Die Pflichten des Waisenrates nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Reichsgesetze über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit: und dem Fürsorgeerziehungsgesetze Minderjähriger vom 2. Juli 1900. Ein praktischer Leitfaden für Waisenräte und Verwaltungsbeamte [7., verm. u. verb. Aufl., Reprint 2021] 9783112466902, 9783112466896

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Die Pflichten des Waisenrates nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Reichsgesetze über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit: und dem Fürsorgeerziehungsgesetze Minderjähriger vom 2. Juli 1900. Ein praktischer Leitfaden für Waisenräte und Verwaltungsbeamte [7., verm. u. verb. Aufl., Reprint 2021]
 9783112466902, 9783112466896

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Die

Wichten des Waisenrates nach -em Bürgerlichen Gesetzbuchs- -em Aeichsgesetze über die Angelegenheiten -er freiwilligen Gerichtsbarkeit

nn- -em Fürsorgeer;iehungsgefetze Min-erjahriger vom 2. 3uH M0.

Ein praktischer Leitfaden für

Waisenratr und Verwaltungsbeamte bearbeitet von

F. Kaum. Amtsgerichtsrat und Vormundschaftsrichter des Amtsgerichts Görlitz.

Siebente vermehrte und verbesserte Auflage.

Berlin t90tI 3. Heines Verlag.

Abkürzungen Ms. — Absatz. AllgLR. = Allgemeines Preußisches Landrecht. Pr. AuSf.Ges.

B.G.D. = Preuß. AuSfühnmgSgesetz -um Bürgerlich«

Gesetzbuch.

B.G.B. = Bürgerliches Gesetzbuch. G. ü. d. allg. LdDerw. — Gesetz über die allgemeine LandeSverwaltung. G.S. = Gesetzsammlung.

Är.D. — KreiSordnung.

Ldg.O. = Landgemeinde-Ordnung.

SJUBL f. d. i. B. ---- Ministerialblatt für die innere Verwaltung. 6. — Seite. Pr. Darm. O. — Preußische DormundschaftS-vrdnung.

Reser. = Rescript.

Si.G. ü. d. A. d. fr. Ger. — Reichsgesetz über die Angelegenhett bcr freiwilligen Gerichtsbarkeit.

St.O. = Städteordnung.

R.St.G.B. -- Reichsstrafgesetzbuch. Aust.G. --- Zuständigkeit-gesetz.

Vorwort für siebenten Auflage. Der Kreis der Pflichten des GemeindewaismrateS, welch« bereits durch das bürgerliche Gesetzbuch gegenüber den früherm

gesetzlichen Bestimmungen um ein bedeutendes erweitert wordm ist,

Hal durch das am 1. April 1901 in Kraft getretene Für»

sorgeerziehungsgesetz

vom

2. Juli

1900

abermals

eine

Er»

Weiterung erfahren.

Zweck der neuen

Auflage dieses Leitfadens

ist

eS,

die

Gemeindewaisenräte mit den sie interessierenden und von ihnm

zu

beachtenden Vorschriften des Gesetzes

und dm

dazu

«r-

gangmm Ausführung-bestimmungen vom 18. Dezember 1900 bekannt zu machen.

Derfafler bittet auch dies« neue vermehrte

Auflage freundlichst aufzunehmen.

Görlitz, im Juli 1901.

Der Verfasser.

Inhalts-Uebersicht. «du. 1—6

L Organisation deS GemcindewaiseurateS . . , . 1. Der Gemetnbewaisemat als Hilfiorgan bei Bor« mundfchaftigerichti und ol$ Gemeindeamt

.

.

2. Wahl bei Gemeindewaisematei.......................

1

1

2

3. Verpflichtung bei Gemeindewaisenratei .... 4. Welche Personm find in den Gemeinbewaismrat 8

zu wShlm?........................................................

6. Wahl der Geistlichen und Lehrer zu Mitgliebem

bei Gemeindewaisenratei........................................

3

6. Wahl der Armen- und Bezirkioorsteher in dm Gemeinbewaismrat.........................................................

7. Verbindung

bei

Gemeindewaisemalei

mit

4

brr

Armmlommisslon und der Schuldeputation in ©tobten..........................................................................

6

8. Anzeige feiten! bet Aufsichtsbehörde an bei Dor­ mundschaftigericht von der Verpflichtung der Gemeindewaismräte.........................................................

6

IL Thätigkeit und Wirksamkeit deS Gemeindewaise««

rateS............................................................................................. 6-30 1. Die vom Gemeinbewaismrat zu beachtmbm gesetzlichm Bestimmungen...................................................

6

2. Angabe der Fälle, in benen ein Vormund zu ver«

pflichtm ist....................................................................

10

8. Bmmnung bet sich zum Vormund, Gegmvormund, Pfleger ober Mitglieb bei Familimratei eignmdm

Personm burch dm Gemeinbewaisemat und zwar a. mtf Ersuchm bei Vormundschastigerichti .

.

11

b. ohne ein solche! Ersuchen auf Gmnb bei § 49

b.9L®. ü. b. A. der fr. Ger. vom 17. Mai 1898

11

MN 4. Welche Personen find als Bormund, Gegcnvor«und, Pfleger tn Borschlag zu bringens ...

12

6. In welchen Fällen hat der Gcmeindewaisenral keine

Verpflichtung zur Anzeige auf Einleüung einer

Lormundschasts

(Vater stirbt mit Hinterlaffung

einer Witwe und minderjähriger Kinder) ...

18

6. Bestellung eine- Beistandes nach Anfrage bet dem 18

Gemeindewaisemat

7. Die gesetzlichen Bestimmungen, welche der Gemeinde­ waisemat bei der Benennung eine- Vormundes, GegenvormundeS, Pflegers und Mitgliedes d«S

Familienrat«- zu beachten hat

13

8. Die durch letztwillige Verfügung berufenen Personen

14

9. Die nach dem Gesetz berufenen Personen....

16

10. Dir gesetzlichen Bestimmungen

über Unfähigkeit

und Untauglichkeit einer Person zur Uebernahme

de- AmteS eines Vormundes, GegmvormundeS, Pflegers, Mitglieds eines Familienrates

...

15

11. Die ReichSangehörigkeit verpflichtet jedm Deutschen zur Uebernahme der Vormundschaft ic. § 1785

16

12. Gesetzliche AblehnungSgründe bezüglich der Ueber­

nahme einer Vormundschaft rc.

19

zuschlagendm Person 14. Verzeichnis A. 15. Verzeichnis B.

§ 1851 Abs. 2

16. Nutzen der vorbezeichneten Verzeichniffe A. u. B.

8888

18. Rücksprache des Gemeindewaisenrates mit der vor-

17. Aufsicht deS Gemeindewaisenrates über Vormund

und Mündel

24

18. Verpflichtung des Gemeindewaisenrates, den Aufent­ haltsort des Mündels bei eintretmdem Wechsel

dem Gemeindewaisemat des neuen Aufenthalts-

orte- anzuzeigen 19. Mitteilung deS Gemeindewaisenrates an daS Bor«

25

uumdschaftSgericht über Veranlassung der An­ zeige

des

Vormundes

bei dem Verlegen deS

Aufenthaltsortes deS Mündels

26

20. Hauptaufgabe d«S Gemeindewaisenrates

k Ueberwachung deS Vormundes, ob er für die körperliche Pflege deS Mündels sorgt ...

28

b. Auilünsti-Erteilung darüber an da» Vor­ mundschaftsgericht

.............................................

Mb .28

c. Verpfllchtung zur Anzeige an daS Vormund»

schaftSgericht, sobald der Gemcindewaisenrat

von der Gefährdung bei MündelvermögenS

Kenntnis erhält...................................................

28

d. Verpflichtung des Gemeindewaisenratei zur Anzeige an daS VormundschaftSgericht, wenn

seiner Kenntnis gelangt,

ein Fall zu

in

welchem die Person und bai Vermögen deß

Kindei seitens bei Dateri gefährbet ist.

.

80

e. Falle, in denen der Gemcindewaismrat zur Anzeige an den Landrat bezw. dm Magistrat behufi Einleitung der Fürsorgeerziehung ver»

pflichtet ist.................................................................

80

1. wenn ein Fall bei § 1666 oder 1838

b. S3.OJ8. vorliegt.................................

81

2. wenn ein Kind eine strafbare Hand­ lung begeht.............................................

3. wenn

ein

83

Kind sich bet. Erziehung

der Eltern mtzieht und die Verwahr­ losung auf bai Verschulden bei Kinbei

zurückzuführen ist.................................

88

f. Pflicht zur Ausfindigmachung und Bmennung von Familien,

welche sich

zur Fürsorge»

erziehung Minderjähriger eignen g. Pflicht

....

86

zur Auswahl und Benennung bet

Fürsorger, welche bie Erziehung unb Pflege einei in einer Familie untergebrachten Minder­

jährigen zu überwachen habm in.

Seschiisttterkehr

bei

....

86

mit

Semeiubewaiseuratei

dem Bormundschaftigericht......................................................86

IV.

Geschäftsführung bei Semeiubewaiseuratei

.

.

86

Alphabetisches Register............................................................87

L HWuWiou -es HmMmaisettralL DaS Bürgerliche Gesetzbuch hat

daS

durch

§ 82

der

preußischen Bormundschafts-Ordnung vom 5. Juli 1875 neu «»geführte Institut des Waisenrats in sein Dormundschaftsrecht übernommen, ihm jedoch, um von vornherein klar zu legen, daß

es ein Gemeindeamt sei, dm Namm Gemeindewaisenrat bei­

gelegt. Im Anschluß an sein Borbild beschränkt eS sich darauf, in diesem Gemeindeamte dem Bormundschaftsgericht als der

obersten Dormundschaftsbehörde ein geeignetes Hülfsorgan für die unmittelbare Aussicht über Vormünder und Mündel, nammtlich

insoweit eS sich um die Aufsicht über daS persönliche Wohl der

letzterm handelt, zur Seite zu stellen.

Der Gemeindewaisemat ist also kein selbständiges Zwischen­ glied zwischen Staat und Vormund, keine besondere Aufsichts­ behörde, -■fonbem lediglich Hülfsorgan der obersten Aufsichts­ behörde, des Vormundschaftsgerichts, für daS er indessen, dank

seiner Stellung inmitten der Gemeinde, von großer Wichtigkett

ist, denn gerade die Gemeindegenoffm — darauf wessen die Motive zum B. G.-B. Band 4 Seite 1016 hin — find durch gleichartige Verhältnisse und durch enge nachbarliche Drehungen im besonderm Grade befähigt, bei genauer Kenntnis und richttger

Einsicht in die Bedürfnisse der Mitbürger auf eine sachgemäße Erledigung auch der Geschäfte der Vormundschaften einzuwirken

und durch persönliche Anschauung daS zu ergänzen, was gut Wirksamkeit richterlicher Aufsicht fehlt.

Die Bestimmungm über die Wahl, die Form der Derpslichtung, die Amtsdauer unb die Ablehnungsgründe überläßt

daS

B. G.-B. dm Gemeindestatulm

bezw.

der Gemeinde-'

Verfassung.

In Preußen geschieht die Wahl des GemeindewaisenratS und zwar in

dm Städten

auf

Grund der

Städteordnung

Wahl des SemeiadewaismratS.

2

von dem Magistrat nach Anhörung der Stadtverordneten, auf dem Lande nach den Lcmdgemeindeordnungen von der Ge­

meindeversammlung bezw. dem Gutsvorstande. fähige

Gemeindemitglied ist verpflichtet,

und

meindewaisemats zu übernehmen

Jedes stimm-

das Amt des Ge­ drei

Jahre

lang

zu

verwalten. Bon der Übemahme des Amtes können daS Gemeindemit­

glied nut

Entschuldigungsgründe, wie solche im § 74

her

Städteordnung und § 65 der Ldg. O. vom 3. Juli 1891

angegeben sind, also das

Alter von 60 Jahren, dauernde

Krarüheit, die Verwaltung eines Staats- oder andem Gemeinde­ amts, Geschäfte, welche eine häufige oder lang andauernde Abwesenheit vom Wohnorte mit sich bringen oder Verhältnisse, welche nach dem Ermessen der Behörden eine gültige Entschuldigung begründen, befreim. Über die geltend gemachtm

Entschuldigungsgründe

entscheidet

in

den

Städten

der

Magistrat, auf dem Lande der Kreisausschuß dmch Beschluß. Dasjenige Gemeindemitglied, welches sich ohne gesehlichen

Entschuldigungsgrund weigert,

das Amt eines Waisenrats zu

übernehmen und drei Jahre lang zu verwalten oder welches als gewähltes Gemeindewaisemats-Mitglied

sein Amt nicht

ordnungsmäßig verwaltet, kann in Preußen nach § 74 d. St.

O., § 10 des Zust. Gesetzes o. 1. 8.1883, § 8 bet St. Ord-

und 8 4 des Ges. v. 30. 7.1883 der Ausübung der Gemeinde­ rechte bezw. seines Rechtes auf Teilnahme an der Vertretung

der Stadt bezw. des Kreises für einen Zeitraum von 3 bis 6 Jahren auf Beschluß des Magistrats bezw. KreiSausschuffes

für verlustig erklärt und um Ve bis V« stärker als die übrigen Stadt- bezw. Kreiseingesessenen zu den Komnmnal- bezw. Kreis­ abgaben

herangqogen

werden (§ 65, 66 d. Ldg. O. vom

3. Juli 1891. G. S. S. 233).

Die Verpflichtung des Ge­

meindewaisenrats findet in Preußen durch die Gemeindeorgane Magistrat, Landrat, Gutsvorstand, nicht aber durch das Vornnmdschaftsgericht

statt.

Der

Gemeindewaisemat untersteht

daher auch nicht der Aufsicht des Vornulndschastsgerichts, wohl

aber hat letzteres das Recht der Beschwerde, wenn eine durchaus

Verpflichtung des Gemeindewaisenrats.

3

unwürdige Person, rote z. B. ein sittlich uedommener Mensch

zum Mitglieds des

Gemeindewaisenrats gewählt wird, oder

wenn der Waisenrat Pflichtroidrigleiten und Verzögerungen sich zu Schulden kommen läßt. Die Beschwerde über dm Waisemat

ist an den Magistrat bezw. Landrat als Vorsitzendm des KreisausschuffeS und die weitere Beschwerde an den Regierung--

bqw. Oberpräsidenten der Provinz zu richten. In den übrigen-

Bundesstaaten, welche das Institut des Gemeindewaisenrats bisher nicht gekannt haben, werden jedenfalls noch Bestimmungm im Verwaltungswege erlassen werden muffen.

Wenn schon in der Prmß. Vorm. Ord. an den Waisenrat hohe Anforderungen gestellt wmdm, so hat daS B. G--B.

Es sind daher in ben

dieselben um ein Bedeutendes vermehrt.

Gemeindewaisemat nur solche Männer zu wählen, die ein freies

selbständiges Urteil besitzen, in chrer Stellung möglichst unab­ hängig find, durch ein jahrelanges Verwellm in der Gemeinde mit

den

möglichst auf

Sitten

Charakter,

und

Gebräuchen

derselben

bekannt und

einzelne andere Gemeindemitglied in Bezug

jedes

Fähigkeiten rc.

zu beurteilen imstande sind.

In den größeren Städten wird letzteres wohl kaum möglich sein, aber auf dem Lande, wo jedes Gemeindemitglied das andere genau kennt und mit ihm meist durch Familienbande

verknüpft ist, sollte es nach der Meinung des Verfassers nicht

schwer

sein,

die

zu

dem Vertrauensamte

waisenrats paffende Person zu finden.

eines

Gemeinde­

Der Verfasser hat al-

langjähriger Vormundschastsrichter in seinem Bezirke seit Jahren

dahin gewirkt und es auch durchgesetzt, daß in den Waisenrat

auf dem Sonbe die Geistlichen gewählt worden sind,

weil

diesen Herren einerseits meist eine bessere Geschäftskenntnis als

den

besondere

übrigen mit

Gemeindemitgliedem

der

sorgfältigen

innewohnt,

Führung

der

sie ins­ Vormund-

schaftslisten vertraut sind und die an sie gerichteten Ersuchen des Gerichts stets kurz und klar erledigen, andererseits aber um

deshalb, weil sie durch ihr Seelsorgeramt mit den Eltem und

Kindern chrer Gemeinde in näherer Beziehung stehen und nach

der Konfirmation bezw. Firmelmtg und der Entlastung aus der

4

Welche Personen find zu Grmeindewaismrätm zu wLhlmt

Schule an ihren Schülern ein gewisses Interesse behalten und

darauf bedacht find, daß dieselbm nicht verwahrlosen, sondern unter der fichem Hand eines gewissenhaften Dormundes nicht

straucheln und auf Abwege geraten.

Verfasser

die

Herren

Außerdem hat aber der

Geistlichen aus dem Grunde in den

Waisemat wählen lassen, well diese in Folge ihrer Stellung in der Gemeinde das geeignete Drgmt find, die Vormünder zu

Besprechungen vorzuladen und

sogenannte Mündeltage abzu­

halten. Daß derartige Mündeltage auf Vormünder und Mündel

vorteilhaft wirken,

dürste außer Zweifel sein.

Mit Rücksicht

auf die größeren Anforderungen, die daö Bürgerliche Gesetzbuch

an den

Gemeindewaisenrat stellt, dürfte es sich auch für das

Land empfehlen, neben dem Geisllichen auch dm Lehrer, also

zwei geschästsgewandte Personen in dm Gemeindewaisemat zu Der Versuch,

wählen.

dm

Städte in

die

Herren

Geistlichen der größeren

Gemeindewaisemat wählm zu lassen, dürste

daran scheitern, daß dieselben in Folge chrer sonstigen Thätig»

leit sich außer Stande erklären, das Amt anzunehmm. Diel ge» »oimen ist aber schon, wenn dieselben sich an den unter dem Vorsitze eine- Magistrats-Mitgliedes stattfindenden Besprechungm des Gemeindewaisenrats mit dem Dormundschastsrichter betelligm

und mit ihrem Rate und ihrer Erfahrung dem Gemeindewaisenrat

beistehen.

Es wäre erwünscht, wenn die Herren Geistlichm der

größeren Städte der gmerellm Anordnung der kirchlichm Ober»

behörden gemäß in dm Waisemat gewählt würden, und an

den Besprechungen des Gemeindewaismrats teilnähmen. In

den

prmßischm

Städten

besteht

der

Gemeinde­

waisemat z. Z. aus einer ganzen Anzahl von Personm und wird dies auch feinet aufrecht erhalten werden müssen, ja Verfasser möchte denjmigen Behörden, welche die Wahl des Gemeinde-

waismratS zu vollziehen haben, anheimgeben, vor Inkrafttreten deS B. G.-B. eine genaue Sichtung des Gemeindewaisemats

vorzunehmm bezw. dm Gemeindewaisemat dmch Wahl neuer Mitglieder,

z. B. von Bezirks- oder Armenvorstehern, zu er­

weitern, well die Thätigkeit deL Gemeindewaisemats gegenüber der bisherigm erheblich größer gewordm ist,

indem sie,

wie

Verbindung mit dcr Annen« und Schuldeputation. weiter

unten

auSgeführt

werden wird,

nicht

5

blos die Be­

nennung eines zu verpflichtenden Bormundes, oder die AuskunftS«rteilung auf Anfragen des Bormundschaftsrichters, oder die Mit­

teilung der Veränderung des Aufenthaltsorts des Mündel­ umfaßt, sondern in der gleichzeitigen Überwachung des Vor­

mundes in Verbindung mit dem Gegenvormunde besteht. Art. 77

des

Ausf.-Ges. z. B. G. B.

bestimmt, daß

das

Amt eine-

Waisenrats ein unentgeltliches Gemeindeamt ist und daß die bisherigen Waisenräte im Amte bleiben.

In verschiedenen preußischen Städten sind di« Gemeinde­ waisenräte mit der Armen-

beides ist zu empfehlen.

oder Schuldeputation verbunden,

Die Armendeputation in einer Stadt

hat besonders Gelegenheit, in die Vechältnisse der ärmeren Dolks-

klaffen Einblick zu erhalten und Mittel und Wege zu finden, um

der Verwahrlosung der in solchen Verhältnissen aufwachsenden

Kinder vorzubeugen.

Die Schuldeputation als Aufsichtsbehörde

der Schule steht mit dem Lehrer in unmittelbarer Verbindung

und kann von chm darauf aufmerksam gemacht werden, inwie­ fern in der Eiziehung des von chm unterrichteten Mündels «ine Änderung eintreten muß. Zn den größeren Städten

Preußens

besteht

meist

ein

Central-Waisenrat

unter einem

Vorsitzenden, der die Geschäfte des Gemeindewaisenrats führt und von welchem das Ersuchen des Gerichts erledigt wird.

Ein Gleiches dürfte sich auch für die größeren Städte der andern

deutschen Bundesstaaten empfehlen,

da die in einer

Hand befindliche Geschäftsleitung wie bekannt weit schneller und

prompter arbeitet, oto ein aus mehreren Mitgliedern bestehendes Organ. Die Gemeinden und zwar in bett Städten der Magistrat,

auf dem Lande der Landrat als Vorsitzender des KreisauS-

schusseS haben die Verpflichtung, dem Bormundschaftsgericht die Namen der verpflichteten Gemeindewaisenräte in Preußen nach dem Rscr. Sr.

Exc.

d. Mn. d. Jnnem v. 3. Nov. 1875,

M.Bl. f. d: t B., S. 269 mitzuteilen, und wenn Waisenräte

chr Amt niedergelegt haben oder dmch den Tod ausgeschieden find

dies

anzuzeigen,

sowie die an Stelle derselben neuge­

wählten Waisenräte namhaft zu machen.

6

Gesetzliche Bestimmungen.

IL Me Migkeit nnö Mrksmkeit -es Hemeill-emisemals. Die Beftiinmungen des B. G.-B., welche sich auf die Thätigkeit und Wirksamkeit des Gemeindewaisemats beziehen, find folgende: § 1849. Der Gemeindewaisenrat hat dem Vormund-

schaftSgerichte

die

Personen

vorzuschlagen,

die

sich im einzelnen Falle zum Bormunde, Gegenvormund oder Mitglied eines Familienrath eignen.

§ 1773.

Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er

nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn die Eltern weder in den die Person noch in den daS Vermögen betreffenden Angelegen­ heiten zur Vertretung deS Minderjährigen berechtigt sind. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund auch dann, rocnn

sein Familienstand nicht zu ermitteln ist.

§ 1896.

Ein Volljähriger erhält einen Vormund, wenn er ent­

mündigt ist. § 1906. Ein Volljähriger, dessen Entmündigung beantragt ist, kann unter vorläufige Vormundschaft gestellt werden, wenn daS Vormundschaftsgericht eS

zur

Abwendung einer erheblichen

Ge­

fährdung der Person oder deS Vermögens des Volljährigen für erforderlich erachtet.

§ 1909.

Wer unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft

steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung der Gewalt­ haber oder der Vormund verhindert ist, einen Pfleger.

Er erhält

insbesondere einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, daS er von TodeSwegen erwirbt oder daS ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser

durch letztwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß dem Gewalthaber oder dem Vormunde die Verwaltung

nicht zustchen soll. § 1910.

Ein Volljähriger, der nicht unter Vormundschaft steht,

kann einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten,

wenn er in Folge körperlicher Gebrechen, insbesondere weil er taub, blind

oder

vermag.

stumm ist, feine Angelegenheiten nicht zu

besorgen

Gesetzliche Bestimmungen. § 1011.

7

Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt un­

bekannt ist, erhält für seine BermögenSangelchenheiten, soweit sie fccr Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger.

§ 1912.

erhält

Leibesfrucht

Eine

Wahrnehmung

zur

ihrer

künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge bedürfen, einen Pfleger.

§ 1913. Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer Angelegen­ heit der Betheiligte ist, so kann dem Betheiligten für diese Angelegen­

heit, soweit eine Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt werden.

§ 1914.

Ist durch öffentliche Sammlung Vermögen für einen

vorübergehenden Zweck zusammengebracht worden,

Zwecke

der

Pfleger

bestellt werden,

Verwaltung

und

Verwendung

deS

so

kann zum

Vermögens

ein

wenn die zu der Verwaltung und Ver­

wendung berufenen Personen weggefallen sind. § 1882.

§

1773

Die Vormundschaft endigt mit dem Wegfalle der im

für die

Anordnung der Vormundschaft bestimmten Vor-

uuSsetzungen. § 1883.

Wird der Mündel durch nachfolgende Ehe legitimiert,

so endigt die Vormundschaft erst dann, wenn die Vaterschaft deS

Ehemanns durch ein zwischen ihm und dem Mündel ergangenes

Urteil rechtskräftig festgestellt ist oder die Aufhebung der Vormund­ schaft von dem Vormundschaftsgericht angeordnet wird.

§ 1884. Ist der Mündel verschollen, so endigt die Vormundschaft erst mit der Aufhebung durch daS DormundschastSgericht.

§ 1885.

Amt

DaS

Wird

mündigung. Amt mit der

deS

Vormundes

endigt mit seiner Ent­

der Vormund für tot erklärt,

Erlassung

des

so endigt sein

die Todeserklärung aussprechenden

Urtheils.

§ 1897. finden

geltenden

die

Auf

für

die

die

Vormundschaft

über

einen

Vormundschaft

über

einen

Anwendung,

soweit

sich

Vorschriften

Volljährigen

Minderjährigen

nicht

auS

den

§§ 1898 bis 1908 ein Anderes ergiebt.

§ 1918.

Die Pflegschaft für eine unter elterlicher Gewalt oder

unter Vormundschaft stehende Person endigt mit der Beendigung

der elterlichen Gewalt oder der Vormundschaft. Die Pflegschaft

für

eine Leibesfrucht endigt mit der Geburt

-eS Kindes. Die Pflegschaft zur

Besorgung

einer einzelnen Angelegenheit

«ndigt mit deren Erledigung.

§ 1919.

Die

Pflegschaft ist

von

dem Vormundschaftsgericht

8

Gesetzliche Bestimmungen.

aufzuheben, wenn der Grund für die Anordnung der Pflegschaft weggefallen ist.

'§ 1920. Eine nach § 1910 ungeordnete Pflegschaft ist von

dem BormundschaftSgerichte aufzuheben, wenn der Pflegebefohlene

die Aufhebung beantragt.

§ 1921.

Die Pflegschaft für einen Abwesenden ist von dem

LormundschaftSgericht

aufzuheben,

wenn der Abwesende an der

Besorgung seiner DermögenSangelegenheiten nicht mehr verhindert ist. Stirbt der Abwesende, so endigt die Pflegschaft erst mit der

Wird der Abwesende

Aufhebung durch daS Vormundschaftsgericht.

für todt erklärt, so endigt die Pflegschaft mit der Erlassung deS

die Todeserklärung aussprechenden Urteils. § 1850. Der Gemeindewaisenrat hat in Unterstützung deS BormundschaftSgerichtS darüber zu wachen, daß die

Vormünder

der

in

sich

seinem

aufhaltenden

Bezirk

Mündel für die Person der Mündel, insbesondere für

ihre

Erziehung

und

ihre

körperliche

Pflege,

pflicht­

mäßig Sorge tragen. Er hat dem BormundschaftSgerichte

Mängel und Pflichtwidrigkeiten, die er in dieser Hin­

sicht wahrnimmt, anzuzeigen und auf Erfordern über daS

Ergehen

persönliche

und

daS

Verhalten

eines

Mündels Auskunft zu ertheilen.

Erlangt der Gemeindewaisenrat Kenntnis von

fährdung deS Vermögens eines Mündels,

einer Ge­

so hat er dem

BormundschaftSgerichte Anzeige zu machen. § 1851.

Vormundschaftsgericht

DaS

meindewaisenrate

die Anordnung

der

hat

dem

Ge­

Vormundschaft

über einen sich in dessen Bezirk aufhaltenden Mündel unter

Bezeichnung

mundeS,

sowie

deS

einen

in

Vormundes der

und

Gegenvor-

Person deS

Vormundes

oder deS GegenvormundeS eintretenden Wechsel mitzu-

theilen. Wird der Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk eines anderen Gemeindewaisenrats verlegt, so hat der Vormund

dem Gemeindewaisenrate deS bisherigen Aufenthalts und dieser dem

Gemeindewaisenrate des neuen Aufenthaltsortes die Verlegung mitzutheilen.

§ 1675. Der Gemeindewaisenrat hat dem DormundschaftSgericht

Anzeige

zu

machen,

wenn

ein

Fall zu

9

Wahl des Vormundes. feiner ÄenntniS

gelangt,

in welchem das

Lormund-

schaftSgericht zum Einschreiten berufen ist. ^)§ 1687. DaS BormundschastSgericht hat der Mutter einen Bei­ stand zu bestellen:.

1. wenn der Vater die Bestellung nach Maßgabe deS § 1777 angeordnet hat;

2. wenn die Mutter die Bestellung beantragt;

3. wem» daS BormundschastSgericht aus besonderen Gründen,

insbesondere wegen deS Umfanges oder der Schwierigkeit der Vermögensverwaltung, oder in den Fällen der §§ 1666,

1667 die Bestellung im Interesse deS Kindes für nöthig

erachtet.

Nach § 1849 des B. G.-B. hat der Gemeindewaisen» rat in erster Lime die Verpflichtung, Personen vorzuschlagen,

die sich im einzelnen Falle zum Vormunds Gegenvormunde oder Mitglied eines Familienrates eignen.

Das Vormund-

fchastsgericht hat nach § 1779 Absatz 1 erst nach Anhörung des GemeindewaisenratS den Vormund, Gegenvormund, Pfleger

oder das Mitglied des Familienrates auszuwählen.

jedoch der Gemeindewaisenrat weih, Vormund, Gegenvormund,

Damit

in welchen Fällen ein

Pfleger zu wählen ist,

ist noch

Folgendes zu bemerken:

Jeder Minderjährige, der nicht unter elterlicher Gewalt steht, oder dessen Eltern weder in den die Person noch in daS

Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung berechtigt

find, erhält nach § 1773 des B. G.-B. einen Vormund. Minderjährig ist nach § 2 bezw. 3 des B. G.-B. der­

jenige, welcher das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bezw. nach Vollendung des 18. Lebensjahres noch nicht für voll­

jährig erklärt worden ist. Ist der Vater eines Minderjährigen gestorben oder für tot erklärt, oder hat er die elterliche Gewalt verwirkt und die Ehe ist aufgelöst, so steht der Mutter nach § 1684 die elterliche Gewalt zu und es bedarf in diesen Fällen der Minderjährige

keinen Vormund.

Ein Vormund folgenden Fällen:

ist dem Minderjährigen zu bestellen in

Ja welch«» Füllen ist ein Sonmtnb zu verpflichten?

10

1) wem beide Eltern tot oder für tot erklärt sind und daS Kind nicht angenommen ist;

. 2) wem der Vater die elterliche Gewalt verwirkt hat (§ 1680), d. i. wenn er wegm eines an dem Kinde verübten Vergehens zu ZuchchauS oder zu einer Gefängnisstrafe von

mindestens sechs Monaten verurteilt ist md die Ehe noch

besteht (§ 1684 Nr. 2); 3) wenn dem Vater die elterliche Gewalt auf Grund deS

§ 1666 entzogen und die Ehe geschieden ist; 4) wenn

der Vater

an

der Ausübung

der

elterlichen

Gewalt thatsächlich verhindert ist oder dieselbe ruht unb das Vornnmdschastsgericht gemäß § 1685 Absatz 2 nach Auslösung

der Ehe die Ausübung der elterlichen Gewalt der Mutter nicht übertragen hat; 5) wenn nach dem Tode

elterliche Gewalt nach §

des Vaters

die Mutter

die

1680 verwirkt oder dieselbe nach

§ 1676, 1677, 1686 ruht; 6) wenn der Minderjährige ein uneheliches Kind ist, weil dann die Mutter nach § 1707 die elterliche Gewalt nicht hat,

also eS nicht vertreten kann; 7) wenn die Mutter, welcher die elterliche Gewalt nach

§

1684 und 1685 zugestanden war,

sich wieder verheiratet,

weil sie in diesem Falle nach § 1697 die elterliche Gewalt verliert. Einen Vormund haben ferner zu erhalten:

a) angenommene Kinder, wenn der annchmende Ehegatte stirbt und der andere Ehegatte sich der Annahme an Kindes­

statt nicht angeschlossen hatte,

denn der Ehegatte des An­

nehmenden erlangt nicht die Befugnisie, welche ihm in Folge der elterlichen Gewalt aus dem Rechtsverhältnisse ehelichen Kindern erwachsen würden.

gemeinschaftlich

ein

Kind

an

zu

seinen

Haben die Ehegatten

Kindesstatt angenommen,

so

ist ein Vormund erst zu verpflichten, wenn beide Ehegatten tot

sind, da der überlebende Ehegatte nach § 1757 die elterliche Gewalt behält. b) Kinder aus nichtigen Ehen,

Bapflichtmlg beS SemeindewaisenratS zur Anzeige. 1) wenn beide

11

Eltern die Nichtigkeit der Ehe gesonnt

haben, 2) wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formenmangel

beruht und die Ehe nicht in das Heirats-Register eingetragen ist, mich dann, wenn beide Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe

gekannt habm, und zwar in diesen Fäll« um deshalb, weil die Kinder nach § 1317,1824ff und 1699 als unehelich gelten. Ein Minderjähriger endlich erhält einen Bormund, wenn, wie § 1778 Absatz 2 sagt, sein Familienstand unbekannt ist, d. i. wenn das Kind ein Findelkind ist, und wenn der Inhaber der

elterlichen

Gewalt nicht zu ermitteln ist.

In allen liefen

Fällen hat das Vormundschastsgericht gemäß § 1779 Absatz 1 des B. G.-B. nach Anhörung des Gemeindewaisemats einen

Vormund

Dem Gemeindewaisemat legt aber

auszuwählen.

der § 1849 des B. G.-B. die Verpflichtung auf, dem Vor-

die

mundschaftsgericht

Personen

vorzuschlagen,

die

sich

im

einzelnen Falle zum Vormund, Gegenvormund oder Mitglied eines Familienrates eignen.

Weiter geht noch § 49 des Reichs­

gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbaüeit vom 17. Mai 1898; dieses giebt dem Gemeindewaisemat auf,

dem Vormundschastsgericht Anzeige zu machen, wem es von einem Falle Kenntnis erhält, in welchem em Vormund, (Segenvormund

oder Pfleger

Person voMschlagen,

oder Pfleger eignet.

zu

bestellen

ist

und

gleichzeitig die

die sich zum Vormund, Gegemormund Erwähnt sei hier noch, daß § 47 desselben

Gesetzes mch dem Standesbeamten die Pflicht auferlegt, dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen, wem bei ihm der

Tod einer Person, die ein minderjähriges Kind hinterlassen hat, oder die Geburt Vaters,

eines ehelichen Kindes nach dem Tode deS

oder die Gebmt eines unehelich« Kindes, oder die

Auffindung eines Minderjährigen, beffen Familienstand nicht zu ermitteln ist, oder die Eheschließung einer Frau, die ein minder­

jähriges, eheliches Kind hat, angemeldet wird. Da das Vormundschastsgericht nach § 1779 Absatz 2 deS

B. G.-B. eine Person auSwählen soll, die nach chrm persönlichen Verhältniffen und ihrer Vermögenslage, sowie nach den sonstig«

Vorschlag beS SrmemdcwaismratS.

19

Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist und bei der Auswahl daS religiöse Bekenntnis des Mündels sowie

Verwandte und Verschwägerte des Mündels zunächst zu berück-

sichtigen' hat so möge der Gemeindewaisenrat, um Rückfragen seitens deS BormundschastSrichterS zu vermeiden und den Ge­ schäftsverkehr mit dem VormundschastSgericht zu erleichtem, bei

der Benennung des Vormundes,

Pfleger-

Gegenvormundes,

oder Mitglieds eines Familienrats auf daS Bedacht nehmen, waS dem VormundschastSgericht bei der Auswahl zur Pflicht gemacht ist.

Insbesondere ist dem Gemeindewaisenrat zu empfehlen,

daß er in den Fällen, von denen er annehmen kann, der

Führung

der Vormundschaft

verbunden ist,

einen Vormund und Gegenvormund

in Vorschlag bringt.

daß mit

eine Vermögensverwaltung

gleichzeitig

Der Gemeindewaisenrat wolle aber hier­

bei Personen benennen, denen die erforderliche GeschästskenntniS

innewohnt und

von denen

Interesse des Mündels

als

er erwarten kann, gute,

daß sie daS

sorgsame Hausväter wahr­

nehmen. Der Gemeindewaisenrat in kleinen Städten oder auf dem Lande,

der inmitten

seiner Gemeinde

ragendes Interesse an der Erziehung

steht und

und

sowie sittlichen und intellektuellen Ausbildung Mitglieder hat, wird,

ein hervor-

an der körperlichen seiner künftigen

wie das

wenn er sein Amt so auffaßt,

Gesetz es beabsichtigt, nur eine Person als Vormund,

Gegen­

vormund oder Pfleger in Vorschlag bringen können, von der

er sicher ist, daß sie daS in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigt. Anders wird dies in dm Städten mit einer großen Ein­ wohnerzahl sein.

Hier ist ein

Gemeindemitglieder geschlossen,

und

genaues Kennen der einzelnen

seitens des Gemeindewaisemats

es werden

fast aus­

sich dem Gemeindewaisemat

oft

Schwierigkeiten entgegenstellen, die das Finden einer geeigneten Person

fasser

geradqu in Frage

sich

stellen;

allein, wenn wie der Ver­

oben bereits vorzuschlagen

erlaubte,

die

Bezirks­

und Armenvorsteher in den Gemeindewaisemat gewählt werden,

so dürste daS Finden

einer

geeigneten Person

sehr erleichtert

Was ist bei der Benennung eines Vormundes *. z» beacht«! 13

werden,

da die Bezirks- und Armenvorsteher in Folge der

genauen PersonenkenntniS ihres BezvckS fchr wohl im Stande tüchtige und gewandte Vormömder und Gegenvormünder

find,

An solchen Personen

zu benennen.

erfahrungsgemäß

keinen

solcher

meindewaisenrat gestellt

als

der

haben

ist

und

Mangel

Städte nach

Gemeindewaisenrat

größere

daher

Stödte der 6e-

dieser Richtung besser

kleinerer

Städte

und

des Landes. Verfasser erlaubt sich bereits an dieser Stelle den Gemeinde-

waisenrat darauf oufmedfom zu machen, daß in den Fällen, wo ein Vater mit Hinterlassung einer Wittwe und minorenner

der Gemeindewaisemat keine Verpflichtung hat,

Kinder stirbt,

dem

Dormundschastsgericht

Anzeige

zn

machen,

§ 1684 des B. G.-B. unterbleibt die Einleitung Erst

gemäß § 1687

dann,

nach

einer Vor­

da die Mutter die elterliche

mundschaft im eigentlichm Sinne,

Gewillt hat.

denn

wenn

das Vormundschaftsgericht

des B. G.-B. der Mutter einen Beistand zu

bestellen für nötig erachtet und sich an den Gemeindewaisenrat

um Benennung eines solchen wendet, hat dieser dm Beistand zu Beneraten.

Das Bürgwliche Gesetzbuch und das Reichsgesetz

über die Angelegenheiten

halten

keine Bestimmung,

der freiwMgen GerichtLbmckeit ent­

daß

der Gemeindewaisemat

den

Beistand auf Aimrfen des Vormundschaftsgerichts zu Benennen

habe, allein es gcht dies unzweifelhaft aus § 1694 des B. G.-B. hervor, da nach dieser Bestimmung für die Berufung, Bestellung

und Beaufsichtigung beS Beistandes ic. die gleichen Bestimmungen

wie bei dem Gegenvormunde gelten.

Im Übrigm ist auch der

Gemeindewaisemat das einzige Organ, an welches sich daS Vor­ mundschaftsgericht wegm Benennung eines Beistandes wendm kann.

Bei der Benennung eines Vormundes, GegenvormundeS

oder Pflegers oder Mitglied eines Familimrates hat der Ge­

meindewaisemat auf Folgendes zu achten. 1. ob Personen vorhanden sind,

die nach dem Gesetz als

Vormünder bemfen find,

2. ob die von ihm in Vorschlag zu bringende Person zw Übernahme und Führung der Vormundschaft, Gegen-

Gesetzlich berufene Vormünder.

14

Vormundschaft oder Pflegschaft oder Mitgliedschaft des FamiliemateS fähig und tauglich ist und

3. ob die als Vormund, Gegenoormund, Pfleger oder Mitglied eines Familienrates in Aussicht genommene Person dieses Amt aBlehnen kann.

Der § 1776 des B. G.-B. bezeichnet als Vormünder, in nachstehender Reihenfolge berufen: 1. rott von dem Vater des Mündels als Vormund Benannt ist. 2. wer von der ehelichen Mutter deS Mündels als Vormund

benannt ist 3. den Großvater des Mündels von väterlicher Seite. 4. den Großvater des Mündels von mütterlicher Seite.

Die Großväter sind nicht Berufen, wenn der Mündel von

einem Andern als dem Ehegatten seines VaterS oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist.

Das Gleiche gilt,

wenn derjenige, von welchem der Mündel abstanunt, von einem

Andem als dem Ehegatten seines VaterS oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist und die Wirkungen der An­ nahme sich auf den Mündel erstrecken. Pflicht des Gemeindewaisenrats ist es daher, wenn er

vom Vormundschaftsrichter um Benennung eines Vormundes

angegangen wird,

die nach dem Geseh Berufenen Personen in

erster Linie in Vorschlag zu Bringen, gleichzettig aBer, wenn er der Meinung ist, daß der vom Gesetz Berufene sich zur ÜBer-

nahme der Vormundschaft nicht eignet und das Wohl und

Wehe des Mündels gefährdet ist,

dem Vormundschaftsgericht

davon Mitteilung zu machen, damit dieses nach § 1778 des 58.

G.-B. den Berufenen hören und dann entscheiden kann.

Die

Fälle, in denen ein vom Vater oder der ehelichen Mutter letzt«

wMg zum Vormund Berufener Bet Eröffnung der lehtwilligen

Verfügung in Folge eingettetener Umstände als solcher nicht

mehr geeignet erscheint,

werden zwar selten vorkommen, allein

die Möglichkeit ist nicht ausgeschloffen und darum wird das Vormundschaftsgericht,

wenngleich es vom Gesetz nicht ange­

ordnet ist, gut thun,

auch in solchen Fällen den Gemeinde­

waisenrat zu Befragen, um sich vor einem Mißgriff in der

Unfähigkeit u. Untauglichkeit zur Uebernahme einer Vormundschaft rc. 16 Person zu schützen.

oder

Mitglied

achten

des Den

haben.

In zweiter Linie wird er auf die Fähigkeit

der

und Tauglichkeit

als

Vormund,

Famllienrats

Gegenvormund,

Pfleger

vorzuschlagenden Person

erforderlichen Anhalt

hierfür

bieten

zu die

§§ 1780, 1781, 1782, 1783, 1784, 1865, 1866, 1867. Der § 1780 sagt: Zum Vormunde kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwache, Verschwendung

oder Trunffucht ent­

mündigt ist, und der § 1781:

Zum Vormunde soll nicht bestellt werdm: 1. wer minderjährig oder nach § 1906 unter vorläufige Vor­ mundschaft gestellt ist;

2. wer nach § 1910 zur Besorgung seiner BermogenSangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat;

3. wer

in

Konkurs

geraten

ist,

während

der

Dauer

deS

Konkurses;

4. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, so­ weit sich nicht aus den Vorschriften deS Strafgesetzbuches ein

Anderes ergiebt. § 1782.

Zum Vormunde soll nicht bestellt werden, wer durch

Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter deS Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist. § 1783.

Eine Frau, die

deS Mündels verheirathet ist,

mit einem andern als dem Vater soll nur mit Zustimmung ihres

Mannes zum Vormunde bestellt werden.

§ 1784. Ein Beamter oder Religionsdiener, der nach den LandeSgefetzm einer besonderen Erlaubnis zur Übernahme einer Vormundschaft bedarf, soll nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubnis

zum Vormunde bestellt werden. § 1865. werden,

Zum Mitglied« deS Familienrats kann nicht bestellt

wer geschäftsunfähig

oder wegen

Geistesschwäche,

Ver­

schwendung oder Trunksucht entmündigt ist.

§ 1866.

Zum Mitglied« deS Familienrats soll nicht bestellt

werdm:

1. der Vormund deS Mündels;

2. wer nach § 1781 oder nach § 1782 nicht -um Vormunde bestellt werdm soll;

Beachtung der UnfShigkeitS- und UntauglichkettSgründ«.

16

8. wer durch Anordnung beS LaterS oder der ehelichen Hott»

des MindrlS von der Mitgliedschaft auSgeschloffen ist. § 1867.

Zum Mitglied« deS Familienrats soll nicht bestem

werden, wer mit dem Mündel weder verwandt noch verschwägert

ist, «S sei denn,

daß er von dem Vater oder der ehelichen Mutter

d«S Mündels benannt oder von dem Familienrat oder nach § 1864 von dem Vorsitzenden auSgewShlt worden ist.

Die Praxis hat bisher gelehrt, daß bei den Vorschlägen

von einem großen Telle der Waisenräte die UnfähigkeitS» bezw. Untauglichkeitsgründe nicht beachtet worden find, indem der Waisenrat auf daS vom Vormundschaftsgericht an chn gerichtete

Ersuchen um Benennung eines Vormundes, Gegenvormundes oder Pflegers irgend eine in seinem Bezick wohnende Person

in Vorschlag

gebracht hat,

ohne vorher eine genaue Prüfung

ihres Charakters, ihres Vorlebens und der Vechältnisse, in denen fie sich befindet, voqunehmen.

Daher ist eS dann .sehr ost vor»

gckommen, daß sich erst in dem zur Verpflichtung anberaumten Termine ergeben hat, daß die geladene Person sich zur Über­

nahme als unfähig bqw. untauglich erwies, und der Dormundschastsrichter gezwungen wurde, den Geladenen zu entlassen

und

sich

von

Neuem

an

den

Waisenrat

nennung einer andem Person zu wenden.

behufs

Be­

Unter Anderen ist

es geschehen, daß in Preußen der Waisenrat auch Personen in

Vorschlag gebracht hat, die gamicht Preußen waren, also nach

der Bestimmung der Preußischen DormundschastSordnung § 20 garnicht gezwungen werden konnten, das chnen zugedachte Amt anzunehmen.

DaS Bürgerliche Gesetzbuch hat seinen Charakter

als dem eines gemeinsamen bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend die Verpflichtung zm Übernahme der Vormundschaft an die ReichSangehörigkeit,

nicht an die Staatsangehörigkeit in dem

einzelnen Bundesstaat, in welchem die Bevormundung einzutreten hat, geknüpft.

Mr die Deutschen Bundesstaaten gilt in Zukunft

der § 1785, wonach jeder Deutsche die Vormundschaft, für die er von dem Bormundschaftsgericht auSgewählt ist^annehmen muß, sofern nicht seiner Bestellung einer der in den §§ 1780 biS 1784 bestimmten Gründe entgegensteht.

Damit ist für

Beachtung bq UnsählgkeitS- und UntauglichkeitSgründe. len BormundschaftSrichter im Deutschen Reiche ein

17

für alle

Mal der Einwand beseitigt, daß der vom Gemeindewaisenrate in Vorschlag gebrachte, einem andem Bundesstaate angehörige Vormund die Übemahme der Vormundschaft verweigem kann. Auf die einzelnen Unfähigkeilsgründe ist nicht näher einzu­ gehen, da dieselben vom Gesetz so genau angegeben find,

daß

darüber Zweifel nicht entstehen können; nur kurz sei erwähnt, daß § 104 des B. G-B. denjenigen alS geschäftsunfähig be­ zeichnet,

welcher nicht das

siebente Lebensjahr vollendet hat,

welcher sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit befindet, so­

fern nicht der Zustand seiner Natm nach ein vorübergehender

ist und derjenige, welcher wegen Geisteskrankheit entmündigt ist. Die vom Gesetz in § 1781

angegebenen Untauglichkeitsgründe

bedürfen einiger Erläuterungen.

Minderjährig

sind

nach

ß 2 und 3

des B. G.-B. die­

jenigen Personen,

die noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet

haben oder nach

vollendetem 18. Lebensjahr nicht

jährig erklärt sind;

für voll-

sonach können mit Volljährige Vormund,

Gegenvormund, Pfleger oder Mitglied des Familienrates werden. Nach § 1906 des B. G.-B. kann ein Volljähriger, deffen

Entmündigung beantragt ist,

unter vorläufige Vormundschaft

gestellt werden; ein solcher Volljähriger ist somit von der Über­

nahme dieses Amtes ausgeschlossen. In gleicher Weise kann ein Volljähriger,

Vormundschaft steht,

der nicht unter

der aber einen Pfleger für seine Person

und sein Vermögen erhalten hat, wenn er infolge körperlicher

Gebrechen,

insbesondere weil er taub, blind oder stumm ist,

seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag (§ 1910 des B. G.-B.), nicht zum Vormund bestellt werden.

Daß eine in Konkurs geratene Person während der Dauer des Konkurses sich nicht zum Vormund eignet,

liegt auf der

Hand, lernt wer selbst nicht im Stande gewesen ist, Ordnung

in seinen Bermögensangelegenheiten zu halten, von dem kann man auch nicht annehmen, daß er in der Verwaltung fremder

Güter sorgsamer sein wird.

Beachtung der UusLhlgkltSgründe rc.

18

Der Gemeindewaisemat hat mithin, sobald ihm bekannt wird, daß der Gemeinschuldner eine Vormundschaft führt, dem Vor-

nmndschaftsgericht die Eröffnung des Konkurses mitzuteilen, damit dieses dann, den betreffenben Vormund bis zur Beendigung des Konkurses oder wenn eS mit Rücksicht auf die Verwaltung des

Vermögens für geboten erachtet wird,

ganz

der Vormund­

schaft entsetzen und einen andern zuverlässigen Vormund ver­ pflichten kann. Endlich bezeichnet § 1781 Nr. 4 denjenigen als untauglich,

welchem die bürgerlichen Ehrenrechte

aberkannt find.

Nach

§ 34 R.-St.-G.-B. bewiickt die Aberkennung der bürgerlichen

Ehrenrechte während der im Urteil bestimmten Zeit unter anderm die Unfähigkeit Vormund, Nebenvormund, Curator d. i. Pfleger, gerichtlicher Beistand oder Mitglied des Familienrats zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte in absteigender Linie

handele

und

die obervormundschaftliche

Familienrat die Genehmigung erteile.

Behörde

oder

der

Es dürste sich aber auch

empfehlen, daß der Gemeindewaisemat auch dann' nicht Per­ sonen, welche mit dem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft waren, dieselben aber wieder erlangt haben, in Vor­

schlag bringt, da von diesen Personen kaum anzunehmen ist, daß

sie

gute

Erzieher

für die Mündel sind.

und

sorgsame

Vermögensverwalter

Dem Gemeindewaisemat ist noch gan-

besonders ans Hei- zu legen, daß er eine Person, welche wegen Sittlichkeits- und Eigentumsvergehen bestraft ist oder offenkundig einen unsittlichen Lebenswandel führt, oder ein Bettler, Trunken­ bold, Landstreicher ist, zum Vornmnd nicht vorschlägt, da die sittliche Erziehung des Mündels durch derartige Personen aus­

geschlossen ist. Nach § 22 der Pr. Vorm.-Ord. bedurfte derjenige, welcher

ein Staatsamt oder besoldetes Amt in der Kommunal- und

Kirchemerwaltung bekleidet, zur Führung einer von dem Vor-

mundschastsgericht eingeleiteten Vormundschaft der Genehmigung der zunächst vorgesetzten Behörde.

Diese Bestimmung ist in

§ 1784 ausgenommen, denn es heißt darin: oder Religionsdiener,

Ein Beamter

der nach den Landesgesetzen einer be»

AblehnungSgründe.

19

sonderen Erlaubnis zur Übernahme einer Vormundschaft bedarf,

soll nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubnis zum Vormunde

bestellt werden.

Auch das Pr. Ausführungsgesetz zum Bürg.

Ges. Buch enthält in Art. 70 die Vorschrift: „Wer ein StaatSamt oder ein besoldetes Amt in der Communaloder Kirchenverwaltung bekleidet, bedarf zur Uebernahme der Vor­

mundschaft oder zur Fortführung einer vor dem (Eintritt in daS

Amt übmrommenen

Vormundschaft die Erlaubnis der zunächst

vorgesetzten Behörde.

DaS Gleiche gilt für die Uebernahme oder

die Fortführung deS Amtes eines GegenvormundeS, Pflegers oder Beistandes.

Die Erlaubnis kann -urückgenommm werden.

Notare

bedürfen der Erlaubnis nicht."

Wird der Gemeindewaisemat vom Dornmndschaftsrichter

um Benennung eines Mitgliedes des Familienrats angegangen,

so möge er nm die §§ 1885 und 1886 beachten, und er wird damit ein wiederholtes Ersuchen vermeiden. Der Gemeindewaisemat hat in dritter Linie bei dem Vor­

schlag eines Vormundes die nachfolgenden Ablehnungsgrunde

zu beachten.

Der 8 1786 lautet: Die Übernahme einer Vormundschaft kann ablehnen: 1. eine Frau; 2. wer daS sechzigste Lebensjahr vollendet hat;

3. wer mehr als vier minderjährige eheliche Kinder hat; ein von einem arideren an KindeSstatt angenommenes Kind wird nicht ge­ rechnet;

4. wer durch Krankheit oder durch Gebrechen verhindert ist, die Dornmndschast ordnungsmäßig zu führen;

5. wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze deS Vormundschastsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere Belästi­

gung führen kann; 6. wer nach § 1844 zur Sicherheitsleistung angehalten wird;

7. wer mit einem andern

zur gemeinschaftlichen Fühnmg der Vor­

mundschaft bestellt werden soll; 8. wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vor­ mundschaft oder Pflegschaft über Geschwister gilt nur als eine; die Führung von zwei Gegenvormundschaften steht der Führung einer

Vormundschaft gleich.

Beachtung der AblehnungSgründ«.

20

Bevor auf die einzelnen Ablehnungsgründe kurz einzugehen ist, erlaubt sich der Derfaffer zur Erleichterung der Arbeit und

des Dienste- an alle Gemeindewaisenräte die Bitte zu richten,

vor Benennung des Vormundes die zu benennende Person zu befragen,

ob sie die ihm zu übertragende Vormundschaft un­

geachtet eines ihr zustehenden gesetzlichen AblehnungSgrundes annehmen will, da jedem Vormundschastsrichter in der Praxis wiederholt Fälle vorgekommen find, in denen der in Vorschlag

gebrachte Vormund, sei es vor oder im Termin, einen der ge­ setzlichen Ablehnungsgründe vorgebracht, den einmal angesehten

Verpflichtungstermin dadurch vereitelt und den Vormundschafts­ richter in die Lage versetzt hat, von neuem sich mit dem Ge­

meindewaisenrat wegen Benennung eines geeigneten Vormundes in Verbindung zu setzen. Nicht blos die Arbeitszeit des Richters sondern auch die der anderen Beamten

wird dadurch unnütz

vergeudet und außerdem das Schreibwerk, das möglichst ein­ geschränkt

werden

soll,

vermehrt.

Anlangend

die einzelnen

Ablehnungsgründe sei folgendes bemerkt: Eine Frau, sei sie verheiratet oder unverheiratet, hat das Ablehnungsrecht.

Der

Gemeindewaisemat

kann eine Frau,

sobald sie ihm als geeignet erscheint und auf das AblehnungSrecht verzichtet, in Vorschlag bringen. Erwähnt sei hier, daß auch die Mutter eines unehelichen Kindes zur Übernahme der

Vormundschaft vorgeschlagen werden kann,

obwohl ihr nach

§ 1707 die elterliche Gewalt nicht zusteht. Das Vormundschafts­

gericht hat

es in der Hand,

sie als Vormund auszuwählen

und zu verpflichten, es wird jedoch in den meisten Fällen, wenn

ihm vom Waisenrat der Vater der Kindesmutter als zm Über­

nahme der Vormundschaft geeignet bezeichnet wird, diesen als Vormund verpflichten, da er nach § 1776 Nr. 4 des B. G.-B.

zu den vom Gesetz berufenen Vormündern gehört.

Die bisher

in Preußen dmch § 12 der Vorm.-Ordnung vom 5. Juli 1875

eingeführte gesetzliche Vormundschaft ist durch § 1773 in eine Altersvormundschaft verwandelt und

ist der Vater einer un-

verheirateten Person, welche außerehelich von einem Kind ent­

bunden wird,

für

dieses durch den Richter als Vormund zu

Beachtung der Ablehnung?gründe.

21

verpflichten, wenn er, wie bereits erwähnt, vom Gemeinde» waisenrat als dazu geeignet bezeichnet wird.

Die Verpflichtung

der Mutter des unehelichen Kindes als Vormund wird sich mir sehr selten empfehlen,

da von einer solchen Person für die

sittliche und gute Erziehung ihres Kindes leine Garantie ge­

boten wird. Weiter gestattet das Gesetz demjenigen, der bereits mehr als vier minderjährige, also mindestens fünf eheliche Kinder hat, die Übernahme einer Vormundschaft abzulehnen und Bestimmt,

daß ein von einem andem an Kindesstatt angenommenes Kind

nicht gerechnet wird.

Diese letzte Bestimmung weicht von der

bisherigen Vorschrift des Z 23 der Pr. Borm.»Ord. ab; ebenso auch die Vorschrift unter Nr. 5, beim während nach § 23 der

Pr. Vorm.-Ord. es nut heißt, daß derjenige, welcher nicht im

Bezirke des Vormundschaftsgerichts seinen Wohnsitz hat, die Übernahme der Vormundschaft ablehnen kann, bestimmt der § 1786, daß das Ablehnungsrecht derjenige hat, welcher wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze des VornumdschaftS»

gerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere Belästigung

führen kann. Das Nichtwohnen im Bezirk des Vormundschafts­ gerichts allein genügt demnach nicht zur Ablehnung, vielmehr

wird es der Behauptung und deS Nachweises Bebfitfen, daß der in Vorschlag gebrachte Vormund

ohne Belästigung die

Vormundschaft nicht führen kann. Die weiteren AblehmmgSgründe bedürfen keiner näheren Erläutemng.

Bemerkt sei nur noch, daß der Gegenvormund

und Pfleger mit Rücksicht auf die §§ 1792 Ms. 4 und 1915

ein Ablehnungsrecht wie der Vormund haben. Nach

§ 1869 ist niemand verpflichtet, das Amt eines

Mitgliedes des Familiemats zu übemehmen; will also der

vom Vormundschaftsgericht angegangene Gemeindewaisenrat eine Person als Mitglied deS Familienrats Benennen, fo( wird er, um ein nochmaliges Ersuchen deS Vormundschaftgerichts im Falle der Weigeomg des Vorgeschlagenen zu vermeiden, gut

thun, sich der Annahme durch Rücksprache zu verfichem.

Dem Gemeindewaisenrate anzulegende Verzeichnisse.

22

In der Praxis werden als Mlehmmgsgründe namentlich geltend gemacht die Führung von mehr als einer Vormundschaft,

die Vollendung deS 60. Lebensjahres und der Besitz von mehr als vier minderjährigen ehelichen Kindem.

Alle drei Gründe

find jedenfalls vom Gemeindewaisenrat noch vor der Benennung sehr leicht festzustellen, da, wenn er eine Rücksprache mit der

betreffenden Person aus persönlichen Gründen nicht nehmen will, er doch

aus den von der Ortspolizei geführten Listen

jebeqeit ersehen kann, wie alt die betreffende Person ist und

ob sie vier oder mehr minderjährige eheliche Kinder hat. Außerdem wird er auch aus den von ihm geführten Verzeichnissen sich vergewissern können, ob der Vorzuschlagende zwei Vormund­

schaften oder nur eine Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister

zwei Gegenvormundschaften führt.

oder

In Preußen find von einem großen Teile der Waisenräte auf Grund der von dem Vormundschastsgericht geführten Verzeichnisse

und der ihnen vom Vormundschastsgericht gemachten Mitteilungen, Verzeichnisse über die in ihrem Bezirke eingeleiteten und be­ stehenden Vormundschaften und Pflegschaften angelegt worden.

Die Anfertigung eines solchen Verzeichnisses empfiehlt sich aus

den oben angeführten Gründen für die Gemeindewaisenräte des gesamten Deutschen Reiches, und erlaubt sich der Verfasser die Anlegung eines solchen mit folgenden Spalten in Vorschlag

zu bringen:

Verzeichnis A. 2

3

4

5

6

7

Namen des

Namen des

Namen der

Vaters und

Vormundes,

der Mutter

Gegen.

sowie Todes­

Vormundes,

tag derselben.

Pflegers.

8

t: E E 1

J

Dor-

5 w L

6

und Zuname deMündclS.

|| G eburtstag des M ündels.

|

1

Mitglieder

Bemerkungen

des Familienrats.

T

Mit Rücksicht auf § 1851 Ws. 2 des B. G.-B. erachtet

Verfasser die Anlegung

eines zweiten Verzeichnisses B mit

folgenden Spalten für erforderlich:

Nutzen der Verzeichnisse.

23

Verzeichnis B.

1

2

t

E E s

£

6 •e •c

8

4

5

6

I

Bezeich­

Bezeich­

vor-

Namen des

nung des

nung des

und Zuname

der

1

Vormundes,

1

Bezirks, In Bezirks, In welchem der welchen der

Gegen-

Mündel

Mündel

bisher ge­

verzogen

wesen Ist.

tft

§

vormundeS.

Mündels.

i

8

7

5 1

1

Bemerkungen.

I

Beide Verzeichnisse lassen sich vereinigen, indem man in

das Verzeichnis A 9tr. 6 und 7 des Verzeichnisses B einfügt. Aus den Überschriften der einzelnen Spalten ersieht der Gemeindewaisenrat, welche Eintragungen er zu machen hat.

Führt er die beiden Verzeichniffe mit der nöligen Sorgfalt,

so wird er stets wohnen,

wissen, welche Mündel

welche Personen

in

seinem Bqicke

seines Bezirks Vormund,

Gegen­

vormund, Pfleger sind, wer von diesen mehr als eine Vor­

mundschaft

bezw.

zwei

Mündel großjährig find

Gegenvormundschaften

bezw.

führt,

welche Vormundschaft

welche durch

Eintritt in die Großjährigkeit beendet ist und welche Mündel in seinem Bezirk verzogen sind.

Was die Personen anbetrifft, welche die Übemahme einer

Vormundschaft aus dem Grunde ablehnen können, weil sie bereits mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führen, so ist zu erwähnen, daß es hier nicht ausgeschlossen ist, daß der Gemeindewaisemat sie wieder vorschlagen kann, falls sich

die betteffende Person bereit erklätt hat, noch eine weitere Vormundschaft sichren zu wollen.

Es ist deshalb durchaus

notwendig, daß der Gemeindewaisenrat, bevor er eine solche Person vorschlägt, mit ihr Rücksprache nimmt und ihre Ein­

willigung einholt.

Unterläßt er dies, so bereitet er dem Vor-

mundschaftsgericht mehr Arbeit als nötig ist und verursacht der betreffenden Person nur unnütze Wege und Zeitversäumnisse, für die sie nicht einmal entschädigt werden kann.

24

Nutze» da Verzeichnisse.

DaS Verzeichnis dient dem Gemeindewaisemal noch in anderer Richtung.

Wird chm der Tod eines Mitgliedes seiner

Gemeinde bekannt, so hat er in dem Verzeichnisse na^usehen, ob der Tote Vormund war und wenn er die- bestätigt findet, gemäß § 49 des Gesetzes über die Angelegenheiten der frei« willigen Gerichtsbackit dem Vormundschaftsgerichte sofort davon

Mitteilung zu machen und zugleich eine andere Person vor-

zuschlagen, die fich zum Vormund eignet.

ES werden dadurch

wchaltbare Zustände, wie fie die Praxis häufig zeitigt, beseitigt, denn eS bestehen Vormundschaften, bei welchen fich erst beim Vermieten der Minderjährigen oder bei chrem Eintritt in die Lehre ergiebt, daß der Vormund gestorben ist und somit der

Minderjährige jahrelang ohne Aussicht eines Vormundes gelebt hat.

Das VormundschastSgericht ist infolge der von chm ge­

führten umfangreichen Verzeichnisse bei Eingang einer chm vom Standesamte gemachten Todesanzeige nicht imstande, festzustellen,

ob der Verstorbene eine oder mehrere Vormundschaften geführt hat, wohl aber kann dies der Gemeindewaisenrat auf Grund

der von chm geführten Verzeichnisse chun.

Der Gemeinde-

wassenrat wird in solchen FÄlen den Namen des bisherigen Vormundes zu durchstreichen und an seine Stelle den Namen

des chm vom Vormundschaftsgericht mitgeteilten neuen Vor­ mundes zu sehen haben.

Ebenso wird der Gemeindewaisenrat

auf Gmnd der Geburtstage des Mündels prüfen können, ob die Vormundschaft erledigt ist und eine Person, die bisher als Vormund verpflichtet war und dadurch frei geworden ist, wieder

von neuem als Vormund in Vorschlag bringen können.

In

der mit Bemerkungen überschriebenen Spalte sind z. B. der Wechsel der Wohnung des Mündels oder Vormundes, sowie

die Abgabe der Vormundschaft an ein anderes Gericht, sowie andere die Vormundschaft betreffenden Thassachen einzutragen.

Eine sorgfältige und genaue Führung der Verzeichnisse

kann nicht genug empfohlen werden, da sich auS einem solchen Verzeichnisse der Gemeindewaisemat zu jeder Zeit auf Anftage

des VornumdschaftsgerichtS über Aufenthalt des Mündels und des Vormundes äußern kann.

Beaufsichtigung deS BormundeS in der Erziehung d«S RüudeU u. 25 Nach § 1851 Ws. 2 des B. G.-B. hat daS VormundschaftS-

gericht dem Gemeindewaisenrate die Anordnung der Vormundschaft über einen in dessen Bezirk sich

aufhaltenden Mündel unter

Bezeichnung des BormundeS und GegenvormundeS, sowie einen in der Person des Vormundes oder Gegenvormundes eintretenden

Wechsel mitzuteilen. Dem Vormund stcht nach

§ 1783

Recht für die Person zu folgen zu.

des B. G.-B. daS

DaS Recht und die Pflicht

deS Vormundes, für die Person deS Mündels zu sorgen, be­

stimmt sich gemäß § 1800 des B. G.-B. nach den Vorschriften

über die elterliche Gewalt.

Letztere find in dm §§ 1631 bis

1633 enthalten. Der § 1631 lautet wörtlich: Die Sorge für die Person deS flmbtS umfaßt daS Stecht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beauffichtigm und feinen

Aufenthalt zu bestimmen.

Sonach kann betJDZünbel nicht willkürlich seinen Aufenchalt bestimmen,

sondern er kann dies nut mit Genehmigung des

Vormundes thun.

Aus dieser Bestimnumg geht deutlich hervor,

daß der Vormund sich stets um den Aufenthalt seines Mündels zu künnnem hat und daß er, wenn er diese Wicht verletzt, durch

Ordnungsstrafen angehalten werden

genügen.

tarnt,

seiner Pflicht zu

AuS dieser Wicht entspringt aber die Verpflichtung,

welche Abs. 2 des § 1851 des B. G.-B. dem Vormunde auf­ erlegt.

Der Vormund hat, wenn der Mündel seinen Aufmchalt

in dm Bezirk eines anderen GemeindewaismratS verlegt, dem Gemeindewaismrat des bisherigen Aufenthaltsorts und dieser dem Gemeindewaismrat des neuen Aufenthalts die Verlegung mitzuteilen.

Beide kommen, wie die Praxis bisher gezeigt hat,

nut in den seltensten Fällen dieser Verpflichtung nach.

Die

Vormünder tommetn sich sehr oft um ihre Mündel nicht, sie überlaffm dieselben chrem Schicksal und missen meist nicht, ob ein

Mündel noch

in chrem Bezirk

oder noch

in

derselben

Wohnung, wo es bei Einleitung der Vormundschaft sich befand,

auchält, und der Waisemat achtet infolge des Unterlassens der

Anzeige seitens des Vormundes nicht darauf, ob ein Mündel

Besprechungen mit bett Vormündern und Mündeln.

26

auS oder in seinem Bezirk verzogen ist.

Beiden muß die Be­

achtung des zweiten Absatzes des § 1851 dringend empfohlen

werden, damit Mündel, welche zu Leichtsinn und Lüderlichkeit neigen und ihren Wohnsitz tnit einem neuen oft nur deshalb

vertauschen, um möglichst weit von dem Vormunde und dem Waisemate chres Bezirks entfernt zu sein, von dem Gemeindewaisemate des neuen Aufenthaltsortes beobachtet und nötigen­

falls auf den richtigen Weg gebracht werden können. Praxis bietet himeichend Beispiele davon,

Die

daß Mündel vom

Lande nach der StoLt ziehen und sich in den Fabriken chren

Untechalt suchen, um in ihren Bewegungen freier und einer

Kontrolle durch

den Gemeindewaisenrat enthoben zu werden.

Gerade für solche Fälle ist die Beobachtung der gesetzlichen Bestimmung dringend geboten und es dürfte sich gleichzeitig sehr empfehlen, daß der Gemeindewaisemat, sobald er von dem

Vormunde die Nachricht von dem Verzüge des Mündels nach der

Stadt

erhält,

treffenden Stadt

sofort

mit

dem Gemeindewaisemat der be­

der Anzeige des Verzuges auch eine

Schilderung des Lebens und des Charakters des betreffenden

Mündels zukommen läßt. Sicherlich würde durch eine derartige rechtzeitige Anzeige mancher Mündel vor dem Untergange behütet werden können,

zumal, da der Gemeindewaisemat des neuen Aufenthaltsortes ebenso wie der des bisherigen Aufenthalts unzweifelhaft auch befugt ist, den in seinen Bezirk verzogenen Mündel in seiner

Wohnung aufzusuchen, um sich durch eigene Anschauung davon

zu überzeugen, wie derselbe gehalten wird, und falls er Un­

gehörigkeiten in der körperlichen Pflege und in der sittlichen Erziehung

wahrnimmt, auf Abstellung durch den Vormund

bezw. durch das Vormundschaftsgericht zu dringen bezw. dahin zu wirken, daß ein neuer energischer Vormund verpflichtet wird.

Verzieht ein Mündel

nur nach der Stadt seines sonstigen

Gerichtsbezirkes, so wird ein neuer Vormund in solchen Fällen nicht zu bestellen sein, sondern es ist die Pflicht des Vormundes, das Verhalten des Mündels in der Stadt zu beobachten, und

wenn er findet, daß der Mündel unrichtige Wege geht, darauf

Besprechungen mit den Bormündern und Mündeln.

27

zu bringen, baß bet Mündel entweder auf baS Lcmb zurück­ kommt ober unter eine Aufsicht

gestellt wirb,

bie eS

beut

Mündet unmöglich macht, die schlechten Wege weiter zu be­ treten.

Den Gemeindewaisemätm sei endlich dringend em­

pfohlen, daß sie

mit den in chrem Bqicke sich aufhaltenden

Bormündern und Mündeln in engere Beziehungen treten und

dahin wdcken, daß die Vormünder ihren vom Gesetz chnrn aufr erlegten Wichten nachkommen und daß die Münbel bie Fürsorge gemeßen, welche sie vor Verrohung und dem damit in Verbindung

stehenden Untergang behütet.

Der Gemeindewaisenrat möge

auch in den Fällen, wo chm durch Zufall davon Mtteilung

wird,

daß ein Mündel auS seinem Bqick verzogen ist, dem

Dormundschaftsgericht Anzeige erstatten, damit dieses dann den

Vormund verwarnen und, wenn Verwarnungen ohne Erfolg

bleiben, mit Ordnungsstrafen, deren Höchstbetrag bis zu 300 M. geht, zur Befolgung seiner Anordnungen nach § 1837 anhülten

kmm.

Es ist dringend notwendig, daß bei bei Verwilderung

und Verrohung bet heutigen Jugend die Vormünder angehalten werden, den Aufenthalt ihres Mündels nie aus dem Auge zu

verlieren, sondern stets in bet Lage zu sein, denselben dem Vormundschaftsgericht

und

Gemeindewaisemate

angeben

zu

können, damit diese über daS Leben und Treiben des Mündels Erkundigungen einziehen und Maßregeln treffen tonnen, um

dm Mündel eventuell auf bie richtigen Wege zu bringen unb nach § 1838 des B. G.-B. zum Zwecke der Erziehung in eine geeignete Familie oder in' eine Erziehungsanstalt oder eine

Bessemngsanstalt unterzubringm.

Art. 77 deS AuSf.-Ges. z. B. G.-B. enthält die Bestimmung, daß dem Gemeinde-Waisemat zm Unterstützung Frauen als Waisenpflegerinnen zm Seite gestellt werden können, damit

diese unter Leitung deS GemeindewaisematS bei der Secrnf« sichtigung der im Kindesalter stehenden Mündel und bei der

Ueberwachung weiblicher Mündel mitwirken.

Die Zuständig­

keit für die Bestellung bestimmt sich nach den für die Bestellung der Waisemäte maßgebenden Vorschriften.

28

Sn-eigt über Pfltchtwidrigkeitrn btS SonnunbcS. Verfasser hofft von dieser Bestimmung den besten Erfolg

für die Mündel.

des GemeindewaisematS,

Die Hauptaufgabe

welche ihn

auch zum Hülföorgan deS Vormundschaftsgerichts macht, enthält der § 1850 des B. G.-B. Nach ß 58 der Pr. Vorm.-Ord. beschränkte sich die Aufsichts­

pflicht des WaisenratS

auf die Überwachung der persönlichen

Interessen deS Mündels.

Nach § 1850 Ws. 1 des B. G.-B.

hat der Gemeindewaisemat in Unterstützung des Vormundschafts­

gerichts darüber zu wachen, daß die Vormünder der sich in seinem Bezick aufhaltenden Mündel insbesondere für chre Er-

ziehung und ihre körperliche Pflege pflichtmäßig Sorge tragen und Mängel und Pflichtwidrigkeiten, die sie in dieser Hinsicht

wahrnehmen, anzeigen und auf Erfordern über daS persönliche Ergehen und daS Verhalten eines Mündels Auskunft erteilen.

Auf Verlangen deS VormundschastsgerichtS ist der Gemeinde­

waisemat daher verpflichtet, über daS persönliche Verhalten und Ergehen deS Mündels sich zu äußern; er wird Anfragen, die

daS BormundschaftSgericht im Falle der Eheschließung

Mündels,

der Wahl des Berufs,

der Dienste und

eines

Arbeits-

vechältniffe an ihn stellt, beantworten müssen und dadurch dem DormundschastSrichter unentbehrlich sein. Nach Wsatz 2 desselben

Paragraphen ist dem Gemeindewassemate sog« eine beschränkte Aufsichtspflicht hinsichtlich der Verwaltung deS Vermögens der

Mündel auferlegt, indem er dem Vormundschaftsgerichte Anzeige zu machen hat, wenn er von einer Gefährdung des Vermögens-

eineS

Mündels Kenntnis

erhält.

Eine unangemessene Ein­

mischung des Gemeindewaisemats in die Vermögensverwaltung

deS Vormundes ist jedoch ausgeschlossen.

Wenn dem Gemeinde­

waisemale im § 1850 auch nut die Anzeige der von ihm

wahrgenommenen Mängel und Pflichtwidrigkeiten deS Vormundes bei Ausübung der Sorge die Anzeige

MündelS wie

der erfolgten

ausdrücklich

für die Person deS Mündels und Gefährdung

deS

zm Pflicht gemacht

Vermögens ist,

so

wird

deS es,

in dem Deutschen Vormundschaftsrecht vom Landrichter

August Fuchs S. 73 unter Nr. 4 gesagt ist, im Sinne deL

tojttge M ÜkfLhrd»*- bei SKünbefoemlgat*.

29

Gesetz«- doch all em Recht und damit all eine Pflicht bei

Gemrindewaisenrall anzuschen fein, wo diel möglich ist, seiner-

seill auch unmittelbar gegenüber dem Bormund bezw. dem Erzieher des Mündell durch Rat, Borstellung und Ermahnung einzugreifen. Der Gemrindewaisenrat wird mit Rücksicht auf die ihm damit gesetzlich mifeilegte Pflicht, schon bei

der Wahl des

Bormundes und Segenvormundei daraus achten müssen, daß

er bei Bormundschaften mit Vermögensverwaltung zuverlässige und geschäftskundige Personen vorschlägt,

zwungm

wich,

Pflichtwidrigkeiten

Personen zur Anzeige zu Bringen.

der

damit er nicht ge-

von

ihm

benannt«

Erwähnt fei übrigens hier

noch, daß die Pflicht« des Gegenvormundei abweichend von

. denen der Pr. Borm.-Och. bedeutend erweitert worden find, da

er nach § 1799 bei B. G.-B. darauf zu achten hat, daß der Bormund die Bormundschast pflichtmätzig führt, und dem Bor-

mundschaftSgerichte Pflichtwidrigkeiten dei Vormundes,

sowie

jeden Fall unverzüglich anzuzeigm hat, in welchem dai BormundfchaftSgericht

einzuschrritrn

hat.

Dai Gesetz hat ihm

. besonder! auch auferlegt, den Lod dei Vormundes oder den

Eintritt eines anderen Umstandes, infolgedessen dai Amt dei

BormundeS endigt oder die Entlassung deS Bormundei er­ forderlich wich, anzuzeigen und ihm dai Stecht verliehen, von

dem Bormunde Auskunft über die Führung der Vormundschaft und

die Einsicht der fich aus die Bormundschast beziehend«

Papiere zu verlang«. Wenn der Gemeindewaismrat diese dem Gegenvormunde

vom Gesetz eingeräumte Stellung beachtet, so wich er Person«

zu Geg«vormündem benennen müssen, welche auch imstande find, eine gewisse Aussicht und Kontrolle über den Bormund

zu führ«. Der Gemeindewaisenrat würde sehlgreifen, wenn er Person« benenne, die ihrer Bildung nach unter dem Bormunde steh« und daher leicht in d« Fehler verfallen, den Vormund zu chikanirrm und dem BormundschastSrichter unnütze Acheit zu

«ach«; ebenso würde der Gemeindewaismrat ein« Mißgriff thun, wenn er eine Person all Gegenvormund in Vorschlag

Verpflichtung des Vormunde« zur Intrige ogh Killen,

30

bringt, welche außer Staude ist, den Vormund zu beaufsichtigen,

da tteS nur dahin führen fönnfe dqß der Vormund in dem Gefühle, nicht beaufsichtigt zu werd«, sich Übergriffe und Un«

?ülichkeitm bezüglich des MündelvermögenS ertaubt. Nach § 1675 des Bürgerlichm Gesetzbuches

hat der 6k»

meindewaisenrat die Verpflichtung, dem Bormundschaftsgericht Anzeige zu erstatten, wmn ein Fall zu seiner ifamtnig kommt, in welchem

das Dormundschaftsgericht zum

Einschreiten be»

ruftn ist. DaS Bürgerliche Gesetz kennt drei Fälle,

in denen dies

geschehen muß und zwar:

1. wenn der Vater oder die Mutter, welche nach dem Tode

des DaterS die elterliche Gewalt hat, an der Ausübung der elterlichen Gewalt verhindert ist (§ 1666 8.OJ8.);

2. nenn das geistige und leibliche Wohl des Kindes dadurch

gefährdet wird,

daß

der Vater oder die Mutter das

Recht der Sorge für die Person des Kindes mißbraucht,

das Kind vernachlässigt oder sich eines ehrlosen öder un­ sittlichen VerhaltmS schuldig

macht

(§ 1666 B.G.B.);

3. wenn daS Vermögen des Kindes dadurch gefährdet wird, die mit der VermögmSverwaltung

daß der Vater »der

oder die mit der Nutznießung verbundenen Pflichten ver­ letzt oder selbst

in

Vermögensverfall

gerät



1667

B.G.B.).

In dem ersten

gericht

der drei Fäll« hat das Vormundschafts­

auf die Anzeige des Waisenriüs

gemäß § 1773 deS B.G.B.

hi«,

einen Vormund

oder einen Pfleger

nach § 1909

B.G.B. zu bestellen. In dem dritten Fall deS § 1667 B.G.B. Muß das Vormundschaftsgericht auf die Anzeige deS Vormundes

die

zur

Sichemng

des

Vermögens

des

Mündels erforder­

lichen Maßregeln — Einreichung des VermögensverzeichniffeS des MündetS und Rechnungslegung über die Verwaltung ßeS

MündelvermögmS — verlangen.

Nur der unter Nr. 2

gedachte Fall steht mit dem Für«

forgeerziehungSgefetz vom 2. Juli 1900 in Verbindung und ist für den Waisenrat von besonderem Interesse.

Fälle, in denen die Fürsorgeerziehung zulässig ist.

31

Das unter dem 2. Juli 1900 gegebene und am 1. April 1901 in Äraft'getretene Gesetz betreffend die Fürsorgeerziehung Minderjähriger bestimmt im § 1:

Ein Minderjähriger, welcher das achtzehnte Lebmsjahr noch nicht

hat, kann

vollendet

der

Fürsorgeerziehung

überwiesen

werdm:

1. wenn die Voraussetzungen des § 1666 oder des §1838 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorliegen und die Fürsorge«

erziehung erforderlich ist, um

die Verwahrlosung

des

Minderjährigen zu verhüten; 2. wmn der. Minderjährige eine strafbare Handlung be­ gangen hat, wegm deren er in Anbetracht seines jugendlichm Alters strafrechtlich nicht verfolgt werdm kann und

die Mrsorgeerziehung mit Rücksicht auf die Beschaffmheit der

Handlung,

die Persönlichkeit der Eltem oder

sonstigen Erzieher und die übrigen Lebensverhältniffe zur

Verhütung weiterer sittlicher Verwahrlosung des Minder« jährigm erforderlich ist;

3. wmn die Mrsorgeerziehung außer diesm Fällen wegm Unzulänglichkeit der erziehlichm Einwirkung der Ellem

oder sonstigen Erzieher oder der Schule zur Verhütung des völligen sittlichen Verderbens des Minderjährigen not«

wendig ist. Nach dem bisher geltendm Gesetze vom 13. März 1878

betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder in Zwangs­

erziehung konnte das Vormundschaftsgericht diese für erforderlich erklärm, wmn ein Kind nach Vollendung des sechsten und vor

vollendetem zwölften Lebensjahre eine strafbare Handlung be­ ging. 'Hiernach war ErfordemiS der Unterbringung eines Kindes

in Zwangserziehung nur das Begehen einer strafbarm Handlung seitens eines Kindes, welches das sechste Lebmsjahr überschrittm, das zwölfte Lebensjahr aber noch nicht vollendet hatte.

am 1. April 1901

Das

in Kraft getretene Fürsorgeerziehungsgesetz

Minderjähriger hat die Altersgrenze der in Mrsorgeerziehung zu nehmmdm Kinder nach unten vollständig beseitigt und damit

es für zulässig erklärt, daß selbst Kinder, welche noch nicht schulpflichtig im frühesten Kindesalter stehen, in Fürsorge­ erziehung genommen werden können. Nach oben hat das Ge­ setz die Altersgrenze auf das 18. Lebensjahr festgesetzt und im § 13 bestimmt, daß die Fürsorgeerziehung mit der Minder­ jährigkeit also mit vollendetem 21. Lebensjahr endigt. Das Fürsorgeerziehungsgesetz aber beschränkt die Unterbringung von Kindern in Fürsorgeerziehung nicht bloß auf den Fall, daß das Kind eine strafbare Handlung begangen hat, sondern es läßt auch, wie der oben angegebene § 1 ergiebt, die Fürsorge­ erziehung in zwei anderen Fällen zu. Nach den zu dem Gesetz von dem Herrn Minister des Innern unter dem 18. Dezember 1900 erlassenen Ausführungs­ bestimmungen find die Gemeindewaisenräte anzuweisen, den zur Stellung des Antrages auf Unterbringung von Kindem in Fürsorgeerziehung berechtigten und verpflichteten Behörden alle die Fälle zur Kenntnis zu bringen, in denen die Fürsorge­ erziehung Minderjähriger zum Zwecke der Verhütung ihrer Ver­ wahrlosung notwendig erscheint. Nach § 4 des Gesetzes find zur Stellung des Antrages berechtigt und verpflichtet der Land­ rat und bei Städten über 10000 Einwohnern Landrat und auch Magistrat; in Stadtkreisen der Gemeindevorstand — Magistrat und der Vorsteher der Königlichen Polizeibehörde. Die Gemeindewaisenräte haben mithin alle die Fälle, in denen Kinder von den Eltern oder Erziehern mißhandelt, ver­ nachlässigt oder körperlich oder geistig verwahrlost werden, oder eine strafbare Handlung begangen habm oder sich einem unge­ ordneten, lüderlichen Lebenswandel ergeben, dem zu wehren die Kirche, Schule und das Elternhaus machtlos find, den vorge­ nannten Behörden unmittelbar oder dem Vormundschastsrichter direkt anzuzeigen, da dieser nach § 4 des Gesetzes auch von Amtswegen die Fürsorgeerziehung beschließen kann. Nimmt also der Gemeindewaisenrat wahr, daß ein Kind seines Bezirks von seinen Eltern gemißhandelt, ihm die körper­ liche Pflege versagt, das Kind zu überanstrengenden, der geistigen und körperlichen Entwicklung schädlichen Arbeiten gezwungen und

Pflicht -.Anzeige, wenn d. Kind d. s. eigenes Verschulden verwahrlost. 33

in einer die Zwecke der Schule gefährdmden Weise vom Schul­ besuche

ist es seine Pflicht, den obenge­

abgehalten wird, so

erstatten und mit der Anzeige

zu

nannten Behörden Anzeige

Ein Gleiches liegt ihm ob,

auch die Beweismittel anzugebm.

wenn er wahrnimmt, daß die Eltem

legmheit

zur

die ihnen gebotene Ge-

zum Unterrichte nicht vollfinniger

und

Pflege

Kinder hartnäckig zurückweisen

oder

ihre Kinder

mit verbrecherischen

und

der Begehung von Straf-

Personen

vom Verkehr

thaten nicht abhalten, oder wenn er in Erfahrung bringt, daß

der

die

Vater oder

Mutter

Landstreicherei,

Trunksucht,

der

Bettelei, des gewohnheitsmäßigen Diebstahls, der Kuppelei oder

eines anderen ehrlosm Verhaltens fich schuldig machm.

selbstverständlich ist es, daß

zur Anzeige

in denen es fich um ein Mündel handelt, da § 1 des Gesetzes

Ganz

der Gemeindewaisenrat alle Fälle,

die Fürsorgeerziehung

zuläßt,

bringt,

wenn die

Voraussetzung des § 1838 B.G.B. vorliegt und die Verwahr­

losung des Mündels verhütet werden soll. Der Gemeindewaisenrat endlich hat die Verpflichtung, auf das Leben und Gebühren der Minderjährigen seines Bezirks selbst zu

achten und die Fälle, in denen Minderjährige, ohne daß ein Ver­ schulden der Eltem

vorliegt,

verwahrlosen

und

die erziehliche

Einwirkung der Eltern oder sonstiger Erzieher oder der Schule nicht

ausreichen,

ein

um

fittliches

völliges

Verderben

des

Minderjährigen zu verhüten, den Behörden oder dem Dormundschastsrichter^ anzuzeigen.

wahr, daß sich

Stimmt der

die Kinder

Erzieher mtziehen oder widersetzen,

schlechter Gesellschaft,

Gemeindewaisenrat also

der Aufsicht

der Eltem oder ihrer

gegen beten Willen sich in

wo sie Anreizung zum lüderlichen Lebm

und zur Begehung von Strasthaten finden,

bewegen

oder der

gewerblichen Unzucht sich ergeben oder ihr zu verfallen drohen,

so möge er ungesäumt dm

oben

erstatten und nicht erst abwarten, getreten ist,

sicht

auf

erwähntm Behörden Anzeige

bis

die Verwahrlosung ein­

weil dann die Fürsorgeerziehung wmiger Aus­

Erfolg

hat,

als

wenn die Verwahrlosung

zu

be­

ginnen droht. Der Antrag auf Unterbringung in Fürsorgeerziehung wird

84 Pflicht z. Anzeige, wenn d. Kind d. s. eigenes Verschulden verwahrlost,

von den nach

§ 4 des Gesetzes

dazu

ott»

berechtigten und

pflichteten Behörden bei dem Vormundschaftsgericht gestellt und dieses beschließt,

nachdem

es die Eltern, den gesetzlichen Ver­

treter des Minderjährigen, diesen selbst, den Gemeindevorstand, den Geistlichen

und den Leiter oder

Lehrer

der Schule

ge­

hört hat.

Empfehlen wird es sich,

daß der Gemeindewaisenrat die

Fälle, in dmen Fürsorgeerziehung eintreten soll, der zuständigen Behörde direkt übermittelt,

diese durch die ihr zu Gebote

da

stehenden Organe die erforderlichen Ermittelungen anstellen und

sich schlüssig machen kann,

ob

sie den

ihr unterbreiteten Fall,

für geeignet hält, dem Dormundschastsgericht zur Beschlußfassung zu unterbreiten. Nur in dm Fällen, wo Gefahr im Verzüge ist und

es geboten erscheint, den betreffmdm Minderjährigm so schnell wie

möglich den schädlichm Einflüssen zu entziehm, möge der Gemeindeseine Mitteilungm dem Vormundschastsrichter direkt

waismrat

zugehcn lassen, damit dieser dann auf Gmnd des § 5 des Ge­ setzes die Unterbringung des Minderjährigen in Fürsorgeerziehung

veranlassen kann.

Wenn z. B.

ein junges Mädchen von dm

Ellern der Kuppelei preisgegeben wird oder selbst den Hang zur Unzucht an den Tag legt, so ist ein solcher Fall möglichst schnell

dem Vormundschastsrichter zu unterbreiten, damit dieser das be­ treffende Mädchen in eine Besserungsanstalt für weibliche Minder­ jährige unterbringm lassen und dadurch vor dem völligen Unter­ gänge rettm kann. Die Fürsorgeerziehung erfolgt nach § 2 des Gesetzes unter

ösfmtlicher Aufsicht in einer Erziehungsanstalt

führung das

ist

geeigneten Familie oder in einer

oder in einer Besserungsanstalt.

Die Aus­

der

Fürsorgeerziehung liegt dem Kommunalverbande,

nach

§ 14 des Gesetzes dem Provinzialverbande ob.

Der Landespolizeihauptmann der jeweiligm Provinz

bestimmt,

ob der Minderjährige in einer gceignetm Familie oder in einer

Erziehungs-

oder

Beffemngsanstalt

untergebracht

wird,

und

führt bis zur.Beendigung der Fürsorgeerziehung die Aufsicht. Um nun das Kind einer Familie

zu können,

ist

es

notwendig,

in Fürsorgeerziehung gebm

daß

dem Landeshauptmann

35

Benennung der Fürsorger.

die Namen der Familien, die sich zur Uebernahme der Fürsorge­ erziehung eignen, mitgeteilt werden. Die Ausführungsbestimmungm deS Ham Ministers deS

Jnnem enthalten die Anweisung

für dm Gemeindewaismrat

Da Gemeindewaismrat ist daha verpflichtet,

dies zu thun.

solche Familim ausfindig zu machm und die Namm derselbm dem

Landrat bezw. Magistrat behufs weiterer Mittellung

Landeshauptmann feinet Provinz bekannt zu geben.

an

dm

Bevor bet

Gemeindewaismrat dies thut, möge er sorgfältig und gewissmhaft prüfm, ob auch die Familie fich eines tadellosm LmmundeS

erfreut und für eine sittliche polizeiliche Erziehung da Minder« jährigm die ersordaliche Garantie bietet. In Sondaheit wolle

da Gemeindewaismrat nur solche Familim namhaft machm,

von dmm et überzeugt ist, daß fie nicht aus Eigmnutz wegen da mit da Unterbringung des Minderjährigen in Vabindung stehmden

Geldmtschädigung für den Untahalt die Fürsorge-

«ziehung übernehmen, sondan lediglich

auS Interesse für dm

Mindajährigm, um ihn durch ihre Sorge vor da Verwahr­

losung zu

hütm und

auf die Bahnm einer sittlich-religiösen

Erziehung zu leiten.

Nach

§ 11

des Gesetzes ist für jedm Minderjährigen,

welcha in einer Familie zur Fürsorgeerziehung untergedracht

wird, ein Fürsorga

zu bestellen,

welcha die Erziehung und

Pflege des Mindajährigm in da Familie

zu übawachm hat.

Fyrsorga tonnen Manna oda Frauen «erben,

für weibliche

Minderjährige sollen insbesondere letztere bestellt «erben.

gabe

des

Gemeindewaisenrates

machm und dem Landrat

ist

auch

zu

bezw. Magistrat zur «eiteren Mit,

teilung an den Landeshauptmann anzuzeigm.

waismrat möge

Auf­

eS, solche ausfindig

Da Gemeinde­

hierbei die gröhle Vorficht ausüben und

nur solche Pasonm in Vorschlag bringen, welche fich eines tadellosm Rufes «freuen und dm richtigen Takt befitzm, daß

fie nicht durch unzeitige ober ungerechtfertigte Erinnerungen die Familie, welche die Fürsorgeerziehung übernommen hat, be­

lästigen und

schließlich dahin bringen, daß fie die Fürsorge­

erziehung des ihr anverirautm Mindajährigm ausgiebt.

36 Geschäftsverkehr und Geschäftsführung deS GemeindewaisenratS.

HL HeMsverW -es Hmem-ewaifmratr mit -m KomMWaffsgttM Was dm Geschäftsverkehr des GemeindewaisenratS mit

dem Vormundschaftsgericht betrifft, so ist auf beiden ©eiten

darauf zu halten, daß zur Vermeidung unnötigen Schreibwerks daS von einem von Beiben an den andern gerichtete Ersuchen

urschriftlich beantwortet und dem ersuchenden Telle umgehend

zurückgesandt wird.

IV. HtsWsWrung -es Heulein-emisewaLs. Für die Geschäftsfühmng und seine Thätigkeit kann der Gemeindewaisenrat von der Gemeinde eine Entschädigung nicht beanspruchen; wohl aber kann er von chr die Erstattung der

Auslagen, die ihm dmch Anschaffung von Schreibgerät oder dmch Porto

entstanden find, ersetzt verlangen, da chm nicht

zugemutet werden kann,

die chm dmch sein Amt auferlegten

Auslagen aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Für Preußen hat

das Ministerium des Innern und der Finanzen in dem Erlasse

vom 6. September 1876 (Ministerial-Blatt der inneren Ver­ waltung 1876, S. 187) angeordnet,

daß sämtliche an den

Vormund und das Vornmndschastsgericht zu sendenden Briefe mit Freimarken zu versehen sind. Dementsprechend dürften auch

in den übrigen Bundesstaaten seitens der Verwaltungsbehörden

Anordnungen zu treffen sein, daß die Gemeindewaisenräte die baren Auslagen aus der Gemeindekasse ersetzt schalten.

Um sich aber der Gemeinde gegenüber hinsichtlich der ge­ machten Auslagen zu decken, möge der Gemeindewaisemat ein

Ausgabenbuch mit folgenden Spalten anlegen:

11

Datum

Namen

Gegen­

Kurzer

des Ge»

stand der

Inhalt

schLstS,

Sn- ®

bei

des wo ge­

schasfung.

Briefe«.

kauft Ist.

1

Name

I

Adressaten.

de« Kauft

Ab­ sendung.

I

Betrag

bezw. der M. ,Pf.

-------1-----1—r~

Bemerkungen.

36 Geschäftsverkehr und Geschäftsführung deS GemeindewaisenratS.

HL HeMsverW -es Hmem-ewaifmratr mit -m KomMWaffsgttM Was dm Geschäftsverkehr des GemeindewaisenratS mit

dem Vormundschaftsgericht betrifft, so ist auf beiden ©eiten

darauf zu halten, daß zur Vermeidung unnötigen Schreibwerks daS von einem von Beiben an den andern gerichtete Ersuchen

urschriftlich beantwortet und dem ersuchenden Telle umgehend

zurückgesandt wird.

IV. HtsWsWrung -es Heulein-emisewaLs. Für die Geschäftsfühmng und seine Thätigkeit kann der Gemeindewaisenrat von der Gemeinde eine Entschädigung nicht beanspruchen; wohl aber kann er von chr die Erstattung der

Auslagen, die ihm dmch Anschaffung von Schreibgerät oder dmch Porto

entstanden find, ersetzt verlangen, da chm nicht

zugemutet werden kann,

die chm dmch sein Amt auferlegten

Auslagen aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Für Preußen hat

das Ministerium des Innern und der Finanzen in dem Erlasse

vom 6. September 1876 (Ministerial-Blatt der inneren Ver­ waltung 1876, S. 187) angeordnet,

daß sämtliche an den

Vormund und das Vornmndschastsgericht zu sendenden Briefe mit Freimarken zu versehen sind. Dementsprechend dürften auch

in den übrigen Bundesstaaten seitens der Verwaltungsbehörden

Anordnungen zu treffen sein, daß die Gemeindewaisenräte die baren Auslagen aus der Gemeindekasse ersetzt schalten.

Um sich aber der Gemeinde gegenüber hinsichtlich der ge­ machten Auslagen zu decken, möge der Gemeindewaisemat ein

Ausgabenbuch mit folgenden Spalten anlegen:

11

Datum

Namen

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Kurzer

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Bemerkungen.

37

Sachregister. Die

Quittungen über

und mit der darin

die bezahlten Posten

Stummer des

find

aufzuheben

Ausgabenbuchs, unter melcher fie

verzeichnet sind, zu versehm.

Das Ausgabenbuch kann

dann jederzeit mit dm Belägen der Gemeinde zur Begleichung vorgelegt werden.

Sachregister. Die Zahlen verweisen auf die Selten be8 Textes.

Lbhaltung vom Schulbesuch 33. AblehnangSgründe 1, 19, 21. Ablehnungsrecht 19, 20, 21. Abwesende 7. Abwesenheitspfleger 7. Altersgrenze beseitigt 31. Alter-vormundschaft 20. Amt 17, 29. Antrag zur Fürsorgeerziehung 32, 33. SrbettSverhälmiÜ 27. Armendeputation 5. Armenvorsteher 4, 12, 23. Aufenthalt 25, 27. Aufenthaltsort 5, 24, 25, 26. Aufsicht 1, öffentl. 84. Aufsichtsbehörde 5. Ausgabenbuch 36. Auslagen 36. Ausübung der elterlichen Gewalt 80.

Beamter 15, 18, 20. Beaufsichtigen 25. Behörde 4. Beistand 13, 18. Bekenntnis 12. Benennung der Fürsorger 35. Beruf 28. Berufen 13, 14. Berufuag 13. Beschwerde 3. Besprechung 4. Besserungsanstalt 27, 30, 34. Beteiligt 7. Bettelet 35. Bettler 18. vezirkSvorfieher 4, 12, 13. Blind 6.

Bürgerliche Ehrenrechte 15, 18. Bundesstaat 17.

Charakter 4, 16. Eentralwaismrat 5. Lourmunalabgaben 2. Lonfirmation 4. Deutscher 16. Dienstverhältnis 28.

Ehe 7. Ehegatte 10. Eheschließung 28. Ehrenrechte 15, 18. Ehrloses Verhalten 30. Eigentumsvergehen 18. Ellern 4, 8, 9. Elterliche Gewalt 6, 9, 10, 23. Entfernung des Wohnsitzes 19. Entmündigung 6, 7. Entschuldigungsgründe 2. Erziehen 25. Erziehung 5, 8, 18, 20, 26. Erziehungsanstalt 27, 30, 34.

Fabrik 15. Familie 30. Farmlien, zur Uebernahme der Fürsorge et 35. trat 6, 9, 11, 12, 14—21. Familienstand 6, 11, Findelkind 11. Firmelung 4. Frau 15, 19, als Fürsorger 35. Freimarken 86. Fürsorge 7, 27. Fürsorgeerziehung 30 u. ff.

Ä

Gebrechen 6, 19. Geburt 11. Geburtütag 24. Gefängnisstrafe 10. Gefährdung deüNündelvermögenü 8,28,80. Gegenvormund 6, 8 ff. Gegenoormundschaft 18. Geisteskrankheit 17. Geistliche 3, 4. Gemeindeamt 2. Gemeindemitglied 2, 3, 12. Gemeinderechte 2. Gemeindestatut 1. Gemeindeverfaffung 1. Geschä tSführung 86. GeschäftSkenntntS 8, 12. Geschäftsverkehr 11, 86. Geschäftsunfähig 17.

37

Sachregister. Die

Quittungen über

und mit der darin

die bezahlten Posten

Stummer des

find

aufzuheben

Ausgabenbuchs, unter melcher fie

verzeichnet sind, zu versehm.

Das Ausgabenbuch kann

dann jederzeit mit dm Belägen der Gemeinde zur Begleichung vorgelegt werden.

Sachregister. Die Zahlen verweisen auf die Selten be8 Textes.

Lbhaltung vom Schulbesuch 33. AblehnangSgründe 1, 19, 21. Ablehnungsrecht 19, 20, 21. Abwesende 7. Abwesenheitspfleger 7. Altersgrenze beseitigt 31. Alter-vormundschaft 20. Amt 17, 29. Antrag zur Fürsorgeerziehung 32, 33. SrbettSverhälmiÜ 27. Armendeputation 5. Armenvorsteher 4, 12, 23. Aufenthalt 25, 27. Aufenthaltsort 5, 24, 25, 26. Aufsicht 1, öffentl. 84. Aufsichtsbehörde 5. Ausgabenbuch 36. Auslagen 36. Ausübung der elterlichen Gewalt 80.

Beamter 15, 18, 20. Beaufsichtigen 25. Behörde 4. Beistand 13, 18. Bekenntnis 12. Benennung der Fürsorger 35. Beruf 28. Berufen 13, 14. Berufuag 13. Beschwerde 3. Besprechung 4. Besserungsanstalt 27, 30, 34. Beteiligt 7. Bettelet 35. Bettler 18. vezirkSvorfieher 4, 12, 13. Blind 6.

Bürgerliche Ehrenrechte 15, 18. Bundesstaat 17.

Charakter 4, 16. Eentralwaismrat 5. Lourmunalabgaben 2. Lonfirmation 4. Deutscher 16. Dienstverhältnis 28.

Ehe 7. Ehegatte 10. Eheschließung 28. Ehrenrechte 15, 18. Ehrloses Verhalten 30. Eigentumsvergehen 18. Ellern 4, 8, 9. Elterliche Gewalt 6, 9, 10, 23. Entfernung des Wohnsitzes 19. Entmündigung 6, 7. Entschuldigungsgründe 2. Erziehen 25. Erziehung 5, 8, 18, 20, 26. Erziehungsanstalt 27, 30, 34.

Fabrik 15. Familie 30. Farmlien, zur Uebernahme der Fürsorge et 35. trat 6, 9, 11, 12, 14—21. Familienstand 6, 11, Findelkind 11. Firmelung 4. Frau 15, 19, als Fürsorger 35. Freimarken 86. Fürsorge 7, 27. Fürsorgeerziehung 30 u. ff.

Ä

Gebrechen 6, 19. Geburt 11. Geburtütag 24. Gefängnisstrafe 10. Gefährdung deüNündelvermögenü 8,28,80. Gegenvormund 6, 8 ff. Gegenoormundschaft 18. Geisteskrankheit 17. Geistliche 3, 4. Gemeindeamt 2. Gemeindemitglied 2, 3, 12. Gemeinderechte 2. Gemeindestatut 1. Gemeindeverfaffung 1. Geschä tSführung 86. GeschäftSkenntntS 8, 12. Geschäftsverkehr 11, 86. Geschäftsunfähig 17.

38 Geschwister 19. Gewalthaber 6. Großvater 14* Gut-vorstand 2, L

Heiratsregister 11. HllfSorgan L Jntereffm 27.

Kinde-statt 20. Kirchliche Oberbehörden 4. Körperliche Gebrechen V, 17, Körperliche Pflege 8, 26. Kontur- 15, 17, 18. Kontrolle 26, 29. Krankheit 2, 19. Kreis 2. Kreisabgaben 2. KreiSauSschuß 2. KreiSeingeseffenen 2. Landrat 8, 5. Landstreicher 18, 33. Lebensjahr 17, 19. Lebenswandel 18, 32. Lehre 24. Lehrer 4, 5. Leibesfrucht 7. Leichtsinn 26. Liederlichkeit 26. Letztwillige Verfügung 6, 14. Leumund 85. Magistrat 2, 3. Minde^ähriger 6, 9, 15, 22. Mißhandlung 32. Mitbürger 1. Mitglied 2. Mündel 4, 5 ff. Mündeltage 4. Mütterlicher Seite 14. Mutter 9, 10, 16, 30. Nichtigkeit 11.

Oeffentliche Sammlung 7. Ordnungsstrafen 27. OrtSpolizei 21. PfieS« 4, 9,11 ff.

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Anzeige 38c 34. Pfltchtwidrigkett 8, 28, 29. Porto 36. Preußen 16. Quittung 32.

Rechnungslegung 80. ReichSaugehörtgkeit 16. Religiöses Bekenntnis 12. Religion-diener 15, 18. Sammlung 7.

Sachregister. Schädliche Arbeiten 32. Schreibwerk 20, 86. Schreibgerät 31. Schule 5. Schnldeputation 5. Seelsorgeramt 4. Sicherheitsleistung 19. Sittlichkeit-vergehen 18. StaatSamt 2. Staatsangehörigkeit 16. Stadt 12. Stadtverordnete 2. Standesbeamter 11. Strafbare Handlung 31. Stumm 6. Taub 6. Tauglichkeit 15. Tod 5, 10, 11, 23, 29. Todeserklärung 7. Tot 10. Trunkenbold 18. Trunksucht 18, 33.

Unehelich 20. UnfähigkeitSgründe 16, 17. Unsittliche- Verhalten 30. Unterhalt 28. Untauglich 18. UntauglichkeitSgründe 16, 17. Unwürdig 3. Urteil 7. Vater 9, 10, 16, 30. Väterlicher Seite 14. Vergehen 18. Verlegung der Wohnsitzes 8, 25. Vermieten 24. Vermögenslage 11. BermögenSoerfall 30. Vermögensverwaltung 9, 12, 18. DermögenSverzeichniS 30. Lerpflichtun gSrermin 20. Verrohung 27. verschollen 7. Verschulden der Eltern 32, eigenes 33 verschwägerte 12. Verwaltung 7. Verwandte 12, 18. Verwendung 7. Verwilderung 27. Verzeichnis 22, 23, 24. Volljähriger 6, 7, 28. vorläufige Vormundschaft 6, 15. Borleben 16. Vormund 6, 9, 11, 12 ff. Vormundschaft-gericht 7, 8, 34. DormundschastSrecht 28. Vorsitz 4.

Witwe 13. Wohnsitz 8, 25. Zuchthaus 10.