Die Politik der Reichsbank von 1876–1914 im Lichte der Spielregeln der Goldwährung [1 ed.] 9783428421787, 9783428021789

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Die Politik der Reichsbank von 1876–1914 im Lichte der Spielregeln der Goldwährung [1 ed.]
 9783428421787, 9783428021789

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Volkswirtschaftliche Schriften Band 125

Die Politik der Reichsbank von 1876–1914 im Lichte der Spielregeln der Goldwährung Von

Manfred Seeger

Duncker & Humblot · Berlin

M A N F R E D SEEGER

D i e P o l i t i k der Reichsbank v o n 1876-1914

Volkswirtschaftliche

Schriften

Herausgegeben von Dr. J. B r o e r m a n n ,

H e f t 125

Berlin

Die P o l i t i k der Reichsbank von 1876-1914 i m Lichte der Spielregeln der Goldwährung

Vou D r . M a n f r e d Seeger

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1968 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1968 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany

η2

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand, als die Diskussion über die zweckmäßige Ordnung des Weltwährungssystems Wissenschaftler und Politiker gleichermaßen beschäftigte. Es sollte einmal untersucht werden, inwieweit sich die heutigen Vorstellungen über das Funktionieren des internationalen Goldstandards vor dem ersten Weltkrieg mit den tatsächlichen Gegebenheiten während jener Zeit decken. Bloomfield befaßte sich bereits einmal i n einer Studie mit der Politik von 14 Notenbanken während der Zeit von 1880—1914. Aufgrund dieses weiten Rahmens war es ihm jedoch nicht möglich, die Politik sämtlicher Notenbanken einer genauen Prüfung zu unterziehen und die Ergebnisse zu integrieren; durch das Herausgreifen einer einzelnen Zentralbank ist i n dieser Arbeit versucht worden, diesen Nachteil auszugleichen. A n dieser Stelle danke ich besonders meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Ernst Heuß, für zahlreiche Anregungen, für Förderung und K r i t i k . Auch Herrn Prof. Dr. Ernst Dürr bin ich für wertvolle Hinweise zu Dank verpflichtet.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

11

Α. Elemente der Goldwährung

12

I. Die Darstellung des Goldautomatismus i n der neueren L i t e r a t u r I I . Goldautomatismus u n d Währungssystem

12 15

I I I . Die Geld- u n d Bankgesetzgebung

18

I V . Die Reichsbankpolitik i m Rahmen der gesetzlichen Regelungen

22

B. Die Sicherung der Einlösungs- und Ankaufspflicht: Erste Spielregel der Goldwährung 26 I. Die Pflicht zur Einlösung der Banknoten i n Gold

26

1. Das grundsätzliche Verhalten der Reichsbank

26

2. Erschwerungen der Goldabgabe

28

a) Abgabe abgenutzter Münzen

29

b) Abgabe v o n Gold n u r i n B e r l i n c) Erhebung einer Gebühr d) Abgabe von Goldplättchen m i t Aufpreis

29 30 30

I I . Die Pflicht zum A n k a u f von Gold gegen Banknoten

31

1. Das grundsätzliche Verhalten der Reichsbank

31

2. Förderung der Goldimporte a) Gewährung von zinsfreien Vorschüssen b) Bezahlung eines höheren Preises c) Devisenpolitik

32 32 32 33

I I I . Der Einfluß der Gold- u n d Devisenpolitik auf Wechselkurse u n d Goldbestände 34 I V . Die Verhaltensweisen der anderen Zentralbanken V. Die Beurteilung der Gold- u n d Devisenpolitik

36 39

8

Inhaltsverzeichnis

C. Die Veränderung des Geldvolumens bei entsprechender Veränderung der Währungsreserven: Zweite Spielregel der Goldwährung

42

I. Währungsreserven, Deckungsverhältnis u n d ungedeckter Notenumlauf

42

1. Deckungsverhältnis unter Zugrundelegung des Barvorrats nach §17 Bankgesetz 42 2. Deckungsverhältnis unter Zugrundelegung der Goldreserven 43 3. Ungedeckter Notenumlauf 44 I I . Die Zinspolitik der Reichsbank

48

I I I . Schwankungen der Währungsreserven auf G r u n d der internationalen Verflechtung 1. I m Waren- u n d Dienstleistungsbereich 2. I m Kreditbereich

60

a) Langfristiger Kapitalverkehr b) Kurzfristiger Kapitalverkehr c) Kapitalverkehr u n d Goldautomatismus I V . Schwankungen der Währungsreserven dischen Verflechtung

55 55

auf

60 63 69 Grund

der

inlän-

71

1. Die Durchführung der Münzreform

71

2. Das Gold als Währungsreserve, Zirkulationsmittel u n d Ware

73

3. Versuche zur Zentralisation des Goldes bei der Reichsbank . . a) Vergrößerung des Silberumlaufs

77 77

b) c) d) e) f)

Stückelung der Reichsgoldmünzen Ausgabe kleiner Banknoten u n d kleiner Reichskassenscheine Annahme von Einlagen Verstärkung des Eigenkapitals Einfluß auf das spielregelgerechte Verhalten

4. Versuche zur Reduzierung des Notenumlaufs a) Bemühungen der Reichsbank

83 86 90 94 95 100 100

aa) Bargeldloser Giro-Fernverkehr

100

bb) Bargeldloser Platzverkehr cc) Verrechnung m i t den Konteninhabern dd) Barzahlungen

101 102 102

b) Bemühungen der anderen Bankengruppen

104

c) Beurteilung durch die zeitgenössischen Autoren

105

5. Auswirkungen auf die Inanspruchnahme der Reichsbank

106

a) Beanspruchung am Monats-, Quartals- u n d Jahresultimo . . 106 b) Reaktion der Reichsbank 109

Inhaltsverzeichnis V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes auf das Geldvolumen 114 1. Pufferreserven i m Banksystem

114

2. Goldbestand u n d Geldvolumen von 1880—1895

115

3. Goldbestand u n d Geldvolumen von 1895—1900

117

4. Goldbestand u n d Geldvolumen von 1900—1905

118

5. Goldbestand u n d Geldvolumen von 1905—1913

119

6. Zusammenfassung

119

VI.

Entwicklung des Geldvolumens i n Deutschland von 1880—1913 125

D. Die „Verletzungen" der Spielregeln I. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft I I . Einfluß auf die Theorie der Goldwährung

128 128 131

Anhang

137

Literaturverzeichnis

150

Einleitung I n die Diskussion über die Rolle des Goldes i n der Währungspolitik, die i n den letzten Jahren neu aufgeflammt ist, mischen sich auch Vorschläge namhafter Gelehrter, die eine Wiedereinführung der Goldwährung fordern 1 . So haben u. a. Rue ff und Heilperin vorgeschlagen, wieder zum Goldstandard zurückzukehren 2 . Spahr t r i t t sogar für eine Wiederbelebung der Goldumlaufswährung ein, wie sie vor dem Ersten Weltkrieg bestand 3 . Dieser Diskussionsstoff fand seinen Niederschlag nicht nur i n zahlreichen Berichten und Kommentaren i n der Fachpresse, sondern wurde auch mit Hilfe moderner Massenmedien weiten Bevölkerungskreisen nahegebracht. A l l e diese Vorgänge geben der Themenstellung, auch wenn sie auf den ersten Blick als rein geschichtliche Problematik erscheint, ihren aktuellen Bezug. Es soll versucht werden, anhand der empirischen Vorgänge eine Theorie zu bestätigen — oder zu widerlegen —, die heute i n allen Lehrbüchern ihren festen Platz hat und möglicherweise dazu dienen wird, als Grundlage eines neuen Währungssystems zu fungieren. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden ist es zu Beginn notwendig, die Theorie des Goldautomatismus so darzulegen, wie sie heute i n der einschlägigen Literatur dargestellt wird.

1 Vgl. dazu z.B. Hunold, A l b e r t (Hrsg.): Inflation u n d Weltwährungsordnung, Sozialwissenschaftliche Studien f ü r das schweizerische I n s t i t u t f ü r Auslandsforschung, Erlenbach-Zürich/Stuttgart 1963; Der Golddevisenstandard, Beiträge zur internationalen Währungsdiskussion, i n : Außenwirtschaft, Zeitschrift f ü r internationale Wirtschaftsbeziehungen, 20. Jg. Zürich/St. Gallen 1965, S. 181—348; Yeager, Leland B.: International Monetary Relations. Theory, History and Policy, Tokyo 1966, S. 480 ff. 2 Vgl. Heilperin , Michael H.: Zurück zum Goldstandard, i n : Hunold, Albert (Hrsg.), a.a.O., S. 47—71. 3 Vgl. ebenda, S. 66, Fußnote 2.

Α . E l e m e n t e der G o l d w ä h r u n g I. Die Darstellung des Goldautomatismus in der neueren Literatur 1 Voraussetzung für das Funktionieren des Goldautomatismus (auch Goldmechanismus genannt) ist das Bestehen der Goldwährung. Kann das Währungsgeld eines Landes jederzeit i n Goldmünzen oder Barren von einem bestimmten Gewicht und Feingehalt eingelöst werden, dann ist der Wert des Währungsstoffes mit dem der Geldeinheit fest verbunden. Bestehen i n einem zweiten Land dieselben Bedingungen, so w i r d das Verhältnis, in dem die Währungseinheiten ausgetauscht werden können, durch die jeweilige Goldparität 2 bestimmt; außerdem kann das Gold unter der Voraussetzung des freien Ex- und Imports jederzeit als zwischenstaatliches Zahlungsmittel verwendet werden. W i r d die Zahlungsbilanz des Landes A zu einem bestimmten Zeitpunkt passiv, so macht sich dies i n einem Steigen der Devisenkurse bemerkbar. Der Devisenkurs kann jedoch nicht i n beliebige Höhe ansteigen; da die Zentralbanken der Goldwährungsländer verpflichtet sind, Gold zu einem festen Preis zu kaufen und zu verkaufen, w i r d es für einen Importeur in A bei einem Ansteigen der Devisenkurse von einem bestimmten Punkt an interessant, sich die benötigten Devisen statt auf dem Devisenmarkt dadurch zu beschaffen, daß er von der Zentralbank i n A Gold kauft, dieses nach Land Β schickt und an die dortige Zentralbank gegen B-Geld verkauft. Dieser „Goldausfuhrpunkt" ist dann erreicht, wenn die Abweichung des Tageskurses vom Paritätskurs so groß ist, daß die Kosten der Goldversendung — Fracht, Versicherung, Zinsentgang etc. — gedeckt werden 3 . Erreicht der Devisenkurs in Land A den Goldausfuhrpunkt, so w i r d die Differenz zwischen der Menge der bei dem oberen Goldpunkt nach1 L i t e r a t u r zum Goldautomatismus u n d dessen Einzelautomatismen: vgl. z. B. Halm, George N. : Geld, Außenhandel u n d Beschäftigung, 4. Aufl., B e r l i n 1966; Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, F r a n k f u r t 1961; Kruse, Alfred: Außenwirtschaft. Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen, B e r l i n 1958. 2 Das „Münzpari" errechnet sich aus dem Verhältnis der Gewichtseinheiten, die i n einer Währungseinheit verkörpert sind. Vgl. Swoboda, Otto: Die Arbitrage i n Wertpapieren, Wechseln, Münzen u n d Edelmetallen, I. Teil, 16. Aufl., Berlin/Leipzig 1924, S. 8. 3 Bamberger erklärt diese Schwankungen u m den Parikurs i n sehr prägnanter Weise; vgl. Bamberger, L u d w i g : Reichsgold, 2. Aufl., Leipzig 1876, S. 53—63.

I. Darstellung des Goldautomatismus i n der neueren L i t e r a t u r

13

gefragten und angebotenen Devisen durch Goldexporte ausgeglichen. Da die Arbitrageure das Gold von der Zentralbank i n A gegen A-Geld kaufen, nimmt die Geldmenge i n A ab. Andererseits erhöht sich i n Β durch den Ankauf des Goldes die i m Umlauf befindliche Geldmenge. Diese Vorgänge haben zur Folge, daß i n A die Geldausgaben und die Einkommen sinken und daher Preise und Kosten eine sinkende Tendenz aufweisen; die ausländischen Käufer werden angeregt, i n A zu kaufen; die Importeure i n A dagegen kaufen weniger i m Ausland, da der erhöhte Geldumlauf dort analog zu einem höheren Preisniveau geführt hat. Als Folge des verstärkten Exports und des verringerten Imports verstärkt sich die Nachfrage nach Α-Devisen, während sich die Nachfrage nach B-Devisen verringert. Dies führt dazu, daß der Devisenkurs i m Lande A unter den Goldexportpunkt sinkt. Schlägt das Pendel nun in die andere Richtung aus, so spielt sich derselbe Vorgang m i t entgegengesetzten Vorzeichen ab. „Die charakteristischen Merkmale des Goldwährungsmechanismus sind die Kontraktion, die er i n dem goldverlierenden, und die Expansion, die er i n dem goldempfangenden Land verursacht 4 ." Neben diesem „Geldmengen-Preis-Mechanismus" w i r d zugleich auch ein „Geldmengen-Einkommen-Mechanismus" wirksam. Betrachtet man die Importnachfrage eines Landes als eine Funktion des Nominaleinkommens und w i r d eine konstante Importneigung zugrundegelegt 5 , so steigt der absolute Betrag der Importe i n dem Land, das einen Einkommenszuwachs aufzuweisen hat, an; dementsprechend sinkt die Menge der Importgüter i n dem Land, i n dem eine Einkommensreduzierung wirksam wird. Geldmengen-Preis-Mechanismus und der Geldmengen-Einkommen-Mechanismus werden regelmäßig i n gleicher Richtung zusammen wirksam. Dieser Ausgleichsmechanismus auf Grund der Warenbewegungen w i r d nun aber durch den Kreditverkehr überlagert. A u f Grund der Goldverluste des Landes A und der dadurch hervorgerufenen Kreditrestriktion steigt hier der Zinssatz an m i t der Folge, daß ein Einströmen kurzfristiger ausländischer Gelder begünstigt wird. Einen weiteren Anreiz für die ausländischen Geldgeber bildet der niedrige Kurs der Α-Devisen; sie können damit rechnen, von einer zukünftigen Steigerung der Wechselkurse zu profitieren. Ein Defizit in der Handelsbilanz, das ein Abströmen von Gold nach Β und damit eine Kontraktion zur Folge haben müßte, kann daher durch einen entsprechenden 4 Halm, George N.: a.a.O., S. 258; ausführlich auch Euchen, Walter: K r i tische Betrachtungen zum deutschen Geldproblem, Jena 1923, S. 16 ff. s Importneigung = A n t e i l des Nominaleinkommens, der f ü r Importgüter ausgegeben w i r d .

14

Α. Elemente der Goldwährung

Kapitalzufluß auf Grund günstiger Zinsverhältnisse zumindest teilweise ausgeglichen werden, so daß eine leichtere Anpassung möglich ist und vielleicht sogar eine effektive Goldbewegung verhindert werden kann. Die bisher dargelegten Beziehungen bezeichnet Veit als „System des Gleichgewichts i m Raum". Dieser räumliche Gleichgewichtsmechanismus kann nun in seine 3 Sondermechanismen untergeteilt werden. Die Schwankungen der Devisenkurse zwischen den Goldpunkten bezeichnet Veit als „Mechanismus der Wechselkurse", die Preisbewegungen am Gütermarkt als „Mechanismus der Warenbewegung" und die Schwankungen der Zinssätze als „Mechanismus der Zinsbewegung" 6 . Neben dieses System des Gleichgewichts i m Raum stellt Veit nun noch das „Gleichgewicht i n der Zeit". Dieses ist erreicht, „wenn der Gesamtdurchschnitt aller Güterpreise i m Zeitablauf konstant bleibt" 7 . Diese Stabilität w i r d unter der Bedingung des geschlossenen Systems durch eine Veränderung der Goldproduktion erreicht; steigende Güterpreise und steigende Produktionskosten bewirken einen Rückgang der Goldproduktion. Dadurch w i r d der Geldumlauf verringert und eine deflatorische Entwicklung verursacht. Dadurch sinken die Kosten der Goldgewinnung wieder und die Förderung nimmt zu; damit beginnt der Pendelrhythmus von neuem. Wenn i m folgenden dieses System des Gleichgewichts i n der Zeit, das auf der Produktionskostentheorie des Geldes beruht, unberücksichtigt bleibt, so sind hier mehr praktische Erwägungen maßgebend gewesen. Einmal besitzt Deutschland nur unbedeutende Goldvorkommen 8 , so daß eine Betrachtung i m geschlossenen System gar nicht möglich ist. Zum andern setzt dieser Mechanismus voraus, daß alle Goldvorkommen nach Lage und Ergiebigkeit bekannt sind und das technische Wissen konstant bleibt; diese Voraussetzungen waren aber, wie die großen Funde i m vergangenen Jahrhundert i n Kalifornien, Australien und Südafrika zeigen, nicht gegeben. Wie jede Metallwährung birgt auch die Goldwährung Gefahren i n sich, " w e i l sie den Staat abhängig macht von Zufälligkeiten, die sich jeder menschlichen Voraussicht oder Berechnung entziehen" 9 . So stellt auch Veit fest, daß der Mechanismus die räumliche Stabilität besser sichert als die zeitliche 10 . β Vgl. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, F r a n k f u r t 1961, S. 100 f. 7 Ebenda, S. 93. β Vgl. Lexis, W.: Edelmetallgewinnung u n d Verwendung i n den letzten Jahren, i n : Jahrbücher f ü r Nationalökonomie und Statistik, Jena 1896, 3. Folge, 11. Bd., S. 507—557, S. 519 f. » Rieger, W i l h e l m : Die Gründe für den Ubergang zur Goldwährung i n Deutschland, Straßburg 1918, S.73. io Vgl. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, F r a n k f u r t 1961, S. 96 u n d S. 100; die Abhängigkeit des Preisniveaus von der Goldproduktion ver-

I I . Goldautomatismus u n d Währungssystem

15

II. Goldautomatismus und Währungssystem Untersucht man die drei Sondermechanismen des Systems des Gleichgewichts i m Raum daraufhin, inwieweit sie von dem Bestehen der Goldwährung abhängig sind, so stellt sich heraus, daß sie sich zum größten Teil i n jeder Währungsordnung vollziehen können. Völlig unabhängig von der bestehenden Weltwährungsordnung ist der Mechanismus der Zinsbewegung. Die Kapitalien fließen nach dem Gesetz der Zinsparität immer dorthin, wo die höchste Verzinsung erzielt werden kann 1 1 . Diese rein ökonomische Betrachtung bedarf zwar i n der W i r k lichkeit einer Berichtigung dahingehend, daß neben der Höhe des Zinses auch das Risiko der Kapitalanlage, das politische und wirtschaftliche Vertrauen, die geographische Lage des Gläubigerlandes zum Schuldner und sogar emotionale Gefühle des Hasses oder besonderen Wohlwollens zwischen den Völkern u. a. m. einen bedeutenden Einfluß besitzen 12 . Aber alle diese Faktoren haben lediglich Bedeutung für die Höhe der Zinsdifferenz, die vorliegen muß, um eine Kapitalverschiebung i n Gang zu bringen; diese Einflüsse zeigen sich auch heute i m Zeichen der „manipulierten Papiergeldwährung" ganz deutlich. Untersucht man den Mechanismus der Warenbewegungen unter diesem Aspekt, so stellt sich heraus, daß auch zu seinem Funktionieren keine bestimmte Währungsordnung notwendig ist. Es handelt sich hier i m Prinzip um den Mechanismus der Kaufkraftparitätentheorie. Sie „ g i l t allgemein, unabhängig von den Besonderheiten der Währungssysteme . . ," 1 3 . Es ist aber zu berücksichtigen, daß für die Kursbildung nicht das Preisniveau schlechthin, sondern die besonderen Preise der Ausfuhr- und Einfuhrgüter maßgebend sind 1 4 . Auch der GeldmengenEinkommen-Mechanismus ist von der jeweiligen Währungsordnung unabhängig. Auch hier „ w i r d das Gleichgewicht von den gleichen selbsttätigen Kräften sichergestellt, wie sie bei jeder anderen interräumlichen Marktbeziehung wirksam sind" 1 9 . suchte Cassel für den Zeitraum von 1850—1910 darzulegen. Vgl. Cassel, Gustav: Theoretische Sozialökonomie, 3. Aufl., Erlangen/Leipzig 1923, S. 422 ff. Vgl. auch die empirische Überprüfung der Theorie der zeitlichen Stabilität bei Heuß, Ernst: F i k t i v e u n d wirkliche Probleme der internationalen Währungsordnung, in: Außenwirtschaft, Zeitschrift für internationale Wirtschaftsbeziehungen, 20. Jg., Zürich/St. Gallen 1965, S. 226—241, S. 227 ff. n Vgl. Forstmann, Albrecht: Volkswirtschaftliche Theorie des Geldes, 1. Hauptteil, Bd. 1: Allgemeine Geldtheorie, B e r l i n 1943, S. 624. 12 Vgl. Sartorius von Waltershausen , Α.: Die Entstehung der W e l t w i r t schaft, Jena 1931, S. 461. 13 Predöhl, Andreas: Außenwirtschaft, Weltwirtschaft, Handelspolitik u n d Währungspolitik, Göttingen 1949, S. 251. 14 Vgl. Laughlin, J. Laurence: The Principles of Money, London 1919 (1. Aufl. 1903), S. 370. is Heuß, Ernst: Wirtschaftssysteme u n d internationaler Handel, St. Galler wirtschaftswissenschaftliche Forschung, Bd. 11, Zürich/St. Gallen 1955, S. 34.

16

Α. Elemente der Goldwährung

Lediglich zwei Bedingungen sind zu ihrem Funktionieren erforderlich: erstens muß ein festes Wertverhältnis zwischen den einzelnen Währungen gegeben sein. Dies erfordert aber nicht notwendigerweise eine Bindung an das Gold 1 6 . Bei metallfreier Währung kann der feste Wechselkurs durch eine Interventionspflicht der Zentralbank gewährleistet sein (ζ. B. die Festlegung von Interventionspunkten i n unserer heutigen Währungsordnung). Zum zweiten darf der Abfluß von Kaufkraft nicht durch „geschöpfte" M i t t e l kompensiert werden. Aber auch dies kann durch die Politik einer jeden Zentralbank gewährleistet sein, ohne daß sie von der Notenbankverfassung zu einer solchen Maßnahme gezwungen ist. Etwas anders liegen die Dinge bei dem Mechanismus der Wechselkurse, denn hier steht das Gold selbst i m Mittelpunkt des Mechanismus. Er kann nur funktionieren, wenn die internationalen Zahlungsmittel an das Gold gebunden sind und dieses damit als Zahlungsmittel internationale Gültigkeit besitzt 17 . Dies dürfte der Grund dafür sein, daß der Begriff „Goldautomatismus" häufig i n einem engeren Sinne auf den Automatismus der Wechselkurse angewandt w i r d 1 8 . M i t diesen Ausführungen wurde versucht, aus dem Gesamtkomplex „Goldautomatismus" diejenigen Elemente herauszulösen, die — von der Währungsordnung unabhängig — bei jeder interräumlichen Marktbeziehung wirksam werden. Es kann nicht Aufgabe dieser Arbeit sein, den Goldautomatismus i n dieser Richtung auf seine Wirksamkeit h i n zu untersuchen. Hier sei lediglich auf einige Probleme hingewiesen. So kann ζ. B. der Mechanismus der Warenbewegung dadurch umgangen werden, daß bei einem drohenden Einfuhrüberschuß Zölle eingeführt oder Kontingente festgesetzt werden 1 9 . Während bei den Zöllen ledig16

Vgl. dazu bereits Knapp, Georg Friedrich: Staatliche Theorie des Geldes, 4. Aufl., München/Leipzig 1923 (1. Aufl. 1905), S. 238 ff. Diese Einschränkung ist insofern nicht ganz korrekt, als an Stelle des Goldes andere Edelmetalle treten können. M a n müßte daher besser von einem Edelmetallautomatismus sprechen. Das Verdienst der Geldreform liegt daher — v o m Standpunkt des Automatismus aus — nicht i n erster L i n i e i n der Ablösung des Silbers durch das Gold, sondern i n der Schaffung der günstigeren staatlichen Voraussetzungen. V o m Standpunkt des internationalen Zahlungsmittels aus ergab sich dagegen eindeutig eine V e r schiebung v o m Silber zum Gold, die durch die große Überlegenheit des Goldwährungslandes England i n Gang gebracht wurde. (Vgl. Rieger, W i l helm: a.a.O., S. 67, 69). „Der Bedarf an feinhaltigen Silbermünzen hat . . . seit den letzten Jahren i n der Welt, m i t Ausnahme des fernen Asiens, beinahe ganz aufgehört." (Bamberger, L u d w i g : Reichsgold, S. 17.) Dies w a r eine Folge „der allseits sistierten Silberprägungen u n d der damit i n Wechselwirkung stehenden Silberentwerthung". (Ebenda, S. 19.) Vgl. ζ. B. Moeller, Hero: Goldwährung, i n : Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 4. Bd., Stuttgart/Tübingen/Göttingen 1965, S. 614—618. 19 Maßnahmen der autonomen Wirtschaftspolitik. Besonders i n Deutschland w a r m i t dem Jahre 1879 die „ Ä r a des Schutzzolles" wieder angebrochen.

I I . Goldautomatismus u n d Währungssystem

17

lieh eine Veränderung hemmenden Einfluß hat, bewirkt bei den Kontingenten bereits die Existenz als solche schwere Störungen, da der Preismechanismus nicht zur Auswirkung kommt 2 0 . Einen wesentlichen Einfluß auf die Import- und Exportströme hat auch die Preiselastizität der Import- und Exportgüter. Ist sie sehr klein, so vollzieht sich der Ausgleich wesentlich langsamer als bei hoher Preiselastizität. Sinkt sie unter den Wert 1, so t r i t t u. U. statt eines Ausgleichs eine weitere Verstärkung des Ungleichgewichts ein 2 1 . Auch die Kostenstruktur i n den einzelnen Betrieben ist von Bedeutung. „Je starrer das Preissystem eines Goldwährungslandes, um so unglücklichere Folgen kann ein Goldverlust haben, je elastischer es ist, um so geringer sind die möglichen depressiven Konsequenzen 22 ." Auch die Höhe der Importneigung und die Größe der Volkswirtschaft sind für den Ausgleichsmechanismus bedeutsam. Eine hohe Importneigung ermöglicht eine rasche Beseitigung der Störungen, während bei einer geringen Importneigung eine längere Anpassungsfrist benötigt w i r d 2 3 . Der Einfluß des Vertrauens i n die wirtschaftliche und politische Stabilität wurde bereits früher 2 4 dargestellt. Kommen w i r nun auf die Elemente des Goldautomatismus zurück, die i n direkter Beziehung zu der jeweiligen Währungsordnung stehen, so ergeben sich zwei Problemkreise. Der erste umfaßt die Frage, ob die Goldeinlösungs- und Ankaufspflicht und die freie Transferierung gesichert waren, denn m i t ihr steht und fällt der Mechanismus der Wechselkurse. Der 2. Problemkreis umfaßt die auf S. 16 genannten Bedingungen für das Funktionieren des Mechanismus der Warenbewegung: festes Wertverhältnis zwischen den Währungen und keine Kompensierung der Liquiditätsströme durch Geldschöpfung oder Geldvernichtung. „ D a s Einhalten

der Goldwährung

dieser

Prämissen

bezeichnet 25."

ist das, was man

als

,Spielregeln*

Es ist nun zu prüfen, ob die „klas-

Vgl. Lötz, Walther: Die Ideen der deutschen Handelspolitik von 1860 bis 1891, i n : Schriften des Vereins f ü r Socialpolitik, 50. Bd., Leipzig 1892, S. 117 ff. 20 Vgl. Lutz, Friedrich: Goldwährung u n d Wirtschaftsordnung, i n : W e l t wirtschaftliches Archiv, hrsg. v. Predöhl, 41. Bd., (1935 I), Jena 1935, S. 224 bis 251, S. 239. 21 Vgl. Keynes, John Maynard: The German Transfer Problem, i n : The Economic Journal, Vol. 39, London 1929, S. 1—7, S. 5. Die Elastizität ist bedeutsam für das Funktionieren des Geldmengen-Preismechanismus; daneben w i r d aber noch der Geldmengen-Einkommensmechanismus wirksam. 22 Lutz, Friedrich: a.a.O., S.241. 23 Vgl. Heuß, Ernst: Wirtschaftssysteme u n d internationaler Handel, S. 41 f. 24 Vgl. S. 15. 25 Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 93, Hervorhebung v. Verf.; vgl. auch Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 232. 2 Seeger

18

Α. Elemente der Goldwährung

sische" Goldwährung diesen Prämissen gerecht geworden ist. Dazu ist erforderlich, die gesetzliche Regelung des Geld- und Bankwesens näher zu beleuchten. I I I . Die Geld- und Bankgesetzgebung Die Goldwährung trat i n Deutschland auf Grund der „Verordnung, betreffend die Einführung der Reichswährung. Vom 22. September 1875" am 1. Januar 1876 i n K r a f t 2 6 . Dieser einschneidenden Geldreform lagen folgende Gesetze zugrunde: „Gesetz, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen. Vom 4. Dezember 1871" „Münzgesetz. Vom 9. J u l i 1873" „Gesetz, betreffend 30. A p r i l 1874"

die Ausgabe von Reichskassenscheinen.

Vom

„Bankgesetz. Vom 14. März 1875". Bereits durch A r t . 4 der Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26. J u l i 1867 wurde die Kompetenz zur Regelung des Geld- und Bankwesens auf den Bund übertragen. Diese Vorschriften wurden in die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. A p r i l 1871 übernommen; damit war die Möglichkeit gegeben, das auf Grund der verschiedenen Münzsysteme äußerst unübersichtliche Geldwesen, i n dem sich die politische Zerrissenheit Deutschlands widerspiegelte, befriedigend zu lösen 27 . Durch das Gesetz, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, vom 4.12. 1871 wurde bereits der entscheidende Schritt von der Silberwährung zur Goldwährung getan. Es ordnete die Ausprägung von Reichsgoldmünzen zu zehn und zwanzig Mark an und verfügte eine sofortige Einziehung der bisherigen Goldmünzen der Bundesstaaten (§§ 1, 3, 11 d. Ges.). Es legte gleichzeitig den Münzfuß 2 8 und die äußere Form der neuen Reichsmünzen fest; es bestimmte, ohne jedoch eine Außerkurssetzung des umlaufenden Silbergeldes anzuordnen, i n 26 Vgl. Koch, R.: Die Reichsgesetzgebung über M ü n z - und Notenbankwesen, Papiergeld, Prämienpapiere u n d Reichsschulden, 5. Aufl., Berlin 1905, Fußn. 2 zu A r t . 1 Münzgesetz v. 9. J u l i 1873, S. 65. 27 Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens nach der Gründung des Reiches, Bd. I, Geschichte der deutschen Geldreform, Leipzig 1898, S. 4 ff. 28 „Es w i r d eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus Einem Pfunde feinen Goldes 139 1/2 Stück ausgebracht werden. Der zehnte Theil dieser Goldmünze w i r d M a r k genannt u n d i n hundert Pfennige einget e i l t . " §1, 2 1 des Gesetzes.

I I I . Geld- u n d Bankgesetzgebung

19

§ 8: „ A l l e Zahlungen, welche gesetzlich i n Silbermünzen der Thalerwährung, der süddeutschen Währung, der lübischen oder hamburgischen Kurant-Währung oder i n Thalern Gold bremer Rechnung zu leisten sind, oder geleistet werden dürfen, können i n Reichsgoldmünzen geleistet werden . . . " Durch diese Vorschrift wurde, wie i n den Motiven des Gesetzentwurfes bemerkt wird, „während der Übergangsperiode eine Doppelwährung hergestellt". Die positive Konvertierungsnorm des § 8 entspricht dem Wertverhältnis von 1 zu 15 1/2 29 . Das Münzgesetz vom 9. J u l i 1873 vollendete die Münzreform. So bestimmt Art. 1: „ A n die Stelle der in Deutschland geltenden Landeswährungen t r i t t die Reichsgoldwährung". Neben den Reichsgoldmünzen — nach Art. 2 des Münzgesetzes sind auch 5-Mark-Stücke auszuprägen — wurden auch Reichsscheidemünzen aus Silber, Nickel und Kupfer i n Umlauf gebracht (Art. 3 Münzges.). Diese unterwertigen Münzen mußten jedoch nicht i n unbeschränkter Höhe angenommen werden. Art. 9 bestimmte: „Niemand ist verpflichtet, Reichssilbermünzen i m Betrage von mehr als zwanzig Mark und Nickel- und Kupfermünzen i m Betrage von mehr als einer Mark i n Zahlung zu nehmen." Daneben wurde die Ausprägung von Scheidemünzen kontingentiert und die Möglichkeit einer Einwechslung gegen Goldmünzen gegeben 30 . Als gesetzliches Zahlungsmittel waren außer den Reichsmünzen vorerst noch eine Reihe von deutschen Landesmünzen zugelassen, die jedoch i m Laufe der Zeit bis auf die deutschen Eintalerstücke alle eingezogen bzw. außer Kurs gesetzt wurden 3 1 . Die Talerstücke wurden erst am 1. 10. 1907 außer Kurs gesetzt. Damit war die Zeit der „hinkenden Goldwährung" i n Deutschland beendet 32 . Das Münzgesetz hat in Art. 18 gleichzeitig die Reform des Banknoten· und Papiergeldwesens vorbereitet. Das von den Bundesstaaten ausgegebene Papiergeld mußte bis zum 1. 1. 1876 eingezogen sein; an seine Stelle traten durch das Gesetz, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen, vom 30. 4.1874 Reichskassenscheine i m Gesamtbetrag von 120 M i l l . Mark i n Abschnitten zu 5, 20 und 50 Mark, zu deren Annahme i m Privatverkehr jedoch niemand gezwungen war (§ 5 I I d. Ges.). Nur zufälligerweise stimmte dieser Betrag mit dem Kriegsschatz i n Höhe von 120 M i l l . Mark überein; er diente nie als „Deckung" der Reichskassenscheine33. 29 Vgl. Koch t R : Münzgesetzgebung, Anm. 17 zu §8 des Gesetzes, S. 57. so A r t . 4, 5, 9 I I Münzgesetz. si Vgl. Koch, R.: Münzgesetzgebung, Anm. 17 zu A r t . 8 Münzgesetz, S. 80 f. 32 Vgl. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S.467. 33 Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I, S. 262 f., Fußn. 2. 2·

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Α. Elemente der Goldwährung

Die Regelung des Banknotenwesens machte den Schluß des großen Reformwerkes. Nachdem bereits durch das Gesetz über die Ausgabe von Banknoten vom 27. März 1870 der Erwerb des Rechtes zur Ausgabe von Banknoten und gewisse Erweiterungen der bisherigen Privilegien von einem Bundesgesetz abhängig gemacht wurden 3 4 , um damit der uferlosen Ausweitung des Banknotenumlaufs vorzubeugen, schränkte das Bankgesetz vom 14. März 1875 durch seine strengen Bestimmungen die Beweglichkeit der Privatnotenbanken, die sich i n „bunter Mannigfaltigkeit" 3 5 i n Deutschland entwickelt hatten, noch weiter ein. Bereits vor Inkrafttreten des Bankgesetzes verzichteten von den 32 Privatnotenbanken 3 6 12 auf das Recht der Notenausgabe 37 . Die Zahl der Privatnotenbanken ist bis zum Jahre 1906 durch Verzicht bzw. Ablauf des Privilegs weiter bis auf 4 Institute zusammengeschrumpft 38 . Die Banknoten durften nur auf Beträge von 100, 200, 500, 1000 und einem Vielfachen von 1000 Mark angefertigt werden (§ 3 Bankgesetz) 39 . Obwohl sie kein gesetzliches Zahlungsmittel waren, wurden sie i m Verkehr allgemein angenommen 40 . I n § 14 wurde bestimmt, daß die Reichsbank Barrengold zum festen Satz von 1392 Mark für das Pfund fein gegen ihre Noten umzutauschen hat. Diese Vorschrift ergänzte das i n Art. 12 I I Münzgesetz festgelegte Prägerecht der Privaten und diente wie dieses zur Aufrechterhaltung der Goldwährung. Die Differenz von 3 Mark gegenüber dem i n § 1 des Gesetzes v. 4. 12. 1871 festgelegten Münzwerte ersetzte die Prägegebühr 4 1 . Die Ausgabe von Banknoten wurde durch zwei voneinander unabhängige Vorschriften beschränkt. Nach § 17 Bankgesetz w a r die Reichsbank verpflichtet, ihre i m Umlauf befindlichen Banknoten mindestens zu einem Drittel m i t kursfähigem deutschem Gelde, Reichskassenscheinen und Gold i n Barren oder ausländischen Münzen, den 34 Die ursprünglich begrenzte Gültigkeit dieses Gesetzes wurde i n mehreren Etappen bis zum 31.12.1875 verlängert. 35 Lötz, Walther: Geschichte u n d K r i t i k des deutschen Bankgesetzes v o m 14. März 1875, Leipzig 1888, S. 3. 3β Ohne die Preußische Bank. 37 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, B e r l i n o. J. (1901?), S. 18. 38 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, B e r l i n 1912, Tab. 22, S. 57 f. 39 Das Gesetz, betreffend die Ausgabe von Reichsbanknoten zu 50 und 20 M a r k v o m 20. 2.1906 ermächtigte die Reichsbank zur Ausgabe kleinerer Noten. 40 Das Gesetz betreffend Änderung des Bankgesetzes v o m 1. J u n i 1909 erhob i n A r t . 3 die Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel. 41 Vgl. Koch, R.: Münzgesetzgebung, A n m . 56 zu § 14 Bankgesetz, S. 155.

I I I . Geld- u n d Bankgesetzgebung

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Rest mit diskontierten Wechseln m i t höchstens dreimonatiger Laufzeit zu decken. Diese nur für die Reichsbank vorgesehene Deckungsvorschrift wurde durch freiwillige Unterwerfung (vgl. §§ 45, 46 Bankgesetz) von allen bedeutenden Privatnotenbanken eingehalten 42 . Als zweite Einschränkung ist die sog. „indirekte Kontingentierung" zu betrachten. „Banken, deren Notenumlauf ihren Baarvorrath und den ihnen nach Maßgabe der Anlage zugewiesenen Betrag übersteigt, haben vom 1. Januar 1876 ab von dem Überschusse eine Steuer von jährlich Fünf vom Hundert an die Reichskasse zu entrichten. Als Baarvorrath gilt bei der Feststellung der Steuer der i n den Kassen der Bank befindliche Betrag an kursfähigem deutschem Gelde, an Reichskassenscheinen, an Noten anderer deutscher Banken und an Gold i n Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark berechnet 43 ." Durch dieses System der Notensteuer wurde die Elastizität des Notenumlaufs gewährleistet, da eine feste Begrenzung der ungedeckten Banknoten nicht stattfand; durch die Steuer von 5 % sollten die Banken aber veranlaßt werden, einer Überschreitung des Kontingents durch eine Erhöhung des Diskonts auf mindestens 5 °/o entgegenzuwirken. Während für die Reichsbank die Notensteuer keine w i r k same Beschränkung darstellte, da sie — wenn das öffentliche Interesse die Ausdehnung des Notenumlaufs erforderte — auch Verluste durch die Steuer in Kauf nahm, führte die Steuer bei den Privatnotenbanken dazu, daß diese ihre Notenausgabe i m großen und ganzen auf die ihnen zugewiesenen Kontingente beschränkten 44 . M i t zu den wichtigsten Teilen des Bankgesetzes gehörten die Bestimmungen über die Reichsbank. Das Reich übernahm am 1. 1.1876 auf Grund des am 17./18. Mai 1875 ratifizierten Vertrages zwischen Preußen und dem Deutschen Reich die Preußische Bank mit allen Rechten und Verpflichtungen, u m sie auf die nach § 12 Bankgesetz zu errichtende Reichsbank zu übertragen. Die Reichsbank stand unter Aufsicht und Leitung des Reiches und hatte die Rechtsform einer juristischen Person (§ 12 Bankgesetz); die Anteile auf das Grundkapital von 120 M i l l . Mark waren i m in- und ausländischen Publikum gestreut. Durch das für damalige Verhältnisse ungewöhnlich hohe Grundkapital, das am 1. 1.1901 auf 150 M i l l . Mark und am 1.1. 1906 auf 180 M i l l . Mark erhöht wurde 4 5 und durch den Umfang ihres steuerfreien Noten4a Vgl. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 477. 43 § 9 1 Bankgesetz. 44 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 8 f., 17 f. 45 Vgl. Gesetz, betreffend die Abänderung des Bankgesetzes v o m 14. März 1875. V o m 9. J u n i 1899, A r t . 1 u n d 10. Demgegenüber hatte die Bayerische Notenbank, die den höchsten Notenumlauf aller Privatnotenbanken besaß,

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Α. Elemente der Goldwährung

kontingents (250 Mill. Mark von insgesamt 385 Mill. Mark), dem die Kontingente der auf das Notenprivileg verzichtenden Banken zuwuchsen (§ 9 I I Bankgesetz) 46 , war das Übergewicht der Reichsbank gegenüber den Privatnotenbanken gewährleistet. Sie war zudem berechtigt, überall i m Reichsgebiet Zweigstellen zu errichten (§ 12 I I Bankgesetz), während die Tätigkeit der Privatnotenbanken praktisch auf ihr Landesterritorium begrenzt wurde (§ 42 Bankgesetz) 47 . Diese Bevorzugung der Reichsbank hatte zur Folge, daß die Privatnotenbanken recht schnell ihren einst großen Einfluß auf den Geldverkehr und die internationalen Beziehungen des Geldwesens verloren 4 8 . Die damit verbundene Stärkung der Stellung der Reichsbank berechtigt dazu, bei der Untersuchung der Notenbankpolitik i n Deutschland die Tätigkeit der Privatnotenbanken zu vernachlässigen und die Politik der Reichsbank als repräsentativ für das deutsche Notenbankwesen zu betrachten. Allgemein w i r d man sagen können, daß mit der Schaffung des Banknotenmonopols der autonomen Zentralnotenbank die Verselbständigung der Währung gegenüber der staatlichen Finanzpolitik erreicht war 4 9 . IV. Die Reichsbankpolitik im Rahmen der gesetzlichen Regelungen Die Geld- und Bankgesetzgebung, die man als Kompromiß zwischen den vielfältigen Vorschlägen und Ansichten jener Zeit bezeichnen 1876 n u r ein Grundkapital i n Höhe von 7,5 M i l l . Mark. M i t einem G r u n d kapital i n Höhe von 30 M i l l . M a r k machte die Sächsische Bank eine Ausnahme; ihre Einflußmöglichkeit auf den Geldumlauf w a r jedoch trotz ihres wesentlich höheren Grundkapitals geringer als die der Bayerischen Notenbank. Zahlen vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Handbuch für das Deutsche Reich, 1. Teil, B e r l i n 1907, S. 447 ff. 46 Das Notenkontingent der Reichsbank erhöhte sich m i t W i r k u n g v. 1.1.1901 von 293,4 M i l l . M a r k (einschließlich zugewachsener Kontingente, vgl. Koch, R.: Münzgesetzgebung, Anm. 26 zu §9 Bankgesetz, S. 144) auf 450 M i l l . M a r k (vgl. Abänderungsgesetz v. 1899, A r t . 5 u n d 10). Eine weitere Erhöhung des Kontingents wurde durch die Bankgesetznovelle v o m 1. J u n i 1909 ermöglicht. Das Kontingent wurde m i t W i r k u n g v. 1.1.1911 auf 550 M i l l . M a r k u n d an den Quartalsterminen auf 750 M i l l . M a r k heraufgesetzt. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, B e r l i n o. J. (1926?) S. 33 f. 47 Ausnahmen vgl. §§44, 45 Bankgesetz; von dem hier festgelegten Recht, Anträge auf Zulassung von Zweigstellen außerhalb des Landesterritoriums zu stellen, wurde kein Gebrauch gemacht. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 18. 48 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 19. 49 Vgl. Schmölders, Günter: Das Verhältnis von Währungspolitik u n d Finanzpolitik i n Geschichte u n d Gegenwart, i n : Deutsche Geldpolitik, Berlin 1941, S. 423—434, S. 427.

I V . Reichsbankpolitik i m Rahmen der gesetzlichen Regelungen

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kann 5 0 , und deren für die Themenstellung relevanten Elemente hier dargestellt wurden, gaben den Rahmen für die Geschäftspolitik der Reichsbank. Während die Münzgesetzgebung i m wesentlichen auf der Auffassung beruhte, daß das Metall dem Gelde seinen Wert verschaffe 51 , lassen die Vorschriften des Bankgesetzes ganz deutlich erkennen, daß es sich hier um Schutzmaßnahmen handelte, die den einzelnen und den Staat vor Schaden bewahren sollten. So zeigt sich z. B. i n den Vorschriften der Dritteldeckung, der Kontingentierung, dem Fehlen des Notenannahmezwanges, der Publizitätspfiicht und der Einschränkung der Geschäftstätigkeit das Mißtrauen gegenüber dem Papiergeld 52 . M i t ihnen sollte erreicht werden, daß die Notenbanken ihrer Einlösungspflicht jederzeit nachkommen konnten. Diesen Gesichtspunkt stellte bereits Adolph Wagner heraus, wenn er schreibt: „(es) ist aber anzuerkennen, daß von allen Bestimmungen der Gesetzgebung über die Geschäftsführung der Zettelbanken diejenigen über die Notendeckung die zweckmäßigsten und wichtigsten sind . . . ; die zweckmäßigsten und wichtigsten zugleich, w e i l die richtige Notendeckung durchaus der Hauptpunct i m Zettelbankwesen ist, indem davon die Sicherheit und stete Einlösbarkeit der Noten abhängt 5 3 ." Dasselbe galt für die Begrenzung des Reichspapiergeldes auf 120 Mill. Mark. Insbesondere i n Krisenzeiten hatte die Ausgabe von Staatspapiergeld beängstigende Formen angenommen, die Bamberger 1874 zu folgendem Ausspruch vor dem Reichstag veranlaßten: „Die Not lehrt beten, die Not lehrt auch Staatspapiergeld machen 54 ." Innerhalb dieser gesetzlichen Regelungen bewegte sich die Reichsbank als eine Einrichtung m i t durchaus privatwirtschaftlichen Zielsetzungen. Sie war bemüht, einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, sowohl u m den Interessen der Kapitaleigner als auch denen des Staates zu genügen 55 . Dabei schloß das Streben nach Rentabilität so Vgl. dazu Bettges, A d d y : Die Meinungen über die M ü n z - u n d Zettelbankreform von 1857 bis zu den Gesetzentwürfen von 1871 bzw. 1874, Kölner Diss., Barmen 1926. 51 „Geld ist ein v o m Staate m i t Bezug auf Gewicht u n d Feingehalt beglaubigtes Stück Metall, das als Zahlungsmittel dient." Moll, Bruno: Die modernen Geldtheorien und die P o l i t i k der Reichsbank, Stuttgart 1917, S. 24. 52 Vgl. Lötz, Waither: Geschichte u n d K r i t i k des deutschen Bankgesetzes v o m 14. März 1875, S. 202 ff. 53 Wagner, Adolph: System der Zettelbankpolitik, m i t besonderer Rücksicht auf das geltende Recht und auf deutsche Verhältnisse. E i n Handbuch des Zettelbankwesens, 2. Aufl., Freiburg 1873, S. 239. I m Original teilweise gesperrt gedruckt. 54 Bamberger, L u d w i g : Ausgewählte Reden u n d Aufsätze über Geld- u n d Bankwesen, hrsg. v. K a r l Helfferich, B e r l i n 1900, S. 285. 55 E i n i m Laufe der Zeit ansteigender T e i l des Gewinns w a r an das Reich abzuführen.

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Α. Elemente der Goldwährung

m i t seinem langfristigen Aspekt das Streben nach Liquidität — Erhaltung der Zahlungsfähigkeit — als Voraussetzung der Existenzfähigkeit mit ein. Dieses Gewinnstreben schlug sich i n den Sparten, die die Gesetzgebung der Notenbank zuerkannte, i n einem Konkurrenzkampf m i t den übrigen Banken nieder. Er zeigte sich besonders heftig i n den Bemühungen um das Wechselmaterial. Eine Maximierung der Gewinne dagegen strebte sie nicht an 5 6 ; wenn sie es für volkswirtschaftlich sinnvoll hielt, wurden auch bewußt Gewinnschmälerungen i n Kauf genommen. Dieses Verhalten der Reichsbank müßte nun nach der Theorie der Goldwährung einer Einhaltung der Spielregeln gleichkommen. „Das ganze System ist i n dem Sinne automatisch, daß i m Grunde so gut wie gar nichts der planenden Fürsorge der Bankleiter überlassen bleibt, die sich nur nach ihren Reserven zu richten haben 5 7 ." Die Zentralbankleiter sind jedoch durchaus nicht dazu verdammt, „ i n wenig geistreicher Weise nur nach ihren Goldreserven zu sehen, um die Kredite auszudehnen, wenn sie ansteigen, und einzuschränken, wenn sie abnehmen" 5 8 . Dieser mehr passiven Verhaltensweise können sie vielmehr eine aktive Politik entgegensetzen, um ζ. B. vorübergehende Goldbewegungen durch rechtzeitig ergriffene Maßnahmen zu verhindern. Auf jeden Fall müssen sie jedoch „ i n der gleichen Richtung . . . wirken, i n der der Goldautomatismus spielt" 5 9 . „L'étalon-or n'est pas un mécanisme fixe et rigide, mais un système de politique monétaire et de crédit .. . 6 0 ." Bloomfield spricht i n diesem Zusammenhang von einem Verhalten „ i n a negative sense . . . and . . . i n a more active or positive sense I n this larger (— more active or positive —) sense61, indeed, mere inaction by central banks i n the face of large and persisting gold flows would constitute a violation of the rules, not adherence to them" 6 2 . Es ist notwendig, bei einer bevorstehenden Steigerung der Inanspruchnahme bereits entsprechende Maßnahmen zu ergreifen 63 . So ergibt sich insbesondere bei der Existenz von notalen und giralen 5 6 Vgl. dazu auch die Ausführungen von Bamberger, v. Deckend und Sonnemann vor dem Reichstag. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 8. Sitzung am 25. Februar 1880, S. 132 ff. 57 Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 233. sa Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 237. 5» Ebenda, S. 237. «ο Société des Nations, Rapport de la Délégation de l'Or d u Comité financier, Genève 1932, S. 9. ei A n m e r k u n g ν. Verf. 62 Bloomfield , A r t h u r I.: Monetary Policy under the international Gold Standard: 1880—1914, New Y o r k 1959, S. 47. 63 Vgl. Somary, F e l i x : B a n k p o l i t i k , 3. Aufl., Tübingen 1934, S. 98 f.

I V . Reichsbankpolitik i m Rahmen der gesetzlichen R e g e l u n g e n 2 5

Zahlungsmitteln die Notwendigkeit zu einer bestimmten Politik der Währungsautoritäten 64 . Der nächste Schritt dieser Untersuchung w i r d es daher sein, die passiven und aktiven Elemente der Politik der Reichsbank auf ihre Konformität mit den einzelnen „Spielregeln" der Goldwährung h i n zu untersuchen. Die Reichsbank hat sich an ganz andere „Spielregeln" — Gewinnerzielung i m Rahmen der gesetzlich gezogenen Grenzen — gehalten; es w i r d zu prüfen sein, ob dieses Gewinnstreben indirekt auch die Einhaltung der Spielregeln der Goldwährung gewährleistete. Bereits hier sei aber darauf hingewiesen, daß eine evtl. feststellbare „Verletzung" der Spielregeln nun keinesfalls zu einem Prädikat „schlechte Reichsbankpolitik" führen kann. Ein derartiges Resultat hätte vielmehr zur Folge, daß die wirtschaftlichen Erfolge unter dem Goldstandard ganz anderen Ursachen zuzuschreiben wären 6 5 . Nicht die Politik der Reichsbank, sondern die Auffassung über das Funktionieren der Goldwährung vor dem 1. Weltkrieg wäre i n diesem Falle als falsch zu bezeichnen 66 .

64 Vgl. Möller, Hans: Goldwährung u n d Währungskonvertibilität, i n : Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 115. Bd., Tübingen 1959, S. 514 bis 525, S. 524. es „Daß während der Herrschaft der Goldwährung vor 1914 ,gute' Zeiten herrschten, beweist . . . nicht, daß diese guten Zeiten durch die Goldwährung garantiert wurden." Halm, George N.: a.a.O., S. 264. 66 Auch Lipfert f ü h r t das Funktionieren der Goldwährung auf die E i n haltung der Spielregeln zurück: „Sobald die nationalen währungspolitischen Instanzen die Spielregeln nicht mehr einhielten — wozu sie gegenüber anderen Nationen nicht juristisch verpflichtet waren —, w a r ein gutes, störungsfreies Funktionieren der Währungsordnung nicht mehr sichergestellt." Lipfert, H e l m u t : Einführung i n die Währungspolitik, München 1964, S. 214.

Β . D i e Sicherung der Einlösungs- u n d A n k a u f s p f l i c h t : Erste Spielregel der G o l d w ä h r u n g I. Die Pflicht zur Einlösung der Banknoten in Gold 1. Das grundsätzliche Verhalten der Reichsbank

Die Reichsbank war nach § 18 Bankgesetz verpflichtet, ihre Noten gegen kursfähiges deutsches Geld einzulösen. Das kursfähige deutsche Geld umfaßte aber nicht nur die Goldmünzen, sondern auch die anderen — unterwertigen — Reichsmünzen und bis 1907 eine Reihe deutscher Landesmünzen 1 . Insbesondere die deutschen Talerstücke konnten nach Art. 15 Münzgesetz zur Einlösung der Noten benutzt werden, da A r t . 9 Münzgesetz die beschränkte Annahmepflicht ausdrücklich auf Reichssilbermünzen begrenzte 2 . Von diesem Recht, auch gegen den Willen des Zahlungsempfängers i n Talerstücken zu bezahlen, machte die Reichsbank jedoch grundsätzlich keinen Gebrauch. „Sie sieht es als ihre Aufgabe an, dem deutschen Verkehr diejenigen Beträge an Goldgeld zu liefern, die er benöthigt 3 ." Diese Verhaltensweise war sehr geeignet, das Vertrauen i n die Mark zu stärken 4 ; sie führte aber insbesondere in den ersten Jahren ihrer Existenz dazu, daß der — zur Notendeckung zugelassene — Silberbestand auf Grund von Umtauschaktionen sehr erheblich war. Dies stimmte insofern bedenklich, da der Barvorrat, besonders wenn es sich um einen Geldbedarf für das Ausland handelte, nur i n dem Umfange brauchbar war, als er aus Gold bestand. „Gleichwohl hat die Bankleitung niemals daran gedacht, ihre Goldzahlungen einzustellen . . A " Die Bankgesetznovelle vom 1. Juni 1909 änderte die bisherige Regelung durch die ausdrückliche Vorschrift, daß die Reichsbanknoten gegen deutsche Goldmünzen einzulösen sind. Da die Reichsbank aber ι Vgl. S. 9. 2 Vgl. Bamberger,

L u d w i g : Reichsgold, S. 24.

» Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 197. 4 Vgl. Deutsche Reichsbank, Von der Königlichen Bank zur Deutschen Reichsbank. 175 Jahre deutscher Notenbankgeschichte 20. J u l i 1765 bis 20. J u l i 1940, Berlin 1940, S. 33. δ Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 142, 197.

I. Pflicht zur Einlösung der Banknoten i n Gold

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bereits früher ihre Zahlungen auf Verlangen i n Goldgeld leistete, und die letzten Landesmünzen längst eingezogen waren, hatte diese Vorschrift keine praktischen Auswirkungen. Von dieser Verhaltensweise muß die Tatsache scharf getrennt werden, daß die Reichsbank — und i n diesem Sinne gingen auch Anweisungen an die Zweigstellen — bemüht war, nach Möglichkeit Silbermünzen und Banknoten an das Publikum auszuzahlen 6 , um den Goldvorrat möglichst zu erhalten. Diese Reaktion war durchaus legitim und kann nicht als Verstoß gegen die Goldeinlösungspflicht gewertet werden. Zu gewissen Zeiten scheint jedoch die Reichsbank indirekte M i t t e l eingesetzt zu haben, um die Arbitrageure von einem beabsichtigten Goldexport abzuhalten. „ A m meisten liebt es die Reichsbank, die ja durch ihren außerordentlichen Einfluß auf den deutschen Geldmarkt den Willen der Haute Finance beherrschen kann, mit einer Erhöhung der von i h r einseitig, d. h. willkürlich zu bestimmenden, als Garantie der Girotransactionen zinslos bei ihr zu deponierenden Mindestsumme, zu drohen . . . Thatsache ist eben, daß i n jenen Wochen (Dezember 1899, der Wechselkurs auf London stand bei einem englischen Diskont von 7 % wesentlich über dem Goldexportpunkt; d.Verf.) die Reichsbank nicht dem höchsten Gebot der Goldwährung nachkam, jeden verlangten Betrag des gelben Metalles auszuzahlen 7 ." Einen ähnlichen Vorwurf brachten Bamberger und Sonnemann bereits 1881 vor dem Reichstag vor; sie behaupteten, daß die Hauptstelle der Reichsbank eine schnelle Goldbeschaffung oft durch unnötige technische Schwierigkeiten verhindert und an manchen Tagen Goldlieferungen an Seeplätze wie Hamburg und Bremen ganz eingestellt habe. Es wurde von Fällen berichtet, i n denen die Reichsbankhauptstelle i n Berlin, wenn der Verdacht bestand, daß Gold für den Export bestimmt war, die Abgabe größerer Goldmengen durch eine umständliche Prüfung der eingelieferten Noten und der auszuzahlenden Goldmünzen absichtlich derart verzögerte, daß die Arbitrageure Zug- und Schiffsverbindungen verpaßten und damit häufig mehrere Tage verloren. Diese Verzögerungen machten aber i n den meisten Fällen eine Goldarbitrage un6 Vgl. Moll , Bruno: a.a.O., S. 69 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1876 bis 1900, S. 197 f. 7 Weill , Ν . E. : Die Solidarität der Geldmärkte. Eine Studie über die V e r schiedenheit der gleichzeitigen Diskontsätze verschiedener Länder, F r a n k f u r t 1903, S. 46 f. Obst erklärte den Verzicht auf lohnende Arbitragegeschäfte i n jener Zeit m i t der patriotischen Einstellung der betreffenden Kreise. (Vgl. Obst, Georg: Organisation des Zahlungsverkehrs, 2. Aufl., Leipzig 1901, S. 33.) Diese Ansicht dürfte den wirklichen Verhältnissen nicht gerecht geworden sein.

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Β . Einlösungs- u n d Ankaufspflicht

rentabel 8 . Obwohl der Präsident diese Vorwürfe zurückwies 9 , dürften sie doch dem tatsächlichen Verhalten recht nahe kommen 1 0 . Zu ähnlichen Maßnahmen hat die Reichsbank auch i n späteren Jahren gegriffen 1 1 . Ende 1907 wurde als letztes und radikalstes M i t t e l versucht, die Goldausfuhr zu erschweren. Dieser Versuch ist aber weder damals gelungen, noch ist er seitdem ernstlich wiederholt worden 1 2 . Diese Vorfälle zeigen, daß i n Deutschland — obwohl die Goldeinlösungspflicht bis Kriegsbeginn nie suspendiert wurde 1 3 — i n extremen Situationen die uneingeschränkte Goldzahlung nicht immer gesichert war. Gleichbedeutend mit einer Einstellung der Goldeinlösung wäre von diesem Standpunkt aus ein Exportverbot für Gold gewesen. Die freie Transferierung als Nebenbedingung der Spielregeln muß unbedingt gewährleistet sein, da dem Golde sonst seine Geldfunktion genommen würde, „die es gerade i m internationalen Verkehr und nur dort ausübt und als einzige Geldform ausüben kann" 1 4 . Die Möglichkeit zu einer autonomen Politik besteht nicht, da die Marktkräfte i m internationalen Zahlungsverkehr nicht behindert werden dürfen 1 5 . Eine derartige Reglementierung der Goldbewegungen wurde — obwohl solche Maßnahmen i n der Bankenquete erwogen wurden und man das Für und Wider diskutierte 1 6 — niemals vorgenommen. 2. Erschwerungen der Goldäbgabe

Die grundsätzliche Bereitschaft der Reichsbank, auf Verlangen Gold aus ihren Vorräten abzugeben, wurde jedoch während der gesamten 8 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 8. Sitzung am 3. März 1881, S. 127 ff. » Vgl. ebenda, S. 122, 129. io Vgl. Bopp, K a r l R.: Die Tätigkeit der Reichsbank von 1876 bis 1914, i n : Weltwirtschaftliches Archiv, hrsg. von Baade, 72. Bd., Hamburg 1954, 1. Heft, S. 34—56 u n d 2. Heft, S. 172—221, S. 188. n Vgl. dazu Esslen, Joseph: K o n j u n k t u r u n d Geldmarkt 1902—1908, S t u t t gart/Berlin 1909, S. 206 ff. 12 Vgl. Lansburgh, Alfred: Goldpolitik, i n : Die Bank, B e r l i n 1909, S. 126 bis 133, S. 129. 13 Durch die am 4. Aug. 1914 verabschiedeten „Kriegsgesetze" wurde die Reichsbank von der Goldeinlösungspflicht befreit. D a m i t wurde die bereits einige Tage zuvor erfolgte Einstellung der Goldzahlung sanktioniert; vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 39 f. 14 Maier, K a r l Friedrich: Goldwanderungen. E i n Beitrag zur Theorie des Geldes, Jena 1935, S.22. is Vgl. Wendt, Siegfried: Die Währungssysteme, Minden 1947, S. 6 u n d 12. iß Vgl. ζ. B. Riesser , i n Bankenquete 1908, Stenographische Berichte. Die Verhandlungen der Gesamtkommission zu den Punkten I — V des Fragebogens, B e r l i n 1909, S. 135.

I. Pflicht zur Einlösung der Banknoten i n Gold

29

Periode dadurch beeinträchtigt, daß sie auf verschiedene A r t und Weise versuchte, die Goldabgabe zu erschweren. Dies hatte zur Folge, „daß nicht ausschließlich die Wechselkurse für die Vorgänge des Goldverkehrs maßgebend (waren)" 1 7 .

a) Abgabe

abgenutzter

Münzen

Für deutsche Importeure und Arbitrageure wurde es m i t Erreichung des Goldexportpunktes interessant, Goldmünzen ins Ausland zu transferieren. Da sich die Goldmünzen jedoch durch den langjährigen Umlauf abnutzten, lag eine unter Umständen recht erhebliche Gewichtsabweichung von dem gesetzlich festgelegten Münzfuß vor. Da i m Auslande das tatsächliche Gewicht der Münzen maßgeblich war, erlitten die Goldexporteure, wenn sie bereits beim rechnerischen Goldexportpunkt stark abgenutzte Goldmünzen verschickten, einen Verlust. Diese Tatsache machte sich die Reichsbank zunutze, indem sie an „exportverdächtige" Firmen abgenutzte, das Passiergewicht gerade noch erreichende Goldmünzen abgab 18 . Da die Goldmünzen nach § 9 des Gesetzes, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen vom 4. 12. 1871 noch umlauffähig waren, wenn die Abnutzung nicht mehr als 1/2 % des Normalgewichtes ausmachte, verschob sich der rechnerische Goldexportpunkt nach oben, so daß ein Goldexport erst bei ungünstigeren Wechselkursen, als es dem rechnerischen Exportpunkt entsprach, einsetzte.

b) Abgabe

von Gold nur

in

Berlin

Nach § 18 Bankgesetz war die Reichsbank verpflichtet, ihre Noten bei der Hauptkasse i n Berlin sofort bei Präsentation gegen kursfähiges deutsches Geld einzulösen; ihre Zweiganstalten waren dazu nur insoweit verpflichtet, als es deren Kassenbestände gestatteten. Die Reichsbank hat i m normalen Verkehr von dieser Beschränkung keinen Gebrauch gemacht; bei Anträgen auf Überlassung von Gold für die Ausfuhr aber hatten auch die selbständigen Anstalten die Kunden an die Reichshauptbank i n Berlin zu verweisen. Die Reichsbank wollte mit dieser Handhabung die Goldausfuhr nicht dadurch erleichtern, daß sie selbst die Kosten des Goldtransports bis zu den grenznahen Zweiganstalten übernahm 1 9 . Dadurch, daß man dem Goldexporteur diese 17 Koch, Friedrich: Der Londoner Goldverkehr, Stuttgart/Berlin S. 108. 18 Vgl. Lansburgh , Alfred: Goldpolitik, S. 129. ι» Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 194 ff.

1905,

30

Β. Einlösungs- u n d Ankaufspflicht

Kosten aufbürdete, wurde es ihm erst bei ungünstigeren Wechselkursen möglich, Gold zu exportieren, als es ohne diese Überwälzung der Fall gewesen wäre. Diese Überlegungen hatten den Gesetzgeber veranlaßt, diese Einschränkung i n § 18 Bankgesetz aufzunehmen 20 . Insoweit waren die Maßnahmen der Reichsbank nicht nur formell mit den Vorschriften des Gesetzes zu vereinbaren; vielmehr entsprachen sie auch dem Willen der Schöpfer des Bankgesetzes.

c) Erhebung

einer

Gebühr

Aber auch die anstandslose Abgabe von Goldmünzen für den inneren Verkehr galt nicht für sämtliche Bankanstalten. Insbesondere die zahlreichen Nebenstellen waren angewiesen, Goldmünzen nur dann auszuzahlen, wenn „das Geld bei Diskontirung von Wechseln oder anderen für die Bank gewinnbringenden Geschäften erhoben w i r d " 2 1 . Wurden Goldmünzen bei der Abhebung von Giroeinlagen oder zur Umwechslung von Banknoten verlangt, so waren die Nebenstellen ermächtigt, eine kleine Gebühr zu erheben 22 . Diese Erschwerung ist jedoch nicht nur mit der Überwälzung der Transportspesen und damit direkt m i t dem Gewinninteresse der Reichsbank zu erklären, da die Nebenstellen andererseits angewiesen waren, „den Wünschen der Landeskassen wie des Publikums wegen Verabfolgung von Thalerstücken und Reichsscheidemünzen . . . jederzeit bereitwilligst zu entsprechen und zu diesem Zweck nöthigenfalls bei ihrer vorgesetzten Bankanstalt eine Verstärkung ihrer Bestände zu beantragen" 23 . Diese Maßnahme beruhte vielmehr auf dem verständlichen Interesse der Bank, die Goldbestände zu schonen und dafür Silbermünzen i n den Verkehr abzugeben. M i t dem Geist der Goldwährung war dagegen auch diese Maßnahme nicht zu vereinbaren.

d) Abgabe

von Goldplättchen

mit

Aufpreis

Aufgrund eines Vorschlages der Bankenquete-Kommission gab die Reichsbank auf Antrag statt Goldmünzen Gold i n Stäben und Plättchen an industrielle Unternehmen ab, nachdem sie bereits früher schon 20 Vgl. die Ausführungen von Michaelis vor dem Reichstag. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 54. S i t zung am 27. Januar 1875, S. 1335. 21 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 198. 22 Vgl. ebenda, S. 198. 23 Ebenda, S. 198.

I. Pflicht zur Einlösung der Banknoten i n Gold

31

Versuche mit kleinen Goldbarren unternommen hatte 2 4 . Die Goldplättchen, die bis auf die Prägung den 20-Mark-Stiicken völlig glichen, wurden jedoch nur mit einem Aufgeld von 3 %o abgegeben. Dieses Aufgeld entsprach i n etwa der durchschnittlichen Abnutzung der umlaufenden Goldmünzen. M i t diesem Aufgeld, gegen das die Handelskammern der „Goldstädte" Pforzheim und Hanau Protest erhoben, versuchte das Reichsbankdirektorium die Goldschmiede zu veranlassen, nicht nur inländisches, sondern auch ausländisches Gold heranzuziehen. „Der Preis der Goldplättchen müsse daher so gestellt werden, daß die Beschaffung von Gold aus dem Auslande i h m gegenüber einen Anreiz biete . . . 2 5 ." Trotzdem war es für die deutsche Goldindustrie auf Grund der regelmäßig ungünstigen Wechselkurse fast immer günstiger, bereits abgenutzte deutsche Goldmünzen einzuschmelzen oder Goldplättchen mit Aufpreis zu kaufen, anstatt sich m i t Rohmaterial am Londoner Goldmarkt einzudecken 26 .

I I . Die Pflicht zum A n k a u f von Gold gegen Banknoten 1. Das grundsätzliche Verhalten der Reichsbank

Die Reichsbank hatte nach § 14 Bankgesetz Barrengold zum festen Satz von 1392 Mark für das Pfund fein gegen ihre Noten umzutauschen 27 . Diese „Pflicht" ist der Bank jedoch niemals zu einem unangenehmen Zwang geworden; während der ganzen Periode ist die Reichsbank niemals derart mit Gold überschüttet worden, daß sie irgendwelche indirekten Abwehrmaßnahmen hätte ergreifen müssen. Dies wäre z. B. dadurch leicht möglich gewesen, daß sie das eingelieferte Gold auf mehr oder weniger umständliche A r t und Weise zu Lasten des Einlieferers hätte prüfen und scheiden lassen können 2 8 . Vielmehr war die Reichsbank bemüht, durch verschiedene Maßnahmen Gold an sich zu ziehen und nahm dabei auch größere Verluste i n Kauf. Man war der Meinung, daß eine Befriedigung des Goldbedarfs nicht nur dann erfolgen dürfe, wenn der Tiefstand der Devisenkurse den Import zu einem gewinnbringenden Geschäft für jedermann mache 29 . 24 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1900—1925, S. 29 f. 25 o. Verf., Industriegold, i n : Die Bank, B e r l i n 1912, S. 87. 26 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank zur Erhöhung der L i q u i d i t ä t der deutschen Kreditwirtschaft, Stuttgart 1914, S. 30. 27 Vgl. S. 20. 28 Vgl. § 14, I I Bankgesetz. 29 Vgl. Bendixen, Friedrich: Goldeinfuhr u n d Goldabfluß. E i n Gutachten zur Bankenquete (1908), i n : Bendixen, Friedrich: Geld u n d Kapital. Gesammelte Aufsätze, 2. Aufl., Jena 1920, S. 146—153, S. 147.

32

Β . Einlösungs- u n d Ankaufspflicht 2. Förderung der Goldimporte a) Gewährung

von zinsfreien

Vorschüssen

Durch die Vergabe von zinsfreien Vorschüssen, die die Reichsbank an diejenigen Firmen gewährte, die i h r mitteilten, daß Goldsendungen nach Deutschland unterwegs sind, übernahm die Bank einen bedeutenden Posten der Goldversendungsspesen 30 . Diese Vorschüsse, die erstmals 1879 für normalerweise 5 Tage, i n besonderen Fällen auch für 8 Tage gewährt wurden, rechtfertigen jedoch zuerst die hohen, i n sie gesetzten Erwartungen nicht 3 1 . Erst i n den Jahren 1898—1900 gelang es, durch ausgiebige Gewährung zinsfreier Vorschüsse den Goldvorrat zu kräftigen 3 2 . Auch i n den folgenden Jahren wurde diese Praxis fortgesetzt; die Bankenquete-Kommission billigte dieses Hilfsmittel und empfahl es zur weiteren Anwendung 3 3 . Die Reichsbank hat daraufhin den Goldimport durch vermehrte und verlängerte zinsfreie Darlehen mit Laufzeiten bis zu 6 Wochen an die importierenden Banken gefördert 3 4 . Die zinsfreien Vorschüsse wurden damit für mehr Tage gewährt, als der Versand i n Anspruch nahm 3 5 .

b) Bezahlung

eines höheren

Preises

M i t dem Übergang zur Gewährung zinsfreier Vorschüsse i m Jahre 1879 wurde auch einigen Reichsbankanstalten gestattet, für größere Goldlieferungen einen höheren Preis als den festgelegten Mindestpreis von 1392 Mark zu zahlen. Diese außergewöhnlichen Maßregeln hatten hauptsächlich den Zweck, den Goldbestand „gegen die anstürmende Flutwelle des sich entwertenden Silbers zu schützen und die junge Reichwährung dem Volke zu erhalten" 3 6 . Bei Beträgen von mindestens 500 000 Mark wurden 1393 Mark, bei Beträgen von mindestens 2 M i l lionen Mark 1393,50 Mark für das Pfund fein bewilligt 3 7 . Dieser Gedanke war nicht neu; bereits Adolph Wagner, Bamberg er u. a. hatten bei der Aufnahme der Goldzahlungen darauf hingewiesen, daß ein Zentralbankinstitut i n der Lage sein müsse, Goldimporte durch Verso Vgl. Weill , Ν . E.: a.a.O., S. 42. 31 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 146 f. 32 Vgl. ebenda, S. 172. 33 Z.B. Ströll, i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 55; Kaempf: ebenda, S. 78; Wagner, Ad.: ebenda, S. 97. 34 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 28, 30. 33 Vgl. Swoboda, Otto: a.a.O., I. Teil, S. 15. 36 Katzenstein, Louis: Die dreißigjährige Geschäftstätigkeit der Reichsbank, B e r l i n 1906, S. 62. 37 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 187&—1900, S. 146 f.

I I . Pflicht zum A n k a u f von Gold gegen Banknoten

33

gütung eines hohen Preises für Barrengold zu ermöglichen 38 . Aber bereits 1881 wurde dieser Sonderpreis wegen des geringen Erfolges offiziell wieder eingestellt 39 . Aber an Einzelregelungen scheint es — insbesondere um die Jahrhundertwende — nicht gefehlt zu haben; erschöpfendes Material über das Maß der Preisschwankungen wurde jedoch nicht bekanntgegeben 40 . Besonders i n den Jahren 1908—1910 versuchte die Reichsbank sowohl durch die Gewährung zinsfreier Vorschüsse als auch durch die Bezahlung eines höheren Preises verstärkt Gold aus dem Auslande heranzuziehen; dadurch entstanden i m Goldgeschäft erstmals beträchtliche Verluste 4 1 .

c)

Devisenpolitik

Der Ankauf und Verkauf von Wechseln und Schecks auf das Ausland war der Reichsbank durch das Bankgesetz erlaubt; während der durchschnittliche Bestand an Devisen bis 1896 nur sehr gering w a r 4 2 und i m wesentlichen dazu diente, daß Handel und Industrie jederzeit Zahlungsmittel auf das Ausland erwerben konnten, ging die Reichsbank i n der Folgezeit dazu über, auch größere Posten langfristiger, meist englischer Auslandswechsel an der Börse zu kaufen. Bereits i m Jahre 1900 erreichten sie einen durchschnittlichen Bestand von 26,8 Mill. Mark. Der höchste Jahresdurchschnitt wurde, nachdem die Bankenquete 1908 die Pflege des Devisengeschäftes eindringlich empfohlen hatte, 1911 mit 162,4 Mill. Mark Auslandswechseln und -schecks erreicht 43 . Daneben wuchsen auch die ausländischen Guthaben stark an. Sie betrugen 1911 durchschnittlich 77,7 M i l l . M a r k 4 4 . Diese Verstärkung der Devisenbestände war auf die Überlegungen der Reichsbank zurückzuführen, daß ein ansehnlicher Bestand an Devisen dazu geeignet ist, bei Bedarf Gold aus dem Auslande heranzuziehen bzw. bei einem drohenden Verlust an Gold auf Grund ungünstiger Wechselkursverhältnisse durch Abgabe an den Devisenmärkten 38 Vgl. Lötz, Walther: Geschichte u n d K r i t i k des deutschen Bankgesetzes vom 14. März 1875, S. 160. 39 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 147. 40 Vgl. Weill, Ν . E.: a.a.O., S.44. 41 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 14, S. 34/35, Spalte 10 u n d Fußnote 2. 42 M i t Ausnahme des Jahres 1886, als der durchschnittliche Bestand fast 17 Millionen M a r k betrug, schwankte der Durchschnittsbestand von 1876 bis 1896 zwischen 1,7 M i l l . M a r k u n d 9,6 M i l l . Mark. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 61, S. 158/159. 43 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 29 u n d Tab. 38, S. 76/77. 44 Vgl. ebenda, S. 37. 3 Seeger

34

Β . Einlösungs- u n d Ankaufspflicht

eine Besserung der Kursverhältnisse herbeizuführen und damit einen Goldexport zu verhindern. So war es der Reichsbank i m Jahre 1910 möglich, „ i m Frühjahr und Spätherbst störende Rückwirkungen der Vorgänge auf dem Londoner Markt lediglich durch devisenpolitische Maßnahmen von Deutschland fern zu halten 4 5 . Die Devisenpolitik hatte aber andererseits auch den Vorteil, daß mit ihrer Hilfe Zahlungen, die nicht gleichzeitig anfielen, kompensiert werden konnten und damit fortlaufende, jeweils entgegengesetzte GoldverSendungen vermieden werden konnten 4 6 . I m Gegensatz zu den Großbanken, die ihr beträchtliches Devisengeschäft i n erster Linie wegen der Gewinnchancen betrieben und damit nur indirekt zu einem Ausgleich beitrugen, wirkte die Reichsbank bewußt auf eine Kompensation hin. Daher wurde das Devisengeschäft der Geschäftsbanken als Devisenspekulation, das der Reichsbank als Devisenpolitik bezeichnet 47 . Allgemein herrschte die Meinung vor, daß die Devisen i m Besitze der Reichsbank nichts anderes bedeuten als die Plazierung einer Goldmenge i m Ausland; deshalb wurden auch Stimmen laut, die eine Einbeziehung i n die Notendeckung vorschlugen 48 . Vor einer übermäßigen Anlage i n Auslandswechseln wurde aber auch verschiedentlich gewarnt, da man damit „dem Auslande Kredite auf Kosten des Inlands gewährt, und zwar meist zu günstigeren Bedingungen, als sie das Inland erhält" 4 9 .

I I I . Der Einfluß der Gold- und Devisenpolitik auf Wechselkurse und Goldbestände Die Goldpolitik der Reichsbank hatte einerseits zur Folge, daß durch die Erhöhung des Goldankaufspreises — sei es nun ein direkter Aufpreis oder eine indirekte Vergünstigung durch Gewährung von Vorschüssen — der Goldimport bereits früher lohnend wurde, als es auf Grund des theoretischen Goldimportpunktes eigentlich der Fall gewesen wäre; andererseits wurde durch eine — direkte oder indirekte — Erhöhung der Abgabesätze erreicht, daß ein Goldexport erst lohnend wurde, wenn der theoretische Goldexportpunkt bereits überschritten war. „Es ist hierbei zu berücksichtigen, daß jede Erhöhung des Ankaufspreises von Gold den Goldpunkt der Parität nähert, wäh45 Verwaltungsbericht der Reichsbank f ü r das Jahr 1910. Vorgelegt i n der Generalversammlung am 3. März 1911, S. 3. 46 Vgl. Maier, K a r l Friedrich: a.a.O., S. 24. 47 Vgl. Wol/, Julius: Das internationale Zahlungswesen, Leipzig 1913, S. 34. 48 Vgl. z. B. Weil, Otto: Der Barschatz, i n : Die Bank, Monatshefte für Finanz- u. Bankwesen, B e r l i n 1908, S. 573—579, S. 577. 49 Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 32.

I I I . Einfluß der Gold- u n d Devisenpolitik

35

rend jede Erhöhung des Verkaufspreises ihn von der Parität entfernt 5 0 ." Dieses Vorgehen hat daher dazu geführt, daß man i n erheblichem Maße Gold einführte, obwohl der Goldimportpunkt i m ganzen Zeitraum so gut wie nie erreicht wurde; andererseits setzte ein Goldexport erst ein, wenn der Wechselkurs den Goldausfuhrpunkt zeitweise sogar beträchtlich überschritt. Durch die Maßnahmen der Goldpolitik war gewährleistet, daß Goldversendungen nur stattfanden, wenn sich für den Arbitrageur ein Gewinn erzielen ließ; Goldbewegungen, bei denen der Gewinn i n den Hintergrund trat, waren äußerst selten. Dieses Phänomen wurde später als ein Wesensmerkmal des Goldstandards angesehen 51 . Es muß aber berücksichtigt werden, daß i m Rahmen des Goldautomatismus Gewinne nur aus Kursdifferenzen, nicht aber auf Grund von Maßnahmen der Goldpolitik entstehen dürfen. Die Goldpolitik der Reichsbank auf der Grundlage der Erleichterung der Goldeinfuhr w i r k t e jedoch auf die Zahlungsbilanz genauso wie andere Importe 5 2 . I n ihrem Gefolge entstand eine Schuld an das Land, aus dem Gold bezogen wurde. „ U n d da diese Schuld wie jede andere beglichen werden muß, so erhöht sich die Nachfrage nach fremden Wechseln und trägt dazu bei, ihren Kursstand dem Goldexportpunkt entgegenzutreiben, d. h. dem Punkt, bei dem es vorteilhaft wird, das Gold, das man m i t Mühe und Kosten eingeführt hat, wieder ins Ausland zu senden 53 . Dies ist mit ein Grund, daß die Reichsbank nahezu das ganze Gold, das sie auf diesem Wege an sich gezogen hat, wieder abgeben mußte 5 4 . Besonders deutlich wurden diese Vorgänge Ende 1907, als die Aufrechterhaltung der gesetzlichen Mindestdeckung i n Gefahr war, und der Reichsbankpräsident „seine währungsregulierende Tätigkeit darauf gerichtet (hatte), Gold mit allen nur erdenklichen Mitteln an sich zu ziehen. Er hat i n London Goldkäufe weit über Parität vornehmen lassen, nicht um dem Lande das Zirkulationsmittel zuzuführen, nach dem sich seine Währung nennt, sondern u m das Gold einzusperren. Er hat dann mit einer bisher i n Goldwährungsländern unbekannten Konsequenz das Gold festgehalten und alle Zahlungen i n Noten geleistet. Die Staatskassen, die Regierungsbeamten, die Postanstalten haben seit Monaten kaum noch Gold zu sehen bekommen . . . Da das i n einer Weise geschah, daß man förmlich den Angstschweiß auf den Stirnen sah, und dann das Resultat doch kein so Weill, Ν . E.: a.a.O., S. 45, i m Original teilweise gesperrt gedruckt, si Vgl. z.B. League of Nations, The Functioning of the Gold Standard, Genf 1931, S.21. 52 Vgl. Bendixen, Friedrich: Das Gold i m internationalen Verkehr (1910), i n : Bendixen, Friedrich: Geld u n d Kapital, S. 39—46, S. 43. 53 Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 29. 54 Vgl. ebenda, S. 30; auch Esslen, Joseph: a.a.O., S. 130 ff. 3*

36

Β . Einlösungs- u n d Ankaufspflicht

besseres wurde . . . so muß man sagen: Der Reichsbank-Präsident ist nicht mehr Herr der Währung, sondern ihr Sklave" 5 5 . Diese Darstellung zeigt deutlich, daß die Goldpolitik zumindest kurzfristig die Wirkungsweise des Goldautomatismus nicht wesentlich beeinträchtigen konnte. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ist die „ K r i t i k " von Lansburgh an der Ohnmächtigkeit der Reichsbank nicht gerechtfertigt. Aber auch die Devisenpolitik der Reichsbank konnte nur einen scheinbaren Erfolg erzielen. Durch den Ankauf der Devisen verhinderte die Reichsbank, daß der Devisenkurs sich dem Goldimportpunkt näherte 56 . Statt einem effektiven Zufluß von Gold nahm sie die Devisen i n ihr Portefeuille auf, die sie selbstverständlich bei Bedarf i n Gold „umwandeln" konnte. Es handelte sich dann aber nicht um einen zusätzlichen Goldzufluß 57 , sondern u m eine Nachholung der sonst bereits früher erfolgten Zunahme der Goldbestände. Vom Standpunkt der Reichsbank aus war der Devisenbestand daher der metallischen Notendeckung gleichzustellen 58 . War der Devisenmarkt dagegen bereits ohne die Nachfrage der Reichsbank ausgeglichen, so hatte die zusätzliche Nachfrage zur Folge, daß der fremde Wechselkurs stieg und sich auf diese Weise dem Goldexportpunkt näherte, so daß der Zugang an Devisen u. U. ein Abströmen von Gold zur Folge hatte. Dieser Zusammenhang wurde bei der Reichsbank schon recht früh erkannt. „Würde . . . die Reichsbank als Konkurrentin bei dem Aufkaufe solcher Wechsel i n allzu erheblichen Summen an den Markt herantreten, so würde sie nothwendigerweise den Kurs steigern und damit den Abfluß von Gold aus dem Lande, also das Gegentheil von dem herbeiführen, was sie erreichen wollte 5 9 ."

IV. Die Verhaltensweisen der anderen Zentralbanken Die Gold- und Devisenpolitik der Reichsbank erscheint aber noch i n einem anderen Lichte, wenn man die Verhaltensweisen der anderen großen Zentralbanken mit berücksichtigt 60 . So hat ζ. B. die Bank von ss Lansburgh, A l f r e d : Die Reichsbank u n d i h r Präsident, i n : Die Bank, B e r l i n 1908, S. 1—11, S. 2 f. 56 Ohne die „Nachfrage" der Reichsbank nach Devisen wäre ein Uberangebot vorhanden gewesen, das zu einem Sinken der Wechselkurse geführt hätte. 57 Vgl. Wolf, Julius: a.a.O., S. 34; ähnlich auch Hausmann, Walter L.: Der Goldwahn, B e r l i n 1911, S. 336 ff. 58 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 37. Eine Einschränkung folgt auf S. 39 dieser Arbeit. 59 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 100. 60 Eine Übersicht über die verschiedenen M i t t e l der Goldpolitik findet sich bei Földes, Béla: Einiges über Maßregeln zum Schutze der Edelmetall-

IV. Verhaltensweisen der anderen Zentralbanken

37

Frankreich, die den mit Abstand höchsten Goldbestand aller Notenbanken besaß, die Abgabe von französischem Gold verweigert, da sie keinen höheren Preis als den Nominalwert für Frankenstücke verlangen konnte, und auf ausländische Goldmünzen und Goldbarren eine Prämie aufgeschlagen 61 . Diese Goldprämie, die i n günstigen Zeiten ganz ausgesetzt wurde, erreichte bei starken Goldabflüssen eine Höhe bis zu 8 %o62. Sie wurde aber niemals so hoch bemessen, daß eine Golddrainage — Entzug von Goldmünzen aus dem freien Verkehr — einsetzte und die Exporteure den Gewichtsverlust für die umlaufenden Stücke und die Kosten der Ansammlung i n Kauf nahmen 63 . Diese Prämienpolitik wurde der Reichsbank von verschiedener Seite empfohlen, da sie die weitaus wirksamste Methode zum Schutze des Goldschatzes darstelle 64 . I n der Bankenquete 1908 wurde an diesbezüglichen Vorschlägen harte K r i t i k geübt 6 5 . Auch die Bank von England verhielt sich i n diesem Kampf um das Gold nicht neutral. A u f Grund der Abnutzung der Goldmünzen war es für die englischen Goldexporteure bereits früher rentabel, deutsche Goldstücke, soweit sie sich i m Besitze der Bank von England befanden, nach Deutschland zu exportieren, als dies für Barrengold oder Sovereigns der Fall war, da die Zentralbanken den Preis für ausländische Goldmünzen wie bei Barrengold nach dem tatsächlichen Gewicht bemaßen, während sie i n ihrem Ursprungsland zum höheren Nominalwert i n den Verkehr gebracht werden konnten. Daher verweigerte die Bank von England oft die Abgabe von Goldmünzen desjenigen Landes, nach dem ein Goldexport beabsichtigt war bzw. nach welchem sie eine solche Absicht vermutete. Es kam auch vor, daß sie nur ihrer gesetzlichen Pflicht nachkam, i n Sovereigns zu zahlen, während sie ausländische Goldmünzen und Barrengold zurückhielt 6 6 . Andererseits setzte die Bank von England den Ankaufspreis für fremde Goldmünzen über deren Münzpari fest 67 . Dies hatte zur Folge, daß sich der Export von deutschen Goldmünzen nach England bereits lohnte, bevor die reserve m i t besonderer Rücksicht auf Oesterreich-Ungarn, i n : Jahrbücher f ü r Nationalökonomie u n d Statistik, 64. Bd., Jena 1895, S. 671—695, S. 678 ff. ei Vgl. Weill, Ν . E.: a.a.O., S. 58 f. 62 Vgl. Lansburgh, A l f r e d : Die Goldprämie der Bank v o n Frankreich, i n : Die Bank, B e r l i n 1908, S. 225—234, S.229. 63 Vgl. Landesberger, Julius: Ueber die Goldprämien-Politik der Zettelbanken, Wien 1892, S. 50 f. 64 Vgl. Breit, James: Bankgesetz, i n : Die Handelsgesetze des Erdballs, Deutsche Ausgabe Signatur D, Bd. X I I I , Abt. 2, Mittel-Europa I I , B e r l i n 1911, S. 677—905, S. 700, u n d die dort angegebene Literatur. 65 Vgl. z.B. Ströll, i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 56 6β Vgl. Weill , Ν . E.: a.a.O., S.44f. 67 Vgl. Koch, Friedrich: Der Londoner Goldverkehr, S. 81.

38

Β . Einlösungs- u n d Ankaufspflicht

Wechselkurse den rechnerischen Exportpunkt erreichten. Die Statistik der deutschen Goldbewegung ließ diese Entwicklung deutlich erkennen 6 8 . Die Bank ging auch seit 1889 dazu über, einen etwas höheren Preis für Gold zu bezahlen und Vorschüsse auf die Goldlieferungen zu geben; während diese zu Beginn völlig zinsfrei waren, wurde i n der Folgezeit etwa 1 °/o Zins i n Anrechnung gebracht. Daraus w i r d ersichtlich, daß auch die Bank von England M i t t e l zum Angriff auf ausländische Goldreserven einsetzte 69 . Eine weitere Verschiebung ergab sich durch die verschiedenen A n kaufspreise für Barrengold. Nicht an allen Münzstätten, die Gold zum festen Preis kauften, wurde für das K i l o fein gleich viel bezahlt. A m meisten bewilligte die Bank von England, die vom Münzwert nur einen Wertabschlag von etwa 1,7 %o vornahm, der die Prägekosten, die ihr allerdings der Staat abnahm, nicht deckte. Demgegenüber nahm die Reichsbank auf Grund des hohen Schlagsatzes einen Wertabschlag von etwa 2,2 °/oo vor; diese Differenz nahm Bamberger zum Anlaß, als A n kaufspreis 1392,50 Mark für das Pfund fein vorzuschlagen. Er drang damit aber nicht durch 70 . M i t der zeitweisen Erhöhung des Goldpreises durch die Reichsbank wurde daher zum großen Teil nur ein „Wettbewerbsnachteil" ausgeglichen, den sie gegenüber anderen Notenbanken besaß. Ein eindrucksvolles Beispiel, wie die Notenbanken ihren Goldbestand verteidigten, gibt auch Cassel: „ E i n bekannter schwedischer Bankier erzählte m i r einmal, daß er, wenn er die Riksbank i n Stockholm u m einen beträchtlichen Betrag Gold für Ausfuhrzwecke anging, den Rat erhielt, beim Teufel nach zufragen 71 ." Aber auch m i t ihrer Devisenpolitik stand die Reichsbank nicht allein. A l l e großen Notenbanken hielten zum Schutz gegen starke Wechselkursschwankungen und damit gegen Goldbewegungen große Summen ausländischer Wechsel. Besonders die österreichisch-ungarische Bank hielt m i t ihrer Devisenpolitik den Kurs auf Parität 7 2 ; dies machte auf die anderen Notenbankleiter einen u m so größeren Eindruck, als i n Österreich-Ungarn die Aufnahme der Barzahlungen als formeller Ab68 Vgl. ζ. B. o. Verf., Der Januar 1912, i n : Die Bank, B e r l i n 1912, S. 135 bis 164, S, 159. β» Vgl. Koch, Friedrich: Der Londoner Goldverkehr, S. 79, 89 ff. Vgl. Lote, Walther: Geschichte u n d K r i t i k des deutschen Bankgesetzes . . . , S. 148ff., 247. Cassel, Gustav: Der Zusammenbruch der Goldwährung, Stuttgart 1937, S. 14. 72 v g l . v.Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbank i n der heutigen Volkswirtschaft, B e r l i n 1909, S. 32 f.; Makai, Ernst: Währungsstudien m i t besonderer Rücksicht auf Oesterreich-Ungarn, Stuttgart 1917, S. 39 ff.

V. Beurteilung der Gold- u n d Devisenpolitik

39

der i m Jahre 1892 eingeleiteten Valutaregulierung nicht erfolgt w a r 7 3 ; dies wurde zu jener Zeit als uneinschränkbares Erfordernis für stabile Wechselkurse angesehen. Diese Devisenbestände, die sich besonders seit Beginn des 20. Jahrhunderts i n größerem Umfange bei den einzelnen Zentralbanken befanden, zeigen, daß bei einer Gesamtbetrachtung die allgemein vertretene Auffassung, daß der Devisenbestand nichts anderes sei als die Plazierung einer Goldmenge i m Ausland (vgl. S. 34), nicht aufrecht erhalten werden kann. Vielmehr bahnte sich bereits damals die Problematik an, die heute i m Mittelpunkt der Diskussion über den Gold-Devisen-Standard steht 74 . Schluß

V. Die Beurteilung der Gold- und Devisenpolitik Die Gold- und Devisenpolitik der Reichsbank erfuhr i m Laufe der Zeit eine recht unterschiedliche Beurteilung. Während Helfferich als Mitverfasser 75 des Jubiläumsbandes der Reichsbank von 1900 schreibt, daß die Erfahrungen, welche m i t der Erleichterung der Goldeinfuhr gemacht wurden, die Erwartungen, die man i n sie setzte, nur in geringem Maße oder überhaupt nicht erfüllten 7 6 , empfahl die BankenqueteKommission auf Grund der guten Erfolge, die i n der Zwischenzeit insbesondere mit der Devisenpolitik gemacht wurden, eine Fortführung des Devisengeschäfts und der Gewährung zinsfreier Vorschüsse auf die Goldeinfuhr. Aber auch damals wurde bereits von Rießer und anderen der Vorbehalt gemacht, daß diesen Bemühungen nur dann ein Erfolg beschieden sein könne, wenn die Zahlungsbilanz für Deutschland günstig sei; man müsse daher bemüht sein, sie dauernd aktiv zu erhalten 7 7 . Diese Argumentation w i r d den auf S. 35 f. gemachten Einwänden gerecht und zeigt, „daß einer andauernd schlechten Zahlungsbilanz durch keine Künste der Geldmacherei begegnet werden kann, daß vielmehr dem Volk und dem Staat — und besitze dieser den größten 73 Vgl. v.Mises, L u d w i g : Das Problem gesetzlicher Aufnahme der B a r zahlungen i n Oesterreich-Ungarn, i n : Jahrbuch f ü r Gesetzgebung, V e r w a l tung u n d Volkswirtschaft, hrsg. v. G. Schmoller, 33. Jg., 3. Heft, Leipzig 1909, S. 123—175, S. 1231 74 „Der größte T e ü des Devisenbestandes einer Bank besteht i n A n sprüchen auf Guthaben bei ausländischen Banken. I n beiden Ländern k ö n nen daher diese Beträge als Unterlage für Kredite dienen." (Veit, Otto: Die Z u k u n f t des Goldes, B e r l i n 1937, S. 90.) Vgl. auch Paillard , Georges: K r i t i k der Golddevisenwährung u n d Reformvorschläge, i n : Außenwirtschaft, Zeitschrift f ü r internationale Wirtschaftsbeziehungen, 20. Jg., Zürich/St. Gallen 1965, S. 256—266. 75 Vgl. v.Lumm, K a r l : K a r l Helfferich als Währungspolitiker u n d Gelehrter, Leipzig 1926, S. 61. 7« Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 147, 77 Vgl. ζ. B. Wachler, i n : Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den P u n k ten I—V, S. 61; Peter: ebenda, S. 73; Lexis : ebenda, S. 74.

40

Β . Einlösungs- u n d Ankaufspflicht

Goldhaufen — das Gold ebenso unter den Händen zerrinnt, wie dem Verschwender sein Vermögen; daß also die Gold- und Währungsfrage eines Landes nicht an und für sich, sondern nur i m Zusammenhang mit den gesamten internationalen Handelsbeziehungen zu betrachten ist .. ," 7 8 . „Dem Versuche, sie (die Goldströme, d. Verf.) unabhängig von der Richtung des Weltverkehrs i n bestimmte Bahnen zu leiten, steht das Mißlingen an der Stirn geschrieben 79 ." Bendixen gab i n einem Gutachten zur Bankenquete ein recht eigenartiges B i l d von den Ursachen des Geldexports und -imports; er schreibt: „Die Goldausfuhr ist Selbstfolge unserer Verschuldung an das Ausland, wie sie bei den Devisenkursen i n der Überschreitung des Goldpunktes i n die Erscheinung tritt, die Goldeinfuhr ist — i n der Regel — bewußtes Handeln zur Befriedigung des inländischen Bedürfnisses ohne viel Rücksicht auf Wechselkurse und Zahlungsbilanz. Goldeinfuhr und Goldausfuhr differieren also i n der Natur ihrer Gründe, erfordern daher auch ein differenzielles Verhalten von Seiten der Geldpolitik 8 0 ." I n einem anderen Beitrag schlägt er vor, zur Erhöhung der Gold- und Devisenbestände die Gewinne der Reichsbank zu verwenden, von denen besonders i n Zeiten hoher Diskontsätze der Staat profitiere 8 1 . „Die Befriedigung dieses Goldbedürfnisses kann nicht den Zeiten überlassen bleiben, wo der Tiefstand der Devisenkurse den Import von Gold zu einem gewinnbringenden Geschäft für jedermann macht. Denn solche Zeiten treten für Deutschland nur äußerst selten ein 8 2 ." Eine wesentlich kritischere Betrachtungsweise machte sich Lansburgh zu eigen, wenn er schreibt: „Die kleinen M i t t e l der Goldvorschüsse und einer weitsichtigen Devisenpolitik können wohl vorübergehend den Schutz der Währung erleichtern, sie können aber Geldklemmen, die in den Übertreibungen des Inlands ihren Ursprung haben, nicht heilen, ja nicht einmal mildern 8 3 ." Trotzdem ist auch er noch 1914 der Meinung, daß trotz aller berechtigten Einwände die Gold- und Devisenpolitik der Reichsbank zur Zeit i n Deutschland nicht zu entbehren sei, da m i t ihrer Hilfe das ins Ausland geflossene Gold, auch wenn dabei größere Kosten entstünden, wieder zurückgeholt werden könne 84 , v. Lumm hält die Erschwerung der Goldabgabe nur für gerechtfertigt, „wenn sie gegen nachweislich illegitime 78 Lufft, Hermann: Nationaler Goldvorrat u n d zirkulierende Geldmenge, i n : Die Bank, B e r l i n 1912, S. 328—335 u n d 438—444, S. 331. 79 Koch, Friedrich: Der Londoner Goldverkehr, S. 112. so Bendixen, Friedrich: Goldeinfuhr u n d Goldabfluß. E i n Gutachten zur Bankenquete (1908), i n : Geld u n d Kapital, S. 146. 8i Vgl. Bendixen, Friedrich: Das Wesen des Geldes, 2. Aufl. München/ Leipzig 1918 (1. Aufl. 1908), S. 64. 8a Bendixen, Friedrich: Goldeinfuhr u n d Goldabfluß, S. 147. 83 Lansburgh, Alfred: Die U n w i r k s a m k e i t der deutschen Diskontpolitik, i n : Die Bank, B e r l i n 1909, S. 418—428, S. 427. 84 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 30.

V. Beurteilung der Gold- u n d Devisenpolitik

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Goldentziehungen, nämlich solche rein spekulativer Art, gerichtet sind. Aber . . . es (wird) gar nicht immer möglich sein, den legitimen, durch die internationale Zahlungsbilanz bedingten Goldbedarf des Auslandes von den durch Arbitrageoperationen verursachten rein spekulativen Goldabflüssen zu unterscheiden" 85 . Aber gerade auf Grund der als „illegitim" bezeichneten Maßnahmen der Spekulation war das feste Wertverhältnis zwischen den verschiedenen Valuten gewährleistet. Selbst wenn man die Verhaltensweisen der anderen Zentralbanken einmal außer Betracht läßt, hatten sowohl die „kleinen Schikanen, mit denen die Reichsbank der Golddrainage entgegenzuwirken sucht(e)" 86 , als auch die Erleichterungen für die Goldeinfuhr lediglich eine kleine Verschiebung des Wechselkurses und damit eine geringfügige, versteckte Abwertung der Mark zur Folge 87 . Und dies galt für den Export auch nur, wenn das Gold i m täglichen Verkehr bereits so selten geworden war, daß sich eine Golddrainage i n größerem Umfange — Entzug von Goldmünzen aus dem Umlauf — auf einfache A r t und Weise nicht mehr praktizieren ließ 8 8 . Zieht man die Bemühungen der anderen Zentralbanken, die Goldbewegungen zur gleichen Zeit zu ihren Gunsten mit ähnlichen Mitteln zu bewirken, i n diese Betrachtungen mit ein, so w i r d sogar diese Verschiebung der Goldpunkte weitgehend illusorisch 89 . I n der Beurteilung der Gold- und Devisenpolitik schließe ich mich daher der bereits i n der neueren Literatur vorherrschenden Meinung an, daß man i n diesem Verhalten keinen einschneidenden Verstoß gegen die Spielregeln der Goldwährung sehen kann. „Derartige geringfügige Abweichungen vom reinen Goldstandard gehörten zu den Kuriositäten der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg . . . I m ganzen gesehen hoben sich diese Abweichungen, was die internationale Verteilung des Goldes betrifft, jedoch gegenseitig auf 9 0 ." Die erste Spielregel der Goldwährung — Sicherung der Einlösungs- und A n kaufspflicht — war also unter dem internationalen Goldstandard trotz des „systematischen Kampfes" der Notenbanken um das Gold 9 1 i n Deutschland gesichert. 83 v.Lumm, K a r l : Diskontpolitik, i n : Bank-Archiv, X I . Jg., B e r l i n 1911/12, S. 129—136, 145—150, 162—167, 179—187; S. 164. 86 Lansburgh, Alfred: Goldpolitik, S. 129. 87 Die Erhöhung des Goldankaufspreises bedeutete eine Verschiebung u m etwa 0,1 °/o, die Gewährung der zinslosen Darlehen (bei 4 °/o Zins u n d 6 Wochen Laufzeit) von 0,5 °/o. Die Abgabe abgenutzter Münzen machte m a x i m a l 0,5 % aus. 88 Vgl. z.B. Weill , Ν . E . : a.a.O., S.45 u n d Lansburgh, Alfred: Goldpolitik, S. 129. 89 Vgl. v. Mises, L u d w i g : Theorie des Geldes u n d der Umlaufsmittel, 2. Aufl. München/Leipzig 1924, S. 397. so Bopp, K a r l R.: a.a.O., S. 208. Vgl. Schmalenbach, Eugen: Kapital, K r e d i t u n d Zins i n betriebswirtschaftlicher Beleuchtung, 3. Aufl. Köln/Opladen 1951, S. 205 ff.

C. D i e V e r ä n d e r u n g des G e l d v o l u m e n s b e i entsprechender V e r ä n d e r u n g der Währungsreserven: Z w e i t e Spielregel der G o l d w ä h r u n g Nachdem gezeigt wurde, daß die Einlösungs- und Ankaufspflicht in dem betrachteten Zeitraum — von kleinen „Schönheits"-Fehlern abgesehen — auf zufriedenstellende A r t und Weise gewährleistet war, soll i m folgenden überprüft werden, ob bei einer Zunahme der Währungsreserven auch eine entsprechende Zunahme des inländischen Geldvolumens und dazu analog bei einer Abnahme eine entsprechende Abnahme des inländischen Geldvolumens zu verzeichnen war. Dazu ist es zunächst erforderlich, die Entwicklung der Währungsreserven von 1876—1913 darzustellen 1 .

I. Währungsreserven, Deckungsverhältnis und ungedeckter Notenumlauf 1. Deckungsverhältnis unter Zugrundelegung des Barvorrats nach §17 Bankgesetz § 17 Bankgesetz verlangte die Dritteldeckung der umlaufenden Banknoten in kursfähigem deutschem Gelde, Reichskassenscheinen oder Gold i n Barren und ausländischen Münzen. Dieser Barvorrat entwikkelte sich von 1876—1913 von durchschnittlich 550,034 M i l l . Mark i m Jahre 1876 auf durchschnittlich 1.382,814 Mill. Mark i m Jahre 1913. Zeiten langsameren Wachstums, zeitweise sogar Rückgang, wechselten mit Perioden starken Anwachsens ab 2 . Nun sind jedoch die absoluten Deckungssummen nicht besonders aussagekräftig. Einen Einblick i n die tatsächlichen Verhältnisse erhält man erst, wenn diese Zahlen z. B. zu der jeweils umlaufenden Notenmenge i n Beziehung gesetzt werden. Dieses Deckungsverhältnis der Banknoten durch den Barvorrat nach § 17 Bankgesetz war auf Grund jahreszeitlicher Einflüsse Schwankungen unterworfen. Daneben traten aber auch regelmäßig wiederkehrende Anspannungen an den Jahres-, Quartals- und Monatsenden auf. Diese kurzfristigen Schwankungen werden später näher zu behandeln sein 3 . 1 A u f Grund des Ausbruches des 1. Weltkrieges lassen sich die Zahlen des Jahres 1914 nicht vergleichen. 2 Vgl. Ani. 1. a Vgl. C I I , C I V 5 a).

I. Währungsreserven, Deckungsverhältnis, ungedeckter Notenumlauf

43

Hier interessieren die langfristigen Schwankungen der jahresdurchschnittlichen Deckungsverhältnisse. Wie aus der nachfolgenden Graphik ersichtlich wird, hatte das durchschnittliche Deckungsverhältnis der Banknoten von 1876 (80,3 °/o) bis etwa 1895 (94,5 °/o) eine aufsteigende, und von 1896 (84,4 %>) bis 1913 (70,6 °/o) eine abfallende Tendenz. Große Schwankungen von Jahr zu Jahr waren keine Seltenheit 4 . Insgesamt gesehen lag das Deckungsverhältnis 1913 etwa 10 % unter dem des Jahres 1876.

Darstellung

1:

Deckimg der Reichsbanknoten durch den u n d durch Gold (in v.H.).

Barvorrat

2. Deckungsverhältnis unter Zugrundelegung der Goldreserven

Gegen das Deckimgsverhältnis der Banknoten durch den Barvorrat nach § 17 Bankgesetz ist einzuwenden, daß es für die Zwecke der Untersuchung, ob die Spielregeln eingehalten wurden, nicht geeignet ist 5 , da der Barvorrat neben den Goldvorräten auch Reichskassenscheine, Scheidemünzen und — bis 30. 9.1908 — auch Taler enthielt 6 . Betrachtet man daher die Entwicklung der Goldreserven, nach denen sich die Währung benannte und die, insbesondere wenn es sich um eine Inanspruchnahme aus dem Ausland handelte, als einzig brauchbare Reserven zu betrachten waren 7 , so zeigt sich eine etwas andere Ent4 Zahlen vgl. A n i . 1. s Vgl. z. B. auch Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 391. β Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25. 7 Vgl. z. B. Plenge, Johann: V o n der Diskontpolitik zur Beherrschung des Geldmarktes, i n : Bank-Archiv, B e r l i n 1911/12, S. 219—226, 242—246, 251—261, S. 244.

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C. Geldvolumen und Währungsreserven

wicklung 8 ; zwar nahmen auch sie i n absoluten Zahlen betrachtet von 1876 ( = 286,727 Mill. Mk.) bis 1913 ( = 1.067,596 Mill. Mk.) zu. Doch gibt auch hier erst das Deckungsverhältnis der Banknoten durch Gold einen brauchbaren Maßstab. Die Golddeckung fiel von 1876—1882 von 41,9 °/o auf 28,0%. I n den folgenden Jahren stieg das Deckungsverhältnis sprunghaft an und erreichte in den Jahren 1888 (65,2 °/o), 1892 (62,5 °/o) und 1895 (64,3%) die höchsten Werte. Von 1896—1913 fiel das Golddeckungsverhältnis auf 54,5 % ab. Damit lag es aber noch immer erheblich über dem Wert von 18769. 3. Ungedeckter Notenumlauf

Dadurch, daß die Reichsbank die gesetzlich vorgeschriebene Mindestdeckung sowohl i m Jahresdurchschnitt als auch an einzelnen Tagen immer überschritten hat und selbst i n den kritischen Tagen der Jahre 1906 und 1907 die Deckung nie unter 40 % gefallen ist, verfügte die Reichsbank immer über eine Notenreserve; für die Zentralbank hat sich nie der Zwang ergeben, auf einen Abfluß von Währungsreserven sofort m i t einer entsprechenden Einschränkung des Geldumlaufs zu reagieren. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Pflicht zur Dritteldeckung nur eine historische und theoretische Bedeutung zugemessen wurde; niemand glaubte, daß diese Bestimmung jemals praktische Bedeutung erlangen werde. Daraus erklären sich die Bemühungen der Reichsbank, diese „unerhörten" Deckungssätze zu verbessern 10 . Das starke Schwanken der Deckungsverhältnisse, und hier besonders der Golddeckung, w i r d als Maßstab für die „Verletzung" der Spielregel gewählt. So fordert z. B. Veit i m Sinne einer idealtypischen Betrachtungsweise, daß die zulässige Mindestdeckung zugleich auch die Höchstdeckung bedeutet 1 1 . Halm sieht darin, daß die Zentralbank außer ihren gesetzlich vorgeschriebenen Reserven keine weiteren Goldreserven unterhält, die Voraussetzung für einen ganz automatischen Ablauf des Goldwährungsmechanismus 12 . Es wurde aber bereits früher betont 1 3 , daß die Notenbankleiter den rein automatischen Vorgang durch eine aktive Politik ersetzen können, soweit die Maßnahmen i n der gleichen Richtung w i r ken, in der der Goldautomatismus spielt. Der Verzicht auf Pufferreserven würde bedeuten, daß bei einer gesetzlichen 1/3-Golddeckung einer 8 Vgl. die vorstehende graphische Darstellung. 9 Zahlen vgl. A n i . 2. 10 Vgl. Lexis , W.: Vergleichende Untersuchungen über die Geschäftsentw i c k l u n g der Reichsbank, i n : Jahrbücher f ü r Nationalökonomie u n d Statistik, I I I . Folge, 43. Bd., Jena 1912, S. 1—32, S. 3 u n d 10. u Vgl. Veit, Otto, Grundriß der Währungspolitik, S. 391. 12 Vgl. Halm, George N.: a.a.O., S. 259. 13 Vgl. A I V .

I. Währungsreserven, Deckungsverhältnis, ungedeckter Notenumlauf

45

Veränderung des Goldbestandes eine den dreifachen Umfang erreichende Veränderung der Notenmenge zu folgen hätte. Die Forderung nach einer direkt proportionalen Veränderung dürfte jedoch den Kern der Spielregel nicht treffen; es kann nicht vom mehr oder weniger willkürlich gewählten Deckungsverhältnis abhängen 14 , i n welchem Umfang eine Veränderung der Geldmenge bei einer Veränderung der Goldreserve zu erfolgen hat. Dabei ist auch noch zu berücksichtigen, daß die direkt proportionalen Veränderungen der Geldmenge dann nicht zu einem internationalen Gleichgewicht führen, wenn die verschiedenen Länder unterschiedliche Deckungsvorschriften i m nationalen Währungssystem zu verwirklichen haben 15 . Fellner hält es wohl deshalb für ausreichend, wenn der Veränderung der Goldbasis eine gleichgerichtete, wenn auch nicht unbedingt proportionale Veränderung der abhängigen Zahlungsmittelmenge folgt 1 6 . Die ideale Lösung ist nach Hayek dann gegeben, wenn die Veränderungen der Geldmenge i m gleichen Umfange wie die Veränderungen der Goldmenge erfolgen, damit der Vervielfältigungseffekt nicht eintritt 1 7 . Auch Keynes sieht in der unorganischen Kreditausweitung bzw. Krediteinschränkung auf Grund des Vervielfältigungseffekts eine unerwünschte inflatorische bzw. deflatorische Wirkung 1 8 . Ein spielregelgerechtes Verhalten liegt daher dann vor, wenn der Veränderung der Goldmenge i m gleichen Umfange eine Veränderung der Geldmenge folgt; diese Definition w i r d den nachfolgenden Untersuchungen zugrunde gelegt. Der Vervielfältigungseffekt ist automatisch ausgeschlossen, wenn der Geldumlauf nur aus Goldmünzen besteht; laufen daneben noch Banknoten um, so muß der Papiergeldumlauf so geregelt sein, daß der Gesamtumlauf an Zahlungsmitteln denselben Bedingungen unterworfen wird, die bestehen würden, wenn der Gesamtumlauf rein metallisch u Ad. Wagner bezeichnete die 33 1/3 %-Deckung als eine willkürliche Z i f fer. Vgl. Wagner, Ad., i n : Bankenquete 1908/09, Stenographische Berichte. Die Verhandlungen der Gesamtkommission zu P u n k t V I des Fragebogens, B e r l i n 1910, S. 88. Ä h n l i c h bereits Bamberger vor dem Reichstag; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 54. Sitzung am 27. Januar 1875, S. 1331. 13 Vgl. v.Hayek, F. Α.: Monetary Nationalism and International Stability, London/New York/Toronto 1937, S. 32 f.; ähnlich auch Loesch, August: V e r rechnung u n d Goldwährung — ein Vergleich, i n : Die Bank, B e r l i n 1940, S. 603—606, S. 604.

Vgl. Fellner, W i l h e l m : Die quantitative Selbstregulierung der Zahlungsbilanz, i n : Archiv für Sozial Wissenschaft u n d Sozialpolitik, Bd. 69, Tübingen 1933, S. 590—628, S. 605. 17 Vgl. Hayek , F. Α.: a.a.O., S.79ff. 18 Keynes , John Maynard: V o m Gelde, B e r l i n 1955, S. 514 f.; ähnlich auch Forstmann, Albrecht: Volkswirtschaftliche Theorie des Geldes, 1. Hauptteil, Bd. 1, S. 624.

46

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

wäre 1 9 . Dies läßt sich dadurch verwirklichen, daß ein bestimmter Betrag an ungedeckten Noten zugelassen w i r d ; jede darüber hinausgehende Note ist dann voll durch Gold zu decken. Dieses Prinzip, das i m wesentlichen der englischen Bankverfassung seit der Fleischen Bankakte von 1844 zugrunde lag 2 0 , fand i n Deutschland seinen Niederschlag i n der indirekten Kontingentierung des Notenumlaufs, wenn auch die begründete Überschreitung des Notenkontingents nicht ausgeschlossen sein sollte und neben Gold nach § 9 Bankgesetz noch andere Deckungsmittel zugelassen waren. Die Reichsbank betonte jedoch bereits in ihrer ersten Festschrift, daß sie der Entwicklung des Goldbestandes besondere Bedeutung beimißt, da sie „auf Verlangen ihre Zahlungen stets i n dem einzigen vollwerthigen Gelde, nämlich in Goldgeld, leistet .. ." 2 1 . So hat sie auch ihre Maßnahmen mehr auf Grund von Veränderungen der Goldbestände als auf Grund der Veränderungen das Barvorrats nach § 9 Bankgesetz ergriffen 22 . Nicht die Höhe des Barvorrats, sondern die Entwicklung der Goldbestände ist für die Höhe des Diskontsatzes bedeutsam 23 . Die hier dargelegten Argumente lassen es zweckmäßig erscheinen, das Verhalten der Reichsbank i n bezug auf die Veränderung der Geldmenge bei einer Veränderung der Währungsreserven nicht am Dekkungsverhältnis der Banknoten — sei es nun die Bardeckung oder die Golddeckung — zu messen 24 ; denn erfolgt in diesem Falle eine Veränderung der Geldmenge i m gleichen Umfange wie die Veränderung der Goldmenge bzw. des Barvorrats, so schlägt sich dies, obwohl ein „spielregelgerechtes" Verhalten vorliegt, i n einem Schwanken der Deckungsverhältnisse nieder 25 . Die zweckmäßigere Lösung ist es, wenn die Entwicklung des nicht durch Gold gedeckten Notenumlaufs als Grundlage für diese Untersuchung gewählt wird. „Die Anwendung der ι» Vgl. Torrens, R., zitiert nach Fossati, Eraldo: Der Automatismus der Goldwährung, i n : Weltwirtschaftliches Archiv, hrsg. v. Jessen, 39 Bd. (19341), Jena 1934, S. 316—346, S. 325. so Vgl. z. B. Clapham, John: The Bank of England, Volume I I , Cambridge 1958, S. 182 ff. 21 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S.48. 22 Vgl. ebenda, S. 131. 23 Vgl. Lexis, W.: Vergleichende Untersuchungen . . . , S. 12. 24 Die auch heute noch übliche Heranziehung des Deckungsverhältnisses dürfte ihren traditionellen Ursprung i n den Deckungsvorschriften des B a n k gesetzes haben. Allgemein wurde früher f ü r die Beurteilung des Standes der Reichsbank das Deckungsverhältnis der Banknoten durch den Goldvorrat bzw. den Barvorrat herangezogen. Vgl. z.B. Plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , i n Bank-Archiv, S. 242 ff.; Lexis, W.: Vergleichende U n t e r suchungen . . . , S. 10 ff. 25 Darauf hat bereits die Reichsbank i n ihrer ersten Festschrift hingewiesen. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 47.

I. Währungsreserven, Deckungsverhältnis, ungedeckter Notenumlauf

47

Peeischen Methode auf die . . . Goldwährung ist . . . durchaus vertretbar 2 6 ." Die nachfolgende graphische Darstellung zeigt die Entwicklung des durch Gold nicht gedeckten Notenumlaufs. Dem starken Anstieg i n den Jahren 1880—1882 folgte von 1883—1896 ein Schwanken um den Ausgangswert von 398 M i l l . Mark des Jahres 1876. Die Zeit von 1897—1914 ist i m allgemeinen von einer starken Zunahme des nicht gedeckten Notenumlaufs gekennzeichnet; lediglich i n den Jahren 1901—1902 und 1908—1909 war ein Rückgang zu beobachten 27 . Auf Grund der Tatsache, daß sich die durch Gold nicht gedeckte Notenmenge von 1876—1913 mehr als verdoppelt hat, läßt sich feststellen, daß diese Entwicklung

D a r s t e l l u n g 2 : Durch Gold nicht gedeckter Notenumlauf (1), Diskontsatz (2) u n d Rentabilität der Wechselanlage (3) der Reichsbank von 1876—1913. Zahlen vgl.: Anlage 3, Spalte 4. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 80, S. 209. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 46, S. 91.

nicht m i t der Spielregel — Veränderung der Geldmenge i n gleicher Höhe, wie die Änderung der Goldreserve erfolgte — zu vereinbaren ist 2 8 . Die Notenmenge wurde i n größerem Umfange ausgedehnt, als es der Entwicklung der Goldreserven entsprach. Das Gewicht dieser 26 Schneider, Franz Paul: Z u r Theorie der Goldwährung, Jena 1939, S. 124. 27 Zahlen vgl. Anlage 3. 28 Bei Zugrundelegung eines konstanten Deckungsverhältnisses ergibt sich eine etwas andere Lage. Vgl. dazu C V 6 .

48

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Verletzung läßt sich jedoch erst feststellen, wenn man die Reaktion der Reichsbank auf dieses Anwachsen der ungedeckten Notenmenge mit heranzieht. II. Die Zinspolitik der Reichsbank Die Diskontpolitik galt als „klassisches" M i t t e l zur Beeinflussung der Kreditnachfrage und Regulierung des Goldbestandes. „Wie bei den Waaren ein hoher Preis einschränkend, ein niedriger Preis belebend auf die Nachfrage w i r k t , so beschränkt ein hoher Zinssatz die Kreditansprüche und w i r k t dadurch einerseits einer übermäßigen Ausdehnung des Notenumlaufs, andererseits einer allzu starken Verminderung des Baarvorraths der Bank entgegen. Gleichzeitig ist ein hoher Diskont geeignet, Gold aus dem Auslande herbeizuziehen oder auch einen Goldabfluß nach dem Auslande zu verhindern .. . 2 9 ." Helfferich drückte sich recht vorsichtig aus, wenn er sagte: „So erleichtert der niedrige Zinsfuß die Uberwindung der schwierigen Zeit und befördert das Wiederaufleben des Unternehmungsgeistes 30 ." Auch heute noch ist die Frage umstritten, inwieweit eine Diskontveränderung auf die Nachfrage nach Kredit Einfluß ausüben kann; der wesentliche Faktor dürfte dabei die Gewinnerwartung der Unternehmer und die Bedeutung des Zinses als Kostenfaktor sein 31 . I m Zeichen hoher Gewinne und (oder) geringer Kapitalintensität dürfte eine Diskontveränderung einen geringen, bei gedämpften Gewinnerwartungen und (oder) hoher Kapitalintensität einen großen Einfluß haben. Die Frage, ob eine Diskonterhöhung das gesamte Kreditvolumen der Volkswirtschaft verringerte oder lediglich eine Verlagerung der Kreditnachfrage zwischen der Reichsbank und anderen Quellen verursachte, kann hier nur am Rande berührt werden. Es ist zu berücksichtigen, daß die Reichsbank nur eine der möglichen Kreditquellen war. Ein Rückgang ihrer Inanspruchnahme auf Grund einer Diskonterhöhung zeigte damit nicht auch gleichzeitig eine Verringerung der gesamten Kreditinanspruchnahme an. Ein Ausweichen auf andere Märkte — z. B. den Geldmarkt mit seiner Verbindung zu den internationalen Geldmärkten 3 2 — machte u.U. sogar eine Uberkompensierung möglich 33 . 29 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 125. 30 Helfferich, K a r l : Das Geld, 6. Aufl., Leipzig 1923 ( l . A u f l . 1903), S. 619. 31 Vgl. Halm, George N.: a.a.O., S. 139—142. Z u den Wirkungen der Diskontpolitik auf einzelne Teilmärkte vgl. Rittershausen, Heinrich: Die Zentralnotenbank, F r a n k f u r t 1962, S. 69 ff. 32 Vgl. z.B. Plenge, Johann: V o n der Diskontpolitik . . . , i n : Bank-Archiv, S. 259.

I I . Zinspolitik der Reichsbank

49

Daneben hatte eine Diskonterhöhung aber auch eine psychologische Wirkung; mit einer Erhöhung zeigte die Bank, daß sie „ihren Geldbestand für bedroht hält und das macht dann Eindruck, nicht das halbe Prozentchen" 34 . Aber es war nicht zu verkennen, daß bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Diskontpolitik nicht mehr mit der „nötigen Schärfe" wirkte 3 5 . Betrachtet man die Diskontpolitik der Reichsbank und vergleicht die jährlichen Durchschnittsdiskontsätze mit der Entwicklung des durchschnittlichen, durch Gold nicht gedeckten Notenumlaufs 36 , so zeigt sich deutlich die Reaktion der Reichsbank auf eine Veränderung des ungedeckten Notenumlaufs. Ein Anwachsen des durch Gold nicht gedeckten Notenumlaufs hatte regelmäßig ein Anziehen des Zinssatzes zur Folge; auf der anderen Seite trat bei einer Abnahme des ungedeckten Notenumlaufs sofort eine Reduzierung der Zinssätze ein. Diese Aussage gilt, wie Bloomfield gezeigt hat 3 7 , auch dann, wenn für das spielregelgerechte Verhalten die Einhaltung eines konstanten Deckungsverhältnisses gefordert wird. Einem Ansteigen des Deckungsverhältnisses standen Diskontsenkungen, einem Fallen des Deckungsverhältnisses Diskonterhöhungen gegenüber. Die Zinspolitik der Reichsbank ist jedoch m i t der Darstellung der offiziellen Diskontsätze noch nicht vollständig. Von 1880—1896 ging sie, m i t Ausnahme des Jahres 1891, dazu über, einen Teil des ihr angebotenen Wechselmaterials zu einem teilweise erheblich unter ihrem offiziellen Diskontsatz liegenden Privatsatz zu diskontieren. Zu diesem Schritt sah sie sich auf Grund der niedrigen Marktsätze für erstklassige Wechsel — den sogenannten Privatdiskonten — gezwungen, um, wie sie selbst sagte, den Kontakt mit dem Markt nicht zu verlieren 3 8 . Der Umfang dieser Ankäufe unter dem offiziellen Satz schlug sich in der Rentabilität der Wechselanlage nieder. Während sich diese Rentabilität normalerweise nur geringfügig vom offiziellen Diskontsatz unterschied, lag sie von 1880—1896 erheblich unter dem Diskontsatz 39 ; die Rentabilität der Wechselanlage gibt ein besseres B i l d 33 Vgl. dazu auch C I I I 2 b). 34 Gesell, Silvio, Frankfurth, Ernst: A k t i v e Währungspolitik, Leipzig 1909, S. 32. 35 Vgl. v.Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbank . . . , S. 26. Diese E i n schränkung galt jedoch n u r f ü r die inländische Kreditnachfrage; die internationalen Geldströme reagierten w e i t e r h i n auf relativ geringfügige Zinsdifferenzen zwischen den einzelnen Geldmärkten. 3β Vgl. C 1 3 , Darstellung 2. 37 Vgl. Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 31. 38 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1900, S. 222. 3fl Vgl. C I 3, Darstellung2. 4 Seeger

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

von der tatsächlichen Zinsentwicklung als der offizielle Diskontsatz. Zwar ändert sich nichts an der Richtung der Zinsentwicklung; sie zeigt dieselbe Entwicklung wie der offizielle Diskontsatz und entspricht somit den Schwankungen des ungedeckten Notenumlaufs. Aber die Höhe des tatsächlich herrschenden Zinses erfährt eine bedeutende Berichtigung. Es w i r d deutlich, daß i n der Zeit von 1883—1896 die Zinssätze der Reichsbank erheblich unter dem Ausgangswert von 1876 lagen 4 0 ; damit wurden sie dem ungedeckten Notenumlauf, der zeitweise ebenfalls unter dem Betrag von 1876 lag, gerecht. Diese Entwicklung zeigt deutlich, daß die deflatorischen Tendenzen jener Zeit nicht, wie häufig angenommen wird, die Folge eines akuten Goldmangels gewesen sind 4 1 . Die Diskontierung zu Vorzugssätzen wurde später von v.Lumm kritisiert, „ w e i l die Bank damit selbst i n den Wettbewerb mit den Faktoren des freien Marktes eintritt und so die an i h m zustandekommenden Sätze noch weiter hinabdrückt, anstatt sie zum Niveau ihres offiziellen Satzes heraufzuziehen. Sie fördert den Gegensatz zwischen Börsendiskont und Bankdiskont, sie vergrößert die Spannung zwischen diesen Sätzen, anstatt sie zu verkleinern" 4 2 . Diese K r i t i k ist unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Spielregel nicht gerechtfertigt. Die Gewinnabsicht der Reichsbank, die sie zu Zinssenkunken veranlaßte, um ihre „Fonds" zu beschäftigen, wirkte durchaus i m Sinne der Spielregel 43 . Auf diese Weise konnte der Zinsautomatismus zur Auswirkung kommen. Das sprunghafte Ansteigen des ungedeckten Notenumlaufs nach 1897 hatte ein, wenn auch dem Anstieg nicht voll entsprechendes, Anziehen der Zinssätze zur Folge. Dies hatte seine Gründe nicht zuletzt i n der massiven K r i t i k politisch maßgeblicher Kreise, daß die Zinssätze i n Deutschland höher als i n den wichtigsten anderen Ländern seien und die dafür die Reichsbank verantwortlich machten 44 . Bezogen auf das 40 Die K r i t i k Schmalenbachs, daß die Zinssätze wegen der Knappheit des Goldes relativ hoch gehalten worden seien u n d daß dadurch die Ü b e r w i n dung der Wirtschaftsdepression erschwert worden sei, dürfte bei Berücksichtigung der niedrigen Privatdiskont- u n d Marktsätze ihre Berechtigung verlieren. Vgl. Schwalenbach, Eugen: Kapital, K r e d i t u n d Zins . . . , S. 207. Vgl. z.B. Cassel, Gustav: Der Zusammenbruch der Goldwährung, S. 9f.; ähnlich auch Walras, Léon: Theorie des Geldes, hrsg. v. Kerschagl u n d Raditz, Jena 1922, S. 73 f. Eine Darstellung der Meinungen jener Zeit findet sich bei Rist, Charles: Geschichte der Geld- u n d Kredittheorien von John L a w bis heute, Bern 1947, S. 221 ff. 4 2 υ. Lumm, K a r l : Diskontpolitik, S. 147. 43 Veit sieht den Gesichtspunkt des privatwirtschaftlichen Ertrages als spielregelwidriges Element an. Vgl. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 115. 44 Vgl. Plenge, Johann: V o n der Diskontpolitik . . . , i n : Bank-Archiv, S. 244.

I I . Zinspolitik der Reichsbank

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Deckungsverhältnis der Banknoten bedeutet dies, daß sie das einem mäßigen Diskontsatz zugeordnete Normaldeckungsverhältnis beständig herabgehen ließ, den mäßigen Zinssatz immer bereitwilliger gewährte, obwohl sich ihre Liquidität laufend verschlechterte 45 . Die Diskontierung unter dem offiziellen Satz wurde trotz der Ermächtigung durch die Bankgesetznovelle von 1899 nicht wiederaufgenommen. Die Diskontsätze selbst lagen i m Durchschnitt um 1—2 °/o über den Sätzen der Periode von 1883—96. Diese Verteuerung des Kredits wurde von Haven stein, dem Präsidenten des Reichsbankdirektoriums, richtig als eine Folge des gesteigerten Kapital- und Kreditbedarfs angesehen 46 . Auch die Entwicklung der Lombardsätze gibt ein charakteristisches B i l d von der Zinsverfassung. Normalerweise lagen sie genau 1 °/o über den Diskontsätzen. I n der Zeit von 1884—97 wurden sie jedoch bei der Verpfändung von deutschen Staatspapieren um 1/2 % herabgesetzt 47 . Auch von dieser Seite wurde, wie die Rentabilität der Lombardanlagen zeigt, ein Druck auf die Zinssätze ausgeübt. Nun war es zweifellos nicht das Bestreben der Reichsbank, den durch Gold nicht gedeckten Notenumlauf konstant zu halten. Sie war vielmehr bemüht, mit Rücksicht auf die Ertragslage keine allzu großen Uberschußreserven anzusammeln; es schien ihr unzumutbar, wie ν. Deckend vor dem Reichstag ausführte, Zuflüsse an Währungsreserven ungenutzt in ihren Kellern ruhen zu lassen. „Aber, meine Herren, als völlig gleichgiltig kann ich es doch nicht betrachten, ob die Fonds der Bank beschäftigt werden oder steril in ihren Gewölben liegen bleiben . . . Nach meiner Auffassung soll die Reichsbank Geschäfte zwar nicht aufsuchen, aber ebensowenig die sich ihr darbietende Gelegenheit, ihre müßigen Fonds sicher und bankmäßig anzulegen, unbenutzt lassen" 4 8 ; so war sie bemüht, mit Hilfe des Privatdiskonts „sich eine gewisse Anzahl erstklassiger Wechsel zu sichern" 49 . Sie glaubte zudem, damit der ihr in § 12 Bankgesetz auferlegten Pflicht gerecht zu werden, „für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals zu sorgen". Auf der anderen Seite war sie m i t Rücksicht auf die Sicherung der Einlösungspflicht darum besorgt, das Deckungsverhältnis nicht zu weit absinken zu lassen, weil die Vorschrift der Dritteldeckung uneingeschränkt auch an einzelnen Tagen m i t besonders starken Anspannungen galt und nicht, wie von Bendixen vorgeschlagen, mit einem „tunlichst" 45 Vgl. Plenge, Johann: ebenda, S. 243. 46 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 79. Sitzung am 14. Januar 1908, S. 2413. 47 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 80, S. 209. 48 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 8. Sitzung am 25. Februar 1880, S. 135. 49 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S.222. 4*

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

versehen wurde 5 0 . Den Entschluß zu Diskonterhöhungen faßte die Reichsbank nicht, weil sie sonst ihre Noten nicht mehr hätte einlösen können, sondern w e i l die vorgeschriebene Dritteldeckung in Gefahr war 5 1 . Insbesondere die Abnahme der Golddeckung war für sie das Zeichen für die Erhöhung ihrer Zinssätze. Der Zwang zur Haltung von Pufferreserven ergab sich sowohl auf Grund der Anspannungen an den Monats-, Quartals- und Jahresenden 52 als auch wegen der jahreszeitlichen Schwankungen des Geldbedarfs, so daß der i n der Literatur oft herangezogene Spielraum für die mögliche Verschlechterung der Notendeckung auch bei relativ hohen Deckungssätzen nicht so weit war, wie gemeinhin angenommen wurde 5 3 . Die Liquiditätsanspannungen i m Herbst und Winter als Folge der Erntefinanzierung 54 und der Abwicklung der Weihnachtsgeschäfte führten zu einer besonders starken Inanspruchnahme der Notenbank; dies hatte regelmäßig eine Erhöhung der Diskontsätze zur Folge. Die zu Beginn des neuen Jahres eingetretene Entspannung führte dann wieder zu einer Herabsetzung des Diskonts. Von 1880—96, als die Reichsbank zeitweise unter ihrem offiziellen Satz diskontierte, machten sich die Saisonschwankungen auch bemerkbar. I m Herbst und Winter wurde der Ankauf von Wechseln unter dem offiziellen Satz entweder ganz eingestellt 55 oder die Sätze wurden dem offiziellen Diskontsatz weitgehend angenähert 56 . Zum Teil dürften die Herbstanspannungen und damit die i n ihrer Folge erhöhten Diskontsätze von den Privatnoten- und Geschäftsbanken „induziert" worden sein. Die jahreszeitlichen Schwankungen waren so stark i m Bewußtsein verhaftet, daß die einzelnen Banken, i n Erwartung der höheren Diskontsätze, zuvor noch Rediskontierungen länger laufender Wechsel vornahmen, um noch i n den Genuß der niedrigen Sätze zu kommen; dies hatte dann die Anspannung und daraus resul50

Vgl. Bendixen, Friedrich: Das Wesen des Geldes, S. 61 f. si Vgl. Knapp, Georg Friedrich: Die hohen Diskontosätze u n d unsere V e r fassung des Geldwesens, i n : Bank-Archiv, V I . Jg., B e r l i n 1906/07, S. 41—46, S. 42. 52 Vgl. C I V 5 a) 53 Vgl. z. B. Société des Nations, Rapport de la Délégation de l'Or d u Comité financier, S. 12: „D'autres banques . . . conservaient une encaisse si importante qu'elles pouvaient perdre des quantités considérables d'or avant d'avoir besoin de relever leur taux d'escompte." A u f den verhältnismäßig engen Spielraum weist dagegen auch Hawtrey hin; vgl. Hawtrey, R. G.: The Gold Standard i n Theory and Practice, 5. Aufl. London/New York/Toronto 1947, S. 50 f. 54 Sowohl die Nachfrage nach Währungsgeld zum A n k a u f der inländischen Ernte als auch die Finanzierung der Getreide- u n d Baumwollimporte, denen i m selben Zeitraum keine gleich hohen Exporte gegenüberstanden, sind hier zu berücksichtigen. Vgl. Somary, Felix: Bankpolitik, S. 101. 55 I n den Jahren 1880, 81, 82, 89, 90, 93, 95, 96. se Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 78, S. 202 ff.

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tierende Zinserhöhungen zur Folge 57 . Andererseits hatten die erwarteten Diskontveränderungen der Reichsbank auch Einfluß auf die Zinsgestaltung der Banken; so erhöhte z. B. die Sächsische Bank Mitte Dezember 1911, als sich der freie Marktsatz dem Bankdiskont näherte und ein Anziehen des Reichsbankdiskontsatzes erwartet wurde, ihren eigenen Diskontsatz von 5 auf 5 1/2 °/o. „ I n diesem Falle hätte die Sächsische Bank bei Beibehaltung ihres alten Satzes Wechsel, für die sie selbst nur 5 % Diskontvergütung erhielt, möglicherweise Ende des Jahres zu 5 1/2 °/o oder 6 °/o bei der Reichsbank rediskontieren müssen, also bares Geld zugesetzt 58 ." Nicht immer zeigten sich die Saisonschwankungen an der Veränderung des Bankdiskonts. Insbesondere i n den ersten Jahren nach Begründung der Reichsbank waren die saisonalen Einflüsse verdeckt. Dies war einmal die Folge der Währungsumstellung von Silber auf Gold. Wie später noch darzustellen sein wird, führte diese Umstellung zu einer besonders starken Inanspruchnahme der Reichsbank von Seiten des Inlandes; die Silberreserven stiegen an, während die Goldreserven sanken. Als zweiter störender Einflußfaktor haben die Goldexporte jener Zeit zu gelten. Wenn sie auch vom absoluten Betrag her gesehen keinen beängstigenden Umfang annahmen, so sah sich die Reichsbank auf Grund ihrer zusammengeschrumpften Goldreserven doch zu Diskonterhöhungen gezwungen. Die Diskontentwicklung war mehr von den internationalen Goldströmen als vom Gang des inländischen Geschäfts beherrscht 59 . Von 13 Erhöhungen i n der Zeit von 1876—1910, die nach der Darstellung der Reichsbank ausschließlich zum Schutze vor einem Abfluß der Goldreserven ins Ausland dienten, entfielen allein 8 auf die Zeit von 1877—188260. Daß die Bemühungen ohne Erfolg blieben ist darauf zurückzuführen, daß die freien Marktsätze wesentlich niedriger lagen und durch die Diskontveränderungen kaum beeinflußt wurden. Die Hauptschuld daran gab die Reichsbank den Privatnotenbanken. Diese konnten, „wenn die Reichsbank i n Rücksicht auf die inneren Verkehrsverhältnisse oder die ausländischen Beziehungen unserer Währung den Diskont hochzuhalten suchte, dieses Bestreben durch die Gewährung billigen Kredits mittels der Ausnutzung ihres Noten57 Vgl. z.B. Lansburgh, Alfred: Spekulation u n d Geldmarkt, i n : Die Bank, Berlin 1909, S. 1021—1035, S. 1022 f.; auch Bopp, K a r l R.: a.a.O., S. 198 Fußnote. 58 o. Verf., Diskontpolitik, i n : Die Bank, B e r l i n 1912, S. 82—84, S. 83. sa Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 150. 60 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 84, S. 222. „ F ü r die Beeinflussung der Baargeldbewegungen zwischen I n l a n d u n d Ausland ist der Zinssatz zwar nicht das einzige, aber, w i e von allen Autoritäten anerkannt w i r d , das weitaus wichtigste u n d wirksamste M i t t e l " , Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 125.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

rechts erschweren oder gar vereiteln" 6 1 . I m Wege der freien Ubereinkunft war jedoch von den Pirvatnotenbanken die Zusage erreicht worden, „ i m Falle eines drohenden Goldexports nicht unter dem Satz der Reichsbank diskontiren zu wollen" 6 2 . Durch die Änderung des Bankgesetzes von 1899 wurden die Privatnotenbanken weitgehend an den Diskontsatz der Reichsbank gebunden; sie umgingen diese Vorschriften jedoch dadurch, daß sie weniger Wechselkredite und dafür mehr Lombardkredite gaben. Für diese waren sie i n der Zinsfestsetzung völlig frei 6 3 . Diskontentwicklungen, die in diesen jahreszeitlichen Rhythmus anscheinend nicht eingeordnet werden können, müssen jedoch auch unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Zinsentwicklung gesehen werden. I m Zeichen eines langfristig sinkenden Zinsfußes ist eine Unterbrechung der Zinssenkung i n den Herbstmonaten auch ein Zeichen besonderer Anspannung. Berücksichtigt man die hier dargestellten Reaktionen der Reichsbank auf die Veränderung ihrer Währungsreserven — insbesondere der Goldreserven — so w i r d man feststellen müssen, daß die sich aus der Vergrößerung des durch Gold nicht gedeckten Notenumlaufs ergebende Verletzung der Spielregel für sich allein betrachtet nicht so gravierend war, daß dem Automatismus bereits dadurch die Grundlage entzogen wurde. Die hier dargelegten Maßnahmen der Reichsbank entsprachen zumindest i n der Richtung den Anforderungen, die an sie zu stellen sind. Dabei ist es unbedeutend, auf Grund welcher Motive die Zentralbank diese Maßnahmen ergriff; es ist unbestritten, daß die Notenbanken ihre Politik nicht auf die Einhaltung bestimmter Spielregeln abstellten. Diesen Aspekt betont auch Bloomfield, wenn er schreibt: „ I can find no clearcut evidence that any central bank ever lowered its discount rate following gold inflows from abroad because of an explicit desire to play, or even because of an awareness of, the ,rules of the game' 64 ." Daß die Inanspruchnahme der Reichsbank trotz erhöhter Zinssätze laufend zunahm, so daß die erhoffte Wirkung der Zinserhöhung nicht eintrat, kann der Reichsbank nicht zum Vorwurf gemacht werden. Dieses Phänomen ist auch heute zu beobachten 65 . ei Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900,, S. 220. 62 Ebenda, S. 220. 63 Vgl. Helfferich, K a r l : Der deutsche Geldmarkt 1895 bis 1902, i n : Schriften des Vereins f ü r Socialpolitik, 110. Bd., Die Störungen i m deutschen Wirtschaftsleben während der Jahre 1900 ff., 6. Bd. Geldmarkt/Kreditbanken, Leipzig 1903, S. 1—80, S. 49. 64 Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 24. es Vgl. Stucken, Rudolf: Was s t i m m t nicht m i t unserem Geld?, Hamburg 1967, S. 52 ff.

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

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I m folgenden soll nun untersucht werden, wie die Goldreserven, die hier zugrunde gelegt wurden, zustandegekommen sind.

I I I . Schwankungen der Währungsreserven auf Grund der internationalen Verflechtung 1. I m Waren- und Dienstleistungsbereich

Die Hauptschwierigkeiten bei der Erfassung des deutschen Außenhandels i m 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts liegen sowohl i n der „Unauffindbarkeit eines einheitlichen deutschen Wirtschaftsgebietes" 6 6 als auch in der unterschiedlichen — z. T. nur lückenhaften — statistischen Erfassung. I n bezug auf das deutsche Wirtschaftsgebiet ist zwar bereits 1834/35 mit dem Zusammenschluß der wichtigsten deutschen Staaten zum deutschen Zollverein eine Abgrenzung gegenüber dem „Ausland" möglich. Jedoch fehlten zu jener Zeit noch einige deutsche Gebiete, die i n der Handelsstatistik als „Ausland" erschienen und die erst i m Laufe der Zeit dem Zollverein beitraten. Erst 1888 war dieser Vorgang durch den Zollanschluß von Hamburg, Bremen und einigen preußischen und oldenburgischen Gebietsteilen beendet 67 . Noch größere Schwierigkeiten ergeben sich durch die teilweise sehr lückenhafte Aufzeichnung. Aus den Zahlen bis 1871 läßt sich, da nicht alle ein- und ausgeführten Waren erfaßt wurden, kein Uberblick über den jährlichen Gesamtwarenumsatz des Zollgebiets m i t dem Ausland gewinnen. Auch i n dem zweiten vom Statistischen A m t gebildeten Zeitraum von 1872—1879 läßt das Zahlenmaterial mangels einer gesetzlichen Verpflichtung zur statistischen Anmeldung, insbesondere der Erfassung der Ausfuhr, zu wünschen übrig 6 8 . Darüber beklagte sich bereits Bamberger, der die Abweichung der tatsächlichen Ausfuhr von der statistisch erfaßten i n Anlehnung an Soetbeer mit etwa 25 °/o angibt 6 9 . Erst das Gesetz über die Statistik des Warenverkehrs des deutschen Zollgebiets m i t dem Auslande vom 20. J u l i 1879 ermöglichte ab 1880 eine weitgehend vollständige Erfassung des Außenhandels. ββ Sombart, Werner: Die deutsche Volkswirtschaft i m neunzehnten Jahrhundert u n d i m Anfang des 20. Jahrhunderts, 5. Aufl. B e r l i n 1921, S. 37 i m Original gesperrt gedruckt. 67 Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Handbuch . . . , 2. Teil, S. 4 ff.; 1891 fand durch den Anschluß der österreichischen Gemeinde M i t t e l berg noch eine — unbedeutende — Veränderung statt. Vgl. ebenda, S. 4. es Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Handbuch . . . , 2. Teil, S. 5. Vgl. Bamberger,

L u d w i g : Reichsgold, S. 133 f.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Da jedoch die Angaben über den Warenverkehr mit dem Zollgebiet nur nach Gattung, Menge, Herkunfts- und Bestimmungsland anzumelden waren, beruhen die Wertangaben auf Schätzungen, die von einer Kommission von Sachverständigen alljährlich festgestellt w u r den. Auch daraus ergaben sich Abweichungen von den tatsächlichen Werten 7 0 . Das Gesetz, betreffend die Statistik des Warenverkehrs mit dem Auslande, vom 7. Februar 1906, brachte Veränderungen in der Einteilung der einzelnen Waren und läßt in dieser Beziehung einen Vergleich m i t früheren Jahren nur bedingt zu; für die Gesamt-Jahresergebnisse jedoch, die i m folgenden dargestellt werden, sind diese Änderungen ohne Bedeutung 71 . Die nachfolgenden Zahlen umfassen den sog. Spezialhandel. Die unmittelbare Durchfuhr ist i n diesen Werten nicht mit enthalten. Da i n diesem Rahmen lediglich der Außenhandelssaldo interessiert, w i r d auf die Darstellung der Ein- und Ausfuhrziffern hier verzichtet und auf den Anhang 7 2 verwiesen. Aus der amtlichen Statistik, deren Zahlen m i t den oben genannten Einschränkungen zu betrachten sind, ergibt sich folgendes Bild: Von 1876—1879 zeigt sich, wie auch schon in der Zeit von 1872—1875, ein statistisches Handelsbilanzdefizit i n der Größenordnung von 1 Mrd. Mark 7 3 . Diese Zahlen geben zweifellos wegen der unvollständigen Erfassung der Ausfuhr ein zu ungünstiges B i l d von der tatsächlichen Situation. Die Umkehr zu einem geringen Außenhandelsüberschuß i m Jahre 188074 dürfte weitgehend die Folge der genaueren statistischen Aufzeichnungen sein, die m i t dem Jahre 1880 wirksam wurden 7 5 . Man w i r d also davon ausgehen können, daß die Handelsbilanz auch i n dem Zeitraum von 1876—1879 in etwa ausgeglichen war. Die Jahre 1884 und 1885 zeigten ein kleines Defizit (5,1 bzw. 63,7 M i l l . Mark), 1886 und 1887 dagegen einen geringen Uberschuß (100,9 bzw. 6,6 M i l l . Mark). Die nun folgenden Jahre ergaben ein sprung70 Dieser Mangel wurde u.a. von Lexis herausgestellt; vgl. Lexis , W.: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 74. 71 Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Handbuch . . . , 2. Teil, S. 5 ff. 72 Vgl. Anlage 4. 73 1876 = 1.306,5 M i l l . M a r k , 1877 = 1.045,4, 1878 = 800,3, 1879 = 1.067,3 M i l l . Mark. 74 1880 = 132,4, 1881 = 104,1, 1882 = 145,2, 1883 = 75,7 M i l l . Mark. 75 Selbst w e n n m a n berücksichtigt, daß die auf G r u n d der französischen Kriegsentschädigung entfachte Hausse, die auch ein starkes Ansteigen der Importe zur Folge hatte (vgl. Bamberger, L u d w i g : Reichsgold, S. 133 f.) nach der Krise von 1873 einer ruhigeren Entwicklung Platz machte u n d damit sich auch der deutsche I m p o r t wieder normalisierte, läßt sich die sprunghafte Veränderung nicht anders erklären.

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

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haft ansteigendes Defizit. Während es 1888 nur 73,0 Mill. Mark waren, erreichte es 1889 bereits 830,7 M i l l . Mark. Zum Teil ist diese starke Veränderung auf konjunkturelle Einflüsse, zum Teil aber auch auf die Erweiterung des Zollvereins zurückzuführen 76 . Bezogen auf das gesamte deutsche Reichsgebiet dürfte der Umschwung zu einer defizitären Handelsbilanz daher schon einige Jahre zuvor stattgefunden haben. Die weitere Entwicklung des Defizits zeigt die nachfolgende Darstellung; der höchste Wert ergab sich i m Jahre 1909 mit 2.001,7 Mill. M a r k 7 7 .

D a r s t e l l u n g 3:

Handelsbilanzdefizit des Deutschen Reichs v o n 1889 bis 1913 (in Mrd. Mark).

Bei der Würdigung der Höhe des Außenhandelssaldos muß der Goldverkehr m i t dem Ausland noch gesondert betrachtet werden. Die früheren Statistiken führen den Goldverkehr genauso wie jede andere Ware in der Handelsstatistik als Ein- bzw. Ausfuhr auf. Diese Handhabung, die der heutigen Auffassung über die Edelmetallströme — Goldversendungen dienen dem Ausgleich eines Zahlungsbilanzsaldos 78 — widerspricht, legt es nahe, die Ein- und Ausfuhrzahlen u m den Goldverkehr zu bereinigen. Dies ist aber wegen der unterschiedlichen Verwendung des Goldes nicht möglich. Ein großer Teil des eingeführten Goldes diente der Industrie als Rohstoff für Schmuckgegenstände und 76 Vgl. Reichs-Marine-Amt, Die Entwicklung der deutschen Seeinteressen i m letzten Jahrzehnt, Sonderheft zur Marine-Rundschau 1905, B e r l i n 1905, S.ll. 77 Die Zuverlässigkeit der amtlichen Zahlen wurde — insbesondere i n bezug auf den Export — von verschiedener Seite bezweifelt. So waren z. B. Lexis u n d Fischel der Meinung, daß das Handelsbilanzdefizit wesentlich geringer w a r ; vgl. Lexis , i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den P u n k ten I—V, S. 74f.; Fischel, ebenda, S. 103 f. 78 Vgl. Maier, K a r l Friedrich: a.a.O., S. 12 f.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

fand neben der nicht erfaßten inländischen Verwendung seinen Niederschlag in einem sehr erheblichen Exportüberschuß an Schmuckwaren 79 . Der jährliche industrielle Goldverbrauch wurde für die Zeit vor der Jahrhundertwende auf 42 M i l l . Mark geschätzt. Davon sind etwa 20 °/o für die Verwendung von Altgold abzuziehen, so daß sich ein Nettogoldverbrauch von ca. 33,5 Mill. Mark ergibt 8 0 . Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts kursierten aber auch noch wesentlich niedrigere Zahlen. Ströll gab in der Bankenquete von 1908 an, daß bisher der industrielle Verbrauch von Gold auf 14—20 Mill. Mark geschätzt wurde, und bezeichnete die Feststellung, „daß w i r 80 bis 100 Millionen an deutschem Münzgolde alljährlich für die Industrie opfern müssen, für eine der wichtigsten, die in der ganzen Bankenquete gemacht worden ist" 8 1 . Auf Grund dieser Zahlen schätzte Lansburgh den gesamten Goldverbrauch der Industrie von 1880—1912 auf etwa 2 Mrd. M a r k 8 2 . M i t einem Verbrauch an Gold bis zum Jahre 1910 i m Werte von etwa 1,5 Mrd. Mark liegt die Schätzung der „Frankfurter Zeitung" i n der gleichen Größenordnung 83 . I n bezug auf diese Verwendung des Goldes ist die Einfuhr durchaus richtig unter „Importen" aufgeführt. Auf der anderen Seite ist gerade die Erfassung des Goldexports eine der schwächsten Stellen der statistischen Aufzeichnungen 84 . Die geringe Glaubwürdigkeit der amtlichen Zahlen über den Einfuhrüberschuß an Gold ergibt sich schon aus der Überlegung, daß wohl nahezu das ganze Gold, das ins Deutsche Zollgebiet gelangte, der Reichsbank zum Kauf angeboten wurde, um einerseits den Zinsverlust zu vermeiden, der bei einer Prägung für eigene Rechnung entstanden wäre und um andererseits die i m Rahmen der „Goldpolitik" gewährten Vorteile i n A n spruch nehmen zu können. Die Zahlen, die die Reichsbank für ihre Goldankäufe angab, waren aber wesentlich geringer als der Einfuhrüberschuß an Gold, den die Handelsbilanz als Einzelposten auswies 85 . Zum Teil lag das daran, daß einzelne Transitsendungen, soweit sie als solche nicht erkannt wurden, nur i m Eingang, nicht aber bei der 79

Gold- u n d Silberwaren w u r d e n von der Statistik nicht gesondert ausgewiesen. Zahlen vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Handbuch . . . , 2. Teil, S. 172 ff. 80 Vgl. Lexis , W.: Edelmetall-Gewinnung . . S . 531. 81 Ströll: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 55 u n d S. 54. 82 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . S . 14 Fußn. 1. 83 Vgl. dazu Kahn, Ernst: Der monetäre Goldbestand i n Deutschland u n d der industrielle Goldverbrauch, i n : Bank-Archiv, X I I . Jg., Berlin 1912/13, S, 175—176, S. 175 f. 84 Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 488. es Vgl. Esslen, Joseph: a.a.O., S. 126 ff.

I I I . Währungsreserven

n d internationale Verflechtung

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Weitersendung als Ausgang erfaßt wurden 8 6 . Daneben hat aber auch ein großer Teil des durch die Goldpolitik unterstützten Imports an Gold Deutschland auf „Schleichwegen" wieder verlassen 87 . Große Goldmengen gingen, von der Statistik unerfaßt, sowohl auf Grund des Reiseverkehrs als auch durch die Mitnahme von Goldmünzen durch die rund 300 000 fremden Arbeiter ins Ausland 8 8 . „Gelegentliche Indiskretionen von Bankiers, die von fortgesetzter Golddrainage an den Grenzen und Passagierkoffern m i t Goldinhalt zu erzählen wissen, deuten den Weg an, den das Gold . . . genommen hat 8 9 ." Insoweit können auch die von der Reichsbank angekauften Goldmengen nichts über die Entwicklung der deutschen Netto-Goldeinfuhr aussagen, da dieses exportierte Gold weitestgehend der Zirkulation entnommen wurde 9 0 . Aus den hier angeführten Gründen würde eine Bereinigung der Außenhandelszahlen um den Goldverkehr die tatsächlichen Verhältnisse ebenfalls falsch widergeben. Ein derartiges Vorgehen erscheint daher nicht sinnvoll. Es ist aber i m Auge zu behalten, daß die statistischen Unterlagen, auch wenn sie eine „Genauigkeit" bis auf 100 000 Mark aufweisen, nur grobe Anhaltspunkte sein können. Dies gilt einmal auf Grund der unvollständig erfaßten Goldströme und der industriellen Verwendung dieses Metalls, zum andern aber auch wegen der Veränderungen in der Erhebungsmethode und des Erhebungsgebietes. Selbst Abweichungen von mehreren hundert Millionen Mark können nicht ausgeschlossen werden. Die amtlichen Zahlen sind daher keineswegs dazu geeignet, ohne weiteres als Unterlage für praktische Folgerungen zu dienen 91 . Neben die Handelsbilanz, über deren Entwicklung man sich auf Grund der statistischen Unterlagen ein B i l d machen kann, t r i t t nun aber noch die Dienstleistungsbilanz. I m Gegensatz zur Handelsbilanz, die zeigt, daß Deutschland nicht mehr ein Ausfuhr- sondern ein Einfuhrland war 9 2 , dürfte die Dienstleistungsbilanz während des ganzen Zeitraums einen Uberschuß erbracht haben. Bereits Bamberger geht i n 8

® Vgl. ebenda, S. 128. 87 Vgl. Lansburgh, A l f r e d : Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 14. 88 Vgl. v. Gamp-Massaunen: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 65. 89 Lansburgh, A l f r e d : Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 14, Fußn. 1. 90 Die Angaben des amerikanischen Münzdirektors über die Entwicklung der monetären Goldbestände Deutschlands beruhten i m wesentlichen auf der amtlichen deutschen Statistik u n d sind daher u m ein vielfaches zu hoch; vgl. Esslen, Joseph: a.a.O., S. 129 ff. 91 Vgl. Lötz, Walther: Einiges über den Ausgleich von Soll u n d Haben i m Weltverkehr, i n : Bank-Archiv, I. Jg., Berlin/Frankfurt 1901/02, S. 91—97 u n d 107—110, S. 91. 92 Vgl. Sombart, Werner: a.a.O., S. 376 ff.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

den 70er Jahren von einer aktiven Dienstleistungsbilanz aus 93 . Da über den Dienstleistungsverkehr so gut wie keine Aufzeichnungen bestehen, mußten sich auch die zeitgenössischen Autoren mit der Feststellung begnügen, daß der Passivsaldo in der Handelsbilanz durch internationale Dienstleistungen, insbesondere Frachten, Gewinne aus ausländischen Unternehmungen, Zinsen aus Auslandsanlagen etc. überkompensiert werden konnte 9 4 . Lansburgh stellt fest, daß dies vor 1900 jahrzehntelang der Fall war. Aber insbesondere seit dem starken Anwachsen des Handelsbilanzdefizits um die Jahrhundertwende dürfte der Uberschuß der Dienstleistungsbilanz nicht mehr i n der Lage gewesen sein, das Handelsbilanzdefizit zu decken 95 . Man w i r d davon ausgehen können, daß Deutschlands Handels- und Dienstleistungsbilanz seit etwa 1898 i m ganzen passiv geworden ist. 2. I m Kreditbereich

Als dritte Einflußgröße auf die Zahlungsbilanz ist nun noch der Kreditverkehr zu berücksichtigen. Ähnlich wie bei der Dienstleistungsbilanz lassen sich auch hier mangels statistischer Erfassung nur sehr allgemein gehaltene Aussagen machen. „Wenn irgendwo Schätzungen unsicher sind, dann sind sie es auf diesem Gebiet 96 ." a) Langfristiger

Kapitalverkehr

Hierher gehören i m wesentlichen der deutsche Besitz an ausländischen Effekten und die Summe der im Ausland direkt angelegten Werte, soweit sie nicht die Effektenform besaßen. Gewisse Anhaltspunkte geben die Schätzungen von Schmoller und Koch 97. Schmoller schätzte die Gesamtanlage i n fremden Werten auf 10 Mrd. Mark i m Jahre 1893, der Reichsbankpräsident Koch auf 12 Mrd. Mark 1893/94. Auf der Grundlage dieser Zahlen — unter Berücksichtigung von umfangreichen internationalen Nachforschungen — schätzte das Reichs-Marine-Amt, daß „der deutsche Besitz an ausländischen Effekten heute (1905 d. Verf.) eher ganz erheblich über als unter 16 Milliarden sich bewertet"® 8 . Für 1909 gab v. Mises den deutschen Besitz an fremden Effekten abzüglich 93 Vgl. Bamberger, L u d w i g : Reichsgold, S. 135. 94 Vgl. Lötz, Walther: Einiges über den Ausgleich . . . , S. 95. 99 Vgl. Lansburgh, Alfred: Goldpolitik, S. 130 f. 96 Helfferich, K a r l : Deutschlands Volkswohlstand 1888—1913, B e r l i n 1913, S. 112; auch Nurkse, Ragnar: Internationale Kapitalbewegungen, Wien 1935, S. 231 ff. 97 Vgl. dazu Reichs-Marine-Amt, a.a.O., S. 174, 179. 98 Ebenda, S. 179.

I I I . Währungsreserven l i n d internationale Verflechtung

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der i m Besitz von Ausländern befindlichen deutschen Wertpapiere auf ebenfalls 16 Mrd. Mark a n " . Die gesamten deutschen Kapitalanlagen i n überseeischen Ländern wurden vom Reichs-Marine-Amt auf 8—9 Mrd. Mark (1904) geschätzt 100 . Diese beiden Werte dürfen nun nicht, wie es mitunter geschehen ist, einfach addiert werden, da die überseeischen Kapitalanlagen zum überwiegenden Teil Effektenform besaßen und damit in beiden Zahlen enthalten sind. Helfferich gibt aus diesem Grunde die gesamte Kapitalanlage i m Ausland mit höchstens 20 Mrd. Mark an 1 0 1 . Da den Neuemissionen ausländischer Werte i n Deutschland erhebliche Abgänge infolge von Rückzahlungen und Rückkäufen gegenüberstanden, die sich allerdings genauso wie die Neuemissionen jeder statistischen Erfassung entzogen 102 und der große inländische Kapitalbedarf von 1905—1914 die Neuinvestierungen i m Auslande erheblich beschränkte, „erscheint selbst für den heutigen Stand (1913, d. Verf.) die Schätzung aller ausländischen Kapitalanlagen Deutschlands auf 20 Milliarden Mark eher zu hoch als zu niedrig" 1 0 3 . Andere Autoren kommen zu etwas höheren Ergebnissen; Sartorius v. Waltershausen schätzte sie für das Jahr 1905 nach Abzug der i n Deutschland arbeitenden Gelder auf 26 Mrd. M a r k 1 0 4 . Auch er stellt fest, daß der Bestand an ausländischen Werten sich von 1900—1914 nur unwesentlich vermehrte 1 0 5 . Steinmann-Bucher neigte eher zu einem Betrag von 30 Mrd. Mark, legte seiner Berechnung des Volksvermögens aber 25 Mrd. Mark zugrunde 1 0 6 . M i t A u s n a h m e v o n Sartorius

v. Waltershausen

u n d v. Mises

berück-

sichtigten jedoch die Autoren die in Deutschland angelegten ausländischen Gelder nicht. Während die ausländischen Anlagen i n Deutschland während der 70er und 80er Jahre unbedeutend gewesen sein mochten, so gewannen sie doch seit den 90er Jahren zunehmend an Bedeutung. Seit etwa 1895 beteiligten sich Ausländer gelegentlich an den 99 Vgl. v. Mises, L u d w i g : Das Problem gesetzlicher Aufnahme der BarZahlungen i n Oesterreich-Ungarn, S. 163. 100 Vgl. Reichs-Marine-Amt, a.a.O., S. 173. Eine Erfassung der deutschen Anlagen i n Europa — soweit sie nicht i n Effektenform bestanden — w a r nicht möglich. Vgl. ebenda, S. 138 f.

ιοί Vgl. Helfferich, K a r l : Deutschlands Volkswohlstand . . S . 112. 102 v g l . Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , S. 248. loa Helfferich, K a r l : Deutschlands Volkswohlstand . . . , S. 112. 104 Vgl. Sartorius v. Waltershausen, Α.: Das volkswirtschaftliche System der Kapitalanlage i m Auslande, B e r l i n 1907, S. 103 f. los v g l . Sartorius v. Waltershausen, Α.: Deutsche Wirtschaftsgeschichte 1815—1914, Jena 1920, S. 417. loe v g l . Steinmann-Bucher, Α.: Das reiche Deutschland, E i n Wehrbeitrag, Berlin 1914, S. 54.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

deutschen Emissionen 107 . Insbesondere französische Gelder flössen, nachdem sich die politische Verbitterung weitgehend gelegt hatte, nach Deutschland. Die hohen französischen Effektenstempelsätze und die i m Jahre 1901 eingeführte progressive Erbschaftssteuer, verbunden mit einem verbreiteten Mißtrauen gegenüber der Stabilität der politischen Verhältnisse begünstigte die Abwanderung französischen Kapitals, das zunehmend auch in deutschen Staats-, Stadt- und Industriepapieren eine günstige Anlage fand 1 0 8 . Sowohl die ausländische Beteiligung an inländischen Neuemissionen als auch der Kauf bereits zugelassener Werte kommt hier i n Betracht 1 0 9 . Das zur Verfügung stehende Material läßt i n bezug auf die langfristigen Kapitalbewegungen eindeutig den Schluß zu, daß Deutschland vor 1914 nach England und Frankreich das bedeutendste Gläubigerland w a r 1 1 0 . Diese Kapitalien wurden jedoch nicht i n uneigennütziger Form gegeben; sowohl politische als auch wirtschaftliche Vorteile — die Gelder wurden in der Regel zum Ankauf deutscher Exportgüter verwendet — waren damit verbunden 1 1 1 . So sind diese Zahlen auch immer in Verbindung mit der Entwicklung der Warenausfuhr zu sehen. „Die Kapitalanlage i m Auslande verbessert die Handelsbilanz 112 ." Diese Stellung hat es sich aber vornehmlich vor der Jahrhundertwende geschaffen 113 . Die Einschränkung der Kapitalanlagen i m Ausland dürfte ihren Grund z. T. auch in dirigistischen Eingriffen haben 1 1 4 . „Die . . . Auswanderung deutschen Kapitals . . . ist i n letzter Zeit ebenso häufig Gegenstand heftigen Tadels wie eifriger Rechtfertigung gewesen. Die 107 Vgl. Sartorius v. Waltershausen, A. : Deutsche Wirtschaftsgeschichte . . . , S. 519. los v g l . Kaufmann, Eugen: Der französische Kapitalexport i n der Gegenwart, i n : Die Bank, B e r l i n 1911, S. 339—345, S. 342 ff. 109 v g l . Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , S. 248. no v o r 1895 dürfte Deutschland Frankreich noch übertroffen haben. Vgl. Heiligenstadt, C.: Die internationalen Goldbewegungen, ihre Ursachen, ihre Richtungen u n d die Stellung der B a n k p o l i t i k ihnen gegenüber, i n : Jahrbücher f ü r Gesetzgebung . . . , hrsg. v. G. Schmoller, 18. Jg. Leipzig 1894, 2. Heft, S. 113—178, S. 175.

m Vgl. Helfferich, K a r l : Auslandswerte, i n : Bank-Archiv, X . Jg., Berlin 1910/11, S. 209—217, S. 213 ff. 112 Arndt, Paul: Wesen u n d Zweck der Kapitalanlage i m Auslande, i n : Zeitschrift für Socialwissenschaft, Neue Folge, I I I . Jg., Leipzig 1912, S. 1—19, 99—110, 173—194, S. 177. 113 Η off mann geht dagegen v o n einer nahezu kontinuierlichen Entwickl u n g der Kapitalanlagen i m Ausland während des gesamten Zeitraums aus. Vgl. Hoff mann, Walther G. : Das Wachstum der deutschen Wirtschaft seit der M i t t e des 19. Jahrhunderts, Berlin/Heidelberg/New Y o r k 1965, S. 262. 114 v g l . z.B. Franz, Robert: Die deutschen Banken i m Jahre 1913, i n : Der Deutsche Oekonomist, X X X I I . Jg., B e r l i n 1914, Nr. 1648, S. 508 f.

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

63

Ansichten stehen sich hier un versöhnbar gegenüber 113 ." So unterblieb z. B. auf einen Wink der deutschen Regierung die Einführung einer bulgarischen Anleihe nicht zuletzt deshalb, weil eine deutsche Anleihe unmittelbar bevorstand und deren Unterbringung nicht gefährdet werden sollte. Obwohl die Regierung, sofern keine erheblichen allgemeinen Interessen verletzt wurden, keine Möglichkeit hatte, fremde Anleihen vom deutschen Markt auszuschließen, war sie doch gewohnt, daß ihre Wünsche respektiert wurden 1 1 6 . Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Bemühungen zu sehen, ausländische Werte einer höheren Steuer zu unterwerfen 1 1 7 . Diese Bemühungen zeigen, daß auch vor dem 1. Weltkrieg die Freizügigkeit des Kapitals nicht immer gewährleistet war118. b) Kurzfristiger

Kapitalverkehr

Während beim langfristigen internationalen Kapitalverkehr die Höhe des Zinses nur eine von vielen ausschlaggebenden Größen war und häufig durch politische und andere wirtschaftliche Überlegungen — z. B. Schaffung von Exportmärkten — überlagert wurde und zudem auch wesentlich von der Organisation und der damit verbundenen Propagierung des Kredits abhing 1 1 9 , waren die Bewegungen der kurzfristigen Gelder zwischen den einzelnen Finanzzentren — wenn man von anormalen Krisen absieht — ganz von der Höhe des jeweiligen Zinssatzes geprägt 120 . Es ist daher notwendig, die Zinsentwicklung an den einzelnen Geldmärkten näher zu untersuchen. ns Mendel, Josef: E i n K a p i t e l aus der inneren Kolonisation, i n : Die Bank, Berlin 1909, S. 1052—1058, S. 1052. ue Vgl. o. Verf., Bulgarische Anleihe, i n : Die Bank, B e r l i n 1910, S. 192 bis 1'93, S. 192 f. I n ähnlicher Weise führte auch der m i t der Zulassung der Chicago-Milwaukee-Aktien drohende Kapitalabfluß zu einer Interpellation i m Reichstag u n d einem Einschreiten der Regierung gegen die Zulassung dieser Werte. Vgl. Lansburgh, Alfred: Der Bankausschuß, i n : Die Bank, B e r l i n 1911, S. 409--118, S. 415. U7 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Börse u n d ihre Besteuerung, i n : Die Bank, Berlin 1909, S. 499—511, S. 509. us Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung ist jedoch Bloomfield zuzustimmen: „ . . . the large and unimpeded f l o w of international long-term investment . . . characterized the period 1880—1914 as a whole . . B l o o m f i e l d , A r t h u r I. : Monetary Policy . . . , S. 22. 119 Durch die i n Deutschland besonders w e i t getriebene Organisation der hypothekarischen Kapitalanlage w a r es möglich, daß viele M i l l i a r d e n i n niedrig verzinslichen inländischen Hypotheken angelegt wurden, obwohl ausländische Anlagen gleicher Sicherheit eine höhere Verzinsung abwarfen; vgl. Lansburgh, Alfred: Der internationale K a p i t a l m a r k t i m Kriege u n d nach dem Kriege, Stuttgart 1916, S. 13 ff. 120 Vgl. Helfferich, K a r l : Das Geld, S. 526.

64

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Die Zinsverhältnisse lassen sich mit Hinblick auf die internationalen Finanzbeziehungen am besten an der Höhe der Privatdiskontsätze am freien M a r k t zeigen 121 . Denn zu diesen Sätzen konnte das Ausland Geld i n erstklassischen Wechseln i n Deutschland anlegen. Der Diskontsatz der Zentralbank zeigte nur an, zu welchem Satz die Reichsbank Geld an den Markt abgab. Zwischen beiden Sätzen bestanden erhebliche Abweichungen; abgesehen davon, daß der Privatdiskont sich täglich neu bildete und daher häufigeren Schwankungen unterworfen war als der Bankdiskont 1 2 2 , lagen die Marktsätze durchschnittlich etwa 1 °/o unter dem jeweils gültigen Diskontsatz 123 . A n einzelnen Tagen waren aber auch wesentlich größere Abweichungen zu verzeichnen. Daß die Reichsbank trotz ihres hohen Satzes Wechselmaterial angeboten bekam, lag daran, daß die günstigen Sätze des privaten Geldmarkts nur für das Wechselmaterial erster Adressen — die Privatdiskonte — Gültigkeit besaßen; zweitrangige Schuldner hatten auch am offenen Markt höhere Sätze zu zahlen 124 . Zur Frage der Verbindung zwischen Marktdiskont und Bankrate ist nun zu klären, ob die Veränderung des Reichsbankdiskonts die Höhe der Marktsätze beeinflußte oder ob eine Veränderung der Marktsätze die Höhe des Bankdiskonts bestimmte. Die Reichsbank gibt i n ihrem Jubiläumsband selbst zu, daß sie ihren Diskont nicht unabhängig festsetzen konnte, um dadurch den Privatdiskont entsprechend zu steigern und die Kapitalbewegungen zugunsten Deutschlands zu beeinflussen. Vielmehr kann „auch die mächtigste Zentralbank . . . bei der Festsetzung ihres Zinssatzes nicht willkürlich verfahren, sondern sie ist abhängig von der Gestaltung des offenen Geldmarktes; sie kann die Zinssätze nicht diktiren, sondern sie vermag nur innerhalb enger Grenzen regulirend einzugreifen" 125 . Diese Ansicht wurde auch nach dem Wechsel i m Direktorium der Reichsbank i m Jahre 1907 von der Reichsbankleitung vertreten 1 2 6 . Die Regulierungsmöglichkeit beruht 121 Vgl. v. Lumm, K a r l : Diskontpolitik, S. 133. Der Vergleich der P r i v a t diskontsätze ist insofern etwas problematisch, als i n Krisenzeiten die Erfordernisse an erstklassige Papiere wuchsen u n d damit nicht mehr direkt vergleichbar sind. Vgl. v. Eynern, Gert: Die Reichsbank, Jena 1928, S. V I I . 122 „Die Bank konstatiert i n der Hauptsache den Zinssatz, welcher der Lage des Geldmarktes für einen möglichst langen Zeitraum am besten entspricht." (v. Lumm, K a r l : Diskontpolitik, S. 134.) 12 3 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1910, Tab. 80, S. 209 u n d Schär, J. Fr., Reccius, Heinrich: Die Spannimg zwischen Banksatz u n d P r i v a t diskont, i n : Bank-Archiv, X I . Jg., B e r l i n 1911/12, S. 65—70, S. 67. ι 2 4 Vgl. Weill, Ν . E.: a.a.O., S. 8. 125 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 127. i2G v g l . Goldberg, M a r t i n : Geschichte der deutschen B a n k - u n d M ü n z gesetzgebung seit der ersten Erneuerung des Reichsbankprivilegs, Diss. München, Gera 1913, S. 139.

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

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u. a. darauf, daß bei einer Vergrößerung der Spannung zwischen Marktsatz und Banksatz der Kreis der Unternehmungen, die ihren Kreditbedarf unter Umgehung der Notenbank billiger am Markte befriedigen können, größer w i r d 1 2 7 . Diese zusätzliche Nachfrage am privaten Markt hat aber einen zinssteigernden Effekt 1 2 8 . Die Reichsbank hielt sich mit dieser Einstellung einerseits an die traditionelle Konstatierungstheorie, wie sie z. B. von Göschen vertreten wurde 1 2 9 ; andererseits verschloß sie sich aber nicht der Erkenntnis Bagehots, daß eine Zentralbank i n gewissem Umfange durchaus i n der Lage ist, Einfluß auf den Markt zu gewinnen 1 3 0 . I n Depressionszeiten ging der Reichsbank aber auf Grund der großen Geldflüssigkeit die Fühlung m i t dem Markt völlig verloren, und ihr Diskontsatz wurde rein nominell 1 3 1 . Die Sätze der Reichsbank konnten jedoch als Obergrenze gelten. Denn zu diesen Zinssätzen befriedigte die Reichsbank alle an sie herantretenden Kreditwünsche, soweit sie den Erfordernissen des Bankgesetzes entsprachen 132 . Dagegen behielt es sich die Bank von England vor, bei flüssigem Geldmarkt weit unter ihrem offiziellen Satz zu kaufen und bei angespanntem Markt Gelder ganz zu verweigern oder einen höheren Zins als den Diskontsatz zu verlangen. Der Diskontsatz der Bank von Frankreich dagegen hatte wegen der Bestimmung über die dritte Unterschrift nur Gültigkeit für einen geringen Teil aller i n Frankreich umlaufenden Wechsel. Aus diesem Grunde lassen sich die Diskontsätze nicht ohne weiteres vergleichen 133 . Da die Reichsbank zu ihrem Satz alle Kreditwünsche erfüllte, war sie gezwungen, bei steigenden Marktsätzen ihren Diskont ebenfalls zu erhöhen, da sonst auf Grund einer starken Verlagerung der Kreditnachfrage vom freien Markt auf die Zentralbank eine rapide Verschlechterung des Status eingetreten wäre. Die Spannung zwischen Marktsatz und Banksatz war damit ausschlaggebend für den Status der Reichsbank. Dies schließt jedoch nicht aus, daß der Bankdiskont „ i m allgemeinen die Norm für die Nutzung der meisten kurzfristigen Forderungen i m Lande, so für die privaten Zinssätze i m Diskont-, Lombard-, Depositen- und Kontokorrentgeschäft (bildete)" 1 3 4 . 127 Vgl. Schär, J. Fr.; Reccius, Heinrich: a.a.O., S. 66 f. 128 Entsprechendes gilt f ü r die Verringerung der Spannung zwischen B a n k satz u n d Marktsatz. 129 v g l . Göschen, G. J.: Theorie der auswärtigen Wechselkurse, Frankfurt 1875, S. 116. 130 Vgl. Bagehot, Walter: Lombard Street, A description of the money market, 14. Aufl., London 1920, S. 109 ff. 131 Vgl. Döring, Franz: Rückblick auf die Zeit vor dem Kriege u n d i m Kriege, i n : Untersuchungsausschuß für das Bankwesen 1933, Untersuchung des Bankwesens 1933, B e r l i n 1933, I. Teil, 2. Bd., S. 137—157, S. 151. 132 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 125. 133 v g l . Weill, Ν . E.: a.a.O., S . 7 f . 134 v.Lumm, K a r l : Diskontpolitik, S. 130. 5 Seeger

66

C. Geldvolumen und Währungsreserven

Da der Diskontsatz i m wesentlichen die Zinsverhältnisse am freien M a r k t widerspiegelte, ohne jedoch alle geringfügigen täglichen Schwankungen mitzumachen, ergab die Koppelung mit dem Diskontsatz eine praktische Lösung. Aus diesem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Bankdiskont und Marktdiskont läßt es sich erklären, daß die Höhe des Bankdiskonts schlechthin als Maßstab für die Zinsverhältnisse in einem Lande gesehen wurde. Unter diesem Aspekt ist auch folgendes Zitat zu sehen: „ . . . niedrige Diskontsätze drängen das heimische Kapital ins Ausland. Hohe inländische Diskontsätze ziehen andererseits ausländische Kapitalien ins Land 1 3 5 ." Dabei ist zu beachten, daß hier nicht die absolute Höhe des Diskontsatzes ausschlaggebend ist; wesentlich ist die Relation zu den Diskontsätzen der anderen Zentralbanken. Von diesem Gedanken ging auch Plenge aus, wenn er der Reichsbank vorwarf, sie hätte zur Heranziehung größerer Goldmengen ihren Diskontsatz erhöhen müssen 136 . Die Gefahr, daß die Diskontveränderung nicht auf den Marktsatz „durchschlägt", wollte er dadurch bannen, daß die Reichsbank in größerem Maße selbst am Geldmarkt als Kreditgeber bzw. Kreditnehmer auftritt, sei es durch Rediskontierung von Wechseln oder Begebung von Schatzscheinen 137 . Die Privatdiskontsätze an der Berliner Börse lagen nun, von einigen Ausnahmen abgesehen, durchweg über den englischen und besonders über den französischen Sätzen 138 . Die Zusammenstellung Helfferichs enthält nur die jährlichen Durchschnittssätze. Aber auch die täglichen Sätze wiesen diese Spannung auf. Sobald die Marktsätze i n Paris und London sich dem Berliner Satz näherten oder ihn kurzfristig überschritten, machte sich dies sofort i n einer Kursverschlechterung der deutschen Valuta bemerkbar. Dies galt besonders für die Zeit nach 1900 139 . us v. Lumm, K a r l : Diskontpolitik, S. 131. 136 v g l . Plenge, Johann: V o n der Diskontpolitik . . . , i n : Bank-Archiv, S. 245. Vgl. ebenda, S. 260 f.; von der Möglichkeit zur Rediskontierung von Schatzanweisungen zum Zwecke der Erhöhung des Marktsatzes (Offenmarktpolitik) machte die Reichsbank i n geringem Umfange erstmals 1901 Gebrauch. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 10. 138 v g l . Helfferich, K a r l : Das Geld, S. 612; Morgenstern legt die monatlichen Durchschnittssätze einer Häufigkeitsverteilung zugrunde; auch hieraus ergibt sich das höhere deutsche Zinsniveau. Vgl. Morgenstern, Oskar: I n t e r national Financial Transactions and Business Cycles, Princeton 1959, S. 80 ff. 139 v g l . dazu die Untersuchungen von Schmalenbach, Mahlberg u n d Weisser: Schmalenbach, Eugen: Der K u r s des Pfund-Sterling-Wechsels, i n : Z e i t schrift für handelswissenschaftliche Forschung, hrsg. v. E. Schmalenbach, l . J g . , Leipzig 1906/07, S. 241—256, S.244; Mahlberg, Walter: Der K u r s des Frankenwechsels, ebenda, 3. Jg., Leipzig 1908/09, S. 397—415, S. 402; Neisser, Hans: Der internationale Geldmarkt vor u n d nach dem Kriege, i n : W e l t wirtschaftliches Archiv, 29. Bd., Jena 1929 (19291), S. 171*—226*, S. 178*; Morgenstern, Oskar: a.a.O., S. 280 ff.

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

67

Besonders die Differenz gegenüber den französischen Zinssätzen fällt dabei auf. Der Grund dafür ist i n der wirtschaftlichen Stagnation Frankreichs zu suchen. „Das seit mehr als einem halben Jahrhundert wirtschaftlich und kulturell hoch entwickelte Land mit stagnierender, dabei sehr wohlhabender und sparsamer Bevölkerung vermag den jährlichen Zuwachs an Geldkapital nur zum Teil für die Erweiterung bestehender bzw. Errichtung neuer Betriebe i m Inlande zu verwenden 1 4 0 ." I n nicht ganz so krasser Form galt dies auch für England. Diese relativ hohen Marktsätze führten dazu, daß der Berliner Geldmarkt der größte europäische Geldnehmer war; „nach dem Urteil guter Beobachter (kann) die ständige Zunahme der kurzfristigen Verschuldung Deutschlands per Saldo . . . nicht bezweifelt werden" 1 4 1 . Die kurzfristigen Gelder fanden ihren Weg jedoch nicht nur über die Anlage i n Privatdiskonten oder die „Pension" von Bankpapieren nach Deutschland, sondern flössen auch direkt als täglich fällige Einlagen und Termingelder zu den deutschen Banken 1 4 2 . Aber auch durch die Begebung von Schatzscheinen i m Ausland wurde die kurzfristige Verschuldung Deutschlands noch verstärkt 1 4 3 . Daneben bestanden auf Grund der Außenhandelsbeziehungen kurzfristige Verpflichtungen, denen jedoch kurzfällige Forderungen gegenüberstanden 144 . Über das Ausmaß der kurzfristigen Gesamtverschuldung Deutschlands gingen die Meinungen weit auseinander. Bereits zu Beginn der 80er Jahre legten europäische Zentralbanken Gelder durch den Ankauf deutscher Wechsel i n Deutschland an; Bamberger und v. Deckend erwähnten vor dem Reichstag z. B. die belgische und die österreichungarische Zentralbank 1 4 5 . Für die Zeit von 1895—1899 gab Helfferich die gesamte kurzfristige Verschuldung Deutschlands gegenüber England und Frankreich, die hauptsächlich als Gläubiger kurzfristiger Guthaben i n Frage kamen, auf zeitweise bis zu 800 Mill. Franken (ca. 650 M i l l . Mark) an 1 4 6 . Diese kurzfristige Verschuldung hatte bis zum Jahre 1914 erheblich zugenommen; v. Mises stellte 1909 fest, daß Deutschland „auf dem Geldmarkte dauernd mit großen Beträgen dem Ausland verschuldet i s t " 1 4 7 . Demgegenüber vertrat Plenge die Meinung, daß die kurzfristige Verschuldung gegenüber dem Auslande über140 Kaufmann, Eugen: a.a.O., S. 339. 141 Neisser, Hans: a.a.O., S. 205*. 142 Vgl. Kaufmann, Eugen: a.a.O., S. 341. 143 Vgl. v.Lumm, K a r l : Diskontpolitik, S. 187. 144 Ebenda, S. 181. 145 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 8. Sitzung am 25. Februar 1880, S. 132 ff. 146 Vgl. Helfferich, K a r l : Der deutsche Geldmarkt 1895—1902, S. 69. 147 v. Mises, L u d w i g : Das Problem gesetzlicher Aufnahme . . . , S. 163. 5»

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

schätzt worden w a r 1 4 8 . Grüger schätzte i m Rahmen der Bankenquete 1933 die gesamten Auslandsverpflichtungen Deutschlands bei Kriegsbeginn auf 10 Mrd. Mark. Dabei dürfte es sich zum größeren Teil um kurzfristige Verpflichtungen gehandelt haben 1 4 9 . Die Gefahren der kurzfristigen Verschuldungen Deutschlands wurden besonders deutlich in der Krise 1907, die keine Wirtschaftskrise i m eigentlichen Sinne w a r 1 5 0 , sondern ihre Ursache i n dem plötzlichen starken Abzug eines Teils der ausländischen Gelder hatte und Reichsbank und Geschäftsbanken auf Grund des gleichzeitig eingetretenen großen Inlandsbedarfs vor eine schwere Belastungsprobe stellten 1 5 1 . Insbesondere die Goldabzüge nach Amerika als Folge der dortigen Schwierigkeiten verschärften die Geldkrise, die bereits 1905 durch eine Anspannung auf dem Geldmarkt ihren Anfang genommen hatte 1 5 2 . Diese Goldabzüge des Auslandes verminderten sich erst, als Privatdiskont und in der Folge auch der Bankdiskont mit 7 °/o bzw. 7 1/2 °/o eine Höhe erreichten, die das Gefälle zu den Zinssätzen der übrigen Geldmärkte wiederherstellte. Wenn sich auch nachträglich die Kapitalbewegungen nicht mehr genau feststellen lassen, da auch zeitgenössische Schätzungen erheblich voneinander abwichen, so läßt sich der Zeitraum von 1876—1914 i n bezug auf die Zahlungsbilanz doch mit ziemlich großer Sicherheit in 2 große Zeiträume aufteilen. Die erste Periode umfaßte die Jahre von 1876 bis etwa 1895. „Sie kennzeichnet sich allgemein dadurch, daß die deutsche Wirtschaft i n diesen 20 Jahren einen verhältnismäßig langsamen, von langen Depressionen unterbrochenen Aufstieg genommen hat 1 5 3 ." Erst mit dem Jahre 1895 war die Krise, die 1873 ihren Anfang genommen hatte, völlig überwunden 1 5 4 . I n dieser Periode ergaben die Handelsbilanz und Dienstleistungsbilanz zusammengenommen einen beträchtlichen Überschuß, der einen starken Kapitalexport und damit den Aufbau der Gläubigerstellung Deutschlands i n der Weltwirtschaft 148 Vgl. Plenge, Johann: V o n der Diskontpolitik zur Herrschaft über den Geldmarkt, B e r l i n 1913, S. 265. 149 v g i # Grüger, Franz: Wirkungen des Krieges u n d der Kriegsfolgen auf das deutsche Bankwesen m i t einem Rückblick auf die Vorkriegszeit, i n : Untersuchungsausschuß f ü r das Bankwesen 1933, Untersuchung des B a n k wesens 1933, I . T e i l , 1. Bd., B e r l i n 1933, S. 23—55, S. 25. 150 v g l . Wagner, Adolph: i n Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu Punkt V I , . . . , S. 44. isi Vgl. Ströll, Moritz: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den P u n k ten I—V, . . . , S. 54. 152 v g l . Wachler, Paul: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den P u n k ten I—V, . . . , S. 60. 153 Döring, Franz: a.a.O., S. 140.

1 5 * Vgl. Sartonus S. 275.

v. Waltershausen,

A . : Deutsche Wirtschaftsgeschichte . . . ,

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

69

und zudem noch eine Verstärkung des deutschen Goldbestandes ermöglichte. Die 2. Periode von 1896 bis 1914 war von einem starken, zeitweise überspannten Aufschwung der Wirtschaft gekennzeichnet 155 . Der Überschuß der Dienstleistungsbilanz reichte nicht mehr aus, um das Defizit der Handelsbilanz zu decken. So erfuhren die langfristigen Auslandsanlagen per Saldo nur noch geringfügige Steigerungen; auf der anderen Seite nahm die kurzfristige Verschuldung sprunghaft zu. Deutschland bezog über mehrere Jahre mehr Kapital vom Auslande als es an das Ausland abgab 156 . So ergab sich eine erhebliche kurzfristige Verschuldung gegenüber den großen Gläubigerstaaten Europas 157 . Nach Bopp dürfte die kurzfristige Verschuldung so groß gewesen sein, daß Deutschland zeitweise sogar i m ganzen eine Schuldnerstellung innehatte 1 5 8 . Der gesamte monetäre Goldbestand i n Deutschland dürfte sich nur noch i n sehr geringem Umfange erhöht haben.

c) Kapitalverkehr

und

Goldautomatismus

Die Bedeutung des langfristigen Kreditverkehrs zum Ausgleich der Zahlungsbilanzen innerhalb des Goldwährungsmechanismus w i r d in der Literatur i. d. R. nur andeutungsweise erwähnt 1 5 9 und mit recht vagen Erklärungen motiviert. Die Kapitalbewegungen i n dem betrachteten Zeitraum brachten nicht eine ausgeglichene Zahlungsbilanz ins Ungleichgewicht 160 , sondern führten einen Ausgleich der Zahlungsbilanz herbei 1 6 1 oder schufen gleichzeitig ein entsprechendes Export155 Vgl. Döring, Franz: a.a.O., S. 140 f. Über die Entwicklung des Sozialprodukts i n jenen Zeiträumen gehen die Meinungen auseinander; Hoffmann geht davon aus, daß es von 1895—1914 schneller wuchs als von 1875—1895, während Bombach die genau entgegengesetzte Entwicklung als erwiesen ansieht. Vgl. Hoff mann, Walther G.: a.a.O., S. 12; Bombach/RieselRaabe/ Giersch/SenfiHenschel: Wachstum u n d K o n j u n k t u r , Darmstadt/Opladen I960, S. 64 f. 156 Vgl. Lansburgh, Alfred: Der internationale K a p i t a l m a r k t . . . , a.a.O., S.U. 157 Vgl. Ausschuß zur Untersuchung der Erzeugungs- u n d Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft, Der Bankkredit, V. Unterausschuß, B e r l i n 1930, S, 106. iss v g l . Bopp, K a r l R.: a.a.O., S.212. iss Vgl. Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 227. 160 Diese Situation wurde i n der Regel i n der L i t e r a t u r behandelt; vgl. z. B. Palyi, Melchior: Der Zahlungsbilanzausgleich bei einseitigen W e r t übertragungen, i n : Archiv f ü r Sozialwissenschaft u n d Sozialpolitik, 56. Bd., Tübingen 1926, S. 302—338, S. 302 f., S. 318. Ursache dieser neueren Untersuchungen waren, nachdem das Transferproblem bereits von den Klassikern eingehend erörtert wurde, die deutschen Reparationsleistungen nach dem 1. Weltkrieg. Vgl. Schneider, Franz Paul: a.a.O., S. 62. lei z. B. die kurzfristigen Kredite Anfang des 20. Jahrhunderts.

70

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

volumen 1 6 2 , so daß sich auch hier kein Ungleichgewicht ergeben konnte. „Es steht . . . fest, daß mit der Hingabe so gewaltiger Kapitalmengen an das Ausland ein dauernder Abfluß von Edelmetall nicht verbunden w a r 1 6 3 . " Der kurzfristige Kreditverkehr soll bei einer passiven Handels- und Dienstleistungsbilanz die Eigenschaft besitzen, den Kontraktionsvorgang zu erleichtern. „Er mindert die Reibungsverluste, die i m Gefolge des Mechanismus der Güterpreise auftreten 1 6 4 ." Diese Minderung ist jedoch nur dann gegeben, wenn der Goldabfluß lediglich zum Teil durch Kredite ausgeglichen w i r d ; eine Kontraktion t r i t t dann zwar ein, aber nicht sofort i n voller Stärke. W i r d dagegen das Defizit ganz durch Kredite gedeckt, so macht der Kreditvorgang die Angleichung unnötig 1 6 5 . Hat die Mehreinfuhr saisonalen Charakter, d. h. steht ihr nach kurzer Zeit eine Mehrausfuhr gegenüber, so ist der Kreditvorgang durchaus sinnvoll, da ja überhaupt kein strukturelles Ungleichgewicht vorliegt und ein Anpassungsprozeß nicht erforderlich w i r d 1 6 6 Hat die Nachfrageverschiebung aber keinen vorübergehenden Charakter, so verhindern die Kredite zwar i m Augenblick einen Goldabfluß; dieser t r i t t jedoch ein, sobald die Kredite zurückgezogen werden. Lutz ist jedoch der Meinung, daß auch i n diesem Fall „die Störungen kleiner sind, weil der Kreditmechanismus rascher und leichter spielt als der Mechanismus der Handelsbilanz" 1 6 7 . I n ähnlicher Weise wie für den kurzfristigen Kreditverkehr gilt dies auch für die langfristigen Kreditvorgänge 1 6 8 . Da Deutschland von etwa 1875—1895 i n erheblichem Maße Kapital exportierte und i n der folgenden Zeit bis 1914 i n großem Umfange Schuldner kurzfristiger Gelder des Auslandes wurde, ohne gleichzeitig seine Gläubigerstellung weiter auszubauen, liegt der Schluß nahe, daß es sich i n beiden Zeiträumen u m strukturelle Verschiebungen handelte — jeweils mit verschiedenen Vorzeichen. A u f diese Weise war es möglich, die Auswirkungen eines Ungleichgewichts i n der Handelsund Dienstleistungsbilanz auf das Preisniveau zu verhindern 1 6 9 . Es ist dabei gleichgültig, ob es sich juristisch um kurz- oder langfristigen Kapitalverkehr handelte; faktisch hatten auch die kurzfristigen Gelder 162 z.B. der langfristige Kapitalverkehr Ende des 19. Jahrhunderts; der Erlös der i n Deutschland untergebrachten Anleihen w u r d e zum A n k a u f deutscher Güter verwendet. 163 Arndt, Paul: a.a.O., S. 99. 164 Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 110. 163 Vgl. Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 230. 16Θ Vgl. z. B. Göschen, G. J.: a.a.O., S. 112. 167 Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 231. 168 Vgl. Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 231. 169 v g l . Cassel, Gustav: Der Zusammenbruch der Goldwährung, S. 3; ähnlich auch: League of Nations, The Functioning of the Gold Standard, S. 14.

I I I . Währungsreserven u n d internationale Verflechtung

71

die Wirkungen eines langfristigen Kreditverkehrs, da sie, auch wenn ein kleiner Teil während einzelner Krisensituationen kurzfristig abgezogen wurde 1 7 0 , über einen etwa 20jährigen Zeitraum i n ansteigendem Umfange dauernd vorhanden waren. I m ersten Abschnitt von 1875—1895 hätte auf Grund des Überschusses i n der Handels- und Dienstleistungsbilanz eine inflatorische, i m zweiten Abschnitt von 1895—1914 wegen des Defizits i n der Handels« und Dienstleistungsbilanz eine deflatorische Entwicklung einsetzen müssen. Der Kreditverkehr hätte dabei nur die Anpassung erleichtern, sie aber nicht verhindern dürfen 1 7 1 . I n beiden Perioden war jedoch eine völlig andere Preisentwicklung zu verzeichnen. Seit 1873 war ein Rückgang der Großhandelspreise festzustellen, der i n den Jahren 1895—97 seinen Tiefpunkt erreichte. Darauf strebte die Bewegung i m wesentlichen wieder nach oben 1 7 2 . Zu dieser konträren Entwicklung hat wohl neben anderen Faktoren — die Preisrückgänge Ende des 19. Jahrhunderts waren z. B. auch eine Folge der revolutionierenden Veränderungen der Produktionstechnik — auch der langfristige Kreditverkehr jener Zeit beigetragen. Es handelte sich dabei jedoch u m Einflüsse, die i n der interräumlichen Marktbeziehung — unabhängig von der Währungsordnung — ihren Ursprung hatten und daher hier nicht weiter behandelt werden.

IV. Schwankungen der Währungsreserven auf Grund der inländischen Verflechtung Die Veränderung der Goldreserven auf Grund der ausländischen Verflechtung und die von ihr ausgehenden Einflüsse auf die Geldmenge i m Inlande liegen dem Modell des Goldautomatismus zugrunde; i m folgenden w i r d nun untersucht, inwieweit sich daneben auch Veränderungen auf Grund der inländischen Verflechtung ergeben haben. 1. Die Durchführung der Münzreform

Vor der Münzreform besaß Deutschland eine Silberwährung. Die Goldprägungen der einzelnen deutschen Staaten waren so gering, daß sie kaum ins Gewicht fielen. M i t etwa 95 Mill. Mark machten die 170 Es handelte sich bereits damals bei den kurzfristigen Auslandsgeldern zum T e i l u m „hot money". Vgl. Bloomfield, A r t h u r I.: Short-Term Capital Movements under the Pre-1914 Gold Standard, Princeton 1963, S. 2, 83 ff. 171 Vgl. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 110. 172 Diese Entwicklung fand i n etwa demselben Umfange i n anderen Ländern statt. Vgl. Helfferich, K a r l : Das Geld, S. 606.

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C. Geldvolumen und Währungsreserven

deutschen Goldmünzen bei Beginn der Geldreform nur etwa 3,6% des gesamten Geldbestandes von etwa 2,6 Mrd. Mark aus; dazu kamen jedoch noch für ungefähr 150 Mill. Mark ausländische Goldmünzen (ca 5,8 °/o), so daß sich der Anteil der Goldmünzen am Geldbestand auf ca. 9,4 °/o belief. Dagegen hatte der Silberumlauf einen Anteil von ca. 66,4 °/o 173 und der ungedeckte Notenumlauf von 24,1 °/o 174 . Die Frankreich auferlegte Kriegsentschädigungszahlung in Höhe von 5 Mrd. Mark zuzüglich ca. 300 Mill. Mark Zinsen machte den Übergang zur Goldwährung erst möglich. Entgegen der Warnung Bamberg er s, der die Abwicklung der Kontributionszahlungen auf einen größeren Zeitraum verteilt wissen wollte 1 7 5 , waren die Transaktionen bereits 1873 abgeschlossen. Zwar beliefen sich die effektiven Goldlieferungen nur auf etwa 220 Mill. Mark. Zur Goldbeschaffung konnten aber die Wechsel auf ausländische Plätze — insbesondere ca. 500 Mill. Mark auf England — herangezogen werden. Aber auch die Wechselund Bankanweisungen auf deutsche Plätze, die insgesamt 2,4 Mrd. Mark ausmachten, wurden teilweise zur Beschaffung von Gold verwendet 1 7 6 . Ferner ergab die Einziehung der Landesgoldmünzen bis zum Jahre 1879 Gold i m Werte von etwa 90 Mill. M a r k 1 7 7 . Ein weiterer Zufluß von Gold wurde durch den Verkauf des größten Teils des eingezogenen Silbers erzielt; dies wurde notwendig, da nur ein kleiner Teil durch Umprägung i n Reichssilbermünzen i n den deutschen Geldumlauf zurückfließen konnte 1 7 8 . Die nach dem Jahre 1875 durchgeführten Goldkäufe wurden sogar ausschließlich m i t Hilfe des Erlöses aus dem Verkauf der nicht mehr benötigten Silberbestände vorgenommen 1 7 9 . Die Goldbeschaffung lag ganz i n der Hand der Reichsregierung. Bis zum Jahre 1875 gab sie das Gold sogar selbst an die Münzstätten. Erst seit Ende 1876 lieferte die Regierung das angekaufte Gold überwiegend an die Reichsbank ab, die ihrerseits die Ausprägung veranlaßte. Kurze Zeit später übernahm die Reichsbank i m Auftrage der Regierung sogar die gesamte Silberverwertung und die Goldbeschaffung 180 . Die Durchführung der Münzreform, die m i t der Einstellung der Silberverkäufe i m Jahre 1879 als weitgehend abge173 Einschließlich 3,8 °/o durch Silber gedeckte Noten. 174 Vgl. dazu Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 136. 175 Vgl. Bamberger, L u d w i g : Die fünf Milliarden, B e r l i n 1873, S. 23. 170 Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 237. 177 Vgl. ebenda, S. 100. ι 7 » Nach A r t . 4 Münzgesetz 10 M a r k pro K o p f der Bevölkerung. 179 Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 269. 180 Vgl. ebenda, S. 233, 239.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

73

schlossen gelten kann 1 8 1 , hatte erklärlicherweise die größten Verschiebungen zwischen den Goldbeständen der Reichsbank und dem freien Verkehr zur Folge. Für den Anfahg des Jahres 1876 schätzte die Reichsbank den Bestand an monetärem Gold auf etwa 1,3 Mrd. M a r k 1 8 2 . Diese Goldmenge ergab sich hauptsächlich auf Grund der direkten Lieferung von Gold aus Frankreich (ca. 220 Mill. Mark), dem Ankauf von Gold aus Mitteln der Kriegskontribution (1871—73 ca. 820 M i l l . Mark), dem Einzug der Landesgoldmünzen (ca. 90 Mill. Mark) und den Silberverkäufen (1874—75 ca. 90 M i l l . Mark) 1 8 3 . I m Laufe des Jahres 1876 kaufte die Regierung noch für etwa 90 M i l l . Mark Gold auf eigene Rechnung gegen Abgabe von Silberbarren. I n der Folgezeit verkaufte die Reichsbank i m Auftrage der Regierung bis 1879 für etwa 360 M i l l . Mark Silber in London und für ca. 20 M i l l . Mark Silber an deutschen Plätzen. Auch diese Beträge wurden hauptsächlich zum Ankauf von Gold verwendet 1 8 4 . Das gesamte angekaufte Gold ist bis auf einen relativ geringen Teil von 220 Mill. Mark, der i m Jahre 1879 durchschnittlich bei der Reichsbank lag, und von 120 Mill. Mark, der als Kriegsschatz i m „Juliusturm" zurückgehalten wurde, i n die Z i r k u lation geflossen. Ein kleiner Teil des umlaufenden Goldgeldes ist jedoch wieder ins Ausland abgeflossen. Reichsgoldmünzen erzielten damals ein Aufgeld bis zu 1/2 °/o 185 . Betrachtet man den Zeitraum von 1871—1879, so zeigt sich deutlich, daß er ganz von dem Austausch des Silbers gegen Gold geprägt war. Diese Veränderungen, die ihre Ursachen hauptsächlich i n einseitigen Übertragungen vom Ausland hatten, machen deutlich, daß dieser Zeitraum für die Betrachtung der Politik der Reichsbank i m Rahmen des Goldautomatismus ausscheidet. Die Aufbauphase der Goldwährung eignet sich dazu nicht. Den folgenden Untersuchungen w i r d daher der Zeitraum von 1880—1914 zugrunde gelegt. 2. Das Gold als Währungsreserve, Zirkulationsmittel und Ware

Die Veränderungen der Goldreserve der Reichsbank hatten ihren Grund auch in den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten dieses Metalles; gerade diese vielseitige Verwendung, besonders „die Wiederumformung des Geldes zur Ware" 1 8 6 begründete ursprünglich seine ist Vgl. Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 23. 182 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 182. 183 v g l . Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 237, 269, 310. 184 Vgl. ebenda, S. 313, 322. iss Vgl. ebenda, S. 435. 186 Heiligenstadt, Carl: Die internationalen Goldbewegungen . . . , S. 113.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Eignung als Geldstoff und als Deckungsmittel für die Banknoten. Seit der Einführung der Goldwährung in Deutschland gewann die Industrie die zu industriellen Zwecken benötigten Goldmengen hauptsächlich durch Einschmelzen von Goldmünzen und nicht durch Ankauf von neu gewonnenem, ungemünztem Metall 1 8 7 . Da sich dazu am besten Neuprägungen eigneten — sie wiesen noch keinen Gewichtsverlust auf Grund der Abnutzung auf —, war es die Regel, „daß das frisch ausgeprägte Gold von der goldverarbeitenden Industrie sofort in den Schmelztiegel geworfen und wieder in Rohmaterial verwandelt (wurde)" 1 8 8 . Insbesondere mit zunehmendem Wohlstand stieg der Bedarf an Gold zu industriellen Zwecken; dieser Zusammenhang wurde etwas überspitzt so formuliert: „Der Wohlstand frißt die Münze, das Verschwinden der Münze erzeugt die Baisse, und die Baisse frißt den Wohlstand. Die goldene Münze braucht also Bettelei, um zu existieren; . . . Volkswohlstand und Goldwährung schließen sich . . . gegenseitig und notwendigerweise aus 1 8 9 ." Bei dieser Verwendung w i r d das Goldstück nicht als allgemeines Tauschmittel, „sondern um seines goldenen Körpers willen als Ware begehrt. Es erfüllt nicht mehr die Geldfunktion, sondern ist Ware" 1 9 0 . Der Umfang des industriellen Goldverbrauchs wurde bereits früher dargestellt 191 . Die Goldentnahmen aus dem Verkehr hatten zur Folge, daß die von der Reichsbank veröffentlichten Zahlen über die ausgeprägten Goldmünzen keinerlei Aussagewert für die Beurteilung des tatsächlichen Umlaufs an Goldmünzen hatten 1 9 2 . Während bis Ende 1913 unter Berücksichtigung der Einziehungen 5,1 Mrd. Mark an Goldmünzen ausgeprägt wurden 1 9 3 , belief sich der Goldumlauf i m Inland nach Schätzungen verschiedener Autoren um 1910 auf etwa 2—2,5 Mrd. M a r k 1 9 4 . 187 Vgl. Soetbeer, Ad.: Edelmetallgewinnung und Verwendung i n den Jahren 1881 bis 1890, i n : Jahrbücher für Nationalökonomie u n d Statistik, I I I . Folge, 1. Bd., Jena 1891, S. 518—571, S. 541. 188 o. Verf., Industriegold, i n : Die Bank, B e r l i n 1912, S. 87. 189 Gesell, Silvio, Frankfurth, Ernst: a.a.O., S. 85. Wenn auch Gesells Theorie des „Schwundgeldes" der K r i t i k nicht standzuhalten vermag, so k a n n er m i t seinen Bemühungen zur Abschaffung der Goldwährung doch zweifellos als Vorkämpfer der manipulierten Währung gelten. 190 Heyn, Otto: Goldwährung oder Goldkernwährung?, i n : Jahrbücher für Nationalökonomie u n d Statistik, 112. Bd., Jena 1919, S. 15—37, S. 23. 191 Vgl. C I I I 1. 192 Daneben ist noch der Entzug von Goldmünzen f ü r den Export zu berücksichtigen; vgl. C I I I 1 . 193 v g l . Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 288. 194 Vgl. Kahn, Ernst: Der monetäre Goldbestand i n Deutschland . . . , S. 175 f. Z u r Errechnung des Goldumlaufs sind v o m gesamten Bestand an Goldmünzen die bei der Reichsbank und i m „ J u l i u s t u r m " lagernden Münzen abzuziehen. Vgl. auch Arnold, A n t o n : Statistik des Geldes u n d der Börse,

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

75

I m Vergleich m i t der Zeit vor der Jahrhundertwende kommt Plenge zu dem Ergebnis, daß der Goldumlauf sich seither nur geringfügig erhöht, wenn nicht sogar etwas verringert hat 1 9 5 . Lansburgh sah die Entwicklung der umlaufenden Goldmenge noch pessimistischer. Er war der Meinung, daß der größte Teil des Zuwachses zum Goldbestand der Reichsbank — insbesondere seit 1907 — aus der Zirkulation stamme 196 . Diese Auffassung dürfte, wie die Erhebungen über die Goldablieferungen bei der Reichsbank während des 1. Weltkrieges zeigen, der Wirklichkeit am nächsten kommen. Die Goldmünzen-Bestände bei der Reichsbank nahmen während der Kriegszeit um etwa 1 Mrd. Mark durch Entzug aus dem freien Goldumlauf zu 1 9 7 . Die der Bank tatsächlich zugeflossenen Beträge dürften etwas höher gewesen sein, da zeitweise neben Goldbarren und ausländischen Münzen auch deutsche Prägungen zur Bezahlung von Einfuhren ins Ausland versandt wurden 1 9 8 . Zwar ist die Zahl der Goldmünzen, die trotz der fortwährenden Aufforderung zur Ablieferung des Goldes von der Bevölkerung zurückgehalten wurden, nicht bekannt; da sich jedoch „die Verkehrsreserven an Gold bis auf geringfügige Reste . . . in den Tresoren der Reichsbank konzentrierten" 1 9 9 , dürfte der Umlauf an Goldmünzen zu Beginn des Krieges 2 Mrd. Mark nicht erreicht haben. I n der Zeit von 1895—1913 erhöhten sich die durchschnittlichen Goldbestände der Reichsbank von 705 M i l l . Mark (1895) auf 1068 M i l l . Mark (1913). Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß der Goldbestand i n der Zwischenzeit stark zurückgegangen war. Die niedrigsten Werte wurden 1899 und 1900 mit 573 bzw. 571 Mill. Mark erreicht 2 0 0 . Durch die gleichzeitige Verwendung des Goldes als Umlaufs- und Deckungsmittel ergaben sich zwangsläufig starke Verlagerungen zwischen den Kassen der Reichsbank und der Zirkulation des freien Verkehrs. Saisonale Abflüsse und Anforderungen an den Hauptzahlungsterminen erhöhten regelmäßig die Goldzirkulation zu Lasten der Bestände der Reichsbank. Diese Verschiebungen, in der englischen Banki n : Die Statistik i n Deutschland, hrsg. v. F.Zahn, I I . Bd., München/Berlin 1911, S. 468—509, S. 480 ff. 195 Vgl. plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , B e r l i n 1913, S. 123. 196

Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 30. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 7, S. 18/19. Durch die Überweisung des Kriegsschatzes (120 M i l l . Mark) u n d der 1913 geschaffenen Reserve des Reiches (85 M i l l . Mark) wurde eine weitere Verstärkung des Goldbestandes erreicht. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 58. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 61. i 9 * Ebenda, S. 61. 200 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 13, S. 32/33; Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, a.a.O., Tab. 7, S. 18/19. 197

76

C. Geldvolumen und Währungsreserven

praxis als „internal drain" — i m Gegensatz zum „external drain" — bezeichnet, führten zwar zu einer anderen Verteilung der Edelmetalle, aber nicht zu ihrer Ausfuhr 2 0 1 . Da das Gold nach der Überwindung des Zahlungsbedarfs wieder zur Reichsbank zurückkehrte, wurde dieser Bewegung keine allzu große Bedeutung beigemessen 202 . Daneben fand wohl aber auch eine Verschiebung der Goldbestände i m Verlauf der Konjunkturzyklen statt. Helfferich führte die starke Zunahme des Goldbestandes der Reichsbank von 1900—1902, als die „ungewöhnliche Aufwärtsbewegung der deutschen V o l k s w i r t s c h a f t ins Stocken (kam)" 2 0 3 und sich deutliche Krisenmerkmale bemerkbar machten, mehr auf einen Rückfluß aus der Zirkulation als auf eine Verbesserung der Zahlungsbilanz zurück. „Der enorme Zuwachs an Gold, den die Reichsbank seit dem Umschlag der wirtschaftlichen Konjunktur zu verzeichnen hat, kann nur daraus erklärt werden, daß der inländische Geldverkehr gewaltige Beträge an Goldmünzen . . . wieder freigegeben hat 2 0 4 ." Geht man von der Spielregel der Goldwährung aus, daß eine Vergrößerung des Goldbestandes bei der Reichsbank eine Erhöhung des Geldumlaufs und damit eine Expansion ermöglichte, so w i r f t dieser „internal drain", der i m Verlaufe der Konjunkturen wirksam wurde, ein neues Problem auf. Dadurch, daß auf Grund der eingebürgerten Zahlungssitten ein Teil aller Barzahlungen i n Goldgeld, der Rest i n Noten und Silbergeld erfolgte, konnte die Reichsbank bei einer expansiv eingestellten Politik nicht damit rechnen, daß das zusätzlich zu schaffende Geldvolumen ganz i n Form von Banknoten unterzubringen ist. Dies bedeutet, daß die Zentralbank bei einem Abforderungsverhältnis Noten zu Gold von angenommen 2:1 und einer gesetzlichen 1/3-Golddeckung i m Falle einer Erhöhung des Goldbestandes u m 100 den Notenumlauf nur u m 120 und nicht um 300 ausdehnen konnte 2 0 5 . Die Abforderung von gemünztem Gold hatte also zur Folge, daß die 201 Vgl. Földes, Béla: a.a.O., S. 672. 202 Die Maßnahmen der Reichsbank zur Dämpfung der Anforderungen an den Hauptzahlungsterminen i n den letzten Jahren vor dem 1. Weltkrieg richteten sich mehr gegen die Geschäftsbanken als gegen den freien Verkehr; vgl. dazu C I V 5 b). 2 3 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 165. 204 Vgl. Helfferich, K a r l : Goldproduktion, internationale Goldbewegungen, inländischer Geldbedarf u n d Diskontsatz, i n : Bank-Archiv, 1. Jg., Berlin/ Frankfurt 1901/02, S. 173—177, S. 177. 205 Der Goldzuwachs bei der Reichsbank (y) mußte so groß sein, 1) daß der Betrag der auszugebenden Noten (x) zu 1/3 i n Gold gedeckt w a r und 2) daß für je 100 M a r k ausgegebener Noten 50 M a r k Gold an den Verkehr abgegeben werden konnten. Diese Beziehung kann folgendermaßen formelmäßig dargestellt werden: yΉ

- ?. + ? . ; für y = 100 ergibt sich: 100 = 3 2

2 x

6

+ - 3 x - « — ; χ « 120. 6 6

IV. Währungsreserven u n d inländische Verflechtung

77

Fähigkeit der Reichsbank, der Wirtschaft auf der Basis eines bestimmten Goldzuflusses geschöpfte Geldmittel zur Verfügung zu stellen, stark eingeschränkt wurde. Statt einer — theoretisch möglichen — dreifachen Ausgabe von Banknoten war i n diesem Falle lediglich eine wesentlich geringere Erhöhung der Geldmenge möglich. Die zusätzliche Geldmenge setzte sich aus 120 Noten und 60 Gold zusammen. Gegenüber dem Goldzufluß von 100 bedeutet dies eine Geldschöpfung um 80; demgegenüber wäre, wenn kein Goldumlauf bestanden hätte, neben der Erhöhung der Geldmenge auf Grund des Goldzuflusses um 100 noch eine Geldschöpfung von 200 möglich gewesen. Auf diese Weise wirkte der Goldumlauf, solange die Zentralbank keine absichtliche Golddrainage betrieb, als ein stabilisierender Faktor. Die expansive Wirkung eines Zahlungsbilanzüberschusses wurde durch die Abforderung von Goldmünzen und der damit verbundenen Verringerung der Geldschöpfungsfähigkeit gebremst; die kontraktive Wirkung eines Zahlungsbilanzdefizits andererseits wurde durch einen Rückfluß von Gold aus dem freien Verkehr und der dadurch ermöglichten Geldschöpfung gemildert. Dieser Effekt hat zur Folge, daß in den einzelnen Goldwährungsländern, wenn einer Schwankung der Goldreserve eine direkt proportionale Veränderung der Geldmenge folgen soll, nicht nur gleiche Deckungsvorschriften 200 , sondern auch gleiche Zahlungsgewohnheiten bestehen müssen, damit der Goldautomatismus zu einem Gleichgewicht führen kann. Weichen die vorgeschriebenen Deckungsverhältnisse i n den einzelnen Goldwährungsländern voneinander ab, so kann jedoch auch dann ein Gleichgewicht erreicht werden, wenn die Wirkungen dieser unterschiedlichen Deckungsvorschriften durch die Folgen ebenfalls unterschiedlicher Zahlungssitten kompensiert werden. Wäre z. B. i m Land A ein höherer Deckungssatz vorgeschrieben als i m Land B, so ließe sich bei Goldumlaufswährung trotzdem ein Gleichgewicht erreichen, wenn der A n t e i l der Goldzahlungen am gesamten Barzahlungsverkehr entsprechend geringer als in Land Β wäre. Zu den hier dargelegten Verschiebungen zwischen dem Goldbestand der Reichsbank und dem Umlauf i m freien Verkehr kamen jedoch i m Verlauf der Goldwährungsepoche noch andere Einflüsse hinzu. 3. Versuche zur Zentralisation des Goldes bei der Reichsbank a) Vergrößerung

des

Silberumlaufs

Der Umtausch von Landessilbermünzen gegen Reichsgoldmünzen seitens des privaten Publikums setzte sich auch nach dem vorläufigen 2oa v g l . Hayek , F. Α.: a.a.O., S. 32 f.

78

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Abschluß der Geldreform i m Jahre 1879 fort. Da die Reichsbank wegen der Einstellung der Silberverkäufe — die Preise für Silber waren in der Zwischenzeit stark gefallen — keine Möglichkeit mehr hatte, m i t deren Erlös Gold i m Auslande anzukaufen 207 , war sie ganz darauf angewiesen, die internationalen Goldbewegungen durch Maßregeln der Bankpolitik zu Gunsten Deutschlands zu beeinflussen 208 . Hierunter fielen, wie bereits dargestellt wurde, die Goldpolitik und das Festhalten an einem relativ hohen Diskontsatz. Obwohl die Reichsbank auch 1880—83 Gold i m Auslande ankaufte, verringerte sich ihr durchschnittlicher Goldbestand weiter. Es ist jedoch ziemlich sicher, daß die Goldzirkulation i n diesem Zeitraum nicht zunahm; vielmehr floß der Großteil des beschafften Goldes wieder ins Ausland ab 2 0 9 . Die starke Zunahme der Silbermünzen i m Metallbestand der Reichsbank stellte diese vor schwierige Aufgaben; zwar ließ das Bankgesetz die Silbermünzen i m gleichen Umfange wie das Gold als Reserve zu, so daß die Notendeckung nach § 17 Bankgesetz unter der Zunahme nicht litt. Aber die Reichsbank hatte erkannt, daß allein die Goldreserven als brauchbare Reserven anzusehen waren. Sie versuchte daher, die weitere Ansammlung von Silber i n ihren Kassen zu verhindern und nach Möglichkeit sogar einen Abbau der Bestände zu erreichen. Sie dürfte dabei von der Überlegung ausgegangen sein, daß eine Rückkehr der Talerbestände in die Zirkulation Reichsgoldmünzen dort überflüssig machen werde, so daß diese zur Reichsbank zurückfließen könnten. Zwar betonte sie immer wieder, daß sie auf Verlangen ihre Zahlungen immer i n Doppelkronen geleistet habe und sogar Reichsscheidemünzen, ohne nach dem Münzgesetz dazu verpflichtet zu sein, jederzeit i n beliebiger Höhe annahm 2 1 0 . Dies bedeutete aber nicht, daß sie alle Zahlungen von sich aus i n Goldgeld tatsächlich geleistet hat. Auch in den selbständigen Bankanstalten, für die diese Anweisung galt, wurden nach Möglichkeit Silbermünzen und Banknoten abgegeben. Die Reichsbank hat sich stets bemüht, „das Publikum auf die Thalerstücke hinzuweisen . . . (und) thunlichst Vereinsthaler deutscher Prägung zu verausgaben" 211 . Für die Reichsbanknebenstellen, die

207 i n den Jahren 1884 u n d 85 wurden von der Regierung noch Silberbarren i m Wert von etwa 7 M i l l . M a r k an Ägypten verkauft. Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 324 f. 208 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 145. 209 Vgl. Helfferich, S. 458 f.

K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I ,

210 Vgl. z. B. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 196 f. 2 R e i c h s b a n k , Die Reichsbank von 1 — 1 9 , S.

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I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

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zahlenmäßig weit überwogen 2 1 2 und denen wegen ihres direkten Kontakts zur Öffentlichkeit für die Zusammensetzung des Zahlungsmittelumlaufs besondere Bedeutung zukam, galten diese „großzügigen" Vorschriften jedoch nicht. Die Nebenstellen brauchten Reichsscheidemünzen nur anzunehmen, wenn sie dafür selbst wieder Verwendung hatten. Außerdem sollten sie ihre Zahlungen möglichst in Banknoten leisten. Auf der anderen Seite hatten die Anstalten jedem Wunsch des Publikums nach Talern und Scheidemünzen jederzeit „bereitwilligst" nachzukommen, auch wenn sie dabei eine Verstärkung ihrer Bestände durch die übergeordnete Anstalt beantragen mußten 2 1 3 . I n diesen Bemühungen wurde die Reichsbank von den Post- und Regierungskassen tatkräftig unterstützt 2 1 4 . A n dieser Politik änderte auch die Tatsache nichts, daß der Goldbestand der Reichsbank — und gleichzeitig auch die zirkulierende Goldmenge — von 1884—1895 auf Grund der aktiven Zahlungsbilanz stark zunahm und die Reichsbank sich vor das Problem gestellt sah, genügend Anlagemöglichkeiten für ihre ansteigenden Reserven zu finden. Auf diese Weise gelang es ihr, den Bestand an Talern und Scheidemünzen, der 1881 m i t 350 M i l l . Mark 62,9 °/o des Metallvorrats ausmachte, auf 246 M i l l . Mark = 30,2 °/o i m Jahre 1900 zu senken 215 « 216 . Der Fortbestand der Landessilbermünzen sollte jedoch nach dem Bankgesetz nur eine Ubergangsregelung darstellen. Auch wenn die Reichsbank mit der Einziehung des Silbergeldes und der Ausprägung der Reichsscheidemünzen direkt nichts zu t u n hatte, da dies in den Aufgabenbereich der Regierung fiel, darf dieser Fragenkreis hier nicht unbehandelt bleiben. Die Interessen der Reichsbank wurden durch diese Transaktionen so stark tangiert, daß die Maßnahmen der Regierung mit der Notenbankleitung abgesprochen — ja sogar wohl von dieser wesentlich bestimmt wurden. Diese enge Verbindung zwischen Reich und Reichsbank ergab sich schon dadurch, daß die Leitung der Bank unmittelbar dem Reichskanzler unterstellt war (§§ 12, 26 Bankgesetz). Unter diesem Einfluß der Regierung kam es daher in dieser Beziehung 212 1881: 60 selbständige Anstalten, 112 Nebenstellen; 1900: 75 selbständige Anstalten, 228 Nebenstellen; 1913: 97 selbständige Anstalten, 379 Nebenstellen. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1901—1925, Tab. 1, S. 2. 213 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 198. 214 Vgl. Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 97. 215 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, Tab. 12, S. 276/277. 216 Benthin betrachtet die Entwicklung der Scheidemünzen i m Bestände der Reichsbank v ö l l i g isoliert von der jeweiligen Höhe der Talerbestände; (vgl. Benthin, Alfred: Scheidemünzen u n d Reichsbank, Rostock 1939, S. 84 ff.) dieses Vorgehen w i r d m. E. der Problemstellung nicht gerecht,

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

nie zu Gegensätzen zwischen Reich und Reichsbank 217 . Art. 4 Münzgesetz begrenzte den Umlauf an Silberscheidemünzen nicht durch die Festsetzung eines absoluten Gesamtbetrags, sondern durch die Bestimmung einer Höchstmenge von 10 Mark pro Kopf der Bevölkerung. Damit war es möglich, den Umlauf der wachsenden Bevölkerung anzupassen 218 . Diese Grenze war bereits 1878 mit einem Nettobestand von etwa 427 Mill. Mark Reichssilbermünzen nahezu erreicht 2 1 9 . I n den folgenden Jahren hielt die Ausprägung von Reichsmünzen m i t der Bevölkerungsentwicklung nicht ganz mit. Ein Grund dafür war die Vorschrift des Art. 4 Münzgesetz, die eine Vermehrung der Reichssilbermünzen nur zuließ, wenn gleichzeitig Landessilbermünzen i m gleichen Nennwert eingezogen wurden. Bei der Einstellung der Silberverkäufe 1879 dürfte der Bestand an Landessilbermünzen noch etwa 450 M i l l . Mark betragen haben 2 2 0 . Nachdem i m Jahre 1878 keine Neuprägungen und 1879—80 nur Umprägungen von Reichssilbermünzen, die den Silbergeldbestand nicht änderten, vorgenommen wurden, dienten den Ausprägungen in den folgenden Jahren entgegen Art. 4 Münzgesetz i m wesentlichen die i m Besitz des Reiches verbliebenen Silberbarren. Von 1881—1887 wurden etwa 23,5 Mill. Mark mehr an Reichssilbermünzen ausgegeben, als gleichzeitig an Landesmünzen eingezogen wurden. Durch die ersatzlose Einziehung von 26 Mill. Mark österreichischen Talern glich sich dies jedoch in der Folgezeit ungefähr aus. Die Neuprägungen wurden seither, da die Barrenbestände der Regierung aufgebraucht waren, von der entsprechenden Einziehung von Landesmünzen begleitet 2 2 1 . Der andere Grund für das etwas langsamere Anwachsen der Scheidemünzen dürfte die Zunahme der Scheidemünzenbestände bei der Reichsbank gewesen sein 2 2 2 . Daraus wurde ersichtlich, daß für einen größeren Umlauf an Scheidemünzen kein Bedarf bestand. Dies änderte sich etwas in der Aufschwungperiode nach 1895. Der Bestand an Reichssilbermünzen bei der Reichsbank ging, trotz starker Neuausprägungen, bis 1900 um etwa 10 M i l l . Mark zurück. Ende der 90er Jahre hielt man den Zeitpunkt für gekommen, die Einziehung der Landesmünzen, für die sich Soetbeer, Bamberger und Helfferich beson217 Vgl. Luther, Horst: Notenbank u n d Scheidemünzen, Diss. Erlangen 1955, S. 41. 218 Ähnliches galt f ü r die Reichsnickel- u n d Reichskupfermünzen. Sie sollten 2,50 M a r k pro K o p f der Bevölkerimg nicht überschreiten. A r t . 5 Münzgesetz. Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , S. 456, 460 ff. 220 v g l . ebenda, Tab. I I , S. 402.

221 Vgl. ebenda, S.460f. 222 1878 = 33 M i l l . Mark, 1895 = 89 M i l l . M a r k ; vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, Tab. 12, S. 276/277.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

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ders einsetzten 223 , schneller voranzutreiben. Wollte man das eingezogene Silber durch Scheidemünzen i m bisherigen Umfange ersetzen, so wäre ein Ende dieser Transaktion als Folge der Bindung an das Wachstum der Bevölkerung nicht abzusehen gewesen. Andererseits wäre ein Verkauf des Silbers am Weltmarkt auf Grund der weiterhin stark gefallenen Preise 224 m i t zu großen Verlusten verbunden gewesen. Zudem hätten die Erlöse nicht ausgereicht, um eine dem bisherigen Nominalwert der Taler entsprechende Menge Gold i m Ausland zu kaufen und auszuprägen. Vielmehr wäre es notwendig geworden, dazu auf den ohnehin seit 1895 i m Schrumpfen begriffenen Goldbestand der Reichsbank zurückzugreifen. Eine weitere Schwächung der Goldreserven mußte aber verhindert werden. Diese Überlegungen dürften dazu geführt haben 2 2 5 , daß m i t der Änderung des Münzgesetzes vom 1. 6.1900 der zulässige Bestand an Silberscheidemünzen von 10 Mark auf 15 Mark pro Kopf der Bevölkerung heraufgesetzt wurde. I n der Folge fand eine schnelle Vermehrung der Reichssilbermünzen — zu Lasten der alten Kurantmünzen — statt. I m Laufe des Herbstes 1907 mußte das Reichsschatzamt Silberbarren ankaufen, da der Bestand an Talern weitgehend erschöpft war. Sie wurden daher zum 1.10.1907 außer Kurs gesetzt 226 . Bis zum Ende des Jahres 1907 waren die Reichssilbermünzen auf ca. 900 M i l l . Mark angewachsen 227 . Davon befanden sich i m Jahresdurchschnitt 1907 188 M i l l . Mark in den Kassen der Reichsbank 228 . Daraus w i r d ersichtlich, daß die starke Ausprägung von Scheidemünzen weniger einem Verkehrsbedürfnis entsprach, als vielmehr der Ablösung der restlichen Taler dienen sollte. I n den Verhandlungen des Reichstages zeigten die Äußerungen des Präsidenten des Reichsbankdirektoriums, Havenstein, deutlich, daß die starke Vermehrung der Scheidemünzen zu unterstützen sei, weil dieses Vorgehen dazu führe, Gold aus dem inländischen Zahlungsverkehr herauszuziehen. Jede Maßnahme, die geeignet sei, dies zu 223 Soetbeer schrieb an Bamberger am 18.12.1885: „ . . . (es) wäre . . . doch vielleicht erwünscht, w e n n w i r beide . . . solange bei frischer geistiger Gesundheit blieben, bis auch die noch übrigen Thaler demonetisiert wären als Kurantgeld!" Aus: Bamberger, L u d w i g : Ausgewählte Reden . . . , S. 143. 224 Dies w a r eine Folge der weltweiten „Demonetisierung" des Silbers. 223 Vgl. dazu auch Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 92 ff. 226 v g l . Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 104; die Einlösungsfrist f ü r die noch umlaufenden Taler — ca. 36 M i l l . M a r k — lief a m 30. 9.1908 ab. 227 Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 31. Jg., B e r l i n 1910, S. 254. 228 Der durchschnittliche Bestand an Talern w a r auf 19 M i l l . M a r k zurückgegangen; vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, a.a.O., Tab. 11, S. 24/25. 6 Seeger

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C. Geldvolumen und Währungsreserven

erreichen, begrüße er m i t Sympathie. Auch eine Erweiterung der Zahlkraft dieser Münzen sei zu erwägen 2 2 9 . Auch der Vertreter des Reichsschatzamtes schlug vor, die Silberquote zu erhöhen, da ein wirklicher Mangel, insbesondere in den Industriebezirken, bestehe 230 . So stand bald wieder die Erhöhung des zulässigen Umlaufs an Silbermünzen i m Mittelpunkt des Interesses. Der Münzgesetzentwurf v. 19. 3.1908 sah eine Erhöhung der Quote von 15 auf 20 Mark pro Kopf der Bevölkerung vor. Nach der offiziellen Begründung sollte damit ein Verkehrsbedürfnis befriedigt werden; der Hauptgrund war aber die Verdrängung des Goldgeldes bzw. die Verhinderung einer Zunahme des Goldumlaufs. Die Stärkung der Reichshauptkasse durch den Prägegewinn stellte außerdem eine willkommene Nebenwirkung dar 2 3 1 . Den Scheidemünzen, die „für den Detailverkehr, die kleinsten Zahlungen, für den Ausgleich der Bruchteile der mittleren und großen Münzen bestimmt (sind)" 2 3 2 , wurden damit völlig andere Funktionen zugeordnet. Die Änderung des Münzgesetzes, die am 1.6.1909 wirksam wurde, schloß sich i n diesem Punkt voll dem Entwurf an. Der weiteren Ausdehnung des Silberumlaufs stand nichts mehr i m Wege. Bis Ende 1913 waren ca. 1,16 Mrd. Mark Silberscheidemünzen ausgeprägt. M i t der Außerkurssetzung der alten Silberkurantmünzen i m Jahre 1907, bei denen auf Grund der rapiden Verschlechterung des Silberpreises Nennwert und Metallwert längst nicht mehr identisch waren und die damit i n Wirklichkeit ebenfalls Scheidemünzcharakter trugen 2 3 3 , stellten die Autoren einstimmig fest, daß die Zeit der „hinkenden" Goldwährung jetzt beendet sei. Formell ist dies zweifellos richtig, da i n der Goldwährung neben den Goldkurantmünzen kein Platz für mit unbeschränkter Zahlkraft ausgestattete Silberkurantmünzen ist 2 3 4 . Materiell dagegen bedeutete die Abstoßung der Silberbestände der Reichsbank und die seit Ende 1907 erfolgte, nicht von einer entsprechenden Einziehung anderer Silbermünzen begleitete Neuausprägung von Scheidemünzen eine Erhöhung des Silberanteils am Metallumlauf, w e i l sich der Goldumlauf von 1895—1913 nicht erhöht, sondern eher erheblich vermindert hat. Hierin lag aber ein Verstoß gegen den Geist der Goldwährung. 229

Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 79. Sitzung v. 14. Januar 1908, S. 2417. 230 Vgl. ν . Stengel, ebenda, 60. Sitzung v. 28.11.1907, S. 1865. 2 31 Vgl. Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 158. 232 Schmoller, Gustav: Über die Ausbildung einer richtigen Scheidemünzp o l i t i k v o m 14. bis 19. Jahrhundert, i n : Jahrbuch f ü r Gesetzgebung . . hrsg. v. Schmoller, 24. Jg., 4. Heft, Leipzig 1900, S. 1/28, S. 3. 233 v g l . Luther, Horst: a.a.O., S. 14. 234 v g l . Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I, S. 189 f.

I V . Währungsreserven u n d inländische Verflechtung

83

Der gesamte Bestand an Silbergeld (Kurant- und Scheidemünzen) nahm von 1880—1913 auf Grund der Prägungen seit Ende 1907 u m ca. 250 M i l l . Mark zu. Berücksichtigt man die Veränderung des Silbermünzenbestandes der Reichsbank, so erhöhte sich von 1880—1913 der Umlauf an Silbermünzen um ca. 310 Mill. Mark. Davon entfielen 130 Mill. Mark auf die Zeit von 1880—1907; die Zunahme des Umlaufs beruhte auf einer Verringerung der Silberreserven der Reichsbank. Der Rest i n Höhe von 180 M i l l . Mark entfiel auf die Zeit von 1908— 1913; die in diesem Zeitraum wirksam gewordene Erhöhung des gesamten Silberbestandes auf Grund der Ausprägungen seit Ende 1907 w i r k t e sich nicht voll auf den Silberumlauf aus, da die Silberreserven der Reichsbank i n diesem Zeitraum wieder zunahmen 235 . b) Stückelung

der

Reichsgoldmünzen

Das Gesetz betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen vom 4.12.1871 bestimmte i n §§ 1 und 2: „Es w i r d eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus Einem Pfunde feinen Goldes 139 1/2 Stück ausgebracht werden. Der zehnte Theil dieser Goldmünze w i r d Mark genannt . . . " Neben diesem Zehn-Markstück, das damit als „Hauptgoldmünze" anzusehen i s t 2 3 6 und das nach dem Willen der maßgeblichen Währungspolitiker auch verstärkt ausgeprägt werden sollte 2 3 7 , trat noch das Zwanzig-Markstück. Während der Beratungen des Münzgesetzes ergaben sich gegen das silberne Fünf-Markstück große Widerstände. Als unterwertige Scheidemünze hielt man es für zu groß und schlug, um es überflüssig zu machen, ein goldenes Fünf-Markstück vor. Das Münzgesetz bestimmte dann i n A r t . 2 und 3, daß beide Münzen eingeführt werden sollten; man wollte die Wahl zwischen den beiden dem Verkehr überlassen 238 . 1876 und 1877 wurden insgesamt rund 28 M i l l . Mark in halben Kronen ausgeprägt 239 . Aber bereits seit 1881 wurden sie mit der Begründung, daß sie sich wegen ihrer geringen Größe nicht 233 Zahlen errechnet aus: Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 31. Jg., B e r l i n 1910, S. 254 u n d 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 288; Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, a.a.O., Tab. 11, S. 24/25 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 9, S. 22/23. 236 Bereits i m E n t w u r f des Gesetzes stand das Zehn-Markstück „ a n der Spitze des Gesetzes". Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I, S. 166. 237 „Die i n nächster Zeit auszuprägenden Münzen werden zuvörderst die Zehnmarkstücke . . . sein." Bamberger, L u d w i g : Z u r deutschen Münzgesetzgebung. Vortrag, 1871 i m Berliner Handwerkerverein gehalten. Abgedruckt i n : Bamberger, L u d w i g : Ausgewählte Reden . . . , S. 222—244, S. 243. 238 v g l . Helfferich, K a r l , Die Reform des deutschen Geldwesens . . B d . I, S. 209 f. 289 Vgl. ebenda, Bd. I I , S. 453.

6*

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

bewährt hatten, von den Reichsbankkassen festgehalten und durch die Änderung des Münzgesetzes 1900 außer Kurs gesetzt 240 . Der größte Teil dieser Münzen war bereits vorher i n den Goldvorrat der Reichsbank geflossen 241. Daß m i t der Einziehung der Fünf-Markstücke gerade i m Jahre 1881 begonnen wurde, als die Goldbestände der Reichsbank stark zusammengeschrumpft waren, legt allerdings den Schluß nahe, daß der Grund für diese Maßnahme i n erster Linie das Bemühen der Reichsbank war, Gold aus der Zirkulation zu entziehen, um ihre Goldbestände zu verstärken, und es durch Silbertaler zu ersetzen, die sich i n ihren Kassen angesammelt hatten. Für die Ansicht spricht auch die Tatsache, daß sich in den Kassen der Reichsbank vor Beginn dieser Maßnahme nur geringe Bestände an Fünf-Markstücken befanden 242 . Die Zehn-Markstücke erfreuten sich seit jeher großer Beliebtheit. Die Nachfrage nach diesen Münzen konnte und wollte die Reichsbank nicht in vollem Umfange befriedigen. Als Grund dafür gab sie die münztechnischen und währungspolitischen Bedenken der Finanzverwaltung an, die diese davon abhielt, der Nachfrage nach Zehn-Markstücken durch eine entsprechend gesteigerte Ausprägung zu genügen 243 . Zweifellos war die Abnutzung der Zehn-Markstücke stärker als die der Zwanzig-Markstücke. Dies zeigen auch die Zahlen über die auf Grund übermäßiger Abnutzung erfolgten Einziehungen 244 . Das größere Gewicht lag dagegen sicher auf den währungspolitischen Erwägungen. Eine verstärkte Ausgabe von Zehn-Markstücken hätte den Goldumlauf zu Lasten der Goldreserven der Reichsbank erhöht und i m wesentlichen Silbergeld freigesetzt. I m Rahmen der Erörterungen über die Änderung des Münzgesetzes wurde 1899/1900 beantragt, gleichzeitig mit der Einziehung der FünfMarkstücke auch die Zehn-Markstücke abzuschaffen. Durch diese Maßnahme sei die notwendige Stärkung des Goldvorrats der Reichsbank möglich. Zwar wurde dieser Antrag — hauptsächlich, weil es sich um eine besonders beliebte Münze handelte — nicht angenommen. Vielmehr wurde sogar beschlossen, Zehn-Markstücke vermehrt auszuprägen 2 4 5 . Aber bereits in den folgenden Jahren machte sich der Mangel an diesen Münzen besonders bemerkbar. Insbesondere nach der Krise 1907 war man bemüht, die Zehn-Markstücke nach Möglichkeit durch 240 Vgl. Koch, R.: Die Reichsgesetzgebung über Münz- u n d Notenbankwesen . . A n n i . 4 zu A r t . 2 Münzgesetz, S. 66. 241 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 15, S. 36/37. 242 Vgl. ebenda, Tab. 15, S. 36/37. 243 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 197. 244 Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 288. 24a Vgl. Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 98 f.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

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Scheidemünzen zu ersetzen. Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes schrieb in diesem Sinne einer süddeutschen Handelskammer, die eine vermehrte Ausgabe von Zehn-Markstücken verlangte: „Es werden die Arbeitgeber, namentlich in Industriekreisen, sich daran gewöhnen müssen, für Lohnzahlungen neben Doppelkronen i n erhöhtem Maße Reichssilbermünzen zu verwenden, die auch weit mehr der wirtschaftlichen Lage und den Geldbedürfnissen der Arbeiter entsprechen dürften als die Kronen 2 4 6 ." Eine ähnliche Argumentation verwendete die Reichsbankhauptstelle Nürnberg in einer Antwort auf die Klage der Handelskammer, daß ein Mangel an Zehn-Markstücken bestehe 247 . Daraus w i r d ersichtlich, daß die Argumentation des Reichsbankpräsidenten Ravenstein vor dem Reichstag, die Bevölkerung sei auf Grund des Mangels an Silbermünzen gezwungen, zu den unbequemen Zehn-Markstücken zu greifen, eine völlige Verdrehung der tatsächlichen Verhältnisse darstellte 2 4 8 . Die Verstärkung des Umlaufs an Reichsscheidemünzen, besonders der Dreimark- und Fünfmarkstücke 249 , war eigentlich nur möglich, weil die Stückelung der Goldmünzen hauptsächlich auf Zwanzig-Markstücke beschränkt wurde und daher für kleinere Beträge zwangsweise andere Zahlungsmittel verwendet werden mußten, so daß für Fünfmarkstücke ein echter Bedarf bestand. Darüber darf jedoch nicht vergessen werden, daß der Bestand an Silbermünzen bei der Reichsbank sehr stark zunahm 2 5 0 . Die Fortführung dieses Gedankens führte zum Vorschlag, Goldmünzen nur noch in Stücken zu 100 oder 1000 Mark zu prägen. „Das Gold würde unbrauchbar für den täglichen Verkehr, und würde den Geldämtern . . . übergeben werden 2 5 1 ." Die Politik von Notenbank und Staat hatte zur Folge, daß das Prinzip der Goldumlaufwährung, Silbermünzen nur soweit i n Umlauf zu bringen, wie Goldgeld den Bedürfnissen des Verkehrs nicht gerecht werden konnte 2 5 2 , verletzt wurde. 246 Zitiert nach: Steller, Paul: Die Wendimg i n der deutschen Geld- u n d Bankfrage, K ö l n 1908, S. 46. 247 v g l . o. Verf., Der Mangel an Zehnmarkstücken, i n : Die Bank, B e r l i n 1910, S. 991—992, S. 992. 248 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 79. Sitzung v. 14. Januar 1908, S. 2417. 249 Es ist aber auch zu berücksichtigen, daß die verstärkte Ausprägung kleinerer Münzen indirekt zu dieser Verdrängung beitrug, als sie i h r e r seits größere Silbermünzen ersetzten, die wiederum Goldmünzen freisetzen konnten. 2 50 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 9, S. 22/23. 2 51 Gesell, Silvio, Frankfurth, Ernst: a.a.O., S. 87. 252 v g l . Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I, S. 190.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven c) Ausgabe

kleiner

Banknoten

und kleiner

Reichskassenscheine

Bereits i n Art. 18 Münzgesetz wurde bestimmt, daß Banknoten auf mindestens 100 Mark lauten müssen. Dieses Verbot der Ausgabe kleiner Banknoten hatte seinen Grund i n den schlechten Erfahrungen, die zuvor mit den kleinen Noten, die i n Werten bis zu einem Taler umliefen, gemacht wurden. Das Reichskanzleramt legte gerade auf diese Vorschrift großen Wert und erwartete, daß von den Banknoten i m Gegenwert von ca. 180 M i l l . Talern (1873), die auf kleinere Beträge als 100 Mark lauteten, etwa 100 M i l l . Taler aus dem Verkehr verschwinden und durch Goldmünzen ersetzt werden könnten 2 5 3 . Während die kleinen Scheine in der Silberwährung noch insoweit ihre Bedeutung hatten, als bereits jede einige Taler überschreitende Zahlung i n Silber lästig w a r 2 5 4 , änderte sich dies m i t der Einführung der Goldwährung. Es sollte verhindert werden, daß sich die kleinen Banknoten, wie es die Erfahrung zeigte, zu lange i m Umlauf hielten und i m täglichen Verkehr den Platz der Goldmünzen einnahmen. Einzelne Banken versendeten vor der Reform ihre Noten sogar an weitentfernte Geschäftsfreunde, um eine Einlösung möglichst zu verhindern und zahlten für die Verausgabung der Noten eine Provision 2 5 5 . Auch daran zeigte sich, i n welchem Zustand heilloser Zerrissenheit sich das Bankwesen befand, als privater Egoismus rücksichtslos nur i n die eigene Tasche wirtschaftete 2 5 6 . „Den Banken soll auch das Bewußtsein, daß sie in den Banknoten nicht Geld, sondern Schulden schaffen, dadurch bewahrt werden, daß nur Leute sich der Banknoten bedienen, welche i m stände sind, von der Einlösungspflicht thatsächlich Gebrauch zu machen 257 ." A n die Eigenschaft der kleinen Noten, sich i n größerem Umfange i m Verkehr zu halten und Goldmünzen entbehrlich zu machen, erinnerten sich Regierung und Reichsbank zu Beginn des 20. Jahrhunderts 2 5 8 ; als äußerer Anlaß kann die Marokko-Krise des Jahres 1905 gelten, die die Gefahr einer Schwächung des Goldbestandes der Reichsbank deutlich machte und verstärkte Anstrengungen zur Heranziehung von 253 v g l . Lötz, Walther: Geschichte u n d K r i t i k des deutschen Bankgesetzes . . . , S. 204. 254 E i n Übelstand der Silberwährung w u r d e gerade darin gesehen, daß sie die Ausgabe kleinen Papiergeldes bedingte. Vgl. z. B. Eggers, August: Z u r Münzfrage, Bremen 1871, I I , S. 3. 253 Vgl. Rieger, W i l h e l m : a.a.O., S. 53. 25β Vgl. Warnack, M a x : Die Entwicklung des Deutschen Banknotenwesens, B e r l i n 1905, S. 218. 257 Lötz, Walther: Geschichte u n d K r i t i k des deutschen Bankgesetzes . . . , S. 203. 258 Vgl. Dalberg, Rudolf: Die Entthronung des Goldes, Stuttgart 1916, S. 13.

IV. Währungsreserven und inländische Verflechtung

87

Gold notwendig erscheinen ließ 2 5 9 . I n der Begründung zum Gesetzentwurf über die Einführung von Banknoten i n Abschnitten zu 20 M a r k und 50 M a r k wurde diese Maßnahme lediglich m i t dem Bedürfnis des Zahlungsverkehrs an kleinen Noten motiviert, wobei man auf die Erfahrungen anderer Länder verweisen konnte 2 6 0 . Aber die Ausführungen des damaligen Präsidenten des Reichsbankdirektoriums, Koch, zeigten den tieferen Sinn dieses Entwurfes: Stärkung der Goldreserven der Reichsbank durch Heranziehung des Metalls aus dem inländischen Zahlungsmittelbestand 261. I n den Verhandlungen des Reichstags wurde dieser Aspekt z. T. positiv, z. T. negativ bewertet. Insbesondere sah man i n dieser Änderung einen Bruch m i t dem wohlüberlegten Grundsatz des Bankgesetzes, daß die kleinen Notenabschnitte vom Übel seien 2 6 2 . M a n erinnerte sich an die Meinung früherer Zeiten, daß der Gebrauch von Papiergeld, und hier insbesondere der kleinen Scheine, ein untrügliches Zeichen zerrütteter Staatsfinanzen w a r 2 6 3 . Die Befürworter einer Verstärkung der Reichsbankreserven setzten sich jedoch durch, so daß das Gesetz betreffend die Ausgabe von Reichsbanknoten von 50 und 20 M a r k i m Februar 1906 unverändert angenommen wurde. Obwohl keine gesetzliche Beschränkung für die Ausgabe kleiner Noten bestand, sollte die Ausgabe ursprünglich 300 M i l l . M a r k nicht überschreiten 2 6 4 . Bereits 1907 wurde an den Quartalsterminen der Höchstumlauf an kleinen Noten nahezu erreicht 2 6 5 . 1908 konnte Havenstein dem Reichstag berichten: „Meine Herren, es ist nicht n u r gelungen, den bisher zulässigen Höchstbetrag bis auf einen kleinen von der Reichsbank zu haltenden Reservebestand, insgesamt 290 1/2 Million(en), dieser kleinen Noten i n Verkehr zu bringen, der Verkehr fängt teilweise auch schon an, sich an diese kleinen Noten zu gewöhnen, u n d es bildet sich i n einigen Kreisen bereits eine Nachfrage danach aus 2 6 6 ." Seit 1911 wurden jedoch Ausnahmen an den Quartalsterminen gestattet und 1913 wurde die Beschränkung ganz aufgehoben 2 6 7 . Der A n t e i l der kleinen Noten am gesamten Notenumlauf erhöhte sich v o n 1906 = 5 °/o auf 259 Vgl. Ruppel, W i l l y : Kleine Reichsbanknoten, Leipzig 1908, S. 110. « Vgl. Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 129. 261 Vgl. Koch, R.: Die Ausgabe kleiner Banknoten seitens der Reichsbank, i n : Bank-Archiv, V. Jg., B e r l i n 1905/06, S. 1—4, S. 3. 262 Vgl. Ruppel, W i l l y : a.a.O., S. 113. 263 Vgl. Bendixen, Friedrich: Das Gold i m internationalen Verkehr, S. 39. 264 N u r die Reichsbank w a r berechtigt, kleine Noten auszugeben; ihre Stellung gegenüber den Privatnotenbanken wurde dadurch weiter gestärkt. 26

265 Vgl. Havenstein: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 213. 266 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 79. Sitzimg v. 14. Januar 1908, S. 2417 f. 267 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 15.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

26,3 °/o Ende 19 1 3 2 6 8 . Diese Steigerung wurde möglich, weil die Reichsbank systematisch dazu überging, die kleinen Noten in den Verkehr „hineinzupressen". Insbesondere i n der Krise von 1907 hat sich dies als „probate Maßnahme erwiesen" 2 6 9 . Die Zunahme der Goldreserven der Reichsbank in den folgenden Jahren dürfte hauptsächlich auf die Einführung der kleinen Noten zurückzuführen sein 270 . Der Umfang der Verdrängung der Goldmünzen durch die kleinen Banknoten läßt sich nicht ohne weiteres bestimmen. Keinesfalls hat sie den vollen Betrag der ausgegebenen Banknoten erreicht, da die kleinen Scheine neben den Goldmünzen sowohl große Banknoten als auch Reichskassenscheine ersetzten. Die Schätzung Havensteins, daß 1908 etwa 80—90 M i l l . Mark an Gold freigesetzt worden seien, dürfte eher zu niedrig als zu hoch ausgefallen sein 2 7 1 . „Die Entgoldung des Verkehrs durch die ,kleine Note' ist als das wirkungsvollste und am schnellsten zum Ziele führende M i t t e l anerkannt 2 7 2 ." Insbesondere die Zwanzig-Markscheine waren dazu geeignet, die i m Kleinverkehr und bei Lohn- und Gehaltszahlungen verwendeten Goldstücke zu ersetzen „und damit dieses Gold dahin zu leiten, wo es dreifache Dienste leisten kann, zur Reichsbank" 273 . Soweit der Verkehr diese Noten „ w i l l i g " aufnehme, seien damit keine Gefahren verbunden 2 7 4 . Riesser hatte damit, wie die Mehrzahl der Kommissionsmitglieder auch, i m wesentlichen nur die Aufrechterhaltung der Liquidtät der Reichsbank i m Auge, nicht dagegen die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen. Man war auch noch Jahre später der Meinung, daß der innere Verkehr so stark mit Gold gesättigt sei, daß er durchaus noch einen „Aderlaß" von mehreren hundert Millionen vertragen könne 2 7 5 . Plenge ging sogar noch weiter; Ersatz des Goldes durch die Banknoten bedeute nicht ein Nebeneinander, sondern eine vollständige Verdrängung. Er fügte aber gleichzeitig hinzu, daß dieses Gold nicht dazu dienen dürfe, das Geschäftsvolumen weiter auszudehnen, sondern daß es zur Verbesserung des Deckungs268 Vgl. ebenda, Tab. 11, S. 26/27. 269 Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 25. 270 v g l . ebenda, S. 30. 271 Vgl. Havenstein: i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 214. 272 v. Schulze-Gaevernitz, G.: Die deutsche Kreditbank, Tübingen 1922, S. 180. 273 Riesser : i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 217. 274 Vgl. Riesser : i n Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, S. 255. 275 Vgl. Heyn, Otto: Z u r Frage der Verstärkung des Goldschatzes der Reichsbank, i n : B a n k - A r c h i v , X I I . Jg., B e r l i n 1912/13, S. 119—122 und 133 bis 137, S. 135.

I V . Währungsreserven u n d inländische Verflechtung

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Verhältnisses beitragen müsse. I n dieser Beziehung kritisierte er die Reichsbank heftig. „Zurück von der schleichenden Vermehrung des kleinen Notenumlaufs. Zurück von der schleichenden Entgoldung unseres Verkehrs 2 7 6 ." Diese Vorschläge zielten darauf ab, von einer Goldumlaufwährung zu einer Goldkernwährung überzugehen. „Die Hauptfunktion des Goldgeldes i n hochentwickelten Ländern besteht heute darin, als Wertmesser zu dienen und die Reserve für internationale Zahlungen zu liefern. Je höher eine Volkswirtschaft entwickelt ist, um so mehr ersetzt sie das Gold als Zahlungsmittel des täglichen Inlandsverkehrs durch Zahlung in Forderungen und durch Abrechnung von Forderungen, die auf Goldgeld lauten 2 7 7 ." Die Goldkernwährung selbst ist wohl, da eine Fluktuation der Goldreserven auf Grund der inländischen Verflechtung ausgeschlossen ist, als Goldstandard besser geeignet als die Goldumlaufswährung 2 7 8 ; das problematische an diesem Ubergang lag vielmehr daran, daß er nicht durch eine Neuordnung des Geld- und Notenbankwesens auf einmal vollzogen wurde, sondern nach und nach durch eine Verminderung des Goldanteils am Geldumlauf verwirklicht werden sollte. Die Gesetzgebung der 70er Jahre, die von einem stark gesättigten Goldumlauf ausging, w a r bereits von der Grundkonzeption her dieser Entwicklung nicht gewachsen. Verbunden m i t der Ausgabe der kleinen Banknoten war eine Propagierung der Banknote überhaupt. Durch eine umfassende Aufklärungsarbeit wurden die Vorteile der Konzentration des Goldes bei der Reichsbank herausgestellt. Reichsbank, Reichspost und die Privatbanken leisteten ihre Auszahlungen fast ausschließlich i n Noten 2 7 9 . Die Finanzverwaltungen Preußens und des Reiches hatten die einzelnen Stellen angewiesen, von den Reichsbankkassen nach Möglichkeit kein Gold abzufordern; diese Maßnahmen trugen, wie Havenstein ausführte, wesentlich zur Stärkung des Goldbestandes der Reichsbank bei 2 8 0 . Die Handelskammern sollten ihren Einfluß geltend machen, daß die Banknoten in verstärktem Umfange zu Lohnzahlungen Verwendung finden. Die Hauptaufgabe sei es, die Arbeiter an die Banknoten zu gewöhnen 281 . Große Industriewerke, wie Krupp und Thyssen, führten die Lohn27Θ Plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , B e r l i n 1913, S. 143, 161. 277 Lötz, Walther: Der Fiskus u n d der Scheckverkehr, i n : Bank-Archiv, V I . Jg., B e r l i n 1906/07, S. 305—309, S. 306. 278 . . . „the use of gold coin . . . may impede, rather than aid, the w o r k i n g of the gold standard." (Beach, W. Edwards, B r i t i s h International Gold Movements and B a n k i n g Policy, 1881—1913, Cambridge 1935, S. 3.) 279 Vgl. Dalberg, Rudolf: Die Entthronung des Goldes, S. 13. 280 v g l . Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 79. Sitzimg V. 14. Januar 1908, S. 2418. 281 Vgl. o. Verf., Der Mangel an Zehnmarkstücken, S. 992.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Zahlung i n Noten ein 2 8 2 . Die Erhebung der Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel 2 8 3 war nur eine konsequente Fortführung dieser Politik. Da die Reichsbanknoten jedoch auch bereits vorher regelmäßig als Zahlungsmittel angenommen wurden, kam dieser Vorschrift mehr theoretische als praktische Bedeutung zu 2 8 4 . Kurz nach der Einführung der kleinen Banknoten wurde die Stückelung der seit 1891 auf 120 Mill. Mark begrenzten Reichskassenscheine neu geregelt 285 . Die durch die kleinen Banknoten überflüssig gewordenen Kassenscheine zu 50 und 20 Mark wurden durch Scheine zu 10 Mark ersetzt; die Scheine zu 5 Mark, die sich bereits bisher i m Umlauf befanden, konnten weiter bestehen bleiben. Diese Regelung unterstützte die mit der Ausgabe der kleinen Noten bezweckte Politik der Reichsbank 286 . Andererseits ist nicht zu verkennen, daß sich der Bestand an Reichskassenscheinen bei der Reichsbank mit dem Jahre 1906 stark erhöht h a t 2 8 7 ; die neuen Banknoten machten einen großen Teil des Staatspapiergeldes überflüssig. Da die Kassenscheine jedoch nach dem Bankgesetz wie die Reichssilbermünzen dem Barvorrat zugeschlagen werden konnten, verbesserte sich das Deckungsverhältnis trotzdem. Durch das Gesetz über Änderungen i m Finanzwesen vom 3. J u l i 1913 sollte der Reichskriegsschatz wegen der drohenden politischen Lage um 120 Mill. Mark in Gold erhöht werden. Bis zum Kriegsausbruch lieferte die Reichsbank 85 Mill. Mark Gold gegen kleine Reichskassenscheine an das Reich ab; diese Kassenscheine stellte sie ihrerseits wieder weitgehend dem freien Verkehr i m Austausch gegen Goldmünzen zur Verfügung 2 8 8 . d) Annahme

von

Einlagen

Die Reichsbank hielt die Mittel, die ihr bei der Gründung zur Verfügung standen, nicht für ausreichend, u m die ihr durch das Bankgesetz 282 Vgl. Somary, F e l i x : Praktische Vorschläge zur deutschen Geldmarktfrage, i n : B a n k - A r c h i v , X I . Jg., Berlin 1911/12, S. 376—379, S. 378. 283 Gesetz betreffend Änderung des Bankgesetzes. V o m 1. J u n i 1909, A r t . 3. 2Θ4 Vgl. Breit, James: a.a.O., S.703. 285 1874 waren 184 M ü l . M a r k Staatspapiergeld i m Umlauf; die Reduzierung auf 120 M i l l . M a r k Reichspapiergeld sollte, u m Schwierigkeiten zu vermeiden, nicht sofort vollzogen werden. Deshalb gab m a n i n der ersten Zeit 174 M i l l . M a r k Kassenscheine aus; bis zum Ende des Jahres 1890 wurden sie i n gleichmäßigen Raten auf den vorgesehenen Umfang von 120 M i l l . M a r k reduziert. Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I, S. 270 f. 286 Vgl. Obst, Georg: Das Bankgeschäft, I I . Bd., 8. Aufl., Stuttgart 1924, S. 53. ss? Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 5, S. 12/13. 2Θ8 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 22.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

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auferlegten volkswirtschaftlichen Aufgaben erfüllen zu können. Als die Einlagen des preußischen Staates, die sie von der Preußischen Bank übernommen hatte, gekündigt wurden, sah sie sich gezwungen, dafür einen Ersatz zu schaffen, um die Notenreserve nicht noch weiter absinken zu lassen. Die Annahme verzinslicher Einlagen nach dem Vorbild der Preußischen Bank wurde erwogen, aber wegen des mit der Zinszahlung verbundenen Zwanges zur nutzbringenden Anlage der Gelder verzichtete man darauf; außerdem waren die verzinslichen Guthaben durch das Bankgesetz auf die Höhe des Grundkapitals einschließlich des Reservefonds begrenzt (§ 13,7 Bankgesetz) 289 . Dagegen erschien ihr die Annahme unverzinslicher Einlagen zur Stärkung der M i t t e l geeignet. Wenn die Einleger schon keinen Zins erhielten, so mußte sie ihnen andere Vorteile bieten; der Vorteil der sicheren Aufbewahrung war — das zeigte der unbedeutende Umfang der unverzinslichen Depositengelder 290 — dazu nicht ausreichend. Die Einführung des Überweisungsverkehrs dagegen konnte als Äquivalent für die zinslose Hingabe der Gelder dienen. Statt der Erhebung einer Gebühr verlangte sie die Unterhaltung eines Mindestguthabens, das sich nach der voraussichtlichen Inanspruchnahme der Dienste der Reichsbank richtete und damit als Entgelt für die Giroleistungen der Reichsbank anzusehen w a r 2 9 1 . Die Reichsbank war sich durchaus dessen bewußt, daß das Wesen der Giroeinlagen dem der Banknoten ähnlich war. „Die Girogelder sind . . . täglich fällige Verbindlichkeiten und bankpolitisch ähnlich zu behandeln wie die Banknoten 2 9 2 ." Das Bankgesetz sah dagegen für die Giroeinlagen keine besondere Deckungspflicht vor. Wie Michaelis vor dem Reichstag ausführte, sollten die Banken dadurch angehalten werden, „vor allem die Kassenführerinnen des Publikums (zu) werden" 2 9 3 . Diesen Umstand machte die Reichsbank sich dadurch zunutze, daß sie den Bestand an Giroeinlagen laufend auszudehnen versuchte; die ihr zufließenden M i t t e l stärkten entweder ihre Deckungsreserve direkt, wenn sie aus deckungsfähigen Umlaufsmitteln — und hier insbesondere Gold — bestanden oder verringerten den Notenumlauf, wenn die Einlagen m i t Banknoten geleistet wurden, was ebenfalls eine, wenn auch nicht so starke Verbesserung des Deckungsverhältnisses zur Folge hatte; „ . . . jede Erweiterung des Giroverkehrs (mußte) die für die Notenausgabe gezogene Grenze ssa Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 51, 72. 290 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 30, S, 84/85. 291 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 53. 292 Vgl. ebenda, S. 51. 293 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 55. Sitzung am 28. Januar 1875, S. 1367.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

weiter hinausrücken" 2 9 4 . Die Reichsbank sprach damit unumwunden aus, daß die Giroeinlagen u. a. dazu dienen sollten, die i m Bankgesetz festgelegte Begrenzung der Notenausgabe i n ihrer Wirkung abzumildern, wenn nicht sogar zu umgehen. „Wollte sie nicht hinter dem rüstigen Fortschritt des wirtschaftlichen Verkehrs zurückbleiben, so mußte sie die Fesseln, die das Gesetz ihr angelegt hatte, abstreifen und mußte sich selbst die Bedingungen für eine unbegrenzte Entwicklungsfähigkeit schaffen 295 ." Hierin zeigt sich deutlich die i n erster Linie juristische, in zweiter privatwirtschaftliche und erst i n dritter Linie volkswirtschaftliche Denkweise jener Zeit 2 9 6 . Lange Zeit waren auch die Einzahlungen von Nichtkonteninhabern für Girokonten der Reichsbank i m gesamten Reichsgebiet gebührenfrei. Die Reichsbank bemerkte aber bald, daß dadurch die Entwicklung ihrer Giroeinlagen gehemmt wurde. Ein großer Teil der Gewerbetreibenden sah davon ab, bei der Reichsbank ein Konto zu eröffnen, um damit die Unterhaltung eines zinslosen Guthabens zu umgehen. Es genügte ihnen vollauf, wenn sie ihre Verbindlichkeiten durch eine Einzahlung bei der Reichsbank und der dann erfolgenden Weiterleitung im Girosystem begleichen konnten. Diese Entwicklung bewog die Reichsbank, da sie „nur in den unverzinslichen Guthaben das Entgelt für ihre Bemühungen finden (konnte)" 2 9 7 , 1884 eine i n kurzen Abständen mehrmals erhöhte Gebühr einzuführen; eine beträchtliche Erhöhung der Zahl der Konteninhaber war die von ihr angestrebte Folge. Daneben wurden alle diejenigen, die bei i h r Wechsel zum Diskont einreichen wollten, aufgefordert, ein Girokonto zu eröffnen 298 . Auch der weitere Ausbau des bargeldlosen Zahlungsverkehrs trug dazu bei, den Kreis der Konteninhaber zu vergrößern. Während i n den ersten Jahren hauptsächlich die Geschäftswelt zu den Einlegern gehörte — und hier insbesondere die privaten Banken — erfolgte von 1896 an „eine energischere Zusammenfassung staatlicher Gelder" 2 9 9 . I m Laufe der Zeit stiegen die Umsätze i m Giroverkehr wesentlich schneller als die Giroguthaben. Während die Reichsbank dieser Erhöhung der Umschlagsgeschwindigkeit noch 1901 durchaus „wohlwollend" gegenüberstand und dies als großen volkswirtschaftlichen Nutzen bezeichnete 300 , nahm sie diese Entwicklung 1906 zum Anlaß, die Mindesteinlagen zu erhöhen, um „diese Guthaben mit den wachsenden Um294 295 29β 297 298 299 300

Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 51. Katzenstein, Louis: a.a.O., S. 30. Vgl. v.Eynern, Gert: a.a.O., S. 26, Fußn. 3. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 55. v g l . ebenda, S. 55, 58. Ebenda, S. 61. v g l . ebenda, S. 65.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

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sätzen in Ubereinstimmung zu bringen" 3 0 1 . Sie sah darin eine w i l l kommene Möglichkeit zur Stärkung ihrer Reserven. „Höhere Giroguthaben bringen die entsprechenden höheren Metallbestände i m allgemeinen . . . von selbst 302 ." Gleichzeitig m i t der Erhöhung der Minimalguthaben wurde deren Festsetzung nach einheitlichen Grundsätzen durch das Reichsbankdirektorium selbst geregelt; zuvor war dies von den einzelnen Bankanstalten vorgenommen worden. Sowohl die Inanspruchnahme i m Giroverkehr als auch der Umfang des Diskont- und Lombardverkehrs und der damit verbundenen „Verdienstmöglichkeit" der Reichsbank fanden dabei Berücksichtigung 303 . Die vereinbarten Mindestbestände waren dabei nur für die Hauptzahlungstermine und der damit verbundenen Liquiditätsanspannung von Bedeutung. I m Jahresdurchschnitt lagen die tatsächlich unterhaltenen Guthaben wesentlich über den festgelegten Minimalguthaben 3 0 4 . Daraus erklärt es sich, daß nach dem Jahre 1960 trotz der erhöhten Mindesteinlagen die durchschnittlichen Guthaben der Privaten, für die die Unterhaltung der Mindestguthaben galt, nur geringfügig zunahmen 305 . I n der Bankenquete 1908 wurde eine weitere Erhöhung der Mindestguthaben als eine Möglichkeit zur „Verstärkung des Barvorrats der Reichsbank aus dem Inlandsverkehr" zur Diskussion gestellt 3 0 6 . Von dieser Maßnahme w u r de dann aber Abstand genommen. Die Kosten des Reichsbankgiroverkehrs durften nicht höher sein als die Kosten bei einer Postversendung, um eine Versendung von Bargeld nicht zu begünstigen. Eine weitere Erhöhung der Mindestguthaben hätte aber u. U. diese Wirkung gehabt 307 . Insgesamt entwickelten sich die Giroguthaben der Reichsbank einschließlich der schwebenden Überweisungen 308 von 71 M i l l . Mark i m 301 Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 24. 3oa Arnold, A n t o n : Die Bedeutung der Giroguthaben f ü r die Bankpolitik, i n : Bank-Archiv, V I . Jg., B e r l i n 1906/07, S. 55—61, S. 61; auch Heiligenstadt begrüßte diese Maßnahme. Vgl. Heiligenstadt, Carl: Der deutsche Geldmarkt, i n : Jahrbücher für Gesetzgebung . . h r s g . v. Schmoller, 31. Jg., Leipzig 1907, S. 1539—1573, S. 1559 ff. 303 Vgl. Goldberg, M a r t i n : a.a.O., S. 134 f. 304 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 27, S. 56/57. 305 Vgl. ebenda, Fußn. 1, S. 56. 306 Bankenquete 1908, Verhandlungen zu den Punkten I—V, a.a.O., S. V I I , i m Original gesperrt gedruckt. 307 vgl. Proebst, Siegmund: Die Grundlagen unseres Depositen- und Scheckwesens, Jena 1908, S. 53; über die Kosten des Reichsbankgirokontos vgl. Nicklisch, H.: Die Rentabilität des Reichsbankgirokontos, i n : Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelspraxis, 1. Jg., Leipzig 1908/09, S. 315 bis 317. sob Als schwebende Überweisungen wurden die Beträge bezeichnet, die den Auftraggebern i m Giroverkehr bereits belastet, den Begünstigten jedoch noch nicht gutgeschrieben waren.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Durchschnitt des Jahres 1876 auf 512 M i l l . Mark 1900 und 668 M i l l . Mark 1913 309 . Die Anlage der Girogelder erfolgte hauptsächlich i n Lombardkrediten und Schatzanweisungen. Da das Bankgesetz diese A k t i v a nicht zur Notendeckung zuließ, sondern für die Restdeckung der Noten Diskontwechsel vorschrieb (§ 17 Bankgesetz), war die Reichsbank bei diesen Geschäften praktisch auf die Giroeinlagen und ihre Eigenmittel angewiesen. Die ständige Erweiterung der zum Lombardverkehr zugelassenen Pfänder 3 1 0 führte dazu, daß die Reichsbank zeitweise auf Grund einer zu starken Nachfrage nach Lombarddarlehen und einem Rückgang der Nachfrage nach Diskontkrediten in dieser Beziehung i n Dekkungsschwierigkeiten kam 3 1 1 . Auch daraus lassen sich die Bemühungen um eine Ausweitung der Giroeinlagen erklären. Neben den Giroeinlagen besaß die Reichsbank noch Guthaben der Staatskassen auf besonderen Konten. Von 78 M i l l . Mark i m Jahre 1876 fielen sie bis zum Jahre 1881 auf 28 M i l l . Mark ab; i n der Folgezeit nahmen sie wieder zu und erreichten 1892 mit 204 M i l l . Mark ihren höchsten Wert. Diese Guthaben dienten nicht dem bargeldlosen Zahlungsverkehr; von 1896—1898, als die Staatskassen auf Drängen der Reichsbank immer mehr zur bargeldlosen Zahlung übergingen, wurden diese besonderen Konten aufgelöst. Den staatlichen Kassen wurde dafür ein Girokonto eröffnet 3 1 2 . e) Verstärkung

des

Eigenkapitals

Durch die Änderung des Bankgesetzes von 1899 wurde bestimmt (Art. 1), daß das Grundkapital der Reichsbank von 120 Mill. Mark auf 180 M i l l . Mark zu erhöhen ist, und zwar u m 30 M i l l . Mark bis zum 31.12.1900 und um weitere 30 M i l l . Mark bis zum 31.12.1905 (Art. 1). Außerdem sollte der Reservefonds auf 60 M i l l . Mark erhöht werden (Art. 2). I n erster Linie sollte damit der „Garantiefonds" dem starken Wachstum der Reichsbank angeglichen werden. Aber als erwünschte Nebenwirkung dürfte auch eine Verstärkung des Barvorrats angestrebt worden sein, wenn auch Reichsbankpräsident Koch dies mit der wenig überzeugenden Begründung abstritt, daß durch die Kapitalerhöhung eine Verminderung der i m Umlauf befindlichen M i t t e l stattfinde, die durch eine vermehrte Inanspruchnahme der Reichsbank wieder aus30» 310 3n 1910, 312

Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 24, S. 48—50. v g l . Bankgesetznovellen v. 9. 6.1899 u n d 1. 6.1909. Vgl. o. Verf., Die Reichsbank i m Dezember (1909), i n : Die Bank, B e r l i n S. 79—81, S. 80 f. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1910, Tab. 30, S. 86/87.

I . Währungsreserven und i n n i e

Verflechtung

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geglichen werden müsse 3 1 3 . Der Reservefonds übertraf bereits 1905 auf G r u n d der Zuweisung des Agios aus der Kapitalerhöhung die Höchstgrenze u m 5 M i l l . Mark. Eine weitere Dotierung wurde daher erst ab 1911, als die Begrenzung des Reservefonds auf 60 M i l l . M a r k durch die Bankgesetznovelle 1909 (Art. 1) wegfiel, wieder vorgenommen. Er erreichte 1913 70 M i l l . M a r k 3 1 4 . f) Einfluß

auf das spielregelgerechte

Verhalten

Diese Maßnahmen zur Zentralisation des Goldes sind unter dem Gesichtspunkt des spielregelgerechten Verhaltens verschieden zu beurteilen. Die Überlegungen haben von der Frage auszugehen, ob das Verhalten der Reichsbank — gleichgültig, ob sie die Maßnahmen selbständig durchführte oder andere Institutionen dazu veranlaßt hat — zu einer Erweiterung der durch Gold nicht gedeckten Geldmenge führte. Der Geldmengenbegriff ist i n seinem Ursprung eine Größe des quantitätstheoretischen Erkenntnisbereichs 3 1 5 . Eine allgemeingültige Definition der Geldmenge wurde bisher nicht gefunden; es herrscht jedoch weitgehende Einigkeit, daß man von dem funktionalen Geldmengenbegriff auszugehen h a t 3 1 6 . „ K e i n D i n g ist an sich, etwa schon durch seinen Stoff und dessen technische Eigenschaften, durch seine äußere Form oder gar durch bloße Willensakte von Machthabern . . . Geld 3 1 7 ." Wesentlich ist nicht der Wirkungsträger, sondern die Wirkung, die von i h m ausgeht. V o n den verschiedenen Geldfunktionen eignet sich auf Grund der engen Verbindung zwischen der Quantitätstheorie u n d der Theorie der Goldwährung für diese Untersuchung die Tauschmittelf u n k t i o n als wesensbestimmende Geldfunktion. Dabei w i r d nicht ausgeschlossen, daß dieser Hauptfunktion noch andere Funktionen zur Seite stehen. Geld ist also das den Austausch von Gütern und Dienstleistungen vermittelnde Verkehrsgut 3 1 8 . Die Ausgabe von Silbermünzen hatte, solange dafür Landesmünzen eingezogen wurden, keinerlei Erhöhung des Geldumlaufs zur Folge. Die Erhöhung der Quote pro Kopf der Bevölkerung ist i n diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Seit dem Herbst des Jahres 1907 erfolgte die 313 Vgl. Heiligenstadt, Carl: Der deutsche Geldmarkt, S. 1568 ff. 314 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 5, S. 12/13. sis v g l . Köhler, Horst Jakob: Der Begriff „Geldmenge" und seine Problematik, Berlin 1960, S. 45; Fossati , Eraldo: a.a.O., S. 317 ff. 3ie Vgl. ebenda, S. 10 ff. 317 Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, 2. Aufl., Wien 1923 (1. Aufl. 1871), S. 313. 318 Ebenda, S. 313; „Money is w h a t money does." Vgl. dazu auch Veit, Otto: Reale Theorie des Geldes, Tübingen 1966, S. 55 ff.

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Ausprägung der Reichssilbermünzen aus angekauften Silberbarren, da der Restbestand an Landesmünzen erschöpft war. Alle nach diesem Zeitpunkt ausgeprägten Münzen erhöhten daher die umlaufende Geldmenge, und zwar nicht nur um den Betrag des Münzgewinns, sondern um den Gesamtbetrag der neu ausgegebenen Scheidemünzen 319 . Die Erhöhung des Silberumlaufs betrug, wenn man die i m gleichen Zeitraum erfolgte Zunahme der Bestände bei der Reichsbank berücksichtigt, ca. 250 M i l l . Mark. Die i m vorigen Abschnitt geschilderten Maßnahmen zur Heranziehung von Goldmünzen aus dem Verkehr und deren Ersatz durch Scheidemünzen hatte auf die Erhöhung der Geldmenge keinen Einfluß. Angenommen, die Silbermünzen verdrängten in vollem Umfange Goldmünzen, die sich bei der Reichsbank ansammelten. Dann verringerte sich der durch Gold nicht gedeckte Notenumlauf um den Betrag der ausgegebenen Silbermünzen, so daß per Saldo überhaupt keine Geldvermehrung stattgefunden hat. Gab jedoch die Reichsbank auf Grund ihres Goldzuflusses i n gleichem Umfange i m Wege der Kreditausweitung neue Noten aus, so fand eine Reduzierung der durch Gold nicht gedeckten Notenmenge nicht statt; zu dem ungedeckten Notenumlauf trat also der zusätzliche Silberumlauf hinzu. Verursachte die Kreditausweitung auf Grund der Zahlungssitten neben einer Mehrausgabe von Banknoten auch einen Abfluß von Goldmünzen, so schlug sich dies ebenfalls i n einer entsprechenden Entwicklung des absoluten Betrages des durch Gold nicht gedeckten Notenumlaufs nieder. I n ähnlicher Weise wie die Vermehrung des Silbergeldes ist auch die Entwicklung der Giroeinlagen zu beurteilen. Auch sie wurden von den Deckungsvorschriften des Bankgesetzes nicht erfaßt, obwohl sie — wie auch die Reichsbank erkannte — i n gleichem Umfange Gelddienste erfüllten wie Papier- und Metallgeld. Ihre hohe Umschlagsgeschwindigk e i t 3 2 0 machte sie dabei für den Geldumlauf besonders bedeutsam. Dagegen bleibt auch hier die mögliche Freisetzung von Metallgeld ohne Einfluß auf die Beurteilung des spielregelgerechten Verhaltens. Für den Geldumlauf hatte dieser Effekt aus den gleichen Gründen, die oben angeführt wurden, keine Bedeutung. Betrachtet man die Bemühungen zur Zentralisation des Goldes durch Ausgabe kleiner Banknoten, kleiner Reichskassenscheine und weitgehender Zurückhaltung bei der Prägung kleiner Goldmünzen unter diesem Aspekt, so stellt man fest, daß auch diese Maßnahmen nicht zur 319 Vgl. Moeller, Hero: Münzgewinn?, i n : Zeitschrift f ü r das gesamte Kreditwesen, 3. Jg., Frankfurt 1950, S. 368—370, S. 369. 320 1876 schlugen sie sich i n 3 Tagen, 1913 i n 1,3 Tagen einmal um. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 24, S. 48—50.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

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Erhöhung des Geldvolumens beigetragen haben. Jedes dem Verkehr entzogene Goldstück mußte durch eine entsprechende Papiergeldmenge ersetzt werden, so daß derartige Veränderungen in dem Betrag des ungedeckten Notenumlaufs bereits mit berücksichtigt sind. Gleiches gilt für die Ansammlung von Deckungsmitteln durch die Erhöhung der Eigenmittel der Reichsbank. Da das Unternehmenskapital selbst nicht dem Buchgelde zuzurechnen ist, ergibt sich auch von dieser Seite keine Erhöhung des Geldvolumens. Diese Maßnahmen zur „Goldkonzentration", die sich i n einer Erweiterung der Reichsbankbilanz niederschlugen, können nur unberücksichtigt bleiben, wenn man das spielregelgerechte Verhalten davon abhängig macht, daß der Veränderung des Goldbestandes eine Veränderung des Geldumlaufs i m gleichen Umfange folgt 3 2 1 . Sobald man aber die Aufrechterhaltung eines unveränderten Deckungsverhältnisses der Banknoten bzw. der Geldmenge durch Gold verlangt, ergibt sich ein anderes Bild; die Auswechslung eines Zwanzigmark-Goldstückes gegen eine Banknote machte bei einer Dritteldeckung eine zusätzliche Ausweitung des Geldumlaufs von 40 Mark möglich, ohne daß dabei die Deckungspflicht verletzt wurde. A u f diesen „Vorteil" ist auch von bedeutenden Fachvertretern immer wieder hingewiesen worden 3 2 2 . Auf den ersten Blick wurde dabei der Spielregel Genüge getan; der Goldzufluß führte zu einer proportionalen Ausweitung des Geldvolumens. Unter einem Goldzufluß i. S. d. Spielregel ist jedoch — auch wenn dies i. d. R. nicht besonders betont w i r d — ein Zuwachs zum gesamten nationalen Goldbestand zu verstehen und nicht etwa eine Verschiebung innerhalb dieses nationalen Goldbestandes; dies liegt aber bei einem Entzug von Gold aus dem Umlauf vor. Diese Ausweitung i m Verhältnis 1 :3 stellte die maximale Expansionsmöglichkeit dar; sie setzte voraus, daß die Reichsbank die zusätzlichen 40 Mark i n Noten unterbringen konnte 3 2 3 . Das andere Extrem hätte sich dann ergeben, wenn der neue Kreditnehmer die 40 Mark i n Gold abgefordert hätte. Die Reichsbank wäre dann unter der Voraussetzung einer konstanten Dritteldeckung gezwungen gewesen, 120 Mark Noten einzuziehen, so daß sich insgesamt eine Kontraktion i n Höhe von 80 Mark ergeben hätte. Zwischen diesen beiden Extremen konnte die Geschäftsentwicklung der Reichsbank verlaufen. Das tatsächliche Ab321 Vgl. c 13. 322 vgl. z.B. v.Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbanken . . . , S.37. 323 Daneben konnte die Kreditgewährung auch noch durch eine Gutschrift auf Girokonto abgewickelt werden; sofern die Verfügungen über diese Guthaben lediglich durch Umbuchungen innerhalb des Girosystems der Reichsbank erfolgten, wäre damit theoretisch eine unbegrenzte K r e d i t schöpfung möglich gewesen. 7 Seeger

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C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

forderungsverhältnis Noten : Gold läßt sich nicht feststellen; es ist aber sicher, daß es immer so „günstig" war, daß eine Expansion möglich wurde. Wie Knapp richtig feststellte, konnte die Reichsbank von niemanden verlangen, anstelle des Goldes eines der anderen Zahlungsmittel anzunehmen 324 . Aber durch die Aufklärungsarbeiten — unterstützt von einem „gelinden Zwang" — erreichte sie, daß sich das Abforderungsverhältnis i m Laufe der Zeit immer mehr zu Gunsten der Bank verschob, w e i l das Publikum andere Zahlungsmittel freiwillig annahm. Diese Entwicklung führte dazu, daß die Währungsverhältnisse immer mehr von einer Goldumlaufswährung zur Goldkernwährung tendierten. Prinzipiell kann zwar, wie bereits dargestellt wurde, der Automatismus sowohl i n der Goldumlaufs- wie auch i n der Goldkernwährung spielen 325 . Die Goldkernwährung, erstmals vorgeschlagen von Ricardo, tauchte — meist i n Zeiten unbefriedigender ZentralbankGoldreserven — i n der Literatur seither immer wieder auf. Sie wurde, nachdem das Cunliffe Committee die Goldkernwährung i n seinem Report von 1918 wieder i n den Mittelpunkt rückte und die Währungskonferenz von Genua 1922 die Einführung der Goldkernwährung vorschlug, 1925 von England eingeführt 3 2 6 . Der Ubergang hätte dann aber auf einmal durch eine Änderung der Geldverfassung erfolgen müssen. I n diesem Sinne ist wohl auch die K r i t i k von Plenge zu verstehen, der zwar eine Zentralisation des Goldes bei der Reichsbank befürwortete, aber eine damit einhergehende Verbesserung des Deckungssatzes verlangte 3 2 7 . Die Politik der Reichsbank trug überdies dazu bei, daß sich das Abforderungsverhältnis i m Laufe der Zeit immer mehr zu Gunsten der Reichsbank verschob. Ein Anhaltspunkt für den Umfang der Verletzung der Spielregel ergibt sich bis zu diesem Punkt der Untersuchung aus der Zunahme des durch Gold nicht gedeckten Notenumlaufs (ca. 500 Mill. Mark) 3 2 8 , dem Betrag des keinerlei Deckungsvorschriften unterliegenden zusätzlichen Umlaufs an Silbermünzen (ca. 310 M i l l . Mark) und dem Umfang der Giroeinlagen bei der Reichsbank (ca. 670 M i l l . Mark). Der naheliegenden Addition dieser Beträge steht entgegen, daß es sich hierbei um Größen handelt, die schon auf Grund ihrer verschiedenen Umlaufgeschwindigkeit verschiedene qualitative Momente beinhalten. Diesen Umstand berücksichtigte z. B. I r v i n g Fisher dadurch, daß er die Ge324 Vgl. Knapp, Georg Friedrich: Die hohen Diskontosätze . . . , S. 42 ff. 325 v g l . dazu z. B. Machlup, Fritz: Die Goldkernwährung, Halberstadt 1925, S. 18 ff.; auch Halasi, Adalbert: Die Goldwährung, B e r l i n 1933, S. 43 ff. 326 Vgl. dazu z.B. Hawtrey, R. G.: a.a.O., S. 58, 97 ff.; auch Rist, Charles: a.a.O., S. 13 ff. 327 v g l . Plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , B e r l i n 1913, S. 143,

161.

328 v g l . Anlage 3.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

99

samtgeldmenge i n Kurantgeld und Buchgeld spaltete und getrennt i n die Verkehrsgleichung einsetzte 329 . Auf Grund dieser qualitativen Unterschiede erscheint es für diese Untersuchung nicht zweckmäßig, z.B. Notengeld und Giroeinlagen der Reichsbank zu dem Oberbegriff der täglich fälligen Verbindlichkeiten zusammenzufügen. Diese Zusammenfassung, die bereits i n den statistischen Aufzeichnungen der Reichsbank vorgenommen 330 und auch i n neueren Untersuchungen übernommen wurde 3 3 1 , ist lediglich vom privat wirtschaftlichen Standpunkt aus zu rechtfertigen. Beide Positionen stellten unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Liquidität ähnliche Ansprüche an die Reichsbank. Sowohl für die ausgegebenen Noten, die jederzeit zur Einlösung i n Gold präsentiert werden konnten, wie für die Giroeinlagen, über die die Konteninhaber jederzeit durch Abhebung ihres Guthabens verfügen konnten, mußte sie ausreichende Liquiditätsvorsorge treffen. Insoweit sind die ausgegebenen Noten und die Giroeinlagen auf einen gemeinsamen qualitativen Nenner zu bringen. Dabei erforderten weder die Noten noch die Einlagen eine hundertprozentige Bardeckung, da sie immer mit einem Mindestumlauf an Banknoten bzw. einem Mindestbestand an Giroeinlagen rechnen konnte. Insoweit folgte die Reichsbank der sog. „Bodensatztheorie", die bereits Adolph Wagner als Weiterentwicklung der „goldenen Bankregel" Hübners formulierte 3 3 2 . Zudem kompensierten sich die Bewegungen dieser beiden Posten i m Zeitverlauf weitgehend 3 3 3 , w e i l die Kunden der Reichsbank bei einem Bargeldbedarf Noten zu Lasten ihrer Girokonten abhoben und später nach der Uberwindung der Anspannung die aus dem Verkehr zurückfließenden Noten wieder einzahlten und den Betrag ihrem Girokonto gutschreiben ließen. Einer Abnahme der Giroeinlagen stand eine Zunahme des Notenumlaufs, bzw. einer Zunahme der Giroeinlagen eine Abnahme des Notenumlaufs gegenüber. Daher waren die gesamten täglich fälligen Verbindlichkeiten wesentlich geringeren Schwankungen unterworfen als Notenumlauf und Giroeinlagen für sich. „ F ü r die gesammte Bankpolitik ist eine möglichste Gleichmäßigkeit i m Stand der sämmtlichen täglich fälligen Verbindlichkeiten einschließlich des Notenumlaufs erwünscht; je größer die Schwankungen, desto schwieriger w i r d für die Bank die Aufgabe, die intensive Ausnützung ihrer Betriebsmittel . . . mit der Aufrechterhaltung einer i n allen Fällen ge329 v g l . Fisher, I r v i n g : Die K a u f k r a f t des Geldes, 2. Aufl., Berlin/Leipzig 1922, S . 3 8 1 330 Vgl. z.B. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 31, S. 91; einschließlich der geringfügigen zinslosen Depositen. 331 Vgl. Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 29 ff. 332 v g l . Wagner, Adolph: Beiträge zur Lehre von den Banken, Leipzig 1857, S. 166 ff. 333 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 67 f. ν

100

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

nügenden Baarreserve zu vereinigen 3 3 4 ." Unter dem Gesichtspunkt der Liquiditätsvorsorge ist daher die Zugrundelegung der gesamten täglich fälligen Verbindlichkeiten bei der Berechnung der Bardeckung 335 oder der Golddeckung 336 durchaus richtig. Für die Untersuchung des Geldumlaufs unter dem Gesichtspunkt des spielregelgerechten Verhaltens dagegen würde die Zusammenfassung die Aussagefähigkeit verringern. 4. Versuche zur Reduzierung des Notenumlaufs

Die Maßnahmen zur Zentralisation des Goldes bei der Reichsbank führten, wie bereits dargestellt wurde, teilweise auch zu einer Reduzierung des Notenumlaufs. Eine strenge Trennung dieser beiden Bereiche läßt sich nicht vornehmen. I n ähnlicher Weise handelte es sich auch bei den nachfolgend dargestellten Bestebungen nur i n erster Linie um Maßnahmen zur Verringerung des Notenumlaufs 3 3 7 ; daneben verhinderten auch sie eine dem Anwachsen der Umsätze entsprechende Vermehrung der Metallzirkulation 3 3 8 . „Da diese Einrichtungen nur für größere Zahlungen i n Betracht kommen, wirken sie wohl einer Vermehrung des Notenumlaufs entgegen, nicht aber i n gleicher Weise der Steigerung des Bedarfs an Metallgeld für die kleineren Zahlungen 3 3 9 ." a) Bemühungen

der

Reichsbank

aa) Bargeldloser Giro-Fernverkehr Obwohl der Giroverkehr zuerst dazu dienen sollte, der Reichsbank neue Mittel zuzuführen, verkannte man die technischen Vorzüge des bargeldlosen Zahlungsverkehrs nicht 3 4 0 . Der größte Vorteil war i n der Einschränkung des Notenumlaufs zu sehen. Demgegenüber traten der Wegfall des Geldtransportes, der damit verbundene Zinsgewinn, die Vermeidung der Geldabnutzung etc. zurück. 334 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 67 f. 335 Vgl. z. B. ebenda, Tab. 31, S. 317. 336 Vgl. ebenda, Tab. 31, S. 317 und Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 29 ff. 337 Vgl. v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., S. 47. 338 Vgl. Ruppel, W i l l y : a.a.O., S. 100; auch Heyn, Otto: Goldprämienpolitik und Silbergeldvermehrung als M i t t e l zur Verhütung von Geld- u n d B a n k krisen, i n : Bank-Archiv, V I I . Jg., B e r l i n 1907/08, S. 211—214, S. 214. 339 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 44; ähnlich auch Plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , Berlin 1913, S. 139. 340 Unter Bargeld w i r d hier nicht n u r das Münzgeld verstanden; es u m faßt — entgegen der früheren Terminologie — auch Banknoten und Reichskassenscheine. Vgl. dazu z.B. Schmidt, Fritz: Der nationale Zahlungsverkehr, 2. Aufl., Leipzig 1920, S. 15 ff.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

101

Bei der Einrichtung des Giroverkehrs sah sich die Reichsbank vor die Notwendigkeit gestellt, etwas völlig Neues zu schaffen. Zuvor gab es zwar schon i n Hamburg einen bis zur Vollendung ausgebildeten Giroverkehr; ihm war jedoch nur eine regionale Bedeutung beizumessen. M i t der Erhebung aller selbständigen Reichsbankfilialen zu Giroanstalten schuf die Reichsbank ein das ganze Wirtschaftsgebiet umfassendes Abrechnungssystem; durch die laufende Ausweitung dieses Gironetzes auch auf die Nebenstellen wurde die Ausbreitung des bargeldlosen Giroverkehrs noch gefördert. Die Möglichkeit der Bareinzahlung für Rechnung auswärtiger Girokunden machte es ferner auch Nichtkunden möglich, das Girosystem der Reichsbank i n Anspruch zu nehmen 3 4 1 . Die Übertragungen i m Fernverkehr einschließlich der Bareinzahlungen für Girokunden entwickelten sich schnell; sie stiegen von 2,1 Mrd. Mark im Jahre 1876 auf 15,2 Mrd. Mark 1895 und 52,5 Mrd. Mark 19 1 3 3 4 2 . Auch hier schlug sich die wesentlich raschere Entwicklung der Volkswirtschaft seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nieder. „Ganz Deutschland ist durch den Giroverkehr i n Verbindung m i t der großen Zahl . . . der Zweiganstalten gewissermaßen zu einem einheitlichen Bankplatze geworden 343 ." bb) Bargeldloser Platzverkehr Eine ähnliche Entwicklung nahm der sog. Platzverkehr. Darunter sind die Giroübertragungen zwischen Konten zu verstehen, die an demselben Ort geführt wurden 3 4 4 . Obwohl hier eine wesentlich geringere Kosten- und Arbeitsersparnis als beim Fernverkehr zu erzielen war, auf die es den Girokunden i m wesentlichen ankam, wuchsen die Umsätze — insbesondere i n Gebieten mit bedeutendem lokalem Zahlungsverkehr — rasch an 3 4 5 . Von 3,1 Mrd. Mark i m Jahre 1876 346 stiegen die Gutschriften auf 12,6 Mrd. Mark 1895 und 66,7 Mrd. Mark i m Jahre 1913 an 3 4 7 . 341 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 50 ff. 342 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 39, S. 106/107 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 20, S. 40/41. 343 Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1900, S. 60. 344 Einschließlich der Übertragungen zwischen Hauptanstalt u n d den i h r nachgeordneten Unteranstalten sowie dieser unter sich. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Fußn. 4 zu Tab. 36, S. 100/101. 345 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 63. 34β V o n 1876—1892 enthielten diese Umsätze teilweise auch Gutschriften aus dem Abrechnungsverkehr. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876 bis 1910, Fußn. 4 zu Tab. 36, S. 100/101. Der reine Platzverkehr hatte daher 1876 noch nicht diesen Umfang erreicht. 347 vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 36, S. 100/101 und Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 20, S. 40/41.

102

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

cc) Verrechnung m i t den Konteninhabern Zu einer wesentlichen Einschränkung der baren Zahlungen führte auch der i m Jahre 1883 eingeführte Verrechnungszwang. Alle Zahlungen, die ein Girokunde von der Reichsbank zu empfangen hatte, wurden nicht mehr i n bar geleistet, sondern über Girokonto verrechnet. Dazu gehörten z. B. alle Forderungen auf Grund diskontierter oder zum Einzug gegebener Wechsel und Schecks und die eingeräumten Lombardkredite. Außerdem war die Eröffnung eines Girokontos mit der Verpflichtung verbunden, alle Schuldwechsel bei der Reichsbank zahlbar zu stellen. Bei Verfall konnten dann die Akzepte bargeldlos gegen Verrechnung m i t dem Giroguthaben eingelöst werden. Seit dem Jahre 1888 ließ die Reichsbank als Domizilstelle auch solche Banken zu, die mit i h r i n täglicher Abrechnung standen. Daraus w i r d ersichtlich, daß es ihr hierbei viel mehr auf eine allgemeine Verringerung der Barumsätze als auf eine Konzentration dieser Geschäfte i m eigenen Filialbereich ankam. Da die Reichsbank stets einen großen Teil der fälligen Wechsel i n ihrem Portefeuille hatte, erleichterte die bargeldlose Verrechnung die Bearbeitung dieser Geschäftsvorfälle 348 . Außerdem gelang es ihr, „den Betrag des jeweils — immer doch in letzter Linie von ihr selbst — in Umlauf zu setzenden baaren Geldes erheblich zu vermindern" 3 4 9 . Barauszahlungen kamen jetzt nur noch auf Grund von „weißen Schecks" vor. Während der ersten Jahre des Bestehens der Reichsbank wurden diese Verrechnungen mit den Konteninhabern zusammen m i t den Barzahlungen ausgewiesen. Erst seit 1893 sind sie selbständig erfaßt. Sie betrugen auf der Einnahmenseite 1893 12,7 Mrd. Mark, 1895 13,4 Mrd. Mark und 1913 50,6 Mrd. M a r k 3 6 0 .

dd) Barzahlungen Insgesamt ergaben sich i m Jahre 1895 40 Mrd. Mark Gutschriften und 37 Mrd. Mark Lastschriften, bei denen die Barzahlung erspart wurde. Bis zum Jahre 1913 stiegen diese Umsätze auf 170 Mrd. Mark bzw. 348 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1900, S. 57 f. 349 Ebenda, S. 57. 350 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1910, Tab. 36, S. 100/101 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 20, S. 40/41. Die Umsätze auf der Ausgabenseite differierten einmal auf Grund der Zeitdifferenz z w i schen Diskontierimg u n d Einlösung der Wechsel bzw. zwischen Gutschrift u n d Rückzahlung der Lombarddarlehen. Z u m andern erklären sich die Differenzen auch daraus, daß auf einer Seite auch Nichtkunden der Bank an den Geschäften beteiligt sein konnten. Zahlen vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 37, S. 102/103 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 21, S. 42/43.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

103

167 Mrd. Mark an 3 5 1 . I m Vergleich dazu stiegen die Bareinzahlungen und Barabhebungen wesentlich langsamer. I h r Anteil an den gesamten Umsätzen der Reichsbank ging von 1893 bis 1913 kontinuierlich zurück 3 5 2 . Die Reichsbank gab den Anteil der Barumsätze 353 an den Gesamtumsätzen für 1893 mit 19,4% und 1913 mit 11,1 υ /ο an 3 5 4 . Diese Zahlen geben aber m. E. nicht die tatsächlichen Verhältnisse wieder. Die Addition der Gutschriften und Lastschriften zum „Gesamtergebnis i m Giroverkehr" ist zur Beurteilung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs nicht geeignet, da ein Uberweisungsvorgang sowohl eine Gutschrift als auch eine Lastschrift zur Folge hatte und damit doppelt erfaßt wurde. Berücksichtigt man dies, so erhält man für 1893 einen Anteil der Barumsätze von ca. 40 °/o gegenüber ca. 20 °/o 1913. Dieser Erfolg hatte verschiedene Ursachen. Wie bereits früher erwähnt 3 5 5 gelang es der Reichsbank, die Einzahlungen von Nichtkonteninhabern durch die Erhebung einer Gebühr zu reduzieren. Besonders die Einzahlungen großer Einzelbeträge verringerten sich, da die betreffenden Kreise sich nun zur Teilnahme am Giroverkehr durch die Eröffnung eines Kontos entschlossen 356 . Der Ausbau des eigenen Gironetzes, die Propagierung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, der Domizilzwang für Akzepte der Girokunden und der Verrechnungszwang machten einen weiteren Teil des Barverkehrs überflüssig. Durch die Einstellung des Giro-Inkassoverkehrs i m Jahre 1905 357 fand eine weitere Verringerung des Barverkehrs statt. 1887 vereinbarte die Reichsbank m i t der Postverwaltung, daß i n Zukunft, soweit die Girokunden dies wünschten, alle Postanweisungen an Girokonteninhaber nicht mehr bar ausgezahlt, sondern dem Konto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben werden. Andererseits brauchten die Girokunden den Gegenwert ihrer eigenen Postanweisungen nicht mehr bei den Postämtern einzahlen, sondern konnten diesen Betrag von ihrem Girokonto abbuchen lassen. I n ähnlicher Weise erfolgten auch die Auszahlung der Schuldbuchzinsen der preußischen Staatsschuldenverwaltung sowie die Auszahlungen von Wertpapierzinsen, soweit die Effekten bei der Reichsbank deponiert waren, bargeldlos durch Gutschrift auf Konto 3 5 8 . 351 Errechnet aus den Zahlen i n : Reichsbank, Die Reichsbank von 1876 bis 1910, Tab. 36, S. 100/101 u n d Tab. 37, S. 102/103; Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 20, S. 40/41 u n d Tab. 21, S. 42/43. 352 Die früheren Jahre lassen sich nicht vergleichen. Vgl. C I V 4 a ) , dd). 353 E i n - u n d Auszahlungen v o n Noten, Gold- u n d Silbermünzen. 354 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, a.a.O., Tab. 38, S. 104/ 105 u n d Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1901—1925, Tab. 22, S. 44/45. 355 v g l . C I V 3 d). 356 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 56. 357 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Fußn. 2 zu Tab. 64, S. 162/163. 358 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 58.

104

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven b) Bemühungen

der anderen

Bankengruppen

Die Bemühungen zur Förderung des bargeldlosen Zahlungsausgleichs waren nicht auf die Reichsbank begrenzt. Alle Bankengruppen waren bemüht, die bei Industrie und Handel zu Zahlungszwecken bereitgehaltenen Barreserven bei sich zu konzentrieren und die Zahlungsausgleichungen für ihre Kunden bargeldlos zu vermitteln. Die Reichsbank förderte diese Entwicklung, da sie sich auch davon eine Verringerung des Notenumlaufs und damit eine Entlastung ihres Status versprach. Eine ausführliche Untersuchung über den Umfang des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bei einzelnen Bankengruppen ist i m Anhang enthalten 3 5 9 . Daraus w i r d ersichtlich, daß sich der Umfang des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und die Höhe der ihm zugrunde liegenden Guthaben statistisch nicht erfassen lassen. Eine besondere Bedeutung kam jedoch zweifellos den Filialgroßbanken zu; ihre Filialen und die große Zahl kleinerer Banken, m i t denen sie entweder über eine Beteiligung oder durch Verträge verbunden waren, bildeten ein leistungsfähiges Girosystem, das sich i m Verlaufe der Konzentrationsbewegung i m deutschen Bankenwesen laufend vergrößerte. Einen beachtlichen Anteil am gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehr konnte aber auch der am 1.1. 1909 eingeführte Postscheckverkehr erringen; der bargeldlose Zahlungsverkehr der Genossenschaften, Privatnotenbanken und Sparkassen hatte demgegenüber eine wesentlich geringere Bedeutung. Über den Umfang des bargeldlosen Zahlungsverkehrs außerhalb der Reichsbank gibt die Entwicklung des Abrechnungsverkehrs noch einen Anhaltspunkt. Als die Reichsbank 1883 die Begründung von örtlichen Abrechnungsstellen i n die Wege leitete, dienten ihr als Vorbild die Verhältnisse i n England und Amerika. Die Reichsbank war an diesem Abrechnungsverkehr insofern aktiv beteiligt, als auch die Forderungen zum Ausgleich kamen, die sie gegenüber beteiligten Banken bzw. die die Banken gegen sie geltend machen konnten. Ansonsten stellte sie jedoch nur ihre Geschäftsräume zur Verfügung 3 6 0 ; zur Verrechnung auf den Reichsbankkonten kamen nur die nicht zu kompensierenden Salden. Während 1884 erst Einlieferungen i m Werte von 12,1 Mrd. Mark erfolgten, von denen 3,1 Mrd. Mark auf Girokonto gutgeschrieben wurden, beliefen sie sich 1913 auf 73,6 Mrd. Mark, von denen 16,7 Mrd. Mark über Konto verrechnet wurden 3 6 1 . I m Vergleich zu diesen Zahlen

359 Vgl. Anlage 5. 360 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 69 ff. sei Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 46, S. 121 und Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 30, S. 60.

IV. Währungsreserven u n d inländische Verflechtung

105

hatten die Umsätze der Berliner Scheck-Austauschstelle, die 1910 begründet wurde, nur geringe Bedeutung 3 6 2 . Die Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch die verschiedenen Bankengruppen, und hier insbesondere der Ausbau dieses Geschäftszweiges bei den Filialgroßbanken und der Post trug dazu bei, daß der Giroverkehr der Reichsbank, der noch zu Beginn des Jahrhunderts der Hauptträger des Verrechnungsverkehrs w a r 3 6 3 , nicht i m gleichen Umfange wie Handel und Industrie gewachsen ist 3 6 4 . c) Beurteilung

durch

die zeitgenössischen

Autoren

Wenn auch die zahlenmäßige Erfassung des gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehrs nicht möglich ist, so steht doch ohne Zweifel fest, daß das Bankensystem m i t dem Vordringen der bargeldlosen Zahlung in der Lage war, Geldschöpfung zu betreiben. Bei einem spielregelgerechten Verhalten hätte die Reichsbank Maßnahmen ergreifen müssen, die dazu geeignet gewesen wären, die Kreditschöpfungsfähigkeit des Bankensystems entweder zu unterbinden oder zu kompensieren. Die Passivität der Bank ist i n diesem Falle als Verletzung der Spielregel anzusehen. Diese Fähigkeit zur Schaffung von Kaufkraft wurde auch von den zeitgenössischen Autoren i m Grunde nicht bestritten 3 6 5 . So stellte z. B. v. Schulze-Gaevernitz m i t Bezug auf die englischen Verhältnisse fest: „Zugestandenermaßen hätte ohne eine solche Erweiterung der Zahlungsmittel durch die Banken die Zwangsjacke der Peelsakte i n England längst versagt 3 6 6 ." Auch die Reichsbank führte aus, daß die Giroguthaben, die bankpolitisch wie Banknoten zu behandeln seien, zum Teil erst i m Wege der Kreditgewährung geschaffen würden 3 6 7 . „Dieselben Guthaben, welche den . . . Giroumsätzen zu Grunde liegen, haben . . . die zur Kreditgewährung verfügbaren Mittel der Reichsbank um Hunderte von Millionen Mark gesteigert 368 ." Arnold stellte fest, daß dieser Vorgang sich wiederholt abspielen könne und 362 Vgl. dazu z. B. Müller, Neander: A r t u n d wirtschaftliche Bedeutung des Abrechnungsverkehrs, Berlin 1911, S. 29 ff. 363 v g l . Helfferich, K a r l , Der deutsche Geldmarkt 1895—1902, S. 46. 364 Vgl. Obst, Georg: Das Bankgeschäft, Bd. I, S. 98. 365 Η ahi ist hier anderer Meinung: „ . . . während des Goldstandards (wurde) die Bedeutung des Giralgeldes nicht erkannt." Hahl, W i l l y : Verhältnis z w i schen Geschäftsbanksystem u n d Zentralbanksystem i n verschiedenen L ä n dern, Meisenheim am Glan 1962, S. 20. 366 v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., S. 47. Das Manuskript dieser Arbeit w a r bereits vor Beginn des 1. Weltkrieges fertiggestellt; vgl. ebenda, S. 1, Fußnote. 367 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 50 f. 368 Ebenda, S. 68.

106

C. Geldvolumen und Währungsreserven

zeigte dies an einem Beispiel, das die multiple Geldschöpfungsfähigkeit deutlich macht 3 6 9 , v. Lumm stellte fest, daß „ m i t der fortschreitenden Ersparung von Bargeld i m Zahlungsverkehr . . . die Bedeutung der Banknote für den Zahlungsverkehr mehr zurücktreten (wird)" 3 7 0 . Dies zeigt deutlich die Entwicklung des Anteils der Noten zu 1000 Mark und 500 Mark am gesamten Notenumlauf. Während diese Abschnitte 1876 noch 5 3 % des gesamten Notenumlaufs ausmachten, betrug dieser Anteil 1895 noch 35,6 °/o und 1913 15,2 °/o 371 . Dieser Rückgang ist i n erster Linie auf den Ausbau des Clearingverkehrs zurückzuführen. Die Ersparung von Bargeld durch die Erweiterung des Giroverkehrs machte es möglich, daß die Geldmenge bei einem Export von Gold nicht verringert werden mußte; dadurch wurde auch die Anpassung der Preise auf dem Warenmarkt verhindert 3 7 2 . „Je mehr sich aber die bloße Rechnungseinheit als abstrakter Vermittler aller Umsätze durchsetzt . . . um so unabhängiger w i r d der ganze Tauschverkehr von ihm (dem „realen Geld", d. Verf.), seinem Stoff und seiner Deckung 373 ." Während i m Laufe der Zeit alle Abarten des Geldes, sobald man ihre Bedeutung für den Geldverkehr erkannte, einer gesetzlichen Regelung unterworfen wurde, klaffte hier i n bezug auf das Buchgeld eine Lücke, deren Beseitigung man erst wesentlich später in Angriff nahm 3 7 4 . M i t Hilfe des bargeldlosen Zahlungsverkehrs glaubte die Reichsbank, zur Erleichterung des Zahlungsausgleichs beizutragen, wie es das Bankgesetz bestimmte. I n Wirklichkeit ging sie, genau wie die anderen Banken, weit darüber hinaus; sie schuf Kaufkraft 3 7 5 . 5. Auswirkungen auf die Inanspruchnahme der Reichsbank a) Beanspruchung

am Monats-,

Quartals-

und

Jahresultimo

Die Inanspruchnahme der Reichsbank schwankte einmal auf Grund der saisonalen Einflüsse 376 . I m Herbst und Winter war regelmäßig eine 369 Vgl. Arnold, A n t o n : Die Barreserven der Kreditbanken und die Inanspruchnahme der Reichsbank, i n : Bank-Archiv, X I . Jg., B e r l i n 1911/12, S. 363 bis 375, S. 369. 370 v. Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbanken . . . , S. 12. 371 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1910, Tab. 17, S. 42/43 und Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 11, S. 26/27. 372 Vgl. Heyn, Otto: I r r t h ü m e r auf dem Gebiete des Geldwesens, Berlin 1900, S. 62. 373 Lief mann, Robert: Geld u n d Gold, ökonomische Theorie des Geldes, Stuttgart/Berlin 1916, S. 195. 374 v g l . Witte, Eberhard: Private Geldschöpfungsversuche, i n : Untersuchungsausschuß f ü r das Bankwesen 1933, Untersuchung des Bankwesens 1933, B e r l i n 1933, I. Teil, 2. Bd., S. 89—117, S. 106. 375 Vgl. v. Eynern, Gert: a.a.O., S. 28. 376 v g l . C I I .

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

107

besondere Anspannung zu verzeichnen. Zum anderen ergaben sich jedoch auch starke Engpässe an den Monats-, Quartals- und Jahresenden. Insbesondere an den Quartals- und Jahresenden machte sich dies für die Reichsbank störend bemerkbar, da sich hier die Einzeleinflüsse kumulierten. Für die Darstellung dieser Spannungen eignet sich der absolute Betrag des Notenumlaufs nicht, da sich der inländische Geldbedarf nicht nur auf Noten, sondern auch auf Metallgeld und Reichskassenscheine erstreckte. Zudem nahm der Notenumlauf i m ganzen Zeitraum ständig zu. Einen wesentlich besseren Einblick gibt der Betrag des durch den Barvorrat nicht gedeckten Notenumlaufs. I m Verlauf eines Jahres war der nicht gedeckte Notenumlauf regelmäßig am Ende des 1. Quartals am niedrigsten und am Ende des 4. Quartals am höchsten. I m Verlauf aufeinanderfolgender Jahre zeigten sich zwar an den vergleichbaren Quartalsenden Veränderungen auf Grund konjunktureller Schwankungen; betrachtet man jedoch den gesamten Zeitraum von 1876—1913, so ist ein starkes Ansteigen dieser Schwankungen nicht zu verkennen 3 7 7 . Dem ungedeckten Notenumlauf am 31.12.1876 i n Höhe von 204 M i l l . Mark stand ein solcher i n Höhe von 1088 M i l l . Mark am 31.12.1913 gegenüber 378 . I n diesen Zahlen sind jedoch noch die saisonalen Einflüsse mit enthalten. Sie können dadurch ausgeschaltet werden, daß man vom ungedeckten Notenumlauf am Quartalsende den ungedeckten Notenumlauf der Vorwoche abzieht. Die sich dann ergebende Beanspruchung i n der letzten Vierteljahrswoche entspricht der Quartalsanspannung 379 . Hierbei w i r d unterstellt, daß sich die Quartalsanspannungen ganz i n der betreffenden Woche niederschlagen. Obwohl dies recht unwahrscheinlich ist, genügt die verhältnismäßig grobe Methode für diese Untersuchung. I m Gegensatz zum ungedeckten Notenumlauf, der regelmäßig am Jahresende am höchsten war, fiel bei den Quartalsanspannungen das Maximum meist auf den September-Ultimo. Von 85,7 M i l l . Mark i m September 1876 (März 60,3; Juni 76,5; Dez. 61,9) stieg die Quartalsanspannung auf 270,4 M i l l . Mark i m September 1895 (März 221,7; Juni 222,1; Dez. 222,8) und 704,6 M i l l . Mark i m September 1913 377 Die Anspannung an den Terminen selbst w a r die Folge der technischen Zahlungsabwicklung u n d insoweit ungefährlich. Hier ist v. Eynern zuzustimmen. Vgl. v. Eynern, Gert, a.a.O., S. 48. Von entscheidender Bedeutung ist hier vielmehr das Anwachsen dieser Anspannungen. Diesem Phänomen gegenüber konnte die Reichsbank nicht mehr „ k ü h l e Gleichgültigkeit" bewahren. 378

Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 15, S. 33.

a7» Vgl. z.B. Lennert, S. 239—248, S. 239 f.

Fritz: Quartalsnervosität, i n : Die Bank, Berlin 1911,

108

C. Geldvolumen und Währungsreserven

(März 608,5; Juni 641,7; Dez. 615,0) 380 . Wie aus der nachfolgenden Darstellung ersichtlich wird, zeigen die Anspannungen eine recht kontinuierliche Entwicklung. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß auch sie nach 1895 wesentlich schneller stiegen. Diese Entwicklung läßt sich nicht, wie es die Reichsbank lange Zeit tat, allein m i t der Vermehrung des deutschen Geldumlaufs erklären 3 8 1 ; er hat sich seit 1880 nur etwa verdoppelt 3 8 2 . Sie stand dieser Entwicklung überhaupt recht hilflos gegenüber; zwar stellte sie fest, daß die Ursachen dieser Anspannungen von den Ansprüchen der Geschäfts- und Privatnotenbanken ausgingen. Die tieferen Ursachen wurden ihr jedoch lange nicht klar. Sie war recht erstaunt, „daß selbst während jener Periode eines wirtschaftlichen Mill.

D a r s t e l l u n g 4 : Die September-Quartalsanspannungen der Reichsbank von 1876—1913 (in M i l l . Mark) (Differenz gegenüber der Vorwoche)

Stillstandes die Schwankungen in dem an die Reichsbank herantretenden Geldbedarf abermals eine beträchtliche Vergrößerung erfahren haben" 3 8 3 . Die wirkliche Ursache der wachsenden Quartalsanspannungen war i n der zunehmenden Verlagerung der Kassenreserven von Wirtschaft und Behörden auf die Banken zu suchen. Da selbst für täglich fällige Gelder hohe Zinsen gewährt wurden, waren die Banken daran interessiert, nur sehr geringe Kassenreserven zu unterhalten, u m keinen Zinsausfall zu erleiden. Kamen dann am Monats- bzw. 380 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 25, S. 70 ff. und Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 15, S. 33. 381 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 218. 382 v g l . Anlage 3. 383 Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 153.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

109

Quartalsende die i n bar zu leistenden Zahlungen auf die Banken zu 3 8 4 , so waren die dazu erforderlichen Kassenreserven nicht verfügbar; der letzte Ausweg wurde dann regelmäßig i n der Rediskontierung von Wechseln bzw. der Aufnahme eines Lombardkredits bei der Reichsbank gesehen 385 . Sie mußte damit die gesamten Schwankungen des deutschen Bargeldbedarfs tragen 3 8 6 . Z u Beginn des neuen Jahrhunderts, insbesondere 1906 und 1907, wurden die Quartalsanspannungen so groß, daß die Aufrechterhaltung der Dritteldeckung gefährdet w a r 3 8 7 . Die Beanspruchung der Reichsbank an den Quartalsterminen war also zweifelsfrei eine Folge der veränderten Zahlungssitten 3 8 8 ; auf Grund der bei ihnen unterhaltenen Kassenreserven wurden die Geschäftsbanken in die Lage versetzt, Kredite zu gewähren. Sie nutzten ihren Kreditschöpfungsspielraum so weit aus, daß jeder über den Durchschnitt hinausgehende Bargeldbedarf einen Rückgriff auf die Reichsbank notwendig machte. Je mehr sich der bargeldlose Zahlungsverkehr ausdehnte, desto schwankender wurde die Inanspruchnahme der Reichsbank; sie wurde damit immer abhängiger von den privaten Kreditinstituten 3 8 9 . Während sich normalerweise ein immer größerer Teil des inländischen Geld- und Kreditverkehrs außerhalb der Zentralbank abwickelte, griffen die Geschäftsbanken an bestimmten Terminen auf die letzte Kreditquelle, die Reichsbank, zurück und brachten damit das Noteninstitut in große Bedrängnis 390 . b) Reaktion

der

Reichsbank

Schon Ende der 70er Jahre bemängelte die Reichsbank, daß am Monatsschluß regelmäßig von Bankiers Lombarddarlehen i n großen Beträgen lediglich zur Uberbrückung der Ultimospannungen aufgenommen wurden. U m diese Darlehen, die für jeweils höchstens 2 Tage aufgenommen wurden, in Zukunft einzuschränken, ging sie 1880 dazu 384 Der größte T e i l der Beamtengehälter und die Zinsen f ü r festverzinsliche Wertpapiere z. B. waren an den Quartalen fällig. Aus diesem Grund waren auch die Verbindlichkeiten dieser Kreise auf diese Termine zusammengedrängt. Vgl. Lennert, Fritz: a.a.O., S. 243 f. 385 Der A n t e i l der Lombarddarlehen an Privatbanken am gesamten L o m bardgeschäft der Reichsbank betrug am 31.12.1907 79,2 °/o, am 31.3.1908 73,6 °/o. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 69, S. 174/175. 386 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 132. 387 v g l . Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 23. 388 v g l . auch Lansburgh, Alfred: Die Creditrestriction der Reichsbank, i n : Die Bank, Berlin 1911, S. 527—534, S. 528. 389 v g l . Zollki, R : Die Schattenseite des geldlosen Zahlungsausgleichs, i n : Die Bank, Berlin 1909, S. 533—539, S. 536. 390 Vgl. υ. Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbanken . . . , S. 18 f.

110

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

über, bei Ultimodarlehen für mindestens 3 Tage Zinsen zu verrechnen, auch wenn sie früher zurückgezahlt wurden. Für diese Mindestzinsberechnung legte sie bereits i m folgenden Jahr 5 Tage, ein halbes Jahr später 8 Tage und seit 1887 beim Quartalswechsel 14 Tage zugrunde 3 9 1 . Während diese Verschärfungen nur für solche Darlehen galten, die i n der Börsenspekulation begründet waren 3 9 2 , weitete sie seit 1905 die verschärften Zinsvorschriften auf sämtliche Darlehen an den Quartalsenden aus. Die Zinsen wurden bei Darlehen gegen Verpfändung von Effekten und Wechseln, die vor Viertel Jahresschluß über den letzten Werktag des Vierteljahres hinaus oder am ersten Werktag des neuen Vierteljahres in Anspruch genommen wurden, unbeschadet einer kürzeren Laufzeit für mindestens 10 Tage berechnet; soweit die Rückzahlung des Darlehens erst nach dem 7. Tage des ersten Quartalsmonats erfolgte, wurden Zinsen für mindestens 14 Tage erhoben. Da diese Regelung nicht zu einer Entlastung der Reichsbank führte, wurden diese Vorschriften 1911 durch neue Maßnahmen ersetzt. I m Effekten- und Wechsellombard wurde, soweit die Darlehen am Quartalsultimo oder am 1. Werktag des Kalender viertel jähr es den Betrag von 30 000 Mark überschritten, außer der Berechnung laufender Zinsen noch ein Zinszuschlag von 10 Tagen vorgenommen. Das Anschwellen der Lombardanlagen an den Quartalsterminen ging auf Grund der nahezu prohibitiv wirkenden Zinsberechnung zurück 3 9 3 . Diese Abnahme der Lombarddarlehen dürfte aber weniger auf eine Abnahme des Kreditbedarfs als auf eine Verlagerung dieses Bedarfs auf andere Quellen — insbesondere auf den Diskontkredit — zurückzuführen sein. Das machte die ständig ansteigende Gesamtinanspruchnahme der Reichsbank an diesen Terminen deutlich 3 9 4 . „ U m dieser Entwicklung entgegenzuwirken, blieb die Reichsbank unausgesetzt bemüht, den Giroverkehr, der für die Entwicklung des bargeldlosen Zahlungswesen von allergrößter Wichtigkeit ist, nach Kräften auszubauen 395 ." Der Präsident erklärte, daß die Bank i n Zukunft nur noch solche Lieferanten berücksichtigen werde, die auf ihren Rechnungen erkennen lassen, daß sie ein Bank- oder Postscheckkonto unter391 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 116. 392 vgl. ebenda, S. 116. 393 v g l . Reichsibank, Die Reichsbank v o n 1901—1925, S. 26. 394 v g l . z. B. Singer, K u r t : Der Streit u m die Lombardverteuerung, i n : Bank-Archiv, X I I . Jg., B e r l i n 1912/13, S. 10—15, S. 10 f. Der ungedeckte Notenumlauf w a r durch eine zweimalige Veränderung des Notenkontingents (1899 und 1909) auf 750 M i l l . M a r k an den Quartalsterminen erhöht worden. Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 22, S. 57 f. 395 Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 23; Hervorhebung vom Verfasser.

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

111

halten 3 9 6 . Damit zeigte die Reichsbank, daß sie die eigentlichen U r sachen der Anspannung nicht erkannte. Sie ergriff Maßnahmen, die den Geldschöpfungsspielraum des gesamten Banksystems weiter erhöhten und verstärkte durch diese „Abwehrmaßnahme" die Entwicklung, die sie eigentlich bekämpfen wollte. Sie beschränkte sich i m wesentlichen auf eine Änderung der Zahlungssitten i m gewerblichen Bereich; die eingewurzelten Zahlungssitten i n der privaten Sphäre dagegen blieben von ihren Maßnahmen nahezu unberührt, obwohl es nicht an Vorschlägen für eine bessere Aufteilung der Zahlungstermine mangelte. Unter dem Gesichtspunkt der Spielregel hatten die Quartalsbelastungen den Vorzug, daß zumindest die Reichsbank ihren Geldschöpfungsspielraum auf Grund des bargeldlosen Zahlungsverkehrs — also ohne einen entsprechenden Zuwachs an Gold — nicht voll ausnutzen konnte. Die Anspannungen an diesen Tagen zwangen die Reichsbank, i n der übrigen Zeit so hohe Barreserven zu halten, daß sie die Sonderanspannungen reibungslos bewältigen konnte. Unter dem Gesichtspunkt der Gewinnerzielung dagegen war dies natürlich ein schwerwiegender Mangel; v. Lumm beklagte sich deshalb darüber, daß es für die Bank immer schwieriger werde, „ihre Mittel i n ausreichendem Masse nutzbringend anzulegen" 397 . Obwohl man erkannt hatte, daß sich die Aufgaben der Reichsbank, nachdem i n Deutschland ein leistungsfähiges Geschäftsbankensystem entstanden war, immer mehr vom Gebiet der Kreditgewährung auf währungspolitische Maßnahmen verlagerte 3 9 8 , war sie ständig bemüht, einen möglichst großen Teil des Wechselvolumens an sich zu ziehen; sie sah darin eine gute Möglichkeit, sich die „Herrschaft über den M a r k t " zu sichern 399 . Als die Reichsbank 1906 und 1908 die Zweiganstalten eindringlich an ihre Pflicht erinnerte, die zum Diskont eingereichten Wechsel auf ihren geschäftlichen Ursprung hin zu überprüfen, ging es ihr deshalb weniger um eine Reduzierung der gesamten Wechselanlage als u m das Ausscheiden der reinen Finanzwechsel, die während des schnellen Aufschwungs einen immer größeren Umfang annahmen 400 . Die Vorstände der Reichsbankstellen waren insoweit an einem möglichst großen Wechselgeschäft interessiert, als sie von den entsprechenden Erträgen eine Tantieme erhielten; damit wurden sie zu einer A k t i v i t ä t veranlaßt, die das Verdienen zu stark betonte 4 0 1 . Da die Reichsbank auch weiterhin beim Ankauf von Handelswechseln in hartem Wettbewerb 396 v g l . o. Verf., V o m bargeldlosen Zahlungsverkehr, i n : Die Bank, Berlin 1911, S. 1216—1217, S. 1216. 397 υ. Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbanken . . S . 26. 398 v g l . ebenda, S. 26 f. 3 99 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 88. 400 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 26. 401 Vgl. Steller, Paul: a.a.O., S. 113 ff.

112

C. Geldvolumen und Währungsreserven

mit den Privatbanken stand, hatte das Aussondern der Finanzwechsel mehr eine Umstrukturierung als eine Reduzierung des Wechselbestandes zur Folge. Dieser Wettbewerb lag nach dem Wechsel i m Reichsbankdirektorium vielleicht nicht so sehr i m Interesse der Zentralbankleitung 4 0 2 ; hier schlug sich besonders das Gewinninteresse der Bankstellenleiter nieder 4 0 3 . Es ist aber nicht zu verkennen, daß auch die Zugeständnisse bei der Unterhaltung von Pflichtguthaben, die bei einem umfangreichen, für die Reichsbank „gewinnbringenden" Diskontverkehr gemacht wurden, den Wettbewerb verstärkten; insoweit trug auch die Reichsbankdirektion zu den starken Anspannungen bei 4 0 4 . Anders als diese Maßnahmen, die entweder in der entgegengesetzten Richtung w i r k t e n oder sich neutral verhielten, sind die folgenden Bemühungen zu beurteilen. Nachdem die Reichsbank erkannt hatte, daß die Schwierigkeiten an den Quartalsterminen weitestgehend auf das Verhalten der Privatbanken zurückzuführen waren, forderte sie die Institute auf, höhere Barreserven zu unterhalten, damit sie nicht bei der geringsten Anspannung gezwungen seien, auf die Reichsbank zurückzugreifen. Diese Initiative ist von der Erhöhung der Pflichtguthaben i m Jahre 1906 streng zu trennen. Die erhöhten Mindesteinlagen sollten die Reichsbank für ihre Leistungen i m gewachsenen Giroverkehr „entschädigen"; daraus ergibt sich, daß die Reichsbank diese Mittel nicht stillegen, sondern damit Geschäfte betreiben wollte. Sie sollten durch zinsbringende Anlage zum Gewinn beitragen. Dies zeigt, daß eine solche Maßnahme nicht dazu geeignet war, den Kreditschöpfungsspielraum einzuengen. Die Frage nach der Notwendigkeit höherer Kassenreserven nahm in der Bankenquete 1908/09 einen breiten Raum ein. Sie ging sogar von der Überlegung aus, ob diese Erhöhung der Barliquidität u. U. i m Wege der Gesetzgebung erzwungen werden sollte 4 0 5 . Der größte Teil der Kommissionsmitglieder war der Meinung, daß die Reserven der Privatbanken zu gering seien 406 . 8 Berliner Großbanken (ohne Berliner Han402 v. Lumm erklärte, daß die kreditfördernde Tätigkeit der Reichsbank zugunsten ihrer Hauptaufgabe, den Geldumlauf zu regeln u n d die Landeswährung aufrechtzuerhalten, zurückzutreten habe. Vgl. υ. Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbanken . . . , S. 26 f. 403 Vgl. Kaufmann, Eugen: Die Ursachen der GeldVerteuerung i m Herbst 1909, i n : Die Bank, B e r l i n 1910, S. 34—42, 141—151, S. 147. 4 4 ° Vgl. z.B. Plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , Berlin 1913, S. 99 ff. 4 °5 Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , a.a.O., S . V I I . Das Liquiditätsproblem wurde i n der L i t e r a t u r i. d. R. i n einem größeren Rahmen behandelt; vgl. dazu ζ. B. Hansen, Nikolaus: Das Problem der L i q u i dität i m deutschen Kreditbankwesen, Stuttgart 1910. 406 v g l . Wagner, Ad.: i n Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , S. 182. Die Diskussion beschäftigte sich weniger m i t den Sparkassen

I . Währungsreserven u n d i n n i e

Verflechtung

113

delsgesellschaft) unterhielten am 31.12.1908 i m Durchschnitt 8 °/o der fremden Gelder als Barbestand. Dieser Barbestand umfaßte dabei noch neben der Kasse auch fremde Geldsorten und Kupons 4 0 7 . Dabei dürfte dieser Satz die tatsächlichen Verhältnisse nicht richtig wiedergeben; mit großer Wahrscheinlichkeit hatten die Banken i n Anbetracht der Bankenquete und der Konsequenzen, die eine gesetzlich verankerte Mindestdeckung für sie gehabt hätten, ihre Bilanzen i n besonders ausgeprägter Form „frisiert". Bereits die folgenden, freiwillig veröffentlichten Zweimonatsbilanzen zeigten nur noch eine Bardeckung zwischen 4 % (28. 2.1909) und 7 °/o (30. 4.1909) 408 . Sieht man von den Manipulationen an den Bilanzstichtagen ab, so dürften sich die tatsächlichen Kassenbestände nur auf ca. 5 °/o der fremden Gelder belaufen haben. Dieser Satz wurde von den übrigen Kreditbanken noch unterschritten 4 0 9 . Demgegenüber hielten die Kommissionsmitglieder eine Barreserve in der Größenordnung u m 10 °/o für notwendig 4 1 0 . Dabei waren sie sich weitestgehend einig, daß der größere Teil dieser Reserven nicht bei der Reichsbank zu hinterlegen, sondern als Kassenbestand zu führen sei; damit befinde sich eine zweite große Reserve i n den Händen der Banken. Eine Einheitsreserve könne auf diese Weise vermieden werden 4 1 1 . Wenn auch die Begründung dieses Vorschlags heute etwas seltsam anmutet, so hätte diese Maßnahme doch zur Verringerung der Geldund Kreditschöpfung des Bankensystems beigetragen. Obwohl die Notwendigkeit höherer Reserven anerkannt wurde konnte man sich nicht darauf einigen, ob es sich um „Empfehlungen" handeln solle — evtl. mit einem „leichten Druck" der Reichsbank — oder ob man gesetzliche Maßnahmen ergreifen müsse 412 . Da die Banken selbst die Notwendigkeit höherer Reserven nicht bestritten 4 1 3 , glaubte man, sich auf die freiwillige Mitarbeit der Institute verlassen zu können. Eine einschneidende Verbesserung hat sich jedoch trotz der Veröffentlichung von Zweimonatsbilanzen nicht durchgesetzt, obwohl die Reichsbank besonu n d Genossenschaften; diese Bankengruppen w u r d e n n u r a m Rande m i t behandelt. Vgl. z.B. Wagner, Ad.: ebenda, S. 49; v. Gamp-Massaunen, ebenda, S. 22; Schmidt: ebenda, S. 151. 407 Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , errechnet aus Tab. 4, S. 176/177. 408 Ebenda, Tab. 4, S. 176/177. 409 Vgl. Wagner, Ad.: i n Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , S. 44. 410 Vgl. z.B. Heiligenstadt: ebenda, S. 165; Wagner, Ad.: ebenda, S. 46; die Bardeckung bei den englischen Banken betrug etwa 15 °/o. 411 Vgl. z.B. Heiligenstadt: i n Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , S. 165 ff. 412 Vgl. Wagner, Ad.: ebenda, S. 182. 413 v g l . Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 49. 8 Seeger

114

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

ders die Berliner Großbanken immer wieder aufforderte, sie sollen „ m i t einem System brechen, das sie zwingt, an den Quartalsterminen regelmäßig Deckung bei der Reichsbank zu suchen" 414 . Präsident Havenstein drohte ihnen Zwangsmaßnahmen an, wenn sie nicht freiw i l l i g ihre Barvorräte erhöhten, die Kreditgewährung an die Effektenspekulation reduzierten und die Inanspruchnahme von Krediten i m Ausland gegen eigene und fremde Akzepte einschränkten. Bis zum Weltkrieg blieb es jedoch lediglich bei den „Vorbereitungen" zur Anpassung der Geschäftsführung an die Wünsche der Reichsbank 415 . Deshalb bildete die Bankenquete keinen Wendepunkt i m deutschen Geld- und Bankwesen. Sie hat jedoch gezeigt, daß die neueren Entwicklungen nicht mehr m i t den alten bankpolitischen Theorien und Praktiken zu meistern waren 4 1 6 . V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes auf das Geldvolumen 1. Pufferreserven i m Banksystem

Wie die vorausgegangenen Ausführungen gezeigt haben, fand von 1880—1914 eine beträchtliche Erweiterung des Geldvolumens statt, die mit der 2. Spielregel der Goldwährung nicht zu vereinbaren war. Auf dem Goldbestand baute sich ein immer größerer werdender Überbau i n Form des Kreditgeldes auf; zur Veranschaulichung wurde dieser Vorgang bereits von den zeitgenössischen Autoren mit einer auf dem Kopf stehenden abgestumpften Pyramide verglichen 417 , deren Volumen sich bei nahezu gleichbleibend schmaler Grundfläche fortwährend vergrößerte. Es ist jedoch zu prüfen, ob eine Veränderung der Goldbasis wenigstens gewisse rezessive oder expansive Einflüsse auf das gesamte Geldvolumen hatte. Die Theorie geht davon aus, daß in einem Kreditgeldsystem ein Abfluß von Gold sowohl Notenbank wie Geschäftsbanken zwingt, einen kumulativen Kontraktionsprozeß einzuleiten; genau der umgekehrte Vorgang hat sich bei einem Zufluß von Gold abzuspielen 418 . 414

Lansburgh, Alfred: Die Creditrestriction der Reichsbank, S. 527. 5 Vgl. Lansburgh, Alfred: Die Maßnahmen der Reichsbank . . . , S. 46 f.; v.Mering, O.: Die L i q u i d i t ä t der deutschen Kreditbanken, Jena 1916, S. 16 ff. 416 v g l . Arnold, A n t o n : Die Barreserven der Kreditbanken . . . , S. 363. 41

417

Vgl. z. B. Wagner, Ad. : i n Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , S. 87. 418 Vgl. dazu auch Lösch, August: Die räumliche Ordnimg der Wirtschaft, 3. unv. Auflage, Stuttgart 1962, S. 196 ff.; Auch Maier, K a r l Friedrich: a.a.O., S. 11; gibt die Zentralbank auf G r u n d der Dritteldeckung bei einem Goldzufluß die dreifache Menge an Noten aus, so k a n n man die den Goldzufluß übersteigende Notenmenge als sekundäre Vermehrung der Geldmenge be-

V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes

115

Als Bedingung gilt hier lediglich, daß sowohl die Notenbank als auch die Geschäftsbanken ihren Geldschöpfungsspielraum voll ausgenutzt haben; sie sind dann nicht i n der Lage, bei einem Abfluß von Gold bzw. einer Reduzierung der Kassenreserven das Kreditvolumen i n unveränderter Höhe aufrecht zu erhalten 4 1 9 . Die früheren Darlegungen haben gezeigt, daß der Spielraum der Notenbank während der Periode des Aufschwungs trotz ihrer Pufferreserven recht eng w a r 4 2 0 . I n noch viel stärkerem Maße galt dies für das Geschäftsbankensystem. Es wurde dargestellt 421 , daß die Banken so geringe Barreserven unterhielten, daß sie bei der geringsten Anspannung gezwungen waren, die Reichsbank in Anspruch zu nehmen. Insoweit wäre diese Bedingung i n nahezu idealer Weise erfüllt gewesen 422 . Bei der Betrachtung dieses Phänomens darf man jedoch nicht von einer Stichtagsrelation ausgehen. Durch die umwälzende Änderung der Zahlungssitten i m Nichtbankensektor während des gesamten Zeitraums wurden sowohl der Reichsbank als auch den Geschäftsbanken laufend neue Mittel zugeführt, so daß dieser Kontraktionsprozeß gar nicht erforderlich wurde 4 2 3 . Es wäre aber doch möglich gewesen, daß ein Abfluß von Gold, wenn auch keine Kontraktion, so doch eine Dämpfung der weiteren Expansion zur Folge hatte. Zu dieser Untersuchung w i r d es notwendig, die Entwicklung der verschiedenen Geldarten i n ihrer Gesamtheit während kleinerer Zeitabschnitte zu betrachten. Die bisher durchgeführte isolierte Betrachtung jeder einzelnen Geldart über den gesamten Zeitraum ist dazu ungeeignet.

2. Goldbestand und Geldvolumen von 1880—1895

I n diesem Zeitraum hatte die Wirtschaft einen verhältnismäßig langsamen, von langen Depressionen unterbrochenen Aufstieg zu verzeichnen. Der nationale monetäre Goldstand nahm trotz eines erheblichen Kapitalexports dank des Uberschusses der Dienstleistungs- und Handelsbilanz laufend zu. Die Entwicklung des Goldbestandes bei der zeichnen, der eine tertiäre folgt, w e n n das Giralgeldvolumen auf Grund der erhöhten Kassenreserven ansteigt. Vgl. ebenda, S. 11; auch Nurkse, Ragnar: a.a.O., S. 53. 419 Vgl. z.B. Halm, George N.: a.a.O., S.259f. 420 Vgl. s. 51 f. 421 Vgl. C I V 5 b). 422 Davon ging z. B. Fossati aus; vgl. Fossati , Eraldo: a.a.O., S. 323. 423 A u f einer derartigen Überlegung beruht w o h l auch die K r i t i k Liefmanns: Die Behauptung, „daß zwischen Geld- u n d Depositenmenge ein festes Verhältnis bestehe, w e i l f ü r letztere Rerserven i n Geld erforderlich seien", ist falsch. Liefmann, Robert: a.a.O., S. 61. 8

116

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Reichsbank 424 spiegelt dabei den tatsächlichen Zufluß nicht wider, da die Goldzirkulation ebenfalls stark zunahm. Die Erhöhung des Goldumlaufs bleibt hier außer Betracht, da dieser Vorgang selbst spielregelkonform war. Wie bereits früher dargestellt wurde, klagte die Reichsbank über eine zu geringe Inanspruchnahme ihrer Mittel, obwohl sie mit Hilfe niedriger Privatdiskontsätze der Wirtschaft entgegenkam. Hier zeigte sich, daß niemand gezwungen werden kann, Kredite zu nehmen oder Kredite zu geben 425 . Dieses Prinzip der Freiwilligkeit machte es der Reichsbank unmöglich, Kredite in die Wirtschaft „hineinzupumpen". Bei ungünstiger Konjunkturlage kann auch ein niedriger Zins eine Kreditinanspruchnahme nicht erzwingen. Die Golddeckung der Noten nahm deshalb laufend zu; diese Entwicklung hatte sie jedoch zum Teil auch dem Ausbau ihres bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu verdanken, dem zu jener Zeit von Seiten der anderen Banken nichts gleichartiges entgegengestellt wurde. Durch den Giroverkehr war es der Reichsbank möglich, die Verwendung von Bargeld einzuschränken. I n erster Linie wurde davon der Notenumlauf betroffen; eine Verringerung bzw. ein vergleichsweise schwächeres Anwachsen des Notenumlaufs hatte eine Verbesserung des Deckungsverhältnisses zur Folge. Während die Notenausgabe vom absoluten Betrag her gesehen hinter dem Goldzufluß zurückblieb 4 2 6 , ergibt sich bei Einbeziehung des Giralgeldes insgesamt eine über den Goldzufluß hinausgehende Ausweitung des Geldvolumens 427 . M i t diesen beiden Komponenten der Gesamtgeldmenge dürften die Veränderungen jener Zeit bereits weitestgehend erfaßt sein. Die Neuausprägung von Reichssilbermünzen war von einer entsprechenden Einziehung alter Landesmünzen begleitet; lediglich die Bestände an Silbergeld bei der Reichsbank verringerten sich geringfügig um ca. 30 M i l l . Mark und trugen insoweit zu einer Vergrößerung des Geldumlaufs bei 4 2 8 . Daneben fand eine weitere Verringerung der Gesamtgeldmenge statt durch die bis zum Jahre 1890 erfolgte Reduzierung des Umlaufs an Reichskassen424 v o n 226 M i l l . M a r k auf 705 M i l l . M a r k ; vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 13, S. 32/33. 425 Vgl. z.B. Linhardt, Hanns: Bankbetriebslehre, Bd. I, Bankbetrieb u n d Bankpolitik, Köln/Opladen 1957, S. 21. 426 Erhöhung von 735 M i l l . M a r k auf 1096 M i l l . M a r k ; vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 16, S. 41. 427 Erhöhung der Giroeinlagen von 147 M i l l . M a r k auf 342 M i l l . Mark. Die Umsätze i m Giroverkehr nahmen u m ca. 60 Mrd. M a r k zu (Soll- und Habenumsätze einschl. Barverkehr); vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 40, S. 108/109. 428 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25. Die Schwankungen des Bestandes an Reichskassenscheinen waren bei der Reichsbank unbedeutend; sie bleiben daher auch i n den folgenden Abschnitten außer Betracht.

V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes

117

scheinen von 174 Mill. Mark auf 120 Mill. M a r k 4 2 9 . Der bargeldlose Zahlungsverkehr außerhalb der Reichsbank war noch so schwach entwickelt, daß sich von dieser Seite keine einschneidende Veränderung ergab. Vergleicht man die Entwicklung des Geldvolumens i n diesem Zeitabschnitt mit der Entwicklung der Goldreserven, so w i r d man sagen können, daß die Spielregel der Goldwährung ungefähr eingehalten wurde. Aber bereits innerhalb dieses Zeitraums zeigten sich in den Zeitabschnitten angeregterer Konjunktur, besonders von 1889—1890, aber auch schon 1880—1883, Abweichungen davon; 1889 und 1890 sank der Goldbestand der Reichsbank um nahezu 90 Mill. Mark, während sich der Notenumlauf noch um ca. 50 M i l l . Mark erhöhte. Der absolute Betrag der Giroguthaben verringerte sich zwar gleichzeitig um ca. 20 Mill. Mark. Auf Grund der kurzfristig erfolgten Erhöhung der Umsdilagsgeschwindigkeit von 2,65 auf 1,88 Tage nahmen jedoch die Umsätze um ca. 16 Mrd. Mark zu 4 3 0 . Die Abnahme der Giroguthaben bei gleichzeitiger Zunahme der Umschlagshäufigkeit läßt sich mit der knapperen Disposition der Girokunden erklären, die eine Folge des höheren Kapitalbedarfs und der höheren Zinssätze war.

3. Goldbestand und Geldvolumen von 1895—1900

Diese Periode war von einem wirtschaftlichen Aufstieg gekennzeichnet, wie ihn Deutschland wohl nie zuvor erlebt hatte. Die revolutionierenden Erfindungen der Elektrotechnik und deren praktische Auswertung galten als Triebkraft dieses Aufschwungs 431 . Der Goldbestand der Reichsbank nahm rapide um ca. 130 Mill. Mark ab, während sich der Notenumlauf gleichzeitig noch um ca. 40 Mill. Mark erhöhte. Die Giroeinlagen nahmen, zum Teil auf Grund von Umbuchungen der Guthaben von Staatskassen auf Girokonten 4 3 2 , ebenfalls um ca. 170 M i l l . Mark zu. Da die Umschlagsgeschwindigkeit nahezu gleich blieb 4 3 3 , nahmen die bargeldlosen Umsätze um ca. 70 Mrd. Mark zu 4 3 4 . Die Aus429 Vgl. Fußn. 285, S. 90. 430 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25; Tab. 16, S. 41; Tab. 40, S. 108/109. 431 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 164. 432 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 30, S. 84—87, Fußn. 4, S. 86. 433 Eine Ungenauigkeit ergibt sich, w e i l für 1895 die Guthaben einschließlich der schwebenden Übertragungen, für 1900 ohne schwebende Übertragungen zugrunde gelegt werden mußten. 434 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25; Tab. 16, S. 41; Tab. 40, S. 108/111.

118

C. Geldvolumen und Währungsreserven

gäbe von Reichsscheidemünzen wurde auch in diesem Zeitraum durch entsprechende Einziehungen an Talern kompensiert. Lediglich durch die Verminderung des Silberbestandes bei der Reichsbank fand eine Vermehrung der Geldmenge um ca. 60 Mill. Mark statt 4 3 5 . Auch der bargeldlose Zahlungsverkehr außerhalb der Reichsbank darf nun nicht mehr vernachlässigt werden; er hat zu einer weiteren Vermehrung des Geldvolumens beigetragen. 4. Goldbestand und Geldvolumen von 1900—1905

I m Anschluß an die übersteigerte Konjunktur folgte eine wesentlich ruhigere Entwicklung; Bankzusammenbrüche i m Jahre 1901 schufen eine Atmosphäre des Mißtrauens, der die Reichsbank durch Stützungsaktionen entgegentrat. Trotz der abflauenden Konjunktur war der Bankstatus daher zeitweise recht angespannt. Die Goldreserven nahmen — hauptsächlich auf Grund eines Rückflusses aus dem Inlandsverkehr — wieder zu. Lediglich 1903 trat ein Rückschlag ein; die Privatdiskontsätze des freien Marktes waren i m Verhältnis zu den übrigen Geldmärkten zeitweise so niedrig, daß ein Goldexport stattfand. Dies änderte sich erst, als die Reichsbank durch Abgabe von Reichsschatzanweisungen das Geldangebot am freien Markt einschränkte und den Diskontsatz erhöhte. Zu Beginn des Jahres 1905 erreichte der Goldbestand den bisher höchsten Betrag von ca. 900 M i l l . Mark. Der durchschnittliche Goldbestand der Reichsbank erhöhte sich um ca. 175 Mill. Mark auf ca. 745 Mill. Mark 1905. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Abnahme des Goldvorrats i m 2. Halbjahr 1905 den Jahresdurchschnitt drückte, so daß die Entwicklung bis zur Jahresmitte noch günstiger w a r 4 3 0 . I n derselben Zeit stieg der Notenumlauf um etwa 200 Mill. Mark und die Giroguthaben um ca. 70 M i l l . Mark an. Da die Umschlagsgeschwindigkeit gleichzeitig von 2,25 Tagen auf 1,89 Tage stieg, erhöhten sich die Umsätze i m Giroverkehr u m nahezu 60 Mrd. Mark. Neben der Reichsbank trugen auch die anderen Banken i n immer größerem Umfange zum bargeldlosen Zahlungsverkehr bei; dagegen führte die Ausprägung von Reichssilbermünzen auch i n diesem Zeitabschnitt noch nicht zu einer Erhöhung der Geldmenge. Die Einziehung von Talern hatte auch hier eine kompensierende Wirkung. Jedoch nahm auch in diesem Zeitraum der Silberbestand der Reichsbank weiter u m ca. 20 Mill. Mark ab 4 3 7 . 435 Vgl. 436 Vgl. 437 Vgl. 16, S. 41;

Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1901—1925, S. 11 ff. Reichsbank, Die Reichsbank v o n 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25; Tab. Tab. 40, S. 110/111.

V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes

119

5. Goldbestand u n d Geldvolumen von 1905—1913

I n der 2. Hälfte des Jahres 1905 begann ein neuer geschäftlicher Aufschwung, der außer einigen kleineren Rückschlägen bis 1913 anhielt 4 3 8 . Die Goldvorräte erhöhten sich um ca. 320 Mill. M a r k 4 3 9 . Diese Entwicklung ist jedoch unter den bereits dargestellten Aspekten der „Goldsammlungspolitik" zu sehen 440 . Die Erhöhung der Goldvorräte war von einer Verringerung des Goldmünzenumlaufs begleitet. Der Notenumlauf erhöhte sich gleichzeitig um etwa 620 M i l l . Mark. Die Giroguthaben entwickelten sich dagegen etwas langsamer; sie nahmen nur um ca. 80 Mill. Mark zu. Da sich jedoch die Umschlagsgeschwindigkeit weiter von 1,89 Tagen auf 1,27 Tage erhöhte, wuchsen die Umsätze um ca. 155 Mrd. M a r k 4 4 1 . Durch die Neuausprägung von Silbermünzen, der seit Herbst 1907 keine entsprechende Einziehung von Talern mehr gegenüberstand, erhöhte sich der Silberumlauf unter Berücksichtigung der Veränderungen des Bestandes bei der Reichsbank um etwa 200 M i l l . Mark. Demgegenüber führte die Erhöhung des Umlaufs an Reichskassenscheinen zu 5 und 10 Mark i m Jahre 1913 zu keiner Erhöhung des Geldumlaufs, da gleichzeitig ein Entzug von Goldmünzen aus dem Verkehr stattfand, die zur Verstärkung des Reichskriegsschatzes dienten 4 4 2 . Der weitere Ausbau der anderen Girokreise, besonders gefördert durch die weitere Konzentration i m Bankwesen, führte zu einer zusätzlichen, sehr erheblichen Ausdehnung der Buchgeldmenge.

6. Zusammenfassung

I n der folgenden graphischen Darstellung ist zuerst die Entwicklung des Goldbestandes der Entwicklung des Notenumlaufs gegenübergestellt. Es soll untersucht werden, inwieweit eine Veränderung der Goldreserve sich i n der Höhe des Notenumlaufs niederschlug. Die Zeichnung (Darstellung 5) enthält die Zunahme des Notenumlaufs und der Goldreserven i n absoluten Werten. Diese Darstellung zeigt — in bezug auf den Notenumlauf — die Verletzung der Spielregel, wenn man 438

Vgl. Sombart, 1901—1925, S. 13 ff.

Werner: a.a.O., S. 89; Reichsbank, Die Reichsbank von

439 1 906 u n d 1907 w a r ein Rückgang auf G r u n d der amerikanischen Goldabforderungen zu verzeichnen. 440 z. B. Ausgabe kleiner etc. Vgl. C I V 3.

Banknoten, Prägung von

Reichssilbermünzen

441

Dies w a r ein Erfolg der großen Anstrengungen, den Giroverkehr i n weiten Kreisen einzuführen. Zahlen vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 7, S. 18/19; Tab. 10, S.25; Tab. 24, S. 50. 442

Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, S. 22.

120

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

davon ausgeht, daß die Veränderung der Goldreserve und der Notenmenge i m gleichen Umfang zu erfolgen hat. Bis 1895 zeigt sich dabei eine nahezu vollständige Übereinstimmung; die Zunahme des Notenumlaufs war sogar — allerdings ziemlich unfreiwillig — geringer als die Zunahme der Goldbestände. I n dem Zeitraum von 1880—1885, der, mit Ausnahme des Jahres 1883, von einem stagnierenden Goldbestand gekennzeichnet war, blieb auch der Notenumlauf nahezu unverändert. Der raschen Vermehrung der Goldreserven von 1885—1889 folgte der Notenumlauf mit etwa gleich großen Steigerungsraten. Auch von 1889—1894 glich sich der Notenumlauf der Entwicklung der Goldreserven an, ohne allerdings die starken Schwankungen mitzumachen.

Darstellung

5 : Notenumlauf u n d Goldreserven der Reichsbank 1880—1913 (in M r d . Mark)

von

V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes

121

Sowohl die Goldbestände als auch der Notenumlauf erreichten 1889 in etwa die gleiche Höhe wie 1894. Dem starken Anwachsen der Goldreserven 1895 entsprach dann auch wieder die Zunahme des Notenumlaufs. I n der nun folgenden Periode änderte sich dies grundsätzlich; während die Abnahme der Goldreserven von 1895—1900, wenn auch zu keiner Abnahme des Notenumlaufs, so doch noch zu einer deutlich erkennbaren Verminderung des Notenzuwachses führte, zeigen die späteren Entwicklungen dieser beiden Größen keinerlei Abhängigkeit mehr, wenn auch nicht übersehen werden darf, daß die ausgegebenen Noten ohne die Golddeckungspflicht wahrscheinlich noch schneller angewachsen wären; die Bindung an das Gold trug zweifellos dazu bei, daß die Kreditexpansion seitens der Reichsbank nicht unbeschränkt anhielt 4 4 3 . Der Notenumlauf erhöhte sich nahezu linear ohne Rücksicht auf die sehr schwankende Entwicklung der durchschnittlichen Goldreserve. Zudem nahm die Notenmenge von 1905—1913 wesentlich rascher zu als die Goldreserven. Bereits dieses Abweichen der Reichsbank von der Spielregel der Goldwährung ermöglichte es dem Banksystem, seinerseits die Buchgeldmenge zu vergrößern. Berücksichtigt man dann noch die Änderung der Zahlungssitten i m Nichtbankensektor, so zeigt sich eine nahezu völlige Unabhängigkeit des Geldvolumens von Veränderungen der Goldreserven 444 . I n Darstellung 6 ist die Entwicklung des Goldbestandes der Notenmenge i n einer logarithmischen Skala gegenübergestellt. Sie zeigt — in bezug auf den Notenumlauf — die Verletzung der Spielregel, wenn man sie so definiert, daß einer Veränderung der Goldmenge eine direkt proportionale Veränderung der Notenmenge zu folgen hat; die Notenbank darf dann keinerlei Pufferreserven unterhalten. Die Zeichnung w i r d bereits m i t dem Jahre 1878 begonnen, da in diesem Jahr die Golddeckung der Banknoten genau 33,3 °/o betragen hat 4 4 5 . Wenn nun ein spielregelgerechtes Verhalten — z. B. Erhöhung der Goldreserve um 100, Erhöhung der Noten um 300 — vorgelegen hätte, so müßten i n der Zeichnung beide Kurven parallel zueinander verlaufen. Dies ist nun jedoch nicht der Fall; es w i r d deutlich, daß dem 443 v g l . Dalberg,

Rudolf: a.a.O., S. 12 f.

444 Vgl. dazu z.B. Schneider, Franz Paul: a.a.O., S. 97 ff.; auch Fossati, Eraldo: a.a.O., S. 320 ff. u n d die dort angegebenen Quellen. 445 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 26, S. 74/75; es ist jedoch zu berücksichtigen, daß das Bankgesetz nicht eine 1/3-Golddeckung, sondern eine 1/3-Bardeckung vorschrieb. Die Bardeckung nach § 17 B a n k gesetz betrug 1878 84,8 °/o.

122

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

Mrd.Mk.

D a r s t e l l u n g 6 : Notenumlauf u n d Goldreserven der Reichsbank von 1878—1913 (in Mrd. Mark). Logarithmische Darstellung

V. Einfluß der Schwankungen des Goldbestandes

123

Goldzuwachs in den 80er Jahren keine proportionale Vermehrung der Notenmenge folgte; damit ergibt sich bereits in diesem Zeitraum eine Verletzung der Spielregel. Die Golddeckung der Noten stieg daher an und erreichte 1888 mit 65,2 °/o ihren höchsten Wert 4 4 6 . Auch die starken Schwankungen der Goldreserven i n den folgenden Jahren führten zu keiner proportionalen Veränderung der Notenmenge. Bis zum Jahre 1913 verringerte sich die Golddeckung auf 54,5 °/o. Sie lag damit aber immer noch wesentlich über dem vorausgesetzten Deckungssatz von 33 1/3 °/o. Bei dieser Darstellung darf jedoch, wie bereits früher betont wurde, die Goldsammlungspolitik der Reichsbank nicht unbeachtet bleiben. Ohne diesen Entzug von Gold aus dem Umlauf hätte sich eine wesentlich geringere Goldreserve ergeben. Die ungefähre Entwicklung des Goldumlaufs zeigt Darstellung 7. Es wurde schon an anderer Stelle gezeigt, daß dieser Wert nur sehr grob durch Schätzung ermittelt werden kann. Abweichungen von den tatsächlichen Werten i n Höhe von mehreren hundert Millionen Mark können nicht ausgeschlossen werden. Helfferich schätzt den gesamten Betrag an Reichsgoldmünzen für Ende 1879 auf etwa 1,5 Mrd. M a r k 4 4 7 . Zieht man von diesem Betrag den durchschnittlichen Bestand an Reichsgoldmünzen bei der Reichsbank (186 Mill. Mark) und den Reichskriegsschatz (120 Mill. Mark) ab, so erhält man den Umlauf an Reichsgoldmünzen 448 . Danach wären Ende 1879 etwa 1,2 Mrd. Mark Reichsgoldmünzen umgelaufen. Diese Zahl dient als Ausgangspunkt. Bis zum Jahre 1895 dürfte dieser Bestand auf 2,3 bis 2,5 Mrd. Mark angewachsen sein. Während der Krise am Anfang des 20. Jahrhunderts nahm der Goldumlauf wegen des geringeren Geldbedarfs ab. I n den folgenden Jahren dürfte er trotz der Belebung der Konjunktur und des damit verbundenen höheren Geldbedarfs nicht wieder zugenommen haben; vielmehr ist anzunehmen, daß der Goldumlauf als Folge der „Goldsammlungspolitik" der Reichsbank weiter abgenommen und Ende 1913 2 Mrd. Mark unterschritten hat 4 4 9 . Diese Annahme w i r d auch durch die Zusammensetzung der Reichsbankreserven gestützt; von 1885—1895 wuchs der Bestand an Goldbarren und ausländischen Münzen von 94 M i l l . Mark auf 385 Mill. Mark an, während der Bestand an Reichsgoldmünzen lediglich von 182 M i l l . 446

Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 26, S. 74/75. Vgl. Helfferich, K a r l : Die Reform des deutschen Geldwesens . . . , Bd. I I , Tab. I I , S. 402. 448 Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß sich die Angabe Helfferichs auf einen Stichtag bezieht, während die anderen Angaben Durchschnittswerte darstellen. 449 Vgl. dazu auch C I V 2. 447

124

C. Geldvolumen und Währungsreserven

Mark auf 319 M i l l . Mark stieg. Dies deutet auf einen Importüberschuß an Gold hin. Von 1895—1913 dagegen nahm der Bestand an Reichsgoldmünzen von 319 M i l l . Mark auf 685 Mill. Mark zu, während der Bestand an Barren und ausländischen Münzen 1913 mit 383 Mill. Mark wieder etwa die gleiche Höhe wie 1895 erreichte, nachdem er 1907 bis auf 109 Mill. Mark gesunken w a r 4 5 0 . Hier dürfte es sich daher hauptsächlich um eine Verschiebung i m nationalen monetären Goldbestand gehandelt haben.

D a r s t e l l u n g 7 : Goldumlauf u n d Goldreserven der Reichsbank von 1878—1913 (in Mrd. Mark)

Addiert man zum Goldumlauf den Goldbestand der Reichsbank, so erhält man den gesamten monetären Goldvorrat 4 5 1 . Daraus w i r d ersichtlich, daß seit etwa 1895 neben der Uberführung von Gold aus dem Umlauf in die Reserve der Reichsbank auch noch eine Verminderung des Goldumlaufs auf Grund einer Golddrainage zum Zwecke des Exports bzw. zur Einschmelzung für industrielle Zwecke stattgefunden haben muß; die Erhöhung des Goldumlaufs durch fortwährende Neuprägung von Goldmünzen reichte nicht aus, urn diesen laufenden Goldentzug auszugleichen. «ο Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 13, S. 32/33 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 7, S. 18/19. 451 Es wurde unterstellt, daß sich der Goldumlauf i n den nicht erfaßbaren Zeiträumen linear erhöht bzw. vermindert hat.

V I . Entwicklung des Geldvolumens i n Deutschland von 1880—1913

125

V I . Entwicklung des Geldvolumens i n Deutschland von 1880—1913

I n der nächsten Zeichnung (Darstellung 8) w i r d der Versuch unternommen, die Entwicklung des Geldvolumens i n Deutschland darzustellen; auf Grund statistischer Mängel und theoretischer Schwierigkeiten kann es sich hierbei nur um einen sehr groben Anhaltspunkt handeln 4 5 2 . Die Bedenken, die gegen eine Zusammenfassung der einzelnen Geldarten auf Grund der unterschiedlichen qualitativen Eigenschaften vorzubringen sind, wurden bereits früher dargestellt 4 5 3 ; zusätzliche Probleme entstehen bei der quantitativen Erfassung der einzelnen Geldarten. Die Schwierigkeiten, die sich bei der Ermittlung des Goldumlaufs ergeben, wurden bereits gezeigt. Aber auch die Darstellung der Entwicklung des Buchgeldes ist problematisch; zum ersten sind nur Zahlen für die Reichsbank, nicht jedoch für das gesamte Bankensystem bekannt. Aber auch die Entwicklung der Giroguthaben bei der Reichsbank ergibt auf Grund der starken Schwankungen der Umschlagshäufigkeit kein charakteristisches Bild. Die Darstellung der Giroguthaben kann daher nur einen ungefähren Anhaltspunkt geben. Vergleicht man die Entwicklung der Giroumsätze der Reichsbank mit der Entwicklung der Giroguthaben, so stellt man fest, daß sich auch in Zeiten stagnierender oder gar rückläufiger Guthaben die Umsätze laufend erhöhten 4 5 4 . Die Entwicklung des Silberumlaufs läßt sich nur ungefähr feststellen. Bis Ende 1907 wurden etwa 900 Mill. Mark an Reichssilbermünzen ausgeprägt (Neuprägungen Ά Einziehungen). Da seit dem Erlaß des Münzgesetzes i m Jahre 1873 bis 1907 Neuprägungen nur stattfanden, wenn ein entsprechender Betrag an Landessilbermünzen eingezogen wurde, blieb von 1880—1907 der Bestand an Silbermünzen — Taler und Reichssilbermünzen — ungefähr konstant. Von 1908—1913 ergibt sich der Zuwachs zum Silberbestand auf Grund der jährlichen NettoNeuausprägungen (Neuausprägungen ·/· Einschmelzungen). Der Umlauf an Silbergeld ergibt sich, wenn vom Gesamtbestand an Silbermünzen die Kassenreserven der Reichsbank abgezogen werden 4 5 5 . 452 Zur Problemstellung vgl. ζ. B. Grüebler, Christoph: Die Geldmenge der Schweiz 1907—1954, Diss. Zürich, W i n t e r t h u r 1958; Veit, Otto: Reale Theorie des Geldes, S. 162 ff. 4 *3 Vgl. c I V 3 f). 454 Zahlen vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 40, S. 108 bis 111 u n d Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 24, S. 50. 455 Die Bestände bei den anderen Banken müssen — w i e bei den anderen Geldarten auch — auf Grund der unvollkommenen Statistik dem Geldumlauf zugerechnet werden; Zahlen errechnet aus: Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910, Tab. 11, S. 24/25 und Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925, Tab. 9, S. 22/23; Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 31. Jg., Berlin 1910, S. 254 u n d 35. Jg., Berlin 1914, S. 288.

126

(1) (3) (5) (6)

C. Geldvolumen u n d Währungsreserven

= = = =·

(in Mrd. Mark) Reichskassenscheine (2) = Silberumlauf + (1) Notenumlauf + (2) (4) = Giroguthaben + (3) Goldumlauf + (4) = Gesamtgeldmenge Gesamtgeldmenge, w e n n spielregelgerechtes Verhalten vorgelegen hätte

V I . Entwicklung des Geldvolumens i n Deutschland von 1880—1913

127

Der Bestand an Reichskassenscheinen ist von der kontinuierlichen Reduzierung von 184 Mill. Mark i m Jahre 1874 auf 120 M i l l . Mark i m Jahre 1890 gekennzeichnet 456 . Von diesem Zeitpunkt an blieb der Gesamtbestand an Reichskassenscheinen bis zum Jahre 1912 konstant bei 120 M i l l . Mark. Durch das Gesetz vom 3. J u l i 1913 sollte der Betrag der Reichskassenscheine verdoppelt werden; bis Ende 1913 dürften etwa 40 M i l l . Mark neu i n den Verkehr gekommen sein. Zieht man vom Gesamtbestand an Reichskassenscheinen den Bestand bei der Reichsbank ab 4 5 7 , so erhält man den Umlauf an Reichskassenscheinen. Der vorübergehend starke Rückgang des Umlaufs von 1906 auf 1907 ist m i t der Einführung der kleinen Reichsbanknoten zu erklären. Sie setzten Reichskassenscheine frei, die von der Reichsbank aufgenommen werden mußten und erst allmählich wieder i n den Verkehr geleitet werden konnten. I n der Darstellung fehlt das gesamte Buchgeldvolumen der anderen Banken, da es darüber keine Aufzeichnungen gibt 4 5 8 . Auch der Umlauf der Noten der Privatnotenbanken ist nicht mit enthalten. Andererseits wurden die Gold- und Silberbestände, die Giroguthaben bei der Reichsbank und die Kassenbestände an Reichsbanknoten und Reichskassenscheinen, die von den Privatnotenbanken und den sonstigen Bankinstituten unterhalten wurden, nicht vom Geldumlauf abgezogen. Kurve (5) zeigt die Entwicklung des Geldvolumens i n Deutschland; sie gilt m i t den oben dargestellten Einschränkungen. Kurve (6) gibt an, wie sich die Geldmenge hätte entwickeln müssen, wenn seit dem Jahre 1880 die Veränderung des Geldvolumens i m gleichen Umfange wie die Veränderung der Goldreserven erfolgt wäre. Die Differenz zwischen diesen beiden Kurven zeigt somit den Umfang der Verletzung der Spielregel. Auch hier lassen sich wieder die zwei Zeitabschnitte von 1880—1895 und 1896—1913 unterscheiden. Bis 1895 ist eine nahezu vollständige Ubereinstimmung der beiden Kurven zu erkennen; seit dem Jahre 1896 entwickelten sie sich immer weiter auseinander.

456 Vgl. s. 90, Fußnote 285. 457 v g l . Anlage 1, Sp. 3. 458 v g l . dazu die Ausführungen i m Anhang, Anlage 5.

D . D i e „ V e r l e t z u n g e n " der Spielregeln I . Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

M i t den vorstehenden Ausführungen dürfte gezeigt worden sein, daß der Automatismus der Goldwährung auch bereits vor dem 1. Weltkrieg nicht in der allgemein bekannten Weise funktioniert hat. Zwar ist zweifellos richtig, daß die Notenbanken jener Zeit keine autonome Politik zur Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität und der Stetigkeit der Preise getrieben haben. Diese Politik, der später Vorrang vor anderen Zielen — insbesondere der Stabilität der Valuta — gegeben wurde und auf die i n der Nachkriegszeit kein Land mehr verzichten wollte 1 , machte die Wiedereinführung des traditionellen Goldstandards unmöglich. Aber auch bereits zuvor war, wie gezeigt wurde, schon die elementare Grundlage — die Anpassung des Geldvolumens an die Entwicklung der Goldreserven — nicht erfüllt, da die Reichsbank auch in der Vorkriegszeit eine autonome — wenn auch andere Ziele verfolgende — Politik trieb. Das Abweichen von der Spielregel hatte seinen Grund in dem Bestreben der Reichsbank, dem Kreditbedarf der Wirtschaft weitestgehend entgegenzukommen. Insoweit vertrat sie eigentlich mehr das Gedankengut der Bankingtheorie als das der Quantitätstheorie 2 . Die Pflicht zur Nutzbarmadiung von Kapital, die ihr i m Bankgesetz auferlegt wurde, aber auch das eigene Gewinnstreben bewogen sie, die i m einzelnen dargestellten, gegen die Spielregeln verstoßenden Maßnahmen zu ergreifen. Dabei sei nochmals betont, daß nicht bereits eine Verletzung der Spielregel vorlag, weil die Reichsbank eine aktive Politik betrieb und sich bei der Kreditgewährung nicht lediglich nach der Entwicklung ihrer Goldreserven richtete. Entscheidend ist vielmehr, daß die ergriffenen Maßnahmen nicht i n der gleichen Richtung wie der Goldautomatismus wirkten 3 . Die Bemühungen im Rahmen der Goldpolitik zur Beeinflussung der internationalen Goldströme wiegen dabei weniger schwer; da sie bei allen wichtigen Notenbanken üblich waren, kompensierten sie sich i m 1 Vgl. Keynes , John Maynard: E i n T r a k t a t über Währungsreform, M ü n chen/Leipzig 1924, S. 167 ff. 2 Veit w i r f t der Reichsbank diesen „ F e h l t r i t t " erst f ü r die Zeit nach dem 1. Weltkrieg vor. Vgl. Veit, Otto: Die Z u k u n f t des Goldes, S. 71. 3 Vgl. A I V .

I. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

129

internationalen Vergleich weitestgehend. Auf diese Weise konnten sich diese Einflüsse nicht auf die inländische Geldmenge auswirken. Völlig anders liegen die Dinge dagegen bei den Maßnahmen zur Erhöhung der Geldmenge und, soweit diese Bemühungen von anderen Instanzen ausgingen, bei der Duldung dieser Vorgänge. Dadurch ergaben sich Impulse für die Wirtschaft, die bei einer Einhaltung der Spielregel nicht möglich gewesen wären. Zwar stand die Reichsbank auch mit diesen Bemühungen nicht allein 4 . Dieses internationale Abweichen von der Spielregel konnte die Wirksamkeit dieser Maßnahmen auf die inländische Entwicklung jedoch nicht verhindern; es kann aber als eine Erklärung dafür dienen, daß der Goldstandard trotz der Abweichung von den Spielregeln entgegen der Befürchtung von Lutz 5 ohne größere Schwierigkeiten arbeitete 6 . Obwohl das Preisniveau — zweifellos konjunkturell bedingt — von 1897—1913 i n Deutschland anstieg, verschlechterte sich die Außenhandelssituation nur wenig, da i n den wichtigsten Partnerländern eine ähnliche Entwicklung stattfand 7 . Das Vorgehen i m Gleichschritt erklärt damit nur das zufriedenstellende Arbeiten des Goldwährungssystems; die Verletzung der Spielregel konnte dadurch jedoch nicht ungeschehen gemacht werden. Diese notwendige Trennung w i r d z.B. auch bei Halm nicht deutlich; die entsprechende Kreditexpansion bzw. -kontraktion bei einem Goldzufluß bzw. Goldabfluß einerseits und der Zwang zur Kreditexpansion i m Gleichschritt andererseits werden hier direkt aneinandergefügt, ohne daß auf den unterschiedlichen Inhalt dieser Forderungen eingegangen wird 8 . Halm ist an anderer Stelle der Meinung, daß es i m Mechanismus der Goldwährung an einer Vorrichtung fehle, die eine allgemeine Kontraktion bzw. Expansion verhindert 9 . Dieser Ansicht ist m. E. nicht zuzustimmen. Die Grenze der Expansion bildet der Zufluß an Gold und das Ausmaß der Kontraktion w i r d durch den Goldverlust vorgegeben. Dies gilt für den nationalen wie für den internationalen Bereich. Betrachtet man die rasche wirtschaftliche Entwicklung von 1895 bis 1913, die häufig als ein Erfolg des Goldstandards gewertet wird, 4 Vgl. z. B. Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 23 ff. 3 „Werden die Regeln nicht eingehalten, dann hört die Goldwährung auf, eine Ordnung zu sein, u n d f ü h r t zu chaotischen Verhältnissen . . . " ; Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 237; ähnlich auch Lipfert, H e l m u t : a.a.O., S. 214; Hahn, L . A l b e r t : E i n T r a k t a t über Währungsreform, Tübingen 1964, S. 26. β Vgl. Hawtrey, R. G.: a.a.O., S. 43; es darf aber nicht vergessen werden, daß der Kreditverkehr auch vor dem 1. Weltkrieg nicht n u r dem k u r z fristigen Ausgleich der Zahlungsbilanz diente; vgl. S. 60 ff.; auch Bloomfield, A r t h u r I. : Short-Term Capital Movements . . . ? Vgl. Helfferich, K a r l : Das Geld, S. 606. β Vgl. Halm, George N.: a.a.O., S.259f. « Vgl. ebenda, S. 263. 9 Seeger

130

D. Die „Verletzungen" der Spielregeln

so stellt sich die Frage, ob nicht gerade die Abweichungen von den Spielregeln diesen wirtschaftlichen Erfolg erst ermöglichten. Es ist verblüffend, daß gerade von 1880—1895, als die Spielregeln i n viel stärkerem Maße eingehalten wurden, lange Depressionsperioden das Wirtschaftsleben kennzeichneten, während i n den folgenden Jahren, als die Spielregeln i n gravierendem Maße verletzt wurden, ein überaus rascher wirtschaftlicher Aufschwung einsetzte 10 . Dieselbe Entwicklung war auch i n den übrigen Goldwährungsländern zu verzeichnen. Nach der Theorie der Goldwährung soll eine Expansion stattfinden, wenn ein Goldzufluß erfolgt; die wirtschaftliche Entwicklung zeigt, daß eine expansive Wirkung auch von anderen Faktoren — z. B. dem technischen Fortschritt — ausgehen konnte. Dazu war aber erforderlich, daß das Geldvolumen ausgedehnt wurde. I m Rahmen der Goldwährung durfte dies aber nicht möglich sein. Die erhöhte Kreditnachfrage führte sofort zu einer starken Inanspruchnahme der Reichsbank, die sich schon bald zu drastischen Zinserhöhungen und Kreditrestriktionen gezwungen sah und damit die gute Konjunktur „erdrosselte". Diese Reaktion würde für eine Einhaltung der Spielregel sprechen. Hier sind jedoch die vielfältigen Bemühungen der Reichsbank, den Bargeldumlauf zu vermindern und die Goldreserven zu Lasten des inländischen Goldumlaufs zu erhöhen, mit zu berücksichtigen. Besonders zu Beginn des 20. Jahrhunderts, noch verstärkt nach der Krise von 1907, versuchte die Reichsbank, auf diese Weise mehr Bewegungsfreiheit zu bekommen 11 . Die hier verfolgten Überlegungen entfernen sich dabei wesentlich von dem Gedankengut des Goldautomatismus; es w i r d davon ausgegangen, daß eine expansive Entwicklung bereits gegeben ist und lediglich die Bereitstellung der angeforderten Kredite erforderlich wird. „Soll die Produktion sich dem Gelde oder das Geld sich der Produktion anpassen 12 ?" Diese Fragestellung berührt i m Grunde den Streit zwischen Quantitäts- und Bankingtheorie, obwohl diese beiden Begriffe i n diesem Zusammenhang nicht verwendet wurden. Die Reichsbank hat sich in diesen Fällen i m wesentlichen an das Bankingprinzip gehalten, obwohl die Grundlagen der Währung auf dem Quantitätsprinzip beruhten. Da diese Impulse nicht gleichzeitig mit einem Goldzufluß ver10 Legt m a n der Spielregel die Einhaltung eines konstanten Deckungsverhältnisses zugrunde, so ist für beide Perioden eine Verletzung festzustellen. M a n wäre zwar versucht zu sagen, daß i n der Zeit von 1895—1913 zumindest i m Trend Notenumlauf und Goldreserven sich parallel entwickelten. M a n muß aber berücksichtigen, daß gerade die Schwankungen der Goldreserven u n d die damit verbundene Veränderung der Notenmenge das Gleichgewicht wiederherstellen sollten, u Vgl. Dalberg, Rudolf: a.a.O., S. 12 f. 12 Gesell, Silvio und Frankfurth, Ernst: a.a.O., S. 64.

I. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

131

bunden waren, wäre bei einem spielregelgerechten Verhalten die gesamte Fortentwicklung zum Scheitern verurteilt gewesen 13 . Unter diesem Aspekt sind die Bemühungen der Reichsbank zu sehen. Die Auffassung Spiethoffs, daß die Politik der Zentralbank nur von dem Ziel bestimmt war, die Bankrücklagen und die Währungsmetallbestände zu erhalten und Kreditüberspannungen zu vermeiden, dürfte zu eng sein 14 . Das bewußte Umgehen der Vorschriften des Bankgesetzes, oder, wie Plenge es nannte, die „Gesetzgebung unter der Hand" 1 5 läßt sich zwar mit der Spielregel der Goldwährung nicht vereinbaren. Die Verletzung der Spielregel konnte dabei nicht nur darin liegen, daß eine Zu- oder Abnahme des monetären Goldvorrats keine Zu- oder Abnahme der Zahlungsmittelmenge zur Folge hatte 1 6 ; eine Verletzung lag auch dann vor, wenn bei gleichbleibendem Goldbestand die Zahlungsmittelmenge erhöht bzw. vermindert wurde. Das Abweichen der Reichsbank von den Spielregeln ist nun jedoch nicht gleichbedeutend mit einer schlechten Reichsbankpolitik; zwar läßt sich nachträglich nicht feststellen, i n welcher Weise die wirtschaftliche Entwicklung bei Einhaltung der Spielregeln — und zwar i n allen Ländern — verlaufen wäre. Aber mit großer Wahrscheinlichkeit w i r d man sagen können, daß die Wirtschaft sich i n diesem Falle wesentlich langsamer entwickelt hätte. Als Negativum ist jedoch andererseits herauszustellen, daß auch die seit etwa 1895 zu verzeichnenden Preissteigerungen dem Abweichen von den Spielregeln zuzurechnen sein dürften, weil die wirtschaftliche Entwicklung, die von der Reichsbank nach Kräften gestützt wurde, zeitweise übersteigerte Formen annahm. I I . Einfluß auf die Theorie der Goldwährung

Betrachtet man das Modell der Goldwährung, wie es zu Beginn der Arbeit kurz dargestellt wurde, so dürfte kein Zweifel daran bestehen, 13 Die Abhängigkeit der Geldversorgung von den Zufälligkeiten der Goldproduktion gehört m i t zu den ältesten Einwänden gegen die Goldwährung; vgl. Heuß, Ernst: F i k t i v e u n d wirkliche Probleme der internationalen W ä h rungsordnung, S. 227. Schumpeter gesteht der Zentralbank das Recht zu, bei einem Zurückbleiben der Goldgewinnung hinter der Ausdehnung der Produktion auf die „Kreierung von Bankzahlungsmitteln" auszuweichen, u m das wirtschaftliche Wachstum nicht zu unterbrechen. Vgl. Schumpeter , Joseph: Die goldene Bremse an der Kreditmaschine, i n : Die Kreditwirtschaft, 1. Teil, Leipzig 1927, S. 119, Fußn. 1. Wenn das Banksystem dazu i n der Lage ist, so fragt sich, wie dann das Gold überhaupt als eine wirksame Bremse bei der Kreditgewährung w i r k e n kann, w i e dies v o n i h m unterstellt w i r d . Vgl. ebenda, S. 83, 105 f. Keinesfalls k a n n m a n dann von einer automatischen Bremse sprechen. Vgl. ebenda, S. 99. 14 Vgl. Spiethhoff, A r t h u r : a.a.O., S. 80—92, S. 80. Plenge, Johann: Von der Diskontpolitik . . . , B e r l i n 1913, S. 51; i m Original gesperrt gedruckt. ie So z. B. Fellner, W i l h e l m : a.a.O., S.605.



132

D. Die „Verletzungen" der Spielregeln

daß es unter den gesetzten Prämissen „richtig" ist, d. h. keine gedanklichen Fehlschlüsse enthält. Sobald eine Theorie aber i n der Empirie Anwendung finden soll, muß überprüft werden, ob sie hier zufriedenstellend arbeiten kann. Es genügt nicht, daß sie eine „sinnvolle und weise Konstruktion" ist 1 7 . „How durable a rule is depends ultimately on wether or not it operates satisfactorily 18 ." Die Theorie der Goldwährung enthält eine Anzahl Voraussetzungen, deren Einhaltung oder Nichteinhaltung vom Willen der Beteiligten abhängt. Dazu gehören z. B. der Verzicht auf autonome binnenländische Konjunkturpolitik der Notenbank und des Staates, Verzicht auf protektionistische Maßnahmen und die Erhaltung des Vertrauens des Auslandes i n die Stabilität der Verhältnisse 19 . Daneben gibt es jedoch Faktoren, auf die Notenbank und Staat zumindest direkt keinen Einfluß nehmen können; dazu gehören z. B. die Elastizität des Preisniveaus 20 , die Preiselastizität der Export- und I m portgüter und die Importneigung. Man muß jedoch berücksichtigen, daß diese Aufteilung i n beeinflußbare und nicht beeinflußbare Voraussetzungen keine zeitlose Gültigkeit haben kann; i m Laufe der Zeit können innerhalb dieser beiden Bereiche Verschiebungen auftreten; während z. B. die Geldschöpfung des Privatbankensystems unter dem traditionellen Goldstandard von der Notenbank kaum gesteuert werden konnte und somit den nicht beeinflußbaren Größen zuzurechnen war, gilt dies für die heutige Zeit nicht mehr. Durch die Ausweitung des Instrumentariums der Notenbank w i r d man die Beeinflussung des Geldschöpfungsspielraums nun den beeinflußbaren Faktoren zuzurechnen haben. Die Literatur hat sich besonders seit den 30er Jahren, als die Wiedereinführung der Goldwährimg praktisch gescheitert war, besonders mit diesen nicht beeinflußbaren Größen befaßt und dabei die Schwierigkeiten, die ein Wirksamwerden der einzelnen Automatismen vereiteln können, aufgezeigt 21 . Von den beeinflußbaren Größen wurden insbesondere die protektionistischen Maßnahmen, die auch unter dem internationalen Goldstandard allgemein üblich waren, untersucht und für unvereinbar m i t dem Automatismus der Goldwährung erkannt 2 2 . 17 Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 233. ι» Yeager, Leland B.: a.a.O., S.483. ifl Vgl. dazu Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 235 ff. 20 Lutz zählt dagegen diese Bedingung zu den beeinflußbaren vgl. Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 240 f. 21 Vgl. die kurze Darstellung S. 16 f. 22 Vgl. z. B. Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 238 f.

Größen;

I I . Einfluß auf die Theorie der Goldwährung

133

Aber obwohl man sich nun dessen bewußt war, daß die Funktionsfähigkeit des Goldautomatismus i n der wirtschaftlichen Wirklichkeit schon auf Grund der nicht beeinflußbaren Voraussetzungen sehr zu bezweifeln ist 2 3 glaubte man, die günstige Entwicklung der Vorkriegszeit auf Grund der Einhaltung der Spielregeln dem Goldstandard zuschreiben zu können 2 4 . Lutz z. B. führte den Zusammenbruch der Goldwährung auf das Abweichen von den Regeln und das Unvermögen des Staates zurück, „das Geldsystem als Einheit mit dem Wirtschaftssystem zu sehen" 25 . A n dieser Einstellung hat sich i m Grunde bis heute nichts wesentliches geändert. Zwar w i r d der Reichsbank vorgeworfen, daß sie Pufferreserven unterhielt und daher nicht gezwungen war, bei jedem Abfluß von Gold einen kontraktiven Prozeß einzuleiten. I m Verlaufe dieser Arbeit wurde dargestellt, daß dieser Spielraum und damit auch die dadurch möglichen Verletzungen der Spielregel wesentlich geringer waren, als gemeinhin angenommen w i r d 2 6 . Er war nach oben begrenzt durch das Gewinnstreben, das es ihr unzumutbar erscheinen ließ, zu hohe Barreserven zu unterhalten. Nach unten w a r es durch die Deckungsvorschrift des Bankgesetzes begrenzt; da es sich hierbei jedoch um eine Relation handelte, die auch an einzelnen Tagen nicht unterschritten werden durfte, mußte die Reichsbank eine Deckung unterhalten, die wesentlich über 33 1/3 °/o lag. Eine Bardeckung von etwa 40 °/o an einzelnen Tagen galt dabei schon als Alarmzeichen; selbst während der Krisenjahre 1906/07, als die Reichsbank zum Schutze ihrer Währungsreserven eine scharfe Restriktionspolitik trieb, sank der Deckungssatz an einzelnen Tagen nie unter 40 % (31.12.1906 : 40,3%) und die Bardeckung nahm i m Jahresdurchschnitt 1907 nur auf 62,6 °/o ab. Die weiteren Verletzungen der Spielregeln, die sich meist in der Aufzählung der Maßnahmen der sogenannten „Gold- und Devisenpolitik" erschöpfen, werden nicht als eine ernsthafte Belastung des Automatismus betrachtet 27 . Sanmann hält daher die Geld- und Kreditpolitik der Reichsbank vor dem 1. Weltkrieg für ordnungskonform und bezeichnet das damalige Währungswesen, w e i l nach seiner 23 Fellner betont, daß es geradezu einem Wunder zugeschrieben werden müßte, w e n n die Prämissen lückenlos erfüllt wären. Er schließt aber nicht aus, daß sich mehrere Abweichungen kompensieren können. Vgl. Fellner, W i l h e l m : a.a.O., S.612f. 24 Vgl. z. B. Weber, A d o l f : Geld u n d Kredit, Banken u n d Börsen, 6. Aufl., Heidelberg 1959, S. 152. 23 Lutz, Friedrich: a.a.O., S. 247. 2® Demgegenüber wurde früher gezeigt, daß sich die gravierenden V e r letzungen der Spielregel auf einer anderen Ebene vollzogen. Hier sei nochmals an die Maßnahmen zur Verringerung des Notenumlaufs u n d der Erhöhung des Goldbestandes durch Entzug v o n Münzen aus dem inländischen Goldumlauf erinnert. 27 Vgl. z. B. Veit, Otto: Grundriß der Währungspolitik, S. 389 ff., 396, 776 ff.; Halm, George N.: a.a.O., S.2621, 266 ff.

134

D. Die „Verletzungen" der Spielregeln

Meinung Währungsordnung und währungspolitischer Ablauf miteinander harmonisierten, als „materiale" Goldwährung 2 8 . Auch Hahl ist der Meinung, daß unter dem Goldstandard „das Zentralbanksystem ausschließlich auf die Aufrecht(s)erhaltung der vorgeschriebenen Parität zwischen Inlandsgeldvolumen und Goldbestand bedacht (war)" 2 9 . Diese Ansicht, die man wohl noch immer als die herrschende Meinung bezeichnen kann, wurde erstmals von Bloomfield i n einer Arbeit, die die wichtigsten Notenbanken erfaßte, einer Nachprüfung unterzogen 30 . Bloomfield, der auch feststellt, daß unumschränkte Urteilskraft und willkürliche Maßnahmen wesentliche Merkmale der Zentralbankpolitik vor 1914 waren 3 1 , geht i n der Beurteilung der Frage nach der Einhaltung der Spielregeln i m Falle der deutschen Reichsbank einmal von der Deckung der täglich fälligen Verbindlichkeiten (Noten und Giroeinlagen) durch die Währungsreserven (Gold und Silber) aus 32 . Die Entwicklung des Deckungsverhältnisses vergleicht er mit der Entwicklung des offiziellen Diskontsatzes 33 und kommt zu dem Schluß, daß sich i n Deutschland, wie auch in England, Österreich-Ungarn, Belgien, der Niederlande und Rußland die Deckungsverhältnisse und Diskontsätze i n jeweils entgegengesetzter Richtung bewegten und daß insoweit ein spielregelgerechtes Verhalten vorlag 3 4 . I n der weiteren Untersuchung geht er vom Deckungsverhältnis der täglich fälligen Verbindlichkeiten ab; er prüft nun, wie sich einerseits die international verwendbaren Währungsreserven (Gold, Devisen und Silber) 3 5 und andererseits das Kreditvolumen (Diskontwechsel, Vorschüsse und Lombardkredite) entwickelten. I n Anlehnung an Nurkse bejaht er dann ein spielregelgerechtes Verhalten, wenn sich Währungsreserven und Kredite i n der gleichen Richtung verändern 36 . Bloomfield 28 Vgl. Sanmann, Horst: Währungspolitik zwischen Automatismus und Autonomie, Antrittsvorlesung, gehalten a m 8.7.1964 an der Universität H a m burg, abgedruckt i n : Wirtschaftsdienst, 44. Jg., Hamburg 1964, S. 367—375, S. 370; Die Währungsordnung der Zwischenkriegszeit dagegen bezeichnet er als „formale" Goldwährung. Vgl. ebenda, S. 370. μ Hahl, W i l l y : a.a.O., S. 20. 30 Vgl. Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . 31 Vgl. ebenda, S. 26. 32 Die Einwände, die gegen ein solches Vorgehen sprechen, w u r d e n früher dargestellt; die Einbeziehung der Silberbestände erscheint sehr zweifelhaft, da Nominalwert und Metallwert w e i t auseinanderfielen. 33 Jeweils jährliche Durchschnittssätze. 34 Vgl. Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 30. 35 Vgl. dazu auch die A n m e r k u n g Bloomfields: ebenda, S. 48, Fußn. 91. 36 N u r die Richtung, nicht die absolute Höhe der Abweichungen wurde festgehalten. Die Zugrundelegung der Posten der Aktivseite ist insofern problematisch, als eine Veränderung der Ausleihungen ζ. B. auch auf G r u n d von Eigenkapitalerhöhungen — Grundkapital und Reserven — möglich

I I . Einfluß auf die Theorie der Goldwährung

135

stellt fest, daß sich bei allen untersuchten Notenbanken Währungsreserven und Kreditvolumen wesentlich häufiger i n entgegengesetzter als in gleicher Weise veränderten. „One might even conclude, on the basis of this formula, that central banks i n general played the rules of the game just as badly before 1914 as they did thereafter 3 7 !" Diese Aussage schränkt er zwar anschließend etwas ein; er läßt die Möglichkeit offen, daß die Anpassung des Kreditvolumens an die veränderten Währungsreserven mit einem time-lag stattfand und insoweit gewisse Verschiebungen bei der Zugrundelegung der Zeiträume nicht auszuschließen sind. Aber trotzdem ist er der Meinung, daß die traditionelle Ansicht, die Zentralbanken hätten die Einflüsse von Goldveränderungen mehr oder weniger verstärkt auf das inländische Geldvolumen wirken lassen, stark anzuzweifeln ist 3 8 . M i t der vorliegenden Arbeit dürfte am Beispiel der deutschen Reichsbank gezeigt worden sein, daß die Zweifel Bloomfields v o l l berechtigt sind. Auf Grund der Erfassung von 14 Notenbanken war es Bloomfield in dem ihm gesetzten Rahmen nicht möglich, die Politik sämtlicher Notenbanken einer genauen Prüfung zu unterziehen und die Ergebnisse zu integrieren; durch das Herausgreifen einer einzelnen Zentralbank ist hier versucht worden, diesen Mangel zu beheben. Dieses Ziel erforderte dabei ein etwas anderes Vorgehen; die verschiedenen Maßnahmen der Zentralbank — z. B. zur Hebung des Goldbestandes, sei es durch eine Begünstigung des Importes von Gold oder durch Entzug aus dem inländischen Verkehr, die auch Bloomfield kurz streift — dürfen nicht beziehungslos nebeneinandergestellt werden, sondern sind unter dem Gesichtspunkt der Beeinflussung des Goldbestandes zu sehen. Dies soll an einem einfachen Beispiel kurz dargestellt werden: Der Ersatz von Gold i m inländischen Verkehr durch die Ausgabe kleiner Banknoten hatte isoliert betrachtet zur Folge, daß Goldbestand und Notenumlauf zunahmen. Gewährte die Bank auf Grund dieses Goldzuflusses Kredit, der z. B. durch die Auszahlung von Banknoten i n Anspruch genommen werden konnte, so erhöhten sich nun das Kreditvolumen und der Notenumlauf. Nach der Untersuchungsmethode Bloomfields hätte sich ergeben, daß sowohl die Goldreserven als auch das Kreditvolumen (Diskontwechsel, Vorschüsse und Lombardkredite) zunahmen und somit ein spielregelgerechtes Verhalten vorlag. Dies ist nun jedoch offensichtlich nicht der Fall. war. I n diesem F a l l konnte jedoch die Entwicklung des Kreditvolumens eine der Entwicklung der Goldreserven entgegengesetzte Richtung nehmen, ohne die Spielregel zu verletzen. Vgl. dazu auch C I V 3 f). 37 Bloomfield, A r t h u r I.: Monetary Policy . . . , S. 50. 38 Vgl. ebenda, S. 50.

136

D. Die „Verletzungen" der Spielregeln

Der Nachweis, daß bereits vor 1914 die Zentralbanken — bewußt oder unbewußt — die Spielregeln der Goldwährung nicht einhielten, sagt über die prinzipielle Anwendbarkeit der Theorie der Goldwährung nichts aus. Diese Verletzungen betreffen die beeinflußbaren Faktoren; es ist durchaus denkbar, daß die Notenbank m i t Hilfe eines u . U . erweiterten Instrumentariums die Einhaltung der Spielregeln i n Zukunft gewährleisten könnte. Dieses Instrumentarium müßte es ihr ermöglichen, eine der Entwicklung der Goldreserven gleichgerichtete Veränderung der Gesamtgeldmenge zu erzwingen. Daß es sich bei der Erhöhung der Goldbestände nicht um eine Aufstockung aus dem inländischen Goldmünzenbestand handeln darf, wurde bereits früher dargestellt. Durch die Erkenntnis, daß die Notenbank die Spielregeln vor 1914 nicht eingehalten hat und damit die Voraussetzungen für das reibungslose Zusammenspiel der Einzelautomatismen innerhalb des Goldautomatismus nicht erfüllt waren, w i r d nun die Frage aufgeworfen, weshalb der internationale Verkehr trotzdem zufriedenstellend abgewikkelt werden konnte 3 9 . Dieser Tatbestand dürfte damit zu erklären sein, daß dazu die Beschränkung der Autonomie der Notenbank ausreichte. Es ist nicht zu verkennen, daß die Goldwährung, wie die vielfältigen Bemühungen der Reichsbank zur Hebung des Goldbestandes zeigen, der Notenbank gewisse — wenn auch manipulierbare — Grenzen setzte, ohne die die Kreditexpansion sicher noch wesentlich schneller vorangeschritten wäre. Wenn jedoch nur die Einengung des Spielraums der Notenbank und nicht das Einhalten bestimmter Spielregeln zum Wesen der Goldwährung vor dem 1. Weltkrieg gehörte, so w i r d man sich vergegenwärtigen müssen, daß dieses Ziel auch m i t anderen Mitteln erreicht werden kann. Die heutige Diskussion über die Neugestaltung der internationalen Währungsverhältnisse, die häufig von einer unqualifizierten Rückerinnerung an die günstige Entwicklung unter dem internationalen Goldstandard bestimmt wird, müßte diesen Tatbestand mehr berücksichtigen.

A u f die umfangreichen internationalen Kapitalströme, die auch damals bereits zu verzeichnen waren, ist früher hingewiesen worden. Vgl. C I I I 2.

Anhang

138

Anhang Anlage

1

Durchschnittlicher Barvorrat und durchschnittliche Bardeckung der Noten nach § 17 Bankgesetz (in Tausend Mark) Jahr

Metallvorrat

Reichskassenscheine

Gesamt

Bardeckung i n °/o

(1)

(2)

(3)

(4) = (2) + (3)

(5)

1876 77 78 79 1880 81 82 83 84 85 86 87 88 89 1890 91 92 93 94 95 96 97 98 99 1900 01 02 03 04 05 06 07 08 09 1910 11 12 13

510.593 523.104 494.072 534.237 562.091 556.749 548.984 601.865 591.725 586.131 693.105 772.363 903.403 871.592 801.019 893.789 942.074 841.723 934.328 1011.763 891.988 871.450 850.938 825.480 817.137 911.411 982.202 904.947 926.669 972.959 890.965 843.340 1019.065 1046.333 1055.803 1129.242 1203.595 1350.664

39.441 44.244 33.944 43.307 42.612 38.036 30.906 23.667 22.107 22.926 19.241 22.349 20.438 19.997 20.188 21.320 24.194 24.143 25.184 23.663 22.235 22.117 22.162 21.836 22.963 24.779 26.415 27.118 26.012 26.152 36.224 82.504 67.114 67.280 64.288 55.748 39.118 32.150

550.034 567.348 528.016 577.544 604.703 594.785 579.890 625.532 613.832 609.057 712.346 794.712 923.841 891.589 821.207 915.109 966.268 865.866 959.512 1035.426 914.223 893.567 873.100 847.316 840.100 936.190 1008.617 1032.065 952.681 999.111 927.189 925.844 1086.179 1113.613 1120.091 1184.990 1242.713 1382.814

80,3 81,6 84,8 86,5 82,3 80,4 77,6 84,8 83,7 83,7 88,8 92,3 99,0 90,3 83,5 94,2 98,1 87,9 95,9 94,5 84,4 82,3 77,6 74,2 73,8 78,7 82,0 74,6 73,9 74,8 66,8 62,6 71,2 70,6 69,7 71,2 69,7 70,6

Quellen: Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910: Zu Spalte (2) und (3): Tab. 6, S. 14/15; zu Spalte (5): Tab. 26, S. 74/75. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925: Zu Spalte (2): Tab. 6, S. 16/17; Spalte (3) errechnet aus: Tab. 13 a, S. 30 und Tab. 14, S. 32; zu Spalte (5): Tab. 16, S. 34/35.

139

Anhang Anlage

2

Durchschnittlicher Goldbestand der Reichsbank und die durchschnittliche Golddeckung der Noten (in Tausend Mark) Jahr

Goldbestand

Golddeckung i n °/o

(1)

(2)

(3)

1876 77 78 79

286.727 218.387 207.299 219.666

41,9 31,4 33,3 32,9

1880 81 82 83 84 85 86 87 88 89

225.887 206.663 209.004 282.421 280.458 276.914 384.986 471.067 608.281 584.433

30,7 27,9 28,0 38,3 38,3 38,1 48,0 54,7 65,2 59,2

1890 91 92 93 94 95 96 97 98 99

519.101 589.841 615.942 526.531 619.609 704.559 602.009 591.601 583.288 572.826

52,8 60,7 62,5 53,5 61,9 64,3 55,6 54,5 51,9 50,2

1900 01 02 03 04 05 06 07 08 09

570.732 664.070 725.462 650.796 682.202 745.277 674.734 633.831 785.195 795.251

50,1 55,8 59,0 52,1 52,9 55,8 48,6 42,9 51,5 50,4

1910 11 12 13

777.834 827.624 880.083 1067.596

48,4 49,7 49,4 54,5

Quellen: Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910: zu Spalte (2): Tab. 13, S. 32/33: zu Spalte (3) : Tab. 26, S. 74/75. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925: zu Spalte (2): Tab. 7, S. 18/19; zu Spalte (3): Tab. 16, S. 34/35.

140

Anhang Anlage

3

Notenumlauf, Goldbestand und durch Gold nicht gedeckter Notenumlauf der Reichsbank (Jahresdurchschnitt in Mill. Mark) Jahr

Notenumlauf

Goldbestand

Ungedekter Notenumlauf

Veränderung des ungedeckten Notenumlaufs

(1)

(2)

(3)

(4) = (2)-(3)

(5)

1876 77 78 79

685 695 623 668

287 218 207 220

1880 81 82 83 84 85 86 87 88 89

735 740 747 737 733 727 802 861 933 987

1890 91 92 93 94 95 96 97 98 99 1900 01 02 03 04 05 06 07 08 09 1910 11 12 13

984 972 985 985 1000 1096 1083 1086 1125 1142 1139 1190 1230 1249 1289 1336 1387 1479 1524 1577 1606 1664 1782 1958

226 207 209 282 280 277 385 471 608 584 519 590 616 527 620 705 602 592 583 573 571 664 725 651 682 745 675 634 785 795 77g. 828 880 1068

398 477 416 448 509 533 538 455 453 450 417 390 325 403 465 382 369 458 380 391 481 494 542 569 568 526 505 598 607 591 712 845 739 782 828 836 902 890

X 79 18 50 111 135 140 57 55 52 19 — 8 — 73 5 67 — 16 — 29 60 — 18 — 7 83 96 144 171 170 128 107 200 209 193 314 447 341 384 430 438 504 492

Quellen: Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1910: zu Spalte (2): Tab. 16, S. 41; zu Spalte (3): Tab. 13, S. 32/33. Reichsbank, Die Reichsbank von 1901—1925: zu Spalte (2): Tab. 10, S. 25; zu Spalte (3): Tab. 7, S. 18/19.

Anhang Anlage

141 4

Spezialhandel des deutschen Zollgebietes einschließlich des Edelmetallverkehrs (in Mill. Mark) Jahr

Einfuhr

Ausfuhr

Saldo

(1)

(2)

(3)

(4) = (2) - (3)

1876 77 78 79 1880 81 82 83 84 85 86 87 88 89 1890 91 92 93 94 95 96 97 98 99 1900 01 02 03 04 05 06 07 08 09 1910 11 12 13

3911,5 3872,4 3715,6 3888,1 2844,3 2990,2 3134,7 3248,7 3261,0 2975,2 2940,8 3186,4 3429,4 4087,1 4272,9 4403,4 4227,0 4134,1 4285,5 4246,1 4558,0 4864,6 5439,7 5783,6 6043,0 5710,3 5805,8 6321,1 6854,5 7436,3 8438,6 9000,6 8077,1 8860,4 9310,0 10007,0 11017,5 11206,7

2605,0 2827,0 2915,3 2820,8 2976,7 3094,3 3279,9 3324,4 3255,9 2911,5 3041,7 3193,0 3356,4 3256,4 3409,6 3339,8 3150,1 3244,6 3051,5 3424,1 3753,8 3786,2 4010,6 4368,4 4752,6 4512,6 4812,8 5130,3 5315,6 5841,8 6478,6 7094,9 6481,5 6858,7 7644,2 8224,4 9099,5 10197,9

1306,5 1045,4 800,3 1067,3 132,4 104,1 145,2 75,7 5,1 63,7 100,9 6,6 73,0 830,7 863,3 1063,6 1076,9 889,5 1234,0 822,0 804,2 1078,4 1429,1 1415,2 1290,4 1197,7 993,0 1190,8 1538,9 1594,5 1960,0 1905,7 1595,6 2001,7 1665,8 1782,6 1918,0 1008,8

E* E E E A* A A A E E A A E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E

Quellen: Kaiserliches Statistisches Amt, Statistisches Handbuch für das Deutsche Reich. 2. Teil, S. 9. Kaiserliches Statistisches Amt, Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 31. Jg. Berlin 1910, S. 158 und 35. Jg. Berlin 1914, S. 181. • E = Einfuhrüberschuß A = Ausfuhrüberschuß

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Anhang Anlage 5 Die Entwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bei einzelnen Bankengruppen a) Die privaten

Kreditbanken

Die Erfassung des Geschäftsvolumens der privaten Kreditbanken stößt auf fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Einmal fehlen die Zahlen f ü r alle die Banken, die nicht i n der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben wurden 1 . Der Deutsche Oekonomist veröffentlichte seit 1883 eine Zusammenstellung der Bilanzzahlen der wichtigsten deutschen Aktienbanken m i t mehr als 1 M i l l i o n M a r k Aktienkapital, die jedoch, w i e i n der Bankenquete festgestellt wurde, nicht ganz vollständig war. Trotzdem geben diese Zahlen einen brauchbaren Anhaltspunkt, da die kleineren Institute i m Vergleich m i t den großen Banken an Bedeutung stark zurücktraten 2 . F ü r das Jahr 1908 wurden 169 Kreditbanken erfaßt. Sie verwalteten 4,51 Mrd. M a r k an K r e ditoren u n d 2,75 Mrd. M a r k an Depositen3. Lansburgh stellte als Beitrag zur Bankenquete 393 deutsche Aktienbanken zusammen u n d verglich diese Zahlen von 1907/08 m i t den entsprechenden Ergebnissen f ü r 1857 u n d 1872. Demnach besaßen 1857 14 Aktienbanken (ohne Notenbanken) 51 M i l l . M a r k fremde Gelder, 1872 123 Aktienbanken (ohne Noten- u n d Hypothekenbanken) 514 M i l l . M a r k u n d 1907/08 393 Aktienbanken (ohne Noten-, Hypothek e n · und Treuhandbanken) 7,326 Mrd. M a r k fremde Gelder 4 . Auch die statistische Abteilung der Reichsbank stellte f ü r die Bankenquete die wichtigsten deutschen Kreditaktienbanken — teilweise nach etwas anderen Gesichtspunkten — zusammen. Z u m 31.12.1908 w u r d e n die Bilanzzahlen von 392 Kreditaktienbanken gesammelte Danach verfügten 392 Kreditaktienbanken über insgesamt 8,03 Mrd. M a r k fremde Gelder. Hieran hatten allein die 9 Berliner Großbanken m i t 3,68 Mrd. M a r k einen A n t e i l von 45,8 °/o. N i m m t m a n zu den Berliner Großbanken noch die anderen Ban1 z. B. die etwa 6000 Privatbanken, die 1908 i m Reichsgebiet ansässig waren. Vgl. Lansburgh, Alfred: Das deutsche Bankwesen, B e r l i n 1909, S. 7. Schacht hielt diese Schätzung f ü r zu hoch. Seiner Meinung nach dürfte es sich lediglich u m 3000 bis 4000 Privatbankiers gehandelt haben. Vgl. Schacht, H j a l m a r : Bankstatistik, i n : Die Statistik i n Deutschland . . I I . Bd., S. 510 bis 528, S. 513. Die Gesellschaften m i t beschränkter H a f t u n g waren zwar zu Veröffentlichungen gezwungen; ein Gliederungsschema w a r jedoch nicht vorgeschrieben. 29 Kreditbanken-GmbH's besaßen 1908 6,5 M i l l . M a r k Depositen u n d 27,6 M i l l . M a r k Kreditoren. Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , S. 151 ff., 164. 2 Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . . S. 103; dies zeigt auch eine einmalige Zusammenstellung des Oekonomist i m Jahre 1907. Vgl. Der Deutsche Oekonomist, hrsg. v. Christians u n d Franz, X X V . Jg., Nr. 1300, B e r l i n 1907, S. 556 ff. 3 Vgl. Franz, Robert: Die deutschen Banken i m Jahre 1908, i n : Der Deutsche Oekonomist, hrsg. v. Christians u n d Franz, X X V I I . Jg., Nr. 1392, Berlin 1909, S. 549. 1883 hatten 71 Banken 0,5 Mrd. M a r k Kreditoren u n d 0,25 Mrd. M a r k Depositen. Vgl. ebenda, S. 549. 4 Vgl. Lansburgh, Alfred: Das deutsche Bankwesen, S. 59. 5 Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . Tab. 1, S. 158/159.

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ken m i t mehr als 10 M i l l . M a r k K a p i t a l hinzu, so entfielen auf die 53 größten Banken 6,42 M r d . M a r k = 79,8 °/o aller fremden Gelder. Auch w e n n sich hier bereits die starke Konzentration i m deutschen Bankwesen zeigt, bleibt noch zu berücksichtigen, daß die Berliner Großbanken m i t zahlreichen kleineren Banken, sei es über eine Beteiligung oder durch Vertrag, I n t e r essengemeinschaften bildeten; Riesser faßte diese Interessengemeinschaften für den 31.12.1904 zu Gruppen zusammen u n d stellte fest, daß die 5 größten Berliner Großbanken m i t einem A k t i e n k a p i t a l einschließlich Reserven i n Höhe von 1,021 Mrd. M a r k unter Berücksichtigung dieser Gruppenbildung bereits damals ein K a p i t a l von 1,920 Mrd. M a r k repräsentierten^. Die stärksten Konzentrationstendenzen waren von 1900—1904 zu verzeichnen. I m A n schluß daran verlief die Entwicklung wesentlich langsamer. Bis zum 31.10. 1911 w a r das K a p i t a l — einschließlich Reserven — dieser 5 Banken auf 1,22 M r d . M a r k angewachsen. Sie repräsentierten ein Gesamtkapital — Grundkapital u n d Reserven — i n Höhe von 2,38 Mrd. M a r k ; dazu kommen noch die „befreundeten" Banken der Deutschen Bank m i t einem Eigenkapital i n Höhe von 337 M i l l . Mark. 1904 waren diese Institute jedoch noch nicht m i t berücksichtigt, so daß bei einer A d d i t i o n dieser Zahlen die V e r gleichbarkeit der Werte von 1904 u n d 1911 nicht mehr gegeben wäre 7 . Diese Entwicklung zeigt sich erst i n ihrer vollen Tragweite, wenn man berücksichtigt, daß i n der M i t t e des 19. Jahrhunderts „der Depositen- und Kontokorrentverkehr . . . noch i n den Windeln (lag)" 8 . Die eigentliche E n t wicklung zum modernen Bankwesen begann erst i n den 70er Jahren. Noch i m Jahre 1850 schrieb der A. Schaaffhausensche Bankverein i n seinem Geschäftsbericht: „ W i r erachten es i m Interesse vollkommener Sicherheit unseres Instituts nicht f ü r zweckmäßig, durch erleichternde Bedingungen auf eine Steigerung der Depositen hinzuwirken, da w i r es w e i t vorziehen, den Betrieb der Geschäfte, so w e i t als dies bei der N a t u r des Bankverkehrs möglich u n d m i t dem Interesse der Korrespondenten vereinbar, n u r m i t eigenen M i t t e l n zu bewirken 9 ." V o n diesem Grundsatz ging zum ersten M a l i n größerem Umfange die Deutsche Bank 1871 ab. Sie n a h m gegen eine je nach der Laufzeit der Gelder u n d der Lage a m Geldmarkt schwankende Verzinsung Depositen an. Dieses Geschäft w u r d e durch die Begründung von Depositenkassen u n d Filialen unterstützt. I n i h r e m Geschäftsbericht von 1876 nahm die Bank zu der Entwicklung des neuen Geschäfts Stellung: „Wie langsam die Entwicklung des Depositenverkehrs auch vor sich geht, so bleiben w i r doch von der Überzeugung durchdrungen, daß i n Anbetracht der großen damit verbundenen Bequemlichkeiten, namentlich f ü r unseren kleinen Handelsstand, dieser Geschäftszweig noch eine bedeutende Z u k u n f t hat10." Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts legte sich keine Bank mehr eine Beschränkung i n der Annahme von Depositengeldern auf. Depositenkassen 6

Vgl. Riesser: Z u r Entwicklungsgeschichte der deutschen Großbanken m i t besonderer Rücksicht auf die Konzentrationsbestrebungen, Jena 19Ò5, S. 200 ff.; eine entsprechende Zuordnung der Einlagen wurde nicht vorgenommen. 7 Zahlen errechnet aus Riesser, Jakob: Die deutschen Großbanken und ihre Konzentration i m Zusammenhang m i t der Entwicklung der Gesamtwirtschaft i n Deutschland, 4. Aufl., Jena 1912, S. 514, 520 ff. 8 Sombart, Werner: a.a.O., S. 181. 9 Zitiert aus: Riesser , Z u r Entwicklungsgeschichte der deutschen Großbanken . . . , S. 54. 10 Zitiert nach: Obst, Georg: Das Bankgeschäft, Bd. I I (1924), S. 303.

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w u r d e n i n allen Stadtteilen Berlins u n d Filialen i n allen größeren Städten eröffnet, die als „Saugapparate" dazu dienten, Depositen zu gewinnen 1 !. Diesem V o r b i l d der Deutschen Bank folgten i m Laufe der Jahre die anderen großen Banken, die damit ihre Vormachtstellung i m deutschen B a n k wesen begründeten 1 2 . Bis z u m Ausbruch des Weltkrieges verstärkten sich diese Tendenzen noch. 8 Berliner Großbanken (ohne die Berliner HandelsGesellschaft) verwalteten Ende 1913 insgesamt 4,852 M r d . M a r k fremde Gelder 1 3 . Beim Vergleich m i t den Erhebungen i m Rahmen der Bankenquete 1 4 ergibt sich somit ein Zuwachs u m ca. 40 °/o. Dieses Anwachsen wurde bereits während der Bankenquete vorausgesehen; „es ist . . . k a u m zu bezweifeln, daß diese Entwicklung . . . weiter fortschreiten w i r d , je mehr die Bestrebungen zur Förderung des Scheck- u n d Überweisungsverkehrs von Erfolg gekrönt sein werden" is. A l s nächstes ist n u n zu untersuchen, welcher T e i l dieser Einlagen dem Zahlungsverkehr diente u n d damit als Geld i. S. dieser A r b e i t zu betrachten ist. I n den Bankbilanzen w u r d e n Depositen u n d Kreditoren unterschieden; eine einheitliche Handhabung bei der Zuordnung zu diesen G r u p pen bestand jedoch nicht. Sowohl über die Depositen w i e über die K r e d i t o ren konnte mittels Scheck verfügt werden 1 «. Häufig w u r d e n Guthaben bei Depositenkassen ohne Rücksicht auf deren Charakter unter Depositen, die Einlagen beim Hauptinstitut unter Kreditoren ausgewiesen. Die D i r e k t i o n der Discontogesellschaft bemerkte i n ihrem Geschäftsbericht f ü r 1908: „ . . . die Unterscheidung zwischen Depositengeldern u n d anderen Kreditoren (kann) — mangels eines f ü r den Bankleiter wahrnehmbaren Unterscheidungsmerkmals — stets n u r nach rein äußerlichen u n d w i l l k ü r l i c h e n Gesichtspunkten erfolgen . . ," 1 ?. ν. Schulze-Gaevernitz unterscheidet bei den Depositengeldern zwischen Depositen f ü r Zahlungszwecke, schwebenden K a p i t a lien, Spargeldern u n d Kreditdepositen. Aber auch er stellt fest, daß diese Abgrenzung n u r begrifflich vorgenommen werden k a n n ; anhand der gegebenen Zahlen sei nicht einmal eine Aufgliederung i n Depositen u n d K r e d i t o ren möglich. Ziffernmäßig zu erfassen seien lediglich die gesamten „fremden Gelder" 1 8 . Viele Provinzbanken dürften den Depositenbegriff möglichst w e i t gefaßt haben, w e i l der Umfang des Depositenbestandes als Maßstab für

11 Vgl. Weber, A d o l f : Depositenbanken u n d Spekulationsbanken, 2. Aufl., München/Leipzig 1915, S. 97. 12 Vgl. Lansburgh, A l f r e d : Das deutsche Bankwesen, S. 8 ff. 13 Vgl. die Zusammenstellung der Bilanzen der Berliner Großbanken bei Lansburgh, A l f r e d : Die Berliner Großbanken i m Jahre 1913, i n : Die Bank, B e r l i n 1914, S. 338—345, Anlage zu S. 340. 14 Z u m 31.12.1908 wiesen diese 8 Berliner Großbanken 3,47 Mrd. M a r k fremde Gelder aus. Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , Tab. 4, S. 176/177. is Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , S. 115. i · Vgl. Obst, Georg: Das Bankgeschäft, I. Bd., Stuttgart 1914, S. 184 ff., 314ff.; Ulrich, F e l i x : Depositenbanken als Grundlage des Scheck-Verkehrs, B e r l i n 1908, S.7. " Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . S. 119. 18 Vgl. v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., S. 39 ff.

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das Vertrauen, das dem Institut entgegengebracht wurde, galt 1 9 . Zudem wurden i m Laufe der Zeit bei den einzelnen Instituten laufend Änderungen i n der Verbuchung vorgenommen, so daß auch i m Zeitablauf keine k o n t i n u ierliche Entwicklung zu verzeichnen w a r 2 0 . Bei dem Versuch der qualitativen Erfassung der bei Privatbanken unterhaltenen Guthaben w i r d man jedoch davon ausgehen können, daß die bei den Depositenkassen verwalteten Depositengelder ihrem Charakter nach nur teilweise zu den Kontokorrentguthaben zu rechnen w a r e n 2 1 ; bei einem großen T e i l dürfte es sich u m reine Spareinlagen gehandelt haben. Bei dieser Erwägung darf m a n sich nicht lediglich auf die vereinbarten Kündigungsfristen stützen. Ausschlaggebend sind nicht die formal-rechtlichen Merkmale wie Terminierung u n d Abhebungsbestimmungen, sondern die empirisch feststellbaren Umschlagshäufigkeiten 2 2 . Deshalb dürfte die Einteilung von υ. Schulze-Gaevemitz, der n u r die Depositen m i t mehr als dreimonatiger Laufzeit zu den Spareinlagen rechnete, nicht zutreffend sein. Danach hätten nur stark 15 °/o aller Depositen den Charakter von Spareinlagen besessen 23 . Demgegenüber schätzte Riesser, daß etwa 1/3 aller Bankdepositen den Charakter von Spargeldern trugen 2 4 . Unter die Position der Kreditoren fielen hauptsächlich die Gelder, die aus dem Bankverkehr der Großindustrie u n d der Großkaufmannschaft stammten, sowie täglich fällige Gelder der Effektenspekulation, Guthaben ausländischer K u n d e n u n d Banken sowie Einlagen anderer inländischer Banken, die der A b w i c k l u n g des Verrechnungsverkehrs und der Haltung von Kassenreserven dienten. Sie werden weitestgehend dem Geldvolumen zuzurechnen sein. So dürfte der Umfang des Buchgeldes bei 8 Berliner Großbanken Ende 1913 (ohne Berliner Handels-Gesellschaft) nach Abzug der Gelder m i t Spareinlagencharakter etwa 4 Mrd. M a r k betragen haben2®. F ü r die Erfassung des Buchgeldvolumens i m gesamten Kreditbankenbereich können lediglich die Angaben des Oekonomist als Grundlage dienen. Danach beliefen sich die Gesamteinlagen bei 160 A k t i e n banken 1913 auf 3,3 Mrd. M a r k Kreditoren u n d 4,4 Mrd. M a r k Depositen^. Nach Abzug der Gelder m i t Spareinlagencharakter ergibt sich ein Buchgeldvolumen i n der Größenordnung u m 6,5 Mrd. Mark. Die bargeldlose Verfügung über die Bankguthaben — Kreditoren u n d Depositen — konnte durch Scheck erfolgen. Der Scheckverkehr hat jedoch, 19 Teilweise wurde auch unter Depositen der gesamte Bestand an fremden Geldern verstanden; vgl. v. Lumm, K a r l : Die Stellung der Notenbanken . . . , S. 13. 20 Vgl. Bankenquete 1908/09, Verhandlungen zu P u n k t V I , Materialien . . . , S. 119. 21 Vgl. Riesser : Zur Entwicklungsgeschichte der deutschen Großbanken . . . , S. 117. 22 Vgl. Degner, Joachim: Die Rolle der Sparkassen i m Giralgeldschöpfungsprozeß, Nürnberger Diss., Heidelberg 1958, S. 40. 2 3 Vgl. v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., Tab. 2, S. 52. 2 4 Vgl. Riesser, Jakob: Die deutschen Großbanken . . . , Jena 1912, S. 171. Diesen A n t e i l betrachtete er eher als zu hoch als zu niedrig. Vgl. ebenda, S. 171. 25 Errechnet aus der Zusammenstellung der Bilanzen der Berliner Großbanken bei Lansburgh, Alfred: Die Berliner Großbanken i m Jahre 1913, Anlage zu S. 340. 26 Vgl. Franz, Robert: Die deutschen Banken i m Jahre 1913, S. 565.

10 Seeger

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i m Gegensatz zu England u n d Amerika, i n Deutschland nie eine überragende Stellung eingenommen, obwohl er sich m i t Beginn des 20. Jahrhunderts stark ausbreitete 2 ?. Bis 1908 w a r er durch das Fehlen einer gesetzlichen Regelung sehr behindert; diesen Nachteil versuchten die Banken durch die Einführung eines einheitlichen Formulars auszugleichen 28 . Aber auch nach dem Erlaß des Scheckgesetzes stellte der Scheckstempel ein wesentliches Hemmnis d a r 2 9 . Eine zahlenmäßige Erfassung ist jedoch nicht möglich 3 0 . Einen bedeutenden A n t e i l an der bargeldlosen Verrechnung hatte auch das Wechselgeschäft. Sowohl die Gutschrift diskontierter Wechsel als auch die Einlösung bei Verfall durch Belastung des Kontos sind hier hervorzuheben. Eine ständig wachsende Rolle spielte die Ausgleichung zwischen den i m gegenseitigen Geschäftsverkehr stehenden Banken. V o n Bankgruppe zu Bankgruppe liefen gegenseitige Kontokorrente, die eine Verrechnung z w i schen den ihnen angeschlossenen K u n d e n ermöglichte. A u f diese Weise entstand ein interlokaler Uberweisungverkehr, dessen Bedeutung nicht unterschätzt werden d a r f 3 1 . Über den Umfang dieser Geschäfte bestehen jedoch keinerlei statistische Aufzeichnungen; es ist aber nicht zu bezweifeln, daß es sich hierbei u m Milliardenbeträge handelte, die außerhalb des Girosystems der Reichsbank umgesetzt w u r d e n 3 2 . Soweit die Überweisungen der K u n d e n nicht innerhalb des eigenen Hauses oder über befreundete Banken direkt abgewickelt werden konnten, wurden sie über die Reichsbank geleitet; auf diese Weise waren auch die Kunden, die m i t der Reichsbank nicht direkt i n Verbindung standen, dem Reichsbankgiroverkehr angeschlossen. Diese Umsätze sind jedoch bereits i n den Zahlen der Reichsbank m i t erfaßt. Sie dürfen hier nicht nochmals gesondert berücksichtigt werden. Uber die Höhe der bargeldlosen Umsätze i m Privatbankenbereich können n u r sehr vage Aussagen gemacht werden, w e i l sie n u r von wenigen I n s t i tuten bekanntgegeben wurden. I n provisionspflichtiger Rechnung (Kreditoren) hatte z. B. die Deutsche Bank 1913 einen Gesamtumsatz von 56,5 Mrd. M a r k u n d i n provisionsfreier Rechnung (Depositen) von 4,6 Mrd. M a r k 3 3 . Darin sind jedoch nicht n u r bare u n d unbare Kundenumsätze enthalten, sondern auch die Bewegungen auf Bankkonten u n d Filialkonten. A l l e i n die Miterfassung der Verrechnungen m i t Filialen u n d Konkurrenzinstituten macht deut2

? Vgl. Dalberg, Rudolf: a.a.O., S. 14. Helfferich schreibt noch 1903, daß der Scheckverkehr i n Deutschland nicht besonders entwickelt sei. Vgl. Helfferich, K a r l : Der deutsche Geldmarkt 1895 bis 1902, S. 46; ähnlich auch Buff, Siegfried: Das Kontokorrentgeschäft i m deutschen Bankgewerbe, Diss. M ü n chen, Stuttgart 1904, S.20ff. 28 Vgl. Reichsbank, Die Reichsbank von 1876—1900, S. 70 f. 29 Vgl. v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., S. 40; Kahn, Ernst: Gegen den Bargeldverkehr, Leipzig 1916, S. 5. 30 Vgl. dazu z.B. Buff, Siegfried: Der gegenwärtige Stand und die Z u k u n f t des Scheckverkehrs i n Deutschland, München 1907, S. 7 ff. 31 Vgl. Arnold, A n t o n : Statistik des Geldes u n d der Börse, S. 487. 32 Vgl. v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., S. 41. Vgl. auch Stähler, Paul: Der Giroverkehr, seine Entwicklung und internationale Ausgestaltung, Leipzig 1909, S. 64. 33 Vgl. Schmidt, Fritz: a.a.O., S. 30 f. Diese Zahlen setzen sich aus den Soll- u n d Habenumsätzen zusammen.

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lieh, daß diese Zahlen keinesfalls dazu geeignet sind, auf G r u n d des Anteils dieser Großbank am Gesamtgeschäft den Gesamtumsatz i m Privatbankenbereich zu errechnen. Diese Z a h l w ü r d e auf G r u n d von Doppelzählungen viel zu hoch ausfallen. Dagegen zeigen sie, daß den Privatbanken — u n d hier insbesondere den Filialgroßbanken — eine bedeutende Stellung i m bargeldlosen Zahlungsverkehr z u k a m 3 4 . Die Verlagerung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs auf die Privatbanken t r u g dazu bei, daß der Giroverkehr der Reichsbank nicht i m gleichen Umfange w i e Handel u n d Industrie gewachsen i s t 3 5 . b) Der Postscheckverkehr Der Postscheckverkehr wurde i n Deutschland erst a m 1.1.1909 eingeführt 3 6 . Bereits Ende 1909 betrugen die Einlagen 76 M i l l . M a r k ; sie stiegen zum Jahresende 1913 auf 198 M i l l . M a r k an3?. Da auf den Postscheckkonten genauso w i e bei den Reichsbankkonten keine Zinsen gezahlt wurden u n d auch ein eventueller Kreditbedarf nicht als Eröffnungsgrund gelten konnte, sind sie als reine Zahlungsverkehrskonten anzusehen 3 ^. Die relativ geringen Guthaben wurden daher oft umgesetzt. Die gutgeschriebenen Übertragungen betrugen 1909 2,46 Mrd. M a r k (1913 7,86 Mrd. Mark), die zur Last geschriebenen Übertragungen 2,46 M r d . M a r k (1913 7,73 Mrd. Mark). Daneben w u r d e n noch 3,4 Mrd. M a r k Zahlkarten gutgeschrieben (1913 11,9 Mrd. Mark) u n d für 3,4 Mrd. M a r k Schecks ausgezahlt bzw. Zahlungsanweisungen ausgefertigt (1913 11,97 Mrd. Mark). Bargeld wurde bei den gutgeschriebenen Zahlkarten insoweit erspart, als n u r auf einer Seite Barverkehr erforderlich wurde. Diese Zahlen machen deutlich, daß i m Postscheckverkehr der A n t e i l des Bargeldverkehrs an den Gesamtumsätzen recht hoch war 3 ». Trotzdem ist die Post neben der Reichsbank u n d den Kreditbanken „zur erheblichen Girostelle geworden" 4 0 . c) Die

Genossenschaften

Die Kreditgenossenschaften waren, i m Gegensatz zu den Sparkassen, bereits bei ihrer Gründung u m die M i t t e des 19. Jahrhunderts vollwertige Kreditinstitute. Bei den ländlichen Genossenschaften (Raiffeisen) spielten 34

Vgl. Schmidt, Fritz: a.a.O., S. 34. Vgl. Obst, Georg: Das Bankgeschäft, Bd. I, S. 98. 36 Der Postanweisungsverkehr dagegen, bei dem eingezahlte Beträge an einem anderen Ort durch die Post wieder zur Auszahlung gelangten, bestand während des gesamten betrachteten Zeitraums. Eine Geldersparnis trat hier insoweit ein, als eine Versendung nicht notwendig wurde u n d somit die normale Postlaufzeit entfiel. M i t der Einführung des Postscheckverkehrs gingen diese Umsätze beträchtlich zurück. Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 124. 35

37

Ebenda, 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 125 u n d 36. Jg., B e r l i n 1915, S. 132. ® Vgl. Schmidt, Fritz: a.a.O., S. 28. 39 Zahlen vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 125 u n d 36. Jg., B e r l i n 1915, S. 132. 40 v g l , v. Schulze-Gaevernitz, G.: a.a.O., S. 41. 3

10·

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seit ihrer Gründung die Spareinlagen eine größere Rolle als bei den gewerblichen Genossenschaften (Schulze-Delitzsch), die ihre kurzfristigen Kredite aus monatlichen Beiträgen der Genossen und aus Darlehen gaben, die die Genossenschaft aufnahm. Aber schon bald waren auch die gewerblichen Genossenschaften gezwungen, sich u m Spareinlagen zu bemühen 4 1 . Daneben hat jedoch auch der bargeldlose Zahlungsverkehr bei den Genossenschaften an Bedeutung gewonnen 4 2 ; ein Teil der Konten wurde n u r eröffnet, u m am Zahlungsverkehr teilnehmen zu können 4 3 . So hatten 1913 15 830 erfaßte ländliche Kreditgenossenschaften 2,2 Mrd. M a r k Spareinlagen u n d 0,2 Mrd. M a r k Einlagen i n laufender Rechnung 4 4 , die gewerblichen Kreditgenossenschaften 1,4 Mrd. M a r k Spareinlagen u n d 0,2 Mrd. M a r k Kontokorrentguthaben 4 5 . Z u r Erleichterung des bargeldlosen Zahlungsausgleichs zwischen den einzelnen gewerblichen Genossenschaften wurde bereits 10 Jahre vor der Einführung des Reichsbankgiroverkehrs der Giroverband der Schulze-Delitsch'schen Genossenschaften gegründet. Daneben kamen f ü r den Genossenschaftsbereich als Zentralstellen hauptsächlich noch die Preußische CentraiGenossenschafts-Kasse, der Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften i n Darmstadt m i t der dort domizilierenden landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank u n d die landwirtschaftliche Zentral-Darlehenskasse i n Neuwied i n Betracht 4 6 . Die Umsätze i m bargeldlosen Zahlungsverkehr sämtlicher Kreditgenossenschaften sind jedoch nicht festzustellen 4?.

d) Die Sparkassen Bis zur Reichsgründung beschränkten sich die Sparkassen i m wesentlichen auf die Annahme kleinster Sparbeträge „der dienenden und von ihrer Hände Arbeit lebenden Klassen" 4 8 . Nach 1871 gingen sie jedoch dazu über, auch große Einlagen entgegenzunehmen; es handelte sich hierbei u m Gelder, die den Charakter von bankmäßigen Einlagen trugen u n d n u r wegen eines bestehenden Zinsgefälles u n d der erhöhten Sicherheit zu den Sparkassen flössen. Als u m die Jahrundertwende ein E n t w u r f f ü r das 1908 i n K r a f t getretene Scheckgesetz veröffentlicht wurde, bemühten sich die Sparkassen u m die Zugestehung der passiven Scheckfähigkeit. Durch die neuen Kunden, die sie durch das Heranziehen größerer Einlagen gewonnen hatten, wurden die Sparkassen gezwungen, i n ihrer Betätigung neue bankmäßige Formen anzunehmen. Die Befürchtung, daß ihnen die Banken u n d Genossenschaften die größeren Einlagen entziehen könnten, w a r w o h l der Beweggrund für 41 Vgl. Baumann, Horst: Die Rolle der Volksbanken i n der Entwicklung des deutschen Bankwesens, o. Ort u. D a t u m (um 1962), S. 13. 42 Vgl. dazu z.B. Proebst, Siegmund: a.a.O., S.70ff. 43 Vgl. Schmidt, Fritz: a.a.O., S. 29 f. 44 Vgl. Statistisches Reichsamt, Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1936, 55. Jg., B e r l i n 1936, S. 379. 4 ® Vgl. Lisnik: Einlagen bei den gewerblichen Kreditgenossenschaften, i n : Illustrierte Wirtschaft, 3. Jg., Februar/März 1935, o. S. 46 Vgl. Obst, Georg: Banken u n d Bankpolitik, Leipzig 1909, S. 283; derselbe: Das Bankgeschäft, Bd. I, S. 98 ff. 4 ? Vgl. Schmidt, Fritz: a.a.O., S.29. 48 Gesetzessammlung 1839, „Reglement die Einrichtung des Sparkassenwesens betreffend" v. 12.12.1838, Ziffer 12, zitiert nach Nissen, Ferdinand: Die bankmäßige Betätigung der Sparkassen, Stuttgart 1926, S. 3.

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ihre Bestrebungen. Das Scheckgesetz u n d der preußische Ministererlaß v o m 20.4.1909 ermöglichten den Sparkassen die Durchführung des Scheckverkehrs für die Sparguthaben und die Aufnahme des Depositen- u n d Kontokorrentgeschäfts m i t der Einschränkung, daß die Depositen- u n d Kontokorrenteinlagen 10 °/o der Sparguthaben nicht überschreiten durften. M i t der Genehmigung dieses Geschäftszweiges t r u g er der Tatsache Rechnung, daß ein erheblicher Teil der Sparkasseneinlagen die Eigenschaft bankmäßiger Depositen besaß«. Das Depositen- u n d Kontokorrentgeschäft fand jedoch bei den Sparkassen bis zum 1. Weltkrieg n u r zögernd Eingang. Noch i m Jahre 1913 betrieben von 1765 preußischen Kassen n u r 295 das neue Geschäft, dessen A n t e i l an den gesamten Einlagen der Sparkassen n u r 0,46% betrug 5 0 . Diese Zahlen zeigen, daß die Sparkassen f ü r den bargeldlosen Zahlungsverkehr n u r eine geringe Bedeutung besaßen 5 1 ; dies hatte seinen Grund nicht zuletzt i m Fehlen einer wirksamen Zusammenfassung zu Giroverbänden 5 2 . Erst i n der Kriegs- u n d Nachkriegszeit wurde dieser Geschäftszweig durch eine gezielte Werbung gefördert 5 3 .

e) Die

Privatnotenbanken

Wenn auch die Privatnotenbanken ihren Einfluß auf die Entwicklung des deutschen Notenbankwesens nach der Gründung der Reichsbank sehr schnell verloren 5 4 , so müssen sie doch i m Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs einer kurzen Betrachtung unterzogen werden. 1913 hatten die 4 Privatnotenbanken i m Jahresdurchschnitt 61 M i l l . M a r k täglich fällige Gelder u n d 20 M i l l . M a r k Kündigungsgelder 5 5 . So w i e die Reichsbank die Aufgabe hatte, die Zahlungsausgleichungen i m Reich zu fördern, so hatten die P r i v a t notenbanken die Pflicht, den Zahlungsverkehr innerhalb der Landesgrenzen zu erleichtern. Der Gesamtumsatz hielt sich jedoch i m Vergleich zu den anderen Bankengruppen i n relativ unbedeutenden Grenzen 5 6 . 49

Vgl. Nissen, Ferdinand: a.a.O., S. 10 ff. Vgl. ebenda, S. 16 ff.; erste Ansätze eines Kontokorrentverkehrs bestanden bereits seit etwa 1860. Vgl. Trende, A d o l f : Geschichte der deutschen Sparkassen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 1957, S. 446 ff. 51 Daß die Pflege des bargeldlosen Zahlungsverkehrs eine Notwendigkeit ist, wurde schon recht f r ü h erkannt. Vgl. z. B. Eberle: Die geldlose Zahlung und die Sparkassen, Leipzig 1911, S. 28 ff. 52 Vgl. Schmidt, F r i t z : Der nationale Zahlungsverkehr, S. 32 ff.; vor dem Weltkriege bestanden lediglich einzelne regionale Giroverbände, die erst 1916 zu einem Zentralverband zusammengeschlossen wurden. Vgl. v. Wagner, Heinrich: Der Giroverkehr der deutschen Sparkassen, Leipzig 1916, S. 21, 33. 53 Vgl. Cremer, J.: Einführung des Scheck- u n d Giro-Verkehrs bei Sparkassen u n d sonstigen öffentlichen u n d Privatkassen, 2. Aufl., Düsseldorf 1916, S. 18 ff. 54 Vgl. A I V . 55 Vgl. Kaiserliches Statistisches A m t , Statistisches Jahrbuch f ü r das Deutsche Reich, 35. Jg., B e r l i n 1914, S. 289; i m Vergleich dazu besaß die Reichsbank 1913 durchschnittlich 668 M i l l . M a r k Giroeinlagen. 56 Vgl. Obst, Georg: Banken u n d Bankpolitik, Leipzig 1909, S. 103 ff.; Arnold, A n t o n : Statistik des Geldes und der Börse, S. 469. I m Gegensatz zur Reichsbank verzinsten die Privatnotenbanken ihre Einlagen. Vgl. ebenda, S. 487. 50

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