Die Organisationsstruktur der Börse: Von der öffentlich-rechtlichen zu einer privatrechtlichen Börsenverfassung [1 ed.] 9783428532841, 9783428132843

Frank Schönemann untersucht die heutige Organisation der deutschen Börsen und stellt den Entwurf einer rein privatrechtl

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Die Organisationsstruktur der Börse: Von der öffentlich-rechtlichen zu einer privatrechtlichen Börsenverfassung [1 ed.]
 9783428532841, 9783428132843

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 35

Die Organisationsstruktur der Börse Von der öffentlich-rechtlichen zu einer privatrechtlichen Börsenverfassung

Von

Frank Schönemann

a Duncker & Humblot · Berlin

FRANK SCHÖNEMANN

Die Organisationsstruktur der Börse

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 35

Die Organisationsstruktur der Börse Von der öffentlich-rechtlichen zu einer privatrechtlichen Börsenverfassung

Von

Frank Schönemann

a Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-13284-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Jahre 2009 als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von Februar 2009. Nachgetragen wurden die an den „Larosière-Bericht“ anknüpfenden Bestrebungen zur Schaffung neuer europäischer Aufsichtsbehörden und die Änderung des Börsengesetzes durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt, LL.M. Er hat den Fortgang der Arbeit stets gefördert, ihre Entstehung mit wertvollen Anregungen unterstützt und mir bei der Erstellung der Arbeit zugleich die erforderlichen Freiheiten belassen. Herrn Prof. Dr. Uwe Blaurock danke ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Bei den Herausgebern der vorliegenden Schriftenreihe, Herrn Prof. Dr. Holger Fleischer, LL.M., Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt, LL.M. und Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler, bedanke ich mich für die freundliche Aufnahme der Arbeit. Zudem danke ich Herrn Dr. Manuel Lorenz, LL.M., der mir in meiner anwaltlichen Tätigkeit während des Entstehens der Arbeit die nötigen Freiräume gewährt und die Dissertation durch Anregungen und praxisbezogene Einblicke gefördert hat. Herrn Dr. Marco Ottaviano möchte ich für seine wertvollen inhaltlichen Anregungen danken. Nicht zuletzt gilt mein besonderer Dank auch Herrn Marcel Heptner für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts und seine vielen wichtigen Hinweise. Sehr herzlich danke ich schließlich meinen Eltern, Brigitte und Dr. Axel Schönemann, die mich während meiner gesamten Ausbildung in jeder Hinsicht unterstützt und ermutigt haben und mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen. Frankfurt, im Dezember 2009

Frank Schönemann

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung

21

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

2. Kapitel Entwicklung und gegenwärtige Rechtslage – eine Bestandsaufnahme

28

A. Geschichte des Börsenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

I. Grundzüge der Entstehung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

1. Anfänge des Börsenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

2. Deutschland und insbesondere Preußen im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . .

29

3. Das Börsengesetz von 1896 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

4. Neuere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

a) Europäische Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

b) Anpassungen des deutschen Börsen- und Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . .

36

c) Gegenwärtige deutsche Börsenlandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

II. Herausbildung eines Börsenbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

1. Historischer Gesetzgeber und „Feenpalasturteil“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

2. Jüngere wissenschaftliche Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

3. Implikationen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . .

43

4. Legaldefinition des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes . . . . . . . . . . . .

44

III. Entwicklung der Ansichten zur Rechtsnatur der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

1. Öffentlich-rechtliche Organisation der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

2. Verständnis der Börse als öffentliche Anstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

8

Inhaltsverzeichnis

B. Ausgestaltung der deutschen Wertpapierbörsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

I. Überblick über die Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

II. Struktur und Aufgaben des Börsenträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

1. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

2. Kontrolle der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

3. Erlaubnis zur Errichtung einer Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

4. Öffentliche Beleihung und Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

III. Struktur und Aufgaben der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

1. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

2. Börsenorgane und ihre Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

a) Börsengeschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

b) Börsenrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

c) Handelsüberwachungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

d) Sanktionsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

3. Organisationshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

4. Marktsegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

IV. Zulassung und Einbeziehung von Wertpapieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

2. Rechtsnatur und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

a) Durch die Zulassung begründetes Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

b) Durch die Einbeziehung begründetes Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

V. Rechtliche Stellung und Funktionen der Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

1. Voraussetzungen der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

2. Rechtsnatur und Rechtsfolgen der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

3. Mitwirkung beim Zustandekommen der Geschäftsabschlüsse . . . . . . . . . . . . . .

72

a) Hergebrachtes und modernes Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

b) Grundlagen der Preisfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

c) Präsenzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

d) Elektronischer Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

VI. Abwicklung der Wertpapiergeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

VII. Frage der staatlichen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

VIII. Staatliche und börseneigene Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

Inhaltsverzeichnis

9

C. Außerbörslicher Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

I. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

II. Rechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

1. Viertes Finanzmarktförderungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2. Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

a) Multilaterale Handelssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

b) Systematische Internalisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

c) Freiverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

d) Wahl des Rechtsrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

D. Reformdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

I. Überblick über den Streitstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

1. Besonderes öffentliches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

2. Liquidität des Börsenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

3. Vertretung der betroffenen Gruppen im Börsenrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

4. Einseitige Setzung des Regelwerkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

5. Eingriffsbefugnisse der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

6. Wirkung auf ausländische Betrachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

7. Staatliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 II. Mögliche Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Öffentlich-rechtliche Börsenverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Privatrechtliche Börsenverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Nebeneinander der beiden Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Kapitel Rahmenbedingungen einer Reform

104

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 I. Gemeinwohlinteresse und staatliche Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 II. Grundrechtsverstoß durch öffentlich-rechtliche Börsenverfassung . . . . . . . . . . . . . 106 1. Betroffene Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Rechtfertigung des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

10

Inhaltsverzeichnis

B. Ökonomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Funktionen der Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Umwälzungen durch technologischen Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Einführung elektronischer Systeme an den Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Entstehung alternativer Handelssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Marktfragmentierung und Marktintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4. Algorithmischer Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 III. Institutionalisierung und Disintermediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 IV. Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 V. Wettbewerb und Marktverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Ausprägungen des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Wirkungen des Wettbewerbs und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Leistungsmerkmale und Handlungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Ausgestaltung der Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Fusionen und Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Grundanliegen und jüngere Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Rechtliche Hürden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4. Wettbewerbsrelevante staatliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 C. Staatliche Regelungsziele im Börsen- und Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Marktfunktionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Herstellung und Erhaltung des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Korrektur von Marktversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Gegenseitige Bedingtheit der Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 IV. Rechtliche Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 D. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 I. Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis

11

aa) Niederlassungsfreiheit und Behinderung einer Standortwahl in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eröffnung des Anwendungsbereiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beeinträchtigung durch Staatsmonopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bereichsausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139 139 140 142 143

bb) Niederlassungsfreiheit und Behinderung der Hinausverlagerung von Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sachverhaltskonkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Eröffnung des Anwendungsbereiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beeinträchtigung durch Wegzugshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Einordnung des Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 146 146 147 150 151

b) Dienstleistungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 c) Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 II. Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Regelungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Regelungen für Marktakteure und Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Wertpapierdienstleistungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 aa) Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Geregelte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Aktionsplan und Finanzmarktrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 bb) Geregelte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 c) Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 E. Ausgestaltung der britischen und französischen Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Grundzüge des britischen Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Börsenverfassung am Beispiel der London Stock Exchange . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Zulassung zum Handel und Listing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 4. Aufsicht durch die FSA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 5. Normgebung durch die FSA und die London Stock Exchange . . . . . . . . . . . . . 170 II. Grundzüge des französischen Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

12

Inhaltsverzeichnis 2. Börsenverfassung am Beispiel der Euronext Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Zulassung zum Handel und Listing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4. Aufsicht durch die AMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 5. Normgebung durch die AMF und die Euronext Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

F. Internationale Einrichtungen und Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. International Organization of Securities Commissions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Organisation und Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Grundlegende Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Multilateral Memorandum of Understanding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) IOSCO-Principles: Inkongruenzen zur deutschen Börsenstruktur . . . . . . . 181 III. Committee on the Global Financial System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Organisation und Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Position zu den Auswirkungen elektronischer Handelssysteme . . . . . . . . . . . . . 184 IV. Financial Stability Forum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4. Kapitel Entwurf einer privatrechtlich verfassten Börse

187

A. Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 I. Substitution der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Fakultative oder obligatorische privatrechtliche Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Kohärenter Rahmen für Börsen und außerbörsliche Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 B. Rechtsform einer privatrechtlich verfassten Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 I. Rechtsformbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Erfordernis einer Rechtsformbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Geeignete Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Andere körperschaftliche Verbandsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 c) Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 d) Abschließende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 II. Umwandlung der Anstalt in die privatrechtliche Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Inhaltsverzeichnis

13

C. Zuschnitt der Börsenorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Leitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Überwachung des Leitungsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Handelsüberwachung und Verhängung von Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 IV. Fazit zur Verteilung der Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 D. Setzung des Regelwerkes der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 I. Ausgestaltung als Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Aufsichtsbehördliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Zivilrechtliche Zulässigkeit einer einseitigen Regelwerksänderung . . . . . . . . . 214 a) Beurteilung auf Grundlage des geltenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 aa) Vereinbarung eines klauselförmigen Änderungsvorbehaltes . . . . . . . . (1) Beachtung des Transparenzgebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zumutbarkeit der vorbehaltenen Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Schweigen als Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Über Leistungspflichten hinausgehende Änderungen . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

215 216 216 217 218 219

bb) Vornahme der späteren Änderung des Regelwerkes . . . . . . . . . . . . . . . . 219 b) Modifizierter Kontrollmaßstab de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 II. Weitere Gestaltungsvarianten für das Regelwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 E. Zugang der Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 I. Eignung der vertraglichen Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Bestimmung der Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Vorliegen der Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Einräumung von Überwachungsbefugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 b) Befähigung zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Börsenräumen . . 226 c) Einräumung der Befugnis zur Verhängung von Sanktionen . . . . . . . . . . . . . 226 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 II. Gesetzliche Vorgaben für die Zulassungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 1. Am Börsenhandel teilnehmende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Voraussetzungen einer Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 aa) Anforderungen bezüglich der Leitungspersonen des Unternehmens

229

bb) Finanzielle Anforderungen an das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

14

Inhaltsverzeichnis cc) Subjektive und organisatorische Anforderungen an das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Nichtdiskriminierende Zulassung nationaler und mitgliedstaatlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2. Andere Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

F. Zulassung der Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 I. Eignung der vertraglichen Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 1. Bestimmung der Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Vorliegen der Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 II. Gesetzliche Vorgaben für die Zulassungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Grundsatz: Beibehaltung der gegenwärtigen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 240 2. Wettbewerbsrelevante Einzelaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 a) Frage einer nichtdiskriminierenden Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Einbeziehung ohne Mitwirkung der Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 G. Börseneigene Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Erfordernis einer börseneigenen Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 II. Rechtliche Begründung der Aufsichtsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Grundsätzlich vertragliche Einräumung der Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 2. Beleihung mit einzelnen Befugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 a) Zweckmäßigkeit der Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 b) Verfassungsrechtliche Grenzen einer Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3. Fazit zur Begründung der Aufsichtsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Zu befassendes Börsenorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 H. Staatliche Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 I. Erfordernis einer staatlichen Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 II. Gegenstände staatlicher Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Grundsatz: Fortführung der Börsen- und Marktaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 2. Einzelaspekte der Aufsicht über die Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Frage der Bedürfnisprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Kontrolle der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Beibehaltung des Instituts der Anteilseignerkontrolle . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Tatbestandliche Konkretisierung unter rechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Inhaltsverzeichnis

15

III. Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Nationale Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Zweckmäßigkeit einer Zusammenfassung der Aufsichtsaufgaben bei einer Bundesbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Verfassungsrechtliche Beurteilung einer solchen Zusammenfassung . . . . 261 2. Europäische Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 5. Kapitel Zusammenfassung der Ergebnisse

265

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

a. a. O.

am angegebenen Ort

ABl. EG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

ABl. EU

Amtsblatt der Europäischen Union

ACAM

Autorité de Contrôle des Assurances et des Mutuelles

ADHGB

Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch

a.E.

am Ende

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

a.F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft

AG

Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)

AGBG

Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

AIM

Alternative Investment Market

AktG

Aktiengesetz

AMF

Autorité des Marchés Financiers

Anh.

Anhang

Art.

Artikel

AT

Allgemeiner Teil

Aufl.

Auflage

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BAKred

Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen

BausparkG

Bausparkassengesetz

BAV

Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen

BAWe

Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel

BB

Betriebs-Berater

Bd.

Band

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BIS

Bank for International Settlement

BKR

Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht

Abku¨rzungsverzeichnis

17

BörsG

Börsengesetz

BörsZulV

Börsenzulassungs-Verordnung

BR-Drs.

Drucksache des Bundesrates

BT-Drs.

Drucksache des Bundestages

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

CB

Commission Bancaire

CDGF

Conseil de Discipline de la Gestion Financière

CEA

Comité des Entreprises d’Assurance

CEBS

Committee of European Banking Supervisors

CECEI

Comité des Établissements de Crédit et des Entreprises d’Investissement

CEIOPS

Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors

CESR

Committee of European Securities Regulators

CGFS

Committee on the Global Financial System

CMF

Conseil des Marchés Financiers

COB

Commission des Opérations de Bourse

COBS

Conduct of Business Sourcebook (FSA Handbook)

DAV

Deutscher Anwaltsverein

DepotG

Depotgesetz

ders.

derselbe

d. h.

das heißt

dies.

dieselbe(n)

DJT

Deutscher Juristentag

DJZ

Deutsche Juristen-Zeitung

DrittelbG

Drittelbeteiligungsgesetz

DStR

Deutsches Steuerrecht

DTB

Deutsche Terminbörse

EG

Europäische Gemeinschaft

eGen

eingetragene Genossenschaft

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

Einl.

Einleitung

EU

Europäische Union

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EUV

Vertrag über die Europäische Union

Euwax

European Warrant Exchange

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

18

Abku¨rzungsverzeichnis

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

EWS

Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht

EZB

Europäische Zentralbank

FESCO

Forum of European Securities Commissions

FinAnV

Finanzanalyseverordnung

FinDAG

Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz

Fn.

Fußnote

FSA

Financial Services Authority

FSAP

Financial Services Action Plan

FSF

Financial Stability Forum

FSMA

Financial Services and Markets Act 2000

FWB

Frankfurter Wertpapierbörse

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

ggf.

gegebenenfalls

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Hrsg.

Herausgeber

i.d.F.

in der Fassung

IMF

International Monetary Fund

InvG

Investmentgesetz

IOSCO

International Organization of Securities Commissions

IOSCO-MoU

Multilateral Memorandum of Understanding concerning Consultation and Cooperation and the Exchange of Information, IOSCO

IOSCO-Principles

Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO

ISE

International Securities Exchange

IStR

Internationales Steuerrecht

i. V. m.

in Verbindung mit

JITE

Journal of Institutional and Theoretical Economics

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

KGaA

Kommanditgesellschaft auf Aktien

KWG

Gesetz über das Kreditwesen

Abku¨rzungsverzeichnis

19

LG

Landgericht

LIFFE

London International Financial Futures and Options Exchange

lit.

Buchstabe

LR

Listing Rules (FSA Handbook)

LSE

London Stock Exchange

MaKonV

Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung

MAR

Market Conduct (FSA Handbook)

MaRisk

Mindestanforderungen an das Risikomanagement

MiFID

Markets in Financial Instruments Directive

MitbestG

Mitbestimmungsgesetz

MMR

Multimedia und Recht

MoMiG

Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen

MoU

Memorandum of Understanding

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

NASDAQ

National Association of Securities Dealers Automated Quotations

NJOZ

Neue juristische Online-Zeitschrift

NJW

Neue juristische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht

N.V.

naamloze vennootschap

NYSE

New York Stock Exchange

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

NZI

Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung

OLG

Oberlandesgericht

OTC

Over the counter

PrOVG

Preußisches Oberverwaltungsgericht

RabelsZ

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

Rdn.

Randnummer

REC

Recognised Investment Exchanges and Recognised Clearing Houses (FSA Handbook)

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

RNotZ

Rheinische Notar-Zeitschrift

S.A.

société anonyme

SE

Societas Europaea

SEC

Securities and Exchange Commission

Sec.

Section

20

Abku¨rzungsverzeichnis

SIB

Securities and Investment Board

Slg.

Amtliche Sammlung der EuGH-Entscheidungen

SOFFEX

Swiss Options and Financial Futures Exchange

TVG

Tarifvertragsgesetz

Tz.

Textziffer

u.d.T.

unter dem Titel

UmwG

Umwandlungsgesetz

VAG

Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen

VerkProspG

Verkaufsprospektgesetz

VerwArch

Verwaltungsarchiv

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

Vol.

Volume

Vorb.

Vorbemerkungen

VW

Versicherungswirtschaft

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

WM

Wertpapier-Mitteilungen

WpAIV

Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung

WpDVerOV

Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung

WpHG

Gesetz über den Wertpapierhandel

WpPG

Wertpapierprospektgesetz

ZBB

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZEuP

Zeitschrift für Europäisches Privatrecht

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

1. Kapitel

Einleitung A. Problemstellung Den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bilden eine Untersuchung der de lege lata vorzufindenden Organisationsstruktur der deutschen Börsen und, unter Berücksichtigung rechtlicher und wirtschaftlicher Einflussfaktoren, die Entwicklung eines Entwurfes einer privatrechtlich verfassten Börse. Die gegenwärtige rechtliche Ausgestaltung des deutschen Börsenwesens ist von der Unterscheidung zwischen den Börsen auf der einen und den Börsenträgern auf der anderen Seite geprägt. Den Börsen ist die Organisation und Veranstaltung des Börsenhandels zugewiesen. Den Börsenträgern obliegt es, die hierfür erforderlichen finanziellen, personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grunde ist von einer dualen Börsenstruktur zu sprechen. Hinzu kommt der Umstand, dass es sich bei den Börsen, wie § 2 Abs. 1 des Börsengesetzes1 (BörsG) inzwischen ausdrücklich feststellt, um Anstalten des öffentlichen Rechts handelt. Die Börsenträger hingegen sind, obschon dies gesetzlich nicht festgeschrieben ist, in der Praxis als juristische Personen des Zivilrechts, in der Regel als Aktiengesellschaften, verfasst. Daher besteht de lege lata in Deutschland eine (halb) öffentlichrechtliche Börsenverfassung. So ist etwa die Deutsche Börse AG, die seit dem Jahre 2001 selbst börsennotiert ist, Trägerin der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB).2 Die FWB ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Dieses Auseinanderfallen von Börsen und Börsenträgern und die öffentlichrechtliche Ausgestaltung der Börsen wurden seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts, nachdem diese Struktur seit Jahrzehnten geklärt und akzeptiert zu sein schien3, erneut zum Gegenstand einer kontroversen Diskussion im Schrift1 Börsengesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330, 1351; geändert durch Artikel 71 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 2 Auch die Scoach Europa AG ist Trägerin der FWB, vgl. § 3 Abs. 1 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. Die Trägerschaft der Scoach Europa AG beschränkt sich allerdings auf den Handel mit strukturierten Produkten. Dem liegt ein Joint Venture der Deutschen Börse AG und der SIX Group (bis Anfang 2008 SWX Group) zugrunde. 3 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Rechtsnatur der Börse ebenfalls umstritten, vgl. etwa Anschütz, VerwArch 11 (1903), 519, 520 ff.; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 75, 89 f.; Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz, S. 8; siehe vertiefend hierzu 2. Kapitel A. III.

22

1. Kap.: Einleitung

tum.4 Während verschiedentlich, so etwa in dem Gutachten G für den 64. Deutschen Juristentag5 aus dem Jahre 2002, die Einführung einer ausschließlich privatrechtlichen Verfassung der Börsen befürwortet wurde, sprachen sich andere Stimmen de lege ferenda für ein Nebeneinander von rein privatrechtlichen und (halb) öffentlich-rechtlichen Börsen aus. Insbesondere das Gutachten zur Börsenreform für das Bundesministerium der Finanzen aus dem Jahre 1997 trat für ein solches Nebeneinander ein.6 Wieder andere plädierten dafür, weiterhin ausschließlich die (halb) öffentlich-rechtliche Organisationsstruktur zuzulassen.7 Vereinzelt wurde die Ansicht vertreten, das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz8 aus dem Jahre 1994 habe bereits de lege lata neue Rechtstatsachen in Richtung auf eine privatrechtliche Zuordnung der Börsen geschaffen.9 Diese Ansicht wurde jedoch von der ganz herrschenden Meinung aus überzeugenden Gründen verworfen.10 Auch war das Börsengesetz in den letzten Jahren erheblichen gesetzgeberischen Aktivitäten unterworfen, die das Börsenrecht indes bisher nicht auf eine neue dogmatische Grundlage stellten.11 So beließ es der Gesetzgeber mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz12 aus dem Jahre 2002 bei der öffentlich-rechtlichen Organisation der Börsen und nahm die hergebrachte Unterscheidung von Börsenträger und Börse sogar ausdrücklich in das Börsengesetz auf (§ 1 Abs. 2 BörsG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes). Allerdings wurden mit diesem Gesetz, wenngleich nicht die privatrechtlich organisierte Börse, so doch Regelungen über privatrechtlich ausgestaltete Handelssysteme, welche als elektronische Handelssysteme beziehungsweise börsenähnliche Einrichtungen bezeichnet wurden, in das Börsengesetz eingefügt. Die neuen Regelungen ergänzten die Bestimmungen über den privatrechtlich verfassten, von einer Börse zuzulassenden Freiverkehr und sollten sonstige privat betriebene Handelsplattformen mit börsenähnlichem Leistungsangebot einem über das allgemeine Markttransaktionsrecht des Wertpapierhandelsgesetzes 13 (WpHG) hinausgehenden rechtlichen Rahmen unterwerfen. Vertiefend zu den verschiedenen Positionen siehe 2. Kapitel D. Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 81 ff. 6 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 400 ff. 7 Kümpel, BKR 2003, 3 f. m. w. N. 8 Zweites Finanzmarktförderungsgesetz vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749. 9 Claussen / Hoffmann, ZBB 1995, 68; in der Tendenz auch Klenke, WM 1995, 1089, 1092. 10 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 8; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 58; Hammen, AG 2001, 549 ff.; siehe hierzu 2. Kapitel D. I. (Fn. 427). 11 So in Bezug auf das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 618. 12 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 13 Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. 9. 1998, BGBl. I 2708; zuletzt geändert durch Artikel 35 des Gesetzes vom 19. 12. 2008, BGBl. I 2794. 4 5

A. Problemstellung

23

Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente14 (Finanzmarktrichtlinie, Markets in Financial Instruments Directive, kurz MiFID) bewirkte eine erneute Modifikation der gesetzlichen Vorgaben für das Börsenwesen. In Deutschland wurde die MiFID durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz15, das am 1. November 2007 in Kraft trat, in nationales Recht umgesetzt. Die (halb) öffentlich-rechtliche Börsenverfassung und die duale Struktur des deutschen Börsenwesens blieben allerdings bestehen. Erstmalig wurde die Aussage, dass Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind, in das Börsengesetz aufgenommen (§ 2 Abs. 1 BörsG). Grundsätzlich verändert wurden hingegen die Regelungen für außerbörsliche Handelssysteme. Die erst 2002 geschaffenen Bestimmungen des Börsengesetzes für privatrechtlich organisierte Handelsplattformen entfielen. An ihrer statt wurden Vorschriften für privatrechtliche Handelsplattformen, die gemäß der Terminologie der MiFID die Bezeichnungen multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer tragen, in das WpHG eingefügt.16 Die MiFID bewirkte – neben wesentlichen Neuerungen auf anderen Regelungsfeldern – eine Annäherung der rechtlichen Rahmenbedingungen für börsliche und außerbörsliche Handelssysteme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie ist eine von mehreren Richtlinien, die im Rahmen des Aktionsplanes für Finanzdienstleistungen 17 (Financial Services Action Plan, FSAP) ergangen sind. In dem FSAP legte die Europäische Kommission im Jahre 1999 das Ziel der Schaffung eines integrierten Finanzdienstleistungs- und Kapitalmarktes in Europa fest.18 Die durch die MiFID veranlasste europaweite Harmonisierung der rechtlichen Vorgaben (Schaffung eines level playing field) trug zu einer Annäherung der Marktbedingungen und damit zu einem verstärkten Wettbewerb zwischen den europäischen Börsenplätzen bei.19 Da zudem ein einheitliches Regelungsregime für außerbörsliche Handelsplattformen geschaffen wurde, das durch detaillierte Regelungen dem Anleger- und dem Funktionsschutz Rechnung zu tragen sucht, ist zu erwarten und auch gegenwärtig bereits abzusehen, dass in zunehmendem Maße außerbörsliche Handelsplattformen zu den klassischen Börsen in Konkurrenz treten werden.20 Die Vorgaben der MiFID bewirkten insbesondere insoweit eine VerRichtlinie 2004 / 39 / EG vom 21. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 145 vom 30. 4. 2004, 1. Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 16 Fleischer, BKR 2006, 389, 392 ff. Ergänzt werden die Regelungen im WpHG durch Bestimmungen des KWG, die insbesondere Genehmigungserfordernisse für den Betrieb derartiger Einrichtungen (unter dem Gesichtspunkt des Erbringens von Finanzdienstleistungen) festschreiben. 17 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999. 18 Schmolke, NZG 2005, 912; siehe zudem Moloney, EC Securities Regulation, S. 27. 19 In diese Richtung auch Duve / Keller, BB 2006, 2537, 2542. 20 So können die von namhaften Großbanken initiierten außerbörslichen Handelsplattformen Chi-X und Turquoise, die seit den Jahren 2007 respektive 2008 aktiv sind, bereits bemer14 15

24

1. Kap.: Einleitung

besserung der Wettbewerbssituation außerbörslicher Systeme, als die in einem Mitgliedstaat erteilte Zulassung für den Betrieb eines multilateralen Handelssystems nun nach Durchlaufen eines bloßen Anzeigeverfahrens auch ein Tätigwerden in anderen Mitgliedstaaten erlaubt.21 Dies ermöglicht es, die Dienstleistungen eines alternativen Systems gemeinschaftsweit anzubieten, ohne in jedem Mitgliedstaat ein gesondertes Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen.22 Die vorgenannten Entwicklungen sind bezeichnend für eine bereits seit den letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts zu beobachtende Zunahme des Wettbewerbs auf den nationalen, wie auch auf den internationalen Kapitalmärkten. Insbesondere in den USA, zunehmend aber auch in Europa ist eine erheblich wachsende Bedeutung außerbörslicher elektronischer Handelssysteme festzustellen.23 Hierbei handelt es sich um privat betriebene Handelsplattformen unterschiedlicher Ausgestaltung, die teilweise einen Handelsabschluss unter den Handelsteilnehmern (so auch die multilateralen Handelssysteme der MiFID), teilweise auch nur mit dem Systembetreiber (so die systematischen Internalisierer gemäß der MiFID) ermöglichen.24 Die Kapitalmärkte, die noch in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts tatsächlich wie rechtlich weitgehend isoliert waren, sind inzwischen über Ländergrenzen hinweg zusammengewachsen. Mittlerweile stehen die deutschen Börsen daher in einem nationalen wie auch in einem globalen Wettbewerb.25 Der Umstand, dass kein anderes Land eine derartige duale (halb) öffentlichrechtliche Börsenverfassung aufweist, lässt vermuten, dass diese Konstruktion ausländischen Betrachtern befremdlich erscheint und nicht ohne weiteres nachvollzogen werden kann. Hierfür spricht, dass den von der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) erstellten „Objectives and Principles of Secukenswerte Erfolge vorweisen, hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 2. 2007, S. 19, vom 19. 4. 2008, S. 22, vom 17. 6. 2008, S. 21 und vom 10. 11. 2008, S. 21. 21 Dies ergibt sich aus Art. 6 Abs. 3, Art. 31 und 32 der MiFID und ist in Deutschland in § 53b KWG vorgesehen; vgl. hierzu Seitz, AG 2004, 497, 504. 22 Zudem profitieren die Betreiber multilateraler Handelssysteme von der Bestimmung über die bestmögliche Ausführung von Kundenaufträgen (best execution), nach der multilaterale Handelssysteme in Abkehr vom bisherigen Börsenvorrang (§ 22 Abs. 1 BörsG in der Fassung vor Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes) nun den Börsen gleichgestellt sind (§ 33a Abs. 5 S. 2 WpHG, vgl. Irmen, in: Clouth / Lang (Hrsg.), MiFIDPraktikerhandbuch, S. 333; ferner Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 24 f.; Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 781 ff.). 23 Vgl. Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239 (Fn. 10); von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 280; Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1755; ferner Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 2 ff.; siehe zudem auch die vorhergehenden Nachweise (Fn. 20) in Bezug auf die außerbörslichen Handelsplattformen Chi-X und Turquoise. 24 Hierzu von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 281. 25 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 40 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83; ähnlich auch Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239; Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247.

A. Problemstellung

25

rities Regulation“26 (IOSCO-Principles) eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Börse gänzlich fremd ist. Die IOSCO-Principles können als Ausdruck international anerkannter Standards angesehen werden.27 Damit aber scheint sich die deutsche Börsenverfassung nicht gerade als ein „asset im internationalen Wettbewerb“ darzustellen, sondern könnte vielmehr Wettbewerbsnachteile mit sich bringen.28 Diese sind insbesondere zu gewärtigen, wenn Kooperationen oder Zusammenschlüsse mit ausländischen Börsen in Rede stehen. Derartigen Vorhaben können sowohl Vorbehalte gegenüber der deutschen Organisationsstruktur der Börsen als auch, wie noch zu vertiefen sein wird29, manifeste Schwierigkeiten in der rechtlichen Umsetzung30 entgegenstehen. Mit insgesamt vier Finanzmarktförderungsgesetzen hat der Gesetzgeber in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Stärkung des Finanzplatzes Deutschland angestrebt31; die rechtliche Verfassung der Börsen hat er indes keiner grundsätzlichen Reform unterzogen. In einem Umfeld, welches in den letzten Jahren sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht erhebliche Umgestaltungen erfahren hat, stellt sich nun erneut die Frage nach der geeigneten Organisationsstruktur für das deutsche Börsenwesen. Neben den bereits bezeichneten Faktoren sei im Übrigen noch ein weiterer Umstand erwähnt, der daran zweifeln lässt, dass die deutsche Börsenverfassung den veränderten tatsächlichen Umständen noch gerecht wird: Aufgrund der technischen Entwicklungen der letzten Jahre verlor der Präsenzhandel zunehmend an Bedeutung und wurde durch vollelektronische Systeme ersetzt, die in der Lage sind, dessen Funktionen wahrzunehmen. Während früher der hergebrachte Verband der zum Handel zugelassenen Personen die Börse ausmachte, ist dieser heute in weiten Teilen seiner Funktionen beraubt.32 Elektronische Systeme wie etwa das Handelssystem Xetra führen Aufträge zu Geschäftsabschlüssen zusammen und bewältigen die Preisfeststellung.33 Damit aber ist dem Börsenträger eine zentrale 26 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD265.pdf (diese und alle weiteren Internetseiten zuletzt abgerufen am 14. 2. 2009); vgl. Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 221 ff. 27 Siehe etwa die Bezugnahme des Compendium of Standards des Financial Stability Forum (FSF) auf die IOSCO-Principles. Hierzu siehe 3. Kapitel F. IV. 28 Vgl. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 404; auch Potthoff, WM 1998, 154, 155, langjähriger Chefsyndikus der Deutsche Börse AG, räumt jedenfalls einen „erhöhten Erklärungsbedarf“ ein; siehe zudem Schwark, WM 1997, 293, 302. 29 Hierzu siehe 3. Kapitel B. V. 3. b) bb). 30 Hierzu insbesondere Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 19 ff. 31 Begründung des Regierungsentwurfs eines Investment-Richtlinie-Gesetzes (Erstes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drucks. 11 / 5411, 1; Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12 / 6679, 1; Begründung des Regierungsentwurfs zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 13 / 8933, 1; Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 1. 32 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 18.

26

1. Kap.: Einleitung

Funktion, die bisher bei den Handelsteilnehmern angesiedelt war, zugewachsen.34 Ihm obliegt es, der Börse die erforderlichen sachlichen Mittel, also insbesondere die für den Betrieb der elektronischen Systeme notwendige technische Ausstattung, zu beschaffen (§ 5 Abs. 1 S. 2 BörsG).35 Diese Entwicklung ist in den größeren Zusammenhang des in vielen Staaten zu beobachtenden Prozesses der Demutualisierung36 einzuordnen, also des Überganges von einer von den Mitgliedern als Verbandsbetrieb organisierten Börse zu einer Kapitalgesellschaft mit breiterer Eigentümerbasis, die häufig selbst börsennotiert37 ist. Dieser Prozess kennzeichnet sich unter anderem dadurch, dass nicht mehr die Mitglieder eines Verbandsbetriebes Börse die Mittel für die Durchführung des Handels aufbringen, sondern diese von einem gewinnorientierten Unternehmen, das sich gegebenenfalls Mittel an den Kapitalmärkten beschafft, aufgebracht werden. In Deutschland bildet das Börsengesetz diesen Bedeutungszuwachs des Börsenträgers, am augenscheinlichsten verkörpert durch die börsennotierte Deutsche Börse AG38, nur ansatzweise ab. Während etwa die Handelsteilnehmer bei der Besetzung des Börsenrates weiterhin zuvörderst berücksichtigt werden (§ 12 Abs. 1 S. 2 BörsG), ist dem Börsenträger jegliche rechtliche Einflussnahme auf die inneren Angelegenheiten der Börse untersagt.

B. Gang der Untersuchung Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die vorliegende Arbeit in einem ersten Schritt eine aktuelle Aufbereitung des Stoffes, welche sowohl das Börsenwesen selbst als auch verschiedene externe Einflussfaktoren rechtlicher und ökonomischer Natur zum Gegenstand hat. Hierauf aufbauend wird sodann in einem zweiten Schritt der Entwurf einer privatrechtlich verfassten Börse vorgestellt. Im Einzelnen gliedert sich die vorliegende Arbeit in fünf Kapitel. Das erste Kapitel dient einer kurzen Einführung in die Problemstellung und in die Arbeitsweise. Siehe hierzu 2. Kapitel B. V. 3. und 3. Kapitel B. II. 1. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 43 ff. 35 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 17. 36 Siehe hierzu den Report der Internationalen Vereinigung des Wertpapieraufseher IOSCO: Regulatory Issues Arising From Exchange Evolution, Final Report, Technical Committee, November 2006, passim, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/ IOSCOPD225.pdf; Di Noia, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 175 f.; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 240 f. 37 Di Noia, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 176; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 241; Kalss, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 214. 38 Bis Ende 2000 (also bis vor dem Börsengang der Deutsche Börse AG im Jahr 2001) wurde indes der Kreis der Aktionäre der Deutsche Börse AG mittels einer Vinkulierung auf die zugelassenen Marktteilnehmer und die Deutsche Börsen Beteiligungsgesellschaft mbH beschränkt; Hammen, AG 2001, 549, 556. 33 34

B. Gang der Untersuchung

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Das zweite Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Börsen und mit der gegenwärtigen Rechtslage, mithin mit der Ausgangssituation, welche der weiteren Untersuchung zugrunde zu legen ist. Betrachtet werden hier die Geschichte des Börsenwesens, die gegenwärtige Verfassung des börslichen und des außerbörslichen Handels sowie die bisherige Reformdiskussion. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen, die bei einer Reform der Organisationsstruktur der Börsen zu berücksichtigen sind. Im Gegensatz zu der Herangehensweise des zweiten Kapitels, dessen Blick eng auf die Ausgestaltung des börslichen und des außerbörslichen Handels fokussiert ist, wird hier ein breites Spektrum weiterer, teilweise externer Einflussfaktoren thematisiert. Insbesondere kommen verfassungsrechtliche und ökonomische Grundlagen, staatliche Regelungsziele sowie europäische und internationale Vorgaben und Standards zur Sprache. Das vierte Kapitel dient sodann der Entwicklung des Entwurfes einer privatrechtlich verfassten Börse. In diesem Kapitel werden die bereits in den vorhergehenden Kapiteln diskutierten Probleme so weit als möglich einer konkreten Lösung oder jedenfalls einem Lösungsvorschlag zugeführt. Schwerpunkte dieser Untersuchungen sind die geeignete Rechtsform einer privatrechtlich organisierten Börse, die Gewährleistung ihrer Fähigkeit, ein Regelwerk zu erlassen und flexibel anzupassen, die Art und Weise der Zulassung der Handelsteilnehmer und Emittenten sowie die Ausgestaltung der börseneigenen und der staatlichen Aufsicht. Das fünfte Kapitel schließlich fasst die Ergebnisse der gesamten Arbeit in Thesen zusammen.

2. Kapitel

Entwicklung und gegenwärtige Rechtslage – eine Bestandsaufnahme A. Geschichte des Börsenwesens I. Grundzüge der Entstehung und Entwicklung Wie es zu der heutigen deutschen Börsenstruktur mit ihren Besonderheiten kam, wird erst verständlich, wenn man sich mit der Entstehung und Entwicklung des Börsenwesens beschäftigt. Daher soll im Folgenden ein knapper Überblick über die Anfänge und die Entwicklung des Börsenwesens an seinen europäischen Ursprungsorten und insbesondere auf dem Gebiet des heutigen Deutschland gegeben werden.1 In aller Kürze werden die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten, einen Zeitraum von den Ursprüngen des Börsenwesens bis in die Gegenwart betrachtend, skizziert. 1. Anfänge des Börsenwesens Die Anfänge des Börsenwesens reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. Bereits seit dieser Zeit wird aus Oberitalien von börsenähnlichen Zusammenkünften berichtet. Es folgte die Schaffung entsprechender Einrichtungen in Flandern und Holland, nämlich in Brügge, Antwerpen und Amsterdam.2 Bei diesen Veranstaltungen war zunächst noch eine große Ähnlichkeit zu Messen und Märkten zu beobachten.3 Es wurden dort neben Marktgütern fungible Waren gehandelt, deren Verfügbarkeit am Ort des Handelsgeschehens nicht erforderlich war.4 Auf dem Gebiet des heutigen Deutschland5 entwickelten sich die ersten börsenmäßigen Zusammenkünfte in Augsburg und Nürnberg. Es handelte sich um Zu1 Vertiefend Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 17 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 35 ff. 2 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 22 f.; zur Entwicklung in Brügge und Antwerpen siehe Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403 ff., 445 ff. 3 Vgl. Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 454. 4 Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 23. 5 Siehe hierzu Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 34 ff.; ferner Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 23 f.

A. Geschichte des Bo¨rsenwesens

29

sammenkünfte von Kaufleuten, die neben dem Informationsaustausch auch dem Abschluss von Geld-, Wechsel- und Anleihegeschäften dienten. 1553 wurde die Börse in Köln und im Jahre 1558 die Börse in Hamburg gegründet. In Hamburg war die Börse eine Vereinigung der Kaufmannschaft. Es handelte sich um eine „freie“ Börse, zu welcher grundsätzlich jede männliche Person Zutritt hatte. An ihr wurden Waren gehandelt sowie Geld-, Wechsel-, Assekuranz- und Frachtgeschäfte abgeschlossen. Die Börse in Frankfurt am Main wurde erstmals 1605 erwähnt. In Berlin wurde durch Anordnung des Großen Kurfürsten im Jahre 1685 eine Börse gegründet, an welcher sich ein Börsenhandel jedoch zunächst noch nicht einstellte. Ab Beginn des 17. Jahrhunderts wurde in Amsterdam im Zusammenhang mit der Gründung der Holländisch-Ostindischen Compagnie erstmals ein Handel in Aktien angeboten (erhebliche Bedeutung erlangte der Aktienhandel erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund der erheblichen Kapitalbedürfnisse durch die fortschreitende Industrialisierung).6 Jedoch waren die damaligen Zusammenkünfte in weit geringerem Maße als heute durch institutionalisierte Regeln und Strukturen geprägt.7 Ab dem 18. Jahrhundert war indes die Entwicklung zu beobachten, Börsenneugründungen einer stärkeren Reglementierung zu unterwerfen, was zur Folge hatte, dass deutlicher als zuvor eine staatliche oder private Einordnung der Börsen erkennbar wurde.8 So wurde die Bourse de Paris 1724 durch hoheitliches Edikt als Monopolbörse unter staatlichem Reglement errichtet, während die Börse in London, die ab 1773 die Bezeichnung Stock Exchange trug, im Jahre 1762 als Klub der Wertpapierhändler gegründet wurde.9 Die innere Organisation der Stock Exchange in London blieb den Wertpapierhändlern selbst überlassen.

2. Deutschland und insbesondere Preußen im 19. Jahrhundert In Deutschland war, auch aufgrund der Zersplitterung in viele Einzelstaaten, eine größere Anzahl regionaler Börsenplätze entstanden. Diese wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts zwar überwiegend als Börsen mit staatlichem Gepräge verfasst, so etwa in Preußen und Württemberg, indes gab es auch private Börsen, etwa in Bayern, Sachsen und Baden.10 Auch unterschieden sich die Börsen erheblich in 6 Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 24; Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 29 f. 7 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 35 f.; vgl. auch Ehrenberg, ZHR 30 (1885), 403, 445 ff. 8 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 36. 9 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 31 ff. 10 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 61; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 36; vgl. auch Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 53.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

Bezug auf die Offenheit oder Geschlossenheit des Händlerverbundes, je nachdem, ob sie aus offenen Messen und Märkten oder aber aus Gilden und kaufmännischen Korporationen hervorgegangen waren.11 Zudem bestand selbst nach der Reichsgründung von 1871 noch während eines Zeitraumes von mehr als zwei Jahrzehnten kein einheitliches deutsches Börsenrecht. Das Börsenrecht der deutschen Einzelstaaten war entweder überhaupt nicht oder nur rudimentär gesetzlich geregelt und erhielt seine Ausformung vielmehr durch selbst gegebene Börsenordnungen und Usancen.12 Letzteres ist Ausfluss des Prinzips der „Börsenfreiheit“, das ursprünglich für das Recht der Börsen in Deutschland prägend war und das die Börse als eine private Veranstaltung der Händler begriff, an welcher der Staat allenfalls als Marktteilnehmer auftrat. Erst im 19. Jahrhundert begannen die deutschen Einzelstaaten, in zunehmendem Maße, jedoch durchaus uneinheitlich regulierend einzugreifen und die Börsen (wie eingangs festgestellt) teilweise sogar als öffentliche Körperschaften zu errichten.13 Für die Entwicklung der deutschen Börsenverfassung war insbesondere die Rechtslage in Preußen von großer Bedeutung.14 Dies beruhte sowohl auf dem damaligen wirtschaftlichen und politischen Gewicht Preußens innerhalb Deutschlands, als auch auf der Tatsache, dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit Berlin der bedeutendste deutsche Börsenplatz in Preußen lag.15 Daher sollen im Folgenden die tatsächlichen und insbesondere die rechtlichen Gegebenheiten in Preußen eingehender betrachtet werden. An der Berliner Börse wurde im Jahre 1805 ein Handel in Wertpapieren eingeführt. Zunächst wurden hauptsächlich Schuldverschreibungen gehandelt. Ungefähr ab 1840 wurden aufgrund der einsetzenden Industrialisierung in zunehmendem Maße Aktien ausgegeben, vor allem zur Befriedigung der Kapitalbedürfnisse des Eisenbahnbaus.16 Das preußische Börsenwesen war durch erhebliche staatliche Reglementierung geprägt, wies jedoch zugleich auch wesentliche Aufgaben der Korporation der Berliner Kaufmannschaft zu. Beides ist bereits der vom preußischen König verordneten „Börsen-Ordnung für die Korporation der Kaufmannschaft zu Berlin“17 von 1825 zu entnehmen: In Berlin durfte lediglich eine Börse 11 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 36; vgl. auch Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 34; Weber, ZHR 43 (1895), 83, 112. 12 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 58 f., 61. 13 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 61, 135. 14 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 37. 15 Meier, Entstehung des Börsengesetzes von 1896, S. 8, 18; Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 54; Weber, ZHR 43 (1895), 83, 118; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. 3. 2008, S. 27. 16 Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 8; vgl. auch Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 24; Merkt, Beiträge zur Börsen- und Unternehmensgeschichte, S. 194; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. 3. 2008, S. 27. 17 Börsen-Ordnung für die Korporation der Kaufmannschaft zu Berlin vom 7ten Mai 1825, Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1825, – No. 11 –, S. 137.

A. Geschichte des Bo¨rsenwesens

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zugelassen werden. Ihr Betrieb bedurfte einer staatlichen Genehmigung. Auch enthielt die Börsenordnung umfangreiche Bestimmungen hinsichtlich der Handelsorganisation. Andererseits wurde die Börse als ein der Korporation der Kaufmannschaft angehöriges Institut bezeichnet. Zudem oblag der Kaufmannschaft die Bestimmung des Börsenhauses; das zugehörige Grundstück stand im Eigentum der Korporation. Insoweit fiel dieser eine Rolle ähnlich derjenigen des heutigen Börsenträgers zu. Im Übrigen fällt auf, dass die Börsenordnung auch Nichtmitgliedern der Berliner Kaufmannschaft gegen Leistung eines Jahresbeitrages Zutritt gewährte. Das preußische Einführungsgesetz zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch18 (ADHGB) aus dem Jahre 1861 schuf schließlich einen gesetzlichen Rahmen, welcher zwar nicht über rudimentäre Bestimmungen hinausging, in Teilen jedoch bereits dem Börsengesetz von 1896 ähnelte. Die Errichtung einer Börse setzte eine hoheitliche Genehmigung voraus. Auch waren Anhaltspunkte für das spätere Selbstverwaltungsrecht der Börsen erkennbar, denn Erlass und Änderung der Börsenordnung bedurften zwar einer ministeriellen Genehmigung, fielen aber nun offenbar in die Kompetenz der Kaufmannschaft.19 Dass Vorschriften privatrechtlichen Inhalts in bestehenden Börsenordnungen außer Kraft gesetzt und für die Zukunft verboten wurden, legt eine öffentlich-rechtliche Natur der Börsenordnung nahe.20 In den Börsenordnungen der Berliner Börse der Jahre 186621 und 188522, die an den genannten gesetzlichen Rahmen anknüpften, fand diese Entwicklung ihre Fortsetzung. Gemäß § 1 der Börsenordnung von 1866 erforderte der Betrieb der Börse eine staatliche Genehmigung. In Berlin durfte weiterhin lediglich eine Börse zugelassen werden. Die Börse zu Berlin wurde definiert als „die unter Genehmigung des Staats regelmäßig stattfindende Versammlung von Kaufleuten, Handelsmäklern, Schaffnern und anderen Personen, welche die Erleichterung des Betriebs der Handelsgeschäfte zum Zwecke hat“. Den §§ 2 Abs. 1 und 9 Abs. 2 der Börsenordnung von 1866 war zu entnehmen, dass die Börsenversammlungen in dem der Korporation der Kaufmannschaft zu Berlin gehörenden Börsenhause stattfanden und dass die Korporation die aus der Beschaffung und Unterhaltung der „Börsenlokalien“ erwachsenden Lasten zu tragen hatte. Hieran lässt sich erneut festmachen, dass der Korporation der Kaufmannschaft insoweit eine dem heutigen Börsenträger ähnliche Rolle zukam. Zugleich oblagen ihr allerdings auch Aufgaben, die heute 18 Einführungsgesetz zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, vom 24. Juni 1861, Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1861, – Nr. 27 –, S. 449; vgl. Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 38. 19 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 38. 20 Vgl. hierzu den Nachweis in der vorigen Fn. 21 „Börsen-Ordnung für Berlin v. 20. April 1866“, abgedruckt in ZHR 10 (1866), 525 ff. 22 „Revidierte Börsen-Ordnung für Berlin, genehmigt 20. März 1885“, abgedruckt in ZHR 31 (1885), 283 ff.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

den Organen der Börse zugewiesen sind. So oblag den von den Ältesten der Kaufmannschaft zu wählenden Börsen-Commissarien nach § 12 der Börsenordnung von 1866 „die Erhaltung und Handhabung der äußeren Ruhe, der Ordnung und des Anstandes“ (vgl. § 15 Abs. 4 des heutigen Börsengesetzes). Der Zutritt zu den Börsenversammlungen stand nach § 2 Abs. 2 der Börsenordnung von 1866 grundsätzlich jedermann frei. Im Jahre 1885 wurde die inzwischen bereits durch Nachtragsbestimmungen ergänzte Börsenordnung durch eine neue Börsenordnung ersetzt. Weiterhin durfte es in Berlin gemäß § 2 Abs. 1 der Börsenordnung von 1885 nur eine Börse geben. Auch blieb es dabei, dass die Versammlungen (der Fonds- und Produktenbörse, anders hingegen bei der Warenbörse) in einem der Korporation der Kaufmannschaft zu Berlin gehörenden Börsenhause stattfanden (§ 2 Abs. 2 der Börsenordnung von 1885). Der Zutritt zu den Börsenversammlungen stand nun allerdings nicht mehr grundsätzlich jedermann frei. Korporationsfremde benötigten eine schriftliche Empfehlung seitens dreier Korporationsmitglieder (§ 4 Abs. 5 der Börsenordnung von 1885).23 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Rechtslage in Preußen auf der einen Seite von einer erheblichen staatlichen Reglementierung geprägt war, dass auf der anderen Seite aber auch der Korporation der Kaufmannschaft, einer Einrichtung, welche wohl am ehesten mit den heutigen Industrie- und Handelskammern zu vergleichen ist, Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen waren.24 Eine eindeutige Unterscheidung zwischen dem Träger und der Börse hatte sich indes bis zu diesem Zeitpunkt nicht etabliert. Offenbar wurde die Börse, anders als etwa die Korporation der Kaufmannschaft, nicht als Subjekt des Rechtsverkehrs, sondern vielmehr als tatsächliche Erscheinung („Börsenversammlung“) verstanden. Bemerkenswert ist die bereits von zeitgenössischen Autoren geäußerte Kritik, die preußischen Börsen würden entgegen dem Bedürfnis nach konsequenter Durchführung eines organisatorischen Prinzips ein „unerfreuliches Mischbild“ bieten.25 Sie seien „weder öffentliche Korporationen, noch geschlossene Vereine, noch formell freie Märkte, sondern reglementierte Veranstaltungen eines flüssigen und nach jeder Richtung gemischten Personenkreises ( . . . )“.26

3. Das Börsengesetz von 1896 Dass schließlich doch eine einheitliche Kodifikation des Börsenrechts für das Deutsche Reich zustande kam, ist nicht zuvörderst mit einem Bestreben des Gesetzgebers zu erklären, den Börsenhandel zu stärken und einen förderlichen 23 24 25 26

Vgl. Weber, ZHR 43 (1895), 83, 117. So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 39. Weber, ZHR 43 (1895), 83, 116. Siehe den Nachweis in der vorigen Fn.

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rechtlichen Rahmen zu schaffen. Vielmehr entstand das Börsengesetz von 189627 im Kontext einer eindeutig börsenfeindlichen allgemeinen Stimmung und suchte Fehlentwicklungen und Auswüchsen, die während der vorangegangenen zwei Jahrzehnte aufgetreten waren, entgegenzuwirken.28 Das Börsengesetz von 1896 knüpfte an die bisherige Rechtslage in Preußen an, enthielt sich allerdings weitgehend grundsätzlicher Festlegungen, um eine Beibehaltung der rechtlichen Besonderheiten der einzelnen deutschen Börsenplätze zu ermöglichen.29 Hierfür hatten sich insbesondere die Hansestädte Hamburg und Bremen sowie das Königreich Bayern eingesetzt. Sie konnten durchsetzen, dass Vorschriften über die Aufsicht unter einen Landesvorbehalt gestellt wurden. Von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung ist der Umstand, dass das Börsengesetz keine Festlegung hinsichtlich der rechtlichen Natur der Börsenveranstaltung enthielt und auch ihr Verhältnis zu derjenigen Institution, die das Börsengebäude und die weiteren Sachmittel stellte, nicht regelte. Über die Existenz eines Trägers sind dem Börsengesetz keine Aussagen zu entnehmen. Auch hinsichtlich der Börsenorgane und ihrer Handlungsformen blieben die Bestimmungen des Börsengesetzes von 1896 rudimentär: Das Börsengesetz sprach zwar von den „Börsenorganen“ in ihrer Gesamtheit (§ 49 des Börsengesetzes von 1896) und erwähnte auch einzelne Börsenorgane (etwa den Börsenvorstand in den §§ 7 Abs. 2 und 8 Abs. 2 des Gesetzes sowie die Zulassungsstelle in § 36 Abs. 1 des Gesetzes), Bestimmungen über deren Zusammensetzung enthielt das Börsengesetz jedoch entweder überhaupt nicht (so bezüglich des Börsenvorstandes) oder behielt diese den Börsenordnungen vor (so § 36 Abs. 4 S. 2 des Börsengesetzes von 1896 in Bezug auf die Zulassungsstelle). Insbesondere war dem Börsengesetz nicht zu entnehmen, ob die Börsenorgane als Stellen öffentlicher Verwaltung begriffen wurden und ob sie sich der Handlungsformen des öffentlichen oder aber derjenigen des privaten Rechts zu bedienen hatten. Der Begriff der „amtlichen“ Kursfeststellung sagte jedenfalls nichts über ein öffentlich-rechtliches Verständnis der Tätigkeit der Börsenorgane aus, hing vielmehr lediglich damit zusammen, dass die Kursmakler aufgrund einer hoheitlichen Bestellung tätig wurden (§ 30 des Börsengesetzes von 1896).30 Auch bezeichnete das Börsengesetz weder den Normgeber noch die Rechtsnatur der Börsenordnung, deren hoheitliche Genehmigung und notwendiger Inhalt in den §§ 4 bis 6 des Gesetzes geregelt waren. Doch bereits der Berliner Börsenstreit31 der Jahre 1902 und 1903 brachte in wesentlichen Punkten eine Klärung. Dem Berliner Börsenstreit war eine Übertragung Börsengesetz vom 22. 6. 1896, RGBl. S. 157. Zu den Umständen, die diese Kodifikation veranlassten, siehe Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 67 ff.; Schulz, AG 1996, 260; ferner Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 24 f.; Meier, Entstehung des Börsengesetzes von 1896, S. 43, 56, 89. 29 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 40; siehe auch Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 82 f.; Schulz, AG 1996, 260, 261 f. 30 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 41 f. m. w. N. 27 28

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der Börsenaufsicht von der Korporation der Kaufmannschaft von Berlin, deren Aufgaben heute der Trägerschaft zuzuordnen wären, auf die neu gegründete Handelskammer vorausgegangen (gemäß § 1 Abs. 2 des Börsengesetzes von 1896). Gestritten wurde um das Recht zur Abfassung der Börsenordnung und über die Besetzung des Börsenvorstandes. Die Kaufmannschaft unterlag hinsichtlich beider Streitpunkte. Es wurde das Verständnis der Börse als eine öffentliche Veranstaltung, die sich am allgemeinen Interesse zu orientieren hat, etabliert. Zudem wurde – als Konsequenz des Vorgenannten – die Trennung von Börsenträger und Börse festgeschrieben und der Grundsatz aufgestellt, dass der Börsenträger keinen Einfluss auf die Gestaltung der Marktorganisation nehmen darf. Das Börsengesetz von 1896 blieb über viele Jahrzehnte trotz erheblicher politischer und wirtschaftlicher Umwälzungen in seinen Grundzügen unverändert.32 Erwähnt seien allerdings die Börsengesetznovelle von 190833, die insbesondere die Bestimmungen über den Börsenterminhandel reformierte34, sowie die erheblichen Eingriffe in das Börsenrecht während der nationalsozialistischen Herrschaft35.

4. Neuere Entwicklungen a) Europäische Einflüsse In den vergangenen Jahrzehnten wurde das nationale Kapitalmarktrecht durch Vorgaben von europäischer Ebene zunehmend und in kaum zu überschätzendem Maße beeinflusst. Zu Beginn dieser Entwicklung, die im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ihren Ausgang nahm, war zwischen zwei verschiedenen Konzeptionen zu wählen, die in dem so genannten Segré-Bericht36 von 1966 dargestellt worden waren: Entweder würde man im Wege einer Harmonisierung des Gesellschaftsrechts den Primärmarkt integrieren, oder aber unter Beibehaltung divergierenden mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrechts den Sekundärmarkt mittels des Erlasses kapitalmarktrelevanten Gemeinschaftsrechtes harmonisieren. Man entschied sich schließlich für den ersten Ansatz. Primärmarktrelevante Regelungen wurden in das einzelstaatliche (Gesellschafts-)Recht eingefügt und es 31 Siehe hierzu Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 26 f.; Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 28 f.; Köndgen / Mues, WM 1998, 53, 57; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.294; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 42 m. w. N. 32 Ähnlich Merkt, Beiträge zur Börsen- und Unternehmensgeschichte, S. 153. 33 Gesetz, betreffend Änderung des Börsengesetzes, vom 8. 5. 1908, RGBl. S. 183; vgl. Schulz, AG 1996, 260, 264. 34 Meier, Entstehung des Börsengesetzes von 1896, S. 342 ff.; Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 89 f. 35 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 102 ff. 36 EWG-Kommission, Der Aufbau eines Europäischen Kapitalmarkts – Bericht einer von der EWG-Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe, 1966 (Segré-Bericht).

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war beabsichtigt, dieses umfassend zu harmonisieren.37 Obwohl auf diese Weise eine ganze Reihe kapitalmarktbezogener Regelungen entstand38, wurde schließlich deutlich, dass dieser Ansatz, jedenfalls für sich genommen, wenig erfolgreich war. So besann man sich ab den achtziger Jahren auf ein genuin kapitalmarktrechtliches Regelungskonzept, das dem Grundsatz einer Mindestharmonisierung folgte.39 Zudem wurde auf europäischer Ebene auch das Ziel einer Verbesserung des institutionellen Zusammenwirkens verfolgt: Im Jahre 1997 wurde das Forum of European Securities Commissions (FESCO) ins Leben gerufen, das einen Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die Schaffung gemeinsamer Standards und deren einheitliche Auslegung bezweckte.40 Diese Einrichtung wurde 2001 als Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (Committee of European Securities Regulators, CESR) verstetigt41, in welchem die Börsenaufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sowie Islands und Norwegens42 versammelt sind. Insbesondere seit dem Ende der neunziger Jahre gelang es, die materiell-rechtliche Annäherung erheblich voranzutreiben. Im Jahre 1999 legte die EU-Kommission den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen 43 (Financial Services Action Plan, FSAP) vor, mit welchem sie die Schaffung eines integrierten europäischen Finanzmarktes spätestens bis zum Jahre 2005 beabsichtigte.44 Angesichts der Vielzahl der zu regelnden Fragen wurde das anwendbare Rechtsetzungsverfahren, das Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft45 (EGV), als zu schwerfällig erachtet.46 Zur Verbesserung 37 Vgl. Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 87; Garrido García, RabelsZ 69 (2005), 761, 779 f.; Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 45 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 19 f.; Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1497 f.; Schwark, WM 1997, 293, 304. 38 Eine Übersicht findet sich bei Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 19 f.; siehe auch Mülbert, WM 2001, 2085. 39 Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 87; Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 129; vgl. auch ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 19 f. 40 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 20 f. (siehe dort auch Fn. 46); Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1503 ff.; siehe zudem Ferran, Building an EU Securities Market, S. 79. 41 Vgl. Ferran, Building an EU Securities Market, S. 78 f.; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 275. 42 Ferran, Building an EU Securities Market, S. 78; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 20. 43 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999. 44 Schmolke, NZG 2005, 912; Seitz, BKR 2002, 340; zum FSAP zudem Ferran, Building an EU Securities Market, S. 1 ff.; Moloney, EC Securities Regulation, S. 25 ff. 45 Durch den Vertrag von Lissabon (Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. 12. 2007) soll der EGV in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) umbenannt werden. Der Vertrag von Lissabon befindet sich im Ratifizierungsprozess. Bei einem Referendum in Irland wurde der Vertrag von Lissabon abgelehnt. Ein zweites Referendum ist dort beabsichtigt. Art. 251 EGV soll durch Art. 294 AEUV ersetzt werden.

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des Rechtsetzungsverfahrens wurde auf Grundlage des Lamfalussy-Berichtes47 das Komitologieverfahren eingeführt, ein vierstufiges Verfahren, nach welchem die jeweiligen Richtlinien und Verordnungen als erste Stufe des Verfahrens nur die Grundentscheidungen und den Rahmen vorgeben sollen und die Detailregelungen den weiteren Stufen vorbehalten bleiben.48 Dieses Verfahren ermöglichte innerhalb relativ kurzer Zeit bis zum Jahre 2004 den Erlass der vier maßgeblichen Richtlinien erster Stufe zur Umsetzung des FSAP: der Marktmissbrauchsrichtlinie 49, der Prospektrichtlinie50, der bereits erwähnten MiFID sowie der Transparenzrichtlinie51. Mit dem im Jahre 2005 von der EU-Kommission veröffentlichten „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010“52 legte die Kommission sodann die Konzeption fest, die bei der Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für Finanzdienstleistungen während des an die Umsetzung des FSAP anschließenden Zeitraums verfolgt werden soll.53 Das „Weißbuch“ verzichtet weitgehend auf neue Regelungsinitiativen und hat vielmehr eine Konsolidierung und Überprüfung des in jüngster Zeit erheblich umgestalteten Rechtsrahmens zum Gegenstand.

b) Anpassungen des deutschen Börsen- und Kapitalmarktrechts In den vergangenen Jahrzehnten war das deutsche Börsen- und Kapitalmarktrecht Gegenstand erheblicher Reformanstrengungen. So wurde das Börsengesetz vielfältig modifiziert, ohne indes an der Organisationsstruktur der Börsen fundamentale Veränderungen vorzunehmen. Darüber hinaus wurde, auch angestoßen durch die Vorgaben von europäischer Ebene, ein gesetzlicher Rahmen auch für solche Kapitalmarkttransaktionen geschaffen, welche außerhalb der Börsen stattfinden, und die Regelungsdichte sowohl im börslichen als auch im außerbörslichen Bereich erheblich gesteigert. 46 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999, S. 16; Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 88; Seitz, BKR 2002, 340, 341. 47 Schlussbericht des „Ausschusses der Weisen über die Regulierung der Europäischen Wertpapiermärkte“ (so genannter „Lamfalussy-Bericht“), 15. 2. 2001. 48 Ferran, Building an EU Securities Market, S. 61; Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 9 ff.; Moloney, EC Securities Regulation, S. 29 f.; Schmolke, NZG 2005, 912, 913 f.; Seitz, BKR 2002, 340, 341; ders., AG 2004, 497; Tison, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 97. 49 Richtlinie 2003 / 6 / EG vom 28. 1. 2003, ABl. EU Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 50 Richtlinie 2003 / 71 / EG vom 4. 11. 2003, ABl. EU Nr. L 345 vom 31. 12. 2003, 64. 51 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 vom 31. 12. 2004, 38. 52 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005. 53 Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 86.

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Die Tendenz, das deutsche Börsenrecht im Detail fortzuentwickeln, in der Grundstruktur des Börsenwesens jedoch Kontinuität walten zu lassen54, findet eine eindrucksvolle Verkörperung in der Börsengesetznovelle55 des Jahres 1975. Erst mit diesem Gesetz fanden die bereits erwähnten, beinahe ein dreiviertel Jahrhundert zuvor getroffenen grundsätzlichen Feststellungen des Berliner Börsenstreites der Jahre 1902 und 1903 Eingang in das Börsengesetz: Erstmals wurde der Börsenträger erwähnt (§ 4 Abs. 1 S. 2 des Börsengesetzes von 1975) und damit die strikte Trennung von Börse und Börsenträger gesetzlich fixiert. Auch wurde das Zulassungsverfahren – wie die Regelung des § 7 Abs. 7 des Börsengesetzes von 1975 zeigt, die zwischen Rücknahme und Widerruf der Zulassung unterscheidet – als Verwaltungsverfahren ausgestaltet und auf diese Weise die öffentlich-rechtliche Verfassung der Börsen bestätigt. Seit Beginn der achtziger Jahre zeichnete sich aufgrund des Abfließens von Anlagegeldern an die grauen, also nicht regulierten Kapitalmärkte, aufgrund der Internationalisierung der Kapitalmärkte, aufgrund neuer technischer Entwicklungen sowie aufgrund europäischer Harmonisierungsbemühungen ein erhöhter gesetzgeberischer Handlungsbedarf ab.56 Der Gesetzgeber reagierte auf diesen insbesondere mit den Börsengesetznovellen der Jahre 198657 und 198958, die durch verschiedenartige Maßnahmen das Börsengesetz an die veränderten Anforderungen anzupassen suchten und zudem die Umsetzung europäischer Richtlinien zum Gegenstand hatten, sowie mit einer Vielzahl weiterer gesetzlicher Maßnahmen, die die kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen verbessern sollten.59 Die beständigen Reformbemühungen setzten sich indessen auch weiterhin fort. In dem Zeitraum zwischen 1990 und 2002 brachte der Gesetzgeber insgesamt vier Finanzmarktförderungsgesetze60 auf den Weg, die die rechtlichen RahmenbedinÄhnlich Merkt, Beiträge zur Börsen- und Unternehmensgeschichte, S. 153. Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 28. 4. 1975, BGBl. I 1013; hierzu auch Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 121; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 42 f. 56 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 16 f.; Schulz, AG 1996, 260, 264. 57 Börsenzulassungs-Gesetz vom 16. 12. 1986, BGBl. I 2478. Durch dieses Gesetz wurde unter anderem das Segment des Geregelten Marktes geschaffen, das auf kleinere und mittlere Unternehmen zugeschnitten war (vgl. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 352, 357 m. w. N.). Zudem wurde der bisher nicht geregelte Freiverkehr auf eine gesetzliche Grundlage gestellt (Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 17 Fn. 32). 58 Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 11. 7. 1989, BGBl. I 1412. Mit diesem Gesetz wurden insbesondere die börsengesetzlichen Bestimmungen über Börsentermingeschäfte neu gefasst. 59 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 16 f.; ders., in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 124 ff. 60 Erstes Finanzmarktförderungsgesetz vom 22. 2. 1990, BGBl. I 266; Zweites Finanzmarktförderungsgesetz vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749; Drittes Finanzmarktförderungsgesetz vom 24. 3. 1998, BGBl. I 529; Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 54 55

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gungen für den deutschen Kapitalmarkt verbessern sollten. Insbesondere wurde mit dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz von 1994, das wiederum der Umsetzung mehrerer europäischer Richtlinien diente, das WpHG geschaffen. Mit dem WpHG, welches nunmehr eine der zentralen Rechtsquellen des Kapitalmarktrechts darstellt, wurde dem Börsengesetz, das überwiegend marktorganisationsrechtliche Bestimmungen zum Gegenstand hat, ein markttransaktionsrechtlicher Gegenpart gegenüber- beziehungsweise vorangestellt.61 Auch begründete das WpHG das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, eine der Vorgängerbehörden der heutigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz62 von 2002 nahm der Gesetzgeber schließlich Bestimmungen über außerbörsliche Handelssysteme in das Börsengesetz auf.63 Durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz64 aus dem Jahre 2007 wurden diese Bestimmungen allerdings wieder aufgehoben und durch Regelungen im WpHG ersetzt, welche den Vorgaben der MiFID entsprechen.65 Diese Verlagerung eines im Ausgangspunkt organisationsrechtlichen Regelungsgegenstandes in das WpHG wurde als erforderlich erachtet, da die MiFID eine Geltung der (transaktionsbezogenen) Verhaltenspflichten der Wertpapierdienstleister auch für außerbörsliche Plattformen vorschreibt.66 Darüber hinaus wurden mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz erstmals eine Börsendefinition sowie die ausdrückliche Feststellung, dass es sich bei Börsen um teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, in das Börsengesetz eingefügt (§ 2 Abs. 1 BörsG). c) Gegenwärtige deutsche Börsenlandschaft Gegenwärtig gibt es in der Bundesrepublik sieben Wertpapierbörsen, nämlich diejenigen in Frankfurt am Main, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Mün61 Diese Unterscheidung wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt trennscharf eingehalten, vgl. Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 70. Dies zeigen etwa die organisationsrechtlichen Regelungen über außerbörsliche Handelssysteme, die zunächst in das Börsengesetz eingefügt wurden, mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz jedoch in das WpHG verlagert wurden (siehe sogleich). 62 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 63 Vertiefend zu den außerbörslichen Handelssystemen siehe 2. Kapitel C.; Fleischer, NJW 2002, 2977, 2983. 64 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 65 Hierzu Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 780. Ergänzt werden die Regelungen des WpHG durch Bestimmungen des KWG, die insbesondere Lizenzpflichten für derartige außerbörsliche Handelsplattformen (unter dem Gesichtspunkt des Erbringens von Finanzdienstleistungen) zum Gegenstand haben. 66 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 68. Die Zuordnung zum Börsengesetz oder zum WpHG ist zudem entscheidend für die Bestimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Siehe vertiefend hierzu 2. Kapitel C. II. 1. und 2. sowie 4. Kapitel A. III.

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chen und Stuttgart.67 Die Bremer Regionalbörse stellte im Jahre 2007 den Handel ein.68 Die bei weitem bedeutendste deutsche Börse ist die FWB mit einem Umsatzanteil von mehr als 90 Prozent.69 Der Träger der FWB, die Deutsche Börse AG70, ist seit 2001 selbst börsennotiert.71 Im Jahre 2000 scheiterten Bemühungen einer Fusion der Deutsche Börse AG mit der London Stock Exchange, der Trägerin und zugleich Veranstalterin des Londoner Börsenhandels, am Widerstand der Eigentümer der London Stock Exchange.72 Im Jahre 2005 musste der erneute Versuch, einen derartigen Zusammenschluss zu bewerkstelligen, aufgrund des Widerstandes einiger an der Deutsche Börse AG beteiligter institutioneller Investoren aufgegeben werden.73 Dennoch gelang es der Deutsche Börse AG in den letzten Jahren, sich als einer der gemessen am eigenen Börsenwert weltweit wertvollsten Börsenbetreiber zu etablieren.74 Die bedeutende Rolle, die der Deutsche Börse AG auch auf internationaler Ebene zuzuschreiben ist, beruht indes nicht ausschließlich auf ihrer Funktion als Trägerin der FWB. Zu erwähnen ist insbesondere auch, dass sie über ihr Tochterunternehmen Clearstream International S.A. erhebliche Umsätze im Bereich der dem Börsenhandel nachgelagerten Dienstleistungen der Verwahrung und Abwicklung generiert.75 Überdies ist die Deutsche Börse AG maßgeblich an der Eurex, Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 431. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 7. 2007, S. 11; Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 10. 69 Siehe hierzu http: //deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/de/kir/gdb_navigation/about_us/ 20_FWB_ Frankfurt_Stock_Exchange. 70 Auch die Scoach Europa AG ist Trägerin der FWB, vgl. § 3 Abs. 1 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. Die Trägerschaft der Scoach Europa AG beschränkt sich allerdings auf den Handel mit strukturierten Produkten. 71 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 46; Di Noia, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 176; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 241 (Fn. 18); Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 84; Kalss, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 214; vgl. zur „Auflösung des strukturellen Gleichlaufs der Interessen der Börse und des Börsenträgers“ Hammen, AG 2001, 549, 554 ff. 72 Siehe Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 28; Bergsträsser, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 289 ff.; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 50 ff.; Hammen, ZBB 2001, 84; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 50 f.; vgl. ferner Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24; Schwark, WM 2000, 2517. 73 Siehe Christoph, ZBB 2005, 82, 83 m. w. N.; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 54 f.; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 252; ferner Casper / Bracht, NZG 2005, 839, 841; Paravicini, Finanzplatz 2005, Nr. 4, 14. 74 Zu einer Aufstellung der Börsenwerte der weltweit größten Börsenbetreiber siehe die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. 11. 2008, S. 21. 75 Siehe hierzu den Geschäftsbericht 2007 der „Gruppe Deutsche Börse“, S. 21 ff., abrufbar unter http: //deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/de/kir/gdb_navigation/investor_relations /30_Reports_and _Figures/30_Annual_Reports/10_Annual_Report_2007. 67 68

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einer der weltweit größten Terminbörsen, beteiligt.76 Diese entstand im Jahre 1998 aus dem Zusammenschluss der Deutschen Terminbörse (DTB) und der Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX).77 An den Trägergesellschaften der Eurex ist neben der Deutsche Börse AG auch die SIX Swiss Exchange AG78 beteiligt.79

II. Herausbildung eines Börsenbegriffes 1. Historischer Gesetzgeber und „Feenpalasturteil“ Der historische Gesetzgeber enthielt sich bei Erlass des Börsengesetzes im Jahre 1896 einer Börsendefinition.80 Mehrere Vorschläge für eine Definition, insbesondere zwei Formulierungen, die den staatlichen Einfluss hervorhoben, waren von der Börsenenquête-Kommission81, die im Vorfeld der Kodifikation von 1896 über ein reichseinheitliches Börsengesetz beraten hatte, abgelehnt worden. Es stellte sich heraus, dass die unterschiedlichen Börsentraditionen der deutschen Einzelstaaten eine Einigung auf eine gemeinsame Börsendefinition erheblich erschwerten. Darüber hinaus wurde eine umfassende Begriffsbestimmung auch der Sache nach als sehr schwierig und zugleich als verzichtbar angesehen. Hinsichtlich der vorhandenen Veranstaltungen, die als Börsen galten und aufgrund ihrer staatlichen Genehmigung auch als solche erkennbar waren, schien eine Einordnung ohne weiteres möglich zu sein. Teilweise wird zudem geäußert, der Gesetzgeber habe bereits damals, wie auch bei späteren Reformen, auf eine Definition verzichtet, um die weitere Entwicklung nicht durch eine zu enge Begriffsbestimmung zu behindern.82 Allerdings führte dieses Fehlen einer Legaldefinition bereits kurz nach der Schaffung des Börsengesetzes und auch in der Folgezeit immer wieder zu DiskusVgl. ebenfalls den Geschäftsbericht 2007 (vorige Fn.), S. 17 ff. Hierzu Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 88; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 61 ff.; Kurth, WM 2000, 1521 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 51. 78 Bis September 2008: SWX Swiss Exchange AG. 79 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 61. 80 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 73 f.; ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 74 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 53 f. m. w. N.; vgl. auch Cohn, DJZ 1897, 73, 74; Weber, ZHR 43 (1895), 83, 144 f. 81 Vgl. Schulz, AG 1996, 260; Weber, ZHR 43 (1895), 83 ff., 457 ff.; ders., ZHR 44 (1896), 29 ff.; ders., ZHR 45 (1896), 69 ff. 82 So Beck, WM 1998, 417, 418, Fn. 20, dessen Verweis auf die Regierungsbegründung zur BörsG-Novelle von 1989 dies jedoch nicht eindeutig bestätigt; Hammen, WM 2001, 929, 930; Wastl / Schlitt, WM 2001, 1702, 1708, mit weiterführendem Verweis auf Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf der BörsG-Novelle von 1989, BT-Drs. 11 / 4177, 22; Weber, NJW 2000, 2061, 2063; zweifelnd Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 74. 76 77

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sionen über den Börsenbegriff.83 Bereits das „Feenpalasturteil“84 des Preußischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1898, das eine nicht genehmigte warenbörsenmäßige Zusammenkunft Berliner Kaufleute zum Gegenstand hatte, musste sich mit dem Börsenbegriff auseinandersetzen. Die Kaufleute hatten sich in dem „Verein Berliner Getreide- und Produktenhändler“ zusammengeschlossen und trafen sich zur Durchführung des Handels in dem Varietétheater „Feenpalast“.85 Da die Anwendbarkeit des Börsengesetzes in Frage stand, hatte das Preußische Oberverwaltungsgericht die Merkmale des Börsenbegriffes zu klären. Es entschied sich für die folgende Begriffsbestimmung: Voraussetzung seien regelmäßige, an einem bestimmten Ort zu festgelegten Zeiten und in verhältnismäßig kurzen Zeitabständen stattfindende Versammlungen einer größeren Anzahl von in der Nähe ansässigen, zumindest überwiegend kaufmannsähnlich tätigen Personen, die dem Zweck dienen, Handel in nicht zur Stelle gebrachten, vertretbaren Waren zu treiben.86

2. Jüngere wissenschaftliche Diskussion Die im „Feenpalasturteil“ entwickelte Begriffsbestimmung war über Jahrzehnte und bis in jüngste Zeit in ihren Grundaussagen weithin anerkannt.87 Lediglich gewisse Modifikationen hatten sich als erforderlich erwiesen.88 Insbesondere musste das Merkmal der Ortsgebundenheit aufgrund des Aufkommens des elektronischen Handels aufgegeben oder, nach anderer Ansicht, durch das alternative Kriterium der Systemgebundenheit ergänzt werden. Zudem verlor das Kriterium der Händlerschaft an Bedeutung, da elektronische Systeme, die nicht im Eigentum der Händler standen, sondern vom Börsenträger bereitgestellt wurden, in großem Umfang Funktionen der Händler übernahmen. Zumindest konnte dieses Merkmal nicht mehr im Sinne einer verbandsmäßigen Organisation der Handeltreibenden verstanden werden. 83 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 88; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 54 ff. 84 PrOVGE 34, 315 = ZHR 48 (1899), 274. 85 Siehe zu diesen Vorgängen Jastrow, DJZ 1897, 209; Meier, Entstehung des Börsengesetzes von 1896, S. 328 ff.; Oswalt, DJZ 1897, 269; Wiener, DJZ 1897, 149. 86 PrOVGE 34, 315, 335 f. = ZHR 48 (1899), 274, 294 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 55. 87 Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 2; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 4; Franke, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 9; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 56 m. w. N.; ders., ZBB 2001, 353, 356; Posegga, WM 2002, 2402; Schwark, Börsengesetz, 2. Aufl., 1994, § 1 Rdn. 5; Wastl, WM 1999, 620, 624. 88 Siehe die Nachweise in der vorigen Fn. sowie insbesondere Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 166 ff.; ferner Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 34; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 86.

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Während der klassische Börsenbegriff des „Feenpalasturteils“ als institutionell, also als an die Börse als Institution anknüpfend89, bezeichnet wurde, rückten durch die genannten Modifikationen in zunehmendem Maße funktionale, also an die erbrachte Dienstleistung anknüpfende90 Kriterien in den Vordergrund.91 Allerdings überzeugt es nicht, bei dem weiterentwickelten Börsenbegriff von einem rein funktionalen oder materiellen Börsenbegriff zu sprechen.92 Dieser Börsenbegriff beinhaltete nämlich weiterhin durchaus auch institutionelle und formelle Komponenten93: Wie schon seit der Zeit des „Feenpalasturteils“ und des Berliner Börsenstreits von 1902 / 03 galt nach wie vor, dass das Betreiben einer Börse die Errichtung der Börse in öffentlich-rechtlicher Form und das Vorliegen einer hoheitlichen Genehmigung voraussetzt. Mit anderen Worten: Zwar löste das Betreiben einer Börse im funktionalen Sinne das Erfordernis einer hoheitlichen Genehmigung aus, eine Börse im Rechtssinne lag jedoch erst bei Hinzutreten der formellen beziehungsweise institutionellen Kriterien hoheitliche Genehmigung und Anstalt des öffentlichen Rechts vor.94 Besonders umstritten war indes die Frage der Aufnahme einer Börsendefinition in das Börsengesetz. Insbesondere das im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen erstellte Börsenreformgutachten aus dem Jahre 1997 sprach sich für eine solche Legaldefinition aus95 und schlug mehrere Varianten vor, die überwiegend funktional geprägt sein sollten, ohne jedoch gänzlich auf institutionelle Kriterien zu verzichten.96 Mit Blick auf Handelssysteme, die nicht unter einen möglichen relativ engen gesetzlichen Börsenbegriff fallen, befürwortete das Gutachten zudem, börsenähnliche Einrichtungen in das Börsengesetz einzubeziehen.97 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 380. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 380. 91 Hierzu Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 163 ff. 92 So aber: Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 3; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 59 BörsG Rdn. 2. 93 In der Diskussion spielen die jeweils einen Gegensatz verkörpernden Begriffspaare „funktional“ und „institutionell“ sowie „materiell“ und „formell“ eine Rolle. Im vorliegenden Zusammenhang erweisen sich die Bezeichnungen „materiell“ (auf den Inhalt abstellend) und „funktional“ (an die erbrachte Dienstleistung anknüpfend) indes als weitgehend deckungsgleich. Dies gilt lediglich in geringerem Maße für die entgegengesetzten Bezeichnungen „formell“ (auf die Form abstellend) respektive „institutionell“ (an die Börse als Institution anknüpfend). 94 Ähnlich Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 28 f.; siehe auch Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 223. 95 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 377; kritisch Baums / Segna, Börsenreform, S. 21. 96 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 381 ff.; vgl. Hellwig, ZGR 1999, 781, 788; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 653. 97 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 392 ff., 398; siehe auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 22 ff. 89 90

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In der wissenschaftlichen Diskussion wurde herausgestellt, dass die Einführung einer Legaldefinition insbesondere im Hinblick auf das Aufkommen der außerbörslichen Handelssysteme notwendig sei, zumal die Einordnung eines Handelssystems in die Kategorien des Börsengesetzes oder des WpHG die maßgebliche Weichenstellung für die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten und Befugnisse darstelle.98 Wiederum standen sich als grundlegend verschiedene Ansätze die Konzeption eines institutionellen Börsenbegriffs und diejenige eines offeneren funktionalen Börsenbegriffs gegenüber.99 Der institutionelle Börsenbegriff setzt die Errichtung der Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts auf Grundlage einer hoheitlichen Genehmigung voraus. Alternative Systeme werden von diesem Börsenbegriff per se nicht erfasst. Für die Konzeption eines funktionalen, an die erbrachte Dienstleistung anknüpfenden Börsenbegriffes ist hingegen nicht von Belang, ob ein bestimmter Organisationstypus nach Maßgabe einer behördlichen Genehmigung errichtet wurde. Unter diesen Börsenbegriff können, abhängig von seiner genauen Ausgestaltung, auch alternative Systeme gefasst werden. Es wurde herausgestellt, dass ein solcher Börsenbegriff in der Lage sei, den strengen Gegensatz in der Regulierung des börslichen und des außerbörslichen Handels zu überwinden. Stattdessen könne innerhalb des Börsenrechts ein regulatorisches Kontinuum geschaffen werden, das je nach materieller Ausgestaltung des Handelssystems regulatorische Rahmenbedingungen unterschiedlicher Intensität vorgibt.100

3. Implikationen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes Der Gesetzgeber des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes101 aus dem Jahre 2002 enthielt sich weiterhin einer Börsendefinition. Allerdings wurde eine Legaldefinition der neu geschaffenen börsenähnlichen Einrichtung in das Börsengesetz 98 Siehe Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 652; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 75; vgl. ferner Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 432; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 79 f.; Cohn, ZBB 2002, 365, 372; Wastl / Schlitt, WM 2001, 1702, 1710; gegen eine Legaldefinition Hellwig, ZGR 1999, 781, 789 f. 99 Vgl. Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 82; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 652 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 76 f.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 43. 100 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 77; siehe auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 788; Hopt / Baum, WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 16 f.; eine solche Gestaltung bietet zudem die Möglichkeit, ein freiwilliges Opt-in beziehungsweise Opt-out des Systembetreibers zuzulassen (Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 80; vgl. auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 399; Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 43). Hierunter ist zu verstehen, dass der Systembetreiber nach Maßgabe gesetzlicher Vorgaben auf den regulatorischen Rahmen, dem er unterfällt, Einfluss nehmen kann. So kann er sich den Kunden entweder als schwach regulierter Anbieter präsentieren, der seine Leistungen daher zu besonders günstigen Konditionen offerieren kann, oder aber als stark regulierter Anbieter, der dem Anlegerschutz in besonderem Maße Rechnung trägt („Gütesiegel-Effekt“). 101 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

aufgenommen (§ 59 S. 1 BörsG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes). Danach war die börsenähnliche Einrichtung ein elektronisches Handelssystem, in dem Angebot und Nachfrage in börsenmäßig handelbaren Wirtschaftsgütern oder Rechten mit dem Ziel zusammengeführt werden, Vertragsabschlüsse unter mehreren Marktteilnehmern innerhalb des Systems zu ermöglichen. Diese Definition der börsenähnlichen Einrichtung war in funktionaler Hinsicht in weiten Teilen mit dem in der Literatur etablierten Börsenbegriff identisch.102 Mithin enthielt das Börsengesetz in Form des Begriffes der börsenähnlichen Einrichtung erstmals einen Anhaltspunkt, was unter einer Börse im Sinne eines funktionalen Börsenbegriffes zu verstehen ist.103 Über die Kriterien zur Unterscheidung von Börsen und börsenähnlichen Einrichtungen schwieg sich das Gesetz allerdings aus.104 Da die Errichtung einer Börse im Rechtssinne jedoch weiterhin eine hoheitliche Genehmigung voraussetzte (§ 1 Abs. 1 S. 1 BörsG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes) und die Börse als eine öffentlich-rechtliche Einrichtung begriffen wurde105, stellten diese formellen und institutionellen Komponenten des Börsenbegriffes, obschon sie nicht in einer Legaldefinition verankert waren, das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal gegenüber der börsenähnlichen Einrichtung dar.

4. Legaldefinition des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes Das im Jahre 2007 in Kraft getretene Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz106 fügte in Anlehnung107 an die Definition des geregelten Marktes in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID108 erstmals eine Legaldefinition in das Börsengesetz ein. Gemäß § 2 Abs. 1 BörsG sind Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen 102 Ähnlich Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 59 BörsG Rdn. 2. 103 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 5; Mülbert, JZ 2002, 826, 829; ähnlich Spindler, WM 2002, 1325, 1333, der die Auffassung vertritt, der Gesetzgeber habe auf diese Weise implizit eine Börsendefinition eingeführt; hingegen ist Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 60, der Ansicht, der Börsenbegriff enthalte über diese Definition hinausgehende Tatbestandsmerkmale. 104 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 6. 105 Vgl. Spindler, WM 2002, 1325, 1336. 106 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 107 So auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 79. Die Anlehnung an die Definition des geregelten Marktes hat folgenden Hintergrund: Der durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz anstelle der bisherigen Börsensegmente eingeführte regulierte Markt gemäß §§ 32 ff. BörsG erfüllt die Anforderungen an einen geregelten Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID und ist zugleich das einzige gesetzliche Börsensegment (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 87). 108 Zum Begriff des geregelten Marktes nach der Richtlinie 93 / 22 / EWG (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie), die durch die MiFID ersetzt wurde, siehe Blumentritt, Die privat-

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Rechts, die nach Maßgabe dieses Gesetzes multilaterale Systeme regeln und überwachen, welche die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten innerhalb des Systems nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen oder das Zusammenbringen fördern, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt. Prägend für die in das Börsengesetz aufgenommene Börsendefinition sind auf der einen Seite institutionelle Begriffsmerkmale, nämlich das Entstehen als Anstalt öffentlichen Rechts nach Erteilung der Erlaubnis sowie die nach dem Börsengesetz vorgeschriebene Börsenstruktur, auf der anderen Seite aber auch die von der MiFID vorgegebenen funktionalen Eigenschaften des Marktes.109 Damit weist der Börsenbegriff weiterhin – nun de lege lata – sowohl institutionelle als auch funktionale Komponenten auf.110 Die gemäß den Vorgaben der MiFID formulierten funktionalen Merkmale ähneln denjenigen des bisherigen, in der Kommentierung weithin anerkannten Börsenbegriffes, sind allerdings weiter gefasst. So sind die Begriffsmerkmale einer regelmäßig stattfindenden Veranstaltung und einer Beschränkung der Teilnehmer auf Kaufleute entfallen. Diese Begriffsmerkmale waren auch durchaus verzichtbar, denn sie erlaubten es zwar, das hergebrachte Bild einer Börse zu umschreiben, andererseits ist jedoch kein Grund ersichtlich, hiervon abweichende Fallgestaltungen bereits begrifflich aus dem Regelungsbereich des Börsengesetzes auszunehmen. Die durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz anstelle der bisherigen börsenähnlichen Einrichtungen in das WpHG eingefügten multilateralen Handelssysteme (§ 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 und §§ 31f ff. WpHG) sind hinsichtlich ihrer funktionalen Begriffsmerkmale mit den Börsen weitestgehend identisch111, werden allerdings nicht als Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet. Zwar bedarf es für den Betrieb eines multilateralen Handelssystems einer behördlichen Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes112 (KWG), das Handelssystem ist jedoch rein privatrechtlich ausgestaltet. Die Abgrenzung zu den Börsen stellt sich rechtlich organisierte Börse, S. 102; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 57; Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1502. 109 Ähnlich auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 79. Die Regierungsbegründung spricht allerdings von den „materiellen“ Eigenschaften des Marktes. Im vorliegenden Zusammenhang erweisen sich die Bezeichnungen „materiell“ und „funktional“ indes als weitgehend deckungsgleich. 110 Kritisch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 97 ff. 111 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 79. Ein Unterschied besteht insoweit, als die Definition des multilateralen Handelssystems erfordert, dass die Interessen innerhalb des Systems zusammengebracht werden, während bei der Börse eine Förderung des Zusammenbringens genügt. 112 Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. 9. 1998, BGBl. I 2776; zuletzt geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 19. 12. 2008, BGBl. I 2794.

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somit ähnlich derjenigen dar, welche zuvor in Bezug auf die börsenähnlichen Einrichtungen entwickelt wurde. Man könnte die multilateralen Handelssysteme folglich zwar als Börsen im funktionalen Sinne bezeichnen, nicht jedoch als Börsen im institutionellen (und formellen) Sinne gemäß der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 BörsG.

III. Entwicklung der Ansichten zur Rechtsnatur der Börse Von der Frage des Börsenbegriffes ist diejenige nach der Rechtsnatur der Börse zu unterscheiden. Auch wenn der Gesetzgeber mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz die Rechtsnatur der Börse im Zuge der Regelung des Börsenbegriffes festgeschrieben hat (§ 2 Abs. 1 BörsG), ist ein solches Vorgehen keinesfalls zwingend. So könnte etwa bei einem rein funktionalen Börsenbegriff ohne weiteres auf eine Aussage zu der Rechtsnatur der Börse verzichtet werden. Im Folgenden sollen die Entwicklungslinien hinsichtlich der Rechtsnatur der Börse in gedrängter Form aufgezeigt werden. Die Diskussion über die geeignete Börsenverfassung de lege ferenda ist hingegen an dieser Stelle nicht aufzunehmen.

1. Öffentlich-rechtliche Organisation der Börse Vor der Kodifikation von 1896 wurden die Börsen in Deutschland überwiegend, so insbesondere in Preußen, dem öffentlichen Recht zugeordnet. Allerdings bestand in manchen deutschen Einzelstaaten auch eine privatrechtliche Organisationsform.113 Die Börsenenquête-Kommission, die im Vorfeld der Kodifikation von 1896 über das reichseinheitliche Börsengesetz beriet114, thematisierte die Frage der Rechtsnatur und stellte Überlegungen über eine Ausgestaltung der Börse als „öffentliche Korporation“ oder als „Privatverein“ an.115 Das Börsengesetz von 1896 enthielt sich jedoch letztlich einer Festlegung hinsichtlich der Rechtsnatur der Börse. Mangels gesetzlicher Regelung wurde in der Folge sowohl vertreten, dass die Börsenveranstaltung privatrechtlichen Charakters sei, als auch, dass es sich bei ihr um eine hoheitliche Veranstaltung handele.116 Der erwähnte Berliner Börsenstreit117 der Jahre 1902 und 1903, der sich mit dieser Frage befasste, hatte zum 113 Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 61; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 36, 67; vgl. auch Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 53. 114 Vgl. Schulz, AG 1996, 260; Weber, ZHR 43 (1895), 83 ff., 457 ff.; ders., ZHR 44 (1896), 29 ff.; ders., ZHR 45 (1896), 69 ff. 115 Weber, ZHR 43 (1895), 83, 127 f. 116 Vertiefend Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 67 ff. m. w. N.; siehe auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 57 f.; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 649; Schwark, WM 1997, 293, 294.

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Ergebnis, dass die Börse eine öffentliche Veranstaltung ist, sowie ferner, dass dem Träger (aufgrund des vorgenannten Umstandes) eine Einflussnahme auf die Gestaltung der Marktorganisation nicht zusteht. Indes war diese Entscheidung nicht unumstritten und es wurde auch noch in den Folgejahren die Ansicht vertreten, dass die Börse privatrechtlich zu klassifizieren sei.118 Letztlich setzte sich jedoch auch im Schrifttum eine Zuordnung der Börse zum öffentlichen Recht mehrheitlich durch.119 Erst mit der Börsengesetznovelle120 von 1975, die das Zulassungsverfahren als Verwaltungsverfahren ausgestaltete, fand diese Position auch einen Niederschlag im Börsengesetz. 2. Verständnis der Börse als öffentliche Anstalt Die Zuordnung der Börse zum öffentlichen Recht beantwortet allerdings noch nicht die Frage nach ihrer spezifischen Organisationsform.121 Teilweise wurde die Börse als eine rein tatsächliche Veranstaltung ohne eigene Rechtssubjektivität122 oder aber als eine Rechtsinstitution sui generis123 beschrieben. Ferner wurde die Ansicht geäußert, es würde sich um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handeln.124 Diese Ansicht stellte eine verbandsförmige Organisation der Börsenbesucher in den Vordergrund.125 Schließlich etablierte sich jedoch die seither herrschende Meinung, dass die Börse eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist.126 Anders als bei einem Verständnis der Börse als Körperschaft sind es nach dieser Auffassung nicht die am Börsenhandel beteiligten Personen, die die Börse ausmachen. Vielmehr kennzeichnet der technische Apparat mit seiner personellen und sachlichen Ausstattung, mit anderen Worten die Handelsreinrichtung als solche, die Börse.127 Weiterhin umstritten blieb 117 Hierzu Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 26 f.; Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 28 f.; Köndgen / Mues, WM 1998, 53, 57; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 42 m. w. N. 118 So etwa Anschütz, VerwArch 11 (1903), 519, 520 ff. sowie im Jahre 1910 Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz, S. 8; hierzu ferner Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 58 ff.; Elle, ZHR 128 (1966), 273, 275 m. w. N. 119 Grundlegend im Jahre 1932 Göppert, Das Recht der Börsen, S. 75, 89 f.; hierzu ferner Elle, ZHR 128 (1966), 273, 277 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 69 ff. 120 Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 28. 4. 1975, BGBl. I 1013. 121 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 115. 122 Göppert, Das Recht der Börsen, S. 70, 87, 180; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 68 f. 123 Vgl. Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 57; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 116. 124 Vgl. Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 71 f. 125 Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 56; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 71. 126 Vertiefend Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 52 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 72 ff. m. w. N.

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allerdings (bis zur gesetzlichen Klarstellung durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) die Frage der Rechtsfähigkeit der Börse. Zwar wurde die Börse überwiegend als teilrechtsfähig angesehen.128 Die Teilrechtsfähigkeit sollte nach dieser Auffassung so weit reichen, wie es die von ihr in öffentlich-rechtlicher Form wahrzunehmenden Aufgaben erforderten. Teilweise wurde sie jedoch auch als nicht rechtsfähig erachtet.129 Für beide Ansichten wurde auf die gesetzliche Festsetzung der Beteiligungsfähigkeit der Börse im Verwaltungsprozess (inzwischen gemäß § 2 Abs. 4 BörsG) verwiesen. Die Beteiligungsfähigkeit wurde entweder unmittelbar als Argument für eine Teilrechtsfähigkeit angeführt, oder aber, den Umkehrschluss aus der Tatsache ziehend, dass eine solche Regelung überhaupt erforderlich ist, als Argument dafür vorgebracht, dass die Börse grundsätzlich nicht rechtsfähig sei. Seit dem Jahre 2007 ist nun de lege lata klargestellt, dass die Börse eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist (§ 2 Abs. 1 BörsG).

B. Ausgestaltung der deutschen Wertpapierbörsen I. Überblick über die Rechtsquellen Das Kapitalmarktrecht, dem die Rechtsquellen des Börsenwesens zuzuordnen sind, ist ein Querschnittsrecht, welches durch Regelungen in verschiedenen Gesetzen und untergesetzlichen Normen geprägt ist.130 Es stellt einen Schnittpunkt von Zivilrecht und öffentlichem Recht dar.131 Zunächst seien die Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts, welches einen beträchtlichen Einfluss auf das deutsche Börsen- und Kapitalmarktrecht ausübt132, zusammengetragen. Insbesondere war eine Vielzahl europäischer Richtlinien in deutsches Recht umzusetzen, so die Börsenzulassungsrichtlinie133 von 1979, die Börsenprospektrichtlinie 134 von 1980, die Zwischenberichtsrichtlinie 135 von 1982, Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 72. Für eine Teilrechtsfähigkeit Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 8; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 10; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 137; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 23; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 116; für eine teilrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 112. 129 So noch Claussen, Bank- und Börsenrecht, 3. Aufl., 2003, § 9 Rdn. 21 (anders die 4. Aufl.); W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2006, Vorb. BörsG Rdn. 36 (in der 4. Aufl. ebenfalls inzwischen anders); Wastl / Schlitt, MMR 2000, 387, 390. 130 Ähnlich Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 220. 131 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 39 ff.; vgl. auch Schlitt, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 3. 132 Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 31 ff.; Foelsch, BKR 2007, 94; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 19 f. (Fn. 43); Mülbert, WM 2001, 2085; Schmolke, NZG 2005, 912, 914. 133 Richtlinie 79 / 279 / EWG vom 5. 3. 1979, ABl. EG Nr. L 66 vom 16. 3. 1979, 21. 127 128

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die Investmentrichtlinie 136 von 1985, die Beteiligungstransparenzrichtlinie 137 von 1988, die Insider-138 und die Emissionsprospektrichtlinie139, beide von 1989, die Wertpapierdienstleistungs-140 und die Kapitaladäquanzrichtlinie 141, beide von 1993, sowie die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie142 von 2001. Im Rahmen des Aktionsplanes für Finanzdienstleistungen 143 (Financial Services Action Plan, FSAP) erließen das Europäische Parlament und der Rat in den Jahren 2003 und 2004 die Marktmissbrauchsrichtlinie 144, die Prospektrichtlinie145, die Finanzmarktrichtlinie 146 (MiFID) und die Transparenzrichtlinie 147. Die MiFID, welche die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ersetzt, wird – wie auch die anderen im Rahmen des FSAP auf erster Stufe des Komitologieverfahrens erlassenen Richtlinien – von Durchführungsmaßnahmen flankiert, namentlich von einer Durchführungsrichtlinie148 und einer Durchführungsverordnung149. Auf der Ebene des einzelstaatlichen Rechts sind für das deutsche Börsenwesen das Börsengesetz und das WpHG von zentraler Bedeutung. Während das Börsengesetz vorrangig Bestimmungen des Marktorganisationsrechts zum Gegenstand hat, können die Normen des WpHG überwiegend dem Markttransaktionsrecht zugeordnet werden.150 Allerdings handelt es sich hierbei weder um eine bereits vom historischen Gesetzgeber des Börsengesetzes beabsichtigte Zweiteilung – das Börsengesetz datiert von 1896151, während das WpHG erst im Jahre 1994 geschaffen wurde152 –, noch ist diese Unterscheidung gegenwärtig trennscharf verwirklicht.153 Die organisationsrechtlichen Bestimmungen des Börsengesetzes befassen sich primär mit den Börsen und haben zudem den privatrechtlich verfassten, Richtlinie 80 / 390 / EWG vom 17. 3. 1980, ABl. EG Nr. L 100 vom 17. 4. 1980, 1. Richtlinie 82 / 121 / EWG vom 15. 2. 1982, ABl. EG Nr. L 48 vom 20. 2. 1982, 26. 136 Richtlinie 85 / 611 / EWG vom 20. 12. 1985, ABl. EG Nr. L 375 vom 31. 12. 1985, 3. 137 Richtlinie 88 / 627 / EWG vom 12. 12. 1988, ABl. EG Nr. L 348 vom 17. 12. 1988, 62. 138 Richtlinie 89 / 592 / EWG vom 13. 11. 1989, ABl. EG Nr. L 334 vom 18. 11. 1989, 30. 139 Richtlinie 89 / 298 / EWG vom 17. 4. 1989, ABl. EG Nr. L 124 vom 5. 5. 1989, 8. 140 Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 141 Richtlinie 93 / 6 / EWG vom 15. 3. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 1. 142 Richtlinie 2001 / 34 / EG vom 28. 5. 2001, ABl. EG Nr. L 184 vom 6. 7. 2001, 1. 143 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999. 144 Richtlinie 2003 / 6 / EG vom 28. 1. 2003, ABl. EU Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 145 Richtlinie 2003 / 71 / EG vom 4. 11. 2003, ABl. EU Nr. L 345 vom 31. 12. 2003, 64. 146 Richtlinie 2004 / 39 / EG vom 21. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 145 vom 30. 4. 2004, 1. 147 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 vom 31. 12. 2004, 38. 148 Richtlinie 2006 / 73 / EG vom 10. 8. 2006, ABl. EU Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 26. 149 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EU Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 150 Fleischer, NJW 2002, 2977; Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 222. 151 Börsengesetz vom 22. 6. 1896, RGBl. S. 157. 152 Mit dem zweiten Finanzmarktförderungsgesetz vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749. 134 135

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

jedoch in den Börsenhandel integrierten und von einem Börsenträger betriebenen Freiverkehr zum Gegenstand. Bis zum Inkrafttreten des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes154 von 2007 regelte das Börsengesetz auch außerbörsliche Systeme, die als elektronische Handelssysteme und börsenähnliche Einrichtungen bezeichnet wurden. Diese Normen sind jedoch nunmehr zugunsten einer Regelung außerbörslicher Systeme im WpHG entfallen. Das WpHG normiert die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen und schreibt umfangreiche Verhaltenspflichten fest, welche in weiten Teilen die Vorgaben der MiFID umsetzen. Das WpHG erfasst sowohl Dienstleistungen, die über eine Börse erbracht werden, als auch solche außerbörslicher Natur. Das WpHG kann heute als das Kernstück des deutschen Kapitalmarktrechts bezeichnet werden.155 Aufgrund des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes sind im WpHG nunmehr auch die außerbörslichen Handelseinrichtungen kodifiziert, nämlich die multilateralen Handelssysteme und die systematischen Internalisierer.156 Auch das KWG enthält einige Vorschriften, die im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung sind. Insbesondere bedürfen zum Börsenhandel zugelassene Unternehmen in der Regel einer Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG.157 Auch unterliegen der Betrieb eines multilateralen Handelssystems und die Tätigkeit des systematischen Internalisierers diesem Erfordernis.158 Des Weiteren159 ist schließlich noch das Wertpapierprospektgesetz160 (WpPG) zu nennen, welches in Bezug auf Wertpapiere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt 153 Vgl. Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 70. Das beschriebene Prinzip durchbrechen etwa die organisationsrechtlichen Regelungen der außerbörslichen Handelssysteme, die zunächst in das Börsengesetz eingefügt wurden, mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz jedoch in das WpHG verlagert wurden (siehe sogleich). 154 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 155 Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 221; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, Einl. WpHG Rdn. 12; siehe auch Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 23, 430. 156 Die Verlagerung dieser in ihrem Ausgangspunkt marktorganisationsrechtlichen Bestimmungen in das WpHG wurde als erforderlich erachtet, da die MiFID eine Unterwerfung der außerbörslichen Plattformen unter die Bestimmungen für Wertpapierdienstleister vorsieht, hierzu 2. Kapitel C. II. 2. (Fn. 387). 157 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 15. 158 Der Betrieb eines multilateralen Handelssystems ist eine Finanzdienstleistung (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1b KWG). Bei der systematischen Internalisierung ist Bestandteil des Begriffes dieser Tätigkeit (§ 2 Abs. 10 WpHG) der Eigenhandel (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG), der wiederum eine Finanzdienstleistung darstellt und somit ebenfalls ein Lizenzerfordernis nach § 32 Abs. 1 KWG auslöst (a.A. offenbar Fleischer, BKR 2006, 389, 393). 159 Zu weiteren kapitalmarktrechtlichen (Neben-)Gesetzen, die an dieser Stelle keine Erwähnung finden sollen, Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 27 ff.; Merkt / Binder, Jura 2006, 683, 688 ff.; Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 220 ff. 160 Wertpapierprospektgesetz vom 22. 6. 2005, BGBl. I 1698; zuletzt geändert durch Artikel 36 des Gesetzes vom 19. 12. 2008, BGBl. I 2794.

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zugelassen werden sollen, grundsätzlich die Veröffentlichung eines Prospektes vorschreibt.161 Bei anderen relevanten Rechtssätzen handelt es sich nicht um Gesetze im formellen, sondern lediglich im materiellen Sinne.162 Als Rechtsverordnung des Bundes wurde gemäß § 34 BörsG vor allem die Börsenzulassungs-Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt163 (BörsZulV) erlassen.164 Außerdem ist die Bundesregierung gemäß § 38 Abs. 3 respektive § 40 Abs. 2 BörsG ermächtigt, durch Rechtsverordnung Einzelheiten bezüglich der Einführung von Papieren am regulierten Markt und bezüglich der Pflicht zur Zulassung später ausgegebener Aktien festzusetzen. Ferner sind aufgrund des WpHG mehrere Rechtsverordnungen des Bundes ergangen.165 Das Börsengesetz ermächtigt überdies die Landesregierungen zum Erlass verschiedener Rechtsverordnungen.166 Auch den Börsen obliegt als Anstalten des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Selbstverwaltung der Erlass von Rechtssätzen, welche als Gesetze im materiellen Sinne einzuordnen sind. Diese Tätigkeit wird als autonome Rechtsetzung bezeichnet167 und hat die Börsenordnung, die Gebührenordnung, die Bedingungen für Geschäfte an der Börse und die Zulassungsordnung für Börsenhändler zum Gegenstand. Diese Rechtssätze werden durch den Börsenrat jeweils als Satzung erlassen

161 Weitere Prospektpflichten in Bezug auf andere Finanzprodukte enthalten das InvG (Investmentgesetz vom 15. 12. 2003, BGBl. I 2676; zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 13. 8. 2008, BGBl. I 1690) und das VerkProspG (Verkaufsprospektgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. 9. 1998, BGBl. I 2701; zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330). 162 Siehe zu Gesetzen im materiellen Sinne: Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 28; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4 Rdn. 13, 16, 20. 163 Börsenzulassungs-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. 9. 1998, BGBl. I 2832; zuletzt geändert durch Artikel 19a Nummer 2 des Gesetzes vom 21. 12. 2007, BGBl. I 3089. 164 Vgl. Bachmann, WM 2001, 1793. 165 Zu nennen insbesondere die Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) vom 13. 12. 2004, BGBl. I 3376 (aufgrund der §§ 10 Abs. 4, 15 Abs. 7, 15a Abs. 5 und 15b Abs. 2 WpHG); geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. 8. 2008, BGBl. I 1666; die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) vom 1. 3. 2005, BGBl. I 515 (aufgrund des § 20a Abs. 5 WpHG); die Finanzanalyseverordnung (FinAnV) vom 17. 12. 2004, BGBl. I 3522 (aufgrund des § 34b Abs. 8 WpHG); geändert durch die Verordnung vom 20. 7. 2007, BGBl. I 1430, und die Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV) vom 20. 7. 2007, BGBl. I 1432 (aufgrund der §§ 31 Abs. 11, 31a Abs. 8, 31b Abs. 2, 31c Abs. 3, 33 Abs. 4, § 33a Abs. 9 und 34 Abs. 4 WpHG); geändert durch die Verordnung vom 21. 11. 2007, BGBl. I 2602. 166 Der Verordnungen über die Einzelheiten des Erlaubnisantrages (§ 4 Abs. 6 BörsG), über die Einzelheiten der Anzeige bedeutender Beteiligungen (§ 6 Abs. 7 BörsG) und über die Wahl der Börsenräte (§ 13 Abs. 4 BörsG) sowie der Sanktionsausschussverordnung (§ 22 Abs. 1 BörsG). 167 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 137, m. w. N.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

(§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG).168 Die Börsenordnung, die Gebührenordnung und die Zulassungsordnung für Börsenhändler bedürfen einer Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde (§§ 16 Abs. 3 S. 1, 17 Abs. 2 S. 1 und 19 Abs. 6 S. 4 BörsG). Ferner erlässt der Börsenrat eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BörsG) und gibt sich zudem auch eine eigene Geschäftsordnung (§ 12 Abs. 3 S. 1 BörsG). Hierbei handelt es sich jedoch um Regelungen des Innenrechts, die nur die Mitglieder des jeweiligen Organs binden169, und damit nicht um Gesetze im materiellen Sinne.

II. Struktur und Aufgaben des Börsenträgers Das deutsche Börsenrecht ist durch den historisch gewachsenen Dualismus von öffentlich-rechtlich verfasster Börse und regelmäßig privatrechtlich organisiertem Börsenträger geprägt.170 Allerdings wurde dieser Dualismus, der auch als Anwendungsfall einer Public-Private-Partnership bezeichnet wird171, erst im Jahre 2002 durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz172 ausdrücklich im Börsengesetz normiert.173 Das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz weitete die den Börsenträger betreffenden Regelungen aufgrund der Vorgaben der MiFID noch einmal erheblich aus.174

168 Die gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) erforderliche demokratische Legitimation ist im Hinblick auf die repräsentative Vertretung der betroffenen Gruppen im Börsenrat gewährleistet, so Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 137; vgl. auch Papenfuß, Die personellen Grenzen der Autonomie öffentlich-rechtlicher Körperschaften, S. 148 ff.; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 GG Rdn. 44 f. 169 Möstl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 18 Rdn. 13; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rdn. 12. 170 Bereits der Berliner Börsenstreit der Jahre 1902 und 1903 begründete diesen Dualismus, hierzu Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 28 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 42; Segna, ZBB 1999, 144 (Fn. 3); vgl. ferner Köndgen / Mues, WM 1998, 53, 57. 171 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 8 ff.; La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 198; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 25. 172 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 173 § 1 Abs. 2 und 3 BörsG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 14 / 8017, 72; siehe auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 82 (Fn. 279); Schwarz, DStR 2003, 1930, 1931. Die erstmalige Erwähnung des Börsenträgers im Börsengesetz datiert jedoch bereits auf die Börsengesetznovelle von 1975 (Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 28. 4. 1975, BGBl. I 1013), hierzu Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 42 f. 174 Siehe insbesondere § 5 BörsG, vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 82.

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1. Rechtsform Das Börsengesetz schreibt für den Börsenträger weder eine bestimmte Rechtsform vor, noch nimmt es überhaupt eine Beschränkung auf privatrechtliche Organisationsformen vor. Nach geltendem Recht ist daher sowohl eine privatrechtliche als auch eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft zulässig.175 Eine – in ihrem Ansatz allerdings nicht rechtsformspezifische – Grenze zieht das Börsengesetz jedoch insoweit, als der Träger (etwa gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 4 und § 5 Abs. 5 BörsG) in der Lage sein muss, die sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungen an den Betrieb der Börse zu erfüllen. In der Praxis handelt es sich mittlerweile mit einer Ausnahme bei allen Börsenträgern um Aktiengesellschaften; lediglich die Baden-Württembergische Wertpapierbörse in Stuttgart wird von einer GmbH getragen.176 Von Industrie- und Handelskammern getragene Börsen („Kammerbörsen“) gibt es inzwischen nicht mehr. Auch ist kein Börsenträger mehr in der Form eines eingetragenen Vereins verfasst.177 Die Wahl der Rechtsform der Aktiengesellschaft, welche eine Eigenkapitalbeschaffung an den organisierten Kapitalmärkten ermöglicht, befähigt den Börsenträger am ehesten, die finanziellen Mittel zur Deckung der laufenden Kosten und zur Vornahme der erforderlichen Investitionen aufzubringen. 2. Kontrolle der Anteilseigner Um die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Börsenträger zu gewährleisten, wurde mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz eine Kontrolle der Inhaber bedeutender Beteiligungen an einem Trägerunternehmen eingeführt.178 Diese inzwischen in § 6 BörsG geregelte Beteiligungskontrolle sieht vor, dass derjenige, der beabsichtigt, eine bedeutende Beteiligung im Sinne von § 1 Abs. 9 KWG an dem Börsenträger zu erwerben oder aufzugeben, dies der Börsenaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen hat (§ 6 Abs. 1 und 5 BörsG). Ferner hat er auch das Über- und Unterschreiten bestimmter höherer Beteiligungsschwellen anzuzeigen. Erlangt der Börsenträger von der Änderung der Beteiligungsverhältnisse 175 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 11; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 137; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 27. 176 La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 198; vgl. auch Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 11; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 10 f.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vorb. BörsG Rdn. 24 (Fn. 79); zur Trägerschaft der Börse Stuttgart durch die Baden-Württembergische Wertpapierbörse GmbH siehe § 2 der Börsenordnung der BadenWürttembergischen Wertpapierbörse, Stand: 1. 11. 2008. 177 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 11. 178 Hierzu Christoph, WM 2004, 1856 ff.; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 223 ff., 343 ff.; vgl. auch Mues, ZBB 2001, 353, 357.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

Kenntnis, treffen auch ihn die besagten Anzeigepflichten gegenüber der Börsenaufsichtsbehörde (§ 6 Abs. 6 BörsG). Die Börsenaufsichtsbehörde kann den Erwerb oder die Erhöhung der Beteiligung unter bestimmten Voraussetzungen untersagen (§ 6 Abs. 2 BörsG). Eine Untersagung kommt in Betracht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Anzeigepflichtige oder gewisse ihm zuzurechnende Personen nicht zuverlässig sind oder sonst nicht den im Interesse einer umsichtigen Führung des Trägers zu stellenden Anforderungen genügen. Ein weiterer Untersagungsgrund liegt vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung und angemessene Fortentwicklung des Börsenbetriebs beeinträchtigt wird. Indes wird sowohl aufgrund einer systematischen Auslegung als auch unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht angezweifelt, dass diesem Untersagungsgrund neben dem Tatbestand der Unzuverlässigkeit ein eigener Anwendungsbereich zukommt.179 Ferner kann die Börsenaufsichtsbehörde dem Inhaber einer bedeutenden Beteiligung die Ausübung seiner Stimmrechte untersagen (§ 6 Abs. 4 BörsG). Diese Befugnis hat sie insbesondere bei Vorliegen der bereits genannten Untersagungsgründe für einen Erwerb sowie im Falle einer nachhaltigen Verletzung der Anzeigepflicht durch den betreffenden Inhaber.

3. Erlaubnis zur Errichtung einer Börse Der Börsenträger bedarf gemäß § 4 Abs. 1 BörsG für die Errichtung und den Betrieb einer Börse der Erlaubnis durch die zuständige oberste Landesbehörde, die Börsenaufsichtsbehörde. Seit dem „Feenpalasturteil“180 des Preußischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1898, das das Verbot einer nicht genehmigten warenbörsenmäßigen Zusammenkunft Berliner Kaufleute zum Gegenstand hatte, ist anerkannt, dass das Betreiben einer als Börse genehmigungsfähigen Einrichtung ohne Genehmigung als Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verboten ist.181 Im Hinblick auf die durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz eingeführten und durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz modifizierten Regelungen für alternative Handelsplattformen ist diese Feststellung allerdings insoweit einzuschränken, als ein Börsenbetreiber nun auch entscheiden kann, eine multilaterale Handelseinrichtung nicht als Börse, sondern als multilaterales Handelssystem zu errichten.182 179 Der Wortlaut dieses Untersagungsgrundes nimmt auf die Betriebspflicht nach § 5 Abs. 1 BörsG Bezug. Eine Gefährdung der Erfüllung der Betriebspflicht soll jedoch bereits durch die erstgenannte Untersagungsmöglichkeit erfasst sein. Hinsichtlich einer extensiven Auslegung des zweiten Untersagungsgrundes wird die Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht bestritten. Vertiefend Christoph, WM 2004, 1856, 1857 ff.; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 225 ff., 343 ff.; vgl. zudem Beck, BKR 2002, 662, 665; siehe auch 4. Kapitel H. II. 2. b) bb). 180 PrOVGE 34, 315 = ZHR 48 (1899), 274. 181 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 9; Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 625; Schwark, WM 1997, 293, 294.

B. Ausgestaltung der deutschen Wertpapierbo¨rsen

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Die Börsenaufsichtsbehörde führt bei der Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis – obgleich dies im Börsengesetz nur unzulänglich zum Ausdruck kommt – eine so genannte Bedürfnisprüfung durch.183 Hierbei berücksichtigt sie insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung einer Börse für den Börsenplatz, für das Umland und den Geschäftszweig, die garantierte Bereitstellung der Mittel für den ordnungsgemäßen Betrieb der Börse sowie die Gefahr des Entstehens einer geschäftsschwachen Kümmerbörse.184 Die Behörde wägt bei ihrer Prüfung öffentliche Interessen gegen die Einzelinteressen des Antragstellers ab. Dieser hat lediglich einen Anspruch auf eine Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, nicht hingegen ein subjektives Recht auf die Erteilung der Erlaubnis.185 Da die Verfassung kein Recht auf die Übertragung staatlicher Aufgaben einräumt, ergibt sich auch aus Art. 12 des Grundgesetzes186 (GG) kein Recht des Antragstellers, eine Börse in der Form der Anstalt des öffentlichen Rechts zu errichten.187 Seit der Neufassung durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz benennt das Börsengesetz in Übereinstimmung mit Art. 36 Abs. 1 der MiFID Kriterien, bei deren Vorliegen die Erlaubnis „insbesondere“ zu versagen ist (§ 4 Abs. 3 BörsG).188 Da die Bestimmung die Versagungsgründe nicht abschließend aufzählt, ändert sich die oben vorgenommene Einordnung hierdurch indes nicht. Die Erlaubnispflicht ist, wie auch die Gesetzesbegründung ausführt, weiterhin nicht als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu qualifizieren.189 Ein derartiges Verbot liegt vor, 182 So auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81; vgl. zudem Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617; Spindler / Kasten, WM 2007, 1245, 1246. Der Betrieb eines multilateralen Handelssystems bedarf allerdings ebenfalls einer behördlichen Erlaubnis, nämlich gemäß § 32 Abs. 1 KWG. 183 Baums / Segna, Börsenreform, S. 30; Segna, ZBB 1999, 144, 146 f.; kritisch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 260 ff. m. w. N. 184 Siehe die Nachweise in der vorigen Fn.; weitere Kriterien nennt Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13. 185 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 7; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 37. 186 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch das Gesetz vom 8. 10. 2008, BGBl. I 1926. 187 So Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 405; Segna, ZBB 1999, 144, 146; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 77. Allerdings wird noch zu untersuchen sein, ob die staatliche Monopolisierung der Börsen, also das Verbot der Errichtung einer Privatbörse, mit Art. 12 GG zu vereinbaren ist. Zu dieser Frage unten 3. Kapitel A. II. 2. 188 Siehe die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81. 189 Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81; so (bereits 1999) Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 75; kritisch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 3 (vgl. bereits die Vorauflage: 3. Aufl., 2006, § 1 BörsG Rdn. 4).

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

wenn die Erteilung der Erlaubnis lediglich unter dem Vorbehalt steht, dass sich im Erlaubnisverfahren keine gesetzlichen Versagungsgründe ergeben.190 Eine solche Konstellation, die auch mit dem Begriff der Kontrollerlaubnis umschrieben wird, ist in Anbetracht der nicht abschließenden gesetzlichen Aufzählung der Versagungsgründe und der damit verbundenen Befugnis der Börsenaufsichtsbehörde, weiterhin eine Bedürfnisprüfung durchzuführen, vorliegend nicht gegeben. Das Gegenstück zu der Kontrollerlaubnis ist die Ausnahmebewilligung, die ein grundsätzlich verbotenes Verhalten lediglich in besonderen Fällen für zulässig erklärt.191 Die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 BörsG ist jedenfalls eher unter diese zweite Fallgruppe zu fassen. Mit der Erteilung der Erlaubnis, bei welcher es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt192, wird der Börsenträger zur Errichtung und dem Betrieb der Börse berechtigt und verpflichtet (§ 5 Abs. 1 S. 1 BörsG). Auf die Erlaubnis kann der Börsenträger nicht mehr einseitig verzichten.193 Er hat lediglich die Möglichkeit, einen Antrag auf Entlassung aus der Pflicht zur Trägerschaft zu stellen, über welchen die Börsenaufsicht in Ausübung ihres Ermessens zu entscheiden hat.194 Die Bindung erstreckt sich jedoch nicht auf diejenigen wirtschaftlichen Betätigungen des Börsenträgers, die dieser entfaltet, ohne sich hierbei auf die Erlaubnis zum Betrieb einer Börse stützen zu müssen.

4. Öffentliche Beleihung und Aufgaben Die Aufgabenzuweisung erfolgt durch eine öffentliche Beleihung195, welche in der Erteilung der Erlaubnis196 gemäß § 5 Abs. 1 BörsG zu sehen ist. Durch eine Beleihung werden einem Privatrechtssubjekt bestimmte Verwaltungsaufgaben zur 190 Hierzu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rdn. 51 ff.; Stober, in: Wolff / Bachof / Stober / Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 46 Rdn. 31 ff. 191 Siehe zur Ausnahmebewilligung die Nachweise in der vorigen Fn. 192 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13; Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 168; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 4. 193 Baums / Segna, Börsenreform, S. 31; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.250, 17.279; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 76. 194 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 12. 195 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 15; BuckHeeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 438; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 91; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 27. 196 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 5 BörsG Rdn. 3; Kritik am lapidaren Gesetzeswortlaut in Hinblick auf Gesetzesvorbehalt und Bestimmtheitsgebot übt Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 86 f.; vgl. zu Beleihung und Gesetzesvorbehalt Stober, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht, Bd. III, § 90 Rdn. 44; die Neufassung durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz trifft indes eine differenziertere Regelung und sollte der Kritik jedenfalls teilweise abgeholfen haben.

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selbständigen hoheitlichen Wahrnehmung übertragen.197 Es kommt ein öffentlichrechtliches Auftragsverhältnis zustande.198 Dem Börsenträger ist allerdings keine obrigkeitliche, sondern nur eine schlichte Hoheitsverwaltung zugewiesen; er wird nicht zu einem Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung.199 Dem Börsenträger obliegt es vor allem, der Börse die zur Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebes erforderlichen finanziellen, personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung zu stellen (§ 5 Abs. 1 S. 2 BörsG). Diese Aufgabe des Börsenträgers, die als Betriebspflicht bezeichnet wird, ist für das Zusammenwirken von Börse und Börsenträger von grundlegender Bedeutung.200 Sie umfasst insbesondere die Bereitstellung der Räumlichkeiten und der technischen Einrichtungen sowie den Abschluss der Anstellungsverträge mit den Mitarbeitern der Börse. Darüber hinaus sind sämtliche zivilrechtlichen Rechtspositionen, die mit dem Börsenbetrieb in Zusammenhang stehen, bei dem Börsenträger angesiedelt.201 Dies korreliert mit der fehlenden Rechtsfähigkeit der Börse im Zivilrechtsverkehr. Im Gegenzug stehen dem Börsenträger allerdings die öffentlich-rechtlichen Gebührenforderungen aufgrund der Gebührenordnung zu. Insoweit sind zwei Gestaltungsvarianten denkbar: Entweder ist der Träger selbst der Gebührengläubiger, oder aber die Börse hat die Gebühren, die sie zunächst erhebt, unmittelbar an den Träger auszukehren.202 Auf diese Weise soll die Inanspruchnahme des Börsenträgers bei der Beschaffung und Instandhaltung der Börseneinrichtungen abgegolten werden. Neben weiteren im Börsengesetz festgelegten Pflichten203 trifft den Börsenträger insbesondere auch eine Treuepflicht gegenüber dem genehmigenden Bundesland, die als Nebenpflicht aus dem Auftragsverhältnis erwächst, § 62 S. 2 des (Hessischen204) Verwaltungsverfahrensgesetzes205, § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdn. 56. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 12. 199 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.259 ff. 200 Vertiefend Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 150; siehe ferner Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 21. 201 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 12; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 76; Segna, ZBB 1999, 144. 202 Die zweite Variante legt etwa § 5 der Gebührenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: 15. 08. 2008) fest. 203 So hat der Börsenträger die Organisationspflichten gemäß § 5 Abs. 4 BörsG zu berücksichtigen und ist im Falle einer Auslagerung an die Vorgaben des § 5 Abs. 3 BörsG gebunden. Des Weiteren hat der Börsenträger auch die Vor- und Nachhandelstransparenzpflichten gemäß §§ 30 f. BörsG zu beachten; insoweit ist er (zumindest auch) Normadressat, da der Börse als teilrechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts die rechtlichen Möglichkeiten zum Abschluss entsprechender Verträge mit Medienunternehmen fehlen, siehe die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT Drs. 16 / 4028, 87; Foelsch, BKR 2007, 94, 100. 204 So im Falle der Deutsche Börse AG, bei anderen Börsenträgern das jeweilige andere Landesverwaltungsverfahrensgesetz. 197 198

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

Gesetzbuches206 (BGB). Bei der Ausübung börsenbezogener Tätigkeiten, aber auch bei Aktivitäten außerhalb börsenbezogener Tätigkeitsfelder, hat der Börsenträger zu prüfen, ob diese mit seiner Treuepflicht in Einklang stehen.207 In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob es dem Börsenträger erlaubt ist, neben den in der Gebührenordnung festgesetzten Gebühren auch rein privatrechtliche Nutzungsentgelte zu erheben.208 In Bezug auf die Leistungen, die er nicht aufgrund seines Beleihungsauftrages zu erbringen verpflichtet ist, wurde dies zwar als zulässig angesehen, in Bezug auf Leistungen innerhalb seines Beleihungsauftrages wurde jedoch teilweise vertreten, die Gebührenordnung sei abschließend.209 Der Gesetzgeber hat durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz nun allerdings in § 17 Abs. 3 BörsG klargestellt, dass der Börsenträger befugt ist, auch für Dienstleistungen, die innerhalb des Börsenbetriebes erfolgen, gesonderte privatrechtliche Entgelte zu verlangen.210

III. Struktur und Aufgaben der Börse Im Anschluss an die Betrachtung des Börsenträgers, dem insbesondere die Bereitstellung der für den Börsenbetrieb erforderlichen sachlichen und personellen Mittel obliegt, soll nun die andere Seite der janusköpfigen deutschen Börsenverfassung in den Blick genommen werden – die Börse, in deren Händen die Durchführung der eigentlichen Börsenveranstaltung liegt.

1. Rechtsform Die Börse ist, wie das Börsengesetz seit Inkrafttreten des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes ausdrücklich festlegt, eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 BörsG).211 Unter einer solchen öffentlichen Anstalt ist nach der klassischen Definition von Otto Mayer ein Bestand von sachlichen und persönlichen Mitteln zu verstehen, der in der Hand eines Trägers öffentlicher Ver205 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz vom 1. 12. 1976, GVBl. I S. 454; 1977 I S. 95, in der Fassung vom 28. 7. 2005, GVBl. I S. 591. 206 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. 1. 2002, BGBl. I 42, 2909; 2003 I 738; zuletzt geändert durch Artikel 50 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 207 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.268 ff. 208 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 81 ff.; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 BörsG Rdn. 7 f.; vgl. auch Beck, WM 1996, 2313. 209 Vgl. die Nachweise in der vorigen Fn. 210 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 84. 211 Hierzu Spindler / Kasten, WM 2007, 1245, 1246.

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waltung einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt ist.212 Es handelt sich hierbei um einen Fall der mittelbaren Staatsverwaltung. Wurde die Börse bereits vor dem Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes im Jahre 2007 von der herrschenden Meinung als öffentliche Anstalt eingeordnet, so war die Frage der Rechtsfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt noch nicht geklärt. Zwar wurde die Börse überwiegend als teilrechtsfähig angesehen, dies war jedoch nicht unumstritten.213 Inzwischen ist der Streit durch die erfolgte Klarstellung in § 2 Abs. 1 BörsG jedoch zugunsten der Teilrechtsfähigkeit entschieden. Die Börse ist zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben berufen und diesbezüglich mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet. Im Privatrechtsverkehr ist sie allerdings nicht rechtsfähig.214 Aus diesem Grunde sind die privatrechtlichen Rechte und Pflichten dem Börsenträger zugeordnet. Aufgrund der fehlenden Vollrechtsfähigkeit handelt es sich bei der Börse im Übrigen auch nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne von § 89 BGB.215

2. Börsenorgane und ihre Aufgaben Die Börse handelt durch ihre Organe. Dieser Begriff bezeichnet die auf rechtlicher Grundlage bestehenden Einrichtungen eines Verwaltungsträgers, die für diesen im Rahmen seiner Zuständigkeiten tätig werden.216 Die Börsenorgane sind Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. Es handelt sich bei ihnen um Behörden217 (§ 1 Abs. 2 des (Hessischen218) Verwaltungsverfahrensgesetzes), denen die Handlungsform des Verwaltungsaktes offensteht.219 Die Organe der Börse nehmen ihre Auf212 So im Jahre 1924 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. II, S. 268; siehe ferner Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.307; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdn. 46; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 73. 213 Für eine Teilrechtsfähigkeit Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 8; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 116; a.A. etwa noch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2006, Vorb. BörsG Rdn. 36 (indes nicht mehr in der 4. Aufl.). 214 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 10; ders., WM 1996, 2313, 2315; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 438; a.A. Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 23, die auch im Privatrechtsverkehr Teilrechtsfähigkeit bejahen. 215 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 10; BuckHeeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 435; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rdn. 6, 8 ff. 216 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rdn. 19. 217 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 74. 218 So bei der FWB, in anderen Bundesländern die entsprechende Vorschrift des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes. 219 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 74; siehe ferner Schwark, WM 1997, 293, 294; ders., in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 4.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

gaben kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, weshalb Ansprüche aus Staatshaftung weitestgehend ausgeschlossen sind.220

a) Börsengeschäftsführung Die Börsengeschäftsführung hat die Börse unter eigener Verantwortung zu leiten (§ 15 Abs. 1 S. 1 BörsG). In Ermangelung einer ausdrücklichen Zuständigkeit eines anderen Organs ist im Zweifel die Zuständigkeit der Geschäftsführung anzunehmen.221 Die Geschäftsführung ist insbesondere mit der Zulassung von Unternehmen zum Börsenhandel (§ 19 Abs. 1 BörsG), der Zulassung der Skontroführer (§ 27 Abs. 1 S. 1 BörsG), der Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel (§ 32 Abs. 1 BörsG) sowie mit der Entscheidung über einen Widerruf der Zulassung von Wertpapieren (§ 39 BörsG) befasst. Über die Zulassung von Wertpapieren entschied bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes die Zulassungsstelle. Der Gesetzgeber war jedoch der Auffassung, dass ein Fortbestand dieses Organs, welches nur noch innerhalb eines engen Aufgabenbereiches tätig wurde, nicht mehr erforderlich sei.222 Ferner ist der Börsengeschäftsführung die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Börse (§ 15 Abs. 3 BörsG), die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Börsenräumen (§ 15 Abs. 4 BörsG) und – neben der Handelsüberwachungsstelle – die Überwachung der Einhaltung der Pflichten der Handelsteilnehmer (§ 15 Abs. 5 BörsG) zugewiesen.

b) Börsenrat Dem Börsenrat obliegen grundlegende Aufgaben, die mit denjenigen des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft vergleichbar sind. So ist der Börsenrat ähnlich einem Aufsichtsrat mit der Überwachung des Leitungsorgans der Börse, der 220 Die maßgeblichen Normen (§§ 7 Abs. 6, 12 Abs. 6, 15 Abs. 6 und 22 Abs. 2 S. 3 BörsG) bewirken einen Ausschluss der drittschützenden Funktion der Tätigkeit der Börsenorgane. Auf diese Weise wurde Amtshaftungsansprüchen, wie noch zu vertiefen sein wird (2. Kapitel B. VII.), eine tatbestandliche Grundlage entzogen. 221 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.353; so im Ergebnis wohl auch Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 12 BörsG Rdn. 4. 222 Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 87; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 447. Im Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums vom 14. 9. 2006 war noch beabsichtigt, diese Aufgabe der BaFin zu übertragen, kritisch hierzu die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, NZG, 2006, 935, 937; siehe auch Duve / Keller, BB 2006, 2537, 2540. Gegen die Übertragung auf die BaFin sprachen sich auch die Regionalbörsen aus (Gemeinsamer Antrag der Börsen Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart zur Neufassung von § 32 Abs. 1 und § 39 BörsG-E, undatiert, abrufbar unter http: //www.euwax.de/div/mifid/ 11%2010 %202006%20Antrag-Regionalb%F6rsen.pdf).

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Börsengeschäftsführung, betraut (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BörsG). Auch ist er mit der Bestellung der Mitglieder des Leitungsorgans befasst (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG). Einige Aufgaben des Börsenrates gehen jedoch über die Befugnisse eines Aufsichtsrates hinaus; etwa verfügt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nicht über die Rechtsetzungskompetenzen, welche dem Börsenrat zugewiesen sind.223 Diese haben insbesondere die Börsenordnung und die Gebührenordnung zum Gegenstand, die jeweils als Satzung erlassen werden (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG). Der Börsenrat, dessen Mitglieder durch Wahl bestimmt werden (§ 13 BörsG), setzt sich aus Vertretern der Gruppen der Handelsteilnehmer, der Emittenten und der Anleger zusammen (§ 12 Abs. 1 BörsG). Ziel ist es, eine angemessene Repräsentanz dieser Gruppen zu gewährleisten.224

c) Handelsüberwachungsstelle Ein weiteres Organ der Börse ist die Handelsüberwachungsstelle (§ 7 BörsG). Ihr obliegt die Überwachung des Handels und der Börsengeschäftsabwicklung. Die Handelsüberwachungsstelle als Organ der Börse verkörpert, wie auch die Gesetzesbegründung des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes zum Ausdruck bringt, das Prinzip der Börsenselbstverwaltung.225 Neben der Handelsüberwachungsstelle sind allerdings auch die Börsenaufsichtsbehörden als Landesbehörden und die BaFin als Bundesbehörde mit Aufgaben der Marktaufsicht betraut.226 Im Rahmen ihrer Überwachungsaufgaben ist die Handelsüberwachungsstelle mit Eingriffsbefugnissen ausgestattet. Insbesondere ist sie zur Einholung von Auskünften, der Einsichtnahme in Unterlagen, der Vornahme von Prüfungen und der Ladung und Vernehmung von Personen befugt (§ 7 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 S. 1 bis 4 BörsG). Die Handelsüberwachungsstelle hat der Börsenaufsichtsbehörde regelmäßig zu berichten, Verdachtsfälle hat sie der Börsenaufsichtsbehörde und der Börsengeschäftsführung unverzüglich mitzuteilen (§ 7 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1 BörsG). Die Börsengeschäftsführung kann daraufhin gegebenenfalls eilbedürftige Anordnungen treffen (§ 7 Abs. 5 S. 2 BörsG). Die Börsenaufsichtsbehörde ist befugt, der Handelsüberwachungsstelle Weisungen zu erteilen und die Ermittlungen zu übernehmen (§ 7 Abs. 1 S. 3 BörsG).

223 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 12 – 14 BörsG Rdn. 2; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 9 BörsG Rdn. 1. 224 So die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12 / 6679, 62; siehe auch Schwark, in: Schwark (Hrsg.), KapitalmarktrechtsKommentar, § 9 BörsG Rdn. 5. 225 Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 12 / 6679, 36, 60; Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 1; Brockhausen, WM 1997, 1924. 226 Zu diesen Aufsichtsbehörden siehe 2. Kapitel B. VIII.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

d) Sanktionsausschuss Schließlich ist noch der Sanktionsausschuss zu nennen, über dessen Errichtung, Zusammensetzung und Verfahren die Landesregierungen besondere Vorschriften erlassen können (§ 22 Abs. 1 BörsG). Nach der Intention des Gesetzgebers soll der Sanktionsausschuss dazu beitragen, an der Börse Transparenz, Fairness und Chancengleichheit sicherzustellen und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Börse zu schützen.227 Der Sanktionsausschuss kann Handelsteilnehmer im Falle des Verstoßes gegen bestimmte börsenrechtliche Vorschriften mit Verweis, mit Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder mit Ausschluss von der Börse bis zu 30 Handelstagen belegen (§ 22 Abs. 2 S. 1 BörsG). Ferner kann der Sanktionsausschuss auch Emittenten im Falle von Pflichtverletzungen mit Verweis oder Ordnungsgeld bis zur genannten Höhe belegen (§ 22 Abs. 2 S. 2 BörsG).228

3. Organisationshoheit Ein bedeutender Grundsatz der dualen Struktur des deutschen Börsenwesens ist die Organisationshoheit der Börse.229 Dieser Grundsatz geht auf den erwähnten Berliner Börsenstreit der Jahre 1902 und 1903 zurück, der zum Ergebnis hatte, dass die Kaufmannschaft, die eine dem Börsenträger ähnliche Funktion wahrnahm, nicht befugt ist, auf die inneren Börsenangelegenheiten, insbesondere die Gestaltung der Marktorganisation, Einfluss zu nehmen.230 Es wurde das Verständnis der Börse als eine öffentliche Institution geprägt, die sich am allgemeinen Interesse zu orientieren hat.231 Dem Börsenträger ist eine rechtliche Einflussnahme verwehrt. Trotz dieses klaren rechtlichen Befundes ist die tatsächliche Situation allerdings eine andere. Aufgrund des Umstandes, dass die Gremien der Börse häufig in Personalunion mit denjenigen des Trägers besetzt sind, ist der Börsenträger in der 227 Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 12 / 6679, 68. 228 Die Befugnis zur Verhängung von Sanktionen gegenüber Emittenten – zunächst umfasste diese nur die Verhängung von Ordnungsgeldern – wurde durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010, eingeführt; kritisch zur Zuständigkeit des Sanktionsausschusses Beck, BKR 2002, 699. 229 Vgl. etwa die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 76. 230 Hierzu Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 139 ff.; Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 28 f.; Köndgen / Mues, WM 1998, 53, 57; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 42. 231 Dass das Tätigwerden der Börsenorgane ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgt, schreibt das Börsengesetz seit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz ausdrücklich fest (§ 7 Abs. 6, § 12 Abs. 6, § 15 Abs. 6 und § 22 Abs. 2 S. 3 BörsG). Allerdings ging es bei der Aufnahme dieser Bestimmungen wohl zuvörderst um einen Ausschluss von Amtshaftungsansprüchen, vgl. Geerlings, BKR 2003, 889, 890.

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Lage, einen bedeutenden faktischen Einfluss auf die inneren Angelegenheiten der Börse auszuüben.232 So sind etwa bei der FWB die Kreditinstitute als zum Handel zugelassene Unternehmen im Börsenrat vertreten – auch wenn sich ihr Kontingent seit dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz233 auf die Hälfte der Mitglieder beschränkt (§ 12 Abs. 1 S. 3 BörsG) – und spielten in der Vergangenheit zudem als Anteilseigner im Aufsichtsrat der Deutsche Börse AG eine gewichtige Rolle.234 Letzteres gilt seit dem Börsengang der Deutsche Börse AG im Jahr 2001 jedoch nur noch in begrenztem Maße, da zunehmend auch andere Investoren bedeutende Anteile erwerben.235 Jedenfalls aber ist die im Privatrechtsverkehr nicht rechtsfähige Börse wirtschaftlich vollständig von dem Börsenträger abhängig, da diesem die Beschaffung der für den Börsenbetrieb erforderlichen personellen und sachlichen Mittel obliegt. Im Übrigen sei erwähnt, dass dem Entscheidungsermessen der Börsengeschäftsführung durch einen in der Börsenordnung niedergelegten Anstaltszweck eine rechtliche Grenze gesetzt wird.236 Da die Börsenordnung allerdings von dem Börsenrat, mithin von einem Organ der Börse, erlassen wird, stellt die Festlegung des Anstaltszweckes keine Einschränkung der Organisationshoheit der Börse dar. 4. Marktsegmente Die Notierung von Wertpapieren an einer Börse erfolgt im Rahmen von Marktsegmenten, welche börsengesetzlich festgelegt sind und zusätzlich durch börsenautonome Regelungen ausdifferenziert werden können. Durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz wurden die bisherigen gesetzlichen Marktsegmente237 232 Vertiefend Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 163; ferner Köndgen / Mues, WM 1998, 53, 57; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 89 f.; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 27. 233 Zweites Finanzmarktförderungsgesetz vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749. 234 Vgl. Di Noia, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 176; Köndgen / Mues, WM 1998, 53, 57. 235 Insbesondere sind Hedge Fonds in erheblichem Maße an der Deutsche Börse AG beteiligt, vgl. die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. 9. 2008, S. 14; vgl. zudem Kalss, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 214: „The going public ( . . . ) cuts finally the traditional relations between stock exchanges and their members ( . . . ).“ 236 Hierzu Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 6. 237 Vom Begriff des Marktsegmentes zu unterscheiden ist derjenige des Börsenindex. Ein Börsenindex stellt eine errechnete Größe dar, die auf der Basis der Kurse eines jeweils festgelegten Korbes von Wertpapieren bestimmt wird und als Indikator für die Kursentwicklung des jeweiligen Marktes dient. Solche Börsenindizes sind etwa der Deutsche Aktienindex (DAX) und der Dow Jones Index. Die in einen Börsenindex einbezogenen Wertpapiere bilden kein eigenständiges Marktsegment. Allerdings ist Voraussetzung für die Aufnahme in die Auswahlindizes DAX, MDAX und TecDAX der Deutsche Börse AG die Zulassung zum Teilbereich Prime Standard (Ziff. 1.1.1, 1.1.2 und 1.1.3 des Leitfadens zu den Aktienindizes

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

des amtlichen Marktes und des geregelten Marktes – Letzterer war 1987 als Markt für kleinere und mittlere Unternehmen eingerichtet worden238 – im neu geschaffenen regulierten Markt zusammengefasst (§§ 32 ff. BörsG).239 Der regulierte Markt erfüllt die Anforderungen an einen geregelten Markt im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID. Er stellt nun das einzige gesetzliche Börsensegment dar.240 Bereits mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz eröffnete der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Ausdifferenzierung innerhalb der damaligen Börsensegmente des amtlichen und des geregelten Marktes.241 Diese Möglichkeit besteht nun gemäß § 42 Abs. 1 BörsG auch für den regulierten Markt. Auf dieser Grundlage besteht an der FWB im Rahmen des regulierten Marktes, welchen die Börsenordnung der FWB242 als General Standard bezeichnet (§ 60 Abs. 1 S. 1 der Börsenordnung der FWB), der Teilbereich des Prime Standard (§§ 63 ff. der Börsenordnung der FWB), welcher sich insbesondere durch erhöhte Transparenzanforderungen vom General Standard abhebt.243 Der Open Market und der Entry Standard sind hingegen dem Freiverkehr zuzuordnen.244 Bei dem Freiverkehr, wenngleich im Börsengesetz geregelt und von einer Börse zuzulassen (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG), handelt es sich um kein Segment des börslichen Handels; es findet kein Börsenhandel im formellen Sinne statt.245 Der Betrieb des Freiverkehrs bedarf lediglich der Zulassung durch eine Börse, obliegt jedoch dem privatrechtlich verfassten Börsenträger (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG). Dies hat insbesondere zur Folge, dass die Rechtsbeziehungen zu Handelsteilnehmern und Emittenten beim Freiverkehr rein privatrechtlich ausgestaltet sind.246

der Deutschen Börse, Version 6.9, Januar 2009; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 452; Foelsch, BKR 2007, 94, 95; La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 218). Über die Aufnahme entscheidet die Deutsche Börse AG (La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 218). Aufgrund der Einbeziehung in die Auswahlindizes entstehen keine besonderen vertraglichen Beziehungen zwischen der Deutsche Börse AG und den Emittenten (Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 452). 238 Börsenzulassungs-Gesetz vom 16. 12. 1986, BGBl. I 2478; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 352, 357 m. w. N. 239 Duve / Keller, BB 2006, 2537, 2540; Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 779. 240 Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 87. 241 Fleischer, NJW 2002, 2977, 2982; Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 82; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 103 f.; vgl. Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 45. 242 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 243 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 452. 244 Vgl. §§ 11 ff. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB, Stand: 1. 12. 2008; Weber, NJW 2006, 3685, 3686 m. w. N. 245 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.224; Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 623 f. 246 Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rdn. 2; vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz,

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IV. Zulassung und Einbeziehung von Wertpapieren 1. Voraussetzungen Der Handel von Wertpapieren247 im regulierten Markt, dem nun einzigen gesetzlichen Marktsegment, erfordert gemäß § 32 Abs. 1 BörsG die Zulassung oder Einbeziehung durch die Börsengeschäftsführung. Der Antrag auf Zulassung ist zusammen mit einem Emissionsbegleiter zu stellen (§ 32 Abs. 2 S. 1 BörsG). Bei diesem handelt es sich um ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut oder ein gleichgestelltes ausländisches Unternehmen im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 oder § 53b Abs. 1 S. 1 KWG. Die Zulassung setzt insbesondere die Beachtung der Anforderungen gemäß Art. 35 der Durchführungsverordnung248 zur MiFID und gemäß der BörsZulV sowie ferner die Veröffentlichung eines Prospektes nach den Vorschriften des WpPG oder des Investmentgesetzes249 (InvG), soweit nicht entbehrlich, voraus (§ 32 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BörsG).250 Die Zulassung beinhaltet die Erlaubnis, für Geschäfte in den zugelassenen Papieren die Börseneinrichtungen zu benutzen.251 An die Zulassung knüpft sodann die Einführung an, also die Aufnahme der Notierung zugelassener Wertpapiere.252 Seit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz erfordert die Einführung eine Entscheidung der Geschäftsführung, der ein Antrag des Emittenten vorauszugehen hat (§ 38 Abs. 1 S. 1 BörsG). Neben der Möglichkeit der Zulassung besteht auch diejenige der Einbeziehung von Wertpapieren in den regulierten Markt gemäß § 33 BörsG. Dieses gegenüber der Zulassung vereinfachte Verfahren kann auf Antrag eines Handelsteilnehmers oder von Amts wegen durch die Börsengeschäftsführung eingeleitet werden.253 Eine Mitwirkung des Emittenten ist nicht erforderlich.254 Voraussetzung der Einbeziehung ist insbesondere, dass die Wertpapiere bereits an einer inländischen BT-Drs. 12 / 6679, 76; Begründung des Regierungsentwurfes zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 81. 247 Zum Begriff der Wertpapiere im Sinne des BörsG Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 476, m. w. N. 248 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EG Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 249 Investmentgesetz vom 15. 12. 2003, BGBl. I 2676; zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 13. 8. 2008, BGBl. I 1690. 250 Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 448; Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 85 ff. 251 Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rdn. 6. 252 Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 BörsG Rdn. 1; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 197. 253 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 449. 254 Siehe hierzu auch § 74 Abs. 1 S. 2 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008, wonach dem Emittenten ein Widerspruchsrecht nicht zusteht.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

Börse zum Handel im regulierten Markt, in der EU beziehungsweise dem EWR zum Handel an einem organisierten Markt (d. h. einem geregelten Markt255 im Sinne der MiFID) oder in einem Drittstaat zum Handel an einem vergleichbaren Markt zugelassen sind (§ 33 Abs. 1 BörsG).

2. Rechtsnatur und Rechtsfolgen Im Folgenden sind die Rechtsnatur und die Rechtsfolgen der Zulassung beziehungsweise Einbeziehung zu erörtern. Daran wird im vierten Kapitel die Untersuchung anzuknüpfen haben, wie eine entsprechende Gestaltung bei einer privatrechtlichen Börse realisiert werden kann.

a) Durch die Zulassung begründetes Rechtsverhältnis Die Zulassung stellt als öffentlich-rechtliche Erlaubnis einen begünstigenden Verwaltungsakt dar.256 Hinsichtlich der Einführung, also der Notierungsaufnahme nach erfolgter Zulassung, wird demgegenüber überwiegend vertreten, es handele sich um eine rein tatsächliche Handlung.257 Indes hat seit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz die Geschäftsführung auf Antrag des Emittenten über die Einführung zu entscheiden (§ 38 Abs. 1 S. 1 BörsG). Nach dieser Neufassung spricht nunmehr viel dafür, die Entscheidung über die Einführung, welche auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist und sich insoweit von einem tatsächlichen Verwaltungshandeln unterscheidet258, ebenfalls als Verwaltungsakt anzusehen.259 Durch die Zulassung der Wertpapiere entsteht ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis der Emittenten zur Anstalt Börse, deren Leistungen die Emittenten in Anspruch nehmen.260 Die Rechtsbeziehungen zwischen der Börse und ihren Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 477; Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rdn. 6. 257 So Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 BörsG Rdn. 2; zudem W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rdn. 2; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 222. W. Groß und von Rosen (jeweils a. a. O.) äußern zudem, es handele sich um eine privatrechtliche Tätigkeit. 258 Hierzu Ruffert, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rdn. 24 ff.; Stober, in: Wolff / Bachof / Stober / Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 45 Rdn. 38, § 57 Rdn. 1. 259 Der Regierungsentwurf enthält sich indes jeglicher Erläuterung in Bezug auf diese Neufassung („redaktionelle Folgeänderungen“), siehe die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 88. 260 La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 210; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 80 f.; siehe auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 13. 255 256

B. Ausgestaltung der deutschen Wertpapierbo¨rsen

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Benutzern bestimmen sich insbesondere nach der Börsenordnung und der Gebührenordnung, welche als Satzungen erlassen werden. Eine Entscheidung über einen etwaigen Widerruf einer Zulassung obliegt der Börsengeschäftsführung. Der Widerruf kann unter Berücksichtigung der Belange des Anlegerschutzes auf Antrag eines Emittenten, unter bestimmten Voraussetzungen jedoch auch von Amts wegen erfolgen (§ 39 Abs. 1 und 2 BörsG).261 Neben dieser spezialgesetzlichen Bestimmung sind auch die Regelungen über Rücknahme und Widerruf nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht anwendbar (dies nur in Bezug auf den Widerruf klarstellend § 39 Abs. 1 BörsG).262 Die Entscheidungen über Widerruf und Rücknahme unterfallen wie auch die Zulassungsentscheidung dem öffentlichen Recht und sind als Verwaltungsakte einzuordnen.263

b) Durch die Einbeziehung begründetes Rechtsverhältnis Bei der Einbeziehung von Wertpapieren, die im Gegensatz zur Zulassung eine Mitwirkung des Emittenten nicht erfordert, entsteht dem Emittenten gegenüber hingegen kein derartiges öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis. Der Emittent ist über die Einbeziehung zwar zu unterrichten (§ 33 Abs. 3 BörsG).264 Diese Unterrichtung zieht für ihn jedoch, so auch die Gesetzesbegründung des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes 265 unter Berufung auf Art. 40 Abs. 5 S. 3 der MiFID, keine Pflichten nach sich. Allerdings treffen die Börsen in Bezug auf die Variante der Einbeziehung auf Antrag eines Handelsteilnehmers – im Gegensatz zu der Einbeziehung von Amts wegen – Bestimmungen über vom Antragsteller zu erfüllende Pflichten (§ 33 Abs. 2 BörsG).266 Diese Pflichten, geregelt in der als Satzung erlassenen Börsenordnung, sind öffentlich-rechtlicher Natur. Auch stellt die Einbeziehung einen gegenüber dem Antragsteller ergehenden Verwaltungsakt dar.267 Für die Einbeziehung gelten die Bestimmungen des § 39 Abs. 1 BörsG über den Widerruf der Zulassung entsprechend (§ 33 Abs. 4 S. 2 BörsG). Ebenfalls sind auf Näher dazu Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 480, m. w. N. Grunewald, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 331; Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rdn. 20. 263 Hierzu Stober, in: Wolff / Bachof / Stober / Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 51 Rdn. 51, 94. 264 Siehe etwa § 73 Abs. 2 S. 2 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 265 Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 88. 266 Vgl. La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 211; siehe etwa § 76 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 267 Vgl. Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 56 BörsG Rdn. 1. 261 262

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

die Einbeziehung – soweit diese auf Antrag eines Handelsteilnehmers und damit durch Verwaltungsakt erfolgte – die allgemeinen Regeln über Rücknahme und Widerruf anwendbar.

V. Rechtliche Stellung und Funktionen der Handelsteilnehmer Handelsteilnehmer sind gemäß der Legaldefinition in § 3 Abs. 4 S. 1 BörsG die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen, die Börsenhändler, die Skontroführer und die skontroführenden Personen.268 Im Folgenden sind die Rechtsstellung der Handelsteilnehmer, insbesondere die Voraussetzungen und die Natur ihrer Zulassung, sowie die von ihnen wahrgenommenen Funktionen zu erörtern. 1. Voraussetzungen der Zulassung Bei der Betrachtung der Voraussetzungen der Zulassung ist zwischen den verschiedenen Gruppen der Handelsteilnehmer zu differenzieren. Die wichtigste Gruppe der Handelsteilnehmer, die sowohl im Präsenzhandel als auch im elektronischen Handel eine bedeutende Rolle spielt, ist diejenige der zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen. Bei diesen handelt es sich um Ist-Kaufleute, die bei börsenmäßig handelbaren Gegenständen die Anschaffung und Veräußerung für eigene Rechnung, die Anschaffung und Veräußerung im eigenen Namen für fremde Rechnung oder die Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung betreiben (§ 19 Abs. 2 S. 1 BörsG).269 Dies sind zumeist Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute, die die Aufträge ihrer Kunden ausführen und zudem auch eigene Geschäfte tätigen.270 Die Zulassung, welche durch die Geschäftsführung zu erteilen ist, setzt voraus, dass die in § 19 Abs. 4 S. 1 BörsG festgelegten Kriterien erfüllt sind.271 Insbesondere bedarf es der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung der Leitungspersonen. Auch muss die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte sichergestellt sein. Des Weiteren hat das Unternehmen ein Eigenkapital von mindestens 50.000 Euro nachzuweisen272, es sei denn, es han268 Die nicht zur Teilnahme am Handel befugten Besucher einer Börse sind keine Handelsteilnehmer im Sinne des § 3 Abs. 4 BörsG. Auch sie bedürfen jedoch einer Zulassung (§ 19 Abs. 1 und 3 BörsG). Eine solche Zulassung erhalten beispielsweise Medienvertreter sowie das Hilfspersonal der Börse (vgl. § 17 Abs. 1 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008). 269 Hierzu La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 202. 270 Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 18; Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 45. 271 Hierzu Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 21 ff.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 19 BörsG Rdn. 7 ff.

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delt sich um ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, welches den Eigenmittelanforderungen des KWG unterliegt, oder, unter weiteren Voraussetzungen, um ein nach § 53 Abs. 1 S. 1 oder § 53b Abs. 1 S. 1 KWG tätiges Unternehmen. Einer dieser Ausnahmetatbestände liegt in den meisten Fällen vor.273 Bei Unternehmen, welche der vorgenannten Eigenkapitalanforderung nach dem Börsengesetz unterliegen, dürfen ferner keine begründeten Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bestehen. Die genannten Erleichterungen274 zugunsten der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute wurden aufgrund der Bestimmung des Art. 15 Abs. 2 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 275 erforderlich, welche über die Kapitaladäquanzrichtlinie 276 hinausgehende Eigenkapitalanforderungen untersagte.277 Über das Erfordernis einer Zulassung nach dem Börsengesetz hinaus haben die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen weiteren gesetzlichen Anforderungen zu genügen. So bedürfen sie in der Regel einer Erlaubnis nach dem KWG, da sie, wie bereits festgestellt, zumeist als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute zu qualifizieren sind (§ 1 Abs. 1 und 1a, § 32 Abs. 1 KWG).278 Bei den Börsenhändlern wiederum handelt es sich um diejenigen Personen, die berechtigt sind, für ein zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassenes Unternehmen an der Börse zu handeln (§ 19 Abs. 1 BörsG). Sie bedürfen ebenfalls einer Zulassung durch die Börsengeschäftsführung, welche bei Zuverlässigkeit und der notwendigen beruflichen Eignung zu erteilen ist (§ 19 Abs. 5 BörsG). Der Weiteren sind die Skontroführer zu nennen, die eine Teilmenge der Gruppe der zum Handel zugelassenen Unternehmen darstellen. Der Begriff der Skontroführer bezeichnet die zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassenen Unternehmen, die mit der Feststellung von Börsenpreisen an einer Wertpapierbörse betraut sind (§ 27 Abs. 1 S. 1 BörsG). Die Betrauung erfolgt auf Antrag des Unternehmens durch die Geschäftsführung. Voraussetzung ist die erforderliche Zuverlässigkeit 272 Ferner kann die Börsenordnung bestimmen, dass die zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassenen Unternehmen eine Sicherheit zu leisten haben, um ihre Verbindlichkeiten aus Börsengeschäften jederzeit erfüllen zu können (§ 20 Abs. 1 S. 1 BörsG). Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Zulassungsvoraussetzung, so auch W. Groß, KapitalmarktrechtsKommentar, § 19 BörsG Rdn. 8; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 172 f. 273 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 26. 274 Eingeführt durch das Begleitgesetz zum Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften, vom 22. 10. 1997, BGBl. I 2567. 275 Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 276 Richtlinie 93 / 6 / EWG vom 15. 3. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 1. 277 Hierzu Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 171 f. 278 Es sind die folgenden Bankgeschäfte respektive Finanzdienstleistungen in Betracht zu ziehen: Finanzkommissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG), Anlage- und Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 und 2 KWG), Eigenhandel (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG) sowie Eigengeschäft (§ 1 Abs. 1a S. 3 KWG); siehe auch Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 15.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

sowie eine auf einer fachlichen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhende Eignung zur Skontroführung (§ 27 Abs. 1 S. 2 BörsG). Über die Verteilung der Skontren und die Anzahl der Skontroführer entscheidet die Geschäftsführung der Börse (§ 29 S. 1 BörsG). Sodann gibt es noch die so genannten skontroführenden Personen. Dies sind die Personen, die berechtigt sind, für einen Skontroführer bei der Skontroführung zu handeln (§ 27 Abs. 1 S. 3 BörsG). Die Gruppe der skontroführenden Personen verhält sich somit zu den Skontroführern wie die Gruppe der Börsenhändler zu den zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen: Die Vertreter beider Gruppen sind die für die jeweiligen Unternehmen tatsächlich handelnden natürlichen Personen. Die skontroführenden Personen bedürfen ebenfalls der Zulassung durch die Börsengeschäftsführung. Diese ist zu erteilen, wenn die Personen Börsenhändler sind und die erforderliche berufliche Eignung aufweisen (§ 27 Abs. 1 S. 3 BörsG). 2. Rechtsnatur und Rechtsfolgen der Zulassung Bei den genannten Entscheidungen der Geschäftsführung handelt es sich jeweils um begünstigende Verwaltungsakte.279 Während die Entscheidung über die Zulassung als Skontroführer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist, liegen im Übrigen gebundene Entscheidungen vor.280 Die Zulassungsentscheidungen können gemäß der §§ 48, 49 der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder zurückgenommen beziehungsweise widerrufen werden.281 Darüber hinaus treffen die §§ 19 Abs. 9, 22 Abs. 4 und 27 Abs. 2 BörsG besondere Regelungen für die Rücknahme und den Widerruf. Mit der Zulassung entsteht ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis der Handelsteilnehmer zu der Börse.282 Für die gegenseitigen Rechte und Pflichten ist insbesondere das Börsengesetz maßgeblich. Dieses räumt den Organen der Börse verschiedene Eingriffsbefugnisse gegenüber den Handelsteilnehmern ein – etwa Auskunfts-, Einsichts- (§ 7 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 BörsG) und Anordnungsbefugnisse (§ 7 Abs. 5 S. 2 BörsG) –, die vor dem Hintergrund der Rechtsnatur der Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts und ihrer Fähigkeit, durch Verwaltungsakt zu handeln, zu sehen sind. Darüber hinaus kann die Börse als öffentliche Anstalt in der Börsenordnung und der Gebührenordnung, welche jeweils vom 279 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 80; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 4; ferner Beck, in: Schwark (Hrsg.), KapitalmarktrechtsKommentar, § 26 BörsG Rdn. 12. 280 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 26 BörsG Rdn. 10 ff. 281 Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 44; Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 26 BörsG Rdn. 17. 282 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 80; vgl. auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 13.

B. Ausgestaltung der deutschen Wertpapierbo¨rsen

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Börsenrat als Satzung erlassen werden, für die Handelsteilnehmer verbindliche Bestimmungen festlegen. Eine weitere gesetzliche Vorgabe für die Handelsteilnehmer (die zwar nicht im Rechtssinne an die Zulassung anknüpft, jedoch regelmäßig von zugelassenen Unternehmen zu beachten ist) ist vorliegend unter einem anderen Gesichtspunkt von Interesse. Es handelt sich hierbei um die Pflicht zur bestmöglichen Ausführung der Kundenaufträge283 gemäß § 33a WpHG. Diese Verpflichtung zur best execution zählt zu den Verhaltenspflichten des WpHG, welche die Handelsteilnehmer, soweit sie als Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dem WpHG einzuordnen sind (§ 2 Abs. 3 und 4 WpHG), zu beachten haben. Sie wurde aufgrund der MiFID eingeführt284 und nimmt eine wesentliche Weichenstellung für den Wettbewerb zwischen Börsen und multilateralen Handelssysteme vor. Im Rahmen der Pflicht zur bestmöglichen Ausführung der Kundenaufträge sind die Wertpapierdienstleistungsunternehmen nun befugt, Aufträge ohne ausdrückliche Einwilligung der Kunden über multilaterale Handelssysteme auszuführen (§ 33a Abs. 5 S. 2 WpHG).285 Die Regelung zur best execution setzt Art. 21 der MiFID um und tritt an die Stelle des bisherigen Börsenvorranges, der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes in § 22 BörsG a.F. festgeschrieben war.286 Der Börsenvorrang sah vor, dass Geschäfte in börsennotierten Wertpapieren grundsätzlich über eine Börse auszuführen waren. Nur bei Vorliegen einer abweichenden Weisung des Auftraggebers war eine außerbörsliche Ausführung zulässig. Diese Bestimmung entsprach den Vorgaben der durch die MiFID abgelösten Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, die es in das Ermessen der Mitgliedstaaten stellte, eine so genannte concentration clause zu schaffen (Art. 14 Abs. 3 und 4 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie). 287

283 Hierzu Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 781 f.; Irmen, in: Clouth / Lang (Hrsg.), MiFID-Praktikerhandbuch, S. 332 ff.; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 292. 284 Zu den Vorgaben zur best execution nach der MiFID Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 22 ff. 285 Vgl. zu den entsprechenden Vorgaben der MiFID Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 24 f. 286 Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 72, 85; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 278, 292; grundsätzlich zu Börsenzwang und best execution: Baums / Segna, Börsenreform, S. 72 ff.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 425, 429; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 98 ff. 287 Hierzu Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 22 BörsG Rdn. 10; Moloney, EC Securities Regulation, S. 664 ff.; Schwark, WM 1997, 293, 294.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

3. Mitwirkung beim Zustandekommen der Geschäftsabschlüsse a) Hergebrachtes und modernes Verständnis Nach hergebrachtem Verständnis nehmen die Handelsteilnehmer beim Zustandekommen der börslichen Geschäfte eine zentrale Rolle ein. Der Handel ist durch mehrstufige Intermediationsprozesse geprägt. Den am Handel interessierten Personen ist ein Zugang zur Börse nur über die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen möglich und es bedarf darüber hinaus einer Zusammenführung der Aufträge zu Geschäftsabschlüssen durch eine andere Gruppe der Handelsteilnehmer, nach heutiger Begrifflichkeit288 die Skontroführer. Die Handelsteilnehmer nehmen nach diesem Modell ureigene Börsenaufgaben wahr; sie sind Bestandteil der Marktveranstaltung Börse. Die Realität des Bösenhandels stimmt allerdings in zunehmendem Maße nicht mehr mit diesem hergebrachten Verständnis überein. Durch das Aufkommen des elektronischen Handels wurden die Handelsteilnehmer zentraler Funktionen beraubt.289 Im elektronischen Handel findet die Zusammenführung zu Geschäftsabschlüssen ohne die Mitwirkung der Skontroführer statt.290 Insoweit sind die Handelsteilnehmer nunmehr lediglich der Börse vorgeschaltete Dienstleister, die jedoch keine Börsenaufgaben im engeren Sinne wahrnehmen.291 Dies soll im Folgenden anhand der Systeme, in denen die Preisfeststellung erfolgt, dargelegt werden. b) Grundlagen der Preisfeststellung Seit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz292 legte das Börsengesetz in § 25 BörsG a.F. fest, dass die Ermittlung der Börsenpreise entweder durch die Skontroführer oder im elektronischen Handel erfolgen kann.293 Diese Bestimmung ließ bereits den Bedeutungsverlust erkennen, den die Handelsteilnehmer im elek288 Bis zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz waren die Kursmakler mit der amtlichen Preisfeststellung betraut, vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 76 f. 289 Ähnlich auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 18, 87. 290 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 135. 291 Diese Entwicklung ist in den größeren Zusammenhang des in vielen Ländern zu beobachtenden Prozesses der Demutualisierung einzuordnen. Dieser Begriff bezeichnet den Übergang der Börse von einer verbandsmäßigen Organisationsstruktur zu einer (häufig selbst börsennotierten) Kapitalgesellschaft mit breiter Eigentümerbasis. Siehe hierzu den Report der Internationalen Vereinigung des Wertpapieraufseher IOSCO: Regulatory Issues Arising From Exchange Evolution, Final Report, Technical Committee, November 2006, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD225.pdf. 292 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 293 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 25 BörsG Rdn. 1; vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 76.

B. Ausgestaltung der deutschen Wertpapierbo¨rsen

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tronischen Handel erfahren haben: Zwar stand ein Zugang zum Handel weiterhin nur über die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen offen, das Zustandekommen der Geschäftsabschlüsse und die Preisfeststellung erfolgten dort jedoch vollelektronisch und es bedurfte keiner weiteren Mitwirkung von Seiten der Handelsteilnehmer. Zwar wurde die genannte Bestimmung durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz inzwischen wieder aufgehoben.294 Nun trifft das Börsengesetz in Bezug auf die Preisfeststellung keine abschließende Regelung mehr.295 Dies ändert indes nichts an den zuvor getroffenen Feststellungen hinsichtlich der veränderten Rolle der Handelsteilnehmer. Die maßgeblichen Bestimmungen finden sich nun lediglich an anderer Stelle. Die zulässigen Handelssysteme und damit die Systeme, in denen die Preisfeststellung erfolgt, bestimmt nunmehr Art. 17 Abs. 2 bis 5 der Durchführungsverordnung zur MiFID296 (sowie der Anhang II der Durchführungsverordnung).297 Während der Anwendungsbereich der bisherigen Regelung im Börsengesetz sich auf den amtlichen und den geregelten Markt beschränkte298, ist die Bestimmung in der Durchführungsverordnung umfassend auf alle Wertpapierfirmen und Marktbetreiber anzuwenden, die einen geregelten Markt (Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID) oder ein multilaterales Handelssystem (Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID) betreiben.299 Es sind vier verschiedene Handelssysteme zu unterscheiden: Orderbuch-Handelssysteme basierend auf einer fortlaufenden Auktion (continuous auction order book trading systems), Market-Maker-Handelssysteme (quote-driven trading systems), Handelssysteme basierend auf periodischen Auktionen (periodic auction trading systems) sowie hybride und sonstige Handelssysteme (hybrid systems and systems of a different nature).300 Es sei darauf hingewiesen, dass der Begriff des Handelssystems lediglich der Beschreibung dient, in welcher Weise die Geschäftsabschlüsse zustande kommen und die Preisermittlung 294 Hierzu die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 86. 295 Über die nicht auf ein bestimmte Methode der Preisermittlung bezogenen Regelungen des § 24 BörsG hinaus bestimmt das Börsengesetz lediglich, dass die Geschäftsführung Skontroführer mit der Feststellung von Börsenpreisen betrauen kann (§ 27 Abs. 1 S. 1 BörsG). 296 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EG Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 297 So auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 86; Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 779 f. 298 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 25 BörsG Rdn. 2. 299 Zur Entkoppelung der Preisfeststellungsregeln von der Zulassung in einem Marktsegment siehe bereits Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 409 ff. 300 Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 779 f.; zu einer Darstellung der verschiedenen Mechanismen der Preisfeststellung (die sich nun auch in der Durchführungsverordnung wiederfinden) siehe auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 348 f.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

erfolgt. Er hat weder etwas mit demjenigen des multilateralen Handelssystems (als Gegenstück zum geregelten Markt) gemein, noch darf er etwa als Bezeichnung für ein Börsensegment missverstanden werden. Die Entscheidung, welche der genannten Handelssysteme zur Anwendung kommen, obliegt jeder Börse im Rahmen ihrer Selbstverwaltung. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BörsG, der den Terminus „Handelsarten“ verwendet, ist diese Entscheidung in der Börsenordnung zu treffen.301 Die bisher vom Börsengesetz zugelassenen Systeme der Preisermittlung durch Skontroführer beziehungsweise im elektronischen Handel finden bei den deutschen Börsen auch auf Grundlage der geänderten Rechtslage weiterhin Anwendung, so etwa gemäß den §§ 78 Abs. 1, 151 der Börsenordnung der FWB302. Diese Systeme können ohne weiteres unter die von der Durchführungsverordnung vorgegebenen Kategorien gefasst werden, wie die folgende Betrachtung des Präsenzhandels und des elektronischen Handels zeigen wird.

c) Präsenzhandel Der Präsenzhandel der Wertpapierbörsen ist weiterhin gemäß dem erwähnten hergebrachten Verständnis ausgestaltet. Der Zugang zum Handel erfolgt über die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen. Den Skontroführern obliegen die Zusammenführung der Aufträge zu Geschäftsabschlüssen und die Preisfeststellung. Die Skontroführer sind jeweils für bestimmte Wertpapiere zuständig. Bei ihnen laufen alle Kauf- und Verkaufsorder zusammen und werden in einem bestimmten Orderbuch („Skontro“) gesammelt. Anhand der Order stellen die Skontroführer den Preis für die von ihnen betreuten Wertpapiere fest.303 Sie haben auf einen geordneten Marktverlauf hinzuwirken und die Skontroführung neutral auszuüben (§ 28 Abs. 1 S. 1 BörsG). Bei der Preisfeststellung haben sie weisungsfrei zu handeln (§ 28 Abs. 1 S. 3 BörsG). Die Preisfeststellung durch Skontroführer fällt unter die Kategorie der hybriden Handelssysteme gemäß Art. 17 Abs. 5 der Durchführungsverordnung.304

d) Elektronischer Handel Im elektronischen Handel erfolgen die Auftragsübermittlung, die Zusammenführung von Aufträgen zu einem Geschäftsabschluss sowie die Preisermittlung 301 Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 13 BörsG Rdn. 11; vgl. auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 421, die bereits die Empfehlung aussprachen, den Börsen die Wahl der Handelssysteme zu überlassen. 302 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 303 La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 202. 304 Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 780; vgl. auch Hirschberg, AG 2006, 398, 404.

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im Wege elektronischer Datenverarbeitung.305 Zwar steht auch der Zugang zum elektronischen Handel nur den zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen offen, einer Mitwirkung der Skontroführer bedarf es jedoch nicht.306 Mithin sind die Herbeiführung der Geschäftsabschlüsse und die Preisfeststellung nicht mehr den Handelsteilnehmern, sondern vielmehr der Börse zuzuordnen.307 Die FWB setzt seit 1997 das vollelektronische Handelssystem Xetra ein. Die Preisfeststellung im Xetra-Handel ist als Orderbuchhandelssystem basierend auf einer fortlaufenden Auktion im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zur MiFID einzuordnen.308 Mit dem Designated Sponsoring (§§ 145 f. der Börsenordnung der FWB) sieht die FWB allerdings auch eine Mischform vor, die aufgrund der Stellung von Quotes durch einen Betreuer Elemente eines Market-Maker-Systems beinhaltet und damit wohl als hybrides Handelssystem zu qualifizieren ist.309

VI. Abwicklung der Wertpapiergeschäfte Die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte erfolgt in rein privatrechtlicher Form und wird regelmäßig von eigenständigen Unternehmen310 wahrgenommen. Allerdings sind diese Unternehmen häufig mit den Börsenträgern verflochten. So ist etwa die Clearstream International S.A., eines der größten weltweit tätigen Unternehmen im Bereich der Abwicklung und Verwahrung, eine hundertprozentige Tochter der Deutsche Börse AG.311 Aufgrund der privatrechtlichen Ausgestaltung der Abwicklung wird eine Überführung der Börsen in eine rein privatrechtliche Organisationsstruktur keinen grundlegenden Änderungsbedarf in diesem Bereich auslösen. Dennoch darf die Abwicklung, die trotz der Wahrnehmung durch eigenständige Unternehmen letztlich ein Qualitätsmerkmal börslicher Dienstleistungen darstellt und auch durch den gemeinsamen Regelungsort im Börsengesetz mit den Börsen eng verwoben ist, bei der Bestandsaufnahme nicht unberücksichtigt bleiben. Die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte umfasst diejenigen Aktivitäten, die zur Übertragung der Rechte aus den abgeschlossenen Geschäften führen.312 Es hat Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 25 BörsG Rdn. 10. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 135. 307 Siehe den Nachweis in der vorigen Fn. 308 Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 780; vgl. auch Hirschberg, AG 2006, 398, 404. 309 Vgl. La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 216. 310 Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 246; siehe zudem Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 30. 311 Siehe zu Clearstream den Geschäftsbericht 2007 der „Gruppe Deutsche Börse“, S. 21 ff., abrufbar unter http: //deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/de/kir/gdb_navigation/ investor_relations/30_Reports_ and_Figures/30_Annual_Reports/10_Annual_Report_2007. 305 306

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

sich allerdings bisher noch kein gänzlich einheitliches Begriffsverständnis herausgebildet.313 Mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz wurde jedoch inzwischen eine Legaldefinition des Begriffes Börsengeschäftsabwicklung („Erfüllung der Börsengeschäfte“) in § 3 Abs. 1 S. 3 BörsG aufgenommen, die – so die Gesetzesbegründung314 – namentlich börsliche Einrichtungen zur Abrechnung und Systeme zur Erfüllung erfassen soll, allerdings nur insoweit, als sie der Abwicklung bis zur Erstellung der Schlussnote315 dienen. Die letztgenannte Einschränkung ist indes auf den Zweck der börsengesetzlichen Begriffsbestimmung, die Festlegung der Reichweite der Börsenaufsicht, zurückzuführen. Bei der Abwicklung sind grundsätzlich das Clearing und das Settlement zu unterscheiden. Der Begriff des Clearing bezeichnet die Abrechnung der Geschäfte, also die Bestimmung der nach einer etwaigen Saldierung daraus resultierenden Zahlungsverpflichtungen.316 Das Settlement beschreibt die Erfüllung der getätigten Geschäfte.317 Eine physische Lieferung der Finanzinstrumente ist hierfür zumeist nicht erforderlich, vielmehr erfolgt die Übertragung der Eigentumsrechte durch Verbuchung in den Depotbeständen der Handelspartner. Für die Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren sind die Bestimmungen des Depotgesetzes318 (DepotG) zu beachten. Obschon die Börsengeschäftsabwicklung in privatrechtlicher Form und in der Regel durch eigenständige Unternehmen erfolgt, ist sie dennoch organisatorisch in den Börsenhandel eingegliedert, wie einige Vorschriften des Börsengesetzes verdeutlichen. So ist der Börsenträger gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 3 BörsG verpflichtet, die technische Funktionsfähigkeit der Abwicklungssysteme sicherzustellen. Auch hat die Börsenordnung einer Wertpapierbörse Bestimmungen über die Sicherstellung der Börsengeschäftsabwicklung und die zur Verfügung stehenden externen Ab312 Zur Abwicklung siehe Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 219 f.; Moloney, EC Securities Regulation, S. 708 ff.; Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1495 f.; ferner Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 35 f.; Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 3 ff. 313 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 35. 314 Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 80. 315 Vgl. § 2 Abs. 3 und 4 der Bedingungen für Geschäfte an der FWB, Stand: 3. 11. 2008; bereits die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12 / 6679, 59, umschrieb die Börsengeschäftsabwicklung als das Verfahren bis zur Schlussnote eines Auftrages. 316 Die Börsenordnung für die FWB definiert das Clearing als die Verrechnung der Forderungen und Verbindlichkeiten aus den an der FWB abgeschlossenen Börsengeschäfte (§ 174 Abs. 1 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008). 317 Die Börsenordnung für die FWB definiert das Settlement als die Erfüllung der an der FWB abgeschlossenen Börsengeschäfte (§ 174 Abs. 2 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008). 318 Depotgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. 1. 1995, BGBl. I 34; zuletzt geändert durch Artikel 79 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586.

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wicklungssysteme zu enthalten (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 BörsG). Darüber hinaus unterliegt die Börsengeschäftsabwicklung der Aufsicht durch die Handelsüberwachungsstelle (§ 7 Abs. 1 S. 1 BörsG) sowie durch die Börsenaufsichtsbehörde (§ 3 Abs. 1 S. 3 BörsG).

VII. Frage der staatlichen Haftung Bis zum Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes im Jahre 2002 konnte eine schuldhafte Pflichtverletzung durch ein Börsenorgan einen Amtshaftungsanspruch gegen das Sitzland der Börse begründen (§ 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG).319 Ein solcher Anspruch setzt allerdings voraus, dass die verletzte Amtspflicht drittschützende Wirkung hat und der Schutzzweck sich zudem auf den Geschädigten erstreckt.320 Diese Voraussetzung ist auf Grundlage der geltenden Gesetzesfassung nicht mehr erfüllt, denn seit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz enthält das Börsengesetz Bestimmungen, nach denen das Tätigwerden der Börsenorgane nur im öffentlichen Interesse erfolgt321 (§§ 7 Abs. 6, 12 Abs. 6, 15 Abs. 6 und 22 Abs. 2 S. 3 BörsG). Derartige Regelungen gab es bis dahin lediglich in Bezug auf die BaFin und die Börsenaufsichtsbehörden. So sieht § 4 Abs. 4 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes 322 (FinDAG) vor, dass die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Entsprechende Bestimmungen hinsichtlich der Behörden, aus denen im Jahre 2002 die BaFin gebildet wurde, enthielten bereits § 4 Abs. 2 des WpHG in der Fassung von 1994323 und § 6 Abs. 3 des KWG in der Fassung von 1993324. Die parallele Bestimmung für die Börsenaufsichtsbehörden (§ 3 Abs. 3 BörsG) sah bereits § 1 Abs. 4 des Börsengesetzes von 1994325 vor. Allerdings ließ die Rechtsprechung auch in Bezug auf die Börsen bereits vor den Neuregelungen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes die Tendenz erkennen, die Drittbezogenheit der den Börsenorganen obliegenden Amtspflichten zu verneinen und dadurch die Staats319 Siehe etwa Elle, ZHR 128 (1966), 273, 291 ff.; Schwark, Börsengesetz, 2. Aufl., 1994, § 3 Rdn. 3 f.; vgl. ferner Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 21 m. w. N. 320 Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 307 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26 Rdn. 19. 321 Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 14 / 8017, 73 ff.; die Regierungsbegründung stellt fest, dass der Schutz des einzelnen Anlegers ein bloßer Rechtsreflex ist, setzt sich allerdings nicht mit den Konsequenzen in Bezug auf Amtshaftungsansprüche auseinander. 322 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22. 4. 2002, BGBl. I 1310; zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330; bereits die Fassung von 2002 enthielt die genannte Bestimmung. 323 Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749. 324 Kreditwesengesetz in der Fassung vom 30. 6. 1993, BGBl. I 1082. 325 Börsengesetz in der Fassung vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

haftung im Bereich des Börsenwesens einzugrenzen.326 Durch die neuen Bestimmungen wollte der Gesetzgeber nun offenbar klarstellen, dass die Tätigkeit des jeweiligen Börsenorgans keine individualschützende Funktion hat und es somit für Ansprüche aus Amtshaftung an der Verletzung einer drittschützenden Norm fehlt.327 Gegen die Zulässigkeit eines derartigen Haftungsausschlusses werden verfassungs- und europarechtliche Bedenken vorgebracht328, denen der BGH sich jedoch in einem Urteil aus dem Jahr 2005, das sich auf die Bankenaufsicht bezog, nicht angeschlossen hat.329 Nicht ausgeschlossen sind allerdings Ansprüche gegen das Sitzland aus Amtshaftung unter dem Gesichtspunkt des Amtsmissbrauchs330 oder aufgrund sonstiger Anspruchsgrundlagen331 sowie ferner Ansprüche gegen den Börsenträger aus zivilrechtlicher Haftung.

VIII. Staatliche und börseneigene Aufsicht Das bestehende deutsche Aufsichtssystem ist dreistufig ausgestaltet und als föderal-dezentral zu charakterisieren.332 Die Aufsicht wird von der BaFin als einer Bundesbehörde, von den Börsenaufsichtsbehörden als Landesbehörden und von den Organen der Börsen selbst, insbesondere den Handelsüberwachungsstellen, wahrgenommen. Indes betrifft diese dreistufige Kompetenzverteilung lediglich die Marktaufsicht über den Handel und die Geschäftsabwicklung, nicht hingegen die Aufsicht über die Börsen als Anstalten des öffentlichen Rechts.333 Die Aufsicht über die Börsen obliegt ausschließlich den Börsenaufsichtsbehörden. Nach Medienberichten verfolgt die Bundesregierung gegenwärtig Pläne einer Zentralisierung der Marktaufsicht bei der BaFin.334 326 Baums / Segna, Börsenreform, S. 41; Segna, ZBB 1999, 144, 147 f.; vgl. auch Hammen, AG 2001, 549, 562. 327 Geerlings, BKR 2003, 889, 890; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.336 ff.; differenzierend Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 22; Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 31 BörsG Rdn. 15 f.; unklar Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 36, der (lediglich) von einer „Haftungsbegrenzung“ spricht. 328 Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 12 BörsG Rdn. 9; vgl. in Bezug auf die Bankenaufsicht Geerlings, BKR 2003, 889, 890 f.; Schenke / Ruthig, NJW 1994, 2324 ff. 329 BGH, 20. 1. 2005 – III ZR 48 / 01 – BGHZ, 162, 49; dem Urteil war ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH vorausgegangen, siehe hierzu Häde, EuZW 2005, 39 ff. 330 BGH, 20. 1. 2005 – III ZR 48 / 01 – BGHZ, 162, 49, 66. 331 In diese Richtung Hammen, AG 2001, 549, 563. 332 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsG Rdn. 2 ff.; siehe auch Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 WpHG Rdn. 7. 333 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 423 m. w. N. 334 Nach Berichten von November 2008 über ein geplantes „Börsenaufsichtsmodernisierungsgesetz“ beabsichtigt die Bundesregierung, die Marktaufsicht bei der BaFin zu zentrali-

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Die BaFin, die im Jahre 2002 durch einen Zusammenschluss des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred), des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) und des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAV) geschaffen wurde335, ist entsprechend den Aufgabenbereichen ihrer Vorgängerbehörden mit der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht betraut. Für die vorliegende Untersuchung ist von besonderem Interesse, dass sie die Marktaufsicht nach dem WpHG wahrzunehmen hat (§ 4 Abs. 1 S. 1 WpHG), welche insbesondere eine Überwachung der Befolgung der Verhaltensregeln durch die Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie eine Aufdeckung und Verfolgung von Insiderdelikten und von Verstößen gegen das Verbot der Marktmanipulation beinhaltet.336 Die Marktaufsicht der BaFin erfasst sowohl börsliche als auch außerbörsliche Geschäftsaktivitäten der Marktteilnehmer (§ 1 Abs. 1 WpHG).337 Überdies vertritt die BaFin gemäß § 7 Abs. 1 WpHG die Bundesrepublik in dem Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR).338 Dort sind die Börsenaufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sowie diejenigen Islands und Norwegens versammelt.339 Der Ausschuss wirkt insbesondere bei der europäischen Normsetzung auf der zweiten und dritten Stufe des so genannten Komitologieverfahrens mit.340 Den obersten Landesbehörden obliegt als Börsenaufsichtsbehörden die Rechtsaufsicht über die Börsen sowie seit dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz auch die Marktaufsicht über die an der Börse getätigten Geschäfte der Handelsteilnehmer (§ 3 Abs. 1 BörsG).341 Hinsichtlich der Marktaufsicht, auch als Handelsaufsicht bezeichnet, liegt eine Schnittstelle mit der Aufsicht durch die BaFin vor. Allerdings überwachen die Börsenaufsichtsbehörden anders als die BaFin allein die börslichen Geschäftsaktivitäten der Marktteilnehmer, und das nicht am Maßsieren. Die Marktaufsichtskompetenzen der Börsenaufsichtsbehörden und der Handelsüberwachungsstellen sollen nach diesen Berichten auf die BaFin übertragen werden, vgl. hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. 11. 2008, S. 28. 335 Durch das Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. 4. 2002, BGBl. I 1310. 336 Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 WpHG Rdn. 6; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 BörsG Rdn. 8. 337 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 2. 338 Vgl. ferner zu einer Zusammenarbeit der BaFin mit der US-amerikanischen SEC die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. 4. 2007, S. 21. 339 Ferran, Building an EU Securities Market, S. 78; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 20. 340 Zum Komitologieverfahren und CESR siehe bereits 2. Kapitel A. I. 4. a); Ferran, Building an EU Securities Market, S. 79; Seitz, BKR 2002, 340, 341; ferner Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 13 f.; Fleischer, BKR 2006, 389, 390. 341 Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 12 / 6679, 36; Baums / Segna, Börsenreform, S. 103; Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 31, § 1 WpHG Rdn. 6; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 420 ff.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsG Rdn. 9.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

stab des WpHG, sondern vielmehr an demjenigen der börsenrechtlichen Bestimmungen.342 Demgegenüber wird die Rechtsaufsicht über die Börsen ausschließlich von den Börsenaufsichtsbehörden, nicht hingegen von der BaFin, wahrgenommen.343 Dass es sich hierbei lediglich um eine Rechts- und nicht um eine Fachaufsicht handelt, ist Ausfluss des den Börsen zugebilligten Rechtes auf Selbstverwaltung.344 Neben den Börsenorganen unterliegen zudem auch die Börsenträger der Rechtsaufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörden (§ 3 Abs. 1 S. 2 BörsG), allerdings nur im Rahmen ihrer Tätigkeit als Börsenträger, nicht hingegen, soweit sie von der Beleihung unabhängige Geschäftsaktivitäten ausüben.345 Als dritte Ebene der Marktaufsicht sind die durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz geschaffenen Handelsüberwachungsstellen der Börsen (§ 7 BörsG) zu nennen.346 Diese werden im Rahmen der börslichen Selbstverwaltung tätig und überwachen wie auch die Börsenaufsichtsbehörden den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsabwicklung (§ 7 Abs. 1 S. 1 BörsG). Den Handelsüberwachungsstellen obliegt die primäre Verantwortung für die Handelsaufsicht.347 In diesem Rahmen sind sie mit hoheitlichen Eingriffsbefugnissen ausgestattet.348 Die Börsenaufsichtsbehörden können den Handelsüberwachungsstellen indes Weisungen erteilen und verfügen über ein Selbsteintrittsrecht (§ 7 Abs. 1 S. 3 BörsG). Neben den Handelsüberwachungsstellen nimmt auch die Börsengeschäftsführung einzelne Aufsichtsaufgaben wahr.349 Während der Handelsüberwachungsstelle Überwachungs- und Ermittlungsaufgaben obliegen, ist die Geschäftsführung etwa für die Vornahme von Eilmaßnahmen gegenüber den Marktteilnehmern und Emittenten zuständig (§ 7 Abs. 5 S. 2 BörsG).350 Zudem obliegt der Geschäftsführung gemäß § 15 Abs. 5 S. 1 BörsG seit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes die Überwachung der Handelsteilnehmer.351 342 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 2; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 BörsG Rdn. 8. 343 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 423. 344 Baums / Segna, Börsenreform, S. 103; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 144 f.; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 6; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 79 f. 345 Es ist umstritten, ob es sich nur um eine Rechtsaufsicht handelt; vgl. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 18; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 149, 422 m. w. N.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.262 m. w. N.; für die Rechtsaufsicht spricht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 1 BörsG „nach den Vorschriften dieses Gesetzes“. 346 Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 1; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 423 ff. 347 Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 12 / 6679, 59; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 BörsG Rdn. 9. 348 Siehe hierzu bereits 2. Kapitel B. III. 2. c). 349 Vgl. W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 BörsG Rdn. 10. 350 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 18; siehe zudem Brockhausen, WM 1997, 1924, 1925.

C. Außerbo¨rslicher Handel

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C. Außerbörslicher Handel I. Erscheinungsformen Es gibt eine Vielzahl privat betriebener Handelssysteme, denen es in den USA und in zunehmendem Maße auch in Europa gelingt, den klassischen Börsen Marktanteile abzuringen.352 In Europa haben in jüngster Zeit insbesondere353 die federführend von einer Tochtergesellschaft des japanischen Finanzkonzerns Nomura initiierte Handelsplattform Chi-X sowie die von mehreren Großbanken, darunter der Deutschen Bank, aufgebaute vollelektronische Plattform Turquoise für Aufsehen gesorgt und bereits beachtliche Erfolge erzielt.354 Diese sind seit 2007 respektive 2008 aktiv und profitieren somit von dem aufgrund der MiFID bestehenden einheitlichen Rechtsrahmen für außerbörsliche Handelssysteme, auf welchen sogleich noch zurückzukommen ist. Eine stringente Klassifizierung der außerbörslichen Systeme, für die auch die Sammelbezeichnung der alternativen Handelssysteme (Alternative Trading Systems) verwendet wird355, fällt aufgrund der vielfältigen Gestaltungsvarianten und der teilweise unterschiedlichen Verwendung der Begrifflichkeiten schwer.356 Dennoch sollen die unterschiedlichen Erscheinungsformen außerbörslicher Systeme, 351 Laut der Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 83 f., soll diese Bestimmung Art. 40 Abs. 3 der MiFID umsetzen. Allerdings bezieht sich Art. 40 Abs. 3 der MiFID auf die Überwachung der Emittenten, nicht der Handelsteilnehmer. Der auf die Emittenten bezogene Passus des § 15 Abs. 5 BörsG-E (BT-Drs. 16 / 4028, 32) wurde indes letztlich nicht übernommen (vgl. den Bericht des Finanzausschusses zu dem Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes, BTDrs. 16 / 4899, 14). Kritisch zu der weiten Regelung des § 15 Abs. 5 BörsG-E die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, NZG, 2006, 935, 937. 352 Vgl. Cohn, ZBB 2002, 365, 366; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239 (Fn. 10); Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 219; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 280; Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1755; ferner Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 2 ff. 353 Neben den Systemen Chi-X und Turquoise sind auch die Handelsplattformen EuroMillennium, BATS, Plus Markets, Equiduct von der Berliner Börse und POSIT zu nennen, vgl. die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. 6. 2008, S. 23. 354 Über Chi-X sollen bereits einige Prozent des gesamteuropäischen Aktienhandels stattfinden, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. 6. 2008, S. 19; Randall, der Vorstandsvorsitzende von Chi-X Europe, schätzt den Marktanteil im elektronischen Handel mit Dax-Werten bereits auf rund zehn Prozent, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 6. 2008, S. 21; siehe ferner zu den Plattformen Turquoise und Chi-X die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 2. 2007, S. 19, vom 19. 4. 2008, S. 22 und vom 10. 11. 2008, S. 21. 355 So etwa Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 43. 356 Vgl. W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsG Rdn. 9; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 43 f.; Spindler, WM 2002, 1325, 1327, der von einer „schillernden Vielfalt“ spricht.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

die sich in der Praxis herausgebildet haben, Erwähnung finden. Als Systeme, die einen relativ niedrigen Organisationsgrad aufweisen, sind die passiven Inseratsysteme (Passive Electronic Bulletin Boards) zu nennen.357 Hierbei handelt es sich um Preisinformationssysteme, in denen Interessierte ihre Angebote veröffentlichen können. Die Abschlüsse kommen außerhalb des Systems und zu zwischen den Parteien zu vereinbarenden Bedingungen zustande. Bei aktiven Inseratsystemen (Active Electronic Bulletin Boards) ist hingegen eine Annahme innerhalb des Systems und zu standardisierten Bedingungen möglich.358 Ferner gibt es Systeme, die die Angebote bündeln und an einen Makler oder Emittenten weiterleiten, bei welchem schließlich Angebot und Nachfrage zusammengeführt und die Geschäfte abgeschlossen werden (Order Routing).359 Unter dem Begriff der proprietären Handelssysteme (Proprietary Trading Systems) wiederum versteht man elektronische Plattformen, die es institutionellen Anlegern und teilweise auch Privatanlegern ermöglichen, innerhalb des Systems mit einem zentralen Kontrahenten oder untereinander Wertpapiergeschäfte abzuschließen.360 Eine weitere Unterscheidung wird mit Blick auf die Art und Weise der Preisfeststellung vorgenommen. Zum einen gibt es Systeme, die die Transaktionen in ein eigenes vollautomatisches Orderbuch einstellen (Matching- oder Price-Making-Systems)361, zum anderen auch Systeme, die die Preise zu festgelegten Zeiten anhand von Referenzkursen Dritter, etwa einer Börse, feststellen (Crossing- oder Price-Taking-Systems).362 Bei Letzteren ist der Systembetreiber typischerweise zugleich zentraler Kontrahent.363 Schließlich sind noch Plattformen zu nennen, über die Neuemissionen von Wertpapieren vertrieben werden (Electronic Public Offering- oder Initial Public Offering-Plattformen).364

357 Hierzu Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 80; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 44; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 280; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vor §§ 58 – 60 BörsG Rdn. 2; Spindler, WM 2002, 1325, 1327. 358 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 44; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vor §§ 58 – 60 BörsG Rdn. 2; ders., WM 1997, 293, 299 f. 359 Spindler, WM 2002, 1325, 1327 f. 360 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 81; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsG Rdn. 10; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), KapitalmarktrechtsKommentar, Vor §§ 58 – 60 BörsG Rdn. 3; vgl. auch Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 651; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 158 f. 361 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 44; Spindler, WM 2002, 1325, 1327. 362 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 80 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 44; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vor §§ 58 – 60 BörsG Rdn. 4. 363 Spindler, WM 2002, 1325, 1327. 364 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 44; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vor §§ 58 – 60 BörsG Rdn. 5; vgl. auch Fleischer, Gutachten F zum 64. DJT, F 86; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 345.

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Eine besondere Ausprägung eines Kontrahentensystems stellt die Internalisierung durch Banken dar.365 Hierbei werden Aufträge eigener oder fremder Kunden bankintern durch Selbsteintritt der Bank gegen das eigene Buch, also bilateral, ausgeführt. Teilweise kommen Aufträge auch gegeneinander zur Ausführung. Lediglich die auf diesem Wege nicht ausführbaren Aufträge werden an die Börse weitergeleitet.366 Das von der Deutsche Börse AG angebotene Xetra Best Execution367 ermöglicht eine derartige Internalisierung durch die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen (§ 147 Abs. 1 und 2 der Börsenordnung für die FWB368). Die Börsenordnung der FWB sieht vor, dass die Ausführung zu einem Ausführungspreis zustande kommen muss, der für den Kunden stets einen zumindest minimalen Preisvorteil gegenüber dem zeitgleich im Xetra-Orderbuch quotierten Preis beinhaltet (§ 148 Abs. 1 der Börsenordnung für die FWB). Strenggenommen ebenfalls ein außerbörsliches Handelssystem, welches allerdings im Gegensatz zu den bisher bezeichneten Handelsplattformen nur von einem Börsenträger betrieben werden kann, ist der Freiverkehr (§ 48 BörsG). Dieser unterscheidet sich von dem börslichen Segment des regulierten Marktes insbesondere dadurch, dass die Rechtsverhältnisse ausschließlich dem Privatrecht zuzuordnen sind. Im Übrigen ist er jedoch ähnlich dem regulierten Markt ausgestaltet und vollzieht sich auch faktisch anlässlich der börsentäglichen Marktveranstaltung.369 Er hebt sich insoweit grundlegend von den zuvor dargestellten Varianten außerbörslicher Handelssysteme ab.370 Trotz der großen Vielfalt der Erscheinungsformen außerbörslicher Systeme ist es möglich, eine grundsätzliche Unterteilung in zwei Gruppen vorzunehmen. Zu unterscheiden sind auf der einen Seite Systeme mit Marktplatzfunktion (multilaterale Systeme) und auf der anderen Seite Kontrahentensysteme (bilaterale Systeme).371 Bei Ersteren kommen die Handelsabschlüsse unter den angeschlossenen

365 Dazu von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 281; Seitz, AG 2004, 497, 498. 366 Beachtlich ist, dass Banken bereits nach Inkrafttreten des BörsG von 1896 in ähnlicher Weise Kauf- und Verkaufsaufträge intern „kompensierten“ und so in erheblichem Umfang Funktionen der Börse übernahmen, hierzu Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 87. 367 Dazu Hammen, WM 2002, 2129 ff.; Köndgen / Theissen, WM 2003, 1497 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 46 f.; Mülbert, JZ 2002, 826, 830. 368 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 369 Vgl. W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 2; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 14. 370 Vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Anlage 2 des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 102, 111). 371 Börsensachverständigenkommission, Empfehlungen zur Regulierung alternativer Handelssysteme, Mai 2001, abrufbar unter: http: //deutsche-boerse.com/INTERNET/ EXCHANGE/inside/BSK_Empfehlung_Mai2001.pdf; Cohn, ZBB 2002, 365, 367 f.; Merkt,

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Handelsteilnehmern zustande, Letztere kennzeichnen sich hingegen dadurch, dass die Geschäfte stets mit einer vorab feststehenden, im eigenen Namen und für eigene Rechnung handelnden Partei, regelmäßig dem Systembetreiber, abgeschlossen werden. Schließlich ist noch auf eine Besonderheit der alternativen Handelssysteme einzugehen: Während die klassischen Börsen von der Intermediation, dem nur mittelbaren Zugang zum Börsenhandel über zwischengeschaltete Akteure, geprägt sind, wie etwa beim Präsenzhandel die zweistufige Intermediation über die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen und die Skontroführer zeigt, haben die alternativen Handelssysteme einen Prozess der Disintermediation eingeleitet. 372 Die Zahl der Intermediationsprozesse wurde verringert und den Teilnehmern teilweise sogar ein direkter Zugang zu der Handelsplattform eröffnet. Bei Handelssystemen mit Marktplatzfunktion kann tatsächlich ein intermediationsfreier Handel angeboten werden, wohingegen bei Kontrahentensystemen im Hinblick auf die zentrale Gegenpartei stets zumindest eine einstufige Intermediation vorliegt. Da jeder Intermediationsprozess zusätzliche Kosten verursacht, trägt die beschriebene Entwicklung zu einer Senkung der Transaktionskosten bei.373

II. Rechtlicher Rahmen 1. Viertes Finanzmarktförderungsgesetz Das Aufkommen dieser neuen Systeme wirft regulatorische Fragen im Hinblick auf den Anleger- und den Marktfunktionsschutz auf, die der Gesetzgeber mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz374 und dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz375 zu beantworten suchte.376 Im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes aus dem Jahre 2002 fügte der Gesetzgeber erstmals eine über die bereits bestehende Normierung des Freiverkehrs hinausgehende gesetzliche Regelung der alternativen Handelssysteme in das Börsengesetz ein (§§ 58 bis 60 BörsG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes). Da der Gesetzgeber die neuen Handelsplattformen nicht als Börsen einordnete, sondern vielmehr gesonderte Bestimmungen für den Betrieb elektronischer HanGutachten G zum 64. DJT, G 44; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 281; Spindler, WM 2002, 1325, 1328. 372 Hopt / Baum, WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 9 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 41 f.; vgl. auch Fleischer, Gutachten F zum 64. DJT, F 35; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 651. 373 Siehe allerdings zu der gegenläufigen Entwicklung der Institutionalisierung 3. Kapitel B. III. 374 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 375 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 376 Vgl. Cohn, ZBB 2002, 365, 368 ff.; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 282, 293.

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delssysteme (§ 58 Abs. 1 BörsG a.F.) beziehungsweise börsenähnlicher Einrichtungen (§ 59 S. 1 BörsG a.F.) schuf, wäre eine gesetzessystematische Zuordnung zum WpHG ebenfalls gangbar gewesen. Für eine Zuordnung zum Börsengesetz sprach allerdings die Nähe zum Börsenbegriff, das Interesse an einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde für Börsen und alternative Handelssysteme377 sowie die marktorganisationsrechtliche Natur der zu schaffenden Bestimmungen. Im Gesetzgebungsverfahren stand bei der Entscheidung, die Bestimmungen in das Börsengesetz einzufügen, offenbar das Ansinnen der Bundesländer im Vordergrund, eine Zuständigkeit der Landesbehörden für die Aufsicht über die alternativen Handelssysteme zu begründen.378 Der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes explizit für die Zuständigkeit der Börsenaufsichtsbehörden und damit der obersten Landesbehörden ausgesprochen, während die Bundesregierung eine Regelung im Börsengesetz mit der Folge einer Aufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörden zunächst noch abgelehnt hatte.379 Die Bestimmungen der §§ 58 bis 60 BörsG a.F. sahen eine zweistufige Regulierung der alternativen Handelssysteme vor.380 Auf der ersten Stufe legte § 58 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F. fest, dass der Betrieb eines elektronischen Handelssystems eine Anzeige dieses Vorhabens gegenüber der Börsenaufsichtsbehörde voraussetzt. Unter einem elektronischen Handelssystem war eine programmierfähige Einrichtung zu verstehen, in der Angebot und Nachfrage in börsenmäßig handelbaren Gegenständen mit dem Ziel dargestellt werden, Vertragsabschlüsse zu ermöglichen.381 Auf der zweiten Stufe unterlagen börsenähnliche Einrichtungen den in § 59 S. 1 Nr. 1 bis 7 BörsG a.F. benannten Organisationspflichten.382 Zudem waren sie gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F. der Aufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörde unterstellt. Der Begriff der börsenähnlichen Einrichtung setzte gemäß § 59 S. 1 BörsG a.F. das Vorliegen eines elektronischen Handelssystems sowie zusätzlich ein Zustandekommen der Verträge innerhalb des Systems und unter den Marktteilneh377 So Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 394 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 73. 378 Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 618 f. 379 Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 14 / 8017, 146, 157 (Stellungnahme des Bundesrates), 174, 179 (Gegenäußerung der Bundesregierung); vgl. W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vorb. BörsG Rdn. 22; Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 618. Auch berief sich die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (a. a. O.) auf die geplante Überarbeitung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, in deren Rahmen beabsichtigt sei, alternative Handelssysteme als Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzustufen. Sie sollte Recht behalten: Aus dem genannten Grund erfolgte mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz eine Verlagerung in das WpHG (siehe sogleich). 380 Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 619; vgl. auch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 73 f. 381 So Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 620. Eine Legaldefinition enthielt das Börsengesetz nicht. 382 Cohn, ZBB 2002, 365, 369.

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mern voraus.383 In subjektiver Hinsicht waren lediglich Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des KWG sowie gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 oder § 53b Abs. 1 S. 1 KWG tätige Unternehmen zum Betrieb einer börsenähnlichen Einrichtung befugt.384 Nach dem Gesagten unterfielen Handelssysteme mit Marktplatzfunktion (multilaterale Systeme) dem Begriff der börsenähnlichen Einrichtung (§ 59 f. BörsG a.F.), wohingegen Kontrahentensysteme (bilaterale Systeme) lediglich der Bestimmung für elektronische Handelssysteme (§ 58 BörsG a.F.) unterlagen, welche keine Vertragsabschlüsse unter mehreren Marktteilnehmern erforderte.385

2. Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz Bereits durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz des Jahres 2007 wurden die Bestimmungen der §§ 58 bis 60 BörsG a.F. wieder aufgehoben und stattdessen Regelungen betreffend alternative Handelssysteme in das WpHG eingefügt. Gemäß der Terminologie der MiFID sind nun multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer zu unterscheiden. Der Bundesrat hatte – insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer Zuständigkeit der Börsenaufsichtsbehörden – eine Regulierung der multilateralen Handelssysteme im Börsengesetz befürwortet386, konnte sich mit dieser Forderung jedoch nicht durchsetzen.387 Aufgrund der Neuregelung im WpHG obliegt nun der BaFin die Aufsicht über die genannten Handelsplattformen (§ 4 Abs. 1 S. 1 WpHG). Die den Freiverkehr betreffenden Regelungen sind indes im Börsengesetz verblieben (§ 48 BörsG), haben jedoch einige Veränderungen erfahren.

Vgl. Spindler, WM 2002, 1325, 1334 f. Ein Betreiber einer börsenähnlichen Einrichtung, der diese subjektive Voraussetzung nicht erfüllte, bedurfte demgegenüber einer Genehmigung zur Errichtung einer Börse gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F., so der Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drs. 14 / 8601, 16; siehe zudem La Corte, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 204; Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 622. 385 Ähnlich Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 75; Cohn, ZBB 2002, 365, 368 f. 386 Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Anlage 2 des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 102, 106). 387 Für eine Verlagerung in das WpHG sprachen insbesondere die Vorgaben der MiFID: Diese stufte multilaterale Handelssysteme als Wertpapierfirmen ein (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1, Anhang I Abschnitt A Nr. 8 der MiFID), welche in der deutschen Umsetzung als Wertpapierdienstleistungsunternehmen im WpHG geregelt sind; vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 68. 383 384

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a) Multilaterale Handelssysteme Ein multilaterales Handelssystem ist gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 WpHG ein multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt. Diese Definition beruht auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID. Das multilaterale Handelssystem ist dem geregelten Markt (Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID) beziehungsweise der Börse (§ 2 Abs. 1 BörsG) in materieller Hinsicht sehr ähnlich388, da es ebenfalls voraussetzt, dass die Verträge zwischen den Teilnehmern (multilateral) zustande kommen und die Interessen innerhalb des Systems zusammengebracht werden. Hinsichtlich des letztgenannten Aspektes ist die Definition des geregelten Marktes respektive der Börse allerdings etwas weiter: Es genügt, wenn innerhalb des Systems das Zusammenbringen gefördert wird.389 Ferner erweist sich das multilaterale Handelssystem in Anbetracht der benannten Eigenschaften als Nachfolger der börsenähnlichen Einrichtung.390 Indes erfuhr das multilaterale Handelssystem gegenüber der börsenähnlichen Einrichtung insofern eine Aufwertung, als die Bestimmung über die bestmögliche Ausführung von Kundenaufträgen (best execution) Börsen und multilaterale Handelssysteme nun (in Abkehr vom bisherigen Börsenvorrang nach § 22 BörsG a.F.) in der Weise gleichstellt, dass eine Ausführung über ein multilaterales Handelssystem ohne eine Einwilligung des Kunden möglich ist (§ 33a Abs. 5 S. 2 WpHG).391 Auf diese Weise soll der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Handelsplattformen gefördert werden.392 Nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 WpHG stellt der Betrieb eines multilateralen Handelssystems eine Wertpapierdienstleistung dar (siehe auch Anhang I Abschnitt A Nr. 8 der MiFID). Dies bedeutet für ein Unternehmen, welches ein multilaterales Handelssystem betreibt, dass es als Wertpapierdienstleistungsunternehmen393 (§ 2 388 Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 79; Spindler / Kasten, WM 2007, 1245, 1246. 389 Vgl. Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1754 f. 390 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 68; siehe § 59 S. 1 BörsG i.d.F. des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes: „Vertragsabschlüsse unter mehreren Marktteilnehmern innerhalb des Systems“. 391 Vgl. Irmen, in: Clouth / Lang (Hrsg.), MiFID-Praktikerhandbuch, S. 333; siehe ferner zu den entsprechenden Vorgaben der MiFID Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 24 f. 392 Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 782. 393 Die subjektiven Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 WpHG sind regelmäßig erfüllt, da der Betrieb eines multilateralen Handelssystems nach § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1b KWG eine Finanzdienstleistung darstellt und damit der Betreiber ein Finanzdienstleistungsinstitut ist.

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Abs. 4 WpHG) verpflichtet ist, die Wohlverhaltenspflichten nach dem WpHG zu beachten. Ferner enthalten die §§ 31f und 31g WpHG spezielle Vorschriften für multilaterale Handelssysteme, nach denen der Betreiber insbesondere Regelungen für den Zugang von Handelsteilnehmern (§ 31f Abs. 1 Nr. 1 WpHG), die Einbeziehung von Finanzinstrumenten, die ordnungsgemäße Durchführung des Handels und der Preisermittlung, die Verwendung von Referenzpreisen und die vertragsgemäße Abwicklung der Geschäfte festzulegen hat (§ 31f Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Derartige Regelungen sind jedenfalls mangels hoheitlicher Befugnisse des Betreibers privatrechtlicher Natur und daher vertraglich mit den Handelsteilnehmern beziehungsweise Emittenten zu vereinbaren. Es handelt sich dabei in der Regel um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Des Weiteren treffen den Betreiber Kontrollpflichten (§ 31f Abs. 1 Nr. 3 WpHG), vor allem bezüglich der Einhaltung des Insiderhandelsverbotes und des Verbotes der Marktmanipulation, sowie Pflichten hinsichtlich der Preisbildung (§ 31f Abs. 1 Nr. 4 WpHG), der Dokumentation (§ 31f Abs. 1 Nr. 5 WpHG) und der öffentlichen Bekanntgabe der für die Nutzung erforderlichen und zweckdienlichen Informationen (§ 31f Abs. 1 Nr. 6 WpHG). Überdies hat der Betreiber gemäß § 31g Abs. 1 und 3 WpHG Vorhandels- und Nachhandels-Transparenzpflichten 394 zu beachten. Diesbezüglich ist auch die Durchführungsverordnung395 zur MiFID zu berücksichtigen (siehe etwa Art. 17, 18, 27 und 29 der Durchführungsverordnung). Im Übrigen stellt der Betrieb eines multilateralen Handelssystems eine Finanzdienstleistung nach dem KWG dar (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1b KWG). Daher bedürfen Betreiber eines multilateralen Handelssystems als Finanzdienstleistungsinstitute einer Erlaubnis der BaFin (§ 32 Abs. 1 KWG). Auf Grundlage dieser Erlaubnis besteht in Übereinstimmung mit den Vorgaben der MiFID die Möglichkeit der Dienstleistungserbringung in anderen EWR-Vertragsstaaten nach Durchlaufen eines bloßen Anzeigeverfahrens (§ 24a KWG).396

b) Systematische Internalisierer Ein systematischer Internalisierer ist gemäß § 2 Abs. 10 WpHG ein Unternehmen, das nach Maßgabe des Artikels 21 der Durchführungsverordnung zur MiFID häufig regelmäßig und auf organisierte und systematische Weise Eigenhandel außerhalb organisierter Märkte und multilateraler Handelssysteme betreibt.397 Diese Dazu Vollmuth / Seifert, in: Clouth / Lang (Hrsg.), MiFID-Praktikerhandbuch, S. 378 ff. Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EG Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 396 Hierzu 3. Kapitel D. II. 2. b) aa). 397 Nicht nur sprachlich fragwürdig ist der Ausdruck „häufig regelmäßig“ in der deutschen Fassung der MiFID und in § 2 Abs. 10 WpHG: Die englische Fassung der MiFID verwendet hierfür nur das Wort „frequent“, gleichermaßen auch die französische und die spanische Fassung. Auch wird dieselbe Wendung („organised, frequent and systematic“ im Englischen) in 394 395

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Definition beruht auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 7 der MiFID. Eigenhandel ist die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (§ 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WpHG). Art. 21 der Durchführungsverordnung enthält weitere eingrenzende Kriterien zur Festlegung, ob es sich um einen systematischen Internalisierer handelt.398 Im Gegensatz zum geregelten Markt und dem multilateralen Handelssystem führt ein systematischer Internalisierer die Kundenaufträge gegen das eigene Buch (also bilateral) aus. Damit sind lediglich reine Kontrahentensysteme als systematische Internalisierer einzuordnen. Dieser Aspekt weist auf einen wesentlichen Unterschied zur vorherigen Regelung im Börsengesetz hin: Während das elektronische Handelssystem gegenüber der börsenähnlichen Einrichtung als Auffangtatbestand fungierte, schließen sich systematischer Internalisierer (Kontrahentensystem) und multilaterales Handelssystem (Marktplatzsystem) gegenseitig aus. Die Ausführung eines Kundenauftrages über ein reines Kontrahentensystem bedarf auch nach Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes der ausdrücklichen Zustimmung des Kunden. Zwar ist der Börsenvorrang gemäß § 22 BörsG a.F. weggefallen, jedoch stellt die Bestimmung über die bestmögliche Ausführung von Kundenaufträgen ein ebensolches Erfordernis auf (§ 33a Abs. 5 S. 2 WpHG).399 Die Einwilligung kann nun allerdings auch bei Privatkunden in generalisierter Form, also mit Wirkung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen, eingeholt werden.400 Der systematische Internalisierer ist bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen401 des § 2 Abs. 4 WpHG entgegen abweichenden Auffassungen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, denn das Betreiben des Eigenhandels als konstituierendes Merkmal der Tätigkeit des systematischen Internalisierers stellt gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WpHG eine Wertpapierdienstleistung dar.402 Die Ausnahme des § 2a Abs. 1 Nr. 10 WpHG (Betreiben des Eigenhandels als einzige DienstleisArt. 2 Abs. 1 (d) der MiFID mit „in organisierter und systematischer Weise häufig“ und in Art. 21 Abs. 1 der Durchführungsverordnung mit „organisiert, häufig und systematisch“ wiedergegeben, also ohne Verwendung des Wortes „regelmäßig“. 398 Kritisch Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 780. 399 Zu den diesbezüglichen Vorgaben der MiFID Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 24 f. 400 Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 783. 401 Da der Eigenhandel eine Finanzdienstleistung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG ist, handelt es sich bei dem systematischen Internalisierer regelmäßig um ein Finanzdienstleistungsinstitut. Daher sind – bei entsprechendem Umfang oder Gewerbsmäßigkeit (§ 1 Abs. 1a S. 1 KWG) – die subjektiven Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 WpHG erfüllt. 402 Dies ergibt sich auch bereits aus Art. 4 Abs. 1 Nr. 7, Anhang I Abschnitt A Nr. 3 der MiFID; a.A. offenbar Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1755, wonach der systematische Internalisierer keine Wertpapierdienstleistung erbringen soll; unklar auch Fleischer, BKR 2006, 389, 393, und Seitz, AG 2004, 497, 501, die feststellen, es handele sich um keine eigenständige Wertpapierdienstleistung und daher bedürfe es keiner gesonderten Zulassung.

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tung) greift im Ergebnis nicht ein, da für systematische Internalisierer die Rückausnahme des § 2a Abs. 1 Nr. 10 lit. b) WpHG einschlägig ist.403 Daher sind die allgemeinen Verhaltenspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dem WpHG zu beachten. Ferner stellen die §§ 32 bis 32d WpHG besondere Regeln für systematische Internalisierer auf, die Aufträge in Aktien und Aktien vertretenden Zertifikaten bis zur standardmäßigen Marktgröße ausführen. Die Pflichten beziehen sich insbesondere auf die Veröffentlichung verbindlicher Kauf- und Verkaufsangebote (Quotes), die Ausführung von Kundenaufträgen und die in Geschäftsbedingungen zu treffenden Bestimmungen. Die Geschäftsbedingungen sind vertraglich mit den Kunden zu vereinbaren; in der Regel handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Weitere Bestimmungen hinsichtlich Vorhandels- und Nachhandels-Transparenzpflichten 404 treffen die Art. 21 ff., 27 f. und 29 ff. der Durchführungsverordnung zur MiFID. Da der Eigenhandel, ein konstitutives Merkmal der Tätigkeit des systematischen Internalisierers, eine Finanzdienstleistung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG darstellt, bedarf ein systematischer Internalisierer grundsätzlich einer Erlaubnis als Finanzdienstleistungsinstitut (§ 32 Abs. 1 KWG).405 Die gemäß § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 14 KWG zur Verfügung stehende Ausnahme von der Einordnung als Finanzdienstleistungsinstitut findet aufgrund der Rückausnahme des § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 14 lit. b) KWG keine Anwendung.406 Auf Grundlage der Erlaubnis besteht die Möglichkeit, nach Durchlaufen des Verfahrens des § 24a KWG in anderen Vertragsstaaten des EWR tätig zu werden. c) Freiverkehr Beim Freiverkehr handelt es sich um eine nichtbörsliche, privatrechtlich organisierte407 Handelsplattform, deren Betrieb allerdings gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 BörsG ausschließlich einem Börsenträger offensteht und von einer Börse zuzulassen ist. Des Weiteren bedarf es einer Erlaubnis durch die Börsenaufsichtsbehörde (§ 48 Abs. 3 S. 1 BörsG). Die Zulassung durch die Börse setzt voraus, dass durch Geschäftsbedingungen eine ordnungsgemäße Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung gewährleistet erscheint (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG). Der Gesetzgeber entschied sich in dem Regierungsentwurf des Finanz403 Siehe die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 58 f. 404 Dazu Vollmuth / Seifert, in: Clouth / Lang (Hrsg.), MiFID-Praktikerhandbuch, S. 378 ff. 405 A.A. offenbar Fleischer, BKR 2006, 389, 393, ohne weitere Darlegungen. 406 Siehe die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 92, verweisend auf S. 58 f. 407 Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrs. 12 / 6679, 75 f.; Harrer / Müller, WM 2006, 653, 654.

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marktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes zunächst – entgegen der bisher herrschenden Ansicht408 – für eine öffentlich-rechtliche Einordnung des Regelwerkes.409 Die „Handelsrichtlinien“ sollten von der Börsengeschäftsführung erlassen werden. Hiervon ist der Gesetzgeber jedoch in der Endfassung aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses410 wieder abgerückt: Das Regelwerk wird ausdrücklich als Geschäftsbedingungen bezeichnet und ist von der Geschäftsführung lediglich zu billigen (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG). Es ist privatrechtlicher Natur.411 Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts412 erfolgte im Jahre 2009 eine erneute Modifizierung der gesetzlichen Vorgaben für das Regelwerk des Freiverkehrs: Während die Geschäftsbedingungen die Teilnahme am Handel und die Einbeziehung von Wertpapieren zum Handel regeln, soll der Ablauf des Handels Gegenstand einer separaten Handelsordnung sein (§ 48 Abs. 1 S. 2 und 3 BörsG). An der FWB trägt der Freiverkehr gemäß § 1 Abs. 1 der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB413 die Bezeichnung Open Market. Innerhalb des Open Market hat die Deutsche Börse AG im Jahre 2005 ferner einen Teilbereich mit zusätzlichen Transparenzanforderungen, den Entry Standard, geschaffen (siehe § 18 Abs. 1 S. 1 der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB).414 Im Freiverkehr sind nur Wertpapiere handelbar, die nicht zum regulierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG). Die Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel im Freiverkehr erfolgt aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages.415 Eine Mitwirkung des Emittenten ist nicht erforderlich. So kann etwa gemäß § 2 Abs. 3 der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB „die Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel im Open Market ( . . . ) von allen ( . . . ) zur Teilnahme am Handel im Open Market berechtigten Unternehmen beantragt werden.“ Emittenten, deren Wertpapiere 408 Diese ordnete das Regelwerk als Allgemeine Geschäftsbedingungen ein; siehe Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 206; Potthoff / Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage 3, 3, 8 (in Bezug auf das Regelwerk des Neuen Marktes); Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rdn. 2; a.A. jedoch Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 307 ff. 409 Regierungsentwurf zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 39, 89; vgl. W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 1a. 410 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Entwurf des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes, BT-Drs. 16 / 4883, 4, 81. 411 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 79; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 2. 412 Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts vom 20. 3. 2009, BGBl. I 607. 413 Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB, Stand: 1. 12. 2008. 414 Dazu Harrer / Müller, WM 2006, 653, 657 f.; Schlitt / Schäfer, AG 2006, 147; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. 7. 2007, S. 19. 415 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 79; vgl. auch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 3, 8; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rdn. 3.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

ohne ihre Zustimmung einbezogen wurden, können indes auch nicht verpflichtet werden, Informationen in Bezug auf diese Wertpapiere zu veröffentlichen (§ 48 Abs. 1 S. 4 BörsG). Derartige Pflichten können jedoch den antragstellenden Unternehmen auferlegt werden, so etwa gemäß § 16 der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB. Soweit die Zustimmung der Emittenten Einbeziehungsvoraussetzung war, können allerdings Anforderungen formuliert werden, die auch die Emittenten betreffen. Solche Anforderungen legen im Falle des Entry Standard die §§ 18 Abs. 3 lit. d), 19 Abs. 2 der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB fest. Auf den Betrieb des Freiverkehrs sind gemäß § 48 Abs. 3 S. 2 BörsG die Vorschriften des Börsengesetzes mit Ausnahme einiger Regelungen zur Skontroführung und der Bestimmungen über die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel entsprechend anzuwenden. Gemäß dem Regierungsentwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes sollten über § 48 Abs. 3 BörsG ursprünglich sowohl das Börsengesetz insgesamt, als auch einige Organisationspflichten des WpHG eine entsprechende Anwendung finden.416 Die Gesetzesbegründung verwies auf Art. 5 Abs. 2 der MiFID, nach welchem Marktbetreiber, also Betreiber eines geregelten Marktes (Art. 4 Abs. 1 Nr. 13 der MiFID), die auch ein multilaterales Handelssystem betreiben, gewisse Organisationspflichten zu beachten haben. Jedenfalls handelt es sich beim Freiverkehr tatsächlich um ein multilaterales Handelssystem im Sinne der Definition des Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID.417 Der Bundesrat sprach sich dennoch gegen die Verweisung auf die Vorschriften des WpHG aus und begründete dies damit, dass der Freiverkehr sich grundlegend von anderen multilateralen Handelssystemen unterscheide und aufgrund seiner Zulassung in die Börse integriert und Bestandteil der Börsenselbstverwaltung sei.418 Im Hinblick auf die Aufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörden und die Anwendbarkeit des Börsengesetzes unterliege er umfassenden Organisationsvorschriften. Das Börsengesetz sei insoweit als lex specialis anzusehen. Auch genüge gemäß Art. 71 Abs. 5 der MiFID bei einem bestehenden, von einem Marktbetreiber betriebenen multilateralen Handelssystem, dass dieses gleichwertigen Anforderungen unterliege. Daher sei die Verweisung auf das WpHG entbehrlich. Dieser Argumentation ist der Gesetzgeber in § 48 Abs. 3 S. 2 BörsG letztlich gefolgt. Aufgrund der Bereichsausnahmen in § 2a Abs. 1 Nr. 13 WpHG und § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 16 KWG ist 416 Siehe den Regierungsentwurf zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 40, sowie die Begründung des Regierungsentwurfes, a. a. O., S. 89; vgl. auch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 1b. 417 Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 68; Harrer / Müller, WM 2006, 653, 654. 418 Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Anlage 2 des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 102, 111); Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 16 / 4899, 3, 5; ebenfalls kritisch die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, abgedruckt in NZG, 2006, 935, 938.

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der Freiverkehr nun generell nicht Normadressat der Regelungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen beziehungsweise Finanzdienstleistungsinstitute. 419 Wie im regulierten Markt erfolgt die Preisfeststellung im Freiverkehr sowohl im elektronischen Handel als auch im Präsenzhandel.420 Der gesetzliche Rahmen der Systeme der Preisfeststellung wird auch für den Freiverkehr von Art. 17 Abs. 2 bis 5 (sowie Anhang II) der Durchführungsverordnung zur MiFID vorgegeben.421 Die Preise, die während der Börsenzeit im Freiverkehr festgestellt werden, gelten aufgrund der Bestimmung des § 24 Abs. 1 S. 2 BörsG als Börsenpreise. d) Wahl des Rechtsrahmens Das multilaterale Handelssystem und der Freiverkehr – der genau genommen einen Sonderfall des multilateralen Handelssystems darstellt – können unter einen funktionalen Börsenbegriff422 subsumiert werden, unterscheiden sich allerdings durch das Fehlen einer hoheitlichen Zulassung als Börse und durch ihre privatrechtliche Ausgestaltung von einer Börse im Rechtssinne. Der Betreiber einer Börse im funktionalen Sinne hat also, wie bereits seit Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes423, eine dreifache Wahlmöglichkeit: Er kann eine Erlaubnis zur Errichtung einer Börse beantragen (§ 4 Abs. 1 BörsG), er kann sich, soweit er ein Börsenträger ist, um eine Zulassung des Betriebes eines Freiverkehr bemühen (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG) oder aber einen Erlaubnisantrag für das Erbringen von Finanzdienstleistungen, nämlich dem Betrieb eines multilateralen Handelssystems, stellen (§ 32 Abs. 1 KWG).424 Folglich ist inzwischen in Abweichung von der seit dem „Feenpalasturteil“425 aus dem Jahre 1898 anerkannten Rechtslage der Betrieb einer Börse im funktionalen Sinne in privatrechtlicher Form zulässig, 419 Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 59, 92. 420 Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rdn. 5. 421 Zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit der Durchführungsverordnung für die Systeme der Preisfeststellung (nicht spezifisch in Bezug auf den Freiverkehr) siehe die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 86; Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 779 f. 422 Siehe hierzu 2. Kapitel A. II. 423 Eine Wahlmöglichkeit auf Grundlage des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes bejahend Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 5; Reuschle / Fleckner, BKR 2002, 617, 625; siehe auch die Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drs. 14 / 8017, 157 f.; a.A. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 59 ff.; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 59 BörsG Rdn. 1. 424 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81; Spindler / Kasten, WM 2007, 1245, 1246; zu der Diskussion über eine starre Zuordnung anhand formaler bzw. materieller Kriterien oder ein Wahlrecht des Betreibers siehe bereits Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 36. 425 PrOVGE 34, 315 = ZHR 48 (1899), 274.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

allerdings, was eine Unterscheidbarkeit für den Rechtsverkehr gewährleistet, nicht unter der Bezeichnung „Börse“.

D. Reformdiskussion I. Überblick über den Streitstand Seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wird im Schrifttum die Frage diskutiert, ob die gegenwärtige duale Börsenverfassung noch geeignet ist oder ob sie de lege ferenda durch eine privatrechtliche Börsenverfassung oder zumindest durch ein Wahlrecht zwischen beiden Rechtsformen ersetzt werden sollte. Vereinzelt wurde auch die Ansicht vertreten, das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz habe bereits de lege lata neue Rechtstatsachen in Richtung auf eine privatrechtliche Zuordnung der Börsen geschaffen.426 Diese Auffassung wurde jedoch von der ganz herrschenden Meinung mit überzeugenden Gründen verworfen.427 Seit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz ist de lege lata klargestellt, dass Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind (§ 2 Abs. 1 BörsG).428 Im Folgenden soll die bisherige Diskussion über die geeignete Börsenverfassung de lege ferenda umrissen werden. Die Darstellung wird die verschiedenen Streitpunkte vorstellen und jeweils eine Gegenüberstellung der gegensätzlichen Ansichten vornehmen. Teilweise wird zwar bereits an dieser Stelle eine Würdigung der Argumente erfolgen, eine abschließende Bewertung ist hier indes noch nicht beabsichtigt. Eine vertiefte Beschäftigung mit den einzelnen Streitpunkten wird im dritten und vierten Kapitel erfolgen.429 426 Für eine privatrechtliche Qualifizierung der Börsen wurde die einer Aktiengesellschaft ähnliche Organisation (mit Börsenrat und Börsengeschäftsführung) sowie die eindeutig privatrechtliche Natur des Börsenträgers angeführt. Ferner wurde betont, die Tätigkeit sei auf den Abschluss privater Wertpapiergeschäfte gerichtet. Die öffentlich-rechtlichen Befugnisse seien mit der Figur der Beleihung zu erklären. So Claussen / Hoffmann, ZBB 1995, 68; in der Tendenz auch Klenke, WM 1995, 1089, 1092. 427 Den Börsen ist die nur Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts zustehende Befugnis eingeräumt, öffentlich-rechtliche Satzungen zu erlassen. Diese Rechtsetzungsfunktion ist kein tauglicher Beleihungsgegenstand. Ferner ist das Zulassungsverfahren für Marktteilnehmer und Emittenten als Verwaltungsverfahren ausgestaltet. Auch können die Börsen keiner Gesellschaftsform des Privatrechts zugeordnet werden. Zudem besagt die privatwirtschaftliche Funktion der Börsen nichts über deren rechtliche Einordnung; vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 8; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 58; Hammen, AG 2001, 549 ff.; Schwark, WM 1997, 293, 302. 428 Spindler / Kasten, WM 2007, 1245, 1246. 429 Lediglich hinsichtlich der Punkte „Wirkung auf ausländische Betrachter“ (6.) und „Staatliche Haftung“ (7.) erweist sich eine weitergehende Erörterung als nicht erforderlich.

D. Reformdiskussion

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1. Besonderes öffentliches Interesse Das Erfordernis einer öffentlich-rechtlichen Struktur der Börsen wird insbesondere mit dem erheblichen öffentlichen Interesse an der Funktionsfähigkeit der Finanz- und Kapitalmärkte begründet. Für die Wettbewerbsfähigkeit einer modernen Volkswirtschaft seien leistungsfähige Kapitalmärkte von wesentlicher Bedeutung.430 Unternehmen wie auch der Staat bedürften der Kapitalmärkte als Finanzierungsquellen zur Erschließung der anlagesuchenden Gelder. Ferner erfüllten die Kapitalmärkte eine wichtige Funktion für den Aufbau einer privaten Altersvorsorge. Diesem staatlichen Interesse müsse durch eine Aufgabenwahrnehmung in öffentlich-rechtlicher Form Rechnung getragen werden. Dem kann man allerdings entgegenhalten, dass der pauschale Verweis auf ein besonderes öffentliches Interesse das Erfordernis einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung nicht zu begründen vermag, solange nicht überzeugend dargetan wird, dass nur die öffentlich-rechtliche Börse in der Lage ist, diesem Interesse gerecht zu werden. So ist alternativ zu erwägen, dem öffentlichen Interesse mittels einer effektiven Börsenaufsicht über eine privatrechtlich verfasste Börse Rechnung zu tragen.431 Unter Verkehrsschutzgesichtspunkten wird für eine privatrechtlich verfasste Börse zudem ein Rechtsformzwang vorgeschlagen. In erster Linie ist an die Aktiengesellschaft, ferner auch an die Rechtsform der GmbH zu denken.432 Befürworter der rein privatrechtlichen Börsenverfassung weisen zudem darauf hin, dass die wirtschaftliche Betätigung des Staates in hoheitlicher Form eine der Rechtfertigung bedürfende Ausnahme darstelle. Nach der deutschen Verfassungsund Wirtschaftsrechtsordnung würden Dienstleistungen grundsätzlich in privatrechtlicher Form erbracht.433 Die Frage, ob eine rein privatrechtliche Börse ähnlich oder besser ausgestaltet werden könne als die öffentlich-rechtliche Börse, gehe mithin von einem falschen Ausgangspunkt aus. Umgekehrt bedürfe nämlich die öffentlich-rechtliche Leistungserbringung einer besonderen Rechtfertigung.

2. Liquidität des Börsenhandels Verschiedentlich wird geäußert, eine privatrechtliche Organisationsstruktur der Börsen, die sowohl mit einer fortschreitenden Öffnung für alternative Handelssysteme als auch mit einer erleichterten Zulassung weiterer Börsen einherginge, 430 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 12; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.241. 431 Vgl. Claussen, ZBB 2000, 1, 4; Klenke, WM 1995, 1089, 1092. 432 Baums / Segna, Börsenreform, S. 42 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; Segna, ZBB 1999, 144, 148. 433 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 84, 88; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 183; siehe hierzu 3. Kapitel A. I.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

würde liquiditätsfragmentierende Wirkung entfalten.434 Dies würde die Qualität der Börsenpreise beeinträchtigen. Nicht zu bestreiten ist, dass marktgerechte Börsenpreise, die ein Hauptmerkmal funktionierender Handelssysteme darstellen, einen liquiden Handel erfordern. Dem Ansinnen, den Handel zur Gewährleistung einer hinreichenden Liquidität auf wenige öffentlich-rechtlich verfasste Börsen zu konzentrieren, kann man jedoch entgegnen, dass die deutschen Börsen sich nicht mehr nur untereinander, sondern auch mit alternativen Handelssystemen und ausländischen Börsen im Wettbewerb befinden.435 Ein Unternehmen, das eine Handelsplattform gründen möchte, kann anstelle der Organisationsform der Börse diejenige des multilateralen Handelssystems wählen436; ein Marktteilnehmer, der beispielsweise nicht an der FWB handeln möchte, kann auf multilaterale Handelssysteme, systematische Internalisierer oder ausländische Börsenplätze ausweichen. Diese Überlegungen machen bereits deutlich, dass nicht die Errichtung staatlicher Zugangsschranken, sondern vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit eines Börsenplatzes für dessen Erfolg maßgeblich ist. Ferner zeigt die Betrachtung der Kapitalmärkte anderer Länder, dass sich ganz ohne staatliche Lenkung, allein als Ergebnis des Wettbewerbs, marktführende Handelsplätze mit hoher Liquidität herausbilden.437 Des Weiteren ist der Umstand zu berücksichtigen, dass die Einzelmärkte heute durch regen Informationsaustausch miteinander vernetzt sind. Dies hat zur Folge, dass die Marktteilnehmer geringe Preisdifferenzen sogleich durch entsprechende Aufträge zu nutzen suchen, was wiederum eine Angleichung der Kurse herbeiführt.438 Bei dergestalt integrierten Einzelmärkten spricht viel dafür, dass die von einer Aufteilung des Handels auf mehrere Handelsplattformen ausgehenden Gefahren für die Qualität der Börsenpreise gering sind.439

434 In diese Richtung etwa Mülbert, JZ 2002, 826, 828 f.; vertiefend zu dieser Frage siehe 3. Kapitel B. II. 3.; zudem zu einem diesbezüglichen Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS) siehe unten 3. Kapitel F. III. 2. 435 Zu dieser veränderten Wettbewerbssituation Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83. Die zunehmende Konkurrenz durch alternative Handelssysteme verdeutlichen in jüngster Zeit insbesondere die von namhaften Großbanken aufgebauten Handelseinrichtungen Chi-X und Turquoise. Siehe hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 2. 2007, S. 19, vom 19. 4. 2008, S. 22, vom 17. 6. 2008, S. 21 und vom 10. 11. 2008, S. 21. 436 So auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81; siehe zudem Spindler / Kasten, WM 2007, 1245, 1246. 437 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 362; zur LSE und NYSE siehe Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81; vgl. ferner Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108 („order flow attracts order flow“). 438 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 106 f.; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 153 f. 439 In diese Richtung auch der Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS): Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group estab-

D. Reformdiskussion

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Im Übrigen schließt es die Einführung einer privatrechtlichen Börsenverfassung nicht aus, anderweitige liquiditätssichernde Instrumentarien einzusetzen. So könnte etwa die Anzahl privatrechtlich verfasster Wertpapierbörsen durch restriktive Zulassungsregeln auf niedrigem Niveau gehalten werden. Indes sind unter Berücksichtigung der zuvor angesprochenen Wettbewerbssituation Zweifel an der Geeignetheit eines derartigen Schutzes durch Abschottung angebracht. Als förderlich kann sich hingegen die Zulässigkeit einer Berücksichtigung von Referenzpreisen anderer Handelssysteme erweisen.440

3. Vertretung der betroffenen Gruppen im Börsenrat Nach Ansicht der Befürworter der öffentlich-rechtlichen Börse trägt die Vertretung der zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen, der Emittenten und der Anleger im Börsenrat zu einer gute Corporate Governance der Börsenorganisation bei.441 In dem Aufsichtsrat einer privatrechtlich organisierten Börse könne eine solche Repräsentanz aufgrund der Vertretung der Anteilseigner und Arbeitnehmer nicht gewährleistet werden. Indes wird von der Gegenauffassung erwogen, neben dem gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsrat ein weiteres börsenrechtliches Kontrollgremium einzurichten, um die gegenwärtig im Börsenrat stattfindende Mitwirkung der zum Handel zugelassenen Unternehmen, Emittenten und Anleger auch bei einer rein privatrechtlichen Konzeption zu gewährleisten.442 Während der Aufsichtsrat sich aus Vertretern der Anteilseigner und, im Falle eines mitbestimmten Unternehmens, der Arbeitnehmer zusammensetzen würde, könnte das börsenrechtliche Kontrollgremium als Mitwirkungsgremium der Marktteilnehmer dienen. Sowohl dieser Vorschlag als auch die Auffassung, nach welcher es gelingen soll, alle Gruppen in einem Gremium zu vereinen443, werden zu untersuchen sein.444

lished by the CGFS, January 2001, S. 18 f., abrufbar unter http: //www.bis.org/publ/cgfs16. pdf?noframes=1. 440 Siehe bereits § 24 Abs. 2 S. 3 BörsG; ferner hierzu Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 24 BörsG Rdn. 17 ff.; Hammen, AG 2001, 549, 559 f. 441 So etwa Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 12. 442 Hierfür spricht sich Hellwig, ZGR 1999, 781, 795, aus; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 165, der einer solchen Einflussnahme durch die „Kunden“ der Börse jedoch aus anderen Erwägungen kritisch gegenübersteht. 443 In diese Richtung Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 400 f., 407; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 149; a.A. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 261 ff.; Hammen, AG 2001, 549, 552 ff.; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 165. 444 Siehe hierzu 4. Kapitel C. II.

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

4. Einseitige Setzung des Regelwerkes Ein weiterer Streitpunkt betrifft die autonomen Rechtsetzungsbefugnisse, über die die Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts verfügt.445 Befürworter der öffentlich-rechtlichen Organisationsstruktur verweisen auf die weitaus größeren Handlungsspielräume, die sich daraus ergeben, dass die Börse etwa die Börsenordnung ohne Zustimmung der betroffenen Handelsteilnehmer und Emittenten einseitig als Satzung festzusetzen vermag.446 Diese Befugnis, die eine flexible Reaktion auf Marktentwicklungen ermöglicht, könne einer Person des Privatrechts weder im Wege der Beleihung eingeräumt werden, noch sei es möglich, ein Recht zur einseitigen Änderung des Regelwerkes rechtsgeschäftlich zu vereinbaren.447 Der Gegenauffassung gelang es allerdings durchaus, vielversprechende Ansätze aufzuzeigen, wie bei einer privatrechtlichen Ausgestaltung vergleichbare Resultate erzielt werden können. So könnte das Regelwerk, welches dann grundsätzlich den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen unterläge, ein einseitiges Bestimmungsrecht gemäß § 315 BGB beinhalten, verbunden mit dem börsengesetzlichen Erfordernis einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung für Regelwerksänderungen.448 Es wird zu untersuchen sein, inwieweit ein klauselförmiger Änderungsvorbehalt mit den Bestimmungen der §§ 307 ff. BGB zu vereinbaren ist.449 Gegebenenfalls ist zu erwägen, einer verbleibenden Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit eines solchen Änderungsvorbehaltes mit geringfügigen Gesetzesänderungen im Zuge der Einführung der privatrechtlichen Börsen zu begegnen. Insbesondere ist daran zu denken, die Inhaltskontrolle börslicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen gesetzlich einzuschränken.450

Siehe hierzu 4. Kapitel D. Kümpel, BKR 2003, 3, 9 ff.; vgl. zudem Beck, in: Schwark (Hrsg.), KapitalmarktrechtsKommentar, § 1 BörsG Rdn. 12. 447 So Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 221. 448 So Baums / Segna, Börsenreform, S. 45, 47 ff.; Hellwig, ZGR 1999, 781, 792, auch mit Hinweis auf die ähnliche Rechtslage in Österreich; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85; Segna, ZBB 1999, 144, 150 f.; siehe ferner Claussen, ZBB 2000, 1, 8; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 161 ff. 449 Der Umstand, dass die Regelwerke des Freiverkehrs (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG) und der multilateralen Handelssysteme (§ 31f Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG) bereits gegenwärtig als Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgestaltet sind, spricht dafür, dass dieser Weg grundsätzlich gangbar ist. Siehe zum Regelwerk des Freiverkehrs Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 79; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 1a, 2; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 206. 450 Kritisch in Bezug auf die Schaffung einer Bereichsausnahme nach dem Vorbild des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB äußert sich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 201. 445 446

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5. Eingriffsbefugnisse der Börse Hinsichtlich der hoheitlichen Eingriffsbefugnisse der Börsenorgane, insbesondere der Handelsüberwachungsstelle, wird geäußert, dass eine vergleichbare Gestaltung bei privatrechtlichen Börsen nur schwerlich realisiert werden könne.451 Indes wird insoweit die Möglichkeit zu erörtern sein, die Börsen zu verpflichten, sich die entsprechenden Befugnisse gegenüber den Handelsteilnehmern und Emittenten durch Vertrag einräumen zu lassen.452 Zudem schlagen die Befürworter einer privatrechtlichen Organisationsstruktur vor, die privatrechtlich verfassten Börsen durch das Institut der Beleihung mit den erforderlichen Eingriffsbefugnissen auszustatten.453 Nach dieser Ansicht gehen die gegenwärtigen Befugnisse der Börsenorgane jedenfalls nicht über eine bei einer Beleihung zu beachtende verfassungsrechtliche Grenze hinaus.454 Ferner bestünde die Möglichkeit, bisher den Börsen obliegende Aufgaben, deren Wahrnehmung Eingriffsbefugnisse erfordert, künftig den Aufsichtsbehörden zuzuweisen.455

6. Wirkung auf ausländische Betrachter Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass die Börsen dort ganz überwiegend privatrechtliche Unternehmen sind.456 Die gesetzlich vorgeschriebene Trennung zwischen dem Börsenträger auf der einen und der Börse auf der anderen Seite ist inzwischen weltweit singulär.457 In Österreich, wo es eine ähnliche Struktur gab, wurde diese 1998 abgeschafft.458 Von Befürwortern der öffentlich-rechtlichen Börse wird dennoch geäußert, die duale Börsenverfassung möge ausländischen Betrachtern zwar ungewöhnlich erscheinen, dies stünde grenzüberschreitenden Kooperationen oder Zusammenschlüssen jedoch nicht im Wege.459 Ein Beleg hierfür sei etwa die Eurex, die von So Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.434 ff. Dies erwähnt Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 164, 218 (in Bezug auf Eingriffsbefugnisse gegenüber Handelsteilnehmern); siehe zu dieser Frage 4. Kapitel E. I. und F. I. 453 So etwa Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f.; siehe zudem Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 289. 454 Baums / Segna, Börsenreform, S. 51 ff.; Segna, ZBB 1999, 144, 151 f.; siehe auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f. m. w. N. 455 Hellwig, ZGR 1999, 781, 792. 456 Claussen, ZBB 2000, 1, 3; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 401; vgl. auch Wastl, WM 1999, 620, 625 f. (Fn. 49). 457 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 82; wohl anders Schwark, WM 1997, 293, 301 f., der jedoch nicht eindeutig zwischen einer gesetzlich vorgegebenen und einer freiwilligen, privatautonom festgelegten Trennung von Börse und Börsenträger unterscheidet. 458 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 24 ff., 55 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 53, 82 (Fn. 280); Segna, ZBB 1999, 144 (Fn. 4). 451 452

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der Deutsche Börse AG und der SIX Swiss Exchange AG getragen wird. Zudem sei ein Zusammenwirken mehrerer juristischer Personen häufig anzutreffen und die Struktur der Public-Private-Partnership aus verschiedensten Lebensbereichen bekannt.460 Das Projekt einer Fusion der Deutsche Börse AG mit der London Stock Exchange im Jahre 2000 (Projekt iX) und erneut im Jahre 2005 sei jedenfalls aus anderen Gründen gescheitert.461 Dem Beispiel der Eurex kann man jedoch entgegenhalten, dass diese erfolgreiche Kooperation vermutlich nicht wegen, sondern eher trotz der für ausländische Betrachter seltsam anmutenden deutschen Börsenverfassung zustande kam.462 Verschiedentlich wird auf die Starrheit und Regelungsdichte des deutschen Börsenorganisationsrechts hingewiesen, die auf Interessenten aus dem europäischen Ausland „geradezu abschreckend“ wirken müssten.463 In diesem Zusammenhang wird auch die Gefahr erörtert, dass die eigentümliche Konstruktion im Falle des Börsenganges eines Börsenträgers potentielle Anleger von einer Zeichnung junger Aktien abhalten könne.464 Da die Besetzung des Börsenrates mit den zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen, Emittenten und Anlegern in der Praxis für zügige Entscheidungsprozesse und wenige verwaltungsrechtliche Streitigkeiten sorge, sei mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Börsen anzuraten, diese tatsächliche Lage auch in der rechtlichen Struktur zum Ausdruck zu bringen.465 Dass nur die Bundesrepublik eine derartige (halb) öffentlich-rechtliche Börsenverfassung aufweist, ist insbesondere deshalb von Brisanz, weil die deutschen Börsen durch die Internationalisierung der Kapitalmärkte mittlerweile in einem globalen Wettbewerb stehen.466 Zudem sehen sie sich durch das Aufkommen der alternativen Handelssysteme einer weiteren nationalen wie auch internationalen Konkurrenz ausgesetzt. Die vorstehenden Umstände legen nahe, dass die deutsche Börsenverfassung sich in diesem Wettbewerb nachteilig auswirkt. Zwar kann dieser Effekt, insbesondere soweit er auf schwerlich messbaren Vorbehalten ausländischer 459 In diese Richtung etwa Segna, ZBB 1999, 144, 145, der feststellt, dass über die Attraktivität der deutschen Börsen im internationalen Wettbewerb in erster Linie andere Faktoren entscheiden würden. 460 Kümpel, BKR 2003, 3, 8. 461 So in Bezug auf das Projekt iX Hammen, AG 2001, 549, 551. 462 Vgl. die Aussage des langjährigen Chefsyndikus der Deutsche Börse AG, der jedenfalls einen „erhöhten Erklärungsbedarf“ einräumt, Potthoff, WM 1998, 154, 155. 463 Schwark, WM 1997, 293, 302; in diese Richtung auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 29; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 404; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 654; Wastl, WM 1999, 620, 624, 625 (Fn. 39), 629. 464 Hammen, AG 2001, 549, 556. 465 Schwark, WM 1997, 293, 302; vgl. auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 54, wonach die deutschen Börsen „von einer herkömmlichen Behördenstruktur weit entfernt“ seien. 466 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83; vgl. auch Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239; Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247.

D. Reformdiskussion

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Geschäftspartner beruht, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht abschließend verifiziert und quantifiziert werden, doch ist ein solcher Nachweis auch entbehrlich: Wie bereits erwähnt wurde und noch zu vertiefen sein wird467, erfordert nicht die privatrechtliche Organisationsstruktur den Nachweis der Ungeeignetheit der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung. Vielmehr bedarf die wirtschaftliche Betätigung in öffentlich-rechtlicher Form einer besonderen Rechtfertigung.

7. Staatliche Haftung Ein weiteres Argument, das der Staatshaftung, wird aufgrund der Gesetzeslage seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes wohl auch von den Verfechtern der bisherigen Börsenstruktur nicht mehr für die öffentlich-rechtliche Börse angeführt. Vor diesem Zeitpunkt wurde vertreten, es bestehe das Bedürfnis einer Staatshaftung, welchem nur die öffentlich-rechtlich verfasste Börse gerecht werden könne.468 Im Jahre 2002 wurden jedoch Bestimmungen in das Börsengesetz aufgenommen, nach denen die Börsenorgane ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig werden. Der Gesetzgeber beabsichtigte, auf diese Weise die drittschützende Wirkung der Amtspflichten zu beseitigen und somit einen Ausschluss von Amtshaftungsansprüchen herbeizuführen.469

II. Mögliche Gestaltungsvarianten Eine Betrachtung der möglichen Gestaltungsvarianten hat zwischen zwei Anknüpfungspunkten zu unterscheiden. In erster Linie ist zu klären, ob die Börse in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form verfasst sein sollte. Daneben stellt sich die Frage des Erfordernisses einer Trennung von Börse und Börsenträger (und gegebenenfalls nach der Rechtsnatur des Trägers). Ausgehend von diesen Variablen ergibt sich theoretisch eine ganze Reihe von Gestaltungsvarianten. Im Fokus der Betrachtung stehen aufgrund der historischen Entwicklung, die zu der heutigen Börsenstruktur geführt hat, sowie der ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen allerdings zwei Hauptgestaltungsvarianten. Im Detail sind indes durchaus viele Differenzierungen möglich. Ferner wird auch ein Nebeneinander der beiden Varianten, verbunden mit einem Wahlrecht, erwogen. Siehe hierzu 3. Kapitel A. I. So noch Kümpel, Börsenrecht, 1996, S. 159 ff. (nicht mehr indes in der 2. Aufl. von 2003); a.A. jedoch bereits 1998 Baums / Segna, Börsenreform, S. 41 f.; ebenso Claussen, ZBB 2000, 1, 9, der dies ein unangemessenes Argument nennt, da es dem hessischen Steuerzahler nicht zuzumuten sei, das Haftungsrisiko zu tragen; ähnlich Claussen / Hoffmann, ZBB 1995, 68, 72; zudem Hellwig, ZGR 1999, 781, 793, der betont, dass bei einer privatrechtlichen Struktur der Träger haften würde; siehe ferner Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 404. 469 Siehe hierzu bereits 2. Kapitel B. VII. 467 468

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2. Kap.: Entwicklung und gegenwa¨rtige Rechtslage

1. Öffentlich-rechtliche Börsenverfassung Die Auffassung, die sich grundsätzlich für eine Beibehaltung der öffentlichrechtlichen Struktur ausspricht, geht zumeist dahin, die Börse weiterhin als Anstalt des öffentlichen Rechts, den Börsenträger als Kapitalgesellschaft auszugestalten. Innerhalb dieser Position gibt es indes durchaus Stimmen, die zwar für eine Beibehaltung der dualen Grundstruktur eintreten, in Bezug auf Einzelaspekte jedoch erheblichen Reformbedarf bejahen.470 Ein anderer Vorschlag sieht vor, die öffentlich-rechtliche Börse nicht nur beizubehalten, sondern zudem den privatrechtlichen Träger entfallen zu lassen und so eine einstufig öffentlich-rechtliche Börsenorganisation zu schaffen.471 Da jedoch die privatrechtliche Ausgestaltung des Börsenträgers Vorteile mit sich bringt, insbesondere die Möglichkeit der Beschaffung von Eigenkapital an den organisierten Kapitalmärkten, und auch ein weitgehender Konsens besteht, dass eine wirtschaftliche Betätigung des Staates in hoheitlicher Form eine nicht weiter auszuweitende Ausnahme darstellt, ist eine Umsetzung der letztgenannten Variante wenig realistisch. Sie wird daher nicht weiter vertieft werden.

2. Privatrechtliche Börsenverfassung Die gegenteilige Auffassung spricht sich für eine obligatorische Einführung einer privatrechtlichen Börsenverfassung aus.472 Die privatrechtlich organisierte Börse könnte einstufig, also ohne strukturimmanente Trennung zwischen Börse und Börsenträger, ausgestaltet werden.473 Bei einer vollständig privatrechtlichen Organisationsstruktur der Börse ist jedenfalls kein grundsätzliches Bedürfnis einer solchen Unterscheidung zwischen Börse und Träger mehr ersichtlich. Im Einzelfall mag es allerdings durchaus Gründe geben, die Funktionen auf Grundlage einer privatautonomen Entscheidung auf mehrere juristische Personen zu verteilen. So sind insbesondere Holdingstrukturen denkbar, bei denen die einzelnen Geschäftsfelder als rechtlich eigenständige Einheiten unterhalb der Holdinggesellschaft angesiedelt sind.474

So etwa Hammen, AG 2001, 549, 556 ff. Erwähnt bei Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 88 f., der sich allerdings grundsätzlich für eine privatrechtliche Börsenverfassung ausspricht; siehe auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 55 f.; Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 44. 472 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 81 ff., 86 ff.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 43 f.; ähnlich auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 793 f. 473 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 404; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 109 ff. 474 Siehe zu schweizerischen und britisch-italienischen Börsenholdingstrukturen die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. 5. 2007, S. 32, und vom 25. 6. 2007, S. 14. 470 471

D. Reformdiskussion

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3. Nebeneinander der beiden Formen Auch wird erwogen, sowohl die duale als auch die privatrechtliche Börsenverfassung gesetzlich zuzulassen und den Börsenbetreibern ein Wahlrecht zwischen beiden Strukturen einzuräumen. In diese Richtung äußerte sich bereits das für das Bundesministerium der Finanzen erstellte Gutachten zur Börsenreform aus dem Jahre 1997.475 Auch der 64. Deutsche Juristentag des Jahres 2002 nahm diese Empfehlung mit 33:17:10 Stimmen an. Er sprach sich sowohl gegen eine vollständige Aufgabe als auch gegen eine ausschließliche Beibehaltung der öffentlichrechtlichen Struktur aus.476 Das geltende Recht räumt eine solche Wahl zwar bereits insoweit ein, als grundsätzlich die Möglichkeit besteht, anstelle einer Börse einen rein privatrechtlichen Freiverkehr oder ein multilaterales Handelssystem zu betreiben.477 Allerdings handelt es sich hierbei nicht um Börsen im Sinne eines formellen Börsenbegriffes.

475 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 400, 407 f.; siehe auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 53, 65 f. m. w. N.; Hopt / Baum, WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 17 f.; als bedenkenswert bezeichnet dies der langjährige Chefsyndikus der Deutsche Börse AG, Potthoff, WM 1998, 154, 155; kritisch: Hellwig, ZGR 1999, 781, 793, mit dem Argument, ein fairer Wettbewerb zwischen privaten und (halb-)staatlichen Marktteilnehmern sei nicht unbedingt sichergestellt; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 654; Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 44; ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 86 ff. 476 Beschlüsse des 64. DJT 2002, abgedruckt in NJW 2002, 3073, 3083. 477 Zur Möglichkeit der Wahl zwischen dem Betrieb eines Handelssystems als Börse oder als multilaterales Handelssystem siehe die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81.

3. Kapitel

Rahmenbedingungen einer Reform A. Verfassungsrechtliche Grundlagen Wie bereits zuvor festgestellt, wird als Begründung für die öffentlich-rechtliche Verfassung der Börsen häufig das Argument vorgetragen, an der Funktionsfähigkeit des börsenmäßig organisierten Wertpapierhandels bestünde ein gesteigertes öffentliches Interesse.1 Es handele sich daher um eine öffentliche, dem Staat zugewiesene Aufgabe, die dieser durch eine Aufgabenwahrnehmung in öffentlichrechtlicher Form zu bewältigen habe. Im Folgenden soll erörtert werden, woraus sich das besondere öffentliche Interesse ergibt und ob de lege lata von einer öffentlichen beziehungsweise dem Staat zugewiesenen Aufgabe zu sprechen ist. Es ist sodann zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen eine Aufgabenwahrnehmung in öffentlich-rechtlicher Form verfassungsrechtlich zulässig ist und ob die vorgebrachten Argumente für die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung diese Anforderungen zu erfüllen vermögen. Ein möglicher Eingriff in Grundrechte und die Rechtfertigung eines solchen Eingriffes werden – auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Wahl einer privatrechtlichen, außerbörslichen Organisationsform – zu untersuchen sein.

I. Gemeinwohlinteresse und staatliche Wahrnehmung Die deutsche Volkswirtschaft bedarf der Finanz- und Kapitalmärkte, insbesondere der Wertpapierbörsen, da diese als Kapitalvermittlungsstellen den Kapitalbedarf der Unternehmen wie auch des Bundes und der Bundesländer zu decken vermögen, indem sie diesen einen Zugang zu den anlagesuchenden Geldern sowohl privater Anleger als auch kapitalkräftiger institutioneller Investoren eröffnen.2 Es ist weithin unumstritten, dass für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft funktionierende Kapitalmärkte von wesentlicher Bedeutung sind.3 Die 1 So etwa Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 12; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.241 ff. 2 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.241 f.; Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217. 3 Siehe nur Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 12.

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen

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Gewährleistung der Existenz solch funktionierender Kapitalmärkte stellt ein Gemeinwohlinteresse dar, dem insbesondere mit Mitteln des Marktfunktions- und des Anlegerschutzes4 nachzukommen ist. Es ist jedoch fraglich, ob diese Überlegungen bereits das Erfordernis begründen können, die Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Verwaltung zu übertragen, denn schließlich ist ebenfalls denkbar, dem öffentlichen Interesse bei einer privaten Ausgestaltung der Börsen auf andere Weise Rechnung zu tragen. Es ist daher zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung zu übertragen ist und ob diese Voraussetzungen im Falle der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung gegeben sind. Vor der Erörterung dieser zentralen Frage ist indes zu klären, inwieweit dem Staat die Aufgabe de lege lata zugewiesen ist. Terminologisch ist hierbei zwischen „öffentlichen Aufgaben“ auf der einen und „staatlichen Aufgaben“ auf der anderen Seite zu differenzieren.5 Unter Ersteren sind Aufgaben zu verstehen, an deren Erfüllung ein besonderes öffentliches, d. h. auf Gemeinwohlbelangen gründendes Interesse besteht. Die zweite Gruppe beschreibt Aufgaben, an deren Erfüllung ebenfalls solch ein öffentliches Interesse besteht, die aber darüber hinaus von Rechts wegen dem Staat zugewiesen oder diesem zugänglich sind. Der engere Begriff der „staatlichen Aufgaben“ beschreibt somit eine Teilmenge des weiteren Begriffes der „öffentlichen Aufgaben“. Aufgrund des zweifelsohne erheblichen öffentlichen Interesses an funktionierenden Kapitalmärkten und der Übertragung der Aufgaben durch das Börsengesetz auf Anstalten des öffentlichen Rechts beziehungsweise auf deren Organe ist de lege lata von einer staatlichen Aufgabe zu sprechen. Es ist zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen ein besonderes öffentliches Interesse nach verfassungsrechtlichen Maßstäben die Begründung einer staatlichen Aufgabe erfordert beziehungsweise rechtfertigt und ob die Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. Bei der Ermittlung dieser Voraussetzungen stellt sich die Frage nach dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von staatlicher und privater Aufgabenwahrnehmung im Bereich der wirtschaftlichen Betätigungen. In tatsächlicher Hinsicht wird diese Frage bereits durch die Beobachtung beantwortet, dass auch in sensiblen Wirtschaftszweigen, an denen der Staat beziehungsweise die Allgemeinheit ein besonderes Interesse hat, die Kontrolle das klassische Instrument des Wirtschaftsverwaltungsrechts zur Überwachung eines Wirtschaftsvorganges ist6, nicht hingegen die hoheitliche Wahrnehmung. Diese Beobachtung ist Vertiefend zu diesen staatlichen Regelungszielen 3. Kapitel C. Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 73 Rdn. 12 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 125 f.; vgl. auch Stober, NJW 2008, 2301, 2303. 6 Vgl. Claussen / Hoffmann, ZBB 1995, 68, 71, die allerdings Anhaltspunkte für eine private Börsenverfassung de lege lata aufzuzeigen suchen; Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. 8. 2007, S. 8, zeigt dies am Beispiel der entstehenden Eisenbahnen im 19. Jahrhundert. 4 5

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

auf einen verfassungsrechtlichen Kern zurückzuführen, nämlich auf den Umstand, dass die hoheitliche Wahrnehmung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, insbesondere im Falle einer staatlichen Monopolisierung, einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG7 begründen kann, der nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist. Die wirtschaftliche Betätigung des Staates in hoheitlicher Form stellt daher eine der Rechtfertigung bedürfende Ausnahme dar8, deren verfassungsrechtliche Grenzen sich auf der Ebene des konkreten Verfassungsverstoßes, d. h. insbesondere auf der Ebene der Grundrechtsverletzung, konkretisieren.9 Eine hoheitliche Börsenverfassung setzt – wie sogleich zu vertiefen sein wird – voraus, dass Mittel der Aufsicht über privatrechtlich verfasste Börsen nicht hinreichen und eine öffentlich-rechtliche Organisationsform besser geeignet ist, dem öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen. Es bleibt somit festzuhalten, dass ein besonderes öffentliches Interesse durchaus zu bejahen ist, dass es jedoch, jedenfalls für sich genommen, nicht geeignet ist, die öffentlich-rechtliche Organisationsform zu rechtfertigen.

II. Grundrechtsverstoß durch öffentlich-rechtliche Börsenverfassung 1. Betroffene Grundrechte Die Tätigkeit privater Betreiber von Handelsplattformen fällt insbesondere in den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) sowie ferner auch in den Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).10 Gemäß Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte grundsätzlich auch für inländische juristische Personen. Soweit indes Gegenstand der Betrachtung eine staatliche Monopolisierung im Bereich des Börsenhandels ist, Privaten eine Zulassung zur Durchführung eines börslichen Handels also generell nicht gewährt wird, ist eine solche Regelung an der Berufsfreiheit zu messen. Die Eigentumsgarantie hingegen ist nur einschlägig, wenn bereits in den Schutzbereich fallende Eigentumspositionen entstanden sind; 7 Siehe Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 26; Tettinger / Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 45, 113; vgl. zum staatlichen Monopol für Sportwetten BVerfG vom 28. 3. 2006 – 1 BvR 1054 / 01 – NJW 2006, 1261. 8 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 84, 88; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 183. 9 Ähnlich Scholz, ZHR 132 (1969), 97, 101; siehe auch Badura, ZHR 146 (1982), 448, 460; kritisch Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 7 ff., nach dessen Ansicht die „Grenzen der Wirksamkeit des Staates“ nicht allein anhand der Grundrechte zu bestimmen sind. 10 Siehe hierzu Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 80 ff.

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen

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sie schützt den Bestand, nicht den Erwerb.11 Der Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit ist von einem derartigen Betätigungsvorbehalt, welcher unabhängig von einer vereinigungsmäßigen Struktur Einzelpersonen in gleicher Weise beeinträchtigt, ebenfalls nicht betroffen.12 Gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit ist die Berufsfreiheit vorliegend jedenfalls das speziellere Grundrecht.13

2. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit a) Eingriff in den Schutzbereich In den Schutzbereich der Berufsfreiheit fällt jede auf Dauer angelegte, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Tätigkeit.14 Ausgenommen sind nach umstrittener Ansicht lediglich schlechthin unerlaubte, evident dem Menschenbild des Grundgesetzes zuwiderlaufende Tätigkeiten.15 Insoweit fällt die Veranstaltung eines börslichen Handels in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Indes wurde teilweise die Ansicht vertreten, dass in Bereichen eines Staatsmonopols, also solchen Bereichen, in denen der Staat grundsätzlich keine privatwirtschaftliche Konkurrenz neben sich duldet16, der Schutzbereich nicht eröffnet sein soll.17 Diese Ansicht kann jedoch, da sie dem Gesetzgeber ermöglichte, den Schutzbereich nach Belieben abzustecken, nicht überzeugen und wird auch von der inzwischen herrschenden Meinung abgelehnt.18 Auch stellt der fragliche Betätigungsvorbehalt einen Eingriff in den Schutzbereich dar.

b) Rechtfertigung des Eingriffs Bei der Frage nach der Rechtfertigung des Eingriffs ist nach der durch das Apothekenurteil19 entwickelten Stufenlehre zwischen Berufsausübungsregelungen, Jarass, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 3. Siehe etwa Jarass, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 9 GG Rdn. 9. 13 So (für den Bereich der Arbeitsvermittlung) auch BVerfG vom 4. 4. 1967 – 1 BvR 126 / 65 – BVerfGE 21, 245, 249; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, Art. 12 GG Rdn. 175. 14 Tettinger / Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 29. 15 Zum Streitstand Tettinger / Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 36 ff. m. w. N. 16 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 127 f. 17 So Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, Art. 12 GG Rdn. 80. 18 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 128 f.; ferner Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 26; Tettinger / Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 45, 113; vgl. zum staatlichen Monopol für Sportwetten BVerfG vom 28. 3. 2006 – 1 BvR 1054 / 01 – NJW 2006, 1261. 19 BVerfG vom 11. 6. 1958 – 1 BvR 596 / 56 – BVerfGE 7, 377. 11 12

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

subjektiven Berufszulassungsvoraussetzungen und objektiven Berufszulassungsbeschränkungen zu unterscheiden.20 Der vorliegende Betätigungsvorbehalt ist als objektive Berufszulassungsbeschränkung einzuordnen und fällt damit unter die intensivste Eingriffsstufe. Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass zwar nicht der Betrieb einer privatrechtlich verfassten Börse, indes aber der Betrieb eines privatrechtlich verfassten multilateralen Handelssystems zulässig ist. Nach der Verkehrsanschauung handelt es sich bei dem Betrieb einer Börse um ein eigenständiges Berufsbild, welches sich historisch entwickelt hat.21 Durch die abweichende Bezeichnung als multilaterales Handelssystem ist eine solche Einrichtung für den Rechtsverkehr deutlich von einer Börse unterscheidbar; dem Betreiber eines multilateralen Handelssystems wird nicht das Vertrauen entgegengebracht, welches eine Börse traditionell genießt. Somit liegt nicht lediglich eine Regelung der Berufsausübung vor, vielmehr ist die Zulassung als solche betroffen. Ebenfalls zu keiner anderen Bewertung führt der Umstand, dass ein Staatsmonopol die Zulassung nicht nur im Wege der Festlegung ihrer Voraussetzungen beschränkt, sondern vielmehr sogar eine absolute Berufssperre festschreibt. Insoweit handelt es sich um einen noch schwerwiegenderen Eingriff. Dessen ungeachtet misst die Rechtsprechung Staatsmonopole an den Anforderungen, die sie für objektive Berufszulassungsbeschränkung entwickelt hat.22 Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung, die die Geeignetheit, die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu bewerten hat23, ist der Schwere des Eingriffs Rechnung zu tragen. Eine objektive Berufszulassungsbeschränkung soll nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zulässig sein.24 Als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut ist die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte einzuordnen, die, wie bereits festgestellt, für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist. Als gleichermaßen bedeutsames Schutzgut ist zudem der Anlegerschutz zu nennen.25 Schwere Gefahren für diese Güter sind etwa im Hinblick auf eine privatautonome Schließung von Börsen, eine Verlagerung eines wesentlichen Teils des Handels ins Ausland, eine Liquiditätszersplitterung und hierdurch verursachte Börsenpreise geringer Qualität Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, Art. 12 GG Rdn. 107 ff. Vgl. Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. I, Art. 12 GG Rdn. 52. 22 Tettinger / Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 113; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 130 m. w. N. 23 Jarass, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 31. 24 Jarass, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 39. 25 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 130; siehe auch Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 7 ff.; Köndgen, ZHR, 164 (2000), 648, 652; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 57; zum Anlegerschutz und dem Marktfunktionsschutz siehe ferner 3. Kapitel C. 20 21

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen

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oder pflichtwidriges Verhalten seitens der Börsenorgane oder der Marktteilnehmer (wie etwa Insiderhandel oder Marktmanipulation) denkbar.26 Die Geeignetheit einer öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung zur Abwehr dieser Gefahren ist zu bejahen. Auf den ersten Blick scheint sich dies bereits recht eindeutig aus dem Umstand zu ergeben, dass der Staat auf diese Weise sowohl die Entscheidungen über den Fortbestand einer Börse als auch über die Schaffung neuer Börsenplätze in der Hand behält. Zudem ermöglichen die Bindung der Börsenorgane an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie die Rechtsaufsicht27 über die Börsenorgane durch die Börsenaufsichtsbehörden eine Sicherstellung pflichtgemäßen Verhaltens. Bei genauerer Betrachtung tauchen indes einige Zweifel an der Geeignetheit auf, die der Erörterung bedürfen. So lässt das Argument, der Staat habe die Entscheidung über die Schaffung neuer Börsen und den Fortbestand der bisherigen Börsen in der Hand, den Umstand außer Betracht, dass sich die Börsen mittlerweile in einem Wettbewerb sowohl mit ausländischen Börsenplätzen als auch mit deutschen und ausländischen alternativen Handelssystemen befinden.28 Die öffentlichrechtliche Börsenverfassung ermöglicht es dem Staat weder, auf das Entstehen dieser Konkurrenten Einfluss zu nehmen, noch, einen von diesen ausgehenden existenzgefährdenden Wettbewerb zu unterbinden. Einen Liquiditätsabfluss an alternative Handelssysteme, so etwa an die Handelsplattformen Turquoise und Chi-X29, kann die gegenwärtige Börsenverfassung nicht verhindern und es erscheint nicht ausgeschlossen, dass einzelne öffentlich-rechtliche Börsen der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit anheimfallen und als Konsequenz daraus schließlich den Handel einstellen werden. Ein derartiges Schicksal ereilte etwa bereits die Bremer Regionalbörse im Jahre 2007.30 Einschränkend ist allerdings zu konzedieren, dass der Staat im Hinblick auf die Betriebspflicht des Börsenträgers immerhin über einen Ansatzpunkt verfügt, über die bloße Sicherung des rechtlichen Bestandes der Börsen hinaus auf ihren wirtschaftlichen Fortbestand und ihre Wettbewerbsfähigkeit einen gewissen Einfluss zu nehmen. Auch ermöglicht es die gegenwärtige Ausgestaltung aus den genannten Gründen, ein pflichtgemäßes Verhalten der Börsenorgane sicherzustellen und so dem Marktfunktionsschutz Rechnung zu tragen. Somit ist die Geeignetheit trotz bedeutender Zweifel im Ergebnis noch zu Vgl. Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 131 f. Hierzu Baums / Segna, Börsenreform, S. 102 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 79. 28 So Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83; vgl. auch Claussen, ZBB 2000, 1, 6; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239; Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247. 29 Zu den beachtlichen Erfolgen der alternativen Handelssysteme Turquoise und Chi-X siehe die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 2. 2007, S. 19, vom 19. 4. 2008, S. 22, vom 17. 6. 2008, S. 21 und vom 10. 11. 2008, S. 21. 30 Zur Schließung der Bremer Regionalbörse vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 7. 2007, S. 11; Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 10. 26 27

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

bejahen. Jedoch wird (bei Beibehaltung der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung) auch in Zukunft weiterhin kontinuierlich zu überprüfen sein, ob das Staatsmonopol noch geeignet ist, den Gemeinwohlbelangen Rechnung zu tragen.31 Weitaus gravierende Bedenken bestehen in Bezug auf die Erforderlichkeit eines Staatsmonopols. Die Erforderlichkeit setzt voraus, dass kein ebenso effektives, milderes Mittel zur Verfügung steht.32 Es stellt sich die Frage, ob im Falle einer privaten Organisation der Börsen das Mittel der hoheitlichen Verfassung durch die milderen Mittel der staatlichen Aufsicht und Regulierung33 substituiert werden könnte.34 Soweit es um den rechtlichen und wirtschaftlichen Fortbestand der Börsenplätze geht, also etwa um die Vermeidung der Schließung von Börsen oder der Verlagerung von Börsenplätzen oder Segmenten und des Zurückbleibens geschäftsschwacher Kümmerbörsen, so können Aufsichtsbehörden, die privatrechtlich verfasste Börsen überwachen, ebenso effektive Mittel eingeräumt werden. Es ist möglich, die Schließung oder Verlagerung einer aufsichtsbehördlichen Kontrolle zu unterwerfen. Europarechtliche Vorgaben, die an dieser Stelle noch nicht erörtert werden sollen35, stehen dem nicht grundsätzlich entgegen. Anknüpfungspunkt für eine derartige Regelung kann die Betriebspflicht sein, also die mit der Erlaubniserteilung einhergehende Verpflichtung, die Veranstaltung des Börsenhandels durch die Bereithaltung der erforderlichen finanziellen, personellen und sachlichen Mittel sicherzustellen. Die Fähigkeit hierzu wäre vor der Erlaubniserteilung nachzuweisen. Soweit man befürchtet, dass von einzelnen Anteilsinhabern für den Bestand eines Börsenplatzes nachteilige Bestrebungen ausgehen, ist dem mittels einer Anteilseignerkontrolle ähnlich derjenigen, die bereits gegenwärtig für den Börsenträger existiert (§ 6 BörsG), entgegenzuwirken. Zumindest ist dieses Mittel in gleichem Maße geeignet, derartigen Risiken zu begegnen, wie die Kontrolle der Inhaber bedeutender Beteiligungen am Börsenträger nach geltendem Recht. Des Weiteren kann als wichtiges Mittel zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer privatrechtlichen Börse eine Rechtsformbeschränkung eingeführt werden.36 Insbesondere die auf Kapitalgesellschaften anwendbaren Vorschriften zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung können dem genannten Ziel dienen. Der Gefahr einer Liquiditätszersplitterung37 könnte bei einer privatrechtlichen Börse, ähnlich dem gegenwärtigen Ansatz, durch restriktive Zulassungsregeln Vgl. Tettinger / Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 113. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 12 GG Rdn. 34. 33 Zur Unterscheidung der Begriffe „Aufsicht“ und „Regulierung“ Schneider, ZHR 164 (2000), 513, 514 ff. 34 In diese Richtung Claussen, ZBB 2000, 1, 4; Klenke, WM 1995, 1089, 1092; ähnlich auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 134 f. 35 Siehe hierzu 3. Kapitel D. I. 1. a) bb) und c). 36 Hierfür etwa auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91. 31 32

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen

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begegnet werden. Indes stehen in diesem Zusammenhang als mildere Mittel die Berücksichtigung von Referenzpreisen38 anderer Handelssysteme wie auch die Integration der Märkte durch Information zur Verfügung. Die Integration der Märkte durch Information ist durch technische Fortschritte in der Kommunikationstechnologie bereits weit vorangeschritten.39 Geringe Preisunterschiede werden für Arbitragegeschäfte genutzt und führen zu einer zeitnahen Angleichung der Preise.40 Die Integration durch Information ist auch der Ansatz, den die Durchführungsverordnung41 zur MiFID in Kapitel IV („Markttransparenz“) verfolgt.42 Gefahren, die von missbräuchlichem Verhalten der Börsenorgane oder der Marktteilnehmer ausgehen, kann mit Mitteln der Aufsicht effektiv entgegengewirkt werden. Durch entsprechende Wohlverhaltenspflichten, Überwachungsbefugnisse der Aufsichtsbehörden und eine konsequente Ahndung von Verstößen – ähnlich der bereits jetzt im WpHG vorzufindenden Regelungstechnik – ist es möglich, dem Marktfunktionsschutz Rechnung zu tragen. Zudem darf bei der Erörterung milderer Mittel nicht außen vor bleiben, dass eine für neue Wettbewerber offen ausgestaltete privatrechtliche Börsenverfassung über einen weiteren, grundsätzlicheren Vorzug gegenüber der öffentlich-rechtlichen Börseverfassung verfügt: Sie ermöglicht es, die Vorteile des Wettbewerbs nutzbar zu machen. Anbieter, die sich in diesem Wettbewerb behaupten müssen, sind in stärkerem Maße bestrebt, ihre Dienstleistungen zu verbessern und erreichte Vorteile an die Kunden, also die Emittenten, die Handelsteilnehmer und mittelbar auch die Anleger, weiterzugeben, als dies in einem starren, staatlich gelenkten System der Fall ist.43 Die Nutzbarmachung dieser so genannten Antriebsfunktion des Wettbewerbs44 im Interesse des Marktfunktionsschutzes stellt gegenüber staatlicher Regulierung das mildere Mittel dar. 37 Vertiefend zu dieser Frage siehe 3. Kapitel B. II. 3.; zudem zu einem diesbezüglichen Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS) siehe 3. Kapitel F. III. 2. 38 Vgl. § 24 Abs. 2 S. 3 BörsG; ferner hierzu Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 24 BörsG Rdn. 17 ff.; Hammen, AG 2001, 549, 559 f. 39 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 134; siehe auch Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 153 ff. 40 In diese Richtung auch der Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS): Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18 f., abrufbar unter http: //www.bis.org/publ/cgfs16. pdf?noframes=1. 41 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EU Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 42 Zur Markttransparenz nach der MiFID und ihrer Durchführungsverordnung siehe Hirschberg, AG 2006, 398, 404 f. 43 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108; siehe zudem den Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS): Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18. 44 Zu den Funktionen des Wettbewerbs siehe etwa Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWBKommentar, Einführung Rdn. 43.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Hinsichtlich weiterer Problemkreise, die für die Marktfunktionalität von erheblicher Bedeutung sind (insbesondere die flexible Änderung des Regelwerkes und die Einräumung von Eingriffsbefugnissen), soll an dieser Stelle den Ausführungen des vierten Kapitels nicht vorgegriffen werden.45 Vorausgesetzt, dass für privatrechtlich ausgestaltete Börsen auch insoweit geeignete Gestaltungen geschaffen werden können, ist zu konstatieren, dass es an der Erforderlichkeit und mithin an der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsfreiheit fehlt. Letztlich kann dieses Ergebnis kaum überraschen, wenn man bedenkt, dass sämtliche großen Kapitalmärkte, auch wenn diese sich gleichermaßen dem Anleger- und Marktfunktionsschutz verschrieben haben (siehe etwa Sec. 2 (2) und (3) des britischen Financial Services and Markets Act 200046 (FSMA) und Art. L621-1 des französischen Code Monétaire et Financier47), ohne weiteres ohne eine öffentlich-rechtliche Börsenverfassung auskommen.48 Nach alldem, insbesondere auch unter Berücksichtigung der technischen Entwicklungen der letzten Jahre und der damit einhergehenden Integration der Märkte, ist die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in die Berufsfreiheit zu verneinen. Der Eingriff ist somit nicht gerechtfertigt; das Staatsmonopol verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG.49

B. Ökonomische Grundlagen Nach der Betrachtung der verfassungsrechtlichen Gegebenheiten sollen sich die folgenden Ausführungen nun den ökonomischen Grundlagen zuwenden, welche bei der Beantwortung der Frage nach der geeigneten Organisationsstruktur der Börsen nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Zunächst sind die ökonomischen Funktionen der Börsen zu betrachten. Anschließend werden verschiedene charakteristische Entwicklungen und Wesensmerkmale der Kapitalmärkte zu erörtern sein.

Siehe hierzu 4. Kapitel D., E. I., F. I. und G. II. Zu den Zielvorgaben für die britische Financial Services Authority (FSA) Steward, Business Law Review 2001, 258. 47 Zu den Aufgaben der französischen Autorité des Marchés Financiers (AMF) Legendre, EuZW 2004, 69. 48 Vertiefend siehe unten 3. Kapitel E. 49 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 135; ders., ZBB 2001, 353, 355. Ob das Bundesverfassungsgericht, welches aufgrund der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nur eine eingeschränkte Kontrolle vornimmt (BVerfG vom 1. 3. 1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78 – BVerfGE 50, 290, 332; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Bd. I, Art. 12 GG Rdn. 135), ebenfalls zu diesem Ergebnis käme, hätte es denn über diese Frage zu entscheiden, erscheint allerdings ungewiss, ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 133 f. 45 46

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I. Funktionen der Börsen Die Kapitalmärkte, vor allem die Börsen, erfüllen für die deutsche Volkswirtschaft wichtige Funktionen.50 Insbesondere vermögen sie als Kapitalvermittlungsstellen den Kapitalbedarf der Unternehmen und der öffentlichen Hand zu decken, indem sie diesen einen Zugang zu den Geldern der Kapitalanbieter, bei welchen es sich sowohl um institutionelle Investoren als auch um Privatanleger handeln kann, eröffnen.51 Auf diese Weise gelangen die Ressourcen dorthin, wo sie den größten Gewinn versprechen und am dringendsten benötigt werden (Allokationsfunktion).52 Auch gewähren Börsen den Anlegern die Möglichkeit, die Anlagen zu verkaufen und in Liquidität zurückzuverwandeln, ohne dass hiervon die Kapitalnachfrager betroffen sind. Diese Leistung erbringen sie, indem sie jederzeit in der Lage sind, den Kapitalanlegern andere Investoren zu vermitteln, die bereit sind, die Anlagetitel zu erwerben (Liquiditätsfunktion).53 Des Weiteren ermöglichen die Börsen durch die Kursbildung, in welcher neue Informationen über Angebot und Nachfrage zeitnah Berücksichtigung finden, eine Bewertung der gehandelten Instrumente und auf diese Weise insbesondere auch eine Bewertung der börsennotierten Unternehmen (Bewertungsfunktion).54 Indem Börsen die Transaktionen nach vorgegebenen Regeln und in möglichst effizienter Weise organisieren, tragen sie zudem zu einer Senkung der Transaktionskosten bei.55

II. Umwälzungen durch technologischen Wandel Seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat ein tiefgreifender technologischer Wandel die Durchführung der börslichen Geschäfte grundlegend verändert.56 Der technologische Wandel ging vor allem mit der Entstehung und der 50 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 12; BuckHeeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 2. 51 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.241 f.; Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217. 52 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 69 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 24; vgl. auch Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 8; Cohn, ZBB 2002, 365, 366; Wolf, WM 2001, 1785. 53 Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 9; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 24. 54 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 70; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 24; vgl. auch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 84 f.; Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 246. 55 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 28; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 162; vgl. auch Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 246.

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stetigen Leistungszunahme der computergestützten Kommunikations- und Informationstechnologie einher. Die technischen Entwicklungen veränderten den Handel an den Börsen selbst, eröffneten aber auch neuen Anbietern einen Zugang zu dem Markt der börslichen Dienstleistungen im materiellen Sinne. Zudem beeinflussten sie das Verhalten und die Strategien der Handelsteilnehmer und Anleger. 1. Einführung elektronischer Systeme an den Börsen Der Handel an den Börsen wurde durch die Einführung computergestützter Kommunikationstechnologie in ganz erheblichem Maße umgestaltet.57 Zunehmend findet der Handel über vollelektronische Systeme statt, die an die Stelle des Präsenzhandels treten. Aber auch im Präsenzhandel kommt Computersystemen eine bedeutende unterstützende Funktion zu. An der FWB verdrängte der Handel über das vollelektronische Handelssystem Xetra, welches 1997 das Vorgängersystem IBIS ablöste, den Präsenzhandel indes bereits zu großen Teilen. Hiermit einher ging eine Abnahme der Bedeutung des klassischen Verbandes der zum Handel zugelassenen Personen.58 So findet im Xetra-Handel die Preisfeststellung innerhalb des vollelektronischen Handelssystems, welches der Börse zuzuordnen ist, und ohne Mitwirkung der Skontroführer statt (§ 151 S. 2 der Börsenordnung für die FWB59). Zudem bewirkte die Fragmentierung des Handels in Präsenzhandel und elektronischen Handel60 eine Aufspaltung der Liquidität auf verschiedene Systeme. Dieser Befund weckte Befürchtungen, es könne zu einer Liquiditätszersplitterung mit negativen Konsequenzen für die Börsenpreisbildung kommen.61 Im Ergebnis erweist sich diese Besorgnis jedoch – wie noch zu erörtern sein wird62 – als unbegründet. Wollte man dennoch die Liquidität des Handels an einer Börse gänzlich innerhalb eines Systems zusammenfassen, so bestünde allenfalls die Alternative, den Präsenzhandel ersatzlos zugunsten des elektronischen Handels entfallen zu lassen. Eine weitere Folge der Schaffung elektronischer börslicher Handelssysteme, wie etwa des Xetra-Handels, ist ein Entfallen der Ortsgebundenheit.63 Handelsteilneh56 Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 12; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 153 ff.; vgl. auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 42 ff. 57 Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 12; Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485. 58 Hierzu bereits 2. Kapitel B. V. 3. a); siehe zudem Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 43 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 18. 59 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 60 Hierzu Merkt / Binder, Jura 2006, 683, 686. 61 Diese Gefahr sieht offenbar Schwark, WM 1997, 293, 297. 62 Siehe hierzu 3. Kapitel B. II. 3.

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mern an jedem Ort der Welt kann ein Zugang zu den elektronischen Systemen eingeräumt werden (siehe etwa § 19 Abs. 10 BörsG). Eine wesentliche Konsequenz dieser so genannte remote membership64 ist ein erhöhter Wettbewerb zwischen den Börsenplätzen. Handelsteilnehmer sind nicht mehr gezwungen, ihre Geschäfte über die jeweilige örtliche Börse abzuwickeln, sondern haben vielmehr die Möglichkeit, ihre Geschäfte im Falle eines besseren Leistungsangebotes an einer weit entfernten Börse durchzuführen.

2. Entstehung alternativer Handelssysteme Neben dem börslichen Handel hat der technologische Fortschritt insbesondere auch den außerbörslichen Handel grundlegend verändert. Wie bereits dargelegt65, ist eine Vielzahl alternativer Handelssysteme entstanden, die ein breites Spektrum an Leistungen, angefangen von bloßem Informationsaustausch bis hin zu börsenähnlichen Dienstleistungen, anbieten.66 Allen gemein ist, dass sie ihre Leistungen über computergestützte Kommunikations- und Informationssysteme erbringen.67 Die alternativen Handelssysteme treten in zunehmendem Maße in Konkurrenz zu den klassischen Börsen.68 Der Gesetzgeber hat diese Entwicklungen durch die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens nachvollzogen und gefördert. Zunächst wurden im Jahre 2002 mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz69 Regelungen für derartige Systeme in das Börsengesetz eingefügt (§§ 58 bis 60 BörsG in der damaligen Fassung). Aufgrund der Vorgaben der MiFID wurden die Regelungen jedoch bereits im Jahre 2007 durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz70 erneut umgestaltet und in das WpHG verlagert.71 Seit den durch die MiFID veranlassten Veränderungen, die einen europaweit einheitlichen Rahmen für außerbörsliche Systeme und insbesondere die Passportierbarkeit der Erlaubnis zum Betrieb eines multilateralen Handelssystems mit sich brachten, haben außerbörsliche Handelssysteme einen erneuten Schub erfahren, wie namentlich die von Schwark, WM 2000, 2517, 2518, 2531. Hierzu Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 287 ff.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 320 f.; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 203 f., 227. 65 Siehe hierzu 2. Kapitel C. I. 66 Hierzu etwa Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 12; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239 (Fn. 10); Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 158 f. 67 Vgl. Merkt / Binder, Jura 2006, 683, 686. 68 Vgl. Claussen, ZBB 2000, 1, 2, 4; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 159 ff. 69 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 70 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 71 Hierzu bereits 2. Kapitel C. II. 2. 63 64

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Großbanken initiierten Plattformen Chi-X und Turquoise vor Augen führen.72 Das Handelssystem Chi-X soll bereits einige Prozent des gesamteuropäischen Aktienhandels auf sich vereinen.73

3. Marktfragmentierung und Marktintegration Die Einführung vollelektronischer Systeme durch Börsen in Ergänzung zum Präsenzhandel wie auch das Entstehen alternativer Handelssysteme erfordern eine Auseinandersetzung mit der Problematik einer Fragmentierung der Märkte. Eine solche Fragmentierung ist schädlich, wenn sie mit einer Liquiditätszersplitterung auf eine Vielzahl von Märkten einhergeht, welche sich negativ auf die effiziente Preisbildung auswirkt.74 Allerdings ist das Entstehen weiterer Märkte nicht notwendigerweise mit diesen Auswirkungen verbunden. Die Befürchtung erweist sich bereits in ihrem Ausgangspunkt als unbegründet, wenn neu entstehende Märkte sich auf bestimmte Handelsobjekte spezialisieren.75 Eine solche Spezialisierung geht mit einer Bündelung der Umsätze in den jeweiligen Handelsobjekten auf die wenigen hierfür spezialisierten Plattformen einher und bewirkt damit sogar eine Liquiditätskonzentration. Von dieser besonderen Konstellation abgesehen sind jedoch generell einige weitere Faktoren zu berücksichtigen, die zeigen, dass eine schädliche Liquiditätszersplitterung nicht zu befürchten steht. Insbesondere hat der technologische Wandel nicht nur die Handelssysteme selbst, sondern mit ihnen auch das Verhalten und die Strategien der Marktteilnehmer grundlegend verändert. Vor allem ist die bereits erwähnte Integration der Märkte durch Information und Kommunikation76 zu nennen. In Sekundenschnelle verbreiten sich neue Informationen. Dies führt aus zwei Gründen zu einer Angleichung der Preise in verschiedenen Märkten. Zum einen fließt eine neue Information nahezu zeitgleich in die Preisbildung an verschiedenen Märkten ein. Zum anderen gewährt der Informationsaustausch Investoren die Möglichkeit, bestehende Preisdifferenzen zu so genannten Arbitragegeschäften zu nutzen, die ebenfalls zu 72 Die Plattform Chi-X, die seit 2007 am Markt tätig ist, wurde federführend von einem Tochterunternehmen des japanischen Finanzkonzerns Nomura entwickelt. Turquoise ist seit August 2008 aktiv und wurde von einer Gruppe namhafter Großbanken, darunter der Deutschen Bank, aufgebaut. Siehe hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 2. 2007, S. 19, vom 19. 4. 2008, S. 22, vom 17. 6. 2008, S. 21 und vom 10. 11. 2008, S. 21. 73 So die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. 6. 2008, S. 19; Randall, der Vorstandsvorsitzende von Chi-X Europe, schätzt den Marktanteil seines Handelssystems im elektronischen Handel mit Dax-Werten bereits auf rund zehn Prozent, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 6. 2008, S. 21. 74 Eine solche Befürchtung äußern etwa Mülbert, JZ 2002, 826, 828 f.; Schwark, WM 1997, 293, 297. 75 Dieser Gedanke klingt auch bei Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 99, an. 76 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 106 f.; Warren, European Securities Regulation, S. 26.

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einer Angleichung der Börsenpreise führen.77 Die beschriebene Entwicklung dient, indem sie den Anlegern einen besseren Zugang zu Informationen ermöglicht78, dem Anlegerschutz, trägt zugleich aber auch zu einer Steigerung der Qualität der Börsenpreise bei. Auf diese Weise wirkt die Integration der Märkte durch Information den schädlichen Folgen einer Fragmentierung entgegen und dient somit gleichermaßen dem Marktfunktionsschutz. Auch die Durchführungsverordnung79 zur MiFID verfolgt in ihrem Kapitel IV die Integration der Märkte durch Information.80 Auch ist zu berücksichtigen, dass bereits vor dem Aufkommen der elektronischen Systeme ein Teil der Geschäfte over the counter (OTC) durchgeführt wurde. Der nichtelektronische OTC-Handel war in noch stärkerem Maße fragmentiert, als dies heute im Hinblick auf die außerbörslichen und börslichen elektronischen Systeme der Fall ist.81 Die elektronischen Systeme gewähren in der Regel einen einfacheren Zugang als andere Handelsplattformen und ermöglichen ohne weiteres eine gleichzeitige Beobachtung mehrerer Systeme. Gerade wenn man den Umstand in die Überlegung mit einbezieht, dass auch früher signifikante Umsatzanteile nicht über die Börsen, sondern OTC gehandelt wurden, überwiegt das Moment der Integration der Märkte dasjenige der Fragmentierung. Ein Blick auf die Kapitalmärkte anderer Länder zeigt zudem, dass sich allein als Ergebnis des Wettbewerbs marktführende Handelsplätze mit hoher Liquidität herausbilden.82 Faktoren, die dies befördern, sind insbesondere die Kostenersparnisse aufgrund größerer Umsätze (economies of scale), die helfen, sich im Wettbewerb von kleineren Anbietern abzusetzen, sowie die Anziehungskräfte, die von einem liquiden System ausgehen (order flow attracts order flow).83 Im Übrigen bringt der Wettbewerb, der letztlich zur Herausbildung einiger dominierender Handelsplätze führt, weitere positive Auswirkungen mit sich: In einem umkämpften Marktumfeld 77 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 106 f.; vgl. auch Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 153 f. 78 Vgl. Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 204; siehe zudem zu der Thematik der Informationsasymmetrien Fleischer, Gutachten F zum 64. DJT, F 23; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 306, 312 f. 79 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EU Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 80 Zur Markttransparenz nach der MiFID und ihrer Durchführungsverordnung siehe Hirschberg, AG 2006, 398, 404 f. 81 So auch der Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS): Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18, abrufbar unter http: //www.bis.org/publ/cgfs16.pdf?noframes=1, vertiefend zu diesem Bericht siehe unten 3. Kapitel F. III. 2. 82 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 362; zur LSE und NYSE siehe Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81; vgl. ferner Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108. 83 Vertiefend der Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS): Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18 f.; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

verwenden die Wettbewerber größere Anstrengungen darauf, ihre Produkte für die Marktteilnehmer attraktiver zu gestalten und zu verbessern.84 Diese Förderung der Innovationskraft, die eine Offenheit der Märkte für neue Anbieter mit sich bringt, ist im Interesse der Handelsteilnehmer und Anleger zu begrüßen und muss den (angeblichen) Gefahren, die von einer Fragmentierung ausgehen, gegenübergestellt werden. 4. Algorithmischer Handel Ein weiterer Umstand macht deutlich, in welchem Maße sich der technologische Wandel auf das Verhalten der Handelsteilnehmer ausgewirkt hat. Auf die elektronische Durchführung des Handels folgte in jüngster Zeit die elektronische Kaufoder Verkaufsentscheidung. Bei diesen als algorithmischer Handel85 und Programmhandel86 bezeichneten Handelsstrategien trifft nicht mehr ein Mensch, sondern vielmehr ein Computerprogramm die Entscheidung, eine jeweilige Transaktion durchzuführen. Ein Vorteil dieser Strategien liegt in der Befähigung der Computerprogramme, in kürzester Zeit eine Vielzahl von Informationen auszuwerten und entsprechend zu reagieren. Um von diesem Vorteil zu profitieren, bedarf es allerdings nicht nur einer sofortigen Ausführung der Transaktionen durch die Börsen, sondern auch einer Übermittlung der Order an die Börsen ohne relevanten Zeitverlust. Da hier die relevanten Messgrößen, die über den Erfolg dieser Strategie entscheiden, mittlerweile im Millisekundenbereich liegen, kann insoweit doch wieder eine Ortsgebundenheit entstehen. Tatsächlich sind Handelsteilnehmer bestrebt, die jeweiligen Rechenkapazitäten, die den algorithmischen Handel durchführen, in räumlicher Nähe zu dem jeweiligen Börsenplatz einzurichten, um Zeitverluste bei der Übertragung der Order zu vermeiden.87

III. Institutionalisierung und Disintermediation Eine weitere Entwicklung, die die Kapitalmärkte in der jüngeren Vergangenheit geprägt hat, ist mit dem Begriff der Institutionalisierung88 zu bezeichnen. In zu84 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108; zudem der Bericht des Ausschusses der G-10 Zentralbanken (CGFS): Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18. 85 Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 11. 2007, S. 28, berichtet, dass der algorithmische Handel inzwischen 40 Prozent der Handelsaktivitäten im Xetra-Handel ausmacht. An der LSE entfällt sogar bereits mehr als die Hälfte des Handelsvolumens auf den algorithmischen Handel, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. 6. 2008, S. 23. 86 Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 154. 87 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 11. 2007, S. 28. 88 Hierzu Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 41; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 148 ff.; Schlüter, Börsenhandelsrecht, S. 44 f.; Warren, European Securities Regulation, S. 27.

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nehmendem Maße werden börsliche Geschäfte von Anlageintermediären, also etwa Investmentfonds, Pensionsfonds oder Hedge Fonds, wie auch von institutionellen Anlegern, die das Eigengeschäft betreiben, wie etwa Banken, Versicherungen oder Wertpapierhäusern, getätigt. Die Institutionalisierung bringt eine Professionalisierung sowie, aufgrund der erheblichen Handelsvolumina einzelner Handelsteilnehmer, eine Erhöhung ihrer Marktmacht und insbesondere eine Sensibilisierung für Transaktionskosten mit sich. Aufgrund des Wettbewerbs, in dem die Börsen stehen und der durch die Globalisierung und das Aufkommen der alternativen Handelssysteme ohnehin an Schärfe gewonnen hat, sind die Handelsteilnehmer daher zunehmend in der Lage, ihre wirtschaftlichen Interessen gegenüber den Betreibern der Handelssysteme durchzusetzen. Während auf Anlegerseite eine Institutionalisierung und, als ein Aspekt derselben, die zunehmende Bedeutung von Anlageintermediären festzustellen ist, lässt sich mit Blick auf die Handelsplattformen ein gegenläufiger, als Disintermediation bezeichneter Prozess beobachten.89 Dort nimmt, auch bedingt durch die gestiegene Marktmacht institutioneller Investoren, die geringe Transaktionskosten einfordern, die Zahl der Intermediationsprozesse ab. Während der klassische Präsenzhandel eine zweistufige Intermediation über die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen und die Skontroführer aufweist, zeichnet sich der elektronische Handel durch eine einstufige Intermediation über die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen aus.90 Alternative Handelssysteme sind sogar in der Lage, Geschäftsabschlüsse direkt zwischen den Marktteilnehmern zu ermöglichen. Letzteres ist multilateralen Handelssystemen in Bezug auf Privatanleger allerdings nicht gestattet (§ 31f Abs. 1 Nr. 1 WpHG, § 19 Abs. 2 BörsG). Der Prozess der Disintermediation ist grundsätzlich geeignet, günstigere Transaktionskosten herbeizuführen. Soweit jedoch von Anlegerseite Intermediäre in Anspruch genommen werden, kann der einzelne Anleger von tendenziell sinkenden Transaktionskosten im Ergebnis zumeist nicht profitieren, da er Entgelte und sonstige durch den Anlageintermediär verursachte Kosten zu tragen hat. Somit ist also bei einer Gesamtschau weniger von einer Abnahme als vielmehr von einer Verlagerung der (kostenträchtigen) Intermediationsprozesse zu sprechen.

IV. Globalisierung Eine weitere bedeutsame Entwicklung ist mit dem Begriff der Globalisierung (auch Internationalisierung) der Kapitalmärkte zu umschreiben. Die Globalisierung kennzeichnet sich durch verschiedene Vorgänge. So war in der jüngeren VerMerkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 41 f. Elektronische Handelssysteme übernehmen dort die Vermittlungs- und Preisfeststellungsfunktion, hierzu Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 87; siehe ferner Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 347. 89 90

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gangenheit die Tendenz zu beobachten, dass viele Emittenten neben dem Listing an ihrer jeweiligen Heimatbörse zusätzlich ein Zweitlisting an einer ausländischen Börse, etwa in London oder New York, anstrebten.91 An der New York Stock Exchange (NYSE) und der NASDAQ werden in einem solchen Fall regelmäßig stellvertretend für die eigentlichen Aktien, welche bei einer US-amerikanischen Depotbank hinterlegt sind, so genannte American Depository Shares gehandelt. Aufgrund der strengen regulatorischen Anforderungen und der damit verbundenen Kostenbelastung, die ein Listing insbesondere aufgrund des 2002 verabschiedeten Sarbanes-Oxley Act92 nach sich zieht, ist diese Tendenz jedoch jedenfalls mit Blick auf US-amerikanische Börsen inzwischen wieder rückläufig. Einige Unternehmen haben ihr Listing an der NYSE bereits wieder eingestellt.93 Des Weiteren ist die Globalisierung der Kapitalmärkte durch die grenzüberschreitende Vornahme von Vermögensanlagen (so genannte cross-border investments) gekennzeichnet.94 Dieser Trend wird befördert durch die bereits beschriebene Integration der Märkte durch Kommunikation. Insbesondere Banken, klassische Investment Fonds, Hedge Fonds, Private Equity-Gesellschaften und Staatsfonds engagieren sich in beachtlichem Maße auf für sie fremden Märkten. Eine weitere, hiermit in Zusammenhang stehende Ausprägung der Globalisierung ist die bereits angesprochene so genannte remote membership. Nicht nur örtliche Handelsteilnehmer, sondern auch im Ausland ansässige Banken, Brokerhäuser oder sonstige Marktakteure können aufgrund der Möglichkeiten moderner Kommunikationstechnologie etwa zum Börsenhandel an der FWB zugelassen werden (§ 19 Abs. 10 BörsG).95 Die vorstehenden, mit dem Sammelbegriff der Globalisierung umschriebenen Entwicklungstendenzen zeigen, dass die Handelssysteme inzwischen über Ländergrenzen hinweg in einem Wettbewerb sowohl um Emittenten, als auch um die Order der Anleger und Anlageintermediäre stehen.

V. Wettbewerb und Marktverhalten Wie in den vorhergehenden Abschnitten „Technologischer Wandel“, „Institutionalisierung und Disintermediation“ und „Globalisierung“ bereits aufgezeigt, ste91 Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 82 ff.; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 152. 92 Sarbanes-Oxley Act of 2002, Pub. L. No. 107-204, 116 Stat. 745. 93 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 4. 2007, S. 21 und vom 22. 6. 2007, S. 23. Demgegenüber wirbt die Deutsche Börse AG offenbar weiterhin mit gewissem Erfolg um Börsengänge insbesondere chinesischer, indischer und osteuropäischer Unternehmen an der FWB, siehe hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. 5. 2008, S. 21 und vom 12. 11. 2008, S. 22. 94 Ähnlich Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 152. 95 Vgl. Schwark, WM 2000, 2517, 2518.

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hen die deutschen Börsen mittlerweile in viel stärkerem Maße als noch vor wenigen Jahrzehnten im Wettbewerb mit ausländischen Börsen sowie mit deutschen und ausländischen alternativen Handelssystemen.96 Die unterschiedlichen Ausprägungen des Wettbewerbs im Bereich der börslichen Dienstleistungen, seine Auswirkungen, die Verhaltensoptionen der konkurrierenden Unternehmen sowie die Setzung staatlicher Rahmenbedingungen für einen solchen Wettbewerb sollen im Folgenden untersucht werden.

1. Ausprägungen des Wettbewerbs Man unterscheidet den Interbörsenwettbewerb, der auch als Wettbewerb der Handelssysteme zu bezeichnen ist, den Zugangswettbewerb, den Preisfeststellungswettbewerb und den Regulierungswettbewerb.97 Zunächst soll der Interbörsenwettbewerb betrachtet werden. Indes sind bereits innerhalb des Interbörsenwettbewerbs selbst Differenzierungen vorzunehmen.98 Unter dem horizontalen Interbörsenwettbewerb ist derjenige Wettbewerb zu verstehen, der mittels einer Optimierung und Spezialisierung der Transaktionsprozesse ausgetragen wird. Voraussetzung dieses Wettbewerbs ist, dass bezüglich eines zu handelnden Instruments Handelsmöglichkeiten an mindestens zwei Börsen bestehen (so etwa im Falle eines Zweit- beziehungsweise Mehrfachlistings). Als vertikaler Interbörsenwettbewerb wird der Wettbewerb bezeichnet, der mittels der Einrichtung transaktionsproduktspezifischer Handelsplattformen geführt wird. So richten sich einige Börsen oder auch Handelssegmente an kleinere Unternehmen, während andere Börsen oder Segmente sich den Bedürfnissen großer Aktiengesellschaften anpassen. So listet etwa die NYSE große Emittenten, während die NASDAQ eher das Marktsegment der kleineren beziehungsweise wachstumsstarken Unternehmen bedient. Als weitere Beispiele hierfür sind der Prime Standard und der General Standard als Teilbereiche des Regulierten Marktes an der FWB, sowie der Entry Standard, der dem Freiverkehr zuzuordnen ist, zu nennen. Der laterale Interbörsenwettbewerb wiederum beschreibt den Wettbewerb zwischen dem Handel in Basiswerten, etwa Aktien, und demjenigen in derivativen, also abgeleiteten Finanzinstrumenten. Ein lateraler Interbörsenwettbewerb findet etwa zwischen der FWB und der Eurex statt, allerdings in abgeschwächter Form, da beide Börsen von der Deutschen Börse AG getragen werden.99 Eine weitere Ausprägung des In96 So auch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 42 ff.; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 239; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83. 97 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 45; Picot / Bortenlänger / Röhrl, Börsen im Wandel, S. 113; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 225; ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 58; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 42. 98 Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 229 ff.; vgl. ferner Claussen, ZBB 2000, 1, 5 f.

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terbörsenwettbewerbs ist der Wettbewerb zwischen Börsen im Rechtssinne und solchen alternativen Handelssystemen, welche in materieller Hinsicht gleichermaßen Börsendienstleistungen erbringen (so genannte Substitutionskonkurrenz).100 Neben dem Interbörsenwettbewerb als dem Börsenwettbewerb im engeren Sinne gibt es noch weitere Wettbewerbsverhältnisse im Bereich der börslichen Dienstleistungen. So bezeichnet der Zugangswettbewerb den Wettbewerb der Zugangsintermediäre um Order.101 Hierunter ist der Wettbewerb der zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen (§ 19 Abs. 2 und 4 BörsG), in der Regel Banken und Brokerhäuser102, zu verstehen, die um Anleger konkurrieren, welche über sie ihre Order ausführen lassen. Der Preisfeststellungswettbewerb wiederum bezeichnet den Wettbewerb der Preisfeststellungsintermediäre um Order auf der Marktgegenseite.103 Soweit jedoch, wie im Präsenzhandel der FWB, jedem Wertpapier ein Skontroführer als Preisfeststellungsintermediär zugewiesen ist, entscheidet nicht primär der Markt über den Erfolg oder Misserfolg des Preisfeststellungsintermediärs. Vielmehr ist es – so an der FWB – die Geschäftsführung, die über die Zulassung als Skontroführer und die Zuteilung von Aktien- beziehungsweise Nichtaktien-Skontren zu entscheiden hat (§§ 98, 99 ff. und 109 ff. der Börsenordnung für die FWB104).105 Hierbei berücksichtigt die Geschäftsführung die Leistungsfähigkeit der Antragsteller nach Maßgabe der in der Börsenordnung festgelegten Kriterien (§§ 99 Abs. 3, 102 ff. der Börsenordnung der FWB). Ferner ist der Regulierungswettbewerb zu nennen106, der sich allerdings nicht nahtlos in die Reihe der zuvor genannten Wettbewerbsverhältnisse einfügt.107 Hierbei handelt es sich nämlich nicht um einen Wettbewerb der Marktakteure, sondern vielmehr um einen Wettbewerb der Standorte um die besten gesetzlichen Rahmen99 Bei der Eurex Deutschland ist der Träger zwar die Eurex Frankfurt AG (Abschnitt 1.2 der Börsenordnung für die Eurex Deutschland und die Eurex Zürich, Stand: 3. 11. 2008), an welcher die Deutsche Börse AG jedoch (mittelbar) eine substantielle Beteiligung hält. 100 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 339 f. 101 Picot / Bortenlänger / Röhrl, Börsen im Wandel, S. 114; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 226. 102 Zu ihrer Einordnung nach KWG bzw. WpHG siehe 2. Kapitel B. V. 1. und 2. (insbesondere Fn. 278). 103 Picot / Bortenlänger / Röhrl, Börsen im Wandel, S. 114; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 227. 104 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand: 15. 12. 2008. 105 Siehe die Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 6. 3. 2007, S. 21, vom 7. 3. 2007, S. 22 und vom 27. 3. 2007, S. 25, über einen erfolgreichen Eilantrag der Wertpapierhandelsbank Renell vor dem VG Frankfurt (Az.: 1 G 919 / 06) auf Berücksichtigung bei der Skontrenzuteilung. 106 Moloney, EC Securities Regulation, S. 885; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 156, 233. 107 Claussen, ZBB 2000, 1, 5.

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bedingungen, also diejenigen Rahmenbedingungen, die es den ansässigen Börsen am ehesten ermöglichen, im Wettbewerb zu reüssieren.

2. Wirkungen des Wettbewerbs und Bewertung Im öffentlichen Diskurs wird ein globalisierter Wettbewerb häufig eher als eine Bedrohung für die heimischen Unternehmen denn als eine Chance begriffen, sich in diesem Wettbewerb zu bewähren und von ihm zu profitieren. So populär eine solche Einschätzung zu sein scheint, als so falsch erweist sie sich indes in Bezug auf den deutschen Kapitalmarkt und die deutschen Börsen. Diesen, allen voran der FWB, ist es in den vergangenen Jahren gelungen, sich in dem globalisierten Wettbewerb zu behaupten und gegenüber anderen Anbietern durchzusetzen.108 Eindrucksvoll zeigt dies der Umstand, dass die Deutsche Börse AG als Trägerin der FWB einer der gemessen am eigenen Börsenwert wertvollsten Börsenbetreiber der Welt ist.109 Überdies können neben den im Wettbewerb stehenden Unternehmen insbesondere auch die Empfänger der Dienstleistungen, vorliegend also die Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger, von einem funktionierenden Wettbewerb profitieren. Dies belegt eine Betrachtung der Funktionen, die der Wettbewerb nach allgemein anerkannter Ansicht in einer Marktwirtschaft erfüllt110: Der Wettbewerb treibt die Unternehmen dazu an, sich kontinuierlich um die Verbesserung ihrer Leistungen zu bemühen (Antriebsfunktion). Auch steuert er die Wirtschaftsvorgänge mittels des freien Spiels von Angebot und Nachfrage (Steuerungsfunktion). Zudem trägt er zur ständigen Kontrolle der Effizienz der Unternehmer und Unternehmen bei (Kontrollfunktion), liest die ineffizienten Akteure aus und ermöglicht es effizienteren Marktteilnehmern, sich durchzusetzen (Auslesefunktion). Diese dem Wettbewerb allgemein zugeschriebenen Funktionen spielen im Bereich des Börsenwesens eine bedeutende Rolle.111 Der Wettbewerb trägt dazu bei, dass die Anbieter stets gehalten sind, ihre Dienstleistungen zu überprüfen und zu verbessern, und fördert somit die effiziente Bereitstellung der börslichen Dienstleistungen. Darüber hinaus wäre es auch aus einem weiteren Grund wenig weiterführend, in einer Kritik am internationalen Wettbewerb der Handelssysteme zu verharren oder Ähnlich auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 48 f. Zu einer Aufstellung der Börsenwerte der weltweit größten Börsenbetreiber siehe die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. 11. 2008, S. 21. 110 Hierzu Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWB-Kommentar, Einführung Rdn. 43; vgl. auch Nordemann, in: Loewenheim / Meessen / Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. II, § 1 GWB Rdn. 7. 111 In diese Richtung auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 58 f.; siehe zudem Hellwig, ZGR 1999, 781, 786; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 361 ff.; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 281 ff.; Wastl, WM 1999, 620, 622 f. 108 109

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sogar den Versuch zu unternehmen, die deutschen Börsen gegen diesen Wettbewerb abzuschotten: Die Entwicklung wird mit gesetzgeberischen Maßnahmen nicht umgekehrt werden können. Vergegenwärtigt man sich, dass Investoren (und mit gewissen Einschränkungen auch Handelsteilnehmer und Emittenten) ohne großen Aufwand in der Lage sind, auf andere Märkte auszuweichen, wird ersichtlich, dass protektionistischen Maßnahmen des deutschen oder europäischen Gesetzgebers kein nachhaltiger Erfolg beschieden wäre.112 Geboten ist vielmehr gesetzgeberisches Handeln, das den Börsen in Kenntnis des Wettbewerbs die bestmöglichen Rahmenbedingungen bietet, damit diese erfolgreich im Wettbewerb bestehen können. 3. Leistungsmerkmale und Handlungsoptionen a) Ausgestaltung der Dienstleistungen Börsen (wie auch alternative Handelssysteme) können sich insbesondere durch die Ausgestaltung ihrer Dienstleistungen im Wettbewerb behaupten und von anderen Anbietern abgrenzen. Die Konkurrenzfähigkeit der Dienstleistungen ist dabei in besonderem Maße von der Festsetzung eines geeigneten Regelwerkes und der Bereitstellung einer angemessenen Infrastruktur abhängig.113 Aber auch andere Faktoren sich zu berücksichtigen. Die Festsetzung eines geeigneten Regelwerkes bietet die Möglichkeit, den Bedürfnissen der Handelsteilnehmer und Emittenten, die ein Anbieter an sich zu binden beabsichtigt, Rechnung zu tragen.114 So kann das Regelwerk im Bereich der Markttransparenz115 Standards festsetzen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen.116 Insoweit sind Regelungen zur Vorhandels- und zur Nachhandels-Transparenz zu unterscheiden. Ferner besteht die Möglichkeit der Schaffung bestimmter Marktsegmente oder der Festlegung von Teilbereichen innerhalb der gesetzlichen Börsensegmente (§ 42 Abs. 1 BörsG). Ein solches Vorgehen erlaubt es, gezielt den Bedürfnissen bestimmter Emittentengruppen Rechnung zu tragen. Des Weiteren kann ein Anbieter sich mittels der Regelungen des Zugangs zum Handel von der Konkurrenz abgrenzen.117 Restriktive Regelungen stehen dabei für eine Bündelung und Professionalisierung des Handels sowie insbesondere für eine Senkung des Kontrahentenrisikos, schließen jedoch andererseits 112 In diese Richtung auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 73; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 156 ff., 233. 113 Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 190. 114 Ferran, Building an EU Securities Market, S. 243, 258. 115 Zur Markttransparenz siehe Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 183 f., 204 ff. 116 Ähnlich Ferran, Building an EU Securities Market, S. 243. 117 Ferran, Building an EU Securities Market, S. 243.

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eine große Zahl möglicher Handelsteilnehmer schon von vorneherein aus.118 Von erheblicher Bedeutung ist ferner die Befugnis der Anbieter, die Systeme festzulegen, mittels derer die Preisfeststellung erfolgt.119 Insoweit sind periodische und fortlaufende Auktionssysteme, Market-Maker-Handelssysteme sowie hybride Systeme zu unterscheiden (vgl. Art. 17 Abs. 2 bis 5 und Anhang II der Durchführungsverordnung zur MiFID120).121 Als wesentliches Kriterium nicht zu unterschätzen ist schließlich auch eine wettbewerbsfähige Transaktionskostenstruktur.122 Neben der Setzung eines geeigneten Regelwerkes ist die Schaffung einer wettbewerbsfähigen sachlichen und personellen Infrastruktur von zentraler Bedeutung. Die technische Ausstattung muss sich am Marktstandard messen lassen und insbesondere eine schnelle und sichere Ausführung der Order gewährleisten. Über technische Innovationen oder eine Veränderung der Handelsabläufe lassen sich zudem Rationalisiereffekte erzielen, die eine günstigere Kostenstruktur ermöglichen können. Ebenfalls von Bedeutung ist die effiziente Abwicklung der Geschäfte, welche die Vorgänge des Clearing und Settlement umfasst.123 Auch wenn diese Aufgabe häufig von separaten Unternehmen wahrgenommen wird124, stellt sich die Abwicklungseffizienz letztlich als ein Qualitätsmerkmal der börslichen (beziehungsweise außerbörslichen) Dienstleistung dar und kann von dem Anbieter der Dienstleistung durchaus auch maßgeblich beeinflusst werden. Auf andere Faktoren, die für die Wettbewerbsfähigkeit der Dienstleistungen gleichfalls von Belang sind, kann der Betreiber eines Handelssystems lediglich mittelbar und in begrenztem Maße Einfluss ausüben. So ist die Liquidität eines Marktes ein wesentliches Kriterium für dessen Wettbewerbsfähigkeit125, da eine hohe Liquidität die effiziente und marktgerechte Preisbildung fördert. Indes kann der Betreiber eines Handelssystems die Liquidität nicht unmittelbar steuern, sondern auf diese nur durch andere die Wettbewerbsfähigkeit steigernde Maßnahmen Einfluss nehmen. Vertiefend Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 201 ff. Vgl. Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247. 120 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EG Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1; siehe auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 86. 121 Gomber / Hirschberg, AG 2006, 777, 779 f.; siehe zudem Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 348 f.; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 211 ff.; Schwark, WM 1997, 293, 302 f. 122 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 10; Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 170 ff. 123 Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 182 f., 219 f.; siehe hierzu bereits 2. Kapitel B. VI. 124 Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 246; siehe zudem Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 30. 125 Vertiefend Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 177 ff.; siehe auch Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247. 118 119

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Ebenfalls limitiert sind seine Einflussnahmemöglichkeiten in Hinblick auf die Informationseffizienz.126 Dieser Begriff beschreibt das zeitnahe Einpreisen von Informationen in die (Börsen-)Kurse und ist damit ein Merkmal der eben bereits erwähnten effizienten Preisbildung. Die Informationseffizienz wird durch die Markttransparenz, durch die Professionalität der Handelsteilnehmer und insbesondere auch durch die Liquidität eines Marktes bestimmt. Ein Marktbetreiber kann zwar Maßnahmen zur Steigerung der Markttransparenz ergreifen; im Übrigen sind seine Möglichkeiten jedoch begrenzt. Des Weiteren ist die Integrität eines Marktes127 für die Wettbewerbsfähigkeit der angebotenen Dienstleistungen von Bedeutung. Insbesondere durch die Einrichtung einer wirksamen Handelsüberwachung kann ein Betreiber zur Gewährleistung der Integrität eines Marktes beitragen. Diese Maßnahme wird allerdings nicht gänzlich die Gefahr beseitigen können, dass ein Marktsegment oder Handelssystem, etwa befördert durch seine Marktenge, von unzulässigen Praktiken wie etwa der Marktmanipulation oder dem Insiderhandel betroffen ist. Insoweit ist der Betreiber darauf angewiesen, dass die staatlichen Aufsichtsbehörden derartige Fehlentwicklungen zuverlässig unterbinden.

b) Fusionen und Kooperationen aa) Grundanliegen und jüngere Erfahrungen Eine weitere Strategie, dem internationalen Wettbewerb zu begegnen, besteht in der Begründung von Kooperationen, etwa in der Form von Joint Ventures, und dem Eingehen von Fusionen – sowohl von Börsen untereinander als auch mit alternativen Handelssystemen.128 Diese Strategie ermöglicht es, durch eine Zusammenlegung von Funktionen Synergien zu erzielen129, durch eine Zusammenlegung von Märkten und Marktsegmenten die Liquidität zu erhöhen und durch eine breit gefächerte Herkunft der Emittenten, Handelsteilnehmer und Anleger Unsicherheiten in einzelnen Wirtschaftsbereichen oder Regionen besser verkraften zu können. Jedoch können rechtliche Hürden (hierzu sogleich), örtliche Vorbehalte gegenüber der Schwächung oder Aufgabe eines Börsenplatzes130 oder abweichende Interessen, die die Eigentümer eines Betreibers verfolgen131, einer Fusion oder einer ver-

Hierzu Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 181 f. Siehe hierzu 3. Kapitel B. V. 4. a) und C. I. 2. 128 Ähnlich Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 30; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 241 ff. 129 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 51. 130 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 339. 131 Ähnlich lag dies im Falle der im Jahre 2000 und erneut 2005 gescheiterten Bemühungen der Deutsche Börse AG um einen Zusammenschluss mit der LSE (hierzu sogleich). 126 127

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tieften Zusammenarbeit entgegenstehen. Auch können kulturelle Differenzen trotz einer rechtlich vollzogenen Zusammenarbeit oder Fusion die tatsächliche Umsetzung langfristig erschweren. In den letzten Jahren gab es eine Vielzahl derartiger Unterfangen132, die teilweise zu einem Erfolg geführt werden konnten, teilweise aber auch scheiterten. Der Eurex, welche im Jahre 1998 aus dem Zusammenschluss der Deutschen Terminbörse (DTB) und der Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX) hervorging, gelang es, sich mit großem Erfolg im Wettbewerb zu behaupten.133 Nicht erfolgreich waren hingegen die Bemühungen der Deutsche Börse AG um eine Fusion mit der London Stock Exchange, die 2000 und erneut 2005 scheiterten.134 Bei beiden Anläufen hatten sich Eigentümer eines der Unternehmen gegen eine Fusion gewandt. Der NYSE hingegen gelang 2007 eine Übernahme der Mehrländerbörse Euronext, die die Börsen in Paris, Brüssel, Amsterdam und Lissabon sowie den Terminmarkt LIFFE betreibt.135 Die Deutsche Börse AG konnte im Jahre 2007 mittelbar über die Eurex, die im Eigentum der Deutsche Börse AG und der SIX Swiss Exchange AG steht, die US-amerikanische Derivatebörse International Securities Exchange (ISE) übernehmen.136 bb) Rechtliche Hürden Bei der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung137 einer Fusion unter Mitwirkung deutscher Börsen bereitet die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung erhebliche Schwierigkeiten. Zu unterscheiden sind auf der einen Seite die Verschmelzung unter ausschließlicher Beteiligung deutscher Börsen und auf der anderen Seite die Verschmelzung unter Beteiligung einer deutschen und einer ausländischen Börse. 132 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 49 ff.; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 256; über die internationale Entwicklung hin zu Kooperationen, Fusionen und Übernahmen berichtet auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 48. 133 Zur Eurex siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 88; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 61 ff.; Kurth, WM 2000, 1521 ff. 134 Zu dem Projekt iX aus dem Jahre 2000 siehe Bergsträsser, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 289 ff.; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 50 ff.; Hammen, ZBB 2001, 84; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 50 f.; zu dem erneuten Anlauf des Jahres 2005 vgl. Christoph, ZBB 2005, 82, 83 m. w. N.; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 54 f.; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 252. 135 Vgl. Kuls, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. 6. 2007, S. 28; Mohr, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. 10. 2007, S. 25. 136 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 7. 2007, S. 19. 137 Wie Kusserow / Prüm, WM 2005, 633, 634, feststellen, handelt es sich bei einer Umwandlung um einen Akt der Reorganisation eines Rechtsträgers und somit um einen durch das Gesellschaftsrecht geregelten Vorgang. Zu hier nicht bearbeiteten aufsichtsrechtlichen Fragen siehe Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 342 ff., 385 ff.

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Eine Verschmelzung unter ausschließlicher Beteiligung deutscher Börsen kann im Wege einer Verschmelzung der Börsenträger ohne besondere Schwierigkeiten erreicht werden.138 Eine Verschmelzung der Börsen selbst ist indes weitaus problematischer: Nach § 3 des Umwandlungsgesetzes139 (UmwG) handelt es sich bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts nicht um einen verschmelzungsfähigen Rechtsträger.140 Eine Verschmelzung zweier deutscher Börsen kann daher nur mit den Mitteln des öffentlichen Rechts bewerkstelligt werden.141 Da, wie bei der Errichtung deutlich wird, den Bundesländern die Organisationsgewalt zugewiesen ist, haben diese auch die Entscheidung über eine Verschmelzung zu treffen.142 Erforderlich ist ein Staatsvertrag der beteiligten Bundesländer.143 Als noch schwieriger erweist sich die rechtliche Umsetzung eines Zusammenschlusses unter Beteiligung einer deutschen und einer ausländischen Börse. Zunächst soll ein solcher Zusammenschluss auf der Ebene der Trägergesellschaften betrachtet werden.144 Die Verschmelzung eines deutschen Börsenträgers mit einem ausländischen Börsenunternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR ist inzwischen zulässig und richtet sich nach dem UmwG in der Form, die es nach Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie145 gefunden hat. Auch hatte sich bereits zuvor eine Reihe anderer Gestaltungsvarianten zur grenzüberschreitenden Zusammenführung von Unternehmen herausgebildet.146 Jedoch führt eine Verschmelzung oder andere Art der Zusammenführung auf Ebene der Börsenträger nicht zu der gewünschten Vereinfachung eines von nur einer Leitungsebene organisierten Börsenhandels.147 Das im Jahre 2000 gescheiterte Projekt einer Fusion der Deutsche Börse AG mit der London Stock Exchange basierte auf einem solchen Modell des Zusammenschlusses auf Ebene der Trägergesellschaften bei gleichzeitigem Fortbestand der einzelnen Börsen.148 Bei der Eurex wiederum wurde eine recht komplexe Holdingstruktur Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 22. Umwandlungsgesetz vom 28. 10. 1994, BGBl. I 3210; zuletzt geändert durch Artikel 73 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 140 Siehe auch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 371. 141 Vgl. Ehlers, ZHR 167 (2003), 546, 555. 142 Der Verschmelzung kommt ebenfalls organisationsrechtliche Bedeutung zu; ähnlich Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 371 ff. 143 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 371 ff.; Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 23; siehe auch Samm, WM 1990, 1265, 1268. 144 Vertiefend Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 338 ff., 357 ff., auch zu aufsichtsrechtlichen Fragen. 145 Richtlinie 2005 / 56 / EG vom 26. 10. 2005, ABl. EU Nr. L 310 vom 25. 11. 2005, 1. 146 Samson / Flindt, NZG 2006, 290; siehe auch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 338. 147 Ähnlich Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 24. 148 Eine detaillierte Darstellung findet sich bei Bergsträsser, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 289 f.; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 4; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 25. 138 139

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geschaffen, bei der eine der Gesellschaften, die Eurex Zürich AG, als Börse nach schweizerischem Recht fungiert und zugleich Holdingfunktionen bezüglich der Eurex Frankfurt AG wahrnimmt.149 Derartige Strukturen sind zwar rechtlich wie wirtschaftlich machbar. Sie erweisen sich jedoch in Hinblick auf die Entscheidungsebenen, erforderlich werdende Mechanismen der Gewinnverteilung, die fehlende Einheitlichkeit der Regelwerke sowie die Beteiligung mehrerer Aufsichtsbehörden als überaus kompliziert. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung einer deutschen Börse als zu verschmelzendem Rechtsträger150 würde es hingegen ermöglichen, derartige Holdingstrukturen zu vermeiden. Jedoch ist nach dem UmwG eine Anstalt des öffentlichen Rechts kein verschmelzungsfähiger Rechtsträger. Zwar ist die Frage aufzuwerfen, ob dieses Resultat mit dem Urteil des EuGH in der Sache „Sevic“151 aus dem Jahre 2005 vereinbar ist152, in dem dieser entschied, dass eine Untersagung grenzüberschreitender Umwandlungen der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft153 (EGV) zuwiderlaufen kann. Gemäß Art. 48 Abs. 2 EGV154 unterfallen sowohl private als auch öffentliche Unternehmen dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit. Indes stehen einer derartigen Verschmelzung jedenfalls eine ganze Reihe weiterer rechtlicher Bedenken entgegen: Bei einer Verschmelzung der deutschen Anstalt öffentlichen Rechts auf die ausländische Börse stellt sich sowohl die Frage, in welcher Weise die öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse übergehen sollen, als auch, wie es um eine weitere Ausübung der Satzungsbefugnis der dann erloschenen Anstalt des öffentlichen Rechts bestellt ist. Bei einer Verschmelzung der ausländischen Börse auf die deutsche Anstalt stellen sich wiederum die Fragen, in welcher Weise die nur teilrechtsfähige Anstalt das Vermögen der ausländischen Börse übernehmen soll, in welcher Weise die Anstalt, der nur die Handlungsformen des öffentlichen Rechts zur Verfügung stehen, in Bezug auf die Rechtsverhält149 Vertiefend auch Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1509 f.; vgl. ferner Kurth, WM 2000, 1521. 150 Vertiefend zur Verschmelzung auf der Ebene der Börsenanstalt Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 367 ff.; Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 25 ff. 151 EuGH, Rs. C-411 / 03 (Sevic Systems AG), Slg. 2005, I-10805; hierzu Spahlinger / Wegen, NZG 2006, 721. 152 So Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 25 f., der allerdings auch die hier im Anschluss dargelegten Bedenken aufzeigt. 153 Durch den Vertrag von Lissabon (Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. 12. 2007) soll der EGV in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) umbenannt werden. Der Vertrag von Lissabon befindet sich im Ratifizierungsprozess. Bei einem Referendum in Irland wurde der Vertrag von Lissabon abgelehnt. Ein zweites Referendum ist dort beabsichtigt. Art. 43, 48 EGV sollen durch Art. 49, 54 AEUV ersetzt werden. 154 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 54 Abs. 2 AEUV.

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nisse im Ausland handeln kann, sowie ferner, in welcher Weise die bisherigen Anteilseigner der ausländischen Börse nach der Verschmelzung an der Anstalt öffentlichen Rechts beteiligt sein sollen. Diese Fragen, die nicht befriedigend beantwortet werden können, zeigen, dass eine derartige Verschmelzung gegenwärtig nicht gelingen kann. Auch wird dieses Ergebnis aus europarechtlicher Sicht letztlich hinzunehmen sein, denn Art. 36 Abs. 1 S. 3 der MiFID macht deutlich, dass das europäische Sekundärrecht die deutsche duale Börsenverfassung grundsätzlich akzeptiert.155 Bei einer rein privatrechtlichen deutschen Börsenverfassung würden diese Schwierigkeiten hingegen nicht bestehen. Auch die Börse selbst könnte in der zuvor für den Börsenträger bezeichneten Weise verschmolzen werden.

4. Wettbewerbsrelevante staatliche Vorgaben Im Zusammenhang des Wettbewerbs der Handelssysteme ist staatliche Tätigkeit zum einen daran zu messen, ob es ihr gelingt, durch Schaffung eines adäquaten kapitalmarktrechtlichen Rahmens für die Märkte und Marktakteure sowie durch die Errichtung einer funktionierenden staatlichen Aufsicht die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Börsen und alternativen Handelssysteme zu gewährleisten. Hier ist der bereits erwähnte Regulierungswettbewerb angesprochen, welcher aus Sicht eines klassischen Staatsverständnisses gewöhnungsbedürftig156 erscheinen mag. Zum anderen – und hier ist der Staat wieder entsprechend seinem hergebrachten Rollenverständnis tätig – obliegt es dem Staat auch, mit den Mitteln des Kartellrechts die Ordnung des Wettbewerbs innerhalb des jeweiligen relevanten räumlichen Marktes sicherzustellen.

a) Kapitalmarktrecht Die Verwirklichung der erstgenannten Zielsetzung staatlicher Tätigkeit ist insbesondere mittels der Ausgestaltung des Marktorganisations- und Transaktionsrechtes, also eines kapitalmarktrechtlichen Regelungsbereiches, zu betreiben.157 Hierbei sind zwei in ihrer Umsetzung nicht ohne weiteres zu vereinbarende Grundanliegen zu berücksichtigen und miteinander in Einklang zu bringen. Auf der einen Seite sollte der gesetzliche Rahmen den Börsen und alternativen Handelssystemen (wie auch den Emittenten und Handelsteilnehmern) größtmögliche Freiheit bei der Umsetzung ihrer wirtschaftlichen Vorstellungen einräumen. Nur ein Regelungs-

Ähnlich Hammen, Verschmelzung von Börsen?, S. 27 f. Claussen, ZBB 2000, 1, 5. 157 Vertiefend Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 156 ff.; vgl. auch Hopt / Baum, WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 4. 155 156

¨ konomische Grundlagen B. O

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regime, das die Akteure nicht in ein zu enges Korsett zwingt, ermöglicht diesen, flexibel auf Marktentwicklungen zu reagieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.158 Auf der anderen Seite ist ein gesetzlicher Rahmen erforderlich, der die Integrität des Marktes bewahrt. Fälle des Insiderhandels oder der Marktmanipulation durch einzelne Marktteilnehmer schädigen nicht nur die jeweils betroffenen Akteure, sondern beeinträchtigen den Ruf des Handelssystems oder sogar des gesamten Börsenplatzes und können einen erheblichen Liquiditätsabfluss bewirken. Somit berühren derartige Vorfälle nicht nur den Anlegerschutz. Vielmehr ist ihre Vermeidung auch für die Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Marktes von großer Bedeutung.159 Auf diese mit den Mitteln des Kapitalmarktrechts zu verfolgenden Grundanliegen wird in dem Abschnitt „Staatliche Regelungsziele im Börsen- und Kapitalmarktrecht“ noch vertieft einzugehen sein.160 b) Kartellrecht Staatliche Regelungen sind zudem erforderlich, um die Freiheit und Unverfälschtheit des Wettbewerbs innerhalb eines räumlichen Marktes zu gewährleisten. Zuvörderst geschieht dies mittels des Kartellrechts, welches das Ziel verfolgt, den Wettbewerb vor Beschränkungen zu bewahren und strukturell zu sichern.161 Die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung steht der Anwendbarkeit des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen162 (GWB) nicht entgegen, denn § 130 Abs. 1 GWB bestimmt, dass dieses Gesetz auch auf Unternehmen der öffentlichen Hand – welche sowohl privat- als auch öffentlich-rechtlich organisiert sein können163 – Anwendung findet. Maßgeblich ist nicht der privat- oder öffentlich-rechtliche Charakter einer Leistung, sondern vielmehr, ob die Leistung am Markt in Konkurrenz zu anderen Unternehmen angeboten wird und die Nachfrager frei wählen können.164 Dies ist bei den börslichen Dienstleistungen, die von den verschiedenen 158 In diese Richtung Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 73 f.; Claussen, ZBB 2000, 1, 6; Cohn, ZBB 2002, 365, 366; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 366; Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 42; Rudolph / Röhrl, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 191, 233. 159 In diese Richtung (in Bezug auf das Verbot der Marktmanipulation) Worms, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 9 Rdn. 99. 160 Siehe unten 3. Kapitel C. 161 Ähnlich Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWB-Kommentar, Einführung Rdn. 39. 162 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 7. 2005, BGBl. I 2114; geändert durch Artikel 2c des Gesetzes vom 15. 12. 2008, BGBl. I 2426. 163 Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWB-Kommentar, § 130 Rdn. 6. 164 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 364; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 116; siehe zudem Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 9 ff., 14; Götting, in: Loewenheim / Meessen / Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 5; Scholz, ZHR 132 (1969), 97, 131.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Börsen und in ähnlicher Form auch von alternativen Handelssystemen angeboten werden, der Fall.165 Auch hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass Börsen Unternehmen im Sinne des weit gefassten funktionalen Unternehmensbegriffes166 des GWB sind.167 Das GWB ist lediglich dann nicht anwendbar, wenn ausnahmsweise eine abschließende öffentlich-rechtliche Sonderregelung eingreift.168 Seit dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz169 von 1994 ist die Anwendbarkeit des GWB auch dem Börsengesetz zu entnehmen (§ 9 BörsG).170 Die Kartellregeln des EGV sind grundsätzlich ebenfalls anwendbar171 (Art. 86 Abs. 1 EGV172), allerdings unter der Voraussetzung, dass ein hinreichendes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Börsen, welche etwa an einer Vereinbarung beteiligt sind, besteht.173

C. Staatliche Regelungsziele im Börsenund Kapitalmarktrecht Als staatliche Regelungsziele im Bereich des Börsen- und Kapitalmarktrechts sind der Marktfunktionsschutz und der Anlegerschutz allgemein anerkannt.174 Umstritten ist allerdings, ob es sich bei diesen um eigenständige, wenn auch einander wechselseitig befördernde Prinzipien handelt oder ob der Anlegerschutz lediglich

Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 364. Götting, in: Loewenheim / Meessen / Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 23; siehe zudem Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 43. 167 Vertiefend Beck, WM 2000, 597; Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 18; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 115 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 177 f.; von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 92 ff., 111; vgl. auch Beck, WM 1996, 2313; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 74. 168 Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 116; von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 130 ff. 169 Zweites Finanzmarktförderungsgesetz vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1749. 170 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 6 BörsG Rdn. 1; Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 18 ff.; siehe zudem die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12 / 6679, 61. 171 Siehe hierzu 3. Kapitel D. I. 2. 172 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 106 Abs. 1 AEUV. 173 Differenzierend Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 179 ff., 182 ff.; ein Wettbewerbsverhältnis (noch) verneinend Beck, WM 2000, 597, 604 f., 611; Köndgen, Festschrift Lutter, S. 1401, 1408; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 117. 174 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 7 ff.; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 296, 305; ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 57 f.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 45 ff.; vgl. auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 365; Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 652. 165 166

C. Staatliche Regelungsziele im Bo¨rsen- und Kapitalmarktrecht

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ein Mittel zur Gewährleistung des Marktfunktionsschutzes darstellt und ihm keine eigenständige Bedeutung zukommt. Im Nachfolgenden sind der Marktfunktionsschutz und der Anlegerschutz, die wechselseitige Bedingtheit dieser Ziele sowie die Instrumentarien, die dem Gesetzgeber zu ihrer Verfolgung zur Verfügung stehen, zu erörtern.

I. Marktfunktionsschutz Der Marktfunktionsschutz soll sicherstellen, dass die Kapitalmärkte ihren volkswirtschaftlich bedeutenden Funktionen gerecht werden können. Eine Betrachtung der Funktionsfähigkeit der Märkte hat indes zwischen verschiedenen Aspekten zu differenzieren. In der wissenschaftlichen Diskussion werden die institutionelle, die operationale und die allokative Funktionsfähigkeit der Märkte unterschieden.175 Die institutionelle Funktionsfähigkeit befasst sich mit den Grundvoraussetzungen eines funktionierenden Marktes. Sie erfordert insbesondere die Möglichkeit des ungehinderten Markteintrittes und -austrittes. Kriterien, anhand derer sich die institutionelle Funktionsfähigkeit bemisst, sind die Marktbreite, die Markttiefe und die Stabilität des Marktes. Die operationale Funktionsfähigkeit wiederum knüpft an die Kosten der Transaktionsprozesse an. Geringere Kosten erhöhen die Bereitschaft der Anleger, sich an den Kapitalmärkten zu engagieren. Die allokative Funktionsfähigkeit schließlich beschreibt die Fähigkeit des Marktes, die anlagesuchenden Gelder dorthin fließen zu lassen, wo sie am dringendsten benötigt werden beziehungsweise die höchste Rendite versprechen. Die Erhaltung funktionsfähiger Märkte im Sinne der eben genannten Funktionsbedingungen wird von zwei Oberzielen bestimmt: Zum einen bedarf der Funktionsschutz der Herstellung und Erhaltung des Wettbewerbs zwischen den Marktakteuren, zum anderen bedarf er auch der Korrektur von Marktversagen aufgrund von Externalitäten.176 Auf diese Ziele ist im Folgenden näher einzugehen.

1. Herstellung und Erhaltung des Wettbewerbs Eine Beschränkung des Wettbewerbs und der Versuch der Bewahrung von Strukturen, die sich auf offenen Märkten nicht durchsetzen könnten, sind für die Funktionsfähigkeit eines Marktes schädlich.177 Leistungsschwächere und weniger effiziente Anbieter, die in einem wirksamen Wettbewerb nicht bestehen könnten, verbleiben im Markt, was wiederum die (durchschnittliche) Qualität der Dienstleistun175 Vertiefend hierzu Merkt, Unternehmenspublizität, S. 300 f.; Merkt / Binder, Jura 2006, 683, 687 f.; Merkt / Rossbach, JuS 2003, 217, 220; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 101 ff. 176 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 58; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41 f.; ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 362, 374 f. 177 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 362 f.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

gen beeinträchtigt. Zudem ist in Ermangelung der so genannten Antriebsfunktion des Wettbewerbs178 die Innovationsfähigkeit des Marktes herabgesetzt. Anders als private Akteure sind etwa staatliche Stellen, die nicht unter einem Wettbewerbsdruck stehen, in geringerem Maße in der Lage beziehungsweise bemüht, wirtschaftliche Notwendigkeiten zu antizipieren und entsprechend zu agieren.179 Die Folge ist ein Abwandern von Investoren auf andere Märkte und somit ein Verlust an Liquidität, was wiederum die Funktionsfähigkeit des Marktes, insbesondere in Gestalt einer effizienten und marktgerechten Preisbildung, schädigt. Betroffen ist mithin die angesprochene institutionelle Funktionsfähigkeit des Marktes. Da die Anbieter zudem nur in einem umkämpften Marktumfeld angehalten sind, ihre Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen zu offerieren, ist desgleichen die operationale Funktionsfähigkeit berührt. Zuletzt ist auch die allokative Funktionsfähigkeit betroffen, welche die beiden zuvor genannten Funktionsbedingungen notwendig voraussetzt.180 Der Marktfunktionsschutz erfordert daher ein kapitalmarktrechtliches Regelungsregime, das den Wettbewerb fördert und den Marktakteuren die Freiheiten einräumt, die erforderlich sind, um flexibel auf Marktbewegungen zu reagieren und sich im Wettbewerb um die effizientesten Dienstleistungen erfolgreich zu positionieren.181 Von kapitalmarktrechtlichen Bemühungen zur Förderung des Wettbewerbs zu unterscheiden ist indes die Gewährleistung der Freiheit und Unverfälschtheit des Wettbewerbs. Diese Aufgabe obliegt primär dem Kartellrecht.182 Ergänzende kapitalmarktspezifische Wettbewerbsregeln zur Erhaltung eines fairen Wettbewerbs schließt dies allerdings nicht aus.183 2. Korrektur von Marktversagen Andererseits bedarf es auch kapitalmarktrechtlicher Mindeststandards, die geeignet sind, die Integrität des Marktes zu bewahren und so einem Marktversagen aufgrund von Externalitäten entgegenzuwirken. Eine Unterbindung etwa von Insiderhandel und Marktmanipulation dient nicht nur dem Schutz der Anleger, sondern vielmehr auch dem Erhalt des Vertrauens der Marktteilnehmer in einen Börsenplatz184 und damit zugleich dem Marktfunktionsschutz. Berührt sind die in178 Zu den Funktionen des Wettbewerbs Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWB-Kommentar, Einführung Rdn. 43. 179 Ähnlich Baum, RabelsZ 64 (2000), 633, 659. 180 Vgl. Merkt, Unternehmenspublizität, S. 301. 181 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 366; in diese Richtung auch Baum, RabelsZ 64 (2000), 633, 659. 182 Siehe hierzu bereits 3. Kapitel B. V. 4. b). 183 In diese Richtung Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 115, 118. 184 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 363; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 102.

C. Staatliche Regelungsziele im Bo¨rsen- und Kapitalmarktrecht

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stitutionelle und die allokative Funktionsfähigkeit des Marktes. Dem Schutz ebendieser Funktionsbedingungen dienen auch die Wohlverhaltenspflichten des WpHG, die die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen als Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu beachten haben, sowie die börsen- und wertpapierhandelsrechtlichen Transparenzanforderungen an Handelsplattformen, Inhaber wesentlicher Beteiligungen und Emittenten.185

II. Anlegerschutz Der Anlegerschutz soll die Anleger vor missbräuchlichem Verhalten anderer Marktakteure bewahren und die Fähigkeit und Bereitschaft der Anleger erhalten, an den Kapitalmärkten Investitionen vorzunehmen. Es sind verschiedene Risiken zu unterscheiden, denen Anleger unterliegen und die den Gegenstand anlegerschützender Vorschriften bilden. Es handelt sich hierbei um die Risiken, durch starke Kursverluste oder die Insolvenz eines Emittenten einen Großteil des eingesetzten Kapitals zu verlieren (Substanzerhaltungsrisiko), aufgrund von Informationsasymmetrien186 ungünstige Transaktionen vorzunehmen oder günstige zu unterlassen (Informationsrisiko) oder aufgrund einer treuwidrigen Verwaltung der einem Wertpapierdienstleister anvertrauten Gelder Schäden zu erleiden (Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko).187 Zudem sind die Risiken zu gewärtigen, dass ein Beauftragter nicht die Interessen eines Anlegers, sondern vorrangig eigene Interessen wahrnimmt (Interessenvertretungsrisiko) oder dass ein Anleger bei der Vornahme von Investitionen ungünstige Konditionen erhält (Konditionenrisiko).188 Wesentliche Mittel zur Vermeidung beziehungsweise Verringerung der genannten Risiken sind die Fixierung von Wohlverhaltens- und Publizitätspflichten, die Beaufsichtigung der Marktakteure sowie die Festsetzung von Haftungstatbeständen und Sanktionen.189

III. Gegenseitige Bedingtheit der Ziele So eindeutig die Regelungsziele umrissen werden können, so umstritten ist das Verhältnis, in dem sie zueinander stehen.190 Es geht dabei um die Frage, ob der 185 Ähnlich Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 102 f.; vgl. auch Merkt, Unternehmenspublizität, S. 312. 186 Hierzu Merkt, Unternehmenspublizität, S. 306, 312 f.; Merkt / Binder, Jura 2006, 683, 688 m. w. N. 187 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 289 ff.; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 298; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 106 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 47. 188 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 289 ff.; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 298; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 108; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 47. 189 Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 106 ff.; siehe zudem zum Kapitalmarktstrafrecht Fleischer, NJW 2003, 2584.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Marktfunktions- und der Anlegerschutz als gleichrangige und eigenständige Ziele anzusehen sind oder ob, so die gegenteilige Ansicht, dem Anlegerschutz keine eigenständige Bedeutung zukommt, er vielmehr lediglich ein Mittel zur Verfolgung des Marktfunktionsschutzes darstellt. Die erstgenannte Ansicht versteht den Anlegerschutz als ein aus sich selbst heraus zu rechtfertigendes allgemeines Rechtsprinzip, das in den verschiedenen, dem Anlegerschutz dienenden Vorschriften seinen Ausdruck findet.191 Diesen Vorschriften, so unterschiedlich sie auch sind, sei gemein, dass sie zum einen die individuellen Anleger, zum anderen die Integrität des Kapitalmarktes zum Schutzobjekt hätten. Für das Verständnis des Anlegerschutzes als ein solches allgemeines Rechtsprinzip lässt sich anführen, dass dieser verfassungsrechtlich im Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG) verortet werden kann192 und dass zudem einfachgesetzliche Regelungen den Anlegerschutz vielfach als Regelungsziel benennen (etwa § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 41 Abs. 2 S. 1 BörsG sowie § 36a Abs. 3 S. 2 WpHG). Dennoch kann es nicht überzeugen, sämtliche dem Anlegerschutz dienenden Vorschriften, welche doch an vielfältige Problemlagen anknüpfen, lediglich als Ausdruck eines derartigen homogenen allgemeinen Rechtsprinzips zu begreifen. Vielmehr ist jede einzelne Bestimmung zuvörderst im Lichte des jeweiligen Regelungsproblems, welches sie zu bewältigen sucht, zu betrachten.193 Die gegenteilige Auffassung erachtet den Anlegerschutz primär als Mittel zur Gewährleistung des Marktfunktionsschutzes und sieht den Individualschutz als nachrangig194 oder sogar als allein unter dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte gerechtfertigt195 an. Zunächst sei zu prüfen, welches Maß an Anlegerschutz zur Behebung eines Marktversagens oder der Gewährleistung eines marktmäßigen Interessenausgleichs erforderlich ist. Erst in einem zweiten Schritt unterliege es wertender Beurteilung, ob eine Erweiterung des Individualschutzes wünschenswert erscheint.196 Dieser Auffassung liegt die Erkenntnis zu190 Vertiefend Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 111 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 46 ff. 191 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 289, 345; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 47 ff. 192 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 288 f.; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 46; Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, S. 282 f. 193 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 48 f., der einem solchen allgemeinen Rechtsprinzip kritisch gegenübersteht. 194 Assmann, Prospekthaftung, S. 24; ähnlich in Bezug auf die mit der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie verfolgten Ziele Tison, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 66, 75. 195 Assmann, ZBB 1989, 49, 61; in diese Richtung (in Bezug auf das Verbot der Marktmanipulation) auch Worms, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 9 Rdn. 99; vgl. zudem Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 112; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 50 f. 196 Assmann, Prospekthaftung, S. 24; jedoch stellt ders., ZBB 1989, 49, 61, diesen zweiten Schritt nicht mehr dar.

C. Staatliche Regelungsziele im Bo¨rsen- und Kapitalmarktrecht

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grunde, dass dem Anlegerschutz dienende Maßnahmen, jedenfalls soweit sie nicht in eine Überregulierung münden, zumeist die Effizienz und Funktionsfähigkeit eines Marktes fördern, etwa indem sie diesem weitere Investoren zuführen und so die Liquidität steigern. Es ist nicht zu bezweifeln, dass ein ökonomischer Nutzen des Anlegerschutzes in einer Steigerung der Effizienz der Kapitalmärkte besteht. Dennoch kann die These, der Anlegerschutz sei in seinem Gehalt und seinen gesamten Beziehungen nur aus diesem Nutzen und nicht aus Sozialschutzmotiven zu rechtfertigen197, letztlich nicht überzeugen.198 Dem Anlegerschutz, der wie bereits festgestellt verfassungsrechtlich im Sozialstaatsprinzip festgemacht werden kann und der einfachgesetzlich gleichberechtigt neben dem Marktfunktionsschutz anerkannt ist, kommt eine über den Marktfunktionsschutz hinausgehende Bedeutung zu. So belegen verschiedene Bestimmungen, dass nicht jede Maßnahme des Anlegerschutzes geeignet ist, gleichzeitig den Marktfunktionsschutz zu befördern. Etwa dienten die bis zur Novelle von 1989199 geltenden Regeln zur Börsentermingeschäftsfähigkeit zwar dem Schutz der Anleger, waren jedoch derart restriktiv, dass sie die Entwicklung eines Marktes für Termingeschäfte erheblich behinderten.200 Im Übrigen wendete sich auch das europäische Sekundärrecht in den letzten Jahren verstärkt dem Anlegerschutz zu201 und benennt diesen etwa in der MiFID als gleichwertiges Ziel neben dem Marktfunktionsschutz (Art. 21 Abs. 6 S. 1 und Erwägungsgrund 44 der MiFID). Es bleibt festzuhalten, dass die Extrempositionen, welche den Anlegerschutz entweder als homogenes allgemeines Rechtsprinzip begreifen oder aber, so die gegenteilige Ansicht, dessen eigenständige Bedeutung neben dem Marktfunktionsschutz beinahe gänzlich negieren, nicht überzeugen können. Richtig dürfte sein, dass dem Anlegerschutz eine eigenständige Bedeutung zukommt, diese jedoch nicht im Sinne eines gleichförmigen, kohärenten Prinzips zu verstehen ist. Zudem ist der Anlegerschutz – wie der Gesetzgeber etwa bei Schaffung der Bestimmungen, nach welchen die Börsenorgane ausschließlich im öffentlichen Interesse handeln, hervorhob202 – häufig nicht oder nur nachrangig im So Assmann, ZBB 1989, 49, 61. Gegen eine monofunktionale Betrachtungsweise spricht sich auch Merkt, Unternehmenspublizität, S. 304 f., aus. 199 Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 11. 7. 1989, BGBl. I 1412. 200 Mues, ZBB 1997, 15, 23; weitere Maßnahmen, bei denen die Verfolgung des einen Regelungsziels nicht mit einer Beförderung des anderen Ziels einhergeht (Zielkonflikt), nennt Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 113 f. 201 Moloney, EC Securities Regulation, S. 592 ff., 602 ff.; ders., in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 17 ff.; ähnlich ferner Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 4; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 147 (Fn. 340). 202 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 73 („Die Tätigkeit dient damit den Belangen der Anleger in ihrer Gesamtheit und nicht dem Schutz einzelner Anleger.“). 197 198

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Sinne eines Individualschutzes ausgestaltet. Im Vordergrund steht vielmehr der Schutz des Anlegerpublikums in seiner Gesamtheit.203 Für das Verhältnis der beiden Regelungsziele gilt, dass sich Anleger- und Marktfunktionsschutz in der Regel wechselseitig befördern.204 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein weiterer Streit über die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten letztlich keinen weiteren praktisch verwertbaren Erkenntnisgewinn verspricht.205

IV. Rechtliche Gewährleistung Als Instrumentarien zur Verfolgung der genannten Regelungsziele stehen das Marktorganisations-, das Marktverhaltens- sowie das Aufsichtsrecht zur Verfügung.206 Das Marktorganisationsrecht bezeichnet die Regelungen, welche die Struktur und Verfassung der Marktakteure und Produkte vorgeben. Das Marktverhaltensrecht regelt sowohl transaktionsbezogene als auch allgemeine Verhaltenspflichten. Marktorganisations- und Marktverhaltensrecht sind unter dem Begriff des materiellen Marktrechts zusammenzufassen. Beide können sich sowohl der Mittel des Zivilrechts, etwa der gesellschaftsrechtlichen Organisation von Marktteilnehmern oder der Statuierung zivilrechtlicher Haftungstatbestände, als auch der Mittel des öffentlichen Rechts, wie etwa der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung, bedienen. In Bezug auf das Aufsichtsrecht sind die staatliche und die autonome Aufsicht zu unterscheiden.207 Während einer staatlichen Aufsichtseinrichtung ohne weiteres hoheitliche Eingriffsbefugnisse eingeräumt werden können, hängt dies bei der autonomen Aufsicht zunächst davon ab, ob die Börse oder das sonstige Handelssystem öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich verfasst ist. Allerdings ist auch bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung eine Einräumung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse im Wege der Beleihung möglich.208

D. Europarechtliche Vorgaben Große Teile des deutschen Kapitalmarktrechtes beruhen auf europarechtlichen Vorgaben.209 Für das Verständnis und eine Bewertung der gegenwärtigen deutSo auch Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 113. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 365; Tison, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 74 f. 205 In diese Richtung Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 57 f.; vgl. auch Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 652. 206 Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 58; Mülbert, WM 2001, 2085, 2086 f. 207 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 367 ff. 208 Hierzu 4. Kapitel G. II.; siehe ferner Baums / Segna, Börsenreform, S. 51 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 151 f. 203 204

D. Europarechtliche Vorgaben

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schen Börsenverfassung ist eine Betrachtung der europarechtlichen Vorgaben daher sehr hilfreich. Sogar unumgänglich ist die Kenntnis dieser Vorgaben indes für den Entwurf einer privatrechtlichen Börsenverfassung de lege ferenda, wie ihn die vorliegende Untersuchung zum Gegenstand hat. Neben den Vorgaben des deutschen Verfassungsrechts sind es insbesondere die Bestimmungen des europäischen Primär- und Sekundärrechts, die den Rahmen für einen solchen Entwurf abstecken.

I. Primärrecht 1. Grundfreiheiten Es bedarf einer Betrachtung der europäischen Grundfreiheiten, welche bei der Setzung des Marktorganisationsrechts zu berücksichtigen sind. Zu untersuchen ist, ob die geltende deutsche Börsenverfassung mit diesen Grundfreiheiten in Einklang steht, sowie, welche Vorgaben sich aus diesen in Bezug auf eine privatrechtliche Börse de lege ferenda ergeben.

a) Niederlassungsfreiheit Insbesondere könnte die Niederlassungsfreiheit berührt sein. Es ist der Umstand zu erörtern, dass es ausländischen Börsenbetreibern nach geltendem Recht nahezu unmöglich ist, in Deutschland mittels der Etablierung einer Haupt- oder Zweigniederlassung eine Börse zu errichten.210 Zudem ist auf die Frage einzugehen, inwieweit staatliche Maßnahmen, die eine Hinausverlagerung einer Börse beziehungsweise wesentlicher Teile des Handels an einer Börse in einen anderen Mitgliedstaat zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verhindern suchen, mit der Niederlassungsfreiheit zu vereinbaren sind. Letztere Betrachtung zielt vor allem auf mögliche Gestaltungen einer Börsenverfassung de lege ferenda ab. aa) Niederlassungsfreiheit und Behinderung einer Standortwahl in Deutschland (1) Eröffnung des Anwendungsbereiches Die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 EGV211 hat die Freizügigkeit der unternehmerischen Tätigkeit und die Freiheit der Standortwahl des Unternehmers 209 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 31; Hopt, Festschrift 50 Jahre BGH, Bd. II, 497, 501. 210 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 143. 211 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 49, 54 AEUV.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

zum Gegenstand.212 Der Begriff der Niederlassung ist durch das Merkmal der Kontinuität beziehungsweise Dauerhaftigkeit geprägt und ist hierdurch von der Dienstleistungsfreiheit abzugrenzen. Art. 48 Abs. 1 EGV213 erstreckt den Schutz der Niederlassungsfreiheit auf Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet wurden und ihren satzungsmäßigen Sitz oder ihre Hauptniederlassung in der Gemeinschaft haben. Somit ist der Anwendungsbereich für nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründete Börsenbetreiber, die eine Standortwahl in Deutschland erwägen, eröffnet. (2) Beeinträchtigung durch Staatsmonopol Wie bereits eingangs festgestellt, ist es ausländischen Börsenbetreibern aufgrund des Erfordernisses der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 BörsG nahezu unmöglich, in Deutschland mittels der Etablierung einer Haupt- oder Zweigniederlassung eine Börse zu errichten.214 In die börsengesetzlichen Bestimmungen, die die Errichtung der Börse als Anstalt des öffentlichen Recht vorsehen (§§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 BörsG), wird das Verbot einer Privatbörse hineingelesen. Bei der Entscheidung über den Erlaubnisantrag führt die Behörde eine so genannte Bedürfnisprüfung durch. Der Antragsteller hat kein subjektives Recht auf die Erteilung der Erlaubnis.215 Dieser Umstand könnte eine unzulässige Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit darstellen. Indes wurde die Niederlassungsfreiheit ursprünglich nur als Verbot diskriminierender Maßnahmen verstanden, also solcher Maßnahmen, die eine unterschiedliche Behandlung an die Staatsangehörigkeit anknüpfen.216 Da die vorstehend bezeichneten Vorschriften des Börsengesetzes sich gleichermaßen auf deutsche wie auch auf ausländische Börsenbetreiber auswirken, die beabsichtigen, in Deutschland eine Börse zu errichten, handelt es sich weder um eine offen noch um eine versteckt diskriminierende Maßnahme.217

Herdegen, Europarecht, S. 277. Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 54 Abs. 1 AEUV. 214 Zur diesbezüglichen Diskussion im Zuge des geplanten Zusammenschlusses der Deutsche Börse AG mit der LSE in 2000 / 2001 siehe Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 6; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 11 f.; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 33 f. Auch sei auf die Konstruktion bei der Eurex hingewiesen, bei welcher Trägerin der Eurex Deutschland eine deutsche Aktiengesellschaft ist, die Eurex Frankfurt AG, die jedoch wiederum zu 100 Prozent im Eigentum der schweizerischen Eurex Zürich AG steht (zur Struktur der Eurex vgl. auch Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1509 f.). 215 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 7; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 37. 216 Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 43 EGV Rdn. 23. 217 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 143; vgl. zur Bedürfnisprüfung Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 43 EGV Rdn. 86. 212 213

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Allerdings hat der EuGH die ursprünglich als Diskriminierungsverbote verstandenen Grundfreiheiten schrittweise zu allgemeinen Beschränkungsverboten ausgebaut.218 Ein allgemeines Beschränkungsverbot bietet einen umfassenden Schutz gegen sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigungen, auch solche, die unterschiedslos auf In- und Ausländer anwendbar sind. Es ist jedoch zwischen den einzelnen Grundfreiheiten zu differenzieren. Bei der Niederlassungsfreiheit war der EuGH mit der Anerkennung eines allgemeinen Beschränkungsverbotes besonders zögerlich. Bis Mitte der achtziger Jahre verstand er die Niederlassungsfreiheit als bloßes Gebot der Inländergleichbehandlung.219 Für diese Einordnung spricht die Überlegung, dass das Erfordernis einer Anpassung an die Regelungen des Empfangsstaates im Falle eines dauerhaften Aufenthalts eher zumutbar erscheint als etwa im Falle einer grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistung.220 Eine Auffassung grenzt daher in Anlehnung an die zur Warenverkehrsfreiheit ergangene „Keck“-Rechtsprechung221 des EuGH in der Weise ab, dass das allgemeine Beschränkungsverbot nur für Regelungen gelten soll, die die freie Standortwahl betreffen.222 Die freie Standortwahl sei anders als sonstige Regelungen, die lediglich einen mittelbaren Bezug zur Niederlassungsfreiheit aufweisen, Voraussetzung dafür, überhaupt von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen zu können. Seit den Urteilen „Kraus“ und „Gebhard“ findet das allgemeine Beschränkungsverbot indes nach der Rechtsprechung des EuGH Anwendung, ohne dass derartige Einschränkungen vorzunehmen wären.223 In einer jüngeren Entscheidung betonte der EuGH zudem, dass Art. 43 EGV224 selbst geringfügige und unbedeutende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit verbietet.225 Auch entfällt eine Beschränkung nicht dadurch, dass es ausländischen Betreibern seit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz226 offensteht, privatrechtlich verfasste alternative Handelssysteme als börsenähnliche Einrichtungen beziehungsweise seit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz227 nun als multilaterale Herdegen, Europarecht, S. 243. Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 43 EGV Rdn. 23. 220 In diese Richtung Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 43 EGV Rdn. 31; Streinz, Europarecht, Rdn. 805. 221 EuGH, Rs. C-267 / 91 und C-268 / 91 (Keck und Mithouard), Slg. 1993, I-6097; vgl. Haltern, Europarecht, Rdn. 1658 ff. 222 So Streinz, Europarecht, Rdn. 805; ablehnend Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 43 EGV Rdn. 102. 223 EuGH, Rs. C-19 / 92 (Kraus), Slg. 1993, I-1663, 1697; EuGH, Rs. C-55 / 94 (Gebhard), Slg. 1995, I-4165, 4197 f.; vgl. Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 43 EGV Rdn. 23 ff.; Craig / de Búrca, EU Law, S. 801 ff.; Grundmann / Möslein, in: Bayer / Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 40. 224 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 49 AEUV. 225 EuGH, Rs. C-9 / 02 (Lasteyrie du Saillant), Slg. 2004, I-2409, 2452; Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 43 EGV Rdn. 29. 226 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 227 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330. 218 219

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Handelssysteme zu errichten. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Handelssystems und damit dessen Möglichkeit der Betätigung beeinträchtigt es sogar mehr als nur geringfügig, wenn ihm versagt bleibt, die Bezeichnung Börse zu führen, die bei Marktteilnehmern für qualitativ hochwertige und staatlich überwachte Dienstleistungen steht. (3) Bereichsausnahmen Eine Prüfung, ob die Schranke des Art. 46 EGV228 oder sonstige zwingende Gründe des Allgemeininteresses die Beschränkung rechtfertigen, wäre allerdings dann entbehrlich, wenn eine Bereichsausnahme Anwendung finden würde. Bereichsausnahmen nehmen bestimmte Sachverhalte von vorneherein vom Anwendungsbereich der Grundfreiheiten aus.229 Nach Art. 45 Abs. 1 EGV230 besteht eine Bereichsausnahme für Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Im Hinblick auf die Beleihung des Börsenträgers und die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung könnte diese Bereichsausnahme einschlägig sein. Allerdings ist sie eng auszulegen und findet nur im Falle spezifischer Hoheitsgewalt Anwendung, welche notwendigerweise die Möglichkeit der Durchsetzung mit Zwangsbefugnissen umfasst.231 Die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung einer Tätigkeit durch nationales Recht ist hierfür für sich genommen noch nicht hinreichend.232 Da die Erbringung der börslichen Dienstleistungen auch in privatwirtschaftlicher Form denkbar ist, liegt keine spezifische Hoheitsgewalt in diesem Sinne vor.233 Eine weitere Bereichsausnahme besteht gemäß Art. 86 Abs. 2 EGV234 für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung der Vorschriften des EGV die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe verhindern würde. Vorliegend besteht jedenfalls ein allgemeines wirtschaftliches Interesse an der Erbringung der börslichen Dienstleistungen. Einer Ansicht zufolge soll sich diese Norm jedoch allein an die „betrauten“ Unternehmen richten, nicht hingegen an den Staat.235 Betrachtet man allerdings Art. 86 Abs. 2 EGV im Zusammenhang mit Art. 86 Abs. 1 EGV236, Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 52 AEUV. Streinz, Europarecht, Rdn. 825. 230 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 51 Abs. 1 AEUV. 231 Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 45 EGV Rdn. 6; Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 45 EGV Rdn. 9. 232 Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 45 EGV Rdn. 4. 233 Vertiefend Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 144 ff.; siehe auch Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 45 EGV Rdn. 1 ff. 234 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 106 Abs. 2 AEUV. 235 So Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 149 f.; a.A. wohl Hochbaum / Klotz, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. II, Art. 86 EGV Rdn. 2, 57. 228 229

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der eindeutig staatliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, so sollte eine systematische Auslegung eher zu dem gegenteiligen Ergebnis führen. Jedenfalls aber scheitert die Anwendung der Bereichsausnahme an dem Erfordernis, dass eine Berücksichtigung der Grundfreiheiten die Erfüllung der übertragenen Aufgabe „verhindern“ müsste. Hierfür genügt nicht, dass die Erfüllung der Aufgaben lediglich erschwert oder behindert würde.237 Da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, sind an das Erfordernis des Verhinderns strenge Anforderungen zu stellen.238 Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Berücksichtigung der Vorschriften des EGV eine zumutbare Erbringung der börslichen Dienstleistungen unter wirtschaftlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten verhindern würde. Die Beachtung der hier in Frage stehenden Niederlassungsfreiheit würde zwar zu mehr Wettbewerb führen, dem sich die Börsen zu stellen hätten. Dies mag gewisse Erschwernisse für die betrauten Börsen mit sich bringen (hierzu sogleich im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigung), von einem Verhindern im zuvor dargestellten Sinne kann jedoch keine Rede sein. (4) Rechtfertigung Somit bleibt zu prüfen, ob die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt ist. Die Schranke des Art. 46 Abs. 1 EGV239, die eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, ist nach ihrem Wortlaut nur auf diskriminierende Maßnahmen anzuwenden. Für unterschiedslos beschränkende Maßnahmen wurde vom EuGH die Schranke sonstiger zwingender Gründe des Allgemeininteresses 240 entwickelt. Zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses sind a maiore ad minus allerdings auch die in Art. 46 EGV bezeichneten Gründe des Allgemeinwohls zu zählen.241 Eine Rechtfertigung gemäß dieser von der Rechtsprechung entwickelten Schranke erfordert, dass es sich um eine nichtdiskriminierende Maßnahme handelt, die sich auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses berufen kann und zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Da im Schrifttum242 bereits überAuf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 106 Abs. 1 AEUV. Jung, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 45; vgl. auch Hochbaum / Klotz, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. II, Art. 86 EGV Rdn. 71 ff. 238 Hochbaum / Klotz, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. II, Art. 86 EGV Rdn. 72. 239 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 52 Abs. 1 AEUV. 240 Siehe hierzu Craig / de Búrca, EU Law, S. 802; Herdegen, Europarecht, S. 281; Streinz, Europarecht, Rdn. 830; Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 43 EGV Rdn. 104 ff., 114 f. 241 Vgl. Müller-Graff, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 46 EGV Rdn. 4; Streinz, Europarecht, Rdn. 822; Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 43 EGV Rdn. 105. 242 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 146 ff. 236 237

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zeugend dargelegt werden konnte, dass eine derartige Rechtfertigung vorliegend nicht gelingt, seien an dieser Stelle die wesentlichen Erwägungen lediglich in der gebotenen Kürze nachgezeichnet. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses kommen die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und der Anlegerschutz in Betracht. Zwar kann ein im Sinne einer Abschirmung gegenüber ausländischer Konkurrenz verstandener Marktfunktionsschutz nicht als ein solches Schutzgut eingeordnet werden243, jedoch umfassen die genannten Begriffe auch den Umgang mit Gefahren wie etwa der privatautonomen Einstellung des Betriebs eines Handelssystems, einer Liquiditätszersplitterung und hierdurch verursachter Börsenpreise geringer Qualität, der Behinderung des Zugangs von Marktteilnehmern oder der Festsetzung ineffizienter Regelwerke. Erscheint es somit vertretbar, das Vorliegen zwingender Gründe des Allgemeininteresses zu bejahen, bleiben die Geeignetheit und insbesondere die Erforderlichkeit der beschränkenden Maßnahme zu untersuchen. Bei der Frage der Geeignetheit einer Maßnahme handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung; eine Maßnahme ist ungeeignet, wenn sie den angestrebten Schutz oder Vorteil gar nicht gewährt.244 Eine nach solchem Maßstab zu beurteilende Geeignetheit der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung zur Verfolgung des Marktfunktions- und des Anlegerschutzes wird man indes bejahen können. Es sei auf die im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung vorgenommenen Erwägungen verwiesen.245 Allerdings geht die Maßnahme über das hinaus, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich ist. Es sind andere Mittel ersichtlich, die zur Erreichung der Ziele ebenso geeignet sind, jedoch in geringerem Maße in die Niederlassungsfreiheit eingreifen. Eine Substitution der öffentlich-rechtlichen Form durch staatliche Aufsicht und Regulierung bei Einführung der rein privatrechtlichen Börse würde die Niederlassungsfreiheit in geringerem Maße beeinträchtigen. Es ist gerade die öffentlich-rechtliche Form, verbunden mit der Bedürfnisprüfung und dem fehlenden Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, die die freie Standortwahl behindert. Dass die Mittel der Aufsicht und Regulierung ebenso geeignet sind, dem Marktfunktions- und Anlegerschutz Rechnung zu tragen, wurde im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung bereits gezeigt.246 Bevor allerdings abschließend festgehalten werden kann, dass eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt, ist noch der Umstand in die Überlegungen einzustellen, dass der EuGH den Mitgliedstaaten in Bezug auf unterschiedslos wirkende Beschränkungen einen größeren EinschätStreinz, Europarecht, Rdn. 831. Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 43 EGV Rdn. 106. 245 Siehe hierzu 3. Kapitel A. II. 2. b). 246 Siehe hierzu 3. Kapitel A. II. 2. b). 243 244

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zungsspielraum einräumt als bei diskriminierenden Maßnahmen. Letzteres gilt in besonderem Maße für die Niederlassungsfreiheit247, da es im Falle eines dauerhaften Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat eher zumutbar ist, sich den Regelungen dieses Staates anpassen zu müssen, als etwa im Falle der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Andererseits spricht vorliegend jedoch für einen strengen Prüfungsmaßstab, dass die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung nicht erst der Ausübung, sondern vielmehr bereits dem Zugang zu der Tätigkeit Beschränkungen auferlegt.248 In diese Richtung geht auch das Urteil des EuGH in der Sache „Inspire Art“249 aus dem Jahre 2003, welches die Errichtung einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat zum Gegenstand hat. In diesem Zusammenhang stellte der EuGH fest, dass beschränkende Maßnahmen außerhalb des engen Vorbehalts des Art. 46 EGV250 einer strengen Erforderlichkeitsprüfung im Rahmen der vierstufigen Rechtfertigung unterliegen. Ebenfalls für einen strengen Maßstab spricht, dass die Gemeinschaft ihren Regelungsanspruch mit einer Fülle von Richtlinien und insbesondere dem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen 251 (Financial Services Action Plan, FSAP) aus dem Jahre 1999 und dem „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010“252 von 2005 bekräftigt hat und sich inzwischen auch den geregelten Märkten nicht mehr nur im Wege eines Regelungsreflexes zuwendet, wie es noch im Rahmen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 253 der Fall war. Es ist daher abschließend festzuhalten, dass die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nicht gerechtfertigt ist.254 bb) Niederlassungsfreiheit und Behinderung der Hinausverlagerung von Märkten Des Weiteren stellt sich die Frage, inwieweit staatliche Maßnahmen, die die Verlagerung einer Börse oder wesentlicher Teile des Handels an einer Börse aus Deutschland hinaus in einen anderen Mitgliedstaat zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verhindern suchen, mit der Niederlassungsfreiheit zu vereinbaren sind. 247 Vgl. Streinz, Europarecht, Rdn. 831; Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 49 EGV Rdn. 25 f.; siehe auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 148 f., m. w. N. 248 Vgl. EuGH, Rs. C-162 / 99 (Kommission / Italien), Slg. 2001, I-541, 566. 249 EuGH, Rs. C-167 / 01 (Inspire Art), Slg. 2003, I-10155, 10233. 250 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 52 AEUV. 251 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999. 252 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005. 253 Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 254 Ebenso Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 146 ff.; in diese Richtung auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 363.

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Diese Untersuchung hat das geltende Recht (in dessen Rahmen diese Problematik bei der Anteilseignerkontrolle nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG anzusiedeln ist255) nur am Rande, primär hingegen die Börsenverfassung de lege ferenda256 im Blick. (1) Sachverhaltskonkretisierung In Bezug auf die Schaffung einer privatrechtlich verfassten Börse wird die Sorge geäußert, es könne zu einer Sitzverlegung oder einer Verlagerung substantieller Teile des Handels auf Börsenplätze außerhalb Deutschlands kommen. Entsprechende Absichten bestanden bereits im Rahmen des letztlich gescheiterten Projektes iX der Deutsche Börse AG und der London Stock Exchange.257 Indes ist die Variante einer Verlagerung wesentlicher Teile des Handels, etwa durch Herauslösung eines Handelssystems oder Segmentes, als politisch und in der öffentlichen Wahrnehmung weniger brisant und daher auch als wahrscheinlicher als eine Sitzverlegung einzuschätzen. Es soll daher im Folgenden untersucht werden, ob die Niederlassungsfreiheit staatlichen Maßnahmen entgegensteht, die einen solchen Vorgang zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verhindern suchen.258 (2) Eröffnung des Anwendungsbereiches Da beim hier angenommenen Fall somit nicht die Sitzverlegung, sondern etwa die Verlagerung einzelner Segmente in Rede steht, stellt sich zunächst die Frage, ob solche Vorgänge von der Niederlassungsfreiheit überhaupt geschützt sind.259 Schließlich geht es nicht um die Errichtung einer Niederlassung und auch nicht um die grundsätzliche Möglichkeit der Geschäftsaufnahme. Jedoch liegt auf der Hand, dass die Niederlassungsfreiheit leer liefe, würde sie nicht auch die freie Ausübung der jeweiligen Tätigkeit umfassen. Dementsprechend wird diese von Art. 43 Abs. 2 EGV260 in den sachlichen Anwendungsbereich einbezogen.261 255 Verfolgt ein Investor eine solche Verlagerungsabsicht, kann dies den Tatbestand einer Beeinträchtigung der Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebes erfüllen; zur Anteilseignerkontrolle siehe 2. Kapitel B. II. 2. 256 Zur Ausgestaltung der Anteilseignerkontrolle de lege ferenda siehe 4. Kapitel H. II. 2. b). 257 Bergsträsser, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 290; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 351; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 4 f.; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, passim. 258 Zur Zulässigkeit der Sitzverlegung eines Börsenbetreibers siehe Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 351 ff. 259 Da die vorliegende Fragestellung insbesondere im Rahmen der Anteilseignerkontrolle (§ 6 BörsG) eine Rolle spielt, ist auch die Kapitalverkehrsfreiheit zu bedenken, vgl. Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 346. Siehe hierzu 3. Kapitel D. I. 1. c). 260 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 49 Abs. 2 AEUV.

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(3) Beeinträchtigung durch Wegzugshindernisse Es stellt sich die Frage, ob im Falle einer Verlagerung nur der Aufnahmemitgliedstaat (Zuzugssachverhalt) oder aber auch der Herkunftsmitgliedstaat (Wegzugssachverhalt) durch die Niederlassungsfreiheit verpflichtet wird. Der EuGH hatte sich bereits in mehreren viel diskutierten Entscheidungen mit mitgliedstaatlichen Maßnahmen zu befassen, die einer Sitzverlegung beziehungsweise der Errichtung einer Zweigniederlassung, in der der wesentliche Teil der Geschäftstätigkeit des Unternehmens stattfinden sollte, in unterschiedlicher Weise im Wege standen. In dem als „Daily Mail“ bekannten Urteil aus dem Jahre 1988 stellte der EuGH fest, dass die Niederlassungsfreiheit ihrer Fassung nach zwar insbesondere die Inländergleichbehandlung im Aufnahmestaat sichern solle, sie jedoch auch verbiete, dass der Herkunftsstaat die Niederlassung seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat behindert.262 Allerdings schränkte der EuGH diese Position ein, indem er klarstellte, dass die Niederlassungsfreiheit nach gegenwärtigem Stand des Gemeinschaftsrechts einer Gesellschaft nicht das Recht gewähre, den Sitz ihrer Geschäftsleitung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.263 Dies begründete er mit den wesentlichen, Inkompatibilitäten begründenden Unterschieden im Gesellschaftsrecht der Mitgliedstaaten sowie mit dem Fehlen diesbezüglichen Sekundärrechts und diesbezüglicher zwischenstaatlicher Übereinkommen.264 Indes hat der EuGH wesentliche Argumente des „Daily Mail“-Urteils inzwischen verworfen. In dem Urteil in der Sache „Centros“ aus dem Jahre 1999 entschied der EuGH, dass es für die Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit unerheblich sei, dass das Gesellschaftsrechts in der Gemeinschaft nicht voll harmonisiert worden ist.265 Im Jahre 2002 entschied er sodann in der „Überseering“-Entscheidung, dass mitgliedstaatliche Übereinkommen nicht erforderlich seien, damit Gesellschaften von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen können.266 Ferner stellte der EuGH im Jahre 2005 in dem Urteil in der Sache „Sevic“ fest, dass gemeinschaftliche Harmonisierungsvorschriften zwar gewiss hilfreich wären, jedoch keine Vorbedingung für die Durchführung der Niederlassungsfreiheit seien.267 Allerdings hatten die soeben genannten neueren Entscheidungen des EuGH anders als das „Daily Mail“-Urteil und die vorliegend zu beurteilende Konstellation, bei denen es sich um Wegzugsfälle handelt, Maßnahmen eines Aufnahmemit261 Vgl. Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 43 EGV Rdn. 9; Grundmann / Möslein, in: Bayer / Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 38. 262 EuGH, Rs. 81 / 87 (Daily Mail), Slg. 1988, 5483, 5510; auch bestätigt durch EuGH, Rs. C-9 / 02 (Lasteyrie du Saillant), Slg. 2004, I-2409, 2452. 263 EuGH, Rs. 81 / 87 (Daily Mail), Slg. 1988, 5483, 5514; vgl. auch Ehricke, in: Großkomm AktG, Bd. I, § 45 Rdn. 72. 264 EuGH, Rs. 81 / 87 (Daily Mail), Slg. 1988, 5483, 5510 ff. 265 EuGH, Rs. C-212 / 97 (Centros), Slg. 1999, I-1459, 1493. 266 EuGH, Rs. C-208 / 00 (Überseering), Slg. 2002, I-9919, 9965. 267 EuGH, Rs. C-411 / 03 (Sevic Systems AG), Slg. 2005, I-10805, 10834 f.

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gliedstaates, welche den Zuzug einer Gesellschaft behinderten, beziehungsweise eine grenzüberschreitende Verschmelzung zum Gegenstand. Dennoch ließen sie vermuten, dass der EuGH wesentliche Erwägungen des „Daily Mail“-Urteils nicht mehr aufrechterhält. Es sprach einiges dafür, dass der EuGH inzwischen auch einen Wegzugssachverhalt anders beurteilen würde.268 Hierfür konnte auch das „Lasteyrie du Saillant“-Urteil269 aus dem Jahre 2004 angeführt werden: Hier entschied der EuGH, dass die Niederlassungsfreiheit dahin auszulegen sei, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehre, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung einzuführen, wonach latente Wertsteigerungen besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt.270 In diesem Urteil, dem ein Wegzugssachverhalt zugrunde lag, prüfte der EuGH eine Rechtfertigung der Beschränkung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses.271 Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass dieses Urteil sich nicht mit der Niederlassungsfreiheit einer juristischen Person, sondern vielmehr mit derjenigen einer natürlichen Person beschäftigte. Auch hatte der EuGH bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls keine ausdrückliche Abkehr von den Grundsätze des „Daily Mail“-Urteils vollzogen.272 In der Rechtssache „Cartesio“ hatte sich der EuGH allerdings schließlich im Jahre 2008 mit einem Wegzugssachverhalt auseinanderzusetzen. Die Schlussanträge des Generalanwaltes hatten eine Abkehr von der Grundsätzen des „Daily Mail“-Urteils erwarten lassen.273 Der EuGH hielt jedoch entgegen der Schlussanträge die Rechtsprechung des „Daily Mail“-Urteils ausdrücklich aufrecht.274 Die Unterschiede in den nationalen Rechtsordnungen bestünden nach wie vor, diese seien weder im Wege der Rechtsetzung noch des Vertragsschlusses einer Lösung zugeführt worden.275 Auch habe man den Urteilen, welche einen Zuzugssachverhalt behandelten („Centros“, „Überseering“, „Inspire Art“, ähnlich auch „Sevic“), keine Abkehr von dem „Daily Mail“-Urteil entnehmen können.276 Schließlich 268 In diese Richtung Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 48 EGV Rdn. 14, 16; differenzierend Grundmann / Möslein, in: Bayer / Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 40 ff. 269 EuGH, Rs. C-9 / 02 (Lasteyrie du Saillant), Slg. 2004, I-2409. 270 EuGH, Rs. C-9 / 02 (Lasteyrie du Saillant), Slg. 2004, I-2409, 2458. 271 EuGH, Rs. C-9 / 02 (Lasteyrie du Saillant), Slg. 2004, I-2409, 2453 ff. 272 Vgl. Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 355; siehe auch EuGH, Rs. C-208 / 00 (Überseering), Slg. 2002, I-9919, 9965 ff., wo der EuGH es vermeidet, sich inhaltlich mit der „Daily Mail“-Entscheidung auseinanderzusetzen, indem er sich auf die Unterschiede in den zugrunde liegenden Sachverhalten zurückzieht. 273 Schlussanträge des Generalanwalts vom 22. 5. 2008 in der Rechtssache C-210 / 06 (Cartesio). 274 EuGH, Rs. C-210 / 06 (Cartesio), Urteil vom 16. 12. 2008, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, zu dem Urteil Leible / Hoffmann, BB 2009, 58 ff.; ferner Goette, DStR 2009, 121, 128, Pießkalla, EuZW 2009, 75, 81 ff.; Richter, IStR 2009, 59, 64 ff. 275 EuGH, Rs. C-210 / 06 (Cartesio), Urteil vom 16. 12. 2008, Rdn. 108, 114, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht.

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beurteile sich in der Wegzugskonstellation die Vorfrage, ob überhaupt eine Gesellschaft vorliege, die sich auf die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 EGV277 berufen könne, nach dem Recht des Staates, der die vermeintlich beschränkende Maßnahme vornimmt. In der Zuzugskonstellation hingegen stelle sich diese Vorfrage nicht in der Weise; es liege stets unstreitig eine Gesellschaft nach dem nationalen Recht eines anderen Mitgliedstaats vor.278 Die Vorfrage, ob eine Gesellschaft im Sinne von Art. 48 EGV279 vorliege, könne indes nur auf Grundlage des geltenden nationalen Rechts beantwortet werden.280 Die Niederlassungsfreiheit stünde Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates somit nicht entgegen, die einer Gesellschaft verwehrten, ihren Sitz in einen anderen Staat zu verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft des nationalen Rechts zu behalten.281 Allerdings unterscheidet sich der hier betrachtete Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt von demjenigen des „Daily Mail“- und des „Cartesio“-Urteils. Zwar geht es gleichermaßen um einen Wegzugssachverhalt, doch ist die Verlagerung substantieller Teile des Handels, etwa durch die Schaffung eines neuen Segmentes an einem anderen Börsenplatz und durch das Bestreben, die Emittenten von einem Listing in diesem Segment zu überzeugen, rechtlich weitaus weniger problembehaftet als eine grenzüberschreitende Sitzverlegung, die mit Inkompatibilitäten in mitgliedstaatlichem Gesellschaftsrecht und internationalem Privatrecht einhergeht. Auf diese Unterschiede der nationalen Rechtsordnungen stützt der EuGH jedoch das „Daily Mail“-Urteil.282 Vor allem ist in der vorliegend untersuchten Konstellation auch die Vorfrage des Vorliegens einer Gesellschaft im Sinne von Art. 48 EGV ohne weiteres zu bejahen. Somit sind die Grundsätze des „Daily Mail“- und des „Cartesio“-Urteils jedenfalls nicht auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Es ist davon auszugehen, dass der EuGH, hätte er über Maßnahmen des Herkunftsstaates zu befinden, die eine Verlagerung eines substantiellen Teils des Handels einer Börse auf eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat zu verhindern suchen, diese als Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit einordnen würde.

276 EuGH, Rs. C-210 / 06 (Cartesio), Urteil vom 16. 12. 2008, Rdn. 121 f., noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht. 277 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 49, 54 AEUV. 278 EuGH, Rs. C-210 / 06 (Cartesio), Urteil vom 16. 12. 2008, Rdn. 123, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht. 279 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 54 AEUV. 280 EuGH, Rs. C-210 / 06 (Cartesio), Urteil vom 16. 12. 2008, Rdn. 109 f., noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht. 281 EuGH, Rs. C-210 / 06 (Cartesio), Urteil vom 16. 12. 2008, Rdn. 124, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht. 282 EuGH, Rs. 81 / 87 (Daily Mail), Slg. 1988, 5483, 5510 ff.

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(4) Rechtfertigung Vorausgesetzt, dass die Maßnahmen nicht an den Sitz des Betreibers anknüpfen, sondern vielmehr gleichermaßen inländische und ausländische Betreiber betreffen, die Handelsgeschehen auf eine andere Niederlassung zu verlagern beabsichtigen, ist das Gebot der Inländergleichbehandlung nicht berührt und für die Rechtfertigung nicht auf Art. 46 EGV283 abzustellen. Es bleibt zu prüfen, ob zwingende Gründe des Allgemeininteresses geeignet sind, die Beschränkung zu rechtfertigen. Ein zwingender Grund des Allgemeininteresses könnte die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes sein. Protektionistische Ziele sind zur Rechtfertigung einer Beschränkung zwar nicht geeignet.284 Insbesondere liefe die gänzliche Abschottung eines nationalen Kapitalmarktes dem Ziel der Schaffung eines integrierten europäischen Finanzbinnenmarktes zuwider und würde der Rechtfertigung einer Beschränkung entgegenstehen.285 Jedoch verfolgt der Erhalt der Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes nicht notwendigerweise protektionistische Ziele. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die europäischen Kapitalmärkte gegenwärtig nur zu einem gewissen Grade integriert sind286, nämlich vor allem in Bezug auf den Informationsaustausch und die Fähigkeit der Handelsteilnehmer, auf verschiedenen Märkten tätig zu werden. Das Listing kleiner, mittlerer und selbst großer Unternehmen hingegen beschränkt sich in den meisten Fällen nach wie vor auf ihre jeweiligen nationalen Börsen. Bei dem jetzigen Stand der Integration der Kapitalmärkte bedarf die deutsche Volkswirtschaft eines in Deutschland befindlichen, funktionierenden Kapitalmarktes. Nur ein solcher ist in der Lage, die Allokationsfunktion in einer Weise wahrzunehmen, die den Bedürfnissen der in Deutschland ansässigen Kapitalnachfrager hinreichend Rechnung trägt.287 Auch ist Art. 56 Abs. 2 der MiFID zu entnehmen, dass das europäische Sekundärrecht nicht lediglich die Schaffung eines integrierten europäischen Finanzmarktes288 verfolgt, sondern durchaus auch das Funktionieren der nationalen Kapitalmärkte der Mitgliedstaaten als Schutzgut anerkennt. Zwar ist es grundsätzlich das Primärrecht, welches für die Auslegung des Sekundärrechts maßgeblich ist289, nicht hingegen umgekehrt, doch kann die genannte Bestimmung des Sekundärrechts durchaus als Indiz für das Vorhandensein eines anerkennenswerten Schutzgutes herangezogen werden. Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 52 AEUV. Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 48 EGV Rdn. 16. 285 In diese Richtung Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 71. 286 Ebenso Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 27, der – in anderem Zusammenhang – äußert: „In Europe, equity markets are, to some extent, still fragmented along national borders ( . . . ).“ 287 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 71 m. w. N. 288 Siehe etwa Erwägungsgrund 71 der MiFID. 289 Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EGV Rdn. 15; vgl. auch Schroeder, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EGV Rdn. 21. 283 284

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Daher kann die Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes gegenwärtig als zwingender Grund des Allgemeininteresses angesehen werden. Auch ist eine Regelung, die eine Hinausverlagerung wesentlicher Teile des Handels auf ausländische Börsenplätze zu unterbinden sucht, grundsätzlich geeignet, die Funktionsfähigkeit zu erhalten. Eine Erörterung einzelner Maßnahmen soll an dieser Stelle zwar nicht erfolgen290, jedoch ist zu betonen, dass jede derartige Maßnahme auf ihre Erforderlichkeit hin zu überprüfen ist. Wenn die mitgliedstaatlichen Maßnahmen sich auf einen „Basisschutz“ beschränken und nicht auf eine Abschottung des nationalen Kapitalmarktes hinauslaufen, können sie indes als mildestes Mittel eingeordnet werden und sind folglich als erforderlich anzusehen. Entscheidend kommt es darauf an, dass die Maßnahmen nur im Falle nicht unerheblicher nachteiliger Auswirkungen für den gesamten deutschen Kapitalmarkt zur Anwendung kommen. Es ist festzuhalten, dass im Falle der Einführung einer rein privatrechtlich verfassten Börse gesetzliche Regelungen, die eine von Seiten eines Marktbetreibers verfolgte Hinausverlagerung substantieller Teile des an den deutschen Börsen stattfindenden Handels zu verhindern suchen, unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit der Niederlassungsfreiheit zu vereinbaren sind. (5) Einordnung des Ergebnisses Das in Bezug auf den Wegzugssachverhalt gefundene Ergebnis ist mit der vorhergehenden Betrachtung eines Zuzugssachverhaltes abzugleichen. Dass im Falle des vorliegenden Wegzugssachverhaltes Beeinträchtigungen der Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt werden können, steht nicht in einem Widerspruch zu dem vorherigen Befund, nach welchem bei der Beeinträchtigung einer Standortwahl in Deutschland eine Rechtfertigung nicht möglich ist. Der Rechtfertigungsprüfung waren in beiden Fällen dieselben Kriterien zugrunde zu legen. Der wesentliche Unterschied ergibt sich im Rahmen der Erforderlichkeit der Maßnahmen. Während eine ersatzlose Hinausverlagerung den deutschen Kapitalmarkt erheblich schädigen würde und mildere, ebenso geeignete Mittel nicht ersichtlich sind, ist ein Hineindrängen ausländischer wie deutscher Wettbewerber in den Markt zwar mit Risiken verbunden, diese sind jedoch unter Einsatz milderer Mittel beherrschbar. Im Übrigen sollte der Umstand, dass Wegzugsbeschränkungen bei einer privaten Börse zwar zulässig, allerdings auch an enge Voraussetzungen gebunden sind, nicht dazu verleiten, sich aus diesem Grund für eine Beibehaltung der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung auszusprechen. Es sei ins Gedächtnis gerufen, dass eine öffentlich-rechtliche Börsenverfassung, wie bereits festgestellt, nicht von der Beachtung der Niederlassungsfreiheit entbindet. Es wäre daher ein Irrtum zu glauben, die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung würde weiter gehende Beschrän290

Vgl. hierzu 4. Kapitel H. II. 2. b) bb).

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kungen ermöglichen. Darüber hinaus steht dieser nach den Maßstäben des Europarechts ermittelte enge Rahmen für staatliche Eingriffe vollkommen in Einklang mit den Ergebnissen der ökonomischen Betrachtung: Diese hatte gezeigt, dass Wettbewerbsbeschränkungen und der Versuch der Bewahrung von Strukturen, die sich am offenen Markt nicht durchsetzen können, für das Funktionieren des Marktes schädlich sind.291

b) Dienstleistungsfreiheit Das deutsche Börsenrecht hat sich zudem innerhalb des Rahmens zu bewegen, den die europäische Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49, 50 EGV292 vorgibt. Börsendienstleistungen sind als entgeltliche, wirtschaftliche Tätigkeiten eines Selbständigen im Sinne des Dienstleistungsbegriffs des Art. 50 EGV einzuordnen und haben, soweit sie grenzüberschreitend erbracht werden, an der Dienstleistungsfreiheit teil.293 Auch findet die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 55, 48 EGV294 in Bezug auf juristische Personen Anwendung. Es sind die aktive und die passive Dienstleistungsfreiheit voneinander zu unterscheiden. Die aktive Dienstleistungsfreiheit beschreibt die Freiheit des Leistenden, Dienstleistungen in einem anderen Staat zu erbringen.295 Im Unterschied zur Niederlassungsfreiheit, die von einem dauerhaften Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat ausgeht, knüpft die Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich an die vorübergehende Ausübung einer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat an.296 Soweit die Erbringung börslicher Dienstleistungen in einem anderen Staat mittels der Errichtung einer auf Dauer angelegten Präsenz den Gegenstand der Betrachtung darstellt, ist allein die Niederlassungsfreiheit maßgeblich297, gegenüber welcher die Dienstleistungsfreiheit subsidiär ist (Art. 50 Abs. 1 EGV298). Von der Dienstleistungsfreiheit umfasst ist jedoch auch diejenige Dienstleistungserbringung, die ohne Grenzübertritt der in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Erbringer und Empfänger erfolgt, die so genannte Korrespondenzdienstleistung.299 Da bei KorSiehe hierzu 3. Kapitel B. V. 2. und 4. Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 56, 57 AEUV. 293 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 150 f. 294 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 62, 54 AEUV. 295 Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 49, 50 EGV Rdn. 24. 296 Moloney, EC Securities Regulation, S. 323; siehe zudem Herdegen, Europarecht, S. 284 f.; Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 43 EGV Rdn. 5 ff. 297 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 151. 298 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 57 Abs. 1 AEUV. 299 EuGH, Rs. C-384 / 93 (Alpine Investments), Slg. 1995, I-1141, 1174; Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 49, 50 EGV Rdn. 3, 29; Tiedje / Troberg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 49 EGV Rdn. 13. 291 292

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respondenzdienstleistungen keine Abgrenzungsproblematik zur Niederlassungsfreiheit besteht, fallen insoweit auch dauerhaft grenzüberschreitend angebotene Dienstleistungen unter die Dienstleistungsfreiheit. 300 Dies gilt etwa für die Möglichkeit, in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Handelsteilnehmern die Teilnahme an dem Börsenhandel mittels der so genannten remote membership zu ermöglichen. Die passive Dienstleistungsfreiheit wiederum ist die Freiheit des Dienstleistungsempfängers, Dienstleistungen eines in einem anderen Land ansässigen Erbringers entgegenzunehmen. 301 Emittenten und Handelsteilnehmer, die die Dienstleistungen einer Börse in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen, können sich auf die passive Dienstleistungsfreiheit berufen. Dass es aufgrund des Einsatzes moderner Informations- und Kommunikationstechnologie nicht zu einem Grenzübertritt des Erbringers oder Empfängers kommt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Allerdings bestehen nach geltendem Recht keine Beeinträchtigungen der vorgenannten Freiheiten. Weder sind in Deutschland ansässige Handelsteilnehmer gehindert, in anderen Mitgliedstaaten Börsendienstleistungen in Anspruch zu nehmen, noch ist es in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Handelsteilnehmern verwehrt, sich in Deutschland Börsendienstleistungen erbringen zu lassen. Insbesondere sind auch die Börsen nicht gehindert, ihre Dienstleistungen im Wege der so genannten remote membership anzubieten. Das Börsengesetz und das WpHG stehen insoweit in Einklang mit den Vorgaben der Art. 33 und Art. 42 Abs. 5 und 6 der MiFID.302 So setzt etwa § 19 Abs. 10 BörsG Bestimmungen der MiFID zur remote membership in mitgliedstaatliches Recht um.303 Auch der im vierten Kapitel der vorliegenden Untersuchung zu entwickelnde Entwurf einer privatrechtlich verfassten Börse wird nicht mit Beeinträchtigungen der Dienstleistungsfreiheit einhergehen.

Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 49, 50 EGV Rdn. 13. Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 49, 50 EGV Rdn. 3, 27. 302 Ähnliche Vorgaben enthielt auch bereits Art. 15 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 1993 (Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27). 303 Regierungsentwurf zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 85. Nach Art. 42 Abs. 6 der MiFID hat der geregelte Markt (dem Herkunftsstaatsprinzip folgend) seiner Heimatbehörde mitzuteilen, in welchem Mitgliedstaat er beabsichtigt, der Fernmitgliedschaft dienende Systeme bereitzustellen (ungesetzt in § 19 Abs. 10 BörsG). Die bisherige spiegelbildliche Regelung des § 37m WpHG, nach welcher ausländische Börsen im Falle einer Zugangsgewährung zugunsten inländischer Handelsteilnehmer eine Anzeige gegenüber der BaFin vornehmen mussten, widersprach Art. 42 Abs. 6 der MiFID und wurde durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz aufgehoben (siehe Regierungsentwurf zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 78). 300 301

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c) Kapitalverkehrsfreiheit Die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV304) umfasst jede die Grenzen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft überschreitende Übertragung von Geldoder Sachkapital, die primär zu Anlagezwecken erfolgt.305 Die im Anhang I der Kapitalverkehrsrichtlinie306 aufgeführten Kapitalverkehrsvorgänge haben Hinweischarakter für die Definition des Begriffes Kapitalverkehr.307 Der Erwerb von an der Börse gehandelten Wertpapieren und die Zulassung von Wertpapieren werden im Anhang I der Kapitalverkehrsrichtlinie erwähnt (III. A. und B.). Zudem unterfällt auch die Abwicklung von Wertpapiergeschäften der Kapitalverkehrsfreiheit. Eine Beschränkung dieser Vorgänge durch die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung findet allerdings nicht statt.308 Auch hinsichtlich einer privatrechtlichen Börsenverfassung de lege ferenda ist eine Beschränkung grundsätzlich nicht ersichtlich. Der vorgenannte Befund ist indes unter einem Gesichtspunkt einzuschränken: Die im Rahmen der Niederlassungsfreiheit behandelten Maßnahmen309, die eine Hinausverlagerung von Märkten zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verhindern suchen, könnten zugleich eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit mit sich bringen. Dies ist dann der Fall, wenn solche Maßnahmen ihren Anknüpfungspunkt in der Anteilseignerkontrolle310 (gegenwärtig § 6 BörsG) finden.311 Indes wird es in Bezug auf die Kapitalverkehrsfreiheit letztlich gleichermaßen darauf ankommen, ob zwingende Gründe des Allgemeininteresses geeignet sind, eine Beschränkung zu rechtfertigen. Eine Rechtfertigung ist nach Maßgabe der im Rahmen der Niederlassungsfreiheit dargelegten Kriterien möglich. 2. Kartellrecht Des Weiteren bedürfen die kartellrechtlichen Vorschriften des EGV einer Erörterung. Das staatliche Ausschließlichkeitsrecht312, welches mit der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung einhergeht, könnte einen Verstoß gegen die Art. 81 ff. EGV313 begründen. Allerdings ist fraglich, ob ein Mitgliedstaat überhaupt NormAuf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 63 Abs. 1 AEUV. Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 56 EGV Rdn. 8; vgl. auch Kiemel, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 56 EGV Rdn. 1. 306 Richtlinie 88 / 361 / EWG vom 24. 6. 1988, ABl. EG Nr. L 178 vom 8. 7. 1988, 5. 307 Bröhmer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 56 EGV Rdn. 12. 308 Vertiefend Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 152 f. 309 Hierzu 3. Kapitel D. I. 1. a) bb). 310 Zur Ausgestaltung der Anteilseignerkontrolle de lege ferenda 4. Kapitel H. II. 2. b). 311 Vgl. Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 346. 312 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 153. 313 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 101 ff. AEUV. 304 305

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adressat der kartellrechtlichen Vorschriften des EGV ist. Eine Anwendbarkeit kommt aufgrund von Art. 86 Abs. 1 EGV314 in Betracht, welcher auch Mitgliedstaaten auf diese Vorschriften verpflichtet. Gemäß dieser Bestimmung sind die Mitgliedstaaten in Bezug auf öffentliche Unternehmen sowie auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, an die Vorschriften des EGV und insbesondere an die kartellrechtlichen Bestimmungen der Art. 81 ff. EGV gebunden. Öffentliche Unternehmen sind solche, auf deren Geschäftsführung die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar einen bestimmenden Einfluss ausüben kann.315 Ob dies bei den Börsen der Fall ist, kann jedoch dahinstehen, denn jedenfalls sind ihnen wie auch den Börsenträgern ausschließliche Rechte im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV verliehen316: Aufgrund des Erfordernisses der öffentlichen Beleihung der Börsenträger und der Errichtung der Börsen als Anstalten des öffentlichen Rechts bleibt das Erbringen börslicher Dienstleistungen diesen unter Ausschluss von Wettbewerbern vorbehalten. Es kommt ein Verstoß gegen die kartellrechtlichen Vorschriften des EGV durch einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung entgegen Art. 82 EGV317 in Betracht. Bereits aus den Bestimmungen des Börsengesetzes selbst könnte sich ein solcher mitgliedstaatlicher Verstoß ergeben. Indes genügt die bloße Einräumung einer marktbeherrschenden Stellung nicht, um einen derartigen Verstoß zu begründen.318 Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt ein mitgliedstaatlicher Verstoß nur dann vor, wenn entweder (1.) das betroffene Unternehmen bereits durch die bloße Ausübung der Rechte seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt oder (2.) durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der dieses Unternehmen einen solchen Missbrauch begeht.319 Während die zweite Variante in der deutschen Fassung der jeweiligen Urteilspassagen keine rechte Handhabung erlaubt, gewährt der Blick auf andere sprachliche Fassungen ein klareres Verständnis der zweiten Variante: Ein Verstoß setzt hiernach voraus, dass die Rechtslage geeignet ist, einen Missbrauch zu begünstigen.320 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 106 Abs. 1 AEUV. Jung, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 13. 316 Vgl. zu den Kriterien Jung, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 16. 317 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 102 AEUV. 318 EuGH, Rs. C-203 / 96 (Dusseldorp), Slg. 1998, I-4075, 4130 f.; Jung, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 32; Koenig / Kühling, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 26. 319 EuGH, Rs. C-163 / 96 (Silvano Raso), Slg. 1998, I-533, 579; EuGH, Rs. C-266 / 96 (Corsica Ferries France), Slg. 1998, I-3949, 3995; EuGH, Rs. C-180 / 98 (Pavel Pavlov), Slg. 2000, I-6451, 6533 f.; vgl. auch Jung, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 32; Koenig / Kühling, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 86 EGV Rdn. 26. 320 Eindeutig in diese Richtung die englische Fassung der bezeichneten Urteilspassagen „or if such rights are liable to create a situation in which that undertaking is led to commit such abuses“, ebenfalls die französische Fassung „ou lorsque ces droits sont susceptibles de créer une situation dans laquelle cette entreprise est amenée à commettre de tels abus“. Ähn314 315

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In der bloßen Ausübung der eingeräumten Befugnisse liegt jedenfalls nicht ohne weiteres ein missbräuchliches Ausnutzen der marktbeherrschenden Stellung, das sich gemäß Art. 82 Abs. 2 EGV321 etwa in der Erzwingung einer unangemessenen Gebührenstruktur, einer Einschränkung der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher oder einer Anwendung unterschiedlicher Bedingungen gegenüber verschiedenen Handelspartnern bei gleichwertiger Leistung äußern kann. Es müssten weitere Umstände hinzukommen, welche in den Bestimmungen des Börsengesetzes nicht angelegt sind. Auch ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Bestimmungen geeignet wären, einen Verstoß der Börsen oder Börsenträger gegen Art. 82 EGV zu begünstigen. Ein Verstoß gegen Art. 82 EGV liegt daher nicht vor. Art. 81 Abs. 1 EGV322, der wiederum über Art. 86 Abs. 1 EGV323 zu beachten ist, untersagt insbesondere wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen. Durch das Börsengesetz selbst werden derartige Vorgehensweisen jedoch nicht befördert. Ein mitgliedstaatlicher Verstoß gegen die kartellrechtlichen Vorschriften des EGV liegt somit nicht vor.324

II. Sekundärrecht 1. Regelungskonzepte Im Verlaufe der sekundärrechtlichen Normgebung im Bereich des Kapitalmarktrechts wurden verschiedene Ansätze verfolgt.325 Ab den sechziger Jahren wurde zunächst die Integration des Primärmarktes im Wege einer Harmonisierung des Gesellschaftsrechts betrieben. Nachdem deutlich geworden war, dass dieser Ansatz, jedenfalls für sich genommen, wenig erfolgreich ist, entschied man sich ab den achtziger Jahren für ein genuin kapitalmarktrechtliches, auf eine Mindestharmonisierung angelegtes Regelungskonzept.326 Obschon dieser letztgenannte Ansatz grundsätzlich weiterhin verfolgt wird, wurden inzwischen auf einzelnen Regelungsfeldern, etwa demjenigen der Verhaltenspflichten für Wertpapierfirmen gemäß der MiFID327, Anstrengungen unternomlich auch die spanische Fassung „o cuando esos derechos puedan crear una situación en la que dicha empresa sea inducida a cometer tales abusos“. 321 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 102 Abs. 2 AEUV. 322 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 101 Abs. 1 AEUV. 323 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 106 Abs. 1 AEUV. 324 Ebenso Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 153 ff. 325 Hierzu bereits 2. Kapitel A. I. 4. a). 326 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 19 f.; vgl. auch Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 5 f.; Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 45 f.; Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1497 f. 327 Richtlinie 2004 / 39 / EG vom 21. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 145 vom 30. 4. 2004, 1.

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men, eine Vollharmonisierung zu erreichen.328 Allerdings sind bei der Verwirklichung derartiger Regelungskonzepte Vorgaben des Primärrechts, insbesondere das Subsidiaritätsprinzip, das in Erwägungsgrund 12 des Vertrages über die Europäische Union329 (EUV), in Art. 2 Abs. 2 EUV330 sowie in Art. 5 Abs. 2 EGV331 festgeschrieben ist, zu beachten.332 Nach dieser Kompetenzausübungsregel darf die Gemeinschaft ihre Kompetenzen nur wahrnehmen, sofern und soweit die Ziele der in Betracht kommenden Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können.333 Bestrebungen einer Vollharmonisierung müssen sich also am Subsidiaritätsprinzip messen lassen. Entstand auf europäischer Ebene in den letzten Jahren eine Vielzahl kapitalmarktrechtlicher, auf den Sekundärmarkt bezogener Regelungen, so ist indes eine Beobachtung zu machen: Gegenstand dieser sekundärrechtlichen Regelungen war bis in die jüngste Zeit weit überwiegend das Markttransaktionsrecht, welches den Handel in Kapitalmarktprodukten und die Rechte und Pflichten der Handelsteilnehmer regelt, das Marktorganisationsrecht hingegen, das sich mit der Organisation der Marktbetreiber befasst, lediglich in geringem Umfang.334 So war etwa mit der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 335 aus dem Jahre 1993 beabsichtigt, die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit der Wertpapierfirmen zu befördern; Bestimmungen bezüglich geregelter Märkte hingegen enthielt sie lediglich zur Verfolgung dieses Ziels.336 Einen erkennbar darüber hinausgehenden Ansatz wählt nun allerdings die im Rahmen des Aktionsplan für Finanzdienstleistungen337 (Financial Services Action Plan, FSAP) ergangene MiFID aus dem Jahre 2004.338 Diese legt in ihrem Titel III (Art. 36 bis 47) umfangreiche Vorgaben bezüglich geregelter Märkte fest und verfolgt darüber hinaus auch erstmals ein Regelungskonzept hinsichtlich alternativer Handelssysteme.339 328 So auch Weichert / Wenninger, WM 2007, 627, 628; vgl. auch Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 87; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 32. 329 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Erwägungsgrund 13 des EUV. 330 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon vgl. Art. 5 Abs. 1 und 3 EUV. 331 Mit dem Vertrag von Lissabon ist beabsichtigt, Art. 5 EGV aufzuheben und das Subsidiaritätsprinzip in Art. 5 EUV zu verankern (vgl. Art. 5 Abs. 3 EUV auf Grundlage des Vertrages von Lissabon). 332 Vgl. Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 4. 333 Zuleeg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. I, Art. 5 EGV Rdn. 26 f. 334 Ähnlich Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 95 f.; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 84. 335 Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 336 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 138 f., 141; Potthoff / Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage 3, 3, 6; Schwark, WM 1997, 293, 294, 297 f. 337 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999. 338 In diese Richtung auch Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 96.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

2. Regelungen für Marktakteure und Märkte Im Folgenden sollen sekundärrechtliche Regelungen340 betrachtet werden, welche für die Organisation von Marktbetreibern entweder unmittelbar oder auch lediglich im Wege eines Regelungsreflexes von Relevanz sind. Es ist mit der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 1993 zu beginnen. Fortzusetzen ist die Betrachtung mit der MiFID von 2004, die die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ablöste und deren konzeptionelle Grundlage in dem FSAP von 1999 zu finden ist. Für einen weiteren Ausblick ist zudem auf das „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010“341 einzugehen. a) Wertpapierdienstleistungsrichtlinie aa) Wertpapierfirmen Wie bereits festgestellt, war mit der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie beabsichtigt, Wertpapierfirmen die Inanspruchnahme der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit zu erleichtern (siehe Erwägungsgrund 1 der Richtlinie). Zu diesem Zweck enthält sie in Titel II Bestimmungen über die Zulassung von Wertpapierfirmen (Art. 3 ff. der Richtlinie) und in Titel IV Bestimmungen hinsichtlich der Ausübung der Tätigkeit342 (Art. 8 ff. der Richtlinie). Diese Vorgaben der Richtlinie sind auf eine Mindestharmonisierung angelegt.343 Darauf aufbauend beinhaltet sodann der Titel V spezifische Regelungen über die freie Niederlassung und den freien Dienstleistungsverkehr. Insbesondere sind Wertpapierfirmen, die in ihrem Herkunftsstaat zugelassen wurden, gemäß Art. 14 Abs. 1 und 2 der Richtlinie befugt, in anderen Mitgliedstaaten ohne erneutes Zulassungsverfahren durch Errichtung einer Zweigniederlassung oder im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung tätig zu werden (so genannter Europapass).344 339 Kritisch Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 16, der der Auffassung ist, multilaterale Handelssysteme seien für eine europäische Harmonisierung noch nicht reif gewesen. Zudem seien in Bezug auf geregelte Märkte weniger umfassende Regelungen wünschenswert, welche auf eine Reduzierung der Transaktionskosten fokussiert sind. 340 Zu einer umfassenderen Aufstellung sekundärrechtlicher Vorgaben im Bereich des Kapitalmarktrechtes siehe 2. Kapitel B. I. 341 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005. 342 Hierzu Cruickshank, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 131 f.; Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 4 ff.; Tison, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 66 ff.; Warren, European Securities Regulation, S. 126 f. 343 Tison, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 80. 344 Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 94; Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 6.

D. Europarechtliche Vorgaben

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bb) Geregelte Märkte Die Organisation der Wertpapiermärkte hingegen ist nur als Reflex des zuvor genannten Regelungszieles Gegenstand der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie.345 Diesbezügliche Bestimmungen, die an den Begriff des geregelten Marktes nach Art. 1 Nr. 13 der Richtlinie anknüpfen, verfolgen primär das Ziel, den Zugang der Wertpapierfirmen zu den Märkten zu gewährleisten.346 Gemäß Art. 15 Abs. 3 und 4 der Richtlinie kann der Zugang einer Wertpapierfirma zu einem geregelten Markt über eine Tochtergesellschaft, eine Zweigniederlassung oder in grenzüberschreitender Weise erfolgen.347 Den geregelten Märkten wird in Art. 15 Abs. 4 S. 2 der Richtlinie die Befugnis eingeräumt, in anderen Mitgliedstaaten Vorkehrungen für die so genannte remote membership von Wertpapierfirmen zu treffen.348 Diese Regelung, auch als „kleiner Europapass“ bezeichnet, wurde jedoch mitnichten aufgenommen, um die Grundfreiheiten der Marktbetreiber zu gewährleisten.349 Die Richtlinie hat die Börsen nicht um ihrer selbst willen, sondern lediglich als Märkte für die Wertpapierfirmen im Blick. Hinsichtlich der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit der Marktbetreiber enthält sie keine Regelungen – etwa im Sinne eines echten Europapasses, also einer nach dem Herkunftsstaatsprinzip erfolgenden Zulassung und daran anknüpfend der Befugnis, in einem vereinfachten Verfahren grenzüberschreitend oder über eine Zweigniederlassung tätig werden zu können.350 Insgesamt trifft die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie in Bezug auf die geregelten Märkte nur in geringem Umfang Bestimmungen, die über den Gegenstand der Eröffnung des Zugangs für Marktteilnehmer hinausgehen. Zu nennen sind noch die Transparenzpflichten 351 gemäß Art. 21 der Richtlinie, die jedoch ebenfalls nicht dem Börsenorganisationsrecht im engeren Sinne zuzuordnen sind.

b) Aktionsplan und Finanzmarktrichtlinie Mit dem FSAP entwarf die EU-Kommission im Jahre 1999 das Ziel der Schaffung eines integrierten europäischen Finanzmarktes bis zum Jahre 2005.352 Da das Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 141. Vgl. Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 4; Potthoff / Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage 3, 3, 6; Schwark, WM 1997, 293, 294, 297 f. 347 Warren, European Securities Regulation, S. 127 ff. 348 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 320 f.; Schwark, WM 1997, 293, 298; Warren, European Securities Regulation, S. 128 f. 349 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 103 f. m. w. N.; vgl. auch Wittich, WM 1999, 1613. 350 Zum Konzept des Europapasses Ferran, Building an EU Securities Market, S. 3 f. 351 Hierzu Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 323. 352 Schmolke, NZG 2005, 912; Seitz, BKR 2002, 340; zum FSAP zudem Ferran, Building an EU Securities Market, S. 1 ff.; Moloney, EC Securities Regulation, S. 25 ff. 345 346

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

anwendbare Rechtsetzungsverfahren, das Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EGV353, in seiner bisherigen Ausgestaltung für die Durchführung aller Einzelmaßnahmen als zu schwerfällig erachtet wurde354, führte man das Komitologieverfahren ein, ein vierstufiges Verfahren, nach welchem die jeweiligen Richtlinien und Verordnungen der ersten Stufe nur die Grundentscheidungen vorgeben und eine Ausfüllung dieses Rahmens in den weiteren Stufen erfolgt.355 Bis zum Jahre 2004 kamen auf diese Weise insbesondere die vier maßgeblichen Richtlinien zur Umsetzung des FSAP, nämlich die Marktmissbrauchsrichtlinie356, die Prospektrichtlinie357, die Finanzmarktrichtlinie 358 (MiFID) sowie die Transparenzrichtlinie 359, zustande.360 Für den hier zu erörternden Regelungsgegenstand ist insbesondere die MiFID von erheblicher Bedeutung. Die MiFID, die auf der zweiten Stufe des Komitologieverfahrens von einer Durchführungsrichtlinie361 und einer Durchführungsverordnung362 ergänzt wird363, ersetzt die zuvor erörterte Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (Art. 69 der MiFID). In Bezug auf das Markttransaktionsrecht knüpft sie an die Regelungen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie an, enthält zudem aber auch erstmals umfangreiche Bestimmungen des Marktorganisationsrechts, die sich mit der Organisation der Betreiber börslicher und außerbörslicher Märkte befassen.364 Zu diesem Zweck wurden die Vorgaben sowohl für Wertpapierfirmen als auch für geregelte Märkte erheblich ausgeweitet. Es ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die MiFID gegenüber der Dienstleistungsrichtlinie365 die speziellere Regelung darstellt. Letztere findet in diesem Zusammenhang keine Anwendung, da Finanzdienstleistungen, insbesondere Wertpapierdienstleistungen, vom Anwendungsbereich der Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 294 AEUV. Vgl. die Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999, S. 16; Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 86; Seitz, BKR 2002, 340, 341. 355 Ferran, Building an EU Securities Market, S. 61; Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 9 ff.; Moloney, EC Securities Regulation, S. 30; Schmolke, NZG 2005, 912, 913 f.; Seitz, BKR 2002, 340, 341; ders., AG 2004, 497; Tison, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 97. 356 Richtlinie 2003 / 6 / EG vom 28. 1. 2003, ABl. EU Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 357 Richtlinie 2003 / 71 / EG vom 4. 11. 2003, ABl. EU Nr. L 345 vom 31. 12. 2003, 64. 358 Richtlinie 2004 / 39 / EG vom 21. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 145 vom 30. 4. 2004, 1. 359 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 vom 31. 12. 2004, 38. 360 Bröcker, in: Claussen (Hrsg.), Bank- und Börsenrecht, § 6 Rdn. 7. 361 Richtlinie 2006 / 73 / EG vom 10. 8. 2006, ABl. EU Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 26. 362 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EU Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 363 Fleischer, BKR 2006, 389, 391. 364 In diese Richtung Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 96; Fleischer, BKR 2006, 389, 391; Seitz, AG 2004, 497. 365 Richtlinie 2006 / 123 / EG vom 12. 12. 2006, ABl. EU Nr. L 376 vom 27. 12. 2006, 36. 353 354

D. Europarechtliche Vorgaben

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Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen sind (Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Dienstleistungsrichtlinie). Dieser Regelungsbereich soll dem im Rahmen des FSAP ergangenen Sekundärrecht vorbehalten bleiben (Erwägungsgrund 18 der Dienstleistungsrichtlinie). aa) Wertpapierfirmen In Titel II trifft die MiFID Bestimmungen über die Zulassung von Wertpapierfirmen und die Ausübung ihrer Tätigkeit (Art. 5 ff. der MiFID). In wesentlichen Teilen ist zunächst eine ähnliche Herangehensweise wie bereits in der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie zu erkennen. Es wird eine Vielzahl von Wohlverhaltenspflichten festgeschrieben366 (etwa in Art. 19 der MiFID), die allerdings über den durch die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie gesetzten Standard hinausgehen.367 Wie bisher sind die Wertpapierfirmen aufgrund der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit befugt, in anderen Mitgliedstaaten über eine Zweigniederlassung oder im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung tätig zu werden (Art. 6 Abs. 3, Art. 31 und 32 der MiFID). Auch steht ihnen der Zugang zu geregelten Märkten in anderen Mitgliedstaaten auf eben diese Weisen offen (Art. 33 und 42 Abs. 5 der MiFID). Neu ist, dass die MiFID auch umfangreiche Regelungen für alternative Handelssysteme enthält. Es sind multilaterale Handelssysteme (Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID) und systematische Internalisierer (Art. 4 Abs. 1 Nr. 7 der MiFID) zu unterscheiden.368 Bei Ersteren handelt es sich um Systeme mit Marktplatzfunktion, bei Letzteren um Kontrahentensysteme. Der Betrieb eines multilateralen Handelssystems fällt unter den Begriff der Wertpapierdienstleistungen, so dass Betreiber multilateraler Handelssysteme nun Wertpapierfirmen im Sinne der Richtlinie sind (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Anhang I Abschnitt A Nr. 8 der MiFID). Damit sind zum einen die allgemeinen Vorgaben für Wertpapierfirmen zu beachten, zum anderen trifft die MiFID weitere spezielle Regelungen für multilaterale Handelssysteme.369 So legt Art. 14 der MiFID besondere organisatorische Anforderungen fest, die Art. 29 und 30 der MiFID enthalten Vorhandels- und Nachhandels-Transparenzpflichten für multilaterale Handelssysteme.370 Ähnlich ist dies bei systematischen Internalisierern. Bei diesen handelt es sich aufgrund des Betreibens des Eigenhandels ebenfalls um Wertpapierfirmen (Art. 4 Abs. 1 Nr. 7, Anhang I Abschnitt A Nr. 3 der MiFID), für die die allgemeinen und zusätzliche besondere Bestimmungen gelten. So sind sie etwa hinsichtlich der Nachhandels-Transparenz Hierzu Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 17 ff. Weichert / Wenninger, WM 2007, 627. 368 Fleischer, BKR 2006, 389, 393; Hirschberg, AG 2006, 398, 400 f.; Seitz, AG 2004, 497, 498 ff.; Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1754 ff. 369 Fleischer, BKR 2006, 389, 393. 370 Seitz, AG 2004, 497, 501, 503 f.; Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1755. 366 367

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

an die allgemeine Regelung des Art. 28 der MiFID gebunden, während Art. 27 der MiFID eine besondere Verpflichtung systematischer Internalisierer zur Veröffentlichung verbindlicher Kursofferten festschreibt.371 Wichtig ist, dass sowohl multilaterale Handelssysteme als auch systematische Internalisierer auf Grundlage ihrer Zulassung als Wertpapierfirmen befugt sind, im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung oder über eine Zweigniederlassung in anderen Mitgliedstaaten unter weitgehender Anwendung des Herkunftsstaatsprinzips tätig zu werden.372 Diese Regelung, die auch als Europapass bezeichnet wird, ist den Art. 6 Abs. 3, Art. 31 und 32 der MiFID zu entnehmen. bb) Geregelte Märkte Ein weiterer wesentlicher Unterschied der MiFID zur Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ist, dass sich die MiFID den geregelten Märkten nicht lediglich im Wege eines Regelungsreflexes zuwendet. Vielmehr trifft Titel III der MiFID umfangreiche Regelungen bezüglich geregelter Märkte.373 Art. 36 der MiFID enthält Bestimmungen über die Zulassung von Systemen als geregelte Märkte und – von besonderer Relevanz für die deutsche Börsenverfassung – erwähnt in Abs. 1 S. 3 die Möglichkeit eines Dualismus von Markt und Marktbetreiber und erkennt einen solchen Dualismus somit an. Weitere Regelungen widmen sich der Leitung und der Organisation geregelter Märkte (Art. 37 und 39 der MiFID).374 Ebenfalls von Bedeutung ist der Art. 38 Abs. 3 der MiFID, der eine Anteilseignerkontrolle unter Gesichtspunkten des Marktfunktionsschutzes („solide und umsichtige Verwaltung“) vorsieht. Mit der Zulassung von Finanzinstrumenten und Handelsteilnehmern befassen sich die Art. 40 und 42 der MiFID. In Bezug auf die Fernmitgliedschaft von Handelsteilnehmern, die remote membership, räumt Art. 42 Abs. 6 S. 1 der MiFID geregelten Märkten die Befugnis ein, in anderen Mitgliedstaaten angemessene Systeme bereitzustellen. Die Regelung des Art. 42 Abs. 6 der MiFID folgt hinsichtlich der aufsichtsbehördlichen Zuständigkeit dem Herkunftsstaatsprinzip: Ein geregelter Markt hat seiner Heimatbehörde die Absicht anzuzeigen, dass er beabsichtigt, in einem anderen Mitgliedstaat der Fernmitgliedschaft dienende Systeme bereitzustellen.375 Bei dieser Befugnis zur Bereitstellung der Systeme in anderen Mit371 Vertiefend Hirschberg, AG 2006, 398, 404 f.; Seitz, AG 2004, 497, 503 f.; im Übrigen sind zur Vor- und Nachhandels-Transparenz insbesondere die Bestimmungen der Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 (Durchführungsverordnung zur MiFID) zu beachten. 372 Hierzu Seitz, AG 2004, 497, 504. 373 In Deutschland erfüllt das nach dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz einzig verbleibende gesetzliche Börsensegment des regulierten Marktes (§§ 32 ff. BörsG) die Anforderungen an einen geregelten Markt im Sinne der MiFID. 374 Seitz, AG 2004, 497, 501.

D. Europarechtliche Vorgaben

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gliedstaaten handelt es sich erneut um den so genannten „kleinen Europapass“, den bereits die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie vorsah.376 Ferner ist zu erwähnen, dass die Art. 44 f. der MiFID Vorhandels- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für geregelte Märkte festlegen.377

c) Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik Einen Ausblick auf die weiteren sekundärrechtlichen Entwicklungen ermöglicht das im Jahre 2005 von der EU-Kommission veröffentlichte „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010“.378 Dieses knüpft an ein entsprechendes Grünbuch379 der Kommission an, das die Ergebnisse eines öffentlichen Konsultationsprozesses berücksichtigte und einen weiteren Konsultationsprozess in Gang setzen sollte. In dem Weißbuch stellt die Kommission die Prioritäten im Bereich der Finanzdienstleistungspolitik bis zum Jahre 2010 dar. Das Weißbuch sieht nach den zahlreichen Regulierungsvorhaben der vergangenen Jahre nun einen Konsolidierungsprozess vor.380 Es bezeichnet eine „dynamische Konsolidierung“ der Fortschritte als das nun zu verfolgende „Leitmotiv“.381 Eine Ex-post-Bewertung des FSAP soll eine wesentliche Priorität der Kommission für den bezeichneten Zeitraum darstellen.382 Zwar benennt das Weißbuch in gewissem Umfang auch aktuelle und künftige Rechtsetzungsinitiativen383, diese sind für die vorliegende Untersuchung jedoch nicht von besonderem Interesse.

375 Dieses Erfordernis wurde in § 19 Abs. 10 BörsG umgesetzt (Regierungsentwurf zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 85). Mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz aufgehoben wurde hingegen die spiegelbildliche Regelung des § 37m WpHG, die für den Fall einer Fernmitgliedschaft zugunsten inländischer Handelsteilnehmer eine Anzeigepflicht der ausländischen Börse gegenüber der BaFin vorsah (vgl. Regierungsentwurf zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 78). 376 Ähnlich Seitz, AG 2004, 497, 504 f.; zu der bisherigen Regelung in der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie Schwark, WM 1997, 293, 298. 377 Siehe hierzu Duve / Keller, BB 2006, 2537, 2538; Hirschberg, AG 2006, 398, 404 f. 378 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005. 379 Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005 – 2010), KOM (2005) 177 vom 3. 5. 2005. 380 Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 86, 97; Foelsch, BKR 2007, 94, 101. 381 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005, S. 4. 382 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005, S. 7. 383 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005, S. 14 ff.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

E. Ausgestaltung der britischen und französischen Kapitalmärkte Im Folgenden soll die rechtliche Ausgestaltung bedeutender europäischer Kapitalmärkte, nämlich des Vereinigten Königreichs und Frankreichs, untersucht werden. Eine Auseinandersetzung mit dem Börsen- und Kapitalmarktrecht anderer Rechtsordnungen verspricht die Erlangung wertvoller Erkenntnisse, welche in die Erarbeitung des Entwurfs einer privatrechtlichen Börsenverfassung für die Bundesrepublik einfließen können. Die Betrachtung der Rechtsordnungen dieser europäischen Staaten birgt zudem den Vorteil, dass diese als Mitgliedstaaten der EU denselben europarechtlichen Vorgaben unterliegen, die auch der Gesetzgeber des deutschen Börsen- und Kapitalmarktrechtes zu beachten hat. Eine Übertragung dortiger rechtlicher Gestaltungen auf die deutsche Rechtsordnung sollte daher unter dem Gesichtspunkt der Europarechtskonformität ohne weiteres möglich sein. Die nachfolgenden Betrachtungen haben die Grundzüge des Kapitalmarktrechts der beiden Staaten einschließlich seiner systematischen Verortung im jeweiligen Wirtschaftsrecht zum Gegenstand, werden sich allerdings schwerpunktmäßig mit der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung des Börsenwesens befassen. Da die Börsen im Vereinigten Königreich und in Frankreich – wie in der ganz überwiegenden Mehrzahl384 der Länder – privatrechtlich verfasst sind, sollen die folgenden Ausführungen insbesondere zeigen, in welcher Weise es dort gelingt, den Zielen, die in Deutschland mit der öffentlich-rechtlichen Börse verfolgt werden, auf andere Weise, insbesondere durch Regulierung und Aufsicht, gerecht zu werden.

I. Grundzüge des britischen Kapitalmarktrechts 1. Regelungssystematik Im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland befinden sich die wesentlichen kapitalmarktgesetzlichen Bestimmungen in dem Financial Services and Markets Act 2000 (FSMA).385 Allerdings gehen die Regelungsfelder des FSMA bei weitem über den kapitalmarktrechtlichen Bereich hinaus. Es handelt sich bei dem FSMA um eine umfassende Kodifikation, die 30 Abschnitte (Parts), 433 Paragraphen (Sections) sowie 22 ergänzende Anhänge (Schedules) umfasst. Die Regelungsfelder des FSMA erstrecken sich vom Börsen- und Kapitalmarktrecht über das Recht der Banken, Wertpapierdienstleister und Investmentfonds bis hin zum 384 Claussen, ZBB 2000, 1, 3; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 401; vgl. auch Wastl, WM 1999, 620, 625 f. (Fn. 49). 385 Zum Gesetzgebungsverfahren und wesentlichen Regelungen des FSMA MacNeil, Modern Law Review Vol. 62 (1999), 725; Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 484 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 28 f.; Ryder, Business Law Review 2000, 62; ders., Business Law Review 2000, 253.

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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Versicherungsrecht, um nur die wichtigsten Bereiche zu nennen.386 Die Anerkennung von Börsen und deren Beaufsichtigung hat Part XVIII (Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses) zum Gegenstand. Trotz seines erheblichen Umfangs – oder aber eben gerade wegen des äußerst weiten Ansatzes – enthält der FSMA indes keine abschließenden Regelungen auf den behandelten Gebieten, sondern bedarf vielmehr ergänzender Bestimmungen.387 So weist der FSMA etwa dem Finanzministerium (Treasury) die Kompetenz zu, durch ergänzende Verordnung (Order) die regulierten Aktivitäten des Finanzdienstleistungsbereichs festzulegen (Sec. 22 (1) und (5), 426 und 428 (3) FSMA sowie Paragraph 25 des Schedule 2). In der daraufhin ergangenen Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) Order 2001388, welche von beiden Häusern des britischen Parlaments angenommen wurde, sind sodann (im Zusammenspiel mit den Regelungen des FSMA) die regulierten Aktivitäten definiert, welche grundsätzlich einer Genehmigung, der so genannten „Part IV permission“389 nach Sec. 31 (1) (a) FSMA, bedürfen.390 Mit Einschränkungen kann der Regelungsgehalt dieser Verordnung mit der Definition der erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen in § 1 Abs. 1 und 1a KWG verglichen werden. Zuvörderst obliegt es allerdings der Financial Services Authority (FSA), diejenigen Regelungen zu treffen, die den FSMA ausfüllen. Diese Befugnis ergibt sich insbesondere aus Sec. 2 (4) und Sec. 138 ff. FSMA (Rule-making Powers). Die von der FSA aufgestellten Normen und Grundsätze, die teilweise verbindliches Außenrecht, teilweise aber auch bloße guidance darstellen, werden von der FSA in dem FSA Handbook391 zusammengetragen.392 Das FSA Handbook deckt diejenigen Regelungsfelder ab, die auch der FSMA umfasst und ist ebenfalls von erheblichem Umfang. Auch ist ein wesentlicher Teil der Umsetzung der MiFID in den verbindlichen Außenrechtsnormen393 des FSA Handbook erfolgt.394 Ähnlich Cooper, EuZW 2003, 65. Binder, WM 2001, 2230, 2232. 388 Statutory Instrument 2001 No. 544: The Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) Order 2001; zuletzt geändert durch Statutory Instrument 2007 No. 3510: The Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) (Amendment) (No. 2) Order 2007. 389 Vertiefend Binder, WM 2001, 2230, 2233. 390 Siehe mit Verweis auf weitere Verordnungen Cooper, EuZW 2003, 65. 391 Abrufbar unter http: //fsahandbook.info/FSA/html/handbook/. 392 Binder, WM 2001, 2230, 2232 f.; ferner MacNeil, Modern Law Review Vol. 62 (1999), 725, 732 ff.; Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 485. 393 Zur Rechtsnatur von Umsetzungsmaßnahmen vgl. Schroeder, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EGV Rdn. 94. 394 Siehe Joint Implementation Plan for MiFID, HM Treasury and FSA, May 2006, S. 13, abrufbar unter http: //www.fsa.gov.uk/pubs/international/joint_mifid.pdf. 386 387

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Im Hinblick auf seine Regelungsmaterien kann man das FSA Handbook mit einer Zusammenstellung sämtlicher Rundschreiben, Merkblätter und sonstiger Veröffentlichen der BaFin vergleichen, freilich streng thematisch geordnet und nutzerfreundlich395 aufbereitet. Jedoch geht es darüber noch hinaus und hat gleichermaßen Regelungsbereiche zum Gegenstand, welche nach deutschem Recht durch Gesetz und Rechtsverordnung abgedeckt sind, so etwa die Regelungen zur Kundenklassifizierung (New Conduct of Business Sourcebook (COBS), COBS 3). Eine verbindliche Regelung dieser Bereiche kann in dem FSA Handbook aufgrund der Rule-making Power der FSA erfolgen, die dieser die Befugnis einräumt, verbindliches Außenrecht zu erlassen. Dem Bereich der börslichen Dienstleistungen widmet sich das FSA Handbook in dem Abschnitt Specialist Sourcebooks: Recognised Investment Exchanges and Recognized Clearing Houses (REC). Regelungen für multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer wurden in Umsetzung der MiFID in den Abschnitt Market Conduct (MAR) des FSA Handbook eingefügt.396 Weitere Bestimmungen etwa hinsichtlich der zum Handel zugelassenen Unternehmen und der Aufnahme von Wertpapieren in den Handel einer Börse enthalten Regelwerke, die von der jeweiligen Börse, etwa der London Stock Exchange, erlassen werden.397

2. Börsenverfassung am Beispiel der London Stock Exchange Die London Stock Exchange wurde im Jahre 2000 in eine public limited company, eine Kapitalgesellschaft nach britischem Recht, umgewandelt, welche seit 2001 selbst börsennotiert ist.398 Während die zum Handel zugelassenen Unternehmen (member firms) ursprünglich zugleich Anteilsinhaber der Börse waren, wurde diese bereits zuvor399 gelockerte Verknüpfung mit der Umwandlung in eine public limited company endgültig beseitigt.400 Damit hat die London Stock Exchange den in vielen Ländern zu beobachtenden Vorgang der Demutualisierung durchlaufen, also So mit Einschränkungen Cooper, EuZW 2003, 65. Markets (MiFID) Instrument 2007 (FSA 2007 / 13), 25 January 2007; abrufbar unter http: //fsahandbook.info/FSA/handbook/LI/2007/2007_13.pdf. 397 Vgl. Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 136 f.; siehe hierzu sogleich unter 3. und 5. 398 Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 90; siehe auch http: //www.londonstockexchange. com/en-gb/about/cooverview/history.htm. 399 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 21. 400 Siehe das London Stock Exchange Membership Application Form, undatiert, Abschnitt 11.1, welches klarstellt, dass die Mitgliedschaft nicht mit der Inhaberschaft von Eigentumsrechten an der LSE einhergeht, abrufbar unter http: //www.londonstockexchange. com/NR/rdonlyres/2CF7A918-721A-4F3D-A35D-084FD98FE5B3/0/10840_05_Membership ApplicationForm_SR.pdf. 395 396

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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den Übergang von einer verbandsmäßigen Struktur zu einer häufig selbst börsennotierten Kapitalgesellschaft mit breiter Eigentümerbasis.401 Eine gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Börse und Börsenträger wie auch eine öffentlich-rechtliche Börsenverfassung sind dem britischen Recht fremd. Die London Stock Exchange betreibt insbesondere den Main Market, einen geregelten Markt im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID, sowie den schwächer regulierten Alternative Investment Market (AIM)402, der als Einstiegssegment für kleinere wachstumsstarke Unternehmen konzipiert403 ist. Letzterer ist nicht als geregelter Markt im Sinne der MiFID einzuordnen404, sondern vielmehr als ein multilaterales Handelssystem gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID.

3. Zulassung zum Handel und Listing An der London Stock Exchange setzt die Teilnahme am Börsenhandel die Zulassung des Unternehmens als member firm durch die Börse voraus.405 Die Voraussetzungen einer Zulassung und die fortlaufenden Verhaltenspflichten der verschiedenen Kategorien der member firms werden in den Rules of the London Stock Exchange406 festgeschrieben. Darüber hinaus kann die Teilnahme am Börsenhandel eine regulierte Aktivität nach dem FSMA und dem Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) Order 2001 darstellen und insoweit einer Genehmigung durch die FSA nach Maßgabe dieser Vorschriften und der Bestimmungen des FSA Handbook bedürfen.407 Hierauf nimmt die Regel 1010 der Rules of the London Stock Exchange Bezug, indem sie verlangt, dass member firms über eine gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung verfügen oder anderweitig hinreichend reguliert sind. 401 Zu diesem Prozess siehe den Report der Internationalen Vereinigung des Wertpapieraufseher IOSCO: Regulatory Issues Arising From Exchange Evolution, Final Report, Technical Committee, November 2006, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/ IOSCOPD225.pdf; Di Noia, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 175 f.; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 240 f. 402 Kritisch in Bezug auf die schwach ausgeprägte Regulierung des AIM und die Risiken für Emittenten und Kleinanleger äußert sich Keasey, Journal of Financial Regulation and Compliance 2007, Issue 2: Editorial; ebensolche Kritik an dem AIM äußert Greifeld, der Vorstandsvorsitzende der konkurrierenden NASDAQ, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. 10. 2007, S. 25. 403 Ellger / Kalss, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 656. 404 FSA Consultation Paper 06 / 14, Implementing MiFID for Firms and Markets, July 2006, Abschnitt 16.5, S. 91, abrufbar unter http: //www.fsa.gov.uk/pubs/cp/cp06_14.pdf. 405 Zur Rechtsnatur des Verhältnisses zwischen der Börse und den Unternehmen siehe sogleich unter 5. 406 Rules of the London Stock Exchange, 26 January 2009. 407 Vgl. Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 486.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Für die Zulassung von Wertpapieren ist die FSA zuständig, die in diesem Zusammenhang als UK Listing Authority bezeichnet wird408 (FSA Handbook, Listing Rules (LR), LR 1.1). Das Zulassungsverfahren richtet sich nach Part VI des FSMA, den zugehörigen Schedules des FSMA sowie nach den Listing Rules des FSA Handbook.409 Eine wesentliche Bedeutung kommt in diesem Verfahren der Billigung und Veröffentlichung eines Prospektes zu, welcher als listing particulars (Sec. 79 ff. FSMA) respektive als prospectus (Sec. 84 ff. FSMA) bezeichnet wird.410 Allerdings ist etwa an der London Stock Exchange darüber hinaus auch eine Aufnahme der Wertpapieren in den Handel durch die Börse selbst gemäß der eigenen Admission and Disclosure Standards411 erforderlich.412 Emittenten haben daher sowohl den einmaligen und fortlaufenden Pflichten aufgrund der Listing Rules als auch denjenigen aufgrund der börslichen Standards nachzukommen.

4. Aufsicht durch die FSA Der im Jahre 2000 erlassene FSMA bestimmte die FSA zur Allfinanzaufsicht für die vom FSMA umfassten Regelungsbereiche413 und bildete damit den Schlussstein eines bereits etwa 20 Jahre währenden Prozesses einer Abkehr vom Prinzip der Selbstregulierung.414 Die FSA war 1997 aus dem bis zu diesem Zeitpunkt für die Aufsicht über den Wertpapierhandel zuständigen Securities and Investment Board (SIB) geschaffen worden und führte unter ihrem Dach insgesamt neun bisher unabhängig operierende Regulierungseinrichtungen zusammen.415 Durch den Bank of England Act 1998 wurden insbesondere auch die Aufgaben der Bankenaufsicht von der Bank of England auf die FSA übertragen.416 Bei der Gründung der BaFin im Jahr 2002 durch einen Zusammenschluss417 der Vorgängerbehörden der Banken-, Wertpapier- und Versicherungsaufsicht (BAKred, Ferran, Building an EU Securities Market, S. 252. Zum Zulassungsverfahren Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 486 f. 410 Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 92. 411 Admission and Disclosure Standards, LSE, 1 October 2008. 412 Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 93; Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 485. 413 Cooper, EuZW 2003, 65; Fleischer, RIW 2001, 817, 819; Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 483; allerdings hat sich die FSA mit der Bank of England abzustimmen, Binder, WM 2001, 2230, 2235 f. 414 Ähnlich Binder, WM 2001, 2230, 2232; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 249; Fleischer, RIW 2001, 817 f.; MacNeil, Modern Law Review Vol. 62 (1999), 725 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 26 ff. 415 Vgl. Binder, WM 2001, 2230, 2232; Geerlings, BKR 2003, 889, 891; zur Diskussion über das Aufsichtsmodell (noch vor Schaffung der FSA) Ellger / Kalss, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 726 ff. 416 Fleischer, RIW 2001, 817, 818; Ryder, Business Law Review 2000, 62. 408 409

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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BAWe und BAV) diente die FSA als Vorbild. Indes gehen die Kompetenzen der FSA erheblich über diejenigen der BaFin hinaus. In Deutschland blieben etwa sowohl die Börsenaufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörden als Landesbehörden als auch die Landesaufsicht über regionale Versicherungen bestehen.418 Bei der FSA handelt es sich um eine Company Limited by Guarantee und somit, was aus deutscher Sicht eher ungewöhnlich erscheinen mag, um eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, die öffentliche Aufsichtsaufgaben wahrnimmt.419 Mit der Ausgestaltung als privatrechtliche Institution wurde unter anderem das Ziel verfolgt, einen gar zu abrupten Bruch mit der bisherigen Praxis der Selbstregulierung zu vermeiden.420 Die Betrauung eines Privatrechtssubjektes mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben mittels besonderer, kraft Gesetzes eingeräumter Befugnisse, insbesondere der Rule-making Powers, kann noch am ehesten421 mit der Rechtsfigur der Beleihung nach deutschem Recht verglichen werden. Der FSMA trifft in Part I sowie in Schedule 1 Regelungen über die Wahrnehmung der Aufsicht durch die FSA. Vorangestellt werden durch Sec. 2 (2) FSMA umfassende Zielvorgaben, denen die FSA nachzukommen hat: Hiernach hat die FSA das Vertrauen in die Finanzmärkte, das öffentliche Verständnis für die Marktvorgänge422 und den Verbraucherschutz zu befördern sowie sich um die Bekämpfung von Finanzdelikten zu bemühen.423 Gemäß Paragraph 10 des Schedule 1 hat die FSA jährlich gegenüber dem Finanzministerium über ihre Tätigkeit Bericht zu erstatten.424 In Anbetracht der privatrechtlichen Verfassung der FSA legt Paragraph 13 des Schedule 1 fest, dass das Handeln der FSA nicht als für die Krone erfolgend anzusehen ist. Ferner enthält der FSMA in Sec. 102 FSMA und Paragraph 19 des Schedule 1 ein umfassendes Haftungsprivileg zugunsten der FSA und ihrer Mitarbeiter für 417 Durch das Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. 4. 2002, BGBl. I 1310. 418 Binder, WM 2001, 2230, 2238. 419 Fleischer, RIW 2001, 817, 819; Lomnicka, Financial Services and Markets Act, Rdn. 1-011; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 28; siehe auch Binder, WM 2001, 2230, 2232; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 20; Geerlings, BKR 2003, 889, 891; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 142; Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 483. 420 Ähnlich Geerlings, BKR 2003, 889, 891. 421 Die Befugnis zur öffentlich-rechtlichen Normsetzung kann allerdings nicht durch Beleihung eingeräumt werden, vgl. Baums / Segna, Börsenreform, S. 33, 47. 422 Vertiefend Devlin, Journal of Financial Regulation and Compliance 2003, 151. 423 Vertiefend Steward, Business Law Review 2001, 258; ferner Matthews / Narraway, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 483 f.; Ryder, Business Law Review 2001, 169, 170; kritisch ob dieser vielfältigen und möglicherweise miteinander konfligierenden Vorgaben Binder, WM 2001, 2230, 2236. 424 Sergeant, Journal of Financial Regulation and Compliance 2002, 329, 333.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

Fälle pflichtwidriger Aufgabenerfüllung beziehungsweise Nichterfüllung.425 Eine Haftung soll lediglich im Falle von „bad faith“, also arglistigem Verhalten, eintreten. Diese Regelung wurde aufgenommen, da der Gesetzgeber andernfalls eine Überregulierung durch FSA-Regeln befürchtete.426 Dieses Haftungsprivileg ähnelt demjenigen zugunsten der BaFin (§ 4 Abs. 4 FinDAG) und der Börsenaufsichtsbehörde (§ 3 Abs. 3 BörsG), wenn sich auch die deutschen und die britischen Bestimmungen hinsichtlich der Regelungstechnik und der beabsichtigten Wirkung unterscheiden: Während der deutsche Gesetzgeber die Aufgabenwahrnehmung durch die Aufsichtsbehörden auf ein Handeln im öffentlichen Interesse beschränkte427 und damit das Ziel verfolgte, Amtshaftungsansprüche auszuschließen428, beabsichtigte der britische Gesetzgeber gewissermaßen in umgekehrter Weise, durch die Aufnahme einer Haftungsprivilegierung zugunsten der FSA die Gefahr eines übertriebenen Regelungseifers einzudämmen. Ferner ist festzustellen, dass der FSA umfangreiche Rechtsetzungs-, Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse verliehen sind, auch als „immense powers“ oder sogar „draconian powers“ bezeichnet.429 Einer Kontrolle der mit solch umfangreichen Befugnissen ausgestatteten Aufsichtsbehörde dient daher neben der bereits erwähnten jährlichen Rechenschaftspflicht gegenüber dem Finanzministerium und der Einrichtung beratender Praktiker- und Verbraucher-Panels430 (Sec. 8 ff. FSMA) insbesondere die Befugnis des Finanzministeriums, die Aktivitäten der FSA zu überprüfen und unabhängige Ermittlungen durchzuführen (Sec. 12 ff. FSMA).431

5. Normgebung durch die FSA und die London Stock Exchange Es ist zu erörtern, auf welcher Grundlage die privatrechtlich verfasste Aufsichtsbehörde FSA und die gleichermaßen privatrechtlich ausgestaltete London Stock Exchange über die Befähigung zur Normgebung verfügen, sowie, auf welchem Wege jeweils eine Bindung der Normadressaten zustande kommt. Diese Fragen 425 Fleischer, RIW 2001, 817, 820; Geerlings, BKR 2003, 889, 892; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 29. 426 Fleischer, RIW 2001, 817, 820. 427 Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, BT-Drs. 14 / 7033, 34. 428 Häde, EuZW 2005, 39, 40; ferner Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 674. 429 Fleischer, RIW 2001, 817, 819; Ryder, Business Law Review 2000, 62, 63; ders., Business Law Review 2000, 253; ähnlich Binder, WM 2001, 2230, 2234; Cooper, EuZW 2003, 65; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 28; vgl. allerdings das Resümee von Parish, Journal of Financial Regulation and Compliance 2003, 146, 150, der die Ansicht vertritt, die FSA würde nicht wesentlich anders agieren als ihre Vorgängerbehörden. 430 Zur Beteiligung von Branchenvertretern und Verbraucherverbänden im Verwaltungsrat und Fachbeirat der BaFin siehe §§ 7 f. FinDAG. 431 Vgl. Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 28 f.

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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sind insbesondere mit Blick auf eine rein privatrechtliche deutsche Börsenverfassung de lege ferenda von Interesse. Der FSA wird in einer im weitesten Sinne mit der Beleihung nach deutschem Verständnis vergleichbaren, wenn auch über deren Möglichkeiten hinausgehenden432 Weise durch den FSMA die Befugnis zur Normgebung (Sec. 2 (4) und Sec. 138 ff. FSMA, Rule-making Powers) eingeräumt.433 Das Verfahren bei Erlass der bindenden rules sieht insbesondere vor, dass das Finanzministerium unverzüglich über diese in Kenntnis zu setzen ist (Sec. 152 (1) FSMA) und dass ein Diskussionsentwurf zu veröffentlichen ist, der eine Kosten-Nutzen-Analyse434 und eine Erläuterung der verfolgten Ziele enthält und der der Öffentlichkeit die Möglichkeit einräumt, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen (Sec. 155 (2) FSMA).435 Die Bindung der Normadressaten beruht auf der gesetzlich verliehenen Befugnis zur Normsetzung. Die autonome Normsetzung durch die Börsen ist im FSMA (Sec. 287 (2) FSMA) und im FSA Handbook (REC 2.14) geregelt. Die erstmalige Abfassung und die Veränderung der Regularien ist der FSA unverzüglich anzuzeigen (Sec. 287 (2), 293 (5) FSMA). Allerdings ist das Regelwerk nicht hoheitlicher, sondern rein privatrechtlicher Natur.436 Um ihren Regularien allgemeine Geltung gegenüber den betroffenen Kreisen zu verleihen, bedient sich die London Stock Exchange der Mittel des privaten Vertragsrechts. So enthält etwa das Antragsformular der London Stock Exchange, mit dem Unternehmen um die Zulassung als member firm nachsuchen können, unter Abschnitt 11.1 eine Klausel, nach welcher der Antragsteller zustimmt, an die Rules of the London Stock Exchange in ihrer jeweils gültigen Fassung gebunden zu sein.437

II. Grundzüge des französischen Kapitalmarktrechts 1. Regelungssystematik In Frankreich enthält der im Jahre 2000 geschaffene Code Monétaire et Financier438 die wesentlichen kapitalmarktgesetzlichen Bestimmungen, geht jedoch 432 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 203; vgl. auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 33, 47. 433 Vgl. Lomnicka, Financial Services and Markets Act, Rdn. 1 – 286; MacNeil, Modern Law Review Vol. 62 (1999), 725, 732. 434 MacNeil, Modern Law Review Vol. 62 (1999), 725, 735 f.; Sergeant, Journal of Financial Regulation and Compliance 2002, 329, 331. 435 Vgl. Binder, WM 2001, 2230, 2232 f., 2236. 436 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 22. 437 London Stock Exchange Membership Application Form, undatiert, abrufbar unter http: //www.londonstockexchange.com/NR/rdonlyres/2CF7A918-721A-4F3D-A35D-084FD 98FE5B3/0/10840_05_MembershipApplicationForm_SR.pdf.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

auch erheblich über diesen Regelungsbereich hinaus. Sein legislativer Abschnitt (partie législative) ist in sieben Bücher gegliedert, die die Bereiche Währung, Finanzprodukte, Finanzdienstleistungen, Märkte, Dienstleistungserbringer und Aufsicht sowie besondere Regeln für Überseegebiete zum Gegenstand haben. Im Jahr 2005 wurde der Code Monétaire et Financier um einen regulatorischen Abschnitt (partie réglementaire) erweitert.439 Dieser ist ebenso gegliedert wie der legislative Abschnitt und fasst verschiedene bereits bestehende, als Verordnung (décret en Conseil d’État beziehungsweise décret simple) ergangene Normen zusammen. Wesentliche Vorgaben der MiFID, etwa in Bezug auf geregelte Märkte, multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer, wurden 2007 in den Code Monétaire et Financier eingefügt. Neben dem Code Monétaire et Financier enthält der Code de Commerce440 einige Bestimmungen, die für die Kapitalmärkte von Bedeutung sind. So legen etwa die Art. L233-7 und L233-9 des Code de Commerce die Mitteilungspflichten beim Über- und Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte der Beteiligung an notierten Gesellschaften fest und setzen damit die Vorgaben der Art. 9 und 10 der Transparenzrichtlinie 441 um.442 Des Weiteren verleiht der Code Monétaire et Financier der Aufsichtsbehörde Autorité des Marchés Financiers (AMF) die Befugnis, zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein allgemeines Regelwerk, das règlement général, zu erlassen. Dieses bedarf einer Genehmigung durch den Wirtschaftsminister (Art. L621-6 (1) Code Monétaire et Financier). Erstmals im November 2004 veröffentlichte die AMF ein in dieser Weise zustande gekommenes règlement général, welches primär verschiedene von den Vorgängerbehörden der AMF, dem Conseil des Marchés Financiers (CMF) und der Commission des Opérations de Bourse (COB), erlassene Vorschriften zusammenfasst.443 In seinen sechs Büchern enthält das règlement général der

438 Verabschiedet durch die ordonnance n° 2000-1223 du 14 décembre 2000 relative à la partie législative du Code Monétaire et Financier (Journal Officiel de la République Française du 16 décembre 2000); hierzu Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 10; zu der Rechtsetzung mittels Rechtsverordnung aufgrund parlamentarischer Ermächtigung Licari / Bauerreis, ZEuP 2004, 132, 141. 439 Durch das décret n° 2005-1007 du 2 août 2005 relatif à la partie réglementaire du Code Monétaire et financier (Journal Officiel de la République Française du 25 août 2005); vgl. ferner Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 11. 440 Vertiefend zu dem im Jahr 2000 neu kodifizierten Code de Commerce Licari / Bauerreis, ZEuP 2004, 132, 146 ff. 441 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 vom 31. 12. 2004, 38. 442 Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 63. 443 Siehe die publication du règlement général de l’AMF, communiqué de presse, AMF, 24 novembre 2004, abrufbar unter http: //www.amf-france.org/documents/general/5612_1. pdf; ferner Austmann / Mennicke, NZG 2004, 846, 852 (Fn. 78); das règlement général in seiner aktuellen Fassung ist abrufbar unter http: //www.amf-france.org/affiche_plan.asp?Id Sec=4&IdRub=96&IdPlan=159&Id_Tab=0.

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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AMF umfangreiche Bestimmungen in Bezug auf Märkte, Emittenten und Intermediäre. Für die vorliegende Untersuchung ist das Buch V des règlement général von besonderem Interesse, welches die Marktinfrastruktur zum Gegenstand hat (Livre V – infrastructures de marché) und sich gemäß den Vorgaben der MiFID insbesondere mit geregelten Märkten, multilateralen Handelssystemen und systematischen Internalisierern befasst. Zudem kann die AMF an individuelle Adressaten gerichtete Entscheidungen (décisions) treffen sowie Anweisungen (instructions) und Empfehlungen (recommandations) in Bezug auf die Auslegung des règlement général veröffentlichen (Art. L621-6 (2) Code Monétaire et Financier). Weitere Bestimmungen insbesondere hinsichtlich der Zulassung von Unternehmen zum Börsenhandel und der Aufnahme von Wertpapieren in den Handel enthalten die Regelwerke der jeweiligen Börse. So sind bei der Euronext Paris die Règles de marché d’Euronext, Buch I und Buch II444 zu beachten. Während das Buch I die harmonisierten Regeln der Börsen unter dem Dach der Euronext N.V. zum Gegenstand hat, legt das Buch II die besonderen Bestimmungen fest, die in Bezug auf die Euronext Paris zu berücksichtigen sind.445

2. Börsenverfassung am Beispiel der Euronext Paris Im Jahre 2007 gelang der NYSE Group, Inc. die Übernahme der europäischen Mehrländerbörse Euronext N.V., unter deren Dach die Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon sowie der Terminmarkt LIFFE in London betrieben werden.446 Marktbetreiber der einzelnen Börsen sind jeweils Tochterunternehmen an dem betreffenden Börsenplatz, so der Pariser Börsenbetreiber Euronext Paris S.A. Aus der Übernahme der Euronext N.V. durch die NYSE Group, Inc. entstand die NYSE Euronext, Inc. mit Sitz in New York. Die Marktbetreiber des jeweiligen Börsenplatzes werden bei der vorzufindenden Holdingstruktur indes weiterhin unter dem Dach der Euronext N.V. tätig.447 Allerdings darf diese durch mehrere Übernahmen und Zusammenschlüsse bedingte Holdingstruktur nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vorgaben des französischen Rechts keine Trennung von Börse und Börsenträger vorsehen. Vielmehr gibt es Bestimmungen in Bezug auf den Marktbetreiber (entreprise de marché, wörtlich Marktunternehmen, Art. L421-2 Code Monétaire et Financier) 444 Règles de marché d’Euronext, Livre I: Règles harmonisées, date d’emission: 21 janvier 2009; Règles de marché d’Euronext, Livre II: Règles particulières applicables aux marchés réglementés français, date d’emission: 15 janvier 2009. 445 Vertiefend hierzu sogleich unter 2., 3. und 5. 446 Vgl. Kuls, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. 6. 2007, S. 28; Mohr, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. 10. 2007, S. 25. 447 Vgl. hierzu die Definition des Begriffes „Euronext“ unter Abschnitt 1.1 der Règles de marché d’Euronext, Livre I, 21 janvier 2009, abrufbar unter http: //www.euronext.com/ landing/regulation-12602-FR.html.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

und den Markt selbst, so etwa den geregelten Markt (marché réglementé, Art. L421-1 Code Monétaire et Financier), nicht jedoch in Bezug auf ein davon getrenntes Trägerunternehmen. Auch ist der Marktbetreiber nach französischem Recht rein privatrechtlich verfasst. Dies ist Art. L421-2 (1) Code Monétaire et Financier zu entnehmen, der festlegt, dass der Marktbetreiber als Handelsgesellschaft (société commerciale) ausgestaltet sein muss. Der Begriff der société commerciale umfasst verschiedene Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften des französischen Rechts (Art. L210-1 (2) Code de Commerce).448 Die Umwandlung der Pariser Börse in eine privatrechtliche Gesellschaft nahm der französische Gesetzgeber durch Gesetz von 1996, welches insbesondere der Umsetzung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie449 diente450, vor.451 Heute handelt es sich bei der Euronext Paris um eine société anonyme, also um eine Aktiengesellschaft nach französischem Recht.452 Seit 2005 betreibt die Euronext Paris S.A. anstelle der bisherigen Segmente des Premier Marché, des Second Marché und des Nouveau Marché nur noch einen geregelten Markt für Wertpapiere, den Marché Eurolist by Euronext.453 Allerdings ist der Marché Eurolist by Euronext in drei Teilbereiche untergliedert, das compartiment A, das Emittenten umfasst, deren Marktkapitalisierung eine Milliarde Euro übersteigt, das compartiment B für Emittenten mit einer Marktkapitalisierung zwischen 150 Millionen und einer Milliarde Euro und das compartiment C für Emittenten mit geringerer Marktkapitalisierung.454 Darüber hinaus betreibt die Euronext Paris S.A. seit 2005 insbesondere den Markt Alternext455, welcher sich an kleine und mittlere Unternehmen richtet. Bei Alternext handelt es sich nicht um einen geregelten Markt im Sinne von Art. L421-1 Code Monétaire et Financier, sondern um ein multilaterales Handelssystem gemäß Art. L424-1 Code Monétaire et Financier und Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der MiFID.456 Vertiefend Juglart / Ippolito, Cours de Droit Commercial, Rdn. 15, 70. Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 450 Demarigny, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 275, 278. 451 Durch das loi n° 96-597 du 2 juillet 1996 de modernisation des activités financières (Journal Officiel de la République Française du 4 juillet 1996); Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 53; Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1004, 1024 f.; ferner Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 55 (Fn. 35). 452 Vertiefend zur société anonyme Mestre / Jauffret, Droit Commercial, Rdn. 349 ff. 453 Bekanntgegeben durch die Euronext Paris Notice n° 2005-571 vom 8. 2. 2005, abrufbar unter http: //www.euronext.com/fic/000/010/875/108759.pdf. 454 Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 23. 455 Oelke, BKR 2006, 7, 9 f., vergleicht Alternext mit den Märkten AIM und Entry Standard. 456 Vgl. Abschnitt 1.1 der Alternext Rules, 7 May 2008, abrufbar unter http: //www.euro next.com/fic/000/033/680/336804.pdf; Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 26 f. 448 449

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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3. Zulassung zum Handel und Listing Die Teilnahme eines Unternehmens am Handel in einem geregelten Markt (marché réglementé) setzt die Zulassung als Mitglied (membre) des jeweiligen Marktes durch den Marktbetreiber voraus.457 Die Zulassung als Mitglied erfolgt gemäß dem Regelwerk des Marktes, das von dem Marktbetreiber festzulegen ist (Art. L421-10 (1) und L421-17 (1) Code Monétaire et Financier, Art. 513-1 des règlement général der AMF). So ist das für die Zulassung eines Unternehmens als Mitglied eines Marktes der Euronext Paris maßgebliche Regelwerk in Kapitel 2 der Règles de marché d’Euronext, Buch I458, enthalten. Zudem ist die Tätigkeit eines zum Handel zugelassenen Mitglieds regelmäßig als Wertpapierdienstleistung (service d’investissement) einzuordnen und bedarf gemäß Art. L532-1 (1) Code Monétaire et Financier einer entsprechenden Genehmigung durch das Comité des Établissements de Crédit et des Entreprises d’Investissement (CECEI).459 Gemäß Art. 513-2 (1) des règlement général der AMF und der Regel 2201 / 1 der Règles de marché d’Euronext, Buch I, ist das Vorliegen einer solchen Genehmigung, soweit diese gesetzlich vorgeschrieben ist, auch Voraussetzung für die Zulassung als Mitglied des Marktes. Über die Aufnahme von Finanzinstrumenten in den Handel eines geregelten Marktes entscheidet der Marktbetreiber nach Maßgabe des Art. L421-14 Code Monétaire et Financier sowie in Einklang mit dem Regelwerk des jeweiligen Marktes (Art. L421-14 (1) Code Monétaire et Financier).460 Derartige Regelungen finden sich etwa in Kapitel 6 des Buches I und in Kapitel 1 des Buches II der Règles de marché d’Euronext. Ferner erfordert die Aufnahme eines Finanzinstruments in den Handel eines geregelten Marktes die vorherige Veröffentlichung eines Prospektes (Art. L411-1 n° 1 und L412-1 (1) Code Monétaire et Financier), welcher einer Billigung durch die AMF bedarf (Art. 212-1 des règlement général der AMF).461

457 So (bereits 1997) Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1026, 1059; zur Rechtsnatur des Verhältnisses zwischen der Börse und den Unternehmen siehe sogleich unter 5. 458 Règles de marché d’Euronext, Livre I: Règles harmonisées, date d’emission: 21 janvier 2009. 459 Hierzu bereits 1997 Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1037, 1052, 1058. 460 Vgl. Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1026, 1045; Soulier / Bron, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 154. 461 Vertiefend Soulier / Bron, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 163 ff.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

4. Aufsicht durch die AMF Die Aufsicht über die Finanzmärkte obliegt in Frankreich der AMF. Diese wurde im Jahre 2003 durch den Zusammenschluss dreier Behörden, des Conseil des Marchés Financiers (CMF), der Commission des Opérations de Bourse (COB) und des Conseil de Discipline de la Gestion Financière (CDGF), geschaffen.462 Die Bestimmungen über die AMF wurden in den legislativen und den regulatorischen Abschnitt des Code Monétaire et Financier, jeweils in das Buch VI, eingefügt. Der AMF wurde der Status einer selbständigen, mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Behörde verliehen (autorité publique indépendante dotée de la personnalité morale, Art. L621-1 Code Monétaire et Financier).463 Diese Ausgestaltung, die dem französischen Verwaltungsrecht bis zu diesem Zeitpunkt fremd war, sollte die Partei- beziehungsweise Beteiligungsfähigkeit der AMF vor Gericht gewährleisten und die AMF zudem befähigen, Abgaben zu erheben. Letzterer Umstand gewährleistet die finanzielle Unabhängigkeit der AMF.464 Die AMF handelt durch ein aus 16 Mitgliedern bestehendes Kollegium (collège), das, soweit nicht anderweitig bestimmt, für die Wahrnehmung der auf die AMF übertragenen Aufgaben zuständig ist, sowie durch eine aus zwölf Personen bestehende Sanktionskommission (commission des sanctions), der die Verhängung von Sanktionen obliegt (Art. L621-2 Code Monétaire et Financier).465 Die AMF verfolgt drei Aufgaben (missions): Sie hat den Schutz der Ersparnisse der Anleger, welche in Finanzinstrumente und andere öffentlich angebotene Kapitalanlagen investieren, zu gewährleisten, die Anleger zu informieren sowie ferner für das ordentliche Funktionieren der Finanzmärkte zu sorgen (Art. L621-1 Code Monétaire et Financier).466 Wie bereits gezeigt, ist der AMF zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben insbesondere die Befugnis zum Erlass untergesetzlicher Normen in der Form eines allgemeinen Regelwerkes, des règlement général, verliehen (Art. L621-6 (1) Code Monétaire et Financier). 462 Durch das loi n° 2003-706 du 1er août 2003 de sécurité financière (Journal Officiel de la République Française du 2 août 2003) und das décret n° 2003-1109 du 21 novembre 2003 relatif à l’Autorité des Marchés Financiers (Journal Officiel de la République Française du 23 novembre 2003); vgl. zudem Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 5; Legendre, EuZW 2004, 69; Soulier / Bron, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 154; zu diesem Gesetz ferner Menjucq, RabelsZ 69 (2005), 698, passim. 463 Soulier / Bron, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 155. 464 Siehe hierzu das Fiche 3 des dossier de presse, l’Autorité des Marchés Financiers, rapport annuel 2003, abrufbar unter http: //www.amf-france.org/documents/general/5120_1.pdf; Freedman / Pellerin, Overview of French Securities Regulation, S. 8 f.; Legendre, EuZW 2004, 69. 465 Legendre, EuZW 2004, 69; Soulier / Bron, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 155. 466 Vgl. Legendre, EuZW 2004, 69; Soulier / Bron, in: Soulier / Best (Hrsg.), International Securities Law Handbook, S. 155.

E. Ausgestaltung der britischen und franzo¨sischen Kapitalma¨rkte

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Auch wenn die AMF mit der Aufsicht über Emittenten, Märkte und Intermediäre befasst ist, reichen ihre Aufgaben und Befugnisse nicht so weit wie etwa diejenigen der britischen FSA. So obliegt ihr gemäß Buch VI des Code Monétaire et Financier nicht die Aufsicht über Kreditinstitute; die Aufsicht über Wertpapierdienstleister und Marktbetreiber teilt sie sich mit dem CECEI und der Commission Bancaire (CB).467 Auch sind die Aufgaben der Versicherungsaufsicht gemäß dem Code des Assurances nicht der AMF sondern der Autorité de Contrôle des Assurances et des Mutuelles (ACAM) und dem Comité des Entreprises d’Assurance (CEA) zugewiesen.

5. Normgebung durch die AMF und die Euronext Paris Wie auch bei der Betrachtung des britischen Kapitalmarktrechtes soll auch hier erörtert werden, auf welcher Grundlage die AMF und insbesondere die privatrechtlich verfasste Euronext Paris über die Befähigung zur Normgebung verfügen und in welcher Weise eine Bindung der Normadressaten erzielt wird. Bei der AMF, einer öffentlich-rechtlichen Behörde, ergibt sich die Befugnis zum Erlass untergesetzlicher Normen mit allgemeiner Bindungswirkung in Form des règlement général aus der gesetzlichen Ermächtigung durch Art. L621-6 (1) Code Monétaire et Financier.468 Indes bedarf das règlement général einer Genehmigung durch den Wirtschaftsminister. Art. L621-7 Code Monétaire et Financier formuliert überdies umfangreiche inhaltliche Vorgaben. Das règlement général ähnelt nach deutschem Verständnis wohl am ehesten der Rechtsverordnung, welche gleichermaßen durch ein Exekutivorgan aufgrund gesetzlicher Ermächtigung ergeht.469 Den Erlass eines Regelwerkes durch den Marktbetreiber schreibt Art. L421-10 Code Monétaire et Financier vor.470 Die Bindungswirkung des Regelwerkes, etwa desjenigen der Euronext Paris S.A. (Règles de marché d’Euronext, Buch I und Buch II), wird indes mit den Mitteln des Vertragsrechts bewirkt. Art. L421-18 (2) Code Monétaire et Financier bestimmt ausdrücklich, dass das Verhältnis zwischen dem Marktbetreiber und den als Mitglieder zum Handel zugelassenen Unternehmen vertraglicher Natur ist (nature contractuelle). Dementsprechend sehen Art. 513-5 des règlement général der AMF und Abschnitt 1.1 der Règles de marché 467 Siehe hierzu das Annexe 1 des dossier de presse, l’Autorité des Marchés Financiers, rapport annuel 2003, abrufbar unter http: //www.amf-france.org/documents/general/5120_1. pdf, das in Bezug auf die Versicherungsaufsicht indes bereits teilweise überholt ist. 468 Zu den Regelungsbefugnissen der Vorgängerbehörde COB Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1031 f. 469 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4 Rdn. 16 ff.; Bauer, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. II, Art. 80 GG Rdn. 15. 470 Siehe bereits Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1026, 1038.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

d’Euronext, Buch I, vor, dass die Unternehmen sich in einer Aufnahmevereinbarung (convention beziehungsweise contrat d’admission) dem Regelwerk in seiner gegenwärtigen wie auch einer etwaig abgeänderten Fassung zu unterwerfen haben. Nicht anders liegt es bei der Bindung der Emittenten an das Regelwerk: Hier bestimmt die Regel 6501 der Règles de marché d’Euronext, Buch I, dass diese sich vor der Aufnahme der Finanzinstrumente in den Handel verpflichten müssen, das Regelwerk in seiner jeweils gültigen Fassung zu beachten. In Anbetracht dieser Unterwerfung unter das Regelwerk nicht nur in der gegenwärtigen sondern auch in etwaig modifizierten Fassungen erscheint es folgerichtig, dass Abfassung und Änderung des Regelwerkes gemäß Art. L421-10 (3) und (4) Code Monétaire et Financier einer Billigung durch die AMF bedürfen.471 Die AMF hat das Regelwerk auf seine Vereinbarkeit mit den gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben und auf seine Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Auf diese Weise gelingt es, den Börsen eine weitgehende Selbstverwaltungsautonomie einzuräumen, ohne zugleich auf eine wirksame Staatsaufsicht zu verzichten.472

F. Internationale Einrichtungen und Standards I. Überblick Neben den auf europäischer Ebene bestehenden Vorgaben für das Börsenwesen und den Wertpapierhandel gibt es auch über den europäischen Rahmen hinausgehende, internationale Standards, welche allerdings bei weitem nicht die Regelungsdichte der europäischen Vorgaben erreichen. Da die Standards innerhalb unterschiedlicher Organisationen und Gremien zustande kommen, wird im Folgenden jeweils zunächst der organisatorische Rahmen dargestellt werden, bevor inhaltlich auf die Standards einzugehen ist. Die Darstellung wird sich auf diejenigen Einrichtungen und Standards beschränken, die sich spezifisch mit dem Bereich der Börsen und des Wertpapierhandels befassen. Internationale Vorgaben, die zwar für die Finanzmärkte von Bedeutung sind, ohne jedoch den erstgenannten Bereich besonders zu beeinflussen, bleiben ausgespart.473 Im Mittelpunkt wird daher die Beschäftigung mit den Tätigkeiten der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) stehen. Ferner 471 Vor Schaffung der AMF oblag die Bestätigung des Regelwerkes dem CMF, hierzu Pense / Puttfarken, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 1026, 1038. 472 Vgl. zu dieser Vorgabe Segna, ZBB 1999, 144, 150. 473 Vertiefend zu weiteren internationalen Organisationen und Standards: Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 175 ff.; ferner Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 3 Rdn. 20 ff.; Kronke / Haubold, in: Kronke / Melis / Schnyder (Hrsg.), Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, S. 1417 ff.; Schlitt, in: Grunewald / Schlitt (Hrsg.), Einführung Kapitalmarktrecht, S. 3 f.

F. Internationale Einrichtungen und Standards

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werden auch das Committee on the Global Financial System (CGFS) und das Financial Stability Forum (FSF) betrachtet werden, welche Arbeiten veröffentlicht haben, die vorliegend von Interesse sind. Andere Einrichtungen, etwa die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlement, BIS) und der Internationale Währungsfonds (International Monetary Fund, IMF), sind für das internationale Finanzgefüge zwar von weitaus größerer Bedeutung, ihre Betrachtung verspricht jedoch im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand keine neuen Erkenntnisse.

II. International Organization of Securities Commissions Bei dieser 1983 gegründeten Organisation handelt es sich um eine internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden und sonstigen Wertpapieraufseher, die das Ziel einer internationalen Harmonisierung der Regulierung und Beaufsichtigung von Märkten und Wertpapiergeschäften verfolgt.474

1. Organisation und Arbeitsweise Die IOSCO ist als privatrechtliche gemeinnützige Organisation verfasst.475 Sie hatte ihren Sitz ursprünglich in Montreal, verlegte diesen jedoch im Jahre 2001 nach Madrid.476 Gegenwärtig sind in ihr über 180 Mitglieder zusammengeschlossen.477 Es sind verschiedenen Arten der Mitgliedschaft zu unterscheiden. Es gibt (in der Reihenfolge abnehmender Mitwirkungsrechte) ordentliche (ordinary), assoziierte (associate) und beigeordnete (affiliate) Mitglieder.478 Für die ordentliche Mitgliedschaft qualifizieren sich staatliche Wertpapieraufsichtsbehörden und, soweit solche nicht bestehen, auch private Selbstregulierungseinrichtungen. Die assoziierte Mitgliedschaft ist für staatliche Stellen mit einer auf einen Gliedstaat beschränkten Aufsichtszuständigkeit sowie für andere Einrichtungen, die über Befugnisse im Bereich der Wertpapierregulierung verfügen, vorgesehen. Die beigeordnete Mitgliedschaft steht Selbstregulierungseinrichtungen und internationa474 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 WpHG Rdn. 10; ferner Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 304; Hoppmann, EWS 1999, 204, 206; Köhler, WM 1990, 1953; Kurth, WM 2000, 1521, 1529; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 273 f. 475 IOSCO Annual Report 2007, S. 30, abrufbar unter http: //www.iosco.org/about/; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 3 Rdn. 55. 476 IOSCO Annual Report 2007, S. 30; Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 219 (mit abweichender Angabe über den Zeitpunkt der Sitzverlegung). 477 Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 219; eine Liste der Mitglieder ist abrufbar unter http: //www.iosco.org/lists/. 478 Dazu http: //www.iosco.org/about/.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

len Institutionen offen. Aus Deutschland wirkt die BaFin als ordentliches Mitglied mit, die Deutsche Börse AG bringt sich als beigeordnetes Mitglied ein. Die IOSCO nimmt ihre Aufgaben mittels verschiedener Organe wahr.479 Das Presidents’ Committee, das man auch als Vollversammlung bezeichnen könnte, kommt nur einmal jährlich anlässlich der Jahreskonferenz zusammen. In ihm sind die Präsidenten beziehungsweise sonstigen Leitungspersonen der ordentlichen und assoziierten Mitglieder vertreten. Daneben ist das Executive Committee von zentraler Bedeutung. Dieses tritt periodisch zur Wahrnehmung der Aufgaben der IOSCO zusammen und versammelt die Vertreter, die von den verschiedenen regionalen und themenbezogen tätigen Organen und dem Presidents’ Committee entsandt werden. Ebenfalls zu nennen sind das Technical Committee und das Emerging Markets Committee. In Ersterem sind fünfzehn Regulierer bedeutender entwickelter Märkte vertreten, die sich mit den Problemen entwickelter, internationalisierter Märkte befassen. Letzteres befasst sich mit Fragestellungen in Bezug auf Schwellen- und Wachstumsmärkte.

2. Grundlegende Arbeiten Der Verfolgung der Ziele der IOSCO dienen vor allem das „Multilateral Memorandum of Understanding concerning Consultation and Cooperation and the Exchange of Information“480 (IOSCO-MoU) von 2002 sowie die erstmals 1998 veröffentlichten und seither mehrmals, zuletzt im Februar 2008, überarbeiteten „Objectives and Principles of Securities Regulation“481 (IOSCO-Principles).

a) Multilateral Memorandum of Understanding Bei einem Memorandum of Understanding (MoU) handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Aufsichtsbehörden, die Standards für ihre Zusammenarbeit, etwa in Bezug auf den Informationsaustausch, festlegen.482 Allerdings kommt derartigen Vereinbarungen keine verbindliche Rechtsqualität zu; über die nationalen gesetzlichen Regelungen hinausgehende Aufgaben und Befugnisse können sie nicht begründen.483 Es handelt sich vielmehr um Absichtserklärungen, die die Dazu http: //www.iosco.org/about/; Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 219 f. Multilateral Memorandum of Understanding concerning Consultation and Cooperation and the Exchange of Information, IOSCO, May 2002, abrufbar unter http: //www.iosco.org/ library/pubdocs/pdf/IOSCOPD126.pdf; Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 224. 481 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD265.pdf; vgl. Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 221 ff. 482 Bergsträsser, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 376. 479 480

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Zusammenarbeit erleichtern sollen. Während diese üblicherweise auf bilateraler Ebene abgeschlossen werden, verfolgt das IOSCO-MoU den Ansatz, die Zusammenarbeit durch ein multilaterales MoU weltweit zu regeln. Die Unterzeichnung des IOSCO-MoU setzt voraus, dass die jeweiligen nationalen Gesetze und sonstigen Regularien eine Zusammenarbeit, wie im IOSCO-MoU vorgesehen, zulassen.484 Ob dies der Fall ist, wird vor der Unterzeichnung durch eine Screening Group der IOSCO überprüft. Für die BaFin ergibt sich die Befugnis zu einer derartigen Zusammenarbeit und dem Abschluss von Vereinbarungen über den Informationsaustausch aus § 7 Abs. 7 WpHG.485

b) IOSCO-Principles: Inkongruenzen zur deutschen Börsenstruktur Mit materiell-rechtlichen Standards befassen sich schließlich die IOSCO-Principles, die Zielsetzungen und Prinzipien für die Regulierung des Wertpapierhandels formulieren. Allerdings besteht für die Mitglieder keine rechtliche Verpflichtung, die Vorgaben der IOSCO-Principles einzuhalten.486 Die Resolution, mit der das Presidents’ Committee die IOSCO-Principles beschloss, bezeichnet diese lediglich als wertvolle Informationsquelle (valuable source of information).487 Die Mitglieder sollen – in doppelter Einschränkung – anstreben, sich nach Fähigkeiten um eine Einhaltung der Prinzipien zu bemühen (intend to use their best endeavors).488 Den Prinzipien werden drei grundlegende Zielsetzungen vorangestellt: Der Anlegerschutz, die Gewährleistung der Billigkeit, Effizienz und Transparenz der Märkte und die Reduzierung systemischer Risiken. Auch hier sind also die gleichermaßen im deutschen Kapitalmarktrecht anerkannten Regelungsziele des Anleger- und des Marktfunktionsschutzes verankert. Sodann werden 30 Prinzipien formuliert, die sich in acht Abschnitte zu den Themen Aufsichtsbehörden, Selbstregulierung, Durchsetzung, Kooperation bei der Regulierung, Emittenten, Investmentfonds, Marktintermediäre und Sekundärmärkte gliedern. Von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung ist der Abschnitt, der sich mit Sekundärmärkten befasst (Prinzipien 25. bis 30.). Ausgangspunkt und 483 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 WpHG Rdn. 7 f.; Bergsträsser, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 376; Schäfer, in: Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht, Teil 2 Rdn. 70 f.; vgl. ferner Kurth, WM 2000, 1521, 1527 f. 484 Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 224. 485 Vgl. Schäfer, in: Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht, Teil 2 Rdn. 70, der zusätzlich auf § 4 Abs. 1 WpHG abstellt. 486 Völkerrechtlich als „soft law“ bezeichnet, vgl. Graf Vitzthum, Völkerrecht, S. 76 f.; Herdegen, Völkerrecht, S. 149 f.; Schweisfurth, Völkerrecht, S. 94 ff. 487 Resolution of the Presidents’ Committee on IOSCO Adoption of the Objectives and Principles of Securities Regulation, September 1998, abrufbar unter http: //www.iosco.org/ library/resolutions/pdf/IOSCORES16.pdf. 488 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 3.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

zentrale Aussage dieses Abschnitts sind, dass eine Regulierung und fortlaufende Beaufsichtigung von Börsen und sonstigen Handelssysteme sicherzustellen ist. Die fortlaufende Aufsicht hat dafür Sorge zu tragen, dass angemessene Regelwerke (fair and equitable rules) die Integrität des Handels gewährleisten. Die Regulierung soll die Transparenz des Handels fördern, unfaire Handelspraktiken unterbinden und auf einen angemessenen Umgang mit bedeutenden offenen Positionen, Ausfallrisiken und Marktverwerfungen hinwirken. Es ist festzustellen, dass die IOSCO-Principles konsequent den Ansatz verfolgen, dem Anleger- und dem Marktfunktionsschutz mit den Mitteln der Regulierung und Aufsicht Rechnung zu tragen. Wie dem Abschnitt über Selbstregulierung (Prinzipien 6. und 7.) zu entnehmen ist, soll die Beaufsichtigung in Teilen auch nichtstaatlichen Selbstregulierungsreinrichtungen obliegen, die jedoch wiederum staatlicher Überwachung bedürfen. In keiner Weise wird hingegen der in Deutschland beschrittene Weg erwähnt, den Regelungszielen durch eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Börse, verbunden mit der Einräumung hoheitlicher Befugnisse, gerecht zu werden. Zwar wird eine solche Ausgestaltung nicht explizit verworfen, dennoch unterscheidet sie sich deutlich von dem in den IOSCO-Principles entworfenen Modell. Dass die deutsche Börsenverfassung, wenn auch nicht den IOSCO-Principles zuwiderläuft, so sich doch erheblich von dem dort entworfenen Idealbild unterscheidet, wird auch durch eine andere Überlegung verdeutlicht. Wie bereits angesprochen, befürworten die IOSCO-Principles grundsätzlich den Einsatz von Selbstregulierungsmechanismen. Allerdings wird in den Erläuterungen zu den Prinzipien in Bezug auf die Übertragung von Selbstregulierungsbefugnissen auf gewinnorientierte Unternehmen, die ihren Eigentümern verpflichtet sind, die Gefahr von Interessenkonflikten aufgezeigt, denen es zu begegnen gelte.489 Andere Dokumente der IOSCO machen deutlich, dass zum einen die Gefahr eines „race to the bottom“ besteht, also einer schwachen Regulierung aus Gründen des Wettbewerbs mit anderen Handelssystemen, zum anderen ein gewinnorientiertes Unternehmen möglicherweise nicht willens ist, hinreichende Mittel für Regulierung und Aufsicht einzusetzen.490 Bei der deutschen Börsenverfassung, die den Börsen sogar Hoheitsbefugnisse verleiht, welche grundsätzlich dem Staat vorbehalten sind, könnte ein dem allgemeinen Interesse zuwiderlaufender Gebrauch dieser Befugnisse indes besonders schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Zwar könnte man zunächst vermuten, die Trennung in gewinnorientierten Börsenträger und öffentlich-rechtlich verfasste Börse böte einen hinreichenden Schutz. Dem ist jedoch Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 13. Regulatory Issues Arising From Exchange Evolution, Final Report, Technical Committee of the IOSCO, November 2006, S. 7, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/ pubdocs/pdf/IOSCOPD225.pdf; Exchange Demutualization In Emerging Markets, Emerging Markets Committee of the IOSCO, April 2005, S. 19, 21, 23, abrufbar unter http: //www. iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD200.pdf; vgl. auch Ferran, Building an EU Securities Market, S. 243, 246, 258; Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 227. 489 490

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nicht so, denn wie gezeigt werden zum einen die Gremien des Trägers und der Börse häufig in Personalunion besetzt, zum anderen ist die Börse vom Börsenträger wirtschaftlich abhängig. Ein weiterer beachtenswerter Aspekt der IOSCO-Principles ist, dass die Standards für Sekundärmärkte (Prinzipien 25. bis 30.) grundsätzlich sowohl auf Börsen als auch auf sonstige Handelssysteme Anwendung finden sollen. Der Erläuterung zu den Prinzipien ist zwar zu entnehmen, dass das Maß der Regulierung je nach Art des Handelssystems variieren kann491, jedoch wird hier jedenfalls das Bild eines einheitlichen Regelungsregimes gezeichnet, das sich durch graduelle Unterschiede und Befreiungsmöglichkeiten auszeichnet. Auch insoweit ist ein deutlicher Kontrast zu dem deutschen Modell zu erkennen, das auf der einen Seite den Rechtsrahmen für Börsen im Börsengesetz festlegt, auf der anderen Seite einen eigenständigen Rechtsrahmen für multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer im WpHG vorgibt. Sieht man die IOSCO-Principles als Ausdruck weltweit anerkannter Standards an, so bleibt festzuhalten, dass das deutsche Börsenwesen einem ausländischen Betrachter insbesondere im Hinblick auf seine öffentlich-rechtliche Börsenverfassung als eigentümlicher Sonderweg erscheinen muss.

III. Committee on the Global Financial System 1. Organisation und Arbeitsweise Das CGFS wurde 1971 als ständiger Ausschuss der G-10 Zentralbanken492 geschaffen.493 Für Deutschland ist die Deutsche Bundesbank in dem CGFS vertreten. Aufgaben des CGFS sind die Identifizierung und Untersuchung potentieller Belastungen für die globalen Finanzmärkte, die Förderung des Verständnisses für die Strukturen der Finanzmärkte und die Stärkung der Funktionsfähigkeit und Stabilität der Märkte.494 Der Verfolgung dieser Ziele dienen ein regelmäßiger Meinungsaustausch der beteiligten Institutionen, längerfristige koordinierte Anstrengungen, die etwa von gemeinsamen Arbeitsgruppen wahrgenommen werden, sowie die Veröffentlichung von Berichten.495 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 41 f. Der Kreis der „Zehnergruppe“ zählt mehr als zehn Staaten, der ursprüngliche Begriff wurde jedoch beibehalten. Die mitwirkenden Zentralbanken sind aufgeführt unter http: //www.bis.org/about/factcgfs.htm; zur G-10 siehe Carreau / Juillard, Droit International Économique, Rdn. 1522 ff.; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 3 Rdn. 51; Scott, International Finance: Law and Regulation, Rdn. 1-012. 493 Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 180, 186. 494 Vgl. Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 180. 495 Veröffentlichungen des CGFS sowie weitere Informationen über dieses Gremium sind abrufbar unter http: //www.bis.org/cgfs/index.htm. 491 492

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

2. Position zu den Auswirkungen elektronischer Handelssysteme Für die vorliegende Untersuchung von besonderem Interesse ist ein Bericht des CGFS aus dem Jahre 2001496, der sich mit den Auswirkungen der aufkommenden elektronischen Handelssysteme auf die Finanzmärkte befasst. Dieser Bericht enthält beachtliche Ausführungen zu der Frage einer Marktfragmentierung durch das Entstehen alternativer elektronischer Handelssysteme.497 Er stellt fest, dass aufgrund des geringen Aufwandes für die Errichtung eines elektronischen Handelssystems zwar grundsätzlich das gesteigerte Risiko einer Marktfragmentierung besteht. Jedoch trägt er einige Argumente zusammen, warum eine Fragmentierung sich nicht schädlich auswirken wird und letztlich sogar ausbleiben könnte. Die Erfahrung von Marktteilnehmern zeige, dass elektronische Systeme einen einfacheren Zugang als andere Handelsplattformen böten und dadurch die gleichzeitige Beobachtung mehrerer Systeme ermöglichten. Zudem erlaube eine offene Systemarchitektur (open architecture designs) häufig eine Interaktion und die gemeinsame Darstellung verschiedener Systeme. Da Arbitragegeschäfte zu geringen Kosten möglich seien, sei mit einer raschen Angleichung etwaiger Kursdifferenzen zu rechnen. Des Weiteren sei der over the counter (OTC) Handel vor dem Aufkommen elektronischer Systeme in noch stärkerem Maße fragmentiert gewesen. Überdies wird die Auffassung vertreten, eine Marktfragmentierung sei typisches Kennzeichen eines frühen Stadiums in einem Produktzyklus. Mehrere Faktoren würden eine spätere Konsolidierung begünstigen: Zu nennen seien Kostenersparnisse durch größere Umsätze (economies of scale), Netzwerkeffekte, die eine größere Anziehungskraft des liquideren Systems bewirkten (network effects), das Herausbilden von Marktstandards (standard-setting) und ferner zwar (gegenläufig) eine Retardation aufgrund von Wechselkosten (switching costs), die sich jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt auswirke, an dem ein System eine kritische Größe überschreite (tipping effect). Diese Argumente stützen die bereits zuvor dargelegte Auffassung, dass aufgrund der inzwischen zu beobachtenden Integration der Märkte durch Kommunikation negative Auswirkungen durch eine Marktfragmentierung nicht mehr zu befürchten sind.498 Dies belegt erneut, dass ein pauschal vorgetragener Verweis auf die Gefahren einer Marktfragmentierung, der sich nicht mit diesen Argumenten auseinandersetzt, nicht geeignet ist, das abgeschottete, öffentlich-rechtliche Börsensystem und die Bedürfnisprüfung bei der Genehmigungserteilung zu rechtfertigen.

496 Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, abrufbar unter http: //www.bis.org/publ/cgfs16.pdf? noframes=1. 497 Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18 f.; siehe zu dieser Frage bereits oben 3. Kapitel B. II. 3. 498 Siehe hierzu 3. Kapitel B. II. 3.

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Jedoch sollen zwei Risiken, die der Bericht der CGFS ebenfalls anspricht499, nicht unerwähnt bleiben. Ein derartiger Wettbewerb berge die Gefahr, dass einzelne Anbieter ihre Dienstleistungen zunächst zu nicht kostendeckenden „Kampfpreisen“ anbieten würden (predatory pricing). Zudem sei zu befürchten, dass für ein Unternehmen, das eine Dominanz habe erringen können, kein Anreiz mehr bestünde, seine Dienstleistungen zu verbessern. Allerdings ist hierzu festzustellen, dass einem freien Wettbewerb derartige Risiken stets zu einem gewissen Grade innewohnen. Ist man dennoch nicht bereit, die erstgenannte Gefahr hinzunehmen, so wäre zu erwägen, dieser mit den Mitteln des Kartell- und Wettbewerbsrechts zu begegnen.500 Indes ist bei derartigen Eingriffen in die verfassungsrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit Zurückhaltung geboten. Die zweite Befürchtung kann hingegen schon im Ausgangspunkt kaum als Argument gegen eine mögliche Öffnung der deutschen Börsenverfassung dienen: Von einem System, das neuen Wettbewerbern weitgehend501 verschlossen ist, gehen jedenfalls in noch geringerem Maße Anreize aus, die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern, als von einem für Wettbewerber offenen System.

IV. Financial Stability Forum Das 1999 von den G-7 Staaten initiierte FSF besteht aus (i) Vertretern staatlicher Stellen bedeutender Finanzplätze, (ii) Vertretern sektorspezifischer internationaler Organisationen im Bereich der Regulierung und Aufsicht, (iii) Vertretern internationaler Finanzinstitutionen, die mit der Beaufsichtigung nationaler und internationaler Finanzsysteme befasst sind und die Implementierung von Standards beobachten und fördern, sowie (iv) Vertretern der Expertenkomitees von Zentralbanken.502 Für Deutschland wirken die Deutsche Bundesbank, das Finanzministerium und die BaFin mit. Als internationale Institutionen und Organisationen sind unter anderem die Europäische Zentralbank (EZB), der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die IOSCO vertreten.503 Gegründet insbesondere als Reaktion auf die damalige Finanzkrise in Asien504, ist es Aufgabe des FSF, den Informationsaustausch und die internationale Koope499 Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 19. 500 Einen ähnlichen Fall regelt die Bestimmung des § 20 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 GWB, die jedoch vorliegend nicht unmittelbar einschlägig ist, vgl. Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWB-Kommentar, § 20 Rdn. 78 ff. 501 Es besteht ein Wettbewerb mit multilateralen Handelssystemen sowie mit ausländischen Börsenplätzen, die deutschen Handelsteilnehmern über die remote membership zugänglich sind. 502 Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 238 f.; Scott, International Finance: Law and Regulation, Rdn. 1-011, 20-013; vgl. auch Hohlfeld, VW 2002, 6, 9 f.; Lier, VW 2008, 921, 922. 503 Die Mitglieder sind aufgeführt unter http: //www.fsforum.org/members/links.htm.

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3. Kap.: Rahmenbedingungen einer Reform

ration zwischen den beteiligten Behörden und Gremien zu verbessern.505 Zu diesem Zweck organisiert das FSF regelmäßige Zusammenkünfte, veröffentlicht Berichte und stellt halbjährlich eine Übersicht der Arbeiten der beteiligten Organisationen zusammen (Ongoing and Recent Work Relevant to Sound Financial Systems).506 Zudem betreut das FSF ein Kompendium, das Compendium of Standards, das zwölf Schlüsselstandards für intakte Finanzsysteme aufführt.507 Aufnahme finden nur solche Standards, die internationale Anerkennung genießen und für intakte, stabile und funktionierende Finanzsysteme von zentraler Bedeutung sind.508 Der Umstand, dass das Kompendium für den Bereich der Wertpapierregulierung auf die IOSCO-Principles Bezug nimmt, macht deutlich, dass diese in ihrem Bereich maßstabsetzend sind.

Paulus, NZG 2006, 609, 610; vgl. auch Selling, IStR 2000, 225, 227. Hohlfeld, VW 2002, 6, 9 f.; vgl. auch Scott, International Finance: Law and Regulation, Rdn. 1-011. 506 Publikationen des FSF sind abrufbar unter http: //www.fsforum.org/list/fsf_publications/ index.htm. 507 Abrufbar unter http: //www.fsforum.org/cos/index.htm. 508 Vgl. Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 240; Scott, International Finance: Law and Regulation, Rdn. 20-013. 504 505

4. Kapitel

Entwurf einer privatrechtlich verfassten Börse A. Konzeptionelle Grundlagen I. Substitution der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung Der Entwurf einer privatrechtlich verfassten Börse ist daran zu messen, ob er den zentralen staatlichen Regelungszielen im Bereich des Kapitalmarkt- und Börsenrechts, dem Anleger- und dem Marktfunktionsschutz, hinreichend Rechnung trägt. Im Falle einer privatrechtlich organisierten Börse entfällt der Beitrag, den die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung bisher zur Verfolgung dieser Regelungsziele leisten konnte. Dass die Börsen grundsätzlich auf die Handlungsformen des Privatrechts verwiesen sind, bedeutet allerdings nicht, dass der Staat keinen wesentlichen Einfluss mehr auf das Wesen und die Tätigkeit der Börsen nehmen könnte. Vielmehr stehen ihm die Mittel des öffentlichen Rechts auch im Falle einer privatrechtlichen Börsenverfassung weiterhin zur Verfügung.1 In dem Maße, in dem man dies als notwendig erachtet, können Genehmigungserfordernisse, eine Beaufsichtigung der Börsen und laufend zu beachtende Wohlverhaltenspflichten festgeschrieben und mit einer Strafbewehrung versehen werden. Eine derartige Wahrnehmung des öffentlichen Interesses mittels der Beaufsichtigung und Regulierung der dem Privatrecht unterliegenden Akteure, nicht hingegen die hoheitliche Wahrnehmung der Aufgabe selbst, stellt in der deutschen Rechtsordnung den Normalfall dar.2 Verwiesen sei etwa auf die privatrechtliche Organisation der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute3, welche den Anforderungen des KWG und teilweise als Wertpapierdienstleistungsunternehmen zudem den Bestimmungen des WpHG unterliegen. Seit November 2007 gilt Letzteres insbesondere auch für die Betreiber multilateraler Handelssysteme.

1 Claussen, ZBB 2000, 1, 4 f.; siehe ferner Klenke, WM 1995, 1089, 1092; Köndgen, Festschrift Lutter, S. 1401, 1413; Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 137; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 134 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 147 ff. 2 Vgl. Claussen / Hoffmann, ZBB 1995, 68, 71, die allerdings Anhaltspunkte für eine private Börsenverfassung de lege lata aufzuzeigen suchen; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 53, 84, 88; Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. 8. 2007, S. 8, der dies am Beispiel der entstehenden Eisenbahnen im 19. Jahrhundert aufzeigt. 3 Ähnlich Mues, ZBB 2001, 353, 355.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

Die Zielsetzung ist somit, mit den Mitteln der Regulierung und Aufsicht den Anforderungen gerecht zu werden, denen das Börsengesetz gegenwärtig mit der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung zu genügen sucht. In diesem vierten Kapitel wird es daher insbesondere darum gehen, alternative Gestaltungen, die auf eine rein privatrechtlich verfasste Börse zugeschnitten sind, darzustellen. Zur Veranschaulichung sei – exemplarisch – erwähnt, dass etwa ein Rechtsformzwang4 und eine Kontrolle der Inhaber bedeutender Beteiligungen5 (wie sie bereits gegenwärtig in Bezug auf den Börsenträger stattfindet) anstelle der öffentlich-rechtlichen Form zur Gewährleistung einer solventen, handlungsfähigen und im Rechtsverkehr Vertrauen genießenden Börse beitragen können. Bereits diese kurzen Überlegungen lassen erahnen, dass vielfältige Gestaltungsvarianten existieren und zu untersuchen sein werden, die grundsätzlich geeignet erscheinen, die öffentlich-rechtliche Form zu substituieren und den staatlichen Regelungszielen an ihrer Stelle Rechnung zu tragen. Allerdings griffe eine Bewertung dieses Vorhabens, die sich lediglich mit den Auswirkungen der Anpassung einzelner Regelungen an eine privatrechtliche Börsenverfassung beschäftigte, bei weitem zu kurz. Der Umstellung wohnen weiter gehende Vorteile insbesondere auch im Hinblick auf die genannten staatlichen Regelungsziele inne, die nur unvollständig an einzelnen Regelungen festzumachen sind und erst bei einer Gesamtbetrachtung des neuen Regelungsansatzes hinreichend deutlich werden. Ein wesentliches Anliegen des Marktfunktionsschutzes ist, wie bereits gezeigt, die Förderung des Wettbewerbs der Anbieter von Börsendienstleistungen.6 Ein solcher Wettbewerb um die effizientesten Börsendienstleistungen trägt zu einer Effizienzsteigerung eines Marktes insgesamt bei und ist für den Erfolg des deutschen Kapitalmarktes im internationalen Wettbewerb unerlässlich. Und hier liegt ein maßgeblicher Vorteil der zu entwerfenden privatrechtlichen Börsenverfassung: Der Verzicht auf die öffentlich-rechtliche Form trägt (in einem von der konkreten Ausgestaltung abhängigen Maße) zu einem Abbau der Marktzugangsbarrieren für neue Anbieter bei7 und erlaubt den Börsen zudem, die eigene Organisation flexibler als bisher den wirtschaftlichen Gegebenheiten und den eigenen unternehmerischen Zielen anzupassen und sich auf diese Weise im nationalen und internationalen Wettbewerb8 um die effizientesten Dienstleistungen erfolgreich zu positionieren. 4 Hierfür sprechen sich aus Baums / Segna, Börsenreform, S. 42 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; Segna, ZBB 1999, 144, 148 f. 5 Diskutiert etwa bei Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 224; Hammen, AG 2001, 549, 566 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 93; ders., NJW 2002, Beilage 23, 44. 6 Ähnlich Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41 f.; siehe hierzu bereits 3. Kapitel C. I. 7 Zu dem Petitum einer Abschaffung der Bedürfnisprüfung siehe 4. Kapitel H. II. 2. a). 8 Vgl. Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 247; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 83; Spindler, DStR 2002, 1576, 1585 f.

A. Konzeptionelle Grundlagen

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Es ist somit zum einen beabsichtigt, auf den spezifischen Regelungsfeldern, die bei der Umstellung auf eine rein privatrechtliche Börsenverfassung zu berücksichtigen sind, die öffentlich-rechtliche Form (unmittelbar) durch alternative Gestaltungen zu substituieren. Zum anderen geht es darum, über eine so verstandene, konkrete Substitution einzelner Regelungen hinaus durch ein flexibler angelegtes Regelungsregime die positiven Effekte des Wettbewerbs, das Innovationspotential der Marktkräfte, für die einzelnen Marktakteure und den deutschen Kapitalmarkt insgesamt nutzbar zu machen.9 Es bleibt festzuhalten, dass der erstgenannte Ansatz darauf abzielt, mit gezielt eingesetzten Mitteln der Regulierung den status quo des Marktfunktions- und Anlegerschutzes aufrechtzuerhalten, während der zweite Ansatz mittels eines grundsätzlichen Systemwechsels, der eher der Deregulierung zuzuordnen ist, den gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen an den Marktfunktionsschutz in einem Umfeld sich internationalisierender Kapitalmärkte Rechnung zu tragen sucht.

II. Fakultative oder obligatorische privatrechtliche Form Während einige Befürworter der privatrechtlichen Börsenstruktur für eine fakultative Öffnung in Richtung einer privatrechtlichen Organisationsform eintreten10, sprechen sich andere11 dafür aus, die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung gänzlich aufzugeben. Erstere stellen sich auf den Standpunkt, ein Nebeneinander beider Organisationsformen würde im Ergebnis keine Schwierigkeiten mit sich bringen12, es sei lediglich sicherzustellen, dass die öffentlich-rechtliche Börse wettbewerbsrechtlich keine Sonderbehandlung erfahre.13 Die Gegner eines Nebeneinanders bezweifeln hingegen, dass dies gelingen kann. Ein fairer Wettbewerb zwischen privaten und (halb-)staatlichen Marktteilnehmern sei nicht sichergestellt.14 Überdies machen sie geltend, dass ein solches Nebeneinander einem Verharren auf halber Strecke gleichkäme.15 Eine solch inkonsequente Lösung könne allenfalls dem 9 Dies befürworten auch Baum, RabelsZ 64 (2000), 633, 659; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 73; vgl. ferner Claussen, ZBB 2000, 1, 6; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108. 10 So Baums / Segna, Börsenreform, S. 54, 63; Hopt / Baum, WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 18; dies., in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 400, 407 f.; für bedenkenswert erachtet dies Potthoff, WM 1998, 154, 155; siehe ferner Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 65 f.; auch der 64. Deutsche Juristentag im Jahr 2002 nahm mit 33:17:10 Stimmen diese Empfehlung an (Beschlüsse des 64. DJT 2002, abgedruckt in NJW 2002, 3073, 3083). 11 Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 654; Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 44; ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 86 ff.; ähnlich auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 793 f. 12 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 407. 13 Ähnlich Hopt / Baum, WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 18. 14 Hellwig, ZGR 1999, 781, 793; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 88. 15 So Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 44; ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 87.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

Zweck dienen, den Kritikern einer privatrechtlich organisierten Börse zunächst entgegenzukommen, um wenigstens ein Einvernehmen über diesen Schritt auf dem Weg hin zu einer endlich doch ausschließlich privatrechtlichen Börsenverfassung zu erzielen.16 Der Ansicht, die sich für eine ausnahmslos privatrechtliche Organisationsstruktur ausspricht, ist beizutreten. Sollte es auch möglich sein, eine wettbewerbsrechtliche Gleichbehandlung sicherzustellen (was in rechtlicher Hinsicht glücken mag, in Hinblick auf tatsächliche Einflussnahmen jedoch fraglich bleibt), so sprechen jedenfalls weitere Argumente eindeutig gegen ein Nebeneinander. Erneut ist die – verfassungsrechtlich fundierte17 – Ausgangsüberlegung zu betonen, dass eine wirtschaftliche Betätigung des Staates in hoheitlicher Form eine der Rechtfertigung bedürfende Ausnahme darstellt.18 Eine solche Rechtfertigung gelingt nicht. Kann ein tragfähiger Entwurf für eine privatrechtlich verfasste Börse entwickelt werden (was in diesem vierten Kapitel zu zeigen sein wird), so ist nicht ersichtlich, warum es erforderlich wäre, neben dieser die öffentlich-rechtliche Börse beizubehalten. Hinzuweisen ist etwa darauf, dass das Argument der Erhaltung der Liquidität des Handels, eines der zentralen Argumente für eine öffentlich-rechtliche Börse, spätestens mit der Zulassung einer Konkurrenz durch private Börsen jegliche Berechtigung verliert.19 Auch sprechen weitere Überlegungen gegen ein solches Nebeneinander: Für die Einführung der privatrechtlichen Börsenverfassung wird vorgebracht, dass die öffentlich-rechtliche Organisationsform ausländischen Betrachtern ungewöhnlich erscheint und nur unter Schwierigkeiten nachvollziehbar ist.20 Durch ein Nebeneinander von privater und öffentlich-rechtlicher Börsenstruktur wird dieser Problematik jedoch mitnichten abgeholfen.21 Auch eine Betrachtung der internationalen Standards, wie sie insbesondere in den IOSCO-Principles22 zum Ausdruck kommen, führt zu demselben Ergebnis. Wie bereits gezeigt23, weicht die öffentlichrechtliche Börsenverfassung substantiell von dem in den IOSCO-Principles entÄhnlich Claussen, ZBB 2000, 1, 2 (Fn. 7); Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 87. Siehe hierzu 3. Kapitel A. I. 18 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 84, 88; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 183. 19 Zu weiteren Kritikpunkten in Bezug auf das Liquiditäts-Argument siehe 3. Kapitel B. II. 3. 20 Siehe nur Schwark, WM 1997, 293, 302. 21 Vielmehr würde die Rechtslage noch komplizierter, vgl. Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 88 (Fn. 310), der darauf hinweist, dass das Börsenrecht „unübersichtlicher, aufgeblasener und uneinheitlicher“ würde; a.A. offenbar Potthoff, WM 1998, 154, 155, der darauf abzustellen scheint, dass die jeweils betroffene Börse die Möglichkeit hätte, sich ggf. eine privatrechtliche Organisationsstruktur zu geben. 22 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD265.pdf; zu diesen Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 221 ff. 23 Siehe hierzu 3. Kapitel F. II. 2. b). 16 17

A. Konzeptionelle Grundlagen

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worfenen Modell ab. Will man eine Organisationsstruktur einführen, die internationalen Standards Rechnung trägt, wird dieses Anliegen durch ein Nebeneinander beider Formen nicht eben befördert. Nach alldem ist für eine obligatorische Einführung der privatrechtlichen Organisationsform zu plädieren. Lediglich für eine kurze Übergangszeit von einem oder zwei Jahren mag ein Nebeneinander im Interesse einer erfolgreichen Bewältigung des Systemwechsels hinzunehmen sein. Innerhalb dieser Übergangszeit könnte es den Börsen überlassen bleiben, über den für sie adäquaten Zeitpunkt der Überführung in die privatrechtliche Organisationsform zu entscheiden.

III. Kohärenter Rahmen für Börsen und außerbörsliche Systeme Eine weitere grundsätzliche Fragestellung betrifft die Einpassung der zu schaffenden börsenrechtlichen Vorgaben in den de lege lata vorzufindenden kapitalmarktrechtlichen Regelungskanon. Im Rahmen dieser die Kodifikationsarchitektur24 betreffenden Thematik ist insbesondere zu erörtern, in welchem Verhältnis Börsen und alternative Handelssysteme zukünftig zueinander stehen sollten und wie dieses Verhältnis regelungstechnisch abzubilden ist. Diese Frage wurde bereits diskutiert, als die gesetzessystematische Zuordnung der bis dahin nicht geregelten alternativen Handelssysteme erstmalig in Frage stand.25 In der wissenschaftlichen Diskussion hatten sich Stimmen dahingehend geäußert, dass es geboten sei, die zu schaffenden gesetzlichen Regelungen für diese Handelssysteme in das Börsengesetz einzufügen.26 Für diesen Regelungsort wurden insbesondere die Nähe zum Börsenbegriff sowie das Interesse an einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde angeführt.27 Wie bereits gezeigt, erfuhren alternative Handelssysteme mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz28 von 2002 als elektronische Handelssysteme und börsenähnliche Einrichtungen eine Regelung im Börsengesetz. Diese Bestimmungen wurden jedoch im Jahre 2007 mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz 29 aufgehoben und durch die in das 24 Zu diesem Begriff vgl. Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 69; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 42. 25 Siehe etwa Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 392 ff.; dies., WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 16 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 72 f.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 43; vgl. ferner Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 652 f.; Schwark, WM 1997, 293, 300 f.; Wastl / Schlitt, WM 2001, 1702, 1710. 26 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 394; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 72 f.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 43. 27 So Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 394 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 73. 28 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010. 29 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 7. 2007, BGBl. I 1330.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

WpHG eingefügten Regelungen über multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer ersetzt. Ergänzt werden die Regelungen dieser Systeme im WpHG durch weitere Bestimmungen, insbesondere Lizenzpflichten, welche im KWG festgeschrieben sind. Die Verlagerung in das WpHG ist insbesondere mit dem Umstand zu erklären, dass die Finanzmarktrichtlinie 30 (MiFID) multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer als Wertpapierfirmen einordnet.31 Da in der deutschen Umsetzung Wertpapierfirmen im Sinne der MiFID als Wertpapierdienstleistungsunternehmen im WpHG geregelt sind, war es naheliegend, die multilateralen Handelssysteme und systematischen Internalisierer, die sowohl den allgemeinen Bestimmungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen als auch einigen besonderen Regelungen unterliegen, im WpHG anzusiedeln.32 Indes ändert dies nichts daran, dass die bereits erwähnten Überlegungen (Nähe zum Börsenbegriff, Interesse an einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde) weiterhin für eine aufeinander abgestimmte Regelung der Börsen und der alternativen Handelssysteme in demselben Gesetz streiten. Hierfür spricht insbesondere auch, dass auf diese Weise der strenge Gegensatz in der Regulierung von Börsen auf der einen und alternativen Handelssystemen auf der anderen Seite aufgebrochen und der bereits angesprochene gemeinsame regulatorische Rahmen, der die verschiedenen Systeme lediglich graduell unterschiedlichen Bestimmungen unterwirft, geschaffen werden könnte.33 Einen solchen gemeinsamen regulatorischen Rahmen legen im Übrigen auch die in den IOSCO-Principles niedergelegten international anerkannten Standards nahe.34 Die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens stellt sich indes auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs auch als weitaus weniger problematisch dar, als dies bisher der Fall war, denn durch die Überführung der Börsen in eine privatrechtliche Organisationsform entfällt der fundamentale strukturelle Unterschied zwischen öffentRichtlinie 2004 / 39 / EG vom 21. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 145 vom 30. 4. 2004, 1. Der Betrieb eines multilateralen Handelssystems ist eine Wertpapierdienstleistung (Anhang I Abschnitt A Nr. 8 der MiFID), daher handelt es sich bei dem Betreiber gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der MiFID um eine Wertpapierfirma. Für systematische Internalisierer folgt die Einordnung daraus, dass der Handel für eigene Rechnung Bestandteil der Definition des systematischen Internalisierers ist und zugleich eine Wertpapierdienstleistung darstellt (Art. 4 Abs. 1 Nr. 7, Anhang I Abschnitt A Nr. 3 der MiFID). 32 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 68; kritisch hingegen die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Anlage 2 des Regierungsentwurfes zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 102, 106). 33 Hierzu bereits 2. Kapitel A. II. 2.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 77; vgl. auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 397 f., die ein „dreifach gestaffeltes System“ entwerfen; dies., WM 1997, Sonderbeilage 4, 3, 16 f.; ferner Hellwig, ZGR 1999, 781, 787 ff. 34 In diese Richtung die Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 41 f. 30 31

B. Rechtsform einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

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lich-rechtlichen Börsen auf der einen und privatrechtlich organisierten alternativen Handelssystemen auf der anderen Seite.35 Will man in Anbetracht der vorstehenden Überlegungen Börsen und alternative Handelssysteme nun einem gemeinsamen Regelungsrahmen unterwerfen, zugleich jedoch auch die wünschenswerte (wenn auch nicht zwingende) gesetzessystematische Nähe der Regelungen für alternative Handelssysteme zu denjenigen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen beibehalten, so kann dies mittels einer grundsätzlichen kodifikatorischen Neugestaltung gelingen: Dem Beispiel etwa des Vereinigten Königreichs und Frankreichs folgend36 ist dafür zu plädieren, auf mittlere und längere Sicht das in einer Vielzahl von Gesetzen geregelte Recht der Kapitalmärkte und Finanzdienstleistungen in einer umfassenden Kodifikation zusammenzufassen.37 Ein solcher Schritt würde es im Übrigen erlauben, die gegenwärtig fragmentierten Regelungsbereiche stärker aufeinander abzustimmen und insbesondere auch die Zusammenhänge und Interdependenzen offenzulegen.38 Folglich ist ein Regelungskonzept zu befürworten, dass Börsen und alternative Handelssysteme und darüber hinaus auch weite Bereiche des Kapitalmarkt- und Finanzdienstleistungsrechts insgesamt einem einheitlichen, kohärenten Rahmen unterwirft. Bei einer solch weitgehenden kodifikatorischen Neugestaltung handelt es sich allerdings um ein mittel- bis langfristig zu verfolgendes Projekt, welches nicht notwendigerweise im Zuge der Einführung einer privatrechtlich organisierten Börse zu verwirklichen ist.

B. Rechtsform einer privatrechtlich verfassten Börse Das Petitum, den Börsen die Rechtsformen des Privatrechts zu eröffnen, enthält noch keine Aussage darüber, ob tatsächlich sämtliche theoretisch zur Verfügung stehenden Rechtsformen auch geeignet sind. Als Mittel zur Gewährleistung wirtschaftlich leistungsfähiger, im Rechtsverkehr Vertrauen genießender Börsen ist die Einführung einer Rechtsformbeschränkung zu erwägen. Erweist sich diese Maßnahme als sinnvoll, ist zu erörtern, welche Rechtsformen für ein Börsenunternehmen in Frage kommen. Daran knüpft sodann die Untersuchung an, in welcher Weise eine Umwandlung der Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts in eine privatrechtliche Rechtsform erfolgen kann.

Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 77. Eine umfassende Kodifikation gibt es im Vereinigten Königreich mit dem Financial Services and Markets Act 2000 (ergänzt durch das FSA Handbook), in Frankreich mit dem Code Monétaire et Financier (ergänzt durch das règlement général der AMF). 37 Zu einem derartigen neu zu schaffenden Finanzdienstleistungsgesetz siehe auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 71 f.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 42. 38 Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 71 f. 35 36

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

I. Rechtsformbeschränkung 1. Erfordernis einer Rechtsformbeschränkung Nachdem das Mittel der Rechtsformbeschränkung aus verschiedenen anderen Wirtschaftsbereichen bekannt ist39 und sich dort bewährt hat, fragt sich, ob auch in Bezug auf die privatrechtliche Börse die Einführung einer Rechtsformbeschränkung geboten erscheint. Zunächst seien einige Beispiele bestehender Rechtsformbeschränkungen in den Blick genommen. Es ist etwa auf die privatrechtlichen Versicherungsunternehmen hinzuweisen, die gemäß § 7 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes40 (VAG) einer Beschränkung auf die Rechtsformen der Aktiengesellschaft einschließlich der Europäischen Gesellschaft (SE) und des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit unterliegen. Kapitalanlagegesellschaften, also Unternehmen, welche Investmentfonds verwalten, dürfen nur in den Rechtsformen der Aktiengesellschaft oder der GmbH betrieben werden (§ 6 Abs. 1 S. 2 InvG). Privaten Bausparkassen wiederum steht gemäß § 2 Abs. 1 des Bausparkassengesetzes41 (BausparkG) nur die Form der Aktiengesellschaft offen. Eine weniger weitgehende Beschränkung nimmt indes § 2b Abs. 1 KWG vor, der für Kreditinstitute lediglich die Form des Einzelkaufmannes ausschließt. Es fällt zudem auf, dass der Betrieb eines multilateralen Handelssystems, der seit dem Jahre 2007 als Finanzdienstleistung im KWG geregelt ist, der genannten Beschränkung des § 2b Abs. 1 KWG nicht unterliegt. Betreiber eines multilateralen Handelssystems, die in der Form des Einzelkaufmannes oder der Personenhandelsgesellschaft verfasst sind, haben als Wertpapierhandelsunternehmen (§ 1 Abs. 3d S. 2 KWG) lediglich die besonderen Vorgaben des § 2b Abs. 2 KWG hinsichtlich der Beurteilung ihrer Solvenz zu beachten. Hinzu kommen die strengen, aber nicht rechtsformspezifischen allgemeinen Anforderungen an Institute, die der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegen. Indes ist eine Vergleichbarkeit der oben genannten, einer Rechtsformbeschränkung unterworfenen Unternehmen mit Börsen nur in begrenztem Umfang gegeben.42 Während die genannten Unternehmen fremde Gelder verwalten, obliegt den Börsen das Zusammenführen von Kauf- und Verkaufsaufträgen. Die Gelder der Anleger werden nicht von den Börsen selbst, sondern von den zum Börsenhandel 39 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 112 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406; siehe zudem Baums / Segna, Börsenreform, S. 42 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; Segna, ZBB 1999, 144, 148. 40 Versicherungsaufsichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. 12. 1992, BGBl. 1993 I 2; zuletzt geändert durch Artikel 97 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 41 Gesetz über Bausparkassen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 2. 1991, BGBl. I 454; zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 29. 7. 2008, BGBl. I 1509. 42 Noch weitergehend Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 121 f., der feststellt, die schützenswerten Interessen lägen völlig anders.

B. Rechtsform einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

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zugelassenen Unternehmen verwaltet. Ebenso liegt dies nur bei den Betreibern multilateraler Handelssysteme, die wie gezeigt keiner Rechtsformbeschränkung unterworfen sind. Sind die Überlegungen, die die vorgenannten Rechtsformbeschränkungen begründen, insoweit nur begrenzt auf Börsen übertragbar, so gibt es gleichwohl gewichtige Gründe, auch bei der privatrechtlich verfassten Börse eine solche Beschränkung vorzunehmen. Eines der zentralen staatlichen Regelungsziele im Bereich des Börsenwesens ist wie bereits gezeigt der Marktfunktionsschutz.43 In diesem Zusammenhang darf die Organisation des Marktbetreibers nicht außer Betracht bleiben.44 Der Betrieb eines modernen Handelssystems erfordert erhebliche Investitionen und bedarf daher eines kapitalkräftigen Börsenunternehmens.45 Da der Entwurf der privatrechtlichen Börse ohne die Trennung von Börse und Börsenträger auskommen soll46, muss die privatrechtliche Börse in der Lage sein, die gegenwärtig dem Börsenträger zugewiesenen Funktionen wahrzunehmen. Überdies geht die Börse als Marktbetreiberin eine Vielzahl von Rechtsbeziehungen ein, so etwa mit den Handelsteilnehmern und den Emittenten. Es ist essentiell, dass sie den sich hieraus ergebenden Verpflichtungen in zuverlässiger Weise nachkommt. Ist dies nicht gewährleistet, so hat dieser Umstand nicht nur Einfluss auf das jeweilige Rechtsverhältnis. Vielmehr wäre als Folge ein allgemeiner Verlust des Vertrauens in die Börse zu gewärtigen, welcher mit der Verlagerung von Handelsumsätzen an andere Börsenplätze einherginge. Im Interesse des Marktfunktionsschutzes sind daher nur Rechtsformen zuzulassen, die zu einer Gewährleistung der Solvenz der Börse beitragen und zudem deren kontinuierlichen Fortbestand als Trägerin von Rechten und Pflichten, unabhängig etwa vom Ausscheiden einzelner Gesellschafter, sicherstellen. Daneben sprechen auch Gesichtspunkte des Anleger- und Verkehrsschutzes für eine Rechtsformbeschränkung.47 Eine solche Regelung liegt zum einen, wie eben bereits anklang, im Interesse der Verkehrskreise, die mit einer Börse vertragliche Beziehungen eingehen, also insbesondere dem Interesse der Emittenten und Handelsteilnehmer. Aber auch dem Schutz der Anleger dient eine Rechtsformbeschränkung, obwohl diese mit der Börse im Regelfall nicht in einer vertraglichen Beziehung stehen. Zwar verwaltet die Börse, wie bereits festgestellt, keine Gelder der Anleger, jedoch haben diese ein Interesse daran, dass die Börse über handlungsfähige Organe verfügt, die in der Lage sind, das Marktgeschehen zu beobachten und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Wie bei der öffentlich-rechtlichen Börse wird es auch bei der privatrechtlich verfassten Börse darum gehen, eine wirSiehe hierzu 3. Kapitel C. I. Vgl. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 365. 45 In diese Richtung auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 225. 46 Vgl. Segna, ZBB 1999, 144, 146. 47 So auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 225; a.A. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 122. 43 44

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

kungsvolle börseneigene Aufsicht zu etablieren.48 Die dem Anlegerschutz dienende Schaffung einer marktnahen Kontrollinstanz kann eine Börse nur verwirklichen, wenn ihre Rechtsform geeignete Organe vorsieht oder deren Errichtung zumindest zulässt. Im Übrigen dient es dem Anlegerschutz, wenn die Rechtsform ein hinreichendes Maß an Transparenz gewährleistet49, welches eine Überwachung der Börse durch die Marktteilnehmer und die staatlichen Aufsichtsbehörden ermöglicht. Dieses Anliegen ist allerdings auch einer spezialgesetzlichen Regelung zugänglich und erfordert daher nicht zwingend eine Rechtsformbeschränkung.

2. Geeignete Rechtsformen Nachdem das Erfordernis einer Rechtsformbeschränkung somit zu bejahen ist, bleibt zu untersuchen, welche Rechtsformen für eine privatrechtliche Börse in Betracht kommen. Insbesondere ist hier an Kapitalgesellschaften, nämlich an die Aktiengesellschaft und die GmbH50, zu denken. Es werden jedoch auch andere körperschaftliche Verbandsformen sowie die Personengesellschaften zu erörtern sein.

a) Kapitalgesellschaften Als besonders geeignet erweist sich die Rechtsform der Aktiengesellschaft. 51 Diese ist in der Lage, sich an den organisierten Kapitalmärkten Eigenkapital zu beschaffen52, und unterliegt strengen Vorschriften zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. Auch trägt die mit der Ausgestaltung als Aktiengesellschaft verbundene Öffnung des Börsenunternehmens für einen breiten Investorenkreis53 dem Prozess der Demutualisierung Rechnung. Dieser in vielen Ländern zu beobach48 In diese Richtung auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 51; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 368; Segna, ZBB 1999, 144, 151; siehe 4. Kapitel G. 49 Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91. 50 Baums / Segna, Börsenreform, S. 42 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91. 51 Baums / Segna, Börsenreform, S. 43; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 44; Segna, ZBB 1999, 144, 148; siehe auch Claussen, ZBB 2000, 1, 3, 5. 52 Baums / Segna, Börsenreform, S. 43; Segna, ZBB 1999, 144, 148. 53 Für eine Öffnung der Börsengesellschaft für einen über die Handelsteilnehmer hinausgehender Investorenkreis sprechen sich aus: Baums / Segna, Börsenreform, S. 43; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 223 ff.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 400 f., 406 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92; Segna, ZBB 1999, 144, 148 f.; vgl. zudem Köndgen, JITE 154 (1998), 224, 237 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 225 f.; ders., ZBB 2004, 99, 102; Perlitz, JITE 154 (1998), 257, 259 f.

B. Rechtsform einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

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tende Prozess beschreibt die Entwicklung der Börsen von verbandsmäßigen Zusammenschlüssen der Handelsteilnehmer hin zu gewinnorientierten Unternehmen mit breiter Eigentümerbasis.54 Überdies spricht für die Aktiengesellschaft, dass sie in ihrem Fortbestand von dem Ausscheiden einzelner Aktionäre unabhängig ist, wie auch, dass sie mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat über Organe verfügt, die grundsätzlich geeignet sind, die nach gegenwärtiger Rechtslage den Börsenorganen zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen. Unter diesem Aspekt erweist sich hingegen die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), welche gemäß dem Grundsatz der Selbstorganschaft ausgestaltet ist55, als wenig geeignet. Bei der KGaA nehmen gemäß den §§ 278 Abs. 2, 283 des Aktiengesetzes56 (AktG) die persönlich haftenden Gesellschafter die Funktionen des Vorstandes einer Aktiengesellschaft wahr.57 Mit Einschränkungen ist neben der Aktiengesellschaft auch die GmbH als geeignet anzusehen.58 Sie unterliegt ebenfalls Vorschriften zur Kapitalaufbringung und -erhaltung, wenn diese auch weniger streng als bei der Aktiengesellschaft ausgestaltet sind. Auch verfügt sie gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung59 (GmbHG) über einen oder mehrere Geschäftsführer und erlaubt jedenfalls die fakultative Bildung eines Aufsichtsrates (§ 52 GmbHG). Allerdings besteht für die GmbH nicht die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung an den organisierten Kapitalmärkten im Wege eines Börsenganges.60 Wenngleich ihr die Aufnahme von Eigenkapital durch ein going public somit versperrt ist, so steht ihr aber immerhin die außerbörsliche Beschaffung von Eigenkapital im Wege einer Kapitalerhöhung (§§ 55 ff. GmbHG) sowie auch von Fremdkapital, etwa durch die Begebung von Unternehmensanleihen, offen. Insbesondere für Spezial- und Nischenbörsen kann die Rechtsform der GmbH durchaus geeignet sein.61 Dies gilt allerdings nicht für die Form der Unternehmergesellschaft62, welche gemäß § 5a Abs. 1 GmbHG nicht den Anforderungen an das Mindeststammkapital einer GmbH unterliegt. Siehe bereits 1. Kapitel A. sowie 2. Kapitel B. V. 3. a). Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 257. 56 Aktiengesetz vom 6. 9. 1965, BGBl. I 1089; zuletzt geändert durch Artikel 74 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 57 Vertiefend Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 352 f. 58 In diese Richtung Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; kritisch hingegen Mues, ZBB 2004, 99, 101. 59 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Artikel 76 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 60 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 226. 61 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406; Segna, ZBB 1999, 144, 148; siehe auch Claussen, ZBB 2000, 1, 5. 62 Diese wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. 10. 2008, BGBl. I 2026, geschaffen. 54 55

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

b) Andere körperschaftliche Verbandsformen Als kaum geeignet erweisen sich hingegen die körperschaftlichen Verbandsformen des wirtschaftlichen Vereins63 und der eingetragenen Genossenschaft64 (eGen). Während dem wirtschaftlichen Verein (im Gegensatz zum nichtwirtschaftlichen Verein) grundsätzlich die Rechtsfähigkeit verwehrt ist65 (§ 22 BGB), steht der Rechtsform der eGen entgegen, dass ihre Verwendung an den Zweck der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes gebunden ist66 (§ 1 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes67).

c) Personengesellschaften Ebenfalls kaum geeignet für eine privatrechtliche Börse ist die Form einer Personengesellschaft.68 Personengesellschaften sind im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften stark auf die einzelnen Gesellschafter ausgerichtet und in ihrer Entwicklung und ihrem Fortbestand von deren unternehmerischen Fähigkeiten und Zielen abhängig.69 Aufgrund der umfassenden persönlichen Haftung der Gesellschafter kann sich im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters die Suche nach einem Nachfolger sehr kompliziert darstellen – eine Schwierigkeit, die bei den Kapitalgesellschaften, bei welchen sich die Beteiligung der Gesellschafter grundsätzlich auf eine der Höhe nach feststehende reine Kapitalbeteiligung beschränkt70, nicht zu gewärtigen ist.71 Auch sind die Personengesellschaften durch den Grundsatz der Selbstorganschaft geprägt72, der den vielfältigen Anforderungen an die Leitung eines Börsenunternehmens nicht gerecht wird. All dies spricht gegen die Zulassung der Form einer Personengesellschaft für die privatrechtlich verfasste Börse.

63 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 124 f.; vgl. auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 44 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 149. 64 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 225; insoweit unentschieden Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 124. 65 Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 120; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 679 ff. 66 Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 145; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1264. 67 Genossenschaftsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. 10. 2006, BGBl. I 2230; zuletzt geändert durch Artikel 77 des Gesetzes vom 17. 12. 2008, BGBl. I 2586. 68 So Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 123 f.; siehe zudem Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91, der eine Beschränkung auf juristische Personen befürwortet. 69 Vgl. Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 23 f. 70 Ähnlich Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 25 f. 71 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 123 f. 72 Vertiefend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 249, 409 ff.

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d) Abschließende Bewertung Konnte somit festgestellt werden, dass die Form der Aktiengesellschaft und mit gewissen Abstrichen auch diejenige der GmbH in Betracht kommen, stellt sich allerdings die Frage, wieso es einer so weitgehenden Rechtsformbeschränkung bedarf, wenn bei multilateralen Handelssystemen, die in materieller Hinsicht weitestgehend die gleiche Tätigkeit ausüben, nach gegenwärtiger Rechtslage sogar gänzlich auf eine Rechtsformbeschränkung verzichtet wird. Indes ist es so, dass die Bedeutung der Börsen für den deutschen Kapitalmarkt diejenige der multilateralen Handelssysteme erheblich übersteigt. Während die multilateralen Handelssysteme den klassischen Börsenhandel gegenwärtig lediglich ergänzen und in ihrer Entwicklung nicht unnötig gehemmt werden sollen, erlaubt sich ein solches Vorgehen für die Börsen nicht. Der erheblichen Bedeutung der Börsen für die deutsche Volkswirtschaft würde es nicht gerecht werden, „Schieflagen“ in Kauf zu nehmen und auf die Selbstheilungskräfte des Marktes zu vertrauen.73 Daher lässt der Vergleich mit den multilateralen Handelssystemen nicht den Schluss zu, dass auch für Börsen eine Erweiterung des Kreises zulässiger Rechtsformen über die beiden genannten Formen hinaus angezeigt wäre. Bleibt die Frage, ob die Form der GmbH, die sich als weniger geeignet als die Aktiengesellschaft erwies, ebenfalls ausgeschlossen werden sollte. Dies ist jedoch nicht angeraten. Eine Rechtsformbeschränkung stellt als Berufsausübungsregelung einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG dar.74 Zwar handelt es sich hierbei um die Eingriffsstufe mit der geringsten Intensität, doch bedarf auch ein solcher Eingriff der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Es ist zu berücksichtigen, dass eine Rechtsformbeschränkung nicht isoliert zu betrachten ist. Erweist sich eine Rechtsform, etwa die der GmbH, in einzelnen Punkten als problematisch, so kann dem gegebenenfalls durch börsenrechtliche Spezialvorschriften abgeholfen werden.75 Auch würde eine Beschränkung auf die Aktiengesellschaft die unternehmerische Freiheit und Flexibilität unnötig einschränken, denn für gewisse Börsentypen, wie etwa Spezialbörsen für „exotische“ Finanzprodukte, mag etwa die GmbH durchaus geeigneter sein als die Aktiengesellschaft. Im Ergebnis ist daher eine Beschränkung auf die Rechtsformen der Aktiengesellschaft und der GmbH zu befürworten.

73 In diese Richtung aber Köndgen, Festschrift Lutter, S. 1401, 1414; vgl. auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 44. 74 Vertiefend Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 113 ff. 75 Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 91; Segna, ZBB 1999, 144, 148; siehe auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 123; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 406.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

II. Umwandlung der Anstalt in die privatrechtliche Rechtsform Es ist zu untersuchen, ob das UmwG einen rechtlichen Rahmen für die Umwandlung einer als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts verfassten Börse in eine Kapitalgesellschaft zur Verfügung stellt. Zu erörtern sind die Umwandlungsarten des Formwechsels sowie der Spaltung, letztere in der Variante der Ausgliederung. Zunächst ist zu prüfen, ob die Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts durch einen Formwechsel gemäß § 301 UmwG (i. V. m. §§ 190 Abs. 1, 191 Abs. 1 Nr. 6 UmwG) die Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder GmbH erlangen kann. Dieser Weg erweist sich jedoch letztlich als nicht gangbar: Die genannten Normen sehen zwar vor, dass eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts durch Formwechsel die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft erhalten kann.76 Durch § 301 Abs. 2 UmwG wird die Möglichkeit eines derartigen Formwechsels jedoch auf rechtsfähige Körperschaften und Anstalten als formwechselnde Rechtsträger beschränkt. Diese Bestimmung soll eine eindeutige Zuordnung der Rechtspositionen gewährleisten und setzt daher Vollrechtsfähigkeit voraus.77 Bei Börsen handelt es sich lediglich um teilrechtsfähige Anstalten (§ 2 Abs. 1 BörsG).78 Öffentlichrechtliche Rechtsverhältnisse sind grundsätzlich der Börse, zivilrechtliche Rechtsverhältnisse dem Träger zuzuordnen. Die Vornahme dieser Zuordnung stellt sich in der praktischen Anwendung oft als schwierig dar.79 Auf den vorliegenden Fall kann § 301 UmwG daher keine Anwendung finden.80 Zu untersuchen bleibt die Möglichkeit der Ausgliederung. Die Regelung des § 168 UmwG (i. V. m. §§ 123 Abs. 3 Nr. 1, 124 Abs. 1 UmwG) ermöglicht die Umwandlung eines Unternehmens im Wege der Ausgliederung aus dem Vermögen einer Gebietskörperschaft oder eines Zusammenschlusses von Gebietskörperschaften zur Aufnahme dieses Unternehmens durch eine Personenhandelsgesellschaft, eine Kapitalgesellschaft oder eine eGen.81 Da sich eine Aufnahme durch den bereits als Kapitalgesellschaft verfassten Börsenträger anbietet82, ist es nicht erforderlich, auf die Alternative der Ausgliederung zur Neugründung zurückzugreifen. Perlitt, in: Semler / Stengel (Hrsg.), UmwG, § 301 UmwG Rdn. 1. H. Schmidt, in: Lutter / Winter (Hrsg.), UmwG, Bd. II, § 301 UmwG Rdn. 6; siehe auch Perlitt, in: Semler / Stengel (Hrsg.), UmwG, § 301 UmwG Rdn. 21. 78 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 10; BuckHeeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 438. 79 Ähnlich Segna, ZBB 1999, 144, 145. 80 So auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 66; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 408. 81 Vgl. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 66; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 409. 82 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 66. 76 77

B. Rechtsform einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

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Wie dem Wortlaut des § 168 UmwG zu entnehmen ist, bedarf es allerdings eines Unternehmens, welches von einer Gebietskörperschaft oder einem Zusammenschluss von Gebietskörperschaften betrieben wird und dem Vermögen der Gebietskörperschaft oder des Zusammenschlusses zuzurechnen ist. In der vorliegend betrachteten Fallgestaltung ist die Börse einschließlich der ihr zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen dem Vermögen des jeweiligen Bundeslandes83, welches die Errichtung der Börse als Anstalt genehmigt hat, zuzuordnen.84 Fraglich ist jedoch, ob die Börse ein Unternehmen im Sinne des § 168 UmwG darstellt und ob dieses von der Gebietskörperschaft, also dem jeweiligen Bundesland, betrieben wird. Teilweise wird die Ansicht vertreten, nur Eigen- und Regiebetriebe85, welche in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannt werden, seien Unternehmen im Sinne des § 168 UmwG.86 Indes spricht der Zweck der Norm dafür, auch nicht (voll-)rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, denen in Ermangelung der Vollrechtsfähigkeit ein Formwechsel nach § 301 UmwG versperrt ist, als Unternehmen im Sinne des § 168 UmwG einzuordnen.87 Zu beachten ist allerdings, dass nach dem Wortlaut der Norm und ihrem Sinn und Zweck Unternehmen nur als Ganzes ausgegliedert werden können.88 Ob die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, ist mittels eines funktionalen Unternehmensbegriffes zu ermitteln.89 Maßgeblich ist, ob das Unternehmen als solches auch in privatrechtlicher Rechtsform betrieben werden kann90, ob es eine als Unternehmen funktionsfähige Vermögenseinheit91 darstellt. Dies muss bezweifelt werden. Im Falle etwa einer Ausgliederung zur Neugründung oder zur Aufnahme durch ein drittes Unternehmen wäre die Börse zur Fortführung ihres Betriebes kaum in der Lage. Sie wäre aller bisherigen zivilrechtlichen Rechtspositionen, welche bei dem bisherigen Träger verblieben, entledigt. Sämtliche sachlichen und personellen Mittel des Börsenbetriebes, beispielsweise die computergestützten Handelssysteme und die Anstellungsverhält83 Zu der Einordnung der Bundesländer als Gebietskörperschaften im Sinne des UmwG Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 409; Lepper, RNotZ 2006, 313, 316; H. Schmidt, in: Lutter / Winter (Hrsg.), UmwG, Bd. II, § 168 UmwG Rdn. 5. 84 Vgl. hierzu den Anstaltsbegriff bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdn. 46; Papier, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38 Rdn. 27 f. 85 Zu diesen Begriffen Hörtnagel, in: Schmitt / Hörtnagel / Stratz, UmwG, § 168 UmwG Rdn. 4. 86 So Hörtnagel, in: Schmitt / Hörtnagel / Stratz, UmwG, § 168 UmwG Rdn. 3. 87 Ähnlich Perlitt, in: Semler / Stengel (Hrsg.), UmwG, § 168 UmwG Rdn. 30; H. Schmidt, in: Lutter / Winter (Hrsg.), UmwG, Bd. II, § 168 UmwG Rdn. 10 m. w. N.; in diese Richtung wohl auch Lepper, RNotZ 2006, 313, 317 f. 88 H. Schmidt, in: Lutter / Winter (Hrsg.), UmwG, Bd. II, § 168 UmwG Rdn. 12; die sich hieraus ergebende Problematik klingt auch an bei Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 66. 89 Perlitt, in: Semler / Stengel (Hrsg.), UmwG, § 168 UmwG Rdn. 31. 90 Ähnlich H. Schmidt, in: Lutter / Winter (Hrsg.), UmwG, Bd. II, § 168 UmwG Rdn. 10. 91 Lepper, RNotZ 2006, 313, 318.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

nisse mit den Mitarbeitern, wären ihrem Zugriff entzogen. Eine für sich genommen funktionsfähige Vermögenseinheit kann nicht bejaht werden. Ein Unternehmen im Sinne der Norm liegt somit nicht vor. Überdies ergeben sich auch im Hinblick darauf Bedenken, dass ein auszugliederndes Unternehmen gemäß § 168 UmwG von der Gebietskörperschaft „betrieben“ werden muss. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 BörsG ist hingegen der Börsenträger zum „Betrieb“ der Börse „berechtigt und verpflichtet“. Letztlich ist diese wie auch die vorgenannte Schwierigkeit, die hier besprochene Konstellation unter § 168 UmwG zu fassen, darauf zurückzuführen, dass diese Norm die Existenz einer Gebietskörperschaft und eines Unternehmens voraussetzt, jedoch nicht auf das Vorhandensein einer weiteren, privaten Trägergesellschaft zugeschnitten ist. Eine solche Trägergesellschaft, die kraft Gesetzes zum Betreiber bestimmt ist und der maßgebliche Rechtspositionen zugewiesen sind, fügt sich nicht in das Konzept des § 168 UmwG ein. Somit kann § 168 UmwG in Ermangelung eines Unternehmens im Sinne der Norm und eines Betreibens durch die Gebietskörperschaft keine unmittelbare Anwendung finden. Um dennoch eine Umwandlung zu ermöglichen92, ist vorzuschlagen, in ein Gesetz, welches der Einführung der privatrechtlich verfassten Börse dient, eine Bestimmung aufzunehmen, die eine entsprechende Anwendung des § 168 UmwG anordnet.93 Eine solche Bestimmung steht in Einklang mit § 1 Abs. 2 UmwG, der derartige bundes- oder landesgesetzliche Regelungen ausdrücklich erwähnt.94 Allerdings empfiehlt es sich, die Ausgliederung ausschließlich zur Aufnahme durch den bisherigen Börsenträger zuzulassen, denn nur unter dieser Voraussetzung ist ein funktionsfähiges Unternehmen gewährleistet und die Abweichung von § 168 UmwG erscheint vertretbar.

C. Zuschnitt der Börsenorgane Für die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der privatrechtlich verfassten Börse von erheblicher Bedeutung ist die Ausgestaltung der Börsenorgane. Da die Börse ohne die Trennung von Börse und Börsenträger auskommen soll95, haben die ein92 Für die Zulässigkeit eines „Wechsels“ von der Rechtsform der öffentlichen Anstalt in eine Rechtsform des Privatrechts sprechen sich auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 9, 63, aus, allerdings ohne die Normen zu benennen, die für diesen Wechsel maßgeblich sind. 93 Hier könnten ggf. auch Details des Umwandlungsvorganges in Ergänzung zu den Bestimmungen des UmwG geregelt sowie etwaige sonstige rechtliche Hindernisse ausgeräumt werden (§ 168 letzter Halbsatz UmwG, vgl. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 409). 94 Vgl. Hörtnagel, in: Schmitt / Hörtnagel / Stratz, UmwG, § 1 UmwG Rdn. 62. 95 Zu einer damit verbundenen Vereinfachung der Entscheidungsprozesse vgl. Segna, ZBB 1999, 144, 146.

C. Zuschnitt der Bo¨rsenorgane

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zurichtenden Organe die Aufgaben des bisherigen Trägers wahrzunehmen, müssen aber vor allem auch in die Lage versetzt werden, den Aufgaben nachzukommen, die gegenwärtig den mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Organen einer Anstalt des öffentlichen Rechts obliegen. Zugleich ist zu beachten, dass Abweichungen vom Grundtypus der Aktiengesellschaft beziehungsweise GmbH nach Möglichkeit zu vermeiden sind. Letzteres dient dem Schutze des Rechtsverkehrs, der bei einer ihm bekannten Rechtsform darauf vertraut, dass die Gesellschaft gemäß dem jeweiligen gesetzlichen Grundtypus ausgestaltet ist.96

I. Leitungsaufgaben Zunächst ist die Zuweisung der Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben zu betrachten. Diese obliegen bisher der Börsengeschäftsführung (§ 15 Abs. 1 S. 1 BörsG) respektive dem Leitungsorgan des Trägers, regelmäßig dem Vorstand einer Aktiengesellschaft. Da die Börsengeschäftsführung dem Vorstand der Aktiengesellschaft nachempfunden wurde97, liegt es nahe, im Falle einer privatrechtlichen Ausgestaltung als Aktiengesellschaft den Vorstand an ihre Stelle (sowie an die Stelle des Leitungsorgans des Börsenträgers) treten zu lassen.98 Im Falle einer GmbH wären diese Aufgaben von den Geschäftsführern wahrzunehmen.99 Nicht ohne weiteres übertragbar sind indes diejenigen Kompetenzen der Börsengeschäftsführung, die mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt verbunden sind. Dies gilt etwa für die Entscheidung über die Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt, die gegenwärtig durch Verwaltungsakt getroffen wird.100 Ebenso liegt dies bei der Entscheidung über die Zulassung von Handelsteilnehmern zur Teilnahme am Börsenhandel.101 Es ist jedoch anzuraten, sich auch in diesen Fragen soweit als möglich auf die Mittel des Zivilrechts zu beschränken. So kann die Börse das Verhältnis zu den Handelsteilnehmern und Emittenten durch Vertrag regeln102, sich in einem solchen die erforderlichen Befugnisse einräumen 96 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 219, 269; siehe auch Kessler, RIW 1998, 602, 615; Lutter, AG 1997, 538, 540; zu dieser Problematik, allerdings in Bezug auf privatautonome Abweichungen, zudem K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 120. 97 Siehe die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12 / 6679, 62; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 274 f. 98 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 275; so wohl auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 458. 99 So wohl auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 458. 100 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 477; hierzu auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 281 ff.; Mues, ZBB 2004, 99, 102 f. 101 Siehe nur Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 4. 102 Zu vertraglichen Vereinbarungen mit Handelsteilnehmern Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 164; zur Zulassung von Wertpapieren durch Vertrag Blumentritt, Die privatrecht-

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

lassen und zudem eine Bewehrung mittels der Vereinbarung von Vertragsstrafen103 vornehmen. Nötigenfalls können dem Leitungsorgan zudem im Wege der Beleihung die erforderlichen Eingriffsbefugnisse verliehen werden.104 Dies sollte sich allerdings sowohl aus verfassungsrechtlichen Gründen als auch, um nicht die Vorteile einer privatrechtlichen, marktwirtschaftlichen Ausgestaltung auszuhöhlen105, auf eng begrenze Bereiche beschränken. Auf diese Fragen wird noch vertieft einzugehen sein.106

II. Überwachung des Leitungsorgans Die Überwachung des Leitungsorgans ist gegenwärtig eine der zentralen Aufgaben des Börsenrates (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BörsG). Grundsätzlich erscheint es sinnvoll, an die Stelle des Börsenrates – sowie gleichzeitig an die Stelle eines Kontrollgremiums des bisherigen Börsenträgers – einen Aufsichtsrat treten zu lassen.107 Dies gilt sowohl für die private Börse in der Rechtsform der Aktiengesellschaft als auch für diejenige in der Rechtsform der GmbH, für welche die Errichtung eines Aufsichtsrates gesetzlich anzuordnen ist.108 Indes ist der Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft nicht ohne weiteres in der Lage, die bisherigen Funktionen des Börsenrates auszufüllen. Besonders umstritten ist, ob und in welcher Weise der Aufsichtsrat eine Repräsentanz der gegenwärtig im Börsenrat vertretenen Gruppen, der Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger, gewährleisten kann. Es wird sowohl vorgeschlagen, eine Vertretung dieser Gruppen in dem Aufsichtsrat selbst vorzunehmen109, als auch, ein weiteres Kontrollgremium neben dem Aufsichtsrat zu schaffen110, wellich organisierte Börse, S. 282; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 109 f.; hinsichtlich der Zulassung von Wertpapieren spricht sich Mues, a. a. O., S. 205, hingegen für eine staatliche oder eine beliehene private Stelle aus; vertiefend unten 4. Kapitel E. I. und F. I. 103 Hierzu Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 292. 104 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 273, 276 f.; vgl. zudem (zu einer Beleihung mit den Kompetenzen der Handelsüberwachungsstelle) Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f. 105 Hierzu auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 281, der auf den Vorwurf der Inkonsequenz abhebt; vgl. in Bezug auf die österreichische Rechtslage Pozniak, ZBB 1998, 357, 378. 106 Hierzu siehe unten 4. Kapitel G. II. 107 In diese Richtung auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 44. 108 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 407; Segna, ZBB 1999, 144, 149; vgl. ferner Claussen, ZBB 2000, 1, 3. 109 Claussen, ZBB 2000, 1, 3; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 401, 407; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 149; kritisch: Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 256 ff.; Hammen, AG 2001, 549, 552 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 165.

C. Zuschnitt der Bo¨rsenorgane

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ches sich aus Vertretern dieser Gruppen zusammensetzt. Die erstgenannte Gestaltungsvariante verfügt über den Vorzug, dass sie schlanke Entscheidungsprozesse und die Vermeidung von Effizienzverlusten aufgrund von Koordinierungserfordernissen gewährleistet. Dennoch spricht ein gewichtiger Umstand gegen diese Variante: Durch eine Einbeziehung der betroffenen Gruppen in den Aufsichtsrat kann nur eine marginale Beteiligung erreicht werden. Die Besetzung des Aufsichtsrates ist zu einem großen Teil bereits anderweitig vorgegeben. Zum einen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 14 GG) eine Vertretung der Anteilseigner im Aufsichtsrat von unter 50 Prozent unzulässig.111 Zum anderen ist aufgrund der Arbeitnehmermitbestimmung112 im Falle einer Börse mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern ein Drittel der Aufsichtsratssitze von Arbeitnehmerseite zu besetzen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3, § 4 Abs. 1 des Drittelbeteiligungsgesetzes 113 (DrittelbG)). In diesem Fall stünde nur ein Sechstel der Aufsichtsratssitze für eine Einbeziehung der Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger zur Verfügung. Soweit die Gesellschaft in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt, stünde den Arbeitnehmern sogar eine hälftige Berücksichtigung zu (§ 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 S. 1 des Mitbestimmungsgesetzes114 (MitbestG)), für eine Einbeziehung der genannten Kreise wäre somit überhaupt kein Raum mehr vorhanden.115 Aufgrund der Vielschichtigkeit der Interessen der Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger, die jeweils inhomogene Gruppen mit widerstreitenden Interessen bilden116, stellt es sich bereits als äußerst schwierig dar, bei Stellung eines Sechstels der Aufsichtsratsmitglieder eine angemessene Vertretung sicherzustellen.117 Bezieht man in die Überlegungen mit ein, dass ein Überschreiten der Grenze von 2.000 Arbeitnehmern bei der Deutsche Börse AG, die im Falle einer Umwandlung die FWB aufnehmen würde (§ 168 UmwG), auf längere Sicht durchaus vorstellbar ist118, so 110 Hellwig, ZGR 1999, 781, 795; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92 f., der jedoch letztlich die andere Alternative bevorzugt; ferner kritisch: Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 269 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 165. 111 Hierzu BVerfG vom 1. 3. 1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78 – BVerfGE 50, 290, 350; vertiefend Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 258 ff.; vgl. zudem Hellwig, ZGR 1999, 781, 794; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 109; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92; Mues, ZBB 2004, 99, 102. 112 Hierzu Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 258; Hammen, AG 2001, 549, 552 ff.; Hellwig, ZGR 1999, 781, 794 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 401, 407; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 44. 113 Drittelbeteiligungsgesetz vom 18. 5. 2004, BGBl. I 974; geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 14. 8. 2006, BGBl. I 1911. 114 Mitbestimmungsgesetz vom 4. 5. 1976, BGBl. I 1153; zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 14. 8. 2006, BGBl. I 1911. 115 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 261; Hammen, AG 2001, 549, 553. 116 Hammen, AG 2001, 549, 553. 117 So auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 261 ff.; bereits gegenüber der gegenwärtigen Ausgestaltung kritisch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 165.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

wird noch deutlicher, dass eine Berücksichtigung jener Gruppen bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates kein dauerhaft tragfähiges Modell darstellt.119 Auch ist davon auszugehen, dass eine nennenswerte Einschränkung der Grundsätze der Arbeitnehmermitbestimmung politisch nicht durchsetzbar ist.120 Zudem spricht ein weiterer Umstand dafür, eine Mitwirkung der im Börsenrat vertretenen Gruppen nicht im Aufsichtsrat, sondern in einem weiteren Gremium, welchem allerdings lediglich eine beratende Funktion zukommen sollte, vorzusehen. Es wurde bereits auf den Prozess der Demutualisierung hingewiesen.121 Während früher der hergebrachte Verband der zum Handel zugelassenen Personen die Börse ausmachte, nehmen die im Börsenrat vertretenen Gruppen nun eher die Rolle von Kunden einer als gewinnorientiertes Unternehmen agierenden Börse ein. Verdeutlicht werden kann dies etwa anhand der Tatsache, dass im Xetra-Handel der FWB die Geschäftsabschlüsse ohne Mitwirkung der Skontroführer innerhalb eines vollelektronischen Systems, welches der Börsenträger unterhält, zustande kommen. Es ist somit konsequent und trägt lediglich den tatsächlichen Veränderungen Rechnung, diese Bedeutungsverschiebung bei der Organisation der privatrechtlich verfassten Börse zu berücksichtigen. Ist es der Börsenbetreiber, der die personellen und insbesondere finanziellen Mittel für den Betrieb des Handelssystems aufbringt, so ist es nur folgerichtig, den Aufsichtsrat einer einheitlichen privatrechtlichen Börse mit Vertretern der Anteilseigner (und Arbeitnehmer) zu besetzen.122 Eine Mitwirkung von Vertretern der Marktgegenseite, die als Kunden der Börse und möglicherweise sogar zugleich als Betreiber alternativer Handelssysteme widerstreitende Interessen verfolgen, ist nicht geboten und liegt nicht im Interesse des Börsenunternehmens.123 Da es indes im Interesse des Marktfunktions- und Anlegerschutzes durchaus wünschenswert ist, die Sachkunde dieser Kreise für die Börse nutzbar zu machen, sollte neben Aufsichtsrat und Vorstand ein weiteres, rein beratendes Gremium errichtet werden, in dem diese vertreten sind. Eine beratende Funktion wird der eben 118 Gegenwärtig ist für die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Deutsche Börse AG das DrittelbG maßgeblich. Allerdings nennt der Geschäftsbericht 2007 für die „Gruppe Deutsche Börse“, die sich aus der Deutsche Börse AG sowie ihren Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen zusammensetzt, bereits eine Mitarbeiterzahl von insgesamt rund 3.300 (S. 68); abrufbar unter http: //deutsche-boerse.com/dbag/ dis patch/de/kir/gdb_navigation/investor_relations/30_Reports_and_Figures/30_Annual_Reports /10_Annual_Report_2007. 119 Zu diesem Ergebnis kommt auch Hammen, AG 2001, 549, 553; ähnlich Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 109. 120 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 258; Hellwig, ZGR 1999, 781, 795; in diese Richtung auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92 („politisch nicht einfach durchsetzbar“). 121 Siehe hierzu oben 1. Kapitel A. sowie 2. Kapitel B. V. 3. a). 122 So auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 256. 123 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 265; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 165; Perlitz, JITE 154 (1998), 257, 259 f.

C. Zuschnitt der Bo¨rsenorgane

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beschriebenen Rolle, die die Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger gegenüber der Börse einnehmen, gerecht. Überdies ermöglicht die Errichtung eines weiteren Gremiums eine angemessene zahlenmäßige Berücksichtigung der verschiedenen, inhomogenen124 Gruppen. Es bietet sich an, sich an der Größe des gegenwärtigen Börsenrates, der aus bis zu 24 Personen besteht, zu orientieren.125 Erweist es sich somit als erforderlich, zur Gewährleistung der Repräsentanz der bisher im Börsenrat vertretenen Gruppen ein weiteres Gremium einzurichten, ist überdies darauf hinzuweisen, dass der Aufsichtsrat auch unter einem anderen Gesichtspunkt nicht vollumfänglich an die Stelle des Börsenrates treten kann. Die dem Börsenrat zugewiesenen Aufgaben gehen über diejenigen eines Aufsichtsrates hinaus. Der Börsenrat ist mit der Überwachung der Geschäftsführung, zudem jedoch auch mit Grundlagenzuständigkeiten (in Ermangelung einer Hauptversammlung bei der Börse) sowie mit einigen Geschäftsführungsangelegenheiten betraut.126 Die beiden letztgenannten Aufgabenbereiche sind bei der Aktiengesellschaft durch die Hauptversammlung sowie den Vorstand wahrzunehmen.127 Bei der GmbH obliegen sie den Gesellschaftern respektive den Geschäftsführern.128 Insoweit müssen diese Organe an die Stelle des Börsenrates treten.129

III. Handelsüberwachung und Verhängung von Sanktionen Hinsichtlich der Aufgaben der Handelsüberwachungsstelle und des Sanktionsausschusses erscheint es sinnvoll, diese aufgrund ihres inneren Zusammenhangs bei einer Stelle zu bündeln. Da die Befassung mit diesen Aufgaben noch unter einen weiter gefassten Begriff der Leitungs- und Geschäftsführungstätigkeiten zu fassen ist130, ist daran zu denken, die Aufgaben beim Vorstand beziehungsweise Hammen, AG 2001, 549, 553. Der Börsenrat der FWB wurde im Herbst 2007 von 24 auf 18 Personen verkleinert; siehe hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. 5. 2007, S. 21. 126 Siehe hierzu Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 268 f., 278 f.; vgl. auch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 12 – 14 BörsG Rdn. 2; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 9 BörsG Rdn. 1. 127 Zur Hauptversammlung siehe Grunewald, AG 1990, 133; Spindler, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), Aktiengesetz, Bd. I, § 119 Rdn. 7. 128 Zu den Zuständigkeiten der Gesellschafter der GmbH vgl. Zöllner, in: Baumbach / Hueck, GmbH-Gesetz, § 46 Rdn. 72 ff. 129 So im Ergebnis auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 280. 130 Siehe in Bezug auf Unternehmenskontrolle und Compliance Hüffer, Aktiengesetz, § 76 Rdn. 7 f.; Seibt, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), Aktiengesetz, Bd. I, § 76 Rdn. 9. Die Handelsüberwachung (also Überwachung dritter Personen) geht zwar über diese Aufgaben hinaus, ist mit ihnen aber verknüpft und fällt jedenfalls noch unter den Begriff der Geschäftsführung. 124 125

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

den Geschäftsführern anzusiedeln.131 Alternativ ist zu erwägen, im Interesse der Unabhängigkeit der Überwachung ein weiteres Gremium zu schaffen, welches diese Kompetenzen wahrnimmt. Jedoch ist die Errichtung weiterer Gremien im Hinblick auf effiziente Entscheidungsprozesse und klare Zuständigkeiten mit Nachteilen verbunden.132 Da es ohne weiteres möglich ist, einzelnen Vorständen beziehungsweise Geschäftsführern bestimmte Aufgaben zuzuweisen133 und diese mit den entsprechenden personellen und sachlichen Ressourcen auszustatten, und da auf diese Weise eine funktionale Trennung in der Aufgabenwahrnehmung hergestellt werden kann134, ist diese Vorgehensweise vorzuziehen. Es stellt sich allerdings die Frage, in welcher Weise die hoheitlichen Eingriffsbefugnisse, die der Handelsüberwachungsstelle und dem Sanktionsausschuss zur Verfügung stehen, bei einer privatrechtlichen Börse nachgebildet werden können. Hier gilt wiederum, dass für eng abgegrenzte Bereiche eine Beleihung erfolgen kann.135 Darüber hinaus steht der Börse, wenn ihre Mittel erschöpft sind, die Anrufung der staatlichen Aufsichtsbehörden frei.136 Eine vollständige Verlagerung der Aufsichtskompetenzen auf staatliche Aufsichtsstellen ist hingegen nicht zu befürworten, da sich die Existenz einer marktnahen börseneigenen Aufsicht als sinnvoll erwiesen hat.137 Auch erfordern die Art. 41 Abs. 1 und 43 Abs. 1 der MiFID eine derartige börseneigene Überwachungseinrichtung.

IV. Fazit zur Verteilung der Zuständigkeiten Abschließend ist festzuhalten, dass folgende Verteilung der Zuständigkeiten auf die Organe einer als Aktiengesellschaft (beziehungsweise GmbH) verfassten Börse 131 A.A. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 288, 291, der das Erfordernis der Unabhängigkeit der Aufsichtsstelle betont. 132 So auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 92, allerdings in Bezug auf ein zusätzliches Kontrollgremium neben dem Aufsichtsrat. 133 Hüffer, Aktiengesetz, § 77 Rdn. 10, 14; Mertens, in: Kölner Kommentar, AktG, Bd. II, § 77 Rdn. 15 ff.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbH-Gesetz, § 35 Rdn. 33, § 37 Rdn. 27, § 43 Rdn. 26. 134 Geeignet erscheint die Schaffung einer dem Leitungsorgan untergeordneten Verwaltungseinheit, die ausschließlich mit Überwachungsaufgaben betraut ist. Siehe vertiefend unten 4. Kapitel G. III. 135 Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 110; siehe ferner Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 273, 276 f., 289, 294; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 218 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 151 f.; vertiefend unten 4. Kapitel E. I., F. I. und G. II. 136 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 273, 277 f.; vgl. auch Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 109; Mues, ZBB 2004, 99, 102. 137 Ähnlich Segna, ZBB 1999, 144, 151; andererseits kann auf eine übergeordnete, staatliche Aufsicht ebenfalls nicht verzichtet werden, Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 285; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 217 f.; ders., ZBB 2004, 99, 103.

D. Setzung des Regelwerkes der Bo¨rse

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vorgeschlagen wird: Dem Vorstand (den Geschäftsführern) obliegen die Leitungsaufgaben sowie, hiervon funktional getrennt, die Überwachung des Handels und die Verhängung von Sanktionen. Der verpflichtend zu bestellende Aufsichtsrat ist zur Überwachung des Leitungsorgans berufen. Ein weiteres beratendes Gremium, welches sich aus Vertretern der Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger zusammensetzt, bringt die Sachkunde dieser Kreise ein. Im Übrigen obliegen der Hauptversammlung (den Gesellschaftern) die gesetzlich zugewiesenen grundlegenden Angelegenheiten.

D. Setzung des Regelwerkes der Börse Bislang ist die Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts in der Lage, wesentliche Regelungen in Bezug auf die Organisation der Börse und des Handels sowie die zu erhebenden Gebühren einseitig durch Erlass der Börsenordnung und der Gebührenordnung jeweils als Satzung festzuschreiben (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, §§ 16, 17 BörsG). Zwar bedarf es einer Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde, doch ist eine Mitwirkung der betroffenen Gruppen, der Handelsteilnehmer und Emittenten138, – abgesehen von ihrer Mitwirkung aufgrund ihrer Vertretung im Börsenrat – nicht erforderlich. Diese einseitige Regelungsbefugnis ermöglicht es der Börse, das Regelwerk flexibel an sich verändernde Erfordernisse anzupassen. Im Folgenden ist zu untersuchen, welche rechtliche Ausgestaltung für das Regelwerk einer privatrechtlich verfassten Börse geeignet erscheint und insbesondere, auf welche Weise eine einseitige Regelwerksänderung ermöglicht werden kann.

I. Ausgestaltung als Allgemeine Geschäftsbedingungen Es liegt nahe, dass ein privatrechtliches Börsenunternehmen, welches die Rechtsbeziehungen mit den Handelsteilnehmern und Emittenten durch Vertrag regelt, das Regelwerk in Form standardisierter Vertragsbestimmungen in den jeweiligen Vertrag einbezieht.139 Wie bereits gezeigt140, ist eine solche Vorgehensweise der Börsen etwa aus den Rechtsordnungen Frankreichs und des Vereinigten Königreiches bekannt. Auch ist das Regelwerk des privatrechtlich verfassten Freiverkehrs (§ 48 Abs. 1 S. 1 BörsG), wie er etwa von der Deutsche Börse AG betrieben wird, in dieser Form ausgestaltet.141 Selbiges gilt für die Regeln multilateraler HandelsBlumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 132. Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 402 (Fn. 482). 140 Siehe hierzu 3. Kapitel E. I. 5. und II. 5. 141 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rdn. 79; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 48 BörsG Rdn. 1a, 2; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 206; a.A. Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 307 ff. 138 139

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

systeme gemäß § 31f Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG. Eine solche Gestaltung des Regelwerkes geht indes mit einer Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB und den damit verbundenen inhaltlichen Anforderungen einher.142 Es ist zu untersuchen, ob die Abfassung des Regelwerkes einer Börse in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Maßgabe der §§ 305 bis 310 BGB mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist, sowie, ob derartige Geschäftsbedingungen einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung unterworfen werden sollten. Zudem ist zu erörtern, ob die Mittel des Zivilrechts unter dem Gesichtspunkt der Vornahme einseitiger Regelwerksänderungen geeignete Gestaltungsmöglichkeiten bereithalten. Indes müsste es angesichts der Tatsache, dass die deutsche Rechtsordnung für den Freiverkehr und die multilateralen Handelssysteme bereits eine solche Ausgestaltung des Regelwerkes vorsieht, überraschen, wenn Letzteres nicht der Fall wäre.

1. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben Der Entwurf eines gesetzlichen Rahmens für das Regelwerk der Börsen muss insbesondere den in der MiFID formulierten Vorgaben für geregelte Märkte genügen. Gemäß den Bestimmungen der MiFID sind geregelte Märkte zu verpflichten, transparente und nichtdiskretionäre Regeln festzulegen, die einen ordnungsgemäßen Handel und eine effiziente Auftragsausführung gewährleisten (Art. 39 lit. d) der MiFID).143 Insbesondere hat ein geregelter Markt gemäß Art. 40 Abs. 1 der MiFID über Regeln für die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel zu verfügen144 sowie gemäß Art. 42 Abs. 1 der MiFID Regeln für den Zugang zu dem geregelten Markt oder die Mitgliedschaft darin festzulegen. Die 142 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 193 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 402 (Fn. 482); Kümpel, BKR 2003, 3, 11; Segna, ZBB 1999, 144, 151; ebenso in Bezug auf das Regelwerk des früheren Neuen Marktes der Deutsche Börse AG das LG Frankfurt a.M., 15. 10. 2001 – 3-0 O 138 / 01 – NJOZ 2001, 2310, 2313; Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 157; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 103; Potthoff / Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage 3, 3, 8; Römermann / Schröder, BKR 2001, 83, 84; Wolf, WM 2001, 1785, 1786, 1791; siehe ferner Bachmann, WM 2001, 1793, 1794 ff., der neben einer Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingungen indes auch eine Einstufung als privat gesetztes Recht, welches durch hoheitlichen Geltungsbefehl Verbindlichkeit erlangt, für möglich erachtet; a.A. LG Frankfurt a.M., 19. 12. 2001 – 3-3 O 145 / 01 – NJOZ 2002, 800, das die Ansicht vertritt, die Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen seien auf den Interessenabgleich im Austauschverhältnis, nicht den Eingriff in die statuarische Organisation von Teilnahmerechten zugeschnitten. 143 Dass ein geregelter Markt begriffsnotwendig eines Regelwerkes bedarf, ergibt sich auch aus Erwägungsgrund 6 sowie Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID; vgl. auch Seitz, AG 2004, 497, 500; Spindler / Kasten, WM 2006, 1749, 1753 f. 144 Seitz, AG 2004, 497, 500.

D. Setzung des Regelwerkes der Bo¨rse

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MiFID enthält sich allerdings einer Aussage über die Rechtsnatur des Regelwerkes eines geregelten Marktes. Eine solche Festlegung hätte dem Anliegen widersprochen, die Entscheidung zugunsten einer privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung den Mitgliedstaaten zu überlassen.145 Indes fällt auf, dass die MiFID einen Erlass der Regeln durch den geregelten Markt selbst vorsieht, während ihre Vorgängerin, die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie146, noch die Mitwirkung der zuständigen Behörde in den Vordergrund stellte, die die Bestimmungen zu erlassen oder zumindest zu genehmigen hatte147 (Art. 1 Nr. 13 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie). Insoweit steht eine Aufnahme des Regelwerkes in die von der Börse verwendeten standardisierten Vertragsbestimmungen mit den Anforderungen der MiFID in Einklang. Auch ist nicht ersichtlich, dass die von den genannten Vorschriften der MiFID vorgegebenen Gegenstände des Regelwerkes (Organisation des Handels, Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel148, Zugang und Pflichten der Handelsteilnehmer 149) einer Regelung in der Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht zugänglich wären. Des Weiteren sind die Vorgaben der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie150 zu beachten, die sich insbesondere mit der Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung befassen. Es stellt sich die Frage, welches der geeignete Regelungsort für die nach der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie erforderlichen Zulassungsvorschriften ist. Gegenwärtig sind diese Vorgaben in den §§ 32 ff. BörsG und der BörsZulV umgesetzt.151 Es ist fraglich, ob mittels eines als Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgestalteten Regelwerkes eine ordnungsgemäße Umsetzung auch der Vorgaben der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie gewährleistet werden kann. Dagegen spricht, dass Deutschland den Verpflichtungen, denen es als Mitgliedstaat etwa gemäß Art. 5 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie nachzukommen hat, nur mittelbar durch Einflussnahme auf das Regelwerk gerecht werden könnte.152 Überdies ist der Vorteil einer börseneigeIn diese Richtung Seitz, AG 2004, 497, 499, 505. Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 147 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 207 f. 148 Zur vertraglichen Ausgestaltung der Zulassung von Wertpapieren siehe unten 4. Kapitel F. I. 149 Zur vertraglichen Ausgestaltung der Zulassung der Handelsteilnehmer siehe unten 4. Kapitel E. I. 150 Richtlinie 2001 / 34 / EG vom 28. 5. 2001, ABl. EG Nr. L 184 vom 6. 7. 2001, 1. Diese Richtlinie ersetzt die Richtlinien 79 / 279 / EWG (Börsenzulassungsrichtlinie), 80 / 390 / EWG (Börsenprospektrichtlinie), 82 / 121 / EWG (Zwischenberichtsrichtlinie) und 88 / 627 / EWG (Beteiligungstransparenzrichtlinie). Die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie hat bereits erhebliche Änderungen erfahren, etwa durch die Richtlinie 2003 / 71 / EG (Prospektrichtlinie), indes nicht in Bezug auf die vorliegend interessierenden Bestimmungen zur Entscheidung über die Zulassung. 151 Vgl. Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rdn. 3, Vorb. BörsZulV Rdn. 1; siehe ferner von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 154. 145 146

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

nen Regelung gering, da dem Normgeber, ob nun Börse oder staatliche Stelle, aufgrund der weitgehenden Harmonisierung durch europäisches Sekundärrecht in jedem Fall nur ein minimaler Gestaltungsspielraum verbleibt.153 Daher ist anzuraten, hinsichtlich der Vorgaben der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie die Umsetzung durch staatliche Rechtsetzung zu wählen. Da dieser Weg auch gegenwärtig bereits beschritten wird und die Vorgaben nicht etwa in den Börsenordnungen umgesetzt wurden, ergibt sich insoweit kein besonderer Anpassungsbedarf. Auch zeigt der Rechtsvergleich mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich154, dass diese Rechtsordnungen ebenfalls (neben den Bestimmungen in den börslichen Regelwerken) über staatliche Regelungen zur Zulassung von Wertpapieren verfügen. Ferner ist zu erörtern, ob die Prospektrichtlinie155 wesentliche Vorgaben für die Natur des börslichen Regelwerkes enthält. Indes spielen, ähnlich wie in Bezug auf die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie gezeigt, börsenautonome Regelungen nach gegenwärtiger Rechtslage bei der Umsetzung der Prospektrichtlinie keine Rolle. Vielmehr erfolgte die Umsetzung der Vorgaben im WpPG.156 Hinzu kommt, dass (insoweit anders als bei der Umsetzung der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie) die zuständige Stelle kein Organ der Börse ist, sondern vielmehr die BaFin.157 Diese einheitliche Regelung im WpPG und die allgemeine Zuständigkeit der BaFin korrespondieren mit der Abkehr der Prospektrichtlinie vom bisherigen Nebeneinander von Börsenprospektrichtlinie 158 und Emissionsprospektrichtlinie159. Dieser Ansatz der Prospektrichtlinie wird anhand von Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 und 3 der Prospektrichtlinie deutlich, nach denen sowohl die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt als auch das öffentliche Angebot von Wertpapieren, welches nicht notwendigerweise mit einer Börsennotierung einhergeht, die Veröffentlichung eines Prospektes nach Maßgabe 152 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 204, indes in Bezug auf die Vorgängerrichtlinien der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie. 153 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 204, indes wiederum in Bezug auf die Vorgängerrichtlinien. 154 Siehe hierzu 3. Kapitel E. I. 3. und II. 3. 155 Richtlinie 2003 / 71 / EG vom 4. 11. 2003, ABl. EU Nr. L 345 vom 31. 12. 2003, 64. Diese ersetzt die Bestimmungen der Richtlinie 80 / 390 / EWG (Börsenprospektrichtlinie) sowie die Richtlinie 89 / 298 / EWG (Emissionsprospektrichtlinie). Die erstgenannte Richtlinie war allerdings bereits in der Richtlinie 2001 / 34 / EG (konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie) aufgegangen. Insoweit wurde die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie aufgehoben. 156 Apfelbacher / Metzner, BKR 2006, 81; zudem sind die Bestimmungen der Durchführungsverordnung zur Prospektrichtlinie (Verordnung EG Nr. 809 / 2004 vom 29. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 149 vom 30. 4. 2004, 1) zu beachten. 157 von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 150 f., 187. 158 Richtlinie 80 / 390 / EWG vom 17. 3. 1980, ABl. EG Nr. L 100 vom 17. 4. 1980, 1. 159 Richtlinie 89 / 298 / EWG vom 17. 4. 1989, ABl. EG Nr. L 124 vom 5. 5. 1989, 8.

D. Setzung des Regelwerkes der Bo¨rse

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der Richtlinie erfordern. Die bisherige Zweiteilung in Börsenzulassungsprospekt und Verkaufsprospekt ist damit entfallen.160 Dieser neue Ansatz erforderte eine einheitliche gesetzliche Regelung und, da der Regelungsgegenstand über die Sphäre der Börsen hinausgeht, auch eine von den Börsen unabhängige zuständige Stelle. So erklärt sich auch das mit der Umsetzung der Prospektrichtlinie erfolgte Entfallen einer Prospektbilligung durch die Zulassungsstellen der Börsen und die Zuständigkeitsansiedlung bei der BaFin als der zentralen Aufsichtsbehörde für den Bereich des WpPG.161 Es ist unbedingt geboten und auch ohne weiteres möglich, die beschriebene Gestaltung bei Einführung der privatrechtlich verfassten Börse aufrechtzuerhalten. 162 Die Vorgaben der Prospektrichtlinie, die wie gezeigt auch unabhängig von einer geplanten börslichen Notierung Anwendung finden können, sind einer Umsetzung durch börsenautonome Regelungen einer privatrechtlichen Börse nicht zugänglich. Ähnlich liegt es im Übrigen auch hinsichtlich der Marktmissbrauchs-163 und der Transparenzrichtlinie 164; bei diesen ist es so, dass die gegenständlichen Verhaltensgebote und -verbote auch bei einem Dazwischentreten von Intermediären und zudem auch auf außerbörslich getätigte Geschäfte Anwendung finden. Es ist festzuhalten, dass europäisches Sekundärrecht einer Ausgestaltung des Regelwerkes in der Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht entgegensteht. Hinsichtlich verschiedener Richtlinienvorgaben, hervorzuheben diejenigen der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie und der Prospektrichtlinie, sollte beziehungsweise muss es indes bei der schon gegenwärtig verwirklichten Umsetzung durch staatliche Rechtsetzung verbleiben.

2. Aufsichtsbehördliche Behandlung Gegenwärtig bedarf die Börsenordnung wie auch die Gebührenordnung einer Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde (§§ 16 Abs. 3 S. 1, 17 Abs. 2 S. 1 BörsG). Soll das Regelwerk nun nicht mehr durch den pluralistisch besetzten Börsenrat erlassen, sondern von einem gewinnorientiert arbeitenden Börsenunternehmen vorgegeben werden, ist eine aufsichtsbehördliche Kontrolle erst recht er160 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 32 BörsG Rdn. 4, Vorb. WpPG Rdn. 6; siehe auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum Börsenprospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 15 / 4999, 25. 161 Ähnlich von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 150 f., 187; vgl. auch Apfelbacher / Metzner, BKR 2006, 81, 83; Grub / Thiem, NZG 2005, 750, 752. 162 Vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 204 f., dessen Ausführungen indes noch nicht die Prospektrichtlinie und damit einhergehend die Vereinheitlichung von Börsenzulassungsprospekt und Verkaufsprospekt berücksichtigen konnten. 163 Richtlinie 2003 / 6 / EG vom 28. 1. 2003, ABl. EU Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 164 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 vom 31. 12. 2004, 38.

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forderlich (aber auch ausreichend), um den staatlichen Regelungszielen, namentlich dem Marktfunktions- und dem Anlegerschutz, Rechnung zu tragen.165 Zudem spricht viel dafür, dass auch eine ordnungsgemäße Umsetzung der Vorgaben der Art. 40 und 42 der MiFID eine solche Kontrolle erfordert.166 Der Pflicht, bestimmte inhaltliche Standards des Regelwerkes sicherzustellen (siehe etwa Art. 42 Abs. 5 der MiFID), können Mitgliedstaaten nur nachkommen, wenn sie zumindest eine Anzeige der Abfassung und der Änderung des Regelwerkes gegenüber der Aufsichtsbehörde vorsehen. Eine aufsichtsbehördliche Kontrolle des Regelwerkes in Form eines Anzeige- oder eines Genehmigungserfordernisses legen im Übrigen auch die Erläuterungen zu den IOSCO-Principles nahe.167 Wie bereits gezeigt wurde168, schreibt das britische Recht eine solche Anzeige vor (Sec. 287 (2), 293 (5) FSMA), während das französische Recht das Regelwerk einer behördlichen Genehmigung unterwirft (Art. L421-10 (3) und (4) des Code Monétaire et Financier). Nach dem zuvor Gesagten ist Letzteres auch für eine privatrechtlich verfasste deutsche Börse anzuraten. 3. Zivilrechtliche Zulässigkeit einer einseitigen Regelwerksänderung Unbedingte Voraussetzung für eine Ausgestaltung des Regelwerkes als Allgemeine Geschäftsbedingungen ist, dass die Börse weiterhin zu einer hinreichend flexiblen Änderung des Regelwerkes in der Lage ist. Zunächst ist daher zu untersuchen, ob das Zivilrecht de lege lata die Vornahme einseitiger Änderungen an Allgemeinen Geschäftsbedingungen ermöglicht. Zudem wird zu erörtern sein, ob de lege ferenda eine Modifizierung des Kontrollmaßstabes für börsliche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu befürworten ist, um in Bezug auf die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Änderungsvorbehaltes die Rechtssicherheit zu erhöhen. a) Beurteilung auf Grundlage des geltenden Rechts Bei erster Betrachtung scheint eine einseitige Regelwerksänderung schwerlich möglich zu sein, da im Privatrechtsverkehr die Änderung des Inhaltes eines Ver165 In diese Richtung auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 49; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 205 ff.; Hellwig, ZGR 1999, 781, 792; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 402 (siehe auch Fn. 482); Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85; Segna, ZBB 1999, 144, 151. 166 Vgl. zu diesem Erfordernis nach der insoweit engeren Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 1993, die durch die MiFID ersetzt wurde, Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 207 f. 167 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 43, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD265.pdf. 168 Siehe hierzu 3. Kapitel E. I. 5. und II. 5.

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tragsverhältnisses durch Vertrag erfolgt (§ 311 Abs. 1 BGB).169 Auch vermitteln die vor Gericht ausgetragenen Streitigkeiten über den Ausschluss so genannter Penny-Stocks aus dem früheren Neuen Markt der Deutsche Börse AG170, bei denen es insbesondere um die einseitige Aufnahme eines Ausschlusstatbestandes in das privatrechtliche Regelwerk ging, den Eindruck, eine einseitige Änderung sei kaum möglich. Dieser Eindruck trügt jedoch. Die Vereinbarung eines in geeigneter Weise gestalteten klauselförmigen Änderungsvorbehaltes, welcher im Falle des Regelwerkes des Neuen Marktes nicht in entsprechender Form gegeben war, ermöglicht durchaus eine einseitige Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.171 Auch den in großer Zahl ergangenen gerichtlichen Entscheidungen über den Ausschluss der Penny-Stocks kann nicht entnommen werden, dass die Vereinbarung eines Änderungsvorbehaltes grundsätzlich unwirksam wäre. Diese Entscheidungen zeigen lediglich verschiedene problematische Aspekte in der konkreten Ausgestaltung auf und lassen dadurch sogar erkennen, in welcher Weise ein Änderungsvorbehalt wirksam vereinbart werden kann. In der rechtlichen Würdigung ist zu unterscheiden zwischen der wirksamen anfänglichen Vereinbarung des klauselförmigen Änderungsvorbehalts auf der einen und der Wirksamkeit der jeweiligen späteren Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der anderen Seite. aa) Vereinbarung eines klauselförmigen Änderungsvorbehaltes Zunächst soll der erstgenannte Aspekt betrachtet werden. In der Regel wird die Vereinbarung eines klauselförmigen Änderungsvorbehaltes ohne weiteres unter den Begriff der Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB) zu fassen sein. Auch eine Aufnahme der Klausel in den Zulassungsantrag selbst oder auch vereinzelt unterschiedliche Formulierungen der Klausel würden nichts an einer Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingungen ändern.172 Keine Besonderhei-

169 Ähnlich Baums / Segna, Börsenreform, S. 48; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 102. 170 Siehe etwa OLG Frankfurt a.M., 29. 1. 2002 – 5 U 189 / 01 – BKR 2002, 181; OLG Frankfurt a.M., 23. 4. 2002 – 5 U 278 / 01 – WM 2002, 924; LG Frankfurt a.M., 16. 8. 2001 – 3-13 O 110 / 01 – ZIP 2001, 1498; LG Frankfurt a.M., 27. 9. 2001 – 2-22 O 332 / 01 – NZI 2001, 667; LG Frankfurt a.M., 15. 10. 2001 – 3-0 O 138 / 01 – NJOZ 2001, 2310; LG Frankfurt a.M., 19. 12. 2001 – 3-3 O 145 / 01 – NJOZ 2002, 800; Bachmann, WM 2001, 1793; Bauer / Pleyer / Hirche, BKR 2002, 102; Gebauer, EWiR 2001, 865; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 102; Krämer, BKR 2001, 131; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 109 ff.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 45; Römermann / Schröder, BKR 2001, 83. 171 In diese Richtung auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 792; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85; Mues, ZBB 2004, 99, 102; Segna, ZBB 1999, 144, 150 f.; zweifelnd hingegen Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 204. 172 Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 155 f.; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 201; Krämer, BKR 2001, 131,

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ten ergeben sich auch hinsichtlich der Einbeziehung der Klausel in den jeweiligen Vertrag der Börse mit dem Handelsteilnehmer oder Emittenten (§ 305 Abs. 2 BGB), regelmäßig als Bestandteil der (übrigen) Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine differenziertere Betrachtung erfordert hingegen die Inhaltskontrolle, der sich die folgenden Ausführungen widmen. (1) Beachtung des Transparenzgebotes Die Inhaltskontrolle, die aufgrund der Verwendung gegenüber einem Unternehmer vorliegend nur eingeschränkt erfolgt173 (§ 310 Abs. 1 BGB), hat sich mit der Frage einer unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB zu beschäftigen. Eine solche Benachteiligung liegt insbesondere vor, wenn der Änderungsvorbehalt einer Partei pauschal, ohne jegliche tatbestandliche Konkretisierung möglicher Änderungsgründe, eine schranken- und voraussetzungslose Änderungsbefugnis einräumt.174 Ein derartiger Änderungsvorbehalt verstieße gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).175 Daher ist darauf zu achten, dass der Änderungsvorbehalt, anders als dies beim Regelwerk des Neuen Marktes der Fall war, zumindest in Grundzügen eine Konkretisierung möglicher Änderungen vornimmt.176 Allerdings dürfen hier in Anbetracht des Erfordernisses einer effektiven Änderungsmöglichkeit, welche für den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Systems unerlässlich ist und damit auch im besonderen Interesse der Marktteilnehmern liegt, und der Schwierigkeit, zukünftig erforderlich werdende Änderungen abzusehen und zu umschreiben, keine überspitzten Anforderungen aufgestellt werden.177 (2) Zumutbarkeit der vorbehaltenen Änderungen Ferner ist bei der Bewertung eines Änderungsvorbehaltes die Zumutbarkeit der möglichen Änderungen für den anderen Vertragsteil von wesentlichem Gewicht. 133; Römermann / Schröder, BKR 2001, 83, 85; Wolf, WM 2001, 1785, 1787; a.A. LG Frankfurt a.M., 15. 10. 2001 – 3-0 O 138 / 01 – NJOZ 2001, 2310, 2314. 173 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 194. 174 Vgl. Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 157. 175 Hierzu Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 197 f.; siehe zudem Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 156. 176 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 200; etwas restriktiver Wolf, WM 2001, 1785, 1786, 1791 f.; zu weitgehend Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 104. 177 In diese Richtung Bachmann, WM 2001, 1793, 1796 f.; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 200; Krämer, BKR 2001, 131, 133 f.; vgl. ferner LG Frankfurt a.M., 27. 9. 2001 – 2-22 O 332 / 01 – NZI 2001, 667, 669; LG Frankfurt a.M., 19. 12. 2001 – 3-3 O 145 / 01 – NJOZ 2002, 800, 801 f.; Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 157 f.; Bauer / Pleyer / Hirche, BKR 2002, 102, 113; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 110.

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Es handelt sich hierbei um den Gedanken des § 308 Nr. 4 BGB (Änderungsvorbehalt), der aufgrund der Verwendung gegenüber Unternehmern nicht unmittelbar zur Anwendung kommt, jedoch über den Begriff der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in die Würdigung einfließt.178 Es ist daher zu verlangen, dass der klauselförmige Änderungsvorbehalt deutlich macht, dass eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stets die Interessen beider Vertragsteile angemessen zu berücksichtigen hat.179 Auch insoweit dürfen für die Wirksamkeit des Änderungsvorbehalts jedoch keine allzu hohen Hürden errichtet werden. Vielmehr ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass das Regelwerk nicht nur für das Vertragsverhältnis zweier Vertragsteile, sondern vielmehr für einen Netzverbund, bestehend aus der Börse und den Marktteilnehmern, Geltung beansprucht.180 In diesem Netzverbund treffen divergierende Einzelinteressen aufeinander und es kann im Interesse des Funktionierens des gesamten Gebildes, damit aber auch im Interesse der einzelnen Marktteilnehmer, erforderlich sein, Partikularinteressen zurücktreten zu lassen. (3) Schweigen als Zustimmung Zudem ist auf den Umstand einzugehen, dass eine Änderung des Regelwerkes ohne ausdrücklich oder zumindest schlüssig erklärte Zustimmung des Vertragspartners wirksam werden kann. Verwendet die Klausel nicht die Regelungstechnik, dem Verwender die Befugnis zu einer einseitigen Vertragsänderung einzuräumen (Konstellation des § 308 Nr. 4 BGB, siehe zuvor), sondern schreibt die Fiktion einer Zustimmung des Vertragspartners zu einer Vertragsänderung fest, so ist diese Bestimmung auch an § 308 Nr. 5 BGB (fingierte Erklärungen) zu messen.181 Gemäß § 310 Abs. 1 BGB ist diese Norm zwar nicht unmittelbar anwendbar, doch fließt ihr Grundgedanke in die Wertung des § 307 Abs. 1 BGB mit ein.182 Indes spricht bereits der Umstand, dass Erklärungsfiktionen im Handelsverkehr weit verbreitet sind, gegen eine unangemessene Benachteiligung. 183 Da auch ein besonderes sachlich anzuerkennendes Interesse der Börse an der Verwendung eines solchen 178 Vgl. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 198 f.; Roloff, in: Erman, BGB, Bd. I, § 308 Rdn. 37; ähnlich auch Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 103. 179 In diese Richtung auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 200; eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes des § 308 Nr. 4 BGB soll indes nicht genügen, so BGH, 20. 1. 1983 – VII ZR 105 / 81 – BGHZ, 86, 284, 295 (noch in Bezug auf § 10 Nr. 4 AGBG). 180 Ähnlich Bachmann, WM 2001, 1793, 1797; vgl. ferner LG Frankfurt a.M., 19. 12. 2001 – 3-3 O 145 / 01 – NJOZ 2002, 800, 801 f.; Bauer / Pleyer / Hirche, BKR 2002, 102, 111; Krämer, BKR 2001, 131, 134. 181 Zu dieser Unterscheidung Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 194 ff.; Coester-Waltjen, in: Staudinger, BGB, § 308 Nr. 4 Rdn. 2. 182 Kieninger, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. II, § 308 Nr. 5 Rdn. 16. 183 So auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 195 f.; in diese Richtung zudem H. Schmidt, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 Rdn. 18.

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Instruments besteht, ist eine unangemessene Benachteiligung insoweit nicht gegeben.184 Auch begründet die Vereinbarung des Schweigens als Zustimmung keine Unvereinbarkeit mit einem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB: Das Erfordernis einer (ausdrücklichen oder konkludenten) Zustimmung des Vertragspartners bei Vornahme einer nachträglichen Änderung, wie es aus § 305 Abs. 2 BGB hergeleitet wird, besteht im unternehmerischen Verkehr nicht, denn die genannte Norm findet dort gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung.185 Es verbleibt dabei, dass einem Schweigen zwar grundsätzlich kein Erklärungswert beizumessen ist, dass hiervon jedoch Ausnahmen, etwa in Form der Vereinbarung des Schweigens als Erklärungszeichen („beredtes Schweigen“), möglich sind. (4) Über Leistungspflichten hinausgehende Änderungen Teilweise wird die Wirksamkeit der Vereinbarung eines einseitigen Änderungsvorbehaltes auch noch unter einem anderen Gesichtspunkt in Frage gestellt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 315 BGB, die sich mit einseitigen Bestimmungsrechten befasst, nur leistungsbezogene Pflichten zum Gegenstand hat. Es soll offenbar insinuiert werden, ein einseitiges Bestimmungsrecht sei bei nicht leistungsbezogenen Vertragsgegenständen unzulässig.186 Wäre dies richtig, könnte sich die Unwirksamkeit eines klauselförmigen Änderungsvorbehaltes, welcher sowohl leistungsbezogene als auch nicht leistungsbezogene Gegenstände umfasst, aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Grundgedanke der gesetzlichen Regelung) ergeben. Diese Ansicht geht jedoch fehl. Zwar findet § 315 BGB im Falle nicht leistungsbezogener Vertragsgegenstände keine direkte Anwendung. Falsch ist jedoch der Rückschluss, außerhalb des direkten Anwendungsbereichs des § 315 BGB seien einseitige Bestimmungsrechte unzulässig. Vielmehr ist die Vereinbarung einseitiger Bestimmungsrechte auch in Bezug auf sonstige Vertragsbestandteile möglich; die Bestimmung unterliegt überdies ebenfalls einer richterlichen Kontrolle, welche entweder auf eine analoge Anwendung des § 315 BGB oder auf § 242 BGB gestützt wird.187 Somit liegt kein Fall des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor. Vgl. H. Schmidt, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 Rdn. 18 a.E. So auch Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 156 f.; vgl. zudem LG Frankfurt a.M., 15. 10. 2001 – 3-0 O 138 / 01 – NJOZ 2001, 2310, 2313; Bachmann, WM 2001, 1793, 1796; hingegen für eine Unzulässigkeit klauselförmiger Änderungsvorbehalte auch im unternehmerischen Verkehr Römermann / Schröder, BKR 2001, 83, 85. 186 In diese Richtung etwa Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.415; auch Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 104, scheint dies nahezulegen. 187 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 185; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 315 Rdn. 2; Hohloch / Hager, in: Erman, BGB, Bd. I, § 315 Rdn. 2, 11; Römermann / Schröder, BKR 2001, 83, 85 f. 184 185

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(5) Ergebnis der Inhaltskontrolle Es bleibt festzuhalten, dass ein klauselförmiger Änderungsvorbehalt, der mögliche Änderungen soweit als möglich konkretisiert und zudem eine angemessene Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile gewährleistet, wirksam vereinbart werden kann. Bei der Prüfung, ob diese Anforderungen erfüllt sind, ist indes kein allzu strenger Maßstab anzulegen: Zum einen erfordern es die Komplexität eines börslichen Systems und der stetige Wandel, dem die Rahmenbedingungen unterworfen sind, der Börse die nötige Flexibilität zu erhalten. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass vorliegend divergierende Einzelinteressen innerhalb eines Netzverbundes auszutarieren sind und somit die Zumutbarkeit nicht dadurch entfällt, dass im Einzelfall Partikularinteressen hintangestellt werden können. bb) Vornahme der späteren Änderung des Regelwerkes Nachdem also ein nach vorgenannter Maßgabe gestalteter klauselförmiger Änderungsvorbehalt in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden kann, ist nun die Wirksamkeit späterer Änderungen des Regelwerkes durch die Börse zu betrachten. Insbesondere unterliegen die jeweiligen Änderungen, wie bereits festgestellt, dem Maßstab des § 315 BGB.188 Die einseitige Bestimmung hat im Zweifel nach billigem Ermessen zu erfolgen. Dass eine gerichtliche Überprüfung der Bestimmung möglich ist, stellt allerdings keinen besonderen Nachteil gegenüber der öffentlich-rechtlichen Börse dar, denn ein als Satzung erlassenes (geändertes) Regelwerk ist ebenfalls einer gerichtlichen Prüfung zugänglich (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung189 (VwGO) i. V. m. der jeweiligen landesgesetzlichen Ausführungsvorschrift).190 Eine Vielzahl gerichtlicher Verfahren mit schwer abzuschätzendem Ausgang und als Folge eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit stehen nicht zu befürchten191, denn es ist davon auszugehen, dass sich nach einer gewissen Zeit eine einheitliche Rechtsprechung herausgebildet haben wird. 188 LG Frankfurt a.M., 16. 8. 2001 – 3-13 O 110 / 01 – ZIP 2001, 1498, 1501; LG Frankfurt a.M., 15. 10. 2001 – 3-0 O 138 / 01 – NJOZ 2001, 2310, 2314; Primary Markets Arbitration Panel, Schiedsspruch vom 10. 9. 2001, BKR 2001, 153, 159; Bachmann, WM 2001, 1793, 1797; Baums / Segna, Börsenreform, S. 48 f.; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 184 ff.; Römermann / Schröder, BKR 2001, 83, 84 ff. 189 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. 3. 1991, BGBl. I 686; zuletzt geändert durch § 62 Abs. 11 des Gesetzes vom 17. 6. 2008, BGBl. I 1010. 190 Vgl. VGH Kassel, 17. 7. 1997 – 8 NG 2271-97 – NJW-RR 1998, 120; Giesberts, in: Posser / Wolff (Hrsg.), VwGO, § 47 Rdn. 24 f.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 8; Redeker, in: Redeker / von Oertzen, VwGO, § 47 Rdn. 2, 12 ff.; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 13 BörsG Rdn. 16. 191 Diese Gefahr sieht offenbar Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 105.

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Im Übrigen ist zu beachten, dass die jeweiligen Änderungen sich in dem durch den Änderungsvorbehalt vorgegebenen Rahmen zu halten haben. Eigentlich bedarf es keiner besonderen Betonung, dass außerhalb des vom Änderungsvorbehalt gesteckten Rahmens Änderungen nur durch einen Vertrag erfolgen können (§ 311 Abs. 1 BGB), welcher die ausdrücklichen oder konkludenten Willenserklärungen beider Vertragsparteien erfordert. Dennoch erwies sich dieser Umstand beim Ausschluss der Penny-Stocks aus dem Neuen Markt als problematisch. Während in einigen Fällen lediglich ein Änderungsvorbehalt bezüglich der „Zulassungsfolgepflichten“ vorlag, beabsichtigte die Deutsche Börse AG die einseitige Aufnahme von Ausschließungstatbeständen in das Regelwerk. Eine solche Änderung war ersichtlich nicht von dem Änderungsvorbehalt umfasst.192

b) Modifizierter Kontrollmaßstab de lege ferenda Zwar stehen die gesetzlichen Rahmenbedingungen nach dem zuvor Gesagten einer Festsetzung des Regelwerkes in der Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen und insbesondere der Vereinbarung eines klauselförmigen Änderungsvorbehaltes nicht entgegen. Dennoch ist zu erwägen, für börsliche Allgemeine Geschäftsbedingungen de lege ferenda eine Modifizierung der Inhaltskontrolle vorzunehmen. Eine solche Modifizierung der Inhaltskontrolle würde es erlauben, den Besonderheiten eines börslichen Regelwerkes Rechnung zu tragen, und könnte erheblich zu einer Steigerung der Rechtssicherheit beitragen. Im Hinblick auf die vorliegend befürwortete aufsichtsbehördliche Genehmigung und die dadurch gewährleistete Überprüfung der Geschäftsbedingungen ist eine Herabsetzung des Kontrollmaßstabes bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB vertretbar.193 Auch stehen die Vorgaben der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen194, die in den Bestimmungen des BGB über Allgemeine Geschäftsbedingungen umgesetzt sind, dem nicht entgegen, denn gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie beschränkt sich ihr Anwendungsbereich195 auf Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Selbiges gilt, wie bereits die Bezeichnung nahelegt, für die geplante Verbraucherrechtsrichtlinie, die die zuvor genannte und drei weitere Verbraucherrichtlinien zusammenfassen soll.196 192 So auch OLG Frankfurt a.M., 23. 4. 2002 – 5 U 278 / 01 – WM 2002, 924, 926; Römermann / Schröder, BKR 2001, 83, 84 f.; für eine weite Auslegung hingegen LG Frankfurt a.M., 15. 10. 2001 – 3-0 O 138 / 01 – NJOZ 2001, 2310, 2314. 193 Kritisch in Bezug auf die Schaffung einer Bereichsausnahme nach dem Vorbild des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB äußert sich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 201. Indes wird vorliegend auch keine Bereichsausnahme, sondern lediglich ein modifizierter Kontrollmaßstab bei der Inhaltskontrolle vorgeschlagen. 194 Richtlinie 93 / 13 / EWG vom 5. 4. 1993, ABl. EG Nr. L 95 vom 21. 4. 1993, 29. 195 Basedow, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. II, Vor § 305 Rdn. 19, § 310 Rdn. 36. 196 Zur geplanten Verbraucherrechtsrichtlinie C. Groß, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. 10. 2008, S. 23; der genannte Anwendungsbereich ist dem EC Press Release

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Daher ist im Dienste der Rechtssicherheit bei der Verwendung klauselförmiger Änderungsvorbehalte vorzuschlagen, eine Bestimmung folgenden Inhaltes in § 310 BGB einzufügen: In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Börse gegenüber einer Vielzahl von Handelsteilnehmern und Emittenten verwendet, welche sämtlich als Unternehmer handeln, benachteiligt die Vereinbarung eines Änderungsvorbehaltes zugunsten des Verwenders einen Vertragspartner weder dadurch unangemessen im Sinne von § 307 BGB, dass die Bezeichnung möglicher Änderungen in einer pauschalierenden Weise geschieht, die dem Verwender die zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit eines börslichen Systems erforderlichen Gestaltungsspielräume belässt, noch dadurch, dass der Änderungsvorbehalt es ermöglicht, die Interessen eines Vertragspartners in angemessener Weise hinter den berechtigten Interessen einer Vielzahl anderer Vertragspartner des Verwenders zurücktreten zu lassen. Im Übrigen bleibt § 307 BGB unberührt.

II. Weitere Gestaltungsvarianten für das Regelwerk Neben einer Abfassung des Regelwerkes in der Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind weitere Gestaltungen zu erwägen, welche sich jedoch letztlich aus verschiedenen Gründen als nicht geeignet erweisen. Ein Vorschlag sieht vor, das Regelwerk in die Satzung (beziehungsweise den Gesellschaftsvertrag) der Börsengesellschaft zu integrieren und eine Bindung der Handelsteilnehmer zu gewährleisten, indem deren Zulassung zwingend von dem Erwerb eines Anteils an der Börsengesellschaft abhängig gemacht wird.197 Diese Gestaltung würde eine Änderung des Regelwerkes durch Mehrheitsbeschluss ermöglichen. Indes kann es nicht überzeugen, dass jede Änderung eine Befassung der Hauptversammlung beziehungsweise der Gesellschafterversammlung erfordert (§ 179 Abs. 1 S. 1 AktG, § 53 Abs. 1 GmbHG).198 Auch ergeben sich bei dieser Gestaltung Schwierigkeiten im Hinblick auf Beginn und Ende der Geschäftsbeziehungen, denn im Falle einer wechselnden Anzahl von Handelsteilnehmern müsste die Börsengesellschaft gegebenenfalls eigene Aktien beziehungsweise Geschäftsanteile vorhalten beziehungsweise zurück erwerben. Zudem wird eine Beteiligung an der Börsengesellschaft unter Umständen weder im Interesse der Börse noch in demjenigen der Handelsteilnehmer liegen. Schließlich würde eine solche Beteiligung nicht in Einklang mit den wirtschaftlichen Realitäten stehen, wie sie sich namentlich aufgrund des Prozesses der Demutualisierung199 (IP / 08 / 1474) „Consumers: Commission proposes EU-wide rights for shoppers“, 8 October 2008, S. 2, zu entnehmen, abrufbar unter http: //europa.eu/rapid/searchAction.do. 197 Vgl. Claussen, ZBB 2000, 1, 7 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 402 (Fn. 482); siehe zudem Baums / Segna, Börsenreform, S. 50; kritisch Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 105 f. 198 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 210.

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darstellen.200 Auch kann dieser Vorschlag keine Lösung im Hinblick auf ein gegenüber den Emittenten verbindliches Regelwerk aufzeigen. Eine Beteiligung aller Emittenten an der Börsengesellschaft muss jedenfalls aus Praktikabilitätserwägungen ausscheiden.201 Des Weiteren wird eine private Normsetzung erwogen, die durch Hoheitsakt verbindliche Geltung erlangt.202 Eine solche Gestaltung ist etwa bei dem Tarifvertrag im Bereich des kollektiven Arbeitsrechts anzutreffen (§§ 1, 4 des Tarifvertragsgesetzes203 (TVG)).204 Indes erfordert eine derartige private Normsetzung eine pluralistische Besetzung des normgebenden Gremiums.205 Über eine pluralistische Besetzung verfügt zwar der gegenwärtige Börsenrat, doch wurde bereits gezeigt, dass dem pluralistisch besetzten Gremium bei einer privatrechtlichen Börse lediglich eine beratende Funktion zuerkannt werden sollte. Damit muss diese Gestaltungsvariante ausscheiden. Ebenfalls zu verwerfen ist der Vorschlag einer Beleihung der Börse mit der Befugnis, das Regelwerk als Satzung oder als Rechtsverordnung zu erlassen.206 Die Beleihung einer Person des Privatrechts mit derartigen Rechtsetzungsbefugnissen erweist sich verfassungsrechtlich als unzulässig.207 Eine weitere Möglichkeit bestünde in einem Erlass des Regelwerkes durch die Börsenaufsichtsbehörde. Jedoch sprechen die größere Sachnähe und die Fähigkeit zur kurzfristigen Reaktion auf Marktentwicklungen für eine Setzung des Regelwerkes durch die Börsen.208 Auch stellt eine an die jeweiligen Gegebenheiten angepasste Ausgestaltung des börslichen Regelwerkes ein wesentliches Mittel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Börsen dar209, welches man diesen belassen Siehe hierzu 1. Kapitel A. sowie 2. Kapitel B. V. 3. a). Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 211, 228 ff. 201 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 210; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 105. 202 Kritisch Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 106 f.; siehe zudem Bachmann, WM 2001, 1793, 1794 f.; Bauer / Pleyer / Hirche, BKR 2002, 102, 115 f.; Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 309 f. 203 Tarifvertragsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. 8. 1969, BGBl. I 1323; zuletzt geändert durch Artikel 223 der Verordnung vom 31. 10. 2006, BGBl. I 2407. 204 Vgl. Bachmann, WM 2001, 1793, 1794, 1798; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 157 ff., 170 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 112. 205 Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 174 f., 179; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 106; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 17.430. 206 Befürwortend jedoch Claussen, ZBB 2000, 1, 7. 207 Vertiefend Bachmann, WM 2001, 1793, 1794; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 141 ff.; Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 107 f.; vgl. ferner Baums / Segna, Börsenreform, S. 33, 47; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 460; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 161; ders., ZBB 2004, 99, 102; Segna, ZBB 1999, 144, 150. 208 Ähnlich auch Hohberg, Wertpapierbörse im Internet, S. 108; grundsätzlich zu den Vorund Nachteilen einer Selbstregulierung Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 61 f. 209 Siehe hierzu 3. Kapitel B. V. 3. a). 199 200

E. Zugang der Handelsteilnehmer

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sollte.210 Überdies sieht die MiFID in Art. 39 lit. d) und Art. 42 Abs. 1 die Festlegung des Regelwerkes durch den geregelten Markt selbst vor.211 Ein Erlass durch die Aufsichtsbehörde stünde hiermit nicht in Einklang.

E. Zugang der Handelsteilnehmer Nach gegenwärtiger Rechtslage werden die Handelsteilnehmer durch Verwaltungsakt zugelassen.212 Da eine privatrechtliche Börse grundsätzlich auf die Handlungsformen des Zivilrechts zu verweisen ist, wird es nun allerdings darum gehen, den Zugang der Handelsteilnehmer mit zivilrechtlichen Mitteln, nämlich durch Vertragsschluss, zu gewähren. Sollte sich die vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Börse zu den Handelsteilnehmern als nur eingeschränkt geeignet erweisen, ist zu erwägen, der Börse im Wege der Beleihung ergänzende öffentlich-rechtliche Befugnisse einzuräumen. Alternativ zu einer solchen (ergänzenden) Beleihung könnten auch einzelne Zuständigkeiten auf die Ebene der Aufsichtsbehörden verlagert werden. Würde sich der Vertragsschluss hingegen als gänzlich ungeeignet herausstellen, wäre eine einheitlich öffentlich-rechtliche Ausgestaltung zu wählen. Zunächst ist daher die Eignung der vertraglichen Gestaltung zu untersuchen. Ist diese zu bejahen, sind sodann die gesetzlichen Vorgaben für die Zulassungsentscheidung durch die Börsen zu betrachten. Hierbei werden insbesondere auch Vorgaben der MiFID zu berücksichtigen sein.

I. Eignung der vertraglichen Ausgestaltung 1. Bestimmung der Eignungskriterien Die Frage der Eignung der vertraglichen Ausgestaltung hat an die grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem Rechtsinstitut des Verwaltungsaktes und demjenigen des Vertrages anzuknüpfen. Es ist zu untersuchen, ob der Vertrag trotz dieser 210 In diese Richtung Baums / Segna, Börsenreform, S. 47; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 162 f. 211 Die verschiedenen sprachlichen Fassungen der MiFID weichen in diesem Punkt geringfügig voneinander ab, ohne dass sich jedoch die Bewertung im Ergebnis ändern würde. Teilweise hat der geregelte Markt die Regeln „festzulegen“ (so gemäß den genannten Artikeln der deutschen Fassung), teilweise hat er (nur) über diese „zu verfügen“. In der französischen und spanischen Fassung schreiben die Art. 39 lit. d), 40 Abs. 1 und 42 Abs. 1 der MiFID die Festlegung der Regeln durch den geregelten Markt vor, in der englischen Fassung jedenfalls Art. 42 Abs. 1 der MiFID. 212 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 80, 172; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 4; siehe hierzu 2. Kapitel B. V. 2.

224

4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

Unterschiede geeignet ist, die Zulassung zu regeln. An dieser Stelle sind zunächst die Unterschiede und daran anknüpfend die von dem Institut des Vertrages zu erfüllenden Anforderungen – die Eignungskriterien – herauszuarbeiten. Die Zulassung durch einen Verwaltungsakt der Börse folgt gänzlich anderen Regeln als eine Zulassung durch einen Vertrag der Börse mit einem Handelsteilnehmer.213 Während der Verwaltungsakt eine einseitige Festsetzung der Rechtsbeziehungen in öffentlich-rechtlicher Form ermöglicht214, kommt ein Vertragsschluss privatautonom durch sich entsprechende Willenserklärungen zustande215, setzt also stets den Konsens der Parteien voraus. Dies ist insbesondere in Hinblick auf die Eingriffsbefugnisse der Börse von Belang. Während bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung auch nach erfolgter Zulassung gegebenenfalls erneut durch Verwaltungsakt gehandelt werden kann, kommt es bei einer Zulassung durch Vertrag darauf an, dass sich die Börse die erforderlichen Befugnisse bereits mit dem Vertrag über die Zulassung einräumen lässt. Zu einem späteren Zeitpunkt wäre eine Einräumung der Befugnisse erneut nur konsensual möglich, ein solcher Konsens jedoch im Zweifel nicht herstellbar. Die entscheidende Frage ist somit, inwieweit die Börse sich durch Vertrag die erforderlichen Eingriffsbefugnisse einräumen lassen kann. Es ist zu untersuchen, ob die de lege lata vorhandenen und als erforderlich zu erachtenden Eingriffsbefugnisse durch vertragliche Vereinbarung wirksam begründet werden können. Hierbei ist zwischen verschiedenen Befugnissen zu differenzieren, welche in drei Kategorien eingeteilt werden können. Dies ist zum einen die Kategorie der Überwachungsbefugnisse (§§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 5 BörsG), zu denen auch Auskunfts- und Einsichtsbefugnisse (§ 7 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 BörsG) sowie Anordnungsbefugnisse (§ 7 Abs. 5 S. 2 BörsG) zu rechnen sind. Derartiger Befugnisse bedarf es bereits aufgrund der MiFID, welche bestimmt, dass ein geregelter Markt Überwachungsaufgaben gegenüber den Handelsteilnehmern wahrzunehmen hat (Art. 43 Abs. 1 der MiFID). Als zweite Kategorie sind die Befugnisse zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Börsenräumen (§ 15 Abs. 4 BörsG) und schließlich als dritte Kategorie die Befugnis zur Verhängung von Sanktionen (§ 22 Abs. 2 BörsG) zu nennen.

213 Vertiefend zum Verwaltungsakt Ruffert, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rdn. 1 ff.; Stober, in: Wolff / Bachof / Stober / Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 45 Rdn. 1 ff.; grundlegend zum Vertrag Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. I / 1, Vor § 145 Rdn. 1 ff.; Medicus / Lorenz, Schuldrecht I, AT, Rdn. 55, 58 f. 214 Vgl. Stober, in: Wolff / Bachof / Stober / Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 45 Rdn. 39. 215 Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, Rdn. 82 f.; Medicus / Lorenz, Schuldrecht I, AT, Rdn. 59, 63 ff.

E. Zugang der Handelsteilnehmer

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2. Vorliegen der Eignungskriterien a) Einräumung von Überwachungsbefugnissen Hinsichtlich der genannten Überwachungsbefugnisse ist es möglich, diese der Börse durch vertragliche Vereinbarungen einzuräumen.216 Dass solche Befugnisse vertraglich vereinbart werden können, verdeutlicht eine vergleichende Betrachtung gesetzlicher Vorgaben, die – in einem gänzlich anderen Zusammenhang – eine vertragliche Einräumung von Eingriffsbefugnissen vorschreiben. Es geht hier um den Bereich der Auslagerungen. So haben Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute sich in einem Auslagerungsvertrag Informations-, Prüfungs- und Weisungsrechte einräumen zu lassen (§ 25a Abs. 2 S. 8 KWG und AT 9 Tz. 6 lit. b) und d) der Mindestanforderungen an das Risikomanagement217).218 Auch das Börsengesetz sieht vor, dass ein Börsenträger ausgelagerte Bereiche in seine internen Kontrollverfahren einbezieht und sich vertraglich die erforderlichen Weisungsbefugnisse einräumen lässt (§ 5 Abs. 3 S. 2 BörsG).219 Weitere Gesetze220 enthalten ähnliche Vorgaben. Die in den Auslagerungsverträgen vereinbarten Befugnisse ähneln denen, um welche es vorliegend geht. Eine entsprechende Vorgehensweise kann ohne weiteres für das Verhältnis zwischen der Börse und den Handelsteilnehmern fruchtbar gemacht werden. Auch stehen die bei einer Vereinbarung in standardisierter Form anwendbaren Bestimmungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen einer Einräumung derartiger Befugnisse nicht entgegen. Lediglich soweit es um Überwachungsbefugnisse der Börse gegenüber dritten Personen geht (vgl. § 7 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 S. 3 BörsG: „jedermann“), zu welchen de lege ferenda keine vertragliche Beziehung bestehen wird, stößt das Modell der Einräumung von Überwachungsbefugnissen durch Vertrag an seine Grenzen. Insoweit stellt, wie noch zu vertiefen sein wird221, eine Beleihung der Börse das geeignete Instrument dar.

Im Ergebnis ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 218 f. Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk, Rundschreiben 5 / 2007 der BaFin vom 30. 10. 2007; siehe hierzu Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, § 25a Rdn. 57 ff.; Hanten / Görke, BKR 2007, 489; noch zur MaRisk Stand 2005 (Rundschreiben 18 / 2005) Sauer / Wittemann, in: Assies / Beule / Heise / Strube (Hrsg.), Handbuch Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 76 ff. 218 Hierzu Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, § 25a Rdn. 625, 630; Hanten / Görke, BKR 2007, 489, 492; Kaetzler / Weirauch, BKR 2008, 265, 269 f. 219 Hierzu Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 29; vgl. auch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 5 BörsG Rdn. 9 ff. 220 Vgl. etwa § 33 Abs. 2 und 3 WpHG, § 16 Abs. 1a InvG. 221 Siehe hierzu 4. Kapitel G. II. 216 217

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

b) Befähigung zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Börsenräumen In Bezug auf die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Börsenräumen ergeben sich durch eine vertragliche Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse keine Schwierigkeiten. Bereits aufgrund des Hausrechtes, also auch ohne eine gesonderte Einräumung, ist die Börse befugt, ein ordnungsgemäßes Verhalten einzufordern und gegebenenfalls auch den Aufenthalt in den Börsenräumen zu untersagen.222 Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) – welche im Falle einer einheitlich privatrechtlichen Börse bei dieser liegen würden – und ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt.223 Das schließt das Recht ein, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben und die Einhaltung dieser Zwecke mittels eines Hausverbotes durchzusetzen.224 Als Ausfluss des Eigentums oder Besitzes besteht das Hausrecht ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung. Da der Vertrag den Handelsteilnehmern verschiedene Nutzungsrechte einräumen wird, ist allerdings die Aufnahme einer Klausel in den Vertrag zu erwägen, nach welcher die Handelsteilnehmer zwar zu einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Systeme der Börse und insoweit zu einem Aufenthalt in den Börsenräumen berechtigt sind, das Hausrecht im Übrigen jedoch unberührt bleibt.225

c) Einräumung der Befugnis zur Verhängung von Sanktionen Im Gegensatz dazu erweist sich die vertragliche Einräumung einer Befugnis zur Verhängung von Sanktionen als problematisch. Zwar ist zu erwägen, die gegenwärtige Gestaltung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe (§§ 339 bis 345 BGB) zu substituieren.226 Eine solche Vereinbarung in der Form einer Standardklausel müsste sich an den Bestimmungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen messen lassen. Sie unterläge, da im unternehmerischen Verkehr verwendet, gemäß § 310 Abs. 1 BGB jedenfalls nicht unmittelbar den Vorgaben des § 309 Nr. 6 BGB. Da In diese Richtung auch Claussen, ZBB 2000, 1, 8. BGH, 8. 11. 2005 – KZR 37 / 03 – NJW 2006, 377, 379; BGH, 20. 1. 2006 – V ZR 134 / 05 – NJW 2006, 1054. 224 BGH, 14. 3. 1990 – KVR 4 / 88 – NJW 1990, 2815, 2817; BGH, 3. 11. 1993 – VIII ZR 106 / 93 – NJW 1994, 188 f.; BGH, 8. 11. 2005 – KZR 37 / 03 – NJW 2006, 377, 379; BGH, 20. 1. 2006 – V ZR 134 / 05 – NJW 2006, 1054; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rdn. 6. 225 Eine solche Klausel dient dazu, eine auf Rechtsgeschäft beruhende Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB) zu vermeiden; vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 1004 Rdn. 36; Medicus, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. VI, § 1004 Rdn. 63 ff. 226 Diese Möglichkeit bejahend Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 292; grundlegend zur Vertragsstrafe vgl. Gottwald, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. II, Vor § 339 Rdn. 1 ff., § 339 Rdn. 4 ff. 222 223

E. Zugang der Handelsteilnehmer

227

Vertragsstrafeversprechen unter Kaufleuten üblich und in der Regel nicht zu beanstanden sind227, findet auch keine Übertragung der Kriterien des § 309 Nr. 6 BGB auf die Prüfung nach den §§ 310 Abs. 1, 307 BGB statt.228 Doch werden vorformulierte Vertragsstrafeabreden im unternehmerischen Verkehr dann als unwirksam angesehen, wenn sie ohne gewichtige Gründe verschuldensunabhängig ausgestaltet oder der Höhe nach zu beanstanden sind.229 Damit aber ist eine vertragliche Regelung ähnlich derjenigen des § 22 Abs. 2 S. 1 BörsG kaum möglich. Zwar setzt diese Bestimmung schuldhaftes Verhalten voraus, jedoch sieht sie pauschal ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro vor. Eine pauschale Strafandrohung dieser Höhe könnte zur Unwirksamkeit des Vertragsstrafeversprechens führen. Während nämlich die Ausübung eines spürbaren Druckes zulässig ist230, darf die Vertragsstrafe auch bei der Verwendung gegenüber einem Unternehmer diesen weder in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden noch in einer unangemessenen Relation231 zu dem Gewicht der Vertragsverletzung stehen. Eine derartige Unverhältnismäßig ist bei einem pauschalen, nicht differenzierenden Höchstbetrag dieser Größenordnung nicht fernliegend. Zwar bestünde die Möglichkeit, die Höhe der Vertragsstrafe zu staffeln und nach Art des Verstoßes zu differenzieren. Jedoch wäre dies im Hinblick auf die abschreckende Wirkung, die gerade von der Androhung einer empfindlichen Strafe ausgeht, abträglich. Überdies ist eine Vertragsstrafevereinbarung, die sich an den Grenzen der Zulässigkeit nach Maßgabe der §§ 310 Abs. 1, 307 BGB bewegt, auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit wenig förderlich. Hinsichtlich der Verhängung von Sanktionen ist daher im Interesse einer effektiven börseneigenen Aufsicht, wie noch zu vertiefen sein wird232, das Mittel der Beleihung vorzuziehen.

d) Ergebnis Es ist zu konstatieren, dass die Börse sich die bisherigen Überwachungsbefugnisse gegenüber den Handelsteilnehmern durch vertragliche Vereinbarung einräumen lassen kann und es in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Börsenräumen keiner gesonderten vertraglichen oder gesetzlichen Regelung Roloff, in: Erman, BGB, Bd. I, § 309 Rdn. 58. BGH, 12. 3. 2003 – XII ZR 18 / 00 – NJW 2003, 2158, 2161; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 309 Rdn. 38; Hensen, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 6 Rdn. 18. 229 Hensen, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 6 Rdn. 18; Kieninger, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. II, § 309 Nr. 6 Rdn. 17; Roloff, in: Erman, BGB, Bd. I, § 309 Rdn. 58 f. 230 BGH, 3. 4. 1998 – V ZR 6 / 97 – NJW 1998, 2600, 2602; Hensen, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 6 Rdn. 18. 231 BGH, 3. 4. 1998 – V ZR 6 / 97 – NJW 1998, 2600, 2602; Roloff, in: Erman, BGB, Bd. I, § 309 Rdn. 59. 232 Siehe hierzu 4. Kapitel G. II. 227 228

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

bedarf. Lediglich hinsichtlich der Verhängung von Sanktionen ist eine Beleihung mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen geboten.233 Nach alldem ist das Mittel des Vertragsschlusses als für die Zugangsgewährung und die Ausgestaltung des Verhältnisses der Börse zu den Handelsteilnehmern grundsätzlich geeignet anzusehen.

II. Gesetzliche Vorgaben für die Zulassungsentscheidung Nachdem die Eignung des Vertrages dargelegt werden konnte, sollen nun die gesetzlichen Vorgaben für die Zulassungsentscheidung durch die Börse erörtert werden. Diese Betrachtung wird sich schwerpunktmäßig mit den am Börsenhandel teilnehmenden Unternehmen, welche die wichtigste Gruppe der Handelsteilnehmer ausmachen234, befassen. Anschließend ist kurz auf die übrigen Handelsteilnehmer einzugehen.

1. Am Börsenhandel teilnehmende Unternehmen Gegenwärtig normiert § 19 Abs. 2 und 4 BörsG die Voraussetzungen der Zulassung von Unternehmen zum Börsenhandel. Die als Satzungen erlassenen Börsenordnungen enthalten weitere Konkretisierungen (§ 19 Abs. 4 S. 2 und 3, Abs. 7 BörsG). Es ist zu untersuchen, welche Voraussetzungen das Börsengesetz de lege ferenda für die Zulassung der Unternehmen vorsehen sollte. Die Zulassung von der Erfüllung dieser Voraussetzungen abhängig zu machen, ist auch bei vertraglicher Ausgestaltung ohne weiteres möglich und bedarf keiner öffentlich-rechtlichen Befugnisse.235 Im Anschluss an die Zulassungsvoraussetzungen ist zu erörtern, inwieweit Börsen zu verpflichten sind, eine nichtdiskriminierende Zulassung nationaler und mitgliedstaatlicher Unternehmen zu gewährleisten. a) Voraussetzungen einer Zulassung Es ist zwischen den Anforderungen bezüglich der Leitungspersonen eines Unternehmens, den finanziellen Anforderungen an das Unternehmen sowie den subjektiven und organisatorischen Anforderungen an das Unternehmen zu unterscheiden.236 233 Alternativ ist auch zu erwägen, Befugnisse, die einer privatrechtlich agierenden Börse nicht eingeräumt werden können, auf die Ebene der Aufsichtsbehörden zu verlagern. Siehe hierzu unten 4. Kapitel G. II. 2. a). 234 Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 14 bis 34. 235 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 282 (in Bezug auf die Zulassung der Wertpapiere); im Übrigen ist die privatrechtliche Börse bereits als Ausfluss der Vertragsfreiheit befugt zu entscheiden, mit wem sie kontrahiert.

E. Zugang der Handelsteilnehmer

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aa) Anforderungen bezüglich der Leitungspersonen des Unternehmens Nach geltendem Recht sind die Zuverlässigkeit und berufliche Eignung der Leitungspersonen Voraussetzungen für die Zulassung eines Unternehmens zur Teilnahme am Börsenhandel (§ 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BörsG).237 Diese Anforderungen entsprechen den Vorgaben des Art. 42 Abs. 3 lit. a) und b) der MiFID.238 Indes gehen sie sogar über dessen Vorgaben hinaus, denn lit. a) bis d) des Art. 42 Abs. 3 der MiFID finden nur auf „andere Personen“ Anwendung, nicht jedoch auf Wertpapierfirmen im Sinne der MiFID und Kreditinstitute, welche nach der Kodifizierungsrichtlinie239 zugelassen sind.240 Aufgrund der Vorgaben der MiFID ist es daher de lege ferenda zwar grundsätzlich erforderlich, ähnlich wie bisher personenbezogene Anforderungen bezüglich der Leitungspersonen des Unternehmens festzuschreiben. Dies gilt jedoch nicht in Bezug auf die zuvor bezeichneten Wertpapierfirmen und Kreditinstitute. Auch der Anleger- und der Funktionsschutz erfordern nicht, derartige Anforderungen auf die genannten Unternehmen zu erstrecken, da diese – im KWG als Einlagenkreditinstitut beziehungsweise Wertpapierhandelsunternehmen bezeichnet 241 (§ 1 Abs. 3d KWG) – jedenfalls vergleichbaren Anforderungen bezüglich der Leitungspersonen unterliegen (§ 32 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und 4 KWG). Es ist daher entbehrlich, die diesbezüglichen börsengesetzlichen Anforderungen auf diese Unternehmen zu erstrecken. Hinsichtlich der begrifflichen Erfassung dieser Unternehmen durch das Börsengesetz wäre es möglich, sich an § 1 Abs. 3d KWG anzulehnen. Indes ist eine noch weiter gehende Ausnahme vorzuziehen. Die Einlagenkreditinstitute und Wertpapierhandelsunternehmen (§ 1 Abs. 3d KWG) stellen lediglich eine Teilmenge der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 236 Siehe zu einer Differenzierung in Bezug auf die gegenwärtigen Voraussetzungen Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 21; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 172. 237 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 19 BörsG Rdn. 7; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 172. 238 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 84. 239 Richtlinie 2000 / 12 / EG vom 20. 3. 2000, ABl. EG Nr. L 126 vom 26. 5. 2000, 1. 240 Der Wortlaut des Art. 42 Abs. 3 der MiFID ist insoweit zwar nicht gänzlich eindeutig, legt diese Auslegung jedoch nahe. Die ausdrückliche Nennung der Wertpapierfirmen und Kreditinstitute wäre überflüssig, wenn auf sie dieselben Kriterien Anwendung fänden, die für „andere Personen“ festgelegt werden. Eine andere Auslegung ist schließlich unvertretbar, wenn man Art. 42 Abs. 2 lit. d) der MiFID, der auf Abs. 3 Bezug nimmt, in die Betrachtung mit einbezieht. 241 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung von EGRichtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften, BTDrs. 13 / 7142, 68; ferner die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 90; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, § 1 Rdn. 192 ff.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

und 1a KWG dar. Die genannten Anforderungen des KWG an die Leitungspersonen finden jedoch gemäß § 32 Abs. 1 KWG auf sämtliche Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute Anwendung. Daher erscheint es geboten und ist mit den Anforderungen des Art. 42 Abs. 3 lit. a) und b) der MiFID vereinbar, die Ausnahme auf diesen größeren Kreis zu erstrecken. Somit sind die bisherigen Anforderungen an Zuverlässigkeit und berufliche Eignung de lege ferenda grundsätzlich aufrechtzuerhalten. Hiervon ausnehmen sollte man Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des KWG. Den Börsen sollte es im Interesse des Wettbewerbs freigestellt sein, weiter gehende Anforderungen festzulegen. bb) Finanzielle Anforderungen an das Unternehmen Nach gegenwärtiger Rechtslage schreibt das Börsengesetz ein Eigenkapital von mindestens 50.000 Euro vor (§ 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BörsG).242 Auch dürfen keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dem Unternehmen die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlt (§ 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BörsG).243 Indes sind Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute von beiden Voraussetzungen ausgenommen.244 Dies ist damit zu erklären, dass jene Institute den Eigenmittelanforderungen des KWG unterliegen. Ursprünglich erforderte zudem die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 245 eine solche Ausnahme, da sie in Bezug auf Unternehmen, die der Kapitaladäquanzrichtlinie246 unterliegen, über jene Richtlinie hinausgehende Eigenkapitalanforderungen untersagte (Art. 15 Abs. 2 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie). 247 Die MiFID, die die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ersetzt, verlangt inzwischen hinsichtlich „anderer Personen“ das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Ausfüllung ihrer Funktionen (Art. 42 Abs. 3 lit. d) der MiFID). In Hinblick auf Wertpapierfirmen und Kreditinstitute im Sinne der MiFID enthält sich Art. 42 Abs. 3 der MiFID indes der Festsetzung jeglicher finanzieller Anforderungen.248 Zwar finden die Eigenmittelanforderungen des KWG, welche auf europäische Richtlinien zurückgehen, auf diese Unternehmen weiterhin Anwendung249, doch 242 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 26; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 19 BörsG Rdn. 7. 243 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 19 BörsG Rdn. 7. 244 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 26, 29; Meixner, WM 1998, 431, 436; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 172. 245 Richtlinie 93 / 22 / EWG vom 10. 5. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 27. 246 Richtlinie 93 / 6 / EWG vom 15. 3. 1993, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. 6. 1993, 1. 247 Hierzu Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 171 f. 248 Wie zuvor gezeigt, findet Art. 42 Abs. 3 lit. d) der MiFID nur auf „andere Personen“ Anwendung, nicht jedoch auf Wertpapierfirmen im Sinne der MiFID und Kreditinstitute, welche nach der Kodifizierungsrichtlinie zugelassen sind.

E. Zugang der Handelsteilnehmer

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nimmt Art. 42 der MiFID darauf weder Bezug, noch untersagt er die Festsetzung weiter gehender Anforderungen. Eine börsengesetzliche Festsetzung der finanziellen Anforderungen de lege ferenda, die sich an der unbestimmten Formulierung des Art. 42 Abs. 3 lit. d) der MiFID – „ausreichende Mittel“ zur Ausfüllung der Funktionen – orientiert und auf eine konkrete Eigenkapitalanforderung verzichtet, würde bereits den Richtlinienvorgaben gerecht. Indes spricht der Anlegerschutz dafür, gewisse Mindestanforderungen an die Kapitalkraft gesetzlich festzulegen.250 Es wäre nicht zu beanstanden, das Erfordernis eines Eigenkapitals von mindestens 50.000 Euro beizubehalten.251 Dieses Erfordernis bietet eine gewisse, wenn auch begrenzte Sicherheit und kann zudem auch im Sinne einer Seriositätsschwelle fungieren. Im Hinblick auf sonstige Risiken, die eine fixe, nur ein Kriterium berücksichtigende Schwelle nicht erfasst, sollte ein solches Erfordernis indes auch weiterhin mit einem weiten Tatbestand, der eine Evidenzkontrolle ermöglicht252, gekoppelt werden. Es sollte daher dabei bleiben, dass keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen dürfen, dass das Unternehmen nicht über die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt. Im Übrigen ist es angezeigt, die nach Art. 42 Abs. 3 der MiFID zulässige253 Ausnahme für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, welche unter den Bezeichnungen Einlagenkreditinstitute und Wertpapierhandelsunternehmen (§ 1 Abs. 3d KWG) den Eigenmittelanforderungen des KWG unterliegen, beizubehalten. Insoweit erscheint es sinnvoll, es bei der differenzierten Regelung des KWG zu belassen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Eigenmittelanforderungen des KWG nicht nur auf Einlagenkreditinstitute und Wertpapierhandelsunternehmen, sondern auf den größeren Kreis der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute Anwendung finden. Es ist daher mit den Vorgaben der MiFID vereinbar und auch sinnvoll, die börsengesetzliche Ausnahme (weiterhin) auf diese Unternehmen zu erstrecken. Somit sollten die Eigenkapitalanforderung von 50.000 Euro, der weite Auffangtatbestand und auch die Ausnahme für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in ihrer bisherigen Form beibehalten werden. Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 26. Vgl. Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 174; siehe ferner Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 460 f., die sich dafür aussprechen, keine über die Richtlinienvorgaben hinausgehenden Anforderungen aufzustellen; vgl. zudem in Bezug auf den intermediationsfreien Zugang Privater Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 45; Mues, a. a. O., S. 174 f. 251 Hingegen sollte die Entscheidung über eine durch die Unternehmen zu leistende Sicherheit (vgl. § 20 Abs. 1 BörsG) weiterhin den Börsen überlassen bleiben. 252 So in Bezug auf die entsprechende gegenwärtige Bestimmung (§ 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BörsG) Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 29. 253 Die Zulässigkeit folgt aus dem Umstand, dass Art. 42 Abs. 3 lit. d) der MiFID nur auf „andere Personen“ Anwendung findet (siehe zuvor). 249 250

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

cc) Subjektive und organisatorische Anforderungen an das Unternehmen Unter dem Gesichtspunkt der subjektiven und organisatorischen Anforderungen an das Unternehmen sind nach gegenwärtiger Rechtslage insbesondere zwei Aspekte zu nennen: Zum einen besteht das Erfordernis, dass das Unternehmen als Ist-Kaufmann eine der in § 19 Abs. 2 S. 1 BörsG genannten Tätigkeiten ausübt.254 Zum anderen muss die ordnungsgemäße Abwicklung der an der Börse geschlossenen Geschäfte sichergestellt sein (§ 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BörsG).255 Demgegenüber schreibt Art. 42 Abs. 3 lit. c) der MiFID für „andere Personen“ lediglich vor, dass diese über die gegebenenfalls erforderlichen organisatorischen Grundlagen zu verfügen haben, während Wertpapierfirmen und Kreditinstitute wiederum ausgenommen sind. Es empfiehlt sich, de lege ferenda die subjektiven und organisatorischen Anforderungen auf eine bloße „Eins-zu-eins-Umsetzung“ der Vorgaben der MiFID zurückzuführen. Eine durch Richtlinienvorgaben nicht geforderte Beschränkung auf Ist-Kaufleute erscheint unter Berücksichtigung des durch die übrigen Zulassungsvoraussetzungen gewährleisteten Schutzes entbehrlich.256 Bezüglich der organisatorischen Anforderungen sollte die börsengesetzliche Regelung in Umsetzung des Art. 42 Abs. 3 lit. c) der MiFID lediglich verlangen, dass die Antragsteller über die erforderlichen organisatorischen Grundlagen verfügen. Da die Börsen ein ganz beträchtliches Interesse an dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Handels einschließlich der Abwicklung der Geschäfte haben, ist für sie ein erheblicher Anreiz gegeben, dass sie erforderliche Konkretisierungen vornehmen werden.257 Zudem sind die Börsen aufgrund der Verschiedenartigkeit der technischen Systeme, der organisatorischen Abläufe und der Handelsgegenstände besser als der Gesetzgeber in der Lage, die organisatorischen Anforderungen zu konkretisieren258 (ein Ansatz, den auch Art. 42 Abs. 2 lit. d) der MiFID erkennen lässt). Da es überdies für den Wettbewerb der Börsen (untereinander wie auch mit alternativen Handelssystemen) förderlich ist, wenn Gestaltungsspielräume verbleiben, ist von der Festlegung weiter gehender organisatorischer Anforderungen im Börsengesetz abzusehen. Hinsichtlich der Kreditinstitute und Wertpapierfirmen im Sinne des Art. 42 Abs. 3 der MiFID gilt, dass diese – als Einlagenkreditinstitute beziehungsweise 254 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsG Rdn. 14 ff.; vgl. zudem Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 172. 255 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 19 BörsG Rdn. 7. 256 Vgl. auch Merkt, NJW 2002, Beilage 23, 41, 45, der sich dafür ausspricht, die subjektiven Zulassungserfordernisse, welche gegenwärtig in § 19 Abs. 2 BörsG geregelt sind, aufzuheben. 257 In diese Richtung auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 173 f. 258 Zu den Vor- aber auch Nachteilen einer nichtstaatlichen Regulierung Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 61 f.

E. Zugang der Handelsteilnehmer

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Wertpapierhandelsunternehmen (§ 1 Abs. 3d KWG) – bereits den umfangreichen organisatorischen Anforderungen des KWG (siehe etwa § 25a KWG) und Letztere zusätzlich auch den organisatorischen Vorgaben des WpHG, etwa gemäß § 33 WpHG, unterliegen. Diese Regelungen gehen bei weitem über die bisherigen organisatorischen Anforderungen des Börsengesetzes hinaus und sind auch für dessen Zwecke als ausreichend zu erachten. Da derartige organisatorische Anforderungen nach dem KWG indes für sämtliche Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute bestehen, sollte eine Ausnahme von den organisatorischen Anforderungen des Börsengesetzes (wie bereits hinsichtlich der Anforderungen an die Leitungspersonen und der finanziellen Anforderungen empfohlen) auf diesen Unternehmenskreis ausgedehnt werden. b) Nichtdiskriminierende Zulassung nationaler und mitgliedstaatlicher Unternehmen Neben der Festsetzung der Zulassungsvoraussetzungen haben sich die gesetzlichen Regelungen zur Zulassung der Handelsteilnehmer auch einer anderen Problematik zuzuwenden. Es ist mit dem Risiko umzugehen, dass privatrechtlich organisierte Börsen keinen diskriminierungsfreien Marktzugang gewähren oder besonders hohe Zugangsbarrieren errichten.259 Diesbezüglich ist die Vorgabe des Art. 42 Abs. 1 der MiFID zu beachten. Nach dieser Bestimmung haben die Mitgliedstaaten vorzuschreiben, dass geregelte Märkte nichtdiskriminierende, auf objektiven Kriterien beruhende (und zudem transparente) Regeln für den Zugang festlegen. Zudem müssen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 33 der MiFID vorschreiben, dass Wertpapierfirmen aus anderen Mitgliedstaaten (nach weiterer Maßgabe des Art. 33 Abs. 1 i. V. m. Art. 42 Abs. 5 der MiFID) zu den in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen geregelten Märkten Zugang haben.260 Zunächst ist zu erörtern, ob bestehende kartellrechtliche Vorschriften diesen Anforderungen gerecht werden können. Ist dies nicht hinreichend gewährleistet, besteht das Erfordernis, ergänzende börsengesetzliche Bestimmungen zu schaffen. Das deutsche und grundsätzlich auch das europäische Kartellrecht finden auf die Börsen Anwendung.261 Gilt dies aufgrund entsprechender kartell- und börsenrechtlicher Bestimmungen262 bereits für die öffentlich-rechtliche Börse, so ist dies 259 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 181, 189; vgl. zudem Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 6 BörsG Rdn. 1; W. Groß, KapitalmarktrechtsKommentar, § 9 BörsG Rdn. 1. 260 Zu der entsprechenden Vorgabe der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, welche durch die MiFID ersetzt wurde, Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 171. 261 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 177 ff.; zur Anwendbarkeit des GWB Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 6 BörsG Rdn. 3 ff.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 9 BörsG Rdn. 3; vertiefend von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 92 ff., 111. 262 Siehe hierzu 3. Kapitel B. V. 4. b).

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

bei einer privatrechtlichen Börse ohne weiteres der Fall.263 Insbesondere verbietet das GWB den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19 GWB) und enthält zudem ein Diskriminierungs- und Behinderungsverbot (§ 20 GWB).264 Ähnliche Verbote normiert mit Art. 82 EGV265 auch das Gemeinschaftsrecht.266 Verstöße gegen die genannten Bestimmungen des GWB wie auch gegen diejenigen des EGV begründen gemäß § 33 Abs. 1 und 3 GWB Unterlassungs-, Beseitigungsund Schadensersatzansprüche.267 Allerdings setzt die Anwendbarkeit der Regelungen des Kartellrechts eine marktbeherrschende Stellung einer oder mehrerer Börsen voraus. Grundsätzlich mag man sich zwar auf den Standpunkt stellen, dass die Gesetze des Marktes, soweit keine marktbeherrschende Stellung vorliegt, zur Regelung des Zugangs geeignet sind.268 Mit den genannten Vorgaben der MiFID ist es indes nicht vereinbar, dass ein nichtdiskriminierender Zugang lediglich im Falle einer Marktbeherrschung gesetzlich sanktioniert ist. Eine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinienbestimmungen erfordert daher, die genannten zentralen Vorgaben – nichtdiskriminierende, auf objektiven Kriterien beruhende Regeln für den Zugang, Zugang auch für Wertpapierfirmen aus anderen Mitgliedstaaten – in einer börsenrechtlichen Spezialregelung umzusetzen.269 Von weiteren speziell börsenrechtlichen Wettbewerbsnormen ist im Hinblick auf die grundsätzlich hinreichenden kartellrechtlichen Bestimmungen allerdings abzusehen.270

2. Andere Handelsteilnehmer Hinsichtlich der Zulassung der übrigen Handelsteilnehmer, also der Börsenhändler, der Skontroführer und der skontroführenden Personen kann es grundsätzlich bei den gegenwärtig im Börsengesetz festgelegten Voraussetzungen der Zulassung Hierzu Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 181 ff. Vgl. Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 436; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 189. 265 Auf Grundlage des vorgesehenen Vertrages von Lissabon Art. 102 AEUV. 266 Hierzu Eilmansberger, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 82 EGV Rdn. 19 ff., 35 ff., 38 ff.; Schröter, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Bd. II, Art. 82 EGV Rdn. 159 ff., 221 ff., 249 f., 274 ff. 267 Bechtold, in: Bechtold / Otting, GWB-Kommentar, § 33 Rdn. 3, 18; Rehbinder, in: Loewenheim / Meessen / Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. II, § 33 GWB Rdn. 39 ff., 49 ff.; vgl. auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 182. 268 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 195. 269 Zu einer Umsetzung vergleichbarer Bestimmungen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie vgl. Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 195. 270 Ähnlich bereits Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 436; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 195; in diese Richtung in Bezug auf alternative Handelssysteme auch Cohn, ZBB 2002, 365, 376, allerdings mit der Begründung, es liege ohnehin im Interesse der Handelsplattform, den Zugang nicht übermäßig einzuschränken. 263 264

F. Zulassung der Wertpapiere

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verbleiben. Die börsengesetzlichen Regelungen schreiben jeweils nur grundlegende Anforderungen fest, die an die Begriffe der Zuverlässigkeit und Eignung anknüpfen (§ 19 Abs. 5 und Abs. 6 S. 2, § 27 Abs. 1 S. 2 und 3 BörsG). Der Börse obliegt es, das Nähere in der Börsenordnung und der Zulassungsordnung für Börsenhändler zu bestimmen (§ 19 Abs. 6 S. 4 und Abs. 7, § 27 Abs. 1 S. 4 BörsG). Im Dienste des Marktfunktions- und Anlegerschutzes sollten diese grundlegenden Anforderungen auch für die privatrechtliche Börse beibehalten werden. Vorgaben der MiFID oder einer anderen Richtlinie sind insoweit nicht zu beachten. Auch in Zukunft kann es den Börsen überlassen bleiben, das Nähere in ihrem Regelwerk festzulegen.

F. Zulassung der Wertpapiere Im Falle einer privatrechtlich organisierten Börse ist das naheliegende Mittel für die Zulassung der Wertpapiere der Vertragsschluss der Börse mit den Emittenten. Einem solchen Vertrag über die Zulassung, welcher in standardisierter Weise verwendet werden könnte und damit zu wesentlichen Teilen unter die Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fiele, käme die Funktion zu, das Verhältnis der Börse zu den Emittenten auszugestalten. Sollte sich eine vertragliche Regelung in Bezug auf einzelne Regelungsgegenstände als ungeeignet erweisen, käme ergänzend zu einer vertraglichen Zulassung eine Beleihung der Börse mit den erforderlichen öffentlich-rechtlichen Befugnissen (oder die Verlagerung solcher Kompetenzen auf die Ebene der Aufsichtsbehörden) in Betracht. Würde sich die vertragliche Ausgestaltung hingegen als gänzlich ungeeignet erweisen, könnte die Zulassung entweder durch eine als Beliehene handelnde Börse oder die Aufsichtsbehörde in der Form des Verwaltungsaktes erfolgen.271 Zunächst ist somit die geeignete Form der Zulassung zu erörtern. Anschließend werden gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Zulassungsentscheidung zu betrachten sein, die sich sowohl mit den (Mindest-)Voraussetzungen einer Zulassung als auch mit verschiedenen wettbewerbsrelevanten Einzelaspekten befassen.

I. Eignung der vertraglichen Ausgestaltung 1. Bestimmung der Eignungskriterien Nach geltendem Recht erfolgt die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt272 durch Verwaltungsakt.273 Die Zulassung durch Vertrag erweist sich nur Zu diesen Alternativen Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 281 ff. Bei diesem handelt es sich um das einzig verbliebene gesetzliche Börsensegment, vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BTDrs. 16 / 4028, 87. 271 272

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

dann als geeignet, wenn sie – unter Berücksichtigung der grundlegenden Unterschiede der öffentlich-rechtlichen und der privatrechtlichen Handlungsformen – die Möglichkeit bietet, die für die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Börse zu den Emittenten wesentlichen Bestimmungen zu treffen. Wie bereits in Bezug auf die Handelsteilnehmer festgestellt, liegt ein zentraler Unterschied zwischen den genannten Handlungsformen darin, dass die Börse bei vertraglicher Ausgestaltung nicht über die mit der Form des Verwaltungsaktes einhergehende Fähigkeit verfügt, einseitig über das Rechtsverhältnis zu disponieren. Daher ist für die Eignung der vertraglichen Form von entscheidender Bedeutung, ob sich die Börse durch Vertrag mit den Emittenten die erforderlichen Eingriffsbefugnisse einräumen lassen kann. Zunächst ist zu untersuchen, welche Eingriffsbefugnisse hier in Rede stehen. Dabei sind – in erheblich größerem Umfang, als dies in Bezug auf Handelsteilnehmer der Fall ist – europäische Richtlinienvorgaben zu berücksichtigen.274 Grundlegende Bestimmungen bezüglich der Zulassung von Wertpapieren enthalten die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie275 (Art. 11 bis 19 dieser Richtlinie) sowie die MiFID (Art. 40 und 41 der MiFID), deren Regelungsbereiche sich in dieser Hinsicht überschneiden (siehe hierzu Erwägungsgrund 57 der MiFID).276 Während indes nach den sogleich zu erörternden Bestimmungen der MiFID die Aufgaben und Befugnisse bei dem geregelten Markt beziehungsweise dem Betreiber des geregelten Marktes, mithin bei der Börse, anzusiedeln sind, ist nach Art. 105 Abs. 1 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie die Benennung der „zuständigen Stelle“277 den Mitgliedstaaten überlassen. Da jedoch die Börsen über die größere Sachnähe und Flexibilität verfügen und auch bereits gegenwärtig als „zuständige Stellen“ fungieren, sollte diese Zuständigkeit soweit möglich bei ihnen verbleiben. Nach der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie kann die zuständige Stelle Auskünfte der Emittenten einfordern und gegebenenfalls veröffentlichen (Art. 16 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie). Auch ist sie befugt, Pflichtverletzungen der Emittenten zu veröffentlichen (Art. 17 der genannten Richtlinie). Diese 273 Vgl. Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 281; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 32 BörsG Rdn. 5. 274 Dass die Zulassung der Wertpapiere wesentlich durch europäische Vorgaben geprägt ist, zeigen § 32 Abs. 3 und 4 BörsG. Hiernach hat der Emittent Anforderungen zu erfüllen, die (insbesondere) auf die MiFID beziehungsweise ihre Durchführungsverordnung EG Nr. 1287 / 2006, die Richtlinie 2001 / 34 / EG (konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie) sowie die Richtlinie 2003 / 71 / EG (Prospektrichtlinie) zurückgehen. 275 Richtlinie 2001 / 34 / EG vom 28. 5. 2001, ABl. EG Nr. L 184 vom 6. 7. 2001, 1. Die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie hat bereits erhebliche Änderungen erfahren, allerdings nicht in Bezug auf die vorliegend zu erörternden Bestimmungen. 276 Vgl. Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rdn. 3 f. (die MiFID ist hier noch nicht berücksichtigt). 277 Hierzu Moloney, EC Securities Regulation, S. 100 f.

F. Zulassung der Wertpapiere

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Befugnisse finden sich gegenwärtig in § 41 BörsG umgesetzt.278 Überdies ist die zuständige Stelle nach der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie befugt, im Interesse des ordnungsgemäßen Handels oder des Anlegerschutzes die Kursnotiz auszusetzen oder die Notierung einzustellen (Art. 18 dieser Richtlinie). Diese Regelung ist für die Bundesrepublik in § 25 Abs. 1 BörsG umgesetzt.279 Die MiFID legt zudem Überwachungspflichten eines geregelten Marktes gegenüber den Emittenten fest (Art. 40 Abs. 3 der MiFID). Eine Umsetzung dieser Bestimmung wurde allerdings entgegen dem Regierungsentwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes letztlich unter Berufung auf Kapitel V der Durchführungsverordnung280 (wohl zu Unrecht) als nicht erforderlich erachtet.281 Außerdem sieht die MiFID die Befugnis vor, den Handel in einem Instrument auszusetzen oder das Instrument vom Handel auszuschließen, wenn dieses den Regeln des Marktes nicht mehr entspricht (Art. 41 Abs. 1 der MiFID). Diese Regelung wurde in den §§ 25 Abs. 1, 39 Abs. 1 BörsG282 umgesetzt. Demgegenüber kann die Prospektrichtlinie283, obwohl diese für die Zulassung wesentliche Bestimmungen beinhaltet, bei der Ermittlung der der Börse vertraglich einzuräumenden Befugnisse außer Betracht bleiben. Bereits gegenwärtig sind die in dieser Richtlinie geregelte Anforderungen nicht im Börsengesetz, sondern dem Zulassungsverfahren vorgelagert im WpPG normiert284; die zuständige Stelle ist 278 § 41 BörsG beinhaltet die Befugnisse gemäß Art. 16 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie, vgl. Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 41 BörsG Rdn. 1 (Fn. 1), der sich noch auf die Bestimmung der Vorgängerrichtlinie bezieht. Die Befugnis des Art. 17 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie mag man als zumindest sinngemäß von § 41 Abs. 2 S. 2 BörsG abgedeckt ansehen. 279 Vgl. Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rdn. 1 (der sich noch auf die Vorgängerrichtlinie bezieht); Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 88 (Unter „Zu § 39“ [38 a.F.] wird festgestellt, dass die Regelung in die allgemeinen Vorschriften verschoben wurde. Zu Unrecht wird nicht § 25 BörsG, sondern § 24 BörsG zitiert). 280 Verordnung EG Nr. 1287 / 2006 vom 10. 8. 2006, ABl. EG Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, 1. 281 Der Regierungsentwurf sah eine Umsetzung des Art. 40 Abs. 3 MiFID in § 15 Abs. 5 BörsG vor (Regierungsbegründung, BT-Drs. 16 / 4028, 32, 83 f.). Unter Berufung auf Kapitel V der (unmittelbar geltenden) Durchführungsverordnung zur MiFID wurde diese Regelung letztlich wieder gestrichen (Bericht des Finanzausschusses zu dem Entwurf des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 16 / 4899, 14). Dies geschah zu Unrecht, da Kapitel V der Durchführungsverordnung die Regelungen des Art. 40 Abs. 3 MiFID nicht beinhaltet. 282 Beide Normen dienen der Umsetzung des Art. 41 Abs. 1 der MiFID; vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 86, 88. 283 Richtlinie 2003 / 71 / EG vom 4. 11. 2003, ABl. EU Nr. L 345 vom 31. 12. 2003, 64. 284 von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 150; zudem sind die Bestimmungen der Durchführungsverordnung zur Prospektrichtlinie (Verordnung EG Nr. 809 / 2004 vom 29. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 149 vom 30. 4. 2004, 1) zu beachten.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

die BaFin.285 Die Normierung außerhalb des Börsengesetzes und der BörsZulV und die Zuständigkeitsansiedlung bei einer von der Börse unabhängigen Stelle beruhen auf dem Umstand, dass die Prospektrichtlinie gleichermaßen für die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel wie auch für (sonstige) öffentliche Angebote von Wertpapieren ein Prospekterfordernis aufstellt286 (Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 und 3 der Prospektrichtlinie). Im Hinblick auf diese über den börslichen Bereich hinausgehende, einheitliche Prospektpflicht ist es geboten, die Zuständigkeit weiterhin bei einer staatlichen Stelle anzusiedeln.287 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Börsen insbesondere über Befugnisse hinsichtlich der Überwachung, der Auskunftseinholung und der Veröffentlichung sensibler Informationen über die Emittenten sowie ferner über Befugnisse in Bezug auf eine Aussetzung und Einstellung der Notierung verfügen sollten. Neben diesen auf die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie und die MiFID zurückzuführenden Befugnissen ist es ebenfalls wichtig, dass die Börsen weiterhin in der Lage sind, Sanktionen gegenüber den Emittenten zu verhängen. Diese Befugnis besteht gegenwärtig gemäß § 22 Abs. 2 S. 2 BörsG.

2. Vorliegen der Eignungskriterien Eine vertragliche Ausgestaltung der Zulassung der Wertpapiere erweist sich grundsätzlich als geeignet.288 Zwar wird die Wirksamkeit des Vertrages einer eingeschränkten Inhaltskontrolle gemäß den §§ 310 Abs. 1, 307 BGB unterliegen, doch erlaubt es die vertragliche Ausgestaltung jedenfalls weitgehend, die erforderlichen gegenseitigen Rechte und Pflichten wirksam zu vereinbaren. Insbesondere ist es möglich, der Börse in einem Vertrag über die Zulassung Überwachungsbefugnisse einzuräumen und die Emittenten zu verpflichten, der Börse erforderliche Auskünfte zu erteilen. Dies konnte an anderer Stelle289 anhand eines Vergleiches mit regulatorischen Vorgaben im Bereich der Auslagerung von Aktivitäten etwa durch Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 25a Abs. 2 S. 8 KWG und AT 9 Tz. 6 der Mindestanforderungen an das Risikomanagement) bereits dargelegt werden. Die aus jenem Bereich bekannten Bestimmungen, die eine vertragliche Einräumung etwa von Informations- und Prüfungsrechten gegenüber einem Aus285 von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 150 f., 187; vgl. auch Apfelbacher / Metzner, BKR 2006, 81, 83; Grub / Thiem, NZG 2005, 750, 752. 286 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vorb. WpPG Rdn. 6; siehe auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum Börsenprospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 15 / 4999, 25. 287 Allerdings räumt Art. 21 Abs. 2 der Prospektrichtlinie grundsätzlich die Möglichkeit einer zeitlich befristeten Delegierung von Aufgaben durch die zuständige Behörde ein. 288 So auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 282 f. 289 Siehe hierzu 4. Kapitel E. I. 2. a).

F. Zulassung der Wertpapiere

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lagerungsunternehmen erfordern, könnten in ähnlicher Weise für das Vertragsverhältnis der Börse zu den Emittenten festgeschrieben werden. Hinsichtlich einzelner Befugnisse allerdings wird im Interesse einer Einräumung wirkungsvoller Befugnisse und einer effizienten Durchsetzung dieser Befugnisse eine öffentlich-rechtliche Regelung vorzuziehen sein.290 Eine vertragliche Vereinbarung liefe hinsichtlich einzelner Kompetenzen Gefahr, aufgrund unangemessener Benachteiligung für unwirksam erachtet zu werden (§§ 310 Abs. 1, 307 BGB). So ist nicht auszuschließen, dass die Befugnis, die Notierung in einem Wertpapier auszusetzen oder sogar endgültig einzustellen, als eine unzulässige Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, erachtet würde (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und somit als unwirksam verworfen werden könnte. Dass der Börse derartige Befugnisse zur Gewährleistung des Marktfunktions- und Anlegerschutzes eingeräumt werden, wird zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden sein. Jedoch sollte die Börse bei der Entscheidung über eine solche Maßnahme (etwa eine kurzfristig erforderlich werdenden Aussetzung der Notierung) zur effektiven Verfolgung dieser Ziele über einen erheblichen Einschätzungsspielraum verfügen. Eine solche Regelung würde bereits die Grenzen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB austasten.291 Ferner kann die Vereinbarung einer Befugnis der Börse, sensible Informationen über den Emittenten zu veröffentlichen, unter Berücksichtigung einer vertraglichen Nebenpflicht zur Verschwiegenheit292 oder, soweit auch personenbezogene Daten betroffen sind, unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten293 eine unangemessene Benachteiligung darstellen und unwirksam sein.294 Zwar ist eine solche rechtliche Bewertung nicht zwingend und von der Ausgestaltung im Einzelfall abhängig, doch ist bereits diese Unsicherheit schwerlich mit der Vorgabe des Art. 105 Abs. 2 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie vereinbar, nach welcher die zuständige Stelle über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Befugnisse zu verfügen hat. Daher ist es in Bezug auf einige gravierende Eingriffsbefugnisse (Veröffentlichung sensibler Informationen über die Emittenten, Aussetzung beziehungsweise Einstellung der Notierung295) 290 Vgl. Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 145, 203 ff., der jedoch befürwortet, die Zulassung insgesamt in öffentlich-rechtlicher Form (durch eine staatlich oder eine mit entsprechenden Befugnissen beliehene private Stelle) erteilen zu lassen. 291 Vgl. Roloff, in: Erman, BGB, Bd. I, § 307 Rdn. 33. 292 Hierzu Ernst, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. II, § 280 Rdn. 93, 100. 293 Siehe hierzu BGH, 23. 1. 2003 – III ZR 54 / 02 – WM 2003, 425, 429; H. Schmidt, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, Anh. § 310 Rdn. 290 ff. 294 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 219, in Bezug auf die Befugnis zur Weitergabe relevanter Daten an andere Stellen. 295 Eine (aufgrund der Beleihung öffentlich-rechtliche) endgültige Einstellung der Notierung sollte sodann auch einen Kündigungsgrund für den privatrechtlichen Vertrag über die Zulassung des Wertpapiers darstellen (ggf. aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarung, in jedem Fall aber als Kündigung aus wichtigem Grund).

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

erforderlich, die Börse mit den erforderlichen Befugnissen zu beleihen. Dies ist im Übrigen auch hinsichtlich der Befugnis der Börse zur Verhängung von Sanktionen anzuraten, wie bereits im Zusammenhang der Zulassung der Handelsteilnehmer gezeigt296 wurde. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Vertragsschluss für die Zulassung der Wertpapiere gänzlich zu verwerfen ist.297 Eine neben der grundsätzlich vertraglichen Regelung ergänzende Beleihung der Börse mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen würde sich auf einzelne, klar abgrenzbare Gegenstände beziehen und wäre daher unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Ausgestaltung und einer klaren Zuordnung der Befugnisse nicht zu beanstanden. Da zudem, wie an anderer Stelle bereits dargelegt298, hinsichtlich der Vorgaben der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie in Bezug auf die Zulassung von Wertpapieren eine gesetzliche Regelung im Börsengesetz (und der BörsZulV) beizubehalten ist, liegt es nahe, in diesem Rahmen eine erforderliche Beleihung vorzunehmen. Es ist daher festzuhalten, dass die Zulassung der Wertpapiere durch Vertrag der Börse mit dem jeweiligen Emittenten erfolgen sollte. Ergänzend ist die Börse mit den erforderlichen Eingriffsbefugnissen zu beleihen. Alternativ zu einer Beleihung könnten einzelne Eingriffsbefugnisse auch bei einer Aufsichtsbehörde angesiedelt werden, die in Kooperation mit der Börse, insbesondere nach einer Anrufung durch diese, tätig wird.299 Insoweit ist allerdings zu beachten, dass die Aufgaben nach den eingangs genannten Vorgaben der MiFID zwingend bei dem geregelten Markt beziehungsweise dem Betreiber des geregelten Marktes, mithin bei der Börse anzusiedeln sind. Hinsichtlich dieser Vorgaben muss eine (primäre) Aufgabenzuweisung an die Aufsichtsbehörden daher ausscheiden.

II. Gesetzliche Vorgaben für die Zulassungsentscheidung 1. Grundsatz: Beibehaltung der gegenwärtigen Voraussetzungen Nachdem die Eignung des Mittels des Vertrages gezeigt wurde, sollen nun die materiellen Voraussetzungen für eine Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel betrachtet werden. Hierbei sind maßgeblich die Bestimmungen der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie, der MiFID (wie auch ihrer Durchführungsverordnung) sowie der Prospektrichtlinie (und ihrer Durchführungsverordnung300) Siehe hierzu 4. Kapitel E. I. 2. c). In diese Richtung jedoch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 145, 203 ff.; ders., ZBB 2004, 99, 102 f. 298 Hierzu siehe oben 4. Kapitel D. I. 1. 299 In diese Richtung auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 282 f.; zu der Frage, ob eine Beleihung der Börse oder eine Verlagerung solcher Befugnisse auf die Ebene der Aufsichtsbehörden vorzuziehen ist, siehe unten 4. Kapitel G. II. 2. 296 297

F. Zulassung der Wertpapiere

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zu berücksichtigen.301 Diese Bestimmungen sind – soweit sie nicht, wie es bei den Durchführungsverordnungen der Fall ist, unmittelbar gelten – gegenwärtig hinsichtlich des Zulassungsverfahrens im Börsengesetz (weitgehend in den §§ 32 ff. BörsG sowie der BörsZulV) und hinsichtlich des Prospekterfordernisses im WpPG umgesetzt. Aufgrund der vielfältigen und im Hinblick auf das Komitologieverfahren zunehmend engmaschigen europäischen Vorgaben verfügen die Mitgliedstaaten nur über einen sehr engen Gestaltungsspielraum.302 Da also die wesentlichen Anforderungen (in stärkerem Maße als bezüglich des Zugangs der Handelsteilnehmer) bereits durch europäisches Sekundärrecht vorgegeben sind, sind die Voraussetzungen für die Zulassung eines Wertpapiers zum Börsenhandel auch nach der Überführung der Börsen in die privatrechtliche Organisationsform in einer gegenüber der bisherigen gesetzlichen Regelung weitgehend unveränderten Weise auszugestalten. Die Zulassung sollte weiterhin durch die Börsen gemäß den – in Hinblick auf die vertragliche Ausgestaltung anzupassenden – Bestimmungen des Börsengesetzes und der BörsZulV erfolgen, die Prospektbilligung hingegen unverändert durch die BaFin nach Maßgabe des WpPG.

2. Wettbewerbsrelevante Einzelaspekte Bleiben die materiellen Anforderungen grundsätzlich unverändert und bedürfen daher keiner weiteren Erörterung, so sollen allerdings noch zwei wettbewerbsrelevante Aspekte beleuchtet werden. Dies ist zum einen die Frage, ob es besonderer börsenrechtlicher Vorschriften zur Gewährleistung einer nichtdiskriminierenden Zulassung der Wertpapiere bedarf, zum anderen diejenige nach der Zulässigkeit einer Einbeziehung von Wertpapieren durch die Börse ohne Mitwirkung der Emittenten.

a) Frage einer nichtdiskriminierenden Zulassung In Bezug auf die erstgenannte Frage sind anders als im Zusammenhang des Zugangs der Handelsteilnehmer (dort Art. 42 Abs. 1 der MiFID) keine Vorgaben der MiFID oder einer anderen Richtlinie zu beachten. Erwägungsgrund 6 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie stellt klar, dass diese Richtlinie kein Erfordernis begründet, den Emittenten einen Anspruch auf Börsennotierung einzuräumen. 300 Verordnung EG Nr. 809 / 2004 vom 29. 4. 2004, ABl. EU Nr. L 149 vom 30. 4. 2004, 1. 301 Vgl. Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rdn. 3 f. (die MiFID ist hier noch nicht berücksichtigt). 302 In diese Richtung auch W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Vorb. WpPG Rdn. 4; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 463; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 204.

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

Zwar ergibt sich ein solcher Anspruch nach geltendem Recht aus § 32 Abs. 3 BörsG303, doch ist nicht zu beanstanden, dass im Falle der privatrechtlichen Organisationsstruktur der Börse die (wirtschaftlichen) Interessen der Börse und des jeweiligen Emittenten, mithin die Gesetze des Marktes, darüber entscheiden, ob eine Notierungsaufnahme erfolgt oder unterbleibt.304 Soweit aufgrund der Marktbeherrschung durch ein Börsenunternehmen Beschränkungen des Wettbewerbs zu befürchten sind, wirken die bereits dargestellten305 Bestimmungen des Kartellrechts, die den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung untersagen und ein Diskriminierungs- und Behinderungsverbot beinhalten, dieser Gefährdung entgegen. Speziell börsenrechtlicher Regelungen bedarf es insoweit nicht.306

b) Einbeziehung ohne Mitwirkung der Emittenten Zum anderen ist zu erörtern, ob weiterhin die Möglichkeit der Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel ohne Mitwirkung der Emittenten vorzusehen ist. Eine derartige Einbeziehung ist gegenwärtig in den §§ 32 Abs. 1, 33 BörsG geregelt und erfolgt auf Antrag eines Handelsteilnehmers oder von Amts wegen307 (§ 33 Abs. 1 BörsG). Die Einbeziehung erfordert insbesondere, dass die Wertpapiere bereits zum Handel im regulierten Markt einer anderen inländischen Börse oder zum Handel in einem vergleichbaren ausländischen Markt zugelassen sind (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 BörsG).308 Da auch Art. 40 Abs. 5 der MiFID die Möglichkeit einer Einbeziehung bereits an einem geregelten Markt zugelassener Wertpapiere ohne Zustimmung des Emittenten vorsieht309, steht außer Frage, dass es einer solchen Regelung auch nach der Überführung der Börsen in die privatrechtliche Form bedarf.310 Hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen der Einbeziehung kann es bei der gegenwärtigen Ausgestaltung verbleiben.311 303 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 32 BörsG Rdn. 39; Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81, 97; Heidelbach, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rdn. 45. 304 Vertiefend Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 208 f.; vgl. ferner Klenke, WM 1995, 1089, 1090 ff. 305 Siehe hierzu 4. Kapitel E. II. 1. b). 306 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 209; im Ergebnis ebenfalls Köndgen, JITE 154 (1998), 224, 246. 307 Zur Einbeziehung von Amts wegen siehe die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 87 f. 308 W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 33 BörsG Rdn. 2 f.; vgl. zudem zu den Voraussetzungen der Einbeziehung von Wertpapieren in den geregelten Markt vor Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 215; Schwark, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 56 BörsG Rdn. 1 ff. 309 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 87 f.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 33 BörsG Rdn. 1.

G. Bo¨rseneigene Aufsicht

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G. Börseneigene Aufsicht Gegenwärtig obliegt die primäre Verantwortung für die Marktaufsicht den Handelsüberwachungsstellen (§ 7 Abs. 1 BörsG) und unterfällt damit der Börsenselbstverwaltung.312 Zudem ist die Geschäftsführung mit der Überwachung der Handelsteilnehmer (§ 15 Abs. 5 BörsG) und der Sanktionsausschuss mit der Festsetzung von Sanktionen (§ 22 Abs. 2 BörsG) betraut. Im Folgenden ist zu erörtern, ob de lege ferenda an einer börseneigenen Aufsicht festzuhalten ist. Anschließend ist die rechtliche Begründung der Aufsichtsbefugnisse zu betrachten und zu untersuchen, welches Organ der Börse mit der Aufgabe zu befassen ist.

I. Erfordernis einer börseneigenen Aufsicht Sowohl von den Befürwortern als auch von den Gegnern einer privatrechtlichen Organisationsform der Börse wird ganz überwiegend vertreten, dass auch zukünftig an einer börseneigenen Aufsicht festgehalten werden sollte.313 Tatsächlich sprechen überzeugende Gründe dafür, auch weiterhin Aufsichtskompetenzen bei der Börse anzusiedeln. Zu erwähnen sind insbesondere die gegenüber einer staatlichen Stelle größere Sachnähe der Börse314, der umfassende Zugriff auf Handelsdaten315 und die Fähigkeit, zeitnah und flexibel die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Da andererseits jedoch auch ein gewisses Risiko besteht, dass aufgrund einer zu großen Nähe zu den Marktteilnehmern und wechselseitiger wirtschaftlicher Interessen und Abhängigkeiten die Aufsicht nicht stets unabhängig ausgeübt wird, 310 Siehe ferner Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 212 f., der bei ökonomischer Betrachtung zu demselben Ergebnis kommt (einschlägige Richtlinienvorgaben waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zu berücksichtigen). 311 In Bezug auf die rechtliche Ausgestaltung der Einbeziehung gilt, dass das geeignete Mittel für eine Einbeziehung auf Antrag eines Handelsteilnehmers die vertragliche Vereinbarung ist, in welcher die gegenseitigen Rechte und Pflichten festgelegt werden können. Den Emittenten können hingegen (wie bereits bisher) bei einer Einbeziehung ohne ihre Mitwirkung keine Pflichten auferlegt werden. Dies folgt auch aus Art. 40 Abs. 5 S. 3 der MiFID, vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 88. 312 Hierzu W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 BörsG Rdn. 9; Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12 / 6679, 59. 313 So etwa Baums / Segna, Börsenreform, S. 106; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 285, 290; Brockhausen, WM 1997, 1924, 1930; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 368; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 121; Segna, ZBB 1999, 144, 151; vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, mit welchem die Handelsüberwachungsstelle eingeführt wurde, BT-Drs. 12 / 6679, 36. 314 Ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 284; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 255. 315 Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 218.

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bedarf es zur Minimierung dieses Risikos zudem einer staatlichen Letztaufsicht.316 Das Erfordernis sowohl einer börseneigenen als auch einer staatlichen Aufsicht ergibt sich im Übrigen auch aus Vorgaben des europäischen Sekundärrechts: Anders als die konsolidierte Börsenzulassungsrichtlinie, die die Benennung der zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten überlässt (Art. 105 Abs. 1 der konsolidierten Börsenzulassungsrichtlinie), weist die MiFID die Beaufsichtigung explizit den geregelten Märkten beziehungsweise den Betreibern geregelter Märkte (siehe etwa Art. 40 Abs. 3, Art. 41 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 der MiFID) oder aber staatlichen Stellen (Art. 48 Abs. 2 S. 1 in Verbindung etwa mit Art. 36 Abs. 2 der MiFID) zu. Überdies entspricht das Modell der Kombination einer börseneigenen Aufsicht mit einer staatlichen Letztaufsicht den in den IOSCO-Principles317 dargelegten Standards (Prinzipien 6. und 7. sowie 25. bis 30.).318

II. Rechtliche Begründung der Aufsichtsbefugnisse 1. Grundsätzlich vertragliche Einräumung der Befugnisse Sollen nach der Überführung der Börsen in die privatrechtliche Organisationsstruktur weiterhin Aufgaben der Aufsicht durch Börsenorgane wahrgenommen werden, so ist zu untersuchen, in welcher Weise der Börse die erforderlichen Befugnisse eingeräumt werden können. Eine privatrechtlich verfasste Börse hat ihre Rechtsbeziehungen grundsätzlich mit den Mitteln des Zivilrechts zu gestalten. Demgemäß hat sie sich die Aufsichtsbefugnisse gegenüber den Handelsteilnehmern und Emittenten, soweit dies möglich ist, vertraglich einräumen zu lassen. Die grundsätzliche Eignung der vertraglichen Ausgestaltung, namentlich in Hinblick auf Überwachungsbefugnisse einschließlich Anordnungs-, Auskunfts- und Einsichtsbefugnissen, konnte bereits gezeigt werden.319 Nicht geeignet erwies sich die vertragliche Ausgestaltung hingegen in Bezug auf die Verhängung von Sanktionen, die Aussetzung und Einstellung der Notierung und die Veröffentlichung sensibler Informationen über die Emittenten. Ergänzend erscheint daher, wie ebenfalls bereits angesprochen, eine Beleihung als geeignetes Mittel zur Einräumung der erforderlichen Befugnisse.320 Alternativ zu einer Beleihung ist zu erwägen, solche 316 Ähnlich Baums / Segna, Börsenreform, S. 100; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 368; Kalss, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 195; siehe zudem zur Symbiose von Börsenselbstverwaltung und staatlicher Börsenaufsicht Merkt, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 137; ferner in Bezug auf Selbstregulierung und staatliche Regulierung ders., Gutachten G zum 64. DJT, G 61 f. 317 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD265.pdf; hierzu Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 221 ff. 318 Siehe hierzu 3. Kapitel F. II. 2. b). 319 Siehe hierzu oben 4. Kapitel E. I. 2. und F. I. 2.

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Aufgaben, die die Börse nicht mit zivilrechtlichen Mitteln wahrnehmen kann, auf eine staatliche Stelle zu übertragen.321 2. Beleihung mit einzelnen Befugnissen a) Zweckmäßigkeit der Beleihung Es bleibt zu erörtern, ob die Beleihung der Börse mit den vertraglich nicht handhabbaren Befugnissen sich als zweckmäßig erweist oder ob eine Übertragung der korrespondieren Aufgaben auf eine Aufsichtsbehörde der Beleihung vorzuziehen ist. Da eine solche Übertragung auf eine Aufsichtsbehörde sicherstellen würde, dass die Börse ausschließlich in den Formen des privaten Rechts handelt, könnten Gesichtspunkte der Einheitlichkeit der Ausgestaltung und einer klaren Zuordnung der Befugnisse für ein solches Vorgehen sprechen. Eine Verlagerung auf die Aufsichtsbehörde wäre dann geboten, wenn eine Wahrnehmung durch die Börse eine Beleihung mit einer Vielzahl verschiedener Befugnisse erfordern würde. In diesem Falle wäre nur schwer ersichtlich, ob eine Maßnahme der Börse dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen ist. Auch wäre gegen eine Regelung, die die Börse in eine privatrechtliche Organisationsstruktur überführt, diese jedoch gleichzeitig mit vielfältigen hoheitlichen Befugnissen beleiht, der Vorwurf der Inkonsequenz zu erheben.322 Indes ist eine solche Situation nicht gegeben. Die Beleihung soll sich auf einzelne, enumerativ aufgezählte Befugnisse beschränken, so dass sich die Börse weit überwiegend der Mittel des Zivilrechts zu bedienen hat und die Abgrenzung der Handlungsformen ohne Schwierigkeiten vorgenommen werden kann. Auch sprechen weitere Erwägungen für eine Wahrnehmung der Aufgaben durch die Börse: Wie schon angesprochen, ist die Börse aufgrund ihrer größeren Sachnähe besser als eine Aufsichtsbehörde in der Lage, flexibel und innerhalb kurzer Frist die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.323 Es ist angeraten, die Sachnähe und -kunde der Börse für die Zwecke der Beaufsichtigung weiterhin im bisherigen Umfang nutzbar zu machen324, freilich kombiniert mit der ebenfalls erforderlichen 320 Eine Beleihung befürworten (in Bezug auf die Befugnisse der Handelsüberwachungsstelle) Baums / Segna, Börsenreform, S. 51 ff.; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 289 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 151 f. 321 Vgl. Brockhausen, WM 1997, 1924, 1930; in diese Richtung auch Claussen, ZBB 2000, 1, 9; kritisch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 290. 322 So in Bezug auf die österreichische Rechtslage Pozniak, ZBB 1998, 357, 378; vgl. zudem Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 281. 323 Ähnlich Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 12. 324 Im Ergebnis ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 290; Ferran, Building an EU Securities Market, S. 255; siehe auch (in Bezug auf nichtstaatliche Regulierung) Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 61.

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staatlichen Letztaufsicht. Daher ist die Beleihung der Börse einer Wahrnehmung der Aufgaben durch eine Aufsichtsbehörde vorzuziehen. b) Verfassungsrechtliche Grenzen einer Beleihung Verschiedentlich wird die Ansicht geäußert, eine Beleihung der Börse mit solch weitreichenden Befugnissen, wie sie ihr gegenwärtig eingeräumt sind, übersteige das verfassungsrechtlich gemäß Art. 33 Abs. 4 GG zulässige Maß.325 Richtig ist, dass die Bestimmung des Art. 33 Abs. 4 GG, nach der die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, der Verlagerung von Staatsaufgaben auf Private Grenzen setzt.326 Geschützt ist allerdings lediglich der Modus der Erfüllung staatlicher Aufgaben, nicht deren Bestand.327 Daher ist der Umstand, dass die öffentlichen Aufgaben nun grundsätzlich in private umgewandelt werden, welche von der privatrechtlich verfassten Börse mit Mitteln des Privatrechts wahrgenommen werden, nicht an Art. 33 Abs. 4 GG zu messen.328 Soweit die Aufgaben hingegen weiterhin in öffentlich-rechtlicher Form, jedoch durch Private, wahrgenommen werden – also im Falle der Beleihung –, ist die Grenze des Art. 33 Abs. 4 GG zu beachten. Indes zeigt bereits die Formulierung, nach welcher die Ausübung hoheitlicher Befugnisse „in der Regel“ Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, dass Ausnahmen hiervon verfassungsrechtlich zulässig sind.329 Da das vorliegende Modell darauf ausgerichtet ist, grundsätzlich privatrechtliche Handlungsformen einzusetzen und nur in Bezug auf wenige ausdrücklich zu benennende Aufgaben eine Beleihung vorzunehmen, ist eine quantitative Grenze des Art. 33 Abs. 4 GG jedenfalls nicht überschritten.330 Auch ist durch eine Beleihung mit Eingriffsbefugnissen in grundrechtsrelevanten Bereichen (insbesondere sind Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG331 in Betracht zu 325

So Brockhausen, WM 1997, 1924, 1926 (Fn. 23), 1930; Kümpel, WM 1997, 1917,

1922. 326 Masing, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. II, Art. 33 GG Rdn. 62; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 33 GG Rdn. 40 ff. 327 Masing, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. II, Art. 33 GG Rdn. 62; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 164. 328 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 164. 329 Zur Vereinbarkeit der Beleihung mit Art. 33 Abs. 4 GG siehe BVerwG vom 27. 10. 1978 – 1 C 15.75 – BVerwGE 57, 55, 60. 330 Baums / Segna, Börsenreform, S. 52; Segna, ZBB 1999, 144, 151 f.; ähnlich Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 289; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f.; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 184 f.; vgl. zudem Pieroth, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 33 GG Rdn. 42. 331 So kann beispielsweise eine Maßnahme gegenüber einem Handelsteilnehmer, die die Fortsetzung des Betriebes im bisherigen Umfang erheblich beeinträchtigt, einen Eingriff in das Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes darstellen, vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 14 GG Rdn. 25.

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ziehen332, jeweils, soweit es sich bei den Adressaten der Maßnahmen um juristische Personen handelt, in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG) keine qualitative Schranke überschritten, welche sich aus Art. 33 Abs. 4 GG oder einer anderen Verfassungsnorm ergeben würde333: Die Grundrechtsrelevanz der Eingriffsbefugnisse, die den Gegenstand der Beleihung bilden, begründet für sich genommen keine verfassungsrechtliche Unzulässigkeit gemäß Art. 33 Abs. 4 GG. Jede Beleihung mit Eingriffsbefugnissen ermächtigt zumindest zu einem Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).334 Maßgeblich ist vielmehr, ob für den jeweiligen Eingriff in ein Grundrecht eine grundrechtsbezogene verfassungsrechtliche Rechtfertigung gelingt. Unter dieser Voraussetzung ist die vorgeschlagene Beleihung, soweit sie auch formalen Anforderungen genügt und insbesondere die grundlegenden Entscheidungen unter Beachtung der Wesentlichkeitstheorie 335 in einem formellen Gesetz getroffen werden336, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.337

3. Fazit zur Begründung der Aufsichtsbefugnisse Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass den privatrechtlich verfassten Börsen aufzugeben ist, die Rechtsbeziehungen zu den Adressaten der Aufsicht durch Vertrag auszugestalten, in welchem insbesondere die erforderlichen Befugnisse der Börse festzulegen sind. Hinsichtlich der bereits genannten Aufgaben und Befugnisse, die gegenwärtig bei den Börsenorganen angesiedelt, einer vertraglichen Regelung jedoch nicht zugänglich sind, ist eine Beleihung der Börse mit hoheitlichen Befugnissen das geeignete Mittel.

332 Neben der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie könnte auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen sein. Auf dieses können sich (nach umstrittener Ansicht) auch juristische Personen zumindest in einzelnen Aspekten – so dem Recht der informationellen Selbstbestimmung – berufen. Hierzu Pieroth / Schlink, Grundrechte Staatsrecht II, Rdn. 151; zur Anwendbarkeit des Rechts der informationellen Selbstbestimmung Wilms / Roth, JuS 2004, 577; vgl. ferner Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 19 GG Rdn. 25. 333 Baums / Segna, Börsenreform, S. 52 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 152; siehe zudem Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 85 f. 334 Ähnlich Baums / Segna, Börsenreform, S. 53. 335 Hierzu Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. II, Art. 20 GG Rdn. R 113 ff. 336 Zu diesem Erfordernis BVerwG vom 23. 5. 1995 – 1 C 32.92 – BVerwGE 98, 280, 298. Das Gericht stellt fest, dass die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes voraussetzt. 337 Ähnlich Baums / Segna, Börsenreform, S. 52 f.; Segna, ZBB 1999, 144, 152.

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III. Zu befassendes Börsenorgan In dem Abschnitt über die Organe einer privatrechtlich verfassten Börse wurde bereits dargelegt, dass die gegenwärtig der Handelsüberwachungsstelle, der Geschäftsführung und dem Sanktionsausschuss obliegenden Aufsichtsaufgaben zukünftig bei dem Vorstand des Börsenunternehmens (im Falle einer Aktiengesellschaft) beziehungsweise den Geschäftsführern (im Falle einer GmbH) gebündelt werden sollten.338 Diese Gestaltung würde es ermöglichen, auf die Schaffung weiterer Gremien neben den nach dem Grundtypus der jeweiligen Gesellschaftsform vorgesehenen Organen zu verzichten. Für eine Aufgabenzuweisung an den Vorstand beziehungsweise die Geschäftsführer spricht, dass die Wahrnehmung von Überwachungsfunktionen unter einen weiter gefassten Begriff der Leitungs- und Geschäftsführungstätigkeiten zu fassen ist.339 Zudem ist es auch ohne weiteres möglich, einzelnen Vorständen beziehungsweise Geschäftsführern bestimmte Aufgaben zuzuweisen340 und diese mit den entsprechenden personellen und sachlichen Ressourcen auszustatten. Allerdings wird verschiedentlich das Erfordernis der Unabhängigkeit der mit den Aufsichtsaufgaben betrauten Stelle von den übrigen Organen der Börse hervorgehoben.341 Fraglos berechtigt ist das Petitum einer Unabhängigkeit der Aufsichtseinrichtung von den jeweiligen Adressaten der Aufsicht. Indes ist zunächst festzustellen, dass nach dem vorliegend vorgeschlagenen Modell dem Vorstand respektive den Geschäftsführern die Marktaufsicht zugewiesen werden soll. Gegenstand der Aufsicht durch das Leitungsorgan wären somit insbesondere die Aktivitäten der Handelsteilnehmer und Emittenten, nicht hingegen das Verhalten anderer Börsenorgane, geschweige denn desselben Organs. Jedoch ist zuzugeben, dass ein solch formalistischer Ansatz zu kurz greift. Die Beziehung zwischen dem Leitungsorgan der Börse und den Marktteilnehmern entbehrt nicht wechselseitiger Abhängigkeiten und gegenseitiger wirtschaftlicher Interessen.342 Ein gewisses Risiko, dass sich dieser Umstand negativ auf die Wahr-

338 Siehe hierzu oben 4. Kapitel C. III.; für eine Zusammenlegung der Aufgaben der Handelsüberwachungsstelle und des Sanktionsausschusses bei einer Stelle auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 294 (Blumentritt ist allerdings für eine Unabhängigkeit dieser Aufsichtsstelle von den übrigen Organen der Börse, hierzu sogleich). 339 Siehe in Bezug auf Unternehmenskontrolle und Compliance Hüffer, Aktiengesetz, § 76 Rdn. 7 f.; Seibt, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), Aktiengesetz, Bd. I, § 76 Rdn. 9. Die Handelsüberwachung (also Überwachung dritter Personen) geht zwar über diese Aufgaben hinaus, ist mit ihnen aber verknüpft und fällt jedenfalls noch unter den Begriff der Geschäftsführung. 340 Hüffer, Aktiengesetz, § 77 Rdn. 10, 14; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHGesetz, § 35 Rdn. 33, § 37 Rdn. 27, § 43 Rdn. 26. 341 So Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 288, 290 f.; Brockhausen, WM 1997, 1924, 1925, 1930; siehe zudem Baums / Segna, Börsenreform, S. 100.

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nehmung der Aufsicht auswirkt, besteht durchaus343 – auch wenn das Leitungsorgan aufgrund des Reputationsinteresses344 der Börse grundsätzlich zu einer wirksamen Beaufsichtigung angehalten sein sollte. Um diesem Risiko zu begegnen, ist eine funktionale Trennung zwischen operativer Geschäftsführung und der Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen angeraten.345 Zur Herstellung einer solchen funktionalen Trennung bedarf es allerdings nicht zwingend der Schaffung eines weiteren Gremiums, welches doch ebenfalls der Börse zuzuordnen und ihren Interessen gewogen wäre.346 Vielmehr kann die funktionale Trennung ebenso durch die Schaffung einer selbständigen Verwaltungseinheit erreicht werden347, der ausschließlich Aufsichtsaufgaben obliegen und die dem Leitungsorgan beziehungsweise dem gemäß der Geschäftsverteilung348 zuständigen Mitglied des Leitungsorgans untersteht.349 Um eine missbräuchliche Einflussnahme des Leitungsorgans auf die mit Aufsichtsaufgaben befasste ihm untergeordnete Verwaltungseinheit auszuschließen, ist die staatliche Letztaufsicht mit der Überwachung der börseneigenen Aufsicht zu betrauen. Überdies ist der Verwaltungseinheit aufzugeben, nicht nur gegenüber dem Leitungsorgan, sondern auch unmittelbar gegenüber der staatlichen Aufsicht Rechenschaft abzulegen. Bereits gegenwärtig sieht das Börsengesetz Unterrichtungspflichten der Handelsüberwachungsstelle gegenüber der Börsenaufsichtsbehörde vor (§ 7 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1 BörsG). Eine solche Gestaltung entspricht den von der IOSCO erarbeiteten Standards, die gleichfalls eine funktionale Trennung von operativem Geschäft und Überwachungsaufgaben sowie eine staatliche Kontrolle der Selbstregulierungseinrichtungen vorsehen.350 Im Übrigen empfiehlt es sich, das ordnungsgemäße Arbeiten der 342 Auf mögliche Interessenkonflikte weist Ferran, Building an EU Securities Market, S. 246, hin; ebenso Kalss, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 195. 343 Brockhausen, WM 1997, 1924, 1925, nennt als mögliche Konsequenzen die Verlagerung der Aufsichtsschwerpunkte auf bestimmte Adressaten, die Schonung anderer Adressatengruppen und die Instrumentalisierung der Aufsicht als „Feigenblatt“ zur Verhinderung einer direkten Staatsaufsicht. 344 Vgl. hierzu Ferrarini, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 246; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 62; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 217. 345 In diese Richtung auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 447 f. 346 Hierfür allerdings Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 291. 347 Eine ähnliche Gestaltung bei der Toronto Stock Exchange beschreibt Ferran, Building an EU Securities Market, S. 248. 348 Hierzu Hüffer, Aktiengesetz, § 77 Rdn. 14; Mertens, in: Kölner Kommentar, AktG, Bd. II, § 77 Rdn. 15 ff.; Spindler, in: Münchener Kommentar, AktG, Bd. II, § 77 Rdn. 58 f.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbH-Gesetz, § 37 Rdn. 27. 349 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit und den Grenzen einer Delegation auf nachgeordnete Ebenen Hüffer, Aktiengesetz, § 76 Rdn. 7; Mertens, in: Kölner Kommentar, AktG, Bd. II, § 76 Rdn. 4; Spindler, in: Münchener Kommentar, AktG, Bd. II, § 76 Rdn. 19.

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börseneigenen Aufsicht mittels einer empfindlichen Strafbewehrung abzusichern.351 Nach alldem ist eine Zuständigkeit des Leitungsorgans, jedoch unter Schaffung einer dem Leitungsorgan untergeordneten, ausschließlich mit Überwachungsaufgaben befassten Verwaltungseinheit, zu befürworten.

H. Staatliche Aufsicht Konnte gezeigt werden, dass die Funktionen der Handelsüberwachungsstelle zukünftig von der privatrechtlich organisierten Börse wahrgenommen werden können, ist nun der Blick auf die verbleibenden hoheitlichen Aufsichtseinrichtungen zu richten. Hierbei handelt es sich, von der jetzigen Rechtslage ausgehend, um die Börsenaufsichtsbehörden der Länder, die gegenwärtig die Rechtsaufsicht über die Börsen sowie die Marktaufsicht über den Börsenhandel gemäß den Bestimmungen des Börsengesetzes wahrnehmen, sowie die BaFin, der die Marktaufsicht nach Maßgabe des WpHG obliegt. Vor dem Hintergrund der privatrechtlichen Organisationsstruktur de lege ferenda sollen im Folgenden das Erfordernis einer staatlichen Aufsicht, wesentliche Gegenstände dieser Aufsicht sowie die Ausgestaltung der Aufsichtsbehörden erörtert werden.

I. Erfordernis einer staatlichen Aufsicht Aufgrund der Nähe der Börsen zu den Adressaten der Marktaufsicht und wechselseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeiten besteht das Risiko, dass eine börseneigene Marktaufsicht nicht stets mit der gebotenen Unabhängigkeit ausgeübt wird.352 Auch stößt eine börseneigene Marktaufsicht dann an ihre Grenzen, wenn der Gegenstand der Aufsicht über den börslichen Bereich hinausreicht, so etwa bei Geschäften, die typischerweise, jedoch nicht zwingend an einer Börse stattfinden.353 Zudem ist eine börseneigene Aufsicht zwar zu einer Überwachung des 350 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 12 f.; siehe auch Regulatory Issues Arising From Exchange Evolution, Final Report, Technical Committee of the IOSCO, November 2006, S. 13 f., abrufbar unter http: //www.iosco.org/ library/pubdocs/pdf/IOSCOPD225.pdf; Exchange Demutualization In Emerging Markets, Emerging Markets Committee of the IOSCO, April 2005, S. 23 f., abrufbar unter http: // www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD200.pdf. 351 In diese Richtung auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 448. 352 Siehe bereits 4. Kapitel G. I. und III. 353 Ähnlich Ferran, Building an EU Securities Market, S. 259. Dies gilt etwa für die Marktaufsicht nach dem WpHG, die sowohl Geschäftsaktivitäten, die über die Börse erfolgen, als auch solche außerbörslicher Natur zum Gegenstand hat (vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 2). Aus diesem Grund ist insoweit kaum eine andere Gestaltung als diejenige einer staatlichen Aufsicht denkbar.

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Marktes und der Marktakteure, jedoch naturgemäß nicht zu einer zuverlässigen Überwachung ihrer selbst in der Lage. Aus diesen Gründen bedarf es sowohl einer staatlichen Letztaufsicht im Bereich der Handelsüberwachung, der Marktaufsicht, als auch einer staatlichen Aufsicht über die Börsen.354 Ein weiterer Aspekt kommt im Hinblick auf die Überführung der Börsen in eine privatrechtliche Organisationsstruktur hinzu: Ein wesentliches Merkmal der vorliegend vorgestellten Konzeption besteht darin, den Anforderungen, denen das Börsengesetz gegenwärtig mittels der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung zu genügen sucht, mit Mitteln der staatlichen Aufsicht und Regulierung gerecht zu werden.355 Kommt der staatlichen Aufsicht somit auch die Funktion zu, die bisherige öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Börsen zu substituieren, so ist das Erfordernis einer leistungsfähigen, von den Marktakteuren unabhängigen staatlichen Aufsichtseinrichtung besonders ausgeprägt. Neben diesen an die Funktion der Aufsicht anknüpfenden Überlegungen sind für das Erfordernis einer staatlichen Aufsicht auch Vorgaben des europäischen Sekundärrechts sowie internationale Standards anzuführen. So ergibt sich das Erfordernis einer staatlichen Aufsicht insbesondere aus den im Rahmen des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen 356 (Financial Services Action Plan, FSAP) erlassenen Richtlinien. Namentlich legt die MiFID fest, dass die Aufsicht über die geregelten Märkte von einer staatlichen Stelle wahrzunehmen ist (Art. 48 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 2 der MiFID). Die Prospektrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine zentrale Verwaltungsbehörde zu benennen, welche für die Anwendung der nach dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen zuständig und von den Marktteilnehmern vollkommen unabhängig ist (Art. 21 Abs. 1 der Prospektrichtlinie). Ähnliche Bestimmungen enthalten auch die Marktmissbrauchsrichtlinie357 (Art. 11 S. 1 dieser Richtlinie) und die Transparenzrichtlinie 358 (Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie). Demgemäß fungieren in Deutschland gegenwärtig die Börsenaufsichtsbehörden der Länder als staatliche Stellen im Sinne der genannten Bestimmung der MiFID, während die BaFin die Funktion der zentralen Verwaltungsbehörde wahrnimmt, welche nach den anderen soeben bezeichneten Richtlinien einzurichten war. Überdies ist den international weithin anerkannten359 IOSCO-Principles360 zu entneh354 Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 368; in diese Richtung auch Baums / Segna, Börsenreform, S. 100. 355 Siehe hierzu 4. Kapitel A. I. 356 Mitteilung der Kommission, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 vom 11. 5. 1999. 357 Richtlinie 2003 / 6 / EG vom 28. 1. 2003, ABl. EU Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 358 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 vom 31. 12. 2004, 38. 359 Siehe etwa die Bezugnahme des Compendium of Standards des FSF auf die IOSCOPrinciples. Hierzu 3. Kapitel F. IV. 360 Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, abrufbar unter http: //www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD265.pdf; hierzu Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 221 ff.

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men, dass die Errichtung einer börseneigenen Aufsicht keinesfalls mit der Entbehrlichkeit einer staatlichen Letztaufsicht einhergeht (vgl. die Prinzipien 6. und 7. sowie 25. bis 30.).361

II. Gegenstände staatlicher Aufsicht 1. Grundsatz: Fortführung der Börsen- und Marktaufsicht Eine Erörterung der zukünftigen Ausgestaltung staatlicher Aufsicht hat zwischen zwei Gegenständen, nämlich der Aufsicht über die Börsen und der Marktaufsicht, zu differenzieren. Zunächst soll die Aufsicht über die Börsen betrachtet werden. Die Ausgestaltung der Aufsicht über die Börsen, welche gegenwärtig von den Börsenaufsichtsbehörden nach Maßgabe des § 3 BörsG wahrgenommen wird, kann auch nach Einführung einer privatrechtlichen Börsenverfassung an die jetzigen Regelungen anknüpfen. Eine grundsätzliche Neugestaltung der Aufsicht über die Börsen ist nicht erforderlich.362 Dies gilt sowohl für das materielle als auch für das formelle Aufsichtsrecht. Zunächst mag dies verwundern, wäre es doch nicht fernliegend zu vermuten, die Instrumentarien der Aufsicht gegenüber einer Anstalt öffentlichen Rechts gingen – in materieller und formeller Hinsicht – über diejenigen gegenüber einer juristischen Person des Privatrechts hinaus. Es ist indes so, dass eine solche Unterscheidung im Börsengesetz nicht hervortritt.363 Ursächlich hierfür ist die den Börsen eingeräumte Selbstverwaltungsautonomie, welche zur Folge hat, dass die Börsen lediglich einer Rechtsaufsicht364 unterliegen. Anders würde sich dies darstellen, wenn die Börsenaufsicht nach jetziger Regelung eine Fachaufsicht umfasste, die Aufsichtsbehörden also auch die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen überprüften und über weitreichende Weisungsbefugnisse verfügten.365 Aufgrund der gegenwärtigen Ausgestaltung als Rechtsaufsicht ist jedoch kein gravierender Änderungsbedarf gegeben. Im Folgenden seien einige weitere Aspekte der Aufsicht über die Börsen angesprochen. Vielfach sind Vorgaben europäischen Sekundärrechts zu beachten, die eine Aufrechterhaltung des status quo erfordern. Zu nennen sind hier etwa die Vorgaben in Bezug auf die Zulassung eines geregelten Marktes (so das Erfordernis der Prüfung 361

Objectives and Principles of Securities Regulation, IOSCO, February 2008, S. 12 f.,

41 ff. So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 227. In diese Richtung auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 227. 364 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 31 ff.; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 245 f. 365 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdn. 23; von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 246. 362 363

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eines Geschäftsplanes vor Erteilung der Erstzulassung, Art. 36 Abs. 1 S. 4 der MiFID366), die Anforderungen an die Eignung der Mitglieder des Leitungsorgans (Art. 37 der MiFID367), die Kontrollerfordernisse hinsichtlich des Regelwerkes (siehe etwa Art. 42 Abs. 5 der MiFID368) sowie die Voraussetzungen einer Entziehung der Zulassung (Art. 36 Abs. 5 der MiFID369). Aber auch soweit keine europarechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen sind, erweist sich die gegenwärtige Ausgestaltung der Aufsicht über die Börsen ganz überwiegend als weiterhin geeignet.370 So ist etwa darauf hinzuweisen, dass bereits nach geltendem Recht sämtliche Börsenorgane der staatlichen Aufsicht unterliegen (§ 3 Abs. 1 S. 2 BörsG). Diese umfassende Letztaufsicht ist, wie auch im Zusammenhang der börseneigenen Aufsicht bereits betont wurde, weiterhin geboten und daher – unter Vornahme der erforderlichen Anpassungen aufgrund des veränderten Zuschnitts der Börsenorgane – beizubehalten. Ebenfalls sollte die mit der Aufsicht über die Börsen betraute Behörde weiterhin über die Einhaltung der kartellrechtlichen Vorschriften wachen. Insoweit ist die gemäß § 9 BörsG in Ergänzung zu der grundsätzlichen Zuständigkeit der Kartellbehörden begründete Hilfsfunktion371 aufrechtzuerhalten. Dieses Modell erlaubt es, bei Erhalt der systemkonformen Zuständigkeit der Kartellbehörden die in der Aufsicht über die Börsen begründete größere Sachnähe für die Kartellaufsicht nutzbar zu machen.372 Bedarf die Aufsicht über die Börsen nach alldem somit keiner grundsätzlichen Umgestaltung, werden indes einige änderungsrelevante Einzelaspekte im Anschluss noch gesondert zu untersuchen sein. Im Bereich der Marktaufsicht besteht ebenfalls kein grundsätzlicher Anpassungsbedarf. Es kann hier bei der bloßen Einarbeitung redaktioneller Folgeänderungen verbleiben. In diesem Bereich belassen die Vorgaben europäischer Richtlinien, etwa der Marktmissbrauchsrichtlinie und der Transparenzrichtlinie, kaum Spielraum für eine Umgestaltung des Aufsichtsrechts. Dies gilt insbesondere für 366 Gegenwärtig umgesetzt in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BörsG; vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81; siehe zu diesem Erfordernis auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 226 f. 367 Umgesetzt in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, S. 4, Abs. 3 Nr. 2, § 15 Abs. 1 und 2 BörsG; vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BTDrs. 16 / 4028, 81, 83. 368 Die Kenntnisnahme und Prüfung des Regelwerkes durch die Börsenaufsichtsbehörde gewährleisten gegenwärtig § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 16 Abs. 3 BörsG. 369 Gegenwärtig umgesetzt in § 4 Abs. 4 und 5 BörsG; vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 81 f. 370 So auch Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 227. 371 Zu den kartellrechtlichen Befugnissen der Börsenaufsichtsbehörde Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 6 BörsG Rdn. 19; Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. II, § 130 GWB Rdn. 19. 372 Ähnlich Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 118 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 227.

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die im WpHG geregelten und der Aufsicht der BaFin unterliegenden Verhaltensgebote und -verbote, die von den Marktakteuren zu beachten sind. 2. Einzelaspekte der Aufsicht über die Börsen a) Frage der Bedürfnisprüfung Der Erteilung der Erlaubnis zur Errichtung einer Börse hat nach heutiger Rechtslage eine Bedürfnisprüfung durch die Börsenaufsichtsbehörde vorauszugehen.373 Dies bedeutet, dass die Börsenaufsichtsbehörde nicht nur das Vorliegen enumerativ aufgezählter, durch den Antragsteller zu erfüllender Voraussetzungen zu prüfen hat, sondern zudem im Rahmen einer Ermessensentscheidung bewertet, welche Auswirkungen sich durch die Gründung einer neuen Börse für den jeweiligen Börsenplatz ergeben. Der Antragsteller hat lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, nicht hingegen auf Erteilung der Erlaubnis bei Vorliegen der börsengesetzlichen Voraussetzungen.374 Mittels der Bedürfnisprüfung soll das Entstehen geschäftsschwacher Kümmerbörsen verhindert werden.375 Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass eine fragmentierte Börsenlandschaft mit einer Zersplitterung der Liquidität einherginge, welche wiederum bei der Preisbildung negative Auswirkungen zeitigen würde. Allerdings wurde bereits dargelegt, dass dieser Argumentation nicht gefolgt werden kann.376 Die Kapitalmärkte anderer Länder belegen, dass sich auch ohne staatliche Lenkung marktführende Handelsplätze herausbilden.377 Überdies sind auch im Falle der Existenz einer größeren Anzahl konkurrierender Handelssysteme aufgrund der heute zu beobachtenden Integration der Märkte durch Kommunikation und der Ausnutzung geringfügiger Preisdifferenzen für Arbitragegeschäfte nennenswerte negative Auswirkungen auf die Preisbildung nicht mehr zu befürchten.378 Darüber hinaus ermöglicht eine Einbeziehung von Referenzpreisen, welche bereits gegenwärtig zulässig ist (§ 24 Abs. 2 S. 3 BörsG), bei der Ermittlung der Börsenpreise die Marktlage weiterer Börsen, ausländischer organisierter Märkte und multilateraler Handelssysteme zu berücksichtigen.379 Baums / Segna, Börsenreform, S. 30; Segna, ZBB 1999, 144, 146 f. Baums / Segna, Börsenreform, S. 30; Beck, in: Schwark (Hrsg.), KapitalmarktrechtsKommentar, § 1 BörsG Rdn. 13; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 4 BörsG Rdn. 7; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 37. 375 Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 BörsG Rdn. 13. 376 Siehe hierzu oben 3. Kapitel B. II. 3. 377 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 362; zur LSE und NYSE siehe Harrer / Fisher / Evans, RIW 2003, 81; vgl. ferner Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 108 („order flow attracts order flow“). 378 Ähnlich Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 107; in diese Richtung auch: Implications of Electronic Trading in Financial Markets, Report by a Working Group established by the CGFS, January 2001, S. 18, abrufbar unter http: //www.bis.org/publ/cgfs16.pdf?noframes=1. 373 374

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Aus diesen Gründen ist dafür zu plädieren, die Erteilung der Erlaubnis zukünftig nicht mehr von einer Bedürfnisprüfung abhängig zu machen.380 Bei Erfüllung der Vorgaben des Börsengesetzes sollte vielmehr ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Erteilung der Erlaubnis bestehen. Indes ist eine Entscheidung in dieser Frage nicht zwingend mit der Entscheidung über die Überführung der Börsen in eine privatrechtliche Organisationsform zu verknüpfen.381

b) Kontrolle der Anteilseigner aa) Beibehaltung des Instituts der Anteilseignerkontrolle Sieht das Börsengesetz gegenwärtig eine Kontrolle der Inhaber bedeutender Beteiligungen an dem Börsenträger vor382 (§ 6 BörsG), so fragt sich, ob eine solche Regelung beizubehalten und in welcher Weise sie – bejahendenfalls – zukünftig auszugestalten ist. Die geltende Regelung beinhaltet insbesondere eine Befugnis der Börsenaufsichtsbehörde, den Erwerb einer bedeutenden Beteiligung zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Anzeigepflichtige oder eine ihm zuzurechnende Person nicht zuverlässig ist oder sonst nicht den im Interesse einer umsichtigen Führung des Börsenträgers zu stellenden Anforderungen genügt (§ 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG). Außerdem kommt eine Untersagung in Betracht, wenn eine Beeinträchtigung der Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebes zu befürchten steht (§ 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG).383 Weitere Befugnisse sind der Börsenaufsichtsbehörde in Bezug auf bestehende Beteiligungen eingeräumt.384 Unter anderem ist die Behörde im Falle der oben genannten Tatbestände befugt, die Ausübung der Stimmrechte zu untersagen (§ 6 Abs. 4 S. 1 BörsG). Bei der Ermittlung des Vorliegens einer bedeutenden Beteiligung findet in verschiedenen Fällen, die wirtschaftlich einer Inhaberschaft gleichzuachten sind, eine Zurechnung der Anteile Dritter statt (§ 1 Abs. 9 KWG i. V. m. § 22 Abs. 1 bis 3 sowie 3a WpHG).385 379 Hierzu Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 24 BörsG Rdn. 17 ff.; Hammen, AG 2001, 549, 559 ff. 380 So auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 795 f.; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 401, 405; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 86; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 99 ff., 224 f. 381 Segna, ZBB 1999, 144, 146 f.; vgl. auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 405; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 86. 382 Eingeführt durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. 6. 2002, BGBl. I 2010; siehe hierzu Beck, BKR 2002, 662, 665; ferner bereits 2. Kapitel B. II. 2. 383 Zu beiden Untersagungstatbeständen Beck, in: Schwark (Hrsg.), KapitalmarktrechtsKommentar, § 3 BörsG Rdn. 6 f.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 6 BörsG Rdn. 12 ff. 384 Vgl. Beck, in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsG Rdn. 9 ff.

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Grundsätzlich ist es sinnvoll, die Anteilseignerkontrolle beizubehalten.386 Auf der einen Seite darf die Anteilseignerkontrolle zwar keinesfalls für protektionistische Zwecke missbraucht werden387, auf der anderen Seite erfüllt sie im Hinblick auf die Gewährleistung des ordnungsgemäßen Betriebes der Börse jedoch eine wichtige Funktion, welche letztlich auf die primären staatlichen Regelungsziele im Bereich des Börsenwesens, den Funktionsschutz388 und den Anlegerschutz, zurückgeführt werden kann. Aufgrund des Entfallens des Dualismus von Börse und Börsenträger hätte sich die Anteilseignerkontrolle zukünftig auf das als Kapitalgesellschaft verfasste Börsenunternehmen zu beziehen. bb) Tatbestandliche Konkretisierung unter rechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten Der Bestimmtheit der Tatbestände nach § 6 Abs. 2 BörsG, die ein Eingreifen der Aufsichtsbehörde ermöglichen, ist aus rechtlichen wie auch aus ordnungspolitischen Gründen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und die Vornahme aufsichtsbehördlicher Maßnahmen an enge Voraussetzungen zu knüpfen. Zum einen muss es darum gehen, eine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, welche gegenwärtig nicht vollständig gewährleistet ist, sicherzustellen. Zum anderen sollte es auf diese Weise gelingen, den angesprochenen Missbrauch für protektionistische Zwecke zu verhindern. Zunächst seien die rechtlichen Maßgaben einer Neufassung in den Blick genommen. Während der Untersagungstatbestand nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG (Unzuverlässigkeit oder sonstige Nichterfüllung der Voraussetzungen für eine umsichtige Unternehmensführung) mit den Vorgaben des Art. 38 Abs. 1 und 3 der MiFID übereinstimmt389 und ohne weiteres beibehalten werden kann, beruht der Untersagungstatbestand nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG (Beeinträchtigung der Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebes) nicht auf europäi385 Besonders bedeutsam ist das so genannte acting in concert, das in § 22 Abs. 2 WpHG geregelt ist. Dieser Zurechnungstatbestand wurde durch das Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12. 8. 2008, BGBl. I 1666, merklich erweitert. 386 In diese Richtung auch Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 224; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 93; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 44; vgl. ferner Hammen, AG 2001, 549, 566 f. 387 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 93; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 44; ähnlich auch Beck, BKR 2002, 662, 665; ders., in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsG Rdn. 8; Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 344. 388 So auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14 / 8017, 72 f. 389 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 16 / 4028, 82; siehe ferner Christoph, WM 2004, 1856, 1857; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 229.

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schem Sekundärrecht und erweist sich als rechtlich angreifbar. Zwar stehen die Vorgaben des Art. 38 der MiFID einer weiter gehenden mitgliedstaatlichen Regelung nicht grundsätzlich entgegen. Jedoch muss sich diese Regelung an deutschem Verfassungsrecht und europäischem Primärrecht messen lassen. Einer solchen Prüfung hält der Untersagungstatbestand nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG nicht stand. Bei Vornahme einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung zeigt sich, dass für die Nr. 2 kein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt: Der Wortlaut der Bestimmung der Nr. 2 macht deutlich, dass diese auf die Betriebspflicht nach § 5 Abs. 1 BörsG Bezug nimmt.390 Eine Gefährdung der Erfüllung der Betriebspflicht wird allerdings bereits durch den Untersagungsgrund nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG erfasst.391 Somit hätte der Untersagungstatbestand nach Nr. 2, legt man diesen im genannten Sinne aus, keinen über die Nr. 1 hinausgehenden Anwendungsbereich. Ein weiter gehendes Verständnis der Nr. 2 ist indes nicht mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der ausreichenden Bestimmtheit von Gesetzen, einer Ausprägung des aus Art. 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG hergeleiteten Prinzips der Rechtsstaatlichkeit 392, zu vereinbaren.393 Ebenso liegt dies in Hinblick auf die vom EuGH formulierten Anforderungen an die Bestimmtheit im Falle einer Beschränkung von Grundfreiheiten.394 Will man den Untersagungstatbestand nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG nicht gänzlich aufgeben, ist bei der Neufassung der Anteilseignerkontrolle daher eine tatbestandliche Konkretisierung herbeizuführen.395 Für die Vornahme einer solchen Konkretisierung ist es hilfreich, sich den ursprünglich verfolgten Zweck vor Augen zu führen: Die Aufnahme der Anteilseignerkontrolle erfolgte vor dem Hintergrund des letztlich gescheiterten Projektes iX der Deutsche Börse AG und der London Stock Exchange aus dem Jahr 2000396, in dessen Rahmen beabsichtigt war, den Handel in Standardwerten von Frankfurt 390 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 227, 346; ähnlich Beck, BKR 2002, 662, 665; ders., in: Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsG Rdn. 7 f.; W. Groß, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 6 BörsG Rdn. 14. 391 Christoph, WM 2004, 1856, 1858 f.; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 227, 343 f. 392 Hierzu Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 GG Rdn. 57, 85; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. II, Art. 20 GG Rdn. R 129. 393 Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 227 f., 346. 394 Vertiefend Christoph, WM 2004, 1856, 1866; zu den Anforderungen an die Bestimmtheit nach Rechtsprechung des EuGH vgl. EuGH, Rs. C-205 / 99 (Analir), Slg. 2001, I-1271, 1313; EuGH, Rs. C-463 / 00 (Plenum) – NJW 2003, 2663, 2664 f. 395 Ähnlich Christoph, WM 2004, 1856, 1858; in diese Richtung auch von Rosen, in: Assmann / Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rdn. 252. 396 Zu diesem Projekt Bergsträsser, in: Ferrarini / Hopt / Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, S. 289 ff.; Hammen, ZBB 2001, 84; Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24; Schwark, WM 2000, 2517.

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nach London zu verlagern. Mit der Neuregelung war der Gedanke verbunden, der Börsenaufsichtsbehörde die Möglichkeit zu eröffnen, gegebenenfalls gegen vergleichbare Vorhaben einschreiten zu können.397 Im Rahmen der Betrachtung der europäischen Grundfreiheiten wurde bereits dargetan, dass es unter dem Gesichtspunkt des Erhaltes der Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes zulässig ist, eine von Seiten eines Marktbetreibers veranlasste Verlagerung substantieller Teile des an deutschen Börsen stattfindenden Handels auf ausländische Börsenplätze zu untersagen.398 Eine Regelung, die eine solche Handhabe schafft, erscheint grundsätzlich weiterhin sinnvoll. Allerdings gilt es unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten zugleich, die Möglichkeit eines Missbrauchs für protektionistische Zwecke zu unterbinden. Es stünde etwa zu befürchten, dass einzelne Bundesländer in dem Bestreben, ihre jeweilige Regionalbörse zu erhalten, sich auf eine derartige Bestimmung berufen, obwohl die jeweilige Börse für den deutschen Kapitalmarkt insgesamt von relativ geringem Gewicht ist. Eine Neuregelung des Untersagungstatbestandes nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG sollte sich daher auf einen Mindestschutz im Sinne einer Existenzgarantie beschränken, die zwar tatbestandlich an einzelne Börsen anknüpft, jedoch zusätzlich – ebenfalls auf Tatbestandsseite – eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes insgesamt erfordert.399

III. Aufsichtsbehörden Berücksichtigte man lediglich den Umstand, dass die börseneigene Aufsicht nach dem vorliegend entworfenen Modell (weitgehend) in privatrechtlicher Form stattfinden soll, beließe es aber im Übrigen bei der gegenwärtigen Ausgestaltung, so obläge die staatliche Aufsicht im Bereich des Börsenwesens weiterhin sowohl den Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer als auch der BaFin. Erstere wären mit der Aufsicht über die Börsen sowie der Marktaufsicht nach dem Börsengesetz befasst, Letztere nähme insbesondere die Marktaufsicht nach dem WpHG wahr. Verschiedentlich ist indes die Forderung einer Zusammenführung dieser Aufgaben bei einer Bundesbehörde erhoben worden. Darüber hinaus gibt es auch Forderungen, mittel- bis langfristig Aufsichtsfunktionen auf europäischer Ebene zu zentralisieren.

397 Vgl. Christoph, WM 2004, 1856, 1857; ders., Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 345. 398 Siehe hierzu 3. Kapitel D. I. 1. a) bb) und c). 399 Die hier vorzunehmenden Festlegungen wirken sich zugleich auf die Reichweite der Betriebspflicht bei der privaten Börse aus; vgl. hierzu Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 402 (Fn. 483); Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 120.

H. Staatliche Aufsicht

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1. Nationale Aufsicht a) Zweckmäßigkeit einer Zusammenfassung der Aufsichtsaufgaben bei einer Bundesbehörde Nicht nur in der wissenschaftlichen Diskussion400 wurde die Forderung nach einer Zusammenfassung der Aufsichtsaufgaben bei einer Bundesbehörde erhoben. Auch der Deutsche Bundestag sprach sich in einem Beschluss aus dem Jahre 2003 für eine zentrale Börsenaufsicht aus.401 Nach Medienberichten verfolgt die Bundesregierung gegenwärtig Pläne einer Zentralisierung der Aufsicht, indes nur in Bezug auf die Marktaufsicht.402 Der Forderung nach einer Zentralisierung der Aufsicht ist vollumfänglich beizupflichten, und zwar sowohl hinsichtlich der Aufsicht über die Börsen als auch hinsichtlich der Marktaufsicht. Dass die Aufsicht über die Börsen noch heute trotz grundlegender Veränderungen der Rahmenbedingungen in den letzten Jahrzehnten, die etwa bereits unter den Schlagworten „technischer Wandel“ und „Globalisierung“ diskutiert wurden, von Landesbehörden wahrgenommen wird, ist als verfehlt anzusehen.403 Nicht nur bringt diese Gestaltung, wie es schon zuvor und weitgehend unabhängig von den angesprochenen Rahmenbedingungen der Fall war, unnötige Redundanzen mit sich und führt zu einer Überregulierung.404 Hinzu kommt, dass die Geschäftsmodelle der Börsen heute kaum noch eine örtliche Begrenzung auf das jeweilige Bundesland erkennen lassen. Insbesondere der Aktionsradius der Deutsche Börse AG, der Trägerin der FWB, ist nicht einmal auf die Bundesrepublik begrenzt. Dies zeigen etwa die deutsch-schweizerische Eurex405, an der die Deutsche Börse AG maßgeb400 Grundsätzlich für eine Zentralisierung plädieren (auf Grundlage unterschiedlicher Konzepte) Köndgen, ZHR 164 (2000), 648, 654 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 122 ff.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 46; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 171 ff., 214 ff.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 228; dagegen hingegen Baums / Segna, Börsenreform, S. 80 ff., 107; eine Zusammenstellung der Argumente findet sich bei Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 426 ff., der jedoch darauf verzichtet, abschließend Stellung zu beziehen. 401 Beschluss vom 7. 11. 2003, BT-Plenarprotokoll 15 / 73, 6336; Annahme der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 1. 7. 2003, BT-Drs. 15 / 1296, auf Grund des Antrags der SPD-Fraktion und Bündnis90 / Die Grünen, BT-Drs. 15 / 930, 5; hierzu Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 170. 402 Nach Berichten von November 2008 über ein geplantes „Börsenaufsichtsmodernisierungsgesetz“ beabsichtigt die Bundesregierung, die Marktaufsicht bei der BaFin zu zentralisieren. Die Marktaufsichtskompetenzen der Börsenaufsichtsbehörden und der Handelsüberwachungsstellen sollen nach diesen Berichten auf die BaFin übertragen werden, vgl. hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. 11. 2008, S. 28. Hierzu ist allerdings anzumerken, dass die börseneigene Marktaufsicht durch die Handelsüberwachungsstellen aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht gänzlich auf die BaFin wird übertragen werden können (siehe etwa Art. 41 Abs. 1, 43 Abs. 1 der MiFID). 403 Ähnlich Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 214. 404 So Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 449 ff.

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lich beteiligt ist, die letztlich gescheiterten Fusionspläne mit der London Stock Exchange406 sowie die erfolgreiche Übernahme der US-amerikanischen International Securities Exchange407 (ISE). Auch handelt es sich bei wesentlichen Anteilseignern der Deutsche Börse AG um international tätige Investoren.408 Aber auch andere deutsche Börsen suchen ihren Erfolg häufig nicht vorrangig in einer Ausrichtung auf örtliche Unternehmen, sondern in einer produktbezogenen Spezialisierung, wie etwa das Beispiel der Stuttgarter Wertpapierbörse zeigt, die über das Handelssegment Euwax409 mit beachtlichem Erfolg den Handel in derivativen Produkten anbietet. Gehen die Aktivitäten, die der Aufsicht unterliegen, mithin bei weitem über den Rahmen eines Bundeslandes hinaus, so ist eine Wahrnehmung der Aufsicht durch eine Bundesbehörde die dem Gegenstand der Aufsicht angemessene Konsequenz.410 Legen die bisher angesprochenen Argumente eine Bündelung der Aufsicht über die Börsen bei einer Bundesbehörde nahe, so ist darüber hinaus dafür zu plädieren, auch die Marktaufsicht bei derselben Behörde anzusiedeln. Es ist nicht ersichtlich, warum die auch unter diesem Gesichtspunkt zersplitterte Aufsichtsstruktur, die ihre Ursache in der Aufgabenverteilung auf Bundes- und Landesbehörden hat, fortgeschrieben werden sollte. Auch würde es auf dem mit dem Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht 411 aus dem Jahre 2002 verfolgten Konzept der Schaffung einer Allfinanzaufsicht412 aufbauen, die Aufsicht über die Börsen und die Marktaufsicht bei derselben Bundesbehörde zusammenzufassen. Einer solchen Zusammenfassung bei nur einer Bundesbehörde wohnte zudem der Vorteil inne, dass auf diese Weise ohne weiteres Zutun eine Vereinigung der Aufsicht über die Börsen auf der einen und über die multilateralen Handelssysteme und systematischen Internalisierer auf der anderen Seite in einer Hand stattfände.413 Dies wäre förderlich für die Schaffung eines Regelungsrahmens, der Börsen 405 Zur Eurex vgl. Kurth, WM 2000, 1521 ff.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 51; Nobel, Festschrift Lutter, S. 1485, 1509 f. 406 Vgl. Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 50 ff., 54 f. 407 Hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 7. 2007, S. 19. 408 Insbesondere zu nennen sind hier die Hedge Fonds TCI und Atticus Capital, vgl. die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. 9. 2008, S. 14. 409 Geregelt in den §§ 37 ff. der Börsenordnung der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse, Stand: 1. 11. 2008. 410 Zudem ist die Beaufsichtigung einer bundesweit tätigen Börse durch eine Landesbehörde verfassungsrechtlich problematisch, hierzu Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 215; indes sehen Baums / Segna, Börsenreform, S. 81 f., auftretende rechtliche Schwierigkeiten als beherrschbar an. 411 Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. 4. 2002, BGBl. I 1310. 412 Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, BT-Drs. 14 / 7033, 31. 413 Für eine gemeinsame Aufsichtsbehörde auch Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 394 f.; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 73.

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und alternative Handelssysteme nicht gänzlich verschiedenen Bestimmungen unterwirft, sondern vielmehr innerhalb des gemeinsamen Rahmens ein Spektrum lediglich graduell unterschiedlicher Bestimmungen zur Anwendung kommen ließe.414 Im Übrigen wäre die Einrichtung einer solchen Bundesbehörde, bei welcher die Aufsicht über die Kapitalmarktakteure gebündelt wird, auch im Hinblick auf die Vertretung der Interessen des Finanzplatzes Deutschland in europäischen und internationalen Gremien von Vorteil.415 Eine Allfinanzaufsicht, welche Marktaufsicht und Aufsicht über die Börsen in sich vereinte, würde es ermöglichen, die in den Gremien behandelten Gegenstände und die nationalen Zuständigkeiten der dort vertretenen Behörde in Einklang zu bringen. Dass etwa in dem Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) wie auch in der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) die BaFin vertreten ist, während die Aufsicht über die Börsen nicht ihr, sondern den Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer obliegt, verursacht unnötige Kommunikationswege und Effizienzverluste, möglicherweise sogar eine suboptimale Einbringung nationaler Interessen und Erkenntnisse. Überdies wäre die Errichtung einer derartigen Bundesbehörde auch in Hinblick auf die bilaterale Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden anderer Staaten von Vorteil.416 Nach alldem ist eine Zusammenfassung der Aufsicht über die Börsen und der Marktaufsicht über den börslichen und außerbörslichen Handel bei einer Bundesbehörde unter gleichzeitiger Auflösung der Börsenaufsichtsbehörden der Länder zu befürworten. Da wesentliche Zuständigkeiten im Bereich der Marktaufsicht bereits gegenwärtig bei der BaFin liegen, sollten die genannten Funktionen sämtlich bei ihr gebündelt werden.417 b) Verfassungsrechtliche Beurteilung einer solchen Zusammenfassung Zwar steht zu erwarten, dass die Bundesländer einer solchen Verlagerung von der Landes- auf die Bundesebene wenig aufgeschlossen gegenüberstehen werden.418 Jedoch bedarf ein Bundesgesetz, mit welchem über einen solchen erweiterten Zuschnitt der BaFin entschieden wird, keiner Zustimmung des Bundesrates. Im Bereich einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes (vorliegend Hierzu bereits oben 4. Kapitel A. III. Ähnlich Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 216 f.; Mues, Die Börse als Unternehmen, S. 228; a.A. Baums / Segna, Börsenreform, S. 84 f., die zwar Defizite eingestehen, diese jedoch als inzwischen im Wesentlichen beseitigt ansehen. 416 Vgl. (noch zum BAWe) Bergsträsser, in: Ferrarini (Hrsg.), European Securities Markets, S. 378. 417 Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 175 f., 217. 418 So auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 809; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 123; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 176. 414 415

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gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) ist nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG die Errichtung einer selbständigen Bundesoberbehörde durch Bundesgesetz, für welches das Grundgesetz kein Zustimmungserfordernis vorsieht419, möglich.420 Auch stellt sich nicht die Schwierigkeit einer zustimmungspflichtigen Errichtung bundeseigener Mittel- und Unterbehörden nach Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG: Während im Falle einer Beibehaltung der öffentlich-rechtlichen Organisationsform unter gleichzeitiger Auflösung der Börsenaufsichtsbehörden der Länder die Handelsüberwachungsstellen in dieser Weise zu qualifizieren sein könnten, ist dies bei der Wahrnehmung der börseneigenen Aufsicht durch eine privatrechtlich verfasste Börse nicht der Fall.421 2. Europäische Aufsicht Auch die Forderung, auf mittlere und längere Sicht Aufsichtsaufgaben422 in zunehmendem Maße auf europäischer Ebene wahrnehmen zu lassen423, wird zu Recht erhoben. Eine solche Verlagerung von Aufsichtsaufgaben auf die europäische Ebene kann sich zunächst auf die Aufsicht über die Börsen und die Marktaufsicht beschränken, könnte sich allerdings – im Zuge eines langfristigen Prozesses – auch auf andere Bereiche der Finanzdienstleistungsaufsicht erstrecken.424 419 Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 78 GG Rdn. 10 f. 420 Baums / Segna, Börsenreform, S. 88, 90; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 174, 176 f.; siehe zudem Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. III, Art. 87 GG Rdn. 65 ff., zur BaFin insbesondere Rdn. 92; Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 451 f. 421 Ähnlich Hopt / Baum, in: Hopt / Rudolph / Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 451 f.; siehe zudem vertiefend Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 177 ff. 422 Neben einer Zentralisierung von Aufsichtsaufgaben ist auch über eine weitergehende Verlagerung von Regulierungsaufgaben („rule-making“) von nationalen Behörden auf europäische Stellen nachzudenken, so etwa Moloney, EC Securities Regulation, S. 885, 897; vgl. ferner Ferrarini, Contract Standards and the MiFID, S. 29, der sich für eine unabhängige europäische Behörde („European independent agency“) ausspricht, die mit Regulierungsaufgaben befasst ist. 423 Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 124 ff.; ders., NJW 2002, Beilage 23, 41, 46; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 189 ff.; auch die Bundesregierung sprach sich bereits für eine „integrierte Finanzaufsicht“ bzw. ein „europäisches System der Finanzaufsicht“ aus: Position der Bundesregierung zur Halbzeitbilanz der Lissabon-Strategie (Oktober 2004), Wachstum und Beschäftigung für die Jahre bis 2010, BR-Drs. 917 / 04, 5; zudem sprach sich auch der Präsident der Europäischen Kommission, Barroso, für eine einheitliche Finanzmarktaufsicht in Europa aus, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 10. 2008, S. 14; mit Blick auf den damals (2002) erreichten Stand der Vereinheitlichung noch zurückhaltend Moloney, EC Securities Regulation, S. 888 ff., 897; gegen die Schaffung einer „Superaufsichtsbehörde“ Kurth, WM 2000, 1521, 1528; ähnlich Ferran, Building an EU Securities Market, S. 2; Hellwig, ZGR 1999, 781, 811. 424 Siehe vertiefend Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 221 ff., der ein diesbezügliches Konzept entwirft.

H. Staatliche Aufsicht

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Wie bereits festgestellt, sind die Geschäftsaktivitäten der Börsen nicht mehr auf den jeweiligen Heimatmarkt beschränkt.425 Vielmehr lassen die europäischen Börsen in Übereinstimmung mit europäischem Sekundärrecht im Wege der remote membership Handelsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten zu426, sind einige Börsenunternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten als Börsenbetreiber präsent (etwa die NYSE Euronext427) und befinden sich die Anteile an den Börsenunternehmen häufig auch in den Händen von Anteilseignern, welche in anderen Staaten als die jeweilige Börse ansässig sind. Eine europäische Behörde würde es nun ermöglichen, die häufig grenzüberschreitenden Sachverhalte nicht entgegen ihrer Natur aufzusplitten und in die Zuständigkeit verschiedener nationaler Aufsichtsbehörden fallen zu lassen.428 Es handelt sich hierbei um das Petitum eines Gleichlaufes der Reichweite der Aufsicht und der Reichweite der Tätigkeit der Unternehmen.429 Ein solcher Gleichlauf brächte Kostenvorteile für die Börsen mit sich und würde insbesondere die Effizienz der Aufsicht erheblich erhöhen, indem langwierige Koordinierungserfordernisse und Zuständigkeitsabgrenzungen430 entfielen. Darüber hinaus würde eine einheitliche Aufsicht auch zur Schaffung eines europäischen level playing field beitragen und so den Wettbewerb unter den Börsen stimulieren, wie dies auch durch die Annäherung des materiellen Rechts betrieben wird. Da jedoch die einzelnen Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Maße und nur zögerlich bereit sein werden, ihre nationalen Aufsichtsbefugnisse abzugeben431, muss es sich bei der anzustrebenden Verlagerung auf eine europäische Aufsichtsstelle um einen langfristigen, in mehreren Schritten zu absolvierenden Prozess handeln.432 Hierfür spricht zudem, dass sich der volle Nutzen einer europäischen Aufsicht erst dann einstellen wird, wenn auch das materielle Recht zumindest in weiten Teilen angeglichen ist.433 Bezüglich der Organisation der Börsen ist auf

Ähnlich Ferran, Building an EU Securities Market, S. 256. Siehe hierzu die Vorgaben der Art. 33 und 42 Abs. 5 und 6 der MiFID. 427 Zur NYSE Euronext und dem Entstehen von Börsen-Netzwerken siehe Mohr, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. 10. 2007, S. 25; siehe zudem 3. Kapitel E. II. 2. 428 Ähnlich Moloney, EC Securities Regulation, S. 886. 429 Vgl. die Position der Bundesregierung zur Halbzeitbilanz der Lissabon-Strategie (Oktober 2004), Wachstum und Beschäftigung für die Jahre bis 2010, BR-Drs. 917 / 04, 5; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 171. 430 Zur aufsichtsbehördlichen Zuständigkeit Kurth, WM 2000, 1521, 1526; Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 127; zu Schwierigkeiten der Beaufsichtigung im Falle einer Holdinggesellschaft mit Sitz im Ausland als Alleineigentümerin eines Börsenbetreibers Kümpel / Hammen, WM 2000, Sonderbeilage 3, 3, 8 ff., 19 ff.; Schneider / Burgard, WM 2000, Sonderbeilage 3, 24, 31. 431 In diese Richtung auch Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, S. 430; Hoppmann, EWS 1999, 204, 208, 212. 432 Ein Vier-Stufen Konzept entwirft Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 221 ff.; vgl. auch Merkt, Gutachten G zum 64. DJT, G 125; Moloney, EC Securities Regulation, S. 883 f. 425 426

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4. Kap.: Entwurf einer privatrechtlich verfassten Bo¨rse

Grundlage der MiFID insoweit zwar bereits ein Anfang gemacht und hinsichtlich der Verhaltenspflichten anderer Marktteilnehmer eine solche Angleichung durch die Transparenzrichtlinie, die Marktmissbrauchsrichtlinie, die Prospektrichtlinie wie auch die MiFID sogar in beachtlichem Maße erreicht.434 Dennoch sind die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen im Bereich des Kapitalmarktrechts von einer umfassenden Vereinheitlichung noch weit entfernt. Daher ist eine kontinuierliche Fortsetzung des sowohl auf materiell-rechtliche Annäherung als auch auf ein engeres institutionelles Zusammenwirken gerichteten Prozesses zu befürworten435, der insbesondere mit dem FSAP aus dem Jahre 1999 und dem „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010“436 von 2005 bereits verfolgt wird. Eine zu begrüßende Beschleunigung erfährt dieser Prozess durch das von der Europäischen Kommission als Reaktion auf die internationale Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 verfolgte Anliegen, die Finanzaufsicht auf europäischer Ebene durch die Schaffung von drei neuen Aufsichtsbehörden für die Bereiche der Banken, der Wertpapierdienstleister und der Versicherer zu stärken.437 Die neuen Behörden sollen auf Grundlage der bereits bestehenden Ausschüsse für die genannten Bereiche, CEBS, CESR und CEIOPS, entstehen. Die direkte Aufsicht soll nach den Vorschlägen der Kommission allerdings grundsätzlich weiterhin von den Behörden der Mitgliedstaaten ausgeübt werden. Damit stehen auch diese Reformpläne nicht für einen Bruch mit den bestehenden Strukturen, sondern vielmehr für eine kontinuierliche Weiterentwicklung derselben. Auch nach einer für das Jahr 2010 geplanten Umsetzung der Vorschläge der Kommission wird es darum gehen, die europäischen Aufsichtsstrukturen in dem Maße und mit der Geschwindigkeit weiterzuentwickeln und zu vertiefen, wie es die parallel verfolgte Angleichung des materiellen Rechts und der in den Mitgliedstaaten vorhandene politische Wille zulassen.

433 Ähnlich Hoppmann, EWS 1999, 204, 210; Moloney, EC Securities Regulation, S. 889; differenzierend Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 219 f. 434 Vgl. hierzu Binder / Broichhausen, ZBB 2006, 85, 87, 89 ff., 95 f.; Blumentritt, Die privatrechtlich organisierte Börse, S. 84; zur angestrebten Vollharmonisierung der Verhaltenspflichten für Wertpapierfirmen durch die MiFID Weichert / Wenninger, WM 2007, 627, 628. 435 Ähnlich Moloney, EC Securities Regulation, S. 891. 436 Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010, KOM (2005) 629 vom 1. 12. 2005. 437 Die Vorschläge der Kommission fußen auf Empfehlungen, welche im Februar 2009 von einer Fachgruppe unter Leitung des ehemaligen geschäftsführenden Direktors des Internationalen Währungsfonds de Larosière vorgelegt wurden (so genannter „Larosière-Bericht“). Neben der Schaffung der drei genannten Aufsichtsbehörden beabsichtigt die Kommission die Ansiedlung eines „Europäischen Rates für Systemrisiken“ bei der EZB. Siehe hierzu die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 5. 2009, S. 12, und vom 20. 6. 2009, S. 9.

5. Kapitel

Zusammenfassung der Ergebnisse A. Entwicklung und gegenwärtige Rechtslage – eine Bestandsaufnahme 1. Mit dem Börsengesetz von 1896 wurde erstmalig eine einheitliche Kodifikation des Börsenrechts für das deutsche Reich geschaffen. Diese enthielt sich einer Börsendefinition und traf auch keine Aussage über die Rechtsnatur der Börse. Im frühen 20. Jahrhundert setzten sich jedoch als Folge des Berliner Börsenstreits das Verständnis der Börse als eine öffentliche Veranstaltung und die Trennung von Börse und Börsenträger durch. 2. Das geltende Recht unterscheidet zwischen dem Börsenträger und der Börse. Die Rechtsform des Börsenträgers ist gesetzlich nicht vorgegeben. In der Regel sind die Börsenträger jedoch als Aktiengesellschaften ausgestaltet. Zur Errichtung einer Börse bedarf der Börsenträger einer Erlaubnis durch die Börsenaufsichtsbehörde. Mit der Erteilung der Erlaubnis erfolgt zugleich eine öffentliche Beleihung des Börsenträgers. Der Börsenträger ist verpflichtet, die zum Betrieb der Börse erforderlichen Mittel bereitzustellen. Die Börse ist eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Aufgrund der Organisationshoheit der Börse sieht das Börsengesetz keine Einflussnahme des Börsenträgers auf die inneren Angelegenheiten der Börse vor. Faktisch ist der Börsenträger jedoch in der Lage, erheblichen Einfluss auf die Börse auszuüben. Dies beruht insbesondere auf der vollständigen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Börse von dem Börsenträger. 3. Die Zulassung von Wertpapieren erfolgt auf Antrag eines Emittenten durch die Geschäftsführung der Börse. Bei der Zulassung handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Ferner ist die Geschäftsführung zur Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel ohne Mitwirkung der Emittenten befugt. Die Zulassung der Handelsteilnehmer erfolgt ebenfalls durch die Börsengeschäftsführung im Wege des Verwaltungsaktes. Die Rolle der Handelsteilnehmer hat sich aufgrund technologischer Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Während früher der Verband der zum Handel zugelassenen Personen die Börse ausmachte, ist dieser heute in weiten Teilen seiner Funktionen beraubt. Zunehmend führen elektronische Systeme die Aufträge zu Geschäftsabschlüssen zusammen und bewältigen die Preisfeststellung.

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5. Kap.: Zusammenfassung der Ergebnisse

4. Die Aufsicht im Bereich des Börsenwesens wird von drei verschiedenen Einrichtungen wahrgenommen. Der BaFin, einer Bundesbehörde, obliegt die Marktaufsicht nach dem WpHG. Den Börsenaufsichtsbehörden, bei denen es sich um Landesbehörden handelt, obliegen die Aufsicht über die Börsen und die Marktaufsicht nach dem Börsengesetz. Die Handelsüberwachungsstellen der Börsen sind ebenfalls mit der Marktaufsicht nach dem Börsengesetz betraut. 5. Alternative Handelssysteme treten zunehmend in Konkurrenz zu den Börsen. Die alternativen Handelssysteme sind rein privatrechtlich verfasst. De lege lata ist zwischen multilateralen Handelssystemen und systematischen Internalisierern zu unterscheiden. Der erste Begriff erfasst Systeme mit Marktplatzfunktion, der zweite erfasst bilaterale Systeme. Ebenfalls rein privatrechtlich verfasst ist der Freiverkehr. Dieser kann jedoch nur durch einen Börsenträger betrieben werden und bedarf der Zulassung durch eine Börse. B. Rahmenbedingungen einer Reform 6. An der Funktionsfähigkeit des börslichen Wertpapierhandels besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Dieses ist für sich genommen jedoch nicht geeignet eine öffentlich-rechtliche Organisationsform der Börse zu rechtfertigen. Die wirtschaftliche Betätigung des Staates in hoheitlicher Form kann einen Eingriff in die Berufsfreiheit begründen. Sie stellt eine der Rechtfertigung bedürfende Ausnahme dar, deren verfassungsrechtliche Grenzen sich auf der Ebene des konkreten Verfassungsverstoßes, d. h. insbesondere auf der Ebene der Grundrechtsverletzung, konkretisieren. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Eingriffes kann das besondere öffentliche Interesse Berücksichtigung finden. 7. Das mit der öffentlich-rechtlichen Börse einhergehende Staatsmonopol begründet einen Eingriff in die Berufsfreiheit. Obschon die Möglichkeit besteht, ein multilaterales Handelssystem zu errichten, liegt nicht lediglich eine Berufsausübungsregelung, sondern eine objektive Berufszulassungsbeschränkung vor. Bei dem Betrieb einer Börse handelt es sich um ein eigenständiges Berufsbild. Es ist noch vertretbar, die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung als zur Abwehr schwerer Gefahren für den Marktfunktions- und Anlegerschutz geeignet zu erachten. Jedoch sind mit der staatlichen Aufsicht und Regulierung mildere Mittel ersichtlich, der Eingriff ist somit nicht erforderlich. Die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung verstößt daher gegen die Berufsfreiheit. 8. Für den Entwurf einer privatrechtlichen Börse dürfen ökonomische Grundlagen nicht unberücksichtigt bleiben. Der technologische Wandel führte in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend zu einer Einführung elektronischer Systeme an den Börsen. Zugleich entstand eine

5. Kap.: Zusammenfassung der Ergebnisse

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Vielzahl alternativer Handelssysteme. Somit erfolgte eine Fragmentierung in Präsenzhandel, börslichen elektronischen Handel und Handel an alternativen Handelssystemen. Negative Auswirkungen auf die Preisbildung sind durch die Fragmentierung nicht zu gewärtigen. Es findet eine Integration der Märkte durch Information statt. Informationen fließen zeitgleich in die Preisbildung ein, bestehende Preisdifferenzen werden zu Arbitragegeschäften genutzt. Demgegenüber war der nichtelektronische OTC-Handel in einer Weise fragmentiert, die eine solche Integration durch Information nicht ermöglichte. Auch entstehen allein als Ergebnis des Wettbewerbs führende Handelsplätze mit hoher Liquidität. 9. Auf Seiten der Anleger ist ein Trend zur Institutionalisierung zu beobachten. Anlageintermediären und institutionellen Anlegern kommt zunehmende Bedeutung zu. Auf Seite der Handelsplattformen ist hingegen eine Entwicklung zur Disintermediation festzustellen. Alternative Handelssysteme sind in der Lage, Geschäftsabschlüsse direkt zwischen den Marktteilnehmern, also ohne jeden Intermediationsprozess, zu ermöglichen. 10. Dem Wettbewerb der Handelssysteme kommen wichtige Funktionen zu. Es sind die Antriebs-, die Steuerungs-, die Kontroll- und die Auslesefunktion zu unterscheiden. Börsen können sich im Wettbewerb insbesondere durch die Ausgestaltung ihrer Dienstleistungen behaupten. Eine weitere Strategie besteht in der Begründung von Kooperationen und Fusionen. Die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung ist für die Durchführung von Fusionen hinderlich. Eine Verschmelzung auf Ebene der Börsenträger ist möglich, bringt jedoch komplexe Leitungsstrukturen mit sich. Eine Verschmelzung deutscher Börsen bedarf eines Staatsvertrages der beteiligten Bundesländer. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung einer deutschen Börse ist nicht möglich. 11. Staatliche Regelungsziele im Börsen- und Kapitalmarktrecht sind der Marktfunktions- und der Anlegerschutz. Der Anlegerschutz ist häufig nicht oder nur nachrangig als Individualschutz ausgestaltet. Im Vordergrund steht der Schutz des Anlegerpublikums in seiner Gesamtheit. Der Marktfunktions- und der Anlegerschutz befördern sich in der Regel wechselseitig. Als Instrumentarien zur Verfolgung der genannten Regelungsziele stehen das Marktorganisations-, das Marktverhaltens- sowie das Aufsichtsrecht zur Verfügung. 12. Die Organisationsstruktur der Börse ist an den Vorgaben europäischen Primärrechts zu messen. Die öffentlich-rechtliche Börsenverfassung macht es ausländischen Börsenbetreibern nahezu unmöglich, in Deutschland eine Börse zu errichten. Hierdurch ist

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die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung ist nicht gerechtfertigt, denn es stehen mildere Mittel zur Gewährleistung des Marktfunktions- und des Anlegerschutzes zur Verfügung. Börsenrechtliche Bestimmungen, die (in Anknüpfung an die Betriebspflicht) eine Hinausverlagerung von Märkten in andere Mitgliedstaaten unterbinden, beeinträchtigen ebenfalls die Niederlassungsfreiheit. Beziehen sich die Bestimmungen nicht auf eine Sitzverlegung, steht die EuGH-Rechtsprechung in Bezug auf Wegzugssachverhalte („Daily Mail“, „Cartesio“) der Annahme einer Beeinträchtigung nicht entgegen. Die Beeinträchtigung kann unter Berufung auf den Erhalt der Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes gerechtfertigt werden. An die Erforderlichkeit einer Maßnahme sind hohe Anforderungen zu stellen. 13. Bis in jüngste Zeit beschränkte sich europäisches Sekundärrecht weitgehend auf markttransaktionsrechtliche Bestimmungen. Mit der MiFID wurden im Jahre 2004 erstmals umfängliche Bestimmungen des Marktorganisationsrechtes geschaffen. Diese befassen sich mit börslichen und mit außerbörslichen Märkten. Betreiber außerbörslicher Handelssysteme sind als Wertpapierfirmen befugt, in anderen Mitgliedstaaten unter weitgehender Anwendung des Herkunftsstaatsprinzips tätig zu werden („Europapass“). Börsen ist dieses Recht nicht eingeräumt. Sie sind lediglich berechtigt, in anderen Mitgliedstaaten Systeme bereitzustellen, die Handelsteilnehmern eine Fernmitgliedschaft ermöglichen („kleiner Europapass“). 14. Eine vergleichende Betrachtung des britischen Kapitalmarktrechts zeigt, dass Börsen dort privatrechtlich organisiert sind. Bei der London Stock Exchange handelt es sich um eine börsennotierte Kapitalgesellschaft. Die Setzung des Regelwerkes erfolgt in privatrechtlicher Form. Unternehmen, die um eine Zulassung nachsuchen, müssen sich dem Regelwerk in der jeweils gültigen Fassung unterwerfen. Die Abfassung und Änderung des Regelwerkes ist der Aufsicht anzuzeigen. Die Aufsicht obliegt der FSA, einer Allfinanzaufsicht. Bei der FSA handelt es sich um eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, die öffentliche Aufsichtsaufgaben wahrnimmt. Der FSA ist gesetzlich die Befugnis zur Normsetzung eingeräumt. 15. Nach französischem Recht sind Börsen privatrechtlich verfasst. Die Euronext Paris, eine Aktiengesellschaft nach französischem Recht, ist Teil der Mehrländerbörse NYSE Euronext. Das Regelwerk kommt in privatrechtlicher Form zustande. Unternehmen haben sich in der Aufnahmevereinbarung mit der Börse dem Regelwerk in seiner gegenwärtigen wie auch einer etwaig abgeänderten Fassung zu unterwerfen. Aufstellung und Änderungen des Regelwerkes bedürfen einer Billigung durch die Aufsicht. Die Aufsicht über die Finanzmärkte obliegt der AMF. Bei dieser handelt es sich um eine selbständige, mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Behörde. Die AMF ist zum Erlass allgemeinverbindlicher Normen befugt.

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16. Auch internationale Standards befassen sich mit dem Börsenwesen und dem Wertpapierhandel. Im Rahmen der IOSCO, einer internationalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden, entstanden die IOSCO-Principles, die Grundlagen zur Regulierung des Wertpapierhandels zusammentragen. Diese sind nicht verbindlich, aber Ausdruck weithin anerkannter Standards. Die in den IOSCO-Principles niedergelegten Standards weichen erheblich von der deutschen Verfassung des Börsenwesens ab. Die IOSCO-Principles sehen eine Aufsicht durch staatliche Stellen und durch Selbstregulierungseinrichtungen vor. Letztere seien jedoch mit Risiken verbunden und bedürften staatlicher Kontrolle. Das Modell einer öffentlich-rechtlichen Börse, deren Handelsüberwachungsstelle über umfangreiche hoheitliche Befugnisse verfügt, ist den IOSCO-Principles fremd. Ferner legen die IOSCO-Principles einen gemeinsamen Regelungsrahmen für Börsen und alternative Handelssysteme nahe. C. Entwurf einer privatrechtlich verfassten Börse 17. Das Modell einer privatrechtlichen Börsenverfassung verfolgt zwei Grundanliegen. Zum einen soll die öffentlich-rechtliche Form durch konkrete Mittel der Regulierung und Aufsicht unmittelbar substituiert werden. Zum anderen sollen über eine so verstandene, konkrete Substitution hinausgehend durch ein flexibler angelegtes Regelungsregime die positiven Effekte des Wettbewerbs nutzbar gemacht werden. Es ist ausschließlich die private Organisationsstruktur der Börsen zuzulassen. Dies folgt dem Grundsatz, dass eine wirtschaftliche Betätigung des Staates in hoheitlicher Form eine der Rechtfertigung bedürfende Ausnahme darstellt, und dient zudem der Herstellung eines fairen Wettbewerbs. Auch ist nur auf diese Weise die verbesserte Verständlichkeit der Struktur für ausländische Betrachter gewährleistet. Ferner erscheint ein gemeinsamer Regelungsrahmen für Börsen und alternative Handelssysteme sinnvoll. Mittel- bis langfristig könnte eine umfassende Kodifikation für das Recht der Kapitalmärkte und Finanzdienstleistungen geschaffen werden. 18. Im Interesse des Marktfunktions- und des Anlegerschutzes ist eine Rechtsformbeschränkung einzuführen. Als geeignet erweisen sich die Formen der Aktiengesellschaft und der GmbH. Eine Umwandlung der öffentlichen Anstalt in eine Kapitalgesellschaft sollte nach den Regelungen erfolgen, die das Umwandlungsgesetz für die Ausgliederung vorsieht. Es bedarf allerdings ergänzender Bestimmungen. 19. Dem Vorstand der Aktiengesellschaft (den Geschäftsführern einer GmbH) sind die Leitungsaufgaben der Börse sowie, hiervon funktional getrennt, die Über-

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wachung des Handels und die Verhängung von Sanktionen zuzuweisen. Der verpflichtend zu bestellende Aufsichtsrat ist zur Überwachung des Leitungsorgans berufen. Ein weiteres beratendes Gremium, welches sich aus Vertretern der Handelsteilnehmer, Emittenten und Anleger zusammensetzt, bringt die Sachkunde dieser Kreise ein. Im Übrigen obliegen der Hauptversammlung (den Gesellschaftern) die gesetzlich zugewiesenen grundlegenden Angelegenheiten. 20. Das Regelwerk ist von der Börse in der Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen festzusetzen. Abfassung und Änderung sind einer behördlichen Genehmigung zu unterwerfen. Eine einseitige Regelwerksänderung ist auf Grundlage eines klauselförmigen Änderungsvorbehaltes möglich. Dieser kann unter Beachtung der §§ 310 Abs. 1, 307 BGB wirksam vereinbart werden. Eine Regelwerksänderung hat nach Maßgabe des § 315 BGB unter Beachtung billigen Ermessens zu erfolgen. Für den klauselförmigen Änderungsvorbehalt ist de lege ferenda eine modifizierte Inhaltskontrolle vorzusehen, die den Besonderheiten eines börslichen Regelwerkes Rechnung trägt. Dies dient einer Erhöhung der Rechtssicherheit. 21. Der Zugang der Handelsteilnehmer ist einer vertraglichen Ausgestaltung zugänglich. Hinsichtlich einzelner Befugnisse, die der Börse durch Vertrag nicht eingeräumt werden können, kann eine ergänzende Beleihung erfolgen. Die Voraussetzungen der Zulassung von Unternehmen sind gesetzlich gemäß den Vorgaben des Art. 42 Abs. 3 der MiFID festzusetzen. Für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, die bereits den engen Vorgaben des KWG unterliegen, sind Ausnahmen vorzusehen. Aufgrund der Vorgaben der MiFID bedarf es einer Regelung, die eine nichtdiskriminierende Zulassung nationaler und mitgliedstaatlicher Unternehmen vorschreibt. Kartellrechtliche Bestimmungen tragen jenen Anforderungen der MiFID nicht hinreichend Rechnung. 22. Die Zulassung der Wertpapiere kann durch Vertrag erfolgen. Wiederum kann die Börse mit einzelnen Befugnissen, die einer vertraglichen Vereinbarung nicht zugänglich sind, beliehen werden. Die gegenwärtigen Voraussetzungen der Zulassung sind grundsätzlich beizubehalten. Auch ist der Börse weiterhin die Befugnis zu einer Einbeziehung ohne Mitwirkung der Emittenten einzuräumen. 23. Eine börseneigene Aufsicht ist beizubehalten. Diese gewährleistet Sachnähe und Flexibilität und es bedarf ihrer zudem aufgrund europarechtlicher Vorgaben. Ihre Befugnisse hat sich die börseneigene Aufsicht grundsätzlich durch Vertrag mit den Handelsteilnehmern und Emittenten einräumen zu lassen. Soweit dies nicht möglich ist, ist die Beleihung einer Verlagerung der korrespondierenden Aufgaben auf eine Aufsichtsbehörde vorzuziehen. Auch ist die Beleihung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

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Die Aufsichtsaufgaben sind von einer dem Leitungsorgan untergeordneten Verwaltungseinheit wahrzunehmen. Diese ist von der operativen Geschäftsführung funktional zu trennen. Sie ist zu verpflichten, unmittelbar gegenüber der staatlichen Aufsicht Rechenschaft abzulegen. 24. Eine staatliche Aufsicht ist aufgrund der einer börseneigenen Aufsicht immanenten Grenzen sowie aufgrund europarechtlicher Vorgaben unentbehrlich. Die Aufsicht über die Börsen bedarf keiner grundsätzlichen Umgestaltung. Bereits gegenwärtig unterliegen die Börsen lediglich einer Rechtsaufsicht. Auch sind viele Regelungen europarechtlich vorgegeben. Ebenfalls kein signifikanter Anpassungsbedarf besteht im Bereich der Marktaufsicht. Die Erteilung der Erlaubnis zur Errichtung einer Börse ist nicht mehr von einer Bedürfnisprüfung abhängig zu machen. Es ist eine Anteilseignerkontrolle bezüglich des Börsenunternehmens vorzusehen. Auf die Bestimmtheit der Tatbestände, die ein aufsichtsbehördliches Eingreifen ermöglichen, ist besonderes Augenmerk zu richten. Die Aufsicht über die Börsen und die Marktaufsicht sind bei der BaFin zusammenzufassen. Ein diesbezügliches Gesetz bedarf keiner Zustimmung des Bundesrates. Mittel- und langfristig sollten Aufsichtsaufgaben in zunehmendem Maße auf europäischer Ebene wahrgenommen werden.

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Sachwortverzeichnis Abwicklung 75 ff. – Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko 135 – Clearing 76 – Faktor im Wettbewerb 125 – Settlement 76 AIM 167 Algorithmischer Handel 118 Allokationsfunktion 113, 150 Allokative Funktionsfähigkeit 133 Alternext 174 AMF 176 ff. Amtshaftung 77 f., 101, 170 Änderungsvorbehalt, Regelwerk 215 ff. Anfänge des Börsenwesens 28 f. Anlageintermediäre 119 Anlegerschutz 135, 181 Anteilseignerkontrolle 53 f., 146, 154, 255 ff. Arbeitnehmermitbestimmung 205 f. Arbitragegeschäfte 116 f., 184 Aufsicht de lege ferenda (börseneigene) – Beleihung 245 ff. – Erfordernis 243 f. – Unabhängigkeit 208, 248 f. – vertragliche Ausgestaltung 244 f. – zuständiges Börsenorgan 248 ff. Aufsicht de lege ferenda (staatliche) – Aufsichtsbehörden 258 ff. – Erfordernis 250 ff. – europäische Aufsicht 262 ff. – Gegenstände der Aufsicht 252 ff. – Überwachung der börseneigenen Aufsicht 249 Aufsicht de lege lata 78 ff. – BaFin 79 – Börsenaufsichtsbehörden 61, 79 f. – Handelsüberwachungsstellen 61, 80 Außerbörsliche Handelssysteme 24, 43, 81 ff., 115 f. – börsenähnliche Einrichtung 44, 85 f. – elektronisches Handelssystem 85 f.

– Erscheinungsformen 81 ff. – multilaterales Handelssystem 45 f., 87 f., 161 f. – Regelungsort 50, 85 f., 191 ff. – systematischer Internalisierer 88 ff., 161 f. – Vorgaben der MiFID 161 f. Bedürfnisprüfung 55 f., 140, 144, 254 f. Beleihung – Börsenträger 56 ff. – privatrechtliche Börse 222, 245 ff. Berliner Börse 30 ff. Berliner Börsenstreit 33 f., 46 f. Berufsfreiheit 107 ff., 199 Best execution 71, 87, 89 Betriebspflicht 57, 109 f., 257 Bewertungsfunktion 113 Börsenbegriff 31, 40 ff. Börsenfreiheit 30 Börsenfusionen 126 ff. – Beispiele 127 – rechtliche Ausgestaltung 127 ff. – Vorteile 126 Börsengesetz von 1896 32 ff., 40, 46 Börsenorgane de lege ferenda 202 ff. – Handelsüberwachung und Sanktionen 207 f., 248 ff. – Leitungsaufgaben 203 f. – Überwachung des Leitungsorgans 97, 204 ff. Börsenorgane de lege lata 59 ff. – Börsengeschäftsführung 60 – Börsenrat 60 f. – Handelsüberwachungsstelle 61, 80 – Sanktionsausschuss 62 Börsenträger de lege lata – Aufgaben 56 ff. – Beleihung 56 ff. – Rechtsform 21, 53

292

Sachwortverzeichnis

Börsenträger, Entbehrlichkeit de lege ferenda 102 Börsenvorrang 71, 87, 89 Börsenzulassungsrichtlinie, konsolidierte 211 f., 236 f. Bremer Regionalbörse 39, 109 Britisches Börsen- und Kapitalmarktrecht 164 ff. „Cartesio“-Urteil 148 f. CEBS 264 CEIOPS 264 „Centros“-Urteil 147 f. CESR 35, 79, 264 Code Monétaire et Financier 171 f. Committee on the Global Financial System 183 ff. Compendium of Standards 186 „Daily Mail“-Urteil 147 ff. Demutualisierung 25 f., 166 f., 196 f., 206 Deutsche Börse AG 39 f., 123, 259 f. Dienstleistungsrichtlinie 160 f. Duale Börsenstruktur 21, 34, 37, 52, 102, 162 Eigentumsgarantie 106 f. Eingriffsbefugnisse der privatrechtlichen Börse 99, 225 ff., 238 ff., 244 ff. Elektronische Systeme, Einführung und Nutzung 114 f. Elektronischer Handel 74 f., 114 Erlaubnis zur Errichtung einer Börse 31, 54 ff. Eurex 39 f., 121, 128 f. Euronext Paris 173 f., 177 f. Europapass – geregelte Märkte (MiFID) 162 f. – geregelte Märkte (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) 159 – multilaterale Handelssysteme 88, 162 – systematische Internalisierer 90, 162 – Wertpapierfirmen (MiFID) 161 f. – Wertpapierfirmen (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) 158 Europarechtliche Vorgaben 138 ff. – Primärrecht 139 ff. – Sekundärrecht 156 ff.

Fachaufsicht 80, 252 Feenpalasturteil 41, 54, 93 FESCO 35 Financial Stability Forum 185 f. Finanzmarktförderungsgesetze 25, 37 – Viertes 22, 38, 43 f., 84 ff. – Zweites 38 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz 38, 44 ff., 86 ff. Fragmentierung der Märkte 116 ff., 184 Frankfurter Wertpapierbörse 39 Französisches Börsen- und Kapitalmarktrecht 171 ff. Freiverkehr 64, 83, 90 ff. FSA 168 ff. FSA Handbook 165 f. FSAP 23, 35, 49, 159 ff. FSMA 164 f. Funktionen der Börse 95, 113 Gebühren / Entgelte 57 f. Geregelte Märkte 159, 162 f. Geschichte des Börsenwesens 28 ff. Gesetzgebungskompetenz, Errichtung Aufsichtsbehörde 261 f. Globalisierung 119 f. Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik 163 Grundfreiheiten 139 ff. – Dienstleistungsfreiheit 152 f. – Kapitalverkehrsfreiheit 154 – Niederlassungsfreiheit 139 ff. Handelsteilnehmer, Börse – Börsenhändler 69 – Rechtsverhältnis zur Börse 70 f. – skontroführende Personen 70 – Skontroführer 69 f., 122 – veränderte Funktionen 72 ff. – Wettbewerb 122 – zugelassene Unternehmen 68 f. Handelsteilnehmer, Euronext Paris 175 Handelsteilnehmer, LSE 167 Handelsteilnehmer, Zulassung de lege ferenda 223 ff. – diskriminierungsfreie Zulassung 233 f. – Eignung der vertraglichen Ausgestaltung 223 ff. – gesetzliche Vorgaben 228 ff.

Sachwortverzeichnis Handelsteilnehmer, Zulassung de lege lata 68 ff., 122, 124 f. Handlungsfreiheit, allgemeine 106 f. Hausrecht 226 Hinausverlagerung von Märkten 145 ff., 154, 257 f. Informationseffizienz 126 Informationsrisiko 135 „Inspire Art“-Urteil 145 Institutionalisierung 118 f. Institutionelle Funktionsfähigkeit 133 Integrität des Handels 126, 131, 134, 182 Interessenvertretungsrisiko 135 Intermediation 72, 84, 118 f. Internalisierung 83 Internationale Einrichtungen und Standards 178 ff. IOSCO 179 ff. – IOSCO-Principles 24 f., 181 ff., 186 – Multilateral Memorandum of Understanding 180 f. – Organisation 179 f. Joint Ventures 126 Kammerbörsen 53 Kapitalverkehrsrichtlinie 154 Kartellrecht – deutsches Kartellrecht 131 f. – europäisches Kartellrecht 154 ff. – Zulassung der Handelsteilnehmer 233 f. – Zulassung der Wertpapiere 241 f. – zuständige Behörden 253 „Keck“-Rechtsprechung 141 Kodifikationsarchitektur 183, 191 ff., 260 f. Komitologieverfahren 36, 160 Konditionenrisiko 135 Kontrahentenrisiko 124 Lamfalussy-Bericht 36 „Lasteyrie du Saillant“-Urteil 148 Leistungsbestimmungsrecht, einseitiges 218 f. Liquidität des Handels 95 ff., 116 f. – Entstehung von Leitbörsen 117 – Faktor im Wettbewerb 125 – Integration durch Information 96, 116 f., 184

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– Spezialisierung 116 Liquiditätsfunktion 113 London Stock Exchange 39, 166 f., 170 f. Marktaufsicht 78 ff., 250 ff., 259 ff. Marktfunktionsschutz 133 ff., 181 Marktorganisationsrecht 49, 138, 157, 160 Marktsegmente 63 f. – amtlicher Markt 64 – Ausdifferenzierung 64, 124 – Entry Standard 91, 121 – Festlegung im Regelwerk 124 – General Standard 64, 121 – geregelter Markt 64 – Prime Standard 64, 121 – regulierter Markt 64 Markttransaktionsrecht 49, 157, 160 Marktverhaltensrecht 138 Marktversagen 134 f. Memorandum of Understanding 180 f. MiFID 23, 159 ff., 210 f., 229 ff., 236 f. Mindestharmonisierung 156, 158 Multilaterale Handelssysteme 45 f., 87 f., 161 f. Nebeneinander privater und öffentlichrechtlicher Börsen 103, 189 ff. Neuer Markt 215 f., 220 NYSE Euronext 173 Öffentliche Aufgaben 105 Operationale Funktionsfähigkeit 133 Organisationshoheit der Börse 62 f. Ortsgebundenheit 41, 114, 118 Österreich, Börsenverfassung 99 OTC-Handel 117 Penny-Stocks 215, 220 Präsenzhandel 74, 114 Preisfeststellung – Börse 72 ff. – Festlegung im Regelwerk 125 – Freiverkehr 93 Preisfeststellungsintermediäre 122 Prospekt 65, 168, 175, 212 f., 241 Prospektrichtlinie 212 f., 237 f. Protektionismus 124, 150, 256, 258

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Sachwortverzeichnis

Rechtsaufsicht 79 f., 252 Rechtsfähigkeit der Börse 48, 59, 200 Rechtsform der Börse de lege ferenda – geeignete Rechtsformen 196 ff. – Rechtsformbeschränkung 194 ff. Rechtsnatur / -form der Börse de lege lata 46 ff., 58 f. Rechtsquellen – einzelstaatliches Recht 49 ff. – Gemeinschaftsrecht 48 f. Referenzpreise 97, 111, 254 Reformdiskussion – Gestaltungsvarianten 101 ff., 189 ff. – Streitstand 94 ff. Regelungsziele 132 ff. – Anlegerschutz 135, 181 – gegenseitige Bedingtheit der Ziele 135 ff. – Marktfunktionsschutz 133 ff., 181 – rechtliche Gewährleistung 138 Regelwerk als Mittel im Wettbewerb 124 f. Regelwerk de lege ferenda – Allgemeine Geschäftsbedingungen 209 ff. – einseitige Setzung / Änderung des Regelwerkes 98, 214 ff. – europarechtliche Vorgaben 210 ff. – Genehmigung 213 f. – Gestaltungsvarianten 221 ff. Regelwerk de lege lata – Börse 51 f., 61 – Freiverkehr 90 f. – multilaterales Handelssystem 88 – systematischer Internalisierer 90 Regelwerk, Euronext Paris 173, 177 f. Regelwerk, LSE 170 f. Règlement général 172 f., 177 Remote membership 120, 153, 159, 162 Reputationsinteresse 249 Sarbanes-Oxley Act 120 Segré-Bericht 34 „Sevic“-Urteil 129, 147 f. Staatliche Aufgaben 105 Staatsmonopol 107 ff., 140 Stuttgarter Wertpapierbörse 53, 260 Subsidiaritätsprinzip 157 Substanzerhaltungsrisiko 135 Substitution der öffentlich-rechtlichen Börsenverfassung 187 ff.

Substitutionskonkurrenz 122 Systematische Internalisierer 88 ff., 161 f. Transaktionskosten 113, 119, 125 Transparenz des Handels – Festlegung im Regelwerk 124 – geregelte Märkte (MiFID) 163 – geregelte Märkte (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) 159 – multilaterale Handelssysteme 88, 161 – systematische Internalisierer 90, 161 f. – Wertpapierfirmen (MiFID) 161 f. „Überseering“-Urteil 147 f. UK Listing Authority 168 Umwandlung der Börse in privatrechtliche Rechtsform 200 ff. Vereinigungsfreiheit 106 f. Verfassungsrecht – Anteilseignerkontrolle, Bestimmtheit 256 f. – Berufsfreiheit und öffentlich-rechtliche Börse 107 ff. – einschlägige Grundrechte 106 f. – Gesetzgebungskompetenz, Errichtung Aufsichtsbehörde 261 f. – Grenzen einer Beleihung 246 f. – Regel-Ausnahme-Verhältnis staatlicher / privater Aufgabenwahrnehmung 95, 105 f. Vertragsstrafevereinbarung 226 f. Vollharmonisierung 157 Wahl des Rechtsrahmens 93 f. Wegzugshindernisse 147 ff., 154, 257 f. Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik 36, 163 Wertpapierdienstleistungen 50, 87, 89, 158, 161 Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 158 f. Wertpapiere, Zulassung und Einbeziehung de lege ferenda – diskriminierungsfreie Zulassung 241 f. – Eignung der vertraglichen Ausgestaltung 235 ff. – gesetzliche Vorgaben 240 ff. Wertpapiere, Zulassung und Einbeziehung de lege lata – Börse 65 ff. – Freiverkehr 91 f.

Sachwortverzeichnis Wertpapiere, Zulassung zur Euronext 175 Wertpapiere, Zulassung zur LSE 168 Wertpapierfirmen 158, 161 f. Wettbewerb, Ausprägungen 121 ff. – Interbörsenwettbewerb 121 f. – Preisfeststellungswettbewerb 122 – Regulierungswettbewerb 122 f., 130 – Zugangswettbewerb 122 Wettbewerb, Bewertung 123 f., 188 f. Wettbewerb, Funktionen 123

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Wettbewerb, Leistungsmerkmale und Handlungsoptionen 124 ff. – Ausgestaltung der Dienstleistungen 124 ff. – Fusionen und Kooperationen 126 ff. Wettbewerb, staatliche Vorgaben 130 ff. – Kapitalmarktrecht 130 f. – Kartellrecht 131 f. Xetra-Handel 75, 114 Zugangsintermediäre 122 Zweitlisting 120