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German Pages 370 Year 1987
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Cambrai, Bibliotheque Municipale Classee, Cod. C.531, f.2r
DIE PHILOSOPHISCHE PSYCHOLOGIE DES PETER VON AILLY
BOCHUMER STUDIEN ZUR PHILOSOPHIE Kurt Flasch
herausgegeben von Ruedi Imbach Burkhard Mojsisch
Band6
Olaf Pluta
DIE PHILOSOPHISCHE PSYCHOLOGIE DES PETER VON AILLY
VERLAG B. R. GRÜNER - AMSTERDAM - 1987
OLAF PLUTA
Die philosophische Psychologie des Peter von Ailly Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie des späten Mittelalters
VERLAG B. R. GRÜNER - AMSTERDAM - 1987
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft D294
No part of this book may be translated or reproduced in any form, by print, photoprint, microfilm, or any other means, without written permission from the publisher. © by B.R. Grüner, 1987 ISBN 90 6032 275 4 Printed in The Netherlands
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Meinem verehrten Vater zu seinem 80. Geburtstag
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort ...................................................................................... IX
I. Teil: Studie - Die philosophische Psychologie des Peter von Ailly
Einleitung ......................................... ........................................... 1 1. Der Stand der Forschung .................. .................................... ...... 11 - Karl Werner.......................................................................... 12 - Louis Salen1bier..................................................................... 16 - Eduard Hartmann.................................................................. ; 21 - Bernhard Meller ....................................... .............................. 23 - Joseph Peter Parkes................................................................. 27 - Nicholas H. Steneck................................................................ 29 -. Katharine Park....................................................................... 30 - Neueste Forschungen......... .................. ................................... 31 2. Peter von Aillys «Abhandlung von der Seele» ................................. 33 - Absichten des Autors und Aufbau der Abhandlung...................... 33 - Definition und Einteilung der Seele........................................... 36 - Die Potentiatheorie................................................................. 46 - Die Speciestheorie............. ..................................................... 70 - Die Acrustheorie....................................................................100 - Die Habirustheorie................ ..................................................132 Literaturverzeichnis ........ ..............................................................144
II. Teil: Edition - Petrus de Aillyaco: Tractatlls de anima
Einleitt1ng. ......... ........................................................................... I 1. Titel, Echtheit und Abfassungszeit des Traktats................. .............. I 2. Die Handschriften und Drucke..................................................... V 1. Beschreibung der Handschriften.............................................. VII 2. Beschreibung der Drucke.................................................... XXII 3. Die Textzeugen und ihr Verhältnis.......................................... XXX 1. Die Handschriften....................... ........................... ............ XXX 2. Die Drucke....................................................................... XXXII 4. Grundsätze der Edition......................................................... XXXIV Petrus de Aillyaco: Tractatlls de anima................. ............................ 1 Index capitulorum ......................... ................. ...............................109 Index auctoritarum/lndex nominum.................................................112 Index generalis........ ...................................................... • •· • •·· • • • •·· •· .113
VORWORT DIE vorliegende Studie und Edition wurden von der Fakultät für Philosophie, Pädagogik und Publizistik der Ruhr-Universität Bochum im Jahre 1985 als Dissertation angenommen. Zuallererst gehört deshalb mein Dank den Refe renten der Arbeit. Ein besonderer Dank gilt meinem verehrten Lehrer und Doktorvater, Herrn Professor Dr. Kurt Flasch. Frühzeitig hat er mein Interesse auf die Phi losophie des späten Mittelalters gelenkt und damit den Anstoß zur Erfor schung der philosophischen Psychologie des 14. und 15. Jahrhunderts gege ben, deren erstes Ergebnis die vorliegende Studie ist. Herrn Professor Dr. Burkhard Mojsisch danke ich für die Übernahme des Korreferates. Er hatte für meine Fragen stets ein ein offenes Ohr und hat mich insbesondere in editorischer Hinsicht beraten. Den genannten Herren und Herrn Prof. Dr. Ruedi Imbach, Fribourg, danke ich ferner für die Aufnahme meiner Dissertation in die von ihnen herausgege bene Reihe «Bochumer Studien zur Philosophie». Herrn Prof. Dr. Ludwig Hödl, Bochum, verdanke ich meine Kenntnisse der lateinischen Paläographie. Ich denke gerne an die Stunden zurück, die ich mit ihm beim Lesen lateinischer Handschriften verbringen durfte. Herrn Prof. Dr. Gilbert Ouy, Paris, danke ich für seine Freundlichkeit, mir meine ihm mitgeteilten Vermutungen zu Autographen Peters von Ailly zu be stätigen und mich auf weitere Autographen aufmerksam zu machen. Herrn Bouvy, dem Direktor des Centre culturel de Cambrai, danke ich für die Erlaubnis, das Faksimile der Handschrift C.531, f.2r, der Stadtbibliothek Cambrai abzudrucken. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für die Gewährung einer großzügigen Druckkostenbeihilfe. Nicht zuletzt danke ich Herrn Grüner, Amsterdam, für seine Sorgfalt bei der Drucklegung des Buches. Bochum, 13. März 1987
Olaf Pluta
EINLEITUNG PETER VON AILLY (1350-1420)1, Rektor des Kollegs von Navarra,2 Kanzler der Universität Paris, Bischof von Le Puy und Cambrai, Kardinal und päpstli cher Legat für Deutschland, war ein Mann von weitgespannten Interessen und unermüdlicher Schaffenskraft, der - wie später der Kardinal Nikolaus von Kues - neben den Verpflichtungen, die seine kirchlichen und weltlichen Äm ter mit sich brachten, eine Vielzahl von Abhandlungen zu den verschiedensten Wissensgebieten geschrieben hat. MARTIN LUTI-IER wurde in seiner Abendmahlslehre maßgeblich von Peter von Aillys diesbezüglicher Diskussion im 4. Buch seines Sentenzenkommen tars 3 beeinflußt. In seiner Schrift «Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche» (1520) erinnert sich Luther: "Einst, als ich die scholastische Theolo gie in mich aufnahm, gab mir Peter von Ailly (D. Cardinalis Cameracensis) Anlaß zum Nachdenken beim vierten Buch der Sentenzen, wo er überaus scharfsinnig erörtert, es sei viel wahrscheinlicher, und man brauche viel we niger dieser überflüssigen Wunder vorauszusetzen, wenn man hinzufügen würde, auf dem Altar seien wahres Brot und wahrer Wein, nicht dagegen al lein die bloßen Akzidentien - wenn nicht die Kirche das Gegenteil festgesetzt hätte. Als ich später sah, was für eine Kirche das ist, die solches bestimmt,
Die erste biographische Skizze in neuerer 2-eit verfaßte Dinaux 1824. Zum Lebensgang des Peter von Ailly vgl. Tschackert 1877; Buron 1930: I, S.49-91; Salembier 1932; Meller 1954, S.1-9; Oak:ley 1964, S.8-14 und 1967; Kren 1970; Grant 1974, S.825; Bernstein . 1978, S.60-81; Ouy 1980. 2 Das Kolkg von Navarra war zur damaligen Zeit neben dem Kolleg der Sorbonne das be deutendste (vgl. Ouy 1975). Die wichtigste Quelle zur Geschichte des Kollegs von Navarra ist Ioannes Launoius (= Jean de Launoy, 1603-1678) 1677. Zur frühen Geschichte der Sor bonne vgl. Glorieux 1966: I, S.71-145. Im 14. Jahrhundert waren neben Peter von Ailly be rühmte Schüler dieses Kollegs Nikolaus Oresme und Johannes Gerson, Schüler Peters von Ailly. (Zum Verhältnis von Peter von Ailly und Johannes Gerson vgl. Lieberman 1957, 1958, 1959, 1960.) Der erste magister artistarum des 1 315 eingeweihten neuen Kollegs war Johannes von Jandun (vgl. Schmugge 1966, S.8-14). 3 Vgl. In IV Sent., qq.5 und 6. 1
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Peter von Ailly
nämlich die thomistische, ... , da bin ich mutiger geworden."4 Die große Wir kung Peters von Ailly auf Luther dokumentiert der Bericht Melanchthons, Luther habe die Sentenzenkommentare Gabriel Biels und Peters von Ailly fast auswendig gekannt. 5 CHRISTOPH COLUMBUS besaß Peter von Aillys geographische Werke «Imago mundi» (1410) und «Epilogus mappae mundi» (1410), die ihn bei der Suche des Seeweges nach Indien und damit der Entdeckung Amerikas maß geblich beeinflußten;6 unter den Schriftstellern, die Columbus zu Rate gezo gen hat, wird, wie bereits Alexander von Humboldt bemerkt hat, keiner mit größerer Vorliebe von ihm angeführt als der Kardinal Peter von Ailly.7 Die von Columbus benutzte und mit zahlreichen Randbemerkungen versehene In kunabel befindet sich heute in der Biblioteca Colombina in Sevilla. 8
4 "Dedit mihi quondam, cum Theologiaem scholasticam haurirem, occasionem cogitandi D. Cardinalis Cameracensis libro sententiarum quarto, acutissime disputans, multo probabilius esse et minus superfluorum miraculorum poni, si in altari verus panis verumque vinum, non autem sola accidentia esse astruerentur, nisi Ecclesia determinasset contrarium. Postea vi dens, quae esset Ecclesia, quae hoc determinasset, nempe Thomistica, ... audacior factus sum." (Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium [WA Bd.6, S.508]; vgl. Tschackert 1877, S.32 1). 5 "Gabrielem et Cameracensem pene ad verbum memoriter recitare poterat." (Praefatio Me lanthonis in «Tomum secundum omnium operum ... Martini Lutheri ... », Wittenberg 1546; vgl. Corpus Reformatorum, VI, Sp. 159). Zum Einfluß Peters von Ailly auf Martin Luther vgl. Weier 1976, S.233-246. 6 Vgl. Tschackert 1877, S.333-335; Salembier 1892, 1912, 1914; Marsy 1895; de Almeida 1913; Buron 1930: I, S.5-37; Nunn 1935; Lieberman 1966, S.307f; zuletzt Moffitt Watts 1985. 7 Vgl. Humboldt 1836, S.60; Humboldt 1844: II, Abschn. B.IV, S. 198 und 2 13. Vgl. auch Morison 1942, S.92-94; Morison vermutet aufgrund der vielen Marginalien: "Tue Imago Mundi seems to have been Christopher's bedside book for a number of years." (ebd., S.92). Allein zum «Imago mundi» gibt es 898 Anmerkungen in der Hand des Columbus (vgl. Taviani 1980, S.233). Columbus studierte dieses und andere Werke Peters von Ailly intensiv in den Jahren vor seiner ersten Amerikafahrt (vgl. Moffitt Watts 1985, S.85f). Pau line Moffitt Watts urteilt: "Ferdinand suggested and Humboldt strove to demonstrate that the most important sources of Columbus's cosmographical knowledge and the principal stimuli for his voyage were Imago mundi by d'Ailly, the French cardinal and conciliarist, and two letters purportedly written to him by Paolo Toscanelli, the famous Florentine physician and astronomer." (Moffitt Watts 1985, S.80). 8 s.l. s.a. (Louvain: Johann von Paderborn, ca. 1480) (Hain 836; Proctor 9258; Polain 134; Goff A-477); zusammen mit den Marginalien des Christoph Columbus hrsg. von Buron 1930. Faksimiles der Marginalien bei Cesare de Lollis 1892 und in der Faksimileausgabe der Massachusetts Historical Society: Imago mundi by Petrus de Aliaco (Pierre d'Ailly) with an notations by Christopher Columbus, Boston 1927.
Einleitung
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JOHANNES KEPLER, selbst Apologet einer reformierten Astrologie,9 be zieht sich in seiner Abhandlung «De stella nova in pede Serpentarii» 10 aus drücklich auf Peter von Aillys astrologische Schriften. 11 Die wichtigsten die ser Schriften sind «De concordantia theologiae et astronomiae» (1414), «De concordantia astronomicae veritatis et narrationis historicae» (Mai 1414) und «Elucidarium astronomicae concordiae cum theologica et historica veritate» (September 1414 ).12 Hier findet sich erstmalig Peter von Aillys berühmte Voraussage der französischen Revolution; 13 in seiner Abhandlung «De perse cutionibus ecclesiae» hat er sie später noch einmal wiederholt.14 Die astrolo gischen Schriften Peters von Ailly kritisiert JOHANNES PICO DELLA MIRAN-
9 Vgl. dazu vor allem seine Schrift «Tertius interveniens. Das ist: Warnung an etliche Theo logos, Medicos und Philosophos ..., daß sie bey billicher Verwerffung der Stemguckeri schen Aberglauben nicht das Kindt mit dem Badt außschütten ...», hrsg. von Max Caspar/ Franz Hammer, in: Gesammelte Werke, Bd.IV, München 1941, S.141-258; hrsg. von Fritz Krafft: Johannes Kepler, Warnung an die Gegner der Astrologie. Tertius Interveniens, Mün chen 1971. 10 Hrsg. von Max Caspar, in: Gesammelte Werke, Bd.I, München 1938, S.149-356. 11 "Jam quod homines attinet, eorumque congregationes: etsi quidem conjunctionum magna rum ipsarum inter ipsos evidentes videre licet effectus, ut supradictum: etsi etiam ad articulos conjunctionum multa specialia sese accommodant ex Historijs; quae Petro de Aliaco Cardina li dederunt occasionem comparandi historias et religionum periodos cum Astronomia." (De stella nova in pede Serpentarii, cap.29; ed. cit., S.326, 11-16; vgl. Garin 1976, S.134, Anm.24.) 12 Diese Schriften bilden eine Einheit und sind auch gemeinsam gedruckt worden: Augsburg 1490 (Hain 834), Venedig 1494 (Hain 835) und, zusammen mit anderen Schriften, in der in Anm. 8 genannten Ausgabe. Auch Columbus hat die astrologischen Schriften Peters von Ailly eingehend studiert (vgl. Moffitt Watts 1985, S.84-92). 13 De concordantia astronomicae veritatis et narrationis historicae, cap.60: 'De octava con iunctione maxima': "Iam vero de octava coniunctione maxima loquamur, quam futuram esse diximus, si Deus voluerit anno ab initio mundi 7040, a diluvio 4798, a Christi incamatione 1693 vel circiter. Et post illam erit complementum decem revolutionum Satumalium anno Christi 1789; et hoc erit post dictam coniunctionem per annos 97 vel prope . ... His itaque praesuppositis dicimus, quod, si mundus usque ad illa tempora duraverit, quod solus Deus novit, multae tune et magnae et mirabiles alterationes mundi et mutationes futurae sunt et ma xime circa leges et sectas." (München, Bayerische Staatsbibliothek, Cod. lat. 3821, f.164v; Cod. lat. 18175, f.161rb-va) Diese Voraussage erwähnt bereits Pameyer 1840, S.32; vgl. auch Werner 1879, S.607f. Zu den astrologischen Schriften Peters von Ailly vgl. Salembier 1886, S.177-194, Thomdike 1934, S.101-113, Markowski 1984, S.18-20. 14 In seinem Traktat «De persecutionibus Ecclesiae», ed. Valois 1904, S.574; vgl. Salembier 1911, S.325.
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Peter von Ailly
DOLA in seinen «Disputationes adversus astrologiam divinatricem»,15 insbe sondere Peter von Aillys These, die Astrologie sei der Theologie nützlich. NIKOLAUS VON KUES benutzte für seine Abhandlung «De correctione ka lendarii» Peter von Aillys «Exhortatio super kalendarii correctione» ( 14 1 1 ) an Papst Johannes XXIII. , später auf dem Konzil zu Konstanz öffentlich vor getragen,16 wo Peter von Ailly bereits - vergeblich - jene Kalenderreform vorschlägt, die später von Papst Gregor XIII. durchgeführt worden ist.17 FRAN> 3.333. 20 " Incipit principium in primum sententiarum ... Petri de Aillyaco, in sacra pagina professo ris, fama super aethera noti." 2 1 "Petrus de Alyaco, vir inter omnes aevi sui facile doctissimus, ut de Varrone scripsit Cice ro, nihil, quod humano possit ingenio comprehendi, passus est ignorare. " (Buron 1930: I, S.148).
Einleitung
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Nicht zuletzt ist Peter von Aillys «Abhandlung von der Seele» (Tractatus de anima) zu nennen. Sie gehörte im späten Mittelalter zu den meistgelesenen ih rer Art. 22 Sie gehörte darüber hinaus zu den einflußreichsten, deren Wirkung sich bis in die Zeit des Humanismus erstreckt. GABRIEL B IEL hat sie kommentiert. 23 Im Vorwort seines Kommentars preist er die Klarheit und den äußerst gewinnbringenden Nutzen dieser Ab handlung: " Ad horum autem cognitionem clare et breviter tractatulum com pendiosum et utilissimum edidit clarissimus dominus Petrus de Aliaco, olim Parisiensis cancellarius, cardinalis Cameracensis, vulgariter nominatu s prae ceptor magistri Ioannis de Gersona " 24 . SYMPHORIEN CHAMPIER25 zitiert Peter von Aillys «Tractatus de anima» ausführlich in seiner Abhandlung «De immortalitate animae ac eiusdem per petuitate» 26 , in der er die einander widerstreitenden Ansichten der Philoso-
22 Dies zeigen allein schon Anzahl und Verbreitung der Handschriften und Drucke. Vgl. da
zu weiter unten die Einleitung zur kritischen Edition des «Tractatus de anima».
23 Vgl. B urkard 1977. Der Kommentar ist in zwei Handschriften erhalten: Gießen, Univer
sitätsbibliothek, Cod. 75 6 , ff.53r-78r und Trier, Stadtbibliothek, Cod. 698/260, ff.185r214r. 24 Cod. Gießen, f.53r; Cod. Trier, f. l 85r. 25 1472 -1535, Arzt und Philosoph in Lyon. Zu Leben und Schriften des Symphorien Cham pier vgl. Allut 1 859. 26 Janua logicae et physicae, Lyon 1498, ff.3r-7v. Die
Dicto de actibus cognoscitivis dicendum est de actibus appetitivis. Et quia actus appetendi sensitivi appropriate vocantur passiones, de quibus postea specialiter est dicendum, ideo nunc solum de actibus volitivis est videndum. Quia vero actus huiusmodi, a quibus denominatur appetitus rationalis seu vo luntas, sunt volitio et nolitio, idcirco prima inquirendum est, quid sit talis ac tus et an sit realiter cognitio. 1 De hoc autem quidam 2 dicunt, quod omnis volitio est quaedam comple xa cognitio, licet non e contrario, quia ponunt, quod omnis volitio vel nolitio est quaedam oratio mentalis optativi modi vel aequivalens tali orationi, verbi gratia tali mentali 'utinam haberem hoc' vel* 'utinam fieret hoc' vel consimili ter . Alii 3 vero dicunt, quod, licet omnis volitio vel nolitio sit quaedam co gnitio, tarnen aliqua est incomplexa ut volitio, qua volo aliquod bonum, alia est complexa ut illa, qua volo aliquid esse, aliqua etiam est assensus ut volitio, qua gaudeo, quod inimicus est mortuus, alia autem est complexa, quae nec est as sensus nec dissensus ut volitio, qua opto esse beatus; notitiae enim optativae et deprecativae non sunt verae vel falsae, solae autem illae sunt assensus, quae sunt verae vel falsae. Haec autem opinio fundatur in hoc, quia omnis volitio vel nolitio et ge neraliter omnis actus appetendi videtur esse quaedam experientia sui obiecti. Aliter enim non apparet, qualiter esset actus vitalis plus quam species praevia omni actui vel habitus infusus respectu sui obiecti. Sed omnis experientia ali-
1 Hie Aillyacus exseripsit lecturam Gregorii Ariminensis super primum Sententiarum, dist. l , q.2, a.1 (ed. Trapp/Marcolino, tomus I , p.209, 21-22), ubi Gregorius quaerit, utrum amor vel universaliter aetus voluntatis sit essentialiter aliqua notitia. 2 Hie Aillyacus exscripsit lecturam Gregorii Ariminensis super primum Sententiarum, dist.1, q.2, a.1 (ed. Trapp/Marcolino, tomus I, p.214, 13-23). 3 Hie Aillyaeus exseripsit lecturam Gregorii Ariminensis super primum Sententiarum, dist. 1 , q.2, a.1 (ed. Trapp/Marcolino, tomus I , pp.209, 27-211, 30), ubi Gregorius recitat opinionem Adam Wodeham. * vel] ut P l , sive P3.
Tractatus de anima
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cuius obiecti sive apprehensio est quaedam (126vb) ipsius cognitio; quare et cetera. U nde, si non sie esset, anima posset amare incognitum, quia, si eius amor non esset realiter cognitio, unum posset saltem per absolutam Dei poten tiam conservari sine reliquo. Sed his non obstantibus est communior opinio 4 contraria; nam videtur, quod superflue ponatur ipsa volitio vel nolitio esse notitia. Cum secundum sie ponentes respectu eiusdem obiecti et in eodem subiecto semper sit alia notitia omnino idem significans ab illa distincta, per quam solam illud aeque perfecte cognoscitur sicut cum alia et sine qua naturaliter per aliam non cognoscitur res ipsa; quare et cetera. Cum etiam aliquid de novo volumus, quod prius cognoscebamus, non experimur nos aliam notitiam habere vel aliter rem cognoscere quam prius, cuius oppositum contingit in aliis notitiis et actibus. Quare, cum per experien tiam non possit convinci talis multitudo notitiarum nec per efficacem rationem aut cogentem auctoritatem, videtur, quo,d hoc ponere sit omnino superfluum. Nec enim ad hoc convincit motivum oppositum, 5 quia non oportet, quod omnis actus appetendi sit quaedam experientia sui obiecti, immo hoc as sumere est petere principium6 . Nec ideo dicitur actus vitalis, sed quia est actus secundus et propria operatio vitae seu vitalis potentiae, nec hoc* , quod infer tur animam per Dei absolutam potentiam posse amare incognitum, probatur esse impossibile, licet hoc non sit possibile de potentia naturali ex eo, quod no titia obiecti est naturaliter causa partialis effectiva actus volendi, quare non potest naturaliter esse respectu incogniti.
His autem praemissis dicendum est specialius de actibus voluntatis. Di ergo, quod, cum omnis actus voluntatis sit volitio vel nolitio secundum
camus7
4 Hie Aillyacus exscripsit lecturam Gregorii Ariminensis super primum Sententiarum, dist.1, q.2, a.1 (ed. Trapp/Marcolino, tomus I, pp.212, 1-215, 8), ubi Gregorius arguit contra opi nionem Adam Wodeham. 5 Hie Aillyacus exscripsit lecturam Gregorii Ariminensis super primum Sententiarum, dist.1, q.2, a.1 (ed. Trapp/Marcolino, tomus I, pp.215 , 10-217, 7), ubi Gregorius respondit ad ra tiones Adam Wodeham. 6 Cf. Aristoteles, Analytica priora, II, 16, 64b28-32. 7 Hie Aillyacus exscripsit lecturam Gregorii Ariminensis super primum Sententiarum, dist.1, q.2, a.2 (ed. Trapp/Marcolino, tomus I, pp.218, 30-219, 9). * hoc] idem P2, illud P3.
Tertium decimum capitulum
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omnes seu prosecutio vel fuga, ut innuit Aristoteles sexto Ethicorum 8 , quae nomina idem significant, et cum omnis volitio sit dilectio et e contra* et omnis nolitio sit odium et e contra* sumendo generaliter istos terminos 'odium' et 'dilectio' et loquendo de odio et dilectione appetitus intellectivi sive voluntatis, consequens est, quod omnis actus voluntatis sit dilectio vel odium, non distin guendo tarnen pro nunc inter amorem et dilectionem. Non potest autem idem actus esse volitio et nolitio sive odium et* dilec tio respectu eiusdem obiecti, sed nihil prohibet respectu dive::sorum; nam vo litio alicuius est nolitio sui oppositi. Similiter, si odio Socratem, volo Socra tem non esse vel male esse, et sie eodem actu odio Socratem et diligo sive desi dero Socratem non esse vel male esse, et per consequens idem actus est odium, dilectio et desiderium. Unde patet, quod amor et odium non sunt simpliciter contraria, ( 1 27ra) sed solum respectu eiusdem obiecti; nam illi termini suppo nunt pro eodem respectu diversorum.