und diesen damit als Herr­ schaftsträger ohne Beispiel in der modernen und faschisti­ schen171 Staatenwelt in seiner Bedeutung weitgehend ein-

kritik, wie sie hier von Adorno vorgetragen wurde, geht völlig an der Tatsache vorbei, daß - wie z. B. Bader (1981, 19), Günther (1988, 255ff.) und Peters (1991, 153 ff.) gezeigt haben - die „Allgemeinheit moralischer oder rechtlicher Normen (. . .) die angemessene Berücksichtigung der Eigenheiten des konkre­ ten Falls nicht“ ausschließt. „Solche .Abstraktionen' können unter Umständen als eine Voraussetzung der praktischen Wirkungsfähigkeit des Rechts normativ gerechtfertigt werden“ (1991, 154). Schon für Kant ( 1968b) sollte allgemeines Recht nicht die moralische Autonomie ersetzen, sondern erst den gesicherten Raum schaffen, die für ihre Betätigung notwendig ist. 17u Dazu insbes. neuerdings auch Diner ( 1989b, 26 und 44 ff.), der deutlich zeigt, daß nach nationalsozialistischer Rechtsauffassung (wie z. B. bei: Walz, Volkerrechtsordnung und Nationalsozialismus, München 1942,474) das „Volk als ursprüngliche Gemeinschaft im Vordergrund“ steht und „nicht der Staat“. Der Angriff richtete sich damit also deutlich gegen die als .unpolitisch' verachtete liberale Staatslehre der Moderne, die den Staat von der Staatsgewalt her beschreibe. 171 Hier weist Neumann (1984, 104-107) auf einen wichtigen Unterschied zwi­ schen italienischem Faschismus und deutschen Nationalsozialismus hin: „In Italien ist nach wie vor die Hegelsche Staatstheorie, wenn auch in verzerrter Form, vorherrschend“ (Zitat: 104). Die Nationalsozialisten lehnten dagegen

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schränkten: „Was aber ist nun die Struktur des Nationalsozia­ lismus, wenn es sich nicht um einen Staat handelt?“ fragt Neumann. „Ich wage zu behaupten, daß wir es hier mit einer Gesellschaftsform zu tun haben, in der die herrschenden Grup­ pen die übrige Bevölkerung direkt kontrollieren - ohne die Vermittlung durch den wenigstens rationalen, bisher als Staat bekannten Zwangsapparat“ (Neumann 1984. 543).172 Otto Kirchheimer, der seit 1935 innerhalb der Kritischen Theorie in zahlreichen Aufsätzen eine eigenständige Interpre­ tation des Verhältnisses von Staatsgefüge und Recht im Natio­ nalsozialismus entwickelt hatte, unterstützte im wesentlichen die Thesen Neumanns mit detaillierten Studien über das natio­ nalsozialistische Strafrechtssystem (hierzu v. a.: Saage 1987). Er legte in seinen Studien über ,,[d]as Strafrecht im national­ sozialistischen Deutschland“ und über ,,[d]ie Rechtsordnung des Nationalsozialismus“ eindringlich dar, wie die rechtsstaatlichen formalen Grenzen des Strafrechts durch sogenanntes

die faschistische Auffassung vom Staat dezidiert ab, als er doch „eine rein staatliche, formale Souveränitätsidee im Hegelschen Sinne’* vertrete und das Problem der Rasse, „Kem der nationalsozialistischen Rechtsauffassung“, zu­ gunsten des Staates ignoriere. Zitate aus Diner (1989b, 45 [Gürke, Volk und Völkerrecht, Tübingen 1934, 35]) und Schmitt (1936, 620). 172 Auch Adorno, in seiner Würdigung .Franz Neumann zum Gedächtnis* (in: Söllner 1982, 100) erkannte 1967 die „Idee des Behemoth“ nunmehr vorbe­ haltlos an. Sie ist „bezeichnend für die Struktur alles dessen, was (Neumann, Μ. S.) dachte und verfaßte, ist originell im höchsten Maß, den Oberflächenvor­ stellungen vom monolithischen Faschismus schroff entgegengesetzt. In Über­ einstimmung mit Untersuchungen von Otto Kirchheimer und Arkadij Gurland wird dargetan, daß der nationalsozialistische Staat, der sich als total-einheitlich propagierte, in Wahrheit, und auf verhängnisvolle Weise, pluralistisch war. Die politische Willensbildung stellte sich her durch die planlose Konkurrenz mäch­ tigster sozialer Cliquen. Als erster vielleicht hat Neumann durchschaut, daß das Schlagwort Integration, seit Pareto eines der Zentralstücke faschistischer Ideo­ logie, Deckbild seines Gegenteils ist, eines Zerfalls der Gesellschaft in diver­ gierende Gruppen, die äußerlich und abstrakt, von der Diktatur unter einen Hut gebracht werden, (...) und die den gleichzeitig verhimmelten Staat zu sprengen drohen."

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„gesundes Volksempfinden“ systematisch abgebaut wurden, um jedwedes System zur Erhaltung individueller Rechte zu verdrängen. Vagen nationalsozialistischen Anschauungen wie die der phänomenologischen Rechtstheorie, die nach dem Prinzip „ein Dieb ist, wer seinem Wesen nach ein Dieb ist“ vorging, wurden durch größere Freiheit der Rechtsauslegung der Richter173 und mit ständigen neuen Sonderstrafverordnun­ gen willkürlich Raum geboten. So könne das nationalsozia­ listische Regime, wann immer es dies unter vollkommener Nichtbeachtung des Verbots der Rückwirkung von Gesetzen wünsche, die Justiz, die sich ja immer mehr der Rolle eines weisungsgebundenen Polizeibeamten angleiche, dazu zwin­ gen, erwünschte Urteile zu fällen (siehe auch: Neumann 1980, 350, 352 ; 1984, 517). Außerdem habe, so Kirchheimer weiter, „das Verschwinden eines einheitlichen Strafrechtssystems hinter zahllosen Sonderkompetenzen (...), die ständig wach­ sende Zahl von Verwaltungsinstanzen mit eigener unabhängi­ ger Strafgewalt (. ..) den Handlungsbereich der regulären Strafgerichte (zusätzlich) eingeschränkt“. Organisationen wie SS. NSDAP, Arbeitsdienst und Wehrmacht haben ihre Mitglie­ der der Kompetenz der regulären Gerichte ganz oder teilweise entzogen, und das polykratische System, das nur noch nach den Regeln normativ entleerter, sogenannter „technischer Ra­

173 „Die Weltanschauungsgebundenheit gibt auch dem Richter die Freiheit souve­ räner Gesetzesauslegung und Gesetzesanwendung.“ So Roland Freisler, be­ kannt durch seine Schriften zur juristischen Methodik im Dritten Reich. Bei Karl Larenz, einem ebenfalls einflußreichen nationalsozialistischen Vertreter der juristischen Methodenlehre, heißt es: ,,[D]ie Bindung des Richters an die Gesetze (...) darf (...) nicht als eine zu starre aufgefaßt werden. (...) Es hieße den Willen des Führers verkennen, wollte man ihn an einem Ausdruck festhalten, der zu einer dem Sinn und Geist der völkischen Gesamtordnung nicht entsprechende Bedeutung führt.“ In den 1942 vom Reichjustizministerium herausgegebenen .Richterbriefen* wurde den Richtern deutlich gemacht, daß sie die „Werte“ des Volkes zu verteidigen haben, und nicht etwa „sich sklavisch der Krücken des Gesetzes“ zu bedienen (in: Maus 1989a, 89,90-91).

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tionalität“ im Dienste der Sicherung der Macht zusammenge­ halten werden könne, habe so einen generellen antirationalen Vorbehalt institutionalisiert (Kirchheimer 1981b, 195, 197— 198; dazu auch: Neumann 1984, 527). Die von Neumann und Kirchheimer durchgeführten - und durch die heutige Forschung bestätigten174-empirischen Ana­ lysen einer Dekomposition bürgerlicher Rechtstraditionen und staatlicher Strukturen durch das polykratische nationalsoziali­ stische Herrschaftssystem zeigen also eindringlich und über­ zeugend, daß selbst mit einer dem Marxismus verhafteten ambivalenten Haltung gegenüber einem im Liberalismus an­ gelegten Rationalitätspotential, die Deutung des Nationalso­ zialismus sich nicht notwendig aporetisch auf die Konzeption

174 Siehe dazu auch Anm. 69. Insbesondere H. Mommsen (1966. 122-123) hat in seiner grundlegenden Arbeit über das „Beamtentum im Dritten Reich“ die Beobachtungen Kirchheimers und Neumanns Punkt für Punkt bestätigt. Wie eine Zusammenfassung ihrer Analysen läßt sich das Resümee seiner Untersu­ chung lesen: „Die Ersetzung des Begriffs der .Gesetzmäßigkeit' durch die dehnbare Klausel der .Rechtmäßigkeit', die sich nicht auf das positive Recht, sondern auf das der nationalsozialistischen Weltanschauung gemäße .Rechts­ empfinden' bezog, sowie die Ausweitung der Gehorsamspflicht des Beamten, die auch in den Fällen bindend war, wo Verwaltungsanweisungen den Gesetzen und Dienstvorschriften (...) zuwiderliefen, bedeutete die innere Aushöhlung des Beamtentums als Rechtsinstitut. (...) Die Umwandlung des Berufsbeamtentums in eine .Dienstgefolgschaft' (. . .) zerstörte zugleich die besondere Funktion, die ihm als Repräsentant der staatlichen Ordnung zukommt. Folge­ richtig mußten die rechtlichen Fundamente, das Fachprinzip und die besondere Vertrauensstellung, in dem Maße verkümmern, als die staatliche Personalpoli­ tik und die Organisation der inneren Verwaltung einer im Grunde atavistischen Form politischer Vasallität unterworfen wurden. Die aus dem Boden schießen­ den Sonderverwaltungen, Kommissariate und Einsatzstäbe, die Etablierung der Reichsstatthalter und Gebietskommissare als nur dem Führer persönlich unter­ stehende Würdenträger, die Aufteilung der Macht zwischen rivalisierenden Organisationen - alle diese Erscheinungen hochgradiger Zersetzung der staat­ lichen Substanz zerstörten (...) die Funktion des Beamtentums als spezifi­ schem Träger des Staates. (...) Was mit mutwilliger Mißachtung rechtsstaatlicher Normen begann, endete mit dem Niedergang staatlicher Ordnung als solcher.“ Vgl. dazu auch: Schom (1963, 59ff.).

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von Rationalität insgesamt auswirken muß. Konnten beide Autoren überzeugend zeigen, welche zerstörerische Dynamik ein charismatischer Prozeß im Hinblick auf den rationalen Verwaltungsstaat und seine formal-rationale Legalität entfal­ ten kann, wenn es ihm gelingt, die rechtsstaatlichen Elemente der liberalen Variante des Modemisierungsprozesses auszu­ schalten, so konnten Horkheimer und Adorno dagegen wegen der Verallgemeinerung ihrer Kritik und des von ihnen in der Faschismusdebatte verwendeten regredierten Konzepts von moderner Rationalität als instrumenteller Vernunft nicht ver­ hindern, daß ihr gesellschaftstheoretisches Konzept in einer „hemmungslosen Vemunftskepsis“ kulminierte. Zwar sprach Horkheimer 1939 eine Teil Wahrheit aus, als er forderte, daß derjenige vom Faschismus schweigen solle, der nicht vom Kapitalismus reden wolle. Hierin war er sich mit Neumann und Kirchheimer durchaus einig. Schweigen aber sollte auch besser derjenige, der beim Nationalsozialismus nicht auch von den in Deutschland radikalen und populären Kritiken an der Aufklärung reden will, die fast zweihundert Jahre lang kultiviert wurden : Der falsche „Gestus nachgeahm­ ter Substantialität, de[r] Bildungsdünkel auf einen privilegier­ ten Zugang zur Wahrheit, die Verachtung von common sense, öffentlicher Argumentation, von Kompromiß und Verständi­ gung“ (Habermas 1990,33). Es ist dann auch kein Zufall, „daß faschistische Bewegungen nur in solchen Gesellschaften er­ folgreich waren, in denen das Bürgertum sich nur unvollkom­ men von den Bedingungen der ständischen Gesellschaft eman­ zipiert hatte“ (Winkler 1979, 216). Die Ablehnung formaler und demokratischer Rechtsstaatlichkeit hat mit dem Faschis­ mus mindestens ebensoviel zu tun wie der Kapitalismus. Dies gegenüber einer globalen „Kritik der instrumentellen Ver­ nunft“ mit größerer begrifflicher Klarheit hervorgehoben und damit gleichsam der globalen Vemunftkritik Einhalt geboten zu haben, bleibt das große Verdienst der beiden Außenseiter

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der Kritischen Theorie. Ihnen verdankt Habermas1 neue „Diskurstheorie des Rechts - und des Rechtsstaates“ (Habermas 1992a) daher vielleicht auch mehr als der große Umweg über die mühevolle theoretische Auseinandersetzung mit Horkheimers und Adornos Subjekt- oder bewußtseinsphilosophischen Prämissen, die sie vermeintlich darin behindert haben, ihre normativen Maßstäbe auszuweisen oder Alternativen zur „Klärung der Grundlagen einer kritischen Gesellschaftstheo­ rie“ (Habermas 1981c) vorzuweisen.

KAPITEL VI.

Schlußbetrachtung ,,[U]m den Nationalsozialismus im Bewußt­ sein des deutschen Volkes zu vernichten, ist das Beispiel einer gut funktionierenden De­ mokratie gleich wertvoll wie eine mächtige Armee.“175

Franz Neumann

Die theoretische Auseinandersetzung mit den Faschismus­ theorien der Kritischen Theorie im ganzen hat zu einem zwie­ spältigen Ergebnis geführt. Einerseits bieten diese nach wie vor einen bisher unübertroffenen, immer noch aktuellen inter­ disziplinären Ansatz für eine breit gefächerte Vielfalt von wissenschaftlichen Analysen des nationalsozialistischen Sy­ stems. Andererseits zeigen die vom interdisziplinären Pro­ jekt abgekoppelten philosophischen Faschismustheorien von Horkheimer und Adorno - abgesehen von historischen Unge­ reimtheiten, die die wesentlichen Zusammenhänge verschlei­ ern - begriffliche Inkonsistenzen und Verkürzungen. Daher kann der systematische Gehalt ihrer, von einer Kritik der instrumentellen Vernunft geprägten, Theorie nicht überzeu­ gen. Unter dem Eindruck der Erfahrung des Nationalsozialis­ mus verständlich, aber doch begriffsgeschichtlich unnötig zu einer pauschalen Vernunftkritik stilisiert - wenn auch gegen die Intentionen der Autoren -, reiht sie sich in dieser Hinsicht in die philosophischen Gemeinplätze ein, für die es in diesem Jahrhundert viele Beispiele gibt, und „die immer wieder

175 Neumann (1984, 550).

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erneut mit Originalitätsansprüchen“ vorgebracht werden (Schnädelbach 1992, 13). Ein erstes Problem ergab sich daraus, daß Horkheimer und Adorno, behindert durch die Engpässe ihrer handlungs- und rationalitätstheoretischen Begriffsbildung, den Nationalsozia­ lismus in ihren philosophischen Schriften allein unter dem Aspekt der instrumentellen Vernunft untersuchten. Wenn man in Konsequenz dieses Ansatzes den Nationalsozialismus als Ausdruck der „konkreten historischen Formen“ und „Institu­ tionen“ (Horkheimer/Adorno 1986, 3; siehe auch: Horkhei­ mer 1985d: Idee, Aktivität und Programm des Instituts für Sozialforschung [1938], 162) moderner Gesellschaften - und damit die „Verflechtung von Rationalität und gesellschaftli­ cher Wirklichkeit“ (Horkheimer/Adorno 1986, 5-6) ange­ messen beschreiben und erklären will - muß ein komplexerer Begriff von Rationalität zur Verfügung stehen, der es - wie z. B. Max Webers Ansätze einer Handlungs- und Rationalitäts­ theorie zeigen - gestattet, gerade diese „Formen“ und „Insti­ tutionen“ in rationalitätsbegrifflicher Unterscheidung konkre­ ter herauszuarbeiten. So wie der Begriff der Rationalität kann aber auch der der Irrationalität verschiedene Dimensionen haben. Zur Identifizierung solcher Irrationalitäten müssen da­ her unterschiedliche Rationalitätsmaßstäbe ebenso vorausge­ setzt werden. Erst dann läßt sich die Rationalisierung moder­ ner Gesellschaften und die Zerstörung der Rationalität in wichtigen Teilbereichen aus ideologischen Gründen, die gleichsam Irrationalitäten erzeugen können, ohne Einebnung wesentlicher Differenzen auf ganzer Breite analysieren. Not­ wendig dazu ist auf jeden Fall der Verzicht auf einen wenig sinnvollen singulären Begriff von Rationalität als reduzierte Zweckrationalität, mit dem man dann Moderne und Aufklä­ rung glaubt, als Ganzes kritisieren zu können. Dieser Verzicht und die notwendige Differenzierung von Rationalitätstypen ermöglicht es, die vornehmlich in der kontinentaleuropäischen

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Philosophie so beliebten „globalen Rationalitätsdenunziationen als pars pro toto“ (Schnädelbach 1984, 12) zurückzuweisen. So kann auch dem allzu spekulativen Verdacht eines monokausalen Zusammenhangs der Rationalität und des Nationalsozialismus/Faschismus entgegengetreten werden. Zu­ gleich kann damit die latente Gefahr vermieden werden, die darin besteht, daß der spezifische Charakter des deutschen Nationalsozialismus leichtfertig eingeebnet wird. Es soll ja nicht in Abrede gestellt werden, daß Nationalsozia­ lismus und Faschismus, indem sie gegen zentrale Aspekte der Moderne opponieren, sich (zwangsläufig) der Möglichkeiten und Mittel bedienen (müssen), die die moderne Welt bereit­ stellt. Niemand kann sich den „Unwiderstehlichkeitfen] der Moderne“ (Adorno 1970, 58) entziehen, insbesondere nicht den Möglichkeiten der Bürokratie - einem ausgewiesenen Mittel rationaler Herrschaft.176 In Frage zu stellen ist jedoch und ich hoffe dies in dieser Arbeit hinreichend gezeigt zu haben -, ob darum der Rationalität und in der Folge dann der Moderne und der Aufklärung der Prozeß gemacht werden muß; ein Prozeß, der letztendlich nur der Gegenaufklärung dient, die sich dadurch auszeichnet, daß sie sich komplexen 176 Bauman (1992) ist hier nochmals entschieden zu widersprechen, wenn er die ,,spezifische[n] modernen, technisch-bürokratischen Handlungsmuster und der sie bedingten Mentalität“ als „wichtigsten kausalen Faktor für den Ho­ locaust" (Hervorhebung Μ. S.; 110), betrachtet und seine Auffassung schließlich dahingehend verallgemeinert, daß die „Entmenschlichung (...) unlösbar mit der rationalistischen Tendenz der modernen Bürokratie verknüpft“ ist ( 118 ). Auch hier ist wieder einmal der an einer bestimmten Aufklärungskritik geschulte Blick des Soziologen so dominant, daß er die Tatsache übersieht, daß die Folgen und Mechanismen einer bürokratischen Kultur immer auf den „einzelne[n] historische[n] Fall (..) hin zu betrachten“ sind; d. h. „in welcher speziellen Richtung (...) die Bürokratisierung verlief' (Hervorhebungen, Μ. S.; Weber 1985, 572). Bürokratisierung kann dann, wie im Dritten Reich, enthoben von jeglicher rechtsstaatlichen und moralischen Kontrolle ihrer Handlungsträger, eine Umsetzung des Vemichtungsprozesses ermöglichen. Siehe dazu meine Ausführungen im Kapitel V.

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Bewertungsstnikturen entzieht. Definitive Grenzen sind der sogenannten aufgeklärten Modernität der faschistischen Ideo­ logie ja von den politischen, gesellschaftspolitischen, sozialen und kulturellen Errungenschaften der Moderne gesetzt. Den „Prozessen der Ausdifferenzierung, Pluralisierung, Autonomisierung und der individuellen und kollektiven Emanzipa­ tion“ (Klinger 1992, 786) mußte notwendigerweise, zumal durch das Führerprinzip, der „Phraseologie einer angeblich allein sittlichen Gemeinschaft“ (Heller 1978, 167) und der Negation der Herrschaft des Gesetzes erbitterter Widerstand entgegengesetzt werden. Ein Widerstand, so läßt sich resümie­ ren, der bis heute in stets neuen Formen der faschistischen (oder wie man heute sagt: rechtsextremen) Ideologie und Mentalität eigentümlich ist (dazu: Benz 1991, 10ff.).177 Wir sollten also nicht widerspruchslos den Formeln und Slogans der Faschisten folgen, wenn sie von „Vernunft“, „Rationali­ sierung“, „Modernisierung“ oder „Wissenschaft“ reden, wie das heute wieder von Autoren getan wird, die sich in besonde­ rer Weise den Thesen der,Dialektik der Aufklärung 4 verpflich­ tet fühlen und dabei die „halbierte Moderne“ bzw. das Kon­ zept des „reactionary modernism“ (Herf 1990) für das Ganze halten.178 *Was ihre Begründungen und Ergebnisse angeht, die

177 Darin also liegt das Wesentliche am Nationalsozialismus/Faschismus. Gerade nach dem Wegfällen der Bedrohung des Kommunismus wird damit Noltes (1987, 15) dezidierte These fragwürdig, die das „Wesentliche am Nationalso­ zialismus“ (und am Faschismus in Italien (5ff.|) im „Verhältnis zum Marxis­ mus und insbesondere zum Kommunismus in der Gestalt“ sieht, „die dieser durch den Sieg der Bolschewiki in der russischen Revolution gewonnen hatte". Diese These vertrat Nolte bereits 1963 (in: 1979, 51). 178 Wie wir bereits sahen bei: Bauman (1992), Aly/Heim (1991a, 1991b) und Ziteimann (1989a, 1991). In seinen Tischgesprächen behauptete Hitler: „Nie­ mals aber darf der Nationalsozialismus sich bemühen, in äffischer Weise kultisch eine Religion nachzuahmen, für ihn gilt immer nur, wissenschaftlich eine Lehre aufzubauen, die nichts weiter ist als ein Kultus der Vernunft.“ Auf der Grundlage solcher Behauptungen glaubt Ziteimann ( 1989a, 339 ; Zitat ebd.)

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immer wieder als „grundlegend und unverzichtbar“179 angepriesen werden, so ist meinen Ausführungen und Überlegun­ gen von Kapitel IV und V hier nichts hinzuzufügen. Was im Dritten Reich unter eben diesen Begriffen verstanden wurde, war in den meisten Fällen entweder bloßes Vorurteil - einge­ bunden in nicht verifizierbare, pseudowissenschaftliche Er­ gebnisse oder basierend auf ein elitäres Sendungsbewußtsein, ein traditionelles Ethos von Pflichterfüllung und unbedingten Gehorsam - letzterer nicht allein als Bereitschaft zu strikter Befehlsausführung um ihrer selbst willen, sondern auch in ideologischer Übereinstimmung mit den Zielen des Regimes - oder aber im Hinblick auf die Durchsetzung der erstrebten Ziele „lediglich gröbste Rücksichtslosigkeit“ und „gewissen­ lose Brutalität“ (Grami 1992, 292). Es ist ja gerade die Vernunft, die an jenen zerbricht, die, auch um den Preis des eigenen Untergangs, ihren angestauten Haß gewalttätig entladen (Dan Diner). Horkheimer und Adorno haben dies in einem der ,Dialektik der Aufklärung4 nachge­ reichten ,Entwurf4 schon erkannt: „Dem Faschisten läßt sich nicht gut Zureden. Wenn der andere das Wort ergreift, empfin­ det er es als unverschämte Unterbrechung. Er ist der Vernunft unzugänglich, weil er sie bloß im Nachgeben der anderen erblickt“ (Horkheimer/Adorno 1986, 219). Wenn wir also die Rationalität der Rechtsordnung und die des Rechtssystems oder die des ganzen politischen Systems untersuchen, so ist dies zwar eine notwendige, aber nicht eine hinreichende Be­ dingung für die Rationalität einer - dem „Faktum des Plura­

allen Ernstes davon ausgehen zu können, daß „solche Formulierungen (...) zur Überprüfung der These Anlaß geben (sollten), daß der Nationalsozialismus sich prinzipiell als Gegenbewegung gegen die Aufklärung und den Rationalis­ mus des 18./19. Jahrhunderts verstand“. Vielmehr stelle Hitler sich mit „seinem .Kultus der Vernunft* (. . .) ausdrücklich in die Tradition der französischen Aufklärung“. 179 Siehe z. B. den Umschlagtext zu Baumans (1992) Studie.

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lismus“ (Rawls 1992,294) unterliegenden - modernen gesell­ schaftlichen Ordnung, die uns davor schützen soll, daß solche Menschen wieder die Macht erlangen können. Andere „Kommunikationsnetz[e] politischer Öffentlichkeiten“ sind für die Rationalität einer solchen Ordnung ebenso wichtig, damit „eine mehr oder weniger rationale Meinungs- und Willensbildung über gesamtgesellschaftlich relevante Themen und regelungsbedürftige Materien stattfinden“ (Habermas 1992b, 23) und institutionell transformiert werden kann: „[SJymbolische Ressourcen der Kultur, moralische und andere soziale Nor­ men, institutionelle Formen wie freiwillige Assoziationen, nichtöffentliche Organisationen, Märkte, Professionen, Foren und Kanäle öffentlicher Kommunikation, Familie und andere Gemeinschaftsformen“ müssen also hinzutreten, wenn insti­ tutionelle Grundstrukturen funktionieren sollen (Peters 1992, 314). Diese institutionellen Rahmenbedingungen können sol­ che anderen Formen und Mechanismen demokratischer Parti­ zipation in bestimmten Grenzen regulieren ; aber ihre Rege­ lungen können nicht alle anderen Vergesellschaftungsformen kompensieren. Andererseits aber kann eine normative Gesell­ schaftstheorie auch nicht als reine Demokratietheorie ent­ wickelt werden. Für eine normative Gesellschaftstheorie sind vielmehr die von Neumann und Kirchheimer in ihrer Kritik des Nationalsozialismus hervorgehobenen „Rationalitätsaspekte des liberalen Rechtsmodells“ - die als Garantie bestimmter negativen Freiheiten die „rechtliche Institutiona­ lisierung moralischer Normen“ (Peters 1992, 61) verkörpern einerseits - und Demokratie andererseits „irreduzible Elemen­ te“ (Peters 1992, 314; dazu auch: Bader 1989a). Ein zweites Problem - mit dem ersten unmittelbar zusammen­ hängend - bestand schließlich darin, daß Horkheimer und Adorno sich mit ihrer philosophischen Faschismustheorie von empirischen Studien abgekoppelt hatten, die ja - bis heute im wesentlichen unbestritten - mit den eindrucksvollen Arbeiten

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von Neumann und Kirchheimer aus dem eigenen Schulzusam­ menhang vorlagen. Denn ihre eingeschränkte Vernunft- oder Rationalitätskritik, die nicht wie bei Horkheimer und Adorno eine negativistische Zuspitzung aufweist180, läßt Raum für komparative Analysen institutioneller und rechtlicher Errun­ genschaften. Sie ebneten, im Anschluß an die Schlußfolgerun­ gen von Bernd Peters, einen gangbaren Weg, auf dem empiri­ sche Beiträge zur Frage gesellschaftlicher Rationalisierung erarbeitet werden können, die eine konkrete Grundlage auch für normative Konzeptionen abgeben. Denn normative Theo­ rie und Empirie sind eng aufeinander angewiesen; und phi­ losophische Rationalitätstheorien haben dabei notwendige Funktionen. Bewähren können sie sich an normativen Kon­ zeptionen für eine rationale, institutionelle Grundstruktur mo­ derner Gesellschaften. Solche Konzeptionen bedürfen aber der Ergänzung von der empirischen Seite - durch Rekonstruktio­ nen des normativen Gehalts und rationalen Charakters von Institutionen sowie durch komparative Analysen moderner Vergesellschaftungsformen. Empirische Studien wiederum, die ein Instrumentarium für die Diagnose von Pathologien und

180 Eingeschränkt schon immer auch deshalb, weil Vernunft und Kritik seit der Aufklärung begriffsgeschichtlich untrennbar miteinander verbunden sind (Adorno 1971, 11). Siehe dazu ferner: Emst Cassirer und Reinhart Koselleck über die interne Beziehung zwischen Vernunft und Kritik: „Das gesamte achtzehnte Jahrhundert faßt die Vernunft in diesem Sinne“ (Cassirer 1932, 16). „Dem Sinn nach lassen sich im achtzehnten Jahrhundert die Wörter .kritisch* und .vernünftig* oft und leicht austauschen. Die Vernunft wird selber zum kritischen Prozeß der Wahrheitsfindung“ (Koselleck 1973,201 Anm. 169).,.Es liegt schon in dem Begriff der Kritik, daß durch die Kritik eine Scheidung vollzogen wird. Die Kritik ist eine Kunst des Urteils, ihre Tätigkeit besteht darin, einen vorgegebenen Sachverhalt auf seine Echtheit oder Wahrheit, seine Richtigkeit oder Schönheit hin zu befragen, um aus der gewonnenen Erkenntnis heraus ein Urteil zu fällen (...). Im Zuge der Kritik scheidet sich also das Echte vom Unechten, das Wahre vom Falschen, das Schöne vom Häßlichen, das Rechte vom Unrechten“ (Koselleck 1973, 86).

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Literaturverzeichnis Krisen beschaffen wollen, können auf normative Standards nicht verzichten (Peters 1992, 316). Die Beschreibung und Erklärung einer Dekomposition ratio­ naler Rechtstraditionen und staatsrechtlicher Strukturen kann mithin nur auf dem Weg empirischer Analysen erfolgen. Diese müßten dann in eine philosophische Faschismustheorie einge­ baut werden, damit sie - wenn sie sich schon dem „aufklärenden Denken“ (Horkheimer/Adorno 1986, 3) verpflichtet fühlt - „zumindest in dem Sinne wissenschaftlich (...) (wird), daß ihre Methoden und Resultate den elementaren Standards der Wissenschaftlichkeit entsprechen, die in dieser Kultur aner­ kannt sind, und sei es nur, um in dieser Kultur überhaupt Gehör zu finden“ (Schnädelbach 1992, Philosophie als Wissenschaft und als Aufklärung [1987], 382).

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Register Personenregister Acham, K. 22 Adomo, T. W. 10-12, 16-18, 20, 21,24-33, 57, 62, 66, 75-76, 80-85,92-94, 99-107, 109, 115-117, 125, 128, 149, 176-178, 181-187, 189-190 Alber, J. 24, 139, 140, 144 Aly, G. 11, 140, 186 Angermund, R. 155 Apel, K.-O. 20-22, 112, 122 Arendt, H. 16,99, 124, 131

Baars, J. 100, 102, 107 Bach, Μ. 15, 142, 144-145, 170, 172 Bader, V.-M. 24, 30, 110, 121-122, 156, 158, 188 Barron, S. 138 Bataille, G. 69, 100 Baudrillard, J. 12 Bauman, Z. 11, 124, 130, 140, 185-186, 163, 177 Baumgarten, E. 27 Baurmann, Μ. 121 Bendix, R. 29, 139 Benhabib, S. 28 Benjamin, W. 18,48, 50-52, 64, 78, 83-84, 95 Bentham, J. 90 Benz, W. 186 Berlin, 1.40 Blasius, D. 25 Bloch, E. 68 Bohleber, W. 14 Böhler, D. 48

232

Böhm, F. 92 Böhme, G. 19 Böhme, H. 19 Bonhoeffer, D. 20 Bonß, W. 76, 86 Bourdieu, P. 12 Bracher, K. D. 16, 36 Brandt, G. 55, 103 Breuer, S. 87, 89, 148, 155-156, 164 Broszat, Μ. 23, 140, 144 Browning, C. 130 Bude, H. 14 Cassirer, E. 189 Cavalli, L. 144 Cramer, E. 10 Curtius, L. 21

Dahrendorf, R. 136 Dassen, P. 26 Deleuze, G. 100 Derrida, J. 12 Deuerlein, E. 129 Diner, D. 11,23, 25, 84, 93,97, 128-130, 140, 177-178, 187 Döbert, R. 112 Domarus, Μ. 61 Dorschel, A. 112, 121 Dreier, R. 176 Dubiel, H. 9-10, 56, 77, 84 Eder, K. 20 Eley, G. 21 Elias, N. 144

Erd, R. 17,61,65, 80 Erdmann, K. D. 15

Fahrenbach, H. 68 Farias, V. 12 Faulenbach, B. 21 Febbrajo, A. 148, 166 Fetscher, I. 19, 22, 53 Feyerabend, P 12 Fischer, F. 20 Fleischmann, E. 29 Flowerman, S. H. 107 Forsthoff, E. 48, 92 Foucault, Μ. 13 Fraenkel, E. 68-69, 164 Freisler, R. 179 Freud, S. 99 Freyer, H. 17 Friedländer, S. 116 Friedmann, G. 17 Fromm, E. 64, 85 Fukuyama, F. 63 Funke, Μ. 66

Gangl, Μ. 16,62, 78-79 Gerth, H. 144 Gneuss, J. 26 Gobineau, J. A. 124 Goebbels, J. 51, 116 Göring, H. 145 Grami, H. 187 Grebing, H. 21 Greven, Μ. T. 17 Grondin, J. 30 Günther, K. 177 Gurland, A. 64,66, 75,96, 178 Habermas, J. 9, 11-12, 18, 22, 26, 28-30,42, 84-85, 89, 112, 120-121, 149, 154-155, 158159,173-174,176,181-182,188

Hamsun, K. 55 Hansen, K. 37 Hart, H. L. A. 157 Hegel, G. W. F. 9, 42, 69, 81-82, 100, 177-178 Heidegger, Μ. 11-12 Heim, S. 11, 140, 186 Heller, H. 36, 68, 176, 186 Hennis, W. 29 Herf, J. 20-21, 24, 93, 137, 186 Hesse, H. 112 Hilberg, R. 72-73, 97, 130, 161-162 Hildebrand, K. 23, 126 Hilferding, R. 59 Hirschfeld, G. 126 Hitler, A. 10, 20, 72-73, 83, 133-134, 140, 142-144, 162, 174, 177, 186-187 Hobbes, T. 73 Hofer, W. 15 Hoffmann, H. 23 Holl, K. 36 Honneth, A. 9, 17, 76, 84-85 Horkheimer, Μ. 11-33, 35-44, 52-58, 62-70, 75-96, 99-108, 115-125, 128-129, 143-149, 181-190 Hösle, V. 88, 122 Hubig, C. 119 Hume, D. 123 Hüttenberger, P. 66, 143

Intelmann, P. 65 Ionesco 23

Jaspers, K. 100 Jay, Μ. 9-10, 37, 84 Jochmann, W. 36 Jünger, E. 48, 50

Kalberg, S. 18, 109, 147 Kant, I. 9, 27,31, 101, 177 Kelsen, H. 68 Kennedy, E. 37 Kershaw, I. 26, 143-144 Kettenacker, L. 126 Kirchheimer, O. 10, 25, 32, 44-45, 64, 68, 70, 76, 135, 149, 169, 176, 178-181, 189 Klages, L. 17 Klemperer von, K. 21 Klinger, C. 51, 186 Kocka, J. 21,26 Koehl, R. 171 Koellreutter, O. 48 Koenis, S. 63 Kogon, E. 11 Köhler, W. R. 90 Kolakowski, L. 78, 133-134 Koselleck, R. 137, 189 Kracauer, S. 51 Krieck, E. 47, 92 Kuhlmann, W. 15 Kunneman, H. 93

Lacoue-Labarthe, P. 12 Lash, S. 26 Leibniz, G. W. 139 Lenk, H. 22 Lepsius, Μ. R. 139, 144, 146, 163 Loo V. d., H. 120 Loos, E 120, 156 Lorenzen, P. 11-12 Löwenthal, L. 54-55, 75, 96 Lowith, K. 162 Lübbe, W. 26, 30, 157-160 Luhmann, N. 22, 158, 161-162 Lukács, G. 31,100 Luthardt, W. 69 Lyotard, J. E 12-13

234

Machiavelli 41 MacIntyre, A. 120 Mandelbaum, K. 52, 57-58 Mann, T. 36, 128 Marcuse, H. 10, 23, 35,45, 50, 54, 58, 64, 69, 80, 128, 135 Marx, K. 28-29,42, 82, 95 Massing, P. W. 20 Matzerath, H. 139 Maus, I. 154, 173, 179 Mayer, H. 96 Meier, C. 14 Meyer, G. 57-58 Mill, J. S. 90 Mises von, L. 45 Mittelstrass, J. 22 Moltke von, J. H. 21 Mommsen, H. 24, 36, 72, 126-127, 165, 169, 171, 180 Mommsen, W. J. 18, 22, 29, 144-145, 147, 149, 155-156 Mosse, G. L. 20 Mussolini, B. 51, 170 Myrdal, G. 120

Nagl-Docekal, H. 22, 82 Nauta, L. 104 Neumann, E 10, 14, 17, 25, 27, 32, 36,44-45,51,60,64-76, 97-99, 142, 149, 165, 169-181, 183, 188-189 Nietzsche, E 18, 28-29, 100-101 Nipperdey, T. 136 Nolte, E. 14-16, 23, 186 Nyomarkay, J. 144 Odysseus 102 Ottmann, H. 18

Parsons, T. 19, 22, 119 Pehle, H. 23

Peters, B. 162, 168, 188-189, 190 Peukert, D. J. K. 25, 29, 36 Plessner, H. 34 Pollock, R 10, 32, 46, 59-64, 68, 71-72, 74, 78-80, 84, 96 Popper, K. 69 Preuß, U. K. 37 Prinz, Μ. 24, 135-141 Putnam, H. 122-123 Pütz, R 18, 100 Radbruch, G. 68, 155, 157 Rawls, J. 188 Rebentisch, D. 26, 66, 142-146, 173 Reichel, P. 50, 144 Reichmann, E. G. 94 Reifner, U. 155 Reijen van, W. 13, 100, 120 Ringer, E K. 42 Rorty, R. 21 Rosenbaum, W. 154-155 Rosenberg, A. 92 Rossi, P. 166, 169 Roth, G. 22 Rottleuthner, H. 48, 64, 154-155 Rötzer, E 23 Rüschemeyer, D. 137 Saage, R. 48, 60, 64,66, 178 Sahmel, K. 107 Schäfer, Μ. 9, 143 Schieder, W. 104 Schluchter, W. 26-28, 89, 94, 111, 132, 156 Schmid Noerr, G. 100, 108 Schmidt, A. 9, 85 Schmidt, J. 22 Schmidt, R. 15 Schmitt, C. 38,48-49,64, 158, 170, 174, 178

Schnädelbach, H. 17, 19,23,48, 82, 133, 137, 184-185, 190 Schneider, W. 130 Schoenbaum, D.136 Scholem, G. 83, 95 Schom, H. 180 Schürgers, N. J. 38 Senfft, H. 155 Sidgwick, H. 90 Simon, H. A. 123 Simon, J. 18 Sokrates 18, 101 Söllner, A. 9-10, 37, 45-46, 56, 64, 67, 80, 97, 161, 178 Sontheimer, K. 21 Speer, H. 154, 156 Spengler, O. 17 Spinner, H. F. 22 Stalin, J. 134 Stammer, O. 28 Steinberg, J. 162 Taureck, B. H. F. 18 Taylor, C. 40 Theunissen, Μ. 22 Thyen, A. 22, 26, 30-31, 34, 114, 117-119, 133 Tipps, D. C. 137

Vietta, S. 11-12 Volkmann, H. 139 Vries de, H. 93 Walther, Μ. 154, 174 Walzer, Μ. 13 Weber, Μ. 18, 22-23, 26-35, 38, 60, 89, 99, 109-116, 120-121, 125, 128-134, 144-172, 184-185 Wehler, H. U. 21

235

Weil, E 96 Weiß, J. 26 Wellmer, A. 19 Welsch, W 24, 93 Whimster, S. 26 Wiggershaus, R. 9, 57, 65, 75, 78, 128 Wilson, Μ. 10, 56, 59

Winkler, H.-A. 181 Wippermann, W. 15 Wittich, C. 22 Zapf, W. 137 Zingerle, A. 148 Ziteimann, R. 23-24, 126, 135-141, 186

Sachregister Abstraktion 60, 105, 153, 177 Allgemeinheit - des Gesetzes 173 Anarchie 66, 72-73, 142-143 Antike 101, 117 Antisemitismus 10, 15, 20, 84, 93-99, 106-107, 128-130 Aporie/aporetisch 25, 30, 84, 141, 180 Ästhetik/Ästhetisierung 29, 51 -52 atavistisch 142, 171, 180 Aufklärung[s] 11, 12, 17-19,21, 23-24, 27,41,84, 87-88, 92-93, 100-104, 112, 141, 181, 184-185, 187,189, 190 - Dialektik der 28-29, 42, 57, 63,77, 83,92-96,99-100, 147, 186-187 - kritik 23, 185 Auschwitz 11, 14,25, 109, 129-130, 140 Autonomie 53, 109 Autorität 37, 53, 150, 157, 170

Beamten - herrschaft 164 - stand/tum 160

236

Befehlswirtschaft 61,71 Behemoth 32, 64-67, 73, 76, 96, 177-178 Bolschewismus/Bolschewiki 81, 186 Bürokratie/bürokratisch/Bürokratisierung 18, 29, 32, 38, 54, 62, 64, 68, 73-74, 79-80, 109, 146, 148, 160-165, 170-171, 185 - Staats- 72-73, 145

Chaos 66, 142-143 Charisma/charismatisch 18, 26, 31, 144-146, 150-151, 164, 170, 172, 181 Christentum 98 Demokratie 20-21,36-39, 44, 47, 68, 123, 161, 183, 188 Deutschland/deutsch 14, 17, 19-20, 25, 34, 36-37,41,54, 57, 67-68,71,74, 79, 90, 94, 98, 106, 126, 128, 154, 161, 163, 172, 178, 181, 183, 185 Dezisionismus/dezisionistisch 48, 120, 125, 158, 160, 170, 175 Dialektik 57, 100, 103-104 Diskurstheorie 122, 182

Eigengesetzlichkeit 146, 162-163 Eigendynamik (-logik) der Mittel 33,132-133 Emanzipation/emanzipatorisch 23,42,55,76, 140, 186 Empirie/empirisch 16, 25-26, 67, 70,76-77, 104, 139, 142, 180, 189-190 Entfremdung 42 Entzauberung 27-28, 115, 146-147 Erlanger Schule 12 Ethos 187 Existentialismus 48, 54

Fachmenschentum 171 Faschismus/faschistisch[e] 9, 12, 14, 17,31,37,43-44, 50-56, 70, 77, 79, 82-86, 94-96, 103-106, 123, 145, 157, 173, 177, 181, 185-187 - begriff 21 - italienischer 145-146, 161 - Ratio- 12 - theorie 9, 11, 14, 17-19,24, 26, 29, 33,62,90, 96, 104, 115, 141, 148-150, 183, 188, 190 Feudalismus/feudalistisch 59 Fortschritt[sbegriff] 29, 42, 54, 81-83,91, 101-102, 136, 138, 140 Französische Revolution 11 Gehäuse (der Hörigkeit) 28, 144, 163 Gehorsam 144, 152, 157-158, 163, 171, 180, 187 Gemeinschaft 117, 145, 177, 186, 188 - Front- 50

- Religions- 175 - Volks- 97, 146 Geschichte/geschichtlich 9, 11, 20, 27, 57,81-82,84 - der Vernunft 149 - deutsche 20, 163 - Ende der 63 Geschichtsauffassung/interpretation 18, 28, 35,49,81,83,93, 101-107, 166 Geschichtsphilosophie/geschichtsphilosophisch 16, 28-29, 41, 64, 77, 79-80, 81-86, 94, 105, 115 Gesellschaftstheorie 25, 29-30, 46, 84, 181-182, 188 Gesinnungsethik 89, 132-133

Handeln - affektuelles 27, 113 - gesinnungsethisches 132 - instrumentelles 30, 33, 119 - kommunikatives 29-30 - mittelrationales 132-133 - strategisches 121-122 - traditionales 27, 114, 133 - wertrationales 27, 111 ff., 119, 132, 147 - zweckrationales 27, 30, 11 Off., 119ff, 132, 149 Handlungsbegriffe (- typen) 27, 109ff, 120ff. Handlungstheorie 29, 115, 125 Herrschaft 23, 42, 76, 92-94, lOOff, 144, 148, 174 - autoritäre 53 - Beamten- 164 - bürokratische (s. Bürokratie) - charismatische (s. Charisma) - der Gesetzlosigkeit 73

237

- der Zweckrationalität 116 - des Gesetzes 73, 135, 186 - instrumentelle 42, 101 - faschistische (s. Faschismus) - Klassen- 79 - legale 150, 152-159 - legitime 150, 152, 159 - politische 41, 81, 158, 175 - polykratische 66 - rationale 30, 34,49, 70, 148 ff. - traditionale 151 - willkürliche 177 Historikerstreit 14, 23 Historisierung - des Nationalsozialismus 23, 140 Hitler-Stalin-Pakt 83 Idealtypen/idealtypisch 60, llOff., 145, 164 Ideologie/ideologisch 32-33,41, 50ff., 55, 67, 106, 126-127, 144, 154, 184, 187 - autoritäre 54 - des Antisemitismus 97-98 - faschistische 186 - Hitlers 143 - kritik 54, 58 - nationalsozialistische 69, 71, 92, 97,129 - liberale 45,95 - Rassen- 96, 124 - reaktionäre 91 - rechtsextreme 186 Individuum/Individualität/Individualisierung 15, 29, 36ff., 50, 55, 73, 102, 117, 162, 170-174,179, 186, Instrumentalität/Instrumentalisierung51,87,90,119,133,155

238

Intentionalität/intentional 126 ff. Interdisziplinär!tät/interdisziplinär 10, 30, 41,46, 56, 61, 65, 76, 84-85, 183 Irrationalismus 49-50, 86, 93, 100, 122, 133 Irrationalität/irrational 19, 31,34, 43,47, 102-104, 112, 118ff., 122ff., 131 ff., 152, 164, 169, 176, 184 Juden 73, 97ff., 115ff. - räte 97 - Verfolgung u. Vernichtung der 11, 14, 23, 33, 72, 95ff., 107, 115-134 Juristen 68, 148, 154-155

Kadijustiz 169-170 Kapitalismus/kapitalistisch 18, 24, 28,31,42,47ff.,52ff., 56ff.,67ff.,73ff., 79, 94ff., 149, 165-169, 181 - Monopol- 15, 32,46ff., 59ff., 71,79 - Staats-56ff.,62ff., 71, 74ff., 78-80 Konservatismus 17,42,48, 74 Kontinuität 85, 103ff., 110 Kultur/kulturell 29, 124, 133, 185 - industrie 105, 107 - kritik 17 Kunst 51-52 - politik 138 Legalität 18, 150ff., 156-159, 163, 181 Legitimität 150ff., 156-159, 164 Lempathologien 20 Leviathan 64, 73

Liberalismus 17, 25, 32, 35-54, 63, 70,95, 175, 180

Markt 44ff., 59, 61, 79, 110, 121, 169 - wirtschaft (-Ökonomie) 43 ff. Marxismus/marxistisch 15, 17, 25, 32, 42, 54, 56, 68, 75, 80, 83-84, 90, 96, 100, 180, 186 Materialismus 47, 61 Metaphysik 88-89, 101 Mittelrationalität 112, 119, 128 ff. Moderne 11, 17ff., 20-21, 24-25, 28, 33-34, 5Iff., 67, 75, 77, 84, 92ff., 117, 132, 135ff„ 169ff., 184ff. Modernisierung 12, 18, 24, 38, 52, 137ff., 181, 186 Modernität 20, 24, 28, 124, 137 - reaktionäre (reactionary moder­ nism) 20 Monokratie/monokratisch 143, 145, 160 Moral/moralisch 20 ff., 66, 120ff., 125, 133, 140-141, 158, 162, 174 ff., 185, 188 Mythos/Mythologien 138 - des Odysseus 102 ff. - Deutschland- 19 - Führer- 143 Nation - verspätete 34 Nationalsozialistisch[e/r] - Antisemitismus 93ff., 105ff., 128 ff. - Ideologie 69,74,81,97,100, 129 - Machtergreifung 46, 58, 164 - Politik 142

- Rechtsauffassung (-Ordnung) 70, 155, 174-179 - Vernichtungslager 11 - Weltanschauung 33, 180 - Werte 122 Natur 41, 55, 82, 88, 99ff. - beherrschung 28, 41, 82-83, 94, 99ff. - recht 21, 156, 174 Naturalismus 47-48 Nichtidentische 94, 107 NSDAP 75, 97, 179 Nürnberger Gesetze 173

Öffentlichkeit 188 Ökonomie/ökonomisch 15, 3Iff., 35,42-79, 90, 94ff., 116, 129ff., 167 ff. Okzident/okzidental[er] 12, 93, 104ff., 167 - Rationalismus 27, 94, 104ff. Ontologie/ontologisch 87, 91, 119 Parlamentarismus/parlamentarisch 36, 45, 156, 164 Pflichterfüllung 50, 116, 133, 187 Philosophie/philosophisch/Philosophen9-10, 12, 14-16, 18ff., 24ff., 30ff., 41,46, 61, 68-69, 76-77, 8Iff., 9Iff., 100-101, 122, 136ff., 162, 183 ff., 189-190 Politik 32-33,4Iff., 47-51, 57, 61 ff., 66ff., 76, 93, 97, 103, 132ff., 142ff., 163,173 Polykratie/polykratisch 25, 32, 66, 127, 130, 143, 180 Positivismus 152-153, 170, 174

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Postmodeme/postmodem 12, 137 Planwirtschaft 44, 54, 57ff., 64 Pluralismus 51, 178, 186-188

Rasse/Rassismus 15,43, 96ff., 124ff, 142, 177-178 Rationalisierung[s] 12, 22, 27, 29, 42, 89ff, llOff., 144, 147ff, 170-171, 184, 186, 189 - des Rechts 110, 148, 151 ff., 165ff, 174 - prozeß 18,27,81,89, 109ff., 147ff. - theorie 28-29, 32, 147 Rationalismus 11,27,47,94,147, 187 Rationalität[s]/rational (s. auch Vernunft) 9ff., 19ff, 25ff, 28, 31,48ff, 69, 75,78,81,92, 97, 101 ff., 105, 109ff, 135 ff., 141 ff, 148ff, 160ff, 165ff, 171 ff., 178, 181, 184-189 - bürgerliche 43 - bürokratische 38 - instrumentelle 176 - irrationale 176 - formale 22-23, 26, llOff, 144-145, 147, 149, 152ff, 163ff, 166-169, 173ff, 181 - kommunikative 29 - kritik29, 189 - materiale 26, 110, 147, 152ff., 164ff, 168 - ökonomische 162 - technische 22-23,63-64,70, 76,81, 132, 179-180 - wissenschaftliche 76 Rationalitätstypen (-typologie) 22, 24,184

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- Webersche 29, 33, 109ff. Realismus - heroisch-völkischer 47-50 Recht[s] 37, 39ff, 52, 67, 70ff, 109ff, 138, 145, 148, 151 ff, 169ff. - begriff 45, 153, 169, 173 - bürgerliches 172, 180 - Diskurstheorie des 182 - entstehung 158 - findung (-Schöpfung) 145, 152ff, 169 - formal-rationales 149, 153, 166, 168-169 - funktion 173 - gleichheit 176 - Grund- 176 - grundsätze 156 - material-rationales 153, 168 - Setzung 170 - Straf- 176, 178 ff. - tradition 25, 180, 190 - und Moral 29, 175 ff. - und Wirtschaft 165-169 - Verfassungs-40, 52, 176 Rechtsordnung/system/theorie 10, 160, 163, 166, 168, 175, 187-188 - fasch./nationalsoz. 70, 172-173, 177, 179 Rechtspositivismus 153-155, 157-158 Rechtssoziologie 27, 110, 148, 151, 166, 168 Rechtsstaatfliche] 25, 36,45, 139, 141, 145, 159, 173-174, 178, 181-182, 185 - Ideen 25 - Institutionen 68, 164 - Normen 180

- Steuerung 163 - Strukturen 69, 181 Reflexion 16, 29, 109, 118, 122

Selbsterhaltung 90, 101 ff., 116-132 Sonderweg 20 Sowjetunion 23, 58, 63, 80, 134 Sozialdarwinismus/sozialdarwinistisch 72, 96, 171 Sozialdemokratie/sozialdemokratisch 64, 83 Sozialismus/sozialistisch 31, 37, 40, 80, 170 Soziologie 162 SS 165, 179 Staatfs] 39, 44ff, 56ff, 69ff, 73, 79ff, 135ff, 157, 175, 177ff. - Anstalts- 156, 165, 171 - auffassung/begriff 42, 45 - autoritärer 32, 54, 56ff., 68, 78 ff. - Doppel- 68, 164 - faschistischer 70, 173 - form 39, 178 - Führer- 47, 79 - gewalt 173 - korporativer 69 - liberaler 46 - Maßnahmen- 69 - moderner 135 ff, 157ff, 165 ff. - nationalsozialistischer 12, 154, 178 - Normen- 68 - recht 25, 190 - Sozialismus 80 - theorie 27,40, 47ff, 177 - total-autoritärer 45 ff., 49 - totaler (totalitärer) 17,48, 54, 74, 177

- Verwaltungs- 181 - Volks-48 Stalinismus/stalinistisch 80, 83 Synchronisation/synchron 139 Systemrationalität 162 Technik/technisch 29, 35, 42, 50, 91, 103, 107, 110, 122, 132, 138, 161, 173 Ticketmentalität 106 Totalitarismustheorie 16, 80 Universalismus 47-48, 92 Utilitarismus/utilitaristisch 90, 129, 153, 156

Verantwortungsethik 132 Verdinglichung 99, 100 Verfassungfs] 45, 157 - demokratische 68 - normen 156 - prinzipien 176 - recht 40, 52, 176 - Staat 29, 40-41, 89 - Struktur 36 - Weimarer 36, 155 Vergesellschaftungsformen 188-189 Vernunft (vgl. Rationalität) 9, 11, 13, 17 ff, 23 ff., 28,31-34, 39ff, 44, 69, 76, 80ff, 85-92, 93ff., lOOff, 115, 123, 125, 128, 130, 149, 186-189 - aufklärende 17 - instrumentelle 13, 16, 21ff., 24ff, 29-30, 33, 44, 78, 82, 87, 99ff, 107, 109, 116ff, 124, 128ff„ 132, 176, 181, 183ff, 189

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- formale 16,18,39 - kritik/kritisch 10, 12,17ff., 26, 29, 3Iff., 63,76, 83,90,92ff., 116ff., 141,148, 183 - mathematisch-technische 12 - objektive 16, 86ff., 91-92, 115 - recht 174 - Skepsis 26,29, 181 - subjektive 12, 16, 18, 22, 30, 39, 86-91, 115,117ff., 129 - technische/technologische 13 Verstand 47, 92, 103 Verständigung 30, 121, 181 Verwaltung 61,66, 80, 146, 150-151, 156, 160, 164, 166, 171, 173, 179-181 - traditionale 164 Volk[s] 49, 52, 54-55, 98,131, 145, 162, 177, 179, 183 - empfinden 179 - gemeinschaft 97, 146 - Staat 48 Voluntarismus/voluntas 70, 170, 173

Wert[e] 21,40, 88-91,95, 111-112, 114, 118, 120-122, 132, 158, 162, 179 - Eigen- 34, 133 - Polytheismus der 28 Wertrationalität/wertrational 27, 33, 88, 11 Iff., 128-134, 147, 157ff., 162 Widerstand - deutscher 20 Willkür/willkürlich 66, 69, 124, 130, 152, 155-160, 170, 175, 177,179 Wirtschaft (s. Ökonomie) Wissenschaft[en] 9, 16, 24, 27, 29-30, 35,42,61,76, 84-85, 91,97, 124-125, 138, 141, 151, 174, 183, 186-190 - Einzel/Fach- 15-16, 64, 77, 84 - Geistes- 26 - Geschichts- 15 - Natur- 34 - Politik- 16, 47, 66, 76, 136 - Rechts- 76, 153 - Sozial-26, 57, 61, 84

Weimarer Republik 36, 38-40, 46, 68, 137, 155 Welt - anschauung 12, 24, 33,47ff., 96, 123, 125, 133, 140, 142, 179-180 - beherrschung 28, 94 - Entzauberung der 27-28, 114 - faschismus 17 - geist 81-82 - verwaltete 28,63, 176 - westliche/bürgerliche 19,79, 105

Zivilisationfs] 21,81, 86-87, 93-94, 96, 128-129 - bruch 128 - krise 84 - kritik/kritisch 11,41, 107 - prozeß/geschichte 34, 101, 115 Zweck 33, 55,81,90, 102, 107, 111-112, 114, 117-121, 123, 125, 132, 156 Zweckrationalität/zweckrational 16, 18,22-23,27-28, 30, 33, 43,92, 109-125, 128 ff., 147ff„ 184

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