Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung: Dargestellt am Beispiel der Bundesauftragsverwaltung [1 ed.] 9783428555512, 9783428155514

In Zusammenhang mit der als »Moratorium« bekannten befristeten Stilllegung deutscher Kernkraftwerke rückte die Frage nac

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Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung: Dargestellt am Beispiel der Bundesauftragsverwaltung [1 ed.]
 9783428555512, 9783428155514

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1427

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung Dargestellt am Beispiel der Bundesauftragsverwaltung

Von Franziska-Maria Jaschke

Duncker & Humblot · Berlin

FRANZISKA-MARIA JASCHKE

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1427

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung Dargestellt am Beispiel der Bundesauftragsverwaltung

Von

Franziska-Maria Jaschke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahr 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: Textforma(r)t Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-15551-4 (Print) ISBN 978-3-428-55551-2 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2018 von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Zeit als Promotionsstipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes und als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, insbesondere Finanz- und Steuerrecht der Universität Passau. Rechtsprechung und Literatur wurden bis einschließlich Juli 2019 berücksichtigt. Allen voran gilt mein ganz besonderer Dank meinem Doktorvater Herrn Profes­ sor Dr. Rainer Wernsmann für seine stete und uneingeschränkte Unterstützung ebenso wie für seine Förderung und hervorragende Betreuung dieser Arbeit. Durch meine Tätigkeit als studentische Hilfskraft an seinem Lehrstuhl hat er bereits zu Beginn meines Studiums mein Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten geweckt und damit den Grundstein für diese Arbeit gelegt. Herrn Professor Dr. Meinhard Schröder danke ich ganz herzlich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Meinen Dank aussprechen möchte ich zudem der Studienstiftung des deutschen Volkes. Diese hat sowohl mein Studium als auch die Anfertigung dieser Arbeit gefördert. Hierdurch wurde mein akademischer Werdegang nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch ideell enorm bereichert. Großer Dank gilt Magnus Neudenberger für seine wertvollen Anregungen beim Korrekturlesen dieser Arbeit. Bei ihm bedanke ich mich ebenso wie bei Dr. Jan Popel für die schöne gemeinsame Zeit in Passau, die ich immer in bester Erinnerung behalten werde. Meinem Freund Thomas Kreuzinger, der mir in so vielerlei Hinsicht ein Vorbild ist, danke ich von ganzem Herzen für seine Liebe, seine immerwährende Unterstützung und dafür, dass er jeden einzelnen Tag in meinem Leben so sehr bereichert. Besonders bedanken möchte ich mich schließlich bei meinen Eltern. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Sie haben mich mein ganzes Leben lang voller Liebe begleitet und in jeder erdenklichen Weise unterstützt und damit die Anfertigung dieser Arbeit erst ermöglicht. Rosenheim, im Januar 2020

Franziska-Maria Jaschke

Inhaltsübersicht 1. Teil Einführung

21

1. Kapitel

Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

21

§ 1 Anlass der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 § 2 Problemstellung und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 § 3 Begrenzung der Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 § 4 Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2. Kapitel Grundlagen

40

§ 5 Die Weisung als Steuerungsinstrument der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 § 6 Der Begriff des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 § 7 Die Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

2. Teil

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung

49

1. Kapitel

Passivlegitimation im engeren Sinne

49

§ 8 Bedeutung für die Amtshaftung bei Handeln auf Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 § 9 Bestimmung anhand des Bestehens von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten . 50 § 10 Auswirkungen der Existenz der Anvertrauens-, Anstellungs- und Funktionstheorie für den Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

10

Inhaltsübersicht 2. Kapitel



Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung

65

§ 11 Verständnis der Amtspflicht als Dienstpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 § 12 Diskrepanz zwischen Rechtspflicht- und Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 § 13 Remonstrationspflicht als entscheidendes Kriterium für die Annahme einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung . . . . . . . . . . . . . . . 73 § 14 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

3. Kapitel

Beurteilung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung anhand der Regelungen des Beamtenrechts 

85

§ 15 Amtshaftung bei ordnungsgemäßer, erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 § 16 Amtshaftung bei nicht schuldhaft unterbliebener Remonstration . . . . . . . . . . . . . . 118 § 17 Amtshaftung bei schuldhaft unterbliebener Remonstration des angewiesenen Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 § 18 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

4. Kapitel

Belange des Geschädigten

139

§ 19 Prozesskostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 § 20 Verjährung des Amtshaftungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 § 21 Rechtskrafterstreckung des verwaltungsgerichtlichen Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 § 22 Ausschluss divergierender richterlicher Rechtsauffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 § 23 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

5. Kapitel

Heranziehung der Vorschriften des Beamtenrechts zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung

149

§ 24 Relativierung der Amtspflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 § 25 Verschiebung der Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Inhaltsübersicht

11

6. Kapitel

Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger

155

§ 26 Fehlende Berücksichtigung des beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens . . . 157 § 27 Anwendbarkeit der Regelungen des Beamtenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 § 28 Remonstration zwischen Verwaltungsträgern als Maßstab für die Beurteilung der Bindungswirkung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . 192 § 29 Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 § 30 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

7. Kapitel

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung

246

§ 31 Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 § 32 Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 § 33 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

8. Kapitel Schlussbetrachtung

276

3. Teil

Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

280

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einführung

21

1. Kapitel

Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

21

§ 1 Anlass der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Zunehmende Bedeutung des Weisungsrechts des Art. 85 III GG in der Rechtspraxis seit Ende der 1980er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Befristete Stilllegung deutscher Kernkraftwerke im März 2011 . . . . . . . . . . . 24 III. Schadensersatzforderungen von Kernkraftwerkbetreibern in Folge der befristeten Stilllegung der Kernkraftwerke im März 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 § 2 Problemstellung und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 I. Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht im Falle rechtswidrigen Handelns bei Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 § 3 Begrenzung der Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I.

Weisung als Einzelweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

II. Materielle Rechtswidrigkeit der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Endgültige Kostentragungspflicht bei Erteilung einer Weisung . . . . . . . . . . . . 36 § 4 Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2. Kapitel Grundlagen

40

§ 5 Die Weisung als Steuerungsinstrument der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I.

Begriff der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

II. Merkmale, Funktion und Anwendungsbereich von Weisungen . . . . . . . . . . . . 42 § 6 Der Begriff des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 § 7 Die Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I.

Begriff der Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

II. Rechtliche Einordnung der Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

14

Inhaltsverzeichnis III. Bedeutung der Passivlegitimation für das Rechtsschutzbegehren des Klägers 47 IV. Passivlegitimation im engeren Sinne als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

2. Teil

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung

49

1. Kapitel

Passivlegitimation im engeren Sinne

49

§ 8 Bedeutung für die Amtshaftung bei Handeln auf Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 § 9 Bestimmung anhand des Bestehens von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten . 50 § 10 Auswirkungen der Existenz der Anvertrauens-, Anstellungs- und Funktionstheorie für den Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2. Kapitel

Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung

65

§ 11 Verständnis der Amtspflicht als Dienstpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 I.

Historische Entwicklung des Amtshaftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

II. Heutiges Verständnis der Amtspflichtverletzung als Verletzung einer Dienstpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 § 12 Diskrepanz zwischen Rechtspflicht- und Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 § 13 Remonstrationspflicht als entscheidendes Kriterium für die Annahme einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung . . . . . . . . . . . . . . . 73 I.

BGH NJW 1959, 1629 f. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

II. Die Regelungen des Beamtenrechts zur Weisungsbefolgungs- und Remonstrationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Grundsätzliche Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen . . . . . . . . . . . . . 76 2. Unverbindlichkeit einer Weisung bei Überschreitung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Bedeutung der Remonstration bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung 78 4. Interpretation von BGH NJW 1959, 1629 f. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 5. Folgerungen für verschiedene Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 III. Befolgung von Weisungen durch Beamte im lediglich haftungsrechtlichen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 § 14 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Inhaltsverzeichnis

15

3. Kapitel Beurteilung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung anhand der Regelungen des Beamtenrechts 



85

§ 15 Amtshaftung bei ordnungsgemäßer, erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I.

Amtshaftung anknüpfend an die Umsetzung einer Weisung . . . . . . . . . . . . . . 85

II. Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen verbindlichen Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Notwendigkeit einer Amtshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Ansätze für die Begründung eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Grundsatz der Einheit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Allgemeine Grundsätze des Amtshaftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) Amtspflichtverletzung durch die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 cc) Drittbezogenheit der Amtspflichten des anweisenden Amtswalters 92 dd) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 ee) Kausalität und Zurechnungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 III. Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 I 1, 2, II 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . 101 1. Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Rechtslage vor Einfügung und landesgesetzlicher Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Amtshaftung des Rechtsträgers der Baugenehmigungsbehörde . . . . . . 104 b) Amtshaftung der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Bedürfnis nach einer Amtshaftung der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Begründung der Amtshaftung der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (1) Begründung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (3) Anwendung der allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Rechtslage nach Einfügung und landesgesetzlicher Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Drittbezogenheit der Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde . . . 111 b) Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4. Der Aspekt des Vertrauensschutzes bei begünstigenden Maßnahmen . . . . 114

16

Inhaltsverzeichnis

§ 16 Amtshaftung bei nicht schuldhaft unterbliebener Remonstration . . . . . . . . . . . . . . 118 I.

Maßstäbe für die Beurteilung des Verschuldens des angewiesenen Amtswalters 119

II. Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung . . . 122 1. Gefahr der Haftungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Zurechnung der Verwirklichung tatbestandlicher Voraussetzungen . . . . . . 123 III. Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung bei Beteiligung einer Fachbehörde 124 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 § 17 Amtshaftung bei schuldhaft unterbliebener Remonstration des angewiesenen Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 I.

Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . 130

II. Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 III. Subsidiarität (§ 839 I 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 IV. Gesamtschuldnerische Haftung (§ 840 I BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 § 18 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 I. Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Würdigung in dogmatischer Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung der Passivlegitimation . . 138 4. Kapitel

Belange des Geschädigten

139

§ 19 Prozesskostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 § 20 Verjährung des Amtshaftungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 I.

Beginn der Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

II. Hemmung der Verjährung durch Inanspruchnahme primären Rechtsschutzes

144

§ 21 Rechtskrafterstreckung des verwaltungsgerichtlichen Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 § 22 Ausschluss divergierender richterlicher Rechtsauffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 § 23 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5. Kapitel Heranziehung der Vorschriften des Beamtenrechts zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung



149

§ 24 Relativierung der Amtspflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 § 25 Verschiebung der Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I.

Verletzung einer Amtspflicht durch die Befolgung einer verbindlichen Weisung 152

II. Verschiebung der Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Inhaltsverzeichnis

17

6. Kapitel

Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger

155

§ 26 Fehlende Berücksichtigung des beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens . . . 157 § 27 Anwendbarkeit der Regelungen des Beamtenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Beamtenrechtliches Weisungsrecht der Vorgesetzten . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Rechtliche Einordnung der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Erteilung einer Weisung gegenüber kommunalen Gebietskörperschaften und die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 4. Ausdifferenzierte Binnenorganisation angewiesener Verwaltungsträger . . 165 II. Kompetenzverteilung zwischen anweisendem und angewiesenem Verwaltungs­ träger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Fehlende gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Verwaltungsträgers bei Rechtswidrigkeit der Weisung . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Fachaufsichtliche Weisungen gegenüber Gemeinden . . . . . . . . . . 168 bb) Weisungen nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Kompetenz zur Aufhebung der erteilten Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 d) Wirksamkeit und grundsätzliche Verbindlichkeit rechtswidriger Wei­ sungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Das Recht des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters, die Recht­ mäßigkeit der vorzunehmenden Handlung zu prüfen . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Handlungsmöglichkeiten der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Sinn und Zweck des Remonstrationsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung . . . . . . . . 176 aa) Pflicht des Bundes, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Sachkompetenz des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (1) Unterscheidung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz in der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (2) Wahrnehmungs- und Sachkompetenz als Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (3) Begriffsverständnis des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

18

Inhaltsverzeichnis (4) Auswirkungen der Sachkompetenz auf das Prüfungsrecht des Landes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung . . . . . 181 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3. Teleologische Reduktion der Remonstrationspflicht bei Zwecklosigkeit . . 185 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

§ 28 Remonstration zwischen Verwaltungsträgern als Maßstab für die Beurteilung der Bindungswirkung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Bestehen eines Remonstrationsrechts des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 II. Bestehen einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Übereinstimmungen zwischen dem beamtenrechtlichen Weisungsverhältnis und dem Weisungsverhältnis zwischen Verwaltungsträgern . . . . . . . . . . . . 196 2. Begründungsansätze für das Bestehen einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . 198 a) Remonstration als Mittel zur Befreiung der angewiesenen Stelle von der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Pflicht des Landes, die Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht gegenüber dem Bund geltend zu machen . . . . . . . . . 199 c) Remonstration als Mittel zur Effektuierung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 d) Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Pflichtenbegründung durch den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Die finanziellen Belange des Bundes als zu schützendes Interesse 206 (1) Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 (a) Konnexitätsgrundsatz des Art. 104a I GG . . . . . . . . . . . 206 (b) Art. 104a II  GG als Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (c) Verteilung von Verwaltungs- und Zweckausgabenlast in der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (d) Einordnung von Haftungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (2) Haftungsregelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG . . . . . . . . . . . 214 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 e) Vereinbarkeit einer Remonstrationspflicht des Landes mit dem Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 f) Vereinbarkeit einer Remonstrationspflicht des Landes mit dessen eigenen Belangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

Inhaltsverzeichnis

19

III. Auswirkungen der Anerkennung einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Folgen einer Remonstration des angewiesenen Verwaltungsträgers . . . . . . 225 2. Auswirkungen auf die Bestimmung der Passivlegitimation bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 IV. Exkurs: Erteilung einer Weisung gegenüber einer Gemeinde . . . . . . . . . . . . . 230 § 29 Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 I.

Ungeschriebene Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . 232

II. Auslegung der ungeschriebenen Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Entsprechende Anwendung des § 44 I VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Offensichtliche Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 3. Entsprechende Anwendung des Art. 79 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4. Divergenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht bei Ertei­ lung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung und im Beamtenrecht 237 a) Auflösung durch Auslegung der Vorgaben des BVerfG . . . . . . . . . . . . 240 b) Auflösung durch Modifikation der Grenzen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht anhand des Merkmals der Offensichtlichkeit . 243 § 30 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

7. Kapitel Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung



246

§ 31 Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 I.

Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

II. Wahrnehmungskompetenz der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Wahrnehmungskompetenz als Grundbegriff des Verwaltungsorganisationsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Verwendung des Begriffs der Wahrnehmungskompetenz durch das BVerfG 250 a) BVerfGE 81, 310 ff. („Kalkar II“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) BVerfGE 104, 249 ff. („Biblis A“) und das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff (BVerfGE 104, 273 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . 253 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 III. Das „Ende der Sachkompetenz des Bundes vor Erlass des Außenrechtsaktes“ 255 IV. Fehlendes Erfordernis der Beiladung des Bundes (§ 65 I, II VwGO) bei verwaltungsgerichtlichen Prozessen in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

20

Inhaltsverzeichnis V. Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 VI. Eigenstaatlichkeit der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

§ 32 Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 I.

Eigenverantwortliches Handeln des Landes als Ausgangspunkt für die Beurteilung der amtshaftungsrechtlichen Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

II. Amtshaftung des Bundes aufgrund eigenverantwortlichen Handelns . . . . . . . 268 § 33 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 I. Ergebnisse zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 II. Zusammenhang mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . 273

8. Kapitel Schlussbetrachtung

276

3. Teil

Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

280

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

1. Teil

Einführung 1. Kapitel

Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit § 1 Anlass der Arbeit I. Zunehmende Bedeutung des Weisungsrechts des Art. 85 III GG in der Rechtspraxis seit Ende der 1980er Jahre In einem Bundesstaat stellt das Verhältnis zwischen Bund und Ländern eine der bedeutsamsten verfassungsrechtlichen Fragestellungen dar.1 Dies betrifft auch die Bundesauftragsverwaltung als durch Art. 85 GG erstmals verfassungsrechtlich verankerte Form einer Auftragsverwaltung zwischen Zentralstaat und Gliedstaaten2. Diese erfuhr bis zum Ende der 1980er Jahre in der rechtswissenschaftlichen Literatur nur äußerst geringe Aufmerksamkeit.3 Bedingt war dies wohl dadurch, dass in den Anwendungsbereichen der Bundesauftragsverwaltung4 zunächst ein 1

Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 7. Janz, Weisungsrecht, S. 25, S. 31; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31; Schäfer, DÖV 1960, 641; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (422); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 36; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 15, S. 31. Die Auftragsverwaltung war der Rechtsund Verfassungswirklichkeit insb. der Weimarer Republik allerdings bereits bekannt, siehe nur Art. 15 WRV sowie die einfachgesetzliche Ausgestaltung von Art. 14 WRV etwa durch § 11 des Gesetzes über den Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstrassen von den Ländern auf das Reich v. 29.07.1921, RGBl. S. 961. Hierzu eingehend Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 25 ff.; Schäfer, DÖV 1960, 641 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 31 ff. Zur historischen Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung ab dem Jahre 1871 Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 12 ff.; Janz, Weisungsrecht, S. 31 ff. 3 Ausnahmen hierzu bilden Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, 1951; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, 1957; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, 1972; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, 1974. Janz, JuS 2003, 126 (127) bezeichnet die Zeit bis zum Ende der 1980er Jahre als „verfassungsgerichtlichen und wissenschaftlichen ‚Halbschlummer‘“. Zu diesem auch Janz, Weisungsrecht, S. 116 f. 4 Nunmehr normiert in Art. 87b II, 87c, 87d II, 89 II 3, 4, 90 III, 104a III 2, 108 III, 120a GG. Hierzu etwa Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 6; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 6 ff.; Janz, Weisungsrecht, S. 101 ff.; Loschelder, Weisungen, S. 112 ff.; Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 72 ff.; Tschentscher, Bundesauftrags­ verwaltung, S. 54 ff. 2

22

1. Teil: Einführung

weitgehender Konsens zwischen Bund und Ländern bestand.5 Demnach kam auch dem durch Art. 85 III GG gewährten Weisungsrecht der obersten Bundesbehörden gegenüber den obersten Landesbehörden6 in der Praxis keine Bedeutung zu,7 obwohl es das zentrale und prägende Instrument des Bundes zur Steuerung des Verwaltungshandelns in der Bundesauftragsverwaltung darstellt8. Eine Änderung trat mit den vermehrt auftretenden Konflikten zwischen Bund und Ländern im Bereich der Nutzung der Kernenergie ein.9 Diese wurden durch deren zunehmend kontroverse Beurteilung bedingt, waren mitunter jedoch auch rein politisch motiviert.10 Die Ausführung des die Nutzung der Kernenergie regelnden Atomgesetzes11 unterfällt in weiten Teilen der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85  GG. Dies resultiert aus der Ermächtigung des Art. 87c GG,12 von der durch § 24 I 1 AtG Gebrauch gemacht wurde, und betrifft insbesondere die in § 7 AtG geregelte Geneh­ migung von sowie die in § 19 I 1 AtG geregelte staatliche Aufsicht über die Errichtung und den Betrieb von Kernkraftwerken als kerntechnische Anlagen im Sinne von § 2 IIa Nr. 1a) AtG.13 In den 1980er Jahren wurde durch den damaligen Bundesminister des Innern und sodann durch den damaligen Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und 5

Janz, Weisungsrecht, S. 116 ff.; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 29 f.; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (423); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (164 f.); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (420 f.). Schäfer, DÖV 1960, 641 (649) dagegen geht von vielfachen Kontroversen lediglich ohne Anrufung des BVerfG aus. Zu den insofern widersprüchlichen Aussagen in der Lit. Hartung, JA 1991, 137 (138). 6 Gemäß Art. 85 III 2 GG sind Weisungen an die obersten Landesbehörden zu richten, sofern kein Eilfall vorliegt. 7 Hartung, Atomaufsicht, S. 103; Lange, NVwZ 1990, 928; Lange, Weisungsrecht, S. 11; Loschelder, Weisungen, S. 21. 8 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 59; Janz, Weisungsrecht, S. 161; ­Loschelder, Weisungen, S. 79; Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 55; Schulte, ­­VerwArch 81 (1990), 415 (425); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 20; Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 27; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 39. F. Kirchhof, in: Maunz  / ​­Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 62 bezeichnet das Weisungsrecht des Bundes als „[…] ein Kernstück des Rechtsinstituts der Bundesauftragsverwaltung […]“; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​ Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 21 als „[…] gewichtigste und prägende Einflussnahmemöglichkeit des Bundes im Bereich der Auftragsverwaltung […]“. 9 Janz, Weisungsrecht, S. 118 ff. Eingehend zu den Auseinandersetzungen in Bezug auf das Weisungsrecht nach Art. 85 III GG Janz, Weisungsrecht, S. 167 ff. 10 Hartung, Atomaufsicht, S. 103; Janz, JuS 2003, 126 (127); Janz, Weisungsrecht, S. 117 f.; Lange, NVwZ 1990, 928; Lange, Weisungsrecht, S. 11; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 ff. Hierzu auch Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 48, Rn. 59; Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht, S. 63 (S. 73 ff.); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (165); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (420 f.); Wieland, ZUR 2004, 7; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 180 f. 11 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) i. d. F. der Bekanntmachung v. 15.07.1985, BGBl. I S. 1565. Im Folgenden abgekürzt als AtG. Siehe zur Zweckbestimmung des Gesetzes nur dessen § 1. 12 Hierzu etwa Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (194) in Bezug auf § 1 Nr. 1, Nr. 2 AtG. 13 Hierzu Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (194); Steinberg, AöR 110 (1985), 419.

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

23

Reaktorsicherheit gegenüber dem damaligen Hessischen Minister für Technik und Wirtschaft in Bezug auf die Brennelementefabriken Nukem II und Alkem II insbesondere hinsichtlich der Erteilung von Teilgenehmigungen nach § 7 AtG von dem Weisungsrecht des Art. 85 III GG Gebrauch gemacht.14 Auch in der Folgezeit betraf die Inanspruchnahme des Weisungsrechts des Art. 85 III GG weitestgehend die Nutzung der Kernenergie.15 Für großes Interesse in der Öffentlichkeit sorgte dabei vor allem das von dem damaligen Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegenüber dem damaligen nordrhein-westfälischen Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie im Mai 1988 mittels Art. 85 III GG ausgesprochene Verbot, im Genehmigungsverfahren für die Errichtung des Schnellen Brüters Kalkar ein Gutachten bei der TÜV-Arbeitsgemeinschaft Kerntechnik West in Auftrag zu geben, um anlässlich des Reaktorunfalls in Tschernobyl vom 26.04.1986 zu prüfen, ob sich aus den hierdurch gewonnenen Erkenntnissen Konsequenzen für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren des Kernkraftwerks Kalkar ergäben.16 Diese Nutzung des dem Bund durch Art. 85 III  GG eingeräumten Weisungsrechts in der Rechtspraxis führte zu einer intensiven Auseinandersetzung des rechts­ wissenschaftlichen Schrifttums hiermit.17 Einer eingehenden Betrachtung wurde dabei insbesondere die Fallkonstellation, in der ein nach Art. 85 III GG angewiesenes Land die im Außenverhältnis vorzunehmende Maßnahme als rechtswidrig erachtet, unterzogen. Hierbei wurden sowohl die Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Landes18 als auch die rechtlichen Möglichkeiten des Bundes, die 14

Lange, NVwZ 1990, 928; Loschelder, Weisungen, S. 23 ff.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 30 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 197, Rn. 201. 15 Lange, NVwZ 1990, 928; Loschelder, Weisungen, S. 31 f. Siehe die eingehende Darstellung von Konflikten im Bereich der Erzeugung und Nutzung der Kernenergie bei Janz, Weisungsrecht, S. 167 ff.; Loschelder, Weisungen, S. 23 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 180 ff. Allerdings ist die etwa von Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 59 sowie Ost / ​Pelzer, atw 1979, 22 (23) getroffene Aussage, dass regelmäßig bzw. bei nahezu jedem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren Weisungen ergingen, nicht hinreichend belegt und wohl durch eine Verwendung des Begriffs der Weisung im umgangssprachlichen Sinne bedingt. Siehe hierzu die überzeugende Argumentation bei Hartung, Atomaufsicht, S. 102 mit Fn. 459 sowie bei Janz, Weisungsrecht, S. 231 ff. 16 Zu diesem Sachverhalt siehe BVerfGE 81, 310 (311 ff.); Janz, Weisungsrecht, S. 173 ff.; Lange, Weisungsrecht, S. 125; Loschelder, Weisungen, S. 25 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 33 ff. In BVerfGE 81, 310 (317 ff.) wird das Schreiben des Bundesministers, das die Weisung nach Art. 85 III GG enthielt („[…] sehe ich mich Veranlaßt [sic], Sie gemäß Artikel 85 Abs. 3 des Grundgesetzes anzuweisen, […]“), wörtlich wiedergegeben. 17 Durch Ossenbühl, Weisungen des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung, Der Staat 28 (1989), 31–48; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, 1990; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, 1992; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, 2003. 18 Hierzu Steinberg, Handlungs- und Entscheidungsspielräume des Landes bei der Bundesauftragsverwaltung unter besonderer Berücksichtigung der Ausführung des Atomgesetzes,

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1. Teil: Einführung

Befolgung der Weisung durchzusetzen19, intensiv erörtert. Da das Land Nordrhein-Westfalen die im Mai 1988 erteilte Weisung für rechtswidrig hielt und hiergegen mittels eines Bund-Länder-Streits vor dem BVerfG (Art. 93 I Nr. 3 GG i. V. m. §§ 13 Nr. 7, 69, 64–67 BVerfGG) vorging, wurde diesem die Möglichkeit eröffnet, ein Grundsatzurteil zu dieser Fragestellung zu fällen.20 Wie im Folgenden zu zeigen ist, wurden im Bereich der Bundesauftragsverwaltung jedoch noch nicht sämtliche Rechtsfragen geklärt.21 II. Befristete Stilllegung deutscher Kernkraftwerke im März 2011 Am 11.03.2011 wurde in dem japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi durch einen in Folge eines Seebebens an der japanischen Pazifikküste ausgelösten Tsunami eine Kernschmelze ausgelöst.22 Nach Gesprächen zwischen Vertretern der Bundesregierung mit Vertretern derjenigen Länder, in denen zum damaligen Zeitpunkt Kernkraftwerke in Betrieb waren, gab die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 14.03.2011 in einer Pressekonferenz gegenüber der Öffentlichkeit bekannt, die durch die 11. Novelle des AtG23 geregelte Laufzeitverlängerung der 17 deutschen Kernkraftwerke zwischenzeitlich auszusetzen, um eine umfassende AöR 110 (1985), 419–446; Winter, Rechtsschutz gegen Weisungen in der atomrechtlichen Bundesauftragsverwaltung, DVBl. 1985, 993–998; Lerche, Zur Angreifbarkeit von Weisungen des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, BayVBl. 1987, 321–324; Steinberg, Rechtsschutz eines Landes gegen atomrechtliche Weisungen des Bundes, atw 1987, 282–285; Wagner, Zum Weisungsrecht des Bundes im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren – Voraussetzungen und Rechtsschutz, DVBl. 1987, 917–924; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, 1989. 19 Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, 1998. 20 Lange, NVwZ 1990, 928; Lange, Weisungsrecht, S. 125. Siehe zu der Rechtsauffassung des Landes Nordrhein-Westfalen BVerfGE 81, 310 (320 ff.) sowie Steinberg, Bundesaufsicht. Diese Monographie stellt eine überarbeitete Fassung des Rechtsgutachtens dar, das von Steinberg im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen erstellt und von diesem in dem BVerfGE 81, 310 ff. zugrunde liegenden Bund-Länder-Streit (Art.  93 I Nr. 3  GG) vorgelegt wurde. Siehe zudem zur Rechtsauffassung des Landes Schleswig-Holstein, welches sich in einer Stellungnahme äußerte, BVerfGE 81, 310 (327). Das Land Schleswig-Holstein legte ein Gutachten von Lange vor, der seine Rechtsauffassung in Lange, Weisungsrecht und Lange, NVwZ 1990, 928 ff. zum Ausdruck brachte. Siehe zur Auffassung der Bundesregierung, die den Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet hielt, BVerfGE 81, 310 (323 ff.). Die Bundesregierung bevollmächtigte für das Verfahren vor dem BVerfG Ossenbühl. Zu dessen Auffassung siehe Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 ff. 21 In diesem Sinne Janz, Weisungsrecht, S. 120 f. So jedoch Wieland, ZUR 2004, 7 (8, 11) in Bezug auf die Rspr. des BVerfG. 22 Hierzu sowie zu dem in den folgenden Absätzen dargestellten Sachverhalt eingehend LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 1 ff., verkürzt wiedergegeben in LG Bonn EnWZ 2016, 426–434. Zudem VGH Kassel EnWZ 2013, 233 (234); Becker, ZNER 2013, 339 ff.; Ewer / ​Behnsen, NJW 2011, 1182 f. Hierzu sowie zur politischen und rechtlichen Entwicklung im Bereich des Kernenergierechts Kloepfer / ​Bruch, JZ 2011, 377 ff.; Kraß, in: FS Dolde, S. 223 ff. 23 Elftes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes v. 08.12.2010, BGBl. I S. 1814.

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

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Sicherheitsüberprüfung durchführen zu können. In Gesprächen einigten sich die Bundeskanzlerin, der Bundesumweltminister und der Bundeswirtschaftsminister mit den Ministerpräsidenten der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein am 15.03.2011 dahingehend, die sieben ältesten deutschen Kernkraftwerke und das Kernkraftwerk Krümmel für einen Mindestzeitraum von drei Monaten einstweilig stillzulegen, um bis zu einem Gesetzes­ beschluss über eine etwaige dauerhafte Stilllegung24 das Risiko der Atomenergie neu bewerten zu können. Diesbezüglich erging am 16.03.2011 ein Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit an die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, in dem den zuständigen Landesministerien der gefällte Beschluss mitgeteilt wurde. Dieses Schreiben enthielt die folgende Textpassage: „Zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs bitte ich Sie daher, der Anordnung der zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Kernkraftwerken vereinbarten dreimonatigen Betriebseinstellung der sieben ältesten deutschen Kernkraftwerke § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 des Atomgesetzes als Rechtsgrundlage zugrunde zu legen und diese mit den Ausführungen unter II. zu begründen.“25

Daraufhin erließen die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Niedersachsen Betriebseinstellungsanordnungen, die mit dem Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 16.03.2011 im Wesentlichen identisch waren.26 Diese waren sowohl formell als auch materiell rechtswidrig,27 da die erforderliche Anhörung 24

Nach Auffassung des BVerfG ist der durch das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes v. 31.07.2011, BGBl. I S. 1704 schließlich normierte beschleunigte Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie weitgehend verfassungsgemäß (BVerfGE 143, 246 ff.). Hierzu Berkemann, DVBl. 2017, 793 ff.; Roller, ZUR 2017, 277 ff. Im Bereich des Kernenergierechts hatte sich das BVerfG in jüngster Vergangenheit zudem mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes (KernbrStG) v. 08.12.2010, BGBl. I S. 1804 auseinanderzusetzen. Mit Beschl. v. 13.04.2017 erklärte das BVerfG dieses aufgrund des Verstoßes gegen Art. 105 II Var. 1 GG i. V. m. Art. 106 I Nr. 2 GG für nichtig (BVerfG NJW 2017, 2249 ff.). Hierzu Wernsmann, JZ 2017, 954 ff. 25 So die wörtliche Wiedergabe des Schreibens bei Becker, ZNER 2013, 339 (342). 26 Die Anordnungen betrafen die Kernkraftwerke Biblis Block A und B, Isar 1, Neckarwestheim I, Philippsburg 1 und Unterweser. Die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel waren wegen der Umsetzung von Nachrüstungsmaßnahmen nicht in Betrieb, sodass kein Bedarf nach einer derartigen Anordnung bestand (Kraß, in: FS Dolde, S. 223 [S. 233 f.]). 27 VGH Kassel EnWZ 2013, 233 (Ls. 1, Ls. 2, 234 ff.) für die Anordnung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18.03.2011 zur dreimonatigen Betriebseinstellung des Kernkraftwerkes Biblis A; VGH Kassel DVBl. 2013, 726 (Ls. 1, Ls. 2, 727 ff.) für die Anordnung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18.03.2011 zur dreimonatigen Betriebseinstellung des Kernkraftwerkes Biblis B; LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 72, insb. in Bezug auf die Anordnung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg vom 16.03.2011 zur dreimonatigen Betriebseinstellung der Kernkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg 1; Battis / ​Ruttloff, NVwZ 2013, 817 ff. Äußerst krit. zu den Urteilen des VGH Kassel Becker, ZNER 2013, 339 (341 ff.).

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1. Teil: Einführung

(§ 28 LVwVfG) der Kernkraftwerkbetreiber unterblieben war,28 die tatbestandliche Voraussetzung des Vorliegens von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter (§ 19 III 1 Var. 6 AtG) nicht vorlag, das Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt wurde und die Rechtsfolge unverhältnismäßig war.29 III. Schadensersatzforderungen von Kernkraftwerkbetreibern in Folge der befristeten Stilllegung der Kernkraftwerke im März 2011 Von den Betreibern RWE Power AG30, E.ON Kernkraftwerke GmbH31 und EnBW Energie Baden-Württemberg AG32 wurden in Folge der als „Moratorium“33 bezeichneten vorübergehenden Betriebseinstellung der Kernkraftwerke Schadensersatzforderungen in einer Gesamthöhe von rund 880 Millionen Euro geltend gemacht. RWE als Betreiberin der Kernkraftwerke Biblis A und B forderte vor dem Die gegen die Urteile des VGH Kassel eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden wurden vom BVerwG zurückgewiesen (BVerwG DVBl. 2014, 303 ff.), sodass die Urteile des VGH Kassel rechtskräftig sind. Äußerst krit. zum Beschluss des BVerwG aufgrund dessen Begrenzung auf den Anhörungsmangel (§ 28 HVwVfG) als selbständig tragende Begründung Gärditz, EurUP 2014, 136 ff. 28 Siehe hierzu nur BVerwG DVBl. 2014, 303 (Os. 1, 303 ff.); Gärditz, EurUP 2014, 136 (137 ff.) hinsichtlich der Anordnungen in Bezug auf die Kernkraftwerke Biblis A und B. Der Anhörungsmangel war bei den Anordnungen in Bezug auf die Kernkraftwerke Biblis A und B nicht gemäß § 45 I Nr. 3, II HVwVfG geheilt worden, da die Anforderungen an eine ordnungsgemäße nachträglich durchgeführte Anhörung nicht erfüllt wurden (VGH Kassel, Urt. v. 27.02.2013, Az. 6 C 824/11.T (abrufbar über juris), Ls. 1, Rn. 53 f., nur verkürzt wiedergegeben in VGH Kassel EnWZ 2013, 233 ff.; VGH Kassel, Urt. v. 27.02.2013, Az. 6 C 825/11.T (abrufbar über juris), Ls. 1, Rn. 53 f., nur verkürzt wiedergegeben in VGH Kassel DVBl. 2013, 726 ff. § 46 HVwVfG war insofern nicht einschlägig, als eine Entscheidung nach § 19 III 1 AtG eine pflichtgemäße Ermessensausübung voraussetzt und bei Ermessensentscheidungen regelmäßig nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Behörde bei Beachtung des Verfahrensrechts zu einer anderen Entscheidung in der Sache gekommen wäre (BVerwG DVBl. 2014, 303 [305 f.]; VGH Kassel, Urt. v. 27.02.2013, Az. 6 C 824/11.T [abrufbar über juris], Ls. 1, Ls. 1.2, Rn. 55 ff., nur verkürzt wiedergegeben in VGH Kassel EnWZ 2013, 233 ff.; VGH Kassel, Urt. v. 27.02.2013, Az. 6 C 825/11.T [abrufbar über juris], Ls. 1, Ls. 1.2, Rn. 55 ff., nur verkürzt wiedergegeben in VGH Kassel DVBl. 2013, 726 ff. 29 VGH Kassel EnWZ 2013, 233 (Ls. 2, 234 ff.); VGH Kassel DVBl. 2013, 726 (Ls. 2, 728 ff.); LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 72; Battis / ​Ruttloff, NVwZ 2013, 817 (818 ff.); Rebentisch, NVwZ 2011, 533 (534 f.). Zur Rechtswidrigkeit der Anordnung wegen des Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 III 1 AtG zudem Bruch / ​Greve, DVP 2011, 178 (185); Ewer / ​Behnsen, NJW 2011, 1182 ff.; Kloepfer / ​Bruch, JZ 2011, 377 (386). Zur Rechtmäßigkeit von Ermessensentscheidungen, dem maßgeblichen Zeitpunkt für deren Beurteilung sowie zur Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle der Ermessensausübung eingehend Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 5 AO, Rn. 120 ff., Rn. 235 ff., Rn. 267 ff. 30 Im Folgenden abgekürzt als RWE. 31 Im Folgenden abgekürzt als E.ON. 32 Im Folgenden abgekürzt als EnBW. 33 Wie wenig diese Bezeichnung überzeugen kann zeigt Kraß, in: FS Dolde, S. 223 (S. 232).

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

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LG Essen von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Hessen Schadensersatz in Höhe eines entgangenen Gewinns von 235.310.891,60 Euro.34 E.ON machte vor dem LG Hannover gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern eine Schadensersatzforderung in Höhe von 153.786.724,67 Euro zuzüglich Zinsen wegen der Betriebseinstellung des Kernkraftwerkes Isar 1 sowie eine Schadensersatzforderung in Höhe von 228.427.912,52 Euro zuzüglich Zinsen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Niedersachsen wegen der Betriebseinstellung des Kernkraftwerkes Unterweser geltend.35 EnBW erhob vor dem LG Bonn Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg auf Zahlung von 261.191.024,49 Euro zuzüglich Zinsen wegen der Abschaltung der Kernkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg 1.36 Die Kernkraftwerkbetreiber stützten ihre Forderungen jeweils sowohl auf den Anspruch aus Amtshaftung aus § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG als auch auf den Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff.37 Allein RWE ergriff gericht­ lichen Rechtsschutz, um die Aufhebung der Stilllegungsanordnungen bezogen auf die Kernkraftwerke Biblis A und B zu erreichen. Im Schadensersatzprozess vor dem LG Essen fand am 17.12.2015 der erste Termin zur mündlichen Verhandlung statt. EnBW und E.ON verzichteten dagegen auf die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz.38 Wegen des Vorrangs des Primärrechtsschutzes, der für den Amtshaftungsanspruch in § 839 III  BGB normiert ist, scheitern Amtshaftungs­ ansprüche aus § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG bereits an der fehlenden Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes, ohne dass es auf die Amtspflicht- und Rechtswidrigkeit der Anordnungen ankäme.39 Dementspre 34 LG Essen, Az. 4 O 226/14. Siehe hierzu die Pressemitteilung des LG Essen v. 08.12.2015, abrufbar über http://www.lg-essen.nrw.de/​behoerde/​presse/​Presseerklaerungen/​Archiv-2015/ RWE-POWER-AG---BRD/​index.php, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. 35 LG Hannover, Az. 19 O 232/14. Siehe hierzu die Pressemitteilung Nr. 76/16 des LG Hannover v. 04.07.2016, S. 1, abrufbar über https://web.archive.org/​web/20160704132434/http:// www.landgericht-hannover.niedersachsen.de/​download/108620/76-16_Urteil_Klage_wg_ Atommoratorium_abgewiesen.pdf, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. Eine Veröffentlichung des Urteils lag noch am 09.07.2019 auch bei juris nicht vor. 36 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 34. 37 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 52 ff., Rn. 90 ff.; Pressemitteilung des LG Essen v. 08.12.2015, abrufbar über http://www.lg-essen.nrw.de/​ behoerde/​presse/​Presseerklaerungen/​Archiv-2015/RWE-POWER-AG---BRD/​index.php, zuletzt abgerufen am 09.07.2019; Pressemitteilung Nr. 76/16 des LG Hannover v. 04.07.2016, S. 1 ff., abrufbar über https://web.archive.org/​web/20160704132434/http://www.landgerichthannover.niedersachsen.de/​download/108620/76-16_Urteil_Klage_wg_Atommoratorium_ abgewiesen.pdf, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. 38 Zu den Beweggründen der Kernkraftwerkbetreiber für ihre jeweilige Vorgehensweise eingehend Kraß, in: FS Dolde, S. 223 (S. 235 ff.). Die von RWE zunächst erhobene Anfechtungsklage (§ 42 I Fall 1 VwGO) wurde nach Ablauf der Befristung der Stilllegungsanordnung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 Var. 2 VwGO) umgestellt, VGH Kassel NVwZ 2012, 1350. 39 VGH Kassel NVwZ 2012, 1350 (1351 f.); Gärditz, EurUP 2014, 136 (140); Kraß, in: FS Dolde, S. 223 (S. 239 f.); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196). Zur Sicherung des Vor-

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1. Teil: Einführung

chend wiesen das LG Bonn und das LG Hannover die Schadensersatzforderungen von EnBW und E.ON mit Urteilen vom 06.04.2016 und 04.07.2016 gestützt auf § 839 III BGB sowie hinsichtlich des Anspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff gestützt auf § 254 BGB ab.40 EnBW legte gegen das Urteil des LG Bonn Berufung zum OLG  Köln ein,41 E.ON gegen das Urteil des LG Hannover Berufung zum OLG Celle.42 In § 4 des am 26.06.2017 geschlossenen Vertrags zur Finanzierung der Kosten des Kernenergieausstieges43 verpflichteten sich RWE, EnBW und E.ON allerdings gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, die dargestellten, in Anlage 4 Nummer 13 bis 15 des Vertrags aufgeführten Schadensersatzprozesse unter Tragung der Kosten durch Klagerücknahme (§ 269 I, II, III 1 ZPO) zu beenden und aus den diesen zugrunde liegenden Sachverhalten künftig keinerlei Ansprüche geltend zu machen.

§ 2 Problemstellung und Ziel der Arbeit I. Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht im Falle rechtswidrigen Handelns bei Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG Die auf § 19 III 2 Nr. 3 AtG gestützten Stilllegungsanordnungen der zuständigen Landesbehörden gegenüber den Kernkraftwerkbetreibern ergingen aufgrund von § 24 I 1 AtG i. V. m. §§ 22–23d AtG im Auftrag des Bundes (Art. 85 GG). Sofern man das Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 16.03.2011 gegenüber den zuständigen Landesministerien als Weisung nach Art. 85 III GG einordnet,44 wird durch die dargestellten Vorgänge die rangs des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes durch § 839 III  BGB Axer, DVBl. 2001, 1322 (1330 ff.); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 93 f.; Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 465 ff. Zum Vorrang des Primärrechtsschutzes als allgemeinem Grundsatz des Staatshaftungsrechts Axer, DVBl. 2001, 1322 ff.; Masing, in: Hoffmann-Riem  / ​ Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 7 Rn. 133. 40 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Ls. 5, Rn. 67 ff., Rn. 90 ff.; Pressemitteilung Nr. 76/16 des LG  Hannover v. 04.07.2016, S. 3 f., abrufbar über https:// web.archive.org/​web/20160704132434/http://www.landgericht-hannover.niedersachsen.de/​ download/108620/76-16_Urteil_Klage_wg_Atommoratorium_abgewiesen.pdf, zuletzt abgeru­ fen am 09.07.2019. 41 Siehe hierzu die Meldung von Legal Tribune Online v. 12.05.2016, abrufbar über http:// www.lto.de/​persistent/​a_id/19371/, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. Das Verfahren war anhän­ gig unter Az. 7 U 82/16. 42 Siehe hierzu die Meldung der F. A. Z. v. 24.11.2016, abrufbar über http://www.faz.net/-gqe8nppl, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. Das Verfahren war anhängig unter Az. 16 U 117/16. 43 Abrufbar über http://www.bmwi.de/​Redaktion/​DE/​Downloads/​M-O/​oeffentlich-recht​ licher-vertrag-zum-entsorgungsfonds.pdf?__blob=publicationFile&v=10, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. 44 So die Auffassung der Länder Baden-Württemberg (LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 [abrufbar über juris], Rn. 42), Hessen (VGH Kassel, Urt. v. 27.02.2013, Az. 6 C 824/11.T, Rn. 22 ff., nicht abgedruckt in VGH Kassel EnWZ 2013, 233 ff.; VGH Kassel, Urt. v. 27.02.2013,

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

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Frage aufgeworfen, ob die anweisende oder die angewiesene Stelle schadens­ersatzbeziehungsweise entschädigungspflichtig ist, wenn die Befolgung einer nach Art. 85 III GG erteilten Weisung ein rechtswidriges Handeln im Außenverhältnis darstellt. Dies betrifft insbesondere den Amtshaftungsanspruch aus § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG als zentrales Instrument des deutschen Staatshaftungsrechts. Das rechtswissenschaftliche Schrifttum setzte sich bis zu den dargestellten Schadensersatzforderungen der Kernkraftwerkbetreiber nur vereinzelt mit dieser Fragestellung auseinander.45 In Folge der befristeten Stilllegung der Kernkraftwerke erfuhr die Amtshaftung bei Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG durch ein im Außenverhältnis rechtswidriges Verhalten im rechtswissenschaftlichen Schrifttum jedoch vermehrt Aufmerksamkeit.46 Dies betrifft auch die Rechtsprechung, da das LG Bonn im Gegensatz zum LG Hannover die Möglichkeit nutzte,

Az. 6 C 825/11.T, Rn. 22 ff., nicht abgedruckt in VGH Kassel DVBl. 2013, 726 ff.), Niedersachsen und des Freistaates Bayern (Pressemitteilung Nr. 76/16 des LG Hannover v. 04.07.2016, S. 2, abrufbar über https://web.archive.org/​web/20160704132434/http://www.landgericht-hannover. niedersachsen.de/​download/108620/76-16_Urteil_Klage_wg_Atommoratorium_abgewiesen. pdf, zuletzt abgerufen am 09.07.2019). Ebenso Battis / ​Ruttloff, NVwZ 2013, 817 (818 f.), ­Becker, ZNER 2013, 339 (340, 342), Gärditz, EurUP 2014, 136 (137 ff.); Rebentisch, NVwZ 2011, 533. Ablehnend dagegen die Bundesrepublik Deutschland in den Verfahren gegen E.ON, RWE und EnBW (LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 [abrufbar über juris], Rn. 43); Pressemitteilung des LG Essen v. 08.12.2015, abrufbar über http://www.lg-essen.nrw.de/​ behoerde/​presse/​Presseerklaerungen/​Archiv-2015/RWE-POWER-AG---BRD/​index.php, zuletzt abgerufen am 09.07.2019; Pressemitteilung Nr. 76/16 des LG Hannover v. 04.07.2016, S. 2, abrufbar über https://web.archive.org/​web/20160704132434/http://www.landgericht-hannover. niedersachsen.de/​download/108620/76-16_Urteil_Klage_wg_Atommoratorium_abgewiesen. pdf, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. Ebenso Ewer / ​Behnsen, NJW 2011, 1182 (1183); Kraß, in: FS Dolde, S. 223 (S. 234 mit Fn. 63) unter Heranziehung von Äußerungen des hessischen Ministerpräsidenten Bouffier. Zudem ablehnend Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (934 f.) unter Würdigung der öffentlich zugänglichen Quellen zu den Vorgängen ab dem 11.03.2011. Die Argumentation von Schmitt / ​Wohlrab ist allerdings insofern fragwürdig, als aus etwaigen Verstößen gegen die Anforderungen aus der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten und dem Gebot der Weisungsklarheit nicht zwingend zu folgern ist, dass keine Weisung nach Art. 85 III GG vorliege. Hierzu BVerwG DVBl. 2014, 303 (306); Bosch, EnWZ 2013, 238 (239). Zu Unklarheiten in Bezug auf die Einordnung von Äußerungen des Bundes als Weisungen nach Art. 85 III GG Janz, Weisungsrecht, S. 239 ff.; Lange, NVwZ 1990, 928. 45 Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 94 ff. setzte sich bereits im Jahre 1951 mit der Amtshaftung in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung auseinander. Er beschäftigte sich allerdings lediglich mit der Frage der Passivlegitimation bei Amtspflichtverletzungen von Angestellten und Beamten des Landes und äußerste sich nicht zur Amtshaftung bei Handeln auf Weisung. Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 123 ff. dagegen thematisierte die Amtshaftung bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG bereits im Jahre 1957. Vor den Ereignissen im März 2011 widmete sich in der jüngeren Vergangenheit allein Herbst, DV 37 (2004), 51 ff. dieser Fragestellung. 46 Eingehend Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 ff.; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932. Zudem Bosch, EnWZ 2013, 238 (238 f.), Ewer / ​Behnsen, NJW 2011, 1182 (1183); Hofmann, EnWZ 2014, 51 (56).

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1. Teil: Einführung

sich hierzu zu äußern.47 Allerdings gehen diese Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung inhaltlich größtenteils nicht über den bereits bestehenden, nahezu einhelligen Meinungsstand hinaus. Soweit es in der Literatur insofern eindeutige Aussagen gibt,48 wird größtenteils von einer ausschließlichen Amtshaftung des Landes ausgegangen, wenn dieses bei Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG im Außenverhältnis rechtswidrig handelt.49 Begründet wird dies zunächst damit, dass ausschließlich das Land im Außenverhältnis tätig werde. Da allein dem Vollzug der Weisung durch das Land amtshaftungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen sei,50 sei es unerheblich, ob dieses Handeln durch Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG fremdbestimmt worden sei51. Zudem wird argumentiert, dass die Länder auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG in Ausübung eigener, originärer Staatsgewalt im Außenverhältnis tätig würden und die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung einzuordnen sei.52 Schließlich bedinge die Wahrneh 47

LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn.53 ff. Das LG Hannover ließ die Frage des Haftungssubjekts dagegen offen (Pressemitteilung Nr. 76/16 des LG Hannover v. 04.07.2016, S. 3, abrufbar über https://web.archive.org/​web/20160704132434/ http://www.landgericht-hannover.niedersachsen.de/​download/108620/76-16_Urteil_Klage_ wg_Atommoratorium_abgewiesen.pdf, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. 48 Unklar in Bezug auf die Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Art. 85 Rn. 62, welcher aus der Wahrnehmungskompetenz des Landes schließt, dass diesem allein die „[…] Aktiv- und Passivlegitimation im Verwaltungsverfahren und in eventuell folgenden Gerichtsverfahren […]“ zukomme; Trute, in: von Mangoldt / ​ Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 29, dem zufolge „[…] das Land nach außen hin für eine etwaige Rechtswidrigkeit einstehen muss, den Inhalt der Weisung also gegenüber Dritten zu verantworten hat.“ Offenlassend Lange, Weisungsrecht, S. 19 f. Eine Haftung des Landes wohl bejahend dagegen Lange, NVwZ 1990, 928 (929). 49 So dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland folgend LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Ls. 2, Ls. 3, Rn. 43, Rn. 53 ff.; Bosch, EnWZ 2013, 238 f.; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 4; Ewer / ​Behnsen, NJW 2011, 1182 (1183); Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12; Haun, Bundesaufsicht, S. 126 mit Fn. 40; Hofmann, EnWZ 2014, 51 (56); Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 503; Loschelder, Weisungen, S. 93 f.; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195 f.); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (433); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 42; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 222 ff.; Winkler, Kompetenzverbund, S. 122 f., S. 280 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 307, S. 309 f. I.Erg. ebenso Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166), Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff.; Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (96). Dies voraussetzend Battis / ​Ruttloff, NVwZ 2013, 817 (818); Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 403 ff. mit Fn. 40, Fn. 53; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 26, 45, 59.6, 59.7. 50 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 53 ff.; Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 302, S. 506 f., S. 515; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195 f.); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 226; Woditschka, Weisungsrecht, S. 307, S. 309 f. 51 Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 508; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932; Winkler, Kompetenzverbund, S. 122 f.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 307, S. 309 f. Dies voraussetzend Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 258 f. 52 Janz, Weisungsrecht, S. 503, S. 506, dem zufolge allein diese Sichtweise dem Wesen der Bundesauftragsverwaltung gerecht werde. Ebenso Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Loschelder, Weisungen, S. 93; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 223; Wolst,

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

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mungskompetenz der Länder in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) deren Amtshaftung und stehe einer Amtshaftung des Bundes zwingend entgegen.53 Dies werde durch die Rechtsprechung des BVerfG zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in der Bundesauftragsverwaltung bedingt.54 Zudem müsse sich der Dritte im Amtshaftungsprozess vor allem dann, wenn die interne Kommunikation zwischen Bund und Land für ihn nicht erkennbar ist, darauf berufen können, dass ihm gegenüber das Land gehandelt habe.55 Eine Haftung des Bundes gegenüber Dritten sei in Fällen der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG generell ausgeschlossen,56 sodass bereits aus diesem Grunde Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche gegen das Land zu richten seien57. Dies wird damit begründet, dass die Sachkompetenz des Bundes vor Erlass des Außenrechtsaktes ende.58 Einer Haftung des Bundes stünde zudem entgegen, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff. mit Fn. 462. Ähnlich Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 70; Hamann, in: Hamann / ​Lenz, GG, Art.  85 Anm. A. 53 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 56 dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland (Rn. 43) folgend; Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 506, S. 508; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 138; Loschelder, Weisungen, S. 93 f., S. 96 f.; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195 f.)., Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 223; Varentsov, DÖV 2017, 53 (57); Winkler, Kompetenzverbund, S. 122 f., S. 280 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 81 ff. Ähnlich Hermes, in: Dreier, GG, Band III, Art. 85 Rn. 25 anknüpfend an die durch die Wahrnehmungskompetenz bedingte Zurechnung eines Handelns im Außenverhältnis zu dem jeweiligen Land; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (433). Unklar in Bezug auf die haftungsrechtlichen Auswirkungen der Wahrnehmungskompetenz Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45, dem zufolge die Wahrnehmungskompetenz zur Parteistellung in allfälligen gerichtlichen Rechtsschutzverfahren führe. 54 Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 unter Bezugnahme auf BVerfGE 81, 310 ff. 55 Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12 Fn. 48. 56 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Ls. 2, Rn. 54; Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 70; Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 506; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Woditschka, Weisungsrecht, S. 307, S. 309 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff. 57 Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 70; Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 11; Groß, Haftung, S. 48, S. 120 f; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 59.7; Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 503; Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (431); Steinberg, atw 1987, 282 (283); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 42; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff. Dies voraussetzend Jeddeloh, Haftung, S. 98 mit Fn. 89. Entgegen Steinberg, Bundesaufsicht, S. 42 kann nicht angenommen werden, dass hiervon auch die Ausgleichsregelung des § 18 IV AtG ausgehe. Auch wenn § 18 IV 1 AtG die Folgen einer Entschädigungspflicht des Landes thematisiert, geschieht dies ebenso in Bezug auf eine etwaige Entschädigungspflicht des Bundes in § 18 IV 2 AtG. 58 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 54 gestützt auf Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196). Deren Auffassung ist zurückzuführen auf F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 63, siehe hierfür bereits F. Kirchhof, in: Maunz / ​ Dürig, GG, Band V, Stand: 67. EL 2012, Art. 85 Rn. 63.

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1. Teil: Einführung

dass die Ausübung des Weisungsrechts des Art. 85 III GG nicht einmal das Erfordernis einer Beiladung des Bundes nach § 65 I, II VwGO in Verwaltungsprozessen aufgrund der die Weisung umsetzenden Maßnahme bedinge.59 Darüber hinaus sollen dem Bund bei Ausübung des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG keine drittbezogenen Amtspflichten obliegen, sodass ein Amtshaftungsanspruch gegen den Bund auch hieran scheitere.60 Dies widerspricht der Auffassung von RWE, wonach eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland unabhängig von der Frage der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III  GG aus einer unzureichenden Aufsichtsführung resultiere, da dem Bund die Amtspflicht obliege, rechtswidriges Handeln der Länder durch Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG zu verhindern.61 Auffällig an den dargestellten Begründungsansätzen für eine ausschließliche Amtshaftung der Länder ist, dass sie allein einer verfassungsrechtlichen Perspektive entstammen62. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs vor allem in Hinblick auf das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung, die Frage des Verschuldens des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters sowie der Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden bleiben dagegen größtenteils unberücksichtigt. Lediglich äußerst vereinzelte Stimmen in der Literatur setzen sich mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs auseinander63 und folgern hieraus, dass bei Befolgung einer verbindlichen Weisung nach Art. 85 III GG ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land als Anstellungskörperschaft des im Außenverhältnis rechtswidrig handelnden Amtswalters nicht in Betracht komme, da dieser keine Amtspflichtverletzung begehe.64 Aus diesem Grunde

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Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196). Dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland folgend LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Ls. 4, Rn. 43, Rn. 57 ff., insb. Rn. 61; Broß / ​Mayer, in: von  Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 30; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs,  GG, Art. 85 Rn. 6 Fn. 15; Janz, Weisungsrecht, S. 507; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (433 f.); T ­ schentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 118. Zu weiteren Argumenten, die für eine Amtshaftung des Landes in Folge eines rechtswidrigen Verhaltens durch die Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG vorgebracht werden, noch eingehend unten §§ 31, 32. 61 Pressemitteilung des LG Essen v. 08.12.2015 zu Az. 4 O 226/14, abrufbar über http://www. lg-essen.nrw.de/​behoerde/​presse/​Presseerklaerungen/​Archiv-2015/RWE-POWER-AG---BRD/​ index.php, zuletzt abgerufen am 09.07.2019. 62 Darauf hinweisend, dass Reichweite und Folgen der Bundesaufsicht aus Art. 83 ff. überwiegend aus staatsrechtlicher Perspektive diskutiert werden, Burgi, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 43. 63 Gärditz, EurUP 2014, 136 (137, 139 f.) in Bezug auf die Anordnung der vorübergehenden Stilllegung der Kernkraftwerke Biblis A und B. 64 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke,  GG, Art.  85 Rn.  19; Herbst, DV 37 (2004), 51 (53 ff.); Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 38 unter Rückgriff auf Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17, die jedoch nicht explizit auf die Bundesauftragsverwaltung oder die Verbindlichkeit der Weisung eingehen; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 178, allerdings ebenfalls ohne Bezug zur Verbindlichkeit der Weisung und zudem in Widerspruch zu Rn. 138, in der von einer Haftung des Landes aufgrund 60

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

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hafte der Bund.65 Zu diesem Ergebnis führt auch die Auffassung, dass mit Erteilung der Weisung die haftungsrechtliche Verantwortung auf den Bund übergehe.66 Die staatshaftungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur setzt sich seit langem mit der Frage des Haftungssubjekts im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung auseinander.67 Anerkannt ist dabei, dass der Weisungsempfänger bei Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung nicht aus Amtshaftung in Anspruch genommen werden kann.68 Die Übertragung dieses Grundsatzes auf die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG wird jedoch größtenteils abgelehnt.69 II. Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung im Allgemeinen Die Schadensersatzforderungen der Kernkraftwerkbetreiber infolge der Stilllegungsanordnungen verdeutlichen, dass die amtshaftungsrechtliche Beurteilung des Handelns auf Weisung nicht nur von hoher praktischer Relevanz ist, sondern zugleich enorme finanzielle Auswirkungen hat70 und einer methodischen Aufarbeitung bedarf. Da Weisungen über ihre Anwendung in der Bundesauftragsverwaltung hinaus das typische Element der Steuerung hierarchischer Verwaltung darstellen, beschränkt sich die vorliegende Arbeit nicht auf den speziellen Fall der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG. Vielmehr soll die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung umfassend geklärt werden. Eingehende Auseinandersetzungen mit dieser Thematik sind in der rechtswissenschaftlichen

seiner Wahrnehmungskompetenz auch bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung ausgegangen wird; Uerpmann-Wittzack, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 87c Rn. 7. I.Erg. bereits im Jahre 1957 ebenso Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128. Zu weiteren Argumenten, die gegen eine Amtshaftung des Landes bei rechtswidrigem Handeln in Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG und für eine Amtshaftung des Bundes vorgebracht werden, noch eingehend unten §§ 31, 32. 65 Herbst, DV 37 (2004), 51 (61 ff.); Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 178; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128; Suerbaum, in: Epping / ​ Hillgruber,  GG, Art. 85 Rn. 38; Uerpmann-Wittzack, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 87c Rn. 7. Ähnlich Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  85 Rn. 19, dem zufolge ein Vorgehen gegen den Bund geboten sei. 66 Maurer, Staatsrecht, § 18 Rn. 18. In diesem Sinne wohl auch Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 130, der bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG eine Verantwortung des Bundes „mit allen rechtlichen, politischen und finanziellen Folgen“ annimmt. Ablehnend Janz, Weisungsrecht, S. 506 f. 67 Hierzu noch eingehend unten §§ 11–15 sowie §§ 24, 25. 68 Hierzu noch unten §§ 13–15, § 25. 69 Siehe neben der soeben dargestellten Argumentation für eine Amtshaftung des angewiesenen Landes ausdrücklich LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Ls. 1, Rn. 55. 70 Hierzu Herbst, DV 37 (2004), 51 (53 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 26, S. 305 ff.

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1. Teil: Einführung

Literatur derzeit noch nicht anzutreffen,71 obwohl der dargestellten Fragestellung sowohl für die beteiligten Verwaltungsträger als auch für den rechtsschutzsuchenden Geschädigten eine enorme Bedeutung zukommt. Bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern hat der angewiesene Verwaltungsträger deren Umsetzung im Außenverhältnis im verwaltungsgericht­ lichen Verfahren des primären Rechtsschutzes zu vertreten.72 Da die Entscheidung in der Sache von Amtswaltern des anweisenden Verwaltungsträgers getroffen wurde, besteht ein enormes Spannungsverhältnis zwischen der Zurechnung der Maßnahme im Außenverhältnis und deren Fremdbestimmtheit.73 Aus diesem Grunde soll zunächst geklärt werden, anhand welcher Kriterien das Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs bei Handeln auf Weisung zu bestimmen ist. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, dass die Erteilung einer Weisung nicht zu einem generellen Entfallen eines ohne arbeitsteiliges Verhalten bestehenden Amtshaftungsanspruchs führen darf.74 In praktischer Hinsicht sind etwaige Lösungs­ ansätze darauf zu überprüfen, ob die durch sie verursachten Schwierigkeiten des Geschädigten bei Ermittlung des Haftungssubjekts noch zumutbar sind. Da bereits seit langem eine Reform des Staatshaftungs- und damit auch des Amtshaftungsrechts gefordert wird, scheint dieses Vorhaben der Gefahr zu begegnen, aufgrund eines Tätigwerdens des Gesetzgebers nurmehr eine rechtshistorische Betrachtung zu ermöglichen. Allerdings ist eine gesetzliche Neuregelung des Staatshaftungsrechts trotz der Schaffung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch Art. 72, 74 I Nr. 25, II GG75 im Jahre 1994 zumindest in naher Zukunft nicht zu erwarten76. Zwar wurde eine Kodifikation des Staatshaftungsrechts unter Punkt 5.2 (Moderne Justiz) bereits im Koalitionsvertrag von 2013 für die 18. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart, jedoch würden hierdurch laut Auskunft des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 30.04.2015 keine inhaltlichen Änderungen des geltenden Staatshaftungsrechts vorgesehen. Dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zufolge

71 Anders dagegen im verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutz durch Juhnke, Die Passivlegitimation bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, 1985 sowie durch Diewald, Passivlegitimation bei der Anfechtung von im Wege der Ersatzvornahme erlassenen Verwaltungsakten durch Drittbetroffene, BayVBl.  2006, 40–43. Die eingehendste Darstellung im Bereich des Amtshaftungsrechts ist Herbst, DV 37 (2004), 51 ff. zuzuschreiben. Speziell zum Bereich der Kommunalaufsicht zudem Pfeiffer, Haftung für Pflichtverletzungen der Kommunalaufsichtsbehörde, 2006. 72 Brenner, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 78 Rn. 19 f.; Herbst, DV 37 (2004), 51 (68); Lange, NVwZ 1990, 928 (929). Speziell zur Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG noch unten § 31 II. 1. 73 Lange, NVwZ 1990, 928 (929): „auffällige[r] Kontrast“; „Verantwortungsdilemma“. 74 Hierzu noch eingehend unten § 15 II. 1. 75 Art. 74 I Nr. 25, II GG angefügt durch Art. 1 Nr. 6a dd, Nr. 6b des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes v. 27.10.1994, BGBl. I S. 3146. 76 Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 21 f.

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

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sei eine gesetzgeberische Reform des Staatshaftungsrechts zwar wünschenswert, stelle jedoch kein prioritäres Vorhaben dar. Da bereits das Ziel einer Kodifikation des Staatshaftungsrechts vom Gesetzgeber bislang nicht vorangetrieben wurde, ist davon auszugehen, dass der Erkenntnisgewinn dieser Arbeit die derzeit geltende Rechtslage auch noch in näherer Zukunft betreffen wird.

§ 3 Begrenzung der Themenstellung I. Weisung als Einzelweisung Wie die nähere Auseinandersetzung mit dem Begriff der Weisung zeigen wird,77 kann darunter grundsätzlich auch die allgemeine Weisung gefasst werden. In dieser Arbeit wird dem darzustellenden Begriffsverständnis folgend unter dem Begriff der Weisung jedoch lediglich die Einzelweisung verstanden. Auf Erkenntnisse in Bezug auf als allgemeine Verwaltungsvorschriften einzuordnende allgemeine Weisungen wird nur insoweit zurückgegriffen, als dies Folgerungen in Hinblick auf die rechtliche Beurteilung von Einzelweisungen ermöglicht.78 II. Materielle Rechtswidrigkeit der Weisung In die Betrachtung einbezogen wird lediglich die Erteilung materiell rechts­ widriger Weisungen, sodass Verstöße gegen die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der jeweiligen Weisung bis auf vereinzelte Ausnahmen außer Betracht bleiben. Die Rechtmäßigkeit der Weisung ist entgegen einer vornehmlich in der Vergangenheit vertretenen Auffassung nicht an vom Außenrecht divergierenden Innenrecht zu messen.79 Demnach befreit die Erteilung einer Weisung die anweisende

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Hierzu unten § 5 I. Zur Vergleichbarkeit von allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen im Bereich des Amtshaftungsrechts etwa Menger, ­VerwArch 51 (1960), 64 (72). Für den Bereich der allgemeinen Verwaltungsvorschriften siehe zudem die eingehende rechtliche Würdigung durch Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968. 79 So jedoch Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 44 ff., S. 54 ff.; Schnapp, Beamtenrecht, S. 162, S. 182 ff. Dies aufgrund der Vermengung von Fragen der Rechtmäßigkeit und der Verbindlichkeit einer Weisung zurecht kritisierend Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192 f. mit Fn. 29). Siehe zur Kritik an dieser Auffassung zudem die Nw. bei Felix, Remonstrationsrecht, S. 18 f. Fn. 13. Zur Unterscheidung zwischen Rechtmäßigkeit, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit einer Weisung zudem Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 129 f.; Lange, Weisungsrecht, S. 93; Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322); Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 Fn. 34; Pauly, Weisungen, S. 180 f., S. 207; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 62 ff.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 200 ff., S. 239 ff., S. 259 f. 78

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1. Teil: Einführung

Stelle nicht von ihrer Bindung an Recht und Gesetz aus Art. 20 III  GG.80 Die Recht­mäßigkeit der Weisung ist folglich anhand des Gegenstands der Weisung zu bewerten. Aus diesem Grunde sind die rechtlichen Anforderungen, die für die vorzunehmende Handlung gelten, entscheidend.81 Demnach ist eine Weisung, deren Befolgung ein rechtswidriges Verhalten im Außenverhältnis darstellt, selbst rechtswidrig.82 III. Endgültige Kostentragungspflicht bei Erteilung einer Weisung Im Fall der Erteilung einer Weisung steht die endgültige Kostentragungspflicht in engem Zusammenhang mit der Haftung gegenüber Dritten. Als Frage des Innenregresses zwischen Verwaltungsträgern betrifft sie sowohl die Lastenverteilung als auch die Haftung zwischen Verwaltungsträgern. Eine intensive Auseinandersetzung mit diesen Aspekten würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen,83 sodass auf sie verzichtet werden musste. Soweit sich die Frage der Kostentragung jedoch auf die

80

Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 129 ff.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 186, S. 190, S. 208 ff.; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192 f.); Winter, DVBl. 1985, 993 (995). 81 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 61; Schoch, Jura 2006, 358 (361); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192 f.). 82 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 32; Lange, Weisungsrecht, S. 69 ff., S. 116; Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322); Pauly, Weisungen, S. 222 f.; Rieger, Weisung, S. 143 ff.; Schoch, Jura 2006, 358 (361); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 23, S. 36 f.; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  85 Rn.  30; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 190 f.; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192); Winter, DVBl. 1985, 993 (995). A. A. Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (45 f.), welcher jedoch – wie Lange, Weisungsrecht, S. 70 f. und Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192 f. mit Fn. 29) zutreffend feststellen  – wiederum nicht hinreichend zwischen Rechtmäßigkeit und Bindungswirkung einer Weisung unterscheidet. Gleiches gilt für Ost / ​Pelzer, atw 1979, 22 (23 ff.). Unklar in Hinblick auf Art. 85 III GG dagegen die Äußerungen des BVerfG in BVerfGE 81, 310 (Ls. 2b, 332 f.), die allerdings wohl dahingehend zu verstehen sind, dass auch eine Weisung nach Art. 85 III GG, mit der zu rechtswidrigem Verhalten aufgefordert wird, wegen der Bindung des Bundes an Recht und Gesetz nach Art. 20 III GG als rechtswidrig einzuordnen ist. Siehe hierzu nur Hantke, DVBl. 1990, 824 (825); Janz, Weisungsrecht, S. 514; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 138; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (933); Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 53. 83 Siehe etwa die grundlegende Darstellung von Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, 1998 sowie die ausführliche Darstellung von Hoppenstedt, Die amtshaftungsrechtlichen Beziehungen zwischen juristischen Personen des Öffentlichen Rechts, 2010. Siehe zudem zu speziellen Fallkonstellationen Brinktrine, Die Amts- und Staatshaftung der Rechts- und Fachaufsichts­ behörden für Maßnahmen der Kommunalaufsicht, DV 43 (2010), 273 ff.; Erichsen, Zur Haftung im Bund-Länder-Verhältnis, 1986; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, 2003, S. 301 ff.; von Komorowski, Amtshaftungsansprüche von Gemeinden gegen andere Verwaltungsträger, in: ­VerwArch 93 (2002), 62 ff.; Mitzel, Die Amtshaftung im Rahmen der Kommunalaufsicht gegenüber Gemeinden, 2007; Viegener, Drittschutz staats-, wirtschafts- und gemeinschaftsaufsichtsrechtlicher Bestimmungen, 2008. Zudem speziell in Zusammenhang mit der Frage der Amtshaftung gegenüber Dritten bei Erteilung einer Weisung Herbst, DV 37 (2004), 51 (52 mit Fn. 3).

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

37

Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung auswirkt, wird sie in dieser Arbeit berücksichtigt.84

§ 4 Gang der Darstellung Eingangs wird der für diese Arbeit zentrale Begriff der Weisung erläutert (§ 5 I) und sowohl die Funktion als auch der Anwendungsbereich von Weisungen dargestellt (§ 5 II). Sodann wird auf die Begriffe des Amtswalters (§ 6) sowie der Passivlegitimation (§ 7) eingegangen, wobei insbesondere die Bedeutung der Passivlegitimation für das Rechtsschutzbegehren des Bürgers aufgezeigt wird (§ 7 III). Da die Passivlegitimation im engeren Sinne den Ausgangspunkt für die Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs bildet, leitet deren Erörterung (1. Kapitel) den Hauptteil zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung (2. Teil) ein. Zunächst wird die Bedeutung der Passivlegitimation im engeren Sinne speziell für den Fall des Handelns auf Weisung dargestellt (§ 8). Hieran anknüpfend wird gezeigt, dass die Passivlegitimation im engeren Sinne anhand des Bestehens von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten zu bestimmen ist (§ 9) und hinterfragt, welche Auswirkungen dies für den Geschädigten hat (§ 10). Anschließend wird geklärt, wann die Umsetzung einer Weisung als Verletzung einer Amtspflicht einzuordnen ist (2. Kapitel). Hierbei ist auf die Diskrepanz zwischen Rechts- und Dienstpflicht einzugehen (§ 12) und die Remonstrationspflicht als entscheidendes Kriterium für die Annahme einer Amtspflichtverletzung darzustellen (§ 13). In diesem Zusammenhang ist auch auf Beamte im lediglich haftungsrechtlichen Sinne einzugehen (§ 13 III). Sodann wird das Bestehen von Amtshaftungsansprüchen bei Erteilung und Umsetzung einer Weisung anhand der Regelungen des Beamtenrechts erörtert (3. Kapitel). Dabei wird zwischen der ordnungsgemäßen Durchführung des Remonstrationsverfahrens (§ 15) sowie der schuldhaft (§ 17) und nicht schuldhaft unterbliebenen Remonstration (§ 16) unterschieden. Zu hinterfragen ist jeweils, unter welchen Voraussetzungen die Umsetzung, aber auch die Erteilung einer Weisung zum Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs führen kann. Die gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf die Amtshaftung werden anhand der Kriterien zur Be 84

Insb. wurde davon abgesehen, die Frage des Bestehens eines Amtshaftungsanspruchs des angewiesenen Verwaltungsträgers gegenüber dem anweisenden Verwaltungsträger gerichtet auf den Ersatz von Schäden, die aus der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung resultieren, zu thematisieren. Dies beruht darauf, dass bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern von einem Zusammenwirken beider Stellen auszugehen ist, sodass hieraus keine Amtshaftungsansprüche zwischen den beteiligten Verwaltungsträgern entstehen können. Siehe hierzu nur BGH NVwZ 1991, 707 (Ls., 708) sowie speziell in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Janz, Weisungsrecht, S. 329 ff., insb. S. 332 f. A. A. in Bezug auf die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG wohl Gärditz, EurUP 2014, 136 (140).

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1. Teil: Einführung

stimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 I, II 1 BauGB (§ 15 III) sowie bei Beteiligung einer Fachbehörde (§ 16 III) auf ihre Überzeugungskraft hin überprüft und vervollständigt. Hierbei kann gezeigt werden, dass die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit erfolgt (§ 18 I). Da die Anwendung des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit für den Geschädigten bei der Bestimmung des Haftungssubjekts mit Schwierigkeiten verbunden ist (§ 18 III), wird anschließend erörtert, ob die gewonnenen Erkenntnisse auch bei Berücksichtigung der Belange des Geschädigten aufrechterhalten werden können (4. Kapitel). Dabei wird deutlich, dass weder das Prozesskostenrisiko des Geschädigten (§ 19) noch eine etwaige Verjährung des Amtshaftungsanspruchs (§ 20) einer Passivlegitimation des anweisenden Verwaltungsträgers entgegenstehen. Nachdem zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung zunächst lediglich die Vorschriften des Beamtenrechts herangezogen wurden, wird diese Vorgehensweise unter Berücksichtigung alternativer Vorgehensweisen kritisch hinterfragt (5. Kapitel). Deutlich wird, dass bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Remonstration des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters von Rechtsprechung und Literatur von der Bindungswirkung einer rechtswidrigen Weisung ausgegangen wird (§ 26). Da die Regelungen des Beamtenrechts aufgrund der Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers auf die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis grundsätzlich anwendbar sind (§ 27 I), ist zu klären, wie diese Vorgehensweise begründet werden kann und ob sie dogmatisch überzeugen kann. Einzugehen ist dabei insbesondere auf die Kompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers zur letztverbindlichen Entscheidung (§ 27 II 1) sowie auf das Bestehen eines Prüfungsrechts der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung (§ 27 II 2). Anhand der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG wird dabei insbesondere hinterfragt, ob die Sachkompetenz des Bundes der Annahme eines derartigen Prüfungsrechts entgegensteht (§ 27 II 2c). Festgestellt werden kann, dass die Annahme der Verbindlichkeit einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern ohne ordnungsgemäße, aber erfolglose Durchführung eines Remonstrationsverfahrens innerhalb derjenigen Behörde, der der für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständige Amtswalter zuzuordnen ist, nur überzeugen kann, wenn der Anwendungsbereich der Remons­ trationspflicht teleologisch reduziert wird und die Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern hierdurch bedingt nicht von diesem erfasst wird (§ 27 II 3). Hiervon ist auszugehen, wenn die Durchführung des Remonstrationsverfahrens

1. Kap.: Anlass, Gegenstand und Ziel der Arbeit

39

nicht zu einer Aufhebung oder Abänderung der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers beitragen kann. Aus diesem Grunde ist zu thematisieren, ob für das Verhältnis zwischen angewiesenem und anweisendem Verwaltungsträger das Bestehen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeit als entscheidend zu erachten ist (§ 28 III, IV). Zugleich ist jedoch auch die Möglichkeit einer Remonstration zwischen Verwaltungsträgern in Betracht zu ziehen (§ 28). Aus diesem Grunde wird im Anschluss anhand der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG hinterfragt, ob dem Land als angewiesenem Verwaltungsträger ein Remonstrationsrecht zukommen kann (§ 28 I) und hieran anknüpfend eine Remonstrationspflicht anzunehmen ist (§ 28 II). Als Begründungsansätze für eine Remonstrationspflicht sind die Effektuierung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) und der Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens zu erörtern. Als zu schützendes Interesse des Bundes sind dabei insbesondere dessen finanzielle Belange zu erörtern. In diesem Zusammenhang ist anhand der Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG sowie der Haftungsregelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG die Kostentragungspflicht in Bezug auf Haftungskosten, die aus der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG resultieren, zu klären (§ 28 II 2d). Anschließend wird geprüft, ob der Annahme einer Remonstrationspflicht Belange des Landes oder der Sinn und Zweck des Weisungsrechts des Art. 85 III GG entgegenstehen (§ 28 II 2f). Sodann ist die Ausgestaltung eines etwaigen Remonstrationsverfahrens zu erörtern (§ 28 III 1) und zu klären, wie sich die Annahme der Möglichkeit der Remonstration zwischen Verwaltungsträgern auf die amtshaftungsrechtliche Beurteilung des Handelns auf Weisung bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern auswirkt (§ 28 III 2). Als weitere Besonderheit der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern wird im weiteren Verlauf der Arbeit anhand der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG die Diskrepanz zwischen den äußersten Grenzen der Weisungsbefol­ gungspflicht zwischen Verwaltungsträgern und im Beamtenrecht thematisiert (§ 29). Nach einem Fazit zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung (§ 30) wird abschließend vertieft auf die amtshaftungsrechtliche Beurteilung der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG eingegangen. Dabei wird herausgearbeitet, dass die in dieser Arbeit dargestellte Vorgehensweise zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung auch in der Bundesauftragsverwaltung anwendbar ist (§ 31). Aus diesem Grunde wird abschließend dargestellt, wie sich dies auf die amtshaftungsrechtliche Beurteilung der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG auswirkt (§ 32), um sodann eine Schlussbetrachtung zu ermöglichen (8. Kapitel). Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen im 3. Teil der Darstellung.

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1. Teil: Einführung

2. Kapitel

Grundlagen Zunächst soll das dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis des Begriffs der Weisung dargestellt werden.85 In diesem Zusammenhang werden auch der Anwendungsbereich von Weisungen und deren Funktion erläutert.

§ 5 Die Weisung als Steuerungsinstrument der Verwaltung I. Begriff der Weisung Eine Weisung ist eine grundsätzlich zu befolgende Anordnung,86 wonach ein Verwaltungshandeln in einer bestimmten Weise zu erfolgen hat87. Die Abgrenzung einer Weisung gegenüber anderen Formen des Verwaltungshandelns erfolgt anhand der drei Merkmale konkret, verbindlich und verwaltungsintern.88 Unter den Begriff der Weisung können grundsätzlich sowohl Einzelweisungen als auch allgemeine Weisungen gefasst werden.89 Wenn man jedoch lediglich Einzelweisungen im Sinne von Weisungen nicht abstrakt-genereller Art als Weisungen einordnet90 und Weisungen abstrakt-genereller Art als allgemeine Weisungen versteht91, sind all 85

Im Folgenden wird lediglich auf Weisungen im Bereich des öffentlichen Rechts einge­ gangen. 86 Lange, Weisungsrecht, S. 14; Loschelder, Weisungen, S. 35; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 20; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 113. Ähnlich Janz, Weisungsrecht, S. 128. Zum Befolgungsanspruch bei Weisungen Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (34, 37); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 65, S. 73. Speziell zur beamtenrechtlichen Weisung Schwartz, Befehl und Weisung, S. 197. 87 Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 42; Janz, Weisungsrecht, S. 317; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 113. Ähnlich F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 67. Ohne Bezug auf ein Verwaltungshandeln ebenso Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 500; Montasser, Rechtsbegriffe, S. 498. Wie diese Barfuß, Weisung, S.11, der sich allerdings mit dem Begriffsverständnis in Österreich auseinandersetzt. 88 Loschelder, Weisungen, S. 35, S. 65 f. Ähnlich Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 67 ff. In diesem Sinne auch Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 51. 89 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  179; Risken, Weisungen, S. 26; Schiedermair, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, § 48 Rn. 11; Woditschka, Weisungsrecht, S. 103. 90 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 34; Rieger, Weisung, S. 105 f. Eingehend zur Frage der rechtlichen Einordnung konkret-genereller und abstrakt-individueller Regelungen Woditschka, Weisungsrecht, S. 95 ff., S. 103 f. 91 BVerfGE 100, 249 (258); BGHZ 205, 63 (70 f.); BGH MDR 2015, 706 (707); Janz, Weisungsrecht, S. 258; Loschelder, Weisungen, S. 66; Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 38; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 813; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 67 f.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 98 ff.

2. Kap.: Grundlagen

41

gemeine Weisungen unter den Begriff der allgemeinen Verwaltungsvorschrift statt desjenigen der Weisung einzuordnen92. Von der Erteilung einer Einzelweisung ist damit auch dann auszugehen, wenn diese zwar mehreren Stellen gegenüber ergeht, allerdings auf nur einen konkreten Sachverhalt bezogen ist.93 Eine Einzelweisung kann zudem auf allgemeinen Erwägungen beruhen und einzelfallübergreifende Vorstellungen zum Ausdruck bringen,94 sodass dies nicht zu einer Einordnung als allgemeine Verwaltungsvorschrift zwingt. Die grundsätzliche Verbindlichkeit einer Weisung bringt deren befehlenden Charakter zum Ausdruck95 und ermöglicht eine Abgrenzung von bloßen Meinungsäußerungen, Stellungnahmen und Empfehlungen96. Als verwaltungsinternem Akt kommt der Weisung keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber Dritten zu, sodass diese der Umsetzung im Außenverhältnis durch die angewiesene Stelle bedarf.97 Ob einer Weisung Außenwirkung gegenüber der angewiesenen Stelle zukommt, ist insofern nicht relevant.98

92

P. Kirchhof, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 99 Rn. 203; Loschelder, Weisungen, S. 65 f.; Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 38; Rieger, Weisung, S. 105 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 67 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 98 f. Zur beamtenrechtlichen Weisung Schwartz, Befehl und Weisung, S. 197. Zu den verschiedenen Arten von Verwaltungsvorschriften Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 4 AO, Rn.  86. 93 Janz, Weisungsrecht, S. 258; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 50 f. mit Fn. 21; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 813; Woditschka, Weisungsrecht, S. 94. I.Erg. ebenso BGHZ 205, 63 (70 f.); BGH MDR 2015, 706 (707). Ähnlich OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 46, wonach eine Einzelweisung vorliegt, wenn diese einen Einzelfall oder zumindest einen überschaubaren Kreis bestimmter Personen betrifft. A. A. Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 110. 94 Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 50 f. 95 Janz, Weisungsrecht, S. 123, S. 125; Loschelder, Weisungen, S. 65 f.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 91; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 113, Rn. 129. 96 Loschelder, Weisungen, S. 66 mit Bsp. für letztgenannte Handlungsformen in Fn. 189 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 91; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 129 f. Speziell zur beamtenrechtlichen Weisung Schwartz, Befehl und Weisung, S. 197. 97 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 486; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 36, Rn. 40; Janz, Jura 2004, 227 (228); Janz, Weisungsrecht, S. 127; Loschelder, Weisungen, S. 22, S. 35, S. 60; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 25; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 22; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 67, S. 73 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47 f. Ausführlich zur Frage der Außenwirkung gegenüber Dritten bereits Bachof, in: FS Laforet, S. 285 (S. 307 ff.). 98 Lerche, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 52. Siehe zur Frage der Außenwirkung von Weisungen im Beamten- sowie im Kommunalrecht Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 73 f. Zur fehlenden Außenwirkung einer beamtenrecht­ lichen Weisung, die den Beamten lediglich in seiner amtlichen Stellung betrifft, zudem Maurer  / ​ Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 26; Romann, Remonstrationspflicht, S. 126 f. Zur Frage der Außenwirkung einer Weisung gegenüber einer kommunalen Gebietskörperschaft etwa BVerwG NJW 1978, 1820 (1821); BVerwG NVwZ 1995, 910; Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 364; Franz, JuS 2004, 937 (942); Knemeyer, JuS 2000, 521 (525); Röhl,

42

1. Teil: Einführung

II. Merkmale, Funktion und Anwendungsbereich von Weisungen Dem üblichen Verständnis nach kann sich eine Weisung auf die Recht- und Zweckmäßigkeit einer Maßnahme beziehen.99 Sie kann grundsätzlich sowohl präventiv, also verhaltensvorbeugend als auch repressiv, also verhaltenskorrigierend eingesetzt werden.100 Der Weisung kommt insofern zugleich eine lenkende und eine kontrollierende Funktion zu.101 Die durch die Weisung bedingte Verpflichtung der angewiesenen Stelle kann umfassend sein, sodass dieser keinerlei Entscheidungsspielraum verbleibt und sie durch die Unterwerfung unter den Willen der anweisenden Stelle vollkommen fremdbestimmt im Außenverhältnis agiert.102 Bei Erteilung einer Weisung können der angewiesenen Stelle jedoch auch eigenständige Entscheidungsspielräume belassen werden, sodass insofern von eigen­ verantwortlichem Handeln auszugehen ist.103 Da die Regierung gegenüber dem Parlament die Verantwortung für das Handeln nachgeordneter Verwaltungseinheiten trägt (Art. 65 S. 1, S. 2 GG), ist es notwendig, dass dieser selbst sowie den ihr nachgeordneten Behörden Möglichkeiten gewährt werden, das Handeln nachgeordneter Verwaltungseinheiten zu steuern.104 Zugleich ist eine effektive parlamentarische Kontrolle des gesamten Handelns der Verwaltung nur möglich, wenn übergeordneten Behörden Steuerungsmöglichkeiten ge-

in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 74, Rn. 79; Schoch, Jura 2006, 358 (363); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (194 f.). 99 Siehe nur Franz, JuS 2004, 937; Groß, DVBl. 2002, 793. Speziell zum Weisungsrecht des Art. 85 III GG BVerfGE 81, 310 (331); 104, 249 (264 f.); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​ Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 22; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (426); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 21. 100 Janz, Weisungsrecht, S. 144 f.; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 29; Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 78; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 21. Hierzu zudem Groß, DVBl. 2002, 793 (797 ff.). Zu verhaltenskorrigierenden Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 156 ff. 101 Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 87. Zur Einordnung von Weisungen sowie der Fachaufsicht als Kontroll- oder Leitungsbefugnisse Kahl, Staatsaufsicht, S. 357 f.; Kahl, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, § 47 Rn. 29; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 270 ff.; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 189 ff.; Sachs, NJW 1987, 2338 (2342). Zum Verhältnis von Weisungs- und Aufsichtsbefugnissen Wißmann, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​ Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 15 Rn. 45. 102 Janz, Weisungsrecht, S. 335, S. 506, S. 508; Loschelder, Weisungen, S. 66 f., S. 71, S. 127; Woditschka, Weisungsrecht, S. 91. 103 Loschelder, Weisungen, S. 66, S. 127; Woditschka, Weisungsrecht, S. 91. 104 BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (66 f.); Günther, ZBR 1988, 297 (298); Guttenberg, Selbsteintritt, S. 49; Herdegen, DV 23 (1990), 183 (186); Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 3; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 20 ff.; Loschelder, Weisungen, S. 21 f.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 1, S. 42; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 205; Simianer, ZBR 2004, 149 (150). Ausführlich zur parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung Kahl, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band  III, § 47 Rn. 73.

2. Kap.: Grundlagen

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genüber nachgeordneten Behörden zukommen.105 Die Möglichkeit der Regierung, das Handeln der Verwaltung durch die Erteilung von Weisungen bis in die unterste Ebene hinein zu steuern,106 dient der Sicherung der Ressortleitungskompetenz des jeweils zuständigen Ministers nach Art. 65 S. 2 GG107 und vermittelt dem Handeln der einzelnen Amtswalter demokratische Legitimation.108 Somit kann die Weisung als unentbehrliches Instrument zur Gewährleistung des Verantwortungszusammenhangs109 und zugleich als typisches Instrument zur Steuerung hierarchisch organisierter Verwaltung eingeordnet werden110. Dabei ermöglicht bereits das bloße Bestehen von Weisungsrechten unabhängig von dessen tatsächlicher Nutzung die Steuerung des Verwaltungshandelns.111 Die Erteilung einer Weisung dient grundsätzlich der Durchsetzung der Rechtsauffassung der weisungsberechtigten Stelle gegenüber einer hiervon gegebenenfalls abweichenden Rechtsauffassung der angewiesenen Stelle112 und ermöglicht somit die Einheitlichkeit und Geschlossenheit des Verwaltungshandelns113. Aus diesem Grunde kann das Bestehen eines Weisungsrechts als Folge des Vorliegens eines Subordinationsverhältnisses114 beziehungsweise die Schaffung eines Subordinationsverhältnisses als Folge des Bestehens eines Weisungsrechts verstanden werden115. Der Anwendungsbereich von Weisungen erstreckt sich auf den innerbehördlichen Bereich, also das Verhältnis zwischen vorgesetztem und nachgeordnetem 105

Guttenberg, Selbsteintritt, S. 49; Herdegen, DV 23 (1990), 183 (186). Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 80 Rn.  270; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 30; Peilert, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 84 Rn. 39. 107 P. Kirchhof, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 99 Rn. 204; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (426); Trute, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 6 Rn. 38. 108 BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (66 f.); Groß, Jura 2016, 1026 (1032); Herdegen, DV 23 (1990), 183 (186); Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 3; Loschelder, Weisungen, S. 21 f., S. 71 f. 109 Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (427). 110 Janz, Weisungsrecht, S. 124; Kahl, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, § 47 Rn. 28; Lange, Weisungsrecht, S. 15; Loschelder, Weisungen, S. 21, S. 71; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 30 für die unmittelbare Landesverwaltung; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (426 f.); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 21; Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 339 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 65 f., S. 204; Zieger  / ​ Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 113. Zum Hierarchieprinzip als unverzichtbarem Bestandteil der geltenden Verfassungsordnung Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (405); Leuze, DÖD 1995, 1 ff. 111 Loschelder, Weisungen, S. 71; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 50. In diesem Sinne auch Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (35). 112 Loschelder, Weisungen, S. 71 ff.; Rieger, Weisung, S. 150 ff.; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (426), welcher dies als „[…]  allgemeine[n] Grundsatz des Verwaltungsorganisationsrechts […]“ bezeichnet. 113 Janz, Weisungsrecht, S. 124; P. Kirchhof, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 99 Rn. 203; Loschelder, Weisungen, S. 21. 114 Janz, Weisungsrecht, S. 128 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 65 f., S. 200. 115 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 33; Woditschka, Weisungsrecht, S. 89 ff. 106

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1. Teil: Einführung

Amtswalter, aber auch auf den zwischenbehördlichen Bereich sowohl innerhalb eines Verwaltungsträgers116 als auch zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern117. Aus diesem Grunde kann das dargestellte Verständnis des Begriffs der Weisung sowohl im Verwaltungs- als auch im Verfassungsrecht Geltung beanspruchen.118 Zugleich bedeutet dies, dass die Frage der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung in verschiedensten Konstellationen, etwa im Verhältnis zwischen einem Land und einer kommunalen Gebietskörperschaft, im Verhältnis zwischen Bund und Land sowie in sonstigen Aufsichts- beziehungsweise Weisungsverhältnissen anzutreffen ist.119 Die Besonderheit der Fallkonstellation der Erteilung einer zwischenbehördlichen Weisung unter Beteiligung mehrerer Verwaltungsträger liegt darin, dass der für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständige Verwaltungsträger nach außen hin selbständig und nicht etwa lediglich als staatliche Behörde auftritt, in seinem Handeln aber einem unbeschränkten Weisungsrecht unterliegen und insofern einer vollständigen Fremdsteuerung unterworfen sein kann. Kennzeichnend ist dies allerdings gerade für den innerbehördlichen Bereich.120

§ 6 Der Begriff des Amtswalters Aufgrund der divergierenden Formulierungen hinsichtlich des Zurechnungssubjekts der Amtspflichten in Art. 34 S. 1  GG („jemand“) und § 839 I 1  BGB („Beamter“) wird im Folgenden in Übereinstimmung mit dem haftungsrecht­ lichen Beamtenbegriff grundsätzlich der Begriff des Amtswalters und damit eine Funktionshaftung zugrunde gelegt.121 Die Bezeichnung der mit der Amtsausübung 116

Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 126; Janz, Weisungsrecht, S. 124 f.; Loschelder, Weisungen, S. 35; Rieger, Weisung, S. 141; Schnapp, Beamtenrecht, S. 151 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47. 117 Herbst, DV 37 (2004), 51 (52 ff.); Janz, Weisungsrecht, S. 128 f., S. 153; Kluth, in: Wolff  / ​ Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 80 Rn. 220; § 83 Rn. 182, Rn. 184; Rieger, Weisung, S. 141; Schiedermair, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, § 48 Rn. 11; Schnapp, Beamtenrecht, S. 151 ff. Zum Beispielsfall von Weisungen staatlicher Aufsichtsbehörden gegenüber kommunalen Gebietskörperschaften Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 72 f. Differenzierend zwischen dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften zwischen Verwaltungsträgern, zwischen Behörden und innerhalb von Behörden Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 362 ff., S. 436 ff., S. 449 f. 118 In diesem Sinne Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (34) in Bezug auf Art. 85 III GG. A. A. insofern Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 63 ff., welcher jedoch für die Definition eines verfassungsrechtlichen Weisungsbegriffs auf die im Verwaltungsrecht gängigen Merkmale einer Weisung zurückgreift, sodass seine Auffassung einer fehlenden Vergleichbarkeit von Weisungen im Verfassungs- und Verwaltungsrecht nicht zu überzeugen vermag. 119 Siehe hierzu die eingehende Darstellung verschiedener Fallgruppen bei Herbst, DV 37 (2004), 51 (52 f.). Diese werden an späterer Stelle aufgegriffen werden. 120 Scholz, Rechtsschutz, S. 101 f. 121 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2037; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn.  3; Windthorst, JuS 1995, 791 (793).

2. Kap.: Grundlagen

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betrauten Personen als Amtswalter umfasst sowohl Beamte, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Dienstherr stehen, als auch Angestellte, die in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu einem solchen Dienstherrn stehen.122 Obwohl die Beamtengesetze ausweislich § 1 BBG, § 1 BeamtStG nur für Beamte und Beamtinnen gelten, wird auch in Zusammenhang mit der Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung das dargestellte Begriffsverständnis zugrunde gelegt, da der gemäß §§ 62  I  2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG weisungsberechtigte Vorgesetzte nicht über die Eigenschaft eines Beamten im statusrechtlichen Sinne verfügen muss.123 Sofern sich Aussagen nur auf Beamte im lediglich haftungsrechtlichen Sinne beziehen,124 wird dies kenntlich gemacht.

§ 7 Die Passivlegitimation I. Begriff der Passivlegitimation Der Begriff der Passivlegitimation geht zurück auf den Begriff des passiven Klage­grundes, welcher „die Richtung der Klage gegen den Beklagten“125 umschreibt, um festzustellen, „wer der rechte Beklagte ist“126. Für die Beweisführung hinsichtlich des passiven Klagegrundes wurde begrifflich auf die dem Mittelalter entstammende legitimatio ad causam passiva zurückgegriffen, wobei das Wort legitimare das Beweisen der Befugnis zu gewissen Handlungen meint.127 Die Passivlegitimation beantwortet die Frage nach dem nach materiellem Recht Verpflichteten,128 ob also der Beklagte aufgrund der materiellen Rechtslage tatsächlich Verpflichteter des geltend gemachten Anspruchs ist129. Da als Beklagter unabhängig von der materiellen Rechtslage derjenige anzusehen ist, gegen den sich die Klage formal richtet,130 kann das passivlegitimierte Rechtssubjekt als richtiger 122

Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 423 ff., Rn. 485; Dietlein, in: Stern / ​ Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2037, S. 2039; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 38 ff. 123 Siehe nur Hebeler, in: Battis, BBG, § 3 Rn. 9. 124 Unten § 13 III. 125 Wetzell, Civilprocess, Neudruck der 3. Auflage 1878, 1969, S. 150. Zum passiven Klagegrund als Bestandteil des Klagegrundes S. 150 f. 126 Wetzell, Civilprocess, Neudruck der 3. Auflage 1878, 1969, S. 156. 127 Wetzell, Civilprocess, Neudruck der 3. Auflage 1878, 1969, S. 155. Zudem Blomeyer, Zivilprozessrecht, § 41 I Fn. 3 sowie diesem folgend Juhnke, Passivlegitimation, S. 4. 128 Ehlers, in: FS Menger, S. 379 (S. 381); Juhnke, Passivlegitimation, S. 12; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 10 Rn. 4; Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 1204, der dem Begriff jedoch krit. gegenübersteht. 129 Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 253 Rn. 25; Happ, in: Eyermann / ​Fröhler, VwGO, § 78 Rn. 1; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 16 Rn. 31, § 21 Rn. 1. 130 Büchner / ​Schlotterbeck, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 60; Ehlers, in: FS Menger, S. 379 f.; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 21 Rn. 1.

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1. Teil: Einführung

Beklagter verstanden werden131. Bezogen auf das Amtshaftungsrecht ist unter dem passivlegitimierten Verwaltungsträger der Haftungsadressat132, also das Haftungssubjekt133 zu verstehen. II. Rechtliche Einordnung der Passivlegitimation Dem zivilprozessualen Begriffsverständnis nach ist die Passivlegitimation neben der aktiven Sachlegitimation als Frage, ob dem Kläger gemäß der materiellen Rechtslage das geltend gemachte Recht zusteht, Bestandteil der sogenannten Sachlegitimation.134 Da die Passivlegitimation Bestandteil des materiellen Rechts ist, besteht sie unabhängig von der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs.135 Prozessual gesehen ist sie für die Begründetheit der Klage entscheidend,136 sodass sie das materiell-rechtliche Gegenstück zum Begriff der passiven Prozessführungsbefugnis darstellt. Hierunter ist die Berechtigung zu verstehen, für denjenigen, dessen Verpflichtung durch den Kläger behauptet wird, den Prozess als Beklagter im eigenen Namen zu führen.137 131 Brinktrine, DV 43 (2010), 273 (286); Juhnke, Passivlegitimation, S. 5; Wolff, in: Sodan / ​ Ziekow, VwGO, § 113 Rn. 20. A. A. Ehlers, in: FS Menger, S. 379 (S. 384). 132 So Jarass, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art.  34 Rn.  29. 133 Juhnke, Passivlegitimation, S. 12; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 131. Ähnlich Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Auflage 1981, Rn. 91 sowie Ossenbühl  / ​ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 112 („haftende[s] Rechtssubjekt“). 134 Juhnke, Passivlegitimation, S. 4; Musielak / ​Voit, GK ZPO, Rn. 244. Zur Verwendung der Begriffe „Sachbefugnis“ und „Sachlegitimation“ in Bezug auf den Anspruch aus Amtshaftung etwa BGHZ 6, 215 (215 f.). Zum Gebrauch des Begriffs der Aktivlegitimation im Bereich des Verwaltungsprozessrechts krit. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 25 Rn. 2. Die Begriffe Sach-, Aktiv- und Passivlegitimation auch für das Verwaltungsprozessrecht heranziehend dagegen Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 10 Rn. 4. 135 Happ, in: Eyermann / ​Fröhler, VwGO, § 78 Rn. 1. 136 Mittlerweile unstreitig, siehe nur Burgi, in Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 51; Happ, in: Eyermann / ​Fröhler, VwGO, § 78 Rn. 3; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 12 Rn. 29, § 25 Rn. 2; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 10 Rn. 4; Redeker, in: Redeker / ​von Oertzen, VwGO, § 63 Rn. 7; Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 555, Rn. 569. Siehe zum früheren Meinungsstand in der Zivil- und Verwaltungsprozessrechtslehre Juhnke, Passivlegitimation, S. 7 ff. 137 Burgi, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 8 Rn.  51; Juhnke, Passivlegitimation, S. 13 f. Uneinheitlich beantwortet wird, ob § 78 VwGO als Regelung der passiven Prozessführungsbefugnis oder der Passivlegitimation einzuordnen ist: Für eine vollständige Einordnung des § 78  VwGO als Regelung der passiven Prozessführungsbefugnis Burgi, in Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 51; Ehlers, in: FS Menger, S. 379 (S. 383 ff.); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 25 Rn. 2, § 12 Rn. 29 ff.; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 21 Rn. 5. Für eine vollständige Einordnung als Regelung der Passivlegitimation BVerwGE 31, 233 (236); Bosch  / ​ Schmidt / ​Vondung, Verwaltungsgerichtliches Verfahren, Rn. 114; Juhnke, Passivlegitimation, S. 16 ff.; Happ, in: Eyermann / ​Fröhler, VwGO, § 78 Rn. 2 ff. Für eine Einordnung des § 78 I Nr. 1 VwGO als Regelung der Passivlegitimation, des § 78 I Nr. 2 VwGO dagegen als Regelung der passiven Prozessführungsbefugnis Brenner, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 78 Rn. 2 ff. Auf die Regelung des § 78 I Nr. 2 VwGO wird trotz der Möglichkeit ihrer Einordnung als Regelung der Passivlegitimation im Folgenden nicht eingegangen.

2. Kap.: Grundlagen

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III. Bedeutung der Passivlegitimation für das Rechtsschutzbegehren des Klägers Die gerichtliche Inanspruchnahme eines anderen als des tatsächlich materiell Verpflichteten führt zu einer Abweisung der Klage als unbegründet.138 Dies ist mit der grundsätzlichen Kostentragungspflicht des Klägers gemäß § 91 ZPO beziehungsweise § 154  I VwGO verbunden.139 Grundsätzlich kann darüber hinaus mangels Hemmung nach § 204 I Nr. 1 Var. 1 BGB die Verjährung (§§ 194 ff. BGB) des tatsächlich bestehenden Anspruchs gegenüber dem materiell verpflichteten Rechtssubjekt drohen.140 Die Passivlegitimation ist für das Rechtsschutzbegehren des Klägers von enormer Bedeutung, da eine Klage gegen ein nicht anspruchsverpflichtetes Rechtssubjekt ein prozessuales Kostentragungsrisiko birgt und der Kläger zudem dem Risiko ausgesetzt ist, seinen materiell-rechtlichen Anspruch nicht mehr durchsetzen zu können.141. Wie groß die Gefahr der Inanspruchnahme eines nicht passivlegitimierten Verwaltungsträgers im Bereich des Amtshaftungsrechts bei Handeln auf Weisung tatsächlich ist, wird noch zu klären sein. Hierbei wird zu überprüfen sein, in welchem Umfang die bereits dargestellten Nachteile für den Geschädigten tatsächlich bestehen. Zu hinterfragen ist dabei insbesondere, ob diese Nachteile Modifikationen bei der Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs rechtfertigen können oder zu diesen sogar zwingen.142 IV. Passivlegitimation im engeren Sinne als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs Zunächst sollen allerdings in Auslegung des Art. 34 S. 1 GG die anerkannten Kriterien zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne im Bereich des Amtshaftungsrechts dargestellt werden. Diese ermöglichen die Zurechnung der in § 839 BGB und Art. 34 S. 1 GG normierten tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs zu einem bestimmten Rechtssubjekt. Die Passiv­ legitimation im engeren Sinne knüpft folglich daran an, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839 BGB und des Art. 34 S. 1 GG verwirklicht wurden. Die Verwirklichung der tatbestandlichen Voraussetzungen selbst wiederum ist unabdingbar für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs. Wenn die tatbestand­ 138

Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1337; Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 f.); Juhnke, Passivlegitimation, S. 15; Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 569. 139 Zur Problematik der Kostentragungspflicht des Klägers bei Inanspruchnahme eines anderen als des tatsächlichen Haftungssubjekts des Amtshaftungsanspruchs Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 ff.); Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 85. 140 Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 ff.). 141 Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 ff.). Zum Kostentragungsrisiko des Geschädigten bei Amtshaftungsansprüchen zudem Felix, Remonstrationsrecht, S. 110 f. 142 Zu diesem Themenkomplex noch eingehend unten §§ 19–23.

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1. Teil: Einführung

lichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs nicht vorliegen, etwa weil ein bestimmtes Handeln keine Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 BGB und Art. 34 S. 1 GG darstellt, kann hieraus auch nicht die Passivlegitimation desjenigen Trägers öffentlicher Gewalt abgeleitet werden, dem das Handeln nach den Kriterien für die Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne zugerechnet wird. Aus diesem Grunde ist für die Bestimmung des Haftungssubjekts im Amtshaftungsrecht bei Vorliegen mehrerer in Frage kommender Maßnahmen gegenüber dem Geschädigten auch relevant, welches Handeln die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG erfüllt. Dies kann unter den Begriff der Passivlegitimation im weiteren Sinne gefasst werden. Auf diesen wird im Anschluss an die Passivlegitimation im engeren Sinne einzugehen sein.143

143

Hierzu noch unten §§ 11–18.

2. Teil

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 1. Kapitel

Passivlegitimation im engeren Sinne Das Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs bestimmt sich nach Art. 34 S. 1 GG. Im Falle der Verwirklichung der tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG durch einen Amtswalter trifft „[…] die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.“

§ 8 Bedeutung für die Amtshaftung bei Handeln auf Weisung Zur Auslegung dieses Passus wurden von Rechtsprechung und Literatur verschie­ dene Vorgehensweisen entwickelt, die als Anstellungs-, Funktions- und Anvertrauenstheorie wohlbekannt sind. Diese Theorien bilden auch im speziellen Fall der Amtshaftung bei Handeln auf Weisung den Ausgangspunkt für die Bestimmung des haftenden Verwaltungsträgers1. Gerade in dieser Fallkonstellation kann es für die Bestimmung des Haftungssubjekts von entscheidender Bedeutung sein, welche der genannten Theorien man der Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne zugrunde legt.2 Dies verdeutlichen vor allem das Handeln des Landrates und des Landratsamtes auf Kreisebene, sofern diese im Wege der Organ- beziehungswiese Institutionenleihe3 Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrnehmen.4 Dem Land 1 Zu Verwaltungsträgern als tauglichen Haftungssubjekten des Amtshaftungsanspruchs Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 232 ff.; Dietlein, in: Stern / ​ Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2083; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 43; Schoch, Jura 1988, 648 (652). 2 Hierauf hinweisend von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283). 3 Da das Landratsamt eine Behörde darstellt, ist die Bezeichnung der Institutionenleihe gegenüber derjenigen der Organleihe vorzugswürdig, wenn sich das Land des Landratsamtes zur Erfüllung staatlicher Aufgaben bedient (Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 334; Geis, Kommunalrecht, § 18 Rn. 2 mit Fn. 3; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1497). 4 Bickel, DÖV 1981, 583 (583 f.); Mitzel, Amtshaftung, S. 243 ff. Zur unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde auf Landkreisebene in den einzelnen Bundesländern eingehend Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1496 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

rat können bei Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde Weisungen durch übergeordnete staatliche Behörden erteilt werden.5 Zugleich kann der Landrat als Organ des Landkreises bei der Wahrnehmung von Pflichtaufgaben nach Weisung sowie in kommunalen Auftragsangelegenheiten von der Fachaufsichtsbehörde zu einem bestimmten Verhalten angewiesen werden.6 Gleichermaßen kann der Landrat den Gemeinden bei der Wahrnehmung von Pflichtaufgaben nach Weisung sowie für den Bereich kommunaler Auftragsangelegenheiten Weisungen erteilen, wenn er Fachaufsichtsbehörde über die kreisangehörigen Gemeinden ist7.8 Da sowohl das Handeln der angewiesenen Stelle in Folge der Erteilung einer Weisung als auch die Erteilung der Weisung selbst als möglicher Anknüpfungspunkt eines Anspruchs aus Amtshaftung in Betracht kommen, ist entscheidend, ob zur Bestimmung der Passivlegitimation die Anstellungsverhältnisse herangezogen werden oder vielmehr die Zuordnung der im konkreten Fall wahrgenommenen Aufgabe als entscheidend erachtet wird.

§ 9 Bestimmung anhand des Bestehens von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten Da die Anvertrauenstheorie die nach der Anstellungs- und Funktionstheorie jeweils heranzuziehenden Kriterien verbindet,9 ist trotz der Einigkeit in Literatur und Rechtsprechung darüber, dass die Anvertrauenstheorie den zur Auslegung 5 Siehe etwa Art. 37 VI LKrO BY, §§ 53 I LKrO BW, 132 IV BbgKVerf; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1497; von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283 f.); Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 197, Rn. 200. Zur Aufsichtspflicht übergeordneter staatlicher Behörden gegenüber dem Landrat Cromme, DVBl. 1996, 1230 (1234 f.). 6 Siehe nur etwa §§ 2 IV, 42 II 1, II, 51 II 1 LKrO BW i. V. m. §§ 118 II, 129 IV GemO BW; Art. 4 II, 6 II, 31, 102 I 2 i. V. m. 95 II LKrO BY; Geis, Kommunalrecht, § 14 Rn. 5, § 16 Rn. 4; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1457, Rn. 1459. Zur Unterscheidung zwischen Pflicht­ aufgaben nach Weisung und kommunaler Auftragsverwaltung Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 17 ff.; Mitzel, Amtshaftung, S. 21 ff.; Scholz, Rechtsschutz, S. 1 f., S. 46 ff. Zum grds. unbegrenzten Weisungsrecht der Fachaufsichtsbehörden im übertragenen Wirkungskreis des dualistischen Modells sowie dem Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage hierfür im Bereich der Pflichtaufgaben nach Weisung des monistischen Modells Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​ Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 96 Rn. 163 f.; Mitzel, Amtshaftung, S. 196 f.; Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 78; Scholz, Rechtsschutz, S. 48. 7 Dies ist nicht zwingend, da die Fachaufsichtsbehörden häufig durch spezialgesetzliche Regelungen bestimmt werden. Häufig sind jedoch die Rechtsaufsichtsbehörden auch Fachaufsichtsbehörden (Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 139; Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 78). Siehe hierzu etwa Art. 110, 115 I 1, 2 GO BY, wonach das Landratsamt bei Fehlen spezialgesetzlicher Regelungen Rechts- und ggf. auch Fachaufsichtsbehörde der kreisangehörigen Gemeinden ist. Zur Organisation der Fachaufsicht über die Gemeinden in den einzelnen Bundesländern eingehend Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 138 ff. 8 Siehe etwa Art. 116 I 2 GO BY, eingeschränkt durch Art. 109 II 2 GO BY, § 129 IV ­GemO BW. 9 Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 45; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 289; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 255; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12,

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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des Art. 34 S. 1 GG heranzuziehenden Maßstab bildet,10 auf sämtliche genannte Theorien einzugehen. Die Vor- und Nachteile der jeweiligen Theorien wurden bereits unter Geltung des Art. 34 GG vorausgehenden Art. 131 WRV11 diskutiert.12 Aus einer Auseinandersetzung hiermit ergibt sich, dass die Passivlegitimation im engeren Sinne anhand des Bestehens von Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten und damit anhand des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit zu bestimmen ist. Auszugehen ist von der Anstellungs- und der Funktionstheorie, deren jeweilige Anwendung vertreten wurde, bevor die Anvertrauenstheorie durch den BGH entwickelt wurde.13 Der Anstellungstheorie zufolge haftet derjenige Verwaltungsträger, der den amtspflichtwidrig handelnden Amtswalter angestellt hat.14 Die Funktionstheorie führt dagegen zur Haftung desjenigen Verwaltungsträgers, dessen Aufgaben durch den amtspflichtwidrig handelnden Amtswalter im jeweiligen Fall wahrgenommen wurden.15 In Bezug auf das Innenverhältnis zwischen Verwaltungsträger und Amtswalter bietet die Anstellungstheorie den Vorteil, dass sie die Umsetzung § 839 Rn. 246. Ablehnend Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2085. 10 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGHZ 36, 193 (195 ff.); 39, 358 (360 ff.); 53, 217 (Ls., 218 f.); 77, 11 (15 f.); 87, 202 (204 f.); 99, 326 (330); 113, 71 (75); BGH NVwZ 1994, 823; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 701 ff.; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 45; Papier, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band IV, Art. 34 Rn. 289. 11 Hierzu etwa Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 387 ff.; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 2 Rn.  9 f.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 6 ff. 12 Siehe aus der älteren Lit. nur Schröer, JZ 1952, 129 ff.; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 697 ff.; Thiele, DÖD 1984, 260 ff. Aus heutiger Sicht zudem Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn.  5 ff. 13 Das RG vertrat hierbei in st. Rspr. die grundsätzliche Anwendung der Anstellungstheorie (siehe etwa RGZ 125, 11 [12 ff.]; 126, 81 [83]; 168, 214 [218], jeweils bezogen auf Art. 131 WRV), griff jedoch in Ausnahmefällen auf die Funktionstheorie zurück (siehe etwa RGZ 142, 190 [194 ff.]; 158, 95 [97 ff.]). Hierzu Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2084; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 112 f.; Schadeck, Bundesauftrags­ verwaltung, S. 96 f. Die Begriffe „Anstellungstheorie“ und „Funktionstheorie“ wurden dabei vom RG selbst allerdings nie verwendet (Schröer, JZ 1952, 129 [130]; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 123), später jedoch vom BGH herangezogen (siehe nur BGHZ 2, 350 [351]). Auch der BGH wandte in seiner frühen Rspr. vielfach die Anstellungstheorie an, siehe nur BGHZ 2, 350 (351 ff.); 6, 215 (216 ff.); 7, 75 (76 f.). Hierzu ebenfalls Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 123 ff. Zur Rspr. des RG sowie zur frühen Rspr. des BGH zudem Schröer, JZ 1952, 129 ff.; Thiele, DÖD 1984, 260 ff. 14 RGZ 125, 11 (13); 126, 81 (83); 168, 214 (218); BGHZ 2, 350 (352 ff.); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 698; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2084; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 112; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 6. 15 RGZ 158, 95 (98); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 697; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2084; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 44; Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 290; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 6. Krit. zur Berechtigung dieser Theorie Schröer, JZ 1952, 129 (132 f.).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

des durch Art. 34 S. 2 GG ermöglichten Innenregresses16 im Vergleich zur Funktionstheorie erleichtert.17 Allein dieser Aspekt kann jedoch nicht dazu führen, die Anstellungstheorie dieser gegenüber als vorzugswürdig einzuordnen. Die Anwendung der Anstellungstheorie lässt sich jedoch auch damit begründen, dass die Anstellungskörperschaft im Regelfall den Amtswalter auswählt und hierbei auf seine Eignung und Befähigung für die ordnungsgemäße Erledigung der Verwaltungsaufgaben hin überprüfen kann. Zudem wird durch die Anwendung der Anstellungstheorie berücksichtigt, dass die Anstellungskörperschaft überwachen kann, ob die Erledigung der Verwaltungsaufgaben durch den Amtswalter in ordnungsgemäßer Weise erfolgt und dass die Anstellungskörperschaft gegebenenfalls disziplinarrechtlich gegen den Amtswalter vorgehen kann.18 Durch die Anwendung der Anstellungstheorie kann auch darauf hingewirkt werden, dass der jeweilige Verwaltungsträger bei der Besetzung von Stellen sorgfältig und gewissenhaft vorgeht.19 Da bei der Anstellungstheorie an Steuerungsmöglichkeiten der Anstellungskörperschaft angeknüpft wird, stellt diese auch unter Berücksichtigung der Interessen des betroffenen Verwaltungsträgers ein adäquates Mittel zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne dar.20 Wie der Fall der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch Gemeinden als Pflichtaufgaben nach Weisung und in kommunaler Auftragsverwaltung zeigt, kann durch die Anwendung der Anstellungstheorie den Interessen des rechtsschutzsuchenden Geschädigten entsprochen werden. Dies liegt bereits darin begründet, dass die Anstellungstheorie ein eindeutiges Kriterium zur Bestimmung des Haftungssubjekts zur Verfügung stellt.21 Zudem haftet unter Anwendung der Anstellungstheorie für Amtspflichtverletzungen eines Gemeinde­ 16 Ebenso zuvor Art. 131 I 2 WRV. Zur rechtlichen Ausgestaltung des durch Art. 34 S. 2 GG ermöglichten Innenregresses Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 255 ff. 17 BGHZ 2, 350 (354); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 698; Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 241; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 112. Krit. zu diesem Gesichtspunkt unter Geltung der damaligen Rechtslage Schröer, JZ 1952, 129 (131). 18 BGHZ 2, 350 (354) sowie die in BGHZ 6, 215 (216) wiedergegebenen Ausführungen des OLG Celle als Vorinstanz. Die Einwände des BGH hiergegen (BGHZ 6, 215 [216 ff.]) beziehen sich auf die Unterscheidung zwischen Beamten und Angestellten. Wie BGHZ 6, 215 (219) zeigt, ist auch für den BGH entscheidend, welcher Verwaltungsträger die Möglichkeit hat, die Erledigung der Verwaltungsaufgaben zu überwachen. Ebenso bereits im Jahre 1957 SchulteFrohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127. Zudem Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 698; Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 241; Windt­ horst, JuS 1995, 992 (997); Winkler, Kompetenzverbund, S. 285 f. Krit. hierzu Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 7 unter Zugrundelegung eines Verständnisses der Amtshaftung als verfassungsrechtlich gebotener Staatsunrechtshaftung. 19 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127. 20 Ablehnend Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 259 f., dem zufolge sich ein Verschulden des jeweiligen Verwaltungsträgers in Zusammenhang mit der Auswahl und Überwachung von Amtswaltern nicht auf die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht auswirken solle. 21 BGHZ 2, 350 (351 ff.); Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 241; Mitzel, Amtshaftung, S. 248; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 289; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 7.

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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bediensteten die Gemeinde, auch wenn dieser staatliche Aufgaben wahrnimmt.22 Da die Gemeinde in diesen Fällen auch in Verfahren des primären Rechtsschutzes, etwa bei Erhebung einer Anfechtungsklage nach § 42 I Fall 1 VwGO passivlegitimiert ist,23 stimmt die Passivlegitimation im primären Rechtsschutz in diesem Fall mit derjenigen im Amtshaftungsrecht überein.24 Nach der Funktionstheorie hingegen haftet in diesem Fall das Land, da dessen Aufgaben durch den Gemeindebediensteten wahrgenommen wurden.25 Die Funktionstheorie kann die Inanspruchnahme von Rechtsschutzmöglichkeiten durch den Geschädigten somit grundsätzlich dadurch erschweren, dass sie diesem die Prüfung abverlangt, welchem Aufgabenbereich die amtspflichtwidrige Handlung unterfällt.26 Die Ermittlung des Haftungssubjekts anhand der Anstellungstheorie wirft jedoch Probleme auf, wenn keine Anstellungskörperschaft vorhanden ist oder ein Amtswalter über mehrere Dienstherren verfügt.27 Aus diesem Grunde wurde in derartigen Fällen auch von den Vertretern der Anstellungstheorie auf die Funktionstheorie zurückgegriffen und die Passivlegitimation im engeren Sinne danach bestimmt, wessen Aufgaben im jeweiligen Falle von dem amtspflichtwidrig handelnden Amtswalter wahrgenommen wurden.28 Der BGH entwickelte schließlich aus der Anstellungs- und Funktionstheorie heraus die zwischen diesen vermittelnde Anvertrauenstheorie.29 Nach dieser haftet derjenige Verwaltungsträger, der dem amtspflichtwidrig handelnden Amtswalter dessen Amt anvertraut beziehungsweise übertragen hat,30 wobei grundsätzlich die Übertragung des abstrakten Amtes ent 22 BGHZ 11, 192 (196 ff.); Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 237; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Hamann, in: Hamann / ​Lenz,  GG, Art.  34 Anm. A 8; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 22 mit Fn. 65. I.Erg. ebenso Pagenkopf, Kommunalrecht, S. 173, jedoch ohne Bezugnahme auf die Anstellungstheorie. 23 BVerwG DÖV 1993, 1053 (Ls., 1053 f.) zu Auftragsangelegenheiten des Landkreises; Brenner, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 78 Rn. 19; Burgi, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 51 Fn. 119; Happ, in: Eyermann / ​Fröhler, VwGO, § 78 Rn. 15; Juhnke, Passivlegitimation, S. 70 ff.; W.-R. Schenke, in: Kopp / ​Schenke, VwGO, § 78 Rn. 7. 24 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 194. 25 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 290. Ob sich das RG für eine Anwendung der Funktionstheorie im Bereich der kommunalen Auftragsangelegenheiten aussprechen wollte, wie zur damaligen Zeit allgemein angenommen wurde, wird von Schröer, JZ 1952, 129 (130 f.) krit. hinterfragt. Hierzu auch Thiele, DÖD 1984, 260 (260 f.) sowie ablehnend Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Fn. 10. 26 BGHZ 2, 350 (352 ff.); 6, 215 (218 f.); Thiele, DÖD 1984, 260 (261). 27 Dies betrifft etwa die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Verwaltungshelfer und Beliehene sowie Fälle der Abordnung eines Beamten an einen anderen Verwaltungsträger und die Ausübung eines Neben- oder zweiten Hauptamtes. Hierzu etwa Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 295 ff. 28 Detterbeck, Rn. 1097; Maurer, § 26 Rn. 41. 29 BGHZ 36, 193 (195 ff.); 39, 358 (360 ff.); 53, 217 (Ls., 218 f.); 77, 11 (15 f.); 87, 202 (204 f.); 99, 326 (330); 113, 71 (75); BGH NVwZ 1994, 823. 30 BGHZ 53, 217 (218 f.); BGH DÖV 1981, 383; BGHZ 99, 326 (330); BGH DVBl. 2006, 1185; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 51.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

scheidend ist.31 Im Regelfall erfolgt die Übertragung des abstrakten Amtes durch die Anstellungskörperschaft des Amtswalters, sodass diese auch unter Anwendung der Anvertrauenstheorie nach Art. 34 S. 1 GG passivlegitimiert ist.32 Sofern keine Anstellungskörperschaft vorhanden ist, haftet derjenige Verwaltungsträger, der dem Amtswalter die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, anvertraut hat.33 Im Falle des Vorhandenseins mehrerer Dienstherren ist ausschlaggebend, welches Amt der Amtswalter bei Verletzung seiner Amtspflicht ausübt.34 Die Anwendung der Anvertrauenstheorie entspricht insofern folglich der Funktionstheorie.35 Die dargestellten Fallgruppen zeigen, dass die Anvertrauenstheorie dem Grunde nach in der Lage ist, die Passivlegitimation im engeren Sinne in angemessener Weise zu bestimmen.36 Aufgrund der Anknüpfung an die Übertragung des abstrakten Amtes kann die Anwendung der Anvertrauenstheorie jedoch zu Problemen führen, wenn das Amt im abstrakten, also statusrechtlichen Sinne37 von einer anderen Körperschaft übertragen wurde als das Amt im funktionellen Sinne.38 Wie der Fall der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde durch den Landrat sowie das Landratsamt im Wege der Organ- sowie Institutionenleihe zeigt, führt die dargestellte Unterscheidung dazu, dass die Anvertrauenstheorie durch den BGH nicht durchweg in überzeugender Weise angewendet wird.39 Bei einer Organleihe stellt ein Organträger eines seiner Organe einem anderen Organträger zur Verfügung. Das entliehene Organ nimmt demnach Aufgaben des 31

Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Hinkel, NVwZ 1989, 119 (120); Kaden, LKV 2002, 362 (363); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 6. 32 BGHZ 99, 326 (330); Detterbeck, in: Sachs, GG, Art. 34 Rn. 78; Grzeszick, in: Epping / ​ Hillgruber,  GG, Art. 34 Rn. 33.1; Herbst, DV 37 (2004), 51 (53 Fn. 7); Jarass, in: Jarass / ​ Pieroth, GG, Art. 34 Rn. 29; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 45; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 97; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 113; Schäfer, in: Schäfer / ​ Bonk, StHG, § 1 Rn. 292; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 7. 33 BGHZ 87, 202 (204 f.); 99, 326 (330 f.); 122, 85 (87 f., 93); BGH NVwZ 2000, 963 (964 f.); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 114; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 295; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 60 f. 34 BGHZ 87, 202 (204 f.); 99, 326 (330 f.); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 702; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 114; Papier, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band IV, Art. 34 Rn. 296. Eingehend hierzu Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 56 ff. 35 Kaden, LKV 2002, 362 (363). In diesem Sinne auch Hinkel, NVwZ 1989, 119 (120). 36 Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 9; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 45; Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 292. Äußerst krit. dagegen Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 255 ff. 37 Kaden, LKV 2002, 362 (363). Wohl ebenso Hinkel, NVwZ 1989, 119 (120). Hierbei ist die rechtliche Stellung, die sich aus der Amtsbezeichnung, der Laufbahnzugehörigkeit, der besoldungsrechtlichen Einstufung sowie weiteren Kriterien zusammensetzt, entscheidend (Kaden, LKV 2002, 362 [363]). 38 Hinkel, NVwZ 1989, 119 (120); Kaden, LKV 2002, 362 (363). 39 Bickel, DÖV 1981, 583 (583 f.); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; von Mutius  / ​ Groth, NJW 2003, 1278 (1278, 1283 f.); Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 259.

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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verleihenden sowie des entleihenden Verwaltungsträgers wahr.40 Hinsichtlich der Wahrnehmung von Aufgaben des entleihenden Verwaltungsträgers ist das Organ diesem funktionell und organisatorisch zugeordnet, also diesbezüglich auch dessen Weisungen unterworfen.41 Zudem werden die Handlungen des entliehenen Organs im Aufgabenbereich des entleihenden Verwaltungsträgers diesem zugerechnet.42 Demnach kann das entliehene Organ als „verlängerte[r] Arm“43 des entleihenden Verwaltungsträgers eingeordnet werden. Einen bedeutsamen Anwendungsfall der Organ- beziehungswiese Institutionenleihe stellen in der Rechtspraxis die Inanspruchnahme des Landrates als Organ des Landkreises durch das jeweilige Land44 sowie die Inanspruchnahme des Landratsamtes zur Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde dar.45 Der Landrat ist dabei als Leiter des Landratsamtes zur Erteilung von Weisungen gegenüber Bediensteten sowohl des Landes als auch des Landkreises befugt, wobei diese das Handeln des Landratsamtes für das Land und für den Landkreis betreffen können.46 In Fällen der Organleihe nimmt der BGH grundsätzlich eine Amtshaftung des entleihenden Verwaltungsträgers bei Amtspflichtverletzungen des entliehenen Amtswalters an, sofern dieser dem entleihenden Verwaltungsträger funktional zuzuordnen ist. Begründet wird dies mit der organisatorischen Eingliederung des entliehenen Organs in den entleihenden Verwaltungsträger und dessen hierdurch bedingten Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten etwa durch die Erteilung von 40

BVerfGE 63, 1 (31 f.); BGH NVwZ 2006, 1084 (1085); BVerwG NJW 1976, 1468 (1469); Juhnke, Passivlegitimation, S. 59; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 54; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 448; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 66. 41 BVerfGE 63, 1 (31 f.); BGH NVwZ-RR 1989, 395 (396); BGH NVwZ 2006, 1084 (1085); BVerwG NJW 1976, 1468 (1469); Achterberg, Verwaltungsrecht, § 13 Rn. 30; Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 334; Janz, Weisungsrecht, S. 99; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 54; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 448 f.; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 f. 42 BVerfGE 63, 1 (31); BGH NVwZ 2006, 1084 (1085); BVerwG NJW 1976, 1468 (Ls., 1469); Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 334; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 54; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 f.; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 196; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 66. 43 Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 334; Janz, Weisungsrecht, S. 99. 44 Siehe die Regelungen in Art. 37 VI LKrO BY, § 132 I, II BbgKVerf, 55 HKO, 58 I 1 Hs. 1, 59 I 1, III KrO NW. Hierzu Geis, Kommunalrecht, § 18 Rn. 2 f.; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1497 ff., Rn. 1503; Kaden, LKV 2002, 362. 45 Siehe beispielsweise Art. 37 I 2 LKrO BY, §§ 111 II, 118 IV ThürKO. Hierzu BGHZ 99, 326 (332); BGH DÖV 2007, 386; Bickel, DÖV 1981, 583 (583 f.); Geis, Kommunalrecht, § 18 Rn. 2; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1497 f., Rn. 1504 f., auch zur Institutionenleihe auf Kreisebene in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Eingehend aus dem Blickwinkel des Amtshaftungsrechts zudem Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 ff. Zur historischen Entwicklung der Doppelstellung des Landrates, welcher in vielen Fällen ursprünglich ein Staatsorgan war, welches vom Landkreis entliehen wurde, sowie zur heutigen Ausgestaltung der Rechtsstellung des Landrates in den verschiedenen Bundesländern Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 22 ff. 46 Geis, Kommunalrecht, § 18 Rn. 2.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Weisungen.47 Der BGH berücksichtigt mit dieser Vorgehensweise, dass die Haftung der Anstellungskörperschaft gerade auf deren grundsätzlich bestehenden Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der Auswahl und Beaufsichtigung des handelnden Amtswalters beruht und die Ausgestaltung des jeweiligen Anstellungsverhältnisses im Falle der durch eine Organleihe begründeten Tätigkeit eines Amtswalters für den entleihenden Verwaltungsträger lediglich von untergeordneter Bedeutung ist.48 Da eine Organleihe nicht zum Vorhandensein eines weiteren Dienstherrn führt,49 setzt sich der BGH hiermit jedoch in Widerspruch dazu, dass seiner eigenen Rechtsprechung nach lediglich in Fällen des Fehlens eines Dienstherrn sowie des Vorhandenseins mehrerer Dienstherren vom Kriterium der Anstellung abzuweichen sei50. Ein weiterer Widerspruch ergibt sich daraus, dass der BGH im Falle der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde auf Kreisebene eine Amtshaftung der Anstellungskörperschaft des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters annimmt. Sofern dies ein Kreisbediensteter ist,51 soll nach der Rechtsprechung des BGH der Kreis haften52.53 Wenn der amtspflichtwidrig 47

BGH NVwZ-RR 1989, 395 (396) zum Fall der Organleihe im Verhältnis zwischen Gemeinde und Land mit dem Land als verleihendem Verwaltungsträger sowie BGHZ 117, 240 (249). In letzterem Fall bediente sich ein Landkreis mittels einer Organleihe Bediensteter einer Gemeinde. Eine etwaige Amtspflichtverletzung der Gemeindebediensteten bei der Erfüllung der ihnen durch die Organleihe zugeordneten Aufgaben konnte dem BGH zufolge nicht zu einer Passivlegitimation der Gemeinde führen. Der BGH bejahte insofern vielmehr eine Passivlegitimation des Landkreises. Siehe hierzu auch BGH NVwZ-RR 1989, 38 f. und BGH NVwZ 2006, 1084 (1085) zur Organleihe zwischen Bund und Land. Zur funktionalen Zuordnung siehe auch Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2085 f.; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 199; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 66. 48 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 259 f. 49 Siehe etwa noch in Bezug auf die Regelungen der §§ 50 f. LKrO Bbg zur Rechtsstellung des Landrates in Brandenburg OLG Brandenburg LKV 2002, 389 (Ls., 390) sowie in Bezug auf Bedienstete eines Landkreises in Rheinland-Pfalz, die Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrnehmen, BGHZ 87, 202 (205); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097. 50 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097. Zur Widersprüchlichkeit der Rspr. des BGH zudem Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 200. 51 So der Landrat etwa nach Art. 31 S. 1 Hs. 1 LKrO BY, §§ 37 II 1 LKrO BW, 106 I Hs. 1 ThürKO. Zur beamtenrechtlichen Stellung des Landrates Geis, Kommunalrecht, § 18 Rn. 2. 52 BGH DÖV 1981, 383 (Ls., 383 f.) in Bezug auf Bedienstete eines Landkreises in Rheinland-Pfalz, die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde wahrnehmen; BGHZ 87, 202 (204 f.); 99, 326 (330 ff.) in Bezug auf Bedienstete von Landkreisen in Rheinland-Pfalz und in Hessen, die Aufgaben der unteren Straßenverkehrszulassungsbehörde wahrnehmen (krit. hierzu Hinkel, NVwZ 1989, 119 ff. wegen der landesorganisationsrechtlichen Besonderheiten in Hessen); BGHZ 91, 243 (251) in Bezug auf Bedienstete eines Landkreises in Rheinland-Pfalz, die Aufgaben der unteren Jagdbehörde wahrnehmen; BGH DÖV 2007, 386 in Bezug auf die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch Bedienstete eines Landkreises in Thüringen; OLG Brandenburg LKV 2002, 389 (Ls., 390 f.) in Bezug auf die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch den Landrat in Brandenburg als untere staatliche Verwaltungsbehörde (krit. hierzu Kaden, LKV 2002, 362 ff.). Ebenso Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1526; Winkler, Kompetenzverbund, S. 285 ff.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 54. 53 Auf diesen Widerspruch hinweisend Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 ff., S. 265 ff.

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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handelnde Amtswalter dagegen Landesbediensteter ist,54 wird eine Haftung des Landes angenommen55. Obwohl eine Abweichung von der Haftung der Anstellungskörperschaft auch in diesen Fällen anders als bei Fehlen eines oder bei Vorhandensein mehrerer Dienstherren nicht zwingend ist,56 ist es auch in dieser Fallkonstellation vorzugswürdig, das Haftungssubjekt nicht anhand des Kriteriums der Anstellung zu bestimmen.57 Zu begründen ist dies bereits damit, dass im speziellen Fall einer Organleihe auf Kreisebene die allgemein für Fälle der Organleihe geltenden Grundsätze herangezogen werden sollten.58 Der BGH weist zwar in Bezug auf die Institutionenleihe zurecht darauf hin, dass bei der Anstellung eines für das Landratsamt tätigen Bediensteten des Landkreises dem Landkreis als Anstellungskörperschaft bekannt ist, dass durch den einzustellenden Amtswalter sowohl staatliche als auch kommunale Aufgaben wahrgenommen werden und dies folglich bei dessen Auswahl berücksichtigt werden kann und muss59. Insofern werden dem Landkreis als Anstellungskörperschaft zwar grundsätzlich Einflussmöglichkeiten eröffnet, jedoch stehen diesem in Fällen der Organ- sowie Institutionenleihe durch das Land keinerlei Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der konkreten Amtsausübung bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben zur Verfügung.60 Der Landrat ist zudem in Bezug auf die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben nicht nur dem Weisungsrecht vorgesetzter staatlicher Behörden unterworfen, sondern unterliegt der Dienstaufsicht des Landes

54 Wenn das Landratsamt zugleich Kreisbehörde und untere staatliche Verwaltungsbehörde ist, werden für das Landratsamt sowohl Amtswalter des Landkreises als auch des Landes tätig. Diese können für das Landratsamt sowohl in dessen Eigenschaft als Kreis- als auch als Landesbehörde handeln (Geis, Kommunalrecht, § 18 Rn. 2; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1497, Rn. 1499. Zudem BGHZ 87, 202 ff. zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz). 55 BGHZ 99, 326 (332); BGH DÖV 2007, 386. Ebenso Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1526; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 54. Hierzu Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Schoch, Jura 1988, 648 (653). 56 Dies gilt nur, wenn im jeweils zu beurteilenden Fall nicht tatsächlich zwei Dienstherren vorhanden sind. 57 Bickel, DÖV 1981, 583 (583 f.); Brinktrine, DV 43 (2010), 273 (286 ff.); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 54, § 26 Rn. 45; Mitzel, Amtshaftung, S. 243 ff., insb. S. 245 ff.; von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283 f.); Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art.  34 Rn.  297; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 ff.; S. 265 ff.; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 196 f., Rn. 200. A. A. Pielow / ​Finger, Jura 2005, 351 (353 f.). 58 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 ff. 59 BGHZ 87, 202 (205) in Bezug auf einen Bediensteten des Landkreises, der bei der unteren Straßenverkehrszulassungsbehörde tätig war und somit Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrnahm. Ebenso OLG Brandenburg LKV 2002, 389 (391) in Bezug auf die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch den beim Landkreis angestellten Landrat. 60 Mitzel, Amtshaftung, S. 246 f.; von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283 f.), welche jedoch verkennen, dass sich der Fall der Organleihe hierin trotz der ebenfalls bestehenden Einflussmöglichkeiten des Landes von der Wahrnehmung von kommunalen Auftragsangelegenheiten sowie von Pflichtaufgaben nach Weisung unterscheidet.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

und ist diesem ausschließlich verantwortlich.61 Die Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde durch den Landrat ist damit ebenso wie diejenige durch die dem Landratsamt zuzuordnenden Bediensteten des Landkreises auf ein eigenverantwortliches Handeln des Landes zurückzuführen.62 Obwohl der Landkreis für die Erledigung staatlicher Aufgaben durch seine Bediensteten eine finanzielle Entschädigung erhält,63 ist eine Stellung des Landes als Haftungssubjekt bei Amtshaftungsansprüchen aufgrund der Begehung von Amtspflichtverletzungen bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde somit gerechtfertigt.64 Dieses Ergebnis kann unter Anwendung der Anvertrauenstheorie allerdings nur erzielt werden, wenn die Übertragung der konkreten Aufgabe als entscheidend erachtet und damit letztlich die Funktionstheorie angewendet wird, da hierunter die Betrauung mit der Wahrnehmung der Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde zu verstehen ist und dies eine Passivlegitimation des Landes als entleihender Körperschaft bedingt.65 Sofern dagegen an die Übertragung des abstrakten Amtes angeknüpft wird, resultiert hieraus eine Haftung des Landkreises als Anstellungskörperschaft.66 Folglich ist eine Passivlegitimation des Landes im dargestellten Fall konstruktiv möglich, verlangt jedoch eine modifizierte Anwendung der Anvertrauenstheorie. Zugleich kann hinsichtlich der Passivlegitimation im engeren Sinne zusammenfassend festgehalten werden, dass die grundsätzliche Haftung der Anstellungskörperschaft des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters überzeugend ist, da diese zum Ausdruck bringt, dass diejenige Stelle die

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Siehe Art. 37 VI LKrO BY, §§ 53 I LKrO BW, 132 IV BbgKVerf; Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 1497; Meyer, Kommunalrecht, Rn. 754; Mitzel, Amtshaftung, S. 246 f., ebenso wie von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283 f.) auch zu den fehlenden Befugnissen von Kreistag und Kreisausschuss, auf die Wahrnehmung der Aufsicht über kreisangehörige Gemeinden durch den Landrat Einfluss zu nehmen; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 259 f.; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 197, Rn. 200. Diese Kriterien grundsätzlich als Argumente für die Haftung der Anstellungskörperschaft anführend Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 56. 62 Mitzel, Amtshaftung, S. 246 f. 63 Hierauf hinweisend BGHZ 6, 215 (219); Pielow / ​Finger, Jura 2005, 351 (354). 64 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 45; Meyer, Kommunalrecht, Rn. 754; Mitzel, Amtshaftung, S. 246 f.; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 34 Rn. 297; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 200. I.Erg. ebenso Juhnke, Passivlegitimation, S.  83 f. A. A. Pielow / ​Finger, Jura 2005, 351 (353 f.). 65 OLG Jena, Urt. v. 25.06.2008, Az. 4 U 939/06 (abrufbar über juris), Rn. 43; Bickel, DÖV 1981, 583 (583 f.); Brinktrine, DV 43 (2010), 273 (287 f.); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Kaden, LKV 2002, 362 (363); Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 54, § 26 Rn. 45; Mitzel, Amtshaftung, S. 246 f.; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 34 Rn. 297; Pielow  / ​ Finger, Jura 2005, 351 (353); Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 200. Dies verkennend Juhnke, Passivlegitimation, S. 84. 66 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097, der eine solche Anwendung der Anvertrauenstheorie selbst als „formalistisch“ bezeichnet; Kaden, LKV 2002, 362 (363); Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 196.

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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Verantwortung tragen soll, die über die Befugnis verfügt, auf die Gestaltung einer Angelegenheit Einfluss zu nehmen.67 Die Passivlegitimation im engeren Sinne ist somit anhand des Bestehens von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten zu bestimmen. Da hiermit an die Eigenverantwortlichkeit68 des Handelns der jeweiligen Stelle angeknüpft wird, ist das Bestehen von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten als sachgerechter Maßstab für die Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne einzuordnen. Aus diesem Grunde sollte er auch bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde auf Kreisebene Anwendung finden.

§ 10 Auswirkungen der Existenz der Anvertrauens-, Anstellungs- und Funktionstheorie für den Geschädigten Für den Geschädigten bedeutet die Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne anhand des Bestehens von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten auf Kreisebene allerdings, dass er bei Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs unterscheiden muss, ob bei Begehung einer Amtspflichtverletzung Aufgaben des Landkreises oder Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungs­behörde wahrgenommen wurden. Dies ist für den Geschädigten unter Umständen mit Schwierigkeiten behaftet.69Allerdings muss eine derartige Unterscheidung bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des primären Rechtsschutzes erfolgen, da hierbei hinsichtlich des passivlegitimierten Verwaltungsträgers ebenfalls danach zu unterscheiden ist, ob durch den Landrat oder die für das Landratsamt tätigen Bediensteten Selbstverwaltungs- oder Auftragsangelegenheiten des Landkreises oder Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen wurden.70 Da dem Amtshaftungsprozess aufgrund des in § 839 III BGB kodifizierten Vorrangs des Primärrechtsschutzes im Regelfall ein verwaltungsgerichtliches Ver 67

So bereits im Jahre 1957 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127 f. Zum Verständnis des Begriffs der „Verantwortlichkeit“ insb. im öffentlichen Recht eingehend Juhnke, Passivlegitimation, S. 169 ff. 69 Pielow / ​Finger, Jura 2005, 351 (354) zufolge ist der Geschädigte oftmals nicht in der Lage, eine derartige Unterscheidung treffen zu können. Ähnlich Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 133. Für den Bereich des Primärrechtsschutzes Juhnke, Passivlegitimation, S. 1 ff., der die dargestellte Problematik allerdings verkennt (S. 49). 70 Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 334; Burgi, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 51 Fn. 119; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Juhnke, Passivlegitimation, S. 78 ff., S. 177, welche darauf aufmerksam machen, dass im Falle des Handelns im übertragenen Wirkungskreis zwar ebenfalls staatliche Aufgaben wahrgenommen werden, hierbei aber gleichwohl für den Landkreis gehandelt wird; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 257. Zudem W.-R. Schenke, in: Kopp / ​Schenke, VwGO, § 78 Rn. 6. Für einen Vergleich der Kriterien zur Bestimmung der Passivlegitimation im Primärrechtsschutz und im Amtshaftungsrecht siehe Juhnke, Passivlegitimation, S. 55 ff., S. 83 f., S. 177. 68

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

fahren vorausgeht, bietet die Anwendung der Anstellungstheorie in Fällen der Organ- und Institutionenleihe auf Kreisebene aus Sicht des Geschädigten keine Vorteile.71 Vielmehr würde eine Haftung der Anstellungskörperschaft des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters dem Geschädigten im dargestellten Fall zusätzlich abverlangen, sich mit den Anstellungsverhältnissen im jeweiligen Bundesland auseinanderzusetzen.72 Hierdurch wird deutlich, dass die Schwierigkeiten des Geschädigten bei der Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde durch Organe und Institutionen des Landkreises dem Grunde nach bereits durch die Binnenorganisation der Verwaltung bedingt werden.73 Die Rechtsprechung des BGH zur Passivlegitimation im engeren Sinne wurde aufgrund ihres geringen Beitrags zu Rechtssicherheit zurecht als wenig bürgernah kritisiert.74 In Abweichung hiervon wird einfachgesetzlich insbesondere in Fällen der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde durch den Landrat sowie durch Bedienstete des Landkreises vielfach die Haftung des Landes statuiert.75 Durch diese Vorgehensweise besteht für den Geschädigten zumindest Rechtssicherheit in 71

Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Mitzel, Amtshaftung, S. 245 ff.; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 257 f. A. A. Pielow / ​Finger, Jura 2005, 351 (354), die sich zum Schutz des Geschädigten für eine vorrangige Anknüpfung an die Anstellung in der dargestellten Fallkonstellation aussprechen. 72 Mitzel, Amtshaftung, S. 245 ff. Auch der BGH weist in BGHZ 99, 326 (332) darauf hin, dass die Haftung der Anstellungskörperschaft des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters zwar an ein eindeutig bestimmbares Kriterium anknüpft, dessen Anwendung dem Geschädigten jedoch Schwierigkeiten bereiten kann. 73 In diesem Sinne Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 74; Mitzel, Amtshaftung, S. 243. Aus diesem Grunde sollte es unter Geltung des Staatshaftungsgesetzes (Staatshaftungsgesetz [StHG] v. 26.06.1981 i. d. F. der Bekanntmachung v. 02.07.1981, BGBl. I S. 553. Im Folgenden abgekürzt als StHG 1981) ausreichend sein, dass der Geschädigte bei Klageerhebung die ihm gegenüber handelnde Behörde benennt. Die Aufgabe der Ermittlung des Haftungssubjekts hätte dann dem zur Entscheidung über den Schadensersatzanspruch berufenen Gericht oblegen. Hierzu ebenfalls Bundesminister der Justiz / ​ Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 73 f., S. 137. 74 Lang, VersR 1988, 324 (324 f.), der insofern von einem „unbefriedigenden ‚Verantwortlichkeitsdschungel‘“ spricht; Thiele, DÖD 1984, 260 (260, 263 f.). Ebenso Brinktrine, DV 43 (2010), 273 (286 ff.) in Bezug auf Schadensersatzansprüche bei Handeln der Kommunalaufsichtsbehörde, der die Bestimmung des richtigen Beklagten als „zentrale prozessuale Frage“ sowie als „durchaus diffizil[…]“ bezeichnet; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 260 ff. Demgegenüber hebt Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 1 gerade die Vorzüge der richterrechtlichen Prägung des Staatshaftungsrechts hervor, da diese als Ausdruck einiger weniger Grundprinzipien eine gewisse Berechenbarkeit der gerichtlichen Entscheidungen ermögliche. 75 Siehe etwa die Regelungen in Art. 35 III 1, 2 LKrO BY in Bezug auf den Landrat sowie den Verweis hierauf in Art. 37 V LKrO BY in Bezug auf Bedienstete des Landkreises und des Landes sowie § 53 II 1 i. V. m. I LKrO BW in Bezug auf den Landrat, § 111 IV 4 ThürKO zur Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde durch das Landratsamt, § 55 VI 2 ThürKO zur Wahrnehmung von Aufgaben des Landkreises sowie der allgemeinen unteren Verwaltungsbehörde, § 6 S. 1 ULBErrG (Gesetz über die Errichtung allgemeiner unterer Landesbehörden in Schleswig-Holstein nunmehr v. 03.04.1996, GVOBl. 1996 S. 406 i. d. F. der Bekanntmachung v. 03.04.1996) zur Aufgabenwahrnehmung des Landrates sowie

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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Bezug auf die Frage, welches Kriterium für die Bestimmung des Haftungssubjekts heranzuziehen ist. Die dargestellte Fallkonstellation zeigt jedoch, dass die Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs für den Geschädigten nach wie vor mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein kann.76 Dies mutet insofern erstaunlich an, als diese Problematik bereits Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung bestand. Zum damaligen Zeitpunkt war sie vor allem darauf zurückzuführen, dass noch Uneinigkeit darüber herrschte, ob die Passivlegitimation im engeren Sinne nach der Anstellungs- oder Funktionstheorie zu bestimmen war.77 Auch unter Geltung des Grundgesetzes wurde bereits frühzeitig kritisiert, dass diese unklare Rechtslage dazu führen könne, dass Amtshaftungsansprüche nicht gerichtlich verfolgt würden.78 Die Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts im Amtshaftungsrecht beruhen nunmehr aufgrund der allgemein anerkannten Anwendung der Anvertrauenstheorie weniger auf der Frage, nach welchen Grundsätzen die Passivlegitimation im engeren Sinne zu bestimmen ist.79 Sie sind vielmehr darauf zurückzuführen, dass die Anvertrauenstheorie selbst bereits eine gewisse Flexibilität bei der Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne ermöglicht.80 Zugleich werden sie durch die vermehrt zu beobachtende arbeitsteilige Organisation der Verwaltung bedingt.81 Die Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs werden dadurch verstärkt, dass dieses nicht zwingend mit dem im Verfahren des verwaltungsgerichtlichen primären Rechtsschutzes passivlegitimierten Rechtssubjekt übereinstimmt82 und durch § 40 I 1 VwGO und Art. 34 S. 3 Var. 1 GG, § 40 II 1 Hs. 1 Var. 3 VwGO eine Aufspaltung des Rechtswegs im primären Rechtsschutz und dem gerichtlichen Amtshaftungsverfahren bedingt wird83. sonstiger Bediensteter des Landkreises. Hierzu Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 77. 76 Brinktrine, DV 43 (2010), 273 (288); Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 109 f.; Thiele, DÖD 1984, 260 (264). I.Erg. ebenso Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Fn. 381a. 77 Siehe hierzu die Schilderung von Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 96 f. m.Nw. aus den Jahren 1929 und 1930 in Fn. 1 sowie Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 122 f. zur Reichsauftragsverwaltung. 78 Siehe hierzu die Nw. bei Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 96, der im Jahre 1951 eine Regelung der Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen in Fällen der Bundesauftragsverwaltung forderte. Entgegen Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 133 handelt es sich bei der dargestellten Problematik allerdings nicht um eine spezifische Erscheinung der Bundesauftragsverwaltung. 79 Anders noch Thiele, DÖD 1984, 260 (263). 80 Thiele, DÖD 1984, 260 (262). 81 Hierzu Hecker, BGH-Report 2001, 233. 82 Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1097, der insofern von einem auch durch die Rspr. des BGH bedingten „bürgerunfreundlichen Auseinanderfallen“ der Passivlegitimation im verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutz und im Amtshaftungsprozess spricht. 83 Bickel, DÖV 1981, 583 (584); Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445); Felix, Remonstrationsrecht, S. 110 f.; Jarass, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 34 Rn. 30; Thiele, DÖD 1984, 260 (264); Vinke, in:

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Über diese allgemein im Amtshaftungsrecht zu beobachtenden Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts hinaus stellt sich bei Erteilung einer Weisung das zusätzliche Problem, dass dem Geschädigten möglicherweise nicht bekannt ist, dass auf Weisung gehandelt wurde.84 Häufig wird sich der Geschädigte vielmehr durch ein Handeln des „Staats“ oder der „Verwaltung“ beeinträchtigt sehen.85 Diese Bezeichnungen stellen jedoch lediglich Sammel­bezeichnungen für unterschiedliche Organisationseinheiten dar, die als Verwaltungsträger mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betraut sind86 und taugliche Haftungssubjekte eines Amtshaftungsanspruchs darstellen87. Selbst wenn der Geschädigte Kenntnis von der Erteilung der Weisung hat, ist ihm möglicherweise zumindest deren konkreter Inhalt unbekannt, sodass er nicht erkennen kann, ob ihm gegenüber weisungsgemäß oder weisungswidrig gehandelt wurde.88 Die dargestellten Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts können unter Geltung des derzeitigen Amts- und Staatshaftungsrechts nicht gänzlich verhindert werden.89 Bereits aus diesem Grund ist eine gesetzliche Neuordnung nicht nur wünschenswert, sondern auch notwendig.90 Bereits durch Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 261. Zu hierauf bezogenen Reformforderungen siehe statt vieler nur Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2009, S. 2096 ff.; Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 21 ff.; Unterreitmeier, BayVBl. 2009, 289 ff. 84 Speziell zur Bundesauftragsverwaltung Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12 Fn. 48. Nach Auffassung von Felix, Remonstrationsrecht, S. 110; Herbst, DV 37 (2004), 51 (67); Juhnke, Passivlegitimation, S. 152; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490 Fn. 29; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 59 Fn. 341; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 85 ist das Bestehen eines Weisungsverhältnisses für den Geschädigten im Regelfall nicht erkennbar. Ähnlich Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145; Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 126. A. A. Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 67, der annimmt, dass das Vorliegen einer Weisung ebenso wie hierdurch bedingte Auswirkungen auf die Passivlegitimation dem Geschädigten im Regelfall bekannt seien. 85 So für den Bereich des Primärrechtsschutzes Juhnke, Passivlegitimation, S. 1 ff. Zudem Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445); Ohler, AöR 131 (2006), 336 (366) in Bezug auf das Handeln von Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung. Zur Binnendifferenzierung des „Staats“ auch Schnapp, Beamtenrecht, S. 164. Zur Minderung der Verantwortungsklarheit speziell in der Bundesauftragsverwaltung Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1551); Suerbaum, in: Epping / ​ Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 42. Ebenso in Bezug auf die Unkenntnis des Bürgers in Hinblick auf das Bestehen von Weisungsrechten bereits innerhalb eines Verwaltungsträgers Guttenberg, Selbsteintritt, S. 72. 86 Hierzu Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 1. 87 Hierzu bereits oben § 8. 88 Herbst, DV 37 (2004), 51 (67). 89 Schoch, Jura 1988, 648 (653) in Bezug auf die dargestellte Rspr. des BGH. Zu den Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts speziell im europäischen Verwaltungsverbund Shirvani, EuR 2011, 619 (627 f.). Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 45 ff. erachtet dagegen eine Gefahr der gerichtlichen Inanspruchnahme eines Verwaltungsträgers, der nicht Haftungssubjekt ist, in Konstellationen der Erteilung einer Weisung als äußerst gering. 90 Herbst, DV 37 (2004), 51 (70 f.); Thiele, DÖD 1984, 260 (264).

1. Kap.: Passivlegitimation im engeren Sinne 

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das StHG 1981 sollten die gerade im Amtshaftungsrecht bestehenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Haftungssubjekts beseitigt werden.91 Als Begründung hierfür wurde insbesondere der Ausschluss der Amtshaftung bei amtspflichtgemäßem, aber rechtswidrigem Verhalten bei Befolgung einer Weisung genannt.92 Mit der Schaffung einer primären, unmittelbaren, ausschließlichen und weitestgehend verschuldensunabhängigen Unrechtshaftung des Staates durch § 1 I StHG 198193 hätte dem Geschädigten gegenüber der im Außenverhältnis rechtswidrig handelnde Verwaltungsträger auch im Falle der Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung gehaftet,94 sodass die dargestellten Probleme des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts in Zusammenhang mit verwaltungsinternen Vorgängen wie etwa der Erteilung einer Weisung entfallen wären.95 Da das StHG 1981 allerdings wegen der zum damaligen Zeitpunkt fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes vom BVerfG gemäß § 78 S. 1 BVerfGG für nichtig erklärt wurde,96 ist die Passivlegitimation bei Schadensersatzansprüchen bei Handeln auf Weisung nach der geltenden Rechtslage und damit für den Bereich des Amtshaftungsrechts nach § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG zu bestimmen. Da der Geschädigte sein Amtshaftungsbegehren in Übereinstimmung mit der Passiv-

91 Siehe hierzu nur Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 33 ff.; Herbst, DV 37 (2004), 51 (71). Zur Entwicklung der Reform des Staatshaftungsrechts etwa Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Auflage 1981; Schäfer / ​Bonk, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, Einführung, Rn. 26 ff. Hierzu sowie zum Scheitern der Reform zudem etwa Ossenbühl  / ​ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 736 ff. 92 Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Referentenentwürfe, S. 54, S. 82; Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Auflage 1981, Rn. 103 ff.; Herbst, DV 37 (2004), 51 (71 Fn. 69); Schmidt-Bleibtreu, StHG, S. 32 f. Hierzu noch eingehend unten §§ 13, 14, 15 I., 25. 93 Hierzu nur Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 46, S. 72; Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Referentenentwürfe, S. 65 ff.; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 158; Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 101; Schmidt-Bleibtreu, StHG, S. 21, S. 30 ff.; Windthorst, JuS 1995, 791. Zur Klassifizierung des Rechtswidrigkeitserfordernisses des § 1 I StHG 1981 als Verhaltensunrecht mit spezifischen Bezügen zum Erfolgsunrecht Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 209 ff., insb. Rn. 215 ff. 94 Herbst, DV 37 (2004), 51 (71); Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 208; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 223, S. 458. In diesem Sinne auch Schmidt-Bleibtreu, StHG, S. 32 f. 95 Im Zuge der Reform des Staatshaftungsrechts sollte gerade auch eine Rechtswegvereinheitlichung erfolgen. Siehe hierzu Art. 1 Nr. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes v. 05.09.1976, BT-Drs. 8/2080 einschließlich der Begründung hierzu auf S. 6 f. sowie Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 11, S. 21, S. 48, S. 57 ff., S. 130 ff., jeweils auch zur hierfür erforderlichen Änderung des Art. 34 GG. 96 BVerfGE 61, 149 (173 ff.). Mittlerweile wurde durch Art. 72, 74 I Nr. 25, II GG eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes geschaffen. Zu den Fallgruppen und Rechtsfolgen der vom Grundsatz der Nichtigerklärung eines Gesetzes (§ 78 S. 1 BVerfGG [ggf. i. V. m. § 82 I BVerfGG], § 95 III 1, 2 BVerfGG) abweichenden bloßen Feststellung der Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem GG durch das BVerfG eingehend Wernsmann, Gleichheitswidriges Steuergesetz, S. 75 ff., S. 79 ff., insb. zu gleichheitswidrigen Gesetzen.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

legitimation in Verfahren des verwaltungsgerichtlichen primären Rechtsschutzes in vielen Fällen gegenüber dem im Außenverhältnis handelnden Verwaltungsträger geltend machen wird,97 sprechen Rechtsschutzerwägungen allerdings dafür, diesen auch bei Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung haften zu lassen.98 Somit ist zu klären, ob und wie dies bei der Anwendung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsrechts zu berücksichtigen ist.99 Hierbei soll zunächst erörtert werden, unter welchen Umständen die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung eine Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 I 1 BGB, Art. 34 S. 1 GG darstellt.100 Auszugehen ist dabei von der Frage, was unter einer Amtspflicht im Sinne der genannten Vorschriften zu verstehen ist.

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Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145; Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 f.); Romann, Remonstrationspflicht, S. 88. A. A. Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 67, der annimmt, dass sowohl das Vorliegen einer Weisung als auch die hierdurch bedingten rechtlichen Auswirkungen auf die Passivlegitimation dem Dritten im Regelfall bekannt seien. 98 Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445); Gärditz, EurUP 2014, 136 (139); Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12 Fn. 48. Herbst, DV 37 (2004), 51 (67); Janz, Weisungsrecht, S. 515; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 59; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225 f.; speziell zum europäischen Verwaltungsverbund Shirvani, EuR 2011, 619 (629); zur Anwendung nationaler Vorschriften durch die Europäische Zentralbank Varentsov, DÖV 2017, 53 (58). Auch der BGH hebt die Vorteile einer für den Bürger nachvollziehbaren Lösung in Bezug auf seine Rechtsschutzmöglichkeiten und den Aspekt der Rechtssicherheit hervor (BGHZ 6, 215 [219]). Hierbei ging es jedoch nicht um ein Handeln auf Weisung, sondern um die Nachteile der Anwendung der Funktionstheorie zur Bestimmung des haftenden Rechtssubjektes im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs. Krit. zur Haftung des anweisenden Verwaltungsträgers aus Sicht des geschädigten Bürgers auch Steiner, in: FS BayGT, S. 191 (S. 219). 99 Da zwischen der bloßen Möglichkeit der Erteilung einer Weisung und deren tatsächlicher Erteilung zu unterscheiden ist, machen die bisherigen Erörterungen in Bezug auf das Bestehen von Einflussmöglichkeiten auch in Form von Weisungsrechten eine Auseinandersetzung mit der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung nicht entbehrlich. In diesem Sinne auch Cromme, DVBl. 1996, 1230 (1234); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2085 f. So jedoch in Bezug auf die Amtshaftung bei Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde durch den Landrat von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283), deren Auffassung nach sich aus der dargestellten Rspr. des BGH eine Haftung des Landkreises auch dann ergibt, wenn der Landrat auf Weisung der vorgesetzten staatlichen Behörde handelt. 100 Diese Vorgehensweise entspricht derjenigen von Juhnke, Passivlegitimation, S. 175 ff., dem zufolge nur die Identifizierung des verantwortlichen Organwalters die Bestimmung des verantwortlichen Organs und der verantwortlichen Organisation als Grundlage für die Passivlegitimation im Primärrechtsschutz ermögliche.

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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2. Kapitel

Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung § 11 Verständnis der Amtspflicht als Dienstpflicht Bereits ausweislich ihres Wortlautes knüpfen § 839 BGB und Art. 34 S. 1 GG nicht an die Verletzung einer Rechtspflicht des Staates oder eines sonstigen Trägers öffentlicher Gewalt an,101 sondern vielmehr an die Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht. Als Amtspflichten sind die persönlichen Verhaltenspflichten der Amtswalter in Bezug auf ihre Amtsführung zu verstehen.102 Dies kann nur durch die historische Entwicklung des Amtshaftungsrechts erklärt werden,103 sodass diese zumindest in aller Kürze dargestellt werden soll104. I. Historische Entwicklung des Amtshaftungsrechts Dem zunächst durch den Monarchen verkörperten hoheitlich handelnden Staat kam im 18. und 19. Jahrhundert keine Unrechtsfähigkeit zu,105 sodass Unrecht bei hoheitlichem Handeln lediglich durch einen Staatsdiener begangen werden 101

Herbst, DV 37 (2004), 51 (56 Fn. 16); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 44; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 156; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 35 f., S. 294; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Windthorst, JuS 1995, 892. 102 Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 36 f.; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 488; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2044; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 18; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  50; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 156. 103 Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 35 ff.; Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Referentenentwürfe, S. 53 f.; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2044; Heidenhain, Amtshaftung, S. 15; Herbst, DV 37 (2004), 51 (71); Mitzel, Amtshaftung, S. 44 f.; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 9; Schoch, Jura 1988, 585; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 1, Rn. 6, Rn. 28 ff.; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 41. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 37 etwa bezeichnet die Konstruktion der Staatshaftung als Amtshaftung als „unbegreifbare, reliktische Insel antiquierten Rechtsdenkens“. 104 Für eine eingehende Darstellung der historischen Entwicklung des Amtshaftungsrechts siehe Gehre, Amtshaftung. 105 BVerfGE 61, 149 (178); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2012; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 1. Hierfür wird auch heute noch häufig die Wendung „the king can do no wrong“ als Ausdruck der doctrine of sovereign immunity beziehungsweise „rex non potest peccare“ verwendet, siehe etwa Bethge / ​von Coelln, Verfassungsrecht, S. 53; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 43, wobei fraglich ist, ob diese Wendung tatsächlich die fehlende Unrechtsfähigkeit des Staates zum Ausdruck bringen soll oder nicht vielmehr lediglich das Fehlen von Rechtsschutzmöglichkeiten im Falle hoheitlichen Unrechts gemeint ist (hierzu Kohl, Unrechtsunfähigkeit, S. 30 Fn. 157, S. 39 ff.; Rupp, Verwal-

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

konnte. Das Dienstverhältnis zwischen Staatsdiener und Landesherr wurde als privatrechtlich ausgestaltetes Rechtsverhältnis, das sogenannte Mandatsverhältnis eingeordnet.106 Durch den sogenannten Mandatskontrakt war der Staatsdiener nur zur Vornahme rechtmäßiger Handlungen befugt.107 Erfolgte ein Handeln des Staatsdieners im Rahmen dieser Befugnisse, wurde dieses dem Landesherrn zugerechnet.108 Wenn der Staatsdiener dagegen seine Befugnisse überschritt, lag hierin ein Handeln contra mandatum, welches dem Staatsdiener nach dem Grundsatz si excessit, privatus est grundsätzlich als Privatperson zugerechnet wurde.109 Dies galt allerdings bereits zu damaliger Zeit nicht, wenn ein Staatsdiener auf ausdrücklichen Befehl eines übergeordneten Staatsdieners tätig wurde.110 In diesem Fall wurde aufgrund der Unrechtsunfähigkeit des Staates von einer persönlichen Haftung des den Befehl erteilenden Staatsdieners ausgegangen.111 Die Anwendung der Mandatstheorie führte zu einer deliktischen Eigenhaftung des Staatsdieners und wurde zur Grundlage für die persönliche Haftung des Beamten112 für schuldhaft begangene Amtspflichtverletzungen.113 Dieses Haftungsmodell wurde auch noch im 19. Jahrhundert aufrechterhalten, als das Dienstverhältnis als öffentlich-rechtliches Beamtenverhältnis qualifiziert wurde, indem ein rechtswidriges Handeln eines Beamten

tungsrechtslehre, S. 284 ff.). In Deutschland bestand das Problem der Immunität des Staates gegenüber einer gerichtlichen Inanspruchnahme im Bereich des Staatshaftungsrechts aufgrund der Zurechnung finanzieller Ersatzleistungen zum fiskalischen Bereich und der damit verbundenen Zuständigkeit der Zivilgerichte nicht. Zugleich erklärt sich hierdurch die historisch bedingte Zuständigkeit der Zivilgerichte nach Art. 34 S. 3 Var. 1 GG, § 40 II 1 Hs. 1 Var. 3 VwGO (Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 72 f.; Kohl, Unrechtsunfähigkeit, S. 35 ff.). 106 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2011; Heidenhain, Amtshaftung, S. 15 f.; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 8; Papier / ​Shirvani, in: ­MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 5; Schoch, Jura 1988, 585; Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 3; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 1. 107 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2011; Schoch, Jura 1988, 585. 108 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2011 f.; Heidenhain, Amtshaftung, S. 16; Herbst, DV 37 (2004), 51 (71); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 8; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 5; Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 3; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 1. 109 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2011 f.; Heidenhain, Amtshaftung, S. 16; Herbst, DV 37 (2004), 51 (71); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 8; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 5; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 2; Schoch, Jura 1988, 585; Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 3; Unterreitmeier, BayVBl. 2009, 289 (290); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 1; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 1. 110 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2012. 111 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2012. 112 Abweichend von der oben § 6 dargestellten Terminologie wird in diesem Zusammenhang der Begriff des Beamten verwendet, um eine rechtshistorisch korrekte Darstellung zu gewährleisten. 113 Heidenhain, Amtshaftung, S. 15 ff.; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 2; Schoch, Jura 1988, 585 f.

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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als Handeln als Privatperson eingeordnet wurde, für das der Beamte nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften des Zivilrechts haftete.114 Bereits im 19. Jahrhundert wurde vom juristischen Schrifttum gefordert, eine Haftung des Staates zumindest bei öffentlich-rechtlichem Handeln des Beamten einzuführen.115 Da der Reichsgesetzgeber sich kompetenziell an der Einführung einer Haftung des Staates gehindert sah,116 wurde die Eigenhaftung des Beamten bei hoheitlichem pflichtwidrigen Handeln mit Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches in dessen § 839 reichseinheitlich kodifiziert,117 obwohl die Einführung einer Haftung des Staates aufgrund dessen Anerkennung als juristischer Person dogmatisch möglich gewesen wäre118. Den Einzelstaaten wurde jedoch die Einführung einer Haftung des Staates für den Fall der rechtswidrigen Ausübung öffentlicher Gewalt durch Beamte der Einzelstaaten oder diesen zuzuordnenden Körper­schaften des öffentlichen Rechts in Art. 3, 77 EGBGB in der damaligen Fassung119 ausdrücklich vorbehalten.120 In der Folgezeit wurde vielfach eine Haftungsüberleitung auf den Staat festgelegt, durch die der Beamte von seiner Eigenhaftung aus § 839  BGB befreit wurde, allerdings keine primäre unmittelbare Staatshaftung eingeführt.121 Diese Entwicklung bildet den Ausgangspunkt der noch heute fortdauernden konstruk 114

BVerfGE 61, 149 (178); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2013; Heidenhain, Amtshaftung, S. 15 ff.; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 75); Kohl, Unrechtsunfähigkeit, S. 78 ff.; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 3 ff.; Rüfner, in: Erichsen / ​Martens, Verwaltungsrecht, S.  359 f.; Schoch, Jura 1988, 585; Stern, Staatsrecht, Band I, S. 383 f.; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 1 f.; Windthorst, JuS 1995, 791. 115 Vgl. BVerfGE 61, 149 (178 f.); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2013 f.; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 76); Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 5, Rn. 12; Rüfner, in: Erichsen / ​Martens, Verwaltungsrecht, S. 357 f.; Windt­ horst, JuS 1995, 791 (792). Zoepfl, Staatsrecht, S. 252 etwa bezeichnete die Mandatstheorie bereits 1841 als „wahrhaft scandalöse Theorie“. 116 BVerfGE 61, 149 (179 ff.); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2014; Gehre, Amtshaftung, S. 96 ff.; Günther, ZBR 1988, 297 (312); Heidenhain, Amtshaftung, S. 33 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 6; Unterreitmeier, BayVBl. 2009, 289 (290); Windthorst, JuS 1995, 791. 117 Papier, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band IV, Art. 34 Rn. 2, 5; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 4; Schoch, Jura 1988, 585; Stern, Staatsrecht, Band I, S. 384. 118 Heidenhain, Amtshaftung, S. 33 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490. 119 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche i. d. F. v. 18.08.1896. Art. 3 EGBGB a. F. wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts v. 25.07.1986, BGBl. I S. 1142 zu Art. 1 II EGBGB. Art. 77 EGBGB a. F. entspricht Art. 77 EGBGB i. d. F. der Bekanntmachung v. 21.09.1994, BGBl. I S. 2494, ber. 1997 I S. 1061. 120 BVerfGE 61, 149 (186); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2015; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 6; Schoch, Jura 1988, 585; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 3. 121 BVerfGE 61, 149 (184 ff.); Heidenhain, Amtshaftung, S. 35 f.; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 75 ff.); Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 7 f.; Schoch, Jura 1988, 585 (585 f.); Stern, Staatsrecht, Band I, S. 385 f.; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 4.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

tiven Besonderheit der Amtshaftung als auf den Staat übergeleitete Eigenhaftung des Amtswalters.122 Die durch die Einzelregelungen bedingte Rechtszersplitterung wurde erst durch die reichseinheitliche Festlegung der Haftungsübernahme durch den Staat oder derjenigen Körperschaft, in deren Dienst der Beamte steht, auf Verfassungsebene durch Artikel 131 WRV beseitigt.123 Ohne inhaltliche Änderungen wurde Art. 131 WRV schließlich durch Art. 34 GG ersetzt.124 II. Heutiges Verständnis der Amtspflichtverletzung als Verletzung einer Dienstpflicht Auch wenn die Konstruktion des Amtshaftungsrechts als auf den Staat übergeleitete Eigenhaftung des Amtswalters als rechtspolitisch und rechtskonstruktiv verfehlt zu erachten ist,125 ist hieran trotz der starken richterrechtlichen Prägung des Amtshaftungsrechts wegen der in Art. 20 III GG festgelegten Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht126 bis zu einer Änderung durch den Gesetzgeber127

122

Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 5. Papier, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band IV, Art. 34 Rn. 10; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 5 f.; Schoch, Jura 1988, 585 (586); Windthorst, JuS 1995, 791; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 6. Zu den Auswirkungen der Schaffung des Art. 131 WRV auf die zum damaligen Zeitpunkt bestehenden sowie nichtbestehenden reichs- und landesrecht­lichen Regelungen zur Haftungsüberleitung BVerfGE 61, 149 (192 f.). 124 Hierzu BVerfGE 61, 149 (197 f.); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 388; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2016 f.; Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn.  2 f.; Heidenhain, Amtshaftung, S. 43; Mitzel, Amts­ haftung, S. 44 f.; Oegg, in: RGRK-BGB, 10. Auflage 1953, § 839 Anm. 1 (S.  818); Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 8. Zur Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 131  WRV durch das RG Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44  Rn.  2; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 77). 125 So zutreffend Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 33 ff.; Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Referentenentwürfe, S. 52 ff.; Bender, JZ 1986, 838 (839); Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445 f.); Herbst, DV 37 (2004), 51 (70 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490 f.; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 160; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 9 f.; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 60 ff., Rn. 93. Der Auffassung, alleiniger sinnvoller Grund einer Haftungsverpflichtung des Staates könne nur die Verletzung von Rechtspflichten sein, sind etwa Papier, DVBl. 1972, 601 (603); Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 11 f. Ähnlich Grzeszick, Rechte und Ansprüche, der eine Ausgestaltung des Staatshaftungsrechts als Rechtsverletzungsreaktionsrecht befürwortet. 126 Zu dieser Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 4 AO, Rn.  690 ff., insb. zum Bereich des Steuerrechts. Zudem speziell zum Amtshaftungsrecht Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 172 ff. 127 Da Art. 34 S. 1 GG keine Einrichtungsgarantie der Amtshaftung enthält, steht er der Einführung einer unmittelbaren Staatshaftung durch den Gesetzgeber nicht entgegen (BVerfGE 61, 149 [198 f].; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2031 f.; Herbst, DV 37 [2004], 51 [58 Fn. 22]; Jarass, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 34 Rn. 2; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art.  34 Rn.  13 f.). 123

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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festzuhalten.128 Demnach sind unter Amtspflichten im Sinne von Art. 34 S. 1 GG und § 839 I 1 BGB nicht die dem Außenverhältnis zwischen Staat und Bürger zuzuordnenden Rechtspflichten129 zu verstehen, sondern vielmehr die Dienstpflichten des Amtswalters gegenüber seinem Dienstherrn, welche Bestandteil des Innenverhältnisses zwischen Staat und Amtswalter sind.130 Folgerichtig gehen Rechtsprechung131 und Literatur132 davon aus, dass sich Amtspflichten auch aus allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen ergeben können. Ein Bezug der Amtspflichten zu den Rechtspflichten des Staates wird dadurch geschaffen, dass Art. 34 S. 1 GG voraussetzt, dass dem Amtswalter die verletzte

128

So auch die h. M., siehe nur Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 491; Herbst, DV 37 (2004), 51 (58 Fn. 22, 72); Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 173; Mitzel, Amtshaftung, S. 44; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490 f.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 86 ff.; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Windthorst, JuS 1995, 892. Zur fehlenden Befugnis der Rspr., sich über bewusste Regelungen des Gesetzgebers hinwegzusetzen, nur weil dies als rechtspolitisch wünschenswert erachtet wird, Wernsmann, in: Hübschmann / ​ Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 4 AO, Rn. 696. Zur Unterscheidung zwischen der Begrenzung der Rechtsdogmatik im engeren Sinne auf das positive Recht und rechtspolitisch wünschenswerten Änderungsvorschlägen Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 115 f. mit Fn. 542 f. A. A. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 297 ff. 129 Siehe zu den Rechtspflichten des Staates nur etwa Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 487; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 45; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 60. 130 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 488; Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 34 Rn. 8; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  65; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 16; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 Fn. 25; Romann, Remonstrationspflicht, S. 86 ff.; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 43; Windthorst, JuS 1995, 892; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 56. A. A. etwa Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445 f.); Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6 Fn. 15; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 160; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 11 f.; Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 36 f.; Wieland, in: Dreier,  GG, Band II, Art. 34 Rn. 42. Krit. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 35 ff., S. 294 ff. Pieper, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art. 34 Rn. 26 ordnet Amtspflichten ebenfalls als im Innenverhältnis zum Dienstherren bestehende Pflichten ein, erachtet jedoch zugleich (Rn.  24) wegen der Existenz der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten jedes im Außenverhältnis rechtswidrige Handeln als Amtspflichtverletzung. Für den Bereich des weisungsgebundenen Handelns ist dies zumindest widersprüchlich. 131 So der BGH (BGHZ 10, 389 [390 f.]; 27, 278 [282]; 34, 375 [380]; BGH NJW 1966, 1356; NJW 2001, 3054 [3055 f.]) sowie etwa OLG Hamm NJW 1993, 1209 (1210). 132 So bereits Krantz, Gehorsamspflicht, S. 35 f. sowie Oegg, in: RGRK-BGB, 10. Auflage 1953, § 839 Anm. 3 (S.  827 f.). Zudem von Danwitz, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck,  GG, Band II, Art. 34 Rn. 76; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2045; Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 16; Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 ff.); Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  51; Maurer  / ​ Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17; Stern, Staatsrecht, Band I, S. 388; Windthorst, JuS 1995, 892; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 57. Differenzierend Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 487 ff.; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 45.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Amtspflicht einem Dritten gegenüber obliegt.133 Die Frage der Drittbezogenheit von Amtspflichten ist jedoch der Bestimmung der Amtspflichten selbst nachgelagert,134 sodass auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts zwischen der Verletzung einer Amtspflicht und der Verletzung einer Rechtspflicht zu unterscheiden ist.135 Überzeugend ist es allerdings, die Amtspflichtverletzung aufgrund der systematischen Stellung des § 839 BGB in Buch 2 Abschnitt 8 Titel 27 als unerlaubte Handlung einzuordnen und aus diesem Grunde die Rechtswidrigkeit der Handlung im Außenverhältnis als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung des Amtshaftungsanspruchs einzuordnen.136 Auch dies bedeutet jedoch nicht, dass die Amtspflichtverletzung mit der Verletzung einer Rechtspflicht gleichzusetzen ist.137

§ 12 Diskrepanz zwischen Rechtspflicht- und Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung Auch wenn Amtspflichten als Dienstpflichten verstanden werden, stimmen diese zumeist mit den Rechtspflichten des Staates gegenüber Dritten überein, sodass dienstpflichtgemäßes und rechtmäßiges Handeln im Regelfall deckungsgleich 133

Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 34 Rn. 8; Herbst, DV 37 (2004), 51 (56 Fn. 16); Rüfner, in: Erichsen / ​Martens, Verwaltungsrecht, S. 366; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 43. A. A. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 300 ff., der die Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht bereits aus dogmatischer Sicht nicht für möglich hält. Krit. ebenso von Danwitz, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band II, Art. 34 Rn. 75, der die geforderte Drittbezogenheit der Amtspflichten ebenso wie Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 50 als dogmatisch-konstruktiven Bruch einordnet. 134 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 489 f., dessen terminologische Unterscheidung zwischen internen und externen, also drittbezogenen Amtspflichten jedoch irreführen kann. Krit. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 35 ff. A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 95; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 42. 135 Windthorst, JuS 1995, 892. A. A. Arndt, DVBl. 1959, 624 (625); Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 142 ff.; Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445 f.); Dittmann  / ​ Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6 Fn. 15; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 48 ff.; Menger, ­VerwArch 51 (1960), 64 (72 f.); Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 156 ff.; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 11; Wieland, in: Dreier, GG, Band II, Art. 34 Rn. 42 f. 136 BGHZ 34, 375 (380 f.); OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1992, 225; Bettermann, in: Bettermann / ​Nipperdey / ​Scheuner, Grundrechte, S.  779 (S. 841); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2047; Felix, Remonstrationsrecht, S. 95 ff. mit Fn. 368; von Komorowski, ­VerwArch 93 (2002), 62 (76 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 Fn. 25; Windthorst, JuS 1995, 791 (792); Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 90. I.Erg. ebenso Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​ ­Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 65. A. A. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 492 ff.; Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 146; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 92 f.). 137 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 Fn. 25. A. A. Bettermann, in: Bettermann / ​ Nipperdey / ​Scheuner, Grundrechte, S. 779 (S. 841); Papier, DVBl. 1972, 601 (603); Papier  / ​ Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 11 f.

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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ist.138 Zurückzuführen ist dies darauf, dass der Staat und seine Untergliederungen die ihnen obliegenden Rechtspflichten nur durch Amtswalter erfüllen können, sodass sie ihnen diese als Dienstpflichten übertragen.139 Um eine vollständige Kongruenz von Dienst- und Rechtspflichten zu ermöglichen, wurde die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten entwickelt.140 Auf das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus Art. 20 III GG gestützt, verpflichtet sie den Amtswalter, die Aufgaben und Befugnisse desjenigen Verwaltungsträgers, für den er tätig wird, in Einklang mit Gesetz und Recht zu erfüllen.141 Hierdurch wird gewährleistet, dass sich der Staat seinen rechtlichen Bindungen nicht entziehen kann.142 Da sich Amtspflichten allerdings auch aus allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen ergeben können, kann sich eine Diskrepanz zwischen Rechtspflichten und Amtspflichten ergeben.143 Hierdurch bedingt kann der Fall eines amtspflichtwidrigen, aber rechtmäßigen Verhaltens eines Amtswalters eintreten, wenn ein Amtswalter eine Weisung nicht befolgt, weil dies rechtswidrig gewesen

138 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2045; Rüfner, in: ­BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 47 f.; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 126. 139 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 484, Rn. 497; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​ Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2045; Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 16; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S.  92 f.); Mayen, in: Erman,  BGB, § 839 Rn. 49; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 47; Rüfner, in: Erichsen / ​Martens, Verwaltungsrecht, S. 366; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 54 f.; Windthorst, JuS 1995, 892. 140 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2044 f.; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  65; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Windthorst, JuS 1995, 892 (892 f.); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 63, Rn. 65. 141 Hierzu BGHZ 16, 111 (113 f.); 69, 128 (138); 78, 274 (279); 97, 97 (102); Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  55. Detterbeck, in: Sachs,  GG, Art. 34 Rn. 28 stützt die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten auf Art. 1 III, 20 III, 28 I 1 GG; Pieper, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  34 Rn.  24 auf Art.  19 III, IV, 20 I, III GG. Zu den von der Rspr. entwickelten Ausprägungen der generalklauselartig anmutenden Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​ Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 66 ff.; Wöstmann, in: Staudinger,  BGB, Buch 2, § 839 Rn. 120 ff. 142 Depenheuer, DVBl. 1992, 404; Windthorst, JuS 1995, 892; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 59. 143 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 492 f., Rn. 501; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2045; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 16 f.; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 9 f.; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 48; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 36; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 126. A. A. Bettermann, in: Bettermann / ​Nipperdey / ​Scheuner, Grundrechte, S. 779 (S. 841). Differenzierend Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 487 ff. Demnach ist die Aussage Rüfners, in: Erichsen / ​Martens, Verwaltungsrecht, S. 367, dass jeder rechtswidrige Eingriff in der Regel auch den Tatbestand einer Amtspflichtverletzung erfülle, zumindest ungenau, wenn man die Häufigkeit sowie den weiten Anwendungsbereich von Weisungen bedenkt.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

wäre.144 Eine solche Situation kann sich etwa ergeben, wenn eine Erlaubnis, die unter Widerrufsvorbehalt gestellt wurde, entgegen einer fachaufsichtlichen Weisung in rechtmäßiger Weise widerrufen wird.145 Wenn man allerdings rechtswidriges Handeln im Außenverhältnis als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung des § 839 I 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG einordnet, kann aus dem rechtmäßigen Handeln im Außenverhältnis trotz dessen Amtspflichtwidrigkeit kein Amtshaftungsanspruch resultieren,146 sodass sich auch aus der dargestellten Fallkonstellation kein Bedürfnis für eine Gleichsetzung von Amtspflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit ergibt.147 Zugleich kann die Diskrepanz zwischen Rechtspflichten und Amtspflichten zu einem amtspflichtgemäßen, aber rechtswidrigen Handeln des Amtswalters führen, sofern die Befolgung einer Weisung amtspflichtgemäß ist, aber in einem rechtswidrigen Verhalten im Außenverhältnis besteht.148 Aus diesem Grunde soll im Folgenden geklärt werden, wann die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung amtspflichtgemäß ist.

144 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 494; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 65; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 50; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 Fn. 25; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 36, S. 297; Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 87 ff., welcher zudem auf die Fallgruppe des amtspflichtwidrigen und gleichzeitig rechtswidrigen Verhaltens hinweist, welches etwa bei der Versagung einer Genehmigung vorliegt, die sowohl weisungswidrig als auch rechtswidrig ist. Zutreffend ist, dass diese Fallgruppe hinsichtlich der Verletzung einer Amtspflicht im Ergebnis keine Probleme aufwirft. Zu hinterfragen ist jedoch, ob hierbei – wie von Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 88 angenommen – die Amtspflicht zu recht­ mäßigem Verhalten den Rückgriff auf die Weisungsbefolgungspflicht des Amtswalters tatsächlich entbehrlich macht. I.Erg. ebenso Felix, Remonstrationsrecht, S. 96 f. 145 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 494. 146 Hierzu Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  65; Windt­ horst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 92 f. Diese Fallkonstellation offenbart einen weiteren Mangel des geltenden Amts­ haftungsrechts (Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 494; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 50; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 Fn. 25; Rüfner, in: ­BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 48), der durch die Einführung einer unmittelbaren Staatshaftung unter Anknüpfung an eine Rechtspflichtverletzung im Außenverhältnis beseitigt würde (Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 494; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band  6, § 839 Rn. 9). 147 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 Fn. 25. 148 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 493; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 66; Maurer, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 50; Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windt­ horst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 91.

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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§ 13 Remonstrationspflicht als entscheidendes Kriterium für die Annahme einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung I. BGH NJW 1959, 1629 f. Eine erstmalige vertiefte Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Erteilung einer Weisung auf das Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs erfolgte im Jahre 1959 durch den BGH.149 Dieser hatte die Frage zu beantworten, ob ein Amtswalter, der unter Befolgung einer Weisung eine rechtswidrige Maßnahme im Außenverhältnis getroffen hatte, amtspflichtwidrig gehandelt hatte. Der zu beurteilende Fall betraf die Erteilung einer preisrechtlichen Genehmigung durch einen städtischen Beamten in Befolgung einer Weisung des Regierungspräsidenten und somit eine Weisung der kommunalen Fachaufsicht. Der BGH erkannte zunächst das Bestehen genereller Amtspflichten an.150 Als solche ist die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III GG einzuordnen. Gleiches gilt für die Weisungsbefolgungspflicht gegenüber Vorgesetzten.151 Beide Amtspflichten treten dem BGH zufolge im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung scheinbar in Konflikt.152 Nach Auffassung des BGH wird dieser Konflikt bereits durch die Rechtsordnung selbst gelöst, da der Grundsatz der Überund Unterordnung der Verwaltung sowie die Vorschriften des Beamtenrechts nicht nur Zuständigkeiten, sondern auch die Pflichten der Amtswalter begrenzten.153 Die Weisungsbefolgungspflicht nachgeordneter Amtswalter und Behörden sei dabei als Ausdruck des Grundsatzes der Über- und Unterordnung der Verwaltung ein Mittel zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung.154 Sie führe dazu, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die richtige Gesetzesanwendung und -auslegung und die hieraus resultierende Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Handelns

149

BGH NJW 1959, 1629 f. Auch der Sachverhalt, der dem Urteil des OLG Celle DVBl. 1958, 549 ff. zugrunde liegt, hätte eine derartige Auseinandersetzung ermöglicht. Das Urteil des OLG Celle lässt eine solche jedoch vermissen. 150 BGH NJW 1959, 1629 (1630). 151 Diese ist als Amtspflicht einzuordnen (Herbst, DV 37 [2004], 51 [54]; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 118, 141) und stellt einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar, siehe nur BVerfGE 9, 268 (285 ff.); BVerfG NVwZ 2003, 1504 (1505); BVerwG NVwZ 1995, 680 (Ls. 1); Felix, Remonstrationsrecht, S. 11; Günther, DÖD 2004, 154; Günther, ­VerwArch 98 (2007), 356; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 2; ­Simianer, ZBR 2004, 149 (150); Werres, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 62 BBG, Rn. 3, § 35 BeamtStG, Rn. 3. Auf die nunmehr einschlägigen gesetzlichen Regelungen der §§ 62 I 3 BBG, 35 S. 3 BeamtStG wird noch ausführlich eingegangen, siehe unten §§ 13 II., 15–17. 152 BGH NJW 1959, 1629 (1630). Zudem Arndt, DVBl. 1959, 624 (625); Menger, ­VerwArch 51 (1960), 64 (73). 153 BGH NJW 1959, 1629 (1630). 154 BGH NJW 1959, 1629 f (1630). Zudem Arndt, DVBl. 1959, 624 (625).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

im Außenverhältnis die Auffassung des Amtswalters oder der Behörde, die mit „Sachweisungsgewalt“155 ausgestattet ist, maßgeblich sei.156 Nach Ansicht des BGH sei die Anerkennung einer Weisungsbefolgungspflicht nur vertretbar, wenn ein dieser entsprechendes Verhalten nicht als Amtspflichtverletzung eingeordnet wird.157 Demnach muss im Wege einer Einzelfallprüfung festgestellt werden, ob eine Weisungsbefolgungspflicht besteht. In dem vom BGH zu beurteilenden Sachverhalt bestand nach den damals geltenden Vorschriften des Landesbeamtengesetzes des Landes Rheinland-Pfalz keine Weisungsbefolgungspflicht, wenn gesetzlich ein anderes Verhalten vorgeschrieben wurde oder das Handeln des Amtswalters für diesen erkennbar gegen Strafvorschriften verstieß.158 Diese Voraussetzungen lagen in dem vom BGH zu entscheidenden Fall nicht vor.159 Zu klären blieb damit, ob und inwiefern die Verletzung einer bestehenden Remonstrationspflicht Auswirkungen auf die Amtspflichtwidrigkeit der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung hat. Der BGH konnte dies offenlassen, da der angewiesene Amtswalter einer solchen in jedem Fall genügt hatte, indem er seine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlungen dem anweisenden Regierungspräsidenten gegenüber geltend gemacht hatte.160 Die Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung war zudem nicht entscheidungserheb 155

BGH NJW 1959, 1629 (1630). Ebenso BGH VerwRspr 1956, 280 (283). BGH NJW 1959, 1629 (1630). 157 Den angewiesenen Amtswalter lediglich zu entschuldigen lehnt der BGH dagegen ab, da dies bedeute, dass die Befolgung der Weisung nicht dem Handeln des idealen und damit vorbildlichen Amtswalters entspreche (BGH NJW 1959, 1629 [1630]. Zust. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 49 f.). Für eine bloße Entschuldigung des Beamten dagegen Arndt, DVBl. 1959, 624 (625), der die verbindliche rechtswidrige Weisung als Schuldausschließungsgrund einordnet; Menger, ­VerwArch 51 (1960), 64 (72 f.); Oehler, JuS 1963, 301 (307). Felix, Remonstrationsrecht, S. 100 ff. erachtet die Befolgung einer verbindlichen Weisung in Anlehnung an strafrechtliche Kategorien lediglich als persönlichen Haftungsausschließungsgrund. Dies bedingt die Folgefrage, ob die Befreiung des Amtswalters von seiner persönlichen Haftung aus § 839 I BGB auch dessen Anstellungskörperschaft als Haftungssubjekt des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG zugutekommen kann (Felix, Remonstrationsrecht, S. 108 ff., welche dies letztlich ablehnt). Wie Herbst, DV 37 (2004), 51 (68 Fn. 61) zutreffend kritisiert, wird hierdurch verkannt, dass Art. 34 S. 1 GG lediglich den gegen den Amtswalter persönlich gerichteten Anspruch aus § 839 I 1 BGB überleitet und somit eine Haftung des Staates ausgeschlossen wird, wenn gegen den Amtswalter persönlich kein Anspruch aus § 839 I 1 BGB besteht. Zu Rechtfertigung und Schuldausschließung durch eine bindende rechtswidrige Weisung im Bereich des Strafrechts ausführlich Stratenwerth, Verantwortung. 158 Siehe hierzu die Ausführungen in BGH NJW 1959, 1629 (1630) zu § 7 II LBG RP a. F. 159 BGH NJW 1959, 1629 (1630). 160 Der BGH musste sich in diesem Zusammenhang mangels entsprechender anwendbarer gesetzlicher Regelungen (hierzu Felix, Remonstrationsrecht, S. 93 Fn. 354) mit der Frage des Bestehens einer allgemeinen Remonstrationspflicht auseinandersetzen, BGH NJW 1959, 1629 (1630). Eine solche Pflicht, rechtliche Bedenken gegenüber einer erteilten Weisung unabhängig von einer gesetzlichen Normierung geltend zu machen, erkannte der BGH im Gegensatz zum Berufungsgericht allenfalls als Verpflichtung zur einmaligen Geltendmachung der Bedenken gegenüber der unmittelbar vorgesetzten Stelle an. Dieser Aspekt ist mittlerweile jedoch durch das Bestehen entsprechender gesetzlicher Regelungen (§§ 63 II 2 BBG, 36 II 2 BeamtStG) nicht 156

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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lich, da ein aufgrund von § 839 I 1 BGB zu forderndes Verschulden des angewiesenen Amtswalters hinsichtlich einer etwaigen Amtspflichtverletzung ausgeschlossen wurde.161 Gleichwohl macht dies eine Auseinandersetzung mit der Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nicht entbehrlich.162 Demnach muss im Wege einer Einzelfallprüfung festgestellt werden, wann im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung eine Weisungsbefolgungspflicht besteht. Sofern der Amtswalter hiernach zur Befolgung der rechtswidrigen Weisung verpflichtet ist, kann die Weisung als verbindlich eingeordnet werden.163 Da sich der BGH nicht abschließend dazu geäußert hat, wie sich die Verletzung einer bestehenden Remonstrationspflicht auf die Beurteilung der Amtspflichtmäßigkeit der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung auswirkt, sollen im Folgenden die Auswirkungen der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht auf das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer Weisung geklärt werden. II. Die Regelungen des Beamtenrechts zur Weisungsbefolgungsund Remonstrationspflicht Hierfür ist zunächst auf die einschlägigen Regelungen des Beamtenrechts einzugehen. Gemäß § 62 I 2 Hs. 1 BBG164, welcher für Beamtinnen und Beamte des Bundes gilt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 1 BBG), sowie gemäß § 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG165, welcher für Beamtinnen und Beamten der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt (§ 1 BeamtStG), sind Beamte und Beamtinnen verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen, soweit die Beamtinnen und Beamten nicht nach besonderen gesetzlichen Vorschriften nicht hieran gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind (§§ 62 I 3 BBG, 35 S. 3 BeamtStG).166 mehr relevant. Hierzu Herbst, DV 37 (2004), 51 (55 Fn. 12). Zur Rechtslage bei Beamten im lediglich haftungsrechtlichen Sinne noch unten § 13 III. 161 BGH NJW 1959, 1629 (1630). Zu diesem Aspekt noch unten § 15 I. 162 So i. Erg. auch BGHZ 205, 63 (69). Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 173 misst der Frage nach einer Amtspflichtverletzung bei Handeln auf Weisung mit der Begründung, dass jedenfalls das Verschulden des bindend angewiesenen Amtswalters zu verneinen sei, kaum praktische Bedeutung zu. 163 BGH NJW 1959, 1629 (1630). 164 Bundesbeamtengesetz (BBG) v. 05.02.2009, BGBl. I S. 160. 165 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamten­statusgesetz – BeamtStG) v. 17.06.2008, BGBl. I S. 1010. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes siehe Art. 72, 74 I Nr. 27, II GG. 166 Zu diesen Ausnahmen von der Weisungsbefolgungspflicht Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 53 ff. Siehe in diesem Zusammenhang auch die Sonderregelungen zur Auflösung des Konflikts zwischen der Bindung an Recht und Gesetz aus Art. 20 III GG und der Weisungsbefolgungspflicht für Vollzugsbeamte und -bedienstete in §§ 7 UZwG, 59 PolG NW,

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

1. Grundsätzliche Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen Aus dieser Pflicht des Amtswalters, Weisungen167 zu befolgen, ergibt sich, dass auch rechtswidrige Weisungen gesetzlich grundsätzlich mit Verbindlichkeit aus­ gestattet sind.168 Hierdurch wird dem bereits vom BGH169 angesprochenen Wesen der Verwaltungsorganisation Rechnung getragen, in welchem durch das Hierarchieprinzip und die hierdurch bedingte Festlegung der Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung eine einheitliche Meinung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme erreicht werden soll.170 2. Unverbindlichkeit einer Weisung bei Überschreitung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht Der grundsätzlichen Verbindlichkeit von Weisungen werden jedoch durch die Regelungen der Beamtengesetze äußerste Grenzen gezogen. Im Falle der Verletzung der Würde des Menschen (Art. 1 I GG) durch das Verhalten, zu dem angewiesen

97 StVollzG und für Soldaten in § 11 SG. Zur Gehorsamspflicht des Soldaten bereits Krantz, Gehorsamspflicht, S. 20 ff. sowie in Hinblick auf § 11 SG ausführlich Schwartz, Befehl und Weisung, S. 54 ff. Zur Regelung des § 7 UZwG eingehend Romann, Remonstrationspflicht, S. 105 ff. 167 Weisungen können in den von den einschlägigen Regelungen der Beamtengesetze angesprochenen Anordnungen enthalten sein. Hierzu sowie zu der Differenzierung zwischen Anordnung und Weisung Grigoleit, in: Battis, BBG, § 62 Rn. 4; Reich, BeamtStG, § 35 Rn. 3; Werres, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 62 BBG, Rn. 9, Rn. 12. Simianer, ZBR 2004, 149 (150) etwa erachtet den Begriff der „Anordnung“ als identisch mit dem Begriff der Weisung. Zu dem Begriff der fachlichen bzw. amtlichen Weisung im Gegensatz zur persönlichen bzw. dienstlichen Weisung Battis, BBG, § 63 Rn. 11; Risken, Weisungen, S. 25 ff.; Schnapp, Beamtenrecht, S. 145 ff. Zum insofern unglücklichen Terminus der dienstlichen Anordnungen etwa in §§ 62 I 2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG Battis, BBG, § 62 Rn. 3; Risken, Weisungen, S. 93 ff. 168 BVerwG NVwZ 1995, 680 (Ls. 1, 680 f.); BVerwG ZBR 2002, 139 (140); BVerwG NVwZ 2009, 399 (402); BVerwGE 150, 366 (377); Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 f.); Felix, Remonstrationsrecht, S. 54 ff.; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 66, § 63 Rn. 71; Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 22; Reich, BeamtStG, § 35 Rn. 4; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 45; Simianer, ZBR 2004, 149 (157 f.); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (433 f.); Weiß, ZBR 1994, 325 (337); Werres, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 62 BBG, Rn. 11, § 35 BeamtStG, Rn. 8. A. A. Bank, ZBR 1963, 161 (164 ff.); Risken, Weisungen, S. 83 ff. Siehe zudem Stratenwerth, Verantwortung, S. 25 ff. zur Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen v. a. aus straf- und militärstrafrechtlicher sowie in rechtsvergleichender Hinsicht. 169 BGH NJW 1959, 1629 (1630). 170 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 f.); Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 2; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 7; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 93, Rn. 96; Rittstieg, ZBR 1970, 72 (73); Romann, Remonstrationspflicht, S. 1, S. 133; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 49; Schnapp, Beamtenrecht, S. 133, S. 164, S. 174 ff.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 247.

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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wurde171, sowie im Falle eines durch Weisung bedingten strafbaren oder ordnungswidrigen Verhaltens des angewiesenen Amtswalters, welches für diesen erkennbar ist,172 kann eine Weisung gemäß §§ 63 II 4 BBG, 36 II 4 BeamtStG nicht über Verbindlichkeit verfügen.173 Die beamtenrechtlichen Regelungen zur Weisungsbefolgungspflicht erscheinen insofern nicht stimmig, als zwar bei erkennbarer Begehung einer im Einzelfall als geringfügig einzustufenden Ordnungswidrigkeit die Weisungsbefolgungspflicht entfällt (§§ 63 II 4 Var. 3 BBG, 36 II 4 Var. 3 BeamtStG), dem Wortlaut der Vorschriften zufolge jedoch bei offenkundiger schwerwiegender Rechtswidrigkeit der Maßnahme, zu der angewiesen wurde, eine Pflicht zur Befolgung der Weisung besteht.174 Dieser Wertungswiderspruch ist durch die Annahme einer Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei offensichtlicher schwerwiegender Rechtswidrigkeit der Handlung, zu der angewiesen wird, aufzuheben.175 171

Aufgrund der Existenz von Art. 1 I 1, 2 GG verfügen die Bestimmungen des Beamtenrechts insofern über keinen eigenständigen Bedeutungsgehalt. Hierzu Felix, Remonstrationsrecht, S. 121; Risken, Weisungen, S. 146; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 66 f., welcher allenfalls die Verletzung der Menschenwürde und erkennbar strafbares Verhalten als Grenzen der Verbindlichkeit von Weisung anzuerkennen bereit ist (S. 69). Dazu Weiß, ZBR 1994, 325 (334 f.). 172 Hierzu ausführlich Felix, Remonstrationsrecht, S. 118 ff.; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil  2d, § 63 Rn. 61 ff.; Leuze, DÖD 1995, 1 (7 f.); Rittstieg, ZBR 1970, 72 (77 f.) sowie zur Strafbarkeit des Verhaltens Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 68 f.; Stratenwerth, Verantwortung, S. 169 ff. Zur Voraussetzung der Erkennbarkeit strafbaren oder ordnungswidrigen Verhaltens Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 63 ff.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 100. Krit. hierzu Risken, Weisungen, S. 163 ff.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 213 ff., S. 233 ff., S. 244 ff., welcher Vorschläge für eine Neufassung des § 56 BBG a. F., der dem heutigen § 63 BBG entspricht, unterbreitet. Krit. zu den Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht zudem Felix, Remonstrationsrecht, S. 129 ff. sowie Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 ff.), letzterer vor allem in Hinblick auf die zunehmende Differenzierung und Ausweitung von Strafund Ordnungswidrigkeitstatbeständen. Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 ff.) kritisiert, dass die durch die Strafbarkeit des Verhaltens, zu dem angewiesen wurde gezogene Grenze aufgrund der zunehmenden Erweiterung des Strafrechts über dessen Kernbereich hinaus keinen eindeutigen Maßstab für die Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bereitstellt. Da jedoch lediglich bei erkennbar strafbarem Verhalten eine derartige Grenze der Weisungsbefolgungspflicht besteht, kann ihm insofern nicht gefolgt werden, als er eine hierdurch bedingte Überforderung des angewiesenen Amtswalters annimmt. Gleiches muss auch für die erkennbare Begehung einer Ordnungswidrigkeit gelten, mit der sich Depenheuer ebenfalls krit. auseinandersetzt (DVBl. 1992, 404 [411]). Wie die Begründung zum Entwurf einer Neuregelung der §§ 38 II 2 BRRG, 56 II 3 BBG, BT-Drs. 7/550, S. 363 zeigt, wollte der Gesetzgeber die Grenze der Weisungsbefolgungspflicht gerade über den Kernbereich des Strafrechts hinaus ziehen. Zur Frage des Bestehens eines Bedürfnisses nach einer Neuregelung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht noch unten §§ 29 II. 4., 30.  173 Dies verkennend OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 36, Rn. 64 unter Annahme der Begründung einer Remonstrationspflicht des angewiesenen Amtswalters im Falle eines erkennbaren Verstoßes gegen Strafgesetze bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern. 174 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (407). 175 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (407 f.). Für die Annahme einer derartigen Grenze BVerfG DVBl. 1995, 192 (193); BVerwG NVwZ 1995, 680 (Ls. 2, 681), primär nur in Bezug auf Fälle offensichtlicher Rechtswidrigkeit, jedoch in Zusammenhang mit Fällen eines Verfassungsverstoßes auch in Bezug auf das Kriterium der Schwere des Verstoßes (Weiß, ZBR 1995, 195 [196]).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Sofern eine Weisung in den dargestellten Fällen nicht über Verbindlichkeit verfügen kann, besteht die Verantwortung des angewiesenen Amtswalters selbst dann fort, wenn dieser ordnungsgemäß remonstriert hat und die Weisung hierbei durch den hierfür zuständigen Vorgesetzten bestätigt wurde.176 Befolgt der angewiesene Amtswalter eine solche Weisung, verletzt er seine Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III GG.177 3. Bedeutung der Remonstration bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung Wenn ein Amtswalter innerhalb der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht eine rechtswidrige Weisung eines Vorgesetzten befolgt, handelt er insofern amtspflichtgemäß, als er der Weisungsbefolgungspflicht der §§ 62 I 3 BBG, 35 S. 3 BeamtStG nachkommt.178 Da jedoch auch einen angewiesenen Amtswalter zudem die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) trifft, trägt er gemäß §§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG auch im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung die volle persönliche Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seines Handelns.179 Insofern besteht im Falle der Erteilung einer Weisung ein Spannungsverhältnis zwischen den verschiedenen Amtspflichten des angewiesenen Amtswalters.180 Die Weisungsbefolgungspflicht ist dabei Ausdruck der Unterwerfung Zudem BVerwG ZBR 2002, 139 (140 f.); VG Berlin NVwZ 1988, 757 (Ls. 2, 757 f.); Bank, ZBR 1963, 161 (163 ff.); Günther, Jura 2013, 672 (676 f.); Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 66; Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 23, § 36 BeamtStG, Rn. 23; Leuze, DÖD 1995, 1 (7); Romann, Remonstrationspflicht, S. 101 f.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 211, S. 248 f.; Wichmann, in: Wichmann / ​Langer, Dienstrecht, S. 387. Krit. Felix, Remonstrationsrecht, S. 138 ff.; Weiß, ZBR 1994, 325 (333 f.). A. A. Schnapp, Beamtenrecht, S. 188. 176 Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 6; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 102; Romann, Remonstrationspflicht, S. 100 f.; Schnapp, Beamtenrecht, S. 169; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 252; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203. 177 Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 f.); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (196); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203. A. A. in Bezug auf die Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 I GG) Schwartz, Befehl und Weisung, S. 254 f., der eine Verantwortung des angewiesenen Amtswalters nur bei Offensichtlichkeit der Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 I GG) oder der Begehung einer Ordnungswidrigkeit und Kenntnis des angewiesenen Amtswalters hiervon annimmt. 178 Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 141. 179 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Felix, Remonstrationsrecht, S. 8; Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 3; Kugele, in: Kugele, BBG, § 63 Rn. 2; Romann, Remonstrationspflicht, S. 1, S. 44. 180 So bereits Krantz, Gehorsamspflicht, S. 1 ff. Zudem Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Felix, Remonstrationsrecht, S. 13; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 14, § 63 Rn. 1; Romann, Remonstrationspflicht, S. 43 f.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 198 f. Zur historischen Entwicklung der Weisungsbefolgungspflicht und Verantwortung des angewiesenen Amtswalters Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 2 ff.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 198 ff.; Weiß, ZBR 1994, 325 (327 ff.).

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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des angewiesenen Amtswalters unter einen fremden Willen, die volle persönliche Verantwortung des angewiesenen Amtswalters kann dagegen an sich mit der Verwirklichung eigener Entscheidungen assoziiert werden.181 Trotz dieser augenfälligen Gegensätzlichkeit dienen beide Prinzipien dem Ziel der Gewährleistung eines rechtmäßigen Verwaltungshandelns.182 Das dargestellte Spannungsverhältnis wird durch die Regelung der Remonstrationspflicht in §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG183 aufgelöst.184 Demnach hat ein angewiesener Amtswalter Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung185 unverzüglich bei seinem unmittelbaren Vorgesetzten (§ 63 II 1 BBG) beziehungsweise auf dem Dienstweg (§ 36 II 1 BeamtStG) geltend zu machen. Hierdurch wird im Falle des Bestehens gewichtiger und begründbarer Zweifel nach erfolgter rechtlicher Prüfung der Weisung eine Remonstrationspflicht als Amtspflicht des angewiesenen Amtswalters begründet.186 Diese wird durch die derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen zweistufig ausgestaltet, sodass sich der angewiesene Amtswalter an den nächsthöheren Vorgesetzten wenden muss, wenn die Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung bereits bei dem unmittelbaren Vorgesetzten beziehungsweise auf dem Dienstweg geltend gemacht wurden, die Weisung jedoch aufrechterhalten wird 181

Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406); Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 1. 182 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408). 183 A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 148 ff., der zufolge eine Verpflichtung des angewiesenen Amtswalters zur Geltendmachung von rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Weisungen lediglich aus der allgemeinen Beratungs- und Unterstützungspflicht gegenüber dem Vorgesetzten (§§ 62 I 1 BBG, 35 S. 1 BeamtStG) resultieren kann. Zur Einordnung als Pflicht oder Obliegenheit des Amtswalters Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 Fn. 39); Günther, ZBR 1988, 297 (308); Kawik, ZBR 2015, 243 ff.; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 100; Schnapp, Beamtenrecht, S. 185. Zur Einordnung der Remonstration als Pflicht und zugleich Recht Romann, Remonstrationspflicht, S. 133 ff. 184 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406 ff.); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 14, § 63 Rn. 1, Rn. 27; Herbst, DV 37 (2004), 51 (56, 60); Isensee, in: Benda / ​Maihofer / ​Vogel, HVerfR, § 32 Rn. 23; Romann, Remonstrationspflicht, S. 1 ff., S. 43 f., S. 133; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 251; Simianer, ZBR 2004, 149 (152). A. A. Arndt, DVBl. 1959, 624 (625); Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 49. Anders zudem Felix, Remonstrationsrecht, S. 13, S. 84 f., S. 98 f., die eine Auflösung der Pflichtenkollision lediglich in Hinblick auf die disziplinarrechtliche Verantwortung annimmt. 185 Zur Frage, ob die Weisung oder das Verhalten, zu dem angewiesen wurde Gegenstand der Remonstration ist, Felix, Remonstrationsrecht, S. 17 ff.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 209 f. In dieser Arbeit wird anknüpfend an die gesetzliche Regelung terminologisch von Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung ausgegangen. 186 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Ls. 2, Rn. 48 ff.; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 28; Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 f.); Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 11 ff., § 36 BeamtStG, Rn. 13; Romann, Remonstrationspflicht, S. 44, S. 80 f. A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 30 ff. in Bezug auf den Begriff der „Bedenken“, welcher bereits dann erfüllt sein soll, wenn der Amtswalter von der Rechtmäßigkeit der Weisung nicht vollständig überzeugt ist.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

und die Bedenken des angewiesenen Amtswalters hiergegen fortbestehen (§§ 63 II 2 BBG, 36 II 2 BeamtStG).187 Wenn der angewiesene Amtswalter den genannten Vorschriften entsprechend ordnungsgemäß remonstriert hat, die Weisung jedoch bestätigt wurde, muss er diese ausführen, sofern die dargestellten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht gewahrt werden (§§ 63 II 3 Hs. 1, 4 BBG, 36 II 3 Hs. 1, 4 BeamtStG). Zu begründen ist dies damit, dass sich in Hinblick auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme die Auffassung des Vorgesetzten gegenüber derjenigen des nachgeordneten Amtswalters durchsetzen soll, da der Vorgesetzte ein höheres Maß an demokratischer Legitimation für sich beanspruchen kann.188 Mit der Beendigung des Remonstrationsverfahrens durch die Bestätigung der Weisung (§§ 63 II 5 BBG, 36 II 5 BeamtStG) wird dem angewiesenen Amtswalter die Kompetenz zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der zu treffenden Maßnahme entzogen.189 Der Weisungsbefolgungspflicht des Amtswalters kommt damit bei ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens Vorrang gegenüber der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) zu, sodass der eine Weisung befolgende Amtswalter nicht amtspflichtwidrig handelt, selbst wenn er hierbei rechtswidrig handelt.190 Dies wird durch die Regelungen der §§ 63 II 3 Hs. 2 BBG, 36 II 3 Hs. 2 BeamtStG bestätigt, denen zufolge der Amtswalter durch die ordnungsgemäße Remonstration unter Wahrung der Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht von seiner Verantwortung befreit wird. Unter Verantwortung im Sinne der genannten Vorschriften ist auch die haftungsrechtliche Verantwortung des Amtswalters gegenüber Dritten zu verstehen, da die Regelung der Remonstrationspflicht des Amtswalters gerade dem Zweck dient, diese zu verteilen.191 Aufgrund der Tatsache, dass die Eigenhaftung des Amts 187

Hierzu eingehend Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 45. Die Verpflichtung zur Geltendmachung der Bedenken auf dem Dienstweg bedeutet ebenfalls, diese zunächst beim unmittelbaren und sodann beim nächsthöheren Vorgesetzten geltend zu machen (Felix, Remonstrationsrecht, S. 65; Schnupp, in: Havers / ​Schnupp, Beamten- und Disziplinarrecht, S. 160). 188 Pauly, Weisungen, S. 207. Zu dieser Funktion der Einräumung von Weisungsrechten bereits eingangs § 5 II. 189 Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 4; Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 173; Romann, Remonstrationspflicht, S. 75; Schnapp, Beamtenrecht, S. 183. Ähnlich BGH VerwRspr 1956, 280 (282 f.) zu Meinungsverschiedenheiten zwischen über- und nachgeordneter Behörde hinsichtlich der richtigen Rechtsanwendung im Einzelfall. 190 So bereits im Jahre 1924 Mayer, Verwaltungsrecht, Band I, S. 191 f. Zudem OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Ls. 1, Rn. 44, Rn. 48 ff.; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 4; Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 ff.); Romann, Remonstrationspflicht, S. 70, S. 86; Schnapp, Beamtenrecht, S. 182 f.; Winkler, Kompetenzverbund, S. 286 f. A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 87 ff., insb. S. 92 ff. 191 Arndt, DVBl. 1959, 624 (625); Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (412 Fn. 65); Felix, Remonstrationsrecht, S. 33, S. 45 sowie explizit S. 77 mit Fn. 271, S. 146; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 7, Rn. 27; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 67; Kugele, in: Kugele, BBG, § 63 Rn. 2; Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 22, Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 6, Rn. 17, § 36 BeamtStG, Rn. 17; Reich, BeamtStG, § 35 Rn. 5, § 36 Rn. 3, Rn. 9; Rogosch, DöD 1996, 81 (82); Romann, Remonstrationspflicht, S. 128; Schnapp, Beamtenrecht, S. 123 f.; Schwartz, Be-

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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walters gemäß § 839 I 1 BGB Ausgangspunkt für den Amtshaftungsanspruch aus § 839 I 1 BGB i.V.m Art. 34 S. 1 GG ist, sind die Regelungen des Beamtenrechts ausschlaggebend für die Beurteilung des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung und eines hieran anknüpfenden Amtshaftungsanspruchs.192 Die Gleichsetzung von Amts- und Rechtspflichten durch Teile der Literatur läuft folglich nicht nur der historisch bedingten Auslegung der Amtspflichten im Sinne von § 839 I 1 BGB zuwider, sondern unterläuft zudem die positivrechtlichen Regelungen der Beamtengesetze, denen nur bei Unterscheidung zwischen Amts- und Rechtspflichten ein Sinngehalt zukommen kann193. 4. Interpretation von BGH NJW 1959, 1629 f. Demnach ist die in BGH NJW 1959, 1629 f. geäußerte Auffassung des BGH so zu interpretieren, dass bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung keine Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters vorliegt, sofern der Weisung nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens Bindungswirkung zukommt.194 Da der vom BGH zu beurteilende Fall die Erteilung einer fachaufsichtlichen Weisung gegenüber einer Stadt betraf, bezieht sich diese Erkenntnis auch auf die Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger.195 5. Folgerungen für verschiedene Fallkonstellationen Dass der angewiesene Amtswalter bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung keine Amtspflicht verletzt, gilt allerdings nur, soweit der rechtswidrigen Weisung Bindungswirkung zukommt.196 Abzulehnen ist eine Bindungswirkung etwa, wenn die erteilte Weisung dem Angewiesenen einen Handlungs- oder Ermessensspielfehl und Weisung, S. 209 f. mit Fn. 90; Weiß, ZBR 1994, 325 (330); Wichmann, in: Wichmann  / ​ Langer, Dienstrecht, S. 389. Siehe hierzu zudem die Begründung zum Entwurf des BeamtStG, BT-Drs. 16/4027, S. 31, wonach sich die persönliche Verantwortung des Amtswalters auf den straf-, disziplinar- und zivilrechtlichen Bereich erstrecke. 192 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 50; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 7; Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 ff.); Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 17, § 36 BeamtStG, Rn. 17; Romann, Remonstrationspflicht, S.  86 f. A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 108 ff., insb S. 112 ff. 193 Herbst, DV 37 (2004), 51 (57); Romann, Remonstrationspflicht, S. 86 ff. 194 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 493 mit Fn. 571. Ebenso Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 8. 195 Zu deren Besonderheiten und der hiervon später abweichenden Rspr. des BGH noch unten §§ 25, 26–28. 196 Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Mayer, Verwaltungsrecht, Band I, S. 191 f. Zur Konstellation der Bi- oder Multikausalität zudem Janz, Weisungsrecht, S. 533, S. 548 ff., insb. S. 552 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 302. Zur Fallkonstellation der „Doppelfehler“ im Bereich der Kommunalaufsicht Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 25 f.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

raum belässt197, durch den die Rechtswidrigkeit der Maßnahme im Außenverhältnis vermieden werden kann198. Gleiches gilt im Falle einer vollständigen oder teilweisen Nichtumsetzung einer Weisung sowie einer Verzögerung der Umsetzung einer Weisung199 durch den angewiesenen Amtswalter ebenso wie im Falle einer Umsetzung der Weisung entgegen deren Vorgaben200. In Bezug auf die Anordnung der befristeten Stilllegung deutscher Kernkraftwerke im März 2011 betrifft die fehlende Bindungswirkung der Weisung etwa die gemäß §§ 28, 46 LVwVfG erforderlichen, aber unterbliebenen Anhörungen der betroffenen Kernkraftwerkbetreiber durch die Länder.201 Selbst wenn man das Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 16.03.2011 als Weisung nach Art. 85 III GG einordnet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass hierdurch das Absehen von einer gesetzlich vorgesehenen Anhörung angeordnet wurde.202 III. Befolgung von Weisungen durch Beamte im lediglich haftungsrechtlichen Sinne Da Art. 34 S. 1 GG in Anknüpfung an den durch die Rechtsprechung erweiterten Anwendungsbereich der Vorgängernorm des Art. 131 WRV nicht nur Beamte im statusrechtlichen Sinne, sondern auch Beamte im rein haftungsrechtlichen Sinne erfasst203 und insofern haftungsbegründende Funktion entfaltet,204 ist zu hinterfragen, wann Weisungen gegenüber Beamten im lediglich haftungsrechtlichen Sinne Bindungswirkung entfalten und ob in einem solchen Fall wiederum eine Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung zu verneinen ist.

197 Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Verwaltungsermessens sowie den verschiedenen Arten des Ermessens Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 5 AO, Rn.  31 ff., Rn.  100 ff. 198 In diesem Sinne Herbst, DV 37 (2004), 51 (65). Hierzu Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 35. 199 Hierzu in Hinblick auf die Kostentragungspflicht nach Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG eingehend Janz, Weisungsrecht, S. 301 f., S. 312, S. 531 f., S. 537 ff. mit Bsp. aus der Praxis des Kernenergierechts sowie in knapper Form Janz, Jura 2004, 227 (231 ff., insb. 233 f.). Zudem Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 in Bezug auf allgemeine Verwaltungsvorschriften. 200 Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f.); Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (71), allerdings bezogen auf die Frage des adäquaten Kausalzusammenhangs. 201 Gärditz, EurUP 2014, 136 (137 ff.). Zur Zuständigkeit der Länder hierfür auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG noch unten § 31 II 1. 202 Gärditz, EurUP 2014, 136 (137). 203 Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 2; Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 77). Zum persönlichen Geltungsbereich der Beamtengesetze siehe dagegen §§ 1 BBG, 1 BeamtStG. 204 Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 4.

2. Kap.: Verletzung einer Amtspflicht bei Befolgung einer Weisung

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Ob eine Weisungsbefolgungspflicht besteht, ist mittels Auslegung der jeweiligen Regelungen, durch die die Amtswalterschaft begründet wird, zu ermitteln.205 Sofern dies zu bejahen ist, kann davon ausgegangen werden, dass von der Weisungsbefolgungspflicht auch rechtswidrige Weisungen umfasst werden, soweit keine entgegenstehenden Regelungen getroffen wurden.206 Dementsprechend konnte etwa für Angestellte im Geltungsbereich des Bundes-Angestelltentarifvertrags207 aufgrund der Regelung des § 8 II 1 BAT, wonach der Angestellte verpflichtet ist, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen, auch von einer Weisungsbefolgungspflicht bei rechtswidrigen Weisungen ausgegangen werden.208 Für die Bestimmung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht und der hierauf bezogenen Prüfungspflicht ist ebenfalls auf die jeweils einschlägigen Regelungen zurückzugreifen.209 Unabhängig hiervon muss jedoch aufgrund der Existenz des Art. 1 I GG die Verletzung der Menschenwürde eine äußerste Grenze der Weisungsbefolgungspflicht darstellen.210 Auch bei für den Beamten im haftungsrechtlichen Sinne erkennbaren Verstößen gegen strafrechtliche Vorschriften ist in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen der Beamtengesetze (§§ 63 II 4 BBG, 36 II 4 BeamtStG) eine Grenze der Weisungsbefolgungspflicht anzunehmen.211 205

Herbst, DV 37 (2004), 51 (59). Eine grundsätzliche Weisungsbefolgungspflicht gegenüber dem Vorgesetzten ergibt sich etwa bei Arbeitnehmern aus dem Arbeitsverhältnis (Baßlsperger  / ​ Gerhard, Lexikon Öffentliches Dienstrecht, Stichworte „Weisungsgebundenheit der Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 2 BAT)“; „Direktionsrecht“; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 49). Der TVöD-AT (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst [TVöD] – Allgemeiner Teil – v. 13.09.2005) enthält ebenso wenig wie der TVöD-BT-V (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst [TVöD] Besonderer Teil Verwaltung [BT-V] – Allgemeine Vorschriften – v. 13.09.2015) und der TV-L (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder [TV-L] v. 12.10.2006 i. d. F. des Änderungstarifvertrages Nr. 10 v. 17.11.2017) Regelungen zur Weisungsbefolgungspflicht sowie der aus der Befolgung einer Weisung resultierenden persönlichen Verantwortung des Angewiesenen (Conze, in: Conze / ​Karb / ​Wölk, Öffentlicher Dienst, Rn. 175 ff., Rn. 181 ff.). Aus diesem Grunde wird im Folgenden auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (Bund, Länder, Gemeinden) (BAT) v. 23.02.1961, gekündigt zum 31.12.1969, mit gewissen Einschränkungen wieder in Kraft gesetzt durch § 1 des 31. Änderungs-TV v. 18.10.1973 eingegangen, dessen § 8 II die Weisungsbefolgungspflicht und die hiermit zusammenhängende Verantwortung des Angewiesenen normiert. 206 Herbst, DV 37 (2004), 51 (59); Rieger, Weisung, S. 143 ff. Zudem Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 126 ff. zur Begründung der Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen durch gewohnheitsrechtliche Anerkennung. 207 Zu den nunmehr geltenden Regelungen des TVöD siehe die Anmerkung zwei Fußnoten zuvor. 208 Zur Systemwidrigkeit der Auflösung des Konflikts zwischen Weisungsbefolgungspflicht und der Bindung an Recht und Gesetz aus Art. 20 III GG durch § 8 BAT Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406 Fn. 23). 209 Herbst, DV 37 (2004), 51 (59). Zur Prüfungspflicht in Bezug auf strafbares Verhalten aufgrund der hierauf bezogenen Grenze der Weisungsbefolgungspflicht in § 8 II 3 BAT Risken, Weisungen, S. 183. 210 Rieger, Weisung, S. 143 ff.; Risken, Weisungen, S. 146, S. 183. I.Erg. ebenso Herbst, DV 37 (2004), 51 (59). 211 Rieger, Weisung, S. 143 ff. I.Erg. ebenso Herbst, DV 37 (2004), 51 (59). Siehe hierzu etwa § 8 II 3 BAT, wonach ein Angestellter Anordnungen, deren Ausführung für ihn erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde, nicht zu befolgen hat.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Bei Beamten im haftungsrechtlichen Sinne ist ebenfalls davon auszugehen, dass sie entsprechend §§ 63 II 3 BBG, 38 II 2 Hs. 1 BeamtStG bei Befolgung einer verbindlichen Weisung von ihrer persönlichen Verantwortung befreit sind, auch wenn die Befolgung der Weisung ein rechtswidriges Verhalten darstellt.212 Ob und inwiefern eine Remonstrationspflicht besteht, ist wiederum den Regelungen, die das die Amtswalterschaft begründende Rechtsverhältnis ausgestalten, zu entnehmen.213 § 8 BAT sieht im Gegensatz zu §§ 62 II BBG, 36 II BeamtStG kein Remonstrationsverfahren bei Bedenken des Angewiesenen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung vor.214 § 8 II 2 BAT bestimmt im Gegensatz zu den Regelungen der §§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG, dass bei Vollzug einer dienstlichen Anordnung die Verantwortung denjenigen trifft, der die Anordnung erteilt hat.215

§ 14 Fazit Die dargestellte Regelung des § 8 II 2 BAT führt in Zusammenschau mit den dargestellten Regelungen der Vorschriften der Beamtengesetze zu der Erkenntnis, dass eine persönliche Verantwortung des handelnden Amtswalters voraussetzt, dass dieser eigenverantwortlich handelt. Wenn dies nicht der Fall ist, weil etwa kein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Maßnahme besteht, kommt eine Verantwortung des fremdgesteuerten Amtswalters nicht in Betracht.216 Diese Folgerung wird durch die systematische Stellung von § 8 II 2 und 3 BAT bestätigt. Diese lässt erkennen, dass die Verantwortungszuweisung an den anweisenden Amts­walter durch § 8 II 2 BAT gerade nicht gilt, wenn der Amtswalter die Weisung befolgt hat, obwohl wegen eines für ihn erkennbaren Verstoßes gegen ein Strafgesetz keine Weisungsbefolgungspflicht bestand (§ 8 II 3 BAT) und der angewiesene Amtswalter bei Befolgung der Weisung somit eigenverantwortlich handelte. Im Falle des Fehlens eines Prüfungsrechts ist das Spannungsverhältnis zwischen der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) und der Weisungsbefolgungspflicht des angewiesenen Amtswalters somit zugunsten der Weisungs 212

Herbst, DV 37 (2004), 51 (59 f.). Herbst, DV 37 (2004), 51 (59 mit Fn. 29, 61), welcher in Übereinstimmung mit BGH NJW 1959, 1629 (1630) zutreffender Weise darauf hinweist, dass sich die Remonstrationspflicht auch aus allgemeinen Grundsätzen ergeben kann. Zur Frage des Bestehens eines uneingeschränkten Prüfungsrechts der Beamten im haftungsrechtlichen Sinne Risken, Weisungen, S. 183, welcher ein solches ebenso wie eine Prüfungspflicht des Angestellten entsprechend der Rechtslage im Beamtenrecht annimmt, da kein Grund für eine Differenzierung bestehe und hierfür auch das Gelöbnis nach § 6 BAT spreche. 214 Hierzu Risken, Weisungen, S. 83, S. 183 f., der dies als verfassungswidrig einordnet. 215 Hierzu Simianer, ZBR 2004, 149 (151). Sofern im Folgenden in Zusammenhang mit dem Begriff des Amtswalters Folgen einer durchgeführten oder unterbliebenen Remonstration thematisiert werden, ist abweichend hiervon vom Bestehen eines Remonstrationsrechts entsprechend den Regelungen der Beamtengesetze auszugehen. 216 Hierzu noch unten § 27 II. 2. d). 213

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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befolgungspflicht aufzulösen.217 Der dargestellten Auffassung des BGH, wonach der Konflikt zwischen der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) und der Weisungsbefolgungspflicht des Beamten bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung bereits durch die Rechtsordnung und dabei insbesondere durch die Vorschriften des Beamtenrechts aufgelöst werde,218 ist zuzustimmen. Für diese Auffassung spricht, dass sie an der geltenden Rechtsordnung ausgerichtet ist, indem sie die durch den Gesetzgeber normierten Grundsätze anerkennt, die für die Amtshaftung als lediglich mittelbarer, von der Eigenhaftung des Amtswalters ausgehenden Staatshaftung maßgeblich sind.219 Ob sie auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern aufrechterhalten werden kann, wird noch zu überprüfen sein.220 Zunächst wird allerdings die Auseinandersetzung mit den Regelungen des Beamtenrechts abgeschlossen, indem die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung anhand der Regelungen des Beamtenrechts beurteilt wird. 3. Kapitel

Beurteilung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung anhand der Regelungen des Beamtenrechts  § 15 Amtshaftung bei ordnungsgemäßer, erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens I. Amtshaftung anknüpfend an die Umsetzung einer Weisung Ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Umsetzung einer Weisung muss auch bei Vornahme einer rechtswidrigen Handlung ausscheiden, soweit die Weisung für den angewiesenen Amtswalter verbindlich ist. Hiervon ist im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung bei einer ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung des Remonstrationsverfahrens gemäß §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG auszugehen.

217

Ebenso Schwartz, Befehl und Weisung, S. 200 in Bezug auf die Rechtslage im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus. Dieses Ergebnis entspricht auch der Auffassung von Krantz, Gehorsamspflicht, S. 32 ff., S. 43 f., S. 47. aus dem Jahre 1913. Zu dieser noch unten § 17 IV. 218 BGH NJW 1959, 1629 f. 219 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  67, jedoch bezogen auf die spätere Rspr. des BGH, wonach die beamtenrechtliche Verantwortung mit der Weisung auf den anweisenden Amtswalter übergehe und sich hierdurch die Passivlegitimation verschiebe. Hierzu noch eingehend unten § 25. 220 Hierzu noch unten §§ 26–28.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Zu begründen ist dieses Ergebnis damit, dass gezeigt werden konnte, dass die Umsetzung der Vorgaben einer Weisung bei ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens auch im Falle rechtswidrigen Handelns im Außenverhältnis keine Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters darstellt, sofern die äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht gewahrt werden. Dies gilt allerdings nur, soweit das Verhalten des angewiesenen Amtswalters von der Bindungswirkung der Weisung erfasst wird. Insofern kann dem angewiesenen Amtswalter auch kein Verschuldensvorwurf gemacht werden, da er sich bei ordnungsgemäßer Durchführung des Remonstrationsverfahrens der Befolgung der Weisung nicht entziehen kann.221 Da § 839 I 1 BGB für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs die vorsätzliche oder fahrlässige (§ 276 II BGB) Verletzung einer Amtspflicht voraussetzt,222 scheitert ein Anspruch anknüpfend an die Befolgung der Weisung damit auch am fehlenden Verschulden des angewiesenen Amtswalters. Mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839  I  1  BGB kommt eine Haftungsüberleitung mittels Art. 34 S. 1 GG223 somit nicht in Betracht, sodass bei ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Umsetzung einer Weisung ausgeschlossen ist, soweit der angewiesene Amtswalter durch die erteilte Weisung gebunden wird.224 221

BGH NJW 1959, 1629 (1630). I.Erg. ebenso OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151 f.); Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 173; Mitzel, Amtshaftung, S. 221 f.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 95 f.; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (196). Ablehnend Felix, Remonstrationsrecht, S. 100 ff. Auch BGHZ 205, 63 (69) ordnet die Ablehnung der Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung einer bindenden rechtswidrigen Weisung lediglich als Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung, nicht jedoch als Frage des Verschuldens des angewiesenen Amtswalters ein. Eingehend zum Verschuldenserfordernis des § 839 I 1 BGB noch unten § 16 I. 222 Zur Verfassungsmäßigkeit der Beschränkungen des Amtshaftungsanspruchs durch diejenigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839 BGB, die nicht ausdrücklich durch Art. 34 S. 1 GG übernommen wurden Jarass, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 34 Rn. 2, Rn. 18 ff.; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 61. 223 Zur Haftungsüberleitung durch Art. 34 S. 1 GG siehe nur BVerfGE 61, 149 (155, 198); BGHZ 9, 65 (67); Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 34 Rn. 2; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 254. A. A. Jarass, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 34 Rn. 1. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der haftungsbegründenden Funktion des Art. 34 S. 1 GG aufgrund der hierdurch bedingten erweiterten Auslegung des § 839 I 1 BGB. Hierzu bereits oben § 13 III. 224 I.Erg. ebenso Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046 f. Speziell für den Bereich der Kommunalaufsicht zur Fallgruppe des reinen Aufsichtsfehlers der Kommunalaufsichtsbehörde Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 27 f. Der Ausschluss einer Haftung desjenigen Verwaltungsträgers, dem das Handeln des bindend angewiesenen Amtswalters zuzurechnen ist, gilt über den Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG hinaus auch für die verschuldensunabhängige Haftung nach § 1 StHG DDR (BGH NVwZ-RR 2009, 363 f.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 823 Rn. 66.) sowie etwa auch für die verschuldensunabhängige Haftung der Ordnungsbehörden und der Polizei nach § 39 I b OBG NW ggf. i. V. m. § 67 PolG NW (BGH NVwZ-RR 2009, 363; OLG Düsseldorf VersR 1994, 1065 [1066]; OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 [abrufbar über juris], Os. 2, Rn. 37; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 823 Rn. 66, Rn. 650) und die verschuldensunabhängige Haftung nach § 38 Ib OBG Bbg ggf. i. V. m. § 70 PolG Bbg (BGH NVwZ-RR 2009,

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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II. Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen verbindlichen Weisung Zu hinterfragen ist folglich, ob der durch eine rechtswidrige Maßnahme des verbindlich angewiesenen Amtswalters Geschädigte zumindest über einen Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der Weisung verfügt. 1. Notwendigkeit einer Amtshaftung Sollte das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung der Weisung zu verneinen sein, könnte sich der Staat durch die Erteilung einer Weisung und damit durch arbeitsteiliges Handeln seiner Haftungsverpflichtung ent­ziehen, sofern der Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die rechtswidrige Maßnahme im Außenverhältnis allein daran scheitert, dass das Remonstrationsverfahren ordnungsgemäß, aber erfolglos durchgeführt wurde.225 Durch das Setzen rechtswidrigen Innenrechts könnte damit ein den Sanktionsmöglichkeiten der Rechtsordnung entzogener Raum geschaffen werden.226 Dies würde in rechtsmissbräuchlicher Weise gegen das Art. 20 GG zugrunde liegende Rechtsstaatsprinzip227 verstoßen.228 Aus diesem Grund ist anerkannt, dass dem Staat keine sogenannte „Flucht ins Privat­recht“ ermöglicht werden darf, durch die er sich seinen Verpflich363 f.). Dies auch für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch annehmend OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Os. 2, Rn. 37. Dies offenlassend dagegen BGHZ 205, 63 (71) als Revisionsgericht. 225 OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151 f.); Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145; Herbst, DV 37 (2004), 51 (57 ff.); Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (69 f.) in Hinblick auf den Erlass bindender Verwaltungsvorschriften; Schröer, JZ 1952, 129 (131), allerdings in Hinblick auf die damals z. T. vorgenommene Unterscheidung zwischen Beamten und Angestellten und die hierdurch drohende Gefahr, der Staat könne sich durch den Einsatz von Angestellten anstelle von Beamten seiner Haftung entziehen. Ähnlich Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 66, der dies jedoch lediglich als „im Ergebnis nicht plausible[…] Lösung“ erachtet, sowie Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046, der dies lediglich als „unbefriedigende[s] Resultat“ einstuft. 226 Herbst, DV 37 (2004), 51 (63); Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (69 f.); Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 92. Zu diesem Aspekt siehe in Bezug auf die Entwicklung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten bereits oben § 12. 227 Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 20 Rn. 32 ff. 228 Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (70); Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 92. In diesem Sinne letztlich auch Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 90, S. 103 Fn. 124). OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151 f.) spricht insofern von einem Verstoß gegen die Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Aufgrund der Nähe dieser Formulierung zu Art. 19 IV 1 GG ist diese allerdings für den Bereich des Amtshaftungsrechts als Bestandteil des Sekundärrechtsschutzes zumindest unglücklich gewählt. Zur Begrenzung des Gewährleistungsgehalts des Art. 19 IV GG auf den Bereich des primären Rechtsschutzes nur Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band  IV/2, § 123, S. 2005 f., S. 2023 f.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

tungen und insbesondere seiner Haftung aus § 839 I 1BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG entziehen könnte.229 Dies betrifft etwa die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen sowie die Beleihung und die Heranziehung von Verwaltungshelfern zur Erledigung öffentlicher Aufgaben.230 Aus diesem Grunde muss sich der Staat bei Ausübung grundrechtsrelevanter Hoheitsbefugnisse durch Private ein Weisungsrecht sowie dieses ergänzende Durchsetzungsmittel vorbehalten.231 Eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung ist in der dargestellten Fallkonstellation umso mehr gerechtfertigt, als der anweisende Amtswalter amtspflichtwidrig gehandelt hätte, wenn er selbst die Handlung im Außenverhältnis vorgenommen hätte.232 Wenn dem angewiesenen Amtswalter durch die erteilte Weisung keinerlei Ermessen eingeräumt wird, ist die durch die Weisung hervorgerufene Außenwirkung identisch mit derjenigen bei Vornahme einer Einzelfallregelung mit Außenwirkung durch den anweisenden Amtswalter selbst.233 Der angewiesene Amtswalter kann somit bei Verbindlichkeit der Weisung als Werkzeug des Vorgesetzten234 sowie als dessen „verlängerter Arm“235 eingeordnet werden. 229

Siehe nur Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2039 ff., insb. S. 2042; Herbst, DV 37 (2004), 51 (63). Auch der Verzicht auf die Individualisierung des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters dient dazu, dass sich der Staat seiner amtshaftungsrechtlichen Verpflichtung nicht entziehen können soll (Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 292). Zu den Auswirkungen des Verzichts auf die Individualisierung des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters bei Beteiligung mehrerer Verwaltungsträger noch unten § 18 III. 230 Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 240; Dietlein, in: Stern / ​ Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2039 ff.; Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 87; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 79. 231 BVerfGE 130, 76 (125 ff.); Groß, Jura 2016, 1026 (1032 f.). Ohne entsprechende Einwirkungsrechte konnte unter Anwendung der sogenannten Werkzeugtheorie keine Amtshaftung erzielt werden. Siehe hierzu nur Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 26 ff.; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 14; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 23 ff.; Schoch, Jura 1988, 585 (586 f.); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​ Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 16 ff. Zudem Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn. 87, wonach bei Bestimmung des Haftungssubjekts des Amtshaftungsanspruchs ein Fehlverhalten Dritter demjenigen zuzurechnen sei, der über Weisungs- und Steuerungsmöglichkeiten verfügt. 232 OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151 f.); Herbst, DV 37 (2004), 51 (64). 233 BGHZ 63, 319 (324); BGHZ 91, 243 (250); BVerwGE 46, 78 (79 f.); OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151); Herbst, DV 37 (2004), 51 (64). Ähnlich Steiner, in: FS BayGT, S. 191 (S. 219), der in Anknüpfung an Art. 34 S. 1 GG davon ausgeht, dass der bindend angewiesene Amtswalter im Dienst desjenigen Verwaltungsträgers steht, dem der anweisende Amtswalter zuzuordnen ist. Das BVerwG nahm in diesem Zusammenhang sogar eine Passivlegitimation der anweisenden Stelle im Verfahren des primären Rechtsschutzes an. Diesbezüglich verfügt der Beschluss des BVerwG jedoch über Ausnahmecharakter. 234 Im strafrechtlichen Zusammenhang Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (412 Fn. 65). Hierzu zudem Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 mit Fn. 47), der zutreffend auf die Ähnlichkeit zu der Begründung der Amtshaftung bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch private Dritte anhand der Werkzeugtheorie hinweist. Bei dieser war ebenfalls entscheidend, ob der Private als „verlängerter Arm“ der Verwaltung erschien (siehe nur Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 26). Hierzu in Bezug auf das Handeln auf Weisung sogleich. 235 BGHZ 63, 319 (324); 91, 243 (250 f.); Herbst, DV 37 (2004), 51 (64). Zu diesem Begriff in Zusammenhang mit der Passivlegitimation im engeren Sinne bereits oben § 9. 

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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2. Ansätze für die Begründung eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung der Weisung Aufgrund des rechtsstaatlichen Bedürfnisses nach einer Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung ist folglich zu klären, wie eine solche in dogmatisch überzeugender Weise begründet werden kann. a) Grundsatz der Einheit der Verwaltung Begründet werden kann eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung nicht anhand des Grundsatzes der Einheit der Verwaltung236. Wenn es hiernach als ausreichend erachtet wird, dass sämtliche tatbestandliche Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs durch die Verwaltung in ihrer Gesamtheit erfüllt werden,237 trägt dies durchaus dem Gedanken Rechnung, dass die Weisungsstrukturen innerhalb der Verwaltungsorganisation für den Geschädigten vielfach unbekannt sind und sich dieser mit „der Verwaltung“ konfrontiert sieht238. Dieser Lösungsansatz ist allerdings mit der geltenden Rechtslage kaum vereinbar.239 Zurückzuführen ist dies bereits darauf, dass eine rechtliche Einordnung des Verhaltens der Verwaltung in ihrer Gesamtheit deren ausdifferenzierte Binnen­ organisation unberücksichtigt lässt, die zur Folge hat, dass eine Weisung von einem bestimmten Amtswalter erteilt wird, der einer bestimmten Verwaltungseinheit zuzuordnen ist.240 Zudem knüpft die Amtshaftung als bloß mittelbare Staatshaftung an die Eigenhaftung des Amtswalters aus § 839 I 1 BGB an, welche voraussetzt, dass sämtliche Anspruchsvoraussetzungen in dessen Person erfüllt werden.241 Würde man diese konstruktive Besonderheit der Amtshaftung unberücksichtigt lassen, so widerspräche dies aufgrund der Umdeutung der lediglich mittelbaren Haftung des Staates in eine objektive Staatshaftung dem geltenden Recht.242 Fraglich bleibt zudem, wie die gesamtheitliche Betrachtung der Verwaltung mit dem Regelungsgehalt des Art. 34 S. 1 GG vereinbar sein sollte, der hinsichtlich des Haftungssubjekts gerade nicht nur den Staat, sondern auch diejenige Körperschaft, in deren Dienst 236 Zum Begriff der Einheit der Verwaltung und seinen verschiedenen Ausprägungen ausführlich Sachs, NJW 1987, 2338 ff. 237 So Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145, allerdings lediglich in Hinblick auf die Merkmale der Amtspflichtverletzung und der Rechtswidrigkeit; Felix, Remonstrationsrecht, S. 113 f. Zu diesem Lösungsansatz Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 66; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 58 f. 238 Hierzu bereits oben § 15 II. 2. a). 239 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  66; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 35. 240 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490; Schnapp, Beamtenrecht, S. 164. 241 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 35. 242 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 35; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 59.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

der Amtswalter steht, nennt. Unter Anwendung des Grundsatzes der Einheit der Verwaltung bliebe völlig unklar, welcher Verwaltungsträger passivlegitimiert sein sollte, wenn der anweisende Amtswalter anhand der bereits dargestellten Lösungsansätze243 einem anderen Verwaltungsträger zuzuordnen ist als der angewiesene Amtswalter244. Aufgrund der dargestellten Erwägungen kann sich der Grundsatz der Einheit der Verwaltung folglich nicht auf die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs auswirken.245 b) Allgemeine Grundsätze des Amtshaftungsrechts Demnach ist zu hinterfragen, ob eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Amtshaftungsrechts entwickelt werden kann. aa) Amtspflichtverletzung durch die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung Da die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III GG jedem Amtswalter obliegt, ist auch derjenige Amtswalter hieran gebunden, der lediglich eine verwaltungsinterne Handlung vornimmt.246 Dies bedeutet, dass auch den anweisenden Amtswalter eine Prüfungspflicht in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der von ihm vorgenommenen Handlungen, also auch der von ihm erteilten Weisungen trifft247 und er für die Erteilung einer Weisung die volle persönliche Verantwortung (§§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG) trägt248. Die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) wird durch die Erteilung einer Weisung, die auf ein im Außenverhältnis rechtswidriges Verhalten gerichtet ist, verletzt, wenn man diese zutreffend selbst als rechtswidrig erachtet.249 243

Hierzu bereits oben §§ 8, 9. Zur Sonderkonstellation der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern noch eingehend unten §§ 26–28. 245 I.Erg. ebenso Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 493. 246 BGHZ 63, 319 (324 f.); Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 50; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 43; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 126. 247 Bank, ZBR 1963, 161 (163); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (433 f.). 248 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 57, Rn. 71; Bank, ZBR 1963, 161 (163); Felix, Remonstrationsrecht, S. 68, S. 71; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 11, Rn. 29; Herbst, DV 37 (2004), 51 (64); Rittstieg, ZBR 1970, 72 (73); Romann, Remonstrationspflicht, S. 81; Schnupp, in: Havers / ​Schnupp, Beamten- und Disziplinar­recht, S.  158. 249 Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 129 ff., insb. S. 132; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windt­horst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11  Rn.  8. Zum Maßstab für die Bestimmung der Rechtmäßigkeit einer Weisung bereits oben § 3 II. 244

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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bb) Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis Da einer Weisung allerdings keine unmittelbare Außenwirkung zukommt,250 bewirkt die bloße Erteilung einer rechtswidrigen Weisung keine Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis. Diese ungeschriebene tatbestandliche Voraussetzung des Amtshaftungsanspruchs251 wird nur durch die Befolgung der rechtswidrigen Weisung durch den angewiesenen Amtswalter erfüllt und folglich durch die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung lediglich mittelbar bedingt.252 Wenn man der ungeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis lediglich die Funktion einer Haftungsbegrenzung zuweist, die dazu dient, das Bestehen von Amtshaftungsansprüchen bei rechtmäßigem Handeln im Außenverhältnis zu vermeiden,253 steht dies einer Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung nicht entgegen254. Sofern man dagegen auch in Bezug auf die tatbestandliche Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis fordert, dass diese gerade durch den anweisenden Amtswalter erfüllt wird,255 scheitert hieran zunächst ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung. Begründen ließe sich eine solche Sichtweise damit, dass aufgrund der Konzeption der Amtshaftung als lediglich mittelbare Staatshaftung256 sämtliche tatbestandliche Voraussetzungen und damit auch diejenige der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis in der Person eines Amtswalters zu erfüllen sind. Da eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung aufgrund des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips jedoch zwingend zu fordern ist,257 ist dem anweisenden Amtswalter bei Zugrundelegung dieser Sichtweise das im Außenverhältnis rechtswidrige Verhalten des angewiesenen Amtswalters, also dessen Verstoß gegen die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten, zuzurechnen.258 Hierdurch kann auch das Rechtswidrigkeitserfordernis in der Person des anweisenden Amtswalters bejaht werden.259 Begründet werden kann diese Vorgehensweise jedenfalls mit der Bindungswirkung der rechtswidrigen Weisung gegenüber dem angewiesenen Amtswalter, die diesem keine Möglichkeit belässt, entgegen der 250

Hierzu oben § 5 II. Hierzu oben § 11 II. 252 Windthorst, JuS 1995, 892 (893). 253 Hierzu ebenfalls oben § 11 II. 254 Hierfür Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145. Diese Sichtweise entspricht einer Anwendung des Grundsatzes der Einheit der Verwaltung begrenzt auf die tatbestandliche Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis. 255 Dies voraussetzend Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windt­ horst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 89, Rn. 92. 256 Hierzu oben § 11 II. 257 Hierzu bereits oben § 15 II. 1. 258 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046; Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 92. 259 Krit. dagegen bereits in Hinblick auf die Begehung einer Amtspflichtverletzung Felix, Remonstrationsrecht, S. 109 ff. Ihr Beweggrund für die Ablehnung einer Amtspflichtverletzung, die hierdurch bedingte „schwierige“ Prüfung der Drittbezogenheit, mutet jedoch seltsam an. 251

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Weisung zu handeln. Allerdings wird hierdurch ebenso wie bei der Heranziehung des Grundsatzes der Einheit der Verwaltung ein „Haftungsverbund“260 zwischen anweisendem und angewiesenem Amtswalter geschaffen. Die Zurechnung dient damit nur der Umgehung derjenigen dogmatisch-konstruktiven Schwierigkeiten, die in Zusammenhang mit dem Grundsatz der Einheit der Verwaltung dargestellt wurden261. Wie insbesondere die Rechtsprechung des BGH zum Fall des Organisationsverschuldens zeigt, in der im Ergebnis ebenfalls ein Haftungsverbund konstruiert wird, um einen Amtshaftungsanspruch zu ermöglichen,262 kann hierdurch dem im verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot wurzelnden Bedürfnis der Zurverfügungstellung eines Amtshaftungsanspruchs entsprochen werden. Im Vergleich zur Anwendung des Grundsatzes der Einheit der Verwaltung ermöglicht die Zurechnung des rechtswidrigen Verhaltens im Außenverhältnis zumindest Klarheit in Bezug auf das Haftungssubjekt des Amtshaftungsanspruchs. Allerdings widerspricht auch sie der de lege lata bestehenden Anknüpfung des Amtshaftungsanspruchs an die Eigenhaftung des Amtswalters aus § 839  BGB.263 Demnach wird bereits an dieser Stelle deutlich, dass dem Bedürfnis nach Amtshaftung bei Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung nicht in dogmatisch gänzlich überzeugender Weise entsprochen werden kann. cc) Drittbezogenheit der Amtspflichten des anweisenden Amtswalters Für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs ist nach § 839 I 1 BGB sowie Art. 34 S. 1 GG weiterhin vorauszusetzen, dass die verletzte Amtspflicht im Verhältnis zum Geschädigten auch Drittbezogenheit aufweist. Bei Amtshaftungsansprüchen anknüpfend an die Erteilung einer Weisung bedarf dies einer vertieften Auseinandersetzung.264

260

Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046. Oben § 15 II. 2. a). 262 So zutreffend Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046 Fn. 1030. Siehe nur BGHZ 170, 260 (263 ff.): Die Amtspflicht des unmittelbar mit der Sache befassten Amtswalters, ein Gesuch in angemessener Frist zu bearbeiten, wird u. U. nicht schuldhaft verletzt, wenn eine Behörde aufgrund fehlender Ausstattung mit ausreichenden Sach- und Personalmitteln über einen langen Zeitraum stark belastet ist. Aus Art. 20 III GG folgt jedoch die Pflicht vorgesetzter Instanzen, mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten. Wird dies nicht getan, so kann hierin ein Organisationsmangel und damit eine Amtspflichtverletzung durch vorgesetzte Stellen liegen. Letztlich wird durch die Anerkennung des Organisationsmangels die Amtspflichtverletzung des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters derjenigen Instanz, die diese verursacht hat, zugerechnet, um eine Haftungslücke aufgrund des fehlenden Verschuldens des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters zu vermeiden. 263 Zu der Kritik an der Anwendung des Grundsatzes der Einheit der Verwaltung bereits oben § 15 II. 2. a). 264 Dagtoglou, JZ 1975, 444 (446). In diesem Sinne wohl auch Felix, Remonstrationsrecht, S. 109. Ähnlich zudem Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224. 261

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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Hierbei ist zu hinterfragen, ob der verletzten Amtspflicht überhaupt drittschüt­ zende Wirkung zukommt, der im Einzelfall Geschädigte dem von der Amtspflicht geschützten Personenkreis angehört und auch das im Einzelfall verletzte Recht oder Rechtsgut der drittschützenden Wirkung der Amtspflicht unterfällt.265 Problematisch in Bezug auf die Drittbezogenheit einer Amtspflicht ist bei der Erteilung von Weisungen, dass die Drittbezogenheit der Amtspflicht in personaler Hinsicht das Bestehen einer „besondere[n] Beziehung“266 voraussetzt, die dazu führt, dass bei der Wahrnehmung der jeweiligen Amtspflicht auf die Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist267. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn die Amtspflicht nur dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit als unbestimmter Vielzahl von Personen gegenüber besteht.268 Demnach weisen Amtspflichten, die dem Interesse an einer ordnungsgemäßen und funktionsfähigen Verwaltung dienen und nur das Verhältnis zu nebenoder nachgeordneten Behörden betreffen269 sowie Amtspflichten, die lediglich dem allgemeinen Wohl dienen, keine Drittbezogenheit auf, selbst wenn die amtspflichtgemäße Aufgabenwahrnehmung einem Dritten zugutekommt und ihm als Reflex amtspflichtgemäßen Handelns einen Vorteil verschafft.270 Auch beim Erlass von Innenrecht durch die Verwaltung wird eine Drittbezogenheit von Amtspflichten dem Bürger gegenüber grundsätzlich verneint.271 Beim Erlass allgemeiner Ver 265

Detterbeck, JuS 2002, 127 (129); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1068; Schlarmann  / ​ Krappel, NVwZ 2011, 215 (217). Zudem von Danwitz, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band II, Art. 34 Rn. 83; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 60 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224, jeweils krit. auch zur unüberschaubaren Kasuistik, die durch eine unvorhersehbare Rspr. erzeugt wird. Befürwortend dagegen Mitzel, Amtshaftung, S. 47 ff., S. 57 ff.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 169, die die von der Rspr. entwickelten Kriterien als allgemeine Leitlinien einstufen, die eine flexible Handhabung im Einzelfall ermöglichen. 266 BGHZ 108, 224 (227); BGH NJW 2017, 397 (398); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 106. 267 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGHZ 106, 323 (332); 109, 163 (167 f.); 122, 317 (320 f.); BGH NJW 2013, 3370 (3371); NJW 2017, 397 (398 f.). Ähnlich OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1993, 452 (453). Hierzu Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 169. Für den Bereich allgemeiner Verwaltungsvorschriften zudem Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (70 f.). 268 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGH VersR 1961, 39; VersR 1967, 356 (358); BGH NJW 2013, 3370 (3371); NJW 2017, 397 (398 f.); OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1993, 452 (453). Zudem Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1066 f.; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 60; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224; Wöstmann, in: Staudinger,  BGB, Buch 2, § 839 Rn. 168 ff., Rn. 175. 269 BGHZ 26, 232 (234); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 175. 270 Siehe nur BGHZ 32, 145 (148); BGH VersR 1961, 39; VersR 1966, 782 (783); VersR 1967, 356 (358); BGH NJW 1968, 641 (642); BGH VersR 1970, 906 (907); BGH NJW 1983, 1795 (1797); Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 240. Hierzu Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 175. 271 BGHZ 63, 319 (324); 91, 243 (249 f.); 102, 350 (367 f.); OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 502; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1071; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 176. A. A. Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (67 ff.) u. a. mit dem Argument, allgemeine Verwaltungsvorschriften stellten eine Summe von Einzelweisungen dar.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

waltungsvorschriften, die eine bestimmte Gesetzesanwendung vorgeben, ist dies damit zu begründen, dass diese der Vereinheitlichung des Gesetzesvollzugs durch die Verwaltung zu dienen bestimmt sind und folglich lediglich ein Interesse der Allgemeinheit berührt wird.272 Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine Weisung im Regelfall in einem Aufsichtsverhältnis ergeht,273 sodass die in diesem Bereich entwickelten Grundsätze zur Ermittlung der Drittbezogenheit von Amtspflichten ebenfalls zu berücksichtigen sind.274 Die Dienstaufsicht als im öffentlichen Interesse bestehendes Mittel zur Sicherung der ordnungsgemäßen Amtsführung begründet grundsätzlich keine Amtspflichten zugunsten einzelner Personen in Hinblick auf ihre sorgfältige Ausübung,275 sodass ein Amtshaftungsanspruch auch dann abzulehnen ist, wenn Dritte durch die zu beaufsichtigende Behörde geschädigt wurden, dies aber bei ordnungsgemäßer Ausübung der Dienstaufsicht verhindert hätte werden können276. Auch im Bereich der staatlichen Aufsicht über die Erfüllung von Aufgaben der kommunalen Auftragsverwaltung sowie der Pflichtaufgaben nach Weisung durch Gemeinden werden bei Ausübung der Aufsicht grundsätzlich keine Amtspflichten gegenüber Dritten begründet.277 Allerdings können sich unter besonderen Umständen Amtspflichten des die Aufsicht ausübenden Amtswalters gegenüber einzelnen Dritten ergeben,278 sodass die Erteilung einer Weisung innerhalb eines Aufsichtsverhältnisses nicht dazu führt, dass die Möglichkeit der Drittbezogenheit von Amtspflichten des die Weisung erteilenden Amtswalters gänzlich auszuschließen ist. Entscheidend für die Frage der Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bei Erteilung einer Weisung ist, dass die Drittbezogenheit einer Amtspflicht bereits anzunehmen ist, wenn diese zwar zunächst dem Interesse der Allgemeinheit dient, jedoch auch dem Interesse eines Einzelnen 272 BGHZ 63, 319 (324); 205, 63 (Ls. a, 69); BGH MDR 2015, 706 (Ls. a); OLG Saarbrücken NVwZ-RR 2017, 537 (538). Hierzu Felix, Remonstrationsrecht, S. 109 f. 273 Zur Einordnung der Weisung als typischem Instrument der Fachaufsicht nur Franz, JuS 2004, 937 (942); Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 96 Rn.  160; Schiedermair, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, § 48 Rn. 11. Zur rechtlichen Einordnung der Fachaufsicht eingehend Groß, DVBl. 2002, 793 ff. Zur Einordnung der Weisung als typischem Instrument zur Steuerung hierarchisch organisierter Verwaltung bereits oben § 5 II. Speziell zur Abgrenzung des Weisungsrechts des Art. 85 III GG und der Aufsicht nach Art. 85 IV GG noch unten § 32 II. 274 Herbst, DV 37 (2004), 51 (66). 275 BGH VersR 1967, 471 (Ls. 1, 473); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 176, Rn. 183. 276 BGHZ 35, 44 (48 f.); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 183. 277 Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 180. 278 BGH VersR 1967, 471 (473); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 180. Anerkannt wurden solche besonderen Umstände insb., wenn der Dritte sich mittels Erhebung einer Fachaufsichtsbeschwerde unmittelbar an die Aufsichtsbehörde wandte, die zu beaufsichtigende Stelle die Amtsausübung verweigerte oder eine besondere Gefahrensituation vorlag. Hierzu nur BGHZ 15, 305 (308 ff.); BGH NJW 1956, 1028; BGHZ 35, 44 (49 f.); BGH VersR 1967, 471 (473) sowie noch unten § 31 I.

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zu dienen bestimmt ist279. Dies ist überzeugend, da die Wahrnehmung von Amtsgeschäften vielfach gerade auch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient. Wenn die Erledigung eines Amtsgeschäfts nicht eine so große und unbestimmte Vielzahl von Personen betrifft, die mit der Allgemeinheit gleichzusetzen wäre, sondern bereits mit den Interessen einzelner Personen oder eines bestimmten Personenkreises verbunden ist, überwiegt die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit nicht mehr gegenüber den Interessen individueller Personen, sodass der Gemeinwohlbezug der Amtshandlung nicht mehr das entscheidende Gepräge verleiht.280 Demnach kann auch bei der Erteilung einer Weisung als verwaltungsinterner Maßnahme im Bereich staatlicher Aufsicht die Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bejaht werden,281 wenn der von der Erteilung der Weisung betroffene Personenkreis eingegrenzt und individualisiert werden kann282. Dies ist der Fall, wenn die Identität und Anzahl der betroffenen Personen feststeht, auch wenn sie der anweisenden Behörde nicht bekannt ist283 und folglich die geforderte Sonderbeziehung zwischen dem Geschädigten und der verletzten Amtspflicht besteht284.285 Von der Erfüllung dieser Kriterien ist in den für diese Arbeit interessierenden Fällen der Erteilung einer Einzelweisung in aller Regel auszugehen.286 Die Annahme 279 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGH VersR 1961, 39; VersR 1967, 356 (358); BGHZ 109, 163 (167 f.); 122, 317 (320 f.); 140, 380 (382 f.); BGH NJW 2017, 397 (398 f.); OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1993, 452 (453); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1066 f.; Ossenbühl  / ​ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 60; eingehend Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 168 ff. 280 So die überzeugende Argumentation in BGH NJW 1959, 574 f.; BGHZ 35, 44 (50 f.); BGH NJW 1968, 641 (642); BGHZ 56, 40 (46 f.). 281 BGHZ 63, 319 (324 f.); BGH NJW 1977, 713; BGHZ 91, 243 (249 ff.); OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 503. 282 BGHZ 205, 63 (71). I.Erg. ebenso Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 134. 283 So i. Erg. BGHZ 63, 319 (324 f.), da von der Weisung des Bundesministers nur diejenigen Importeure betroffen waren, die Einfuhrgenehmigungen für Mais an einem bestimmten Tag beantragt hatten; OLG Hamm VersR 1993, 1150 (Ls. 1; 1151) in Bezug auf einen Runderlass des Kultusministeriums, bei dem die Anzahl und die Identität der hiervon betroffenen Bewerber von vornherein feststanden. Ähnlich Herbst, DV 37 (2004), 51 (66); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 62. 284 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGHZ 56, 40 (45 f.); 106, 323 (331 f.); 122, 317 (320 f.); 129, 23 (25); 134, 268 (276). Ähnlich OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1070 f.; Herbst, DV 37 (2004), 51 (66). 285 Aus dem gleichen Grund wird auch bei allgemeinen Verwaltungsvorschriften von Drittbezogenheit ausgegangen, wenn diese auch im Interesse bestimmter Dritter erlassen wurden (siehe etwa BGH VersR 1961, 512 [513]; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1067; Ossenbühl  / ​ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 62). Gleiches gilt bei Rechtsvorschriften, die einen kleinen und klar abgrenzbaren Personenkreis betreffen, siehe nur zu Einzelfallgesetzen BGHZ 56, 40 (46); 134, 30 (32) und zu Bebauungsplänen BGHZ 106, 323 (332 f.); 108, 224 (226 ff.). Hierzu Detterbeck, JuS 2002, 127 (130 f.). 286 In diesem Sinne BGHZ 205, 63 (71) sowie Herbst, DV 37 (2004), 51 (66). Die Möglichkeit der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei Erteilung einer Weisung anerkennend zudem Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 154 f.; Mitzel, Amtshaftung,

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

der Drittbezogenheit der Amtspflicht des anweisenden Amtswalters zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bei Vorliegen der genannten Kriterien kann dabei vor allem überzeugen, wenn man berücksichtigt, dass die den Geschädigten betreffende Entscheidung bereits durch den anweisenden Amtswalter getroffen wird und dieser bei Verbindlichkeit der Weisung durch den angewiesenen Amtswalter lediglich Außenwirkung vermittelt wird.287 Im Bereich der Amtshaftung bei Handeln auf Weisung hat über die bereits dargestellten, hergebrachten Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten hinaus der Aspekt des Vertrauensschutzes bislang keine größere Berücksichtigung gefunden288. Dessen Bedeutung wird vor allem in der Rechtsprechung zur Amtshaftung im Bereich des Baurechts Rechnung getragen,289 sodass dieser Aspekt an späterer Stelle im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der Amtshaftung bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens des § 36 I, II 1 BauGB thematisiert und sodann überprüft wird, welche Erkenntnisse sich hieraus für die Drittbezogenheit von Amtspflichten bei der Erteilung einer Weisung gewinnen lassen290.

S. 46 f. Zum Verständnis des hierfür entscheidenden Begriffs der Einzelweisung oben § 5 I. Zur Problematik des Bestehens drittbezogener Amtspflichten beim Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften Dagtoglou, JZ 1975, 444 (446); Herbst, DV 37 (2004), 51 (66). 287 Zu diesem Gedanken bereits oben § 15 II 1. Zur Frage der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei Erteilung einer Weisung siehe zudem Herbst, DV 37 (2004), 51 (66 f.), der auch die rechtliche Lage bei Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften in seine Argumentation einbezieht. 288 Die einzige Ausnahme stellt insofern BGH NVwZ-RR 1991, 171 (172) dar. Hierzu noch unten §§ 15 III 4., 26. In welchen Fallkonstellationen das Kriterium des Vertrauensschutzes Anwendung finden soll, ist unklar (Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 117. Ebenso letztlich Mitzel, Amtshaftung, S. 69), obwohl dieses als Voraussetzung der Drittbezogenheit von Amtspflichten anerkannt wird (Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2060; Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 121). Sofern man es im Falle des Handelns auf Weisung generell für unanwendbar erachten sollte, erübrigen sich die späteren Ausführungen hierzu. Allerdings erscheint es sachgerechter, über die Anwendung dieses Kriteriums anhand der jeweiligen Sachmaterie zu entscheiden anstatt diese daran festzumachen, ob mehrere Stellen an einem Verwaltungshandeln mitgewirkt haben. Siehe zur Anwendung des Kriteriums des Vertrauensschutzes etwa BGH NVwZ 2006, 245 ff. zu Dispositionen infolge der Erteilung einer unrichtigen Auskunft. Zum Aspekt des Vertrauensschutzes im Amtshaftungsrecht Kümper, Risikoverteilung, S. 92 ff., S. 177 ff. Zum Aspekt des Vertrauensschutzes in Zusammenhang mit der Rückwirkung von Gesetzen insb. im Bereich des Steuerrechts Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 394 ff. 289 Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 117 ff., Rn. 134 ff. Siehe zur insofern relevanten Rspr. des BGH ausführlich unten § 15 III. 2. b) bb) (3), 2 c), 3. 290 Hierzu unten § 15 III. 4.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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dd) Verschulden Zunächst ist jedoch auf das bereits kurz angesprochene Verschuldenserfordernis des § 839 I 1 BGB in Form des Vorwurfs fahrlässigen Handelns291 einzugehen. Ein solches ist anzunehmen, wenn der Amtswalter bei Beachtung der für seinen Pflichtenkreis und seiner Amtsstellung erforderlichen Sorgfalt den Amtspflichtverstoß erkennen hätte können und müssen.292 Das Verschuldenserfordernis wurde durch die Rechtsprechung zunehmend entindividualisiert, sodass für dessen Beurteilung ein objektiver Sorgfaltsmaßstab anzuwenden ist.293 Demnach sind für die Beurteilung des Verschuldens eines Amtswalters diejenigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Einsichten entscheidend, die für die Führung des jeweiligen Amtes erforderlich und somit bei einem pflichtgetreuen, mit dem betreffenden Amt betrauten Durchschnittsbeamten zu erwarten sind.294 Dies bedeutet, dass jeder Amtswalter über die für sein Amt erforderlichen rechtlichen Kenntnisse verfügen oder sich diese zumindest verschaffen muss.295 Von Bedeutung ist die Frage des Verschuldens des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters vor allem bei der fehlerhaften Rechtsanwendung und -auslegung.296 Bei dieser muss der Amtswalter die Rechtslage unter Heranziehung der ihm zur Verfügung stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft prüfen und sich sodann eine Rechtsauffassung bilden. Sofern diese als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, kann dem Amtswalter keine Fahrläs 291

Hierzu § 276 II BGB. BGH VersR 1961, 507 (509); VersR 1967, 1150 (1151); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 183; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 198. 293 BGHZ 134, 268 (274); 139, 200 (203); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 587; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1079; Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber,  GG, Art. 34 Rn. 19.1; Krantz, Gehorsamspflicht, S. 42; Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 289; Romann, Remonstrationspflicht, S. 67; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Art. 34 Rn. 64; Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1528); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 179, Rn. 186; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 177, Rn. 179. 294 BGH NJW 1979, 2097 (2098); BGHZ 117, 240 (249); 134, 268 (274); 139, 200 (203); Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S. 97); Jarass, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 34 Rn. 19; Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 289; Romann, Remonstrationspflicht, S. 67; Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1528); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 183; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 177; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 198 f. 295 Siehe nur BGH NJW 1979, 2097 (2098); BGHZ 106, 323 (329 f.); 117, 240 (249); 139, 200 (203); Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 20; Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 289; Romann, Remonstrationspflicht, S. 67; Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1528); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 183; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 177; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 198. 296 Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber,  GG, Art. 34 Rn. 20.1; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 76 ff.; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 65; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 184 f.; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 180 ff. 292

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

sigkeit vorgeworfen werden.297 Wenn der die verbindliche rechtswidrige Weisung erteilende Amtswalter die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) nicht den soeben dargestellten Grundsätzen entsprechend schuldhaft verletzt, muss ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch aus § 839  BGB i. V. m. Art. 34 S. 1  GG ausscheiden. Dem Geschädigten stehen in einem solchen Fall nur diejenigen Haftungsinstitute zur Verfügung, die verschuldensunabhängig konzipiert sind.298 Dies ist jedoch in Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip unbedenklich, da das Nichtbestehen eines Amtshaftungsanspruchs in einem solchen Fall nicht durch das arbeitsteilige Handeln der Verwaltung bedingt wird299. ee) Kausalität und Zurechnungszusammenhang Grundsätzlich folgt die Bestimmung der Kausalität der Amtspflichtverletzung für den Schaden ebenso wie die Bestimmung des Zurechnungszusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden den allgemeinen Grundsätzen, die für die Tatbestände des Deliktsrechts der §§ 823 ff.  BGB heranzuziehen sind.300 Aufgrund der Konzeption des Amtshaftungsanspruchs müssen hierbei lediglich die Voraussetzungen der haftungsausfüllenden Kausalität erfüllt werden, also das amtspflichtwidrige Verhalten des Amtswalters adäquat kausal für den Eintritt des Schadens sein.301 Hierbei ist zu prüfen, welchen Verlauf das Geschehen bei amts 297

So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGH NJW 1979, 2097 (2098); BGHZ 119, 365 (369 f.); 139, 200 (203); 146, 153 (165); BGH NVwZ 2006, 245 (246). Hierzu eingehend Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 198 ff., Rn. 204, Rn. 207. Zudem Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1081; Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1528); Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 185; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 184 ff. 298 Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203. Siehe etwa BGHZ 146, 365 (371 f.) zur Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff, welche selbst dann in Betracht zu ziehen ist, wenn lediglich eine Klage auf Schadensersatz aus Amtshaftung erhoben wurde. 299 Gegenteiliges könnte nur angenommen werden, wenn dem angewiesenen Amtswalter ein strengerer Sorgfaltsmaßstab obliegt als dem anweisenden Amtswalter. Wie noch unten § 16 I zu zeigen sein wird, ist dies bei Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung gerade nicht der Fall. Dies gilt auch aufgrund der internen Weitergabe der Weisung durch einen Vorgesetzten des Amtswalters auch unter Berücksichtigung einer größeren Sachkunde der Behörde des angewiesenen Verwaltungsträgers bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern, sofern man eine Remonstrationspflicht auch in dieser Konstellation annimmt. Hierzu noch unten §§ 27 I., 28 II. 2. c). 300 von Danwitz, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band II, Art. 34 Rn. 92; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 62; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 175; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 166; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 223. 301 BGH NVwZ 1994, 825 (826 f.); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 563; von Danwitz, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band II, Art. 34 Rn. 93; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1085; Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 34 Rn. 16; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 62; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 175; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 164; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 223.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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pflichtgemäßem Verhalten des Amtswalters genommen und wie sich dabei die Vermögenslage des Geschädigten entwickelt hätte.302 Von einem adäquaten Kausalzusammenhang ist auszugehen, wenn eine Tatsache nicht nur bei Bestehen besonders eigenartiger, gänzlich unwahrscheinlicher Umstände, die nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge nicht zu erwarten sind, zur Herbeiführung des Schadens geeignet war.303 Wenn ein Dritter oder der Geschädigte selbst in ungewöhnlicher Weise in den Geschehensablauf eingreift und dabei eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt, kann dies zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führen.304 Sofern die Handlung des Geschädigten oder des Dritten jedoch durch das amtspflichtwidrige Handeln herausgefordert wurde und keine ungewöhnliche Reaktion auf dieses darstellt oder ein rechtfertigender Anlass für die Handlung des Geschädigten oder des Dritten besteht, liegt hierin keine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden.305 In dem Fall, dass der angewiesene Amtswalter die im Außenverhältnis rechtswidrige Handlung ohne Erteilung der Weisung nicht vorgenommen hätte, ist die Erteilung der Weisung adäquat kausal für den Eintritt des Schadens, da die dargestellten Voraussetzungen an die Adäquanz im Regelfall erfüllt sein werden.306 Die Befolgung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung durch den angewiesenen Amtswalter kann nicht zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führen. Dies liegt bereits darin begründet, dass der angewiesene Amtswalter nach ordnungsgemäßer Remonstration nicht anders handeln kann und darf, als die Weisung zu befolgen und somit ein rechtfertigender Anlass für die Befolgung der Weisung besteht.307 302

So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGHZ 96, 157 (171); 129, 226 (232 f.); 146, 122 (128); Bender, JZ 1986, 838 (843); Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 65; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 62; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 175; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 166; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 223. 303 BGH NVwZ 1994, 825 (827); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 223. 304 BGH NJW 1986, 1329 (1331); NJW 1988, 1143 (1145); NJW 1988, 1262 (1263); BGHZ 103, 113 (119); BGH, Beschl. v. 25.02.1988, Az. III ZR 118/87 (abrufbar über juris), Rn. 6; BGH NJW 1989, 99 (100); NJW 1989, 1924 (1926); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 175; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 227. 305 BGH NJW 1989, 1924 (1926); BGH, Beschl. v. 25.02.1988, Az. III ZR 118/87 (abrufbar über juris), Rn. 6; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 227. 306 In diesem Sinne Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 70, der in Bezug auf die Beteiligung eines weiteren Verwaltungsträgers, die keine oder lediglich eine eingeschränkte Bindungswirkung gegenüber dem im Außenverhältnis handelnden Verwaltungsträger besitzt, von Kausalität ausgeht, wenn der im Außenverhältnis handelnde Amtswalter seiner Handlung die Vorgaben des anderen Verwaltungsträgers faktisch zugrunde legt. 307 Siehe in diesem Zusammenhang BGH, Beschl. v. 25.10.1990, Az. III ZR 249/89 (abrufbar über juris), Rn. 3 f. Der BGH nahm hierbei das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen der rechtswidrigen Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Zudem wurde die Befolgung der Weisung durch Erteilung derselben gerade bezweckt, sodass diese keine ungewöhnliche Reaktion hierauf darstellt.308 Wenn die Maßnahme des angewiesenen Amtswalters den dargestellten Kriterien allerdings nicht entspricht, ist ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der Erteilung der Weisung und dem eingetretenen Schaden zu verneinen beziehungsweise eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs anzunehmen. In Fällen, in denen der angewiesene Amtswalter eine Weisung nicht umsetzt oder sich bewusst über diese oder bestimmte hierin enthaltene Vorgaben hinwegsetzt, kann folglich nicht von dem dargestellten Kausalzusammenhang ausgegangen werden. Sofern ein solcher zwar besteht, die auf der erteilten Weisung beruhende Maßnahme des angewiesenen Amtswalters jedoch eine gänzlich ungewöhnliche Reaktion hierauf darstellt, ist von einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der Erteilung der Weisung und dem rechtswidrigen Verhalten im Außenverhältnis auszugehen. Dies kann etwa Fälle betreffen, in denen der angewiesene Amtswalter zwar das durch eine Weisung vorgegebene Ziel verfolgt, hierfür jedoch gänzlich ungeeignete oder unangebrachte Mittel verwendet. 3. Fazit Da folglich grundsätzlich auch ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung konstruiert werden kann,309 führt die Ablehnung einer Amtspflichtverletzung des verbindlich angewiesenen Amtswalters nicht dazu, dass ein Amtshaftungsanspruch des Geschädigten gänzlich entfällt310.311 Wie gezeigt werden konnte, bestehen insofern allerdings dogmatische BauGB und der Versagung einer Baugenehmigung an, weil kein „ungewöhnlich grobe[s] Fehlverhalten“ darin gesehen werden könne, dass sich die Baugenehmigungsbehörde so verhielt, wie die Gemeinde es durch die Versagung des Einvernehmens beabsichtigt hatte. Zur Amtshaftung in Zusammenhang mit dem gemeindlichen Einvernehmen nach § 36 BauGB siehe sogleich unten § 15 III. 2., 3. 308 Zu diesem Aspekt in anderen Fallkonstellationen etwa BGH, Beschl. v. 25.02.1988, Az.  III  ZR  118/87 (abrufbar über juris), Rn. 6 ff.; BGH, Beschl. v. 25.10.1990, Az. III ZR 249/89 (abrufbar über juris), Rn. 4; Detterbeck, JuS 2002, 127 (131); Detterbeck, JuS 2003, 1003 (1007); Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1527). 309 Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 10. A. A. Scholz, Rechtsschutz, S. 95, S. 108 f. mit Fn. 464. Da dieser wohl von einer haftungsinstitutsunabhängigen Passivlegitimation der Gemeinde bei Befolgung einer Weisung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit der Problematik der Auswirkungen weisungsgebundenen Handelns für die Passivlegitimation unterbleibt, vermag diese Auffassung nicht zu überzeugen. 310 So aber Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 36. Auch Felix, Remonstrationsrecht, S. 109 f. befürchtet, dass dem Geschädigten unter Umständen kein Haftungsschuldner zur Verfügung stehe, wenn eine Haftung der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters abgelehnt wird und begründet dies mit der im Regelfall fehlenden Drittbezogenheit von Amtspflichten beim Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften. 311 Siehe nur BGHZ 63, 319 (322 ff.). Zudem OLG Celle DVBl. 1958, 549 (550); Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Günther, ZBR 1988, 297 (302); Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungs-

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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Schwierigkeiten, wenn man auch hinsichtlich der ungeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis fordert, dass sämtliche tatbestandliche Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs in der Person eines Amtswalters erfüllt werden. Aufgrund des rechtsstaatlichen Erfordernisses, einen Amtshaftungsanspruch nicht aufgrund arbeitsteiligen Verhaltens entfallen zu lassen, ist dieser Schwierigkeit durch eine Zurechnung des rechtswidrigen Handelns im Außenverhältnis zu begegnen. Die dargestellte Sichtweise des BGH ist folglich insofern überzeugend, als sie im Falle der Erteilung einer verbindlichen Weisung eine Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung der Weisung auch bei rechtswidrigem Handeln des angewiesenen Amtswalters ablehnt312 und stattdessen einen Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung annimmt313. Zugleich konnte gezeigt werden, dass auch unter Berücksichtigung der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs die in Zusammenhang mit der Passivlegitimation im engeren Sinne sowie der Befolgung von Weisungen durch Beamte im lediglich haftungsrechtlichen Sinne gewonnene Erkenntnis, wonach die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit zu bestimmen ist, auch für den Fall des Handelns auf Weisung anzuwenden ist. III. Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 I 1, 2, II 1 BauGB Die gewonnenen Erkenntnisse sollen im Folgenden anhand der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht im Falle der rechtswidrigen Versagung des gemeind­ lichen Einvernehmens nach § 36 I 1, 2, II 1 BauGB auf ihre Überzeugungskraft hin überprüft und gegebenenfalls modifiziert werden.

recht, § 26 Rn. 17; Mitzel, Amtshaftung, S. 46; Oehler, JuS 1963, 301 (307); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 f.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 88 f.; Schoch, Jura 1988, 585 (589); Windthorst, JuS  1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 92. 312 Siehe neben dem bereits oben § 13 I. dargestellten Urteil BGH NJW 1959, 1629 f. auch BGH NJW 1977, 713 (Ls., 713 f.).; BGH NVwZ 1985, 682 (683); BGH NVwZ-RR 2009, 363 (Ls., 363). 313 Hierzu BGHZ 63, 319 (322 ff.); BGH NJW 1977, 713; BGH NVwZ 1985, 682 (683); BGH NVwZ-RR 2009, 363 (Ls., 363).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

1. Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen Zunächst ist dabei zu erläutern, inwiefern die rechtswidrige Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 I, II 1 BauGB mit der Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung vergleichbar ist. Wenn die Gemeinde nach § 36 I 1, 2 BauGB ihr Einvernehmen erteilen muss, stellt die Baugenehmigung einen mehrstufigen Verwaltungsakt dar.314 Das gemeindliche Einvernehmen wird als Verwaltungsinternum eingeordnet,315 sodass der verwaltungsgerichtliche Primärrechtsschutz ausschließlich gegen den Rechtsträger der Baugenehmigungsbehörde als im Außenverhältnis handelnder Stelle zu richten ist316. Als Folge der Fremdbestimmtheit317 durch eine andere Stelle stimmt dieses Ergebnis mit der Passivlegitimation der angewiesenen Stelle bei Erteilung einer Weisung318 überein. Hierdurch bedingt besteht auch in Zusammenhang mit der Erteilung des Einvernehmens im Sinne von § 36 BauGB die Gefahr von Nachteilen für den Geschädigten aufgrund einer etwaigen Unkenntnis hiervon.319

314 Hellermann, Jura 2002, 589 (591). Zum Begriff und zur rechtlichen Einordnung des mehrstufigen Verwaltungsakts Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 507 ff.; Lasotta, Einvernehmen, S. 193 ff.; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 29. Zur rechtlichen Einordnung des gemeindlichen Einvernehmens eingehend BVerwGE 22, 342 (344 ff.); Fickert, DVBl. 1964, 173 f. 315 So die st. Rspr. des BVerwG, siehe nur BVerwGE 22, 342 (344 f.); 28, 145 (146 f.); BVerwG NVwZ 1986, 556; BVerwG NVwZ-RR 1992, 529. Ebenso BGH DÖV 1970, 784 (784 f.); Hellermann, Jura 2002, 589 (591); Jäde, UPR 2011, 125; Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​ Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 23 ff., Rn. 44; Tremml / ​Luber, UPR 2013, 81; Zeiser, BayVBl. 2010, 613. A. A. Fickert, DVBl. 1964, 173 (174 ff.). 316 BVerwGE 28, 145 (147 f.); BVerwG NVwZ-RR 1992, 529; Jachmann, BayVBl. 1995, 481 (484); Jäde, Baugesuch, Rn. 155; Klinger, BayVBl 2002, 481 (484); Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 29; Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 24, Rn. 44 ff.; Spieß, in: Jäde / ​Dirnberger, BauGB / ​BauNVO, § 36 BauGB, Rn. 62 f.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 592; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 690, S. 699). 317 Hierzu Fickert, DVBl. 1964, 173 (178); Horn, NVwZ 2002, 406 (408); Lasotta, Einvernehmen, S. 16 f. 318 Hierzu bereits oben § 2 II. 319 Schröer / ​Kullick, NZBau 2012, 31. Zur möglichen Unkenntnis des Bauwilligen von der Versagung des Einvernehmens als Grund für die Ablehnung eines Bauantrags Fickert, DVBl. 1964, 173 (175). Dies betrifft v. a. Fallkonstellationen, in denen Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht identisch sind (hierzu nur etwa BVerwGE 121, 339 [Ls. 1, 341 ff.]; Spieß, in: Jäde / ​ Dirnberger, BauGB / ​BauNVO, § 36 BauGB, Rn. 17 ff.), sodass sich die folgenden Äußerungen hierauf beziehen. Lasotta, Einvernehmen, S. 46 ff. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dem Bauwilligen deswegen nach Möglichkeit ein einfacher und effektiver prozessualer Weg zur Durchsetzung seiner Ansprüche zur Verfügung gestellt werden müsse. Dies macht wiederum die große Ähnlichkeit mit der Erteilung einer Weisung deutlich, bei der v. a. im Amtshaftungsrecht eine Berücksichtigung dieses Aspekts bei Bestimmung des Haftungssubjekts gefordert wird. Hierzu bereits oben § 10 und noch unten §§ 19–23.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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Vor Einfügung des § 36 II 3 BauGB zum 01.01.1998320 und dessen landesgesetzlicher Ausgestaltung321 kam der Versagung des Einvernehmens durch die Gemeinde gegenüber der Baugenehmigungsbehörde Bindungswirkung zu,322 auch wenn die Versagung rechtswidrig war und die Baugenehmigungsbehörde die Rechtsauffassung der Gemeinde nicht teilte323. Damit ist die rechtswidrige Versagung des Einvernehmens durch die Gemeinde nach § 36 I 1, 2, II 1 BauGB vor Einfügung des § 36 II 3 BauGB und dessen landesgesetzlicher Ausgestaltung mit der Fallkonstellation der Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung vergleichbar.324 Für das Amtshaftungsrecht ist hierbei vor allem die rechtswidrige Versagung des gemeindlichen Einvernehmens bei bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit des Vorhabens in Hinblick auf die Verzögerung oder Versagung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids relevant.

320

Durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – BauROG 1998) v. 18.08.1997, BGBl. I 1997 S. 2081. Hierzu Dolderer, BauR 2000, 491 (492 f.). 321 Die Regelung des § 36 II 3 BauGB ist nur vollzugsfähig, wenn ergänzende landesrecht­ liche Regelungen getroffen werden (BGH NVwZ 2006, 117; Hellermann, Jura 2002, 589 [593]; Lasotta, Einvernehmen, S. 65. A. A. Horn, NVwZ 2002, 406 [410 f.]). 322 So die übereinstimmende st. Rspr. des BVerwG und des BGH, siehe nur BVerwGE 22, 342 (Ls. 3); BVerwG DVBl. 1966, 181 (Ls. 1, 182); BVerwG NVwZ 1986, 556 f.; BGHZ 65, 182 (186); 99, 262 (273); 118, 263 (265). Ebenso die Lit., siehe nur Fickert, DVBl. 1964, 173 (174); Groß, BauR 1999, 560 (561 f.); Jäde, UPR 2011, 125 (126); Schoch, NVwZ 2012, 777 (781); Schröer / ​Kullick, NZBau 2012, 31 (32); de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, HÖBauR, Kap. M, Rn. 93; Wurm, NordÖR 2000, 404 (405). 323 Ausdrücklich BVerwGE 22, 342 (Ls. 4); BVerwG NVwZ 1986, 556 (Ls. 1, 556 f.); BVerwG NVwZ-RR 1992, 529 (530); BGHZ 99, 262 (273); BGH UPR 1992, 105 (106); BGHZ 118, 263 (265); Jäde, Baugesuch, Rn. 113; Schlarmann / ​Krappel, NVwZ 2011, 215; Schoch, NVwZ 2012, 777 (780); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 26; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 689 f.); Wurm, NordÖR 2000, 404 (405). A. A. Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 149. Zu den Besonderheiten, die sich in Bayern ab 01.06.1994 aufgrund der durch Art. 81 BayBO i. d. F. d. Bek. v.  18.04.1994 gewährten Möglichkeit der unteren Bauaufsichtsbehörde, ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen zu ersetzen, in haftungsrechtlicher Hinsicht ergaben, BayObLG BayVBl. 2001, 504 (504 f.); Desens, DÖV 2009, 197 (202 ff. mit Fn. 39). 324 Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (427) zufolge wird durch die Normierung eines Zustimmungserfordernisses gesetzlich vorgesehen, dass eine Weisung eingeholt wird. Ihm zufolge stellt damit das Recht, die Zustimmung zu verweigern, ein Weisungsrecht in abgeschwächter Form dar, da die Versagung der Zustimmung die Weisung enthalte, die von der um Zustimmung ersuchenden Stelle beabsichtigte Maßnahme nicht vorzunehmen. Hierzu auch BVerwGE 67, 173 (175 f.).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

2. Rechtslage vor Einfügung und landesgesetzlicher Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB a) Amtshaftung des Rechtsträgers der Baugenehmigungsbehörde Zunächst soll auf die Amtshaftung des Rechtsträgers der Baugenehmigungs­ behörde eingegangen werden.325 Der Baugenehmigungsbehörde kam ebenso wie der Gemeinde eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des beantragten Vorhabens zu.326 Sowohl die rechtswidrige Versagung einer Baugenehmigung als auch die rechtswidrige Erteilung einer Baugenehmigung stellen wegen der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 III GG) grundsätzlich eine Amtspflichtverletzung des hierüber entscheidenden Amtswalters der Baugenehmigungsbehörde gegenüber dem Bauwilligen dar.327 Wenn ein Bauantrag allein wegen der Versagung des Einvernehmens durch die Gemeinde abgelehnt wurde, wurde eine Amtspflichtverletzung des zuständigen Amtswalters der Baugenehmigungsbehörde wegen der Bindungswirkung auch des rechtswidrig versagten Einvernehmens abgelehnt, sodass ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch als ausgeschlossen erachtet wurde.328 Diese Sichtweise stimmt mit der Erkenntnis überein, wonach ein Amtshaftungsanspruch nicht an eine rechtswidrige Maßnahme anknüpfen kann, wenn diese in bindender Weise fremdbestimmt wurde329, und kann auf andere Fälle des Erlasses mehrstufiger Verwaltungsakte übertragen werden330. 325 Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass Amtspflichtverletzungen eines Amtswalters, der Aufgaben der Baugenehmigungsbehörde wahrnimmt, amtshaftungsrechtlich dem Rechtsträger der Baugenehmigungsbehörde zuzurechnen sind. Abweichungen hiervon, die sich je nach landesrechtlicher Ausgestaltung unter Anwendung der unter § 9 dargestellten Kriterien er­ geben, bleiben bei der folgenden Darstellung damit unberücksichtigt. Siehe etwa zu der Frage, welcher Rechtsträger für die rechtswidrige Versagung einer erforderlichen Zustimmung haftet, wenn diese durch Bedienstete eines Landkreises als Wahrnehmung einer Aufgabe der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde zu erteilen ist, BGH VersR 1986, 372 (373). 326 BVerwG NVwZ-RR 1992, 529 f.; Desens, DÖV 2009, 197 (198); Jäde, Baugesuch, Rn. 102; Schoch, NVwZ 2012, 777 (778, 780); de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, ­HÖBauR, Kap. M, Rn. 89. 327 Jeromin, BauR 2011, 456 (460); de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, HÖBauR, Kap. M, Rn. 89 auch in Hinblick auf den Bauvorbescheid. 328 BGH VersR 1986, 372 f. in Bezug auf die rechtswidrige Nichterteilung einer Genehmigung eines bergrechtlichen Betriebsplans in Hinblick auf die Neueröffnung einer Lavasandgrube durch ein Bergamt wegen der bindenden rechtswidrigen Versagung der hierfür erforderlichen Zustimmung durch die Landespflegebehörde. Ähnlich BVerwG NVwZ 1986, 556 (557), allerdings ohne Bezug auf Amtspflichten; Desens, DÖV 2009, 197 (199); Jeromin, BauR 2011, 456 (460). 329 BGH VersR 1986, 372 (373); Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 16; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17. Hierzu bereits oben §§ 13 II., 15 I. 330 Bender, JZ 1986, 838 (838 f., 846); Grzeszick, in: Ehlers / ​Pünder, Verwaltungsrecht, § 44 Rn. 16; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 100; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 10.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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b) Amtshaftung der Gemeinde Eine Amtshaftung der Gemeinde wurde vom BGH bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens bis zur landesrechtlichen Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB angenommen, wenn das bauplanungsrechtlich zulässige Vorhaben allein wegen des versagten Einvernehmens abgelehnt wurde.331 aa) Bedürfnis nach einer Amtshaftung der Gemeinde Aufgrund des dargestellten Ausschlusses der Amtshaftung des Rechtsträgers der Baugenehmigungsbehörde wurde durch die Annahme einer Amtshaftung der Gemeinde ebenso wie bei der Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip entsprochen.332 Zugleich wird durch diese Fallkonstellation deutlich, dass die geltende Konzeption des Amtshaftungsrechts über den Fall des Handelns auf Weisung hinaus bei Beteiligung mehrerer Verwaltungsträger die Gefahr von Haftungslücken birgt.333 Zwar konnte auch vor Einfügung des § 36 II 3 BauGB das rechtswidrig versagte Einvernehmen bei vorhergehender Beanstandung durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde im Wege der Ersatzvornahme erteilt werden, da es sich bei der Planungshoheit der Gemeinde um eine durch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 II 1 GG) geschützte Selbstverwaltungsangelegenheit handelt,334 jedoch konnte bei rechtswidrigem Unterlassen der Ersatzvornahme durch die Rechtsaufsichtsbehörde kein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch begründet werden. Wenn die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde gegen ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen nicht einschritt, konnte dieses Untätigbleiben nicht als Amtspflichtverletzung gegenüber dem Bauwilligen eingeordnet werden, da die Rechtsaufsicht im Bereich kommunaler Selbstverwaltungsangelegenheiten der Sicherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dient und damit ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgt.335 Dies entspricht der bezüglich der Amtshaftung 331

Siehe nur BGHZ 65, 182 (Ls., 184 ff.); 93, 87 (90 f.); BGH NVwZ 1986, 504 (505); BGH NJW 1993, 3065 (Ls. 1, 3065); BGH BauR 1981, 566 f.; BGH NVwZ 2006, 117; BGHZ 187, 51 (53 f.). Zust. etwa Jäde, UPR 2011, 125 (126); Seiters, NordÖR 2010, 477 (480); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 48a, 49; Steiner, in: FS BayGT, S. 191 (S. 218 f.). 332 In Bezug auf die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 I, II BauGB Desens, DÖV 2009, 197 (198 f.); Klinger, BayVBl. 2002, 481 (484 f.). 333 Desens, DÖV 2009, 197 f.; Windthorst, JR 2001, 508 (509); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 72 f. 334 Hierzu Dippel, NVwZ 1999, 921 (924); Dolderer, BauR 2000, 491 (498); Hellermann, Jura 2002, 589 (592); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 28; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 599; Zeiser, BayVBl. 2010, 613 (614 f.). 335 BGHZ 118, 263 (274); 187, 51 (58); Michl, BayVBl. 2013, 448 (449); Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1528), krit. in Bezug auf die Amtspflicht der Amtswalter eines Land-

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

bei Handeln auf Weisung erfolgten Darstellung der fehlenden Drittbezogenheit des Handelns in Aufsichtsangelegenheiten, scheint allerdings in Widerspruch zu der dort entwickelten Möglichkeit der Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bei der Erteilung einer Weisung zu stehen.336 Allerdings liegt der entscheidende Unterscheid zwischen beiden Fallgruppen darin, dass die Aufsichtsbehörde durch die Erteilung einer Weisung bereits in individualisierter Beziehung zu einem bestimmten Personenkreis steht und aus diesem Grunde dessen Interesse an einem rechtmäßigen Handeln im Außenverhältnis zu wahren hat. Wenn die Aufsichtsbehörde dagegen lediglich untätig bleibt, kann eine individualisierte Beziehung zu den im Außenverhältnis Betroffenen bereits nicht zur Entstehung kommen. Dies gilt trotz der Stellung des Bauantrags durch den Bauwilligen auch, wenn die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde mit der Baugenehmigungsbehörde identisch ist, da durch die Einreichung des Bauantrags durch den Bauwilligen keine Sonderbeziehung zu der Behörde in ihrer Eigenschaft als Kommunalaufsichtsbehörde geschaffen wird.337 bb) Begründung der Amtshaftung der Gemeinde Wie bereits gezeigt wurde, wirft das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die verwaltungsinterne Maßnahme vor allem in Hinblick auf das Kriterium der Drittbezogenheit der Amtspflichten rechtliche Fragen auf.338 Die Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde in Bezug auf die ordnungsgemäße Durchführung des Bauplanungsverfahren dienen zunächst der Sicherung der städte­ baulichen Ordnung sowie der Verfolgung der Planungsziele der Gemeinde und sind damit grundsätzlich nicht drittbezogen.339

ratsamtes, durch Ergreifen rechtsaufsichtlicher Mittel die Aufhebung eines rechtswidrigen Bebauungsplans zu veranlassen; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 599; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 697); Wurm, NordÖR 2000, 404 (407). Offenlassend BGH NJW 1980, 387 (388). Zur Frage nach einer Amtspflicht der Amtswalter der Baugenehmigungsbehörde in Bayern, bei bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit des Vorhabens unter Anwendung rechtsaufsichtlicher Mittel auf die Einvernehmenserteilung durch die Gemeinde hinzuwirken zudem Steiner, in: FS BayGT, S. 191 (S. 220). 336 Hierzu jeweils bereits oben § 15 II. 2. b) cc). 337 BGHZ 118, 263 (274); 187, 51 (58). Zust. Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 697); Wurm, NordÖR 2000, 404 (407). Wie Desens, DÖV 2009, 197 (199 f.) zutreffend anmerkt, soll hierdurch letztlich verhindert werden, dass über die Kommunalaufsicht schließlich doch eine Haftung des Rechtsträgers der Baugenehmigungsbehörde konstruiert werden kann. 338 Hierzu ebenfalls oben § 15 II. 2. b) cc). Zu den Voraussetzungen an die Kausalität zwischen der rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens und dem eingetretenen Schaden BGH BauR 1981, 566 (568); BGH NJW 1993, 3065; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 596 f.; Wurm, NordÖR 2000, 404 (406). 339 BGHZ 65, 182 (185) sowie eingehend Dolderer, BauR 2000, 491 (493 ff.).

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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(1) Begründung des BGH Gleichwohl wurde die Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde, das Einvernehmen nicht rechtswidrig zu versagen, als Amtspflicht gegenüber dem Bauwilligen eingeordnet.340 Der BGH begründete dies damit, dass der Versagung des Einvernehmens durch die Gemeinde aufgrund ihrer Bindungswirkung eine für den Bauwilligen ausschlaggebende Bedeutung zukommen könne.341 Die Amtspflicht, das Einvernehmen bei bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit des Vorhabens nicht zu verweigern, schütze die Interessen des Bauwilligen damit in qualifizierter und individualisierter Weise.342 (2) Stellungnahme Aufgrund der Erkenntnisse in Bezug auf die Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bei Erteilung einer Weisung ist nicht nachvollziehbar, warum an der Auffassung des BGH vielfach kritisiert wurde, dass durch die Annahme der Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) der Amtswalter der Gemeinde einer verwaltungsinternen Handlung mittelbar Außenwirkung zugesprochen werde343. Kritikwürdig ist allerdings, dass der BGH die allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit einer Amtspflicht nur äußerst vereinzelt344 zumindest 340

So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGHZ 65, 182 (184 ff.); 93, 87 (90 ff.); 119, 365 (367 f.); BGH NVwZ 2006, 117. Ebenso OLG Hamm NVwZ 1995, 1142; Herrmann, KommJur 2004, 286 (287); Jachmann, BayVBl. 1995, 481 (484); Jäde, UPR 2011, 125; Söfker, in: Ernst / ​ Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 48a; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 149. 341 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGH DÖV 1970, 784 (785) in Bezug auf Aufklärungspflichten der nach § 36 BauGB zu beteiligenden Gemeinde gegenüber dem Bauantragsteller; BGHZ 65, 182 (186); BGH NJW 1993, 3065 (3066); BGHZ 139, 200 (206); BGH NVwZ 2006, 117; BGHZ 187, 51 (53 ff.); BGH NVwZ 2013, 167 (168). So bereits Wurm, in: FS B ­ oujong, S. 687 (S. 693); Wurm, NordÖR 2000, 404 (406). Zust. Dippel, NVwZ 2011, 769 (774); Wöstmann, in: Staudinger,  BGB, Buch 2, § 839 Rn. 594. Krit. in Hinblick auf die Vermengung von Bindungswirkung, Außenwirkung und Drittbezogenheit Lasotta, Einvernehmen, S. 72 f., S. 194 f., S. 218. Siehe zudem Desens, DÖV 2009, 197 (199, 204). 342 So die st. Rspr. des BGH, siehe nur BGHZ 65, 182 (184 ff.); BGH NVwZ  2006, 117; BGHZ 187, 51 (53 f.). Zuvor bereits Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 690); Wurm, NordÖR 2000, 404 (405). Zust. Dippel, NVwZ 2011, 769 (774). 343 Krit. etwa Klinger, BayVBl 2002, 481 (484 f.); Schoch, NVwZ 2012, 777 (784). Ähnlich Desens, DÖV 2009, 197 (199); Jeromin, BauR 2011, 456 (461); Lasotta, Einvernehmen, S. 71 ff.; Zeiser, BayVBl. 2010, 613 (615). Siehe auch OLG Saarbrücken NVwZ 1987, 170 f., die Drittbezogenheit von Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde bei nicht erforderlicher Erteilung des Einvernehmens wegen des verwaltungsinternen Charakters des Einvernehmens ablehnend. 344 BGHZ 65, 182 (184); 93, 87 (91 f.); BGH BauR 1985, 438 (439 f.); BGHZ 187, 51 (55). Zu der durch den objektbezogenen Charakter der Baugenehmigung bedingten Erstreckung der durch Art. 14 GG begründeten Drittbezogenheit der Amtspflicht auch auf Bauwillige, die

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

als Ausgangspunkt für seine Rechtsprechung heranzog. Der aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gedanke, dass ein an sich bestehender Amtshaftungsanspruch durch die bloße Beteiligung verschiedener Träger öffent­ licher Gewalt nicht gänzlich entfallen darf,345 betrifft auch die tatbestandliche Voraussetzung der Drittbezogenheit der Amtspflicht. Das bloße Bedürfnis nach einer Annahme drittbezogener Amtspflichten macht allerdings eine rechtsdogmatisch überzeugende Begründung der Drittbezogenheit nicht entbehrlich. Die Berufung des BGH auf die ausschlaggebende Bedeutung der rechtswidrigen Versagung des gemeindlichen Einvernehmens bringt jedoch lediglich das Bedürfnis nach einer Amtshaftung der Gemeinde zum Ausdruck. (3) Anwendung der allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten Unter Anwendung der bereits dargestellten Kriterien346 ist für die Annahme der Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III GG insbesondere vorauszusetzen, dass auf die Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Annahme der Drittbezogenheit der Amtspflicht, ein konkretes Bauvorhaben bei dessen bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit nicht zu versagen, ist aufgrund des mit der Individualisierung des Bauvorhabens einhergehenden zwangsläufigen Feststehens der Identität und der Anzahl der von der Entscheidung betroffenen Personen nur folgerichtig. Gleiches gilt für die rechts- beziehungsweise rechtsgutbezogene Komponente der Drittbezogenheit. Durch die rechtswidrige Verzögerung eines Bauvorhabens oder dessen endgültige Versagung kann ein Vermögensschaden des Bauwilligen hervorgerufen werden. Dieser beruht darauf, dass das Grundstück entgegen der Absicht des Bauwilligen nicht oder zumindest nur verzögert bebaut werden kann. Der grundrechtlich verbürgte Schutz des Eigentums (Art. 14 GG) gewährleistet jedoch die Möglichkeit, ein Grundstück in Übereinstimmung mit den einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften zu bebauen.347 Aus diesem Grund besteht gegennicht Grundstückseigentümer sind, denen jedoch das Recht zur Bebauung eingeräumt wurde, BGH BauR 1985, 438 (440); BGH NJW 1994, 2087 (2088). Differenzierend in Hinblick auf die Erteilung und Versagung einer Baugenehmigung insofern BGH NJW 1994, 2087 (2088); BGHZ 122, 317 (321 f.); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 67 ff. 345 Hierzu bereits oben § 15 II. 1. 346 Hierzu oben § 15 II. 2. b) cc). 347 BGHZ 65, 182 (186). Im Ausgangspunkt ähnlich OLG Saarbrücken NVwZ 1987, 170. Zust. Desens, DÖV 2009, 197 (198). Eingehend zu dem Aspekt, dass das Vermögen als Ganzes kein Eigentum i. S. v. Art. 14 I 1 GG darstellt, Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​ FGO, § 4 AO, Rn. 535 ff., Rn. 545 unter Darstellung der Auffassungen von Lit. und BVerfG. Zum Zusammenhang zwischen dem Schutz des Bauwilligen davor, ein Grundstück vorschrifts­ widrig zu bebauen (Art. 14 GG), und dem Schutz vor Vermögensschäden BGH NJW 1993, 2303 (2304).

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über der Baugenehmigungsbehörde ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, sofern das Vorhaben mit den einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften übereinstimmt.348 Die auf § 36 II 1 Fall 1 BauGB zurückzuführende Pflicht der Gemeinde, ihr Einvernehmen bei bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit des Vorhabens zu erteilen, wird letztlich ebenfalls durch Art. 14 GG begründet, da dieser einer Ermessensentscheidung der Gemeinde über die konkrete bauliche Nutzung eines Grundstücks entgegensteht.349 Da damit die Mitwirkung der Gemeinde über § 36 I 1, 2 BauGB auch dem Schutz des Interesses des Bauwilligen an der rechtmäßigen Nutzung eines Grundstücks dient, ist die Drittbezogenheit der Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde, ihr Einvernehmen nicht rechtswidrig zu versagen, auch unter Anwendung der allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten zu bejahen. Die Drittbezogenheit ergibt sich folglich nicht aus der vom BGH herangezogenen ausschlaggebenden Bedeutung der bindenden Versagung des gemeindlichen Einvernehmens für den Bauwilligen, da die nachteiligen Folgen amtspflichtwidrigen Handelns anerkannter Weise gerade kein Kriterium für die Bestimmung der Drittbezogenheit einer Amtspflicht bilden350. Über die dargestellten Kriterien hinaus wird bei der Frage der Drittbezogenheit einer Amtspflicht gerade im Bereich des Baurechts zunehmend der bereits kurz angesprochene Aspekt des Vertrauensschutzes berücksichtigt.351 In diesem Zusam 348

BGHZ 65, 182 (186); BVerwG DVBl. 1963, 815 (816); BVerwGE 28, 145 (147 f.); Tremml  / ​ Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 784. 349 BGHZ 65, 182 (186); BVerwGE 18, 247 (250). Zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten mittels Auslegung der jeweils anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 117 f.; Windthorst, JR 2001, 508 f. 350 So die st. Rspr. des BGH in anderen Fällen als der Beteiligung der Gemeinde nach § 36 BauGB, siehe etwa BGHZ 56, 40 (45); 90, 310 (311 f.); 110, 1 (9); 134, 268 (276). Ausdrücklich zudem Windthorst, JR 2001, 508 f. 351 Siehe aus der Rspr. etwa BGHZ 92, 302 (305) zum Vertrauensschutz des Bauwilligen bezüglich der planungsrechtlichen Zulässigkeit der nach einer Teilung bezweckten Nutzung eines Grundstücks bei Genehmigung der Teilung des Grundstücks in Hinblick auf einen Entschädigungsanspruch aus § 39 Ib OBG NW; BGHZ 105, 52 (54 f.) zur Schaffung eines Vertrauenstatbestands in Hinblick auf weitere Planungen und wirtschaftliche Dispositionen des Bauwilligen bei Erteilung eines Bauvorbescheids trotz bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens; BGHZ 106, 323 (Ls. a, b, 332 ff.); 108, 224 (225 ff.); 109, 380 (385 ff.); 113, 367 (369 ff.) zum Vertrauensschutz als Aspekt der Drittbezogenheit der Amtspflicht von Amtswaltern der Gemeinde, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans Gesundheitsgefährdungen zu verhindern; BGHZ 117, 83 (Ls. a, 90) zum Fehlen eines Vertrauenstatbestands in Bezug auf Vermögensdispositionen des Bauwilligen bei mündlicher Auskunft eines Sachbearbeiters, dass ein Bauvorbescheid erteilt werde; BGHZ 122, 317 (322 f.) zum Schutz wirtschaftlicher Dispositionen des Bauherrn bei Erteilung eines Bauvorbescheids trotz bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens wegen Schaffung einer Verlässlichkeitsgrundlage; BGHZ 134, 268 (275 ff.) zur Schaffung einer Verlässlichkeitsgrundlage in Hinblick auf Vermögensdispositionen bei Erteilung einer atomrechtlichen Teilanlagengenehmigung; BGH NJW 1994, 2087 (2088) zur Schaffung eines Vertrauenstatbestands für Vermögensdispositionen des Bauwilligen durch Erteilung einer Baugenehmigung. Zu letzterem im Ausgangspunkt bereits BGHZ 60, 112

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

menhang ist zu hinterfragen, ob von der Verwaltung ein Vertrauenstatbestand gesetzt und hierdurch schutzwürdiges Vertrauen begründet wurde.352 Durch das Setzen eines Vertrauenstatbestands wird eine Verlässlichkeitsgrundlage für die Aufwendungen des Geschädigten geschaffen, die zur Folge hat, dass ein Schadensrisiko für den Geschädigten weder vorhersehbar noch beherrschbar ist und somit anstatt in seinen Verantwortungsbereich in denjenigen des handelnden Verwaltungsträgers fällt.353 Eine Verlässlichkeitsgrundlage liegt vor, wenn die handelnde staatliche Stelle an ihre Entscheidung gebunden ist.354 Basierend auf dieser Grundlage wird angenommen, dass durch Verwaltungsakte, die die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit rechtlichen Vorgaben feststellen, ein Vertrauenstatbestand gesetzt wird. Von besonderer Bedeutung für die Praxis ist hierbei die Erteilung einer Baugenehmigung, aufgrund derer der Bauwillige davon ausgehen darf, dass der Umsetzung seines Bauvorhabens keine rechtlichen Vorgaben entgegenstehen und er somit mit seinem Vermögen entsprechend disponieren kann.355

(116 f.). Hierzu Seiters, NordÖR 2010, 477 (479 ff.) sowie eingehend Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 117 ff., Rn. 134 ff., welcher die Entwicklung der Rspr. des BGH nachvollzieht und zu der dieser entgegengebrachten Kritik Stellung nimmt. Zum Aspekt des Vertrauensschutzes als Kriterium der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei der Bauleitplanung Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 559 ff. sowie in Bauverwaltungsangelegenheiten Seiters, NordÖR 2010, 477 ff. 352 Ob es sich hierbei um einen Bestandteil der sachlichen Komponente des Aspekts der Drittbezogenheit einer Amtspflicht oder vielmehr um ein eigenständiges Merkmal handelt (hierzu Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 117, Rn. 119, Rn. 121), ist dabei nur von untergeordneter Bedeutung. Die Einordnung des Aspekts der Schutzwürdigkeit des Vertrauens als Frage der Drittbezogenheit einer Amtspflicht oder als Frage des nach § 254 BGB zu berücksichtigenden Mitverschuldens hat dagegen enorme Bedeutung für den Umfang der Schadensersatzpflicht sowie für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 121 ff.). 353 Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 119 ff., Rn. 134. Siehe zur Abgrenzung des Verantwortungs- und Risikobereichs von Bauherr und Baugenehmigungsbehörde bei Genehmigung eines Vorhabens, welches bauordnungsrechtlichen Vorschriften widerspricht, bereits BGHZ 60, 112 (116 ff.). 354 Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 134. Ablehnend Kümper, Risikoverteilung, S. 180 ff. 355 BGHZ 60, 112 (Ls, 116 f.) zur Amtspflicht der Amtswalter der Baugenehmigungsbehörde gegenüber dem Bauherrn, keine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben bauordnungsrechtlichen Vorschriften widerspricht sowie zum Setzen eines Vertrauenstatbestands durch Erteilung einer Baugenehmigung; BGHZ 105, 52 (54 f.) zur Schaffung einer Vertrauensgrundlage für wirtschaftliche Dispositionen des Bauwilligen bei Erteilung eines Bauvorbescheids; BGHZ 122, 317 (322 f.) zur Amtspflichtwidrigkeit der Erteilung eines positiven Bauvorbescheids bei bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens sowie zum Aspekt des Vertrauensschutzes in Hinblick auf wirtschaftliche Dispositionen des Bauwilligen aufgrund der Erteilung des Bauvorbescheids; BGHZ 134, 268 (275 ff.) zum Schutz von Vermögensdispositionen bei Erteilung einer rechtswidrigen atomrechtlichen Teilanlagegenehmigung unter Bezugnahme auf die Schaffung eines Vertrauenstatbestands durch Erteilung einer Baugenehmigung. Zu letzterem Aspekt zudem BGH NJW 1994, 2087 (2088); BGH NJW 2009, 1207 (1208); Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 121 f., Rn. 134 f.

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In Bezug auf die Amtshaftung infolge der rechtswidrigen Versagung des gemeindlichen Einvernehmens kann der Aspekt des Vertrauensschutzes jedoch keine Auswirkungen auf die Drittbezogenheit bestehender Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde haben. Durch die Feststellung, ein Bauvorhaben entspreche nicht den zu prüfenden Vorgaben des Bauplanungsrechts, kann kein Vertrauenstatbestand in Hinblick auf Aufwendungen zur Realisierung des Vorhabens geschaffen werden, da dies eine den Bauwilligen begünstigende Entscheidung voraussetzt.356 c) Fazit Demnach kann sich die Bindungswirkung der Versagung des Einvernehmens gegenüber der Baugenehmigungsbehörde auch nicht mittels des Aspekts des Vertrauensschutzes auf das Kriterium der Drittbezogenheit auswirken. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde, ein bauplanungsrechtlich zulässiges Vorhaben nicht zu versagen, ergibt sich somit unter Anwendung der allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten. Entgegen der Auffassung des BGH folgt aus der Bindungswirkung der rechtswidrigen Versagung der Genehmigung zwar ein Bedürfnis für die Drittbezogenheit der Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde, jedoch keine Begründung für die Drittbezogenheit der Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde. 3. Rechtslage nach Einfügung und landesgesetzlicher Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB a) Drittbezogenheit der Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde Da sie die Drittbezogenheit der Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde nicht nachvollziehbar begründet, kann die Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung bei Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach Schaffung und Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB nicht überzeugen.357 Da hierdurch die Bindungswirkung eines rechtwidrig versagten Einvernehmens gegenüber der Baugenehmigungs 356 BGHZ 134, 268 (283); Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 121, Rn. 123; Windt­ horst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 135. I.Erg. ebenso BGH NJW 2009, 1207 (1208), dem zufolge im Falle der Erteilung eines begünstigenden Verwaltungsakts auf das Vertrauen abzustellen ist, dass die Maßnahme begründen soll und der Schutzzweck der Amtspflicht, diesen Verwaltungsakt nicht rechtswidrig zurückzunehmen, aufgrund der Einordnung dieser Maßnahme als belastender Verwaltungsakt mit der Reichweite des Vertrauens korrespondiert, das durch die Erteilung des begünstigenden Verwaltungsakts begründet wurde. I.Erg. ebenso Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 170, Rn. 570, Rn. 579 ff. Dies voraussetzend Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 238; de Witt / ​Burmeister, NVwZ 1992, 1039 ff. 357 Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1527 ff.); de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​ de Witt, HÖBauR, Kap. M, Rn. 98c.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

behörde entfallen ist358 und der BGH diese als ausschlaggebend für das Bestehen drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde erachtet, verneinte er konsequenterweise die Drittbezogenheit der Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde bei rechtswidriger Versagung des Einvernehmens, wenn die Baugenehmigungsbehörde den Bauantrag aufgrund eines trotz bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 31, 33–35 BauGB) versagten Einvernehmens ablehnte.359 Gegen die Annahme drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde auch nach dem Entfallen der Bindungswirkung des rechtswidrig versagten Ein­vernehmens kann nicht vorgebracht werden, dass die Ersetzungsbefugnis der Baugenehmigungsbehörde eine Alleinverantwortlichkeit deren Rechtsträgers bedinge360. Auch wenn allein die Baugenehmigungsbehörde im Außenverhältnis tätig wird, schließt dies nicht aus, dass den rein verwaltungsintern handelnden Amtswaltern der Gemeinde drittbezogene Amtspflichten obliegen.361 Dies ergibt sich bereits aus den Erkenntnissen in Hinblick auf die Erteilung einer Weisung362 sowie aus der Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung der Gemeinde bei rechtswidriger Versagung des Einvernehmens vor Einfügung des § 36 II 3 BauGB363. Auch wenn eine Amtshaftung anknüpfend an die Versagung einer Baugenehmigung nicht aufgrund der Bindungswirkung des rechtswidrig versagten Einvernehmens entfällt,364 bleibt unklar, warum dies eine Amtshaftung der Gemeinde ausschließen sollte,365 da Haftungsfolgen nicht dadurch verlagert werden, dass sich ein weiterer Verwaltungs-

358 Siehe nur BGHZ 187, 51 (54 f.); BGH NVwZ 2013, 167 (168); Dolderer, BauR 2000, 491 (497 f.); Jeromin, BauR 2011, 456 (460); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 41, Rn. 43, Rn. 49a. 359 So BGHZ 187, 51 (Ls., 53 ff.); BGH NVwZ 2013, 167 (Ls. 1, 168). Zuvor bereits Wurm, NordÖR 2000, 404 (407 f.). Zust. etwa Jeromin, BauR 2011, 456 (460 f.); Michl, BayVBl. 2013, 448 ff.; Muckel, JA 2013, 319 (320); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 67. Krit. Jäde, UPR 2011, 125 (126 ff.); Molodovsky, in: Molodovsky / ​Famers / ​Waldmann, BayBO, Art.  64 Rn. 49a. I.Erg. ebenso Desens, DÖV 2009, 197 (204 ff.); Zeiser, BayVBl. 2010, 613 (615 ff.). Zur Folgerichtigkeit der Rspr. des BGH Desens, DÖV 2009, 197 (204); Schlarmann / ​Krappel, NVwZ 2011, 215 (217); Schrader, VBlBW 2011, 146. Zu der genannten sowie zu weiteren Fallkonstellationen Desens, DÖV 2009, 197 (202 ff.); Lasotta, Einvernehmen, S. 218 f.; de Witt  / ​ Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, HÖBauR, Kap. M, Rn. 7. 360 So Jeromin, BauR 2011, 456 (461). Ausweislich BGHZ 187, 51 (52) zumindest i. Erg. ebenso das OLG Nürnberg, das als Berufungsinstanz eine Haftung des Marktes mit der Begründung abgelehnt habe, es handele sich hierbei lediglich um ein Verwaltungsinternum. 361 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1068. 362 Hierzu oben § 15 II. 2. b) cc). 363 In aller Deutlichkeit etwa BGHZ 187, 51 (53 f.). Zudem Dippel, NVwZ 2011, 769 (774), allerdings nicht in vorstehendem Zusammenhang; Lasotta, Einvernehmen, S. 57. 364 BGHZ 187, 51 (54, 58); BGH NVwZ 2013, 167 (168); Desens, DÖV 2009, 197 (203 f.); Dippel, NVwZ 1999, 921 (924); Horn, NVwZ 2002, 406 (413 f.); Jeromin, BauR 2011, 456 (460 f.); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 606; Wurm, NordÖR 2000, 404 (408). Krit. etwa Jäde, UPR 2011, 125 (126 ff.); Schoch, NVwZ 2012, 777 (784). 365 Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1527). In diesem Sinne jedoch Schlarmann  / ​ Krappel, NVwZ 2011, 215 (217). Ähnlich Lasotta, Einvernehmen, S. 221.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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träger ebenfalls amtspflichtwidrig verhält366. Da der Baugenehmigungsbehörde durch die Regelung des § 36 II 3 BauGB zur Beschleunigung und Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens367 lediglich eine zusätzliche Korrekturmöglichkeit in Bezug auf die Versagung des Einvernehmens verschafft werden sollte, hat die Gemeinde auch unter Geltung der neuen Rechtslage somit den Anspruch des Antragstellers auf Erteilung der Baugenehmigung bei Vorliegen der Voraussetzungen hierfür zu berücksichtigen.368 Die Rechtsprechung des BGH kann somit bereits in Hinblick auf die Drittbezogenheit von Amtspflichten nicht überzeugen. Zugleich lässt sie eine Auseinandersetzung mit der Frage der tatbestandlichen Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis vermissen. b) Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis Sofern man fordert, dass der amtspflichtwidrig handelnde Amtswalter im Außenverhältnis rechtswidrig handelt,369 wird durch die rechtswidrige Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach Schaffung und Ausgestaltung des § 36 II 3  BauGB die Frage aufgeworfen, ob eine Zurechnung des im Außenverhältnis rechtswidrigen Handelns der Amtswalter der Baugenehmigungsbehörde auch bei gänzlich fehlender Bindungswirkung370 des verwaltungsinternen Mitwirkungsakts anzunehmen ist. Für eine Zurechnung bereits bei Vorliegen eines adäquaten Kausalsowie eines Zurechnungszusammenhangs zwischen dem verwaltungsinternen Mitwirkungsakt und der Vornahme der rechtswidrigen Handlung im Außenverhältnis besteht jedoch aufgrund der Möglichkeit der Bereitstellung eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Vornahme der rechtswidrigen Handlung selbst kein Bedürfnis. Zudem trägt die Zurechnung bei der Erteilung einer verbindlichen Weisung gerade dem Umstand der vollkommenen Fremdbestimmung des angewiesenen 366 Jeromin, BauR 2011, 456 (461), der dieses Argument jedoch gerade gegen eine Haftung der Gemeinde anführt. Ähnlich Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1527); Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 695 f.), der eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch ein hinzutretendes Fehlverhalten eines anderen Verwaltungsträgers verneint, wenn dessen Folge durch die Handlung des Schädigers gerade beabsichtigt wurde. Der BGH selbst ordnet in BGHZ 187, 51 (58) die Haftung eines Verwaltungsträgers bei Bestehen einer eigenen Prüfungskompetenz und einer hierdurch bedingten eigenverantwortlichen Entscheidung als von ihm aufgestellten haftungsrechtlichen Grundsatz ein, zieht diesen jedoch lediglich zur Begründung der Haftung des Rechtsträgers der Baugenehmigungsbehörde heran. Siehe in diesem Zusammenhang auch die Regelung des § 840 I BGB, die Ausdruck des Gedankens ist, dass ein deliktischer Täter nicht dadurch entlastet werden kann, dass neben ihm ein weiterer Täter vorhanden ist (Spickhoff  / ​ Krause, in: Soergel, BGB, Band 12, § 840 Rn. 1). 367 So die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – BauROG), BT-Drs. 13/6392, S. 60; Dolderer, BauR 2000, 491 (499); Hellermann, Jura 2002, 589 (594 f.). 368 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1068; Hellermann, Jura 2002, 589 (594 f.); Herrmann, KommJur 2004, 286 (287); Singbartl / ​Wehowsky, NVwZ 2013, 1525 (1527). 369 Hierzu bereits oben §§ 11 II., 15 II. 2. b) bb). 370 Zum Fall der faktischen Bindungswirkung noch unten § 16 II. 2., III.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Amtswalters Rechnung, die dessen Handlung als Maßnahme des anweisenden Amtswalters erscheinen lässt.371 Demnach ist eine Zurechnung der rechtswidrigen Versagung einer Baugenehmigung bei gänzlich fehlender Bindungswirkung des rechtswidrig versagten gemeindlichen Einvernehmens bei landesgesetzlicher Ausgestaltung der Ersetzungsmöglichkeit des § 36 II 3 BauGB abzulehnen. In Bezug auf die Amtshaftung bei Erteilung einer Weisung wird hierauf bei der Fallkonstellation der schuldhaft unterbliebenen Remonstration des angewiesenen Amtswalters zurückzukommen sein.372 Zunächst sind jedoch die Erkenntnisse in Bezug auf die Amtshaftung bei Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung um den Aspekt des Vertrauensschutzes zu vervollständigen. 4. Der Aspekt des Vertrauensschutzes bei begünstigenden Maßnahmen Das bereits angesprochene Kriterium des Vertrauensschutzes ist im Bereich der Amtshaftung bei Erteilung einer Weisung von Bedeutung, wenn die im Außenverhältnis zuständige Stelle angewiesen wird, einen begünstigenden Verwaltungsakt wie etwa einen Bauvorbescheid zu erteilen, dieser jedoch der materiellen Rechtslage widerspricht373. Da es der anweisenden Stelle auch bei Erteilung einer verbindlichen Weisung grundsätzlich nicht verwehrt ist, ihre Entscheidung voraussetzungslos abzuändern oder aufzuheben,374 dies jedoch als Grundlage für das Setzen einen Vertrauenstatbestand zu fordern ist,375 wird durch die Erteilung einer Weisung auch bei deren Verbindlichkeit gegenüber der angewiesenen Stelle kein Vertrauenstat­ bestand gesetzt. Zudem ist bei Berücksichtigung des Aspekts des Vertrauensschutzes für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs zu fordern, dass der Geschädigte auf die geschaffene Verlässlichkeitsgrundlage vertraut hat und dieses Vertrauen auch betätigt hat.376 Da der Geschädigte nicht immer Kenntnis von der Erteilung

371

Hierzu bereits oben § 15 II. 1. Hierzu noch unten § 16. 373 Zu dieser Fallkonstellation BGH NVwZ-RR 1991, 171 ff. Zum Aspekt des Vertrauensschutzes in Hinblick auf die Amtshaftung gegenüber Gemeinden im Falle amtspflichtwidriger Ausübung der Kommunalaufsicht Mitzel, Amtshaftung, S. 68 ff. 374 Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, S. 127. Siehe im Gegensatz hierzu die Voraussetzungen des allgemeinen Verwaltungsrechts in §§ 48 I, II, IV, 49 II, III VwVfG sowie etwa speziell zu allgemeinen Steuerverwaltungsakten in §§ 130 II, 131 II AO. Hierzu eingehend Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, Vorbem. zu §§ 130–133 AO, Rn.  14, Rn.  43, Rn.  81 ff., § 130 AO, Rn. 9 ff., Rn. 58 ff., § 131 AO, Rn. 16 ff. 375 Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 123; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​ Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 119 ff., Rn. 134. Zudem BGHZ 134, 268 (283 ff.) speziell zu § 48 II 3 VwVfG; Kümper, Risikoverteilung, S. 95 zu §§ 48 II, 49 II VwVfG; Sachs, in: Stelkens / ​ Bonk / ​Sachs, VwVfG, § 43 Rn. 17, jedoch ohne Bezug zur Drittbezogenheit von Amtspflichten. 376 Mitzel, Amtshaftung, S. 70; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 137. 372

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der Weisung hat377 und er sein Vertrauen bereits aufgrund der bloßen Erteilung der Weisung betätigt haben müsste, wird auch dieses Kriterium in Bezug auf die Erteilung der Weisung zumeist nicht erfüllt werden.378 Wenn im Falle eines Schadens infolge der dargestellten Vertrauensbetätigung eine Haftungslücke droht,379 bedarf es wiederum einer dogmatisch überzeugenden Vorgehensweise, einen Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung einer begünstigenden verbindlichen Weisung nicht aufgrund des arbeitsteiligen Verhaltens der Verwaltung scheitern zu lassen. Hierbei kann jedoch erneut nur auf eine Zurechnung der im Außenverhältnis getroffenen Maßnahme380 zurückgegriffen werden, sofern die Weisung durch einen wirksamen381, zumindest teilweise begünstigenden Verwaltungsakt umgesetzt wurde. Wenn ein Dritter auf dessen Bestand vertraut hat und dieses Vertrauen auch betätigt hat, ermöglicht eine Zurechnung der die Weisung befolgenden Handlung neben der Erfüllung der Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis zugleich die Erfüllung der Voraussetzungen des Aspekts des Vertrauensschutzes. Da eine derartige Zurechnung allerdings nur im Falle der Bindungswirkung der verwaltungsinternen Maßnahme gerechtfertigt ist,382 ist die Bindungswirkung der verwaltungsinternen Maßnahme entgegen der Auffassung des BGH zwar nicht bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens von ausschlaggebender Bedeutung für die Drittbezogenheit der Amtspflichten des verwaltungsintern handelnden Amtswalters, jedoch für die Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bei der 377

Hierzu bereits oben § 10. Siehe hierzu etwa BGH NVwZ 2001, 707 (708) in Bezug auf die Hinzuziehung einer Fachbehörde durch die Baugenehmigungsbehörde. Die geschädigte Firma machte einen Amtshaftungsanspruch gegenüber dem im Außenverhältnis handelnden Landkreis geltend, weil ihr dieser in einem Bescheid die Erteilung einer Baugenehmigung in Aussicht gestellt hatte. Die geschädigte Firma begehrte Ersatz desjenigen Schadens, der ihr dadurch entstanden war, dass sie im Vertrauen auf den sie begünstigenden Bescheid nutzlose Aufwendungen zur Verwirk­ lichung des Bauvorhabens erbracht hatte. Siehe zudem BGH NVwZ 2006, 245 ff. In diesem Fall machte der Geschädigte ebenfalls Schadensersatzforderungen aufgrund seines Vertrauens in die im Außenverhältnis erteilte Auskunft geltend und knüpfte hierbei nicht an die Stellungnahme der mit besonderer Sachkunde ausgestatteten Behörde an, die dieser Auskunft vorausgegangen war. 379 Siehe hierzu bspw. BGH NVwZ-RR 1991, 171 ff. In diesem Fall hatte eine Bauherrin einen Schaden erlitten, weil sie wegen eines erteilten Bauvorbescheids in Vertrauen auf die Bebaubarkeit eines Grundstückes Teile des Kaufpreises beglichen hatte. Der Bauvorbescheid wurde aufgrund seiner Rechtswidrigkeit durch das zuständige VG auf Klage eines Nachbarn hin aufgehoben. Eine Rückzahlung des Kaufpreises durch die Verkäufer scheiterte daran, dass diese nicht auffindbar und zudem vermögenslos waren. Dies führte jedoch nicht zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der rechtswidrigen Erteilung des Bauvorbescheids und dem eingetretenen Schaden der Bauherrin. 380 Zur Zurechnung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis bereits oben § 15 II. 2. b) bb). 381 Zu dieser Voraussetzung Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 123; Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 772; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 119 ff., Rn. 136. Zum Zusammenhang zwischen Bestandskraft und Bindungswirkung Sachs, in: Stelkens / ​Bonk / ​Sachs, VwVfG, § 43 Rn.  7 ff. 382 Zum Fall der faktischen Bindungswirkung noch unten § 16 II. 2., III. 378

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Erteilung einer Weisung, sofern die hierdurch geforderte Maßnahme im Außenverhältnis dem Betroffenen gegenüber über einen zumindest teilweise begünstigenden Charakter verfügt. Die für die Amtshaftung bei Handeln auf Weisung gewonnenen Erkenntnisse bei rechtswidrigen, zumindest teilweise begünstigenden Maßnahmen im Außenverhältnis sind folglich diesbezüglich zu vervollständigen.383 Dies ist insofern sinnvoll, als das Kriterium des Vertrauensschutzes die Amtshaftung in sinnvoller Weise begrenzt, jedoch zugleich deren Anwendungsbereich in Bezug auf das Kriterium schützenswerter Vermögensinteressen zu erweitern vermag.384 Gegen eine derartige Übertragung von Erkenntnissen scheint zunächst zu sprechen, dass der Aspekt des Vertrauensschutzes vom BGH im Bereich der Amts­ haftung bei Handeln auf verbindliche Weisung hin im Gegensatz zur Amtshaftung bei bindender rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens des § 36  BauGB kaum thematisiert wird. Allerdings betraf der Großteil der Urteile des BGH belastende Maßnahmen im Außenverhältnis.385 Um eine begünstigende Maßnahme ging es allerdings bei der bereits angesprochenen Amtshaftung im Falle einer auf einer unrichtigen Erklärung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens beruhenden Weisung gegenüber einer Baugenehmigungsbehörde, einen Bauvorbescheid zu erteilen.386 Der BGH setzte sich in diesem Fall mit der Frage auseinander, ob durch Maßnahmen der verwaltungsintern handelnden Amtswalter ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in die Bebaubarkeit des Grundstücks begründet und diese hierdurch zu finanziellen Dispositionen veranlasst worden war387 und scheint somit ebenfalls die Schaffung eines Vertrauenstatbestands für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs bei Handeln auf Weisung vorauszu-

383 de Witt / ​Burmeister, NVwZ 1992, 1039 (1040 ff.), gehen bei rechtswidrigen begünstigen­ den Maßnahmen davon aus, dass der Aspekt des Vertrauensschutzes ein Kriterium zur Bestimmung der Drittbezogenheit einer Amtspflicht darstellt, ohne sich mit der Konstellation des weisungsgebundenen Handelns im Speziellen auseinanderzusetzen. Ebenso Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 170, Rn. 579 ff., welcher den Aspekt des Vertrauensschutzes hierbei als vorrangig heranzuziehenden Maßstab einordnet. Insofern nicht weiterführend Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 117, der sich mit dem Hinweis begnügt, dass das Kriterium des Vertrauensschutzes zur Bestimmung der Drittbezogenheit einer Amtspflicht nur in besonderen Konstellationen Anwendung finde. Seiters, NordÖR 2010, 477 ff. geht dagegen davon aus, dass sich der Schutzzweck einer Norm bei rechtswidrigen begünstigenden Maßnahmen vorrangig nach dem Vertrauen, das begründet werden soll, bestimme. 384 Hierzu BGHZ 117, 83 (90 f.); 123, 191 (198 ff.); 134, 268 (283); 144, 394 (396 ff.). Zudem Kümper, Risikoverteilung, S. 185. 385 Die Fälle BGHZ 63, 319 ff. und BGH NJW 1977, 713 f. betrafen die rechtswidrige Verweigerung der Erteilung einer Einfuhrgenehmigung für Mais; BGH NVwZ 1985, 682 ff. die rechtswidrige Rücknahme einer Baugenehmigung, BGH NVwZ-RR 2009, 363 f. die rechtswidrige Versagung einer Baugenehmigung. Das Urteil BGH NJW 1959, 1629 f. betraf zwar die Erteilung einer rechtswidrigen preisrechtlichen Genehmigung auf verbindliche Weisung hin, jedoch setzte sich der BGH hierbei nicht mit dem Aspekt der Drittbezogenheit auseinander. 386 BGH NVwZ-RR 1991, 171 ff. 387 BGH NVwZ-RR 1991, 171 (172).

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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setzen388. Der BGH ordnete dabei den Erlass des rechtswidrigen Bauvorbescheids als Setzen eines Vertrauenstatbestands ein und wertete diesen in Anknüpfung an ein Urteil aus dem Jahre 1976389 als Maßnahme des anweisenden Amtswalters, indem er diesem den Bauvorbescheid aufgrund der Erteilung der verbindlichen Weisung haftungsrechtlich zurechnete390. In dem Urteil aus dem Jahre 1976 hatte der BGH die Amtshaftung der Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters auf zweierlei Erwägungen gestützt. Zum einen war dies eine Verschiebung der Passivlegitimation auf die Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters bei Annahme einer in der Befolgung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung liegenden Amtspflichtverletzung des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters.391 Insofern ist es konsequent, für die Begründung der Amtshaftung des anweisenden Verwaltungsträgers an das Setzen eines Vertrauenstatbestands durch den Erlass des Bauvorbescheids anzuknüpfen und die hierdurch begründete Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht dem anweisenden Amtswalter und damit letztlich dessen Anstellungs­ körperschaft zuzurechnen. Zum anderen stützte der BGH die Amtshaftung der Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters unter Anwendung der Vorschriften zur beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht auf den Übergang eines Teils der Amtspflichten des verbindlich angewiesenen Amtswalters auf den verbindlich anweisenden Amtswalter.392 Dieses vom BGH angenommenen Übergangs der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten von dem angewiesenen auf den anweisenden Amtswalter bedarf es nur, wenn man den anweisenden Amtswalter entgegen der bereits dargestellten393, heute vorherrschenden Auffassung nicht in gleicher Weise an das Außenrecht gebunden erachtet wie den angewiesenen, im Außen­verhältnis handelnden Amtswalter. Ansonsten erscheint ein Übergang der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten nicht notwendig. Zwar hätte ein derartiger Übergang zur Folge, dass die Pflichtenkollision des angewiesenen Amtswalters vermieden würde, indem diesen allein die Weisungsbefolgungspflicht träfe. Aller 388 Ungenau sind insofern die Äußerungen des BGH, wonach „[…] Amtsträger der Senatsverwaltung des bekl. Landes schuldhafte Amtspflichtverletzungen gegenüber der Kl. begangen haben, indem sie bei ihr das Vertrauen in die Bebaubarkeit des Kaufgrundstücks erweckten und sie so zu nachteiligen finanziellen Dispositionen veranlaßten.“ Hervorhebung nur hier. 389 BGH NJW 1977, 713 f. Zu diesem noch eingehend unten §§ 25 I., II., 26. 390 BGH NVwZ-RR 1991, 191 (192). 391 BGH NJW 1977, 713 f. Zu dieser noch eingehend unten § 25. 392 BGH NJW 1959, 1629 (1630): „Mit der Anweisung geht […] ein Teil von Amtspflichten, die generell bei einem konkreten Beamten liegen, auf die anweisende (die die Sache an sich ziehende) Behörde, – für die Anwendbarkeit des § 839 aaO – auf einen ganz bestimmten Beamten dieser Behörde über.“; aufgegriffen in BGH NJW 1977, 713 f.; BGH NVwZ 1985, 682 (683); BGH NVwZ-RR 2009, 363; OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Os. 2, Rn. 32; OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Os. 1, Rn. 36; OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn.46. Den Übergang von Amtspflichten in Bezug auf den Aspekt der Drittbezogenheit befürwortend etwa Herbst, DV 37 (2004), 51 (62 ff.). Hierzu Felix, Remonstrationsrecht, S. 110. 393 Hierzu bereits oben § 3 II.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

dings wird eben dieses Ergebnis bereits durch Berücksichtigung der Remonstra­ tionspflicht erzielt.394 Demnach kommt allein ein Übergang der Verletzung der Amtspflicht des angewiesenen Amtswalters auf den anweisenden Amtswalter in Betracht. Dieser hat zur Folge, dass die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit im Außenverhältnis ebenso wie der Aspekt des Vertrauensschutzes einem Anspruch aus Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung bei ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Remonstration nicht entgegenstehen. Im Ergebnis entspricht diese Vorgehensweise damit der in dieser Arbeit gewählten Methode der Zurechnung der durch den angewiesenen Amtswalter erfüllten tatbestandlichen Voraussetzungen. Ein derartiges Verständnis des Verweises des BGH auf seine frühere Rechtsprechung scheint jedoch von diesem selbst nicht bezweckt worden zu sein, da das in Bezug genommene Urteil aus dem Jahre 1976 die Verweigerung der Erteilung einer Genehmigung und damit einen für die Klägerin belastenden Verwaltungsakt betraf,395 sodass der Übergang von Amtspflichten unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes für die Begründung eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung der Weisung nicht relevant werden konnte. Da die Erkenntnisse zur Amtshaftung bei ordnungsgemäßer Durchführung des Remonstrationsverfahrens hinsichtlich des Kriteriums der Drittbezogenheit von Amtspflichten in Bezug auf den Aspekt des Vertrauensschutzes vervollständigt werden konnten, ist im Folgenden die Amtshaftung bei unterbliebener Remonstration dazustellen. Diese wird in der Literatur kaum thematisiert396 und von der Rechtsprechung gänzlich unberücksichtigt gelassen, sodass an späterer Stelle zu klären ist, worauf dies zurückzuführen ist und ob dies überzeugen kann.397

§ 16 Amtshaftung bei nicht schuldhaft unterbliebener Remonstration Ein an die Vornahme der rechtswidrigen Handlung im Außenverhältnis anknüpfender Amtshaftungsanspruch wird bei Befolgung einer Weisung zumeist am fehlenden Verschulden des angewiesenen Amtswalters scheitern.398 Aus diesem Grunde ist zunächst auf die Konstellation einzugehen, in der dem angewiesenen Amtswalter das Fehlen rechtlicher Bedenken gegenüber der Weisung nicht nach § 839 I 1 BGB zum Vorwurf gemacht werden kann.

394

So ja gerade der BGH selbst. Hierzu bereits oben § 13 I., II., III. 3., 4. BGH NJW 1977, 713. 396 Hierzu eingehend – soweit ersichtlich – allein Romann, Remonstrationspflicht, S. 92 ff. Zudem in knapper Form Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (196). Zum Zusammenwirken mehrerer Behörden mit und ohne Bindungswirkung sowie bei eingeschränkter Bindungswirkung Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66 ff. 397 Hierzu noch unten §§ 26–28. 398 Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (196); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203. 395

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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I. Maßstäbe für die Beurteilung des Verschuldens des angewiesenen Amtswalters Aufgrund des Verschuldenserfordernisses des § 839 I 1  BGB muss der ange­ wiesene Amtswalter die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung zumindest fahrlässig verkannt haben.399 Fahrlässigkeit ist dabei anzunehmen, wenn ein pflichtgetreuer, mit dem betreffenden Amt betrauter Durchschnittsbeamter bei Beachtung der für seinen Pflichtenkreis und seiner Amtsstellung erforderlichen Sorgfalt den Amtspflichtverstoß erkennen hätte können und müssen.400 Wenn der Amtswalter eine rechtswidrige Weisung als rechtmäßig erachtet und diese befolgt, ohne zu remonstrieren, kann ihm eine fahrlässige Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) nur vorgeworfen werden, wenn sich ihm die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Weisung aufdrängen und ihn zur Remonstration veranlassen hätten müssen.401 Wann dies der Fall ist, ist im Folgenden zu klären. Auszugehen ist hierbei davon, dass auch der angewiesene Amtswalter aufgrund der vollen persönlichen Verantwortung für sein Handeln (§§ 63 I BBG, 36 I ­BeamtStG) die Rechtslage vor Vornahme der Handlung, zu der er angewiesen wurde, grundsätzlich eigenverantwortlich prüfen muss und dies auch die Überprüfung der Vereinbarkeit der erteilten Weisungen mit dem geltenden Außenrecht umfasst.402 Dementsprechend wird von einer Amtspflichtverletzung ausgegangen, wenn ein Amtswalter die gebotene eigene rechtliche Prüfung unterlässt, weil eine andere Stelle, die bereits mit dem jeweiligen Sachverhalt in Hinblick auf andere Aspekte befasst war, die Rechtslage bereits ausreichend geprüft habe.403 Allerdings kann einem juristisch nicht vorgebildeten Amtswalter in Hinblick auf die Verkennung der Rechtslage kein Verschulden vorgeworfen werden, wenn er auf die besonderen Kenntnisse einer Fachbehörde oder eines Spezialisten einer übergeordneten Behörde vertraut.404 Gleiches gilt, wenn eine Behörde der Auffassung 399 Herbst, DV 37 (2004), 51 (56 ff.). Allgemeiner Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 289. 400 Zum anzuwendenden Verschuldensmaßstab bereits oben § 15 II. 2. b) dd). Speziell in Zusammenhang mit der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung Romann, Remonstrationspflicht, S. 94 f. 401 Romann, Remonstrationspflicht, S. 94 f.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203. 402 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 49; Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (405); Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 3; Günther, ZBR 1988, 297 (309); Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 4, § 36 BeamtStG, Rn. 4; Leuze, DÖD 1995, 1 (7); Risken, Weisungen, S. 182 f.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 201. Ohne Bezug zur Erteilung einer Weisung Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band  I Teil 2d, § 63 Rn. 13; Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 290. A. A. Schnapp, Beamtenrecht, S. 173; Stratenwerth, Verantwortung, S. 178. 403 Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 201. 404 Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 290; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 201.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

einer über überlegenen Sachverstand verfügenden Fachbehörde folgt,405 sofern kein Grund für die Annahme besteht, dass ein Amtswalter der im Außenverhältnis handelnden Behörde über einen besseren Kenntnisstand als die Fachbehörde selbst verfügt406. Zu berücksichtigen ist, dass die Möglichkeit der Beurteilung der jeweiligen Situation durch den angewiesenen Amtswalter bereits aufgrund der tatsächlichen Umstände im Vergleich zu derjenigen des anweisenden Amtswalters begrenzt ist.407 In Hinblick auf die für die Führung des jeweiligen Amtes erforderlichen rechtlichen Kenntnisse sowie die dem Amtswalter jeweils zur Verfügung stehenden Mittel, die zur Prüfung der Rechtslage heranzuziehen sind,408 ist vor allem bei ranghöheren Amtswaltern und höherrangigen Behörden ein strengerer Sorgfaltsmaßstab anzulegen.409 Von einem pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten kann damit grundsätzlich keine bessere Einsicht in die Rechtslage verlangt werden, als sie die vorgesetzte Behörde hat.410 Aus diesem Grund darf der angewiesene Amtswalter davon ausgehen, dass der anweisende Amtswalter die Rechtmäßigkeit des Handelns, zu dem angewiesen wird, selbst bereits überprüft hat, und muss davon ausgehen, dass der anweisende Amtswalter einen besseren Überblick über die Gesamtsituation hat.411 Der angewiesene Amtswalter hat folglich nur unter besonderen Umständen Anlass 405

BGHZ 139, 200 (213 f.) in Bezug auf das fehlende Verschulden der Amtswalter des Landesprüfungsamtes für Medizin und Pharmazie, wenn diese für die Überprüfung, ob eine Prüfungsfrage offensichtlich fehlerhaft ist, das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen heranziehen; BGHZ 146, 365 (370) in Bezug auf das fehlende Verschulden der Amtswalter einer Gemeinde bei Entscheidung über die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung nach §§ 144, 145 BauGB, wenn diese eine Fachbehörde als Gutachterausschuss zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einschalten; OLG Saarbrücken NJW-RR 2016, 271 (272 f.) in Bezug auf das fehlende Verschulden von Amtswaltern einer Krankenkasse, wenn diese den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung hinzuziehen und auf dessen Prüfung der Notwendigkeit der beantragten Leistungen vertrauen; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 183; Windthorst, JR 2001, 508 (509); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 72, Rn. 73, Rn. 201. Wie Windthorst dabei zutreffend darlegt, kann ein Verschulden auch nicht durch Rückgriff auf die Figur des Organisationsverschuldens angenommen werden, wenn die im Außenverhältnis handelnde Behörde und die Fachbehörde verschiedenen Rechtsträgern zuzuordnen sind. 406 BGHZ 139, 200 (214); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 201. 407 In diesem Sinne Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 102. Ebenso bereits Krantz, Gehorsamspflicht, S. 12, welcher hieraus allerdings das Fehlen einer Prüfungspflicht des Beamten in Hinblick auf die materielle Gesetzmäßigkeit einer Weisung ableitete. 408 Siehe hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) dd). 409 BGHZ 134, 268 (274 f.). Zust. Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (72 f.). Zu den je nach konkreter Amtsstellung unterschiedlich ausfallenden Anforderungen an sorgfaltsgemäßes Verhalten des Amtswalters BGH NJW 1979, 2097 (2098 f.); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 208. Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 13; Leuze, DÖD 1995, 1 (7) gehen davon aus, dass sich der Umfang der Prüfungspflicht in objektiver Hinsicht nach der jeweiligen Amtsstellung richte, in subjektiver Hinsicht dagegen nach den individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen. 410 Herbst, DV 37 (2004), 51 (58) in Anschluss an OLG Celle DVBl. 1958, 549. A. A. Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (407 ff.). 411 VGH BW ZBR 1974, 337 (342); Günther, ZBR 1988, 297 (309); Leuze, DÖD 1995, 1 (7); Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 102.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Weisung sowie der vorzunehmenden Handlung und damit auch zur eigenständigen Nachprüfung.412 Diese Sichtweise widerspricht der beamtenrechtlichen Pflicht, Vorgesetzte zu beraten und zu unterstützen (§§ 62 I 1 BBG, 35 S. 1 BeamtStG) nicht,413 die den angewiesenen Amtswalter verpflichten kann, seine Vorgesetzten auf Risiken hinzuweisen, die von diesen möglicherweise verkannt wurden414. Eine solche Pflicht kann nur angenommen werden, wenn der angewiesene Amtswalter derartige Risi­ ken überhaupt erkennt und zugleich davon ausgehen muss, dass diese durch den anweisenden Amtswalter nicht oder zumindest nicht vollumfänglich erkannt wurden.415 Sofern der Vorgesetze eine Weisung dagegen in Kenntnis dieser Umstände erteilt, endet die Beratungs- und Unterstützungspflicht des angewiesenen Amtswalters,416 sodass sie die Anforderungen an dessen Prüfungspflicht nicht zu verschärfen vermag. Zuzugeben ist, dass die dargestellte Einschränkung der Prüfungspflicht des angewiesenen Amtswalters in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung der Vermutung, Weisungen des Vorgesetzten seien rechtmäßig,417 äußerst nahe kommt.418 Allerdings kann sie allein den tatsächlichen Gegebenheiten der Verwaltungspraxis Rechnung tragen, da die Prüfungspflicht des angewiesenen Amtswalters ansonsten in einer für die Praxis unangemessenen, extensiven Weise verstanden würde.419 412

Günther, ZBR 1988, 297 (309); Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 29; Leuze, DÖD 1995, 1 (7). Ähnlich Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 102. Hierdurch bedingt kommen die Fälle, in denen dem angewiesenen Amtswalter ein persönlicher Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, der Fallgruppe der offenkundigen schwerwiegenden Rechtswidrigkeit, die eigentlich eine äußerste Grenze der Weisungsbefolgungspflicht darstellt, äußerst nahe (Herbst, DV 37 [2004], 51 [58]; Kawik, ZBR 2015, 243 [246]. So wohl auch OLG Celle DVBl. 1958, 549). 413 Siehe zum Zusammenhang zwischen Weisungsbefolgungs- und Beratungspflicht Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 71; Leuze, DÖD 1995, 1 (6 f.). 414 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 13, Rn. 71; Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 4 f. 415 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 13. 416 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 13. 417 Die durch dessen Autorität bedingte Vermutung der Rechtmäßigkeit der Weisung des Vorgesetzten wurde vor allem durch Stratenwerth, Verantwortung, S. 46 ff., S. 110 f., S. 138 ff., S. 147 ff. geprägt, wird mittlerweile jedoch kaum mehr vertreten (a. A. Schwartz, Befehl und Weisung, S. 206). Zustimmung erfuhr diese Theorie etwa von Bank, ZBR 1963, 161 (164). Der Grund für die Ablehnung dieser Theorie liegt vor allem darin, dass sie den Regelungen des Beamtenrechts zu Weisungsbefolgungspflicht und Remonstrationsrecht widerspricht (Depenheuer, DVBl. 1992, 404 [405 Fn. 17, 408 Fn. 33]; Felix, Remonstrationsrecht, S. 140 f.). Hierzu und zu weiteren Kritikpunkten eingehend Günther, ZBR 1988, 297 (306); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 207 f.; Leuze, DÖD 1995, 1 (7). Loschelder, Weisungen, S. 83 geht allerdings auch heute noch von einer Vermutung der Rechtmäßigkeit des Handelns des Bundes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG aus. 418 Günther, ZBR 1988, 297 (309). Zust. Leuze, DÖD 1995, 1 (7). 419 Ähnlich Günther, ZBR 1988, 297 (309). Siehe zum praxisgerechten Verständnis des Verschuldenserfordernisses des § 839 I 1 BGB als Schutzinstrument des Amtswalters vor über­ mäßiger disziplinar- und haftungsrechtlicher Inanspruchnahme Romann, Remonstrationspflicht, S. 66.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Damit ist bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung ein Verschulden des Amtswalters bezüglich der Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) zu verneinen, sofern der Amtswalter die Rechtswidrigkeit der Weisung nicht erkennen hätte können und müssen,420 sodass ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch ausscheidet421. Ein Verschulden des angewiesenen Amtswalters kann trotz dessen Anwendbarkeit auch im öffentlichen Recht422 auch nicht unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 278 S. 1 Fall 2 BGB durch Zurechnung des Verschuldens des anweisenden Amtswalters konstruiert werden, da für die Zurechnung einer Amtspflichtverletzung und damit auch für das hierauf bezogene Verschuldenserfordernis des § 839 I 1 BGB die Regelung des Art. 34 S. 1 GG die alleinige Zurechnungsnorm darstellt423 und somit die Anwendung des § 278 S. 1 Fall 2 BGB im Amtshaftungsrecht verfehlt ist424. Da zudem das bloße Zusammenwirken verschiedener Stellen nicht bedingt, dass das Fehlverhaltens eines Amtswalters einer der beteiligten Stellen der anderen Stelle zuzurechnen ist,425 scheidet auch eine hieran anknüpfende Zurechnung des Verschuldens aus. Demnach erscheint die Annahme, ein Amtshaftungsanspruch scheitere nur in Ausnahmefällen am fehlenden Verschulden des Amtswalters426, zumindest für den Bereich des Handelns auf Weisung zunächst als unzutreffend. Ob diese Erkenntnis allerdings aufrechterhalten werden kann, wird in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern zu überprüfen sein.427 II. Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung 1. Gefahr der Haftungslücke Aufgrund des bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung vielfach fehlenden Verschuldens des angewiesenen Amtswalters besteht zugleich über den Fall der ord 420

Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 290; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (196). Herbst, DV 37 (2004), 51 (58). Siehe etwa OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 39. 422 BGHZ 4, 138 (Ls.  3, 149 ff.); 131, 200 (204); 146, 365 (370); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 73. 423 Eingehend Detterbeck, JuS 2002, 127 (128). Hierzu Windthorst, JR 2001, 508. 424 Detterbeck, JuS 2002, 127 (128); Detterbeck, JuS 2003, 1003 (1006 Fn. 13). A. A. Battis, LM BGB § 839 (Cb) Nr. 104; Windthorst, JR 2001, 508 (509); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 73. Der BGH prüfte in BGHZ 146, 365 (370 f.) hinsichtlich eines Amtshaftungsanspruchs, ob ein Verschulden der Mitglieder des durch die Gemeinde herangezogenen Gutachterausschusses den Amtswaltern der Gemeinde über § 278 BGB zugerechnet werden könne, verneinte dies aber letztlich mangels Bestehens eines öffentlich-rechtlichen Schuld­ verhältnisses.  425 BGHZ 129, 17 (21 f.); 139, 200 (211). Hierzu Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 75. 426 Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 65. 427 Hierzu noch unten § 28 III. 2. 421

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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nungsgemäßen, aber erfolglosen Remonstration hinaus die Gefahr der Entstehung einer Haftungslücke. Wenn der anweisende Amtswalter mit Erteilung der rechtswidrigen Weisung seine Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) schuldhaft verletzt, kommt ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch in Betracht. Wenn jedoch für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs vorausgesetzt wird, dass der amtspflichtwidrig handelnde Amtswalter zugleich im Außenverhältnis rechtswidrig handelt oder es sich um eine zumindest teilweise begünstigende Maßnahme handelt, müsste auch ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung ausscheiden. 2. Zurechnung der Verwirklichung tatbestandlicher Voraussetzungen Der Gefahr einer Haftungslücke kann erneut allein dadurch begegnet werden, dass die genannten, in der Person des angewiesenen Amtswalters erfüllten tatbestand­lichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs dem anweisenden Amtswalter zugerechnet werden. Diese Vorgehensweise ist wiederum vom Ergebnis her bestimmt, da sie der Vermeidung einer Haftungslücke dient. Zugleich begegnet sie im Vergleich zum Fall der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung des Remonstrationsverfahrens noch stärkeren dogmatischen Bedenken, da der angewiesene Amtswalter im Vergleich zur Erteilung der verbindlichen Weisung nicht in gleichem Maße fremdbestimmt ist. Zugleich ist an dieser Vorgehensweise zu kritisieren, dass eine Zurechnung des Verschuldens des anweisenden Amtswalters gerade abgelehnt wurde, eine Zurechnung anderer tatbestandlicher Voraussetzungen in entgegengesetzter Richtung jedoch möglich sein soll. Die notwendige Zurechnung kann bei fehlendem Verschulden des angewiesenen Amtswalters allein damit gerechtfertigt werden, dass man der Erteilung der Weisung in diesem Fall eine faktische Bindungswirkung zuspricht. Dies führt zunächst dazu, dass kein Widerspruch zu der bereits dargestellten Ablehnung der Zurechnung tatbestandlicher Voraussetzungen bei bloßem Bestehen eines adäquaten Kausal- sowie Zurechnungszusammenhangs428 besteht. Die Annahme einer faktischen Bindungswirkung kann damit begründet werden, dass eine rechtswidrige Weisung aufgrund der dargestellten Maßstäbe für die Prüfungspflicht und die hierfür bestehenden Möglichkeiten des angewiesenen Amtswalters in der Verwaltungspraxis im Regelfall befolgt wird, wobei sich der angewiesene Amtswalter mangels Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung zu deren Befolgung verpflichtet erachtet und dies bei fehlendem Verschulden gerade auch darf.429 Auch wenn die Ermöglichung eines Amtshaftungsanspruchs durch Annahme einer faktischen

428

Hierzu bereits oben § 15 III. 3. b). Äußerst krit. zur Begründung der Drittbezogenheit von Amtspflichten mit der faktischen Bindungswirkung einer verwaltungsinternen Maßnahme gegenüber Amtswaltern anderer Verwaltungsträger dagegen Windthorst, JR 2001, 508. 429

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Bindungswirkung dogmatisch durchaus kritisch hinterfragt werden kann, steht sie zumindest nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des BGH. III. Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung bei Beteiligung einer Fachbehörde Die Vereinbarkeit der Annahme einer faktischen Bindungswirkung mit der Recht­sprechung des BGH ergibt sich aus einer Auseinandersetzung mit dessen bereits angesprochener Rechtsprechung zur Amtshaftung bei Hinzuziehung einer Fachbehörde durch die mit einer Angelegenheit befassten Behörde430. Wie bereits gezeigt wurde, kann einem Amtswalter in Hinblick auf die Verkennung der Rechtslage kein Verschulden vorgeworfen werden, wenn die Behörde, der er angehört, der Auffassung einer über überlegenen Sachverstand verfügenden Fachbehörde folgt.431 Aufgrund der hierdurch bedingten Gefahr einer Haftungslücke432 ist die dargestellte Konstellation mit der nicht schuldhaften Verkennung der Rechtslage durch den rechtswidrig angewiesenen Amtswalter vergleichbar. Zunächst nahm der BGH an, dass die den Amtswaltern der Fachbehörde obliegenden Amtspflichten keine Drittbezogenheit gegenüber dem von der Entscheidung der im Außenverhältnis handelnden Behörde unmittelbar betroffenen Dritten zukomme.433 Er begründete dies damit, dass sich die im Außenverhältnis handelnde Baugenehmigungsbehörde zwar die besondere Sachkunde des Gewerbeaufsichtsamtes als Fachbehörde zunutze mache, sie hierdurch jedoch nicht von ihrer eigenen Prüfungspflicht in Hinblick auf das Vorliegen der öffentlich-rechtlichen Vorausset 430

Hierzu bereits oben § 15 III. 4. Zur faktischen Bindungswirkung der Beteiligung einer Fachbehörde Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 97. 431 Siehe oben § 16 I. 432 Hecker, BGH-Report 2001, 233 („Dilemma der bisherigen Amtshaftungsjudikatur des 3. Zivilsenats in Fällen arbeitsteilig organisierter Verwaltungsverfahren“); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 72 f. A. A. in Bezug auf die Gefahr einer Haftungslücke bei Beteiligung einer Fachbehörde Windthorst, JR 2001, 508 (509), welcher den Amtswaltern der im Außenverhältnis handelnden Behörde das Verschulden der Amtswalter der Fachbehörde über § 278 BGB zurechnet. In dem BGH NVwZ 1991, 707 ff. zugrunde liegenden Fall wurde die gegen den im Außenverhältnis handelnden Landkreis erhobene Schadensersatzforderung der geschädigten Firma ausweislich BGH NVwZ 1991, 707 (708) vom Landgericht dem Grunde nach zur Hälfte für berechtigt erklärt und im Übrigen abgewiesen, woraufhin sich der Landkreis mit der geschädigten Firma verglich und die Klage zurückgenommen wurde. In BGHZ 146, 365 (370 f.) dagegen wurde eine Amtshaftung der im Außenverhältnis handelnden Gemeinde aufgrund des fehlenden Verschuldens ihrer Amtswalter abgelehnt. 433 BGH NVwZ 1991, 707 (Ls., 708 f.). Das Urteil betraf die Beteiligung des Gewerbeaufsichtsamtes im Baugenehmigungsverfahren zur Prüfung immissionsschutzrechtlicher Belange. Mit der Frage der Drittbezogenheit hatte sich der BGH im Rahmen der Prüfung eines Regressanspruchs des im Außenverhältnis handelnden und hierfür haftenden Landkreises nach §§ 840 I, 426 I BGB auseinanderzusetzen, da dieser die Haftung des Landes, dem das Handeln des Gewerbeaufsichtsamtes haftungsrechtlich zuzurechnen war, voraussetzt.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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zungen für die Genehmigungsfähigkeit des beantragten Bauvorhabens enthoben werde.434 Der BGH stützte dabei die Ablehnung der Drittbezogenheit der Amtspflichten erneut insbesondere darauf, dass die Baugenehmigungsbehörde nicht an die Auffassung des Gewerbeaufsichtsamtes gebunden sei, und verwies dabei in einem Erst-recht-Schluss auf seine Rechtsprechung zur Amtshaftung bei rechtswidriger Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens.435 Bereits vor Einfügung des § 36 II 3 BauGB wurde der rechtswidrigen Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens keine Bindungswirkung in Hinblick auf die Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde zugesprochen.436 Demnach kommt den Amtswaltern der Baugenehmigungsbehörde selbst bei Erteilung des Einvernehmens eine Prüfungspflicht in Bezug auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu,437 sodass die Baugenehmigungsbehörde auch im Falle eines rechtswidrig erteilten Einvernehmens hinsichtlich der Genehmigung eines Vorhabens in eigener Verantwortung handelt.438 Im Falle der rechtswidrigen Erteilung des Einvernehmens bei bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens sowie hierauf folgender Erteilung einer rechtswidrigen Baugenehmigung wird das Bestehen drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde verneint, sodass ein auf die rechtswidrige Erteilung des Einvernehmens gestützter Amtshaftungsanspruch ausscheidet.439 434

BGH NVwZ 1991, 707 (709). BGH NVwZ 1991, 707 (709). Siehe hierzu Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 72. Ablehnend de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, HÖBauR, Kap. M, Rn. 115. Zum Zusammenhang zwischen den Erwägungen zur Amtshaftung bei rechtswidriger Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens und denjenigen in BGH NVwZ 1991, 707 (709) zur Stellungnahme einer Fachbehörde zudem BGHZ 139, 200 (205 f.). 436 So die ganz herrschende Auffassung, siehe nur BGHZ 99, 262 (273); BVerwG DÖV 1970, 349 (Ls. 3, 350); BVerwG NVwZ-RR 1992, 529; OLG Saarbrücken NVwZ 1987, 170; ­Desens, DÖV 2009, 197 (198); Fickert, DVBl. 1964, 173 (178 ff.); Hellermann, Jura 2002, 589 (592); Horn, NVwZ 2002, 406 (407); Lasotta, Einvernehmen, S. 44 f.; Spieß, in: Jäde / ​Dirnberger, BauGB / ​BauNVO, § 36 BauGB, Rn. 49 f.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 593; Wurm, NordÖR 2000, 404 (405 f.). A. A. Groß, BauR 1999, 560 (566 ff.). 437 BGHZ  99, 262 (273); Desens, DÖV 2009, 197 (198); Horn, NVwZ 2002, 406 (407); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 27; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 690); Wurm, NordÖR 2000, 404 (405 f.). 438 BGHZ 99, 262 (273); Hellermann, Jura 2002, 589 (592); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 48a; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 690, S. 692). 439 BGHZ 99, 262 (Ls. 2, 272 ff.) zur Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff. Der BGH erachtete es ebenso wie beim Amtshaftungsanspruch als entscheidend, dass der Erteilung des Einvernehmens keine Bindungswirkung gegenüber der Baugenehmigungsbehörde zukomme und die Erteilung deswegen nicht von ausschlaggebender Bedeutung für die Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde sei. Aus diesem Grunde können die Erwägungen des BGH auch für die Beurteilung des Bestehens eines Amtshaftungsanspruchs herangezogen werden. Diese Annahme wird durch die Äußerungen des BGH in NVwZ 1991, 707 (709) bestätigt, in denen der BGH die Drittbezogenheit der Amtspflichten von Amtswaltern einer verwaltungsintern beteiligten Fachbehörde bei fehlender Bindungswirkung dieser Beteiligung verneint und sich hierbei ausdrücklich auf BGHZ 99, 262 (273 f.) stützt. Ebenso OLG Saarbrücken NVwZ 1987, 170 f.; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 692); Wurm, NordÖR 2000, 404 (405 f.). Zust. Jäde, Baugesuch, Rn. 171; Tremml / ​Luber, UPR 2013, 81 (81 Fn. 7); de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, 435

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Wenn man in Übereinstimmung mit dem BGH die Bindungswirkung der gemeindlichen Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens als ausschlaggebend für die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Gemeinde erachtet,440 ist dieser Schluss folgerichtig. Ihm ist jedoch insofern nicht zuzustimmen, als er den allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten widerspricht.441 Allerdings scheidet ein Amtshaftungsanspruch gegen die Gemeinde bei Berücksichtigung des Aspekts des Vertrauensschutzes aus. Da erst durch die das Baugenehmigungsverfahren abschließende Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird,442 unterfallen etwaige Vermögensdispositionen des Bauwilligen basierend auf der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens dessen eigenem Verantwortungsbereich.443 Unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzips ist dies insofern unproblematisch, als mangels Bindungswirkung der Erteilung des Einvernehmens ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die rechtswidrige Erteilung der Baugenehmigung entstehen kann, sodass dem Geschädigten auch bei Ausschluss der Amtshaftung der Gemeinde ein Haftungssubjekt zur Verfügung steht.444 Demnach unterscheidet sich der Fall der rechtswidrigen Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens bereits hinsichtlich des Bedürfnisses einer Amtshaftung des verwaltungsintern handelnden Verwaltungsträgers von der Hinzuziehung einer Fachbehörde. Gleiches gilt zudem für die Prüfungspflicht der im Außenverhältnis handelnden Amtswalter. Die Prüfungspflicht der Amtswalter der Baugenehmigungsbehörde wird durch die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nicht

HÖBauR, Kap. M, Rn. 93. A. A. Jäde, UPR 2011, 125; Jäde, Baugesuch, Rn. 168, welcher von einer Amtspflicht der Amtswalter der Gemeinde gegenüber dem Bauwilligen, über die Erteilung des Einvernehmens rechtmäßig zu entscheiden, ausgeht, ohne sich hierbei mit dem Setzen eines Vertrauenstatbestands als Kriterium der Drittbezogenheit der Amtspflicht auseinanderzusetzen. A. A. BayObLG BayVBl. 2001, 504 f. in Bezug auf Art. 81 BayBO i.d. ab 01.06.1994 geltenden Fassung bzgl. einer Haftung der Gemeinde bei rechtswidriger, nicht-bindender Versagung des Einvernehmens. A. A. insofern zudem Jachmann, BayVBl. 1995, 481 (484). 440 So BGHZ 118, 263 (265 f.); BGH NJW 1993, 3065 (3066); BGHZ 187, 51 (53 ff.); BGH NVwZ 2013, 167 (168); Grzeszick, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 34 Rn. 33.2; Hellermann, Jura 2002, 589 (594); Jeromin, BauR 2011, 456 (460); Schlarmann / ​Krappel, NVwZ 2011, 215 (217); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 48a; Tremml / ​Luber, UPR 2013, 81 (81 mit Fn. 7); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 593, Rn. 606; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 690 ff.); Wurm, NordÖR 2000, 404 (405 ff.); Zeiser, BayVBl. 2010, 613 (614 ff.). 441 Siehe hierzu die Argumentation in Zusammenhang mit der Amtshaftung bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens oben § 15 III. 2. b), c), 3. 442 Lasotta, Einvernehmen, S. 220. Ähnlich Wurm, NordÖR 2000, 404 (405). 443 Lasotta, Einvernehmen, S. 220. 444 Die Rspr. des BGH sieht sich insofern der Kritik ausgesetzt, vom gewünschten Ergebnis bestimmt zu werden (Schoch, NVwZ 2012, 777 [784]). Siehe hierzu auch die Äußerungen des BGH selbst in BGHZ 187, 51 (55 ff.), wonach kein Bedürfnis nach einer Haftung der Gemeinde unter Geltung des § 36 II 3 BauGB bestehe.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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eingeschränkt.445 Dies gilt auch für die Prüfungskompetenz der Amtswalter einer im Außenverhältnis handelnden Behörde, nicht aber für den Umfang ihrer Prüfungspflicht, da einem Amtswalter in Hinblick auf die Verkennung der Rechtslage gerade kein Verschulden vorgeworfen werden kann, wenn die Behörde, der er angehört, der Auffassung einer über überlegenen Sachverstand verfügenden Fachbehörde folgt. Aufgrund dieses Unterschieds kommt der rechtswidrigen Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens im Gegensatz zur Hinzuziehung einer Fachbehörde gerade keine faktische Bindungswirkung zu. Wohl aufgrund der Gefahr einer Haftungslücke vollzog auch der BGH in Bezug auf die Amtshaftung bei Beteiligung einer Fachbehörde eine vollständige Kehrtwende und bejahte in „Modifizierung“446 seiner früheren Rechtsprechung das Bestehen drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter der Fachbehörde.447 Hierbei ist dem BGH in seiner methodischen Vorgehensweise insofern zuzustimmen,448 als er die Frage der Bindungswirkung nicht mehr als ausschlaggebend für die Beurteilung der Drittbezogenheit von Amtspflichten erachtete, sondern deren Vorliegen vielmehr danach bestimmte, ob im Einzelfall bei Vornahme der betreffenden Amtshandlung in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist449. Dies entspricht dem vom BGH in ständiger Rechtsprechung herangezogenen allgemeinem Kriterium zur Bestimmung einer „besondere[n] Beziehung“ als Voraussetzung der Drittbezogenheit von Amtspflichten,450 welches der hier vertretenen Auffassung nach sowohl bei der Erteilung von Weisungen als auch bei Beteiligung der Gemeinde über § 36 I 1, 2, II 1 BauGB zur Beurteilung der Frage der Drittbe-

445 BGHZ  99, 262 (273); Desens, DÖV 2009, 197 (198); Horn, NVwZ 2002, 406 (407); Söfker, in: Ernst / ​Zinkahn / ​Bielenberg / ​Krautzberger, BauGB, Band III, § 36 Rn. 27; Wurm, in: FS Boujong, S. 687 (S. 690); Wurm, NordÖR 2000, 404 (405 f.). 446 BGHZ 146, 365 (Ls.). 447 BGHZ 146, 365 (Ls., 367 ff.). Hierzu Detterbeck, JuS 2002, 127 (130 f.); Windthorst, JR 2001, 508. Zwar betonte der BGH in BGHZ 146, 365 (369), dass die Amtshaftung anknüpfend an das Handeln der Amtswalter der Fachaufsichtsbehörde unabhängig von der Amtshaftung anknüpfend an das Handeln der Amtswalter der im Außenverhältnis tätigen Behörde eintrete und die Drittbezogenheit für jede in Betracht kommende Amtspflicht eigenständig zu bestimmen sei. Allerdings bleibt der BGH eine Begründung für seine Rechtsprechungsänderung schuldig, sodass der Schluss nahe liegt, dass die in dem zu beurteilenden Fall vorliegende Haftungslücke ausschlaggebend für die radikale Kehrtwende des BGH war (Windthorst, JR 2001, 508 [509]; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 71 f., auch in Bezug auf die Beweggründe des BGH für die Annahme drittbezogener Amtspflichten in BGHZ 139, 200 ff.). 448 Vorbehaltlos zust. Hecker, BGH-Report 2001, 233; Detterbeck, JuS 2002, 127 (130 f.), auch in Hinblick auf die Vergleichbarkeit zur Annahme drittbezogener Amtspflichten beim Erlass von Rechtsvorschriften, wenn diese einen kleinen und klar abgrenzbaren Personenkreis betreffen; Detterbeck, JuS 2003, 1003 (1006). Ablehnend jedoch Windthorst, JR 2001, 508 ff. 449 BGHZ 146, 365 (368); Detterbeck, JuS 2002, 127 (130 f.); Detterbeck, JuS 2003, 1003 (1006). Ebenso bereits BGH NVwZ 1994, 825 (826) unter Annahme der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei Beteiligung eines Verwaltungsträgers mit eingeschränkter Bindungswirkung. 450 Hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) cc).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

zogenheit herangezogen werden sollte.451 Der BGH betonte dabei, dass durch den verwaltungsintern beteiligten Gutachterausschuss die tatsächliche Beurteilungsgrundlage für die abschließende Entscheidung der Gemeinde über die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung (§§ 144, 145 BauGB) geschaffen werden sollte und auch tatsächlich geschaffen wurde.452 Auf dieser Grundlage ging der BGH von der Drittbezogenheit der Amtspflichten der Amtswalter der Fachbehörde aus, wenn diese von der zuständigen Behörde eingeschaltet wurde, auf der Grundlage arbeitsteiligen Verhaltens ihr überlegenes Fachwissen einbrachte und der Fachbehörde hierbei bewusst sein musste, dass ihre Stellungnahme die Rechtsposition eines bestimmten Dritten tangiert.453 In Hinblick auf die Betroffenheit der Rechtsposition eines bestimmten Dritten sei dabei nicht entscheidend, welche Bedeutung die Entscheidung der Fachbehörde für den Geschädigten habe,454 sondern vielmehr, ob die jeweils anzuwendenden, die Amtspflicht begründenden gesetzlichen Bestimmungen dieser drittbezogenen Charakter verleihten455. Wenn dem Dritten etwa ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung einer Genehmigung bei Übereinstimmung eines Vorhabens mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften zukomme oder er einen Anspruch auf die Erstellung eines zur Beurteilung dieser Frage notwendigen Gutachtens habe, sei demnach die Drittbezogenheit der Amtspflichten auch der Fachbehörde zu bejahen.456 Folglich wird die Anwendbarkeit der zur Bestimmung der Drittbezogenheit der Amtspflichten des anweisenden Amtswalters entwickelten Kriterien durch die Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung bei verwaltungsinterner Beteiligung einer Fachbehörde bestätigt, sodass diese auch in dem hiermit vergleichbaren Fall der nicht schuldhaft unterbliebenen Remonstration herangezogen werden können. Der BGH argumentierte im Rahmen der Anerkennung der Drittbezogenheit von Amtspflichten der Amtswalter der Fachbehörde, dass die Mitwirkung der Fach­ 451

Siehe zu dieser Forderung bereits oben § 15 II. 2. b) cc) und § 15 III. 2. b), c). Fehlgehend insofern Battis, LM BGB § 839 (Cb) Nr. 104, welcher die Vorgehensweise des BGH in BGHZ 146, 365 ff. als Erweiterung der Drittbezogenheit einer Amtspflicht einordnet. 452 BGHZ 146, 365 (368). 453 BGHZ 146, 365 (368 f.) sowie dem folgend BGH NVwZ 2006, 245 (Ls. 2, 247) hinsichtlich eines Amtshaftungsanspruchs wegen einer unrichtigen Auskunft über die Höhe der Besoldung, die zu einem Wechsel in ein Beamtenverhältnis unter Aufgabe der bisherigen beruflichen Position führte. Zust. Detterbeck, JuS 2002, 127 (130 f.), Detterbeck, JuS 2003, 1003 (1006); Lühmann, NJ 2005, 411; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 74. Windthorst, JR 2001, 508 f. weist zutreffend darauf hin, dass demnach unklar bleibt, weswegen der BGH in BGHZ 146, 365 (369) die Begründung der Drittbezogenheit der Amtspflichten der Amtswalter der Fachbehörde auch darauf stützte, dass „[…] die Amtspflichten der Fachbehörde in den Schutzbereich der Amtspflichten, welche die zur Endentscheidung berufene Behörde dem Bürger gegenüber wahrzunehmen hat, hinein[wirken] […]“. 454 So der BGH in BGHZ 56, 40 (45); 90, 310 (311 f.); 110, 1 (9); 122, 317 (320 f.); 134, 268 (276) sowie Windthorst, JR 2001, 508 f. 455 BGHZ 56, 40 (45); 106, 323 (331); 122, 317 (320 f.); 134, 268 (276); Windthorst, JR 2001, 508 (509). 456 Windthorst, JR 2001, 508 (509).

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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behörde aufgrund des arbeitsteiligen Zusammenwirkens im Verhältnis zum Bürger eine über die bloß innerbehördliche Beteiligung hinausgehende Qualität erlange457, und trug somit dem faktischen Einfluss der Fachbehörde auf die im Außenverhältnis im Vertrauen auf die fachbehördliche Sachkunde getroffene Entscheidung amtshaftungsrechtlich Rechnung.458 Demnach steht die Berücksichtigung einer faktischen Bindungswirkung der verwaltungsinternen Beteiligung einer anderen Stelle in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. Wie zu zeigen ist, betrifft dies gerade auch den Aspekt des Vertrauensschutzes. Der BGH äußerte sich bei der Beurteilung eines Amtshaftungsanspruchs aufgrund der den Geschädigten begünstigenden Stellungnahme einer hinzugezogenen Fachbehörde zunächst nicht zu diesem, sondern ließ einen Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Stellungnahme der Fachbehörde vielmehr noch an deren fehlender Bindungswirkung scheitern.459 Als der BGH später unter den soeben dargestellten Voraussetzungen von der Drittbezogenheit der Amtspflichten der Amtswalter der Fachbehörde ausging, problematisierte er den Aspekt des Vertrauensschutzes wiederum nicht näher.460 Er thematisierte diesen allerdings insofern mittelbar, als er voraussetzte, dass durch die im Außenverhältnis auf eine Stellungnahme einer mit überlegener Sachkunde ausgestatteten Behörde hin ergangene Auskunft ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden war.461 Sodann bejahte er die Drittbezogenheit der Amtspflicht des Amtswalters der Fachbehörde, ohne zu hinterfragen, ob diesem der durch den im Außenverhältnis handelnden Amtswalter gesetzte Vertrauenstatbestand zugerechnet werden konnte462. Trotz der fehlenden Begründung hierfür stimmt die nunmehrige Rechtsprechung des BGH somit in ihrem Ergebnis mit der dargestellten Begründung einer Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung überein.

457

BGHZ 146, 365 (369). Battis, LM BGB § 839 (Cb) Nr. 104; Hecker, BGH-Report 2001, 233. Diesen faktischen Einfluss der Fachbehörde auf die im Außenverhältnis getroffene Entscheidung erachtete der BGH dagegen noch in BGH NVwZ 1991, 707 (709) gerade nicht als ausreichend für die Annahme drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter der Fachbehörde. 459 BGH NVwZ 1991, 707 (708 f.). 460 In BGHZ 146, 365 ff. bot sich dies mangels einer begünstigenden Maßnahme auch nicht an. Eine problembewusste Auseinandersetzung unterblieb jedoch auch in BGH NVwZ 2006, 245 ff. in Bezug auf eine begünstigende unrichtige Auskunft gegenüber dem Geschädigten, die auf eine unrichtige Stellungnahme eines Amtswalters einer mit überlegenen Sachkunde ausgestatteten Behörde zurückzuführen war. 461 BGH NVwZ 2006, 245 (246 ff.). 462 BGH NVwZ 2006, 245 (247). 458

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

IV. Fazit Die Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung bei Hinzuziehung einer Fachbehörde zeigt somit, dass die Frage der Amtshaftung anknüpfend an eine verwaltungsinterne Maßnahme anhand der allgemein im Amtshaftungsrecht geltenden Kriterien zu beantworten ist. Hierbei wurde deutlich, dass dies jedoch nur gelten kann, solange das hierdurch gewonnene Ergebnis auch bei Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips hinnehmbar ist. Sofern dies nicht der Fall ist, kann das Bedürfnis nach Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs die Auslegung der Kriterien zur Begründung der Amtshaftung beeinflussen.463

§ 17 Amtshaftung bei schuldhaft unterbliebener Remonstration des angewiesenen Amtswalters Abschließend ist auf die amtshaftungsrechtliche Beurteilung der Fallkonstellation der schuldhaft unterbliebenen Remonstration einzugehen. Eine solche kann sowohl daraus resultieren, dass der angewiesene Amtswalter schuldhaft keine Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung hat als auch daraus, dass er die Remonstration trotz derartiger Bedenken schuldhaft unterlässt. Sofern der angewiesene Amtswalter schuldhaft keine Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung hat, ist zu hinterfragen, ob die Befolgung der Weisung überhaupt eine Amtspflichtverletzung darstellt. I. Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung der Weisung Eine Remonstrationspflicht des angewiesenen Amtswalters besteht nur, wenn dieser Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Weisung hat.464 Wenn der angewiesene Amtswalter keine derartigen Bedenken hat, kollidiert seine Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) mit seiner Weisungsbefolgungspflicht, wobei diese Pflichtenkollision mangels Anwendbarkeit der Remonstrationspflicht nicht durch diese aufgelöst werden kann. Sofern man in einem solchen Fall die Weisungsbefolgungspflicht des angewiesenen Amtswalters wegen der grundsätzlichen Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen465 als vorrangig erachtet, kann diesem auch bei Vornahme einer rechtswidrigen Handlung keine Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn man die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) mangels Durchführung eines Remonstrationsverfahrens als vorrangig einordnet. 463

Hierzu Felix, Remonstrationsrecht, S. 109 f., die in einer extensiven Auslegung des Krite­riums der Drittbezogenheit eine Möglichkeit zur Beseitigung der Gefahr einer Haftungslücke sieht. 464 Siehe für den Bereich des Beamtenrechts §§ 63 II 1 BBG, 36 II 1 BeamtStG. 465 Hierzu bereits oben § 13 II. 1.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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Für diese Sichtweise spricht bereits, dass bei schuldhafter Verkennung der Rechtswidrigkeit der Weisung ansonsten eine Amtshaftung anknüpfend an das Fehlverhalten des angewiesenen Amtswalters mangels Amtspflichtverletzung ausscheiden müsste.466 Zugleich resultiert sie aus einem Vergleich mit der Rechtslage bei schuldhaft unterlassener Remonstration trotz bestehender Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung. In diesem Fall besteht eine Remonstrationspflicht. Diese bedingt, dass nur die Durchführung eines Remonstrationsverfahrens den angewiesenen Amtswalter von der Verantwortung für die im Außenverhältnis rechtswidrige Maßnahme befreien kann. Im Falle der unterlassenen Remonstration verstößt der angewiesene Amtswalter folglich auch gegen die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG).467 Es sind keine Gründe ersichtlich, weswegen das schuldhafte Fehlen rechtlicher Bedenken gegenüber der schuldhaft unterlassenen Remonstration bei Bestehen rechtlicher Bedenken privilegiert werden sollte. Zudem handelt der Amtswalter aufgrund seines Verschuldens jeweils eigenverantwortlich.468 Aus diesem Grunde ist von einem Vorrang der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) gegenüber der Weisungsbefolgungspflicht des Amtswalters auszugehen, sodass die Befolgung der rechtswidrigen Weisung eine Amtspflichtverletzung darstellt. Aufgrund des Verschuldens des angewiesenen Amtswalters (§ 839 I 1 BGB) kann ein Amtshaftungsanspruch des Geschädigten damit an die Befolgung der rechtswidrigen Weisung anknüpfen.469 466

Herbst, DV 37 (2004), 51 (55 f.); Romann, Remonstrationspflicht, S. 94 ff., S. 98; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203 sowie allgemein Rn. 72. 467 Herbst, DV 37 (2004), 51 (55 f.); eingehend Romann, Remonstrationspflicht, S. 92 ff. A. A. Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 43 Fn. 180. Zugleich ist eine Verletzung der Remonstrationspflicht als Anknüpfungspunkt denkbar, sofern man diese als drittbezogene Amtspflicht einordnet (Eingehend hierzu OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 [abrufbar über juris], Ls. 2, Ls. 3, Rn. 48 ff., Rn. 58 ff. Dies voraussetzend Vietmeier, DVBl. 1993, 190 [196]; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 203. Ablehnend Mitzel, Amtshaftung, S. 222 f.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 95. Offenlassend Herbst, DV 37 [2004], 51 [55 f.]). Da die Fragen der Kausalität und des Zurechnungszusammenhangs zwischen der Verletzung der Remonstrationspflicht und dem durch die Befolgung der Weisung hervorgerufenen Schaden im Vergleich zu einer Anknüpfung an die Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten gewichtige rechtliche Probleme aufwerfen, wird hierauf nicht gesondert eingegangen. Siehe zu Fragen der Kausalität insofern nur OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 74 ff.; Günther, ZBR 1988, 297 (312), dieser allerdings in Bezug auf den Innenregress bei einer Schädigung des Dienstherrn durch den amtspflichtwidrig handelnden Amtswalter; Herbst, DV 37 (2004), 51 (55 f.); Romann, Remonstrationspflicht, S. 89 ff., S. 96 Fn. 110, ebenfalls in Bezug auf den Innenregress. Zu den Auswirkungen der Kausalität der Verletzung der Remonstrationspflicht für den eingetretenen Schaden bei Anknüpfung an die Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) im Falle der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung noch unten § 27 II. 3. 468 Zum Zusammenhang zwischen einem fehlenden Verschulden des angewiesenen Amtswalters und der Annahme einer faktischen Bindungswirkung der Weisung bereits oben § 16. In der Eigenverantwortlichkeit des Handelns des angewiesenen Amtswalters in dieser Konstellation liegt der entscheidende Unterschied zur amtshaftungsrechtlichen Beurteilung des Fehlens eines Prüfungsrechts des angewiesenen Amtswalters. Hierzu bereits oben § 14. 469 Romann, Remonstrationspflicht, S. 94 f. I.Erg. ebenso Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046 f.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

II. Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung Neben einem Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Befolgung der rechtswidrigen Weisung kommt grundsätzlich ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an deren Erteilung in Betracht.470 Das Bestehen eines solchen Amtshaftungsanspruchs setzt allerdings voraus, dass es keiner Zurechnung tatbestandlicher Voraussetzungen, die lediglich durch den angewiesenen Amtswalter erfüllt wurden, bedarf. Dies resultiert daraus, dass in der dargestellten Fallkonstellation aufgrund des Verschuldens des angewiesenen Amtswalters keine zumindest faktische Bindungswirkung der erteilten Weisung angenommen werden kann. Aufgrund der möglichen Anknüpfung des Amtshaftungsanspruchs an das rechtswidrige Handeln im Außenverhältnis besteht für eine derartige Zurechnung auch keine Notwendigkeit. Aufgrund der grundsätzlichen Möglichkeit des Bestehens eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Befolgung ebenso wie an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung in dieser Fallkonstellation ist bereits im Folgenden auf die Besonderheiten einzugehen, die bestehen, wenn der im Außenverhältnis handelnde Amtswalter amtshaftungsrechtlich einem anderen Verwaltungsträger zuzuordnen ist als der anweisende Amtswalter.471 III. Subsidiarität (§ 839 I 2 BGB) Die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs in der Person des angewiesenen Amtswalters führt im Falle lediglich fahrlässigen Handelns nicht aufgrund von § 839 I 2 BGB472 zu einem Ausschluss eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung der Weisung.473 Dies wird dadurch bedingt, dass die Subsidiaritätsklausel des § 839 I 2 BGB nicht angewendet wird, wenn sich der auf dem gleichen Lebenssachverhalt beruhende anderweitige Ersatzanspruch ebenfalls gegen einen Träger öffentlicher Verwaltung richtet474 und dies insbesondere den Fall des Bestehens eines Amtshaftungsanspruchs wegen einer von mehreren Amtswaltern gemeinsam begangenen Amtspflichtverletzung umfasst475. Eine Anwendung der Subsidiaritätsklausel in einer solchen Konstellation würde den bezweckten Schutz des Geschädigten unterlaufen, da die Haftungssubjekte 470

Romann, Remonstrationspflicht, S. 94 ff. Der besseren Übersichtlichkeit dieser Arbeit halber werden hiervon abgesehen die Besonderheiten bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern gesondert dargestellt. Hierzu noch unten §§ 24–28. 472 Zur rechtlichen Einordnung der Subsidiaritätsklausel Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 597; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 81; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10 Rn. 7. 473 Herbst, DV 37 (2004), 51 (58). 474 BGHZ 13, 88 (102 ff.); BGH NJW 1961, 2256; NJW 1962, 791 (Ls. 1, 792); BGHZ 49, 267 (275); 62, 394 (396 f.). Hierzu Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 86; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 193. 475 Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10 Rn. 30. 471

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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wechselseitig auf das Bestehen des weiteren Ersatzanspruchs verweisen könnten.476 Sie könnte zudem nicht zu einer Entlastung der öffentlichen Hand führen.477 Auch insofern wird der Staat folglich als Haftungseinheit betrachtet.478 IV. Gesamtschuldnerische Haftung (§ 840 I BGB) Die Regelung des § 840 I BGB, wonach mehrere, die nebeneinander für den aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schaden verantwortlich sind, als Gesamtschuldner haften, ist bei Bestehen mehrerer Amtshaftungsansprüche anwendbar.479 Dies gilt insbesondere auch, wenn mehrere Amtswalter verschiedener Verwaltungsträger für einen durch die Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht verursachten Schaden verantwortlich sind, etwa weil sie bei der schädigenden hoheitlichen Maßnahme zusammengewirkt haben,480 sofern das Handeln der beteiligten Amtswalter jeweils kausal für den eingetretenen Schaden ist481. Damit besteht die Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Haftung (§ 840 I BGB) zwischen derjenigen Körperschaft, der das amtspflichtwidrige Handeln des angewiesenen Amtswalters zuzurechnen ist, und derjenigen Körperschaft, der das amtspflichtwidrige Handeln des anweisenden Amtswalters zuzurechnen ist, sofern sich diese unterscheiden.482 Dies 476 RGZ 145, 257 (262); 165, 91 (105); 169, 317 (320); BGHZ 13, 88 (102, 105); 49, 267 (275); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10 Rn. 30; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 277. 477 BGHZ 13, 88 (104 f.); 49, 267 (275); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 86; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 193; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10 Rn. 30. 478 BGHZ 13, 88 (105); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 619; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1087; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 193; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 277, Rn. 280. Zur Annahme eines Haftungsverbunds bereits oben § 15 II. 2. b) bb). 479 BGHZ 9, 65 (Ls. 1, 66 ff.); 118, 263 (267); BGH NJW 1993, 3065 ff.; Spickhoff / ​Krause, in: Soergel, BGB, Band 12, § 840 Rn. 4. 480 Siehe etwa BGHZ 9, 65 (Ls.  1, 67 f.); Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2086; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 76. 481 Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 116. 482 BGHZ 6, 65 (Ls. 1); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (196) sowie Romann, Remonstrationspflicht, S. 94 ff., S. 98 f., S. 112 unter Hinweis auf Krantz, Gehorsamspflicht, S. 32 ff., S. 43 f., S. 47. Dieser ging in Übereinstimmung mit Laband, Staatsrecht, S. 477 bereits im Jahre 1913 im Falle einer Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht durch den angewiesenen Beamten davon aus, dass nur eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung in Betracht komme, wenn kein Verschulden des angewiesenen Beamten vorliege. Sollte ein solches zu bejahen sein, nahm bereits Krantz eine Gesamtschuld zwischen der Anstellungskörperschaft des angewiesenen und derjenigen des anweisenden Beamten an (S. 42 ff.). Die dieser Schlussfolgerung zugrunde gelegte rechtliche Ausgangssituation zu Zeiten Krantz unterscheidet sich zwar deutlich von derjenigen der heutigen Zeit, ist allerdings folgerichtig, wie Romann, Remonstrationspflicht, S. 99 zutreffend feststellt: Krantz ging davon aus, dass den angewiesenen Beamten keine Prüfungspflicht in Hinblick auf die materielle Rechtmäßigkeit der Weisung treffe (S. 4 ff., S. 8 ff.), dass er jedoch keiner Weisungsbefolgungspflicht unterliege, wenn er gleichwohl erkenne, dass eine Weisung materiell rechtswidrig ist (S. 14 ff.). Wenn der Beamte in einem

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

gilt auch für andere Formen des Zusammenwirkens mehrerer Verwaltungsträger, wenn sowohl aus dem verwaltungsinternen Handeln als auch der Maßnahme im Außenverhältnis ein Amtshaftungsanspruch resultiert.483

§ 18 Fazit Die bereits gewonnenen Erkenntnisse zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung sollen nun einem Fazit zugeführt werden. I. Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns Dies betrifft zunächst die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns. Gezeigt werden konnte, dass bei Handeln auf Weisung ein Amtshaftungs­ anspruch nicht an ein rechtswidriges Verhalten anknüpfen kann, wenn dieses zumindest durch eine faktische Bindungswirkung fremdbestimmt wurde.484 Dies führt zu einem Ausschluss der Amtshaftung sowohl anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung, wenn dieser zumindest faktische Bindungswirkung zukommt, als auch zu einem Ausschluss der Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer Weisung, wenn ein hierauf beruhendes rechtswidriges Verhalten im Außenverhältnis dem anweisenden Amtswalter aufgrund fehlender Kausalität oder einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs nicht angelastet werden kann. Die Erkenntnis, dass eine Amtshaftung anknüpfend an fremdbestimmtes Verhalten ausgeschlossen ist, kann auch auf andere Fallkonstellationen übertragen werden, solchen Falle die Weisung befolgte, obwohl er hierzu nicht verpflichtet war, ging Krantz von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung sowohl des angewiesenen als auch des anweisenden Amtswalters aus (S. 42 ff.). Die Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Haftung bei Erteilung einer Weisung, die nicht verbindlich ist, ebenfalls annehmend Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (405). Zur Konstellation der Bi- oder Multikausalität zudem Janz, Weisungsrecht, S. 533, S. 548 ff., insb. S. 552 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 302. 483 Zur Anwendbarkeit des § 840 I BGB bei Bestehen mehrerer Amtshaftungsansprüche nur Spickhoff / ​Krause, in: Soergel, BGB, Band 12, § 840 Rn. 4, Rn. 8. Zu den Voraussetzungen hierfür etwa BGHZ 9, 65 (Ls. 1, 67 f.); Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 115 ff.; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 76. I.Erg. ebenso Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f. mit Fn. 49). 484 Laband, Staatsrecht, S. 476 f. sowie Krantz, Gehorsamspflicht, S. 32 f. gingen bereits in den Jahren 1911 bzw. 1913 davon aus, dass eine Haftung des Beamten nur in Betracht komme, wenn keine Gehorsamspflicht besteht. Krantz, Gehorsamspflicht, S. 32 weist dabei darauf hin, dass dieser Grundsatz bereits im römischen Recht galt: „is damnum dat, qui iubet dare: eius vero nulla culpa est, cui parere necesse sit.“ (D. 50, 17, 169 pr.). Allerdings wurde dieser zur damaligen Zeit als bloßer Schuldausschließungsgrund eingeordnet (Honsell, Römisches Recht, S. 168).

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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in denen die Zustimmung einer anderen Stelle erforderlich ist, ihre Verweigerung gegenüber der im Außenverhältnis handelnden Stelle bindend ist und die Entscheidung im Außenverhältnis allein durch die rechtswidrige Verweigerung der Zustimmung bedingt wird.485 Zugleich gilt sie für das Verhältnis zwischen Organen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Organen der Europäischen Union.486 Zugleich konnte gezeigt werden, dass die Begründung der Amtshaftung anknüpfend an die verbindliche Erteilung einer rechtswidrigen Weisung sowie an die Umsetzung der Weisung bei fehlender Bindungswirkung derselben an das Kriterium selbstbestimmten Handelns anknüpft. Unter Berücksichtigung der in Bezug auf die Passivlegitimation im engeren Sinne erzielten Ergebnisse, wonach für die Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs das Bestehen von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten zu berücksichtigen ist, kann hieraus gefolgert werden, dass die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns zu bestimmen ist.487 Dies steht in keinem Widerspruch 485

Bender, JZ 1986, 838 (839); Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f. mit Fn. 49); Schoch, Jura 1988, 585 (589); Steiner, in: FS BayGT, S. 191 (S. 219); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 69, letzterer auch zu Zustimmung, Benehmen und Anhörung als rechtliche Kategorien der verwaltungsinternen Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines anderen Verwaltungsträgers. Zu den Beteiligungsformen des Benehmens und der Zustimmung zudem BGH VersR 1986, 372 f., welcher ausdrücklich darauf hinweist, dass die bindende rechtswidrige Versagung einer Zustimmung in Hinblick auf ihre Auswirkungen auf den Amtshaftungsanspruch mit dem Fall der Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung vergleichbar ist. Die Übertragbarkeit der Erkenntnisse betrifft bspw. das Zustimmungserfordernis des § 9 II FStrG in Bezug auf die Genehmigung baulicher Anlagen an Bundesfernstraßen sowie § 12 II LuftVG in Bezug auf die Genehmigung von Bauwerken im Bauschutzbereich eines Flughafens, auf deren Vergleichbarkeit mit der Beteiligung der Gemeinde nach § 36 BauGB Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 249 hinweisen. Zur Bindungswirkung der Versagung der Zustimmung nach § 9 II FStrG BVerwGE 16, 116 (125). 486 EuGH, Urt. v. 26.02.1986, RS.  C-175/84 − Krohn, Slg. 1986, 753 Rn. 10 f., Rn. 13, Rn. 17 ff.; von Bogdandy, AöR 122 (1997), 268 (280 ff.); Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f.); Jacob / ​Kottmann, in: Grabitz / ​Hilf / ​Nettesheim, EUV / ​AEUV, Art.  340 AEUV, Rn.  64 speziell zur fehlenden Haftung nationaler Behörden bei Erteilung einer verbindlichen Weisung durch ein Organ der Europäischen Union. Zudem BGHZ 125, 27 (Ls. c, 29 ff., 37 ff.); Jacob / ​Kottmann, in: Grabitz / ​Hilf / ​Nettesheim, EUV / ​AEUV, Art.  340 AEUV, Rn.  56 zur fehlenden Amtshaftung der Bundesrepublik Deutschland für Schäden, die durch die Durchführung einer rechtswidrigen Verordnung entstanden sind sowie die krit. Auseinandersetzung hiermit durch von Bogdandy, AöR 122 (1997), 268 (280 ff.). Zudem zum europäischen Verwaltungsverbund Shirvani, EuR 2011, 619 (627 ff.), allerdings unter der Einschränkung der Erkennbarkeit der Fremdbestimmtheit für den Geschädigten. Zum Kriterium der Determination bei Anwendung nationaler Vorschriften durch die Europäische Zentralbank Varentsov, DÖV 2017, 53 (56 ff.). 487 So bereits im Jahre 1957 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127 f., der es als allgemeinen Grundsatz des Amtshaftungsrechts erachtet, dass derjenige die Verantwortung zu tragen habe, der die Befugnis besitzt, auf die Gestaltung einer Angelegenheit Einfluss zu nehmen. In diesem Sinne bereits zuvor BGHZ 16, 95 (96, 98) zur Haftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht aus § 831 BGB sowie §§ 31, 89 I, 823 BGB, wonach diejenige Stelle im Außenverhältnis verantwortlich sei, die eine Gefahrenlage geschaffen hat und imstande ist, dieser zu begegnen. Hierzu noch eingehend unten § 31 I. Für die Maßgeblichkeit des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit zudem Bank, ZBR 1963, 161 (162), demzufolge persönliche

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

dazu, dass Verantwortlichkeit und Haftung nicht identisch sind488. Zurückzuführen ist diese Unterscheidung darauf, dass Verantwortlichkeit zwar Haftungsvoraussetzung, Haftung jedoch nicht in sämtlichen Fällen Verantwortlichkeitsfolge ist.489 Verantwortung ohne persönliche Freiheit nicht denkbar sei; Rittstieg, ZBR 1970, 72 (73), der die Befreiung des angewiesenen Beamten von der Verantwortung im Falle der Verbindlichkeit einer Weisung darauf stützt, dass dieser nicht selbst entscheidet; Achterberg, Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 42 sowie diesem folgend Juhnke, Passivlegitimation, S. 171, wonach Verantwortlichkeit eine Voraussetzung für Haftung sei; Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406) unter Zustimmung von Schwartz, Befehl und Weisung, S. 251 („Verantwortet werden kann nur, was der eigenen Entscheidungskompetenz unterliegt; was demgegenüber verbindlich angeordnet wird, kann befolgt, nicht aber verantwortet werden.“); Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f.), der in diesem Zusammenhang auch von der Anknüpfung der Amtshaftung an die Beherrschung einer Fehlerquelle spricht; Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (69), der zufolge ein Einstehenmüssen für fremdes Verschulden weder dem nicht-eigenverantwortlich handelnden Amtswalter noch dessen Anstellungskörperschaft zugemutet werden könne; Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 (S. 981), dem zufolge Entscheidungsbefugnis und Verantwortlichkeit nach innen sowie nach außen zusammen gehörten. Hierzu zudem in Zusammenhang mit den allgemeinen Lehren des Haftungsrechts Deutsch, Haftungsrecht I, S. 8, S. 120, wonach Haftung die persönliche Verantwortung für einen Schaden darstelle und somit voraussetze, dass die Vornahme der schädigenden Handlung und der hierdurch bedingte Schaden auf der Handlungsfreiheit des Schädigers beruhten, welche ihm die Möglichkeit gewährt hätte, auch anders zu handeln. Zudem Kümper, Risikoverteilung, S. 165 ff., S. 215 ff., S. 225 ff., S. 275 ff. zum Risikogedanken als Zurechnungsprinzip zur Bestimmung amtshaftungsrechtlichen Drittschutzes insb. anhand des Ursprungs und der Beherrschbarkeit einer drohenden Gefahr. Zudem BayVerfGHE 4 (n. F.), 30 (Ls. 13, 47) („Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit verlangt [Art. 3 BV], daß ein Staatsorgan, das eine Entscheidung zu treffen hat, dafür die Verantwortung trägt. Verantwortung kann nicht tragen, wer in seiner Entscheidung inhaltlich in vollem Umfang an die Willensentschließung eines anderen gebunden ist“) in Bezug auf die Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung der Rechtsanwaltsordnung von 1946 hinsichtlich der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft; nahezu wortgleich aufgegriffen in BVerfGE 9, 268 (281 f.) in Bezug auf die rechtliche Zulässigkeit ministerialfreier Räume bei Entscheidungen über Personalangelegenheiten im Öffentlichen Dienst. Siehe hierzu zudem die ebenfalls fast wortgleichen Äußerungen des VG Würzburg, Entsch. v. 27.11.1964, Nr 112 III 64 (abrufbar über juris), Ls. 1. Dies aufgreifend Detjen, Werteordnung, S. 279, allerdings in Bezug auf die politische Verantwortlichkeit der Regierung und des Parlaments. Neben diesem speziell zum Verhältnis zwischen den Organen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Organen der Europäischen Union EuGH, Urt. v. 07.07.1987, verb.  RS.  C-98/86 und C-91/86 – Etoile commerciale, Slg. 1987, 3005 Rn. 16 ff.; Jacob / ​Kottmann, in: Grabitz / ​ Hilf / ​Nettesheim, EUV / ​AEUV, Art. 340 AEUV, Rn. 54, Rn. 56; im Grundsatz zudem Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 673. Zum Aspekt der Eigenverantwortlichkeit zudem BGHZ 139, 200 (206); 146, 365 (368). Eigenverantwortlichkeit als Differenzierungskriterium des Amtshaftungsrechts zudem bei von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 f., allerdings in Bezug auf das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs einer Gemeinde gegenüber ihrer Rechtsaufsichtsbehörde wegen der Genehmigung eines unwirtschaftlichen Rechtsgeschäfts und damit als Frage der endgültigen Kostentragung. Für den Bereich des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes Juhnke, Passivlegitimation, S. 167 f., S. 174 ff., der Verantwortlichkeit anhand der Verfolgung von Verantwortungssträngen als allgemeines und zugleich entscheidendes Kriterium zur Bestimmung der Passivlegitimation einordnet. Zur Bestätigung der Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand des Kriteriums des eigenverantwortlichen Handelns durch die Rechtsprechung des BGH noch unten § 27 IV. 488 Achterberg, Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 42; Juhnke, Passivlegitimation, S. 171. 489 Achterberg, Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 42; Juhnke, Passivlegitimation, S. 171.

3. Kap.: Regelungen des Beamtenrechts   

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Dies bedeutet, dass etwa das verantwortliche Rechtssubjekt durch den Gesetzgeber von der Haftung befreit werden kann,490 Haftung jedoch durchaus eine mögliche Folge von Verantwortlichkeit sein kann. Zugleich konnte gezeigt werden, dass eine Amtshaftung anknüpfend an die verwaltungsinterne Beteiligung eines Verwaltungsträgers teilweise lediglich unter Zurechnung der durch den im Außenverhältnis handelnden Amtswalter erfüllten tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs ermöglicht werden konnte. Dies macht deutlich, dass die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht zwar grundsätzlich anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns zu bestimmen ist, dies jedoch aus der Auslegung der tatbestandlichen Voraus­ setzungen des § 839 I 1 BGB i.V.m Art. 34 S. 1 GG folgt und somit die Anwendung des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit eine Auseinandersetzung mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs nicht entbehrlich macht. II. Würdigung in dogmatischer Hinsicht Weiterhin wurde deutlich, dass der Gefahr drohender Haftungslücken durch die Anknüpfung an das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit begegnet werden kann, wenn die Gefahr von Haftungslücken durch arbeitsteiliges Verhalten der Verwaltung bedingt wird. Die hierfür gewählte Vorgehensweise wurde allerdings vom gewünschten Ergebnis her bestimmt und begegnet in dogmatischer Hinsicht erheblichen Bedenken. Demnach macht das Handeln auf Weisung deutlich, dass das Amtshaftungsrecht gerade bei verwaltungsinternem Zusammenwirken mehrerer Stellen gravierende Schwächen aufweist und nicht den heutigen Bedürfnissen einer Staatshaftung entspricht.491 Insofern sollten Rechtsprechung und Literatur nicht gezwungen werden, diese – soweit möglich – mit dogmatisch noch zu rechtfertigenden Mitteln zu überwinden. Vielmehr sollte sich der Gesetzgeber hierdurch erneut dazu aufgefordert fühlen, diesem Missstand durch eine Reformierung des Staatshaftungsrechts unter Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung für staatliches Unrecht ein Ende zu setzen.492

490

Achterberg, Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 42; Juhnke, Passivlegitimation, S. 171 f. Windthorst, JR 2001, 508 in Bezug auf die Frage nach der Amtshaftung bei Hinzuziehung einer Fachbehörde. Zur Kritik am geltenden Amtshaftungsrecht in rechtspolitischer und rechtskonstruktiver Hinsicht bereits oben § 11 II. 492 Siehe statt vieler nur Windthorst, JR 2001, 508 ff. 491

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

III. Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung der Passivlegitimation Eine Reformierung des Staatshaftungsrechts erscheint vor allem auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung der Passivlegitimation notwendig. Diese betreffen bei Handeln auf Weisung Fallkonstellationen, in denen der im Außenverhältnis handelnde Amtswalter amtshaftungsrechtlich einem anderen Verwaltungsträger zuzuordnen ist als der anweisende Amtswalter.493 Hierbei muss der Geschädigte zumindest die anspruchsverpflichtete Körperschaft benennen, sodass der Grundsatz, wonach der amtspflichtwidrig handelnde Amtswalter nicht individualisiert werden muss,494 die Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts nicht beseitigt.495 Bereits aufgrund der eingangs thematisierten möglicherweise bestehenden Unkenntnis von der Erteilung einer Weisung sowie deren haftungsrechtlichen Auswirkungen496 läuft der Geschädigte bei gerichtlicher Inanspruchnahme der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters in einer solchen Konstellation Gefahr, dass seine Klage als unbegründet abgewiesen wird.497 Aufgrund des in dieser Arbeit dargestellten ausdifferenzierten Systems zur Bestimmung der Pas 493 Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2046; Felix, Remons­ trationsrecht, S. 108 Fn. 437; Herbst, DV 37 (2004), 51 (51, 67); Romann, Remonstrationspflicht, S. 88, S. 94 ff.; Windthorst, JuS 1995, 892 (893). Dies ist insb. bei der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträgern der Fall, auf deren Besonderheiten noch unten §§ 25–28 eingegangen wird. 494 Felix, Remonstrationsrecht, S. 110; Herbst, DV 37 (2004), 51 (68); Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 292. 495 Herbst, DV 37 (2004), 51 (68). In diesem Sinne zudem Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 292. A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 110, die aus dem Verzicht auf die Individualisierung des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters schließt, dass dem Geschädigten nicht das Risiko aufgebürdet werden dürfe, den falschen Beklagten zu wählen und hierauf gestützt eine Passivlegitimation anknüpfend an die Vornahme der rechtswidrigen Handlung im Außenverhältnis auch bei Erteilung einer Weisung mit Bindungswirkung annimmt. Dieses Argument ebenfalls für eine Annahme der Passivlegitimation anknüpfend an die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis anführend Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445). 496 Hierzu bereits oben § 10. 497 Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445 f.); Herbst, DV 37 (2004), 51 (67); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490 Fn. 29; Romann, Remonstrationspflicht, S. 96 sowie bereits Krantz, Gehorsamspflicht, S. 259, welcher zutreffend darauf hinweist, dass das fehlende Verschulden des angewiesenen Amtswalters für den rechtsschutzsuchenden Geschädigten nur dann von Bedeutung ist, wenn angewiesener und anweisender Amtswalter verschiedenen Verwaltungsträgern angehören. Ausgenommen hiervon ist das tatsächliche Bestehen einer Gesamtschuld im Sinne von § 840 I BGB, siehe nur Spickhoff / ​Krause, in: Soergel, BGB, Band 12, § 840 Rn. 2. Diese Gefahr droht auch, sofern man bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern eine von der bereits dargestellten Vorgehensweise abweichende Methode zur Bestimmung des Haftungssubjekts als vorzugswürdig erachtet (zu dieser noch eingehend unten §§ 25–27). Aus diesem Grunde werden die Schwierigkeiten des Geschädigten bei Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht hiervon unabhängig bereits an dieser Stelle thematisiert.

4. Kap.: Belange des Geschädigten 

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sivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung müsste der Geschädigte zur erfolgreichen Durchsetzung seiner Schadensersatzforderung zudem Kenntnis davon haben, ob der angewiesene Amtswalter Bedenken in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Weisung hatte, ein Remonstrationsverfahren ordnungsgemäß, aber erfolglos durchgeführt wurde und ob dem angewiesenen Amtswalter Verschulden vorgeworfen werden kann. Da dies den Geschädigten vor enorme Hürden bei der Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs stellt,498 ist im Folgenden zu hinterfragen, ob die dargestellte Vorgehensweise zur Bestimmung der Passivlegitimation auch bei Berücksichtigung der Belange des Geschädigten vor dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip bestehen kann499 oder hieraus zwingend eine Passivlegitimation anknüpfend an die rechtswidrige, im Außenverhältnis vorgenommene Handlung auch bei Erteilung einer verbindlichen Weisung zu folgern ist500. Dieser Gedanke beruht darauf, dass für den Geschädigten nicht das bloße Bestehen von Haftungsinstituten entscheidend ist, sondern vielmehr die Möglichkeit, diese in der Rechtspraxis tatsächlich durchsetzen zu können.501 4. Kapitel

Belange des Geschädigten Die dargestellte Vorgehensweise zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht beruht auf der Anwendung und Konkretisierung der Vorgaben des Verfassungsrechts sowie des einfachen Gesetzesrechts502 durch die Rechtsprechung. Aufgrund der in Art. 20 III GG statuierten Bindung der Exekutive sowie der Judikative an Recht und Gesetz ist eine Abweichung hiervon auch bei Würdigung der Belange des Geschädigten mittels des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn die Rechtslage für den Ge 498

Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445); Felix, Remonstrationsrecht, S. 110; Herbst, DV 37 (2004), 51 (67); Romann, Remonstrationspflicht, S. 96. Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 67 geht dagegen davon aus, dass dem Geschädigten im Regelfall nicht nur die Erteilung einer Weisung, sondern auch die hiermit verbundenen Folgen für die Bestimmung des Haftungssubjekts bekannt sein dürften. Allerdings kann bereits der in Anspruch genommene Verwaltungsträger Schwierigkeiten bei der Beurteilung der eigenen Passivlegitimation haben (Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 55). 499 Dies entspricht der Vorgehensweise von Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 ff.), dessen eingehende Erörterung der im Folgenden thematisierten potentiellen Nachteile des Geschädigten bei einer Passivlegitimation des anweisenden Verwaltungsträgers in Bezug auf die Kostentragungspflicht des Geschädigten und die Verjährung in dieser Arbeit nachvollzogen wird. Hierzu zudem Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 59. 500 In diesem Sinne Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12 Fn. 48. 501 Für die Bestimmung der Passivlegitimation im Primärrechtsschutz Juhnke, Passivlegitimation, S. 181 ff. Dementsprechend ist es gerade nicht ausreichend, darauf hinzuweisen, dass dem Bürger im Bereich des sekundären Rechtschutzes ein umfangreiches Instrumentarium an Haftungsinstituten bereitgestellt werde. So jedoch Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 1. 502 Insb. durch § 839 I 1 BGB.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

schädigten gänzlich unzumutbar erschiene.503 Hierbei ist sowohl auf das eingangs thematisierte prozessuale Kostentragungsrisiko des Geschädigten bei Abweisung der Amtshaftungsklage als unbegründet als auch auf einen möglicherweise drohenden Verlust der Durchsetzbarkeit eines tatsächlich bestehenden Amtshaftungsanspruchs einzugehen.504

§ 19 Prozesskostenrisiko Dem aufgrund der Regelung des § 91  ZPO bestehenden Prozesskostenrisiko des geschädigten Klägers wird in der Rechtspraxis bei Amtshaftungsansprüchen bei Handeln auf Weisung nur eine geringe Bedeutung zukommen.505 Dies beruht darauf, dass der Geschädigte im Regelfall seinen Amtshaftungsanspruch wohl zunächst außergerichtlich gegenüber dem im Außenverhältnis handelnden Verwaltungsträger geltend machen und hierbei wohl auch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens androhen wird.506 Der hierdurch mit der Schadensersatzforderung des Geschädigten befasste Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers wird sich über die Vorgänge informieren, die zu dem rechtswidrigen Handeln im Außenverhältnis geführt haben, und hierdurch Kenntnis von der Erteilung der Weisung erlangen. In dieser Situation besteht eine Amtspflicht des zuständigen Amtswalters des angewiesenen Verwaltungsträgers, den Dritten zumindest über die Erteilung der Weisung zu informieren.507 Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine Aufklärungs- und Belehrungspflicht gegenüber dem Bürger insbesondere dann anzunehmen ist, wenn ein Amtswalter einen drohenden Schaden des Bürgers bereits durch eine knappe Aufklärung über die Sach- und Rechtslage vermeiden kann. Wenn der Amtswalter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben erkennt oder erkennen muss, dass ein Bürger, zu dem eine besondere Rechtsbeziehung der Behörde besteht, dem Risiko eines Schadens ausgesetzt ist und sich dieser bereits durch einen kurzen rechtlichen Hinweis vermeiden lässt, ist der Amtswalter zu dessen Erteilung verpflichtet. Dies gilt insbesondere, wenn der Bürger die Lage in tatsäch­licher oder 503

So im Ausgangspunkt Juhnke, Passivlegitimation, S. 183 f. für die Bestimmung der Passivlegitimation im Primärrechtsschutz, der bei Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüchen bei der Erteilung von Weisungen das Interesse des Geschädigten an einer Haftung des ihm gegenüber handelnden Verwaltungsträgers jedoch als alleiniges Kriterium zur Bestimmung der Passivlegitimation heranzieht (S.  152, S. 183). Zum Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band III, Art. 20, VII., Rn 1 ff. 504 Hierzu bereits oben § 7 III. 505 Herbst, DV 37 (2004), 51 (69); Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (69); Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 45 f. 506 Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 45 f. mit Fn. 190 unter Berücksichtigung von § 93 ZPO. 507 Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 46. Weitergehend Herbst, DV 37 (2004), 51 (69), der eine Pflicht annimmt, mitzuteilen, gegenüber welcher Körperschaft der Geschädigte seinen Amtshaftungsanspruch aufgrund der Erteilung der Weisung geltend machen kann; Romann, Remonstrationspflicht, S. 88.

4. Kap.: Belange des Geschädigten 

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rechtlicher Hinsicht nicht richtig beurteilen kann und deswegen Maßnahmen beabsichtigt, die für ihn nachteilhafte Folgen haben können.508 Demnach kommt eine Aufklärungs- und Belehrungspflicht vor allem in Betracht, wenn die jeweiligen Umstände dem Bürger in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bereiten, sich diese der Behörde aufgrund ihrer Erkenntnisse und Erkenntnismöglichkeiten jedoch nicht in gleichem Maße stellen.509 Dem Amtswalter kann eine schuldhafte Verletzung (§ 839 I 1 BGB) der Aufklärungs- und Belehrungspflicht vorgeworfen werden, wenn er die mitzuteilenden Tatsachen selbst kennt oder zumindest durch das Ergreifen naheliegender Möglichkeiten Kenntnis hiervon erlangen könnte.510 Von der Aufklärungs- und Belehrungspflicht des mit der Angelegenheit befassten Amtswalters ist somit zumindest ein Hinweis auf die Erteilung der Weisung umfasst. In der Praxis wird sich der zuständige Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers zugleich auf den hierdurch bedingten Ausschluss der Passivlegitimation des Verwaltungsträgers, dem er angehört, berufen. Wenn der zuständige Amtswalter diese Aufklärungs- und Belehrungspflicht verletzt, kann der Geschädigte die Kosten des Amtshaftungsprozesses gegen den Verwaltungsträger, der nicht Haftungssubjekt ist, geltend machen,511 sofern diese bei amtspflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wären512. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Der Geschädigte wird aber im Regelfall von der Erteilung der Weisung ebenso wie von hiermit möglicherweise verbundenen rechtlichen Konsequenzen bereits vor Erhebung der Amtshaftungsklage Kenntnis erlangen. Selbst falls dies nicht zutreffen sollte, ist in Hinblick auf die richterliche Auf­ klärungs- und Hinweispflicht nach § 139 ZPO davon auszugehen, dass das Gericht auf die Erteilung des Hinweises, dass eine Weisung erteilt wurde, hinwirkt.513 Zugleich trifft den gerichtlich in Anspruch genommenen Verwaltungsträger eine Obliegenheit, die sich zu einer drittbezogenen Amtspflicht verdichten kann, möglichst frühzeitig auf seine mit der Erteilung der Weisung verbundene fehlende Passivlegi 508

Zum gesamten, bislang ausgeführten Gedankengang dieses Absatzes BGHZ 45, 23 (28 f.); BGH NJW 1980, 2573 (2574); BGH, NVwZ-RR 2004, 474 (475); BGH NVwZ 2004, 638 (639); NVwZ 2006, 245 (246); Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 194; Ossenbühl  / ​ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 49; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 56; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 122; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 82; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 157 ff. 509 BGH VersR 1966, 851 (852); Wöstmann, in: Staudinger,  BGB, Buch 2, § 839 Rn. 149, Rn. 162. 510 Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 122. 511 Herbst, DV 37 (2004), 51 (69); Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 232; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 46; Romann, Remonstrationspflicht, S. 88 f. 512 BGH NVwZ-RR 2005, 149 (152). 513 Romann, Remonstrationspflicht, S. 88 mit Fn. 85. Auch Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (69) geht von einer Kenntniserlangung des Geschädigten im Amtshaftungsprozess aus. Zu §§ 86 III, 88 VwGO in Zusammenhang mit der Passivlegitimation im Primärrechtsschutz Juhnke, Passivlegitimation, S. 33 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

timation hinzuweisen.514 Wenn ein Verwaltungsträger auf entsprechende Nachfrage des Geschädigten hin diesem gegenüber den Eindruck erweckt, es sei von seiner Passivlegitimation auszugehen, kann er sich nicht auf deren Fehlen berufen.515 Dies ist auf § 242 BGB zurückzuführen, da ein rechtsmissbräuchliches widersprüch­ liches Verhalten gegen Treu und Glauben verstößt.516 Sofern sich der in Anspruch genommene Verwaltungsträger in der Tatsacheninstanz rügelos zur Sache einlässt, ist es ihm zudem aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, im Revisionsverfahren erstmals die fehlende Passivlegitimation geltend zu machen.517 Zugleich besteht für den BGH in einem solchen Fall kein Anlass, die Frage der Passivlegitimation von Amts wegen zu klären.518 Bei schuldhafter verspäteter Rüge des Fehlens der Passivlegitimation ist eine Pflicht des in Anspruch genommenen Verwaltungsträgers zur Tragung der Prozesskosten anzunehmen.519 Demnach wird es nur in wenigen Fällen zu einer Kostentragungspflicht des Klägers entsprechend § 269 ZPO aufgrund eines Beklagtenwechsels520 kommen. Demnach werden die Belange des Geschädigten in Hinblick auf die Kostentragungspflicht nach § 91 ZPO bei der dargestellten Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung hinreichend berücksichtigt.521

§ 20 Verjährung des Amtshaftungsanspruchs Folglich bleibt zu hinterfragen, ob dies auch hinsichtlich der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs gilt, wenn der Geschädigte fälschlicherweise von einer Passivlegitimation des angewiesenen Verwaltungsträgers ausgeht.522

514 Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 55. Ähnliches fordernd Lang, VersR 1988, 324 (325). 515 BGH MDR 2015, 706 (Ls. a, 707). 516 Sutschet, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BGB, § 242 Rn. 119 in Bezug darauf, dass die eigene Passivlegitimation nicht nachträglich mit dem Argument bestritten werden könne, ein Vertrag sei mit einem Dritten geschlossen worden, wenn man sich selbst jahrelang als Vertragspartner geriert hat. Allgemein zum Verbot des venire contra factum proprium als Fallgruppe des § 242 BGB Sutschet, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BGB, § 242 Rn.  109 ff. 517 Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 233; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 55. 518 Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 55. 519 BGH NJW 1987, 2737 (2738), nicht wiedergegeben in BGHZ 99, 326 ff.; Romann, Remonstrationspflicht, S. 89 Fn. 86. 520 Zu dieser Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 231; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 46; Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 569 ff. In Zusammenhang mit der Passivlegitimation im verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutz hierzu zudem Juhnke, Passivlegitimation, S. 36 ff. 521 I.Erg. ebenso Herbst, DV 37 (2004), 51 (69). 522 Zur Problematik einer möglichen Verjährung des Amtshaftungsanspruchs bei Inanspruchnahme eines anderen als des tatsächlich passivlegitimierten Verwaltungsträgers Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 ff.); Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 207.

4. Kap.: Belange des Geschädigten 

143

I. Beginn der Verjährungsfrist Der Beginn der nunmehr für den Amtshaftungsanspruch geltenden regelmäßi­gen Verjährungsfrist des § 195 BGB523 setzt insbesondere voraus, dass der Geschädigte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199  I Nr. 2 BGB). Relevant ist in der dargestellten Fallkonstellation dabei die Kenntnis von der Person des Schädigers, da dem Geschädigten im Falle eines Handelns auf Weisung aufgrund der Schwierigkeiten bei der rechtlichen Beurteilung der Passivlegitimation eine grob fahrlässige Unkenntnis kaum vorgeworfen werden kann.524 Die Kenntnis von der Person des Schuldners setzt nur die Kenntnis derjenigen Tatsachen voraus, aus denen die Verantwortlichkeit des Schädigers folgt.525 Somit scheint es für den Beginn der Verjährungsfrist entscheidend zu sein, ob und wann der Geschädigte Kenntnis von der Erteilung der rechtswidrigen Weisung, einer erfolglosen Durchführung des Remonstrationsverfahrens und eines Verschuldens des angewiesenen Amtswalters Kenntnis erlangt. Problematisch hieran erscheint, dass der Geschädigte hieraus vielfach nicht auf eine Passivlegitimation des anweisenden Verwaltungsträgers schließen wird, da es bei Anwendung des § 199 I Nr. 2 BGB grundsätzlich nicht entscheidend ist, ob der Gläubiger die ihm bekannten Tatsachen rechtlich zutreffend würdigt526. Allerdings ist anerkannt, dass eine auf einem rechtlichen Irrtum beruhende Unkenntnis des Geschädigten den Beginn der Verjährung bei unsicherer oder zweifelhafter Rechtslage im Einzelfall hinauszögern kann.527 Hierbei kann auch ein Rechtsirrtum beachtlich sein, der zur Folge hat, dass der Geschädigte keine Kenntnis von der Person des Schädigers hat,528 wobei dies gerade

523

Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 237; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 372. 524 Herbst, DV 37 (2004), 51 (69 f.). Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis in Bezug auf § 199 I Nr. 2 BGB Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 239. 525 BGH NJW 1993, 648 (653); NJW 1994, 3162 (3164); BGHZ 150, 172 (186); BGH NJW 2008, 2427 (2428); NJW 2008, 2576 (2578); Spindler, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BGB, § 199 Rn. 26. 526 BGH NJW 1993, 648 (653); NJW 1994, 3162 (3164); BGHZ 150, 172 (186); BGH NJW 2008, 2427 (2428); NJW 2008, 2576 (2578); Grothe, in: MüKo-BGB, Band 1, § 199 Rn. 29; Spindler, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BGB, § 199 Rn.  26; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 374, jedoch nicht auf die Person des Schuldners bezogen. Die Aussage von Herbst, DV 37 (2004), 51 (70), wonach die Verjährungsfrist erst zu laufen beginne, wenn der Geschädigte Kenntnis von dem passivlegitimierten Verwaltungsträger hat, ist somit zumindest ungenau. 527 Zur Möglichkeit einer Ausnahme von der Unbeachtlichkeit rechtlicher Irrtümer BGH VersR 1972, 394 (Ls. 1, 394 ff.); BGH NJW 2008, 2576 (2578); BGHZ 6, 195 (Ls. 2, 202); BGH NJW 1993, 648 (653); NJW 1994, 3162 (3164); BGHZ 150, 172 (186); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 374 f. 528 BGH VersR 1966, 632 (634); Grothe, in: MüKo-BGB, Band 1, § 199 Rn. 29.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

auch in Bezug auf die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht gilt.529 Zudem ist davon auszugehen, dass der Geschädigte den seiner Auffassung nach bestehenden Amtshaftungsanspruch gegenüber dem angewiesenen Verwaltungsträger geltend machen und hierbei auch Kenntnis von der fehlenden Passivlegitimation des angewiesenen Verwaltungsträgers erlangen wird, sodass es dem Geschädigten möglich sein wird, seinen Amtshaftungsanspruch innerhalb der Verjährungsfrist des § 195 zu verfolgen.530 II. Hemmung der Verjährung durch Inanspruchnahme primären Rechtsschutzes Zugleich bestehen bei Annahme einer Passivlegitimation des anweisenden Verwaltungsträgers keine Nachteile für den Geschädigten hinsichtlich der Hemmung der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs. Der BGH nahm eine Unterbrechung der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs entsprechend § 209 I BGB a. F. durch die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz im Sinne von § 839 III  BGB insbesondere bei Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage an, wenn die spätere Amtshaftungsklage aus der angefochtenen Maßnahme abgeleitet wird.531 Auch nach Ersetzung des § 209 I BGB a. F. durch den Hemmungstatbestand des § 204 I Nr. 1 BGB532 gilt diese Rechtsprechung fort, sodass der Inanspruchnahme primären Rechtsschutzes verjährungshemmende Wirkung zukommt.533 Da dies auch bei einer Divergenz der Passivlegitimation im primären Rechtsschutz und im Amtshaftungsprozess gilt,534 ist keine Beeinträchtigung von Belangen des Geschädigten zu befürchten. 529

BGH VersR 1963, 254 (Ls. 2, 255); Grothe, in: MüKo-BGB, Band 1, § 199 Rn. 29; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 374 f. 530 Herbst, DV 37 (2004), 51 (70) in Bezug auf die Verjährungshöchstfristen des § 199 II, III BGB. 531 Siehe nur BGHZ 95, 238 (Ls., 241 ff.); 97, 97 (110 ff.); 122, 317 (323 f.); Mayen, in: Erman,  BGB, § 839 Rn. 95; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 110; Rüfner, in: ­BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34  Rn.  73; Vinke, in: Soergel,  BGB, Band 12, § 839 Rn. 242; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 381, Rn. 600. Zur hiervon abweichenden früheren Rspr. des BGH Bender, JZ 1986, 838 (845); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 381. Hierzu zudem Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 78 ff. 532 Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 110; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 381. 533 So auch explizit BGH NVwZ-RR 2009, 363 (364); BGH, Beschl. v. 23.04.2013, Az. III ZR 147/12, (abrufbar über juris), Rn. 3; OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 87; Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2088; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 95; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 110; Itzel  / ​ Schwall, Prozessrecht, Rn 134; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 381. 534 BGH, Beschl. v. 23.04.2013, Az. III ZR 147/12, Rn. 3 (abrufbar über juris) in Bezug auf den Amtshaftungsanspruch; BGH NVwZ-RR 2009, 363 (364) sowie OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 44 als Vorinstanz in Bezug auf den An-

4. Kap.: Belange des Geschädigten 

145

§ 21 Rechtskrafterstreckung des verwaltungsgerichtlichen Urteils Die Belange des Geschädigten würden allerdings beeinträchtigt, wenn sich die Rechtskraft des im verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzverfahren ergangenen Urteils nicht auf die Beteiligten im Amtshaftungsverfahren erstreckte, also etwa eine hiervon umfasste Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts535 keine Bindungswirkung für den späteren Haftungsprozess entfaltete536. Gerade bei der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung ist dies aufgrund des eingangs dargestellten Zusammenhangs zwischen der Rechtswidrigkeit der Handlung, zu der angewiesen wurde und der Rechtmäßigkeit der Weisung selbst537 von enormer Bedeutung. Eine derartige Konstellation kommt bei verschiedenen Beteiligten in beiden Verfahren durchaus in Betracht,538 da § 121 Nr. 1 Var. 1 VwGO eine Rechtskrafterstreckung nur auf die Beteiligten, also den Kläger (§ 63  Nr.  1  VwGO), den Beklagten (§ 63 Nr. 2 VwGO) und den nach § 65 VwGO Beigeladenen (§ 63 Nr. 3 VwGO) vorsieht539. In Bezug auf Weisungsverhältnisse wird die Möglichkeit einer Beiladung (§ 65 VwGO) der anweisenden Stelle vielfach als ausgeschlossen erachtet. Dies betrifft insbesondere Fachaufsichtsbehörden.540 Bei der kommunalen Auftragsverwaltung scheide bereits eine einfache Beiladung des Landes aus.541 In Fällen der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85  GG wird eine notwendige Beiladung des Bundes (§ 65 II  VwGO)542 ebenso wie dessen einfache Beiladung spruch aus § 1 I StHG DDR hinsichtlich eines durch die verzögerte Erteilung einer Baugenehmigung durch den Landkreis als untere Bauaufsichtsbehörde verursachten Schadens, der auf einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung des zuständigen Ministeriums als oberster Bauaufsichtsbehörde beruhte; Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 106; Rn. 158; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 381. A. A. Tremml / ​Karger / ​Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 469. 535 Im Rahmen einer Feststellungsklage (§ 43 VwGO), allerdings auch bei Aufhebung eines Verwaltungsakts auf eine Anfechtungsklage (§ 42 I Fall 1 VwGO) hin, da diese die Feststellung enthält, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, siehe nur BGHZ 9, 329 (331 ff.); 10, 220 (225 ff.); 113, 17 (19 f.). Zur Frage der Rechtskrafterstreckung verwaltungs- und zivilgerichtlicher Urteile in Zusammenhang mit der Amtshaftung eingehend Windthorst, JuS 1995, 892 (893 f.). Zur Reichweite der Bindungswirkung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zudem de Witt / ​Krohn, in: Hoppenberg / ​de Witt, HÖBauR, Kap. M, Rn. 79. 536 Dies annehmend Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 718 f. 537 Hierzu oben § 3 II. 538 Hierauf hinweisend Jaenicke, in: Mosler, Haftung, S. 69 (S.  122); Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 83. 539 Hierzu in Zusammenhang mit der Bundesauftragsverwaltung Winkler, Kompetenzverbund, S. 321. 540 BGH NVwZ-RR 2009, 363 (364), jedoch zur notwendigen Beiladung; VG Frankfurt / ​Oder NVwZ-RR 2008, 384 (386); Kintz, in: Posser / ​Wolff, VwGO, § 65 Rn. 10. Siehe zur Begründung hierfür BVerwGE 31, 233 (235 f.). 541 Czybulka / ​Kluckert, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 65 Rn. 73 m.Nw. aus der Rspr. in Fn. 66. A. A. dagegen unter bestimmten Voraussetzungen Winkler, Kompetenzverbund, S. 326 ff. 542 BVerwG NVwZ 1999, 296; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 13; Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166). Für eine notwendige Beiladung des Bundes nach § 65 II VwGO dagegen Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 221 f.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

abgelehnt543. Gleichwohl wird davon ausgegangen, dass sich die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils in Fällen kommunaler Auftragsverwaltung auch auf die der Gebietskörperschaft übergeordneten staatlichen Behörden544 sowie im Bereich der Bundesauftragsverwaltung auf den Bund erstreckt545. Letzteres begrün­ dete das BVerwG damit, dass das Land in der Bundesauftragsverwaltung „in einer Art Prozeßstandschaft“546 für den Bund auftrete.547 Unter Prozessstandschaft ist die Befugnis, ein fremdes Recht in einem Rechtsstreit im eigenen Namen geltend zu machen, zu verstehen.548 Die ausgehend von dieser Definition dogmatisch zweifelhafte Begründung des BVerwG549 macht deutlich, dass die Bundesauftragsverwaltung aufgrund der ihr anhaftenden Besonderheiten nicht gänzlich überkommenen rechtlichen Kategorien zugeordnet werden kann.550 Neben der rechtlichen Ungenauigkeit der Formulierung weist diese eine weitere Besonderheit auf. Die Formulierung, dass „eine Art Prozeßstandschaft“ vorliege, wurde bereits 1958 in einer Anmerkung zu einem Urteil des OLG Celle551 verwendet,552 das sich auf die Rechtskrafterstreckung einer gegen den Regierungspräsidenten als Beschwerdeinstanz gerichteten Anfechtungsklage gegenüber der im Außenverhältnis handelnden Stadt bezog. Diese in der Urteilsanmerkung soweit ersichtlich erstmals verwendete Formulierung wurde von der Literatur553 sowie bereits 1962 vom BGH554 543

VGH Kassel NVwZ 1984, 451; Czybulka / ​Kluckert, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 65 Rn. 73 auch unter Rückgriff auf BVerwG NVwZ 1999, 296; Gärditz, EurUP 2014, 136 (139); Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12 Fn. 46. A. A. Becker, ZNER 2013, 339 (342). Ebenso unter bestimmten Voraussetzungen Winkler, Kompetenzverbund, S. 326 ff. BVerwG NVwZ 1999, 296 bezieht sich aufgrund von § 142 I 1, 2 VwGO nur auf die notwendige Beiladung nach § 65 II VwGO, nicht aber auf die einfache Beiladung nach § 65 I VwGO. 544 VGH Kassel NVwZ-RR 2005, 580 (Ls., 581); von Nicolai, in: Redeker / ​von O ­ ertzen, VwGO, § 121 Rn. 6a; Winkler, Kompetenzverbund, S. 323. A. A. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 718 f.; Mitzel, Amtshaftung, S. 247. 545 BVerwG NVwZ 1999, 296; von Nicolai, in: Redeker / ​von Oertzen, VwGO, § 121 Rn. 6a. mit Fn. 42; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1551); Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 83; Winkler, Kompetenzverbund, S. 123 ff. A. A. Gärditz, EurUP 2014, 136 (139). 546 BVerwG NVwZ 1999, 296. 547 Hierzu Winkler, Kompetenzverbund, S. 123 f. 548 Czybulka / ​Siegel, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 62 Rn. 7; Musielak / ​Voit, GK ZPO, Rn. 246 f.; W.-R. Schenke, in: Kopp / ​Schenke, VwGO, Vor § 40 Rn. 24. 549 Wie Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1551 f.) zeigt, beruht dies darauf, dass der Bund dem Land Weisungen nach Art. 85 III GG gerade auch in Bezug auf dessen Prozessführung erteilen kann (Isensee, in: FS Bethge, S. 359 [S. 361]; Janz, Weisungsrecht, S. 148 f. A. A. dagegen unter bestimmten Voraussetzungen Winkler, Kompetenzverbund, S. 329. Für das Weisungsrecht der Fachaufsichtsbehörde im Kommunalrecht Glaser / ​Hermann / ​Marcic-Schaller / ​Scharpf, in: Widtmann / ​Grasser / ​Glaser, BayGO, Art. 116 Rn. 2), bei einer gesetzlich angeordneten Prozessstandschaft jedoch gerade kein Weisungsrecht des Rechtsinhabers gegenüber dem Prozessstandschafter besteht. 550 Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1551 f.). 551 OLG Celle DVBl. 1958, 549. 552 Schrödter, DVBl. 1958, 551. 553 Menger, ­VerwArch 54 (1963), 198 (206); Schunck / ​De Clerck, VwGO, § 121 Anm. 3. b) aa); Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, § 121 II. 1. 554 BGH VerwRspr 1963, 37 (Ls., 39 f.).

4. Kap.: Belange des Geschädigten 

147

aufgegriffen. Dabei wurde die Rechtskrafterstreckung auf die inhaltlich bestimmende Stelle damit begründet, dass vor allem deren Entscheidung verteidigt werde.555 Der 4. Senat des BVerwG griff den Terminus „in einer Art Prozeßstandschaft“ 1969 auf, um die Vertretung sämtlicher staatlicher Interessen durch die passivlegitimierte Körperschaft zu beschreiben und verneinte hierauf gestützt die Möglichkeit der einfachen Beiladung der Aufsichtsbehörde.556 Diese Vorgehensweise wurde vom 8. Senat des BVerwG übernommen.557 Die Verwendung dieses Terminus durch die Zivilgerichte betraf die Erstreckung der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf spätere Prozesse wegen einer Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff558 sowie wegen Schadensersatzes aus Amtshaftung559. Da das BVerwG in seinem Urteil bezüglich der Rechtskrafterstreckung in der Bundesauftragsverwaltung auf seine soeben dargestellte frühere Rechtsprechung verweist560 und diese wiederum ausdrücklich das Urteil des BGH in Bezug nimmt561, kann hierin ein Indiz dafür gesehen werden, dass das BVerwG die amtshaftungsrechtliche Beurteilung des Handelns auf Weisung bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG als mit anderen Weisungskonstellationen vergleichbar erachtet. Da dies allerdings eine Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht entbehrlich macht, wird hierauf an späterer Stelle vertieft einzugehen sein562.

§ 22 Ausschluss divergierender richterlicher Rechtsauffassungen Zunächst soll allerdings auf die Möglichkeit des Geschädigten, divergierende richterliche Rechtsauffassungen hinsichtlich der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht zu vermeiden, eingegangen werden. Diese könnten dazu führen, dass dem Geschädigten trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs gegenüber keinem der gerichtlich in Anspruch genommenen Verwaltungsträger ein Schadensersatzanspruch zugesprochen wird.563 Ein solches Ergebnis kann durch eine Streitverkündung nach §§ 72 f., 74 I, III, 68 Hs. 1 ZPO gegenüber dem nicht in Anspruch genommenen Verwaltungsträger verhindert werden.564 Trotz des Wortlauts des § 72 I 555

BGH VerwRspr 1963, 37 (39). BVerwGE 31, 233 (236). 557 BVerwGE 37, 43 (5 f.). 558 OLG Celle DVBl. 1958, 549 f. 559 BGH VerwRspr 1963, 37 (38 f.); OLG Celle DVBl. 1958, 549 ff. 560 BVerwG NVwZ 1999, 296 weist bezüglich des Handelns des Landes „in einer Art Prozeßstandschaft“ explizit auf die Verwendung dieses Terminus in BVerwGE 31, 233 (235 f.) sowie BVerwGE 37, 43 (45 f.) hin. 561 BVerwGE 31, 233 (236). 562 Hierzu noch unten §§ 31, 32. 563 Zu dieser Gefahr Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Fn. 381a. 564 Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Fn. 381a. Eingehend zu den Formerfordernissen des § 73 S. 1 ZPO in diesem Zusammenhang Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 201. 556

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

ZPO, wonach die Möglichkeit der Streitverkündung voraussetzt, dass die Partei im Falle des ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt, findet die Streitverkündung auch bei Ansprüchen aus Alternativverhältnissen, in denen statt des Erstverklagten auch der Streitverkündungsempfänger als Schuldner in Betracht kommt, Anwendung.565 Die Anwendbarkeit der Streitverkündung nach §§ 72 ff. ZPO wird dabei insbesondere im Falle der Unklarheit über das Haftungssubjekt des Amtshaftungsanspruchs angenommen,566 sodass der Geschädigte einen faktischen Verlust seines Amtshaftungsanspruchs aufgrund divergierender richterlicher Auffassungen über die Passivlegitimation im konkreten Fall verhindern kann. Demgegenüber kommt der Möglichkeit der Streitverkündung in Bezug auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung der Streitverkündung (§§ 204 I Nr. 6, 209 BGB)567 bei Handeln auf Weisung nur eine geringe Bedeutung zu.568 Zwar scheidet die Hemmung der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs nach § 204 I Nr. 1 Var. 1 BGB bei Erhebung der Amtshaftungsklage gegen den falschen Beklagten aus,569 allerdings verfügt bereits die Inanspruchnahme primären Rechtsschutzeses über verjährungshemmende Wirkung in Bezug auf den Amtshaftungsanspruch570.

§ 23 Fazit Damit ist festzuhalten, dass auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips aus der dargestellten Vorgehensweise zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung keine unzu-

565 Siehe nur BGHZ 8, 72 (Ls. 1, 72); Bendtsen, in: Saenger, ZPO, § 72 Rn. 8 ff. Probleme bereitet dies auch nicht in Fällen gesamtschuldnerischer Haftung gemäß § 840 I BGB. Zwar besteht in dieser Konstellation keine Möglichkeit der Streitverkündung des Geschädigten gegenüber dem nicht in Anspruch genommenen Gesamtschuldner (Bendtsen, in: Saenger, ZPO, § 72 Rn. 10), allerdings erachtet es der BGH für die Zulässigkeit der Streitverkündung als ausreichend, dass der Geschädigte seine Ansprüche nicht nur gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend macht, sondern auch von der Möglichkeit alternativ bestehender Ansprüche ausgeht (BGHZ 8, 72 [80 ff.]). 566 OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 38. Zur Streitverkündung bei Unklarheiten über die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht zudem Itzel  / ​ Schwall, Prozessrecht, Rn 234. 567 Hierzu OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az.  11  U  89/11 (abrufbar über juris), Rn. 38; ­Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Fn. 381a; Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 201. 568 A. A. OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 38; B ­ ender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Fn. 381a. 569 BGHZ 80, 223 (226); BGH NJW 1995, 1675 (1676); Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Fn. 381a; Henrich, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BGB, § 204 Rn.  11; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 204 Rn. 2. 570 Siehe hierzu bereits oben § 20 II.

5. Kap.: Heranziehung der Vorschriften des Beamtenrechts  

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mutbaren Nachteile für den Geschädigten resultieren.571 Demnach stellt das Risiko der Inanspruchnahme des angewiesenen Verwaltungsträgers bei einer Passivlegitimation des anweisenden Verwaltungsträgers keinen ausreichenden Grund dar, bei Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung eine Passivlegitimation des anweisenden Verwaltungsträgers abzulehnen und zugleich eine Passivlegitimation des angewiesenen Verwaltungsträgers abzulehnen.572 Diese Sichtweise entspricht der Auffassung des BGH, wonach Vorteile des Geschädigten, die aus der Vorgehensweise für die Bestimmung der Passivlegitimation resultieren „[…] im Interesse der Rechtssicherheit nicht unterschätzt werden [dürfen] […]“573, jedoch nicht als alleiniges Kriterium für die Bestimmung des Haftungssubjektes heranzuziehen sind574. 5. Kapitel

Heranziehung der Vorschriften des Beamtenrechts zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung Obwohl der dargestellte, auf der Rechtsprechung des BGH575 basierende Lösungsansatz damit auch unter Berücksichtigung der Belange des Geschädigten grundsätzlich576 zur Klärung der amtshaftungsrechtlichen Rechtslage bei Handeln auf Weisung überzeugen kann, wurden durch die Literatur und den BGH selbst alternative Lösungsansätze entwickelt. Diese sollen im Folgenden einer näheren 571

I.Erg. ebenso OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 38. A. A. Felix, Remonstrationsrecht, S. 109 ff. A. A. Gärditz, EurUP 2014, 136 (139 f.), eine Rechtskrafterstreckung eines gegenüber einem nach Art. 85 III GG angewiesenen Land ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteils auf den Bund ablehnend. 572 Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 ff.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S.  490. A. A. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225. 573 BGHZ 6, 215 (219). Auch die Haftung des Landkreises in BGH DÖV 1981, 383 f. aufgrund der Anwendung der Anstellungstheorie durch den BGH dürfte durch diesen Aspekt motiviert worden sein (von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 [1283]). Pielow / ​Finger, Jura 2005, 351 (354) erachten aus diesem Grunde die Haftung des Landkreises als Anstellungskörperschaft des Landrates vorzugswürdig gegenüber einer Bestimmung des haftenden Verwaltungsträgers je nach ausgeübter Funktion. Hierzu bereits oben §§ 9, 10. 574 Hierzu in Bezug auf die Passivlegitimation im engeren Sinne bereits eingangs §§ 9, 10. Juhnke, Passivlegitimation, S. 152, S. 181 ff. dagegen lehnt eine Bestimmung der Passivlegitimation im Primärrechtsschutz anknüpfend an die Erteilung einer Weisung unter Heranziehung des Aspekts der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art.  19 IV  GG) sowie der Rechtsklarheit ab, da der Bürger bei mangelnder Kenntnis von der Erteilung der Weisung Gefahr laufe, gegen den nicht passivlegitimierten Verwaltungsträger vorzugehen und ihm dies nicht zugemutet werden könne. 575 Hierzu oben § 13 I. 576 Zu den Besonderheiten bei der Erteilung von Weisungen zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger noch unten §§ 26–28.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Betrachtung unterzogen werden, um die dargestellte Vorgehensweise zur Ermittlung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung einer kritischen Würdigung unterziehen zu können.

§ 24 Relativierung der Amtspflichtwidrigkeit Da der dargestellte Lösungsansatz den Nachteil birgt, dass der Geschädigte unter Umständen fälschlicherweise von einer Passivlegitimation des im Außenverhältnis handelnden Verwaltungsträgers ausgeht, wurde ein alternativer Lösungsansatz entwickelt, der in Anlehnung an die Relativität von Rechtsfähigkeit und Rechtswidrigkeit zwischen verschiedenen Amtspflichtenkreisen differenziert und dadurch die Amtspflichtwidrigkeit relativiert577. Die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung durch ein im Außenverhältnis rechtswidriges Handeln sei wegen der Befolgung der Weisung intern amtspflichtgemäß, jedoch wegen der Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG), die trotz der Weisung uneingeschränkt fortbestehe, extern amtspflichtwidrig. In der Person des angewiesenen Amtswalters würde damit sowohl die Voraussetzung einer Amtspflichtverletzung als auch eines rechtswidrigen Handelns im Außenverhältnis erfüllt,578 sodass letzteres dem Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs bei Handeln auf Weisung nicht entgegenstünde. Auch wenn die Relativierung der Amtspflichten in dogmatischer Hinsicht zunächst überzeugend erscheinen mag, wird bei diesem Lösungsansatz die Kodifizierung der Weisungsbefolgungspflicht (§§ 62 I 2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG) und der Remonstrationspflicht (§§ 63 II 1 BBG, 36 II 1 BeamtStG) durch den Gesetzgeber unberücksichtigt gelassen.579 Zudem birgt dieser Lösungsansatz für den Geschädigten wiederum die Gefahr, dass eine Haftungslücke entstehen kann,580 da sich der angewiesene Amtswalter − auch wenn ihm die Begehung einer Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden kann − im Regelfall darauf berufen kann,

577

Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 59 zum nun folgenden Gedankengang m.Nw. aus der Lit. zur Relativität von Rechtsfähigkeit und Rechtswidrigkeit. Zuvor bereits Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 35 f. Zust. Gärditz, EurUP 2014, 136 (139) zum Fall der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG; Gurlit, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 1, Art. 34 Rn. 21. Zur Relativierung der Amtspflichtwidrigkeit Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 126 Fn. 618; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. Zur Relativität der Rechtswidrigkeit siehe etwa Bumke, Relative Rechtswidrigkeit; P. Kirchhof, Unterschiedliche Rechtswidrigkeiten. 578 Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 59. Anders noch Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 ff. 579 Herbst, DV 37 (2004), 51 (68 f.). Ablehnend zudem Mitzel, Amtshaftung, S. 45; Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 45 ff. 580 Herbst, DV 37 (2004), 51 (69); Mitzel, Amtshaftung, S. 45; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 48; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. Zum im Regelfall fehlenden Verschulden des angewiesenen Amtswalters bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung und der hierdurch bedingten Gefahr einer Haftungslücke bereits oben §§ 15 I. 2., 16 II., III. 1.

5. Kap.: Heranziehung der Vorschriften des Beamtenrechts  

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dass ihn bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung kein Verschulden trifft581. Die Haftung der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters, die durch die Differenzierung zwischen externer und interner Amtspflichtwidrigkeit gerade erreicht werden sollte,582 scheidet somit aus. Für den Geschädigten bietet der dargestellte Lösungsansatz somit keinerlei Vorteile. Da er zudem in Hinblick auf Beamte im statusrechtlichen Sinne den geltenden Regelungen des Beamtenrechts widerspricht, ist es vorzugswürdig, bei zumindest faktischer Bindungswirkung der Weisung an deren Erteilung anzuknüpfen, um einen Amtshaftungsanspruch zu konstruieren583.

§ 25 Verschiebung der Passivlegitimation Die frühe Rechtsprechung des BGH, wonach der Konflikt zwischen der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) und der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung bereits durch die Rechtsordnung und dabei insbesondere durch die Vorschriften des Beamtenrechts gelöst wird,584 kann insofern überzeugen, als sie dazu führt, dass eine Amtspflichtverletzung des bindend rechtswidrig angewiesenen Amtswalters zu verneinen ist und somit eine hieran anknüpfende Amtshaftung ausscheidet. Demnach überrascht es nicht, dass die Vorgehensweise des BGH zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung von der Rechtsprechung585 und dem überwiegenden Teil der Literatur586

581 Herbst, DV 37 (2004), 51 (69); Mitzel, Amtshaftung, S. 45; Pfeiffer, Kommunalaufsichts­ behörde, S. 46; Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 48; Wöstmann, in: Staudin­ ger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. 582 Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 45. 583 Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 48; Wöstmann, in: Staudinger,  BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. 584 BGH NJW 1959, 1629 f. Hierzu bereits oben §§ 13–17, insb. § 13 I. 585 OLG Hamm VersR 1993, 1150 (Ls. 1, 1151 f.) zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften; OLG Düsseldorf VersR 1994, 1065 f. zur Erteilung einer rechtswidrigen Weisung, einen Bauvorbescheid und eine Baugenehmigung zurückzunehmen. 586 Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076; Kreft, in: RGRK-BGB, 12. Auflage 1989, § 839 Rn. 173; Schnapp, Beamtenrecht, S. 173 ff., S. 179 ff.; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​ Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 91 ff.; Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. In diesem Sinne auch Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 49 f., S. 296 f., welcher jedoch bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung von einem rechtmäßigen Verhalten des angewiesenen Amtswalters ausgeht, S. 62 f. Dies liegt darin begründet, dass Rupp die Rechtmäßigkeit des Handelns im Innenverhältnis von derjenigen im Außenverhältnis unterscheidet und letzterer keine Auswirkungen auf erstere zuspricht. Auch Oehler, JuS 1963, 301 (307) erachtet das Beamtenrecht für die Bestimmung des passivlegitimierten Verwaltungs­ trägers bei weisungsgebundenem Handeln als ausschlaggebend. Seiner Auffassung nach können sich die Regelungen zu Remonstrationsrecht und -pflicht jedoch nicht auf die Begehung einer Amtspflichtverletzung durch den angewiesenen Amtswalter auswirken, sondern diesen lediglich entschuldigen.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

aufgegriffen und zunächst auch vom BGH selbst fortgesetzt wurde.587 Allerdings wurde ihr von Teilen der Literatur588 erhebliche Kritik entgegengebracht. I. Verletzung einer Amtspflicht durch die Befolgung einer verbindlichen Weisung Gestützt wurde die Kritik an der Vorgehensweise des BGH zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung darauf, dass Art. 34 S. 1 GG ebenso wie § 839  I  1  BGB die Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht fordere. Dies wirke sich nicht lediglich auf die Voraussetzung der Drittbezogenheit der Amtspflicht, sondern auch auf die Begehung einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung aus.589 Wenn ein Dritter einen Anspruch auf ein bestimmtes Handeln der Verwaltung habe, komme dem Amtswalter eine entsprechende Rechtspflicht als mit dem Anspruch korrespon­dierende drittbezogene Amtspflicht gegenüber dem Anspruchsberechtigten zu.590 Entscheidend für die Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung bei Befolgung einer Weisung sei somit die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG). Die Weisungsbefolgungspflicht als bloße Dienstpflicht des Amtswalters könne sich hierauf nur insofern auswirken, als ihr unmittelbar verbindliche Außenwirkung zukomme, indem etwa die Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten im Außenverhältnis modifiziert oder aufgehoben werde.591 Bei Zugrundelegung dieser Auffassung kann die Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung eine Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters darstellen.592 Diese Argu 587 BGH NJW 1977, 713; BGH NVwZ 1985, 682 (683). Zu der Einschränkung, die hierbei in Bezug auf die Bindungswirkung der Weisung zu treffen ist, noch unten § 26.  588 Siehe etwa Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 142 ff.; Dagtoglou, JZ 1975, 444 (445 f.); Felix, Remonstrationsrecht, S. 92 ff.; S. 109 ff.; Menger, ­VerwArch 51 (1960), 64 (72 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 f. mit Fn. 25; Papier, DVBl. 1972, 601 (603); Risken, Weisungen, S. 163 mit Fn. 29. Hierzu BGH NJW 1977, 713. 589 Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 142 ff.; Dagtoglou, JZ 1975, 444 (446). Hierzu bereits oben § 11 II. 590 Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 142 ff.; Dagtoglou, JZ 1975, 444 (446). Siehe hierzu BGH NJW 1977, 713. 591 Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 142 ff.; Menger, ­VerwArch 51 (1960), 64 (72 f.). Zust. Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band  IV/2, § 123, S. 2046 f.; Felix, Remonstrationsrecht, S. 95 ff. Siehe hierzu BGH NJW 1977, 713. 592 BGH NJW 1977, 713; Dagtoglou, JZ 1975, 444 (446). Hierbei ging es um die Weisung eines Bundesministers gegenüber der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Der Bundesminister wies diese dazu an, eine beantragte Einfuhrgenehmigung nicht zu erteilen. Die Genehmigungsverweigerung war jedoch rechtswidrig, da eine Einfuhrbeschränkung nur durch eine unter Mitwirkung des Parlaments geschaffene Rechtsnorm, nicht aber durch einen Verwaltungsakt vorgenommen hätte werden dürfen. Demnach konnte der Anspruch des betroffenen Importeurs durch die verweigerte Genehmigung nicht beseitigt werden. Die Weisung des Bundesministers als Verwaltungsinternum konnte sich unter Zugrundelegung der dargestellten Sichtweise nicht auf den Anspruch des Importeurs auswirken,

5. Kap.: Heranziehung der Vorschriften des Beamtenrechts  

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mentation kann jedoch zunächst insofern nicht überzeugen, als die Amtspflichten des Art. 34 S. 1 GG, § 839 I 1 BGB gerade nicht mit den im Außenverhältnis bestehenden Rechtspflichten deckungsgleich sind.593 II. Verschiebung der Passivlegitimation Gleichwohl wirkte sich die soeben dargestellte Argumentation auf die Rechtsprechung des BGH aus. Im Jahre 1976 verneinte der BGH594 erneut eine Amtshaftung der Anstellungskörperschaft des bindend rechtswidrig angewiesenen Amtswalters. Hierbei stützte er sich zum einen auf die fehlende Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters595 und führte damit seine bisherige Rechtsprechung fort. Wegen der in der Literatur geäußerten Kritik begründete er die fehlende Haftung der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters zudem mit einer Verschiebung der Passivlegitimation von der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters auf die Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters.596 Diese schließe eine Passivlegitimation der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters selbst dann aus, wenn die Befolgung der verbindlichen Weisung durch den angewiesenen Amtswalter eine Amtspflichtverletzung darstellen sollte.597 Die Passivlegitimation der Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters begründete der BGH über den Übergang eines Teils der Amtspflichten598 und eines Stücks Zuständigkeit599 hinaus damit, dass der anweisende Amtswalter „[…] mit der Anweisung auch die beamtenrechtliche ‚Verantwortung‘ (§ 56 I BBG) für die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns […]“600 übernehme.

sodass hiernach die Verweigerung der Genehmigung diesem gegenüber auch eine Amtspflichtverletzung darstellte, wie der BGH zutreffend ausführt (BGH NJW 1977, 713). 593 Hierzu bereits eingehend oben § 11. 594 BGH NJW 1977, 713 f. Ebenso BGH NVwZ 1985, 682 (683). Der BGH berief sich in BGH NJW 1977, 713 (714) u. a. auf BVerwGE 46, 78 (79 f.). Das BVerwG nahm in seinem Beschluss ebenfalls eine Verschiebung der Passivlegitimation auf die anweisende Stelle an. Allerdings ging es hierbei um ein Verfahren des primären Rechtsschutzes, sodass sich die Frage, ob eine Zurechnung der Handlung zur anweisenden Stelle auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenebene erfolgen soll, nicht in gleichem Maße stellt. 595 BGH NJW 1977, 713. Ebenso aus jüngster Vergangenheit BGHZ 205, 63 (69); OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Os. 1, Rn. 36. 596 BGH NJW 1977, 713 f. 597 BGH NJW 1977, 713 f. Ebenso aus jüngster Vergangenheit OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Os. 1, Rn. 36. Zust. etwa Schoch, Jura 1988, 585 (589); Schoch, Jura 1988, 648 (653). 598 Hierzu bereits oben § 15 III. 4. 599 Hierzu noch unten § 27 IV. 600 BGH NJW 1977, 713 (714). Ohne Nennung des § 56 I BBG ebenso BGH NVwZ 1985, 682 (683); OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07.2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 30. In diesem Sinne zudem OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 36. Zust. Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  66 f.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

III. Stellungnahme Da unter „Verantwortung“ im Sinne der Vorschriften des Beamtenrechts601 auch die haftungsrechtliche Verantwortung gegenüber Dritten zu verstehen ist,602 kann es grundsätzlich überzeugen, zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen hieran anzuknüpfen.603 Der zum damaligen Zeitpunkt geltende § 56 I BBG604 statuierte allerdings ebenso wie die ehemals geltenden Vorschriften des § 38 I BRRG und des Art. 65 I BayBG sowie die nunmehr geltenden §§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG lediglich, dass jeder Beamte für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung trägt. Dies betrifft den angewiesenen Beamten ebenso wie den anweisenden Beamten.605 Es erscheint zunächst fragwürdig, weshalb das Beamtenrecht als Begründung für eine Verschiebung der Passivlegitimation, nicht jedoch zur Beantwortung der Frage, ob eine Amtspflichtverletzung vorliegt, herangezogen wird. Zudem wird durch diese Konstruktion lediglich die Ablehnung einer Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters vermieden, wenngleich augenscheinlich ebenfalls eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung erzielt werden soll606. Dies erweckt den Eindruck, dass durch die Annahme einer Verschiebung der Passivlegitimation die Probleme des geltenden Amtshaftungsrechts, die durch das Anknüpfen an eine Amtspflichtverletzung entstehen, nicht gelöst, sondern lediglich gemieden werden. Rein formal wird durch die Verschiebung der Passiv­ legitimation in Übereinstimmung mit Stimmen aus der Literatur an die Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten angeknüpft. Da dies jedoch nicht zu einer persönlichen Haftung des angewiesenen Amtswalters aus § 839 I 1 BGB führt, die mittels Art. 34 S. 1 GG auf dessen Anstellungskörperschaft übergeleitet wird, wird im Ergebnis der Konflikt, in dem sich der angewiesene Amtswalter befindet, ebenfalls berücksichtigt. Da das geltende Amtshaftungsrecht lediglich eine mittelbare Staatshaftung vorsieht, wird bei weisungsgebundenem Handeln die Frage aufgeworfen, wessen Verhalten amtspflichtwidrig ist. Dies betrifft die tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs und nicht die Passivlegitimation im engeren Sinne als

601

Etwa die nunmehr geltenden §§ 63 II 3 Hs. 2 BBG, 36 II 3 Hs. 2 BeamtStG. Siehe hierzu bereits oben § 13 II. 3.  603 Ebenso, allerdings vorbehaltlos Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 67. 604 § 56 I BBG i. d. F. der Bekanntmachung der Neufassung v. 18.09.1957, BGBl. I S. 1337 ff., in Kraft ab 01.09.1957. 605 Insofern ebenfalls krit. Herbst, DV 37 (2004), 51 (63 f.), welcher die Annahme eines Übergangs von Amtspflichten auf den anweisenden Amtswalter letztlich jedoch befürwortet. 606 Auch diejenigen Stimmen in der Lit., die eine Amtspflichtverletzung mit der Verletzung einer Rechtspflicht gleichsetzen, erachten die Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters als passivlegitimiert. Siehe etwa Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweit­ bearbeitung), Rn. 145. 602

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Frage, welchem Verwaltungsträger dieses Verhalten haftungsrechtlich zuzurechnen ist.607 Wenn man dementsprechend die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung als Amtspflichtverletzung des anweisenden Amtswalters einordnet und dessen Anstellungskörperschaft hieran anknüpfend als passivlegitimiert erachtet, liegt hierin eine Anwendung der anerkannten Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne.608 Diesen folgend ist grundsätzlich die Anstellungskörperschaft des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters Haftungssubjekt des Amtshaftungsanspruchs.609 Mit Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs hat der anweisende Amtswalter das ihm durch seine Anstellungskörperschaft anvertraute Amt ausgeübt.610 Trotz der hierdurch bedingten Kritikwürdigkeit wird die Verschiebung der Passivlegitimation von Teilen der Literatur herangezogen, um einen Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung zu begründen.611 Aus diesem Grunde ist im Folgenden zu klären, ob die dargestellte Kritik, die auf der Anwendung der Vorschriften des Beamtenrechts beruht, aus anderen, bislang unberücksichtigt gebliebenen Gründen berechtigt ist. Hierbei ist auf die Besonderheiten der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger einzugehen, da eine Verschiebung der Passivlegitimation nur bei Beteiligung von mehr als einem Verwaltungsträger angenommen werden kann. 6. Kapitel

Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger Als Fall der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger sind sowohl die Konstellation, die dem Urteil des BGH aus dem Jahre 1959 zugrunde lag, als auch die weiteren von der Rechtsprechung zu beurteilen 607 So explizit auch BGH NVwZ-RR 2009, 363. Ebenso Romann, Remonstrationspflicht, S. 86 ff.; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 126; Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, JuS 1995, 992 (997); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 8; Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. 608 Windthorst, JuS 1995, 992 (997); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 8. 609 Hierzu bereits oben § 9. 610 So Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 126, jedoch insofern ungenau, als er davon ausgeht, dass die Körperschaft des anweisenden Amtswalters das anvertraute Amt ausübe. 611 Etwa durch Bender, JZ 1986, 838 (838 f., 846); Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn. 66 f.; Schumacher, Kommunalhaftung, Kap. 1 Rn. 202. Ossenbühl  / ​ Cornils, Staatshaftungsrecht, dagegen erachten den Fall des weisungsgebundenen Handelns als Ausnahmefall der Passivlegitimation der Anstellungskörperschaft des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters (S. 114) und zugleich als Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung und somit der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs (S. 58 f.). Unklar insofern Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 490, der wohl ebenfalls lediglich von einer Verschiebung der Passivlegitimation ausgeht.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

den Fallkonstellationen einzuordnen, da es sich jeweils um Situationen handelte, in denen die angewiesene und die anweisende Behörde beziehungsweise deren Amtswalter verschiedenen Körperschaften angehörten.612 Wenn eine Weisung innerhalb einer Behörde oder zwischen Behörden innerhalb eines Verwaltungsträgers erteilt wird, ist es für den Geschädigten zumeist ohne Bedeutung, ob für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs an die Befolgung oder die Erteilung einer Weisung angeknüpft wird, da hieraus entsprechend der Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne613 fast ausnahmslos die Passivlegitimation dieses Verwaltungsträgers resultiert. Zugleich müssen in einem solchen Fall die Regelungen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungs- und Remonstrationspflicht (§§ 62 I 2 Hs. 1, 63 II 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1, 36 II 1 BeamtStG) uneingeschränkt Anwendung finden, da keine überzeugenden Gründe bestehen, hiervon abzuweichen614. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger ist bereits aufgrund der besonderen Bedeutung dieser Konstellation für den Geschädigten geboten, da diesem zwei potentielle Haftungssubjekte zur Verfügung stehen. In Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten des Geschädigten scheint die Annahme einer Verschiebung der Passivlegitimation zunächst keine Vorzüge gegenüber der Klärung des Aspekts des weisungsgebundenen Handelns auf tatbestandlicher Ebene zu bieten, da nach 612 Romann, Remonstrationspflicht, S. 96. Die von der Rspr. zu beurteilenden Fälle betrafen die Erteilung einer preisrechtlichen Genehmigung durch eine Stadt im Wege kommunaler Auftragsverwaltung auf eine Weisung der staatlichen Aufsichtsbehörde hin (BGH NJW 1959, 1629 f.), die Erteilung einer Weisung durch einen Bundesminister gegenüber der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel, Genehmigungen zur abschöpfungsfreien Einfuhr von Mais aus Frankreich nicht zu erteilen (BGHZ 63, 319 ff.; BGH NJW 1977, 713 f.), eine Weisung eines Landesministers gegenüber einem Landrat, eine Baugenehmigung zurückzunehmen (BGH NVwZ 1985, 682 ff.), die verzögerte Erteilung einer Baugenehmigung für eine Feuerbestattungsanlage durch einen Landkreis aufgrund einer Weisung des zuständigen Ministers (OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 [abrufbar über juris] sowie die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen durch BGH NVwZ-RR 2009, 363 f.). Für den Fall der Erteilung einer Weisung einer staatlichen Aufsichtsbehörde gegenüber dem Landrat bei Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde ist diese Einordnung darauf zurückzuführen, dass nach Auffassung des BGH der Landkreis für insofern auf Landkreisebene begangene Amtspflichtverletzungen haftet (hierzu bereits oben § 9). Siehe in diesem Zusammenhang etwa BGH NVwZ 1985, 682. Siehe zudem die eingehende Darstellung der verschiedenen Fallgruppen bei Herbst, DV 37 (2004), 51 (52 f.). Dagtoglou, JZ 1976, 444 (445) kann insofern nicht zugestimmt werden, als er die Erteilung einer Weisung des zuständigen Bundesministers gegenüber der Einfuhr- und Vorratsstelle für Gemeinde und Futtermittel unter Einordnung derselben als staatliche Behörde nicht als Weisung zwischen Verwaltungsträgern einordnet. Die Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel kann als Anstalt des öffentlichen Rechts Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs sein. Dies ergeben bereits die Ausführungen des BGH selbst in BGHZ 63, 319 (322); BGH NJW 1977, 713 f. Siehe zudem Brenner, in: Sodan / ​Ziekow, VwGO, § 78 Rn. 23; Windthorst, in: Detterbeck / ​ Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 11 Rn. 2. 613 Hierzu bereits oben §§ 8–10. 614 Hierzu bereits oben §§ 11–13.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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der bisher dargestellten Vorgehensweise für die Bestimmung der Bindungswirkung der Weisung hinterfragt werden muss, ob der angewiesene Amtswalter den Vorgaben der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG entsprechend ordnungsgemäß, aber erfolglos remonstriert hat.

§ 26 Fehlende Berücksichtigung des beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens Wie im Folgenden zu zeigen ist, unterblieb eine Prüfung anhand der Vorgaben der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG allerdings in der Folgezeit des Urteils des BGH aus dem Jahre 1959615,616 sodass zu hinterfragen ist, worauf dies zurückzuführen ist und ob ein solches Vorgehen dogmatisch überzeugen kann. Wie bereits gezeigt wurde, betraf der Sachverhalt, der dem für das Amtshaftungsrecht wegweisenden Urteil des BGH aus dem Jahre 1959 zugrunde lag, einen Fall, in dem der angewiesene Amtswalter ordnungsgemäß remonstriert und der BGH der Weisung hierdurch bedingt Bindungswirkung zuerkannt hatte617. In dem Urteil des BGH aus dem Jahre 1976 wurde für eine Verschiebung der Passivlegitimation dem Wortlaut nach lediglich das Vorliegen „einer[r] Weisung“ 618 vorausgesetzt. Die dieser Aussage vorausgehenden Äußerungen des BGH619 machen jedoch deutlich, dass eine Verschiebung der Passivlegitimation nur in Fällen anzunehmen sein soll, in denen einer Weisung Bindungswirkung zukommt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der BGH auf das Urteil BGH NJW 1959, 1629 f. verweist sowie daraus, dass er seine Rechtsauffassung auf Nachweise stützt, die verbindliche Weisungen betreffen620. Auch durch die spätere Rechtsprechung zur Verschiebung der Passiv­ legitimation bei Erteilung einer Weisung wird deutlich, dass hiervon lediglich Fälle verbindlicher Weisungen umfasst werden sollen.621

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BGH NJW 1959, 1629 f. Auf diesen Umstand – soweit ersichtlich – allein hinweisend Romann, Remonstrationspflicht, S. 95 ff. Dieser setzt sich jedoch nicht mit der Frage auseinander, worauf diese Vorgehensweise zurückzuführen ist und ob ihr eine Berechtigung zukommen kann. 617 Hierzu bereits oben § 13 I., II. Dies hervorhebend Romann, Remonstrationspflicht, S. 96 f. 618 BGH NJW 1977, 713 (714). 619 BGH NJW 1977, 713. 620 Der BGH verweist in BGH NJW 1977, 713 (714) auf Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 493; Dagtoglou, in: BK-GG, Ordner 9, Art. 34 (Zweitbearbeitung), Rn. 145 sowie Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 489 f., die allesamt lediglich den Fall verbindlicher Weisungen thematisieren. Ebenso wohl auch der vom BGH angeführte Beschluss BVerwGE 46, 78 (79 f.), in welchem von einem „intern durch die Weisung gebundene[n]“ Amtswalter gespro­ chen wird. 621 Wie BGH NVwZ 1985, 682 (683); BGH NVwZ-RR 2009, 363; OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151 f.); OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 27 ff. zeigen, beziehen sich die Ausführungen zur Verschiebung der Passivlegitimation ausdrücklich lediglich auf Fälle verbindlicher Weisungen. 616

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Im Gegensatz zu dem Urteil BGH NJW 1959, 1629 f. ging der BGH ebenso wie die ihm folgende Rechtsprechung in seinen späteren Urteilen allerdings unabhängig von der erfolglosen Durchführung eines beamtenrechtlichen Remons­ trationsverfahrens von einer Bindungswirkung der jeweils erteilten rechtswidrigen Weisung aus. Obwohl der BGH in seiner späteren Rechtsprechung zum Teil auf sein Urteil aus dem Jahre 1959 verwies,622 begnügte er sich bereits im Jahre 1976 in Zusammenhang mit der Annahme der Bindungswirkung der erteilten Weisung damit, festzustellen, dass auch einer rechtswidrigen Weisung eines Vorgesetzten gegenüber einem nachgeordneten Beamten Bindungswirkung zukomme, sofern die Befolgung der Weisung nicht erkennbar Strafgesetzen zuwiderlaufe623. In der Folgezeit wurde der Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung diese Auffassung zugrunde gelegt624 oder der Erteilung einer Weisung selbst unabhängig hiervon generell Bindungswirkung zugesprochen625.626 Die hierdurch bedingte Annahme des Vorliegens einer verbindlichen Weisung führt faktisch dazu, dass durch die Rechtsprechung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger die Amtshaftung der Anstellungskörperschaft des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters unabhängig davon, ob einer Weisung entsprechend der eingangs dargestellten Erwägungen627 Bindungswirkung zukommt, ausgeschlossen wird.628 Hierin liegt zunächst eine Erklärung dafür, dass hinsichtlich der Amtshaftung bei Handeln auf Weisung die Fälle der schuldhaft sowie nicht schuldhaft unterbliebenen Remonstration des im Außenverhältnis rechtswidrig handelnden Amtswalters kaum

622

BGH NJW 1977, 713; BGH NVwZ-RR 2009, 363. Ebenso OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1151). Nicht jedoch BGH NVwZ 1985, 682 ff.; BGH NVwZ-RR 1991, 171 ff. 623 BGH NJW 1977, 713. Ebenso OLG Düsseldorf VersR 1994, 1065. Zur grds. Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen des Vorgesetzten gegenüber nachgeordneten Amtswaltern sowie zu den weiteren äußersten Grenzen dieser Weisungsbefolgungspflicht bereits oben § 13 II. 1., 2. 624 BGH NVwZ-RR 2009, 363. 625 BGH, Beschl. v. 18.10.1984, Az. III ZR 107/83 (abrufbar lediglich über Jurion über ­JurionRS 1984, 13987), Rn. 3; BGH NVwZ 1985, 682 (683); BGH NVwZ-RR 1991, 171 (172) jeweils unter Bezugnahme auf BGH NJW 1977, 713. Ebenso OLG Hamm VersR 1993, 1150 (1551 f.), ebenfalls unter Bezugnahme auf BGH NJW 1977, 713; OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 27 ff. unter Bezugnahme auf BGH NVwZ 1985, 682 ff. Ebenso aus der Lit. etwa Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17. Das OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 39 setzte sich mit der Frage eines Amtshaftungsanspruchs gegen den angewiesenen Verwaltungsträger anknüpfend an die unterbliebene Remonstration auseinander. Hierbei wurde jedoch lediglich die Verletzung der Remonstrationspflicht als Amtspflicht thematisiert, nicht jedoch die Auswirkungen einer unterbliebenen Remonstration auf die Amtshaftung anknüpfend an die Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) durch die Befolgung der Weisung. 626 Auf diesen Umstand hinweisend soweit ersichtlich allein Romann, Remonstrationspflicht, S. 3, S. 94 f. mit Fn. 105, S. 97, dem zufolge in nahezu sämtlichen dieser Fälle eine Remonstration geboten war, jedoch unterblieb. 627 Hierzu bereits oben § 13 II. 3., 4., 5. 628 Romann, Remonstrationspflicht, S. 3, S. 92 ff., insb. S. 97 f.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

159

thematisiert werden629. Zugleich wird hierdurch deutlich, weswegen die Beurteilung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung anhand der Verschiebung der Passivlegitimation ohne eine Prüfung, ob den Vorschriften der Beamtengesetze nach ordnungsgemäß, aber erfolglos remonstriert wurde, erfolgt. Für den Geschädigten bietet diese Vorgehensweise somit den Vorteil, dass den dargestellten Kriterien zur Ermittlung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger keine Bedeutung zukommt und die hiermit verbundenen Schwierigkeiten des Geschädigten bei Ermittlung des Haftungssubjekts630 entfallen. Soweit ein Amtswalter eine rechtswidrige Weisung einer Behörde eines anderen Verwaltungsträgers befolgt, wäre dieser als Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters passivlegitimiert. Demnach müsste der Geschädigte für die erfolgreiche Verfolgung seines Rechtsschutzbegehrens lediglich Kenntnis von der Erteilung der Weisung und deren Inhalt haben. Gleichwohl ist zu hinterfragen, ob diese Vorgehensweise bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträgern dogmatisch überzeugen kann. Soweit diese Frage überhaupt thematisiert wird, wird die Bestimmung der Passivlegitimation unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung eines beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens als rechtspolitisch verfehlt und als Widerspruch zur geltenden Rechtslage eingeordnet, da die Amtshaftung aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG als lediglich mittelbare Staatshaftung die Begehung einer Amtspflichtverletzung voraussetze, wofür bei Beamten im statusrechtlichen Sinne die Regelungen des Remonstrationsverfahrens (§§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG) entscheidend seien.631 Diese Kritik ist nur dann berechtigt, wenn diese Vorschriften bei Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger überhaupt anwendbar sind.632

629

Hierzu bereits oben § 15 III. 4. Hierzu bereits oben § 18 III. 631 Romann, Remonstrationspflicht, S. 3, S. 88, S. 97 ff. Zur Konzeption der Amtshaftung als mittelbarer Staatshaftung bereits oben § 11. Zur Rechtslage bei Beamten im lediglich haftungsrechtlichen Sinne ebenfalls bereits oben § 13 III. 632 Dies wird im Regelfall nicht näher thematisiert, siehe nur etwa Papier / ​Shirvani, in: ­MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 10. Zudem Romann, Remonstrationspflicht, S. 93, der davon ausgeht, dass die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen der Amtspflicht zu recht­ mäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) und der Weisungsbefolgungspflicht „ohne weitere Bedenken“ auch auf Fälle der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger angewendet werden könne. 630

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

§ 27 Anwendbarkeit der Regelungen des Beamtenrechts Der BGH erkannte die Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Regelungen zum Remonstrationsverfahren bereits durch seinen Rückgriff auf § 56 BBG a. F.633 an. Zudem begründete er in jüngster Vergangenheit den Ausschluss der Amtshaftung eines bindend rechtswidrig angewiesenen Verwaltungsträgers mit der fehlenden Amtspflichtverletzung des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters und stützte dies ausdrücklich auf die Regelung des § 36 II BeamtStG.634 I. Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers 1. Beamtenrechtliches Weisungsrecht der Vorgesetzten Weisungsberechtigt im Sinne der §§ 62 I 2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG sind jedoch lediglich der unmittelbare Vorgesetzte sowie die höheren Vorgesetzten des Amtswalters, der die im Außenverhältnis vorzunehmende Maßnahme treffen soll.635 Vorgesetzter in diesem Sinne ist, wer dienstliche Anordnungen636 erteilen darf.637 Sofern hierfür keine ausdrückliche gesetzliche Regelung oder eine besondere Anordnung besteht, ergibt sich die Befugnis hierfür aus dem organisatorischen 633

BGH NJW 1977, 713 (714). Ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 30. Die Anwendbarkeit der Regelungen des Beamtenrechts zudem voraussetzend Gurlit, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 1, Art. 34 Rn. 34. 634 BGHZ 205, 63 (69). Eine Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern voraussetzend zudem OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 64 ff. 635 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 31, Rn. 39. 636 Zu den Begriffen der dienstlichen Anordnung und der Weisung bereits oben § 13 II. 1. 637 So etwa die Legaldefinition des § 3 III BBG. Ebenso Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (409 mit Fn. 40); Scheerbarth / ​Höffken / ​Bauschke / ​Schmidt, Beamtenrecht, S. 205. Ähnlich Art. 3 S. 2 BayBG („Vorgesetzte sind diejenigen, die Beamten und Beamtinnen für ihre dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen können.“). Zur Erteilung von Weisungen, die den Beamten persönlich in seinem Dienstverhältnis oder seinem Verhalten innerhalb oder außerhalb des Dienstes betreffen, sind dagegen nur der Dienstvorgesetzte sowie die oberste Dienstbehörde befugt (Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 41, Rn. 44 ff., Rn. 57 ff.). Siehe zur Abgrenzung des Vorgesetzten von Dienstherr, Oberster Dienstbehörde und Dienstvorgesetztem bei Bundes- und Landesbeamten sowie bei Beamten der Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände sowie anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts Franke, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2c, § 3 Rn. 4 ff. sowie Scheerbarth / ​Höffken / ​Bauschke / ​Schmidt, Beamtenrecht, Anhang, Schaubild 6. Siehe zudem etwa Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 101 ff. zu den Regelungen der GO NW zu Dienstvorgesetztem und Dienstherrn. Siehe zudem zum Dienstvorgesetzten und der obersten Dienstbehörde der Landesbeamten beim Vollzug von Bundesgesetzen im Auftrag des Bundes (Art. 85 III GG) Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4. Demnach ist der eine Weisung nach Art. 85 III GG erteilende Bundesminister nicht Vorgesetzter der Landesbeamten (ausdrücklich etwa Rittstieg, ZBR 1970, 72 [75]). Unklar insofern Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1076.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Aufbau der jeweiligen Verwaltungseinheit einschließlich ihres Geschäftsverteilungs­ plans.638 Wenn eine Weisung nicht durch einen Vorgesetzten erteilt wird, wird mangels Anwendbarkeit der §§ 62 I 2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG keine Weisungsbefolgungspflicht des angewiesenen Amtswalters begründet.639 2. Rechtliche Einordnung der Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger Wie eingangs dargestellt wurde, kann eine Weisung allerdings nicht lediglich innerhalb einer Behörde, sondern auch zwischen Behörden desselben sowie verschiedener Verwaltungsträger erteilt werden.640 Dies entspricht der Unterscheidung zwischen Dienst- beziehungsweise Amtsaufsicht, Behörden- und Körperschaftsaufsicht beziehungsweise der Aufsicht zwischen Verwaltungsträgern641. Die Erteilung einer Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger kann dabei vereinfachend als Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern bezeichnet werden.642 Einem Verwaltungsträger beziehungsweise dessen Behörden kommt kein unmittelbares Weisungsrecht gegenüber Amtswaltern, die einem anderen Verwaltungsträger zuzuordnen sind, zu, sodass etwa eine Weisung einer staatlichen Behörde gegenüber einer Gemeinde in Angelegenheiten der kommunalen Auftragsverwaltung von dieser nicht unmittelbar an den für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalter der Gemeinde gerichtet werden kann.643 Adressat einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern ist vielmehr der leitende Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers beziehungsweise dessen leitender Behörde.644

638 Felix, Remonstrationsrecht, S. 65 f.; Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 15, § 36 BeamtStG, Rn. 15; Rittstieg, ZBR 1970, 72 (75); Romann, Remonstra­ tionspflicht, S. 74; Schnupp, in: Havers / ​Schnupp, Beamten- und Disziplinarrecht, S. 51 f.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 198 mit Fn. 9. 639 Romann, Remonstrationspflicht, S. 75. 640 Siehe bereits oben § 5 II. 641 Zu dieser Groß, DVBl. 2002, 793 (796 f.); Kahl, Staatsaufsicht, S.394 ff.; Schiedermair, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, § 48 Rn. 6, Rn. 15 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann / ​Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, S. 9 (S. 18 f.); Wißmann, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 15 Rn. 45 ff. 642 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 362, S. 411. Dies ist insb. bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG üblich, die regelmäßig als Weisung des Bundes gegenüber einem Land bezeichnet wird, obwohl sie ausweislich Art. 85 III 1, 2 GG von den zuständigen obersten Bundesbehörden an die (obersten) Landesbehörden zu richten ist. Im Folgenden wird deshalb ebenfalls vereinfachend von der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern ge­sprochen. 643 Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 341. I.Erg. ebenso Rittstieg, ZBR 1970, 72 (75). Ebenso in Bezug auf die Körperschaftsaufsicht Kahl, Staatsaufsicht, S. 396 f. 644 Rittstieg, ZBR 1970, 72 (75); Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 341.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Eine Weisung zwischen Verwaltungsträgern stellt somit zunächst keine nach den Vorschriften des Beamtenrechts zu beurteilende Weisung dar.645 3. Erteilung einer Weisung gegenüber kommunalen Gebietskörperschaften und die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Einen Fall der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern stellt sowohl die Erteilung einer Weisung gegenüber einer kommunalen Gebietskörperschaft als unter Zugrundelegung des heutigen Verständnisses der Bundesauftragsverwaltung auch die Erteilung einer Weisung einer obersten Bundesbehörde an eine oberste Landesbehörde dem Regelfall des Art. 85 III 1, 2 GG entsprechend dar. Eine Weisung nach Art. 85 III GG könnte nur als innerdienstliche Weisung einer übergeordneten Behörde an eine nachgeordnete Behörde eingeordnet werden, wenn die Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG als Form der Bundesverwaltung einzustufen wäre.646 In Betracht gezogen wurde in Literatur und Rechtsprechung aufgrund der Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes nach Art. 85 II, IV GG sowie vor allem aufgrund des Weisungsrechts nach Art. 85  III  GG neben einem Zusammenwachsen von Bund und Land zu einem einheitlichen Hoheitsträger647 beziehungsweise einer gemeinsamen Verwaltung durch Bund und Land648 eine Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als unmittelbare649oder mittelbare Bundesverwaltung650 sowie eine Einordnung als aliud 651.652 Mittlerweile wird die Ausfüh 645

A. A. wohl Romann, Remonstrationspflicht, S. 98, der den anweisenden Amtswalter des anweisenden Verwaltungsträgers als Vorgesetzten der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungs­ trägers einordnet. Ebenso Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 67 Rn.  67. 646 So Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (424 f., 431 f., 443). Hierauf hinweisend zudem Lange, Weisungsrecht, S. 40 ff., allerdings in Bezug auf die Frage der Außenwirkung einer nach Art. 85 III GG erteilten Weisung. Siehe zu den Argumenten, die für eine Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Bundesverwaltung sprechen, Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 3. 647 Bullinger, AöR 83 (1958), 279 (286). I.Erg. ebenso Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (424 ff., 443). Ablehnend Janz, Weisungsrecht, S. 86 ff.; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 61; Loschelder, Weisungen, S. 82; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (36); Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96; Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166); Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 33 f., S. 53 f. 648 Schäfer, DÖV 1960, 641 (645 f.); Wagner, DVBl. 1987, 917 (921), welcher allerdings die Bundesauftragsverwaltung zuvor (917) als Landesverwaltung einordnete. Ähnlich Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (34 ff.) (gemeinschaftliche Verwaltung). Siehe zu weiteren Nw. Groß, Haftung, S. 26 Fn. 78; Jeddeloh, Haftung, S. 91; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 37 mit Fn. 24, der hierunter auch die Auffassung von Bullinger, AöR 83 (1958), 279 (286) fasst. 649 BGHZ 4, 253 (264). A. A. jedoch sodann BGHZ 16, 95 (99 f.). Zu weiteren Nw. Haun, Bundesaufsicht, S. 32 Fn. 2; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 37 Fn. 22. 650 Siehe hierzu die Nw. bei Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 3 Fn. 4; Groß, Haftung, S. 22 Fn. 68 ff.; Haun, Bundesaufsicht, S. 32 Fn. 3; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 37 Fn. 23. 651 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 11. 652 Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 3; Lange, Weisungsrecht, S. 18 f.; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (422 ff.).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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rung der Bundesgesetze durch die Länder im Auftrag des Bundes nach Art. 85 GG jedoch trotz der insofern irreführenden Kurzbezeichnung als Bundesauftragsverwaltung653 als Landesverwaltung eingeordnet654. Hierfür spricht zunächst, dass Behörden des Landes im Außenverhältnis tätig werden.655 Auch der Wortlaut des Art. 85 I GG und die Systematik des VIII. Abschnitts des Grundgesetzes („Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung“) legen eine Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung nahe.656 Zudem beruhte die Ablehnung der Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung auf der rechtlichen Einordnung der Reichsauftragsverwaltung unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung.657 Aufgrund von Art. 14 WRV war die Schaffung einer Reichsauftragsverwaltung durch einfaches Gesetz möglich.658 Die damalige Reichsauftragsverwaltung kann allerdings kaum mit der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG verglichen werden,659 da sie dadurch charakterisiert wurde, dass die Landesbehörden der Reichsregierung beziehungsweise der zuständigen Reichszentralbehörde unterstanden und somit dienstlich als nachgeordnete Stellen der Reichsregierung einzuordnen waren660. Unter Geltung des Grundgesetzes sollte jedoch gerade der Verwaltungstypus einer „Landesverwaltung nach Wei-

653 Hierzu Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 30; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 9; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 2; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 807 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 47. 654 Siehe aus der Rspr. nur BVerfGE 81, 310 (331) sowie das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (274); BGHZ 16, 95 (99 f.); BVerwGE 52, 226 (228 ff.); BAGE 13, 45 (51 f.) sowie aus der Lit. etwa Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner  13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 52; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4; Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 4; Groß, Haftung, S. 22 ff., insb. S. 36 ff., S. 44 f.; Hamann, in: Hamann / ​Lenz, GG, Art. 85 Anm. A; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 26; Janz, Weisungsrecht, S. 86 ff.; Jeddeloh, Haftung, S. 93 ff.; Lange, Weisungsrecht, S. 18 f., S. 41 f.; Lerche, BayVBl. 1987, 321; Loeser, Mischverwaltung, S. 73; Loschelder, Weisungen, S. 21, S. 57, S. 125; Müller / ​Mayer / ​ Wagner, ­VerwArch 93 (2002), 585 (591 ff.); Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 55; Ost / ​Pelzer, atw 1979, 22 (23); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 4. Storr, in: Aulehner  / ​ Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S. 269 (S.  272); Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 85 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 16 ff., S. 31 ff., S. 94 f.; Zeise, Haftung, S. 97. 655 Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4; Janz, Weisungsrecht, S. 88. 656 BVerfGE 81, 310 (331). 657 Lange, Weisungsrecht, S. 18 f. 658 Hierzu Janz, Weisungsrecht, S. 69 ff.; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 19 f.; Pauly, Weisungen, S. 46 ff.; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 6. Zur historischen Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung etwa Pauly, Weisungen, S. 34 ff.; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 6. 659 Jeddeloh, Haftung, S. 97 f.; Lange, Weisungsrecht, S. 18 f.; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 21; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 6; Wolst, Bundes­ auftragsverwaltung, S. 18 ff., S. 37 ff. 660 Janz, Weisungsrecht, S. 65; Lange, Weisungsrecht, S. 18 f.; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 21; Loschelder, Weisungen, S. 124; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 6; eingehend Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 18 ff., S. 33 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

sung“661 und damit keine Bundes-, sondern vielmehr eine Form der Landesverwal­ tung geschaffen werden.662 Die zur Aufrechterhaltung der Unterscheidungskraft gegenüber der Verwaltungsform der landeseigenen Verwaltung der späteren Art. 83, 84 GG notwendige Änderung der Bezeichnung hin zu der Formulierung in Art. 85 I 1 Hs. 1 GG sollte sich nicht auf die Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung auswirken.663 Damit entspricht eine Einordnung der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG als Landesverwaltung der Auffassung des Parlamentarischen Rates, welcher davon ausging, dass die Landesbehörden bei der Bundesauftragsverwaltung nicht zu Bundesorganen würden.664 Das durch das Weisungsrecht des Art. 85 III GG geschaffene Subordinations­ verhältnis zwischen Bund und Land665 kann damit nicht zu einer rechtlichen Einordnung einer Weisung des Bundes an ein Land nach Art. 85 III GG als Weisung gegenüber nachgeordneten Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung führen.666 661 So die Bezeichnung der Auftragsverwaltung im Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23.08.1948 des Verfassungsausschusses der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen, S. 49 f. Hierzu Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 49 ff.; Schäfer, DÖV 1960, 641 (642). 662 Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4; Jeddeloh, Haftung, S. 94 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 39, S. 95; Zeise, Haftung, S. 97 f. A. A. Schäfer, DÖV 1960, 641 (645 f.). 663 Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 52; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 5 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 39 m.Nw. zur a. A. Siehe hierzu auch Groß, Haftung, S. 27 ff. Zur Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung bei Erarbeitung des Herrenchiemseer Entwurfs zudem Haun, Bundesaufsicht, S. 34. 664 BVerfGE 81, 310 (331). 665 Janz, Weisungsrecht, S. 129; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 45; Loschelder, Weisungen, S. 43, S. 82; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 88; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 65 f., S. 200; Woditschka, Weisungsrecht, S. 88 f. Auch wenn es sich hierbei nicht um eine organisatorische Hierarchie zwischen Bund und Ländern handelt, kann man das Verhältnis zwischen Bund und Land insofern durchaus als funktionale Hierarchie bezeichnen (F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 62, Rn. 65). Auch Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 2 bezeichnen das Verhältnis zwischen Bund und Ländern in der Bundesauftragsverwaltung als „hierarchisches Über-/Unterordnungs-Verhältnis“; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (34, 36) als „echtes hierarchisches Verhältnis“. Ähnlich Janz, Jura 2004, 227 (228); Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 52; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 7 eine „Überordnung des Bundes“ annehmend. Ähnlich zudem Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 23. Das Bestehen eines Über-Unterordnungsverhältnisses zwischen den obersten Bundes- und den Landesbehörden ablehnend Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 26. 666 Lange, Weisungsrecht, S. 18 f., S. 147; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 5; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 6, S. 18; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 96. Ähnlich Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 86, klarstellend, dass Landesbehörden in der Bundesauftragsverwaltung nicht als Bundesbehörden tätig werden; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 97 f., S. 102 u. a. in Bezug darauf, dass kein Instanzenzug zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung bestehe. A. A. jedoch noch Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (422, 425, 431 f., 443), dem zufolge die hierarchische Unterordnung der Landesverwaltung in der Bundesauftragsverwaltung der Stellung einer nachgeordneten Behörde gegenüber einer anderen Behörde eines

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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4. Ausdifferenzierte Binnenorganisation angewiesener Verwaltungsträger Allerdings finden bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG ebenso wie bei der Erteilung einer Weisung gegenüber einer kommunalen Gebietskörperschaft oder einem anderen Verwaltungsträger die Vorschriften des Beamtenrechts grundsätzlich Anwendung. Dies resultiert aus der ausdifferenzierten Binnenorganisation der beteiligten Verwaltungsträger667. Bereits innerhalb einer Behörde sind neben dem unmittelbaren Vorgesetzten auch höhere Vorgesetzte zur Erteilung einer Weisung nach §§ 62 I 2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG berechtigt, sofern sie hierfür fachlich zuständig sind.668 Zudem kann eine Weisung gegenüber dem unmittelbar nachgeordneten Amtswalter erteilt werden und es dabei diesem überlassen werden, welchen Amtswalter er mit der Erledigung der Aufgabe betraut, indem er selbst einen nachgeordneten Amtswalter hierzu anweist.669 Eine derartige Weitergabe einer Weisung an einen nachgeordneten Amtswalter stellt selbst wiederum die Erteilung einer Weisung dar.670 Dieser kommt im Falle der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern eine enorme Bedeutung zu. Beispielhaft sei hierfür erneut die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG durch eine oberste Bundesbehörde genannt, die abgesehen von dringenden Fällen gemäß Art. 85 III 2 GG an die zuständige oberste Landesbehörde zu richten ist.671 Sofern diese nicht für die Vornahme der durch die Weisung vorgesehenen Handlung im Außenverhältnis zuständig ist,672 ist die Weisung durch die oberste

Verwaltungsträgers entspräche. Ähnlich Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 64. Ähnlich zudem Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4, von einer „teilweise[n] Einbindung [der Länder] in den Instanzenzug“ ausgehend; die Annahme eines durchgängigen Verwaltungszuges durch Schäfer, DÖV 1960, 641 (646); Steinberg, atw 1987, 282 (283) dem zufolge „in gewisser Weise ein Instanzenzug“ zwischen Bund und Ländern bestehe. Das Bestehen eines Instanzenzugs zwischen Bund und Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG dagegen ablehnend Haun, Bundesaufsicht, S. 126. 667 Siehe zur ausdifferenzierten Verwaltungsorganisation in Hinblick auf die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 217; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 173. 668 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 31, Rn. 39. 669 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 62 Rn. 39. 670 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 48. Dies gilt nicht für den Fall der bloßen Übermittlung der Weisung eines Vorgesetzten an einen nachgeordneten Amtswalter (Schnupp, in: Havers / ​Schnupp, Beamten- und Disziplinarrecht, S. 53). 671 Eingehend zur hiermit vergleichbaren Regelung in Art. 115f I Nr. 2 GG für den Verteidigungsfall Woditschka, Weisungsrecht, S. 126 ff. 672 Etwa aufgrund von § 24 II 1, 2 AtG sowie aufgrund landesrechtlicher Zuständigkeitsvorschriften (Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c [Zweitbearbeitung], Rn. 173). Siehe zudem Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 217, dem zufolge die oberste Landesbehörde als Empfängerin der Weisung des Bundes nur selten für den Vollzug der Weisung im Außenverhältnis zuständig sein werde.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Landesbehörde an die zuständige Behörde weiterzugeben.673 Zuständige Behörde kann neben den Mittel- und Unterbehörden auch eine kommunale Behörde sein.674 Soweit kommunale Behörden für den Vollzug der Weisung im Außenverhältnis zuständig sind, ist der Vollzug der nach Art. 85 III GG ergangenen Weisung auf den Gebieten der kommunalen Auftragsverwaltung sowie der Pflichtaufgaben nach Weisung mit Mitteln der kommunalen Fachaufsicht, also gegebenenfalls erneut durch Erteilung einer Weisung durch die Fachaufsichtsbehörden der Länder sicherzustellen.675 Demnach ist neben der Erteilung der Weisung nach Art. 85 III GG deren Weitergabe an andere Verwaltungsträger sowie innerhalb eines Verwaltungsträgers an nachgeordnete Behörden zu berücksichtigen. Die Umsetzung einer gegenüber einem Verwaltungsträger beziehungsweise einer Behörde erteilten Weisung setzt das Tätigwerden eines Amtswalters voraus,676 sodass die Weisung an einen Amtswalter weiterzugeben ist677. Da Weisungsempfänger der Weisung jedoch der Verwaltungsträger beziehungsweise die Behörde ist, der der Amtswalter zuzuordnen ist, ist die Befolgung der Weisung innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers beziehungsweise der angewiesenen Behörde durch die Dienst- beziehungsweise Amts- sowie die Behördenaufsicht sicherzustellen.678 Die Nichtbefolgung der Weisung durch den angewiesenen Verwaltungsträger ist demnach als Nichtbefolgung der Weisung durch den Vorgesetzten, dem die Leitung des angewiesenen Verwaltungsträgers beziehungsweise dessen oberster Behörde zukommt, einzuordnen.679 Da allerdings grundsätzlich von einer Weitergabe der Weisung durch diesen an den für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalter auszugehen ist und es sich hierbei um die Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung durch einen Vorgesetzten handelt, sind die Vorschriften des Beamtenrechts hierauf grundsätzlich anwendbar. Ob diese Erkenntnis allerdings auch bei Berücksichtigung der Kompetenzverteilung im Falle der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern aufrechterhalten werden kann, ist im Folgenden zu hinterfragen.

673

Janz, Weisungsrecht, S. 141. Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 95; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 173. 675 Eingehend Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 95 f., welcher insofern von dem Erfordernis eines durchgehenden Weisungsrechts spricht. Zudem Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 173. Zu Problemen, die sich insofern aus einer etwaigen Einordnung der Pflichtaufgaben nach Weisung als kommunale Selbstverwaltungsangelegenheiten ergeben, Rasch, in: Rasch / ​ Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 95 f. Für den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 401 ff. Zum Weisungsrecht der Fachaufsichtsbehörden gegenüber Gemeinden in Angelegenheiten der kommunalen Auftragsverwaltung und bei Erfüllung von Pflichtaufgaben nach Weisung bereits oben § 8. 676 Rittstieg, ZBR 1970, 72 (75); Schnapp, Beamtenrecht, S. 151 ff. 677 Schnapp, Beamtenrecht, S. 151 ff. 678 Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 15. 679 Guttenberg, Selbsteintritt, S. 125 f. 674

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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II. Kompetenzverteilung zwischen anweisendem und angewiesenem Verwaltungsträger 1. Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme a) §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG Die Regelungen der Beamtengesetze in Bezug auf die Remonstrationspflicht (§§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG) dienen ebenso wie die Einräumung von Weisungsrechten der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung,680 da sie bestimmen, welcher Amtswalter eine verbindliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Handlung trifft,681 wodurch die Beendigung des staatlichen Willensbildungspro­ zesses ermöglicht wird.682 Sofern für den Fall der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern spezielle Regelungen zur Verteilung der Kompetenz für diese Entscheidung existieren, könnte hieraus abgeleitet werden, dass die Regelungen der Beamtengesetze in Bezug auf die Weisungsbefolgungs-, Prüfungs- und 680

Zur Funktion der Haftungsbefreiung der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG bereits oben § 13 II. 3. Zur Funktion der Verwirklichung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz noch unten § 27 II. 2. b). 681 BVerfG ZBR 1995, 71 (72); Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408); Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 2; Günther, ZBR 2017, 217 (231, 233); Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 2, § 36 BeamtStG, Rn. 2; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (432 ff.). Zu dieser Funktion der Einräumung von Weisungsrechten bereits oben § 5 II. Zu der Frage, wem die Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme zukommt, wenn sich die anweisende und die zur Entscheidung über die Remonstration berufene Stelle unterscheiden, noch unten § 27 II. 1. c). 682 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 f.), krit. zur Verwendung des Begriffs der „Letztentscheidungskompetenz“ etwa durch BVerfG ZBR 1995, 71 (72); Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 2; Günther, ZBR 2017, 217 (231, 233); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (432 ff.) in diesem Zusammenhang, da die endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Handlung erst durch die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung hierüber im Verfahren des primären Rechtsschutzes des von der Handlung Betroffenen Dritten getroffen werde (hierzu nur Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 276 f.; Janz, Weisungsrecht, S. 273 f.). Unter Berücksichtigung der Funktion der Beendigung des staatlichen Willensbildungsprozesses kann für den verwaltungsinternen Bereich allerdings durchaus von einer Letztentscheidung hierüber gesprochen werden. Siehe nur die Verwendung des Begriffs der Letztentscheidungskompetenz zur Beschreibung der Sachentscheidungskompetenz des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung durch Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 68; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 3; Hantke, DVBl. 1990, 824 (825); Janz, Jura 2004, 227 (233); Janz, Weisungsrecht, S. 144, S. 513 f.; Lerche, BayVBl. 1987, 321 (323); Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 93 (2002), 585 (598); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (44) („letztverbindliche Interpretationsbefugnis“); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (428); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 160 f., Rn. 175, Rn. 226. In diesem Sinne zudem Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 28, der von der Möglichkeit des Bundes spricht, die ihm zustehende Sachkompetenz durchzusetzen. Zur Sachkompetenz des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung noch eingehend unten § 27 II. 2. c) bb).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Remonstra­tionspflicht bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern nicht anwendbar sind.683 Als Ausdruck der Verteilung der Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme könnte man das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Verwaltungsträgers einordnen, wenn dieser von der Rechtswidrigkeit der Weisung ausgeht.684 b) Fehlende gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Verwaltungsträgers bei Rechtswidrigkeit der Weisung aa) Fachaufsichtliche Weisungen gegenüber Gemeinden Im Falle der Erteilung fachaufsichtlicher Weisungen gegenüber Gemeinden verfügen die Gemeinden nicht über gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten, wenn sie der Auffassung sind, dass die erteilte Weisung rechtswidrig sei.685 Dies beruht darauf, dass eine Gemeinde durch die Erteilung einer lediglich rechtswidrigen Weisung nicht in subjektiven Rechten verletzt wird.686 bb) Weisungen nach Art. 85 III GG Auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG verfügt das angewiesene Land nicht über gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten, wenn es die erteilte Weisung als rechtswidrig erachtet. Nach Auffassung des BVerfG kommt in einem solchen Fall nur ein Bund-­ Länder-Streit nach Art. 93 I Nr. 3  GG in Betracht, mangels Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 I 1 VwGO jedoch kein verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz etwa mittels Erhebung einer Anfechtungs- (§ 42 I Fall 1 VwGO) oder

683

Zur Auflösung von Kollisionen zwischen Normen unterschiedlicher sowie derselben Rangstufe eingehend Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 4 AO, Rn.  362 ff. Zudem Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 185 ff. 684 In diesem Sinne Lerche, BayVBl. 1987, 321 (323). 685 BGH NVwZ-RR 2009, 363 für den Bereich der Pflichtaufgaben nach Weisung eines Landkreises; BVerwG NVwZ 1995, 910 (Ls. 1, 910); Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 29; Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 79; Scholz, Rechtsschutz, S. 152. Unzutreffend insofern Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​ Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 93, welcher als Reaktionsmöglichkeiten der Gemeinde bei Annahme der Rechtswidrigkeit einer erteilten Weisung nicht nur die Weigerung, die Weisung zu befolgen oder schlicht untätig zu bleiben, einordnet, sondern auch deren Anfechtung. Eingehend zu den Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinden bei fachaufsichtlichen Maßnahmen Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 359 ff., Rn. 376. 686 BVerwG NVwZ 1995, 910 (Ls. 1, 910); Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungs­ recht II, § 96 Rn. 176; Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 79; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (194).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

169

Feststellungsklage (§ 43 I VwGO)687 zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit einer Weisung vor dem BVerwG (§ 50 I Nr. 1 Fall 1 VwGO).688 Unabhängig von der Frage des eröffneten Rechtswegs ist für die Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Landes entscheidend, ob es durch die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung in subjektiven Rechten verletzt wird.689 Dies gilt auch für die Beseitigung der Bindungswirkung einer Weisung, da einem Antrag auf Durchführung eines Bund-Länder-Streits nach Art. 93 I Nr. 3 GG kein § 80 I 1 Fall 2 VwGO ähnlicher Suspensiveffekt zukommt, weil dessen entsprechende Anwendung aufgrund der Existenz der einstweiligen Anordnung durch § 32 BVerfGG weder angezeigt noch notwendig ist690. Eine Verletzung des nach Art. 85 III GG angewiesenen Landes 687

Hierzu Lerche, BayVBl. 1987, 321 (323); Winter, DVBl. 1985, 993 (996). A. A. Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (422, 442 f. m. w. N. in Fn. 107), welcher einer Weisung nach Art. 85 III GG eine Außenwirkung gegenüber dem Land abspricht, weil er dem Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG die Stellung einer nachgeordneten Behörde, die von einer Behörde desselben Rechtsträgers angewiesen wird, zumisst und folglich die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage (§ 42 I Fall 1 VwGO) ausschließt. Steinberg zufolge scheitere die Zulässigkeit einer damit allenfalls in Betracht kommenden Unterlassungs- oder Feststellungsklage (§ 43 VwGO) an der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 I 1 VwGO. Letzteres damit zu begründen, dass es an einem eigenen Recht des Landes fehle, dessen Verletzung das Land geltend machen könnte, kann dabei jedoch nicht überzeugen, da es sich hierbei um eine Frage der Klagebefugnis handelt. 688 BVerfGE 81, 310 (329 f.); 84, 25 (Ls. 1, 30); 102, 167 (170 ff.); 104, 249 (264). Ebenso Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 31; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 30; Janz, Weisungsrecht, S. 267 ff.; Lange, Weisungsrecht, S. 99 ff. in Abkehr von Lange, NJW 1986, 2459 (2461); Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 52 f.; Loschelder, Weisungen, S. 67 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 242 ff., S. 266 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 222, Rn. 226, Rn. 230 f. A. A. Pauly, Weisungen, S. 233 ff.; Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht, S. 63 (S. 72); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (439 ff.); Steinberg, atw 1987, 282 (284). Hierzu eingehend Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41 ff.). A. A. zudem Winter, DVBl. 1985, 993 (995 ff.), der im Falle „eigenbestimmter Rechtswidrigkeit“ der Weisung den Bund-Länder-Streit nach Art. 93 I Nr. 3 GG als einschlägige Rechtsschutzmöglichkeit einstuft, im Falle „fremdbestimmter Rechtswidrigkeit“, die im Falle der Anordnung eines rechtswidrigen Verhaltens anzunehmen sei (993) dagegen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz vor dem BVerwG als einschlägig erachtet. Krit. hierzu Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 Fn. 36. 689 Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 226, Rn. 232 ff. Ähnlich Hantke, DVBl. 1990, 824 (826); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41 ff., 48). Dies gilt zwar nicht für die Feststellungsklage nach § 43 I VwGO, jedoch ist insofern ähnlich der fehlenden Möglichkeit einer Verletzung in subjektiven Rechten ein spezifisches Interesse des Landes an der Feststellung der Rechtswidrigkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung zu verneinen (Lerche, BayVBl. 1987, 321 [322 f.]). Zur fehlenden Rechtsverletzung des Landes in Hinblick auf verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zudem Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (95 f.). 690 Janz, Weisungsrecht, S. 278; Lange, Weisungsrecht, S. 142 f., Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (47); eingehend Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 260 ff. I.Erg. ebenso Pera, NVwZ 1989, 1120 (1123 f.); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (428 f.); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 227. A. A. Winter, DVBl. 1985, 993 (998). Pauly, Weisungen, S. 236 f. würde selbst einer vor dem BVerwG (§ 50 I Nr. 1 VwGO) erhobenen Anfech-

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

in eigenen Rechten durch die Erteilung einer lediglich rechtswidrigen Weisung ist jedoch abzulehnen, sodass auch dieser insofern Bindungswirkung gegenüber dem angewiesenen Land zukommt.691 Die Behauptung, es könne dem angewiesenen Land nicht zugemutet werden, eine rechtswidrige Weisung umzusetzen,692 kann tungsklage (§ 42  I Fall 1 VwGO) keinen Suspensiveffekt zusprechen. A. A. insofern Lange, NJW 1986, 2459 (2461). Siehe zu dieser Frage zudem Dieners, DÖV 1991, 923 (927 Fn. 24). Das Land Niedersachsen erhob Anfechtungsklage (§ 42  I  Fall  1 VwGO) vor dem BVerwG (§ 50 I Nr. 1 VwGO) gegen eine nach Art. 85 III GG erteilte Weisung, die zur Vorbereitung und Auslegung von Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens für die ehemalige Eisenerzgrube Schacht Konrad in Salzgitter innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtete und weigerte sich sodann unter Berufung auf die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (§ 80 I 1 Fall 2 VwGO), die Weisung umzusetzen (hierzu Janz, Weisungsrecht, S. 180 ff.; Loschelder, Weisungen, S. 27 ff., S. 67 f.). 691 BVerfGE 81, 310 (332 f.); 84, 25 (31); 102, 167 (172); 104, 249 (264 f.); Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 68; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 20, Rn. 31; Janz, Weisungsrecht, S. 278; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 72; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 mit Fn. 34; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (36); Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art.  85 Rn. 31 ff., Rn. 36 f.; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck,  GG, Band III, Art. 85 Rn. 29 ff.; Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (95 ff.). Diese Meinung vertraten vor BVerfGE 81, 310 (332 f.) bereits Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (432 f., 441 f.); Steinberg, atw 1987, 282 (283); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 69 ff.; Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322 f.). A. A. Dieners, DÖV 1991, 923 (925 ff.); Hartung, JA 1991, 137 (138 f.); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (426 ff.). A. A. zudem Lange, Weisungsrecht, S. 99 ff., S. 109 ff., S. 115 ff., S. 139 ff.; Lange, NVwZ 1990, 928 (930 f.), der in der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung eine Verletzung des Landes in seinem Recht auf eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung sieht. A. A. auch Pauly, Weisungen, S. 222 ff., welcher Art. 30 GG als subjektiv-öffentliches Recht der Länder auf Kompetenz auch in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) einordnet (S. 97 ff., S. 136 ff., S. 179 ff., S. 223) und die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG als Eingriff in dieses Recht einordnet, der nicht durch Art. 85 III GG gerechtfertigt werden könne (S. 223 ff.). Aus diesem Grunde spricht Pauly, Weisungen, S. 222 ff., S. 233 den Ländern im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG gerichtlichen Rechtsschutz gestützt auf die Verletzung von Art. 30 GG zu. A. A. Winter, DVBl. 1985, 993 (996 ff.), der bei materiell rechtswidrigen Weisungen, die er als „fremdbestimmt rechtswidrige Weisungen“ bezeichnet, eine Verletzung des angewiesenen Landes in seiner „administrativen Regelzuständigkeit“ sieht. Dies ablehnend Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 Fn. 36. A. A. zudem Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 251 ff., S. 257 ff., S. 294, der eine Verletzung des Landes in eigenen Rechten bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung annimmt, da das Land in diesem Fall in seinem grundgesetzlichen Anspruch auf rechtmäßige Ausübung seiner fortbestehenden Wahrnehmungskompetenz verletzt werde. Tschentscher begründet die Verletzung des Landes in eigenen Rechten insb. damit, dass der Ablehnung der Verletzung der Gemeinde in eigenen Rechten bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung in der kommunalen Fach­aufsicht der Grundsatz der „Einheit der Staatsverwaltung“ zugrunde liege, der bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG jedoch nicht angewendet werden könne. Zur Frage der Anwendbarkeit dieses Grundsatzes im Amtshaftungsrecht bereits oben § 15 II. 2. a), b) bb), 3. Zur Unanwendbarkeit im Bund-Länder-Verhältnis noch unten § 32 II. 692 Winter, DVBl. 1985, 993 (996 ff). Ähnlich Hartung, JA 1991, 137 (138 f.) unter Berufung auf die Eigenstaatlichkeit der Länder. Dahingehend auch die von Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (432) dargestellten Äußerungen des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main, welcher einen Erlass des Hessischen Innenministers vollziehen sollte. Ähnlich Lange, NVwZ 1990, 928 (929) in Bezug auf existenzielle Fragen und politische Grundsatzpositionen.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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aufgrund der soeben dargestellten Rechtslage argumentativ folglich nicht gegen die Verbindlichkeit einer rechtswidrigen Weisung angeführt werden693. c) Kompetenz zur Aufhebung der erteilten Weisung Da ein angewiesener Verwaltungsträger die Rechtswidrigkeit der vorzunehmenden Handlung nicht gerichtlich geltend machen kann, verfügt der anweisende Verwaltungsträger insofern über die Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Weisung sowie der aufgrund dieser vorzunehmenden Handlung.694 Hieraus könnte gefolgert werden, dass dies einer Anwendbarkeit der dem gleichen Zweck dienenden beamtenrechtlichen Regelungen der §§ 63 II BBG, 35 S. 2 Hs. 1, 36 II BeamtStG695 entgegensteht. Allerdings beziehen sich diese nur auf die Verteilung der Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme im Verhältnis zwischen dem angewiesenen Amtswalter und seinen Vorgesetzten. Hierbei ist anerkannt, dass weder der höhere Vorgesetzte des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters noch der leitende Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung eines anderen Verwaltungsträgers mittels Aufhebung der Weisung entsprechen kann, selbst wenn er diese Bedenken teilt.696 Dies ist darauf zurückzuführen, dass weder der höhere Vorgesetze des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters noch der leitende Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers über die Kompetenz zur Aufhebung der Weisung eines anderen Verwaltungsträgers verfügt.697 Dies bedeutet zugleich, dass die Kompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weisung sowie der Handlung, zu der angewiesen wurde, einer Aufhebung der Weisung durch Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers entgegensteht.

693

Lerche, BayVBl. 1987, 321; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (46 f.); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (432 f.). Ähnlich Janz, Weisungsrecht, S. 148 f. 694 Zur Möglichkeit einer Remonstration zwischen Verwaltungsträgern trotz der Letzt­ entscheidungskompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers noch unten § 28 II. 2. 695 Hierzu bereits oben § 13 II. 3. 696 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 51; Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 Fn. 11). In diesem Sinne zudem OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Os. 3, Rn. 49. 697 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 51; Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 Fn. 11).

172

2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

d) Wirksamkeit und grundsätzliche Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen Diesem Gedanken entspricht die Wirksamkeit und grundsätzliche Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen zwischen Verwaltungsträgern. Diese soll wiederum anhand der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG näher betrachtet werden. Dem Weisungsrecht des Bundes aus Art. 85 III GG entspricht eine Weisungsbefolgungspflicht des angewiesenen Landes.698 Auch im Falle der Rechtswidrigkeit der erteilten Weisung ist von deren Wirksamkeit und Verbindlichkeit auszugehen.699 Auch dies ist damit zu begründen, dass sich die Rechtsauffassung des Bundes gegenüber einer hiervon gegebenenfalls abweichenden Rechtsauffassung des Landes durchsetzen können soll700, um eine Beendigung des staatlichen Willensbildungsprozesses701

698 Haun, Bundesaufsicht, S. 126; Hermes, in: Dreier,  GG, Band III, Art. 85 Rn. 57; Janz, Weisungsrecht, S. 125; Loschelder, Weisungen, S. 36; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch  94 (2003), 127 (135); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (34, 37); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (429); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (431); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 200 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 211 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 170, Rn. 172. 699 Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 138; Lange, Weisungsrecht, S. 91 ff.; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (37); Pauly, Weisungen, S. 229 f.; Steinberg, Bundes­aufsicht, S.  62; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 212 ff.; Woditschka, Weisungsrecht, S. 211 f.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 171. 700 BVerfGE 81, 310 (332); 104, 249 (265) sowie das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (275); BVerwG LKV 2012, 24 (Rn.  29); Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 63, Rn. 66; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 2, Rn. 20, Rn. 25, Rn. 28; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 23; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 72; Lange, Weisungsrecht, S. 92; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 15, Rn. 53, Rn. 57; Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 96; Loschelder, Weisungen, S. 22, S. 61, S. 71; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 93 (2002), 585 (594, 599); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (34, 44 ff.); Pera, NVwZ 1989, 1120 (1121); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (426 f., 433); Steinberg, atw 1987, 282 (284); Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 28 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 41, S. 204, S. 213 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47, S. 53; Zieger  / ​ Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 113, Rn. 121, Rn. 160 f. A. A. Winter, DVBl. 1985, 993 (996 ff.). Differenzierend zwischen einem grds. umfassenden Direktionsrecht in den Fällen der Art. 87d, 89, 90, 108 GG und einem zweckgebundenen Direktionsrecht in den Fällen der Art. 87b II, 87c und 120a GG Heitsch, BayVBl. 2002, 726 (727 ff.). Da Heitsch jedoch in beiden Fallgruppen davon ausgeht, dass das Weisungsrecht letztlich der Durchsetzung der Rechtsauffassung des Bundes dient, ergeben sich hieraus in dem hier dargestellten Zusammenhang keine Auswirkungen. 701 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (408 f.); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 2, die dem Bund insofern die Rolle des „Verfahrensherrn[s]“ zuweisen. Ähnlich Janz, Weisungsrecht, S. 129; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (36); Lerche, BayVBl. 1987, 321; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53, welche den Bund als „‚Herrn‘ des Verfahrens“ einordnen. Ähnlich zudem Isensee, in: FS Bethge, S. 394: „Herr

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

173

und eine einheitliche Steuerung des Verwaltungshandelns702 zu ermöglichen. Dieser Funktion des Weisungsrechts des Art. 85 III GG kann nur hinreichend Rechnung getragen werden, wenn auch eine rechtswidrige Weisung als wirksam und verbindlich angesehen wird.703 Da es sich bei der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG handelt,704 können die Regelungen der §§ 43 I, III, 44 VwVfG zur fehlerunabhängigen Wirksamkeit des Verwaltungsakts nicht unmittelbar angewendet werden.705 Die Wirksamkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG auf allgemeine Grundsätze zu stützen,706 begegnet insofern Bedenken, als die Folgen rechtswidrigen staatlichen Handelns durch die Rechtsordnung unterschiedlich ausgestaltet werden707. Die Wirksamkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG kann jedoch auch aus Art. 85 III 3 GG abgeleitet werden, wonach der Vollzug der Weisung durch die obersten Landesbehörden sicherzustellen ist.708

über die Sachentscheidung“; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (432): „Herr der Entscheidung“. BVerfGE 81, 310 (332) ist dabei zuzustimmen, dass diese Sichtweise der Auffassung des zuständigen Berichterstatters des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates entspricht, der die Bundesauftragsverwaltung dahingehend charakterisierte, dass allein der Wille der zuständigen obersten Bundesbehörde entscheide (Parlamentarischer Rat, Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 1948/49, S. 40). Zur Funktion der Regelungen der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht, die Beendigung des staatlichen Willensbildungsprozesses zu ermöglichen, bereits oben § 27 II. 1. a). 702 Janz, Jura 2004, 227 (228); Janz, Weisungsrecht, S. 142, S. 149; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 256 f. Ähnlich Hartung, JA 1991, 137 (138 f.). 703 Pauly, Weisungen, S. 230; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 62; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 212 ff. In diesem Sinne auch Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (37). 704 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 63; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 171. Dies ist damit zu begründen, dass die obersten Bundesbehörden bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht – wie von § 1 IV VwVfG gefordert – Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (Lange, Weisungsrecht, S. 43 ff. in Abkehr von Lange, NJW 1986, 2459 [2461]; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 93) bzw. es sich bei der Erteilung einer Weisung im Verfassungsrechtsverhältnis zwischen Bund und Land nicht um eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG handelt (U. Stelkens, in: Stelkens / ​ Bonk / ​Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 177–179, Rn. 187). 705 Lange, Weisungsrecht, S. 91 ff.; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 62; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 171. 706 Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53. Ähnlich Lange, Weisungsrecht, S. 91 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 171, welche die Bindungswirkung rechtswidriger Weisungen in Anlehnung an die fehlerunabhängige Wirksamkeit des Verwaltungsakts gemäß §§ 43 I, III, 44 VwVfG annehmen. Hierzu Steinberg, Bundesaufsicht, S. 62. In diesem Sinne auch Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 200, der die Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen nach Art. 85 III GG aus der Verwendung des Begriffs „Weisung“ in Art. 85 III 1 GG folgert. A. A. Steinberg, atw 1987, 282 (283). 707 Steinberg, Bundesaufsicht, S. 62. 708 Dieners, DÖV 1991, 923 (926 f.); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 200.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Auch im Falle der Rechtswidrigkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG obliegt dem angewiesenen Land damit eine Weisungsbefolgungspflicht,709 die Ausdruck der Kompetenz des Bundes zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weisung sowie der vorzunehmenden Handlung ist und die grundsätzliche Verbindlichkeit einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG bedingt. e) Fazit Die Kompetenz des Bundes zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weisung sowie der vorzunehmenden Handlung schließt folglich die Anwendbarkeit der Vorschriften des Beamtenrechts zur Weisungsbefolgungs- und Remonstrationspflicht (§§ 62 I 2 Hs. 1, 63 II BBG, 35 S. 2 Hs. 1, 36 II BeamtStG) des angewiesenen Amtswalters nicht aus. 2. Das Recht des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters, die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung zu prüfen Demnach ist davon auszugehen, dass der zur Vornahme der Handlung im Außenverhältnis angewiesene Amtswalter gegen die Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers durch einen Vorgesetzten den Vorschriften der Beamtengesetze gemäß (§§ 63 II 1 BBG, 36 II 1 BeamtStG) remonstrieren kann und muss, wenn er Bedenken gegenüber deren Rechtmäßigkeit hat.710 Allerdings setzen das Recht und die Pflicht zur Geltendmachung rechtlicher Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung beziehungsweise der Weisung voraus, dass der angewiesene Amtswalter berechtigt ist, diese auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Wie bereits gezeigt wurde711, ist ein angewiesener Amtswalter grundsätzlich zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Weisung und der hiernach vorzunehmenden Handlung berechtigt und verpflichtet. Zu hinterfragen ist nun, ob dies auch im Falle der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern gilt.712 a) Handlungsmöglichkeiten der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers Für ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung auch bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern spricht bereits die rein 709

BVerwG LKV 2012, 24 (Rn. 27); Janz, Weisungsrecht, S. 514; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 138; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (135). 710 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 48. 711 Hierzu bereits oben § 16 I. 712 Dies anzweifelnd BGH NJW 1959, 1629 (1630).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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rechtspraktische Erwägung, dass für den angewiesenen Amtswalter wohl nicht immer ersichtlich ist, ob die ihm gegenüber erteilte Weisung auf Vorgaben eines anderen Verwaltungsträgers beruht. Zudem schließt die Erteilung einer Weisung durch einen anderen Verwaltungsträger lediglich aus, dass die Weisung durch Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers aufgehoben werden kann, wenn diese von deren Rechtswidrigkeit ausgehen.713 Sollte bereits kein Prüfungsrecht der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung bestehen, wäre der Ausschluss eines Rechts zur Aufhebung der erteilten Weisung überflüssig. Zugleich würde hierdurch die Möglichkeit der Bestätigung der Weisung durch den höheren Vorgesetzten des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters ausgeschlossen. Es sind jedoch keine Gründe ersichtlich, weswegen der höhere Vorgesetzte im Falle der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern der Weisung nicht zu Verbindlichkeit verhelfen können sollte, indem er diese im Falle einer Remonstration des zur Vornahme der Handlung im Außenverhältnis angewiesenen Amtswalters bestätigt714. Da eine derartige Bestätigung in Einklang mit der Auffassung des anweisenden Verwaltungsträgers über die Rechtmäßigkeit der Weisung steht, verletzt diese die Kompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weisung nicht. b) Sinn und Zweck des Remonstrationsverfahrens Für die Annahme eines Prüfungsrechts der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers sprechen zudem Sinn und Zweck des Remonstrationsverfahrens. Das Remonstrationsrecht des angewiesenen Amtswalters ermöglicht nicht nur dessen Befreiung von einer etwaigen Haftung715, sondern auch die Förderung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG), indem eine Entscheidung bei divergierender Rechtsauffassung verwaltungsintern nochmals überprüft wird und hierdurch dazu beigetragen wird, auf ein im Außenverhältnis rechtmäßiges Handeln hinzuwirken716. Da dem Remonstrationsverfahren so 713

Hierzu oben § 27 II. 1. c). Zur Verbindlichkeit einer Weisung bei Bestätigung durch den höheren Vorgesetzten Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 48. 715 Hierzu bereits oben § 13 II. 3. 716 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 49, Rn. 57; Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (405); Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 2; Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 1, Rn. 5, § 36 BeamtStG, Rn. 5; Lindner, ZBR 2015, 412 (413 f.); Rieger, Weisung, S. 181; Romann, Remonstrationspflicht, S. 71 f., S. 89 f.; Schwartz, Befehl und Weisung, S. 251 f.; Simianer, ZBR 2004, 149 (152). Lindner, ZBR 2015, 412 (413 f.) ist dabei zuzustimmen, dass Kawik, ZBR 2015, 243 (247 ff.) den Zweck der Förderung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz verkennt, indem er die Ablehnung einer Remonstrationspflicht damit begründet, dass diese die Verwirklichung der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) nicht sicherstellen könne. 714

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

mit die Funktion eines Mittels zur verwaltungsinternen Selbstkontrolle zukommt,717 können hierdurch Rechtsverletzungen des Bürgers sowie die hieran anknüpfende Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes vermieden werden718. Da dieser Funktion des Remonstrationsverfahrens unabhängig davon, ob die Weisung innerhalb eines oder zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern erteilt wird, eine Berechtigung zukommt, ist unter Berücksichtigung des Zwecks des Remonstrationsverfahrens von einem das Remonstrationsverfahren ermöglichenden Prüfungsrecht des zur Vornahme der Handlung im Außenverhältnis angewiesenen Amtswalters auszugehen. Zweifel an diesem Ergebnis ergeben sich allerdings unter Berücksichtigung des Gedankens, dass einem Amtswalter, der eine von einem anderen Verwaltungsträger erteilte Weisung im Außenverhältnis umsetzen soll, kaum mehr Pflichten als seinem Dienstherrn obliegen können, da ihm ansonsten eine Verantwortung zugewiesen würde, die seinem Dienstherrn selbst nicht obliegt719. Wenn dem Dienstherrn des zur Vornahme der Maßnahme im Außenverhältnis angewiesenen Amtswalters kein Prüfungsrecht in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Maßnahme zukommt, spricht dies somit gegen ein Prüfungsrecht des einzelnen Amtswalters. Hierdurch würde auch eine an das Prüfungsrecht anknüpfende Prüfungspflicht des einzelnen Amtswalters ausgeschlossen. Aus diesem Grunde ist zu hinterfragen, ob einem angewiesenen Verwaltungsträger720 ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung beziehungsweise der Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung zukommt. c) Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung Um zu klären, ob ein angewiesener Verwaltungsträger berechtigt ist, eine Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, soll wiederum beispielhaft auf die Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung eingegangen werden. aa) Pflicht des Bundes, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben Ein Prüfungsrecht des Landes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung könnte zunächst aus der Pflicht des Bundes, dem Land vor Erteilung einer Weisung 717

Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (405); Romann, Remonstrationspflicht, S. 71 f.; Wichmann, in: Wichmann / ​Langer, Dienstrecht, S.  389. 718 Romann, Remonstrationspflicht, S. 71 f. 719 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (407, 410). Wie Depenheuer zutreffend feststellt, hat die Einräumung eines derartigen Prüfungsrechts zur Konsequenz, dass die Kompetenz zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme von dem anweisenden Verwaltungsträger zunächst auf einen einzelnen Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers verschoben wird. 720 Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass dieser Dienstherr des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters ist.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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nach Art. 85 III GG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben,721 erwachsen. Da diese Pflicht des Bundes jedoch gerade vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG besteht, kann hieraus lediglich ein zu diesem Zeitpunkt bestehendes Prüfungsrecht des Landes in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der möglicherweise in der Zukunft zu erteilenden Weisung abgeleitet werden. bb) Sachkompetenz des Bundes Im Folgenden ist zu hinterfragen, ob ein Prüfungsrecht des Landes nach Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG gestützt auf die Sachkompetenz des Bundes abzulehnen ist.722 Aus diesem Grunde ist zunächst die Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung zu klären und anschließend zu prüfen, wie sich die Sachkompetenz des Bundes auf das Bestehen eines Prüfungsrechts des Landes auswirkt. (1) Unterscheidung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz in der Bundesauftragsverwaltung Die Terminologie Wahrnehmungs- und Sachkompetenz ist vor allem in Zusammenhang mit der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG bekannt,723 da sie in diesem Zusammenhang vom BVerfG verwendet wurde, um die Kompetenzen von Bund und Ländern abzugrenzen724. Sie wird allerdings zunehmend auch für die Beschreibung der Kompetenzverteilung im Bereich der Aufgabenwahrnehmung durch Gemeinden herangezogen.725

721

BVerfGE 81, 310 (Ls. 4, 337); 84, 25 (33); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 23; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 22; Loschelder, Weisungen, S. 135; Suer­baum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 33; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (434 f.); Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, 2010, Art. 85 Rn. 28. 722 So wohl Janz, Weisungsrecht, S. 508. Für den Bereich der kommunalen Auftragsverwaltung Scholz, Rechtsschutz, S. 112 ff. 723 Winkler, Kompetenzverbund, S. 28 f. Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45 mit Fn. 230 f. spricht insofern in Zusammenhang mit BVerfGE 81, 310 ff. von einem durch das „BVerfG geprägten Begriffspaar“; Loschelder, Weisungen, S. 102 von „der für Art. 85 GG gebrauchten Terminologie“. Krit. zur Verwendung dieses Begriffspaars in der Bundesauftragsverwaltung Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 (S. 983). 724 Hierauf hinweisend Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550). Zu den insofern maßgeblichen Urteilen BVerfGE 81, 310 ff.; 104, 249 ff. noch eingehend unten §§ 27 II. 2. c) bb) (3), 31 II. 2. 725 Siehe etwa die Verwendung der Begriffe der Wahrnehmungs- und Sachkompetenz auch für die kommunale Auftragsverwaltung bei Loschelder, Weisungen, S. 100 ff., S. 105 f., S. 108; Scholz, Rechtsschutz, S. 60 ff., S. 93 ff.; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192); Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 64 f. sowie für Weisungsverhältnisse im Allgemeinen bei Herbst, DV 37 (2004), 51 (67 Fn. 57).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Die Verwendung der Begriffe der Wahrnehmungs- und Sachkompetenz in der Bundesauftragsverwaltung durch das BVerfG geht wohl auf die Unterscheidung von Wolst726 zurück, welche vom BVerfG jedoch nicht als Quelle hierfür ausgewiesen wird.727 Wolst zufolge stellt die Wahrnehmungskompetenz einen Bestandteil der umfassenden Verwaltungskompetenz dar, der in der Bundesauftragsverwaltung zunächst dem Bund zustehe, jedoch auf die Länder übertragen werde.728 Unter Wahrnehmungskompetenz versteht Wolst die „Zuständigkeit [des Landes] nach außen“729, die bedinge, dass der Bund „Entscheidungen nicht mit Außenwirkung an sich ziehen [könne]“730. Neben der Wahrnehmungskompetenz stelle die Sachkompetenz den weiteren Teil der Verwaltungskompetenz dar.731 Als Sachkompetenz versteht Wolst dabei die „Zuständigkeit für die Sache“732, die in der Bundesauftragsverwaltung dem Bund zustehe733. Wolst kam damit zu dem Ergebnis, dass die Verwaltungskompetenz in der Bundesauftragsverwaltung durch Art. 85 GG zwischen Bund und Land aufgeteilt werde.734 Die von Wolst getroffene Unterscheidung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz bildet auch heute noch die Grundlage für die rechtliche Beurteilung der Bundesauftragsverwaltung. Allerdings wird nunmehr davon ausgegangen, dass die Sachkompetenz dem Land unter dem Vorbehalt der Inanspruchnahme durch den Bund zustehe.735 Dies bedeutet, dass dem Land in der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85  GG grundsätzlich die Sachkompetenz zukommt,736 der Bund diese jedoch durch Inanspruchnahme des durch Art. 85 III GG eingeräumten Weisungs-

726

Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47 ff. Auch Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (35 ff.) verwendete bereits vor BVerfGE 81, 310 ff. die Begriffe der „Sachentscheidungskompetenz“ und der „Sachkompetenz“ des Bundes. Ebenso Lerche, BayVBl. 1987, 321 in Bezug auf die Wahrnehmungskompetenz des Landes. 727 Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (128); Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550 mit Fn. 9). Zur bereits zuvor thematisierten Aufteilung von Kompetenzen in der Bundesauftragsverwaltung, welche jedoch keine überzeugende Terminologie zur Verfügung stellte, Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 53 Fn. 262. 728 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47, S. 52, S. 54. 729 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47. 730 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 48. 731 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 52. 732 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 52. 733 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 52 f. Für eine Sachkompetenz des Bundes zudem Loschelder, Weisungen, S. 21, S. 43, S. 97, S. 99. Hierzu Burgi, NJW 2011, 561 (563); Hantke, DVBl. 1990, 824; Janz, JuS 2003, 126 (129); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166); Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550 Fn. 9). Krit. bereits Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 4 mit Fn. 2, Rn. 5, Rn. 8. 734 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 53. 735 BVerfGE 81, 310 (Ls. 1, 332); 84, 25 (31); 104, 249 (265); BVerwG DVBl. 2014, 303. Hierauf hinweisend Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550 mit Fn. 9). 736 BVerfGE 81, 310 (332); 104, 249 (264 f.). Zust. Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ  2015, 193 (195 f.); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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rechts auf sich überleiten kann737. Wolst setzte sich nicht damit auseinander, dass die Begriffe der Wahrnehmungs- und der Sachkompetenz Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts darstellen.738 Da die Begrifflichkeiten damit nicht lediglich das Verhalten zwischen Bund und Ländern in der Bundesauftragsverwaltung beschreiben, ist zunächst zu hinterfragen, welcher allgemeine Bedeutungsgehalt ihnen zukommt, um sodann auf das Begriffsverständnis des BVerfG hinsichtlich der Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung einzugehen. (2) Wahrnehmungs- und Sachkompetenz als Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts Nach verwaltungsorganisationsrechtlichem Verständnis stellt die Wahrnehmungskompetenz die Zuständigkeit zur Wahrnehmung von Aufgaben im Außenverhältnis dar.739 Als Sachkompetenz ist dagegen die Zuordnung der sachlich-inhaltlichen Aufgabenerledigung zu verstehen,740 also die inhaltliche Entscheidungsbefugnis zur Bestimmung des recht- und zweckmäßigen Inhalts einer Verwaltungsmaßnahme und damit der Aufgabenwahrnehmung741. Der Inhaber der Sachkompetenz kann damit Vorgaben für die Erledigung von Aufgaben anderen staatlichen Stellen

737 BVerfGE 81, 310 (332, 336); 84, 25 (32); 104, 249 (Ls. 2, 264 f.); BVerwG DVBl. 2014, 303; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 5; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 5; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs,  GG, Art. 85 Rn. 5; F.  Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 62; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (933); Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 6, Rn. 31. So auch Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (433, 443), welcher jedoch die Sachkompetenz in diesem Zusammenhang irreführenderweise als „Wahrnehmungszuständigkeit“ und „Wahrnehmungs­ befugnis“ bezeichnet. Krit. zur Auffassung des BVerfG Lange, Weisungsrecht, S. 136 f. 738 Auf diese Einordnung in Zusammenhang mit der Begriffsverwendung in der Bundes­ auftragsverwaltung hinweisend Dieners, DÖV 1991, 923 (925); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (35); Scholz, Rechtsschutz, S. 60 Fn. 263. Zur Einordnung als Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 6 ff.; Winkler, Kompetenzverbund, S. 28 f. 739 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  7; Loschelder, Weisungen, S. 141; Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 (S. 984), unter dem Zusatz der Rechtsverbindlichkeit des Handelns. Für eine Verwendung des Begriffs der Wahrnehmungszuständigkeit anstatt des Begriffs der Wahrnehmungskompetenz Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 f. In dieser Arbeit wird hierauf aufgrund der überwiegenden Heranziehung des Begriffs der Wahrnehmungskompetenz verzichtet. Hierzu eingehend unten § 31 II. in Zusammenhang mit den Auswirkungen der unentziehbaren Wahrnehmungskompetenz des Landes in der Bundesauftragsverwaltung auf die Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen. 740 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45; Scholz, Rechtsschutz, S. 60. 741 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  8; Schoch, Jura 2006, 358 (361); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (192).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

gegenüber verbindlich festlegen.742 Die Wahrnehmungskompetenz allein begründet keine umfassende materielle Leitungsmacht.743 Die Sachkompetenz dagegen begründet diese beziehungsweise knüpft hieran an.744 Regelmäßig fallen Sach- und Wahrnehmungskompetenz zusammen, sodass dieselbe staatliche Stelle hierüber verfügt.745 Dies ist allerdings nicht zwingend.746 Vielmehr kann einer über die Wahrnehmungskompetenz verfügenden Stelle die Sachkompetenz nur unter dem Vorbehalt zustehen, dass eine andere Stelle nicht von einem ihr eingeräumten Weisungsrecht Gebrauch macht und hierdurch die Sachkompetenz an sich zieht.747 Derartige Konstellationen können sowohl innerhalb eines Verwaltungsträgers als auch zwischen Verwaltungsträgern auftreten.748 Letzteres ist insbesondere bei der hier interessierenden Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch Gemeinden sowie in der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG der Fall.749 Das Bestehen eines Weisungsrechts kann folglich als Sachentscheidungsrecht eingeordnet werden.750

742

Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45; Scholz, Rechtsschutz, S. 94, S. 151 f. 743 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  7. 744 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 58 f.; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  8, Rn.  146 ff., Rn. 164 ff. 745 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45. 746 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  9. 747 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  9. 748 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  9. 749 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 9. Speziell zur Bundesauftragsverwaltung Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45. 750 Isensee, in: FS Bethge, S. 359 (S. 361) zur Sachkompetenz als „staatsinterner Entscheidungsmacht“; Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45. Siehe hierzu auch den Begriff der „Sachentscheidungsbefugnis“ in BVerfGE 104, 249 (Ls. 1, 265) sowie bei Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 58. Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 (S. 979 ff.) spricht sich gar für die Verwendung des Begriffspaars der Wahrnehmungskompetenz und der Sachentscheidungsbefugnis aus, um eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche in der Bundesauftragsverwaltung zu ermög­lichen. Zur Sachentscheidungsgewalt allgemein Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 161 ff., Rn. 146 ff., der diese als Strukturelement der internen Leitungs­gewalt und damit der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Verwaltungsträgers behandelt. Zur Verwendung des Begriffs der Letztentscheidungskompetenz in Zusammenhang mit der Bundesauftragsverwaltung bereits oben § 27 II. 1. a).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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(3) Begriffsverständnis des BVerfG Auch das BVerfG spricht in Zusammenhang mit der Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung von der „sog. Sachkompetenz“751 und weist hierdurch darauf hin, dass es sich um die Verwendung eines Begriffs mit allgemeingültigem Bedeutungsgehalt handelt. Es versteht unter der Sachkompetenz die Befugnis zur Sachbeurteilung und Sachentscheidung752 und geht davon aus, dass dem Bund die Geschäftsleitungsbefugnis verliehen werde, indem dieser die Sachkompetenz an sich zieht.753 (4) Auswirkungen der Sachkompetenz auf das Prüfungsrecht des Landes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung Zu überprüfen ist somit, wie sich die Sachkompetenz des Bundes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG auf ein Prüfungsrecht des Landes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung beziehungsweise der Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung nach Erteilung der Weisung auswirkt. Dem BVerfG zufolge verbleibt dem Land bei Erteilung einer Weisung keinerlei Sachkompetenz, sofern der Bund die Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht der Länder wahrt.754 Da die Sachkompetenz dem Begriffsverständnis des BVerfG nach nicht nur die Befugnis zur Sachentscheidung, sondern auch die Befugnis zur Sachbeurteilung umfasst und auch das verwaltungsorganisationsrechtliche Ver 751

BVerfGE 81, 310 (332). BVerfGE 81, 310 (332); 104, 249 (264). Ebenso das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (284); LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 54; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 5; Burgi, NJW 2011, 561 (563); Heitsch, BayVBl. 2002, 726 (727); Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  104a Rn.  74; Janz, Jura 2004, 227 (228); Janz, Weisungsrecht, S. 85; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (132); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166); Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (95). In diesem Sinne auch Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 23; Loschelder, Weisungen, S. 85. 753 BVerfGE 104, 249 (265, 267). Ebenso Wieland, ZUR 2004, 7 (7, 9). So zuvor bereits Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (36). Ähnlich das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (274). Zur Geschäftsleitungsbefugnis des Bundes nach der Rspr. des BVerfG Hermes, JZ 2002, 1161 (1163). Krit. zur Abgrenzung der Kompetenzen in der Bundesauftragsverwaltung durch das BVerfG insb. in BVerfGE 104, 249 ff. Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 ff. 754 BVerfGE 81, 310 (333). In diesem Sinne auch BVerfGE 102, 167 (172). Hierzu Müller  / ​ Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (137); Sachs, JuS 1991, 69, der die Rspr. des BVerfG dergestalt wiedergibt, dass dem Land bei Ausübung des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG keinerlei Sachkompetenz zustehe, diese aber nur dann als möglicher Gegenstand einer Rechtsverletzung ausscheide, soweit das Weisungsrecht ordnungsgemäß in Anspruch genommen werde. Zu den äußersten Grenzen der Befolgungspflicht einer Weisung nach Art. 85 III GG noch eingehend unten § 29. 752

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

ständnis der Sachkompetenz eine Befugnis des Inhabers der Sachkompetenz zur Sachbeurteilung voraussetzt, scheint ein Prüfungsrecht des Landes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung mangels Kompetenz für eine derartige Sachbeurtei­ lung ausgeschlossen zu sein. Hierfür scheint auch zu sprechen, dass ein Land nach Auffassung des BVerfG auch eine Weisung, deren Inhalt es für rechtswidrig hält, ausführen muss.755 Dies bezieht sich ausweislich des Kontexts des Urteils allerdings nur auf das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten eines angewiesenen Landes, wenn dieses das Verhalten, zu dem angewiesen wurde, für rechtswidrig hält.756 Zugleich wird nach der Rechtsprechung des BVerfG ein Land in seinen Rechten verletzt, wenn die Inanspruchnahme des Weisungsrechts als solche oder in ihren Modalitäten gegen das Grundgesetz verstößt.757 Dies ist insbesondere bei Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht anzunehmen.758 Das hierdurch verletzte Recht des Landes soll das „Recht auf Wahrnehmung der eigenen Kompetenz“759 sein.760 Wenn man jedoch dem Land im Falle der Erteilung einer Weisung dem BVerfG folgend mangels Verbleib der Sachkompetenz lediglich die Wahrnehmungskompetenz zuerkennt, könnte allenfalls diese verletzt werden. Dem Land bleibt es jedoch auch im Falle einer verfassungswidrigen Inanspruchnahme des Weisungsrechts unbenommen, im Außenverhältnis zu handeln. Aus diesem Grunde kann es nicht überzeugen, die Kompetenz des Landes im Falle der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG auf seine Wahrnehmungskompetenz zu reduzieren. Vielmehr muss das Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG neben der Wahrnehmungskompetenz zumindest über eine Sachbeurteilungskompetenz in Bezug auf die äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht zukommen. Hierfür spricht, dass ein angewiesenes Land andernfalls nicht in der Lage wäre, eine Weisung auf die Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht hin zu überprüfen. Dann wäre jedoch deren Anerkennung in der Bundesauftragsverwaltung sinnentleert. Auf ein derartiges Verständnis weist auch die Äußerung des BVerfG hin, wonach es an einer verbleibenden Sachkompetenz des Landes nur fehlen soll, wenn der Bund sein Weisungsrecht berechtigter- und damit in verfassungsgemäßer Weise in Anspruch genommen hat.761 Die Anerkennung einer Sachbeurteilungskompetenz des Landes auch in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Handlung, zu der angewiesen wurde, steht in Einklang 755

BVerfGE 81, 310 (333). Siehe hierzu den gesamten Kontext des Urteils BVerfGE 81, 310 ff. 757 BVerfGE 81, 310 (Ls. 2a, 332 f.); 102, 167 (172). 758 In diesem Sinne BVerfGE 81, 310 (332 ff.). Anders jedoch BVerfGE 81, 310 (335). 759 BVerfGE 81, 310 (332). 760 BVerfGE 81, 310 (332). Zugleich geht das BVerfG in BVerfGE 81, 310 (334) mit Zustimmung durch Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (97) bei Überschreitung der äußersten Grenzen des Weisungsrechts des Art. 85 III GG von einer Verletzung des Landes in seiner Eigenstaatlichkeit aus. Dies krit. hinterfragend Hantke, DVBl. 1990, 824 (826). 761 So das BVerfG in BVerfGE 81, 310 (333). 756

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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mit dem Sinn und Zweck des Weisungsrechts des Art. 85 III GG. Wie bereits gezeigt wurde, dient die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Sachkompetenz durch den Bund mittels Erteilung einer Weisung dazu, dass sich bei Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des Rechts die Auffassung des Bundes gegenüber einer hiervon gegebenenfalls abweichenden Auffassung des Landes durchsetzen kann, und ermöglicht hierdurch die Beendigung des staatlichen Willensbildungsprozesses sowie eine einheitliche Steuerung des Verwaltungshandelns.762 Durch die Versagung gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten des Landes bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Weisung wird eine effektive Kooperation zwischen Bund und Ländern sichergestellt, die einen einheitlichen und zeitnahen Vollzug der in Bundesauftragsverwaltung ausgeführten Bundesgesetze ermöglicht.763 Diesem Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG wird bereits durch die Annahme entsprochen, dass einem Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG lediglich keine Sachentscheidungskompetenz mehr zukommt. Dies hätte zur Folge, dass dem Land ebenso wie dem Bund bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG eine Kompetenz zur Sachbeurteilung zusteht, der Bund allein jedoch über die Kompetenz zur Sach- und damit Letztentscheidung verfügt764. Dieses Verständnis entspricht der verwaltungsorganisationsrechtlichen Einordnung eines Weisungsrechts als inhaltliche Entscheidungsbefugnis zur Bestimmung des rechtmäßigen Inhalts einer Verwaltungsmaßnahme.765 Nach verwaltungsorganisationrechtlichem Verständnis kann der Inhaber der Sachkompetenz Vorgaben für die Erledigung von Aufgaben gegenüber anderen staatlichen Stellen verbindlich festlegen.766 Dies könnte allenfalls der Annahme rechtlicher Möglichkeiten der angewiesenen Stelle anknüpfend an ein fortbestehendes Prüfungsrecht entgegenstehen,

762

Siehe bereits oben § 27 II. 1. d). Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 2, Rn. 20; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 18; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 66; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 57; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (434); Steinberg, atw 1987, 282 (284); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 212 f.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 226. Hierzu Hartung, JA 1991, 137 (138 f.). Zuzustimmen ist Dieners, DÖV 1991, 923 (926 f.); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (428 f.); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 256 ff. dahingehend, dass mangels Suspensiveffekts eines Verfahrens nach Art. 93 I Nr. 3 GG (hierzu bereits oben § 27 II. 1. b) bb) keine Gefahr besteht, dass durch die Behauptung des Landes, es handele sich um eine rechtswidrige Weisung, die einheitliche Steuerung des Verwaltungshandelns durch den Bund zumindest vorläufig verhindert werden könnte (so jedoch Hartung, JA 1991, 137 [138 f.]; Janz, Weisungsrecht, S. 514; Pera, NVwZ 1989, 1120 [1123]). Eine solche Gefahr bestünde jedoch vermittelt über § 32 BVerfGG, wenn man ein verfassungsgerichtliches Verfahren bei Bedenken des Landes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung als zulässig erachten würde (so i. Erg. Ossenbühl, Der Staat 28 [1989], 31 [47]). 764 Hierzu Isensee, in: FS Bethge, S. 359 (S. 361); Scholz, Rechtsschutz, S. 62 f. in Bezug auf die Kompetenzverteilung zwischen Gemeinde und Land in der kommunalen Auftragsverwal­ tung. 765 Hierzu bereits oben § 27 II. 2. c) bb) (2). 766 Hierzu ebenfalls bereits oben § 27 II. 2. c) bb) (2). 763

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

nicht jedoch dem Prüfungsrecht selbst. Aus diesem Grunde ist auf diesen Aspekt erst an späterer Stelle einzugehen.767 Die Auffassung, wonach eine Sachbeurteilungskompetenz hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung auch dem angewiesenen Land zusteht, die Entscheidungskompetenz über die Rechtmäßigkeit der Weisung dagegen allein dem anweisenden Bund zusteht, steht in Einklang mit dem Ausschluss gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten des Landes, wenn dieses von der Rechtswidrigkeit der nach Art. 85 III GG erteilten Weisung ausgeht. Wie gezeigt wurde,768 beruht dieser auf der fehlenden Rechtsverletzung des nach Art. 85 III GG angewiesenen Landes durch die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung. Diese ist gerade darauf zurückzuführen, dass das Land nicht über die Kompetenz verfügt, über die Rechtmäßigkeit der Weisung zu entscheiden,769 sodass die fehlende Rechtsverletzung der angewiesenen Stelle lediglich Ausdruck des verwaltungsorganisationsrechtlichen Kompetenzprinzips ist.770 d) Fazit Demnach ist es dem Land nach der hier vertretenen Auffassung bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG trotz der Sachkompetenz des Bundes nicht verwehrt, die Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen771 und sich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung eine eigene Rechtsauffassung zu bilden.772 Dies steht insofern in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG, als dieses zwar gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten des Landes ablehnt, wenn dieses von der Rechtswidrigkeit einer nach Art. 85 III GG erteilten Weisung ausgeht,773 767

Siehe hierzu noch unten § 28 II. 2. f). Hierzu bereits oben § 27 II. 1. b) bb). 769 Hantke, DVBl. 1990, 824 (825); Lerche, BayVBl. 1987, 321 (323); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (44); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 175. Ähnlich Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber,  GG, Art. 85 Rn. 36; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 31. 770 Eingehend Scholz, Rechtsschutz, S. 94 f., S. 151 f. 771 Dies ebenfalls annehmend Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 23 sowie bereits Bull, in: AK-GG, Band 2, Art. 85 Rn. 19; Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322 Fn. 16); Lerche, in: Maunz / ​ Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 Fn. 33. I.Erg. ebenso Loschelder, Weisungen, S. 125. Dies voraussetzend Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41). Scholz, Rechtsschutz, S. 94 f., S. 108, S. 113 folgert dagegen aus dem verwaltungsorganisationsrechtlichen Kompetenzprinzip, dass eine angewiesene Stelle über kein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Weisung verfüge. 772 Dies ausdrücklich bejahend Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 19. In diesem Sinne zudem Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 (S. 979 ff.). Dies voraussetzend Lerche, in: Maunz / ​ Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53. Demnach liegt hierin keine inhaltliche Beurteilung durch eine unzuständige Stelle. Zu diesem Aspekt Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 44; Scholz, Rechtsschutz, S. 94 f.; S. 152. 773 Hierzu bereits oben § 27 II. 1. b) bb). 768

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dies jedoch nicht damit begründete, dass dem Land bereits kein Prüfungsrecht in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Weisung zukomme. Sollte man gleichwohl der Auffassung sein, dass dem Land als angewiesenem Verwaltungsträger kein Prüfungsrecht in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung sowie der vorzunehmenden Handlung zusteht, wäre auch ein entsprechendes Prüfungsrecht der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers und damit auch des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters abzulehnen.774 Wenn dem zur Vornahme der Handlung im Außenverhältnis angewiesenen Amtswalter kein Prüfungsrecht in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung eingeräumt wird, kann ihm zugleich keine Remonstrationspflicht gemäß §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG obliegen, da diese aus der Prüfung der erteilten Weisung resultierende Bedenken in Bezug auf deren Rechtmäßigkeit voraussetzt. Wie bereits gezeigt wurde, ist das Spannungsverhältnis zwischen der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) und der Weisungsbefolgungspflicht des angewiesenen Amtswalters im Falle des Fehlens eines Prüfungsrechts zugunsten der Weisungsbefolgungspflicht aufzulösen.775 Demnach könnte dem im Außenverhältnis handelnden Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers keine Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden.776 Aus diesem Grunde müsste eine Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung, die von einem anderen Verwaltungsträger erteilt wurde und somit eine Passivlegitimation des angewiesenen Verwaltungsträgers ausscheiden. 3. Teleologische Reduktion der Remonstrationspflicht bei Zwecklosigkeit Wenn man dagegen mit der hier vertretenen Auffassung von dem Bestehen eines Prüfungsrechts des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters ausgeht, resultiert hieraus unter Annahme der grundsätzlichen Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Regelungen bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern777 die grundsätzliche Pflicht des Amtswalters, die Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen778 sowie im Falle hierdurch begründeter Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung aus §§ 63  II BBG, 36 II BeamtStG eine Remonstrationspflicht.

774

Zu diesem Zusammenhang bereits oben § 27 II. 2. b). Dies kann auch damit begründet werden, dass das Bestehen eines Prüfungsrechts der Amtswalter Voraussetzung für die Möglichkeit der Ausübung eines Prüfungsrechts des Verwaltungsträgers ist. 775 Hierzu bereits oben § 14. 776 Dies gilt allerdings nur, soweit der Weisung insofern Bindungswirkung zugesprochen werden kann, als sie dem Angewiesenen keinen Handlungs- oder Ermessensspielraum belässt. Hierzu bereits oben § 13 II. 5. 777 Hierzu bereits oben § 27 I. 778 Hierzu bereits oben § 16 I.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Wenn die Verwirklichung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 III GG) und die Befreiung des angewiesenen Amtswalters von seiner persönlichen Verantwortung als Zwecke der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG779 nicht erreicht oder zumindest gefördert werden können, ist deren Anwendungsbereich teleologisch zu reduzieren780. Die Verwirklichung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) kann durch eine Remonstration des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters bereits nicht gefördert werden, wenn sie nicht zur Aufhebung oder Abänderung der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers beitragen kann. Wie bereits dargestellt wurde, können weder der höhere Vorgesetzte des remonstrierenden Amtswalters noch der Leiter des angewiesenen Verwaltungsträgers beziehungsweise dessen oberster Behörde die Weisung des weisungsberechtigten Verwaltungsträgers aufheben, selbst wenn sie von der Rechtswidrigkeit der Weisung ausgehen.781 Der höhere Vorgesetzte kann in einem solchen Fall lediglich darauf hinwirken, dass durch den Leiter des angewiesenen Verwaltungsträgers beziehungsweise dessen oberster Behörde das Ergreifen der Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Verwaltungsträgers gegen die Weisung veranlasst wird, um deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.782 Bis zu einer hierdurch veranlassten Klärung der Rechtmäßigkeit der Weisung besteht die Möglichkeit, das Remonstrationsverfahren zu unterbrechen oder denjenigen Amtswalter, der die Maßnahme im Außenverhältnis vornehmen soll, zunächst hiervon zu entbinden.783 Wenn hierbei allerdings als förmliche Rechtsschutzmöglichkeit allein die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in Betracht kommt,784 der angewiesene Verwaltungsträger jedoch nicht über gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten verfügt, sofern er die Weisung lediglich für rechtswidrig hält,785 kann den 779

Zu diesen Zwecken bereits oben § 27 II. 2. b) und § 13 II. 3. Zum Zweck der Zuweisung der Letztentscheidungskompetenz über die Rechtmäßigkeit einer vorzunehmenden Handlung nochmals unten § 28 II. 2. e). 780 Zur Rechtsfortbildung mittels teleologischer Reduktion von Rechtsnormen Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 4 AO, Rn. 695. Zur Ermittlung des Zwecks einer Norm als unabdingbare Voraussetzung für deren teleologische Auslegung sowie zur Abgrenzung von teleologischer Reduktion, teleologischer Extension und Analogie zudem Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 72 mit Fn. 337, S. 74. 781 Hierzu bereits oben § 27 II. 1. c). 782 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 48 f., Rn. 51. Romann, Remonstrationspflicht, S. 88 spricht insofern von einer Verlagerung der Verantwortung sowohl innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers als auch vom angewiesenen auf den anweisenden Verwaltungsträger. 783 Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 49, Rn, 51. Das Bedürfnis hiernach liegt darin begründet, dass die Entscheidung des nächsthöheren Vorgesetzten unabhängig davon, ob den Bedenken des angewiesenen Amtswalters Rechnung getragen wurde, grds. endgültig ist (Felix, Remonstrationsrecht, S. 75; Günther, ZBR 1988, 297 [310]; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 52). 784 Zur Möglichkeit der Remonstration zwischen angewiesenem und anweisendem Verwaltungsträger noch unten § 28. 785 Hierzu bereits oben § 27 II. 1. b).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Bedenken der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers nicht entsprochen werden. Der höhere Vorgesetzte müsste die Weisung auch im Falle eigener rechtlicher Bedenken bestätigen, da der angewiesene Amtswalter zu deren Befolgung bis zum Abschluss des Remonstrationsverfahren mittels Bestätigung der Weisung durch den Vorgesetzten nicht verpflichtet ist.786 Die Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) könnte folglich durch eine Remonstration der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers nicht gefördert werden. Zugleich könnte der Remonstration des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters nur bei formalistischer Betrachtungsweise die Funktion der Haftungsbefreiung zukommen. Dies ist damit zu begründen, dass ein Verstoß gegen die Remonstrationspflicht aus §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG nicht kausal für die Schädigung des Dritten durch die Vornahme der Maßnahme im Außenverhältnis wäre, da Voraussetzung für die Kausalität der Missachtung der Remonstrationspflicht für den Schaden ist, dass dieser bei Erfüllung der Remonstrationspflicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre787. Einzuräumen ist, dass die fehlende Kausalität zwischen dem Verstoß gegen die Remonstrationspflicht und dem eingetretenen Schaden den Verstoß des Amtswalters gegen die Remonstrationspflicht nicht entfallen lässt. Zudem wurde die Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung im Falle einer schuldhaft unterbliebenen Remonstration nicht auf die Verletzung der Remonstrationspflicht, sondern vielmehr auf den Verstoß gegen die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) gestützt788, welche hierdurch ebenfalls unberührt bleibt. In Bezug auf den Verstoß gegen die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Remonstration im jeweiligen Fall auch zu einer Aufhebung der Weisung geführt hätte, da es Sinn des Remonstrationsverfahrens ist, auf ein höheres Maß an Rechtmäßigkeit hinzuwirken und der Remonstrationspflicht somit der Zweck zukommt, das Risiko rechtswidrigen Handelns im Außenverhältnis zu senken.789 Wenn jedoch die Möglichkeit der Auf 786

Felix, Remonstrationsrecht, S. 110; Günther, ZBR 1988, 297 (310); Kawik, ZBR 2015, 243 (244 Fn. 6); Reich, BeamtStG, § 36 Rn. 9. In diesem Sinne zudem Romann, Remonstrationspflicht, S. 82 f. 787 BGHZ 34, 206 (215); BGH NJW 1974, 453 (455); BGH NVwZ 1994, 823 (825). Zust. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage 1974, Rn. 567; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1085; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Papier / ​Shirvani, in: MüKo-BGB, Band 6, § 839 Rn. 279; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 249 Rn. 10; Theißen, Rechtmäßiges Alternativverhalten, S. 93; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 177; Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 167. Siehe hierzu etwa OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 39, welches die Kausalität einer im Raum stehenden Verletzung der Remonstrationspflicht für den eingetretenen Verzögerungsschaden ablehnte, weil „[e]ine Remonstration […] in jedem Fall fruchtlos geblieben sein [dürfte].“ 788 Hierzu ebenfalls bereits oben § 17 I. 789 Romann, Remonstrationspflicht, S. 89 ff., S. 92 ff. mit Fn. 110. A. A. Günther, ZBR 1988, 297 (312) in Bezug auf den Innenregress bei einer Schädigung des Dienstherrn durch den im Außenverhältnis rechtswidrig handelnden Amtswalter. A. A. in Bezug auf die Verletzung der Remonstrationspflicht als Amtspflicht zudem Herbst, DV 37 (2004), 51 (55). In Bezug auf

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

hebung oder Abänderung einer Weisung durch die Anwendung der Vorschriften der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG von vornherein gänzlich ausgeschlossen ist, wäre eine solche als rein formalistisch einzuordnen. Zugleich würde sie dem Grundgedanken der Remonstration, eine Haftungsbefreiung zu ermöglichen insofern widersprechen, als die grundsätzlich bestehende volle persönliche Verantwortung des Amtswalters für sein Handeln (§§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG) gerade auf die Verwirk­ lichung eigener Entscheidungen des Amtswalters zurückzuführen ist.790 Da eine Haftung anknüpfend an die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis auch bei teleologischer Reduktion des Anwendungsbereichs der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht ausscheidet, stehen die Belange des hierfür zuständigen Amtswalters einer solchen ebenfalls nicht entgegen. Demnach wäre die beamtenrechtliche Remonstrationspflicht der §§ 63 II 1, 36 II 1 BeamtStG bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern aufgrund einer teleologischen Reduktion nicht anwendbar. III. Fazit Wie gezeigt werden konnte, steht die Kompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung einer Anwendung der Vorschriften der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern nicht entgegen. Zugleich wird nach der hier vertretenen Auffassung durch die Sachkompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers ein Prüfungsrecht des angewiesenen Verwaltungsträgers ebenso wenig wie ein Prüfungsrecht des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung ausgeschlossen. Wenn man diese Auffassung nicht teilt, sind die ein entsprechendes Prüfungsrecht voraussetzenden Vorschriften des Beamtenrechts nicht anwendbar. Dann kann aus den §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG keine Remonstrationspflicht des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters resultieren. Aufgrund des Ausschlusses eines Prüfungsrechts ist demnach ein Vorrang der Weisungsbefolgungspflicht gegenüber der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) anzunehmen, sodass eine Amtspflichtverletzung des die rechtswidrige Handlung im Außenverhältnis vornehmenden Amtswalters abzulehnen ist. Da sich dieser nicht mittels Durchführung eines Remonstrationsverfahrens von seiner Weisungsbefolgungspflicht befreien kann, handelt es sich bei der Erteilung einer die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten ist es auch Herbst zufolge unerheblich, ob die Remonstration zu einer Aufhebung der Weisung geführt hätte. Zu den Beweisschwierigkeiten in Zusammenhang mit der Kausalität der Verletzung der Remonstrationspflicht für den eingetretenen Schaden bereits oben § 17 I. 790 Hierzu bereits oben § 13 II. 3.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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rechtswidrigen Weisung durch einen anderen Verwaltungsträger trotz der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Vorschriften des Beamtenrechts auf die Weitergabe dieser Weisung innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers unabhängig von der Durchführung eines Remonstrationsverfahrens gemäß §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG um eine verbindliche Weisung. Bei dieser Betrachtungsweise sind im Falle der bloßen Rechtswidrigkeit der Weisung die dargestellten Fallkonstellationen der Amtshaftung bei schuldhaft sowie nicht schuldhaft unterbliebener Remonstration791 folglich ausgeschlossen. Zugleich ist die dargestellte Begründung der Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung mittels deren faktischer Bindungswirkung im Falle einer nicht schuldhaft unterbliebenen Remonstration792 aufgrund der Einordnung der Weisung als verbindlich entbehrlich. Sofern man für das Verhältnis zwischen anweisendem und angewiesenem Verwaltungsträger die Frage des Bestehens gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten als entscheidend erachtet, ergibt sich das gleiche Ergebnis auch bei Annahme eines Prüfungsrechts des angewiesenen Verwaltungsträgers sowie dessen Amtswalter aus einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG. Da die Befolgung der Weisung durch den im Außenverhältnis handelnden Amtswalter dann nicht als dessen eigenverantwortliches Handeln eingeordnet werden kann, ist die Pflichtenkollision zwischen der Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III GG und der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht trotz des Bestehens eines Prüfungsrechts des Amtswalters zugunsten der Weisungsbefolgungspflicht aufzulösen, sodass aus der Befolgung der Weisung wiederum kein Amtshaftungsanspruch resultieren kann. Die dargestellte Betrachtungsweise hat demnach zur Folge, dass der Ausschluss der Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung der Weisung bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung eines Remonstrationsverfahrens entsprechend §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG mangels Anwendbarkeit dieser Vorschriften der geltenden Rechtslage nicht widerspricht793. Da sich der im Außenverhältnis bei Befolgung der Weisung rechtswidrig handelnde Amtswalter dann nicht mittels einer Remonstration von der Weisungsbefolgungspflicht befreien kann, ist das rechtswidrige Handeln im Außenverhältnis zugleich weder als eigenverantwortliches Handeln des zuständigen Amtswalters noch des angewiesenen Verwaltungsträgers einzuordnen. Demnach kann die Vorgehensweise des BGH auch nicht als rechtspolitisch verfehlt eingeordnet werden, da durch eine Amtshaftung des angewiesenen Verwaltungsträgers mangels entsprechender Einflussmöglichkeiten im Falle der Erteilung einer Weisung auch zukünftig durch diesen nicht auf ein amtspflichtgemäßes Handeln der ihm zuzuordnenden Amtswalter hingewirkt werden kann.794 Da die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht

791

Hierzu bereits oben §§ 16, 17. Hierzu bereits oben § 16. 793 Zu dieser Auffassung bereits oben § 26. 794 Zu diesem Zusammenhang bereits oben § 9. 792

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns zu bestimmen ist,795 ist die Vorgehensweise des BGH zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern unter Zugrundelegung dieser Betrachtungsweise damit folgerichtig. IV. Rechtsprechung des BGH Zugleich bestätigt die Rechtsprechung des BGH die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns,796 obwohl der BGH den Ausschluss der Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung bei gleichzeitiger Annahme einer Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung zwischen Verwaltungsträgern nicht ausdrücklich hierauf stützt. Er begründet letztere vielmehr damit, dass durch die Vorschriften des Beamtenrechts sowie durch den Grundsatz der Über- und Unterordnung der Verwaltung die Zuständigkeit des angewiesenen Amtswalters begrenzt werde, da mit Erteilung einer Weisung „ein Stück Zuständigkeit“ auf den anweisenden Amtswalter und damit dessen Anstellungskörperschaft übergehe797. Als der BGH die Amtshaftung der Anstellungskörperschaft des anweisenden Amtswalters auch auf eine Verschiebung der Passivlegitimation stützte, wurde die Übernahme der beamtenrechtlichen Verantwortung durch den anweisenden Amtswalter798 vom BGH als Wertung eingestuft, die der Annahme eines Übergangs dieses Stücks Zuständigkeit nahe komme799. Um welche Art von Zuständigkeit es sich hierbei handelt, wurde durch den BGH nicht erläutert. Da jedoch dem BGH zufolge die Weisungsbefolgungspflicht nachgeordneter Amtswalter und Behörden als Ausdruck des Grundsatzes der Über- und Unterordnung der Verwaltung ein Mittel zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung darstellt, das dazu führe, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Rechtmäßigkeit einer Handlung die Auffassung des Amtswalters oder der Behörde, die mit „Sachweisungsgewalt“800 ausgestattet ist, maßgeblich sei,801 ist hieran anzuknüpfen. Da die anweisende Stelle mit Erteilung der Weisung

795

Hierzu bereits oben §§ 9, 18 I. Zu der Rechtsprechung des BGH, wonach der verbindlich angewiesene Amtswalter als „verlängerter Arm“ des anweisenden Amtswalters einzuordnen ist und den hieraus resultierenden amtshaftungsrechtlichen Konsequenzen bereits oben § 15.  797 BGH NJW 1959, 1629 (1630); NJW 1977, 713; BGH NVwZ 1985, 682 (683); BGH NVwZ-RR 2009, 363; BGHZ 205, 63 (69). Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Os. 1, Rn. 36; OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 46. 798 Hierzu bereits oben § 25 II. 799 BGH NJW 1977, 713 (714). 800 BGH NJW 1959, 1629 (1630). Ebenso BGH VerwRspr 1956, 280 (283). 801 BGH NJW 1959, 1629 (1630). Hierzu bereits oben § 13 I. 796

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

191

die Sachkompetenz an sich zieht,802 ist diese als nach Auffassung des BGH ausschlaggebende Zuständigkeit für die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht einzuordnen. Wenn man die Rechtsprechung des BGH dahingehend versteht, dass im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten des angewiesenen Verwaltungsträgers die Amtshaftung des anweisenden Verwaltungsträgers bedingt, bedeutet der Übergang der Sachkompetenz mangels einer Möglichkeit des angewiesenen Verwaltungsträgers, die Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen und auf ihre Aufhebung hinzuwirken, dass der angewiesene Verwaltungsträger nicht eigenverantwortlich handelt. Bei dieser Betrachtungsweise führt der Übergang der Sachkompetenz von dem für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Verwaltungsträger auf den anweisenden Verwaltungsträger somit zur fehlenden Eigenverantwortlichkeit des angewiesenen Verwaltungsträgers. Somit könnte die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand des Innehabens der Sachkompetenz bestimmt werden. Es entstehen jedoch keine deckungsgleichen Ergebnisse, wenn man ein Prüfungsrecht der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung annimmt803 und zudem davon ausgeht, dass der angewiesene Verwaltungsträger auf die Rechtmäßigkeit der Weisung beziehungsweise der vorzunehmenden Handlung einwirken kann. Unter diesen Voraussetzungen wäre von einem eigenverantwortlichen Handeln auch des angewiesenen Verwaltungsträgers auszugehen, wenn dessen Amtswalter eine rechtswidrige Weisung befolgen und dabei schuldhaft eine Überprüfung der Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin sowie eine gegebenenfalls hieran anknüpfende Geltendmachung von Bedenken unterlassen. In einem solchen Falle könnte einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern nicht unabhängig von der Durchführung eines Remonstrationsverfahrens Bindungswirkung zugesprochen werden, sodass von einem eigenverantwortlichen Handeln des angewiesenen Verwaltungsträgers neben dem anweisenden Verwaltungsträger auszugehen wäre. Dies hätte zur Folge, dass die bereits dargestellten Kriterien zur Ermittlung des Haftungssubjekts bei unterbliebener Remonstration804 anzuwenden wären. Da dies allerdings die Möglichkeit des angewiesenen Verwaltungsträgers, rechtliche Bedenken in Bezug auf die Weisung gegenüber dem anweisenden Verwaltungsträger vorzutragen805, voraussetzt, ist im Folgenden zu hinterfragen, ob ein angewiesener Verwaltungsträger zur Remonstration berechtigt und verpflichtet sein kann.806

802

Hierzu bereits oben § 27 II. 2. c) bb) (2). Hierzu bereits oben § 27 II. 2. 804 Hierzu bereits oben §§ 16, 17. 805 So die Formulierung bei Herbst, DV 37 (2004), 51 (54 Fn. 11). 806 Verfehlt ist damit die Auffassung von Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41), wonach der Frage eines Remonstrationsrechts keinerlei praktische Bedeutung zukomme. 803

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

§ 28 Remonstration zwischen Verwaltungsträgern als Maßstab für die Beurteilung der Bindungswirkung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern Die Remonstration zwischen Verwaltungsträgern807 ist nicht mit einer Gegenvorstellung beziehungsweise Fachaufsichtsbeschwerde gleichzusetzen.808 Dies beruht darauf, dass im Beamtenrecht zwischen dem Remonstrationsverfahren bei Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung (§§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG) und sonstigen außergerichtlichen Rechtsbehelfen, die auf das Petitionsrecht des Art. 17 GG zurückzuführen sind (§ 125 BBG809), unterschieden wird810. Da letztere auch im Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern anerkannt werden,811 wird in dieser Arbeit geprüft, ob auch die Möglichkeit einer Remonstration zwischen Verwaltungsträgern besteht. Dies wird in Rechtsprechung812 sowie Literatur813 kaum thematisiert. Der BGH scheint mit der Bezugnahme auf § 56 BBG a. F.814 davon auszugehen, dass die persönliche Verantwortung für die Rechtmäßigkeit vorgenommener dienstlicher Handlungen von Amtswaltern des angewiesenen Verwaltungsträgers auf Amtswalter des anweisenden Verwaltungsträgers und dabei insbesondere auf den die Weisung erteilenden Amtswalter dieses Verwaltungsträgers übergehen kann. Mit der Möglichkeit einer Remonstration zwischen Verwaltungsträgern setzt sich der BGH in diesem Zusammenhang jedoch nicht auseinander. Dies ist insofern nicht 807 Für die Geltendmachung von Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit einer Weisung wird im Folgenden auch für das Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern der Begriff der Remonstration verwendet. Dieser entstammt zwar dem Beamtenrecht und bezeichnet damit herkömmlicherweise lediglich die Geltendmachung von Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer beamtenrechtlichen Weisung. Soweit die Möglichkeit einer Geltendmachung rechtlicher Bedenken im Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern durch Rspr. und Lit. thematisiert wird (siehe hierzu noch unten die Nw. in § 28 I., II.), wird hierfür jedoch ebenfalls der Begriff der Remonstration verwendet. 808 So jedoch für den Bereich des Beamtenrechts Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 22. 809 Eine § 125 BBG entsprechende Regelung enthält das BeamtStG nicht (Hebeler, in: Battis, BBG, § 125 Rn. 15). 810 Burth, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 125 BBG, Rn. 2 ff.; Günther, ZBR 1988, 297 (310 f.); Hebeler, in: Battis, BBG, § 125 Rn. 2 ff. 811 Siehe etwa Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 359 ff. zu den auf Art. 17 GG beruhenden außergerichtlichen Rechtsbehelfen der Gemeinde in Form von Gegenvorstellung und Aufsichtsbeschwerde. Zu den formlosen Rechtsbehelfen des Beamten eingehend Romann, Remonstrationspflicht, S. 108 ff. sowie speziell zu Gegenvorstellung und Aufsichtsbeschwerde Brüning  / ​ Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 377. Zur Wirksamkeit derartiger Rechtsbehelfe zudem Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 376. 812 Unklar insofern OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 64 ff. Zu OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris) siehe die sogleich folgenden Ausführungen. 813 Zu den Ausnahmen hiervon siehe die Nw. in den nun folgenden Fußnoten. 814 Hierzu bereits oben § 25 II.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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verwunderlich, als das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern als Erklärungsansatz für die Rechtsprechung des BGH identifiziert wurde815. Zunächst kann festgestellt werden, dass die Anwendung des BBG ebenso wie diejenige des BeamtStG im Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern ausscheiden muss, da es sich bei dem anweisenden Verwaltungsträger ebenso wenig wie bei dessen Amtswaltern um Vorgesetzte der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers handelt816. Demnach können auch die Äußerungen des OLG Brandenburg817 nicht überzeugen. Dieses thematisiert, ob eine unterlassene Remonstration des angewiesenen Verwaltungsträgers zu dessen Amtshaftung führen kann, ordnet dies aber als Frage der „Verletzung der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht“818 ein. Demnach ist im Folgenden zunächst zu klären, ob eine Remonstrationspflicht des angewiesenen Verwaltungsträgers gegenüber dem anweisenden Verwaltungsträger besteht und wie sich dies gegebenenfalls auf die Bestimmung der Passiv­ legitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern auswirkt. Hierbei wird erneut speziell auf das Verhältnis zwischen Bund und Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG eingegangen. Das Bestehen einer Remonstrationspflicht des angewiesenen Verwaltungsträgers setzt neben dem bereits thematisierten Bestehen eines Prüfungsrechts in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Weisung819 das Bestehen einer Prüfungspflicht sowie eines Remonstrationsrechts voraus. Demnach ist im Folgenden zu klären, ob auf dem Prüfungsrecht des Landes auch ein Remonstrationsrecht des Landes beruht. Zudem ist zu hinterfragen, ob das Land zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme sowie zur Geltendmachung etwaiger Bedenken in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahme auch verpflichtet ist. I. Bestehen eines Remonstrationsrechts des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Sofern den Amtswaltern des Landes ein Prüfungsrecht bezüglich der Rechtmäßig­ keit einer Weisung zuerkannt wird, ist dem Land ein hierauf bezogenes Remonstra­ tionsrecht einzuräumen.820 Ansonsten würde dem Land zwar die Möglichkeit 815

Hierzu bereits oben § 27 III. Hierzu bereits oben § 27 I. 817 OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 39. 818 OLG Brandenburg, Urt. v. 17.07. 2007, Az. 2 U 26/06 (abrufbar über juris), Rn. 39. Hervorhebung nur hier. 819 Hierzu bereits oben § 27 II. 2. c). 820 Janz, Weisungsrecht, S. 176; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 201 zufolge remonstrierte der zuständige nordrhein-westfälische Landesminister im Wege der Auseinandersetzungen zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Bund hinsichtlich des Schnellen Brüters Kalkar, die zur 816

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

eröffnet, eine Weisung durch seine Amtswalter auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, ohne jedoch hieraus resultierende Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Maßnahme geltend machen zu können. Dies würde einem Prüfungsrecht der Amtswalter des Landes jegliche Sinnhaftigkeit absprechen. Dies widerspricht weder der Sachkompetenz des Bundes noch dem Sinn und Zweck des Weisungsrechts des Art. 85 III GG. Zunächst ist hierbei auf diejenigen Aspekte zu verweisen, die bereits in Hinblick auf das Prüfungsrecht des Landes erörtert wurden821. Da die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Sachkompetenz durch den Bund mittels Erteilung einer Weisung der Durchsetzung der Rechtsauffassung des Bundes gegenüber derjenigen des Landes und damit der Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung in der Praxis dient,822 darf dem angewiesenen Land nicht die Befugnis verliehen werden, sich bei rechtlichen Bedenken gegenüber der Weisung über die Rechtsauffassung des Bundes hinwegzusetzen.823 Insofern wird ein Recht des Landes, welches dieses der Beurteilungskompetenz des Bundes entgegensetzen könnte, ausgeschlossen.824 Der verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung widerspräche es insbesondere, den Bund bei Wahrnehmung der Sachkompetenz an eine Mitwirkung des Landes zu binden,825 da die Sachkompetenz des Bundes die Befugnis beinhaltet, Vorgaben gegenüber der angewiesenen Stelle in verbindlicher Weise festzulegen826. BVerfGE 81, 310 ff. führten, mit Schreiben vom 30.06.1988. Demnach würde auch in der Praxis die Möglichkeit der Remonstration genutzt und anerkannt. Ein Remonstrationsrecht des Landes bejahend Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322 Fn. 16); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41), allerdings jeweils ohne nähere Begründung. Guttenberg, Selbsteintritt, S. 60 f., S. 270 stützt Remonstrationsrecht und -pflicht bei Erteilung einer Weisung durch eine Fachaufsichtsbehörde auf die Wahrnehmungskompetenz der angewiesenen Behörde. Diese soll der angewiesenen Behörde die Möglichkeit eröffnen, auf die inhaltliche Entscheidung Einfluss zu nehmen. Eine derartige Möglichkeit ist im Ausgangspunkt jedoch vielmehr mit der verbleibenden Kompetenz der angewiesenen Stelle zur Sachbeurteilung zu begründen. A. A. Pera, NVwZ 1989, 1120 (1122 f.); Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht, S. 63 (S. 75), allerdings ohne nähere Begründung. A. A. wohl zudem Wieland, ZUR 2004, 7 (9 f.), der im Falle eines Vorbringens des Landes, dass die Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG nicht vorlägen, nicht von einer Befreiung des Landes von dessen grundsätzlicher Weisungsbefolgungspflicht ausgeht und dem Land lediglich verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz zuerkennt. Da Ronellenfitsch selbst der Auffassung ist, dass ein Land nicht ohne weiteres zur Umsetzung einer rechtswidrigen Weisung gezwungen werden könne, insofern jedoch dem BVerfG zufolge dem Land keine gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen, wäre es auch vom Standpunkt Ronellenfitschs her überzeugender, ein Remonstrationsrecht des Landes anzunehmen. A. A. zudem Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (135), gestützt auf eine unbedingte Weisungsbefolgungspflicht der Länder. 821 Hierzu bereits oben § 27 II. 1., 2. 822 Hierzu bereits oben § 27 II. 1. d). 823 Janz, Weisungsrecht, S. 246; Wieland, ZUR 2004, 7 (9 f.). 824 BVerfGE 81, 310 (335); Janz, Weisungsrecht, S. 246. 825 BVerfGE 104, 249 (267). 826 Speziell zur Bundesauftragsverwaltung Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (151). Allgemein hierzu bereits oben § 27 II. 2. c) bb) (2).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Die Einräumung eines Remonstrationsrechts bedingt eine Mitwirkung des Landes. Diese führt allerdings lediglich zu einer rein verwaltungsinternen Überprüfung der erteilten Weisung.827 Dem Land wird folglich keine Möglichkeit eingeräumt, die Sachentscheidung des Bundes durch Dritte überprüfen zu lassen. Demnach entfaltet die Mitwirkung des Landes dem Bund gegenüber keine Bindungswirkung, da der Bund selbst das Remonstrationsverfahren beenden kann, indem er den Bedenken des Landes entspricht oder die Bedenken des Landes zurückweist.828 Unter diesem Gesichtspunkt ist damit der Bund nach wie vor befugt, inhaltliche Vorgaben gegenüber dem Land verbindlich festzulegen. Damit entspricht die Einräumung eines Remonstrationsrechts einem Verständnis der Sachkompetenz des Bundes als inhaltlicher Sachherrschaft829. II. Bestehen einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Fraglich ist jedoch, ob sich in Anlehnung an die entsprechenden Vorschriften der Beamtengesetze auch eine Pflicht des Landes annehmen lässt, eine Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und hieraus resultierende Bedenken beim Bund als anweisendem Verwaltungsträger geltend zu machen.830 827 Zu der Frage, wer sich bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG mit den hiergegen vorgebrachten Bedenken eines Landes auseinanderzusetzen hat, noch unten § 28 III. 1. 828 Im Ausgangspunkt ähnlich Janz, Jura 2004, 227 (233); Janz, Weisungsrecht, S. 514 in Bezug auf die Pflicht des Bundes, die Haftungskosten infolge der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zu tragen. Diese stehe der Letztentscheidungskompetenz des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung nicht entgegen. Zur Möglichkeit der Beendigung des Remonstrations­verfahrens durch den Bund noch unten § 28 III. 1. 829 So die Bezeichnung von Frenz, NVwZ 2002, 561 (562). Zu ähnlichen Begrifflichkeiten zur Beschreibung der Letztentscheidungskompetenz des Bundes bereits oben § 27 II. 1. d). 830 Eine Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern bei der amtshaftungsrechtlichen Beurteilung der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern voraussetzend Romann, Remonstrationspflicht, S. 92 ff., S. 98, der den anweisenden Amtswalter des anweisenden Verwaltungsträgers als Vorgesetzten der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers einordnet. Bejahend in Hinblick auf eine Prüfungs- und Geltendmachungspflicht des Landes bereits Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (434); diesem folgend Bull, in: AK-GG, Band 2, Art. 85 Rn. 19 sowie später Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 23. Steinberg zufolge soll sich diese Pflicht auch auf die Zweckmäßigkeit der Weisung beziehen, Bull zufolge dagegen nur auf die Rechtmäßigkeit der Weisung. Janz, Weisungsrecht, S. 513 lehnt zwar im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung ein Remonstrationsrecht sowie eine derartige Pflicht zunächst ab, nimmt jedoch zugleich in Fn. 793 eine Remonstrationsobliegenheit des Landes an, „[…] wenn das Land den Umstand kennt, der zur Rechtswidrigkeit der Weisung führt […]“ und bezieht sich hierbei auf die typischerweise vorhandene größere Sachnähe der Behörden des Landes gegenüber den Behörden des Bundes (zu dieser noch unten § 28 II. 2. c)). Eine Remonstrationspflicht setzt jedoch immer das Vorhandensein rechtlicher Bedenken voraus, sodass die von Janz als Ausnahmefall dargestellte Situation vielmehr Grundvoraussetzung für das Bestehen jeglicher Remonstrationspflicht ist. Loschelder, Weisungen, S. 125 f., bejaht eine Prüfungspflicht des Landes und geht davon aus, dass „gegebenenfalls“ eine Remonstrationspflicht des

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

1. Übereinstimmungen zwischen dem beamtenrechtlichen Weisungsverhältnis und dem Weisungsverhältnis zwischen Verwaltungsträgern Im Ausgangspunkt kann das durch Art. 85 III  GG begründete Weisungsverhältnis zwischen Bund und Land insofern mit dem Weisungsverhältnis zwischen vorgesetztem und nachgeordneten Amtswaltern verglichen werden, als jeweils grundsätzlich eine Weisungsbefolgungspflicht auch bei rechtswidrigen Weisungen besteht.831 Zudem ergibt sich aus der Verwaltungszuständigkeit des Landes in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Landes für die durch seine Amtswalter vorgenommenen Handlungen.832 Dies entspricht der vollen persönlichen Verantwortung des Amtswalters für die von ihm vorgenommenen dienstlichen Handlungen (§§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG).833 Zugleich entfällt bei der beamtenrechtlichen Weisung ebenso wie bei der Weisung nach Art. 85 III GG die Bindungswirkung, wenn das Gebot der Weisungsklarheit

Landes bestehe. Hierfür setzt Loschelder voraus, dass die Rechtsauffassung des Landes von derjenigen des Bundes abweicht und Anlass zu der Annahme gibt, dass der Vollzug der erteilten Weisung Risiken birgt, die etwa durch Fehleinschätzungen des Bundes bedingt werden. Dies geht wiederum nicht über die Grundvoraussetzungen für das Bestehen einer Remonstrationspflicht hinaus. Unter Annahme eines Prüfungsrechts des Landes eine derartige Prüfungs- und Geltendmachungspflicht ablehnend dagegen Lerche, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 Fn. 33, dem zufolge eine Remonstrationspflicht des Landes kaum in Betracht komme, da dem Bund keine Dienstaufsicht über das Land bei Materien der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) zukomme. Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322 Fn. 16) nimmt dagegen an, dass es „regelmäßig angebracht sein wird“, dass ein Land eine abweichende Rechtsauffassung gegenüber dem Bund vorbringt. Eine Vergleichbarkeit von Weisungen nach Art. 85 III GG mit beamtenrechtlichen Weisungen generell ablehnend Lange, NJW 1986, 2459 (2461 Fn. 14); Lange, Weisungsrecht, S. 70, der dementsprechend auch eine Remonstrationspflicht des Landes ablehnt (Lange, NVwZ 1990, 928 [931]; Lange, Weisungsrecht, S. 140 f.). 831 Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 30 sowie im Ausgangspunkt Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (433 f.). Lange, Weisungsrecht, S. 140 f., S. 145 f. weist darauf hin, dass dem Land durch BVerfGE 81, 310 (330 ff.) eine ähnliche Stellung wie diejenige eines weisungsgebundenen Amtswalters zugewiesen werde, lehnt jedoch eine Vergleichbarkeit beider Situationen generell ab. Zur Weisungsbefolgungspflicht des Amtswalters auch bei rechtswidrigen Weisungen bereits oben § 13 II. 1.; zur Weisungsbefolgungspflicht des Landes auch bei rechtswidrigen Weisungen gemäß Art. 85 III GG bereits oben § 27 II. 1. d). Zu weitgehend ist die Auffassung von Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (422, 443); Steinberg, atw 1987, 282 (283), wonach eine Art von Instanzenzug zwischen Bundes- und Landesverwaltung bestehe und einer Weisung nach Art. 85 III GG keine Außenwirkung gegenüber dem angewiesenen Land zukomme, da die Stellung des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG derjenigen einer nachgeordneten Behörde gegenüber einer anweisenden Behörde desselben Verwaltungsträgers gleichkomme. Hierzu ebenfalls bereits oben § 27 I. 3. 832 Hermes, in: Dreier, GG, Band III, Art. 85 Rn. 24; Janz, Jura 2004, 227 (228); Janz, Weisungsrecht, S. 89, S. 130; Loschelder, Weisungen, S. 125 f.; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (430). Zur Verwaltungszuständigkeit der Länder in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) noch unten § 28 II. 2. d) bb) (1) (a) in Zusammenhang mit der Finanzierungsverantwortung in der Bundesauftragsverwaltung. 833 Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (430).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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nicht beachtet wurde.834 Die Bindungswirkung einer beamtenrechtlichen Weisung entfällt zudem, wenn diese sich auf Materien bezieht, die nicht Gegenstand des beamtenrechtlichen Weisungsrechts sind.835 Auch die Verbindlichkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG setzt voraus, dass ein Fall der Bundesauftragsverwaltung zur Begründung eines Weisungsverhältnisses vorliegt und die Weisung sich innerhalb des Anwendungsbereichs des Weisungsrechts des Art. 85 III GG bewegt.836 Da bei Erteilung einer rechtswidrigen beamtenrechtlichen Weisung nicht das Bestehen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten für die Verteilung der haftungs­ rechtlichen Verantwortung entscheidend ist, sondern vielmehr die ordnungsgemäße, aber erfolglose Durchführung eines Remonstrationsverfahrens,837 ist es naheliegend, das Bestehen einer der Remonstrationspflicht des angewiesenen Amtswalters (§§ 63  II  BBG, 36 II BeamtStG) entsprechenden Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG zu hinterfragen.838 Für diese Vorgehensweise spricht, dass auch dem angewiesenen Amtswalter keine gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zukommen, wenn er durch die Weisung lediglich in seiner Stellung als Amtswalter betroffen wird, selbst wenn diese Weisung rechtswidrig ist839. Gleiches gilt für Weisungen gegen 834 Zur beamtenrechtlichen Weisung Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62  BBG 2009 Rn. 19. Zur Weisung nach Art. 85 III GG BVerfGE 81, 310 (Ls. 3, 336 f.); 84, 25 (33); Broß  / ​ Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 23; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 24; Janz, Weisungsrecht, S. 251 ff.; Lange, NVwZ 1990, 928 (929 f.); Loschelder, Weisungen, S. 135; Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 33; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  85 Rn.  32. 835 Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 42. 836 BVerfGE 81, 310 (335); Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 65; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 22; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 24; Lange, NVwZ 1990, 928 (930); Pauly, Weisungen, S. 233; Trute, in: von Mangoldt / ​ Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 25, Rn. 32; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 101 ff., S. 249 f.; Winter, DVBl. 1985, 993 ff. 837 Hierzu bereits oben § 13 II. 3. 838 Das Bestehen einer Remonstrationspflicht des Landes mit der dargestellten Begründung bejahend Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (433 ff.); Bull, in: AK-GG, Band 2, Art. 85 Rn. 19 in Analogie zu § 38 II BRRG; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 23. Guttenberg, Selbsteintritt, S. 60 f., S. 270 nimmt ein Recht sowie eine Pflicht der angewiesenen Behörde zur Remonstration bei Erteilung einer Weisung durch eine Fachaufsichtsbehörde an und stützt dies auf die Pflicht des Beamten, seinen Vorgesetzen zu beraten. Ablehnend dagegen Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 90, S. 205 f. 839 Battis, BBG, § 63 Rn. 11 f.; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 488 f.; Günther, ZBR 1988, 297 (316); Kugele, in: Kugele, BBG, § 62 Rn. 6 ff.; Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 36 BeamtStG, Rn. 27; Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 29; Romann, Remonstrationspflicht, S.  126 f. A. A. Pauly, Weisungen, S. 200 ff., der fachliche Weisungen als Grundrechtseingriffe einordnet und diese folglich als gerichtlich angreifbar einordnet. Zum Verhältnis von gerichtlichem Rechtsschutz und Remonstration Romann, Remonstrationspflicht, S. 125 ff.; Felix, Remonstrationsrecht, S. 159 ff., welche die beamtenrechtlichen Vorschriften in Bezug auf das Remonstrationsrecht nicht als Ausschluss der gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten einordnet, sondern der erfolglosen Durchführung des Remonstrationsverfahrens lediglich Auswirkungen auf das Rechtsschutzbedürfnis des Beamten bei einer verwaltungsgerichtlichen Klage beimisst.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

über nachgeordneten Behörden innerhalb eines Verwaltungsträgers.840 Dies wird jeweils dadurch bedingt, dass der Weisungsempfänger durch die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nicht in subjektiven Rechten verletzt wird,841 die Einräumung gerichtlichen Rechtsschutzes insofern jedoch gerade dem Schutz sowie der Durchsetzung subjektiver Rechte der angewiesenen Stelle dient842. In Hinblick auf das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten kommt der Weisung damit jeweils Bindungswirkung zu.843 Trotz dieses Ausschlusses gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten bei Erteilung einer rechtswidrigen beamtenrechtlichen Weisung besteht bei dieser das Recht und die Pflicht des angewiesenen Amtswalters, Bedenken hinsichtlich der Rechtswidrigkeit einer Weisung geltend zu machen.844 Wegen der grundlegenden Unterschiede zwischen dem beamtenrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen vorgesetztem und nachgeordnetem Amtswalter und dem Verfassungsrechtsverhältnis zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) müssen über diese grundsätzliche Vergleichbarkeit hinaus jedoch spezifische verfassungsrechtliche Gründe für die Annahme einer Prüfungsund Remonstrationspflicht des Landes bestehen. Zugleich dürfen dieser keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegenstehen.845 2. Begründungsansätze für das Bestehen einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Zunächst ist dabei anhand der Bundesauftragsverwaltung zu hinterfragen, ob der Sinn und Zweck eines Remonstrationsverfahrens auch im Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern verwirklicht werden kann.

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Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 29. Für die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG bereits oben § 27 II. 1. b) bb). Für die Erteilung einer rein amtlichen Weisung des Beamtenrechts Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 22, Rn. 28. 842 Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 22 zum gerichtlichen Rechtsschutz des angewiesenen Amtswalters.  843 Für die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG bereits oben § 27 II. 1. b) bb). Für die Erteilung einer rein amtlichen Weisung des Beamtenrechts Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 17. 844 Ausdrücklich Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 28. 845 Da Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (443) das durch Art. 85 III GG begründete Rechts­ verhältnis mit demjenigen zweier Behörden innerhalb eines Verwaltungsträgers gleichsetzt, entfallen derartige Überlegungen in seiner Darstellung. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52 dagegen erachtet Rückschlüsse aus dem Bereich des Beamtenrechts auf die Bundesauftragsverwaltung grds. kaum als möglich, obwohl er anerkennt, dass dort jeweils ein umfassendes Weisungsrecht eingeräumt wird. 841

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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a) Remonstration als Mittel zur Befreiung der angewiesenen Stelle von der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit Einführend ist auf die Funktion des Remonstrationsverfahrens, die angewiesene Stelle von ihrer haftungsrechtlichen Verantwortung zu befreien,846 einzugehen. Sollte man von einer haftungsrechtlichen Verantwortung des Landes bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung gemäß Art. 85 III GG ausgehen,847 ist es konse­ quent, eine Remonstrationspflicht des Landes im Falle von Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit einer Weisung anzunehmen, um dem Land die Möglichkeit zu eröffnen, sich von seiner haftungsrechtlichen Verantwortung zu befreien.848 Allerdings ist für die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit eines angewiesenen Verwaltungsträgers nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG entscheidend, ob der erteilten Weisung Bindungswirkung zukommt oder nicht.849 Da gerade zu hinterfragen ist, ob das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten oder ein erfolglos durchgeführtes Remonstrationsverfahren als Maßstab für die Bindungswirkung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern heranzuziehen ist, würde die Begründung einer Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung mit dessen amtshaftungsrechtlicher Verantwortlichkeit einen Zirkelschluss darstellen. Aus diesem Grunde kommt der Funktion der Haftungsbefreiung keine Aus­ sagekraft in Hinblick auf das Bestehen einer Remonstrationspflicht des Landes zu. b) Pflicht des Landes, die Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht gegenüber dem Bund geltend zu machen Dem BVerfG zufolge verfügt ein angewiesenes Land bei Überschreitung einer äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht über die verfassungsgerichtliche Rechtsschutzmöglichkeit eines Bund-Länder-Streits gemäß Art. 93 I Nr. 3 GG.850 Insofern geht das BVerfG davon aus, dass die Überschreitung einer äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht durch das Land substantiiert dargelegt werden müsse.851 846

Hierzu bereits oben § 13 II. Hierzu bereits oben § 2 I. Speziell in Zusammenhang mit einer Remonstrationspflicht des Landes Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (430 f., 434) sowie diesem folgend Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 23. 848 So auch die Argumentation bei Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (434); Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 23. Bull führt als Argument hierfür auch eine gemeinsame Verantwortung des Bundes und des jeweiligen Landes für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns in der Bundesauftragsverwaltung an. Im Ansatzpunkt ähnlich Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 258, der von einer haftungsrechtlichen Verantwortung des Landes ausgeht und auch deswegen bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten des Landes annimmt. 849 Hierzu bereits oben §§ 15–18, §§ 25, 26. 850 BVerfGE 81, 310 (Ls. 2a, Ls. 2b, 330 ff., insb. 334 f.); 84, 25 (30 f.). 851 BVerfGE 81, 310 (335), wobei das BVerfG ausdrücklich von dem „antragstellenden Land“ spricht und sich damit auf ein verfassungsgerichtliches Verfahren bezieht. 847

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

In Übereinstimmung mit vereinzelten Stimmen in der Literatur852 zum Weisungs­ recht des Art. 85 III GG ist eine Pflicht des Landes anzunehmen, die anweisende oberste Bundesbehörde auf die Unverbindlichkeit der Weisung und die hierdurch bedingte Nichtbefolgung derselben hinzuweisen. Diese entspricht der aus der Beratungs- und Unterstützungspflicht des angewiesenen Amtswalters seinem Vorgesetzten gegenüber (§§ 62 I 1 BBG, 35 I 1 BeamtStG) resultierenden Pflicht, in einem derartigen Fall auf das Entfallen der Weisungsbefolgungspflicht hinzuweisen853. Dies kann auch durch Stellung eines Antrags auf Durchführung eines BundLänder-Streits nach Art. 93 I Nr. 3 GG erfolgen.854 Zu stützten ist diese Pflicht des Landes auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens.855 Die Annahme einer Pflicht des Landes, die Überschreitung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht entweder gerichtlich oder gegenüber dem anweisenden Bund geltend zu machen, spricht für eine grundsätzliche Pflicht des Landes, rechtliche Bedenken gegenüber dem Bund geltend zu machen. Ob dies auch bei bloßen Bedenken in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Weisung gilt, wird hierdurch allein jedoch nicht geklärt. c) Remonstration als Mittel zur Effektuierung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz Für die Anerkennung einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern spricht die Funktion des Remonstrationsverfahrens, auf die Verwirklichung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz hinzuwirken856. Die für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Landes­ behörden verfügen typischerweise über größere Sachnähe und hierdurch bedingt über mehr Sachkenntnis als die anweisende oberste Bundesbehörde.857 Insbesondere im Bereich der Durchführung des AtG, die in weiten Teilen der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG unterfällt,858 kann aufgrund des fehlenden Verwal 852

Lange, Weisungsrecht, S. 91 Fn. 2; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 216; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 174. 853 Lemhöfer, in: Plog / ​Wiedow, BBG, § 62 BBG 2009 Rn. 42. 854 Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (40); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 174, die voraussetzen, dass das Land zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG stellt. Ossenbühl geht dabei allerdings davon aus, dass letzteres die alleinig systemgerechte Vorgehensweise des Landes sei. 855 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 216. Zust. Lange, Weisungsrecht, S. 91 Fn. 2. Zu diesem noch eingehend unten § 28 II. 2. d). 856 Hierzu bereits oben § 27 II. 2. b). 857 Janz, Weisungsrecht, S. 513. Für das Verhältnis zwischen angewiesenem und anweisendem Amtswalter ebenso Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR V, § 107 Rn. 94. Dies ist jedoch aufgrund der bereits unter § 16 II. dargestellten Umstände wenig überzeugend. 858 Hierzu bereits eingangs § 2 I.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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tungsunterbaus des Bundes vielfach davon ausgegangen werden, dass dem Bund im Gegensatz zu den Genehmigungsbehörden der Länder die erforderliche Sachkunde für die Beurteilung von Detailfragen fehlt.859 Eine Pflicht der Amtswalter des Bundes, sich bei Bildung des Bundeswillens mit der auf die fachliche Kompetenz und den Sachverstand der Landesbehörden860 zurückzuführenden Rechtsauffassung des Landes auseinanderzusetzen, kann in enormem Maße zu einem sachgerechten Gesetzesvollzug, zur Rechtmäßigkeit der Handlungen im Außenverhältnis und damit zu einer Effektuierung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) beitragen. Eine Pflicht des Bundes, den rechtlichen Standpunkt der Länder zu erwägen, wird allgemein als Folge der Pflicht des Bundes, dem Land vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, anerkannt.861 Die bloße Möglichkeit eines Landes, seine Rechtsauffassung vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG gegenüber dem Bund zu äußern, kann jedoch nicht in gleichem Maße zu einem rechtmäßigen Handeln im Außenverhältnis beitragen wie die Anerkennung einer Pflicht des Landes, bestehende Bedenken geltend zu machen, dies kann.862 Insofern kann eine Remonstrationspflicht des nach Art. 85 III GG angewiesenen Landes mit einer Obhutspflicht des Landes gegenüber den eigenen Bürgern begründet werden.863 Dem steht nicht entgegen, dass ein nach Art. 85 III GG angewiesenes Land eine etwaige Verletzung der Grundrechte von Bürgern durch die Erteilung einer Weisung nicht gerichtlich geltend machen kann864. Der Ausschluss gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeit beruht lediglich darauf, dass ein Land gegenüber dem Bund gerichtlich nur die Verletzung kompetentieller Rechte und damit die Verletzung von Verfassungsnormen, die die rechtliche Beziehung zwischen Bundes- und Landesstaatsgewalt betreffen, geltend 859

Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (279 f.). Di Fabio und Mellinghoff weisen hierbei gestützt auf Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 297 ff. darauf hin, dass der enge Zusammenhang zwischen dem Bereich der landeseigenen Verwaltung und dem Kernenergierecht gerade entscheidend dafür war, dass im Bereich des Kernenergierechts die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung statt derjenigen der bundeseigenen Verwaltung nach Art. 86 f. GG gewählt wurde. 860 Diesen erkennt auch das BVerfG selbst an, BVerfGE 81, 310 (336). 861 BVerfGE 81, 310 (Ls. 4, 337); 84, 25 (33). Ebenso das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (283). Eingehend hierzu Broß  / ​ Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 23; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 22; Janz, Weisungsrecht, S. 247 ff.; Loschelder, Weisungen, S. 135; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (434 f.); Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 33; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  85 Rn.  28. 862 Eine Remonstrationspflicht des Landes gerade aufgrund dieses Zusammenhangs wohl ablehnend Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 23 ff., welche dem Land einen Anspruch auf Partizipation an dem Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Bundes absprechen. Allerdings wird dies gerade mit der Gefahr begründet, dass sich hierdurch bedingt der Wille des Bundes nicht gegenüber demjenigen des Landes durchsetzen könne. Zugleich wird hervorgehoben, dass der Bund bei Ausübung seiner Sachkompetenz nicht an eine Mitwirkung des Landes gebunden werden dürfe. Da beide Aspekte der Annahme einer Remonstrationspflicht gerade nicht entgegenstehen, kann dieser Sichtweise nicht gefolgt werden. 863 Loschelder, Weisungen, S. 125. 864 BVerfGE 61, 82 (103 f.); 81, 310 (333 f.). Zust. etwa Janz, Weisungsrecht, S. 265 f.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

machen kann.865 Da dem angewiesenen Land ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme, zu der angewiesen wurde, zuerkannt wurde und somit sowohl das Land als auch der Bund über die Kompetenz zur Sachbeurteilung verfügen, kann insofern auch von einer Obhutspflicht des Landes gegenüber dem Bund866 gesprochen werden. Die Effektuierung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) spricht damit für die Annahme einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung,867 da diese dazu beitragen würde, auch komplexe Fragen der Rechtmäßigkeit eingehend zu erörtern und hierdurch zu einem rechtmäßigen Handeln im Außenverhältnis beizutragen868. Sofern man von einem Prüfungsrecht des angewiesenen Verwaltungsträgers ebenso wie von dessen Amtswaltern ausgeht, spricht das Prinzip verwaltungsinterner Selbstkontrolle somit gegen die Annahme der Bindungswirkung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern gestützt auf die fehlende Möglichkeit des angewiesenen Verwaltungsträgers, gerichtlichen Rechtsschutz hiergegen zu ergreifen. d) Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens Die Anerkennung einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht eines nach Art. 85 III GG angewiesenen Landes kann konstruktiv auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens869 gestützt werden.870 865

Siehe hierzu nur die Argumentation des BVerfG in BVerfGE 81, 310 (333 f.). Loschelder, Weisungen, S. 125, der dies mit der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Land für die Aufgabenbereiche, die der Bundesauftragsverwaltung unterfallen, begründet. Hierzu auch Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 23. Da auch das BVerfG eine gemeinsame Verantwortung von Bund und Land für den Bestand des Staates, seiner Verfassungsordnung und die Abwehr kollektiver Existenzgefährdungen annimmt (BVerfGE 81, 310 [334 f.], hierzu noch unten § 29 I.), stehen einer Anerkennung von Fällen gemeinsamer Verantwortung von Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung keine grundsätzlichen Bedenken entgegen. 867 Ähnlich Loschelder, Weisungen, S. 125. Siehe in diesem Zusammenhang zudem Zieger  / ​ Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 175, die eine Remonstrationspflicht des Landes auf die „Prinzipien ordnungsgemäßer Verwaltung“ stützen. 868 Loschelder, Weisungen, S. 126; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (434 f.). Ähnliche Erwägungen tragen auch die Auffassung von Lange, NVwZ 1990, 928 (931); Lange, Weisungsrecht, S. 146, sich gegen eine Überführung der Ausführung des AtG in bundeseigene Verwaltung (Art.  86 f.  GG) mittels Änderung des GG auszusprechen. Ähnlich Tschentscher, Bundes­ auftragsverwaltung, S. 216 in Bezug auf eine Hinweispflicht des Landes im Falle der Erteilung einer offenkundig rechtswidrigen Weisung durch den Bund. 869 Zur insofern gebräuchlichen Terminologie Bayer, Bundestreue, S. 23 ff., S. 45 ff.; Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 163. 870 Auch Janz, Weisungsrecht, S. 513 mit Fn. 793 stützt eine etwaige Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens. Dies thematisierend, jedoch ablehnend Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 90. 866

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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aa) Pflichtenbegründung durch den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens Der im Bundesstaatsprinzip des Art. 20 I GG wurzelnde Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens871 verpflichtet Bund und Länder, in gebotener und zumutbarer Weise sowohl auf das Gesamtinteresse des Bundesstaates als auch auf die Belange der Länder Rücksicht zu nehmen.872 Er ist gerade in der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG von enormer Bedeutung,873 da diese ein Zusammenwirken zwischen den obersten Bundes- und Landesbehörden erfordert und beiderseitige Kooperationsbereitschaft voraussetzt874. Da im Falle der Nutzung des durch Art. 85 III GG eingeräumten Weisungsrechts eine Rechtsbeziehung zwischen Bund und Land besteht,875 steht es der Anwendbarkeit des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens nicht entgegen, dass dieser lediglich bereits bestehende Rechtsbeziehungen prägen kann876. Dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens kommt unter den soeben dargestellten Voraussetzungen auch pflichtenbegründende Funktion zu.877 Als Verhaltenspflichten kommen dabei insbesondere Tätigkeitspflichten in Form von Hilfs- und Mitwirkungspflichten wie etwa Informations- und Konsultationspflichten, Hilfs- und Unterstützungspflichten sowie sonstige Verfahrenspflichten in Betracht.878 Eine anerkannte Verfahrenspflicht stellt dabei die bereits angesprochene Pflicht des Bundes dar, dem Land vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG 871

Hierzu nur Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band III, Art. 20, IV., Rn 118; Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 21. 872 BVerfGE 32, 199 (218); 43, 291 (348); 81, 310 (337); 104, 249 (269 f.); Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (282 f.). Zur Bindungswirkung des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens gegenüber sämtlichen Gliedern des Bundesstaates Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 163. 873 Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (282). Zur allgemeinen Geltung im Bund-Länder-Verhältnis BVerfGE 12, 205 (254 f.); 81, 310 (337). Eingehend zum Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Steinberg, Bundesaufsicht, S. 37 ff. 874 Wieland, ZUR 2004, 7 (10). 875 Lange, Weisungsrecht, S. 114. Ähnlich Steinberg, Bundesaufsicht, S. 37. 876 BVerfGE 13, 54 (75); 21, 312 (326); 42, 103 (117); 104, 238 (247 f.); BVerwGE 50, 137 (148); Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 166; Lange, Weisungsrecht, S. 112 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 87, S. 246. Krit. hierzu Bauer, Bundestreue, S. 335 ff. 877 Siehe aus der Rspr. des BVerfG etwa BVerfGE 8, 122 (138 f.); 12, 205 (254 f.); 104, 238 (248). Zudem Kölble, DÖV 1959, 807 (811); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 86 f.; Zeise, Haftung, S. 49. Eingehend hierzu Lange, Weisungsrecht, S.113 f. 878 BVerfGE 8, 122 (138); Frenz, NVwZ 2002, 561 (562); Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 21 f.; Janz, Weisungsrecht, S. 340; Stern, Staatsrecht, Band I, S. 702. Ausführlich hierzu Bauer, Bundestreue, S. 333 f. Zudem Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 167. Janz, Weisungsrecht, S. 516 f. leitet aus der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten etwa die Pflicht des Landes ab, in einem Haftungsprozess gegenüber Dritten in Folge einer nach Art. 85 III GG erteilten Weisung die Interessen des Bundes vollumfänglich und in bestmöglicher Weise zu vertreten.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und den Standpunkt des Landes zu erwägen.879 Diese Pflicht widerspricht als lediglich prozedurale Anforderung nicht der aus der Sachkompetenz folgenden inhaltlichen Gestaltungsmacht des Bundes.880 Eine Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes ist bislang dagegen nicht als aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens folgende Pflicht des Landes anerkannt. Der Inhalt des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens ist jedoch nicht abschließend festgelegt, sondern bedarf vielmehr einer fortschreitenden Konkretisierung, um eine Anwendbarkeit in der Rechtspraxis zu gewährleisten.881 Aufgrund dieser Entwicklungsoffenheit des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens sind dessen etablierte Konkretisierungen nicht als abschließend anzusehen.882 Welche konkreten Folgerungen sich aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens ergeben, kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.883 Eine Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes kann dabei als spiegelbildliche Pflicht zur Pflicht des Bundes, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, eingeordnet werden. Wenn der Bund die Pflicht hat, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diesen auch zu erwägen, kann das Land als verpflichtet angesehen werden, sich mit der Rechtmäßigkeit der nach Erteilung der Weisung vorzunehmenden Maßnahme auseinanderzusetzen und hieraus resultierende Bedenken gegenüber dem Bund geltend zu machen. Zu dieser Sichtweise passt, dass der Bund sich trotz der Pflicht, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und den Standpunkt des Landes zu erwägen, nicht bemühen muss, vor Erteilung einer Weisung ein Einvernehmen mit dem Land zu erreichen, da der Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung unberührt lässt884. Auch bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht des Landes wäre der Bund lediglich verpflichtet, sich mit den Bedenken des Landes auseinanderzusetzen, jedoch nicht verpflichtet, diesen zu entsprechen. Hierbei wird deutlich, dass die Remonstrationspflicht eines Landes im Gegensatz zur beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG nicht auf den Zeitraum nach Erteilung der Weisung nach Art. 85 III GG begrenzt ist. Vielmehr kann das Land aufgrund des Zusammenhangs mit der Pflicht des Bundes, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, hierdurch auch bereits vor Erteilung der Weisung nach Art. 85 III GG zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der vor-

879

Bauer, Bundestreue, S. 354. Zu dieser Pflicht bereits oben §§ 27 II. 2. c) aa), 28 II. 2. d) aa). Frenz, NVwZ 2002, 561 (562). 881 BVerfGE 12, 205 (255); Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 166. Eingehend zudem Bauer, Bundestreue, S. 313 ff., auch zu möglichen Ansatzpunkten für eine derartige Konkretisierung. 882 Bauer, Bundestreue, S. 313 ff., S. 354 f. 883 BVerfGE 81, 310 (337); 104, 249 (270); Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (152). 884 BVerfGE 81, 310 (337). Ebenso das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (282, 284); Isensee, in: FS Bethge, S. 359 (S. 380). 880

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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zunehmenden Maßnahme verpflichtet werden.885 Dies entspricht der allgemeinen Beratungs- und Unterstützungspflicht des Amtswalters gegenüber Vorgesetzten nach §§ 62 I 1 BBG, 35 I 1 BeamtStG. Eine Remonstrationspflicht des Landes resultiert aus dessen Prüfungspflicht, sofern sich aus der Prüfung des Landes Bedenken in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Weisung ergeben. Aufgrund der in der Bundesauftragsverwaltung notwendigen Kooperation zwischen Bundes- und Landesbehörden und der hieraus resultierenden Gespräche im Vorfeld der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG wird dies häufig bereits vor Erteilung der Weisung der Fall sein.886 Diese Sichtweise trägt dem Umstand Rechnung, dass die zuständigen Landesbehörden und die weisungsberechtigten obersten Bundesbehörden durch spezialgesetzliche Regelungen887, aber auch durch die Grundsätze des kooperativen Föderalismus zu einem Meinungsaustausch in Hinblick auf Sach- und Rechtsfragen in Angelegenheiten, die der Bundesauftragsverwaltung unterfallen, verpflichtet sein können888. Die Remonstrationspflicht als Hinweis- und Informationspflicht des Landes fügt sich als Verfahrenspflicht in die anerkannten Kategorien der durch den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens begründeten Pflichten ein. Auch wenn man die pflichtenbegründende Funktion des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens auf Nebenpflichten beschränken sollte,889 kann eine Remonstrationspflicht als solche eingeordnet werden. Die wesentliche Pflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG liegt in deren Befolgung, also ihrer Umsetzung im Außenverhältnis. Die Remonstrationspflicht kommt dagegen der Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme nahe, die ebenfalls als Nebenpflicht einzuordnen ist890.

885

Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 175. Janz, Weisungsrecht, S. 520 scheint zunächst von einer Geltendmachung der Bedenken allein vor Erteilung der Weisung auszugehen und bezeichnet dies als „vorangegangene[…] ‚Remonstration‘“, geht in einem späteren Fallbeispiel jedoch von einer Remonstration des Landesministers beim Weisungsgeber nach Erteilung der Weisung aus (S. 531), ohne sich hiermit näher auseinanderzusetzen. 886 Zu dem im Regelfall ausführlichen Meinungsaustausch zwischen Bund und Land in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung etwa Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41). 887 Etwa § 7 IV 1, 2 AtG (ggf. i. V. m. § 7a II AtG), § 9b V AtG i. V. m. § 73 II VwVfG. Hierzu Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 120. 888 Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 120. 889 Befürwortend etwa Bayer, Bundestreue, S. 64 f., S. 117 f.; Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 166. Ablehnend mit überzeugender Argumentation Bauer, Bundestreue, S. 333 ff. Bauer zeigt hierbei, dass die Rspr. des BVerfG zunächst vermuten ließe, dass lediglich Nebenpflichten begründet werden könnten. Die vom BVerfG selbst anerkannten, aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens resultierenden Pflichten wie die in BVerfGE 8, 122 (137 ff.) anerkannte Pflicht der Länder zum kommunalaufsichtlichen Einschreiten können jedoch vielfach nicht als bloße Nebenpflichten eingeordnet werden. 890 Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 166.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Um eine Remonstrationspflicht jedoch mit dem Grundsatz des bundesfreund­ lichen Verhaltens begründen zu können, muss diese der Wahrung gesamtstaatlicher Interessen oder der Wahrung von Belangen der Länder dienen. Als zu schützendes gesamtstaatliches Interesse ist die bereits thematisierte Förderung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) durch die Anerkennung der Möglichkeit der Remonstration891 einzuordnen. bb) Die finanziellen Belange des Bundes als zu schützendes Interesse Auch die finanziellen Belange des Bundes stellen ein zu schützendes gesamtstaat­ liches Interesse dar. Die finanziellen Belange des Bundes werden insofern bei der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG berührt, als der Bund bei Befolgung dieser Weisung zumindest einen Teil der hieraus resultierenden Kosten zu tragen hat. Dies wird im Folgenden anhand der Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG sowie der Haftungsvorschrift des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG dargestellt.892 Da kommunale Gebietskörperschaften im Rahmen des Art. 104a GG den Ländern zugeordnet werden,893 ist ein Handeln kommunaler Gebietskörperschaften gegenüber Dritten, das durch eine Weisung nach Art. 85 III GG bedingt wird, insofern dem jeweiligen Land zuzurechnen. (1) Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG (a) Konnexitätsgrundsatz des Art. 104a I GG Gemäß Art. 104a I  GG tragen Bund und Länder gesondert diejenigen Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit durch das Grundgesetz nichts anderes bestimmt wird.894 Damit gilt grundsätzlich das

891

Siehe bereits oben § 27 II. 2. b). Abgesehen hiervon kann keine Kostentragungspflicht des Bundes begründet werden. Siehe hierzu die eingehende Darstellung der haftungsrechtlichen Beziehungen zwischen Bund und Land in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG bei Janz, Weisungsrecht, S. 321 ff. 893 BVerfGE 86, 148 (215); BVerwGE 44, 351 (365); 98, 18 (21); 100, 56 (60); von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 3; Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band  III, Art. 104a Rn. 171; Janz, Weisungsrecht, S. 415 f., S. 461 ff.; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 297, Rn. 324; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 15; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 36, S. 376 ff.; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 1146; Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S. 289 f.); Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 102. Zu den Auswirkungen dieser Zuordnung auf Ansprüche aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 53. 894 Eingehend hierzu Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 83 ff. 892

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Konnexitätsprinzip als Zusammenhang zwischen sachlicher Zuständigkeit und Finanzierungsverantwortung895.896 Im Falle des Auseinanderfallens von Gesetzgebungs- und Verwaltungskom­ petenz stellt sich die Frage, ob die Gesetzes- beziehungsweise Veranlassungskausalität oder die Vollzugs- beziehungsweise Durchführungskausalität entscheidend für die Lastenverteilung nach Art. 104a I GG ist.897 De lege lata ist davon auszugehen, dass Art. 104a I GG dem Prinzip der Vollzugskausalität folgt.898 Entscheidend ist somit der Aufgabenvollzug als Tätigkeit, die unmittelbar Ausgaben verursacht.899 Demnach hat derjenige Verwaltungsträger die durch den Gesetzesvollzug verursachten Ausgaben zu tragen, dem die Verwaltungszuständigkeit zukommt.900 In der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG kommt den Ländern die Verwaltungszuständigkeit als administrative Wahrnehmungszuständigkeit zu,901 sodass durch

895 Zu diesem auch als Grundsatz der Identität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung sowie als Identität von Aufgabenkompetenz und Finanzverantwortung bezeichneten Grundsatz von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 8, Rn. 10, Rn. 17; Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  104a Rn.  37, Rn.  40 ff.; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 32 ff., insb. S. 35 f.; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 101. 896 Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 59.1; Herbst, DV 37 (2004), 51 (61); Loschelder, Weisungen, S. 89; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 2; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 101; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 49. Zur hiervon abweichenden Regelung des Art. 104a III 2 GG Janz, Weisungsrecht, S. 427 ff., insb. S. 431 ff.; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 25 ff.; Tappe  / ​ Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 112, Rn. 128, Rn. 132 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 58 f. 897 Eingehend hierzu Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 42 ff.; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 186 ff.; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 113 ff. 898 BVerfGE 26, 338 (390); BVerwGE 44, 351 (365); BVerwG NVwZ 1992, 264 (265); BVerwGE 98, 18 (22); von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 12 ff., Rn. 18 ff., insb. Rn. 23 ff.; Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 331 ff.; Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  104a Rn.  43 f.; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​ Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn.  7; Janz, Weisungsrecht, S. 412 unter Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte des Art. 104a GG; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 83 ff., Rn. 186 ff., insb. Rn. 197 f.; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 113 ff.; Viegener, Drittschutz, S. 154. 899 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn.  8; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 5. 900 Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth,  GG, Art. 104a Rn. 5; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 1137 f.; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 115. 901 Heintzen, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 104a Rn. 37; Kube, in: Epping / ​Hillgruber,  GG, Art. 104a Rn. 28; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 129. Die Wahrnehmungszuständigkeit ist dabei nicht identisch mit der noch näher zu thematisierenden Wahrnehmungskompetenz (hierzu bereits oben § 27 II. 2. c) bb) (1), (2) sowie noch unten § 31 II.). Die Wahrnehmungszuständigkeit ist vielmehr als Oberbegriff zu verstehen, innerhalb dessen zwischen einer organisationsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit − der sog. Wahrnehmungskompetenz − und einer materiellrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit − der sog. Sachkompetenz − unterschieden werden kann. Hierzu eingehend Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Art. 104a I GG zunächst eine Kostentragungspflicht des jeweiligen Landes in Materien der Bundesauftragsverwaltung begründet wird. (b) Art. 104a II GG als Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes Allerdings trägt nach Art. 104a II GG der Bund diejenigen Kosten, die sich daraus ergeben, dass die Länder im Auftrage des Bundes (Art. 85 GG) handeln. Wenn bei Anwendung des Konnexitätsgrundsatzes des Art. 104a I GG an die Vollzugskausalität angeknüpft wird, stellt Art. 104a II GG eine Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes des Art. 104a I GG dar,902 da dann für die rechtliche Einordnung des Art. 104a II GG entscheidend ist, dass den Ländern in der Bundesauftragsverwaltung die Verwaltungskompetenz im Sinne der administrativen Wahrnehmungszuständigkeit zukommt.903 Die Finanzierungsverantwortung des Bundes gemäß Art. 104a  II  GG besteht dann unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Wahrnehmung eigener oder fremder Aufgaben beziehungsweise von Aufgaben des Landes oder des Bundes.904 Diese Einordnung kann grundsätzlich für die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht relevant werden,905 sodass hierauf in Zusammenhang mit der Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG einzugehen ist906. Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45 mit Fn. 230; Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn.  5 ff. 902 Janz, Weisungsrecht, S. 420 ff., S. 426; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 9; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 2; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 186 ff., Rn. 220, Rn. 223 ff.; eingehend Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 113 ff., insb. Rn. 115 sowie Rn. 128 f. A. A. etwa Heintzen, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 104a Rn. 37. 903 Kube, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 104a Rn. 28; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 129. Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 357 ff. begründet dieses Ergebnis damit, dass bei der Zuweisung der Zweckausgabenlast an den Bund durch Art. 104a II GG nicht zwischen den verschiedenen Anwendungsbereichen der Bundesauftragsverwaltung differenziert und damit keinem allgemeinen Sachverantwortungsprinzip im Sinne einer Veranlassungskausalität gefolgt werde. Heintzen, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 104a Rn. 37 begründet seine in der vorhergehenden Fußnote angeführte a. A. damit, dass dem Bund in der Bundesauftragsverwaltung die materielle Verwaltungsverantwortung zukomme. 904 Janz, Weisungsrecht, S. 426 f. 905 Hierzu bereits eingangs § 9. 906 Hierzu noch unten § 32 I. Siehe an dieser Stelle speziell in Zusammenhang mit der rechtlichen Einordnung des Art. 104a II GG nur die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz), BT-Drs.  V/2861, S. 30 Tz. 116, S. 51 Tz. 290; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 51 ff., welche in Fällen der Bundesauftragsverwaltung eine Wahrnehmung von Aufgaben des Bundes annehmen und aus diesem Grunde Art. 104a II GG als Bestätigung des Konnexitätsgrundsatzes des Art. 104a I GG einordnen. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52 f. geht dagegen von einer Einordnung als Aufgabe des Landes und damit einer Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes aus. Eingehend zu dieser Frage Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 69, Rn. 71 ff., der Art. 104a II GG bei formeller Betrachtungsweise als Durchbrechung des

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

209

(c) Verteilung von Verwaltungs- und Zweckausgabenlast in der Bundesauftragsverwaltung Erfasst von der Regelung des Art. 104a II GG werden lediglich Zweckausgaben.907 Dies sind diejenigen Kosten, die der Erfüllung oder zumindest der Förderung der eigentlichen Sachaufgabe beziehungsweise der Verwirklichung des Verwaltungszwecks dienen.908 Zum Teil wird es dagegen als ausreichend erachtet, dass die Kosten unmittelbar in Zusammenhang mit der Verwirklichung des gesetzlich vorgegebenen Verwaltungszwecks entstehen.909 Verwaltungsausgaben, also die Kosten für die Unterhaltung und den Betrieb des Verwaltungsapparats inklusive der Kosten für das Verwaltungspersonal,910 sind dagegen mangels Anwendbarkeit des Art. 104a II GG auch in Fällen der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) gemäß Art. 104a I GG sowie Art. 104a V 1 Hs. 1 GG

Konnexitätsprinzips einordnet, unter Anknüpfung an die materielle Verwaltungsverantwortung jedoch eine Übereinstimmung mit der ratio des Konnexitätsprinzips erblickt. 907 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 48; Janz, Weisungsrecht, S. 422; Lange, Weisungsrecht, S. 20; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 3; Loschelder, Weisungen, S. 91; Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 56; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 291; Schmitt  / ​ Wohlrab, NVwZ 2015, 932; Siekmann, in: Sachs,  GG, Art. 104a Rn. 22; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 260; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 808; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 221, Rn. 235 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 49; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 216. Zur Tragung der Zweckausgaben durch den Bund vor Schaffung des Art. 104a II GG Groß, Haftung, S. 2 mit Fn. 2; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 138. 908 Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 362; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​ Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn.  13; Janz, Weisungsrecht, S. 454; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 294; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 260; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 1139; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 305; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 121. Ähnlich BVerwG NVwZ 2009, 599 (600); Janz, Weisungsrecht, S. 447; Lange, Weisungsrecht, S. 20; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 16; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52, die voraussetzen, dass die Kosten durch die Verwirklichung des gesetzlich intendierten Verwaltungszwecks entstehen sowie von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 20; Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 50, denen zufolge die Ausgaben unmittelbar der Förderung des Sachanliegens dienen sollen. Zum Begriff der Zweckausgaben speziell im Kernenergierecht Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932. 909 Loschelder, Weisungen, S. 91. Ähnlich Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 141 unter Verzicht auf das Kriterium der Unmittelbarkeit. 910 von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 20; Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 362; Janz, Weisungsrecht, S. 446 f.; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 294 f.; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 260; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 141, Rn. 304; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 120; Lange, Weisungsrecht, S. 20; Loschelder, Weisungen, S. 91; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 49.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

von den Ländern zu tragen.911 Die Zuweisung der Verwaltungsausgaben an das Land trägt dem Umstand Rechnung, dass das Land deren Entstehen beherrschen kann und folglich durch die Kostentragung ein Anreiz für die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung gesetzt wird.912 Da hierbei an die Verwaltungskompetenz angeknüpft wird, ist es insofern unerheblich, durch wen die Verwaltungsausgaben veranlasst wurden.913 Die Pflicht des Bundes, gemäß Art. 104a II  GG die Zweckausgaben in der Bundesauftragsverwaltung (Art.  85  GG) zu tragen, liegt dagegen in der Einräumung des Weisungsrechts des Bundes durch Art. 85 III GG begründet.914 Da der Bund hierdurch über die Möglichkeit verfügt, das Handeln der Länder umfassend zu steuern, wird ihm die Tragung derjenigen Kosten auferlegt, die aufgrund seiner Entscheidungsmacht anfallen.915 Folglich soll

911

Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 48; Haun, Bundesaufsicht, S. 31; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 59.1; Janz, Weisungsrecht, S. 448 f.; Lange, Weisungsrecht, S. 20; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 3; Loschelder, Weisungen, S. 91; Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 56; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 298, Rn. 324; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 808; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 49 f.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 216. Ebenso bereits vor Geltung des Art. 104a GG Groß, Haftung, S. 114; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 137 f. 912 von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 21; Hellermann, in: von Mangoldt / ​ Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 139; Janz, Weisungsrecht, S. 422 f., 448 f.; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 291. Siehe zu dem Argument der Möglichkeit der Vermeidung der Amtshaftung durch Inanspruchnahme von Steuerungsmöglichkeiten bereits oben § 27 III. 913 BVerfGE 26, 338 (390); BGHZ 98, 244 (254 f.); BVerwGE 44, 351 (365); BVerwG NVwZ 1992, 264 (265); von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 21; Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  104a Rn.  139; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 4; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 298. 914 von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 26; Janz, Weisungsrecht, S. 423 f.; Loschelder, Weisungen, S. 90; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 220; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 130, letztere allerdings unter Bezug auf sämtliche Befugnisse des Bundes zur Einflussnahme auf das Verhalten in der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG. Allgemein zur Anknüpfung des Art. 104a II GG an das Bestehen von Steuerungsmöglichkeiten Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn. 14. 915 von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 26; Hellermann, in: von Mangoldt / ​ Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 74; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 60; Loschelder, Weisungen, S. 90; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (36); Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 9; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 130; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 50 f. Ebenso bereits vor Geltung des Art. 104a II  GG Groß, Haftung, S. 113 f. Zu diesem Aspekt eingehend Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 357 ff.; Janz, Weisungsrecht, S. 423 f., welcher die Zuweisung der Zweckausgaben an den Bund aufgrund der nur in einigen Materien der Bundesauftragsverwaltung vermehrt anzutreffenden tatsächlichen Erteilung von Weisungen krit. hinterfragt.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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die Finanzierungspflicht des Bundes dessen Entscheidungsmacht entsprechen.916 Demnach wird auch durch die Regelung des Art. 104a II GG ein effizienter Umgang mit öffentlichen Mitteln sichergestellt.917 (d) Einordnung von Haftungskosten Da das Land somit auch in der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG nach Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG die Verwaltungsausgaben zu tragen hat, der Bund jedoch nach Art. 104a II GG die Zweckausgaben zu tragen hat, ist zu klären, wie Haftungskosten einzuordnen sind.918 Haftungskosten sind dabei sowohl diejenigen Kosten, die durch das Bestehen der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG erwachsen als auch etwaige Prozesskosten im Verfahren des primären919 sowie des sekundären Rechtsschutzes.920 Diese Haftungskosten müssen entweder als Verwaltungsausgaben oder als Zweckausgaben eingeordnet werden, da Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG hinsichtlich dieser Aufgabenkategorien als abschließend anzusehen ist.921 Wenn man für das Vorliegen von Zweckausgaben dem üblichen Begriffsverständnis nach voraussetzt, dass die Ausgaben der Erfüllung oder zumindest der Förderung der eigentlichen Sachaufgabe beziehungsweise der Verwirklichung des Verwaltungszwecks dienen,922 können Haftungskosten nicht hierunter gefasst werden.923 Zu begründen ist dies damit, dass eine mangelhafte, also rechts- oder amtspflichtwidrige Verwaltung nicht als Verwaltungszweck eingeordnet werden kann und zugleich nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Gesetzeszweck durch ein rechts- oder amtspflichtwidriges Handeln erfüllt werden kann.924

916 Loschelder, Weisungen, S. 110; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 130; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 50 f. Wolst macht dabei in überzeugender Weise deutlich, dass bereits durch die Schaffung der bloßen Möglichkeit der Einflussnahme eine Aufgabe i. S. v. Art. 104a GG übertragen wird und es somit für die Kostentragung nicht darauf ankommt, ob von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wurde. Siehe hierzu auch Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 53, dies als Ausprägung des Veranlasserprinzips einordnend. 917 Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 130. Zu diesem Aspekt bei Anwendung des Prinzips der Vollzugskausalität zudem Rn. 117. 918 Janz, Weisungsrecht, S. 453 ff. Zur Frage der Einordnung von Fehlbeständen an Bundesmitteln in der Bundesauftragsverwaltung Groß, Haftung, S. 115 f. 919 Hiervon wird aufgrund von § 839 III BGB regelmäßig auszugehen sein. 920 Janz, Weisungsrecht, S. 502 ff.; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (936); Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 102 f., S. 259 f. 921 Janz, Weisungsrecht, S. 454 f.; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S.  261. A. A. Schmitt  / ​ Wohlrab, NVwZ 2015, 932, deren Auffassung zufolge Haftungskosten weder als Verwaltungsnoch als Zweckausgaben eingeordnet werden könnten. 922 Hierzu bereits oben § 28 II. 2. d) bb) (1) (c). 923 Janz, Weisungsrecht, S. 454; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 260, S. 324. 924 Janz, Weisungsrecht, S. 454.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Eine Einordnung von Haftungskosten als Zweckausgaben wäre nur möglich, wenn man es für die Annahme von Zweckausgaben als ausreichend erachtet, dass die Kosten unmittelbar in Zusammenhang mit der Verwirklichung des gesetzlich vorgegebenen Verwaltungszwecks entstehen925. Dann wären Haftungskosten in Fällen der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) durch den Bund zu tragen.926 Ein derartiges Verständnis von Haftungskosten würde dem Gedanken entsprechen, dass Verwaltungsausgaben Aufwendungen sind, die für das Verwaltungshandeln anfallen, Zweckausgaben dagegen Aufwendungen darstellen, die durch das Verwaltungshandeln entstehen927. Dies stellt jedoch lediglich eine Faustformel zur Annäherung an die im Einzelfall mitunter schwierige Abgrenzung beider Ausgabenkategorien dar.928 Zudem widerspricht ein derart weit gefasstes Verständnis von Zweckausgaben deren herkömmlicher Begriffsbestimmung. Allerdings scheidet aufgrund der dargestellten Definition von Verwaltungsausgaben zunächst auch eine Einordnung von Haftungskosten als Verwaltungsausgaben aus.929 Da jedoch eine Einordnung der Haftungskosten als Zweckausgaben oder Verwaltungsausgaben notwendig ist, könnten Haftungskosten lediglich als Verwaltungsausgaben im weiteren Sinne eingeordnet werden.930 Eine Einordnung als Verwaltungsausgaben statt einer Einordnung als Zweckausgaben im Sinne des dargestellten weiteren Begriffsverständnisses trägt dem in Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG festgelegten Regel-Ausnahme-Prinzip Rechnung, wonach alle Ausgaben, die nicht zweifelsfrei als Zweckausgaben eingeordnet werden können, als Verwaltungsausgaben von den Ländern zu tragen sind.931 Somit ist eine derartige Vorgehensweise gegenüber einem weiten Verständnis des Begriffs der Zweckausgaben vorzugswürdig. 925

Hierzu ebenfalls bereits oben § 28 II. 2. d) bb) (1) (c). Dies annehmend Winkler, Kompetenzverbund, S. 125. 927 So Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn.  13; Janz, Weisungsrecht, S. 448; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 1139; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 305. 928 Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 305. Zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Verwaltungs- und Zweckausgaben von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 20; Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 76; Janz, Weisungsrecht, S. 451 f.; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 296; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 9 f., Stern, Staatsrecht, Band II, S. 1139. 929 Janz, Weisungsrecht, S. 454; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 260 f. 930 Hierfür Herbst, DV 37 (2004), 51 (61); Heintzen, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 104a Rn. 54; Janz, Weisungsrecht, S. 454 f. m. w. N. in Fn. 611; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 160 f.; Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S.  279, S. 288 f.); Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (96). So wohl auch Schulte-Frohlinde, Bundes­ auftragsverwaltung, S. 128. I.Erg. ebenso von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 33; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 323 f., Rn. 333. Eine Einordnung als Zweckausgaben ablehnend Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 46; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 217. 931 Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 261. Für eine Einordnung als Verwaltungsausgaben ebenfalls die BReg im Jahre 1978 in ihrer Begründung zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes anlässlich der Reform des Staatshaftungsrechts (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BT-Drs. 8/2080, S. 9); Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 306, Rn. 309. 926

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Bei einer Einordnung der Haftungskosten als Verwaltungsausgaben bestimmt sich die Kostentragungspflicht somit zunächst nach Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG.932 Dies bedeutet, dass eine Passivlegitimation des Landes bei Amtshaftungsansprüchen nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG zunächst zu einer Kostentragungspflicht der Länder in Bezug auf den zu leistenden Schadensersatz sowie die Prozesskosten des Amtshaftungsverfahrens führen würde,933 eine Passivlegitimation des Bundes dagegen zu einer entsprechenden Kostentragungspflicht des Bundes934. Die Auseinandersetzung mit der Kostentragungspflicht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG scheint damit zunächst zu einem Zirkelschluss in Hinblick auf die Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen zu führen. Allerdings kann mit einem Vergleich der Rechtslage bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht des Landes mit derjenigen bei Ablehnung einer Remonstrationspflicht des Landes argumentiert werden. Sofern man eine Remonstrationspflicht des Landes ablehnt, resultiert aus der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG aufgrund der Verbindlichkeit der Weisung eine ausschließliche Passivlegitimation des Bundes935 und hieran anknüpfend aus Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG auch eine Kostentragungspflicht des Bundes. Die Annahme einer Remonstrationspflicht des Landes führt dagegen dazu, dass die Erteilung einer rechtwidrigen Weisung nach Art. 85 III GG nicht generell als verbindlich gegenüber dem Land eingeordnet werden kann. Dies bedeutet, dass eine Passivlegitimation des Bundes durch ein Hinwirken des Landes auf ein rechtmäßiges Verhalten im Außenverhältnis vermieden werden kann, was zugleich eine hieran anknüpfende Kostentragungspflicht des Bundes aus Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG ausschließen würde. Sofern das Land dagegen trotz bestehender Remonstrationspflicht nicht auf ein rechtmäßiges Verhalten im Außenverhältnis hinwirkt, käme grundsätzlich eine amtshaftungsrechtliche Passivlegitimation des Landes neben derjenigen des Bundes in Betracht.936 Dies hätte zur Folge, dass durch den Geschädigten statt des Bundes unter Umständen das Land auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen wird (§§ 840 I, 421 S. 1 BGB), sodass Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG keine Kostentragungspflicht des Bundes zur Folge hätte.937 932

Janz, Weisungsrecht, S. 455; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 261. Janz, Weisungsrecht, S. 455, S. 502 ff., S. 506 f., der allein von der Möglichkeit einer Passivlegitimation des Landes in der Bundesauftragsverwaltung ausgeht (S. 502 ff.); Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 102 f., S. 108 ff., S. 258 ff. 934 Unklar Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 309, der dies wohl abzulehnen scheint. 935 Dazu bereits oben §§ 25–27. 936 Zu dieser Fallkonstellation bereits eingangs § 17. 937 Ob dem Land hierbei ein Ausgleichsanspruch nach §§ 840 I, 426 I 1 BGB zustünde, ist insofern fraglich, als es sich hierbei um einen allgemeinen im Amtshaftungsrecht anzuwendenden Grundsatz handelt, hierin jedoch bei Annahme einer fehlenden Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei lediglich rechtswidrigen Weisungen nach Art. 85 III GG letztlich eine Umgehung derselben gesehen werden könnte. Zur Regelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG siehe sogleich § 28 II. 2. d) bb) (2). 933

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Auch bei Einordnung von Haftungskosten als Verwaltungskosten im Sinne von Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG werden durch die Annahme einer Remonstrationspflicht des Landes folglich die finanziellen Belange des Bundes geschützt. Falls man dagegen in Bezug auf Art. 104a V 1 Hs. 1 GG einen Zirkelschluss annimmt, werden eindeutige Ergebnisse in Bezug auf die Kostentragungspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG erst durch die Anwendung der Haftungsregelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG erzielt. Aus dieser ergibt sich die endgültige Zuweisung der Kostentragungspflicht bei Haftungskosten aufgrund der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG.938 (2) Haftungsregelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG Gemäß Art. 104a V 1 Hs. 2 GG haften Bund und Länder im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung.939 Ausweislich des Art. 104a V 2 GG wird das Nähere durch ein zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz bestimmt. Die Regelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG ist vor allem von Bedeutung, wenn die Aufgabenzuständigkeit und die Finanzierungslast für Zweckausgaben auseinanderfallen, wie es in der Bundesauftragsverwaltung aufgrund der Regelung des Art. 104a II GG der Fall ist.940 Art. 104a V 1 Hs. 2 GG kann zunächst zur Folge haben, dass die Länder letztlich diejenigen Kosten zu tragen haben, die in der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG durch ein Fehlverhalten von Amtswaltern der Landes­behörden entstehen.941 Dies betrifft insbesondere die fehlerhafte Umsetzung sowie die Nichtumsetzung von Weisungen nach Art. 85 III GG.942 Da Art. 104a V 1 Hs. 2 GG nicht nur für die fehlerhafte Bewirtschaftung von Fremdmitteln gilt,943 kann hierdurch 938

Janz, Weisungsrecht, S. 455. Hierzu etwa BVerwGE 96, 45 ff.; 104, 29 ff.; 128, 99 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 219. Eingehend zum Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung in Art. 104a V 1 Hs. 2 GG Janz, Weisungsrecht, S. 476 ff. Eingehend zur Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG als Anspruchsgrundlage für Regressforderungen schadensersatzpflichtiger Länder gegenüber dem Bund in Zusammenhang mit der dreimonatigen Stilllegung deutscher Kernkraftwerke im Jahre 2011 Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 ff. 940 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn.  16, Rn.  22; Janz, Weisungsrecht, S. 453; Kube, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 104a Rn. 53; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (933); Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 45; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 320 f.; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 131, auch zur Anreizfunktion des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG. 941 Loschelder, Weisungen, S. 92; Woditschka, Weisungsrecht, S. 300 ff. Zur Haftung der Länder gegenüber dem Bund in der Bundesauftragsverwaltung Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4. 942 Woditschka, Weisungsrecht, S. 300 ff.; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171.  Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 218, die auch Fälle unzweckmäßigen Handelns erfasst sehen. Dies ablehnend BVerwG NVwZ 1995, 991 (992); BVerwGE 128, 99 (104); Janz, Weisungsrecht, S. 480 ff., S. 495 f., S. 514; Storr, in: Aulehner  / ​ Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S. 269 (S. 283 f.). 943 Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 402. 939

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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allerdings grundsätzlich auch eine Regresspflicht des Bundes gegenüber dem Land begründet werden, wenn der Bund eine rechtswidrige Weisung nach Art. 85 III GG erteilt und dem Land hieraus ein Schaden entsteht944. Ein Schaden des Landes liegt aufgrund der Lastenverteilungsregel des Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG vor, wenn Haftungskosten als Verwaltungsausgaben eingeordnet werden und man von einer Passivlegitimation des Landes bei Amtshaftungsansprüchen in Folge der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ausgeht. Vorauszusetzen ist darüber hinaus jedoch, dass in der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG wie von Art. 104a V 1 Hs. 2 GG gefordert ein Verstoß gegen die Pflicht zu ordnungsmäßiger Verwaltung durch den Bund liegt.945 Mangels Erlass eines Ausführungsgesetzes nach Art. 104a V 2 GG wird auch bei Annahme der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 104a V 2 GG946 von Recht 944

Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 402 f., S. 409 in Bezug auf die fehlerhafte Ausübung der Ingerenzrechte des Art. 84, 85 GG durch den Bund sowie S. 405 f. mit Fn. 53 in Bezug auf die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung; Janz, Weisungsrecht, S. 400 f., S. 458 ff., S. 470 ff., S. 495 f., S. 509 ff., der die Rechtswidrigkeit einer Maßnahme voraussetzt, aber zugleich als ausreichend erachtet. Ebenso Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (434 Fn. 121); F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 76; Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S. 284 ff.); Woditschka, Weisungsrecht, S. 297 ff. Stelkens, DVBl. 2000, 609 (615); Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 302 ff., S. 307 ff. dagegen nimmt einen Verstoß gegen eine ordnungsgemäße Verwaltung i. S. v. Art. 104a V 1 Hs. 2 GG nur im Falle eines Lenkungsversagens von Parlament oder Regierung an. Er erblickt ein solches jedoch unter Bezugnahme auf BVerfGE 81, 310 (333) auch in der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG, die zu einer rechtswidrigen Maßnahme im Außenverhältnis führt, da die zuständige oberste Bundesbehörde sich hierbei über bindende gesetzliche Vorgaben hinwegsetze (S. 309 f. mit Fn. 271). Demnach ist Stelkens zufolge bei Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG zwar grds. nicht an ein rechtswidriges und ggf. schuldhaftes Verhalten eines Amtswalters im Einzelfall anzuknüpfen, jedoch wirkt sich diese Sichtweise nicht auf die Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG aus. Die BReg ging im Jahre 1978 jedoch in ihrer Begründung zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes anlässlich der Reform des Staatshaftungsrechts (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BT-Drs. 8/2080, S. 9) noch davon aus, dass unter Geltung des Art. 104a V GG kein Regress der im Außenverhältnis haftenden Länder gegenüber dem Bund im Falle der Erteilung einer bindenden rechtswidrigen Weisung mittels Art. 104a V 1 Hs. 2 GG möglich sei. Sie ordnete Haftungskosten dabei ebenfalls als Verwaltungsausgaben ein, erachtete Art. 104a V 1 Hs. 2 GG jedoch in einem derartigen Fall nicht als anwendbar, da sie die Regelung des Art. 104a V 1 Hs. 1 GG als Verbot der Erstattung von Verwaltungsausgaben und als lex specialis gegenüber Art. 104a V 1 Hs. 2 GG ansah. Hierzu eingehend Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 223 ff., S. 271 ff., der ein solches Verständnis des Verhältnisses von Art. 104a V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG mit überzeugender Argumentation ablehnt. 945 So ausdrücklich Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 403 in Bezug auf die soeben dargestellte Konstellation. 946 Zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs.  2  GG eingehend Janz, Weisungsrecht, S. 365 ff., insb. S. 373 ff., S. 381 ff., S. 388 ff. Eine unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG unabhängig von einer Beschränkung auf einen Haftungskern noch vollständig ablehnend F. Kirchhof, NVwZ 1994, 105 ff. Eine unmittelbare Anwendbarkeit ablehnend zudem etwa Erichsen, Haftung, S. 9 ff., S. 33 ff. Krit. zu dieser auch Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  104a Rn.  183 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

sprechung und Literatur vielfach von einer Beschränkung der Haftung unmittelbar aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG auf einen Haftungskern ausgegangen947. Hieraus wird insbesondere gefolgert, dass für die Anwendbarkeit des Art. 104a V 2 GG eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorauszusetzen sei.948 Dies hätte zur Folge, dass für eine Haftung des Bundes gegenüber dem Land aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG die bloße Rechtswidrigkeit einer Maßnahme des Bundes nicht genügen würde949 und Art. 104a V 1 Hs. 2 GG somit nicht auf die Erteilung einer lediglich rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG angewendet werden könnte. Unklar ist dabei, ob die Beschränkung auf einen Haftungskern ein Verschuldenserfordernis beinhaltet.950 947

BVerwGE 96, 45 (Ls. 2, 50 ff., insb. 55 ff.); BVerwG NVwZ 1995, 991 (992); BVerwGE 100, 56 (60); 104, 29 (Ls. 1, 32); 128, 99 (Ls. 2, 104); BVerwG LKV 2012, 24 (Rn. 19); BVerwG NVwZ 2019, 735 (737); von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 35; Herbst, DV 37 (2004), 51 (61 mit Fn. 35, Fn. 36); Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 14; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 49 f.; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 326 ff. Krit. Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 404 ff., insb. S. 409; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 333 f.; Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​ Konrad, Föderalismus, S. 269 (S. 280 f.). Die Beschränkung auf einen Haftungskern ablehnend Janz, Weisungsrecht, S. 476 ff., insb. S. 480 ff. Zur Rspr. des BVerwG eingehend Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 226 ff., welcher statt einer Begrenzung auf einen Haftungskern wie durch die Rspr. des BVerwG eine Beschränkung auf ein Lenkungsversagen von Parlament oder Regierung vorschlägt (S. 307 ff., insb. S. 312 f.), um dem Zweck des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG entsprechend eine Effektuierung der parlamentarischen Kontrolle über die Ausübung von Verwaltungskompetenzen zu ermöglichen. 948 BVerwGE 96, 45 (Ls. 2, 57); BVerwG NVwZ 1995, 991 (992); BVerwGE 128, 99 (104 f.); BVerwG NVwZ 2019, 735 (737); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Hofmann / ​Henneke,  GG, Art. 104a Rn. 71; Kube, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 104a Rn. 55; Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 131. Ähnlich Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 336, der einen Verstoß gegen eine ordnungsmäßige Verwaltung nur in Fällen evidenter Rechtswidrigkeit anerkennt. Wie dieser Woditschka, Weisungsrecht, S. 292 ff. Ablehnend Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S. 284 ff.). Anders Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 226 ff., S. 307 ff., S. 415 (Begrenzung der Haftung auf ein Lenkungsversagen). 949 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke,  GG, Art.  104a Rn.  71; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 336, welcher eine Anknüpfung der Haftung an die bloße Rechtswidrigkeit als Wiedereinführung eines internen Verrechnungsverkehrs zwischen Bund und Land einordnet, der durch die Regelung des Art. 104a V GG gerade beendet werden sollte. Prokisch selbst schränkt diese Auffassung jedoch für Bereiche, in denen die Länder keine oder nur sehr geringe Gestaltungsspielräume haben, ein (Rn. 339). Die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG ist als derartiger Fall einzuordnen, da diese die Gestaltungsfreiheit des jeweiligen Landes je nach Umfang der Inanspruchnahme des Weisungsrechts teilweise oder gar vollständig beseitigt. Prokisch selbst möchte eine Haftung der Länder ebenso wie Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S. 283) entfallen lassen, wenn eine Aufsichtsmaßnahme des Bundes fehlerhaft ist, wobei er als solche die Erteilung einer Weisung einordnet (Rn. 346). Der Sache nach geht es jedoch bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung in Zusammenhang mit Art. 104a V 1 Hs. 2 GG um einen Ersatzanspruch des Landes gegen den Bund, sofern ersterem Haftungskosten durch die Befolgung der rechtswidrigen Weisung entstehen. 950 Bejahend BVerwG LKV 2012, 24 (Rn.  20); BVerwG NVwZ 2019, 735 (737); Tappe  / ​ Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 131. Kube, in: Epping / ​Hillgruber,  GG, Art.  104a Rn. 55; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 19; Woditschka, Weisungsrecht, S. 294 ff.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Zwischen den verschiedenen Senaten des BVerwG herrscht etwa Uneinigkeit darüber, ob die Haftung auf schwerwiegende und vorsätzliche Pflichtverletzungen zu begrenzen sein soll951 oder ob grobe Fahrlässigkeit ausreiche952.953 Demnach wäre bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG neben der Frage einer schwerwiegenden Pflichtverletzung im Einzelfall zu prüfen, ob die dargestellten Anforderungen des Verschuldenserfordernisses erfüllt werden, sodass die Kostentragung bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85  III  GG unter Berücksichtigung von Art. 104a V 1 Hs. 2 GG nicht einheitlich beantwortet werden könnte.954 Das BVerfG wies jedoch im Falle der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG durch das Land dem Bund die Pflicht zu, hieraus resultierende Haftungskosten zu tragen und stützte dies auf Art. 104a II und V 1 GG.955 Aufgrund des undifferenzierten Verweises auf Art. 104a II und V 1 GG etwa fordern ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln. Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 219 lehnen dies dagegen ab und nehmen eine Haftung aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bereits bei eindeutig rechtswidrigen oder grob sachwidrigen Verstößen gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung an. Ablehnend zudem Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 406 ff.; Janz, Weisungsrecht, S. 484 ff. m. w. N. in Fn. 709; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 335, Rn. 337 f.; Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S.  273, S. 286 f.). Ablehnend auch Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 300 ff., S. 307 ff., insb. S. 312 ff., dem zufolge nicht entscheidend ist, ob ein einzelner Amtswalter rechtswidrig und zudem ggf. schuldhaft handelt, sondern vielmehr an ein Lenkungsversagen von Regierung oder Parlament anzuknüpfen ist. Ähnlich von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 34, der das Bestehen eines Verschuldenserfordernisses als „zweifelhaft“ einordnet. Das BVerfG qualifizierte Art. 104a V 1 Hs. 2 GG in Fällen gemeinschaftsrechtlicher Anlastung als verschuldensunabhängige Haftungsgrundlage (BVerfGE 116, 271 [Ls. 1, 304 ff., 321 ff.]). Siehe hierzu mittlerweile Art. 104a VI GG. 951 So der 4. Senat des BVerwG in BVerwGE 104, 29 (Ls. 2, 32 ff.). 952 So der 11. Senat des BVerwG in BVerwGE 96, 45 (Ls. 2, 57 f.), der 2. Senat in BVerwG NVwZ 1995, 991 (992 f.), der 7. Senat in BVerwGE 100, 56 (60) und der 3. Senat in BVerwGE 116, 234 (242) zur Frage der entsprechenden Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei finanziellen Belastungen des Bundes, die durch den mangelhaften Vollzug von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht durch die Länder begründet wurden. Offenlassend dagegen der 3. Senat in seiner späteren Rspr., siehe nur BVerwGE 128, 99 (105); BVerwG LKV 2012, 24 (Rn. 20). 953 Hierzu Herbst, DV 37 (2004), 51 (61 mit Fn. 35); Janz, Weisungsrecht, S. 478. 954 Hierauf hinweisend Herbst, DV 37 (2004), 51 (62 Fn. 36). In BVerwG LKV  2012, 24 (Ls., Rn. 20 ff.) setzte sich das BVerwG mit der Frage der Haftung des Landes gegenüber dem Bund in Anknüpfung an die Bewilligung von Leistungen in Übereinstimmung mit der materiellen Rechtslage, jedoch entgegen einer rechtswidrigen Weisung des Bundes auseinander, die Bestandteil einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach Art. 85 II 1 GG war. Das BVerwG lehnte einen derartigen Anspruch mangels eines Schadens des Bundes bei wertender Betrachtung ab und äußerte sich nicht zu der Frage, ob in der dargestellten Konstellation die Voraussetzungen, die durch die Beschränkung der Haftung auf einen Haftungskern aufgestellt werden, erfüllt seien. 955 BVerfGE 81, 310 (333). Ebenso Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 32; Hermes, in: Dreier, GG, Band III, Art. 85 Rn. 26 In diesem Sinne auch Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 52, der von einer Kostentragung des Bundes in Bezug auf sämtliche finanzielle Lasten, die bei der Umsetzung auftragsgebundenen Rechts anfallen, ausgeht. I.Erg. ebenso

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

bleibt unklar, ob die Kostentragungspflicht des Bundes aus der Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG resultiert oder aber auf die Lastenverteilungsregelungen des Art. 104a II und V 1 Hs. 1 GG gestützt wird.956 Letzteres könnte sowohl als Einordnung der Haftungskosten als Zweckaus­gaben als auch als Einordnung der Haftungskosten als Verwaltungsausgaben unter Annahme einer Passivlegitimation des Bundes bei Amtshaftungsansprüchen interpretiert werden.957 Sofern man eine Bezugnahme des BVerfG auf Art. 104a V 1 Hs.  2  GG annimmt,958 entspricht dies der Annahme der Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei bloßer Rechtswidrigkeit, also auch bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG. Diese Interpretation wird durch die spätere Rechtsprechung des BVerfG bestätigt, welche die Beschränkung der Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG auf evidente oder grobe Rechtsverstöße ablehnt,959 bedeutet jedoch zugleich, dass das BVerfG sich hierbei in Widerspruch zur Rechtsprechung des BVerwG setzt960. Für eine Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG auf lediglich rechtswidrige Weisungen nach Art. 85 III GG unabhängig von der Erfüllung eines Verschuldenserfordernisses spricht, dass ein derartiges subjektives Element nicht dem Wesen der Föderalbeziehung zwischen Bund und Land entspricht und somit als systemwidrig abzulehnen ist.961 Demnach sind Kosten, die dem Land durch die Stellung als Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs gegenüber Dritten aufgrund der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung des Bundes nach Art. 85 III GG entstehen, nach Art. 104a V 1 Hs. 2 GG letztlich vom Bund zu tragen.962 Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 307 ff. Eine Kostentragungspflicht des Bundes ebenso bejahend Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 348 unter Einordnung derartiger Kosten als vom Bund zu tragende Zweckausgaben. Insofern ist es unzutreffend, wenn Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  104a Rn.  55 der Regelung des Art.  104a V 1 Hs. 2 GG lediglich die Funktion einer zusätzlichen Sicherung des Bundes zuweist. Zur Anwendung als Anspruch eines Landes gegenüber dem Bund etwa Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 333 sowie ausdrücklich für den Fall der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 279 sowie Janz, Weisungsrecht, S. 385 f., S. 398 f., S. 400 f., S. 493 f., S. 497 f., welcher allerdings eine volle Kostentragungspflicht des Bundes zutreffender Weise nur annimmt, wenn die Erteilung der rechtswidrigen Weisung die alleinige schadensstiftende Ursache ist. Zu diesem Aspekt noch unten § 28 II. 2. d) bb) (3). 956 Janz, Weisungsrecht, S. 384 f. 957 Letzteres ist im Gesamtkontext der Äußerungen des BVerfG nur wenig überzeugend. Hierzu noch unten § 31 II. 2. a). 958 Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 279 zufolge können sich die Äußerungen des BVerfG nur auf Art. 104a V 1 Hs. 2 GG beziehen. Ebenso F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 76; Stelkens, DVBl. 2000, 609 (615). 959 BVerfGE 127, 165 (204 f.). Offenlassend dagegen BVerfGE 116, 271 (317 ff.). 960 Hierauf hinweisend Herbst, DV 37 (2004), 51 (61 f. mit Fn. 35, Fn. 37). 961 Janz, Jura 2004, 227 (232); Janz, Weisungsrecht, S. 486 f.; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 335, Rn. 337 f.; Storr, in: Aulehner  / ​ Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S. 269 (S. 273, S. 286 f.); Winkler, Kompetenzverbund, S. 301. 962 LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 54; Dittmann  / ​ Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Gundel, in: BK-GG, Ordner 17, Art. 87c Rn. 12; Herbst,

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Diesem Ergebnis kann entgegengehalten werden, dass es zwar in Einklang mit der Auffassung des BVerfG, jedoch in Widerspruch zu der dargestellten Rechtsprechung des BVerwG steht. Allerdings ist insofern die Rechtsprechung des BVerfG entscheidend.963 Grundsätzlich stellen Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Haftung aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG keine verfassungsrechtlichen Streitigkeiten dar, da diese letztlich die rechtliche Beurteilung einer Maßnahme der Verwaltung betreffen.964 Folglich ist gemäß §§ 40 I, 50 I Nr. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg zum BVerwG eröffnet.965 Dies betrifft insbesondere die Höhe einfach-rechtlich geprägter Ansprüche.966 Die abstrakten Voraussetzungen des Regressanspruchs aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG sind jedoch im Bund-Länder-Streit nach Art. 93 I Nr. 3 GG vor dem BVerfG zu klären, da sie die Verteilung der Finanzierungslast dem Grunde nach und damit eine Grundfrage verfassungsrechtlicher Natur betreffen.967 DV 37 (2004), 51 (61 f.); Janz, Jura 2004, 227 (231 ff.); Janz, Weisungsrecht, S. 502 ff.; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 76; Loschelder, Weisungen, S. 92 f.; Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166 Fn. 16); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 218, Rn. 220; Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (96); Gestützt auf Art. 104a II, V 1 GG ebenso Battis / ​Ruttloff, NVwZ 2013, 817 (818); Bosch, EnWZ 2013, 238 (239); Ewer / ​Behnsen, NJW 2011, 1182 (1183). Hierzu speziell in Zusammenhang mit der befristeten Stilllegung deutscher Kernkraftwerke Hofmann, EnWZ 2014, 51 (56). Zu Fragen der Diskrepanz des Haftungsmaßstabs des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG und demjenigen des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG Schmitt  / ​ Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (933, 937); Woditschka, Weisungsrecht, S. 310 ff. 963 Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (934, 936), die insofern auf die Vorlagemöglichkeit des § 50  III VwGO verweisen. Schmitt / ​Wohlrab zufolge bedarf die dargestellte Frage noch verfassungsrechtlicher Klärung, diese kann jedoch gerade in BVerfGE 81, 310 (333) gesehen werden. 964 BVerwGE 96, 45 (Ls.  1, 48 f.); 104, 29 (31); 128, 99 (101 ff.); BVerwG NVwZ 2019, 735 (736); Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 350. Stelkens, DVBl. 2000, 609 (614) zeigt zutreffend das Spannungsverhältnis dieser Auffassung zu der Rspr. des BVerfG sowie des BVerwG auf, wonach Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG verfassungsrechtlicher Natur sind. Hierzu bereits oben § 27 II. 1. b) bb). 965 BVerwGE 96, 45 (48 f.); 104, 29 (33 f.); 128, 99 (103); BVerwG NVwZ 2009, 599 (599 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 561 ff.; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 350, Rn. 352; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Schmitt  / ​ Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (934, 937). Krit. Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 190 f. Eingehend zur Frage der Zuständigkeit des BVerfG oder des BVerwG bei Streitigkeiten hinsichtlich Art. 104a V 1 Hs.  2  GG Stelkens, DVBl.  2000, 609 (610 ff.) unter Darstellung der Rspr. beider Gerichte. 966 BVerfGE 109, 1 (6 f.); 116, 271 (326 f.); BVerwG NVwZ 2009, 599 (Ls. 1, 599 f.); Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 44 f.; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 354. A. A. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 315 f. unter Anknüpfung an ein Lenkungsversagen durch Regierung oder Parlament als Voraussetzung für einen Verstoß gegen eine ordnungsgemäße Verwaltung. A. A. zudem unabhängig hiervon Stelkens, DVBl.  2000, 609 (613 ff.). 967 BVerfGE 109, 1 (6 f.); 116, 271 (326 f.); BVerwGE 116, 234 (Ls. 1, 236 ff.) zur Frage, ob eine entsprechende Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG eine verschuldensunabhängige Haftung der Länder vorsieht, sofern diese unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht man-

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Die Annahme einer Pflicht des Bundes, die durch die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG entstehenden Haftungskosten aufgrund von Art. 104a V 1 Hs. 2 GG zu tragen, entspricht dem Veranlassungsprinzip, wonach der Inhaber der Sachkompetenz das Verwaltungsrisiko trägt968 und damit dem Gedanken, dass derjenige Verwaltungsträger die Kosten tragen soll, die aus einem Fehlverhalten in seinem Bereich resultieren, da dieser Verwaltungsträger den Schadenseintritt durch sachgerechte Kontrolle und Aufsicht verhindern kann.969 Angeknüpft wird dabei an die Möglichkeit der Beherrschung einer Fehlerquelle.970 Da der jeweilige Träger einer Behörde selbst Fehlerquellen im personellen und sachlichen Bereich kontrollieren und gegebenenfalls beseitigen kann, liegt in einem entsprechenden Versäumnis ein Organisationsmangel.971 Letztlich wird folglich mit der Haftung aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG an Versäumnisse bei der Personalauswahl und -überwachung angeknüpft972 und durch die Möglichkeit einer hieran anknüpfenden Haftung ein Anreiz zu rechtmäßigem Handeln geschaffen973. Die Letztentscheidungskompetenz des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung und die Fremd­ bestimmtheit des Landes bei Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG werden durch die Annahme einer Pflicht des Bundes, die hieraus resultierenden Kosten zu tragen, zumindest auf der Ebene der Kostentragung berücksichtigt.974 Dies hat zur gelhaft vollzogen und hierdurch eine finanzielle Belastung des Bundes begründet haben; Kube, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art.  104a Rn.  51; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 349; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 56; Stelkens, DVBl. 2000, 609 (613 ff.); Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 354; Woditschka, Weisungsrecht, S. 303 f. I.Erg. ebenso Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 315 f. 968 Zimmermann, DVBl. 1992, 93 (96). 969 Kube, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 104a Rn. 53; Loschelder, Weisungen, S. 92; Siekmann, in: Sachs,  GG, Art. 104a Rn. 45. Zur Edukations- und Sanktionsfunktion auch des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG Stelkens, DVBl. 2003, 22 (27 f. mit Fn. 66); Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 307 ff., welcher eine solche nur anerkennt, wenn ein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Verwaltung i. S. d. genannten Vorschrift auf ein Lenkungsversagen durch Parlament oder Regierung begrenzt wird. 970 von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 33; Janz, Weisungsrecht, S. 511, dem zufolge hierdurch „[…] materieller Gerechtigkeit zum Sieg über unangemessene Haftungsverteilungen […]“ verholfen wird; Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 305, Rn. 335, Rn. 337; Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S. 269 (S. 286). Zur Auffassung von Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f.), wonach die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht an die Beherrschung einer Fehlerquelle anknüpft, bereits oben § 18 I. 971 Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 305, Rn. 335, Rn. 337. Ähnlich Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S. 286). 972 BVerwGE 128, 99 (106); Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S.  269 (S. 286). Zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne anhand dieses Kriteriums bereits oben § 9. 973 Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 131. 974 Janz, Jura 2004, 227 (234); Janz, Weisungsrecht, S. 511. Ähnlich Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (933). Wie zu zeigen sein wird, wirkt sich die fehlende Eigenverantwortlichkeit des Landes bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG auch auf die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht aus. Hierzu noch eingehend unten §§ 31, 32.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Folge, dass das angewiesene Land nicht gänzlich schutzlos gestellt wird, obwohl es eine rechtswidrige Weisung nicht gerichtlich angreifen kann.975 Zudem steht eine Kostentragungspflicht des Bundes gestützt auf Art. 104a V 1 Hs. 2 GG der Funktion des Weisungsrechts des Art. 85 III GG, dem Bund die schnelle und effek­ tive Durchsetzung seiner Rechtsauffassung gegenüber derjenigen des Landes zu ermöglichen, nicht entgegen.976 (3) Fazit Ausgehend von einer Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ergibt sich aus der Auseinandersetzung mit der Kostentragungspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG kein Zirkelschluss in Bezug auf die Passivlegitimation bei hieran anknüpfenden Amtshaftungsansprüchen. Dies beruht darauf, dass hieraus eine Kostentragungspflicht des Bundes resultiert, die unabhängig davon ist, ob Haftungskosten als Zweck- oder Verwaltungsausgaben einzuordnen sind und ob das die Weisung befolgende Land oder der die rechtswidrige Weisung erteilende Bund amtshaftungsrechtlich passivlegitimiert ist. Sofern man Haftungskosten als Zweckausgaben einordnet, resultiert eine Kostentragungspflicht des Bundes bereits aus Art. 104a II GG. Wenn man Haftungs­kosten überzeugenderweise als Verwaltungsausgaben einordnet, hängt die Finanzierungsverantwortung unter Anwendung von Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG zunächst von der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht ab. Unter Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG führt jedoch auch diese Einordnung zu einer Kostentragungspflicht des Bundes. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG, welches ebenfalls von einer Kostentragungspflicht des Bundes bei Befolgung einer nach Art. 85 III  GG erteilten rechtswidrigen Weisung durch das jeweilige Land ausgeht. Ein schädigendes Verhalten eines Amtswalters des Landes neben demjenigen des Bundes, etwa bei amtspflichtwidriger teilweiser Nichtbefolgung einer rechtswidrigen Weisung oder im Falle deren fehlerhafter Umsetzung lässt die Kostentragungspflicht des Bundes nicht vollständig entfallen. Zwar ist eine Mitverursachung des Schadens entsprechend § 254 BGB zu berücksichtigen,977 jedoch reduziert sich die 975

Stelkens, DVBl. 2000, 609 (615). Janz, Jura 2004, 227 (233); Janz, Weisungsrecht, S. 514. 977 BVerfGE 116, 271 (323 ff.); 128, 99 (107 ff.); BVerwG NVwZ 1995, 991 (993); Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck,  GG, Band III, Art. 104a Rn. 182; Kube, in: Epping / ​ Hillgruber, GG, Art. 104a Rn. 56; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (933 f.); Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 55; Woditschka, Weisungsrecht, S.  302. A. A. Prokisch, in: BK-GG, Ordner 14, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 104a Rn. 346, da eine Verwaltungsaufgabe regelmäßig einem Verwaltungsträger zur alleinigen Ausführung übertragen werde. A. A. zudem Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 276 mit der Begründung, dass Art. 104a V 1 976

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Kostentragungspflicht des Bundes hierdurch lediglich entsprechend dem Grad der Mitverursachung des Schadens.978 Da folglich nur ein anteiliger Haftungsausschluss entsteht, kann eine Remonstrationspflicht des Landes auch in einer derartigen Konstellation auf die zumindest teilweise fortbestehende Kostentragungspflicht des Bundes gestützt werden. Dieses Ergebnis überzeugt auch unter Berücksichtigung des § 840 I BGB.979 Sofern man eine Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG auf die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG annimmt, ist bereits aufgrund der Normenhierarchie dieser auch bei Einschlägigkeit der §§ 840 I, 426 I 1 BGB für die Verteilung der Kostentragungslast heranzuziehen.980 In Hinblick auf die Berücksichtigung der Mitverursachung eines Schadens bei Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG ist auch der Fall einer unterbliebenen Remonstration des Landes zu thematisieren. Dieser Aspekt kann lediglich relevant werden, wenn man das Bestehen einer Remonstrationspflicht annimmt. Zunächst scheint somit auch hier ein Zirkelschluss vorzuliegen, da das Bestehen einer Remonstrationspflicht des Landes durch die Kostentragungspflicht des Bundes begründet werden soll, zugleich jedoch hinterfragt wird, ob bei Verletzung dieser Re­monstrationspflicht die Kostentragungspflicht des Bundes entfällt. Eine unterbliebene Remonstration kann bei Annahme des Bestehens einer Remonstrationspflicht jedoch allenfalls zu einem teilweisen Ausschluss des Anspruchs des Landes aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG führen, sodass die Kostentragungspflicht des Bundes

Hs. 2 GG eine Lastenverteilungsvorschrift darstelle, in der die Finanzierungspflicht allein an den Leistungsverpflichteten und nicht an ein Verhalten des Finanzierungsempfängers anknüpfe. Art. 104a V 1 Hs. 2 GG ist jedoch als Haftungsvorschrift einzuordnen, siehe nur Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art.  104a Rn.  181. 978 Janz, Weisungsrecht, S. 490 f., S. 516 ff., ausführlich zur Berücksichtigung der Mitverantwortung von Bund und Land entsprechend ihrer jeweiligen Verursachungsanteile an dem entstehenden Schaden bei Anwendung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG; Woditschka, Weisungsrecht, S. 302. Zur Gewichtung von Vorsatz und Fahrlässigkeit bei entspr. Anwendung des § 254 BGB sowie zur Kausalität und dem Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (936 f.). 979 Zu dessen Anwendbarkeit bei einem schädigenden Verhalten eines Amtswalters eines Verwaltungsträgers neben demjenigen eines anderen Verwaltungsträgers bereits oben § 17 IV. 980 I.Erg. ebenso Janz, Jura 2004, 227 (231 ff.); Janz, Weisungsrecht, S. 364 ff., welcher davon ausgeht, dass Art. 104a V 1 Hs. 2 GG die alleinige Anspruchsgrundlage für einen Innenregress zwischen Bund und Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG sei. Aufgrund der Anwendbarkeit des Art. 104a II, V 1 Hs. 1, Hs. 2 GG scheidet eine analoge Anwendung des § 18 IV AtG aus (Janz, Weisungsrecht, S. 357 f.). Eingehend zur Auflösung von Kollisionen zwischen Normen unterschiedlicher sowie derselben Rangstufe Wernsmann, in: Hübschmann / ​ Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, § 4 AO, Rn.  362 ff. sowie Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 185 ff. Speziell zum Verhältnis von Art. 104a V 1 Hs. 2 GG und §§ 840 I, 426 I, 254 BGB Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 454 ff. Sollte man einen derartigen Vorrang des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG gegenüber §§ 840 I, 426 I 1 BGB ablehnen, würden hieraus keine abweichenden Ergebnisse resultieren, da bei Verteilung der Kostentragungspflicht unter Anwendung der §§ 840 I, 426 I 1 ebenfalls die Verursachungsbeiträge der beteiligten Schädiger vorrangig zu berücksichtigen sind (Gehrlein, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BGB, § 426 Rn.  11 f.; Stürner, in: Jauernig, BGB, § 426 Rn. 9).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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nach Art. 104a V 1 Hs. 2 GG nicht vollständig entfällt.981 Zu begründen ist dies damit, dass der Bund unabhängig von einer Remonstration des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG über eine uneingeschränkte Letztentscheidungskompetenz verfügt und gerade durch diese die Kostentragungspflicht des Bundes bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung begründet wird.982 Der Bund hat demnach gemäß Art. 104a V 1 Hs. 2 GG diejenigen Haftungskosten zu tragen, die anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG entstehen. Diese Kostentragungspflicht kann bei Mitverursachung des Schadens durch das Land, etwa durch die fehlerhafte Umsetzung der Weisung oder das Unterlassen einer Remonstration trotz bestehender rechtlicher Bedenken, allenfalls teilweise entfallen. Trotz dieses eindeutigen Ergebnisses wurde durch die Betrachtung der Kostentragung bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG deutlich, dass auch in diesem Bereich ein Tätigwerden des Gesetz­ gebers zu fordern ist,983 da durch Erlass eines Ausführungsgesetzes nach Art. 104a V 2 GG dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit im Bund-Länder-Verhältnis Rechnung getragen würde. Demnach sind die finanziellen Belange des Bundes als durch den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens zu schützendes Interesse einzuordnen. Sollte man dies ablehnen, kann die Begründung einer Remonstrationspflicht des Landes anhand des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens zumindest auf die Förderung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) eingeordnet werden. e) Vereinbarkeit einer Remonstrationspflicht des Landes mit dem Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG Die Annahme einer Remonstrationspflicht ist dabei mit dem Sinn und Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG vereinbar, eine hierarchische Steuerung und Lenkung durch den Bund zu ermöglichen.984 Innerhalb der Bundes- sowie Landesverwaltung stellt das Hierarchieprinzip sicher, dass Weisungen des demokratisch legitimierten Organs umgesetzt werden.985 Dabei steht das Hierarchieprinzip der Anerkennung einer Remonstrationspflicht des angewiesenen Amtswalters bei rechtlichen Bedenken gegenüber der Weisung nicht entgegen, da es gerade Sinn und Zweck des beamtenrechtlichen Remons­ trationsverfahren ist, die Handlungsfähigkeit der Verwaltung auch in Fällen auf 981

Janz, Weisungsrecht, S. 520 lehnt dagegen auch einen teilweisen Ausschluss des Anspruchs aus Art. 104a V 1 Hs. 2 GG ab. 982 Janz, Weisungsrecht, S. 520, jedoch als Begründung für eine vollumfängliche Kostentragungspflicht des Bundes. 983 Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (937). 984 Zur Vereinbarkeit mit der Kompetenz des Bundes, eine letztverbindliche Entscheidung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme zu treffen, bereits oben § 27 II. 1. c), 2 a). 985 Wieland, ZUR 2004, 7 (10).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

rechtzuerhalten, in denen der angewiesene Amtswalter Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit einer Weisung hat.986 Im Bereich der Bundesauftragsverwaltung dagegen ermöglicht erst die verfassungsrechtlich statuierte Weisungsbefolgungspflicht des Landes eine hierarchische Lenkung des Landes durch den Bund.987 Da unter Geltung des Hierarchieprinzips innerhalb der Bundes- und Landesverwaltung eine Remonstrationspflicht des angewiesenen Amtswalters anerkannt wird, entspricht die Anerkennung einer Remonstrationspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG einem Vergleich der Auswirkungen des Hierarchieprinzips mit denjenigen der Weisungsbefolgungspflicht der Länder in der Bundesauftragsverwaltung988. Auch bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht des Landes stellt damit das Weisungsrecht nach Art. 85 III GG ein Mittel zur Steuerung des Gesetzesvollzugs durch die Länder989 dar und ermöglicht eine hierarchische Lenkung und Steuerung des Auslegungs- und Entscheidungsprozesses durch den Bund990. Somit kann sich das Land auch bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht nicht über die Geschäftsleitungsgewalt des Bundes hinwegsetzen991. Damit steht auch die Regelung des Art. 85 III 3 GG einer vorübergehenden Suspendierung der Bindungswirkung der Weisung bei Bedenken des Landes in Bezug auf deren Rechtmäßigkeit nicht entgegen.992 f) Vereinbarkeit einer Remonstrationspflicht des Landes mit dessen eigenen Belangen Zugleich sind keine verfassungsrechtlichen Gründe ersichtlich, die der Anerkennung einer Prüfungspflicht des Landes in Bezug auf die Rechtmäßigkeit einer gemäß Art. 85 III GG erteilten Weisung sowie der Annahme einer Remonstrationspflicht des Landes im Falle hieraus resultierender Bedenken entgegenstünden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Belange des Landes, die durch die Anerkennung einer Remonstrationspflicht insbesondere in Bezug auf die Kostentragungspflicht auch nachteilig betroffen werden. Zurückzuführen ist dies darauf, dass bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht eine amtshaftungsrechtliche Passivlegitimation des Landes bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG nicht generell unter Verweis auf deren Verbindlichkeit abgelehnt werden kann. Da allerdings eine Amtshaftung des Landes bei Befolgung der rechtswidrigen Weisung nur im Falle schuldhaften sowie eigenverantwortlichen Handelns 986

Pauly, Weisungen, S. 207. Wieland, ZUR 2004, 7 (10). 988 Dies vergleichend Wieland, ZUR 2004, 7 (10). 989 So die Einordnung in BVerfGE 81, 310 (335). 990 So BVerfGE 81, 310 (336) zur Funktion einer Weisung. 991 Zu dieser Grenze der rechtlichen Möglichkeiten eines nach Art. 85 III GG angewiesenen Landes Wieland, ZUR 2004, 7 (9 f.). 992 A. A. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 90, der aus Art. 85 III 3 GG einen unbedingten Verbindlichkeitsanspruch einer nach Art. 85 III 1, 2 GG erteilten Weisung ableitet. 987

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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angenommen werden kann,993 ist diese für das Land nachteilige Rechtsfolge nicht als unbillig zu bewerten. Zudem entspricht die Annahme einer Remonstrationspflicht auch den Interessen des Landes.994 Zurückzuführen ist dies auf die Möglichkeit, hierdurch rechtswidriges Handeln im Außenverhältnis zu vermeiden. Ein solches hätte das angewiesene Land in Verfahren des primären Rechtsschutzes zu vertreten.995 Zudem besteht für das angewiesene Land die Gefahr, im Falle eines weisungsbedingten rechtswidrigen Handelns im Außenverhältnis gerichtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.996 Zu klären bleibt somit, welche Auswirkungen die Anerkennung einer Remons­ trationspflicht des Landes hat. III. Auswirkungen der Anerkennung einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern 1. Folgen einer Remonstration des angewiesenen Verwaltungsträgers Da sich aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens auch Berücksichtigungsgebote ableiten lassen,997 entspricht der Remonstrationspflicht des Landes eine Pflicht des Bundes, die rechtlichen Bedenken des Landes einer Prüfung zu unterziehen und das Remonstrationsverfahren zu beenden, indem den rechtlichen Bedenken entsprochen wird oder diese zurückgewiesen werden.998 Bei Annahme einer Remonstrationspflicht des Landes muss geklärt werden, wer im Falle einer Remonstration über die Bedenken des remonstrierenden Landes zu befinden hat und wem damit diejenige Stellung zukommt, die im Beamtenrecht der unmittelbare beziehungsweise der nächsthöhere Vorgesetzte innehat (§§ 62 II 1, 2 BBG, 36 II 1, 2 BeamtStG).999 Hierbei ist insbesondere ungeklärt, ob das Remonstrationsverfahren ein- oder zweistufig auszugestalten ist. Selbst unter der Annahme, dass allein die Bundesregierung die Letztentscheidungskompetenz ausüben könnte, die im Beamtenrecht dem nächsthöheren Vorgesetzten zukommt, läge hierin aufgrund des gänzlichen Fehlens einer Regelung der Remonstrationspflicht des Landes kein Widerspruch zu Art. 85 III 1 GG, demzufolge die zuständige oberste Bundes­ 993 Hierzu allgemein bereits oben §§ 15–18. Speziell zur Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG noch unten §§ 31, 32. 994 Zum nachvollziehbaren Interesse der Gemeinde an der Rechtmäßigkeit eines durch Weisung bedingten Handelns Scholz, Rechtsschutz, S. 151. 995 Hierzu bereits oben § 2 II. 996 Windthorst, JuS 1995, 892 (893); Windthorst, in: Detterbeck / ​Windthorst / ​Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 93. Zu diesem Aspekt aus Sicht des Geschädigten bereits oben §§ 10, 18 III. 997 Frenz, NVwZ 2002, 561 (562); Stern, Staatsrecht, Band I, S. 702. Ausführlich hierzu Bauer, Bundestreue, S. 333 f. Siehe zudem Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 167. 998 Siehe hierzu in Bezug auf das beamtenrechtliche Remonstrationsverfahren bereits oben §§ 13 II. 3., 27 II. 2. a), 3. 999 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 90 Fn. 388.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

behörde weisungsberechtigt ist.1000 Auch wenn die Vorgehensweise bei einer Remonstration des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG weder verfassungs- noch einfachrechtlich normiert wurde, steht dies der Annahme einer Remonstrationspflicht des Landes nicht entgegen. Zu begründen ist dies damit, dass die Remonstrationspflicht des Landes aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens abgeleitet wurde. Anerkannter Weise kommt diesem eine pflichtenbegründende Funktion zu.1001, sodass es eine hinzunehmende Folge der Begründung von Rechtspflichten anhand des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens darstellt, dass diese der Auslegung und Konkretisierung bedürfen.1002 Die Annahme einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern ist nur sinnvoll, wenn der angewiesene Verwaltungsträger ebenso wie bei Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung bis zur Beendigung des Remonstrationsverfahrens nicht zur Befolgung der Weisung verpflichtet ist.1003 Aufgrund der Unterscheidung zwischen einer Remonstration und sonstigen außergerichtlichen Rechtsbehelfen der angewiesenen Stelle steht die Rechtsprechung des BGH, wonach die Weisungsbefolgungspflicht auch bei Erhebung einer Gegenvorstellung oder Aufsichts­ beschwerde mangels aufschiebender Wirkung fortbestehe,1004 der Annahme einer aufschiebenden Wirkung der Remonstration nicht entgegen. 2. Auswirkungen auf die Bestimmung der Passivlegitimation bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern Die bedeutsamste Folge der Anerkennung einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern bei Erteilung einer Weisung ist, dass die Bindungswirkung einer rechtswidrigen Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers nur nach Durchführung eines beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens innerhalb des 1000 So jedoch Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 90 Fn. 388, der in einer Letzt­ entscheidungskompetenz der Bundesregierung einen Widerspruch zur grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung nach Art. 85 III 1 GG im Normal- und im Eilfall erblickt. 1001 Hierzu oben § 28 II. 2. d) aa). 1002 In diesem Sinne Janz, Weisungsrecht, S. 341. 1003 Zu dieser Wirkung der beamtenrechtlichen Remonstration bereits oben § 27 II 3. A. A. Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (41), dem zufolge sich ein Remonstrationsrecht nicht auf den Weisungsvollzug auswirken können soll. Dies verwundert, da Ossenbühl selbst die Parallelität zwischen der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG und einer beamtenrechtlichen Weisung anerkennt. 1004 BGH DÖV 1954, 347 (Ls. 1, 348). Der zu beurteilende Fall betraf eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber einer Weisung, die in Hinblick auf die Wahrnehmung kommunaler Auftragsangelegenheiten durch einen Landkreis erteilt worden war. Zust. Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 66. Auch bei der Ergreifung formloser Rechtsbehelfe durch einen angewiesenen Amtswalter kommt dieser keine aufschiebende Wirkung in Bezug auf die beamtenrechtliche Weisungsbefolgungspflicht zu, siehe nur Burth, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 125 BBG, Rn. 5, Rn. 9; Hebeler, in: Battis, BBG, § 125 Rn. 14. Zur Unterscheidung zwischen einer Remonstration und sonstigen außergerichtlichen Rechtbehelfen einer angewiesenen Stelle bereits oben § 28 vor I.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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angewiesenen Verwaltungsträgers angenommen werden kann.1005 Dies ist damit zu begründen, dass dem angewiesenen Verwaltungsträger durch die Anerkennung einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern die Möglichkeit zukommt, durch die Durchführung eines beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens bei Bedenken des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung auf deren Aufhebung oder Abänderung durch den anweisenden Verwaltungsträger hinzuwirken. Demnach ist der Anwendungsbereich der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern nicht teleologisch zu reduzieren. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung widerspricht der Ausschluss der Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung eines Remonstrationsverfahrens innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers der geltenden Rechtslage.1006 Zugleich ist von einem eigenverantwortlichen Handeln des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters auszugehen, wenn dieser die rechtswidrige Weisung befolgt und dabei schuldhaft eine Überprüfung der Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin beziehungsweise eine gegebenenfalls hieran anknüpfende Geltendmachung seiner Bedenken unterlässt. Dies ist als eigenverantwortliches Handeln des angewiesenen Verwaltungsträgers einzuordnen. Ein Ausschluss einer Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung der rechtswidrigen Weisung eines anderen Verwaltungsträgers wäre in diesem Fall somit auch rechtspolitisch verfehlt.1007 Als eigenverantwortliches Handeln des angewiesenen Verwaltungsträgers können auch die Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers sowie die Bestätigung der Weisung im Rahmen eines Remonstrationsverfahrens gemäß §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG eingeordnet werden, da die handelnden Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers aufgrund der Möglichkeit der Remonstration zwischen angewiesenem und anweisendem Verwaltungsträger jeweils eigenverantwortlich handeln. In Hinblick auf die Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers beruht dies auf der Einordnung der Weitergabe einer Weisung als Erteilung einer Weisung1008. In Bezug auf die Bestätigung der Weisung ist dies darauf zurückzuführen, dass der hiermit jeweils befasste Vorgesetze durch die Remonstration des angewiesenen Amtswalters nochmals die Möglichkeit und zugleich die Pflicht hat, die Weisung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen1009 und diese nur dann mittels einer Be 1005

Romann, Remonstrationspflicht, S. 86 ff., insb. S. 92 ff. So die bereits oben in § 26 dargestellte Auffassung von Romann, Remonstrationspflicht, S. 92 ff., insb. S. 97. 1007 So die bereits oben in § 26 dargestellte Auffassung von Romann, Remonstrationspflicht, S. 92 ff., insb. S. 97. 1008 Hierzu bereits oben § 27 I. 4. 1009 Günther, ZBR 1988, 297 (310); Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 1, Rn. 41; Romann, Remonstrationspflicht, S. 112. 1006

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

stätigung aufrechtzuerhalten, wenn er die Bedenken des angewiesenen Amtswalters nicht teilt.1010 Da jeder Amtswalter die volle persönliche Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seines Handelns trägt (§§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG), ist auch der bestätigende Vorgesetzte für die Bestätigung einer rechtswidrigen Weisung persönlich verantwortlich.1011 Zudem geht mit der Bestätigung der Weisung die Verantwortung des angewiesenen Amtswalters für sein Handeln aus §§ 63 I BBG, 36 I BeamtStG auf den bestätigenden Amtswalter über.1012 Dies spricht für die Annahme, dass durch die Bestätigung einer rechtswidrigen Weisung ebenso wie durch die Weitergabe einer rechtswidrigen Weisung grundsätzlich drittbezogene Amtspflichten verletzt werden können. Ob dies im Einzelfall angenommen werden kann, bliebe einer Prüfung im Einzelfall vorbehalten,1013 wobei die durch die Prüfung der Drittbezogenheit der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) bei Erteilung einer Weisung erzielten Erkenntnisse1014 zugrunde zu legen wären. Wenn der anweisende Amtswalter und der die Weisung bestätigende Vorgesetzte des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters demselben Verwaltungsträger zuzuordnen sind, hat die Annahme der Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht durch die Weitergabe sowie Bestätigung einer rechtswidrigen Weisung aufgrund der Haftungsüberleitung durch Art. 34 Satz 1  GG dem Geschädigten gegenüber keinerlei Auswirkungen,1015 auch wenn man davon ausgeht, dass bei Bestätigung der Weisung durch den nächsthöheren Vorgesetzten

1010 Günther, ZBR 1988, 297 (310); Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 41, Rn. 49. Eine Bestätigung ist dabei durch sämtliche höhere Vorgesetzte möglich, siehe nur Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 56. 1011 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 49, Rn. 57; Gurlit, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 1, Art. 34 Rn. 21; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 56. 1012 OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 49, Rn. 57; Gurlit, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 1, Art. 34 Rn. 21; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 49, Rn. 56; Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 17, § 36 BeamtStG, Rn. 17; Rieger, Weisung, S. 167. Wie Romann, Remonstrationspflicht, S. 83 mit Fn. 59 zutr. kritisiert, ist die Feststellung von Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 4, die Verantwortung gehe auf den anweisenden oder bestätigenden Vorgesetzten über, insofern zumindest nicht besonders erhellend. Romann setzt sich jedoch lediglich mit der dienst- und disziplinarrechtlichen Verantwortung bei Bestätigung einer Weisung auseinander. Ähnlich wie Grigoleit äußert sich Felix, Remonstrationsrecht, S. 113 f., die von der Begehung einer Amtspflichtverletzung durch den bindend angewiesenen Amtswalter ausgeht, welche letztlich der Anstellungskörperschaft des anweisenden „beziehungsweise“ des die Weisung bestätigenden Amtswalters zuzurechnen sei. Eine derartige Zurechnung kann Felix zufolge jedoch allenfalls für einen etwaigen Rückgriffsanspruch zwischen den Körperschaften von Bedeutung sein. 1013 Romann, Remonstrationspflicht, S. 83, S. 112 geht wohl von der Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht durch den bestätigenden Vorgesetzten aus, indem er diesem die Verantwortung im haftungsrechtlichen Sinne zuschreibt. 1014 Siehe hierzu oben § 15 II. 2. b) cc). 1015 Siehe nur OLG Bremen, Urt. v. 23.01.2019, Az. U 25/18 (abrufbar über juris), Rn. 49, Rn. 57; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d, § 63 Rn. 57.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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keine Verantwortung des anweisenden unmittelbaren Vorgesetzten anknüpfend an die Erteilung der Weisung besteht1016. Wenn dagegen der bestätigende Vorgesetzte und der anweisende Amtswalter verschiedenen Verwaltungsträgern zuzuordnen sind, ist die Frage der Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht durch einen bestätigenden Vorgesetzen in Hinblick auf die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung von Bedeutung.1017 Da auch die Weitergabe beziehungsweise Bestätigung der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers als eigenverantwortliches Handeln des angewiesenen Verwaltungsträgers neben demjenigen des anweisenden Verwaltungsträgers einzuordnen ist, entspricht eine hieran anknüpfende Amtshaftung des angewiesenen Verwaltungsträgers einer Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns1018. Der BGH geht allerdings davon aus, dass bei Erteilung einer seiner Auffassung nach verbindlichen Weisung zwischen Verwaltungsträgern die Verantwortlichkeit im Sinne des Art. 34 S. 1 GG „[…] jedenfalls nicht die Anstellungskörperschaft des angewiesenen Beamten […]“1019, sondern „[…] (allein) die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten […]“1020 treffen könne. Auch wenn der BGH sich nicht mit der Bestätigung und Weitergabe von Weisungen auseinandersetzt, kann hieraus gefolgert werden, dass eine Amtshaftung des angewiesenen Verwaltungsträgers anknüpfend an die Bestätigung und Weitergabe einer Weisung eines Vorgesetzten ausscheiden soll. Da ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der verbindlichen rechtswidrigen Weisung bejaht wird,1021 ist diese Auffassung in Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten des Geschädigten in ihrem Ergebnis nicht zu beanstanden. Zugleich ist sie folgerichtig, wenn man unter Zugrundelegung der Auffassung des BGH annimmt, dass die Vorschriften des beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens bei Erteilung einer Weisung eines 1016 So Romann, Remonstrationspflicht, S. 81 f., allerdings in Bezug auf die dienst- und disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit. Für die Frage eines etwaigen Rückgriffs des aus Amtshaftung haftenden Verwaltungsträgers gegenüber dem amtspflichtwidrig handelnden Amtswalter gestützt auf die Vorschriften in Ausführung des Art. 34 S. 2 GG dagegen sind auch derartige Fallkonstellationen bei Beteiligung lediglich eines Verwaltungsträgers relevant. 1017 Romann, Remonstrationspflicht, S. 92 ff., der insofern von dem „in der Remonstrationskette letzten Beamten“ spricht. Zum Vorliegen einer „Remonstrationskette“ zudem Rieger, Weisung, S. 169 f. Aus diesem Grunde wird dieser Aspekt als Besonderheit der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern behandelt. Dies unberücksichtigt lassend Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, S. 43 ff.; S. 271 f. A. A. jedoch BGHZ 205, 63 (69). Der BGH geht hierbei von einer Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht auch bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern aus, schließt jedoch zugleich eine Amtshaftung des angewiesenen Verwaltungsträgers gänzlich aus. 1018 Hierzu bereits oben § 18 I. 1019 BGH NJW 1977, 713 (Ls.); BGH NVwZ 1985, 682 (683). 1020 BGH NJW 1977, 713. 1021 Hierzu bereits oben §§ 15 III. 2. b) bb) (1), 25.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

anderen Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers nicht anwendbar sind. Da dies nach der hier vertretenen Auffassung nicht überzeugen kann, ist auch bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern das eingangs dargestellte Konzept zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung1022 anzuwenden. Aufgrund der in vielen Fällen anzunehmenden größeren Sachnähe und hierdurch bedingten höheren Sachkenntnis der Behörden des angewiesenen Verwaltungsträgers1023 und dabei gerade auch derjenigen Behörden, deren Amtswalter für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständig sind, kann bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern in Bezug auf die Weitergabe dieser Weisung zwischen den Behörden des angewiesenen Verwaltungsträgers sowie bei der Weitergabe gegenüber einem anderen Verwaltungsträger jedoch in Abweichung von den bisherigen Erkenntnissen nicht von einem im Regelfall fehlenden Verschulden1024 der angewiesenen Stelle ausgegangen werden. Da die Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG ein Zusammenwirken zwischen den obersten Bundes- und Landesbehörden erfordert und eine beiderseitige Kooperationsbereitschaft voraussetzt,1025 ist davon auszugehen, dass ein nach Art. 85 III GG angewiesenes Land etwaige Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung gegenüber dem Bund geltend machen wird.1026 IV. Exkurs: Erteilung einer Weisung gegenüber einer Gemeinde Die Frage der Möglichkeit einer Remonstration zwischen Verwaltungsträgern wurde bislang lediglich anhand der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG erörtert. Zumindest in aller Kürze soll ergänzend auf die Erteilung einer Weisung gegenüber Gemeinden eingegangen werden.1027 Da bislang kein allgemeines Rechtsprinzip anerkannt wird, wonach eine anweisende Stelle verpflichtet wäre, von ihr veranlasste Kosten der im Außenverhältnis handelnden Stelle zu tragen, kann sich eine derartige Pflicht nur aus Regelungen des Verfassungsrechts sowie des einfachen Rechts ergeben.1028 1022

Hierzu bereits oben §§ 13–18. Hierzu für den Bereich der Bundesauftragsverwaltung bereits oben § 28 II. 2. c). Zudem allgemein Dietlein, in: Stern / ​Sachs / ​Dietlein, Staatsrecht, Band IV/2, § 123, S. 2047. 1024 Hierzu in Bezug auf die Erteilung einer Weisung durch einen Vorgesetzten bereits oben § 16 I. 1025 Hierzu bereits oben § 28 II. 2. d) aa). 1026 In diesem Sinne Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 311. 1027 Eingehend hierzu Pfeiffer, Kommunalaufsichtsbehörde, insb. S. 34 ff.; S. 251 ff.; Scholz, Rechtsschutz. S. 47 ff., S. 97 ff. 1028 Janz, Weisungsrecht, S. 364; Stelkens, DVBl. 2003, 22 (24); Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 36 f.; Viegener, Drittschutz, S. 154 f., die dies als „Konnexitätsprinzip im weiteren Sinne“ bezeichnen. Zur Einordnung des Art. 104a I GG als „Konnexitätsprinzip im engeren Sinne“ Viegener, Drittschutz, S. 154 f. 1023

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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Teilweise wird die Pflicht des Landes, diejenigen Kosten zu tragen, die der Gemeinde aus der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung einer Landesbehörde entstehen, ausdrücklich normiert.1029 Da hierunter neben Schadensersatzverpflichtungen auch Gerichtskosten fallen,1030 besteht diese Kostentragungspflicht unabhängig von einer Stellung der Gemeinde als Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs1031. Soweit solche gesetzlichen Regelungen nicht bestehen, ist zu hinterfragen, ob eine entsprechende Kostentragungspflicht durch die jeweils einschlägigen Regelungen zur Verteilung der Finanzierungsverantwortung auf kommunaler Ebene vorgesehen ist.1032 Zugleich ist unter Anwendung der §§ 426 I, 840 I BGB1033 zumindest von einer teilweisen Kostentragungspflicht des Landes im Falle einer gesamtschuldnerischen Haftung mit der Gemeinde auszugehen. Sofern hierauf eine zumindest anteilige Kostentragungspflicht des Landes gestützt werden kann, kann durch diese eine Remonstrationspflicht der Gemeinde entsprechend den bereits dargestellten Erwägungen begründet werden. Wenn dies nicht der Fall ist, könnte eine Remonstrationspflicht der Gemeinde lediglich auf die allgemein zwischen Verwaltungsträgern geltende Pflicht, auf die Belange des Anderen Rücksicht zu nehmen,1034 gestützt werden. Als zu schützender Belang wäre das Interesse der anweisenden Stelle, bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nicht aufgrund deren grundsätzlicher Verbindlichkeit zum Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs zu werden, einzuordnen.1035 1029

Siehe etwa §§ 129 V GemO BW, 6 IV NKomVG, 123 VII SächsGemO; 6 V KVG LSA; 3 III 1ThürKO. 1030 Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 349. Siehe zu der hiermit übereinstimmenden Definition der Haftungskosten in Zusammenhang mit Art. 104a GG bereits oben § 28 II. 2. d) bb) (1) (d). Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 291, Rn. 349 sowie Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 96 Rn. 172 gehen auch unabhängig hiervon von einer entsprechenden Kostentragungspflicht des Landes und damit letztlich von der Geltung des dargestellten Konnexitätsprinzips im weiteren Sinne aus.  1031 Eine solche annehmend Scholz, Rechtsschutz, S. 95, ohne sich mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsrechts auseinanderzusetzen. 1032 Dies zeigt etwa § 5 III ULBErrG, wonach der Landkreis in Schleswig-Holstein diejenigen Kosten, die bei der Wahrnehmung der Aufgaben der allgemeinen unteren Verwaltungsbehörden entstehen, zunächst selbst zu tragen hat und ein Ausgleich lediglich über die allgemeinen Finanzzuweisungen erfolgt. Zur Verteilung der Finanzierungsverantwortung auf kommunaler Ebene anhand des dualistischen Finanzierungsmodells eingehend Tappe / ​Wernsmann, Öffent­ liches Finanzrecht, Rn. 935 ff., Rn. 1050 ff. 1033 Zur Anerkennung der Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Haftung in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung bereits oben § 17 IV. 1034 Zu dieser Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 57. Speziell auf kommunaler Ebene wird zudem die Existenz eines Grundsatzes des gemeindefreundlichen Verhaltens diskutiert. Zu diesem eingehend Macher, Gemeindefreundliches Verhalten, auch zum Aspekt des staatsfreundlichen Verhaltens (S. 139 ff.). Zudem Scholz, Rechtsschutz, S. 133 f. Wie Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, 15. Auflage 2013, Kap. 1 Rn. 50 zeigt, ist eine deutliche Nähe zum Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens unschwer erkennbar. 1035 Hierzu auch in Zusammenhang mit den Belangen der angewiesenen Stelle bereits oben § 28 II. 2. f).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage des Bestehens einer Remonstrationspflicht bei Erteilung einer Weisung gegenüber einer Gemeinde kann an dieser Stelle jedoch nicht erfolgen, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

§ 29 Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Verletzung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht Als weitere Besonderheit der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern wird im Folgenden die Divergenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht zwischen Verwaltungsträgern und derjenigen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht (§§ 62 I 2 Hs. 1 BBG, 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG) dargestellt, wobei dies wiederum anhand der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG geschieht.1036 I. Ungeschriebene Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht Zunächst soll allerdings auf diejenigen Fallgruppen eingegangen werden, in denen eine Kongruenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht bei der Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung und der Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung besteht. Bei Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung wird bei offenkundiger schwerwiegender Rechtswidrigkeit des Verhaltens, zu dem angewiesen wurde, von der Unverbindlichkeit der Weisung ausgegangen.1037 Dieser durch die Regelungen der Beamtengesetze nicht normierte Ausnahmefall betrifft Konstellationen, in denen das Verhalten, zu dem angewiesen wurde, „[…] einen schweren, unerträg­ lichen Widerspruch zu wesentlichen, den Gegenstand der Rechtsordnung bildenden Zwecken bzw. Wertvorstellungen bedingen würde  […]“1038 oder dieses „schlechterdings unerträglich […], d. h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar […]“1039 wäre. Demnach führt nicht jeder Verfassungsverstoß zur Unverbindlichkeit der beamtenrechtlichen Weisung.1040 Dies gilt auch bei der Verletzung

1036

Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 205 konstatierte noch im Jahre 1992, dass die Grenzen der Bindungswirkung von Weisungen nach Art. 85 III GG äußerst spärlich thematisiert würden. Zu den äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht der Gemeinden in der kommunalen Auftragsverwaltung Scholz, Rechtsschutz, S. 153 ff. 1037 Hierzu bereits oben § 13 II. 2. 1038 Günther, ZBR 1988, 297 (307) angelehnt an BVerwG NJW 1985, 2658 (Ls. 1). 1039 So bereits BVerwG NJW 1985, 2658 (2659) sowie diesem folgend nahezu wortgleich BVerwG NVwZ 1998, 1061 (1062). 1040 BVerfG NVwZ 1995, 680 (Ls. 1, 681); BVerwG ZBR 2002, 139 (140 f.); Battis, BBG, § 63 Rn. 6; Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 6; Hampel, in: Fürst, GKÖD, Band I Teil 2d,

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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von Grund­rechten1041 und der bloßen Unverhältnismäßigkeit der vorzunehmenden Maßnahme.1042 Auch einer Weisung nach Art. 85 III GG kommt in Fällen der Verfassungswidrigkeit, insbesondere bei der Verletzung von Grundrechten1043 sowie bei Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit1044 grundsätzlich Bindungswirkung zu. Eine Weisung einer obersten Bundesbehörde „unter grober Mißachtung der ihr obliegenden Obhutspflicht zu einem Tun oder Unterlassen […], welches im Hinblick auf die damit einhergehende allgemeine Gefährdung oder Verletzung bedeutender Rechtsgüter schlechterdings nicht verantwortet werden kann. […]“1045 beansprucht dagegen keine Verbindlichkeit.1046 Begründet wird dies durch das BVerfG damit, dass trotz der bestehenden Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern eine „[…] gemeinsame Verantwortung für den Bestand des Staates und seiner Verfassungsordnung sowie für die Abwehr kollektiver Existenzgefährdungen […]“1047 bestehe.1048 Aus diesem Grunde könne das Land aufgrund seines Rechts auf Eigenstaatlichkeit vom Bund verlangen, dass dieser nicht mittels Erteilung einer § 62 Rn. 66; Weiß, ZBR 1995, 195 (196); Wichmann, in: Wichmann / ​Langer, Dienstrecht, S. 386. A. A. Risken, Weisungen, S. 169 f. 1041 Günther, ZBR 1988, 297 (307). 1042 Günther, ZBR 1988, 297 (307 f.). 1043 BVerfGE 81, 310 (333 f.); 104, 238 (246); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 31; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck,  GG, Band III, Art. 85 Rn. 30. Differenzierend in Hinblick auf die Verletzung von Grundrechten dagegen Steinberg, Bundesaufsicht, S. 34 f., S. 72 ff. A. A. Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 29 sowie in Bezug auf Fälle der Verfassungswidrigkeit Steinberg, atw 1987, 282 (283), demzufolge diese Auffassung der h. M. entspreche. 1044 BVerfGE 81, 310 (Ls. 5, 338); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 3; Isensee, in: FS Bethge, S. 359; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 72; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 35 f. A. A. Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 65; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs,  GG, Art. 85 Rn. 29; Hartung, JA  1991, 137 (139) in Hinblick auf die Anerkennung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Eingriffen in die kommunale Selbstverwaltung; Lange, Weisungsrecht, S. 83 ff., S. 138 f.; Pera, NVwZ 1989, 1120 (1122); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 176 f., der den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als anwendbar erachtet, diesem jedoch im Regelfall keine eigenständige Bedeutung gegenüber dem Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens zuspricht. 1045 BVerfGE 81, 310 (334). Zust. Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 33. Ähnlich Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64. 1046 BVerfGE 81, 310 (334). Krit. aufgrund der inhaltlichen Unbestimmtheit der hier verwendeten Begrifflichkeiten F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73, dem zufolge diese „von materieller Ratlosigkeit“ zeugten. 1047 BVerfGE 81, 310 (334). 1048 Begründet wird das Fehlen einer Weisungsbefolgungspflicht teilweise damit, dass es dem Land in einem solchen Fall nicht zugemutet werden könne, Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs zu sein (Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 214 mit Fn. 1139; S. 222 ff.). Aus dem Blickwinkel des Amtshaftungsrechts ist diese Auffassung jedoch verfehlt. Sofern Weisungsbefolgungsgrenzen einschlägig sind, kommt einer Weisung keine Bindungswirkung zu. Sofern sich die angewiesene Stelle dennoch für die Befolgung der Weisung entscheidet, ist sie aufgrund ihrer eigenverantwortlichen Entscheidung auch aus Amtshaftung haftbar zu machen, sofern das Verschuldenserfordernis des § 839 I 1 BGB gewahrt wird.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Weisung ein Verhalten fordere, das außerhalb des Bereichs liegt, der von einem Staat verantwortet werden könne.1049 Eine solche Überschreitung der Grenze verantwortbaren Handelns ist dem BVerfG zufolge etwa gegeben, wenn das Land zur Begehung eines groben Verfassungsverstoßes oder zu einer unmittelbaren Gefährdung der Allgemeinheit in Leben oder Gesundheit angewiesen wird.1050 Zugleich erkennt das BVerfG an, dass es weitere Möglichkeiten der Überschreitung eines verantwortbaren Handelns gibt,1051 ohne diese jedoch zu benennen.1052 II. Auslegung der ungeschriebenen Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Die Ausführungen des BVerfG weisen eine enorme Ähnlichkeit zu der Auslegung des Begriffs der offensichtlichen schwerwiegenden Rechtswidrigkeit als Grenze der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht auf. 1. Entsprechende Anwendung des § 44 I VwVfG Der Terminus der offensichtlichen schwerwiegenden Rechtswidrigkeit wiederum erinnert an die Vorschrift des § 44 I VwVfG, die die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts anordnet, soweit dieser an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.1053 Bereits aus diesem Grunde erscheint es naheliegend, 1049

BVerfGE 81, 310 (334). Ähnlich F.  Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. 1050 BVerfGE 81, 310 (334 f.). Zust. Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 31. 1051 BVerfGE 81, 310 (334 f.). 1052 Eine Konkretisierung der vom BVerfG gezogenen Grenze der Weisungsbefolgungspflicht ist allerdings notwendig (F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73). Dabei kann Janz, Weisungsrecht, S. 255 nicht zugestimmt werden, wenn dieser annimmt, die Vorgaben des BVerfG könnten nicht durch die Bildung von Fallgruppen oder generellen Maßstäben konkretisiert werden. Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (413 Fn. 69) verweist auf den Zusammenhang zwischen den durch BVerfGE 81, 310 (334 f.) aufgestellten äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht und den Äußerungen des BayVGH in BayVGHE n. F. 10 (1957), Teil III, 23 (24), wonach ein Beamter seiner Weisungsbefolgungspflicht nicht nachkommen müsse, wenn die Befolgung der Weisung einen vermeidbaren, erheblichen Schaden für ein Individuum oder die Allgemeinheit bedinge, der nicht wiedergutgemacht werden könnte. Die Äußerungen des BayVGH beziehen sich jedoch auf Fallkonstellationen, in denen der Beamte sofort handeln muss und seine Bedenken deswegen nicht gegenüber dem Vorgesetzten geltend machen kann. Somit kann der Hinweis von Depenheuer nicht der Konkretisierung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht in der Bundesauftragsverwaltung dienen. 1053 Zu diesem Zusammenhang Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 6 mit § 62 Rn. 5; Günther, ZBR 1988, 297 (306); Günther, Jura 2013, 672 (677); Romann, Remonstrationspflicht, S. 101 f.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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zur Konkretisierung der durch das BVerfG angenommenen äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG auf eine entsprechende Anwendung des § 44  I VwVfG zurückzugreifen.1054 Zudem wird von einem Vorliegen des von § 44 I VwVfG geforderten besonders schwerwiegenden Fehlers gerade bei einem schlechthin unerträglichen Verstoß gegen die Rechtsordnung ausgegangen,1055 was dem vom BVerfG geforderten schlechterdings unverantwortbarem Handeln1056 äußerst nahe kommt. Eine entsprechende Anwendung des § 44 I VwVfG würde den Vorteil bieten, dass für die Auslegung der vom BVerfG gezogenen äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG auf die für die Anwendung des § 44 I VwVfG entwickelten und etablierten Kriterien zurückgegriffen werden könnte. Allerdings dient die Voraussetzung des besonders schwerwiegenden Fehlers in § 44 I VwVfG der Bereitstellung eines tauglichen Korrektivs zur Bestandskraft von Verwaltungsakten in engen Sonderfällen.1057 Da eine Weisung jedoch keinem der Bestandskraft von Verwaltungsakten ähnlichen Zustand zugänglich ist, setzt sich eine entsprechende Anwendung des § 44 I VwVfG Siehe hierzu ebenfalls Wichmann, in: Wichmann / ​Langer, Dienstrecht, S. 387, welcher jedoch insofern lediglich auf § 44 VwVfG verweist, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob die Fälle des § 44 I VwVfG oder des § 44 II VwVfG gemeint sein sollen. Günther, Jura 2013, 672 (676 ff.) erkennt die Grenze der offensichtlichen und schwerwiegenden Rechtswidrigkeit an, lehnt jedoch eine entsprechende Anwendung des § 44 I VwVfG ab. 1054 Befürwortend Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (413). Dies andeutend F.  Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73, dem zufolge „[…] offensichtliche, rechtlich geradezu himmelschreiende Tatbestände […]“ von der Weisungsbefolgungspflicht gemäß Art. 85 III GG ausgeschlossen werden müssten. Auch Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 30 geht davon aus, dass „[a]llein evidente und schwere Fehler […] die Nichtigkeit der Weisung begründen [können].“ Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 214 f. spricht sich für eine Anwendung des Rechtsgedankens des § 44 I VwVfG aus, möchte allerdings zugleich die Bindungswirkung einer Weisung nach Art. 85 III  GG bereits bei offenkundiger Rechtswidrigkeit entfallen lassen. Unklar insofern Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 20, welcher ebenfalls von einer Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei Nichtigkeit einer Weisung unter entsprechender Anwendung der Regelungen zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ausgeht und sich sodann beispielhaft mit der entsprechenden Anwendung von § 44 II Nrn. 4, 5 VwVfG auseinandersetzt. Auch Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 53 geht davon aus, dass eine Weisung nach Art. 85 III GG im Falle der Nichtigkeit unverbindlich sei, ohne sich hierbei nach mit den Kriterien für die Bestimmung der Nichtigkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG auseinanderzusetzen. Entscheidend ist jedoch mangels direkt heranzieh­barer Maßstäbe gerade, in welchen Fällen von der Nichtigkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG ausgegangen werden kann (Steinberg, Bundesaufsicht, S. 63). Ablehnend dagegen Janz, Weisungsrecht, S. 316 f.; Pauly, Weisungen, S. 230 Fn. 31. 1055 BVerwG NJW 1985, 2658 (2659); BFH NVwZ 1987, 533 (534) zu § 125  I AO; Baumeister, in: Obermayer / ​Funke-Kaiser, VwVfG, § 44 Rn. 21; Ramsauer, in: Kopp / ​Ramsauer, VwVfG, § 44 Rn. 8; Sachs, in: Stelkens / ​Bonk / ​Sachs, VwVfG, § 44 Rn.  104; Schemmer, in: Bader / ​Ronellenfitsch, VwVfG, § 44 Rn.  12. 1056 BVerfGE 81, 310 (334). 1057 Steinberg, Bundesaufsicht, S. 63. Eingehend zum Begriff der Bestandskraft sowie deren Sinn und Zweck Wernsmann, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO / ​FGO, Vorbem. zu §§ ­130–133 AO, Rn. 12 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

der Kritik aus, bei der Erteilung von Weisungen keine systemgerechte Lösung für die Frage nach deren Unverbindlichkeit zu eröffnen.1058 Hiergegen kann jedoch vorgebracht werden, dass die Fallgruppe der offensichtlichen schwerwiegenden Rechtswidrigkeit eine anerkannte Grenze der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht darstellt. Allerdings spricht entscheidend gegen eine entsprechende Anwendung des in § 44 I VwVfG vorgesehenen Kriteriums eines besonders schwerwiegenden Fehlers, dass bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG im Gegensatz zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem eventuell rechtsunkundigen Bürger ein hohes Maß an juristischem Sachverstand bei den obersten Landesbehörden als Empfänger der Weisung (Art. 85 III 2 GG) erwartet werden kann. Aus diesem Grunde überzeugt es nicht, die Unverbindlichkeit einer Weisung an gleicher­maßen strenge Voraussetzungen zu koppeln.1059 Hierin unterscheidet sich der Fall der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III  GG gerade auch von der Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung. Diese Sichtweise wird dadurch gestärkt, dass das BVerfG hinsichtlich des Gebots der Weisungsklarheit bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG aufgrund der besonderen Sach- und Rechtskunde der Landesbehörden deren Empfängerhorizont als entscheidend erachtet1060 und aus diesem Grunde die Anforderungen gegenüber denjenigen, die bei möglicherweise rechtsunkundigen Bürgern zu erfüllen sind, für den Bereich der Bundesauftragsverwaltung modifiziert.1061 2. Offensichtliche Rechtswidrigkeit Es ist vielmehr überzeugender, die Unverbindlichkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG anzunehmen, wenn diese offensichtlich rechtswidrig ist,1062 auch wenn dies in Widerspruch zu den Voraussetzungen der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 44 I VwVfG steht.1063 Auch bei dieser Vorgehensweise ist hinsichtlich der 1058

In diesem Sinne Steinberg, Bundesaufsicht, S. 63. Siehe in diesem Zusammenhang Wernsmann, Gleichheitswidriges Steuergesetz, S. 47 ff. zur Kritikwürdigkeit der Rspr. des BVerfG, sofern diese die Beschränkung der Nichtigerklärung von Gesetzen bei Fehlern im Gesetz­ gebungsverfahren auf Fälle evidenter Fehler damit begründet, dass die Nichtigkeit von Verwaltungsakten etwa nach § 44 I VwVfG die Evidenz der Rechtswidrigkeit voraussetze. 1059 Lange, Weisungsrecht, S. 92 f. 1060 Siehe nur BVerfGE 81, 310 (336); 104, 249 (268). 1061 Hierauf hinweisend Wieland, ZUR 2004, 7 (9 f.). 1062 Lange, Weisungsrecht, S. 91 ff.; Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322); Pera, NVwZ 1989, 1120 (1123); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 63 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 214 f., der allerdings zugleich von einer Unverbindlichkeit einer Weisung nur in den Fällen des durch § 44 I VwVfG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedankens ausgeht; Woditschka, Weisungsrecht, S. 211. Ablehnend Pauly, Weisungen, S. 230 Fn. 31. 1063 Hierauf hinweisend Steinberg, Bundesaufsicht, S. 63, welcher sich dennoch für die Nichtigkeit einer Weisung nach Art. 85 III GG im Falle offensichtlicher Rechtswidrigkeit ausspricht, da die Befolgung einer derartigen Weisung den Ländern nicht zugemutet werden könne. Zur Un-

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Anforderungen an die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit von dem für § 44 I VwVfG geltenden Maßstab der Einsichtsfähigkeit eines Durchschnittsbürgers1064 abzuweichen, um dem hohen Maß an Rechts- und Verwaltungskenntnissen der obersten Landesbehörden (Art. 85 III 2 GG) Rechnung zu tragen.1065 3. Entsprechende Anwendung des Art. 79 III GG Darüber hinaus wird eine entsprechende Anwendung der zu Art. 79 III GG etablierten Fallgruppen zur Ausfüllung der vom BVerfG gezogenen äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht in der Bundesauftragsverwaltung (Art.  85  GG) vorgeschlagen.1066 Gegenüber einer Anwendung des Kriteriums offensichtlicher Rechtswidrigkeit würde dies den Vorteil bieten, dass zur Bestimmung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht auf die Auslegung und Anwendung von Verfassungsrecht zurückgegriffen werden könnte.1067 4. Divergenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung und im Beamtenrecht Wie zu zeigen sein wird, entsteht unabhängig von einer entsprechenden Anwen­ dung des § 44 I VwVfG, des Art. 79 III GG oder eines Rückgriffs auf das Kriterium offensichtlicher Rechtswidrigkeit bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern das Problem der Divergenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht, wenn man aufgrund der Anwendbarkeit der Regelungen des Beamtenrechts auf die Weitergabe der Weisung innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers1068 auch eine Anwendbarkeit der §§ 63 II 4 Var. 2, Var. 3, 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG annimmt. Diesen zufolge besteht keine Weisungsbefolgungspflicht, wenn das Verhalten, zu dem angewiesen wurde, strafbar oder ordnungswidrig ist und dies für den angewiesenen Amtswalter erkennbar ist.1069 Die hieraus resultierende Problematik soll anhand des folgenden Fallbeispiels1070 dargestellt werden: terscheidung zwischen der Schwere und der Offenkundigkeit des Fehlers als Voraussetzungen der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 44 I VwVfG Wernsmann, Gleichheitswidriges Steuergesetz, S. 50 f. Fn. 83. 1064 Sachs, in: Stelkens / ​Bonk / ​Sachs, VwVfG, § 44 Rn.  126. 1065 Lange, Weisungsrecht, S. 92 f.; Steinberg, Bundesaufsicht, S. 63 f. 1066 Hierfür F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. 1067 So die Argumentation von F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. 1068 Hierzu bereits oben § 27 I. sowie § 28. 1069 Siehe hierzu bereits oben § 13 II. 2. 1070 Das im Folgenden wiedergegebene Fallbeispiel wurde von Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406) übernommen, welcher dieses in Anlehnung an LG Hanau NJW 1988, 571 ff. konzipierte.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Der Betrieb einer Altanlage zur Erzeugung von Kernbrennstoffen soll vorübergehend wiederaufgenommen werden. Wenn man davon ausgeht, dass es sich hierbei um eine kerntechnische Anlage im Sinne von § 2 IIa Nr. 1a) AtG handelt, ist die Entscheidung hierüber nach Art. 87c, 71, 73 I Nr. 14 GG i. V. m. § 24 I 1 AtG1071 in Bundesauftragsverwaltung zu treffen. Zwischen dem Bund und dem Land, in dem sich die Altanlage befindet, ist umstritten, ob für die vorübergehende Wiederaufnahme des Betriebs der Anlage eine Genehmigung nach § 7 I 1, II, IV AtG erforderlich ist oder es ausreicht, eine nachträgliche Auflage etwa gemäß § 17 I 3 AtG zu erteilen. Aufgrund dieser unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung weist der zuständige Bundesminister den zuständigen Landesminister an, bei der Erteilung von Anordnungen von der Rechtsauffassung auszugehen, dass die Erteilung einer Auflage gemäß § 17 AtG für die Wiederinbetriebnahme der Altanlage ausreichend sei. Die gemäß Art. 85 III GG erteilte Weisung muss zu ihrer Umsetzung im Außenverhältnis an die hierfür zuständigen Amtswalter weitergegeben werden, was mittels Erteilung einer beamtenrechtlichen Weisung geschieht. Der für die Erteilung der Anordnung im Außenverhältnis zuständige Amtswalter des Landesministeriums geht davon aus, dass für die Wiederinbetriebnahme der Altanlage die Erteilung einer Genehmigung nach § 7 I 1 AtG erforderlich sei. Der Betrieb einer kerntechnischen Anlage ohne die Erteilung einer hierfür erforderlichen Genehmigung erfüllt den Straftatbestand des § 327 I Nr. 1 StGB. Das zur Schädigung bestimmter Schutzgüter geeignete Bewirken von Kernspaltungsvorgängen unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten ist nach § 311  I  Nr. 2 StGB i. V. m. § 330d  I  Nrn. 4, 5 StGB strafbar. Da in Folge der Erteilung der Anordnungen entsprechend der Weisung des Bundesumweltministers nach Auffassung des zuständigen Amtswalters des Landes zumindest einer der genannten Straftatbestände erfüllt würde, verweigert dieser die Umsetzung der Weisung des Bundesministers im Außenverhältnis, da er diese als Beihilfe zu (§ 327 I Nr. 1 StGB i. V. m. §§ 27, 13 StGB1072) beziehungsweise als täterschaftliche Vornahme einer strafbaren Handlung (§ 311 I Nr. 2 StGB i. V. m. §§ 330d I Nrn. 4, 5, 13 StGB1073) einordnet1074 und die Weisungsbefolgungspflicht aus § 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG gemäß § 36 II 4 Var. 2, Var. 3

1071

Hierzu bereits eingangs § 1 I. Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406 f.). Zur Beihilfe durch Unterlassen durch den Amtswalter der zuständigen Aufsichtsbehörde Alt, in: MüKo-StGB, Band 5, § 327 Rn. 50, § 324a Rn. 47 ff.; Witteck, in: von Heintschel-Heinegg, StGB, § 327 Rn. 37, § 324 Rn. 45. 1073 Hierzu Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (149 mit Fn. 312). Zur Tätereigenschaft sowie der Garantenstellung der Amtswalter der zuständigen Aufsichtsbehörde Bange, in: von Heintschel-Heinegg, StGB, § 311 Rn. 20. Zum Verhältnis beider Straftatbestände Krack, in: MüKo-StGB, Band 5, § 311 Rn. 9. 1074 Das dargestellte Fallbeispiel zeigt, dass die Erteilung einer Weisung, die ein rechtswidriges Verhalten verlangt, das einen Straftatbestand verwirklicht, in der Rechtspraxis durchaus möglich ist. Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64 geht hiervon nur in sehr seltenen Fällen aus. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 214 Fn. 1137 nimmt an, dass der Bund kaum jemals eine Weisung erteilen werde, deren Befolgung einen Straftatbestand erfüllt. 1072

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BeamtStG nicht besteht, wenn das Verhalten, zu dem angewiesen wurde, strafbar oder ordnungswidrig ist und dies für den angewiesenen Amtswalter erkennbar ist. Hierdurch bedingt könnte einer Weisung nach Art. 85 III  GG vermittelt über einen Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestand eine divergierende Rechtsauffassung eines Amtswalters des Landes entgegengehalten werden, obwohl es dem Land gerade verwehrt ist, unter Berufung auf eine etwaige Rechtswidrigkeit der vorzunehmenden Maßnahme durch die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes die Befolgung einer Weisung gemäß Art. 85 III GG zu verweigern.1075 Die entstehende Situation würde das durch Art. 85 III GG verfassungsrechtlich vorgesehene Subordinationsverhältnis zwischen Bund und Ländern in der Bundesauftragsverwaltung1076 aufheben und zugleich eine Handlungsunfähigkeit in den der Bundesauftragsverwaltung unterfallenden Angelegenheiten bedingen.1077 Hierdurch würde übergangen, dass die anweisende Stelle gegenüber der angewiesenen Stelle ein höheres Maß an demokratischer Legitimation für sich in Anspruch nehmen kann.1078 Zudem könnte der Gesetzgeber das verfassungsrechtlich durch Art. 85 III GG eingeräumte Weisungsrecht des Bundes einfachgesetzlich einschränken.1079 Dieser Befund spricht gegen die Anwendbarkeit der Regelungen des § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG.1080 1075

Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (406 f.). Hierzu bereits oben § 27 I. 3. 1077 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (407). Depenheuer weist hierbei zutreffend darauf hin, dass eben diese Folgen bereits Laband, Staatsrecht, S. 461 f. im Falle der Annahme einer Prüfungskompetenz des angewiesenen Amtswalters auch in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit einer Weisung befürchtete. Auch Krantz, Gehorsamspflicht, S. 10, S. 14 f. kritisierte, dass bei Annahme eines Prüfungsrechts des angewiesenen Amtswalters in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit einer Weisung der angewiesene Amtswalter zur letzten Instanz werde und damit anstatt des hierzu berufenden anweisenden Amtswalters die eigentliche Entscheidung treffe. Die von Depenheuer zurecht befürchtete Handlungsunfähigkeit in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung stellt jedoch kein lediglich auf diesen Bereich bezogenes Einzelfallproblem dar, da sie in der beamtenrechtlich normierten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei erkennbar strafbarem oder ordnungswidrigem Verhalten wurzelt. Diese Grenze ist sowohl bei vorsätzlicher als auch bei übervorsichtiger Heranziehung generell geeignet, die Funktionsfähigkeit des staatlichen Verwaltungsapparats erheblich zu beeinträchtigen (Depenheuer, DVBl. 1992, 404 [409 ff.] sowie speziell zu Grenzen des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG Hantke, DVBl. 1990, 824 [826]). Dies spricht ebenso wie die bereits oben § 13 II. 2. dargestellten Kritikpunkte für eine grundsätzliche Neuregelung der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht, hierzu noch unten § 29 II. 4. b), c). Den Erwägungen in BT-Drs. 7/550, S. 363 f. zum Entwurf einer Neuregelung der §§ 38 II 2 BRRG, 56 II 3 BBG zufolge hat die dargestellte Regelung in der Verwaltungspraxis bislang keine Probleme verursacht. Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (409 f.) ist jedoch zuzustimmen, dass hierdurch das Bedürfnis nach einer auch in dogmatischer Hinsicht überzeugenden Regelung nicht entfällt. 1078 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 209. Hierzu bereits oben § 13 II. 3. 1079 Janz, Weisungsrecht, S. 254 f., ähnlich zudem S. 262 f. 1080 Eine Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei erkennbar strafbarem Verhalten des angewiesenen Amtswalters im Falle der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern voraussetzend OLG Hamm, Urt. v. 14.06.2013, Az. 11 U 89/11 (abrufbar über juris), Rn. 36. 1076

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Für die Annahme eines Prüfungsrechts des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters in Bezug auf sämtliche im Beamtenrecht normierte und anerkannte Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht streitet im Wege eines Erst-recht-Schlusses die Tatsache, dass diesem nach hier vertretener Auffassung auch ein Prüfungsrecht in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung einzuräumen ist1081. Wie gezeigt wurde, ist die Einräumung eines Prüfungsrechts jedoch grundsätzlich nur sinnvoll, wenn dieses sich auf die vorzunehmende Handlung auswirken kann.1082 Aus diesem Grunde ist im Folgenden zu hinterfragen, ob der aufgezeigte Widerspruch zwischen den äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht und bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG durch eine Vereinheitlichung aufgelöst werden kann.1083 a) Auflösung durch Auslegung der Vorgaben des BVerfG Sofern man eine Konkretisierung der Vorgaben des BVerfG durch eine entsprechende Anwendung des § 44 I VwVfG oder durch das Kriterium der offensichtlichen Rechtswidrigkeit befürwortet, kann der dargestellte Widerspruch zwischen den äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht und bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht aufgelöst werden. Die Anwendung dieser Kriterien auf das Verhältnis zwischen Bund und Land hätte zur Folge, dass von einer Unverbindlichkeit der Weisung nach Art. 85 III GG nur ausgegangen werden könnte, wenn die Rechtsauffassung des Bundes als juristisch nicht vertretbar einzuordnen wäre.1084 Im Falle ernsthafter Kontroversen in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahme, zu der angewiesen wurde, könnte somit nicht mehr von offensichtlicher, gegebenenfalls schwerwiegender Rechtswidrigkeit gesprochen werden, sodass der Weisung nach Art. 85 III GG Bindungswirkung zukäme.1085 Dies könnte die Divergenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht ebenso wenig wie eine entsprechende Anwendung der zu Art. 79 III GG etablierten Fallgruppen beseitigen, da in Bezug auf die beamtenrechtliche Weisungsbefolgungspflicht des § 35 S. 2 Hs. 1 BeamtStG neben der Grenze der offenkundigen schwerwiegenden Rechtswidrigkeit gerade die erkennbare Begehung

1081

Hierzu bereits oben § 27 II. 2. Hierzu ebenfalls oben § 28 I. 1083 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (407 ff., insb. 411 ff). Hierdurch kann der berechtigten Kritik von Dieners, DÖV 1991, 923 (926), wonach das BVerfG eine konstruktive Grundlage für die äußerste Grenze des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG schuldig bleibe, zumindest teilweise entsprochen werden. 1084 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 214 ff. Ähnlich Lange, Weisungsrecht, S. 93 (offensichtliche Rechtswidrigkeit, wenn an dem Vorliegen eines rechtlichen Fehlers der Weisung gemessen am Sachverstand der Behörden des Bundes und der Länder kein ernsthafter Zweifel bestehen kann). Dies als zu strengen Maßstab für die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit anzweifelnd Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64. 1085 Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64. 1082

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einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit eine äußerste Grenze der Weisungsbefolgungspflicht darstellt (§ 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG). Über die bereits dargestellten Möglichkeiten hinaus wird eine Konkretisierung der Vorgaben des BVerfG mittels einer entsprechenden Anwendung der Fallgruppen der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 44 II Nrn. 4, 5, 6 VwVfG beziehungs­ weise die Anwendung des diesen Vorschriften zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedankens vorgeschlagen.1086 Im Bereich der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht wird dies ebenfalls erwogen, jedoch nicht einheitlich befürwor­ tet.1087 Gegen eine entsprechende Anwendung des § 44 II VwVfG spricht in diesem Bereich, dass bei den gesetzlich normierten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht durch die Erkennbarkeit der Verwirklichung eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestands (§§ 63 II 4 Var. 2, Var. 3 BBG, 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG) an ein subjektives Merkmal angeknüpft wird1088 und auch bei der anerkannten Fall 1086 Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (433) zufolge „mag [es] denkbar sein“, dass Weisungen gemäß Art. 85 III GG in entsprechender Anwendung des § 44 II Nrn. 4, 5 VwVfG nichtig und damit nicht verbindlich seien. Ähnlich Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64. Ähnlich Müller / ​Mayer / ​ Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (135 Fn. 191), deren Auffassung nach Ausnahmen in den in § 44 II Nr. 4, Nr. 5 Var. 1 VwVfG genannten Fällen „in Betracht kommen [mögen]“. Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 20 nimmt eine Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei Nichtigkeit einer Weisung unter entsprechender Anwendung des § 44 II Nrn. 4, 5 VwVfG an und lehnte dabei in der Vorauflage die entsprechende Anwendung von § 44 II Nr. 6 VwVfG wegen des hierfür bestehenden erheblichen Interpretationsspielraums noch ausdrücklich ab (Bull, in: AK-GG, Band 2, Art. 85 Rn. 17). Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Band III, Art. 85 Rn. 30, Rn. 33 geht von einer Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei Nichtigkeit der Weisung aus und setzt sich hierbei in Fn. 54 mit § 44 II Nr. 6 VwVfG auseinander. Eine Anwendung des § 44 II Nr. 4 VwVfG befürwortend Janz, Weisungsrecht, S. 255 f. Ebenso in Hinblick auf die Anwendung des § 44 II Nrn. 4, 5 VwVfG Lange, Weisungsrecht, S. 91 f. Eine Anwendbarkeit der Fallgruppen des § 44 VwVfG generell ablehnend dagegen Pauly, Weisungen, S. 230 Fn. 31, der in der Geltung dieser Fallgruppen auch keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz erblickt. Zieger  / ​ Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 174 wenden § 44 II Nrn. 3–6 VwVfG analog auf eine Weisung nach Art. 85 III GG an. Zur entsprechenden Anwendung und zur Anwendung eines allgemeinen Rechtsgedankens in diesem Zusammenhang Steinberg, Bundesaufsicht, S. 64 Fn. 252; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 214 mit Fn. 1140. 1087 Für eine Unverbindlichkeit einer Weisung im Falle ihrer Nichtigkeit und damit auch in den Fällen des § 44 II VwVfG VG Berlin NVwZ 1988, 757 (Ls. 1, 757) unter Annahme der Sittenwidrigkeit einer Weisung in dem Fall, dass die Erteilung der Weisung maßgeblich auf einer gemäß § 332 StGB strafbaren Bestechlichkeit des Vorgesetzten beruht; Grigoleit, in: Battis, BBG, § 63 Rn. 6 mit § 62 Rn. 5. Ebenso Romann, Remonstrationspflicht, S. 101 f., der die Geltung der in § 44 II VwVfG genannten Fälle auch bei Erteilung einer Weisung gegenüber einem nachgeordneten Amtswalter mittels eines Erst-recht-Schlusses begründet. Gegen die Anwendung des § 44 II Nr. 6 VwVfG bei Bestechlichkeit des Vorgesetzten dagegen Günther, ZBR 1988, 297 (299 ff., 307 Fn. 145); Günther, Jura 2013, 672 (677 ff.); Leppek, in: Brinktrine / ​Schollendorf, Beamtenrecht, § 63 BBG, Rn. 23, § 36 BeamtStG, Rn. 23, welche sich für eine Heranziehung lediglich der Fallgruppe der offensichtlichen und schwerwiegenden Rechtswidrigkeit und damit des Gedankens des § 44 I VwVfG aussprechen. 1088 Günther, ZBR 1988, 297 (300, 307 mit Fn. 144); Günther, Jura 2013, 672 (677 f.); Gün­ ther, ZBR 2017, 217 (228 ff. mit Fn. 209).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

gruppe der offenkundigen schwerwiegenden Rechtsverletzung diesem Grundsatz entsprochen wird.1089 In den in § 44 II VwVfG genannten Fallgruppen wird dagegen nicht zwangsläufig an ein derartiges subjektives Merkmal angeknüpft.1090 Gerade im Fall der Verwirklichung eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitentat­bestands durch die Maßnahme, zu der angewiesen wurde, wird durch § 44 II Nr. 5 VwVfG auf ein entsprechendes subjektives Element verzichtet.1091 Bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG dagegen erscheint der Verzicht auf das dargestellte subjektive Element unbedenklich. Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass im Bund-Länder-Verhältnis keine dieses voraussetzenden Regelungen bestehen. Aufgrund des enormen Sachverstands der zuständigen Landesbehörden käme dem Kriterium der Erkennbarkeit zudem kaum einschränkende Wirkung zu. Demnach ist weniger fraglich, ob die Fallgruppen dieser dem Verwaltungsrecht angehörenden Norm auf das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Bund und Ländern angewendet werden können1092 als vielmehr, ob der Weisungsbefolgungspflicht der Länder in den in § 44 II Nr. 4, 5, 6 VwVfG genannten Fällen qualifizierter Rechtswidrigkeit eine Grenze gezogen werden soll.1093 Insbesondere durch die Anwendung des Kriteriums der Sittenwidrigkeit (§ 44 II Nr. 6 VwVfG) droht aufgrund dessen inhaltlicher Unbestimmtheit die Gefahr, dass rechtswidrige Weisungen von den Ländern unter Berufung hierauf nicht befolgt werden, was die Befolgungspflicht bei lediglich rechtswidrigen Weisungen in der Rechtspraxis erheblich schwächen würde.1094 Wie die Kritik an den entsprechenden Regelungen des Beamtenrechts (§§ 63 II 4 Var. 2, Var. 3 BBG, 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG)1095 zeigt, muss hiervon auch bei einer Beschränkung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht auf Fälle einer etwaigen Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit (§ 44 II Nr. 5 VwVfG) ausgegangen werden. Zudem begegnet dieser Lösungsansatz den bereits dargestellten Bedenken, dass der Gesetzgeber durch die Normierung von Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbeständen das Weisungsrecht des Art. 85 III GG nahezu beliebig begrenzen könnte. Durch eine Auslegung der durch das BVerfG anerkannten äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht des Art. 85 III GG anhand der dargestellten Kriterien 1089

Günther, ZBR 1988, 297 (307 mit Fn. 144); Günther, Jura 2013, 672 (677 f.); Günther, ZBR 2017, 217 (228 ff. mit Fn. 209). 1090 Günther, ZBR 1988, 297 (307 Fn. 144); Günther, Jura 2013, 672 (676 ff.). Günther weist hierbei zutreffend darauf hin, dass die Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 I GG) den Vorschriften der Beamtengesetze (§§ 62 II 4 Var. 1 BBG, 36 II 4 Var. 1 BeamtStG) zufolge zwar nicht an ein subjektives Merkmal gekoppelt ist, sich das Vorliegen einer Verletzung der Menschenwürde dem angewiesenen Amtswalter jedoch generell aufdrängen wird. 1091 Hierauf ausdrücklich hinweisend Günther, ZBR 1988, 297 (300, 307 Fn. 144). 1092 Dies ablehnend F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. 1093 Ablehnend F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. 1094 Bull, in: AK-GG, Band 2, Art. 85 Rn. 17; F.  Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. Zur Auslegung des Kriteriums der Sittenwidrigkeit in § 44 II Nr. 6 VwVfG etwa BGH NJW 1988, 571 (575). 1095 Siehe hierzu bereits oben § 29 II. 4. vor a).

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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kann folglich keine Kongruenz zwischen den äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht und in der Bundesauftragsverwaltung erzielt werden. b) Auflösung durch Modifikation der Grenzen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht anhand des Merkmals der Offensichtlichkeit Für eine Anwendbarkeit des § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG seinem Wortlaut nach scheint zwar zunächst zu sprechen, dass der für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständige Amtswalter vielfach nicht wissen wird, ob es sich um die Erteilung einer eigenen Weisung eines Vorgesetzten oder um die Weitergabe einer Weisung einer obersten Bundesbehörde durch den Vorgesetzten handelt. Da der Amtswalter jedoch verpflichtet ist, den Vorgesetzten darauf hinzuweisen, dass er von der Unverbindlichkeit der Weisung ausgeht,1096 kann diesem Umstand in der Rechtspraxis leicht begegnet werden. Einer Anwendbarkeit des § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG seinem Wortlaut nach steht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG entgegen, dass dem angewiesenen Land hierdurch eine Letztentscheidungskompetenz in Fällen qualifizierter Rechtswidrigkeit eingeräumt würde, die Letztentscheidungskompetenz hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, die der Bundesauftragsverwaltung unterfallen, jedoch dem Bund zusteht.1097 Dies beruht darauf, dass dem Land bei Überschreitung einer äußersten Grenze der Weisungsbefolgungspflicht die verfassungsgerichtliche Rechtsschutzmöglichkeit eines Bund-Länder-Streits nach Art. 93 I Nr. 3 GG zukommt1098 und es unter Verweis auf die Überschreitung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht die Befolgung der Weisung verweigern kann.1099 Auch bei Anerkennung der Möglichkeit der Remonstration des Landes gegenüber dem Bund könnte der Weisung auch durch ihre Bestätigung im Remonstrationsverfahren keine Bindungswirkung vermittelt werden.1100 Bei Erteilung einer lediglich rechtwidrigen Weisung hat der Bund dagegen auch bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht des Landes bei Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der nach Art. 85 III GG erteilten Weisung die Möglichkeit, der Weisung im Falle einer Remonstration durch Zurückweisung der Bedenken des Landes zu Verbindlichkeit zu verhelfen.1101 1096

Hierzu bereits oben § 28 II. 2. b). Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (410 f.); F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 73. 1098 Hierzu ebenfalls bereits oben § 28 II. 2. b). 1099 Hierzu ebenfalls bereits oben § 28 II. 2. b). 1100 Zu diesem Aspekt für den Bereich der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht oben § 13 II. 2. 1101 Hierzu bereits oben § 28 I. 1097

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Einer Ablehnung der Anwendbarkeit des § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG stehen zudem keine zu schützenden Belange der Amtswalter des angewiesenen Landes entgegen, da aus der Befolgung der Weisung mangels Anwendbarkeit des § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG bei ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines Remonstrationsverfahrens gemäß § 36 II 1–3 BeamtStG1102 keine persönliche Verantwortung des die Weisung befolgenden Amtswalters für die Vornahme der Handlung besteht. Eine Kongruenz zwischen den äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht und in der Bundesauftragsverwaltung könnte durch eine Modifikation der äußersten Grenzen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht anhand des Merkmals der Offensichtlichkeit erzielt werden. Demnach wäre die Unverbindlichkeit einer beamtenrechtlichen Weisung in Bezug auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten auf Fälle deren offensichtlicher Begehung einzuschränken.1103 Für diese Vorgehensweise spricht, dass bereits bei der anerkannten Fallgruppe der offensichtlichen schwerwiegenden Rechtswidrigkeit an dieses Kriterium angeknüpft wird. Zudem würde hierdurch der Wertungswiderspruch zwischen den Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht und im Fall der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG dergestalt aufgelöst, dass der zuletzt angewiesene Amtswalter trotz der umstrittenen verwaltungsrechtlichen Rechtslage und der hierdurch bedingten etwaigen Strafbarkeit des Handelns, zu dem angewiesen wurde, ebenso wie das angewiesene Land zur Umsetzung der Weisung verpflichtet wäre.1104 Die dargestellte Modifikation der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht setzt de lege lata eine teleologische Reduktion der §§ 63 II 4 Var. 2, Var. 3 BBG, 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG voraus.1105 Vorzugswürdig erscheint allerdings eine gesetzliche Neuregelung der Weisungsbefolgungspflicht, um die dem derzeitigen Regelungssystem immanenten Widersprüche aufzulösen.1106 Hierbei könnte die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verhaltens, zu dem angewiesen wurde, als äußerste Grenze der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht normiert werden.1107 Zugleich wäre eine systemgerechte Regelung der Weisungsbefolgungspflicht der Angestellten im öffentlichen Dienst möglich.1108

1102

Dies ist bereits bei Fällen einfacher Rechtswidrigkeit und somit erst recht im Falle qualifizierter Rechtswidrigkeit möglich. 1103 So der Vorschlag von Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (409 ff., insb. 411 ff.). 1104 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (413). 1105 In diesem Sinne Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (411 ff., insb. 413). 1106 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (413 mit Fn. 68). Zur Kritik an der derzeitigen Regelung der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht bereits oben § 13 II. 2. 1107 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (413 mit Fn. 68). 1108 Depenheuer, DVBl. 1992, 404 (413 Fn. 68). Hierzu bereits oben § 13 III.

6. Kap.: Weisung zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger  

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§ 30 Fazit Wie gezeigt wurde, ist die Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern für den rechtsschutzsuchenden Geschädigten in Hinblick auf die Verfolgung seines Amtshaftungsbegehrens von besonderer Bedeutung, da die Ermittlung des Haftungssubjekts dem Geschädigten besondere Schwierigkeiten bereiten kann.1109 Aus diesem Grunde ist es überraschend, dass die Frage der Anwendbarkeit der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nahezu ausnahmslos unberücksichtigt bleibt.1110 Zu erklären sein mag dies damit, dass derartige Fälle in der Rechtspraxis eher selten auftreten dürften. Dies gilt jedoch gerade nicht für die Erteilung lediglich rechtswidriger Weisungen. Zwar herrscht in Bezug auf diese insofern Einigkeit, als bei Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung die anweisende Stelle amtshaftungsrechtlich passivlegitimiert ist. Zugleich unterbleibt jedoch eine Auseinandersetzung mit der Frage, wann einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern Bindungswirkung zukommt, obwohl dies für die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht entscheidend ist. Dies verdeutlicht, dass das Amtshaftungsrecht zwar in vielerlei Hinsicht einer eingehenden Würdigung durch Literatur und Rechtsprechung unterzogen wurde, jedoch nach wie vor Bereiche existieren, die der methodischen Aufarbeitung bedürfen. Zugleich erfahren bestimmte Fallkonstellationen zwar Aufmerksamkeit in der rechtswissenschaftlichen Literatur, ohne dass dies jedoch zu überzeugenden Ergebnissen der Mehrheit im Schrifttum führen würde. Wie im Folgenden zu zeigen ist, betrifft dies die Annahme einer ausschließlichen Passivlegitimation des Landes bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG. Die eingangs dargestellte Aktualität dieser Frage1111 scheint Ausdruck des Umstands zu sein, dass auch im Bereich des Amtshaftungsrechts nach wie vor neue rechtliche Fragestellungen zu gegenwärtigen sind. Allerdings wurde die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG bereits durch die Rechtsprechung und rechtswissenschaftliche Literatur der 1950er Jahre in überzeugender Weise geklärt. Die eigentlich aufgeworfene Frage ist folglich darin zu sehen, weswegen dies bei der Bildung des heutigen Meinungsstandes unberücksichtigt bleibt.

1109

Hierzu bereits oben § 18 III. Dies kritisierend Günther, ZBR 2017, 217, allerdings ohne Bezug auf die Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern. Eine Ausnahme hierzu bildet die Darstellung von Depenheuer, DVBl. 1992, 404 ff. 1111 Hierzu oben § 1 I., II. 1110

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

7. Kapitel

Die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung Im Folgenden soll die in Literatur und Rechtsprechung vorherrschende Auffassung, wonach bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG allein das Land bei etwaigen Amtshaftungsansprüche Dritter passivlegitimiert sein könne,1112 einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Hierbei ist zu zeigen, dass unabhängig davon, wonach man die Bindungswirkung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern beurteilt, auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Besonderheiten der Bundesauftragsverwaltung eine Abweichung von den bereits erarbeiteten Grundsätzen zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung weder geboten noch rechtlich zulässig ist. Hieran anknüpfend werden die konkreten Folgen deren Anwendung auf die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG1113 dargestellt.

§ 31 Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung Die in dieser Arbeit vertretene Auffassung, wonach die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns zu bestimmen ist, wird bereits durch die Rechtsprechung des BGH für die Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung bestätigt, sodass auf diese im Folgenden eingegangen wird. Im Anschluss daran wird gezeigt, dass dieser Sichtweise auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG weder die unentziehbare Wahrnehmungskompetenz der Länder in der Bundesauftragsverwaltung noch deren Eigenstaatlichkeit entgegensteht. I. Rechtsprechung des BGH Bereits im Jahre 1954 setzte sich der BGH mit einem Schadensersatzanspruch auseinander, der auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf einer Bundesstraße des Fernverkehrs gestützt wurde und aufgrund des Art. 90 III GG einen

1112

Siehe hierzu bereits oben § 2 I. Ob sich das Weisungsrecht des Bundes nach Art. 85 III GG nur auf Einzelweisungen oder auch auf allgemeine Weisungen erstreckt, ist für die vorliegende Arbeit unerheblich, da sich diese lediglich mit der Erteilung von Einzelweisungen auseinandersetzt (hierzu oben § 3 I.). Siehe zu dieser Frage nur Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 21; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 58. 1113

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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Fall der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG betraf.1114 Nach der damaligen Auffassung des BGH war dieser nach allgemeinem Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) zu beurteilen.1115 Da der BGH das Bestehen der Verkehrssicherungspflicht auf einem öffentlichen Weg darauf stützte, dass durch die Zulassung des öffentlichen Verkehrs eine Gefahrenlage auf diesem geschaffen werde, war seiner Auffassung nach für die Beseitigung der von diesem Weg ausgehenden Gefahren derjenige verantwortlich, der den gefährlichen Zustand geschaffen oder andauern lassen habe und in der Lage sei, diesem zu begegnen.1116 Der BGH knüpfte folglich bei Bestimmung des Haftungssubjekts eines auf § 831 BGB, §§ 31, 89 I, 823 BGB gestützten Anspruchs in einem Fall der Bundesauftragsverwaltung an das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit1117 an.1118 Im Jahre 1979 ordnete er das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit schließlich als Maßstab zur Bestimmung des Haftungssubjekts im Amtshaftungsrecht in Fällen der Bundesauftragsverwaltung ein.1119 Aus dessen Anwendung ergab sich sowohl in Fällen einer Haftung aus §§ 31, 89 I, 823 BGB1120 als auch aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG1121 eine grundsätzliche Haftung der Länder in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung. Zugleich ging der BGH von der Möglichkeit einer von diesem Grundsatz abweichenden Haftung des Bundes gegenüber Dritten1122 und dabei insbesondere von der Möglichkeit einer Amtshaftung des Bundes aus1123. Dies sah der BGH darin begründet, dass von einer Eigenverantwortlichkeit des Landes in der Bundesauftragsverwaltung nicht aus 1114 Siehe zum gesamten Sachverhalt von BGHZ 16, 95 ff. die Parallelveröffentlichung BGH NJW 1955, 298 ff. Hierzu eingehend Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 81 ff. Hierzu zudem Herbst, DV 37 (2004), 51 (53). 1115 BGHZ 16, 95 f., u. a. gestützt auf BGHZ 9, 373 (Ls. 1, 374 ff.); 14, 83 (87). Ablehnend bereits Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128 ff. Abweichend hiervon sodann BGH VersR 1980, 48. Zur Haftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach damaligem Verständnis Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 81 ff. Zum heutigen Verständnis siehe etwa BGHZ 60, 54 (55 f.); Herbst, DV 37 (2004), 51 (53 f. Fn. 9); Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 23. 1116 BGHZ 14, 83 (85); 16, 95 (96 ff.). 1117 Hierzu eingehend oben § 18 I. Die Argumentation des BGH weist eine enorme Ähnlichkeit zu der späteren Auffassung von Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f.) auf, der für die Bestimmung des Haftungssubjekts im Amtshaftungsrecht an das Beherrschen einer Fehlerquelle anknüpft. Hierzu wiederum oben § 18 I. 1118 Krit. in Bezug auf die Anwendbarkeit dieses Kriteriums bei Anwendung der §§ 31, 89 I, 823 ff. BGB Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 130 ff., der sich allerdings für dessen Anwendbarkeit im Amtshaftungsrecht in Fällen der Bundesauftragsverwaltung ausspricht (S. 122 ff., insb. S. 128). 1119 BGH VersR 1980, 48; OLG München VersR 2002, 455 f. Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 11 geht unabhängig hiervon augenscheinlich von einer Anwendbarkeit der dargestellten Erwägungen des BGH in BGHZ 16, 95 ff. auch im Amtshaftungsrecht aus, ohne sich mit den Voraussetzungen hierfür auseinanderzusetzen. 1120 BGHZ 16, 95 (Ls. 1, 97 f.). 1121 BGH VersR 1980, 48; OLG München VersR 2002, 455 f. 1122 BGHZ 16, 95 (98); BGH NJW 1956, 1028; BGH VersR 1980, 48. 1123 BGH NJW 1956, 1028; BGH VersR 1980, 48. Ablehnend Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

gegangen werden könne, soweit der Bund von seinen durch Art. 85 GG gewährten Einflussmöglichkeiten Gebrauch mache.1124 Eine Haftung des Bundes gegenüber Dritten setzt dabei nach Auffassung des BGH die Verwirklichung eines selbständigen Haftungstatbestands durch Amtswalter des Bundes voraus.1125 Da der BGH von der Möglichkeit einer Verletzung drittbezogener Amtspflichten durch Amtswalter des Bundes ausging1126 und als Verwirklichung eines selbständigen Haftungstatbestands gerade die Erteilung einer unsachgemäßen1127 beziehungsweise sachwidrigen1128 Weisung einordnete, ist der Rechtsprechung des BGH zufolge die Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht durch Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG möglich und führt nach Meinung des BGH auch zu einer Passivlegitimation des Bundes.1129 Sofern eine ausschließliche Amtshaftung des Landes in Fällen der Bundesauftragsverwaltung auf die Rechtsprechung des BGH gestützt wird,1130 ist dies somit verfehlt. Soweit der BGH anknüpfend an seine Rechtsprechung zur staatlichen Aufsicht in der kommunalen Auftragsverwaltung1131 davon ausging, dass unter besonderen Umständen den mit der Aufsicht nach Art. 85 IV GG betrauten Amtswaltern des Bundes gegenüber dem von der Unterlassung der Landesbehörde betroffenen Bürger die Amtspflicht obliege, tätig zu werden und den Bürger hierdurch vor der Entstehung eines Schadens zu bewahren,1132 wurde ihm erhebliche Kritik1133 entgegengebracht. Unabhängig von ihrer Berechtigung kann diese Kritik allerdings keine gänzliche Ablehnung des Bestehens drittbezogener Amtspflichten des Bun 1124

BGHZ 16, 95 (97 f.). BGHZ 16, 95 (98); BGH VersR 1980, 48. 1126 BGH NJW 1956, 1028. In dem zu beurteilenden Fall machte ein Eigentümer gestützt auf § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG eine Nutzungsentschädigung geltend, weil die Bundesrepublik Deutschland sein Grundstück jahrelang als Bundesfernstraße genutzt hatte, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten. Ablehnend Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff. 1127 BGHZ 16, 95 (98). 1128 BGH VersR 1980, 48. 1129 BGH NJW 1956, 1028. 1130 Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 70, wonach Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche in der Bundesauftragsverwaltung gegen das Land zu richten seien; Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 11 ohne Auseinandersetzung mit dem Fall der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung; wie dieser Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96, allerdings mit der Einschränkung, dass das Land „nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen“ hafte; Loschelder, Weisungen, S. 93 f., gerade auch in Bezug auf die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung. 1131 Insb. BGHZ 15, 305 (308 ff.). Siehe hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) cc). 1132 BGH NJW 1956, 1028 sowie zuvor BGHZ 16, 95 (98) zu § 831  BGB, §§ 31, 89 I, 823 BGB. Zust. Loeser, Mischverwaltung, S. 74 f. Fn. 40; Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 98; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 87. Ähnlich Pera, NVwZ 1989, 1120 (1121 f.). 1133 Etwa durch Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 98; Bettermann, MDR 1956, 604 (605); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (433); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 222 ff.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 84. Siehe zudem LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Ls. 4, Rn. 57 ff., insb. Rn. 61. 1125

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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des in der Bundesauftragsverwaltung begründen, da sie lediglich einen Sonderfall betrifft und die Annahme der grundsätzlichen Möglichkeit des Bestehens drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter des Bundes dogmatisch überzeugen kann. II. Wahrnehmungskompetenz der Länder Im Folgenden wird dargestellt, dass auch die unentziehbare Wahrnehmungskom­ petenz der Länder in der Bundesauftragsverwaltung entgegen einer weit verbreiteten Auffassung in Literatur und Rechtsprechung1134 auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG einer Amtshaftung des Bundes nicht entgegensteht. 1. Wahrnehmungskompetenz als Grundbegriff des Verwaltungsorganisationsrechts Dass eine Amtshaftung des Bundes in Fällen der Bundesauftragsverwaltung möglich ist, resultiert bereits aus der Bedeutung des Begriffs der Wahrnehmungskompetenz. Wie bereits gezeigt wurde, stellt der Begriff der Wahrnehmungskompetenz einen Grundbegriff des Verwaltungsorganisationsrechts dar, der die Zuständigkeit zur Wahrnehmung von Aufgaben im Außenverhältnis bezeichnet.1135 Demnach ist ein Selbsteintritt einer anderen Stelle ebenso wie eine Ersatzvornahme als Entzug der Wahrnehmungskompetenz einzuordnen.1136 Da die Wahrnehmungskompetenz den Ländern in der Bundesauftragsverwaltung unentziehbar1137 und damit auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG zusteht1138, tritt allein das Land im eigenen Namen im Außenverhältnis gegenüber Dritten in Erscheinung,1139 sodass Vollzugsakte im Außenverhältnis auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85

1134

Hierzu bereits oben § 2 I. Hierzu bereits oben § 27 II. 2. c) bb) (2). 1136 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 45 zum Selbsteintritt, jedoch krit. zur Verwendung des Begriffs der Ersatzvornahme in diesem Zusammenhang. Loschelder, Weisungen, S. 47 weist zutreffend darauf hin, dass im Gegensatz zur Terminologie in der kommunalen Rechts- und Fachaufsicht zumeist nicht zwischen Ersatzvornahme und Selbsteintritt differenziert wird. 1137 BVerfGE 81, 310 (Ls. 1, 332); 104, 249 (264, 266); BVerwG DVBl. 2014, 303 (Ls. 1, 303); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 5; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 5, Rn. 23; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 62; Loschelder, Weisungen, S. 85 f.; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195). 1138 F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 62; Loschelder, Weisungen, S. 22; Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 6, Rn. 39; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 47 f., S. 52. 1139 BVerfGE 104, 249 (264 f.); Groß, Haftung, S. 36 ff.; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 26; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 62; Lange, Weisungsrecht, S. 76 f.; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 5; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 53 f. 1135

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

III GG dem Land zuzurechnen sind.1140 Hieraus resultiert eine Passivlegitimation des Landes in Verfahren des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG.1141 Zugleich wird hierdurch ein Selbsteintritt des Bundes ebenso wie eine Ersatzvornahme durch diesen ausgeschlossen.1142 Für die Anordnung der befristeten Stilllegung der Kernkraftwerke Biblis A und B hat dies etwa zur Folge, dass die nach § 28 HVwVfG erforderliche, aber unterbliebene Anhörung des Kernkraftwerkbetreibers RWE von der zuständi­ gen Behörde des Landes und nicht vom Bund hätte vorgenommen werden müssen.1143 Durch die unentziehbare Wahrnehmungskompetenz der Länder wird allerdings nicht deren Stellung als Haftungssubjekte bedingt, da sich im Falle eines Auseinanderfallens von Sach- und Wahrnehmungskompetenz die haftungsrechtliche Verantwortung nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Haftungsnorm bestimmt.1144 Wenn sich aus der jeweiligen Haftungsnorm, also auch aus § 839  BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG keine Passivlegitimation der Länder ergibt, ist eine solche folglich allein aufgrund deren Wahrnehmungskompetenz weder zwingend noch geboten.1145 2. Verwendung des Begriffs der Wahrnehmungskompetenz durch das BVerfG Eine zwingende Amtshaftung der Länder in Fällen der Bundesauftragsverwaltung ergibt sich auch nicht aus der Verwendung des Begriffs der Wahrnehmungskompetenz durch das BVerfG.1146 1140 Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 45; Lange, NVwZ 1990, 928 (929); Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 5; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (195); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (166); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (430); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 42. 1141 Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 4; Lange, NVwZ 1990, 928 (929); Lange, Weisungsrecht, S. 19; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 52 f.; Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (430 f., 432 Fn. 56); Steinberg, atw 1987, 282 (283); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 42; Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 39; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 38, S. 221. 1142 Siehe nur BVerfGE 81, 310 (332); 104, 249 (266); Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 63; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 5, Rn. 30; Bull, in: AK-GG, Band  3, Art. 85 Rn. 15; Lerche, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 54; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (429); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (437 f.); Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck,  GG, Band III, Art. 85 Rn. 25; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 218 f., S. 226. A. A.  Loschelder, Weisungen, S. 50 ff., S. 93 ff.; S. 121 ff., allerdings nur unter engen Voraussetzungen (S. 134 ff.). 1143 BVerwG DVBl. 2014, 303 (Os. 1, 303 f.); Gärditz, EurUP 2014, 136 (137 ff.), letzterer auch zur Erforderlichkeit der Anhörung gemäß §§ 28, 46 HVwVfG. Hierzu bereits oben § 1 II. 1144 Kluth, in: Wolff / ​Bachof / ​Stober / ​Kluth, Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 10. Kluth selbst fügt dabei an, dass insofern zum Schutze des Geschädigten überwiegend auf die Wahrnehmungskompetenz abgestellt werde. Zu diesem Aspekt bereits oben §§ 10, 18 III. 1145 Dies voraussetzend Hartung, Atomaufsicht, S. 105 f. mit Fn. 473. 1146 Zu dieser Argumentation siehe eingangs § 2 I. 1.

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

251

a) BVerfGE 81, 310 ff. („Kalkar II“) In der grundlegenden Entscheidung des BVerfG zur Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung („Kalkar II-Entscheidung“) folgerte dieses aus der unentziehbaren Wahrnehmungskompetenz der Länder in der Bundesauftragsverwaltung, dass „das Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten […] stets Landesangelegenheit [bleibt] […]“1147. Da diese Äußerungen in Bezug auf das Handeln nach außen zum Ausdruck bringen, dass das Land auch bei Erteilung einer Weisung im eigenen Namen handelt und ihm die Vollzugsakte im Außenverhältnis zuzurechnen sind1148, könnte unter Verantwortlichkeit des Landes nach außen dessen Haftung gegenüber Dritten verstanden werden.1149 Allerdings konkretisiert das BVerfG seine soeben wiedergegebene Aussage in unmittelbarem Anschluss dahingehend, dass ein Eintrittsrecht des Bundes durch Art. 85 GG nicht vorgesehen werde.1150 Der Kontext der wiedergegebenen Äußerung des BVerfG spricht somit dafür, dass sich diese nicht auf eine etwaige Haftung des Landes bezieht. Dieses Verständnis wird durch die weiteren Ausführungen des BVerfG bestätigt: „Daß das Land […] für den nach außen wirkenden Weisungsvollzug insoweit einzustehen hat, als es selbst als Beklagter gerichtlich in Anspruch zu nehmen ist, ist nur die Folge des Auseinanderfallens von Wahrnehmungs- und Sachkompetenz, begründet darüber hinaus aber keine eigene Verantwortung des Landes für die nach Weisung getroffene Sachentscheidung: Die parlamentarische Verantwortlichkeit hierfür liegt beim zuständigen Bundesminister; die Pflicht, die finanziellen Lasten hieraus letztlich zu tragen, trifft den Bund (Art. 104a Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 GG).“1151

Diese Ausführungen beziehen sich ausdrücklich auf die Passivlegitimation des Landes gegenüber Dritten in Materien der Bundesauftragsverwaltung, die aus der Wahrnehmungskompetenz des Landes folgt. Nach verwaltungsorganisationsrechtlichem Verständnis kann die Wahrnehmungskompetenz lediglich Auswirkungen auf die Passivlegitimation im Primärrechtsschutz haben. Da das BVerfG von der „sogenannte[n] Wahrnehmungskompetenz“1152 des Landes und der „sog. Sachkom­ petenz“1153 spricht, kann davon ausgegangen werden, dass das BVerfG sich diesem für die Bundesauftragsverwaltung anschließt. Demnach bezieht sich die wiederge 1147 BVerfGE 81, 310 (332). Nahezu identisch zudem BVerfGE 104, 249 (264); BVerwGE 100, 56 (60); BVerwG DVBl. 2014, 303. Das in diesem wörtlichen Zitat fehlende Ende des Satzes wird sogleich rechtlich gewürdigt. 1148 Hierzu soeben § 31 II. 1. 1149 So etwa Janz, Weisungsrecht, S. 512 f. 1150 BVerfGE 81, 310 (332). Dies bestätigend BVerfGE 104, 249 (Ls. 3, 264 ff.) in Bezug auf informales Handeln des Bundes. Ähnlich zudem das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (274). 1151 BVerfGE 81, 310 (333). 1152 BVerfGE 81, 310 (332). 1153 BVerfGE 81, 310 (332).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

gebene Äußerung des BVerfG nicht auf die Passivlegitimation im Amtshaftungs­ recht, sondern bringt lediglich zum Ausdruck, dass das Land in Verfahren des primären Rechtsschutzes passivlegitimiert ist.1154 Folglich kann der Verweis des BVerfG auf Art. 104a II und V 1 GG kaum dahingehend interpretiert werden, dass Haftungskosten als Verwaltungsausgaben einzuordnen seien und die Kostentragungspflicht des Bundes damit eine Passivlegitimation des Bundes in Amtshaftungsansprüchen zum Ausdruck bringe.1155 Aus der Äußerung des BVerfG, wonach in der Bundesauftragsverwaltung keine eigene Verantwortung des Landes für die nach Weisung getroffene Sachentscheidung begründet werde, kann zugleich allerdings nicht geschlossen werden, dass das Land nicht Haftungssubjekt von Amtshaftungsansprüchen anknüpfend an die Umsetzung der rechtswidrigen Weisung sein könne und müsse. Hierfür spricht bereits, dass das BVerfG lediglich eine parlamentarische Verantwortung sowie eine Kostentragungspflicht des Landes ausdrücklich ablehnt. Zudem bezieht sich die Aussage des BVerfG allein auf die Verantwortung des Landes, die aus dessen Beklagtenstellung resultiert, sodass hieraus keine Rückschlüsse auf die Beklagtenstellung selbst, etwa in einem Amtshaftungsverfahren möglich sind.1156 Dies bedeutet, dass sich das BVerfG in der „Kalkar II-Entscheidung“1157 nicht zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG äußert.1158

1154

I.Erg. ebenso Janz, JuS 2003, 126 (130), dem zufolge sich aus der Rspr. des BVerfG ergebe, dass dem Bund in der Bundesauftragsverwaltung lediglich ein Selbsteintritt verwehrt werde. Loschelder, Weisungen, S. 96 sieht zwar von der Äußerung des BVerfG ebenfalls nur die externe und nicht die interne Verbindlichkeit erfasst, ordnet hierunter allerdings neben der Passivlegitimation des Landes im Primärrechtsschutz auch diejenige im Sekundärrechtsschutz ein. 1155 I.Erg. ebenso F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 76. Zu dieser Auslegungsmöglichkeit bereits oben § 28 II. 2. d) bb) (2) in Zusammenhang mit der Pflicht, die Haftungskosten bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG zu tragen. 1156 Auch Loschelder, Weisungen, S. 96 zufolge ist von der dem Bund durch das BVerfG zugewiesenen internen Verantwortlichkeit nur die parlamentarische Verantwortlichkeit erfasst. 1157 BVerfGE 81, 310 (332 f.). 1158 Die zitierte Aussage des BVerfG hat aufgrund ihrer Missverständlichkeit kaum zu einer Klärung der Rechtslage beigetragen. Zurecht krit. in Hinblick auf den Wortlaut der Ausführungen des BVerfG Janz, JuS 2003, 126 (129 f.). Lange, NVwZ 1990, 928 (929) etwa empfindet die wiedergegebene Aussage bereits als in sich widersprüchlich. Insofern ist die Auffassung von Wieland, ZUR 2004, 7 (7, 10 f.), wonach die Rspr. des BVerfG für eine klare Zuweisung der Verantwortung und damit für Rechtssicherheit sorge, zumindest hinsichtlich der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht verfehlt. Dies wird bereits dadurch deutlich, dass entgegen Wieland gerade diese durchaus streitanfällig ist, wie die bereits dargestellten gerichtlichen Auseinandersetzungen (siehe oben § 1) zeigen.

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

253

b) BVerfGE 104, 249 ff. („Biblis A“) und das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff (BVerfGE 104, 273 ff.) Die Ausführungen des BVerfG in der sogenannten „Biblis A-Entscheidung“1159 stützen ebenso wie das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff die soeben dargestellte Rechtsauffassung. Für das BVerfG bedeutet die Unentziehbarkeit der Wahrnehmungskompetenz des Landes „[…] konkret, dass dem Land die gesetzesvollziehende rechtsverbind­liche Entscheidung mit Außenwirkung, vor allem der Erlass von Verwaltungsakten und der Abschluss öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen, vorbehalten bleibt. […]“1160. „[…] Die Wahrnehmungskompetenz des Landes verletzt der Bund erst dann, wenn er nach außen gegenüber Dritten und gleichsam an Stelle der auf Grund der Wahrnehmungskompetenz des Landes für eine Entscheidung gegenüber Dritten berufenen Landesbehörde rechtsverbindlich tätig wird oder durch die Abgabe von Erklärungen, die einer rechtsverbindlichen Entscheidung gleichkommen, die Wahrnehmungskompetenz des Landes an sich zieht […]“1161. Den Richtern Di Fabio und Mellinghoff zufolge ist es demnach „[…] dem Bund untersagt, unmittelbar gegenüber dem Betroffenen die Bundesgesetze in verwaltungsmäßiger Weise auszuführen. Die verwaltungsmäßige Ausführung von Bundesgesetzen gehört auch im Bereich der Bundesauftragsverwaltung zum unentziehbaren Kompetenzbereich eines Landes. […] Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Kernbestand des Landesvollzuges von Bundesgesetzen als Wahrnehmungskompetenz bezeichnet, die ungeteilt und unentziehbar den Ländern zustehe. Wahrnehmungskompetenz ist danach das ‚Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten‘ (BVerfGE 81, 310 [332]) […]“1162. In Abweichung von dem Mehrheitsvotum des Senats gehen die Richter Di Fabio und Mellinghoff dabei davon aus, dass sich das „[…] Handeln nach außen in diesem Sinne […] nicht auf rechtsförmliches Handeln, wie den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages [beschränkt]. […] Von der Wahrnehmungskompetenz wird vielmehr auch das unmittelbare Handeln nach außen erfasst, das darauf gerichtet ist, die Regelungsziele des Gesetzes zu verwirklichen […]“1163. 1159 Hierbei begehrte die Hessische Landesregierung die Feststellung, dass die Bundesregierung Art. 30, 85 GG und den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens verletzt habe, indem das Bundesumweltministerium Erklärungen in Hinblick auf die Nachrüstung des Blocks A des Kernkraftwerks Biblis gegenüber RWE abgegeben sowie mit RWE korrespondiert hatte (BVerfGE 104, 249 [250 ff.]). 1160 BVerfGE 104, 249 (266). 1161 BVerfGE 104, 249 (267); BVerwG DVBl. 2014, 303 (304). Hierzu eingehend Broß  / ​ Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 25 ff., Rn. 36; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 23. 1162 Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (275). 1163 Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (275 f.).

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Damit äußert sich das BVerfG auch in der „Biblis A-Entscheidung“ ebenso wenig wie die Richter Di Fabio und Mellinghoff in ihrem Sondervotum zur Passiv­ legitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG. c) Fazit Demnach kann auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG aus der unentziehbaren Wahrnehmungskompetenz des Landes weder geschlossen werden, dass in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung allein eine Amtshaftung des Landes gegenüber Dritten in Betracht komme,1164 noch dass eine Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ausgeschlossen sei.1165 Auch wenn man berücksichtigt, dass Bund und Land sich ihrer durch das Grundgesetz festgelegten Zuständigkeiten nicht entledigen können,1166 bedeutet dies, dass aus der Wahrnehmungskompetenz des Landes nicht zwingend dessen Stellung als Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs folgt.1167 Eine Amtshaftung anknüpfend an die Wahrnehmungskompetenz der Länder ist allerdings möglich. Dies beruht darauf, dass der grundsätzliche Verbleib der Personal- und Organisationshoheit bei den Ländern in der Bundesauftragsverwaltung1168 Ausdruck ihrer unentziehbaren Wahrnehmungskompetenz ist.1169 Soweit ein Amtshaftungsanspruch an die Personal- und Organisationshoheit der Länder anknüpft,1170 folgt die Stellung des Landes als Haftungssubjekt eines Amtshaftungsanspruchs aus dessen Wahrnehmungskompetenz. Eine über diese Möglichkeit der Passivlegitimation des Landes im Amtshaftungs­ recht hinausgehende zwingende Stellung als Haftungssubjekt ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der weiteren für diese Rechtsauffassung vorgetragenen Argumente. 1164

Zu Nw. für diese Rechtsauffassung siehe oben § 2 I. Zu Nw. für diese Rechtsauffassung siehe oben § 2 I. 1166 BVerfGE 32, 145 (156); 41, 291 (311); 63, 1 (39); Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-​ Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band I, § 14 Rn. 48; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 93 (2002), 585 (590); Stettner, Kompetenzlehre, S. 294; speziell in Zusammenhang mit der Frage der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 84 f. 1167 So jedoch die Argumentation bei Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 84 f. 1168 Groß, Haftung, S. 114; Hamann, in: Hamann / ​Lenz, GG, Art. 85 Anm. A, Anm. B 6; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (128); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 148 ff. Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96 geht davon aus, dass die Personalhoheit in der Bundesauftragsverwaltung den Ländern in vollem Umfang zukomme. 1169 Zu diesem Zusammenhang Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 4; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 47; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (128 mit Fn. 127 f.). Zudem Scholz, Rechtsschutz, S. 62, S. 127 ff. in Bezug auf die Wahrnehmungskompetenz der Gemeinde. 1170 Hierzu noch unten § 32 I. 1165

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

255

III. Das „Ende der Sachkompetenz des Bundes vor Erlass des Außenrechtsaktes“ Soweit der Ausschluss einer Amtshaftung des Bundes darauf gestützt wird, dass dessen Sachkompetenz vor Erlass des Außenrechtsaktes ende,1171 ist dies verfehlt. In dem ursprünglichen Kontext, in dem das Ende der Sachkompetenz des Bundes vor Erlass des Außenrechtsaktes thematisiert wurde,1172 sollte hierdurch lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass allein das Land aufgrund seiner Wahrnehmungskompetenz befugt ist, im Außenverhältnis rechtsverbindlich tätig zu werden: „Die Sachkompetenz des Bundes erstreckt sich auf die gesamte Vollzugstätigkeit des Landes von der Vorbereitung des Außenrechtsakts über die Ermittlung und Bewertung des Sachverhalts bis hin zur Gesetzesanwendung und späteren Überwachung des Vollzugs, ggf. auch auf seine Vollstreckung. […] Sie endet jeweils vor dem Erlass des Außenakts, sei es ein das Erkenntnisverfahren abschließender Verwaltungsakt, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag oder eine Vollzugshandlung. Die Vornahme dieser Akte liegt danach als Wahrnehmungskompetenz immer beim Land. […]“.1173

IV. Fehlendes Erfordernis der Beiladung des Bundes (§ 65 I, II VwGO) bei verwaltungsgerichtlichen Prozessen in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Sofern der Ausschluss einer Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG darauf gestützt wird, dass diese in verwaltungsgerichtlichen Prozessen nicht einmal das Erfordernis einer Beiladung des Bundes begründe,1174 kann dies nicht überzeugen.1175 Zunächst ist hierzu anzumerken, dass eine Beiladung des Bundes nicht nur nicht erforderlich ist, sondern vielmehr für ausgeschlossen erachtet wird.1176 Zudem stimmt die Rechtslage in Bezug auf den verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutz in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG damit mit derjenigen in anderen Konstellationen der Erteilung einer Weisung überein.1177 Da sich in sämtlichen dieser Fälle die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils auch auf die anweisende Stelle erstreckt, steht die Ablehnung der Möglichkeit einer einfachen (§ 65 I VwGO) sowie einer notwendigen Beiladung (§ 65  II VwGO) einer Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer Weisung 1171

Hierzu bereits oben § 2 I. F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 63 sowie bereits zuvor F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 67. EL 2012, Art. 85 Rn. 63. 1173 F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 63 sowie bereits zuvor F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 67. EL 2012, Art. 85 Rn. 63. 1174 Hierzu bereits oben § 2 I. 1175 Uerpmann-Wittzack, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 87c Rn. 7. 1176 Hierzu bereits oben § 21. 1177 Hierzu ebenfalls bereits oben § 21. 1172

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

weder im allgemeinen1178 noch im speziellen Fall der Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung entgegen. V. Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG Auch die Regelungen des Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG schließen eine Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung nicht aus. Die Regelungen des Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG in Bezug auf die Finanzierungsverantwortung sowie die Haftungsregelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG betreffen allein die Kostentragungspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG, die anhand der Haftungskosten dargestellt wurde.1179 Da diese das Innenverhältnis zwischen Bund und Land betrifft, wird durch Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG die Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen in Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht geregelt,1180 sodass sich hieraus keine von den dargestellten Grundsätzen abweichende rechtliche Beurteilung für Angelegenheiten, die der Bundesauftragsverwaltung unterfallen, ergibt.1181 Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Anliegens, dass die kostenverursachende Stelle die entstandenen Kosten letztlich tragen solle,1182 obwohl dieses Anliegen der Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns entspricht. Die Idee, die Passivlegitimation eines Amtshaftungsanspruchs an die Kostentragungspflicht zu knüpfen, wurde bereits früh durch den BGH thematisiert,1183 ohne dass sich hieraus in der Folgezeit Auswirkungen auf die Bestimmung des Haftungssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs ergeben hätten. Sofern keine verfassungs- oder einfach 1178

Hierzu ebenfalls bereits oben § 21. Hierzu oben § 28 II. 2. d) bb). 1180 BVerfGE 81, 310 (333); BVerwGE 95, 188 (195); Hellermann, in: von Mangoldt / ​Klein / ​ Starck, GG, Band III, Art. 104a Rn. 157 ff.; Herbst, DV 37 (2004), 51 (62); Janz, Weisungsrecht, S. 414, S. 460; Loschelder, Weisungen, S. 92 f.; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 1; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 271; Tappe, in: BK-GG, Ordner 14, Art. 104a Rn. 319; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 84. Dies voraussetzend Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 217. 1181 Dies ist allerdings nur insofern zutreffend, als sich durch die Regelungen des Art. 104a GG keine abweichende rechtliche Beurteilung der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG im Vergleich zu anderen Konstellationen der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern ergibt. Die Haftung im Verhältnis zum Bürger wird hierdurch entgegen BVerwGE 104, 29 (34 f.) insofern beeinflusst, als aus der Pflicht des Bundes, bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung gemäß Art. 85 III GG die Haftungskosten zu tragen, auf eine Remonstrationspflicht des Landes geschlossen wurde und hierdurch die Anforderungen an eine zu einem Haftungsausschluss des angewiesenen Verwaltungsträgers führende Erteilung einer verbindlichen Weisung modifiziert wurden. Hierzu eingehend oben § 28.  1182 Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 84. Zu diesem Aspekt in Zusammenhang mit der Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG sowie der Haftungsregelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG oben § 28 II. 2. d) bb). 1183 BGHZ 6, 215 (217). 1179

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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rechtlichen Regelungen bestehen, die einen solchen Zusammenhang vorsehen, ist folglich die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht von der Kostentragungspflicht zu unterscheiden. VI. Eigenstaatlichkeit der Länder Der grundlegende Unterschied zwischen dem durch Art. 85 III GG begründeten Weisungsverhältnis zwischen Bund und Land und sonstigen Weisungsverhältnissen besteht darin, dass durch Art. 85 III GG zwar ebenfalls eine Subordinationsbeziehung geschaffen wird,1184 es sich jedoch bei Bund und Land jeweils um Gebietskörperschaften handelt, die über eigene Staatlichkeit und eine eigenständige demokratische Legitimation verfügen.1185 Demnach ist zu hinterfragen, ob die gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG einer Modifikation aufgrund der Eigenstaatlichkeit der Länder bedürfen.1186 Der durch das Bundesstaatsprinzip des Art. 20 I  GG gewährleisteten Eigenstaatlichkeit der Länder1187 kommt nur eigenständige Bedeutung zu, soweit sie nicht durch das Grundgesetz selbst konkretisiert wird.1188 Die Eigenstaatlichkeit der Länder wird damit aufgrund ihrer Einschränkung durch die Kompetenz­ verteilungsnormen des Grundgesetzes selbst insbesondere im Falle der Existenz von Ingerenzrechten nur in begrenztem Umfang gewährleistet.1189 Durch die Regelung des Art. 85 III 2 GG, wonach Weisungen grundsätzlich an die obersten Landesbehörden statt an die für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Behörden zu richten sind, wird zum Ausdruck gebracht, 1184

Hierzu bereits oben § 27 I 3. Bettermann, MDR 1956, 604 (605); Kahl, Staatsaufsicht, S. 398 f.; Loschelder, Weisungen, S. 22; Scholz, Rechtsschutz, S. 90; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1555); Woditschka, Weisungsrecht, S. 89. Auch Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 47 f., S. 223 ff., S. 257 sieht in der Eigenstaatlichkeit von Bund und Land den entscheidenden Unterschied zwischen Weisungen nach Art. 85 III GG und fachaufsichtlichen Weisungen. Ebenso Groß, Haftung, S. 13; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 60 f. in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Bundesauftragsverwaltung und der kommunalen Auftragsverwaltung. A. A. Winkler, Kompetenzverbund, S. 128, dem zufolge die Eigenstaatlichkeit der Länder aufgrund des Vorliegens einer Form der Auftragsverwaltung nicht ausschlaggebend sei. Zum Aspekt der Eigenstaatlichkeit der Länder in Zusammenhang mit der Bundesauftragsverwaltung eingehend Pauly, Weisungen, S. 69 ff. 1186 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 223 ff., S. 257. 1187 Windthorst, in: Gröpl / ​Windthorst / ​von Coelln,  GG Studienkommentar, Art. 20 Rn. 230. Dieser Aspekt wird teilweise auch unter dem Terminus „Eigenständigkeit der Länder“ thema­ tisiert. Hierzu Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 122 ff. mit Fn. 338, der der Verwendung des Begriffs der Eigenstaatlichkeit in diesem Kontext krit. gegenübersteht. 1188 Windthorst, in: Gröpl / ​Windthorst / ​von Coelln, GG Studienkommentar, Art. 20 Rn. 230. In diesem Zusammenhang zu Art. 28 I, Art. 30 GG Steinberg, Bundesaufsicht, S. 10. 1189 Gröpl, in: Gröpl / ​Windthorst / ​von Coelln, GG Studienkommentar, Art. 83 Rn. 15; Windt­ horst, in: Gröpl / ​Windthorst / ​von Coelln, GG Studienkommentar, Art. 20 Rn. 230 ff. 1185

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

dass die Eigenstaatlichkeit der Länder auch in der Bundesauftragsverwaltung fortbesteht.1190 Dies gilt auch für den grundsätzlichen Verbleib der Personal- und Orga­nisationshoheit1191 und damit für die Wahrnehmungskompetenz der Länder.1192 Allerdings wird die Eigenstaatlichkeit der Länder in der Bundesauftragsverwaltung durch die verfassungsrechtlich eingeräumten Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes vor allem in Gestalt der Bundesaufsicht nach Art. 85 IV GG und des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG deutlich eingeschränkt.1193 Das durch das Weisungsrecht des Art. 85 III  GG bedingte Subordinationsverhältnis zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung1194 findet Ausdruck darin, dass dem Land keine gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zuerkannt werden, wenn dieses eine Weisung für rechtswidrig erachtet1195.1196 Da sich das Weisungsrecht des Bundes nach Art. 85 III GG sowohl auf die Recht- als auch auf die Zweckmäßigkeit des Vollzugs der Bundesgesetze durch die Länder erstreckt1197 und dem Bund somit ein umfassendes Steuerungsinstrument1198 zur Verfügung gestellt wird, wie es an 1190

Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4, Rn. 15; Groß, Haftung, S. 13; Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 268; Janz, Weisungsrecht, S. 140 f.; Jeddeloh, Haftung, S. 98 f.; Loschelder, Weisungen, S. 99, S. 125; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 94, S. 249; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 26, S. 46 ff. Siehe insofern nur BVerfGE 26, 338 (397), wonach das BVerfG in der Zuständigkeit der Bundesregierung zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sowie in dem Zustimmungserfordernis des Bundesrats gerade „Vorkehrungen zum Schutz der Eigenständigkeit der Verwaltung der Länder“ beim Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften durch den Bund gemäß Art. 84 II GG und Art. 85 II 1 GG erblickt. 1191 Janz, Weisungsrecht, S. 93 f. 1192 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 96. Siehe hierzu das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE  104, 273 (276), die die Wahrnehmungskompetenz der Länder in der Bundesauftragsverwaltung als „eigenstaatliche[s] Minimum“ bezeichnen. 1193 BVerfGE 81, 310 (331 f.); 104, 249 (264). Ebenso das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff zu BVerfGE 104, 249 ff. in BVerfGE 104, 273 (276); Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 11, Rn. 22; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  85 Rn.  1; Isensee, in: FS Bethge, S. 359; Janz, Jura 2004, 227 (228); Janz, Weisungsrecht, S. 423; Loschelder, Weisungen, S. 128; Müller  / ​ Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 93 (2002), 585 (593 f.); Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 55; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (423, 425); Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1551); Woditschka, Weisungsrecht, S. 90. Ähnlich Pauly, Weisungen, S. 29 Rn. 53. 1194 Zu diesem bereits oben § 27 I 3. 1195 Hierzu bereits oben § 27 II. 1. b) bb). 1196 Krit. zur Befolgungspflicht bei rechtswidrigen Weisungen in Hinblick auf den Aspekt der Eigenstaatlichkeit der Länder Hartung, JA 1991, 137 (138 f.). 1197 BVerfGE 81, 310 (331); 104, 249 (264 f.); Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 62 f.; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 22; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 18; Lange, NVwZ 1990, 928 (929); Lange, Weisungsrecht, S. 15; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 54; Loschelder, Weisungen, S. 60; Ost / ​Pelzer, atw 1979, 22 (23); Pauly, Weisungen, S. 222; Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 10, S. 56; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (429); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (422); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 21; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 41, S. 176. 1198 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 62 f.; F. Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art. 85 Rn. 63; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (135).

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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sonsten nur innerhalb eines Verwaltungsträgers anzutreffen ist,1199 nimmt das Weisungsverhältnis zwischen Bund und Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG trotz der Eigenstaatlichkeit der Länder aufgrund des hierdurch bedingten Subordinationsverhältnisses keine dogmatische Sonderstellung gegenüber anderen Weisungsverhältnissen ein.1200 Aus diesem Grunde ähnelt die rechtliche Stellung der Landesbehörden gegenüber dem Bund stark derjenigen von nachgeordneten Behörden innerhalb eines Verwaltungsträgers1201 sowie derjenigen der Gemeinden im Bereich der Auftragsverwaltung und bei der Erfüllung von Pflichtaufgaben nach Weisung gegenüber staatlichen Aufsichtsbehörden.1202 Daher können die recht­ lichen Wirkungen einer Weisung nach Art. 85 III GG mit denjenigen einer innerdienstlichen Weisung verglichen werden.1203 Dies bedeutet, dass die Eigenstaatlichkeit der Länder der Ermittlung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG anhand der in dieser Arbeit entwickelten Kriterien nicht entgegensteht. Die sich hieraus ergebenden haftungsrechtlichen Konsequenzen werden durch die Einräumung des Weisungsrechts des Art. 85 III GG und damit durch das Grundgesetz selbst bedingt und von diesem folglich zumindest akzeptiert, wenn nicht sogar gefordert. Somit zwingt auch die Eigenstaatlichkeit der Länder nicht zu deren Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen, die den Bereich der Bundesauftragsverwaltung betreffen.1204 Hieraus folgt, dass für die Bestimmung des haftenden Rechtssubjekts eines Amtshaftungsanspruchs bei Erteilung einer Weisung in der Bundesauftrags 1199 Janz, Weisungsrecht, S. 161; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 53. Ähnlich Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 2 in Bezug auf die bundeseigene Verwaltung nach Art. 86 f. GG. Ebenso Scholz, Rechtsschutz, S. 101 für den Bereich der kommunalen Auftragsverwaltung. 1200 Loschelder, Weisungen, S. 82; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 48. Ähnlich bereits Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 10. 1201 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 64; Herdegen, DV 23 (1990), 183 (201); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (443). 1202 Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 64; Rennert, JuS 2008, 119 (120 mit Fn. 6). 1203 Loschelder, Weisungen, S. 82. Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 34 bezeichnet etwa Weisungen nach Art. 84 V GG als innerdienstliche Weisungen. Auch Wieland, ZUR 2004, 7 (8, 10) zufolge führt das durch BVerfGE 81, 310 ff.; 84, 25 ff.; 104, 249 ff. zum Ausdruck gebrachte Verständnis von der Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung dazu, dass die Länder in ihrer rechtlichen Stellung mit nachgeordneten Behörden des Bundes verglichen werden könnten. Krit. zur Gleichsetzung von beamtenrechtlichen Weisungen, Weisungen im zwischenbehördlichen Bereich und Weisungen im Bund-Länder-Verhältnis Groß, DVBl. 2002, 793 (793 f., 800). 1204 Auch Leisner-Egensperger, DÖV 2004, 65 (67 ff.) bezieht die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zur Haftung bei Handeln in Vollzug einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift in Bezug auf einen Erlass des Bundesministeriums der Finanzen auf das Bund-Länder-Verhältnis. Ebenso zur Frage der Beurteilung des Bestehens gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten Scholz, Rechtsschutz, S. 91 ff. A. A. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 223 ff., S. 257, der eine Amtshaftung des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung letztlich aufgrund der Eigenstaatlichkeit der Länder ausschließt.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

verwaltung (Art. 85 III GG) dieselben Kriterien heranzuziehen sind, die auch etwa bei Erteilung einer fachaufsichtlichen Weisung gegenüber Gemeinden Anwendung finden, obwohl Gemeinden im Gegensatz zu den Ländern eine lediglich abgeleitete Hoheitsgewalt zukommt.1205 Dieses Ergebnis beruht allein darauf, dass die Erteilung der Weisung jeweils zu einem Auseinanderfallen von Sach- und Wahrnehmungskompetenz führt.1206 Da dies im Falle der Verbindlichkeit einer Weisung die fehlende Eigenverantwortlichkeit der angewiesenen Stelle bedingt und die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht an dieses Kriterium anknüpft, ergeben sich aus dessen Anwendung in der kommunalen Auftragsverwaltung und der Bundesauftragsverwaltung übereinstimmende Ergebnisse.1207 Dies gilt auch in Bezug auf das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten der angewiesenen Stelle, wenn diese von der Rechtswidrigkeit der Weisung ausgeht1208 sowie in Bezug auf das Bestehen gericht-

1205 Dies voraussetzend Herbst, DV 37 (2004), 51 ff. Auf diesen Unterschied hinweisend Gutten­berg, Selbsteintritt, S. 256 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 47 f. 1206 Diese Übereinstimmung zwischen der Bundesauftragsverwaltung und der kommunalen Auftragsverwaltung betonend Loschelder, Weisungen, S. 106 ff. in Bezug auf die Frage des Bestehens von Eintrittsbefugnissen. Dies thematisierend Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 60 ff., der eine Vergleichbarkeit zwischen Bundesauftragsverwaltung und kommunaler Auftragsverwaltung jedoch letztlich ablehnt, da er die Sachkompetenz in der kommunalen Auftrags­ verwaltung grds.  den Gemeinden zuordnet, in der Bundesauftragsverwaltung dagegen dem Bund. 1207 I.Erg. ebenso Pagenkopf, Kommunalrecht, S. 173. Pagenkopf begründet dies damit, dass im Falle einer Auftragsverwaltung unabhängig von der Identität der beteiligten Körperschaften durch die Beauftragung die Verantwortung auf die beauftragte Körperschaft übertragen werde und demzufolge die Verantwortung gegenüber Dritten auch im Sinne einer Haftung grds. die beauftragte Körperschaft treffe. Zu den Gemeinsamkeiten, die das Institut der Auftragsverwaltung für die rechtliche Beurteilung der Bundesauftragsverwaltung und der kommunalen Auftragsverwaltung bedingt, zudem Scholz, Rechtsschutz, S. 91 ff. 1208 So ausdrücklich Janz, Weisungsrecht, S. 238, S. 253 f. Auf die Übereinstimmung zwischen der Rechtslage bei Erteilung einer Weisung im Kommunalrecht und derjenigen in der Bundesauftragsverwaltung in Bezug auf das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten hinweisend Lange, Weisungsrecht, S. 140 f.; Röhl, in: Schoch, Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 79 mit Fn. 230; Scholz, Rechtsschutz, S. 94 f.; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (442 ff.); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (193 f.); Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 233. Steinberg, atw  1987, 282 (284) macht deutlich, dass hierin die Rechtsstellung des Landes gegenüber dem Bund in der Bundesauftragsverwaltung mit derjenigen einer nachgeordneten Behörde gegenüber übergeordneten Behörden desselben Rechtsträgers übereinstimmt. Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 226 führen das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten dabei ebenfalls auf die Sachkompetenz der anweisenden Stelle zurück. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 45 ff., S. 251 ff., S. 257 lehnt insofern eine Vergleichbarkeit beider Weisungsverhältnisse ab und begründet dies damit, dass durch die verfassungsrechtliche Aufgabenverteilung zwischen Bund und Land einerseits und derjenigen des Kommunalrechts mit der Unterscheidung von Selbstverwaltungsaufgaben, Pflichtaufgaben nach Weisung und Auftragsangelegenheiten andererseits unterschiedliche Systeme geschaffen würden.

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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licher Rechtsschutzmöglichkeiten, wenn in den Bereich eingegriffen wird, der der angewiesenen Stelle trotz Einräumung des Weisungsrechts als Autonomiebereich obliegt1209. Auch in Hinblick darauf, dass Außenrechtsakte auch bei Erteilung einer Weisung der angewiesenen Stelle zuzurechnen sind1210 und die Passivlegitimation im primären Rechtsschutz jeweils an die Umsetzung der Weisung anknüpft1211, entspricht die Rechtslage in der Bundesauftragsverwaltung derjenigen in der kommunalen Auftragsverwaltung. Diese in der Bundesauftragsverwaltung und der kommunalen Auftragsverwaltung übereinstimmenden Folgen der Erteilung einer Weisung sind zu unterscheiden von der Frage, ob und inwiefern rechtliche Erwägungen in Bezug auf die kommunale Auftragsverwaltung und die Bundesauftragsverwaltung auf die jeweils andere Form der Auftragsverwaltung übertragbar sind,1212 obwohl auch unter die-

1209

Hierzu Janz, Weisungsrecht, S. 241; Scholz, Rechtsschutz, S. 93 ff.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 255 ff. 1210 Auf diesen Zusammenhang hinweisend Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4. 1211 Auf diesen Zusammenhang hinweisend Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 22 f. 1212 Bereits Triepel, Reichsaufsicht, S. 170 f., S. 394 ff. warnte vor der eiligen Übertragung von Erkenntnissen aus dem Verhältnis zwischen Staat und Gemeinde auf das verfassungsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Bund und Land. Jeddeloh, Haftung, S. 97 zufolge gingen Wissenschaft und Praxis allerdings von einer Übertragbarkeit der Grundsätze der kommunalen Auftragsverwaltung auf die Bundesauftragsverwaltung „ohne besondere Einschränkungen“ aus. Ablehnend Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 64; Lange, Weisungsrecht, S. 140 f., dem zufolge die Rechtsstellung der Gemeinden in der kommunalen Auftragsverwaltung wegen des Staatscharakters der Länder nicht mit derjenigen der Länder in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) verglichen werden könne. Krit. insofern auch Herdegen, DV 23 (1990), 183 (201 f.) wegen der unmittelbar auf das Verfassungsrecht zurückzuführenden Wahrnehmungskompetenz der Länder. Krit. zur Übertragbarkeit rechtlicher Erwägung zum Bestehen von Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinde bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung auf die Bundesauftragsverwaltung Winter, DVBl. 1985, 993 (996 f.). Eine solche Vorgehensweise als unnötig, vorschnell und gewagt ablehnend Lerche, BayVBl. 1987, 321 (322). I.Erg. ebenso ablehnend Pauly, Weisungen, S. 97 ff., S. 183 ff., der jedoch den Ländern aufgrund von Art. 30 GG ein subjektiv-öffentliches Recht auf Kompetenz zur Abwehr rechtswidriger Weisungen nach Art. 85 III GG zuspricht. Ablehnend in Hinblick auf die Frage der rechtlichen Zulässigkeit ungeschriebener Selbsteintrittsrechte Guttenberg, Selbsteintritt, S. 256 f. Ablehnend in Bezug auf die Übertragung der der Kommunalaufsicht entstammenden Annahme, den aufsichtsführenden Amtswaltern könne im Einzelfall eine drittbezogene Amtspflicht zum Einschreiten bei Untätigbleiben der im Außenverhältnis zuständigen Amtswalter obliegen, Bettermann, MDR 1956, 604 (605). Dagegen Erwägungen in Bezug auf die Anforderungen an das Gebot der Weisungsklarheit und -bestimmtheit (Art. 20 I, III GG) sowie auf die Frage der Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von der Bundesauftragsverwaltung auf die kommunale Auftragsverwaltung übertragend Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (191 f.). Diesem in Bezug auf das Gebot der Weisungsklarheit und -bestimmtheit folgend Brüning / ​Vogelgesang, Kommunalaufsicht, Rn. 323. Eine Vergleichbarkeit zwischen der kommunalen Auftragsverwaltung und der Bundesauftragsverwaltung in Bezug auf die Verteilung der Verantwortung annehmend Winkler, Kompetenzverbund, S. 127 ff. Zur historischen Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung und ihrem Zusammenhang mit der kommunalen Auftragsverwaltung siehe nur Groß, Haftung, S. 4 ff., S. 11, S. 15 ff.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

sem Gesichtspunkt die Eigenstaatlichkeit der Länder zu berücksichtigen ist.1213 Demnach beruht die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG nicht auf einer Übertragung von Erwägungen, die der Amtshaftung in der kommunalen Auftragsverwaltung entstammen. Auch unter Berücksichtigung der Eigenstaatlichkeit der Länder ist sie vielmehr anhand der bereits dargestellten allgemeinen Grundsätze zur Ermittlung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht zu vollziehen1214. Folglich ist die Eigenverantwortlichkeit des Handelns bei Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 III GG) nicht nur auf der Ebene der Kostentragung, sondern auch bei der Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen zu berücksichtigen.1215

§ 32 Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung I. Eigenverantwortliches Handeln des Landes als Ausgangspunkt für die Beurteilung der amtshaftungsrechtlichen Passivlegitimation In Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG sind Maßnahmen von Amtswaltern des Landes gegenüber Dritten grundsätzlich als eigenverantwortliches Handeln des Landes einzuordnen.1216 Bund und Länder müssen ihre verfassungsrechtlich eingeräumte Zuständigkeit grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also durch eigenes Personal, eigene Sachmittel und eigene Organisation erfüllen.1217 Da auch in der Bundesauftragsverwaltung die Personal- und Organisationshoheit der Länder grundsätzlich erhalten bleibt,1218 ist ein Handeln eines Landes in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung grundsätzlich als eigenverantwortlich einzuordnen.1219

1213 So etwa Scholz, Rechtsschutz, S. 90; Winter, DVBl. 1985, 993 (997), jeweils in Bezug auf die Übertragbarkeit von Erwägungen in Bezug auf die Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinden gegenüber fachaufsichtlichen Weisungen. 1214 So bereits im Jahre 1951 Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 94 ff., welcher die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht in der Bundesauftragsverwaltung anhand der Anstellungs- sowie der Funktionstheorie entwickelt sowie im Jahre 1957 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 122 ff. 1215 In diesem Sinne Ossenbühl, in: FS Badura, S. 974 (S. 981), dem zufolge Verantwortlichkeit nach innen ebenso wie nach außen auch in der Bundesauftragsverwaltung das Bestehen von Entscheidungsbefugnissen voraussetzt. 1216 Hierzu bereits oben § 28 II. 1. 1217 BVerfGE 63, 1 (41); BVerfG NVwZ 2008, 183 (187); Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 8. 1218 Hierzu bereits oben § 31 II. 2. c). 1219 BGHZ 16, 95 (97 f.).

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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Zwar kann der Bund sowohl auf die Ausbildung von Beamten und Angestellten (Art.  85 II 2  GG) als auch auf die Auswahl bestimmter Leitungspersonen (Art. 85 II 3 GG) Einfluss nehmen, sodass die Personalhoheit des Landes insofern verfassungsrechtlich eingeschränkt ist,1220 allerdings blieb das dem Bund durch Art. 85 II 2 GG eröffnete Recht, die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten zu regeln, bislang ungenutzt.1221 Zudem liegt trotz der hierdurch eröffneten Einwirkungsmöglichkeit des Bundes das Ernennungsrecht bei den Ländern sowie den jeweils zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften,1222 sodass auch in den von Art. 85 II 3 GG erfassten Fällen ausschließlich ein Dienstverhältnis zwischen dem Leiter der Mittelbehörde und dem jeweiligen Land besteht.1223 Das nach Art. 85 II 3 GG erforderliche Einverständnis des Bundes bei der Ernennung von Leitern der Mittelbehörden ist mit diesem Ernennungsrecht nicht vergleichbar.1224 Der Anwendungsbereich des Art. 85 II 3 GG ist zudem stark eingeschränkt, da dieser nur auf Leiter von Mittelbehörden, die als Sonderverwaltung ausschließlich mit Aufgaben der Bundesauftragsverwaltung betraut sind, angewendet wird.1225 Dienstaufsichtliche Maßnahmen des Bundes werden durch das Weisungsrecht des Art. 85 III GG ebenso wenig wie Maßnahmen der Organaufsicht ermöglicht.1226 Dem Bund kommen in der Bundesauftragsverwaltung folglich nur äußerst begrenzte Möglichkeiten der Überwachung der jeweils zuständigen Amtswalter des Landes zu.1227 Zudem kann der Bund die Organisation der Verwaltung der Länder etwa in Bezug auf Stellenbesetzungen und Geschäftsverteilungspläne kaum beeinflussen.1228 Die Länder handeln dagegen auch unter Berücksichtigung des Art. 85 II 2, 3 GG bei der

1220

Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 65. Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 58; Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 13; Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 8; Oebbecke, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 136 Rn. 65; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 149 f. Zum nur marginalen Einfluss des Bundes mittels Art. 85 II 2, 3 GG Janz, Weisungsrecht, S. 95. 1222 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127. 1223 BAGE 13, 45 (51); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke,  GG, Art. 85 Rn. 9; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 108; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art.  85 Rn.  7; Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 23. 1224 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127. Zum Einvernehmensvorbehalt des Art. 85 II 3 GG bei der Bestellung der Leiter von Mittelbehörden etwa Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 150. 1225 So bereits der zuständige Berichterstatter des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates, siehe nur Parlamentarischer Rat, Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 1948/49, S. 40. Ebenso Blümel, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR IV, § 101 Rn. 58; Lerche, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Stand: 66. EL 2012, Art. 85 Rn. 48; Pieroth, in: Jarass / ​Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 7; Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 97; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 812; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 118. 1226 Bull, in: AK-GG, Band 3, Art. 85 Rn. 4; Janz, Weisungsrecht, S. 144; F.  Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band V, Art.  85 Rn.  63; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (128); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (425 f.). 1227 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 126 f. 1228 Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 100; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 126 f. 1221

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Auswahl und Ausbildung ihrer Amtswalter sowie der Überwachung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch diese eigenverantwortlich.1229 Diese Aspekte sprechen bereits im Allgemeinen für eine Anwendung der Anstellungstheorie zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne1230 und können auch im speziellen Fall der Bundesauftragsverwaltung überzeugen, da hierdurch auch auf die sorgfältige und gewissenhafte Auswahl der Amtswalter hin­gewirkt wird.1231 Da die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung einzu­ordnen ist,1232 führt die Anwendung der Anstellungstheorie bei Amtspflicht­ verletzungen von Amtswaltern des Landes nicht zu einer Passivlegitimation des Bundes.1233 Anstellungskörperschaft der im Außenverhältnis handelnden Amtswalter ist vielmehr das Land1234 beziehungsweise im Falle des Handelns eines Amtswalters, der einem anderen Verwaltungsträger angehört, der jeweilige Verwaltungsträger als Anstellungskörperschaft1235. Da das Land seine Amtswalter mit der Wahrnehmung auch derjenigen Aufgaben betraut, die der Bundesauftragsverwaltung unterfallen, ergibt sich auch unter Anwendung der Anvertrauenstheorie keine Amtshaftung des Bundes.1236 Da die Bundesauftragsverwaltung keine Fallkonstellation darstellt, die zu einer Bestimmung des Haftungssubjekts anhand der bei Begehung der Amtspflichtverletzung wahrgenommenen Aufgabe führt1237, ist es insofern unerheblich, ob Aufgaben, die von Amtswaltern des Landes in Bundesauftrags-

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Zu den fehlenden Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes in diesem Bereich Groß, Haftung, S. 114. Zudem speziell zur Bundesauftragsverwaltung Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127; Steinberg, atw 1987, 282 (283). 1230 Hierzu bereits oben § 9. 1231 Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 100; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 126 ff. Ebenso Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96, allerdings lediglich in Bezug auf die Personalhoheit und Dienststrafgewalt des Landes. Schadeck, der unter Geltung von Art. 34 S. 1 GG von einer Haftung des Bundes für Amtspflichtverletzungen der Angestellten eines Landes ausging (S. 98 ff.), forderte wegen der eingeschränkten Einflussmöglichkeiten des Bundes auf die Personalpolitik der Länder bereits im Jahre 1951 de lege ferenda eine Haftung der Länder auch für Amtspflichtverletzungen ihrer Angestellten. 1232 Siehe hierzu bereits oben § 27 I. 3. 1233 So bereits im Jahre 1951 Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 95. Gegen eine Haftung des Bundes in Anwendung der Anstellungstheorie bei Amtspflichtverletzungen der Amtswalter eines Landes zudem bereits Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 123, S. 127, S. 132 im Jahre 1957. Zudem ausdrücklich Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83. Ebenso Janz, Weisungsrecht, S. 506; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 220, allerdings in Bezug auf die Haftung nach §§ 31, 89 BGB. 1234 Ausdrücklich Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 126; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 38; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83. 1235 Ausdrücklich Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 126; Wöstmann, in: Staudinger,  BGB, Buch 2, § 839 Rn. 53. Dies voraussetzend Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 376. 1236 So auch Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127, allerdings ohne Bezug zu der damals als solcher noch nicht vertretenen Anvertrauenstheorie. 1237 Zu diesen anerkannten Fallkonstellationen bereits oben § 9. 

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

265

verwaltung wahrgenommen werden, als Aufgaben des Landes oder des Bundes einzuordnen sind1238.1239 Sofern durch einen Amtswalter des Landes eine ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht schuldhaft verletzt wird, hat dies demnach grundsätzlich einen Amtshaftungsanspruch gegen das jeweilige Land zur Folge.1240 Wenn jedoch dem im Außenverhältnis handelnden Amtswalter des Landes keine schuldhafte Begehung einer Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB, Art. 34 S. 1 GG) vorgeworfen werden kann, kann aus dessen Handeln im Außenverhältnis kein Amtshaftungsanspruch gegen das Land resultieren.1241 Dies betrifft unter den bereits eingehend 1238

Für eine Einordnung als Aufgabe des Landes Janz, Weisungsrecht, S. 426, S. 513 auch in Zusammenhang mit der Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II GG; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 47, S. 52 f. Für eine Einordnung als Aufgabe des Bundes dagegen BVerwGE 52, 226 (229); 62, 342 (344); Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 50; Groß, Haftung, S. 32 ff.; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 26; Lerche, BayVBl. 1987, 321; Loeser, Mischverwaltung, S. 32; Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 95; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 123; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 808, S. 1139, auch in Zusammenhang mit der Verteilung der Finanzierungsverantwortung gemäß Art. 104a I, II GG; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 51 ff. Krit. zu einer Einordnung als Aufgabe des Bundes in Zusammenhang mit der Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II  GG von Arnim, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 138 Rn. 26. Zu dieser Frage in Zusammenhang mit der Verteilung der Finanzierungsverantwortung nach Art. 104a I, II GG Tappe / ​Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, Rn. 113 ff., insb. Rn. 129. Differenzierend Ronellenfitsch, in: Buß­ jäger, Vollzug von Bundesrecht, S. 63 (S. 70), der die Sachkompetenz als Aufgabe des Bundes, die von den Ländern als fremde Angelegenheit wahrgenommen wird, einordnet und die Wahrnehmungskompetenz als (eigene) Aufgabe des Landes. Unklar insofern Loschelder, Weisungen, S. 57, S. 125, der aufgrund der Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung von der Wahrnehmung von Aufgaben des Landes ausgeht, diese jedoch zugleich als „materielle Bundesaufgaben“ bezeichnet. Siehe in diesem Zusammenhang auch Scholz, Rechtsschutz, S. 62 zur rechtlichen Einordnung kommunaler Auftragsangelegenheiten. Scholz ordnet die Wahrnehmungskompetenz den Gemeinden als deren Aufgabe zu, dem Land dagegen die Sachkompetenz in Form einer Letztentscheidungskompetenz. Zu der Frage, wessen Aufgabe im Falle auftragsweiser Verwaltung wahrgenommen wird, Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 55. 1239 I.Erg. ebenso der BGH in BGH NJW 1956, 1028; BGH VersR 1980, 48, der eine Amtshaftung des Bundes anknüpfend an eine Amtspflichtverletzung von Amtswaltern des Landes ablehnt, ohne dies jedoch näher zu begründen. Ebenso Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Band IV, Art. 34 Rn. 290. Demnach kann die Argumentation von Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83, der eine Amtshaftung des Bundes im Falle der Einordnung der in Bundesauftragsverwaltung wahrgenommenen Aufgabe als Aufgabe des Landes für ausgeschlossen hält, nicht überzeugen. 1240 BGH VersR 1980, 48 in Hinblick auf die Amtshaftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Fällen des Art. 90 III, 85 GG; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 34 Rn. 290; Stein / ​Itzel / ​Schwall, Staatshaftungsrecht, Rn. 133; Steinberg / ​Lubberger, Aufopferung, S. 320; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 220. I.Erg. ebenso Itzel / ​Schwall, Prozessrecht, Rn 101. Ebenso, allerdings ohne konkreten Bezug auf das Amtshaftungsrecht Isensee, in: FS Bethge, S. 359 (S. 361). 1241 Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 220. In diesem Sinne auch Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 53. So im Ausgangspunkt auch Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 81 ff., welcher sich allerdings nur bedingt mit den tatbestand­

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

dargestellten Voraussetzungen1242 vor allem die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung.1243 Insofern ist es aus der Perspektive des Amtshaftungsrechts unerheblich, dass die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung einzuordnen ist und dass dabei Landesbehörden Landesstaatsgewalt ausüben.1244 Gleiches gilt für den Umstand, dass auch bei der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Dienstherr der im Außenverhältnis handelnden Amtswalter nicht der Bund ist1245. Zu argumentieren, dass es für den geschädigten Dritten unerheblich sei, ob die schädigende Maßnahme auf dem Entschluss des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters des Landes beruht oder auf eine Entscheidung eines Amtswalters des Bundes zurückzuführen ist,1246 mag in Hinblick auf ein fehlendes Interesse des Geschädigten an den verwaltungsinternen Vorgängen zutreffen. Allerdings ist diese Aussage aus rechtlicher Perspektive nicht haltbar. Die dargestellte Frage ist gerade entscheidend dafür, durch welchen Amtswalter die tatbestandlichen Vorauslichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs auseinandersetzt und eine Amtshaftung des Bundes gänzlich ausschließt. Ebenso im Ausgangspunkt Groß, Haftung, S. 48, S. 120 f., welcher allerdings sodann pauschal von einer Haftung der Länder in der Bundesauftragsverwaltung ausgeht. Auch Hamann, in: Hamann / ​Lenz, GG, Art. 85 Anm. A geht von einer Haftung der Länder in der Bundesauftragsverwaltung aus, allerdings „nach Maßstab der gesetzlichen Vorschriften“. Zu der Auffassung, dass das Land anknüpfend an die Vornahme der rechtswidrigen Maßnahme im Außenverhältnis unabhängig von der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG hafte, bereits oben § 2 I. 1242 Hierzu eingehend oben §§ 15, 16, 25–28. 1243 Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​ Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  85 Rn.  19; Herbst, DV 37 (2004), 51 (53 ff.); Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 38 unter Rückgriff auf Maurer / ​Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 17, die jedoch nicht explizit auf die Bundesauftragsverwaltung oder die Verbindlichkeit der Weisung eingehen; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 178, allerdings ebenfalls ohne Bezug zur Verbindlichkeit der Weisung; Maurer, Staatsrecht, § 18 Rn. 18. I.Erg. bereits im Jahre 1957 ebenso Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128. Ebenso Pagenkopf, Kommunalrecht, S. 173 unter Annahme einer Ausnahme zu dem Grundsatz, dass im Falle einer Auftragsverwaltung die beauftragte Körperschaft gegenüber Dritten hafte. In diesem Sinne wohl auch Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 130. 1244 Hierauf gestützt eine zwingende Haftung des Landes für die Rechtmäßigkeit des Handelns im Außenverhältnis annehmend Janz, Weisungsrecht, S. 503, S. 506, dem zufolge allein diese Sichtweise dem Wesen der Bundesauftragsverwaltung gerecht werde. Ebenso Loschelder, Weisungen, S. 93; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 83 ff. mit Fn. 462. Im Ausgangspunkt ebenso Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6, die dies jedoch für den Fall der fehlenden Bindungswirkung einer Weisung relativieren. In diese Richtung zudem Hamann, in: Hamann / ​ Lenz,  GG, Art. 85 Anm. A. Ähnlich Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 70, der mit der tatsächlichen Verfügungsmacht der Landesbehörden argumentiert. Zur Ausübung von Landesstaatsgewalt in der Bundesauftragsverwaltung etwa BVerwGE 100, 56 (60); Storr, in: Aulehner / ​Dengler / ​Konrad, Föderalismus, S. 269 (S. 272), jeweils speziell in Zusammenhang mit der Haftung zwischen Bund und Ländern. 1245 Jeddeloh, Haftung, S. 93, S. 125; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 30 f., S. 48; Zeise, Haftung, S. 91 ff. 1246 So Haun, Bundesaufsicht, S. 126 mit Fn. 40; Loschelder, Weisungen, S. 94; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 84.

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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setzungen des Amtshaftungsanspruchs erfüllt werden, und damit ausschlaggebend für die Bestimmung des Haftungssubjekts, das dem Geschädigten zur Verfügung steht. Auch wenn durch die Annahme einer „weisungsunabhängigen Außenverantwortlichkeit der Länder“1247 keine untragbare finanzielle Belastung der Länder entstehen sollte, wenn man von einer Pflicht des Bundes, die aus der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung resultierenden Haftungskosten zu tragen, ausgeht,1248 liegt hierin eine vollkommene Abkehr von der Anwendung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs, für die es weder zwingende noch zumindest überzeugende Gründe gibt. Dies wird verkannt, wenn allein dem Vollzug der Weisung durch das Land amtshaftungsrechtliche Bedeutung zuerkannt wird.1249 Im Falle der Erteilung einer verbindlichen Weisung nach Art. 85 III GG kann das Land vielmehr als „verlängerter Arm“1250 des Bundes sowie als unverantwortliches Werkzeug1251 eingeordnet werden. In dieser Fallkonstellation wird eine Amtshaftung des fremdbestimmten Verwaltungsträgers verneint,1252 was uneingeschränkt auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG zu gelten hat.1253 1247

Loschelder, Weisungen, S. 94. Loschelder stellt hierbei in Zusammenhang mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit bei Erteilung einer Weisung jedoch fest, dass Verantwortlichkeit Kompetenz voraussetze und erachtet dies als allgemeinen Grundsatz, der nicht nur für die parlamentarische Verantwortlichkeit gelte. Hierin liegt folglich ein eklatanter Wertungswiderspruch zu der soeben wiedergegebenen Auffassung zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG. 1248 So die Argumentation von Loschelder, Weisungen, S. 94, S. 96. Zur hierdurch angesprochenen Kostentragungspflicht des Bundes eingehend oben § 28 II. 2. d) bb). 1249 Durch Janz, Jura 2004, 227 (232 f.); Janz, Weisungsrecht, S. 506 f.; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 226. Ablehnend dagegen Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128. 1250 Janz, Weisungsrecht, S. 513 („verlängerten Arm“); Loeser, Mischverwaltung, S. 226 m. w. N. in Fn. 226; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225. Zu dieser Begrifflichkeit in Bezug auf die Erteilung verbindlicher Weisungen im Allgemeinen bereits oben § 15 II. 1. 1251 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128. Zu dieser Begrifflichkeit in Bezug auf die Erteilung verbindlicher Weisungen im Allgemeinen bereits oben § 15 II. 1. Ähnlich Janz, Weisungsrecht, S. 506, S. 508, der konstatiert, dass das Land bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht eigenverantwortlich handele, da es einer vollständigen Fremdbestimmung durch den Bund unterworfen werden könne und das Land aus diesem Grunde als „Verwaltungshelfer“ des Bundes bezeichnet (S. 513). Janz berücksichtigt den Aspekt der Fremdbestimmung lediglich in Hinblick auf die endgültige Kostentragung, nicht jedoch in Hinblick auf die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht (S. 506 ff., S. 509 ff.). Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 130 ordnet das Land als bloßen „Vollstrecker“ des Willens des Bundes ein; Müller  / ​ Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (133) als bloßen „Erfüllungsgehilfen des Bundeswillens“. 1252 Hierauf hinweisend Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224, welcher eine Amtshaftung des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG gleichwohl ablehnt. Hierzu bereits oben §§ 15 I., 18 I. 1253 Ebenso Hartung, Atomaufsicht, S. 106 Fn. 473, der von der Übertragbarkeit der Erwägungen in BGHZ 63, 319 (324 f.) auf die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ausgeht. Der vom BGH zu beurteilende Sachverhalt betraf die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung eines Bundesministers gegenüber der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreideund Futtermittel, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. A. A. Janz, Weisungsrecht, S. 507 mit

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

II. Amtshaftung des Bundes aufgrund eigenverantwortlichen Handelns Da dem Bund bei der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG umfassende Möglichkeiten zukommen, auf das Verhalten der Amtswalter des Landes einzuwirken, ist hierbei aufgrund der dargestellten Erwägungen von dem Grundsatz der Amtshaftung der Länder in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung abzuweichen.1254 Sofern davon ausgegangen wird, dass eine Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III  GG abzulehnen sei1255, wird verkannt, dass der Geschädigte hierdurch im Falle der Einordnung der Weisung als verbindliche Weisung mangels einer Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung der Weisung rechtsschutzlos gestellt würde.1256 Eine Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung ist vielmehr aufgrund der eingehend dargestellten Erwägungen1257 im Falle der Bindungswirkung der Weisung anzunehmen und kommt darüber hinaus auch im Falle fehlender Bindungswirkung der Weisung in Betracht.1258 Hierbei ist nicht entscheidend, dass eine Amtshaftung des Bundes aufgrund der Ausübung eigener Staatsgewalt durch Bund und Land nicht mit dem Argument der Fn. 778. Ebenfalls a. A. Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225, obwohl er die mit der Verbindlichkeit einer Weisung einhergehende vollständige Fremdbestimmung des Landes anerkennt. Die Argumentation von Tschentscher, wonach das Land bei Erteilung einer verbindlichen Weisung zwar vollkommen fremdbestimmt agiere, der Bund aber im Gegensatz zu fachaufsichtlichen Beziehungen mit Erteilung einer verbindlichen Weisung nicht anstelle des Landes handele, kann nicht überzeugen, da letzteres bei Erteilung einer Weisung generell nicht der Fall ist. Die Wahrnehmungskompetenz und damit der Vollzug der Weisung im Außenverhältnis sowie dessen Zurechnung verbleiben vielmehr bei der angewiesenen Stelle. 1254 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128. 1255 Hierzu bereits oben § 2 I. 1256 Zu diesem Aspekt bereits oben § 15 II. 1. 1257 Hierzu oben §§ 15–18, 25–28, eingehend auch zur Frage der Bestimmung der Bindungswirkung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern. Die Bundesauftragsverwaltung unterscheidet sich insofern nicht von anderen Weisungsverhältnissen zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern. 1258 Ebenso bereits im Jahre 1957 Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128 zum Amtshaftungsanspruch bei Erteilung einer unsachgemäßen Weisung durch den Bund, allerdings ohne Bezug zur Frage der Bindungswirkung einer Weisung. Schulte-Frohlinde erachtete dieses Ergebnis als „folgerichtige[…] Anwendung der Anstellungstheorie“. Da Schulte-Frohlinde die Berechtigung der Anstellungstheorie darin erblickt, dass hierdurch bedingt derjenige die Verantwortung trägt, der die Befugnis besitzt, auf die Gestaltung einer Angelegenheit Einfluss zu nehmen (S. 124 ff., insb. S. 127 f.), ist diese Sichtweise in ihrer Argumentation überzeugend. Ebenso Herbst, DV 37 (2004), 51 (61 ff.), allerdings nur zum Falle der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Remonstration des im Außenverhältnis handelnden Amtswalters. Ähnlich Hartung, Atomaufsicht, S. 106 Fn. 473, dem zufolge „wohl“ bei inhaltlich rechtswidrigen Weisungen nach Art. 85 III GG der Bund aus Amtshaftung hafte. Auch Loeser, Mischverwaltung, S. 74 f. Fn. 40 hält eine Amtshaftung des Bundes in einem solchen Fall für „denkbar“. Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 45 zufolge können Weisungen „u. U. einen eigenen Unrechtstatbestand verwirklichen, für den die Körperschaft der weisenden Behörde einzutreten hat […]“. Dittmann  / ​ Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6 zufolge komme eine Passivlegitimation des Landes „dann jedenfalls in Betracht“, wenn die Weisung des Bundes nicht verbindlich ist.

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

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Einheit der Staatsverwaltung begründet werden kann,1259 da der Grundsatz der Einheit der Staatsverwaltung im Amtshaftungsrecht generell keine Anwendung finden kann.1260 Auch der Aspekt, dass dem Geschädigten gegenüber nur das Land tätig wird und hierdurch bedingt keine rechtliche Beziehung zwischen dem Geschädigten und dem Bund entsteht,1261 steht einem Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung nicht entgegen, da dies auf den verwaltungsinternen Charakter der Weisung1262 zurückzuführen ist und somit keine Besonderheit der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG darstellt. Gleiches gilt für den Umstand, dass hierdurch bedingt einer Weisung nach Art. 85 III GG keine Außenwirkung gegenüber dem Geschädigten zukommt1263.1264 Maßgeblich für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ist vielmehr, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit und damit der Wahrung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG der Maßstab des Art. 20 III GG heranzuziehen ist.1265 Zwar ist ein Anspruch Dritter auf die Einholung, Erteilung und Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG grundsätzlich ausgeschlossen,1266 allerdings stimmt dies mit der Rechtslage in der kommunalen Fachaufsicht überein1267 und ist als Frage nach dem drittschützenden

1259

So die Argumentation von Bettermann, MDR 1956, 604 (605); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 223 f.; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 85 Fn. 462 in Bezug auf die Begründung des BGH für das Bestehen drittbezogener Amtspflichten der staatlichen Aufsichtsbehörde im Bereich der kommunalen Auftragsverwaltung in BGHZ 15, 305 (309 ff.). Gegen eine Anwendbarkeit dieses Grundsatzes in der Bundesauftragsverwaltung im Allgemeinen Jeddeloh, Haftung, S. 98 f. 1260 Hierzu bereits oben § 15 II. 2. a). 1261 Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (129); Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 48. 1262 Hierzu bereits oben § 5 I. Speziell zu Art. 85 III  GG zudem Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (129, 133). 1263 So aber die Argumentation des LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 61. 1264 Hierzu bereits oben § 15 II. 2. 1265 Hierzu bereits oben § 3 II. 1266 BVerwG NJW 1977, 118 in Bezug auf das Fehlen eines Anspruchs auf bundesaufsichtliches Einschreiten gem. Art. 84 III GG; BVerwG DVBl. 1970, 578 (Ls. 1, 579 f.); BVerwG DVBl. 1971, 186 (Ls. 1, 187); Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig, GG, Band 2, Art. 85 Rn. 30; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (145); Ost / ​Pelzer, atw 1979, 22 (23); Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (434); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 220; Zieger / ​Bischof, in: BK-GG, Ordner 12, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 87c (Zweitbearbeitung), Rn. 118. 1267 Ausdrücklich Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 220 mit Fn. 1175. Zum Fehlen eines Anspruchs des Bürgers auf Einschreiten der Kommunalaufsichtsbehörden mangels eines entsprechenden subjektiv öffentlichen Rechts Franz, JuS 2004, 937 (938); Gern / ​Brüning, Kommunalrecht, Rn. 329; Kahl, in: Hoffmann-Riem / ​Schmidt-Aßmann / ​Voßkuhle, Verwaltungsrecht, Band III, 2009, § 47 Rn. 107; Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 417; Schoch, Jura 2006, 188 (189).

270

2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Charakter des Weisungsrechts1268 nicht mit der Frage nach der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei Erteilung einer Weisung gleichzusetzen.1269 Letztere ist auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs anknüpfend an die Erteilung der Weisung von ausschlaggebender Bedeutung.1270 Auch im speziellen Fall der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG sind für die Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten die bereits dargestellten Kriterien heranzuziehen.1271 Diesen entsprechend setzt die Drittbezogenheit einer Amtspflicht in personaler Hinsicht voraus, dass die Amtspflicht nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit dient, sondern zumindest auch dem Interesse des Einzelnen zu dienen bestimmt ist.1272 Da durch das Weisungsrecht des Art. 85 III GG ein einheitlicher Gesetzesvollzug in den Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung gewährleistet werden soll,1273 dient dieses zunächst der Wahrung bundesstaatlicher Interessen und damit einem Interesse der Allgemeinheit. Dies gilt auch für die Bundesaufsicht nach Art. 85 IV GG,1274 sodass die grundsätzliche Ablehnung drittbezogener Amtspflichten bei Ausübung von Aufsichtsrechten1275 für den Bereich der Bundesauftragsverwaltung bestätigt wird. Da sich insofern keine Unterschiede zwischen der Ausübung des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG und der Ausübung staatlicher Aufsicht nach Art. 85 IV GG ergeben, ist die Frage des Verhältnisses zwischen Art. 85 III GG und Art. 85 IV GG1276 für die Drittbezogenheit von Amtspflichten unerheblich. Aus dieser grundsätzlichen Ablehnung der Drittbezogenheit von Amtspflichten allerdings zu schließen, dass alleiniger Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 1268

So ausdrücklich OVG Lüneburg, Urt. v. 08.03.2006, Az. 7 KS 145/02, 7 KS 146/02, 7 KS 154/02, 7 KS 128/02 (abrufbar über juris), Rn. 41; Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 94 (2003), 127 (145). 1269 Dies durch die Bezugnahme auf die soeben angeführte Rspr. verkennend LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 61; Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (433 f.). 1270 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224. 1271 So auch im Ausgangspunkt LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 58. Zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten bereits oben § 15 II. 2. b) cc). 1272 Siehe hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) cc). 1273 Hierzu bereits oben §§ 5 II, 27 II. 1. d). 1274 Siehe nur Wöstmann, in: Staudinger, BGB, Buch 2, § 839 Rn. 180. 1275 Hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) cc). 1276 Dies betrifft die Frage, ob Weisungen nach Art. 85 III GG nicht nur Maßstab, sondern auch Mittel der Bundesaufsicht nach Art. 85 IV  GG sind. Dies ablehnend Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 32; Trute, in: von Mangoldt / ​Klein / ​Starck,  GG, Band III, Art. 85 Rn. 22, die das Weisungsrecht des Art. 85 III GG als Instrument präventiver Steuerung, die Bundesaufsicht nach Art. 85 IV GG dagegen als Instrument repressiver Kontrolle und damit das Weisungsrecht nach Art. 85 III GG und die Bundesaufsicht nach Art. 85 IV GG als selbständige Rechtsinstitute einordnen. Nach Auffassung etwa von Haun, Bundesaufsicht, S. 75, S. 123 ff.; Loeser, Mischverwaltung, S. 32; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 69 ff. stellt die Weisung nach Art. 85 III GG dagegen ein Mittel der Bundesaufsicht nach Art. 85 IV GG dar. Hierzu insg. Müller / ​Mayer / ​Wagner, ­VerwArch 93 (2002), 585 (595 f.).

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

271

III GG die Wahrung von Interessen der Allgemeinheit sei und aus diesem Grunde keine drittbezogenen Amtspflichten des anweisenden Amtswalters des Bundes gegenüber dem von der Weisung betroffenen Dritten bestehen könnten,1277 ist verfehlt. Auch wenn das Weisungsrecht des Art. 85 III GG nicht per se der Bewahrung des Bürgers vor rechtswidrigen Eingriffen durch die Landesverwaltung dient,1278 kann im Einzelfall unter Anwendung der bereits dargestellten Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei Erteilung einer Weisung1279 einem anweisenden Amtswalter des Bundes die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III  GG gegenüber einem im Außenverhältnis vom Vollzug der Weisung betroffenen Dritten obliegen.1280 Diese Sichtweise wird dadurch bekräftigt, dass sich der Bürger bei Handlungen der Landesverwaltung in Umsetzung einer Weisung nach Art. 85 III GG mittels Erhebung einer Fachaufsichtsbeschwerde an die zuständige Bundesbehörde wenden kann1281 und das Bestehen drittbezogener Amtspflichten eines Aufsicht ausübenden Amtswalters gegenüber einzelnen Dritten insbesondere in dem speziellen Fall, dass dieser sich mittels Erhebung einer Fachaufsichtsbeschwerde unmittelbar an die Aufsichtsbehörde wendet, anerkannt wird.1282 Warum gegen die Annahme drittbezogener Amtspflichten im Einzelfall eingewendet werden können sollte, dass der Bund die für den Vollzug der Weisung im Außenverhältnis zuständige Behörde abgesehen von dringenden Fällen (Art. 85 III 2 GG) nicht selbst anweisen kann,1283 bleibt unklar. Auch wenn hierin ein Unterschied zur kommunalen Fachaufsicht liegt,1284 ergibt sich hieraus lediglich die zusätzliche Frage, ob auch eine Amtshaftung anknüpfend an die landesinterne Weitergabe der Weisung möglich ist.1285 Wenn der Amtshaftungsanspruch an die Erteilung der rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG anknüpft, richtet sich der hieraus resultierende Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG gegen den Bund.1286 Da hierdurch lediglich den tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs Geltung verschafft wird, ist die Passivlegitimation des Bundes nicht Ausdruck einer Einordnung der Länder als nachgeordnete Behörden

1277

So jedoch die bereits unter § 2 I. 1. dargestellte Auffassung. So die Argumentation von Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224. 1279 Siehe hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) cc). 1280 In diesem Sinne auch Hartung, Atomaufsicht, S. 106 Fn. 473. 1281 Schulte, ­VerwArch 81 (1990), 415 (434); Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 103 f. 1282 Hierzu bereits oben § 15 II. 2. b) cc). Das Bestehen drittbezogener Amtspflichten von Amtswaltern des Bundes auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes ablehnend Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 225. 1283 So die Argumentation von Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224. 1284 Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 224. 1285 Zu dieser Frage bereits oben § 28 III. 2. 1286 I.Erg. ebenso Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 45, jedoch ohne konkreten Bezug zur Amtshaftung. 1278

272

2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

des Bundes, was dem Verständnis der Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung1287 widersprechen würde.1288 Schließlich rechtfertigt auch das Risiko des Geschädigten, das ihm gegenüber handelnde Land auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, obwohl dieses nicht amtshaftungsrechtlich passivlegitimiert ist, aufgrund der bereits dargestellten Erwägungen auch im Falle der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG keine ausschließliche Amtshaftung des Landes.1289 Da gerade der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG vielfach Konflikte zwischen Bund und Land vorausgehen1290 und diese im Regelfall auf enormes mediales Interesse stoßen, dürfte im Vergleich zu anderen Fällen der Erteilung einer Weisung deutlich häufiger von einer Kenntnis des Geschädigten von der Erteilung der Weisung auszugehen sein.

§ 33 Fazit I. Ergebnisse zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Demnach ist auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns zu bestimmen.1291 Hieraus ergibt sich, dass eine Amtshaftung des Landes anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ausgeschlossen ist, wenn dieser zumindest eine faktische Bindungswirkung zukommt.1292 Zugleich ist eine Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG nicht ausgeschlossen.1293 Dies gilt auch für den eingangs dargestellten Fall der befristeten Stilllegung deutscher Kernkraftwerke im März 2011, falls man das Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 16.03.2011 als Weisung nach Art. 85 III GG einordnet und hiermit in Zusammenhang stehende Amtshaftungsansprüche nicht bereits an dem in § 839 III BGB normierten Vorrang des Primärrechtsschutzes scheitern.1294 Bei dessen amtshaftungsrechtlicher Beurteilung ist insbesondere relevant, wie die Frage der Kausalität zwischen der je 1287

Hierzu bereits oben § 27 I. 3. So die Argumentation von Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 82 ff. 1289 Zu diesem Risiko sowie zu der für den Geschädigten vorzugswürdigen Haftung des im Außenverhältnis handelnden Verwaltungsträgers bereits oben §§ 9, 18 III, 19–23 mit Nw. auch speziell zum Fall der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG. 1290 Hierzu bereits oben § 1 I. 1291 Speziell zur Anwendung dieses Grundsatzes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 127 f.; Herbst, DV 37 (2004), 51 (64 f.). 1292 Hierzu bereits allgemein oben §§ 15, 16. 1293 Hierzu ebenfalls bereits allgemein oben §§ 15 II., III., 16 III., IV. 1294 Hierzu bereits eingangs § 1 II., III. 1288

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

273

weiligen Amtspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden beantwortet wird, wenn man neben einer dem Bund zuzurechnenden Amtspflichtverletzung durch die Erteilung der rechtswidrigen Weisung auch von einer dem Land zuzurechnenden Amtspflichtverletzung aufgrund der nach §§ 28, 46 LVwVfG1295 erforderlichen, aber unterbliebenen Anhörung der Kernkraftwerkbetreiber ausgeht.1296 II. Zusammenhang mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit Dieses Ergebnis in Bezug auf die amtshaftungsrechtliche Verantwortung in der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG stimmt mit der Verteilung der parlamentarischen Verantwortlichkeit zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung1297 überein, da diese jeweils anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns erfolgt. Beim Vollzug von Gesetzen im Auftrag des Bundes (Art. 85 GG) sind grundsätzlich die zuständigen Landesminister den jeweiligen Vorschriften der Landesverfassungen entsprechend den Landesparlamenten verantwortlich und unterliegen deren parlamentarischer Kontrolle.1298 Begründet liegt dies darin, dass es sich bei der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG um Landesverwaltung handelt.1299 Allerdings kann sich die Kontrolle durch die Landesparlamente nur auf Maßnahmen erstrecken, die auf einer eigenen Entscheidung der Landesbehörden beruhen.1300 Dies folgt daraus, dass Verantwortung grundsätzlich Kompetenz voraussetzt1301 und dies gerade auch für die parlamentarische Verantwortlichkeit gilt1302.

1295

Bzw. je nach landesrechtlicher Bezeichnung Art. 28, 46 LVwVfG. Hierauf hinweisend Gärditz, EurUP 2014, 136 (137, 139 mit Fn. 35). Hierzu sowie zur Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens zudem Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932 (936 f.). Zu dieser dem Land zuzurechnenden Amtspflichtverletzung bereits oben §§ 1 II., 13 III. 5., 31 II. 1. 1297 Zur parlamentarischen Verantwortlichkeit im Bereich der kommunalen Auftragsverwaltung bei Erteilung einer Weisung eingehend Scholz, Rechtsschutz, S. 83 ff. 1298 Bartlsperger, in: BK-GG, Ordner 13, Stand: 171. Ergänzungslieferung 2015, Art. 90 (Zweitbearbeitung), Rn. 54; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 4; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 9; Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 4; Haun, Bundesaufsicht, S. 127; Lange, Weisungsrecht, S. 20; Loschelder, Weisungen, S. 94; Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96; Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (167); Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (431); Steinberg, atw 1987, 282 (283); Steinberg, Bundesaufsicht, S. 41; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben, S. 86; Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 38; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 105. A. A. Schadeck, Bundesauftragsverwaltung, S. 9 f. 1299 Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 4; Loschelder, Weisungen, S. 94; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 105. Zur Einordnung der Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung bereits oben § 27 I. 3. 1300 Loschelder, Weisungen, S. 94. 1301 Detjen, Werteordnung, S. 279; Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 134; Loschelder, Weisungen, S. 94. 1302 Detjen, Werteordnung, S. 279; Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 134 ff.; Loschelder, Weisungen, S. 94. 1296

274

2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

Demnach muss derjenige Hoheitsträger, der verbindlich entscheidet, auch die parlamentarische Verantwortung tragen.1303 Damit hat sich im Falle der Erteilung einer verbindlichen Weisung durch eine oberste Bundesbehörde nach Art. 85 III GG der zuständige Landesminister nicht vor dem Landesparlament zu verantworten.1304 Soweit das Land in seinem Handeln durch die Weisung gebunden wurde,1305 tritt an die Stelle der parlamentarischen Verantwortlichkeit des zuständigen Landesministers die parlamentarische Verantwortlichkeit des Bundesministers, der die Weisung nach Art. 85 III GG erteilt hat,1306 sodass die parlamentarische Kontrolle insofern dem Deutschen Bundestag obliegt.1307 Die parlamentarische Verantwortlichkeit des jeweiligen Bundesminis 1303 Scholz, Rechtsschutz, S. 90. Siehe in diesem Zusammenhang Scheuner, in: FS Müller, S. 379 (S. 391 f.), wonach derjenige Hoheitsträger, der die parlamentarische Verantwortlichkeit trägt, auch verbindlich entscheiden können müsse. 1304 Loschelder, Weisungen, S. 94 f.; Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96 f. Ebenso Fischerhof, AtG, Band I, Vorbem. vor §§ 22 AtG, Rn. 4; Groß, Haftung, S. 21; Haun, Bundesaufsicht, S. 127; Schäfer, DÖV 1960, 641 (648); Shirvani, BayVBl. 2005, 164 (167), allerdings jeweils unabhängig von der Bindungswirkung der Weisung. 1305 Ausdrücklich Rasch, in: Rasch / ​Patzig, Verwaltungsorganisation, S. 96 f. Ähnlich Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  85 Rn.  18; Hermes, in: Dreier, GG, Band III, Art. 85 Rn. 26. In diesem Sinne wohl auch Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 105. 1306 BayVerfGH NVwZ 1986, 822 (824); Dittmann / ​Winkler, in: Sachs,  GG, Art. 85 Rn. 6; Lange, Weisungsrecht, S. 20; Loschelder, Weisungen, S. 94 f.; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 51; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (431 f.); Suerbaum, in: Epping / ​Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 38. Unklar insofern Steinberg, Bundesaufsicht, S. 41 f. Dagegen gehen BVerfGE 81, 310 (333); LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016, Az. 1 O 458/14 (abrufbar über juris), Rn. 54; Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 5; Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 193 (196); Schmitt / ​Wohlrab, NVwZ 2015, 932; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1552) bei Erteilung einer Weisung unabhängig von deren Bindungswirkung von einer parlamentarischen Verantwortlichkeit des Bundesministers aus. Da der Vollzug einer Weisung, die nicht verbindlich ist, jedoch auf einer Entscheidung beruht, die dem Land zuzurechnen ist, besteht insofern durchaus eine parlamentarische Verantwortlichkeit gegenüber dem jeweiligen Landesparlament. Beide Auffassungen kommen allerdings bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung zu dem gleichen Ergebnis, wenn im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG unabhängig von der Durchführung eines Remonstrationsverfahrens deren Verbindlichkeit angenommen wird. Zu dieser Auffassung in Zusammenhang. mit der Frage der parlamentarischen Verantwortlichkeit Dittmann / ​Winkler, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 32. Insofern stellt sich bei der Verteilung der parlamentarischen Verantwortlichkeit ebenso wie bei der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht die Frage nach dem für die Bestimmung der Bindungswirkung einer Weisung heranzuziehenden Maßstab. Siehe in diesem Zusammenhang Scholz, Rechtsschutz, S. 89, dem zufolge eine verbindliche Entscheidung vorliegt, wenn diese von dem Verwaltungsträger, der sie umzusetzen hat, nicht angegriffen werden kann und deswegen vollzogen werden muss. 1307 Broß / ​Mayer, in: von Münch / ​Kunig,  GG, Band 2, Art. 85 Rn. 5; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (431). Die hiervon abweichende Annahme einer fortbestehenden Verantwortlichkeit des zuständigen Landesministers neben derjenigen des zuständigen Bundesministers, wie sie etwa durch Tschentscher, Bundesauftragsverwaltung, S. 218; Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 105 f. vertreten wird, verkennt, dass hierdurch den Landesparlamenten Kontrollbefugnisse zugestanden werden, die die Finanzverantwortung des Bundes betreffen. Siehe hierzu die überzeugende Argumentation bei Loschelder, Weisungen, S. 95 f.

7. Kap.: Handeln auf Weisung in der Bundesauftragsverwaltung 

275

ters wird dabei über die parlamentarische Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers (Art. 65 S. 1 Hs. 2 GG) vermittelt.1308 Die parlamentarische Verantwortlichkeit unterscheidet sich insofern von der amtshaftungsrechtlichen Verantwortung, als der jeweilige Bundesminister vor dem Deutschen Bundestag auch ein pflichtwidriges Unterlassen der Erteilung einer Weisung verantworten muss1309. Zugleich wird keine persönliche Zurechenbarkeit im Sinne von Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorausgesetzt.1310 Hiervon abgesehen sind die Ergebnisse der Verteilung der amtshaftungsrechtlichen Verantwortung und der parlamentarischen Verantwortlichkeit deckungsgleich, da jeweils an eigenverantwortliches Handeln angeknüpft wird. Der Zusammenhang zwischen amtshaftungsrechtlicher Verantwortung und parlamentarischer Verantwortlichkeit wird dabei durch die demokratische Legitimation geschaffen, die eine Einordnung eines Handelns als eigenverantwortliche Maßnahme ermöglicht.1311 Die Auseinandersetzung mit der Verteilung der parlamentarischen Verantwortlichkeit zeigt, dass auch in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung die allgemein geltenden rechtlichen Maßstäbe und Wertungen für die rechtliche Einordnung des Verhältnisses zwischen Bund und Land heranzuziehen sind. Dies unterstützt die hier vertretene Auffassung, wonach dies auch für den Bereich des Amtshaftungsrechts zu gelten hat.1312

1308 Loschelder, Weisungen, S. 95. I.Erg. ebenso Herzog, in: Maunz / ​Dürig,  GG, Band V, Art. 65 Rn. 66; Uhle / ​Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  65 Rn. 44 f. 1309 Loschelder, Weisungen, S. 95. Siehe zu der vergleichbaren Konstellation in der kommunalen Auftragsverwaltung Scholz, Rechtsschutz, S. 84 Fn. 357. Die hieran anknüpfende Verantwortlichkeit wird mit der durch die Einräumung des Weisungsrechts durch Art. 85 III GG verliehenen potentiellen Letztentscheidungskompetenz des Bundes begründet (Loschelder, Weisungen, S. 95 f.). Siehe zur Frage der Amtshaftung anknüpfend an ein unterlassenes Einschreiten der Aufsichtsbehörde bereits oben §§ 15 II. 2. b) cc), 31 I. 1310 Uhle / ​Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Klein / ​Hofmann / ​Henneke, GG, Art.  65 Rn.  45. 1311 Siehe zu diesem Zusammenhang Meyer, Kommunalrecht, Rn. 754; von Mutius / ​Groth, NJW 2003, 1278 (1283 f.), die eine Amtshaftung des Landkreises im Falle einer Amtspflichtverletzung des Landrates bei Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde u. a. darauf gestützt ablehnen, dass Kreisausschuss und Kreistag keine Möglichkeit hätten, auf die Durchführung der Kommunalaufsicht durch den Landrat inhaltlich Einfluss zu nehmen und damit insofern keine demokratische Legitimation des Handelns des Landrates durch die Volksvertretung auf Kreisebene vorliege. Zur Rechtsstellung von Kreistag und Kreisausschuss Geis, Kommunalrecht, § 15 Rn. 1 ff. Zur demokratischen Legitimation als maßgeblichem Kriterium für die parlamentarische Verantwortlichkeit Scholz, Rechtsschutz, S. 83 ff., S. 90. 1312 Die Ausführungen von Loschelder, Weisungen, S. 93 ff. können insofern nicht überzeugen, als dieser für die Verteilung der parlamentarischen Verantwortlichkeit das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit heranzieht, jedoch eine Amtshaftung des Landes gegenüber Dritten bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung als zwingend und eine an die Erteilung der Weisung anknüpfende Amtshaftung des Bundes als ausgeschlossen erachtet.

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2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

8. Kapitel

Schlussbetrachtung Der Ausschluss einer Amtshaftung des Landes anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG bei zumindest faktischer Bindungswirkung unter Annahme der Möglichkeit einer Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung der Weisung steht in einem eklatanten Gegensatz zu der vorherrschenden Auffassung in der aktuellen rechtswissenschaftlichen Literatur und Rechtsprechung.1313 Dies ist umso erstaunlicher, als bereits in den 1950er Jahren durch eine vereinzelte Stellungnahme in der Literatur von einer Amtshaftung des Bundes anknüpfend an die Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III  GG ausgegangen wurde1314 und auch durch den BGH eine amtshaftungsrechtliche Passivlegitimation des Bundes in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung für möglich gehalten wurde1315. Diese der Dogmatik des Amtshaftungsrechts entsprechenden Erkenntnisse wurden vom späteren rechtswissenschaftlichen Schrifttum ebenso wie von der Rechtsprechung nahezu ausnahmslos1316 unberücksichtigt gelassen und durch eine die tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs außer Acht lassende, rein verfassungsrechtliche Perspektive ersetzt. Durch diese Arbeit sollte die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung auch in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung einer dogmatisch überzeugenden Lösung zugeführt werden. Diese Arbeit beschränkt sich auf den Rechtszustand de lege lata. Deutlich wurde dabei, dass bereits die Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne nicht durchweg überzeugend vorgenommen wird und dem Geschädigten unabhängig von diesem Umstand Schwierigkeiten bei der Identifizierung des Haftungssubjekts bereiten kann. Diese setzen sich im Bereich der tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs in Fällen des Zusammenwirkens mehrerer Verwaltungsträger fort, was insbesondere den Fall der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern betrifft. Zugleich sieht sich die methodische Vorgehensweise, mit Hilfe derer ein Haftungssubjekt zur Vermeidung von Haftungslücken bereitgestellt werden soll, erheblichen dogmatischen Bedenken ausgesetzt.1317 1313

Zu dieser § 2 I. 1. Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 123 ff., S. 128. 1315 BGH NJW 1956, 1028. 1316 Auszunehmen hiervon sind Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Hofmann / ​Henneke,  GG, Art. 85 Rn. 17; Herbst, DV 37 (2004), 51 (53 ff.); Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR VI, § 126 Rn. 130; Kluth, in: BK-GG, Ordner 16, Art. 85 (Zweitbearbeitung), Rn. 178; Maurer, Staatsrecht, § 18 Rn. 18; Schulte-Frohlinde, Bundesauftragsverwaltung, S. 128; Suerbaum, in: Epping / ​ Hillgruber, GG, Art. 85 Rn. 38. Hierzu bereits oben § 2 I. 1317 A. A. Herbst, DV 37 (2004), 51 (72), davon ausgehend, dass sich auch unter der geltenden Rechtslage die amtshaftungsrechtliche Passivlegitimation bei Handeln auf Weisung in sachgerechter Weise bestimmen lasse. 1314

8. Kap.: Schlussbetrachtung 

277

Zu Recht wird die Frage der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung damit als Bestandteil der „[…] fast ausweglose[n] Problematik, die das derzeitige deutsche Amts- und Staatshaftungssystem aufwirft […]“1318, und damit als „Grundsatzproblematik“1319 des geltenden Amtshaftungsrechts bezeichnet. Die Forderung nach einer baldigen gesetzlichen Neuregelung,1320 die eine Konzeption des Staatshaftungsrechts zur Verfügung stellt, die dem Bürger sekundären Rechtsschutz in einer zeitgemäßen Weise gewährt,1321 wird somit durch diese Arbeit bestärkt. Dies betrifft insbesondere die Vereinheitlichung des Rechtswegs im Verhältnis zwischen Primär- und Sekundärrechtsschutz sowie eine Vereinheit­ lichung der Haftungsinstitute, die die Aufspaltung des Rechtswegs innerhalb des sekundären Rechtsschutzes entfallen ließe1322, und die Beseitigung der Unterschiede zwischen den geltenden Haftungsinstituten bei der Bestimmung der Passivlegitimation1323. Für Reformbestrebungen kann dabei grundsätzlich auf die Regelungen des StHG 1981 zurückgegriffen werden, da dieses die Grundlage für eine gesetzliche Neuregelung des Staatshaftungsrechts bilden könnte.1324 Die Schaffung einer primären, unmittelbaren, ausschließlichen und weitestgehend verschuldensunabhängigen Unrechtshaftung des Staates durch § 1 I StHG 19811325 entspricht dem modernen Verständnis des Rechtsstaates und vereinfacht zudem die staatshaftungsrechtliche Dogmatik enorm,1326 indem der Bindungswirkung einer Weisung und damit zugleich der Frage nach dem hierfür heranzuziehenden Maßstab keinerlei Bedeutung für die Passivlegitimation zukommt. Da sie vielmehr eine Passivlegitimation des im Außenverhältnis rechtswidrig handelnden Verwaltungsträgers auch bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung bedingt, würden die dargestellten Probleme des Geschädigten bei Bestimmung des Haftungssubjekts entfallen.1327 Die Fremdbestimmung des im Außenverhältnis handelnden Verwaltungsträgers bei Befolgung einer Weisung wäre lediglich auf der Ebene der Kostentragung zu berücksichtigen, da dem im Außenverhältnis haftenden Verwaltungsträger durch § 11 S. 1 Hs. 1 StHG 1981 je nach Grad der Mitverursachung des Schadens durch den an 1318

Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 35. Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 36. 1320 Siehe bereits oben § 11 II. sowie schon im 19. Jahrhundert Zachariä, ZgS 19 (1863), 582 ff. Zudem Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 37; Thiele, DÖD 1984, 260 (260, 263 f.). 1321 Zu den grundlegenden Aspekten, die das zu entwickelnde Staatshaftungsgesetz normieren sollte, Grzeszick, ZRP 2015, 162 (163 ff.); Schoch, DV 34 (2001), 261 (273 ff.). 1322 Hierzu nur Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 37, S. 42; Schoch, DV 34 (2001), 261 (286); Vinke, in: Soergel,  BGB, Band 12, § 839 Rn. 261 ff., Anh. § 839 Rn. 19. 1323 Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 42, S. 45; Ossenbühl / ​Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 745; Vinke, in: Soergel, BGB, Band 12, § 839 Rn. 18. 1324 Grzeszick, ZRP 2015, 162 (163); Rüfner, in: BerlKomm-GG, Band 3, Art. 34 Rn. 157, Rn. 168. 1325 Hierzu bereits oben § 10. 1326 Herbst, DV 37 (2004), 51 (71). Ähnlich Schmidt-Bleibtreu, StHG, S. 22. 1327 Hierzu bereits oben § 10. 1319

278

2. Teil: Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung 

weisenden Verwaltungsträger (§ 11 S. 2 StHG 1981 i. V. m. § 10 III StHG 1981) ein vollständiger oder teilweiser Rückgriffsanspruch gegenüber dem anweisenden Verwaltungsträger eingeräumt wurde.1328 Ausweislich seines Wortlautes ging § 11 S. 1 Hs. 1 StHG 1981 von einer Situation aus, in der die von einem Verwaltungsträger etwa nach § 1 I StHG 1981 zu verantwortende Pflichtverletzung auf dem rechtswidrigen Verhalten eines anderen Verwaltungsträgers beruht, und ordnete Maßnahmen der vollziehenden Gewalt, deren Rechtswidrigkeit auf einer Weisung einer anderen Behörde oder Stelle beruht, ausdrücklich als solche ein (§ 11 S. 1 Hs. 3 StHG 1981). Sofern mehrere Verwaltungsträger als Gesamtschuldner haften, sollte der verwaltungsinterne Ausgleich allerdings nicht nach § 11 S. 1 Hs. 1 StHG 1981 erfolgen, sondern vielmehr nach § 10  III  StHG 1981.1329 Die Möglichkeit einer Gesamtschuldnerschaft des anweisenden und des angewiesenen Verwaltungsträgers gegenüber dem Geschädigten wurde durch die in Anlehnung an § 840 I BGB konzipierte Regelung des § 10 I StHG 19811330 bedingt,1331 da § 1 I StHG 1981 im Falle der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung grundsätzlich auch die Möglichkeit einer Haftung des anweisenden Verwaltungsträgers begründete.1332 Dies hat zur Folge, dass die Anwendungsbereiche der §§ 10 und 11 StHG 1981 nicht klar voneinander abgegrenzt werden konnten.1333 Aufgrund des Verweises des § 11 S. 2 StHG 1981 auf § 10 III StHG 1981 wirkt sich diese Unstimmigkeit zumindest im Ergebnis nicht auf den Innenregress aus.1334 Zugleich zeigt diese al 1328

Herbst, DV 37 (2004), 51 (71); Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 208; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 223. 1329 So bereits die Begründung zu dem § 11 StHG 1981 vorausgegangenen § 12 des Kommissionsentwurfs eines Staatshaftungsgesetzes aus dem Jahre 1973, siehe nur Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 106. Ebenso Bonk, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 10 Rn. 5, § 11 Rn. 9, Rn. 19. 1330 Bonk, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 10 Rn. 1 ff.; Schmidt-Bleibtreu, StHG, S. 56. 1331 Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 10 insb. zum Fall der bindenden Versagung des gemeindlichen Einvernehmens. 1332 Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 10, Rn. 178; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 458. Zur Kausalität der Verletzung einer Pflicht des öffentlichen Rechts durch die verwaltungsinterne Beteiligung eines Verwaltungsträgers Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 219 ff., insb. Rn. 238. 1333 Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 458. Schäfer, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 1 Rn. 208 etwa thematisiert hinsichtlich der Rückgriffsmöglichkeiten des angewiesenen Verwaltungsträgers allein § 11 StHG 1981, Bonk, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 10 Rn. 10 nimmt jedoch eine Anwendbarkeit von § 10 I StHG 1981 an. Zum Verhältnis von §§ 10, 11 StHG 1981 und Art. 104a V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG eingehend Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 223 ff. und S. 456 ff., insb. in Hinblick auf die zunächst geplante, jedoch unterbliebene Einfügung eines Art. 104a VI GG in Zusammenhang mit dem Erlass des StHG 1981 sowie Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Auflage 1981, Rn. 705 f.; Bonk, in: Schäfer / ​Bonk, StHG, § 10 Rn. 25, § 11 Rn. 10–13; Schmidt-Bleibtreu, StHG, S. 57 f. Siehe in diesem Zusammenhang zudem Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 456 ff. zur Frage der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelung der Lastenverteilung durch §§ 10, 11 StHG 1981. 1334 Auf die übereinstimmenden Ergebnisse wurde bereits in der Begründung zu § 12 des Entwurfs eines Staatshaftungsgesetzes hingewiesen, siehe Bundesminister der Justiz / ​Bundesminister des Innern, Kommissionsbericht, S. 106.

8. Kap.: Schlussbetrachtung 

279

lerdings, dass eine gesetzliche Neuregelung des Staatshaftungsrechts zwar auf das StHG 1981 aufbauen könnte, die Kostentragungspflicht in Zusammenhang mit der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung jedoch nach wie vor einer überzeugenden gesetzgeberischen Neuregelung bedarf.

3. Teil

Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen 1. Eine Weisung ist eine grundsätzlich zu befolgende Anordnung, wonach ein Verwaltungshandeln in einer bestimmten Weise zu erfolgen hat. Sie dient grundsätzlich der Durchsetzung der Rechtsauffassung der weisungsberechtigten Stelle gegenüber einer hiervon gegebenenfalls abweichenden Rechtsauffassung der an­ gewiesenen Stelle und ermöglicht hierdurch die Einheitlichkeit und Geschlossenheit des Verwaltungshandelns. Sie ist als unentbehrliches Instrument zur Gewährleistung des Verantwortungszusammenhangs und zugleich typisches Instrument zur Steuerung hierarchisch organisierter Verwaltung einzuordnen. 2. Der Anwendungsbereich von Weisungen erstreckt sich auf den innerbehördlichen Bereich, also das Verhältnis zwischen vorgesetztem und nachgeordnetem Amtswalter, auf den zwischenbehördlichen Bereich sowie das Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern. 3. Mit der Passivlegitimation wird die Frage des nach materiellem Recht verpflichteten Rechtssubjekts beantwortet. Im Amtshaftungsrecht wird hierdurch das Haftungssubjekt bestimmt. 4. Die Passivlegitimation ist für den Rechtsschutzsuchenden von enormer Bedeutung, da bei Inanspruchnahme eines anderen als des tatsächlich verpflichteten Rechtssubjekts die Klage als unbegründet abgewiesen wird, womit die Kosten­ tragungspflicht des unterlegenen Klägers (§§ 91 ZPO, 154 I VwGO) verbunden ist. Zudem besteht die Gefahr des Verlusts der Durchsetzbarkeit des Anspruchs gegenüber dem nach materiellem Recht Verpflichteten mangels Hemmung der Verjährung nach § 204 I Nr. 1 Var. 1 BGB. 5. Als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung sind die zur Auslegung des Art. 34 S. 1 GG entwickelten Kriterien der Anvertrauens-, Anstellungs- und Funktionstheorie heran­ zuziehen. 6. Durch die Anwendung der Anstellungstheorie wird grundsätzlich das Bestehen von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Amtsausübung durch den Amtswalter berücksichtigt. 7. Diesem Gedanken entspricht die Rechtsprechung des BGH zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht in Fällen der Organleihe, da hierbei nicht an das Kriterium der Anstellung, sondern an die funktionale Zuordnung des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters angeknüpft wird.

3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

281

8. Bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde auf Kreisebene durch Amtswalter, die für das Landratsamt tätig werden, geht der BGH dagegen von einer Haftung der Anstellungskörperschaft des amtspflichtwidrig handelnden Amtswalters aus. Aufgrund der bestehenden Einflussund Steuerungsmöglichkeiten des Landes ist insofern jedoch richtiger Ansicht nach bei Amtspflichtverletzungen von Amtswaltern des Landkreises von der Passivlegitimation des Landes auszugehen. 9. Das Bestehen von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten und damit auch von Weisungsrechten stellt aufgrund der Anknüpfung an eigenverantwortliches Handeln ein sachgerechtes Kriterium zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne dar und sollte aus diesem Grunde auch über die bereits anerkannten Anwendungsfälle hinaus Anwendung finden. 10. Bereits die zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne heranzuziehenden Kriterien des geltenden Amtshaftungsrechts können für den Geschädigten zu enormen Schwierigkeiten bei Bestimmung des Haftungssubjekts führen. Da dies insbesondere den Fall der Erteilung einer Weisung betrifft, sind bei Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung die Belange des Geschädigten zu berücksichtigen. Da die Anwendung des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit aus der Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839 I 1 BGB i.V.m Art. 34 S. 1 GG folgt, macht die Anwendung des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit eine Auseinandersetzung mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs nicht entbehrlich. 11. Amtspflichten im Sinne von Art. 34 S. 1 GG und § 839 I 1 BGB sind als Dienstpflichten zu verstehen, sodass sie auch durch Erteilung einer Weisung begründet werden können. Die Erteilung einer Weisung kann damit zu einer Diskrepanz zwischen rechtmäßigem und amtspflichtgemäßem Verhalten führen. 12. Die Befolgung einer Weisung bei Überschreitung der in §§ 63 II 4 BBG, 36 II 4 BeamtStG genannten äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht sowie bei offenkundiger schwerwiegender Rechtswidrigkeit der Maßnahme, zu der angewiesen wurde, stellt auch bei ordnungsgemäßer und erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens eine Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art.  20  III  GG) dar. Im Falle der Erteilung einer lediglich rechts­ widrigen Weisung führt eine ordnungsgemäße, aber erfolglose Durchführung des Remonstra­tionsverfahrens dagegen dazu, dass die Befolgung der Weisung keine Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters darstellt. 13. In Zusammenschau mit den Regelungen des § 8 II 1, 2, 3 BAT in Bezug auf Angestellte gemäß § 1 I BAT zeigt dies, dass eine persönliche Verantwortung des handelnden Amtswalters im Sinne von § 839 I 1 BGB ausscheidet, wenn der Amtswalter durch Erteilung einer verbindlichen Weisung fremdgesteuert wurde. Demnach setzt die Begehung einer Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 BGB und Art. 34 S. 1 GG eigenverantwortliches Handeln voraus.

282

3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

14. Eine Amtshaftung (§ 839 I 1BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG) anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen verbindlichen Weisung scheidet aufgrund der von § 839 I 1 BGB und Art. 34 S. 1 GG geforderten Verletzung einer Amtspflicht sowie des durch § 839 I 1 BGB statuierten Verschuldenserfordernisses aus. 15. Da sich der Staat aufgrund des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips nicht durch arbeitsteiliges Verhalten seiner Haftungsverpflichtung entziehen können darf, besteht die Notwendigkeit einer Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung. 16. Diese kann durch eine Zurechnung der Erfüllung tatbestandlicher Voraussetzungen durch den angewiesenen Amtswalter ermöglicht werden. Diese Vorgehensweise entspricht allerdings letztlich dem Gedanken der Einheit der Verwaltung und kann somit zwar vom Ergebnis her, allerdings nicht vollumfänglich auch in dogmatischer Sicht überzeugen. 17. Die Rechtslage bei rechtswidriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens vor Schaffung und Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB ist mit der Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung vergleichbar. Auch insofern scheidet eine Amtshaftung des bindend fremdbestimmten Rechtsträgers der Baugenehmigungsbehörde aus, wohingegen eine Amtshaftung der verwaltungsintern handelnden Gemeinde zu bejahen ist. 18. Wenn man die allgemein anerkannten Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten zugrunde legt, kann auch der Amtspflicht des anweisenden Amtswalters zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) Drittbezogenheit gegenüber dem von der Befolgung der Weisung betroffenen Geschädigten zugesprochen werden. Im Ergebnis steht dies in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung der Gemeinde bei rechtswidriger Versagung des Einvernehmens nach § 36 I 1, 2, II 1 BauGB vor Schaffung und Ausgestaltung des § 36 II 3 BauGB. Die Begründung drittbezogener Amtspflichten der Amtswalter der Gemeinde mittels der Bindungswirkung der Versagung des Einvernehmens durch den BGH kann allerdings nicht überzeugen, da sich dies nicht auf die allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit auswirkt und der Aspekt des Vertrauensschutzes bei der Versagung des Einvernehmens nicht relevant wird. 19. Bei der Erteilung von Weisungen, die den Geschädigten zumindest teilweise begünstigen, setzt die Drittbezogenheit von Amtspflichten voraus, dass durch den handelnden Amtswalter ein Vertrauenstatbestand gesetzt und hierdurch schutzwürdiges Vertrauen begründet wurde. 20. Ein hierdurch bedingter gänzlicher Verlust von Amtshaftungsansprüchen kann bei Erteilung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung erneut nur durch eine Zurechnung des durch den angewiesenen Amtswalter gesetzten Vertrauenstatbestands sowie der hierauf bezogenen Betätigung des Vertrauens verhindert werden. Hierdurch wird eine Haftung anknüpfend an die Erteilung der Weisung ermöglicht.

3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

283

21. Eine Amtshaftung anknüpfend an die Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art. 20 III GG) scheitert bei unterbliebener Remonstration in der Praxis zumeist am fehlenden Verschulden des angewiesenen Amtswalters (§ 839 I 1 BGB). 22. Bei fehlendem Verschulden des angewiesenen Amtswalters droht folglich eine durch die Erteilung der Weisung begründete Gefahr einer Haftungslücke, die lediglich durch eine Zurechnung der Erfüllung tatbestandlicher Voraussetzungen durch den angewiesenen Amtswalter zu dem anweisenden Amtswalter geschlossen werden kann. Da diese im Gegensatz zu der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung des Remonstrationsverfahrens nicht auf die Bindungswirkung der Weisung gestützt werden kann, ist auf eine Begründung durch die faktische Bindungswirkung der Weisung zurückzugreifen. Diese Vorgehensweise sieht sich allerdings verglichen mit dem Fall der Erteilung einer verbindlichen Weisung verstärkten dogmatischen Einwänden ausgesetzt. Die Berücksichtigung einer faktischen Bindungswirkung steht jedoch zumindest in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung bei Hinzuziehung einer Fachbehörde. 23. Im Falle einer schuldhaft unterbliebenen Remonstration des angewiesenen Amtswalters kann amtshaftungsrechtlich an die Verletzung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten (Art.  20 III  GG) angeknüpft werden. Zugleich kommt grundsätzlich ein Amtshaftungsanspruch anknüpfend an die Erteilung der Weisung in Betracht. Dies gilt allerdings nur, wenn es keiner Zurechnung der Erfüllung tatbestandlicher Voraussetzungen durch den angewiesenen Amtswalter bedarf, da eine solche mangels Bindungswirkung der erteilten Weisung auch in zumindest faktischer Hinsicht ausscheidet. Die Subsidiaritätsklausel des § 839 I 2 BGB steht dieser Sichtweise nicht entgegen, sodass eine Gesamtschuld im Sinne von § 840 I BGB möglich ist, sofern das amtspflichtwidrige Handeln des angewiesenen und des anweisenden Amtswalters verschiedenen Verwaltungsträgern zuzurechnen ist. 24. Unter Einbeziehung der Erkenntnisse zur Bestimmung der Passivlegitimation im engeren Sinne ergibt sich, dass eine zumindest faktisch bindende Fremdbestimmtheit der jeweiligen Stelle deren Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht entgegensteht. Zugleich knüpft die Begründung eines Amtshaftungsanspruchs an selbstbestimmtes Handeln an. Hieraus folgt, dass die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns zu bestimmen ist. 25. Dies gilt neben dem Handeln auf Weisung auch für weitere Fälle der verwal­ tungsinternen Beteiligung anderer Stellen sowie für das Verhältnis zwischen den Organen der Europäischen Union und Organen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 26. Allerdings wurde insbesondere durch die Betrachtung der Amtshaftung anknüpfend an die Erteilung einer Weisung deutlich, dass eine solche teilweise nur ermöglicht werden konnte, indem die durch den im Außenverhältnis handelnden Amtswalter erfüllten tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungs-

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3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

anspruchs dem anweisenden Amtswalter zugerechnet wurden. Somit kann trotz des dargestellten Grundsatzes bei Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht nicht auf eine Auseinandersetzung mit den ausdifferenzierten tatbestandlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs verzichtet werden. 27. Durch diese Vorgehensweise kann der durch arbeitsteiliges Verhalten der Verwaltung drohenden Gefahr einer Haftungslücke entgegengewirkt werden. Da dies allerdings in dogmatischer Hinsicht teilweise erheblichen Bedenken begegnet, sind die gewonnenen Erkenntnisse als erneute Aufforderung an den Gesetzgeber einzuordnen, das Staatshaftungsrecht unter Schaffung einer verschuldensunabhängigen Haftung für staatliches Unrecht grundlegend zu reformieren. 28. Die in dieser Arbeit zugrunde gelegte Vorgehensweise zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung stellt für den Geschädigten eine enorme Herausforderung dar, da sie daran anknüpft, ob der angewiesene Amtswalter Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung hatte, das Remonstrationsverfahren ordnungsgemäß, aber erfolglos durchgeführt wurde und dem angewiesenen Amtswalter ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann. 29. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips zwingt dies jedoch nicht zu einer Modifikation der dargestellten Ergebnisse, da die Belange des Geschädigten hinreichend berücksichtigt werden. 30. Dies gilt bereits in Hinblick auf das prozessuale Kostentragungsrisiko des Klägers (§ 91 ZPO), da den zuständigen Amtswalter des außergerichtlich in Anspruch genommenen, nicht passivlegitimierten Verwaltungsträgers die Amtspflicht trifft, den Geschädigten über die Erteilung der Weisung zu informieren und dieser dabei auch von den möglichen haftungsrechtlichen Konsequenzen der Erteilung der Weisung Kenntnis erlangen wird. Zugleich kann aus der Verletzung dieser Aufklärungs- und Belehrungspflicht ein Amtshaftungsanspruch gerichtet auf Erstattung der Kosten des Amtshaftungsprozesses gegenüber dem nicht passivlegitimierten Verwaltungsträger resultieren. 31. Obwohl die für den Beginn der Verjährung nach § 199  I  Nr.  2  BGB vorausgesetzte Kenntnis von der Person des Schuldners nur die Kenntnis derjenigen Tatsachen voraussetzt, aus denen die Verantwortlichkeit des Schädigers folgt, ist davon auszugehen, dass der Ablauf der Verjährungsfrist der Durchsetzbarkeit des Amtshaftungsanspruchs des Geschädigten im Regelfall nicht entgegensteht, da eine Unkenntnis des Geschädigten von der Person des Schuldners im Einzelfall den Beginn der Verjährung nach § 199 I Nr. 2 BGB hinauszögern kann. 32. Zudem wird die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs durch Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes im Sinne von § 839 III  BGB entsprechend § 204 I Nr. 1 BGB auch dann gehemmt, wenn die Passivlegitimation im primären Rechtsschutz und im Amtshaftungsprozess divergiert. Zugleich erstreckt sich in einem solchen Fall die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der im Außenverhältnis vorgenommenen Maßnahme trotz

3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

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fehlender Möglichkeit einer Beiladung (§ 65 VwGO) der anweisenden Stelle auch auf diese, sodass dieser der Einwand, es habe sich um eine rechtmäßige Weisung und damit nicht um die Begehung einer Amtspflichtverletzung gehandelt, insofern verwehrt ist. Der Möglichkeit divergierender richterlicher Rechtsauffassungen bezüglich der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung kann durch eine Streitverkündung gegenüber dem nicht in Anspruch genommenen Verwaltungsträger begegnet werden (§§ 72 f., 74 I, III, 68 Hs. 1 ZPO). 33. Die Relativierung der Amtspflichtwidrigkeit als alternativer Lösungsansatz zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung kann nicht überzeugen. Die hierdurch bezweckte Passivlegitimation der Anstellungskörperschaft des angewiesenen Amtswalters scheitert im Regelfall an dessen fehlendem Verschulden, sodass diese Vorgehensweise keinerlei Vorzüge bietet. 34. Da von Teilen der Literatur auch bei Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung eine Amtspflichtverletzung des angewiesenen Amtswalters angenommen wurde, änderte der BGH seine Rechtsprechung zur Amtshaftung bei Befolgung einer verbindlichen rechtswidrigen Weisung dahingehend, dass die Erteilung der rechtswidrigen Weisung zumindest zu einer Verschiebung der Passivlegitimation von der Anstellungskörperschaft des angewiesenen zu derjenigen des anweisenden Amtswalters führe. Diese Argumentation kann zunächst insofern nicht überzeugen, als die Amtspflichten des Art. 34 S. 1 GG, § 839 I 1 BGB nicht mit den im Außenverhältnis bestehenden Rechtspflichten deckungsgleich sind und für die Klärung der Frage, ob einer Weisung Bindungswirkung zukommt, auf die Vorschriften des Beamtenrechts zurückzugreifen ist. 35. Allerdings bezieht sich die Annahme einer Verschiebung der Passivlegitimation auf den Fall der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern. Diese weist gegenüber der Erteilung einer Weisung innerhalb einer Behörde sowie zwischen Behörden desselben Verwaltungsträgers rechtliche Besonderheiten auf, die bei Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht zu berücksichtigen sind. 36. Die Rechtsprechung nimmt nahezu ausnahmslos die Verbindlichkeit einer zwischen Verwaltungsträgern erteilten rechtswidrigen Weisung unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung eines Remonstrationsverfahrens innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers an. Dies erklärt, weswegen die Amtshaftung bei Erteilung und Befolgung einer Weisung bei schuldhaft sowie nicht schuldhaft unterbliebener Remonstration des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters kaum thematisiert wird. Zugleich kann dies als Grund dafür angesehen werden, dass bei der Beurteilung der amtshaftungsrechtlichen Passivlegitimation anhand der Verschiebung der Passivlegitimation ebenfalls hierauf verzichtet wird. 37. Für den Geschädigten bietet dies den Vorteil, dass die erfolgreiche Verfolgung seines Amtshaftungsbegehrens lediglich eine Kenntnis von der Erteilung der

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3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

Weisung und deren Inhalt erfordert. Diese Vorgehensweise kann allerdings nur dogmatisch überzeugen, wenn die beamtenrechtliche Remonstrationspflicht bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern unanwendbar ist. 38. Eine Weisung zwischen Verwaltungsträgern stellt keine nach den Vorschriften des Beamtenrechts zu beurteilende Weisung dar. Dies betrifft auch die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG. Allerdings finden die Vorschriften des Beamtenrechts wegen der ausdifferenzierten Binnenorganisation der beteiligten Verwaltungsträger insofern Anwendung, als diese eine Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers erforderlich macht und diese dem Anwendungsbereich der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht unterfällt. 39. Obwohl die Ablehnung gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten des an­ gewiesenen Verwaltungsträgers bei Annahme der Rechtswidrigkeit der erteilten Weisung ebenso wie die beamtenrechtlichen Vorschriften zur Remonstrationspflicht (§§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG) der Verteilung der Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme dienen, steht dies der Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Regelungen zu Weisungsbefolgungspflicht und Remonstrationsrecht des angewiesenen Amtswalters (§§ 62 I 2 Hs. 1, 63 II BBG, 35 S. 2 Hs. 1, 36 II BeamtStG) nicht entgegen. Die Kompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers zur letztverbindlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Maßnahme bedingt vielmehr, dass die Vorgesetzten desjenigen Amtswalters, der die Handlung im Außenverhältnis vornehmen soll, ebenso wie der leitende Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers dessen Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung nicht mittels Aufhebung der Weisung entsprechen können. Diesem Gedanken entsprechen die Wirksamkeit und die grundsätzliche Verbindlichkeit rechtswidriger Weisungen zwischen Verwaltungsträgern. 40. Eine Anwendung der Remonstrationspflicht der §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern setzt jedoch voraus, dass den Amtswaltern des angewiesenen Verwaltungsträgers ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der erteilten Weisung zukommt. Hierfür spricht insbesondere, dass das Remonstrationsverfahren zur Verwirklichung der verfassungsrechtlich normierten Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art.  20  III  GG) beiträgt, indem eine Entscheidung bei divergierender Rechtsauffassung verwaltungsintern nochmals überprüft und hierdurch zu einem rechtmäßigen Handeln im Außenverhältnis beigetragen wird. 41. Allerdings können einem Amtswalter nicht mehr Pflichten als seinem Dienstherrn obliegen, sodass ein fehlendes Prüfungsrecht des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung ein Prüfungsrecht ebenso wie eine Prüfungspflicht der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers ausschließen muss.

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42. Entscheidend für die Annahme eines Prüfungsrechts des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung ist die Frage, ob ein solches durch die Sachkompetenz des anweisenden Verwaltungsträgers ausgeschlossen wird. 43. Die Unterscheidung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz ist aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG vor allem aus der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG bekannt. Es handelt sich hierbei jedoch um allgemeine Begriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, die somit auch auf andere Weisungsverhältnisse anwendbar sind. Hierbei kann der über die Wahrnehmungskompetenz verfügenden Stelle die Sachkompetenz unter dem Vorbehalt zustehen, dass eine andere Stelle nicht von einem ihr eingeräumten Weisungsrecht Gebrauch macht und hierdurch die Sachkompetenz an sich zieht. 44. Nach verwaltungsorganisationsrechtlichem Begriffsverständnis stellt die Sachkompetenz die inhaltliche Entscheidungsbefugnis zur Bestimmung des rechtund zweckmäßigen Inhalts einer Verwaltungsmaßnahme und damit der Aufgabenwahrnehmung wahr. Das BVerfG versteht hierunter in Zusammenhang mit der Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung die Kompetenz zur Sachbeurteilung und Sachentscheidung. 45. Bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG verbleibt dem Land eine Sachbeurteilungskompetenz in Bezug auf die äußersten Grenzen dieses Weisungsrechts. Die Annahme einer hierüber hinausgehenden Sachbeurteilungskompetenz des Landes in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG. Dieses dient der Durchsetzung der Rechtsauffassung des Bundes gegenüber einer hiervon abweichenden Rechtsauffassung des Landes. Diesem Zweck wird bereits entsprochen, wenn allein der Bund über die Kompetenz zur Sachentscheidung verfügt. Demnach hat die Sachkompetenz des Bundes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht zur Folge, dass das angewiesene Land nicht zur Überprüfung und Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Weisung berechtigt ist. 46. Sofern man allerdings ein derartiges Prüfungsrecht des Landes aufgrund der Sachkompetenz des Bundes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG anders als der hier vertretenen Auffassung nach ablehnt, kann dem zur Vornahme der Handlung im Außenverhältnis angewiesenen Amtswalter keine Remonstrationspflicht gemäß § 36 II BeamtStG obliegen. Da dieser damit zur Befolgung der Weisung verpflichtet wäre, könnte ihm bei Vornahme einer rechtswidrigen Handlung im Außenverhältnis in Befolgung der Weisung keine Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden. 47. Zu dem gleichen Ergebnis führt die Annahme, dass in Bezug auf die Frage der Bindungswirkung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern das Bestehen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten ausschlaggebend ist. Da letzteres bei der bloßen Rechtswidrigkeit einer Weisung abgelehnt wurde, könnte

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eine Remonstration des für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Amtswalters nicht zur Verwirklichung der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) beitragen. Eine Haftungsbefreiung des Amtswalters aufgrund der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung des Remonstrationsverfahrens wäre rein formalistisch, sodass die beamtenrechtlichen Regelungen der Remonstrationspflicht (§§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG) bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern aufgrund einer teleologischen Reduktion nicht anzuwenden wären. 48. Sofern man einem dieser Begründungsansätze folgend die beamtenrechtliche Remonstrationspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung eines anderen Verwaltungsträgers für unanwendbar erachtet, kommt einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung des beamtenrechtlichen Remonstrationsverfahrens innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers Bindungswirkung zu. Hierdurch kann die Vorgehensweise des BGH zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung zwischen Verwaltungsträgern erklärt werden. Bei Zugrundelegung der dargestellten Begründungsansätze entspricht diese der geltenden Rechtslage und kann zudem überzeugen, da der angewiesene Verwaltungsträger bei Befolgung der Weisung nicht eigenverantwortlich handelt. 49. Dies gilt jedoch nicht, wenn man wie nach der hier vertretenen Auffassung ein Prüfungsrecht der Amtswalter des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung annimmt und davon ausgeht, dass der angewiesene Verwaltungsträger auf die Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Handlung einwirken kann. Letzteres setzt allerdings die Möglichkeit einer Remonstration des angewiesenen Verwaltungsträgers gegenüber dem anweisenden Verwaltungsträger voraus. 50. Eine Remonstrationspflicht des angewiesenen Verwaltungsträgers bei Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der Weisung eines anderen Verwaltungsträgers setzt neben einem entsprechenden Prüfungsrecht das Bestehen einer entsprechenden Prüfungspflicht sowie eines Remonstrationsrechts voraus. 51. Da ein Prüfungsrecht ohne die Einräumung eines hierauf gestützten Remonstrationsrechts sinnentleert wäre, spricht die Annahme eines Prüfungsrechts des angewiesenen Verwaltungsträgers in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung für die Annahme eines entsprechenden Remonstrationsrechts. Dies steht in Einklang mit der Sachkompetenz des Bundes sowie dem Sinn und Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG. Da ein Remonstrationsrecht des Landes zu einer verwaltungsinternen Überprüfung der Weisung durch den Bund selbst führt, entfaltet die Mitwirkung des Landes durch die Remonstration keine der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung widersprechende Bindungswirkung gegenüber dem Bund. Dieser ist damit nach wie vor befugt, inhaltliche Vorgaben gegenüber dem Land verbindlich festzulegen, sodass er seine Rechtsauffassung gegenüber derjenigen des Landes durchsetzen kann.

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52. Für die Annahme einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes sprechen die Übereinstimmungen zwischen dem beamtenrechtlichen und dem durch Art. 85 III GG begründeten Weisungsverhältnis. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die grundsätzliche Weisungsbefolgungspflicht auch bei rechtswidrigen Weisungen, die grundsätzliche Verantwortlichkeit der im Außenverhältnis handelnden Stelle, den Ausschluss der Bindungswirkung einer Weisung unter bestimmten Voraussetzungen sowie den Ausschluss gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung aufgrund der fehlenden Verletzung der angewiesenen Stelle in subjektiven Rechten. 53. Wegen der grundlegenden Unterschiede zwischen dem beamtenrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen vorgesetztem und nachgeordnetem Amtswalter und dem Verfassungsrechtsverhältnis zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) müssen über diese grundsätzliche Vergleichbarkeit hinaus jedoch spezifische verfassungsrechtliche Gründe für die Annahme einer Prüfungsund Remonstrationspflicht des Landes bestehen. Zugleich dürfen dieser keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. 54. Sinn und Zweck eines Remonstrationsverfahrens können durch die Annahme einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG verwirklicht werden. 55. Der Funktion des Remonstrationsverfahrens, die angewiesene Stelle von ihrer haftungsrechtlichen Verantwortung im Außenverhältnis zu befreien, kann insofern nur Bedeutung zukommen, wenn man in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung eine amtshaftungsrechtliche Passivlegitimation des Landes bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG annimmt. Da jedoch für die amtshaftungsrechtliche Verantwortlichkeit eines angewiesenen Verwaltungsträgers entscheidend ist, ob der rechtswidrigen Weisung Bindungswirkung zukommt und gerade zu hinterfragen ist, ob das Fehlen gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten oder ein erfolglos durchgeführtes Remonstrationsverfahren als Maßstab für die Bindungswirkung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern heranzuziehen ist, würde die Begründung einer Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG mit dessen amtshaftungsrechtlicher Verantwortlichkeit einen Zirkelschluss darstellen. 56. Die Annahme einer Pflicht des Landes, die Überschreitung der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht entweder gerichtlich oder gegenüber dem anweisenden Bund geltend zu machen, spricht für eine grundsätzliche Pflicht des Landes, rechtliche Bedenken gegenüber dem Bund geltend zu machen. 57. Für die Anerkennung einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern streitet zudem die Funktion des Remonstrationsverfahrens, auf die Verwirklichung der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 III GG) hinzuwirken. Gerade im Bereich der Bundesauftragsverwaltung verfügen

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die für die Vornahme der Handlung im Außenverhältnis zuständigen Landesbehörden typischerweise über größere Sachnähe und Sachkenntnis als die anweisende oberste Bundesbehörde. Eine Pflicht der Amtswalter des Bundes, sich bei Bildung des Bundeswillens mit der Rechtsauffassung des Landes auseinanderzusetzen, kann zur Rechtmäßigkeit der Handlungen im Außenverhältnis beitragen. Eine solche Pflicht des Bundes, den rechtlichen Standpunkt der Länder zu erwägen, wird allgemein als Folge der Pflicht des Bundes, dem Land vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, anerkannt. Die bloße Möglichkeit eines Landes, seine Rechtsauffassung vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG gegenüber dem Bund zu äußern, kann jedoch nicht in gleichem Maße zu einem rechtmäßigen Handeln im Außenverhältnis beitragen wie die Anerkennung einer Remonstrationspflicht des Landes dies kann. 58. Die Anerkennung einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht eines nach Art. 85 III GG angewiesenen Landes kann zudem auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens gestützt werden. 59. Aufgrund der durch Art. 85 III GG bestehenden Rechtsbeziehung zwischen Bund und Land ist der Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens im Falle der Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG anwendbar. Dem Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens kommt eine pflichtenbegründende Funktion zu. Begründet werden können insbesondere Tätigkeitspflichten in Form von Verfahrenspflichten. Eine Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG ist bislang nicht als aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens folgende Pflicht anerkannt. Der Inhalt des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens ist jedoch nicht abschließend festgelegt, sondern bedarf einer fortschreitenden Konkretisierung. Eine Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes kann dabei als spiegelbildliche Pflicht zur Pflicht des Bundes, dem Land vor Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, eingeordnet werden. Aufgrund dieses Zusammenhangs kann das Land im Gegensatz zur beamtenrechtlichen Remonstration bereits vor Erteilung der Weisung nach Art. 85 III GG zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der vorzunehmenden Maßnahme verpflichtet sein. 60. Als vom Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens geschütztes gesamtstaatliches Interesse sind neben der Förderung der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz die finanziellen Belange des Bundes einzuordnen, da der Bund bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung zumindest einen Teil der hieraus resultierenden Haftungskosten zu tragen hat. 61. Für die Verteilung der Finanzierungsverantwortung gilt nach Art. 104a I GG grundsätzlich das Konnexitätsprinzip als Zusammenhang zwischen sachlicher Zuständigkeit und Finanzierungsverantwortung. Art. 104a I GG folgt de lege lata dem Prinzip der Vollzugskausalität, sodass im Falle des Auseinanderfallens von Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeit derjenige Verwaltungsträger die durch den Gesetzesvollzug verursachten Ausgaben zu tragen hat, dem die Verwaltungszustän-

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digkeit zukommt. In der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85  GG begründet Art. 104a I GG somit zunächst eine Kostentragungspflicht des jeweiligen Landes. 62. Da Art. 104a I GG dem Prinzip der Vollzugskausalität folgt, stellt Art. 104a II GG, dem zufolge der Bund die Ausgaben trägt, die sich aus dem Handeln der Länder im Auftrag des Bundes ergeben, eine Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes dar. Von Art. 104a II GG werden lediglich die Zweckausgaben erfasst, sodass diese in der Bundesauftragsverwaltung vom Bund zu tragen sind. Die Verwaltungsausgaben sind in der Bundesauftragsverwaltung dagegen nach Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG von den Ländern zu tragen. 63. Die Pflicht des Bundes, gemäß Art. 104a II GG die Zweckausgaben in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) zu tragen, liegt in der Einräumung des Weisungsrechts des Bundes durch Art. 85 III GG begründet. Die Finanzierungspflicht des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung soll damit im Bereich der Zweckausgaben dessen Entscheidungsmacht entsprechen. 64. Als Haftungskosten sind diejenigen Kosten, die durch das Bestehen einer Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG erwachsen, sowie etwaige Prozesskosten sowohl im Verfahren des primären als auch des sekundären Rechtsschutzes zu verstehen. 65. Dem herkömmlichen Begriffsverständnis von Zweckausgaben nach können Haftungskosten nicht hierunter gefasst werden. Diese könnten nur als Zweckausgaben eingeordnet werden, wenn man es als ausreichend erachtet, dass die Kosten unmittelbar in Zusammenhang mit der Verwirklichung des gesetzlich vorgegebenen Verwaltungszwecks entstehen. Bei diesem Verständnis hätte der Bund die Haftungskosten gemäß Art. 104a II GG zu tragen. 66. Vorzugswürdig ist jedoch ein Verständnis der Haftungskosten als Verwaltungskosten im weiteren Sinne, da dies dem in Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 GG festgelegten Regel-Ausnahme-Prinzip Rechnung trägt, wonach alle Ausgaben, die nicht zweifelsfrei als Zweckausgaben eingeordnet werden können, als Verwaltungsausgaben von den Ländern zu tragen sind. 67. Bei einer Einordnung der Haftungskosten als Verwaltungsausgaben bestimmt sich die Kostentragungspflicht zunächst nach Art. 104a I, V 1 Hs. 1 GG. Da eine Passivlegitimation des Landes bei Amtshaftungsansprüchen zunächst zu einer Kostentragungspflicht der Länder führen würde, eine Passivlegitimation des Bundes dagegen zu einer Kostentragungspflicht des Bundes, scheint sich aus der Auseinandersetzung mit der Kostentragungspflicht bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG ein Zirkelschluss in Hinblick auf die Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht zu ergeben. Dies wird jedoch durch einen Vergleich der Rechtslage bei Annahme und bei Ablehnung einer Remonstrationspflicht des Landes widerlegt. 68. Unabhängig hiervon ergeben sich unter Berücksichtigung der Regelung des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG, wonach Bund und Länder im Verhältnis zueinander

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für eine ordnungsmäßige Verwaltung haften, eindeutige Ergebnisse zur Kostentragungspflicht bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG. 69. Da Art. 104a V 1 Hs. 2 GG nicht nur auf die fehlerhafte Bewirtschaftung von Fremdmitteln anwendbar ist, kann hierdurch grundsätzlich eine Regresspflicht des Bundes gegenüber dem Land begründet werden, wenn dem Land aufgrund der Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG Haftungskosten entstehen. 70. Sofern man von einer Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG auf einen Haftungskern ausgeht, müsste hinsichtlich der Pflicht, die Haftungskosten bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG zu tragen, im Einzelfall geprüft werden, ob die Erteilung der Weisung eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt und die Voraussetzungen eines gegebenenfalls anzunehmenden Verschuldenserfordernisses erfüllt werden. 71. Das BVerfG weist dem Bund jedoch gestützt auf Art. 104a II, V 1 GG die Pflicht zu, die durch die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung entstehenden Haftungskosten zu tragen. Dies könnte sowohl als Einordnung der Haftungskosten als Zweckausgaben im Sinne von Art. 104a II GG als auch als Einordnung der Haftungskosten als Verwaltungsausgaben unter Annahme einer Passivlegitimation des Bundes bei Amtshaftungsansprüchen interpretiert werden. Wenn man eine Bezugnahme auf Art. 104a V 1 Hs. 2 GG annimmt, entspricht die Auffassung des BVerfG der Annahme einer Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG bei Erteilung einer lediglich rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG. Diese Interpretation wird durch die spätere Rechtsprechung des BVerfG bestätigt, welche die Beschränkung der Anwendbarkeit des Art. 104a V 1 Hs. 2 GG auf evidente oder grobe Rechtsverstöße ablehnt. 72. Bei Annahme einer Kostentragungspflicht des Bundes mittels Art. 104a V 1 Hs. 2 GG wird die Fremdbestimmtheit des Landes bei Befolgung einer Weisung nach Art. 85 III GG zumindest auf der Ebene der Kostentragung berücksichtigt. 73. Zugleich ergibt sich hieraus, dass der Bund die durch die Befolgung einer nach Art. 85 III  GG erteilten rechtswidrigen Weisung durch das jeweilige Land entstehenden Haftungskosten unabhängig von deren Einordnung als Zweck- oder Verwaltungsausgaben sowie unabhängig von der Passivlegitimation bei einem hieran anknüpfenden Amtshaftungsanspruch zu tragen hat. 74. Auch im Falle eines schädigenden Verhaltens eines Amtswalters des Landes neben demjenigen des Bundes lässt dies die Kostentragungspflicht des Bundes nicht vollständig entfallen, da sich diese entsprechend § 254 BGB lediglich je nach Grad der Mitverursachung des Schadens reduziert. Dies gilt auch für den Fall einer unterbliebenen Remonstration, da auch diese nicht zu einem vollständigen Ausschluss der Kostentragungspflicht des Bundes führen kann. 75. Einer Prüfungs- und Remonstrationspflicht des Landes bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG stehen keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegen.

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Sie ist mit dem Zweck des Weisungsrechts nach Art. 85 III GG, eine hierarchische Steuerung und Lenkung durch den Bund zu ermöglichen, vereinbar. Gleiches gilt unter Berücksichtigung der Belange des Landes, da die aus dem Bestehen einer Remonstrationspflicht resultierende mögliche Stellung des Landes als Amtshaftungssubjekt bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85  III  GG auf dessen schuldhaftes sowie eigenverantwortliches Handeln zurückzuführen ist. 76. Bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht des Landes entspricht dieser eine Pflicht des Bundes, die rechtlichen Bedenken des Landes einer Prüfung zu unterziehen und das Remonstrationsverfahren zu beenden, indem den rechtlichen Bedenken entsprochen wird oder diese zurückgewiesen werden. Ungeklärt ist hierbei, ob das Remonstrationsverfahren ein- oder zweistufig auszugestalten ist. 77. Bei Anerkennung einer Remonstrationspflicht zwischen Verwaltungsträgern kann die Bindungswirkung einer rechtswidrigen Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers nicht unabhängig von der Durchführung eines Remonstrationsverfahrens innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers bejaht werden. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung widerspricht der Ausschluss der Amtshaftung anknüpfend an die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung eines anderen Verwaltungsträgers unabhängig von der ordnungsgemäßen, aber erfolglosen Durchführung eines Remonstrationsverfahrens nach §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG somit der geltenden Rechtslage und ist zudem rechtspolitisch verfehlt, da von einem eigenverantwortlichen Handeln des angewiesenen Verwaltungsträgers bei Befolgung der rechtswidrigen Weisung ohne ordnungsgemäße, aber erfolglose Durchführung eines Remonstrationsverfahrens auszugehen ist. 78. Als eigenverantwortliches Handeln des angewiesenen Verwaltungsträgers können zudem die Weitergabe der Weisung des anweisenden Verwaltungsträgers innerhalb des angewiesenen Verwaltungsträgers sowie die Bestätigung der Weisung im Rahmen eines Remonstrationsverfahrens gemäß §§ 63 II BBG, 36 II BeamtStG eingeordnet werden. 79. Im Gegensatz zu der Erteilung einer Weisung durch einen Vorgesetzten kann bei der Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern nicht davon ausgegangen werden, dass der angewiesenen Stelle bei Befolgung einer rechtswidrigen Weisung im Regelfall kein Verschulden vorgeworfen werden kann. 80. Bei Erteilung einer Weisung zwischen Verwaltungsträgern wirft die Divergenz der äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht zwischen Verwaltungsträgern und der äußersten Grenzen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht gewichtige rechtliche Probleme auf, sofern von einer Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht bei erkennbarer Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit (§§ 63 II 4 Var. 2, Var. 3 BBG, 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG) ausgegangen wird. 81. Die vom BVerfG angenommene äußerste Grenze der Weisungsbefolgungspflicht bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG ist nicht durch eine ent-

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sprechende Anwendung des § 44 I VwVfG zu konkretisieren, sondern vielmehr durch das Kriterium offensichtlicher Rechtswidrigkeit. 82. Aufgrund von § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG könnte einer Weisung nach Art. 85 III  GG vermittelt über einen Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestand eine divergierende Rechtsauffassung der Amtswalter des Landes entgegengehalten werden. Dies würde die verfassungsrechtlich vorgesehene Hierarchie zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bundesauftragsverwaltung aufheben und der Letztentscheidungskompetenz des Bundes in der Bundesauftragsverwaltung widersprechen. Aus diesem Grunde kann § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht seinem Wortlaut nach angewendet werden. 83. Der Widerspruch zwischen den äußersten Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht im Beamtenrecht und bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III  GG kann de lege lata allein durch eine teleologische Reduktion des § 36 II 4 Var. 2, Var. 3 BeamtStG auf Fälle der offensichtlichen Verwirklichung eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestands aufgelöst werden. Vorzugswürdig ist allerdings eine Modifikation der äußersten Grenzen der beamtenrechtlichen Weisungsbefolgungspflicht de lege ferenda. Hierbei könnte die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Maßnahme, zu der angewiesen wurde, als äußerste Grenze der Weisungsbefolgungspflicht normiert werden. 84. Die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht anhand der Eigenverantwortlichkeit des Handelns auch in Angelegenheiten, die der Bundesauftragsverwaltung unterfallen, ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung des BGH. Der BGH knüpfte bereits im Jahre 1954 bei Bestimmung des Haftungssubjekts eines auf § 831, §§ 31, 89 I, 823 BGB gestützten Anspruchs in einem Fall der Bundesauftragsverwaltung an das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit an und ordnete dieses im Jahre 1979 als Maßstab zur Bestimmung des Haftungssubjekts im Amtshaftungsrecht in Fällen der Bundesauftragsverwaltung ein. Der BGH geht aufgrund der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Länder in der Bundesauftragsverwaltung von deren grundsätzlicher Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen aus, erachtet jedoch eine Passivlegitimation des Bundes anknüpfend an die Verletzung drittbezogener Amtspflichten durch Amtswalter des Bundes als möglich. Dies betrifft ausdrücklich den Fall der Erteilung einer rechtswidrigen Weisung. 85. Auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Besonderheiten der Bundesauftragsverwaltung des Art. 85 GG ist eine Abweichung von den erarbeiteten Grundsätzen zur Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Handeln auf Weisung weder geboten noch rechtlich zulässig. Demnach ist in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG eine Amtshaftung des Landes nicht zwingend. Zugleich ist eine Amtshaftung des Bundes gegenüber Dritten nicht ausgeschlossen. Folglich ist das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit in der Bundesauftragsverwaltung nicht nur auf der Ebene der Kostentragung zu berücksichtigen.

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86. Die unentziehbare Wahrnehmungskompetenz der Länder in der Bundesauftragsverwaltung steht der Möglichkeit einer Amtshaftung des Bundes nicht entgegen. Dies ist damit zu begründen, dass der Begriff der Wahrnehmungskompetenz einen Grundbegriff des Verwaltungsorganisationsrechts darstellt, der grundsätzlich keinen Einfluss auf die Stellung als Haftungssubjekt hat. Diese bestimmt sich vielmehr nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Haftungsnorm. 87. Die Rechtsprechung des BVerfG zur Kompetenzverteilung in der Bundesauftragsverwaltung steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Zwar setzt sich das BVerfG in der „Kalkar II-Entscheidung“ (BVerfGE 81, 310 ff.) mit der „Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten“ auseinander und weist diese dem Land zu, jedoch beziehen sich diese Äußerungen ihrem Kontext nach nur auf die Passivlegitimation im Primärrechtsschutz. Zur Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht äußert sich das BVerfG dagegen nicht. 88. Das Argument, dass die Sachkompetenz des Bundes vor dem Erlass des Außenrechtsakts ende, kann ebenso wenig wie die Ablehnung einer Beiladung des Bundes in Verwaltungsprozessen (§ 65 I, II VwGO) bei Erteilung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG einen Ausschluss der Passivlegitimation des Bundes bei Amtshaftungsansprüchen bedingen. Auch durch Art. 104a I, II, V 1 Hs. 1 und Hs. 2 GG wird die Passivlegitimation bei Amtshaftungsansprüchen anknüpfend an die Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG nicht geregelt, da sich dieser lediglich auf das Innenverhältnis zwischen Bund und Land bezieht. 89. Die Eigenstaatlichkeit von Bund und Land stellt den grundlegenden Unterschied zwischen dem durch Art. 85 III GG begründeten Weisungsverhältnis und sonstigen Weisungsverhältnissen dar. Da die Eigenstaatlichkeit der Länder durch die Einräumung des Weisungsrechts des Art. 85 III GG und des hierdurch geschaffenen Subordinationsverhältnisses in der Bundesauftragsverwaltung allerdings stark eingeschränkt ist, kann das Weisungsverhältnis zwischen Bund und Land trotz der Eigenstaatlichkeit der Länder mit anderen Weisungsverhältnissen verglichen werden. 90. Dies hat zur Folge, dass für die Bestimmung der Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung in der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 III GG) diejenigen Maßstäbe heranzuziehen sind, die auch bei Erteilung einer fachaufsichtlichen Weisung gegenüber Gemeinden Anwendung finden, obwohl diesen im Gegensatz zu den Ländern eine lediglich abgeleitete Hoheitsgewalt zukommt. Aufgrund der Anwendung allgemeiner Grundsätze auf verschiedene Fallkonstellationen liegt hierin keine Übertragung dem Kommunalrecht entstammender Erwägungen auf die Bundesauftragsverwaltung. 91. Aufgrund der Personal- und Organisationshoheit der Länder in der Bundesauftragsverwaltung ist das Handeln von Amtswaltern des Landes gegenüber Dritten grundsätzlich als eigenverantwortliches Handeln des Landes einzuordnen. Sofern dieses die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG erfüllt, resultiert aus der Anwendung der

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3. Teil: Zusammenfassung der erarbeiteten Thesen

Anvertrauens- ebenso wie aus der Anwendung der Anstellungstheorie eine Passivlegitimation des Landes. 92. Wenn die Befolgung einer rechtswidrigen Weisung nach Art. 85 III GG den dargestellten Grundsätzen entsprechend keine schuldhafte Verletzung einer Amtspflicht darstellt, kann hieran anknüpfend keine Amtshaftung des Landes gegenüber dem hierdurch Geschädigten bestehen. 93. Vielmehr ist im Falle der Bindungswirkung der rechtswidrigen Weisung eine an die Erteilung der Weisung anknüpfende Amtshaftung des Bundes anzunehmen. Eine solche kommt unter den dargestellten Voraussetzungen auch im Falle fehlender Bindungswirkung der Weisung in Betracht. Dies beruht darauf, dass auch bei Erteilung einer Weisung nach Art. 85 III GG für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit und damit der Wahrung der Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten der Maßstab des Art. 20 III GG heranzuziehen ist. Zudem kann im Einzelfall unter Anwendung der dargestellten Kriterien zur Bestimmung der Drittbezogenheit von Amtspflichten bei Erteilung einer Weisung einem anweisenden Amtswalter des Bundes die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten aus Art. 20 III GG gegenüber einem im Außenverhältnis vom Vollzug der Weisung betroffenen Dritten obliegen. 94. Die Auseinandersetzung mit der Verteilung der parlamentarischen Verantwortlichkeit in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung bestätigt die Anwendbarkeit des Kriteriums der Eigenverantwortlichkeit zur Abgrenzung der Verantwortung zwischen Bund und Land in der Bundesauftragsverwaltung.

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Sachwortverzeichnis Amtspflicht –– Aufklärungs- und Belehrungspflicht  140 ff. –– Begriff  65 ff. –– Beratungspflicht gegenüber dem Vorgesetzten 121 –– Relativierung  150 f. –– Übergang  117 f. –– Verletzung  130 f. –– zu rechtmäßigem Verhalten  71 Amtswalter  44, 82 ff. BGH –– Bundesauftragsverwaltung  246 ff. –– Eigenverantwortlichkeit  190 ff. –– Einvernehmen  105, 107 –– Fachbehörde  124 ff. –– Vertrauensschutz  114 ff. –– Weisung  73 ff., 116 ff., 149 ff., 157 ff., 229 f. –– Würdigung der Rspr.  81 f., 100 f., 105 f., 107 ff., 111 ff., 126 ff., 150 f., 154 ff., 157 ff., 190 ff., 229 f., 248 f. Bindungswirkung  81 f. –– faktische  123 ff. Bundesauftragsverwaltung –– Finanzierungsverantwortung  206 ff., 256 ff. –– Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes (Art. 104a II GG)  208 f. –– Haftungskosten  211 ff. –– Haftungsregelung (Art. 104a V 1 Hs. 2 GG)  214 ff. –– Konnexitätsgrundsatz (Art. 104a I GG) 206 ff. –– Landesverwaltung  162 ff., 257 ff. –– Verwaltungsausgaben  209 ff. –– Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht 234 ff. –– Parlamentarische Verantwortlichkeit 273 ff. –– Passivlegitimation im Amtshaftungsrecht bei Erteilung einer Weisung  246 ff. –– Anwendbarkeit allgemeiner Grundsätze ​ 246 ff., 262 ff.

–– –– –– –– –– ––

Beiladung  255 f. Eigenstaatlichkeit der Länder  257 ff. Finanzierungsverantwortung  256 ff. Rechtsprechung des BGH  246 ff. Rechtsprechung des BVerfG  250 ff. Rechtswissenschaftliches Schrifttum  29 ff. –– Sachkompetenz 255 –– Wahrnehmungskompetenz  249 ff. –– Prüfungspflicht des Landes  195 ff. –– Remonstrationspflicht des Landes  195 ff. –– Remonstrationsrecht des Landes  193 ff. –– Rezeption im rechtswissenschaftlichen Schrifttum  23 f. –– Weisungsrecht  21 ff. Bundesfreundliches Verhalten  202 ff. Drittbezogenheit von Amtspflichten  92 ff., 124 ff. Eigenverantwortlichkeit  50 ff., 84 f., 134 ff., 190 ff., 226 ff., 262 ff. Einheit der Verwaltung  89 ff. Einvernehmen  101 ff. –– Amtshaftung  104 ff. –– Bindungswirkung  103, 111 ff. –– Drittbezogenheit der Amtspflichten 105 ff., 111 ff., 124 ff. –– Ersetzung  105 f. –– Rechtswidrigkeit  113 f. –– Vergleichbarkeit mit der Erteilung einer Weisung  102 ff. Fachbehörde  115, 119 f., 124 ff. Gesamtschuldnerische Haftung  133 f. Haftungskosten  211 ff.,  218, 230 ff. Haftungslücke  115 ff., 122 ff. Kausalität  98 ff., 106, 113

Sachwortverzeichnis Kostentragungsrisiko  140 ff. Letztverbindliche Entscheidung  167 f., 172 ff. Mitverursachung  221 ff.,  231, 277 f. Passivlegitimation –– Bedeutung  46 f., 49 ff. –– Begriff  45 ff. –– Schwierigkeiten bei der Bestimmung 59 ff., 138 ff. –– Verschiebung  117, 151 ff. Prozessstandschaft  146 f. Prüfungspflicht in der Bundesauftragsverwaltung  195 ff., 237 ff. Prüfungsrecht  174 ff. Rechtskrafterstreckung  145 ff. Rechtsschutzmöglichkeiten des Angewiesenen –– außergerichtlich  192 f. –– gerichtlich  168 ff. Rechtswidrigkeit  91 f., 113 f. Reformbedarf  34 f., 137 ff., 221 ff., 277 ff. Remonstration –– Abgrenzung 192 –– zwischen Verwaltungsträgern  192 ff. Remonstrationspflicht –– Anwendbarkeit bei Weisungen zwischen Verwaltungsträgern  155 ff., 160 ff. –– Beamtenrecht  75 ff., 85 ff. –– Folgen bei Weisungen zwischen Verwaltungsträgern  225 ff. –– Folgen im Beamtenrecht  78 ff., 85 ff. –– in der Bundesauftragsverwaltung  195 –– Sinn und Zweck  78 ff., 175 f., 198 ff. –– Verletzung 131 –– Verschuldensmaßstab  118 ff. –– Zwecklosigkeit  185 ff. Remonstrationsrecht in der Bundesauftragsverwaltung  193 ff. Sachkompetenz –– Begriff des Verwaltungsorganisationsrechts  179 ff. –– Begriffsverständnis des BVerfG  181

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–– in der Bundesauftragsverwaltung  177 ff., 194 f., 255 Staatshaftungsgesetz (StHG 1.983) 62  ff., 277 ff. Stilllegung deutscher Kernkraftwerke –– Amtshaftung 272 –– Anlass  24 ff. –– Rechtswidrigkeit  25 f. –– Schadensersatzforderungen der Kernkraftwerkbetreiber  26 ff. Streitverkündung  147 f. Subordinationsverhältnis 164 Subsidiaritätsklausel  132 f. Veranlassungsprinzip  209 ff., 220 f. Verantwortlichkeit  135 ff. Verjährung  142 ff. Verschulden  97 f., 118 ff. Vertrauensschutz  96, 109 ff., 114 ff. Wahrnehmungskompetenz  177 ff., 249 ff. Weisung –– Anwendungsbereich  42 ff. –– Begriff  40 ff. –– Erteilung  91 f., 132 –– faktische Bindungswirkung  123 ff. –– Funktion  42 ff. –– Kompetenz zur Aufhebung  171 –– Primärrechtsschutz  34, 59 ff. –– Verbindlichkeit  40 ff., 76 ff., 172 ff., 232 ff. –– Weitergabe  165 f. –– Wirksamkeit  76 ff., 172 ff. –– zwischen Verwaltungsträgern  155 ff. Weisungsbefolgungspflicht –– Auslegung  83 f. –– Grenzen  76 ff., 199 f., 232 ff. Weisungsrecht –– gegenüber Gemeinden  230 ff. –– im Beamtenrecht  75 ff., 160 f. –– in der Bundesauftragsverwaltung  162 ff., 195 ff. –– Sinn und Zweck  223 f. –– zwischen Verwaltungsträgern  161 ff. Zurechnungszusammenhang  98 ff.