Die Praxis des organischen Chemikers
 9783111509495, 9783111142166

Table of contents :
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Vorwort zur neunzehnten Auflage
Vorwort zur vierunddreißigsten Auflage
Vorwort zur siebenunddreißigsten Auflage
Vorwort zur achtunddreißigsten Auflage
Inhaltsübersicht
A. Einige allgemeine Arbeitsregeln
B. Elementar-analytische Methoden
C. Organisch - präparativer Teil
D. Organische Gruppenanalyse
E. Einführung in die Elektronentheorie der organischen Verbindungen und in die Mesomerie-Lehre
F. Verschiedenes

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GATTE KM ANN-WIELAND, Die Praxis des organischen Chemikers

L. GATTERMANN

Die Praxis des organischen Chemikers fortgeführt von

H. W I E L A N D f 38. A u f l a g e bearbeitet von

THEODOR WIELAND Professor der organischen Chemie an der Universität Frankfurt am Main

M i t 58 A b b i l d u n g e n

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Belmer Karl J . Trübner • Veit & Comp.

Berlin 1958

© Copyright 1956, 1958 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göachen'sche Verlagshandlung, J. G a t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp., Berlin — Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten — Printed in Germany — Archiv-Nr. 5219 58 Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin — Druck: Franz Spiller, Berlin

V

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage Das vorliegende Buch ist in erster Linie einem privaten Bedürfnis des Verfassers entsprungen. Wenn man gleichzeitig eine größere Anzahl von Studierenden in das organische Arbeiten einzuführen hat, dann ist es oft beim besten Willen nicht möglich, jeden einzelnen auf die kleinen Kunstgriffe, deren es beim organischen Arbeiten so viele gibt, aufmerksam zu machen. Damit nun der Studierende sich auch in Abwesenheit des Lehrers bei der Ausführung allgemeiner Operationen Rat erholen kann, ist den speziellen Vorschriften für Präparate ein allgemeiner Teil vorausgeschickt, welcher die Kristallisation, Destillation, das Trocknen, die analytischen Operationen u. a. behandelt. Bei der Abfassung dieses Teiles wurde weniger Wert darauf gelegt, die zahlreichen Modifikationen der einzelnen Operationen möglichst vollständig aufzuzählen, als vielmehr darauf, die wichtigsten Operationen derart zu beschreiben, daß der Anfänger auch in Abwesenheit des Assistenten dieselben danach selbständig ausführen kann. Im zweiten speziellen Teile wurden jedem einzelnen Präparate allgemeine Betrachtungen angefügt, welche sich auf das Wesen und die allgemeine Bedeutung der ausgeführten Reaktionen beziehen und den Zweck verfolgen, daß der Studierende sich schon beim praktischen Arbeiten auch möglichst vielseitige theoretische Kenntnisse aneignet, welche, unter diesen Umständen erworben, bekanntlich fester haften, als wenn sie ausschließlich an Hand eines rein theoretischen Buches gewonnen sind. Und so hofft denn der Verfasser, daß sein Buch neben den trefflichen Anleitungen von E. F i s c h e r und Levy sich hier und da einige Freunde erwerben möge. Heidelberg, August 1894

L. Gattermann

Vorwort

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Vorwort zur neunzehnten Auflage Vor etwas mehr als dreißig Jahren hat Ludwig Gattermann die erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die präparativen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, theoretisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte Kommentar soll den Überblick über das gerade bearbeitete Gebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fern. Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen dreißig Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedanke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert. Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leichteren zum Schwierigeren kaum ernstlich zuwider verläuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegengewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. Franz B e r g e l und F. G o t t w a l t Fischer bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführung zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr Fischer hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Register angefertigt. Freiburg i. Br., Ostern 1925

Heinrich W i e l a n d

Vorwort

VII

Vorwort zur vierunddreißigsten Auflage Für die vorliegende Ausgabe ist das Buch in allen Einzelheiten kritisch und gründlich durchgesehen worden. Einige Präparate wurden weggelassen und durch andere ersetzt; in manchen Fällen wurden die präparativen Vorschriften verbessert. Neue Methoden, wie die der Papierchromatographie und der Polymerisation sind mit geeigneten Beispielen aufgenommen. Viel einschneidender sind die Änderungen, die den theoretischen Erläuterungen zuteil geworden sind. Obwohl ich nach wie vor an der Auffassung festhalte, der „Gattermann" habe nicht die Aufgabe, dem Studenten auch die theoretischen Kenntnisse der organischen Chemie lückenlos zu vermitteln, habe ich mich doch entschlossen, entgegen meinem früheren, im Vorwort zur siebenundzwanzigsten Auflage (1940) vertretenen Standpunkt, die moderne Elektronentheorie der chemischen Valenz wenigstens im Prinzip als Grundlage für die Erörterungen über den Mechanismus der behandelten Reaktionen heranzuziehen. In einem besonderen Kapitel (S. 377) versucht R. Huisgen die Hauptlinien dieser Betrachtungsweise, wie mir scheint mit guten Erfolgsaussichten, dem Benutzer des Buchs näherzubringen. Selbstverständlich ist bei der Wiedergabe der Formeln die anschauliche alte Ausdrucksweise der chemischen Bindung durch Bindestriche beibehalten worden. Für ihre hingebende Unterstützung bei der Neubearbeitung des Buches habe ich den Kollegen Prof. R. Huisgen, F. L y n e n und Th. W i e l a n d wärmstens zu danken. Starnberg, September 1952

Heinrich Wieland

Vorwort zur siebenunddreißigsten Auflage Einem Vorschlag von Heinrich Wieland folgend hat mich der Verlag gebeten, von nun an die weitere Bearbeitung des „Gattermann-Wieland" zu besorgen. Die jetzt vorliegende neue Auflage, die wieder in kurzer Folge nötig geworden ist, trägt in ihrem Aufbau und Inhalt weiterhin das Charakteristische des Handbuchs an sich, wie es sich in 30 Jahren und 18 Auflagen nach seiner völligen Umgestaltung durch H. Wieland entwickelt hat. Vor vier Jahren wurde dem Praktikum eine Einführung in die Elektronentheorie der organischen Verbindungen und in dieMesomerielehre aus der Feder R. Huisgens angefügt und in den theoretischen Erläuterungen der Versuche auf dieses Kapitel mehrfach verwiesen. In der Zwischenzeit dürfte an den deutschen Hochschulen

VIII

Vorwort

die moderne Betrachtungsweise auch in den Anfängerunterricht soweit eingedrungen sein, daß die prägnanten Begriffe der Heterolyse, Homolyse, nucleophilen und elektrophilen Substitutionsreaktion und der Mesomerie das Verwirrende verloren haben und das Verständnis der organischen Reaktionen zu erleichtern beginnen. Man konnte es daher nun wagen, diese Sprache an zahlreichen Stellen des Textes einzuführen, ohne jedoch auf den theoretischen Anhang zu verzichten, dessen wiederholte Lektüre dem Praktikanten eindringlich empfohlen sei. Herrn Kollegen R. Huisgen habe ich für seine Unterstützung bei der Neubearbeitung herzlich zu danken. Frankfurt a. M., Frühjahr 1956

Theodor W i e l a n d

Vorwort zur achtunddreißigsten Auflage In recht kurzem Abstand ist wieder eine neue Auflage notwendig geworden. Bei ihrer Bearbeitung hat sich herausgestellt, daß bis auf einige Druckfehlerkorrekturen und sonstige kleine Änderungen der Satz erhalten bleiben konnte. Frankfurt a. M., Frühjahr 1958

Theodor Wieland

IX

Inhaltsübersicht A. Einige allgemeine Arbeitsregeln Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Chromatographische Adsorption Destillation Sublimation Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Rühren und Schütteln Erhitzen unter Druck Schmelzpunktsbestimmung

Seite

1 3 4 14 15 25 26 28 30 34 35 37 39

B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Schwefels und der Halogene Die quantitative organische Elementaranalyse I. Stickstoffbestimmung nach D u m a s II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach L i e b i g . . III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen . . 1. Halogenbestimmung nach C a r i u s S. 65. 2. Bestimmung von Chlor und Brom nach Verbrennung der Substanz im Perlenrohr S. 68. 3. Jodbestimmung nach L e i p e r t - M ü n s t e r S. 71. 4. Schwefelbestimmung nach C a r i u s S. 72. 5. Schwefelbestimmung durch Verbrennung S. 73. 6. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel S. 74. 7. Bestimmung der übrigen Elemente S. 74. IV. Bestimmung organischer Gruppen 1. Maßanalytische Bestimmung der Methoxylgruppe S. 74. 2. Bestimmung der Acetyl- und Benzoylgruppe S. 76. 3. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach T s c h u g a e f f - Z e r e w i t i n o f f S. 78. 4. Molekulargewichtsbestimmung S. 80.

41 44 45 52 64

74

C. Organisch-präparativer Teil Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung . . .

81 83

X

Inhaltsübersicht I. D i e S u b s t i t u t i o n v o n H y d r o x y l und W a s s e r s t o f f durch Halogen. Alkohole. Olefine

1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methylbromid S. 88. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 88. 3. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 96. 5. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe a) Äthylen aus Äthylalkohol, Äthylenbromid S. 98; b) Cyclohexen aus Cyclohexanol. Cyclohexadien S. 100. 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amyläther 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor

Seite 86 88 92 95 98

107 109 109

II. C a r b o n s ä u r e n und i h r e e i n f a c h e n A b k ö m m l i n g e 1. Säurechloride a) Acetylchlorid S. 111; b) Benzoylchlorid S. 112; Benzoylperoxyd S. 115. 2. Essigsäure-anhydrid 3. Acetamid 4. Harnstoff und Semicarbazid a) Kaliumcyanat durch Oxydationsschmelze S. 120; b) Harnstoff S. 121; c) Semicarbazid S. 122; d) Harnstoff und Harnsäure aus Harn S. 123. 5. Nitrile a) Acetonitril S. 125; b) Benzylcyanid S. 125. 6. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 7. Säureester a) Essigsäureäthylester aus Eisessig und Alkohol S. 128; Benzoesäureäthylester S. 129; b) Isoamylnitrit S. 132; Äthylnitrit S. 133; c) Äthylnitrat S. 134; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem öl S. 135; Darstellung der freien Fettsäuren S. 135; Glycerin S. 136; Zur Fettanalyse S. 136. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen a) Hofmannsche Reaktion, Methylamin aus Acetamid S. 137; b) Curtiussche Reaktion, Phenylcyanat S. 138.

111 116 118 120

125 127 128

137

I I I . N i t r o v e r b i n d u n g e n und i h r e R e d u k t i o n s p r o d u k t e 1. Nitromethan Methylamin, N-Methylhydroxylamin, Methylnitrolsäure, Knallsilber, Phenylnitroäthylen. 2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs a) Nitrobenzol S. 145; b) m-Dinitrobenzol S. 146.

140 145

Inhaltsübersicht

XI Seite

3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin a) Anilin aus Nitrobenzol S. 147; Diphenylthioharnstoff, Phenylsenföl S. 151; b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol S. 163. 4. Phenylhydroxylamin p-Aminophenol, Nitrosophenylhydroxylamin.

147

5. Nitrosobenzol Nitrosobenzol aus Anilin und Caroscher Säure, Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol, Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol. 6. Hydrazobenzol und Azobenzol a) Hydrazobenzol S. 162; b) Azobenzol aus Hydrazobenzol S. 163; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 166. Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion

168

154

162 167

IV. S u l f o n s ä u r e n 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure . . . . . . . Diphenylsulfon, Benzolsulfochlorid, Benzolsulfamid, Benzsulfhydroxamsäure 2. p-Toluolsulfonsäure 3. /3-Naphthalinsulfonsäure 4. Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure 5. Pikrinsäure und 2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfonsäure (Naphtholgelb S) 6. Thiophenol

168

170 171 172 172 177

V. A l d e h y d e 1. Formaldehyd Gehaltsbestimmung S. 180. 2. Acetaldehyd a) aus Äthylalkohol S. 180; b) aus Acetylen S. 183.

178 180

3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid 184 Erläuterungen und Versuche zu 1, 2 u. 3 184 4. C a n n i z z a r o s c h e Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol aus Benzaldehyd 193 5. Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd 194 a) Benzil aus Benzoin S. 194; b) Benzilsäure S. 196. 6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd 198 7. Alanin 200 8. Perkinsche Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd u. Essigsäureanhydrid 202 Hydrierung der Zimtsäure S. 204; Natriumamalgam S. 205; Styrol S. 205. 9. R e i m e r - T i e m a n n s c h e Synthese. Salicylaldehyd aus Phenol und Chloroform 206

XII

Inhaltsübersicht VI. P h e n o l e u n d E n o l e .

Keto-Enol-Tautomerie

1. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. /J-Naphthol Benzoesäurephenylester, Benzoesäurenaphthylester, Tribromphenol. 2. Methylierung von Phenolen a) Anisol S.212; b) Nerolin S. 213. 3. o- und p-Nitrophenol 4. Die K o l b e s c h e Salicylsäuresynthese 5. Synthese eines /S-Ketonsäureesters. Acetessigester 6. Acetylaceton Benzoylaceton S. 220. 7. Malonsäure-diäthylester Äthylmalonester S. 221; Äthylmalonsäure S. 221; Buttersäure aus Äthylmalonsäure S. 221. 8. Phenylnitromethan a) oci-Phenyl-nitro-acetonitril-natrium S. 222; b) aci-Phenylnitromethan-natrium S. 222. Über Keto-Enol-Tautomerie Die Anwendung von Acetessigester und Malonester f ü r Synthesen . . . .

Seite

208 212 214 216 218 219 220 222

223 229

VII. D i e D i a z o v e r b i n d u n g e n Allgemeines A. Aliphatische Diazoverbindungen 1. Diazomethan Nitrosomethylharnstoff S. 234. 2. Diazoessigester a) Glykokollester-hydrochlorid S.238; Hippursäure S.240; b) Diazoessigester S. 241.

232 234 238

B. Aromatische Diazoverbindungen 3. Diazotierung von Anilin. Phenol, Jodbenzol und Benzol aus Anilin. Isomerie der Diazoverbindungen 244 a) Darstellung einer Diazoniumsalzlösung S. 244; b) Umkochung der Diazoniumsalzlösung zu Phenol S. 245; c) Jodbenzol aus Anilin, Phenyljodidchlorid, Jodosobenzol, Jodobenzol S. 246; d) Benzol aus Anilin S. 247; e) Festes Phenyldiazoniumchlorid S. 248; Phenyldiazoniumnitrat S. 248; Phenyldiazoniumperbromid S. 250; Phenylazid S. 250; f) Natrium-p-nitrophenylantidiazotat S. 251; g) p-Chlorbiphenyl S. 252. 4. p-Tolunitril aus p-Toluidin ( S a n d m e y e r s o h e Reaktion) 252 Benzonitril S. 253; p-Toluylsäure S. 253. 5. Arsanilsäure aus p-Nitranilin 254 6. Phenylhydrazin 256 Benzol aus Phenylhydrazin S. 259; Indolsynthese S. 259. 7. Darstellung von Azofarbstoffen 260 a) Helianthin S. 260; b) Kongorot S. 262; c) ß-Naphtholorange S. 262; d) Diazoaminobenzol und p-Aminoazobenzol S. 263. Über die Kupplungsreaktion der Diazoverbindungen 264

Inhaltsübersicht

XIII

VIII. C h i n o n e u n d c h i n o i d e V e r b i n d u n g e n Seite

1. Chinon aus Anilin Hydrochinon S. 268; Anilinoohinon S. 268; Dien-Synthese S. 268; Chinhydron S. 270.

266

2. p-Nitrosodimethylanilin Dimethylamin und p-Nitrosophenol S. 272.

271

3. p-Aminodimethylanilin W u r s t e r s Rot S. 275; B i n d s c h e d l e r s GrünS. 277; Methylenblau S. 277. 4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe a) Malachitgrün aus Benzaldehyd und Dimethylanilin S. 279; Bleidioxyd S. 280; b) Kristallviolett aus M i c h l e r s Keton und Dimethylanilin S.281; c) Gesarol (DDT) S. 281. 5. Fluorescein und Eosin Theoretisches über Triphenylmethanfarbstoffe Phthalocyanin S. 288. 6. Alizarin I

273

279

282 283 288

IX. D i e S y n t h e s e n n a c h G r i g n a r d u n d F r i e d e l - C r a f t s Organische Radikale Die G r i g n a r d sehe Reaktion 1. Darstellung von Alkoholen 290 a) Benzhydrol aus Benzaldehyd und Phenylmagnesiumbromid S. 290; b) Triphenylcarbinol aus Benzoesäureäthylester und Phenylmagnesiumbromid S. 291. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon 292 Die P r i e d e l - C r a f t s s c h e Synthese 3. Ketonsynthese a) Benzophenon aus Benzoylchlorid und Benzol S. 296; b) Acetophenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid S. 297. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff

296

297

5. 2,4-Dioxyacetophenon aus Resorcin und Acetonitril 6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon

298 299

7. B e c k m a n n s c h e Umlagerung a) Benzophenonoxim S. 302; b) Cyclohexanonoxim S. 304; Polykondensation von Caprolactam S. 305.

302

Organische Radikale 8. Hexaphenyläthan 9. Tetraphenyl-hydrazin Diphenylnitrosamin, NO S. 310.

306 308 Festlegung des Diphenylstickstoffs

durch

XIV

Inhaltsübersicht X. H e t e r o c y c l i s c h e V e r b i n d u n g e n

1. Pyridinderivate a) Synthese von Collidin nach H a n t z s c h S. 312; b) a-Aminopyridin S. 316. 2. Chinolin a) S k r a u p s c h e Chinolinsynthese S. 317; b) Chinaldinsynthese nach D o e b n e r - M i l l e r S. 318. 3- a-Phenylchinolin aus Chinolin und Lithiumphenyl a) Lithiumphenyl S. 320; b) a-Phenylchinolin S. 321. 4. Indigo Phenylglycin S. 321; Indoxylschmelze S. 322; Indigoküpe S. 325; Dehydroindigo S. 326.

Seite

312

317

320 321

XI. H y d r i e r u n g u n d R e d u k t i o n , O x y d a t i o n mit Selendioxyd, Ozonisation 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium. Hydrozimtsäure 328 Darstellung von Palladium-Tierkohle S. 330; Darstellung von Platinoxyd S. 330. 2. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen durch Wasserstoff (Reduktion nach C l e m m e n s e n ) 332 a) Äthylbenzol aus Acetophenon S. 332; b) Dibenzyl aus Benzil S. 333. 3. Reduktion nach M e e r w e i n - P o n n d o r f . Trichloräthylalkohol . . . . 333 Aluminiumäthylat S. 333; Trichloräthylalkohol S. 334. 4. Oxydation von Malonester zu Mesoxalsäureester mit Selendioxyd . . 335 5. Adipin-dialdehyd aus Cyclohexen durch Ozonisation 335 XII. N a t u r s t o f f e 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Furfurol d-Glucose aus Rohrzucker Spaltung von Rohrzucker durch Saccharase /3-Pentacetyl-glucose und a-Aceto-bromglucose Milchzucker und Casein aus Milch Säurehydrolyse des Caseins S. 342; Papierchromatographische Analyse S. 342. d-Galaktose aus Milchzucker Schleimsäure S. 344; Pyrrol S. 344. Oktacetyl-cellobiose und Cellobiose Einige Erläuterungen über Kohlenhydrate Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung l-Arginin-hydrochlorid aus Gelatine Coffein aus Tee Nicotin aus Tabakslauge

337 338 339 340 341 343 345 345 350 353 354 354

Inhaltsübersicht — Abkürzungen

XV Seite

12. Hämin aus Kinderblut Chromatographische Adsorption der Blattfarbstoffe S. 358.

355

13. Die Hauptbestandteile der Rindergalle Glykocholsäure S. 359; Cholsäure S. 360; Desoxycholsäure, Fettsäuren und Cholesterin S. 361.

359

D. Organische Gruppenanalyse I. Allgemeines II. Die Merkmale der einzelnen Gruppen III. Ausführung der Analyse a) Einzelbestimmung S. 374; b) Trennung eines Substanzgemisches S. 376.

364 365 374

£. Einführung in die Elektronentheorie der organischen Verbindungen und in die Mesomerie-Lehre von Rolf H u i s g e n Ionen und Atombindung Ungesättigte und aromatische Verbindungen; Mesomerie Reaktionsmechanismen

377 380 387

F. Verschiedenes Kurze Anleitung zur Benützung der organisch-chemischen Literatur . . . Literaturpräparate Tabelle zur Berechnung der Stickstoffbestimmungen Sachregister

396 398 400 403

Abkürzungen A. = A. ch. = Am. Soc. = Ang. Ch. = B. = Bl. = C. = Chem.-Soc. = Helv. = H. = J . pr. = M. = Naturwiss. = Ree. =

Liebigs Annalen. Annales de chimie et de physique. Journal of the American Chemical Society. Zeitschrift für angewandte Chemie (zeitweise bis 1945 „Die Chemie"; ab 1946 „Angewandte Chemie"). Berichte der Deutsch, ehem. Gesellschaft (ab 1946 „Chemische Berichte"). Bulletin de la Société chimique de France. Chem. Zentralblatt. Journal of the Chemical Society of London. Helvetica chimica acta. Hoppe-Seylera Zeitschr. für Physiolog. Chemie. Journal für praktische Chemie. Monatshefte für Chemie. Die Naturwissenschaften. Recueil des trav. chim. des Pays-Bas.

A. Einige allgemeine Arbeitsregeln Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Von den Reaktionen, die den Inhalt des anorganisch-analytischen Praktikums bilden, unterscheiden sich die der o r g a n i s c h e n Chemie vor allem in der G e s c h w i n d i g k e i t des Verlaufs. Dort haben wir fast ausschließlich mit unmeßbar rasch vor sich gehenden I o n e n r e a k t i o n e n zu t u n ; die Umsetzungen der organischen Substanzen dagegen erfolgen meist viel l a n g s a m e r und erfordern daher in diesen Fällen zur präparativen Durchführung die beschleunigende Wirkung erhöhter Temperatur. M i t d e r S t e i g e r u n g d e r T e m p e r a t u r u m 10° i s t e i n e S t e i g e r u n g d e r R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t a u f d a s 2- bis 3 f a c h e v e r b u n d e n . Ist die Geschwindigkeit bei 20° v, so wird sie sich bei 80° auf durchschnittlich v • 2,5 6 erhöhen. Die Reaktion wird also in siedendem Alkohol etwa 250 mal rascher verlaufen als bei Raumtemperatur. Aus diesem Grund werden viele Umsetzungen organischer Stoffe mit erhitzten Lösungen, meist bei S i e d e t e m p e r a t u r , vorgenommen. Der Dampf des Lösungsmittels wird in einem, dem Reaktionsgefäß aufgesetzten, von Leitungswasser durchströmten K ü h l e r kondensiert, derart, daß das verdampfte Fig. 1 Lösungsmittel andauernd wieder zurückfließt. Um eine Lösung zu konzentrieren, wird das Lösungsmittel „am a b s t e i g e n d e n K ü h l e r " abgedampft. Bequemer als der Liebigsche K ü h l e r sind für diesen Zweck S c h l a n g e n k ü h l e r verschiedener Konstruktion, die aber für das Arbeiten „ u n t e r R ü c k f l u ß " wegen der in der Schlange zwischen Dampf und Außenatmosphäre sich bildenden Flüssigkeitsschicht weniger geeignet sind. Für beide Verwendungsarten hat sich der von D i m r o t h angegebene Kühler gut bewährt, bei dem die Schlange vom Kühlwasser durchströmt wird (Fig. 1). Um die Kondensation von Wasserdampf auf der Kühlschlange zu vermeiden, wird der obere Tubus zweckmäßig mit einem C a l c i u m c h l o r i d r o h r versehen. Benutzt man Lösungsmittel, die über 100° sieden, so kann der Wasserkühler durch ein l a n g e s , w e i t e s G l a s r o h r ( S t e i g r o h r ) ersetzt werden. 1

G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.

3d. Aufl.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Zur Verbindung des Kühlers mit dem Reaktionsgefäß dient ein dicht anschließender K o r k s t o p f e n , der vor dem Einbohren des Loches mit der Korkpresse weich gemacht wird. Das Lumen des zu wählenden Korkbohrers soll kleiner sein als das des einzusetzenden Glasrohrs. Die Durchbohrung erfolgt mit dem in der Bunsenflamme erhitzten Bohrer von der kleineren Fläche des Korkes aus, streng vertikal zum Laboratoriumstisch als Unterlage. Das Abdichten von Stopfen mit Kollodium sollte tunlichst vermieden werden. Gummistopfen sollen im allgemeinen nicht verwendet werden bei Operationen, bei denen sie den Dämpfen siedender organischer Lösungsmittel ausgesetzt sind, da sie stark aufquellen und zudem lösliche Bestandteile abgeben, die die Reaktionslösung verunreinigen. Am saubersten läßt sich mit N o r m a l s c h l i f f g e r ä t e n arbeiten (siehe z. B. Fig. 46, S. 95); ihr einziger Nachteil ist ihr ziemlich hoher Preis. Die Vorteile sind dagegen so groß, daß Schliffgeräte wohl an allen Hochschullaboratorien eingeführt sind. Schliffe sollen sparsam mit Fett gedichtet werden, wodurch auch ein Festbacken vermieden wird. Schlechte Schliffe werden auch durch reichliche Verwendung von Fett n i c h t dicht. Im übrigen ist das Umgehen mit Normalschliffgeräten so einfach, daß im folgenden die allg. Arbeitsgänge unter Verwendung der größere Sorgfalt und Geschicklichkeit erfordernden Kork- und Gummi-Verbindungen beschrieben werden. Außenkühlung: Viele Reaktionen, die unter starker Wärmeentwicklung verlaufen, müssen gemäßigt werden. Auch wenn zersetzliche Substanzen darzustellen sind, für die erhöhte Temperatur gefährlich ist, muß häufig für Kühlung des Reaktionsgemisches Sorge getragen werden. Der Grad der Kühlhaltung ist verschieden und wird je nach der zu beseitigenden Wärmemenge und in Abhängigkeit von der jeweils erforderlichen Reaktionstemperatur erzeugtdurchfließendesLeitungswasser (8—12°), durch E i s , das, fein zerstoßen, mit wenig Wasser durchtränkt wird, durch E i s - K o c h s a l z g e m i s c h (0 bis —20°) und durch eine Mischung von f e s t e r K o h l e n s ä u r e mit Ä t h e r oder Aceton (bis —80°). Flüssige L u f t wird beim organisch-präparativen Arbeiten im allgemeinen nicht benötigt. Zur Darstellung einer K ä l t e m i s c h u n g , wie man sie sehr häufig braucht, wird in der Eismühle oder im Metallmörser gut zerkleinertes Eis mit etwa y 3 der Menge Viehsalz mit Hilfe einer kleinen Holzschaufel gut durcheinander gemischt, am besten in einer niederen Glasschale mit flachem Boden oder in einem niederen Emailtopf. Um ein Kältegemisch stundenlang, unter Umständen über Nacht wirksam zu erhalten, bringt man es in eine „ T h e r m o s f l a s c h e " , in der der Inhalt eingestellter Reagenzgläser längere Zeit bei tiefer Temperatur gehalten werden kann. Dem gleichen Zwecke für größere Dimensionen dient ein von P i c c a r d angegebenes I s o l i e r g e f ä ß , das man

Reindarstell ung organischer Substanzen

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sich leicht aus zwei ineinander gestellten Filtrierstutzen herstellen kann. Der Boden des äußeren Stutzens wird mit Kieselgur "angefüllt, bis der Rand des zentrisch hineingestellten kleineren die Höhe des äußeren Randes erreicht hat, dann stampft man in den Zwischenraum zwischen den beiden Stutzen ebenfalls Kieselgur ein und dichtet oben zwischen den Rändern mit Pech gut ab. Die K o n z e n t r a t i o n s v e r h ä l t n i s s e werden im allgemeinen beim organisch-präparativen Arbeiten allzuwenig berücksichtigt. Mit Ausnahme seltener Fälle (z. B. bei intramolekularen Umlagerungen) handelt es sich um Reaktionen höherer Ordnung, an denen mehrere Molekülarten — meist zwei — beteiligt sind. Da die Geschwindigkeit bimolekularer Reaktionen auf Grund der kinetischen Molekulartheorie der Anzahl der gegenseitigen Zusammenstöße der gelösten Molekeln proportional ist und sich demgemäß in dem Produkt der Konzentrationen ausdrückt: dx — =

k • CA • OB

(k = Geschwindigkeitskonstante),

so ist es in allen Fällen, wo nicht besondere Gründe dagegen sprechen, ratsam, die K o n z e n t r a t i o n e i n e r R e a k t i o n s l ö s u n g m ö g l i c h s t hoch zu wählen. Man bedenke stets, daß die Herabsetzimg der Konzentration auf die Hälfte, auf ein Viertel, auf ein Zehntel gleichbedeutend ist mit einer Verlangsamung der Reaktion auf das Vier-, Sechzehn- und Hundertfache. Hier ist nur ein allgemeiner Überblick über die gebräuchlichen Methoden und Handgriffe gegeben, wie sie bei den präparativen Übungen gebraucht werden. Über spezielle Bedürfnisse unterrichte man sich in folgenden Werken: C. W e y g a n d , Organisch-chemische Experimentierkunst, Leipzig 1938. K. B e r n h a u e r , Einführung in die organischchemische Laboratoriumstechnik, Wien 1942; A. W e i ß b e r g e r , Technique of Organic Chemistry, 8 Bde., New York 1950.

Reindarstellung organischer Substanzen Die Stoffe, die das Ziel des präparativen Arbeitens bilden, sind meist feste, kristallisierte Körper oder Flüssigkeiten, mitunter auch Gase. Bei der großen Vielseitigkeit der Reaktionen organischer Stoffe verläuft, im ausgesprochenen Gegensatz zu den meisten Reaktionen in der anorganischen Chemie, kaum jemals eine Reaktion scharf in e i n e r Richtung auf e i n Endprodukt, sondern es treten fast stets N e b e n r e a k t i o n e n ein. Dadurch wird die Isolierung reiner, einheitlicher Substanzen aus einem Reaktionsgemisch, wie sie die vornehmste Aufgabe der präparativen Übungen darstellt, erheblich erschwert. Teils entstehen m e h r e r e definierte chemische Stoffe nebeneinander, deren Trennung erreicht werden muß, teils handelt es sich um die möglichst l*

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

verlustfreie Befreiung des angestrebten Stoffes von unerfreulichen, nicht kristallisierbaren Begleitstoffen, den sog. H a r z e n oder S c h m i e r e n . Darunter versteht man Nebenprodukte — zuweilen leider auch Hauptprodukte —, deren Ursprung und Art meist unerforscht ist und die das Interesse der klassischen organischen Chemie bisher nur im Sinne ausgesprochener Mißbilligung erweckt haben. Von allen diesen unerwünschten Begleitern muß das zu gewinnende Präparat mit aller Sorgfalt befreit werden. Es sind für die hier in Frage kommenden Aufgaben grundsätzlich zwei Methoden, die zum Ziele führen, nämlich: 1. die K r i s t a l l i s a t i o n , 2. die D e s t i l l a t i o n . Kristallisation G r u n d s ä t z l i c h e s : Feste kristallisierbare Körper werden bei einer Reaktion gewöhnlich als Rohprodukte erhalten, die entweder direkt oder nach dem Einengen der Lösung in mehr oder weniger reiner Form sich beim Erkalten abscheiden. Die K r i s t a l l i s a t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t schwankt bei organischen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen und die Neigung, ü b e r s ä t t i g t e L ö s u n g e n zu bilden, ist außerordentlich groß. Aber selbst, wenn durch Einbringen eines Kristalles in die Lösung — durch „ A n i m p f e n " — die Aufhebung der Übersättigung bewirkt wird, stellt sich das Gleichgewicht der kaltgesättigten Lösung manchmal äußerst langsam ein. Die Ursache liegt eben in der verschiedenen Kristallisationsgeschwindigkeit. Darum erhält man den vollen Ertrag an Rohprodukt häufig erst nach vielstündigem Stehen der Lösung. Der Prozeß der U m k r i s t a l l i s a t i o n erfolgt im einfachsten (und häufigsten) Fall in der Weise, daß eine h e i ß g e s ä t t i g t e L ö s u n g d e s R o h p r o d u k t s in einem geeigneten Lösungsmittel hergestellt wird, aus der beim E r k a l t e n die Substanz in reinerer Beschaffenheit wieder auskristallisiert. Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist, daß die Begleitstoffe größere Löslichkeit haben als die Substanz selbst, also auch in der erkalteten Lösung (der M u t t e r l a u g e ) gelöst bleiben. Auch im umgekehrten Sinne findet das Prinzip der verschiedenen Löslichkeit Anwendung, dann nämlich, wenn das Nebenprodukt vermöge seiner geringeren Löslichkeit in einem passenden Lösungsmittel aus der eben gesättigten Lösung der Substanz abgetrennt werden kann. Da hierbei die Lösung für das Nebenprodukt stets gesättigt bleibt, so kann diese Methode, anders als die erste, niemals in e i n e r Operation zur reinen Substanz führen. Für die Umkristallisation aus heiß gesättigter Lösung ist weiter wichtig, daß die T e m p e r a t u r k u r v e d e r L ö s l i c h k e i t möglichst s t e i l verläuft, d. h. daß das Lösungsvermögen des Lösungsmittels mit

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steigender Temperatur stark zunimmt. Nur dann ist es erreichbar, die eingesetzte Substanzmenge in möglichst h o h e r A u s b e u t e aus der Lösung herauszuholen. Die Wahl des richtigen Lösungsmittels ist daher für die Prozedur des Umkristallisierens von großer Bedeutung. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind die folgenden: Wasser, Äthylalkohol, Methylalkohol, Äther, Aceton, Eisessig, Essigester, Benzol, P e t r o l ä t h e r , Chloroform, S c h w e f e l k o h l e n s t o f f , in neuerer Zeit auch T e t r a h y d r o f u r a n , Methylenchlorid, N-Dimethylformamid. Für besonders s c h w e r l ö s l i c h e S u b s t a n z e n werden außerdem A m e i s e n s ä u r e , P y r i d i n , B r o m b e n z o l , N i t r o b e n z o l , mitunter auch P h e n o l , B e n z o e s ä u r e e s t e r , A n i l i n , D i o x a n verwendet. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Konstitution des zu lösenden Stoffs und der vom Solvens, gemäß dem alten Prinzip: s i m i l i a s i m i l i b u s s o l v u n t u r . So sind bekanntlich hydroxylhaltige Stoffe (z. B. Zucker, Carbonsäuren) in Wasser löslich, Kohlenwasserstoffe leichter in Benzol und Petroläther als z. B. in Alkoholen. Aber der obige Satz gilt im allgemeinen nur für einfache organische Verbindungen mit einiger Sicherheit, bei komplizierten ergeben sich verwickeitere Verhältnisse, und man ist, wenn man nicht über eine große Erfahrung verfügt, genötigt, die vorhandenen Solventien der Reihe nach durchzuprüfen. Das meist benutzte ist der A l k o h o l , mit dem man in der Regel beginnt; dann kämen etwa W a s s e r , B e n z o l , P e t r o l ä t h e r an die Reihe. Man kann sagen, daß im großen und ganzen von den gebräuchlichen Lösungsmitteln B e n z o l , C h l o r o f o r m und Ä t h e r ein sehr großes, P e t r o l ä t h e r und W a s s e r ein mäßiges Lösungsvermögen für organische Stoffe besitzen. Obwohl die Gültigkeit dieser Ordnung von vielen Substanzen durchbrochen wird, gibt sie doch für die Prüfung einen gewissen Anhalt. So wird man, wenn die Probe in A l k o h o l zu schwer löslich ist, nach der ersten Gruppe, wenn sie zu leicht löslich ist, nach der zweiten greifen. Bei schwer löslichen Stoffen wählt man häufig ein höher siedendes Homologes der gleichen Klasse, an Stelle des niederen Alkohols P r o p y l a l k o h o l oder A m y l a l k o h o l , an Stelle von Benzol T o l u o l oder X y l o l , weil durch die erhöhte Siedetemperatur auch die Löslichkeit gesteigert wird. Es kommt sehr häufig vor, daß die Darstellung einer Substanz zu einem a m o r p h e n Rohprodukt führt, teils von harzartiger, teils von flockiger Beschaffenheit, das durch D i g e r i e r e n mit einem geeigneten Lösungsmittel oder auch durch direktes U m k r i s t a l l i s i e r e n kristallinisch wird. Man beachte, daß die Löslichkeit eines und desselben Stoffes im amorphen und kristallisierten Zustand durchaus verschieden ist, und zwar i s t d a s a m o r p h e P r ä p a r a t s t e t s v i e l l e i c h t e r löslich.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Für Salze gilt ganz allgemein, daß sie in Wasser leicht, wohl auch in den Alkoholen, Aceton und Chloroform löslich sind, dagegen von Ä t h e r , B e n z o l , P e t r o l ä t h e r nicht aufgenommen werden. Infolgedessen kann man organische Säuren durch wäßrige Laugen, organische B a s e n durch wäßrige Säuren aus einem Gemisch mit n e u t r a l e n S t o f f e n , z . B . in Äther, herausholen. Die K o m b i n a t i o n verschiedener L ö s u n g s m i t t e l bildet ein wertvolles Hilfsmittel zur Reinigung, wenn ein Stoff in keinem Solvens die erforderliche mittlere Löslichkeit besitzt, sondern entweder allzu leicht oder allzu schwer löslich ist. Die Lösungsmittel, die gemeinsam verwendet werden, müssen miteinander mischbar sein. Es kommen meist in Anwendung: Alkohol, Eisessig, Aceton mit Wasser — Äther, Aceton, Benzol, Chloroform mit P e t r o l ä t h e r — Pyridin mit W a s s e r , Ä t h e r oder Alkohol, und zwar verfährt man so, daß man die konz. Lösung, kalt oder heiß, tropfenweise mit dem Verdünnungsmittel versetzt, bis eben eine Trübung k o m m t , die durch Stehenlassen oder R e i b e n mit einem abgeschmolzenen Glasstab zur Kristallisation angeregt wird. Wenn die Kristallisation eingesetzt hat, wird v o r s i c h t i g weiter verdünnt. Es ist fehlerhaft, die gelöste Substanz auf einmal mit großen Mengen des wenig lösenden Mittels auszufallen. B e i allen Operationen, die man noch n i c h t in der Hand h a t , führe man V o r v e r s u c h e im R e a g i e r g l a s aus. Daran soll sich der Praktikant von allem Anfang an gewöhnen. Als Aufnahmegefaß für das Filtrat dient bei wäßrigen Lösungen das B e c h e r g l a s , bei organischen Lösungsmitteln aber der E r l e n m e y e r kolben, der keine Verdunstung zuläßt und so das Ansetzen von Krusten verhindert. Schon um die Einheitlichkeit des Kristallisats durch den Anblick kontrollieren zu können, soll die Kristallisation nicht gestört werden, damit möglichst gut ausgebildete K r i s t a l l e entstehen. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß eine durch sofortige starke Abkühlung der Lösimg erzeugte feine Kristallisation eine besonders reine Substanz darstelle. Durch die sehr große Oberfläche ist im Gegenteil der Adsorption von N e b e n p r o d u k t e n weit mehr Gelegenheit geboten, als bei der Ausbildung größerer Individuen. Dazu kommt, daß dem für den Organiker unerläßlichen Gebot der Prüfung einer Substanz auf E i n h e i t l i c h k e i t bei gut ausgebildeten Kristallen viel leichter Genüge getan werden kann. Diese Prüfung der Präparate, sei es mit der Lupe, sei es unter dem Mikroskop — 50- bis 100 fache Vergrößerung ist ausreichend — ist nicht außer acht zu lassen. Ist in der Lösung Sättigung bei Raumtemperatur eingetreten, so kann man die Menge des Kristallisats durch Einstellen des Gefäßes in Eiswasser oder in eine Kältemischung noch weiter steigern.

Reindarstellung organischer Substanzen

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N i e d r i g s c h m e l z e n d e S u b s t a n z e n scheiden sich beim Abkühlen ihrer heiß gesättigten Lösung bisweilen in öliger F o r m ab. Dann muß die Lösung noch etwas verdünnt werden. Weiter sorgt man in solchen Fällen für l a n g s a m e Abkühlung dadurch, daß man den Kolben mit der heißen Lösung mit einem Tuch umwickelt oder in einem großen, mit Wasser von der gleichen Temperatur gefüllten Becherglas erkalten läßt. Von Stoffen, die schwierig kristallisieren, halte man stets eine kleine Probe zur Verwendung als „ I m p f k r i s t a l l e " zurück. Mit ihrer Hilfe wird man der eben erwähnten Schwierig- _ keiten bequem Herr, indem man sie in die noch nicht D ganz kalt gewordene Lösung unter Reiben mit einem \I Glasstab einbringt. Z u r A u s f ü h r u n g : Um eine heiß gesättigte Lösung O zu bereiten, übergießt man die zu reinigende Substanz, p „ am besten in einem kurzhalsigen Rundkolben, mit & I w e n i g Lösungsmittel, erhitzt zum Sieden und fügt ' nach und nach mehr davon zu, bis alles sich aufgelöst hat. Da in den rohen Substanzen vielfach unlösliche Beimengungen enthalten sind, beobachte man beim Auflösen genau, wann und ob die umzukristallisierende Verbindung vollständig in Lösung gegangen ist. Zu langes Kochen ist wegen der Zersetzlichkeit vieler Substanzen zu vermeiden. Bei Benutzung von Lösungsmittein, die unter 80° sieden, erhitzt man am Rückflußkühler auf siedendem Wasserbad; das hinzuzufügende Lösungsmittel kann mit einem Trichter durch den Kühler eingegossen werden. Besser bringt man, namentlich bei größeren Operationen, auf dem Kolben einen D o p p e l r o h r - A u f s a t z (nach A n s c h ü t z ) an (Fig. 28, S. 36), der ein bequemes Nachgießen, in andern Fällen auch Einbringen fester Substanzen gestattet. Das im Winkel angebrachte Rohr ist mit dem schräg gestellten Kühler verbunden, das gerade Rohrende, durch das nachgefüllt wird, durch einen Korkstopfen geschlossen. Wasser und andere, höher als 80° siedende Lösungsmittel werden am zweckmäßigsten auf Asbestunterlage im Baboschen T r i c h t e r oder auf dem A s b e s t d r a h t n e t z erhitzt. Liegt der Siedepunkt beträchtlich ( > 20°) über dem des Wassers, so muß der Kühler wegen Bruchgefahr mit e r w ä r m t e m Wasser gespeist oder durch ein w e i t e s und l a n g e s Glasrohr (Luftkühler) ersetzt werden, auf das man bei Bedarf feuchtes Filtrierpapier auflegt. Für Reagenzglasversuche unter Rückfluß ist der sog. „ K ü h l z a p f e n " äußerst bequem (Fig. 2). Er besteht aus einem etwa 15 cm langen Glasrohr von 6—8 mm lichter Weite, das an einem Ende zugeschmolzen ist. Ungefähr 3 cm vom anderen Ende entfernt ist ein 3 cm langes dünneres Rohr im rechten Winkel angeschmolzen und — zum Aufhängen des Kühlers an einem Eisenring — nach der längeren Seite zu abgebogen, das durch einen

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

dünnen Schlauch das Kühlwasser ableitet. Dessen Zuführung erfolgt durch ein dünnes, mit einem Stückchen überzogenen Schlauches in das Kühlrohr eingesetztes, ebenfalls abgebogenes Glasrohr, das bis zum Boden reicht. Dieser handliche Kühler wird durch einen mit Kerbe versehenen Kork auf dem Reagenzglas befestigt. Zur Vermeidung des sehr lästigen S i e d e v e r z u g s gibt man v o r dem Aufkochen einige S i e d e s t e i n c h e n — etwa halberbsengroße Tonstückchen — in den Kolben, die man, wenn sie unwirksam geworden sind, durch neue ersetzt (nicht in die überhitzte Lösung einwerfen!). Bei starkem Stoßen sind für größere Ansätze Holzstäbe zu empfehlen. U m g e f ä r b t e V e r u n r e i n i g u n g e n , die oft einer farblosen Substanz zähe anhaften, zu beseitigen, kocht man die heiß gesättigte Lösung mit einigen Messerspitzen T i e r k o h l e oder eigens präparierter H o l z k o h l e kurze Zeit weiter. Da die aus der Kohle entweichende Luft ein heftiges Aufschäumen verursacht, muß das Eintragen v o r s i c h t i g und unter Umschütteln erfolgen. Aus wäßriger oder alkoholischer Lösung werden die gefärbten Begleitstoffe wegen ihres kolloidalen Charakters am leichtesten adsorbiert. Im unpolaren Lösungsmittel pflegt Kohle als Adsorbens unwirksam zu sein; hier bedient man sich zur Entfernung färbender Verunreinigungen mit Vorteil des Aluminiumoxyds oder der Bleicherde; die Methodik entspricht der der chromatographischen Adsorption (S. 14). F i l t r i e r e n : Die Kristallisationslösungen sind, auch wenn sie nicht mit Entfärbungskohle behandelt wurden, nicht völlig klar und müssen deshalb filtriert werden. Dem F a l t e n f i l t e r ist im allgemeinen ein gewöhnliches R u n d f i l t e r vorzuziehen, das man in den meist nicht im genauen Winkel angesetzten Glastrichter dadurch dicht einpaßt, daß man bei der letzten Faltung die Quadranten unter einem kleineren Winkel zusammenlegt und dann den größeren Kegelmantel zum Filtrieren benutzt. Als F i l t r i e r p a p i e r ist beim organisch-präparativen Arbeiten nur l e i c h t d u r c h l ä s s i g e s , „ g e n a r b t e s " , brauchbar. Häufig kristallisiert die gelöste Substanz, namentlich aus sehr konzentrierter Lösung, infolge der Abkühlung schon im Trichter aus und verhindert so die Ausführung der Filtration. Diesem Mißstand kann man durch Anwendung eines Trichters mit kurz (*/>—1 cm) unterhalb des Konus abgeschnittenem Abflußrohr (Fig. 3) einigermaßen begegnen. Viel empfehlenswerter aber ist die Benutzung eines sog. H e i ß w a s s e r t r i c h t e r s (Fig. 4), in dem die Filtrierfläche des Trichters durch siedendes Wasser vom äußeren Blechmantel aus erhitzt wird. Bei Anwendung entzündlicher Lösungsmittel muß vor dem Filtrieren die Heizflamme abgedreht werden. Der D a m p f t r i c h t e r (gemäß Fig. 5) ist ebenfalls gut brauchbar. H a t man nur kleine Flüssigkeitsmengen zu filtrieren, so kann man den leeren Trichter über freier Flamme vorwärmen oder man befeuchtet das eingelegte Filter mit etwas Alkohol, den man anzündet und bei horizontal gehaltenem Trichter unter Drehen bis zur

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beginnenden Ankohlung des Papiers abbrennen läßt. Zum Heißfiltrieren haben sich doppelwandige Porzellannutschen, die mit Dampf geheizt werden, als besonders bequem erwiesen. Manchmal, namentlich bei schwer filtrierbaren wäßrigen Lösungen, empfiehlt sich auch Durchsaugen auf einer P o r z e l l a n n u t s c h e mit vorher gut gedichtetem Filter; Saugflaschen aus gewöhnlichem Glas müssen vor der Benutzung vorsichtig angewärmt werden, am besten derart, daß man sie in einen Emailtopf mit warmem Wasser einstellt und dieses dann bis zum Sieden erhitzt.

Fig. 4 Fig. 3 Fig. 6 Wenn sich beim Filtrieren einer Lösung durch Auskristallisieren von Substanz das Filter verstopft, so helfe man sich nicht durch Durchstoßen des Filters. Man kocht vielmehr daa aufrecht stehende Filter in einem kleinen Becherglas mit frischem Lösungsmittel aus und filtriert dann die verdünntere Lösung durch das gleiche Filter. Die Gesamtlösung muß in solchen Fällen meist durch Einengen konzentriert werden.

Will man beim Umkristallisieren s c h ö n e K r i s t a l l e erzielen, so muß das Filtrat, in dem häufig schon während des Filtrierens eine Ausscheidung erfolgt, wieder bis zur klaren Lösung erhitzt und dann l a n g s a m , ohne äußere Störung, erkalten gelassen werden. Die Isolierung der Kristalle wird in keinem Falle durch gewöhnliches Filtrieren, sondern s t e t s durch A b s a u g e n über Filtrierpapier — bei starken Laugen und Säuren auch über Glaswolle oder Asbest, am besten über S c h o t t sehen Filtern aus gefrittetem Glas — bewerkstelligt. Bei größeren Substanzmengen bedient man sich des B ü c h n e r schen T r i c h t e r s , der sog. N u t s c h e (Fig. 6), deren Dimension zu der abzusaugenden Masse in das richtige Verhältnis zu bringen ist. Es ist durchaus verkehrt, einige Gramm Substanz auf einer Nutsche von sechs oder mehr Zentimeter Durchmesser abzusaugen. Der Porzellannutsche ist in vielen Fällen, namentlich dann, wenn kleinere Mengen (5 g oder weniger) abzusaugen sind, die W i t t s c h e F i l t e r p l a t t e vorzuziehen (Fig. 7). Der Vorteil besteht darin, daß die Reinheit des Geräts viel besser kontrollierbar ist, als bei der nicht durchsichtigen Porzellannutsche, vor allem aber darin, daß wegen der viel kleineren Grundfläche das Auswaschen des Niederschlags weit weniger Lösungsmittel erfordert.

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Zur Herrichtung des Filters wird ein kleines Stückchen Filtrierpapier um die obere Kante der Filterplatte herumgeknickt und dann eine Scheibe von 2—3 mm größerem Halbmesser mit der Schere herausgeschnitten. Man dichtet das mit dem Lösungsmittel befeuchtete Filter mit einem abgerundeten Glasstab oder bei größeren Platten mit dem Fingernagel, indem man die kleinen Falten ausstreicht.

Fig. 6

Fig. 7

Hat man ganz k l e i n e S u b s t a n z m e n g e n von einigen Zentigramm oder weniger zu filtrieren, so benutzt man als Filtrierunterlage k l e i n e G l a s s c h e i b e n von 0,5—1 cm Durchmesser, die man aus dünnen Glasstäben in der Weise darstellt, daß man diese am äußeren Ende in der Gebläseflamme zum Erweichen bringt und jetzt auf einem Eisenblech oder Tonteller plattdrückt ( D i e p o l d e r ) . Der Glasstab muß so dünn und so lang sein, daß er in das Rohr eines ganz kleinen Trichters hineinpaßt und unten hinausragt. Als Filtrierauflage dient eine etwas größere, dicht aufsitzende Scheibe von Filtrierpapier (Fig. 8). .

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Um die abgesaugte Substanz von der Filterplatte zu

entfernen, stellt man den Trichter umgekehrt über eine Schale oder ein Uhrglas und befördert mit einem dünnen Glasstab oder Kupferdraht alles auf diese Unterlage; der „Glasknopf" wird von seinem unteren Ende aus herausgeschoben. Die Platte wird mit der Pinzette entfernt, das Filter erst nach dem Trocknen. Die am Trichter haften bleibende Substanz streicht man ohne Verlust mit einem schräg durchschnittenen Stückchen Karton (Kartenblatt) heraus.

Ein rascheres Arbeiten ermöglichen konische Porzellantrichter ( H i r s c h - T r i c h t e r ) oder Glastrichter mit eingeschmolzener durchlochter Filterplatte aus Glas mit einem Durchmesser von einigen Fig. 8 cm bis zu wenigen mm. Zur Aufnahme des Filtrats beim Absaugen dient die S a u g f l a s c h e , deren Größe dem Volumen der Lösung anzupassen ist. Zum Filtrieren im kleinen Maßstab wird das auch sonst sehr nützliche S a u g r ö h r c h e n (Fig. 8) von verschiedener Größe herangezogen. Es steht in einem Blei-

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fuß oder in einem kleinen, mit Bohrungen für mehrere Durchmesser versehenen Holzblock. Bei der großen methodischen Bedeutung der Darstellung analysenreiner Substanzen muß schon der organische Praktikant der Technik des Filtrierens die größte Aufmerksamkeit zuwenden. Das Verfahren, eine Kristallisation samt der Mutterlauge auf Ton aufzugießen und die Kristalle nachzuwaschen, ist nachdrücklich zu verwerfen. Überhaupt sollte der Sinn des Anfangers darauf gerichtet werden, schon bei der Darstellung organischer Präparate m ö g l i c h s t q u a n t i t a t i v zu arbeiten. Nicht die Anzahl der Präparate gibt den Ausschlag für den Erfolg, sondern die Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der jede einzelne Reaktion durchgeführt wird. Aus diesen Gründen darf die „ M u t t e r l a u g e " nicht als Abfall behandelt und vernachlässigt werden. Ihre Bedeutung wird zwar erst dem wissenschaftlich arbeitenden Organiker klar, aber auch der präparative Anfanger soll aus ihr herausholen, was für seine Zwecke aus ihr herauszuholen ist Darum werden die Filtrate durch Wegdampfen von einem Teil des Lösungsmittels wieder in (kalt) übersättigte Lösungen übergeführt und so eine z w e i t e K r i s t a l l i s a t i o n erzielt, der unter Umständen noch eine weitere nachfolgen kann. In der Regel müssen die so gewonnenen Kristallisate nochmals aus neuem Lösungsmittel umkristallisiert werden (Kontrolle durch Schmelzpunkt!). Über das A u s w a s c h e n der kristallisierten Niederschläge, das ihre Befreiung von der anhaftenden Mutterlauge zum Zweck hat, ist noch einiges zu sagen. Stets ist das angewandte Lösungsmittel zu benutzen, und zwar, da sein Lösungsvermögen für die Substanz auch in der Kälte schon zu mehr oder weniger großen Verlusten führt, i n m ö g l i c h s t g e r i n g e r M e n g e . Während des Nachwaschens darf nicht gesaugt werden; man durchtränkt den Niederschlag mit dem Lösungsmittel und setzt dann erst die Pumpe an. Es ist zweckmäßig, die Woulfsche Flasche oder Saugflasche, die jeder Wasserstrahlpumpe vorgeschaltet sein muß, mit einem Regulierhahn zu versehen, der nicht nur eine bequeme Ausschaltung der Saugwirkung, sondern auch eine in vielen Fällen notwendige Veränderung des Unterdrucks gestattet.

Bei Stoffen, die schon in der Kälte leicht löslich sind, muß das zum Waschen verwendete Lösungsmittel in einer Kältemischung vorgekühlt werden. Solange noch Mutterlauge an den Kristallen haftet, darf man durch den von tropfbarer Lauge befreiten Niederschlag k e i n e L u f t saugen, wenn leicht flüchtige Lösungsmittel in Anwendung sind. Es kommt sonst auch der unreine Inhalt der Mutterlauge zur Ausscheidung, und es besteht, namentlich bei leicht löslichen Substanzen, keine Sicherheit, daß die Verunreinigungen beim Nachwaschen wieder vollständig entfernt werden.

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Geringe Substanzmengen werden durch Auftropfen des Lösungsmittels ausgewaschen. D a z u dient, ein sog. T r o p f r o h r (Fig. 9), das ist ein zu einer nicht zu dünnen Capillare ausgezogenes Glasrohr, das auch bei Ausführung v o n vielen Reaktionen sehr nützlich ist und den Sinn für sauberes Arbeiten fördert. [—,

Der häufig zu beobachtende Brauch, Substanzen dadurch zu „reinigen", daß man ihre Lösung in einer Kristallisierschale zur Trockne verdampft oder eindunsten läßt, führt naturgemäß n i c h t zum Ziel, da ja auf diesem Weg die Verunreinigungen nicht entfernt werden. Kleine Mengen schwer filtrierbarer Niederschläge lassen sich mit Hilfe einer kleinen H a n d z e n t r i f u g e bequem und rasch abtrennen. Trocknen der Substanzen: E i n reines Präparat m u ß v o m anhaftenden Lösungsmittel vollkommen befreit werden. Man trocknet unempfindliche Substanzen am bequemsten zwischen Filtrierpapier auf sauberer Unterlage bei Zimmertemperatur, indem m a n sie 1 oder 2 Tage an der Luft stehen läßt. Hochschmelzende Substanzen werden rascher im T r o c k e n s c h r a n k oder auf dem W a s s e r b a d v o m Lösungsmittel befreit; jedoch muß dies stets m i t einiger Vorsicht geschehen.

Die sicherste -— für Analysenpräparate allein anwendbare — y Methode ist die Trocknung im V a k u u m e x s i c c a t o r , der mit Fig 9 konz. Schwefelsäure beschickt ist. D a s a l t e S c h e i b l e r sehe Modell h a l t e n wir f ü r d a s zweckmäßigste. Die Konsistenz des F e t t e s ist für die Dichtung des Deckelschliffes sehr wichtig; am besten eignet sich a d e p s l a n a e a n h y d r i c u s oder ein Gemisch aus gleichen Teilen R i n d e r f e t t und V a s e l i n e . Das (rundgeschmolzene) Rohr mit dem Abschlußhahn wird, mit etwas G l y c e r i n befeuchtet, in den vorher in den Tubus eingesetzten Gummistopfen hineingeschoben; die Führung muß streng sein. Den E i n s a t z bildet eine, auf drei niedere Füße aufgeschmolzene Porzellanplatte mit mehreren kreisrunden Öffnungen zur Aufnahme von kleinen Schalen, Uhrgläsern u. dgl. Um das Hin- und Herrutschen des Einsatzes zu verhindern, ist der Zwischenraum zur Exsiccatorwand mit drei entsprechend zugeschnittenen Korkstücken ausgefüllt, die fest ansitzen. Damit beim Aufheben des Vakuums durch die hereinblasende Luft keine Substanz verstäubt wird, stellt man vor dem Tubus durch den Einsatz festgehalten, ein Blatt steifen Karton, ein Kartenblatt o. dgl. auf. Den Zug der einströmenden Luft mildert man überdies dadurch, daß man ein Stückchen Filtrierpapier vor dem öffnen des Hahns an die äußere Rohröffhung hält, das dann angesaugt wird und einen ausreichenden Widerstand bildet. Um die einströmende Luft zu trocknen, ist dem Hahnrohr außen ein gerades C a l c i u m c h l o r i d r o h r aufgesetzt, dessen Inhalt durch Glaswolle oder besser Watte nach beiden Seiten gut gesichert sein muß. In Exsiccatoren, die viel umhergetragen werden, füllt man den Schwefelsäurebehälter bis zur Standhöhe der Säure mit G l a s r e s t e n — zerbrochenen Rohrstücken, Stopfen u. dgl. — oder (vorher mit verdünnter Salzsäure ausgekochten und dann getrockneten) Bimssteinstücken, wodurch ein Spritzen hintangehalten wird. Die konz. Schwefelsäure ist von Zeit zu Zeit zu erneuern. Für a n a l y t i s c h e Z w e c k e muß ein besonderer Vakuumexsiccator bereit stehen.

Reindarstellung organischer Substanzen

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Zur Verstärkung der Trockenwirkung, namentlich gegenüber Wasser, stellt man auf den Einsatz eine kleine, mit festem technischem Ä t z k a l i gefüllte Schale. Die meisten Lösungsmittel, außer C h l o r o f o r m , B e n z o l , P e t r o l ä t h e r und S c h w e f e l k o h l e n s t o f f , werden von dieser Beschickung absorbiert. Um Substanzen von diesen vier Solventien zu befreien, bringt man dünne P a r a f f i n s c h n i t z e l in einer flachen Schale neben die Substanz in den Exsiccator, falls ihre Eigenschaften das Trocknen an der Luft verbieten.

Fig. 10

Man mache sich zur Regel, keinen Vakuumexsiccator zu benutzen, der nicht über Nacht das v o l l e Vakuum hält (Prüfung mit Manometer). Es genügt so, einmal zu evakuieren und über Nacht stehen zu lassen. Das stundenlange Saugen an der Pumpe ist unnütze Wasserverschwendung. Manche Substanzen enthalten Wasser oder andere Lösungsmittel so fest gebunden, daß sie im Vakuum bei Raumtemperatur nicht davon befreit werden können. Man trocknet dann im Vakuum bei erhöhter Temperatur, indem man die Substanz in einem kleinen Rundkolben im Wasserbad oder Ölbad so lange erhitzt, bis keine Gewichtsabnahme mehr erfolgt. Besonders bequem ist die sog. Trockenpistole (Fig. 10). Die Dämpfe der in A zum Sieden erhitzten Flüssigkeit heizen das innere, weite Rohr B mit der auf einem Porzellanschiffchen ausgebreiteten Substanz. In G befindet sich ein T r o c k e n m i t t e l , und zwar für Wasser und Alkohole P 2 0 5 , für andere Dämpfe f e s t e s Paraffin. Als H e i z f l ü s s i g k e i t verwendet man je nach der gewünschten Temperatur Chloroform (66°), Wasser (100°), Toluol (111°), X y l o l (140°).

Für das Trocknen kleinerer Substanzmengen ist der auf S. 48 abgebildete K u p f e r - T r o c k e n b l o c k sehr zu empfehlen. Hat man aus schwer flüchtigen Lösungsmitteln, wie Eisessig, Xylol, hochsiedendem Petroläther, Nitrobenzol u. dgl. umkristallisiert, so wasche man vor dem Trocknen mit einem leichter entfernbaren, wie Äther, Benzol, Gasolin, das erstere weg. Im allgemeinen wird eine in

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Einige allgemeine Arbeitaregeln

Eisessig oder Nitrobenzol schwer lösliche Substanz auch von Äther nicht leicht gelöst. Sehr fein verteilte Niederschläge und auch solche, die die Filterporen verstopfen, werden mit Hilfe einer Z e n t r i f u g e von der flüssigen Phase abgetrennt. Chromatographische Adsorption1 So bezeichnet man ein weiteres sehr wirksames Reinigungsverfahren, das auf der unterschiedlichen Affinität der Komponenten eines gelösten Stoffgemischs zu den Oberflächen bestimmter pulvriger Adsorptionsmittel, wie Tonerde (standardisiert nach B r o c k m a n n ) , Bleicherde, Silicagel, Magnesiumoxyd, Calciumoxyd, Calciumcarbonat, Zucker, Stärke u. a. beruht. Für jeden Stoff stellt sich an der adsorbierenden Oberfläche ein charakteristisches G l e i c h g e w i c h t zwischen der Konzentration im Lösungsmittel und am Adsorbens ein. Bringt man die Lösung eines Stoffgemisches auf das obere Ende einer Säule, die aus einem vertikal stehenden, mit dem porösen Adsorptionsmittel gefüllten Glasrohr besteht, läßt eben einsickern und wäscht dann mit einem geeigneten Lösungsmittel, evtl. unter schwachem Saugen durch (bei leicht verdunstenden Flüssigkeiten empfiehlt sich die Anwendung eines schwachen Überdrucks), so wandern alle Stoffe als Zonen nach unten, und zwar diejenigen, die im Adsorptions-Gleichgewicht das Lösungsmittel bevorzugen mit größerer Geschwindigkeit als jene mit größerer Affinität zum Adsorbens. Diese Aufteilung in Zonen der reinen Stoffe läßt sich bei gefärbten Substanzen direkt, bei manchen anderen an der Fluoreszenz im ultravioletten Licht beobachten. Man kann nun die Operation abbrechen, wenn auf der Säule die Zonen genügend weit voneinander gewandert sind und dann das „Chromatogramm" aus dem Glasrohr herausstoßen, mechanisch zerlegen und die Stoffe mit geeigneten Lösungsmitteln „eluieren". Wir bringen ein charakteristisches Beispiel für diese Methode beim Chlorophyll (S. 358). Eine andere Möglichkeit, die man vor allem bei farblosen Stoffen häufig anwendet, besteht darin, daß man den aus der Säule kontinuierlich abtropfenden Durchlauf in vielen Portionen „fraktioniert" auffängt und so die Komponenten rein gewinnt. Dabei empfiehlt es sich, nach und nach der Waschflüssigkeit immer größere Mengen eines stark eluierenden Mittels, wie Alkohol, Methanol oder Wasser zuzusetzen. Neuerdings hat die Verwendung von Filtrierpapier als Adsorptionsmittel ( P a p i e r c h r o m a t o g r a p h i e 2 ) namentlich bei biochemischen Arbeiten eine ausgedehnte Verwendung gefunden. Das Prinzip des Verfahrens besteht darin, daß man einen Tropfen der Lösung eines 1 M. T s w e t t , Ber. d. dtsch. bot. Ges. 24, 234, 361, 384 (1906). Näheres über die Ausarbeitung der Methode findet man bei Gerhard H e s s e , „Adsorptionsmethoden im chemischen Laboratorium", Verlag W. de Gruyter & Co., Berlin. a Consden, Gordon und Martin, Biochem. J. 88, 224 (1944).

Reindarstellung organischer Substanzen

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Substanzgemisches auf einem Streifen Filtrierpapier eintrocknen und dann ein organisches, meist wasserhaltiges Lösungsmittel sich kapillar darüber hinwegbewegen läßt. Dabei werden die Bestandteile verschieden schnell mitgenommen, so daß sie sich am Ende der Operation an verschiedenen Stellen des Papiers befinden, wo sie durch spezifische Farbreaktionen als Flecken nachgewiesen werden. Ein Beispiel findet man auf S. 342. Destillation Bei der Reinigung durch D e s t i l l a t i o n wird die Substanz im Dampfzustand weggeführt und durch Abkühlung an andrer Stelle wieder in den flüssigen oder festen Aggregatzustand gebracht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Reinigungsmethode ist die Beständigkeit des Stoffes bei seiner Siedetemperatur. Diese kann erniedrigt werden durch V e r d a m p f u n g im Vak u u m , und zwar sinkt der Siedepunkt im üblichen Vakuum der Wasserstrahlpumpe (12 mm) gegenüber dem bei Atmosphärendruck im Durchschnitt um 100 bis 120°. Bei Stoffen, die unter gewöhnlichem Druck oberhalb 250° sieden, erhöht sich dieser Unterschied. Daher können sehr häufig Substanzen, die sich schon unterhalb ihres normalen Siedepunktes zersetzen, durch Destillation im Vakuum gereinigt werden, da sie so einer weit niedrigeren Temperatur ausgesetzt sind. Einfach zusammengesetzte, vor allem auch leicht flüchtige Substanzen, wie Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester, die niederen Säuren, Amine u. dgl. destilliert man unter Atmosphärendruck. Bei allen zersetzlichen Stoffen, auch bei besonders hoch siedenden, nimmt man die Destillation unter Unterdruck vor. Bei festen kristallisierten Körpern wird man im allgemeinen den Weg der Destillation nur dann beschreiten, wenn die Reinigung durch Kristallisation wegen allzu großer Löslichkeit oder aus anderen Gründen nicht zum Ziel führt. Die Möglichkeit der Destillation (ohne Zersetzung) muß natürlich in jedem Fall vorher feststehen. Die Destillation, sei es unter Atmosphärendruck oder im Vakuum, dient nicht nur zur Abtrennung des rein darzustellenden Produkts von nicht flüchtigen Beimengungen, sondern auch zur Scheidung von Gemischen flüchtiger Stoffe auf Grund ihres verschiedenen Dampfdrucks und damit Siedepunkts ( f r a k t i o n i e r t e D e s t i l l a t i o n ) .

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Destillation bei Atmosphärendruck: Als Destillationsgefäß dient der einfache F r a k t i o n i e r k o l b e n mit abwärts geneigtem Kondensations rohr (Fig. 11), das im allgemeinen bei leicht siedenden Flüssigkeiten hoch, bei höher siedenden tief, d. h. näher bei der Kugel, angesetzt sein soll. Das T h e r m o m e t e r ist durch einen reinen durchbohrten Kork mit dem Kolben verbunden; die Quecksilberkugel muß vollständig von den Dämpfen der Substanz umspült werden, also kurz u n t e r h a l b d e s A n s a t z r o h r e s stehen. Da die gewöhnlichen Laboratoriumsthermometer häufig ungenau sind, müssen sie vor dem Gebrauch mit einem N o r m a l t h e r m o m e t e r verglichen werden. Am genauesten wird die Eichung, wenn man die beiden Thermometer nebeneinander in konz. Schwefelsäure oder Paraffin auf 250° bringt und dann die Abkühlungstemperaturen von 10 zu 10° beobachtet und aufschreibt. Thermometer für Destillationen sollen eine kleine Kugel haben, damit die Temperatureinstellung rasch erfolgt.

Die Größe des Destillierkolbens ist so zu wählen, daß die Kugel von der Flüssigkeit zur Hälfte bis zu zwei Drittel erfüllt ist. Um Siedeverzug und damit Überhitzung zu vermeiden, bringt man einige kleine, halberbsengroße Tonstückchen ( S i e d e s t e i n e ) vor jeder Destillation in den Siedekolben. Sie müssen bei dennoch eintretendem Siedeverzug erneut eingetragen werden, jedoch nicht in die überhitzte Flüssigkeit, sondern erst nach kurzer Abkühlung. Der Kolben wird oberhalb des Ansatzrohrs in eine mit Kork ausgekleidete Klammer eingespannt. Heizquellen: Flüssigkeiten, die nicht höher als 80° sieden, werden im W a s s e r b a d erwärmt (Emailtopf oder Becherglas); d i e T e m p e r a t u r d e s H e i z b a d e s soll u n g e f ä h r 20° ü b e r d e m S i e d e p u n k t d e r S u b s t a n z liegen. Die Einhaltung der richtigen Heiztemperatur ist von großer Bedeutung, da bei zu großer Steigerung derselben infolge von Überhitzung zu hohe Siedepunkte des Destillats gefunden werden. Bei höher siedenden Stoffen kann man für präparative Zwecke, wo ein Spielraum von einigen Graden für den Siedepunkt in Kauf genommen werden kann, meist die f r e i e , r u ß e n d e G a s f l a m m e benutzen, mit der der Kolben, anfangs vorsichtig, umfächelt wird; auch Erhitzen auf dem B a b o t r i c h t e r oder auf dem D r a h t n e t z ist anwendbar. Bei wertvollen Substanzen und wenn Anspruch auf analytische Reinheit erhoben wird, auch dann, wenn aus Gründen der Beständigkeit der Substanz Überhitzung vermieden werden soll, wird man ein Öl- oder P a r a f f i n b a d vorziehen, für Temperaturen > 220° ein M e t a l l b a d aus W o od scher oder R o s e scher Legierung oder die Schmelze von gleichen Teilen K a l i - und N a t r o n s a l p e t e r , beide in einem eisernen Tiegel.

Reindarstellung organischer Substanzen

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Niedrig siedende Substanzen werden in einem L i e b ig sehen K ü h l e r kondensiert, der mit Kork an das Ansatzrohr angeschlossen ist. Will man jeglichen Verlust durch Verflüchtigung vermeiden, so verbinde man das Kühlrohr durch einen sog. V o r s t o ß mit der als Vorlage dienenden Saugflasche, die durch Eis oder auch Kältegemisch gekühlt wird. Bei Flüssigkeiten, die um 100° sieden, genügt ein k u r z e r Kühler, und bei der Destillation geringer Mengen ist die Verwendung eines kleinen, dicht über das Ansatzrohr stülpbaren K ü h l m a n t e l s zur Einschränkung von Materialverlusten besonders ratsam. Ein solcher ist in Fig. 19 und 22 abgebildet. Bei Siedetemperaturen oberhalb 120° kühlt man im allgemeinen nicht mehr mit fließendem Wasser, weil das Kühlrohr bei der Berührung mit dem heißen Dampf leicht springen kann; hier dient das im Mantel stehende Wasser, das sich allmählich erwärmt, als Kühlflüssigkeit. Wenn der Siedepunkt 150° überschreitet, genügt bloße L u f t k ü h l u n g (weites Kühlrohr ohne Mantel). Substanzen, die nach der Kondensation rasch erstarren, dürfen niemals aus einem Fraktionierkolben mit engem Ansatzrohr destilliert werden; man kann zwar das Destillat im frei liegenden Rohr durch Anwärmen mit der Flamme wieder verflüssigen, aber die an den durch Korke oder andere Verbindungen gedeckten Stellen auftretenden Versperrungen sind oft kaum mehr zu öffnen und verursachen viel Zeitverlust und Ärger. Deshalb greift man sofort zu dem mit weitem Ansatz versehenen S c h w e r t - oder S ä b e l k o l b e n (Fig. 12), aus dem nach beendigter Destillation das Produkt mühelos, am besten durch H e r a u s s c h m e l z e n , entnommen werden kann. Die A u s f ü h r u n g e i n e r D e s t i l l a t i o n gestaltet sich normalerweise folgendermaßen: Nach allmählichem Erhitzen des Kolbeninhalts steigt unter den äußeren Erscheinungen des Siedens der Quecksilberfaden des Thermometers mit einem Male rasch in die Höhe, um bei einer bestimmten Temperatur, dem S i e d e p u n k t , haltzumachen. H a t sich diese Temperatur innerhalb eines Grades fest eingestellt, so vertauscht man die Vorlage — ein kleines weites Röhrchen oder dergleichen — mit dem „ V o r l a u f " gegen ein der zu erwartenden Substanzmenge angepaßtes Auffanggefäß (Erlenmeyer oder enghalsige Stöpselflasche mit aufgesetztem Trichterchen) und erhitzt weiter in dem Maße, daß alle 1—2 Sekunden ein Tropfen übergeht. Das Thermometer muß dauernd im Auge behalten werden. D i e S u b s t a n z soll im a l l g e m e i n e n in d e r T e m p e r a t u r s p a n n e v o n n i c h t m e h r a l s 1—2 G r a d e n ü b e r g e h e n ; bei analytisch reinen Präparaten ist die Grenze enger zu 2

G a t t er m a n n , Praxis des organ. Chemikers. 38. Aufl.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

ziehen. Destilliert man mit freier Flamme, so steigt gegen das Ende hin der Siedepunkt wegen Überhitzung regelmäßig um ein paar Grade, obwohl noch reine Substanz übergeht. Erhöht sich der Siedepunkt schon früher über den angegebenen Bereich, so wird die Vorlage wiederum gewechselt und unter Portsetzung der Destillation ein drittes Kondensat, der „ N a c h l a u f " , aufgefangen. Es ist zu beachten, daß im Vorlauf wie im Nachlauf noch Anteile des Hauptprodukts enthalten sind. Der Dampfdruck einer destillierbaren Substanz ist schon unterhalb des Siedepunktes so beträchtlich, daß mit den leichter flüchtigen Bestandteilen (gewöhnlich Reste von Lösungsmitteln) des ursprünglichen Destillationseinsatzes auch Dampf der Substanz übergeht. Andererseits steigt der Siedepunkt einer Substanz, wenn sie sich im Gemisch mit höher siedenden Stoffen befindet. So läßt sich Äther, der überaus häufig zur Aufnahme organischer Präparate verwendet wird, selbst auf dem siedenden Wasserbad nicht vollständig von einer viel weniger flüchtigen Substanz abtrennen, obwohl sein Siedepunkt schon bei 35° liegt. Ein anderes bekanntes Beispiel bildet die Benzolwäsche der Kokereien, auf das aber hier nicht näher eingegangen werden kann.

Daraus erklärt sich, daß auch der Nachlauf nicht frei ist von dem Hauptprodukt, und wenn Vorlauf und Nachlauf ansehnliche Mengen darstellen, so lohnt sich eine nach den angegebenen Regeln zu wiederholende getrennte Destillation dieser beiden Anteile. Die fraktionierte Destillation: Nicht so einfach wie im vorstehenden geschildert, liegen die Verhältnisse, wenn es sich darum handelt, m e h r e r e flüchtige Produkte einer Reaktion durch Destillation voneinander zu trennen. Die Aufgabe wird erschwert in dem Maße, als die Siedepunkte der einzelnen Bestandteile sich einander nähern, und es gelingt mit den üblichen Laboratoriumsmitteln schon nicht leicht, Substanzen mit einiger Schärfe voneinander zu scheiden, deren Siedepunkte sich um 10° unterscheiden. Der Weg, der hier in der größten Annäherung das Ziel erreichen läßt, ist der der mehrfachen Wiederholung des Destillationsprozesses. Sie kann bei niedrig siedenden Stoffen in e i n e r Operation vorgenommen werden durch Anwendung von sog. F r a k t i o n i e r a u f s ä t z e n , das sind Kondensationssysteme, die vor der endgültigen Kondensation in die Dampfphase eingeschaltet sind. Durch Luftkühlung wird in den einzelnen Abteilungen dieser Destillationsaufsätze, die verschiedenartig konstruiert sein können (z. B. Fig. 13), Dampf verflüssigt und der nachdrängende Dampf muß diese Kondensate, die in seiner Bahn hegen, durchströmen. Dabei werden seine weniger flüchtigen Bestandteile kondensiert, während die leichter flüchtigen am nächsten Glied des Aufsatzes das gleiche Spiel wiederholen. So kommt eine der Anzahl der Kugeln des Aufsatzes entsprechende Menge von Einzeldestillationen zustande, die bei v o r s i c h t i g e r u n d l a n g s a m e r Ausführung der Operation eine weit-

Reindarstellung organischer Substanzen

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gehende Trennung ermöglicht. Es eignen sich für diesen Zweck auch zylindrische Aufsätze, die regellos mit R a s c h i g - R i n g e n aus Glas, B e r 1-Sätteln oder noch besser mit Formstücken aus Drahtnetz oder Draht wendein angefüllt sind. Erwähnt sei auch die in Fig. 14 abgebildete „ W i d m e r - S p i r a l e " 1 , die in kleinerer Ausführung in das Lumen des Destillationskolbens eingesetzt werden kann und kleinere Substanzmengen der fraktionierten Destillation zugänglich macht.

V Fig. 13

Fig. 14

Die technische Anwendung des Prinzips der fraktionierten Destillation finden wir in der Spiritusfabrikation und in der auf dem gleichen Weg erfolgenden Isolierung der aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Leichtöl des Steinkohlenteers. Eine kritische Zusammenstellung der im Laboratorium verwendeten FraktionierKolonnen findet man bei P. S t a g e , Ang. Ch. B. 19, 175, 215 (1947).

Flüssigkeitsgemische von höherem Siedepunkt ( > 120°) trennt man in ihre Bestandteile, indem man sie zuerst durch Destillation in mehrere Fraktionen von ungefähr gleichem Siedepunktsintervall zerlegt; die einzelnen Destillate werden (in kleineren Siedekolben) durch Destillation erneut aufgeteilt, die in ihren Siedepunkten einander naheliegenden Fraktionen werden dann noch mehrere Male unter immer schärferer Einengung der Siedepunktsgrenzen fraktioniert überdestilliert.Will man, was sehr empfehlenswert, auch hier die obenerwähnte Widmer-Spirale benutzen, so muß der Aufsatz, in dem sie sitzt, mit Asbest gut isoliert werden. 1

Widmer, Helv. VII, 59 (1924). 2*

Einige allgemeine Arbeitsregeln

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Nicht alle Gemische sind durch Destillation trennbar; bisweilen bilden Stoffe, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, konstant übergehende Destillate (azeotrope Gemische). Die Vakuumdestillation: Der organische Chemiker muß sich immer bewußt sein, daß fast alle Stoffe, mit denen er umgeht, vom Standpunkt der Thermodynamik aus m e t a s t a b i l sind. Die Einwirkung erhöhter Temperatur ist aber in allen Fällen der Einstellung der wahren Gleichgewichte —• hier dem Zerfall — günstig und deshalb wird man es sich zweckmäßig zur Regel machen, seine Substanzen nicht unnötigerweise zu gefährden. Aus diesem Grunde gebührt der Destillation unter vermindertem Druck, wobei die Siedetemperatur um 100 und mehr Grade herabgesetzt werden kann, eine große Bedeutung beim organischen Arbeiten. Ihre Methodik muß der präparative Organiker bald beherrschen lernen, und er soll sich frühzeitig daran gewöhnen, die Vakuumdestillation nicht als „Haupt- und Staatsaktion" aufzufassen, sondern als eine der elementarsten Operationen der Laboratoriumspraxis. Das gegebene Destillationsgefäß ist der C l a i s e n k o l b e n (Fig. 15). Seine sehr zweckmäßige Rohrteilung verhindert das hier besonders gefährliche Überspritzen der siedenden Flüssigkeit. Damit der bei der Vakuumdestillation sehr leicht eintretende Siedeverzug vermieden werde, saugt man vermittels einer feinen C a p i l l a r e dauernd feine Luftbläschen —• bei luftempfindlichen Substanzen Wasserstoff oder C0 2 — durch die siedende Flüssigkeit. Denselben Zweck kann auch ein sog. S i e d e s s t a b erfüllen, der aus einem mehrere cm langen Glasstab besteht, an dessen Ende ein Glasring von 3—-5 mm Höhe — von einem Glasrohr etwa gleichen Durchmessers wie der Stab abgeschnitten — angeschmolzen ist.

IX

Die Capillare zieht man an einem genügend langen, 4—8 mm weiten Glasrohr, am besten Capillarrohr, in der Gebläseflamme aus und gibt ihr dann durch abermaliges Ausziehen über der Sparflamme die genügende Feinheit. Vor dem Gebrauch prüft man ihre Durchlässigkeit, indem man die Spitze in einem kleinen Reagenzglas unter Äther bringt und dann mit dem Mund hineinbläst. Die Blasen sollen e i n z e l n und langsam herausperlen. Capillaren für die H o c h v a k u u m d e s t i l lation sollen erst bei kräftigem Einblasen einzelne Luftblasen, aber schwierig, durchlassen. Bisweilen besteht das Bedürfnis, vor allem bei schäumenden Flüssigkeiten, den Luftdurchtritt durch die Capillare zu regulieren. Dies erreicht man bei nicht allzu fein ausgezogener Capillare durch eine Q u e t s c h s c h r a u b e , die man an einem Stückchen ungebrauchten, dickwandigen Gummischlauches auf das Capillarrohr aufsetzt. Man beachte aber, daß bei einer Unterbrechung der Destillation die in

Reindarstellung organischer Substanzen

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der Kugel vorhandene Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck in das noch evakuierte Capillarrohr hineingedrückt wird — unter Umständen bis in den Gummi schlauch — und vermeide dies dadurch, daß man vor der Unterbrechung den Schraubhahn vorsichtig öffnet. Bei hartnäckigem Schäumen setzt man einige Tropfen Octylalkohol zu oder führt unter Verzicht auf das Thermometer auch in das vordere Rohr des Claisenkolbens (ft in Fig. 15, S. 20) eine Capillare ein. Der durch sie eingesaugte feine Luftstrom bringt die Blasen, ehe sie übersteigen können, zum Platzen1.

Das Capillarrohr wird von der Spitze aus in einen eng anschließenden unversehrten G u m m i s t o p f e n eingeführt (mit etwas Glycerin), der dicht in das Rohr a des Ciaisenkolbens hineinpaßt. Bei richtigem Sitz des Capillarrohrs soll sich das Capillarende in unmittelbarer Nähe des tiefsten Punktes der Kugel befinden. Im Rohr b steckt, ebenfalls durch einen Gummistopfen eingefügt, das Thermometer. Will man vermeiden, daß die Substanz mit Kautschuk in Berührung kommt, so benutzt man Ciaisenkolben mit verjüngten Rohrenden, in die Capillarrohr und Thermometer mit Hilfe kleiner übergezogener Schlauchstücke eingesetzt werden. Die Verwendung von Korkstopfen bei Vakuumdestillationen erfordert große Übung. Schliffgeräte Fig. 16 sind hier besonders angebracht. Die Kühlung erfolgt nach den gemachten Angaben; der kleine übergezogene Wasserkühler ist hier besonders empfehlenswert. Vorlagen: Wenn nur eine oder zwei Fraktionen zu erwarten sind, benutzt man als Vorlagen S a u g r ö h r c h e n , wie auf Fig. 8, S. 10 abgebildet, von entsprechender Größe — für den Vorlauf die kleinsten — oder, bei größeren Substanzmengen, kleine S a u g f l a s c h e n . Dem Verbindungsstopfen aus Gummi sind sie vorher anzupassen. Beim Wechseln der Vorlage muß die Destillation naturgemäß unterbrochen werden. Will man dies vermeiden und hat man mehrere Fraktionen zu erwarten, so bedient man sich mit Vorteil einer Anordnung, die gestattet, verschiedene Auffanggefäße der Reihe nach unter die Mündung des Abflußrohrs zu bringen, z. B. in der in Fig. 16 wiedergegebenen Form, in der Laboratoriumssprache je nach der Gestalt als „ S p i n n e " , „ F r o s c h " , „ S c h w e i n c h e n " oder „ K u h e u t e r " bezeichnet. Schließlich sei noch der namentlich für die Destillation größerer Substanzmengen trefflich bewährte H a h n v o r s t o ß nach A n s c h ü t z T h i e l e (Fig. 17) erwähnt, bei dem man nach Schließung der Hähne a und b mit Hilfe der Klemmschraube c das Vakuum in der Vorlage aufheben und so diese wechseln kann. Nachdem man dann bei c wieder 1

E. Dorrer, Dissert. München 1926.

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Einige allgemeine Arbeitaregeln

geschlossen und durch öffnen von b wieder überall Vakuum hergestellt hat, kann man bei geöffnetem Hahn a weiter destillieren. Der dritte Hahn kann entbehrt werden. Noch einfacher ist der mit Dreiweghahn versehene W e c h s e l v o r s t o ß (Fig. 18) gebaut, an dem die Vorlage durch eine Hahnbohrung mit der Außenatmosphäre in Verbindung gebracht werden kann, während das Vakuum im Apparat erhalten bleibt.

Nach dem Wechsel des Auffanggefäßes muß der Hahn allerdings sehr vorsichtig gegen dieses geöffnet werden, damit das inzwischen über dem Hahn angesammelte Kondensat durch die von unten eingesaugte Luft nicht verspritzt wird. Die beiden zuletzt aufgeführten Apparate haben den großen Vorteil, daß die einzelnen Fraktionen alsbald völlig voneinander getrennt werden, daß sie auch nicht mit den Dämpfen in gegenseitiger Berührung sind; für zähe, viskose Flüssigkeiten, die nicht durch die Hahnbohrung gehen, sind sie dagegen nicht verwendbar. Man wird sie daher bei der Destillation von verhältnismäßig niedrig siedenden Substanzen, deren Dampfdruck nicht zu vernachlässigen ist, bevorzugen. Werden rasch erstarrende Substanzen im Vakuum destilliert, so trägt der Claisenkolben ein erweitertes Ansatzrohr, gerade so wie dies für die gewöhnliche Destillation beschrieben ist (Schwertkolben). Handelt es sich nur um das Eindampfen einer wäßrigen Lösung unter vermindertem Druck, so ist es bequem, als Vorlage einen Destillierkolben zu benutzen, in dessen Hals das Ansatzrohr so weit hineingesteckt wird, daß seine Mündung bis zur Mitte der Kugel reicht. Diese ruht auf einem Trichter mit Abflußschlauch für das Kühlwasser, das die Oberfläche der Kugel bespült.

Das Heizen: Nur bei großer Übung kann eine Vakuumdestillation mit freier Flamme ausgeführt werden. Weit zuverlässiger ist die in-

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direkte Heizung durch ein W ä r m e b a d . Auch hier ist die Temperatur des Heizbades mit größter Sorgfalt der Siedetemperatur der Substanz anzupassen ( e t w a 20° h ö h e r ; bei hoch angesetztem Kondensationsrohr muß die Differenz vergrößert werden); wenn der Siedepunkt einer Fraktion erreicht ist, soll die Temperatur des Bades konstant gehalten werden. Der Kolben wird so tief in das Heizgefäß eingesenkt, daß der Spiegel des Destillationsguts u n t e r h a l b von dem der Heizflüssigkeit liegt. Die Kugel soll nicht weiter als bis zur Hälfte mit Substanz gefüllt sein. Bei der Destillation hoch siedender Stoffe taucht man möglichst tief ein und umkleidet den Destillationskolben oberhalb des Heizbads bis zum Winkel des Ansatzrohrs mit A s b e s t p a p i e r oder A l u m i n i u m f o l i e , die durch einen dünnen Draht oder durch eine Schnur befestigt werden. Bei empfindlichen Substanzen, die an sich der Vakuumdestillation zugänglich sind, tritt bisweilen Zersetzung ein, wenn sie in der Hitze jäh einer starken Druckänderung unterworfen werden. In solchen Fällen soll das Vakuum erst nach Abkühlung des Kolbeninhalts aufgehoben werden. So zu verfahren, ist ganz allgemein zweckmäßig, weil dadurch auch die recht häufige Oxydationswirkung heißer Luft vermieden wird.

Unerläßlich für alle Destillationen unter vermindertem Druck ist die Zwischenschaltung eines abgekürzten M a n o m e t e r s (Fig. 19) zwischen Pumpe und Apparat, da der die Höhe des Siedepunktes bestimmende Druck dauernd kontrolliert werden muß. Inkonstante Siedepunkte sind recht oft die Folge wechselnden Drucks. Um die Verunreinigung des Manometers durch Dämpfe, die sich darin kondensieren, hintanzuhalten, destilliert man bei geschlossenem Hahn, den man nur von Zeit zu Zeit zur Druckprüfung öffnet. V o r d e m B e g i n n jeder V a k u u m d e s t i l l a t i o n m u ß die ganze A p p a r a t u r am M a n o m e t e r a u f D i c h t i g k e i t , d. h. a u f a u s r e i c h e n d e s V a k u u m g e p r ü f t werden. Mit dem Anheizen des Bades beginne man erst, nachdem das Vakuum hergestellt ist. Bringt man die b e r e i t s e r w ä r m t e Flüssigkeit unter verminderten Druck, so kommt sie häufig infolge Überhitzung zum Ü b e r s c h ä u m e n . Dabei braucht der Siedepunkt der Substanz nicht erreicht zu werden: es genügt, daß im Destillationsgut noch etwas Lösungsmittel, z. B. Äther, enthalten ist, dessen Entfernung auf dem Wasserbad aus Gründen des stark herabgesetzten Dampfdruckes nie vollständig möglich ist. In manchen Fällen, wenn leicht flüchtige, niedrig siedende Stoffe im Vakuum destilliert werden, ist es nötig, durch Erhöhung des Drucks die Flüchtigkeit zu vermindern. Man arbeitet dann nicht beim vollen Vakuum der Wasserstrahlpumpe, das je nach Druck und Temperatur des Leitungswassers 10—20 mm Quecksilber beträgt, sondern bei Drucken von 20—100 mm. Da die Leistung der Pumpe nicht reguliert

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

werden kann, so hilft man sich mit einem in die Vorlageflasche eingesetzten H a h n (a, Fig. 19), mit dem man unter Beihilfe des Manometers jeden gewünschten Druck einstellen kann. Bei Substanzen, die unter Atmosphärendruck über 150° sieden, bedient man sich der maximalen Leistung der Wasserstrahlpumpe. In welchem Maße die Erniedrigung des Druckes bei einer Vakuumdestillation den Siedepunkt erniedrigt, sieht man an den auf Fig. 20 wiedergegebenen Beispielen von N i t r o b e n z o l , Siedepunkt 208°/760 mm (Kurve 1) und Benza l d e h y d (II), Siedepunkt 179°/760 mm. Die Bedeutung eines „guten Vakuums" beim präparativen Arbeiten prägt sich in dem steilen Anstieg der Kurven im Bereich der niederen Drucke aus. Es macht ungefähr 15° Unterschied im Siedepunkt aus, ob man unter 20 mm oder unter .10 mm Quecksilber destilliert. Mit steigendem Druck verringert sich dessen Einfluß, wie die im oberen Teil der Figur — in anderem Maßstab — gezeichnete Kurve I I I des Nitrobenzols mit dem Druckgebiet von 760 mm abwärts [deutlich macht. Wasser siedet unter 720 mm Hg, z. B. in München bei 98,5°.

Die quantitativen Beziehungen zwischen Druck und Siedetemperatur sind v o n Stoff zu Stoff verschieden, jedoch bei organischen Verbindungen innerhalb mäßiger Grenzen, so daß die hier wiedergegebenen Kurven für den praktischen Gebrauch wohl als Unterlagen benutzt werden können. Siedet z. B. ein Stoff A nach Angabe der Literatur bei 96°/12 mm, so wird er unter 18 mm Hg bei 104—105° sieden. Stoffe, deren Siedepunkt auch bei dem Unterdruck, den die Wasserstrahlpumpe schafft, noch zu hoch liegt, lassen eich häufig im H o c h v a k u u m unzersetzt destillieren, d. h. bei Drucken, die bei 1 mm oder darunter liegen. Druckverminderung bis zu dieser Grenze setzt die Siedetemperatur um durchschnittlich ISO0 gegenüber der bei Atmosphärendruck, um etwa 40° gegenüber dem Vakuum der Wasserstrahlpumpe herab. Die punktierte Fortsetzung der Nitrobenzol-Kurve 1 (der keine gemessenen Zahlen zugrunde hegen) bringt dies zum Ausdruck. H o c h v a k u u m p u m p e n nach dem Dampfstrahl- und Diffusionsprinzip, meist mit Quecksilberdampf betrieben, fehlen heute in keinem Hochschullaboratorium.

Reindarstellung organischer Substanzen

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Mit ihrer Hilfe ist die Destillation im Hochvakuum eine unschwer auszuführende Prozedur, und wer die gewöhnliche Vakuumdestillation gewandt und sicher auszuführen gelernt hat, wird auch im Hochvakuum destillieren können, wenn diese Aufgabe etwa bei einem Literaturpräparat an ihn herantritt. Wegen der Empfindlichkeit der Apparatur — wenigstens gegenüber dem allgemeinen Gebrauch — ist dieses Verfahren in die Übungspräparate nicht einbezogen und wird darum auch nicht aus-

führlicher beschrieben. Man mache es sich zur Gewohnheit, bei der Destillation die Pumpe durch eine zwischengeschaltete „Falle", die mit Kohlensäureschnee-Aceton oder mit flüssiger Luft gekühlt wird, vor Verunreinigung zu schützen. Bei sorgsamem Arbeiten erreicht man „Klebe-Vakuum" (etwa 10~4 mm). Auch die in der Handhabimg besonders bequemen rotierenden ölpumpen seien hier erwähnt; in der Saugleistung (ms/h) sind sie den Dampfstrahlpumpen überlegen, besitzen aber ein geringeres Endvakuum. Man v e r s ä u m e nie, bei V a k u u m d e s t i l l a t i o n e n die A u g e n zu s c h ü t z e n ! E i n C h e m i k e r , der nicht alle Schutzmaßn a h m e n ergreift, ist nicht m u t i g , sondern fahrlässig! Die Sublimation Flüchtige Stoffe, deren D a m p f bei der Abkühlung unter Umgehung der flüssigen Phase sich direkt zu Kristallen verdichtet, werden unter Umständen mit Vorteil durch Sublimation gereinigt, vor allem dann, wenn das Umkristallisieren infolge besonderer Löslichkeitsverhältnisse

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Einige aligemeine Arbeitsregeln

erschwert ist. Ein bekanntes Beispiel bildet die Reinigung des J o d s . In der organischen Chemie sind es namentlich Chinone, bei denen man das Verfahren anwendet. Eine Sublimation kleinerer Substanzmengen läßt sich zweckmäßig zwischen zwei gleich großen Uhrgläsern ausführen. Auf das untere bringt man die zu sublimierende Substanz, bedeckt es dann mit einem runden Filter, welches etwas über den Rand des Glases hervorragt und in seinem mittleren Teile einige Male durchlöchert ist, legt das zweite Uhrglas mit der Wölbung noch oben darauf und verbindet beide mit einer Uhrglasklammer. Erhitzt man nun das untere Glas möglichst langsam durch eine kleine Flamme auf einem Sandbade, so verdichtet sich die vergaste Substanz an dem kalten, oberen Glase zu Kristallen; das Filter verhindert, daß die Kriställchen wieder auf das untere heiße Glas zurückfallen. Zur Abkühlung des oberen Glases kann man dieses mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapieres oder mit einem Stückchen feuchten Tuches bedecken. Will man größere Substanzmengen sublimieren, so ersetzt man in dem soeben beschriebenen Apparat das obere Uhrglas durch einen Trichter, welcher etwas kleiner als das Glas ist. Auch in Tiegeln, Kolben, Bechergläsern, Retorten, Röhren u. a. kann man Sublimationen vornehmen. Sublimiert die zu reinigende Substanz erst bei hoher Temperatur, wie etwa Indigo oder Alizarin, so bedient man sich auch hier des Vakuums (Rundkölbchen oder Retorte). — Bei Sublimationen beachte man stets, daß der Apparat erst nach dem vollkommenen Erkalten auseinandergenommen wird. Destillation mit Wasserdampf Von diesem wichtigen Reinigungsverfahren macht man nicht nur im Laboratorium, sondern auch in der chemischen Großindustrie außerordentlich häufig Gebrauch. Es beruht darauf, daß viele Stoffe, deren Siedepunkte beträchtlich höher liegen können als der des Wassers, von eingeblasenem Wasserdampf in dem Ausmaß ihres Dampfdrucks bei dessen Temperatur verflüchtigt und dann zusammen mit dem sie begleitenden Wasserdampf in einem angeschlossenen Kühlsystem wieder kondensiert werden. Der geeignetste und theoretisch einfachste Fall (vgl. unten) liegt vor, wenn der Stoff in Wasser schwer löslich oder praktisch unlöslich ist. Zur Prüfung auf W a s s e r d a m p f f l ü c h t i g k e i t bringt man eine kleine Probe der Substanz mit etwa 2 com Wasser in ein Reagenzglas, erhitzt zum Sieden (Siedesteine!) und hält den Boden eines mit etwas Eis beschickten zweiten Reagenzglases in die entweichenden Dämpfe, bis sich ein Wassertropfen daran kondensiert hat. Eine T r ü b u n g des T r o p f e n s zeigt an, daß die Substanz mit Wasserdämpfen flüchtig ist.

Zur Ausführung im großen bringt man die Substanz, die abgeblasen werden soll, mit wenig Wasser in einen geräumigen langhalsigen

Reindarstellung organischer Substanzen

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Ruiidkolben, der nicht weiter als bis zu einem Drittel angefüllt sein darf, erwärmt mit einem untergestellten Brenner bis nahe zur Siedetemperatur (um allzu große Volumvermehrung durch Kondenswasser zu vermeiden) und leitet erst jetzt, nachdem der angeschlossene l a n g e Kühler in Gang gesetzt und die Vorlage aufgestellt ist, einen ziemlich kräftigen Dampfstrom ein. Das weite Einleitungsrohr soll bis nahe an den Boden des Kolbens reichen und vorne etwas umgebogen sein (Fig. 21). Besitzt das Laboratorium keine Dampfleitung, so wird der Dampf in einem gut zur Hälfte gefüllten, mit Steigrohr versehenen Blechtopf entwickelt. Man destilliert in ~ — der Regel so lange, bis das Destillat k l a r abläuft. Wenn sich die Substanz kristallisiert im Kühlrohr abscheidet, so läßt man für kurze Zeit das Kühlwasser teilweise auslaufen; der Dampf bringt dann die Kristalle zum Schmelzen und Abfließen. Jedoch ist bei dieser Maßnahme darauf zu achten, daß nicht unkondensierter Dampf durch Mitführen von Substanz Verluste verursacht. Der Wiedereintritt von Kühlwasser in das heiße Rohr hat mit Vorsicht zu erfolgen. Nach Beendigung der Destillation wird vor Abstellung des Dampfes die Verbindung zwischen Dampfrohr und Kolben gelöst, weil andernfalls der Rückstand des Kolbens durch das Einleitungsrohr zurücksteigen könnte. Kleinere Substanzmengen kann man auch aus einem genügend großen Fraktionierkolben mit hochangesetztem Rohr abblasen, besonders leichtflüchtige Stoffe auch ohne Dampfzufuhr durch einfaches Erhitzen mit Wasser. Sehr schwerflüchtige Substanzen treibt man mit ü b e r h i t z t e m Wasserdampf über. Die Überhitzung erfolgt zweckmäßig in einem konisch spiralig gewundenen Kupferrohr, das zwischen Dampfleitung und Kolben eingeschaltet und durch einen darunter gestellten Brenner erhitzt wird. Der Kolben mit der Substanz befindet sich in einem auf höhere Temperatur (etwa 150°) erhitzten Ölbad. Unter Umständen kommt man auch ohne Überhitzer zum Ziel, indem man möglichst trockenen Dampf nicht zu rasch in den die trockene Substanz enthaltenden, im Heizbad erwärmten Destillationskolben einleitet. Zersetzliche Substanzen, die flüchtig sind, werden bisweilen unter vermindertem Druck, also bei erniedrigter Temperatur mit Wasserdampf destilliert.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Zur Theorie der Wasserdampfdestillation: Die reine Form des Vorgangs liegt vor, wenn der zu destillierende Stoff in W a s s e r u n l ö s l i c h , oder genauer, wenig löslich ist (Beispiele: Toluol, Brombenzol, Nitrobenzol), wenn sich also die Dampfdrucke von Wasser und Substanz gegenseitig nicht oder wenig beeinflussen. Ganz andere Verhältnisse ergeben sich bei Stoffen, die mit Wasser m i s c h b a r sind (Alkohol, Essigsäure); hier tritt das theoretisch kompliziertere Bild der fraktionierten Destillation auf. Wir betrachten nur den ersten Fall und wählen als Beispiel das bei 155° siedende B r o m b e n z o l . Erwärmen wir diese Flüssigkeit mit Wasser, so wird ihr Dampfdruck im Sinne der ihr eigenen Kurve ansteigen, und zwar u n a b h ä n g i g von dem des Wassers. Die Erscheinung des Siedens wird eintreten, wenn die Summe der Dampfdrucke der beiden Stoffe dem herrschenden Atmosphärendruck gleich geworden ist. Dies ist, wie sich aus den Dampfdruckkurven entnehmen läßt, für Normalverhältnisse (760 mm) der Fall bei 95,25°. Bei dieser Temperatur beträgt die Tension des Brombenzols 121 mm, die des Wassers 639 mm, ihre Summe also 760 mm. Die Dampfphase wird daher nach der A v o g a d r o s c h e n Regel die beiden Komponenten im molekularen Verhältnis von 121 : 639 enthalten, d. h. es werden 5,28 mal mehr Wassermolekeln im Dampfgemisch sein als solche von Brombenzol. Das absolute Verhältnis, in dem Brombenzol mit Wasserdampf übergeht, ergibt sich einfach unter Heranziehung der Molekulargewichte. Auf 1 Mol Brombenzol vom Mol.Gew. 157 kommen 5,28 Mole Wasser vom Mol.-Gew. 18, oder mit 157 Gewichtsteilen des ersten gehen 5,28 • 18 = 95 Gewichtsteile Wasser über, was ungefähr einem Verhältnis Brombenzol: Wasser von 5 : 3 entspricht. Man kann demnach bei Kenntnis der Tensionskurve eines mit Wasser nicht mischbaren Stoffes den Grad seiner Wasserdampfflüchtigkeit leicht angenähert berechnen, nur angenähert deshalb, weil die Voraussetzung der gegenseitigen Unlöslichkeit praktisch niemals erfüllt ist. Über die Wasserdampfdestillation unter vermindertem Druck vgl. man S. 242. Abdestillieren von Lösungsmitteln Da man beim organisch-präparativen Arbeiten sehr häufig Substanzen aus verdünnter Lösung zu isolieren hat, so gehört diese Operation zu den alltäglichen Verrichtungen. Ä t h e r wird am a b s t e i g e n d e n K ü h l e r (am besten Schlangenkühler), vom D a m p f b a d oder W a s ser b a d aus abdestilliert und nach eventueller Reinigung erneut verwendet. Enthält er flüchtige Säuren, so wird er mit S o d a l ö s u n g , bei einem Gehalt an flüchtigen Basen dagegen mit verdünnter S c h w e f e l s ä u r e durchgeschüttelt.

Reindarstellung organischer Substanzen

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Um Verluste und Entzündung infolge der F l ü c h t i g k e i t des Äthers zu vermeiden, benutzt man als Auffanggefäß eine Saugflasche, die durch einen Kork mit dem Kühlrohr verbunden ist und deren Saugrohr zur Sicherheit einen über den Arbeitstisch herunterhängenden Schlauch trägt. B e i m A r b e i t e n m i t Ä t h e r und a l l e n l e i c h t e n t z ü n d lichen L ö s u n g s m i t t e l n läßt man keine offenen F l a m m e n a u f dem A r b e i t s t i s c h brennen. Sind g r o ß e M e n g e n L ö s u n g s m i t t e l zu verdampfen und will man den Inhalt der Lösung nach dessen Entfernung ebenfalls destillieren, so läßt man, um ein allzu großes Gefäß zu vermeiden, die Lösung nach und nach aus einem T r o p f t r i c h t e r in den geeigneten Fraktionierkolben fließen, in dem Maße, als das Lösungsmittel verdampft (Siedesteine). Wenn man nicht über ein Dampfbad verfügt, sondern vom Wasserbad aus destillieren muß, ist dessen Flamme bei jedem Nachfüllen (Trichter!) auszudrehen. Man kommt in diesem Fall meist rascher zum Ziel, wenn man die ganze Lösung aus einem größeren Rundkolben oder Erlenmeyer abdampft und dann den Rückstand mit wenig Lösungsmittel (aber vollständig) in das kleinere Gefäß überspült. K l e i n e M e n g e n leicht verdampf barer Flüssigkeiten kann man aus dem Reagenzglas oder einem kleinen Kölbchen direkt auf dem Wasserbad verjagen. Das Reagenzglas fülle man jeweils nur 2—3 cm hoch und gieße immer wieder nach; während des Siedens im Wasserbad muß dauernd g e s c h ü t t e l t oder mit einem dünnen Glasstab g e r ü h r t werden. Nach dieser einfachen Methode führt man alle Vor p r o b e n m i t L ö s u n g e n aus und sehe sich den Rückstand auf seine Eigenschaften an. Die Lösungen zersetzlicher Substanzen läßt man für diesen Zweck auf einem Uhrglas oder in einer kleinen Kristallisierschale offen an der Luft verdunsten. Wenn es darauf ankommt, Lösungsmittel, wie A l k o h o l oder B e n z o l , v o l l s t ä n d i g zu entfernen, so gelingt dies auf dem Dampf- oder Wasserbad nicht, weil der Siedepunkt mit zunehmender Konzentration höher und höher steigt; auch mit Ä t h e r macht es Schwierigkeiten. Man greift hier zum Ölbad oder häufiger zum Vakuum, das man ansetzt, wenn kein Kondensat mehr abtropft. Es genügt, eine Capillare aufzusetzen und den Kolben in einer Porzellankasserolle oder einem Emailtopf auf mittlerer Temperatur zu erhalten, unter direktem Anschluß an die Pumpe, um die meisten Lösungsmittel, auch W a s s e r , rasch und völlig zu entfernen. D ü n n w a n d i g e G l a s g e r ä t e , wie E r l e n m e y e r , S t e h k o l b e n und R e a g e n z g l ä s e r , d ü r f e n n i e m a l s e v a k u i e r t w e r d e n , stets aber Rundkolben, unter Umständen Saugflaschen, die aber vorsichtig zu erwärmen sind. Wenn man, wie es bei empfindlichen Stoffen häufig verlangt wird, größere Mengen Lösungsmittel im Vakuum abzudampfen hat, kondensiert man, zur Beschleunigung, mit einem nicht zu kleinen Kühler und kühlt bei Bedarf noch die Vorlage mit Eis.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Der Kühler ist entbehrlich, wenn man als Vorlage einen einfachen Fraktionierkolben nimmt, der auf einen großen, mit Abflußschlauch versehenen Trichter aufgelegt und von oben mit Leitungswasser berieselt wird. Das Ende des Kondensationsrohrs vom Destillierkolben muß bis über die Mitte der Kugel der Vorlage reichen. Diese Anordnung ist für das Eindampfen wäßriger Lösungen besonders geeignet. Die in Fig. 22 abgebildete Anordnung gestattet, o h n e U n t e r b r e c h u n g große Mengen Flüssigkeit, insbesondere Wasser, im Vakuum

Fig. 22

Fig. 23

abzudampfen. Durch den Hahn wird von Zeit zu Zeit das Übergegangene aus dem Vorratsgefäß durch Einsaugen ersetzt. Das Lumen des Abzugsrohres soll möglichst weit sein. Anhaltendes S c h ä u m e n wäßriger Lösungen bei der Destillation verursacht häufig Ärger und Zeitverlust. Man kann ihm begegnen dadurch, daß man der Lösung etwa 3% ihres Volumens an I s o - a m y l a l k o h o l , noch besser einige Tropfen O c t y l a l k o h o l zufügt. Man kommt aber auch zum Ziel, wenn man in den l e e r e n , destillationsbereiten Kolben die Lösung in dem Maße einsaugt, als das Wasser verdampft. Das Zuführungsrohr ist in diesem Fall zweckmäßig gegen die Mündung hin zu engerem Lumen ausgezogen, das Tempo des Einspritzens läßt sich mit einer Klemmschraube (Fig. 22) genau einstellen. Ausschütteln, Extrahieren Um ein Reaktionsprodukt, das nicht fest, kristallin und filtrierbar ist, aus wäßriger Suspension oder auch aus einer Lösung herauszuholen oder auch von unlöslichen Begleitstoffen zu trennen, nimmt man es in einem geeigneten Lösungsmittel auf; als solches dient meist Ä t h e r . So sammelt man z. B. das bei einer Wasserdampfdestillation Über-

Reindarstellung organischer Substanzen

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gegangene, sofern nicht durch besonders günstige Grenzflächenverhältnisse eine direkte Abtrennung möglich ist. Zur Trennung zweier Schichten benutzt man den S c h e i d e t r i c h t e r , bei kleinen Volummengen den gleichartig konstruierten T r o p f t r i c h t e r (Fig. 23) (bis zum Inhalt von 25 ccm herab), dessen Ansatzrohr höchstens 5 cm lang und (wegen des Abfließens) schräg abgeschliffen sein soll. Zum Eingießen von Flüssigkeiten in den Trennungstrichter bedient man sich stets eines gewöhnlichen Trichters. Nach der Trennung wird die untere Schicht durch den Hahn, die obere aus dem oberen Tubus ausgegossen (Trichter). Man warte immer, bis die schwere Flüssigkeit sich am Boden angesammelt hat und vermeide beim Ausäthern, mit dem Äther auch Teile der wäßrigen Lösung abzugießen. Kleine Vorproben scheidet man nach dem Einsaugen im Tropfrohr (Fig. 9). Beim Ausschütteln einer wäßrigen Lösung, noch mehr einer Suspension, mit einem organischen Lösungsmittel treten bisweilen sehr unerfreuliche E m u l s i o n e n auf, die eine saubere Abtrennung unmöglich machen. Das sicherste Mittel, sie zu vermeiden, besteht darin, die Durchmischung mit Vorsicht vorzunehmen. Gegenmittel sind ferner: Erzeugung eines Vakuums im Scheidetrichter, Zugabe einiger Tropfen Alkohol, Sättigung der wäßrigen Phase mit Kochsalz, Stehenlassen über Nacht. Ist eine Substanz nicht nur im organischen Lösungsmittel, sondern auch in Wasser löslich, so ist der Erfolg des Ausschütteins vom Verhältnis der Löslichkeiten abhängig; je größer dieses Verhältnis z. B. von Wasser zu Äther, der , , T e i l u n g s q u o t i e n t ( Q ) " i s t , um so mehr Äther muß benutzt oder um so öfter muß ausgeschüttelt werden. Denn dieser Quotient gibt an, wie sich ein in zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten löslicher Stoff zwischen diese verteilt. Ob wir gegebenenfalls eine gewisse Menge Äther a u f e i n m a l zum Ausschütteln einer wäßrigen Lösung benutzen oder ob wir besser die Operation mit kleinen Anteilen m e h r f a c h wiederholen, die prinzipielle Entscheidung darüber gibt folgende einfache Betrachtung. Nehmen wir an, der Teilungsquotient sei gleich 1 und wir hätten auf 1 Volum Wasser 2 Volumina Äther zur Verfügung, die wir in einem Fall auf einmal einsetzen, im andern Fall zu gleichen Hälften für zwei Ausschüttelungen verwenden. Die Menge der gelösten Substanz sei a. I m ersten Fall gehen dann 2 — a in den Äther, im zweiten nimmt das erste halbe Volum der Gesamtäthermenge ¿ die Hälfte, also

das zweite von den zurückbleibenden ~ noch einmal d„ das sind — oo a. Um diese Menge in eZi n e r Operation —,

aus dem Wasser herauszuholen, wäre das dreifache Volum Äther nötig, oder: 2 Liter einzeln eingesetzt leisten das gleiche wie 3 Liter auf einmal. Die praktische Folgerung ist klar.

Einige allgemeine Arbeitsregeln

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Man kann den Vorgang des Ausschütteins auch zur Trennung von Substanzgemischen heranziehen, deren Komponenten verschiedene Teilungsquotienten aufweisen. In einem ähnlichen wie dem obigen Beispiel liege die Substanz 1 der Menge a (Q = 1) mit derselben Menge a' einer zweiten Substanz vom Q = 4 vermischt vor. Die Begleitsubstanz ist also in Wasser besser als in Äther löslich und verbleibt 4 1 nach dem ersten Ausschütteln mit -=-a' im Wasser, nachdem — a' im gleich großen 5

a

Äthervolumen gelöst sind. Von Substanz 1 sind dagegen, wie erwähnt, — im Wasser, im Äther anzutreffen. Schüttelt man nun die wäßrige Lösung ein zweites Mal mit demselben Äthervolumen aus, so enthält sie von Substanz 1 nur noch , von 4 4 3 Substanz 2 aber -=- von o', das sind rund — a'. Eine Re-extraktion des 1. Ätherö

5

5

extrakts mit demselben Wasservolumen ergibt im Äther das reziproke Gewichtsverhältnis beider Substanzen. Es ist leicht einzusehen, daß eine systematische Fortsetzung dieser Arbeitsweise zur praktisch vollständigen Stofftrennung führen muß. Diese sog. „ G e g e n s t r o m e x t r a k t i o n " (Craig) 1 spielt heute im Forschungslaboratorium und in der Industrie, wo sie kontinuierlich ausgeführt wird, eine bedeutende Rolle. Der Teilungsquotient organischer Substanzen zwischen Wasser und Lipoiden (das sind fettartige Bestandteile der Zellwand) ist für biologische Prozesse von großer Bedeutung (Narkosetheorie von H. H. Meyer und Overton).

Außer Äther benutzt man zum Ausschütteln eines gelösten Stoffes aus Wasser bisweilen auch E s s i g e s t e r , C h l o r o f o r m , B e n z o l , A m y l a l k o h o l . Da Wasser rund 10% seines Volumens an Äther auflöst, vermeide man schon aus Sparsamkeitsgründen unnötige Verdünnung. Trocknen der Lösungen: Nachdem man eine Substanz aus wäßriger Lösung oder Suspension mit einem organischen Lösungsmittel aufgenommen hat, ist die Lösung mit Wasser gesättigt und muß daher getrocknet werden; unterließe man dies, so würde das gelöste Wasser nach dem Abdampfen des Lösungsmittels zum größten Teil mit der zu isolierenden Substanz zurückbleiben. Bei der Wahl des T r o c k e n m i t t e l s ist zu beachten, daß es weder mit dem Solvens noch mit dem gelösten Stoff reagieren darf und in jenem vollkommen unlöslich sein muß. Man wird die ätherische Lösung einer organischen Säure nicht mit festem Ätzkali trocknen, wohl aber die einer Base. Das wirksamste und meist benutzte Trockenmittel ist C a l c i u m c h l o r i d , das man entweder in gekörntem oder (vorher) geschmolzenem Zustand anwendet; Ätherlösungen werden fast ausschließlich mit ihm getrocknet, es sei denn, daß sie Stoffe enthalten, die mit CaCl2 Additionsverbindungen geben, wie Alkohole, Amine u. a. Alkoholhaltige Ätherlösungen dürfen daher nicht mit Calciumchlorid getrocknet werden; man muß vorher den Alkohol durch mehrfaches Ausschütteln mit Wasser entfernen. In der Regel wird viel zu viel Trockenmittel verwendet. Es genügt für gewöhnlich soviel Calciumchlorid, daß nach einigem Stehen neben gesättigter CaCl2-Lösung noch etwa die gleiche Menge festen Salzes vorhanden ist. 1

Siehe Weißberger, Technique of Organic Chemistry, Bd. III, 259 (1950).

Reindarstellung organischer Substanzen

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Weit weniger wirksam als CaCl2 ist w a s s e r f r e i e s N a t r i u m s u l f a t , selbst wenn es vor dem Gebrauch f r i s c h g e g l ü h t i s t . Es wird benutzt, wenn aus den angeführten Gründen ein Ersatz für Calciumchlorid gefordert wird. Für die Lösungen basischer Stoffe sind geglühte P o t t a s c h e , festes Ä t z k a l i , B a r i u m o x y d viel gebrauchte Trockenmittel. Um die gebräuchlichsten Lösungsmittel völlig wasserfrei zu gewinnen, werden die folgenden Trockenmittel angewandt. Für Äther, Benzol und Homologe, Petroläther: N a t r i u m .

Fig. 24

Fig. 25

Fig. 26

Für Aceton, Chloroform, Essigester, Schwefelkohlenstoff: C a l c i u m chlorid. Die Alkohole werden durch mehrstündiges Kochen mit frisch gebranntem Ä t z k a l k am Rückflußkühler und anschließendes Abdestillieren entwässert. C h l o r h a l t i g e L ö s u n g s m i t t e l wie CC13H, CC14, d ü r f e n w e g e n Explosionsgefahr keinesfalls mit Natrium getrocknet werden. Extraktionsapparate: Sehr häufig ist eine organische Substanz in Wasser viel löslicher als in Äther und anderen Solventien. Dann führt auch oft wiederholtes Ausschütteln nicht zum Ziel. Man arbeitet in solchen Fällen mit dem sog. P e r f o r a t o r , das ist ein kontinuierlicher Extraktionsapparat für Lösungen, der in keinem organischen Laboratorium fehlen darf. Das Prinzip ergibt sich aus der mit einfachen Labora3 G a t t e r m a n u , Praxis des Organ. Chemikers. 38. Aufl.

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Einige allgemeine Axbeitsregeln

toriumsmitteln zusammenstellbaren Anordnung nach S c h a c h e r l (Fig. 24). Noch zweckmäßiger ist die in allen Dimensionen ebenfalls leicht zu beschaffende Apparatur gemäß Fig. 25. Damit kommen wir auch zu den E x t r a k t i o n s a p p a r a t e n f ü r f e s t e S u b s t a n z e n . Der bekannteste ist der „ S o x h l e t " , der namentlich für analytische Zwecke viel benutzt wird. Für präparative Zwecke ziehen wir den vereinfachten Extraktor (Fig. 26) vor, der billiger ist und rascher arbeitet. Damit sich durch das auftropfende Lösungsmittel im Extraktionsgut keine Gasse bildet, legt man eine dünne Siebplatte aus Porzellan (Filterplatte) darüber. Der Extraktionsapparat dient vornehmlich zum Herauslösen schwer löslicher Bestandteile aus Gemischen, zum Isolieren von Naturstoffen aus (trockenem) pflanzlichem oder tierischem Material. Mitunter ist es sehr zweckmäßig, schwer lösliche Substanzen mit dem geeigneten Lösungsmittel (besonders Äther) aus der Extraktionshülse „umzukristallisieren". Aus der bald heiß übersättigten Lösung im Siedekolben kommt meist schon während der Extraktion das Gelöste in Kristallen heraus. Bei hoch siedenden Lösungsmitteln hängt man die Extraktionshülse an einem dünnen Draht direkt in den Rundkolben ein; sie soll nicht in die Flüssigkeit eintauchen.

Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Jedes Hochschullaboratorium ist wohl zur Zeit mit Stahlflaschen versehen, in denen die wichtigsten Gebrauchsgase in k o m p r i m i e r t e r F o r m enthalten sind. Diese sind 1. Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff. 2. Kohlendioxyd, Chlor, Ammoniak, Schwefeldioxyd. Die Elemente unter 1., deren kritische Temperatur sehr tief liegt, sind in G a s f o r m , die Stoffe unter 2. in v e r f l ü s s i g t e m Z u s t a n d in den Bomben enthalten. Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff befinden sich zumeist, auf 150 Atm. komprimiert, in Stahlbomben von 10 Liter Inhalt; in ihnen sind demnach nach der Füllung 1,5 cbm Gas von Atmosphärendruck enthalten. Die Ansatzgewinde der Wasserstofflaschen haben verkehrten Schraubengang, damit nicht irrtümlich Sauerstoff in sie eingepreßt wird. Alle G a s f l a s c h e n im L a b o r a t o r i u m s o l l e n m i t F e i n v e n t i l e n a u s g e s t a t t e t s e i n , für deren Instandhaltung ein Assistent zu sorgen hat. Die Benutzung des Kopfventils allein erschwert die Regulierung des Gasstroms und führt unfehlbar zu übergroßem Verbrauch. Für alle Gase (auch Chlor) sind K e g e l v e n t i l e (Fig. 27) aus Aluminiumbronze verwendbar.

Das Arbeiten mit komprimierten Gasen. Rühren und Schütteln

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B e i a l l e n A r b e i t e n m i t G a s e n — sei es aus Stahlflaschen, sei es aus dem Kippapparat — muß eine K o n t r o l l e f ü r die S t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t a n g e w a n d t werden. Dafür genügt ein kleiner — außer bei NH 3 —, mit konz. Schwefelsäure beschickter T r o p f e n z ä h l e r , der an der Flasche selbst befestigt sein kann. Meist wird man, um gleichzeitig zu trocknen, eine W a s c h f l a s c h e vorschalten, am besten n i c h t eine zweiteilige mit Glasschliff, die oft durch den geringsten Überdruck geöffnet wird 1 . Müssen Gase besonders scharf getrocknet werden, so genügt eine Waschflasche mit konz. Schwefelsäure nicht. Man schaltet dann noch 1—-2 U-Röhren vor, in die man, auf Glaswolle verteilt, P h o s p h o r - ( ) p e n t o x y d eingefüllt hat. Ammoniak leitet man durch K a l i l a u g e 1 : 1 und zum Trocknen dann noch durch einen T u r m , der mit KOH und CaO beschickt ist. Man beachte, daß man mit den üblichen Laboratoriumsgeräten mit Flaschengas nicht abgeschlossen unter Ü b e r d r u c k arbeiten kann. Will man z. B. eine Reaktionslösung unter H 2 - oder C0 2 -Druck stehen lassen, so darf das Gefäß nicht ohne weiteres an die Gasflasche angeschlossen werden. Zur Entlastung der Apparatur von dem Überdruck setzt man in die Leitung ein T - R o h r ein, dessen sich abzweigender Teil mit einem in einen Zylinder mit Quecksilber oder Wasser eintauchenden Glasrohr verbunden ist. Bequemer ist es, in solchen Fällen sich des K i p p s zu bedienen oder, bei Stickstoff, eines damit aus der Bombe gefüllten G a s o m e t e r s .

Erfahrungsgemäß wird viel Gas verschwendet, weil sich der Anfänger meist keine Gedanken darüber macht, welche Mengen ungefähr er für Fig. 27 seine Reaktion benötigt; das soll er aber tun. Alle Gebrauchsgase außer Stickstoff können im Bedarfsfall ersatzweise nach einfachen bekannten Methoden dargestellt werden.

Rühren und Schütteln Solange man in homogener Lösung arbeitet, ist mechanische Bewegung nicht nötig, es sei denn, daß man in einem Reaktionsgemisch einen nach und nach zuzusetzenden oder zuzutropfenden Stoff alsbald in feine Verteilung — Lösung oder auch Suspension — bringen will. Dies gilt besonders auch dann, wenn lokal auftretende Reaktionswärme, z. B. bei Zugabe von konz. Schwefelsäure, ein empfindliches Präparat gefährdet. 1 Die Verbindung zwischen Stahlbombe und Waschflasche soll nach der Benutzung stets gelöst werden, damit ein Zurücksteigen der Schwefelsäure verhindert wird.

3*

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Hierbei ist es unerläßlich, die Lösung durch Umschütteln mit der Hand oder besser durch mechanisches Rühren dauernd zu bewegen. Als R ü h r e r dient zweckmäßig ein Glasstab, an den nur am unteren Ende oder aber auch mehrfach übereinander propellerartige Flügel aus Glas angeschmolzen sind. Zur Führung nimmt man ein Stück etwas weiteren, an den Enden abgeschmolzenen Glasrohrs oder eine passende Hülse des Korkbohrers, die, in einem Kork gefaßt, in eine Klammer in vertikaler Richtung fest eingespannt wird und auf deren oberem Rand eine kleine Riemenscheibe oder auch Korkbzw. Gummistopfen mit Rille, in denen der Rührstab befestigt ist, sich mit möglichst wenig Reibung bewegt (mit Glycerin geschmierter, schmaler Gummiring). Als Antrieb wird die alte Rabesche Wasserturbine mehr und mehr vom kleinen Elektromotor verdrängt, dessen Tourenzahl sich bequem mit Regulierwiderstand oder Schiebetransformator regeln läßt. Bei Verwendung eines Elektromotors ist es zweckmäßig, den Rührer mit einem Stück Vakuumschlauch unmittelbar auf dem Ankerwellen-Stumpf des vertikal fixierten Motors zu befestigen. Kleine Preßluftmotoren, die auch mit dem Unterdruck der Wasserstrahlpumpe betrieben werden können, erfreuen sich in neuerer Zeit als Rührwerksantrieb großer Beliebtheit. Hat man im a b g e s c h l o s s e n e n G e f ä ß zu rühren oder bei gleichzeitigem E r h i t z e n am R ü c k f l u ß k ü h l e r , so wird der Rührer Fig. 28 durch einen Q u e c k s i l b e r v e r s c h l u ß , wie ihn die Fig. 28 zeigt, oder durch eine eingeschliffene Welle abgedichtet. Einem größeren Überdruck von innen ist die Quecksüberdichtung nicht gewachsen. Wenn man übereinandergeschichtete, nicht mischbare Flüssigkeiten durcheinanderrühren will, muß der Rührer zwischen den beiden Schichten eingesetzt werden. Spezifisch schwere Bodenkörper, z. B. Zinkstaub oder Natriumamalgam, werden im allgemeinen von den kleinen Glasrührern nicht ordentlich erfaßt. In solchen Fällen ist das mechanische Rühren häufig illusorisch, und man erreicht eine stärkere Wirkung durch Umrühren mit einem Glasstab, einer Holzleiste oder öfteres Umschütteln mit der Hand. Hier setzt auch die Benutzung der S c h ü t t e l m a s c h i n e ein, die eine möglichst feine mechanische Aufteilung im heterogenen System zum Zweck hat. Als Gefäß benutzt man fast ausschließlich enghalsige Glasstöpselflaschen mit gutem, dichtem Schliff. Der Stopfen wird durch

Erhitzen unter Druck

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ein Stück darüber gezogenen und am Hals mit dünnem Draht festgemachtem Gummischlauch gehalten. Umsetzungen, bei denen sich ein Gas oder viel Wärme entwickelt, dürfen nicht ohne weiteres auf der Schüttelmaschine vorgenommen werden.

Erhitzen unter Druck Wenn man Lösungen oder freie Substanzen zur S t e i g e r u n g d e r R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t bei einer Temperatur zur Umsetzung bringen will, die oberhalb ihres Siedepunktes liegt, so muß man sie von der äußeren Atmosphäre abschließen, und zwar entweder durch E i n s c h m e l z e n in ein Glasrohr, in dem sie dann erhitzt werden, oder im geschlossenen Metallgefaß ( A u t o k l a v ) . Dies ist, wie leicht ersichtlich, schon erforderlich, wenn wir eine alkoholische Lösung bei 100° oder eine wäßrige etwa bei 120° reagieren lassen wollen. Der Zweck ist also ausschließlich die Erhöhung der R e a k t i o n s t e m p e r a t u r , die damit Hand in Hand gehende Steigerung des Drucks ist für die Geschwindigkeit der Umsetzung ohne Belang, da sie ja im allgemeinen von keiner wesentlichen Konzentrationsänderung begleitet ist. Da man am häufigsten L ö s u n g e n im Einschlußrohr erhitzt, in denen der Dampfdruck des Lösungsmittels den Innendruck bestimmt, so hat man bei Temperaturen, die erheblich höher als 100° liegen, mit ganz ansehnlichen Drucken zu rechnen. Zu ihnen Fig. 2 9 addieren sich die der eventuell bei der Reaktion entstehenden Gase. Über die Druckverhältnisse, die bei einer Einschlußreaktion zu erwarten sind, mache man sich an Hand der T e n s i o n s k u r v e des angewandten Lösungsmittels überschlagsweise eine Vorstellung. Wir haben im erhitzten Rohr bei präparativen Reaktionen stets den Druck des gesättigten Dampfes, d. h. Lösung neben dem Dampf des Lösungsmittels. Der Druck ist daher von der absoluten Menge der eingefüllten Lösung nicht abhängig. Man füllt jedoch in der Regel nicht höher als bis zur Hälfte des Rohrvolumens ein. Wenn bei der Reaktion Gas gebildet wird, spielt der Betrag an freiem Gasraum für die Druckverhältnisse natürlich eine Rolle. Die gebräuchlichen D r u c k r o h r e aus J e n a e r G l a s können, wenn eine chemische Einwirkung auf das Glas außer Betracht bleibt, mit einiger Sicherheit einem Druck von 20 b i s 25 A t m o s p h ä r e n ausgesetzt werden.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Einschmelzröhren sind stets durch einen Trichter zu füllen, die innere Wand in der Nähe der Zuschmelzstelle muß rein bleiben. Über das Umgehen mit Einschlußröhren vgl. auf S. 65/66. Will man mit der Temperatur nur auf 100° gehen, so erhitzt man das Rohr, mit einem Tuch umwickelt und an einem Bindfaden oder einem Draht aufgehängt, in der sog. W a s s e r b a d k a n o n e . Wenn kein oder nur geringer Druck entwickelt wird, so benutzt man statt des Einsehmelzrohrs eine gewöhnliche S o d a w a s s e r f l a s c h e mit Patentverschluß, die man mit dem Wasserbad anheizt (zur Vorsicht Flasche in ein Tuch einschlagen!). Das Arbeiten in Einschmelzröhren ist präparativ umständlich wegen ihres relativ geringen Fassungsraumes. Man benutzt daher für größere Ansätze A u t o k l a v e n , das sind metallene Einschlußgefäße, die gleichzeitig auch höhere Drucke aushalten. Der Deckel wird durch einen Bleioder Kupferring gedichtet, mit 6—8 Verschlußschrauben befestigt, deren Muttern man — j e ein Paar gegenüber hegende gleichzeitig—allmählich anzieht. Das Erhitzen erfolgt mit Gas (Rundbrenner) oder elektrisch (Widerstandheizung) ; Manometer und Thermometer gestatten eine laufende Kontrolle von Druck und Temperatur. Natürlich legt man der Wahl des Autoklavenmodells die gewünschten Reaktionsbedingungen zugrunde. Besondere Anforderungen stellt das Rühren unter Druck, wenn es gilt, eine Reaktion in heterogenem Medium (Festkörper-Flüssigkeit, Flüssigkeit-Gas) durchzuführen. Die stehend oder liegend ausgeführten R ü h r a u t o k l a v e n besitzen eine druckfeste Rührerdichtung, die sog. Stopfbüchse, die allerdings stets eine empfindliche Stelle ist. Mehr und mehr geht man heute im Laboratorium zu Schüttel- oder rotierenden Autoklaven über; bei letzterem Typ wird der liegende Autoklav um eine horizontale Achse gedreht. Die modernste Ausführungsform ist der Magnet-Rührautoklav (A. Hofer, Mülheim); der außerhalb des Autoklaven befindliche Elektromagnet zieht periodisch den Weicheisenkern mit den Rührplatten hoch. Ein wichtiges Anwendungsgebiet der verschiedenen Typen von Rührautoklaven ist die katalytische Hydrierung (S. 328) unter Druck; ein Hydrierautoklav sollte in keinem Hochschullaboratorium fehlen. Bei allen A r b e i t e n u n t e r D r u c k s c h ü t z e m a n die Augen und verschaffe sich vorher aus den physikalischen Unterlagen ein ungefähres Bild über die dem Apparat zugemutete Leistung.

Schmelzpunktsbestimmung

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Schmelzpunktsbestimmung Die R e i n h e i t einer kristallisierten organischen Substanz wird durch den S c h m e l z p u n k t kontrolliert. Diese leicht zu ermittelnde Konstante dient auch zur I d e n t i f i z i e r u n g von Stoffen und bei neuen Verbindungen zur C h a r a k t e r i s i e r u n g . Der Apparat ist ein langhalsiger Kugelkolben, in den ein geprüftes Thermometer mit Hilfe eines Korks eingesetzt ist; um die Skala ganz zu übersehen, ist ein Streifen Kork mit einem scharfen Messer herausgeschnitten (Fig. 30). Die Heizflüssigkeit ist reine konz. Schwefelsäure, mit der die Kugel zu % ihres Inhalts angefüllt wird. Die Substanz wird feinst gepulvert in kleine dünnwandige Glasröhrchen eingebracht, die man sich aus Reagenzgläsern (zweckmäßig beschädigte, aber trockene und reine!) wie folgt herstellt. Man bringt das Rohr in der Gebläseflamme unter Drehen zum Schmelzen und zieht dann rasch aus; schon nach kurzer Übung trifft man den richtigen Durchmesser, der 1—1,5 mm sein soll. Aus dem ausgezogenen Material schneidet man mit der Schere die geeigneten Teile aus, wo es angeht, zweckmäßig in doppelter Röhrchenlänge (etwa 12 cm), so daß man durch Abschmelzen jedes Stückes in der Mitte (Sparflamme) alsbald zwei fertige Schmelzpunktröhrchen erhält. Von der scharf getrockneten Substanz zerdrückt man eine kleine Probe mit Pistill oder Spatel auf einem Uhrglas oder einem kleinen Stückchen Ton und bringt von dem Pulver eine ungefähr 2 mm hohe Schicht auf den Grund des Röhrchens. Dabei taucht man das offene Ende des Röhrchens in das Pulver und bewirkt durch vorsichtiges Aufklopfen, daß die von der Mündung gefaßte Substanz hinuntergleitet. Bei großer Adhäsion läßt man das Röhrchen einige Male durch ein langes Glasrohr auf eine Glasplatte oder ein Uhrglas auffallen. Auch durch leichtes Anstreichen des Röhrchens mit einer Feile können festhaftende Substanzen zum Hinabgleiten gebracht werden. Das Röhrchen wird dann am zweckmäßigsten mit einem Tropfen konz. Schwefelsäure, den man mit der Thermometerspitze am oberen Ende aufträgt, am Thermometer angeklebt, so daß sich die Substanz auf der Höhe der M i t t e der Quecksilberkugel befindet. Diese selbst muß bei der Bestimmung g a n z ins Bad eintauchen. Man erhitzt nun die Kugel mit mäßig großer, schräg gehaltener Flamme, die man langsam gleichförmig um den Kolben bewegt. Der Apparat muß von auffallendem Licht beleuchtet sein. Bei hoch schmelzenden Körpern kann man anfangs rasch erhitzen, in der Nähe des Schmelzpunktes soll die Temperatur l a n g s a m steigen. Gewöhnlich werden in diesem Stadium

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

im oberen Teil des Röhrchens haften gebliebene Teilchen der Substanz durch die aufsteigende heißere Schwefelsäure zum Erweichen gebracht. Jetzt erhitzt man vorsichtig weiter; die Schmelztemperatur ist erreicht, wenn die zuerst zusammengefallene Probe sich k l a r verflüssigt hat. Bei Stoffen, deren Schmelzpunkt man nicht kennt, dient eine Vorprüfung zur Orientierung. Viele organische Verbindungen schmelzen nicht unzersetzt. Dies äußert sich oft in einer V e r ä n d e r u n g der F a r b e und meist in einer G a s e n t w i c k l u n g , die man im Röhrchen sehr scharf beobachten kann (Lupe!). Solche Substanzen besitzen keinen scharfen Schmelzpunkt, sondern einen Z e r s e t z u n g s p u n k t , der fast immer von der Geschwindigkeit des Erhitzens abhängig ist, derart, daß er bei rascher Temperatursteigerung höher gefunden wird als bei langsamer. Auch erkennt man bei ihnen den verändernden Einfluß der Hitze schon unterhalb des Zersetzungspunktes an einem Zusammenschrumpfen und Klebrigwerden der Substanzprobe, eine Formänderung, die man als „ S i n t e r n " bezeichnet. Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes zersetzlicher Stoffe heizt man das Bad ziemlich rasch bis auf 10—20° unterhalb der Zersetzungstemperatur, um von da an das Thermometer nur etwa um 5° in der Minute höher zu treiben. Die Erscheinung vorzeitigen Sinterns ist bei unzersetzt schmelzenden Substanzen ein Kennzeichen unvollkommener Reinheit und verlangt nach der präparativen Seite erneute Umkristallisation oder Destillation. Es gibt allerdings auch Stoffe, die selbst in reinster Form nicht ohne vorheriges Sintern, also nicht ganz scharf, schmelzen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die sog. „flüssigen K r i s t a l l e " hingewiesen ( L e h m a n n , Vorländer). Als Regel gelte, daß eine Substanz erst als rein angesehen werden kann, wenn sich ihr Schmelzpunkt bei Wiederholung der Reinigungsprozedur nicht mehr ändert. Die Ursache dafür, daß der Schmelzpunkt unreiner Stoffe tiefer liegt als der des einheitlichen Materials, liegt darin, daß die Begleitstoffe gewissermaßen als gelöste Stoffe oder Lösungsmittel wirken; der Erstarrungspunkt einer Lösung liegt aber bekanntlich immer tiefer als der des Lösungsmittels (Kryoskopie). Diese Beziehung begründet einen wichtigen I n d e n t i t ä t s n a c h w e i s . Wenn wir auf neuem Weg eine Verbindung erhalten, die wir nach ihrem Schmelzpunkt mit einer schon bekannten für identisch halten, so können wir darüber einwandfrei entscheiden dadurch, daß wir den Schmelzpunkt eines innigen Gemisches der beiden Verbindungen feststellen. Ist.4 von B verschieden, so werden die beiden Stoffe als gegenseitige Verunreinigungen sich geltend machen, der Schmelzpunkt des Gemisches wird sinken, sind sie dagegen identisch, so bleibt der Schmelzpunkt unverändert. Bei der „ M i s c h s c h m e l z p r o b e " prüft

Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.

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man zweckmäßig die drei Proben (A, B und A B) am gleichen Thermometer, an dem bei einiger Übung zu beiden Seiten und vorne je ein Röhrchen oder, wenn die Thermometerröhre genügend dick ist, alle drei vorne nebeneinander (in gleicher Höhe!) angebracht werden können. In e i n e m Fall versagt die Mischprobe, nämlich bei i s o m o r p h e n Stoffen. Für die Bestimmung des S i e d e p u n k t e s mit kleinen Substanz mengen im Schmelzpunktapparat gibt es auch mehrere brauchbare Verfahren, z. B. das von S i w o l o b o f f Das S c h w e f e l s ä u r e b a d kann nicht ohne Gefahr für Schmelzpunktsbestimmungen oberhalb 250° verwendet werden; sobald sich Siedeerscheinungen zeigen, stelle man das weitere Erhitzen ein, rechne auch schon vorher mit der Möglichkeit, daß der Kolben springen könne. Höhere Temperaturen (bis 350°) erreicht man mit einem Schwefelsäurebad, in dem man in der Hitze K a l i u m s u l f a t aufgelöst hat. Dieses Heizbad erstarrt in der Kälte, da prim. Kaliumsulfat auskristallisiert; es muß daher vor Einbringen des Thermometers eben geschmolzen werden. Noch höhere Schmelzpunkte bestimmt man im Metallblock. Steigende Bedeutung kommt auch der mikroskopischen Schmelzpunktsbestimmung mit Hilfe des K o f i e r - B l o c k s zu; diese Methode ermöglicht die Beobachtung von Änderungen der Kristallstruktur und erlaubt eine exakte thermische Analyse 2 .

B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene Prüfung auf Kohlenstoff und Wasserstoff: Verbrennt eine Substanz beim Erhitzen auf dem Platinblech mit Flamme (Ausnahmen: z. B. S) oder zersetzt sie sich unter Abscheidung von schwarzer Kohle, so ist sie als organisch anzusprechen. Gleichzeitig auf K o h l e n s t o f f und W a s s e r s t o f f kann man prüfen, indem man eine Probe der trockenen Substanz in einem kleinen Reagenzrohr mit ihrem mehrfachen Volumen ausgeglühten, feinen Kupferoxydes mischt, über die Mischung noch etwas Kupferoxyd schichtet, das Rohr durch einen Kork mit einem rechtwinklig gebogenen Entbindungsrohre verbindet und nun stark erhitzt. Trüben die entweichenden Gase klares Barytwasser (C0 2 ), so 1

B. 19, 175 (1885). * L. K o f i e r und A. K o f i e r , Mikromethoden zur Kennzeichnung organischer Stoffe und Stoffgemische. Berlin 1945.

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Elementar-analytisehe Methoden

enthält die Substanz K o h l e n s t o f f , während der W a s s e r s t o f f g e h a l t sich dadurch zu erkennen gibt, daß sich in dem oberen, kalten Teile des Reagenzrohres Wassertröpfchen ansetzen. Prüfung auf Stickstoff: Man erhitzt eine kleine Probe in einem Reagiergläschen von etwa 5 mm Weite und 6 cm Länge solange in einer Bunsenflamme mit einem halblinsengroßen Stückchen blanken Kaliums oder Natriums, welches man zwischen Filtrierpapier abgepreßt hat, bis meistens unter schwacher Verpuffung und Dunkelfärbung Zersetzung eintritt. Das schließlich bis zur R o t g l u t erhitzte Röhrchen taucht man noch heiß in ein kleines Becherglas ein, welches 5 ccm Wasser enthält, wobei das Röhrchen unter eventueller Entzündung des unverbrauchten Kaliums zerspringt (Abzug!). Man filtriert dann die wäßrige Lösung, welche bei Anwesenheit von Stickstoff Alkalicyanid enthält, von Kohle und Glassplittern ab, versetzt das Filtrat mit je zwei Tropfen Eisenvitriol- und Eisenchloridlösung, prüft, ob die Flüssigkeit alkalisch reagiert, und erhitzt, wenn dies der Fall ist, 1—2 Minuten, wobei sich bei Anwesenheit von KCN Ferrocyankalium bildet. Säuert man nun die alkalische Lösung nach dem Erkalten mit Salzsäure an, so lösen sich das abgeschiedene Eisenoxyd und Eisenoxydulhydrat auf, und das Ferrocyankalium reagiert mit dem Eisenchlorid in bekannter Weise unter Bildung von Berlinerblau. Bei Anwesenheit von S t i c k s t o f f erhält man demnach einen b l a u e n N i e d e r s c h l a g . Ist nur wenig Stickstoff in der Substanz vorhanden, so erhält man bisweilen im Anfang keinen Niederschlag, sondern nur eine blaugrüne Lösung. Läßt man diese längere Zeit, unter Umständen über Nacht, stehen, so scheidet sich ein Niederschlag ab. Bei der Prüfung l e i c h t f l ü c h t i g e r S u b s t a n z e n auf Stickstoff wende man ein längeres Rohr an und lasse die sich in dem kalten Teile kondensierende Substanz mehrfach auf das heiße Kalium zurückfließen. Bei Substanzen, welche ihren Stickstoff schon bei mäßiger Temperatur abgeben, wie z. B. D i a z o v e r b i n d u n g e n , kann dieser nicht in der beschriebenen Weise erkannt werden. Man muß in derartigen Fällen prüfen, ob bei der Verbrennung der Substanz mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre sich Gas bildet, welches von Kali nicht absorbiert wird (vgl. quantitative Bestimmung des Stickstoffs). Prüfung auf Schwefel: Die qualitative Prüfung auf Schwefel wird in der gleichen Weise wie die auf Stickstoff ausgeführt. Man glüht die Substanz in einem Röhrchen mit Natrium und versetzt die eine H ä l f t e der mit Wasser aufgenommenen und erkalteten Schmelze mit einigen Tropfen einer Nitroprussidnatriumlösung, welche man sich durch Schütteln einiger Körnchen des festen Salzes mit Wasser in der Kälte kurz zuvor darstellt. Eine v i o l e t t e F ä r b u n g zeigt die Anwesenheit von S c h w e f e l an. Da die Nitroprussidreaktion äußerst empfindlich ist und keinen Schluß auf die Menge des Schwefels zu ziehen gestattet,

Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.

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so versetzt man die zweite Hälfte der Flüssigkeit nach dem Filtrieren mit Bleiacetatlösung und säuert darauf mit Essigsäure an. J e nachdem, ob hierbei nur eine dunkle Trübung oder ein mehr oder minder starker Niederschlag von Bleisulfid sich bildet, ist die Menge des Schwefels nur eine geringere oder eine größere. L e i c h t f l ü c h t i g e S u b s t a n z e n kann man meistens in dieser Weise nicht prüfen. Diese erhitzt man, wie unten bei der quantitativen Bestimmung des Schwefels angegeben, mit rauchender Salpetersäure in einem Bombenrohr auf etwa 200—300° und prüft die Lösung nach dem Verdünnen mit Wasser mit Bariumchlorid auf Schwefelsäure. Prüfung auf Halogene: C h l o r , B r o m und J o d kann man in organischen Verbindungen nur in s e l t e n e n Fällen direkt durch Fällen mit Silbernitrat nachweisen, da das Halogen meist nicht ionogen gebunden ist. Um homöopolar gebundenes Halogen zu erkennen, glüht man die zu prüfende Substanz in einem nicht zu engen Reagenzrohr über einer Bunsenflamme mit einem Überschuß von chemisch reinem Ätzkalk, taucht das noch heiße Rohr in wenig Wasser ein, wobei es zerspringt, säuert mit chemisch reiner Salpetersäure an, filtriert ab und versetzt mit Silbernitrat. In Verbindungen, welche k e i n e n S t i c k s t o f f enthalten, kann man, wie dies bei der Prüfung auf Stickstoff beschrieben ist, die Halogene durch Glühen mit Natrium nachweisen. In diesem Falle säuert man die von Glasscherben und Zersetzungsprodukten abfiltrierte Lösung mit reiner Salpetersäure an und fügt Silbernitrat hinzu. Sehr schnell und bequem lassen sich die Halogene durch die B e i l s t e i n s c h e Probe erkennen. Ein Stückchen Kupferoxyd von der Größe einer Linse oder ein Stäbchen des Oxyds von y 2 cm Länge wird mit einem dünnen Platindraht, der an ein Glasrohr angeschmolzen ist, umwickelt und in der Bunsenflamme solange ausgeglüht, bis die Flamme farblos erscheint. Bringt man nach dem Erkalten des Kupferoxydes eine winzige Menge einer halogenhaltigen Substanz darauf und erhitzt in dem äußeren Teile einer Bunsenflamme, so verbrennt zunächst der Kohlenstoff, und man beobachtet eine leuchtende Flamme. Diese verschwindet bald und macht einer g r ü n e n oder b l a u g r ü n e n Platz, welche durch verdampfendes Halogenkupfer hervorgerufen wird. Aus der Dauer der Färbung läßt sich darauf schließen, ob die Substanz nur Spuren oder mehr Halogen enthält. Auch ein in einem Kork befestigtes Stück Kupferdraht kann zur Ausführung der B e i l st ein sehen Probe Verwendung finden. In n i c h t f l ü c h t i g e n S u b s t a n z e n lassen sich H a l o g e n und S c h w e f e l mit großer Sicherheit durch die S a l p e t e r s c h m e l z e ermitteln. Man verreibt 5—10 mg des Stoffs (nicht mehr!) mit 100 bis 200 mg Kaliumnitrat in einer kleinen Achatreibschale und erhitzt das

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Elementar-analytische Methoden

Gemisch in einem kleinen Reagenzglas vorsichtig über kleiner Flamme. Die Oxydation erfolgt unter schwacher Feuererscheinung und ist beendet, wenn die Schmelze farblos geworden ist. Nach dem Erkalten löst man in Wasser und bestimmt die gesuchten Elemente in bekannter Weise. (Reagentien zuvor auf Halogen- und Sulfationen prüfen!) Andere Elemente, die in organischen Verbindungen vorkommen, wie P h o s p h o r , A r s e n , weitere M e t a l l o i d e und organisch gebundene M e t a l l e , weist man nach, indem man die organische Substanz durch Oxydation (mit Salpetersäure im Einschlußrohr oder durch Schmelzen mit Salpeter oder Natriumperoxyd) zerstört und dann nach den üblichen analytischen Methoden die Prüfung vornimmt. Dem Bedürfnis nach einer qualitativen Aufklärung einer organischen Verbindung ist durch Ermittlung ihrer Elementarbestandteile nur zu einem geringen Teil Genüge getan. Die weitere und schwierigere Aufgabe ist, sie zu k l a s s i f i z i e r e n , auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften und Reaktionen festzustellen, welcher G r u p p e v o n V e r b i n d u n g e n sie angehört. Die Merkmale der wichtigsten organischen Gruppen (Alkohol-, Aldehyd-, Keton-, Ester-, Amid-, Nitril-, Nitro-, um nur einige zu nennen) zu erkennen, gesättigte, ungesättigte und aromatische Stoffe durch ihre Reaktionen voneinander zu unterscheiden, solche und noch viele andere Fragen experimentell zu beantworten, soll die Beschäftigung mit der präparativen organischen Chemie als unentbehrlichen Nebenzweck lehren. Der Praktikant soll nicht nur Übung erlangen in der synthetischen Darstellung von Stoffen aus den wichtigsten Verbindungsreihen, er soll auch mit seinen Präparaten vertraut werden, er soll sich in ihre c h a r a k t e r i s t i s c h e n R e a k t i o n s m e r k m a l e vertiefen, ihre stoffliehe Eigenart durch gründliche experimentelle Betrachtung und Beobachtung in sich aufnehmen. D a r u m sollen die in der f o l g e n d e n p r ä p a r a t i v e n A n l e i t u n g g e b r a c h t e n V e r s u c h s b e i s p i e l e , die diesem Unterrichtszweck dienen, n i c h t auf die leichte S c h u l t e r g e n o m m e n werden. I h r e A u s f ü h r u n g ist der rein p r ä p a r a t i v e n Tätigk e i t an B e d e u t u n g g l e i c h zu a c h t e n . Die ernste Beachtung dieser Mahnung wird ihre Früchte tragen bei der Lösung der Aufgaben, die von der im Anschluß an den präparativen Teil auszuführenden G r u p p e n - A n a l y s e (S. 364) gestellt werden.

Die quantitative organische Elementaranalyse Die quantitative Bestimmung der Elemente einer organischen Substanz geschieht mit Hilfe der E l e m e n t a r a n a l y s e . Hierbei werden Kohlenstoff und Wasserstoff nebeneinander bestimmt, während zur Bestimmung aller übrigen Elemente je eine besondere Analyse auszuführen ist.

I. Stickstoffbestimmung nach Dumas

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Die hier beschriebenen m e s o - a n a l y t i s c h e n Methoden mit Einwaagen von 20—30 mg sind auf der Grundlage des Preglsehen Mikroverfahrens 1 von Dr. F. H ö l s c h e r ausgearbeitet worden. Die Waage: Bei einer Einwaage von 20—30 mg Substanz ist aus leicht ersichtlichen Gründen eine gewöhnliche Analysenwaage, deren Genauigkeit nur bis zu 0,1 mg geht, nicht verwendbar. Man benützt daher eine moderne Analysenwaage nach der Schwingungsmethode oder die Kuhlmannsche Schnellwaage oder eine ähnliche „ H a l b m i k r o w a a g e " mit einer Genauigkeitsgrenze von 0,01 mg. I. Stickstoffbestimmung nach Dumas Die abgewogene Substanz wird in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre durch glühendes Kupferoxyd verbrannt, wobei der K o h l e n -

s t o f f zu K o h l e n d i o x y d , der W a s s e r s t o f f zu W a s s e r oxydiert wird, während S t i c k s t o f f als solcher entweicht und, über K a l i l a u g e aufgefangen, volumetrisch bestimmt wird. Auftretende S t i c k o x y d e werden durch eine glühende Kupferspirale zu S t i c k s t o f f reduziert. Zur Stickstoffbestimmung sind erforderlich: ein Schnabel-Verbrennungsrohr aus Supremaxglas (Länge ohne Schnabel 55 cm, äußere Weite 12 mm. Länge des Schnabels 3 cm, äußere Weite 3—3,5 mm, innere Weite 2 mm), 1 F. Pregl und H. R o t h , Die quantitative organ. Mikroanalyse, SpringerWien 1947.

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Elementar-analytische Methoden

ein einfach durchbohrter, möglichst zylindrischer Gummistopfen, der in die weite Öffnung des Rohres paßt und der Rohrwand eng anliegen muß, drahtförmiges Kupferoxyd („zur Analyse"), langfaseriger Asbest, etwas Silberwolle, 2 Asbestplatten und eine 5 cm lange Eisendrahtnetzrolle. Kippscher Apparat, elektr. Verbrennungsofen, Azotometer, Nickelschale, Drahtnetzsieb, Wägegefäß und Mischrohr werden vom Laboratorium gestellt. • Vorbereitungen L u f t f r e i e r K o h l e n d i o x y d - K i p p : Kleine Marmorstückchen werden in einer Porzellanschale mit verdünnter Salzsäure (1 Vol. HCl, D. 1,18 -f 1 Vol. Wasser) übergössen. Nachdem man die erste lebhafte Einwirkung abgewartet hat, gießt man den oben angesammelten Schmutz weg und spült die angeätzten Marmorstückchen mit Wasser ab. Nun füllt man die mittlere Kugel des Kippschen Apparates bis über die Hälfte mit dem Marmor; der Abschluß der unteren Kugel wird durch Glasscherben oder durch zwei halbkreisförmig gebogene Glasstäbchen bewirkt. An das innere Rohrende des Glashahnes, den man mittels eines schwach mit Vaseline gefetteten Gummistopfens im Tubus der mittleren Kugel befestigt, bringt man durch ein kurzes Schlauchstück ein hakenförmig nach oben gebogenes Glasrohr an, so daß das Gas beim Ausströmen vom höchsten Punkt der mittleren Kugel zuerst entfernt wird. Darauf füllt man den Apparat mit verdünnter Salzsäure (wie oben), bis außer der unteren Kugel noch die Hälfte der oberen Kugel gefüllt ist, und wirft zwei kleine Marmorstückchen in das Trichterrohr, so daß sie hier steckenbleiben und durch lebhafte Kohlendioxyd-Entwicklung die in der Salzsäure gelöste Luft entfernen; durch wiederholtes Öffnen und Schließen des Hahnes beschleunigt man die Entlüftung. Ein neu hergerichteter Kipp gibt in der Regel erst nach 2—3 tägigem Stehen — wenn die an der Glasoberfläche und dem Kautschuk adsorbierte Luft an die Kohlendioxyd-Atmosphäre abgegeben ist — ein ausreichend reines Kohlendioxyd. Dieses ist f ü r die Bestimmung als einwandfrei zu betrachten, wenn die im Azotometer aufsteigenden „ M i k r o b l a s e n " zu mehreren vereinigt, oft einander überholend, mit gleichförmiger Geschwindigkeit aufsteigen. Ihr Durchmesser soll, mit der Lupe betrachtet, 1 / 6 des Teilstrichabstandes (etwa J / 6 mm) nicht übersteigen. Die Verbindung des Kohlendioxyd-Kipps mit dem Verbrennungsrohr geschieht durch ein Z - f ö r m i g g e b o g e n e s G l a s r o h r , dessen eines Ende zu einer dickwandigen, schwach konisch zulaufenden Capillare ausgezogen ist, die in die Bohrung des im Verbrennungsrohr steckenden Kautschukstopfens hineingeschoben wird. An das andere Ende ist ein auf der einen Seite etwas erweitertes, kurzes Glasrohr angesetzt, das mit Asbestwolle gefüllt wird, um Säurenebel zurückzuhalten. Das horizontal verlaufende Hahnrohr des Kippschen Apparates verbindet man durch ein mit wenig Glyzerin befeuchtetes Schlauchstück mit dem Z-förmigen Rohr, so daß die Rohrenden möglichst dicht aneinanderstoßen (siehe Figur 31).

Füllung des Verbrennungsrohres: Das Schnabelrohr wird zunächst mit Bichromat-Schwefelsäure gereinigt, mit destilliertem Wasser nachgespült und an der Wasserstrahlpumpe unter schwachem Erwärmen getrocknet. Zur Füllung des Rohres hält man sich einen Vorrat an grobem drahtförmigem Kupferoxyd („zur Analyse") und von feinerem Kupferoxyd, das man sich aus ersterem durch Zerdrücken (nicht Reiben!) in einer Reibschale herstellt, so daß man nach dem Absieben des Staubes

I. Stickst,offbestimmung nach Dumas

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1—2 mm lange Drahtstückchen erhält. Vor Gebrauch wird das Kupferoxyd in einer Nickelschale ausgeglüht. Das gebrauchte Kupferoxyd ist nach dem Sieben und Glühen an der Luft sofort wieder gebrauchsfähig. Man hüte sich, das Kupferoxyd durch Lauge zu verunreinigen, da hierdurch stets zu niedrige Stickstoffwerte erhalten werden; hier hilft nur Auskochen mit Essigsäure und erneutes Glühen.

In das trockene Rohr bringt man zunächst zur Ausfüllung des konischen Rohrteils etwas Silberwolle; darauf schiebt man mit einem passenden Glasstab, dessen Kanten eben rund geschmolzen sind, etwas gereinigte und ausgeglühte Asbestwolle bis zum Schnabel vor und drückt sie dort mäßig zusammen, so daß ein 2—3 mm starker Asbestpfropf entsteht. Auf den Asbest füllt man eine 12 cm lange Schicht von grobem Kupferoxyd-, durch seitliches Klopfen mit der flachen Hand bei senkrecht gehaltenem Rohr läßt man das Kupferoxyd mäßig fest aufsitzen; in gleicher Weise füllt man nun 6 cm feines und darauf 10 cm grobes Kupferoxyd ein. Diese „ b l e i b e n d e R o h r f ü l l u n g " wird durch einen zweiten, wenige Millimeter starken und schwach gestopften Asbestpfropf festgelegt. In das so gefüllte Rohr leitet man nun vom weiten Rohrende aus einen mit saurer Permanganatlösung gewaschenen Wasserstoffström ein, reduziert nach gründlicher Verdrängung der Luft die 6 cm lange Schicht von feinem Kupferoxyd unter mäßigem Erhitzen mit einem Bunsenbrenner und läßt im langsamen Wasserstoffstrom erkalten. Das frisch hergerichtete Rohr mit der „bleibenden Füllung" wird dann im elektrischen Verbrennungsofen in seiner ganzen Ausdehnung im Kohlendioxyd-Strom kräftig durchgeglüht und unter dem Druck des Kohlendioxyd-Kipps erkalten gelassen. Auch bei Nichtgebrauch bleibt das Rohr stets in Verbindung mit dem Kipp unter Kohlendioxyddruck stehen. Das Halbmikro-Azotometer: Das zum Auffangen des Stickstoffs dienende Halbmikro-Azotometer hat im Meßrohr, entsprechend der Substanzeinwaage von 20—30 mg, ein Fassungsvermögen von 8—10 com; durch die Unterteilung in 0,02 ccm wird eine völlig ausreichende Genauigkeit gesichert. Das Gaseinleitungsrohr des Azotometers trägt einen angeschmolzenen Glashahn, dessen Griff zu einem längeren Hebelarm ausgezogen ist. Um die Feinregulierung noch zu steigern, wird das Hahnküken an seiner Bohrung mit zwei feinen, spitz zulaufenden seitlichen Einkerbungen versehen (Fig. 32), die man mit einer scharfen Dreikantfeile so anbringt, daß der Hebel nach oben bewegt werden muß, um dem Gas Durchlaß zu gewähren. Das Gaseinleitungsrohr des Azotometers wird mit dem Verbrennungsrohr durch ein im stumpfen Winkel gebogenes Capillarrohr verbunden, das an der Berührungsstelle im äußeren Durchmesser mit dem Hahnrohr übereinstimmt und mit diesem durch einen dickwandigen Gummischlauch verbunden wird, so daß die Rohrenden möglichst dicht aufeinandersitzen. Der horizontale Schenkel des Capillarrohres ist zu einer schwach konisch zulaufenden Spitze ausgezogen, die im äußeren Durchmesser genau mit dem Schnabel des Verbrennungsrohres übereinstimmt. Zur Verbindung dient ein 2,5—3 cm langes, mit wenig Glycerin befeuchtetes Stück englumigen Vakuumschlauches; man achte darauf, daß die Rohrenden möglichst dicht aneinanderstoßen. Beim Auseinandernehmen der Apparatur bleibt das Capillarrohr stets am Azotometer. Vor der Füllung reinigt man das

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Elementar-analytische Methoden

Azotometer mit Bichromat-Schwefdsäure. Der Verbindungsschlauch zwischen Niveaubirne und Azotometer wird mit Drahtligaturen gesichert. Von der Birne aus füllt man reines Quecksilber ein, bis dessen Niveau 1—2 mm über dem höchsten Punkt der Einmündungssteile des Emleitungsrohres steht. Die Hähne fettet man schwach mit Vaseline, von der die Einkerbungen frei zu halten sind. Zur Füllung des Azotometers dient 50-proz. Kalilauge (aus reinem „Ätzkali in Stangen"), die man durch Schütteln mit feingepulvertem Ätzbaryt (2 g auf 200 g Lauge) und Filtrieren durch ein t r o c k e n e s Filter völlig schaumfrei gemacht hat. Die Niveaubirne verschließt man durch einen Gummistopfen mit kurzem, zur Capillare ausgezogenem Glasrohr. Vorbereitung der Substanz: Feste Substanzen werden entweder l u f t t r o c k e n verbrannt oder vor der Analyse im evakuierten, mit Schwefelsäure gefüllten E x s i c c a t o r bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Es ist nicht zweckmäßig, die Substanz vorher bis zur Staubfeinheit zu pulverisieren; dadurch wird die Oberfläche nur unnötig vergrößert, was die Fig. 32 Wägung hygroskopischer Substanzen sehr erschwert. Wird das Lösungsmittel festgehalten, so trocknet man bei erhöhter Temperatur im Vakuum in der sog. T r o c k e n p i s t o l e oder bequemer im K u p f e r b l o c k - E x s i c c a t o r ( P r e g l ) , der sich durch Feineinstellung der den Kupferblock

heizenden Mikroflamme leicht auf jede gewünschte Temperatur einstellen läßt (Fig. 33). Hygroskopische Substanzen werden im W ä g e s c h w e i n c h e n zur Wägung gebracht. A u s f ü h r u n g der

Verbrennung

W ä g u n g : F e s t e S u b s t a n z e n werden in einem m i t Schliffstopfen versehenen birnenförmigen Röhrchen, das gleichzeitig als M i s c h r o h r dient, abgewogen. Seine Weite ist derart, daß es bequem auf einige Zentimeter Länge in den zylindrischen E i n f ü l l t r i c h t e r , der auf das V e r b r e n n u n g s r o h r aufgesetzt wird, eingeführt werden kann. I n das Wägerohr, das man mit einem um einen dünnen Draht gewickelten Wattebäuschchen gereinigt hat und das stets nur mit der Pinzette angefaßt werden darf, bringt m a n eine kleine Menge feines Kupferoxyd und bestimmt auf der Waage das Leergewicht auf 0,01 mg. D a s Röhrchen wird dabei auf ein passend zurecht gemachtes Drahtgestell gelegt. D a n n füllt man mit einem dünnen Nickelspatel 20—30 m g Substanz ein und wägt erneut.

I. Stickstoffbestimmung nach Dumaa

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F l ü s s i g k e i t e n bringt man in einer G l a s c a p i l l a r e zur Wägung. Aus einem Reagenzglas zieht man sich eine 2 mm weite Capillare und schneidet mit einem scharfen Glasmesser 7—8 cm lange Stückchen ab. Zunächst schmilzt man (vgl. Fig. 34) die Glasmasse in der Mitte des Röhrchens über einer ganz kleinen, eben entleuchteten Bunsenflamme unter langsamem Drehen und ganz gelindem Zusammendrücken zusammen und zieht dann außerhalb der Flamme zu einem etwa 2,5 cm langen massiven Stäbchen aus. Durch Abzwicken in der Mitte mit dem Fingernagel erhält man 2 Capillaren mit massivem Handgriff. Auf den Boden der Capil— — lare bringt man nun ein KristäUchen Kaliumchlorat, schmilzt vorsichtig über dem Flämmchen jft , und läßt erstarren. Nachdem man zwei winzige Körnchen von gereinigtem Bimsstein eingebracht hat, läßt man das Röhrchen etwa 1 cm oberhalb des Bodens unter ganz gleichmäßigem und langsamem Drehen erweichen, zieht außerhalb der Flamme zu einer etwa 2 cm langen, feinen Capillare aus und bricht am Ende ab. Die Capillare wird mit einem feuchten F l a n e l l t u c h , danach mit einem sauberen Fig. 34 trockenen L e i n e n t u c h abgerieben und nach dem Auskühlen auf 0,01 mg genau gewogen. Die gewogene Capillare wird nun in ihrem zweiten Teil vorsichtig, ohne das Kaliumchlorat zu schmelzen, über dem Flämmchen erwärmt und in die Flüssigkeit getaucht. Nach dem Einsaugen der geeigneten Menge Flüssigkeit ergreift man die Capillare am Stiel und bringt bei nach oben gerichteter Capillare durch leichtes Aufklopfen mit der Hand oder durch geeignete Schleuderbewegung den Rest der Flüssigkeit aus der Capillare auf den Boden des Gefäßes. Um die Flüssigkeit aus der feinen Capillare völlig auszutreiben, zieht man sie einige Male rasch durch den äußeren Saum der Flamme, wischt außen ab und überzeugt sich, daß in der Capillare k e i n e V e r k o h l u n g eingetreten ist, dann schmilzt man die Spitze der Capillare zu, reibt mit einem feuchten Flanelltuch, dann mit einem reinen Leinentuch nach und bestimmt nach einigen Minuten des Abkühlens die Gewichtszunahme auf 0,01 mg genau. Die Füllung des Verbrennungsrohres erfolgt genau wie sonst bei der Stickstoffbestimmung, nur füllt man statt mit 0,5 cm mit 2—3 cm feinem Kupferoxyd auf, steckt die gewogene Capillare, nachdem man die Spitze und den Griff durch Abbrechen verkürzt hat, in ein 4 cm langes, frisch ausgeglühtes, oxydiertes Kupferdrahtnetzröllchen und läßt beides, die Capillare mit der Spitze voraus, in das schräg gehaltene Rohr gleiten. Danach füllt man wie gewöhnlich mit Kupferoxyd auf. Füllung des Verbrennungsrohres und Zusammenstellen der Apparatur: Man setzt auf das Verbrennungsrohr den Einfülltrichter, den man sich aus einem weiten Reagenzglas herstellt, füllt zunächst 7 cm grobes, dann 0,5 cm feines Kupferoxyd ein und läßt durch seitliches Klopfen mit der Hand das Kupferoxyd im senkrecht gehaltenen Rohr mäßig aufsitzen. Nun überschichtet man die Substanz im Wägerohr mit einer 2 cm hohen Schicht von feinem Kupferoxyd, verschließt es mit dem Stopfen, schüttelt gut durch und entleert den Inhalt in das Verbrennungsrohr. In gleicher Weise spült man das Rohr 3 — 4 m a l mit je 1 — 1 , 5 cm feinem Kupferoxyd nach, läßt durch Klopfen auch die feinen Staubteilchen in das Verbrennungsrohr gleiten und füllt schließlich noch 4 — 5 cm grobes Kupferoxyd ein. Darauf legt man das Rohr in den elektrischen Ofen, so daß auf der Schnabelseite 2 cm der Kupfer oxyd4

G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.

38. Aufl.

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Elementar-analytische Methoden

füllung aus dem Ofen herausragen; zum Wärmeschutz schiebt man über das Schnabelende einen kleinen A s b e s t s c h i r m , der der Ofen wand anliegt. Über das andere Rohrende schiebt man eine 5 cm lange Rolle aus E i s e n d r a h t n e t z und einen kleinen A s b e s t s c h i r m zum Wärmeschutz für den Gummistopfen. Nun schaltet man den elektrischen Ofen ein, verschließt das weite Rohrende mit einem einfach durchbohrten Gummistopfen, schiebt die Capillare des Verbindungsrohres zum Kipp in die mit wenig Glycerin befeuchtete Bohrung, so daß sie eben aus dem Stopfen herausragt, und öffnet den K i p p s c h e n A p p a r a t . Nachdem man einige Minuten Kohlendioxyd durch das Rohr geleitet hat, schließt man am Schnabelende bei geöffnetem Einleitungshahn das A z o t o m e t e r an, dessen Kalilauge man durch Tiefstellen der Niveaubirne so weit als möglich in diese übergeführt hat. Nach weiteren 2 Minuten sind auch Verbindungsrohr und Hahnspindel ausgespült; nun füllt man bei geschlossenem Verbindungshahn das Azotometer, bringt die Niveaubirne wieder in ihre tiefe Lage, öffnet den Verbindungshahn vorsichtig, so daß alle Sekunden etwa 1—2 Blasen durchstreichen, und prüft auf Mikroblasen. Sind die Blasen noch nicht klein genug, so muß das Ausspülen wiederholt werden. Sobald man Mikroblasen erhält, schließt man den Kipp und öffnet den Verbindungshahn voll. Gleichzeitig schiebt man das Drahtnetzröllchen über die letzten Anteile des eingefüllten Kupferoxyds und stellt den beweglichen Bunsenbrenner so darunter, daß der von dem Röllchen geschützte Rohrteil in den Bereich der entleuchteten vollen Flamme hineinragt. Die eigentliche Verbrennung: Sobald der elektrische Ofen zum Glühen gekommen ist — 15 bis 20 Minuten nach dem Einschalten — und die von der Erhitzung des Rohrs durch den Bunsenbrenner bewirkte Gase n t w i c k l u n g aufgehört hat, läßt man bei geschlossenem Verbindungshahn und eben über die obere Hahnspindel gehaltenem Niveaugefäß unter raschem Hin- und Herdrehen des Hahnkükens das angesammelte Gasvolumen samt mitgerissenen Unreinigkeiten in den oberen Becher, den man mit wenig Lauge füllt. Nun rückt man bei wieder gesenkter Niveaubirne und voll geöffnetem Verbindungshahn einige Millimeter mit der Drahtnetzrolle vor, wobei der Bunsenbrenner an das rückwärtige Ende zu stehen kommt. In der gleichen Weise rückt man mit Rolle und Brenner bzw. elektrischer Vergasungsspule vor, solange man noch unter dem erlaubten Maß der Blasengeschwindigkeit ist; man achte peinlich darauf, daß n i e m e h r a l s 2 B l a s e n i n 3 S e k u n d e n in das Azotometer eintreten. Bei lebhafter Gasentwicklung, zumal wenn man an die Substanz herangekommen ist, wartet man daher etwas länger zu und rückt erst vor, wenn die Blasengeschwindigkeit wesentlich nachgelassen hat. Sobald man mit dem Bunsenbrenner am elektrischen Ofen angekommen ist, was 15 bis 25 Minuten erfordert, schließt man den Verbindungshahn, öffnet den Hahn des Kippschen

I. Stickstoft'bestimmung nach Dumas

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Apparates voll und stellt nun den Verbindungshahn durch vorsichtige Bewegung des Feinstellhebels so ein, daß 2 Blasen in 3 Sekunden in das Azotometer eintreten; eine auch nur kurze Überschreitung dieser Geschwindigkeit ist sorgfältig zu vermeiden. Nun glüht man während der nächsten 5—10 Minuten die bewegliche Kupferoxydschicht nochmals mit Drahtnetzrolle und Brenner kräftig durch, stellt dann den Brenner und nach weiteren 5 Minuten auch den elektrischen Ofen ab. Man hüte sich, das Verbrennungsrohr längere Zeit mit dem Brenner allein zu erhitzen, da es dann beim Erweichen des Glases unfehlbar aufgeblasen wird. Nach dem Abstellen der Heizung steigert man die Blasengeschwindigkeit auf 2 Blasen in der Sekunde. Sobald man im Azotometer wieder Mikrobläschen erhält, schließt man den Verbindungshahn, zieht die Kautschukverbindung vom Verbrennungsrohr, setzt auf dieses die Schlauchkappe und läßt unter Kohlendioxyd-Druck erkalten. Das Azotometer stellt man zum Auskühlen in einen etwas kühleren Raum (Barometer-Zimmer), wobei man zweckmäßig durch Heben der Birne auf gleiches Niveau im Meßrohr und Niveaugefaß einstellt. Nach 10 Minuten liest man ab, indem man den Meniskus in der hinter dem Meßrohr stehenden Niveatibirne mit dem im Meßrohr genau in eine Ebene bringt. Man liest den Teilstrich ab, der sich mit dem unteren Band des Meniskus in derselben horizontalen Ebene befindet. Ferner liest man die T e m p e r a t u r (Thermometer im Azotometerbecher) und den B a r o m e t e r s t a n d ab. Berechnung der Analyse: Der Prozentgehalt an Stickstoff beträgt:

Hierbei bedeuten: v das abgelesene Volumen Stickstoff in com, s die angewandte Substanzmenge in Milligramm, t die Temperatur, « = ¿ 3 = 0,003663,

b den Barometerstand, ß die Korrektur des Barometerstandes auf 0°, e die Tension der Kalilauge bei f 0 . 1 Fehlergrenze der Bestimmung: 0,3% nach oben, 0,1% nach unten. 1 Die Werte des eingeklammerten Ausdruckes der Formel für die verschiedenen Größen von (6 — ß — e) und t findet man in der Tabelle auf S. 400 und 401. Von dem abgelesenen Barometerstand 6 kann man mit hinreichender Genauigkeit

t ö

t o

— für ß, — für e abziehen. Z. B.: abgelesen b = 738 mm, t = 20°; auf der Tabelle nachzuschlagen p = (738 — 2,5 — 4) = 731,5. Zur logarithmischen Berechnung benutzt man: Logarithmische Rechentafeln von Küster-Thiel-Fischbeck. 4«

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Elementar-analytische Methoden

II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig Das Wesen der Methode besteht darin, daß eine abgewogene Menge Substanz im Verbrennungsrohr im Luft- oder Sauerstoff-Strom am Platinkontakt bzw. durch Kupferoxyd-Bleichromat oxydiert und die Oxydationsprodukte, K o h l e n d i o x y d durch Ä t z n a t r o n , W a s s e r durch C a l c i u m c h l o r i d , absorbiert und gewogen werden. Durch Anwendung einer „Universalfüllung" lassen sich alle Substanzen, gleichgültig, ob sie neben Kohlenstoff und Wasserstoff noch Stickstoff,

Fig. 35

Halogen oder Schwefel enthalten, im gleichen Rohr analysieren. Auftretende S t i c k o x y d e werden an einer Schicht glühenden Kupfers zu S t i c k s t o f f reduziert, H a l o g e n wird durch S i l b e r w o l l e , S c h w e f e l durch S i l b e r w o l l e und B l e i c h r o m a t gebunden. Zur C, H-Bestimmung sind erforderlich: ein Schnabelverbrennungsrohr (wie für die N-Bestimmung), ein passender, einfach durchbohrter Gummistopfen, der der Bohrwand eng anliegen soll, ein Chlorcalcium-Absorptionsrohr, ein Natronasbest-Absorptionsrohr, zwei 1,5 bzw. 2 cm lange, mit Vaseline im Vakuum zu imprägnierende (vgl. S. 54) Verbindungaschlauchstücke aus e n g l u m i g e m Vakuumschlauch, ein 8—10 cm langes Stück 1 mm dicken Silberdrahts, 1,0 g Silberwolle, gereinigte Asbestwolle („Gooch-Tiegel-Asbest, zur Analyse"), grobes und feines Kupferoxyd, mit Bleichromat überzogenes Kupferoxyd (vgl. S. 56), Natronasbest („Merck", zur Mikroanalyse), gewöhnliche und bei 100° getrocknete Watte. Die Platingegenstande und die eigentliche Apparatur werden vom Laboratorium gestellt.

II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig

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Vorbereitungen Füllung des Gasometers mit Sauerstoff: Durch Öffnen der Hähne a und b (Fig. 36) füllt man den unteren Behälter vollständig mit Wasser. Nach Schließung der beiden Hähne schraubt man die V e r s c h l u ß k a p p e c ab, führt einen Schlauch, der mit einer S a u e r s t o f f b o m b e in Verbindung steht, in den Tubus bei c ein und füllt das Gasometer mit Sauerstoff. Nach Aufschrauben der Verschlußkappe, Füllen des oberen Behälters mit Wasser, öffnen der Hähne o und b tritt bei b ein Sauerstoffstrom aus. Die Füllung des Gasometers mit Luft bedarf keiner näheren Beschreibung. Der Druckregler: Dieser Einrichtung kommt die wichtige Aufgabe zu, die gleichbleibende Geschwindigkeit des Gasstroms während der Verbrennung zu gewährleisten. Seine Wirkungsweise ergibt sich aus der Zeichnung (vgl. Fig. 35); er besteht im wesentlichen aus einem G l o c k e n g a s o m e t e r , der in ein mit Wasser, dem etwas N a t r o n l a u g e zugesetzt ist, bis zur Hälfte gefülltes Gefäß taucht und durch Verschieben in einer Korkringfassung die Einstellung jedes beliebigen Überdrucks bis zu etwa 15 cm Wassersäule gestattet. Die G l o c k e n - a gasometer der Druckregler werden mit den Vorratsgasometern durch lange Schläuche verbunden, die — wie alle Schlauchverbindungen vom Gasometer bis zum Verbrennungsrohr — sicherheitshalber „künstlich gealtert" sind, um die Abgabe verbrennlicher Bestandteile des frischen Kautschukschlauchs an das durchströmende Gas zu vermeiden. Neue Schläuche werden k ü n s t l i c h g e a l t e r t , indem man sie im Trockenschrank auf 100—110° (nicht höher I) erhitzt Fig. 36 36 und gleichzeitig eine Stunde lang mit der Wasserstrahlpumpe Luft durch sie hindurchsaugt. Die Verbindungsschläuche laufen durch einen P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n , mit dessen Hilfe man den Zustrom aus den Vorratsgasometern so einstellt, daß in möglichst g r o ß e n Zeitabständen, etwa alle 10—15 Sekunden, eine Blase aus dem Glockengasometer entweicht. Die Ableitungsröhren der Glockengasometer werden durch künstlich gealterten Schlauch mit den Schenkeln eines D r e i w e g e h a h n e s verbunden, der eine bequeme Umschaltung vom einen auf den anderen Gasstrom erlaubt. Um die Konzentration der Kalilauge des auf den Dreiwegehahn folgenden B l a s e n z ä h l e r s aufrecht zu erhalten, schaltet man zwischen Glockengasometer und Dreiwegehahn ein kleines C h l o r c a l c i u m r ö h r c h e n , das mit g r o b e m Chlorcalcium gefüllt wird, ein. Der Blasenzähler und die Trockenapparatur: Der Blasenzähler ist an den T r o c k e n a p p a r a t , ein mit Natronasbest und Chlorcalcium gefülltesJU-Rohr mit zwei Schliffstopfen, angeschmolzen. Man füllt die gereinigte und getrocknete Apparatur, indem man von der dem Blasenzähler benachbarten Schlifföffnung aus einen größeren Wattebausch bis kurz vor den tiefsten Punkt der Biegung schiebt, das Ansatzrohr zum Blasenzähler vorläufig durch einen Wattewickel, den man mit einem Stahldraht einführt, verschließt, zunächst auf den Wattebausch unter Klopfen % o m gewöhnliches, nicht besonders getrocknetes Chlorcalcium füllt, diese Schicht durch einen kleinen Wattebausch festlegt und darauf Natronasbest („Merck", zur Analyse) bis kurz unterhalb des Ansatzrohres auffüllt. Nachdem man auch diese Schicht durch einen Wattebausch festgelegt hat, ersetzt man den Wattewickel im Ansatzrohr durch einen ganz lockeren Wattepfropf, füllt bis zum Schliff mit grobem, gewöhnlichem Chlorcalcium, schließt durch einen Wattebausch ab und setzt nach dem Auswischen des Schliffs den mit Vaseline gefetteten Glasstopfen ein, so daß der Schliff eben durchsichtig erscheint. Mit Hilfe eines ausgezogenen Glasrohres füllt man nun vom freien Ansatzrohr des Blasenzählers aus etwa 50-proz. schaumfreie Kalilauge ein, so daß

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Elementar-analytische Methoden

die Spitze des Zuführungsröhrchens eben in die Lauge eintaucht; das Rohr wird innen mit einem Wattewickel und auch außen sorgfältig gesäubert. Nun führt man von der anderen Schlifföffnung aus in das Ansatzrohr einen g e t r o c k n e t e n , lockeren Wattewickel ein, verschließt dieses Ansatzröhrchen mit einer S c h l a u c h k a p p e und füllt unter Klopfen bis zum Schliff mit hirsekorngroßem Chlorcalcium auf, das man vorher im Trockenschrank bei 180—200° getrocknet hat. Nach dem Festlegen der Chlorcalciumschicht durch einen g e t r o c k n e t e n Wattebausch dichtet man den Schliff mit Vaseline. Den Blasenzähler verbindet man nun durch einen 25 cm langen, künstlich gealterten Kautschukschlauch mit dem Dreiwegehahn. Die ganze Trockenapparatur ist, an einem Drahtbügel leicht beweglich, an einem Hakenstativ befestigt. Man muß p e i n l i c h d a r a u f a c h t e n , d a ß — solange kein Gasstrom durch die Trockenapparatur geht — das zum Verbrennungsrohr führende A n s a t z r o h r des T r o c k e n a p p a r a t e s s t e t s d u r c h eine S c h l a u c h k a p p e v e r s c h l o s s e n b l e i b t , um das Chlorcalcium vor der Berührung mit der feuchten Außenluft zu schützen. Ist das Chlorcalcium an der Austrittsstelle der Gase verdorben oder erschöpft — die Natronasbestfüllung hält viel länger vor —, so füllt man nach der Entfernung des Stopfens etwa in halber Höhe des Rohres mit frischem Chlorcalcium auf. Die Verbindung des Trockenapparates mit dem Verbrennungsrohr geschieht durch einen G l a s d o r n , den man sich aus einem im äußeren Durchmesser mit dem Ansatzrohr des Trockenapparates übereinstimmenden, schwach konisch ausgezogenen Capillarrohr herstellt; er wird mit einem Stück Vakuumschlauch, das im Vakuum mit geschmolzener Vaseline getränkt ist, mit dem Ansatzrohr verbunden und verbleibt stets am Trockenapparat; bei Nichtgebrauch des Trockenapparates ist der Glasdorn stets durch eine Schlauchkappe aus englumigem Vakuumschlauch verschlossen zu halten. Die Verbindungsschläuche für den Trockenapparat und die Absorptionsröhrchen tränkt man mit Vaseline im Vakuum, indem man 1,5 und 2 cm lange Stückchen e n g l u m i g e n Vakuumschlauchs auf einen Bindfaden aufreiht und in einem zu 2/3 mit geschmolzener Vaseline gefüllten Rundkolben in der Schmelze vollkommen untertaucht; dann verschließt man den Kolben mit einem Gummistopfen, wobei man die Enden des Fadens zwischen Stopfen und Kolbenhals klemmt und evakuiert bei W a s s e r b a d t e m p e r a t u r an der Wasserstrahlpumpe. Anfangs entweichen die okkludierten Gase unter starkem Schäumen; man hebt das Vakuum zeitweilig kurz auf und evakuiert, bis nur noch einzelne Blasen entweichen. Man erhitze nicht länger als % Stunde, da der Kautschuk sonst quillt; nach dem Abtropfen und Ab- und Auswischen sind die Schläuche gebrauchsfertig. Zur Verbindung mit dem Verbrennungsrohr schiebt man den Dorn in die Bohrung des im Verbrennungsrohr sitzenden Gummistopfens, so daß die Spitze eben herausragt. Um das Ankleben des Kautschukstopfens zu vermeiden, befeuchtet man die Bohrung und die äußere Oberfläche mit einer Spur Glycerin und entfernt den Überschuß durch sorgfältiges Ab- und Auswischen mit Watte. Die Füllung des Verbrennungsrohres: In den Schnabel des gereinigten und trockenen Bohres bringt man vom weiten Rohrende aus einen 1 mm dicken Silberdraht, der eben aus dem Schnabel herausschaut und am anderen Ende zu einer flachen Spirale aufgerollt ist, so daß er im Rohr festliegt; durch seine gute Wärmeleitung verhindert er, daß sich im Schnabel Wasser kondensiert. Nun schiebt man einen Bausch Silberwolle mit einem passenden Glasstab, dessen Kanten eben rund geschmolzen sind, bis zum Schnabel vor und drückt ihn mäßig fest zusammen, so daß eine 0,7 cm lange Schicht entsteht. Darauf bringt man einen kleinen Bausch aus frisch aus-

IL Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig

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geglühtem Gooch-Tiegel-Asbest ins Rohr und drückt ihn mit dem Glasstab gegen die Silberwolle zu einer 2 mm langen Schicht schwach zusammen. Auf den Asbestpfropf füllt man 1,5 cm feines Kupferoxyd, das man durch einen gleichen Asbestpfropf abschließt. Hierauf folgt eine 5 cm lange Schicht aus feinem Kupferoxyd, das nach beendeter Rohrfüllung im Wasserstoffstrom reduziert wird (s. unten). Bei senkrecht gehaltenem Rohr läßt man das feine Kupferoxyd durch seitliches Klopfen mit der flachen Hand gut aufsitzen und legt es durch einen kleinen Asbestpfropf fest. Um zu verhindern, daß bei den unvermeidlichen Schwankungen in der Verbrennungsgeschwindigkeit eine plötzliche Änderung in der Strömungsgeschwindigkeit und damit die Gefahr auftritt, daß unverbrannte Dämpfe die Rohrfüllung passieren, bringt man an dieser Stelle der Rohrfüllung einen B r e m s p f r o p f aus Asbest an, der bewirkt, daß durch diese Zone in gleichen Zeiten stets nur gleiche Gasmengen durchstreichen. Zu diesem Zweck bringt man ausgeglühten langfaserigen Asbest in 3 Anteilen ins Rohr, wobei man jedesmal mit dem Glasstab ganz schwach zusammendrückt, so daß ein etwa 7 mm langer Asbestpfropf entsteht; man vermeide übermäßiges Zusammendrücken. Der Bremspfropf soll dem Gasstrom einen solchen Widerstand leisten, daß bei einem Überdruck von etwa 7—10 cm Wassersäule im Druckregler in der Minute 10 ccm Gas den Querschnitt passieren; die Menge des durchströmenden Gases bestimmt man mit Hilfe des Blasenzählers, den man zu diesem Zweck in der nachfolgenden Weise bei der Einrichtung des Bremspfropfens eicht. Da der Widerstand des Asbestpfropfens in der Wärme beträchtlich größer ist als in der Kälte, muß die Prüfung seiner Durchlässigkeit bei g e h e i z t e r Rohrfüllung erfolgen. Man schließt das Verbrennungsrohr mit dem Bremspfropfen an den Trockenapparat, schaltet die Heizung ein, stellt den Druckregler auf einen Überdruck von etwa 5—7 cm ein und bestimmt — sobald Temperaturgleichgewicht eingetreten ist — bei voller Öffnung des Dreiwegehahns in Luftstellung mit der Uhr die Anzahl der Blasen in 10 Sekunden; dann verbindet man den Schnabel des Verbrennungsrohres mit der Mariotteschen Flasche (s. unten) und senkt den Hebel so lange, bis man die gleiche Blasenzahl in 10 Sekunden erhält. Nun mißt man mit einem kleinen Meßzylinder während genau einer Minute das Volumen des aus dem Hebel der Mariotteschen Flasche abtropfenden Wassers. Aus Versuchsdauer und Blasenzahl errechnet man die „ K o n s t a n t e " des Blasenzählers. Die Durchlässigkeit des Bremspfropfens richtet man nun durch vorsichtiges Zusammendrücken unter jeweiliger Kontrolle der Blasenfrequenz im Blasenzähler so ein, daß in der Minute 10 ccm Gas den Querschnitt des Rohres passieren; man geht dabei mit der Kubikzentimeterzahl eher etwas hinauf, (bis zu 12 ccm), da durch die auf den Bremspfropf folgende Rohrfüllung noch ein kleiner Widerstand hinzukommt. Die endgültige Eichung des Blasenzählers erfolgt erst nach beendeter Rohrfüllung.

Auf den Bremspfropf folgt eine 2 cm lange Schicht von Silberwolle, die man zweckmäßig in einem alten Verbrennungsrohr vorformt, so daß sie sich nur unter ziemlicher Reibung ins Rohr einführen läßt, um ein Zusammendrücken des Bremspfropfs zu vermeiden. Nachdem man die

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Elementar-analytische Methoden

Silberschicht durch einen kleinen lockeren Asbestpfropf abgeschlossen hat, füllt man unter beständigem Drehen und leichtem seitlichem Klopfen des Rohres (nicht durch Aufstauchen!) eine etwa 14 cm lange Schicht von mit Bleichromat überzogenem Kupferoxyd ein und legt sie durch einen lockeren Asbestpfropf fest. Mit Bleichromat überzogenes Kupferoxyd stellt man sich aus grobem Kupferoxyd her, indem man dieses in einfacher Schicht auf einem kleinen Eisenblech ausbreitet, von oben her mit dem Gebläse auf möglichst hohe Glut bringt und feingepulvertes Bleichromat in dünner Schicht daraufstreut; das sofort schmelzende Bleichromat überzieht das Kupferoxyd mit einer festhaftenden Schicht, wobei die Stücke etwas zusammenkleben. Man dreht dann den Schmelzkuchen um und behandelt die Rückseite in gleicher Weise. Nach dem Erkalten zerdrückt man die Masse leicht im Mörser und siebt pulverförmige und allzugrobe Stücke aus.

Nach dem Einfüllen und Festlegen der Kupferoxyd-Bleichromatschicht durch einen lockeren Asbestpfropf reinigt man das Rohr sehr sorgfältig mit einem großen Wattewickel, bis die Watte nicht mehr durch den Bleichromatstaub angefärbt wird. Auf die Kupferoxyd-Bleichromatschicht folgt dann eine 1,5—2 cm lange Schicht von Silberwolle, darauf ein kleiner lockerer Asbestpfropf und zum Abschluß eine 2,5 cm lange Schicht lockeren Platinasbests oder ein 3 cm langes Platin-Drahtnetzröllchen. Die zuletzt eingefüllte Silberschicht wird nach fünf hintereinander folgenden Verbrennungen h a l o g e n - oder s c h w e f e l h a l t i g e r V e r b i n d u n g e n erneuert. Das so gefüllte Rohr wird nun — wie oben beschrieben — nochmals auf seine Durchlässigkeit geprüft und der Blasenzähler endgültig geeicht. Nachdem man das Rohr in seiner ganzen Länge im t r o c k n e n Luftbzw. Sauerstoffstrom ausgeglüht hat, ist es für die Verbrennung s t i c k s t o f f f r e i e r Verbindungen gebrauchsfertig. Die Verbrennung stickstofffreier Substanzen führt man vorteilhaft im S ä u e r s t off s t r ö m — anstatt im Luftstrom — aus. Für die Verbrennung s t i c k s t o f f h a l t i g e r Substanzen wird die 5 cm lange Kupferoxydschicht in der bei der Stickstoffbestimmung beschriebenen Weise im Wasserstoff ström reduziert. Nach der Reduktion glüht man die Rohrfüllung eine halbe Stunde lang in einem schwachen, t r o c k e n e n Stickstoffstrom aus, läßt unter Stickstoff erkalten und verdrängt dann den Stickstoff durch Luft. Die Kupferschicht wird frisch reduziert, wenn es notwendig erscheint, frühestens nach vier Bestimmungen. Bei sorgfältiger Behandlung hat das Verbrennungsrohr eine Lebensdauer von 100 und mehr Analysen. Die Absorptionsapparate und ihre Füllung: Zur Absorption des bei der Verbrennung gebildeten W a s s e r s und K o h l e n d i o x y d s benutzt man A b s o r p t i o n s r ö h r c h e n aus dünnwandigem Glas mit zwei Hahnschliffen (nach B l u m e r - B e r g e r , Fig. 37). Die Ansatzröhrchen sollen in ihrem äußeren Durchmesser unter sich und mit dem des Rohrschnabels streng übereinstimmen. Der eine Schliffstopfen des Chlorcalcium-Rohres

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ist zu einem „ W ä s s e r s a c k " umgebildet, indem der Stopfen einen Boden mit feinem Loch erhält, auf das einCapillarrohr aufgeschmolzen ist. Man füllt das gereinigte und getrocknete C h l o r c a l c i u m - R o h r , indem man zunächst den Schliffstopfen mit Capillare leicht mit Vaseline einfettet, wobei man die oberen 2 mm ausspart bzw. mit einem Tuch von Vaseline befreit, damit beim Einfügen des Stopfens kein Hahnfett austreten kann. Der Glasschliff soll eben durchsichtig sein; der Stopfen soll sich nur unter beträchtlicher Reibung drehen lassen. "Überschüssige Vaseline entfernt man aus der Hahnöffnung und dem Ansatzrohr sorgfältig mit einem Wattewickel. Auf den Schliffstopfen bringt man nun einen kleinen Wattebausch, füllt zunächst 1 cm grobkörniges Chlorcalcium auf, legt die Schicht durch einen kleinen Wattebausch fest und füllt nun unter leichtem seitlichem Klopfen hirsekorngroßes, vorher bei 180—200° getrocknetes Chlorcalcium bis kurz unter den Schliff ein. Nach dem Festlegen dieser Schicht durch einen g e t r o c k n e t e n Wattebausch führt man in den sorgfaltig ausgewischten Schliff den wie oben mit Vaseline gefetteten Schliffstopfen ein, dessen Hohlraum mit einem lockeren, g e t r o c k n e t e n Wattebausch ausgefüllt wird. Fig. 37 Da das Chlorcalcium b a s i s c h e Bestandteile enthält, muß die Füllung vor Benützung des Absorptionsrohrs durch Kohlendioxyd abgesättigt werden. Zu diesem Zweck schließt man das zum Wassersack führende Ansatzrohr unter Zwischenschaltung eines Trockenrohres an den Kippschen Apparat an, leitet 10 Minuten lang einen kräftigen Kohlendioxydstrom durch und läßt % Stunde verschlossen unter dem Druck des Kipps stehen. Nachdem man mit der Mariotteschen Flasche 200 ccm trockene Luft durch das Rohr gesaugt hat, ist das Rohr gebrauchsfertig.

Eine Füllung reicht für mindestens 15 Analysen; man erneuert die Füllung zweckmäßig mit der Neufüllung des Natronasbest-Rohres. Das gereinigte und getrocknete N a t r o n a s b e s t - R o h r wird gefüllt, indem man nach sachgemäßer Einführung des gefetteten Schliffstopfens, dessen Hohlraum von einem lockeren Wattebausch ausgefüllt wird, auf diesen einen kleinen Wattebausch bringt, dann unter leichtem seitlichem Klopfen z u 2 / s mit Natronasbest („Merck") auffüllt, die Schicht durch einen kleinen Wattebausch abschließt, nun % cm gewöhnliches, nicht besonders getrocknetes Chlorcalcium einfüllt, erneut durch einen lockeren Wattebausch abschließt und darauf bis kurz unterhalb des Schliffes bei 180—200° getrocknetes hirsekorngroßes Chlorcalcium einfüllt; die Schicht wird nun durch einen Bausch g e t r o c k n e t e r Watte

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Elementar-analytische Methoden

abgeschlossen und der mit Vaseline gefettete Schliffstopfen eingesetzt. Das Rohr ist sogleich gebrauchsfertig. Die Füllung reicht für mindestens 15 Bestimmungen. I n dem Maße, wie der Natronasbest Kohlensäure aufnimmt, wird die schmutziggraue Farbe des Absorptionsmittels bedeutend heller und man erkennt an dem F a r b u m s c h l a g ohne weiteres, ob die Füllung für die nächste Analyse noch ausreichend ist. Sobald der Natronasbest bis auf 1 cm Schichtlänge verbraucht ist, erneuert man die Rohrfüllung. Da die D a m p f t e n s i o n über dem Natronasbest geringer ist als über dem scharf getrockneten Chlorcalcium, muß man zwischen diese beiden Schichten etwas g e w ö h n l i c h e s , nicht besonders getrocknetes Chlorcalcium einschalten. Die Absorptionsröhrchen werden unter sich durch ein 2 cm langes, mit dem Verbrennungsrohr durch ein 1,5 cm langes Stück e n g l u m i g e n Vakuumschlauchs, der vorher im Vakuum mit Vaseline getränkt ist (vgl. S. 54), verbunden, wobei man darauf achtet, daß die Enden der Ansatzröhrchen, die vorsichtig ohne stärkere Verrundung glattgeschmolzen sind, möglichst d i c h t aneinanderstoßen. Um sich von eventuellen Abweichungen im Rohrdurchmesser unabhängig zu machen, kennzeichnet man die Verbindungsschläuche zweckmäßig durch einen Pfeil in der Stromrichtung und schließt sie stets in dieser Richtung an. Damit der Kautschuk besser gleitet, befeuchtet man die Schläuche innen mit einer Spur Olycerin, indem man einen mit einer minimalen Menge Glycerin befeuchteten Wattewickel durch die Bohrung schiebt; es ist unbedingt notwendig, danach jeglichen Überschuß an Glycerin durch einen trockenen Wattewickel sorgfältig zu entfernen. Die Mariottesche Flasche: Da die dichtgefüllten Absorptionsgefäße dem Gasstrom einen Widerstand von einigen Zentimeter Wassersäule bieten, muß bei Anschaltung der Absorptionsapparate allein an der Verbindungsstelle zwischen Rohrschnabel und Chlorcalciumrohr notwendig Überdruck herrschen; dadurch wird aber die quantitative Erfassung der Verbrennungsprodukte stark gefährdet, da bei ihrer hohen Konzentration an dieser Stelle die Möglichkeit von Verlusten nach außen in gesteigertem Maße gegeben ist. Die wirksamste Gegenmaßnahme besteht darin, im Innern der Verbindungsstelle möglichst Atmosphärendruck herzustellen. Dies erreicht man durch Anschaltung der Mariotteschen Flasche, die es gestattet, einen bestimmten, leicht zu verändernden Unterdruck in den Absorptionsapparaten zu erzeugen. Die Einrichtung der Mariotteschen Flasche ergibt sich aus der Zeichnung. Das Hebelrohr wird durch einen Korkstopfen (nicht Gummistopfen) in den Tubus der Klärflasche eingepaßt, wodurch sich der Hebel in jede beliebige Stellung bringen läßt. Das zweimal rechtwinklig nach unten gebogene Einleitungsrohr trägt einen Glashahn, der es ermöglicht, die Mariottesche Flasche ohne Veränderung des in eine bestimmte Lage eingestellten Hebels abzuschalten; ein gewöhnlicher Kautschukschlauch verbindet das Rohr mit dem rechtwinklig abgebogenen Ansatzröhrchen eines kleinen Chlorcalciumrohrs. Bei der Analyse wird das Chlorcalciumrohr direkt an das Natronasbest-Rohr angeschlossen, bei Nichtgebrauch aber durch eine Schlauchkappe verschlossen.

IL Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff naoh Liebig

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A u s f ü h r u n g der Verbrennung Wägung: Die Hauptschwierigkeit bei der Wägung der A b s o r p t i o n s a p p a r a t e liegt in der Umgehung der Fehler, die durch die besondere, mit den äußeren Umständen stark schwankende Beschaffenheit der die Glasoberfläche bedeckenden W a s s e r h a u t gegeben sind. Zu diesem Zweck müssen die Absorptionsgefäße vor und nach der Analyse in ganz der gleichen Weise behandelt und nach genau gleichen Zeiten zur Wägung gebracht werden, da nur unter diesen „übereinstimmenden Zuständen" die Gewichtsdifferenz genau definiert ist. Das sachgemäß gefüllte Natronasbest-Rohr wird zunächst mit einem Paar schwach angefeuchteter F l a n e l l a p p e n und darauf mit zwei R e h l e d e r l a p p e n sorgfältig und allseitig abgewischt, indem man die Läppchen von der Mitte her unter sanftem Druck und drehender Bewegung über die Glasoberfläche gleiten läßt; übermäßiges Reiben, zumal unter starkem Druck, muß vermieden werden. Die Ansatzröhrchen werden nun mit einem sauberen, um einen Eisendraht gedrehten W a t t e w i c k e l , der eben in die Röhrchen Pig- 38 paßt, ausgewischt; man hüte sich, zu nahe an den Hahnschliff zu kommen, da sonst leicht etwas Vaseline entfernt wird. Zum Schluß werden die Absorptionsröhrchen mit einem Paar trockener R e h l e d e r l ä p p c h e n , die leicht und ungehemmt über die Oberfläche gleiten sollen, nochmals abgewischt. Das Röhrchen wird dann, ohne daß man es mit den Fingern berührt, auf einem D r a h t g e s t e l l (Federhalterständer) unmittelbar neben der Waage abgelegt; man notiere sich genau die Zeit des Ablegens. In der gleichen Weise wird das Chlorcalcium-Rohr zur Wägung vorbereitet. Während der Zeit des Auskühlens wägt man zweckmäßig die Substanz ein (s. unten). Nun bestimmt man den N u l l p u n k t der Waage. Dann erfaßt man das Natronasbest-Rohr, das nach dem Abwischen nicht mehr mit den Fingern berührt werden darf, mit dem trockenen Rehlederläppchen, führt durch kurzes öffnen des Hahnes D r u c k a u s g l e i c h herbei und legt es mit Hilfe der A l u m i n i u m - D r a h t g a b e l (Fig. 38) auf einen kleinen D r a h t b ü g e l , auf dem es in zwei Punkten unterstützt ruht, auf die linke Waagschale. Darauf setzt man die Tara auf (für die Tara sind stets die gleichen Gewichtsstücke zu verwenden) und bestimmt 10 Minuten nach dem Abwischen der Röhrchen das u n g e f ä h r e Gew i c h t , wobei man es durch Auflegen von Zentigramm-Gewichtsstücken so einrichtet, daß der Reiter möglichst an den A n f a n g d e s R e i t e r l i n e a l s zu stehen kommt. In der 15. Minute bestimmt man das g e n a u e

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Gewicht. Unmittelbar im Anschluß daran bestimmt man das Gewicht des Chlorcalcium-Rohres. Nach Beendigung der Verbrennung werden die Absorptionsgefäße nach genau gleicher Vorbehandlung nach der gleichen Zeit gewogen. Hat man in der 15. Minute das genaue Gewicht bestimmt, so legt man rasch die dem Zuwachs entsprechende Zahl von Zentigramm-Gewichtsstücken auf, setzt den Reiter in die entsprechende Kerbe am Anfang des Reiterlineals und kontrolliert nochmals den Ausschlag, der nun wegen der Abweichung der Gewichtsstücke von den Angaben des Reiters etwas verschieden sein wird. Damit erreicht man, daß man die Wägung nach der nächsten Verbrennung mit dem Reiter allein — ohne Zuhilfenahme eines Zusatzgewichtes, das man erst zu eichen hätte — durchführen kann. Die S u b s t a n z wird im offenen P l a t i n s c h i f f c h e n eingewogen; h y g r o s k o p i s c h e Substanzen wägt man im W ä g e s c h w e i n c h e n ab. Das P l a t i n s c h i f f c h e n wird zur Reinigung im Reagenzglas mit verdünnter Salpetersäure ausgekocht, am Platindraht in der entleuchteten Bunsenflamme kurz ausgeglüht und zum Auskühlen etwa Y3 Minute lang auf einen vernickelten K u p f e r b l o c k gestellt. Das leere Schiffchen wird mit der Pinzette auf die Waagschale gebracht und sorgfältig auf 0,01 mg genau gewogen. Nach dem Einfüllen der Substanz, wozu man das Schiffchen auf ein sauberes Stück Papier abstellt, wischt man es außen sauber mit einem feinen Haarpinsel ab und bestimmt mit einer Genauigkeit von 0,01 mg die Gewichtszunahme. Für C,H-Bestimmungen wägt man 20—30 mg ein. Nach der Einwaage bringt man das Schiffchen auf den Kupferblock zurück und bedeckt diesen mit einer kleinen Glasschale. Die Verbrennung Zweckmäßig hat man noch während der Auskühlungszeit der Absorptionsapparate den e l e k t r i s c h e n Ofen eingeschaltet, wobei man durch das Rohr L u f t im Analysentempo durchströmen läßt 1 . War das Rohr vorher nicht besonders getrocknet oder hat es längere Zeit unbenutzt gestanden, so erhitzt man vor Beginn einer Analysenserie den leeren Rohrteil, nachdem der Ofen seine Temperatur erreicht hat, kurze Zeit im L u f t s t r ö m mit dem Bunsenbrenner unter Benutzung des D r a h t n e t z r ö l l c h e n s , indem man 1 cm vom Kautschukstopfen, den man durch einen A s b e s t s c h i r m sorgfältig abschirmt, beginnt. Ist man 1 Dabei beobachtet man in der ersten Zeit des Anheizens, ohne daß der Druckregler seinen Stand ändert, eine merkliche V e r m i n d e r u n g d e r B l a s e n f r e q u e n z im Blasenzähler, da der Bremspfropf einen sofortigen Ausgleich des durch dieTemperatursteigerung bedingten Druckanstiegs verhindert. Jeder Druckanstieg im Rohr bedingt also ein Nachlassen der Blasenfrequenz, was bei der Analyse die genaue Verfolgung des Verbrennungsvorganges sehr erleichtert.

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mit dem Bunsenbrenner beim elektrischen Ofen angelangt, so entfernt man den Brenner und schiebt das Drahtnetzröllchen an das Rohrende zurück, damit der dem elektrischen Ofen benachbarte Rohrteil zur Aufnahme des Schiffchens mit der Substanz wieder auskühlt. Nachdem man die A b s o r p t i o n s a p p a r a t e gewogen hat, schiebt man über das zum Wassersack führende Ansatzrohr des C h l o r c a l c i u m Rohres zur Hälfte den 1,5 cm langen Verbindungsschlauch, fügt das andere Rohrende durch die 2 cm lange Schlauchverbindung an das direkt zur Natronasbestfüllung führende Ansatzrohr des N a t r o n a s b e s t - R o h r e s , so daß die Rohrenden möglichst dicht aneinander passen, und befestigt die Absorptionsapparate im Halterstativ. Nim überprüft man mit der Uhr rasch die B l a s e n f r e q u e n z des Luftstromes in 10 Sekunden und ändert, wenn nötig, die Stellung des D r u c k r e g l e r s , so daß man eine Stromgeschwindigkeit von 9—10 ccm Luft (bzw. Sauerstoff) in der Minute erzielt, was sich aus der Blasenzahl des geeichten Blasenzählers ergibt. Daa „Versagen" des Blasenzählers hat oft seinen Grund darin, daß die Lauge bei längerem Gebrauch eingeengt ist; man füllt dann frische (evtl. etwas verdünntere) Lauge nach, hat aber dann den Blasenzähler neu zu eichen. Eine andere Fehlerquelle ist durch das Verkleben des Chlorcalciums im Trockenapparat bzw. in dem am Glockengasometer befindlichen Trockenrohr gegeben. Das Zurücksteigen der Lauge aus dem Blasenzähler in den zum Dreiwegehahn führenden Gummischlauch ist peinlichst zu vermeiden.

Nun schließt man das Chlorcalcium-Rohr dicht an den Schnabel des V e r b r e n n u n g s r o h r e s an und verbindet das Natronasbest-Rohr mit dem Chlorcalcium-Rohr der M a r i o 11 e sehen F l a s c h e . Darauf entfernt man den Kautschukstopfen aus dem Verbrennungsrohr, schiebt das Stativ mit dem Trockenapparat nach rückwärts, um freien Raum zu haben, hebt den Kupfer block mit dem S c h i f f c h e n an die Rohrmündung, bringt das Schiffchen mit der Pinzette in die Mündung, schiebt es mit einem geeigneten sauberen Glasstab, ohne daß es zum Umkippen kommt, auf 4—5 cm bis zum elektrischen Ofen vor, fügt den, eventuell mit einem Hauch Glycerin befeuchteten Kautschukstopfen locker in das Rohr und schiebt unter leichtem Druck den Dorn des Trockenapparates in die Bohrung des Stopfens, so daß die Spitze im Innern des Rohres eben herausschaut. Das Einführen der Substanz muß möglichst r a s c h geschehen, damit keine Feuchtigkeit aus der Luft ins Rohr gelangt. Jetzt öffnet man die Hähne der Absorptionsapparate und den Hahn an der Mariotteschen Flasche und überzeugt sich, ob man die alte, früher ermittelte B l a s e n f r e q u e n z im Zähler erhält; eine Abweichung von 1—2 Einheiten von der Zahl der Blasen in 10 Sekunden wirkt nicht störend. Wenn nötig, stellt man die frühere Blasenfrequenz durch Senken oder Heben des Hebels der Mariotteschen Flasche erneut ein. Das während der Analyse aus der Mariotteschen Flasche abtropfende

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Elementar-analytische Methoden

Wasser wird in einem 500-ccm-Meßzylinder aufgefangen. Dann legt man den K u p f e r d r a h t - B ü g e l , der die Abwärme des elektrischen Ofens überträgt, auf den Rohrschnabel und das Ansatzrohr des Chlorcalciumrohres, so daß das Metall das Glas berührt; dadurch wird die Kondensation von Wasser in den Ansatzröhren sicher vermieden. Nun beginnt man mit der e i g e n t l i c h e n V e r b r e n n u n g . Man achte darauf, daß der G l o c k e n g a s o m e t e r während der Analyse stets mit Luft (bzw. Sauerstoff) gefüllt bleibt, so daß etwa alle 10 bis 15 Sekunden eine Blase entweicht. Sobald das Rohr im Innern des Ofens auf Rotglut gekommen ist, schiebt man das 5 cm lange D r a h t n e t z r ö l l c h e n vor, so daß es mit seinem vorderen Rand fast an das Schiffchen heranreicht, und stellt die volle, entleuchtete Flamme des Bunsenbrenners an das rückwärtige Ende der Drahtnetzrolle. Die wegen der Erwärmung eintretende Verringerung der Blasenfrequenz geht nach kurzer Zeit zurück. Im allgemeinen wird die im rückwärtigen Teil des Schiffchens befindliche Substanz nach wenigen Minuten zu schmelzen oder zu destillieren bzw. zu sublimieren beginnen. M a n m a c h e s i c h zur Regel, erst dann mit dem D r a h t n e t z r ö l l c h e n und B u n s e n b r e n n e r v o r z u r ü c k e n , wenn die an der S u b s t a n z e i n t r e t e n d e n V e r ä n d e r u n g e n v o l l k o m m e n a b g e k l u n g e n sind. Dann schiebt man etwa alle 2 Minuten das Drahtnetzröllchen um 2—3 mm vor und rückt mit dem Brenner nach, so daß dieser stets an das rückwärtige Ende der Rolle zu stehen kommt. Dabei vermindert sich die B l a s e n f r e q u e n z im Blasenzähler vorübergehend; man richte das Vorrücken so ein, daß die Blasenzahl sich möglichst wenig verringert, damit man stets einen Überschuß an Sauerstoff zur Verfügung h a t ; man rückt erst dann in gleicher Weise vor, wenn die ursprüngliche Blasenfrequenz wieder erreicht ist. A u ß e r d e m V e r h a l t e n d e r S u b s t a n z h a t m a n a l s o s t e t s a u c h d e n B l a s e n z ä h l e r zu b e o b a c h t e n . Man hüte sich, zu rasch vorzugehen, da sonst die Dämpfe ins Rohr zurückschlagen, keinesfalls soll der Blasenzähler zum Stillstand oder gar zum Zurücksteigen kommen. In den meisten Fällen bildet sich am Boden des Rohres unmittelbar vor dem Platinschiffchen durch Kondensation ein großer F l ü s s i g k e i t s t r o p f e n ; das erleichtert die sachgemäße Leitung des Verbrennungsvorganges sehr wesentlich, da sich die Auswirkung der Temperaturregulierung an der Veränderung des Tropfens sehr scharf beobachten läßt. Die ganze Kunst des Verbrennens besteht dann im l a n g s a m e n , g e d u l d i g e n V e r g a s e n d e s T r o p f e n s , wobei man beachte, daß die Wärmeleitung sehr gesteigert wird, sobald man mit dem Brenner an das Platinschiffchen rückt; man hat daher entsprechend langsamer vorzugehen. Sobald die letzten Anteile der Flüssigkeit verdampft sind, erhitzt man das Rohr an der Stelle, an der das Platinschiffchen Hegt, mit der Bunsenflamme ohne Drahtnetz, bis das Rohr und das Schiffchen eben zum Glühen kommen; in gleicher Weise bringt man den Rohrteil bis zum elektrischen Ofen

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unter raschem Vorgehen auf dunkle Rotglut; die bei der Zersetzung der Substanz abgeschiedene K o h l e läßt sich so zumeist rasch verbrennen; wenn notwendig, richtet man die Flamme auch von o b e n her gegen das Rohr. Bildet sich bei der Zersetzung der Substanz eine an der Rohrwand festhaftende s c h w e r v e r b r e n n l i c h e K o h l e , so hilft oft ein kleiner Kunstgriff, der darin besteht, daß man die Kohle vorübergehend auskühlen läßt, wobei sie Sauerstoff absorbiert und bei erneutem Glühen rasch verbrennt, zumal wenn man nach dem Vergasen der flüssigen Anteile auf einen S a u e r s t off s t r ö m gleicher Blasenfrequenz umgeschaltet hat. Das wird aber nur bei sehr schwer verbrennlicher Kohle notwendig sein. Hat man im Sauerstoffstrom verbrannt, so schaltet man, sobald die Kohle restlos verbrannt ist, auf den L u f t s t r o m zurück, um die reduzierte Kupferschicht zu schonen. Oftmals beobachtet man noch während der Verbrennung ein ziemliches Ans t e i g e n der B l a s e n f r e q u e n z im Blasenzähler; das hat seinen Grund darin, daß durch die lebhafte Absorption des entwickelten Kohlendioxyds im Natronasbestrohr ein gewisser Unterdruck entsteht; zu gleicher Zeit läßt die Tropfgeschwindigkeit der Mariotteschen Flasche nach oder kommt gar vorübergehend zum Stillstand. Diese Störung ist bedeutungslos. Es besteht zwar die Gefahr, daß bei eventuellen kleinen Undichtigkeiten am Schnabel Luft eingesaugt wird; die dadurch bedingten Abweichungen haben aber bei der kurzen Dauer der Erscheinung keinen nennenswerten Einfluß auf die Bestimmung. Selbstverständlich ist eine „Nachregulierung" der Mariotteschen Flasche während der Dauer dieser Erscheinung zu unterlassen; nach kurzer Zeit stellt sich die alte Tropfgeschwindigkeit von selbst wieder ein.

Sobald man mit dem Bunsenbrenner am elektrischen Ofen angelangt ist, wozu im allgemeinen 15—20 Minuten, nur bei sehr schwer verbrennbaren Substanzen bis zu 30 Minuten erforderlich sind, rückt man mit dem Röllchen und dem Brenner wieder an das Rohrende und schiebt den elektrischen Ofen soweit zurück, daß die r e d u z i e r t e K u p f e r s c h i c h t zum größten Teil aus dem Ofen herausragt; damit erreicht man, daß diese reduzierte Schicht für die nächsten Analysen geschont wird. Von diesem Augenblick an leitet man, um die Überführung der Verbrennungsprodukte in die Absorptionsapparate vollständig zu machen, noch 180 ccm L u f t durch das Rohr. Während des Luftdurchleitens glüht man den leeren Teil des Rohres, 1 cm vom Kautschukstopfen aus beginnend, nochmals kurz mit Brenner und Röllchen durch. Sind 150 ccm Wasser abgeflossen, so schaltet man den elektrischen Ofen aus; nach Beendigung des Luftdurchleitens achließt man den Hahn der Mariotteschen Flasche, dann die Absorptionsgefäße, entfernt sie vom Verbrennungsrohr und läßt dieses, mit einer Schlauchkappe verschlossen, unter dem Druck des Luftgasometers erkalten, so daß es für die nächste Analyse sofort gebrauchsfertig ist. Die Absorptionsgefaße gelangen nach entsprechender Vorbehandlung (s. unten) zur Wägung. Flüssige Substanzen: Die Einwaage geschieht in einem etwa 4 cm langen, an der offenen Seite mit Glasfüßen versehenen und mit Schliff-

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stopfen verschließbaren Röhrchen ( „ W ä g e s c h w e i n c h e n " ) aus Supremaxglas 1 . Am geschlossenen Ende ist ein Häkchen aus Glas angeschmolzen, an dem das Röhrchen mit Hilfe eines gebogenen Drahtes im Verbrennungsrohr bewegt werden kann. In das gereinigte Röhrchen bringt man einen kleinen Kristall von Kaliumchlorat, den man über kleiner Flamme gerade schmelzen und dann wieder erstarren läßt. Nach dem Erkalten wägt man das so vorbereitete Röhrchen in einem passenden Drahtgestell auf 0,01 mg genau und füllt aus einer feinen Capillare 20—30 mg der zu analysierenden Flüssigkeit ein. Leicht flüchtige Substanzen werden im Röhrchen mit aufgesetztem Schliffstopfen gewogen. Zur Verbrennung schiebt man das beschickte Röhrchen, mit der offenen Seite zur Rohrfüllung gerichtet, in das Verbrennungsrohr, auf 7—9 cm an den elektrischen Ofen heran. Hat man mit aufgesetztem Stopfen abgewogen, so wird der Stopfen unmittelbar vor dem Einschieben des Röhrchens gelüftet und mit diesem in das Rohr eingeführt. Am Stopfen ist ebenfalls ein Glashäkchen angeschmolzen. Bei der Verbrennung von Flüssigkeiten wird man, wegen ihrer größeren Flüchtigkeit, im allgemeinen etwas v o r s i c h t i g e r a n h e i z e n , als dies oben für feste Substanzen beschrieben ist. Wägung der Absorptionsapparate: Die Wägung der Absorptionsapparate erfolgt wie S. 59 beschrieben, nach gleicher Vorbereitung in genau der gleichen Weise. Während der Zeit des Auskühlens zieht man das Schiffchen mit einem hakenförmig umgebogenen Platindraht aus dem Verbrennungsrohr, glüht kurz in der entleuchteten Bunsenflamme aus und wägt nach dem Erkalten (auf dem Kupferblock) die Substanz für die nächste Analyse ein. Man versäume nicht, sofort nach der endgültigen Feststellung des Gewichtes der Absorptionsgefäße die dem Zuwachs entsprechende Zahl von cg-Gewichtsstücken zu der Tara zu legen und nach dem Versetzen des Reiters in die entsprechende Kerbe am Anfang des Reiterlineals den Ausschlag für die neue Tara zu bestimmen.

Berechnung: Der Prozentgehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff läßt, sich nach folgenden Formeln berechnen: gefundenes C0 2 Substanz gefundenes HaO %H = Substanz '

%C =

300 11 201,6 18,016

Die Berechnung erfolgt mit Hilfe von K ü s t e r s Logarithmentafel. Die Fehlergrenze beträgt für Kohlenstoff ^ 0,3%, für Wasserstoff -j- 0,2 und — 0,1%. Gute Analysen ergeben etwa 0,1% C zu wenig und 0,1% H zu viel. III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen Sind in einer Verbindung außer Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff noch andere Elemente enthalten, so wird zu deren Be1

A. F r i e d r i c h , Ang. Ch. 45, 477 (1932).

III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen

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Stimmung die Substanz entweder durch Erhitzen mit roter, rauchender Salpetersäure im Einschlußrohr oxydiert (Carius) oder im Sauerstoffstrom am Platinkontakt verbrannt ( D e n n s t e d t ) . Halogen wird als H a l o g e n s i l b e r , Jod mit Vorteil auch als J o d s ä u r e , Schwefel als B a r i u m s u l f a t , Phosphor als M a g n e s i u m p y r o p h o s p h a t bestimmt. 1. H a l o g e n b e s t i m m u n g n a c h C a r i u s Zur Bestimmung sind erforderlich: Einschmelzrohre aus schwerschmelzbarem Jenaer Glas (Länge 35 cm, innere Weite 2,5 cm; Wandstärke 1,2 mm)1; rote rauchende Salpetersäure (D. 1,5); festes Silbernitrat; Filterröhrchen mit Jenaer Glasfritten-Filterplatte (13 f G 2); halogenfreier Alkohol und salpetersäurehaltiges Wasser (1: 100).

Beschickung des Einschmelzrohres: Das Bombenrohr wird zunächst mit Bichromat-Schwefelsäure gereinigt, mit Wasser ausgespült und an der Wasserstrahlpumpe unter gelindem Erwärmen getrocknet. Die Substanz wird in ein kleines W ä g e r ö h r c h e n mit etwa 8—10 cm langem Stiel eingewogen, das man sich aus einem geeigneten Glasrohr selbst herstellt; zur Wägung legt man es auf ein kleines Drahtgestell (Fig. 39). Nachdem man das u n g e f ä h r e Gewicht des Wägeröhrchens festgestellt hat, wägt man für die Halogenbestimmung 20—30 mg auf 0,01 mg genau ab, führt das Wägeröhrchen mit der Substanz möglichst weit in das horizontal gehaltene Bombenrohr, läßt die Substanz bei senkrecht gehaltenem Rohr hineingleiten, bringt das Wägeröhrchen vorsichtig wieder auf die Waage zurück und bestimmt durch Zurückwägen die g e n a u e Einwaage. Zur Substanz gibt man je nach der Einwaage 60—90 mg feingepulvertes Silbernitrat (am besten das 1%-fache der dem zu erwartenden Halogengehalt entsprechenden Menge Silbernitrat) und bei Substanzen, die in der Kälte nur langsam mit der Salpetersäure reagieren, direkt 1—1,5 ccm rote rauchende Salpetersäure. Bei Substanzen, die schon in der Kälte lebhaft mit Salpetersäure reagieren, gibt man die Säure in ein etwa 6 cm langes und 0,8 cm weites Röhrchen mit rundem Boden, das man bei ganz schwach geneigtem Rohr vorsichtig bis auf den Boden des Einschmelzrohres gleiten läßt, wobei man sorgfältig vermeidet, daß die Substanz vorzeitig mit der Säure in Berührung kommt. Zuschmelzen des Rohres: Zur Bearbeitung des schwerschmelzbaren Glases schließt man außer der Druckluft noch eine S a u e r s t o f f b o m b e an das Gebläse an. Man faßt das Einschmelzrohr in der Mitte mit der linken Hand, hält es möglichst schräg geneigt, wobei man darauf achtet, daß die Salpetersäure nicht aus dem 1

Die Röhren können wiederholt (3—4 mal) benutzt werden. 5

G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.

38. Aufl.

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Elementar-analytische Methoden

Röhrchen zur Substanz gelangt und erhitzt das Rohrende unter ständigem langsamem Drehen zunächst mit der leuchtenden, dann mit der entleuchteten Flamme, zuletzt unter Zuhilfenahme von etwas Sauerstoff, bis das Glas weich geworden ist. Dann schmilzt man einen Glasstab an die innere Seite des Rohres an, zieht ihn auf die andere Seite und bringt ihn, nachdem er auch hier angeschmolzen ist, in eine solche Lage, daß er in der Rohrachse liegt. Nun erhitzt man das Rohr kurz unterhalb, wo es noch zylindrisch ist, zunächst mit der schwach entleuchteten Flamme, dann unter mäßiger Sauerstoffzufuhr, bis das Glas weich geworden ist. Unter ständigem Drehen und ganz schwachem Zusammendrücken läßt man das Glas an dieser Stelle zusammenfallen; sobald es stark verdickt ist, zieht man das Rohr außerhalb der Flamme langsam zu einer d i c k w a n d i g e n Capillare aus, die man mit einer Sauerstoff-Stichflamme zuschmilzt. Die Capillare läßt man in einer leuchtenden Flamme erkalten und bringt dann das Rohr in einen e i s e r n e n S c h u t z m a n t e l , so daß die Capillare einige Zentimeter herausragt; gegebenenfalls füllt man den eisernen Mantel mit Sand entsprechend auf.

S o l a n g e d a s R o h r z u g e s c h m o l z e n i s t , d a r f es n i c h t a u s dem Mantel herausgenommen und aus dem Bombenraum entfernt werden. Erhitzen des Rohres: Den eisernen Mantel mit Rohr legt man nun in einen B o m b e n - oder S c h i e ß o f e n derart, daß die Capillare etwas erhöht gegen die mit Splitterfänger versehene Wand zeigt, und schließt den Ofen. Es können zu gleicher Zeit mehrere Röhren erhitzt werden. Man zündet alle Brenner an und erhitzt durch Regulierung des Haupthahnes a l l m ä h l i c h auf die gewünschte Temperatur. Diese beträgt für a l i p h a t i s c h e Halogen Verbindungen (und viele schwefelhaltige Substanzen) etwa 250°, für a r o m a t i s c h e (und die Sulfosäuren) etwa 300°. Die meisten Substanzen sind nach 3—4 stündigem Erhitzen vollständig oxydiert, bei aromatischen Verbindungen setzt man das Erhitzen noch einige Stunden darüber hinaus fort. Öffnen und Entleeren des Rohres: Nach v ö l l i g e m Erkalten nimmt man den eisernen Mantel heraus, vertreibt mit einer kleinen leuchtenden Flamme die etwa in der Capillare vorhandene Flüssigkeit und hält die Capillare in eine spitze Gebläseflamme (Schutzbrille!). Nachdem die unter Druck befindlichen Gase die weich gewordene Capillare durchbohrt haben, nimmt man das Rohr aus dem Mantel und überzeugt sich, daß die Substanz völlig aufgeschlossen ist; gegebenenfalls schmilzt man das Rohr wieder zu und erhitzt von neuem. Ist die Substanz vollkommen aufgeschlossen, so entfernt man den oberen Teil des Rohres, indem man die Capillare zunächst wieder zuschmilzt und dann kurz unterhalb, wo das Rohr noch zylindrisch ist, eine Sauerstoff-Stichflamme gegen das Rohr richtet, so daß es an dieser Stelle aufgeblasen wird. Nun bringt man mittels der Sauerstoffstichflamme das Glas seitlich von der entstandenen Öffnung zum Erweichen und zieht es mit einem Glasstab zur Seite weg, so daß ein breiter Spalt entsteht, den man zu 2 / 3 um das Rohr herumführt. Nachdem man die nun verbleibende Verbindungsstelle zum Erweichen gebracht hat, zieht man die Glaskappe zur Seite fort, wobei man gleichzeitig einen kleinen A u s g u ß erzeugt.

III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen

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Das Rohr wird zunächst äußerlich gereinigt und der Rohrinhalt vorsichtig mit etwa 10 ccm Wasser verdünnt. Das an der Oberfläche schwimmende kleine Gläschen, das zur Aufnahme der Salpetersäure gedient hat, wird mit der Beinpinzette gefaßt und in ein Becherglas mit rundem Boden (Höhe 15 cm, Weite 3—3,5 cm) entleert und mit destilliertem Wasser ausgespült. Dann wird der Inhalt des Bombenrohres, nachdem man das Halogensilber mit einem Glasstab möglichst zerdrückt hat, unter wiederholtem Nachspülen quantitativ in das Becherglas übergeführt. Hartnäckig an der Wand haftendes Halogensilber wird mit dem Glasstab entfernt, die letzten Anteile durch abwechselndes Nachspülen mit wenig (halogenfreiem) Alkohol und wenig Wasser. Filtrieren und Trocknen des Halogensilbers: Der im Becherglas gesammelte Niederschlag wird zunächst im siedenden Wasserbad erhitzt. Bei Jod(und Brom-)Silber erwärmt man 2 Stunden, da Silberjodid mit Silbernitrat eine feste Verbindung eingeht, die durch Wasser nur allmählich zersetzt wird. Bei Jodbestimmungen h a t man außerdem das beim Aufschluß gebildete Silberjodat durch Zugabe von reiner Schwefligsäure-Lösung vorher zu reduzieren. Zur Filtration von Halogensilber-Niederschlägen Fig. 40 dient ein Filterröhrchen mit G l a s f r i t t e n - F i l t e r (vgl. Fig. 40), auf das man eine Aufschwemmung von feinstem G o o c h t i e g e l - A s b e s t bringt, so daß nach dem Festsaugen eine 2 bis 3 mm dicke Asbestschicht entsteht. Vor Benutzung des Röhrchens filtriert man ein wenig eines kalt gefällten S i l b e r c h l o r i d - N i e d e r schlags durch das Asbestfilter; sobald das Filtrat klar abläuft, ist das Röhrchen gebrauchsfertig. Vor der Filtration spült man das Röhrchen mit Wasser, füllt es mit 96-proz. Alkohol, den man langsam durchsaugt, schließt den Schaft an die Saugpumpe an und trocknet das Röhrchen 10 Minuten lang in dem auf 130—140° geheizten K u p f e r - T r o c k e n b l o c k , indem man einen schwachen Luftstrom durchsaugt. Zum Schutz gegen den in der L u f t enthaltenen Staub fügt man ein kurzes, mit Stiel versehenes Glasröhrchen, das man mit festgestopfter W a t t e füllt, mit einem porenfreien, sauberen Korkstopfen in den Becher des Filterröhrchens. Das getrocknete Filterröhrchen wird in der bei der Behandlung der Absorptionsgefäße (S. 59) beschriebenen Weise abgewischt und 15 Minuten nach dem Ablegen unter Berücksichtigung der Nullpunktslage genau gewogen. Der Halogensilber-Niederschlag wird mit Hilfe eines vorher sorgfältig gereinigten Hebers auf das Filter übergeführt (Fig. 40); dieser wird mit 5»

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Elementar-analytische Methoden

einem kleinen Gummistopfen auf das Filterröhrchen aufgesetzt. Man senkt ihn bis auf den Boden des Gefäßes und saugt den Niederschlag mit mäßiger Geschwindigkeit (etwa 2 Tropfen in der Sekunde) über; dann spült man mit wenig Alkohol und, nachdem dieser abgesaugt ist, mit wenig salpetersäurehaltigem Wasser (1: 100) nach. Wenn nötig, wiederholt man das abwechselnde Nachspülen mit wenig Alkohol und wenig Wasser; zum Schluß spült man das in das Filtrierröhrchen mündende Ende des Heberrohres mit Alkohol ab, füllt das Filterröhrchen bis zum Rand mit Alkohol, schließt es, sobald dieser durchgesaugt ist, an die Saugpumpe an und trocknet 10 Minuten lang im K u p f e r T r o c k e n b l o c k bei 130—140°; nach 15 Minuten wird gewogen. Die Carius-Methode ist zuverlässig, aber zeitraubend. J o d wird zweckmäßig nach L e i p e r t (S. 71), Chlor und B r o m nach dem nachstehenden Verfahren bestimmt.

2. B e s t i m m u n g v o n C h l o r u n d B r o m n a c h V e r b r e n n u n g d e r S u b s t a n z im P e r l e n r o h r Die Substanz wird in einem P e r l e n r o h r im S a u e r s t o f f s t r o m am P l a t i n k o n t a k t verbrannt und die Verbrennungsgase werden in einer im vorderen Rohrteil befindlichen Perlenfüllung, die mit 5-proz. H y d r o p e r o x y d l ö s u n g benetzt ist, absorbiert. Durch die Verteilung der Absorptionsflüssigkeit auf eine große Oberfläche wird eine rasche und sichere Absorption gewährleistet; elementares Halogen wird durch das Hydroperoxyd zu Halogen-Ion reduziert. Nach dem Ausspülen des Rohres bestimmt man das Halogen-Ion in der Lösung nach der Methode von K. F a j a n s 1 durch direkte Titration mit n e u t r a l e r S i l b e r n i t r a t l ö s u n g unter Verwendung von organischen Farbstoffindikatoren („Adsorptionsindikatoren"). Zur Bestimmung sind erforderlich: Ein Perlenverbrennungsrohr aus Supremaxglas (Länge 60—70 cm, innere Weite 0,9 cm, Wandstärke 1 mm; der vordere Teil ist schnabelförmig ausgezogen und endet in ein angesetztes dickwandiges Röhrchen von 1—2 cm Länge und 1 mm lichter Weite; der an das Schnabelstück anschließende Rohrteil ist in einer Länge von 28—30 cm mit 2—3 mm langen Stückchen von 2 mm starkem Glasstab aus Jenaer Geräteglas gefüllt; die Perlenschicht wird durch eine an die Rohrwandung angeschmolzene Hartglasspirale festgelegt); drei 5 cm lange Platindrahtnetz-Kontakte; Perhydrol, säurefrei („Merck"); re/50-Silbernitratlösung, neutral; 0,01-proz. Lösung von Dichlor-fluorescein in 60-proz. Alkohol (Indikator zur Bestimmung von Cl'); 0,1-proz. wässerige Lösung von Eosin - natrium (Indikator zur Bestimmung von Br'). 1 K. F a j a n s und H. W o l f f , Z. f. anorg. Chem. 137, 221 (1924); vgl. I. M. K o l t h o f f , Z. anal. Chem. 70,369 (1927); 71, 235 (1927); J. Am. Soc. 61, 3273 (1929); F. H ö l s c h e r . Z. anal. Chem. 96, 308 (1934).

III. Bestimmung yon Halogen, 'Schwefel und sonstigen Elementen

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Beschickung des Perlenrohres: Zur Beschickung des gründlich gereinigten P e r l e n r o h r e s saugt man, nachdem man ein kleines, mit Watte gefülltes Mundstück auf das Rohr gesetzt hat, eine 5-proz. Lösung von Hydroperoxyd, die man sich vor Beginn einer Analysenserie jedesmal frisch aus Perhydrol herstellt, in den mit Perlen gefüllten Teil auf, bis die Flüssigkeit die Glasspirale benetzt; dann läßt man die Absorptionsflüssigkeit wieder abtropfen. Eine die Perlenschicht benetzende Flüssigkeitsmenge von 2—3 ccm ist vollkommen ausreichend. Über den mit Perlen gefüllten Teil stülpt man ein sauberes Reagenzglas und legt das Rohr auf das Verbrennungsgestell. Dann werden die mit verdünnter Salpetersäure (1:1) ausgekochten und stark geglühten P l a t i n k o n t a k t e in das Rohr geschoben, so daß der vorderste etwa 6 cm vor der Hartglasspirale endet und zwischen den Kontakten ein etwa 2 cm langer Zwischenraum bleibt. Man legt das Perlenrohr nun so auf das Verbrennungsgestell, daß der mit Perlen gefüllte Teil und noch etwa 5 cm des leeren Teiles darüber hinausragen. Das herausragende Rohrende wird durch ein G a b e l s t a t i v gestützt; zum Wärmeschutz schiebt man einen A s b e s t s c h i r m über das Rohr, der der Ofenwand anliegt. Dann schiebt man eine 20 cm lange E i s e n d r a h t n e t z r o l l e über den Rohrteil mit dem Platinkontakt, setzt an dieser durch einen L a n g b r e n n e r geheizten Stelle ein D r a h t n e t z d a c h als Wärmeschutz auf das Verbrennungsgestell und schiebt schließlich noch eine 5 cm lange D r a h t n e t z r o l l e für den beweglichen Brenner über das Rohr (vgl. Fig. 41, S. 71). Zur Halogenbestimmung wägt man in der üblichen Weise 20—30 mg Substanz im Platinschiffchen ab und führt dieses so in das Rohr ein, daß es 6—7 cm vor das vordere Ende der langen Drahtnetzrolle zu stehen kommt. Das Rohr wird nun mit Kautschukstopfen und zur Spitze ausgezogener Capillare verschlossen und über einen kleinen, mit 50-proz. Kalilauge gefüllten B l a s e n z ä h l e r mit dem S a u e r s t o f f g a s o m e t e r verbunden. Zur Halogenbestimmung in F l ü s s i g k e i t e n wägt man die Substanz, wie bei der C,H-Bestimmung beschrieben, und führt das Wägeschweinchen so in das Rohr ein, daß es etwa 8—10 cm vor das vordere Ende der langen Drahtnetzrolle zu liegen kommt. Bei sehr schwer verbrennlichen Flüssigkeiten tritt an Stelle von Kaliumchlorat Ammoniumnitrat.

Ausführung der Verbrennung: Nach dem Einführen der Substanz reguliert man mit Hilfe des P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n e s einen Sauerstoffstrom von 7—9 ccm je Minute ein (Eichung des Blasenzählers mit der Mariotteschen Flasche, vgl. S. 55) und erhitzt dann die P l a t i n k o n t a k t e mit dem L a n g b r e n n e r auf helle Rotglut. Sobald dies erreicht ist, schiebt man die kurze D r a h t n e t z r o l l e bis auf wenige Millimeter an das Platinschiffchen heran und stellt den beweglichen, entleuchteten Bunsenbrenner unter das rückwärtige Ende der Drahtnetzrolle. Man wartet nun ab, bis die Veränderungen, die die zu ver-

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Elementar-analytische Methoden

brennende Substanz erleidet, abgeklungen sind und rückt e r s t d a n n mit der Drahtnetzrolle und dem Bunsenbrenner vor, und zwar alle 2 Minuten um etwa 2—-3 mm. Bei Substanzen, die nach dem Schmelzen destillieren, muß man s e h r s o r g f ä l t i g vorgehen; man wartet zunächst ab, bis das Destillat, das sich in Form eines Tropfens im leeren Rohrteil zwischen Schiffchen und Kontakten ansammelt, sich nicht mehr vermehrt. Sobald man mit dem Saum der Bunsenflamme das Platinschiffchen berührt, wartet man einige Minuten ab und beobachtet sorgfältig, ob das Destillat sich bei unveränderter Stellung des Bunsenbrenners merklich rasch verflüchtigt. Die Verbrennung der Substanz soll m i n d e s t e n s 30 Minuten erfordern, da sonst vollkommene Verbrennung und quantitative Absorption nicht gewährleistet sind. Bei der Verbrennung von F l ü s s i g k e i t e n schiebt man die kleine Drahtnetzrolle vor Beginn der Verbrennung je nach der Flüchtigkeit der Substanz aut höchstens 1—3 cm an das Röhrchen heran und wartet, sobald die Substanz herauszudestillieren beginnt, bei unveränderter Stellung des Bunsenbrenners ab, bis die Destillation beendet ist; erst dann geht man in der oben beschriebenen Weise langsam vor.

Ausspülen des Rohres und Titration: Nach dem Erkalten entfernt man das Platinschiffchen, spannt das Rohr in senkrechter Lage in ein Stativ ein und bringt an Stelle des Reagenzglases einen sauberen E r l e n m e y e r k o l b e n (100—150 ccm) unter das Rohr. Dann spritzt man unter Abspülen der inneren Rohrwandung etwa 10 ccm Wasser ins Rohr und drückt die Flüssigkeit mit Hilfe eines kleinen H a n d b l a s e b a l g s durch die Perlenfüllung in den Erlenmeyerkolben. I n gleicher Weise spült man das Rohr noch dreimal mit je 10 ccm Wasser nach, spült den Schnabel des Rohres ab und führt auch den Inhalt des Reagenzglases unter Nachspülen in den Kolben über. Vor der T i t r a t i o n stumpft man die gebildete Mineralsäure mit einigen Tropfen einer halogenfreien gesättigten Natriurnacetat-Lösung ab, so daß die Lösung nur noch s c h w a c h e s s i g s a u e r reagiert. Zur B e s t i m m u n g d e s C h l o r - I o n s gibt man zur Lösung 5—10 Tropfen einer 0,01-proz. alkoholischen Lösung von Dichlor-fluorescein und titriert aus einer in 0,02 ccm geteilten M i k r o b ü r e t t e mit neutraler n/50—n/4:0-Silbernitratlösung. Im Anfang der Titration zeigt die Lösung nur eine geringe O p a l e s z e n z ; mit zunehmender Annäherung an den Äquivalenzpunkt t r ü b t sie sich stark. Man titriert dann vorsichtig unter starkem Umschütteln weiter, bis das Silberhalogenid-Sol plötzlich zu rosarot gefärbten F l o c k e n koaguliert. Zur B e s t i m m u n g d e s B r o m - I o n s fügt man der Lösung 5—10 Tropfen einer 0,1-proz. wässerigen Lösung von Eosinnatrium zu. Der Umschlag ist hier sehr scharf zu erkennen; bis unmittelbar vor dem Äquivalenzpunkt bleibt die stark opaleszierende Lösung durchsichtig, die Farbe des Indikators ändert sich dabei gegen Ende der Bestimmung mehr nach B l a u . Auf Zusatz des nächsten Tropfens wird dann die

III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen

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Lösung plötzlich undurchsichtig und das Silberhalogenid f l o c k t bei starkem Schütteln mit intensiv rosaroter Farbe a u s . Man titriere ziemlich schnell in zerstreutem Tageslicht und vermeide direktes Sonnenlicht, da die Lichtempfindlichkeit des Silberhalogenids durch die s e n s i b i l i s i e r e n d e W i r k u n g der Farbstoffe stark erhöht ist.

Fehlergrenze der Bestimmung: ±

l°/ 0 des Halogengehaltes.

Natürlich kann man das durch Verbrennung der organischen Substanz erhaltene Halogen-Ion auch in der üblichen Weise durch Fällung mit Silber gravimetrisch bestimmen.

3. M a ß a n a l y t i s c h e B e s t i m m u n g v o n J o d nach Leipert-Münster1 Die Substanz wird im S a u e r s t o f f s t r o m am P l a t i n k o n t a k t verbrannt und das gebildete Jod durch B r o m in Essigsäure zu J o d s ä u r e oxydiert. Nach der Zerstörung des überschüssigen Broms durch A m e i s e n s ä u r e fügt man K a l i u m j o d i d zur Lösung und titriert das ausgeschiedene J o d mit T h i o s u l f a t . Fig. 41 Da das 6-fache des in der Substanz enthaltenen Jods zur Titration gelangt, liefert die Methode sehr genaue Resultate. Zur Bestimmung sind erforderlich: Bin Verbrennungsrohr (Fig. 41) aus Supremaxglas (lichte Weite 0,9 cm, Länge 55—60 cm; Länge des Einleitungsrohres 18 cm, innere Weite 2 mm; kurz vor dem Ansatz des Einleitungsrohres ist eine Verengerung angebracht); eine 10-proz. Lösung von reinem Natriumacetat in 96-proz. Essigsäure; Brom (jodfrei); reine 80—100-proz. Ameisensäure; Kaliumjodid und »/10-Thiosulfatlösung.

Ausführung der Bestimmung: In das gründlich gereinigte und getrocknete Rohr schiebt man die vorher durch Auskochen mit verd. Salpetersäure (1:1) und kräftiges Ausglühen gereinigten P l a t i n d r a h t n e t z - K o n t a k t e bis nahe an die Verengung heran, bringt an dieser Stelle des Rohres eine 20 cm lange E i s e n d r a h t n e t z r o l l e an und setzt zum weiteren Wärmeschutz ein E i s e n d r a h t n e t z d a c h auf das Verbrennungsgestell. Das Einleitungsrohr taucht in eine im unteren Teil zu einem schmalen Kelch auslaufende Vorlage (vgl. Fig. 41), die mit 12—15 ccm der Acetat-Essigsäurelösung gefüllt wird, der man 10—12 Tropfen Brom zugefügt hat. 1 Th. L e i p e r t , Mikrochemie, Pregl-Festschrift, S. 266 (1929). — W. M ü n s t e r , Mikrochemie 14, 23 (1933).

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Elementar-analytische Methoden

Zur Jodbestimmung wägt man 20—30 mg Substanz im Platinschiffchen ein und führt die Verbrennung der Substanz in der bei der H a l o g e n b e s t i m m u n g im P e r l e n r o h r beschriebenen Weise durch. Die Stromgeschwindigkeit des Sauerstoffs reguliert man zu 4—5 ccm je Minute ein. Nach dem Erkalten des Rohres entfernt man Schiffchen und Kontakte und läßt zur Oxydation des an der Verengung des Rohres abgeschiedenen Jods bei schräg gehaltenem Rohr etwa 4 ccm Brom-Essigsäure-Lösung einfließen; durch die Verengung wird die Lösung an dieser Stelle zurückgehalten. Nach 10 Minuten spült man das Rohr und danach die Vorlage quantitativ in einen sauberen Erlenmeyerkolben über, in dem man vorher 2 g Natriumacetat in wenig Wasser v o l l s t ä n d i g gelöst hat. Zur Zerstörung des überschüssigen Broms läßt man einige Tropfen (bis zu 0,5 ccm) Ameisensäure an der Wandung zufüeßen, schüttelt kräftig um, damit auch das in der Gasphase befindliche Brom zur Absorption gelangt, und wartet einige Sekunden ab. Sobald Entfärbung der Lösung eingetreten ist, setzt man etwas verd. Schwefelsäure und 1,5 g Kaliumjodid zu, läßt nach dem Umschwenken 5 Minuten stehen und titriert danach das ausgeschiedene Jod aus einer in 0,02 ccm geteilten Mikrobürette mit n/10-Thiosulfatlösung, zunächst auf Gelbfärbung, dann nach Zusatz von Stärke auf Entfärbung. Fehlergrenze der Bestimmung: ^ 0,3%. 4. S c h w e f e l b e s t i m m u n g n a c h C a r i u s Die Schwefelbestimmung nach C a r i u s wird in derselben Weise ausgeführt wie die Halogenbestimmung; an die Stelle des Silbernitrats tritt hier entwässertes B a r i u m c h l o r i d . Zur Bestimmung sind erforderlich: Einschmelzrohre aus schwerschmelzbarem Glas; rote rauchende Salpetersäure (D. 1,5); festes Bariumchlorid; Porzellan-Sintertiegel mit Schutzschale (Berliner Manufaktur, Filter-Tiegel A 1, Höhe: 2,7 cm, Volumen: 6 ccm).

Beschickung des Einschmelzrohres: Zur Schwefelbestimmung wägt man in der bei der Halogenbestimmung beschriebenen Weise 20—30 mg Substanz in das Bombenrohr ein, fügt je nach der Einwaage 130—200 mg vorher entwässertes Bariumchlorid hinzu und läßt das mit 1—1,5 ccm roter rauchender Salpetersäure gefüllte Röhrchen vorsichtig in das schwach geneigte Bombenrohr gleiten, wobei man vermeide, daß die Substanz vorzeitig mit der Säure in Berührung kommt. Das Zuschmelzen, Erhitzen und Wiedereröffnen des Rohres erfolgt wie bei der Halogenbestimmung beschrieben. Entleeren des Rohres und Bestimmung des Bariumsulfats: Nachdem man das Rohr äußerlich gereinigt hat, bringt man den Rohrinhalt unter

III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen

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mehrfachem N a c h s p ü l e n mit destilliertem Wasser in ein kleines gewöhnliches Becherglas; hartnäckig an der Glaswand haftendes Bariumsulfat entfernt man mit dem G l a s s t a b , nicht mit einem Gummiwischer. Die letzten Anteile des Bariumsulfats werden durch abwechselndes Nachspülen mit wenig Alkohol und wenig Wasser in das Becherglas übergeführt. Vor der Filtration des Bariumsulfats reinigt man den P o r z e l l a n S i n t e r t i e g e l sorgfältig mit Bichromat-Schwefelsäure, spült mit destilliertem Wasser ab und saugt an der Wasserstrahlpumpe Wasser durch. Dann stellt man den mit einem sauberen Tuch abgewischten Tiegel in ein G l ü h s c h ä l c h e n aus Porzellan auf ein T o n d r e i e c k , trocknet den Tiegel zunächst durch Fächeln mit einer kleinen Bunsenflamme, heizt dann langsam an, und steigert die Temperatur allmählich bis zu dunkler Rotglut. Nachdem man 20 Minuten erhitzt hat, läßt man zunächst 5 Minuten an der Luft erkalten und bringt dann den Tiegel mit Glühschälchen in einen E x s i c c a t o r . Nach einstündigem Erkalten im Exsiccator bringt man den Tiegel (ohne Glühschälchen) zur Wägung. Nachdem man den Inhalt des Becherglases zum Sieden erhitzt hat, setzt man den gewogenen Tiegel in den F i l t r i e r v o r s t o ß einer Saugflasche ein und führt das Bariumsulfat direkt aus dem Becherglas in den Tiegel über, die letzten Anteile zweckmäßig wieder durch abwechselndes Nachspülen mit Alkohol und Wasser. Zum Schluß füllt man den Tiegel nochmals mit Wasser, saugt wieder ab und bereitet ihn dann in genau der gleichen Weise, wie oben beschrieben, zur Wägung vor. Fehlergrenze der Bestimmung: ^ 0,3%. 5. S c h w e f e l b e s t i m m u n g d u r c h V e r b r e n n u n g Die Schwefelbestimmung im Perlenrohr wird analog der argentometrischen Halogenbestimmung (s. S. 68) ausgeführt. Die Perlenfüllung wird mit 5—10-proz. Hydroperoxyd beschickt, das etwa auftretende niedere Oxydationsprodukte des Schwefels in Schwefelsäure überführt. Nach Beschickung des Rohres leitet man die Verbrennung der Substanz genau so, wie bei der Halogenbestimmung ausführlich beschrieben ist. Da die vollkommene Absorption von Schwefeltrioxyd eine lange Berührungsdauer mit der Absorptionsflüssigkeit erfordert, hat man in einem l a n g s a m e r e n Sauerstoffstrom (3—4 ccm je Minute) zu verbrennen und dementsprechend l a n g s a m e r mit dem beweglichen Bunsenbrenner vorzugehen. Die Verbrennung der Substanz soll etwa 1 S t u n d e erfordern. Nach Beendigung der Verbrennung spült man das Rohr, wie bei der Halogenbestimmung beschrieben, in ein kleines sauberes Becherglas über, und fügt unter Nachspülen auch den Inhalt des Reagenzglases hinzu. Dann gibt man das klar filtrierte Gemisch von 2—3,5 ccm

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Elementar-analytische Methoden

Bariumchloridlösung (1: 10) und 10 Tropfen verd. Salzsäure zu, bedeckt mit einem reinen Uhrglas und erhitzt zum Sieden, bis die Abscheidung des Bariumsulfats beendet ist. Nachdem man den Inhalt des Becherglases durch Einstellen in kaltes Wasser abgekühlt hat, führt man die Bestimmung wie bei der vorhergehenden Bestimmungsmethode zu Ende. 6. G l e i c h z e i t i g e B e s t i m m u n g v o n H a l o g e n u n d S c h w e f e l Hat man in einer Substanz g l e i c h z e i t i g Halogen und Schwefel zu bestimmen, so bestimmt man das H a l o g e n zunächst nach der C a r i u s - M e t h o d e . Das Filtrat vom Halogensilber-Niederschlag wird in einer sorgfältig gereinigten Saugflasche aufgefangen, in ein Jenaer Becherglas übergeführt, auf 120—150 cc. verdünnt und in der Siedehitze die S c h w e f e l s ä u r e mit 1-proz. absolut halogenfreier B a r i u m n i t r a t l ö s u n g gefällt. Zum Auswaschen des Niederschlags verwendet man destilliertes, nicht salzsäurehaltiges Wasser. 7. B e s t i m m u n g d e r ü b r i g e n E l e m e n t e Die meisten übrigen Elemente werden, nachdem die organische Substanz nach C a r i u s oxydiert ist, in der salpetersauren Lösung nach den Methoden der a n o r g a n i s c h e n A n a l y s e bestimmt. Alkali- und Erdalkalimetalle werden als S u l f a t e bestimmt. Hierzu wägt man die Substanz in einen Quarz- oder Platintiegel ein, gibt einige Tropfen konz. (bei explosiven oder zersetzlichen Substanzen 30-—50-proz.) Schwefelsäure hinzu, raucht vorsichtig ab, und glüht schließlich bei dunkler Rotglut. IV. Bestimmung organischer Gruppen 1. M a ß a n a l y t i s c h e B e s t i m m u n g d e r M e t h o x y l g r u p p e

1

Das Methyl der CH 3 0-Gruppe wird durch s i e d e n d e J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e in M e t h y l j o d i d übergeführt (Zeisel) und dieses durch B r o m in das entsprechende A l k y l b r o m i d und B r o m j o d zerlegt: CH3J + Br2 = CH3Br + BrJ;

letzteres wird durch überschüssiges Brom zu J o d s ä u r e oxydiert: BrJ + 2Br 2 + 3H 2 0 = HJOa + 5HBr.

Überschüssiges Brom wird durch A m e i s e n s ä u r e zu B r o m w a s s e r s t o f f reduziert und schließlich nach Zugabe von K a l i u m j o d i d das ausgeschiedene J o d mit T h i o s u l f a t titriert. Da hierbei 6 Ä q u i v a l e n t e J o d für 1 Alkoxyl in Freiheit gesetzt werden, läßt sich die Bestimmung auch bei kleinsten Substanzmengen mit großer Genauigkeit durchführen. 1

F. Vieböok und A. S c h w a p p a c h B. 63, 2818, 3207 (1930).

IV. Bestimmung organischer Gruppen

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Zur Bestimmung sind erforderlich: 5 ccm Jodwasserstoffsäure (D. 1,7; „zur Methoxylbestimmung"); 10-proz. Lösung von reinem Natriumacetat in 96-proz. Essigsäure; jodfreies Brom (am besten in einer Tropfflasche aufzubewahren); 80—100-proz. reine Ameisensäure; analysenreines Natriumacetat; Kaliumjodid und 0,1 ra-Natriumthiosulfatlösung.

Die Apparatur (Fig. 42) wird vom Laboratorium gestellt. Zusammenstellen und Beschicken der Apparatur: Zunächst beschickt man den W ä s c h e r (W) mit 3 ccm einer Aufschlämmung von etwa 150 mg rotem Phosphor in Wasser; der Phosphor muß gründlich mit Ammoniak gereinigt sein. Man achte darauf, daß keine Waschflüssigkeit in das Verbindungsrohr gelangt. In die A b s o r p t i o n s v o r l a g e (Fj) füllt man lOccm der 10-proz. Natriumacetat-Essigsäurelösung ein, fügt 10—12 Tropfen Brom zu und bringt nach gutem Durchmischen durch Neigen des Gefäßes etwa ein Drittel der Absorptionsflüssigkeit in das zweite Vorlagegefäß (V2). Die Vorlage wird mit Spiralfedern am Apparat befestigt. Dann stellt man einen Kippschen K o h l e n d i o x y d A p p a r a t bereit, verbindet ihn mit einer mit verd. Bleiacetatlösung gefüllten W a s c h f l a s c h e Fig. 42 und führt den zum Methoxylbestimmungs-Apparat gehenden Gummischlauch durch einen P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n . Zur Methoxylbestimmung wägt man in der bei der Halogenbestimmung nach C a r i u s (s. S. 65) beschriebenen Weise mit Hilfe des Wägeröhrchens 20—30 mg Substanz in das Z e r s e t z u n g s k ö l b c h e n (K) ein, fügt zur Lösung der Substanz einige Kriställchen Phenol und 0,5 ccm Essigsäureanhydrid (oder Eisessig) hinzu und gibt dann noch etwa 0,2 g trocknen roten Phosphor in den Zersetzungskolben. Ausführung der Bestimmung: Nach dem Einbringen der Substanz verbindet man das Gaseinleitungsrohr des Zersetzungskolbens mit dem Kippschen Apparat und gibt unmittelbar vor dem Anschließen an die Apparatur 5 ccm Jodwasserstoff säure (D. 1,7) in den Kolben. Zum Schutz gegen Wärmestrahlung schirmt man die Absorptionsvorlage durch eine A s b e s t p l a t t e ab und hält auch aus demselben Grunde das G l y c e r i n b a d , das zum Erhitzen der Jodwasserstoffsäure dient, möglichst klein (Becherglas). Nachdem man den Gasstrom mit dem Quetschhahn so einreguliert hat, daß stets nur e i n e Blase die Vorlage durchstreicht, heizt man das

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Elementar-analytische Methoden

Glycerinbad rasch an und hält es während der Bestimmung auf 140 bis 150°. Die vorübergehende Vergrößerung der Gasstromgeschwindigkeit wird nicht berücksichtigt; sobald die Jodwasserstoffsäure zum Sieden gekommen ist, stellt sich die ursprüngliche Gasgeschwindigkeit wieder ein. Nach einstündigem Erhitzen ist alles Methyljodid sicher in die Vorlage übergetrieben; man entfernt dann zunächst die Absorptionsvorlage und danach die Zuleitung des Kippschen Apparates zum Zersetzungskolben. Mit der Jodwasserstoffsäure im Zersetzungskolben lassen sich ohne weiteres noch drei Bestimmungen ausführen. Bei der Zerlegung von Ä t h o x y l v e r b i n d u n g e n erhitzt man zunächst unter E i n s c h a l t u n g des kleinen Kühlers eine halbe Stunde lang a m R ü c k f l u ß , stellt dann den Kühler ab, wobei man auch das Wasser abfließen läßt, und hält nun noch eine Stunde lang den Kolbeninhalt im Sieden.

Nach dem Abnehmen der Vorlage gibt man einige ccm Wasser in das Einleitungsrohr und entfernt den Inhalt unter mehrfachem Nachspülen in einen 250 ccm fassenden E r l e n m e y e r k o l b e n , in dem man vorher 1,5 g reines Natriumacetat in wenig Wasser vollkommen aufgelöst hat. Nach mehrfachem Ausspülen der Vorlage erhält man etwa 100—150 ccm Flüssigkeit. Nun läßt man an der Gefäßwand 5—10 Tropfen reiner Ameisensäure einlaufen und schwenkt um. Bei richtiger Ausführung ist die Bromfarbe bereits nach wenigen Sekunden verschwunden; durch kräftiges Schütteln bringt man auch das im Gasraum befindliche Brom zur Absorption. Verschwindet die Bromfarbe nach einigen Minuten nicht, so hat es an Natriumacetat gemangelt. Zur entfärbten Lösung setzt man etwas verdünnte Schwefelsäure und etwa 1 g Kaliumjodid zu, läßt 5 Minuten zugedeckt stehen und titriert dann das ausgeschiedene Jod aus einer in 0,02 ccm geteilten Mikrobürette mit 0,1 n-Thiosulfatlösung zunächst auf Gelbfärbung, dann nach Zusatz von Stärkelösung auf Entfärbung. 1 ccm 0,1 n-Thiosulfatlösung entspricht 0,51706 mg OCH3 bzw. 0,75067 mg OC2H5. Die Methode ist auch für s c h w e f e l h a l t i g e Substanzen ohne weiteres anwendbar; für l e i c h t f l ü c h t i g e Substanzen muß sie abgeändert werden.

Fehlergrenze der Bestimmung: ^ 0,5% des Gesamtalkoxyls. 2. B e s t i m m u n g d e r A c e t y l - u n d B e n z o y l g r u p p e 1 Die Substanz wird durch Kochen mit 50-proz. S c h w e f e l s ä u r e unter Rückfluß verseift und die gebildete E s s i g s ä u r e bzw. B e n z o e s ä u r e nach dem Abdestillieren (im Wasserdampfstrom) mit N a t r o n l a u g e gegen Phenolphthalein titriert. Die A p p a r a t u r (Fig. 43) wird vom Laboratorium gestellt. Zur Bestimmung sind erforderlich: 50-proz. Schwefelsäure; 0,033 n-Natronlauge. 1

R. K u h n und H. R o t h , B. 66, 1274 (1933).

IV. Bestimmung organischer Gruppen

77

Ausführung der Bestimmung: Der B l a s e n z ä h l e r wird mit etwas schaumfreier 50-proz. Kalilauge, das U - R o h r und das darauffolgende T r o c k e n r o h r mit Chlorcalcium gefüllt. Zur Acetyl- bzw. Benzoylbestimmung wägt man mit Hilfe des üblichen Einwägeröhrchens mit langem Stiel (s. S. 65) 20—30 mg Substanz in den Z e r s e t z u n g s k o l b e n ein. Nachdem man den K ü h l e r in R ü c k f l u ß s t e l l u n g aufgesetzt hat, wobei der Schliff G durch einen Tropfen Wasser gedichtet wird, stellt man mit Hilfe des P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n e s den die Apparatur passierenden Luftstrom auf 30 Blasen je Minute ein und dichtet den Zuführungsschliff A mit etwas zerflossenem Phosphorpentoxyd. Durch den Trichter des ebenso gedichteten Schliffrohres B gibt man nun 2—3 ccm der 50-proz. Schwefelsäure in den Reaktionskolben, setzt den Glasstab 8 ein und beschickt den Trichter mit 1 ccm Wasser. Darauf erhitzt man den Inhalt des Reaktionskolbens u n t e r R ü c k f l u ß zu mäßigem Sieden. Die Verseifung von O - A c e t y l v e r b i n d u n g e n ist in den Fig. 43 meisten Fällen nach 60 Minuten beendet. Bei N - A c e t y l - und N - B e n z o y l v e r b i n d u n g e n sind bis zu 3 Stunden zur vollständigen Verseifung erforderlich. Man kann die Verseifung auch über Nacht mit etwas konz. H 2 S 0 4 vor sich gehen lassen. Nach Beendigung der Verseifung wird der Kühler sorgfältig mit 10—12 ccm Wasser ausgespült; dann destilliert man durch den a b s t e i g e n d e n K ü h l e r bis auf 5 ccm in ein Erlenmeyerkölbchen aus Q u a r z ab, wenn nötig, nach Einbringen einiger Siedecapillaren. Nach Zugabe von je 7 ccm Wasser wird dreimal nachdestilliert. Das Destillat (etwa 20 ccm) wird mit etwas Bariumchlorid auf Abwesenheit von Schwefelsäure geprüft, 7—8 Sekunden zum Sieden erhitzt und sofort aus einer in 0,02 ccm geteilten Mikrobürette mit njZQ-NaOH1 und Phenolphthalein auf eben beginnende, mehrere Sekunden bestehenbleibende R o s a f ä r b u n g titriert. Zur zweiten Titration werden 2—3mal je 7 ccm abdestilliert, für die dritte und folgende Titration nur noch etwa 7 ccm. 1 Der Faktor der Lauge ist mit Oxalsäure bei annähernd gleicher Verdünnung zu bestimmen.

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Elementar-analytische Methoden

Beispiel für den Destillationsverlauf: 1. Titration (etwa 20 ccm Destillat) 5,885 com 2. Titration 2 x 7 ccm Destillat . . 0,680 ccm 3. Titration 2 x 7 ccm Destillat . . 0,040 ccm 4. Titration 1 x 7 ccm Destillat . . 0,040 ccm Bei der letzten Titration sollen nicht mehr als 0,05 ccm n/30-NaC)H verbraucht werden.

1 ccm n/30-Natronlauge entspricht 1,434 mg —COCH3 bzw. 3,5033 mg

-coc 6 H 5 .

Fehlergrenze der Bestimmung: -f- 0,5%. In der vorstehend beschriebenen Apparatur lassen sich auch C - s t ä n d i g e Met h y l g r u p p e n d u r c h O x y d a t i o n m i t C h r o m s ä u r e nach der Methode von R. K u h n und L ' O r s a 1 bestimmen.

3. B e s t i m m u n g v o n a k t i v e m W a s s e r s t o f f nach Tschugaeff-Zerewitinoff2 Aus 20 ccm über Natrium destillierten AnisoW' (Amyläthers1, Xylols), 7 g Methyljodid und 2 g Magnesium bereitet man sich in einem schräggestellten F r a k t i o n i e r k o l b e n , dessen Ansatzrohr mit einem kleinen K ü h l e r (der hier als Rückflußkühler wirkt) versehen ist, unter Zusatz von einigen Körnchen Jod eine Grignardlösung. Tritt die Reaktion nicht von selbst ein, so leitet man sie durch kurzes Erwärmen auf 50° ein und beendet sie schließlich durch einstündiges Erhitzen auf dem Wasserbad. Dann dreht man den Fraktionierkolben in die Normallage und erhitzt nochmals eine halbe Stunde am Wasserbad unter Durchleiten von reinem, trockenem Stickstoff, wobei die letzten Reste Jodmethyl abdestillieren. Die so erhaltene Grignardlösung wird vom unverbrauchten Magnesium abgegossen oder besser durch eine getrocknete G l a s f r i t t e n n u t s c h e abgesaugt; sie läßt sich in gut verschlossener Flasche aufbewahren. Für jede Bestimmung verwendet man etwa 5 ccm davon. Die A p p a r a t u r zur Bestimmung des aktiven H ist in Fig. 44 wiedergegeben. Das L u n g e s c h e N i t r o m e t e r a, dessen N i v e a u g e f ä ß auf der Zeichnung fehlt, wird mit gesättigter Kochsalzlösung gefüllt. Der Übertritt von Wasserdampf in das Reaktionsgefäß wird durch ein zwischengeschaltetes kurzes C a l c i u m c h l o r i d - R o h r verhindert. Zur Bestimmung wägt man mit Hilfe eines Wägeröhrchens in den längeren Schenkel c des gut getrockneten R e a k t i o n s g e f ä ß e s je nach Molekulargewicht und Hydroxylgehalt der Substanz etwa 0,1—0,2 g genau ein 5 , übergießt mit Anisol bzw. Amyläther und bringt durch 1

Ang. Ch. 44, 847 (1931); B. 66, 1274 (1933). B. 40, 2023 (1907). Darstellung siehe S. 212. 4 Darstellung siehe S. 109. 6 Von den im Praktikum dargestellten Verbindungen sind Triphenylcarbinol, ß-Naphthol, Hydrochinon, Benzoesäure verwendbar. 2

3

IV. Bestimmung organischer Gruppen

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vorsichtiges Schütteln zur Lösung. Dann füllt man in den anderen Schenkel d mit Hilfe einer Meßpipette 5 ccm Grignardlösung ein, verdrängt die Luft durch trockenen Stickstoff (unerläßlich!) und verbindet das Reaktionsgefäß mit Hilfe eines sauberen, dicht schließenden Gummistopfens und -schlauches mit dem C a l c i u m c h l o r i d - R o h r des N i t r o m e t e r s , dessen Hahn man herausgenommen hat. Man taucht nun das Reaktionsgefäß in ein Becherglas mit Wasser von Zimmertemperatur, wartet 5 Minuten, bis die Temperatur sich ausgeglichen hat, setzt den

Fig. 44 Hahn ein und füllt das Nitrometer durch Heben des Niveaugefäßea mit der Kochsalzlösung. Dann dreht man den Hahn um 90°, stellt das Niveaugefäß tief und verbindet durch weiteres Drehen um 90° das Reaktionsgefäß mit der B ü r e t t e . Jetzt nimmt man das Reaktionsgefäß aus dem Wasserbad, läßt die Lösung der Substanz zur Grignardlösung fließen, spült ein paarmal hin und her und schüttelt solange, bis der Meniskus in der Bürette nicht weiter sinkt, die Entwicklung von Methan also beendet ist. Das Reaktionsgefäß wird in das Wasserbad zurückgebracht; man wartet 10 Minuten, bis es wieder die Temperatur wie vor Beginn des Versuches angenommen hat (Kontrolle mit Thermometer) und liest in der üblichen Weise die Menge des gebildeten Methans ab. Gleichzeitig bestimmt man den B a r o m e t e r s t a n d und mit Hilfe eines an der Bürette hängenden Thermometers die T e m p e r a t u r des Gases. Das Volumen wird auf 0° und 760 mm reduziert. Berechnung: Nach der Gleichung RH n + nCH3 • M g J - R • (MgJ) n + nCH4

entbindet ein Gramm - Mol der Substanz n X 22,4 Liter Methan, wobei n die Anzahl der aktiven H - Atome angibt, a g Substanz = entbinden — — — ~

ccm

Mole

CH 4 . Dem für ein aktives H-Atom (n = 1)

80

Elementar-analytische Methoden

berechneten Volumen (V ber ) muß das abgelesene und reduzierte Volumen (V gef ) gleich sein, oder wenn mehrere aktive H-Atome vorhanden sind, so muß Vgef ein einfaches Vielfaches von V ber . sein. Man drückt das Ergebnis zweckmäßig durch die Anzahl aktiver H-Atome gemäß dem Verhältnis V g e f . / V b e r . aus. Die Fehlerbreite beträgt 5—10%. 4. M o l e k u l a r g e w i c h t s b e s t i m m u n g Wir führen die einzelnen Methoden hier nicht an, da sie in der Regel im physikalischen und physikal.-chem. Praktikum erlernt werden. Das k r y o s k o p i s c h e V e r f a h r e n ist dem ebullioskopischen bei weitem vorzuziehen. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind B e n z o l und E i s e s s i g , der beste Apparat ist der geschlossene von B e c k m a n n mit elektromagnetischer Rührung. Ein sehr elegantes und einfaches Verfahren, nach dem man im Schmelzpunktröhrchen das Molekulargewicht organischer Substanzen bestimmen kann, ist von K. R a s t 1 angegeben worden. C a m p h e r hat eine sehr hohe G e f r i e r p u n k t s k o n s t a n t e , sein Schmelzpunkt wird durch in ihm gelöste Stoffe stark heruntergedrückt, rund 8-mal stärker als der von Benzol. E Benzol = 5,1» campher = 40. Das heißt, eine g-molare Lösung in Campher schmilzt um 40 Grade tiefer als das Lösungsmittel, nämlich der Campher selbst. Man erhält demgemäß schon für Campherschmelzen von verhältnismäßig geringer Konzentration so große Depressionen, daß die Empfindlichkeit eines gewöhnlichen Thermometers, das auf 1 / 1 Grad abgelesen wird, für die Bestimmung vollständig ausreicht 2 . Die Schmelzpunktröhrchen stellt man sich, wie auf S. 39 angegeben, aus einem sauberen Reagenzglas her; die lichte Weite soll 4—5 mm betragen, die Länge ungefähr 5 cm; gegen den Boden hin, der möglichst dünnwandig und gleichmäßig verschmolzen wird, sollen sie sich nur wenig verjüngen, was man durch seitliches Wegziehen des erweichten Glases erreicht. Zum Einbringen der Substanz und des Camphers dient ein oben trichterförmig erweitertes Röhrchen. Man tariert das Schmelzröhrchen in einem Korkfuß auf der gewöhnlichen Analysenwaage, füllt etwa 10 mg Substanz unter Benutzung eines in das Trichterrohr passenden Glasstäbchens ein, wägt auf 0,1 mg genau, bringt hierauf 100—125 mg Campher in derselben Weise in das Röhrchen und wägt wieder. Nach Herausnahme des Trichters wird das Röhrchen an der Sparflamme zugeschmolzen, wobei man einen nicht zu dünnen Faden auszieht. Dann wird der Inhalt in einem auf 180° erwärmten Bad von konz. 1 B. 55, 1051, 3727 (1922). A b d e r h a l d e n , Arbeitsmethoden. Abt. III, TeilA, S. 754. 2 Im Gegensatz zu der Arbeitsweise nach R a s t werden bei der nachstehend beschriebenen, von W. M ü n s t e r ausgearbeiteten Methode nicht die Schmelzpunkte, sondern die E r s t a r r u n g s p u n k t e bestimmt.

Zur Verhütung von Unfällen

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Schwefelsäure zur h o m o g e n e n S c h m e l z e gebracht. Nach dem Abkühlen befestigt man das Röhrchen mit seinem Glasfaden durch einen Gummiring am Thermometer, erhitzt in einem Schmelzpunktskolben (Fig. 30) bis zur klaren Schmelze, läßt abkühlen und findet so den u n g e f ä h r e n Erstarrungspunkt. Um ihn genau festzulegen, erwärmt man erneut, diesmal sehr vorsichtig mit der M i k r o f l a m m e , deren Spitze sich etwa 4 cm unter dem Kolben befindet, so lange, bis der Inhalt des Röhrchens bis auf einige ganz kleine, am Boden haftende Kristalle klar geschmolzen ist. Die jetzt beobachtete Temperatur liegt gewöhnlich 2° über dem früheren Erstarrungspunkt. Durch Kleinerstellen der Mikroflamme wird jetzt die Abkühlung so reguliert, daß die Temperatur in der Minute etwa um 1° sinkt. Dabei sieht man mit der L u p e sehr deutlich, wie die übriggebliebenen Kristalle zu wachsen beginnen. In diesem Augenblick liest man die Temperatur ab. Zur Kontrolle kann man die Operation wiederholen und wird bei sorgfältigem Arbeiten fast den gleichen Erstarrungspunkt wiederfinden. Es ist vorteilhaft, die Flamme mit einem W ä r m e s c h u t z , einem Zylinder von 8 cm Durchmesser aus Glas oder auch aus Papier, der bis zum Schmelzpunktskolben reichen soll, zu umgeben. Auf dieselbe Weise, wie oben beschrieben, hat man zuvor den E r s t a r r u n g s p u n k t d e s C a m p h e r s , der zur Bestimmung dient, festgestellt. Man verwende ein ganz reines Präparat. Die Differenz gegenüber der Erstarrungstemperatur des Camphers (177°) ist zJ und das Molekulargewicht M =

40

°

(o = Substanz-

menge, b = Gewicht des Camphers). Die Fehlergrenze gegenüber dem wahren Molekulargewichtswert beträgt ± 5 % . Verbindungen, die in Campher schwer löslich sind, die sich bei der Schmelztemperatur zersetzen oder die mit Campher reagieren, sind natürlich nach dieser Methode nicht bestimmbar. In solchen Fällen benutzt man als „Lösungsmittel" den bei 49° schmelzenden Kohlenwasserstoff C a m p h e n 1 .

C. O r g a n i s c h - präparativer Teil Zur Verhütung von Unfällen W e r u n v o r s i c h t i g u n d g e d a n k e n l o s zu W e r k e g e h t , k a n n beim p r ä p a r a t i v e n A r b e i t e n leicht Schaden nehmen. Aber auch der Bedächtige ist nicht gegen jede Gefahr gesichert. D i e s c h w e r e n U n f ä l l e , d i e s i c h in c h e m i s c h e n L a b o r a t o r i e n leider immer und immer wieder ereignen, verlangen, daß 1

P i r s c h , B. 65, 862, 865 (1932). 6

G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.

38. AnB.

82

Organisch-präparativer Teil

sich ein j e d e r aus der L a b o r a t o r i u m s g e m e i n s c h a f t s e i n e r P f l i c h t gegen seine K o m m i l i t o n e n voll und e r n s t bewußt ist. D e r w i c h t i g s t e S c h u t z g i l t den Augen. Eine solide S c h u t z b r i l l e mit starken Gläsern m u ß getragen werden bei allen Arbeiten u n t e r V a k u u m und D r u c k , also bei Ausführung einer Vakuumdestillation, beim erstmaligen Evakuieren eines neuen Exsiccators, beim Umgehen mit Einschmelzröhren, Druckflaschen, Autoklaven. Ferner bei Ausführung von A l k a l i - s c h m e l z e n und von allen Operationen, bei denen ä t z e n d e oder f e u e r g e f ä h r l i c h e S t o f f e verspritzt werden können. So vor allem beim Arbeiten mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m und K a l i u m . Das Arbeiten mit Natriummetall hat schon manchen schweren Unfall im Laboratorium verursacht. Man verfahre deshalb immer, wenn man Natrium zu handhaben hat, mit aller Sorgfalt, werfe keine Abfälle in die Ausgüsse oder Abfalleimer, lasse sie auch nicht offen hegen, sondern bringe sie sofort wieder in die Vorratsflasche oder v e r n i c h t e sie m i t der 15—20fachen Menge A l k o h o l . Man vermeide, eine Reaktion mit metallischem Natrium oder Kalium auf dem siedenden Wasser- oder Dampfbad auszuführen, sondern bediene sich stets eines S a n d - oder Ö l b a d e s , auch beim Abdestillieren getrockneten Äthers von Natriumdraht. Beim Arbeiten mit Natrium und Kalium sei man mit doppelter Peinlichkeit um die V o l l k o m m e n h e i t der A p p a r a t u r besorgt und halte sich die Folgen vor Augen, die ein undichter Kühlermantel oder der Bruch des Kolbens unter Umständen haben können. Stets Schutzbrille aufsetzen! Man arbeite nie ohne S c h u t z b r i l l e mit e x p l o s i v e n S u b s t a n z e n und prüfe u n b e k a n n t e S t o f f e stets zuerst mit kleinen Mengen auf dem Metallspatel auf ihr V e r h a l t e n in der F l a m m e . Das Präparat selbst muß dabei vorher zur Seite gestellt werden. Um das Auge auch gegen die Wirkung u n v o r h e r z u s e h e n d e r E x p l o s i o n e n , die sich nie mit aller Bestimmtheit ausschließen lassen, zu schützen, sollte jeder im Laboratorium Beschäftigte stets eine einf a c h e B r i l l e tragen, unbeschadet des Gebrauchs der S c h u t z b r i l l e in den angegebenen Fällen. Beim Arbeiten mit Ä t h e r und andern f l ü c h t i g e n , l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n F l ü s s i g k e i t e n ist stets darauf zu achten, daß k e i n e F l a m m e in der N ä h e b r e n n t . Kommt es zu einem B r a n d , so ist zu allererst a l l e s E n t z ü n d b a r e s o f o r t zu e n t f e r n e n . Man lösche dann mit feuchten T ü c h e r n , durch A u f g i e ß e n von T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f , n i c h t aber mit Wasser. Das beste Löschmittel ist eine kleine handliche C 0 2 - B o m b e , die in jedem Arbeitssaal vorhanden sein sollte. Bei größerer Ausdehnung des Brandes ersticke man das Feuer durch Aufschütten von S a n d ; eine g r o ß e K o h l e n s ä u r e f l a s c h e ist auch hier meist vorzuziehen.

Die erste Auarüstung

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Bei Verletzungen mit Säuren oder kaustischen Alkalien wasche man zuerst gründlich mit Wasser, dann mit Bicarbonatlösung bzw. verdünnter Essigsäure. Bei leichten Verbrennungen bespüle man die verbrannte Stelle mit Alkohol und bedecke sie dann mit Leinöl oder sog. Brandsalbe. Verbandwatte, Binden, P f l a s t e r müssen stets bereit sein. Bei schweren Unfällen ist sofort der nächstwohnende Arzt in Anspruch zu nehmen. Wenn man eine ätzende oder in andrer Weise reizende organische S u b s t a n z auf die Haut gebracht hat, so ist da« Waschen mit Wasser meist wirkungslos. Man entferne sie mit einem geeigneten Lösungsmittel, wie Alkohol oder Benzol, von dem man sofort eine reichliche Menge zum Abspülen verwendet. Man muß berücksichtigen, daß das organische Lösungsmittel an sich das Eindringen des schädlichen Stoffes in die Haut fördert, und muß deshalb die Bildung konzentrierter Lösungen auf ihr vermeiden. Besondere Vorsicht ist beim Arbeiten mit nachstehenden viel benutzten Stoffen geboten: B l a u s ä u r e , Phosgen, D i m e t h y l s u l f a t , D i a z o m e t h a n , einfachen Säurechloriden, Chlor, Brom, Stickoxyd und S t i c k s t o f f d i o x y d , K o h l e n o x y d , Natrium und Kalium. Braucht man sie in größerem Maßstab, so sollten die Operationen damit in einem besonderen Raum ausgeführt werden; im übrigen stets unter einem guten Abzug. Unverdünnte Halogenverbindungen der Fettreihe, wie Äthylbromid, Chloroform, Bromoform und ähnliche dürfen nicht mit metallischem Natrium oder K a l i u m in Berührung gebracht, z. B. getrocknet werden, da bei Stoß sehr heftige Explosionen erfolgen können (Staudinger). Die erste Ausrüstung I. Geräte Bechergläser, je 1 zu 100, 500, 1000 ccm. Bürette 1 . Calciumchloridröhren, gerade, 3 Stück. Destillierkolben gewöhnliche und nach Ciaisen, je 1 zu 25, 50, 100 ccm. Erlenmeyerkolben, je 2 zu 25, 50, 100, 250, 500 ccm. Etiketten. Feilen, je eine runde und dreikantige. F i l t r i e r s t u t z e n , je 1 zu 500 und 1000 ccm. 1 Der Praktikant muß in der Lage sein, die gebräuchlichsten maßanalytischen Bestimmungen jederzeit sofort ausführen zu können. Die B e r e i t s c h a f t zur T i t r a t i o n steht im organischen Laboratorium gewöhnlich nicht auf der dringend zu wünsohenden Höhe.



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Organisch-präparativer Teil

F i l t r i e r p l a t t e n aus Porzellan zu 1, 3, 5 cm. F i l t r i e r p a p i e r , einige Bogen. G l a s r ö h r e n , gerade und gebogene. G l a s r ö h r e n , ausgezogen als Pipetten (Tropfrohr, S. 12). G l a s k n ö p f e zum Absaugen, 2 Stück. G l a s s t ä b e , 20 von versch. Dicke und Länge, an beiden Enden rund geschmolzen, aber nicht an den Enden verdickt. G u m m i s c h l ä u c h e und G u m m i s t o p f e n . Handtuch. H a n d w a a g e (Tragkraft 50—100 g. Schneiden mit Vaseline gegen Rost schützen!) G e w i c h t s s a t z dazu 0,02—50 g. K a r t o n s zum Wägen (Kartenblätter). Korkbohrer. K o r k e verschiedener Größen. K r i s t a l l i s i e r s c h a l e n aus Glas je 1 zu 3, 5, 7 cm. K u p f e r d r a h t für Halogenprobe. K ü h l e r nach L i e b i g etwa 60 cm lang; desgl ein kurzer von 10—12 cm Länge. D i m r o t h - oder Schlangen-Kühler. M e ß z y l i n d e r 10, 20, 50, 100 ccm. Metallspatel. N u t s c h e n , zylindrisch und konisch. O b j e k t t r ä g e r 3 Stück. P i p e t t e n zu 5, 10, 20 ccm. Pinzette. P r ä p a r a t e n r ö h r e n verschiedener Größen. P o r z e l l a n s c h a l e n 15, 20, 25 cm Durchmesser. P o r z e l l a n s p a t e l 3 Stück. Reibschale. R u n d k o l b e n , je 2 zu 50, 100, 250, 500 ccm. R e a g e n z g l ä s e r , mindestens 50 Stück normaler Größe, 20 kleine. D a v o n die H ä l f t e s t e t s s a u b e r und t r o c k e n . Reagenzglasklammer. R e a g e n z p a p i e r und zwar Lackmus, blau und rot, Kongo, Phenolphtalein, Universal-Indicator. Kaliumjodid-Stärke-Papier. S a u g f l a s c h e n 100, 500, 1000 ccm. S i e d e s t e i n c h e n , Tonstückchen von etwa 3 mm Durchmesser. S a u g r ö h r e n , je 3 lange und kurze. S c h e i d e t r i c h t e r 250, 500, 1000 ccm. Schere. S c h l i f f g a r n i t u r , bestehend aus Rundkolben (kurzhalsig), Liebigkühler, Kniestück, Vorstoß, Rückflußkühler, Anschützaufsatz, Rührverschluß 1 . S c h m e l z p u n k t r ö h r c h e n , dünne (selbst zu machen). 1 Schliffapparaturen für Vakuum- und Hochvakuumdestillation sollen nach Möglichkeit vom Assistenten ausgeliehen werden.

Die erste Ausrüstung

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T r i c h t e r , 2 Stück kleinste, dann je 1 mittlerer Größe bis zu 12 cm. T r o p f r o h r e , mindestens 6 Stück; dazu ein weiteres auf 1 / ] 0 ccm geeichtes von 2 ccm Inhalt. T r o p f t r i c h t e r zu 25ccmmitkurzemRohr,zul00ccmmitlangemRohr. T h e r m o m e t e r , geprüft, für Schmelzpunktsbestimmung, 2 weitere, davon 1 kurzes, für den Gebrauch. U h r g l ä s e r , hauptsächlich kleine. V a k u u m e x s i c c a t o r e n , 2 große (16 und 18 cm Durchmesser). W a s c h f l a s c h e n 2 Stück. — Zange. II. L ö s u n g s m i t t e l A c e t o n , x/2 Liter. Ä t h e r , a b s o l u t über Natrium 1 , y 2 Liter. Ä t h e r , g e w ö h n l i c h , 1 Liter. A l k o h o l , 96%, 1 Liter. A l k o h o l , a b s o l u t , V2 Liter. B e n z o l , y 2 Liter (über Natriumdraht). Chloroform, y 2 Liter. E i s e s s i g , y 2 Liter. E s s i g e s t e r , y 2 Liter. M e t h y l a l k o h o l , l / 2 Liter. P e t r o l ä t h e r , tiefsiedend, 1/2 Liter (über Natriumdraht). P e t r o l ä t h e r , hochsiedend, 1 / 2 Liter (über Natriumdraht). III. R e a g e n z i e n , T r o c k e n m i t t e l Ä t z k a l i , techn. und rein. C a l c i u m c h l o r i d , gran. Entfärbungskohle. G l y c e r i n (Flasche mit Korkstopfen und Glasstab). Natriummetall. 1 Um a b s o l u t e n Ä t h e r darzustellen, trocknet man 1—2 Liter käuflichen Äther über etwa 10% seines Gewichts an Calciumchlorid 1—2 Wochen lang vor, filtriert dann rasch durch ein Faltenfilter in eine trockene Flasche, in die man Natriumdraht hineinpreßt. Solange sich Wasserstoff entwickelt, setzt man einen Kork mit CaCl2-Rohr auf, das — um die Verdunstung einzuschränken •— ein kurzes capillar ausgezogenes Glasrohr trägt. Der absolute Äther ist für die meisten Zwecke direkt zu verwenden. Am besten wird Äther im Dunkeln aufbewahrt. Beim Abdampfen größerer Mengen ungereinigten Äthers, der längere Zeit mit Luft in Berührung war, hat man mit der Möglichkeit zu rechnen, daß zum Schluß heftige Explosionen erfolgen, die auf einen Gehalt diesesÄthers an P e r o x y d e n zurückzuführen sind. Solcher Äther r i e c h t s t e c h e n d und macht aus angesäuerter KJ-Lösung Jod frei. Z u r Z e r s t ö r u n g d e r P e r o x y d e schüttelt man mit einer Mischung von Bisulfit und konzentrierterFerrosulfatlösung einige Stunden auf der Maschine, trennt im Scheidetrichter und entsäuert mit wenig starker Lauge (E. Sakellarios). Dann wird 1—2 mal mit wenig Wasser gewaschen und über Calciumchlorid getrocknet. Eine rasche und sehr wirksame Entfernung von Peroxyden und Feuchtigkeit aus Äthern und Kohlenwasserstoffen gelingt auch durch Filtration durch eine Schicht von aktivem Aluminiumoxyd. (G. W o h l l e b e n , Angew. Chem. 67, 741 (1955); Mitt. M. W o e l m , Eschwege).

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Di© Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen

N a t r o n l a u g e e t w a 14 n ( = 4 0 % ) . N a t r i u m s u l f a t wasserfrei. Normallösungen:

HCl,

NaOH, ~

Jodlösung,

Thiosulfat.

S i l b e r n i t r a t l ö s u n g 5-proz. Tagebuch1. Literaturheft.

IV. J o u r n a l e

I. D i e Substitution v o n Hydroxyl u n d W a s s e r s t o f f d u r c h H a l o g e n ; Alkohole, Olefine 1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Zu 200 g (110 ccm) konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Rundkolben von etwa 1 Liter Inhalt befindet, läßt man unter f o r t w ä h r e n d e m U m s c h ü t t e l n , ohne zu kühlen, schnell 110 ccm (90 g) Alkohol (95-proz.) (1,9 Mol) hinzufließen, kühlt dann die warme Mischung auf Z i m m e r t e m p e r a t u r ab, fügt unter dauernder Kühlung 75 g Eiswasser vorsichtig hinzu und versetzt schließlich mit 100 g fein pulverisiertem Kaliumbromid (0,8 Mol). Man unterwirft dann das Reaktionsgemisch unter Anwendung eines Asbestdrahtnetzes einer nicht zu langsamen Destillation. Da das Äthylbromid einen niedrigen Siedepunkt besitzt, so wende man hierbei einen möglichst langen Kühler mit Vorstoß (Fig. 45) oder auch einen Schlangenkühler an und lasse einen recht lebhaften Wasserstrom durch ihn laufen. Die Vorlage beschickt man vor Beginn der Destillation mit Wasser und Eisstückchen, so hoch, daß das Ende des Vorstoßes in das Wasser eintaucht. Die Reaktion ist beendet, sobald keine in Wasser untersinkenden ö l t r o p f e n mehr übergehen. Sollte bei der Destillation ein Zurücksteigen des Destillates in den Kühler eintreten, so hilft man diesem Übelstande dadurch ab, daß man die Vorlage so tief stellt, daß das Ende des Vorstoßes nur ein wenig in die Flüssigkeit eintaucht, was auch durch seitliches Drehen des Vorstoßes erreicht werden kann. Zum Schluß bringt man den Inhalt der Vorlage in einen geeigneten Scheidetrichter, läßt das Äthylbromid, die u n t e r e S c h i c h t , in einen Erlenmeyer (250 ccm) ab, und löst dann den bei der Reaktion mitentstandenen Äthyläther mit konz. Schwefelsäure aus dem Äthylbromid heraus. Da hierbei Wärme frei wird, die ein Verdampfen der Substanz zur Folge hätte, so kühlt man in einem K ä l t e g e m i s c h und gibt die Schwefelsäure aus einem Tropfrohr unter Um1 Der Praktikant soll sich von Anfang an daran gewöhnen, ein T a g e b u c h zu führen, in das alle Ansätze von Versuchen und alle Beobachtungen eingetragen werden. Man verlasse sich beim w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t e n nie auf sein Qedächtnis.

Äthylbromid aus Äthylalkohol

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schütteln t r o p f e n w e i s e zu, solange, bis sie sich als untere Schicht abscheidet. Jetzt trennt man wieder in einem kleineren Scheidetrichter und destilliert schließlich das durch die Schwefelsäure getrocknete Äthylbromid in eine mit K ä l t e m i s c h u n g gekühlte Vorlage ab. Der Fraktionierkolben taucht in eine mit Wasser gefüllte Porzellankasserolle oder -schale, die mit einem kleinen Brenner geheizt wird. Zwischen 35—40° geht das Äthylbromid über und zwar der Hauptanteil bei 38—39°. Wegen des niedrigen Siedepunktes muß man bei der Darstellung

offenen Gefäß befindet. Ferner soll das fertige Präparat, vor allem bei Sommertemperatur, bis zur weiteren Verarbeitung (vgl. Äthylbenzol) n i c h t in einem dünnwandigen Kolben, sondern in einer d i c k w a n d i g e n P r ä p a r a t e n f l a s c h e aufbewahrt werden. Ausbeute: 70—80g. Nach Beendigung des Versuches berechne man hier, wie bei allen noch folgenden Präparaten, wieviel P r o z e n t der t h e o r e t i s c h e n A u s b e u t e man erhalten hat, wobei folgendes zu beachten ist. Nach der chemischen Gleichung sollte man auf ein Mol Kaliumbromid (119) ein Mol Alkohol (46) anwenden. In Wirklichkeit wendet man jedoch meistens bei organischen Reaktionen, die nicht quantitativ verlaufen, auf Grund des M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z e s die eine der Komponenten im Überschuß an, wobei häufig ökonomische Erwägungen maßgebend sind. So kostet z. B . 1 kg Kaliumbromid etwa 4 DM, 1 kg Alkohol ungefähr 1,50 DM 1 . Der Preis einer Molekel K B r (119 X 4) verhält sich demnach zu dem einer Alkoholmolekel (46 X 1,50) annähernd wie 7 : 1 . Vom ökonomischen Standpunkte aus ist es also geraten, den b i l l i g e r e n Alkohol im Ü b e r s c h u ß anzuwenden, damit möglichst viel der teureren Bromverbindung in Äthylbromid verwandelt wird. Dieser Erwägung sind auch die oben angewandten Mengenverhältnisse angepaßt. Auf 100 g K B r berechnen sich theoretisch 39 g Alkohol, 1

Für den technischen Gebrauch ist der Alkohol viel billiger.

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Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen

während in Wirklichkeit 86 g (90 g von 95%) verwendet sind, d. h. mehr als das Doppelte der Theorie. Bei der Berechnung der theoretisch möglichen Ausbeute muß demnach hier die Menge des angewandten Kaliumbromids zugrunde gelegt werden. Wollte man einen Alkohol, der wertvoller als K B r ist, in sein Bromid verwandeln, so wäre natürlich dieses im Überschuß zu verwenden. Das Präparat wird verwendet für Ä t h y l m a l o n e s t e r (S. 221). M e t h y l b r o m i d : Die präparative Darstellung dieses einfachsten Alkylbromids erfolgt nach einem grundsätzlich gleichartigen Verfahren ( B y g d e n , J . pr. 83, 421 [1911]). Da sein Siedepunkt schon bei 4,5° liegt, läßt sich Methylbromid schwer auf Vorrat darstellen, doch ist es zur direkten Verwendung für G r i g n a r d s c h e Reaktionen an Stelle der teuren J o d Verbindung sehr zu empfehlen. Verwendung analog Äthylbromid. 2. Athyljodid aus Äthylalkohol 1 In einem Kölbchen von etwa 200 ccm Inhalt übergießt man 5 g roten Phosphor mit 50 ccm (1,1 Mol) abs. Alkohol und fügt dann unter öfterem U m s c h ü t t e l n im Laufe einer Viertelstunde 50 g fein pulverisiertes Jod (0,4 Mol) allmählich hinzu, wobei man von Zeit zu Zeit den Kolben durch Eintauchen in k a l t e s Wasser abkühlt. Man setzt dann einen wirksamen Wasserkühler auf den Kolben, läßt das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden lang stehen, erhitzt noch 2 Stunden auf dem Wasserbad am Rückflußkühler und destilliert darauf das Athyljodid am absteigenden Kühler ab, wobei man zweckmäßig den Kolben in das lebhaft siedende Wasser eintaucht. Sollten die letzten Anteile nur schwierig übergehen, so entfernt man das Wasserbad, trocknet den Kolben ab und erhitzt ihn noch kurze Zeit mit leuchtender Flamme, die man fortwährend bewegt. Das durch J o d braun gefärbte Destillat wird zur Entfernung des Alkohols mehrfach im Scheidetrichter mit Wasser, dem man schließlich zur Entfernung des Jods wenige Tropfen Bisulfitlösung und zum Schluß ebensoviel Natronlauge hinzufügt, gewaschen; das so farblos erhaltene ö l wird im Scheidetrichter abgelassen, mit wenig gekörntem Calciumchlorid getrocknet und dann direkt über einer kleinen Flamme rektifiziert. Sollte das Calciumchlorid auf dem Athyljodid schwimmen, so gießt man dieses durch einen Trichter, in dessen Spitze sich etwas Asbest oder Glaswolle befindet, in den Fraktionierkolben hinein. Der Siedepunkt des Äthyljodids liegt bei 72°. Ausbeute rund 50 g. Wieviel Prozent der theoretischen Ausbeute ? Verwendung für Ä t h y l m a l o n e s t e r und für G r i g n a r d s c h e R e a k t i o n e n . M e t h y l j o d i d 2 . 50 g Kaliumjodid (0,3 Mol) werden in 50 ccm Wasser gelöst. Zu der schwach erwärmten Lösung läßt man 40 g Dimethylsulfat3 1 a 8

F. Beilstein, A. 126, 250 (1863). Weinland und Sohmid, B. 38, 2327 (1905). Vorsicht wegen der großen Giftigkeit des Stoffes I Siehe S. 213.

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Äthyljodid aus Äthylalkohol

(0,4 Mol) zutropfen. Das abdestillierende Methyljodid wird über einen Kühler in einer gut gekühlten Vorlage aufgefangen. Man trocknet mit Calciumchlorid und rektifziert. Siedepunkt 43°. Ausbeute 35—40 g. Zu 1. und 2. Die beiden Reaktionen gehören zur Klasse der nucleophilen Substitutionsreaktionen (Seite 388). Der Ersatz eines alkoholischen Hydroxyls durch ein Halogen-anion läßt sich in zweierlei Weise ausführen, indem man, wie bei der Darstellung des Äthylbromids 1. auf Alkohole Halogenwasserstoffsäuren einwirken läßt. Hierbei wird die Spaltung der C—O-Bindung durch die Ausbildung eines „Onium"-Komplexes begünstigt, in welchem der positive Sauerstoff die Bindungselektronen an sich zieht und das intermediäre Carboniumion das Halogenion in seine Elektronenlücke einlagert: (+) , . R - C H 2 - O H + H B r — > R - C H 2 - O H 2 + B r ( _ ) —> R - C H 2 B r + H 2 0 2. kann man, wie bei der Gewinnung des Äthyljodids, Alkohole mit Halogenverbindungen des Phosphors (P + J 2 ) umsetzen, z. B.: 3C 2 H 6 • OH + P J 3 = 3C 2 H 5 • J + P 0 3 H 3 . (PC13, PBr 3 ) Die erste Reaktion gelingt am leichtesten mit J o d w a s s e r s t o f f , indem in vielen Fällen bloßes Sättigen mit der gasförmigen Säure zu ihrer Herbeiführung genügt. B r o m w a s s e r s t o f f reagiert schwieriger, und es ist hier vielfach ein Erhitzen des mit dieser Säure gesättigten Alkohols im zugeschmolzenen Rohr erforderlich. Die oben ausgeführte Darstellung des Ä t h y l b r o m i d s , bei der H B r durch die konz. Schwefelsäure aus dem Kaliumbromid in Freiheit gesetzt wird, stellt einen sehr leicht verlaufenden Fall dieser Reaktion dar. C h l o r w a s s e r s t o f f reagiert am schwierigsten, und es ist hier erforderlich, wie z. B. bei der Gewinnung des M e t h y l - und Ä t h y l c h l o r i d s , ein komplexbildendes wasserentziehendes Mittel, am besten ZnCl 2 , anzuwenden, oder, wie bei den höher molekularen Alkoholen im geschlossenen Gefäß unter Druck zu erhitzen. Tertiäre Alkohole sind besonders leicht mit Mineralsäuren zu verestern. Beim Mischen von tert. Butanol mit konz. wäßriger Salzsäure tritt schon in der Kälte Trübung ein, verursacht durch Abscheidung des tert. Butylchlorids. Noch leichter als primäre aliphatische lassen sich a r o m a t i s c h e Alkohole, z. B. B e n z y l a l k o h o l , durch konz. Halogenwasserstoffsäuren in dieser Weise verestern, da sieh das intermediäre Benzylkation infolge einer Stabilisierung durch Mesomerie (S. 386) besonders leicht bildet. Es gelingt jedoch n i c h t , die Reaktion auf Phenole zu übertragen. Auch mit z w e i - und m e h r w e r t i g e n A l k o h o l e n läßt sich die Reaktion ausführen; dabei hängt es von den Versuchsbedingungen, wie Quantität des HalogenWasserstoffes, Temperatur usw. ab, wie viele Hydroxylgruppen durch Halogen ersetzt werden; z. B.:

CH, • OH CH, • Br | +HBr= | + H.O CH, • OH CH, - OH Äthylenglykol

Äthylenbromhydrin

CH, • OH | CH-OH+2HC] = | CH, • OH Glycerin

CE, • OH | CH-C1 + 2H.0 . | CH, • C1 Dichlorhydrin

J o d w a s s e r s t o f f wirkt auf mehrwertige Alkohole nicht nur veresternd, sondern auch r e d u z i e r e n d . So geht G l y c e r i n über 1 , 2 , 3 - T r i j o d p r o p a n in I s o p r o p y l j o d i d über. C H j O H • CHOH • CH 2 OH + 3 H J = C H 2 J • C H J • C H 2 J + 3 H 2 0 , CH„J • C H J • C H 2 J + 2 H J = CH 3- C H J • CH 4- 2 J 2 .

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Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen

Ähnlich gehen der vierwertige Alkohol B r y t h r i t in 2 - J o d b u t a n , der sechswertige Alkohol Mannit m 2-Jodhexan über. Formulieren! Natürlich sind auch Oxysäuren der Reaktion zugänglich. Die zweite Reaktion verläuft bei weitem energischer als die erste, besonders wenn man fertigen Halogenphosphor anwendet. Dies ist jedoch, wenigstens beim Ersatz durch Brom und Jod, nicht immer erforderlich; vielmehr verfährt man in vielen Fällen so, daß man jenen erst in der Reaktion erzeugt, indem man zu der Mischung von Alkohol und rotem Phosphor entweder aus einem Scheidetrichter Brom tropfen läßt oder wie oben fein pulverisiertes Jod hinzufügt. Auch diese Reaktion läßt sich wie die erste auf mehrwertige, sowie s u b s t i t u i e r t e Alkohole anwenden, und zwar können so sämtliche OH-Gruppen durch Halogen, auch Chlor, ersetzt werden. An Stelle von Phosphortrichlorid wird in vielen Fällen das feste, viel höher verdampfende und energischer wirkende Pentachlorid benutzt. Hier braucht man auf 1 Mol Alkohol ein volles Mol PC16, da die Reaktion zu dem viel trägeren Phosphoroxychlorid führt, z.B.: CH3 • CHjOH + PC1S = CH3 • CHjCl + P0C13 + HCl. Auch das Thionylchlorid wird für die gleiche Reaktion herangezogen; es hat den Vorteil, daß seine Umsetzungsprodukte gasförmig sind und darum die Verarbeitung des Reaktionsgemisches nicht stören. C4H6 • CH2OH + SOCla = C4H, • CH2C1 + SOa + HCl . Amylalkohol

Amylchlorid

Die energischere Wirkving des Halogenphosphors gibt sich ferner darin zu erkennen, daß auch die Hydroxylgruppen der Phenole nach dieser Reaktion durch Halogen ersetzt werden können. Die Ausbeuten sind hierbei vielfach wenig befriedigend, da das Phosphoroxychlorid auf das noch nicht umgesetzte Phenol unter Bildung von Phosphorsäureestern einwirkt, z. B.: POCI3 + 3C6H5 • OH = PO • (0C„H5)3 + 3 HCl. Die Darstellungsmethode für Methyljodid, die oben beschrieben ist, stellt den nucleophilen Ersatz von CH 3 0S0 3 (_) durch J ( "> im Dimethylsulfat dar. H3C0-S02-0CH3 + J• H 3 CNa + NaBr HjCNa + BrCH s • H3C—CH3 + NaBr. So entsteht im einfachsten Falle aus Methylbromid Ä t h a n . Die präparative Anwendung dieser Reaktion findet sich beim T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n , S. 306. Schließlich haben die Alkylhalogenide eine außerordentliche Bedeutung gewonnen als Ausgangssubstanzen für die G r i g n a r d s c h e R e a k t i o n , von der auf S. 290 die Rede ist. Die F i t t i g s c h e S y n t h e s e unterscheidet sich von der W u r t z s c h e n dadurch, daß ein Aryl- und ein Alkylhalogenid gemeinsam der Enthalogenierung durch Natrium unterworfen werden, z. B.: C„H6 • Br + C 2 H 6 • Br + 2Na

• C,H 5 . C2H6 + 2 N a B r . Äthyl benzol

Sie ist allgemeiner Anwendung fähig, indem auch die homologen B r o m b e n z o l e sowie D i b r o m b e n z o l und alle möglichen A l k y l b r o m i d e in sie einbezogen werden können. Auch zwischen 2 Mol. A r y l b r o m i d findet die Umsetzung, wenn auch schwieriger, statt: 2C,H 6 Br + 2 Na > C6H6 • C e H 6 + 2 NaBr . Da bei Verwendung zweier verschiedenartiger Halogenide die Natriumverbindungen RNa und R'Na sowohl mit RHlg als mit R'Hlg reagieren können, ist die Bildung von 3 Reaktionsprodukten, nämlich R—R, R'—R' und R—R' möglich. 1 Dieses viel gebrauchte Reagenz stellt man sich am besten auf Vorrat her, indem man in 100 ccm Methylalkohol — äthylalkoholisches Kali verharzt bald — 25 g Stangenkali durch Erwärmen oder durch Stehenlassen über Nacht in der Kälte löst, von Carbonat abfiltriert und den KOH-Gehalt durch Titration bestimmt.

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Die Substitution von Hydroxyl und Waaserstoff durch Halogen

Brombenzol reagiert nun rascher mit Natrium als Äthylbromid, Phenylnatrium aber rascher mit Äthylbromid als mit Brombenzol: daher in unserem Beispiel die glatte Bildung von Ä t h y l b e n z o l . Zur bipbenyl-artigen Verknüpfung von 2 Molekeln Arylhalogenid ist nach U l l m a n n Kupfer besonders geeignet; man pflegt die Bromide oder Äryljodide mit Kupferbronze in Nitrobenzol zu kochen.

3. Benzylchlorid aus Toluol 1 Beim Arbeiten mit C h l o r , B r o m und H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n sollten Verbindungen mit Kork oder Kautschuk vermieden und nur Schliffapparaturen verwendet werden. Man bedient sich für das vorliegende Präparat des in Fig. 46, S. 95 abgebildeten Kolbens 2 (mit Einleitungsrohr), in dem 100 g reinen Toluols auf dem Luftbad zum Sieden erhitzt werden. Vor der Beschickung hat man in den (horizontal gehaltenen) Kolben ein k u r z e s Thermometer eingeführt, dessen unterer Teil in einem 3—4 cm langen, in der Mitte durch Einschmelzen verjüngten Glasrohr als Fuß ruht. Die auf der Kolbenwand aufstehende Seite dieses Fußes ist — damit der Kolben nicht geritzt wird — rund geschmolzen. Durch das im Schliff sitzende Glasrohr leitet man nun aus der Bombe mit vorgeschalteter H 2 S0 4 -Waschflasche einen kräftigen Chlorstrom ein, so lange, bis die Temperatur in der l e b h a f t siedenden Flüssigkeit auf 156° gestiegen ist. Das obere Kühlrohrende wird zur Beseitigung des abziehenden Chlors mit einer Vorlage mit Ätzlauge verbunden, in die das Überleitungsrohr n i c h t eintauchen soll. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Dauer des Einleitens von der B e l i c h t u n g abhängt 3 ; die Reaktion ist bei hellem Sonnenlicht in einigen Stunden beendet, während sie an trüben Tagen einen halben Arbeitstag in Anspruch nimmt. Man richte sich daher, soweit dies möglich ist, nach der Beleuchtung, wenn keine helle elektrische Lampe („Tageslichtlampe") zur Verfügung steht. Der Kolbeninhalt wird hierauf direkt der D e s t i l l a t i o n im V a k u u m unterworfen. Nach einem Vorlauf von unverändertem Toluol fangt man die Hauptmenge innerhalb von 7 Graden (bei 12 mm etwa zwischen 63—70°) auf. Der Siedepunkt des reinen Benzylchlorids liegt bei 64°/12 mm. Ausbeute 65—70% der Theorie. Das durch Vakuumdestillation gereinigte Präparat ist reiner und haltbarer als das unter Atmosphärendruck destillierte, da hierbei stets HCl-Abspaltung eintritt. Weitere Verwendung für B e n z y l c y a n i d (S. 125), B e n z y l m a l o n e s t e r (S. 222), G r i g n a r d s c h e R e a k t i o n . 1 Cannizzaro, A. ch. (3) 45, 468 (1855); B e i l s t e i n und Geitner, A. 139, 332 (1866); Schramm, B. 18, 608 (1885). 2 Er sollte vom Saalassistenten entleihbar sein. 3 G . B o o k und J . E g g e r t , Ztschr. f. El. 29, 521 (1923); B. 59, 1192 (1926); F. Bergel, B. 59, 153 (1926).

Benzylchlorid aus Toluol

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Die theoretisch einfachste Methode, um Halogen am Kohlenstoff an Stelle von Wasserstoff einzuführen, besteht in der Einwirkung von freiem Halogen auf gesättigte Kohlenwasserstoffe. Sie wird, wie die Chlorknallgasreaktion, durch Licht katalytisch beschleunigt und f ü h r t , auf Methan und Chlor übertragen, diesen Kohlenwasserstoff in M o n o - , D i - , T r i - und T e t r a c h l o r m e t h a n über. Auch die höheren Paraffine werden auf diese Weise chloriert, aber das Verfahren ist präparativ unbequem und h a t zudem den Übelstand, daß gleichzeitig verschiedene, schwer voneinander abtrennbare Reaktionsprodukte entstehen. I n der Fettreihe bilden die Alkohole, die leichter in reinem Zustand zugänglich sind als die Kohlenwasserstoffe, nach Beispiel 1 und 2 das ausschließliche Ausgangsmaterial f ü r die Darstellung der Halogenverbindungen. Viel übersichtlicher gestaltet sich der Substitutionsprozeß durch Chlor beim Toluol und den homologen Methylbenzolen (Xylolen usw.). Wir haben hier zwei scharf getrennte Vorgänge. 1. Durch typische Halogenüberträger, wie E i s e n f e i l e , J o d , wird ausschließlich im Kern substituiert, und zwar entstehen aus Toluol nebeneinander o-und p-Derivat. 2. Ohne einen derartigen Überträger wird selbst in der Siedehitze der Benzolkern nicht angegriffen. Die Geschwindigkeit der Substitution der Methylgruppe (Seitenkette), die in der Kälte klein ist, steigert sich aber in der Hitze zu einer f ü r den präparativen Zweck ausreichenden Höhe. Diese Reaktion ist l i c h t e m p f i n d l i c h , wie alle Reaktionen, bei denen Wasserstoff direkt durch Chlor ersetzt wird. Daß auch ein Zusatz von Phosphorpentachlorid beschleunigend wirke, ist irrtümlich. Dagegen kommt organischen Peroxyden, etwa Benzoylperoxyd, eine starke katalytische Funktion zu ( K h a r a s c h ) . Die Reaktion zwischen Toluol und Chlor bildet ein sehr schönes Beispiel f ü r die spezifische Wirkung von Katalysatoren. Hinsichtlich des Mechanismus der Seitenkettensubstitution ist zu sagen, daß es sich wie bei der Chlorknallgas-Reaktion um eine Radikalkette handelt. In präparativer Hinsicht ist es von großer Bedeutung, daß der Eintritt des z w e i t e n Chloratoms in die Seitenkette mit viel g e r i n g e r e r Geschwindigkeit vor sich geht als die erste Phase der Reaktion. So wird fast alles Chlor vom vorhandenen Toluol aufgebraucht, ehe die weitere Chlorierung des Benzylchlorids sich merkbar äußert. Die Nachbarschaft des Benzolkerns verleiht dem Chlor an der Seitenkette geringere Haftfestigkeit, d. h. größere Beweglichkeit als im Falle der reinen Paraffine, da das nach seiner Ablösung hinterbleibende ungesättigte Gebilde (Carbonium-ion, Radikal) durch die Mesomerie mit den ir-Elektronen des Benzolrings stabilisiert wird, z. B.: (+)

I m T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (C6H6)3CC1 ist die Bindung des Chlors eine so lockere, daß Alkalien seine sofortige hydrolytische Abspaltung herbeiführen. Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Bindungsstriche unserer Formeln die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs zwar f o r m a l zum Ausdruck bringen, daß sie aber über die energetischen Verhältnisse der einzelnen Bindungen nichts aussagen. B e n z y l c h l o r i d ist allen Umsetzungen der Alkylhalogenide zugänglich. Durch Verseifung mit wäßrigen Alkalien in der Hitze entsteht der zugehörige Alkohol, der B e n z y l a l k o h o l C 6 H 6 • CH 2 OH, eine bei 206° siedende farblose Flüssigkeit (Präp. V, 4. S. 193). Wenn man unter geeigneten Bedingungen Benzylchlorid mit Ammoniak umsetzt, erhält man B e n z y l a m i n C 9 H 6 • CH 2 • N H 2 , eine ziemlich starke, flüssige Base, die alle chemischen Merkmale der aliphatischen Aminbasen besitzt und sich ganz und gar von den am Benzolkern substituierten A m i n o t o l u o l e n (Toluidinen), die mit ihm isomer sind, unterscheidet. Wir können allgemein sagen, daß alle Veränderungen an der Methylgruppe des Toluols und analog gebauter Verbindungen mit denen rein alipathischer Alkylgruppen wesensgleich verlaufen.

94

Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen

Die Fortsetzung der Chlorierung des Toluols läßt ein zweites und schließlich ein drittes Chloratom in die Seitenkette eintreten. B e n z a l c h l o r i d C„H5 • CHC12, eine farblose, ebenso wie Benzylchlorid zu Tränen reizende Flüssigkeit, ist das technische Ausgangsmaterial für die Gewinnung des B e n z a l d e h y d s . Vgl. Präp. V, 3; S. 184. B e n z o t r i c h l o r i d (Phenylchloroform) C6H6 • CC13. Der Einfluß des Benzolkerns auf die Bindungsverhältnisse des benachbarten Kohlenstoffs äußert sich hier besonders anschaulich. Während sich C h l o r o f o r m gegen Alkalien ziemlich resistent verhält, wird B e n z o t r i c h l o r i d dadurch außerordentlich leicht, und zwar unter Herausnahme aller 3 Chloratome zu Benzoes ä u r e verseift. Es wäre aber verkehrt, zu glauben, daß hierbei alles Chlor gleichzeitig herausgenommen werde, gemäß der Gleichung: ^ Cl NaOH ^OH .OH C,H6 • C—C1 NaOH • C„H5 • C—OH + 3NaCl • C 8 H, • C + H s O. "\C1 NaOH ^OH 0 Alle chemischen Reaktionen verlaufen s t u f e n w e i s e , und zwar zumeist zwischen 2 Molekeln (Reaktionen zweiter Ordnung oder dimolekulare Reaktionen). So werden wir auch unsere Reaktion in Teilvorgänge aufzulösen und folgendermaßen zu formulieren haben: C 1

/ C,HS—C^-Cl + OH*< - )>



/ C,HS—C^-Cl + Clr( ->> 0 H

I I II

+ OH


+ OH(~")

>

C,HS— C

C,H,—CC C = 0 + HC1 erfahren. Versuch: Man kocht einige Tropfen Benzylchlorid mit (halogenfreiem) alkoholischem Kali einige Minuten im Reagenzglas auf dem Wasserbad. Dann verdünnt man mit Wasser, macht salpetersauer, schüttelt Ungelöstes in Äther und läßt einige Tropfen Silbernitratlösung einfließen. Der analoge Versuch mit reinem Brombenzol (nächstes Präp.) wird kein Brom-Ion auftreten lassen. Unterschied zwischen a l i p h a t i s c h und a r o m a t i s c h gebundenem Halogen. A n a l y s e d e s B e n z y l c h l o r i d s . Die quantitative Halogenbestimmung in Substanzen, die aliphatisch gebundenes Halogen enthalten, führt man nicht nach C a r i u s im Einschmelzrohr (vgl. S. 65) aus, sondern durch hydrolytische Abspaltung mit eingestellter a l k o h o l i s c h e r K a l i l a u g e . Da diese Methode sehr häufig angewandt wird, verbinde man die Kontrolle des dargestellten Präparates mit ihrer Erlernung.

Brombenzol

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Man kocht in einem öfters benutzten, gut ausgedämpften kleinen Rundkölbchen eine genau gewogene Menge Benzylchlorid (etwa 1 g) mit dem 1 % fachen der berechneten Menge ungefähr ln-alkoholischer Natronlauge 1 Stunde lang am Rückflußkühler, verdünnt dann mit

Fig. 46

Fig. 47

dem doppelten Volumen Wasser und titriert mit n/2-Salzsäure Phenolphtaleinzusatz die überschüssige Lauge zurück.

nach

Die Methode ist natürlich nur anwendbar, wenn keine anderen Säuren entstehen. In diesem Falle wird das Halogen mit R h o d a n i d nach Volhard titriert. Eine weitere in der aromatischen Reihe allgemein verwendbare Methode bietet die sog. Chlormethylierung. Im vorliegenden Fall wird Benzol bei Gegenwart von Chlorzink und HCl mit Paraformaldehyd kondensiert1. Formulieren!

4. Brombenzol Ein y 2 -Liter-Rundkolben trägt in einem seitlich angeschmolzenen Ansatzrohr, durch Glasschliff eingesetzt, einen Kühler, im oberen Hals einen ebenfalls eingeschliffenen Tropftrichter (Fig. 46) (Korkoder Gummiverbindungen werden durch Brom so stark angegriffen, daß ein sauberes Arbeiten ohne Schliffkolben sehr erschwert ist). Das obere Ende des Kühlrohrs ist durch einen paraffinierten Kork mit einem großen Peligotrohr (Fig. 47) oder Erlenmeyerkolben (Einleitungsrohr über dem Wasser) verbunden, in dem der entstehende Bromwasserstoff durch Wasser absorbiert wird. In den Kolben bringt man 90 ccm (1 Mol) Benzol und 2 g grobe Eisenfeilspäne und läßt dann unter Schütteln aus dem Tropftrichter nach und nach 53 ccm Brom (160 g, 2 Mol) eintropfen. Man wartet das unter 1

Bland, Bl. [4] 88, 313 (1923). R. Adams, Org. Reactions I, 67 (1942).

96

Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen

HBr-Entwicklung erfolgende Eintreten der Reaktion ab und reguliert die Zufuhr des Broms so, daß die Umsetzung flott im Gang bleibt, ohne stürmisch zu werden. Sollte sie gegen Ende zu träge werden, so erwärmt man noch kurze Zeit im Wasserbad, bis alles Brom verbraucht ist. Nun wird das Reaktionsgemisch aus einem größeren Rundkolben mit Wasserdampf destilliert. Sobald sich im Kühler Kristalle von p-Dibrombenzol abscheiden, wechselt man die Vorlage und treibt noch einen Teil des Nebenprodukts über. Das zuerst abgeblasene Brombenzol wird nach dem Absitzen im Scheidetrichter abgetrennt, mit Calciumchlorid 1 Stunde lang getrocknet und dann destilliert. Die zwischen 140—170° übergehende Fraktion liefert bei wiederholter Destillation der Hauptmenge nach ein Destillat, das zwischen 152—158° übergeht und ziemlich reines Brombenzol darstellt; Ausbeute 70—80 g. Für die spätere Verwendung bei der G r i g n a r d s c h e n R e a k t i o n (S. 290) muß das Präparat in engeren Grenzen nochmals fraktioniert werden. Die reine Verbindung siedet bei 155°. p - D i b r o m b e n z o l . Der Rückstand, der bei der ersten Destillation im Kolben geblieben ist, wird noch heiß in eine kleine Porzellanschale gegossen und nach dem Erstarren gemeinsam mit dem Produkt aus der Wasserdampfdestillation auf einem Tonteller von Schmieren befreit bzw. getrocknet. Dabei soll die Substanz nicht mit dem Spatel in den Ton hineingedriickt werden, sondern man legt sie — das gilt für alle Operationen gleicher Art — mit l e i c h t e m Druck auf, damit die Saugwirkung des Tons voll zur Geltung kommt. Bei stark verschmierten Substanzen hebt man nach mehrstündigem Stehen das aufgelegte Gut mit dem Spatel ab und bringt es an eine unbenutzte Stelle des Tellers.

Nach dem Trocknen wird das p-Dibrombenzol aus wenig Alkohol umkristallisiert, aus dem es in prächtigen farblosen Prismen herauskommt. Schmelzpunkt 89 '. B r o m w a s s e r s t o f f s ä u r e a l s N e b e n p r o d u k t . Es sind bei der Reaktion 80 g HBr entstanden, die etwa 200 ccm Wasser zur Absorption erforderten. Man muß daher, wenn keine genügend große Vorlage vorgeschaltet war, die Beschickung der Vorlage erneuern, sobald Nebel sich zu zeigen beginnen. Zur Reinigung wird die Bromwasserstoffsäure aus einem Fraktionierkolben mit übergezogenem Wasserkühler (Fig. 19) destilliert. Der Siedepunkt steigt nach einem Vorlauf von Wasser auf 126°, und bei dieser Temperatur geht 48-proz. Säure über, die im Laboratorium allerorts gute Verwendung findet. So kann man z. B. auch das für die Darstellung der A l k y l b r o m i d e notwendige Kaliumbromid aus ihr darstellen, indem man in einem geräumigen Gefäß die berechnete Menge Pottasche bis zum Neutralpunkt einträgt. Eine nützliche Regel für derartige Operationen: Man behält einen kleinen Teil des schwerer zugänglichen Stoffes — hier der B r o m w a s s e r s t o f f s ä u r e — auf der Seite, damit man beim Überspringen des Neutralpunktes nicht in Verlegenheit kommt.

97

Brombenzol

Versuchs P.eines Brombenzol spaltet beim Kochen mit Kali kein Bromion ab. — Bei der technischen Phenolsynthese aus Chlorbenzol und Natronlauge müssen höhere Temperaturen unter Druck angewandt werden. Das Halogen ist am Benzolkern sehr fest gebunden, die a r o m a t i s c h e n H a l o g e n i d e sind den charakteristischen Reaktionen der Alkylhalogenide nicht zugänglich. Nur durch katalytisch erregten oder kräftig wirkenden nasc. Wasserstoff (Natrium in Alkohol) ist das Halogen leicht ersetzbar, auch mit Magnesium kann man Arylhalogenide zur Umsetzung bringen (S. 290); ferner erfolgt bei der F i t t i g schen Synthese (S. 91) eine Ablösung des Halogens als Anion. Wollen wir Brombenzol mit einem Halogenid der Fettreihe vergleichen, so kann dies naturgemäß nicht das gesättigte Äthylbromid sein, sondern wir müssen Substanzen von der Art des V i n y l b r o m i d s heranziehen. H_H h

O h Br H

BHr>C=C CH2 = CH2 + HaO

ausdrückt. Alkohol wird durch konz. Schwefelsäure schon bei gelinder Erwärmung zu Ä t h y l s o h w e f e l s ä u r e verestert und es ist deren Zerfall, aus dem das Ä t h y l e n hervorgeht.

CH3.CH2OH

H S0

» ' > CH3 • CH2 • O—SOsH

> CHa = CH2 + H2S04.

Wir erinnern uns, daß die zuerst gebildete Äthylschwefelsäure in der Hitze (130°) ü b e r s c h ü s s i g e n Alkohol äthyliert und daß auf diesem Weg der Ä t h e r dargestellt wird.

ch 3 • ch 2 • 0—S03H + HO • ch 2 • ch 3 —• ch 3 . ch 2 . o . ch 2 • ch 3 + h 2 so 4 . Auch bei der Äthylendarstellung entsteht Ä t h y l ä t h e r als Nebenprodukt. Ä t h y l e n , das „ölbildende Gas" ist schon im Jahre 1795 von den fünf holländischen Chemikern D e i m a n , T r o o s t w y k , B o n d t , Louwerenburgh und Crells aus Weingeist und Vitriolöl dargestellt worden. 1

A. W. Crossley, Chem. Soc. 85, 1416 (1904).

102

Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen

Technisch gewinnt man das Äthylen aus Crackgasen oder aus Alkohol durch katalytische Wasserabspaltung mit T o n e r d e ( S e n d e r e n s ) , die auf 200-—300° erhitzt wird und über die man Alkoholdampf leitet 1 . Gleich der Tonerde eignet sich auch A l u m i n i u m p h o s p h a t zur präparativen Ausführung solcher Reaktionen. Statt, wie in unserem Beispiel, den sauren Schwefelsäureester des Alkohols thermisch zu zersetzen, zieht man häufig die Ester anderer Säuren, z. B. der B e n z o e s ä u r e , heran, und vermeidet so die verkohlende Wirkung der Schwefelsäure. Auch p r i m . K a l i u m s u l f a t und w a s s e r f r e i e B o r s ä u r e oder O x a l s ä u r e werden benutzt (Acrolein aus Glycerin, B r e n z t r a u b e n s ä u r e aus Weinsäure). Hierher gehört auch die X a n t h o g e n a t m e t h o d e von T s c h u g a e f f . Die chemische Eigenart der Olefine gründet sich auf ihre, allen möglichen A d d i t i o n s r e a k t i o n e n zugängliche Doppelbindung. Es werden addiert: 1. H a l o g e n e , besonders leicht Chlor und Brom zu A l k y l e n d i h a l o g e n i d e n (s. S. 97). 2. H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n zu A l k y l h a l o g e n i d e n . Präparativ wird meist Bromwasserstoff, in Eisessig gelöst, angelagert, und zwar, da dieser Vorgang langsam verläuft, unter Erhitzen der Komponenten im Einschlußrohr. 3. S c h w e f e l s ä u r e (vgl. oben) und andere Säuren, z. B. E s s i g s ä u r e (technische Anwendung in der Gruppe der T e r p e n e ) . 4. S a l p e t e r s ä u r e . Äthylen liefert bei Gegenwart von konz. Schwefelsäure den S a l p e t e r s ä u r e e s t e r des N i t r o ä t h y l a l k o h o l s • CH2 • CH2 OH2 • CH2 CH2 — CH2 NO 2 OH NO 2 O - N O 2 5. U n t e r c h l o r i g e S ä u r e , gemäß der Gleichung: CH2 : CH2 ---U Cl—CHa—CH2OH Diese Reaktion entspricht der Addition von Halogen, nur daß in zweiter Phase an das halogenierte Carboniumion nicht Hal(~), sondern OH(~) des Lösungsmittels angelagert wird. Man erhält Ä t h y l e n - c h l o r h y d r i n durch gleichzeitiges Einleiten von Äthylen und C0 2 in Chlorkalklösung. 6. S t i c k s t o f f d i o x y d zu D i n i t r o ä t h a n e n : R—CH = CH—R'

R . CH • CH—R' I I NO 2 NO2 Mit S t i c k s t o f f t r i o x y d entstehen unter Aufnahme von N 2 0 3 die dimolekularen Pseudonitrosite. 7. Ozon ( H a r r i e s , S t a u d i n g e r ) . CH2 : CH2 + 0 3

CH2

0Da die O z o n i d e beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung: R • HC

CH R

R . CHO + R • CHO + HO • OH

i—A 1

Eine für das Laboratorium geeignete Vorschrift findet man bei W. K e s t i n g , Ang. Ch. 38, 362 (1925).

Ungesättigte Kohlenwasserstoffe

103

gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e (oder Ketone). Die Hydrolyse setzt an der Ätherbindung ein und läßt als Zwischenprodukte D i o x y a l k y l p e r o x y d e RH(OH)C • 0 — 0 • C(OH)HR entstehen (siehe auch S. 180), die weiter in Aldehyd (oder Keton) und Hydroperoxyd zerfallen (Rieche). Benzol addiert 3 Mol Oa; sein Triozonid (Ozobenzol) C 6 H,0 B zerfällt mit Wasser in 3 Mol Glyoxal. Glatter und ohne Nebenreaktionen verläuft die h y d r i e r e n d e Spaltung der Ozonide, die über einen unbeständigen Oxyalkyläther R . C — 0 — C•R H

OH HO

H

zu A l d e h y d bzw. K e t o n führt. Vgl. dazu die Darstellung von A d i p i n d i a l d e h y d aus Cyclohexen auf S. 335. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies gelingt nur auf k a t a l y t i s c h e m W e g e mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie Nickel ( S a b a t i e r ) , Palladium ( P a a l , S k i t a ) , Platin ( F o k i n , W i l l s t ä t t e r ) . Vgl. dazu die Präparate S. 328 u. f. 9. B e n z o p e r s ä u r e (Reaktion von P r i l e s c h a j e w ) . Dabei entstehen A l k y l e n oxyde. O . OH I R—CH: CH—R' + C„H6—C : O • R • CH • CH • R ' + C,H 5 • COOH

V

10. H y d r o x y l . Durch P e r m a n g a n a t werden die Olefine bei tiefer Temperatur in ihre G l y k o l e übergeführt. > R . CHOH • CHOH • R ' R • CH: CH • R' Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber leicht zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlonstoffatome weiter oxydiert werden. Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen C a r b o n s ä u r e n , andernfalls K e t o n e . /CH3 R • C H : C< CH 3

/CH3 • R • COOH + OC< x CH3

Die Reaktion mit Permanganat bildet ein wertvolles und viel benutztes Erkennungsmittel f ü r die u n g e s ä t t i g t e N a t u r einer organischen Verbindung. Man löst die Substanz in kaltem Alkohol, gibt einige Tropfen Sodalösung und dann einen Tropfen verdünnter Permanganatlösung zu. Das rasche Verschwinden der roten Farbe zeigt die Gegenwart einer D o p p e l b i n d u n g an. Auch in reinem, gegen Permanganat beständigem Eisessig läßt sich die „ B a e y e r s c h e P r o b e " ausführen. Die Entfärbung von B r o m bietet eine weitere Erkennungsmöglichkeit von Doppelbindungen. Als Lösungsmittel dient gewöhnlich C h l o r o f o r m . Eine schonende Methode, um Olefine in Glykole überzuführen, besteht in der Einwirkung Osmiumtetroxyd 0 s 0 4 ( C r i e g e e ) ; als Primärproduit läßt sich ein Ester der Säure H 2 0 s 0 4 fassen. Die Olefine verhalten sich nun, in Abhängigkeit von der Natur der Molekel, vielfach verschieden hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der sie die aufgeführten Additionsreaktionen eingehen. Wenn wir in einer Formel eine Doppelbindung

104

Die Substitution von Hydroxy! und Wasserstoff durch Halogen

sehen, so ist damit nicht ohne weiteres gesagt, daß wir alle möglichen Umsetzungen auch mit ihr ausführen können. So gelingt es zum Beispiel nicht, an T e t r a p h e n y l ä t h y l e n (CgH6)2C : C(CcH5)2 überhaupt Brom anzulagern. Dagegen wird Natrium addiert, was wiederum beim Äthylen nicht möglich ist. Die A f f i n i t ä t der Doppelbindung ist demnach von Fall zu Fall verschieden. Stehen zwei Doppelbindungen einander benachbart (konjugiert), so können sie bei Anlagerungsreaktionen als g e s c h l o s s e n e s S y s t e m reagieren. So lagert B u t a d i e n Brom teilweise im Sinne folgender Gleichung an: CH 2 = CH • CH = CH2 — B r C H

2

• CH = CH • CH 2 Br.

Seine Dicarbonsäure, die M u c o n s ä u r e , wird zur ^.^-ungesättigten D i h y d r o m u c o n s ä u r e hydriert: HOOC • CH = CH • CH = CH • C O O H ^ HOOC • CH2 . CH = CH • CH 2 • COOH In beiden Fällen verschwinden die beiden ursprünglichen Doppelbindungen und zwischen sie tritt eine neue; die Addition hat in 1 , 4 - S t e l l u n g stattgefunden. Eine besonders interessante und präparativ wichtige Anwendung hat das Prinzip der 1,4-Addition in der schönen, von D i e l s und A l d e r 1 entdeckten „ D i e n S y n t h e s e " gefunden. Nach ihr lagern sich B u t a d i e n und zahlreiche B u t a d i e n D e r i v a t e (Isopren, Cyclopentadien) an eine aktivierte Kohlenstoffdoppelbindung unter Bildung von Abkömmlingen des T e t r a h y d r o b e n z o l s . So entsteht z. B. aus Butadien und Maleinsäureanhydrid T e t r a h y d r o p h t h a l s ä u r e - a n h y d r i d : ^CH2 CH 1 + CH ^CH2

CO

/\

CH \ II 0 CH / \ CO /

Durch Anlagerung von Butadien an C h i n o n gelangt man in die hydrierte Naphthalin reihe: CH, CO CH, CO H HC HC CH HC C CH I + II II II | I! HC HC CH HC c CH CH2 CO CH2 CO Die Anwendung von C y c l o p e n t a d i e n als „Dien" führt zur Synthese e n d o c y c l i s c h e r R i n g s y s t e m e , wie sie die Pflanzenzelle im Campher und anderen Terpenen erzeugt, z. B.: CH CH CHO / / CH \ CH CH | CH—CHO CH 2 | 1 CH2 + CH / CH2 !H | CH 2 CH Die Ausführung einer Dien-Syntheso (Cyclohexadien und Chinon) ist auf S. 263 beschrieben. 1 A. 460, 98 (1926); K. A l d e r , Neuere Methoden der präparativen organischen Chemie, S. 251. Verlag Chemie 1943.

Ungesättigte Kohlenwasserstoffe

105

Die moderne Betrachtung konjugierter und aromatischer Systerte (S. 380) sieht wie die Thielesche eine Verschmelzung der Doppelbindungen zu einem geschlossenen System voraus. Die Frage, wieweit solche Systeme noch ihren „Doppelbindungscharakter" bewahren, hat in der Chemiehistorie eine bedeutsame Rolle gespielt. Wie das Äthylen so läßt sich auch das Benzol, wenn auch unter schärferen Bedingungen, mit katalytiseh erregtem Wasserstoff absättigen, wobei Cyclohexan entsteht. Die Anlagerung von 3 Mol Halogen an Benzol (S. 98) bietet nur eine formale Analogie zur Halogenierung der Olefine (S. 97, 392). Der Chemismus dieser Lichtreaktion ist ein anderer. Auch die den Olefinen und Aiomaten gemeinsamen Reaktionen mit Diazcessigester (S. 243) und mit Ozon seien in diesem Zusammenhang erwähnt. A r o m a t i s c h e Systeme sind solche mit cyclischer Konjugation. Neben dem Benzol illustrieren das Naphthalin, Anthracen und die Gesamtheit der polycyclischen aromatischen Systeme diesen Bindungszustand. Auch ein freies Elektronenpaar vermag eine solche Konjugationskette zu schließen; das Pyrrol, Furan und andere entsprechende Heterocyclen ordnet man ebenfalls den aromatischen Verbindungen zu. Bei der Alkalibehandlung des o l e f i n i s c h e n Cyclopentadiens entsteht das a r o m a t i s c h e Cyclopentadien-anion: HCII HC

CH II CH

HCII HC

CH II CH

HCII HC

C=NH H^

Von präparativer Bedeutung ist der s a l z s a u r e

,NOH >• HC•

HC • CHO II NOH 02N\



HC • COOH II NOH

>C=NOH + CO,

H/



0 2 N • C • COOH II NOH

• C=NOH + HNO.

'

Die salpetrige Säure wirkt hierbei auf den Alkohol in ähnlicher Weise wie die Halogene bei der Bildung von Chloroform, Jodoform.

d) V e r e e i f u n g v o n F e t t o d e r p f l a n z l i c h e m ö l 300 g beliebiges Fett oder ö l (etwa 1 / 3 Mol) werden mit 300 ccm etwa 5 ra-Natronlauge verseift: 50 ccm Lange und 50 ccm H 2 0 werden erwärmt, das Fett daraufgegossen und nach 1 Stunde noch 75 ccm Lauge hinzugegeben. Nach einer weiteren Stunde werden je 100 ccm Lauge und Wasser hinzugefügt. Es muß häufig umgerührt werden und darf nur zum schwachen Sieden erwärmt werden. Nach weiteren 4 Stunden wird der Rest der Lauge hinzugegeben; wenn nötig, erneuert man vorher das verdampfte Wasser. Nach einer weiteren Stunde fügt man 1 / 1 Liter Wasser hinzu und kocht weiter, bis eine dicke homogene Masse entsteht (etwa 2 bis 3 Stunden). Dann werden unter tüchtigem Umrühren 2—2% Liter heißes Wasser zugegeben, wobei ein dicker, durchsichtiger Leim entsteht. Man salzt schließlich in der Siedehitze mit etwa 100 g Kochsalz aus und läßt über Nacht stehen. Es ist zweckmäßig, wegen des starken Schäumens, die Operation in einem g r o ß e n Emailtopf auszuführen. Nach dem Erkalten hebt man am andern Morgen den erstarrten Seifenkuchen ab und spült die unten haftende Lauge weg. Man kann ihn mit einem dünnen Draht in kleine Stücke zerschneiden und diese durch wochenlanges Liegenlassen trocknen. Die Natriumsalze der höheren Fettsäuren sind in kaltem Wasser schwer, in heißem leichter löslich. Man bringt ein kleines Stückchen Seife in der nötigen Menge kochenden Wassers in einem kleinen Becherglas in Lösung und läßt erkalten: Steife Gallerte. Zur Reinigung kann man 20—30 g in siedendem Wasser lösen, heiß aussalzen und wieder erstarren lassen; dadurch wird die im Rohprodukt eingeschlossene kleine Menge Alkali entfernt. Die Reaktion bleibt gegen Lackmus- und Curcumapapier alkalisch. Die Hydrolyse der g a n z r e i n e n Seifen ist aber nicht so stark, daß die OH-Ionenkonzentration ausreicht, um Phenolphthalein zu färben. D a r s t e l l u n g d e r f r e i e n F e t t s ä u r e n : Etwa 150g der rohen, feuchten Seife werden in einem Liter Wasser bis nahe zum Siedepunkt erhitzt; dann setzt man unter gutem Umrühren 2 n-Schwefelsäure zu.

136

Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge

bis die Lösung auf Kongopapier deutlich sauer reagiert und das Fettsäuregemisch sich als ölige Masse oben abgeschieden hat. Nach einigem Stehen in der Kälte erstarrt diese, wenn man von festem Fett ausgegangen ist. Man hebt den Kuchen ab, schmilzt ihn nochmals auf dem Wasserbad in einem kleinen Becherglas über wenig Wasser und destilliert dann die wieder erstarrten Säuren im Vakuum. Siedepunkt bei 12 mm 220—225°. Hat man Öl verseift, so wird die Seife weniger fest und die Säuren kristallisieren nur teilweise (warum ?). In diesem Fall nimmt man sie in Äther auf und verfahrt dann weiter in der üblichen Weise. G l y c e r i n : Das Glycerin befindet sich in der braunen Verseifungslauge, die man zuerst mit Salzsäure genau neutralisiert (gegen Kongopapier!), zur Entfernung ausgeschiedener Fettsäuren mit Tierkohle schüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert 1 und dann in dem auf S. 30 abgebildeten Apparat im Vakuum eindampft. Wenn sich nach einiger Zeit Kochsalz ausscheidet, versagt bisweilen die Capillare, und man setzt dann das Eindampfen auf dem Wasserbad fort. Die stark konzentrierte Lösung wird vom Kochsalz abgesaugt, dieses mit wenig Alkohol gewaschen und das Filtrat (wieder im Vakuumkolben) fast ganz vom Wasser befreit. Der Rückstand wird mit 150 ccm Alkohol digeriert und auf kleiner Nutsche abgesaugt, dann spült man mit 50 ccm Alkohol nach. Die abgesaugte alkoholische Lösung wird auf dem Wasserbad soweit wie möglich eingeengt, den Rückstand bringt man unter Nachspülen mit wenig Alkohol in einen Ciaisenkolben und destilliert aus diesem erst Alkohol und Wasser und schließlich das Olycerin im Vakuum ab. Man fängt die Hauptfraktion zwischen 180° und 195°/13 mm auf. Ausbeute etwa 35 g. Um das Glycerin völlig wasserfrei und rein zu erhalten, muß die Destillation wiederholt werden. Zur F e t t a n a l y s e . Den quantitativen Ausdruck für die Anzahl der in einem Fett oder Öl vorhandenen Kohlenstoff-Doppelbindungen gibt die „Jodzahl"; darunter versteht man die Menge Jod in Gramm, die von 100 g eines Fettes chemisch gebunden wird. In einfachen organischen Verbindungen bestimmt man die Anzahl der Doppelbindungen oft mit Benzopersäure (vgl. S. 103), die aber bei den Fetten nicht angewandt wird. Bestimmung der Jodzahl. Man löst 2,5 g reines Jod und 3 g Quecksilberchlorid in je 50 ccm reinem Weingeist und vermischt die klaren Lösungen. Nach zwölfstündigem Stehen wird in einer Probe von 10 ccm der Jodtiter mit n/10-Thiosulfatlösung bestimmt, nach Zugabe von 10 ccm 10 proz. KJ-Lösung. 0,5 bis 0,7 g des zu prüfenden Fettes werden in einem trockenen Erlenmeyerkolben von 500 ccm Inhalt in 15 ccm Chloroform, gelöst, dazu läßt man 25 ccm der titrierten Jodlösung fließen. Geht nach kurzer Zeit die Farbe der Lösung auf Hellbraun zurück, so sind weitere 10 ccm Jodlösung erforderlich. Nach 4 Stunden soll die Farbe noch dunkelbraun sein. Es werden jetzt 20 ccm 10 proz. KJ-Lösung hinzugefügt und das noch vorhandene Jod wie oben titriert. Ausrechnung erfolgt gemäß Definition der „Jodzahl". Man untersuche S c h w e i n e f e t t , Olivenöl oder Leinöl. 1

Die Klärung mit Tierkohle ist häufig entbehrlich.

Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen

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Zur Bestimmung der V e r s e i f u n g s z a h l 1 eines Fettes kocht man 0,5—1 g Substanz mit 10 com n/2-alkoholischer KOH % Stunde lang am Rückflußkühler und titriert hierauf mit n/2-HCl unter Anwendung von Phenolphthalein das nicht gebundene Alkali zurück. Die Methode hat allgemeine Bedeutung, da sie in Estern das Ä q u i v a l e n t g e w i c h t der darin gebundenen Säure zu ermitteln erlaubt. Ester-Äquivalentgewicht =——g—-, wobei a = Einwaage in g, b = ccm verbrauchtes n/1 -Alkali. Das L e i n ö l ist das wichtigste unter den sog. „trocknenden" ölen. Darunter versteht man Öle, die stark ungesättigte Säuren, namentlich L i n o l e n s ä u r e C17H29 • C0 2 H und L i n o l s ä u r e C 17 H 3] • C0 2 H enthalten und die daher imstande sind, den Sauerstoff der Luft direkt unter Bildung von P e r o x y d e n und deren festen, hochmolekularen Umwandlungsprodukten anzulagern. Die Ölsäure-Komponente ist dazu nicht befähigt. O l i v e n ö l und S e s a m ö l z. B. „trocknen" nicht. Verwendung des Leinöls als Bindemittel in der Ölmalerei und zur Herstellung von Firnissen. Als eine der Jodzahl analoge Konstante wird heute die „Rhodanzahl" bestimmt (Kaufmann). Ein Gemisch höherer gesättigter Fettsäuren wurde eine Zeitlang durch katalytische Oxydation von Paraffin, wie es bei dem F i s c h e r - T r o p s c h - V e r f a h r e n anfällt technisch hergestellt.

8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen a) Hofmannsche R e a k t i o n . M e t h y l a m i n aus A c e t a m i d 2 In einem Kolben von y2 Liter Inhalt versetzt man 30 g (0,5 Mol) Acetamid mit 80 g = 26 ccm Brom (1 Mol) und fügt hierzu unter guter Kühlung mit Wasser so lange von einer Lösung von 50 g Kali in 350 ccm Wasser, bis die anfangs braunrote Farbe in hellgelb umgeschlagen ist, wozu der größte Teil der Kalilauge erforderlich ist. Die Lösung läßt man dann im Laufe weniger Minuten aus einem Tropffcrichter in ununterbrochenem Strahl in eine Lösung von 80 g Kali in 150 ccm Wasser, die in einem Literkolben auf 70—75° erwärmt und gehalten wird, fließen. Man hält auf dieser Temperatur, bis das Reaktionsgemisch farblos geworden ist (1/4 bis i/2 Stunde) und destilliert dann das Methylamin mit Wasserdampf über; das Kühlerende ist mit einem abwärts gerichteten Vorstoß verbunden, der etwa 1 cm tief in die Beschickung der Vorlage (100 ccm etwa 5 n-Salzsäure3) eintaucht. Sobald das Kondensat im Kühler nicht mehr alkalisch reagiert, dampft man den Inhalt der Vorlage in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne, läßt zur Entfernung der letzten Wasserreste eine Nacht über im Vakuumexsiccator stehen und kocht das ganz trockne Salz mit absolutem Alkohol aus; dabei bleibt Salmiak ungelöst. Das klare Filtrat engt man auf ein kleines Volumen ein und läßt dann in der Kälte das Methylammoniumchlorid auskristalli1 2 3

Man versteht darunter die mg KOH, die 1 g Fett verbraucht. B. 15, 762 (1882); B. 17, 1406 und 1920 (1884). 50 ccm konz. Salzsäure und 50 ocm Wasser.

138

Carboneäuren und ihre einfachen Abkömmlinge

sieren. Das Salz wird nach dem Absaugen mit wenig Alkohol gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 15—20 g. Man führt mit dem Präparat die I s o n i t r i l r e a k t i o n (S. 150) aus und prüft sein Verhalten beim Erwärmen mit wenig Nitrit in eben saurer wäßriger Lösung. b) D i e Curtiussche R e a k t i o n . P h e n y l c y a n a t B e n z h y d r a z i d 1 : 24 g Benzoesäureäthylester — 3/29 Mol. (S. 129) werden mit 9 g Hydrazinhydrat (0,18 Mol) 6 Stunden lang auf dem Wasserbad an einem kleinen Rückflußkühler erhitzt. Der feste Kristallkuchen, der sich beim Erkalten bildet, wird nach einiger Zeit möglichst scharf abgesaugt und mit wenig eiskaltem Methylalkohol gewaschen. Wenn die Ausbeute zu gering ist, wird das Filtrat eingeengt und nochmals erhitzt. Das Rohprodukt (16—18 g) ist zur Weiterverarbeitung genügend rein. Eine Probe kann aus heißem Wasser oder wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 112°. B e n z a z i d 2 : 14 g (1/10 Mol) des t r o c k n e n Hydrazids werden in einem Filtrierstutzen (% Liter) mit 200 ccm etwa n-Salzsäure zur klaren Lösung gebracht. Dazu läßt man unter Eiskühlung aus einem Tropftrichter unter Umrühren die Lösimg von 8 g Natriumnitrit (0,12 Mol) in 50 ccm Wasser fließen. Die Umsetzung erfolgt sofort, indem das Azid sich kristallinisch abscheidet. Wenn eine abfiltrierte Probe der Lösung durch einen Tropfen Nitritlösung nicht mehr getrübt wird, saugt man den Niederschlag scharf ab, wäscht ihn gut mit Wasser aus und trocknet ihn erst auf Ton, dann im Vakuumexsiccator über konz. Schwefelsäure und Ätzkali. Ausbeute 14 g. P h e n y l c y a n a t 3 : Das Azid muß für die Verarbeitung auf Cyansäureester a b s o l u t t r o c k e n sein. Prüfung auf Gewichtskonstanz auf einer guten Handwaage. D a B e n z a z i d bei r a s c h e m E r h i t z e n , a u c h bei B e r ü h r u n g m i t konz. H 2 S0 4 e x p l o d i e r t , i s t d a s P r ä p a r a t v o r s i c h t i g zu h a n d h a b e n . B i s zur b e e n d e t e n D e s t i l l a t i o n d e s P h e n y l cyanats Schutzbrille tragen! Die Destillation des Endprodukts wird in demselben Kolben ausgeführt, der zur Spaltung dient, zweckmäßig in einem Ciaisenkolben von 75—100 ccm, dessen Capillare und Thermometer man schon vor Ausführung der Spaltung herrichtet. Alles muß gut getrocknet sein. In dem schräg gestellten Kolben, über dessen Kondensationsrohr ein kleiner Kühler gezogen ist — oben ist er durch ein CaCl2-Rohr gegen Eintritt von Luftfeuchtigkeit gesichert — erhitzt man 12 g Benzazid mit 40 ccm Benzol (über Natrium getrocknet) in einer mit Wasser gefüllten Kasserolle, auf deren Boden der Kolben nicht Aufstehen darf, 1

Th. Curtius, J. pr. Ch. 50, 295 (1894). * Th. Curtius, B. 23, 3029 (1890). G. Sohroeter, B. 42, 2339 (1909).

3

Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen

139

langsam auf 60—70°, wobei eine lebhafte Stickstoff entunchlung beginnt. Wenn sie nachgelassen hat, steigert man die Temperatur bis gegen 80°, läßt dann erkalten, stellt das Gerät zur Vakuumdestillation um und destilliert zuerst das Benzol bei gewöhnlichem D r u c k aus dem siedenden Wasserbad und daran anschließend aus dem vorher abgekühlten Bad bei 20—25 mm Druck das Phenylcyanat ab. Siedepunkt 60°/20 mm. Ausbeute 7—8 g. Das Destillat muß wasserklar sein und ist sofort unter guten Verschluß zu bringen (am besten einschmelzen). Vorher gießt man einige Tropfen in wenig Wasser. Der kristallinische Körper, der gebildet wird, ist D i p h e n y l h a r n s t o f f . Wie entsteht er? P h e n y l u r e t h a n . Eine andere Probe gießt man in Alkohol und verdampft das Lösungsmittel. Das nicht umgesetzte Azid (etwa 2 g) kocht man in 5 ccm absolutem Alkohol eine halbe Stunde lang am Rückflußkühler1. Nach dem Eindampfen kristallisiert ebenfalls Phenylurethan aus. Schmelzpunkt 52°. Die Spaltung der U r e t h a n e in Amin, C0 2 und Alkohol wird meistens im Einschlußrohr mit Salzsäure ausgeführt. Bequemer, wenn auch weniger ertragreich, ist die Zerlegung durch Destillation mit Calciumhydroxyd. Man mischt das erhaltene Phenylurethan mit der dreifachen Gewichtsmenge gelöschten Kalks und destilliert vorsichtig aus einer kleinen Retorte. Das übergehende Anilin kann bei einiger Geschicklichkeit aus einem kleinen Kölbchen rektifiziert werden, in jedem Fall aber ist es als Acetanilid und durch die C h l o r k a l k r e a k t i o n nachzuweisen. Bei der Lösung von Strukturfragen entsteht häufig die Notwendigkeit, Carboxylgruppen, wie sie z. B. durch Oxydationswirkung gebildet werden, zu entfernen und so das Molekül „abzubauen". Der einfachste Prozeß dieser Art, die Abspaltung von K o h l e n d i o x y d , die man durch Destillation eines Salzes über N a t r o n kalk erreicht: R • COONa + NaOH • RH + Na a C0 3 , verläuft zumeist wenig glatt und führt außerdem zu einem Kohlenwasserstoff, an dem weitere Reaktionen schwer einsetzen können. Darum sind die beiden verwandten Reaktionen des Abbaus der Säuren, die von H o f m a n n , die von dem S ä u r e a m i d ausgeht, und die vonCurtius, vom Hydrazid aus, von großer präparativer Bedeutung. Beide lassen das primäre Amin der nächst niederen Stufe erreichen, und beide führen zu diesem Ziel über das gleiche Zwischenprodukt, den C y a n s ä u r e e s t e r . Die Einwirkung von Hypobromit auf die — CONH2-Gruppe vermittelt den Ersatz von Wasserstoff an der NH2-Gruppe gegen Brom. Das erste Produkt der Hofmannsehen Reaktion, das N - B r o m a m i d , ist in verschiedenen Fällen zu fassen. Durch Alkali verliert es HBr, und das dadurch vorübergehend gebildete Fragment (Elektronensextett I) lagert sich zum Cyansäureester um, der unter den Bedingungen der Reaktion in p r i m ä r e s Amin und COa zerlegt wird. 1

Th. Curtius, B. 27, 779 (1894).

Nitroverbindungen und ihre Reduktions produkte

140 R.C=0 NHa

R-C=0 —>-

HNBr

—HBr

>

R . C=0 NI

RN=CO —>• R . NHj + CO,'2 •

Acetamid liefert so Methylamin, Benzamid Anilin, Harnstoff, wenn auch in geringer Menge, Hydrazin. Die N-Halogenamide dienen auch zur Substitution von beweglichem Wasserstoff durch Halogen. Als besonders bequemes Reagens für diese Reaktion hat sich das N-Bromsuccinimid erwiesen (K. Ziegler). Es mag hier auch das Desinfiziens Chloramin T, das Na-Salz des N-Chlor-p-toluolsulfamids erwähnt werden. Ähnlich wie die N-Halogenamide werden Hydroxamsäuren unter H¡¡0Abspaltung in Cyansäureester umgelagert und damit zu Aminen abgebaut (Lossen). Die Reaktion von Curtius, die besonders in den höheren Reihen wegen der günstigeren Löslichkeitsverhältnisse der Zwischenprodukte vorzuziehen ist, stellt als erste Phase das Hydrazid aus dem Säureester (oder -chlorid) her, das dann durch salpetrige Säure in meist sehr glatter Reaktion in das Azid übergeführt wird. In vielen Fällen wird das Azid bequemer durch Umsetzung von Säurechlorid mit Natriumazid dargestellt, das man vorher mit Hydrazinhydrat reaktionsfähig gemacht hat1. Die Azide erleiden leicht thermische Zersetzung, bei der sie die beiden „Azo"stickstoffatome als elementaren Stickstoff abspalten. Damit entsteht aber die gleiche Zwischenstufe, die den Verlauf der Hof mann sehen Reaktion erklärt hat: RNCO. Curtius hat die Zersetzung der Azide gewöhnlich in Alkohol vorgenommen und hat daher in durchsichtiger Weise die Urethane erhalten, die durch kräftige Hydrolyse in primäres Amin, C02 und Alkohol zerfallen. Eine wichtige Anwendung hat die Hofmannsche Reaktion bei der ersten technischen Indigosynthese im Abbau des Phthalimids zur Anthranilsäure erfahren. Siehe S. 324.

III. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte 1. Nitromethan2 94 g Chloressigsäure (1 Mol), in 200 ccm Wasser gelöst, werden mit wasserfreier Soda (53 g) in einem weiten Becherglas genau neutralisiert; dazu fügt man die Lösung von 75g Natriumnitrit in 120 ccm Wasser. Etwa 100 ccm dieser Mischung bringt man in einen 750 ccm-Rundkolben, der einen Tropftrichter trägt und außerdem mit einem absteigenden Kühler verbunden ist. Beim kräftigen Erwärmen im Babotrichter oder auf dem Drahtnetz (langsam anheizen) beginnt schon vor dem Sieden der Lösung unter C02-Entwicklung die stürmische Reaktion, die man in der siedenden Lösung durch allmähliches Zufließenlassen der Vorratslösung in Gang hält, aber nicht zu heftig werden läßt. Das Nitromethan 1 2

Nelles, B. 65, 1345 (1932). H. Kolbe, J. pr.Ch. 5, 429 (1872); Steinkopf, B. 42, 3438 (1909).

Nitromethan

141

geht mit Wasserdampf über und sondert sich in der Vorlage als schwerere Schicht ab. Sobald im Destillat keine öltropfen mehr übergehen, wechselt man die Vorlage und treibt noch 100 ccm Wasser über, die noch Nitromethan gelöst enthalten. Von dem ersten Destillat trennt man das Nitromethan ab und vereinigt den wäßrigen Teil mit dem zuletzt übergegangenen. Diese Lösungen werden mit Kochsalz gesättigt (auf je 100 ccm 35 g) und nochmals destilliert. Etwa 1 / i der gesamten Wassermenge wird aufgefangen, später kommt wieder ein klares Destillat. Das abgetrennte Nitromethan wird mit dem zuerst erhaltenen vereinigt, mit Calciumchlorid scharf getrocknet und dann destilliert. Siedepunkt 101°. Ausbeute 20—24 g (33—39% d. Th.). N i t r o m e t h a n ist der am leichtesten zugängliche aliphatische Nitrokörper; in den höheren Reihen verläuft die K o l b e sehe Darstellungsmethode viel weniger glatt. Der Verlauf der Reaktion ist klar: die zuerst gebildete N i t r o e s s i g s ä u r e zerfällt in CH 3 N0 2 und C0 2 , aus ähnlichen Gründen, wie sie auch den Zerfall der Malonsäure erklären. Die übrigen N i t r o p a r a f f i n e werden meist nach dem von V. Meyer entdeckten Verfahren — Umsetzung der Alkyljolide mit Silbernitrit — gewonnen. Auch die Methode von K o n o w a l o w — Erhitzen mit stark verdünnter Salpetersäure im Einschlußrohr auf 120—130° — führt häufig bei gesättigten Kohlenwasserstoffen, namentlich der hydroaromatischen Reihe, zum Ziel. Uber die Nitrierung von Paraffinen mit konz. Salpetersäure ist neuerdings von verschiedenen Seiten berichtet worden1. P h e n y l - n i t r o m e t h a n wird im Abschnitt VI, 8; S. 222, behandelt. Man erinnere sich der Isomerie mit den Alkylnitriten. Welche Unterschiede bestehen in den Reaktionen? Die primären und sekundären Nitroparaffine sind neutrale Substanzen, die bei Gegenwart von Alkalien ein Proton abzugeben imstande sind. Auf diesem Wege entstehen die Salze einer isomeren aci-Form ( H a n t z s c h ) :

•r

R

sC=NO

OH Näheres darüber steht im Kapitel über T a u t o m e r i e

bzw.

Mesomerie.

Versuch: Man löse leem Nitromethan in Wasser und prüfe die Reaktion der Lösung gegen Lackmuspapier. Dann füge man etwas Phenolphthalein und tropfenweise aus einer Bürette w/10-Natronlauge hinzu. Bis zur bleibenden Rosafärbung werden etwa 2 ccm davon verbraucht, ein Zeichen, daß aus dem neutralen Nitromethan das Salz des aci-Nitromethans, H 2 C:NOOH, entstanden ist. Eine kleine Probe dieser Lösung gibt mit Eisenchlorid eine b l u t r o t e F ä r b u n g , die für aci-Nitroverbindungen charakteristisch ist. Die Salze der ad-Verbindung sind stark hydrolytisch gespalten. Dies erkennt man daran, daß der weitere Zusatz von n/10-Lauge die Lösung tief rot färbt. Hat man 10 ccm der Lauge hinzugefügt und setzt nun 5 ccm njlQ-Salzsäure hinzu, so wird die Lösung entfärbt, da die freigewordene aci-Verbindung die Hydrolyse ihres Salzes zurückdrängt. Die Umlagerung von H 2 C : N 0 2 H zu H 3 C • N 0 2 erfolgt aber so rasch, daß in wenigen Augenblicken die Rotfarbung wiederkehrt. 1

Vgl. O. v. S c h i c k h , Ang. Ch. 62, 547 (1950).

142

Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte

Bei der Reduktion von Nitroparaffinen entstehen unter kräftigen Bedingungen die entsprechenden A m i n e , so wie dies im nächsten Kapitel für Nitrobenzol gezeigt wird. Aber ebenso wie dort kann man bei der Einwirkung von Zinkstaub in n e u t r a l e m Medium den Prozeß auf der Stufe des H y d r o x y l a m i n s festhalten.

Versuch: Zu einigen Tropfen Nitromethan, in wenig Wasser gelöst, werden einige Zinngranalien und dann konz. Salzsäure gegeben. Heftige Reaktion. Wenn sie vorüber ist, erwärmt man noch kurz auf dem Wasserbad, übersättigt die abgegossene Lösung mit starker Lauge und erkennt am Geruch und an der Bräunung von Curcumapapier, daß ein flüchtiges Amin gebildet worden ist. Will man die Reaktion zur Darstellung von Methylamin benutzen, so muß das Nitromethan nach und nach zur Reduktionsflüssigkeit gegeben werden. Im übrigen vgl. Präp. II, 8; S. 137. N - M e t h y l h y d r o x y l a m i n . Eine wäßrige Lösung von Nitromethan versetzt man mit etwa der gleichen Menge Ammoniumchlorid und gibt dann unter Kühlung (Temperatur um 10°) und stetem Schütteln die dreifache Menge Zinkstaub in kleinen Anteilen zu. Die vom Zinkstaub abfiltrierte Lösung reduziert ammoniakalische Silberlösung und Fehlingsehe Lösung. Die präparative Darstellung dieses leicht zugänglichen Alkylhydroxylamins als salzsaures Salz ist von B e c k m a n n , A. 365, 204 (1909), beschrieben. Die zahlreichen Umsetzungen der primären und sekundären Nitroparaffine lassen sich fast ausnahmslos von einem mesomeren Anion aus verstehen 0 2 N- ( C(R) 2


0 2 N=C(R) 2 ,

das mit elektrophilen Agentien am C reagiert und z. B. bei der Bromierung (vgl. S. 97) den Bromnitrokörper Br CH 2 —N0 2 liefert. Salpetrige Säure bildet mit primären Nitroparaffinen Nitrolsäuren, mit sekundären die sog. Pseudonitrole, die als Nitrosoverbindungen grün oder blau gefärbt sind. a)

0 2 N—CH 2 + HONO ~

> 0 2 N—CH 2 —NO

• 0 2 N—CH=NOH

b) 02N—C(CH3)2 + HONO ~ o h ( ~ > > 02N—C(CHJ)2 I NO Die der Nitrosierung analoge Diazokupplung ist auf Seite 144 unter 4. besprochen. Es besteht im ganzen große Ähnlichkeit mit der Reaktionsweise der Ketone, jedoch der graduelle Unterschied der viel größeren Reaktionsgeschwindigkeit bei den Nitroverbindungen.

Versuch: M e t h y l n i t r o l s ä u r e 1 . 3,2 g Nitromethan werden unter Eiskühlung in 30 ccm 2n-Natronlauge gelöst und mit einer konz. Lösung 1

B, 42, 808 (1909).

Nitromethan

143

von 3,5 g Natriumnitrit versetzt. Ohne weitere Kühlung läßt man aus einem Tropftrichter 4 n-Schwefelsäure hinzulaufen, bis die erst tiefrot gewordene Lösung eben orangegelb geworden ist und KaliumjodidStärkepapier noch nicht bläut. Dann schüttelt man zweimal mit Äther aus, kühlt die wäßrige Lösung wieder ab, tropft so lange wieder Schwefelsäure zu, bis deutlich salpetrige Säure auftritt, und macht nun wieder mit 5 n-Natronlauge bis zu kräftiger Orangefarbung alkalisch. Dann wird wieder so weit angesäuert, daß noch keine salpetrige Säure nachzuweisen ist, und noch zweimal ausgeäthert. Die vereinigten Ätherauszüge werden mit Calciumchlorid 2 Stunden lang getrocknet, unter Außenkühlung mit Eis. Dann saugt man in einem kleinen Rundkolben den Äther mit Capillare im Vakuum aus einem Wasserbad von 15—20° an der Pumpe ab und erhält als Rückstand etwa 1 g gut kristallisierte, schwach gelb gefärbte Methylnitrolsäure. Das Präparat hält sich nur einige Stunden unzersetzt. Man prüfe mit ihm das Verhalten gegen Alkalien. Knallsilber 1 . 0,5 g frisch dargestellte Methylnitrolsäure, in 4 ccm Wasser gelöst, wird mit 1 ccm 5n-Salpetersäure (konz. Säure vom spez. Gew. 1,4 mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) und 4 ccm 10-proz. Silbernitratlösung über freier Flamme in einem weiten Reagenzglas zum Sieden erhitzt. Nach kurzer Zeit setzt die Reaktion unter kräftiger Gasentwicklung (NO) ein und gleichzeitig scheidet sich Knallsilber kristallinisch aus. Man kocht noch einige Minuten unter stetem Umschütteln weiter, läßt erkalten und saugt das Produkt ab, das mit Wasser gewaschen wird. Eine kleine Probe von etwa 10 mg trocknet man, ohne zu reiben, auf einem Stückchen Ton und prüft damit in der Flamme und durch Schlag mit dem Hammer die Brisanz. Schutzbrille! Die Hauptmenge bringt man noch feucht — auch in diesem Zustand ist ein festes Drücken mit einem Metallspatel oder anderen harten Gegenständen zu vermeiden — in ein Reagenzglas und übergießt sie mit 2 ccm konz. Salzsäure. Dabei kann man den der Blausäure zum Verwechseln ähnlichen Geruch der freien Knallsäure wahrnehmen. Nach einer halben Stunde erwärmt man den Inhalt des Reagenzglases noch kurz im siedenden Wasserbad, setzt 4 ccm Wasser zu, filtriert vom Silberchlorid ab und dampft das Filtrat in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad zur Trockne. Das zurückbleibende Hydroxylammoniumchlorid wird an der Reduktionswirkimg gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen Fehlingsche Lösung erkannt. Knallsilber muß in jedem Fall sofort nach der Darstellung vernichtet werden, am einfachsten mit konz. Salzsäure. 1

B. 40, 419 (1907).

144

Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte

Die N i t r o l s ä u r e n sind farblos, lösen sich aber in Alkalien mit tiefroter Farbe, indem neben der farbgebenden Nitroso- die oci-Nitrogruppe gebildet wird 1 . Beim Erhitzen in salpetersaurer Lösung zerfällt Methylnitrolsäure in salpetrige Säure und K n a l l s ä u r e ; diese kann bei Gegenwart von Silbernitrat als Knallsilber festgehalten werden. H

\ >CNOH o2n/

> N0 2 H + C = N 0 H .

Auf dem Weg über die Methylnitrolsäure kommt die Bildung der F u l m i n a t e (Knallsilber, Knallquecksilber) aus Äthylalkohol und Salpetersäure zustande. Davon war auf S. 134/135 die Rede. Das Quecksilber(II)-Salz des Nitromethans zerfällt direkt in K n a l l q u e i j k silber und Wasser (Nef). (H 2 C=N0 2 ) 2 Hg

> (C=NO) 2 Hg + 2H 2 0 .

3. Gleich den Ketonen kondensieren sich primäre Nitroverbindungen mit Aldehyden unter Wasserabspaltung. Auf diesem Weg ist P h e n y l n i t r o ä t h y l e n bequem darstellbar. C8H6CHO + CH 3 —N0 2

• C 6 H 5 CH=CH • N0 2 .

2

P h e n y l n i t r o ä t h y l e n . 3,2 g Nitromethan und 5,3 g Benzaldehyd werden in 20 com Alkohol gelöst und bei guter Kühlung im Kältegemisch unter kräftigem Umschütteln nach und nach mit k a l t e r alkoholischer Kalilauge versetzt, die man sich aus der Lösung von 3,5 g Ätzkali in 5 ccm Wasser und 10 ccm Methylalkohol bereitet hat. Man schüttelt so lange, bis eine Probe des entstandenen Kristallbreis — bisweilen bleibt die Kristallisation auch aus — in Wasser klar löslich ist; es hat sich das Kaliumsalz des Phenylnitroäthylalkohols C 6 H 6 • CH(OH) • CH :NOOK gebildet, dessen freie Säure sich unter Wasserabspaltung in Phenylnitroäthylen umwandelt. Dies geschieht, wenn man das Reaktionsprodukt in Eiswasser auflöst und unter Umrühren in 60 ccm eiskalter n-Schwefelsäure einfließen läßt. Das bald erstarrende ö l wird nach dem Absaugen und kurzem Trocknen auf Ton aus wenig Alkohol umkristallisiert. Man erhält etwa 5 g Phenylnitroäthylen in prächtigen gelben Kristallnadeln. Schmelzpunkt 58°. 4. Alle primären Nitroverbindungen kuppeln mit Diazobenzol; statt der erwarteten Azokörper entstehen durch Umlagerung die P h e n y l h y d r a z o n e von an der Aldehydgruppe nitrierten Aldehyden: 1 Die Farbvertiefung geht wohl auf die Bildung eines mesomeren Anions zurück, von dem zwei Grenzformeln wiedergegeben seien:

CH = N— I NO 0 C,H6 . NH 2 + 2FeCl2 + 2Fe(OH) 3 . (B) Durch Hydrolyse des Ferrichlorids wird Ferrihydroxyd auageschieden und immer wieder Salzsäure für neues Eisen verfügbar. Die Eisenoxyde, die am Schluß des Prozesses gebildet sind, werden jeweils wieder durch Wasserstoff bei Rotglut in Eisenpulver zurückverwandelt. Neuerdings hat auch das k a t a l y t i s c h e H y d r i e r u n g s v e r f a h r e n , und zwar mit Kupfer als Kontaktmetall für die Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol in der Industrie Eingang gefunden. Für Reduktionsversuche von Nitrokörpern im kleinen nimmt man am zweckmäßigsten Zinn oder Zinnchlorid und konz. Salzsäure. Feste Substanzen werden ohne Lösungsmittel oft schwer angegriffen und verlangen einen Zusatz von Alkohol oder Eisessig. Das Ende der Reduktion erkennt man daran, daß das Reaktionsgemisch auf Zugabe von Wasser klar bleibt, da die Hydrochloride der entstandenen Basen in Wasser meist löslich sind. Dabei ist zu beachten, daß häufig schwerer lösliche Doppelsalze mit Zinnchlorür auftreten, die aber von kochendem Wasser in der Regel gelöst werden. Wenn ein Doppelsalz in reichlicher Menge auskristallisiert, wird es durch Absaugen isoliert. Durch Zersetzen mit Lauge oder mit Schwefelwasserstoff liefert es die Base leicht in reinem Zustand. Die p r i m ä r e n M o n a m i n e sind zum Teil farblose Flüssigkeiten, wie z. B. das Anilin, o-Toluidin, Xylidin, oder farblose, feste Stoffe, wie das p-Toluidin, Pseudocumidin, die Naphthylamine u. a. Sie sind ohne Zersetzung destillierbar und mit Wasserdämpfen flüchtig. In Wasser sind sie ziemlich schwer löslich, Anilin zu 3°/ 0 . Die Di- und P o l y a m i n e sind meistens fest, mit Wasserdämpfen nicht flüchtig und in Wasser viel leichter löslich als die Monamine. Die Amine besitzen basischen Charakter; die Basizität ist jedoch infolge des ungesättigten Charakters des Arylrestes bedeutend schwächer als die der aliphatischen Amine. Daher reagieren die wäßrigen Lösungen der (stöchiometrisch) neutralen Anilinsalze infolge von Hydrolyse auf Lackmuspapier sauer. Aus dem gleichen Grund kann man aus einer wäßrigen Lösung von Anilinsalz mit Äther eine kleine Menge der freien Base herausschütteln. (Nachweis mit ätherischer Salzsäure oder nach Verdampfen des Äthers durch die Chlorkalkreaktion.) Versuche: 1. Man verdünnt 10 ccm Anilinwasser (durch Schütteln von 3 Tropfen Anilin mit 10 ccm Wasser im Reagenzglas erhalten) mit 100 ccm Wasser und fügt ein wenig einer filtrierten wäßrigen CMorkalklösung hinzu. Es tritt hierbei eine v i o l e t t e F ä r b u n g auf ( R u n g e s c h e R e a k t i o n ) . Diese sehr empfindliche Probe gibt nur die wäßrige Lösung des freien Anilins, nicht die der Salze; man muß daher aus diesen die B a s e erst isolieren. Man kann diese Reaktion auch benutzen, um kleine Quantitäten von Benzol oder Nitrobenzol zu erkennen, indem man die eben bekannt gewordenen Reaktionen im kleinen durchführt (Reagenzglas). Die C h l o r k a l k r e a k t i o n ist dem Anilin eigentümlich; der Farbstoff ist ein kompliziertes Chinonderivat, dessen Konstitution noch nicht ganz sicher steht. Die übrigen hier angegebenen Versuche stellen Klassenreaktionen der primären aromatischen Amine dar. 2. Durch Säurechloride und -anhydride werden primäre und sekundäre Amine acyliert, im besonderen auch durch Benzolsulfochlorid (S. 169). A c e t a n i l i d ist schon früher (S. 114, 117) dargestellt worden. Die Acetyl- und Benzoyl-derivate aller einfacheren primären Amine der Benzol- und Naphthalinreihe sind bekannt, so daß diese Methode in allen Fällen zum Ziel des Nachweises führt.

150

Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte

Man stelle die Identität eines primären Amins auf dem angegebenen Weg fest. 3. B e n z y l i d e n - a n i l i n . 1 ccm Anilin wird mit ebensoviel Benzaldehyd im Reagenzglas auf d e m Wasserbad erhitzt. E s scheidet sich unter Trübung Wasser aus und nach d e m Erkalten erstarrt das Gemisch zur sog. S c h i f f s c h e n B a s e (Azomethin). Schmelzpunkt 72°. Beim Erwärmen mit Säure wird das sehwach basische Kondensationsprodukt in die Komponenten zerlegt. Allgemeine Reaktion primärer Amine. 4. I s o n i t r i l r e a k t i o n . Ebenso wie die primären aliphatischen Amine von der Art des Methylamins geben auch das Anilin und seine Verwandten die charakteristische Geruchsreaktion mit Chloroform und Alkali. Man vermischt in einem Reagenzrohr 2 Tropfen Anilin mit 2 ccm Alkohol, fügt y 2 ccm starke Kalilauge und etwa 5 Tropfen Chloroform zu und erwärmt gelinde (Abzug). /C1 C„H6 • NH 2 + C12C< + 3KOH X H

(+) ( - ) > C„H6 • N = C | + 3 KCl + 3 H 2 0 .

Ganz analog liefert Ammoniak C y a n i d : H • NH 2 + Cl2 • C< + 4KOH

K ( + ) (N=C|) ( ~ ) + 3 KCl + 4 H 2 0 .

-—>

Die Konstitutionsfrage der B l a u s ä u r e wurde schon an anderer Stelle (S. 127) behandelt. Hier sei nur noch erwähnt, daß die I s o n i t r i l e bei der Hydrolyse in p r i m ä r e s A m i n und A m e i s e n s ä u r e zerlegt werden; es entsteht kein Kohlenoxyd, wie man nach der Formel erwarten sollte. Der Grund hierfür ist wohl darin zu suchen, daß der erste Angriff der Säure in einer Addition des Protons an den nucleophilen Kohlenstoff besteht. Wir haben daher zu formulieren (+)

/S

(+)

H3NCH3

s=c< NSTHCH3

geht die Reaktion in der aromatischen Reihe gleich weiter, und zwar so, daß das als erstes Produkt entstehende Dithiocarbaminat unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff P h e n y l s e n f ö l bildet, das seinerseits ein zweites Mol. Amin zum D i a r y l t h i o h a r n s t o f f anlagert. (—) (+) J3 H3NC6H6 S=C C6H6SH + 2H 2 0 + HCl . Auch die Sulfinsäuren lassen sich in dieser Weise reduzieren. 6. Thiophenol In einem mit Rückflußkühler durch einen Anschützaufsatz verbundenen Rundkolben übergießt man auf dem siedenden Wasserbad 20 g fein granulierten Zinns mit 50 ccm konzentrierter Salzsäure und läßt dazu nach und nach aus einem Tropftrichter 8 g Benzolsulfochlorid fließen. Wenn die Hauptmenge des Zinns gelöst ist, treibt man das gebildete Mercaptan mit Wasserdampf über, nimmt es mit Äther auf, den man über Natriumsulfat trocknet und dann abdampft. Das zurückbleibende Thiophenol wird destilliert und geht fast vollständig bei 173° über. Es ist nötig, mit dem stark stinkenden Stoff nur unter einem gut ziehenden A b z u g oder im S t i n k r a u m umzugehen. Vor allem bringe man nichts davon an die Hände und an die Kleider, da der Geruch tagelang haften bleibt. 12

G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.

3H. Aufl.

Aldehyde

178

Die g e s c h w e f e l t e n A l k o h o l e sind ausgesprochene Säuren. Die Alkalisalze der aliphatischen Mercaptane werden zwar durch Wasser sehr weitgehend hydrolytisch gespalten, die aromatischen dagegen können mit Alkali und Phenolphthalein scharf titriert werden. Charakteristisch sind die gelben Blei- und die farblosen Q u e c k s i l b e r s a l z e . Zum Nachweis der aliphatisch gebundenen SH-Gruppe ist die intensive Farbreaktion mit alkalischer N i t r o p r u s s i d n a t r i u m - L ö s u n g besonders geeignet. Versuch: Man versetzt die alkoholischen Lösungen von Bleiacetat und Quecksitt>er-2-chlorid jeweils mit einigen Tropfen Thiophenol. Bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der das Wasserstoffatom vom Schwefel abgelöst wird (Analogie mit H 2 S); schon durch den Sauerstoff der Luft, sofort aber durch gelinde Oxydationsmittel werden die Mercaptane in die A r y l - bzw. A l k y l d i s u l f i d e übergeführt: 2R • SH • R - S—S - R . Versuch: Einige Tropfen Thiophenol werden mit einigen com stark verdünnter Ammoniaklösung auf einem Uhrglas am Wasserbad langsam zur Trockne verdampft (Abzug!). Es hinterbleibt ein ö l , das beim Erkalten kristallinisch erstarrt: Phenyldisulfid v o m Schmelzpunkt 61°. Durch Reduktion gehen die Disulfide unter Aufnahme von Wasserstoff wieder in die M e r c a p t a n e über. Ein biologisches Beispiel für diese Beziehungen liegt im C y s t e i n - C y s t i n vor: HOOC—CH—CH. 2HOOC—CH—CH2 |

|

NH 2 SH

-2H , «

NH 2 |

+2H

Cyatein

NH 2 S |

Oystin ,

|

HOOC—CH—CH2 ferner im G l u t a t h i o n (Hopkins), einem Tripeptid, in dem die NH 2 -Gruppe des Cysteins noch amidartig mit dem von der NH 2 -Gruppe entfernteren Carboxyl der Glutaminsäure, seine Carboxylgruppe mit dem NH 2 von Glykokoll verknüpft ist. Cystin gehört zu den Bausteinen des Eiweißes; präparativ wird es durch Säurehydrolyse von Keratin (aus Haaren oder Horn) dargestellt. Mit Chlor setzen sich die aromatischen Mercaptane zu A r y l s c h w e f e l c h l o r i d e n um (Zincke); Phenylschwefelchlorid ist eine tiefrote Flüssigkeit von großer Reaktionsfähigkeit (Lecher): CeH6SH-fCl2 • C,H6SC1 + HC1 Durch energische Oxydation werden aus den Mercaptanen die S u l f o n s ä u r e n zurückgebildet.

V. Aldehyde 1. Formaldehyd 1 Das etwa 10 cm lange, etwas nach oben umgebogene Ansatzrohr eines Fraktionierkolbens von 250 ccm ist an der Spitze zu einer Capillare von 1—1,5 mm lichter Weite ausgezogen und steckt, durch einen Kork ver1 T o l l e n s , B. 19, 2133 (1886). Die Erläuterungen zu 1., 2. und 3. sind mit den Versuchen zusammengefaßt auf S. 184 ff.

Formaldehyd

179

bunden, in einem etwa 30 cm langen Stück Verbrennungsrohr (Fig. 52). Eine 4 cm lange Kupferspirale, die in das Rohr eingeschoben wird, befindet sich 6 cm von der Capillare entfernt. Das Rohr ist unter kleinem Winkel aufwärts gerichtet und am oberen Ende mit einem mittelgroßen, nach abwärts gerichteten Kühler (zweckmäßig Schlangenkühler) verbunden. An diesen sind zwei aneinander geschaltete Vorlagen angeschlossen, die während des Versuchs tief in einer Kältemischung stehen. Das kurze Ansatzrohr der zweiten Vorlage wird mit der Pumpe verbunden. In den Fraktionierkolben, der möglichst tief in ein Wasserbad

Fig. 52

von genau 46—47° eingesenkt ist, füllt man 100 ccm Methylalkohol und setzt dann mit einem Gummistopfen ein bis nahe zum Boden reichendes Glasrohr ein, durch das die Luft eingesaugt wird. Nachdem man damit begonnen hat, erwärmt man die Kupferspirale, anfangs vorsichtig, mit der Flamme, bis bei Rotglut die Reaktion in Gang kommt. Nun muß der Luftstrom so reguliert werden, daß die Spirale ohne weitere Wärmezufuhr in ganz schwachem Glühen bleibt. Bei dieser Anordnung bleiben Explosionen vollständig aus. Bei zu niederer Temperatur des Heizbades (42—44 ) wird zwar die Explosionsgrenze des Gemisches Methylalkohol-Luft erreicht, aber die Flamme gelangt nur bis zur Capillare, weil die große Strömungsgeschwindigkeit in ihr das weitere Zurückschlagen verhindert. (Vergleich mit dem Bunsenbrenner, in dem das Zurückschlagen auch nur bei zu langsamer Strömung eintritt.) Die beiden Vorlagen enthalten, nachdem aller Holzgeist verdampft ist, 110—115 ccm einer 30—32-proz. Formaldehydlösung; eine kleine Menge Formaldehyd kann noch in einer dritten, mit wenig Wasser beschickten Vorlage aufgefangen werden. Das Nachstehende enthält einige, bei der Ausführung von Gasreaktionen zu beachtende Punkte. 12*

180

Aldehyde

Zur Dehydrierung von einem Mol Methylalkohol braucht man % Mol Sauerstoff, also auf 1 Vol. Alkohol % Vol. Sauerstoff oder 2% Vol. Luft. Das stöehiometrische Gemisch muß also auf 1 Vol. Methylalkohol 2% Vol. Luft enthalten oder 28,5% Methylalkohol. Da sich die Volumina wie die Partialdrucke verhalten, muß die Verdampfungstemperatur so eingestellt werden, daß der Dampfdruck des Holzgeistes 28,5% des Atmosphärendrucks, also ungefähr 210 mm Quecksilber ausmacht. Die Dampfdrucke der bekannteren Stoffe bei verschiedenen Temperaturen findet man in: L a n d o l t - B ö r n s t e i n , Physikal.-chem. Tabellen, 5. Aufl. 1923 und Ergänzungsbände I, 1927; II. 1931; III, 1935. Mit der hier gewählten einfachen Vorrichtung wird volle Sättigung mit CH3OHDampf nicht erreicht, daher die etwas höhere Temperatur. G e h a l t s b e s t i m m u n g der e r h a l t e n e n F o r m a l d e h y d l ö s u n g . 5 ecm der Lösung werden, mit der Pipette entnommen, in einem Meßkolben mit Wasser auf 50 ccm aufgefüllt. D a v o n bringt man 20 com in einen Erlenmeyer von 250 ccm, setzt 30 ccm etwa 3-proz. Hydro 2HCOONa + H 2 + 2 H 2 0

Gehalt an Formaldehyd an. Wenn also z. B. 22,5 ccm NaOH bei Reaktion verbraucht wurden, so enthielten die 20 ccm ( = 2 ccm ursprünglichen Lösung) 22,5 • 30 mg = 0,675 g Formaldehyd, d. h. Lösung war 33,8-prozentig.

Bei dieser sehr bemerkenswerten Reaktion wird durch Addition von Hydroperoxyd an 2 Mol H2CO ein Zwischenprodukt der Konstitution HOH 2 C—0—0—CH a OH , das D i o x y m e t h y l - p e r o x y d gebildet, das man auch in kristallisierter Form isolieren kann, das aber mit Alkali außerordentlich leicht in F o r m i a t und W a s s e r s t o f f zerfällt: HOH2C • O • O • CH2OH + 2NaOH • 2HCOONa + H 2 + 2H a O (Näheres darüber siehe A. 431, 301 [1923.]) Über die Bestimmung des Formaldehyds mit A m m o n i a k vgl. S. 189. Die einfachen Aldehyde setzen sich mit neutralem Sulfit zu a l d e h y d s c h w e f l i g s a u r e m Salz um; dabei entsteht freies Alkali, dessen Titration auch eine Gehaltsbestimmung ermöglicht. 2. Acetaldehyd 1 a) A u s Ä t h y l a l k o h o l . Am zweckmäßigsten benutzt man einen 1 y 2 Liter-Kolben mit weitem seitlichem Ansatzstutzen; auch ein auf einem nicht zu kurzhalsigen Rundkolben d i c h t aufgesetzter Anschütz1 Zum Teil nach W e r t h e i m , Am. Soc. 44, 2658 (1922) und F r i c k e und H a v e s t a d t . Ang. Ch. 36, 546 (1923).

181

Acetaldehyd

aufsatz tut den Dienst. Das Ansatzrohr wird mit einem schräg stehenden großen Liebigkühler verbunden; von oben her gehen in den Kolben vermittels eines doppelt durchbohrten Gummistopfens ein bis zum Boden reichendes Glasrohr von 0,4 cm lichter Weite, durch das aus einer Stahlflasche (mit Reduzierventil) Kohlendioxyd eingeleitet wird, und ein Tropftrichter mit langem, ausgezogenem Rohr. Jenseits ist der Kühler mit einem mittelgroßen U-förmigen CaCl2-Rohr verbunden, das mit einem Schlangenkühler in Verbindung steht (Fig. 53). An ihn

CO,

Fig. 53

schließen sich zwei hintereinander geschaltete Vorlagen, deren jede 100 ccm absoluten Äther enthält und die in eine frisch bereitete EisKochsalzmischung eingestellt werden; deren Temperatur soll während des Versuchs nicht über —10° steigen. Im Rohr des ersten Kühlers, den man sehr langsam mit Wasser von etwa 26° durchströmt, hegt, durch einen im oberen Stopfen dicht eingeklemmten Bindfaden gehalten, ein Thermometer, dessen Kugel sich in der M i t t e der Kühlröhre befindet. Alle Verbindungen am A p p a r a t müssen vollkommen dicht sein. Der Schlangenkühler wird während der Operation mit Wasser von 5—10° gespeist, im Winter direkt aus der Leitung, an heißen Tagen läßt man das Leitungswasser vorher durch eine von außen mit Eis gekühlte Schlange fließen. Im Kolben werden nun 125 ccm Äthylalkohol mit etwa dem dritten Teil einer Mischung von 150 ccm ( = 270 g) Schwefelsäure und 250 ccm Wasser versetzt und zum Sieden erhitzt. In der Hauptmenge der verdünnten Schwefelsäure hat man unter Zugabe von 100 ccm Wasser 200 g Natriumpyrochromat gelöst; diese Lösung wird noch warm in den Tropftrichter gebracht, dessen Rohr man vollständig anfüllt. Nachdem der Tropftrichter aufgesetzt ist. läßt man seinen Inhalt mit

182

Aldehyde

mäßiger Geschwindigkeit in den eben siedenden Alkohol ausfließen; die auftretende Reaktionswärme macht die weitere Wärmezufuhr entbehrlich. Durch einen mäßigen Kohlendioxydstrom wird der gebildete Aldehyd aus der siedenden Lösung weggeführt und so der weiteren Oxydation entzogen. (Sein Dampfdruck ist bei der Temperatur im Kühler noch genügend groß, um die Kondensation bei rascher Strömung zu verhindern; diese erfolgt erst in den stark gekühlten Vorlagen.) Der Zufluß der Bichromatlösung wird so reguliert, daß das Gemisch ständig im Sieden bleibt, wobei das Thermometer im Kühlrohr die Temperatur von 25—30° zeigen soll. Sollte der Überdruck im Apparat von der Bichromatlösung nicht überwunden werden, so verzweigt man die C0 2 -Zuleitung durch ein T-Rohr und verbindet die Abzweigung durch ein Stückchen Schlauch (mit Klemmschraube zum Abschließen beim Nachfüllen des Tropftrichters) mit dem Tubus des Tropftrichters. Statt der Bombe kann man auch einen frisch beschickten Kippapparat verwenden, dem aber zur Überwindung des Überdrucks ein mit verdünnter Salzsäure gefülltes Steigrohr aufgesetzt sein muß.

Nach 30 Minuten ist das Einfließenlassen zu Ende, zehn weitere Minuten genügen, um den Aldehyd vollends zu entfernen. Dann löst man die Vorlagen ab und dreht nun erst das Ventil der C0 2 -Bombe zu. Da sich der im Äther aufgefangene Acetaldehyd nicht durch fraktionierte Destillation vom Lösungsmittel trennen läßt, führt man ihn in den kristallisierten A l d e h y d a m m o n i a k über. Man bringt den Inhalt der beiden Waschflaschen in einen kleinen Filtrierstutzen, der durch ein Kältegemisch gekühlt wird und leitet aus der Stahlflasche Ammoniakgas ein; als Einleitungsrohr verwendet man, den weiten Rohrteil tief in der Flüssigkeit, ein gerades CaCl2-Rohr, das man zur Verteilung der sich bildenden Kristalle öfters hin und her bewegt. Das Gefäß bedeckt man mit einem durchlochten Uhrglas, Karton oder Kupferdrahtnetz. Wegen des verdampfenden Äthers alle Flammen in der Nähe ausdrehen! Steht keine NH 3 -Bombe zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus konz. Ammoniak durch Erhitzen in einem Rundkolben (Brenner abschirmen); zum Trocknen muß ein mit Ätzkali und gutem Ätzkalk beschickter Trockenturm vorgeschaltet werden. Den Bedarf an NH 3 berechne man gemäß dem Nachstehenden (kleiner Überschuß). Um nicht allzu viel Ammoniak zu verschwenden, überlege man sich, wieviel Liter Ammoniak zu der Bindung des als Höchstausbeute (60 g) zu erwartenden Aldehyds gebraucht werden. 60 g Aldehyd sind 60/44 = 1,36 Grammol und entsprechen 30 Litern (warum ?). Unter Berücksichtigung des Einflusses von Druck und Temperatur, der durchschnittlich 10% ausmacht, wird man also ungefähr 33 L i t e r A m m o n i a k nötig haben. Man eicht nun den NH 3 -Strom der Bombe ein für allemal angenähert so, daß man mit der Uhr genau ermittelt, in welcher Zeit ein NH 3 -Strom von bestimmter, gleichzeitig abgelesener Blasengeschwindigkeit (kleiner Blasenzähler mit konz. KOH oder Quecksilber) 42 ccm mit Methylorange gefärbter n- Salzsäure (im Meßzylinder abgemessen) neutralisiert. In dieser Zeit ist bei der abgelesenen Blasenfolge etwa 1 Liter NH S der Stahlflasche entströmt.

Man leitet etwa 30 mal so lang NH 3 in die ätherische Aldehydlösung ein, läßt dann noch 1 Stunde zur Vollendung der Kristallisation stehen,

Acetaldehyd

183

prüft eine abgegossene Probe im Reagenzglas, ob beim weiteren Einleiten von NH 3 noch eine Fällung entsteht, und saugt, wenn dies nicht der Fall ist, den Aldehydammoniak auf der Nutsche ab. Der Niederschlag wird zum Schluß noch einige Male mit absolutem Äther gewaschen und dann zuerst auf Filtrierpapier, schließlich im nichtevakuierten Schwefelsäureexsiccator getrocknet. Das t r o c k e n e Präparat ist, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit haltbar; unreine Präparate zersetzen sich nach wenigen Tagen unter Braunfarbung. Ausbeute 50—60 g. U m r e i n e n A l d e h y d zu gewinnen, werden 25 g Aldehydammoniak in 25 ccm Wasser gelöst, mit einer erkalteten Mischung von 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 40 ccm Wasser versetzt und auf dem Wasserbade durch ein U-förmiges CaCl2-Rohr, das bei tiefer Außentemperatur schwach erwärmt wird, und durch einen gut wirkenden Schlangenkühler abdestilliert. Um die Autoxydation des Acetaldehyds hintanzuhalten, füllt man die Apparatur vor der Destillation mit C0 2 , leitet aber, wegen seines hohen Dampfdrucks, erst am Ende der Operation wieder ganz kurz einen langsamen C0 2 -Strom hindurch. Da der Aldehyd bei 21° siedet, so muß die Vorlage, welche mit dem Kühlrohr durch einen Kork verbunden ist, durch Eis und Kochsalz gut abgekühlt werden. Die auszuführenden Versuche siehe S. 185ff. b) A u s A c e t y l e n Obwohl die unter a) beschriebene Hauptmethode präparativ allein in Betracht kommt, führen wir auch das technisch weit wichtigere Verfahren der H y d r a t a t i o n des A c e t y l e n s a n ; e s sollte von Zeit zu Zeit auch ausgeführt werden.

5 g Quecksilberoxyd werden in der noch heißen Mischung von 110 ccm Wasser und 50 ccm konz. Schwefelsäure zum größten Teil aufgelöst, das Ganze in eine große Schüttelbirne (Fig. 57, S. 329) gebracht und einige Zeit mit Acetylen geschüttelt, das man aus Calciumcarbid bereitet, mit saurer Bichromat- und Kupfernitratlösung gereinigt und in einem Glasgasometer von 10—15 Liter Inhalt über gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen hat. Vor dem Schütteln muß die Luft durch den Kohlenwasserstoff verdrängt sein. Unter Umständen kann man die Absorption auch auf der Schüttelmaschine in einer aufrecht eingespannten, dickwandigen Flasche vor sich gehen lassen; nach Verdrängung der Luft durch C2H2 wird der Gummistopfen, der das Zuleitungsrohr führt, mit Draht festgebunden. In 8—10 Stunden werden bis zu 10 Liter Acetylen aufgenommen, die farblose quecksilberhaltige Zwischenverbindung beginnt sehr bald sich abzuscheiden. Sie wird nach Beendigung des Einleitens in einem Rundkolben, in den man das ganze Reaktionsgemisch übergeführt hat, und der auf einem Babo-Trichter geheizt wird, durch eingeleiteten Wasser-

184

Aldehyde

dampf zerlegt; gleichzeitig destilliert der gebildete Aldehyd über, und zwar führt man diese Operation in einer ähnlieh zusammengestellten Apparatur aus, wie sie unter a) beschrieben ist. Es genügt, eine in Kältemischung gekühlte Auffangflasche mit Äther vorzulegen. Fällung des Aldehyds aus der Ätherlösung als Aldehydammoniak wie oben beschrieben. Ausbeute daran 5—6 g. 3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid In 50 g (0,55 Mol) siedendes Toluol leitet man in gleicher Weise, wie dies für die Darstellung von Benzylchlorid (S. 92) angegeben ist, solange trockenes Chlor ein, bis eine Gewichtszunahme von 40 g (0,6 Mol) eingetreten und die Temperatur auf 187° gestiegen ist. Es handelt sich lediglich um die Fortsetzung jener Reaktion. Das erhaltene rohe Benzalchlorid kocht man in einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen Rundkolben unter Einleiten eines schwachen COr Stromes mit 500 ccm Wasser und 150 g gefälltem Calciumcarbonat (oder Schlämmkreide, oder feinpulverisiertem Marmor) 4 Stunden lang im ölbade von 130° (Thermometer im öl). Dann nimmt man den Kolben aus dem Ölbad heraus und treibt aus dem noch heißen Gemisch den Benzaldehyd mit Wasserdampf über. Zuerst saugt man nun den Kolbenrückstand auf der Nutsche heiß ab und säuert das Filtrat mit konzentrierter Salzsäure stark an. Beim Abkühlen scheidet sich dann Benzoesäure als Nebenprodukt der Reaktion in glänzenden Blättern ab. Sie wird abgesaugt und aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzpunkt 121°. Benzoesäure ist mit Wasserdampf etwas flüchtig. Das Wasserdampfdestillat wird zweimal mit nicht zu viel Äther ausgeschüttelt, die unter Umständen eingeengte Ätherlösung unterschichtet man in einer Pulverflasche unter Umrühren mit dem Glasstab nach und nach mit technischer Natriumbisulfitlösung, die zu einem steifen Brei der Aldehyd-Additionsverbindung erstarren muß. Man schüttelt hierauf mit aufgesetztem Stopfen, den man von Zeit zu Zeit lüftet, energisch durch, bis aller Benzaldehyd gebunden ist (Geruch!), saugt dann ab, wäscht mit Äther nach und zersetzt alsbald das feste Salz durch Eintragen in überschüssige Sodalösung, aus der man dann ohne Pause den freigemachten Aldehyd mit Wasserdampf abbläst. Das Destillat wird ausgeäthert, nach dem Trocknen der Ätherlösung mit wenig CaCl2 wird der Äther abgedampft und dann der Benzaldehyd überdestilliert. Siedepunkt 179°. Ausbeute 35—40 g (70% d. Th.). Wegen der großen S a u e r s t o f f e m p f i n d l i c h k e i t des Präparates müssen alle Operationen schnell hintereinander ausgeführt werden. E r l ä u t e r u n g e n und Versuche zu V, 1, 2 u. 3 Die niederen Glieder der A l d e h y d e sind farblose, stechend riechende Flüssigkeiten, die sich mit Wasser mischen; die mittleren ebenfalls flüssig, in Wasser jedoch

Erläuterungen und Versuche

185

nicht mehr leicht löslich; die hochmolekularen feste, kristallisierte Stoffe. Die Siedepunkte der Aldehyde liegen bedeutend niedriger als die der entsprechenden Alkohole: iCH3 • CHO Siedepunkt 21" \CH 3 • CH2 • OH Siedepunkt 78° CH3 • CH2 • CHO Siedepunkt 50° CH„ • CH2 • CH2 • OH . . . Siedepunkt 97° Die aromatischen Aldehyde riechen angenehm (Bittermandelöl, Vanillin, Piperonal). Die allgemeinste D a r s t e l l u n g s m e t h o d e der Aldehyde besteht in der Wegnahme zweier Wasserstoffatome aus einem primären Alkohol (alcohol dehydrogtnatus); ebenso entstehen aus sekundären Alkoholen Ketone. Da der Wasserstoff präparativ allgemein durch ein Oxydationsmittel weggenommen wird, so erscheint der Prozeß als O x y d a t i o n . Jedoch können Alkohole bei höherer Temperatur auch k a t a l y t i s c h in Aldehyde und Wasserstoff zerlegt werden. Die Beteiligung des Kupfers bei der Formaldehydbereitung (nach O. Loew) beruht auf der Wasserstoffabspaltung ( D e h y d r i e r u n g ) , und die beigemengte Luft hat die Aufgabe, den Wasserstoff zu verbrennen und so aus dem Gleichgewicht: zu entfernen.

CH3OH

H 2 C = 0 + 2H

S u b s t a n z e n mit d r e i f a c h e r Bindung nehmen in schwefelsaurer Lösung, namentlich bei Gegenwart von Quecksilber (Il)-Salzen, die Elemente des Wassers auf. So bildet sich im einfachsten Fall aus A c e t y l e n selbst A c e t a l d e h y d , eine Reaktion, die oben durchgeführt wurde.

HC=CH

HC=CH I > O I HgO—S0 2

H,C—GH I II • I O HgO • S0 3 H

• H 3 C - € H + HgS0 4 . l| 0

Große technische Bedeutung dieses Prozesses für die Synthese des künstlichen Kautschuks und der E s s i g s ä u r e . Die Aldehyde sind leicht weiter oxydierbar und wirken daher als R e d u k t i o n s m i t t e l gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen Fehlingsche Lösung. Versuch 1: Man verdünne einige Tropfen Formaldehyd oder Acetaldehyd mit einigen ccm Wasser, gebe eine kleine Menge ammoniakalischer Silberlösung zu und verteile auf 2 Reagenzgläser. In das eine läßt man einen Tropfen Natronlauge einfallen; sofortige Abscheidung von metallischem Silber. Die andere Lösung scheidet erst nach einigem Stehen in der Kälte, rascher beim Erwärmen Silber aus. Die Oxydationswirkung von ammoniakalischer Silberlösung wird also durch Natronlauge sehr erheblich gesteigert ( T o l l e n s ) . Man prüfe gleichzeitig die Reduktionswirkung gegen Fehlingsche Lösung. Durch Oxydation gehen die Aldehyde in C a r b o n s ä u r e n über, und zwar bildet diese Reaktion die direkte Fortsetzung der Dehydrierung der Alkohole. Es reagiert nämlich mit dem Oxydationsmittel das durch Addition von Wasser entstandene A l d e h y d h y d r a t , nicht der Aldehyd selbst, z. B.:

Aldehyde

186

OH CH 3 —C=0 H

o / 0 H o ' ° » CH3 • C< -——. | xOH H

H H

1

CH3 • C = 0 + H a O

Der Übergang von Äthylalkohol über Acetaldehyd zu Essigsäure bildet den chemischen Ausdruck der E s s i g s ä u r e g ä r u n g ; hier benützen die Essigsäurebakterien den Sauerstoff der Atmosphäre zur Bindung des Wasserstoffs. Daß hierbei nicht der Sauerstoff, wie man früher annahm, aktiviert wird, sondern der abzuspaltende Wasserstoff, lehrt ein Versuch, nach dem die Essigsäurebakterien auch bei Auss c h l u ß von S a u e r s t o f f , der durch Chinon ersetzt wird, aus Alkohol Essigsäure erzeugen. Das Chinon wird dabei zu Hydrochinon hydriert. CH3 • CH2OH + 2 0 = /

\=0+H20

• CH3 • COOH + 2 H 0 < ^

^>0H

Der Acetaldehyd spielt eine wichtige Rolle als Zwischenprodukt bei der alkoholischen Gärung. Die Aldehyde sind in hervorragendem Maß der Autoxydation, d. h. der Vereinigung mit mol. Sauerstoff zugänglioh. Der Mechanismus dieser Reaktion, die in den Carbonsäuren die stabile Endstufe findet, ist ein gänzlich anderer als der der Oxydation mit Chromsäure, Permanganat, Silberoxyd, die am Aldehydhydrat angreift. Zwischenprodukt ist die Persäure, die beim Acetaldehyd leicht nachweisbar ist durch die sofortige Jodausscheidimg aus Jodkaliumlösung. Benzaldehyd reagiert besonders rasch mit Sauerstoff; die Benzopersäure — ihr jodometrischer Nachweis gelingt bei der Autoxydation verdünnter Lösungen — läßt sich mit Acetanhydrid abfangen (Nef): O O J> II II C,H6—C 2R-C/° x 00H NH 0H Die Bildung der Persäure erfolgt aber nicht einstufig unter Eintritt des Sauerstoffs in die CH-Bindung des Aldehyds, sondern vermutlich im Rahmen einer Radikalkette durch ständige Wiederholung der beiden folgenden Reaktionsschritte (Bäckström, Wittig): X

C,H 5 —C=0 + 0 2 .0 +c8H6-of — • x 00NH

CA-Ckf

,0

• C e H s —Cef ; x 0—0« Jd C,H,—of + C6H6-C=O x 0—OH

Die Anwesenheit des Peroxyd-Radikals C 6 H 5 —CO—00 • tut sich in einer die Persäure übersteigenden Oxydationskraft kund; die in Autoxydation begriffene Aldehydlösung vermag z. B. Anthracen zu Anthrachinon zu oxydieren.

Versuch 2: Einen com des frisch dargestellten Acetaldehyds schüttelt man einige Minuten lang in einem mit dicht schließendem Gummistopfen

Erläuterungen und Versuche

187

versehenen Zylinder. Die Hälfte gießt man in wenig verdünnte Kaliumjodidlösurvg, zur anderen Hälfte fügt man die 2- bis 3-fache Menge Wasser und prüft dann mit Lackmuspapier auf die entstandene Essigsäure. Man wird finden, daß der mit Wasser versetzte Aldehyd nach einigem Stehen kaum mehr Jod aus Kaliumjodidlösung freimacht. Versuch 3: Einige Tropfen Benzaldehyd lasse man eine Stunde lang auf einem Uhrglas an der Luft stehen. Präparativ ist der Weg von den p r i m ä r e n A l k o h o l e n zu den Aldehyden weitaus der bevorzugte, wenigstens in der Fettreihe. Die einfachen aromatischen Aldehyde werden durch alkalische Verseifung der aus den Kohlenwasserstoffen durch Chlorsubstitution zugänglichen A r y l i d e n c h l o r i d e R-CHC12 gewonnen (technische Darstellung von Benzaldehyd). Außerdem ist die im Sinne der F r i e d e l C r a ft ssehen Reaktion verlaufende elegante Synthese von G a t t e r m a n n - K o c h hier zu erwähnen, bei der der a r o m a t i s c h e K o h l e n w a s s e r s t o f f mit K o h l e n o x y d und HCl bei Gegenwart von Aluminiumchlorid und Cuprochlorid umgesetzt wird:

An Stelle von Kohlenoxyd kann auch B l a u s ä u r e ( G a t t e r m a n n ) oder K n a l l s ä u r e (in Gestalt von Knallquecksilber, Scholl) angewandt werden, wobei als Primärprodukt Imin bzw. Oxim entsteht. Nach einer Methode von V i l s m e i e r 1 wird die Aldehydgruppe über das Amidchlorid von N - Methyl - formanilid CeH6N( CH3) • CHC12 in reaktionsfähige cyclische Verbindungen eingeführt (Synthese von p-Dimethylaminobenzaldehyd und /?-Indolaldehyd). Von den Carbonsäuren her führt keine ganz allgemeine Reaktion auf die Stufe der Aldehyde zurück; in manchen Fällen erlauben die S ä u r e c h l o r i d e den Ersatz des Chlors durch katalytisch mit Palladium erregten Wasserstoff ( R o s e n m u n d ) : C6H5 • C = 0 2 H CeH6 • C = 0 + HCl. H C1 Die gleiche Reduktion läßt sich zuweilen vorteilhaft von der Stufe des Säureimid-chlorids (aus Säureamid und PC16) aus mit Zinnchlorür oder mit Chromosalz erzielen. Auch Nitrile sind unter gewissen Bedingungen zu Aldehyden zu reduzieren. Eine andere Möglichkeit, die schon bei vielen Synthesen wertvolle Dienste geleistet hat, besteht darin, daß man E s t e r durch energische Reduktion mit viel metallischem Natrium und wenig Alkohol in der Hitze zu den entsprechenden Alkoholen reduziert ( B o u v e a u l t - B l a n c ) und diese in der üblichen Weise zu den Aldehyden oxydiert. Alle diese Methoden übertrifft weitaus an Eleganz und Einfachheit der Durchführung die Reduktion von Carbonsäuren (auch Säurechloriden, Amiden, Estern) zur Alkoholstufe mit Lithium-Aluminium-hydrid LiAlH4 (Schlesinger) 2 . Sekundäre Säureamide, z. B. Piperidide werden hierbei nur bis zur Aldehydstufe reduziert 3 .

Versuch 4: F a r b r e a k t i o n mit f u c h s i n s c h w e f l i g e r Säure. Man löst ein Körnehen Fuchsin heiß in viel Wasser zu einer etwa 0,2-proz. Lösung und gibt in der Kälte nach und nach starke wäßrige schweflige Säure hinzu, bis nach einigem Stehen Entfärbung eingetreten ist. Die Lösung hält sich, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit. Man prüfe 1 2 3

B. 60, 119 (1927); F. F. Nord, J . org. Chem. 13, 635 (1948). Am. Soc. 69. 1197, 2548 (1947); Organio Reactions VI, 469. F. W e y g a n d u. Mitarb. Ang. 65, 525 (1953).

Aldehyde

188

mit Formaldehyd und Acetaldehyd die Empfindlichkeit der Farbreaktion an einer jeweils stärker zu verdünnenden Aldehydlösung. Bei der Prüfung von in Wasser schwer löslichen Aldehyden, wie Benzaldehyd, setzt man etwas Alkohol zu. Der Alkohol ist vorher zu prüfen, da er nach längerem Stehen, namentlich am Licht, nachweisbare Mengen von Acetaldehyd enthält. Die Farbreaktion des Formaldehyds wird durch konzentrierte Salzsäure rein blau, während sie bei anderen Aldehyden unter diesen Umständen fast ganz zurückgeht (Unterscheidung von F o r m a l d e h y d und A c e t a l d e h y d ) . Die Farbreaktion mit fuchsinschwefliger Säure erlaubt eine scharfe U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n A l d e h y d e n und K e t o n e n . G l u c o s e reagiert in verdünnter wäßriger Lösung negativ. Über den Mechanismus der Farbreaktion siehe B. 54, 2527 (1921). Yersuch 5: D i e R e a k t i o n v o n A n g e l i - R i m i n i . Einige Tropfen Aldehyd (eines beliebigen der dargestellten) werden in wenig aldehydfreiem 1 Alkohol gelöst mit etwa der gleichen Menge Benzsulfhydroxamsäure (Darstellung S. 169) versetzt; bei den aliphatischen wendet man die doppelte Menge an. Hierauf fügt man unter Kühlung und Umschütteln etwa i/2 ccm 2n-Natrordauge zu und läßt 15 Minuten stehen, macht dann mit verdünnter Salzsäure eben congosauer und versetzt schließlich mit einem Tropfen Eisenchloridlösung. I n t e n s i v e R o t färbung. Es ist auf S. 170 erwähnt, daß Benzsulfhydroxamsäure durch Alkali in Benzolsulfinsäure und den sehr unbeständigen Stoff N i t r o x y l 0 = N H zerlegt wird. Erfolgt die Bildung von Nitroxyl bei Gegenwart eines Aldehyds, so addiert es sich an die Carbonylgruppe und es entsteht eine H y d r o x a m s ä u r e , die sich und damit auch den Aldehyd, durch ihre intensive Eisenchloridreaktion verrät. OH C6H6 • C = 0 + H N = 0 H

• (C6H6— C / \

0 1

^

> C6H6 -C=I\rOH

H\N0/

yOn Wenn man das Nitroxyl als Hydrat, als D i o x y a m m o n i a k

N—OH

\H formuliert, so wird die Übereinstimmung der Reaktion mit der Bildung der Aldoxime aus Aldehyd und Hydroxylamin noch klarer. Nitroxyl entsteht auch durch alkalische Spaltung aus N i t r o h y d r o x y l a m i n - n a t r i u m (Angeli): Na0 2 N=N—OH

,

0=N—ONa + 0 = N H .

An die anderen Reaktionen der außerordentlich reaktionsfähigen Aldehyde: Reduktion zu A l k o h o l e n , Bildung von H y d r a z o n e n , Oximen, S e m i c a r b a z o nen, B i s u l f i t v e r b i n d u n g e n , A c e t a l e n , Anlagerung von Blausäure zu Cyanhydrinen, sei hier nur erinnert. 1

Dies ist natürlich nur im Ernstfall von Wichtigkeit, wenn eine unbekannte Substanz auf ihre Aldehydnatur zu prüfen ist.

Erläuterungen und Versuche

189

Versuch 6 : R e a k t i o n m i t A m m o n i a k . 10 ccm des dargestellten Formaldehyds werden mit einem kleinen Überschuß v o n Ammoniak vermischt und in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad eingedampft. Die zurückbleibenden farblosen Kristalle sind Hexamethylentetramin (CH 2 ) 6 N 4 (Urotropin). Diese Umsetzung verläuft quantitativ. Man führe sie quantitativ durch und vergleiche das Ergebnis mit dem titrimetrisch erhaltenen. Acetaldehyd vereinigt sich mit Ammoniak, wie präparativ festgestellt wurde, zu Aldehydammoniak .OH CH3 • C< H NNH 2 Benzaldehyd gibt das sog. H y d r o b e n z a m i d H c6h6c=nx >CH • C6H5 c6h6c=n/ H Die Reaktionsprodukte der drei Aldehyde sind demnach grundverschieden, aber der Verlauf ihrer Bildung beginnt jeweils mit einer Addition: H — c = O + NH 3 • — •

H ^OH —c Nnh»' die beim Acetaldehyd stehen bleibt, in den anderen Fällen aber unter Wasserabspaltung zu weiteren Umsetzungen führt. Versuch 7 : Einige Tropfen Benzaldehyd werden im Reagenzrohr mit der dreifachen Menge technischer Bisulfitlauge kräftig durchgeschüttelt. Die ausgeschiedenen Kristalle sind die Natriumbisulfitverbindung des Benzaldehyds. Die B i s u l f i t v e r b i n d u n g e n entstehen nach folgender Gleichung: .OH RCO + HS0 3 Na • RC< H H\S03Na Sie sind die Salze von a - O x y s u l f o n s ä u r e n , deren Sulfongruppe unter dem Einfluß des benachbarten Hydroxyls gelockert ist. In gleicher Weise wird auch die Haftfestigkeit von Halogen durch die am gleichen C-Atom gebundene OH-Gruppe \ /C1 herabgesetzt: Chloralkohole der Konstitution /CCH • CHO unter dem katalytischen Einfluß verR/ dünnter Alkalien oder Säuren erfahren. Es kommt hier zum Ausdruck die durch die benachbarte CO-Gruppe induzierte Beweglichkeit von «-ständigem Wasserstoff, die zur Addition an die ebenfalls sehr reaktionsfähige C=0-Gruppe einer zweiten Molekel Veranlassung gibt: Hal\ o . {o

/al er

o

II--' 7 I + II (al = £ AI) R—C\ C(CH3)2 R-C-H C(CH3)2 H ---I I H H Da die Reaktion umkehrbar (Methode von O p p e n a u e r , S. 334/335) ist, ist es notwendig, die gebildete Carbonylverbindung (durch Destillation) aus der Lösung zu entfernen. 5. Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd 10 g Benzaldehyd (frisch destilliert), mit 25 ccm Alkohol vermischt, werden mit einer Lösung von 2 g Kaliumcyanid in 5 ccm Wasser versetzt und am Rückflußkühler auf dem Wasserbad 5 Minuten lang gekocht. Man läßt dann langsam erkalten, filtriert die abgeschiedenen Kristalle ab, wäscht sie mit etwas Alkohol nach und trocknet sie auf dem Wasserbad. U m ganz reines Benzoin zu erhalten, kristallisiert man eine kleine Probe des Rohprodukts aus wenig Alkohol um. Schmelzpunkt 134°. Ausbeute etwa 90% der Theorie. a) B e n z i l a u s B e n z o i n Das bei der vorigen Reaktion erhaltene rohe Benzoin wird nach dem Trocknen fein pulverisiert und in einem offenen Kolben unter häufigem Umschütteln mit seinem doppelten Gewicht reiner konzentrierter Salpetersäure iy2—2 Stunden auf einem lebhaft siedenden Wasserbad erhitzt. Nach beendeter Oxydation versetzt man das Reaktionsgemisch mit kaltem Wasser, gießt nach dem Erstarren die verdünnte Salpetersäure ab, wäscht mehrmals mit Wasser nach, trocknet auf Ton und kristallisiert aus Alkohol um. Die abgeschiedenen Kristalle trocknet man nach dem Abfiltrieren an der Luft auf Filtrierpapier. Schmelzpunkt des Benzils 95°. Ausbeute etwa 90% der Theorie. In der sog. Acyloin- oder B e n z o i n k o n d e n s a t i o n liegt eine weitere interessante Aldehydreaktion vor, die in der aromatischen Reihe unter der Einwirkung von Kaliumcyanid erfolgt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich dabei als Zwischenprodukt die Kaliumverbindung des Cyanhydrins bildet. Hier haben wir, analog wie beim Benzylcyanid (S. 225), ein bewegliches H-Atom, das in alkalischem Medium zu einer aldolartigen Kondensation mit einer zweiten Aldehydmolekel geeignet ist:

Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd

195 i

C6He — c =

H

6

Das Kondensationsprodukt geht dann unter Abspaltung von Cyanid in Benzoin über. Die katalytische Beteiligung des Kaliumcyanids ist augenfällig. Man mache sich den Unterschied zwischen dieser Reaktion und der Cyanhydrin- Synthese klar. Wie Benzaldehyd reagieren seine Substitutionsprodukte (Anisaldehyd gibt A n i soin) und auch Furfurol (Furoin). Die Acyloin-Synthese ist deshalb f ü r die aromatischen Aldehyde besonders charakteristisch, weil hier das tertiäre C-Atom am Kern die an sich viel begünstigtere Aldolkondensation nicht zuläßt. Ihren einfachsten Ausdruck treffen wir übrigens schon beim F o r m a l d e h y d (S. 191); G l y k o l a l d e h y d ist das einfachste Acyloin. Dann entstehen diese Verbindungen in der Fettreihe bei der Einwirkung von Natrium oder Kalium auf Säureester 1 , daher auch als Nebenprodukte bei der Acetessigester- Synthese. Aus a,a>-Dicarbonsäureestern lassen sich auf dem gleichen Weg cyclische Acyloine gewinnen ( P r e l o g ) . Endlich hat man auch in der lebenden Zelle Hilfsmittel zur Acyloin-Synthese aufgefunden, Enzyme (sog. C a r b o l i g a s e n ) , durch welche die Vereinigung zweier Aldehydmolekeln im Sinne der Acyloinbildung gerichtet wird. So wird Benzaldehyd in gärender Hefe durch das Zwischenprodukt des Gärprozesses, den Acetaldehyd, zu dem (optisch aktiven) B e n z a c e t o i n C6H6• CHOH• CO• CH3 kombiniert. Setzt man Acetaldehyd selbst zu, so entsteht A c e t o i n (Neuberg). Die Acyloine stehen als a-Oxyketone in gewisser Beziehung zu den K e t o s e n . Wie diese reduzieren sie Fehlingsche L ö s u n g und gleich ihnen werden sie durch Phenylhydrazin in O s a z o n e übergeführt.

Versuch: Man kocht 1 g Benzoin in konz. alkoholischer Lösung mit 1,5 ccm Phenylhydrazin einige Zeit auf dem Wasserbad. Nach dem Erkalten kristallisiert das Osazon des Benzils aus. Schmelzpunkt 225°. Man weise das bei der Reaktion entstandene Ammoniak nach. Formulierung des Vorgangs.

Die gleiche Verbindung entsteht aus B e n z i l mit Phenylhydrazin und auch durch Autoxydation von B e n z a l d e h y d p h e n y l h y d r a z o n (Busch). Über Bildung der Osazone aus a-Oxyketonen (und -aldehyden) wird noch auf S. 258 gehandelt werden. Die präparative Bedeutung der Acyloine beruht auf ihrer Eigenschaft als Zwischenglieder für die Darstellung vieler 1,2-Diketone. Der einfachste aromatische Vertreter dieser Gruppe ist das B e n z i l (analog Anisil, Furil usw.), gleichwie der aliphatische Grundkörper, das D i a c e t y l CH 3 -CO-CO-CH 3 (und auch das wasserfreie Glyoxal), gelb gefärbt. Zum Diacetyl gelangt man vom Äthylmethylketon aus über sein Monoxim (v. P e c h m a n n ) ; bemerkenswert ist die Kondensation von Diacetyl zu p - X y l o c h i n o n (formulieren!). Die Identität des Aromastoffs der Butter mit Diacetyl hat A. V i r t a n e n festgestellt. Die Nachbarstellung der beiden C=0-Gruppen ergibt sich aus der Kondensierbarkeit der Diketone mit o - P h e n y l e n d i a m i n zu Chinoxalinen (Hinsberg).

Versuch: Man löst je etwa 0,1 g Benzil und Benzoin im Reagenzglas in 10 ccm Alkohol und fügt in der Kälte einige Tropfen Lauge zu. Sofort entsteht eine prächtig r o t e F ä r b u n g , die beim Schütteln mit 1

B o u v e a u l t und L o c q u i n , B1.35, 629 (1906). 13»

196

Aldehyde

Luft verschwindet, nach kurzer Zeit aber wiederkehrt und durch Schütteln erneut zum Verschwinden gebracht werden kann. Der Wechsel der Farbe läßt sich öfters wiederholen. Wenn nach Zugabe einiger weiterer Tropfen Lauge die Färbung ausbleibt, ist kein Benzoin mehr in der Lösung. Ganz reines Benzil zeigt die Farberscheinung nicht. Diese merkwürdige Reaktion kommt dadurch zustande, daß Benzoin durch Alkalien teilweise zu seinem Dienolat, zu S t i l b e n d i o l k a l i u m C6H5• COK : COK-C6H5 umgelagert wird1. Dieses bei Ausschluß von Wasser in orangegelben Kristallen darstellbare Salz gibt mit Benzil die rote luftempfindliche Lösung, in der das R a d i k a l B e n z i l k a l i u m enthalten ist, das auch durch Anlagerung von metallischem Kalium an Benzil entsteht ( B e c k m a n n und P a u l 2 , Schlenk 3 ): C 6 H 6 —C=C—C 6 H 6 CeH5—C—C—C6H6 C8H6—C—C—CeHs I I + IMI - 2 || I 0(—) O(-) 0 0 O O(-) Das rote Radikal gehört der Klasse der Semichinone an (S. 276). Bei der Autoxydation wird das Radikal teils zu Benzil, teils zu B e n z o e s ä u r e oxydiert 4 . Die wichtigste Reaktion des Benzils und seiner Verwandten ist die schon von J . von L i e b i g entdeckte B e n z i l s ä u r e u m l a g e r u n g . b) B e n z i l s ä u r e Versuch 5 : r-5 g Benzil werden mit 15 ccm Alkohol und der Lösung von 5 g Ätzkali in 10 ccm Wasser 10 Minuten lang auf dem Wasserbad im Sieden gehalten. Nach dem Erkalten wird der Kristallbrei von benzilsaurem Kalium scharf abgesaugt, mit wenig Alkohol nachgewaschen und in 20—30 ccm kalten Wassers gelöst. Nach dem Filtrieren wird die klare Lösung in der Siedehitze mit verdünnter Schwefelsäure gefallt und die teilweise in Kristallen abgeschiedene freie Säure heiß abgesaugt und mit heißem Wasser gewaschen. Sie kann direkt aus viel heißem Wasser oder, nach dem Trocknen, aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 150°. Ausbeute etwa 4 g. Als erstes Stadium der Umlagerung, die gemäß der Gleichung: C6Hsx /OH C6H5 • CO • CO • C„H5 + KOH > >C< C„H/ COOK vor sich geht, tritt ein Additionsprodukt von Benzil mit einem Mol Alkalihydroxyd auf (Scheuing), von dem aus nun der Platzwechsel erfolgt: .. C6H5 C6HJ CfHs— C — C ()-—»• C6H5— C C 0>Hi*0 0H 0

OT

Phenanthrenchinon liefert in gleichlaufender Reaktion B i p h e n y l e n g l y k o l s ä u r e (formulieren). Die Benzilsäureumlagerung spielt außerdem bei anderen Verbindungen, wie z. B. beim Trichinoyl und bei den Tropolonen eine Rolle. 1 2 3 4

S c h e u i n g , A.440, 72 (1924). A. 266, 23 (1891). B. 46, 2840 (1913). Vgl. dazu A. W e i ß b e r g e r , H. Mainz und E. S t r a s s e r , B. 62, 1942 (1929).

Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd

197

Ihr verwandt ist die sog. P i n a k o l i n u m l a g e r u n g , die in Gegenwart von konz. Schwefelsäure abläuft: CH„ + H'(+) H3C. 1/ h3C/ 1 OH A ÓH r™' Pinakon

h3(\ /' >c—co HO/(+)

Plnakolln

Auch hier wird formal OH gegen einen Kohlenstoffrest, CHS, vertauscht. Die Umlagerung kommt dadurch zustande, daß eines der tert. Hydroxyle unter der Einwirkung eines Protons als H 2 0 herausgespalten wird. Das hierbei entstehende Kohlenstoff-Kation (Carboniumion) mit Elektronensextett lagert sich unter Einwanderung des benachbarten Substituenten in die Lücke zu einem neuen Kation um, das sich durch Abspaltung eines Protons zu Pinakolin stabilisiert. Die R e t r o p i n a k o l i n u m l a g e r u n g des Pinakolinalkohols zu Tetramethyläthylen ist nach einem analogen Ionenmechanismus zu formulieren:

HjCy H H3C^C—C—CHa HjC ÓH

+ H( +

)

H3a H H3C-7C—c—CH3

Pinakollnalkohol

T(+)

H,

jy

>C=c/

H«C\ 3 h3c

x H //CH. 3 \ n _ iC{

\ CHa

ch 3

\ CH.

Hierher gehört auch die Umformung des B o r n e o l s und seiner Derivate in den Camphentyp:

Camphen

Borneol

CH, CH,

(S™ Der einzige Unterschied zwischen den beiden Reaktionen besteht, wie man sieht, darin, daß die Doppelbindung sich gegen die Methylgruppe von a, b nach b, c verschoben hat. Zwischen a und b kann nämlich aus räumlichen Gründen keine Doppelbindung existieren, da gemäß der B red tachen R e g e l in einem bicyclischen Ringsystem von der Art des Camphens keines der beiden Ringen gemeinsamen C-Atome an einer ungesättigten Bindung teilnehmen kann. Die zweite angegebene Camphenformel stellt, wie der nähere Einblick lehrt, nur eine andere, übersichtlichere Schreibweise für den Kohlenwasserstoff dar. Über diese wichtigen Arbeiten, die hier nur kurz berührt werden können, unterrichte man sich aus den Arbeiten von H. Meerwein. Eine klare und umfassende Darstellung der molekularen Umlagerungen findet sich in W. H ü e k e l , Theoretische Grundlagen der organischen Chemie, 7.Aufl. Berlin 1954, B a n d l sowie in F. K l a g e s , Lehrbuch der organ. Chemie, Band II, Berlin 1954, S. 345.

198

Aldehyde

Nur eine präparativ sehr schöne Umlagerungsreaktion, die auch vom Benzil ausgeht, soll hier noch erwähnt werden, nämlich seine Überführung in D i p h e n y l k e t e n nach G. S c h r ö t e r (B. 42, 2346 [1909]). Das H y d r a z o n des Benzils wird durch Quecksilberoxyd (das man sich am besten selbst bereitet) zur Diazoverbindung, dem sog. „Azibenzil", dehydriert (Curtius, S t a u d i n g e r ) : CAHJ • CO • C • C„HS >• C 6 H 6 —CO—C—C 6 H 5 II II N • NH 2 N2 Erhitzt man dieses unter Ausschluß von Luft und Feuchtigkeit in Benzol, so spaltet es seinen Stickstoff ab, und der Rest lagert sich in D i p h e n y l k e t e n um: C 6 H 5 • c o — c — C6H5 — .

-

O=c=c/C°H'

N^H,

Die Abspaltung des Stickstoffs aus Diazoketonen erfolgt besonders leicht beim Belichten. Zum Diphenylketen gelangt man auch nach dem alten Verfahren von S t a u d i n g e r von der B e n z i l s ä u r e aus, indem man diese mit PC16 in D i p h e n y l c h l o r a c e t y l c h l o r i d verwandelt und aus ihm mit Zink die beiden Chloratome herausnimmt (formulieren!). Was ist Kohlensuboxyd ? Durch B l e i - t e t r a c e t a t nach Criegee wird Benzilsäure nach Art eines Glykols zu C0 2 und B e n z o p h e n o n dehydriert. Man führe den Versuch in der auf S. 109 beschriebenen Weise aus und isoliere das Benzophenon, indem man den nach dem Wegdampfen des Bisessigs i. V. hinterbleibenden öligen Rückstand mit wenig Petroläther digeriert.

6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd Mandelsäure aus Benzaldehyd M a n d e l s ä u r e n i t r i l . 15 g frisch destillierten Benzaldehyds (Y7 Mol) werden in einem Zylinder mit Gummistopfen mit etwa 50 ccm einer konzentrierten Lösung von Natriumbisulfit versetzt. Die Mischung wird solange mit einem Glasstabe umgerührt, bis sie zu einem Brei der Bisulfit/H

Verbindung C 6 H 5 • C^—OH

\SOaNa

erstarrt ist, und dann noch kräftig durch-

geschüttelt. Man filtriert an der Saugpumpe ab, preßt fest zusammen und wäscht einige Male mit w e n i g eiskaltem Wasser nach. Die Doppelverbindung wird dann mit etwas Wasser zu einem dicken Brei angerührt und mit einer erkalteten Lösung von 12 g ( ~ 1 / 5 Mol) reinem Kaliumcyanid in 25 ccm Wasser versetzt. Nach kurzer Zeit gehen, besonders leicht beim Umrühren, die Kristalle in Lösung, und das Mandelsäurenitril scheidet sich als ö l ab, welches man im Scheidetrichter von der wäßrigen Lösung trennt und sofort weiter verarbeitet. Y e r s e i f u n g d e s N i t r i l s . Das Nitril wird in einer Porzellanschale mit dem vierfachen Volumen konzentrierter Salzsiure auf dem Wasserbad soweit eingedampft, bis sich an der Oberfläche der Flüssigkeit Kristalle reichlich abzuscheiden beginnen. Man läßt das Reaktionsgemisch dann über Nacht an einem kühlen Ort stehen, filtriert die abgeschiedenen Kristalle nach dem Verreiben mit wenig Wasser an der Saugpumpe ab und wäscht sie mit nicht zu viel Wasser nach. Aus dem

Mandelsäure aus Benzaldehyd

199

Filtrat gewinnt man durch Ausäthern noch eine weitere Menge der Säure. Die rohe Mandelsäure wird auf einem Tonteller abgepreßt, getrocknet und durch Kristallisation aus Benzol rein erhalten. Schmelzpunkt 118°. Ausbeute etwa 10—15 g. S p a l t u n g der i n a k t i v e n Mandelsäure in ihre a k t i v e n K o m p o n e n t e n 1 . Eine Mischung von 10 g kristallisierter Mandelsäure und 20 g kristallisierten Ginchonins wird mit 500 ccm Wasser unter recht häufigem Umschütteln eine Stunde lang in einem offenen Kolben auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt. Nach dem Erkalten filtriert man vom Ungelösten ab, ohne mit Wasser nachzuwaschen. In die klare Lösung (a) trägt man dann einige Kristalle von d-mandelsaurem Cinchonin ein (siehe unten) und läßt einen bis mehrere Tage an einem kühlen Ort stehen (6—8J; im Sommer im Eisschrank, im Winter eventuell im Keller). Das hierbei abgeschiedene rohe d-mandelsaure Cinchonin saugt man ab (Filtrat A aufbewahren) und kristallisiert es aus der 20fachen Menge heißen Wassers um. Impft man der Lösung einige Kristalle d - mandelsauren Cinchonins ein, so kristallisiert beim längeren Stehen unter den gleichen Bedingungen wie oben ein reineres Salz aus. Um die freie d - Mandelsäure zu erhalten, löst man das gereinigte Salz in nicht zu viel Wasser auf und versetzt mit Ammoniak im geringen Überschuß, wodurch Cinchonin ausgefallt wird, welches man abfiltriert und nach der Umkristaüisation aus verdünntem Alkohol für einen neuen Versuch wieder benutzen kann. Das Filtrat, welches d-mandelsaures Ammonium enthält, wird mit Salzsäure angesäuert und mit Äther ausgeschüttelt. Erhitzt man den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden Rückstand zum Trocknen einige Zeit auf einem Uhrglas auf dem Wasserbade, so erstarrt er beim Abkühlen zu Kristallen von d-Mandelsäure, welche nach dem Abpressen auf einem Tonteller aus Benzol oder besser aus Chloroform umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 133—134°. Reine 1-Mandelsäure läßt sich bei Anwendung kleiner Mengen von d,l-Mandelsäure nicht leicht erhalten. Ein wenn auch nur schwach rechtsdrehendes Präparat gewinnt man jedoch auf die folgende Weise: Das oben erhaltene Filtrat A verarbeitet man, wie soeben beim reinen d-mandelsauren Cinchonin beschrieben, auf die freie Säure, welche, da ja ein Teil der d-Modifikation entfernt worden ist, einen Überschuß der 1-Form enthalten muß. Von den so erhaltenen drei Präparaten, nämlich 1. inaktiver racemischer, 2. reiner d-Säure und 3. unreiner 1-Säure stelle man sich wäßrige Lösungen von geeigneter Konzentration her und untersuche diese im Polarisationsapparat auf ihr Drehungsvermögen. Ist man nicht im Besitze von d-mandelsaurem Cinchonin, so stellt man sich für den ersten Versuch ein geeignetes Impfmaterial auf die folgende Weise dar: Einige ccm der oben erhaltenen Lösung (a) werden tropfenweise solange mit 1

Vgl. B. 16, 1773 (1883) und 32, 2385 (1899).

200

Aldehyde

einer gesättigten wäßrigen Kochsalzlösung versetzt, bis eine geringe Fällung eingetreten ist. Man erhitzt dann bis zur Lösung und läßt stehen, bis sich Kristalle abgeschieden haben, wozu u. U. eintägiges Stehen erforderlich ist. Die so erhaltenen Kristalle sind salzsaures Cinchonin, auf denen geringe Mengen von d-mandelsaurem Cinchonin niedergeschlagen sind, welche jedoch genügen, um die weitere Abscheidung des d-Salzes zu veranlassen. Die a k t i v e n M a n d e l s ä u r e n gehören zu den stereoisomeren Substanzen, bei denen der Drehungssinn der Zugehörigkeit zur konfigurativen Reihe n i c h t entspricht. Das bekannteste Beispiel f ü r diese Erscheinung bildet die d ( — ) - F r u k t o s e . Demgemäß gelten hier die Bezeichnungen: d(—)-Mandelsäure und l(+)-MandeIsäure.

7. Alanin 1 13,2 g (0,3 Mol) frisch destillierter Acetaldehyd (Siedepunkt 21°) werden, in 100 com Äther gelöst, in einer Druckflasche über eine kalt gesättigte wäßrige Lösung von 18 g Ammoniumchlorid geschichtet. Dazu läßt man unter Umschütteln und Eiskühlung aus einem Tropftrichter eine Lösung von 20 g Natriumcyanid in 30 ccm Wasser langsam zutropfen. Hierauf schüttelt man die verschlossene Flasche bei Raumtemperatur 3 Stunden lang auf der Maschine, versetzt dann in einem Y z -Liter-Rundkolben unter Eiskühlung nach und nach mit 100 ccm konzentrierter Salzsäure (Abzug! freie Blausäure\), d a m p f t den Äther am absteigenden Kühler ab, läßt noch 1 Stunde auf dem siedenden Wasserbad und d a m p f t schließlich die braun gewordene Lösung in einer Schale zur Trockne. Der völlig trockene, von HCl freie (Geruch!) Rückstand wird in einem kleinen Rundkolben zweimal mit 100 ccm Alkohol ausgekocht, die filtrierten alkoholischen Auszüge d a m p f t man erneut ein und trocknet den Rückstand zum Schluß im Vakuum auf dem Wasserbad. J e t z t befreit man das salzsaure Alanin, indem man es in 100 ccm heißem, absolutem Alkohol, dem 5 ccm Äther zugesetzt sind, aufnimmt, von mitgegangenem Natriumchlorid und d a m p f t die alkoholische Lösung des Alaninsalzes wiederum ein. Dieses Salz, das schwer kristallisiert zu erhalten ist, wird auf folgendem Weg in die freie Aminosäure umgewandelt. Man spült das Chlorhydrat mit 100 ccm Wasser in ein Becherglas und kocht so lange, etwa 10—15 Minuten, mit 40—50 g nach und nach zugesetzter Bleiglätte, bis sich kein Ammoniak (aus etwas mitgelöstem N H ,C1) mehr entwickelt. Dann wird heiß abgesaugt, mit 20—30 ccm heißem Wasser nachgewaschen und das braungefarbte, aber klare Filtrat durch Einleiten von Schwefelwasserstoff heiß entbleit. Das Bleisulfid saugt man auf der Nutsche ab und schüttelt das Filtrat, noch lauwarm, in einer Glasstöpselflasche, deren Stopfen man von Zeit zu Zeit lüftet, mit etwa 3 g frisch gefälltem und sorgfaltig ausgewaschenem Silbercarbonat, um alle Chlorionen — die von der Löslichkeit des Bleichlorids stammen — zu entfernen (Prüfung mit einer Probe). Die filtrierte Lösung, in die man nochmals kurz Schwefelwasserstoff eingeleitet h a t , 1

A. S t r e c k e r , A. 75, 30 (1850); Z e s k y l i n und S t a d n i k o w , B. 41, 2061 (1908).

Alaniii

201

hinterläßt nach d e m E i n d a m p f e n das Alanin als dunklen Sirup, der beim Anreiben m i t absolutem Alkohol kristallisiert. M a n s a u g t nach einigem S t e h e n scharf ab, w ä s c h t m i t wenig a b s o l u t e m Alkohol, d a n n m i t absolutem Äther u n d trocknet i m Vakuumexsiccator. A u s b e u t e 15—20 g. D a s Alanin k a n n aus der gleichen Menge Wasser, aber m i t starken Verlusten, umkristallisiert werden. Besser löst m a n in der eben nötigen Menge siedenden Wassers u n d f ü g t in der Siedehitze solange Alkohol zu, bis die Kristallisation einsetzt. S c h m e l z p u n k t 264° (unter Zersetzung). A u f einfachere Weise l ä ß t sich das Alanin aus der alkoholischen Lösung seines Hydrochlorids m i t einem Ü b e r s c h u ß v o n Anilin ausfällen. Zu 6 und 7. Die hier durchgeführte Methode der C y a n h y d r i n - S y n t h e s e — Umsetzung der Bisulfitverbindung des Aldehyds mit Kaliumcyanid — läßt sich nicht in allen Fällen anwenden. Häufig benutzt man konzentrierte Lösungen von Blausäure oder auch wasserfreie Blausäure. Der allgemeinen Synthese von a-Oxysäuren steht die der « - A m i n o s ä u r e n gegenüber, deren Nitrile bei der Anlagerung von Cyanammonium an Aldehyde oder Ketone entstehen ( S t r e c k e r ) . Über weitere Aminosäure-Synthesen siehe Präp. VII, 2, S. 238. Das A m y g d a l i n der bitteren Mandeln und anderer Steinfrüchte ist die glykosidische Verbindung von 1 - M a n d e l s ä u r e n i t r i l m i t G e n t i o b i o s e (siehe S. 347) und zwar gehört es zu der Klasse der ^-Glykoside, da es durch das Enzym Emulsin in 2 Mol Glukose, Benzaldehyd und Blausäure gespalten wird. Die natürliche 1-Mandelsäure wurde zuerst durch Säurespaltung des Amygdalins von L i e b i g erhalten. In der Z u c k e r g r u p p e ist die Cyanhydrin - Synthese von H . K i l i a n i f ü r den Aufbau höherer Zucker herangezogen worden. Die Carbonsäuren, die aus der Verseifung der Nitrile hervorgehen, können in Form ihrer Lactone zu den entsprechenden Aldehyden reduziert werden. CN | CO HC=0 HC=0 I

HCOH 1 I

HCOH

HCOH

HoiiH HCOH

HOCH HCOH

I 0

1 S 1

HCOH

HCOH

J, HCOH i CH

HCOH

HCOH

HOCH HCOH

HCOH HCOH HCOH HCOH I I cb-OH CH,OH CH„OH CH2OH d-Glucoheptose d-GIucose Bei unserer Synthese des M a n d e l s ä u r e n i t r i l s wird ein asymmetrisches Kohlenstoffatom gebildet, aber von den beiden Antipoden entstehen genau gleichviel Moleküle, da die Wahrscheinlichkeit f ü r die beiden räumlichen Vorgänge gleichgroß ist: CN 1

Gleichzeitig entsteht die antipodische Konfiguration HOCH, aber nicht wie

bei der Bildung eines einfachen Racemkörpers in der gleichen Menge. Die schon vorher asymmetrische Molekel übt einen richtenden Einfluß aus, durch den in solchen Fällen eine der beiden Konfigurationen begünstigt wird..

202

Aldehyde Ph

OH

d- und 1-Form unterscheiden sich nur durch K r i s t a l l f o r m und D r e h u n g s r i c h t u n g ; in allen andern physikalischen und in allen chemischen Eigenschaften verhalten sie sich vollkommen gleich. Die Salze der beiden Antipoden mit einer optisch aktiven Base stehen aber nicht mehr im Verhältnis von Bild und Spiegelbild zueinander und dadurch ergeben sich Unterschiede der physikalischen Konstanten, z. B. der Löslichkeit. Wie trennt man racemische Basen ? Enzyme sind spezifisch auf eine bestimmte Konfiguration eingestellt. Darauf beruhen die P a s t e u r s c h e Spaltung der Traubensäure auf biologischem Weg, durch Schimmelpilze, die auch bei der racemischen Mandelsäure anwendbar ist, ferner die partielle Verdauung racemischer Polypeptide nach E. F i s c h e r und die enzymatische Spaltung racemischer N-Acyl - aminosäuren durch Deacylase aus Nieren. 8. P e r k i n s c h e S y n t h e s e Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäureanhydrid 21 g (0,2 Mol) Benzaldehyd, 3 0 g (0,3 Mol) Essigsäureanhydrid, beide frisch destilliert, u n d 10 g pulverisiertes, wasserfreies Natriumacetat (vgl. S. 116) werden in einem K o l b e n , welcher m i t einem weiten, e t w a 80 ccm langen Steigrohr v e r b u n d e n ist, morgens angesetzt u n d 8 S t u n d e n lang in einem ö l b a d e auf 180° erhitzt. N a c h beendigter R e a k t i o n gießt m a n d a s heiße R e a k t i o n s g e m i s c h in einen geräumigen K o l b e n , spült m i t Wasser nach u n d leitet solange W a s s e r d a m p f hindurch, bis kein B e n z a l d e h y d mehr übergeht. Man w e n d e t hierbei so viel Wasser an, d a ß die Zimtsäure bis auf einen kleinen R e s t einer öligen Verunreinigung sich in Lösung bef i n d e t . Man k o c h t d a n n die Lösung noch kurze Zeit m i t e t w a s Tierkohle u n d filtriert ab, worauf sich beim A b k ü h l e n die Zimtsäure in glänzenden Blättern abscheidet. Sollte sie n i c h t sofort d e n richtigen S c h m e l z p u n k t besitzen, so kristallisiert m a n sie n o c h m a l s aus h e i ß e m Wasser u m . S c h m e l z p u n k t 133°. A u s b e u t e e t w a 15 g. Die P e r k i n s c h e R e a k t i o n erfolgt nach dem allgemeinen Prinzip der Aldehydkondensationen, nämlich unter Abspaltung des Sauerstoffs mit zwei Wasserstoffatomen einer Methylen- oder Methylgruppe. Von der Reaktionsfähigkeit der letzteren hängen die Bedingungen ab. Aldehyd gegen Aldehyd oder Keton: schon in der Kälte mit Säuren oder Alkalien als Katalysatoren. Aldehyd gegen Säureanhydrid: hohe Temperatur, Alkalisalz als Kondensationsmittel 1 . Der Unterschied der Bedingungen ist auf die geringe Reaktionsfähigkeit der Methylgruppe (bzw. a-Methylengruppe) im Säureanhydrid zurückzuführen. Die B e r n s t e i n s ä u r e ist der Kondensation an ihren beiden CH 2 -Gruppen zugänglich. Mit ungesättigten Aldehyden, wie Zimtaldehyd, gelangt man, unter An1

Siehe K a l n i n , Helv. XI, 977 (1928).

Perkinsche Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäureanhydrid

203

wendung von Bleioxyd als Katalysator, zu mehrfach ungesättigten Dicarbonsäuren, die durch Abspaltung von 2 C0 2 in die farbigen „ P o l y e n e " übergehen (R. K u h n 1 ) . 2C6H6-CH=CH-CHO +

H 2 C-C0 2 H | H 2 C-C0 2 H

v

C,Hs-CH=CH-CH=C-|C02|H I CeH5-CH=CH-CH=C-|C02|H

Mit dem 3 fach ungesättigten Aldehyd C 6 H 6 • C H = C H • C H = C H • C H = C H • CHO führt diese Synthese zu dem k u p f e r r o t e n Kohlenwasserstoff C28H26, der acht konjugierte Doppelbindungen enthält. Rein aliphatische Polyene setzen die interessante Gruppe der C a r o t i n o i d e zusammen. Das C a r o t i n selbst, C40H66, der Farbstoff der Möhre, enthält 11 konjugierte, das mit ihm isomere L y c o p i n der Tomate und Hagebutte noch zusätzlich 2 isolierte Doppelbindungen.

H.C CH,

H3C CH

V

'

'

H./ \ . CH: CH • C: CH • CH: CH • C: CH • CH: CH • CH: C • CH: CH • CH: C . CH: CH • { \H, H,l

I CH,

1—CH, h,

I CH,

I CH,

I CH,

H,C—II

^-Carotin

IH, H,

Diesen Kohlenwasserstoffen steht nahe der Begleiter des Chlorophylls, das X a n t h o p h y l l , C40H66O2 ( W i l l s t ä t t e r ) , und der mit ihm isomere gelbe F a r b s t o f f des Maises, das Z e a x a n t h i n ( K a r r e r ) . Hierher gehören auch als Polyencarbonsäuren die C r o c e t i n e des Safrans ( K a r r e r ) und das rote B i x i n aus Orleans (Kuhn). Der rote Farbstoff der Judenkirsche, das P h y s a l i e n . i s t ein zweiwertiger, mit Palmitinsäure veresteter Polyen-alkohol ( K u h n , Z e c h m e i s t e r ) , ein wahres „Lipochrom". Das Carotin steht nach den wichtigen Untersuchungen von E u l e r und K a r r e r dem wachstumfördernden V i t a m i n A sehr nahe. Die Beziehung ergibt sich aus nachstehender Formel f ü r Vitamin A: CH,

CH,

C H,CX\C—CH=CH—C=CH—CH=CH—C=CH—CH.OH

¿^H, r

CH,

CH2 Wir haben in der präparativ behandelten Reaktion ein wichtiges Hilfsmittel, um ß - A r y l a c r y l s ä u r e n und durch deren Hydrierung ß - A r y l p r o p i o n s ä u r e n zu erzeugen. Anwendung in der Alkaloidchemie, Synthese des C u m a r i n s aus Salicylaldehyd. In der H i p p u r s ä u r e sowie in der M a l o n s ä u r e sind die Methylengruppen viel reaktionsfähiger als in der Essigsäure. Beide lassen sich daher unter viel milderen Bedingungen, z. B. schon durch Pyridin, mit Aldehyden kondensieren. Die Anwendung der Malonsäure bedeutet eine Ergänzung der P e r k i n s c h e n Reaktion für die Fettreihe ( D o e b n e r ) , z . B . : 1

Helv. XI. 87 (1928).

204

Aldehyde .COOH • CH 3 -CH=C< x COOH • CH 3 -CH=CH-COOH + C 0 2 .

CHg-CHO + CH2 (COOH)2

Crotonsäure

Es existieren zwei Zimtsäuren von verschiedener Konfiguration, die im Verhältnis der c i s - t r a n s - I s o m e r i e zueinander stehen. Die gewöhnliche Zimtsäure entspricht der Transform (Fumarsäure); die cis-Zimtsäure heißt A l l o z i m t s ä u r e und ist neben der isomeren zuerst im Pflanzenreich aufgefunden worden. Synthetisch wird sie durch partielle katalytische Hydrierung mit Platin und H 2 aus P h e n y l p r o p i o l s ä u r e C a H 6 -C=C—COOH erhalten (Paal), die ihrerseits aus D i b r o m - z i m t s ä u r e unter zweifacher Abspaltung von HBr zugänglich ist. I n d i g o s y n t h e s e von B a e y e r aus o - N i t r o p h e n y l p r o p i o l s ä u r e . Zwei weitere Z i m t s ä u r e n vom Schmelzpunkt 42° und 68° sind als kristallographisch verschiedene, polymorphe Formen der Allozimtsäure erkannt worden ( B i l l m a n n ) . Bei Belichtung dimerisiert sich die Zimtsäure zur a - T r u x i l l s ä u r e . Dabei lagern sich bemerkenswerterweise 2 Doppelbindungen zum Cyclobutan-Ring zusammen. 2 C 6 H 6 —CH=CH—C0 2 H • C 6 H 6 —CH—CH—C0 2 H I I H0 2 C—CH—CH—C 6 H 6 Die Gruppe der T r u x i l l s ä u r e n und der mit ihnen strukturisomeren T r u x i n s ä u r e n stellt ein Musterbeispiel stereochemischer Forschung dar ( S t o e r m e r ) . Wieviele Isomere sind im ganzen möglich? Während in den gesättigten Carbonsäuren das Carboxyl sehr fest gebunden ist, bewirkt die nachbarständige Doppelbindung eine gewisse Auflockerung, die ihre präparative Abspaltung möglich macht.

Versuch: H y d r i e r u n g der Zimtsäure. In einer Glasstöpselflasche von 250 ccm Inhalt löst man 10 g Zimtsäure unter Schütteln in verd. Natronlauge, so daß das Volumen etwa 100 ccm beträgt. Man gibt die Lauge nach und nach zu und prüft mit Phenolphthaleinpapier — ein Tropfen Lösung auf Filtrierpapier und Tüpfelprobe — auf eben alkalische Reaktion. Dann trägt man in kleinen Stücken nach und nach frisches 2-proz. Natriumamalgam (Darstellung siehe unten) unter stetem Schütteln und öfterem Lüften des Stopfens ein, im ganzen etwa 250 g. Zum Schluß erwärmt man noch im Wasserbad (in warmes Wasser einstellen und dann anheizen), bis sich alles Quecksilber verflüssigt hat, läßt nach dem Erkalten das Metall im Scheidetrichter ab und säuert mit Salzsäure an, wobei sich die Hydrozimtsäure zunächst ölig abscheidet. Durch Abkühlen und Reiben erstarrt sie; man saugt dann ab und kristallisiert aus heißem, etwas Salzsäure enthaltendem Wasser um. Wegen des niedrigen Schmelzpunktes der Säure (47°) muß man langsam abkühlen lassen. Vgl. S. 7. Ausbeute 8 g. Eine Probe, in wenig verd. Sodalösung gelöst, darf einen Tropfen Permanganatlösung nicht entfärben. Die Hydrierung der Zimtsäure wird auch auf k a t a l y t i s c h e m Weg durchgeführt (S. 328).

Perkinsche Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäureanhydrid

205

N a t r i u m a m a l g a m . Quecksilber und Natrium reagieren sehr heftig, unter Feuererscheinung, miteinander; daher A b z u g und S c h u t z b r i l l e ! Man wärmt 300 g Quecksilber in einer mittelgroßen Reibschale auf 30—40° vor, spießt das in kleine Würfel geschnittene Natrium (im ganzen 6,5 g) auf einen spitzen, etwa 30 cm langen Glasstab und drückt die einzelnen Stückchen in rascher Folge unter das Quecksilber, wobei man zum Schutz gegen das Verspritzen einen Tonteller auflegt. Das erstarrte Amalgam wird noch warm in kleine Stücke zerschlagen und in einem gut verschlossenen Gefäß aufbewahrt. Größere Mengen Natriumamalgam werden am besten in einem hessischen Tiegel dargestellt; man läßt größere Natriumstücke, an einem langen und schweren Glasstab aufgespießt, durch dessen Gewicht in das erwärmte Quecksilber hineingleiten. Will man höher als 3-proz. Amalgam erhalten, muß der Tiegel mit einer Flamme geheizt werden. C6H5 • CH2• CH2• CH 3 .

Versuche: a) S t y r o l a u s Z i m t s ä u r e . 5 g Zimtsäure werden in einem hochangesetzten Destillierkölbchen, mit einer Spatelspitze Hydrochinon vermischt, auf dem Drahtnetz ziemlich rasch erhitzt, bis das zur Destillation eingesetzte Thermometer 120° zeigt. Hier beginnt unter starker C0 2 -Entwicklung der Schmelze ein schwach gelb gefärbtes Destillat überzugehen, das man ohne Kühler in einem Reagenzglas auffängt. Nach 1—2 Stunden, während derer die Temperatur nicht über 130° ansteigen soll, sind etwa 2 g eines mit wenigen Wassertropfen vermischten, dünnflüssigen Öles übergegangen, das ohne weitere Reinigung der Polymerisation unterworfen werden kann. b) P o l y m e r i s a t i o n v o n S t y r o l . Zum oben erhaltenen Styrol gibt man eine kleine Spatelspitze Benzoylperoxyd (vgl. S. 115) und läßt das durch einen dichtsitzenden Stopfen verschlossene Glas über Nacht bei etwa 100° stehen (Trockenschrank). Das Styrol hat sich dann in eine hornartige, durchsichtige, fast farblose Masse von

206

Aldehyde

Polystyrol verwandelt. Der geraspelte Kunststoff löst sich unter Quellung in Benzol zu einer viskosen Flüssigkeit, aus der er mit Methanol flockig ausgefällt werden kann.

Diese großtechnisch allerdings mit gereinigtem Monomeren durchgeführte Polymerisation bezieht ihr Styrol heute aus Äthylbenzol durch Dehydrierung. Der Zusatz des Hydrochinons, auch in unserem Versuch, hat den Zweck, die Polymerisation des Styrols während der Herstellung und bei der Lagerung zu verhindern Die Polymerisation ist eine R a d i k a l k e t t e n r e a k t ion (vgl. S. 305). Nachträgliche Sulfurierung (S. 168) des Harzes führt zu einem besonders wirksamen Kationen-Austauscher.

9. Reimer-Tie mannsche Synthese Salicylaldehyd aus Phenol und Chloroform In einem Rundkolben von 1 Liter Inhalt löst man 80 g Natriumhydroxyd in 80 com Wasser unter Erwärmen auf, versetzt warm mit 1 25 g / i Mol) reinem Phenol und kühlt die Lösung, ohne sie hierbei umzuschüttein — damit ein Auskristallisieren von Phenolnatrium vermieden wird —, durch Eintauchen in kaltes Wasser auf 60—65° ab. Man verbindet dann den Kolben durch einen zweifach durchbohrten Kork einerseits mit einem gut wirkenden Rückflußkühler und anderseits mit einem Thermometer, dessen Kugel in die Flüssigkeit eintaucht, und gießt von 60 g Chloroform V2 Mol) zunächst ein Drittel durch das Kühlrohr, worauf beim gelinden Umscbütteln die Flüssigkeit vorübergehend eine fuchsinrote Farbe annimmt. Unter Regulierung der Temperatur auf das Gebiet zwischen 65° und 70° durch Eintauchen des Kolbens in kaltes oder heißes Wasser fügt man nach etwa 10 Minuten das zweite Drittel und nach weiteren 15 Minuten den Rest des Chloroforms zu; in diesem Stadium soll öfters geschüttelt werden. Zum Schluß wird noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad erwärmt, dann leitet man durch das Reaktionsprodukt Wasserdampf, bis kein Chloroform mehr übergeht. Man läßt nun etwas abkühlen und säuert die orange gefärbte alkalische Flüssigkeit vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure an, wobei sie fast farblos wird, und leitet schließlich solange Wasserdampf ein, bis mit dem Wasser keine öltropfen mehr übergehen. Das Destillat wird sodann mit Äther aufgenommen und die ätherische Schicht vom Wasser getrennt, worauf man die Hauptmenge des Äthers auf dem Wasserbade verdampft. Der Rückstand, der neben Salicylaldehyd unverändertes Phenol enthält, wird nun in einer kleinen Glasstöpselflasche mit dem doppelten Volumen konzentrierter käuflicher Natriumbisulfitlösung kräftig durchgeschüttelt, wobei sich ein fester Brei der Bisulfitverbindung des Aldehyds abscheiden muß. Nach y2- bis 1-stündigem Stehen filtriert man die abgeschiedenen Kristalle an der Saugpumpe (Filterplatte) ab, preßt sie fest zusammen und wäscht zur vollständigen Entfernung noch anhaftenden Phenols mehrere Male mit Alkohol und schließlich mit Äther nach. Die perlmutterglänzenden Blättchen werden dann in einem kleinen Rundkolben mit Steigrohr

Reimer-Tiemannsche Synthese. Salicylaldehyd aus Phenol usw.

207

durch gelindes Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure auf dem Wasserbad zersetzt. Nach, dem Erkalten nimmt man den abgeschiedenen Aldehyd mit Äther auf, trocknet die ätherische Lösung mit entwässertem Glaubersalz und unterwirft den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden reinen Aldehyd der Destillation, wobei er bei 196° übergeht. Die Ausbeute beträgt 10—12 g. Der mit Wasserdämpfen nicht flüchtige p-Oxybenzaldehyd kristallisiert aus dem heiß filtrierten und mit Kochsalz gesättigten Rückstand der Wasserdampfdestillation öfters erst nach längerem Stehen aus. Äthert man nach dem Abfiltrieren das Filtrat aus, so erhält man noch eine weitere Menge, welche gemeinsam mit der ersten durch Umkristallisieren aus Wasser unter Zusatz von etwas wäßriger schwefliger Säure gereinigt werden kann. Schmelzpunkt 116°. Ausbeute 2—3 g. Das Präparat mißlingt, wenn das Phenolnatrium gleich zu Beginn auskristallisiert. Diese auch bei substituierten Phenolen allgemein anwendbare, aber wegen des Eintretens von Nebenreaktionen meist wenig ertragreiche Synthese erinnert in ihrem Ergebnis sehr stark an die Kolbesche Salicylsäure-Synthese (VI, 4; S. 216). _ _) + CHC13 =C5I (^ —

|

|/CHC1 2 — •

^

X V ° I

H

^ / \ c h c i

• 2

V / \ C H O

Beweisend für diesen Verlauf ist die Isolierung der Keton-Zwischenstufe bei Verwendung von o- und p-Kresol 1 . Das primäre chinolartige Produkt aus o-Kresol kann, da die Methylgruppe im Gegensatz zum Wasserstoff nicht abgelöst wird, den aromatischen Kern nicht zurückbilden:

Beim p-Kresol-Na ist das die Methylgruppe tragende Kohlenstoffatom das reaktive Zentrum; es kommt zur Bildung des p-chinoliden Produkts. In den beiden Dichlorverbindungen sind die Halogenatome in der Seitenkette wegen des nichtaromatischen Ringcharakters gegen alkalische Hydrolyse viel stabiler als im oben formulierten o-Oxybenzalchlorid.

Versuche : Einige Tropfen Salicylaldehyd werden in Natronlauge gelöst; intensiv gelbes Natriumsalz. Ein Tropfen Eisenchlorid färbt eine wäßrige oder alkoholische Lösung des Aldehyds intensiv violett. Im Geruch herrscht der phenolische Bestandteil vor. Salicylaldehyd ist der A u t o x y d a t i o n weit weniger zugänglich als Benzaldehyd. 1

v. A u w e r s , B. 35, 4207 (1902).

208

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

Man vergleiche die beiden Aldehyde, von denen man je einige Tropfen auf einem Uhrglas an der Luft stehen läßt. Guajacol liefert mit Chloroform und Alkali in schlechter Ausbeute Vanillin neben dem o-Aldehyd. Nach der Perkinschen Reaktion entsteht aus Salicylaldehyd und Natriumacetat Cumarin. (Formulieren!)

VI. Phenole und Enole.

Keto-Enol-Tautomerie

1. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. /J-Naphthol 1 Gebraucht werden: 70 g (0,3 Mol) /J-naphthalinsulfonsaures Natrium 2 , 210 g Ätznatron, 20 ccm Wasser. Das zerkleinerte Natron wird in einem Kupfer- oder Nickeltiegel mit dem Wasser versetzt und unter Umrühren auf 280° erhitzt. Das Thermometer, das auch zum Umrühren benützt wird, steckt in einer etwa 16 cm langen und 0,8 cm weiten Kupfer- oder Nickelhülse; eine 1 cm hohe ölschicht bedeckt die Kugel. Zum Festhalten dient ein übergezogener Kork (siehe Fig. 54). Schutzbrille und Handschuhe! Sobald die Temperatur von 280° erreicht ist, trägt man unter fortdauerndem Erwärmen mit einer etwas kleineren Flamme das naphthalinsulfonsaure Natrium unter Umrühren ziemlich rasch ein, wobei man die Temperatur zwischen 260 und 280° hält. Nachdem alles Salz eingetragen ist, vergrößert man die Flamme etwas, wodurch die Schmelze unter Entwicklung von Wasserdämpfen und Aufblähen schleimiger wird, bis schließlich bei 310° die eigentliche Reaktion eintritt. Nachdem man die Temperatur etwa 5 Minuten bei 310—320° gehalten, ist die Schmelze dünnflüssig geworden und die Reaktion beendet. Man gießt die Schmelze dann sofort auf ein starkes Kupferblech, dessen Ränder etwas aufwärts gebogen sind, in dünner Schicht aus; die obere dunkle Schicht besteht aus Naphtholnatrium. Nach dem Erkalten löst man die zerkleinerte Schmelze in Wasser auf, fällt das Naphthol mit konzentrierter Salzsäure aus und nimmt nach dem Fig. 54 E r k a i t e n mit Äther auf. Nach dem Trocknen der ätherischen Lösung durch entwässertes Glaubersalz verdampft man den Äther und destilliert schließlich das zurückbleibende Naphthol im Säbelkolben über. Siedepunkt 286°. Schmelzpunkt 123°. Ausbeute 30—35 g. 1 E. Fischer, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. 11. Aufl. Braunschweig 1930. 2 Oder die gleiche Gewichtsmenge ^-Naphthalinsulfonsaure, dargestellt nach 0. N. Witt. Siehe S. 172.

Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. /9-Naphthol

209

Die soeben beschriebene Reaktion wird in großem Maßstabe in eisernen Kesseln, welche mit Rührwerk versehen sind, technisch ausgeführt, da das j 9 - N a p h t h o l sowie die aus ihm durch Einwirkung von Schwefelsäure erhältlichen zahlreichen Sulfonsäuren zur Darstellung von Azofarbstoffen ausgedehnte Anwendung finden. Aus dem ß - Naphthol stellt man ferner durch Einwirkung von Ammoniak unter Druck das j J - N a p h t h y l a m i n dar: C 10 H, • OH + NH 3

• C 10 H, • NH 2 + H 2 0 ,

welches sowohl selbst als auch in Form seiner Sulfonsäuren zur Darstellung von Azofarbstoffen technisch verwendet wird. Auch C1 + 2 NaOH



^>ONa + NaCl + H 2 0

nur bei sehr hohen Temperaturen, und zwar mit verdünntem Alkali (nach K. H. Meyer und F. B e r g i u s ) oder auch mit Wasserdampf bei 450° am MetalloxydKontakt ( R a s c h i g - Verfahren), ausführbar. Leichter gelingt sie, wenn o- oder p-ständige Nitrogruppen die Bindung des Halogens lockern; davon war schon auf S. 97 die Rede. Ein allgemein gangbarer Weg führt von den p r i m ä r e n a r o m a t i s c h e n Amin e n über die Diazoniumsalze zu den Phenolen (S. 245). Die P h e n o l e unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und Reaktionen sehr deutlich von den gewöhnlichen Alkoholen der Fettreihe. Sie sind ja auch grundsätzlich von diesen unterschieden dadurch, daß ihre OH-Gruppe an einem doppelt gebundenen C-Atom steht. Dadurch rücken sie in Parallele zu den gleichartig gebauten E n o l e n , denen sie auch nachher gegenübergestellt werden. H

H

Phenol H ^

R

\ h

Enol

R =

\ = / H OH H OH H2 O Einfache Ketone, wie Aceton und ähnliche, sind in der „tautomeren" Form H 2 C=C—CH 3 nicht existenzfähig. Woran liegt es, daß im Phenol nicht eine gleichOH artige Ketisierung, nämlich zu A, eintritt ? Die Gründe sind wohl die gleichen, die allgemein die Existenz umlagerungsfähiger Derivate des teilweise — hier zweifach — hydrierten Benzols unmöglich machen und auf die schon mehrfach hingedeutet worden ist (z. B. S. 158). Das Bestreben, das am meisten gesättigte System des aromatischen Kernes mit seiner hohen Konjugations-Energie aufrechtzuerhalten, veranlaßt die stabile Herausstellung der Hydroxylgruppe und damit den eigenartigen Charakter der Phenole. Die Phenole sind S ä u r e n , weil, wie bei den Carbonsäuren, das durch Abstoßimg eines Protons erzeugte Anion durch Mesomerie stabilisiert wird. O q(—) _(_-) =

_ c /

; /

\0(->

\

Vo(-}— ("/

0

Carboxylat

Phe

Vgl. auch die saure Natur des Tropolons. 14

Gattermann,

Praxis des organ. Chemikers. 38. Aufl.

V o ~ /

V o

210

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

Zwar ist der saure Charakter des einfachen Phenols nicht stark ausgeprägt und wächst erst mit der Substitution des Kerns durch negative Substituenten, wie N0 2 und Halogen. Die Alkalisalze des Phenols sind in wäßriger Lösung weitgehend hydrolytisch gespalten, und sie werden schon durch Kohlensäure vollständig zerlegt. Auf d i e s e W e i s e k a n n m a n P h e n o l e v o n C a r b o n s ä u r e n a b trennen. Versuch: Man leitet in eine nicht zu verdünnte Lösung v o n ß-Naphthol in Natronlauge Kohlendioxyd ein, bis sich das freie Naphthol abscheidet. Auch bei anderen Reaktionen erweist sich die OH-Gruppe der Phenole reaktionsfähiger als die der aliphatischen Alkohole. Sie reagieren, im Gegensatz zu diesen, leicht mit D i a z o m e t h a n . Auch mit anderen Alkylierungsmitteln, wie A l k y l h a l o g e n i d , D i a l k y l s u l f a t , setzen sie sich, anders als jene, schon in wäßrig alkalischer Lösung um. Die meist gut kristallisierenden B e n z o y l d e r i v a t e sind trefflich zu ihrer Charakterisierung geeignet ( S c h o t t e n - B a u m a n n s c h e Reaktion). Versuch: I n einem Reagenzrohr löst man eine kleine Menge kristallisiertes Phenol (Y2 g) in 5 ccm Wasser auf, fügt L/2 c c m Benzoylchlorid hinzu, macht mit starker Natronlauge deutlich alkalisch u n d erwärmt unter Schütteln kurze Zeit gelinde über einer Flamme. Kühlt man dann das Reaktionsgemisch unter Schütteln und Reiben mit einem Glasstabe unter der Wasserleitung ab, so erstarrt das abgeschiedene ö l zu farblosen Kristallen, welche man an der Saugpumpe abfiltriert, reichlich mit Wasser nachwäscht, auf einem Tonscherben abpreßt und in einem kleinen Reagenzrohr aus wenig Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt des Benzoesäurephenylesters 68—69°. Der Versuch kann in der gleichen Weise mit ß-Naphthol ausgeführt werden. Schmelzpunkt der Benzoylverbindung 107°. Über die Bedeutung dieser viel benützten Reaktion, in die auch die A m i n e einbegriffen sind, ist schon auf S. 114/115 das Nötige gesagt. Die N a p h t h o l e sind in mancher Hinsicht noch reaktionsfähiger als das einfache Phenol. Dies äußert sich vor allem darin, daß ihre Ä t h e r nach der gleichen Methode wie die Ester der Carbonsäuren, nämlich direkt durch Alkohol und HCl erhalten werden können. Auch setzen sie sich mit Chlorzink-Ammoniak und nach einer von H. B u c h e r e r allgemein studierten Reaktion mit Ammoniumsulfit und Ammoniak glatt zu N a p h t h y l a m i n e n um. Aus alledem ersieht man, daß die Phenole den Carbonsäuren weit näher stehen als den Alkoholen der Fettreihe. Von großer Bedeutung ist der Einfluß, den die OH-Gruppe auf die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns ausübt. Alle elektrophilen Substitutionsvorgänge erfolgen w e i t l e i c h t e r , und zwar wird dabei die o- und die p-Stellung von eintretenden Substituenten aufgesucht. Eine Anzahl hierauf zu begründender Umsetzungen wird in folgenden und späteren Präparaten noch behandelt. Hier sei erwähnt, daß aus einer wäßrigen Phenollösung durch Bromwasser augenblicklich o , o , p - T r i b r o m p h e n o l ausgefällt wird (Methode zur quantitativen Phenol-Bestimmung). Versuch: Man setzt zu einer etwa 2-proz. Phenollösung so lange Bromwasser, als das Brom verbraucht wird, saugt dann den flockigen farblosen Niederschlag ab und kristallisiert ihn nach dem Trocknen aus Ligroin oder verd. Alkohol um. Schmelzpunkt des o,o,p-Tribromphenols 95°.

211

Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. /?-Naphthol

Man erklärt sich diese außerordentliche Erleichterung der elektrophilen Substituierbarkeit damit, daß das durch die o- und p-Addition eines elektrophilen Agens, hier Br( + ), primär entstehende Kation durch die Beteiligung einer zusätzlichen Oxoniumgrenzstruktur an der Mesomerie besonders energiearm ist und so die Aktivierungsenergie der Substitution verringert wird (siehe auch S. 394). Für das entsprechende m-Produkt existiert keine entsprechende Mesomerie. OH

(+)

OH

OH

In derselben Weise geht die Aufnahme des zweiten und des dritten Broms weiter, bis die drei begünstigten Stellen (o-, o- und p-) mit Brom besetzt sind. Bringt man nun ein viertes Br2 zur Einwirkung, so wird das Br( + ) in grundsätzlich gleichartiger Weise, wie hier angenommen, addiert.

Hier kann aber die Abspaltung des Protons nicht mehr zu einem echten Benzolderivat zurückführen. In der Tat ist auch das Endprodukt, das sog. „ T r i b r o m p h e n o l b r o m " . das Ketobromid eines Chinons, also eines Dihydrobenzol-Derivates. Beim /3-Naphthol wird die Stufe des Ketohalogenids übrigens schon bei der Zweithalogenierung erreicht (Zincke, Pries). Hal

Hal

Hai

Die leichte Substituierbarkeit des Phenols findet im Rahmen der klassischen Theorie zwar eine Analogie im Verhalten der Enole, aber keine wirkliche Begründung. Die technische Verwendung des Phenols ist bedeutend; wichtige Umsetzungen sind die in S a l i c y l s ä u r e (Präp. VI, 4; S. 216) und seine Kondensation mit Formaldehyd zu einem wertvollen Kunstharz, dem B a k e l i t . Versuch: 3 ccm mit wenig Wasser verflüssigten Phenols („Phenolum liquefactum") werden mit 5 ccm Formaldehydlösung (S. 178) in einem 50 ccm-Erlenmeyerkolben zum Sieden erhitzt. Dann entfernt man den Brenner und gibt soviel konz. Salzsäure zu der heißen Lösung, bis sich unter heftiger Reaktion ein fast farbloses öl ausscheidet, das beim Abkühlen zu einer spröden Masse erstarrt (Kunstharz). 14*

212

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

Unterwirft man basisch oder sauer substituierte Phenole dieser Reaktion, so entstehen polymere Harze von polarem Charakter, die vermöge ihres Ionenbindungsvermögens heute eine ausgedehnte Verwendung als Ionen-Austauscher (Permutite) finden. Am gebräuchlichsten sind bei uns die sog. Wofatite und Lewatite. Unter milden alkalischen Bedingungen läßt sich Phenol analog der Aldolkondensation mit Formaldehyd zu p - O x y b e n z y l a l k o h o l vereinigen: OH OH

A j

j

+ OCH.

CH.OH der in der Wärme Wasser abspaltet und sich polymerisiert. Eine Übersicht über die Grundreaktionen der Phenolharz-Bildung gibt K. H u l t z s c h , Ang. Ch. 60, 179 (1948). Auch der direkten Einführung von Quecksilber in den Benzolkern der Phenole, der „Mercurierung", muß hier Erwähnung getan werden, die schon beim Erhitzen von Phenolen mit Quecksilber-2-acetat eintritt ( B a l b i a n o , P e s c i , D i m r o t h ) : A r - O H + Hg(0-C0-CH,) 3 22 l^J)

/ V O H _ + CH33 COOH X / HgOCO • CH3

Unter ein wenig schärferen Bedingungen werden auch die aromatischen Kohlenwasserstoffe selbst mercuriert. Die gegenüber dem Benzol erleichterte Mercurierung des Thiophens ermöglicht bequem dessen Abtrennung aus dem Rohbenzol (Dimroth).

2. Methylierung von Phenolen 1

a) A n i s o l . 19 g Phenol ( 1 / 5 Mol) werden in einer enghalsigen Glasstöpselflasche in 100 ccm 2 n-Natronlauge gelöst. Dazu fügt man (im 1 Abzug!) von 26 g Dimethylsulfat /i Mol) zuerst etwa den dritten Teil auf einmal zu und schüttelt kräftig um, wobei unter Erwärmung die Methylierung einsetzt. Nach etwa 5 Minuten wird das zweite Drittel mit nachfolgendem Schütteln zugesetzt und in kurzem Abstand der Rest. Während dep Durchschütteins ist der Stopfen von Zeit zu Zeit zu lüften. Wenn die wäßrige Lösung, auf der das gebildete Anisol als ö l schwimmt, nichl mehr alkalisch reagiert, gießt man den Inhalt in einen kleinen, mit Rückflußkühler verbundenen Rundkolben und spült mit 20 ccm Lauge nach. Zur Vollendung der Reaktion und zur Zerstörung von etwa noch vorhandenem Dimethylsulfat wird eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten läßt man die wäßrige Schicht ab, trocknet das Anisol — das man nur bei erschwerter Abtrennung in Äther aufgenommen h a t — mit CaCl2 und destilliert schließlich. Siedepunkt 155°. Ausbeute 90% der Theorie. Auf analoge Weise wird durch Einwirkung von Diäthylsulfat auf Phenol das P h e n e t o l dargestellt. 1

U l l m a n n , A.327, 114 (1903); 40, 208 (1905).

Methylierung von Phenolen

213

b) Nerolin (/J-Naphthyl-methyläther). Der Vorgang ist der gleiche wie beim Anisol, unter Änderung der mengenmäßigen Verhältnisse. Die Substanz ist kristallisiert. Schmelzpunkt 72°. B e i der g r o ß e n G i f t i g k e i t der n e u t r a l e n S c h w e f e l s ä u r e e s t e r , v o r allem des D i m e t h y l s u l f a t s , müssen alle Operat i o n e n mit ihnen sehr v o r s i c h t i g und u n t e r dem Abzug d u r c h g e f ü h r t werden! Methylierungen mit D i m e t h y l s u l f a t werden stets in alkalischer Lösung vorgenommen. Sie gelingen besonders leicht mit Carbonsäuren (Methode zur Darstellung von Estern) und mit Phenolen, während die aliphatischen Alkohole, z. B. die Zucker, nur schwierig und am besten in alkoholischer Lösung durch dieses Mittel veräthert werden. Es ist zu berücksichtigen, daß nur eine der beiden Methylgruppen gemäß der Gleichung: H 3 C—0 C6H6ONa +

\s )S02

NaO v - C 6 H 5 0-CH 3 +

H,C—Cr

")S0 2 H,CCK

auf das Phenol übertragen wird. Erst bei längerer Einwirkung in der Siedehitze gibt auch das zuerst gebildete methylschwefelsaure Salz sein Methyl für die gleiche Reaktion her, wovon man aber präparativ meist keinen Gebrauch macht. Auch Aryl- (z.B. Toluol-)sulfonsäureester und Dimethylsulfit dienen zur Alkylierung von Phenolen. Wie wird Dimethylsulfat dargestellt? Ein elegantes Methylierungsmittel für Phenole ist das D i a z o m e t h a n , das in einem späteren Abschnitt für diesen Zweck benützt wird (S. 236). Die P h e n o l ä t h e r sind sehr beständige Substanzen, in denen die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns gegenüber der der Phenole sichtlich herabgemindert ist. Die Alkylgruppe sitzt sehr fest. Durch Alkalien wird sie nicht abgespalten, durch Mineralsäuren auch erst bei hoher Temperatur. Das gebräuchlichste Mittel zur Spaltung ist das Aluminiumchlorid, das nach folgender Gleichung reagiert: C 6 H 5 -0-CH 3 + A1C13

C6H50A1C12 + C1-CH3 l 3H,0 C,H5OH + Al(OH)3 + 2 HCl

Die A l l y l ä t h e r lagern sich in der Hitze spontan in A l l y l p h e n o l e um (Ciaisen): •0-CH2CH=CH3

f^^VOH 3

2

1

•CH2— CH=— 0112 Die Allyläther der Enole > C = C — sind dieser Reaktion auch zugänglich. OR In den Allylphenolen sowie deren Äthern wird unter der Einwirkung von Alkali die Doppelbildung gegen den Benzolkern hin verschoben: Eugenol >• Isoeugenol; Safrol >• Isosafrol. Besonders interessant ist die Spaltbarkeit der Phenoläther (und auch aliphatischer Äther) durch metallisches Natrium (Ziegler, S c h o r i g i n ) , z . B . : C6H6OCH3 + 2 Na

• C6H6ONa + NaCH3 .

Von substituierten Phenoläthern sind anzuführen die Aminoderivate des Anisols (Anisidin) und Phenetols ( P h e n e t i d i n ) . Sie werden durch Alkylierung der Nitrophenole und nachherige Reduktion der Nitrogruppe bereitet.

214

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

Die alkalische Reduktion des o - N i t r o - a n i s o l s führt (wie beim Nitrobenzol) zur Hydrazoverbindung, die durch Benzidinumlagerung in die Biphenylbase „Dianisidin", ein wichtiges Zwischenprodukt für blaue substantive Azofarbstoffe, übergeführt wird (S. 166). Vom p-Phenetidin leiten sich das bekannte Antipyretikum „ P h e n a c e t i n " (I) und der Süßstoff „Dulcin" (II) ab:

Methylierte Phenole bilden vielfach den Bestandteil von Naturstoffen, vor allem von Alkaloiden. Bei deren Konstitutionsermittlung hat die quantitative Bestimmung der in einer Molekel vorhandenen Methoxylgruppen eine große Bedeutung. Ihr dient die treffliche Zeiselsche Methode, bei der die Methylgruppe durch konzentrierte Jodwasserstoffsäure als M e t h y l j o d i d abgespalten wird. Es sei empfohlen, an dem hier dargestellten Präparat diese Methode kennenzulernen (Anleitung S. 74).

3. o- und p-Nitrophenol 80 g Natron- oder 95 g Kalisalpeter werden im Rundkolben unter Erwärmen in 200 g Wasser gelöst, die Lösung wird vor dem völligen Erkalten unter Umrühren mit 100 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Zu der auf 20° abgekühlten Mischung läßt man dann aus einem Tropftrichter unter häufigem Umschütteln eine durch Erwärmen verflüssigte Mischung von 50 g kristallisiertem Phenol und 5 ccm Wasser tropfenweise hinzufließen, wobei man die Temperatur stets zwischen 20—25° hält. Nachdem man das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden stehengelassen hat, versetzt man mit dem doppelten Volumen Wasser, läßt absitzen, gießt die wäßrige Schicht so gut wie möglich von dem ö l ab, wiederholt das Auswaschen mit Wasser noch zweimal und destilliert dann mit Wasserdampf das o-Nitrophenol ab. Wie man dem Erstarren der Substanz im Kühlrohr begegnet, siehe S. 27. Das abgesaugte und zwischen Filtrierpapier getrocknete Präparat ist direkt rein, wo nicht, wiederholt man die Dampfdestillation. Schmelzpunkt 45°. Ausbeute 30 g. Die isomere, nicht flüchtige p-Verbindung wird, gleich anschließend, aus dem Rückstand über ihr Natriumsalz isoliert: Man fügt erst so lange 2n-Natronlauge zu, bis die Reaktion auf Kongopapier eben verschwunden ist, dann noch weitere 100 ccm, kocht nach Zugabe von etwas Tierkohle nochmals durch Einleiten von Wasserdampf auf, filtriert durch ein Faltenfilter und dampft bis auf ein Volumen von etwa 100 ccm ein. Beim Erkalten soll das Natriumsalz auskristallisieren. Sollte dies bei einer Probe nicht der Fall sein, so setzt man der noch heißen Lösung 30 ccm Natronlauge 1 : 1 zu und läßt dann langsam erkalten. Aus dem abgesaugten und mit 2 n-Natronlauge gewaschenen Salz scheidet man mit verdünnter Salzsäure in der Wärme das beim Erkalten kristallisierende (erst ölige) p-Nitrophenol ab, das bei un-

o- und p-Nitrophenol

215

genügender Reinheit, d. h. wenn sich eine Probe nicht aus sehr verdünnter heißer Salzsäure Umkristallisieren läßt, nochmals über das Natriumsalz gereinigt wird. Schmelzpunkt 114°. Ausbeute 5—10 g. Von der Leichtigkeit, mit der Phenole nitriert werden, war schon die Rede. Der Prozeß verläuft indes auch bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure nicht glatt, da infolge von Oxydation und von Kondensation harzige Nebenprodukte entstehen. Bessere Ergebnisse liefert die Nitrierung mit Stickstoffdioxyd in nicht wäßrigen Lösungsmitteln wie Benzol, Petroläther (B. 54, 1776 [1921]). o- und p-Nitrophenol gehen bei weiterer Nitrierung mit stärkerer Säure in das gleiche 2 , 4 - D i n i t r o p h e n o l und schließlich in P i k r i n s ä u r e über. Hochnitrierte Benzolderivate, wie Pikrinsäure, T r i n i t r o t o l u o l lassen sich durch eine brisante Vorexplesion (Initialzündung) mit Knallquecksilber oder Bleiazid zur Explosion bringen. Sie sind endotherm, d. h. der in der Molekel enthaltene Sauerstoff der Nitrogruppen kann intramolekular Kohlenstoff und Wasserstoff unter positiver Wärmetönung verbrennen. Diese innere Verbrennung ist bei der Pikrinsäure gemäß der Gleichung: 2 C 6 H 3 0,N 3 » 12 CO -f 2 H 2 0 + 3 N2 + H 2 eine ziemlich weitgehende. Die unmittelbare Überführung des Benzols in Polynitrophenole, die sog. Oxynitrierung, gelingt unter Mercurisalz-Katalyse in interessanter Reaktion ( W o l f f e n stein, Westheimer1). m - N i t r o p h e n o l läßt sich nicht direkt durch Nitrierung von Phenol bereiten, da die OH-Gruppe ein Substituent 1. Ordnung ist und daher vorwiegend o- und p-Derivat liefert. Man ist auf den Umweg der Diazotierung von m-Nitranilin und die Umkochung des Diazoniumsalzes zum Phenol angewiesen (S. 246). m- und p-Nitrophenol sind in reinem Zustand f a r b l o s , die o-Verbindung dagegen ist gelb. Die Salze aller drei Nitrophenole aber sind i n t e n s i v f a r b i g , und zwar in der o- und m-Reihe rotorange und gelborange, in der p-Reihe tiefgelb. (Anwendung von p-Nitrophenol als Indikator.) Man hat die starke Färbung der Nitrophenolsalze durch eine Umlagerung in eine das Licht kräftiger absorbierende chinoide Form (aci-Typus nach H a n t z s c h ) zu erklären versucht. OH

iiOj p-Nitrophenol

O-t-N—ONa p-Nitrophenolnatrium

Dagegen sprechen jedoch verschiedene Erwägungen. Vor allem verhält sich m-Nitrophenol wie die beiden Isomeren, die Alkalisalze müßten also auch chinoid sein. m-Chinone sind aber in der ganzen aromatischen Chemie unbekannt. Ferner gibt es noch mehrfach Beispiele von Substanzen, die bei der Salzbildung eine Farbvertiefung erfahren, wo aber die Umlagerung in ein tautomeresChinon ausgeschlossen ist. So sind die zweifachen Salze des gelbbraunen A n t h r a h y d r o c h i n o n s tief blutrot (S. 289). 1

Am. Soc.69, 773 (1947).

216

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie OH

OH gelbbraun

ONa / V / V / V • U blutrot

Schließlich sind auch die Alkalisalze des einfachen Phenols tiefer farbig als das Phenol selbst. Diese Tatsache ist zwar subjektiv nicht erkennbar, jedoch durch Untersuchung der Absorption in ultraviolettem Licht. Dabei hat sich ergeben, daß die Absorption des Phenolations weit näher als die des freien Phenols an den subjektiv sichtbaren Teil des Spektrums heranrückt. Die Differenz ist so bedeutend, daß sie auch für eine subjektiv wahrnehmbare Farbvertiefung von farblos zu gelb eine befriedigende Erklärung enthält. Wir führen also die Färbung der Nitrophenolsalze auf die „ b a t h o c h r o m e " ( = farbvertiefende) W i r k u n g d e r S a l z b i l d u n g zurück. Da o-und p-ständige Nitrogruppen die Substituierbarkeit von Halogen im aromatischen Kern erleichtern (S. 97), so sind die Nitrophenole auch aus N i t r o c h l o r b e n z o l e n zugänglich. So läßt sich p-Nitro-chlorbenzol im Autoklaven durch Laugen spalten, das als Zwischenprodukt für Schwefelfarbstoffe wichtige 2,4-Din i t r o - p h e n o l geht schon bei milderen Bedingungen aus dem entsprechenden Chlorbenzol hervor. Durch Umsetzung mit Ammoniak entsteht p - N i t r a n i l i n . Auffällig ist die Leichtigkeit, mit der sich der Dinitrophenyl-Rest mit Hilfe von 2,4-Dinitrofluor-benzol in NH^-Gruppen von Aminosäuren und Peptiden einführen läßt ( S a n g e r ) . Im T r i n i t r o - c h l o r b e n z o l ( P i k r y l c h l o r i d ) ist das Chlor von der gleichen Reaktionsfähigkeit wie in einem Säurechlorid.

4. Die Kolbesche Salicylsäuresynthese1 13,5 g reinen Ätznatrons (1/3 Mol) werden in einer Porzellan- oder zweckmäßiger in einerNickelschale in 20 ccm Wasser gelöst und unter Umrühren allmählich mit 31 g (% Mol) kristallisiertem Phenol versetzt. Man dampft dann auf dem Drahtnetz unter fortdauerndem Umrühren das Wasser ab, gegen Ende mit direkter leuchtender Flamme, die man dauernd unter der Schale hin und her bewegt. Sobald die einzelnen Teile nicht mehr zusammenbacken, pulverisiert man die Masse schnell in einer trockenen Reibschale und erhitzt das feine Pulver nochmals so lange unter gutem Umrühren in der Nickelschale, bis es staubtrocken2 geworden ist. Es wird dann in eine tubulierte Retorte von etwa 200 ccm Inhalt eingefüllt und diese so tief wie möglich in ein Ölbad eingetaucht. Man erhitzt dieses nun auf 110° und leitet bei dieser Temperatur 1 Stunde lang trockne Kohlensäure über das Phenolnatrium (das Ende des Einleitungsrohres 1 cm über der Oberfläche des Phenolnatriums). Im Laufe von 4 Stunden steigert man unter fortwährendem Durchleiten eines 1

J . pr. (2) 10, 89 (1874); 27, 39 (1883); 31, 397 (1885). V ö l l i g e T r o c k e n h e i t des Phenolats ist Voraussetzung für das Gelingen des Versuchs. Die Zeiteinteilung erlaubt bequem, das in der Schale getrocknete Salz vor Ausführung der Synthese über Nacht im Vakuumezsiccator über Schwefelsäure und festem Ätzkali stehenzulassen. 2

217

Die Kolbesche Salicylsäuresynthese

nicht zu lebhaften Kohlensäurestromes die Temperatur allmählich auf 190°, so daß in jeder Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 20° eintritt, und erhitzt schließlich noch 1—2 Stunden auf 200°. Während dieser Operation rührt man den Retorteninhalt mehrere Male mit einem Glasstab um. Nach dem Erkalten gießt man den Retorteninhalt aus dem Tubus in ein großes Becherglas, spült mehrfach mit Wasser nach und fallt die Salicylsäure durch viel konzentrierte Salzsäure aus. Nachdem sie unter Eiskühlung kristallinisch geworden ist, saugt man ab, wäscht mit wenig Wasser und trocknet auf Ton. Wenn eine Probe der feuchten Säure sich aus heißem Wasser (unter Zugabe von Entfarbungskohle) direkt rein Umkristallisieren läßt, kann man das ganze Präparat auf diese Weise reinigen. Es ist aber auch dann anzuraten, das Rohprodukt mit überhitztem Wasserdampf zu destillieren, schon um die Methode kennenzulernen. Man erhitzt es zu diesem Zweck in t r o c k n e m Z u s t a n d e in einem k u r z h a l s i g e n Kölbchen, welches in einem ölbade auf 170° erwärmt wird, und leitet einen nicht zu lebhaften Wasserdampfstrom von 170—180° darüber (vgl. S. 27). Die Verbindung des Kolbens mit dem Dampfüberhitzer darf erst dann hergestellt werden, wenn Ölbad und Wasserdampf die angegebene Temperatur besitzen. Verbindungsrohr und Kühlrohr müssen b e s o n d e r s w e i t sein. Erhitzt man die aus dem Kühlrohr entfernte Säure mit dem in der Vorlage befindlichen wäßrigen Destillate bis zur Lösung, so kristallisiert beim Erkalten eine vollkommen farblose Säure in langen Nadeln aus. Schmelzpunkt 156°. Ausbeute 10—12 g. Die erste Phase der Kolbeschen R e a k t i o n verläuft vielleicht analog der aus der Fettreihe bekannten Synthese von A l k y l c a r b o n a t e n aus Alkoholat und Kohlendioxyd mit anschließender Umlagerung:

0

H5C2 • ONa + COa

• H5C2OC-°n.+COi _ _

_

r y

0

H

Plausibler erscheint die direkte Carboxylierung eines mesomeren Phenolations. [(—) S H Daneben bildet sich in untergeordneter Menge die p-Verbindung, bei Anwendung von Kaliumphenolat ist diese merkwürdigerweise das Hauptprodukt. Da bei der Kolbeschen Synthese, wie sie hier ausgeführt wurde, das primäre Salicylat teilweise mit unverändertem Phenolnatrium unter Bildung des sek. Salzes reagiert, wird ein Teil des Phenols frei und aus der Reaktion ausgeschaltet. Die v o l l s t ä n d i g e Umsetzung gelingt, wenn man Phenolnatrium nach der Methode von S c h m i t t unter C02-Druck im Autoklaven längere Zeit auf etwa 150° erhitzt (technisches Verfahren).

218

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

Bei m e h r w e r t i g e n Phenolen gelingt die Carbonsäuresynthese schon in w ä ß r i g e r Lösung. o- und p - O x y c a r b o n s ä u r e n spalten beim Erhitzen auf höhere Temperatur C0 2 ab, und zwar steigert sich die Leichtigkeit mit der Anzahl der OH-Gruppen (Darstellung von Pyrogallol aus Gallussäure). Wie wird m - O x y b e n z o e s ä u r e dargestellt? Reduktion der Salicylsäure zu Pimelinsäure (Einhorn).

Versuch: Eine wäßrige Lösung von Salicylsäure versetzt man mit einigen Tropfen Eisen(III)-chloridlösung. Man erhält die für Phenole charakteristische Farbreaktion. S a l i c y l s ä u r e wird in großen Mengen technisch gewonnen. Sie dient in der Farbstoffindustrie zur Darstellung wertvoller Azofarbstoffe, die, teilweise auf gebeizter Faser aufgefärbt, durch große Echtheit ausgezeichnet sind. Außerdem finden die Säure und ihre Derivate eine ausgedehnte pharmazeutische Verwendung. Als Phenolcarbonsäure wirkt sie stark desinfizierend (Konservierungsmittel). Daneben hat sie sich als wichtiges antirheumatisches Mittel und als Analgetikum bewährt. Besonders populär ist die am Phenolhydroxyl acetylierte Verbindung, das A s p i r i n , geworden. Das erste Medikament der Reihe war der als Nebenprodukt beim technischen Verfahren entstehende Phenylester der Salicylsäure, das Salol. Salicylaldehyd wurde oben präparativ dargestellt (S. 206). ,CH2OH (1) Der Alkohol S a 1 i g e n i n C 6 H 4 ^ ist im Glucosid S a 1 i c i n in der Weide X O H (2) (salix) enthalten. m-Aminophenol ist unter besonders milden Bedingungen der Carboxylierung zugänglich. Die entstehende p-Amino-salicylsäure (PAS) hat neuerdings in der Tuberkulose-Therapie Beachtung gefunden.

5. Synthese eines /5-Ketonsäure-esters. Acetessigester 1 Für das sichere Gelingen dieses Präparates ist die Beschaffenheit des verwendeten Essigesters von großer Bedeutung, da vollkommen alkoholfreier Essigester selbst beim Erwärmen nur langsam von Natrium angegriffen wird, stark alkoholhaltiger zu Ausbeuteverminderung führt. Der Essigester des Handeis wird von dem in ihm enthaltenen Alkohol mit Calciumchlorid befreit, über dem man die benötigte Menge (350 ccm) einen Tag aufbewahrt (100 g frisches, gekörntes Chlorcalcium). Kurz vor Gebrauch wird der Essigester unter Feuchtigkeitsausschluß destilliert. Man preßt 13 g von Krusten befreites Natrium, durch die Natrium presse in 125 ccm des vorbereiteten Essigesters, die sich in einem 500 ccmKolben befinden, und setzt sofort einen Rückflußkühler auf. Wurde der Essigester richtig behandelt, so darf er hierbei nicht sofort stürmisch aufsieden, vielmehr tritt erst allmählich Wasserstoffentwicklung und gelindes Sieden ein. Durch Heizung mit einem Ölbad hält man 2 Stunden bei gelindem Sieden. Man tauscht dann — auch wenn kleine Natriumreste noch ungelöst sind — den Rückflußkühler gegen eine Destillationsbrücke aus und destilliert den überschüssigen Essigester zusammen mit 1

H. Scheibler, A. 565, 176 (1949).

Synthese eines /S-Ketonsäure-esters. Acetessigester. — Acetylaceton

219

dem gebildeten Alkohol bei einer Ölbadtemperatur von 100° ab, zuletzt im Vakuum. Man hebt den Kolben aus dem Ölbad, läßt kurz erkalten, fügt zum trocknen Rückstand 65 ccm Essigester und kocht erneut eine halbe Stunde am Rückflußkühler. Dann wird wieder der alkoholhaltige Essigester abdestilliert und die ganze Behandlung noch zweimal mit je 65 ccm Essigester wiederholt. Zu dem Salzrückstand von Natracetessigester fügt man 50 g Eis und setzt nach und nach etwa 130 ccm 20-proz. Schwefelsäure (4-normal) zu, bis die Flüssigkeit eben sauer reagiert. Den sich abscheidenden Acetessigester trennt man im Scheidetrichter ab, wäscht mit 20 ccm 2 n-Sodalösung, dann mit etwas Wasser und trocknet mit wenig Chlorcalcium. Zur Reinigung wird der Acetessigester i. V. destilliert. Siedepunkt 71°/12,5 mm, 94°/45 mm. Ausbeute 50—57 g, entsprechend 82—90% der Theorie. 6. Acetylaceton 1 In die Mischung von 120 ccm Essigester (wie zur Darstellung von Acetessigester gereinigt) und 32 ccm trocknen Acetons trägt man unter Kühlung im Kältegemisch 34 g fein gepulvertes Natriumamid2 — das unter Verschluß steht — nach und nach ein. Der Kolben trägt einen mit CaCl2-Rohr versehenen Kork- oder Gummistopfen. Es entwickelt sich alsbald kräftig Ammoniak. Nachdem alles Natriumamid eingetragen ist, läßt man unter häufigem Umschütteln noch 2 Stunden in Eiswasser und weitere 12 Stunden bei Raumtemperatur stehen, setzt dann etwa 100 g Eis und hernach ebensoviel kaltes Wasser zu, trennt die wäßrige Schicht von dem übriggebliebenen Essigester und säuert bis eben zum Verschwinden der alkalischen Reaktion mit verd. Essigsäure an. Aus dieser Lösung wird das Acetylaceton mit gesättigter wäßriger Kupferacetatlösung als Kupfersalz gefallt. 40 g Kupferacetat werden, fein gepulvert, in der nötigen Menge siedenden Wassers gelöst. Wenn das Präparat basisches Salz enthält, fügt man kleine Mengen Essigsäure zu. Die Lösung verwendet man noch lauwarm, ehe das Salz wieder auskristallisiert. Das blaugraue Acetylaceton-Kupfer wird nach einigen Stunden scharf abgesaugt, zweimal mit Wasser gewaschen, von der Nutsche direkt in einen Scheidetrichter gebracht und in ihm unter Äther durch anhaltendes Schütteln mit 50 ccm 4n-Schwefelsäure zerlegt. Nach dem Abtrennen der Ätherlösung äthert man die saure Schicht nach, trocknet die vereinigten Auszüge mit Calciumchlorid und bringt das Diketon nach Wegdampfen des Äthers zur Destillation. Die Hauptmenge geht zuerst bei 1

L. C i a i s e n , B.38, 695 (1905). Das Pulvern muß möglichst rasch, am besten in einem Metallmörser, ausgeführt werden (Schutzbrille H. Die Qualität des Natriumamids ist entscheidend für die Ausbeute. 2

220

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

125—140°, bei der Wiederholung der Destillation bei 135—140° über. Der Siedepunkt des ganz reinen Diketons liegt bei 139°. Ausbeute 15—20 g. Ein reines und auch haltbares Präparat gewinnt man durch Destillation der Substanz bei einem Unterdruck von etwa 50 mm. "Versuch: Die wäßrige Lösung von einigen Tropfen Acetylaceton versetzt man mit einem Tropfen Eisen(III)-chloridlösung. Charakteristische E n o l r e a k t i o n . Läßt man nun zu der mit Eis gekühlten Lösung ziemlich rasch verdünntes Bromwasser fließen, so verschwindet die rote Farbe des Eisenenolats für kurze Zeit, um dann rasch wiederzukehren. B e n z o y l a c e t o n C6H5 • CO • CH2 • CO • CH3 wird auf analoge Weise nach der Vorschrift von Ciaisen, B. 38, 695 (1905) aus Acetophenon und Essigester dargestellt. Ausbeute bis zu 75% der Theorie. Auch der umgekehrte, billigere Weg der Umsetzung von Benzoesäureester mit Aceton, für den die Kondensation mit Natrium und Natriumäthylat versagt, führt bei Anwendung von Natriumamid zum Ziel. Allgemein ist Natriumamid bei der Synthese von 1,3-Diketonen vorzuziehen. 7. Malonsäure-diäthylester In einer geräumigen Porzellanschale werden 95 g (1 Mol) Morwchloressigsäure in 200 ccm Wasser gelöst und unter gelindem Erwärmen (auf 50°) mit festem, trocknem Kaliumcarbonat neutralisiert, wozu 75 g dieses Salzes erforderlich sind. Man fügt dann 55 g fein pulverisiertes, reines Natriumcyanid (oder 70 g KCN) hinzu (1,1 Mol) und steigert unter gutem Umrühren die Temperatur sehr allmählich durch Erwärmen auf einem Sandbad oder einem Asbestteller (alles unter dem Abzüge ausführen). Nachdem unter lebhaftem Aufsieden die Bildung der Cyanessigsäure vor sich gegangen ist, dampft man das Reaktionsgemisch unter Umrühren mit dem Thermometer auf einem Drahtnetz soweit ein, bis ein in die zähflüssige bräunliche Salzmasse eintauchendes Thermometer 135° zeigt. Man laßt dann erkalten, rührt jedoch auch während des Abkühlens noch mit einem Spatel um, da das Produkt sonst zu einer harten, kaum pulverisierbaren Masse zusammenbackt. Es wird dann schnell in einer großen Reibschale gut zerkleinert und in einem mit Rückflußkühler verbundenen Kolben von etwa 1 Liter Inhalt unter gutem Umschütteln zuerst mit 50 ccm absoluten Alkohols und dann mit der erkalteten Mischung von 200 ccm absoluten Alkohols und 150 ccm konz. Schwefelsäure allmählich versetzt. Man erwärmt nun die breiige Masse unter öfterem Umschütteln 2 Stunden auf einem Wasserbad (Abzug), kühlt dann gut ab und versetzt, wieder unter Umschütteln, mit 400 ccm Wasser. Nachdem man das ungelöste Salz an der Saugpumpe abgesaugt und auf dem Filter mehrmals mit Äther gewaschen

Malonsäure-diäthyleater

221

hat, schüttelt man das wäßrige Filtrat mit diesem und hernach noch zweimal mit neuem Äther tüchtig aus. Der gesamte Ätherauszug wird darauf mit einer konzentrierten wäßrigen Sodalösung so lange durchgeschüttelt ( S c h e i d e t r i c h t e r hierbei anfangs der s t a r k e n Gasentwicklung wegen n i c h t verschlossen), bis er nicht mehr sauer reagiert, und dann mit geglühtem Natriumsulfat getrocknet, worauf man nach dem Verdampfen des Äthers den zurückgebliebenen Malonesttr rektifiziert. Siedepunkt 195°. Ausbeute 90—100 g. Ä t h y l m a l o n e s t e r . In einem mit gut wirkendem Rückflußkühler 1 / 6 g-Atom) in verbundenen kleinen Kolben löst man 4,6 g Natrium 75 ccm absoluten Alkohols auf, versetzt die erkaltete Lösung allmählich 1 / 5 Mol) (Abscheidung von Natriummalonmit 33 g Malonsäureester ester) und fügt unter Umschütteln in kleinen Anteilen 25 g Äthylbromid oder 35g Äthyljodidhxnzu. Man erwärmt dann auf dem Wasserbad, bis die Flüssigkeit nicht mehr alkalisch reagiert, was nach ein- bis zweistündigem Erhitzen erreicht ist, destilliert den Alkohol im Vakuum auf einem Wasserbad von 40—50° ab und nimmt aus dem Rückstand den Ester mit Äther auf (2—3mal extrahieren). Nach dem Verdampfen des Äthers destilliert man das Rohprodukt. Siedepunkt 206—208°. Ausbeute rund 30 g. Äthylmalonsäure. Die erkaltete Lösung von 15 g Ätzkali in 12 ccm Wasser wird in einem kleinen, mit Rückflußkühler versehenen Rundkolben unter Umschütteln nach und nach mit 19 g Äthylmalonester versetzt. Die anfangs entstehende Emulsion erstarrt bald zu einer festen Masse von Kalium-äthylmalonester, und wenn man jetzt auf dem schwach siedenden Wasserbad mäßig erwärmt, setzt die Verseifungsreaktion unter starker Selbsterwärmung ein. Man setzt das Erhitzen noch so lange fort, bis die Ölschicht verschwunden ist, läßt erkalten, schüttelt das — häufig kristallisierende — Reaktionsgemisch im Kolben zur Entfernung von etwa nicht verseiften Esterresten zweimal mit Äther durch (Gummistopfen aufsetzen!), den man einfach abgießt. Dann säuert man unter Eiskühlung mit Salzsäure (26 ccm konz., D. 1,18, + 25 ccm Wasser) an (Kongopapier!) und schüttelt die Lösung im Scheidetrichter fünfmal mit je 25 ccm Äther aus, den man mit Natriumsulfat trocknet. Nach dem Verdampfen des Äthers bringt man den Rückstand durch Abkühlen und Reiben zur Kristallisation. Man kann die Äthylmalonsäure aus Benzol Umkristallisieren (Probe), zur Überführung in Buttersäure ist dies nicht erforderlich. Schmelzpunkt 111°. Ausbeute 12 g. B u t t e r s ä u r e aus Äthylmalonsäure. Die Äthylmalonsäure wird in einem kleinen Fraktionierkolben, dessen möglichst langes Kondensationsrohr schräg nach oben gestellt ist, während das Thermometerrohr verkorkt ist, in einem Ölbade so lange auf 180° erhitzt, bis sich keine Kohlensäure mehr entwickelt, was nach % Stunde erreicht ist. Den Rückstand unterwirft man dann aus dem gleichen Kolben in üblicher Weise der Destillation, wobei die Buttersäure zwischen 162—163° übergeht. Ausbeute 80—90% der Theorie.

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

222

Durch Umsetzung von Natriummalonester mit der äquivalenten Menge (genau 1 Mol) B e n z y l c h l o r i d gelangt man in analoger Weise zum B e n z y l m a l o n e s t e r und schließlich zur H y d r o z i m t s ä u r e . 8. Phenylnitromethan 1 a)

aci-Phenyl-nitroacetonitril-natrium C6H6 • C • CN

II

NOONa

8 g Natrium werden in 120 ccm absolut. Alkohol in einem Rundkolben von 500 ccm Inhalt gelöst. In diese Lösung läßt man, unbeschadet einer Abscheidung von Äthylat, unter Wasserkühlung das Gemisch von 36 g Benzylcyanid (S. 125) und 32 g Äthylnitrat (S. 134) nach und nach einlaufen. Das in der Überschrift formulierte Salz scheidet sich allmählich in kaum gefärbten Kristallen ab; man läßt zur Beendigung der Reaktion noch eine Stunde ohne Kühlung, aber unter Ausschluß von Wasser stehen, saugt dann ab und wäscht den Salzniederschlag zuerst mit Alkohol-Äther (1:1), dann mit Äther allein. Ausbeute 40—45 g. Eine Probe des Salzes gibt in alkoholischer Lösung mit Eisen(III)chlorid eine intensive olivgrüne Farbreaktion. b) V e r s e i f u n g zu aci-Phenylnitromethan-natrium Das erhaltene Natriumsalz (etwa 40 g) wird im offenen Rundkolben auf dem Babotrichter mit 600 ccm 2 n-Natronlauge zu gelindem Sieden gebracht. Die Lösung konzentriert sich allmählich, und es entwickeln sich große Mengen von Ammoniak. Wenn die NH 3 -Entwicklung aufgehört hat, ist die Spaltung beendet. Häufig beginnt das in überschüssiger Lauge schwer lösliche Natriumsalz des aci-Phenylnitromethans schon in der Hitze auszukristallisieren. Wenn dies vor Beendigung des Prozesses eintritt, setzt man bis zur Lösung heißes Wasser zu und kocht weiter, bis sich kein Ammoniak mehr verflüchtigt. Dann läßt man erkalten und säuert u n t e r g u t e r E i s k ü h l u n g und stetem Umschütteln mit etwa 220 ccm starker Salzsäure (110 ccm konz. + 1 1 0 ccm Wasser) an bis zur deutlichen Kongoreaktion und vollständigen Ausfällung des in Flocken herauskommenden aci-Nitrokörpers. Es entweicht massenhaft Kohlendioxyd. Das Reaktionsgemisch bleibt nun über Nacht stehen, damit die empfindliche aci-Verbindung Zeit hat, sich in das stabile Phenylnitromethan umzulagern. Am anderen Morgen äthert man erschöpfend aus, schüttelt die Ätherlösung mit Sodalösung durch, dampft den Äther, ohne ihn zu trocknen, ab und treibt den Rückstand mit Wasserdampf über. Das Destillat wird wiederum in Äther aufgenommen, dieser mit Calciumchlorid getrocknet und der Inhalt der Lösung nach 1

W. W i s l i c e n u s u. A. Endrea, B.3ö : 1757 (1902).

Phenylnitromethan

223

dem Abdampfen des Äthers auf dem Wasserbad im Vakuum destilliert. Das Phenylnitromethan geht unter 16 mm Druck bei 118—119° als hellgelbes Öl über. Ausbeute 14—18 g, durchschnittlich 50% der Theorie. Über K e t o - E n o l - T a u t o m e r i e Die einfachen Aldehyde und Ketone sind uns als freie Verbindungen und in ihren Reaktionen im allgemeinen nur in der Aldo- und Ketoform bekannt. E r l e n m e y e r hat die Regel aufgestellt, daß die isomere Struktur des Enols, wie sie z. B. bei der Bildung von Acetaldehyd aus Glykol zuerst auftreten sollte: CH2—CH2 I | OH OH

CH 2 =CH I OH

in keinem Fall existenzfähig sei. Diese Regel hat sich, namentlich unter der Wirkung der Arbeiten von C i a i s e n , als irrtümlich erwiesen. Wir wissen heute, daß schon einfache Aldehyde und Ketone eine nachweisbare Neigung zeigen, unter Wanderung eines Protons und gleichzeitiger Verschiebung der Doppelbindung sich zu „ e n o l i s i e r e n " (Prototropie). So hat man feststellen können, daß bei der B r o m i e r u n g des A c e t o n s , die sich als monomolekulare Reaktion erwiesen hat, nicht die normale Ketoform in Reaktion tritt, sondern die tautomere E n o l f o r m , die in unmeßbar geringer Konzentration im Gleichgewicht — die Einstellung erfährt durch Wasserstoffionen eine starke Beschleunigung — vorhanden ist und sich nach der Umsetzung alsbald wieder nachbildet. Der monomolekulare Charakter der Reaktion ergibt sich daraus, daß der zeitliche Verlauf dieser Umlagerung (I) gemessen wird, während die Reaktion des Enols mit Brom (II) mit unmeßbar großer Geschwindigkeit vor sich geht (Lapworth). Wir haben also die Gleichungen: • CH 3 • C=CH a

CH 3 • CO • CH 3 I

J^lL*

CH 3 • CBr—CH2Br

OH II CH3 • CO • CH 2 Br

OH

Es sei hier erwähnt, daß Aceton und auch Acetaldehyd bei Ausschluß von Wasser durch metallisches Natrium (unter Wasserstoffentwicklung), oder besser durch Natriumamid in die sehr reaktionsfähigen „ E n o l a t e " , z. B.: ONa umgewandelt werden. Die Beweglichkeit eines an dem der C=0-Gruppe benachbarten C-Atom haftenden Wasserstoffatoms, die die Voraussetzung für den Übergang in die Enolform bildet, wächst nun, wenn an diesem selben C-Atom noch weitere a k t i v i e r e n d e , das sind im allgemeinen u n g e s ä t t i g t e Gruppen haften. Dieser Fall liegt vor im A c e t e s s i g e s t e r , in dem die Gruppe —COOR diesen Einfluß ausübt. Der M e c h a n i s m u s d e r A c e t e s s i g e s t e r - B i l d u n g . Ehe die Tautomerieverhältnisse beim Acetessigester besprochen werden, ist der Mechanismus seiner Bildungsreaktion kurz zu erörtern, der jahrzehntelang eifrig diskutiert wurde. Das der Reaktion zugrunde liegende Prinzip ist wohl das der A l d o l - K o n d e n s a t i o n

224

Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie

Wie sich dabei eine reaktive Methylgruppe an Carbonyl anlagert, so wird auch im Falle des Essigesters grundsätzlich eine Anlagerung im Sinne der Gleichung OR

OR

R0 2 C—CH S + ¿—CH 3 II 0

ROaC—CH2—(1—CHS ¿H

zu diskutieren sein. Allerdings verlangt hier die gegenüber Aldehyden und Ketonen stark verminderte Reaktionsfähigkeit von Carbonyl wie Methyl die Beteiligung von Alkalimetall, das den Ester unter Wasserstoffentwicklung in ein E n o l a t von Salzcharakter, z. B. RO—C=CH, ¿Na überführen kann. Das Enolat-Anion ist ein typisches Beispiel einer großen Zahl von Molekeln — die aromatischen Verbindungen gehören auch hierher —, die nicht mit einer Strukturformel eindeutig wiederzugeben sind. Die eingrenzenden Formelbilder unterscheiden eich dabei nicht wie im Falle der Tautomerie in der Lage der Atomkerne, sondern nur in der Lage der Bindungselektronen. Der sich einstellende Zwischenzustand wird mit dem Begriff „Mesomerie" gekennzeichnet; Näheres S. 380. Die mesomeren „Grenzformeln" des Enolations sind H,C=C

ROH + H ( + ) .

Als hypothetisches Zwischenprodukt nimmt man das Alkyl-diazonium-Kation an; die notorische Zerfallsfreudigkeit dieses Derivats des Stickstoffmoleküls vereitelte bislang seine Isolierung. Der Zerfall setzt neben Stickstoff ein Carboniumion frei, das sofort durch Aufnahme des nucleophilen Wassermoleküls die Elektronenlücke am Kohlenstoff schließt. Auf diese Weise ist die Bildung primärer Alkohole aus primären Aminen bei der Behandlung mit salpetriger Säure zwanglos zu deuten. Die bei dieser Reaktionsfolge häufig beobachteten Umlagerungen (n-Propylamin gibt ein Gemisch von n- und iso-Propanol; Cyclobutyl-methylamin liefert u. a. Cyclopentanol) vermögen als Indiz für die Carboniumzwischenstufe zu dienen. Eine zweite Stabilisierungsmöglichkeit des Carboniumions liegt in der als Nebenreaktion eintretenden Protonabgabe zum O l e f in. Manohe Alkyl-diazonium-ionen sind zur leichten Protonenabgabe zu einem mesomeriestabilisierten aliphatischen Diazokörper befähigt. Insbesondere ot-ständige Carbonylgruppen sind zu dieser Stabilisierung geeignet. So liefert Glycinester den Diazoessigester, dessen Grenzstrukturen nur zwitterionisch geschrieben werden können. RO—C—CH.-NH. + HO-NO

RO—C—CH.-NLN

O ( - ) (+) RO—C—CH—N=NI II O

~

H -^

O
RO—C=CH—N=NI I, . 0(->


CC12 + H2N • NH2 || —H2C—N=N . t/ HCC1 In ätherischer Lösung ist Diazomethan längere Zeit haltbar. Über seine zahlreichen Umsetzungen (mit Blausäure, Acetylen, Chinon usw.) unterrichte man sich in der Spezialliteratur. Seine wichtigste präparative Verwendung findet Diazomethan, wie schon erwähnt, als Methylierungsmittel, namentlich für Phenole. Eis reagiert mit ihnen in der Weise, daß die beiden Stickstoffatome als elementarer Stickstoff abgespalten und die beiden frei werdenden Valenzen durch H und OR besetzt werden. H

• H2CC=N—NH2 - >C—N=N +2H 2 (

C — + HO • C6H6

B. 45, 505 (1912). In den früheren Auflagen dieses Werkes ist die präparative Durchführung der Stauding er sehen Methode beschrieben. 3 L. W o l f f , A. 894, 40 (1912). 4 B. 68, 204 (1935); 69, 1805 (1936). 5 Übersicht: B. E i s t e r t , Neuere Methoden der präp. organischen Chemie, Berlin 1943, 359. R. Huisgen, Ang. Ch. 67, 439 (1955). 1 2

238

Aliphatische Diazoverbindungen

Deshalb und aus verschiedenen anderen Gründen hat man ihnen später die offene Formel gegeben (Angeli, Thiele), an Stelle der früher gebräuchlichen von ihrem Entdecker Th. Curtius aufgestellten Ringformel. CH CH Das dem Azobenzol entsprechende A z o m e t h a n , 3 | 3 CH 3 -N=N-CH 3 ist ein farbloses, explosives Gas (bei JJQ J, jj—N C CN tiefer Temperatur hellgelbe Flüssigkeit), das durch — • , Dehydrierung des entsprechenden Hydrazins (HyCH CH drazomethan) erhalten wurde (Thiele, B. 42, 2575 3 3 [1909]). Das Azoisobuttersäure-nitril hat Bedeutung als Initiator für Kettenreaktionen erlangt, da es in der Hitze Stickstoff und 2 freie Radikale liefert. Weitere Reaktionen der aliphatischen Diazoverbindungen siehe bei Diazoessigester.

2. Diazoessigester a) G l y k o k o l l e s t e r - h y d r o c h l o r i d 1 , H6C2OOC • CH 2 • NH 2 • HCl. 94 g Chloressigsäure (1 Mol), in 30 ccm Wasser gelöst, läßt man bei 15° in 1 Liter konzentrierten Ammoniaks (D. 0,913) unter Schütteln einfließen. Der Kolben bleibt verstopft 24 Stunden stehen. Hierauf dampft man den großen Überschuß Ammoniak in einer Schale auf dem Drahtnetz ab (Abzug!), macht, wenn sein Geruch kaum mehr wahrnehmbar ist, mit 100 ccm konzentrierter Salzsäure deutlich kongosauer und dampft nun, gegen Ende unter s t e t e m R ü h r e n , auf offenem Feuer so lange weiter ein, bis eine Probe der in der Hitze schon halbstarren hellgelben Masse beim Erkalten vollständig hart wird. Durch Kleinstellung der Flammen und intensives Rühren muß in diesem Stadium Überhitzung vermieden werden. Die heiße Masse reibt man nun während des Erkaltens in einem Porzellanmörser gut durcheinander und entfernt vor der nachfolgenden Veresterung das noch anhaftende Wasser in der Weise, daß man das gepulverte Gemenge von Salmiak und Olykokoll-hydrochlorid in einem kurzhalsigen Rundkolben, der in ein siedendes Wasserbad eingehängt ist, an der Vakuumpumpe erhitzt. Nach 4 Stunden pulvert man die Masse abermals und setzt das Erhitzen im Vakuum noch 3 Stunden lang im Ölbad bei 115° fort. Das staubtrockne Salzgemisch 2 wird sodann in einem mit Glasschliffen und Rückflußkühler versehenen Veresterungskolben (Fig. 46, S. 95) mit 350 ccm absolutem Alkohol aufgekocht (Wasserbad, wegen des Stoßens ist der aufliegende Rand des Kolbens durch eine Tuchunterlage zu sichern); in das siedende Gemenge leitet man so lange einen starken Strom trocknen Salzsäuregases, bis aus dem Kühlrohr dicke Nebel austreten. Man löst jetzt die Verbindung mit dem HCl-Entwickler, hält noch eine Stunde lang im Kochen und saugt schließlich die heiße Lösung vom Salmiak auf einer Nutsche ab; man wäscht zweimal mit heißem absolutem Alkohol nach. Aus dem Filtrat kristallisiert beim Er1

H a n t z s c h und Silberrad, B.33, 70 (1900). Für den nachfolgenden Versuch der Darstellung von Hippursäure lege man einige Gramm des Salzgemischs zurück. 2

Diazoessigeater

239

kalten das Olykokollester-hydrocMorid aus, das nach 12 stündigem Stehen abgesaugt wird. Durch Umkristallisation aus möglichst wenig absolutem Alkohol — etwas Salmiak bleibt häufig ungelöst, darum nicht zu viel Alkohol! — wird das Salz vollkommen rein erhalten. Schmelzpunkt 144°. Für die Bereitung des Diazoessigesters kann das scharf getrocknete Rohprodukt Verwendung finden. Die Ausbeute daran beträgt 50—60 g. Sie kann durch Einengen der Mutterlauge oder auch durch Zugabe von Äther gesteigert werden. Außer der hier ausgeführten einfachsten a-Aminosäuresynthese, die in höheren Reihen weniger glatt verläuft, gibt es noch deren zwei, die von niedereren Aldehyden ausgehen,die (V,7; S. 200) präparativ durchgeführte Streckersche (Anlagerung von C y a n a m m o n i u m zum Nitril) und die von E r l e n m e y e r jun., bei welcher der um 2 C-Atome niedrigere Aldehyd mit H i p p u r s ä u r e kondensiert wird. Es entsteht dabei das „Azlakton" einer «^-ungesättigten N - B e n z o y l - a a m i n o s ä u r e , das hydriert wird; durch hydrolytische Aufspaltung und Abspaltung der Benzoylgruppe wird die a-Aminosäure erhalten. R • CO + H2C • COOH H l l i H • COC,H5

• R—CH=C ft

CO i

NH • COC,Hs

\ 4 H s 5 R CHj • CH • COOH + C,H6 • COOH Wenn man a-Ketocarbonsäuren bei Gegenwart von Ammoniak katalytisch hydriert, so wird über die zuerst entstehende Iminosäure die a-Aminosäure gebildet (F. Knoop). Ebenso kann man a-Isonitroso- und Nitrosäuren zu Aminosäuren hydrieren. Zur Variierung der Seitenketten ist die Tatsache nützlich, daß Alkylacetessigester oder -malonester mit salpetriger Säure nach folgendem Schema reagieren : R' I R02C—CH—CO—R" + HONO > R02C—C—R' + H02C—R" NOH Auch vom Acetamido-malonester aus lassen sich durch Alkylierung Aminosäuren aufbauen. Die Bedeutung der Aminosäuren als Bausteine der Proteine. Welche Aminosäuren hat man bis jetzt bei der Verdauung und Säurehydrolyse von Eiweiß isoliert ? Die T r e n n u n g der einzelnen a-Aminosäuren gelingt einigermaßen quantitativ nach E. F i s c h e r dadurch, daß wie oben verestert wird und daß die Aminosäureester dann durch fraktionierte Destillation im Vakuum voneinander geschieden werden. In letzter Zeit hat hier die Papierchromatographie große Bedeutung erlangt (s. S. 342). In den Eiweißkörpern (Pro t einen) sind die Aminosäuren amidartig miteinander verknüpft (Peptidbindung). Zur S y n t h e s e der Peptide bzw. ihrer Ester hat E . F i s c h e r ein Mol Aminosäurechlorid mit einem Mol Aminosäureester kondensiert z. B.: (+) TTPl (+) H 3 NCH 2 -C0C1 + h 2 n c h - c o o c 2 h 5 h3nch2conh-chcooc2h5 ¿Ha

CH3 Qlycyl-alaninester

240

Aliphatische Diazoverbindungen

In gleicher Weise wie die Chloride eignen sich die Azide zu Peptidsynthesen, wobei die Azidogruppe als HN 3 abgespalten wird. Da die Azide über die Hydrazide durch Einwirkung von salpetriger Säure gewonnen werden, bedarf die freie Aminogruppe der Aminosäure eines Schutzes durch Acylierung. Besonders gut hat sich die Einführung der Benzylcarboxygruppe bewährt: R—CH—CO,H 0 Die so abgeleiteten Benzylurethane werden nach vollzogener Peptid-Synthese durch katalytisch erregten Wasserstoff in Toluol, C0 2 und die freie Aminoverbindung zerlegt (M. B e r g m a n n und L. Zervas). Diese reduktive Abspaltung der Benzylgruppe, die noch in vielen anderen Fällen Verwendung gefunden hat, vermeidet die scharfen Bedingungen einer Hydrolyse. Nach diesem Prinzip sind auch hochmolekulare Polypeptide aufgebaut worden. Zusammenfassung s. Ang. Ch. 63, 7 (1951); 66, 507 (1954); 69, 362 (1957). Quantitative Bestimmung von Aminosäuren in Lösung: 1. Nach v a n S l y k e . Durch Messung des mit Nitrit in saurer Lösung entwickelten Stickstoffs. 2. Nach Soerensen. Kondensation mit Formaldehyd und dann Titration der jetzt genügend starken Säuren. 3. Nach W i l l s t ä t t e r - W a l d s c h m i d t - L e i t z . Direkte Titration in alkoholischer Lösung mit n/10-Lauge und Phenolphthalein. 4. Bestimmung des beim Erhitzen mit Ninhydrin gebildeten C0 2 oder Colorimetrie der violetten Lösung. Die Aminosäuren zeigen in ihren Eigenschaften und Löslichkeitsverhältnissen den Charakter innerer Salze; in wäßriger Lösung bilden sie gemäß ihrer amphoteren Natur „ Z w i t t e r i o n e n " der Form CHa—CO. Diese dipolare Natur kommt besonders nh3 ¿ deutlich in den quartären Aminosäuren, den B e t a i n e n , zum Ausdruck, die sich wie neutrale Salze verhalten. Im Sinne dieser Dipol-Struktur ist die räumliche Nachbarschaft der beiden polaren Gruppen nicht bestimmend für das Auftreten von Betainen. So leiten sich von der ct«-Form wie auch von der trans-Form der p - D i m e t h y l a m i n o - z i m t s ä u r e Betaine ab (P. P f e i f f e r , A. 465, 20 [1928]): H H C=C

co2(->

( H33 C3) ! N - / X ^ # J jCjäN/^^ v( H 3 13 * ' ci>-Form tratu-Form Mit T r i k e t o h y d r i n d e n (Ninhydrin) geben die Aminosäuren eine violette Farbreaktion (S. 372). Versuch: Hippursäure. Einige Gramm des oben erhaltenen Gemisches von salzsaurem Glykokoll und Ammoniumchlorid werden mit 10—14 com absoluten Alkohols ausgekocht; das Filtrat vom nicht gelösten Salmiak dampft man auf dem Wasserbad zur Trockne (Alkohol v o l l s t ä n d i g entfernen!), nimmt den Rückstand in wenig Wasser auf und schüttelt die stets a l k a l i s c h zu haltende Lösimg nach den Regeln der S c h o t t e n - B a u m a n n s c h e n Reaktion (S. 210) in einer kleinen

Diazoessigester

241

Stöpselflasche mit einem Überschuß (etwa 2—3 Mol) von Benzoylchlorid, das man nach und nach zusetzt, anhaltend durch. Man arbeite in möglichst konzentrierter Lösung. Wenn der Geruch des Säurechlorids nicht mehr wahrnehmbar ist, säuert man mit konzentrierter Salzsäure bis zur Kongobläuung an, läßt einige Stunden stehen, saugt den Kristallbrei ab und befreit das Reaktionsprodukt nach dem Trocknen durch Äther von beigemengter Benzoesäure. Die Hippursäure wird hierauf aus heißem Wasser umkristallisiert. Schmelzpunkt 187°. Hippursäure ist ein normales Stoffwechselprodukt und wird in der Niere durch enzymatische Vereinigung von Benzoesäure und Glykokoll gebildet (Schmiedeberg und Bunge 1877). Der Organismus der Vögel paart die Benzoesäure zum Zweck der Entgiftung mit Ornithin («, ö-Diaminovaleriansäure) zum Dibenzoylderivat, der sog. Ornithursäure (Jaffe).

b) D i a z o e s s i g e s t e r 1 . 4 7 g (% Mol) durch scharfes Trocknen von überschüssiger Salzsäure befreites Olykokollester-hydrochlorid werden in einem Scheidetrichter von % Liter Inhalt in der eben nötigen Menge Wasser gelöst; die Lösung überschichtet man mit Äther und fügt die kalte gesättigte wäßrige Lösung von 26 g techn. Natriumnitrit und weiter tropfenweise (mit dem Tropfrohr) unter lebhaftem Umschütteln 4 nSchwefelsäure hinzu. Die auftretende Trübung von Diazoessigester wird durch Schütteln mit übergeschichtetem Äther jeweils aufgenommen. Nachdem 20 ccm Schwefelsäure in nicht zu langsamem Tempo eingetropft sind, läßt man die wäßrige Lösung ab, um den gebildeten Diazoessigester nicht allzu konzentriert der Wirkung der freien Säure auszusetzen, und fährt dann mit dem Eintropfen der Schwefelsäure im Scheidetrichter nach Erneuerung des Äthers fort. Dabei wird die Abtrennung und Erneuerung des Äthers noch 5—6 mal wiederholt. Wenn schließlich keine Trübung mehr auftritt, sondern salpetrige Säure mit grüner Farbe in den Äther geht, hört man mit dem Zutropfen von Säure auf und schüttelt jetzt die vereinigtenÄtherauszüge mit wenig Sodalösung (bis zur bleibenden Rotfärbung mit Phenolphthalein), dann noch zweimal mit wenig Wasser aus. Hierauf trocknet man etwa y 2 Stunde lang unter öfterem Schütteln mit wenig Galciumchlorid, destilliert aus einem hoch angesetzten Fraktionierkolben von etwa 250 ccm Inhalt die Hauptmenge des Äthers aus einem Wasserbad, das nicht höher als auf 40° geheizt werden darf, bei gewöhnlichem Druck, das letzte Drittel aber bei höchstens 25° im Vakuum ab 2 . Man gibt zu dem Rückstand 20 ccm Wasser und 2 g festes Bariumhydroxyd und treibt den Diazoessigester zur Reinigung aus dem gleichen Kolben mit W a s s e r d a m p f i m V a k u u m 1 Curtius, J. pr. 38, 396 (1888); Ch. Grundmann u. G. Ottmann, A. 582, 173 (1953). 2 Die im folgenden beschriebene Reinigungsoperation liefert ein sehr reines Präparat, wie es für die Bestimmung der H'-Konzentration nach Bredig und Frankel (siehe S. 243) erforderlich ist. Die Ausbeute ist jedoch etwas geringer als wie sie bei sogleich hier angeschlossener Vakuumdestillation erreicht werden kann.

16

G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers. 38. Aufl.

242

Aliphatische Diazoverbindungen

über. Die Anordnung ist die einer gewöhnlichen Wasserdampfdestillation und ergibt sich aus der Abbildung (Fig. 55). Als Dampfentwicklungsgefaß dient ein schwach zur Hälfte mit Wasser gefüllter Rundkolben, der im doppelt durchbohrten Gummistopfen eine nicht zu feine, durch Schraubhahn regulierbare Capillare trägt. Der Vorlagekolben wird bis zum oberen Rand von einer kräftig wirkenden Kältemischung umgeben.

Der Dampfentwicklungskolben wird nun in einem Wasserbad auf 40° erwärmt, der Destillationskolben wird durch eine untergestellte Schale mit warmem Wasser auf30—35° gehalten. Dabei destilliert bei 20—30 mm Druck der Diazoessigester mit Wasser innerhalb 45 bis 60 Minuten in die Vorlage über. Der Inhalt der Vorlage wird nun in Äther aufgenommen, die wäßrige Phase nochmals ausgeäthert, die vereinigten Ätherauszüge werden mit Calciumchlorid getrocknet, der Äther wird aus einem 40° warmen Wasserbad, zum Schluß im Vakuum abdestilliert und schließlich der Diazoessigester durch Vakuumdestillation gereinigt (kurzer Kühler, Vorlage in Kältegemisch kühlen). Siedep. 45°/12 mm. Ausbeute 20—25 g (Theorie 38 g). Das reine Präparat ist längere Zeit haltbar, soll aber nicht ganz fest verschlossen aufbewahrt werden. Der im Jahre 1888 von Th. Curtius entdeckte Diazoessigester war der Vorläufer des H y d r a z i n s und der S t i c k s t o f f w a s s e r s t o f f s ä u r e . Das Hydrazin wurde zuerst durch hydrolytische Spaltung der „ B i s d i a z o e s s i g säure" gewonnen. Diese, ein Tetrazinderivat, entsteht aus Diazoessigester unter gleichzeitiger Verseifung der Estergruppe unter der (katalytischen) Einwirkung von starkem Alkali als Alkalisalz, indem sich 2 Moleküle einfach zusammenlegen. KOOC—CHk

AT CH—COOK

,N—NH X • KOOC • C

CCOOK.

Diazoessigester

243

Beim Kochen mit Säure wird die Bisdiazoessigsäure in H y d r a z i n und Oxalsäure gespalten. Näheres findet man B. 41, 3161 (1908). Auch der durch Hydrierung von Diazoessigester entstehende H y d r a z i - e s s i g e s t e r , das Hydrazon des Glyoxylsäureesters ROOC-C=N-NH 2 erfährt durch H Säuren Hydrolyse und zwar zu H y d r a z i n , G l y o x y l s ä u r e und Alkohol. Die sehr mannigfaltigen Reaktionen des Diazoessigesters sind wie die aller einfachen aliphatischen Diazoverbindungen gekennzeichnet durch die labile Haftung des Stickstoffs. Durch wäßrige Säuren wird die Abspaltung katalytisch beschleunigt und zwar ist die Zersetzungsgeschwindigkeit direkt proportional der Wasserstoffionenkonzentration, die bei Säuren von unbekannter Aeidität auf diesem Weg gemessen werden kann ( B r e d i g , F r a n k e l , Ztschr. physik. Chemie 60, 202 [1907]). Nach der Abtrennung des Stickstoffs bleibt ein Sextett-haltiger Best, R0 2 C—CH, der sich in verschiedenen Richtungen weiter verändert. Bei Gegenwart von Wasser addieren sich dessen Bestandteile zu G l y k o l s ä u r e e s t e r , HCl lagert sich zu C h l o r e s s i g e s t e r , Jod zu D i j o d e s s i g e s t e r an, in analoger Weise Carbonsäuren, Alkohole, Aldehyde, Amine, N0 2 und Triphenylmethyl. Fehlt ein Addend, wie bei der thermischen Zersetzung, so vereinigen sich zwei Reste zu F u m a r s ä u r e ester. 2 ROOC—CH

• ROOC • CH=CH • COOR .

Versuche: U m den Einfluß der H-Ionenkonzentration auf die Zersetzungsgeschwindigkeit wenigstens qualitativ kennenzulernen, löst man etwa 0,5 c c m Diazoessigester in wenig 50-proz. Alkohol, verteilt die Lösung auf zwei kleine Bechergläser und fügt zu beiden je 1 ccm n/10-Salzsäure und n ¡^-Essigsäure (die m a n sich im Meßzylinder aus Eisessig bereitet) hinzu. F e r n e r setzt man zu einer ätherischen Lösung des E s t e r s etwas ätherische Jodlösung. Die Lösung entfärbt sich erst nach einiger Zeit unter Stickstoffentwicklung. Neben den angeführten Reaktionen spielen noch die zahlreichen Kondensationen des Diazoessigesters eine Rolle, bei denen der Stickstoff erhalten bleibt, die Anlagerungen an Acetylen- und Äthylenderivate. So entsteht z. B. mit Fumarsäureester P y r a z o l i n t r i c a r b o n s ä u r e e s t e r : Durch dessen Zerfall bei erhöhter Temperatur ist die wichtige Synthese von C y c l o p r o p a n d e r i v a t e n gegeben ( B u c h n e r ) : H

ROOC—C—C—COOR H H

ROOC—CH—CH—COOR

die in verschiedenen, durch die Ringebene bedingten, stereo-isomeren Formen auftreten können. Nach dem gleichen Prinzip reagiert bei höherer Temperatur B e n z o l mit Diazoessigester ( B u c h n e r ) :

(Norcaradlencarboosäureester, Pseudophenylessigestei) 16*

244

Aromatische Diazoverbindungen

Dieses interessante Beaktionsprodukt kann sieh unter Aufsprengung des angefügten Cyclopropanringes nach zwei Richtungen isomerisieren: CH 2 -CO,R

0

Phenylesslgester

/ ^ V

-

k

^

'

^

-

L

X

/H



'

Cycloheptatriencarbonsäureester

Verwendung dieser Reaktion zur Synthese von Azulenen (s. S. 106). Weitere interessante Verbindungen mit Siebenring sind Tropolon, Colchicin, Purpurogallin und die Thujaplicine. Mit Malonester kondensiert sich Diazoessigester zu einem Derivat des 4 - O x y p y r a z o l s (Bertho und NÜSBOI, A. 457, 278 [1927]): YN—NH R0 2 C • CHN2 + H2C(C02C2H5)2 • R0 2 C -0» l 5| x : = c • CO2C2H6 OH

B. Aromatische Diazoverbindungen 3. Diazotierung von Anilin. Phenol, Jodbenzol und Benzol aus Anilin Isomerie der Diazoverbindungen a) D a r s t e l l u n g e i n e r D i a z o n i u m s a l z l ö s u n g . Zu 150 ccm Wasser läßt man in einem 1-Liter-Stutzen oder -Becherglas unter gutem Rühren 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure laufen und in die heiße verdünnte Säure 30 g (—NH,

elnfachstes Indamln

2H,0 1

0=
=N< \ = / \CH 8

Bei der Anlagerung von M e t h y l j o d i d entsteht ebenfalls ein gelbes, ohinoides Salz (mit der Gruppe H 3 CON=), dessen Konstitution mit einiger Wahrscheinlichkeit daraus hervorgeht, daß bei der Abspaltung der basischen Gruppe durch Alkalien nicht Trimethylamin, sondern D i m e t h y l a m i n herausgelöst wird. D i m e t h y l a m i n und p-Nitrosophenol p-Nitrosodimethylanilin

aus

I n einem Destillierkolben von 1 L i t e r Inhalt mit angesetztem absteigenden Kühler, der mit einer mit 60 com 2 n-Salzsäure beschickten Vorlage verbunden ist, erhitzt man die Lösung von 2 5 g Natriumhydroxyd in 5 0 0 c c m Wasser zum Sieden (Siedestein!) und t r ä g t durch das mit einem K o r k verschlossene obere R o h r 18,6 g salzsauren Nitrosodimethylanilins — a m besten in F o r m des feuchten Reaktionsproduktes — in einzelnen Portionen ein. Man w a r t e t jeweils, bis die in öltropfen ausgeschiedene B a s e sich zum größten Teil gelöst h a t und erhält schließlich so lange im Sieden, bis die F a r b e rotbraun geworden ist. Das entstehende Dimethylamin wird in der vorgelegten Salzsäure aufgefangen; der Inhalt der Vorlage muß a m Schluß noch sauer reagieren. Man dampft ihn in einer kleinen Porzellanschale oder Glasschale auf dem Wasserbad trocken und kann schließlich das völlig wasserfreie Chlorhydrat aus sehr wenig absolutem Alkohol Umkristallisieren. Ausbeute 5 — 6 g. 1 Über den Mechanismus dieser Reaktion vgl. P. W. N e b e r und H. R a u s c h e r , A. 550, 182 (1942).

p-Amino-dimethylanilin

273

Das Nitrosophenol scheidet man aus der erkalteten wäßrigen Lösung durch Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure ab und nimmt es im Scheidetrichter in Äther auf. Die braungrüne Lösung wird nach kurzem Trocknen mit CaCl2 auf dem Wasserbad eingeengt und scheidet dann beim Abkühlen die in Äther nicht leicht lösliche Verbindung kristallinisch ab. Schmelzpunkt 120—130° (unter Zersetzung). Die völlige Reinigung des Nitrosophenols ist schwierig. CH Die hydrolytische Abspaltung der Gruppe — N - < Q J J 3 vom Benzolkern unter der Wirkung der p-ständigen Nitroaogruppe ist bemerkenswert. Das Verfahren wird technisch zur Darstellung von s e k u n d ä r e n A m i n e n ausgeübt. (Die Gewinnung von T r i m e t h y l a m i n erfolgt durch Erhitzen von Salmiak und Formaldehyd.) Für p-Nitrosophenol wird auch die tautomere chinoide Formel 0 = < ^

^> = NOH

des C h i n o n m o n o x i m s in Betracht gezogen, obwohl sein ganzes chemisches Verhalten mit der Phenolstruktur durchaus im Einklang steht. Wie Nitrosobenzol ist Nitrosophenol in ganz reinem Zustand (beinahe) f a r b l o s , und die Lösungen sind o l i v g r ü n , was bei der ehinoiden Formulierung nicht zu erwarten wäre. L i e b e r m a n n s c h e R e a k t i o n . Eine kleine Menge Nitrosophenol wird in wenig geschmolzenem Phenol gelöst, dann fügt man konzentrierte Schwefelsäure hinzu und erhält eine prächtig kirschrote Färbung, die nach dem Verdünnen der Schmelze mit Wasser durch Lauge in Blau umschlägt. Da Phenol durch HN0 2 , auch in Form der NO-Gruppe gebunden, in Nitrosophenol übergeführt wird, so werden labile Nitrosogruppen durch die L i e b e r m a n n sche R e a k t i o n angezeigt. 3. p-Amino-dimethylanilin In einem kurzhalsigen Rundkolben von % Liter Inhalt löst man 100 g Zinnchlorür in 120 ccm konzentrierter Salzsäure und trägt unter starkem Rühren oder Schütteln 38 g ( = 0,2 Mol) salzsauren Nitroso-dimethylanilins in Form des f e u c h t e n Rohproduktes nach und nach in kleinen Anteilen ein. Wenn die Reaktion nicht sofort einsetzt, erwärmt man auf dem Wasserbad; das eingetragene Salz soll nach kurzer Zeit vollkommen in Lösung gehen. Die Reaktion muß so reguliert werden, daß sie ständig in Gang bleibt, ohne allzu stürmisch zu werden. Die zum Schluß hellgelbe Lösung wird abgekühlt und unter Außenund Innenkühlung (etwas Eis einwerfen!) mit einer Lauge aus 150 g technischem NaOH in 300 ccm Wasser alkalisch gemacht 1 ; die anfangs 1 Viel eleganter gestaltet sich die e l e k t r o l y t i s c h e A b s c h e i d u n g des Zinns. In Fällen, wo das Reduktionsprodukt nicht als Base aus der alkalischen Lösung extrahiert werden kann (bei Aminoalkoholen, Aminosäuren u. dgl.), ist diese Methode der Ausfällung durch Schwefelwasserstoff weit vorzuziehen, aber auch im vorliegenden Beispiel, schon der Belehrung wegen, sehr zu empfehlen. Die Elektrolyse wird in einem Filtrierstutzen von mittlerer Größe ausgeführt; als Elektroden dienen zwei mittelgroße Kohlenstäbe. Die Kathode taucht in die

18

Qattermann,

Praxis des organ. Chemikers.

38.Aufl.

274

Chinone und chinoide Verbindvmgen

ausgeschiedene Zinnsäure geht in der Hauptsache in Lösung. Nun nimmt man die frei gemachte ölige Base ohne Rücksicht auf kleine Mengen noch ungelöster Zinnsäure in Äther auf, äthert noch 1—2mal nach, trocknet kurz mit geglühter Pottasche, dampft dann den Äther ab und läßt dieser Operation sofort die Vakuumdestillation der freien Base folgen. Sie geht fast vollständig farblos bei 138—140°/12 mm über. Ausbeute 18—20 g (etwa 75%). Erstarrt beim Abkühlen. Schmelzpunkt 41°. Das freie Amin ist ungemein luftempfindlich. Schon nach einigen Stunden bräunt sich das anfangs farblose Präparat. Unter Stickstoff eingeschmolzen, läßt es sich einige Wochen aufbewahren, in Berührung mit Luft kaum einen Tag. Dagegen sind die Salze beständig. H y d r o c h l o r i d . Man kann die Base mit einem kleinen Überschuß von Salzsäure (etwa 7 n-, konzentrierte Salzsäure und Wasser 1 : 1) in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad eindampfen und den Rückstand im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure und festem Ätzalkali vollständig trocknen. Sehr schön erhält man fast allgemein die Hydrochloride organischer Amine, wenn man sie bis zur sauren Reaktion auf Kongopapier mit alkoholischer Salzsäure neutralisiert und dann durch allmähliche Zugabe von absolutem Äther das Salz unter Reiben zur Ausscheidung bringt. Man hüte sich, durch allzu rasch hinzugefügten Äther das Salz a m o r p h auszufallen. Man warte erst die Kristallisation ab, die sich meist darin kundgibt, daß sich an den mit dem Glasstab geriebenen Stellen ein pulvriger Überzug bildet. Durch Übergießen mit der gleichen Gewichtsmenge Essigsäureanhydrid wird die Base acetyliert. Kurz im Wasserbad erwärmen, dann mit Wasser verdünnen. Um die noch basische Acetylverbindung zu isolieren, wird die freie Essigsäure gerade mit NaOH abgestumpft. Schmelzpunkt der aus Wasser umkristallisierten Substanz 130°. Das hier dargestellte Diamin ist in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutimg, und zwar leiten sich die in Betracht kommenden Reaktionen von der Veränderung ab, die seine Salze bei der Oxydation erfahren. Davon soll daher zuerst gehandelt werden. Lösung, die Anode in 2 n-Schwefelsäure, die sich in einer in die Flüssigkeit eingetauchten kleinen Tonzelle befindet; die Elektroden werden in geringem Abstand voneinander befestigt. Der Strom wird zwei hintereinander geschalteten Einheiten einer Akkumulatorenbatterie von der üblichen Kapazität entnommen; bei der Klemmenspannung von 4 Volt gehen 1,5 bis 2 Ampère durch die Lösung. Anwendung der F a r a d a y s c h e n S t r o m g e s e t z e : IIS 96500 1 Äquivalent Sn"" = -—- oder 29,6 g brauchen = 26,8 Ampèrestunden, * obUU bei einer Stromstärke von 2 Amp. also 13,4 Stunden. Da bei Abnahme der Zinnionenkonzentration Wasserstoffentwicklung nebenher läuft, dauert die Elektrolyse etwas länger, als der Berechnung entspricht. Sie kann ohne Bedenken über Nacht in Gang gehalten werden.

p-Amino-dimethylanilin

275

Versuch: Man löst einige Körnchen der frisch dargestellten Base (oder eines Salzes) im Reagenzglas in einigen Tropfen verdünnter Essigsäure, fügt etwa 5 ccm Wasser und einige Eisstückchen und dann einige Tropfen stark verdünnten Bromwassers oder einer Bichromatlösung zu. Es tritt eine prächtige R o t f ä r b u n g auf. Arbeitet man etwas konzentrierter und erhitzt die oxydierte Lösung zum Sieden, so nimmt man den Geruch des Ghinons wahr. Die typische Umwandlung aller p-Phenylendiaminderivate unter der Wirkung von Oxydationsmitteln in saurer Lösung drückt sich im Übergang in ein Salz der Chinondiiminreihe aus. Den eben beobachteten Farbstoff, das sog. Wurstersche B o t , hat man lange Zeit für das einfache Chinonimoniumsalz gehalten: H

2

N - / ~ y N / *

\ = /

h \

3

H 3

- i U

=

H N = /

\

=

/

W

C H

*

\CHa

Dies wurde aber schon unwahrscheinlich, als das (farblose) Chlorid des einfachen Chinondiimins bekannt wurde (Willstätter). Durch Reduktionsmittel werden Chinondiimin und seine Derivate in die entsprechenden P h e n y l e n - d i a m i n e zurückverwandelt. Es hat sich gezeigt, daß das Wurst ersehe Rot zu seiner Entstehung nicht die 2 H-Atomen äquivalente Menge Oxydationsmittel braucht, sondern nur halb soviel. Demgemäß ist das Redukt i o n s ä q u i v a l e n t , das man durch Titration mit eingestellter Zinnchloriirlösung bestimmen kann, auch nur halb so groß. Oxydiert man eine gewogene Menge p-Amin odimethylanil in salz mit verdünnter Bromlösung von bekanntem Titer, so ist der Höhepunkt der Farbstoffbildung erreicht, wenn ein Äquivalent Brom auf ein Mol des Salzes zur Einwirkung gekommen ist. Fügt man ein zweites Äquivalent Brom der Lösung zu, so geht der Farbton auf Gelb zurück.

Versuch: Man löst 1,3 g frisch dargestellter Diaminbase in 2 ccm Eisessig, den man mit 10 ccm Wasser verdünnt hat und füllt im Meßzylinder auf 95 ccm auf. Von dieser n /10-Lösung bringt man 5 ccm in einen Erlenmeyer (% Liter) und verdünnt weiter mit 45 ccm Eiswasser. Vorher hat man 16 ccm gesättigten Bromwassers mit 280 ccm Eiswasser verdünnt und von dieser Lösung eine Bürette gefüllt. Eine zweite Bürette enthält etwa njöO-Zinnchlorürlösung (frisch dargestellt durch Auflösen von 0,8 g Stanniol 1 oder dünnen Granalien in 4 ccm Salzsäure 1: 1 und Verdünnen mit vorher ausgekochtem Wasser auf 500 ccm). Man läßt nun unter Eiskühlung und ständigem Umschütteln die Bromlösung in raschem Strahl einfließen und beobachtet, daß die schöne R o t f ä r b u n g mit etwa 25 ccm ihren Höhepunkt erreicht hat, nach weiteren 25 ccm aber stark zurückgeht. Eine reine Gelbfärbung wird wegen Nebenreaktionen nicht erzielt; meist muß noch etwas mehr Brom rasch zugefügt werden. Wenn der Rückgang der Farbe sich eingestellt hat, läßt man sofort von der Zinnchlorürlösung einfließen. Nach 25 ccm kehrt die schöne Farbe des Wursterschen Rots wieder, um bei weiterer Reduktion zu verschwinden. Auch mit 5 ccm der ursprünglichen Diaminsalz-Lösung wird der Farbstoff zurückgebildet. 1 Man berücksichtige, daß das heutige „Stanniol" fast immer A l u m i n i u m folie ist.

18»

276

Chinone und chinoide Verbindungen

Die große Unbeständigkeit der chinoiden Salze erfordert hier rasches Arbeiten bei starker Verdünnung und unter Kühlung. Den Träger der Farbe bildet bei den Wursterschen Salzen die monomere Zwischenstufe, die durch unpaare Reduktion bzw. Oxydation entsteht und als Semichinon (Weitz, Michaelis) bezeichnet wird. Die Semichinone besitzen eine ungerade Elektronenzahl, tragen also das Kennzeichen des radikalischen Zustands, der hier wie beim Triphenylmethyl (S. 306) durch Mesomerie stabiliert wird1.

Der Nachweis der Semichinone, die bei der unpaaren Reduktion chinoider Systeme auftreten, erfolgt durch potentiometrische Titration oder durch die magnetische Untersuchung; Radikale weisen ein paramagnetisches Moment auf. Von den p-Chinondiiminen leiten sich an Farbstoffen die I n d a m i n e und die ihnen verwandten tricyclischen Chinoidsalze der P h e n a z i n - , P h e n t h i a z i n und P h e n o x a z i n g r u p p e ab. Wir wollen den Vorgang der I n d a m i n b i l d u n g von unserer Base aus betrachten. Auf Grund einer allgemeinen Additionsreaktion, die für alle Chinondiimine charakteristisch ist, vermag Dimethylchinondiimonium-Salz mit großer Leichtigkeit ein Mol Anilin oder Dimethylanilin zu addieren: (H 3 C) 2 N=

—NH + ^

) - (7 ( H 3 C )( ±2 N H \

x

/

^>N(CH,)S

> - N H - 7X \

\N(CH3 /

Das neue p-Phenylendiaminderivat, das so entsteht, wird weiter dehydriert zu einem chinoiden Indaminfarbstoff („Bindschedlers Grün"): (CH,)SL = 0 + H2K • /

^>N(CH,)ä

In die Gruppe der I n d o p h e n o l e gehört der blaue Farbstoff, der als Tillm a n n s Reagens zur quantitativen Bestimmung der A s c o r b i n s ä u r e (S. 349) Verwendung findet. Er hat die Konstitution eines dichlorierten Oxyphenylchinonmonimins: C1 0=0H (2,6-Dichlorphenolindophenol) ""Cl

D a r s t e l l u n g v o n B i n d s c h e d l e r s Grün 2 . 7 g Dimethyl-p-phenylendiamin werden zusammen mit 6 g Dimethylanilin in 40 ccm konzentrierter Salzsäure, die man mit ebensoviel Wasser verdünnt hat, gelöst. Unter Eiskühlung und Turbinieren oder Rühren mit dem Glasstab läßt man dazu aus einem Tropftrichter die Lösung von 10 g Natriumbichromat in 20 ccm Wasser langsam zufließen. Dann setzt man 10 g Zinkchlorid, in 20 ccm Wasser gelöst, zu, worauf, besonders beim Reiben, das schöne Zinkdoppelsalz des Farbstoffs auskristallisiert. Nach einer halben Stunde saugt man ab, wäscht erst mit kaltem Wasser, dann mit Alkohol und schließlich mit Äther. Ausbeute 10—12 g. Der Farbstoff ist, gut getrocknet, längere Zeit haltbar. 2—3 g bringt man mit 20 ccm 2 n-Salzsäure in einen Fraktionierkolben und leitet bei vorgelegtem Wasserkühler Wasserdampf ein. Nach kurzer Zeit sieht man die charakteristischen gelben Nadeln von Chinon übergehen. Methylenblau Läßt man die Oxydation, die zu „ B i n d s c h e d l e r s Grün" führt, bei Gegenwart von S c h w e f e l w a s s e r s t o f f vor sich gehen, so erfährt der Vorgang durch Eintritt von Schwefel eine Variation. Im Prinzip ist aber der Mechanismus der gleiche wie dort. Die nachstehenden Formelgleichungen zeigen, daß eine Addition von H—SH und eine spätere intramolekulare einer Mercaptangruppe in daa Reaktionsbild hineinspielen: 1

Th. F ö r s t e r , Z. El. Chem.45, 548, 566 (1939); 47, 52 (1941). » B. 16, 464, 868 (1883); 48, 1087 (1915).

Chinone und chinoide Verbindungen

278

^SH II (H3C)2N-^ Cl

x

\SH

N(CH 3 ),

H

III



'XX

Ux

(H^OiN/ Cl IV

X

\SH I I !

I

N

| Cl

H

/

N(CH 3 ) 2

3/2

\ / \

(H3C)2N

VI

— -

(H 3 C) 2 N/ ^N(CH 3 ) 2 C1 Methylenblau entsteht auch bei der Oxydation von D i m e t h y l - p - p h e n y l e n d i a m i n ohne Beteiligung von DimethylanilLn und wurde auf diesem Weg von Caro 1876 entdeckt. Die Erklärung dafür ergibt sich daraus, daß das (nicht isolierte) Zwischenprodukt der Phase I I wahrscheinlich unter Verdrängung der NH-Gruppe durch = n /

N(CHs)2 (als NH3) in die Stufe IV, in der der andere King

chinoid ist, umgewandelt wird. Nach allen Erfahrungen findet ein Umspringen (Elektronenverschiebung) der chinoiden Bindungen von einem Ring zum andern leicht statt. Im technischen Prozeß wird nach B e r n t h s e n 1 , der in schönen Arbeiten den Farbstoff aufgeklärt hat, in der Stufe I T h i o s c h w e f e l s ä u r e angelagert, deren Sulfogruppe im Laufe der Operation wieder als Schwefelsäure abgespalten wird. 7,6 g Dimethyl-p-phenylendiamin werden in 70 ccm n-Salzsäure gelöst und mit der Lösung v o n 35 g Zinkchlorid in 50 ccm Wasser versetzt. Dazu fügt man unter gutem Umrühren die Lösung v o n 12 g Aluminiumsulfat in 20 ccm und hernach die v o n 15 g Natriumthiosulfat in ebensoviel Wasser. Unmittelbar darauf wird der dritte Teil einer Lösung v o n 1 A. B e r n t h s e n , A. 230, 73 (1885); 251, 1 (1889); siehe bes. S. 49, 69, 79; F i e r z D a v i d , Farbenchemie. 2. Aufl., 1922, S. 186.

Basische Triphenylmethanfarbstoffe

279

16 g Natriumbichromat in 30 ccm Wasser hinzugefügt und die Temperatur der Lösung möglichst rasch auf 40° gebracht. Jetzt folgt der Zusatz von 6 g Dimethylanilin, die in 8 ccm konzentrierter Salzsäure gelöst sind, daran anschließend wird der Rest des Oxydationsmittels eingegossen. Alle Lösungen werden v o r B e g i n n d e s V e r s u c h s hergestellt. Man heizt rasch auf 70° und steigert die Temperatur langsam auf 85°; dabei kommt der Farbstoff zur Ausscheidung. Nach % Stunde läßt man auf 50° erkalten, bringt die anorganischen Fällungen mit 15 ccm konzentrierter Schwefelsäure zur Lösung und saugt nach völligem Erkalten den rohen Farbstoff scharf ab. Das Produkt wird direkt in 200—300 ccm siedenden Wassers gelöst, die Lösung filtriert und nach Zugabe von 20 g konzentrierter Zinkchloridlösung (1:1) über Nacht zur Kristallisation hingestellt. Die schönen rotglänzenden Kristalle werden scharf abgesaugt und mit wenig eiskalten Wassers zweimal gewaschen. Ausbeute 8—10 g. Aus der Mutterlauge läßt sich durch „Aussalzen" mit 50 g feingepulverten Kochsalzes noch etwas mehr Farbstoff herausholen, der aber weniger rein ist. Die wäßrige Lösung von Methylenblau wird durch Natronlauge nicht entfärbt; es entsteht die blaue wasserlösliche Ammoniumbase. Durch Reduktionsmittel wird der Farbstoff in die leicht oxydierbare Leukobase übergeführt. Dieses Verhalten hat dem Methylenblau eine wichtige Verwendung als Wasserstoffacceptor im Rahmen der enzymatischen Dehydrierung verschafft (P. Ehrlich, T. Thunberg). Sehr instruktiv ist der folgende Versuch, der die Bildung von Methylenblau durch Einlagerung des Schwefels zwischen die Ringe des Bindschedlerschen Grüns veranschaulicht.

Versuch: In eine möglichst konzentrierte wäßrige Lösung von Bindschedlers Grün leitet man langsam Schwefelwasserstoff ein, bis nach einiger Zeit der Farbton auf Gelbrot zurückgeht. Jetzt setzt man verdünnte Salzsäure und die Lösung von 0,3 g Natriumbichromat zu und bringt mit Zinkchloridlösung das gebildete Methylenblau zur Ausscheidung. 4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe a) M a l a c h i t g r ü n a u s B e n z a l d e h y d u n d D i m e t h y l a n i l i n (Nach einer Privatmitteilung von Prof. E. Sakellarios, Athen)

D a r s t e l l u n g d e r L e u k o b a s e : Eine Mischung von 30 g ( x / 4 Mol) Dimethylanilin und 10g Benzaldehyd (Y^Mol) (beide frisch destilliert) wird mit 10 g Schwefelsäure, die man vorher mit 8 ccm Wasser verdünnt hat, in einem Rundkolben mit A n s c h ü t z - A u f s a t z zusammengebracht. Der Kolben ist seitlich mit einem kurzen Kühler und im vertikalen Rohr mit einem durch Q u e c k s i l b e r v e r s c h l u ß abgedichteten Rührer versehen. Man erhält nun unter d a u e r n d e m Rühren 20 Stunden lang im Sieden (Ölbad von 150°), macht nach dem Erkalten mit Natronlauge alkalisch und treibt mit Wasserdampf das überschüssige Dimethylanilin weg. Nachdem die Flüssigkeit erkaltet ist, gießt man das Wasser ab, wäscht den Rückstand mehrmals mit Wasser nach, das man zum Schluß mög-

280

Chinone und chinoide Verbindungen

liehst vollständig entfernt, und löst ihn im Kolben selbst unter Erwärmung auf dem Wasserbade in Alkohol auf. Nach dem Filtrieren läßt man die Lösung über Nacht an einem kühlen Orte stehen, wobei die Base sich in farblosen Kristallen abscheidet, welche abfiltriert, mit Alkohol nachgewaschen und im Exsiccator getrocknet werden. Durch Einengen der Mutterlauge läßt sich noch eine zweite Kristallisation gewinnen. Ausbeute 30 g. O x y d a t i o n d e r L e u k o b a s e . 16,5 g des trockenen Präparats werden in 120 ccm 2 n-Salzsäure heiß gelöst, die praktisch farblose Lösung verdünnt man mit 280 ccm Wasser und trägt unter guter Eiskühlung und stetem kräftigem Umschütteln des Gefäßes die Aufschlämmung von 13 g Bleidioxyd in 30 ccm Wasser in die Lösung ein. Da das käufliche Bleidioxyd häufig schlecht reagiert, stellt man das Oxydationsmittel nach der unten gegebenen Vorschrift selbst dar. Aus der Farbstofflösung wird das Blei mit der Lösung von 25 g Natriumsulfat ausgefällt, dann wird vom Bleisulfat abgesaugt und aus dem Filtrat die Carbinolbase mit 25 g wasserfreier Soda, die in Wasser gelöst wird, ausgefällt. Nach dem Absaugen wird der mit Wasser gut ausgewaschene Niederschlag in der siedenden Lösung von 10 g Oxalsäure und 1 g Ammoniumoxalat in 40 ccm Wasser gelöst, wobei man die Base in kleinen Anteilen einträgt. Zum Schluß wird filtriert und das Filtrat zu s e h r l a n g s a m e m Erkalten aufgestellt. Die Kristallisation dauert gewöhnlich 1—2 Tage. Die jetzt abgesaugten schönen Kristalle des Farbstoff-Oxalats werden im Exsiccator getrocknet. B l e i d i o x y d . 50 g guter Chlorkalk werden mit 750 ccm Wasser kräftig durchgeschüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert und das Filtrat nach und nach zu der Lösung von 25 g Bleizucker in 100 ccm Wasser gegeben, die auf dem siedenden Wasserbad in einer Porzellanschale erwärmt wird. Wenn der anfangs helle Niederschlag dunkelbraun geworden ist, prüft man an einer filtrierten Probe der Lösung, ob sie mit Chlorkalklösung beim Erhitzen eine weitere Fällung gibt und setzt in diesem Fall weiteres Oxydationsmittel zu. Zum Schluß wird die Lösung abgegossen, das Bleidioxyd wiederholt mit heißem Wasser digeriert, abgesaugt und gründlich nachgewaschen. Die scharf abgesaugte Paste wird feucht in einem verschlossenen Glase aufbewahrt. Wenn kein frischer Chlorkalk zur Hand ist, so bereitet man sich Hypochloritlauge, indem man in die Lösung von 15 g Ätznatron in 250 ccm Wasser unter Eiskühlung so lange Chlor einleitet, bis die Gewichtszunahme 14 g ausmacht. W e r t b e s t i m m u n g der P b 0 2 - P a s t e . Obwohl man durch Trockengewichts beatimmung einer gewogenen Menge des feuchten Bleidioxyds seinen Gehalt angenähert bestimmen kann, sollte man doch zur größeren Genauigkeit ihren Gehalt an w i r k s a m e m S a u e r s t o f f ermitteln. Man wägt zu diesem Zweck 0,3—0,5 g der feuchten Substanz (aus der Mitte heraus) in einen kleinen Erlenmeyer (150 ccm) ab, fügt unter gutem Durchschütteln die Lösung von 2 g Kaliumjodid in 5 ccm Wasser und hernach unter anfänglicher Eiskühlung 115 ccm konzentrierter Salzsäure hinzu.

Basische Triphenylmethanfarbstoffe

281

Das in Freiheit gesetzte Jod wird nach Verdünnen der Lösung auf etwa 50 ccm mit n/w-Thiosulfatlösung titriert, die man sich mit hinreichender Genauigkeit durch Auflösen von 6,2 g reinen Natriumthiosulfats (Na 2 S 2 0 3 + 5 H 2 0) im Meßkolben auf 250 ccm darstellt. 1 ccm n/,0-Thiosulfat = 0,012 g Pb0 2 .

b) K r i s t a l l v i o l e t t a u s M i c h l e r s K e t o n u n d D i m e t h y l - a n i l i n Eine Mischung von 24 g Dimethylanilin, 10 g Michlers Keton und 10 g Phosphor-oxychlorid, wird in einem offenen trockenen Kolben 5 Stunden lang auf lebhaft siedendem Wasserbad erhitzt. Die blau gefärbte Schmelze wird dann in etwa 500 ccm Wasser eingegossen und die Lösung mit Natronlauge alkalisch gemacht. Der Überschuß an Dimethylanilin wird mit Wasserdampf abgeblasen (Kühler); wenn keine öltropfen mehr übergehen, läßt man erkalten, saugt die erstarrte Carbinol-Base ab, wäscht gut mit Wasser nach und kocht mit der Lösung von 4 ccm konz. Salzsäure in % 1 Wasser gründlich aus. Die blaue Lösung wird siedend heiß durch ein Faltenfilter filtriert, den Rückstand kocht man mit kleineren Mengen gleich verdünnter Salzsäure so oft aus, bis fast alles in Lösung gegangen ist. Die vereinigten Auszüge versetzt man nach dem Erkalten unter kräftigem Umrühren so lange mit feingepulvertem Kochsalz, bis der Farbstoff ausgefallt ist. Er wird abgesaugt und aus wenig Wasser umkristallisiert. Beim Erkalten scheidet sich das Kristallviolett in derben, bronzeglänzenden Prismen ab, die man nach dem Absaugen auf Filtrierpapier an der Luft trocknet. Ausbeute 14—15 g. Beim Auskochen ist zu beachten, daß man mit möglichst wenig Salzsäure auskommt, da bei einem Überschuß an Säure das viel leichter lösliche saure Salz des Farbstoffs gebildet wird. c) Ä - D i ( p - c h l o r p h e n y l ) - / ? - t r i c h l o r - ä t h a n ( G e s a r o l , D D T ) 50 g Chloralhydrat werden mit 100 ccm warmer konz. Schwefelsäure geschüttelt. Nach Abtrennen der Schwefelsäure im Scheidetrichter gießt man das Ghloral in einen mit Thermometer und mechanischem Rührer versehenen 500 ccm-Rundkolben. Nach Zugabe von 61 g Chlorbenzol und 70 ccm konz. Schwefelsäure läßt man unter Rühren im Verlauf einer halben Stunde 50 ccm 20-proz. Oleum zutropfen, wobei die Temperatur zwischen 20 und 25° gehalten werden soll. Anschließend wird 4 Stunden bei 30° gerührt, dann auf 500 g Eis gegossen. Das sich zunächst schmierig ausscheidende Reaktionsprodukt erstarrt binnen kurzem zu einer farblosen Masse, die man absaugt, auswäscht und in einer Porzellanschale auf siedendem Wasserbad mit Wasser digeriert, bis keine S0 4 — mehr nachweisbar sind. Nach zweitägigem Trocknen im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure sind es 62—66 g eines bei 96 bis 101° schmelzenden Rohprodukts, entspr. einer Ausbeute von 65—69% d. Th., bezogen auf Chlorbenzol. Rein gewinnt man das Gesarol durch Aufköchen von 10 g Rohprodukt mit 85 ccm Alkohol unter Kohlezusatz und Filtrieren durch

282

Chinone und chinoide Verbindungen

vorgeheizte Nutsche. Aus dem Filtrat kristallisieren 6,5 g farbloser verfilzter Nadeln vom Schmelzp. 108°. Die Kondensation von Aldehyden mit aromatischen Systemen beschränkt sich nicht auf Phenole und Amine, sondern auch Benzol selbst und seine Homologen, sowie andere Benzolderivate sind dieser Reaktion zugänglich (A. Baeyer). So läßt sich Acetaldehyd mit Benzol unter der Wirkung von konz. Schwefelsäure zu asymm. Diphenylaethan kondensieren. Von Interesse ist in neuerer Zeit das analoge Kondensationsprodukt von Chloral mit Chlorbenzol1 geworden, da an ihm eine ungemein starke Giftwirkung gegen Insekten festgestellt worden ist. Die Verbindung wird als Kontaktgift zur Schädlingsbekämpfung in großem Maßstab fabrikmäßig dargestellt.

5. Fluorescein und Eosin 2 15 g Phthalsäureanhydrid (0,1 Mol) werden in einer Reibschale mit 22 g Resorcin (0,2 Mol) innig verrieben und im Ölbade auf 180° erwärmt. Als Erhitzungsgefäß wendet man hierbei zweckmäßig eine innen glasierte Fleischextraktbüchse an, die mit Hilfe eines um ihren hervorstehenden Rand gelegten Drahtdreiecks in das Ölbad hineingehängt wird. In die geschmolzene Masse trägt man dann unter Umrühren mit einem Glasstab im Laufe von 10 Minuten 7 g vorher durch Schmelzen entwässerten lind dann pulverisierten Zinkchlorids ein. Man steigert darauf die Temperatur auf 210° und fährt mit dem Erhitzen so lange fort, bis die immer dickflüssiger werdende Masse vollkommen fest geworden ist, wozu 1—2 Stunden Zeit erforderlich sind. Die erkaltete, spröde Schmelze wird mit Hilfe eines scharfen Instrumentes, am besten eines Meißels, aus dem Tiegel herausgeschlagen, fein pulverisiert und in einer Porzellanschale mit 200 ccm Wasser unter Zusatz von 10 ccm konzentrierter Salzsäure 10 Minuten lang gekocht. Es gehen hierbei die nicht in Reaktion getretenen Ausgangsmaterialien und basisches Zinksalz in Lösimg. Man filtriert dann das Fluorescein von der wäßrigen Flüssigkeit ab, wäscht es so lange mit Wasser nach, bis das Filtrat nicht mehr sauer reagiert und trocknet auf dem Wasserbad. Ausbeute fast quantitativ. Ein Körnchen des Präparats löse man in wenig Ammoniak und verdünne im Becherglas mit 1 Liter Wasser. E o s i n . Zu 16,5 g t 1 /:» Mol) Fluorescein, welche man in einem Kolben mit 80 ccm Alkohol Übergossen hat, läßt man aus einem Tropftrichter unter Umschütteln 36 g ( = 12 ccm) Brom ( 9 / 20 Mol) innerhalb 20 Minuten zutropfen. In der Mitte der Reaktion tritt vorübergehend Lösung ein — D i b r o m f l u o r e s c e i n ist in Alkohol löslich —, dann aber kommt das schwer lösliche Eosin kristallinisch zur Abscheidung. Nach zweistündigem Stehen wird filtriert, der Niederschlag mehrmals mit Alkohol gewaschen und auf dem Wasserbad getrocknet. Die kristallalkoholhaltige Verbindung, die man so erhält, wird durch Trock1 2

O. Zeidler, B. 7, 1181 (1874). B a e y e r , Caro, A. 183, 1 (1876).

Fluorescein und Eoain

283

nen bei 110° davon befreit, wobei der Farbton heller wird. Zuerst sehe man sich mit einer Spur Substanz die prachtvolle Fluoreszenz der stark verdünnten alkalischen Lösung an. E o s i n a m m o n i u m . Auf eine Kristallisierschale mit flachem Boden, welche zu % mit konzentriertem wäßrigem Ammoniak gefüllt ist, legt man ein Filter aus möglichst starkem Papier, breitet auf diesem Eosin in einer Schicht von etwa % cm Dicke aus und überdeckt das Ganze mit einem Trichter. Die hellroten Kristalle nehmen sehr bald eine dunklere Färbung an und sind nach etwa 3 Stunden vollständig in das Ammoniumsalz, welches dunkelrote, grünschillernde Kristalle bildet, verwandelt. Das Ende der Reaktion ist daran zu erkennen, daß sich eine Probe in Wasser vollständig auflöst. E o s i n n a t r i u m . 6 g Eosin werden, mit l g entwässerter Soda verrieben, in einem nicht zu kleinen weithalsigen Erlenmeyerkolben mit wenig Alkohol durchfeuchtet und nach Zusatz von 5 ccm Wasser so lange im Wasserbad erwärmt, bis die Entwicklung von Kohlensäure aufgehört hat. Zu der so erhaltenen wäßrigen Lösung von Eosinnatrium fügt man dann 20 g Alkohol, erhitzt zum Sieden und filtriert die heiße Lösung. Beim Erkalten scheiden sich, manchmal erst nach längerem Stehen, prächtige, braunrote Nadeln mit metallischem Glanz ab, die nach dem Absaugen mit Alkohol gewaschen werden. Theoretisches über T r i p h e n y l m e t h a n f a r b s t o f f e A. Die basische Reihe. Aromatische Aldehyde kondensieren sich allgemein mit aromatischen Aminen, Phenolen oder Phenoläthern unter Mithilfe von Chlorzink oder konzentrierter Schwefelsäure zu T r i p h e n y l m e t h a n d e r i v a t e n . Die entstehenden Produkte sind L e u k o v e r b i n d u n g e n bekannter Farbstoffe. -N(CH3)2

~

\-N(CH3)2 Leuko-malachitgrün

-OH

y—oh Leuko-benzaurln

Diese Leukoverbindungen lösen sich in reinem Zustand farblos in Säuren bzw. Alkalien. L e u k o m a l a c h i t g r ü n ist eine schwache Base vom Anilintypus. Durch Oxydation in saurer Lösung entsteht der Farbstoff, indem aus den p-Substituenten zwei Elektronen (und Protonen) herausgenommen werden.

Chinone und chinoide Verbindungen

284 (+) / (H 3 C) 2 N-< H

\ >-C< •/ h^wich,), -2H

(+1 / (H 3 C) 2 N=(

=

\

\=C
—NH(CH3)2C1 /C=< >=N(CH3)2C1 + H 2 0 . R/ I \ OH B. Die P h t h a l e i n e . Bringt man bei Gegenwart eines geeigneten Kondensationsmittels (ZnCl2, H 2 S0 4 ) zwei Molekeln Phenol auf ein Mol Phthalsäureanhydrid zur Einwirkung, so entstehen die von B a e y e r 1871 entdeckten P h t h a leine. Am Beispiel des P h e n o l p h t h a l e i n s werde dieser Vorgang erläutert: „C0X

pH

T T > + r \ A c o /

]

/ -

y

r r ° - W " 'xJ-COOH

o

H

-

Das Zwischenprodukt kondensiert sich an der C=0-Gruppe mit einem zweiten Mol Phenol, und zwar ebenfalls in p-Stellung, in ganz analoger Weise wie oben Michlers Keton mit Dimethylanilin kondensiert wurde. Noh ™ / _ > - O H COOH

_

+

W

¡ - y /

¿ ¿ \ / - \

0 H

COOH

Die (nicht isolierbare) p - D i o x y - t r i p h e n y l c a r b i n o l - o - c a r b o n s ä u r e spaltet bei den günstigen Beziehungen zwischen COOH- und OH-Gruppe Wasser ab und geht in ihr Lacton, das P h e n o l p h t h a l e i n über:

Das farblose Lacton wird durch Alkalien aufgespalten, wobei die aus der Maßanalyse bekannten, intensiv roten Alkalisalze entstehen. In ihnen ist ein Benzolkern chinoid geworden, indem sieh im Sinne folgender Gleichung Wasser abgespalten hat:

287

"V~\oH

r"Y

AJC'

W o '

)(-)

Die roten Salze sind die D i - a l k a l i s a l z e der formulierten ohinoiden Phenolcarbonsäure, die als Säure nicht beständig ist, sondern sich sofort zum f a r b l o s e n L a c t o n isomerisiert. Phenolphthalein ist ein Triphenylmethanderivat und leitet sich in einfacher Weise von der Grundsubstanz der hierher gehörenden Farbstoffreihe, dem F u c h s o n , ab. Fuchson ist Diphenylchinomethan und wird aus p - O x y t r i p h e n y l c a r b i n o l durch Wasserabspaltung gewonnen ( B i s t r z y c k i ) : OH n u

/

Fuchson ist nur gelborange gefärbt. Trägt noch einer der beiden freien Benzolkerne eine p-ständige OH-Gruppe, so kommt der schon S. 284 erwähnte Farbstoff B e n z a u r i n zustande, dessen o-Carbonsäure das Phenolphthalein in seiner chinoiden Form darstellt. Der Farbton dieser beiden Stoffe ist in der Tat sehr ähnlich. Durch s t a r k e s Alkali wird Phenolphthalein entfärbt; es bilden sich unter Anlagerung von NaOH die d r e i f a c h e n Salze der b e n z o i d e n Carbinolform. Man prüfe diese Verhältnisse am Phenolphthalein. F l u o r e s c e i n . Die Reaktion erfährt hier eine Erweiterung dadurch, daß die beiden, zu der Kondensationsstelle o-ständigen OH-Gruppen der Resorcmmolekeln unter Wasserabspaltung gegeneinander eine S a u e r s t o f f b r ü c k e und damit einen neuen Ring (den X a n t h e n r i n g ) bilden: —OH

.

=0

>—OH I | OH COOH -/XCOOH • Da F l u o r e s c e i n gefärbt ist, erscheint die Lactonformel zweifelhaft und die rechtsstehende chinoide Formel schon für die freie Verbindung wahrscheinlich. Im E o s i n sind die vier Bromatome paarweise in die o-Stellungen, die in der Formel mit Sternchen bezeichnet sind, eingetreten. Auch das Eosin muß chinoid aufgefaßt werden, vor allem deshalb, weil sein Reduktionsprodukt, das L e u k o e o s i n , farblos ist.

Versuch: Man koche etwas Eosin, in Natronlauge gelöst, mit Zinkstaub bis zur Entfärbung, gieße ab und säure einen Teil der Lösung an. Einen anderen Teil lasse man in offener Schale stehen.

Wie das Chinon selbst, so werden auch alle seine Abkömmlinge durch Reduktionsmittel unter Anlagerung von Wasserstoff in die benzoiden farbloBen Hydroprodukte (bei den Farbstoffen „ L e u k o V e r b i n d u n g e n " ) umgewandelt. Das nachstehende Schema drückt diesen Vorgang, auch für das Eosin, aus: >C=/

^ > = 0 —->

>CH—^

^>0H

288

Chinone und chinoide Verbindungen

Viele Leukoverbindungen werden schon durch den Luftsauerstoff wieder in die Farbstoffe übergeführt, wie das Beispiel des Leuko-eosins und des Leuko-indigos (S. 325) dartut. Die prächtigsten Farbstoffe, die hauptsächlich in der Seidenfärberei verwendet werden, sind Verwandte des Eosins, die vom Di- und T e t r a c h l o r p h t h a l s ä u r e a n h y d r i d aus gewonnen werden ( P h l o x i n , Rose bengale). Auch die (basischen) R h o d a m i n e gehören hierher. Zu ihnen führt die Kondensation v o n P h t h a l s ä u r e a n h y d r i d mit m - A m i n o p h e n o l e n (an Stelle von Resorcin); vor allem hat der Farbstoff mit diäthylsubstituierten NH 2 -Gruppen große technische Bedeutung. Endlich sei noch das Gallein erwähnt, mit P y r o g a l l o l a l s Phenolkomponente. Auf die Umwandlung der Phthaleine in Anthracenderivate, die sog. P h t h a l i d e i n e , soll nicht näher eingegangen werden. Dagegen sei noch von einem in letzter Zeit zu großer Bedeutung gelangten Farbstoff, dessen Synthese auch von der Phthalsäure ausgeht, dem P h t h a l o c y a n i n ( L i n s t e a d ) kurz die Rede. Er entsteht in Gestalt einer ungemein beständigen, tiefblauen K u p f e r Verbindung durch Polymerisation von P h t h a l o d i n i t r i l . Einfacher ist die folgende Methode 1 . Synthese von Phthalocyanin: Ein inniges Gemisch von 5 g Phthalsäure (oder 4,5 g Phthalsäureanhydrid), 1 g Kupfer(II)-chlorid, 25 g Harnstoff und etwa 50 mg Ammoniummölybdat wird im Ölbad unter häufigem Umrühren 6—7 Stunden lang bei 180° (innen) erhitzt. Nach dem Erkalten kocht man die blaue Masse mit verdünnter Salzsäure aus, saugt ab und digeriert nun mit kalter verdünnter Natronlauge. Nach erneutem Absaugen wird das schön blaue Pulver nochmals mit verdünnter Salzsäure ausgekocht, gut in Wasser gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 3—3,5 g. Der hier erhaltene Cu-Komplex läßt sich aus konz. Schwefelsäure mit Wasser unverändert ausfällen. Phthalocyanin dient als Lackfarbstoff. Er leitet sich vom T e t r a - a z a p o r p h i n ab und zeigt eine interessante Analogie zum Grundgerüst von Blut- und Blattfarbstoff (siehe S. 355 bis 358). C

N

N

Cu

\



\C==N

\

/

V

N—C/

rrNfVi Kupfer-phthalocyanin

6. Alizarin In einem Autoklaven oder verschraubbaren Eisenrohr erhitzt man die Mischung von 2 g (0,02 Mol) Kaliumchlorat, 30 g technischen Ätznatrons, 10 g (0,03 Mol) feingepulverten ß-anthrachinonsulfonsauren Natriums („Silbersalz") mit 40 ccm Wasser 20 Stunden lang auf 170° (Ölbad). Die erkaltete Schmelze wird wiederholt mit heißem Wasser aus1

Engl. Patent 464673.

Alizarin

289

gezogen, die vereinigten filtrierten Lösungen säuert man in der Hitze mit überschüssiger Salzsäure an. Der Niederschlag wird nach dem Erkalten abgesaugt, mit verdünnter Salzsäure, dann mit Wasser gewaschen und getrocknet. Zur Reinigung kocht man das Rohprodukt (am besten im Extraktionsapparat, Fig. 26) mit Eisessig aus. Schöne rote Nadeln vom Schmelzp. 289°. Auch die Sublimation im Vakuum aus einem tief angesetzten Schwertkolben, der ganz in ein Salpeterbad (gleiche Teile K- und NaNitrat) eintaucht, ist zu empfehlen. Beim Arbeiten im offenen Rundkolben, Temperatur 180—190°, erhält man viel schlechtere Ausbeuten an Alizarin. Das A l i z a r i n oder 1 , 2 - D i o x y a n t h r a c h i n o n gehört zu den wichtigsten Farbstoffen. Ähnlich wie der Indigo in der Pflanze ist der Farbstoff als Glykosid der Leukoverbindung in der K r a p p w u r z e l enthalten. Der Kultur der Krapp-Pflanze, die hauptsächlich in Südfrankreich große Flächen bedeckte, wurde durch die Synthese des Farbstoffs aus dem Anthracen des Steinkohlenteers ein Ende bereitet ( G r a e b e und L i e b e r m a n n 1869). Die Methode der Zinkstaubdestillation (Baeyer) hatte vorher den beiden Chemikern aus Alizarin A n t h r a c e n in die Hände gegeben. Anthracen läßt sich mit Chromsäure direkt zu seinem meao-Chinon, dem Ant h r a c h i n o n oxydieren. Der mittlere Bing des Anthracens bietet f ü r fast alle Reaktionen den Angriffspunkt.

Versuch: 1 g möglichst reinen Anthracens wird in der eben nötigen Menge guten Eisessigs in der Siedehitze gelöst; dazu fügt man ohne weiteres Erhitzen 3 ccm konz. Schwefelsäure und unbeschadet einer Trübung oder Ausscheidung tropfenweise die Lösung von 4 g Natriumpyrochromat in ganz wenig Wasser. Sehr heftige Reaktion unter fast augenblicklichem Verbrauch der Chromsäure; nach Zugabe von allem Bichromat kocht man noch 5 Minuten. Beim Verdünnen fällt das Anthrachinon flockig aus; es wird nach dem Absaugen, Waschen mit Wasser und Trocknen aus Eisessig umkristallisiert. Hellgelbe feine Nadeln vom Schmelzp. 285°. Die vollkommen reine Verbindung ist f a r b l o s . Vergleich mit Benzo- und Naphthochinon. Durch Erwärmen mit Natronlauge und Zinkstaub wird Anthrachinon reduziert. Es geht mit tiefroter Farbe als Dinatriumsalz des Anthrahydrochinons in Lösung. Man führe den Versuch aus und filtriere die rote Lösung. Aus dem Filtrat scheidet sich bei der Berührung mit Luft alsbald wieder Anthrachinon ab. Über die interessanten Desmotropieerscheinungen der Oxy-anthracene findet man das Nähere bei K . H . M e y e r , A. 379, 37 (1911). meso-Oxy- und D i o x y a n t h r a c e n existieren in zwei Formen, einer gefärbten, sauren, in Lösung fluoreszierenden echten E n o l - , und in einer farblosen, neutralen K e t o f o r m .

19

Q a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.

38. Aufl.

290

Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts

Über Anthraohinon-Synthesen aus P h t h a l s ä u r e a n h y d r i d vgl. IX, 6, S. 299. Die färberische Bedeutung des Alizarins ist sehr groß. Sie geht zurück auf die Bildung sehr beständiger, schönfarbiger innerkomplexer D i p h e n o l a t e , die der Farbstoff mit den Hydroxyden mehrwertiger Metalle (Cu, Sn, Cr, Fe, AI) bildet. Am bekanntesten ist der feurigrote Aluminiumlack, das „ T ü r k i s c h r o t " . Man bezeichnet das Alizarin und ihm verwandte Farbstoffe auch als „ B e i z e n f a r b s t o f f e " , weil sie auf der mit den Metallhydroxyden imprägnierten, d. h. „gebeizten" Faser aufgefärbt werden. C h i n i z a r i n , 1 , 4 - D i o x y - a n t h r a c h i n o n (S. 299), ist kein brauchbarer Farbstoff; es hat sich als Regel ergeben, daß zur Bildung von Farblacken im allgemeinen nur diejenigen Polyoxychinone der Anthracen- und Naphthalinreihe befähigt sind, die ihre nachbarständigen OH-Gruppen neben dem Carbonyl gebunden enthalten. Von technischer Bedeutung ist, daß man Dioxy-anthrachinone mit rauchender Schwefelsäure direkt weiter oxydieren kann zu höheren Phenolen. Alizarin und Chinizarin geben so dasselbe 1 , 2 , 5 , 8 - T e t r a o x y - a n t h r a c h i n o n (Alizarinb o r d e a u x ) , das sich zu dem wichtigen A n t h r a c e n b l a u (1,2,4,5,6,8-Hexaoxyanthrachinon) weiter oxydieren läßt. Dieser Farbstoff wird technisch in interessanter Reaktion aus 1,5- oder 1 , 8 - D i n i t r o a n t h r a c h i n o n durch reduzierend - oxydierende Schmelze mit rauchender Schwefelsäure und Schwefel (S 2 0 3 ) unter Zusatz von Borsäure (R. B o h n , R. E. S c h m i d t ) gewonnen. Das übersichtlichere Vorbild dieser verwickelten Umsetzung findet sich in der unter ähnlichen Bedingungen vor sich gehenden Bildung des Na p h t h a z a r i n s aus 1,5- oder 1 , 8 - D i n i t r o n a p h t h a l i n . Es handelt sich im wesentlichen um die Umlagerung zum C h i n o n o x i m , dessen Spaltung und teilweise Reduktion. O NOH 0 N0 2 II || || OH

Naphthazarin Aus Aminoanthrachinonen gelangt man durch Ätzkalischmelze in die wichtige Klasse der I n d a n t h r e n f a r b s t o f f e (s. S. 326).

IX. Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts Organische Radikale D i e Grignardsche Reaktion 1. Darstellung von Alkoholen a) B e n z h y d r o l a u s B e n z a l d e h y d u n d P h e n y l m a g n e s i u m b r o m i d In einem kleinen trockenen Rundkolben mit Anschütz-Aufsatz, dessen seitliches Rohr mit einem Rückflußkühler mit aufgesetztem CaCl 2 -Rohr verbunden, während oben ein Tropftrichter mit langem Rohr aufgesetzt ist, läßt man auf 3,2 g Magnesiumspäne n a c h u n d n a c h das Gemisch von 20 g reinen, konstant siedenden Brombenzols mit 50 ccm absoluten Äthers fließen. Man wartet nach Zugabe von etwa einem Viertel der Lösung das Eintreten der Reaktion ab, die sich in der Selbsterwärmung unter Sieden des Äthers äußert. Durch Darunterhalten einer Schale mit warmem Wasser oder besser durch Eintragen eines kleinen Körnchens

Darstellung von Alkoholen

291

Jod wird die Reaktion, die sich bisweilen hartnäckig verzögert, sicher und rasch in Gang gebracht. Bei der Bereitung der Phenylmagnesiumbromidiösung ist es wichtig, die Umsetzung durch zeitweise Kühlung in mäßigen Grenzen zu halten und den Zufluß des Brombenzols so zu regulieren, daß sie immer von selbst eben weitergeht. Aus dem Tropftrichter wird das darin haftende Brombenzol mit wenig absolutem Äther in den Kolben gespült. Wenn das Metall zum größten Teil gelöst ist und sich ein Abflauen des Prozesses bemerkbar macht, erhitzt man die Lösung in einer Schale mit warmem Wasser noch einige Zeit zum Sieden, bis nur mehr einige Flitter von Magnesium in ihr herumschwimmen. Jetzt kühlt man in Eiswasser und läßt, zuerst unter Kühlung, 10,6 g frisch destillierten Benzaldehyds, mit 10 ccm Äther gemischt, in rascher Tropfenfolge in die Grignardlösung einfallen. Zum Schluß kocht man noch 15 Minuten lang am Rückflußkühler, bringt in die wieder erkaltete Lösung unter gleichzeitiger Außenkühlung auf einmal 20—30 g Eis, dann zur Lösung des Magnesiumhydroxyds die nötige Menge Salzsäure (etwa 10 ccm konzentrierte + 10 ccm Wasser), trennt die Ätherschicht im Scheidetrichter ab und äthert mit wenig frischem Äther nach. Sollte an einem mit der Ätherlösung benetzten Glasstab noch Benzaldehydgeruch wahrnehmbar sein, so schüttelt man die Lösung nach dem Einengen auf das halbe Volumen mit einigen ccm 40-proz. Bisulfitlösung 5 Minuten lang kräftig durch, hernach zur Befreiung von gelöstem S0 2 nochmals mit wenig Sodalösung, trocknet kurz mit Calciumchlorid und erhält nachdem Verdampfen des Äthers das Benzhydrol als bald erstarrendes öl. Ausbeute nach dem Abpressen auf Ton 12—14 g. Der Alkohol kann aus Ligroin oder aus wenig Weingeist umkristallisiert werden und bildet schöne farblose Säulen. Schmelzp. 68°. Wenn die Bildung der Grignardverbindung zu stürmisch verlaufen ist, enthält das Reaktionsprodukt gewöhnlich erhebliche Mengen von B i p h e n y l , entstanden durch die Beaktion: C,H 5 MgBr + BrC.H,

• C,H, • C,H 5 + MgBr 2

Die Veresterung der Diaryl- und Triarylcarbinole erfolgt mit großer Leichtigkeit. So bilden sich die Chloride schon beim Einleiten von Chlorwasserstoff in die kalte Lösung der Carbinole in Benzol oder Petroläther. Ebenso leicht erfolgt die Hydrolyse, wie auch die Umsetzung mit Alkoholen zu Äthern. Schon beim Erhitzen von Benzhydrol in indifferenten Lösungsmitteln bildet sich bei Gegenwart minimaler Säuremengen der Di-benzhydryläther. Das ist der Grund, warum bei der präparativen Darstellung von Benzhydrol die vollständige Entfernung von schwefliger Säure notwendig ist.

b) T r i p h e n y l c a r b i n o l aus B e n z o e s ä u r e ä t h y l e s t e r und P h e n y l m a g n e s i u m b r o m i d Zu der wie oben, aber aus der doppelten Menge Magnesium und Brombenzol bereiteten Grignardlösung läßt man 15 g Benzoesäureester, gemischt mit 15 ccm absoluten Äthers, unter den gleichen Bedingungen wie 10»

292

Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts

dort zutropfen, hält zum Schluß noch eine halbe Stunde lang im Sieden und arbeitet wie beschrieben auf. Der feste Rückstand von Triphenylcarbinol wird aus Benzol umkristallisiert. Farblose Prismen vom Schmelzpunkt 162°. Ausbeute gut 20 g. Näheres über diesen wichtigen Alkohol siehe S. 308. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon 1

Man stellt sich nach der unter 1 a) gegebenen Vorschrift aus 40 g Brombenzol und 6,4 g Magnesium (je 1 / 4 Mol) eine ätherische Lösung von Phenylmagnesiumbromid her, läßt dazu 8 g (Ys Mol) Acetonitril, mit dem gleichen Volumen Äther verdünnt, tropfen und erhält das Reaktionsgemisch noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad im Sieden. Dann gießt man in einen Liter-Rundkolben auf Eis, fügt 100 ccm etwa 8 nSchwefelsäure zu, treibt den Äther und das entstandene Acetophenon mit Wasserdampf über, äthert das Destillat aus, trocknet mit CaCl2 und bringt das Keton nach dem Wegdampfen des Äthers zur Rektifikation. Siedep. 202°. Ausbeute 10—12 g = 45—50% d. Th. Auch hier wird das Präparat durch Destillation im Vakuum reiner erhalten. Siedep. 88%2 mm. In jedem Fall muß Acetophenon wasserhell sein und beim Abkühlen in Eis kristallisieren. Schmelzp. 22°. Zur Abwechslung mag aus Benzylmagnesiumchlorid und Acetonitril Phenylaceton bereitet werden. Das Keton wird über die Bisulfitverbindung gereinigt und im Vakuum destilliert. Die Ausbeute übersteigt nicht 26%, bezogen auf Acetonitril. E r l ä u t e r u n g e n zu 1 u n d 2 D a s G r i g n a r d s c h e R e a g e n s . Alkylhalogenide lösen bei Gegenwart von absolutem Ä t h e r metallisches Magnesium auf zu m e t a l l o r g a n i s c h e n V e r b i n d u n g e n der Form R—Mg—Hai. Aromatische Halogenide sind der gleichen Reaktion zugänglich. Am raschesten reagieren in beiden Reihen die Jodide, dann kommen die Bromide, schließlich die Chloride. Durch Zugabe von etwas Jod oder auch Äthyljodid wird die inanchmal etwas widerspenstige Reaktion eingeleitet. Bisweilen ist es erforderlich, das Magnesium durch Erhitzen mit Jod zu aktivieren (v. Baeyer). Der für das Eintreten der Reaktion notwendige Äther ist mit zwei Molen komplex angelagert (Meisenheimer); er kann durch tertiäre Amine vertreten werden. In Lösung sind Organomagnesiumhaloide z. T. im Sinne eines Gleichgewichts: 2 RMgHal ; MgR2 + Mg(Hal)2 aufgeteilt (W. S c h l e n k jun.). Die Verbindungen, die das G r i g n a r d s c h e R e a g e n s darstellen, reagieren als Carbanionen nach Sie werden ganz allgemein durch Substanzen, die r e a k t i o n s f ä h i g e n W a s s e r s t o f f enthalten, unter Anlagerung des Protons an zersetzt: R—Mg—Hai + H—R x • RH + R,—Mg—Hai Es entsteht also in allen Fällen der dem angewandten Halogenid zugehörige K o h l e n w a s s e r s t o f f RH. 1

B l a i s e , Compt. rend. 133, 1217 (1901).

Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon

293

Das einfachste Beispiel dieser Art ist die Zerlegung durch W a s s e r : H3C—Mg—J + HÖH

• CH4 + HO—Mg—J

Daher: v o l l s t ä n d i g e r F e u c h t i g k e i t s a u s s c h l u ß bei a l l e n G r i g n a r d s c h e n R e a k t i o n e n . In analoger Weise wie Wasser reagieren A l k o h o l e , P h e n o l e , C a r b o n s ä u r e n , p r i m ä r e und s e k u n d ä r e A m i n e , O x i m e , A c e t y l e n usw. Da ein reaktionsfähiges Wasserstoffatom stets ein Mol Kohlenwasserstoff frei macht, so hat man bei Anwendung von M e t h y l m a g n e s i u m j o d i d eine brauchbare Methode, um durch volumetrische Messung des von einer gewogenen Menge der zu untersuchenden Substanz entwickelten M e t h a n s das Vorhandensein von aktivem Wasserstoff quantitativ zu bestimmen ( Z e r e w i t i n o f f ) . Das Verfahren besitzt f ü r Konstitutionsfragen erheblichen Wert. Über seine praktische Ausführung siehe S. 78. Eine weit größere Bedeutung kommt den Grignardschen Magnesiumverbindungen vermöge ihrer großen A d d i t i o n s f ä h i g k e i t für synthetische Zwecke zu. Was früher mit den schwer zu handhabenden Z i n k a l k y l e n erreicht wurde, wird heute in größerem Rahmen mit dem leicht darzustellenden Grignardschen Reagens ausgeführt. Es findet ganz allgemein A n l a g e r u n g von an u n g e s ä t t i g t e S y s t e m e , wie > C = 0 , > C = N — , —C=N, — N = 0 , statt; > C = C < und—C=C—reagieren nicht oder nur in Konjugation zu einer der erstgenannten Gruppen (vgl. S. 205). Die Addition geht in der Weise vor sich, daß das G r i g n a r d s c h e Reagens in Gestalt der beiden Komponenten ^ und MgHal' + ^ aufgenommen wird, und zwar ereift das Carbanion immer die Elektronen-ärmere Seite, im Fall von f ! = 0 also H m f i . Atom an. An den hierbei entstehenden negativen Sauerstoff begibt sich das Dosiiivn Metalüon. Wenn wir als Beispiel die Einwirkung von M e t h y l m a g n e s i u m b r o m i d auf A c e t a l d e h y d wählen, so ergibt sich nachstehende Gleichung: CH, CH3 • C = 0 + CH3—Mg—Br H

- 0—MgBr

Durch das Wasser wird das Alkoholat zersetzt nach CH a • C < C H a H

8

+ H

,0

> CH3-C- R—Rj + MgHal, So kommt es, daß man, wie schon erwähnt, bei der Darstellung von Phenylmagnesiumbromid stets als Nebenprodukt Biphenyl erhält. Die magnesium-organischen Verbindungen sind empfindlich gegen Sauerstoff, was man überall da zu beachten hat, wo sie nicht sofort nach ihrer Bereitung umgesetzt werden (vgl. auch Zerewitinoff-Bestimmung auf S. 78). Für die Mannigfaltigkeit der synthetischen Wege, welche die Grignardsche Reaktion in sich schließt, sei folgendes Beispiel angeführt. Di p h e n y l m e t h y l c a r b i n o l , und damit a s y m m e t r i s c h e s D i p h e n y l ä t h y l e n , kann dargestellt werden: 1. aus Benzophenon und Methylmagnesiumbromid: (C,H5)2 • CO + CH, • Mg • Br

• (C,H 6 ) 2 CC(C 6 H 6 ) 2

Synthese eines Ketons aus einem Nitrii. Acetophenon

295

Die der Grignardschen verwandte S y n t h e s e v o n R e f o r m a t z k y bedient sich des Zinks zur Kondensation von a - h a l o g e n i e r t e n F e t t s ä u r e e s t e r n m i t K e t o n e n , z. B.: (H 3 C) 2 C=CH • CH2 • CH2 • CO + Zn + C1H2C • C0 2 R Methyl-heptenon CH3 v (H3C)2C=CH-CH2-CH—C=CH-C02R Geraniumsäure-ester

CH3

Eine wichtige Bereicherung der synthetischen Hilfsmittel bilden die von K . Z i e g l e r in die präparative Chemie eingeführten organischen Lithium-Verbindungen. An Reaktionsfähigkeit übertreffen sie die organischen Magnesium-Halogenide. Auch ist der Bereich ihrer Anwendbarkeit weiter als dort, was durch ein präparatives Beispiel, das der Synthese von a - P h e n y l c h i n o l i n (S. 320) belegt wird. Auch die Fähigkeit zur „Metallierung", zum Ersatz von an Kohlenstoff gebundenem Wasserstoff gegen Metall, ist bei den Li-alkylen weit größer als bei den G r i g n a r d Verbindungen (G. W i t t i g , H. G i l m a n ) . Auch die C a d m i u m -organischen Verbindungen baben präp. Bedeutung erlangt, da sie Säurechloriie in Alkylketone überzuführen gestatten. In neuester Zeit haben A l u m i n i um-organische Verbindungen wegen ihrer Additionsfähigkeit an Olefine großes, auch technisches Interesse wachgerufen. (K. Z i e g l e r u. Mitarb., Ang. Ch. 64, 323 (1952), Angew. Ch. 67, 541 (1955). In der Wirkungsweise steht das energische Hydrierungsmittel L i t h i u m - A l u m i n i u m - h y d r i d (LiA1H4) den metallorganischen Verbindungen sehr nahe. ind«m es an Stelle von R + H H + H an geeignete Doppelbindungen anlagert (s. auch S. 187).

Die Friedel-Craftssche Synthese Aluminiumchlorid. Voraussetzung für das Gelingen einer FriedelCraftssehen Reaktion ist die einwandfreie Beschaffenheit des als Katalysator beniitzten Aluminiumchlorids. Die käuflichen Präparate sind häufig infolge undichten Verschlusses der Gläser durch hinzugetretene Feuchtigkeit teilweise zersetzt und in diesem Fall nicht verwendbar. Man sollte, um sicher zu sein, im schräg gehaltenen Reagenzglas über der Flamme prüfen, ob sich eine kleine Probe des Chlorids v o l l s t ä n d i g oder wenigstens zum weitaus größten Teil sublimieren läßt. Nicht allzu stark verdorbene Präparate lassen sich durch Resublimation1 brauchbar machen. Ist man genötigt, sich das Aluminiumchlorid selbst darzustellen, so bedient man sich nachstehender Methode. Ein möglichst weites (3y2—4 cm) Rohr aus schwer schmelzbarem Glas, z. B. ein Verbrennungsrohr nach D e n n s t e d t , wird durch einen Kork mit einer weithalsigen Pulverflasche verbunden, derart, daß sein Ende kaum über den Kork hinausgeht. In den Kork ist in eine zweite Bohrung ein dünneres, aber nicht zu enges, gebogenes Glasrohr einge1 Eine mit einer Porzellanschale bedeckte Konservendose ist dazu gut geeignet; nach Beendigung des Prozesses, bei dem nicht zu stark geheizt werden soll, schüttet man das lockere nicht sublimierbare Material aus und hebt dann die Krusten des sublimierten Aluminiumchlorids mit einem Messer von den Wandungen der Dose und der Porzellanschale ab (Abzug).

296

Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts

setzt, das bis über die Mitte in die Flasche hineinreicht; sein längeres Ende ist im rechten Winkel nach oben abgebogen. Das Verbrennungsrohr wird zu etwa einem Drittel seines Durchmessers mit Aluminiumgrieß beschickt auf eine Länge, die von dem Bedarf an A1C13 (27 g AI geben theoretisch 133 g A1C13) und von der Länge des benützten Verbrennungsofens abhängt; jedenfalls soll das Ende der erhitzten Schicht von der Auffangflasche einen Abstand von nicht mehr als 8 cm haben. Den Kork schützt man vor der Hitze durch eine dicht vor ihm aufgesetzte, mit Ausschnitt versehene Asbestplatte. Auf der andern Seite ist das Rohr durch möglichst kurze Schlauchstücke über 2 Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure mit einem leistungsfähigen Salzsäureentwicklungsapparat in Verbindung. Die ganze Apparatur muß trocken sein. Durch das in einem (im Abzug aufgestellten) Verbrennungsofen eingelegte Rohr wird nun zuerst Salzsäuregas geleitet, und wenn die Luft verdrängt ist, heizt man langsam die ganze Strecke des Rohrs, auf der Aluminium liegt, an. Wenn bei zunehmender Temperatur die Bildung von ÄlCl3 am Auftreten von Nebeln, die in die Vorlage gehen, sich bemerkbar macht, muß die Geschwindigkeit des Salzsäurestroms gesteigert werden; gleichzeitig wird auch stärker geheizt und in diesem Stadium durch einen äußerst lebhaften Gasstrom dafür gesorgt, daß das gebildete Aluminiumchlorid keine Zeit hat, sich unter dem Kork zu kondensieren und — worauf man sorgfältig zu achten hat — die Apparatur zu verstopfen. Daß Nebel von A1C13 aus dem Abzugsrohr der Pulverflasche entweichen, bildet keinen Anlaß zu einer ernsthaften Verschlechterung des Ertrags. Man läßt die Reaktion so lange weitergehen, bis sich das Metall bis auf geringe Reste verflüchtigt hat. Das gewonnene Chlorid wird in einer s e h r g u t schließenden Schliffflasche aufbewahrt. 3. Ketonsynthese a) B e n z o p h e n o n a u s B e n z o y l c h l o r i d u n d B e n z o l Zu einer Mischung von 50 ccm Benzol, 35 g Benzoylchlorid Mol) und 100 ccm reinen Schwefelkohlenstoffs (oder weiteren 70 ccm Benzols), die sich in einem trocknen Kolben befinden, fügt man im Laufe von etwa 10 Minuten unter öfterem Umschütteln 35 g ( 1 / i Mol) frisch dargestellten und fein gepulverten Aluminiumchlorids, welches in einem durch einen Kork verschlossenen trockenen Reagenzglas abgewogen ist. Man verbindet dann den Kolben mit einem langen Rückflußkühler und erwärmt ihn in Wasser von 50° so lange, bis sich nur noch geringe Mengen von Chlorwasserstoff entwickeln, was etwa 2—3 Stunden Zeit erfordert. Die Farbe der Lösung ist tief braun. Der Schwefelkohlenstoff (oder das Benzol) wird dann am absteigenden Kühler abdestilliert und der noch warme Rückstand vorsichtig in einen geräumigen Kolben gegossen, welcher

Ketonsynthese

297

300 ccm mit Eisstückchen versetzten Wassers enthält. Nachdem man mit wenig Wasser nachgespült und dann das Reaktionsgemisch mit 10 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt hat, leitet man etwa 20 Minuten lang Wasserdampf hindurch. Der im Kolben verbleibende Rückstand wird darauf nach dem Erkalten mit Äther aufgenommen und die ätherische Lösung mehrmals mit verdünnter Natronlauge ausgeschüttelt. Nach dem Trocknen mit Calciumchlorid wird der Äther verdampft und der Rückstand aus einem Fraktionierkolben mit tiefem Ansatzrohr der Destillation unterworfen. Siedepunkt 297°. Schmelzpunkt 48°. Ausbeute etwa 35 g. Ein reineres Produkt wird durch V a k u u m d e s t i l l a t i o n aus einem Schwertkolben gewonnen. b) A c e t o p h e n o n aus B e n z o l und E s s i g s ä u r e a n h y d r i d 1 Ein dreifach tubuüerter Rundkolben oder weithalsiger Rundkolben von y3 Liter Inhalt ist am mittleren, weiten Tubus mit einem durch Quecksilber gedichteten Rührer (Fig. 28, S. 36) versehen; auf einer Seite steht er mit einem R ü c k f l u ß k ü h l e r in Verbindung, auf der anderen ist ein T r o p f t r i c h t e r eingesetzt. Der Kolben wird mit 100 ccm über Natrium getrockneten Benzols beschickt, in das man 80 g f r i s c h s u b l i m i e r t e n Aluminiumchlorids einträgt. Sodann läßt man unter k r ä f t i g e m Rühren 25 g reinen Essigsäureanhydrids im Lauf einer halben Stunde einfließen. Das Gemisch erwärmt sich, und es wird stürmisch Chlorwasserstoff entwickelt. Man erhitzt unter andauerndem Rühren noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad zum Sieden, gießt die erkaltete Lösung im Scheidetrichter auf Eis, worauf man das ausgeschiedene Aluminiumhydroxyd mit konzentrierter Salzsäure in Lösung bringt. Nach Zugabe von etwas Äther trennt man die Benzolschicht ab, äthert nach, schüttelt die vereinigten Auszüge mit Natronlauge, trocknet mit Calciumchlorid und destilliert nach dem Wegdampfen der Lösungsmittel das Acetophenon, am besten im Vakuum. Siehe S. 292. Ausbeute 24—25 g, auf das Essigsäureanhydrid bezogen 80—85% der Theorie. Bei Anwendung von A c e t y l c h l o r i d an Stelle von Essigsäureanhydrid wird kaum die Hälfte der Ausbeute erreicht. Der Vergleich der beiden Reaktionen ist lehrreich. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff 2 In der gleichen Apparatur, wie sie für die Darstellung des Benzophenons angegeben ist, werden 60 g frischen wirksamen Aluminiumchlorids nach und nach in die Mischung von 80 g reinen, trocknen Tetrachlorkohlenstoffs und 200 g Benzol eingetragen. Man kühlt anfangs mit Wasser und läßt die Reaktion nicht allzu stürmisch werden. Den in 1 2

R . A d a m s , Am. Soc.46, 1889 (1924). M. Gomberg, B. 83, 3144 (1900).

298

Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafta

Strömen entweichenden Chlorwasserstoff absorbiert man, wie in ähnlichen Fällen, z. B. bei der Darstellung des Brombenzols (S. 95), angegeben. Wenn alles A1C13 zugegeben und die Hauptreaktion vorüber ist, erhitzt man noch y 2 Stunde lang auf dem siedenden Wasserbad unter Rückfluß und gießt das abgekühlte braungelbe Reaktionsgemisch unter stetem Umschütteln auf ein Gemenge von 100 bis 200 g Eis und 200 ccm konzentrierter Salzsäure, das sich in einem genügend großen Scheidetrichter befindet. Sollte das Eis vor der Zersetzung der ganzen Menge geschmolzen sein, fügt man neues Eis und ebensoviel konzentrierte Salzsäure nach. Die Salzsäure dient dazu, die hydrolytische Spaltung des Triphenylmethylchlorids zu verhindern. Wenn die beiden Schichten sich geschieden haben — allenfalls setzt man noch frisches Benzol zu —, trennt man ab, schüttelt, wenn nötig, nochmals mit Benzol aus, trocknet die vereinigten Benzollösungen mit Calciumchlorid und dampft dann das Benzol auf dem Wasserbad s o w e i t a l s m ö g l i c h a b . Der Rückstand wird mit dem gleichen Volumen Äther digeriert und f ü r einige Stunden in Eis gestellt. Dann saugt man ab und wäscht den scharf abgepreßten Kristallbrei (breite Filterplatte!) einige Male mit wenig eiskaltem Äther. Die eingedampften Mutterlaugen — zuletzt im Vakuum — liefern eine zweite, weniger reine Kristallisation, die mit wenig kaltem Äther digeriert und dann abgesaugt wird, Ausbeute 110—120 g. Zur Reinigung löst man das noch gelbe Rohprodukt in s e h r w e n i g warmem Benzol, kocht unter Zusatz einiger ccm Thionylchlorid oder Acetylchlorid auf, fügt das vierfache Volumen Leichtbenzin hinzu und läßt unter Rühren mit einem Glasstab in Eiskühlung auskristallisieren. Waschen mit kaltem Petroläther. Schmelzp. 113—114°. Die D e s t i l l a t i o n i m H o c h v a k u u m (Siedep. 170°/0,4mm) liefert ein sehr reines Präparat ( L e c h e r ) und ist als Reinigungsmethode vorzuziehen. Die Reinheit von Triphenyl-chlormethan läßt sich durch Titration mit n/ 10 -Lauge in alkoholischer Lösung leicht bestimmen. 5. 2,4-Dioxy-acetophenon aus Resorcin und Acetonitril 1 Die Lösung von 5,5 g Resorcin und 3 g Acetonitril in 25 ccm absoluten Äthers wird mit 2 g wasserfreien, fein gepulverten Zinkchlorids versetzt; dann sättigt man unter Eiskühlung mit Salzsäuregas, läßt einige Stunden verschlossen stehen, fügt zu dem breiig gewordenen Inhalt unter Außenkühlung 25 ccm Eiswasser und trennt nach Zugabe von etwas Äther die Ätherschicht ab. Das in der wäßrigen Lösung als salzsaures Salz enthaltene Ketimin wird durch % stündiges Kochen der Lösung gespalten. Beim Erkalten kristallisiert das Resacetophenon in einer Ausbeute von 4—5 g aus. Die Substanz kann aus Wasser oder Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 145°. 1

K. Hoesch, B. 48, 1122 (1915); 50, 462 (1917).

Chinizarin

299

6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon 1 Eine Mischung von 5 g Hydrochinon und 20 g Phthalsäureanhydrid wird in einem offenen Kolben mit einem Gemisch von 50 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm Wasser 3 Stunden im ölbade auf 170—180° und schließlich noch 1 Stunde auf 190—200° erhitzt. Die noch heiße Lösung gießt man dann unter Umrühren in 400 ccm Wasser, welches sich in einer Porzellanschale befindet, erhitzt bis zum Sieden und saugt heiß auf der Nutsche ab. Diese Operation wird wiederholt. Der Rückstand wird im Trockenschrank bei 120° getrocknet. Er wird dann mit 30 ccm Xylol in einem Rundkolben mit aufgesetztem Rückflußkühler zum Sieden erhitzt und durch einen Heißwassertrichter filtriert. Das Chinizarin kristallisiert in roten Blättchen aus. Diesen Vorgang wiederholt man viermal, wobei man die Mutterlauge immer wieder zum Extrahieren verwendet. Falls erforderlich, setzt man noch etwas Xylol zu. Dieses Rohprodukt wird getrocknet. Ausbeute 3—4 g. Schmelzp. 193—194°. Zur Reinigung löst man das rohe Chinizarin in heißem Eisessig und setzt dann die gleiche Menge heißen Wassers zu. Das Chinizarin fällt dabei teils in Blättchen, teils amorph aus. Es wird heiß abfiltriert, getrocknet und aus Xylol umkristallisiert. Der Farbstoff wird bei 120° getrocknet. Schmelzp. 196°. Ausbeute 3—3,5 g. Chinizarin löst sich in Alkalien, ebenso wie Alizarin, mit tief violetter Farbe. Es läßt sich unzersetzt sublimieren. T h e o r e t i s c h e s zu 3, 4, 5, 6 Sowohl Säurechloride als auch A l k y l c h l o r i d e setzen sich bei Gegenwart von A l u m i n i u m c h l o r i d , oder auch Zink- und Eisen(III)-chlorid — besonders wirksam ist B o r f l u o r i d BF 3 — mit aromatischen Verbindungen in der Weise um, daß unter Abspaltung von HCl Acyl oder Alkyl an den Kern tritt:

Während die erste Reaktion, die den Aufbau von Ketonen in sich schließt, wegen ihres meist glatten Verlaufs viel angewandt wird, gestaltet sich die Einführung von Alkylgruppen viel weniger übersichtlich, da einmal die Substitution weitergeht und außerdem gleichzeitig eine teilweise Wiederabspaltung von Alkylgruppen erfolgen kann. Die Fittigsche Reaktion ist hier meistens vorzuziehen. Jedoch wird Äthylbenzol, dessen Dehydrierung das vielgebrauchte Stvrol liefert, technisch durch Kondensation von Benzol mit Äthylen nach F r i e d e l - C r a f t s gewonnen. 1

Grimm, B. 6, 506 (1873); B a e y e r , B.8, 152 (1875).

300

Die Synthesen naoh Grignard und Friedel-Crafts

Da unter den Bedingungen der Friedel-Craftsschen Reaktion auch Substanzen mit olefinischer Doppelbindung und zwar unter Anlagerung des Säurechlorids reagieren, dürfte auch am aromatischen Kohlenwasserstoff eine Addition der einleitende Schritt sein. Man ist heute der Ansicht, daß das Säurechlorid mit dem Katalysator durch Einlagerung seines Halogens zu einem anionischen Komplex (vgl. S. 97) so polarisiert wird, daß der C-haltige Teil als Carboniumion eine elektrophüe Substitution am Benzolkern ermöglicht. Somit rückt auch diese Acylierungsreaktion in die Reihe der wohlbekannten elektrophilen Substitutionsreaktionen des Benzols ein. R—C^-Cl

+ AICI3



R^C^°AlCl(-> R < + ) AlCl^

R-Cl

Bei den Olef i n e n folgt auf die primäre Addition sofortige Reaktion des Carboniumions mit ' zum jS-Chlorketon, das in der Wärme unter HCl-Abspaltung in das ungesättigte Keton übergeht. (Vgl. B. 65, 2246 [1922]). /H ^ ^COCH, ( AICI R 1 y1 ^ o c H s + ci -> _ H < + ) + CHjCOCl '

\(e-?_00CH. / 1 "

^

Wärme

yc—C—COCH, / 1 "

— HCl

)C=C—COCH,

Die F u n k t i o n d e s A l u m i n i u m c h l o r i d s ist eine katalytische und seine Menge daher an sich nicht an stöchiometrische Verhältnisse gebunden. Da aber im Fall der Ketonsynthese das Reaktionsprodukt mit einem Mol A1C1S eine feste komplexe Additionsverbindung bildet, so muß hierbei mindestens ein Mol davon verwendet werden. Die Auswahl der L ö s u n g s m i t t e l ist bei der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion wegen der großen Reaktionsfähigkeit der Reaktionsteilnehmer eine beschränkte, im wesentlichen kommen S c h w e f e l k o h l e n s t o f f , gut gereinigter P e t r o l ä t h e r , C h l o r b e n z o l und N i t r o b e n z o l in Betracht. Auch C y c l o p a r a f f i n e sind der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion zugänglich. Phenole und P h e n o l ä t h e r zeichnen sich wie bei allen elektrophilen Substitutionsreaktionen durch besondere Reaktionsbereitschaft aus. Von einzelnen Anwendungsformen seien angeführt: Die Reaktion von P h t h a l y l c h l o r i d mit B e n z o l , bei der die Muttersubstanz der Phthaleine, das P h t h a l o p h e n o n entsteht:

j

)0

+ 2 C.H,

[

|

)0

+ 2 HCl .

\ / \ c o V \ c o Die innere Ketonsynthese des oc-Hydrindons aus dem C h l o r i d d e r H y d r o zimtsäure. Die direkte Synthese von K e t o n e n aus K o h l e n w a s s e r s t o f f e n und P h o s g e n , z. B.: 2 C.H, + C0C12 • C.H, • CO • C,H 6 + 2 HCl. Die Einführung des einfachen oder substituierten C a r b o n a m i d r e s t e s bei Anwendung von H a r n s t o f f c h l o r i d e n (Cyansäure und -estern + HCl).

0

CONH2 + HCl .

Friedel-Crafts-Synthesen

301

Damit werden auch die a r o m a t i s c h e n C a r b o n s ä u r e n der Synthese naoh F r i e d e l - C r a f t s zugänglich. Eine Erweiterung hat die Reaktion durch die schöne A l d e h y d s y n t h e s e v o n G a t t e r m a n n - K o c h erfahren. Läßt man auf Toluol — Benzol ist weniger geeignet — bei Gegenwart von A1CIS (und Cuprochlorid) ein Giemisch von K o h l e n o x y d und C h l o r w a s s e r s t o f f g a s einwirken, so findet die von dem an sich nicht beständigen F o r m y l c h l o r i d zu erwartende Umsetzung statt.

CHa

CH3/

^^ p-Tolylaldehyd

Es sieht so aus, als ob in Gestalt einer Komplexverbindung mit Cu2Cla das Chlorid der Ameisensäure vorübergehend gebildet würde. Der Ersatz des Kohlenoxyds durch B l a u s ä u r e erlaubt auch P h e n o l - und P h e n o l ä t h e r - a l d e h y d e im weitesten Umfang darzustellen, und zwar begibt sich auch hier die Aldehydgruppe gewöhnlich in die p-Stellung zu dem schon vorhandenen Substituenten. Das Cuprochlorid ist in diesem Falle entbehrlich. Da Blausäure und HCl zu F o r m i m i d c h l o r i d Q > C = N H zusammentreten, so ist ersichtlich, daß hier zuerst das A l d i m i n entsteht, das dann bei der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches durch Wasser unter NHj-Abspaltung in den Aldehyd umgewandelt wird. E n o l e d e r F e t t r e i h e (Acetessigester, Acetylaceton) reagieren in grundsätzlich gleicher Weise. Die Anwendung von K n a l l q u e c k s i l b e r , aus dem mit Chlorwasserstoff das isolierbare, schön kristallisierte F o r m h y d r o x a m s ä u r e c h l o r i d entsteht (C=NO) a Hg + 4 HCl

• HgCla + 2 ^ > C = N O H .

führt in der aromatischen Reihe zur Bildung von A l d o x i m e n (Scholl). Von großem Interesse ist die Umsetzung von K o h l e n o x y d - A l u m i n i u m c h l o r i d mit g e s ä t t i g t e n K o h l e n w a s s e r s t o f f e n . Dabei wird die CO-Gruppe in die Kette eingeschoben1, z. B.: C s H, 2 + CO • HSC • CH2 • CO • CH(CH3)2 . Einen sehr glatten Verlauf nimmt die von H o u b e n - H o e s c h nach den Leitlinien der G a t t e r m a n n s c h e n Reaktion variierte Ketonsynthese unter Anwendung der N i t r i l e , die namentlich bei m e h r w e r t i g e n P h e n o l e n sehr günstige Resultate bringt. Es sind hier die I m i d c h l o r i d e R — C = N H , die sich analog wie bei C1 der Anwendung von Blausäure zu K e t i m i n e n und dann weiter zu K e t o n e n umbilden. C h l o r o f o r m tritt mit seinen drei C h l o r a t o m e n in die F r i e d e l - C r a f t s s c h e Reaktion ein; das Reaktionsprodukt mit Benzol ist der wichtige Kohlenwasserstoff T r i p h e n y l m e t h a n , die Grundsubstanz der bekannten Farbstoffklasse. P a r a l e u k a n i l i n [(p) NH 2 -C 6 H 4 ] 3 -CH ist durch reduktive Spaltung seiner Trisdiazoverbindung in ihn übergeführt worden (E. und 0 . F i s c h e r ) . Die Übertragung der Reaktion mit Benzol und A1C13 auf T e t r a c h l o r m e t h a n führt nicht, wie man erwarten sollte, zum Tetraphenylmethan. Das vierte Cl-Atom bleibt hier im Reaktionsprodukt stehen. T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (C(Ht)aCCI hat 1

H o p f f , B. 64, 2739 (1931).

302

Die Synthesen nach Grignard und Friede!-Crafta

eine außerordentliche Bedeutung gewonnen, weil seine Einführung in die W u r t z sche Reaktion die Entdeckung des ersten freien organischen Radikals ermöglicht hat ( G o m b e r g 1900). Vgl. dazu S. 306. In vielen Fällen kann man bei der F r i e d e I - C r a f t s s e h e n Reaktion das Säurechlorid durch das S ä u r e a n h y d r i d ersetzen. Die Darstellung des A c e t o p h e n o n s (S. 297) bietet ein präparatives Beispiel für diese Methode. / C O • CH 3 + 0< X C O • GEL,

CO • CH3 3 + CHS • COOH .

Sie ist besonders wichtig geworden von der Grundlage des P h t h a l s ä u r e - a n h y d r i d s aus, das sich in ganz analoger Umsetzung durch A1C1 3 mit Benzol zur o - B e n z o y l b e n z o e s ä u r e kondensieren läßt.

+ 0

rfvfy

C 0

Y^

rr

c a

^

Da konzentrierte Schwefelsäure dieses Reaktionsprodukt, wie in der Formel schon ausgedrückt, unter Wasserabspaltung i n A n t h r a c h i n o n umwandelt, so hat man hier einen sehr wichtigen Übergang in diese viel bearbeitete Gruppe (Baeyer). So wird das als Zwischenprodukt für wertvolle Küpenfarbstoffe dienende ß-Met h y l a n t h r a c h i n o n technisch aus Phthalsäureanhydrid und Toluol dargestellt. Hierbei leistet konzentrierte Schwefelsäure in der ersten Phase das gleiche wie A1C13, und man gelangt bei deren Anwendung in e i n e r Operation zum Anthrachinonderivat. Das angeführte Beispiel der Chinizarinsynthese bringt diese schöne Reaktion präparativ zur Anschauung: OH OH r o OH r o

C

S /

1+0

CH II CHa

I +h2O CH] /

N(CH

^

Dieses wird wieder erschöpfend methyliert und seine quartäre Ammoniumbase emeut in gleicher Weise gespalten. CH2 CH2 CH II

CHJ

CH2 I —CH2

(CH.JsN^ 33

CH CH II II + N(CH3)3 + H2O CH2 CHj

OH (_)

CH3 • CH=CH • CH=CHa Auf diesem Weg ist das Piperidin in den Kohlenwasserstoff „Piperylen", a-Methylbutadien, übergeführt worden. Die Verschiebimg der Doppelbindung geht auf Ursachen zurück, wie sie auch die Umlagerung von E u g e n o l z u l s o - e u g e n o l und von ß- zua-Dihydromuconsäure bedingen. Man formuliere diese Abbaureaktion beim ß-Methyl-pyrrolidin. Beim Abbau nach Emde werden cyclische quartäre Ammoniumsalze reduktiv aufgespalten unter Anwendung von Na-amalgam in schwach saurer Lösung, mitunter auch durch katalytisch erregten Wasserstoff. Der Emde-Abbau setzt voraus, daß der Stickstoff sich in /9-Stellung zu einer C—C-Doppelbindung befindet. Eine weitere Methode stammt von J . von Braun und besteht in der Anlagerung von Bromcyan an t e r t i ä r e cyclische Basen 1 . Das unbeständige Additionsprodukt spaltet unter Abwanderung des Broms eine C—N-Bindung auf; es entsteht 1

B. 40, 3914 (1907); 42,2219 (1909); 44. 1252 (1911).

316

Heterocyolische Verbindungen

ein bromiertes Cyanamidderivat, da« durch Hydrolyse zum s e k u n d ä r e n Amin und von diesem aus weiter abgebaut werden kann, z. B. : " ^ -CH 2 H2C CH2 H2C CHa H 2 C——CH a ¿H, H„C \ N / I

H,i , ¿H, i. •V V• N CH,

CN Br

H2i

CH,Br — H MST / \ CH. CN

Nebenbei entsteht auch die entmethylierte sekundäre Ein weiteres Verfahren desselben Autors zum Abbau läutern wir am Piperidin: N - B e n z o y l p i p e r i d i n wird mit PCI, umgesetzt und n i t r i l und 1 , 5 - D i c h l o r p e n t a n . CH» CH« CH« CH« I I



CH« I

N • CO • C,H,

CHo I



2

C

¿1 x

NCH 3 H

cyclische Base. s e k u n d ä r e r Amine erdabei zerlegt in BenzoCHo

CH, I CliCH,

I CF

+ NC-C,H 6

N • C(C1)2 • C,H6

Einem einfachen Derivat des Pyridins, dem Amid seiner /S-Carbonsäure (Nicot i n s ä u r e ) , kommt eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel zu. Ein von ihm abgeleitetes quartäres Salz, an dessen basischem Stickstoff eine mit Adenosin-diphosphorsäure veresterte Pentose (R) haftet, dient bei der enzymatischen Dehydrierung (0. W a r b u r g , P. K a r r e r ) und bei der alkoholischen Gärung (H. von E u l e r ) in reversibler Funktion als WasserstoffÜberträger (Codehydrase I und II).

ICONH2

+2H —2H

w R Zu den biologisch wichtigen Pyridin-Derivaten gehört auoh das Vitamin B, (Pyridoxin). b) a - A m i n o p y r i d i n 1 16 g (0,2 Mol) über gepulvertem Ätzkali oder Bariumoxyd getrockneten und destillierten Pyridins werden in 30 com Xylol (über Natrium getrocknet) mit 10 g (V 4 Mol) in der Reibschale unter Xylol zerriebenen Natriumamids versetzt und 7 Stunden lang im Ölbad am Rückflußkühler auf 140 bis 150°erhitzt. Der Zutritt von Feuchtigkeit ist streng auszuschließen. Nach dem Erkalten setzt man vorsichtig nach und nach 20 ccm gekühlter Sodalösung zu, schüttelt durch und trennt dann im Scheidetrichter. Die wäßrige Schicht wird noch einige Male mit Benzol ausgeschüttelt. Von T s c h i t s c h i b a b i n , C. 1915 I. 1065. Wibaut, Ree. 42, 240 (1923).

Chinolin

317

den vereinigten Auszügen wird nach kurzem Trocknen mit festem Ätzkali das Lösungsmittel abdestilliert. Das höher siedende Aminopyridin reinigt man durch Destillation im Vakuum (Schwertkolben); der Vorlauf besteht zum größten Teil aus Xylol. Die Base siedet bei 93 0 /m 960/J3. Ausbeute 6—7 g. Aus Vor- und Nachlauf läßt sich noch eine kleine Menge herausfraktionieren, x-Aminopyridin kristallisiert leicht und kann aus Ligroin umkristallisiert werden. Schmelzp. 57°. Die sehr bemerkenswerte Reaktion, mit Natriumamid die NH2-Gruppe in einen aromatischen Ring einzuführen, stammt von F. Sachs (B. 39, 3006 [1906]), der sie an mehreren Beispielen in der Naphthalin- und Anthrachinonreihe studiert hat. Im Falle des Pyridins verläuft die Synthese nach T s c h i t s c h i h a b i n besonders glatt. Sie überschreitet wohl ein Zwischenprodukt der Anlagerung von NH 2 Na an die —N=CH— Doppelbindung von der Form —NNa—CH(NH2) —, welche NaH abspaltet. Das nach der summarischen Gleichung C,H,N + NaNH 2 > C,H 4 N • NHNa + H 2 in Form seines Na-Salzes entstehende a - A m i n o p y r i d i n verhält sich in seinen Reaktionen wie eine tautomere Verbindung. Viele, namentlich cyclische Derivate leiten sich von einer D i i m i n f o r m ab, die sich auf Grund folgender Umlagerung bilden kann:

H

2. Chinolin a) S k r a u p s c h e C h i n o l i n - S y n t h e s e 1 In einem Kolben von 1 y2 Liter Inhalt wird eine Mischung von 20 g Nitrobenzol, 31 g Anilin und 100 g w a s s e r f r e i e n 2 Olycerins unter Umschütteln mit 45 ccm konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Man verbindet den Kolben dann mit einem langen, weiten Rückflußkühler und erhitzt ihn auf einem Drahtnetz. Sobald der Eintritt der Reaktion durch Entwicklung von Dampfblasen, die plötzlich aus der Flüssigkeit aufsteigen, sich zu erkennen gibt, entfernt man sofort die Flamme und läßt die bisweilen äußerst heftige Hauptreaktion 3 ohne äußere Erhitzung sich vollziehen. Hat das Reaktionsgemisch sich beruhigt, so erhitzt man noch 3 Stunden auf dem Sandbade oder Drahtnetz zum Sieden, verdünnt mit wenig Wasser und treibt aus der sauren Flüssigkeit das unveränderte Nitrobenzol mit Wasserdampf vollständig ab. Man macht dann die im Destillierkolben zurückgebliebene, noch warme Flüssigkeit mit konzentrierter Natronlauge alkalisch und destilliert das in Freiheit 1 M. 1, 316 (1880); 2, 139 (1881). M. Wyler, B.60, 398 (1927). D a r z e n s , B.47 227 (1930). a Man erhitzt das käufliche Glycerin in einer Porzellanschale so lange (Abzug), bis ein eingehängtes Thermometer auf 180° gestiegen ist. 3 Deren Mäßigimg wird erreicht, wenn man zu Anfang nur die Hälfte der Schwefelsäure zufügt, mit kleiner Flamme vorsichtig zum gelinden Sieden erhitzt und nach 1 Stunde den Rest der Säure ganz langsam zutropfen läßt. Sodann wird das Gemisch wie oben noch 3 Stunden lang im Sieden gehalten.

318

Heterocyclische Verbindungen

gesetzte Chinolin mit unverändertem Anilin ebenfalls mit Wasserdampf über. Das Destillat wird ausgeäthert, der Äther abdestilliert, die rohen Basen werden in der Mischung von 50 ccm konz. Salzsäure und 200 ccm Wasser gelöst. Zu der warmen, klaren Lösung fügt man 30 g Zinkchlorid in 50 ccm 2 n-HCl. Das nach dem Erkalten auskristallisierte Doppelsalz wird nach einigem Stehen unter Eiskühlung abgesaugt und mit kalter 2TO-Salzsäuregewaschen. Hierauf zersetzt man mit starker Natronlauge und treibt das Chinolin abermals mit Wasserdampf über. Nach dem Ausäthern wird die Ätherlösung mit festem Ätzkali getrocknet und das Chinolin nach dem Verdampfen des Äthers schließlich destilliert. Siedep. 237°. Ausbeute 24—25 g. Das Präparat ist wasserhell. b) C h i n a l d i n - S y n t h e s e n a c h D o e b n e r - M i l l e r 1 In einem Kolben von 1 Liter Inhalt wird eine Mischung von 31 g ( 1 / 3 Mol) Anilin und 60 ccm roher, konzentrierter Salzsäure unter Umschütteln mit 45 ccm Paraldehyd Mol) versetzt (oder mit 60 ccm Acetaldehyd, der unter Außenkühlung mit Eis vorsichtig durch einen langen Rückflußkühler zugetropft wird). Man läßt die Mischung bei Zimmertemperatur stehen, wobei nach und nach die Kondensation stattfindet, durch gelinde Selbsterwärmung sich äußernd. Man erwärmt noch 3 Stunden unter Rückfluß zum Sieden, macht mit starker Natronlauge alkalisch und destilliert die Rohbase mit Wasserdampf über. Die öligen Basen werden abgetrennt, der wäßrige Anteil wird 3 mal ausgeäthert. In den Auszügen wird das abgetrennte ö l gelöst, die Ätherlösung wird mit festem Ätzkali getrocknet. Nach dem Verdampfen des Äthers kocht man die Rohbase zur Bindung des nicht verbrauchten Anilins mit 10 ccm Essig säureanhydrid eine Viertelstunde lang am Rückflußkühler, macht nach dem Erkalten mit gesättigter Sodalösung deutlich alkalisch und destilliert erneut mit Wasserdampf. Das Chinaldin wird nach der üblichen Aufarbeitung durch Destillation im Vakuum rein erhalten. Siedepunkt 115—120°/12. Als Nachlauf erhält man eine kleine Menge höher siedender Basen. Ausbeute 18—20 g. Man kann auch aus dem Rohbasengemisch das Chinaldin in der beim Chinolin angegebenen Weise über das ZnCl2-Doppelsalz abtrennen. Das Präparat wird reiner, die Ausbeute ist etwas geringer. Das erste auf dem unter a) durchgeführtenWeg gewonnene Chinolinderivat war der Farbstoff „Alizarinblau" (Prudhomme 1877), der beim Erhitzen von ß-Nitroalizarin mit Glyzerin und Schwefelsäure erhalten und von Graebe aufgeklärt wurde: CO OH CO OH

1

B. 14, 2816 (1881); 16, 1664 (1883); 17, 1712 (1884).

319

Chinolin

Während des Prozesses wird die N0 2 - zur NH2-Gruppe reduziert. Die Skraupsche Synthese erfolgt unter Wasserabspaltung. Dabei wird sich Acrolein bilden, das mit dem Anilin zu einem Azomethin (Schiffache Base) zusammentreten kann (I), viel wahrscheinlicher aber die Base an der C=C-Doppelbindung aufnehmen wird (II):

NH

Es entsteht, mag die erste oder die zweite Erklärung zutreffen, ein Dihydrochinolin, dessen überständiger Wasserstoff von dem vorhandenen Nitrobenzol gebunden wird. Eine zweite, ähnlich verlaufende Synthese, die von Doebner-Miller, führt zu s u b s t i t u i e r t e n Chinolinen. Einfachstes Beispiel: Chinaldin aus Anilin und Paraldehyd durch Erhitzen mit konzentrierter Salzsäure. Der Verlauf der Reaktion, schließt sich eng dem der S kr aupsehen Synthese nach I I an, wenn man das Anilin, wie dort mit Acrolein, so hier mit Crotonaldehyd, der unter den Bedingungen sich leicht bildet, zusammentreten läßt 1 : NH.

NH (jJH • CHj

(jjH—CHj / OHC

CH

CH2

NH CH-CH» ptt

H Auch hier sind zwei überständige H-Atome, die von Nebenreaktionen — es entstehen hydrierte Produkte — verschluckt werden. Das bekannte Gichtmittel Atophan, a-Phenylchinolin-y-carbonsäure, ist das Produkt einer analogen Kondensation von Anilin mit Benzaldehyd und Brenztraubensäure: NH, r ^ V

H CH,

0 /

I COOH

1 Die Reaktion ist ein Gegenstück der Claisen-Mioh&el-Addition, bei der Substanzen mit beweglichem Wasserstoff an die Doppelbindung von a, /¡-ungesättigten Carbonylverbindungen angelagert werden z. B.: (R0 2 C) s CH, + H2C =CH—C—CHj (ROaC),CH—CH,—CH2—C—CHS.

320

Heterocyclische Verbindungen

Atophan kann auch durch alkalische Kondensation von I s a t i n mit A c e t o p h e n o n gewonnen werden. Formulieren! Als biologisches Abbauprodukt des Tryptophans verdient die K y n u r e n s ä u r e Erwähnung. Zum analytischen Nachweis von mehrwertigen Metallen, mit denen es unlösliche Komplexsalze bildet, findet das 8 - O x y - c h i n o l i n (Oxin) vielfache Verwendimg. Das Antimalariamittel P l a s m o c h i n leitet sich ebenfalls vom Chinolin ab. OH y x / x

HN-CH(CH2)3NB\

HC-0 I CH-OH

/O—CH2

(-)

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H

i :!HjOH.

Man leitet die Aldohexosen von einem dem Pyron nahestehenden Ring ab, in dem die O-Brücke zwischen C I und C6 geschlagen ist (Haworth) und bezeichnet sie zweckmäßig als P y r a n o s e n . Die labilen y- oder A-Zucker faßt man, mit der Brücke zwischen Cj und C4 im Sinne der alten Tollensschen Formel, als strukturisomer auf („Furanosen"). Eine entsprechende Vorstellung macht man sich von dem Aufbau der F r u c t o s e [vgl. dazu W. N. H a w o r t h , Helv. X I , 534 (1928)]. H

\/

OH

C I ! HCOH I 1 I HOCH O I HCOH I HC

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I-h-Olucose

hoAH I 0 HCOH I HCOH ch2 d-Fructose

1 B ö e s e k e n , B 46, 2612 (1913); Ree. 40, 354 (1921). Über die Vergrößerung der Ionisationsfähigkeit schwacher Elektrolyte durch Komplexbildung unterrichte man sich auch bei H. Meerwein, A.465, 227; (1927) 476, 113 (1929).

Erläuterungen über Kohlenhydrate

347

Besonders übersichtlich werden die Formeln nach folgender Schreibweise: OH OH H HO^

.CH

-Cs H

OH

H

/

O

\ C ( O H ) — C ( B r ) < , in Methanol das Methoxybromid >C(OCH 3 )—C(Br)C=CC

C


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B r

^H

Auch die Benzolbromierung wird von der Anlagerung eines Bromkations eingeleitet. Dieses Teilchen tritt allerdings nie frei auf. Der Halogenierungskatalysator Eisenbromid hat die Tendenz, seine Koordinationslücke mit einem B r - unter Bildung des komplexen Ions (FeBr 4 ) _ zu schließen. Das FeBr 3 vermag nun eine Brommolekel derart zu polarisieren, daß das benachbarte Br negativiert wird, das entferntere mit einer kleinen positiven Ladung in Erscheinung tritt. Zwischen einer solchen aktivierten Brommolekel und dem Benzol kommt es zu einer Wechselwirkung, die dem Übergang eines Bromkations entspricht. H Br

H Br

v

H Br

Br

i (+)

In diesem primären Addukt läßt sich die positive Ladung — es liegt ein Elektronensextett vor — nicht lokalisieren. Die angegebenen Möglichkeiten sind mesomere Grenzformeln. Die in diesem Übergangszustand auftretende Mesomerie-Energie vermag nun die Molekel weitgehend für den Verlust an aromatischer Resonanz zu entschädigen, die Schwelle der Aktivierungsenergie überwindbar zu machen ( I n g o l d , W h e l a n d ) . Mit dem Austritt eines Protons wird der aromatische Zustand wiederhergestellt. M e e r w e i n (1925) war wohl der erste, der solche Kationen als Übergangszustand der Kernsubstitution annahm. Das Bromteilchen tritt mit Elektronensextett, also als elektrophiles Agens, in das Benzol ein. Dem gleichen Schema einer elektrophilen Substitution gehorchen auch die Nitrierung, Sulfurierung sowie die Acylierung und Alkylierung (nach F r i e d e l - C r a f t s ) des Benzolkerns. Kurz sei1 noch auf die Orientierungsregeln der Zweitsubstitution eingegangen, P f e i f f e r und W i z i n g e r , A.461, 132 (1928). zu deren Klärung zwei Substituenteneffekte, ein induktiver und ein me-

394

Einführung in die Elektronentheorie d. Organ. Verbindungen usw.

somerer, ausreichen. Vorhandene Substituenten erster Ordnung (Halogen, Alkyl, —OH, —OR, —NH 2 , —NR 2 , —NH—CO—R u. a.) lenken die elektrophile Substitution in die o- und p-Stellung; solche, die den Zweitsubstituenten nach meta dirigieren, nennt man Substituenten zweiter Ordnung (—NO a , — S 0 3 H , —CHO, —COOH, —CO—R, —CN, —NR 3 u. a.). Es handelt sich hier lediglich um Phänomene der Reaktionsgeschwindigkeit; charakteristisch ist nämlich bei der genannten Substituentenlenkung, daß ein Substituent erster Ordnung meist die Zweitsubstitution erleichtert, ein solcher zweiter Ordnung sie stets im Vergleich zum Benzol erschwert. Durch induktiven Effekt (ein elektrostatischer Effekt, der Polarität der Bindung des Substituenten an den Kern entspringend) begünstigt oder erschwert ein Substituent das Auftreten der positiven Ladung an seinem Kernkohlenstoffatom im Übergangszustand, erniedrigt oder erhöht damit die Aktivierungsenergie der Zweitsubstitution. Wesentlich bestimmender noch ist der mesomere Substituenteneffekt. Halogen, Hydroxylund Aminogruppe sowie ihre funktionellen Derivate vermögen ein freies Elektronenpaar in die Mesomerie einzubeziehen (S. 386), damit im Übergangszustand der Zweitsubstitution die positive Ladung zu übernehmen. So enthält der Übergangszustand für die p-Bromierung des Phenols neben den , ,Carbonium-Strukturen", die die positive Ladung auf dem Kohlenstoff tragen, auch eine „Oxonium- Struktur'' mit dreibindigem Sauerstoff: OH

| 0—H

| O—H

| O—H

| O—H

OH

Da die Oxoniumstruktur über eine zusätzliche Bindung verfügt — alle Atome besitzen Elektronenoktetts — ist sie besonders energiearm und senkt durch ihre Beteiligung am mesomeren Übergangszustand dessen Energieniveau erheblich. Wie für die p-, so existiert auch für die o-Substitution eine analoge Oxoniumstruktur, nicht aber für die m-Bromierung. Der außerordentliche Vorzug der o, p-Bromierung des Phenols entspringt also der Verringerung der Aktivierungsenergie durch Einbeziehung der Oxoniumstruktur in den Übergangszustand. Es gibt eine Reihe von elektrophilen Reagentien, die mit Benzol selbst nicht reagieren, sondern zur Reaktion der Anwesenheit von Substituenten mit starkem mesomerem Effekt bedürfen. Hierher gehören die salpetrige Säure oder das Benzoldiazonium-ion bzw. die undiss. Diazoverbindung, die bevorzugt aromatische Amine und Phenole substituieren (Nitrosierung, Azokupplung):

Reaktionsmechanismen

395 H

\JnLN +

• /

\

/ = \

\ - N = N / \ = /

°

Als weiteres Beispiel sei die Bromierung des Nitrobenzols gewählt. Die Nitrogruppe, wie die meisten Substituenten zweiter Ordnung, entfaltet einen mesomeren Effekt entgegengesetzter Richtung, vermag ein Elektronenpaar aus dem Kern herauszuziehen. Am Grundzustand des Nitrobenzols sind Grenzformeln der Typen I und I I beteiligt:

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G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers, 38. Aufl.

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Sachregister * ) Acetaldehyd 103, 108, 180, 188 Acetale 127 Aoetamid 114,118 Acetamidoxim 126 Acetanilid 114 Acetessigester 218, 220 Acetessigestersynthesen 229 Acetobromglucose 840 Acetoin 195 Aceton, Bromierung 223 Acetonitril 126 Acetonsemicarbazon 128 Acetophenon 292, 297, 332 Acetylaceton 219 Acetylbestimmung 76 Acetylchlorid 111 Acetylcholin 108 Acetylen 106, 180, 185 Acrolein 102, 319 a-Acrose 191 Acrylnitril 106 Acryls&ure 111 Acyloinkondensation 194 Adenosinphosphorsäuren 352 Adipindialdehyd 835 Adsorptionsindikatoren 70 Ätherperoxyde 85 Äthylalkohol 351 Äthylamin 126 Äthylbenzol 91, 832 Äthylbromid 86 Äthylen 98, 106 Äthylenbromhydrin 89 Äthylenbromid 98 Äthylenchlorhydrin 102, 108 Äthylenjodhydrin 91 Äthylenoxyd 108 Äthyljodid 88 Äthylmalonester 221 Äthylmalonsäure 221 Äthylnitrat 184 Äthylnitrit 188, 233 Äthylrot 320 Äthylschwefelsäure 101, 173 Ätioporphyrin 356 Alanin 200 Aldehydammoniak 182, 189

Aldehyde, Eigenschaften 184 ff. Aldehydharz 192 Aldolkondensation 191 Alizarin 288, 302 Alizarinblau 318 Alizarinbordeaux 290 Alkaloide, Fällungsmittel für 355 Alkyldisulfide 178 Alkylendihalogenide 102 Alkylenoxyde 103, 115 Alkylhalogenide 89, 102 Alkyliden-bis-acetessigester 314 Allozimtsäure 204 Allylphenoläther 213 Aluminiumäthylat 883 Aluminiumchlorid 295, 300 Aluminiumoxyd 358 Amidchloride 120 Amine, prim. nach Mendius 126 p-Aminoacetophenon 165 /ß-Aminoanthrachinon 326 p-Aminoazobenzol 263 o-Aminobenzaldehyd 153 p-Aminobenzoesäure 177 a-Aminocarbonsäureester 288 p-Aminodimethylanilin 278 a- Aminoketone 233 p-Aminophenol 156, 250 a- Aminopyridin 316 p-Aminosalicylsäure 218 Aminosäuren, quantit. Best. 240 —, Synthesen 200, 239 —, Trennung 239, 342 o-Aminozimtaäure 153 Amygdalin 201 Androsteron 362 Aneurin 363 Angeli-Rimini-Reaktion 170, 188 Anilin 189, 147 —, Alkylierung 150 Anilinochinon 268 Anilinohydrochinon 268 Anilinschwarz 269, 270 Anisidin 213 Anisoin 195 Anisol 212, 237 Anschützaufsatz 7

* ) Bei Stoffen, die der Praktikant in die Hand bekommt, ist die Seitenzahl fett gedruckt.

Sachregister Anthocyane 231 Anthracen 2S9 Anthracenblau 290 Anthrachinon 289, 302 Anthrachinonsulfonsäuren 174 Anthrachinonoxim 324 Anthragallol 302 Anthrahydrochinon 215, 289 Anthranilsäure 323, 324 Anthranol-Anthron 289 Antipyrin 258 Araban 337 Arabinose 337 1-Arginin 358 Arsanilsäure 255 Arsenobenzol 256 /J-Arylacrylsäuren 203 Arylpropionsäuren 203 Ascorbinsäure 349 Aspirin 218 Atophan 319 Atoxyl 255 Ausrüstung 83 Ausschütteln 30 Autoklav 37 Autoxydation von Aldehyden 186 Auxochrome Gruppen 160, 263 Avertin 194 Azeotropes Gemisch 131 Azibenzil 198 Azlakton 139 Azobenzol 160, 168, 167, 269 Azofarbstoffe 260, 372 Azo-isobuttersäurenitril 238 Azomethan 238 Azomethine 150, 160, 319 Azoxybenzol 161, 167 Azulen 106, 244 Backverfahren 175 Baeyersche Probe 103 Bakelit 192, 211 Bathochrome Wirkung 216, 271 Beckmannsche Umlagerung 302 Beersches Gesetz 307 Beilsteinsche Probe 43 Beizenfarbstoffe 290 Benzacetoin 195 Benzalaceton 160 Benzalchlorid 94, 184 Benzaldehyd 184 Benzaldehydphenylhydrazon 258 Benzaldehyd-semicarbazon 123 Benzamid 115, 119 Benzanilid 303 Benzaurin 284 26*

Benzazid 138 Benzhydrazid 138 Benzhydrol 290 Benzidin 165 Benzidinfarbstoffe 262 Benzidinumlagerung 165 Benzil 194, 333 Benzildioxime 304 Benzilhydrazon 198 Benzilkalium 196 Benzilosazon 195 Benzilsäure 196 Benzilsäureumlagerung 196 Benzoesäure 193 Benzoesäureäthylester 114, 129 Benzoesäureanhydrid 116 Benzoesäure-/3-naphtylester 210 Benzoesäurephenylester 210 Benzoin 194, 333 Benzol aus Acetylen 106 — aus Anilin 247 — aus Phenylhydrazin 259 — Struktur 381 Benzolhexachlorid 98 Benzolsulfonsäure 168 Benzolsulfamid 169 Benzolsulfanilid 176 Benzolsulfinsäure 170, 188 Benzolsulfochlorid 169 Benzonitril 177, 253, 316 Benzopersäure 103, 115, 136, 186 Benzophenon 198, 296 Benzophenonoxim 302 Benzopyranol 231 Benzotrichlorid 94 Benzoylaceton 220 Benzoylacetylaceton 227 Benzoylacetylperoxyd 186 o-Benzoylbenzoesäure 302 Benzoylbestimmung 76 Benzoylchlorid 112 Benzoylperoxyd 115 Benzsulfhydroxamsäure 169, 177 Benzylalkohol 93, 193 Benzylamin 93 Benzylchlorid 92, 94 Benzylcyanid 125 Benzylidenanilin 150 Benzylmalonester 222 Bernsteinsäure 230 Betaine 240, 261 Bindachedlers Grün 276, 277 Biphenyl 92, 291 Biphenylenglykolsäure 196 Bis-diazoessigsäure 242

404

Sachregister

Bis-p-dimethylaminodiphenylstickstoff 311 Bismarckbraun 154, 245 Bisulfitverb. d. Aldehyde 189, 192, 206 Biuret 122 Bixin 203 Blausäure 127, 150 Bleidioxyd 280 Bleitetracetat 108, 109, 198 Borfluorid 299, 379 Borneol 197 Borsäure, Erhöhg. d. Leitfähigkeit 346 Bouveault-Blanc-Methode 132, 187 von Braunscher Abbau tert. Basen 315 Bredtsche Regel 197 Brenzschleimsäure 349 Brenztraubensäure 102, 319, 352 Bromaddition an Olefine 102, 392 Brombenzol 95, 391 Bromcyanabbau tertiärer Basen 315 /ff-Brompropionsäure 111 Bromsuccinimid 140 Bromtitration der Enole 226 Bromtoluol (o, m, p) 254 Brom Wasserstoff 96, 391 Buna 106, 191 Butadien 104, 191, 265 Buttergelb 261 Buttersäure 221 Butylchlorid tert. 89 Butylenglykol 191 Cadmiumorgan. Verbindungen 295 Camphen 197 Cannizzarosche Reaktion 193 Caprolactam 804 Carbimin 127 Carbodiphenylimid 152 Carboliease 195 Carboniumsalze 285, 308, 394 Carboxylase 352 Carbylsulfat 173 Cardiazol 303 Carosche Säure, Oxydation mit 169 Carotin 203, 359 Carotinoide 203 Casein 341 Caseinhydrolyse 842 Cellobiose 345, 348 Cellulose 345, 346 Cetyljodid 90 Chinaldin 318 Chinhydron 270 Chinhydronelektrode 271 Chinit 98 Chinizarin 290, 299

Chinol 157, 207 Chinolimin 157 Chinolin 817 Chinon 104, 156, 186, 266 —, Bestimmung von 270 Chinondiimin 275 Chinonmonoxim 273 Chinoxaline 195 Chloracetanilid 165 Chloral 281, 334 Chloramin T 140 o-Chlorbenzoesäure 97 p-Chlorbiphenyl 252 Chloressigsäure 109 Chlorjodäthylen 247 Chlorkalkreaktion des Anilins 149 Chlormethylierung 95 Chlorophyll 358, 359 Cholansäure 362 Cholatriensäure 361 Choleinsäure 361, 364 Cholesterin 361, 363 Cholin 103 Cholsäure 360, 362 Chromanol 231 Chromatographische Adsorption 14, 164,358 Chromophore Gruppen 160, 263 Cibazol 177 Cis-trans-Isomerie, 98, 164 Clemmensen, Reduktion nach 882 Codehydrasen 316, 352 Coffein 354 Col chicin 244 Collidin 313 Collidindicarbonsäureester 818 Crocetin 203 Crotonaldehyd 192, 319 Crotonsäure 204 Cumarin 203, 208 Cupferron 57 Curtiussche Reaktion 138 Cyanhydrinsynthese 201 Cyanidin 232 Cyanine 320 Cyansäure 122 Cyansäureester 152 Cyclobutan-dicarbonsäureester 230 Cycloheptatriencarbonsäureester 244 Cyclohexadien 101, 268 Cyclohexan 98, 331, 332 Cyclohexanol 331 Cyclohexanonoxim 304 Cyclohexen 100, 335 Cyclohexendibromid 101 Cyclooktatetraen 105, 106, 385

Sachregister Cyclopentadien 104 Cyclopentanoncarbonsäureester 225 Cyclopropanderivate 243 Cystein — Cystin 178 Dehydracetsäure 231 Dehydrierung mit Palladium 332 Dehydrierung mit Selen 364 Dehydrocholsäure 361 Dehydroindigo 326 Dekalin 331 Delphinidin 232 Denigès, Reagenz von 367 Desmotropie 227 Desoxycholsäure 861 Destillation IS Deuteroporphyrin 367 Diacetbernsteinsäureester 230 Diacetyl 195 Dianilinochinon 268 Dianilinohydrochinon 268 Dianisidin 166 p-Dianisylstickstoff 311 Diazoaminobenzol 245, 263 Diazobenzolamid 250 Diazoessigester 233, 241 Diazohydroxyd 249 Diazoketone 198, 237 Diazomethan 236, 237 —, Bestimmung von 235 Diazoniumhydroxyd 249 Diazoniumsalz 233, 244 Diazotate 249 Diazotieren 244 Diazotypie 264 Diazoverbindungen aliphat. 234, 237 —, aromatische 244 Dibenzoylaceton 227 Dibenzyl 883 p-Dibrombenzol 96 Dichlorhydrin 89 1,5-Dichlorpentan 316 Di(p-chlorphenyl)-trichloräthan 281 Dien-Synthese 104, 268 Dihydrocollidindicarbonsäureester 812 Dihydromuconsäure 104 Dijodessigester 243 Diketen 118 /?-Diketone 225 Dimethylamin 272 p-Dimethylaminoazobenzol 261, 264 p-Dimethylphenylendiamin 261 Dimethylanilin 150 Dimethylpyron 231 Dimethylsulfat 90, 212 Dimroth-van't Hoffsche Konstante 226 Dinitroäthane 102

405

Dinitroanthrachinon (1,5; 1,8) 290 m-Dinitrobenzol 146 2,4-Dinitrofluorbenzol 216 Dinitronaphtalin (1,5; 1,8) 290 2,4-Dinitro-