Die Marketing-Gleichung: Einführung in das prozess- und wertorientierte Marketingmanagement [2nd completely revised and expanded edition] 9783110437904, 9783110426816

The reputation of traditional marketing techniques as an essential component of corporate success has declined in recent

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Die Marketing-Gleichung: Einführung in das prozess- und wertorientierte Marketingmanagement [2nd completely revised and expanded edition]
 9783110437904, 9783110426816

Table of contents :
Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
Inhaltsverzeichnis
1. Marketingkonzeption
2. Segmentierung
3. Positionierung
4. Kommunikation
5. Distribution
6. Akquisition
7. Betreuung
8. Markenorganisation
Abbildungsverzeichnis
Insertverzeichnis
Literaturverzeichnis
Sachwortverzeichnis

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Dirk Lippold Die Marketing-Gleichung

Dirk Lippold

Die MarketingGleichung | Einführung in das prozess- und wertorientierte Marketingmanagement

2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

ISBN 978-3-11-042681-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-043790-4 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-043976-2 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalogue record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Coverabbildung: Oleksii Glushenkov/Thinkstock Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

If you can do it, teach it. If you can teach it, write about it.

Vorwort zur 2. Auflage Die vorliegende Neuauflage des Lehrbuches wurde nicht nur genutzt, um an einigen Stellen Aktualisierungen, Korrekturen und Verbesserungen vorzunehmen, sondern alle acht Kapitel wurden grundlegend überarbeitet und durch Beispiele und Statistiken aus der Praxis in Form von Inserts ergänzt und illustriert. Besonders herausgearbeitet wurden die rasante Entwicklung der Social-Media-Kommunikation und ihre Bedeutung für das Kommunikationsverhalten von Hersteller und Handel. Folgende Themenbereiche fanden neu Eingang in das Lehrbuch oder wurden grundlegend überarbeitet: •

Theoretische Perspektiven des Marketings (um Zusammenhänge und Wirkungsweisen auf den Märkten besser erkennen und einordnen zu können)



Vorstellung diverser Analysemethoden als Grundlage der Marketingplanung



Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb als Positionierungspotenzial von Hersteller und Handel



Mediaplanung, Mediaanalyse und Werbeerfolgskontrolle



Internet als Distributionskanal in Verbindung mit der Entwicklung vom E- zum M-Commerce



Kaufmotive und limbisches System mit den drei Grundmotiven Balance, Dominanz und Stimulanz



Kundenbindungs-, Service-, Qualitäts- und Beschwerdemanagement als Säulen des Aktionsfeldes Betreuung



Ursachen und Handlungsfelder des Change Managements und der Umgang mit Widerständen.

Die bewährte prozess- und wertorientierte Konzeption des Lehrbuchs ist geblieben. Sie ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um praxisbezogene, dynamischer Inhalte im betriebswirtschaftlichen Umfeld nachhaltig und zukunftsorientiert vermitteln zu können. Hinzugekommen sind Lernziele zu Beginn jedes Kapitels. Die schrittweise Verbesserung des Lehrbuches verdanke ich nicht zuletzt der kritischen Lektüre von Kollegen und Studierenden.

Mein besonderer Dank gilt Frau ANJA CHEONG und DR. STEFAN GIESEN vom Verlag DE GRUYTER OLDENBOURG für die konstruktive und angenehme Zusammenarbeit. Berlin, im Januar 2015

VIII

Vorwort zur 1. Auflage

Vorwort zur 1. Auflage Das Marketing in seiner klassischen Ausprägung hat fraglos in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren. Vorrangig ist aber nicht so sehr ein etwaiger Bedeutungsverlust der Marketing-Philosophie an sich, angesprochen sind vielmehr der Stellenwert des Marketingmanagements im Unternehmen und seine Einordnung in die Unternehmensprozesse. Viele marktstrategische Themen gehen heute am institutionalisierten Marketing vorbei. Speziell eingesetzte Stabsabteilungen, Strategieberater, Inhouse Consultants oder Taskforces haben vielfach die Federführung bei marktstrategischen Projekten übernommen. Sicher, Marketing ist viel zu wichtig, um es einer einzelnen Person oder einer Abteilung zu überlassen. Trotzdem sollte das Marketing die kundenorientierten Zügel in der Hand behalten und in die Unternehmenshierarchie entsprechend eingeordnet sein. Stattdessen haben Unternehmen damit begonnen, Marketingvorstandsbereiche aufzulösen und an verschiedenen Stellen dezentral anzusiedeln. Die Resonanz auf das Lehrbuch „Die Personalmarketing-Gleichung“ und die damit verbundene Auseinandersetzung mit der Bedeutung und der zukünftigen Entwicklung des Personalmanagements, dessen heutige Situation im Unternehmen viele Parallelen zum Marketingmanagement aufweist, hat mich dazu bewogen, auch „Die Marketing-Gleichung“ einem breiteren Leserkreis bekannt zu machen. Das Vorgehensmodell der Marketing-Gleichung mit seiner prozessorientierten Sicht auf die einzelnen Aktionsfelder des Marketings wurde in der Software-, Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche entwickelt, erprobt und auf verschiedene andere Branchen übertragen. Zusätzlich inspiriert haben mich die vielen fruchtbaren und motivierenden Diskussionen in den Bachelor-Studiengängen Betriebswirtschaft (Business Administration), Kommunikationsmanagement und Wirtschaftspsychologie an der SRH Hochschule Berlin sowie in den Vorlesungen „Consulting und Change Management“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Marketing-Gleichung, die sich an der Wertschöpfungskette und den Werttreibern des Marketings orientiert, wendet sich an Studierende, die den Bachelor-Abschluss anstreben. Sie soll eine Grundlage für eine praxisnahe Ausbildung im Bereich des Marketingmanagements bilden. Das Lehrbuch liefert aber auch wertvolle Impulse für all jene, die im Marketing Verantwortung tragen. Mein Dank gilt allen, die mich bei diesem Vorhaben unterstützt und zur Veröffentlichung der Marketing-Gleichung ermuntert haben. Besonders bedanken möchte ich mich bei meiner Frau Petra, die mir auch diesmal den zeitlichen Freiraum im Wettbewerb zu gemeinsamen Unternehmungen gewährt hat. Berlin, im Oktober 2011

Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 1. Auflage ...................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. IX 1. MARKETINGKONZEPTION ............................................................................................. 1 1.1 Einleitung .................................................................................................................................. 3

1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5

Motivation ........................................................................................................................ 3 Anforderungen an das moderne Marketingmanagement ................................................. 4 Begriffliche Grundlagen................................................................................................... 6 Entwicklungslinien des Marketings ................................................................................. 9 Selbstverständnis und Aufgaben des Marketingmanagements ...................................... 12

1.2 Theoretische Perspektiven der Marketingwissenschaft .................................................... 17

1.2.1 Materielle Ansätze der Absatztheorie ............................................................................ 18 1.2.1.1 Institutionenorientierter Ansatz ...................................................................... 18 1.2.1.2 Funktionenorientierter Ansatz ........................................................................ 19 1.2.1.3 Warenorientierter Ansatz ................................................................................ 20 1.2.2 Formale Ansätze der Absatztheorie ............................................................................... 23 1.2.2.1 Entscheidungsorientierter Ansatz ................................................................... 23 1.2.2.2 Systemtheoretischer Ansatz ............................................................................ 24 1.2.2.3 Verhaltensorientierter Ansatz ......................................................................... 25 1.2.3 Ansätze der Neuen Institutionenökonomik .................................................................... 27 1.2.3.1 Theorie der Verfügungsrechte ........................................................................ 27 1.2.3.2 Prinzipal-Agent-Theorie ................................................................................. 28 1.2.3.3 Transaktionskostentheorie .............................................................................. 30 1.2.3.4 Informationsökonomik.................................................................................... 31 1.3 Einführung in die Marketingplanung .................................................................................... 33

1.3.1 Bezugsrahmen und Planungsprozess ............................................................................. 33 1.3.2 Analyse........................................................................................................................... 35 1.3.2.1 Unternehmensexterne Einflussfaktoren – Makro-Umfeld .............................. 36 1.3.2.2 Unternehmensinterne Einflussfaktoren – Mikro-Umfeld ............................... 42 1.3.3 Analyse-Methoden ......................................................................................................... 44 1.3.3.1 SWOT/TOWS-Analyse .................................................................................. 44 1.3.3.2 Ressourcenanalyse .......................................................................................... 46 1.3.3.3 7-S-Modell ...................................................................................................... 47 1.3.3.4 Five-Forces-Modell ........................................................................................ 49 1.3.3.5 Analyse der Kompetenzposition ..................................................................... 51 1.3.3.6 Stakeholderanalyse ......................................................................................... 52 1.3.3.7 Wertkettenanalyse........................................................................................... 53 1.3.3.8 Benchmarking ................................................................................................. 57 1.3.4 Ziele................................................................................................................................ 59 1.3.4.1 Zielsystem des Unternehmens ........................................................................ 59 1.3.4.2 Marketingziele ................................................................................................ 67 1.3.5 Strategien und Maßnahmen-Mix .................................................................................... 67 1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung ............................................................................... 69

1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5

Die Marketing-Wertschöpfungskette ............................................................................. 69 Elemente und Aufbau der Marketing-Gleichung ........................................................... 70 Perspektiven des Marketings .......................................................................................... 72 Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung .................................................................. 74 Struktur und grundlegende Orientierung des Lehrbuchs ............................................... 77

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................... 79

X

Inhaltsverzeichnis

2. SEGMENTIERUNG .......................................................................................................... 81 2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung................................................................................... 83

2.1.1 Begriffliche Grundlagen und Prozess............................................................................. 83 2.1.2 Anforderungen und Arten der Segmentierung ............................................................... 84 2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich ........................................................... 87

2.2.1 Kaufverhalten als Modell ............................................................................................... 87 2.2.2 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens .............................................................................. 88 2.2.2.1 Einflussfaktoren des Kulturkreises ................................................................. 88 2.2.2.2 Einflussfaktoren des Sozialkreises.................................................................. 89 2.2.2.3 Persönliche Einflussfaktoren .......................................................................... 89 2.2.2.4 Psychologische Einflussfaktoren .................................................................... 90 2.2.3 Kaufentscheidung ........................................................................................................... 94 2.2.3.1 Arten von Kaufentscheidungen ...................................................................... 94 2.2.3.2 Kaufentscheidungsprozess .............................................................................. 95 2.2.4 Segmentierungskriterien................................................................................................. 97 2.2.5 Segmentierungsbeispiele .............................................................................................. 102 2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich ......................................................... 104

2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5

Besonderheiten der Kaufentscheidungen von Organisationen ..................................... 104 Beteiligte am organisationalen Kauf ............................................................................ 105 Der organisationale Kaufprozess ................................................................................. 106 Segmentierungsansätze ................................................................................................ 109 Makrosegmentierung.................................................................................................... 110 2.3.5.1 Vertikale Segmentierung .............................................................................. 110 2.3.5.2 Horizontale Segmentierung .......................................................................... 113 2.3.5.3 Regionale Segmentierung ............................................................................. 113 2.3.5.4 Segmentierung nach der Betriebsgröße ........................................................ 114 2.3.5.5 Segmentierung nach technologischen Gesichtspunkten ............................... 114 2.3.6 Mikrosegmentierung .................................................................................................... 115 2.3.7 Segmentbewertung ....................................................................................................... 116 2.3.7.1 Segmentvolumen und -potenzial .................................................................. 117 2.3.7.2 Wettbewerbsintensität ................................................................................... 117 2.3.7.3 Preisniveau .................................................................................................... 118 2.3.7.4 Kapitalbedarf ................................................................................................ 118

2.4 Auswahl der Marktsegmente ............................................................................................... 120

2.4.1 Geschäftsfeldplanung ................................................................................................... 120 2.4.2 Segmentierungsstrategien............................................................................................. 122 2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung ......................................................... 126

2.5.1 Grundlagen und Prozess ............................................................................................... 126 2.5.2 Datenquellen ................................................................................................................ 127 2.5.3 Erhebungsmethoden ..................................................................................................... 128 2.5.3.1 Beobachtung ................................................................................................. 129 2.5.3.2 Befragung ..................................................................................................... 132 2.5.3.3 Experiment .................................................................................................... 135 2.5.3.4 Panel ............................................................................................................. 138 2.5.4 Auswahlverfahren ........................................................................................................ 141 2.5.5 Analysemethoden ......................................................................................................... 144 2.6 Optimierung des Kundennutzens ....................................................................................... 149

2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 149 Strategische Optionen .................................................................................................. 150 Prozesse und und instrumentelle Unterstützung .......................................................... 150 Werttreiber ................................................................................................................... 151

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 152

Inhaltsverzeichnis

XI

3. POSITIONIERUNG......................................................................................................... 155 3.1 Aufgabe und Ziel der Positionierung.................................................................................. 157

3.1.1 Begriffliche Grundlagen............................................................................................... 157 3.1.2 Positionierung als Wettbewerbsvorteil......................................................................... 158 3.2 Das Produkt als Positionierungselement........................................................................... 159

3.2.1 Differenzierung als Grundlage der Positionierung....................................................... 159 3.2.1.1 Differenzierung im B2C-Bereich.................................................................. 159 3.2.1.2 Differenzierung im B2B-Bereich.................................................................. 161 3.2.2 Positionierungsmodelle und Positionierungsanalyse ................................................... 162 3.2.3 Innovationsprozess ....................................................................................................... 167 3.2.3.1 Grundlagen ................................................................................................... 167 3.2.3.2 Ideengewinnung und Ideenprüfung .............................................................. 169 3.2.3.3 Konzeptentwicklung und Entwicklung der Marketingstrategie.................... 170 3.2.3.4 Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung .................................... 171 3.2.3.5 Markterprobung und Markteinführung ......................................................... 172 3.2.4 Markteintrittsstrategien ................................................................................................ 173 3.2.5 Portfoliostrategien ........................................................................................................ 176 3.2.5.1 Erfahrungskurve............................................................................................ 176 3.2.5.2 Produktlebenszyklus ..................................................................................... 177 3.2.5.3 Produktportfolio ............................................................................................ 178 3.2.6 Marktfeldstrategien ...................................................................................................... 182 3.2.6.1 Marktdurchdringungsstrategie ...................................................................... 182 3.2.6.2 Marktentwicklungsstrategie .......................................................................... 184 3.2.6.3 Produktentwicklungsstrategie ....................................................................... 186 3.2.6.4 Diversifikationsstrategie ............................................................................... 187 3.2.7 Markenmanagement ..................................................................................................... 188 3.2.7.1 Grundlagen ................................................................................................... 190 3.2.7.2 Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb ................................................ 191 3.2.7.3 Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb ............................................ 195 3.2.7.4 Markenstrategien im internationalen Wettbewerb ........................................ 200 3.2.7.5 Weitere Markenstrategien ............................................................................. 201 3.3 Der Preis als Positionierungselement ................................................................................ 202

3.3.1 Preistheoretische Grundlagen ....................................................................................... 202 3.3.2 Preisfindung ................................................................................................................. 205 3.3.2.1 Kostenorientierte Preisfindung ..................................................................... 205 3.3.2.2 Kundenorientierte Preisfindung .................................................................... 206 3.3.2.3 Wettbewerbsorientierte Preisfindung............................................................ 208 3.3.3 Preispositionierungsstrategien ...................................................................................... 209 3.3.4 Preisdifferenzierungsstrategien .................................................................................... 211 3.3.4.1 Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung .............................................. 213 3.3.4.2 Strategien der quantitativen Preisdifferenzierung ......................................... 215 3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb ......................................................................... 216 3.5 Optimierung des Kundenvorteils ........................................................................................ 220

3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 220 Strategische Optionen .................................................................................................. 220 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 221 Werttreiber ................................................................................................................... 222

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 224

XII

Inhaltsverzeichnis

4. KOMMUNIKATION ...................................................................................................... 225 4.1 Aufgabe und Ziel der Kommunikation................................................................................ 227

4.1.1 Begriffliche Grundlagen............................................................................................... 227 4.1.2 Kommunikationssystem ............................................................................................... 227 4.2 Kommunikationsgrundlagen ............................................................................................... 229

4.2.1 Kommunikationsmodell ............................................................................................... 229 4.2.1.1 Bewusstseinsprogramm ................................................................................ 230 4.2.1.2 Imageprogramm ............................................................................................ 231 4.2.1.3 Produkt-/Leistungsprogramm ....................................................................... 232 4.2.1.4 Kundenprogramm ......................................................................................... 233 4.2.2 Kommunikationskonzept ............................................................................................. 233 4.3 Kommunikationsinstrumente .............................................................................................. 235

4.3.1 (Klassische) Werbung .................................................................................................. 235 4.3.1.1 Grundlagen ................................................................................................... 236 4.3.1.2 Werbewirkung .............................................................................................. 237 4.3.1.3 Werbegestaltung ........................................................................................... 238 4.3.1.4 Werbebotschaft ............................................................................................. 246 4.3.2 Online-Werbung ........................................................................................................... 250 4.3.2.1 Online-Werbeformen .................................................................................... 251 4.3.2.2 Wirkungsweisen von Online-Werbung......................................................... 256 4.3.2.3 Web 2.0-Entwicklung und Social Media ...................................................... 257 4.3.3 Direktwerbung.............................................................................................................. 263 4.3.4 Below-the-line-Kommunikation .................................................................................. 265 4.3.4.1 Verkaufsförderung ........................................................................................ 265 4.3.4.2 Öffentlichkeitsarbeit ..................................................................................... 266 4.3.4.3 Sponsoring .................................................................................................... 268 4.3.4.4 Product Placement und Product Publicity..................................................... 271 4.3.4.5 Messen, Ausstellungen, Events .................................................................... 273 4.4 Kommunikationsmedien ...................................................................................................... 275

4.4.1 Printmedien .................................................................................................................. 277 4.4.2 Klassische elektronische Medien ................................................................................. 278 4.4.3 Online-Medien ............................................................................................................. 279 4.4.3.1 Grundlagen ................................................................................................... 279 4.4.3.2 Internet-Kommunikation .............................................................................. 281 4.4.3.3 Mobilkommunikation ................................................................................... 282 4.4.3.4 Kommunikation über Terminal Systeme ...................................................... 283 4.4.4 Außenwerbung ............................................................................................................. 283 4.5 Mediaplanung........................................................................................................................ 285

4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4

Mediaanalyse................................................................................................................ 285 Festlegung des Mediabudgets ...................................................................................... 286 Verteilung des Mediabudgets (Streuplanung) .............................................................. 287 Messung der Kommunikationswirkung (Werbeerfolgskontrolle)................................ 290 4.5.4.1 Kontrolle der ökonomischen Kommunikationswirkung ............................... 290 4.5.4.2 Kontrolle der psychologischen Kommunikationswirkung ........................... 291 4.5.5 Erfolgsmessung im Online-Marketing ......................................................................... 292 4.6 Optimierung der Kundenwahrnehmung............................................................................. 296

4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 296 Strategische Optionen .................................................................................................. 296 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 297 Werttreiber ................................................................................................................... 298

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 300

Inhaltsverzeichnis

XIII

5. DISTRIBUTION ............................................................................................................ 303 5.1 Aufgabe und Ziel der Distribution ....................................................................................... 304

5.1.1 Sachlich-systematische Grundlagen ............................................................................. 305 5.1.2 Akquisitorische und physische Distribution................................................................. 306 5.2 Grundlagen des Distributionssystems............................................................................... 307

5.2.1 Distributionsorgane ...................................................................................................... 307 5.2.2 Distributionskanäle ...................................................................................................... 310 5.2.3 Distributionsformen ..................................................................................................... 311 5.3 Distribution im B2C-Bereich ................................................................................................ 313

5.3.1 B2C-Distributionskanäle .............................................................................................. 313 5.3.1.1 Internet als Distributionskanal ...................................................................... 313 5.3.1.2 Mehrkanalsysteme ........................................................................................ 315 5.3.2 Trends im Einzelhandel................................................................................................ 317 5.3.2.1 Konzentration im Einzelhandel .................................................................... 319 5.3.2.2 Betriebsformen des Einzelhandels ................................................................ 321 5.3.2.3 Dynamik der Betriebsformen........................................................................ 325 5.3.2.4 Änderung des Konsumenten- und Einkaufsverhaltens ................................. 327 5.3.2.5 Vom E- zum M-Commerce .......................................................................... 328 5.3.2.6 Positionierung im Einzelhandel .................................................................... 330 5.3.3 Push- und Pull-Strategie ............................................................................................... 332 5.3.3.1 Push-Strategie ............................................................................................... 333 5.3.3.2 Pull-Strategie ................................................................................................ 333 5.4 Distribution im B2B-Bereich ................................................................................................ 334

5.4.1 Direkter Vertrieb .......................................................................................................... 334 5.4.2 Indirekter Vertrieb ........................................................................................................ 334 5.4.2.1 Vertrieb über Großhändler/Distributoren ..................................................... 335 5.4.2.2 Vertrieb über VARs, OEMs und strategische Allianzen .............................. 336 5.4.2.3 Vertrieb auf ausländischen Märkten ............................................................. 338 5.4.2.4 Voraussetzungen für erfolgreiche Vertriebskooperationen .......................... 338 5.5 Distributionslogistik ............................................................................................................. 340

5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4

Grundlagen der Distributionslogistik ........................................................................... 340 Lagerhaltung ................................................................................................................ 340 Lagerstandorte .............................................................................................................. 341 Transport ...................................................................................................................... 342

5.6 Optimierung der Kundennähe ............................................................................................. 343

5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 343 Strategische Optionen .................................................................................................. 343 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 344 Werttreiber ................................................................................................................... 344

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 347

XIV

Inhaltsverzeichnis

6. AKQUISITION .............................................................................................................. 349 6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition ....................................................................................... 351

6.1.1 Geltungsbereich............................................................................................................ 351 6.1.2 Vorgehen ...................................................................................................................... 353 6.2 Grundlagen der Akquisition ................................................................................................ 354

6.2.1 Akquisitionsbegriffe ..................................................................................................... 354 6.2.1.1 Buying Center ............................................................................................... 354 6.2.1.2 Selling Center ............................................................................................... 355 6.2.1.3 Promotoren und Opponenten ........................................................................ 357 6.2.1.4 Targeting, Cross Selling und Key Accounting ............................................. 358 6.2.1 Vertriebliche Rollen ..................................................................................................... 359 6.2.2.1 Key Account Manager .................................................................................. 359 6.2.2.2 Product Manager ........................................................................................... 360 6.2.2.3 Category Manager......................................................................................... 361 6.2.3 Vertriebliche Qualifikationen ....................................................................................... 361 6.3 Kaufmotive ............................................................................................................................ 365

6.3.1 Limbisches System....................................................................................................... 365 6.3.2 Konsequenzen für Kaufentscheidungen ....................................................................... 366 6.4 Akquisitionszyklus ............................................................................................................... 369

6.4.1 Leadmanagement ......................................................................................................... 370 6.4.2 Opportunity Management ............................................................................................ 371 6.5 Akquisitionsprozess............................................................................................................. 374

6.5.1 Akquisitionsgespräch ................................................................................................... 374 6.5.1.1 Einführung .................................................................................................... 374 6.5.1.2 Gesprächsvorbereitung ................................................................................. 376 6.5.1.3 Gesprächseröffnung ...................................................................................... 377 6.5.1.4 Bedarfsanalyse .............................................................................................. 377 6.5.1.5 Nutzenargumentation .................................................................................... 377 6.5.1.6 Einwandbehandlung...................................................................................... 379 6.5.1.7 Gesprächsabschluss ...................................................................................... 379 6.5.2 Angebots- und Vertragsgestaltung ............................................................................... 380 6.5.2.1 Vertragliche Grundlagen............................................................................... 380 6.5.2.2 Dienstvertrag vs. Werkvertrag ...................................................................... 381 6.5.3 Akquisitionscontrolling ................................................................................................ 382 6.5.3.1 Effizienzsteigerung im Vertrieb.................................................................... 382 6.5.3.2 Kennzahlen im Vertrieb ................................................................................ 384 6.6 Optimierung der Kundenakzeptanz .................................................................................... 386

6.6.1 Aktionsparameter ......................................................................................................... 386 6.6.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 386 6.6.3 Werttreiber ................................................................................................................... 387 Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 390

Inhaltsverzeichnis

XV

7. BETREUUNG ............................................................................................................... 391 7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung ......................................................................................... 393

7.1.1 Begriffliche Grundlagen und Vorgehen ....................................................................... 393 7.1.2 Kundenmanagement ..................................................................................................... 394 7.2 Grundlagen der Kundenbeziehung..................................................................................... 397

7.2.1 Transaktionsmarketing vs. Beziehungsmarketing ........................................................ 397 7.2.2 Kundenwert .................................................................................................................. 398 7.2.3 Kundenlebenszyklus .................................................................................................... 399 7.3 Customer Relationship Management ................................................................................. 402

7.3.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 402 7.3.2 Funktionsweise............................................................................................................. 403 7.4 Kundenbindungsmanagement ............................................................................................ 407

7.4.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 407 7.4.2 Planungsdimensionen der Kundenbindung .................................................................. 408 7.4.3 Kundenbindungsinstrumente im B2C-Bereich ............................................................ 410 7.4.3.1 Kundenbindungsprogramme ......................................................................... 410 7.4.3.2 Erfolgsfaktoren ............................................................................................. 412 7.4.4 Kundenbindungsinstrumente im B2B-Bereich ............................................................ 413 7.4.4.1 Allgemeine Kundenbindungsprogramme ..................................................... 413 7.4.4.2 Benutzergruppen ........................................................................................... 415 7.4.4.3 Benutzertreffen ............................................................................................. 416 7.4.4.4 Referenzbesuche ........................................................................................... 416 7.4.4.5 Produktwartung als zentrale Betreuungskomponente ................................... 418 7.5 Qualitätsmanagement .......................................................................................................... 419

7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4

Wesen und Ziele ........................................................................................................... 419 Qualitätsmanagementprozess ....................................................................................... 420 Instrumente des Qualitätsmanagements ....................................................................... 421 Neue Maßstäbe der Qualität ......................................................................................... 424

7.6 Servicemanagement ............................................................................................................. 426

7.6.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 426 7.6.2 Instrumente des Servicemanagements ......................................................................... 427 7.6.2.1 Klassische Instrumente ................................................................................. 427 7.6.2.2 Moderne Instrumente .................................................................................... 428 7.6.3 Kundenservice der Zukunft .......................................................................................... 431 7.6.4 Best Practices ............................................................................................................... 433 7.7 Beschwerdemanagement .................................................................................................... 437

7.7.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 437 7.7.2 Beschwerdeprozess ...................................................................................................... 439 7.7.2.1 Beschwerdeanregung .................................................................................... 439 7.7.2.2 Beschwerdeannahme .................................................................................... 440 7.7.2.3 Beschwerdebearbeitung ................................................................................ 441 7.7.2.4 Beschwerdereaktion ...................................................................................... 441 7.7.2.5 Beschwerdeverarbeitung ............................................................................... 442 7.7.3 Bausteine eines aktiven Beschwerdemanagement-Systems ......................................... 442 7.8 Optimierung der Kundenzufriedenheit ............................................................................... 444

7.8.1 Aktionsparameter ......................................................................................................... 444 7.8.2 Prozess und instrumentelle Unterstützung ................................................................... 444 7.8.3 Werttreiber ................................................................................................................... 445 Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 448

XVI

Inhaltsverzeichnis

8. MARKETINGORGANISATION .................................................................................... 451 8.1 Organisatorische Grundlagen ............................................................................................. 453

8.1.1 Einführung.................................................................................................................... 453 8.1.2 Aufbauorganisation ...................................................................................................... 455 8.1.2.1 Aufgabenanalyse und -synthese.................................................................... 455 8.1.2.2 Organisationseinheiten.................................................................................. 457 8.1.2.3 Strukturtypen der Organisation ..................................................................... 457 8.1.2.4 Funktionale Organisation .............................................................................. 458 8.1.2.5 Objektorientierte Organisation ..................................................................... 459 8.1.2.6 Matrix- und Tensororganisation ................................................................... 461 8.1.3 Ablauforganisation ....................................................................................................... 462 8.1.4 Prozessorganisation ...................................................................................................... 462 8.1.4.1 Prozessidee ................................................................................................... 462 8.1.4.2 Prozessrollen und -ziele ................................................................................ 463 8.1.5 Business Process Reengineering .................................................................................. 464 8.1.5.1 Grundlagen ................................................................................................... 464 8.1.5.2 Gängige Wertschöpfungsketten .................................................................... 467 8.2 Organisation des Marketingbereichs ................................................................................. 469

8.2.1 Einführung.................................................................................................................... 469 8.2.2 Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie............................ 469 8.2.2.1 Einordnung in die funktionale Organisation ................................................. 469 8.2.2.2 Einordnung in die objektorientierte Organisation......................................... 470 8.2.2.3 Einordnung in die Matrixorganisation .......................................................... 471 8.2.3 Herkömmliche Organisationsformen des Marketingbereichs ...................................... 471 8.2.3.1 Funktionale Ausrichtung............................................................................... 471 8.2.3.2 Objektbezogene Ausrichtung ........................................................................ 472 8.2.3.3 Matrixbezogene Ausrichtung ........................................................................ 473 8.2.4 Moderne Organisationsformen des Marketingbereichs ............................................... 474 8.2.4.1 Einflussfaktoren ............................................................................................ 474 8.2.4.2 Breite und Tiefe des Aufgabenspektrums als Organisationskriterium ......... 474 8.2.4.3 Aufgabenteilung zwischen Marketing und Vertrieb als Organisations- ............. kriterium ....................................................................................................... 475 8.2.4.4 Business-Partner-Model................................................................................ 476 8.3 Auslagerung von Organisationseinheiten ......................................................................... 480

8.3.1 Shared Service Center .................................................................................................. 480 8.3.2 Geografische Auslagerung von Organisationseinheiten (X-Shoring) .......................... 483 8.3.3 Rechtliche Auslagerung von Organisationseinheiten (Outsourcing) ........................... 484 8.4 Change Management............................................................................................................ 487

8.4.1 Ursachen und Handlungsfelder des Change Managements ......................................... 487 8.4.1.1 Ursachen ....................................................................................................... 487 8.4.1.2 Handlungsfelder ............................................................................................ 488 8.4.2 Umgang mit Widerständen........................................................................................... 489 8.4.2.1 Reaktionen auf geplante Veränderungen ...................................................... 490 8.4.2.2 Phasen der Veränderung ............................................................................... 491 8.4.2.2 Erfolgsfaktoren von Change Management-Projekten ................................... 491 Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 495

Abbildungsverzeichnis ................................................................................................... 497 Insertverzeichnis ............................................................................................................. 505 Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 505 Sachwortverzeichnis ....................................................................................................... 521

1. MARKETINGKONZEPTION 1.1 Einleitung .................................................................................................................................. 3

1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5

Motivation ........................................................................................................................ 3 Anforderungen an das moderne Marketingmanagement ................................................. 4 Begriffliche Grundlagen................................................................................................... 6 Entwicklungslinien des Marketings ................................................................................. 9 Selbstverständnis und Aufgaben des Marketingmanagements ...................................... 12

1.2 Theoretische Perspektiven der Marketingwissenschaft .................................................... 17

1.2.1 Materielle Ansätze der Absatztheorie ............................................................................ 18 1.2.1.1 Institutionenorientierter Ansatz ...................................................................... 18 1.2.1.2 Funktionenorientierter Ansatz ........................................................................ 19 1.2.1.3 Warenorientierter Ansatz ................................................................................ 20 1.2.2 Formale Ansätze der Absatztheorie ............................................................................... 23 1.2.2.1 Entscheidungsorientierter Ansatz ................................................................... 23 1.2.2.2 Systemtheoretischer Ansatz ............................................................................ 24 1.2.2.3 Verhaltensorientierter Ansatz ......................................................................... 25 1.2.3 Ansätze der Neuen Institutionenökonomik .................................................................... 27 1.2.3.1 Theorie der Verfügungsrechte ........................................................................ 27 1.2.3.2 Prinzipal-Agent-Theorie ................................................................................. 28 1.2.3.3 Transaktionskostentheorie .............................................................................. 30 1.2.3.4 Informationsökonomik.................................................................................... 31 1.3 Einführung in die Marketingplanung .................................................................................... 33

1.3.1 Bezugsrahmen und Planungsprozess ............................................................................. 33 1.3.2 Analyse........................................................................................................................... 35 1.3.2.1 Unternehmensexterne Einflussfaktoren – Makro-Umfeld .............................. 36 1.3.2.2 Unternehmensinterne Einflussfaktoren – Mikro-Umfeld ............................... 42 1.3.3 Analyse-Methoden ......................................................................................................... 44 1.3.3.1 SWOT/TOWS-Analyse .................................................................................. 44 1.3.3.2 Ressourcenanalyse .......................................................................................... 46 1.3.3.3 7-S-Modell ...................................................................................................... 47 1.3.3.4 Five-Forces-Modell ........................................................................................ 49 1.3.3.5 Analyse der Kompetenzposition ..................................................................... 51 1.3.3.6 Stakeholderanalyse ......................................................................................... 52 1.3.3.7 Wertkettenanalyse........................................................................................... 53 1.3.3.8 Benchmarking ................................................................................................. 57 1.3.4 Ziele................................................................................................................................ 59 1.3.4.1 Zielsystem des Unternehmens ........................................................................ 59 1.3.4.2 Marketingziele ................................................................................................ 67 1.3.5 Strategien und Maßnahmen-Mix .................................................................................... 67 1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung ............................................................................... 69

1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5

Die Marketing-Wertschöpfungskette ............................................................................. 69 Elemente und Aufbau der Marketing-Gleichung ........................................................... 70 Perspektiven des Marketings .......................................................................................... 72 Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung .................................................................. 74 Struktur und grundlegende Orientierung des Lehrbuchs ............................................... 77

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................... 79

2

1. Marketingkonzeption

1.

MARKETINGKONZEPTION

Lernziele

Im ersten Kapitel machen Sie sich mit den konzeptionellen Grundlagen des Marketingansatzes, der Marketingphilosophie, der Marketing-Gleichung sowie des Marketingmanagements, das für die Umsetzung der Marketingaufgaben aber auch des Marketingverständnisses im Unternehmen verantwortlich ist, vertraut. Sie gewinnen Einblicke in die Anforderungen, die an ein modernes Marketingmanagement gestellt werden, Sie beschäftigen sich mit den begrifflichen Perspektiven und Entwicklungslinien des Marketings, Sie befassen sich mit den theoretischen Grundlagen des Marketings, um Wirkungsweisen und Zusammenhänge der Märkte und Marktpartner erkennen zu können, Sie lernen die Grundlagen und Prozessphasen der Marketing-Planung kennen, Sie setzen sich mit dem Grundverständnis und den Vorteilen der Marketing-Gleichung auseinander.

1.1 Einleitung

1.1

3

Einleitung

1.1.1 Motivation Marketing zählt zu den Kernkompetenzen jedes Unternehmens. Dennoch ist der Stellenwert des klassischen Marketings für den Unternehmenserfolg in den letzten Jahren sukzessive gesunken. Sogar vom „Ende des Marketings als (marktorientiertes) Unternehmensführungskonzept“ [RAPP 2000, S. 23] ist bereits die Rede. In vielen Unternehmen ist der Marketingbereich zur reinen Kommunikationsabteilung degradiert worden. Viele Marketingabteilungen haben sich zu Inseln entwickelt, die unabhängig von anderen Unternehmensbereichen und nicht abgestimmt Maßnahmen vorantreiben, die nur selten in die Aktivitäten an der Kundenfront integriert sind. Ganz offensichtlich hat es das Marketingmanagement versäumt, ein prozessorientiertes Gesamtkonzept zu entwickeln und dies in allen kundenrelevanten Unternehmenseinheiten zu implementieren [vgl. RAPP 2000, S. 24]. Marketingkonzepte müssen wieder viel stärker auf Kundennutzen, Kundenvorteil, Kundenwahrnehmung, Kundennähe, Kundenakzeptanz und Kundenzufriedenheit sowie auf die Lieferung (engl. Delivery) in einer langfristigen Kundenbeziehung ausgerichtet werden. Die vorliegende Marketing-Gleichung bietet hierzu einen prozessorientierten Handlungsrahmen, in dem die einzelnen Aktionsfelder im Hinblick auf die Bedürfnisse des Kunden, aber auch im Hinblick auf die unternehmerischen Zielsetzungen zu optimieren sind. Dadurch ist es möglich, mehr Synergieeffekte der Aktionsfelder untereinander und mehr Transparenz der Erfolgswirkungen einzelner Maßnahmen zu erzielen. Mit Hilfe der entsprechenden Controlling-Instrumente lässt sich sodann der häufig hinterfragte Wertschöpfungsbeitrag des Marketings im Unternehmen messen. In diesem Zusammenhang ist auf die zunehmende Quantifizierbarkeit qualitativer Tatbestände und hier insbesondere auf die Werttreiber des Marketingmanagements hinzuweisen. Werttreiber sind betriebswirtschaftliche Kenngrößen (Kennzahlen), die den finanziellen Ergebnisgrößen vorgelagert sind und die auf den unterschiedlichen Organisationsebenen beeinflussbare Hebel für den Unternehmenserfolg darstellen (z. B. Kundenbindungs- oder Kundenrückgewinnungsrate). Werttreiber reduzieren die komplexe Realität auf ihre wesentlichen Einflussfaktoren, belegen Zusammenhänge zwischen weichen und harten Erfolgsfaktoren, verdeutlichen Schwachstellen und zeigen das aktuelle Leistungsniveau des jeweiligen Marketingmanagements und damit den ökonomischen Nutzen für den Unternehmenserfolg auf [vgl. DGFP 2004, S. 23 f.]. Die Anwendung der prozessorientierten Marketing-Gleichung erleichtert auch Entscheidungen über organisatorische Maßnahmen wie die Zusammenfassung von Marketing-Dienstleistungen in einem Shared Service Center oder – im Sinne einer „Make-or-Buy“-Entscheidung – der Bezug bestimmter Services von externen Dienstleistern (Business Process Outsourcing).

4

1. Marketingkonzeption

Ziel des vorliegenden Lehrbuchs ist es, ein praxisorientiertes Vorgehen aufzuzeigen, das es ermöglicht, den aktuellen und latenten Herausforderungen für das Marketingmanagement mit einer Denkhaltung zu begegnen, die sich an folgenden sechs Fixpunkten orientiert: •

die strikte Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden und nicht an der eigenen Produkt- und Technikausrichtung, die in vielen Unternehmen nach wie vor alle strategischen Überlegungen dominiert;



das Selbstverständnis des Marketingmanagements als strategischer Business Partner, der den kundenorientierten Anforderungen als zentraler Gesprächspartner am besten gerecht wird und in die Geschäftsprozesse des Gesamtunternehmens eingebunden ist;



die Betrachtung der Aktivitäten des Marketingmanagements als Wertschöpfungskette mit den Phasen Segmentierung, Positionierung, Kommunikation, Distribution, Akquisition und Betreuung, deren (Teil-)Ziele im Hinblick auf die Generierung von Wettbewerbsvorteilen zu optimieren und deren Werttreiber zu identifizieren sind;



die internationale Ausrichtung des Marketingmanagements, die nicht zuletzt in der Vielzahl der verwendeten Anglizismen zum Ausdruck kommt;



die Nutzung der neuen Technologien (Stichwort: digitale Revolution bzw. digitale Transformation), der veränderten Medienlandschaft und der enormen Potenziale, die das Internet dem Unternehmen und seinen Kunden bietet und weit über den Aufbau einer attraktiven Homepage hinausreichen;



eine stärkere Differenzierung des Strategien- und Maßnahmen-Mix zwischen B2C und B2B, also die Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen des Konsumgütermarketings (B2C-Marketing) einerseits und des Industriegütermarketings (B2BMarketing) andererseits.

Die Marketing-Gleichung ist gleichsam eine Ergänzung des doch sehr statischen Konzepts des Marketing-Mix mit seinen vier Instrumenten: Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik und Distributionspolitik. Angestrebt wird die Bereitstellung von Entscheidungshilfen aus der Praxis für die Praxis auf dem Fundament der Marketing-Gleichung. Dazu werden für jedes Aktionsfeld im Marketing die entscheidenden Aktionsparameter und Werttreiber herausgearbeitet und transparent gemacht, so dass die angestrebte Optimierung des Hauptziels des Marketings, nämlich den vom Markt honorierten Wettbewerbsvorteil, erleichtert wird. Ferner werden für jedes Aktionsfeld die wichtigsten Werttreiber, d. h. die wesentlichen beeinflussbaren Hebel für den Unternehmenserfolg, ermittelt und zum Schluss eines jeden Kapitels in einer Übersicht zusammengestellt. 1.1.2 Anforderungen an das moderne Marketingmanagement „Das Marketing hat sich, anders als andere Funktionsbereiche, im Grunde seit 15 Jahren in der Arbeitsweise und Methode nicht mehr weiterentwickelt.“ Das sagte JOHANN C. LINDENBERG, Vorsitzender der Geschäftsführung bei UNILEVER und Präsident des deutschen Mar-

1.1 Einleitung

5

kenverbandes, anlässlich eines Handelskongresses in Berlin im Herbst 2004 [Quelle: MÜNZBERG 2008, S. 7]. Wenn sich Methodik und Arbeitsweise auch nicht gravierend weiterentwickelt haben mögen, so haben sich doch die Rahmenbedingungen und damit die Anforderungen an das Marketingmanagement in den letzten Jahren stark verändert. Ohne die üblichen Einflussfaktoren wie Globalisierung, Innovationsdruck und technologische Entwicklung zu bemühen, seien hier nur vier Beispiele für den Veränderungsdruck aufgeführt, den das Marketing gerade in jüngster Zeit zu spüren bekommt: •

Der Siegeszug der Discounter und das Wachstum der Handelsmarken mit ihrem Volumendruck auf die klassische Herstellermarke;



Das Aufkommen ständig neuer Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Web 2.0-Entwicklung;



Das kundenprozessorientierte Customer Relationship Management (CRM) mit den integrierten Funktionen wie Service- und Kundendienst, Call Center, Beschwerdemanagement und Kundenkommunikation.



Die digitale Transformation als die vielleicht wichtigste gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderung der Gegenwart, der sich alle Unternehmen auf den verschiedensten Ebenen stellen müssen.

Marketing agiert in einer eng vernetzten und komplexen Umgebung, die sich ständig wandelt. Die Veränderungen dieses Umfeldes fortwährend zu beobachten und sich den neuen Bedingungen und Trends anzupassen oder diese sogar selbst zu bestimmen, macht ein erfolgreiches Marketingmanagement aus. Damit wird Marketing zu der den Wettbewerb prägenden Funktion im Unternehmen. Überlagert wird diese Kernkompetenz des Unternehmens allerdings durch die ständig anhaltende Diskussion um den Wertschöpfungsbeitrag des Marketings. Während Investitionsentscheidungen in anderen betrieblichen Funktionsbereichen strikt am „Return on Investment“ gemessen werden, basieren Marketingentscheidungen häufig auf rein qualitativen Faktoren. Letztlich sind es vier Punkte, die im Zusammenhang mit dem Marketingbudget und seiner Verteilung kritisch hinterfragt werden [vgl. MÜNZBERG 2006, S. 27]: •

Welche Maßnahmen werden mit dem Budget durchgeführt?



Welche Wirkungen werden mit den Maßnahmen erzielt?



Welche Auswirkungen haben die Maßnahmen auf das Unternehmensergebnis?



Welche Prognosefähigkeit ist mit den einzelnen Maßnahmen im Hinblick auf das Unternehmensergebnis verbunden?

So verwundert es kaum, dass im Rahmen einer Befragung der Konsumgüterindustrie 41 Prozent der befragten Unternehmen der ganzheitlichen Reduzierung der Kosten die höchste Priorität einräumen [Quelle: KIENBAUM-Pressemitteilung vom 28. Juni 2010]. „Transparenz bieten und Wirkung belegen“ muss demnach das oberste Gebot des Marketingmanagements sein.

6

1. Marketingkonzeption

Die praktische Umsetzung dieser Devise zeigt allerdings in vielen Unternehmen erhebliche Defizite. Konzept- und Strategielosigkeit sowie eine immer noch starke Konjunkturabhängigkeit bei der Bewilligung des Marketing-Budgets führen zu einem Aktionismus, der es dem verantwortlichen Management erschwert, nachhaltiges Marketing zu praktizieren. Eine Anzeige hier, ein Messeauftritt da, eine Kundenbroschüre zwischendurch. Das Ergebnis: Die Aktionen bleiben wirkungslos und verpuffen. Eine wichtige Voraussetzung für das Durchstehen unterschiedlichster Wirtschaftssituationen ist demnach ein Marketingmanagement, das marketingpolitisch relevante Chancen und Risiken in einer sich verändernden Umwelt erkennen und daraus geeignete, nachhaltige Maßnahmen und Programme ableiten muss.

1.1.3 Begriffliche Grundlagen Im Wesentlichen sind es vier Begriffe, die – da sie teilweise synonym behandelt werden – voneinander abgegrenzt werden sollen: Absatz, Vertrieb, Verkauf und Marketing. Als Absatz bezeichnet man die Endphase des innerbetrieblichen Güterflusses, der aus den betrieblichen Grundfunktionen Beschaffung, Produktion und Absatz besteht. Absatz bzw. Absatzwirtschaft ist im deutschsprachigen Raum der Vorläuferbegriff des Marketings, das aber als umfassendes Denk- und Handlungskonzept weit über den funktionsorientierten Begriff des Absatzes hinausgeht. Als Absatz wird darüber hinaus auch die Menge der im Unternehmen veräußerten Güter bezeichnet (als Abgrenzung zum wertmäßigen Begriff des Umsatzes) [vgl. NIESCHLAG et al. 1971, S. 6 f.]. Vertrieb wird häufig synonym mit dem Absatzbegriff verwendet, wenn sich auch bei Wortverbindungen gewisse Präferenzen für den Vertriebsbegriff herausgebildet haben (z. B. Vertriebskosten, Vertriebsvorstand). Auch dominiert der Vertriebsbegriff im institutionellen Sinne (Vertriebsbereich, Vertriebsabteilung, Vertriebsmitarbeiter etc.). Zwischen Verkauf und Vertrieb wird im praktischen Sprachgebrauch insoweit unterschieden, dass sich der Verkauf allein auf den Vertrieb von Sachgütern bezieht, d. h. im Dienstleistungsbereich spricht man nahezu ausschließlich von Vertrieb (und nicht von Verkauf). Im Gegensatz zum Verkauf (bzw. Vertrieb), der nach der Fertigstellung eines Produkts stattfindet, beginnt Marketing bereits lange bevor das Unternehmen ein Produkt produziert hat. Ausgangspunkt des Marketings ist nicht das (fertige) Produkt, sondern die nachhaltige Befriedigung der Kundenwünsche. Dazu müssen Bedürfnisse identifiziert, in profitable Produktideen umgesetzt und diese über einen vom Markt honorierten Wettbewerbsvorteil angeboten werden. Unter der Vielzahl der in der einschlägigen Literatur existierenden Marketing-Definitionen soll hier der umfassenden Definition des Marketings von KOTLER et al. [2011, S. 39] gefolgt werden:

1.1 Einleitung

7

„Marketing ist ein Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, in dem sie Produkte und andere Austauschobjekte von Wert anbieten (…) und miteinander tauschen.“ Der Marketing-Begriff hat nahezu in alle Lebensbereiche Einzug gehalten. Die Bandbreite reicht dabei vom „klassischen“ Konsumgütermarketing, über das Personalmarketing bis hin zum Gender-Marketing (siehe Abbildung 1-01).

Weitere MarketingAusrichtungen: • • • • • • • • • • •

Technologie-Marketing Polit-Marketing Gender-Marketing Direkt-Marketing Beschaffungsmarketing Non-Profit-Marketing Software-Marketing Database-Marketing Viral-Marketing Senioren-Marketing Empfehlungsmarketing etc.

Abb. 1-01:

B2B-Marketing BioMarketing

Online-Marketing GuerillaMarketing GeoMarketing

Marketing-Ausrichtungen und -Wortverbindungen

Die gängigsten Marketing-Wortverbindungen orientieren sich an der grundsätzlichen Produkt- bzw. Gütersystematik: • Konsumgütermarketing, • Industriegütermarketing (auch: Investitionsgütermarketing) und • Dienstleistungsmarketing. Vorreiter und nach wie vor das Zugpferd der Marketing-Idee ist das Konsumgütermarketing. Hier steht die Vermarktung von Ver- und Gebrauchsgütern an die Zielgruppe der Konsumenten im Fokus. Zehn, fünfzehn oder gar zwanzig Prozent des Umsatzes investieren Konsumgüterhersteller – und zwar zu Recht – allein in die Entwicklung der Marke(n) [vgl. MÜNZBERG 2006, S. 27]. Gegenstand des Industriegütermarketings (der Begriff Investitionsgütermarketing wird weitgehend synonym verwendet) ist die Vermarktung von Produkten an andere Unternehmen oder Organisationen, deren Beschaffungsverhalten und -prozesse sich im Regelfall erheblich vom Kaufverhalten bei Konsumgütern unterscheiden. Zu den Anbietern auf dem Industriegütermarkt zählen u. a. der Maschinen- und Anlagenbau, die Zulieferindustrie und weite Bereiche der IT-und Kommunikationsindustrie.

8

1. Marketingkonzeption

Besonders in hoch entwickelten Industrieländern nimmt die Bedeutung von Dienstleistungen und damit auch die Bedeutung des Dienstleistungsmarketings ständig zu. Wichtige Anbieter des Dienstleistungssektors sind u. a. Banken, Versicherungen, Transportunternehmen, Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Steuerberatungen, Werbeagenturen, Reinigungsunternehmen. Die hiermit getroffene Abgrenzung des relevanten Marktes nach Güterarten kann allerdings eine bedürfnisgerechte Gestaltung der Marketingaktivitäten zumeist nicht leisten. Dies hat – aus dem angelsächsischen Sprachraum kommend – zu einer Marketing-Typologie geführt, die sich an den unterschiedlichen Käufergruppen orientiert: • Business-to-Consumer (B2C)-Marketing • Business-to-Business (B2B)-Marketing Das B2C-Marketing wendet sich ausschließlich an den Endkonsumenten als Kunden, während sich das B2B-Marketing an Unternehmen und sonstige Organisationen richtet (siehe Abbildung 1-02). Die Stellung des Kunden im Wirtschaftsablauf ist somit das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen B2C und B2B. Mit dieser Einteilung lässt sich das unterschiedliche Kaufverhalten der einzelnen Käufergruppen dahingehend systematisieren, dass es typenübergreifend eine differenzierte, innerhalb eines Typs aber weitgehend einheitliche Ausrichtung der Marketingaktivitäten zulässt. Konkret bedeutet dies, dass sich die MarketingKonzeptionen von Unternehmen des B2C-Bereichs teilweise grundsätzlich von denen der Unternehmen des B2B-Bereichs unterscheiden, sich innerhalb der jeweiligen Bereiche aber weitgehend ähneln. Aus Gründen einer übersichtlichen Darstellung wird hier der Unterteilung in B2C-Marketing und B2B-Marketing gefolgt, d. h. diese Unterscheidung zieht sich wie ein „roter Faden“ durch das Lehrbuch.

Güterart Kunde

Letztkonsument

Sachleistungen

Dienstleistungen

Konsumgütermarketing

B2C-Marketing

Dienstleistungsmarketing Unternehmen/ Organisation

Industriegütermarketing

B2B-Marketing

Quelle: BACKHAUS/VOETH 2010, S. 6

Abb. 1-02:

Abgrenzung B2C- und B2B-Marketing

Das Konsumgütermarketing ist nahezu ausnahmslos dem B2C-Marketing zuzuordnen. Die Bedarfsdeckung von Unternehmen und Organisationen mit Ver- und Gebrauchsgütern (z. B. für Betriebskantinen) kann vernachlässigt werden. Ebenso eindeutig ist die Zuordnung der Vermarktungsaktivitäten des Industriegüterbereichs zum B2B-Marketing. HOMBURG/KROH-

1.1 Einleitung

9

weisen überdies darauf hin, dass der Begriff des B2B-Marketings zunehmend den Begriff des Industriegütermarketings ersetzt. B2B-Marketing ist darüber hinaus breiter gefasst als das Industriegütermarketing, da es die Vermarktung von Konsumgütern gegenüber dem Handel und auch die Vermarktung von Dienstleistungen gegenüber organisationalen Kunden mit einbezieht [vgl. HOMBURG/KROHMER 2006, S. 332 unter Bezugnahme auf BACKHAUS/VOETH 2004, BAUMGARTH 2004 und KLEINALTENKAMP 2000]. Insofern sind bspw. Marketingaktionen, die ein Konsumgüterhersteller mit dem Zentraleinkäufer einer Handelskette vereinbart, eindeutig dem B2B- und nicht dem B2C-Marketing zuzuordnen. Weniger eindeutig ist hingegen die Zuordnung des Dienstleistungsmarketings. Der Dienstleistungssektor ist geprägt von einer Vielfalt von Dienstleistungsarten, die entweder nur Personen (z. B. Friseurleistungen), nur Unternehmen/Organisationen (z. B. Unternehmensberatung) oder beiden Käufergruppen (z. B. Bank- und Versicherungsleistungen) angeboten werden. MER

Abbildung 1-03 liefert eine Zuordnung der güterbezogenen Segmente zu den beiden Käufergruppen (Konsumenten bzw. Unternehmen/Organisationen). B2C-Marketing Business-to-Consumer

B2B-Marketing Business-to-Business

Beispiele: Konsumgüter

• • • •

Nahrungsmittelindustrie Verbrauchsgüterindustrie Gebrauchsgüterindustrie IT- und Kommunikationsindustrie Beispiele:

Beispiele: Dienstleistungen

• • • •

Banken Versicherung Transport- und Verkehr Steuerberatung

• Unternehmensberatung • Wirtschaftsprüfung • Werbeagentur (aber auch Banken, Versicherungen, Transport und Verkehr, Steuerberatung)

Beispiele: • • • •

Industriegüter

Abb. 1-03:

Maschinenbau Anlagenbau Zulieferindustrie IT- und Kommunikationsindustrie

Zielgruppe:

Zielgruppe:

Letztkonsument

Unternehmen/Organisationen

Zuordnung der güterbezogenen Segmente zu B2C und B2B

1.1.4 Entwicklungslinien des Marketings Ursprungsland des Marketings ist die USA. Bereits um das Jahr 1910 tauchte dort der Marketing-Begriff (engl. to market = to buy or sell on markets) als Schlagwort zur systematischen Vermarktung von Produkten auf [vgl. SCHNEIDER 2007, S. 1].

10

1. Marketingkonzeption

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das Marketing sieben wesentliche Entwicklungsschritte durchlaufen. Jeder dieser Entwicklungsschritte beleuchtet das Marketing aus verschiedenen Perspektiven und soll hier – stark verkürzt – widergegeben werden [vgl. MEFFERT 1998, S. 4 ff. und BRUHN 2012a, S. 7]: Phase der Produktorientierung. In den 50er Jahren wurde das Marketing primär als Distributions- und Verkaufsfunktion interpretiert. In vielen Branchen war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine Verkäufermarktsituation gekennzeichnet, bei der die Nachfrage nach vielen Produkten das Angebot übersteigt. Durch den Aufbau eines möglichst breiten Distributionssystems oblag dem Marketing die primäre Aufgabe, die gefertigten Produkte in den angeforderten Mengen zu verteilen und damit dafür zu sorgen, dass die Produkte den Konsumenten erreichen und damit der bestehende Nachfrageüberhang befriedigt werden konnte. Eine Unternehmensführung und das Denken auf Basis der vorhandenen Produkte kennzeichneten diese Entwicklungsphase. Phase der Marktorientierung. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Wandels vom Verkäufer- zum Käufermarkt, in dem die Absatzseite des Unternehmens den Engpass darstellt, trat in den 60er Jahren nicht mehr die Produktions-, sondern die Absatzseite und damit der Markt stärker in den Vordergrund. In dieser Phase rückte das Marketing-Instrumentarium (Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik) bzw. – in der angelsächsischen Ausprägung – die Marktbeeinflussung durch die vier P’s (Product, Price, Promotion, Place) in den Blickpunkt des Interesses. Die Unternehmen begannen, der Engpasssituation auf der Absatzseite durch den Aufbau von Marketingabteilungen zu begegnen. Phase der Handelsorientierung. Infolge der wachsenden Nachfragemacht des Handels befassten sich die darauffolgenden 70er Jahre insbesondere mit Aspekten des vertikalen Marketings. Im Zusammenhang mit dieser Funktion als „Gatekeeper“ wurden handelsgerichtete Maßnahmen und Instrumente wie die Verkaufsförderung (engl. Sales Promotion) verstärkt ausgebaut. In diesem Kontext meldete das Marketing-Management einen gewissen Führungsanspruch unter den betrieblichen Funktionsbereichen an. Phase der Wettbewerbsorientierung. Wachsende Rohstoffverknappung, gesättigte Märkte und ein daraus resultierender Verdrängungswettbewerb führten in den 80er Jahren zu einer verstärkten Wettbewerbsorientierung. Die intensive Beschäftigung mit strategischen Wettbewerbsvorteilen und Positionierungselementen standen im Fokus der Marketingverantwortlichen. Das strategische Marketing begann sich zu etablieren. Gleichzeitig wurden infolge von Internationalisierungs- bzw. Globalisierungsaktivitäten in Unternehmen zunehmend Forschungsaktivitäten im Bereich des internationalen Marketings unternommen. Phase der Umweltorientierung. In den 90er Jahren wurde eine umfassendere, ganzheitliche Betrachtungsweise des Marketings eingenommen, indem neben Kunden und Wettbewerb auch die breite Öffentlichkeit und der gesellschaftliche Wertewandel (z. B. verstärkte Freizeit- und Ökologieorientierung) mit in die marktseitigen Aktionen einbezogen wurden. Marketing als marktorientiertes Führungskonzept und damit eine funktionenübergreifende Sichtweise war der neue Anspruch des Marketingmanagements.

1.1 Einleitung

11

Phase der Prozess- und Wertorientierung. Globalisierung, Innovations- und Kostendruck haben zu Beginn des neuen Jahrtausends den Kosten- und Wertschöpfungsbeitrag des Marketings kritisch in das Blickfeld von Management und Anteilseigner gerückt. Immer wichtiger wird die enge Kopplung zwischen Geschäftsstrategie und Geschäftsprozessen, die sich von den Kundenanforderungen bis zur Bereitstellung der Ergebnisse an den Kunden erstrecken. Die Frage nach den Aktionsparametern (Stellschrauben) und den Werttreibern des Marketings rückt mehr und mehr in den Vordergrund. Phase der Kundenorientierung. Auch in Verbindung mit der Web 2.0-Entwicklung wandelt sich das Marketingverständnis zunehmend von einer transaktions- zu einer beziehungsorientierten Sichtweise. Eng verbunden ist damit der Begriff des Beziehungsmarketings (engl. Relationship Marketing), das in den Unternehmen vornehmlich als (computergestütztes) Customer Relationship Management (CRM) eine hohe praktische Bedeutung erlangt hat. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes steht die konsequente Ausrichtung sämtlicher Unternehmensaktivitäten an den Bedürfnissen der Kunden mit dem Ziel eines Beziehungsaufbaus und einer Beziehungspflege. Insofern erfährt das Marketing eine Neuakzentuierung in Richtung einer folgerechten kundenorientierten Unternehmensführung. Ausgangspunkt aller Marketingaktivitäten ist die Kundenbeziehung, so dass Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zentrale Ziele eines neuen Marketingverständnisses sind. Hinter diesem letzten, entscheidenden Paradigmenwechsel – also vom Transaktionsmarketing zum Relationship Marketing – steht im Prinzip eine Verlängerung der Betrachtung der Austauschprozesse von einer Periode auf mehrere Perioden. Relationship Marketing umfasst den Auf- und Ausbau von Beziehungen (Beziehungsinitiierung) sowie die Ausgestaltung und Erhaltung von Beziehungen (Beziehungspflege). Es verfolgt das Ziel, vor allem zufriedene und profitable Kunden, aber auch Lieferanten, Kapitalgeber, die Öffentlichkeit und sonstige Stakeholder für das Unternehmen bzw. seine Produkte und Leistungen zu gewinnen. In Abbildung 1-04 sind die Entwicklungsstufen des Marketings im Zusammenhang dargestellt.

12

1. Marketingkonzeption

Inhaltlicher Fokus des Marketings Kundenorientierung

Kunde Wertschöpfung

Wertschöpfung

Umwelt

Umwelt

Umwelt

Wettbewerber

Wettbewerber

Wettbewerber

Wettbewerber

Handel

Handel

Handel

Handel

Handel

Markt

Markt

Markt

Markt

Markt

Markt

Produkt

Produkt

Produkt

Produkt

Produkt

Produkt

1980er

1990er

Prozessorientierung Umweltorientierung Wettbewerbsorientierung Handelsorientierung Marktorientierung Produktorientierung Anspruchsspektrum des Marketings

Produkt 1950er

1960er

1970er

Marketing als Distributionsfunktion

Marketing als Engpassfunktion

Marketing als Führungsfunktion

Strategisches MarktorienMarketing tiertes Führungskonzept

2000er Marketing als Werttreiber

2010er Relationship Marketing

[Quelle: in Anlehnung an MEFFERT 1998, S. 5]

Abb. 1-04:

Entwicklungsstufen des Marketings

1.1.5 Selbstverständnis und Aufgaben des Marketingmanagements Während Marketing für ein umfassendes Denk- und Handlungskonzept steht, hat das Marketingmanagement die Aufgabe, dieses Konzept umzusetzen. Der Begriff Management kann dabei auf zweifache Weise verwendet werden: Zum einen als Institution, die alle Personen bezeichnet, die Managementaufgaben wahrnehmen, zum anderen als betriebliche Funktion, die alle relevanten Prozesse innerhalb des Unternehmens sowie zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt auf die Unternehmensziele ausrichtet und verfolgt. Hieran schließt sich unmittelbar die Frage an, welche Rolle die Marketingfunktion gegenüber den anderen betrieblichen Funktionen einnimmt. Das Rollenverständnis, das nach wie vor intensiv und kontrovers diskutiert wird – reicht von „Marketing als gleichrangige Funktion“ bis hin zum „Primat des Marketings“ mit unterschiedlichen Ausprägungen (siehe Abbildung 1-05).

1.1 Einleitung

13

Marketing als gleichrangige Funktion

Marketing als vorrangige Funktion

Marketing als zentrale Funktion Fertigung

Fertigung

Finanzen

Marketing

Personal

Fertigung Finanzen Marketing

Personal Marketing

Kunde im Mittelpunkt

Kunde im Mittelpunkt und Marketing als integrative Kraft Fertigung Marketing

Kunde

Kunde

[Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 22]

Abb. 1-05:

Zum Rollenverständnis der Marketing-Funktion

Unabhängig vom individuell zugewiesenen Stellenwert hat das Marketingmanagement – und darüber besteht weitgehende Einigkeit – folgendes Aufgaben- und Verantwortungsspektrum zu bewältigen [vgl. MEFFERT 1998, S. 10 ff.]: • marktbezogene Aufgaben, • unternehmensbezogene Aufgaben und • Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt. Marktbezogene Marketingaufgaben. Zu den marktbezogenen Aufgaben zählen alle Aktivitäten, die sich mit der Steuerung der Nachfrage befassen. Dabei geht es nicht nur um die Befriedigung des bestehenden Bedarfs, sondern auch um die Bedarfsweckung und -beeinflussung. Allerdings hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten eine Ausdehnung des Erfahrungsobjektes der Marketingdisziplin vollzogen, die sich hauptsächlich in den Begriffen Broadening und Deepening äußert. Broadening bezieht sich auf die Institutionen des Marketings und bedeutet die Erweiterung der Methoden und Instrumente des Marketings auf nicht-kommerzielle Betriebe, also auf Non-Profit-Organisationen (NPOs) bzw. Non-Business-Organisationen (NBOs). Deepening ist die Einbeziehung von humanistischen, ethisch-moralischen und ökologischen Aspekten in den Marketingansatz. Es bedeutet also eine Erweiterung der Marketingverantwortung und führt zu Formen wie Ökologie-Marketing oder Social Marketing [vgl. RUNIA et al. 2011, S. 8]. Unternehmensbezogene Marketingaufgaben. Die unternehmensbezogenen Aufgaben beziehen sich auf Koordination von Marketingaufgaben und -prozessen mit den anderen betrieblichen Funktionsbereichen (z.B. Einkauf, Produktion usw.) im Unternehmen. Darüber

14

1. Marketingkonzeption

hinaus ist ein Marketing-Verständnis im Gesamtunternehmen zu entwickeln, das die besondere Bedeutung des Marketings als betriebliche Teilfunktion vor dem Hintergrund wettbewerbsintensiver Märkte hervorhebt. Förderlich für eine marktorientierte Denkweise im Gesamtunternehmen ist zudem die Verankerung der Marketing-Philosophie in der Unternehmensspitze. Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt. Schließlich ist die besondere Verantwortung des Marketings gegenüber Gesellschaft und Umwelt anzusprechen. Immer wieder werden von Kritikern (zumeist aus Verbrauchersicht) hervorgebracht, dass bestimmte Marketingpraktiken den individuellen Verbraucher, die Gesellschaft als Ganzes oder andere Unternehmen schädigen. Im besonderen Fokus stehen dabei folgende Kritikpunkte [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 107]: •

• • •

Marketing verteuert die Produkte (zu hohe Kosten in den einzelnen Handelsstufen, hohe Kosten für Werbung und Verkaufsförderung und Durchsetzung unangemessen hoher Preise) Aggressive Verkaufspraktiken (psychologisch geschulte Verkäufer sind „normalen“ Kunden überlegen) Minderwertige oder unsichere Produkte (Nahrungsmittelskandale, „funktionale“ Nahrungsmittel, Fast-Food, ungenügende Qualitätskontrollen) Geplante vorzeitige Veralterung (engl. Planned Obsolescence).

Eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesen Kritikpunkten würde den Rahmen des Lehrbuches sprengen. Einiges an der Kritik ist gerechtfertigt, vieles sicherlich nicht. Soziale Verantwortung in Verbindung mit ethisch-moralischen Aspekten sowohl im Management als auch im Marketing wird heute von der Gesellschaft als unerlässlich betrachtet. Leider folgen nicht alle Manager diesen Wertvorstellungen, immer wieder werden fragwürdige Praktiken angewendet. Stattdessen sollte dem Grundgedanken des Marketings gefolgt werden. Er basiert auf nachhaltigem Kundenwert, beiderseitigem Nutzen und einer Unternehmensmission, die den Mitarbeitern die Identifikation mit „ihrem“ Unternehmen erhöht und ihnen eine klarere Vorstellung über geltende Ziele und Strategien ermöglicht [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 102 ff.] Besonders der Einsatz der Werbung wird oft kontrovers diskutiert, trifft aber auf eine grundsätzliche Zustimmung in großen Teilen der Bevölkerung, wie eine vom Hightech-Verband BITKOM in Auftrag gegebene Repräsentativbefragung zeigt (siehe Insert 1-01).

1.1 Einleitung

15

Insert Breite gesellschaftliche Akzeptanz von Werbung

*

„Werbung muss sein, weil sonst die Wirtschaft nicht funktioniert.“ Diesen Standpunkt teilen 70 Prozent der Bundesbürger. Das ergibt eine repräsentative Umfrage unter mehr als 1.000 Bundesbürgern, die das Marktforschungsinstituts ARIS im Auftrag des Hightech-Verbandes BITKOM im März 2012 durchgeführt hat. Darin erklären 61 Prozent der Deutschen auch, sie wollten auf Werbung nicht verzichten. Insgesamt 38 Prozent der Deutschen haben schon einmal dem Empfang von Werbung widersprochen. Am häufigsten geschieht das mit einem Schild am Briefkasten – jeder fünfte Deutsche (21 Prozent) lehnt so postalische Werbung ab.

19 Prozent nutzen eine so genannte Robinsonliste. Dort können sich Verbraucher eintragen, die keine Werbung wünschen, und die teilnehmenden Unternehmen berücksichtigen dies. Robinsonlisten gibt es für Telefon-, Brief-, E-Mail-und Faxwerbung. Die Listen werden von verschiedenen Organisationen betrieben. BITKOM etwa ist Initiator der Robinsonliste für Faxwerbung. Der Name „Robinsonliste“ ist im Anklang an die Romanfigur Robinson Crusoe gewählt, der jahrelang auf einer einsamen Insel ohne Verbindung zur Außenwelt lebte.

Über diese Möglichkeiten hinaus haben 12 Prozent der Verbraucher bei einzelnen Unternehmen dem Empfang von Werbung individuell widersprochen.

[Quelle: BITKOM-Pressemitteilung vom 11. April 2012]

Insert 1-01: „Möglichkeiten gegen Werbung“ Die Art, wie ein Unternehmen mit solchen oder ähnlichen Kritikpunkten umgeht, kann seinen Ruf schädigen oder ihm zu einem guten Image verhelfen. Hier wird zukünftig das zuvor kurz skizzierte Deepening des Marketingansatzes eine immer wichtigere Rolle spielen, weil es die Sichtweise des kommerziellen Marketings durch außerökonomische Aspekte in der Weise einschränkt, dass es insgesamt zu besseren Lösungen kommen kann [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 115].

16

1. Marketingkonzeption

Inhalt, Umfang und Intensität der o. a. Aufgaben und Verantwortlichkeiten (siehe Abbildung 1-06) ergeben sich aus der spezifischen Situation des einzelnen Unternehmens und muss den jeweiligen Marketingzielen entsprechend bestimmt werden.

Marktbezogene Aufgaben

• • • • • •

Unternehmensbezogene Aufgaben

• Koordination der Marketing-Aufgaben mit anderen betrieblichen Funktionsbereichen • Entwicklung eines Marketing-Verständnisses im Unternehmen • Verankerung der Marketing-Philosophie in der Unternehmensführung

Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt

• • • • •

Bei vorhandener Nachfrage:→ Bedarf decken Bei fehlender Nachfrage: → Bedarf schaffen Bei latenter Nachfrage: → Bedarf entwickeln Bei stockender Nachfrage: → Bedarf beleben Bei schwankender Nachfrage: → Bedarf synchronisieren Bei übersteigerter Nachfrage: → Bedarf reduzieren

Keine aggressiven Verkaufspraktiken Keine minderwertigen oder nicht sicheren Produkte Keine irreführende Werbung Keine irreführende Preissetzung Keine umweltschädlichen Verpackungen u. ä. m.

[Quelle: MEFFERT 1998, S. 10 ff.]

Abb. 1-06:

Aufgaben- und Verantwortungsspektrum des Marketingmanagements

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

1.2

17

Theoretische Perspektiven des Marketings

Um die Zusammenhänge und Wirkungsweisen – zumindest in den Sozialwissenschaften – erkennen zu können, sind solche gedanklichen Gebilde – also Theorien – von Bedeutung, die geeignet sind, Phänomene der Realität zu erklären. Theorien sind Gedankenkonstrukte, die Aussagen über Ursache-Wirkungsbeziehungen darstellen und allgemeine Gesetzmäßigkeiten identifizieren, die über den Einzelfall hinausgehen. „Auf der Basis derartiger Regelmäßigkeiten versucht eine Wissenschaft entsprechende Gesetzmäßigkeiten und Theorien (…) zu entwickeln, um die interessierenden Phänomene erklären und prognostizieren zu können. So will man im Marketing eben verstehen, wie eine Kaufentscheidung zu Stande gekommen ist, wie Werbung wirkt und wie sich Kundenzufriedenheit auf Wiederholungskäufe auswirkt. Davon ausgehend kann man dann Maßnahmen planen und realisieren, die zu den angestrebten Wirkungen führen“ [KUß 2013, S. 34]. Die Gründe, sich mit Marketing-Theorien zu beschäftigen, sind offenkundig: Theorien geben die Richtung für wissenschaftliche Forschung vor und bilden die wichtigste Basis für das Verständnis von Marketing-Phänomenen und ihres Zusammenwirkens. Somit können bewährte Theorien Problemlösungen und Entscheidungen in der Praxis verbessern. Zudem bedarf es für die Anerkennung der Marketingwissenschaft als wissenschaftliche Disziplin eigenständiger und spezifischer Theorien [vgl. KUß 2013, S. 2 unter Bezugnahme auf MACLARAN et al. 2008, S. XX]. Unter der Vielzahl von existierenden theoretischen Marketing-Ansätzen sollen hier solche übergreifenden Gruppen von Theorien angesprochen werden, die in ihrer Grundausrichtung und Vorgehensweise wesentliche Gemeinsamkeiten aufweisen: •

Ansätze der Mikroökonomie auf Basis der Neoklassik wie z. B. Preis-AbsatzFunktionen, Marktformen oder Preiselastizitäten (diese Ansätze werden im Kapitel „Positionierung“ unter 3.3.1 Preistheoretische Grundlagen ausführlich behandelt);



Fachspezifische („materielle“) Ansätze wie z. B. der institutionen-, der funktionenoder der warenorientierte Ansatz in der Absatztheorie;



Interdisziplinäre („formale“) Ansätze wie z. B. der entscheidungs-, system- oder verhaltensorientierte Ansatz, die als Entwicklungen der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre erst nach und nach Eingang in absatzwirtschaftliche Fragestellungen gefunden haben;



Ansätze der (Neuen) Institutionenökonomie, denen deutlich realitätsnähere Annahmen zugrunde liegen als denen der klassischen mikroökonomischen Theorien, die vornehmlich als preistheoretische Ansätze in die Absatzpolitik eingeflossen sind.

Abbildung 1-07 liefert einen zusammenfassenden Überblick über wichtige theoretischkonzeptionelle Ansätze, die eine grundlegende Bedeutung für das Marketing haben.

18

1. Marketingkonzeption

Theoretische Ansätze der Marketingwissenschaft

Neoklassische (mikroökonomische) Ansätze • Preis-Absatz-Funktionen • Marktformen • Preiselastizitäten

Abb. 1-07:

Fachspezifische („materielle“) Ansätze

Interdisziplinäre („formale“) Ansätze

Ansätze der (Neuen) Institutionenökonomik

• Institutionenorientierter Ansatz

• Entscheidungsorientierter Ansatz

• Theorie der Verfügungsrechte

• Funktionenorientierter Ansatz

• Systemtheoretischer Ansatz

• Prinzipal-Agent-Theorie

• Warenorientierter Ansatz

• Verhaltensorientierter Ansatz

• Transaktionskostentheorie • Informationsökonomik

Theoretische Ansätze der Marketingwissenschaft

1.2.1 Materielle Ansätze der Absatztheorie Die sogenannten materiellen Ansätze der Absatztheorie befassen sich mit fachspezifischen Phänomenen und Gesetzmäßigkeiten. Zu ihnen zählen • • •

der institutionenorientierte Ansatz, der funktionenorientierte Ansatz und der warenorientierte Ansatz.

1.2.1.1 Institutionenorientierter Ansatz

Der institutionenorientierte Ansatz ist der älteste Ansatz der Absatz- bzw. Marketing-Theorie und geht auf ERICH SCHÄFER [1950] und RUDOLF SEYFFERT [1955] zurück. Forschungsgegenstand sind die in der Praxis vorgefundenen absatzwirtschaftlichen Organe („Institutionen“). Diese werden beschrieben, klassifiziert und um Konzentrations- und Kooperationsformen ergänzt. Besonders häufig zusammentreffende Einzelausprägungen werden zu Typen verdichtet, so dass sich die Vielfalt der Realität einfacher beschreiben lässt. Ziel ist neben der Beschreibung und Klassifizierung empirisch relevanter absatzwirtschaftlicher Institutionen die Ableitung kosten- und ertragswirtschaftlicher Aussagen. Von Bedeutung ist dieser Ansatz für die Erklärung der Entstehung und des Wandels von Handelsbetriebsformen, die als Schlüssel zur Erkenntnis des Strukturwandels im Handel gelten („Dynamik der Betriebsformen des Handels“). Ansatzpunkte für die Klassifikation solcher Betriebsformen sind Kriterien wie Standortgebundenheit oder Gestaltung der Sortimente (siehe Abbildung 1-08).

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

Kriterium

Ausprägung bzw. Betriebsform

Standortgebundenheit

• Ambulanter Handel • Stationärer Handel

Räumlicher Zusammenhang zwischen Händler, Ware und Käufer

• Ladengeschäft • Versandhandel • Online-Handel

Gestaltung der Sortimente

• Fachgeschäft • Branchenunabhängiger Handel (z.B. Warenhaus, Universalversender)

Organisation der Bedienung

• Fremdbedienung • Selbstbedienung

Räumliche Konzentration des Warenabsatzes

• Einzelgeschäft • Filialgeschäft

Abb. 1-08:

19

Klassifikation von Betriebsformen im Einzelhandel

Die Betriebsformen als Inbegriff empirisch vorgefundener Handelsbetriebe, die in ausgewählten Merkmalsausprägungen übereinstimmen, kombinieren somit die verschiedenen unternehmerischen Konzeptionen, nach denen ein Handelsbetrieb aufgebaut und geführt werden kann [vgl. NIESCHLAG 1972, S. 104 ff.].

1.2.1.2 Funktionenorientierter Ansatz

Im Mittelpunkt des funktionenorientierten Theorieansatzes steht die Beschreibung und Analyse der verschiedenen Absatzfunktionen. Er schafft die Voraussetzungen für eine ordnende und klärende Darstellung des marktlichen Tätigkeitsfeldes der Unternehmen, besonders der Handelsunternehmen. Hierbei nimmt die über Jahrzehnte aktuelle Frage nach den Funktionen des Handels (und damit nach seiner Existenzberechtigung) eine besondere Stellung ein – nicht zuletzt als Reaktion auf das Erfordernis, den Sinn von Preisaufschlägen, Handelsspannen etc. zu begründen. Ausgangspunkt der Forschung sind die Spannungen, die für jedes Absatzgut zwischen dessen Herstellung und Verbrauch bzw. Verwendung besteht und die das Marketing überwinden hilft. Diese Überbrückungs- bzw. Ausgleichsfunktion kommt in qualitativer, quantitativer, räumlicher und zeitlicher Hinsicht zum Tragen, wobei die jeweilige Funktionsverteilung im Absatzkanal von besonderem Interesse ist [siehe u.a. OBERPARLEITNER 1918, MARRÉ 1960 und LEITHERER 1966]: •

Funktion des qualitativen Ausgleichs. Mit dieser Ausgleichsfunktion, die heute wohl die wichtigste und aus Marketing-Sicht die interessanteste Handelsaufgabe darstellt, ist vornehmlich die Bildung von bedarfsgerechten Sortimenten gemeint (Sortimentsfunktion).

20

1. Marketingkonzeption



Funktion des quantitativen Ausgleichs. Der Ausgleich quantitativer Spannungen ist deshalb erforderlich, weil die Produktionsmengen der meisten Güter nicht mit den Bedarfsmengen übereinstimmen (Ausnahme: Einzel- und Auftragsfertiger).



Funktion des räumlichen Ausgleichs. Diese Überbrückungsfunktion spielt vor allem dort eine Rolle, wo die Distanz zwischen dem Ort der Erzeugung und des Verbrauchs groß ist. In diesem Fall nimmt der Handel Transportaufgaben wahr und führt die Angebote an die regional verstreuten potenziellen Kunden heran.



Funktion des zeitlichen Ausgleichs. Häufig verlaufen Produktion von und Nachfrage nach Gütern nicht synchron. In diesem Fall gleicht der Handel die entsprechenden Zeitspannen durch Lagerhaltung aus.

Durch die Entwicklung der Verkehrs- und Informationstechnik, der Verpackungs- und Konservierungsmethoden sowie der Einführung synthetischer Werkstoffe sind einige dieser „klassischen“ Handelsfunktionen – vor allem die der Raum- und Zeitüberbrückung – weniger wichtig geworden. Stattdessen ist im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Marketings in vertikalen Systemen die Funktionsaufteilung zwischen Handels- und Herstellermarketing in den Blickpunkt des Forschungsinteresses gerückt [vgl. HANSEN 1990]. 1.2.1.3 Warenorientierter Ansatz

Der warenorientierte Theorieansatz (engl. Commodity approach) untersucht das MarketingGeschehen unter dem Aspekt der im Markt befindlichen Güter. Als typologische Methode befasst er sich mit dem Einsatz der Marketing-Instrumente in Abhängigkeit von bestimmten Produkteigenschaften. Seine Aufgabe ist es, generelle Aussagen über MarketingKonzeptionen unter besonderer Berücksichtigung der Produkte und ihrer Eigenschaften zu machen. Nach dem Grad der Abstraktion der zu gewinnenden Erkenntnisse ist die typologische Methode in der Mitte zwischen der generalisierenden Vorgehensweise („Generalisation“) und der individualisierenden Methode („Individuation“) einzuordnen. Die typologische Betrachtungsweise bietet sich an, weil sie aufgrund ihres mittleren Abstraktionsgrades weder zu sehr auf die Besonderheiten des Einzelfalles (der Individuation) abzielt, noch realitätsfernen, abstrakten Denkmodellen (der Generalisation) nachgeht. Hier werden – je nach Fragestellung – bestimmte Warenarten, die in wesentlichen Merkmalsausprägungen übereinstimmen, zu einem besonderen Warentyp zusammengefasst. Dieser repräsentiert sodann das bei einer bestimmten Aufgabenstellung – z. B. Wahl der Distributionskanäle – das gemeinsam Wesentliche mehrerer Warenarten [vgl. KNOBLICH 1977, S. 63 f.]. Beispiele wichtiger warentypologischer Merkmale und Ausprägungen sind in Abbildung 1-09 aufgeführt.

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

Merkmal

Merkmalsausprägung (Warentyp)

Träger des Bedarfs

• Produktivgüter • Konsumgüter

Nutzungsdauer

• Verbrauchsgüter • Gebrauchsgüter

Periodizität des Bedarfs

• Waren des täglichen Bedarfs • Waren des periodischen Bedarfs • Waren des aperiodischen Bedarfs

Dringlichkeit des Bedarfs

• Lebensnotwendige Güter • Luxusgüter

Kaufgewohnheit

• Convenience Goods • Shopping Goods • Speciality Goods

Reifestadium im Produktionsprozess

• Rohstoffe • Zwischenprodukte • Fertigprodukte

Preisbildung

• Kostenorientierte Preisbildung • Konkurrenzorientierte Preisbildung • Nachfrageorientierte Produkte

Markenbildung

• Markierte Produkte • Anonyme Produkte

Erklärungsbedürftigkeit

• Erklärungsbedürftige Produkte • Beratungsbedürftige Produkte • Bekannte Produkte

21

[Quelle: KNOBLICH 1995, Sp. 840 f.]

Abb. 1-09:

Warentypologische Merkmale und ihre Ausprägungen

Die Anwendungsmöglichkeiten der Warentypologie im Marketing beruhen auf der Erkenntnis, dass ein bestimmter Produkttyp als eine Gruppierung von Erzeugnissen mit gleichen Merkmalsausprägungen auch bestimmte, gleichartige Marketing-Aktivitäten. In gewisser Weise erfährt der Klassifikationsansatz der Warentypologie mit der Geschäftstypenklassifikation eine Renaissance für das dynamisch wachsende Gebiet des B2BMarketings. Bekannt geworden ist dabei die Darstellung der Autoren BACKHAUS/VOETH [2010, S. 199 ff.] mit den Dimensionen Einzelkunde vs. anonymer Markt und Einzeltransaktion vs. Kaufverbund. Daraus lassen sich die folgenden vier Geschäftstypen ableiten: • • • •

Zulieferergeschäft (Ausrichtung auf bestimmte Einzelkunden mit oftmals langfristig angelegtem Kaufverbund); Systemgeschäft (Ausrichtung auf viele Kunden mit ausgeprägtem zeitlichen Kaufverbund); Anlagengeschäft (Einzeltransaktion zur Erbringung von individuellen Leistungen für den Einzelkunden); Produktgeschäft (vorproduzierte, standardisierte Produkte werden ohne Kaufverbund für den anonymen Markt angeboten).

22

1. Marketingkonzeption

Der Grund für die breite Diskussion und Akzeptanz dieses Ansatzes liegt in dessen hoher Eignung zur Ableitung eines typenspezifischen Marketings für den Investitionsgüter- (heute: B2B-) Bereich. Fazit: Theoretische Analysen auf der Grundlage der oben beschriebenen Sachkategorien Institution, Funktion und Ware kann man zusammenfassend „als Versuche einer Strukturerhellung des absatzwirtschaftlichen Bereichs“ bezeichnen, denn nur ganz wenige Ansätze sind nicht nur erklärend, sondern gleichzeitig auch handlungsleitend. Die Frage ist aber, ob die Strukturerhellung das eigentliche Ziel der Marketing-Lehre sein kann. Vielleicht sollte eher aufgezeigt werden, wie sich Unternehmer und/oder Manager im Rahmen solcher erhellten Strukturen und in Auseinandersetzung mit ihnen verhalten oder entscheiden können bzw. welche Handlungsalternativen ihnen gegeben sind [vgl. LEITHERER 1964, S. 14]. In Abbildung 1-10 sind noch einmal die drei materiellen Theorieansätze mit ihren Erklärungsbeiträgen für das Marketing zusammengefasst. Theorieansatz

Erklärungsansatz der Theorie

Institutionsorientierter Ansatz

Beschreibung, Klassifikation und Erklärung empirisch bedeutsamer absatzwirtschaftlicher Institutionen, insbesondere des Handels und seiner Betriebsformen

Funktionsorientierter Ansatz

Ausrichtung der Marketing-Instrumente in vertikalen Systemen insbesondere im Hinblick auf die Funktionsaufteilung zwischen Handels- und Herstellermarketing

Warenorientierter Ansatz

Konsumgüterbereich: Kategorisierungen z. B. nach Convenience-, Shopping- und SpecialityGoods mit jeweils gleichartigen Marketing-Aktivitäten Investitionsgüterbereich: Kategorisierung z. B. nach Geschäftsarten wie Anlagen-, Zulieferer-, Komponenten- und Systemgeschäft

Abb. 1-10:

Erklärungsbeiträge „materieller“ Theorieansätze für das Marketing

Fazit: Theoretische Analysen auf der Grundlage der oben beschriebenen Sachkategorien Institution, Funktion und Ware kann man zusammenfassend „als Versuche einer Strukturerhellung des absatzwirtschaftlichen Bereichs“ bezeichnen. Die Frage ist aber, ob diese Strukturerhellung das eigentliche Ziel der Marketing-Lehre sein kann. Vielleicht sollte eher aufgezeigt werden, wie sich Unternehmer und/oder Manager im Rahmen solcher erhellten Strukturen und in Auseinandersetzung mit ihnen verhalten oder entscheiden können bzw. welche Handlungsalternativen ihnen gegeben sind [vgl. LEITHERER 1964, S. 14].

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

23

1.2.2 Formale Ansätze der Absatztheorie Im Gegensatz zu den älteren materiellen Theorieansätzen sind die formalen (interdisziplinären) Ansätze dadurch gekennzeichnet, dass sie Entwicklungen der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre darstellen, die erst danach speziell auf absatzwirtschaftliche Fragestellungen angewendet wurden. Diese Theorieansätze sind also nicht marketingspezifisch, sondern begründen allgemein Denkschulen der Betriebswirtschaftslehre. Es handelt sich dabei um folgende Ansätze, die für die deutschsprachige Marketinglehre den Status eines Paradigmas (also einer wissenschaftlicher Grundauffassung) erreicht haben: •

Entscheidungsorientierter Ansatz, d.h. Erkenntnisgegenstand sind die absatzwirtschaftlichen Entscheidungstatbestände und der Ablauf des Entscheidungsprozesses,



Systemtheoretischer Ansatz, d.h. die Steuerung von Aktivitäten im Absatz-Subsystem des Unternehmens und die Beziehung zu anderen Systemen,



Verhaltensorientierter Ansatz, d.h. die Untersuchung absatzwirtschaftlichen Verhaltens der Marktpartner und der Möglichkeiten seiner Steuerung.

1.2.2.1 Entscheidungsorientierter Ansatz

In den 1960er Jahren entwickelte EDMUND HEINEN das Konzept der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre. Im Gegensatz zu ERICH GUTENBERG, der die Kombination von Produktionsfaktoren als wesentlichen Untersuchungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre ansah, plädierte HEINEN dafür, die betriebswirtschaftlichen Probleme so zu analysieren, wie sie sich in der Praxis darstellen, nämlich als Entscheidungsprobleme, denn „… alles Geschehen in einer Betriebswirtschaft kann letztlich als Ausfluss menschlicher Entscheidungen oder Entschlüsse angesehen werden“ [HEINEN 1970, S. 18]. Nicht zuletzt aufgrund folgender Charakteristika zählt der entscheidungsorientierte Ansatz zu den bedeutendsten theoretischen Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre [vgl. HEINEN 1970, S. 36 ff.]: •

Da das (bislang unterstellte) vollkommen rationale Verhalten des Menschen (Prinzip des Homo Oeconomicus) wenig realistisch ist, wird explizit das Konzept der begrenzten Rationalität eingeführt.



Mit der Abkehr vom Homo Oeconomicus gewinnt das Informationsproblem an Bedeutung. Da der Entscheider solange nach möglichen Handlungsalternativen sucht, bis der erwartete Zielerreichungsgrad sein Anspruchsniveau erreicht oder übersteigt, werden Entscheidungen nur so lange mit zusätzlich zu beschaffenden Informationen unterlegt, bis die weitergehende Informationsbeschaffung weniger kostet, als sie an Entscheidungsverbesserungen einbringt.



Entscheidungen sind nicht zeitlos, sondern durch einen ausgeprägten Prozesscharakter gekennzeichnet. Dabei durchläuft der Entscheidungsprozess zwei Hauptprozesse: die Willensbildung (Anregung, Suche, Auswahl) und die Willensdurchsetzung (Realisie-

24

1. Marketingkonzeption

rung). Alle Vorgänge im Rahmen des Entscheidungsprozesses bedürfen einer laufenden Überwachung und werden somit von der Kontrolle überlagert. •

Als Aussagekategorien unterscheidet Heinen die beschreibende (deskriptive) und die vorschreibende (präskriptive) Entscheidungstheorie. Deskriptive Theorieaussagen entwerfen ein Bild, wie das Verhalten der handelnden Wirtschaftsobjekte ist, war oder sein wird („Wie entscheiden Entscheidungsträger tatsächlich?“). Die präskriptive Entscheidungstheorie entwickelt Modelle und Regeln mit dem Ziel, Empfehlungen für „richtiges“ Verhalten bzw. „richtige“ Entscheidungen zu geben „Wie soll ein Entscheidungsträger entscheiden?“).

Wichtige marketingpolitische Entscheidungsfelder sind die Situationsanalyse, die Formulierung von Marketingzielen und -strategien sowie die Bestimmung alternativer Instrumentekombinationen [vgl. MEFFERT 1998, S. 21]. 1.2.2.2 Systemtheoretischer Ansatz

Im systemtheoretischen Ansatz, dessen Verbindung mit der Kybernetik zu einer Managementlehre auf HANS ULRICH [1968] zurückgeht, werden Organisationen als offene, dynamische und komplexe Systeme betrachtet, die einem permanenten Wandel und einer Eigendynamik unterliegen sowie zielorientiert sind. Offen ist ein System dann, wenn zwischen den einzelnen Systemelementen nicht nur untereinander, sondern auch zu ihrer Umwelt Austauschbeziehungen stattfinden. Die besondere Dynamik und Komplexität von offenen Systemen äußert sich durch die Menge und Vielfalt der Input-Output-Beziehungen, die durch den permanenten Austausch von Informationen und Gütern zustande kommt. Die Beschreibung der Austauschbeziehungen zwischen den Systemelementen erfolgt in Regelkreisen. Abbildung 1-11 zeigt ein idealtypisches Beispiel für Systemstrukturen.

Umweltelement

Umwelt

Subsystem

Externe Beziehung System

Schnittstelle

Teilsystem Interne Beziehung Systemgrenze Systemelement

Abb. 1-11:

Systemstrukturen

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

25

Ausgangspunkt des systemtheoretischen Ansatzes im Marketingbereich bildet die Analyse des (in der Regel komplexen) Marketingsystems und seiner Systemelemente (Lieferanten wie Werbeagentur, Kommunikationsagentur, Marktforschungsunternehmen, der Produzent als anbietendes Unternehmen, Absatzmittler, Kunde). Aus ihrer Beschreibung und Analyse können Gestaltungsempfehlungen für das Marketing abgeleitet werden. Bei der Analyse des Verhaltens der Systemelemente bedient sich der systemorientierte Ansatz einer „mehrdimensionalen“, ganzheitlichen Betrachtung der Marketingproblemstellung unter Zuhilfenahme verschiedener psychologischer, soziologischer und ökonomischer Aspekte. Ein anschauliches Beispiel für den systemtheoretischen Ansatz ist der Aufbau von MultiChannel-Distributionssystemen, denen in der Regel eine hohe Komplexität mit sehr vielen Akteuren zugrunde liegt und deren Beziehungen auch Systemgrenzen überschreiten können. Durch die Identifizierung von Multi-Channel-Subsystemen lassen sich überschaubare, eigenständige Einheiten bilden, deren Austauschbeziehungen deutlich weniger komplex und damit besser erfassbar sind. Davon ausgehend lassen sich drei verschiedene Analyseebenen darstellen: a) das gesamte Multi-Channel-System, b) die einzelnen Kanäle und c) die einzelnen Akteure. Durch die Untergliederung lässt sich eine organisatorische Gestaltung vornehmen, die Absatzmittler als eigenständige Subsysteme aufzeigt, eine Abstimmung zwischen den Systemen ermöglicht und die Akteure der einzelnen Subsysteme auf die Ziele und Strategien des Gesamtsystems ausrichtet. Der so eingesetzte systemtheoretische Ansatz kann zwar keine Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufdecken, dafür aber Handlungsempfehlungen geben und damit aufzeigen, wie Systeme zur Lösung von Problemen, z. B. dem Umgang mit der Komplexität, genutzt werden können [vgl. WIRTZ 2008, S. 93 ff.]. 1.2.2.3 Verhaltensorientierter Ansatz

Untersuchungsgegenstand verhaltenswissenschaftlicher Ansätze innerhalb der Marketingwissenschaft sind folgende drei Bereiche – allerdings mit sehr unterschiedlichem Gewicht [vgl. KUß 2013, S. 218]: • • •

Konsumentenverhalten Organisationales Beschaffungsverhalten Entscheidungsverhalten von Managern.

Ziel der Konsumentenforschung, die das deutlich größte Gewicht hat, ist es, psychologische, soziologische und empirische Erklärungen über das Verhalten von Konsumenten zu erhalten. Solche Erklärungsmodelle sollen aber nicht nur Einsichten in verhaltenswissenschaftliche Konstrukte wie das Käuferverhalten liefern, sondern auch Anhaltspunkte über die Wirkung von Marketinginstrumenten auf das menschliche Verhalten geben. Zu den bekanntesten verhaltenswissenschaftlichen Theorien zählen der Behaviorismus und der Neobehaviorismus. Der Behaviorismus zielt auf die Analyse von beobachtbaren und messbaren Größen ab, d. h. es wird untersucht, mit welchen Verhaltensweisen (Response) Individuen auf bestimmte Reize (Stimuli) reagieren. Die bei der Reizverarbeitung ablaufenden Prozesse innerhalb des Organismus werden als Black-Box betrachtet. Es interessieren nur

26

1. Marketingkonzeption

die auf den Konsumenten wirkenden Stimuli (S) und seine Reaktionen (R). Dieses Paradigma wird deshalb auch als Stimulus-Response-Modell (S-R-Modell) bezeichnet [vgl. FOSCHT/ SWOBODA 2007, S. 23 ff.]. Der Neobehaviorismus dagegen bezieht die psychischen Vorgänge innerhalb des Organismus (engl. Organism) explizit mit in die Analyse ein. Diese intervenierenden Variablen bilden die nicht beobachtbaren psychischen Eigenschaften und Beziehungen im Organismus (O) in Form von hypothetischen Konstrukten ab. Zur Erklärung des menschlichen Verhaltens werden die drei Variablenklassen (Stimuli, Organism, Response) nach dem StimulusOrganism-Response-Modell (S-O-R-Modell) verknüpft. Dabei spielen psychologische Aspekte zur Erklärung der intervenierenden Variablen (Motive, Einstellungen, Präferenzen, Emotionen etc.) eine besondere Rolle. Ausgangspunkt sind dabei die Stimuli, die das Individuum aus seiner Umwelt empfängt. Diese Anreize werden vom Individuum durch aktivierende und kognitive Prozesse verarbeitet. Das Ergebnis dieser Prozesse sind beobachtbare Handlungen wie der Kauf oder Nichtkauf eines Produktes oder die Wahl einer bestimmten Einkaufsstätte. Die verhaltensorientierte, empirische Konsumentenforschung ist bis heute durch das neobehavioristische S-O-R-Paradigma geprägt [vgl. KROEBER-RIEL et al. 2009, S. 17.]. In Abbildung 2-12 sind S-R- und S-O-R-Modell gegenübergestellt.

Stimulus S-R-Modell

• Input • Reiz

Stimulus S-O-R-Modell

• Physische Umwelt • Soziale Umwelt

Abb. 1-12:

Black-Box Dieser interne Zwischenschritt wird ignoriert

Organism • Aktivierende Prozesse • Kognitive Prozesse

Response • Output • Reaktion/Verhalten

Response • Kauf/Nichtkauf • Wahl der Einkaufsstätte

Gegenüberstellung von S-R-Modell und S-O-R-Modell

Fazit: Alle oben aufgeführten formalen Theorieansätze stehen nicht in einem direkten Wettbewerb, sondern sind durch komplementäre Eigenschaften zueinander geprägt. Der entscheidungsorientierte Ansatz stellt normative Aussagen über rationale Wahlhandlungen des Marketingmanagements in den Vordergrund. Beim systemtheoretischen Ansatz geht es um die Erfassung und Beschreibung komplexer Marketing-Systeme und die Erklärung spezifischer Verhaltensweisen einzelner Systemteilnehmer. Im Rahmen des verhaltensorientierten Ansatzes wird versucht, Erkenntnisse über Kaufentscheidungsprozesse und über die Wirkung von Marketing-Instrumenten auf diese Prozesse zu gewinnen (siehe Abbildung 1-13) [vgl. MEFFERT 1998, S. 21 f.].

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

Theorieansatz

Erklärungsansatz der Theorie

Entscheidungsorientierter Ansatz

Ableitung normativer Aussagen über rationale Wahlhandlungen des Marketingmanagements zur optimalen Zielerreichung (z.B. im Hinblick auf den Einsatz der Marketing-Instrumente)

Systemtheoretischer Ansatz

Beschreibung und Erklärung umfassender Marketing-Systeme sowie einzelner Systemelemente (z.B. Einbezug der gesellschaftlichen oder ökologischen Komponenten)

Verhaltensorientierter Ansatz

Gewinnung von Erkenntnissen über Kaufentscheidungsprozesse von Konsumenten und Organisationen sowie der Wirkung von MarketingInstrumenten auf diese Prozesse

Abb. 1-13:

27

Erklärungsbeiträge „formaler“ Theorieansätze für das Marketing

1.2.3 Ansätze der Neuen Institutionenökonomik Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie befasst sich die (Neue) Institutionenökonomik (engl. Institutional economics) mit der Unvollkommenheit realer Märkte und mit den Einrichtungen (Institutionen), die zur Bewältigung dieser Unvollkommenheit geeignet sind. Quasi als Theoriebündel versucht die (Neue) Institutionenökonomik mit ökonomischen Annahmen und Verhaltensmustern zu erklären, wie Institutionen zustande kommen und funktionieren. Zu den Institutionen im weitesten Sinne zählt man alle Arten von Regelsystemen, die sich Menschen ausdenken, um in ihre Interaktionen eine gewisse Ordnung zu bringen. Institutionen sind gewachsene oder bewusst geschaffene Einrichtungen, die quasi die Infrastruktur einer arbeitsteiligen Wirtschaft bilden. Märkte, Unternehmen, Haushalte, Dienst-/Werkverträge und Gesetze sind ebenso Institutionen wie Handelsbräuche, Kaufgewohnheiten, Geschäftsbeziehungen oder Netzwerke [vgl. KAAS 1992, S. 3]. Vereinfachend werden folgende Teildisziplinen zur Institutionenökonomik gezählt [siehe ausführlich GÖBEL 2002]: • • • •

Theorie der Verfügungsrechte Principal-Agent-Theorie Transaktionskostentheorie Informationsökonomik.

1.2.3.1 Theorie der Verfügungsrechte

Die Theorie der Verfügungsrechte (engl. Property-Rights-Theory) setzt sich mit der Regelung von Handlungs- und Verfügungsrechten über Ressourcen auseinander. Als Verfügungsrecht gilt jede Art von Berechtigung, über Ressourcen zu verfügen. Die elementarste Form des Ver-

28

1. Marketingkonzeption

fügungsrechts ist das Eigentum. Die Theorie besagt, dass nicht die physischen Eigenschaften eines Gutes, sondern die bestehenden Rechte an diesem Gut und seiner Nutzung für dessen Wert und Austauschrelation maßgeblich sind. Somit beschäftigt sich dieser Ansatz, der gegenüber dem Kauf (mit dem Übergang des Eigentumsrechts) deutlich differenzierter ist, mit der Übertragung von Rechten, ein Gut zu benutzen, dessen Form zu verändern, sich den Ertrag aus der Nutzung zu sichern und die genannten Rechte zu veräußern [vgl. GÜMBEL/ WORATSCHEK 1995, Sp. 1010 f.]. Der Verfügungsrechtsansatz geht von der Hypothese aus, dass die Verteilung der Verfügungsrechte das Verhalten der Akteure in systematischer und voraussehbarer Weise beeinflusst. Jede Veränderung der Verfügungsrechte führt somit zu Anpassungsentscheidungen der betroffenen Akteure. Die Handlungs- und Verfügungsrechte zwischen Verkäufer und Käufer werden durch Verträge geregelt. Ihre Gestaltung ist eine zentrale Aufgabe der Angebots- und Vertragsgestaltung. Aus zahlreichen Beispielen besonders auf B2B-Märkten (z. B. Softwareerstellung, Übertragung von TV-Rechten, Kauf oder Leasing von Maschinen und Anlagen, Durchführung von Großprojekten) wird deutlich, dass die Ausgestaltung von Verfügungsrechten oftmals zu den Kernaufgaben des Marketingmanagements gehört. Aber auch in einigen B2C-Märkten (Immobiliengeschäft, Autokauf und -vermietung) ist die Relevanz der Verfügungsrechte offenkundig [vgl. KUß 2013, S. 224 unter Bezugnahme auf KLEINALTENKAMP/JACOB 2002]. 1.2.3.2 Prinzipal-Agent-Theorie

Die Prinzipal-Agent-Theorie (engl. Principal-Agent-Theory) wurde zuerst in einem Aufsatz von MICHAEL C. JENSEN und WILLIAM H. MECKLING im Jahre 1976 erörtert. Sie befasst sich mit Interessenkonflikten, die sich aus einem Vertragsverhältnis zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent) ergeben können. Typische Beispiele sind die Vertragsverhältnisse von Eigentümer und Manager, von Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder von Käufer und Verkäufer. Eine Prinzipal-Agent-Beziehung ist gekennzeichnet durch asymmetrisch verteilte Informationen und opportunistisches Verhalten, d. h. es besteht das Risiko, dass der Agent nicht ausschließlich im Sinne des vereinbarten Auftrags und damit zum Nutzen des Prinzipals handelt, sondern auch eigene Interessen verfolgt. In einer solchen Situation steht der Prinzipal vor der Herausforderung, durch eine entsprechende Vertragsgestaltung im Hinblick auf Risikoverteilung und im Hinblick auf die Gestaltung von geeigneten Anreizund Kontrollsystemen sicherzustellen, dass der Agent die vereinbarte Leistung erbringt. Von besonderer Bedeutung für eine solche Vertragsgestaltung ist das Konzept der Informationsasymmetrie, bei dem vier unterschiedliche Konstellationen unterschieden werden können [vgl. STOCK-HOMBURG 2013, S. 479]: •

Verdeckte Eigenschaften (engl. Hidden characteristics), d. h. dem Prinzipal sind wichtige Eigenschaften des Agenten bei Vertragsabschluss unbekannt;

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

29



Verdeckte Handlungen (engl. Hidden action), d. h. der Prinzipal kann die Leistungen des Agenten während der Vertragserfüllung nicht beobachten bzw. die Beobachtung ist mit hohen Kosten verbunden;



Verdeckte Informationen (engl. Hidden information), d. h. der Prinzipal kann die Handlungen des Agenten zwar problemlos beobachten, aufgrund fehlender Kenntnisse oder Informationen jedoch nicht hinreichend beurteilen;



Verdeckte Absichten (engl. Hidden intention), d. h. dem Prinzipal sind Absichten und Motive des Agenten in Verbindung mit der Vertragserfüllung verborgen.

Bei den Konstellationen Hidden action und Hidden information besteht das Problem des subjektiven Risikos (engl. Moral hazard). Das Problem gründet sich darin, dass der Prinzipal auch nach Vertragserfüllung nicht beurteilen kann, ob das Ergebnis durch qualifizierte Anstrengungen des Agenten erreicht wurde, oder ob (bzw. wie sehr) andere Faktoren das Ergebnis beeinflusst haben. Um die Vertragsprobleme zwischen den Akteuren – also bspw. zwischen Hersteller und Zulieferer, zwischen Hersteller und Händler, zwischen Hersteller und Handelsvertreter oder zwischen Hersteller und Hersteller – grundsätzlich zu lösen, bieten sich drei Möglichkeiten an [vgl. GÖBEL 2002, S. 110]: • • •

Reduktion der Informationsasymmetrie Auflösung von Zielkonflikten Aufbau vertrauensbildender Maßnahmen.

Abbildung 1-14 zeigt beispielhaft, welche Maßnahmen zur Lösung von Agency-Problemen in der vor- und der nachvertraglichen Phase zur Verfügung stehen.

Informationsasymmetrie senken Prinzipal Screening

= Informationsgewinnung, die von der weniger informierten Seite ausgeht

Vorvertragliche Phase

Nachvertragliche Phase

Monitoring

Agent Signaling = Informations-

angebot, das von der (besser) informierten Seite ausgeht

Reporting

Ziele harmonisieren Prinzipal

Agent

Prinzipal

Agent

Verträge zur Auswahl vorlegen

Self-Selection Reputation

Screening in Bezug auf Vertrauenswürdigkeit

Reputation signalisieren

Anreizverträge gestalten

Commitment/ Bonding Reputation

Vertrauensvorschuss, Extrapolation guter Erfahrungen

Sozialkapital aufbauen

[Quelle: GÖBEL 2002, S. 110]

Abb. 1-14:

Vertrauen bilden

Lösung von Agency-Problemen

30

1. Marketingkonzeption

1.2.3.3 Transaktionskostentheorie

Der Transaktionskostenansatz (engl. Transaction-Cost-Theory), der auf RONALD H. COASE [1937] zurückgeht und von OLIVER E. WILLIAMSON in den 1970er Jahren weiterentwickelt wurde, befasst sich mit der Bewertung und Koordination dauerhafter Austauschbeziehungen („Transaktionen“). Als Transaktionskosten werden jene Kosten bezeichnet, die im Vorfeld und/oder im Verlauf einer Austauschbeziehung entstehen. Transaktionskosten können in externe Kosten (Kosten der Marktinanspruchnahme) und in interne Kosten (Kosten der Organisationsnutzung) unterteilt werden. Überwiegen für die Transaktionen zwischen Wirtschaftssubjekten die externen Transaktionskosten, so entstehen Unternehmen. Insofern versucht man mit dem Transaktionskostenansatz auch die Existenz von Unternehmen und Märkten zu erklären. Die Entscheidung eines Unternehmens für oder gegen den Einsatz eines externen Beraters oder die Privatisierung von bislang öffentlich erbrachten Leistungen sind typische Make-or-Buy-Entscheidungen [vgl. GÜMBEL/WORATSCHEK 1995, Sp. 1013 f.]. Die Aussagen über die Höhe der Transaktionskosten basieren dabei auf zwei zentrale Verhaltensmaßnahmen. Die erste Verhaltensannahme besagt, dass die Transaktionspartner beschränkt rational agieren. Die zweite Annahme geht von einem opportunistischen Verhalten der Transaktionspartner aus, d. h. die Partner verfolgen ihre Interessen auch unter Missachtung sozialer Normen [vgl. WILLIAMSON 1975, S. 20 ff. und 1985, S. 47 ff.]. In Abhängigkeit von der Vertragsphase einer Geschäftstransaktion kann zwischen folgenden Arten von Transaktionskosten unterschieden werden [vgl. JESCHKE 2004, S. 143 unter Bezugnahme auf WILLIAMSON 1990, S. 59 ff.]: •

Anbahnungskosten sind sämtliche Kosten, die mit der Suche und Gewinnung attraktiver Kunden verbunden sind.



Vereinbarungskosten treten für beide Vertragsparteien in der Vertragsabschlussphase auf und resultieren aus der Notwendigkeit, Verträge aushandeln zu müssen.



Abwicklungskosten fallen in Verbindung mit der Umsetzung von Verträgen bzw. von Verhandlungsergebnissen an.



Kontrollkosten fallen ebenfalls für beide Vertragspartner an und entstehen durch die Überprüfung der Einhaltung von Verträgen und vereinbarter Bedingungen innerhalb der Durchführungsphase einer Transaktion.



Anpassungskosten schließlich können für beide Partner während der Durchführungsphase anfallen, weil Verträge ex-ante nicht alle vertragsrechtlichen Risiken berücksichtigen können. Kosten für Change Requests sind demnach typische Anpassungskosten.

Die Make-or-buy-Entscheidung ist die eigentliche Domäne des Transaktionskostenansatzes. Der Transaktionskostenansatz empfiehlt, diese Entscheidung durch einen Vergleich der Produktions- und Transaktionskosten abzusichern. Beim Kauf fallen die Transaktionskosten in Form der Marktbenutzungskosten an, beim Selbstmachen in Form von Hierarchie- oder Bürokratiekosten. Weiterhin nimmt der Theorieansatz an, dass die Transaktionskosten mit zunehmender Spezifität ansteigen, da spezifische Güter und Dienstleistungen in gewisser Weise

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings

31

einmalig und nicht ohne weiteres austauschbar sind, wie etwa die Sonderanfertigung einer Maschine. Solange es um austauschbare Güter und Dienstleistungen geht, für die es viele Anbieter gibt, überwacht der Markt die Agenten ausreichend. Die Prinzipale können durch einen Vergleich der Agenten die Informationsasymmetrie senken, der Agent hat starke Anreize sich zufriedenstellend zu verhalten, weil er sonst ausgetauscht werden kann. Dann sollte man die Leistungen kaufen. Bei spezifischen Leistungen gestaltet sich die Suche am Markt deutlich aufwendiger, die Verhandlungen sind komplizierter, weil möglicherweise kein Marktpreis vorliegt. Hier befürchtet WILLIAMSON ein nachvertragliches „Hold up“, also einen Erpressungsversuch des Agenten. Ist der Abnehmer auf diesen einen Lieferanten angewiesen („Lock-in“-Effekt), könnte dieser in Nachverhandlungen versuchen, die Vertragskonditionen zu seinen Gunsten zu ändern. Unter diesen Umständen sollte die Leistung besser selbst erbracht werden [vgl. GÖBEL 2002, S. 14 f. unter Bezugnahme auf WILLIAMSON 1990, S. 60 ff.]. 1.2.3.4 Informationsökonomik

Die Informationsökonomik durchdringt den Property-Rights- und den Transaktionskostenansatz, in dem sie sich mit der Frage befasst, wie Märkte funktionieren, die durch Unsicherheit und asymmetrische Informationen unter den Marktteilnehmern charakterisiert sind. So befasst sich die Informationsökonomik vor allem mit den Voraussetzungen und Konsequenzen der Marktunsicherheit. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die Anbieter nur unvollkommene Informationen über die Zukunftserwartungen, Bedürfnisse und Restriktionen der Nachfrager haben und dass diese wiederum nicht alle Produkte, Qualitäten und Preise der Anbieter kennen [vgl. KAAS 1995, Sp. 972]. Im Marketingbereich hat die Informationsökonomik unter den institutionenökonomischen Ansätzen deshalb das größte Gewicht, weil es hier um die Möglichkeiten der Qualitätseinschätzung vor dem Kauf eines Produktes geht. In diesem Zusammenhang führt eine Unterscheidung der verschiedenen Produktarten weiter, deren Kauf als • • •

Suchkäufe (z. B. Schuhe, Lebensmittel, Fernseher), Erfahrungskäufe (z. B. Friseurbesuch, Abenteuerurlaub, Restaurantbesuch) und als Vertrauenskäufe (z. B. Arztbesuch, Rechtsberatung, Medikamente)

wahrgenommen wird. Suchgüter bieten die Möglichkeit, die Qualität vor dem Kauf zu überprüfen. Erfahrungsgüter sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Qualität vor dem Kauf nur schwer zu beurteilen ist, sondern eher durch Erfahrung, die man bei der Verwendung des Produkts macht. Bei Vertrauensgütern, bei denen man die Qualität des Produkts weder vor noch nach dem Kauf abschließend beurteilen kann, spielen leistungsübergreifende Informationen wie die Reputation des Anbieters, Referenzen oder der Markenname eine wesentliche Rolle [vgl. KUß 2013, S. 226 ff.]. Die Rahmenbedingungen der Informationsökonomik sind aber auch und ganz besonders in B2B-Märkten relevant. Informationsunsicherheit bzw. Informationsasymmetrie kommt aus Sicht der anbietenden Unternehmen dadurch zum Ausdruck, dass ihnen nur unvollkommene

32

1. Marketingkonzeption

Informationen über aktuelle und zukünftige Bedarfe, Technologien etc. sowie über die Entscheidungsstrukturen innerhalb der Kundenunternehmen vorliegen. Aus Sicht der nachfragenden Kundenunternehmen sind die Informations- und Unsicherheitsprobleme Ausdruck unvollständiger Informationen über die Qualität und Leistungsfähigkeit der Anbieter von erklärungsbedürftigen Produkten und Leistungen bzw. von Kontraktgütern [vgl. JESCHKE 2004, S. 139]. Fazit: Die Annahmen der neuen Institutionenökonomik sind im Gegensatz zu denen der neoklassischen mikroökonomischen Theorie deutlich realitätsnäher. Es wird kein bestimmter Verhaltensautomatismus unterstellt, sondern die Ansätze der neuen Institutionenökonomik unterstellen unterschiedliche Informationsstände bei den Marktteilnehmern ebenso wie eigennütziges individuelles Verhalten vor dem Hintergrund einer beschränkten Informationsverarbeitungskapazität. So kommt KLAUS PETER KLAAS zu dem Ergebnis, dass die Stärke des neoinstitutionellen Paradigmas darin liegt, „dass es die Analyse von Informationsasymmetrien, ihrer Voraussetzungen und Folgen für die Erklärung von Marktstrukturen und -prozessen in den Mittelpunkt stellt, von Phänomenen, die für das Marketing von großer Bedeutung sind.“ [KAAS 2000, S. 63]. Dennoch stellen diese Ansätze lediglich „Theorien mittlerer Reichweite“ [FRANKE 2002, S. 196] dar. Es handelt sich also keinesfalls um einen generellen Theorie-Ansatz, der die allgemein gültigen und zentralen Elemente und ihre Zusammenhänge des Marketings umfassend darstellt und erklärt [vgl. KUß 2013, S. 230]. In Abbildung 1-15 sind die oben beschriebenen ökonomischen Theorieansätze gegenübergestellt. Theorie der Verfügungsrechte

Prinzipal-AgentTheorie

Transaktionskostentheorie

Untersuchungsgegenstand

Gestaltung expliziter und impliziter Verträge

Gestaltung von Verträgen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern

Kosten, die bei einer Übertragung von Verfügungsrechten entstehen

Betrachtung der bestehenden Informationsdefizite und -asymmetrien

Verhaltensannahme(n)

Individuelle Nutzenmaximierung

Moral Hazard, beschränkte Rationalität

Opportunismus, beschränkte Rationalität

Opportunismus, beschränkte Rationalität, Informationsaktivitäten

Gestaltungsvariable(n)

Handlungs- und Verfügungsrechtsstrukturen

Verträge

Koordinationsmechanismen

Informationsmechanismen, Signale

Effizienzkriterium

Summe aus Transaktionskosten und Wohlstandsverlusten aufgrund externer Effekte

Agency-Kosten

Transaktionskosten

Suchkosten, Signalingkosten

[In Anlehnung an STOCK 2003, S. 75]

Abb. 1-15:

Gegenüberstellung der institutionenökonomischen Ansätze

Informationsökonomik

1.3 Einführung in die Marketingplanung

1.3

33

Einführung in die Marketingplanung

1.3.1 Bezugsrahmen und Planungsprozess Eine erfolgversprechende Marketingkonzeption ist das Ergebnis einer systematischen Umwelt- und Unternehmensanalyse, die Chancen und Risiken des relevanten Absatzmarktes einerseits sowie Stärken und Schwächen des Unternehmens andererseits identifiziert und bewertet. Die Verdichtung und Verzahnung dieser Daten und Informationen führt zum konzeptionellen Kristallisationspunkt, der den Ausgangspunkt für Zielbildung, Strategiewahl und Vorgehensmodell sowie für den auszuwählenden Maßnahmen-Mix darstellt [vgl. BECKER 2009, S. 92 f.]. In Abbildung 1-16 sind die Zusammenhänge zwischen Umwelt- und Unternehmensanalyse sowie Marketing- und Unternehmensplanung dargestellt. Umweltanalyse

Unternehmensanalyse

(Chancen/Risiken)

(Stärken/Schwächen)

Verdichtung

Marktorientierte Unternehmensplanung

SWOT-Analyse "Wo stehen wir?"

Verdichtung

Verzahnung Konzeptioneller Kristallisationspunkt Philosophie "Wo wollen wir hin?"

Ziele

Vorgehensmodell Marketing-Konzeption

Strategien MarketingGleichung

Mix

Struktur "Wie kommen wir dahin?" Prozess "Mit welchen Maßnahmen?"

[Darstellung in Anlehnung an BECKER 2009, S. 93]

Abb. 1-16:

Bezugsrahmen für die marktorientierte Unternehmensplanung

Da der Absatzmarkt kein statisches Gebilde ist, sondern dynamische Strukturen aufweist, gibt es auch nicht ein Marketing-Konzept und damit auch nicht ein Erfolgsrezept für das Marketingmanagement, sondern verschiedene Optionen, um auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu reagieren. Mit Abbildung 1-16 ist zugleich auch die Grundlage für einen generellen Bezugsrahmen einer Marketingplanung gelegt. Die Abfolge des Planungsprozesses orientiert sich an folgenden Phasen [vgl. dazu auch BIDLINGMAIER 1973, S. 16 ff.]: • • • •

Situationsanalyse (Wo stehen wir?) Zielsetzung (Wo wollen wir hin?) Strategie (Wie kommen wir dahin?) Mix (Welche Maßnahmen müssen dazu ergriffen werden?)

Abbildung 1-17 zeigt diese vier Phasen als generellen Bezugsrahmen der Marketingplanung.

34

1. Marketingkonzeption

In der ersten Phase geht es um die Situationsanalyse, d. h. um eine Analyse der wesentlichen externen und internen Einflussfaktoren auf das Marketing. Die Situationsanalyse gliedert sich in die Umweltanalyse (engl. External Analysis) und in die Unternehmensanalyse (engl. Self Analysis) [vgl. AAKER 1984, S. 47 ff. und S. 113 ff.]. •

Die Umweltanalyse betrachtet wichtige unternehmensexterne Rahmenbedingungen und ihre Auswirkungen auf das Unternehmens- und Marketingumfeld. Diese externen Einflussfaktoren bilden das sog. Makro-Umfeld des Unternehmens. Die Makro-Umwelt kann zwar vom Unternehmen nicht beeinflusst werden. Gleichwohl obliegt dem Marketing die Aufgabe, die dominierenden Trends im Unternehmensumfeld mit seinen Chancen und Risiken für das Unternehmen frühzeitig zu erkennen und bei der Ziel-, Strategieund Maßnahmenplanung zu antizipieren.



Die Unternehmensanalyse liefert eine systematische Einschätzung und Beurteilung der strategischen, strukturellen und kulturellen Situation des Unternehmens und bezieht sich damit auf das Mikro-Umfeld. Im Rahmen der Unternehmensanalyse geht es darum, die Stärken und Schwächen des Unternehmens mit dem Ziel aufzuzeigen, über welche Fähigkeiten das Unternehmen insbesondere im Vergleich zu seinen Mitbewerbern verfügt.

Das Ergebnis der Analysephase, die in der Praxis regelmäßig als SWOT-Analyse (Strengths, Weeknesses, Opportunities, Threats) durchgeführt wird, ist eine Darstellung der Ausgangssituation. Situationsanalyse Analyserevision

Umwelt-/Marktanalyse Chancen und Risiken

Zielrevision

Sachziele Zielmarkt-Definition

Wo stehen wir?

Unternehmensanalyse Stärken und Schwächen

Festlegen der Ziele Wo wollen wir hin?

Formalziele Größe der Zielerreichung

Festlegen der Strategie Wie kommen wir dahin?

Strategierevision

Entwicklung Produktion

Maßnahmenrevision

Marketing Vertrieb

Segmentierung Positionierung

Abb. 1-17:

Personal Organisation

Distribution

MarketingGleichung

Kommunikation

Maßnahmen

Investition Finanzierung

Akquisition Betreuung

Maßnahmen

Maßnahmen

Maßnahmen

Bezugsrahmen einer Marketingplanung

An die umwelt- und unternehmensanalytisch aufbereitete Situationsanalyse schließt sich der Zielbildungsprozess als zweite Phase an. Hier werden die wesentlichen Zielgruppen, das Leistungsangebot des Marketings und die zum Einsatz kommenden Ressourcen vorgeplant.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

35

In der dritten Phase wird auf der Grundlage des unternehmerischen Zielsystems die Marketingstrategie festgelegt. Sie hat die Aufgabe, marketingpolitische Entscheidungen und den entsprechenden Ressourceneinsatz zu kanalisieren und Erfolgspotenziale aufzubauen bzw. zu erhalten. In der vierten Phase des Planungsprozesses geht es darum, für die einzelnen Aktionsfelder des Marketing einen Handlungsrahmen zu entwickeln, in dem die für das operative Handeln relevanten Maßnahmen und Prozesses zusammengefasst und im Sinne bestimmter Anforderungskriterien optimiert werden können. Dieser Handlungsrahmen, der im Folgenden als Marketing-Gleichung bezeichnet wird, bildet den Hauptgegenstand dieses Lehrbuchs und wird in Abschnitt 1.4 einführend behandelt.

1.3.2 Analyse Um effektive Marketingstrategien entwickeln und umsetzen zu können, muss das Marketingmanagement zunächst den Kontext verstehen, in welchem das Marketing agiert, und die wichtigsten Einflussfaktoren dieser Umgebung identifizieren [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 210]. Abbildung 1-18 gibt einen Überblick über die verschiedenen Einflussfaktoren des Marketings.

Globales Umfeld

Demografische Umwelt

Makroökonomische Umwelt

Soziokulturelle Umwelt

Technologische Umwelt

Ökologische Umwelt

Wettbewerbs- und Marktumfeld

Politischrechtliche Umwelt

Unternehmen Einflüsse des Unternehmens

Lieferanten

• Unternehmensvision • Unternehmensstrategie • Unternehmensorganisation

Kunden

Einflüsse des Marketing-Managements • • • •

Marketingstrategie Marketingorganisation Marketingprozesse Marketinginstrumente

Kooperationspartner

Wettbewerber Sonstige Stakeholder

Abb. 1-18:

Einflussfaktoren für das Marketing

36

1. Marketingkonzeption

1.3.2.1 Unternehmensexterne Einflussfaktoren – Makro-Umfeld

Die externen Einflussfaktoren, also das Makro-Umfeld des Unternehmens, lassen sich nach dem DESTEP-Prinzip in sechs Einflussgruppen unterteilen [vgl. RUNIA et al. 2011]. DESTEP ist ein englisches Akronym für: • • • • • •

Einflüsse der demografischen Umwelt (engl. Demographic environment) Einflüsse der makro-ökonomischen Umwelt (engl. Economic environment) Einflüsse der sozio-kulturellen Umwelt (engl. Social-cultural environment) Einflüsse der technologischen Umwelt (engl. Technological environment) Einflüsse der ökologischen Umwelt (engl. Ecological environment) Einflüsse der politisch-rechtlichen Umwelt (engl. Political environment).

Gebräuchlich ist aber auch das Akronym PESTLE, das für nahezu die gleichen Inhalte bzw. Abkürzungen lediglich eine andere Reihenfolge verwendet. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei der PESTLE-Systematik die demografische Umwelt der sozio-kulturellen Umwelt zugeordnet wird und die politische-rechtlichen Faktoren in zwei Einflussbereiche aufgeteilt werden. Demografische Einflüsse. Bereits heute lässt sich mit hoher Zuverlässigkeit für Deutschland vorhersagen, dass im Jahr 2030 die Gruppe der über 65-Jährigen um ca. ein Drittel von derzeit 16,7 Millionen auf 22,3 Millionen anwachsen wird. Gleichzeitig werden 17 Prozent weniger Kinder und Jugendliche in Deutschland leben [vgl. Statistisches Bundesamt 2011, S. 8]. Aus diesem demografischen Wandel lassen sich für Unternehmen mindestens zwei Herausforderungsdimensionen ableiten. Die internen Herausforderungen, die durch das steigende Durchschnittsalter der Belegschaft induziert werden, berühren insbesondere das Personalmanagement, die Gestaltung interner Prozesse sowie das Produktionsmanagement. Die externen Herausforderungen, die durch einen ständig wachsenden Anteil der älteren Konsumenten an der Gesamtbevölkerung hervorgerufen werden, betreffen im Wesentlichen die Produktentwicklung sowie das Marketing und den Vertrieb. Hierbei geht es um Produkte und Dienstleistungen, die den spezifischen Bedürfnissen dieser wachsenden Kundschaft entsprechen und die erfolgreich vermarktet werden können [vgl. KOHLBACHER et al. 2010, S. 30 f.]. Für Unternehmen, die Innovationen für ihre älter werdende Kundschaft entwickeln und anbieten, stellen sich drei wichtige Fragen [vgl. KOHLBACHER et al. 2010, S. 32]: •

Wie lässt sich der sog. „Silbermarkt“ (Assoziation mit grauem bzw. silbernem Haar, das für Alter steht) segmentieren bzw. in homogene Teilmärkte zerlegen?



Wie können offene und latente Wünsche und Bedürfnisse potenzieller „Silber“-Kunden durch die Marktforschung erfassen werden und in die Produktentwicklung einfließen?



Wie müssen Produktentwicklung und Marketing/Vertrieb zusammenarbeiten und ausgerichtet werden, um den Silbermarkt effizient zu bedienen?

Makro-ökonomische Einflüsse. In diesem Umweltbereich wird betrachtet, welche Einflussfaktoren auf das Angebots- und Nachfrageverhalten der Güter- und Kapitalmärkte einer Volkswirtschaft wirken. Besonders wichtig sind jene Faktoren, die zur Verschärfung der

1.3 Einführung in die Marketingplanung

37

Wettbewerbssituation, d. h. zum Wandel der Konkurrenzverhältnisse im internationalen und globalen Kontext führen. Veränderungen der Absatz- und Beschaffungsmärkte und spezifische Branchentendenzen (z. B. Wachstumsrate einer Branche), Einkommensverteilung, Geldvermögen, Sparquote, Inflationsrate, Arbeitslosenquote, Zinsniveau und Kaufkraftentwicklung sind weitere Rahmenbedingungen. In die Kategorie spezifische Branchentendenzen fällt auch der Trend zur Optimierung der Dienstleistungstiefe, d. h. die Frage, inwieweit bestimmte Aktivitäten des Marketing-Managements ausgelagert und durch andere Unternehmen wahrgenommen werden können (Outsourcing). Die zentralen Zielsetzungen in Verbindung mit Outsourcing bestehen darin, sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren und Kosten zu reduzieren. Sozio-kulturelle Einflüsse. Die sozio-kulturellen Einflussfaktoren befassen sich mit Trends, die die Werte und Normen von Gesellschaften beeinflussen. Nach dem Zukunfts- und Trendforscher MATTHIAS HORX sind es vier sog. Megatrends, die unser künftiges sozio-kulturelles Umfeld beeinflussen werden (siehe Abbildung 1-19): •

Megatrend Asien. Hier sind Länder wie China, Indien und Vietnam angesprochen, die seit Jahren als attraktive und kostengünstige Alternative zu den traditionellen Hih-Techund Service-Standorten der westlichen Welt gelten.



Megatrend Frauen. Gemeint ist in erster Linie das Erstarken des weiblichen Geschlechts im beruflichen Umfeld mit Auswirkungen auf Freizeit und Kaufverhalten.



Megatrend Individualisierung. Angesprochen sind der Trend zur Kleinfamilie und die Zunahme nomadischer Haushaltsformen sowie die Verschiebung der Aufmerksamkeit von der Arbeits- in die Privatsphäre auf der anderen Seite (Work-Life-Balance).



Megatrend Alterung. Die Veränderung der Altersstruktur führt zu entsprechenden Bedarfsverschiebungen im Konsumverhalten.

Alle genannten Megatrends haben zum Teil gravierende Auswirkungen auf das Kaufverhalten und erzeugen vielfältige Marktchancen. Neue oder erweiterte Zielgruppen (Senioren, Frauen im Beruf, Single-Haushalte) haben bei vielen Produkten abweichende Bedürfnisse, die das Marketing berücksichtigen muss. An dieser Stelle wird sehr deutlich, dass sich bei den sozio-kulturellen Einflüssen (insb. Alterung) deutliche Überschneidungen zu den demografischen Einflüssen zeigen. Diese Überlappung ist aber kein Einzelfall, denn alle Komponenten der Makro-Umwelt sind untereinander vernetzt und können sich gegenseitig beeinflussen [vgl. RUNIA et al. 2011, S. 59]. Technologische Einflüsse. Die technologische Entwicklung ist sicherlich der Einflussfaktor, der unser Umfeld am stärksten formt und gestaltet. Zu den technischen Innovationen, die die Rahmenbedingungen für das Marketing-Management besonders prägen, zählen die neuen Kommunikationsmittel, die sich auf Inhalt und Umfang der Kundenbeziehungen auswirken. Im Mittelpunkt stehen dabei die enormen Potenziale, die das Internet den Unternehmen und ihren Kunden bietet. Aber auch neue Produktionsverfahren, die gravierende Änderungen im Leistungserstellungsprozess mit sich bringen, sowie vor allem Produkt- und Dienstleistungsinnovationen wirken sich auf den Einsatz des Marketing-Instrumentariums aus.

38

1. Marketingkonzeption

Megatrend Asien

Megatrend Frauen

Megatrend Individualisierung

Megatrend Alterung

Aufstieg des Fernen Ostens mit gigantischen Wachstumsraten einerseits und dem Einfluss der fernöstlichen Kultur andererseits

Das Erstarken des weiblichen Geschlechts mit mehr Einfluss in der Politik und die Zunahme ihrer Entscheidungsmacht bei Kauf und Design – die NUR-Hausfrau wird Vergangenheit

Pluralisierung der Lebensstile mit dem Trend zur Dominanz der Kleinfamilie (1–2 Kinder, wenn überhaupt) und Zunahme nomadischer Haushaltsformen mit mehreren Lebensmittelpunkten („Patchwork-Society“)

Downaging: „Wir werden beim Älterwerden immer jünger“ – Feuerstuhl statt Schaukelstuhl. Das dritte Lebensalter – ein neuer Markt – das Leben wird eine Gestaltungsaufgabe.

[Quelle: www.zukunftsinstitut.de]

Abb. 1-19:

Vier Megatrends im sozio-kulturellen Umfeld

Ein Großteil der heute alltäglichen Produkte war vor wenigen Jahrzehnten noch gänzlich unbekannt: Flachbildschirme, Personal Computer, MP3-Player, Digitalkameras, Mobiltelefone und vieles andere mehr. Insert 1-02 verdeutlicht am Beispiel der Unterhaltungselektronik, wie innerhalb weniger Jahre die analoge Technologie vollends durch die digitale verdrängt wurde. Während der Wachwechsel in der Unterhaltungselektronik damit abgeschlossen ist, steht gleichzeitig ein neuer Innovationsschub durch die Internettechnologie bevor. Zu den wichtigsten IT-Trends mit weitreichenden Chancen für das Marketing zählen (neben dem später ausführlich behandelten Social Media): Cloud Computing bezeichnet die Bereitstellung und Nutzung von IT-Leistungen nach Bedarf über Datennetze (in der „Wolke“) anstatt auf lokalen Rechnern. Internetanwendungen wie E-Mail, soziale Netzwerke oder Videodienste laufen bereits fast ausschließlich in der Cloud. Mobile Computing ist die Internetnutzung mit Geräten wie Smartphones oder Tablets. Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung, organisationsinterne Daten bzw. Anwendungen auf mobilen Geräten sicher und verlässlich zugänglich zu machen – insbesondere auch für die eigenen Mitarbeiter (Stichwort: Bring Your Own Device (BYOD)). Big Data bedeutet die sekundenschnelle Auswertung riesiger Datenmengen, die aus vielfältigen Quellen stammen und unterschiedlichste Formate haben können. Big-DataAnwendungen können zum Beispiel die Erfahrungen von Patienten mit bestimmten Medikamenten oder Behandlungsmethoden auswerten, die diese in Internetforen oder sozialen Netzwerken beschreiben.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

39

Insert Digitale Geräte haben analoge Unterhaltungselektronik verdrängt

*

In der Unterhaltungselektronik haben digitale Geräte die alte analoge Technik nahezu vollständig abgelöst. Bereits im Jahr 2010 wurden in Deutschland 95 Prozent aller Umsätze in Höhe von 13,4 Milliarden Euro mit digitalen Geräten gemacht. Der Anteil analoger Geräte lagt bei nur noch 5 Prozent. Vor zehn Jahren war das Verhältnis fast umgekehrt. Im Jahr 2000 entfielen noch mehr als drei Viertel (77 Prozent) des Marktes für Unterhaltungselektronik auf analoge Geräte. So haben in den letzten Jahren Flachbildschirme den Röhrenfernseher ersetzt, DVD-Player den Videorekorder und MP3-Player den Walkman. Der Wachwechsel in der Unterhaltungselektronik ist damit abgeschlossen. Den Startschuss für diese Entwicklung gab bereits Anfang der Achtziger Jahre die Einführung der Compact Disc. Sie löste Langspielplatten auf Vinyl ab und mit ihr der CD-Player den Plattenspieler. Danach folgte der Siegeszug der Digitalkameras, die zunächst kleinere Fotoapparate mit Rollfilm ersetzten. Wurden im Jahr 2000 nur rund 580.000 Digitalkameras verkauft, waren es auf dem Höhepunkt des Digicam-Booms im Jahr 2008 gut 9,3 Millionen. Inzwischen sind sogar die anfangs sehr teuren, hochwertigen Spiegelreflexkameras mit

Digitaltechnik für Jedermann erschwinglich. Ein Relikt aus der Vergangenheit ist auch der Videorekorder zum Abspielen von VHS-Kassetten. Im Jahr 2000 wurden noch 3,2 Millionen Videorekorder verkauft. Sechs Jahre später waren es fast null, stattdessen gingen 5,3 Millionen DVD-Player über die Ladentheken. Der DVD-Spieler wird inzwischen selbst schon wieder abgelöst – durch den Blu-rayPlayer. Den größten Einfluss auf den Gesamtmarkt hatte aber der Abschied vom Röhrenfernseher. Während die Erklärung der ‚Braun‘schen Röhre‘ im Physikunterricht ganzer Schülergenerationen zum Standard gehörte, beherrschen heute Flachbildfernseher mit Plasma- oder LCD-Technik den Markt. Im Jahr 2000 wurden davon nur 56.000 Stück verkauft, gegenüber 6 Millionen Röhrenfernsehern. Im Jahr 2010 waren es knapp 10 Millionen Flachbildfernseher. Dem standen nur noch 41.000 Fernseher mit der alten Röhrentechnik gegenüber. Die Digitaltechnik hat nicht nur alte Geräte ersetzt, sondern auch völlig neue Marktsegmente geschaffen. So gehören heute Spielkonsolen und PCs zur Ausstattung der allermeisten Haushalte.

[Quelle: BITKOM-Pressemitteilung vom 10. August 2010]

Insert 1-02: „Digital verdrängt analog“ Als der wesentliche Treiber für den Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wird aber Industrie 4.0 angesehen. Als vierte Stufe der industriellen Revolution wird

40

1. Marketingkonzeption

darunter eine intelligente Vernetzung von Produkten und Prozessen in der industriellen Wertschöpfung verstanden, um daraus bessere Absatzchancen für höherwertige Produkte, Dienstleistungen bzw. deren Kombinationen zu erzielen (siehe Insert 1-03).

Insert Industrie 4.0 – Die vierte industrielle Revolution gestalten

Supersystem

System

Subsystem

Gestern

Heute

Morgen

Industrie 1.0 und 2.0

Industrie 3.0

Industrie 4.0

Analog-Kommunikation • Heimatmärkte • Großrechner

Internet und Intranet • Exportmärkte • PCs

Internet der Dinge • Lokalisierte Märkte • Mobile & Cloud Computing

Neo-Taylorismus • Vorratsfertigung • Verrichtungsorientierung • Meister-Organisation

Lean Production • JiT-Produktion • Prozessorientierung • Team-Organisation

Smart Factory • Individualproduktion • Resiliente Produktion • Augmented Operators

Mechanisierung • Konventionelle Maschinen • Arbeitspläne • Zeichenbretter • Handräder

Automatisierung • CNC-Maschinen • ERP / MES • 3D-CAD / CAD-CAM • Bedienpulte

Virtualisierung • Social Machines • Virtual Production • Smart Products • Mobile Devices

[Quelle: ARBEITSKREIS INDUSTRIE 4.0 2012, S. 12 unter Bezugnahme auf TRUMPF]

Die erste und die zweite industrielle Revolution – die arbeitsteilige Massenproduktion von Gütern mithilfe elektrischer Energie seit der Wende zum 20. Jahrhundert – mündeten ab Mitte der 1970er Jahre in die bis heute andauernde dritte industrielle Revolution. Hierbei wurde mit dem Einsatz von Elektronik und Informationstechnologien die Automatisierung von Produktionsprozessen weiter vorangetrieben und ein Teil der „Kopfarbeit“ von der Maschine übernommen. Die vertikale Vernetzung eingebetteter Systeme mit betriebswirtschaftlichen Prozessen in Fabriken und Unternehmen und deren horizontale Vernetzung zu verteilten, führen nun zur vierten Stufe der Industrialisierung – der „Industrie 4.0“. Die vierte industriellen Revolution wurde also durch das Internet der Dinge und Dienste in Gang gesetzt. In der Produktion entstehen sogenannte CyberPhysical Production Systems (CPPS) mit intelligenten Maschinen, Lagersystemen und Betriebsmitteln, die eigenständig Informationen austauschen, Aktionen auslösen und sich gegenseitig selbstständig steuern. Sie können industrielle Prozesse in der Produktion, dem Engineering, der Materialverwendung sowie des Lieferketten- und Lebenszyklusmanagements enorm verbessern. CPPS schaffen Smart Factories, der Inbegriff des Zukunftsprojekts Industrie 4.0. In der Smart Factory herrscht eine völlig neue Produktionslogik: Die Pro[Quelle: Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0 (2012)]

Insert 1-03: Industrie 4.0

dukte sind eindeutig identifizierbar, jederzeit lokalisierbar und kennen ihre Historie, den aktuellen Zustand sowie alternative Wege zum Zielzustand. Die eingebetteten Produktionssysteme sind vertikal mit betriebswirtschaftlichen Prozessen in Fabriken und Unternehmen vernetzt und horizontal zu verteilten, in Echtzeit steuerbaren Wertschöpfungsnetzwerken verknüpft – von der Bestellung bis zur Lieferung. Gleichzeitig ermöglichen und erfordern sie ein durchgängiges Engineering über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts einschließlich seines Produktionssystems hinweg. Im Mittelpunkt der Industrie 4.0 steht der Mensch (Beschäftigte, Management, Zulieferer, Kunden), der seine Fähigkeiten mittels technischer Unterstützung erweitert und so in der Smart Factory zum „kreativen Schöpfer“ und vom reinen „Bediener“ zum Steuernden und Regulierenden wird. Die neue Produktion erfordert eine Beherrschung der zunehmenden Komplexität und ein hohes Maß an selbstverantwortlicher Autonomie und dezentrale Führungs- und Steuerungsformen sowie eine neue, kollaborative Arbeitsorganisation. Industrie 4.0 adressiert alle großen Herausforderungen – die Wettbewerbsfähigkeit unseres HochlohnStandorts, die Schaffung von Ressourcen- und Energieeffizienz, den demografischen Wandel und die Frage der urbanen Produktion.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

41

Ökologische Einflüsse. In diesem Bereich haben folgende Trends besondere Bedeutung für das Marketing [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 234]: • • • • •

Verknappung der natürlichen Ressourcen in Verbindung mit steigenden Energiekosten Einsatz erneuerbarer Energien Neue Antriebstechnologien im Automobilbereich Zunehmende Umweltverschmutzung Umweltpolitische Interventionen staatlicher Institutionen

Besondere Relevanz kommt der Entwicklung alternativer Energiequellen wie Wind- und Solarenergie bzw. der Schaffung energieeffizienter Technologien zu (siehe Insert 1-04).

Insert Bruttostromerzeugung 2013 in Deutschland nach Energieträgern

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland ist im Jahr 2013 auf den Rekordwert von 23,4 Prozent (2012: 22,8 Prozent) gestiegen. Während die Stromerzeugung der Photovoltaikanlagen mit einem Zuwachs von 7,3 Prozent ein neues Hoch erreichte, ging der Anteil von Wind witterungsbedingt um 3,5 Prozent zurück. So kommt Wind auf einen Anteil an der Stromerzeugung von 7,9 (8,0), Biomasse von 6,8 (6,3), Photovoltaik von 4,5 (4,2), Wasser von 3,4 (3,5) und Siedlungsabfälle von 0,8 (0,8) Prozent. Der Anteil des Stroms, der aus Kohlekraftwerken stammt, ist auf 45,5 Prozent gestiegen (2012: 44 Prozent). Steinkohlekraftwerke trugen voraussicht-

lich 19,7 Prozent (18,5) zur Stromerzeugung bei. Braunkohlekraftwerke haben weiterhin den höchsten Anteil an der Stromerzeugung mit 25,8 Prozent (25,5). Das geht aus dem Bericht des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für das Jahr 2013 hervor. Für den Anstieg der CO2-Emissionen in 2013 ist jedoch nicht allein der Anstieg der Kohleverstromung maßgeblich. Hier spielen die geringen Preise für Emissionszertifikate eine Rolle. Außerdem geht der Anstieg vor allem auf die kühle Witterung des ersten Halbjahres 2013 und dem damit verbundenen Mehrverbrauch an Erdgas und Heizöl für die Wärmeerzeugung zurück.

[Quelle: BDEW-Pressemitteilung vom 14. Januar 2014]

Insert 1-04: Bruttostromerzeugung nach Energieträgern

42

1. Marketingkonzeption

Die Sicherstellung einer zuverlässigen, wirtschaftlichen und umweltverträglichen Energieversorgung ist eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Dabei werden nach der beschleunigten Energiewende in Deutschland (Ausstieg aus der Kernenergie) die erneuerbaren Energien eine herausragende Rolle spielen. Die Schaffung energieeffizienter Technologien in Verbindung mit Antriebstechniken, die sich hinsichtlich Energieart oder konstruktiver Lösung von den auf dem Markt verbreiteten Antriebstechniken unterscheiden, gehört ebenfalls zu den wichtigen Aufgabenfeldern industrieller Forschungsabteilungen. So arbeitet die Automobilindustrie intensiv an neuen Antriebstechnologien und energiesparenden Kompaktwagen. Auch die Entsorgung chemischer und nuklearer Abfälle und die Verschmutzung der Umwelt durch biologisch nicht abbaubarer Materialien stellt die Industrie vor erhebliche Herausforderungen. Die Einhaltung von Umweltrichtlinien stellt zwar zunächst eine Belastung dar, sie bietet aber auch die Chance, neue Absatzpotenziale zu erschließen. Politisch-rechtliche Einflüsse. Es existiert eine Vielzahl von Gesetzen, die das Wettbewerbsverhalten, die Produktstandards, den Urheber- und Markenschutz aber auch den Verbraucherschutz regeln und damit von erheblicher Bedeutung für das Marketing sind. Die Liberalisierung des europäischen Strommarkts und die Deregulierung des Telekommunikationsmarktes sind Beispiele für politisch-rechtliche Einflüsse, die dem Marketing-Management vieler Unternehmen neue Chancen und Perspektiven eröffnet haben. Aber auch kommunalpolitische Rahmenbedingungen und die spezifische(n) Standortsituation(en) des Unternehmens, die durch die (jeweilige) regionale Infrastruktur bestimmt wird (werden), zählen zu den politisch-rechtlichen Einflussfaktoren. 1.3.2.2 Unternehmensinterne Einflussfaktoren – Mikro-Umfeld

Die unternehmensinternen Einflüsse, also das Mikro-Umfeld, lassen sich in Rahmenbedingungen, die das eigene Unternehmen für das Marketing-Management setzt, sowie in Einflüsse des Wettbewerbs, der Absatzmittler, der Lieferanten, der Kunden und Teilbereiche der Öffentlichkeit unterteilen. Unternehmen. Die Auswirkungen der übergeordneten Unternehmensstrategie in Verbindung mit evtl. geplanten Unternehmenszusammenschlüssen oder Veränderungen im Produktportfolio sind für das Marketing ebenso von Bedeutung wie die Frage nach der Unternehmensvision, also der langfristigen Vorstellung von der Unternehmensentwicklung. Auch die Ausgestaltung der Unternehmensorganisation (Führungsstrukturen, Aufbau-, Ablauf- und Prozessverantwortlichkeiten) bestimmt die Agenda des Marketingmanagements. Zu den wichtigen Fragen in diesem Zusammenhang gehören [vgl. auch DGFP 2006, S. 41 ff.]: •

Ist die Marketingstrategie an die Unternehmensstrategie gekoppelt?



Wie sieht die Ressourcenausstattung des Marketingmanagements finanziell und personell gegenüber Wettbewerbern aus (Benchmark-Zahlen)?

1.3 Einführung in die Marketingplanung

43



Wer nimmt mit welchen Verantwortungen welche Marketingaufgaben wahr?



Welche Marketingaufgaben werden zentral, welche dezentral wahrgenommen?



Welche Marketingprozesse sind definiert? Wie sind die Verantwortlichkeiten für diese Prozesse geregelt? Welche Prozesse sind extern ausgelagert?



Welche Funktionsträger gibt es im Marketingmanagement? Welche Aufgaben nehmen sie wahr?



Welche Instrumente stehen dem Marketingmanagement zur Verfügung? Wie sind diese hinsichtlich Akzeptanz und Aktualität zu beurteilen?



Wie sieht das Selbstverständnis des Marketingmanagement aus? Ist es ein akzeptierter Business Partner oder mehr ein administrativer Vollstrecker von Entscheidungen des Top-Managements?

Kunden. Es ist keine Frage, dass die Analyse der Kundenmärkte und der Kundenbeziehungen ganz oben auf der Agenda des Marketingmanagements steht. Nachhaltiger Unternehmenserfolg ist nur über die Befriedigung der Kundenwünsche zu erzielen. Das setzt die wirksame Kommunikation des Kundennutzens und des Kundenvorteils voraus. Wettbewerb. Der Wettbewerbsvorteil ist eine zentrale Maxime des Marketings. Um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen, muss das eigene Angebot im Markt so positioniert werden, dass es sich von dem des Wettbewerbs differenziert. Eine Analyse des Konkurrenzangebotes ist daher eine wichtige Voraussetzung, um eine erfolgreiche Wettbewerbsstrategie zu entwickeln und durchzusetzen. Lieferanten. Lieferanten sind ein wichtiges Bindeglied in der Wertschöpfungskette des Unternehmens. Qualität, Mengen und Termintreue sind wichtige Kriterien bei der Lieferantenauswahl und haben mittelbaren Einfluss auf die Absatzgestaltung. In vielen Bereichen (z. B. Automobilindustrie) hat sich die Zulieferindustrie zum kritischen Erfolgsfaktor entwickelt. Absatzmittler. Als Absatzmittler sind schwerpunktmäßig der Handel (B2C), Vertriebspartner (B2B), Logistikunternehmen aber auch Finanzinstitutionen wie Banken und Versicherungen zu verstehen. Sie übernehmen im Rahmen der betrieblichen Wertschöpfungskette Aufgaben der Produktverteilung und -vermittlung oder machen durch die Bereitstellung von Finanzmitteln Transaktionen erst möglich [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 219]. Öffentlichkeit. Zum Mikro-Umfeld des Marketings gehören auch einzelne Gruppierungen der Öffentlichkeit, denen das Unternehmen gegenübersteht. Solche Gruppierungen werden als Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) bezeichnet und haben ein gezieltes Interesse oder einen Einfluss auf das Handeln des Unternehmens. Die wohl bedeutendste Anspruchsgruppe für das Marketing-Management bilden die Medien.

44

1. Marketingkonzeption

1.3.3 Analyse-Methoden Nachdem die externen und internen Einflussfaktoren des Marketingmanagements analysiert sind, geht es nun darum, Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Hierzu werden folgende Analyse-Tools vorgestellt, die sich durch Benutzerfreundlichkeit und einen recht hohen Anwendungsnutzen auf dem Gebiet der Situationsanalyse eines Unternehmens auszeichnen [zu den verschiedenen Tools, die in der Analysephase eingesetzt werden können, siehe ausführlich LIPPOLD 2013, S. 315 ff. und KERTH et al. 2011]: • • • • • • • •

SWOT/TOWS-Analyse Ressourcenanalyse 7-S-Modell Five-Forces-Modell Analyse der Kompetenzposition Stakeholderanalyse Wertkettenanalyse Benchmarking.

1.3.3.1 SWOT/TOWS-Analyse

Eines der bekanntesten Hilfsmittel zur Systematisierung der Situationsanalyse eines Unternehmens (Wo stehen wir?) ist die SWOT-Analyse. Hier werden in einem ersten Schritt Stärken (engl. Strengths) und Schwächen (engl. Weeknesses), die in der Unternehmensanalyse identifiziert wurden, gegenübergestellt und eine Stärken-Schwächen-Analyse erstellt. Stärken machen ein Unternehmen wettbewerbsfähiger. Dazu zählen die besonderen Ressourcen, Fähigkeiten und Potenziale, die erforderlich sind, um strategische Ziele zu erreichen. Schwächen sind dagegen Beschränkungen, Fehler oder Defizite, die das Unternehmen vom Erreichen der strategischen Ziele abhalten. Dieser Teil der SWOT-Analyse, der sich aus einer kritischen Betrachtung des Mikro-Umfeldes ergibt, ist gegenwartsbezogen. Der zweite Schritt der SWOT-Analyse bezieht sich auf das Makro-Umfeld des Unternehmens. Er ist in die Zukunft gerichtet und stellt die identifizierten Chancen und Möglichkeiten (engl. Opportunities) den Risiken bzw. Bedrohungen (engl. Threats) gegenüber (ChancenRisiken-Analyse). Möglichkeiten bzw. Chancen sind alle vorteilhaften Situationen und Trends im Umfeld eines Unternehmens, die die Nachfrage nach bestimmten Produkten oder Leistungen unterstützen. Bedrohungen bzw. Risiken sind dagegen die ungünstigen Situationen und Trends, die sich negativ auf die weitere Entwicklung des Unternehmens auswirken können. Das Ergebnis dieser beiden Analysen ist ein möglichst vollständiges und objektives Bild der Ausgangssituation (Wo stehen wir?). Die SWOT-Analyse ist eines der ältesten Tools für die Strategieentwicklung. Sie stellt eine gute Übersicht und Zusammenfassung der Ausgangssituation sicher. Das SWOT-Tool bietet allerdings keine konkreten Antworten, sondern stellt lediglich Informationen zusammen, um darauf aufbauend Strategien zu entwickeln. Darüber hinaus sind positive Nebeneffekte bei

1.3 Einführung in die Marketingplanung

45

der Durchführung der SWOT-Analyse – wie Kommunikation und Zusammenarbeit – mindestens ebenso wichtig wie die erzielten Ergebnisse [vgl. ANDLER 2008, S.178]. Abbildung 1-20 zeigt das Grundmodell der SWOT-Analyse mit fiktiven Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken.

Unternehmensanalyse Mikro-Umfeld • • • • • •

Unternehmen Kunden Wettbewerber Lieferanten Absatzmittler Öffentlichkeit

Umweltanalyse Makro-Umfeld • • • • • •

Demografische Makro-ökonomische Sozio-kulturelle Technologische Ökologische Politisch-rechtliche Einflüsse

Abb. 1-20:

Stärken (Strengths) • Starker Markenname • Flächendeckendes Vertriebsnetz • Hohe Produktfunktionalität • Guter Werbeauftritt • Gute Internetpräsenz • Gute Pressekontakte

Schwächen (Weeknesses) • Hohe Produktionskosten • Schwache Marktposition • Schwache F&EKompetenzen • Teilw. veraltete Technologie • Hohe Vertriebskosten • Mangelnde Internationalität

Chancen (Opportunities)

Bedrohungen (Threats)

• Wachsender Markt in China • Potentiale bei zugehörigen Dienstleistungen • Patentgenehmigungen stehen bevor • Stärkstem Wettbewerber droht Übernahme • Erfolgreiche Verhandlungen mit neuem Technologiegeber

• Wettbewerb durch neue asiatische Firmen • Verstärkte ökologische Auflagen • Hauptlieferant ist in wirtschaftlichen Schwierigkeiten • Ersatzprodukte (Substitute) gewinnen zunehmend an Marktanteilen

• Interner Blickwinkel • Gegenwartsbezogen

• Externer Blickwinkel • Zukunftsbezogen

Das Grundmodell der SWOT-Analyse

Während die SWOT-Analyse rein deskriptiver Natur ist, wird mit der TOWS-Analyse die Entwicklung strategischer Stoßrichtungen angestrebt. Die TOWS-Analyse kann somit als Weiterentwicklung der SWOT-Analyse angesehen werden. Sie zeigt, wie die unternehmensinternen Stärken und Schwächen mit den externen Bedrohungen und Chancen kombiniert werden können, um daraus vier grundsätzliche Optionen zu entwickeln: •

SO-Strategien basieren auf den vorhandenen Stärken eines Unternehmens und zielen darauf ab, die Chancen, die sich im Unternehmensumfeld bieten, zu nutzen.



ST-Strategien basieren ebenfalls auf den vorhandenen Stärken. Sie haben aber das Ziel, diese Stärken zu nutzen, um drohende Risiken abzuwenden oder doch mindestens zu minimieren.



WO-Strategien sollen interne Schwächen beseitigen, um die bestehenden Chancen nutzen zu können. Auf diese Weise sollen die betreffenden Schwächen in Stärken transformiert werden, um dann mittelfristig eine SO-Position zu erlangen.



WT-Strategien haben schließlich das Ziel, die Gefahren im Umfeld durch einen Abbau der Schwächen zu reduzieren. Die Kombination aus Schwächen und Risiken ist zweifellos für ein Unternehmen die gefährlichste Konstellation, die es zu vermeiden gilt.

46

1. Marketingkonzeption

Die TOWS-Struktur kann hilfreich bei der Strukturierung und Entwicklung alternativer Strategien sein. Daher ist der TOWS-Ansatz vom Einsatzbereich her gesehen nicht den „Tools der Situationsanalyse“, sondern eher den „Tools zur Strategiewahl“ zuzurechnen. In Abbildung 1-21 ist das TOWS-Diagramm widergegeben, das die vier Kombinationen und strategischen Richtungen beschreibt. Stärken (Strengths)

Chancen (Opportunities)

Bedrohungen (Threats)

Abb. 1-21:

Schwächen (Weeknesses)

SO-Strategien:

WO-Strategien:

Stärken nutzen, um aus den Chancen Vorteile zu generieren, d. h. Ausbauen um Chancen auszuschöpfen

Möglichkeiten nutzen, um die Schwächen zu überwinden; d. h. Aufholen um Chancen zu nutzen

ST-Strategien:

WT-Strategien:

Stärken nutzen, um Risiken abzuwenden; d. h. Absichern vor Gefährdungen

Schwächen reduzieren, um Bedrohungen zu vermeiden; d. h. Meiden wegen doppelter Gefährdung

TOWS-Diagramm

1.3.3.2 Ressourcenanalyse

Die Ressourcenanalyse ist quasi der „kleine Bruder“ der SWOT-Analyse, denn im Mittelpunkt steht die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils, das ja auch Teil der SWOTAnalyse ist. Im Gegensatz zur SWOT-Analyse befasst sich die Ressourcenanalyse aber ausschließlich mit den unternehmensspezifischen Stärken und Schwächen (und nicht mit den Chancen und Risiken), die denen der stärksten Wettbewerber gegenübergestellt werden. Dieses Wissen über die eigenen Fähigkeiten und Grenzen, ggf. differenziert nach Unternehmensbereichen oder nach Produktgruppen, legt Verbesserungspotentiale offen und kann gezielt zu Lösungsansätzen herangezogen werden [vgl. KERTH et al. 2011, S. 110 f.]. Die Ressourcenanalyse besteht im Kern aus einem Profilvergleich, bei dem ausgewählte Erfolgsfaktoren (Fähigkeiten und Ressourcen) des eigenen Unternehmens in Relation zu den wichtigsten Wettbewerbern bewertet werden. Durch die Einschätzung der erhobenen Merkmale durch den Befragten entsteht ein Stärken-Schwächen-Profil, das die Potentiale und den Verbesserungsbedarf des Unternehmens abbildet. Diese Analyse ist nicht nur für den Marketing-Bereich relevant. Auch für den Personalbereich, die Organisation oder für die Produktion kann die Analyse wichtige Hinweise geben. Eine Ressourcenanalyse kann sowohl von den eigenen Mitarbeitern verschiedener Verantwortungsbereiche als auch von Außenstehenden (Kunden, Berater) durchgeführt werden.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

47

In Abbildung 1-22 ist ein fiktives Stärken-Schwächen-Profil abgebildet, wobei die Kriterienbereiche Unternehmen (allgemein), Markt/Marketing, Produktion, Vertrieb, Finanzen sowie Management und Personal des eigenen Unternehmens mit den zwei stärksten Wettbewerbern verglichen werden. Wichtig dabei ist, dass die einzelnen Kriterien von den Befragten in gleicher Weise interpretiert werden. Bereich

Kriterium

Stärke

Beispiele:

+++

Beurteilung ++

+

Schwäche -

--

---

Umsatzentwicklung Unternehmen (allgemein)

Beschäftigtenentwicklung Kostenentwicklung Image/Reputation

Markt/Marketing

Preisniveau Kommunikation im Markt

Produktion

Produktlinie A Produktlinie B Kundenzufriedenheit

Vertrieb

Kundennähe Investitionsbereitschaft

Finanzen

Kapitalstruktur/Anteilseigner Qualität der Führungskräfte

Management und Personal

Qualität der Mitarbeiter Fluktuationsrate

Eigenes Unternehmen

Abb. 1-22:

Erster Wettbewerber

Zweiter Wettbewerber

Fiktives Stärken-Schwächen-Profil

1.3.3.3 7-S-Modell

Das vom Beratungsunternehmen MCKINSEY entwickelte 7-S-Modell (“Seven-S-Framework”) liefert eine Übersicht über die Zusammenhänge und Abhängigkeiten von sieben Faktoren, die den Unternehmenskontext beschreiben. Die drei harten Faktoren Strategy, Structure und Systems bilden das Erfolgskonzept, das ein Unternehmen von anderen unterscheidet. Diese Erfolgsfaktoren sind in der Regel greifbar und in Form von Strategiepapieren, Plänen, Dokumentationen, Organigrammen etc. konkret (quasi als „Hardware“) dargelegt. Hinzu kommen vier weiche Faktoren Style, Skills, Staff und Shared Values (quasi als „Software“), die man bislang als nicht beeinflussbare, irrationale, intuitive oder informelle Elemente der Organisation abgetan hatte. Dennoch haben diese Faktoren mindestens genau so viel mit dem Erfolg (oder Misserfolg) des Unternehmens zu tun wie die formalen Strukturen und Strategien, denn sie verkörpern das interne Führungskonzept. Sie unterstützen die harten Erfolgsfaktoren, sind

48

1. Marketingkonzeption

aber materiell weniger greifbar und schwieriger zu beschreiben. Alle Faktoren sind miteinander vernetzt, wobei effektiv arbeitende Unternehmen eine ausgeglichene Balance zwischen diesen sieben Elementen aufweisen [vgl. PETERS/WATERMAN 1984, S. 30 ff.]. Abbildung 1-23 veranschaulicht die sieben Faktoren des 7-S-Modells grafisch.

Structure

Strategy

Systems

Shared Values

Skills

Style

Staff

Abb. 1-23:

Faktoren des 7-S-Modells

Zum besseren Verständnis sollen die 7 S einzeln erläutert werden [vgl. KERTH et al. 2011, S. 65]: •

Strategie (engl. Strategy) beschreibt die Ziele und Handlungsweisen zur Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs.



Struktur (engl. Structure) umfasst die vorliegende Aufbauorganisation und Koordination aller sachlich-hierarchischen Zusammenhänge des Unternehmens.



Prozesse (engl. Systems) sind die primären und unterstützenden Prozesse zur Umsetzung der Strategien in den gegebenen Strukturen (IT-Steuerungssysteme, Abwicklungsprozesse, Controlling, Routinen etc.).



Führungsstil (engl. Style) umfasst die Maßstäbe, nach denen das Management Prioritäten setzt und arbeitet. Dazu zählen die Verhaltensweisen der Führungskräfte ebenso wie die Kultur des Unternehmens.



Mitarbeiter (engl. Staff) sind die Menschen im Unternehmen mit ihren individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

49



Spezialkenntnisse (engl. Skills) sind die besonderen Fähigkeiten des Unternehmens selbst, unabhängig von den Einzelpersonen, also das, was das Unternehmen am besten kann – seine Kernkompetenzen.



Selbstverständnis (engl. Shared Values) bezieht sich auf die Kernüberzeugungen und grundlegenden Ideen sowie die gemeinsamen Werte der Organisation und beinhaltet damit den Existenzgrund und die Vision des Unternehmens.

Nachdem die Inhalte der harten und weichen Faktoren analysiert worden sind, müssen in einem zweiten Schritt die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Faktoren ermittelt werden. Hierzu ist es hilfreich, die Faktoren in Form einer Matrix abzubilden und die Beziehungen und Konflikte in jeder Kombination zu benennen. Die Beziehungsmatrix soll Aufschluss darüber geben, inwieweit die vorhanden Fähigkeiten und Werte zur tatsächlich angestrebten Strategie passen [vgl. KERTH et al. 2011, S. 67]. 1.3.3.4 Five-Forces-Modell

Ein weiterer Ansatz zur Systematisierung der Situationsanalyse ist das Five-Forces-Modell von MICHAEL E. PORTER. Dieses Konzept der Branchenstrukturanalyse stellt folgende fünf Wettbewerbskräfte (engl. Five Forces) als zentrale Einflussgrößen auf die Rentabilität einer Branche in den Mittelpunkt der Analyse [vgl. PORTER 1995, S. 25 ff]: • • • • •

Verhandlungsmacht der Kunden Verhandlungsmacht der Lieferanten Rivalität der Wettbewerber untereinander Bedrohung durch künftige Anbieter Bedrohung durch Substitutionsprodukte.

Die Verhandlungsstärke der Abnehmer wirkt sich direkt auf die Rentabilität einer Branche aus. Dies gilt vor allem dann, wenn die Konzentration auf dem Absatzmarkt besonders hoch ist und die Produkte nur wenig differenziert und damit leicht austauschbar sind. Ein Beispiel dafür ist der Preisdruck von großen Handelsunternehmen/Handelsketten, den diese aufgrund ihrer starken Verhandlungsposition auf Konsumgüterhersteller ausüben. Je stärker die Verhandlungsmacht der Lieferanten auf einem Markt ausfällt, desto geringer ist der Gewinnspielraum auf der Abnehmerseite. Eine starke Verhandlungsmacht ist immer dann zu erwarten, wenn eine relativ geringe Anzahl von Lieferanten in einem bestimmten Marktsegment einer großen Anzahl von Abnehmern gegenübersteht. Ein Beispiel hierfür ist der Verhandlungsdruck der Anbieter klassischer Markenartikel auf den Facheinzelhandel, für den die betreffenden Inputgüter von hoher Bedeutung sind und eine Substitution durch Ersatzprodukte nur bedingt möglich ist. Die Rivalität der Wettbewerber untereinander wird vor allem beeinflusst durch die Anzahl der Marktteilnehmer, durch die Marktgröße und durch die Stellung der Branche im Lebenszyklus. So ist eine hohe Wettbewerbsintensität vor allem dann zu erwarten, wenn die in der Branche vorhandenen Kapazitäten nicht ausgelastet sind, sich die Produkte bzw. Dienstleistungen nicht stark differenzieren, ein Anbieterwechsel ohne große Umstellungskosten vorge-

50

1. Marketingkonzeption

nommen werden kann und hohe Marktaustrittsbarrieren bestehen, die dazu führen, dass unrentable Kapazitäten im Markt verbleiben [vgl. FINK 2009, S. 178 f.]. Die Bedrohung durch neue Anbieter hat dann Einfluss auf die Rentabilität einer Branche, wenn potentielle Anbieter auch tatsächlich in den Markt eintreten. Denn mit steigender Anzahl der Wettbewerber sinkt der durchschnittliche Anteil eines Anbieters am Branchenumsatz bzw. Branchengewinn. Für den Zugang neuer Anbieter spielen die Markteintrittsbarrieren eine wichtige Rolle. Diese sind umso höher, je stärker die Käuferloyalität, je ausgeprägter die Produktdifferenzierung, je schwieriger der Zugang zu bestehenden Distributionssystemen und je höher die Umstellungskosten auf der Abnehmerseite sind. Ein aktuelles Beispiel für das Bedrohungspotential neuer Anbieter ist der zunehmende Drang der Hardwarehersteller in das IT-Beratungsgeschäft. Die Bedrohung durch Substitutionsprodukte oder durch neue Technologien ist umso größer, je besser das Preis-/Leistungsverhältnis gegenüber den brancheneigenen Produkten ausfällt. Ähnlich wie bei den Markteintrittsbarrieren ist auch hier zu untersuchen, wie gut sich die Branche oder einzelne Unternehmen gegen Ersatzprodukte zur Wehr setzen können. Die Bedrohung der Handys durch Smartphones ist das derzeit wohl markanteste Beispiel für diese Wettbewerbskraft. Andere Beispiele sind Kunststoff vs. Glas, Kontaktlinsen vs. Brillen, digitale vs. analoge Technologien. Abbildung 1-24 stellt die fünf Triebkräfte des Branchenwettbewerbs im Zusammenhang dar.

Potentielle Mitbewerber Beeinflusst durch Angebot und Nachfrage, Produktionskosten sowie Preiselastizität

Lieferanten

Verhandlungsmacht

Der Substitutionseffekt treibt die Ablöse und Erneuerung von Produkten an

Bedrohung durch Markteintritt neuer Konkurrenten

Mitbewerber Rivalität/ Rivalität/ Konkurrenz Konkurrenz

Bedrohung durch Ersatzprodukte

Beeinflusst durch die Höhe Markteintrittsschranken

Beeinflusst durch Angebot und Nachfrage, Kundenverhalten und Preiselastizität

Verhandlungsmacht

Kunden

Beeinflusst durch Marktstrukturen, Anzahl der Marktteilnehmer , Marktgröße und Steigerungsrate

Ersatzprodukte

Abb. 1-24:

Das Five-Forces-Modell von PORTER

Ist die entsprechende Einschätzung für alle fünf Triebkräfte durchgeführt, kann es im nächsten Schritt darum gehen, den Einfluss der fünf Marktkräfte besser zu kontrollieren und ggf. zu reduzieren. Dabei geht es im Einzelnen um Maßnahmen zur Minderung der Verhandlungsmacht der Abnehmer, zur Einschränkung der Verhandlungsmacht der Lieferanten, zur Ein-

1.3 Einführung in die Marketingplanung

51

dämmung der Wettbewerbsrivalität, zur Minderung der Gefahr durch Neueinsteiger bzw. zur Vermeidung der Gefahr durch Substitute [vgl. ANDLER 2008, S. 191 f.]. PORTERS Branchenstrukturanalyse ist eine veritable Methode zur Einschätzung der Attraktivität und des Wettbewerbs in einer Branche. Sie ist ein sehr guter Startpunkt, um ein besseres Verständnis und einen Einblick in wichtige Trends und Triebkräfte einer Branche zu erhalten. 1.3.3.5 Analyse der Kompetenzposition

Will sich ein Unternehmen in einem neuen Geschäftsfeld engagieren, so muss es prüfen, ob die entsprechend erforderlichen Kompetenzen bereits im Unternehmen vollumfänglich vorhanden sind oder ob diese durch Akquisitionen, Fusionen oder Partnerschaften ergänzt werden müssen. Zur Analyse der Kompetenzposition eines Unternehmens bietet sich die in Abbildung 1-25 dargestellte Vier-Felder-Matrix an. Auf der Abszisse ist die relative Kompetenzstärke eines Unternehmens im Vergleich zu seinen relevanten Wettbewerbern in dem betrachteten Geschäftsfeld erfasst. Das damit angeführte Kriterium der Kernkompetenz (engl. Core Competences) besagt, dass die entsprechende Kompetenz nur schwer imitierbar und vor dem Zugriff durch Wettbewerber geschützt sein muss. HAMAL/PRAHALAD definieren Kernkompetenz als „the collective learning in the organization, especially how to coordinate diverse production skills and integrate multiple streams of technology”. Sie führen weiter aus, dass sich Wettbewerbsvorteile vor allem aus der Fähigkeit ergeben, solche Kombinationsprozesse schneller und preiswerter vornehmen und damit Kernkompetenzen besser als andere Unternehmen bündeln zu können [vgl. HAMAL/PRAHALAD 1990, S. 79 ff.]. Kundenwert Kompetenzlücken hoch

niedrig

Kernkompetenzen

Option:

Option:

Selektives In-/Outsourcing

Insourcing

Standardkompetenzen

Kompetenzpotenziale

Option:

Option:

Outsourcing

Selektives In-/Outsourcing

schwach

hoch

Relative Kompetenzstärke

[Quelle: HINTERHUBER 1996, S. 130 und 132]

Abb. 1-25:

Portfolio der Kompetenzen und Handlungsoptionen

Auf der Ordinate ist der Kundenwert einer Kompetenz abgetragen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Nutzen einer Kernkompetenz von den Kunden durchaus

52

1. Marketingkonzeption

unterschiedlich wahrgenommen wird. Als Grundlage für die Bestimmung des Kundenwertes dienen Umwelt- und Unternehmensanalysen, aus denen die externen Erfolgsfaktoren des Wettbewerbs in dem betrachteten Geschäftsfeld hervorgehen (z. B. ein attraktiver Preis). Auf der Grundlage der relativen Kompetenzstärke einerseits und des Kundenwertes der betrachteten Kompetenzen anderseits lassen sich die vier in Abbildung 1-25 dargestellten Kompetenzkategorien ableiten [vgl. FINK 2009, S. 181 ff. und HINTERHUBER 1996, S. 130 f.]: •

Standardkompetenzen sind Kompetenzen mit geringem Kundenwert und einer schwachen Kompetenzsituation. Sie besitzen aus Sicht des Marktes keine große Bedeutung und werden von den Wettbewerbern mindestens genauso gut wie das analysierte Unternehmen beherrscht. Gleichwohl dienen Standardkompetenzen zur Aufrechterhaltung des normalen Geschäftsbetriebes.



Kompetenzlücken sind Kompetenzen, bei denen das analysierte Unternehmen eine vergleichsweise schwache Position besitzt, die jedoch eine hohe Bedeutung im Markt haben.



Kompetenzpotentiale sind Kompetenzen, bei denen das Unternehmen leistungsfähiger als seine Wettbewerber eingestuft wird, denen der Markt jedoch (noch) eine geringere Bedeutung beimisst.



Kernkompetenzen sind schließlich jene Kompetenzen, die das betrachtete Unternehmen besser beherrscht als seine Wettbewerber und die am Markt von großer Bedeutung sind.

Diese Systematik gibt nicht nur Anhaltspunkte darüber, ob ein Unternehmen die erforderlichen Kompetenzen besitzt, um in einem bestimmten Geschäftsfeld erfolgreich zu konkurrieren, sondern es können auch Entscheidungen darüber abgeleitet werden, ob vorhandene Kompetenzen ausgelagert oder fehlende Kompetenzen ergänzt werden sollen. So müssen bspw. Optionen untersucht werden, ob Kompetenzlücken aus eigener Kraft geschlossen werden können oder ob hierzu Akquisitionen oder Partnerschaften erforderlich (Insourcing) sind. Ebenso muss geprüft werden, ob vorhandene, aber nicht wettbewerbsrelevante Kompetenzen von außen bezogen werden können. Häufig können solche Standardkompetenzen zu attraktiven Kosten von spezialisierten Partnerunternehmen eingekauft werden (Outsourcing). Auf diese Weise lassen sich dann interne Kapazitäten für die wettbewerbsrelevanten Kernkompetenzen freisetzen [vgl. FINK 2009, S. 183 f.]. 1.3.3.6 Stakeholderanalyse

Stakeholder sind Personen oder Personengruppen, die Interessen oder Ansprüche gegenüber einem Unternehmen haben (z. B. Aktionäre (Shareholder), staatliche Stellen, Arbeitnehmer, Gewerkschaften, Verbände, Kunden, Lieferanten). Solche Anspruchsgruppen können Einfluss auf Entscheidungen im Unternehmen nehmen und im Gegenzug Ressourcen zur Zielerreichung und Strategieverwirklichung bereitstellen. Die Stakeholderanalyse zielt darauf ab, diese Interessengruppen zu identifizieren und deutlich zu machen, gegenüber welchen Stakeholdern das Unternehmen positioniert werden sollte und worauf das Management dabei achten muss. Das Instrument ermöglicht es, konsequent

1.3 Einführung in die Marketingplanung

53

eine Außenperspektive einzunehmen und dadurch zu Beginn von Strategiefindungsprozessen einer gewissen Betriebsblindheit vorzubeugen. Besonders bei sensiblen Projekten (z. B. Integrations- oder Veränderungsprojekte) wird die Stakeholderanalyse eingesetzt, um die beteiligten und betroffenen Gruppen angemessen einzubeziehen [vgl. KERTH et al. 2011, S. 148 f.]. Um zu bestimmen, welche Stakeholder von besonderer Bedeutung für ein Unternehmen sind, ist auf deren Ansprüche und Beiträge abzustellen. Dabei bietet sich eine Einteilung in interne und externe Anspruchsgruppen an. Abbildung 1-26 zeigt eine allgemeine Übersicht, die als Grundlage für eine unternehmensspezifische Stakeholderanalyse herangezogen werden kann. Stakeholder

Interne Anspruchsgruppen

Externe Anspruchsgruppen

Beitrag

Anspruch

für das Unternehmen

an das Unternehmen

Sorge/Risiko

gegenüber dem Unternehmen

Eigenkapitalgeber (Shareholder)

Eigenkapital

Einkommen, Gewinn

Wertverlust

Management

Kompetenz, Leistung, Engagement

Gehalt, Tantieme

Arbeitsplatzverlust

Mitarbeiter

Arbeitskraft

Soziale Sicherheit

Arbeitsplatzverlust

Fremdkapitalgeber

Fremdkapital

Zinsen

Schuldnerausfall

Lieferanten

Termingerechte Lieferung, gute Qualität

Einkommen, Gewinn

Forderungsausfall

Kunden

Kauf, Markentreue, Referenz

Gute Produkte, günstiges Preis-Leistungsverhältnis

Überteuerter Preis, schlechte Qualität

Staat, Politik

Infrastruktur, Rechtssicherheit

Steuern, Sozialleistungen sichere Arbeitsplätze

Regelverstöße

Gesellschaft

Akzeptanz, Image

Unterstützung (Stichwort: CSR)

Abwälzung Kosten

[Quelle: in Anlehnung an ULRICH/FLURI 1995, S. 79]

Abb. 1-26:

Beiträge und Ansprüche der Stakeholder

1.3.3.7 Wertkettenanalyse

Die Wertschöpfungskette (Wertkette) eines Unternehmens umfasst die Wertschöpfungsaktivitäten in der Reihenfolge ihrer operativen Durchführung. Diese Tätigkeiten schaffen Werte, verbrauchen Ressourcen und sind in Prozessen miteinander verbunden. Die in Abbildung 1-27 gezeigte Darstellung der Wertschöpfungskette geht auf PORTER [1986] zurück und unterscheidet Primäraktivitäten und Sekundäraktivitäten. •

Primäraktivitäten (Kernprozesse) sind Eingangslogistik, Produktion, Ausgangslogistik, Marketing und Vertrieb sowie Kundendienst.



Sekundäraktivitäten (Unterstützungsprozesse) stellen Beschaffung, Forschung und Entwicklung (F&E), Personalmanagement und Infrastruktur dar.

54

1. Marketingkonzeption

Aus der Kostenstruktur und aus dem Differenzierungspotenzial aller Wertaktivitäten lassen sich bestehende und potenzielle Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens ermitteln. Durch die „Zerlegung“ eines Unternehmens in seine einzelnen Wertschöpfungsaktivitäten kann jede dieser Aktivitäten auf ihren aktuellen und ihren potenziellen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens hin durchleuchtet werden [vgl. PORTER 1986, S. 19]. Bei der Wertkettenanalyse geht es nun um eine Systematisierung der Ausgangssituation von Unternehmen mit dem Ziel, Prozessoptimierungen vorzunehmen. Sie untersucht alle kostenund gewinntreibenden Prozesse und Teilprozesse und gibt Antwort auf die Frage: Wo entstehen welche Kosten und welcher Mehrwert wird dabei geschaffen? Die Wertkettenanalyse basiert auf der Annahme, dass jedes vorherige Glied (Aktivität) in der Wertkette einen Mehrwert bzw. eine Wertschöpfung für das nachfolgende Glied bietet. Wertschöpfung bezeichnet den Prozess des Schaffens von Mehrwert, der wiederum die Differenz zwischen dem Wert der Abgabeleistungen und der übernommenen Vorleistungen darstellt [vgl. MÜLLERSTEWENS/LECHNER 2001, S. 287].

Unternehmensinfrastruktur Personalmanagement

Sekundäre Aktivitäten

Technologieentwicklung Gewinnmarge

Beschaffung

Primäre Aktivitäten

Abb. 1-27:

Eingangslogistik

Produktion

Ausgangslogistik

Marketing und Vertrieb

Kundendienst

Wertschöpfungskette für Industriebetriebe nach PORTER

Das Konzept der Wertkette (engl. Value chain) entspricht im Kern der traditionellen betrieblichen Funktionskette Beschaffung – Produktion – Absatz. Neu am Wertketten-Konzept ist jedoch der Grundgedanke, „… den Leistungsprozess zum Gegenstand strategischer Überlegungen zu machen und die Prozesse der Wertkette als Quellen für Kosten- oder Differenzierungsvorteile gegenüber Wettbewerbern zu betrachten“ [BEA/HAAS 2005, S. 113]. Entscheidend für das Unternehmen ist daher die Frage, ob die vorhandenen Ressourcen zielorientiert eingesetzt werden. Dies gilt einmal nach innen, d. h. hinsichtlich der Optimierung ihres Beitrags zur Wertschöpfung des Unternehmens und andererseits nach außen, d. h. in Bezug auf die Entwicklung und den Erhalt von relativen Wettbewerbsvorteilen und den damit verbundenen Nutzenpotentialen. Die Idee der strategischen Kostenanalyse auf Wertkettenbasis gründet demzufolge auf der Tatsache, dass die einzelnen Wertaktivitäten einerseits Abnehmernutzen schaffen und andererseits Kosten verursachen. Als strategische Richtung von Wertschöpfungsmodellen kommen daher grundsätzlich Kostenminimierung oder Nutzenbzw. Erlösmaximierung in Frage. Wird Kostenminimierung als Zielsetzung gewählt, werden

1.3 Einführung in die Marketingplanung

55

im Rahmen der Wertkettenanalyse Rationalisierungspotentiale gesucht und als Konsequenz Prozesse bzw. Wertschöpfungsstufen eliminiert. Ist die Wertkettenanalyse wiederum eher Nutzen- bzw. Erlöszielen verpflichtet, so werden insbesondere jene Aktivitäten verfolgt, die sich möglicherweise positiv auf das Erlöswachstum auswirken. In der Praxis wird die Abgrenzung der einzelnen Wertaktivitäten von Unternehmen zu Unternehmen und von Geschäftseinheit zu Geschäftseinheit variieren. Das liegt daran, dass sich die Bestimmung einer Wertkette häufig als sehr aufwändig erweist. Dennoch zahlt sich diese Arbeit aus, denn Wertketten geben Auskunft darüber, wo Wettbewerbsvorteile errungen werden können und weisen auch den Weg zu neuen Wettbewerbsvorteilen. Sie zeigen darüber hinaus auch Ansatzpunkte für Wertschöpfungspartnerschaften, die im Einzelfall signifikante Umsatz- bzw. Kosteneinsparungspotenziale generieren können (siehe Abbildung 1-28).

Beschaffungskooperationen z. B. Einkaufsgemeinschaften, Supply Chain Managmenet

Produktentwicklung

Entwicklungskooperationen z. B. Lead User-Konzepte, Open Innovation

Einkauf

Marketing-/Vertriebskooperationen z. B. Werbe- oder Markenkooperationen

Fertigung

Produktionskooperationen z. B. gemeinsame Fertigungsplattformen

Lagerhaltung

Distribution

Vertriebs-/Logistikkooperationen z. B. Efficient Consumer Response-Konzepte

Marketing/ Vertrieb

Service

z. B. Shared Service Center

[Quelle: in Anlehnung an GRANT/NIPPA 2006, S. 3399

Abb. 1-28:

Ansatzpunkte für Wertschöpfungspartnerschaften

Ein interessantes Beispiel für eine alternative Wertkette in der Möbelbranche bietet IKEA. Die in Insert 1-05 dargestellte Wertkettenanalyse zeigt sehr deutlich die Stärken von IKEA im Vergleich zu herkömmlichen Möbelanbietern, in dem einzelne Prozesse der Wertschöpfungskette auf den Kunden verlagert werden.

56

1. Marketingkonzeption

Insert Alternative Wertketten in der Möbelbranche Einkauf/ Fertigung

Etablierter Möbelanbieter

IKEA

Montage

Transport

Ausstellungsort

Lieferzeit

Anlieferung

Kleine Lose hohe Kosten

Lohnintensiv  hohe Kosten

Großvolumen  hohe Kosten

Zentrale Lage  hohe Kosten

Lang, kleines Lager  geringe Kosten

Fuhrpark, Schreiner  hohe Kosten

Große Serien  geringere Kosten

Übernimmt Kunde  kaum Kosten

Kompaktverpackungen  geringere Kosten

Randgebiet  geringere Kosten

Kurz, großes Lager  hohe Kosten

Übernimmt Kunde  kaum Kosten

[Quelle: in Anlehnung an RUNIA et al. 2011, S. 13]

Dramatische Verschiebungen der relativen Kostenposition ergeben sich meist dort, wo ein Unternehmen mit einer alternativen Wertkette arbeitet, die sich stark von denen der Konkurrenten unterscheidet. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist das Geschäftsmodell von IKEA.

Darüber hinaus gelang es IKEA, Differenzierungsvorteile mit einem einfachen (aber ansprechenden) Design in Verbindung mit traditionellen skandinavischen Werkstoffen und Materialien aufzubauen und gleichzeitig Größenvorteile in Entwicklung, Produktion, Logistik und Marketing auszuspielen.

IIKEAs Wertschöpfung liegt im massenhaften Verkauf kostengünstig produzierter Waren. Als Kunden werden Menschen angesprochen, die „nicht so viel im Portemonnaie haben“ (Firmengründer Kamprad). Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Die ökonomische Grundlage IKEAs liegt in gezielter Kostenoptimierung aller Prozesse im Unternehmen.

IKEA ist damit ein Beispiel für ein Unternehmen mit einer Strategie, die aus vielen verschiedenen, aber konsistent zusammenpassenden Teilen besteht, die in der Gesamtheit von Mitbewerbern nur schwer nachzuahmen ist.

Dabei werden nicht nur die Herstellprozesse bis hin zu den Lieferanten optimiert, sondern auch die Logistik und der Service. Das Unternehmen stellt enge Beziehungen zu seinen Kunden her, den es in seine Prozesse mit einbezieht. So entstand schon in IKEAs Anfangsjahren die innovative Idee, dass die Kunden Ihre Pakete selbst dem Lagerregal entnehmen und zuhause auch selbst montieren bzw. aufbauen. Auslöser war das Problem nicht ausreichenden Servicepersonals für die übergroße Nachfrage nach IKEA-Produkten im ersten Möbelhaus Schwedens. [Quelle: in Anlehnung an KERN 2012]

Insert 1-05: Alternative Wertketten in der Möbelbranche Sobald das Prozessmodell, die Prozessschritte und Sequenzen für die Wertketten bestimmt sind, müssen jeder Aktivität als Kettenglied die vollen Kosten und andere angebrachte Leistungsindikatoren zugefügt werden. Dabei sind (Aktivitäts-) Einzelkosten wie Löhne und Betriebsmittel den entsprechenden Aktivitäten direkt zuzurechnen. (Aktivitäts-) Gemeinkosten wie Gehälter im Support-Bereich oder Anlagen sind anteilig jenen Aktivitäten zuzuordnen, die sie verursachen. Allerdings ist bei dieser Kostenzuordnung, die sowohl in absoluten Zahlen als auch in Prozentangaben erfolgen kann, keine rechnerische Präzision erforderlich [vgl. BEA/HAAS 2005, S. 325]. In Abbildung 1-29 ist ein fiktives Beispiel aus dem verarbeitenden Gewerbe für die Zuordnung von Kosten zu einzelnen Teilprozessen in Form von Prozentangaben dargestellt.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

57

Qualitätskontrolle 2% Personal 8% IT 7% Finanzen 3%

Einkauf 15%

Logistik und Lagerhaltung 5%

Fertigung 35%

Ausgangslogistik 5%

Marketing 6%

Vertrieb 10%

Kundendienst 4%

[Quelle: in Anlehnung an ANDLER 2008, S. 173]

Abb. 1-29:

Beispiel für die Kostenverteilung einer Wertschöpfungskette in der Industrie

Die Grenze zwischen den primären Aktivitäten (Kernaktivitäten) und den sekundären Aktivitäten (Supportaktivitäten) ist fließend und hängt hauptsächlich von der Branche und den jeweiligen Unternehmen ab. Eine Aktivität, die wettbewerbsrelevant oder einfach nur überlebenswichtig ist, wird generell als Kernaktivität bezeichnet. Hier wird die Abschätzung des Beitrags einzelner Ressourcen bzw. Ressourcenkombinationen zur gesamten Wertschöpfung des Unternehmens noch relativ einfach sein. Schwieriger ist die qualitative und quantitative Evaluierung von Ressourcen und Prozessen, die im Rahmen der Wertkette des Unternehmens unterstützende Aktivitäten darstellen und damit auf verschiedenen Stufen der Kette in unterschiedlichem Ausmaß wirken. Aber auch hier sollte das Zurechnungsproblem pragmatisch angegangen werden. Aktivitäten verursachen nicht nur Kosten, sie stiften in aller Regel auch Nutzen. Dessen Erfassung ist ebenso wichtig wie die der Kosten, da nicht selten Aktivitäten zur Diskussion stehen, deren Beibehaltung oder Eliminierung in Abhängigkeit vom Kosten-Nutzen-Verhältnis getroffen wird. Dieses Vorgehen ist allerdings bei den Support-Aktivitäten nur mit gewissen Einschränkungen möglich. Hier sollte man insbesondere beachten, dass es trotz des allgemein herrschenden Fabels für Kosteneinsparungen im „Overhead“ ein Niveau gibt, unter dem weitere Kostensenkungsmaßnahmen nur noch Nachteile und negative Auswirkungen auf den Kundennutzen hat [vgl. ANDLER 2008, S. 172]. Um den Beitrag von Ressourcen bzw. Wertaktivitäten im Rahmen des Wertschöpfungsprozesses und damit die Effizienz von einzelnen Prozessen richtig einschätzen zu können, müssen Vergleiche herangezogen werden. In diesem Zusammenhang bedient man sich u.a. des Instruments des Benchmarking, das Gegenstand des nächsten Abschnitts ist. 1.3.3.8 Benchmarking

Ein weiterer Ansatz zur Analyse der Situation eines Unternehmens ist das sog. Benchmarking. Diese Methode ist darauf gerichtet, durch systematische und kontinuierliche Vergleiche von Unternehmen oder Unternehmensteilen das jeweils beste als Referenz zur Produkt-, Leis-

58

1. Marketingkonzeption

tungs- oder Prozessverbesserung herauszufinden. Die Benchmarking-Durchführung beruht auf der Orientierung an den besten Vergleichsgrößen und Richtwerten („Benchmark“ = Maßstab) einer vergleichbaren Gruppe. Als Vergleichsgruppen können das eigene Unternehmen, der eigene Konzern, der Wettbewerb oder sonstige Unternehmen herangezogen werden. Daraus lassen sich folgende vier Benchmarking-Grundtypen ableiten [vgl. FAHRNI et al. 2002, S. 23 ff.]: • • • •

Internes Benchmarking (engl. Best in Company) Konzern-Benchmarking (engl. Best in Group) Konkurrenz-Benchmarking (engl. Best in Competition) Branchenübergreifendes Benchmarking (engl. Best Practice).

In Abbildung 1-30 sind diese vier Grundtypen im Zusammenhang dargestellt.

eigene

fremde

Branche

[Quelle: FAHRNI et al. 2002, S. 23 ff.]

Abb. 1-30:

KonzernBenchmarking

Branchenübergreifendes Benchmarking

(Best in Group)

(Best Practice)

Internes Benchmarking

KonkurrenzBenchmarking

(Best in Company)

(Best in Competition)

eigene

fremde

Unternehmen

Benchmarking-Grundtypen

Die Benchmarking-Methode entstand in den 70er Jahren bei RANK XEROX angesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks durch japanische Kopiergerätehersteller. Heute zählt das Benchmarking zu den beliebtesten Methoden der Unternehmensanalyse, weil es hilft •

die eigenen Stärken und Schwächen besser einzuschätzen,



Informationen zu erhalten, die das Unternehmen benötigt, um Produkte, Leistungen und prozesse zu optimieren,



von den besten Unternehmen zu lernen,



den kontinuierlichen Prozess der Verbesserung zum festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen,



neue Strategien zu entwickeln und die Wettbewerbsposition zu verbessern.

Allerdings ist es häufig nicht ganz leicht, Benchmark-Daten in der gewünschten Form zu erhalten. Hier können Beratungsunternehmen mit ihrem „natürlichen“ Benchmark-Know-how (als Kernkompetenz) entsprechende Hilfestellung leisten.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

59

1.3.4 Ziele Nachdem die externen und internen Einflussfaktoren des Marketingmanagements analysiert und ggf. Verbesserungspotenziale identifiziert worden sind, ist der konzeptionelle Kristallisationspunkt (siehe Abbildung 1-16) erreicht. Im nächsten Schritt muss erarbeitet werden, wie das Marketing im Unternehmen betrieben werden soll. Dabei sind definierte Ziele unerlässlich: Sie steuern die Aufmerksamkeit der Beteiligten im Marketing in eine einheitliche Richtung und helfen ihnen dabei, ihre Aktivitäten zu fokussieren und untereinander abzustimmen. 1.3.4.1 Zielsystem des Unternehmens

Marketingziele sind – trotz ihrer zentralen Rolle bei marktorientiert agierenden Unternehmen – keine autonomen Ziele. Sie müssen aus den obersten Unternehmenszielen abgeleitet werden. Daher ist die Kenntnis der Unternehmensziele unerlässlich für das Marketingmanagement. Unternehmensziele haben zwar Gemeinsamkeiten mit Visionen (z. B. das Merkmal Zukunft), der Kern des Unternehmensziels ist aber seine Messbarkeit, die es erlaubt, geschäftliche Entwicklungen den tatsächlich erreichten Ergebnissen gegenüberzustellen. Unternehmensziele beeinflussen die langfristige Entwicklung eines Unternehmens und sind Ansporn im Sinne von Gewinn, Umsatz, Ertrag, Ausgaben, Kosten, Liquidität [vgl. MENZENBACH 2012, S. 9 unter Bezugnahme auf RÜCKLE 1994, S. 56 ff.]. Als typische Unternehmensziele werden immer wieder genannt: • • • • • • •

Gewinn/Rentabilität Marktanteil/Marktposition Umsatz/Wachstum Unabhängigkeit/Sicherheit Kundenzufriedenheit/Kundenbindung Soziale Verantwortung Prestige/Image.

Die Diskussionen darüber, welche Ziele im Rahmen dieses Zielkatalogs die höchste Priorität haben, führen in aller Regel zu dem Ergebnis, dass Gewinn- bzw. Rentabilitätsziele eine dominierende Bedeutung haben [vgl. BECKER 2009, S. 16 und 61]. Ziele erfüllen ihre Steuerungs- und Koordinationsfunktion umso besser, je klarer und exakter sie bestimmt werden. Daher müssen zweifelsfreie Angaben über • • •

Zielinhalt, Zielausmaß und Zeitspanne der Zielerfüllung

vorliegen. Ist der Zielbildungsprozess nicht von Beginn an auf messbare Größen ausgerichtet, verliert eine zielgesteuerte Führung von vornherein an Effizienz [vgl. BIDLINGMAIER 1973, S. 138].

60

1. Marketingkonzeption

Die Unternehmensziele sind – ebenso wie die später zu behandelnden Marketingziele – eingebettet in das Zielsystem des Unternehmens. Der Aufbau eines solchen Zielsystems lässt sich aus Gründen der Anschauung als Art Pyramide mit drei grundlegenden Betrachtungsebenen darstellen: die normative, die strategische und die taktisch/operative Ebene [vgl. HUNGENBERG/WULF 2011, S. 26]: •

Die normative Ebene legt Ziel und Zweck sowie die grundlegenden Werte des Unternehmens fest. In diesem normativen Kontext spiegeln sich das Selbstverständnis des Unternehmens mit seiner Vision, seiner Mission und den grundlegenden Unternehmenszielen wider. In dieser obersten Ebene geht es um die Legitimität der Existenz und des Verhaltens des Unternehmens gegenüber externen und internen Kräften.



Die strategische Ebene soll die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die (normativen) Ansprüche an die Entwicklung des Unternehmens langfristig erfüllt werden können. Zielsetzung der strategischen Ebene ist ökonomische, soziale und ökologische Effektivität. Wesentlicher Inhalt ist der Aufbau, die Pflege und die Weiterentwicklung von Erfolgspotenzialen. Hierzu werden Strategien formuliert, ausgewählt und durch Strukturen und Systemen umgesetzt.



Die taktische/operative Ebene vollzieht sich innerhalb des Handlungsrahmens, der durch die strategische Ebene vorgegeben ist und zielt auf die optimale Ausschöpfung der Erfolgspotenziale. Sie definiert und koordiniert die laufenden Aktivitäten in den verschiedenen Funktions- und Marktbereichen und sorgt für die kurzfristige und effiziente Umsetzung der Strategien durch konkrete Maßnahmen im Rahmen des Tagesgeschäfts.

Um dauerhafte Erfolgspotenziale zu schaffen, ist eine konsequente Vernetzung und Abstimmung dieser drei Ebenen erforderlich. Die drei Ebenen, die in Abbildung 1-31 dargestellt sind, wurden in dem St. Galler Management-Modell wesentlich ausdifferenziert. Primärzweck „Philosophie“ Normativ

Legitimation

Strategisch

Effektivität

Taktisch/operativ

Effizienz

„Struktur“

Hauptinhalt Festlegen von Ziel, Zweck und grundlegenden Werten

Erfolgspotentiale aufbauen und weiterentwickeln

„Prozess“

Abb. 1-31:

Das unternehmerische Zielsystem

Erfolgspotentiale optimal ausschöpfen

1.3 Einführung in die Marketingplanung

61

Allgemeine Wertvorstellungen. An der Spitze der Zielpyramide steht die Unternehmensphilosophie mit den allgemeinen Wertvorstellungen (engl. Basic beliefs), die im Sinne eines „Grundgesetzes“ Ausdruck dafür sind, dass Unternehmen neben ihrer einzelwirtschaftlichen Verantwortung auch eine gesamtwirtschaftliche Aufgabe zukommt [vgl. BECKER 2009, S. 29]. Die allgemeinen Wertvorstellungen eines Unternehmens bilden den Rahmen für • • • •

Unternehmenskultur, Unternehmensidentität, Unternehmensleitlinien und Unternehmenszweck.

Unternehmenskultur. Jedes Unternehmen verfügt über eine Unternehmenskultur (engl. Corporate Culture). Diese wird nicht einfach erfunden oder verordnet, sondern (vor)gelebt. Sie entsteht mit der Unternehmensgründung und ist je nach Entwicklungsgeschichte des Unternehmens mehr oder weniger ausdifferenziert. Häufig liegen die Ursprünge einer Unternehmenskultur beim Unternehmensgründer (z. B. THOMAS WATSON bei IBM, STEVE JOBS bei APPLE, BILL GATES bei MICROSOFT, MAX GRUNDIG, ROLAND BERGER), die mit ihren Visionen und Ideen, mit ihren Wertvorstellungen, Eigenarten und Neigungen als Vorbilder für nachfolgende Managergenerationen dienen. Kulturprägend wirken aber auch Krisen und einschneidende Veränderungen sowie die Art und Weise, wie diese gemeistert werden, neue Geschäftsmodelle, die Branche und das (regionale) Umfeld eines Unternehmens, die Art der Kunden, der Investoren etc. [vgl. BUß 2009, S. 176 ff.]. Die Unternehmenskultur besteht zunächst aus einem unsichtbaren Kern aus grundlegenden, kollektiven Überzeugungen, die das Denken, Handeln und Empfinden von Führungskräften und Mitarbeitern maßgeblich beeinflussen und die insgesamt typisch für das Unternehmen sind (innere Haltung). Diese grundlegenden Überzeugungen beeinflussen die Art, wie die Werte nach außen gezeigt werden (äußere Haltung). Gleichzeitig sind sie maßgebend für die Verhaltensregeln („so wie man es bei uns macht“), die an neue Mitarbeiter und Führungskräfte weitergegeben werden und die als Standards für gutes und richtiges Verhalten gelten. Diese Regeln zeigen sich für alle sichtbar an Artefakten wie Ritualen, Statussymbolen, Sprache, Kleidung etc. [vgl. SACKMANN 2004, S. 24 ff.]. Zur Veranschaulichung solcher Artefakte soll hier ein Beispiel für eine besonders kundenorientierte Unternehmenskultur angeführt werden [vgl. HOMBURG/BUCERIUS 2012, S. 76]: •

Erzählungen, z. B. häufige Berichte über außergewöhnliche Vertriebserfolge (Gewinnung besonders spektakulärer Aufträge in beachtlicher Größenordnung oder Aufträge, die eigentlich schon als verloren galten),



Sprache, z. B. der Sprachstil, in dem in Meetings und Besprechungen von Kunden gesprochen wird,



Rituale, z. B. die regelmäßige Auszeichnung besonders kundenorientierter Mitarbeiter oder besonders erfolgreicher Vertriebsmitarbeiter,

62



1. Marketingkonzeption

Arrangements, z. B. die kundenfreundliche Gestaltung von Gebäuden, Empfangs- und Meeting-Bereichen und Außenanlagen.

Kultur kann als Wettbewerbsfaktor und/oder als sozialer Verantwortungsträger fungieren. Es lässt sich vermuten, dass der Einfluss und die spezielle Bedeutung von Unternehmenskultur bei wissensbasierten Firmen, bei denen Wissen als Produkt oder als Dienstleistung eine zentrale Rolle spielt (wie bei Beratungsunternehmen), besonders groß ist. So kann eine starke Unternehmenskultur für international ausgerichtete Unternehmen einen bedeutenden Erfolgsfaktor darstellen. Hier sind das koordinierte Handeln und die Integrationskraft besonders wichtig für ein erfolgreiches Auftreten auf den internationalen Märkten. Eine herausragende Rolle spielt die Unternehmenskultur auch bei Unternehmenszusammenschlüssen (engl. Merger). Hier ist die behutsame Integration verschiedener Unternehmenskulturen ein entscheidender, allerdings häufig unterschätzter Erfolgsfaktor. Nicht selten ist das Scheitern einer Unternehmenszusammenlegung darauf zurückzuführen, dass es offensichtlich nicht gelungen ist, verschiedene Unternehmenskulturen harmonisch miteinander zu verschmelzen. Diese Vermutung lässt sich jedenfalls aus der Analyse gescheiterter Mergers & Acquisitions (M&A)-Projekte ableiten. Vielfach sind es nicht ökonomische Defizite, sondern die mangelhafte Berücksichtigung weicher Faktoren, die zu Integrationsproblemen führen. Diese Problematik stellt sich aber nicht nur bei internationalen, sondern auch bei nationalen M&A-Projekten, da auch Unternehmen aus demselben Kulturkreis durchaus unterschiedliche „Binnenkulturen“ aufweisen können [vgl. MACHARZINA/WOLF 2010, S. 731 f.]. Unternehmensidentität. Als Unternehmensidentität (engl. Corporate Identity) wird die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und außen auf der Basis einer festgelegten Unternehmensphilosophie und -zielsetzung bezeichnet. Corporate Identity (CI) erzeugt einen Wiedererkennungswert und vereinfacht die Identifizierung mit der Organisation. Sie drückt sich in vier Komponenten (vier Cs) aus: •

Corporate Behavior ist das (möglichst widerspruchsfreie) Mitarbeiterverhalten innerhalb der Organisation und gegenüber Externen.



Corporate Design ist die einheitliche visuelle Darstellung des Unternehmens nach innen und außen, wobei alle Gestaltungskonstanten (Logo, stilistische Vorgaben) konsequent in allen Kommunikationsmedien angewendet werden. Das so erzielte einheitliche Erscheinungsbild soll dem Unternehmen eine unverwechselbare Persönlichkeit geben.



Corporate Communication ist die integrierte, geplante und gezielte Kommunikation (organisations- und umweltbezogen), die alle Kommunikationsmittel und -wege eines Unternehmens umfasst. Sie betrifft insbesondere auch die Kommunikation der Vision, Mission und Werte des Unternehmens.



Corporate Governance ist die Vorgabe von Richtlinien zur Überwachung und Leitung des Unternehmens. Die Richtlinien beziehen sich insbesondere auf die effiziente Führung der Organisation, auf das Risikomanagement und auf Entscheidungen für eine langfristige Wertschöpfung unter Wahrung der Stakeholder-Interessen.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

63

Betrachtet man Corporate Culture als Fundament der Unternehmensphilosophie, dann bilden die vier CI-Komponenten quasi den Aufbau und werden unter dem Dach der Corporate Identity zusammengefasst. Abbildung 1-32 veranschaulicht diese Sichtweise und liefert eine kurze Darstellung und Beschreibung der Ziele der vier CI-Komponenten.

Corporate Identity

Beschreibung

Ziel

Corporate Behavior

Corporate Design

Corporate Communication

Corporate Governance

Widerspruchsfreies Verhalten innerhalb der Organisation und gegenüber Externen

Visuelle Darstellung nach innen und außen (konsequente Anwendung auf alle Kommunikationsmedien)

Integrierte, geplante und gezielte Kommunikation (organisations- und umweltbezogen)

• Funktionsfähige Unternehmensführung • Wahrung der StakeholderInteressen • Risikomanagement

• Höhere Motivation nach innen • Besseres Image nach außen

Optische Profilierung

Informationsvermittlung und Entscheidungssteuerung

Verantwortliche, auf langfristigen Erfolg ausgerichtete Unternehmensführung

Corporate Culture

Abb. 1-32:

Die CI-Komponenten

Unternehmensleitlinien. Unternehmenskultur und Unternehmensidentität finden ihren Niederschlag in den Unternehmensleitlinien. Derartige Leitbilder steuern die nachgeordneten Zielsetzungen und Strategien und schaffen Orientierungshilfen für das Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) des Unternehmens (Kunden, Lieferanten, Wettbewerber, Öffentlichkeit). Leitbilder werden daher auch als Verhaltensrichtlinien (engl. Policy) bezeichnet [vgl. BEA/HAAS 2005, S. 69 f.]. Viele Unternehmen fassen ihre Leitlinien in Broschüren, Handbüchern oder Websites zusammen. Bekannte Beispiele hierfür sind • • • • • • •

der internationale Verhaltenskodex der KPMG, die IKEA-Mission, die zehn Unternehmensleitsätze von SCHÖLLER, die Corporate Responsibility-Policy von ALDI, das Unternehmensleitbild von SIEMENS, das Mission Statement von COCA COLA oder die globalen Unternehmenswerte von CAPGEMINI.

Insert 1-06 zeigt beispielhaft das Unternehmensleitbild der HEIDELBERG CEMENT Group.

64

1. Marketingkonzeption

Insert Als einer der weltweit führenden Baustoffhersteller handeln wir verantwortungsvoll gegenüber unseren Mitarbeitern, Kunden, Aktionären, der Gesellschaft und der Umwelt

Das Unternehmensleitbild der HEIDELBERGCEMENt Group zeigt eindrucksvoll, wie die gewählte Formulierung eine einheitliche Grundauffassung und damit einen Rahmen für die persönlichen Initiativen der Mitarbeiter schafft, um die nachgeordneten Ziel-

setzungen und Strategien zu nehmensleitbild ist demnach nahmenplan, sondern eher rahmen und eine Messlatte jeweiligen Vorgehens.

steuern. Ein Unterkein exakter Maßein Orientierungszur Bewertung des

[Quelle: www.heidelbergcement.com/global/de/company/about_us/our_mission.htm]

Insert 1-06: Unternehmensleitbild der HEIDELBERG CEMENT Unternehmenszweck. Der Unternehmenszweck gibt vor, welche Art von Leistungen das Unternehmen im Markt erbringen und anbieten soll. Er gibt Antwort auf die Frage. „Was ist unser Geschäft und was wird zukünftig unser Geschäft sein?“ Die damit angesprochene Mission einerseits und Vision andererseits müssen durch bestimmte Leistungen verwirklicht und „gelebt“ werden, damit sie zu starken Marken-, Produkt- bzw. Unternehmenskompetenzen sowie zu Wettbewerbsvorteilen führen.

1.3 Einführung in die Marketingplanung

65

Die Vision gilt als der „Ursprung der unternehmerischen Tätigkeit“ und als „generelle Leitidee“. Sie beschreibt die Seele des Unternehmens und soll ein positives und damit wünschenswertes Zukunftsbild eines Unternehmens zeichnen [vgl. BLEICHER 2001, S. 99]. Die Mission trifft Aussagen über die Kernkompetenz bzw. den Wettbewerbsvorteil, den das Unternehmen mit seinen Produkten, Dienstleistungen oder Lösungen erzielen kann. Sie beschreibt, welche Kundenbedürfnisse befriedigt, welche Kundengruppen bedient und durch welche Aktivitäten, Technologien und Fähigkeiten das Unternehmen den Kunden einen Wert bieten kann [vgl. MENZENBACH 2012, S. 8 unter Bezugnahme auf WELGE/AL-LAHAM 2008, S. 195]. Die wichtigsten Fragen zur Mission, die die „klare Absicht des Unternehmenszwecks“ beschreibt, und zur Vision als „ehrgeizige Zukunftsvorstellung“ eines Unternehmens liefert Abbildung 1-33 [vgl. BECKER 2009, S. 40]. Unternehmenszweck

Mission • • • • • •

Was ist unser Geschäft? Wer ist unser Kunde? Was ist für den Kunden von Wert? Was sind wir? Wofür stehen wir? Woran glauben wir?

„Klare Absicht“

Vision • • • •

Was wird künftig unser Geschäft sein? Was sollte unser Geschäft sein? Wie müssen wir uns weiterentwickeln? Wie können wir langfristiges Wachstum sichern? • Wovon träumen wir?

„Ehrgeizige Zukunftsvorstellung“

[Quelle: BECKER 2009, S. 40]

Abb. 1-33:

Fragen zu Mission und Vision

Der Unternehmenszweck beschreibt gleichzeitig das Sachziel des Unternehmens. Während das Sachziel den Markt definiert, in dem das Unternehmen tätig sein will, legen die Formalziele die Dimensionen der Zielerreichung (Gewinn, Umsatz etc.) und das Ausmaß ihrer Erfüllung (Maximierung, Minimierung) fest [vgl. BIDLINGMAIER 1973, S. 25]. THEODORE LEVITT weist in seinem berühmt gewordenen Beitrag zur „MarketingKurzsichtigkeit“ (engl. Marketing Myopia) darauf hin, dass Entscheidungen über Sachziele besonders weitreichende, wenn nicht gar existenzielle Auswirkungen haben. So gingen z. B. die amerikanischen Eisenbahnen davon aus, ausschließlich im Eisenbahngeschäft tätig zu sein. Sie übersahen, dass ihr Geschäft nicht nur das Transportgeschäft zur Schiene, sondern auch das zu Wasser und zu Luft ist. So mussten sie trotz steigender Nachfrage nach Transportleistungen immer mehr Umsatzrückgänge und damit einen zunehmenden Bedeutungsverlust hinnehmen [vgl. LEVITT 1960, S. 45 ff.].

66

1. Marketingkonzeption

Die besondere Tragweite des Sachziels zeigte sich auch bei der Entwicklung des DAIMLERKonzerns in den 90er Jahren. Unter dem Vorstandsvorsitzenden EDZARD REUTER definierte sich DAIMLER als „Integrierter Technologiekonzern“ mit den Sparten Automobil (MERCEDESBENZ), Elektrotechnik (AEG, OLYMPIA) und Luft- und Raumfahrt (MBB, FOKKER, DORNIER). „Zurück zur Kernkompetenz Automobil“ hieß die Devise unter REUTERS Nachfolger JÜRGEN SCHREMPP, der die Elektronik- und Luftfahrtsparte verkaufte und mit dem amerikanischen Automobilkonzern CHRYSLER fusionierte. Hier wurde also das Sachziel innerhalb sehr kurzer Zeit grundlegend verändert. Der Unternehmenszweck findet häufig – gepaart mit einer konsequent kundenorientierten Kernaussage – seinen Niederschlag in der Kommunikationspolitik als so genannte Tagline, die häufig im „Untertitel“ der Unternehmensmarke geführt wird. Beispiele für solche Taglines sind [siehe auch BECKER 2009, S. 40]: • • • • • • • • •

MERCEDES: BMW: AUDI: DEUTSCHE BANK: COMMERZBANK: DR. OETKER: IBM: LUFTHANSA: AVIS:

„Ihr guter Stern auf allen Straßen“ „Freude am Fahren“ „Vorsprung durch Technik“ „Leistung aus Leidenschaft“ „Die Bank an Ihrer Seite“ „Qualität ist unser Rezept“ “Solutions for a small planet” “The better way to fly” “We try harder”

Aufbauend auf Abbildung 1-34 gibt die nachstehende Abbildung 1-34 einen Überblick über die Pyramide unternehmerischer und marketingorientierter Zielelemente. Allgemeine Wertvorstellungen • Unternehmenskultur • Unternehmensidentität • Unternehmensleitlinien

Unternehmensphilosophie Unternehmenszweck

Sachziele • Vision • Mission Formalziele • Gewinn • Wachstum • Rentabilität

Unternehmensziele

Marketingziele z. B. für • Marktanteil • Image • Kundenzufriedenheit Ziele z.B. für • Segmentierung • Positionierung • Kommunikation

Abb. 1-34:

Aktionsbereichsziele

Aktionsfeldziele

[Quelle: in Anlehnung an BEA/HAAS 2005, S. 69]

Die Zielpyramide des Unternehmens

1.3 Einführung in die Marketingplanung

67

1.3.4.2 Marketingziele

Marketingziele lassen sich grundsätzlich einteilen in marktökonomische Ziele (z. B. Marktanteil, Marktdurchdringung) und marktpsychologische Ziele (z. B. Image, Bekanntheitsgrad). In Abbildung 1-35 sind diese Ziele mit ihrem Geltungsbereich für das B2C- bzw. das B2BMarketing aufgeführt. Eine zielgesteuerte Führung im Marketingbereich verlangt, dass die Marketingziele operational definiert sind und damit eindeutigen Messvorschriften unterliegen. Dieser Forderung ist bei den marktökonomischen Zielen leicht Rechnung zu tragen. Die marktpsychologischen Ziele sind jedoch an ökonomisch determinierten Sollgrößen nicht zu messen. Diese nicht-monetären Ziele lassen sich mit dem Instrumentarium der Marktforschung aber durchaus operationalisieren (z. B. Kundenbefragung) und können damit in ein zielgesteuertes Führungsmodell einbezogen werden [vgl. BIDLINGMAIER 1973, S. 138 f.]. Marketingziele

Geltungsbereich

B2C Marktökonomische Ziele

B2B

Marktanteil Marktdurchdringung Preispositionierung Image Bekanntheitsgrad

Marktpsychologische Ziele

Käuferreichweite Kaufintensität Kundenzufriedenheit Kundenbindung

Vollumfängliche Bedeutung

Teilweise Bedeutung

Kaum oder geringe Bedeutung

[Quelle: BECKER 2009, S. 65 ff.]

Abb. 1-35:

Marketingziele und Geltungsbereiche

1.3.5 Strategien und Maßnahmen-Mix Im letzten Schritt der Marketingplanung werden die Strategien festgelegt und durch entsprechende Maßnahmen umgesetzt.

Strategien bilden den Rahmen für das unternehmerische Handeln und sind ein zentrales Bindeglied („Scharnierfunktion“) zwischen den Zielen und den laufenden operativen Maßnahmen. Eine Strategie umfasst alle Maßnahmen zur Erreichung eines unternehmerischen Ziels. Die Strategie ist somit der Weg zum Ziel, die Marschroute [vgl. BECKER 2009, S. 140].

68

1. Marketingkonzeption

Der ursprünglich militärisch besetzte Begriff „Strategie“ hat seine Wurzeln im griechischen stratos (das Heer) und again (das Führen). Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Strategiebegriff im Rahmen der Spieltheorie in die Betriebswirtschaftslehre eingeführt. Unternehmensstrategien enthalten Handlungspläne, die dem Management für alle denkbaren Situationen die für richtig erachtete Handlungsmöglichkeit anbieten [vgl. MENZENBACH 2012, S. 9 unter Bezugnahme auf WELGE/AL-LAHAM 2008, S. 198]. Ziele bestimmen die Frage des „Wohin“, Strategien konkretisieren die Frage des „Wie“, und der Marketing-Mix legt den Instrumentaleinsatz („Womit“) und damit den eigentlichen Handlungsprozess fest [vgl. BECKER 2009, S. 140 ff.; KOTLER et al. 2007, S. 88 f.]. Die besonders deutlich von BECKER [1993] herausgearbeitete Trennung von Zielen („Philosophie“), Strategien („Struktur“) und Maßnahmen-Mix („Prozess“) lässt sich in der Praxis allerdings nicht durchhalten. Zu eng sind die Verflechtungen insbesondere zwischen Strategie- und Prozessebene. So ist es weder möglich, Strategien und Maßnahmen eindeutig voneinander zu trennen, da ein und dieselbe Entscheidung sowohl strategisch als auch maßnahmenorientiert ausgerichtet sein kann [vgl. BACKHAUS 1990, S. 206] noch lässt sich eine eindeutige Zuordnung der Instrumentalbereiche (Maßnahmen-Mix) zur strategisch-strukturellen Ebene bzw. zur taktisch-operativen Ebene vornehmen. Selbst BECKER [2009, S. 485] räumt ein, dass der Maßnahmen-Mix auch als die taktische Komponente der Strategie aufgefasst werden kann. Abbildung 1-36 enthält eine synoptische Zuordnung der einzelnen Aktionsfelder der Marketing-Gleichung (siehe Abschnitt 1.4) zu den beiden Konzeptionsebenen Strategie und Maßnahmen-Mix. Mit der Marketing-Gleichung wird hier ein praxiserprobter Ansatz vorgestellt, der auf die (mehr theoretische) Trennung von Strategie und Maßnahmen-Mix verzichtet, gleichwohl aber ein Vorgehensmodell und einen Handlungsrahmen für die zielorientierte Maßnahmenplanung und den entsprechenden Mitteleinsatz in den jeweiligen Aktionsfeldern des Marketings darstellt.

„Philosophie“ Ziele

„Struktur“ Strategie

Vorgehensmodell

Marketing- Gleichung

für die Aktionsfelder: „Prozess“ Maßnahmen-Mix

Abb. 1-36:

• Segmentierung • Positionierung • Kommunikation • Distribution • Akquisition • Betreuung

Einordnung der Marketing-Gleichung in das Schichtenmodell der Unternehmenskonzeption

1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung

1.4

69

Einführung in die Marketing-Gleichung

Die Idee der Marketing-Gleichung beruht auf zwei Grundüberlegungen. Zum einen ist es die Darstellung und Analyse der Wertschöpfungs- und Prozessketten eines Unternehmens, zum anderen ist es die Erkenntnis, dass nur der vom Markt honorierte Wettbewerbsvorteil maßgebend für den nachhaltigen Gewinn eines Unternehmens ist. 1.4.1 Die Marketing-Wertschöpfungskette Die Aufgaben von Marketing und Vertrieb zählen nach dem Grundmodell von Porter zu den Primäraktivitäten und damit zu den Kernprozessen eines Unternehmens. Weil nach unserem Verständnis auch der Kundendienst und zum Teil sicherlich auch die MarketingLogistik („Versand“) zur Marketing-Prozesskette gehören, werden die Kernkompetenzen eindeutig von den Marketingaktivitäten dominiert. Die Primäraktivitäten lassen sich ebenso wie die Prozesse der Sekundäraktivitäten weiter unterteilen in Prozessphasen, Prozessschritte etc. Auf diese Weise können Prozesse auf unterschiedlichen Ebenen in verschiedenen Detaillierungsgraden betrachtet werden (siehe Abbildung 1-37). Zu den generellen Perspektiven der Prozessorganisation siehe auch Kapitel 8.

Prozessstruktur

Unternehmensprozesse

Eingangslogistik

Prozesse

Prozessphasen

Abb. 1-37:

Segmentierung

Primäre Aktivitäten (Kernprozesse)

Produktion

Positionierung

Sekundäre Aktivitäten (Unterstützungsprozesse)

Ausgangslogistik

Kommunikation

Marketing und Vertrieb

Distribution

Akquisition

Prozesshierarchie der Marketing-Wertschöpfungskette

Kundendienst

Betreuung

70

1. Marketingkonzeption

1.4.2 Elemente und Aufbau der Marketing-Gleichung Zentrale Idee des Marketings ist es, die Vorteile des eigenen Unternehmens auf die Bedürfnisse vorhandener und potenzieller Kunden auszurichten. Die Bestimmungsfaktoren dieser Vorteile sind das Produkt- und Leistungsportfolio, die besonderen Fähigkeiten, das Knowhow und die Innovationskraft, kurzum, die Differenzierungsvorteile und damit das Akquisitionspotenzial des Unternehmens. Bereits WROE ALDERSON, einer der herausragenden Marketing-Theoretiker des 20. Jahrhunderts, nimmt in seinem umfassenden Entwurf zu einer generellen Marketing-Theorie die zentrale Idee der erst Jahrzehnte später voll entfachten Diskussion um die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen vorweg: „Der Ansatz der Differenzierungsvorteile, …, geht davon aus, dass niemand in einen Markt eintritt, wenn er nicht die Erwartung hat, einen gewissen Vorteil für seine Kunden bieten zu können und dass Wettbewerb in dem dauernden Bemühen um die Entwicklung, Erhaltung und Vergrößerung solcher Vorteile besteht.“ [ALDERSON 1957, S. 106 zit. nach KUSS 2013, S. 233]. Der Differenzierungsvorteil ist der Vorteil, den das Unternehmen gegenüber den Wettbewerbern hat. Dieser Wettbewerbsvorteil (an sich) ist aber letztlich ohne Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, dass der Wettbewerbsvorteil auch von den Kunden wahrgenommen wird. Erst die Akzeptanz im Markt sichert den nachhaltigen Gewinn. Genau diese Lücke zwischen dem Wettbewerbsvorteil an sich und dem vom Markt honorierten Wettbewerbsvorteil gilt es zu schließen. Damit sind gleichzeitig auch die beiden Pole aufgezeigt, zwischen denen die Marketing-Wertschöpfungskette einzuordnen ist. Eine Optimierung des Marketingprozesses führt somit zwangsläufig zur Schließung der Lücke [vgl. LIPPOLD 2010, S. 3 f.]. Voraussetzung für die angestrebte Optimierung ist, dass der Marketingprozess in seine Aktionsfelder Segmentierung, Positionierung, Kommunikation, Distribution, Akquisition und Betreuung zerlegt wird und diese jeweils einem zu optimierendem Kundenkriterium („Variable“) zugeordnet werden: • • • • • •

Segmentierung zur Optimierung des Kundennutzens Positionierung zur Optimierung des Kundenvorteils Kommunikation zur Optimierung der Kundenwahrnehmung Distribution zur Optimierung der Kundennähe Akquisition zur Optimierung der Kundenakzeptanz Betreuung zur Optimierung der Kundenzufriedenheit

Entsprechend lässt sich folgende Gleichung im Sinne einer Identitätsbeziehung ableiten: Honorierter Wettbewerbsvorteil = fachlicher Wettbewerbsvorteil + Kundennutzen + Kundenvorteil + Kundenwahrnehmung + Kundennähe + Kundenakzeptanz + Kundenzufriedenheit Dabei geht es nicht um eine mathematisch-deterministische Auslegung des Begriffs „Gleichung“. Angestrebt wird vielmehr der Gedanke eines herzustellenden Gleichgewichts (und Identität) zwischen dem Wettbewerbsvorteil an sich und dem vom Kunden honorierten Wettbewerbsvorteil. Mit anderen Worten, hinter dieser Begriffsbildung steht die These, dass das Gleichgewicht durch die Addition der einzelnen, an Kundenkriterien ausgerichteten Akti-

1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung

71

onsfelder erreicht werden kann. Zur Veranschaulichung dieser Gleichgewichtsbeziehung dient die in Abbildung 1-38 vorgenommene Darstellung in Form einer Waage.

Wettbewerbsvorteil (an sich)

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Wettbewerbsvorteil (an sich)

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

+ Kundennutzen + Kundenvorteil + Kundenwahrnehmung + Kundennähe + Kundenakzeptanz + Kundenzufriedenheit

Abb. 1-38:

Die Marketing-„Waage“

Abbildung 1-39 veranschaulicht den ganzheitlichen Ansatz der Marketing-Gleichung, indem sie die einzelnen Aktionsfelder in einen zeitlichen und inhaltlichen Wirkungszusammenhang stellt. In dieser Abbildung wird auch deutlich, dass die einzelnen Aktionsfelder zugleich die Hauptprozessphasen der Vermarktung darstellen.

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil • Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Abb. 1-39:

Die Marketing-Gleichung im Überblick

72

1. Marketingkonzeption

1.4.3 Perspektiven des Marketings Nach HOMBURG/KROHMER [2009, S. 11] sind es insgesamt sieben Perspektiven, die die verschiedenartigen Aspekte des Marketings zusammenfassen: Theoretische Perspektive. Theoretische Grundlagen sind erforderlich, um Marketingmodelle, Marketinginstrumente, Marketingaktivitäten und Marketingentscheidungen in ihren Wirkungszusammenhängen zu verstehen. Sie bilden die Grundlage für alle anderen Perspektiven. Die Unterteilung der Theoriedarstellung folgt dem so genannten strategischen Dreieck des Marketings, das aus den Kunden des Unternehmens, dem Unternehmen selbst und den Wettbewerbern des Unternehmens gebildet wird. Im Mittelpunkt stehen daher die Theorien zur Erklärung des • • •

Verhaltens von Kunden, Verhaltens von Unternehmen und des Verhaltens der Wettbewerber.

Informationsbezogene Perspektive. Die informationsbezogene Perspektive befasst sich mit der Gewinnung und Bereitstellung von Informationen, die für zielführende Marketingentscheidungen notwendig sind. Es handelt sich im Wesentlichen um das Aufgabengebiet der Marktforschung mit seinen Teilbereichen • • • •

Datenquellen, Erhebungsmethoden, Auswahlverfahren und Analysemethoden.

Strategische Perspektive. Die strategische Perspektive des Marketings ist auf die grundsätzliche und langfristige Orientierung der Marktbearbeitung des Unternehmens ausgerichtet. Dabei geht es vornehmlich um Grundsatzentscheidungen über Marktauswahl, -bearbeitung und -verhalten. Strategien legen den notwendigen Handlungsrahmen fest, so dass alle operativen Instrumente konsequent und stimmig eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die strategische Marketingplanung mit den Phasen • • •

Analyse (Wo stehen wir?), Ziele (Wo wollen wir hin?) und Strategie (Wie kommen wir dahin?).

Instrumentelle Perspektive. Zur Umsetzung der Marketingstrategie dient der Einsatz der Marketinginstrumente, deren Gesamtheit auch als Marketing-Mix bezeichnet wird. Die instrumentelle Perspektive liegt den meisten Lehrbüchern als Systematisierungsansatz zu Grunde. Die vier Komponenten des Marketing-Mix sind • • • •

Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik und Distributionspolitik.

1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung

73

Institutionelle Perspektive. Die institutionelle Perspektive befasst sich mit den branchenspezifischen Besonderheiten des Marketings. Die wichtigsten institutionellen Unterscheidungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Marketingaktivitäten bieten das Marketing von • • • •

Konsumgütern, Dienstleistungen, Industriegütern und Handelsunterunternehmen.

Fasst man diese institutionellen Marketingausprägung nach der Art des Kunden (Endverbraucher einerseits, Unternehmen/Organisationen andererseits) weiter zusammen, so erhält man die Unterteilung in • •

Business-to-Consumer-Marketing (B2C-Marketing) und Business-to-Business-Marketing (B2B-Marketing).

Organisationsbezogene Perspektive. Die implementationsbezogene Perspektive widmet sich denjenigen Unternehmensbereichen und Personen, die Marketingaufgaben wahrnehmen. Hierzu zählen die Fragen zur Ausgestaltung der Marketing- und Vertriebsorganisation insgesamt sowie der Aufgaben und Kompetenzen so wichtiger MarketingmanagementFunktionen wie • • •

Key Account Management Vertriebsmanagement und Produktmanagement.

Führungsbezogene Perspektive. Im Mittelpunkt der führungsbezogenen Perspektive, die ebenso wie die organisationsbezogene Perspektive unternehmensintern ausgerichtet ist, steht die kundenorientierte Führung des gesamten Unternehmens. Hierzu zählen in erster Linie drei Themenbereiche: • • •

Kundenorientierte Unternehmenskultur Kundenbezogene Führungssysteme Veränderungsmanagement.

Den hier kurz aufgeführten sieben Perspektiven des Marketings soll noch eine weitere, achte Perspektive hinzugefügt werden: die prozessbezogene Perspektive (siehe Abbildung 1-40). Sie beschreibt im Rahmen der Wertschöpfungskette des Unternehmens die Aktivitäten des Aktionsbereichs „Marketing/Vertrieb“ als Kernprozess mit seinen Aktionsfeldern (Prozessphasen) Segmentierung, Positionierung, Kommunikation, Distribution, Akquisition und Betreuung. Die prozessbezogene Perspektive soll in erster Linie die instrumentelle Perspektive ergänzen und damit die statische Sichtweise der Marketinginstrumente durch die dynamische Sicht der Marketing-Gleichung vervollständigen. Zugleich bildet die prozessorientierte Perspektive die Grundlage für die Systematik dieses Buches. Gleichwohl werden die übrigen Perspektiven des Marketings nicht vernachlässigt, sondern im jeweiligen Beziehungszusammenhang mit der Marketing-Gleichung erläutert.

74

1. Marketingkonzeption

Theoretische Perspektive Theoretischen Grundlagen zum • Kundenverhalten • Anbieterverhalten • Wettbewerbsverhalten

Informationsbezogene Perspektive Marktforschung • • • •

Datenquellen Erhebungsmethoden Auswahlverfahren Analysemethoden

Strategische Perspektive Konzeptionelle Sichtweise des Marketings • • • • •

Analyse Ziele Strategien Umsetzung Kontrolle

Instrumentelle Perspektive Marketing-Mix • • • •

Produktpolitik Preispolitik Kommunikationspolitik Distributionspolitik

Perspektiven des Marketings

Institutionelle Perspektive • Konsumgütermarketing • Dienstleistungsmarketing • Industriegütermarketing bzw. • B2C-Marketing • B2B-Marketing

Organisationsbezogene Perspektive • Marketing- und Vertriebs Vertriebsorganisation • Key Account Management • Produktmanagement

Führungsbezogene Perspektive • • • •

Marketingmanagement Unternehmenskultur Führungssysteme Veränderungsmanagement

Prozessbezogene Perspektive Marketing-Gleichung • • • • • •

Segmentierung Positionierung Kommunikation Distribution Akquisition Betreuung

[Quelle: modifiziert nach HOMBURG/KROHMER 2009, S. 11 ff.]

Abb. 1-40:

Perspektiven des Marketings

1.4.4 Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung Folgende Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung sollen hier aufgezeigt werden: • • •

Strategischer und taktischer Geltungsbereich, Geltungsbereich im Vergleich zum Marketing-Mix (Marketingpolitisches Instrumentarium) und Geltungsbereich für das B2C- und das B2B-Marketing.

Strategischer und taktischer Geltungsbereich. Als marktorientierter Handlungsrahmen gibt die Marketing-Gleichung mit ihren Aktionsfeldern die Struktur für den Vermarktungsprozess vor. Gleichzeitig sind in der Marketing-Gleichung bereits Maßnahmen und Vorschläge für die konkrete Ausgestaltung der Marketingstrategie enthalten. Die einzelnen Aktionsfelder beinhalten demnach sowohl strategisch-strukturelle als auch taktisch-operative Elemente. Dieses Strategie- bzw. Strukturgefälle ist in Abbildung 1-41 formalisiert dargestellt. Dabei wird deutlich, dass der strategische (also strukturbestimmende) Anteil bei der Segmentierung (Segmentierungsstrategien) und bei der Distribution (z. B. die strukturbestimmende Wahl des Distributionssystems) überwiegt, während Kommunikation (vorwiegend Kommunikationsmaßnahmen) und Betreuung (vorwiegend Kundenbindungsmaßnahmen) mehr von taktisch-

1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung

75

operativen Maßnahmen geprägt sind. Bei der Positionierung und der Akquisition lässt sich in etwa eine ausgewogene Aufteilung von strategischen und taktischen Anteilen ausmachen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 100 f.].

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition Betreuung

Strategische Komponenten

Taktische Komponenten

[Quelle: LIPPOLD 1998, S. 101]

Abb. 1-41:

Anteile strategischer und taktischer Komponenten bei den Aktionsfeldern der Marketing-Gleichung

Geltungsbereich im Vergleich zum klassischen Marketing-Mix. Abbildung 1-42 enthält eine synoptische Zuordnung der Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zur Konzeptionsebene der Marketingstrategien, zur Konzeptionsebene des Marketing-Mix (jeweils nach BECKER) sowie zu den analogen 4 P’s (Product, Price, Promotion und Place) und den 4 C’s (Costumer Solutions, Cost to the costumer, Communication und Convenience) aus der amerikanischen Marketing-Literatur. Aktionsbereiche der Marketing-Gleichung

Konzeptionsebene der Marketingstrategien

Konzeptionsebene der Marketing-Mix

Vier P‘s

Vier C‘s

(nach Becker)

(nach Becker)

Angebotsmix

Product Price

Customer Solutions Cost to the costumer

Kommunikationsmix

Promotion

Communication

Distributionsmix

Place

Convenience

Akquisition

Distributionsmix Kommunikationsmix

(Place)

(Convenience)

Betreuung

(Angebotsmix)

(Product)

(Customer solutions)

Segmentierung

Marktparzellierungsstrategien

Positionierung

Marktstimulierungsstrategien Marktfeldstrategien

Kommunikation Distribution

Abb. 1-42:

Marktarealstrategien

Zuordnung der Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu den Konzeptionsebenen der Marketingstrategien und des Marketing-Mix

Geltungsbereich für das B2C- und B2B-Marketing. Die Aktionsfelder der MarketingGleichung sind in ihrer Bedeutung für das B2C- und das B2B-Marketing unterschiedlich zu

76

1. Marketingkonzeption

gewichten. Die Ursache dafür ist, dass sich die Marketingstrategien beider Konzepttypen teilweise deutlich voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede lassen sich an den verschiedenen Ausprägungen bestimmter Kriterien wie Zielgruppe, Zielpersonen, Kundenbindung und -beziehung, Image und dergleichen festmachen. Abbildung 1-43 gibt einen Überblick über wichtige Unterschiede zwischen B2C- und B2B-Marketing. B2C

B2B

Zielgruppe

Breit

Schmal

Segmentierung

Schwierig • Hohe Anforderung an Marktforschung • Milieumodelle

Leichter • Kundensegmente tendenziell homogener, kleiner, bekannter

Signalisierung

Einfach • Kampagnen-Ansatz

Komplex • Erklärungsbedürftige Produkte • Hohe Nutzenerwartung der Adressaten

Zielperson

Einer: • Konsument

Mehrere: • Verschiedene Mitarbeiter des Kundenunternehmens („Buying Center“)

Image

Extrem wichtig

Steigende Bedeutung

Kundenbindung

Überwiegend lose

Fest

Kundenbeziehung

Situativ und punktuell

Langandauernd und kontinuierlich

Kundengewinnungsaufwand

Finanziell hoch

Zeitlich hoch

[Quelle: in Anlehnung an HORX, zukunftsinstitut.de]

Abb. 1-43:

Unterschiede zwischen B2C- und B2B-Marketing

Versucht man nun die Unterschiede von B2C und B2B auf ihre Bedeutung im Hinblick auf den finanziellen und personellen Ressourceneinsatz der einzelnen Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu analysieren, so ergibt sich in etwa das in Abbildung 1-44 dargestellte Bedeutungsverhältnis. Segmentierung

B2C

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

B2C

B2C

B2B

B2B

B2C B2C

B2C

Bedeutung

B2B

B2B B2B

Abb. 1-44:

B2B

Bedeutung der Marketing-Aktionsfelder für das B2C- bzw. B2B-Marketing

1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung

77

Danach sind die Aktionsfelder Segmentierung und Positionierung für beide Marketing-Typen gleichermaßen von Bedeutung. In den Aktionsfeldern Signalisierung und Distribution dominiert hingegen das B2C-Marketing. Die hohen Marketing-Aufwendungen für die Kommunikationsprogramme sowie für die Einrichtung leistungsfähiger Distributionssysteme im B2CMarketing sind ein deutlicher Beleg für diese Einschätzung. Anders sieht es dagegen bei den Aktionsfeldern Akquisition und Betreuung aus: Aufgrund der hohen Beratungs- und Erklärungsbedürftigkeit der Produkte und Leistungen im Business-to-Business-Bereich kommt diesen beiden Aktionsfeldern im B2B-Marketing eine herausragende Stellung zu.

1.4.5 Struktur und grundlegende Orientierung des Lehrbuchs Das Vorgehensmodell der Marketing-Gleichung gibt zugleich den Aufbau und die grundlegende Orientierung des Lehrbuchs vor. Das Lehrbuch untergliedert sich in acht Kapitel (siehe Abbildung 1-45). Das erste Kapitel behandelt die konzeptionellen Grundlagen des Marketings und skizziert im Rahmen einer begrifflich-systematischen Grundlegung die Anforderungen und das Selbstverständnis eines modernen Marketingmanagements. Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf den theoretischen Perspektiven des Marketings und den Grundlagen der MarketingPlanung. Die Einführung in die Systematik der Marketing-Gleichung schließt das Kapitel ab. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Aktionsfeld Segmentierung. Hier werden prozessbezogen Segmentierungskriterien und Kaufverhalten im B2C- und B2B-Marketing sowie die Marktforschung als wichtigstes Instrument der entsprechenden Informationsbeschaffung vorgestellt. Im dritten Kapitel liegt der Fokus der Marketing-Wertschöpfungskette auf dem Aktionsfeld Positionierung. Im Mittelpunkt stehen dabei die beiden Positionierungselemente Produkt und Preis zur Optimierung des Kundenvorteils. Das vierte Kapitel behandelt die Kommunikation, die im Wesentlichen die Aufgabe hat, die Positionierungsstrategie umzusetzen. Neben einer Darstellung der grundsätzlichen Signalisierungsinstrumente und -medien steht die Optimierung der Kundenwahrnehmung im Vordergrund. Im fünften Kapitel, das auf die Optimierung der Kundennähe abzielt, wird das Aktionsfeld Distribution mit seinen verschiedenen Distributionssystemen beschrieben und dabei besonders die Unterschiede zwischen B2C und B2B aufgezeigt. Das sechste Kapital hat das Aktionsfeld Akquisition und damit die Optimierung der Kundennähe zum Gegenstand. Auch hier stehen die Unterschiede beim persönlichen Verkauf zwischen B2B und B2C im Vordergrund.

78

1. Marketingkonzeption

Das siebte Kapitel befasst sich mit der Betreuung, die auf eine nachhaltige Kundenzufriedenheit ausgerichtet ist. Qualitäts-, Service-, Kundenbindungs- und Beschwerdemanagement sind die wesentlichen Inhalte dieses Aktionsfeldes. Das achte und letzte Kapitel behandelt die organisatorischen Grundlagen des Marketings. Neben einer Darstellung der grundsätzlichen Organisationsprinzipien steht dabei die Gestaltung der Marketing-Prozesse im Vordergrund. Eine Diskussion weiterführender Organisationsansätze rundet das Kapitel ab. 1.1 Einleitung

1. Marketingkonzeption

1.2 Theoretische Perspektiven des Marketings 1.3 Einführung in die Marketing-Planung

Sachliche und begrifflich-systematische Grundlegung

1.4 Einführung in die Marketing-Gleichung

Aktionsfeld

Aktionsparameter

Optimierungskriterium

2. Segmentierung

Segmentierungskriterien, Segmentbewertung, Segmentauswahl

Kundennutzen

3. Positionierung

Produkt, Preis

Kundenvorteil

4. Kommunikation

Kommunikationsinstrumente, Kommunikationsmedien, Kommunikationsbudget

Kundenwahrnehmung

5. Distribution

Distributionsorgane, Distributionskanäle, Distributionsformen

Kundennähe

6. Akquisition

Vertriebliche Qualifikation, Akquisitionszyklus, Akquisitionscontrolling

Kundenakzeptanz

7. Betreuung

Kundenwert, Kundenbeziehung

Kundenzufriedenheit

4.1 Organisatorische Grundlagen

8. Marketingorganisation

4.2 Organisation des Marketingbereichs 4.3 Auslagerung von Organisationseinheiten 4.4 Change Management

Abb. 1-45:

Grundlegende Struktur des Lehrbuchs

Organisatorische Grundlegung

Kontroll- und Vertiefungsfragen

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Woran lässt sich der gesunkene Stellenwert des Marketings im Rahmen der Unternehmensorganisation häufig festmachen?

(2)

An welchen (sechs) Punkten sollte sich die Denkhaltung eines modernen Marketingmanagements orientieren?

(3)

Warum ist das B2C-Marketing weiter gefasst als das Konsumgütermarketing?

(4)

Warum ist das B2B-Marketing nicht identisch mit dem Industriegütermarketing?

(5)

Welche Kritikpunkte werden dem Marketing (vorwiegend) aus Verbrauchersicht entgegengebracht?

(6)

Warum ist es wichtig, sich mit Marketing-Theorien zu beschäftigen?

(7)

Nennen Sie wichtige Kriterien, um die verschiedenen Betriebsformen des Einzelhandels zu kennzeichnen.

(8)

Inwiefern lässt sich die „Existenzberechtigung“ des Handels mit dem funktionenorientierten Theorieansatz erklären?

(9)

Welche typenbildende Merkmale werden zur Beschreibung wichtiger Warentypen herangezogen?

(10)

Welche besonderen Charakteristika zeichnen den entscheidungsorientierten Theorieansatz aus?

(11)

Inwiefern kann der systemtheoretischen Theorieansatz für den Aufbau von Multi-Channel-Distributionssystemen hilfreich sein?

(12)

Warum ist der Neobehavioristische Modellansatz dem S-R-Modell unterlegen?

(13)

Welche Ansätze werden zum Theorienbündel der (Neuen) Institutionenökonomik gezählt?

(14)

Bei welchen Produkten leistet die Theorie der Verfügungsrechte besonders gute Dienste?

(15)

Welche vier unterschiedlichen Konstellationen sind für eine mögliche Informationsasymmetrie verantwortlich?

(16)

Welche Transaktionskosten sind bei einer „Make-or-buy“-Entscheidung maßgebend?

(17)

Warum hat die Informationsökonomik unter den Theorien der (Neuen) Informationsökonomik die größte Bedeutung für das Marketing?

(18)

Welche vier Phasen bzw. Fragestellungen kennzeichnen den Bezugsrahmen für die Marketingplanung?

(19)

Mit welchen Maßnahmen kann sich das Marketing darauf einstellen, dass sich das Internet zunehmend vom reinen Informations- zum „Mitmach-Web“ entwickelt?

79

80

1. Marketingkonzeption

(20)

Warum werden gerade Unternehmensberater häufig mit der Durchführung von Benchmarkings beauftragt?

(21)

Inwieweit haben Änderungen der übergeordneten Unternehmensstrategie Auswirkungen auf das Marketing?

(22)

An welchen Faktoren wird die Unternehmenskultur sichtbar?

(23)

Aus welchen Komponenten setzt sich die Corporate Identity eines Unternehmens zusammen?

(24)

Erläutern Sie die Unterschiede zwischen „Mission“ und „Vision“ eines Unternehmens.

(25)

Welche Analyse-Verfahren eignen sich besonders gut, um Verbesserungspotentiale im Rahmen der Umwelt- und Unternehmensanalyse aufzuzeigen?

(26)

Für welches Szenario ist die Analyse der Kompetenzposition unerlässlich?

(27)

Stellen Sie die Teilmengen „Shareholder“, „Stakeholder“, „interne Anspruchsgruppen“ und „externe Anspruchsgruppen“ anhand eines Mengendiagramms dar. Wo ergeben sich Schnittmengen, wo Teilmengen?

(28)

Welche Überlegungen des PORTERschen Wertschöpfungsmodells sind branchenübergreifend, welche branchenspezifisch?

(29)

Zeigen Sie mögliche Zielkonflikte im Marketingbereich auf.

(30)

Warum ist die Abgrenzung zwischen der Strategie- und der Prozessebene in der Praxis so schwer durchzuführen?

(31)

Aus welchen Prozessphasen besteht die Marketing-Wertschöpfungskette?

(32)

Welche Faktoren bestimmen den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens „an sich“? Unter welchen Umständen kommt dieser Wettbewerbsvorteil auch tatsächlich zum Tragen?

(33)

Aus welchen Komponenten setzt sich die Zielfunktion zur Optimierung der Marketing-Wertschöpfungskette zusammen?

(34)

In welchen Aktionsfeldern dominiert das B2C-Marketing? In welchen das B2BMarketing?

2. SEGMENTIERUNG 2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung................................................................................... 83

2.1.1 Begriffliche Grundlagen und Prozess............................................................................. 83 2.1.2 Anforderungen und Arten der Segmentierung ............................................................... 84 2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich ........................................................... 87

2.2.1 Kaufverhalten als Modell ............................................................................................... 87 2.2.2 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens .............................................................................. 88 2.2.2.1 Einflussfaktoren des Kulturkreises ................................................................. 88 2.2.2.2 Einflussfaktoren des Sozialkreises.................................................................. 89 2.2.2.3 Persönliche Einflussfaktoren .......................................................................... 89 2.2.2.4 Psychologische Einflussfaktoren .................................................................... 90 2.2.3 Kaufentscheidung ........................................................................................................... 94 2.2.3.1 Arten von Kaufentscheidungen ...................................................................... 94 2.2.3.2 Kaufentscheidungsprozess .............................................................................. 95 2.2.4 Segmentierungskriterien................................................................................................. 97 2.2.5 Segmentierungsbeispiele .............................................................................................. 102 2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich ......................................................... 104

2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5

Besonderheiten der Kaufentscheidungen von Organisationen ..................................... 104 Beteiligte am organisationalen Kauf ............................................................................ 105 Der organisationale Kaufprozess ................................................................................. 106 Segmentierungsansätze ................................................................................................ 109 Makrosegmentierung.................................................................................................... 110 2.3.5.1 Vertikale Segmentierung .............................................................................. 110 2.3.5.2 Horizontale Segmentierung .......................................................................... 113 2.3.5.3 Regionale Segmentierung ............................................................................. 113 2.3.5.4 Segmentierung nach der Betriebsgröße ........................................................ 114 2.3.5.5 Segmentierung nach technologischen Gesichtspunkten ............................... 114 2.3.6 Mikrosegmentierung .................................................................................................... 115 2.3.7 Segmentbewertung ....................................................................................................... 116 2.3.7.1 Segmentvolumen und -potenzial .................................................................. 117 2.3.7.2 Wettbewerbsintensität ................................................................................... 117 2.3.7.3 Preisniveau .................................................................................................... 118 2.3.7.4 Kapitalbedarf ................................................................................................ 118

2.4 Auswahl der Marktsegmente ............................................................................................... 120

2.4.1 Geschäftsfeldplanung ................................................................................................... 120 2.4.2 Segmentierungsstrategien............................................................................................. 122 2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung ......................................................... 126

2.5.1 Grundlagen und Prozess ............................................................................................... 126 2.5.2 Datenquellen ................................................................................................................ 127 2.5.3 Erhebungsmethoden ..................................................................................................... 128 2.5.3.1 Beobachtung ................................................................................................. 129 2.5.3.2 Befragung ..................................................................................................... 132 2.5.3.3 Experiment .................................................................................................... 135 2.5.3.4 Panel ............................................................................................................. 138 2.5.4 Auswahlverfahren ........................................................................................................ 141 2.5.5 Analysemethoden ......................................................................................................... 144 2.6 Optimierung des Kundennutzens ....................................................................................... 149

2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 149 Strategische Optionen .................................................................................................. 150 Prozesse und und instrumentelle Unterstützung .......................................................... 150 Werttreiber ................................................................................................................... 151

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 152

82

2. Segmentierung

2. SEGMENTIERUNG

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil • Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Lernziele

In diesem Kapitel lernen Sie mit der Segmentierung das erste Aktionsfeld der MarketingGleichung und damit die Basis nahezu aller Marketingaktivitäten des Vermarktungsprozesses kennen. Sie lernen Kaufverhaltens- und Segmentierungsansätze getrennt nach B2C und B2B kennen. Sie beschäftigen sich mit unterschiedlichen Segmentierungskriterien, um den relevanten Marktausschnitt festlegen und abgrenzen zu können. Sie befassen sich mit verschiedenen Segmentierungsstrategien und deren Umsetzbarkeit. Sie gewinnen Einblicke in die Grundlagen, Prozesse und Methoden der Marktforschung, deren Instrumente ein wichtiges Hilfsmittel für die Segmentierung sind. Sie machen sich ein Bild über die Werttreiber dieses Aktionsfeldes.

2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung

2.1

83

Aufgabe und Ziel der Segmentierung

Der Markt ist keine homogene Einheit. Er besteht aus einer Vielzahl von Käufern, die sich in ihren Wünschen, Einstellungen, Kaufmotiven und Verhaltensweisen z. T. deutlich voneinander unterscheiden. Unterteilt man die Menge der potenziellen Kunden derart, dass sie in mindestens einem relevanten Merkmal übereinstimmen, so erhält man Kundengruppen, die als Teilmärkte bzw. Segmente bezeichnet werden. Eine solche Segmentierung ist immer dann anzustreben, wenn die Marktsegmente einzeln effektiver und effizienter bedient werden können als der Gesamtmarkt [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 357]. Im Rahmen des Vermarktungsprozesses ist die Segmentierung, d. h. die Auswahl attraktiver Marktsegmente für die Geschäftsfeldplanung der Unternehmen, das erste wichtige Aktionsfeld. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Verständnis für eine kundenorientierte Durchführung der Segmentierung, denn der Vermarktungsprozess sollte grundsätzlich aus Sicht der Kunden beginnen. Daher steht die Kundenanalyse, die sich mit den Zielen, Problemen und Nutzenvorstellungen der potenziellen Kunden befasst, im Vordergrund der Segmentierung. Die hiermit angesprochene Rasterung der Kundengruppen erhöht die Transparenz des Marktes, lässt Marketing-Chancen erkennen und bietet die Möglichkeit, Produkt- und Leistungsmerkmale feiner zu differenzieren [vgl. KOTLER 1977, S. 165]. 2.1.1 Begriffliche Grundlagen und Prozess Ein Marktsegment ist eine Zielgruppe mit einer weitgehend homogenen Problemlandschaft und Nutzenvorstellung [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 44]. An jedes Segment ist somit die Forderung zu stellen, dass es in sich betrachtet möglichst gleichartig (homogen) und im Vergleich zu anderen Segmenten möglichst ungleichartig (heterogen) ist. Dementsprechend sollte ein hohes Maß an Identität zwischen einer bestimmten Art und Anzahl von Käufern (Zielgruppe) einerseits und dem angebotenen Produkt einschließlich seines Vermarktungskonzeptes andererseits erzielt werden [vgl. BECKER 2009, S. 248]. Aufgabe der Segmentierung ist es, alle relevanten Zielgruppen und deren Nutzenvorstellung über die angebotenen Produkte und Leistungen zu bestimmen. Die Segmentierung hat demnach die Optimierung des Kundennutzens zum Ziel: Kundennutzen = f (Segmentierung) → optimieren! Durch die Marktsegmentierung soll die heterogene Struktur der Käufer aufgelöst werden, d. h. der Markt eines Unternehmens ist in homogene Käufergruppen zu zerlegen, um ihn entsprechend bearbeiten zu können [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 67]. Bei der Segmentierung handelt es sich um einen kreativen Akt, der letztlich Zielgruppen mit möglichst homogenem Bedarf und einheitlichem Kaufverhalten identifizieren soll. Eine wesentliche Hilfestellung leisten hierbei die vielfältigen Methoden der Marktforschung.

84

2. Segmentierung

Das Grundprinzip der Marktsegmentierung soll am Markt für Zahnpasta näher erläutert werden. Der Zahnpasta-Markt bot den Käufern vor einigen Jahrzehnten nur relativ wenige verschiedene Produkte. Heute ist er längst ein stark segmentierter Markt geworden. Es gibt Zahnpasta für Kinder, für Raucher, für Menschen, die weiße Zähne haben wollen, für Menschen mit empfindlichen Zähnen, für gesundheits- oder umweltbewusste Menschen und so weiter. Ausgehend von den unterschiedlichen Bedürfnissen der Verbraucher wurde der Gesamtmarkt für Zahnpasta also von den Anbietern in verschiedene Teilmärkte zerlegt. Vom Aufgabenablauf bzw. Prozess her betrachtet, lässt sich die Marktsegmentierung in die Marktsegmenterfassung (Informationsseite) und in die Marktsegmentbearbeitung (Aktionsseite) einteilen. Auf der Informationsseite stehen das Kaufverhalten der Konsumenten bzw. Unternehmen und dessen Analyse über die Marktforschung im Vordergrund. Die Aktionsseite ist geprägt von der Segmentauswahl sowie der segmentspezifischen Bearbeitung, die jedoch den anderen Aktionsfeldern des Vermarktungsprozesses vorbehalten ist (siehe Abbildung 2-01).

Marktsegmentierung

Informationsseite: Marktsegmenterfassung

Kaufverhalten und Segmentierung • der Konsumenten (B2C) • der Unternehmen (B2B)

Abschnitt im Buch

2.2

2.3

Marktforschung • Informationsgewinnung • Informationsverarbeitung

2.5

Aktionsseite: Marktsegmentbearbeitung

Auswahl von Segmenten • Geschäftsfelder • Strategien

2.4

Segmentspezifische Bearbeitung • Positionierung • Signalisierung • Distribution • Akquisition • Betreuung

3.

4.

5.

6.

7.

[Quelle: in Anlehnung an FRETER 1983, S. 14]

Abb. 2-01:

Aufgabenspektrum der Marktsegmentierung

Die Marktsegmentierung soll sicherstellen, dass jedes Produkt, jeder Preis, jede Werbemaßnahme etc. speziell auf die Bedürfnisse bzw. Nutzenvorstellungen des Empfängers abgestimmt werden, denn „Marketing for everybody is marketing for nobody“. 2.1.2 Anforderungen und Arten der Segmentierung Neben der Forderung nach Homogenität der ausgewählten Zielgruppen sind noch weitere Anforderungen an ein effektives Segmentieren zu stellen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 190]:

2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung

85



Relevanz, d. h. ein Marktsegment sollte hinsichtlich seiner Größe und seines Gewinnpotenzials ausreichend dimensioniert sein, damit sich ein segmentspezifisches Marketingprogramm lohnt.



Messbarkeit, d. h. die Segmente müssen hinsichtlich Potenzial und Volumen mit den vorhandenen Marktforschungsmethoden messbar und erfassbar sein.



Erreichbarkeit, d. h. die Segmente müssen eine gezielte Ansprache ermöglichen und somit für segmentspezifische Marketingaktivitäten erreichbar sein.



Trennbarkeit, d. h. die Segmente müssen vom Marketingkonzept her trennbar und damit einzeln ansprechbar sein („Scharfschützen-Konzept“).



Stabilität, d. h. die Marktsegmente sollten über einen längeren Zeitraum stabil und innerhalb einer ökonomischen Mindestzeit ausschöpfbar sein. Dies ist insbesondere bei Life-style-Produkten nicht immer der Fall.



Wirtschaftlichkeit, d. h. der sich aus der Segmentierung ergebende Nutzen sollte größer sein als die für die Bearbeitung des Marktsegments anfallenden Kosten.

Das Grundmodell der Segmentierung unterscheidet zwei Segmentierungsarten: • •

die eindimensionale Segmentierung und die mehrdimensionale Segmentierung.

Wird nur ein Segmentierungsmerkmal (z. B. das Geschlecht im B2C-Bereich) als kaufrelevant erachtet, so handelt es sich um eine eindimensionale Segmentierung. Im B2BMarketing ist es beispielsweise die Unternehmensgröße, die häufig als einziges Merkmal für eine Segmentierung herangezogen wird. Werden zwei oder mehrere Segmentierungsmerkmale (z. B. das Geschlecht und zusätzlich das Alter der Konsumenten) berücksichtigt, spricht man von einer mehrdimensionalen Segmentierung. Im B2B-Bereich liegt beispielsweise eine mehrdimensionale Segmentierung vor, wenn neben der Unternehmensgröße auch die Branche der Kundenunternehmen als kaufrelevant erachtet wird. Abbildung 2-02 fasst die verschiedenen Arten der Segmentierung im Überblick zusammen.

86

2. Segmentierung

Segmentierungsaufgabe

• Aufteilung des (heterogen) Gesamtmarktes in (homogene) Teilmärkte • Bestimmung aller relevanten Zielgruppen und deren Nutzenvorstellungen

Segmentierungsanforderungen

• Homogenität • Messbarkeit • Relevanz • Erreichbarkeit • Trennbarkeit • Zeitliche Stabilität • Wirtschaftlichkeit

Segmentierungsarten

Eindimensionale Segmentierung W M W W M WW M

z.B. Geschlecht (m/w)

[Quelle: Darstellung in Anlehnung an KOTLER et al. 2007, S. 357]

Abb. 2-02:

Segmentierungsarten

Mehrdimensionale Segmentierung W1 M1 M1 W2 W3 W2 M2 M3

z.B. Geschlecht (m/w) und Alter (3 Altersklassen)

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

2.2

87

Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

Die Kenntnis der Bedürfnisse, Wünsche, Motive, Einstellungen und Nutzenvorstellungen der Zielkunden ist die wichtigste Voraussetzung für eine effektive und effiziente Durchführung der Segmentierung. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Einflussfaktoren, die auf das Kaufverhalten von Konsumenten wirken, sowie der Prozessverlauf über Auswahl, Kauf und Nutzung der angebotenen Produkte. Die Kaufverhaltensforschung liefert mit ihren theoretischen Modellen und empirischen Analysen einen wichtigen Beitrag zur Erklärung und Prognose des Kaufverhaltens von Konsumenten [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 100]. 2.2.1 Kaufverhalten als Modell Die verschiedenen Modelle und Forschungsansätze, die das Kaufverhalten von Konsumenten erklären, orientieren sich im Wesentlichen an dem in Abbildung 2-03 dargestellten Ablauf. Danach sind es Marketing- und Umfeldanreize, die unter Einwirken weiterer Faktoren aus dem kulturellen, sozialen, persönlichen und psychologischen Hintergrund des Käufers, den Kaufentscheidungsprozess beeinflussen. Die Marketinganreize resultieren aus den einzelnen Maßnahmen der Positionierung, Signalisierung, Distribution, Akquisition und Betreuung. Die Umfeldanreize sind anbieterunabhängig und können über Massenmedien, Testinformationen, Verbraucherberatung, Referenzen oder Bezugspersonen erzeugt werden. Die genannten Anreize (engl. Stimuli) durchlaufen den im Modell dargestellten „Organismus“ (engl. Organism) des Konsumenten und bewirken als Reaktion (engl. Response) die entsprechende Kaufentscheidung oder Ablehnung (zu den theoretischen Grundlagen siehe auch 1.2.2.3). Folglich werden solche Erklärungsansätze als S-O-R-Modelle bezeichnet [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 276].

Exogene Anreize („Stimuli“)

Input →

Organismus des Käufers („Organism“)

Reaktion Output → („Response“)

Marketinganreize (anbieterabhängige Stimuli)

Umfeldanreize (anbieterunabhängige Stimuli)

Faktoren aus dem Hintergrund des Käufers

Anreize aus

Anreize über

• Anregungsphase

• Einkaufsstättenwahl

• Positionierungs-,

• Massenmedien

• Kulturelle Faktoren

• Kaufzeitpunkt

• Testinformationen

• Soziale Faktoren

• Suchphase

• Signalisierungs-,

• Kaufmenge

• Distributions-,

• Verbraucherberatung

• Persönliche Faktoren

• Optimierungsphase

• Referenzgruppen

• Psychologische Faktoren

• Realisierungsphase

• Nichtkauf

• Akquisitions-, • Betreuungsmaßnahmen

• Bezugspersonen

Prozess der Kaufentscheidung

• Kontrollphase

• Produktwahl • Markenwahl

bzw. • Ablehnung

[Quelle: modifiziert nach KOTLER et al. 2007, S. 276]

Abb. 2-03:

S-O-R-Modell des Kaufverhaltens

Im Folgenden soll der „Organismus des Käufers“ aus Abbildung 2-03, also die Einflussfaktoren aus dem Hintergrund des Käufers sowie der Kaufentscheidungsprozess näher erläutert werden.

88

2. Segmentierung

2.2.2 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens Kaufentscheidungen hängen von den spezifischen kulturellen, sozialen, persönlichen und psychologischen Faktoren des individuellen Konsumenten ab. Abbildung 2-04 gibt einen Überblick über die wichtigsten Einflussquellen des Konsumentenverhaltens.

Kultur Kulturkreis

Subkultur/Soziales Milieu Soziale Schicht Bezugsgruppen

Sozialkreis

Familie Rollen und Status Sozialprofil • • • • •

Psychologische Faktoren/ Konstrukte

Alter bzw. Lebensabschnitt Beruf Wirtschaftliche Verhältnisse Lebensstil und Lebenswelten Persönlichkeit und Selbstbild

• Aktivierung • Involvement • Emotionen • Motive • Wahrnehmung

Persönliche Merkmale

• Einstellungen

Konsumentenverhalten Situative Faktoren [Quelle: in Anlehnung an KOTLER et al. 2007, S. 276 ff.]

Abb. 2-04:

Wichtige Einflussfaktoren des Kaufverhaltens

2.2.2.1 Einflussfaktoren des Kulturkreises

Einflussquellen aus dem Kulturkreis beeinflussen das Konsumentenverhalten am nachhaltigsten, weil die Kultur die Wünsche und Verhaltensweisen eines Menschen auf die grundsätzlichste Weise bestimmt. Bereits als Kind eignet man sich fundamentale Werte, Normen, Vorstellungen, Präferenzen und Verhaltensweisen des zugehörigen Kulturkreises an. Ähnliche Einflüsse ergeben sich aus den Subkulturen einer Gesellschaft. Subkulturen im westeuropäischen Kulturkreis können nach Nationalitäten (Deutsche, Franzosen), nach Konfessionsgruppen (Katholiken, Protestanten, Moslems, Juden), nach Stammesgruppen (Bayern, Ostfriesen) und nach geografischen Regionen (das „flache Land“ in Norddeutschland oder das „Ländle“ um Stuttgart) gebildet werden und entwickeln eigene Werte, Vorstellungen und Präferenzen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 277]. Auch soziale Schichten gibt es nahezu in jedem Kulturkreis. Sie lassen sich durch Ähnlichkeit von Merkmalen wie z. B. Prestige oder sozialem Status beschreiben. Für Industriestaaten ist die Unterteilung nach Unter-, Mittel- und Oberschicht üblich. Konsumenten innerhalb

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

89

einer bestimmten Schicht orientieren sich sehr häufig am Konsum der nächsthöheren Schicht [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 134]. 2.2.2.2 Einflussfaktoren des Sozialkreises

Bezugsgruppen sind jene Personengemeinschaften, die einen Einfluss auf Einstellungen, Wünsche und Verhaltensweisen eines Menschen ausüben. Bezugsgruppen lassen sich unterteilen in Mitgliedschaftsgruppen und in Leitbildgruppen. In Mitgliedschaftsgruppen ist das Individuum faktisch oder nominell integriert (Familie, Freundeskreis, Kollegenkreis, Sportverein u. a.). Leitbildgruppen sind Bezugsgruppen, mit denen sich der Mensch identifiziert oder denen er gerne angehören möchte. Die Anerkennung durch Bezugspersonen wird häufig als Belohnung, die Nicht-Anerkennung als Strafe empfunden [vgl. MEFFERT et al.2008, S. 135]. Von besonderer Bedeutung für die Gruppenzugehörigkeit des Konsumenten ist das Konzept des Meinungsführers (engl. Opinion Leader). Meinungsführer üben im Rahmen des Kommunikationsprozesses einen besonders starken Einfluss aus und werden häufig in der Werbung (z. B. als „Sportstars“ oder als „Experten“) eingesetzt, um eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Die engste Bezugsgruppe und wichtigste Einkaufseinheit ist die Familie. Im Rahmen der Kaufverhaltensforschung ist es daher besonders interessant, die Mitwirkung von Mann, Frau und Kindern beim Kauf unterschiedlicher Produkte zu analysieren und zu erklären [vgl. KROEBER-RIEL/WEINBERG 2003, S. 518 ff.] Im Laufe seines Lebens gehört der Mensch verschiedenen Gruppen an: der Familie, Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen, Sportvereinen, Unternehmen, Organisationen etc. Seine Position ist in diesen Gruppen mit den Begriffen Rolle und Status verknüpft. Als Konsumenten wählen Menschen häufig Produkte, die ihre Rolle und ihren Status in der Gesellschaft signalisieren. Zu den wichtigsten gegenwärtigen Statussymbolen zählen der Bekanntenkreis, in dem man verkehrt, die Kleidung, die man trägt, die Bücher, die man liest, der Beruf, den man ausübt, die Gegend, in der man lebt und das Auto, das man fährt [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 281]. 2.2.2.3 Persönliche Einflussfaktoren

Die Persönlichkeit, in die die bisher genannten Bestimmungsfaktoren einfließt, ist das komplexeste Konstrukt des Konsumentenverhaltens. Persönlichkeitsmerkmale wie bspw. Intelligenz, Musikalität, Sportlichkeit, Selbstvertrauen, Dominanz, Selbständigkeit, Geiz, Geselligkeit oder Anpassungsfähigkeit werden weiterhin geprägt durch das Alter, die Ausbildung, den Beruf, die wirtschaftliche Situation und durch den Lebensstil. Persönlichkeitsmerkmale können genetisch bedingt (also angeboren) oder umweltbedingt (also von anderen erlernt) sein [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 136]. Eine Abhängigkeit vom Alter besteht nicht nur bei der Nahrung (Babykost, diätetische Erzeugnisse im Alter), sondern auch bei Kleidung, Möbeln und bei der Freizeitgestaltung. Konsummuster werden auch vom jeweiligen Lebensabschnitt geformt (Kindheit, Junggesellen-

90

2. Segmentierung

stadium, Ehepartner mit und ohne Kinder, Alleinstehend, Ruhestand etc.). Der Beruf kann maßgebend für die Berufskleidung (Arbeitskleidung, Anzug etc.) oder auch für die Mitgliedschaft in einem exklusiven Club (Vielflieger) sein. Für bestimmte Berufsgruppen (Ärzte, Rechtanwälte, Ingenieure, Grafiker, Fotografen) gibt es sogar spezielle Softwareprogramme, auf deren Entwicklung sich Unternehmen spezialisiert haben. Noch bedeutender für das Konsumverhalten sind sicherlich die wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich über das frei verfügbare Einkommen, die Ersparnisse und die Vermögenswerte definieren. Aber auch der Kreditrahmen und die Spar- bzw. Ausgabenneigung eines Konsumenten geben für Kaufentscheidungen wichtige Hinweise. Schließlich können auch Lebensstil und Lebenswelt Aufschluss über das Konsumentenverhalten geben. Im Lebensstil sind die Aktivitäten, Interessen und Einstellungen einer Person enthalten, die sich in einer bestimmten Lebensführung manifestieren. Die Lebenswelt zeigt eher den ganzen Menschen in seiner Interaktion mit der Umwelt [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 283]. 2.2.2.4 Psychologische Einflussfaktoren

Kaufentscheidungen werden darüber hinaus von psychologischen Faktoren und Konstrukten wie Aktivierung, Involvement, Emotionen, Motive, Wissen, Wahrnehmungen und Einstellungen beeinflusst. Abbildung 2-05 gibt einen sehr kurz gefassten Überblick über wichtige psychologische Wahrnehmungs- und Lernkonstrukte und deren Ausprägungen. Bestimmungsfaktor

Definition

Wichtige Ausprägungen

Aktivierung

Innerer Erregungszustand eines Menschen, der den Konsumenten zu Handlungen stimuliert

• Emotionale Reize (Sex in der Werbung) • Kognitive Reize (Gedankliche Konflikte, Überraschungen) • Physische Reize (Regen, Musik, Geruch, Berührung)

Involvement

Grad der Aktivierung

• High-Involvement-Käufe (Autokauf, Kauf von Luxusmarken, Möbel, Schmuck) • Low-Involvement-Käufe (Lebensmittel wie Zucker, Brot)

Emotionen

Psychische Erregungen, die subjektiv wahrgenommen werden

• Antriebsfunktion für menschliches Handeln • Eher durch visuelle als durch verbale Kommunikation beeinflussbar

Motive

Ausrichtung der Aktivierung in Bezug auf ein Ziel

• Intrinsische Motive (Belohnung durch den Konsumenten selbst) • Extrinsische Motive (Belohnung durch die Außenwelt)

Wahrnehmung

Kognitive Steuerung der Aktivierung

• Sensorischer Speicher (Ultrakurzzeitgedächtnis) • Kurzzeitspeicher (Kurzzeitgedächtnis)) • Langzeitspeicher (Implizites und explizites Wissen)

Einstellungen

Innere Denkhaltung des Konsumenten gegenüber einer Person, Idee, Sache (inkl. Wertung)

• Affektive Komponente (Gefühlsmäßige Einschätzung) • Kognitive Komponente (Wissensmäßige Einschätzung) • Konative Komponente (Handlungstendenz, Kaufabsicht)

Abb. 2-05:

Psychologische Konstrukte und wichtige Ausprägungen

Die Aktivierung (engl. Activation), d. h. der innere Erregungszustand eines Menschen, ist die Grundlage dafür, dass der Konsument zu Kaufhandlungen angeregt wird. Die Aktivierung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Funktion des zentralen Nervensystems und kann durch emotionale Reize (z. B. erotische Abbildungen in der Werbung), durch kognitive Reize (z. B. Anzeigen, die typischen Denk- oder Verhaltensmuster widersprechen) oder durch physische Reize (z. B. Werbespots mit besonderer akustischer Gestaltung) ausgelöst

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

91

werden. Die Messung der Aktivierung kann auf der physiologischen Ebene (z. B. Hauwiderstandsmessung), auf der motorischen Ebene (z. B. Mimik, Gestik, Körpersprache) oder – bei verbalen Angaben von Befragten – auf der subjektiven Erlebnisebene (z. B. Erregungswerte auf einer Ratingskala) erfolgen. Im Zusammenhang mit der apparativen Messung der Aktivierung hat sich mit dem Neuromarketing eine spezifische Forschungsrichtung entwickelt, die neurowissenschaftliche Technologien zur Analyse der Aktivierung der Gehirnareale durch marketingspezifische Stimuli (z. B. Werbeanzeigen) einsetzt (siehe Insert 2-01).

Insert Neuromarketing – Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf

Direkt ins Konsumentengehirn Hans-Georg Häusel Neuromarketing ist „in“. Eine Google-Eingabe im Jahr 2001 führte zu einem Nullergebnis – heute meldet die Suchmaschine über 1.200.000 Eintragungen. Gleich, ob Marktforscher, Marketing-Manager oder Werber: Die Erwartungen an diese neue Disziplin sind hoch. Im umgekehrten Verhältnis zur hoffnungsvollen Erwartung potenzieller Anwender steht die Befürchtung von Verbraucher-schützern: Sind der Manipulation jetzt Tür und Tor geöffnet? Ist das Zeitalter des gläsernen Konsumenten erreicht? Um es vorwegzunehmen: Die Befürchtung ist grundlos. Schauen wir uns dazu an, was Neuromarketing ist und was es leisten kann. Neuromarketing ist nicht nur der Einsatz apparativer Verfahren der Hirnforschung zu Marktforschungszwecken mit dem „Hirnscanner“ oder wissenschaftlich exakt „Functional Magnetic Resonance Imaging“ (FMRI) im Mittelpunkt. Neuromarketing umfassender. Danach wird die Methode als die Nutzung der Erkenntnisse der Hirnforschung für das Marketing verstanden. Zwar spielt der Einsatz der oben beschriebenen Apparate zu Marktforschungszwecken auch hier eine Rolle, von weit größerer Bedeutung für das Marketing ist dagegen die Nutzung der gesamten Erkenntnisse, die von der Hirnforschung in den letzten zehn Jahren erbracht wurden und die langsam in die Marketing-Forschung, MarketingAusbildung und in die Marketing-Praxis einfließen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind hier die wichtigsten „Honigtöpfe“ der Hirnforschung für das Marketing skizziert: Neurowissenschaftl. Bewusstseinsforschung: Während man lange Zeit auch im Marketing vom bewussten und vernünftig handelnden Konsumenten ausging, zeigt die aktuelle Hirnforschung, dass der unbewusste Anteil an einer Entscheidung um ein Vielfaches größer ist als der bewusste. Die Kenntnis dieser unbewussten Entscheidungsprozesse und der zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen ist für das Marketing besonders wichtig. Neurowissenschaftliche Emotionsforschung: Eng verbunden mit dem Mythos des bewussten Konsumenten ist das Bild des rational handelnden Verbrauchers. Auch hier zwing gt die Hirnforschung zum Umdenken. Es gibt keine Entscheidungen, die nicht emotional sind. Und Emotion und Ratio sind nicht das Gegenteil. Gleichzeitig zeigt die Forschung, welche Emotionssysteme im menschlichen

Hirn vorhanden sind und wie sie im Detail wirken. Gerade diese Erkenntnisse verbessern Marketingund Werbekonzepte erheblich.

Multisensorische Verarbeitungsprozesse: Marken, Produkte und Einkaufsstätten wirken auf das Gehirn über verschiedenste Wahrnehmungskanäle und Signale (meist unbewusst) ein. Dabei sind „Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten“ nur ein Teil des Inputs, der im Gehirn verarbeitet wird. Inzwischen beeinflusst die Multisensorik-Forschung das Marketing in hohem Maße. Produkte und Verpackungen werden zunehmend so konzipiert, dass sie alle Sinne umschmeicheln. Neurowissenschaftl. Persönlichkeitsforschung: Dass sich Konsumenten in ihrer Persönlichkeit und damit auch in ihren Produkt- und Markenpräferenzen unterscheiden, ist längst bekannt. Viel wichtiger ist aber die Frage, wie die Persönlichkeitsunterschiede aus Sicht der Hirnforschung aussehen und wie sich diese Unterschiede in emotional-kognitiven Kaufentscheidungen auswirken. Bei der Formulierung effektiver Zielgruppenstrategien lohnt deshalb ein Blick in die Hirnforschung. Man versteht die Wünsche und Bedürfnisse von Kunden besser – zugleich kann man die Attraktivität und die Verkaufswirkung erhöhen. Deutlich wird aber, dass hier keine Manipulationsrevolution im Gange ist, sondern dass es sich um graduelle Verbesserungen handelt, deren Wirkung im einstelligen Prozentbereich liegt. [Quelle: verkürzte Fassung aus ROTARY Magazin 3/2009, S. 53 ff.]

Insert 2-01: Neuromarketing: „Direkt ins Konsumentengehirn“

92

2. Segmentierung

Neben der Aktivierung muss zusätzlich das Involvement, also der Grad des Engagements des Konsumenten für ein bestimmtes Produkt, gewonnen werden. High-Involvement liegt bei Produkten vor, die für den Konsumenten besonders wichtig sind und für deren Beschaffung relativ viel Zeit und Energie investiert wird (z. B. beim Erwerb eines Autos, eines Hauses oder beim Kauf von Luxusmarken, Möbel oder Schmuck). Low-Involvement-Käufe sind dagegen für den Konsumenten weniger wichtig, so dass der Kauf oftmals gewohnheitsmäßig (habitualisiert) abläuft. Dies ist regelmäßig beim Kauf von Produkten des täglichen Bedarfs (Lebensmittel) der Fall. Eine Emotion ist ein Gefühlszustand, der zumeist mit körperlicher Erregung verbunden ist und sich etwa in Form von Freude, Überraschung, Liebe, Lust, Anerkennung, Furcht, Scham, Reue, Zorn oder Ekel äußern kann. Emotionen werden vor allem eine Antriebsfunktion für menschliches Handeln zugesprochen. Als Folge der wachsenden technischen Homogenität und der Austauschbarkeit vieler Produkte hat auch die Emotionalisierung des Konsumentenverhaltens zugenommen. Emotionen werden zur Produktdifferenzierung und -positionierung sowohl in der visuellen als auch teilweise in der verbalen Kommunikation eingesetzt [vgl. TROMMSDORFF 1998, S. 61]. Im Gegensatz zur Emotion richtet die Motivation das Verhalten des Konsumenten auf ein Ziel aus. Motivation hält in der Regel so lange an, bis das Ziel erreicht ist. Als zielgerichtete Aktivierungskomponenten können intrinsische und extrinsische Motive unterschieden werden. Intrinsische Motive liegen vor, wenn das Handeln zu einer Belohnung durch den Konsumenten selbst führt. Extrinsischen Motiven liegt ein Handeln zugrunde, dessen Konsequenz die Belohnung durch Externe ist. Motivationen lassen sich in verschiedene Arten unterteilen. Die bekannteste Differenzierung ist die Bedürfnispyramide von MASLOW (siehe Abbildung 206). Nach der Betrachtungsweise von MASLOW kann jede nächsthöhere Bedürfnisstufe erst dann erreicht werden, wenn die darunterliegenden Bedürfnisse befriedigt sind. Dies ist jedoch idealtypisch, da es durchaus Menschen gibt, denen bspw. Prestige wichtiger als die Pflege sozialer Kontakte ist [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 118 f.]. Während die Aktivierung dafür verantwortlich ist, dass Verhalten überhaupt stattfindet, geht es bei gedanklichen (kognitiven) Vorgängen um die Frage, welches Verhalten stattfinden soll. Alle kognitiven Prozesse beginnen mit der Wahrnehmung (engl. Perception). Neben der Aufnahme umfasst die Wahrnehmung auch die Selektion, Organisation und Interpretation von Informationen. Das Wahrgenommene kann den folgenden drei Speicherarten zugeordnet werden [vgl. KROEBER-RIEL/WEINBERG 2003, S. 518 ff.]: • • •

Sensorischer Speicher für die reine Informationsaufnahme (Ultrakurzzeitgedächtnis), Kurzzeitspeicher für die bewusste (kognitive) Informationsverarbeitung und Langzeitspeicher für die langfristige Informationsspeicherung.

Das Verhaltenskonstrukt Einstellung wird als innere Denkhaltung des Konsumenten gegenüber Sachen, Personen oder Themen definiert. Einstellungen sind verbunden mit einer Wertung oder einer Erwartung. Damit rückt der Einstellungsbegriff sehr nahe an den Begriff des „Image“, der auch als mehrdimensionales Einstellungskonstrukt beschrieben werden kann [vgl. TROMMSDORFF 1998, S. 152 ff.].

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

93

Beispielhafte Bedürfnisse/ Kaufhandlungen der Konsumenten Selbstverwirklichung

• Aussteiger • Abenteuerreisen

Kreativität, Macht, Einfluss

Ich-Bedürfnisse

• Vereinspräsident • Exklusiver Schmuck • Luxusauto

Selbstachtung, Selbstbestätigung, Anerkennung

• Tennisclub • Club-Urlaub • Grillabende

Soziale Bedürfnisse Zuwendung, Geselligkeit, Kontakt, Liebe

Sicherheitsbedürfnisse

• Autos mit Airbag • Lebensversicherung • Arbeitslosenversicherung

Geborgenheit, Ordnung, Sicherung der Erwerbsfähigkeit, Alterssicherung

• Regelmäßige Nahrungsaufnahme • Winterkleidung • Wohnung

Physiologische Bedürfnisse Selbsterhaltung, Nahrung, Schlaf, Gesundheit [Quelle: MASLOW 1975 und HOMBURG/KROHMER 2009, S. 33]

Abb. 2-06:

Die Bedürfnispyramide von Maslow und beispielhafte Bedürfnisse

Bei der Interpretation und Analyse von Einstellungen lassen sich drei Komponenten unterscheiden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 122]: • • •

Affektive Komponente als gefühlsmäßige Einstellung zum Objekt, Kognitive Komponente als gedankliche Einstellung zum Objekt und Konative Komponente als eine mit der Einstellung verbundene Handlungstendenz.

Abbildung 2-07 bringt die oben beschriebenen Wahrnehmungs- und Lernkonstrukte in einen Zusammenhang. Beispiel Probefahrt mit einem Sportwagen

Aktivierung

+ hohes oder niedriges Involvement

High-Involvement

Involvement

+

positiver oder negativer Antrieb

„Wenn ich ein schnelles Auto fahre, habe ich gute Laune“

Emotion

+

(kognitive) Zielorientierung

Motivation

+

(kognitive) Interpretation des Wahrgenommenen

[Quelle: in Anlehnung an SCHULZE-BENTROP 2014, S. 14 f.]

Abb. 2-07:

Wahrnehmung

+

(kognitive) Gegenstandsbewertung

Einstellung

„Ich möchte einen Sportwagen kaufen“ „Der PORSCHE fährt sich doch leichter als ich dachte“ „Ich bevorzuge die Marke PORSCHE“

Zusammenhang von Wahrnehmungs- und Lernkonstrukten beim Kaufverhalten

94

2. Segmentierung

2.2.3 Kaufentscheidung 2.2.3.1 Arten von Kaufentscheidungen

Es gibt unterschiedliche Arten von Kaufentscheidungen. So bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen dem Erwerb eines Haarsprays, eines Golfschlägers, eines Smartphones oder eines neuen Autos. Wie intensiv Konsumenten nach Informationen für ihre Kaufentscheidung suchen, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: dem Kaufrisiko, der Kaufhäufigkeit und externen Anreizen (siehe Abbildung 2-09). Bei hohem Kaufrisiko und damit starker kognitiver Kontrolle informieren sich Kunden sehr eingehend vor dem Produktkauf (z. B. Qualitäts- und Preisvergleich). Es handelt sich also um eine bewusste, kognitiv kontrollierte Kaufentscheidung. Bezieht sich diese auf selten gekaufte Produkte oder Dienstleistungen (z.B. Pkw, Urlaubsreise)), so spricht man von einer extensiven Kaufentscheidung, bei der sich der Kunde im Vorfeld ausführlich informiert hat. Dem Erwerb von häufiger gekauften Produkten, wie Kleidung oder kleineren technischen Geräten, gehen hingegen limitierte Kaufentscheidungen voraus: Hier greifen die Kunden auf ihre Erfahrungen zurück und orientieren sich vorzugsweise an Schlüsselinformationen (z.B. Gütesiegel, Marke, Preis) [vgl. GELBRICH 2008, S. 39]. Beispiele

selten

Extensive Kaufentscheidung

MarketingErfolgsfaktoren

Pkw, PC, Urlaub, Solaranlage

Produktinformationen

Kleidung, kleinere technische Geräte

Schlüsselinformationen (z. B. Preis)

Lebensmittel, Wasch-, Reinigungsmittel

Markierung

Vorportioniertes Obst in der Frischetheke

Stimulation (durch Optik, Preis)

(ausführlich informiert) Kaufhäufigkeit hoch häufig Kaufrisiko ─ Kognitive Kontrolle

Limitierte Kaufentscheidung (begrenzt informiert)

nein

gering

Habituelle Kaufentscheidung (gewohnheitsmäßig)

Externer Anreiz ja

[Quelle: GELBRICH 2008, S. 39]

Abb. 2-08:

Impulsive Kaufentscheidung (reizgesteuert)

Vier Arten von Kaufentscheidungen

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

95

Kaufentscheidungen, die weniger risikobehaftet sind, laufen unter geringerer kognitiver Kontrolle ab. Liegt kein zusätzlicher externer Anreiz vor (z.B. Sonderangebot), dann kommt es zu einer habituellen Kaufentscheidung. Besonders Low-Involvement-Produkte wie etwa Waren des täglichen Bedarfs, werden gewohnheitsgemäß gekauft. Bei impulsiven Kaufentscheidungen treffen geringes Kaufrisiko und schwache kognitive Kontrolle mit externem Anreiz zusammen. Dies kann eine Ausnahmesituation sein (z.B. Last-Minute-Urlaubsreise), eine besonders reizvolle Auslage, Zeitdruck oder das Bestreben, sich ein Schnäppchen nicht entgehen zu lassen. Begünstigt werden Impulskäufe durch künstliche Verknappung („Nur heute im Angebot!“), geschickte Platzierung (z.B. neben der Kasse), vorteilhafte Preise (Sonderangebote) oder Sales Promotions (z.B. Verkostung) [vgl. GELBRICH 2008, S. 39 f.]. 2.2.3.2 Kaufentscheidungsprozess

Zur Beschreibung und Erklärung des Kaufprozesses haben Kaufverhaltensforscher Phasenmodelle entwickelt, die allerdings in erster Linie auf komplexe Kaufprozesse, also beim Kauf von High-Involvement-Produkten zutreffen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 281]. Solche Modelle durchlaufen in der Regel fünf Phasen (siehe Abbildung 2-09): • • • • •

Anregungsphase (Problemerkennung) Suchphase (Informationssuche) Optimierungsphase (Bewertung der Alternativen) Realisierungsphase (Kaufentscheidung) Kontrollphase (Verhalten nach dem Kauf).

Planung Realisierung Anregung

Anregungsphase

Suche

Suchphase

Optimierungsphase

• Erkennen des Problems

• Formulierung von Alternativen

• Auswahl der Alternativen

• Wahrnehmung einer Bedürfnissituation

• Informations-

• Bewerten der Alternativen

suche

Kontrolle

Auswahl

Realisierungsphase



Kaufentscheidung

Kontrollphase

• Verhalten nach dem Kauf

Rückkopplung

Abb. 2-09:

Phasen des Kaufentscheidungsprozesses

Anregungsphase. Der Kaufprozess beginnt damit, dass der Konsument ein Problem oder eine Bedürfnissituation erkennt. Die Problemerkennung kann über einen internen Reiz – wie Hunger oder Durst – oder durch einen externen Stimulus (z. B. wird der Ehemann durch seine Frau zum Kauf eines neuen Mantels angeregt) erfolgen. In der Anregungsphase spielen aus Sicht des Marketings Stimuli wie Produkt, Verpackung, Preis und Qualität, die über die

96

2. Segmentierung

verschiedenen Medien an den Konsumenten herangetragen werden, eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang kommt den verschiedenen Methoden und Techniken der Marktforschung, die u. a. die Aufgabe haben, solche Stimuli zu identifizieren, eine große Bedeutung zu. Suchphase. Die Intensität der anschließenden Informationssuche hängt davon ab, über welchen Informationsstand der Konsument bereits verfügt und wie viele Informationsquellen ihm zu Verfügung stehen. Wirksame Informationsanstöße kommen aus dem persönlichen Bereich (Familie, Freunde, Bekannte), aus dem kommerziellen Bereich (Werbung, Websites, Händler, Verkäufer) und aus öffentlichen Quellen (Testinstitute, Verbraucherverbände). Wichtige Informationen kommen zudem auch aus dem Erfahrungsbereich (Probefahrt, Erfahrungen mit ähnlichen Produkten des Produzenten). Sehr häufig wird auch das Internet für eine Produktrecherche verwendet. Daher bezahlen viele Unternehmen Suchmaschinen wie GOOGLE, BING oder YAHOO! dafür, dass ihre Werbung bei der entsprechenden Onlinesuche des Verbrauchers angezeigt wird. Auch die Informationsphase ist ein wichtiges Anwendungsgebiet der Marktforschung (z. B. Media- und Imageforschung) [vgl. SOLOMON 2013, S. 311]. Optimierungsphase. In der Optimierungsphase geht es um die Bewertung der verschiedenen Kaufoptionen, die sich in der Suchphase ergeben haben. Der Konsument versucht, aus dem Bündel von Produkteigenschaften seinen Nutzen bzw. seinen Wertgewinn zu optimieren. Bei der Suche nach einer passenden Hotelübernachtung bspw. sind Produktattribute wie Lage, Sauberkeit und Preisklasse wichtige Nutzenkriterien. Beim Kauf eines Laptops können Speicherkapazität, Grafikfähigkeit und Kompatibilität wichtige Kriterien sein. In der Optimierungsphase bildet der Konsument also Präferenzen unter den Marken der Endauswahl und fasst möglicherweise den Entschluss, das bevorzugte Produkt (die Marke) zu kaufen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 298 und S. 302]. Realisierungsphase. Bei der Entscheidung „Kauf oder Nichtkauf“ stehen Aspekte des verfügbaren Einkommens, des erwarteten Produktpreises, des erhofften Produktnutzens, der kurzfristigen Verfügbarkeit oder des evtl. wahrgenommen Kaufrisikos im Fokus. Bei der endgültigen Produktwahl ist zumeist ein Vergleich mit konkurrierenden Produktalternativen üblich. In der Realisierungsphase trifft der Konsument über die Grundsatzentscheidung „Kauf oder Nichtkauf“ hinaus aber nicht die Entscheidung über das Produkt bzw. die Marke sondern zumeist auch über die Einkaufstätte, über die Kaufmenge, über den Kaufzeitpunkt und ggf. auch über die Zahlungsweise [vgl. SOLOMON 2013, S. 322 ff.] Kontrollphase. Der Kauf eines Produktes führt beim Konsumenten zu Zufriedenheit (Konsonanz) oder zu Enttäuschung bzw. Unzufriedenheit (Dissonanz). Ist der Käufer zufrieden, so nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass er sich auch bei der nächsten Gelegenheit für das gleiche Produkt entscheiden wird. Ein unzufriedener Kunde dagegen versucht, die kognitive Dissonanz abzubauen, indem er das Produkt zurückgibt bzw. umtauscht oder nach Informationen sucht, die den Wert des Produkts hoch halten. Das Marketing reagiert häufig auf solche Nachkaufdissonanz, in dem es die Gebrauchsanweisungen bzw. Bedienungsanleitungen vieler Produkte mit dem Satz einleitet: „Wir beglückwünschen Sie zum Kauf des …“ [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 304 f.]

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

97

2.2.4 Segmentierungskriterien Zur Aufteilung des Gesamtmarktes in intern homogene und extern heterogene Marktsegmente bedarf es der Auswahl geeigneter Segmentierungskriterien, die einerseits leicht erfassbar sind und andererseits eine sinnvolle Abgrenzung, Beschreibung und Bearbeitung von Marktsegmenten ermöglichen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 189]. Die Vielzahl der in Theorie und Praxis angebotenen Segmentierungskriterien soll hier wie folgt gruppiert werden: • • • • •

Soziodemografische Kriterien Psychografische Kriterien Geografische Kriterien Verhaltensorientierte Kriterien Nutzenorientierte Kriterien.

Abbildung 2-10 gibt einen Überblick über die wichtigsten Segmentierungskriterien.

Soziodemografische Kriterien

Psychografische Kriterien

Geografische Kriterien

• • • • • • •

• • • • • • •

• • • • • •

Alter, Geschlecht Familienstand Zahl der Kinder Haushaltsgröße Beruf Ausbildung Einkommen

Abb. 2-10:

Lebensstil Soziale Orientierung Risikoneigung Wahrnehmungen Motive Spezifische Einstellungen Kaufabsichten

Bundesländer Stadt-/Landkreise Gemeinden Stadt-/Ortsteile Wohngebiete Straßenabschnitte

Verhaltensorientierte Kriterien

Nutzenorientierte Kriterien

• • • • • • •

• • • •

Preisverhalten Mediennutzung Einkaufsstättenwahl Kaufhäufigkeit Kaufvolumen Markenwahl Markentreue

Preisnutzen Qualitätsnutzen Imagenutzen Servicenutzen

Segmentierungskriterien

Soziodemografische Segmentierung. Soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Haushaltsgröße, Beruf etc. sind aufgrund der relativ leichten Messbarkeit, der guten Verfügbarkeit und der hohen zeitlichen Stabilität in der Marketingpraxis weit verbreitet. Die ausschließliche Anwendung dieses Segmentierungsansatzes wird auch als „klassische Marktsegmentierung“ bezeichnet [vgl. VOSSEBEIN 2000, S. 25]. Da häufig die einzelnen Kriterien keinen sehr hohen Erklärungsbeitrag zum Konsumentenverhalten leisten können, werden in der Praxis vorwiegend Kriterienkombinationen (z. B.

98

2. Segmentierung

Haushaltsgröße, Alter des Haushaltsvorstands und monatliches Haushaltseinkommen) eingesetzt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 196]. Psychografische Segmentierung. Aufgrund der vergleichsweise hohen Kaufverhaltensrelevanz sind psychografische Kriterien zur Bildung von Marktsegmenten im B2C-Bereich von besonderer Bedeutung. Daher wird dieser Segmentierungsansatz auch als „moderne Marktsegmentierung“ bezeichnet. Da es sich bei den psychografischen Segmentierungskriterien häufig um nicht beobachtbare Konstrukte des Konsumentenverhaltens (wie z. B. Einstellungen, Motive, Qualitätsanspruch, Kaufabsichten) handelt, steht der hohen Kaufverhaltensrelevanz der Nachteil einer schweren Ansprechbarkeit der identifizierten Segmente gegenüber [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 197 ff.]. Auch bei der psychografischen Segmentierung werden verstärkt Kriterienkombinationen eingesetzt. So erfreuen sich Lebensstil-Segmentierungen (auch als „Life-Style-Typologien“ bezeichnet) zunehmender Beliebtheit. Dabei werden Kriterien des beobachtbaren Verhaltens (z. B. Freizeitverhalten, Kaufgewohnheiten) mit psychischen Kriterien (z. B. Werte, Einstellungen) kombiniert und daraus Konsumententypologien entwickelt. Die bekannteste LifeStyle-Typologie stellt der Milieu-Ansatz des SINUS-Instituts in Heidelberg dar. Danach wird die soziale Lage (unterteilt in drei Schichten auf der Grundlage von Bildung, Beruf und Einkommen) mit den Grundorientierungen von „traditionell“ bis „postmodern“ in Beziehung gesetzt. Die so ermittelten zehn SINUS-Milieus fassen Menschen als „Gruppen Gleichgesinnter“ zusammen, die sich in Lebensauffassung und Lebensweise ähneln (siehe Insert 2-02).

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

Insert

Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen – zur Arbeit, zur Familie, zur Freizeit, zu Geld und Konsum. Die Grenzen zwischen den Milieus sind fließend; Lebenswelten sind nicht so (scheinbar) exakt eingrenzbar wie soziale Schichten. Ein grundlegender Bestandteil des Milieu-Konzepts ist, dass es zwischen den Milieus Berührungspunkte und Übergänge gibt. Diese Überlappungspotentiale sowie die Position der Milieus in der Gesellschaft

nach sozialer Lage und Grundorientierung veranschaulicht die obenstehende Grafik: Je höher ein Milieu in dieser Grafik angesiedelt ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Berufsgruppe; je weiter es sich nach rechts erstreckt, desto moderner im sozio-kulturellen Sinne ist die Grundorientierung. In dieser "strategischen Landkarte„ können Produkte, Marken, Medien etc. positioniert werden. Ein Beispiel für eine solche Positionierung zeigt die untenstehende Grafik, in der die Zielgruppen der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt „Das Erste“ positioniert sind.

[Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung / TV Scope / Audience Research / © SINUS Sociovision – Heidelberg 2010/2012]

Insert 2-02: SINUS-Milieus

99

100

2. Segmentierung

Geografische Segmentierung. Bei der geografischen Marktsegmentierung (siehe Insert 203) erfolgt die Einteilung der Nachfrager nach regionalen Gesichtspunkten. Aufteilungskriterien können Bundesländer, Stadt- und Landkreise, Gemeinden, Ortsteile usw. oder auch die Unterscheidung zwischen Stadt- und Landbevölkerung sein. Zur Ermittlung der Aufnahmefähigkeit von regionalen Teilmärkten hat das Marktforschungsinstitut A. C. NIELSEN speziell für den Konsumgüterbereich eine Einteilung nach sog. NIELSEN-Gebieten (NIELSEN 1-7) vorgenommen. In der geografischen Segmentierung ist die zumeist sekundärstatistisch und damit vergleichsweise einfache und kostengünstige Datenbeschaffung als großer Vorteil anzusehen.

Insert

Eine detaillierte Raumaufteilung für verschiedene Konsumgüter bieten datenbankgestützte Regionaltypologien wie die Geomarketing-Datenbanken von INFAS oder GFK. Durch den Einsatz spezieller Software lassen sich konsumwirtschaftliche Einzugsbereiche von zentralen Orten, Einkaufszentren, Bauund Elektronikmärkten simulieren und regionale Kaufkraftströme messen. Die obige Abbildung zeigt den konsumwirtschaftlichen Einzugsbereich von Wilhelms-haven anhand von Iso-Wahrscheinlichkeitslinien, die auf Grundlage des Gravitationsmo-

dells von HUFF [1964] ermittelt werden. Nach dem Modell lässt sich in Abhängigkeit der Attraktivität von zentralen Orten und der Distanz des Wohnortes der Konsumenten zu den Einkaufsorten die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der Verbraucher in alternativen Einkaufsorten einkaufen. Anhand des HUFF-Modells kann im Rahmen von Standortanalysen bspw. das Einzugsgebiet sowie das entsprechende Umsatzpotenzial eines neuen Standortes ermittelt werden [vgl. MÜLLER-HAGEDORN 2005, S. 161 ff.].

Insert 2-03: Der konsumwirtschaftlich Einzugsbereich der Stadt Wilhelmshaven Verhaltensorientierte Segmentierung. Verhaltensorientierte Segmentierungskriterien lassen sich entsprechend den Instrumentalbereichen des Marketing in Kriterien des Informationsund Kommunikationsverhaltens, des Preisverhaltens, des Einkaufsstättenwahlverhaltens sowie in produkt- bzw. markenbezogene Kriterien (Kaufhäufigkeit, Kaufvolumen) unterscheiden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 206 f.].

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

101

Besonders verbreitet sind Marktsegmentierungen anhand der Preissensitivität (Premium-, preisbewusste und preisaggressive Käufer). Aber auch Kriterien wie Markenbewusstsein und Markentreue sind häufig Ausgangspunkt der Zielgruppenbestimmung. Zu den Abgrenzungskriterien Die eigentlichen Ursachen für die Kaufentscheidungen der Kunden sind allerdings nicht die verhaltensorientierten Kriterien, sondern vielmehr die psychografischen und sozioökonomischen Merkmale. Nutzenorientierte Segmentierung. Die nutzenorientierte Segmentierung (engl. Benefit Segmentation) orientiert sich an der Frage, wie Kunden unterschiedliche Nutzenkriterien eines Produkts (wie Preis, Service, Qualität, Image) gewichten. Als Beispiel ist hier die Unterteilung des Reisemarktes in die Bedürfnissegmente Bildungsreisen, Erholungsreisen, Abenteuerreisen etc. zu nennen. Zwar sind auch hier die Kaufverhaltensrelevanz und damit die Aussagekraft für den zielgruppenspezifischen Einsatz von Marketingmaßnahmen als sehr hoch anzusetzen, doch ist die Erfass- und Messbarkeit dieser Segmente als problematisch anzusehen. Die kurze Vorstellung der fünf Segmentierungsansätze macht das „Dilemma der Marktsegmentierung“ für das B2C-Marketing deutlich: Während die Segmentbildung und -abgrenzung mit soziodemografischen und geografischen Kriterien relativ leicht durchführbar sind, kann die Kaufverhaltensrelevanz problematisch sein. Psychografische, verhaltens- und nutzenorientierte Segmentierungen dagegen weisen eine hohe Relevanz auf, die identifizierten Marktsegmente sind jedoch wesentlich schwerer zugänglich und messbar [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 468]. Abbildung 2-11 verdeutlicht diesen Sachverhalt. Angesichts dieses „Dilemmas“ ist es nicht verwunderlich, dass letztlich immer wieder Produkt-/Leistungsmerkmale wie z. B. die Unterteilung des Automobilmarktes in Kleinwagen, Mittel- und Luxuswagen oder Anbietermerkmale wie Online-Versicherer vs. klassische Versicherungsunternehmen als Segmentierungskriterien herangezogen werden. Anforderungen

Kaufverhaltensrelevanz

Messbarkeit

Erreichbarkeit

Soziodemografische Kriterien

niedrig

hoch

hoch

Psychografische Kriterien

hoch

niedrig

niedrig

Geografische Kriterien

niedrig

hoch

hoch

Verhaltensorientierte Kriterien

hoch

niedrig

niedrig

Nutzenorientierte Kriterien

hoch

niedrig

niedrig

Kriterien

[Quelle: FRETER 1995, Sp. 1809 f.]

Abb. 2-11:

Beurteilung der Segmentierungskriterien im Konsumgüterbereich

102

2. Segmentierung

2.2.5 Segmentierungsbeispiele Eine besonders geläufige Marktsegmentierung bietet das KRAFTFAHRT-BUNDESAMT (KBA) im Rahmen ihrer Zulassungsstatistik an. Als Kriterien werden produkt-, preis- und nutzenbezogene Merkmale zu den in Abbildung 2-12 aufgeführten Segmenten kombiniert.

Minis

Kleinwagen

Kompaktklasse

Mittelklasse

Smart Fortwo Fiat Panda Renault Twingo

VW Polo Ford Fiesta Opel Corsa

VW Golf, Jetta Opel Astra BMW 1er

BMW 3er VW Passat Mercedes C-Klasse

Obere Mittelklasse

Oberklasse

Geländewagen

Sportwagen

Mercedes E-Klasse BMW 5er Audi A6, S6

Mercedes S-Klasse BMW 7er Porsche Panamera

VW Tiguan BMW X1 Audi Q5

Mercedes E-Coupé Porsche 911 BMW Z4

Mini-Vans

Großraum-Vans

Utilities

Wohnmobile

Mercedes B-Klasse Renault Scenic Nissan Qashqai

VW Touran Opel Zafira Mercedes Viano

VW Transporter VW Caddy Citroen Berlingo

Fiat Ducato Ford Transit VW Transporter

[Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt]

Abb. 2-12:

Segmentierung des Automobilmarktes (Beispielperiode April 2010)

Ein weiteres Beispiel ist die nutzenorientierte Segmentierung des Feinseifenmarktes. Abbildung 2-13 verdeutlicht zunächst die Struktur des Kosmetik- und Körperpflegemarktes insgesamt. Auf der Ebene des Teilmarktes Feinseifen ist eine Nutzensegmentierung mit vier beispielhaften Marken dargestellt. Aufgrund von Verbraucheruntersuchungen wurden vier dominante Nutzenerwartungen der Konsumenten ermittelt: Pflege, traditioneller Duft, DeoWirkung und natürliche Frische. Überträgt man diese vier Grundrichtungen auf ein zweidimensionales Marktmodell, so entstehen vier Quadranten von Nutzenkombinationen, in denen die einzelnen Marken positioniert werden [vgl. BECKER 2009, S. 278 f.].

2.2 Kaufverhalten und Segmentierung im B2C-Bereich

Gesamtmarkt: Produktkategorie

Körperpflege/Kosmetik

Marktbereiche: Produktbereiche Hauptmärkte: Produktgruppen

103

Körperpflege

Haarpflege

Untermärkte: Produktarten

Kosmetik

Zahnpflege

Allgemeine Körperpflege

Badezusätze

Deodorants

Seifen

Luxusseifen

Feinseifen

Teilmärkte: Produktklassen

Pflege Kosmetik

Dekorative Kosmetik

Duftwasser

Haushaltsseifen

Pflege

Nivea

Segment IV

Fa

Marktsegmente

Natürliche Frische

Segment III

Traditioneller Duft

8x4 Deo-Wirkung

Abb. 2-13:

Segment I

CD

Segmentierung des Feinseifenmarktes

Segment II

[Quelle: BECKER 2009, S. 279]

104

2.3

2. Segmentierung

Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

Es wurde bereits mehrfach erwähnt, dass das Kaufverhalten von Organisationen (Unternehmen und Behörden) in vielerlei Hinsicht vom Kaufverhalten der Konsumenten abweicht. Unternehmen erwerben Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, technische Anlagen, Ersatzteile, Werkzeugmaschinen, Produktkomponenten, Telekommunikationseinrichtungen und gewerbliche Dienstleistungen, um eigene Produkte und Dienstleistungen zu erstellen. Behörden bzw. öffentliche Institutionen kaufen Güter und Dienstleistungen ein, um die ihnen übertragenen Aufgaben zu erstellen. Das Verständnis für die Besonderheiten organisationaler Kaufentscheidungen ist für die Marktsegmentierung im B2B-Bereich eine wichtige Voraussetzung.

2.3.1 Besonderheiten der Kaufentscheidungen von Organisationen B2B-Märkte sind in bestimmten Merkmalen anders ausgeprägt als B2C-Märkte. Die Besonderheiten ergeben sich aus der Markt- und Nachfragestruktur, aus dem spezifischen Wesen des organisationalen Einkaufs sowie aus der Komplexität im organisatorischen Zusammenspiel zwischen Lieferanten und Kunden [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 315]. Struktur von Markt und Nachfrage. Das B2B-Marketing hat es in der Regel mit weniger, aber größeren Kunden als das B2C-Marketing zu tun. Auch ist häufig eine geografische Konzentration bestimmter Branchen zu beobachten (Zulieferer in Baden-Württemberg, Chemische Industrie entlang des Rheins, Werften in Norddeutschland). Eine weitere Besonderheit ist, dass sich die Nachfrage nach industriellen Gütern und Dienstleistungen letztlich aus der Nachfrage nach Konsumgütern ableitet. Auch wird die Gesamtnachfrage im B2B-Bereich durch Preisschwankungen weniger stark beeinflusst. Insbesondere bei komplexen Industriegütern und -dienstleistungen mit einem hohen Investitionsvolumen sind die Nachfragerhythmen eher unregelmäßig. Auch ist in solchen Fällen der Dienstleistungsanteil (z. B. Beratung) von besonderer Bedeutung für den Kaufabschluss. Wesen des organisationalen Einkaufs. Organisationale Kaufentscheidungen haben zumeist mehrere Mitwirkende (Mitarbeiter aus Einkauf, Fachabteilung, Management). Da es sich handelt in der Regel um Kollektiventscheidungen handelt, wird auch von Multipersonalität des organisationalen Einkaufs gesprochen. Eine zweite Besonderheit ist die Multitemporalität, da der Verkaufsprozess im B2B-Bereich zeitlich länger anzusetzen ist als beim B2C-Marketing. So sind aufgrund der Vielzahl der beteiligten Akteure auf der Einkaufsseite und aufgrund der komplexen Leistungen in der Regel mehrere Kontaktbesuche erforderlich, um letztlich den Auftrag zu erhalten. Eine weitere Besonderheit ist die Vielzahl von weiteren Organisationen, die insbesondere bei komplexen Gütern und Leistungen sowohl auf der Anbieterseite (z. B. als Subunternehmen) als auch auf der Nachfragerseite (z. B. Ingenieurbüros) in den Verkaufsprozess eingebunden sind. Charakteristisch für den B2B-Bereich ist weiterhin ein professionelles Beschaffungsma-

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

105

nagement mit einem hohen Formalisierungsgrad (Einholung von Alternativangeboten, Ausschreibungen). Multioperativität und Multiorganisationalität sind hier die besonderen Merkmale des organisationalen Einkaufs. Komplexität des organisatorischen Zusammenspiels. Komplexe technische Zusammenhänge bei einer Vielzahl von industriellen Gütern bestimmen das B2B-Marketing, das die Aufgabe hat, Leistungsdaten und technische Informationen verständlich aufzubereiten. Eine weitere Besonderheit im B2B-Bereich ist, dass die einkaufende Organisation häufig solche Lieferanten auswählt, die umgekehrt auch bei ihr einkauft (Reziprozität). Aufgrund des Einkaufsvolumens und der damit verbundenen Einkaufsmacht, ist dem anbietenden Unternehmen besonders an einer engen, langfristigen und auch persönlichen Geschäftsbeziehung gelegen. Abbildung 2-14 liefert einen Überblick über die Besonderheiten der B2B-Märkte.

Struktur von Markt und Nachfrage

Wesen des organisationalen Einkaufs

Komplexität im organisatorischen Zusammenspiel

• Weniger und größere Käufer

• Multipersonalität (Buying Center)

• Komplexe Zusammenhänge (z.B. Systemkauf)

• Multiple Verkaufskontakte (Sales Cycle)

• Reziprozität

• Geografische Käuferkonzentration • Abgeleitete Nachfrage • Unbeständige Nachfrage • Besondere Bedeutung von Dienstleistungen

• Multioperationalität und Multiorganisationalität • Professionelles Einkaufsmanagement und hoher Formalisierungsgrad

• Langfristigkeit der Geschäftsbeziehung • Hoher Grad der persönlichen Interaktion der Geschäftspartner

[Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 315]

Abb. 2-14:

Charakteristika des organisationalen Kaufverhaltens

2.3.2 Beteiligte am organisationalen Kauf Während Konsumenten ihre Kaufentscheidungen in der Regel individuell fällen, wirken im B2B-Bereich – je nach Art des zu beschaffenden Produkts oder der zu beauftragenden Dienstleistung – einzelne oder mehrere Personen als Entscheider oder Entscheidungsbeteiligte mit. Die beteiligten Personen können folgende Rollen einnehmen: • • • • • •

Initiator (engl. Initiator) Informationsselektierer (engl. Gatekeeper) Beeinflusser (engl. Influencer) Entscheider (engl. Decider) Einkäufer (engl. Buyer) Benutzer (engl. User).

Eine ausführliche Beschreibung dieser Rollen, die im Gremium auch als Buying Center bezeichnet werden, wird in Abschnitt 6.2.1.1 vorgenommen. Die genannten Rollen müssen nicht alle zwingend bei einem Kaufprozess eingenommen werden. So ist es bei reinen oder

106

2. Segmentierung

modifizierten Wiederholungskäufen vornehmlich der Einkäufer, die einen starken Einfluss ausübt. Bei Investitionsprojekten oder anderen größeren Beschaffungsvorhaben werden dagegen zumeist alle genannten Rollen besetzt sein. Eine andere mögliche Einteilung der Beteiligten am Einkaufsprozess insbesondere bei wichtigen Beschaffungsvorhaben ist die in Promotoren und Opponenten. Je nach Art des Einflusses, den diese Personen bei der Vergabe des Auftrages ausüben, kann zwischen • • •

Machtpromotoren bzw. -opponenten, Fachpromotoren bzw. -opponenten und Prozesspromotoren bzw. -opponenten

unterschieden werden. Diese Gruppe wird in Abschnitt 6.2.1.3 näher erläutert.

2.3.3 Der organisationale Kaufprozess Der Kaufprozess im B2B-Bereich läuft grundsätzlich rationaler, systematischer, formeller und langfristiger ab als im B2C-Bereich. Doch ebenso wie bei Konsumgütern gibt es auch bei der Vermarktung von industriellen Gütern und Dienstleistungen keinen festgeschriebenen Prozess. Zur besseren Veranschaulichung ist es aber auch hier hilfreich, den organisationalen Kaufprozess in Phasen zu unterteilen. Das in Abbildung 2-15 dargestellte Phasenmodell ist idealtypischer Art; es können Phasen wegfallen, übersprungen werden oder auch die Reihenfolge kann variieren [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 146].

Bedarfserkennung

• Problemerkennung

Bedarfsbeschreibung

• Produkt-/ Leistungsspezifikation

Anbietersuche

• Lieferantensuche

Angebotseinholung

Anbietervorauswahl

• Angebots• Wahl des präsentation Lieferanten

Verhandlungen

• Auftragsmodalitäten

Vertragsabschluss

Leistungserbringung und bewertung

• Endgültige Vergabeent- • Evaluierung scheidung

[Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 146]

Abb. 2-15:

Phasen des organisationalen Kaufprozesses

Ausgangspunkt des organisationalen Kaufprozesses ist die Phase der Bedarfserkennung. Hier geht es um die Analyse und Definition des grundsätzlichen Bedarfs. Die Bedarfsauslösung kann durch interne oder durch externe Anregungen erfolgen. Bei einem reinen Wiederholungskauf (z. B. bei Bürobedarf oder Betriebsstoffen) bestellt die Einkaufsabteilung routinemäßig Produkte oder Dienstleistungen nach. Müssen vor der Bestellung Änderungen in der Produktspezifikation oder bei den Preisen vorgenommen werden, handelt es sich um einen modifizierten Wiederholungskauf. Das Schwergewicht dieser Darstellung liegt auf dem Erstkauf, d. h. der Käufer steht vor der Situation, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zum ersten Mal zu erwerben. Während hierbei der interne Bedarf zumeist durch einen Ange-

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

107

hörigen der Organisation (Initiator) ausgelöst wird, erfolgen externe Anregungen häufig durch Werbung, Kontakt zu Vertretern oder durch Fachmessen. Nach der grundsätzlichen Bedarfserkennung erfolgt die Bedarfsbeschreibung. In dieser Phase werden die gewünschten Produkt- oder Leistungseigenschaften spezifiziert. Bei komplexen Gütern und Dienstleistungen geschieht dies sehr häufig in Form eines Pflichten- oder Lastenheftes, das die genauen Produktspezifikationen enthält. Im Rahmen des Buying Center spielen diejenigen Akteure eine wichtige Rolle, die über das entsprechende produkt- und leistungsspezifische Wissen verfügen (z. B. Beeinflusser und Nutzer). Im Rahmen der nun folgenden Anbietersuche geht es um die Identifikation der in Frage kommenden Lieferanten. Branchenverzeichnisse, Online-Katalog und Portale, vor allem aber Empfehlungen und Referenzen spielen bei der Lieferantenauswahl eine wichtige Rolle. Bisherige Erfahrungen des Kunden mit dem Anbieter sowie die allgemeine Reputation des Anbieters sind insbesondere immer dann wichtige Auswahlkriterien, wenn es sich um die Beschaffung von Investitionsobjekten handelt, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf Struktur und Prozesse der einkaufenden Organisation haben. Gatekeeper, Beeinflusser und Nutzer sowie Promotoren und Opponenten sind hierbei besonders aktive Mitwirkende im Buying Center. Im nächsten Schritt steht die Angebotseinholung im Vordergrund. Aus Sicht des potenziellen Lieferanten geht es vor allem darum, die Nutzenkriterien und Vorteile des eigenen Angebotes besonders herauszustellen. Angebote sind damit Marketingdokumente, deren Erstellung durchaus sehr aufwändig sein kann. Bestimmte Beschaffungsvorhaben und dies gilt insbesondere für öffentliche Aufträge, müssen ausgeschrieben werden (EU-Richtlinien). Bei der Angebotseinholung und -bewertung wirken in der Regel Nutzer und Einkäufer mit. Auf der Grundlage der vorliegenden Angebote wird eine Anbietervorauswahl getroffen, an der aus dem Buying Center ebenfalls Nutzer und Einkäufer schwerpunktmäßig beteiligt sind. Häufig werden die potenziellen Lieferanten auch zu einer förmlichen Präsentation ihres Angebots gebeten. Solche Wettbewerbspräsentationen (engl. Pitch) sind in vielen Branchen üblich und bedeuten für die Anbieter eine nicht unerhebliche Vorleistung. Ergebnis dieser Qualifizierung ist zumeist eine sogenannte Shortlist. Diese enthält nur noch eine sehr kleine Anzahl von Anbietern, die sämtliche Mindestvoraussetzungen (engl. Order Qualifications) erfüllen. Mit den Unternehmen, die auf der Shortlist stehen, wird nun in die Phase der Verhandlungen eingetreten. Hier werden alle Auftragsmodalitäten wie Art, Qualität und Umfang des Investitionsobjekts, der Preis inkl. Honorare für die Einführung, Beratung und Schulung, Ergänzungsleistungen, Gewährleistungsaspekte sowie Lieferungs- und Zahlungsbedingungen verhandelt. Aus dem Buying Center wirken Einkäufer, Nutzer und Entscheider als zentrale Akteure auf der Einkaufsseite mit. Die Verhandlungsphase mündet ein in den Vertragsabschluss mit dem Lieferanten, der bei sehr komplexen Investitionsvorhaben auch als Generalunternehmer fungieren kann. An der

108

2. Segmentierung

Auftragsvergabe bzw. am Vertragsabschluss direkt beteiligt sind in der Regel Einkäufer und Entscheider. In der abschließenden Phase der Leistungserbringung und -bewertung geht es um die Erfüllung der vertraglich festgelegten Leistungen sowie um deren Beurteilung. Bei größeren Investitionsvorhaben werden Leistungserbringung (engl. Delivery) und deren Bewertung auch in zeitlichen Abschnitten durchgeführt. Maßgeblich hierfür sind Meilensteinpläne, die dem Nutzer bzw. Anwender die Möglichkeit bieten, Zwischenkontrollen durchzuführen und ggf. – bei Schlechterfüllung – den Lieferanten zu wechseln. In Insert 2-04 ist der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen bei DAIMLER (früher DAIMLERCHRYSLER) als Beispiel für den Einkauf von strategischen Dienstleistungen dargestellt.

Insert Der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen bei DAIMLER

[Quelle: GRUBE 2004, S. 12]

Daimler gehört zu den Unternehmen, die den Einkaufsprozess für Investitionsprojekte und andere größere Beschaffungsvorhaben standardisiert haben. Dabei dient eine Lieferanten-Datenbank als zentrales Hilfsmittel. Im Anschluss an die Bedarfsdefinition („Plichtenheft“) wird zunächst eine Bieterkreisaus-wahl vorgenommen. Dabei werden drei bis fünf prä-ferierte Anbieter, die in der Datenbank in Form einer „Shortlist“ für bestimmte Leistungen erfasst sind, angeschrieben und um die Abgabe eines Angebotes gebeten. Die daraufhin eingehenden An-

gebote werden verglichen und eine Endauswahl gebildet. Die in die Endauswahl gelangten Anbieter präsentieren ihre Angebotslösungen. Den folgenden Vertragsverhandlungen liegen die in der Datenbank für vergleichbare Leistungen hinterlegten Kostensätze zugrunde, denn das Preis-Leistungsverhältnis ist das Top-Kriterium bei Daimler für den Entscheidungsprozess. Sämtliche Projektergebnisse und Evaluierungen werden wiederum in der Datenbank festgehalten und ggf. die Shortliste verändert.

Insert 2-04: Der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen bei DAIMLER

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

109

2.3.4 Segmentierungsansätze Auch im B2B-Bereich ist der Markt kein monolithischer Block. Er umfasst mehr Einsatz- und Anwendungsfelder, mehr Käufergruppen, mehr Anwendungsfunktionen und mehr technologische Gestaltungsmöglichkeiten, als ein Unternehmen überhaupt abdecken kann [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 38]. Der Gesamtmarkt aller Kundenunternehmen und Organisationen muss also in Teilmärkte (Segmente) aufgeteilt werden, damit diese individuell mit Marketingmaßnahmen bearbeitet werden können. Die Aufteilung hat so zu erfolgen, dass die einzelnen Segmente Unternehmen und Organisationen enthalten, die ähnliche Eigenschaften aufweisen und nach gleichen Gesichtspunkten einkaufen. Die Marktsegmentierung muss sicherstellen, dass Produkte und Leistungen, Preise, Vertriebswege und Kommunikationsmaßnahmen zu den spezifischen Anforderungen der identifizierten Kundengruppen passen. Damit wird deutlich, welche bedeutende Rolle die Segmentierung des Zielmarktes auch im B2B-Marketing einnimmt. Für den Industriegüterbereich, dem sicherlich größten Anwendungsfeld des B2B-Marketings, gibt es eine Reihe von Segmentierungsansätzen, die sich wie folgt gruppieren lässt [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 120]: •

Einstufige Ansätze, die lediglich einzelne Kriterien wie z. B. die Größe der Kundenunternehmen für die Segmentierung heranziehen;



Mehrstufige Ansätze, die in einem stufenweisen Filterungsprozess Kriterien für das organisationale Beschaffungsverhalten festlegen (z. B. zunächst die Unternehmensgröße, dann die Organisationsstruktur);



Mehrdimensionale Ansätze, die im Prinzip die gleichen Kriterien wie mehrstufige Ansätze verwenden, jedoch nicht stufenweise sondern gleichzeitig;



Dynamische Ansätze, die Veränderungen von Kundenbedürfnissen und -präferenzen nachvollziehen.

Die bisher vorgelegten Segmentierungsansätze sollen hier jedoch nicht weiter verfolgt werden. Zur Identifizierung von Marktsegmenten im B2B-Bereich wird stattdessen ein Ansatz gewählt, der das mehrstufige mit dem mehrdimensionalen Modell unter dem Aspekt der Praktikabilität und Umsetzbarkeit kombiniert und auf zwei wesentliche Kategorien von Segmentierungskriterien reduziert. Es handelt sich hierbei zum einen um den segmentierungsstrategischen Gesichtspunkt der Abgrenzung von Organisationsgruppen anhand von Organisationscharakteristika (organisationsbezogene Kriterien) und zum anderen um den segmentierungs-taktischen Gesichtspunkt des tatsächlichen Organisationsverhaltens bei der Kaufentscheidung [vgl. BECKER 2009, S. 280 f., der darüber hinaus noch organisationsmitgliederbezogene Kriterien als dritte Kategorie anführt; diese dritte Kategorie ist hier jedoch erst im Rahmen des Aktionsfeldes Akquisition relevant]. Damit sind zugleich auch die beiden Segmentierungsstufen genannt [vgl. auch WIND/CARDOZO 1974]: •

Makrosegmentierung zur Abgrenzung von Kundengruppen mit homogener Problemlandschaft und Nutzenvorstellung (→ segmentierungs-strategischer Aspekt) und

110



2. Segmentierung

Mikrosegmentierung zur Auswahl und Ansteuerung der an der Kaufentscheidung beteiligten Personen innerhalb der ausgewählten Kundengruppe (→ segmentierungs-taktischer Aspekt).

2.3.5 Makrosegmentierung Die (strategisch ausgelegte) Makrosegmentierung konzentriert sich problembezogen auf eine effiziente Aufteilung des Gesamtmarktes in möglichst homogene Teilmärkte. Dabei wird eine Beschreibung und Abgrenzung der Kundengruppen mit Hilfe folgender organisationsbezogener Kriterien vorgenommen, die in etwa den „demografischen“ Kriterien im B2C-Bereich entsprechen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 111]: • • • • •

Vertikale Märkte (Branchen) Horizontale Märkte (Funktionen) Räumliche Märkte (Regionen) Betriebsgröße (Umsatz, Anzahl der Beschäftigten, Bilanzsumme etc.) Technologie (Hardware, Betriebssystem, Datenbanksystem etc.).

Diese Segmentierungskriterien definieren und beschreiben den „strategischen Aktivitätenraum“ des Unternehmens [vgl. BECKER 1993, S. 244]. 2.3.5.1 Vertikale Segmentierung

Aus Sicht vieler Unternehmen ist die vertikale Segmentierung, d. h. die Aufteilung des Marktes nach Branchen maßgebend. Die Branchenorientierung empfiehlt sich vornehmlich für Anbieter, die ihr wichtigstes Kundenpotenzial im Mittelstand sehen und daher eine vertikale Gliederung ihres Produkt- und Leistungsangebotes anstreben. Neben der generellen Branchenzugehörigkeit (Industrie, Handel, Banken, Versicherungen, Transport, Verkehr, sonstige Dienstleistungen und Öffentlicher Bereich) ist vor allem die Differenzierung innerhalb dieser Wirtschaftsbereiche besonders aussagekräftig. Im industriellen Bereich beispielsweise kann weiter unterschieden werden nach Wirtschaftsabteilungen wie chemische Industrie, Maschinen- und Anlagenbau, Elektroindustrie, Nahrungs- und Genussmittelindustrie etc. oder nach Fertigungsarten wie Auftrags- und Einzelfertiger, Serienfertiger, Massenfertiger und Prozessfertiger. Häufig bietet erst eine solch umfassende Differenzierung (z. B. anhand eines Segmentierungsbaumes wie in Abbildung 2-16 dargestellt) Anhaltspunkte dafür, welche primären Zielgruppen ausgewählt, oder welche Organisationsgruppen als weniger relevant ausgeschlossen werden sollen [vgl. LIPPOLD 1993, S. 226].

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

111

Gesamtmarkt

Vertikal

Industrie

Horizontal

Baugewerbe

Auftragsfertiger

KleinSerienfertiger

Einmalfertiger

Einzelfertiger

Regional

Handel

Betriebsgröße

Transport/ Verkehr

GroßSerienfertiger

Banken/ Versicherungen

Massenfertiger

Variantenfertiger

Technologie



Sonstige Dienstleistungen …

Prozessfertiger

Mischfertiger



… [Quelle: LIPPOLD 1993, S. 112]

Abb. 2-16:

Beispiel für einen Segmentierungsbaum

Eine besonders aussagekräftige Segmentierung im Bereich der Fertigungsindustrie hat die Unternehmensberatung UBM (heute: OLIVER WYMAN) für ihre Kunden entwickelt. Dabei werden die beiden Merkmale Stabilität des Produktionsprozesses und Komplexität des zu fertigenden Produktes zueinander in Beziehung gesetzt. Die Stabilität des Produktionsprozesses korreliert sehr stark mit der Anzahl der produzierten Erzeugnisse und wird mit den Ausprägungen niedrig, mittel und hoch auf der Abszisse abgetragen. Auf der Ordinate werden die verschiedenen Komplexitätsstufen des Produktes dargestellt. Je komplexer das zu fertigende Produkt ist, desto höher sind auch die Anforderungen an die Stücklistenorganisation. Auf diese Weise lassen sich dann Industriesegmente wie Einmal-, Einzel-, Varianten-, Massen-, Wiederhol- oder Prozessfertiger voneinander abgrenzen. Abbildung 2-17 zeigt das Ergebnis dieser Abgrenzung in Form einer Matrix. Eine solche Segmentierung ist besonders hilfreich für Unternehmen, die gezielt Produkte oder Dienstleistungen für die so identifizierten Marktsegmente anbieten (z. B. Softwarehäuser mit CAD/CAM-Systemen oder ERP-Systemen für die Produktionsplanung und -steuerung oder auch Anbieter von Betriebsdatenerfassungssystemen (BDE-Systeme)).

112

2. Segmentierung

Produktkomplexität Einmalfertigung • Schiffbau • Hütten- und Walzeinrichtungen • Sondermaschinen • Groß-Werkzeugmaschinen

Komplexe Produkte

Baugruppen, Produkte mittlerer Komplexität

Einzelfertigung (Auftrag) • Kessel- und Behälterbau • Sonstiger Maschinenbau • Elektro-Sondermaschinenbau

Teile, einfache Produkte

Variantenfertigung nach Auftrag • Luft- und Raumfahrt • Schienenfahrzeugbau • Werkzeug-, Textil- und Verpackungsmaschinen

niedrig

Massenfertigung (Montage)

• Landmaschinen • Baumaschinen • Feinmechanik • Getriebe

• Zulieferer • Konsumelektronik • Büro- und Informationstechnik

Wiederholfertigung

Linienfertigung

• Betonfertigteile • Schleifmittel, Werkzeuge • Gießereien, Schmieden • Druckereien

• Lampen, Leuchten • Metallblechwaren • Kunststoff, Gummiwaren • Bekleidung, Textil • Keramik, Optik

Diskontinuierlicher Prozess

Kontinuierlicher Prozess

mittel

[Quelle: UBM 1989]

Abb. 2-17:

• Montagewerke der Automobilhersteller

Variantenfertigung nach Programm

• Nahrungsmittelindustrie • Getränkeindustrie • Feinchemie • Pharmaindustrie

Prozessgüter

Automobilmontage

• Raffinerien • Metallerzeugung • Glas, Zement • Papiererzeugung • Grundstoffchemie

hoch

Fertigungsindustrie

Prozessindustrie

Stabilität des Produktionsprozesses

Segmentierung der Fertigungsindustrie

Ein Beispiel für die Bestimmung relevanter Zielgruppen im Mittelstand liefert Abbildung 218. Danach werden die beiden Merkmale Unternehmensperformance (mit den Ausprägungen niedrig, mittel und hoch) und Unternehmenszugehörigkeit (mit den Ausprägungen Entrepreneurial Companies, Corporate Companies und Semi-public Companies) zueinander in Beziehung gesetzt. Die so identifizierten Marktsegmente reichen von „erfolgreichen“ und „innovativen“ Unternehmen, über „Start-ups“ bis hin zu „Sanierungsfällen“ und „Insolvenzen“. Auf diese Weise lässt sich bspw. der spezifische Bedarf an Unternehmensberatungsleistungen für die einzelnen Marktsegmente ableiten [vgl. LIPPOLD 2010, S. 7]: •

Fokussierte Expertenberatung für erfolgreiche und innovative Unternehmen;



Ganzheitliche Beratung für Wachstumsunternehmen, Privatisierungsfälle, „Stuck-in-themiddle“-Unternehmen und „Start-ups“;



Schnelle und zielsichere Umsetzungsberatung für Restrukturierungs- und Sanierungsfälle sowie Insolvenzen.

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

113

Erfolgreiche Unternehmen

Implikationen für Beratung

hoch Unternehmensperformance

Innovative Unternehmen

Fokussierte Expertenberatung

Wachstumsunternehmen Privatisierungsfälle

mittel

Stuckin-the-middle

Ganzheitliche Beratung

Start-ups Restrukturierungsfälle Sanierungsfälle

niedrig

Schnelle und zielsichere Umsetzungshilfe

Insolvenzen Corporate Companies

Semi-public Companies [Quelle: LIPPOLD 2010, S. 7]

Abb. 2-18:

Entrepreneurial Companies

Unternehmenszugehörigkeit

Segmentierungsansatz für den Mittelstand

2.3.5.2 Horizontale Segmentierung

Die horizontale Segmentierung kann dann für das B2B-Marketing von Interesse sein, wenn die angebotenen Produkte und Dienstleistungen eine besondere Kaufrelevanz für bestimmte betriebliche Funktionsbereiche haben (z. B. Verpackungsmaterialien für Materialwirtschaft/ Logistik, Call Center-Angebot für Marketing/Vertrieb, Performance-Managementsystem für die Personalentwicklung). Zu den relevanten Funktionsbereichen, deren Leiter zumeist auch die wesentlichen Entscheidungsträger beim Beschaffungsprozess sind, zählen • • • • • • •

Materialwirtschaft/Logistik, Produktionsplanung und -steuerung, Personalwirtschaft, Finanzwirtschaft, Informationstechnik/Informationssysteme, Kostenrechnung/Controlling und Marketing/Vertrieb.

2.3.5.3 Regionale Segmentierung

Bei der räumlichen Marktaufteilung geht es darum, ob und inwieweit die Käufergruppen regional begrenzt, überregional und/oder in verschiedenen Auslandsmärkten aktiv bearbeitet werden sollen. Bei jüngeren Unternehmen mit Wachstumsambitionen verläuft die Entwicklung des Absatzgebietes häufig recht unkontrolliert. Sie beginnt mit einem lokalen Absatzge-

114

2. Segmentierung

biet, dem eine regionale und teilweise auch internationale Markterschließung folgt. Häufig stagniert diese Entwicklung, wenn das Unternehmen auf konkurrierende Wettbewerbszonen anderer Unternehmen stößt und keine Ressourcen zur Überwindung bereitstehen oder geplant sind [vgl. SCHILDHAUER 1992, S. 68]. So verlangt bspw. die erfolgreiche Vermarktung von Produkten oder Produktkomponenten sehr häufig eine breite, möglichst internationale Vermarktungsbasis, um eine hohe Stückzahl absetzen zu können. Hier zeigt sich allerdings eine Schwäche vieler Unternehmen. Der Mangel an kritischer Masse (im Sinne einer Mindestgröße für Internationalität) und die unzureichende Wachstumsfinanzierung sind wesentliche Gründe für das Scheitern vieler Unternehmen im internationalen Wettbewerb. 2.3.5.4 Segmentierung nach der Betriebsgröße

Eine weitere Segmentierung kann nach der Größe der Kundenunternehmen vorgenommen werden. Hierfür bietet sich eine Klassifizierung nach der Beschäftigtenzahl, nach der Umsatzgröße oder – vornehmlich bei Banken und Versicherungen – nach der Bilanzsumme an. Die Betriebsgröße ist immer dann von besonderer Bedeutung, wenn es sich um den Verkauf von Produkten mit sehr hohen (und teuren) Dienstleistungsanteilen handelt. So sind kleinere und mittelgroße Organisation tendenziell weniger bereit, solche komplexen Lösungen einzusetzen. Hier werden eher standardisierte Produkte und Leistungen akzeptiert. Ein Beispiel dafür ist der jahrelange Versuch der SAP, ihr ERP-Softwaresystem R/3, das nahezu in jedem deutschen Großunternehmen eingesetzt ist, auch im Mittelstand zu positionieren. Während größere Unternehmen durchaus bereit und in der Lage sind, die Einführungs- und Beratungskosten im Umfeld des Softwaresystems zu bezahlen, sind mittelständische Unternehmen weniger geneigt, diese Zusatzkosten zu tragen. 2.3.5.5 Segmentierung nach technologischen Gesichtspunkten

Für viele Unternehmen – insbesondere aus dem High-Tech-Bereich – ist die systemtechnische Infrastruktur der Kundenunternehmen ein wichtiges Segmentierungsmerkmal. Differenzierungen können hier insbesondere nach Technologiekomponenten wie Hardware, Betriebssystem oder Datenbanksystem vorgenommen werden. Allerdings verlieren solche technologischen Merkmale zunehmend an Bedeutung, weil Unternehmen immer mehr auf technologische Standards, Industriestandards oder Quasistandards setzen. So ist bspw. im Betriebssystembereich die verstärkte Verbreitung von UNIX und Windows NT unübersehbar. Eine weitere Segmentierungsmöglichkeit auf Ebene der Makrosegmentierung ist die Aufteilung des Zielmarktes nach Innovationstypen, die ebenfalls dem Technologiekriterium zugeordnet werden kann. Danach ist zu unterscheiden zwischen folgenden drei Segmenten [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 75]: • • •

HIPs: MIPs: NIPs:

Unternehmen mit hohem Innovationspotenzial Unternehmen mit mittlerem Innovationspotenzial Unternehmen mit niedrigem Innovationspotenzial.

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

115

Als Kriterium zur Bestimmung des jeweiligen Innovationspotenzials kann der innerbetriebliche Technologieeinsatz herangezogen werden, wie z. B. Unternehmen mit einem hohen Einsatzstand von Kommunikations- und Fertigungseinrichtungen. Wichtig bei der Durchführung der Segmentierung ist, dass sich die Unternehmen nicht nur in ein oder zwei Kriterien (Dimensionen) festlegen. Erst eine mehrdimensionale Marktausrichtung, die bspw. eine Konzentration auf wenige Branchen und Funktionen, bestimmte Betriebsgrößen in einem räumlich definierten Marktgebiet vorsieht, kann der Gefahr einer möglichen Verzettelung der knappen Entwicklungs- und Marketingkapazitäten begegnen. Umgekehrt kann die mehrdimensionale Segmentierung aber auch dazu führen, dass das Potenzial eines aus der Schnittmenge mehrerer Merkmale gewonnenen Marktsegments für eine intensive Bearbeitung nicht ausreicht [vgl. LIPPOLD 1993, S. 227]. In Abbildung 2-19 sind beispielhaft vier Segmentierungsdimensionen dargestellt.

Branchen wie • Automotive • Banken • Konsumgüter

Zielsegment

Regionen wie • national • international • global

Betriebsgröße wie • Großunternehmen • Mittelgroße Unternehmen • Kleinere Unternehmen

Funktionen wie • Marketing/Vertrieb • Forschung und Entwicklung • Logistik

Abb. 2-19:

Mehrdimensionale Segmentierung im B2B-Bereich

2.3.6 Mikrosegmentierung Der Segmentierung auf Mikroebene (Unternehmensebene) liegt eine andere logische Dimension zugrunde als der Makrosegmentierung. Während in der Makrosegmentierung die strategisch bedeutsame Auswahl des zu bearbeitenden Marktausschnitts (Zielgruppe) getroffen wird, legt die Mikrosegmentierung fest, welche Zielpersonen innerhalb der zuvor definierten Zielgruppe angesprochen werden sollen. Als Kriterien zur Abgrenzung der Mikrosegmente können Merkmale der an der Kaufentscheidung beteiligten Personen, wie Stellung in der Hierarchie, Zugehörigkeit zu bestimmten Funktionsbereichen oder persönliche Charakteristika, herangezogen werden. Für das B2B-

116

2. Segmentierung

Marketing sollen folgende Zielpersonenkonzepte vorgestellt werden [vgl. LIPPOLD 1998, S. 130 ff.]: • • •

Hierarchisch-funktionales Zielpersonenkonzept Buying-Center-Konzept Kommunikationsorientiertes Zielpersonenkonzept.

Hierarchisch-funktionales Zielpersonenkonzept. Als eine sehr pragmatische Abgrenzung von Personen, die bei der Auswahl insbesondere von IT-orientierten Produkten und Dienstleistungen (High-Tech-Produkte, Software u. ä.) beteiligt sind, hat sich das hierarchischfunktionale Zielpersonenkonzept erwiesen. Es geht davon aus, dass in den Beschaffungsprozess des Kundenunternehmens mindestens zwei Funktionsbereiche (IT- und Fachbereich) sowie die Geschäftsleitung involviert sein können. Die Funktionsträger dieser drei Gruppen können wiederum drei Hierarchiestufen zugeordnet werden: Geschäftsleitung der obersten, IT-Management und Leiter der Fachabteilung der mittleren und IT-Mitarbeiter und Sachbearbeiter der untersten Managementebene [vgl. HANSEN et al. 1983, S. 52]. Buying Center-Konzept. Die Funktionsweise des Buying Center und die verschiedenen Rollen seiner Akteure werden in Abschnitt 6.2.1.1 ausführlich behandelt. Von besonderer Bedeutung für das B2B-Marketing ist es, die Mitglieder des Buying Center zu identifizieren und diese in ihrem Rollenverhalten zu analysieren. Kommunikationsorientiertes Zielpersonenkonzept. Neben den oben skizzierten Zielpersonenkonzepten als Segmentierungsansätze im Mikrobereich, die für den Aktionsbereich Akquisition (Kapitel 6) von grundlegender Bedeutung sind, soll hier noch auf das kommunikationsorientierte Zielpersonenkonzept als dritte Abgrenzungsmöglichkeit von Zielpersonen im B2B-Marketing hingewiesen werden. Es handelt sich dabei um eine Klassifizierung der Zielpersonen innerhalb einer Anwendergruppe nach ihrem Verhältnis und Kenntnisstand gegenüber dem kommunizierenden Anbieterunternehmen. Danach ist zu unterscheiden zwischen Indifferenten, Sensibilisierten, Interessierten und Engagierten, bezogen auf deren Einstellung zum kommunizierenden Unternehmen. Da dieser Ansatz der Mikrosegmentierung auf die Optimierung der Kundenwahrnehmung abzielt, wird er im 4. Kapitel Kommunikation behandelt und dort als Grundlage des Kommunikationsmodells vorgestellt.

2.3.7 Segmentbewertung Wenn die Bedürfnisse, Ziele, Probleme und Erwartungen der anzusprechenden Zielgruppe transparent sind, dann ergeben sich daraus unmittelbar die qualitativen Anforderungen an die anzubietenden Produkte. Um jedoch den Mitteleinsatz für die Vermarktung planen zu können, werden Angaben über den quantitativen Bedarf jeder Zielgruppe bzw. jedes Marktsegments benötigt. Damit stellt sich die Frage nach der Attraktivität der zu bearbeitenden Marktsegmente. Zur Bewertung und Absicherung der Attraktivität von Marktsegmenten können folgende Kriterien herangezogen werden [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 48 ff.]:

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

• • • •

117

Segmentvolumen und -potenzial Wettbewerbsintensität Preisniveau Kapitalbedarf.

2.3.7.1 Segmentvolumen und -potenzial

Segmentvolumen und Segmentpotenzial stellen das Mengengerüst der Nachfrage auf Basis der Anzahl der aktuellen und potentiellen Kunden dar [siehe Abbildung 2-20].

Segmentanteil = Anteil eines Unternehmens am aktuellen Segmentvolumen

Segmentwachstum

Segmentvolumen = effektiver Umsatz aller Unternehmen im Marktsegment Segmentpotenzial = maximal erreichbarer Umsatz im Marktsegment

Abb. 2-20:

Segmentbezogene Zielgrößen einer quantitativen Nachfragebeurteilung

Dieses Mengengerüst erlaubt eine erste Einschätzung, ob es sich überhaupt um ein tragfähiges Marktsegment handelt. Im ersten Schritt wird also die Anzahl der Betriebe ermittelt, die der Zielbranche angehören, eine bestimmte Betriebsgröße aufweisen und in einer definierten Region ansässig sind. Zusätzlich können je nach Art der Produkte und Dienstleistungen auch technologische Kriterien zur Eingrenzung des insgesamt erreichbaren Marktpotenzials herangezogen werden [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 48]. Der (wertmäßige) Segmentanteil eines Unternehmens ergibt sich aus dem Verhältnis des Umsatzes, der mit den eigenen Kunden im aktuellen Segment erzielt wird, zum gesamten Segmentvolumen. Segmentvolumen und Segmentpotenzial werden in wachstumsintensiven Marktsegmenten stärker auseinanderfallen als in gesättigten Segmenten.

2.3.7.2 Wettbewerbsintensität

Mit der aktuellen Größe eines Marktsegments wächst auch die Anzahl der Wettbewerber, so dass das insgesamt erreichbare Segmentpotenzial im zweiten Schritt durch die Wettbewerbsintensität relativiert werden muss. Segmente, die bspw. von international agierenden

118

2. Segmentierung

Anbietern bearbeitet werden, dürften als sehr wettbewerbsintensiv einzustufen sein. Ein transparentes Angebot und hohe Anforderungen an Stabilität, Qualität und Funktionalität kennzeichnen solche wettbewerbsintensiven Märkte. Anders sieht es hingegen in Marktnischen aus, die hinsichtlich des Segmentpotenzials weniger attraktiv sind: Hier werden sich größere Anbieter kaum engagieren. Auch in Segmenten mit sehr individuell geprägten Kundenproblemen ist die Wettbewerbsintensität aufgrund der intransparenten und weniger gut vergleichbaren Leistungsangebote eher niedrig einzuschätzen. Unter dem Aspekt der Bewertung neuer Marktsegmente ist die Berücksichtigung von Segmentbarrieren als Gesamtheit aller hemmenden Einflussfaktoren für den Eintritt in das Marktsegment von besonderer Bedeutung [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 49 f.]. Darüber hinaus gilt die generelle Empfehlung, dass ein jüngeres Unternehmen nicht zu viele Marktsegmente für sich definieren sollte, da dazu die Investitionskraft in der Regel nicht ausreicht. Die Erfahrung zeigt, dass die Markteintrittsschranke bzw. Marktsegmentbarriere etwa so hoch ist, wie die bisherigen Investitionen des Markt(segment)führers. Andererseits werden die Eintrittsbarrieren durch den Technologiewandel permanent verändert und das bietet wiederum besondere Chancen für neue, technologisch attraktive Produkte [vgl. LIPPOLD 1998, S. 127]. 2.3.7.3 Preisniveau

Im dritten Schritt ist das Preisniveau des Segments auszuloten. Die Preisstellung in Verbindung mit dem (mengenmäßigen) Absatzpotenzial liefert eine erste Abschätzung für die Umsatzplanung. Hierbei ist zu beobachten, dass häufig ein Mengen-/Preisverhältnis in Abhängigkeit vom Zielmarkt (differenziert nach der Betriebsgröße) existiert. D. h. je kleiner die Kundenunternehmen sind, desto kleiner wird i. d. R. auch der Preis sein, der für eine Produkteinheit erzielt werden kann. Dies ist bei beliebig reproduzierbaren Produkten weniger problematisch, denn geringere Preise lassen sich durch entsprechende Mengen kompensieren. Anders ist es dagegen bei den Serviceeinheiten, die z. B. in Form von Einführungs-, Installations- und Beratungsleistungen häufig mit dem Produkteinsatz verbunden sind. Serviceeinheiten sind weder beliebig reproduzierbar noch beliebig teilbar. Sie basieren auf einer Kalkulation (Stunden- oder Tageshonorare), die sich zum überwiegenden Teil aus den Personal- und Arbeitsplatzkosten zusammensetzen. Diese Überlegung begründet auch die Erfahrung in der Software- und Beratungsbranche, dass in kleineren Betrieben auf eine Produkteinheit nur Bruchteile einer Serviceeinheit entfallen, dagegen in Großbetrieben der Serviceanteil (meistens in Form von Modifikationen) häufig deutlich über dem entsprechen Produktanteil liegt [vgl. LIPPOLD 1998, S. 128].

2.3.7.4 Kapitalbedarf

Ein weiteres Kriterium für die Attraktivität eines Segments ist der mit seiner Bearbeitung verbundene Finanzmittelbedarf. Viele Zielsegmente zeichnen sich auf der einen Seite durch

2.3 Kaufverhalten und Segmentierung im B2B-Bereich

119

ein relativ geringes Preisniveau und auf der anderen Seite durch einen hohen Kapitalbedarf für die Entwicklung und Marktbearbeitung aus. Nur bei Erreichen entsprechend hoher Stückzahlen können diese Segmente profitabel bearbeitet werden. Wenn die notwendigen Stückzahlen nicht realisiert werden, sind die Verluste mangels Kapitalrückfluss umso gravierender. Die potenziell hohe Profitabilität dieser Segmente muss also mit einem entsprechend höheren Risiko erkauft werden [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 49 f.]. Im vierten Schritt ist demnach eine Kapitalflussrechnung durchzuführen, bei der die (realistisch) erreichbaren Stückzahlen – bewertet mit dem Preisniveau – dem Kapitalbedarf periodengerecht gegenüber gestellt werden. Da die Praxis immer wieder zeigt, dass der Kapitalbedarf für die Entwicklung und Vermarktung insbesondere von High-Tech-Produkten regelmäßig unterschätzt wird, ist hier von vornherein mit einem entsprechenden Risikozuschlag zu kalkulieren. In Abbildung 2-21 ist das Konzept der mehrstufigen Segmentierung in Form der zielgruppenbezogenen Makrosegmentierung einerseits und der darauf aufbauenden zielpersonenorientierten Mikrosegmentierung andererseits grafisch dargestellt.

Makrosegmentierung (zielgruppenorientiert) 1. Stufe

Zielgruppen

Segmentierungsdimensionen • Vertikale Märkte • Horizontale Märkte • Regionale Märkte • Betriebsgröße • Technologie

Segmentierungskriterien • Segmentvolumen • Segmententwicklung • Wettbewerbsintensität • Preisniveau • Kapitalbedarf

Mikrosegmentierung (zielpersonenorientiert) 2. Stufe

Zielpersonen

Abb. 2-21:

Hierarchisch-funktional • Vorstand/GF • Finanzmanagement • Sonst. Fachbereiche • Shareholder • Stakeholder

Buying-Center • Initiator • Gate keeper • Influencer • Decider • Buyer • User

Kommunikationsorientiert • Indifferente • Sensibilisierte • Interessierte • Engagierte

Das Konzept der mehrstufigen Segmentierung im B2B-Bereich

120

2.4

2. Segmentierung

Auswahl der Marktsegmente

2.4.1 Geschäftsfeldplanung Unter organisatorischen Gesichtspunkten und unter dem Aspekt einer gezielteren Marktbearbeitung ist die Segmentierung zugleich Grundlage der Geschäftsfeldplanung bzw. -bestimmung (engl. Defining the Business). Die für das eigene Produktangebot als relevant erachteten Segmente werden als strategische Geschäftsfelder (SGF) bezeichnet. Sie sind eine Kombination aus Produkt und Markt (Zielgruppe). Sie erfüllen eigene Marktaufgaben, indem sie jeweils originäre Kundenprobleme lösen. Sie weisen gegenüber anderen Segmenten eine hinreichende Eigenständigkeit auf und haben eigene Ertragsaussichten [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 43; MÜLLER 1995, Sp. 761 und SZYPERSKI/WINAND 1979, S. 197]. Ausgangspunkt der Geschäftsfeldplanung ist das bestehende Angebot eines Unternehmens, das den identifizierten Marktsegmenten gegenübergestellt wird. Auf diese Weise erhält man eine zweidimensionale Produkt/Markt-Matrix, in der jene Produkt/Markt-Kombinationen ausgewählt werden, die das Unternehmen momentan bedient. Auf der Grundlage der als besonders strategisch erachteten Kriterien (z. B. eine bestimmte Technologie oder Kundengruppe) werden sodann einzelne Produkt/Markt-Kombinationen zu strategischen Geschäftsfeldern zusammengefasst [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 114 ff.]. Das organisatorische Gegenstück zu markt(segment)orientierten Geschäftsfeldern bilden strategische Geschäftseinheiten (SGE) . Eine strategische Geschäftseinheit (engl. Strategic Business Unit) entsteht durch die interne Segmentierung eines Unternehmens und ist für die Bearbeitung eines oder mehrerer Geschäftsfelder zuständig. [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 121]. In Abbildung 2-22 sind die Stufen der Geschäftsfeldplanung dargestellt.

Markt Strategische Geschäftsfelder SGF

Produktgruppen

Produktgruppen

Marktsegmente

Unternehmen

SGF 1

SGF 2

SGF 3

SGF 4 SGF 5

Produkt/Markt-Matrix

Abgrenzung Geschäftsfelder

[Quelle: modifiziert nach MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 117]

Abb. 2-22:

Strategische Geschäftseinheiten SGE

Stufen der Geschäftsfeldplanung

SGE 1

SGE 2

SGE 3

bearbeitet

bearbeitet

bearbeitet

SGF 1

SGF 2

SGF 5

SGF 3

SGF 4

Bildung von Geschäftseinheiten

2.4 Auswahl der Marktsegmente

121

Strategische Geschäftsfelder werden nach marktorientierten, unternehmensexternen Aspekten gebildet, während strategische Geschäftseinheiten unternehmensinterne organisatorische Einheiten darstellen. Beide müssen nicht notwendigerweise übereinstimmen, sondern eine Geschäftseinheit kann durchaus mehrere Geschäftsfelder umfassen und umgekehrt. Eine – zumindest vertrieblich ausgerichtete – Organisation nach Geschäftsfeldern in Form von Geschäftseinheiten verkürzt die Wege zum Kunden, weil sie neben den eigenen Produkten bzw. deren Funktionalitäten auch die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt stellt. Das nachstehende Beispiel von HENKEL in Insert 2-05 greift diese Systematik auf.

Insert Strategische Geschäftsfelder und strategische Geschäftseinheiten bei HENKEL Kerngeschäft

SGFs

SGEs

HENKEL ist weltweit mit Marken und Technologien in folgenden drei Geschäftsfeldern tätig: Laundry & Home Care

Beauty Care

Adhesive Technologies

(Wasch-/Reinigungsmittel)

(Schönheitspflege)

(Klebstoffe)

Waschmittel

Reinigungsmittel

Haare

Körper

Haut

Zähne

Heim, Schule Büro

Heim-u. Handwerk

Industrie

Marken (Auswahl)

HENKEL ist nach eigenen Angaben weltweit mit führenden Marken und Technologien in den drei Geschäftsfeldern Laundry & Home Care (Wasch-/Reinigungsmittel), Beauty Care (Schönheitspflege) und Adhesive Technologies (Klebstoff-Technologien) tätig. • Im ersten strategischen Geschäftsfeld Laundry & Home Care ist Henkel weltweit im Markenartikelgeschäft für Wasch- und Reinigungsmittel tätig. Das Geschäftsfeld wird organisatorisch von zwei strategischen Geschäftseinheiten bearbeitet. Die Geschäftseinheit Waschmittel (Laundry Care) umfasst neben Universal- und Spezialwaschmitteln auch Weichspüler, Waschkraftverstärker und Wäschepflegemittel. Im Produktportfolio der Geschäftseinheit Reinigungsmittel (Home Care) finden sich Hand- und Maschinengeschirrspülmittel,

Reiniger für Bad und WC sowie Haushalts-, Glasund Spezialreiniger. • Beauty Care ist das zweite strategische Geschäftsfeld von HENKEL. Hier werden zahlreiche Markenprodukte der Kosmetik und Körperpflege weltweit entwickelt, hergestellt und vertrieben. Das Geschäftsfeld wird von den Geschäftseinheiten Haare (Marke: SCHWARZKOPF), Körper, Haut und Mundhygiene (Zähne) bearbeitet. • Im dritten Geschäftsfeld Adhesive Technologies ist HENKEL nach eigenen Angaben Weltmarktführer bei Klebstoffen, Dichtstoffen und Funktionsbeschichtungen für Konsumenten und Handwerker sowie bei industriellen Anwendungen. Mit den Geschäftseinheiten für Heim, Schule und Büro, für das Heim- und Handwerk sowie für die Industrie erzielt HENKEL die Hälfte des Konzernumsatzes.

Insert 2-05: Strategische Geschäftsfelder und strategische Geschäftseinheiten bei HENKEL

122

2. Segmentierung

2.4.2 Segmentierungsstrategien Die Bildung von Geschäftsfeldern als Ergebnis der Segmentierung wirft zugleich die Frage nach der Anzahl der zu bearbeitenden Geschäftsfelder bzw. Marktsegmente und damit den Grad der Abdeckung des Marktes auf. Grundsätzlich lassen sich fünf typische Marktbearbeitungsmuster unterscheiden [vgl. BECKER 2009, S. 448 f. und Bezugnahme auf ABELL 1980]: •

Gesamtmarktabdeckung, d. h. Abdeckung aller relevanten Teilmärkte mit jeweils darauf abgestimmten Produktalternativen (Beispiele: NESTLÉ im Nahrungsmittelbereich; Hewlett Packard im Computermarkt; VW-Konzern im Automobilmarkt);



Marktspezialisierung, d. h. vollständige Abdeckung eines Teilmarktes mit einem „kompletten“ Programm (Beispiele: MILUPA für Kindernahrung; WOLF-Gartensystem; ADIDAS im Sportartikelbereich);



Produktspezialisierung, d. h. vollständige Abdeckung eines Produktbereichs (Beispiele: LOEWE-Fernseher; STIHL-Motorsägen; SAP-Unternehmenssoftware);



Selektive (differenzierte) Spezialisierung, d. h. Bearbeitung ausgewählter Teilmärkte zur Ausschöpfung möglichst attraktiver Produkt/Markt-Kombinationen (Beispiele: FERRERO im Süßwarenbereich; GRÜNENTHAL-Pharmazeutika; 3M-Produktportfolio);



Nischenspezialisierung, d. h. Spezialisierung auf einen (kleinen) Teilmarkt aufgrund spezieller Kompetenzen und/oder besonderer Attraktivität der Nische (Beispiele: FERRARI-Sportwagen; Softwarehäuser für Geomarketing-Datenbanken; Bauunternehmen für den Bau von Tankstellen).

Abbildung 2-23 kennzeichnet die fünf Grundmuster der Marktbearbeitung. In diesem Zusammenhang müssen auch zwei typische Risiken der Marktsegmentierung genannt werden. Zum einen handelt es sich um die Gefahr der Übersegmentierung, zum anderen um die Gefahr der Überkonzentration [vgl. BECKER 2009, S. 291]. Bei der Übersegmentierung (engl. Oversegmentation) besteht das Risiko darin, dass Märkte „künstlich“ zu stark aufgeteilt werden. Diese Gefahr ist vornehmlich dann gegeben, wenn ein Unternehmen (zu) viele Marken mit unterschiedlichen Marketingprogrammen in einem Zielmarkt anbietet. Eine Überkonzentration (engl. Overconcentration) ist vor allem dann gegeben, wenn sich ein Unternehmen zu sehr auf ein Segment konzentriert. Eine besondere Gefahr sind geschlechtsspezifische oder altersspezifische Segmentierungen, die sich im Zeitablauf verändern können.

2.4 Auswahl der Marktsegmente

M1

M2

123

M3

M1

M2

M3

M1

P1

P1

P1

P2

P2

P2

P3

P3

P3

Gesamtmarktabdeckung M1

M2

Marktspezialisierung

M3

M1

P1

P1

P2

P2

P3

P3

M2

M2

M3

Produktspezialisierung

M3

P = Produkt

Selektive Spezialisierung

Abb. 2-23:

M = (Teil-)Markt

Nischenspezialisierung

[Quelle: BECKER 2009, S. 448]

Idealtypische Marktbearbeitungsmuster

Wird der Grad der Marktabdeckung mit der Art der Marktbearbeitung in Beziehung gesetzt, so ergeben sich folgende Marktbearbeitungsstrategien, die auch als Marktparzellierungsstrategien bezeichnet werden [vgl. BECKER 2009, S. 238 ff. und MEFFERT et al. 2008, S. 295 ff.]: • • • •

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie Selektive Marktbearbeitungsstrategie.

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie. Bei der undifferenzierten Marktbearbeitungsstrategie – auch als Massenmarktstrategie mit totaler Marktabdeckung [BECKER] bezeichnet – wird mit einem Produkt und einem Marketingprogramm der Gesamtmarkt bearbeitet (siehe Feld 1 in Abbildung 2-24). Auf eine Segmentierung des Marktes wird bewusst verzichtet. Statt nach Unterscheidungskriterien bei den Abnehmern zu suchen, konzentriert sich das anbietende Unternehmen auf das, was die Kunden verbindet. In diesem Sinne wird versucht, eine größtmögliche Anzahl von Abnehmern anzusprechen. Klassische Beispiele solcher Vermarktungsstrategien sind das T-Modell von FORD oder der Käfer von VW. Als gegenwärtige Beispiele können der MARS-Schokoladenriegel („Mars macht mobil bei Arbeit, Sport und Spiel“ – also für jedermann und für jeden Zweck) oder JÄGERMEISTER („Einer für alle“) genannt werden [vgl. BECKER 2009, S. 241 ff.]. Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie. Die konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie wird auch als Massenmarktstrategie mit partialer Marktabdeckung [BECKER] bezeichnet (siehe Feld 2 in Abbildung 2-24). Auch hier werden bewusst Massenmärkte bedient, die jedoch enger gefasst sind als die oben beschriebenen Grundmärkte. Ein Beispiel dafür ist der

124

2. Segmentierung

Rasierer-Markt, der sich in den (globalen) Markt für Nassrasierer und den (globalen) Markt für Trockenrasierer unterteilt. Die Marke GILLETTE bedient den Teilmarkt für Nassrasierer konzentriert mit einem Marketingprogramm, das keine weitere Differenzierung nach bestimmten Abnehmergruppen verfolgt [vgl. BECKER 2009, S. 244].

Abdeckung des Marktes Grad der Differenzierung

Vollständig (Total)

Teilweise (Partial)

Undifferenziert

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie

Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie

Massenmarktstrategie

Differenziert

Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie

Selektive Marktbearbeitungsstrategie

Marktsegmentierungsstrategie (i. e. S.)

Abb. 2-24:

Segmentspezifische Marktbearbeitungsstrategien

Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie. Mittels der differenzierten Marktbearbeitungsstrategie (Feld 3 in Abbildung 2-24) bedienen Unternehmen durch unterschiedliche Marketingprogramme alle attraktiven Marktsegmente des relevanten Produktmarktes (multiple Segmentierung). Ein hoher Differenzierungsgrad des Angebotes drückt sich durch ein relativ großes Produktportfolio aus. Typisch für die differenzierte Marktbearbeitungsstrategie, die jeweils mehrere, viele oder auch alle identifizierten Segmente bzw. Käufergruppen abdeckt, ist der Nahrungs- und Genussmittelbereich. Anwendungsbeispiele finden sich zudem in Dienstleistungsmärkten wie bei Banken und Versicherungen [vgl. BECKER 2009, S. 296]. Selektive Marktbearbeitungsstrategie. Die selektive Marktbearbeitungsstrategie, die vor allem von mittleren und kleineren Unternehmen praktiziert wird, ist die Strategie des Nischenanbieters (Feld 4 in Abbildung 2-24). Es handelt sich hierbei um spezielle Marktsegmente, die für große Anwender vergleichsweise unattraktiv sind oder für deren Bearbeitung sie nicht über ausreichende Kompetenzen verfügen. Kennzeichen dieser Strategie ist eine hohe Spezialisierung für ein spezifisches Kundenproblem, so dass eine geschützte Marktposition eingenommen werden kann [vgl. BECKER 2009, S. 296]. Generell gilt der Strategietrend, dass mit steigender Größe des Unternehmens auch der Grad der Marktabdeckung zunimmt. Mit steigender Marktabdeckung nimmt häufig aber der Grad der Individualisierung des Marketingprogramms ab. Die Bandbreite reicht hier vom kundenindividuellen Marketing und der konzentrierten Bearbeitung eines Marktsegments (Nische) über das segmentorientierte Marketing bis hin zur Abdeckung eines möglichst großen Teils des Zielmarktes mit undifferenzierten Marketingprogrammen (siehe Abbildung 2-25).

2.4 Auswahl der Marktsegmente

125

Undifferenziertes Massenmarketing

Grad der Individualisierung

niedrig Differenziertes Massenmarketing Segmentorientiertes Marketing Nischenorientiertes Marketing

hoch

Kundenindividuelles Marketing

niedrig

Grad der Marktabdeckung

[Quelle: modifiziert nach BECKER 2009, S. 294]

Abb. 2-25:

Der Strategietrend im Marketing

hoch

126

2.5

2. Segmentierung

Marktforschung als Instrument der Segmentierung

2.5.1 Grundlagen und Prozess Die Marktforschung schafft die Voraussetzung dafür, dass die relevanten Marktsegmente des Unternehmens identifiziert und ausgewählt werden können. Die Untersuchung des Kaufverhaltens von Konsumenten und Organisationen und darauf aufbauend die Bestimmung und Auswahl der Kundensegmente ist aber nur ein Aufgabengebiet der Marktforschung. Generell werden Informationen der Marktforschung benötigt, um •

Marktchancen (z. B. hinsichtlich Marktpotenzial, Marktwachstum, Einsatz neuer Technologien) zu erkennen,



den Wettbewerb (z. B. hinsichtlich Ziele, Strategien, Kommunikationsverhalten, Distributionswege, Ressourcen und Kostenstruktur) zu beobachten,



die eigene Marktposition (z. B. hinsichtlich Marktanteil, Bekanntheitsgrad und Image) zu bestimmen,



eigene Marketingaktionen zu konzipieren, durchzuführen und hinsichtlich Kundenakzeptanz zu überprüfen.

Zu Beginn eines Marktforschungsprojekts, das in mehreren Schritten (Phasen) abläuft (siehe Abbildung 2-26), definiert der Marktforscher die Problemstellung und Zielsetzung der Marketingmaßnahme. Beide fließen in das Untersuchungsdesign für die Datenerhebung ein, die das Unternehmen entweder in eigener Regie durchführt oder von einem Marktforschungsinstitut durchführen lässt. Im nächsten Schritt werden die erhobenen Daten ausgewertet und analysiert. Den Abschluss des Projekts bilden ein Bericht und/oder eine Präsentation mit entsprechenden Handlungsempfehlungen für die Entscheider.

Problemstellung und Zielsetzung

Untersuchungsdesign

Datenquellen und Erhebungsmethoden Primärdaten • Befragung • Beobachtung • Experiment • Panel Sekundärdaten • Interne Quellen • Externe Quellen

Abb. 2-26:

Datenauswertung

Datenerhebung

Auswahlverfahren

Analysemethoden

Systematische Zufallsauswahl • Uneingeschränkte Zufallsauswahl • Geschichtete Auswahl • Mehrstufige Auswahl Bewusste Auswahl • Typische Auswahl • Cut-off-Verfahren • Quoten-Auswahl

z. B.

Der Marktforschungsprozess

• • • • •

Korrelationsanalyse Regressionsanalyse Diskriminanzanalyse Faktorenanalyse Clusteranalyse

Kommunikation der Ergebnisse

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

127

Problemstellung und Zielsetzung. Ob es sich beim Marktforschungsprojekt um Marktsegmentanalysen, Marktpotenzialuntersuchungen, Wettbewerbsanalysen, Trendbeobachtungen, Imageanalysen oder Werbewirkungsprognosen handelt, in der genauen Abgrenzung der Problemstellung und der Formulierung der Forschungsziele liegt häufig die größte Herausforderung eines Marktforschungsprojekts [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 373]. Untersuchungsdesign. Im zweiten Schritt eines Marktforschungsprojekts wird der Informationsbedarf bestimmt und in einem Untersuchungsdesign festgelegt, woher die Daten kommen und welche Erhebungsmethoden für die Datengewinnung herangezogen werden sollen. Im Untersuchungsdesign wird ebenfalls festgelegt, wer die Durchführung der Untersuchung vornehmen soll. Das Unternehmen kann die gewünschten Marktinformationen entweder in Eigenleistung oder durch Fremdbezug (Vergabe an ein Marktforschungsinstitut oder an eine entsprechend kompetente Unternehmensberatung) gewinnen. Datenerhebung. Nachdem Datenquellen, Erhebungsmethodik und der Durchführende des Marktforschungsprojekts im Untersuchungsdesign festgelegt sind, wird in der nächsten Phase – sofern es sich um eine Primärerhebung handelt – der Stichprobenplan aufgestellt. Dabei sind Entscheidungen zur Grundgesamtheit, zum Stichprobenumfang und zum Auswahlverfahren zu treffen. Die Datenerhebung selber, die sich durch Telekommunikation und Internet rapide verändert hat, verursacht im Rahmen des Marktforschungsprojekts die meisten Kosten [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 178 und 184]. Datenauswertung. Im nächsten Schritt werden die erhobenen Daten aufbereitet, verdichtet und analysiert. Grundlage dafür ist eine Editierung und Kodierung der Rohdaten. Für die Datenauswertung steht dem Marktforscher an seinem Computerarbeitsplatz eine ganze Reihe von statistischen Analyseverfahren zur Verfügung. Sie beinhalten neben üblichen Methoden zur Berechnung von Mittelwerten, Streuungsparametern, Korrelationen und Regressionen auch die Möglichkeit, mittels multivariater Verfahren die Beziehungen zwischen mehreren Einflussgrößen (Variablen) auszuwerten. Kommunikation der Ergebnisse. Die Datenauswertung mündet ein in einen Bericht bzw. in eine Ergebnispräsentation, der/die alle wesentlichen Ergebnisse des Marktforschungsprojekts darstellt, interpretiert und kommentiert. Dabei stehen konkrete Umsetzungs- und Handlungsempfehlungen für die Adressaten des Berichts im Vordergrund.

2.5.2 Datenquellen Von besonderer Bedeutung für die Qualität und Aussagekraft einer Marktuntersuchung ist die Verfügbarkeit von Daten. Als Datenquellen kommen Primärdaten, Sekundärdaten oder eine Mischung aus beiden in Betracht. Primärdaten sind Daten, die speziell für eine bestimmte Fragestellung (erstmalig) erhoben werden. Sekundärdaten basieren auf vorhandenem Informationsmaterial, das bereits für einen anderen Zweck erhoben wurde. Aus diesen Begriffen

128

2. Segmentierung

leitet sich auch die Einteilung der Marktforschung in Primärforschung (engl. Field Research) und Sekundärforschung (engl. Desk Research) ab. Gewinnung von Sekundärdaten. Da Sekundärdaten in der Regel schneller und kostengünstiger beschafft werden können als Primärdaten, wird der Marktforscher zunächst versuchen, auf Sekundärdaten zurückzugreifen. Insbesondere im Internet, dem weltweit größten Informationsspeicher (World Wide Web), sind über Suchmaschinen zeitnah und häufig kostenlos umfassende Informationen zu den verschiedensten Themen verfügbar. Viele Marktforscher nutzen darüber hinaus kommerzielle Online-Datenbanken (z. B. GENIOS mit Zugriffsschwerpunkt auf Wirtschaftsdatenbanken bis hin zum Volltext von Zeitungen und Zeitschriften) als externe Informationsquelle. Darüber hinaus bieten Wirtschaftsverbände und organisationen, Behörden sowie Wirtschaftsmagazine über ihre Webseiten eine Vielzahl von Informationen an. Nützliche Informationen finden sich zudem in der Wirtschafts- und Fachpresse, in Messekatalogen, Branchenverzeichnissen und Nachschlagewerken. Neben diesen externen Daten bieten aber auch interne Informationsquellen wichtige Informationen. Zu diesen unternehmensinternen Quellen zählen Absatz- und Umsatzstatistiken, Außendienstberichte, Kundendateien sowie Berichte früherer Primär- und Sekundäruntersuchungen. Gewinnung von Primärdaten. Sekundärdaten sind eine gute Basis für die Einarbeitung in die Problemstellung und tragen zur Ökonomisierung der Marktforschung bei [vgl. Meffert 2008, S. 153]. In vielen Fällen bilden Sekundärdaten allerdings keine ausreichende Datenbasis, da sie möglicherweise unvollständig, veraltet, ungenau, unzuverlässig oder nicht objektiv sind. In diesen Fällen bleibt dem Marktforscher nur der kosten- und zeitaufwändige Weg der Informationsbeschaffung von Primärdaten, die in der Regel besser auf die Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung zugeschnitten sind. Sowohl Primärdaten als auch Sekundärdaten sollten folgende Anforderungen erfüllen [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 376]: • • • •

Relevanz (im Hinblick auf die tatsächliche Problemstellung); Genauigkeit (durch verlässliche Erhebung und sachkundige Aufbereitung); Aktualität (im Hinblick auf das konkrete Projekt); Objektivität (durch Unabhängigkeit bei der Datensammlung und -analyse).

2.5.3 Erhebungsmethoden Bei der Erhebung von Primärdaten lassen sich folgende Methoden unterscheiden: • •

Beobachtung und Befragung,

als grundsätzliche Erhebungsmethoden sowie

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

• •

129

Experiment und Panel

als Mischformen von Beobachtung und Befragung. 2.5.3.1 Beobachtung

Die Beobachtung als Erhebungsmethode (engl. Observational Method) erfasst planmäßig wahrnehmbare Sachverhalte, Verhaltensweisen und Eigenschaften von bestimmten Personen, ohne dass dabei ein verbaler Kontakt zwischen Beobachter und Beobachteten erforderlich ist. Die Methode der Beobachtung eignet sich besonders bei der Analyse des Kauf- und Konsumverhaltens [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 262 unter Bezugnahme auf KEPPER 2008]. In methodischer Hinsicht können folgende Beobachtungsformen, die auch untereinander kombinierbar sind, unterschieden werden, unterschieden werden (siehe Abbildung 2-27): • • • •

Labor- oder Feldbeobachtung Teilnehmende- oder nicht-teilnehmende Beobachtung Manuelle oder apparative Beobachtung Biotische oder nicht-biotische Beobachtung.

In Abbildung 2-27 sind die verschiedenen Beobachtungsformen im Überblick dargestellt. Beobachtungsformen

Nach dem Beobachtungsumfeld

Feldbeobachtung

Abb. 2-27:

Laborbeobachtung

Nach der Partizipation des Beobachters

Teilneh mende Beobachtung

Nichtteilnehmende Beobachtung

Nach dem Automatisierungsgrad der Beobachtung

Manuelle Beobachtung

Apparative Beobachtung

Nach der Durchschaubarkeit der Beobachtungssituation

Offene Situation

Nichtdurchschaubare Situation

Quasibiotische Situation

(Voll-) Biotische Situation

Wichtige Beobachtungsvarianten

Nach dem Beobachtungsumfeld wird zwischen Feld- und Laborbeobachtung differenziert. Feldbeobachtungen finden in der gewohnten Umgebung der beobachteten Personen statt (z. B. die Beobachtung des Einkaufsverhaltens von Konsumenten im Geschäft oder die Beobachtung der Verweildauer vor Schaufenstern auf der Straße). Laborbeobachtungen erfolgen dagegen unter künstlich geschaffenen Bedingungen (z. B. Verpackungstest in einem Kochstudio oder Rasierwassertest nach der Rasur in einem dafür präparierten Raum). Nach der Partizipation des Beobachters kann zwischen teilnehmender und nicht-teilnehmender Beobachtung unterschieden werden. Bei der teilnehmenden Beobachtung wirkt

130

2. Segmentierung

der Beobachter am Beobachtungsgeschehen mit. Beispiele sind die Blickaufzeichnung (engl. Eye Tracking) bei der Betrachtung von Werbeanzeigen (siehe Insert 2-06), die Infrarotkamera bei Werbepretests oder das Mystery Shopping, bei der der Beobachter als verdeckter Kunde das Serviceverhalten von Mitarbeitern analysiert und bewertet.

Insert Blickregistrierungsverfahren gestern und heute

Mit den Verfahren zur Blickregistrierung kann gemessen werden, wie oft, wie lange und in welcher Reihenfolge die verschiedenen Bestandteile einer Anzeige betrachtet werden. Ein Computer erfasst und dokumentiert diese Daten und ermöglicht für jede untersuchte Anzeige die genaue Aufzeichnung des Blickverlaufs einschließlich der Verweildauer bei bestimmten Elementen der Anzeige. Bei früheren Blickaufzeichnungstechniken erhielt die Testperson einen Helm mit vorgesetzter Spezialbrille, die das Blickfeld und den Blickverlauf des Probanden aufzeichnet (linkes Bild). Heute wird mit einer

so genannten binikularen Video-Kamera gearbeitet, die unter dem Display angebracht ist und die die Augenbewegung des Probanden aufzeichnet (rechtes Bild). Über eine spezielle Software wird der genaue Blickverlauf in zeitlicher und räumlicher Dimension dargestellt. Wichtige Informationen in Bezug auf Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, die in dieser Form vom Probanden nur schwer beschreibbar und quantifizierbar sind, werden so erfasst und vom System bereitgestellt. [Quelle: KROEBER-RIEL 1993, S. 57, SAND et al. 2010, S. 41 und BRUSCH et al. 2010, S. 13 ff.]

Insert 2-06: Blickregistrierungsverfahren gestern und heute Bei der nicht-teilnehmenden Beobachtung wirkt der Beobachter nicht in das Beobachtungsgeschehen ein. Beispiele hierfür sind der Einsatz von Videokameras (z. B. bei Kundenlaufstudien, die den konkreten Weg von Konsumenten durch das Geschäft erfassen) oder die Zusatzeinrichtung von Telemetern, die eingeschaltete Fernsehsender zeitlich registrieren und damit Fernsehgewohnheiten und Einschaltquoten ermitteln. Die nicht-teilnehmende Beobachtung hat darüber hinaus im Rahmen des Internets mit seinen neuen technischen Möglichkeiten zur Beobachtung des Einkaufsverhaltens von Konsumenten an Bedeutung gewonnen. Spezielle Analysesoftware ermöglicht den Betreibern der Website, das Nutzungs- und Kaufverhalten ihrer Kunden zu erfassen und zu analysieren („Click-Through-Verfahren“) [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 265 f.]. Im Gegensatz zu manuellen Verfahren, zu denen die allermeisten Feldbeobachtungen gehören, werden apparative Beobachtungsverfahren eingesetzt, um Testpersonen, um Testper-

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

131

sonen in einer kontrollierten Beobachtungssituation in Laborräumen mit objektiven Messmethoden in ihrem Verhalten zu beobachten. Die dabei eingesetzten Untersuchungstechniken sollen bestimmte reale Situationen im Markt simulieren. Zu den in der Praxis hauptsächlich angewendeten Verfahren zählen die die Blickregistrierung, die tachistoskopische Untersuchung, die Hautwiderstandsmessung, das Compagnon-Verfahren, der Programmanalysator, der Einwegspiegel, die Kameraaufzeichnung bei der Kundenlaufstudie oder das Mystery Shopping (siehe Abbildung 2-28). Apparative Beobachtungen

Methodik

Zielrichtung im Marketing

Blickregistrierung

Aufzeichnung der Augenbewegung des Probanden mit binikularen Video-Kameras

Überprüfung der Gestaltung von Werbeanzeigen, Internet-Auftritten und Verpackungen

Tachistoskop

Diaprojektor, der extrem kurze Bilddarstellungen projiziert

Simulation der flüchtigen Wahrnehmung von Kommunikationsbotschaften

Hautwiderstandsmessung

Messung der elektronischen Leitfähigkeit der Messung von Emotionen/Erregung z. B. bei Haut mittels zweier Elektroden der Beurteilung von Werbemaßnahmen

CompangonVerfahren

Mittels versteckter Kamera wird Art und Dauer der Anzeigenbeachtung beobachtet

Programmanalysator

Gerät, bei dem die Probanden mittels Hebel- Beurteilung von TV- und Kinospots sowie druck ihre Emotionen ausdrücken können von Rundfunkwerbung

Einwegspiegel

Von der Rückseite durchblickbarer Spiegel

Verdeckte Beobachtung, z. B. bei Gruppendiskussionen

Kundenlaufstudie

Der Weg des Kunden durch ein Ladengeschäft wird mittels Kameras aufgezeichnet

Hinweise zu Einkaufspräferenzen, Sortimentsgestaltung, Regalplatzierung

Mystery Shopping

Einkäufe bzw. Nutzung von Dienstleistungen Überprüfung der Servicequalität als Grunddurch geschultes Testpersonal lage der Personalbeurteilung u. -entwicklung

Überprüfung der Aufmerksamkeitswirkung von Anzeigen

[Quelle: SAUERMANN 2008, S. 225]

Abb. 2-28: Apparative Beobachtungsverfahren (Auswahl) Insgesamt bieten die apparativen Beobachtungsverfahren wertvolle Erkenntnisgewinne in der Werbeforschung (z. B. zur Prognose bestimmter Werbewirkungen von Anzeigenentwürfen), in der Produktentwicklung (z. B. bei der Auswahl funktionell sinnvoller und leichter Handhabungsmöglichkeiten) und im Bereich der Verpackungsgestaltung (z. B. Ermittlung der ansprechendsten Verpackungsform). Trotz dieser Einsatzbreite sind die Kosten bei apparativen Beobachtungsmethoden wegen der zumeist sehr hochwertigen Untersuchungstechnik nicht zu unterschätzen. Auch lassen die Verfahren aus Zeit- und Kostengründen keine Fallzahlen wie z. B. bei der Feldbeobachtung zu. Hinsichtlich der Durchschaubarkeit der Beobachtungssituation können Beobachtungen in • •

offenen Situationen, nicht-durchschaubaren Situationen,

132

• •

2. Segmentierung

quasi-biotischen Situationen und in biotischen Situationen

unterschieden werden (siehe Abbildung 2-29). Die offene bzw. durchschaubare Beobachtungssituation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Versuchsperson die Situation, die Aufgabe und den Zweck der Untersuchung kennt. Die Blickregistrierung und -aufzeichnung sowie andere apparative Verfahren, bei denen spezielle Beobachtungsgeräte (bspw. zur Hautwiderstands- oder Hirnstrommessung) eingesetzt werden, sind Beispiele für diese Beobachtungssituation. Bei der nicht-durchschaubaren Situation sind der Versuchsperson die Situation und die Aufgabe, nicht jedoch das Versuchsziel bekannt. Beispiele sind Geschmackstests und die Anwendung von Einkaufslisten. In der quasi-biotischen Situation ist der Versuchsperson lediglich ihre Rolle als Versuchsobjekt bewusst. Die bereits erwähnten Verpackungs- und Rasierwassertests sind Beispiele für diese Versuchssituation. Bei der biotischen Situation wird die Versuchsperson in ihrer gewohnten Umgebung, also in einer lebensechten Situation beobachtet, ohne dass sie weiß, dass sie beobachtet wird. Daher sind biotische Situationen zumeist auch Feldbeobachtungen. Durchschaubarkeitsgrad

Wissen um das Versuchsziel

Wissen um die Aufgabe

Wissen um die Versuchssituation

X

X

X

Insbesondere apparative Verfahren wie • Blickregistrierung

Nicht-durchschaubare Situation ̶

X

X

• Geschmackstest • Einkaufslisten

Quasi-biotische Situation ̶

̶

X

• Rasierwassertest • Verpackungstest

(Voll-) Biotische Situation ̶

̶

̶

Beobachtungssituation

Offene Situation

Beispiele

• Passantenregistrierung • Verweildauer vor Schaufenstern

[Quelle: BEREKHOVEN et al. 2004]

Abb. 2-29:

Beobachtungsvarianten nach der Durchschaubarkeit der Versuchssituation

2.5.3.2 Befragung

Die Befragung (engl. Survey Method) ist das wichtigste Instrument der Primärerhebung. Es kann zwischen Befragungsformen (Befragungsstrategie) und Arten der Fragestellung (Befragungstaktik) unterschieden werden [vgl. SCHÄFER/KNOBLICH 1978, S. 276 ff.]. In Abbildung 2-30 sind die strategischen und taktischen Elemente einer Befragung gegenübergestellt.

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

133

Befragung

Befragungsstrategie (Befragungsformen) • • • •

Abb. 2-30:

Mündliche Befragung Schriftliche Befragung Telefonische Befragung Online-Befragung

Befragungstaktik (Art der Fragestellung) • • • •

Offene und geschlossene Fragen Direkte und indirekte Fragen Vortrags- und Vorlagefragen Ergebnis- und instrumentelle Fragen

Strategische und taktische Elemente einer Befragung

Befragungsstrategie. Im Rahmen der Befragungsstrategie ist die grundlegende Entscheidung darüber zu treffen, ob die Befragung mündlich, schriftlich, telefonisch oder per Internet (Online) durchgeführt werden soll. Die mündliche Befragung, bei der die Informationen durch einen Interviewer erhoben werden, ist sicherlich die bedeutsamste Befragungsform. Das Interview kann entweder auf Grundlage eines standardisierten Fragebogens, bei dem die Fragen in Form, Inhalt und Reihenfolge festgelegt sind, oder als freies (nicht-standardisiertes) Interview durchgeführt werden. Beim freien Interview ist dem Interviewer lediglich das Ziel der Befragung vorgegeben. Diese Methode hebt mehr auf die Gewinnung qualitativer Tatbestände und weniger auf die Generierung quantitativer Sachverhalte ab. Ein Beispiel dafür ist das Tiefeninterview, das tiefere Einsichten in die Denk-, Empfindungs- und Handlungsweisen des Befragten gewinnen soll. Die Vorteile des standardisierten Interviews liegen vor allem in der hohen Erfolgsquote und der damit einhergehenden Repräsentativität der Untersuchungsergebnisse sowie in einer kontrollierbaren Befragungssituation, in der der Befragte auch die Möglichkeit zu Rück- bzw. Verständnisfragen hat. Nachteilig sind die hohen Befragungskosten sowie eine mögliche Beeinflussung des Befragten durch den Interviewer (Interviewereffekt). Bei der schriftlichen Befragung beantworten die Versuchspersonen Fragebögen, die Sie auf dem Postweg erhalten haben. Dem Vorteil der (zur mündlichen Befragung) relativ niedrigen Kosten (Wegfall des Interviewereinsatzes), steht der Nachteil einer geringen Rücklaufquote entgegen. Hinweise auf den wissenschaftlichen Zweck der Befragung, die Ankündigung, dass der Fragebogen persönlich abgeholt wird, oder die Teilnahme an einer Verlosung sind Beispiele zur Verbesserung der Rücklaufquote. Eine besondere Form der mündlichen Befragung ist die telefonische Befragung, bei der die Versuchspersonen per Telefon kontaktiert und anhand eines Fragebogens befragt werden. Die telefonische Befragung wird idealerweise computergestützt durchgeführt, d. h. der Interviewer liest die Fragen direkt vom Bildschirm ab und gibt die Antworten direkt in den Computer ein (Computer Assisted Telephone Interviewing – CATI). Die Kosten dieser sehr zeitsparenden Befragungsform sind deutlich geringer als bei der mündlichen Befragung. Allerdings führt ein zu umfangreicher Fragebogen schnell zum Abbruch des Interviews. Auch ist es sehr schwer, bestimmte Zielgruppen – insbesondere Entscheider – telefonisch zu erreichen.

134

2. Segmentierung

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Online-Befragungen, die als Sonderform der schriftlichen Befragung aufgefasst werden können. Bei diesen Befragungen haben die Adressaten die Möglichkeit, einen Online-Fragebogen oder einen per E-Mail zugeschickten Fragebogen auszufüllen. Erhebliche Zeit- und Kostenvorteile gegenüber der schriftlichen Befragung stehen einer z. T. noch eingeschränkten Repräsentativität gegenüber. Abbildung 2-31 fasst die wesentlichen Vor- und Nachteile dieser vier Befragungsformen zusammen. Mündliche Befragung • Hohe Erfolgsquote • Fragebogenumfang kaum eingeschränkt

Vorteile

• Möglichkeit von Rückfragen • Befragungssituation kontrollierbar

• Hohe Kosten

Nachteile

• Beeinflussung durch Interviewer möglich (Interviewereffekt)

Schriftliche Befragung • Relativ niedrige Kosten • Keine Beeinflussung durch Interviewer

Telefonische Befragung • Geringere Kosten als bei mündl. Befragung • Zeitersparnis

OnlineBefragung • Kostengünstig • Zeitersparnis • Kein Interviewereinfluss

• Erreichbarkeit großer Fallzahlen

• Geringer Interviewereinfluss

• Geringe Rücklaufquote

• Fehlender Sichtkontakt zum Interviewer

• Rücklaufquoten teilweise gering

• Fragebogenumfang ist eingeschränkt

• Schwierige Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen (z. B. Manager)

• Eingeschränkte Repräsentativität

• Keine Möglichkeit von Rückfragen

• Hohe Reichweite • Automatische Erfassung der Daten

• Befragungssituation nicht kontrollierbar

• Befragungssituation nicht kontrollierbar

Abb. 2-31:

Vor- und Nachteile der Befragungsformen

Befragungstaktik. Nachdem im Rahmen der Befragungsstrategie die grundlegende Entscheidung über die Befragungsform getroffen worden ist, geht es bei der Befragungstaktik um die Fragestellung an sich. Nach Art der Fragestellung kann unterschieden werden zwischen • • • •

offenen und geschlossenen Fragen, direkten und indirekten Fragen, Vortrags- und Vorlagefragen sowie Ergebnis- und instrumentellen Fragen.

Bei der Art der Fragenformulierung kann grundsätzlich zwischen offenen und geschlossenen Fragen differenziert werden. Die gebräuchlichsten Fragestellungen sind geschlossene Fragen, da sie am leichtesten auszuwerten sind. Bei geschlossenen Fragestellungen werden die Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Varianten der geschlossenen Fragen sind die Alternativfragen („Sind Sie Mitglied einer Partei?) und die Skala-Fragen, bei der sich die Auskunftspersonen über die Intensität eines Tatbestandes äußern sollen („Gehen Sie sehr oft, häufig, gelegentlich, selten oder gar nicht ins Kino?“). Die Problematik dieser Art der Fragestellung liegt in einer gewissen Suggestivwirkung und darin, dass positive Antworten in der Regel etwas begünstigt werden. Offene Fragen lassen dagegen alle möglichen – also auch vom

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

135

Marktforscher zuvor nicht bedachten – Antwortkategorien zu. Die besondere Problematik dieser Art der Fragestellung liegt in der nachträglichen Kategorisierung und Quantifizierung der individuellen Antworten und Reaktionen [vgl. SCHÄFER/KNOBLICH 1978, S. 289 ff.]. Eine weitere grundsätzliche Unterscheidung kann in direkte und indirekte Fragen vorgenommen werden. Die direkte Fragestellung, bei der der Befragte aufgefordert wird, Auskünfte über seine Person oder sein Verhalten zu geben, stand lange Zeit im Mittelpunkt der Marktforschung. Bei Fragen insbesondere aus dem Prestige- und Hygienebereich oder bei tabuisierten Themen kann es aber zu Antwortverzerrungen kommen. Daher wird in diesen Bereichen heute die indirekte Fragestellung bevorzugt. Beispiel: Anstatt zu fragen „Haben Sie schon das Buch ABC vom Nobelpreisträger XYZ gelesen?“ (direkte Frage), wird man eher folgende Formulierung wählen: „Haben Sie demnächst vor, das Buch ABC vom Nobelpreisträger XYZ zu lesen?“ (indirekte Frage). Bei der einer Bejahung der indirekten Frage, die ja einer Verneinung der direkten Fragestellung gleichkommt, hat der Befragte nicht das Gefühl, bloßgestellt zu sein. Ferner kann zwischen Vortrags- und Vorlagefragen unterschieden werden. Vortragsfragen werden der Auskunftsperson vorgelesen und sind die Regel bei der mündlichen bzw. telefonischen Befragung. Vorlagefragen liegen dem Befragten in lesbarer Form vor und sind die Grundlage der schriftlichen und der Online-Befragung. In seltenen Fällen kann die Vorlagefrage auch bei der mündlichen Befragung verwendet werden (bspw. wenn die Auskunftsperson einen vorgelegten Kartenstapel in eine Reihenfolge bringen soll). Neben den Sachfragen, die den Hauptteil einer Befragung darstellen, werden zusätzlich instrumentelle Fragen zur Steuerung der Befragung eingesetzt. Dazu zählen Kontakt- und Eisbrecherfragen zur Einleitung in das Interview, Filterfragen („Wenn ja, weiter mit …“), Kontrollfragen und Plausibilitätsfragen zur Überprüfung der Konsistenz der Antworten sowie Fragen zur Person. 2.5.3.3 Experiment

Das Experiment (auch häufig als Test bezeichnet) ist eine Mischform zwischen Befragung und Beobachtung. Das Experiment misst die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen einer (oder mehreren) unabhängigen Variablen (z. B. Preis, Werbeanzeige, Promotionmaßnahme) und einer (oder mehrerer) abhängiger Variablen (z. B. Umsatz, Marktanteil, Einstellungen und Präferenzen). Experimente, die in einer natürlichen Umgebung, d. h. im „normalen“ Umfeld der Versuchsperson durchgeführt werden, bezeichnet man als Feldexperimente. Das Laborexperiment findet dagegen in einer speziell geschaffenen künstlichen Umgebung statt. Aufgrund des Einsatzes von technischen Hilfsmitteln und Apparaturen ermöglicht die künstliche Situation eine bessere Kontrolle der unabhängigen Variablen und anderer Einflussfaktoren (hohe Verlässlichkeit der Ergebnisse), verliert aber an Realitätsgehalt (geringe Validität) [vgl. Meffert et al. 2008, S. 162].

136

2. Segmentierung

Anwendungsbeispiele für Experimente mit hoher Relevanz für das Marketing sind: • • • • •

Konzepttest Produkttest Storetest Markttest Testmarktersatzverfahren.

Alle genannten Testverfahren werden schwerpunktmäßig zur Überprüfung der Marktchancen neuer oder modifizierter Produkte eingesetzt. Ein Konzepttest kann als der Versuch bezeichnet werden, vor einer teuren Produktion eines neuen Produkts die Akzeptanz potenzieller Zielgruppen zu überprüfen. Getestet wird vorwiegend die Reaktion auf veränderte Faktoren (z. B. Farbe, Form, Preis). Zu diesem Zweck wird eine möglichst klare Konzeptbeschreibung oder ein Produktmodell als Testelement von einer meist kleineren Stichprobe potenzieller Käufer überprüft, um daraus Erkenntnisse für die Optimierung der späteren Produktentwicklung ziehen zu können und Flops zu vermeiden. Angesichts von Flop-Raten, die je nach Branche bis zu 90 Prozent bei schnelldrehenden Konsumgütern betragen können, lassen sich so viel Geld sparen und dazu noch Image-Schädigungen vermeiden. Insofern hat ein Konzepttest auch immer den Charakter eines Frühwarnsystems. Von besonderer Bedeutung für den Konzepttest sind neue Testmöglichkeiten in Verbindung mit der Entwicklung multimedialer Techniken. So können Produkt oder Verpackung über den Laptop des Interviewers oder den PC im Teststudio virtuell dargestellt werden. Dabei kann der Forschungsgegenstand dreidimensional gezeigt und auch gedreht werden. Aucj können während des Interviews Form und Farbe verändert werden [vgl. HAGSTOTZ/SCHMITTHAGSTOTZ 2008, S. 271 ff.]. Abbildung 2-32 zeigt das anschauliche Beispiel eines Konzepttests, bei dem Preisbereitschaft und Kaufabsicht für zwei unterschiedliche Konzepte einer Kollektivwerbung (M ILKA und LEGO) getestet werden.

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

137

Beispielfragen: a) Welchen Preis sind Sie bereit, für dieses Produkt max. zu zahlen? b) Würden Sie das Produkt zu diesem Preis auch kaufen?

Ergebnis: a) Preisbereitschaft

9,71 DM

b) Kaufabsicht Stichprobe

14,27 DM

4

5

n = 28

n = 28

[Quelle: W ACHENDORF/BAUMGARTH 2002]

Abb. 2-32:

Beispiel eines Konzepttests

Beim Produkttest, der als Volltest oder als Partialtest durchgeführt werden kann, wird das reale Produkt bewertet. Der Volltest untersucht die Wirkung des vollständigen Produkts einschließlich aller produktbezogenen Merkmale wie Preis, Produktgestaltung und Markierung. Im Rahmen von Partialtests werden bestimmte Teile des Produkts (z. B. Preis, Name, Farbe, Geschmack, Verpackung, Anmutung) isoliert getestet. Der Partialtest kann als Einzeltest oder als Paarvergleichstest durchgeführt werden. Eine besondere Form des Partialtests ist der Blindtest, bei dem alle Produkteigenschaften mit Ausnahme der reinen Produktsubstanz eliminiert werden. Als „klassischer“ Blindtest ist der COLA-Test in die Marketinggeschichte eingegangen. In diesem Geschmackstest wurden den Versuchspersonen die beiden Marken PEPSI und COKE einmal in Form eines offenen Tests und einmal als Blindtest (also ohne Kenntnis des Markennamens) dargeboten. Die Ergebnisse dieses aufschlussreichen Tests sind in Abbildung 2-33 dargestellt. Blindtest

Offener Test Bevorzugung in %

Bevorzugung in %

65 51 44 23 12

5 ziehen PEPSI vor

ziehen COKE vor

egal (gleich gut)

[Quelle: CHERNATONY/MCDONALD 1998, S. 9]

Abb. 2-33:

Beispiel eines Produkttests als Blindtest

ziehen PEPSI vor

ziehen egal (gleich COKE vor gut)

138

2. Segmentierung

Als Storetest (auch als Mikromarkttest bezeichnet) wird der probeweise Verkauf von neuen oder modifizierten Produkten in ausgewählten Einzelhandelsgeschäften unter kontrollierten Bedingungen bezeichnet. Im Gegensatz zu den verschiedenen Varianten des Produkttests kann anhand von Erst- und Wiederkaufsraten das tatsächliche Nachfrageverhalten am Point of Sale (PoS) beobachtet und damit die künftigen Marktchancen des neuen bzw. modifizierten Produktes wesentlich besser eingeschätzt werden. Demgegenüber handelt es sich beim Markttest um den probeweisen Verkauf von neuen oder modifizierten Produkten in einem regionalen Teilmarkt (Testmarkt). Der Testmarkt sollte möglichst repräsentativ für den Gesamtmarkt sein. Im Gegensatz zum Storetest geht es beim Markttest nicht nur um die Einschätzung des Kaufverhaltens, sondern um die Effektivitätsmessung aller Marketingmaßnahmen. Der Vorteil des Markttests ist vor allem darin zu sehen, dass neben dem Produkt auch alle begleitenden Marketingmaßnahmen in einem unverfälschten Umfeld getestet werden können. Nachteilig sind allerdings die hohen Kosten, der hohe Zeitbedarf und die Verzerrung der Testergebnisse durch gezielte Störaktionen des Wettbewerbs, da sich die Durchführung eines Markttests zumeist nicht lange geheim halten lässt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 274]. Um diese Nachteile zu vermeiden, wurden verschiedene Testmarktersatzverfahren entwickelt. Zu nennen sind hier insbesondere der Mini-Testmarkt, der unter Feldbedingungen durchgeführt wird, sowie der Labortestmarkt, bei dem Daten im Rahmen einer simulierten Einkaufssituation gewonnen werden. Hinsichtlich der Kriterien Kosten, Repräsentanz, Zeitaufwand und Geheimhaltung sind die Testmarktersatzverfahren zwischen dem Storetest und dem Markttest einzuordnen (siehe Abbildung 2-34).

Kosten

Repräsentativität

Zeitaufwand

Geheimhaltung hoch

Storetest

Testmarktersatzverfahren

Markttest

hoch

hoch

hoch

[Quelle: in Anlehnung an BAUMGARTH 2005, S. 32]

Abb. 2-34:

Beurteilungskriterien für Storetest, Markttest und Testmarktersatzverfahren

2.5.3.4 Panel

Das Panel ist eine Spezialform der Informationsgewinnung unter Zuhilfenahme der bereits diskutierten Erhebungsmethoden (Beobachtung, Befragung, Experiment). Das Panel ist ein bestimmter, gleich bleibender und repräsentativer Kreis von Untersuchungseinheiten (Perso-

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

139

nen, Einkaufsstätten, Unternehmen), der in regelmäßigen Abständen Informationen über gleiche oder gleichartige Erhebungsmerkmale (z. B. Preis, Marktanteil, Warenbewegungen) liefern soll. Panelerhebungen haben somit die Erforschung von Markt- und Verhaltensänderungen im Zeitablauf zum Ziel [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 164 und KOCH 2004, S. 101]. Grundsätzlich lassen sich nach Art der Untersuchungseinheiten folgende Panels unterscheiden (siehe Abbildung 2-35): • • •

Handelspanel Verbraucherpanel Spezialpanel.

Handelspanels setzen sich aus Groß- und Einzelhandelbetrieben zusammen und lassen sich in Food Panels und Nonfood Panels sowie in Sonderformen unterteilen. Handelspanels sind für das B2C-Marketing von Bedeutung, weil sich durch Befragung und elektronische Erfassung von Absatzzahlen zeitnah Marktanteilsveränderungen ermitteln lassen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 278 f.]. Verbraucherpanels sind naturgemäß ebenfalls nur für das B2C-Marketing von Bedeutung. Sie setzen sich aus individuellen Verbrauchern (Individualpanel) oder aus den Mitgliedern eines Haushalts zusammen (Haushaltspanel). Die Datengewinnung beim Verbraucherpanel erfolgt zumeist durch eine schriftliche Befragung, bei der die Panelteilnehmer periodisch Fragebögen ausfüllen müssen. Haushaltspanels lassen sich weiter in Verbrauchs- und Gebrauchsgüterpanels unterteilen. Darüber hinaus existiert eine Reihe von Spezialpanels. Dazu zählen u. a. •

Scannerpanels, die die Käufe der Kunden an den Einzelhandelskassen automatisch erfassen,



Anzeigenpanels, bei denen die Anzeigenaktivitäten des Handels in Tageszeitungen und Anzeigenblättern analysiert werden,



Fernsehpanels, die durch apparative Beobachtung die Einschaltquoten von Personen und Haushalten ermitteln.

Panel

Handelspanel • Food Panel • Nonfood Panel • Sonderformen (z. B. Cash & Carry Panel)

Verbraucherpanel • Individualpanel • Haushaltspanel − Verbrauchsgüterpanel − Gebrauchsgüterpanel

[Quelle: in Anlehnung an GÜNTHER et al. 2006, S. 91]

Abb. 2-35:

Arten von Panels

Spezialpanel z. B. • Scannerpanel • Anzeigenpanel • Fernsehpanel

140

2. Segmentierung

Die Einrichtung und Unterhaltung von Panels ist sehr zeit- und kostenintensiv und kann daher nur von größeren Marktforschungsinstituten wahrgenommen werden. Um eine Amortisation der Anfangsinvestitionen sicherzustellen, werden in der Regel verschiedene Befragungen für mehrere Auftraggeber für ein Panel genutzt. Auch können sich weitere Unternehmen mit speziellen Fragestellungen in Form von sog. „Omnibusbefragungen“ an einem Panel beteiligen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 278]. Allerdings werden die Ergebnisse von Panelerhebungen durch methodische Probleme – vornehmlich bei Verbraucherpanels – eingeschränkt. Zu den Problemursachen, die sich vornehmlich auf die Repräsentativität der Untersuchungen auswirken, zählen die Panelsterblichkeit, der Paneleffekt und die Panelerstarrung. Mit Panelsterblichkeit wird das Ausscheiden von Teilnehmern durch laufende Fluktuation wie z. B. Desinteresse oder Ortswechsel bezeichnet. Hier sollte durch einen rechtzeitigen Ersatz der ausgeschiedenen Panelteilnehmer bzw. durch eine Verbesserung der Kompensationszahlung entgegengesteuert werden. Von besonderer Bedeutung ist auch der Paneleffekt. Darunter versteht man das Phänomen, dass die Panelteilnehmer auf die ständige (Selbst-)Kontrolle durch unbewusste oder bewusste Kaufverhaltensänderungen reagieren. So werden manche Käufe nicht ausgeführt oder im Panelbericht nicht ausgefüllt (engl. Underreporting) bzw. andere Käufe, die nicht ausgeführt wurden, trotzdem angegeben (engl. Overreporting). Schließlich ist noch die Panelerstarrung anzuführen. Sie kommt dadurch zustande, dass sich im Zeitablauf wichtige sozio-demografische Daten wie Alter, Familienstand oder die Einkommenssituation der Panelteilnehmer verändern. Die Zusammensetzung des Panels erfüllt dann nicht mehr die Vorrausetzungen der statistischen Repräsentativität [vgl. M EFFERT et al. 2008, S. 165]. Abbildung 2-36 gibt einen zusammenfassenden Überblick über Definition, Auswirkung und Lösungsansätze von methodischen Problemen bei Panelerhebungen. Panelsterblichkeit

Paneleffekt

Panelerstarrung

Definition

Ausscheiden von Panelteilnehmern durch Desinteresse oder Ortswechsel

Unbewusste oder bewusste Verhaltensänderung der Panelteilnehmer

Veränderung von soziodemografischen Merkmalen (Familienstand, Alter, Einkommen)

Auswirkung

Verlust an Repräsentativität des Panels

• Overreporting • Underreporting • Stärkeres Marken- und/ oder Preisbewusstsein

Verlust an Repräsentativität des Panels

Lösungsansätze

• Optimierung der Kompensationszahlung • Ersatz von ausgefallenen Panelmitgliedern

Panelrotation

Panelrotation

Abb. 2-36:

Methodische Probleme bei Panelerhebungen

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

141

2.5.4 Auswahlverfahren Ein zentrales Entscheidungsproblem bei der Informationsgewinnung liegt in der Frage, welche Gesamtheit von Untersuchungsobjekten (Personen, Kunden, Produkte, Marken, Einkaufsstätten) in die Erhebung einbezogen werden sollen. Da eine Vollerhebung, bei der alle Elemente der definierten Grundgesamtheit auf das interessierende Merkmal untersucht werden, in den allermeisten Fällen aus wirtschaftlichen, zeitlichen, technischen oder organisatorischen Gründen nicht in Frage kommt, wird man lediglich eine bestimmte Auswahl von Elementen untersuchen. Solche Teilerhebungen werden fast ausschließlich in der B2CPraxis durchgeführt. Im B2B-Bereich ist dagegen eine Vollerhebung eher realistisch, da insbesondere bei Kundenbefragungen die Anzahl der Firmenkunden durchaus überschaubar sein kann. Die im Rahmen einer Erhebung aus der Grundgesamtheit ausgewählten Untersuchungseinheiten werden als Stichprobe bezeichnet. Die Anzahl der in die Stichprobe einbezogenen Elemente, also der Stichprobenumfang hängt in erster Linie von der Antwortquote, vom verfügbaren Untersuchungsbudget sowie von der angestrebten Genauigkeit der Ergebnisse ab. Besonders unter dem Aspekt der Präzision der Ergebnisse wird der Marktforscher bemüht sein, dass die Stichprobe hinsichtlich des interessierenden Merkmals ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit darstellt. In Abbildung 2-37 sind einige wichtige auswahltechnische Grundbegriffe zum besseren Verständnis zusammengestellt.

Grundgesamtheit

• Gesamtheit von Elementen, die für eine Erhebung in Betracht kommen • Abgrenzung in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht

Vollerhebung

Alle Elemente einer definierten Grundgesamtheit werden untersucht

Teilerhebung

Nur eine bestimmte Auswahl von Elementen einer definierten Grundgesamtheit werden untersucht

Stichprobe

Ausgewählter Teil der Grundgesamtheit mit mindestens einem gemeinsamen Merkmal

Stichprobenumfang

Absolute Zahl bzw. Prozentsatz der in die Erhebung einbezogenen Fälle

Stichprobenfehler

Merkmale und Merkmalsausprägungen

Abb. 2-37:

Setzt sich zusammen aus

• Zufallsfehler (berechenbar) • Systematischer Fehler (nicht berechenbar)

• Qualitative (artmäßige) Merkmale (→ Merkmalsausprägungen sind weder messbar noch zählbar) • Quantitative (mengenmäßige) Merkmale (→ Merkmalsausprägungen unterliegen einem einheitlichem Maßsystem)

Wichtige auswahltechnische Grundbegriffe

Ist die Entscheidung über den Stichprobenumfang getroffen, geht es im nächsten Schritt um die Frage, welches Stichprobenauswahlverfahren angewendet werden soll. Für den Marktforscher kommen vorwiegend Auswahlverfahren in Betracht, die dem Kriterium der Repräsentativität entsprechen. Repräsentative Auswahlverfahren lassen sich untergliedern in

142

• •

2. Segmentierung

Verfahren der bewussten Auswahl und Verfahren der Zufallsauswahl.

Verfahren der bewussten Auswahl. Da die häufig fehlende Verfügbarkeit von amtlichen Verzeichnissen und die unvermeidliche Verweigerungsquote in der nicht-amtlichen Statistik eine wirkliche Zufallsstichprobe meistens unmöglich macht, sind die Verfahren der bewussten Auswahl allein unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit sehr vorteilhaft [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 292]. Verfahren der bewussten Auswahl sind • • •

die typische Auswahl, das Quotenauswahlverfahren und das Cut-off-Verfahren.

Bei der typischen Auswahl (engl. Purpursive Sampling) werden nach freiem Ermessen solche Elemente aus der Grundgesamtheit untersucht, die als besonders charakteristisch erachtet werden. Von den erzielten Ergebnissen wird dann auf das Verhalten der Merkmalsträger der Grundgesamtheit geschlossen. Ein Beispiel für die typische Auswahl ist der „4-PersonenArbeitnehmer-Haushalt“ des Statistischen Bundesamts. Beim Quotenauswahlverfahren (engl. Quota Sampling) wird die Stichprobe derart konstruiert, dass die als Quote ausgewählten Merkmale und deren Ausprägungen proportional der Verteilung in der Grundgesamtheit entsprechen. Solche Quoten können bspw. bezüglich Geschlecht, Alter oder Beruf vorgegeben werden. Die Erhebungsperson muss sich zwingend an die Quotenanweisung halten, ist jedoch frei in der Auswahl der konkreten Erhebungseinheit (Verbraucher, Haushalte). Dem Cut-off-Verfahren (engl. Cut-off Method) liegt das Konzentrationsprinzip zugrunde, d. h. die Stichprobe beschränkt sich auf solche Merkmalsträger (z. B. Unternehmen), die im Rahmen der Grundgesamtheit einen großen Beitrag zum interessierenden Tatbestand liefern (80:20-Regel). Dabei werden die großen, maßgeblichen Einheiten vollständig untersucht, der Rest der Grundgesamtheit bleibt unberücksichtigt. Beispiel: Um ihre monatliche Berichterstattung im Verarbeitenden Gewerbe über Umsatz, Beschäftigtenzahl und Lohnsummen durchführen zu können, befragen die Statistischen Landesämter alle Produktionsbetriebe mit mehr als 50 Beschäftigten. Verfahren der Zufallsauswahl. Allen Verfahren der Zufallsauswahl ist gemeinsam, dass jede Untersuchungseinheit der interessierenden Grundgesamtheit grundsätzlich die gleiche Chance hat, in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Damit stützen sich diese Verfahren auf wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen, so dass es möglich ist, die Genauigkeit der Ergebnisse bzw. Fehlergrenzen statistisch zu berechnen. Angesprochen ist hierbei der Stichprobenfehler, der sich aus dem Zufallsfehler und dem systematischen Fehler zusammensetzt. Während sich der Zufallsfehler exakt berechnen lässt (Irrtumswahrscheinlichkeit), kann sich ein systematischer Fehler bspw. aufgrund einer fehlerhaften Versuchsanlage ergeben und ist damit nicht berechenbar. Folgende Verfahren, die auf dem Zufallsprinzip beruhen, können unterschieden werden:

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

• • •

143

Reine, uneingeschränkte Zufallsauswahl Geschichtete Auswahl Mehrstufige Auswahl.

Die reine, uneingeschränkte Zufallsauswahl (engl. Random Sampling) setzt voraus, dass jedes Element der Grundgesamtheit bekannt und identifizierbar ist (z. B. Einwohnermeldekartei). Mittels bestimmter Auswahltechniken (Auslosen, Zufallstafeln, Zufallszahlengenerator o. ä.) werden die einzelnen Elemente aus der Grundgesamtheit gezogen. Die geschichtete Auswahl (engl. Stratified Sampling) ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die definierte Grundgesamtheit aus deutlich erkennbaren und in sich wesentlich homogeneren Teilgesamteinheiten (Schichten) zusammensetzt. Aus jeder Schicht werden dann entsprechende Stichproben gezogen, wobei mit einer deutlich geringeren Anzahl der Erhebungsfälle dieser gesonderten Stichproben die gleiche Genauigkeit wie bei der reinen, uneingeschränkten Zufallsauswahl erzielt wird [vgl. SCHÄFER/KNOBLICH 1978, S. 265]. Bei der mehrstufigen Auswahl werden mehrere Zufallsauswahlen hintereinander geschaltet. So wird bei Haushaltsbefragungen in einer Großstadt zunächst das Stadtgebiet in Bezirke aufgeteilt. Nach dem Zufallsprinzip werden in der 1. Stufe n Stadtbezirke ausgewählt. Aus jedem dieser n Stadtbezirke lassen in der 2. Stufe m Häuserblocks bestimmen. In der 3. Stufe werden schließlich die Haushalte ausgewählt. Wesentlich bei diesem Vorgehen ist, dass auf jeder Stufe eine Zufallsauswahl durchgeführt wird, wobei eine vollständige Auswahlgrundlage jeweils nur für die Auswahleinheiten der 1. Stufe vorliegen muss. Abbildung 2-38 fasst die besprochenen Auswahlverfahren in einer Übersicht zusammen. Auswahlverfahren

Vollerhebung

Teilerhebung

Repräsentative Auswahl

Nicht-repräsentative Auswahl

Bewusste Auswahl

Zufallsauswahl

Subjektive Auswahl der Untersuchungseinheiten ohne wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlage (Marktforscher nimmt die Auswahl selber vor)

Auswahl auf Grundlage der Wahrscheinlichkeitstheorie; d.h. jedes Element der Grundgesamtheit hat die gleiche Chance, ausgewählt zu werden

Verfahren:

Verfahren:

• Typische Auswahl

• Reine, uneingeschränkte Zufallsauswahl

• Cut-off-Verfahren

• Geschichtete Auswahl

• Quotenverfahren

• Mehrstufige Auswahl

Abb. 2-38:

Verfahren der Stichprobenauswahl

144

2. Segmentierung

2.5.5 Analysemethoden Nach der Datenerhebung erfolgt die Auswertung, Analyse und Aufbereitung der gewonnenen Einzelinformationen. Hierzu stehen dem Marktforscher entsprechende Softwareprogramme zur Verfügung. Die in diesem Rahmen vorgestellten Auswertungsverfahren bzw. Analysemethoden lassen sich in drei Gruppen einteilen (siehe Abbildung 2-39): • • •

Univariate Verfahren Bivariate Verfahren Multivariate Verfahren.

Univariate Verfahren. Im Bereich der univariaten Verfahren, bei denen nur eine Variable Gegenstand der Untersuchung ist, ist zunächst die Verteilung von absoluten und relativen Häufigkeiten zu nennen. Häufigkeitsverteilungen (z. B. die Altersverteilung bei einer Kundenbefragung) werden in der Marktforschungspraxis vorwiegend als Balken- oder Kreisdiagramme dargestellt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 316 f.]. Statistische Verfahren der Datenauswertung

Univariate Verfahren

Bivariate Verfahren

Multivariate Verfahren

Die Verteilung nur einer Variablen wird untersucht

Die Beziehung zwischen zwei Variablen wird untersucht

Mehrere Variablen werden untersucht

• Häufigkeitsverteilungen

• Regressionsanalyse

• Varianzanalyse

• Lageparameter

• Korrelationsanalyse

• Faktorenanalyse

• Zeitreihenanalyse

• Clusteranalyse

• Trendanalyse

• Diskriminanzanalyse

Abb. 2-39:

Wichtige statistische Verfahren der Datenauswertung

Ein weiteres Teilgebiet univariater Verfahren ist die Ermittlung von Lage- und Streuungsparameter. Die wichtigsten Lageparameter (Mittelwerte) und Streuungsparameter (Streuungsmaße) sind in Abbildung 2-40 abgebildet.

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

145

Lage- und Streuungsparameter

Lageparameter (Mittelwerte)

• Arithmetisches Mittel • Zentralwert (mittlerer Wert einer geordneten Zahlenreihe) • Modalwert (häufigster Wert)

Streuungsparameter (Streuungsmaße) • Lineare Streuung • Varianz

• Standardabweichung

• Geometrisches Mittel

Abb. 2-40:

Lage- und Streuungsparameter

Grundgedanke der Zeitreihen- und Trendanalyse ist die Verknüpfung der Beobachtungswerte mit der Zeit. Obwohl hinter den einzelnen Beobachtungswerten (Variablen) eine Vielzahl von Ursachen einwirkt, wird auf eine Analyse dieser Ursachen verzichtet. Stattdessen werden sie zu einem Ursachenkomplex zusammengefasst und seine Wirkung als Trendextrapolation auch für die Zukunft unterstellt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 177 f.]. Bivariate Verfahren. Bei einer bivariaten Analyse steht die Frage nach einer möglichen Beziehung zwischen zwei Variablen im Vordergrund. Das wichtigste Analyseverfahren in diesem Kontext ist die Regressionsanalyse. Sie prüft den Zusammenhang zwischen einer abhängigen und einer unabhängigen Variablen. Wird der Zusammenhang zwischen zwei Variablen untersucht, handelt es sich um eine Einfachregression, bei mehr als zwei Variablen um eine multiple Regression. Die Vorgehensweise bei der linearen Einfachregression soll ein kleines Beispiel veranschaulichen. Es geht hierbei um die Festlegung des endgültigen Verkaufspreises anhand einer Preis-Absatz-Funktion. Dazu wird ein Testverkauf durchgeführt und das gleiche Produkt in n=8 vergleichbaren Einzelhandelsgeschäften mit unterschiedlichen Preisen angeboten, die dann jeweils zu unterschiedlichen Verkaufsmengen für das Produkt führen. Man erhält acht verschiedene Wertepaare mit dem Ladenpreis pi und der jeweils verkauften Menge xi (siehe Spalten 2 und 3 der Arbeitstabelle in Abbildung 2-41). Überträgt man die Wertepaare in ein Punktediagramm (siehe rechte Grafik in Abbildung 2-41), so wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen den Daten durch die Geradengleichung p = a + bx beschrieben werden kann. Dabei bestimmen die beiden Regressionsparameter a und b die Lage der Geraden. Im Rahmen der Regressionsanalyse gilt es nun, die beiden Lageparameter so zu bestimmen, dass sich die Regressionsgerade der empirischen Punkteverteilung möglichst gut anpasst. Mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate ergeben sich folgende Werte für die beiden Regressionsparameter:

146

2. Segmentierung

a=

und b =

+

∑ ∑

Daraus errechnet sich für das Zahlenbeispiel die Geradengleichung a = 14,28 – 0,73 x; d. h. man kann vermuten, dass bei jedem Dreiviertel-Euro weniger die abgesetzte Menge um durchschnittlich eine Einheit steigt. Arbeitstabelle Geschäft i

Preis pro Einheit in € pi

Verkaufte Menge xi

Angebotspreis pi

1

0

15

0

0

2

2

14

28

4

3

3

12

36

9

4

7

10

70

49

5

4

10

40

16

6

6

8

48

36

7

10

9

90

100

xi2

xipi

8

8

7

56

64



40

85

368

278

Abb. 2-41:

Regressionsgerade p = a + bx

15

(xi;pi)

10

5 Verkaufte Menge xi

0 0

2

4

6

8

10

Beispiel für eine lineare Einfachregression

Da das Wissen um Ursache-Wirkungsbeziehungen im Marketing eine besondere Bedeutung hat, wird die Regressionsanalyse sowohl bei der Ursachenanalyse als auch bei der Wirkungsprognose eingesetzt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 177 f.]. Einige Anwendungsbeispiele der Regressionsanalyse sind in Abbildung 2-42 dargestellt. Während die Regressionsanalyse Auskunft darüber gibt, welcher Zusammenhang zwischen zwei Größen besteht, steht bei der Korrelationsanalyse die Frage im Vordergrund, wie stark dieser Zusammenhang ist. Ebenso wie bei der Regression spricht man bei der Korrelation von einer Einfachkorrelation, wenn die gegenseitige Abhängigkeit von nur zwei Variablen untersucht wird. Wird die Stärke und Richtung des Zusammenhangs von mehr als zwei Variablen untersucht, handelt es sich um eine multiple Korrelation.

Abb. 2-42:

Beispiel

Unabhängige Variable

Abhängige Variable

Umsatzentwicklung in Abhängigkeit von Werbemaßnahmen

► Werbebudget

► Umsatz

Umsatzentwicklung in Abhängigkeit von Verkaufsförderungsmaßnahmen

► Sales Promotion

► Umsatz

Absatzentwicklung in Abhängigkeit von Preiserhöhungen

► Preis

► Absatz

Speiseeiskonsum in Abhängigkeit von der Temperatur

► Temperatur

► Umsatz

Anwendungsbeispiele der Regressionsanalyse

2.5 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

147

Das Maß für die Stärke und Richtung des Zusammenhangs zweier Größen ist der Korrelationskoeffizient r, der sich nach folgender Formel berechnet: r=



=∑



Der Korrelationskoeffizient (nach PEARSON) gibt also das Verhältnis der Kovarianz zu den multiplizierten Varianzen der beiden Variablen an [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 171]. In Abbildung 2-43 sind beispielhaft die Verteilungen zweier Variablen mit den dazugehörigen Korrelationskoeffizienten dargestellt. r = -1

r=1

y

y ▪▪

r≈0

y ▪

▪▪



▪▪

x

x

x

r ≈ -0,7

r ≈ 0,8

y

y

x

Abb. 2-43:

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

▪▪

▪ ▪ ▪

▪ ▪ ▪ x

Beispiele für Verteilungen zweier Variablen

Multivariate Verfahren. Zur Untersuchung komplexer Tatbestände reichen univariate und bivariate Analyseverfahren nicht aus. Vielmehr müssen dazu Verfahren eingesetzt werden, die eine große Zahl von Variablen simultan analysieren können. Es handelt sich dabei um sogenannte multivariate Verfahren, die an einer Vielzahl von Untersuchungsobjekten (Personen, Produkte) mehrere Variablen messen und gleichzeitig auswerten können [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 172]. Folgende multivariate Verfahren sollen hier kurz angesprochen werden: • • • •

Varianzanalyse Faktorenanalyse Clusteranalyse Diskriminanzanalyse.

Mit der Varianzanalyse wird das Ziel verfolgt, den Zusammenhang zwischen Beobachtungswertkategorien (z. B. Absatzmenge) und mehreren unabhängigen Einflussgrößen (z. B. unterschiedliche Verpackungsvarianten oder Farbgestaltungen eines Produkts) zu analysieren. Dabei geht es letztlich um die Prüfung der Streuung um die Mittelwerte einzelner Kategorien.

148

2. Segmentierung

Die Varianzanalyse ist für viele Fragestellungen in der Marktforschungspraxis von großer Bedeutung [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 388]: • • •

Wie wirken sich verschiedene Formen der Werbung auf das Kaufverhalten aus? Wie wirken sich unterschiedliche Verpackungsformen auf das Kaufverhalten aus? Wie wirkt sich die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kundensegment auf das Kaufverhalten aus?

Die Faktorenanalyse untersucht Variablen, bei denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie von gemeinsamen Einflussfaktoren (sog. Supervariablen) abhängig sind, die aber selbst nicht direkt erfassbar sind. Das Ziel der Faktorenanalyse ist es, diese Supervariablen aus der Menge aller beobachteten Variablen zu identifizieren. Die Faktoren sollten die zahlreichen Ursprungsvariablen weitestgehend verdichten bzw. repräsentieren. Diese Form der Komplexitätsreduktion wird zur Erstellung von Persönlichkeits-, Produkt- und Imageprofilen eingesetzt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 172]. Das Hauptanwendungsgebiet der Clusteranalyse in der Marktforschung ist die Marktsegmentierung. Durch Zusammenfassung von Objekten (Kunden) zu Gruppen bzw. Clustern (Kundensegmente) wird eine Reduktion der Komplexität eines Datensatzes erreicht. Diese Cluster sollen in sich möglichst homogen und untereinander heterogen sein. Auf diese Weise lassen sich bspw. Käufertypologien ermitteln. Die Clusteranalyse weist hinsichtlich der Komplexitätsreduktion eine deutliche Verwandtschaft zur Faktorenanalyse auf, wobei die Reduktion bei der Faktorenanalyse durch Gruppierung von Variablen (Einflussfaktoren) und bei der Clusteranalyse durch Gruppierung von Objekten erreicht wird [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 360]. Die Diskriminanzanalyse hat das Ziel, eine Menge von Untersuchungsobjekten (z. B. Personen) aufzuteilen und mehreren vorgegebenen Teilmengen (Gruppen, Klassen) zuzuordnen. Die besondere Herausforderung besteht nun darin, für diese Gruppenzugehörigkeit die unabhängigen Variablen mit der größten Klassifizierungskraft zu finden. So möchten Automobilhersteller bspw. in Erfahrung bringen, welche Merkmalsunterschiede zwischen Käufern der Marke A und Käufern der Marke B bestehen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 216 f.].

2.6 Optimierung des Kundennutzens

2.6

149

Optimierung des Kundennutzens

Zur Abrundung des Kapitels sollen die einzelnen Schritte des Aktionsfeldes Segmentierung zusammengefasst und die wichtigsten Parameter, Strategien, Prozesse, Instrumente und Werttreiber im Zusammenhang dargestellt werden.

2.6.1 Aktionsparameter Aktionsparameter sind solche Größen, die im jeweiligen Aktionsfeld fest verankert sind und deren Handhabung sich als Stellschrauben für eine Optimierung des jeweiligen Kundenkriteriums anbieten. Im Aktionsbereich Segmentierung sind es im Wesentlichen folgende Parameter, von denen die Optimierung des Kundennutzens abhängt: •

Segmentierungskriterien, die erst eine sinnvolle Abgrenzung, Beschreibung und Bearbeitung von Marktsegmenten ermöglichen. Als Segmentierungskriterien im B2CMarketing kommen soziodemografische, psychografische, geografische, verhaltens- und nutzenorientierte Merkmale in Frage. Im B2B-Bereich sind eher vertikale (Branchen), horizontale (Funktionen), räumliche (Regionen) Kriterien oder die Betriebsgröße bzw. die vorhandene oder gewünschte Technologie als Abgrenzungskriterien üblich.



Segmentbewertung, die die Attraktivität und Tragfähigkeit der in Betracht gezogenen Segmente evaluiert. Segmentvolumen und -potenzial, Wettbewerbsintensität, Preisniveau und Kapitalbedarf sind die wichtigsten Kriterien zur Aufnahme- und Tragfähigkeit eines Marktsegments.



Segmentauswahl, d. h. die endgültige Festlegung der zu bearbeitenden Marktsegmente und damit auch die Auswahl der strategischen Geschäftsfelder, in denen das Unternehmen tätig sein will. In diesem Zusammenhang sind daher vor allem organisatorische Überlegungen zur Geschäftsfeldplanung von Bedeutung. Besonders wichtig ist hierbei die Frage, welche Geschäftsfelder von welcher strategischen Geschäftseinheit bearbeitet werden.



Segmentabdeckung, d. h. neben der Überlegung, welche Segmente ausgewählt werden, interessiert auch die Frage, mit welchem Abdeckungsgrad die ausgewählten Segmente bearbeitet werden sollen. Die Spannbreite reicht von der Fokussierung auf eine einzige Nische bis hin zur Gesamtmarktabdeckung.

Der Kundennutzen ist zunächst einmal eine Funktion der Segmentierung, d. h. der Kundennutzen hängt in einem hohen Maße von der Art und Weise ab, wie die Aktionsparameter im Aktionsbereich Segmentierung gehandhabt werden. Durch Einsetzen dieser vier Parameter erweitert sich die Zielfunktion für die Optimierung des Kundennutzens folgendermaßen: Kundennutzen = f (Segmentierung) = f (Segmentierungskriterien, Segmentbewertung, Segmentauswahl, Segmentabdeckung) → optimieren!

150

2. Segmentierung

2.6.2 Strategische Optionen Ausgehend von den Überlegungen und Entscheidungen zur Auswahl und zum Abdeckungsgrad der Marktsegmente kommen als Marktsegmentierungsstrategien (Marktparzellierungsstrategien) kommen folgende grundlegende Optionen in Frage: •

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie als Massenmarktstrategie mit totaler Marktabdeckung,



Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie als Massenmarktstrategie mit partieller Marktabdeckung,



Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie, die alle attraktiven Marktsegmente des relevanten Produktmarktes (multiple Segmentierung) in die Bearbeitung einbezieht,



Selektive Marktbearbeitungsstrategie als Strategie des Nischenanbieters.

2.6.3 Prozesse und und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 2-44 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Segmentierung dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung eines Prozessmodells ist von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Angebotsbreite und –tiefe, Art der Werttreiber etc.).

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Eingangslogistik

Segmentierung

Segmentierungsprozesse

Segmentierungsteilprozesse

Unterstützungsprozesse

Abb. 2-44:

Informationsgewinnung

Operative Funktionen

Ausgangslogistik

Positionierung

Kommunikation

Markterfassung

Marktbearbeitung

Informationsverarbeitung

Distribution

SegmentAuswahl

Marktforschung insbesondere Varianz-, Cluster-, Diskriminanzanalyse

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Akquisition

Bestimmung Geschäftsfelder

Neuromarketing

Prozessmodell für das Aktionsfeld „Segmentierung“

Betreuung

Festlegen Geschäftseinheiten

Informationstechnik

2.6 Optimierung des Kundennutzens

151

Die wichtigsten Instrumente des Aktionsfeldes Segmentierung sind die vielfältigen Methoden und Verfahren der Marktforschung. Hierbei nehmen die multivariaten Verfahren der Datenauswertung wie Varianzanalyse, Clusteranalyse und Diskriminanzanalyse eine besonders wichtige Stellung ein. Zunehmend werden auch die verschiedenen Erkenntnisse des Neuromarketings mit in die Unterstützungsprozesse sowie – nahezu selbst verständlich – die Informationstechnik einbezogen. 2.6.4 Werttreiber Die wichtigsten Werttreiber – also die wesentlichen beeinflussbaren Hebel für den Unternehmenserfolg – der Aktionsfeldes Segmentierung sind • • • •

Segmentvolumen und -potenzial, Wettbewerbsintensität, Preisniveau und Kapitalbedarf

der zu bearbeitenden Marktsegmente. In Abbildung 2-45 sind alle wesentlichen Aspekte dieses Aktionsfeldes (wie Aktionsparameter, Strategien, Instrumente und Werttreiber der Segmentierung sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

Abb. 2-45:

Aktionsfeld

Segmentierung

Aktionsparameter

• • • •

Segmentierungskriterien Segmentbewertung Segmentauswahl Segmentabdeckung

Strategien

• • • •

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie Selektive Marktbearbeitungsstrategie

Instrumentelle Unterstützung

• Marktforschung insbesondere − Varianzanalyse − Clusteranalyse − Diskriminanzanalyse • Neuromarketing • Informationstechnik

Werttreiber

• • • •

Optimierungskriterium

Kundennutzen

Segmentvolumen und -potenzial Wettbewerbsintensität Preisniveau Kapitalbedarf

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Segmentierung“

152

2. Segmentierung

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Welche (formalen) Anforderungen sind an ein effektives Segmentieren zu stellen?

(2)

Skizzieren Sie den S-O-R-Modellansatz des Kaufverhaltens von Konsumenten.

(3)

Welche Verhaltenskonstrukte beeinflussen die Kaufentscheidungen von Konsumenten?

(4)

Worin unterscheidet sich das Kaufverhalten von Organisationen im Vergleich zu Konsumenten?

(5)

Welche Rollen werden in der Regel von den Akteuren des Buying Centers übernommen? In welchen Phasen des organisationalen Kaufprozesses kommen diese Rollen zur Geltung?

(6)

Welche Segmentierungskriterien herrschen im B2C-Bereich vor?

(7)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen der Makrosegmentierung und der Mikrosegmentierung im B2B-Bereich an den Begriffen „Zielgruppe“ und „Zielperson“.

(8)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen strategischen Geschäftsfeldern (SGF) und strategischen Geschäftseinheiten (SGE).

(9)

In welchen Marktsegmenten fallen Segmentvolumen und Segmentpotential besonders stark auseinander?

(10) Charakterisieren Sie Primärquellen und Sekundärquellen anhand der Kriterien Verfügbarkeit und Kosten. (11) Warum wird die Wahl der Befragungsform auch als „Befragungsstrategie“ und die Art der Fragestellung als „Befragungstaktik“ bezeichnet? (12) Mit welchen Maßnahmen lässt sich die Rücklaufquote einer schriftlichen Befragung erhöhen? (13) Welche methodischen Probleme können die Ergebnisse von Verbraucherpanels beeinflussen? (14) Warum zählt das Quotenauswahlverfahren zwar zu den repräsentativen Verfahren, aber nicht zu den Verfahren der Zufallsauswahl? (15) Worin besteht der Unterschied zwischen Markttest und einem Testmarkt? (16) Warum sind die Kriterien Isolation und Repräsentativität wichtig für die Auswahl eines Testmarktes? (17) Nennen Sie Beispiele für das „Overreporting“ und das „Underreporting“? (18) In welchen Situationen ist es ratsamer, einen Storetest anstatt eines Markttests durchzuführen? (19) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der Korrelations- und der Regressionsrechnung?

Kontroll- und Vertiefungsfragen

153

(20) Warum zählt die Marktforschung nicht zum marketingpolitischen Instrumentarium (Marketing-Mix)? (21) In welchen Fällen ist der Einsatz der Faktorenanalyse zu empfehlen?

3. POSITIONIERUNG 3.1 Aufgabe und Ziel der Positionierung .................................................................................. 157

3.1.1 Begriffliche Grundlagen............................................................................................... 157 3.1.2 Positionierung als Wettbewerbsvorteil......................................................................... 158 3.2 Das Produkt als Positionierungselement........................................................................... 159

3.2.1 Differenzierung als Grundlage der Positionierung....................................................... 159 3.2.1.1 Differenzierung im B2C-Bereich.................................................................. 159 3.2.1.2 Differenzierung im B2B-Bereich.................................................................. 161 3.2.2 Positionierungsmodelle und Positionierungsanalyse ................................................... 162 3.2.3 Innovationsprozess ....................................................................................................... 167 3.2.3.1 Grundlagen ................................................................................................... 167 3.2.3.2 Ideengewinnung und Ideenprüfung .............................................................. 169 3.2.3.3 Konzeptentwicklung und Entwicklung der Marketingstrategie.................... 170 3.2.3.4 Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung .................................... 171 3.2.3.5 Markterprobung und Markteinführung ......................................................... 172 3.2.4 Markteintrittsstrategien ................................................................................................ 173 3.2.5 Portfoliostrategien ........................................................................................................ 176 3.2.5.1 Erfahrungskurve............................................................................................ 176 3.2.5.2 Produktlebenszyklus ..................................................................................... 177 3.2.5.3 Produktportfolio ............................................................................................ 178 3.2.6 Marktfeldstrategien ...................................................................................................... 182 3.2.6.1 Marktdurchdringungsstrategie ...................................................................... 182 3.2.6.2 Marktentwicklungsstrategie .......................................................................... 184 3.2.6.3 Produktentwicklungsstrategie ....................................................................... 186 3.2.6.4 Diversifikationsstrategie ............................................................................... 187 3.2.7 Markenmanagement ..................................................................................................... 188 3.2.7.1 Grundlagen ................................................................................................... 190 3.2.7.2 Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb ................................................ 191 3.2.7.3 Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb ............................................ 195 3.2.7.4 Markenstrategien im internationalen Wettbewerb ........................................ 200 3.2.7.5 Weitere Markenstrategien ............................................................................. 201 3.3 Der Preis als Positionierungselement ................................................................................ 202

3.3.1 Preistheoretische Grundlagen ....................................................................................... 202 3.3.2 Preisfindung ................................................................................................................. 205 3.3.2.1 Kostenorientierte Preisfindung ..................................................................... 205 3.3.2.2 Kundenorientierte Preisfindung .................................................................... 206 3.3.2.3 Wettbewerbsorientierte Preisfindung............................................................ 208 3.3.3 Preispositionierungsstrategien ...................................................................................... 209 3.3.4 Preisdifferenzierungsstrategien .................................................................................... 211 3.3.4.1 Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung .............................................. 213 3.3.4.2 Strategien der quantitativen Preisdifferenzierung ......................................... 215 3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb ......................................................................... 216 3.5 Optimierung des Kundenvorteils ........................................................................................ 220

3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 220 Strategische Optionen .................................................................................................. 220 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 221 Werttreiber ................................................................................................................... 222

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 224

156

3. Positionierung

3. POSITIONIERUNG

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Lernziele

In diesem Kapitel lernen Sie mit der Positionierung das zweite Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses und damit das eigentliche Herzstück des Marketings kennen. Sie setzen sich mit dem Produkt und seinen vielfältigen Differenzierungsmöglichkeiten sowie dem Preis als den beiden wesentlichen Positionierungselementen auseinander. Sie beschäftigen sich mit verschiedenen Positionierungsansätzen, vornehmlich im B2C-Bereich. Sie befassen sich mit Wettbewerbsstrategien (insbesondere Markteintrittsstrategien, Portfoliostrategien, Marktfeldstrategien und Markenstrategien) und ihren Auswirkungen auf die Marktpartner. Sie gewinnen Einblicke in die Grundlagen, Prozesse und Methoden der Marktforschung, deren Instrumente ein wichtiges Hilfsmittel für die Segmentierung sind. Sie machen sich ein Bild über die Werttreiber des Aktionsfeldes Positionierung.

3.1 Aufgabe und Ziel der Positionierung

3.1

157

Aufgabe und Ziel der Positionierung

3.1.1 Begriffliche Grundlagen Die Positionierung (engl. Positioning) ist das zweite wichtige Aktionsfeld im Vermarktungsprozess. Sie zielt darauf ab, innerhalb der definierten Segmente bzw. Geschäftsfelder eine klare Differenzierung gegenüber dem Produkt- und Leistungsangebot des Wettbewerbs vorzunehmen. Die Einbeziehung des Wettbewerbs und seiner Stärken und Schwächen ist also ein ganz entscheidendes Merkmal der Positionierung. Jedes Unternehmen tritt in seinen Marktsegmenten in aller Regel gegen einen oder mehrere Wettbewerber an. In dieser Situation reicht es nicht aus, ausschließlich nutzenorientiert zu argumentieren. Neben den reinen Kundennutzen muss vielmehr der Kundenvorteil treten. Der Kundenvorteil definiert sich als der Vorteil, den der Kunde beim Erwerb des Produktes gegenüber dem Wettbewerbsprodukt hat. Wer überlegenen Nutzen (= Kundenvorteil) bieten will, muss die Bedürfnisse, Probleme, Ziele und Nutzenvorstellungen des Kunden sowie die Vor- und Nachteile bzw. Stärken und Schwächen seines Produktangebotes gegenüber denen des Wettbewerbs kennen. Die Positionierung zielt also auf die Optimierung des Kundenvorteils ab: Kundenvorteil = f (Positionierung) → optimieren! Die wesentlichen Fragen in diesem Zusammenhang sind: • •

Wie differenziert sich das eigene Angebot von dem des Wettbewerbs? Welches sind die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale?

Bei der Beantwortung geht es allerdings nicht so sehr um die Herausarbeitung von Wettbewerbsvorteilen an sich. Entscheidend sind vielmehr jene Produkt- und Leistungsvorteile, die für den Kunden interessant sind und einen besonderen Wert für ihn haben. Ein Unternehmen kann diesen Wert, dieses "Mehr an Nutzen bieten, indem es besser, neuer, schneller oder preisgünstiger ist" [KOTLER et al. 2007, S. 400]. Produktvorteile müssen also ein Bedürfnis bzw. ein Problem der Zielgruppe befriedigen bzw. lösen. Produktvorteile, die diesen Punkt nicht treffen, sind von untergeordneter Bedeutung. Unternehmen, die es verstehen, sich im Sinne des Kundenproblems positiv vom Wettbewerb abzuheben, haben letztendlich die größeren Chancen beim Produktverkauf. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die Stärken von Unternehmen in Kundenvorteile umzusetzen: Entweder mit dem Produktvorteil oder mit dem Kosten- bzw. Preisvorteil. Die Positionierung von Produktvorteilen ist häufig sehr viel schwieriger als die von Preisvorteilen, da der Preis- oder Kostenvorteil ceteris paribus objektivierend wirkt. Das Kriterium der produktbezogenen Differenzierung kann daher nur der Alleinstellungsanspruch sein, denn die Einzigartigkeit wird im Wettbewerbsvergleich ebenfalls objektivierend beurteilt. Prinzipiell bietet jeder Produktparameter Chancen, Kundenvorteile zu erzielen. Entscheidend für die Durchsetzung von Kundenvorteilen ist, dass sich der Kommunikationsinhalt auf Einzigartig-

158

3. Positionierung

keit, Verteidigungsfähigkeit und auf jene Produkteigenschaften konzentrieren sollte, die der Kunde besonders hoch gewichtet [vgl. GROßE-OETRINGHAUS 1986, S. 3 und 41].

3.1.2 Positionierung als Wettbewerbsvorteil Positionierung ist also die Schaffung einer klaren Differenzierung aus Kundensicht und besteht in der Reduktion auf die wichtigsten Ausprägungen des Kundenvorteils. Das führt zu einer Konzentration auf jene Produkt- und Leistungsmerkmale, die aus Kundensicht eine klare Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb bewirken. Damit führt die Positionierung zur Bestimmung des Kommunikationsinhaltes, denn jegliche Kommunikation mit dem Kunden sollte auf dessen Vorteil ausgerichtet sein [vgl. GROßE-OETRINGHAUS 1986, S. 3]. Nachdem der Unterschied zwischen Kundennutzen und Kundenvorteil herausgearbeitet worden ist, sind in diesem Kontext noch weitere Begriffe, die teilweise synonym zum Kundenvorteil verwendet werden, abzugrenzen [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 19 ff.]: •

Ein Netto-Nutzen-Vorteil ist dann gegeben, wenn der Nutzen für den Nachfrager größer ist als der Preis. Bei diesem Konstrukt fehlt allerdings die Wettbewerbskomponente.



Das Akronym USP (Unique Selling Proposition) beschreibt das Alleinstellungsmerkmal eines Produktes. Der USP betont zwar den Wettbewerbsbezug, nicht aber den vom Nachfrager zu zahlenden Preis.



Value Proposition ist der Wert (engl. Value) von Nutzenelementen, die ein Nachfrager im Austausch für den gezahlten Preis bekommt. Die Differenz zwischen Wert und Preis entspricht dem Netto-Nutzen-Vorteil.



Beim Wettbewerbsvorteil, der sich neben Produkt- bspw. auch aus Kosten- oder Standortvorteilen zusammensetzen kann, dominiert die Wettbewerbskomponente die Kundenkomponente. Der Wettbewerbsvorteil an sich zählt nicht, entscheidend ist, dass er auch vom Kunden wahrgenommen wird. Damit wirken Wettbewerbsvorteile nur mittelbar.



Das Konstrukt des komparativen Konkurrenzvorteils (KKV) fasst beide Perspektiven, also die Kundenkomponente und die Wettbewerbskomponente zusammen. Der KKV besteht aus einer (kundenorientierten) Effektivitätsposition (mit den Merkmalen Bedeutsamkeit und Wahrnehmung) und einer (wettbewerbsorientierten) Effizienzposition (mit den Merkmalen Verteidigungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit).

Obwohl der KKV, der speziell für das Industriegütermarketing entwickelt worden ist [BACKsicherlich das umfassendste Konstrukt in diesem Kontext darstellt, soll hier weiterhin an der einfacheren Begrifflichkeit des Kundenvorteils festgehalten werden.

HAUS],

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

3.2

159

Das Produkt als Positionierungselement

Das entscheidende Differenzierungsinstrument und damit die Grundlage für die Positionierung ist das Produkt. Dabei wird hier die Auffassung vertreten, „dass alles, was vermarktet werden kann, ein Produkt ist“ [KOTLER/BLÜMEL 1992, S. 621]. Nach diesem weit gefassten Begriffsverständnis werden neben Sachleistungen also auch Dienstleistungen (und sogar Personen und Ideen, die sich „vermarkten“ lassen) als Produkte angesehen. Die verschiedenen Differenzierungsmöglichkeiten durch das Produkt stehen im Vordergrund der nachfolgenden Betrachtung. Wenn nicht anders erwähnt, wird aber weiterhin begrifflich zwischen Produkt (im Sinne von Sachgut) und Dienstleistung unterschieden. Am Anfang steht also immer ein Produkt (oder eine Dienstleistung, ein Unternehmen, eine Person, eine Idee). Die Positionierung steht allerdings – genau genommen – nicht für dieses Produkt, sondern für das, was bei den Kunden und Interessenten im Kopf entsteht. Produkte werden also im Denken der Verbraucher positioniert, damit diese sich leichter tun, Produkte zu klassifizieren.

3.2.1 Differenzierung als Grundlage der Positionierung Ein Unternehmen sollte ein Marktsegment letztlich nur dann als attraktiv für sich einschätzen, wenn es sich aufgrund seiner eigenen Leistungspotenziale einen oder mehrere Wettbewerbsvorteil(e) verspricht. Hierzu ist es im Rahmen der Positionierung erforderlich, sich ein genaues Bild über die Erfolgs- oder Schlüsselfaktoren – bezogen auf die Anforderungen der jeweiligen Marktsegmente – zu verschaffen. Solche Erfolgsfaktoren wirken stark differenzierend und zeigen Potenziale auf, um sich vom Wettbewerb innerhalb der Segmente abheben zu können. Spekulationen bei der Ermittlung der gegenwärtigen Position sollten dabei möglichst ausgeräumt werden. Hier kann der Einsatz qualitativer und quantitativer Marktforschungsmethoden (strukturierte Analysen der eigenen Stärken und Schwächen sowie der Wettbewerber, Marktveränderungen und Differenzierungsmerkmale etc.) hilfreiche Dienste leisten. Besonders wichtig ist dabei nicht nur die eigene „Nabelschau“, sondern eben auch die Analyse der Stärken und Schwächen des Wettbewerbs. Um die Wahrnehmung der Marktposition des Unternehmens und der wichtigsten Wettbewerber festzustellen, müssen die wichtigsten Zielgruppen (Kunden, Meinungsbildner, Konsumenten etc.) verschiedene, für die Positionierung relevante Leistungsfaktoren bewerten. Bei diesen Erhebungen steht die subjektive Wahrnehmung der Befragten im Vordergrund. 3.2.1.1 Differenzierung im B2C-Bereich

Eine der Hauptaufgaben für das Marketing besteht demnach darin, diese Alleinstellungsmerkmale (engl. Unique Selling Proposition – USP) ausfindig zu machen, gegenüber dem Markt zu kommunizieren und damit Präferenzen zu bilden. Die Differenzierungsmöglichkeiten können je nach Branche sehr unterschiedlich sein. In einigen Branchen können

160

3. Positionierung

solche Kundenvorteile relativ leicht gewonnen werden, in anderen ist dies nur sehr schwer möglich. Dennoch gelingt es erfahrenen Marketingunternehmen immer wieder, für ihre Produkte – seien sie noch so homogen – Differenzierungen herauszuarbeiten [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 400 und 407]. Ersatzweise können aber auch Produktmerkmale herangezogen werden, die für sich genommen zwar keinen Alleinstellungsanspruch rechtfertigen, sehr wohl aber in ihrer Kombination einen Kundenvorteil darstellen. Das Produkt bietet grundsätzlich vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten. Es kann mit unterschiedlichen Ausstattungselementen angeboten werden, als Basisversion oder mit vielen Extras. Die besondere Qualität, die Haltbarkeit bzw. Nutzungsdauer oder die Zuverlässigkeit sind weitere Differenzierungsmöglichkeiten. Doch nicht nur der reine funktionale Nutzen, sondern auch Design oder Service, die Verpackung, der Name oder die Farbe bieten vielfältige Möglichkeiten, sich vom Wettbewerb abzuheben. Abbildung 3-01 macht deutlich, dass es neben dem reinen Produktkern noch viele weitere Differenzierungsmöglichkeiten gibt.

Symbolik Image Reputation

Markierung Zusatzdienstleistungen

Beratung Fachkompetenz Vertrauenswürdigkeit

Styling Ästhetik Farbe, Form

Basisdienstleistungen Verpackung

Haltbarkeit Ökologie Recyclingfähigkeit

Produktdesign

Zusatzeigenschaften

Produktkern

Kerneigenschaften

Abb. 3-01:

Wartung Instandhaltung

Funktionsleistung Ausstattung Zuverlässigkeit

Differenzierungsmöglichkeiten durch das Produkt

Fasst man die einzelnen Differenzierungsmöglichkeiten tabellarisch zusammen, so lassen sich unter den Rubriken Produkt, Service, Mitarbeiter, Distributionssystem und Identitätsgestaltung die in Abbildung 3-02 dargestellten Dimensionen und Ausprägungen einordnen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf den Servicebereich als Differenzierungsinstrument gerichtet werden. Eigentlich ist der Kundenservice eine Domäne im B2B-Marketing, wo z. B. im Anlagenbau oder im Systemgeschäft Installation, Instandsetzung, Kundenschulung und beratung wesentliche Elemente der Gesamtleistung darstellen. Im B2C-Bereich dagegen ist – gerade in Deutschland – oft von der „Service-Wüste“ die Rede. Deshalb liegen gerade hier die größten Verbesserungspotentiale. Customer Relationship Management und Customer

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

161

Contact Management sind hierzu die Stichworte und werden in Kapitel 7. Betreuung ausführlich behandelt.

Produkt

Service

Mitarbeiter

Distributionsystem

• Produktausstattungselemente • Produktleistung • Leistungskonformität • Haltbarkeit • Zuverlässigkeit • Instandsetzbarkeit • Styling, Design

• • • • • •

• Fachkompetenz • Höflichkeit • Vertrauenswürdigkeit • Zuverlässigkeit • Geistige Beweglichkeit • Kommunikation

• Distributionswege • Abdeckungsgrad des Distributionssystems • Fachkompetenz der Systemmitglieder • Leistung des Distributionssystems

Auftragshilfen Zustellung Installation Kundenschaltung Kundenberatung Instandsetzung/ -haltung • Hotline

Identitätsgestaltung • • • •

Symbole Medien Atmosphäre EreignisSponsoring

[Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 407]

Abb. 3-02:

Differenzierungsinstrumente und deren Ausgestaltungsmöglichkeiten

Die in den Abbildungen 3-01 und 3-02 aufgezeigten Differenzierungsmöglichkeiten machen deutlich, wie vielfältig die Gestaltungsansätze für das B2C-Marketing sind, um Erfolgsfaktoren und damit Kundenvorteile für eine erfolgreiche Positionierung herauszuarbeiten.

3.2.1.2 Differenzierung im B2B-Bereich

Für den Industriegüterbereich (und damit im Wesentlichen auch für das B2B-Marketing) schlagen BACKHAUS/VOETH einen Ansatz vor, der die besonderen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen des Anbieters zur Positionierung berücksichtigt. Als Differenzierungsmöglichkeiten werden dabei • • •

Potenzialunterschiede, Prozessunterschiede und Programmunterschiede

im Vergleich zum Wettbewerb herangezogen (siehe Abbildung 3-03). Zu den Potenzialunterschieden als Quelle für den Kundenvorteil zählen z. B. ein patentrechtlich geschütztes Wissen ebenso wie der Zugang zu dominanten Technologien, ein exklusives Vertriebssystem oder besonders fähige Mitarbeiter. Wettbewerbsrelevante Prozessunterschiede ergeben sich insbesondere beim Management der Supply Chain, bei den Prozessketten des Product Lifecycle sowie beim Customer Relationship Management. Hier stellt sich allerdings die Frage, wie solche Prozessketten im Hinblick auf Effektivität und Effizienz und vor allem im Vergleich zum Wettbewerb gemessen bzw. beurteilt werden sollen.

162

3. Positionierung

In den Programmunterschieden dokumentiert sich der vom Kunden wahrgenommene Marktauftritt eines Anbieters. Unternehmen, die bspw. nur als Komponentenlieferant, nur als Systemanbieter oder nur als Dienstleister auftreten, werden sich im Markt anders positionieren als Unternehmen, die über die vollständige Programmbreite verfügen [vgl. PLINKE 1995, S. 68]. So hat sich SAP jahrelang als reines Softwarehaus positioniert, während international operierende IT-Beratungsunternehmen wie ACCENTURE, CAPGEMINI oder BEARING POINT als SAP-Berater (z. B. für internationale SAP-Rollouts) agieren.

Potenzialunterschiede

Prozessunterschiede

Programmunterschiede

z. B. • Kapitalausstattung • Technologiezugang • Rohstoffzugang • Mitarbeiterkompetenz • F&E-Kompetenz • Wissensmanagement • Lieferantennetzwerk • Vertriebssystem

z. B. • Supply Chain Management • Customer Relationship Management • Product Lifecycle Management

z. B. • Produktangebot (Komponenten, Module) • Systemangebot (Systemengineering, Systemtechnologie) • Dienstleistungsangebot (Beratung, Installation, Wartung, Outsourcing)

[Quelle: BACKHAUS/ VOETH 2010, S. 148 ff.]

Abb. 3-03:

Differenzierungsmöglichkeiten im Industriegüterbereich

Darüber hinaus bieten die spezifischen Wettbewerbsverhältnisse und Kundenanforderungen innerhalb einer Branche weitere Differenzierungsmöglichkeiten. Ein Beispiel dafür sind die Differenzierungsmerkmale für ERP-Softwareprodukte, die sich an folgenden Anwenderbedürfnissen orientieren [vgl. LIPPOLD 1998, S. 159]: •

Funktionaler Nutzen mit den Ausprägungen Funktionsbreite und -tiefe sowie Integrationsfähigkeit;



Zukunftssicherheit mit den Ausprägungen Softwaretechnologie und -architektur, Portabilität, Image/Reputation und Finanzkraft;



Produktstabilität mit den Ausprägungen Anzahl der Installationen und Referenzen sowie Zuverlässigkeit;



Serviceleistungen mit den Ausprägungen Organisationsberatung, Einsatzunterstützung, Customizing, Anwenderschulung und Hot-Line-Wartung;



Kundennähe mit den Ausprägungen Anzahl der Geschäftsstellen , Anzahl der Servicestellen, Anzahl der Vertriebspartner, Anzahl der Servicepartner sowie internationale Präsenz.

3.2.2 Positionierungsmodelle und Positionierungsanalyse Häufig besteht der Bedarf, die so gewonnene Positionierung auch zu lokalisieren. Dazu werden die verschiedenen miteinander im Wettbewerb stehenden Produkte in einem sog. Eigen-

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

163

schafts- oder Merkmalsraum angeordnet. Aus Vereinfachungs- bzw. Darstellungsgründen wird zumeist ein zweidimensionales Positionierungsmodell verwendet. Maßgebend für ein solches Positionierungsmodell sind die wahrgenommenen bzw. erlebten Produktmerkmale, die von den Kunden unterschiedlich zugeordnet werden. Dem Marketing obliegt dabei die Aufgabe, die kaufbestimmenden Eigenschaften zu identifizieren und als Positionierungskreuz darzustellen. Hierzu werden zunächst diejenigen Produkteigenschaften ermittelt, die die Kunden als relevant für die Auswahl von Produkten auf einzelnen Märkten wahrnehmen. Dann werden im nächsten Schritt die Wettbewerbsprodukte in den Merkmalsraum so eingezeichnet, wie die Kunden sie subjektiv bewerten. Im Automobilbereich können dies bspw. die Merkmale Sportlichkeit und Wirtschaftlichkeit sein. Sind die Positionierungsobjekte (hier: Autos) in den Eigenschaftsraum eingeordnet, können entsprechende Lücken (Positionierungslücken) für neue Produkte aufgedeckt werden [vgl. BECKER 2009, S. 248]. Abbildung 3-04 zeigt das Beispiel eines einfachen, zweidimensionalen Positionierungsmodells, das die Merkmale Preis-/Qualitätsrelation sowie Modegrad mit dem Gegensatzpaar top-modisch und klassisch verwendet. Das Unternehmen selber sowie wichtige große Wettbewerber (A1 bis A11) sind so eingezeichnet, wie sie aus Verbrauchersicht vermutlich wahrgenommen werden. Modegrad

(top-modisch)

A1

A5

A2

A7 A3

Qualität/Preis

A6

A9

A4

Qualität/Preis

(niedrig)

(hoch)

A10 Positionierungslücke

A11

Modegrad (klassisch)

Abb. 3-04:

Beispiel eines zweidimensionalen Positionierungsmodells

Zur besseren Illustration ist ein aktuelles Beispiel aus dem Bereich der Textilwirtschaft in Insert 3-01 dargestellt. Untersuchungsgegenstand sind Anbieter von Herrenanzügen, die in einem von den Dimensionen (Preis-)Genre und Modegrad gebildeten Merkmalsraum positioniert sind.

164

3. Positionierung

Insert Positionierung Herrenanzüge:

Wie der Handel die Anbieter sieht

Wenn sich Rudel bilden ist das schlecht. Nicht nur beim Fußball. Auch für den Anzug. Dicht gedräng gt tummelt sich die Mitte des Marktes. Roy Robson, Digel, Daniel Hechter, Pierre Cardin, Benvenuto, Bugatti – alle sind sich nah. Das zeigt das Positionierungsmodell der TW-Studie. Wenn alle fast den gleichen Look zum identischen Preis anbieten, steigt die Vergleichbarkeit. Der Handel ist auf Ausreißersuche. Der Tick mehr Modegrad zu kommerziellen Preislagen. Hier klafft eine Lücke, die derzeit nur CG–Club of Gents und zu Teilen Sir Oliver, Stones und Esprit auszufüllen wissen. Besonders hier – und preislich weit darunter – mischen die Vertikalen zunehmend erfolgreich mit. Filialisten und großflächige Einzelhändler bringen Eigenlabels in Stellung – vorneweg McNeal – und bauen zusätzlich frische Namen in Einstiegspreislagen auf. Aktuelles Beispiel: Selected Homme. Preislich darüber

etabliert sich ein weiteres wichtiges Umsatzfeld für moderne, richtungsweisende Looks. Viele Händler haben Hugo, Drykorn und Cinque als umsatzstarken Markenkanon positioniert. Und das nicht nur für junge Männer. Tiger of Sweden hat sich im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2011 im Genre Richtung 399 Euro entwickelt und mischt hier jetzt voll mit. Strellson bildet erfolgreich die Brücke zwischen der bedarfsgetriebenen Stammabteilung und emotionaleren Contemporary-Welten. Boss, Tommy Hilfiger Tailored und Joop! bilden ein weiteres marktstarkes Cluster. Als Bindeglied zwischen breitem Markt und Topgenre nennen viele im Handel zuerst Eduard Dressler und Windsor, dazu Baldessarini und René Lezard. Doch das Positionierungsmodell zeigt: In der Beletage ist noch Platz. [Quelle: TextilWirtschaft 21,22.05.2014, S. 56 ff.]

Insert 3-01: Positionierung Herrenanzüge: Wie der Handel die Anbieter sieht

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

165

In der Praxis sind zweidimensionale Merkmalsräume eher selten, da in der Regel mehr als zwei Eigenschaften zur Positionierung herangezogen werden. Abbildung 3-05 zeigt ein Beispiel für einen Merkmalsraum mit fünf Eigenschaften, die kaufentscheidend für den Erwerb von ERP-Software sein können. Als Eigenschaften sind hierbei die fünf Anwenderbedürfnisse aus Abbildung 3-03 über den Merkmalsraum für drei Positionierungsobjekte (Produktangebot A, B und C) gespannt. Funktionalität

Zukunftssicherheit

Produktangebot C

Kundennähe

Produktangebot A

Produktangebot B

Serviceleistungen Produktstabilität

Abb. 3-05:

Beispiel für ein Positionierungsmodell mit fünf Dimensionen

Sind die Erfolgsfaktoren identifiziert und beherrschbar, so müssen die Leistungs- und Unternehmensstärken gegenüber den potenziellen Kunden argumentiert (→ Kundenvorteil) und damit zu strategischen Wettbewerbsvorteilen ausgebaut werden. Der strategische Wettbewerbsvorteil sollte drei Kriterien erfüllen [vgl. SIMON 1988, S. 465]: •

Der Vorteil muss ein für den Kunden wichtiges Leistungsmerkmal betreffen.



Der Vorteil muss vom Kunden tatsächlich wahrgenommen werden.



Der Vorteil sollte vom Wettbewerb nicht schnell einholbar sein, d. h. er muss eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen.

Das oben beschriebene Positionierungsmodell ist für die Bestimmung der unmittelbaren Wettbewerbsposition eines Unternehmens häufig noch zu unscharf. Dies kann jedoch eine Betrachtung der strategischen Gruppen innerhalb einer Branche leisten (siehe Insert 3-02). Eine strategische Gruppe ist eine Menge von Unternehmen, die innerhalb einer Branche die gleiche bzw. eine ähnliche Strategie verfolgen [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 142].

166

3. Positionierung

Insert Strategische Gruppen: Beispiel Automobilindustrie hoch

Bentley, Ferrari, Jaguar, Maserati, Porsche, Rolls-Royce

Audi, BMW, Mercedes Honda, Ford, Toyota, Volvo, VW

Durchschnittspreis

Fiat, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Renault

Hyundai, Kia, Daewoo

niedrig

eng [Quelle: MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 143]

Produktprogrammbreite

weit

Strategische Gruppen: Beispiel Uhrenindustrie Etablisseure des Luxussegments z. B. Ebel

Luxus

oberes Preissegment

PrivateLabel Anbieter z.B. Gucci, Tag Heuer

mittleres

Manufakturen des Luxussegments z. B. Rolex, J-le-Coutre

Etablisseure des oberen Preissegments z. B. Breitling, M. Lacroix

Etablisseure des mittleren Preissegments z. B. M. Jordi, Movado

Blancpain z. B. Omega, Rado Manufakturen des mittleren und unteren Preissegments z. B. Citizen, Seiko

z. B. Swatch

Billiguhren aus Hongkong und China

unteres

Privat-Label Anbieter [Quelle: KÜHN/GRÜNIG 2000, S. 137]

Etablisseure

z. B. Tissot, Longines

Manufakturen

Produktionstiefe

Insert 2-02: Strategische Gruppen in der Uhren- und Automobilindustrie

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

167

Die Positionierung bildet also ab, wie das Unternehmen (oder das Produkt oder die Dienstleistung) aufgrund wichtiger Eigenschaften im Vergleich zum Wettbewerb von den Zielgruppen wahrgenommen wird. Eine Positionierungsentscheidung kann aus folgenden Anlässen getroffen werden: •

Neupositionierung, d. h. es geht darum, ein Produkt erstmalig gezielt zu positionieren. Dies ist bei der Einführung neuer Produkte regelmäßig der Fall.



Positionsausbau, d. h. eine erreichte Positionierung soll verstärkt werden oder ggf. auf andere Produkte übertragen werden (Markentransfer).



Umpositionierung (engl. Relaunch), d. h. bei einer abnehmenden Wettbewerbsposition oder bei schrumpfenden Märkten soll die bestehende Positionierung aufgegeben werden und die Marke modifiziert werden.

3.2.3 Innovationsprozess 3.2.3.1 Grundlagen

Der Grundstein aller Differenzierungsmöglichkeiten wird bereits bei der Neuproduktentwicklung bzw. bei der Konzeption von Produktverbesserungen gelegt. Neue Produkte entscheiden über die weitere Entwicklung des Unternehmens; verbesserte und modifizierte Produkte sowie Nachfolgeprodukte müssen entwickelt werden, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Der mit der Entwicklung von neuen oder verbesserten Produkten verbundene Änderungsprozess wird als Innovationsprozess bezeichnet [vgl. SCHMITT-GROHÉ 1972, S. 25]. Nicht nur aus einzelwirtschaftlicher Sicht sind Innovationen notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu sichern. Auch gesamtwirtschaftlich gesehen besteht kein Zweifel darüber, dass in den westlichen Industrieländern die internationale Wettbewerbsfähigkeit nur durch Innovationen gewährleistet werden kann, da insbesondere Schwellenländer technisch-funktionale Wettbewerbsvorteile immer schneller imitieren können. So ist es auch kein Wunder, dass der Begriff der Innovation in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Schlagwort geworden ist [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 408]. “Innovation is the use of new knowledge to offer a new product or service that costumers want. It is invention and commercialization.” [AFUAH 1998, S. 13] Diese Definition fasst den unter den vielen in der Literatur angebotenen Auslegungen des Innovationsbegriffs am besten zusammen, weil sie die beiden wesentlichen Bestandteile – nämlich „kundenwertige Neuheit“ und „Markterfolg“ – vereint. Der Innovationsbegriff ist allerdings nicht nur auf Produktinnovationen (im Sinne von Sachgütern) beschränkt, sondern bezieht auch Neuheiten im Bereich der Entwicklung von Prozessen (→ Prozessinnovationen), Dienstleistungen (→ Serviceinnovationen), Organisationen (→

168

3. Positionierung

Organisationsinnovationen) und Geschäftsmodellen (→ Geschäftsmodellinnovationen) als Innovationsobjekte mit ein. Eine weitere Unterscheidung von Innovationen kann unter dem Aspekt des Innovationsgrades vorgenommen werden. Danach ist zwischen Imitationsinnovationen, Anpassungsinnovationen und Basisinnovationen zu differenzieren. Schließlich kann noch nach dem Treiber der Innovation zwischen markt- und technologieinduzierten Innovationen unterschieden werden. Marktgetriebene Innovationen (engl. Market Pull) gehen von bislang nicht erfüllten Kundenbedürfnissen aus, während technologiegetriebene Innovationen (engl. Technology Push) in der Regel auf naturwissenschaftlich-technische Entwicklungen zurückzuführen sind [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 542]. Abbildung 3-06 liefert einige Beispiele zu den verschiedenen Innovationstypen.

Objekt der Innovation

Grad der Innovation

Treiber der Innovation

Abb. 3-06:

Innovationstypen

Beispiele

Produktinnovation

Gameboy (NINTENDO), I-Phone (APPLE), Kinder-Überraschungsei (FERRERO),

Prozessinnovation

Vollautomatische Hochregallagersteuerung, RFID-Technologie im Handel

Serviceinnovation

Online-Banking für Privatkunden

Organisatorische Innovation

Einführung von Telearbeit im Unternehmen

Geschäftsmodellinnovation

IKEA-Geschäftsmodell (Teile der Wertschöpfung wird zum Kunden ausgelagert)

Imitationsinnovation

Generika in der pharmazeutischen Industrie

Anpassungsinnovation

Anwendungsmodifikationen für SAPStandardsoftware

Basisinnovation

Hybrid-Antrieb in der Automobilindustrie

Market Pull(-Innovation)

SMART-Kleinwagen von DAIMLER

Technology Push(-Innovation)

Digital-Kameras

Innovationstypen

Die nachfolgende Darstellung des Innovationsprozesses konzentriert sich aus Vereinfachungsgründen ausschließlich auf Produktinnovationen, die mehrheitlich im B2C-Marketing zu finden sind. Der Produktinnovationsprozess durchläuft idealtypisch folgende Phasen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 447 ff.]: • •

Ideengewinnung Ideenprüfung

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

• • • • • •

169

Konzeptentwicklung Entwicklung der (vorläufigen) Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse Produktentwicklung Markterprobung Markteinführung.

Die einzelnen Phasen können sich zeitlich überlappen und müssen nicht notwendiger Weise sukzessive durchlaufen werden. So sind bspw. Rückschritte zu früheren Phasen denkbar, wenn dort zunächst noch Änderungen oder Verbesserungen vorgenommen werden müssen. 3.2.3.2 Ideengewinnung und Ideenprüfung

Am Anfang des Innovationsprozesses steht die Ideengewinnung mit der Suche nach vermarktungsfähigen Produktideen. Dabei können sowohl unternehmensinterne als auch unternehmensexterne Ideenquellen genutzt werden. Zu den internen Quellen zählen Anregungen des Außen- und Kundendienstes, das betriebliche Vorschlagswesen sowie die Mitarbeiter des Forschungs- und Entwicklungsbereichs (F&E-Bereich). Externe Quellen setzen folgerichtig bei den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden an. Jedoch können Lieferanten und Händler, Wettbewerbsanalysen, Messen sowie (Innovations-)Berater wichtige Ideenquellen sein. Neben der reinen Ideensammlung ist es erforderlich, die Ideengewinnung durch eine systematische Ideenproduktion durch den Einsatz von Kreativitätstechniken zu ergänzen. Dazu zählen intuitive Verfahren wie Brainstorming und Brainwriting als gruppendynamische Prozesse sowie das anspruchsvollere Verfahren der Synektik, das auf der Erkenntnis beruht, dass sich Impulse für neue Produkte durch Analogiebildung gewinnen lassen. Schließlich ist noch die morphologische Analyse zu nennen. Bei dieser Methode werden neu zu entwickelnde Produkte anhand von verschiedenen Merkmalen beschrieben. Durch Kombination der einzelnen Merkmalsausprägungen können sich dann neue Produktideen ergeben. Im Mittelpunkt der Ideenprüfung steht eine Vorauswahl der gefundenen Produktideen. Fruchtlose Ideen sollen frühzeitig ausgesondert und das Nutzenpotenzial von guten Ideen rechtzeitig erkannt werden. Der Vorauswahl liegt ein Bewertungsschema zugrunde, das die Ideen in eine Rangfolge (Rating) bringt. Bei diesem Rating werden bestimmte Faktoren wie die Alleinstellung des Produkts, das Preis-/Leistungsverhältnis, das verfügbare Marketingbudget oder die Wettbewerbslage innerhalb der Produktkategorie berücksichtigt und entsprechend gewichtet. Eine solche Ideenbewertung dient als Grundlage zur Diskussion im Management, das letztlich die Entscheidung über die Weiterverfolgung einer Produktidee trifft. Da Produktideen in dieser Phase des Innovationsprozesses noch wenig konkret sind, bietet sich besonders die Conjoint-Analyse als Verfahren zur Ideenkonkretisierung an. Die Conjoint-Analyse ist eine multivariate Analysetechnik, mit deren Hilfe der Gesamtnutzen eines Produktes in Nutzenbeiträge einzelner Produktmerkmale zerlegt wird.

170

3. Positionierung

Dadurch trägt die Conjoint-Analyse dazu bei, dass die Produktidee bereits in der frühen Phase des Entwicklungsprozesses am Kundennutzen ausgerichtet wird [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 549]. Abbildung 3-07 fasst die wichtigsten Aspekte dieser beiden ersten Phasen des Innovationsprozesses zusammen.

Ideengewinnung Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung

Ideenquellen • Zufällige Idee • Kundenanregungen/-beschwerden • Lieferantenanregungen • Wettbewerbsanalyse • Betriebliches Vorschlagswesen • Messen • (Innovations-)Berater • F&E-Abteilung Kreativitätstechniken • Brainstorming • Brainwriting (Methode 6-3-5) • Synektik • Morphologische Analyse Bewertungsschema für Produktideen

Markterprobung Markteinführung

Abb. 3-07:

• Alleinstellung oder Überlegenheit des Produkts • Preis-Leistungsverhältnis • Verfügbares Marketingbudget • Wettbewerbslage in der Produktkategorie • Conjoint-Analyse

Ideengewinnung und Ideenprüfung im Rahmen des Innovationsprozesses

3.2.3.3 Konzeptentwicklung und Entwicklung der Marketingstrategie

Nach der Ideenkonkretisierung geht es im Rahmen der Konzeptentwicklung darum, die neue Produktidee im Rahmen eines Konzeptes umfassend zu präzisieren. Dazu muss zunächst die angestrebte Zielgruppe, d. h. die potentiellen Käufer des Produkts festgelegt werden. Neben den funktionalen Eigenschaften des Produkts wird das zentrale Nutzenversprechen gegenüber der Zielgruppe festgehalten. Schließlich wird in der Konzeptbeschreibung die angestrebte Positionierung festgelegt. Handelt es sich nicht nur um eine Produktidee, die präzisiert werden soll, sondern um alternative Produktkonzepte, so können diese Konzepte ebenfalls mit der Conjoint-Analyse erprobt werden. In der nächsten Phase muss eine vorläufige Marketingstrategie entwickelt werden. Der erste Teil dieser Strategie beschreibt Größe, Struktur und Verhaltensmuster des Zielmarktes sowie die Absatz-, Marktanteils- und Gewinnziele in den ersten Jahren. Im zweiten Teil werden der vorgesehene Preis, die Distributionsstrategie und das Marketingbudget festgelegt. Im dritten Teil der Marketingstrategie werden die langfristigen Umsatz- und Gewinnziele (z. B. in Form einer 5-Jahresplanung) beschrieben. Abbildung 3-08 gibt einen Überblick über die wichtigsten Aktivitäten der Konzept- und Strategieentwicklung.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Ideengewinnung

171

Präzisierung der Produktidee

• Wer sind die potenziellen Käufer des Produkts?

Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung Markterprobung

• Welche funktionalen Eigenschaften zeichnet das Produkt aus? • Wie lautet das zentrale Nutzenversprechen gegenüber der Zielgruppe? • Evtl. Einsatz der Conjoint-Analyse (bei mehreren Produktalternativen)

Erarbeitung einer vorläufigen Marketingstrategie

• Beschreibung der Größe, Struktur und Verhaltensmuster des Zielmarktes • Festlegen des vorgesehenen Preises, der Distributionsstrategie und des Marketingbudgets • Beschreibung der langfristigen Umsatz- und Gewinnziele (5-Jahresplanung)

Markteinführung

Abb. 3-08:

Konzeptentwicklung und Entwicklung der vorläufigen Marketingstrategie

3.2.3.4 Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung

Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse geht es in erster Linie darum, ob die geplanten Umsätze, Kosten und Gewinne den Unternehmenszielen entsprechen. Im Rahmen eines Businessplanes werden die geschätzten Umsätze aus Erstkäufen, Ersatzkäufen und Wiederholungskäufen den erwarteten Kosten gegenübergestellt. Diese Kosten- und Gewinnschätzungen werden sehr häufig in drei Varianten als sog. Risikoanalyse durchgeführt, die eine optimistische, eine pessimistische und eine realistische Einschätzung beinhaltet. Darüber hinaus empfiehlt sich auch die Durchführung einer Break-even-Analyse. Hierbei wird ermittelt, welche Absatzmengen bei vorgegebenen Preisen verkauft werden müssen, um die Fixkosten zu decken und die Gewinnschwelle zu erreichen. Ist die Marktfähigkeit und damit die wirtschaftliche Attraktivität des geplanten Produkts attestiert, so kann die Phase der Produktentwicklung eingeleitet werden [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 463 ff.]. Bislang existierte das geplante Produkt lediglich als Beschreibung, Zeichnung oder als Modell. Mit Eintritt in die Produktentwicklungsphase sind größere Investitionen erforderlich. Die Entwicklungsabteilung wird jetzt einen oder mehrere Prototypen herstellen. Grundlage für die Erstellung eines Prototyps, der bereits alle Funktionen des Produkts besitzt, sind Stücklisten, die eine strukturierte Anordnung aller verwendeten Teile und Baugruppen beinhaltet. Die fertiggestellten Prototypen werden einer Reihe von Funktions- und Akzeptanztests unterzogen. Der so genannte. Alpha-Test findet innerhalb des Unternehmens statt und führt in der Regel zu weiteren Produktverbesserungen. Als Beta-Tests werden Untersuchungen bezeichnet, bei denen Kunden und Kaufinteressenten in den Produkttest mit einbezogen werden. Der Beta-Test ist die letzte Stufe vor der generellen Markterprobung [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 468 ff.]. Abbildung 3-09 fasst die Aktivitäten der Wirtschaftlichkeitsanalyse und der Produktentwicklung zusammen.

172

3. Positionierung

Ideengewinnung

Businessplan

• Umsatzprognose der Erstkäufe

Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung

• Umsatzprognose der Wiederholungskäufe • Umsatzprognose der Ersatzkäufe • Kosten- und Gewinnschätzung

Produktentwicklungsstufen

• Entwicklung einer Stückliste • Entwicklung eines Prototypen • Durchführung α-Test • Produktverbesserung • Durchführung β-Test

Markterprobung Markteinführung

Abb. 3-09:

Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung

3.2.3.5 Markterprobung und Markteinführung

Nach der erfolgreichen Durchführung des Beta-Tests ist das Produkt funktionstüchtig und akzeptanzfähig. Dieser Status reicht aber noch nicht aus, um die endgültige Marktfähigkeit sicherzustellen. Daher gilt es im Rahmen der Markterprobung festzustellen, wie sich Verbraucher bzw. Käufer unter Marktbedingungen verhalten, wenn sie das Produkt kaufen, nutzen bzw. einsetzen und ggfs. nachbestellen. Dazu ist es erforderlich, das Produkt unter Einbeziehung aller Produktkomponenten (wie Verpackung und Markierung) sowie möglichst vieler Elemente des Marketingprogramms zu testen. Dazu steht vornehmlich dem B2C-Marketing eine Reihe von Testverfahren zur Verfügung, die vom Produkttest (als Voll- oder Partialtest), über den Storetest bis hin zum Markttest bzw. zu Testmarktergänzungsverfahren reichen. Eine kurze Beschreibung dieser Testverfahren ist bereits in Abschnitt 2.7.3 vorgenommen worden. Im B2B-Bereich ist Testmarketing auch aufgrund der wesentlich geringeren Stückzahlen gegenüber Konsumgütern nicht unbedingt üblich. Stattdessen werden möglichst viele BetaTests mit Kunden durchgeführt oder das neue Produkt auf Fachmessen einem größeren Kreis von potenziellen Kunden bzw. Einkäufern präsentiert. Bei der generellen Markteinführung ist das Verständnis darüber, wie ein neues Produkt von den Käufern angenommen und sich im Markt durchsetzt, von zentraler Bedeutung. In diesem Kontext wird einmal vom Adoptionsprozess und einmal vom Diffusionsprozess gesprochen. Unter dem Adoptionsprozess versteht man die schrittweise Annahme (Adoption) eines neuen Produkts durch die Nachfrager. Bei der Adoption steht also die Sicht des einzelnen Käufers (Adopter) im Vordergrund. Der Diffusionsprozess beschreibt die zeitliche Ausbreitung (Diffusion) von Innovationen im Markt aus Sicht des Unternehmens [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 570 ff.].

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

173

Nach ROGERS [1962, S. 247] verläuft die Adoption von Innovationen ähnlich einer „Glockenkurve“ (Gaußsche Normalverteilung), die in Abbildung 3-10 dargestellt ist. Die ersten 2,5 Prozent der Personen, die eine Innovation annehmen bzw. übernehmen, bezeichnet man als Innovatoren. Es folgt die Gruppe der Frühadopter (13,5 Prozent), der frühen Mehrheit (34 Prozent), der späten Mehrheit (ebenfalls 34 Prozent) und schließlich die Gruppe der Nachzügler mit 16 Prozent.

Ideengewinnung

Markterprobungsverfahren • Produkttest

Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung

• Store-Test • Markttest • Testmarktergänzungsverfahren • Diffusion (Ausbreitung) von Innovationen

Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung Markterprobung Markteinführung

Abb. 3-10:

• Adoption (Annahme/Übernahme) von Innovationen

Der Adoptionsprozess Anzahl Adoptierer Innovatoren 2,5%

Frühe Späte Mehrheit Mehrheit 34% 34%

Nachzügler 16%

t Frühadoptierer 13,5%

Markterprobung und Markteinführung

3.2.4 Markteintrittsstrategien Im Zusammenhang mit der Markteinführung ist die Entscheidung über den Markteintrittszeitpunkt von strategischer Bedeutung. Die strategischen Stoßrichtungen beim Markteintritt (engl. Time-to-Market) sind die Pionierstrategie und die Nachfolgerstrategie. Letztere unterteilt sich wiederum in Strategien des frühen Nachfolgers und des späten Nachfolgers (siehe Abbildung 3-11). Die Pionierstrategie (engl. First-to-Market), bei dem das Unternehmen mit dem neuen Produkt als Erstes in den Markt eintritt, hat zunächst einmal den Vorteil einer vorübergehenden Monopolstellung verbunden mit der Möglichkeit der Preisabschöpfung und zum Setzen von Marktstandards. Dem hohen Chancenpotenzial stehen vor allem die Risiken hoher Markterschließungskosten und ungewisser Marktentwicklung gegenüber. Der frühe Folger (engl. Second-to-Market) tritt vergleichsweise kurz nach dem Pionier in den Markt ein und kann unmittelbar an das Pionier-Konzept anknüpfen. Der frühe Folger hat durchaus gute Marktchancen, muss aber bereits mit ersten Preiszugeständnissen rechnen.

174

3. Positionierung

Der späte Folger (engl. Later-to-Market) verfügt entweder noch nicht über das technologische Know-how oder er scheut das hohe Markterschließungsrisiko. Dadurch riskiert er einen schärferen Preiswettbewerb und muss Image- und Kompetenznachteile in Kauf nehmen.

Wahl des Markteintritts

Pionierstrategie

Folgerstrategie

Chancen • Möglichkeit zur Schaffung von Standards • Nutzung von preispolitischen Spielräumen • Kostenvorteile durch Vorsprung auf der Erfahrungskurve

Risiken

Früher Folger Chancen

Chancen

• Erste Markterfahrungen liegen vor

• Anlehnung an bereits vorhandene Standards

• Geringeres Markteintrittsrisiko als beim Pionier • Markt ist noch nicht verteilt

• Hohe Markterschließungskosten • Ungewissheit über weitere Marktentwicklung • Gefahr von Technologiesprüngen durch Wettbewerber

Risiken • Bereits aufgebaute Markteintrittsbarrieren (durch Pionier)

• Niedrigere F&E-Aufwendungen • Kostengünstige Me-tooProduktion • Größere Sicherheit über weitere Marktentwicklung

• Zwang zu Eigenständigkeiten im Vermarktungskonzept

Risiken

• Ggf. erste Preiszugeständnisse erforderlich

• Image- und Kompetenznachteile

[Quelle: BECKER 2009, S. 379 ff.]

Abb. 3-11:

Später Folger

• Bereits verteilter Markt • Gefahr von größeren Preiskämpfen

Typische Markteintrittsmuster

Abbildung 3-11 verdeutlicht, dass es keine Markteintrittsstrategie gibt, die ausschließlich Vorteile mit sich bringt. Zwar sind die Erfolgsaussichten der späten Folger schon aufgrund der hohen Markteintrittsbarriere insgesamt als geringer einzustufen, dennoch können auch sie von den technologie- bzw. marketing-konzeptionellen Fehlern des Pioniers bzw. frühen Folgers profitieren [vgl. BECKER 2009, S. 380].

Die Wahl der richtigen Markteintrittsstrategie hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist in hohem Maße situationsabhängig. Risikofreudige Unternehmen mit ehrgeizigen Wachstumszielen werden eher Pionierkonzepte verfolgen. In der Konsumgüterbranche, deren Forschungs- und Entwicklungsaufwand im Schnitt deutlich geringer ist als bei Industriegütern, haben Folger mindestens genauso gute Chancen wie Pioniere. Neben Risikobereitschaft und strukturellen Branchenbedingungen spielt auch der Grad der Innovation eine beeinflussende Rolle bei der Wahl der Timing-Strategie. So setzen echte Pionierstrategien vor allem auf Basisinnovationen mit großen Ertragschancen unter Inkaufnahme eines hohen Risikos [vgl. BECKER 2009, S. 382 ff.]. In Abbildung 3-12 sind einige bekannte Beispiele aus der dem Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation (ITK-Branche) aufgeführt, in denen nicht immer die Pionierstrategie „das Rennen“ gemacht hat.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Innovationsführer

Produkt

175

Innovationsfolger

Kommentar JVC setzt VHS als Standard durch; Phillips mit Video 2000 ohne große Marktchancen

Videorecorder

Intel 80386 mit deutlichen Wettbewerbsvorteilen; es gelingt Aufbau einer Marke

32 Bit Mikroprozessor

Siemens kommt zu spät, d. h. erst nach Einsetzen des Preisverfalls bei Speicherchips auf den Markt

Dynamische Speicherchips (DRAM) Personal Computer

Abb. 3-12:

Zunächst beide erfolgreich

Beispiele für Innovationsführer und Innovationsfolger in der ITK-Branche

Insert 3-03 zeigt sehr anschaulich, welche Auswirkungen Neuproduktentwicklungen und deren Markteintrittszeitpunkte auf die Umsatz- und Gewinnsituation von APPLE seit der Firmengründung haben. Insert 180000

Mio USD 160000

iPad 140000

Umsatz 120000

iPhone

Gewinn iPod

100000

80000

iBook

60000

40000

20000

Apple I

Apple II

Lisa

Mac

Power Mac

NeXTStep iMac G3

iMac G4

0

-20000

{Quelle: APPLE Geschäftsberichte]

Kaum ein Unternehmen ist so abhängig von seiner Time-tomarket-Strategie wie APPLE. An dem Umsatzverlauf sieht man sehr deutlich, welche Produkte jeweils zu neuem Wachstum geführt haben und in welchen Jahren Umsatzrückgänge zu verzeichnet waren, weil keine neuen, marktfähigen Produkte angeboten werden konnten. Besonders beeindruckend ist der

Umsatzverlauf seit 2003, wo durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 40 Prozent an der Tagesordnung sind. Dass solch ein extremes Wachstum aber nicht dauerhaft durchzuhalten ist, zeigen die jüngsten Umsätze. APPLE steht demnach vor der Herausforderung, kurz- bis mittelfristig eine weitere Produktgeneration anbieten zu müssen.

Insert 3-03: Umsatz- und Gewinnentwicklung APPLE 1981 bis 2013

176

3. Positionierung

3.2.5 Portfoliostrategien 3.2.5.1 Erfahrungskurve

Im Zusammenhang mit der Wahl der richtigen Markteintrittsstrategie spielen die Erkenntnisse über den sog. Erfahrungskurveneffekt eine wichtige Rolle. Aufgrund von empirischen Untersuchungen hat die BOSTON CONSULTING GROUP festgestellt, dass die auf die Wertschöpfung bezogenen preisbereinigten Stückkosten eines Produkts konstant um 20 bis 30 Prozent zurückgehen, wenn sich im Zeitablauf die kumulierte Produktionsmenge verdoppelt. In Abbildung 3-13 ist der Kostenverlauf in Abhängigkeit von der kumulierten Menge einmal bei linearer Skaleneinteilung und einmal bei logarithmischer Einteilung des Ordinatenkreuzes dargestellt. Besonders deutlich wird das Phänomen der Erfahrungskurve mit konstanten Änderungsraten der Kosten bei einem logarithmisch gewählten Ordinatensystem [vgl. BECKER 2009, S. 422 f.]. Kosten je Stück 10

Lineare Ordinaten

8

bei 20% Rückgang

6 4 2 bei 30% Rückgang 0

1

2

4

6

8

10

12

14

16

Kumulierte Menge (Erfahrung)

Kosten je Stück 10

bei 20% Rückgang

8

Logarithmische Ordinaten

4 bei 30% Rückgang 2

1

1

2

4

8

16

Kumulierte Menge (Erfahrung)

[Quelle: BECKER 2009, S. 423]

Abb. 3-13:

Kosten-Erfahrungskurve bei linear und logarithmisch eingeteilten Ordinaten

Die Ursache der Stückkostendegression ist vornehmlich auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen ist es die Lernkurve, die davon ausgeht, dass bei steigendem Produktionsvolumen Lerneffekte in Form von geringeren Ausschüssen, besserer Koordination der Arbeitsabläufe, effizienterer Planung und Kontrolle sowie durch einen höheren Ausbildungsgrad der Mitarbeiter erzielt werden. Zum anderen sind es Größendegressionseffekte, die davon ausgehen, dass ein Unternehmen bei wachsender Ausbringungsmenge von sinkenden Kosten profitiert (u. a. bei Einkauf und Lagerhaltung). Diese als Skalenerträge (engl. Economies of Sca-

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

177

le) bezeichneten Effekte wirken einerseits als Kostensenkungs- und andererseits als Erlöserhöhungspotenziale [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 199]. 3.2.5.2 Produktlebenszyklus

Nach der Entwicklung und erfolgreichen Markteinführung geht es nun darum, dass sich das Produkt lange und erfolgreich im Markt behauptet. Ein Produkt wird sich nicht unendlich lang verkaufen lassen, sondern unterliegt einem Lebenszyklus, dessen Länge und Verlauf im Voraus nicht bekannt sind [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 666].

Einführung

Wachstum

Absatz Gewinn

Sättigung/ Rückgang

Reife

Lebenszykluskurve

Absatz

Gewinn t

Absatz

niedrig

starke Zunahme

Absatzmaximum

fallend

Gewinn

Verlust

steigend

rückläufig

erste Verluste

Kundenprofil

Innovatoren

frühe Adopter

große Mehrheit

Nachzügler

Wettbewerber

wenige

zunehmend

haben sich etabliert

ziehen sich zurück

Marketingziele

Produktbekanntheit steigern

Marktanteil vergrößern

Marktanteil verteidigen

Ausgaben minimieren

[Quelle: KOTLER et al. 2011, S. 666]

Abb. 3-14:

Der Produktlebenszyklus

Abbildung 3-14 zeigt den idealtypischen Verlauf von Absatz- und Gewinnkurve über die Lebensdauer eines Produkts. Im Rahmen des Lebenszyklusmodells können vier Phasen unterschieden werden: • • • •

Einführung Wachstum Reife Sättigung bzw. Rückgang.

In der Markteinführungsphase wächst der Absatz langsam. Gewinne entstehen aufgrund der hohen Einführungskosten noch nicht und die Anzahl der Wettbewerber ist gering. Auch ist das Marktpotenzial noch nicht überschaubar und die Entwicklung der Marktanteile ist nicht vorhersehbar.

178

3. Positionierung

Die Wachstumsphase ist durch eine starke Zunahme des Absatzes gekennzeichnet. Erste Gewinne werden erzielt und weitere Wettbewerber treten in den Markt ein. In dieser Phase gilt es, den eigenen Marktanteil signifikant zu vergrößern. In der anschließenden Reifephase verlangsamt sich das Absatzwachstum. Die Gewinne geraten unter Druck, der Wettbewerb hat sich etabliert. Das Produkt muss durch erhöhte Marketingaufwendungen gegen den Wettbewerb verteidigt werden. In der Sättigungsphase geht der Absatz zurück und die Gewinne brechen ein. Wettbewerber ziehen sich zurück. Das Unternehmen steht vor der Frage, ob das Produkt auslaufen und durch einen Nachfolger ersetzt werden soll, oder ob das Produkt durch weitere Verbesserungen (engl. Relaunch) noch einmal reanimiert werden kann. Nicht jedes Produkt folgt zwangsläufig diesem idealtypischen Verlauf des Produktlebenszyklusmodells. Einige Produkte verschwinden sehr schnell wieder vom Markt, andere können nach Eintritt in die Sättigungsphase durch Relaunching-Maßnahmen in eine neue Wachstumsphase gebracht werden. Das Konzept des Produktlebenszyklus lässt sich auf ganze Produktklassen (z. B. Fernseher oder Autos), auf eine Produktkategorie (z. B. Flachbildschirme oder Sportwagen) oder eben auf einzelne Produkte anwenden. Dabei haben Produktklassen naturgemäß den längsten Lebenszyklus. Darüber hinaus wird das Lebenszykluskonzept bisweilen auch für ganze Märkte bzw. Branchen unterstellt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 435]. Da sich in der Regel nicht bestimmen lässt, in welcher Phase des Lebenszyklus sich das Produkt zum aktuellen Zeitpunkt befindet, eignet sich das Modell nur bedingt für die Vorhersage von Erfolgsaussichten eines Produkts oder zur Entwicklung einer Marketingstrategie. Dennoch kann die Lebenszyklusanalyse durchaus als Beschreibungsmodell zur Unterstützung marketingstrategischer Entscheidungen herangezogen werden [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 669]. 3.2.5.3 Produktportfolio

Auf den grundlegenden Annahmen des Lebenszykluskonzepts und der Erfahrungskurve beruht auch die Portfolio-Analyse, die ursprünglich zur optimalen Zusammensetzung von Wertpapieren entwickelt wurde. In ihrer einfachsten Form als 4-Felder-Matrix werden das Marktwachstum und der relative Marktanteil als Ordinaten sowie deren Unterteilung in „niedrig“ und „hoch“ benutzt, um die Produkte in die Matrix einzuordnen. Die Verbindung zwischen dem Lebenszykluskonzept, der Erfahrungskurve und der Portfolio-Analyse verdeutlicht Abbildung 3-15. Je nach Positionierung in der Marktanteils-Marktwachstums-Matrix findet sich jedes Produkt in einer der vier folgenden Felder wieder: Fragezeichen (engl. Question marks) sind Produkte, die sich in der Einführungsphase befinden. Ihr relativer Marktanteil sowie das Marktwachstum sind gering, die Stückkosten dagegen hoch.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

179

Sterne (engl. Stars) sind Produkte, die sich in der Wachstumsphase befinden. Sie verfügen sowohl über einen hohen relativen Marktanteil als auch über ein hohes Marktwachstum. Zudem sind die Stückkosten gering. Melkkühe (engl. Cash cows) befinden sich in der Reifephase des Lebenszyklus. Sie zeichnen sich durch einen hohen relativen Marktanteil und niedrige Stückkosten aus. Allerdings ist das Marktwachstum gering. Arme Hunde (engl. Poor dogs) sind solche Produkte, die bereits länger auf dem Markt sind und sich in der Sättigungsphase befinden. Sie verfügen über einen niedrigen relativen Marktanteil, hohe Stückkosten und nur noch über ein geringes Marktwachstum. Marktwachstum Absatzvolumen

„Question marks"

„Stars"

PortfolioModell

hoch

niedrig

Lebenszyklus-Modell Zeit

Das Erste „Cash cows"

„Poor dogs" niedrig

hoch

Relativer Marktanteil

Kosten/ Stück

Erfahrungskurven-Modell

Kumulierte Menge

[Quelle: GLÄSER 2008, S. 782]

Abb. 3-15:

Theoretische Grundlagen der Marktanteils-Marktwachstums-Matrix

Die Portfolio-Analyse als 4-Felder-Matrix wurde von der BOSTON CONSULTING GROUP vornehmlich zur optimalen Positionierung von strategischen Geschäftseinheiten (SGE) eines Unternehmens entwickelt. Für die Verteilung der SGEs in den vier Quadranten werden folgende Parameter herangezogen [vgl. BECKER 2009, S. 424 f.]: •

Umsatz (grafisch verdeutlicht als unterschiedlich große Kreise, die der jeweiligen Umsatzbedeutung der SGE entsprechen),



Relativer Marktanteil (als Marktanteil der eigenen SGE, dividiert durch den Marktanteil des stärksten Wettbewerbers; dabei bedeutet die vertikale Trennlinie 1.0 auf der Abszisse, dass eine SGE, die rechts von dieser Trennlinie positioniert ist, einen relativen Marktanteil > 1 hat und damit Marktführer ist),

180



3. Positionierung

Zukünftiges Marktwachstum (wobei sich die horizontale Trennlinie bei verändertem Marktwachstum im Laufe der Zeit auch verschieben kann).

In Abbildung 3-16 ist die Ableitung eines Portfolios für ein Beispiel-Unternehmen mit fünf strategischen Geschäftseinheiten dargestellt.

a) Ausgangsdaten für Portfolio-Erstellung

SGE 1

SGE 2

SGE 3

SGE 4

SGE 5

Marktwachstum

12 %

5%

25 %

3%

15%

Marktanteil eigene SGE

15 %

45 %

23 %

5%

19 %

Marktanteil stärkster Wettbewerber

21 %

29 %

20 %

35 %

25 %

Relativer Marktanteil

0,71

1,55

1,15

0,14

0,76

Umsatzanteil

30 %

25 %

20 %

15 %

10 %

b) Darstellung des MarktanteilsMarktwachstums-Portfolios

30% „Question marks“ Marktwachstum (p.a.)

„Stars“ SGE 3

SGE 5 15%

„Cash cows“ SGE 2

SGE 1 SGE 4

„Poor dogs“ [Quelle: in Anlehnung an HAE-DRICH/TOMCZAK 1996, S. 114]

Abb. 3-16:

0

1,0

Relativer Marktanteil 2,0

Ableitung eines Portfolios für ein Beispiel-Unternehmen

Auf der Grundlage dieser Portfolio-Ableitung lassen sich nunmehr Strategieempfehlungen als sog. Normstrategien unmittelbar ableiten. Die Normstrategien für die 4-Felder-Matrix (auch als BCG-Matrix bezeichnet) lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen: Neue Produkte sollten energisch unterstützt werden, damit sie zu Stars werden. Stars reifen zu Cows. Die von den Cows erwirtschafteten Finanzmittel sollten genutzt werden, um aus Question marks Stars zu machen. Die Dogs sind zu eliminieren. Grundsätzlich basieren diese Normstrategien auf der Idee, ein Portfolio von Geschäftseinheiten durch Zuteilung von Finanzmittelüberschüssen aus erfolgreichen Einheiten an andere, vielversprechende Geschäftseinheiten zu managen. Eine erfrischend andere Sichtweise der klassischen BCG-Matrix ist in Abbildung 3-17der herkömmlichen Normstrategie gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung macht deutlich, dass eine sklavische Anwendung und Interpretation der Normstrategie durchaus zu irreführenden strategischen Empfehlungen führen kann [vgl. ANDLER 2008, S. 208 unter Bezugnahme auf GLASS 1996]. Der Hauptkritikpunkt an der Portfolio-Analyse als 4-Felder-Matrix richtet sich auf die Reduktion aller Einflussfaktoren auf den Marktanteil (als hochverdichtete Größe der Unterneh-

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

181

mensbedingungen) und auf das Marktwachstum (als hochverdichte Größe der Umweltbedingungen). Innovationen, Technologien, Verbundeffekte, Allianzen u. ä. werden nicht berücksichtigt.

Normstrategien

Alternative Handlungsempfehlungen

„Question marks“

„Stars“

„Question marks“

„Stars“

• Schwache Position in einem Wachstumsmarkt

• Starke Position in einem schnell wachsenden Markt

• Der Wachstumsmarkt wird bald viele Neueinsteiger haben

• Wachsender Markt zieht Konkurrenten an

• Kann mit genügend Investitionen zum Star werden

• Investieren, da hier die Zukunft liegt, selbst wenn kurzfristig keine Gewinne eintreten

• Markt verlassen und an einen „gläubigen“ Käufer verkaufen

„Poor dogs“

„Cash cows“

„Poor dogs“

„Cash cows“

• Schwache Position in einem stagnierenden Markt

• Investitionen lohnen nicht, da Markt kaum wächst

• Trotz Stagnation kann es Potential geben

• Marktanteile können nur von Konkurrenten kommen – abstoßen!

• Überschüssiges Geld lieber in Stars investieren

• Aufgrund der guten Ausgangslage sollte das Geschäft revitalisiert werden, anstatt das Geld in hungrige Stars zu investieren

• Gezielt gute Schnäppchen auswählen und vorsichtig attackieren

• Von den Fehlern der anderen lernen • Aufkaufen der Konkurrenten/Produkte, die den Markt verlassen

[Quelle: ANDLER 2008, S. 208 unter Bezugnahme auf GLASS 1996]

Abb. 3-17:

Normstrategien und alternative Handlungsempfehlungen der BCG-Matrix

Die kritische Auseinandersetzung mit der 4-Felder-Matrix hat zur Entwicklung weiterer Ausprägungen der Portfolio-Analyse geführt. Besonders hervorzuheben ist MarktattraktivitätsWettbewerbsvorteils-Matrix, die MCKINSEY in Zusammenarbeit mit GENERAL ELEKTRIC entwickelt hat (siehe Abbildung 3-18). Um die Komplexität des Analysefeldes stärker zu berücksichtigen, wird die Matrix in neun (statt vier) Felder unterteilt. Zusätzlich stellen die beiden Ordinaten jeweils Aggregate einer durch den Anwender selbst zu bestimmenden Menge quantifizierbarer Variablen dar. So wird die Umweltordinate Marktwachstum aus der 4Felder-Matrix durch ein Faktorenbündel mit der Bezeichnung Marktattraktivität ersetzt. Die Marktattraktivität setzt sich aus Faktoren wie Marktwachstum, Marktprofitabilität, Marktvolumen, Preisniveau oder Wettbewerbsintensität zusammen. Die Unternehmensordinate relativer Marktanteil aus der 4-Felder-Matrix wird durch das Faktorenbündel Wettbewerbsstärke ersetzt. Hierzu zählen Faktoren wie Marktanteil, Marktanteilswachstum, Kosten- bzw. Preisposition, Profitabilität oder Kapazitäten. Das grundsätzliche Problem besteht hierbei allerdings in der Erfassung und vor allem Gewichtung der Faktoren [vgl. MÜLLERSTEWENS/LECHNER 2001, S. 229 f.]. Mit der 9-Felder-Matrix können Normstrategien weitaus differenzierter durchgeführt werden. Dazu hat MCKINSEY die 9-Felder-Matrix in zwei grundlegende Zonen aufgeteilt. Die Zone rechts oberhalb der Matrix-Diagonalen legt Wachstums- bzw. Investitionsstrategien (→ Zone der Mittelbindung) und die Zone links unterhalb der Matrix-Diagonalen legt Abschöpfungsbzw. Desinvestitionsstrategien (→ Zone der Mittelfreisetzung) nahe [vgl. BECKER 2009, S. 432 f.].

182

3. Positionierung

Kriterien für Marktattraktivität

Marktanteil Marktanteilswachstum Kostenposition Profitabilität Kapazitäten

Investitions- oder Wachstumsstrategie

Selektives Vorgehen

Selektives Wachstum

Investition und Wachstum

Selektiver Ausbau

Ausbau mit Investitionen

Position verteidigen

Zone der Mittelbindung mittel

• • • • •

Marktattraktivität

Kriterien für Wettbewerbsstärke

hoch

Marktwachstum Marktprofitabilität Marktvolumen Preisniveau Wettbewerbsintensität

Ernten

Selektives Vorgehen

Selektives Wachstum

Nischen suchen Rückzug erwägen

Wachstumsbereiche identifizieren

Stark investieren Position halten

Zone der Mittelfreisetzung gering

• • • • •

Ernten

Ernten

Desinvestition Rückzug planen

Investitionen minimieren

Selektive Strategie Abschöpfungs- oder Desinvestitionsstrategie

Abb. 3-18:

gering

mittel

Selektives Vorgehen Verteidigen und Schwerpunkt verlagern hoch

Wettbewerbsstärke

Die 9-Felder-Matrix von MCKINSEY

3.2.6 Marktfeldstrategien Nach der Festlegung des Marktabdeckungsgrades, die im Aktionsfeld Segmentierung unter Abschnitt 2.4.2 betrachtet wurde, sind die groben Ausrichtungsdimensionen der Produkte bzw. strategischen Geschäftseinheiten zu bestimmen. Zur Strukturierung dieser Aufgabe kann die so genannte Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF [1966, S. 132] herangezogen werden. Die danach generell möglichen strategischen Stoßrichtungen lassen sich durch vier grundlegende Produkt/Markt-Kombinationen (Marktfelder) beschreiben (siehe Abbildung 3-19). Die finale strategische Stoßrichtung für jedes Produkt bzw. jede Geschäftseinheit wird auch als Marktfeldstrategie bezeichnet [vgl. BECKER 2009, S. 148 ff.]. Diese bietet vier Optionen an: • • • •

Marktdurchdringungsstrategie (gegenwärtiges Produkt im gegenwärtigen Markt) Marktentwicklungsstrategie (gegenwärtiges Produkt in einem neuen Markt) Produktentwicklungsstrategie (neues Produkt im gegenwärtigen Markt) Diversifikationsstrategie (neues Produkt in einem neuen Markt).

3.2.6.1 Marktdurchdringungsstrategie

Das Strategiefeld der Marktdurchdringung wird auch als die „marketingstrategische Urzelle eines Unternehmens“ [BECKER 2009, S. 148] bezeichnet, weil es die nahe liegende Strategierichtung des Unternehmens ist. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass mit gegenwärtigen Produkten ein höherer Absatz auf gegenwärtigen Märkten angestrebt wird. Ansatzpunkte für die Ausschöpfung des gegenwärtigen Marktes mit den gegenwärtigen Produkten sind [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 106 f.]:

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

183



Erhöhung der Verwendungsrate bzw. Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden, z. B. durch Verbesserung des Produkts (Produktmodifikationen), Beschleunigung des Ersatzbedarfs wie bei Modeartikeln oder durch künstliche Veralterung (engl. Planned Obsolescence), durch Vergrößerung der Verkaufseinheit (Familienflasche bei alkoholfreien Getränken), durch Erhöhung der Distribution (bspw. durch Nutzung von Tankstellen oder Online-Handel als neue Absatzwege) oder durch Verstärkung der Marketingkommunikation;



Kunden vom Wettbewerb gewinnen, z. B. durch Produktverbesserungen, durch geänderte Kommunikationsstrategien (welche die Vorteile des Angebots gegenüber Wettbewerbsprodukten herausstellen) oder durch eine wettbewerbsorientierte Preisstellung (entsprechende Preissenkung oder -anhebung);



Erschließung von bisherigen Nicht-Verwendern, z. B. durch die Wahl neuer Vertriebswege, Schaffung eines Einstiegsprodukts oder aktivierender Probiergelegenheiten bei Nahrungsmitteln, durch Testangebote für Produkte (z. B. ein kostenloses KurzAbonnement für bisherige Nichtleser einer Tageszeitung), durch die Nutzung bislang vernachlässigter Absatzkanäle bisherige Nicht-Verwender besser erreichen (z. B. OnlineVertrieb) oder durch veränderte Kommunikationsstrategien (um z. B. zu verdeutlichen, dass Bio-Nahrungsmittel nicht „langweilig“ schmecken müssen).

Produktentwicklung

Diversifikation

Gegenwärtiges Produkt

Marktdurchdringung

Marktentwicklung

Produktstrategie

Neues Produkt

Gegenwärtiger Markt

Neuer Markt

Marktstrategie

Abb. 3-19:

Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF

In Abbildung 3-20 sind die wichtigsten Anknüpfungspunkte für eine Marktdurchdringungsstrategie zusammengefasst.

184

3. Positionierung

Ansatzpunkte

• Absatz bei vorhandenen Kunden steigern • Nicht-Kunden aktivieren • Kunden vom Wettbewerb gewinnen

Maßnahmen

• • • •

Beispiele

• TWIX – „Raider heißt jetzt Twix, … sonst ändert sich nix“ • COCA COLA - Familienflasche • Produktmodifikationen im Automobilbereich

Marktdurchdringung

Abb. 3-20:

Neue Produktvarianten/Modifikationen Werbung intensivieren Neue/zusätzliche Vertriebswege (z. B. Internet) Aggressive Preispolitik

Grundlagen der Marktdurchdringungsstrategie

3.2.6.2 Marktentwicklungsstrategie

Die Marktentwicklungsstrategie zielt darauf ab, ein bestehendes Produkt künftig auch in anderen, bislang nicht genutzten Märkten bzw. Marktsegmenten zu etablieren. Mit dieser Strategie wird versucht, die bisherigen Marktgrenzen für Produkte aufzubrechen. Die Marktentwicklung kommt hauptsächlich für jene Unternehmen in Frage, deren Position sich auf bestehenden Märkten nicht mehr verbessern lässt und/oder mit Nachfragerückgängen aufgrund eines fortgeschrittenen Produktlebenszyklus oder neuer Technologien rechnen müssen. Die Marktentwicklungsstrategie bedeutet ein „Market Stretching“, das sich in zwei Stoßrichtungen aufgliedern lässt [vgl. WALSH et al. 2009, S. 165]: •

Erschließung funktionaler Zusatzmärkte. Hierbei geht es darum, neue Verwendungszwecke für bestehende Produkte zu identifizieren. So wird der Schokoladenriegel DUPLO, der zunächst zum Selbstverzehr gedacht ist, als „längste Praline der Welt“ vermarktet, die auch Gästen angeboten werden kann. Ein weiteres Beispiel für neue Anwendungsbereiche eines Produkts ist die Nutzung von BUKO-Frischkäse für Backrezepte statt nur als Brotaufstrich.



Schaffung neuer Teilmärkte. Hierbei zielen die Maßnahmen darauf, durch vornehmlich veränderte Kommunikationskanäle und -inhalte neue Zielgruppen für das bestehende Produkt anzusprechen (z. B. Vermarktung von Kosmetikprodukten in Männer-Zeitschriften) oder durch die Schaffung differenzierter, zielgruppenspezifischer Produktvarianten (z. B. die Entwicklung von Gesichtscremes speziell für Männer, wie sie NIVEA praktiziert hat) neue Marktsegmente zu erreichen. Eine der erfolgreichsten Marktentwicklungen der letzten Jahre hat die Spirituosenmarke JÄGERMEISTER verbuchen können. Bei unverändertem Produkt ist es allein durch eine veränderte Kommunikation gelungen, das Getränk nicht mehr (nur) als „Altherrengetränk“ zu positionieren, sondern auch für deutlich jüngere Zielgruppen als „Party-Getränk“ attraktiv zu machen (siehe Insert 3-04).



Gebietserweiterungen. Es handelt sich um eine räumliche Ausdehnung auf Märkte, die bislang noch nicht bearbeitet wurden (z. B. Softwarehäuser, die ihre Produkte jetzt auch europa- oder weltweit anbieten).

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

185

Insert Jägermeister: Dynamische Markenführung zwischen Tradition und Trends

[Quelle: www.jaegermeister.de]

Ursprünglich waren die Zielgruppe von JÄGERMEISTER hauptsächlich ältere Menschen, die die Spirituose als Magenbitter verwendeten. Um der Marke wieder Auftrieb zu geben, formierte JÄGERMEISTER im Jahre 1999 seine Kommunikationsstrategie neu. Ziel dieser Neuformierung war eine behutsame aber konsequente Markenverjüngung, um eine neue, junge und attraktive Zielgruppe für die Marke zu gewinnen. Hierbei wurden wichtige Merkmale der Marke, wie die Form der Flasche, die Rezeptur und das Symbol des Hubertushirsches beibehalten, um auch die bisherige Zielgruppe weiterhin anzusprechen und die Identität der Marke nicht zu verwässern. Das neue, integrierte Kommunikationskonzept umfasste neben der klassischen Kommunikation und dem Event-Marketing vor allem Promotionsaktionen in der Gastronomie (durch so genannte „Jägerettes“, die JÄGERMEISTER-Probefläschchen an die Gäste verteilten), Handelsaktionen des Vertriebsmarketings, das JägermusicProgramm, und die damals neu eingeführte Infotainment-Homepage jaegermeister.de. Aufbauend auf diesen sechs Kommunikationssäulen setzte die Marke auf konsequente Werbung mit dem Claim „ACHTUNG WILD!“ und den beiden sprechenden Hirschen RUDI und RALPH. Neue Markenattribute waren geboren: Kantigkeit, Wildheit und Selbstbewusstsein. Wichtigstes Erkennungsmerkmal der Marke JÄGERMEISTER war und bleibt das Logo selbst, das seit der Entstehung des Unternehmens existiert und die langjährige Tradition und die Herkunft der Werte verankert.

Dieses Logo konnte durch die Einzigartigkeit in die neue, zeitgemäße Wahrnehmung von jüngeren Menschen übertragen werden. Ähnlich wie der COCA-COLA-Schriftzug hat sich der JÄGERMEISTERSchriftzug zu einer Ikone entwickelt. Die Markenverjüngung mit den neuen Markenattributen führte dazu, dass JÄGERMEISTER zur weltweit größten Kräuterspirituose aufgestiegen ist. [Quelle: BURMANN/FEDDERSEN 2997, S. 38 f.; BAUMGARTNER 2007, S. 104 ff.]

Insert 3-04: Jägermeister: Dynamische Markenführung zwischen Tradition und Trends

186

3. Positionierung

Abbildung 3-21 liefert einen Überblick über wichtige Anknüpfungspunkte bei der Marktentwicklungsstrategie.

Ansatzpunkte

• Neue Kunden außerhalb bisheriger Märkte erreichen • Neue Anwendungen und damit neue Märkte für die eigene Technologie entwickeln

Maßnahmen

• Gebietserweiterung (national → international) • Neue Marktsegmente (funktional und kundenspezifisch)

Beispiele

• SAP für den Mittelstand • Lady-Protector von WILKINSON für die Nassrasur bei Frauen • Markenverjüngung (JÄGERMEISTEr)

Marktentwicklung

Abb. 3-21:

Grundlagen der Marktentwicklungsstrategie

3.2.6.3 Produktentwicklungsstrategie

Die Strategie der Produktentwicklung besteht darin, für Märkte, auf denen das Unternehmen bereits tätig ist, neue Produkte zu entwickeln. Mit neuen Produkten sollen Umsatzpotenziale im bestehenden Kundenstamm gesichert und ausgeschöpft werden. Als Ansatzpunkte mit unterschiedlichem Innovationsgrad bieten sich an [vgl. WALSH et al. 2009, S. 166]: •

Schaffung von Innovationen im Sinne echter Marktneuheiten, d. h. originäre Produkte, die es ursprünglich überhaupt nicht gab (z. B. Smartphones, die Mobiltelefon und Organizer in einem Produkt vereinigen);



Verbesserung wesentlicher Produktkomponenten (wie z. B. BMW mit seinen Treibstoff sparenden „Efficient Dynamics“-Motoren);



Me-too-Produkte, d. h. Nachahmungsprodukte, die sich vom Original zumeist nur im Äußeren oder ggf. im Preis unterscheiden (z. B. Zweitmarken von Konsumgüterherstellern) oder kosmetische Produktänderungen (z. B. die Weiterentwicklung der iPodModelle durch APPLE).

Grundgedanke bei allen Produktentwicklungsformen ist immer die Sicherung der eigenen Marktposition, in dem Kundenbedürfnisse besser erfüllt werden. Daher sind Produktentwicklungen – unabhängig vom jeweiligen Innovationsgrad – zum zentralen Wettbewerbsfaktor geworden, um den eigenen Kundenstamm zu halten und auszubauen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 106]. Abbildung 3-22 zeigt wichtige Ansatzpunkte für die Produktentwicklungsstrategie.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Produktentwicklung

Ansatzpunkte

Maßnahmen

Beispiele

Abb. 3-22:

187

• Erweitern des Funktionsumfangs • Verbessern der technischen Leistungsfähigkeit • „Kosmetische“ Produktverbesserungen • Funktionale Breite und/oder Tiefe verbessern (neue Produkt-Generationen) • Aufbau von Zweitmarken

• Notebooks, Automobile, Flachbildschirme, Digitalkameras, Mobiles, … • Zweitmarkenpolitik vieler Konsumgüterhersteller (Melitta, Henkel)

Grundlagen der Produktentwicklungsstrategie

3.2.6.4 Diversifikationsstrategie

Die strategische Stoßrichtung Diversifikation bringt für Unternehmen den höchsten Grad neuer Aktivitäten, da hier das Angebot neuer Produkte auf bisher vom Unternehmen nicht bearbeiteten Märkten im Vordergrund steht. Es geht also um die Ausweitung unternehmerischer Aktivitäten in Bereiche hinein, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht unmittelbat verknüpft sind. Auch hier können drei Grundformen unterschieden werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 262 f.]: •

Horizontale Diversifikation, d. h. das bestehende Produktprogramms wird auf verwandte Branchen der gleichen Wirtschaftsstufe erweitert (z. B. Programmerweiterung eines PKW-Herstellers durch leichte LKWs, Hersteller von Schokoladentafeln erweitert sein Angebot durch Schokoladenaufstrich). Die neuen Produkte stehen mit dem bisherigen Produktprogramm noch in einem sachlichen Zusammenhang (z. B. gleiche Werkstoffe oder verwandte Technologien oder vorhandene Distributionssysteme können genutzt werden). Insofern ist auch der Übergang zur Strategie der Produktentwicklung fließend.



Vertikale Diversifikation, d. h. Unternehmen erweitern ihr bisheriges Tätigkeitsfeld, indem sie Produkte bzw. Leistungen anbieten, die dem bisherigen Produkt- bzw. Leistungsprogramm vor- oder nachgelagert ist. Wird die Programmtiefe nach hinten erweitert, indem vorgelagerte Produktionsstufen mit aufgenommen werden, so spricht man von Rückwärtsintegration (so hat der Schokoladenhersteller DOMORI eine Schokoladenplantage erworben, mit der er einerseits Schokoladenbohnen für den Eigenbedarf produziert und andererseits als Händler den Rohstoff an andere Schokoladenhersteller vertriebt). Hersteller. Eine Vorwärtsintegration ist dann gegeben, wenn eine nachgelagerte Wirtschaftsstufe mit in das Angebotsprogramm übernommen wird (Unternehmensberater steigen ins Outsourcing-Geschäft ein).



Laterale Diversifikation, d. h. Vorstoß in völlig neue Produkt- und Marktgebiete, wobei die neuen Produkte in keinem sachlichen Zusammenhang zum bisherigen Produktangebot stehen (Zigarettenhersteller engagiert sich im Buchmarkt). Die laterale Diversifika-

188

3. Positionierung

tion bietet die größten Chancen, um das Gesamtunternehmen von den Entwicklungen einzelner Märkte oder Marktsegmente unabhängiger zu machen. Eines der erfolgreichsten Beispiele ist der OETKER-Konzern, der nicht nur im Nahrungsmittelbereich (u. a. Backpulver, Tiefkühlpizza, VITALIS) tätig ist, sondern auch im Bereich alkoholischer Getränke (RADEBERGER Gruppe mit der Premium Biermarke JEVER, HENKELLSektkellerei), Bankdienstleistungen (Bankhaus LAMPE) und Schifffahrt (Reedereigruppe HAMBURG SÜD). Abbildung 3-23 gibt einen Überblick über die Stoßrichtungen der Diversifikationsstrategie.

Diversifikation

Abb. 3-23:

Horizontal

• Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf verwandte Branchen (Beispiel: Hersteller von Schokoladentafeln produziert jetzt auch Schokoladenaufstrich)

Vertikal

• Wachstum in vor- oder nachgelagerte Wirtschaftsstufen des eigenen Geschäfts (Beispiel: Unternehmensberatungen steigen ins OutsourcingGeschäft ein)

Lateral

• Sprung in ein (für das Unternehmen) völlig neues Gebiet (Beispiele: Tabakkonzerne treten in neue Märkte ein; TCHIBO – jede Woche eine neue Welt)

Stoßrichtungen der Diversifikationsstrategie

3.2.7 Markenmanagement Eine starke Marke bietet dem Käufer ein „Mehr“ als die reine Produktleistung, also eine Zusatzleistung (engl. Added Value). Sie bietet dem Käufer Orientierung, Transparenz, Entscheidungshilfe, Identifikation und strahlt Vertrauen aus. Zudem verspricht die Marke eine konstante Qualität. Für den Anbieter bietet eine starke Marke die Möglichkeit, sich vom Wettbewerb zu differenzieren, eine Präferenzbildung und Profilierung beim Konsumenten zu erzeugen und damit einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Die Marke bietet einen Herkunftsnachweis und stellt durch den rechtlichen Schutz eine exklusive Nutzung für den Anbieter sicher. Zusätzlich lässt sich eine Marke in Form eines ökonomischen Marktwerts bewerten. Damit wird die Marke zu einem Vermögensgegenstand (engl. Asset) des Unternehmens und kann bei richtiger Führung zu seiner Wertsteigerung beitragen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 349]. In Insert 3-05 ist der jeweilige Markenwert (engl. Brand value) der gegenwärtig wertvollsten Marken weltweit und für Deutschland aufgelistet.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

189

Insert Die wertvollsten Marken weltweit und in Deutschland 2013

[Quelle: INTERBRAND 2013]

APPLE hat COCA-COLA als wertvollste Marke der Welt in der Rangliste des US-Beratungsunternehmens INTERBRAND abgelöst. Der Internet-Riese GOOGLE machte einen großen Sprung auf den zweiten Platz. COCA-COLA lag seit der ersten Erhebung im Jahr 2000 stets an der Spitze und landete nun auf Rang drei. Als wertvollste deutsche Marke schaffte es MERCEDES-BENZ auf Platz elf unmittelbar vor BMW auf Platz zwölf. Der „Best Global Brands Report“ ist eines der meistbeachte-

ten Rankings des Markenwerts globaler Unternehmen. Der zweite nennenswerte Anbieter von globalen Markenwert-Rankings ist MILLWARD BROWN, dessen jährliche Markenwert-Studie „Brandz 2014“ GOOGLE vor APPLE und IBM sieht. Die Berater berücksichtigen bei der Bewertung die Geschäftszahlen, die Bedeutung einer Marke für Kaufentscheidungen sowie ihre Stärke zur Sicherung künftiger Gewinne.

Insert 3-05: Die wertvollsten Marken weltweit und in Deutschland 2013

190

3. Positionierung

3.2.7.1 Grundlagen

Die Marke (engl. Brand) ist ein in der Psyche des Konsumenten und sonstiger Bezugsgruppen der Marke fest verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung. Die der Marke zugrundeliegende Leistung wird dabei in einem möglichst großen Absatzraum über einen längeren Zeitraum in gleichartigem Auftritt und in gleich bleibender oder verbesserter Qualität angeboten [vgl. MEFFERT et al. 2002, S. 6]. Als Marke (engl. Brand) können Namen, Begriffe, Zeichen, akustische Signale, Abbildungen, Symbole oder eine Kombination aus diesen zum Zwecke der Kennzeichnung der Produkte eines Anbieters und der Differenzierung gegenüber Wettbewerbsangeboten fungieren (und geschützt werden) [vgl. die vollständige juristische Definition in § 3 Abs. 1 MarkenG]. Der Schutz der Marke gegen Verwendung durch ein anderes Unternehmen erfolgt über die Eintragung eines Warenzeichens in das Markenregister. Als Markenname wird der „artikulierbare“ Teil der Marke bezeichnet (MELITTA, LUFTHANSA, SAP, NIVEA, DU DARFST). Das Markenzeichen ist der erkennbare, nicht jedoch verbal widergebbare Teil der Marke, z. B. ein Symbol (MERCEDES-Stern), eine Gestaltungsform (ADIDAS-Streifen), eine charakteristische Schrift (Schriftzug von COCA COLA) oder Farbe (Magenta der DEUTSCHEN TELEKOM). Das zentrale Ziel der Markenführung ist die Erzeugung von abnehmerseitigen Präferenzen für das Produkt. Der Markenartikel ist die konsequenteste Übersetzungsform im Sinne der Präferenzbildung [vgl. BECKER 2009, S. 188]. Hinsichtlich des Aufbaus und der Pflege von Marken – also des Markenmanagements – lassen sich folgende Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb unterscheiden: •

Handelsmarkenstrategie, d. h. der Handel übernimmt die Funktion des Markenführers (z. B. EDEKA-Eigenmarke „GUT & GÜNSTIG“)



Herstellermarkenstrategie, d. h. der Hersteller ist verantwortlich für die Markenführung (Normalfall).

Im internationalen Wettbewerb gibt es ebenfalls zwei Marken-strategische Stoßrichtungen: •

Globale Markenstrategie, d. h. der Anbieter/Hersteller tritt weltweit mit identischen Produktmarken auf (z. B. HEINECKEN, COCA COLA, MCDONALD’S).



Gemischte Markenstrategie, d. h. der Anbieter/Hersteller trägt mit seiner Markenführung z. B. länderspezifischen Sprachgewohnheiten Rechnung (Produkte der UNILEVERSpeiseeislinie werden in vielen Ländern unter anderen Markennamen verkauft, z. B. LANGNESE in Deutschland, MIKO in Frankreich, FRIGO in Spanien, ESKIMO u. a. in Österreich und Ungarn, ALGIDA u. a. in der Türkei und Italien, OLA u. a. in Portugal und in den Niederlanden).

Die meisten strategischen Optionen bieten Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb:

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

• • • • • •

191

Einzelmarkenstrategie Mehrmarkenstrategie Markenfamilienstrategie Dachmarkenstrategie Markentransferstrategie Co-Branding-Strategie.

Einen Überblick über die verschiedenen markenstrategischen Optionen liefert Abbildung 324. Hierbei sollen die Strategien im horizontalen Wettbewerb weiter vertieft werden.

Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb

Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb

Markenstrategien im internationalen Wettbewerb

Abb. 3-24:

Handelsmarkenstrategie

Einzelmarkenstrategie

Mehrmarkenstrategie

Herstellermarkenstrategie

Markenfamilienstrategie

Dachmarkenstrategie

Markentransferstrategie

Co-Branding-Strategie

Globale Markenstrategie

Gemischte Markenstrategie

Markenstrategische Optionen im Überblick

3.2.7.2 Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb

Weite Teile des Einzelhandels und insbesondere des Konsumgüterbereichs sind seit Beginn der 1990er Jahre durch einen zunehmenden Verdrängungswettbewerb, stagnierende Umsätze und steigende Kosten in Folge wachsender Serviceerwartungen und Preissensibilität der Verbraucher gekennzeichnet. Hinzu kommt ein Preiskampf zwischen den Handelsunternehmen, die mit bekannten Werbeaussagen wie „Geiz ist geil“, „Ich bin doch nicht blöd“, „Die Mutter aller Schnäppchen“, „Wir können nur billig“ oder „Nur nackt ist billiger“ die „SchnäppchenJäger“-Mentalität der deutschen Verbraucher systematisch fördert. Vor diesem Hintergrund hat der Marktanteil von Handelsmarken im Vergleich zu den Markenartikeln der Hersteller kontinuierlich zugenommen. Auch die Zahl der Hersteller, die sich für die Produktion von Handelsmarken entscheiden, hat in den letzten Jahren ständig zugenommen, denn vielfach bestehen Überkapazitäten in gesättigten Märkten und bei Verzicht eines Herstellers auf die Produktion von Handelsmarken erhalten dessen Mitbewerber die Aufträge. Eine Ursache des Machtkonfliktes in der Hersteller-Handelsbeziehung liegt in der fehlenden preispolitischen Chancengleichheit zwischen den Handelsunternehmen und der Industrie, die im Verbot der vertikalen Preisbindung zum Ausdruck kommt [vgl. AHLERT/ BERENTZEN 2010, S. 6].

192

3. Positionierung

Handelsmarken, also Waren- oder Betriebstypenzeichen, mit denen ein Handelsunternehmen Waren markiert oder markieren lässt, lassen sich nach ihrer (Preis-)Positionierung in die drei Grundformen Gattungsmarken, klassische Handelsmarken und Premium-Handelsmarken einteilen. Eine Unterteilung in Discountmarken, Imitationsmarken und Präferenzmarken ist mit dieser Unterscheidung gleichzusetzen. [vgl. MATTHIES 2009, S. 10 f. unter Bezugnahme auf AHLERT et al. 2000, S. 29 und ESCH 2005, S. 461 f.]: •

Gattungsmarken sind vorwiegend Basisprodukte des täglichen Bedarfs. Quasi als Gegenangriff auf die Handelsmarken von ALDI zeichnen sie sich durch eine einfache Produktgestaltung bei gleichzeitiger Sicherung einer Mindestqualität aus. Die preisliche Positionierung von Gattungsmarken erfolgt im Preiseinstiegssegment. Aufgrund ihrer meist weißen Verpackung mit generischen Gattungsbezeichnungen („Zucker“) werden sie auch als weiße Ware, No-names oder Generika bezeichnet. Ihr Wesensmerkmal besteht somit in einem bewussten Verzicht auf differenzierungsfähige Produktmerkmale mit dem Ziel eines möglichen niedrigen Verkaufspreises. Beispiele: Ja! von REWE, Gut&Günstig von EDEKA, A&P von TENGELMANN.



Klassische Handelsmarken bzw. Eigenmarken (engl. Private labels) zeichnen sich durch eine mittlere bis höhere Qualität bei unterdurchschnittlichem Preisniveau aus. Sie dienen in erster Linie der Kennzeichnung absatzstarker Einzelartikel und zeichnen sich durch eine eigenständigere Produktgestaltung als Gattungsmarken aus. Häufig tragen sie Phantasiemarken und imitieren in Verpackung, Farb- und Logogestaltung sowie in weiteren kaufrelevanten Merkmalen bekannte Herstellermarken. Daher werden sie auch als Me-too-Marken oder Pseudomarken bezeichnet. Der Preis bildet auch hier das kaufentscheidende Kriterium. Beispiele: ERLENHOF von REWE, MIBELL von Edeka, TANDIL von ALDI, ALVERDE von DM-Drogeriemarkt, aber auch die Produktlinien von BENETTON, H&M und BODY SHOP.



Premium-Handelsmarken verfügen über eine hohe, innovative Produktqualität bei relativ hohem Preisniveau. Die Verpackungsgestaltung ist eigenständig und individuell. Die Premium-Handelsmarke soll den Konsumenten an die jeweilige Geschäftsstätte binden, da er sie ausschließlich in den Verkaufsräumen des Handelsunternehmens erhalten kann (Geschäftsstättenprofilierung). Sie sollen Ebenbilder der führenden Premium-Herstellermarken darstellen, ihnen im Nutzen in nichts nachstehen und eine ähnliche Preispositionierung wie diese aufweisen. Bei erfolgreicher Kundenbindung in Richtung des Endverbrauchers werden positive Effekte auf den Unternehmenserfolg des Handelsunternehmens durch die Führung der Premium-Handelsmarke vermutet. Als Beispiele für Premium-Handelsmarken gelten „REWE Feine Welt“, „REAL Seleccion“, und bei den Discountern „Premium N“ von NETTO, „Feine Kost“ von PENNY, „Deluxe“ von LIDL und „Gourmet“ von ALDI.

In Insert 3-06 sind am Beispiel von REWE die drei Positionierungsgrundformen der Handelsmarke illustriert.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

193

Insert Gattungsmarke

Sortimentsauswahl der Gattungsmarke "Ja!" von REWE

Klassische Handelsmarke

Sortimentsauszug der Mehrwert-Handelsmarke "REWE Beste Wahl" von REWE

PremiumHandelsmarke

Sortimentsauswahl der Premium-Handelsmarke "REWE Feine Welt" von REWE

Insert 3-06: Die Rewe-Markenwelt als Beispiel für Handelsmarkenformen

194

3. Positionierung

Angesichts dieser Handelsmarkenstrategien kann davon ausgegangen werden, dass die Wettbewerbschancen von Handelsmarken im Vergleich zu Markenartikeln der Industrie deutlich günstiger sind. Im Kern wurzelt dieses Phänomen im Verbot der vertikalen Preisbindung, das das preispolitische Instrumentarium der Hersteller schwächt und im Gegenzug die preispolitischen Optionen für Handelsmarken begünstigt. Auch die Nachfragemacht und die Option des Handels, schwächere Markenartikel zugunsten von Handelsmarken auszulisten, tragen dazu bei, dass sich die Konzentration im Handel nochmals beschleunigt und die Gefahr der Oligopolisierung fördert [vgl. OLBRICH et al. 2005, S. 2]. Die zentrale Herausforderung der Herstellermarke ist der Preisabstand zu den Handelsmarken. Wenn dieser nicht mehr durch einen Innovations- und Qualitätsabstand zu erklären ist, kommt die Herstellermarke unter Druck. Diesen Effekt kann man heute bereits in einigen Segmenten (Bier, Wasser, Schokolade) beobachten. Es sollte auch nicht verkannt werden, dass es Produktkategorien gibt, die es sehr schwer haben, überhaupt einen Mehrwert gegenüber den Handelsmarken darzulegen. Die Erbse, der Reis, der Zucker, die Nudel, die Milch oder der Thunfisch – um nur einige Beispiele zu nennen – erlauben keinen allzu großen Preisabstand zu den Handelsmarken. Und wenn die Handelsmarke gleich gut oder gar besser schmeckt, dann verdrängt sie eben die Marke [vgl. MÜNZBERG 2008, S. 12]. Abbildung 3-25 liefert die Grundpositionierung von Herstellermarken im Vergleich zu Handelsmarken. Empirische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die in der Grafik dargestellten klaren Abgrenzungen in der Realität so nicht immer anzutreffen sind. So ist bspw. nicht jede (klassische) Herstellermarke qualitativ und preislich hochwertiger als die (klassischen) Handelsmarken. Hohe Qualität PremiumHerstellermarken PremiumHandelsmarken

Klassische Handelsmarken

Niedriges Preisniveau

Klassische Herstellermarken

Hohes Preisniveau

Gattungsmarken

Niedrige Qualität [Quelle: MEFFERT 1998, S. 803]

Abb. 3-25:

Positionierung von Herstellermarken gegenüber Handelsmarken

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

195

3.2.7.3 Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb

Unter den Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb sollen im Folgenden nur die reinen Strategietypen erläutert werden. Abgeleitete Strategien, die größtenteils auf Markenkombinationen beruhen, werden im nächsten Abschnitt besprochen. Einzelmarkenstrategie. Bei der Einzelmarkenstrategie wird jedes Marktsegment nur von einer Marke eines Unternehmens bearbeitet. Dem Vorteil, mit dieser Strategie ein unverwechselbares Produktimage aufzubauen und eine sehr gezielte Ansprache des betreffenden Kundensegments vornehmen zu können, steht der Nachteil gegenüber, dass alle Marketingaufwendungen von einem Produkt getragen werden. Bei der Einzelmarkenstrategie besteht kaum die Gefahr negativer Ausstrahlungseffekte auf andere Marken. Andererseits entstehen höhere Kosten beim Markenaufbau, weil – mit Ausnahme des Konsumgüterbereichs – nicht auf bestehende Distributionskanäle zurückgegriffen werden. Beispiele für die Einzelmarkenstrategie liefern u. a. GRUNER + JAHR (als Tochter des Medienkonzerns BERTELSMANN), DAIMLER, FERRERO, PROCTER & GAMBLE und für den Handelssektor die METRO (siehe Abbildung 3-26). Einzelmarkenstrategie

• Jedes Produkt eines Unternehmens wird unter einer eigenen Marke angeboten • Jedes Marktsegment wird dabei von nur einer Marke bearbeitet, d.h. es gibt keinen Wettbewerb dieser Produkte innerhalb eines Marktsegments

Gruner+Jahr

Beispiele

Ferrero

Vorteile/ Chancen

Nachteile/ Risiken

Abb. 3-26:

• • • •

Daimler

Procter & Gamble

Aufbau eines unverwechselbaren Produktimages Gezielte Ansprache einzelner Kundensegmente Kaum Gefahr negativer Ausstrahlungseffekte auf andere Marken Markenname kann bei einer dominanten Markenführung zu einem Gattungsbegriff werden (z.B. ASPIRIN für Schmerzmittel, TEMPO für Papiertaschentücher, TESA für Klebeband, UHU für Klebstoffe)

• Höhere Kosten beim Markenaufbau • Kann nicht oder kaum auf bestehende Distributionskanäle zurückgreifen (Ausnahme: Konsumgüterbereich)

Grundlagen der Einzelmarkenstrategie

Mehrmarkenstrategie. Die Mehrmarkenstrategie (engl. House of Brands) sieht vor, dass ein Unternehmen in einem Markt bzw. Marktsegment mindestens zwei Marken parallel anbietet. Dadurch soll eine bessere Segmentausschöpfung erreicht und potentielle Markenwechsler bei den Produkten des Unternehmens gehalten werden. Hinzu kommt, dass durch diese „Blockie-

196

3. Positionierung

rungspolitik“ (der Regalflächen) hohe Markteintrittsbarrieren gegenüber dem Wettbewerb aufgebaut werden. Die Gefahr der Mehrmarkenstrategie liegt aber ganz offensichtlich in einem Kannibalisierungseffekt durch gegenseitige Substitution der Marktanteile. Letztlich besteht die zentrale Idee der Mehrmarkenstrategie darin, eine Reduzierung der Einzelmarktanteile zugunsten der Steigerung des Gesamtmarktanteils in Kauf zu nehmen. Anschauliche Beispiele für eine Mehrmarkenstrategie bieten HENKELL mit seinen auf die jeweiligen Preissegmente abgestimmten Sektmarken oder UNILEVER mit seinem umfassenden Halbfettmargarinesortiment (siehe Abbildung 3-27). Mehrmarkenstrategie

Von einem Unternehmen werden in demselben Markt/Marktsegment mehrere Marken parallel angeboten/geführt

Beispiele Henkel

Premium

Standardsegment

Niedrigpreis

Vorteile/ Chancen

• Halten von potentiellen Markenwechslern • Hohe Markteintrittsbarrieren durch „Blockierungspolitik“ (der Regalflächen) • Bessere Segmentausschöpfung

Nachteile/ Risiken

• Gefahr der Übersegmentierung • Kannibalisierung durch gegenseitige Substitution der Marktanteile

Abb. 3-27:

Grundlagen der Mehrmarkenstrategie

Familienmarkenstrategie. Bei der Familienmarkenstrategie (engl. Branded House) werden verschiedene, aber verwandte Produkte unter einer Marke zusammengefasst (siehe Abbildung 3-27). Der Name des Herstellers wird dabei nicht herausgestellt. Mit dieser Strategie versucht der Hersteller, die Vorteile der Einzelmarke (Profilierungsvorteil) mit denen der Dachmarke zu verbinden. Der wirtschaftliche Vorteil liegt darin, dass mehrere Produkte das Markenbudget finanzieren. Hinzu kommt, dass neue Produkte vom Goodwill der Familienmarke profitieren. Schließlich ermöglicht die Familienmarke die Bildung eigenständiger strategischer Geschäftseinheiten. Das Risiko besteht vor allem darin, dass sich evtl. negative Ausstrahlungseffekte (engl. Badwill transfer) eines Produkts auf die gesamte Markenfamilie auswirken. Außerdem muss bei der Positionierung der einzelnen Produkte Rücksicht auf die jeweilige Basispositionierung genommen werden. Beispiele für eine Familienstrategie finden sich beim AXEL SPRINGER Verlag mit den verschiedenen BILD-Objekten, BEIERSDORF mit den Produktfamilien NIVEA und TESA sowie MONDELEZ als internationales Nachfolgeunternehmen von KRAFT Foods mit den Schokoladenprodukten von MILKA und den verschiedenen Kaffeemarken von JACOBS.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Familienmarkenstrategie

197

Führung mehrerer verwandter Produkte unter einer Marke ohne auf den Unternehmensnamen direkt Bezug zu nehmen (häufig existieren auch innerhalb eines Unternehmens mehrere Markenfamilien nebeneinander)

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Schnellere Akzeptanz im Handel und bei den Konsumenten • Übertragung des „Goodwill“ auf Folgeprodukte; Verringerung des Flop-Risikos • Verjüngung des Images der Muttermarke

Nachteile/ Risiken

• Negative Ausstrahlungseffekte unter den Produkten der Markenfamilie • Höherer Abstimmungsbedarf zwischen den Einzelmarken der Familie • „Markenkern“ der Ausgangsmarke als Limitationsfaktor

Abb. 3-28:

Grundlagen der Familienmarkenstrategie

Dachmarkenstrategie. Im Gegensatz zur Einzelmarkenstrategie werden bei der Dachmarkenstrategie (engl. Corporate/Umbrella Branding) alle Produkte eines Unternehmens unter einer (Dach-)Marke geführt (siehe Abbildung 3-29). Im Vordergrund der Marketingbemühungen stehen das Unternehmen und seine Kompetenz als Ganzes. Als Reintyp hat die Dachmarkenstrategie ihren Schwerpunkt im B2B-Bereich und hier insbesondere bei Unternehmen, die erklärungs- bzw. beratungsbedürftige Produkte anbieten. Neben Industriegütern ist dieser Strategietyp ach bei Gebrauchsgütern und insbesondere bei Dienstleistungen weit verbreitet. So sind ca. 80 Prozent aller Dienstleistungsmarken Dachmarken. Bei dieser Strategie profitiert jedes Produkt vom Goodwill des Unternehmens. Ebenso tragen alle Produkte des Unternehmens den notwendigen Markenaufwand gemeinsam. Im Falle des Scheiterns eines Produkts können sich allerdings Badwill-Transfereffekte auf die Dachmarke ergeben [vgl. BECKER 2009, S. 198]. Beispiele sind MIELE und BOSCH im Gebrauchsgüter- und Zuliefererbereich, IBM, APPLE und HP im Technologiebereich, wobei hier eine Entwicklung zu Subbrands zu beobachten ist (z. B. HP Deskjet, HP Laserjet).

198

3. Positionierung

Dachmarkenstrategie

• Führung aller Produkte des Unternehmens unter einer Marke • Firmenname (oder Inhabername) wird zur Dachmarke • Besonderer Schwerpunkt im B2B-Bereich

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Flop-Risiko der Neuprodukteinführung wird gesenkt • Leichte Einführung von neuen Produkten • Aufbau einer unverwechselbaren Unternehmens- und Markenidentität

Nachteile/ Risiken

• Gefahr der Markenerosion (z.B. Melitta) • Negative Ausstrahlungseffekte bei Produkten unterschiedlicher Qualität (BadwillTransfereffekt)

Abb. 3-29:

Grundlagen der Dachmarkenstrategie

Markentransferstrategie. Bei der Markentransferstrategie werden von der Hauptmarke eines bestehenden Produktbereiches positive Imagekomponenten auf ein Transferprodukt einer anderen Produktkategorie übertragen. Voraussetzung dieser Strategie ist, dass die Hauptmarke über ein Image- bzw. Präferenzniveau verfügt, das auch im neuen Marktsegment als glaubwürdig eingestuft wird. Dies führt zu einer Reduzierung des Markenaufwandes und mindert das Floprisiko. Zusätzliche Lizenzeinnahmen und niedrigere Markteintrittsbarrieren für die Transfermarke sind die Vorzüge der Markentransferstrategie, denen das Risiko, die Markenidentität zu verlieren, gegenübersteht („Markenverwässerung“). In diesem Zusammenhang spielt der Begriff der Lizenzmarke eine besondere Rolle. Der Lizenzgeber als Inhaber einer Marke räumt einem anderen Unternehmen (Lizenznehmer) das Recht ein, diese Marke für seine Produkte zu verwenden. Die Gegenleistung für das Nutzungsrecht besteht für den Lizenznehmer darin, die vertraglichen Vorgaben einzuhalten (z. B. Größe, Farbe und Form des Logos) und eine Lizenzgebühr zu zahlen. Die bekanntesten Lizenzmarken kommen aus dem Modebereich (BOOS, JOOP), aus dem Sport (ADIDAS, PUMA) und aus dem Nahrungs- und Genussmittelbereich (MÖVENPICK, CAMEL) (siehe Abbildung 330). In einigen Märkten wie z. B. Brillen und Kosmetika dominieren bereits die Lizenzmarken. Entscheidend für den Erfolg dieser Markenstrategie ist die Kompetenz und Tragfähigkeit der Ursprungsmarke. Eine besondere Ausprägung der Markenlizensierung ist das Merchandising, das die Übertragung einer Marke auf Geschenkartikel, Fanprodukte oder Souvenirs zum Gegenstand hat. Diese Artikel sollen zur Identifikation mit der Marke beitragen. Führend sind in diesem Geschäft die großen Fußballvereine, die ihre Bekanntheit, aber auch die Markenstärke einzelner Spieler dazu nutzen, Merchandisingartikel (z. B. Mützen, T-Shirts, Tassen, Kissen etc.) zu verkaufen. Das bekannteste Beispiel für die Markenstärke eines Spielers ist DAVID BECKHAM. In den ersten sechs Monaten nach dem Wechsel zu REAL MADRID stiegen alleine durch den Verkauf von BECKHAM-Trikots weltweit die MerchandisingEinnahmen des Clubs um 60 Prozent an, was knapp 55 Mi. Euro entsprach [vgl. FRANK 2009, S. 14].

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Markentransferstrategie

199

Von einer Hauptmarke eines bestehenden Produktbereichs werden positive Imagekomponenten auf ein Transferprodukt eines neuen Marktsegments übertragen

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Geringere Markteintrittsbarrieren für Transfermarke • Gewinnung zusätzlicher Käufergruppen; Lizenzeinnahmen • Kognitive Entlastung des Konsumenten beim Markenauswahlprozess

Nachteile/ Risiken

• Verlust der Markenidentität • Gefahr der Markenerosion • Gefahr des Glaubwürdigkeitsverlusts

Abb. 3-30:

Grundlagen der Markentransferstrategie

Co-Branding-Strategie. Die Kombination von mindestens zwei bereits etablierten Marken möglichst gleicher Qualität von verschiedenen Herstellern wird als Co-Branding-Strategie bezeichnet. Dabei sollten die Images zusammenpassen und die Unternehmen nicht im Wettbewerb zueinander stehen. Ziele sind u.a. die Erhöhung der Markenbekanntheit sowie des Markenwertes durch Synergieeffekte. Dem angestrebten Imagegewinn für die neue Markenkombination steht ein erhöhter Koordinationsaufwand bei der Markenführung gegenüber. Auch besteht die Gefahr der Erosion des Markenimages bei negativer Feedback-Wirkung. Bekannte Beispiele sind die MILES & MORE/VISA-Karte, MCDONALD‘S/DISNEY, LANGNESE/MILKA und der ALLIANZ/BAEDECKER-Reisführer (siehe Abbildung 3-31). Eine besondere Ausprägung der Co-Branding-Strategie bietet das Beispiel von S TAR ALLIANCE, bei der neben der LUFTHANSA noch ein gutes Dutzend weiterer internationaler Fluggesellschaften beteiligt sind. Dieses Wertschöpfungsnetzwerk unter Wettbewerbern im Luftverkehrsbereich bietet neben dem einheitlichen Auftritt als Star Alliance-Partner auch die Vorteile eine Zusammenlegung von Flügen (bessere Auslastung), gemeinsame Check-in und Ticketing-Leistungen, einheitliche Rabatte an Geschäftskunden sowie gemeinsame Lounges. Darüber hinaus werden die Flugpläne koordiniert (kein zweites Einchecken und Verkürzung der Flugzeiten), gemeinsame Schulungs- und Trainingsprogramme durchgeführt und die Beschaffungsaktivitäten in Teilen zentralisiert.

200

3. Positionierung

Co-Branding

Kombination von mehreren Marken zum Nutzen der Markeninhaber

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Goodwill bzw. Imagetransfer auf die Markenkombination • Positive Imagerückkopplung auf die Stammmarken • Erleichterung des Zugangs zu strategisch wichtigen Absatzkanälen

Nachteile/ Risiken

• Gefahr der Erosion des Markenimages bei negativer Feedback-Wirkung • Erhöhter Koordinationsaufwand durch Verbundstrategie • Handlungsspielraum der beteiligten Unternehmen wird eingeschränkt

Abb. 3-31:

Grundlagen der Co-Branding-Strategie

3.2.7.4 Markenstrategien im internationalen Wettbewerb

Im internationalen Wettbewerb haben sich im Grundsatz zwei Marken-strategische Stoßrichtungen durchgesetzt: die globale und die gemischte Markenstrategie. Die globale Markenstrategie ist dadurch gekennzeichnet, dass der Anbieter/Hersteller weltweit mit identischen Produktmarken auftritt (z. B. HEINECKEN, COCA COLA, MCDONALD’S). Durch dieses einheitliche Markenkonzept ist für alle Märkte weltweit ein identischer Auftritt (Markierung, Qualität, Positionierung etc.) gewährleistet. Der Vorteil ist die konsequente Abschöpfung von Kostensenkungspotentialen. Allerdings werden lukrativer Nischen und nationaler Bedürfnisse vernachlässigt. Durch zentral gesteuerte Markenpolitik ergeben sich immer wieder Konfliktpotentiale auf Länderebene. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass in allen Ländern der Markenschutz sichergestellt wird. Bei der gemischten Markenstrategie trägt der Anbieter/Hersteller mit seiner Markenführung länderspezifischen Sprachgewohnheiten Rechnung. Ein besonders prägnantes Bespiel sind die Produkte der UNILEVER-Speiseeislinie, die in vielen Ländern unter anderen Markennamen verkauft werden, z. B. LANGNESE in Deutschland, MIKO in Frankreich, FRIGO in Spanien, ESKIMO in Österreich und Ungarn, ALGIDA in der Türkei und Italien, OLA in Portugal und in den Niederlanden). Eine solche Markenführung ist zwar deutlich aufwändiger als die globale Markenstrategie, dafür lassen sich aber nationale Bedürfnisse gezielter ansprechen. Bei international mobilen Konsumenten können zudem Irritationen auftreten.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

201

3.2.7.5 Weitere Markenstrategien

Während es sich bei den vorgenannten Strategien um „reine“ Strategietypen (Hauptstrategien) handelt, findet sich in der Praxis noch eine Reihe weiterer, abgeleiteter Strategien. So setzen einige Unternehmen nicht nur auf einen einzelnen Markentyp, sondern auf bestimmte Markenkombinationen [vgl. BECKER 2009, S. 200 ff.]: Als erstes ist die Kombination von Einzel- und Dachmarke zu nennen. Die Strategie besteht darin, eine Einzelmarke durch die Kraft einer übergeordneten Dachmarke zu stärken (Beispiel: PERSIL oder PRIL von HENKEL). Ebenso werden die Kombinationen aus einer Familienund Dachmarke (Beispiel: VITALIS-Linie von DR. OETKER) sowie aus Familien- und Produktmarke (Beispiel: MILKA-Familie und LILA PAUSE) praktiziert. Gerade für Konzerne ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, die verschiedenen Marken und Gesellschaften mit ihren individuellen Eigenschaften und Schwerpunkten unter einem Dach zu vereinen. Ein interessantes Beispiel ist die Markenarchitektur des VOLKSWAGEN Konzerns, bei der es eine wichtige Zielsetzung ist, dass die einzelnen Marken innerhalb des Konzernverbundes ihre Identität bewahren sollen (siehe Abbildung 3-32). Während Markenkombinationen vorwiegend im B2C-Marketing vorkommen, soll abschließend noch auf eine Markenstrategie aus dem B2B-Bereich hingewiesen werden. Es handelt sich dabei um die Markierung von Komponenten (Rohstoffe, Einsatzstoffe, Halbfertig- oder Fertigteile), die in andere Produkte eingehen und die vom Käufer als eigenständige Bestandteile wahrgenommen werden. Eine solche Markenstrategie wird als Ingredient Branding bezeichnet (Beispiel: INTEL Inside).

Dachmarke des Konzerns

Volkswagen

Marken des Konzerns Volumenmarken

Markenfamilie VW

Golf

Einzelmarke Golf

V6

Abb. 3-32:

Passat

Comfortline

Luxusmarken

Premiummarken

Polo

Sharan

Trendline

Bora

GTI

Markenarchitektur des Volkswagen Konzerns

Highline

Beatle





202

3.3

3. Positionierung

Der Preis als Positionierungselement

Die Positionierung von Preis- bzw. Kostenvorteilen ist im Gegensatz zur Positionierung von Produktvorteilen ohne große Vorabinvestitionen kurzfristig durchführbar und mit einer sehr viel schnelleren Reaktion der Käufer verbunden. Preispolitische Maßnahmen üben eine erhebliche akquisitorische Wirkung aus und entfalten trotz der kurzfristigen Variabilität auch langfristige Effekte. So wirken insbesondere Preissenkungen nachhaltig auf die Preiswahrnehmung der Nachfrager und sind damit schwer revidierbar. Der größte Positionierungsunterschied liegt aber wohl darin, dass das angebotene Produkt mit seinen Eigenschaften als „positive“ Komponente einer Kaufhandlung wirkt, wohingegen der Preis die „negative“ Komponente bzw. das „Opfer“ zur Erlangung der erwünschten Leistung darstellt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 478]. 3.3.1 Preistheoretische Grundlagen Zur Erklärung des Preisverhaltens von Anbieter und Nachfrager sowie der Bestimmungsfaktoren preispolitischer Entscheidungen lassen sich die Grundmodelle der klassischen betriebswirtschaftlichen Preistheorie heranziehen. Die vielleicht wichtigste Grundlage der Preistheorie ist die Preis-Absatz-Funktion (PAF). Sie beschreibt den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Preis p als Aktionsvariable und der Absatzmenge x als Reaktionsvariable. Im einfachsten Fall ist der Verlauf der Preis-Absatz-Funktion linear und beschreibt die Funktion p = a – b·x (siehe Abbildung 3-33).

Preis p [Euro]

Höchstpreis

400 Preis-Absatz-Funktion p = a – b·x = 400 – 0,1x

300

b 200 Sättigungsmenge 100

0

Abb. 3-33:

Bei einem Preis von 150 Euro werden 2.500 Einheiten ver-/gekauft

1.000

2.000

3.000

4.000

Menge x [Stück]

Preis-Absatz-Funktion mit linearem Verlauf

Die Steigung der Preis-Absatz-Funktion ist ein Indiz dafür, wie sensibel Nachfrager auf Preisänderungen reagieren. Diese Preissensibilität wird als Preiselastizität der Nachfrage bezeichnet. Sie gibt das Verhältnis der relativen Änderung der Absatzmenge auf die relative

3.3 Der Preis als Positionierungselement

203

Preisänderung an. Die dieses Verhältnis beschreibende (dimensionslose) Maßzahl ist der Elastizitätsfaktor (η). Die Preiselastizität nimmt zumeist negative Werte an, weil Preiserhöhungen in der Regel sinkende Absatzmengen nach sich ziehen. In diesem Fall spricht man von einer elastischen Nachfrage (η < -1). Bewirkt die Preisänderung dagegen nur eine schwache Reaktion der Nachfrage, d. h. eine unterproportionale Mengenänderung, so liegt eine unelastische Nachfrage vor (-1 < η < 0). Bewirkt eine Preisänderung dagegen gar keine Veränderung der nachgefragten Menge, so ist die Nachfrage vollkommen unelastisch bzw. starr (η = 0). Ein Sonderfall ist die inverse Nachfrage, d. h. eine Preiserhöhung induziert eine Zunahme der nachgefragten Menge. Die Nachfrage ist somit positiv elastisch (η > 0). In Abbildung 3-34 ist die unterschiedliche Sensitivität der Nachfrager auf Preisänderungen mit entsprechenden Beispielen dargestellt.

Veränderung der Absatzmenge (%)

Preiselastizität der Nachfrage η = Elastische Nachfrage

Veränderung des Preises (%)

Unelastische Nachfrage

p

Starre Nachfrage

p

Inverse Nachfrage

p

x

p

x

x

x

Normalfall:

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

steigt bspw. der Preis um eine Einheit, so nimmt die nachgefragte Menge um 5 Stück ab

• • • •

• Zwangsnachfrage z.B. bei der Straßenmaut • Suchtgüter/Drogen • Medikamente

Snob-Güter (sehr selten und meist zeitlich begrenzt)

η < -1

Abb. 3-34:

Sammlergüter Kunstgüter Modeartikel „In“-Produkte

-1 < η < 0

η=0

η>0

Preis-Absatz-Funktionen und Preiselastizität der Nachfrage

Realistischer und empirisch fundiert ist die doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion, die auf GUTENBERG zurückgeht. Charakteristisch darin ist der monopolistische Bereich, in dem die Preis-Absatz-Funktion sehr steil (unelastisch) verläuft. Selbst größere Preiserhöhungen (von p3 nach p4 in Abbildung 3-35) haben hier nur einen geringen Einfluss auf die nachgefragte Menge (von x3 nach x4). Im Vergleich dazu führt die Preiserhöhung von p1 nach p2 zu einem deutlich höheren Mengenrückgang (von x1 nach x2). In diesem Bereich kann sich das Unternehmen preispolitisch ähnlich wie ein Monopolist verhalten. Dies resultiert aus der Unvollkommenheit des Marktes und den durch Marketingmaßnahmen (z. B. durch Markenoder Standortpolitik) bewirkten Präferenzen, die zu einer wahrgenommenen Heterogenität der Produkte führen. Der Anbieter genießt in diesem Bereich deshalb einen preispolitischen Spielraum, weil der (Stamm-)Kunde für das Produkt erhebliche zeitliche, persönliche, örtliche oder sachliche Vorlieben (Präferenzen) hat. Erst oberhalb der Preisschwelle werden

204

3. Positionierung

viele Kunden das Produkt nicht mehr kaufen. Abbildung 3-35 verdeutlicht diesen Erklärungsansatz.

p absolute Preisobergrenze

Monopolistischer Bereich

p2

Preisschwelle

p1

p4 p3 PAF

x2

x1

monopolistische Preisuntergrenze

x x4 x3

[Quelle: in Anlehnung an ECKARDT 2010, S. 141]

Abb. 3-35:

Doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion nach Gutenberg

Ein weiterer Bestimmungsfaktor preispolitischer Entscheidungen ist die Marktform. Hierbei sind zwei Merkmale des relevanten Marktes von Bedeutung [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 502 ff.]: •

Nach der Anzahl und Größe der Anbieter kann zwischen einem großen Anbieter (Angebotsmonopol), wenigen großen Anbietern (Angebotsoligopol) und vielen kleinen Anbietern (Angebotspolypol) unterschieden werden.



Nach dem Vollkommenheitsgrad des Marktes wird zwischen vollkommenen und unvollkommenen Märkten differenziert. Die Grundannahmen für die Existenz eines vollkommenen Marktes sind in Abbildung 3-36 dargestellt.

Abbildung 3-36 gibt darüber hinaus einen zusammenfassenden Überblick über wichtige Angebotsstrukturen der klassischen Preistheorie. Grundsätzlich lässt sich das Verhalten der Anbieter nach den drei Marktformen Monopol, Oligopol und Polypol wie folgt unterscheiden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 504]: •

Monopol: Der Anbieter hat im Rahmen seiner Preisfestsetzung ausschließlich die Reaktion der Nachfrager zu berücksichtigen (→ Preisanpasser).



Oligopol: Der Anbieter muss im Rahmen seiner Preisbildung sowohl die Reaktion der Nachfrager als auch das Verhalten seiner Wettbewerber berücksichtigen.

3.3 Der Preis als Positionierungselement



205

Polypol: Der Anbieter hat aufgrund des Wettbewerbsdrucks keinen Spielraum bei der Preisbildung. Stattdessen übernimmt er den bestehenden Marktpreis und verzichtet auf eine eigene Preispolitik (→ Mengenanpasser).

Monopolistische Angebotsstruktur (vollkommener Markt)

Polypolistische Angebotsstruktur (vollkommener Markt)

Polypolistische Angebotsstruktur (unvollkommener Markt)

Marktform

(Angebots-) Monopol: ein Anbieter; viele Nachfrager

Polypol: viele Anbieter (atomistische Konkurrenz); viele Nachfrager

Polypol: viele Anbieter (mit unterschiedlicher Präferenzstruktur); viele Nachfrager

Preispolitische Optionen

Preispolitische Autonomie (→ Preisanpassung)

Keine Preispolitik möglich (→ Mengenanpassung)

Aktive Preispolitik in einem bestimmten Intervall möglich (monopolistischer Bereich)

Kriterien

Abb. 3-36:

Vollkommener Markt

Unvollkommener Markt

• • • • •

• Mind. eines der genannten Kriterien ist nicht erfüllt • Hier: es bestehen örtliche, sachliche, zeitliche oder persönliche Präferenzen

Alle Marktteilnehmer handeln nach dem Maximum-Prinzip Unendlich große Reaktionsgeschwindigkeit Vollkommene Markttransparenz Homogenität der Güter, d.h. es bestehen keine Präferenzen Keine staatlichen Einflüsse

Wichtige Angebotsstrukturen in der klassischen Preistheorie

3.3.2 Preisfindung Unter praxisbezogenen Aspekten lassen sich drei grundlegende Methoden der Preisfindung unterscheiden: • • •

Kostenorientierte Preisfindung Kundenorientierte Preisfindung Wettbewerbsorientierte Preisfindung.

3.3.2.1 Kostenorientierte Preisfindung

Im Rahmen der kostenorientierten Preisfestsetzung werden Preise auf der Grundlage von Kosteninformationen getroffen. Diese stellen die Kostenrechnung und hier speziell die Kostenträgerrechnung zur Verfügung. Um die Kosten und darauf aufbauend den Angebotspreis zu ermitteln, stehen zwei Kalkulationsverfahren zur Verfügung: die Vollkostenrechnung und die Teilkostenrechnung. Bei der Preiskalkulation auf Vollkostenbasis werden alle im Unternehmen anfallenden fixen und variablen Kosten auf den Kostenträger (das Produkt) verteilt. Der Angebotspreis

206

3. Positionierung

ergibt sich aus der Summe der Gesamtstückkosten und eines vorher zu bestimmenden Gewinnzuschlags (→ progressive Kalkulation). Diese einfache Zuschlagskalkulation (engl. Cost-Plus-Pricing) hat den Nachteil, dass die in den Vollkosten enthaltenen Fix- bzw. Gemeinkosten nicht nach dem Verursachungsprinzip, sondern nach einem mehr oder weniger willkürlichen Verteilungsschlüssel auf die Kostenträger verteilt werden. Hinzu kommt die Gefahr, sich bei der Vollkostenrechnung aus dem Markt zu kalkulieren. Geht nämlich die Absatzmenge zurück, dann müssen bei der Nachkalkulation die fixen Kosten auf eine geringere Stückzahl verteilt werden. Mit höherem Preis sinkt die Absatzmenge und die Stückkosten steigen. Besonders im B2B-Bereich (z. B. bei Anlagen oder Projekten) wird diese Kalkulation bevorzugt [vgl. BECKER 2009, S. 517]. Bei der Preiskalkulation auf Teilkostenbasis werden demgegenüber nur die variablen Stückkosten berücksichtigt. Das sind die Kostenanteile, die in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung, Produktion und Vermarktung des Produkts stehen. Zentrales Instrument ist dabei die Deckungsbeitragsrechnung (engl. Direct Costing), deren Ausgangspunkt der Preis darstellt (→ retrograde Kalkulation). 3.3.2.2 Kundenorientierte Preisfindung

Zu den kundenorientierten Preisfestsetzungsmethoden sollen hier das Target Costing, die Conjoint-Analyse sowie die nachfrageorientierte Preisbestimmung erläutert werden. Ziel des Target Costing ist es, den am Markt durchsetzbaren Preis für ein neues Produkt zu ermitteln. Im Gegensatz zum kostenorientierten Ansatz beginnt der Prozess des Target Costing bei den vom Markt akzeptierten Preisen, um anschließend Obergrenzen für die Kosten der Produkterstellung festzulegen. Dieser Zielverkaufspreis (engl. Target Price) lässt sich mit den Mitteln und Methoden der Marktforschung relativ leicht ermitteln. Zur zielgruppenspezifischen Bestimmung von Preisbereitschaften und zur Ableitung empirischer Preis-Absatz-Funktionen wird die Conjoint-Analyse (siehe auch Abschnitt 3.2.3) eingesetzt. Mit dieser empirischen Analysemethode wird versucht, sich über die Nutzenbestimmung einzelner Produkteigenschaften dem optimalen Preis zu nähern. Im Zusammenhang mit der Anwendung der Conjoint-Analyse kann daher auch von einer nutzenorientierten Preisfindung gesprochen werden [vgl. LAAKMANN 1995, S. 211 ff.]. Die nachfrageorientierte Preisfindung basiert im Wesentlichen auf den Erkenntnissen der klassischen Preistheorie. Eine allein nachfrageorientierte Preisbestimmung liegt dabei vor allem in den Marktformen des Monopols und des Polypols vor. Das klassische Modell der gewinnmaximalen Preisforderung im Monopol geht auf COURNOT [1838] zurück und unterstellt, dass die Preis-Absatz-Funktion mit p = a – b·x und die Kostenfunktion mit K = Kfix + Kvar vorliegen. In Abbildung 3-37 ist sowohl die algebraische als auch grafische Ableitung des gewinnmaximalen Preises als Schnittpunkt zwischen Grenzumsatz und Grenzkosten dargestellt. Zusätzlich ist in Abbildung 3-37 auch die Ableitung einer umsatzmaximalen Preisforderung enthalten. Bei atomistischer Konkurrenz im Polypol auf einem vollkommenen Markt existiert im Gegensatz zum Monopol ein bestimmter Gleichgewichtspreis. Die PAF

3.3 Der Preis als Positionierungselement

207

verläuft wegen des für den einzelnen Anbieter unbeeinflussbaren Preis parallel zur Abszisse, d.h. sie ist unendlich elastisch. Bei linearem Kostenverlauf ist es im Polypol unbedeutend, ob die Zielsetzung Gewinnmaximierung oder Umsatzmaximierung angestrebt wird: Bei allen Zielsetzungen liegt hier die optimale Situation immer an der Kapazitätsgrenze. Abbildung 338 veranschaulicht die Preisbestimmung beim Polypol auf vollkommenen Märkten. Allerdings ist das Polypol auf unvollkommenen Märkten wesentlich praxisrelevanter und mit der doppelt geknickten Preis-Absatz-Funktion theoretisch wie auch empirisch vergleichsweise gut fundiert (siehe hierzu die entsprechenden Ausführungen in Abschnitt 3.3.1). Im monopolistischen Bereich verfügt der Anbieter über den gleichen preispolitischen Spielraum wie ein Monopolist, der mit dem akquisitorischen Potenzial, d. h. mit der Anziehungskraft aufgrund spezifischer Kundenpräferenzen erklärt wird [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 532 ff.].

p U K U‘ K‘

Zielsetzungen im Monopol: • Gewinnmaximierung • Umsatzmaximierung

K=Kfix+Kvarx

U=p·x

Gewinnmaximierung:

Größter Gewinn

a

G = U – K → max! G‘ = U‘ – K‘ = 0 → U‘ = K‘ K = Kfix + Kvarx K‘ = Kvar a – 2b·x = Kvar xc = (a – Kvar)/2b xc = (a – K‘)/2b (Gewinnmaximaler Absatz) pc = (a + K‘)/2 (Gewinnmaximaler Preis) (xc; pc) (Cournot‘scher Punkt)

PAF p=a-b·x

pc pu

G=U-K Kfix

U‘

K‘

xc

x

xu

Umsatzmaximierung:

Graphische Lösung:

U = p·x = (a – b·x)x → max! U‘ = a – 2b·x = 0 xu = a/2·b (Umsatzmaximaler Absatz) pu = a/2 (Umsatzmaximaler Preis)

• Gewinnmaximum: Kostenfunktion parallel verschieben • Umsatzmaximum: x-Achse parallel verschieben

Abb. 3-37:

Gewinn- und umsatzmaximaler Preis bei monopolistischer Angebotsstruktur

p

p U K

PAF

Gewinnschwelle

U=p·x G=U-K K=Kfix+Kvarx

p

x

Abb. 3-38:

x

xmax

x

Gewinn-, Kosten- und Preissituation im Polypol auf vollkommenem Markt

208

3. Positionierung

3.3.2.3 Wettbewerbsorientierte Preisfindung

Die klassische Preistheorie berücksichtigt prinzipiell nur bei der Marktform des Oligopols Wettbewerbseinflüsse bei der Preisbestimmung. Danach können drei typische Verhaltensmöglichkeiten des Anbieters im Oligopol unterschieden werden: wirtschaftsfriedliches Verhalten, Koalitionsverhalten und Kampfverhalten [vgl. GUTENBERG 1984, S. 266 f.]. In der Praxis haben sich dagegen drei grundlegende Verhaltensmuster bei der wettbewerbsorientierten Preisfindung durchgesetzt [vgl. ECKARDT 2010, S. 142]: • • •

Preisfestsetzung auf Wettbewerbsniveau, Preisfestsetzung unter Wettbewerbsniveau und Preisfestsetzung über Wettbewerbsniveau.

Bei der Preisfestsetzung auf Wettbewerbsniveau (engl. Me-too-Pricing) spricht man auch von Preisfolgerschaft (→ wirtschaftsfriedliches oder Koalitionsverhalten). Dies erscheint immer dann sinnvoll, wenn eine Orientierung am Marktführer erfolgen muss, die Preiselastizität der Nachfrage gering und eine Präferenzbildung am Markt schwierig ist. Viele Bereiche des Konsumgütermarktes sind von diesem Preisverhalten geprägt (Zigaretten, Schokolade). Die Preisfestsetzung unter Wettbewerbsniveau kann als Preiskampf (→ Kampfverhalten) angesehen werden und wird häufig bei neuen Produkten zur schnelleren Marktdurchdringung angewendet. Voraussetzung ist eine hohe Preiselastizität der Nachfrage. Das klassische Beispiel für dieses Preisverhalten sind die Discounter. Die Preisfestsetzung über Wettbewerbsniveau, die zumeist mit einer Preisführerschaft (→ wirtschaftfriedliches oder Koalitionsverhalten) verbunden ist, wird insbesondere bei der Einführung innovativer Produkte oder bei prestigeträchtigen Marken mit hoher Präferenzbildung praktiziert (Schmuck, Möbel, Bekleidung). In Abbildung 3-39 sind die drei grundlegenden Methoden der Preisfindung in einer Übersicht dargestellt.

3.3 Der Preis als Positionierungselement

209

Preisfindung

Kostenbezogene Preissetzung

Kundenbezogene Preissetzung

Wettbewerbsbezogene Preissetzung

→ Progressive Kalkulation

→ Preis = Persönlicher Nutzen

→ Retrograde Kalkulation

• Vollkostenrechnung

• Target Costing

• Preisbestimmung auf Wettbewerbsniveau

(sämtliche geplanten fixen und variablen Kosten werden auf den Kostenträger verteilt) • Teilkostenrechnung / Deckungsbeitragsrechnung (nur die variablen Kosten werden den Kostenträgern zugeteilt)

(Was darf ein Produkt aufgrund der Marktbedingungen höchstens kosten?) • Conjoint-Analyse (Gesamtpreis eines Produkts sich aus den einzelnen Teilnutzen zusammensetzt) • Nachfrageorientierte Preisfindung

(→ Preisfolgerschaft ) • Preisbestimmung unter Wettbewerbsniveau (→ Preiskampf) • Preisbestimmung über Wettbewerbsniveau (→ Preisführerschaft)

(nur bei Oligopol und Polypol)

Aktive Preispolitik

Abb. 3-39:

Passive Preispolitik

Methoden der Preisfindung

3.3.3 Preispositionierungsstrategien Bei der Entscheidung über die optimale Preisstrategie geht es nicht um die Preise selbst und ihre kurzfristige Wirkung. Vielmehr geht es darum, Preis-Leistungs-Positionen festzulegen, Märkte zu belegen und Kapazitäten auszulasten. Hierbei stehen dem strategischen Preismanagement mehrere Optionen langfristig wirkender Preisentscheidungen zur Verfügung. Diese Optionen lassen sich grundsätzlich in Preispositionierungs- und in Preisdifferenzierungsstrategien einteilen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 3]. Abbildung 3-40 gibt einen Überblick über die verschiedenen Preisstrategien.

Preispositionierung Strategien der Preispositionierung • Hochpreisstrategie (auch Premiumstrategie) • Mittelpreisstrategie • Niedrigpreisstrategie • Discountstrategie

Preisdifferenzierung Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung • Penetrationsstrategie • Skimmingstrategie • Preisbündelungsstrategie • Preisvorteilsstrategie • Yield-ManagementStrategie

[Quelle: modifizierte Darstellung nach SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S.10]

Abb. 3-40:

Preisstrategien

Strategien der quantitativen Preisdifferenzierung

Räumliche Preisdifferenzierung

• Rabattstrategie • Bonusstrategie

Personelle Preisdifferenzierung

210

3. Positionierung

Mit der strategischen Preispositionierung wird die grundsätzliche Ausrichtung der Preisstrategie festgelegt, die den Rahmen für nachgeordnete Preisentscheidungen vorgibt. Es handelt sich also nicht um eine isolierte Preisfrage, sondern um eine langfristige Entscheidung über die richtige Kombination von Preis und Qualität auf dem Markt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 504]. Aus der Preispositionierungsmatrix in Abbildung 3-41 mit dem relativen Preis und der relativen Leistung als Ordinaten ergeben sich die Optionen aus folgenden fünf Positionierungsstrategien für eine dauerhafte Grundausrichtung: • • • • •

Niedrigpreisstrategie Mittelpreisstrategie Hochpreisstrategie (auch Premiumstrategie) Übervorteilungsstrategie Discountstrategie.

Niedrigpreisstrategie. Die Niedrigpreispositionierung ist eine Kombination aus einer relativ niedrigen Leistungsqualität und einem relativ niedrigen Preis. In diesem unteren Markt zielt die Niedrigpreisstrategie auf die Realisierung des geringsten Preises bei einer Mindestqualität des Produkts (Billigmarken). Mittelpreisstrategie. Ein etwas höheres Niveau sieht die Mittelpreisstrategie vor. Sie verbindet eine Standardqualität mit mittleren Preisen. Dies ist bspw. im B2C-Bereich beim klassischen Markenartikel der Fall. Hochpreisstrategie. Bei der Hochpreisstrategie, die auch als Premiumstrategie bezeichnet wird, fällt die Durchsetzung eines relativ hohen Preises mit einer hohen Qualität des Produktangebots zusammen. Hier steht nicht der Preis, sondern der vom Kunden subjektiv empfundene Wert des Produkts (engl. Value Pricing) im Vordergrund. Ihre Bedeutung gewinnt die Premiumstrategie dadurch, dass die Stückkosten des Produkts in der Regel unter dem wahrgenommenen Wert und dem daraus resultierenden Premiumpreis liegen. Automobilmarken wie PORSCHE oder FERRARI sind diesem Bereich zuzuordnen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 6 f.]. Neben diesen drei Standardstrategien der Preispositionierung, die im Korridor eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Preis und Leistung angesiedelt sind, besteht die Möglichkeit, diesen Korridor zu verlassen. Übervorteilungsstrategie. Bei der Übervorteilungsstrategie wird ein im Verhältnis zur angebotenen Leistung höherer Preis verlangt. Ein Kunde, der aus Unkenntnis oder aus Zeitgründen ein solch überteuertes Angebot akzeptiert, wird sich hinterher übervorteilt fühlen und einen Wiederholkauf meiden. Daher sind die Erfolgschancen für diese Strategieoption gering. Discountstrategie. Ganz anders sieht es dagegen bei der Discountstrategie aus. Hier wird eine gute Leistung zu einem sehr günstigen Preis angeboten. Voraussetzung zur Durchsetzung dieser Strategie sind Mengen- und Lernkurveneffekte mit einhergehender Stückkosten-

3.3 Der Preis als Positionierungselement

211

degression. Dies kann bspw. durch ein reduziertes Serviceangebot oder durch eine hohe Effizienz der Prozesse erreicht werden. Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung einer Discountstrategie sind ALDI, LIDL, IKEA oder die Luftfahrtgesellschaften RYANAIR und EASYJET [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 506]. Relatives Leistungsniveau

Hochpreisstrategie (Premiumstrategie)

hoch

Discountstrategie

Mittelpreisstrategie

mittel

Übervorteilungsstrategie

niedrig

Niedrigpreisstrategie Relatives Preisniveau niedrig

mittel

hoch

[Quelle: in Anlehnung an SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 6]

Abb. 3-41:

Preispositionierungsstrategien

3.3.4 Preisdifferenzierungsstrategien Grundlage von Preisdifferenzierungsstrategien ist das Phänomen, dass verschiedene Kunden unterschiedliche Zahlungsbereitschaften für identische bzw. nahezu identische Produkte oder Dienstleistungen aufweisen. Zentrales Ziel der Preisdifferenzierung ist eine Gewinnsteigerung durch Abschöpfung der unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften. Eine Gewinnsteigerung lässt sich dadurch erreichen, indem ausgehend von den beim Einheitspreis kaufenden Nachfragern zwei zusätzliche Nachfragergruppen besser erschlossen werden: Zum einen solche Nachfrager, die bereit wären, einen höheren Preis für das Produkt zu zahlen; zum anderen jene Nachfrager, deren Preisbereitschaft unterhalb des Einheitspreises liegt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 511 und FASSNACHT 2003, S. 485]. Ein Beispiel aus dem B2B-Bereich soll die Wirkung der Preisdifferenzierung verdeutlichen (siehe Abbildung 3-42). Anbieter von Softwaresystemen ziehen häufig die Anzahl der mit dem System arbeitenden Benutzer (User) zur Preisdifferenzierung heran. Bei einem Einheitspreis von p0 wird man alle Kunden mit relativ kleinen IT-Budget nicht erreichen und darüber hinaus bei jenen (Groß-)Anwendern, die aufgrund ihres höheren IT-Budgets auch einen höhe-

212

3. Positionierung

ren Preis akzeptieren würden, auf entsprechenden Mehrumsatz bzw. Gewinn verzichten. Mit einer nach User-Größenklassen ausgerichteten Preisdifferenzierung mit p1 für Unternehmen mit mehr als 32 Usern, p0 für Unternehmen zwischen 16 und 32 Usern und p2 für Unternehmen mit weniger als 16 Usern lässt sich die Preisbereitschaft wesentlich besser ausschöpfen und den Erlös eines Unternehmens nachhaltig steigern [vgl. LIPPOLD 1998, S. 161].

Preis

Preis

Ohne Preisdifferenzierung

Mit Preisdifferenzierung P1

P0

P0

Umsatz bei Einheitspreis p0 für alle User

Anzahl Produkte

16 < User < 32 User < 16

P2 x0

Abb. 3-42:

User > 32 Zusätzliche Kunden

Zusätzliche Kunden

x1

x0

x2 Anzahl Produkte

Ausschöpfung der Preisbereitschaft durch Preisdifferenzierung im Softwarebereich

Den Vorteilen der Preisdifferenzierung stehen allerdings auch Nachteile gegenüber. So sind insbesondere Kannibalisierungseffekte und Irritationen im Kaufverhalten bei zu großen Preisunterschieden in ihren Auswirkungen auf Erlöse und Kosten gegen zu rechnen. Ferner ist darauf zu achten, dass die Märkte bzw. Marktsegmente, zwischen denen die Preise differenziert werden sollen, voneinander deutlich getrennt sind und dass die Komplexität der Preisvielfalt kontrollierbar bleibt [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 7]. Grundsätzlich kann zwischen folgenden Hauptformen der Preisdifferenzierung schieden werden [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 241]:

unter-



Zeitliche Preisdifferenzierung (Preise werden in Abhängigkeit vom Kaufzeitpunkt variiert);



Quantitative Preisdifferenzierung (in Abhängigkeit der abgenommenen Menge wird ein anderer Stückpreis gefordert);



Räumliche (regionale) Preisdifferenzierung (von Kunden in verschiedenen Kunden oder Ländermärkten werden unterschiedliche Preise gefordert);



Qualitative (personen- oder unternehmensbezogene) Preisdifferenzierung (Preise werden von der Erfüllung bestimmter personen- oder unternehmensbezogener Merkmale abhängig gemacht).

Abbildung 3-43 liefert eine Übersicht über die Grundformen der Preisdifferenzierung.

3.3 Der Preis als Positionierungselement

213

Zeitliche Preisdifferenzierung

Räumliche Preisdifferenzierung

• Für das gleiche Produkt wird in Abhängigkeit vom Nachfragetermin unterschiedliche Preise verlangt

• Produkte werden auf regional abgegrenzten Teilmärkten zu unterschiedlichen Preisen angeboten

• Verbreitetes Mittel zur Förderung des Absatzes und zur Steuerung der Nachfrage

• Spielt bei Exporten eine große Rolle; im Binnenmarkt eher selten

Beispiele: Tag- und Nachttarife; Sommerpreise für Kohle und Heizöl; Urlaubsreisen in Vorund Nach-saison etc.

Beispiele: Exportartikel (Dumping, wenn Preise niedriger als im Inland sind); Benzin auf Autobahnraststätten

Qualitative Preisdifferenzierung

Quantitative Preisdifferenzierung

• Preisfestsetzung in Abhängigkeit von der Kaufkraft der Zielgruppe

• Preise werden nach der Menge der verkauften Produkte gestaffelt

• Es erfolgt eine horizontale Aufteilung in homogene Käuferschichten

• Gewährung von Mengenrabatten, Boni, Nachlässen

Beispiele: Getränke in verschiedenen RestaurantKategorien; Studententarife; Softwarelizenzen in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße

Abb. 3-43:

Beispiele: Lebensmittel bei unterschiedlichen Packungsgrößen; Vielfliegerprogramme der Fluggesellschaften

Grundformen der Preisdifferenzierung

3.3.4.1 Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung

Ein besonders wichtiger Problembereich der zeitlichen Preisdifferenzierung sind die preisstrategischen Optionen bei Produktneueinführungen. Hier sind insbesondere die Penetrationspreis- und die Abschöpfungspreisstrategie zu nennen. Beide Strategien sind schwerpunktmäßig dem B2C-Marketing zuzuordnen. Bei der Penetrationspreisstrategie (engl. Penetration Pricing) wird mit einem niedrigen Einführungspreis eine schnelle Marktdurchdringung angestrebt. Ist diese (z. B. durch Präferenzbildung) erreicht, wird der Preis sukzessive angehoben. Der Vorteil dieser Strategie besteht darin, dass für die potentiellen Wettbewerber durch den niedrigen Preis eine Markteintrittsbarriere aufgebaut wird. Die Gefahren liegen darin, dass die Amortisationsdauer der Neuproduktinvestitionen zu lang ist und die später geplanten Preiserhöhungen nur schwer durchsetzbar sind. Die Abschöpfungspreisstrategie (engl. Skimming Pricing) geht den umgekehrten Weg. Mit einem relativ hohen Preis in der Produkteinführungsphase, der mit zunehmender Markterschließung und wachsendem Wettbewerbsdruck schrittweise gesenkt wird, sollen möglichst schnell Gewinne abgeschöpft und die Entwicklungskosten wieder eingespielt werden. Das Risiko dieser Strategie liegt darin, dass durch die mit den hohen Preisen verbundenen Ertragschancen schnell Wettbewerber angelockt werden. In Abbildung 3-44 sind diese beiden Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung den Standardstrategien der Preispositionierung mit ihren idealtypischen Verläufen gegenübergestellt.

214

3. Positionierung

Preis

Prämienpreisstrategie Penetrationspreisstrategie

Mittelpreisstrategie

Skimmingpreisstrategie Niedrigpreisstrategie Zeit

Preisdifferenzierungsstrategien Preispositionierungsstrategien

Abb. 3-44:

Idealtypische Verläufe von Preisdifferenzierungs- und Preispositionierungsstrategien

Ähnlich gelagert wie die Penetrationspreisstrategie ist die Preisvorteilsstrategie. Unternehmen setzen vorübergehend einen besonders vorteilhaften Preis zur Verkaufsförderung ein. Sie schaffen damit eine Preisattraktion für Kunden, ohne die grundlegende strategische PreisLeistungs-Positionierung zu beeinträchtigen. Dahinter steht die Strategie, sich durch einen vorübergehenden Preisvorteil gegenüber dem Wettbewerb abzuheben, um eine Position der Vorteilhaftigkeit für einen begrenzten Zeitraum zu besetzen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 9]. Bei der Preisbündelungsstrategie (engl. Bundling Strategy) werden mehrere Produkte zu einem Paketpreis (Preisbündel) angeboten. Dieses Preisbündel ist günstiger als die Summe der Einzelpreise und stellt somit eine Preisattraktion für den Kunden dar. Insbesondere die Automobilindustrie praktiziert diese Preisstrategie mit Paketen der Fahrzeugausstattung sehr erfolgreich. Auch im Textilhandel werden häufig Produkte nach Themen oder Bedarfsgruppen gebündelt. Da Preisattraktionen und damit auch Preisbündel i. d. R. an eine zeitliche Befristung gebunden sind, kann die Preisbündelungsstrategie als eine Sonderform der zeitlichen Preisdifferenzierung angesehen werden [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 9 f.]. Ebenfalls als eine Sonderform der zeitlichen Preisdifferenzierung kann die Strategie des Yield Management, das speziell für den Dienstleistungssektor konzipiert wurde, angesehen werden. Bei dieser Strategie werden die Preise in Abhängigkeit vom Buchungszeitpunkt und den freien Kapazitäten bestimmt. Eine solche Form der zeitlichen Preisdifferenzierung wird in der Luftfahrt und im Tourismus erfolgreich praktiziert [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 521].

3.3 Der Preis als Positionierungselement

215

3.3.4.2 Strategien der quantitativen Preisdifferenzierung

Eine Spezialform der Preisdifferenzierung ist die Rabatt- und Bonusstrategie. Wie die Praxis allerdings immer wieder zeigt, sind die unüberschaubaren, teils historisch gewachsenen Rabatt- und Bonusstrukturen ohne strategische Orientierung zumeist überflüssig. Mit dem Wegfall des Rabattgesetzes hat die willkürliche Bonus- und Rabattvergabe allerdings stark zugenommen. Ziel einer strategisch orientierten Rabatt- und Bonusstrategie sollte es daher sein, eine auf strikten Grundsätzen basierende kundenindividuelle und leistungsbezogene Preisdifferenzierung zu praktizieren und damit akquisitorische Effekte auf der Nachfragerseite zu erzielen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 9 f.]. Folgende Rabattarten können unterschieden werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 524 f.]: •

Mengenrabatte sind gewährte Preisnachlässe, um Abnehmer zur Bestellung größerer Absatzmengen zu veranlassen. Dies kann sowohl als fester Betrag als auch in Form proportionaler oder überproportionaler Nachlässe erfolgen (Rabattstaffel). Eine Sonderform sind Boni, die als rückwirkende Preisnachlässe bei der Erreichung gewisser Mengenziele gewährt werden.



Funktionsrabatte werden dem Handel für die Übernahme bestimmter Funktionen wie Lagerhaltung, Produktpräsentation, Kundenberatung oder Kundendienst eingeräumt. Der Rabatt für die Übernahme der Finanzierungsfunktion wird als Skonto bezeichnet.



Zeitrabatte sind Preisnachlässe, die bestellzeitpunktbezogen gewährt werden. Hierzu zählen Vorbestellungs-, Einführungs-, Saison-, Aktions- und Auslaufrabatte.

216

3.4

3. Positionierung

Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb

Letztlich sind es also zwei grundsätzliche Alternativen zur Beeinflussung des Abnehmerverhaltens und damit zur Erzielung eines Wettbewerbsvorteils: der Produkt- bzw. Leistungsvorteil und der Preisvorteil – auch wenn, wie Insert 3-07 zeigt, die Qualität als Entscheidungskriterium beim Produktkauf die Nase vorn hat.

Insert Qualität versus Preis Die wertvollsten Marken weltweit Deutschland 2013 Entscheidungskriterium beim Kauf und nach in Produktkategorien (Zustimmung in Prozent)

Entgegen der landläufigen Meinung und allem Geizist-geil-Gerede der letzten Jahre zum Trotz setzen die Menschen in den allermeisten Produktbereichen sehr wohl auf Qualität. Die Ergebnisse der Verbraucheranalyse 2012 zeigen das ganz klar. Gerade bei technischen Gütern (Autos, Computer, Kameras, Unterhaltungselektronik, Werkzeuge) oder solchen, die mit Gesundheit (Baby-Produkte, Körperpflege) und Genuss (Parfüm, edle Weine, Spitzenspirituosen) zu tun haben, achten die meisten

Insert 3-07: „Preis versus Qualität“

Käufer ganz besonders auf die Qualität. Lediglich bei Heimtextilien, Deko- und Wohnaccessoires, Videofilmen, Tonträgern, bei Produkten für den Garten (Pflanzen, Gartengeräte) und bei alkoholfreien Getränken schaut die Mehrheit der Käufer auf einen geringen Preis. Bei allen übrigen Produktbereichen sagt die Mehrzahl, dass sie ihre Kaufentscheidung hauptsächlich an der Qualität und Marke festmachen. [Quelle: RAUCH 2013, S. 24 ff.]

3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb

217

Demzufolge können die Unternehmen zwischen zwei grundlegenden Wettbewerbshebeln bzw. Mechanismen der Marktbeeinflussung wählen [vgl. BECKER 2009, S. 180]: • •

Qualitätswettbewerb (engl. Non-Price Competition) und Preiswettbewerb (engl. Price Competition).

Heraus lassen sich zwei grundlegende Strategiemuster ableiten: • •

Präferenzstrategie und Preis-Mengen-Strategie.

Beide strategischen Beeinflussungsformen von Märkten werden als Marktstimulierungsstrategien bezeichnet. Die Präferenzstrategie verfolgt das Ziel, durch den Einsatz von nichtpreislichen Wettbewerbsmitteln eine bevorzugte Stellung bei den Abnehmern zu erzeugen. Die Preis-Mengen-Strategie dagegen konzentriert alle Marketingaktivitäten auf preispolitische Maßnahmen [vgl. BECKER 2009, S. 180]. In der Strategiesystematik von PORTER [1995, S. 63 ff.] werden die beiden Alternativen als • •

Qualitätsführerschaft (Differenzierungsstrategie) und Kostenführerschaft (aggressive Preisstrategie)

bezeichnet. Sie bilden die Eckpfeiler der PORTERschen Wettbewerbsstrategien und entsprechen damit im Prinzip den Marktstimulierungsstrategien. Wenn es auch im Detail Unterschiede zwischen beiden Strategiesystematiken geben mag [zur Diskussion über diese Unterschiede siehe insbesondere BECKER 2009, S. 180 und MEFFERT et al. 2008, S. 299], so gehen doch beide Ansätze von zwei identischen Wettbewerbsvorteilen aus: dem Produkt- bzw. Leistungsvorteil einerseits und dem Preisvorteil andererseits. Daher sind auch in Abbildung 3-45 beide Ansätze zu einer Grafik zusammengefasst. Qualitätswettbewerb

Preiswettbewerb

Wettbewerbsvorteil

Produkt- bzw. Leistungsvorteil

Preisvorteil

Strategiebezeichnung nach BECKER

Präferenzstrategie

Preis-Mengen-Strategie

Marktstimulierungsstrategien

Strategiebezeichnung nach PORTER

Qualitätsführerschaft (Differenzierungsstrategie)

Kostenführerschaft (aggressive Preisstrategie)

Wettbewerbsstrategien

Voraussetzungen

• Aktualisierung der Markenführung • Exklusiver Ruf u. a. durch − Image − Design − Qualität

• Hoher Marktanteil • Kostenvorsprung u.a. durch − Skaleneffekte − Verbundeffekte − Erfahrungskurveneffekte

− Service

Zielgruppe

Abb. 3-45:

Markenkäufer

Preiskäufer

Unterschiede zwischen Qualitäts- und Preiswettbewerb

218

3. Positionierung

Auf der Seite des Qualitätswettbewerbs sind die Aktualisierung der Markenführung sowie ein exklusiver Ruf wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Präferenzstrategie bzw. Qualitätsführerschaft. Beim Preiswettbewerb steht dagegen die Realisierung eines Kostenvorsprungs (Erfahrungskosten-, Skalen- und Verbundeffekte) im Vordergrund einer erfolgreichen Preis-Mengen-Strategie. PORTER betont in diesem Zusammenhang, dass Unternehmen sich eindeutig für eine der beiden Optionen entscheiden müssen, da sonst die Gefahr eines „Stuck in the Middle“, also einer Zwischenposition ohne klare Wettbewerbsvorteile, drohe [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 201]. Abbildung 3-46 verdeutlicht diesen Zusammenhang.

Rentabilität

Qualitätsführerschaft

Kostenführerschaft

“zwischen den Stühlen”

Leistungsvorteile

Kostenvorteile

[Quelle: PORTER 1995]

Abb. 3-46:

Die „Stuck-in-the-Middle“-Position

Allerdings stellt sich die Frage, ob eine einmalige Entscheidung zwischen Kostenführerschaft und Qualitätsführerschaft (Differenzierung) ausreicht, um den langfristigen Erfolg zu sichern. Ist es nicht vielmehr naheliegend, angesichts der laufenden Veränderungen im Markt- und Wettbewerbsumfeld auch eine Veränderung der strategischen Stoßrichtung bzw. eine Kombination beider Optionen vorzunehmen? Die hiermit angesprochenen hybriden Wettbewerbsstrategien verstoßen zwar auf dem ersten Blick gegen die klassische Zweiteilung, wenn Unternehmen jedoch zum richtigen Zeitpunkt zwischen Kostenführerschaft und Differenzierung wechseln, können sie Wettbewerbern durchaus überlegen sein [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 201]. Da bei weitem nicht alle Unternehmen in der Lage sind, eine Abdeckung des Gesamtmarkts vorzunehmen, stellt sich in der zweiten Dimension die Frage nach der Fokussierung auf bestimmte Kundengruppen, auf Produktgruppen oder auf abgegrenzte Regionen. Solche Fokus-

3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb

219

oder Nischenstrategien sind damit – neben der Differenzierung und Kostenführerschaft – der dritte generische Strategietyp nach PORTER. Besonders kleine und mittlere Anbieter fokussieren sich auf einzelne Segmente, während größere Wettbewerber zumeist versuchen, den Markt breit anzugehen. Auch bei der Nischenstrategie stehen den Anbietern zwei Optionen zur Verfügung: der Differenzierungs- und der Kostenfokus (siehe Abbildung 3-47). Kostenvorteile

Leistungsvorteile Gesamtmarktabdeckung

Qualitätsführerschaft

Kostenführerschaft

Differenzierungsstrategie

Aggressive Preisstrategie

Nischenstrategie

Teilmarktabdeckung (Nische)

Selektive Qualitätsführerschaft

Selektive Kostenführerschaft

(Qualität – Nische)

(Preis – Nische)

Differenzierungsfokus

Kostenfokus

[Quelle: PORTER 1995]

Abb. 3-47:

Wettbewerbsstrategien nach PORTER

Der Differenzierungsfokus empfiehlt sich dann, wenn ein Unternehmen ein spezifisches Bedürfnis, das Gesamtmarktanbieter nicht gut genug befriedigen können, besser bedienen kann. Ebenso kann es sein, dass ein Unternehmen einen Kostenvorsprung gegenüber den Gesamtmarktanbietern in Form einer selektiven Kostenführerschaft zu realisieren vermag [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 204]. Ebenso wie die Präferenzstrategie eine Vielzahl von Differenzierungsmöglichkeiten rund um das Produkt anbietet, lässt sich auch der Preis „ausdifferenzieren“. So kann man bspw. anhand der unterschiedlichen Motive beim Preiskauf zu folgenden preisbezogenen Differenzierungsmöglichkeiten kommen [vgl. HÄUSEL 2008, S. 28 ff.]: • • • • • •

Preiskauf aus Jagdtrieb „Schnäppchenkauf“ (mögliches Motiv: Abenteuer, Thrill) Preiskauf als Ausdruck von Cleverness und Selbsteffizienz (mögliches Motiv: Ansehen) Preiskauf als Erlebnisverzicht (mögliches Motiv: Disziplin, Kontrolle) Preiskauf als Tugend zur Risikokontrolle (mögliches Motiv: Kontrolle, Balance, Sicherheit) Preiskauf, um mit wenig Geld möglichst viel Erlebnisse zu bekommen (mögliches Motiv: Fantasie, Genuss) Preiskauf als Spaß zum Spiel (mögliches Motiv: Entdeckung, Stimulanz).

220

3.5

3. Positionierung

Optimierung des Kundenvorteils

3.5.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 3.1 dargestellt lässt sich die Optimierung des Kundenvorteils als Funktion der Positionierung darstellen (→ Kundenvorteil = f (Positionierung)). Die Positionierung im Absatzmarkt wiederum wird in hohem Maße von den Differenzierungsmöglichkeiten der beiden Positionierungselemente • •

Produkt und Preis

als Aktionsparameter bestimmt. Daher kann die Optimierungsfunktion des Kundenvorteils folgendermaßen erweitert werden: Kundenvorteil = f (Positionierung) = f (Differenzierung (Produkt, Preis)) → optimieren! Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die beiden Aktionsparameter teilweise gegenseitig bedingen. Diese Interdependenz zwischen Produkt und Preis wird ganz besonders deutlich am Positionierungsmerkmal Preis-/Leistungsverhältnis.

3.5.2 Strategische Optionen Die Positionierung ist das Aktionsfeld, in dem das Unternehmen über die meisten strategischen Optionen im Rahmen der Marketing-Gleichung verfügen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Produkt- und den Preispositionierungsstrategien. Zu den strategischen Optionen bei der Produktpositionierung zählen: •

Markteintrittsstrategien (Pionierstrategie, Folgerstrategie),



Marktfeldstrategien bzw. Wachstumsstrategien (Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung, Diversifikation),



Markenstrategien (Einzelmarken, Mehrmarken, Familienmarken, Dachmarken, Markentransfers, Co-Branding, Ingredient Branding),



Marktstimulierungsstrategien (hier: Präferenzstrategie/Qualitätsführerschaft).

Auf dem Gebiet der Preispositionierung sind folgende Strategien möglich: •

Preispositionierungsstrategien (Niedrigpreis-, Mittelpreis-, Hochpreisstrategie, Discountstrategie, Übervorteilungsstrategie),

3.5 Optimierung des Kundenvorteils

221



Preisdifferenzierungsstrategien (Qualitative, quantitative, räumliche und zeitliche Preisdifferenzierung),



Marktstimulierungsstrategien (hier: Preis-Mengen-Strategie/Kostenführerschaft).

3.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 3-48 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Positionierung dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Angebotsbreite und -tiefe, Art der Werttreiber etc.).

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Eingangslogistik

Operative Funktionen

Segmentierung

Positionierung

Produktrelevante Prozesse

PositionierungsProzesse

Positionierungsteilprozesse

Innovationsprozess

Unterstützungsprozesse

Marktforschung z. B. Produkt-, Store-, Markttest

Abb. 3-48:

Produktgestaltung

Ausgangslogistik

Kommunikation

Marketing/ Vertrieb

Distribution

Kundendienst

Akquisition

Betreuung

Preisrelevante Prozesse

Markierung

Preisfindung

Analyseverfahren wie Erfahrungskosten, Lebenszyklus, Produktportfolio, Produkt-Markt-Matrix, Brand Portfolio Scorecard

Preisbildung

Preistest, Preispositionierungsmatrix, Preisdifferenzierung

Prozessmodell für das Aktionsfeld „Positionierung“

Auch für das Aktionsfeld Positionierung kommen für die Informationsgewinnung und -verarbeitung nahezu alle Instrumente der klassischen Marktforschung (Befragung, Beobachtung, Experiment/Test) in Betracht. Darüber hinaus zählen zu den wesentlichen Instrumenten für die Produktpositionierung folgende Methoden, Techniken und Tools: • • • • •

Produkt-, Store- und Markttest Erfahrungskosten-Analyse Produktlebenszyklus-Analyse Produktportfolio-Analyse Produkt-Markt-Matrix

222



3. Positionierung

Brand Portfolio Scorecard.

Demgegenüber stehen folgende Instrumente für die Preispositionierung zur Verfügung: • • •

Preistest Preispositionierungsmatrix Preisdifferenzierung.

3.5.4 Werttreiber Ebenso wie bei den strategischen Optionen kann das Unternehmen bei den Werttreibern im Aktionsfeld Positionierung auf eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zurückgreifen, die als Hebel für den Unternehmenserfolg in Betracht kommen. Als Werttreiber der Produktpositionerung können insbesondere Kennzahlen Markenmanagements genannt werden [vgl. BAUER et al. 2006, S. 66 ff., S. 190 ff.]:

des



Markeneffizienz-Index, d. h. das Verhältnis des Marken-Outputs (gemessen an der Markenbekanntheit, der Markensympathie, dem Markenimage und der Markentreue) zum Marken-Input (gemessen an Werbekosten, Distributionskosten, Qualitätskosten, Kosten für Markenentwicklung und -schutz, Personalkosten) [vgl. HAMMERSCHMIDT 2005, S. 64];



Kennzahlen aus Markenbekanntheit, Markenimage, Markenassoziationen, Markenidentität und Markenpersönlichkeit als Markenstärke-Treiber;



Kennzahlen aus den Perspektiven Finanzen, Markt, Prozesse und Mitarbeiterpotenziale als Markenportfolio-Treiber (im Rahmen einer Brand Portfolio Scorecard);



Platzierung in „Stiftung Warentest“ und sonstigen Produkt- oder Unternehmensrankings.

Eher preisbezogene Werttreiber sind: •

Kundennutzen/Costumer Value, d. h. das wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis der Angebote aus Sicht der Stammkunden/Interessenten;



Wahrgenommene Preisgünstigkeit, d. h. die Einschätzung des absoluten Preises des Angebotes aus Sicht der Stammkunden/Interessenten.

In Abbildung 3-49 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Positionierung (wie Aktionsparamter, Positionierungselemente, Strategien, Werttreiber, Instrumente sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

3.5 Optimierung des Kundenvorteils

223

Aktionsfeld

Positionierung

Aktionsparameter

Differenzierung (Produkt, Preis)

Positionierungselemente

Produkt

Preis

• • • •

Markteintrittsstrategien Marktfeldstrategien Markenstrategien Präferenzstrategie (Qualitätsführerschaft)

• Preispositionierungsstrategien • Preisdifferenzierungsstrategien • Preis-Mengen-Strategie (Kostenführerschaft

Instrumentelle Unterstützung

• • • • • • •

Produkttest, Storetest, Markttest Positionierungsmatrix Erfahrungskurven-Analyse Produktlebenszyklus-Analyse Produktportfolio-Analyse Produkt-Markt-Matrix Brand Portfolio Scorecard

• Preistest • Preispositionierungsmatrix • Preisdifferenzierung

Werttreiber

• Markeneffizienz-Index • Diverse Kennzahlen als Markenstärke-Treiber • Diverse Kennzahlen als Markenportfolio-Treiber • Diverse Produktrankings

Optimierungskriterium

Kundenvorteil

Strategien

Abb. 3-49:

• Kundennutzen/Costumer Value • Wahrgenommene Preisgünstigkeit

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Positionierung“

224

3. Positionierung

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Worin besteht der Unterschied zwischen Kundennutzen und Kundenvorteil?

(2)

Welche Kriterien sollte ein strategischer Wettbewerbsvorteil aufweisen?

(3)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen dem Adoptionsprozess und dem Diffusionsprozess bei Produktinnovationen.

(4)

Welche Rahmenfaktoren sprechen eher für eine Pionierstrategie, welche eher für eine Folgerstrategie?

(5)

Worin liegen die wesentlichen Unterschiede zwischen der 4-Felder-Matrix von BOSTON CONSULTING und der 9-Felder-Matrix von MCKINSEY?

(6)

Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen der Lebenszyklus-Analyse und der Portfolio-Analyse.

(7)

Warum wird die Marktdurchdringungsstrategie auch als die „marketingstrategische Urzelle des Unternehmens“ bezeichnet?

(8)

Grenzen Sie die Marktentwicklungsstrategie und Produktentwicklungsstrategie voneinander ab.

(9)

Worin besteht der Unterschied zwischen einem „Markenzeichen“ und einem „Warenzeichen“?

(10) Stellen Sie die Markenstrategie von GRUNER & JAHR der Markenstrategie des SPRINGER Verlags gegenüber. (11) Diskutieren Sie den Unterschied zwischen einer Produkt- und einer Preispositionierung. (12) Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem unvollkommenen und einem vollkommenen Markt? (13) Worin liegt die besondere Realitätsnähe der doppelt geknickten Preis-AbsatzFunktion? (14) Welche verschiedenen Verhaltensmuster können bei der wettbewerbsorientierten Preisfindung beobachtet werden? (15) Diskutieren Sie Vor- und Nachteile der Preisdifferenzierungsstrategie. (16) Was haben Abschöpfungs- und Penetrationsstrategie gemeinsam, worin bestehen die Unterschiede? (17) Diskutieren Sie, ob die Strategie des Yield Management eher der zeitlichen oder eher der quantitativen Preisdifferenzierung zuzuordnen ist? (18) Diskutieren Sie Beispiele und Einflussfaktoren für den Qualitätswettbewerb und für den Preiswettbewerb. (19) Erläutern Sie am Beispiel von AIRBERLIN die „Stuck-in-the-Middle“-Position aus der PORTERschen Systematik der Wettbewerbsstrategien. (20) Lässt sich das neue LUFTHANSA-Konzept mit der Verlagerung von Billigflügen auf die Tochtergesellschaft GERMAN WINGS mit den PORTERschen Wettbewerbsstrategien erklären?

4. KOMMUNIKATION 4.1 Aufgabe und Ziel der Kommunikation ................................................................................ 227

4.1.1 Begriffliche Grundlagen............................................................................................... 227 4.1.2 Kommunikationssystem ............................................................................................... 227 4.2 Kommunikationsgrundlagen ............................................................................................... 229

4.2.1 Kommunikationsmodell ............................................................................................... 229 4.2.1.1 Bewusstseinsprogramm ................................................................................ 230 4.2.1.2 Imageprogramm ............................................................................................ 231 4.2.1.3 Produkt-/Leistungsprogramm ....................................................................... 232 4.2.1.4 Kundenprogramm ......................................................................................... 233 4.2.2 Kommunikationskonzept ............................................................................................. 233 4.3 Kommunikationsinstrumente .............................................................................................. 235

4.3.1 (Klassische) Werbung .................................................................................................. 235 4.3.1.1 Grundlagen ................................................................................................... 236 4.3.1.2 Werbewirkung .............................................................................................. 237 4.3.1.3 Werbegestaltung ........................................................................................... 238 4.3.1.4 Werbebotschaft ............................................................................................. 246 4.3.2 Online-Werbung ........................................................................................................... 250 4.3.2.1 Online-Werbeformen .................................................................................... 251 4.3.2.2 Wirkungsweisen von Online-Werbung......................................................... 256 4.3.2.3 Web 2.0-Entwicklung und Social Media ...................................................... 257 4.3.3 Direktwerbung.............................................................................................................. 263 4.3.4 Below-the-line-Kommunikation .................................................................................. 265 4.3.4.1 Verkaufsförderung ........................................................................................ 265 4.3.4.2 Öffentlichkeitsarbeit ..................................................................................... 266 4.3.4.3 Sponsoring .................................................................................................... 268 4.3.4.4 Product Placement und Product Publicity..................................................... 271 4.3.4.5 Messen, Ausstellungen, Events .................................................................... 273 4.4 Kommunikationsmedien ...................................................................................................... 275

4.4.1 Printmedien .................................................................................................................. 277 4.4.2 Klassische elektronische Medien ................................................................................. 278 4.4.3 Online-Medien ............................................................................................................. 279 4.4.3.1 Grundlagen ................................................................................................... 279 4.4.3.2 Internet-Kommunikation .............................................................................. 281 4.4.3.3 Mobilkommunikation ................................................................................... 282 4.4.3.4 Kommunikation über Terminal Systeme ...................................................... 283 4.4.4 Außenwerbung ............................................................................................................. 283 4.5 Mediaplanung ........................................................................................................................ 285

4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4

Mediaanalyse................................................................................................................ 285 Festlegung des Mediabudgets ...................................................................................... 286 Verteilung des Mediabudgets (Streuplanung) .............................................................. 287 Messung der Kommunikationswirkung (Werbeerfolgskontrolle)................................ 290 4.5.4.1 Kontrolle der ökonomischen Kommunikationswirkung ............................... 290 4.5.4.2 Kontrolle der psychologischen Kommunikationswirkung ........................... 291 4.5.5 Erfolgsmessung im Online-Marketing ......................................................................... 292 4.6 Optimierung der Kundenwahrnehmung............................................................................. 296

4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 296 Strategische Optionen .................................................................................................. 296 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 297 Werttreiber ................................................................................................................... 298

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 300

226

4. Kommunikation

4. KOMMUNIKATION

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil • Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Lernziele

In diesem Kapitel befassen Sie sich mit der Kommunikation, die als drittes Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses auf die Optimierung der Kundenwahrnehmung abzielt. Sie lernen die konzeptionellen Grundlagen und Wirkungsweisen der Kommunikation kennen. Sie bekommen Einblicke in zielpersonenspezifische Kommunikationsmodelle und programme Sie beschäftigen sich mit den verschiedenen Kommunikationsinstrumenten, wobei ein besonderes Augenmerk auf die online-gestützte Kommunikation gelegt wird. Sie gewinnen Einblicke in die Grundlagen und Wirkungsweisen der unterschiedlichen Kommunikationsmedien; dabei stehen Mediaplanung und -selektion sowie die Werbeerfolgskontrolle im Vordergrund. Sie machen sich ein Bild über die Werttreiber des Aktionsfeldes Kommunikation.

4.1 Aufgabe und Ziel der Kommunikation

4.1

227

Aufgabe und Ziel der Kommunikation

4.1.1 Begriffliche Grundlagen Kommunikation im Marketing besteht in der systematischen Bewusstmachung des Kundenvorteils und schließt damit unmittelbar an die Ergebnisse der Positionierung an. Die Positionierung gibt der Kommunikation vor, was im Markt zu kommunizieren ist. Die Kommunikation wiederum sorgt für die Umsetzung, d.h. wie das Was zu kommunizieren ist. Sie führt zum Aufbau eines umfassenden Meinungsbildungsprozesses mit dem Ziel, dass der Kunde von seinem Vorteil bei den kommunizierten Merkmalen überzeugt ist. Die Kommunikation ist damit das dritte wesentliche Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses und zielt auf die Optimierung der Kundenwahrnehmung ab: Kundenwahrnehmung = f (Kommunikation) → optimieren! Kommunikationssignale haben im Marketing die Aufgabe, einen Ruf aufzubauen und innovative Produkt- und Leistungsvorteile glaubhaft zu machen. Unverzichtbare Elemente sind daher Seriosität, Glaubwürdigkeit und Kompetenz in den Aussagen und Darstellungen. Dazu ist es erforderlich, dass die Signale mehrere Quellen (Unternehmens-, Produkt-, Vertriebssignale) haben und in sich konsistent sind. Gleichzeitig muss sich das kommunizierende Unternehmen bewusst machen, dass die Signale auf mehrere Empfänger mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen stoßen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 166]. In diesem Kontext sei angemerkt, dass für die Bezeichnung des äußeren Kommunikationsprozesses eines Unternehmens der Begriff Signalisierung (statt Kommunikation) häufig schärfer ist, da es bei der Signalisierung – im Gegensatz zur Kommunikation – nicht notwendigerweise zu einer Interaktion (zwischen Sender und Empfänger) kommen muss. Schließlich führt der Einsatz aller „klassischen“ Kommunikationsmittel nicht zu einer Interaktion zwischen Unternehmen und Zielgruppe. Jedoch infolge der zunehmenden Bedeutung der OnlineKommunikation, deren besondere Stärke gerade in der Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager liegt, wird hier der weitergefasste Kommunikationsbegriff für die (werbliche) Außendarstellung eines Unternehmens verwendet. 4.1.2 Kommunikationssystem Die Grundstruktur der werblichen Kommunikation ist in Abbildung 4-01 dargestellt. Die zu übermittelnde Kommunikationsbotschaft wird vom Sender in ein verschlüsseltes Signal (Text, Bild, Ton etc.) übersetzt und mit Hilfe eines Kommunikations- bzw. Werbeträgers (z. B. Anzeige oder TV-Spot) an die Empfänger als Zielgruppe herangetragen. Die Entschlüsselung (Decodierung) des Signals und die dadurch ausgelöste Wirkung muss nicht zwingend mit der vom Kommunikationssender beabsichtigten Wirkung übereinstimmen. Vielmehr kann es sein, dass der Kommunikationsempfänger die Entschlüsselung der Botschaft im Hinblick auf seine eigenen Wertvorstellungen, Erfahrungen und Bedürfnisse vornimmt. Ziel des kommunizierenden Unternehmens muss es also sein, solche Störungen zu

228

4. Kommunikation

minimieren, indem die Botschaft so verschlüsselt wird, dass sie vom Empfänger in dem beabsichtigten Sinne verstanden wird. Störungen können vor allem auch durch Wettbewerbsaktivitäten (wettbewerbsinduzierte Störungen) oder durch Veränderung der Umweltbedingungen (umweltinduzierte Störungen) hervorgerufen werden. So hat bspw. der amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T mit dem Slogan „We hear you“ versucht, Kundennähe zu demonstrieren. Die Interpretation durch die Kommunikationsempfänger änderte sich aber unmittelbar im Zuge der Watergate-Affäre, nach der dieser Slogan als „Wir hören Ihre Gespräche ab“ ausgelegt wurde [vgl. BRUHN 2007, S. 39 f.].

Kommunikationskonzept des Unternehmens

Sender

Transport des Signals durch Ton, Bild, Text

Verschlüsselung der Botschaft

Entschlüsselung des Signals durch den Empfänger

Botschaft

Codierung

Decodierung

Medien Umweltinduzierte Störungen

Störpegel

Konkurrenzinduzierte Störungen

Feedback

Reaktion Messung des Kommunikationserfolgs

[Quelle: BRUHN 2007, S. 41]

Abb. 4-01:

Schematische Darstellung des Kommunikationssystems

Verarbeitungsinterpretation durch den Empfänger

Empfänger

4.2 Kommunikationsgrundlagen

4.2

229

Kommunikationsgrundlagen

4.2.1 Kommunikationsmodell Um die Empfänger, d.h. die Zielgruppe der Signale, in ihrer unterschiedlichen Konditionierung mit den jeweils richtigen Kommunikationsinhalten anzusprechen, sollte zunächst ein Kommunikationsmodell aufgestellt werden. Ein solches Modell stellt die Struktur des Kommunikationsprozesses (Ziele, Strategien, Zielgruppe, Zielpersonen etc.) dar und ist die Grundlage für die zu kommunizierenden Inhalte. Die Kommunikationsinhalte (Botschaften) wiederum bilden in ihrer Gesamtheit das Kommunikationsprogramm (Bewusstseins-, Image-, Produkt-, Kundenprogramm), das dann von den Kommunikationsinstrumenten (Werbung, PR, Online-Marketing, Direct-Marketing, Messen, Events etc.) umgesetzt und an die Zielgruppe/-person herangetragen werden muss (siehe Abbildung 4-02).

Signalisierungsmodell Signalisierungsprogramme

• • • • • • •

Signalisierungsinstrumente

Zielgruppe Zielpersonen Ziel

• Bewusstseinsprogramm

Strategie

• Imageprogramm

Taktik

• Produkt-/Leistungs-

Prozess Ergebnis

programm

• Betreuungsprogramm

• • • • • •

Werbung / PR Prospekte Infoveranstaltungen Seminare/Vorträge

Zielgruppe/ -person

Messen/Kongresse Online-Marketing

UMSETZUNG INHALT

STRUKTUR [Quelle: LIPPOLD 1998, S. 167]

Abb. 4-02:

Die Kommunikation: Von der Struktur über die Inhalte zur Umsetzung

Das Kommunikationsmodell ist zugleich eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Markenstrategie. Wer eine starke Produkt- und/oder Unternehmensmarke in seinen definierten Marktsegmenten etabliert und weiterentwickelt, kann der Herausforderung, Aufträge in diesen Zielsegmenten zu gewinnen, leichter begegnen. Diese Erkenntnis gilt nicht nur für das B2C-Marketing. Insbesondere im B2B-Bereich kann eine starke Unternehmensmarke zu niedrigeren Kosten in der vertrieblichen Basisarbeit (z. B. bei der Kontaktgewinnung) führen. Eine solche Markenstrategie wirkt sich zudem auch positiv im Personalbereich aus. Eine bekannte, attraktive Arbeitgebermarke (engl. Employer Branding) erleichtert die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern auf dem Bewerbermarkt und wirkt sich positiv auf den Verbleib der Mitarbeiter im Unternehmen aus. Employer Branding beugt insbesondere der

230

4. Kommunikation

Abwanderung von Potenzial- und Leistungsträgern vor. Dieses Phänomen tritt verstärkt auf, sobald die Chancen zum Wechseln zunehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Konjunktur wieder anspringt [vgl. LIPPOLD 2011, S. 50 f.]. Kommunikationsmodelle haben die Aufgabe, den Kommunikationsprozess mit allen Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) eines Unternehmens zu strukturieren und in seiner Komplexität zu vereinfachen. Zur Verdeutlichung dieser Aufgabenstellung dient ein Kommunikationsmodell, das IBM in ähnlicher Form erfolgreich eingeführt hat [vgl. IBM 1984]. Im Vordergrund des Kommunikationsmodells steht eine Typologisierung der Signalempfänger innerhalb der definierten Zielgruppe. Diese Typologisierung ist keine fachbezogene Bestimmung der unterschiedlichen Zielgruppen, wie dies bei der Segmentierung der Fall ist, sondern grenzt die Signalempfänger innerhalb der Zielgruppe nach ihrer Stellung, ihrem Verhältnis und Kenntnisstand gegenüber dem Unternehmen ab. Das Modell unterteilt die gesamte Zielgruppe in Indifferente, Sensibilisierte, Interessierte und Engagierte bezüglich ihrer Einstellung zum signalisierenden Unternehmen (siehe Abbildung 4-03).

Interessenten

Zielgruppe

Kunden

Zielpersonen

Indifferente

Sensibilisierte

Interessierte

Engagierte

Ziel (=Politik)

Indifferente sensibilisieren

Sensibilisierte interessieren

Interessierte engagieren

Engagierte betreuen

Strategie (=Pläne)

Idee signalisieren

Unternehmen signalisieren

Produkte/Leistungen signalisieren

Kaufentscheidung absichern

Taktik (=Maßnahmen)

Bewusstseinsprogramm

Imageprogramm

Produkt-/Leistungsprogramm

Kundenprogramm

Prozess

Wahrnehmungsprozess

Meinungsbildungsprozess

Entscheidungsprozess

Betreuungsprozess

Ergebnis

Aufmerksamkeit

Vertrauen/ Glaubwürdigkeit

Kaufakt

Bestätigung

[Quelle: LIPPOLD 1998, S. 170 in Anlehnung an IBM 1984]

Abb. 4-03:

Elemente eines Kommunikationsmodells

4.2.1.1 Bewusstseinsprogramm

Den größten Teil dieser Zielgruppenzugehörigen (= Zielpersonen) bilden die Indifferenten. Sie stehen dem Unternehmen mit seinem Produktprogramm uninformiert und uninteressiert gegenüber. Kommunikationsziel muss es hier sein, die Indifferenten zu sensibilisieren. Das heißt, diesen Zielpersonen muss beispielsweise die Idee, dass ein neues, innovatives Produkt oder eine neue Problemlösung (gegenüber einer konventionellen Lösung) Vorteile bietet, nahegebracht werden. Angenommen, die Idee sei kommuniziert, die Botschaft angekommen, dann ist das erste Kommunikationsziel Indifferente sensibilisieren erreicht, bzw. das signalisierende Unternehmen hat seinen Beitrag dazu geleistet. Alle Maßnahmen, die diesem ersten Kommunikationsziel dienen, spiegeln sich in einem Bewusstseinsprogramm wider. Damit ist ein Wahrnehmungsprozess eingeleitet, der bei den Zielpersonen Aufmerksamkeit erzeugt.

4.2 Kommunikationsgrundlagen

231

Unternehmen, die lediglich ein verbessertes Produkt (engl. Relaunch) einführen wollen (also eine Relaunching-Maßnahme durchführen) sollten sich allerdings gleich auf die zweite Gruppe der Zielpersonen, also auf die Sensibilisierten konzentrieren. Ein Bewusstseinsprogramm sollte demnach immer nur dann durchgeführt werden, wenn eine wirklich innovative Lösung signalisiert werden soll. Ein solches Programm hat in erster Linie die Aufgabe, einen latenten Bedarf bei den potenziellen Kunden für die Innovation zu wecken. Insbesondere im B2B-Bereich und hier ganz besonders im Bereich der Informationstechnik werden immer wieder neue Anwendungsfelder erschlossen, so dass sich Unternehmen, die sich auf solch innovativen Anwendungsfeldern engagieren, die Notwendigkeit eines Bewusstseinsprogramms in ihre kommunikationspolitischen Überlegungen einbeziehen müssen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 171]. Ein Bewusstseinsprogramm ist allerdings auch immer mit erheblichen Kosten verbunden, da die Ansteuerung der Indifferenten erfahrungsgemäß mit erheblichen Streuverlusten verbunden ist. Daher sind in der Regel nur größere Unternehmen in der Lage, ein Bewusstseinsprogramm konsequent und nachhaltig durchzuführen. Andererseits sind es häufig gerade kleinere Unternehmen, die besonders innovativ sind und die auf der Grundlage dieser Innovation ihre Wettbewerbsfähigkeit aufbauen wollen. In einer solchen Situation können Kooperationspartner oder der Einsatz besonders effizienter Kommunikationsinstrumente hilfreich sein [vgl. LIPPOLD 1998, S. 171]. 4.2.1.2 Imageprogramm

Die zweite Gruppe der Zielpersonen ist bereits für die Idee sensibilisiert. Hier gilt es, das Interesse dieser Sensibilisierten auf das eigene Unternehmen zu lenken. Das zweite Signalisierungsziel lautet also Sensibilisierte interessieren. Den Sensibilisierten ist deutlich zu machen, dass unter allen Arbeitgebern im definierten Marktsegment keiner mehr Vertrauen verdient als das signalisierende Unternehmen. Die hierzu erforderlichen Kommunikationsmaßnahmen werden in einem Imageprogramm zusammengefasst. Ziel des Imageprogramms ist es, einen Meinungsbildungsprozess in Gang zu setzen, bei dem Vertrauen und Glaubwürdigkeit im Fokus stehen sollten. Während das Bewusstseinsprogramm für viele Unternehmen lediglich eine Option darstellt, gehört das Imageprogramm zum festen Bestandteil des Kommunikationskonzepts. Es hat die Aufgabe, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf die Leistungsfähigkeit des signalisierenden Unternehmens zu lenken und deren Meinung positiv zu beeinflussen. Image ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das die subjektiven Einstellungen, Kenntnisse, Meinungen, Erfahrungen, Wünsche und Gefühle gegenüber einem bestimmten Meinungsgegenstand in ganzheitlicher Form zusammenfasst [vgl. TROMMSDORFF 2004, S. 168]. Da sich solche subjektiven Assoziationen und Bewertungen aus den verfügbaren bzw. abrufbaren Informationen einerseits und der persönlichen Bewusstseinssphäre andererseits bilden, bedeutet dies gleichzeitig, dass Images zu einem Großteil planbar sind. Wenn ein Unterneh-

232

4. Kommunikation

men die Meinungsbildung der Zielgruppe nicht plant und systematisch beeinflusst, bleibt die Meinungsbildung dem Zufall überlassen. Bei ungeplant und zufällig entstehenden Images ist die Gefahr besonders groß, dass Meinungen sich negativ ausprägen und zur Grundlage weiterer Beurteilungen und Handlungen werden. Ein Imageprogramm ist also die systematische Planung und Umsetzung von Meinungsbildern in der Öffentlichkeit [vgl. APITZ et al. 1987, S. 21]. Gegenstand des hier geforderten Imageprogramms ist die positive Beeinflussung des Unternehmensimage - nicht jedoch primär eines Produktimage. Diese Abgrenzung ist insbesondere im B2B-Bereich bei der Vermarktung komplexer Produkte bzw. Systeme von Bedeutung. Wie zahlreiche Imageuntersuchungen gezeigt haben, ist auf dem Gebiet der komplexen Technik (insbesondere High-Tech-Produkte) die Betonung der generellen Leistungsstärke des Unternehmens wirksamer als die Verwendung technischer Produktinformationen. Der Grund für die besondere Relevanz des Unternehmensimages solcher Systemanbieter liegt darin, dass es nahezu unmöglich ist, eine allgemein anwendbare Systemkonfiguration zu entwerfen und diese mit werblichen Maßnahmen zu kommunizieren. Es kommt vielmehr darauf an, die Kompetenz des Anbieterunternehmens als Beweis für die Fähigkeit herauszustellen, ein komplexes System fach- und zeitgerecht konfigurieren und installieren zu können [vgl. S TROTHMANN/KLICHE 1989, S. 140]. 4.2.1.3 Produkt-/Leistungsprogramm

Die dritte Gruppe innerhalb des Kommunikationsmodells sind jene Zielpersonen, die sich bereits konkret für bestimmte Produkte bzw. Leistungen des Unternehmens interessieren. Um diese Interessierten für das Unternehmen zu engagieren, muss der Kaufentscheidungsprozess dahingehend beeinflusst werden, dass sich der Interessent für das ihm angebotene Produkt entscheidet. Die Maßnahmen, die hierzu erforderlich sind, werden in einem Produktbzw. Leistungsprogramm gebündelt. Ziel dieses Programms ist letztlich der Kaufakt. Eine besondere Herausforderung insbesondere für das B2B-Marketing stellt das Produkt (ankündigungs)programm für neue Produkte dar. Hierbei ist allerdings nicht nur die Auswahl und Dosierung der Kommunikationsinstrumente von Bedeutung, ebenso entscheidend ist das richtige Timing der Produktankündigung. Erfolgt die Freigabe für die Vermarktung relativ spät, d. h. nahezu zeitgleich mit der Fertigstellung einer ausgetesteten, stabilen Produktversion, so besteht die Gefahr, dass die notwendigen Umsätze zu spät kommen oder dem Wettbewerb für diesen Zeitraum das Feld überlassen bleibt. Vertrieb und Marketing benötigen also einen entsprechenden Vorlauf für die ersten Akquisitionen, deren erfolgreicher Abschluss zeitgerecht mit der Auslieferungsmöglichkeit zusammenfallen sollte. Ungleich verhängnisvoller kann sich allerdings eine zu frühe Ankündigung auswirken. Ein angekündigtes Produkt, das nicht fertig wird, stellt den Anbieter i. d. R. vor eine Problemsituation, deren Konsequenzen nicht mehr steuerbar sind und häufig an die existentiellen Grundlagen gehen. Dies gilt insbesondere für Ein-Produkt-Unternehmen, die eine neue Version ihres neuen Produktes zu früh ankündigen. Ab dem Zeitpunkt, wo diese Ankündigung erfolgt, wird die VorgängerVersion kaum noch einen Abnehmer finden. Andererseits kann eine frühzeitige Ankündigung in bestimmten Fällen auch gewollt sein. So können sich Markt(segment)führer aufgrund ihrer

4.2 Kommunikationsgrundlagen

233

Reputation durchaus leisten, Produkte anzukündigen, die nicht oder nur teilweise innerhalb der o. g. Frist marktreif sind. Mit einer solchen (bewusst verfrühten) Ankündigungspolitik wird die Absicht einer Art Vorbesetzung bzw. Kauflähmung verfolgt, um kaufwillige Interessenten in eine Warteposition für das neue Produkt zu bringen und ein Abwandern zum Wettbewerb zu verhindern [vgl. Lippold 1998, S. 175 f.]. 4.2.1.4 Kundenprogramm

Das vierte und letzte Kommunikationsziel richtet sich an die Engagierten. Sie sind vielleicht die wichtigste Zielgruppe, da sie sich aus den Kunden formiert. Besonders wichtig ist der Kunde deshalb, weil nicht nur sein Neu- sondern auch sein Ersatzbedarf ein erhebliches Absatzpotenzial darstellt. Die Engagierten tragen entscheidend dazu bei, dass das Unternehmen jetzt und in Zukunft erfolgreich ist. Kurzum: Der Kunde ist in seiner Kaufentscheidung zu bestätigen. Das Kommunikationsziel für die Kernzielgruppe lautet daher Engagierte betreuen. Das hierzu erforderliche Maßnahmenbündel ist das Kundenprogramm. Im Rahmen des Aktionsfeldes Kommunikation nimmt das Kundenprogramm eine Sonderstellung ein. Während das Bewusstseinsprogramm, das Imageprogramm und das Produktprogramm den Kaufabschluss vorbereiten, kommt das Kundenprogramm erst nach dem Kauf des Produkts zum Einsatz. Bewusstseins-, Image- und Produktprogramm zählen also zur PreSales-Phase; das Kundenprogramm ist demgegenüber Teil der Post-Sales-Aktivitäten. Es hat die Aufgabe, die Entscheidung des Kunden zu bestätigen und evtl. auftretende kognitive Dissonanzen [FESTINGER 1957] zu beseitigen. Dem Kunden soll das Gefühl vermittelt werden, auch nach dem Kaufentscheid vom Anbieter umworben zu sein und als Kunde behandelt zu werden. Nur ein in seiner Entscheidung bestärkter Kunde wird Wiederholungskäufe tätigen bzw. Anschlussaufträge vergeben und zukünftig Referenzen abgeben. Das Kundenprogramm ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Aktionsfeldes Betreuung und soll engagierte Fürsprecher für das Produkt gewinnen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 177 f.].

4.2.2 Kommunikationskonzept Das Kommunikationsmodell ist gleichzeitig auch die Grundlage für ein umfassendes, integriertes Kommunikationskonzept des Unternehmens. Es fasst das Ergebnis der Kommunikationsplanung zusammen und bereitet die konkreten Aufgabenstellungen und Verantwortlichkeiten für die Akteure des Marketings auf. Integrierte Kommunikationskonzepte beinhalten Entscheidungen über folgende Dimensionen [vgl. MEFFERT 1998, S. 689 ff.]: • • • • •

Objektdimension (Idee, Unternehmen, Produkt-/Leistungsprogramm, Kunden) Ausrichtungsdimension (personell, zeitlich, räumlich etc.) Instrumentedimension (Werbung, Verkaufsförderung, PR etc.) Mediadimension (Printmedien vs. elektronische Medien) Gestaltungsdimension (Inhalte, Botschaft).

234

4. Kommunikation

In Abbildung 4-04 sind die verschiedenen Dimensionen des Kommunikationskonzepts zusammengestellt. Die Dimensionen geben zugleich auch die Orientierungsgrößen für die Ressourcenplanung vor. Das Budget für das Aktionsfeld Kommunikation zählt erfahrungsgemäß zu den umfangreichsten Positionen im Marketing. Es orientiert sich in der Praxis in erster Linie am erwarteten Umsatz, am Gewinn oder auch am Verhalten des Wettbewerbs. Erfahrungswerte, die in früheren Budgetprozessen gesammelt worden sind, sowie die Preissituation auf dem Markt für Marketing-Dienstleistungen sind weitere Orientierungsgrößen für die Festlegung des Budgets. Das so ermittelte Soll-Budget wird mit den Budget-Vorgaben der Unternehmensplanung verglichen und kann entweder zu einer Anpassung der Unternehmensplanung oder zu einer Anpassung der Marketingplanung führen [vgl. DGFP 2006, S. 65 f.]. Ist die Entscheidung über die Höhe des Marketing-Budgets gefallen, geht es nun darum, im Rahmen der Mediaselektion die einzelnen Werbeträger auszuwählen und zu budgetieren. Dabei geht es im ersten Schritt um die Frage, welche Werbeträger sich grundsätzlich dafür eignen, die gesteckten Kommunikationsziele zu erreichen. Im zweiten Schritt wird dann die Wirtschaftlichkeit der Werbeträger anhand der Kommunikationsleistung (Reichweite, Zielgruppenabdeckung) und der Kosten analysiert [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 691 ff.].

ObjektDimension

AusrichtungsDimension

• Idee signalisieren (Bewusstseinsprogramm)

• Personale Ausrichtung (einzelgerichtet – massengerichtet)

• Unternehmen signalisieren (Imageprogramm) • Produkt/Leistung signalisieren (Produkt-/ Leistungsprogramm) • Kaufentscheidung absichern (Betreuungsprogramm)

• Zeitliche Ausrichtung (pulsierend – kontinuierlich) • Räumliche Ausrichtung (regional – national – international) • Vertikale Ausrichtung (Konsument (Pull) – Handel (Push) – B2B)

InstrumenteDimension „Above the line“:

• Klassische Werbung • Online-Werbung • Direktwerbung „Below the line“:

• Verkaufsförderung • Öffentlichkeitsarbeit • Sponsoring • Product Placement • Product Publicity • Messen/Events/ Ausstellungen

[Quelle: Inhalte in Anlehnung an MEFFERT 1998, S. 689 ff.]

Abb. 4-04:

Dimensionen des Kommunikationskonzepts

MediaDimension • Klassische elektronische Medien (TV/Hörfunk) • Printmedien (Tageszeitungen/ Publikumszeitschriften/Fachzeitschriften/Beilagen / Verzeichnisse, Plakate) • Neue elektronische Medien (Banner/Suchmaschinen/EMail) (jeweils nach Intensität)

Inhalte-/ BotschaftsDimension Inhalte:

• Verständlichkeit • Informationen in „Echtzeit“ • Größtmögliche Offenheit (vollständig, eindeutig) • Wahrheit • Widerspruchfreiheit Botschaft:

• Rational – emotional • Imitativ - innovativ

4.3 Kommunikationsinstrumente

4.3

235

Kommunikationsinstrumente

Wie in Abbildung 4-04 (dritte Spalte) dargestellt, lassen sich die Kommunikationsinstrumente in „Above-the-line“-Instrumente und in „Below-the-line“-Instrumente unterteilen. Allerdings gibt es in der Literatur keine einheitliche Festlegung dieser beiden Begriffe. Die Definitionen reichen von der Unterteilung in „klassische“ und „neue“ Kommunikationsinstrumente bis hin zu der Festlegung, dass Below-the-line-Kommunikation darauf abzielt, „eine kleine Gruppe von Konsumenten zielgenau, kostengünstig und weitgehend konkurrenzlos zu erreichen“ und für sie „keine Werbezeiten in den Massenmedien gebucht werden“ [MARKETINGLEXIKON.CH]. Hier wird einer anderen Einteilung gefolgt, nach der zu den Above-the-line-Instrumenten die (klassische) Werbung, die Online-Werbung und die Direktwerbung gehören (also alle Instrumente, in denen die Begrifflichkeit „Werbung“ vorkommt). Below-the-line-Instrumente zielen dagegen auf Maßnahmen ab, die vom Konsumenten (B2C) bzw. den Zielpersonen von organisationalen Beschaffungseinheiten (B2B) nicht ohne weiteres als werbliche Beeinflussung wahrgenommen werden. Dazu zählen die Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Product Placement und Product Publicity, Sponsoring sowie Messen und Ausstellungen [vgl. auch Eckardt 2010, S. 163 f.]. Abbildung 4-05 verdeutlicht die hier bevorzugte Trennung zwischen Above-the-line- und Below-the-Line-Instrumenten.

Kommunikationsinstrumente

Above-the-line-Instrumente

Klassische Werbung

Abb. 4-05:

OnlineWerbung

DirektWerbung

Below-the-line-Instrumente

Verkaufsförderung

Öffentlichkeitsarbeit

Sponsoring

ProductPlacement ProductPublicity

Messen Ausstellungen Events

Kommunikationsinstrumente

Nachfolgend werden die Grundzüge der genannten Instrumente kurz vorgestellt. 4.3.1 (Klassische) Werbung Die Werbung ist aufgrund ihrer spezifischen Profilleistung sicherlich das durchschlagskräftigste aller Kommunikationsinstrumente. Kein anderes Instrument ist in der Lage, Produkte und Leistungen so zu differenzieren – insbesondere auch psychologisch –, dass nachhaltige, vom Kunden wahrgenommene Wettbewerbsvorteile im Markt kreiert werden können [vgl. BECKER 2009, S. 565].

236

4. Kommunikation

4.3.1.1 Grundlagen

Die klassische Werbung – auch Mediawerbung genannt – ist eine Form der unpersönlichen Kommunikation, bei der mit Werbemitteln (z. B. Anzeigen, Rundfunk- oder Fernsehspots) durch Belegung von Werbeträgern (z. B. Zeitschriften, Rundfunk oder Fernsehen) versucht wird, unternehmensspezifische Zielgruppen zu erreichen und zu beeinflussen [vgl. BRUHN 2007, S. 356]. Werbung tritt in den vielfältigsten Erscheinungsformen auf. Nachfolgend sollen kurz einige wichtige Unterscheidungsformen betrachtet werden (siehe Abbildung 4-06). Gegenstand der Werbung – Werbeobjekte –

Träger der Werbung – Werbende –

Adressaten (Subjekte) der Werbung – Zielgruppe –

Produktwerbung (nur ein Produkt wird gefördert, z.B. MARSRiegel, BLENDAX, PERSIL)

Alleinwerbung (ein Unternehmen wirbt – Normalfall)

• Verwender/Verbraucher

Unternehmenswerbung (gesamtes Absatzprogramm eines Unternehmens wird beworben z.B. BMW-PKWProgramm, SIEMENS, E.ON)

• Sammelwerbung (Unternehmen sind bekannt)

Abb. 4-06:

Kollektivwerbung als

• Gemeinschaftswerbung (Unternehmen bleiben anonym)

Käufer der Erzeugnisse

• Wiederverkäufer/ Händler Nicht-Käufer

• Bedarfsberater (Ärzte, Apotheker, Architekten) • Bedarfsäußerer (Kinder) • Unternehmensberater (für Auswahlprozesse)

Ziele der Werbung – Werbeziele – • Einführungswerbung (zur Durchsetzung neuer Produkte im Markt) • Expansionswerbung (zur Verbesserung der Marktstellung) • Erinnerungswerbung (zur Erhaltung der Marktstellung) • Reduktionswerbung (zur kontrollierten Aufgabe eines Produkts)

Gegenstand, Träger, Adressaten und Ziele der Werbung

Nach dem Gegenstand der Werbung (Werbeobjekte) kann in Produktwerbung (inkl. Dienstleistungswerbung) und in Unternehmenswerbung (auch Firmenwerbung) unterschieden werden. Bei der Produkt- und Dienstleistungswerbung wird die einzelne Leistung herausgestellt, während das werbende Unternehmen ganz oder teilweise in den Hintergrund tritt. Produktwerbung spielt im Markenartikelbereich die dominante Rolle. Die Form der Unternehmenswerbung, bei der das gesamte Unternehmen das Werbeobjekt darstellt, wird vornehmlich von Handelsbetrieben mit großen Sortimenten und im B2B-Marketing eingesetzt [vgl. WEISS 2007, S. 433]. Nach dem Träger der Werbung wird in Alleinwerbung (auch Einzelwerbung) sowie in Kollektivwerbung unterschieden. Alleinwerbung liegt dann vor, wenn der Anbieter allein für seine Produkte oder sein Unternehmen wirbt. Dies ist der Normalfall. Kollektivwerbung wiederum, bei der mehrere Anbieter gemeinsam für ihre Angebote werben, wird unterteilt in Sammelwerbung und Gemeinschaftswerbung. Bei der Sammelwerbung treten die Werbenden mit ihrem Namen auf, bei der Gemeinschaftswerbung (z. B. Apothekenumschau), die vornehmlich von Verbänden praktiziert wird, bleiben die werbenden Firmen anonym. Adressaten bzw. Subjekte der Werbung (also die Zielgruppe) sind in erster Linie Verwender/Verbraucher sowie Wiederverkäufer bzw. Handelsunternehmen. Die Werbung kann sich aber auch gezielt an bestimmte Nicht-Käufer wenden. Zu dieser Zielgruppe zählen im B2C-

4.3 Kommunikationsinstrumente

237

Marketing bspw. Bedarfsberater (Ärzte bei Arzneimittel) oder Bedarfsäußerer (Kinder). Im B2B-Bereich zählen Unternehmensberater, die vom Kunden für die Auswahl- und Entscheidungsprozesse bestimmter Systeme oder Anlagen beauftragt werden, zu den Nicht-Käufern als Zielgruppe. Bei den Werbezielen ist schließlich nach der Stellung im Produktlebenszyklus zu unterscheiden zwischen Einführungs-, Expansions-, Erinnerungs- und Reduktionswerbung. Neben dieser generellen Einteilung können aber auch operationale Ziele verfolgt werden wie z. B.: • • • • •

Bekanntmachung eines neuen Produkts Aufbau oder Änderung des Produkt-/Unternehmensimages Erhöhung des Bekanntheitsgrades Rückgewinnung abgewanderter Käufer Ausgleich saisonaler Absatzschwankungen.

4.3.1.2 Werbewirkung

Eine gängige Systematisierung von Werbezielen liefert auch das so genannte AIDA-Modell. Es beschreibt vier Wirkungsstufen der Werbung und unterscheidet diese in potenzialbezogene und in markterfolgsbezogene Wirkungsziele. In der ersten Stufe muss beim Kunden Aufmerksamkeit (engl. Attention) für das Produkt erzeugt werden. Danach muss Interesse (engl. Interest) geweckt werden, so dass in der dritten Stufe das Verlangen bzw. der Kaufwunsch (engl. Desire) nach dem Produkt entsteht. Nach diesen drei potenzialbezogenen Wirkungszielen sollte in der vierten Stufe eine bestimmte Handlung (engl. Action) beim Kunden ausgelöst werden. Dieses vierte, markterfolgsbezogene Wirkungsziel sollte möglichst die Kaufhandlung sein [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 738]. Das entscheidende Ziel aller werblichen Aktivitäten ist es somit, durch werbliche Reize Aufmerksamkeit bei den Konsumenten zu erzeugen, da die Wahrnehmung der Werbebotschaft die Grundvoraussetzung für alle nachgelagerten Stufen der Werbewirkung ist [vgl. Bruhn 2007, S. 174]. Abbildung 4-07 zeigt die Kategorisierung von Werbewirkungszielen anhand des AIDAModells.

238

4. Kommunikation

Potenzialbezogene Ziele

Markterfolgsbezogene Ziele

Attention

Aufmerksamkeit des Betrachters/Kunden für das Produkt wecken

Interest

Desire

Interesse des Betrachters/Kunden am Produkt binden

Verlangen des Betrachters /Kunden auf das Produkt lenken

Action

Betrachter/Kunden zur Kaufhandlung anregen

[Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 739]

Abb. 4-07:

Das AIDA-Prinzip der Werbewirkung

In der Folge wurde eine Reihe weiterer Modelle entwickelt, die teilweise bis zu sechs Wirkungsteilprozesse beinhalten. Eine Übersicht über die verschiedenen in der Literatur angebotenen Stufenmodelle der Werbewirkung liefern MEFFERT et al. 2008, S. 705. 4.3.1.3 Werbegestaltung

Um Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei den Zielgruppen zu erreichen, müssen Werbeaussagen (Werbebotschaften) konkret gestaltet und im Rahmen der sog. Copy-Strategie festgelegt werden. Bei den Werbebotschaften werden drei Konkretisierungsebenen unterschieden (siehe Abbildung 4-08): • • •

Gestaltungsart, Gestaltungsform und Gestaltungsmittel.

Gestaltungsart

Gestaltungsform

Gestaltungsmittel

• Rationale, d. h. sachargumentierende Werbung

• Lebenswelten-orientierte Muster

• Werbekonstanten (Markenlogos, Symbole, Slogans, Layouts etc.)

• Emotionale, d. h. erlebnisorientierte Werbung

• Erzählungsorientierte Muster

• Kombiniert rational-emotionale Werbung

„Handschriften“ von Werbebotschaften

• Symbol-orientierte Muster • Problemlösungsorientierte Muster

Übersetzungs- bzw. Inszenierungsform der Werbebotschaft

• Variable Werbeelemente (z.B. verschiedene Bildfolgen, situationsspezifische Texte)

Formale Gestaltungsfragen für einen unverwechselbaren Werbe- und Markenauftritt

[Quelle: BECKER 2009, S. 572 ff.]

Abb. 4-08:

Gestaltungsart, -form und -mittel von Werbebotschaften

4.3 Kommunikationsinstrumente

239

Die Gestaltungsart kennzeichnet die „Handschrift“ der Werbung und betrifft die Art und Weise der grundsätzlichen Werbeansprache. Werbebotschaften können auf eine mehr rationale, d. h. sachargumentierende Positionierung oder auf eine mehr emotionale, d. h. erlebnisorientierte Positionierung hinzielen. Rein emotionale und rein rationale Werbebotschaften sind allerdings sehr selten. In der Praxis dominiert die kombiniert rational-emotionale Ansprache, d. h. meistens sind in einer Anzeige sowohl emotionale als auch rationale (informative) Elemente enthalten [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 712 f.]. Hinsichtlich der Gestaltungsform haben sich verschiedene Grundmuster (siehe Abbildung 409) für die inhaltliche Übersetzungs- bzw. Inszenierungsform der Werbebotschaft herausgebildet [vgl. BECKER 2009, S. 577 ff.]: •

Lebenswelten-orientierte Muster, d. h. zufriedene Produktverwender werden in einer Wunsch- oder Traumwelt oder in einer wirklichkeitsgetreuen Lebenssituation (sog. „Slice-of- Life“-Technik) dargestellt (Beispiel: RAMA am Frühstückstisch);



Symbol-orientierte Muster, d. h. es wird eine Symbolfigur zur Verkürzung bzw. Codierung wichtiger Werbeaussagen geschaffen; die Wahl möglicher Symbole reicht von Tieren (ESSO: „Pack den Tiger in den Tank“), über Comic-Figuren (MEISTER PROPPER) bis hin zu Personen (ARIEL-Klementine);



Erzählungsorientierte Muster, d. h. es werden attraktive Alltagssituationen in „Geschichtsform“ dargestellt (EDEKA-Theke, DEA: Tanken mit Super-Ingo) wobei sich diese Inszenierungsform naturgemäß besonders für Fernsehwerbung eignet;



Problemlösungsorientierte Muster, d. h. typische „Testsituationen“ (Before-AfterTests) stellen den konkreten Produktnutzen heraus („Neues aus der BLEND-A-MEDForschung“).

Lebensweltenorientierte Muster

Symbol-orientierte Muster

Erzählungsorientierte Muster

Problemlösungsorientierte Muster

Inszenierung von Wunsch-/Traumwelten oder realitätsnahen Situationen (auch als „Slice-of-Life“-Technik bezeichnet), z. B. • RAMA am Frühstückstisch • TUI-Reisen: „Sie haben es sich verdient“ Verkürzung bzw. Codierung wichtiger Aussagen mit Hilfe geeigneter Symbole, z. B. • ESSO: „Pack den Tiger in den Tank“ • MEISTER PROPPER Geschichten-erzählende Form zu vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines Produkts oder einer Leistung, z. B. • DIEBELS ALT: „Welch ein Tag“ oder „Der Moment gehört dir“ • D2-Mobilfunk: „Das Leben ist zu kurz für eine lange Leitung“ Typische Testsituationen (vorher – nachher) werden als Darstellungsprinzip gewählt, z. B. • LENOR: „Wäsche kratzig, weil ohne Weichspüler gewaschen“ • CALGON: Vergleich zweier Spülmaschinen-Heizschlangen

[Quelle: BECKER 2009, S. 577 ff.]

Abb. 4-09:

Typische Inszenierungsformen von Werbebotschaften

240

4. Kommunikation

Neben den inhaltlichen Darstellungs- und Inszenierungsformen der Werbung spielen auch die eingesetzten formalen Gestaltungsmittel eine wichtige Rolle für einen unverwechselbaren Werbe- und Markenauftritt (siehe Abbildung 4-10).

Formale Gestaltung der Werbebotschaft

Konstante Werbeelemente

• Verwendung von Bildern

Markenlogos, Symbole, Slogans, Layouts etc. (dienen als Identifikations-, Verdichtungs- und Klammerfunktion)

• Typographische Gestaltung • Sprachliche Gestaltung • Farbliche Gestaltung • Verwendung von Musik • Größe von Anzeigen/Länge von Spots

Variable Werbeelemente Wirkungselemente, die einmalig oder nur eine bestimmte Zeit eingesetzt werden (bestimmte Bildfolgen oder situationsspezifische Texte)

[Quelle: BECKER 2009, S. 579 ff.]

Abb. 4-10:

Wichtige Gestaltungsmittel von Werbebotschaften

Als formale Mittel der Werbegestaltung sind Bilder, Zeichen, Farben, Formen, Größen und Proportionen, aber auch die allgemeine typografische und sprachliche Gestaltung sowie der Verwendung von Musik von wesentlicher Bedeutung. Dabei ist zwischen konstanten und variablen Gestaltungsmitteln zu unterscheiden. •

Konstante Werbeelemente (Werbekonstanten) kehren in allen eingesetzten Werbemitteln wieder und sollten möglichst lange unverändert bleiben. Dazu zählen u. a. Markenlogos, Symbole, (Schlüssel-)Bilder, Slogans und Layouts. Schlüsselbilder als bildliche Grundmotive für den langfristigen Auftritt der Firma oder Marke spielen als so genannte Brand Icons eine wichtige Rolle bei der Profilierung einer Marke. Schlüsselbilder sollen dazu dienen, sachliche oder emotionale Angebotsvorteile im Gedächtnis zu verankern. Das klassische Schlüsselbild der modernen Verbraucherwerbung ist der in Insert 4-01 abgebildete MARLBORO-Cowboy (siehe Insert 4-01).



Variable Werbeelemente (Werbevariable) werden demgegenüber einmalig oder zeitlich begrenzt eingesetzt. Hierbei kann es sich um verschiedene Bildfolgen oder um situationsspezifische Texte handeln [vgl. BECKER 2009, S. 580].

4.3 Kommunikationsinstrumente

241

Insert Das klassische Schlüsselbild: Die wertvollsten Marken weltweit und in Deutschland 2013 Der Marlboro-Cowboy

„Das Schlüsselbild der Marlboro-Werbung ist der Cowboy im Wildwestumfeld. Auf den einzelnen Bildern kann er ohne oder mit Pferden auftreten, an einem Fluss oder im Gebirge. Entscheidend ist die Kontinuität des visuellen Grundmotivs. Es würde nicht genügen, das Erlebnis von Freiheit und Abenteuer, das durch diesen Helden dargestellt wird, mal

durch dieses Bildmotiv und mal durch ein anders (zum Beispiel durch einen Mann im tropischen Dschungel) wiederzugeben. Es kommt auf die visuelle Durchgängigkeit an und nicht bloß darauf, dass die Bilder gleiche emotionale Eindrücke vermitteln.“ [Quelle: KROEBER-RIEL 1993, S. 200 f.]

Insert 4-01: Der MARLBORO-Cowboy als klassisches Schlüsselbild Die Mischung von konstanten und variablen Werbeelementen wird ganz besonders deutlich beim Aufbau einer Werbeanzeige. In Abbildung 4-11 sind der Aufbau und die verschiedenen

242

4. Kommunikation

Gestaltungselemente einer idealtypischen Printanzeige dargestellt. Dabei stechen die Überschrift (engl. Headline), das oder die Bildelement(e) (engl. Visual(s)) sowie der kurze und unverwechselbare Slogan besonders heraus.

Topline: Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext

Headline = Schlagzeile, Überschrift …

Visual evtl. mit Produktnamen

Subheadline = Unterüberschrift: Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtest

Copy = Textbody, Body Copy, Fließtext: Blindtext, Blindtext, Blindtext Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext

Claim = Abbinder: Blindtext, Blindtext

Slogan: Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext

Insert = Störer (Einklinker, Deranger)

Visual

Headline

• Sprachlicher und typografischer Blickfang, kurz und prägnant • Konkret und informativ (manchmal auch provozierend) • Anregend und spannend (manchmal auch witzig)

Copy

• Informationsfunktion (wir allerdings häufig nicht gelesen) • Shortcopies vs. Longcopies • Claim als Abbinder/Fazit für den Leser

Slogan

• Werbekonzentrat einer Anzeige • Kurz, einfach, eingängig und unverwechselbar • Identifikations- und Imagefunktion

[Quelle: FEMERS 2006, S. 184 ff .]

Abb. 4-11:

Struktur und Elemente einer Werbeanzeige

Unter den Aspekten der Wiedererkennbarkeit, der Lesbarkeit und Vermittlung spezifischer Stimmungen sollte die typografische Gestaltung der Werbebotschaft erfolgen. Hierbei geht es insbesondere um die Wahl geeigneter Schrifttypen sowie um die räumliche Aufteilung und Gliederung von Texten. Die wichtigsten Schriftklassen sind Antiqua und Grotesk. Bei den Antiqua-Schriften haben die Buchstaben Serifen und unterschiedliche Strichstärken. Die Buchstaben der Grotesk-Schriften sind serifenlos und haben eine gleichmäßige Schriftstärke. Während die Antiqua-Schriftart mehrheitlich für längere Schriften empfohlen wird, eignen sich die Grotesk-Schriften besonders gut für die Beschriftung von Folien mit weniger langen Textteilen. In Abbildung 4-12 sind die wichtigsten Schriftklassen zusammengestellt.

4.3 Kommunikationsinstrumente

243

Schriftklasse

Merkmale

Beispiele

Antiqua

Buchstaben mit unterschiedlichen Strichstärken und mit Serifen

Times New Roman Book Antiqua Palatino

Egyptienne

Buchstaben mit (nahezu) gleichmäßiger Strichstärke und mit kräftigen Serifen

Rockwell Garamond

Grotesk

Buchstaben mit gleichmäßiger Strichstärke ohne Serifen

Arial Sans Serif Calibri

Schreibschrift

Schriften, deren Vorlagen verschiedene Schreibwerkzeuge sind

M onotype Corsiva

Schreibmaschinenschrift (Courier)

Schrifttype für Schreibmaschinen und Computer

Courier New

[Quelle: FEMERS 2006, S. 157]

Abb. 4-12:

Gängige Schriften und ihre Merkmale

Im Zusammenhang mit der Auswahl der Schrifttypen sind auch die Schrift-Maße und die typografischen Grundbegriffe von Bedeutung. Abbildung 4-13 liefert einen entsprechenden Überblick in Form eines typografischen Glossars.

Schrift-Maße

Texter Designer Oberlänge

Grundlinie

Durchschuss

Unterlänge Dickte

Typografisches Glossar

Mittellänge Zeilenabstand Schriftgröße

Schriftstärke: Stärke der Striche (normal, fett) Schriftlage: Kennzeichnet den Neigungsgrad (normal oder kursiv) Laufweite: Abstand der Zeichen (eng, normal, w e i t ) Schriftgrad: Größe der Zeichen (1 Punkt = 0,352 mm) Proportionalschrift: „i“ hat weniger Raum als „m“: z.B. „Times“ Dicktengleiche: Schreibmaschinenschriften, z.B. Courier Versalien: GROßBUCHSTABEN Gemeine: kleinbuchstaben

[Quelle: FEMERS 2006, S. 156]

Abb. 4-13:

Schrift-Maße und typografisches Glossar

Bei der Vermittlung emotionaler Werbebotschaften steht häufig die Verwendung von Bildern im Vordergrund, denn Bilder werden besser erinnert als Wörter. Auch fällt in einer Bild-Text-Anzeige der Blick des Lesers fast immer zuerst auf das Bild. Die direkte Umsetzung von Produkteigenschaften in Bilder lässt sich sehr wirksam mit folgenden Verfahren aus der Imagery-Forschung durchführen [vgl. KROEBER-RIEL 1993, S. 126 ff.]:

244

• • • •

4. Kommunikation

Bildassoziationen, Bildanalogien, Bildmetaphern und Wahrnehmungsschemata.

Mit (freien) Bildassoziationen wird versucht, unabhängige Bilder bei der gedanklichen Verarbeitung in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen (MARLBORO – Freiheit und Abenteuer). Bildanalogien schlagen Brücken vom abstrakten Begriff zum anschaulichen Bild und sind in der Werbung weit verbreitet („Ein Auto wie ein …“, „Auf diese Steine können Sie bauen“, „Berater knacken Nüsse“). Beim Gebrauch von Bildmetaphern wird im Gegensatz zur Bildanalogie kein offen bleibender Vergleich gezogen. Metaphern vermitteln vielmehr einen engeren, standardisierten Inhalt. Typische Metaphern sind: Löwe für „Stärke“, „Kraft“, Stahl für „Unnachgiebigkeit“, „Dauerhaftigkeit“ oder der rote Teppich für den „exklusiven Weg“. Bilder oder Bildelemente sind besonders wirksam, wenn sie in ein Wahrnehmungsschema eigeordnet werden können. Schemata greifen auf vorhandene Gedächtnisstrukturen zurück, die sich aus assoziativen Verknüpfungen gebildet haben („Kindchenschema“, „Busenschema“). So wird das allgemeine Schema von einer Kuh mit der besonderen Ausprägung dieses Schemas (wie „lila Kuh“) gespeichert und mit MILKA verbunden [vgl. KROEBER-RIEL 1993, S. 126 ff.]. Weitere effektive Methoden, eine Botschaft bildlich zu übermitteln, sind die Verwendung von Testimonials, Humor oder Erotik („Sex sells“). Bei der Testimonial-Werbung wird das Werbeobjekt (Produkt, Dienstleistung, Unternehmen) von einer glaubwürdigen und kompetenten Person präsentiert. Auf diese Weise sollen bei der Zielgruppe Prozesse ausgelöst werden, die eine Identifikation mit der werbenden Person (Prominente, Experten oder typische Verwender) ermöglichen. Eine besonders hohe Identifikation wird bei der Werbung mit Prominenten unterstellt. Hierbei soll die Möglichkeit eines Bekanntheits- und Imagetransfers auf das Werbeobjekt genutzt werden (THOMAS GOTTSCHALK für HARIBO, STEFFI GRAF für REXONA) [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 714 f.]. In diesem Kontext sei vermerkt, dass die richtige Auswahl der prominenten Persönlichkeit für die Testimonial-Werbung von entscheidender Bedeutung für den späteren Kommunikationserfolg ist. Im Idealfall können die Persönlichkeitsmerkmale als Prominenter, als Experte und als typischer Verwender in einer Person zusammengefasst werden. Hierbei sollten Glaubwürdigkeit und die markenexklusive Verwendung der Person besonders beachtet werden. Die Werbung von TIGER WOODS für ACCENTURE (nach seinem Sex-Skandal) sowie der „ubiquitäre Einsatz von FRANZ BECKENBAUER in zahlreichen Kommunikationskampagnen“ [MEFFERT et al. 2008, S. 715] sind Beispiele dafür, wie man es nicht machen sollte. Insert 4-02 zeigt die Testimonial-Werbung von ULRICH WICKERT für die RAIFFEISEN- UND VOLKSBANKEN-Finanzgruppe, an der die Schutzvereinigung der Anleger (SFA) Anstoß genommen hatte. Derzeit tritt WICKERT für dieselbe Gruppe mit dem Claim „Werte schaffen“ ein und diskutiert mit der Tennisspielerin ANDREA PETKOVIC und dem Schauspieler HANNES JAENECKE über Werte.

4.3 Kommunikationsinstrumente

245

Insert

„Der ehemalige Moderator der "Tagesthemen" Ulrich Wickert genießt bei den Deutschen großes Vertrauen. Grund genug für die Genossenschaftliche Finanzgruppe Volksbanken Raiffeisenbanken, Wickert als Testimonial zu verpflichten. Nun gerät Wickerts Werbeengagement in die Schusslinie der Schutzvereinigung für Anleger (Sfa). Grund: Kunden der Bankengruppe seien falsch beraten worden. Auf einem Plakat der Bankengruppe, zu der neben den Volksbanken Raiffeisenbanken auch die

DZ Bank gehört, wird Wickert mit dem Satz zitiert: "Was einer allein nicht schaftt, das schaffen viele." Für den Sfa der blanke Hohn. In den 90er Jahren hätten rund 1.000 Volks- und Raiffeisenbanken ihren Kunden so genannte DG-Fonds empfohlen. Tausende Anleger hätten über eine halbe Million Euro in die Immobilienfonds investiert, die nunmehr zu einem Gutteil insolvenzgefährdet sind und kein Geld mehr ausschütten.“ [Quelle: HORIZONT Online Dienstag, 23. August 2011]

Insert 4-02: Einsatz von Prominenten in der Werbung

246

4. Kommunikation

4.3.1.4 Werbebotschaft

Zu den wichtigsten (und kreativsten) Aufgaben der inhaltlichen Gestaltung von Werbebotschaften zählen die Formulierung der Headline und des Slogans. Von den textlichen Gestaltungselementen verfügt die Headline über die höchste physische Reizqualität. Diese wird bestimmt durch die eingesetzte Schrift bzw. Schriftart sowie durch ihre Beziehung zu den anderen Gestaltungselementen [vgl. BRUHN 2007, S. 480 f.]. Besonders viel Kreativität erfordert die Entwicklung des Slogans. Der Slogan, der das „Werbekonzentrat“ einer Anzeige darstellt, sollte kurz, einfach, eingängig und unverwechselbar sein. In Abbildung 4-14 sind einige Slogans zusammengestellt, die diesen Anspruch erfüllen und sich seit Jahren als unverwechselbar bewährt haben.

Nicht immer, aber immer öfter.

Pack den Tiger in den Tank. Alle reden vom Wetter. Wir nicht.

Nichts ist unmöglich.

Bauknecht weiß, was Frauen wünschen.

Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt.

Ich bin doch nicht blöd.

Auf diese Steine können Sie bauen.

Wir machen den Weg frei.

Wohnst Du noch oder lebst Du schon?

[Quelle: FEMERS 2006, S. 192]

Abb. 4-14:

Erfolgreiche Slogans mit langer Lebensdauer

Doch selbst erfolgreiche Slogans haben keine lange Lebensdauer, sondern werden dem Zeitgeschmack angepasst und verändert. Abbildung 4-15 zeigt an den Beispielen der Marken MCDONALD’S und PERSIL, wie Slogans im Zeitablauf verändert bzw. ersetzt werden.

McDonald’ s

1971 – Das etwas andere Restaurant 1978 – Essen mit Spaß 1982 – Gut, dass es McDonald's gibt 1987 – Der Platz wo Du gern bist, weil man gut isst 1991 – McDonald's ist einfach gut! 1999 – Every time a good time 2003 – Ich liebe es

Persil

1913 – Persil bleibt Persil 1959 – Das beste Persil, das es je gab 1970 – Unser Bestes. 1973 – Da weiß man, was man hat.

Abb. 4-15:

Entwicklung der Slogans von MCDONALD’S und PERSIL

4.3 Kommunikationsinstrumente

247

In der Werbesprache finden sich mehr und mehr Anglizismen – besonders auch bei Slogans. Von ihrem Einsatz erwartet man besondere Aufmerksamkeit und Imagegewinn. Denn die englische Sprache erweckt den Eindruck der Modernität, auf viele wirkt sie cool und jugendlich. Doch der Eindruck trügt (siehe Abbildung 4-16). Einige Unternehmen haben daraus ihre Konsequenzen gezogen und ihren englischen Slogan durch einen deutschsprachigen ersetzt. So heißt es bei DOUGLAS anstatt „Come in and find out“ (das von manchen Konsumenten als „Komm rein und finde wieder raus“ übersetzt wurde) seit 2004 nun „DOUGLAS macht das Leben schöner“. Slogan

Absender

Every time a good time There‘s no better way to fly

Voll verstanden in %

Geglaubt verstanden zu haben in %

McDonalds

59

65

Lufthansa

54

62

Come in and find out

Douglas

34

54

Powered by emotion

SAT.1

33

49

We are drivers too

Esso

31

44

Stimulate your senses

Loewe

25

34

Share moments, share life

Kodak

24

29

Driven by instinct

Audi TT

22

30

Where money lives

Citibank

21

34

One Group. Multi Utilities

RWE

8

15

[Quelle: FEMERS 2006, S. 196 unter Bezugnahme auf ENDMARK INTERNATIONAL NAMEFINDING 2004]

Abb. 4-16:

Verständnis englischsprachiger Slogans in Deutschland

Ein weiterer Aspekt bei der Gestaltung von Werbebotschaften ist die grundsätzliche Positionierung des Produktnamens. Das Modell von HERSTATT, das die Benennung des Produkts nach dem Motiv klassifiziert, bietet für die Namensgebung sieben Kategorien an (siehe Abbildung 4-17). Die analytische Herleitung von Produktnamen nach diesem Modell kann zwar viele, bei weitem aber nicht alle Werbebotschaften von Produkten erklären (z. B. Phantasienamen wie MARS oder PERSIL). Kategorie

Beispiele

Produktherkunft

Rügenwalder, Bad Reichenhaller Spezialsalz, Gerolsteiner

Produkthersteller

AEG Lavamat, Miele Geschirrspüler

Produktbestandteile

Nuts, Milchschnitte, Milky Way

Produkteigenschaften

Knirps (Größe), Nirosta (Haltbarkeit), Jakobs Krönung (Qualität)

Produktnutzen

Kinder-Überraschungsei, Slim fast, Doppelherz

Produktverwendung

Spüli (Anwendungsbereich), Always (Verwendungszeit)

Zielgruppennennung

Bebe, Kinderschokolade, Lady Shave

[Quelle: FEMERS 2006, S. 203 unter Bezugnahme auf HERSTATT 1985]

Abb. 4-17:

Klassifikation von Produktnamen nach ihrem Benennungsmotiv

248

4. Kommunikation

Die Bedeutung der Werbung ist im B2C-Marketing und hier insbesondere bei den Markenartikeln deutlich höher einzustufen als im B2B-Bereich. Dennoch hat die Werbung auch im B2B-Marketing ihren Stellenwert. Sie muss allerdings im engen Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Akquisition gesehen werden. Hier spielt das Zusammenwirken von unpersönlicher Kommunikation und persönlichem Verkauf eine wesentlich größere Rolle als im B2CMarketing. Die Aufnahme von Werbebotschaften wird sehr stark von Image- und Kompetenzschwerpunkten bestimmt, die von persönlichen Verkaufs-, Informations- und Beratungsleistungen bei den Zielgruppen geschaffen wurden [vgl. BECKER 2009, S. 581]. Hinzu kommt, dass die erheblich geringere Zahl an potenziellen Zielpersonen im B2BBereich einen wesentlich gezielteren Einsatz von Werbeträgern und Werbemitteln erfordert [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 368]. Eine Besonderheit im B2B-Marketing ist auch bei den Fragen nach der Gestaltungsart (emotional/rational) und der Gestaltungsform zu beachten (siehe Insert 4-03].

Insert B2B-Anzeigen – mal rational, mal emotional

Im B2B-Marketing überwiegen eher die rationale Gestaltungsart und die problemlösungsorientierte Gestaltungsform. Das hängt in erster Linie mit dem Informationsverhalten der in den Unternehmen/ Organisationen agierenden Zielgruppen zusammen. Sie sind aufgrund ihrer Rollen gehalten, sich rational im Sinne der Zielsetzungen des eigenen Unternehmens zu verhalten [vgl. BECKER 2009, S.

581]. Als (nahezu klassisches) Beispiel für eine sehr textlastige und rationale Gestaltungsart ist die Anzeige der IBM (linkes Bild) anzusehen. Dass es jedoch auch emotionale Gestaltungsarten von Anzeigen im B2B-Marketing gibt, zeigt die an die Zielgruppe des Mittelstands gerichtete Anzeige der SAP (rechtes Bild)

Insert 4-03: Werbung im B2B-Marketing Insert 4-04 zeigt, wie im B2B-Bereich mit wenigen gestalterischen Mitteln eine vielschichtige Geschichte erzählt wird.

4.3 Kommunikationsinstrumente

249

Insert

Ein Beispiel aus dem Personalmarketing der Beratungsbranche, die sich mit Anzeigen ansonsten nur schwer differenzieren kann, zeigt eine emotionale Gestaltungsart in Verbindung mit einem – für den B2B-Bereich sehr ungewöhnlichen – erzählungs-

orientierten Werbemuster. Es handelt sich dabei um eine Anzeige zur Rekrutierung von TopAbsolventen. Die Kunden sind hier potentielle Mitarbeiter. Hier wird mit wenigen gestalterischen Mitteln eine vielschichtige Geschichte erzählt.

Insert 4-04: Erzählungsorientiertes Werbemuster einer B2B-Anzeige

250

4. Kommunikation

4.3.2 Online-Werbung Aufgrund der rasch zunehmenden und immer intensiveren Nutzung des Internets hat sich die Online-Werbung als feste Größe im Kommunikationsmix der Unternehmen durchgesetzt. Inzwischen kaufen zwei Drittel (65 Prozent) der Bundesbürger im Internet ein, europaweit sind es lediglich 45 Prozent. Das Internet spielt aber nicht nur als Einkaufsquelle, sondern vor allem auch als Entscheidungshilfe vor dem Kauf eine große Rolle. Verbraucher informieren sich im Internet über Produkte und Anbieter – egal, ob der anschließende Kauf im Geschäft oder im Online-Shop erfolgt (siehe Insert 4-05).

Insert Welche Kaufentscheidungshilfen Internet-User nutzen

Basis: Internetnutzer; n=1.063 Frage: Welche Entscheidungshilfen nutzen Sie generell vor dem Kauf von Produkten? (Mehrfachnennung möglich)

Besonders bei Kaufentscheidungen spielt das Internet eine zunehmend größere Rolle. So sucht nahezu jeder zweite Internetnutzer (51 Prozent) die Webseiten von Anbietern als Entscheidungshilfe beim Kauf von Produkten auf. Die wichtigste Informationsquelle sind aber Testberichte in TV-, Onlineund Print-Medien mit 68 Prozent. Weitere wichtige Informationsquellen sind Preisvergleichsportale mit

58 Prozent. Gut ein Drittel nutzt spezielle OnlineForen oder Blogs, in denen sich die Verbraucher austauschen (35 Prozent). Das tun vor allem Männer. Überhaupt scheinen Männer vor einem Einkauf ein größeres Informationsbedürfnis zu haben als Frauen. Im Schnitt nutzen sie 4,1 verschiedene Informationsquellen, Frauen nur 3,4. [Quelle: BITKOM-STUDIE: Trends im E-Commerce 2013]

Insert 4-05: Internet hilft bei Kaufentscheidungen

4.3 Kommunikationsinstrumente

251

Die Online-Werbung ist nicht überschneidungsfrei zu anderen Kommunikationssinstrumenten. So kann die Banner-Werbung auch der klassischen Werbung, die E-Mail-Newsletter dem Direktmarketing und die veröffentlichten Pressemitteilungen auf der Unternehmenshomepage der PR zugeordnet werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 662]. Online-Werbung ist eine Kombination aus Text, Bild und Toninhalten auf digitaler Basis. Sämtliche Werbeinhalte, die zuvor in den klassischen Medien getrennt angeboten wurden, lassen sich auch auf Online-Umgebungen übertragen [vgl. UNGER et al. 2004, S. 311]. 4.3.2.1 Online-Werbeformen

Das Internet bietet eine nahezu unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Werbeformen und Werbeformate, da den gestalterischen Fähigkeiten der Web-Designer praktisch keine Grenzen gesetzt sind. Besonders die oft aus dem Englischen übernommenen Bezeichnungen dieser Werbeformen stiften eine starke Verwirrung und erschweren eine klare Gliederung in leicht nachvollziehbare Kategorien [vgl. RODDEWIG 2003, S. 15]. Online-Werbeformen

Affiliate Marketing

Display Ads

Search Engine Marketing

Verkaufsfördernde OnlineKooperation

Online-Anzeigen in Suchmaschinen oder Webkatalogen

In-Stream Video Ads

In-Page Ads

Sind mit regulären TV-Spots vergleichbar; aber auch interaktiv z. B. als Gewinnspiel

Standardwerbeformen

Sonderwerbeformen

z. B. • Skyscraper • Banner • Rectangle • Flash Layer

z. B. • DHTML • Interstitial • Streaming Ads • Microsite • Wallpaper • Sponsoring

[Quelle: OVK 2011]

Abb. 4-18:

Wichtige Online-Werbeformen

In Abbildung 4-18 ist in Anlehnung an den Online-Vermarkterkreis (OVK) des BUNDESVERBANDS DIGITALE WIRTSCHAFT eine Übersicht über wichtige Online-Werbeformen zusammengestellt. Danach lassen sich die Online-Werbeformen in drei sehr unterschiedliche Bereiche aufteilen: • • •

Display Ads (Schwerpunkt: Banner-Werbung) Affiliate Marketing (Online-Vertriebskooperation) Suchmaschinen-Marketing (engl. Search Engine Marketing)

Display Ads. Diese Werbeform bildet das Zentrum der Online-Werbung. Sie lassen sich nochmals in In-Stream Video Ads (Online Video Advertising) und in In-Page Ads unterteilen. Zur Gruppe der In-Page Ads zählt vor allem die klassische Banner-Werbung als derzeit am weitesten verbreitete Werbeform. Das Banner ist eine grafische Darstellung mit der Möglich-

252

4. Kommunikation

keit zur Interaktion, die durch eine Verknüpfung bzw. Verbindung (engl. Link) zu einer anderen Website ermöglicht wird. Eine Differenzierung der Vielzahl von existierenden Bannern kann nach der Funktionalität (z. B. statische, animierte oder transaktive Banner), nach der Software bzw. Programmiersprache (DHTML-, Java-, Flash-und Shockwave-Banner) oder nach dem Erscheinungsbild (z. B. Blend Banner, Bouncing Banner, Expanding Banner, Flying Banner, PopUp Banner) vorgenommen werden [vgl. RODDEWIG 2003, S. 16 ff.]. In Insert 4-06 sind einige Standard-Bannerformate mit der entsprechenden Pixel-Angabe beispielhaft dargestellt.

Insert Standardformen der Online-Werbung

Oben sind vornehmlich Standardformen der Online-Werbung, die auch als Derivate des Banners bezeichnet werden können, abgebildet: • Button (Werbeformen mit Abmessungen kleiner 234x60 Pixel, die erstellt werden, um freie Layout-Flächen optimal zu können) • Skyscraper (wird meistens rechts neben dem Content als hochformatiges Werbemittel eingesetzt) • Wallpaper (ermöglicht es, eine ganze Website mit dem Corporate Design einer Marke oder dem Look einer Kampagne zu prägen). Zu den wichtigsten (hier nicht abgebildeten) Standardformen zählen weiterhin: • Rectangle (wird in das redaktionelle Umfeld einer Website integriert) • Flash Layer (Platzierung erfolgt beim Aufruf einer Internetseite direkt über dem Content).

Zu den wichtigsten Sonderformen der OnlineWerbung zählen: • DHTML (mit dieser Technologie lassen sich dynamische Werbebotschaften auf einer Internetseite abbilden), • Streaming Ads (sind interaktive Werbespots im Internet, die sofort nach dem Aufbau einer Website abgespielt werden), • Interstitial (ist eine Art „Werbeunterbrechung“ im Internet, bspw. nach Aufruf einer neuen Seite), • Microsite (ist eine eigene Website mit weiterführenden Inhalten, auf die der User gelangt, sobald er das Werbemittel angeklickt hat), • Sponsoring (hierbei tritt der Werbende als „Pate“ für eine Website auf). [Quelle: OVK 2014]

Insert 4-06: Beispiele für Standard-Bannerformate mit Pixel-Angabe

4.3 Kommunikationsinstrumente

253

Affiliate Marketing. Bei dieser Online-Werbeform handelt es sich mehr um eine OnlineVertriebskooperation als um eine Werbeform im eigentlichen Sinne. Die Teilnehmer dieser Kooperation sind der Merchant (Anbieter) und Affiliate (Partner). Der Merchant stellt dem Affiliate Werbemittel (in der ursprünglichen Form) oder Teile seines Angebots zur Verfügung, die dann auf den Webseiten des Affiliate (z. B. AMAZON) eingebunden werden. Es entsteht eine Win-Win-Situation für beide Parteien: Der Merchant kann seine Vertriebsreichweite sowie seine Markenpräsenz steigern, der Affiliate erhält dafür eine Provision. Je nach Vereinbarung entstehen dem Merchant nur Kosten für eine von ihm festgelegte Leistung. Dies kann in Form einer Umsatzbeteiligung (Pay per Order), einer Vergütung für einen neuen Besucher (Pay per Click) oder für eine Registrierung (Pay per Lead) erfolgen [vgl. RODDEWIG 2003, S. 52 f.]. Ein wichtiges Kriterium für den Merchant bei der Auswahl des Affiliate ist, dass die UserStruktur des zukünftigen Partners mit der eigenen Zielgruppe übereinstimmt. Auch sollte das Akquisitorische Potenzial ausreichen, um eine solche Partnerschaft zu begründen. Abbildung 4-19 zeigt den funktionalen Ablauf des Affiliate Marketing.

 Bezahlung  Produkte und Dienstleistungen

 Besuch

Affiliate Content

Merchant

Merchant Website

 Angebot an User

 Provisionen & Reports Abb. 4-19:

Funktionaler Ablauf des Affiliate Marketing

Suchmaschinen-Marketing. Da die Internet-Recherche in Suchmaschinen und Webkatalogen häufig die Basis für Online- oder Offline-Käufe ist, verbinden die Unternehmen ihr Online-Angebot und ihre Website mit Suchbegriffen, die für ihr Angebot relevant sind. Diese als Suchmaschinen-Marketing (engl. Search Engine Marketing – SEM) bezeichnete OnlineWerbeform schließt Streuverluste aus und zeichnet sich durch eine hohe Kostentransparenz aus, da der Werbende nur dann bezahlt, wenn ein Interessent auf das entsprechende Suchergebnis klickt (Pay per Click). Eine Schlüsselstellung in der Online-Werbung erhält das Suchmaschinen-Marketing auch dadurch, dass die Suchmaschinen mit deutlichem Abstand die beliebtesten Startseiten im Internet sind, d. h. mehr als die Hälfte der Internet-Nutzer öff-

254

4. Kommunikation

net zunächst eine Suchmaschine als Startseite ihres Internet-Browsers, wenn sie online geht (siehe Insert 4-07).

Insert

Die meisten Internetnutzer starten mit einer Suche ins Web. Das hat eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Onlinern im Auftrag des Hightech-Verbands BITKOM ergeben. Danach öffnet sich bei 58 Prozent der Internetnutzer zunächst eine Suchmaschine wie GOOGLE oder BING als Startseite ihres Internetbrowsers, wenn sie online gehen. An zweiter Stelle der häufigsten Startseiten stehen E-Mail-Dienste wie Web.de oder T-Online mit 11 Prozent. Auf Platz Drei liegen gleichauf Soziale Online-Netzwerke wie FACEBOOK oder XING mit vier Prozent und Nachrichten-Seiten mit ebenfalls vier Prozent. Lediglich drei Prozent der Internetnutzer starten mit einer Webseite ihres Arbeitgebers. Die Wahl der Startseite hat für die Internetfirmen wirtschaftliche Bedeutung, da sie hohe Zugriffszahlen erzeugt und den Weg zu weiteren Diensten eines Anbieters ebnet. Zudem gebe sie Hinweise auf Änderungen des Nutzerverhaltens im Web. Das zeige die Auswertung der Umfrage bei den Jüngeren.

In der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen haben 72 Prozent eine Suchmaschine und 10 Prozent ein Soziales Netzwerk als Startseite eingestellt. Dagegen sind die Anteile von E-Mail-Diensten als Startseite bei den jüngeren Nutzern mit fünf Prozent, Nachrichtenseiten mit drei Prozent und naturgemäß von Arbeitgeber-Webseiten mit ein Prozent deutlich niedriger als bei den Älteren. Statt E-Mails nutzen die Jüngeren verstärkt Soziale Netzwerke und die darin integrierten Funktionen wie Chats für den Austausch mit Freunden und Bekannten. Die Bedeutung der Internetsuche sei für die Jüngeren dagegen noch wichtiger als bei den Älteren. Methodik: Im Auftrag des BITKOM hat das Marktforschungsinstitut Forsa 1.007 Internetznutzer ab 14 Jahre befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Internetnutzer in Deutschland. [Quelle: BITKOM-Pressemitteilung vom 12.03.2012]

Insert 4-07: Die beliebtesten Startzeiten ins Web Das Suchmaschinen-Marketing ist in zwei Bereiche unterteilt: • •

Suchmaschinen-Optimierung (engl. Search Engine Optimization – SEO) Suchmaschinen-Werbung (engl. Search Engine Advertising – SEA).

4.3 Kommunikationsinstrumente

255

Mit der Suchmaschinen-Optimierung zielt das Unternehmen darauf ab, die eigene Website möglichst weit vorne in den „organischen“ Suchergebnissen zu platzieren. Dadurch wird in der Regel eine Steigerung der Besucherfrequenz und der entsprechend nachgelagerten Maßnahmen (Shop-Verkauf, Anmeldungen etc.) angestrebt. Dabei wird versucht, die eigene Website den Algorithmen der Suchmaschinen bestmöglich anzupassen. Allerdings werden diese Algorithmen und deren genau Zusammensetzung, die laufend optimiert bzw. verändert werden, von den Suchmaschinen nicht bekannt gegeben. Mit Suchmaschinen-Werbung sind sämtliche Werbemöglichkeiten gemeint, die Suchmaschinen gegen Bezahlung anbieten. Dazu räumen die meisten Suchmaschinen oberhalb und rechts der Suchergebnisse die Möglichkeit ein, Textanzeigen zu platzieren. Die Anzeigen erscheinen jeweils, wenn bei der Websuche ein Suchbegriff benutzt wird, der für das werbetreibende Unternehmen relevant und im Vorfeld definiert worden ist (Beispiel: Ein Hotel schaltet Anzeigen für den Begriff „Ferien“). Berechnet werden jeweils nur die Klicks auf die Textanzeige. Der Klickpreis wird in einer Art Auktionsverfahren bestimmt: Jeder Anzeigenkunde legt fest, wie viel er für einen Klick pro Suchbegriff zu zahlen bereit ist. Je mehr Mitbewerber sich für den gleichen Suchbegriff interessieren, desto höher gehen die Gebote und desto teurer wird der Klick. Insert 4-08 zeigt beispielhaft eine Suchmaschinen-Seite mit entsprechenden Textanzeigen oberhalb und rechts der „organischen“ Suchergebnisse.

Insert Suchmaschinen-Werbung

Suchmaschinen-Optimierung Insert 4-08: Beispiel für Suchmaschinen-Werbung und -Optimierung

256

4. Kommunikation

Eine etwas andere Unterteilung der Online-Werbeformen zeigt eine BITKOM-Statistik von 2012, die der Frage nachgeht, durch welche Werbeformen sich Internet-Nutzer am ehesten zu einem Kauf anregen lassen. Die Ergebnisse zeigt Insert 4-09.

Insert

Persönliche Empfehlungen und Rabattgutscheine sind besonders erfolgreiche Marketingmethoden im Internet. Das geht aus einer Studie im Auftrag des Hightech-Verbandes BITKOM hervor. Demnach wurde jeder vierte Internetnutzer (23 Prozent) durch Produktempfehlungen anderer Kunden eines Online-Shops zu einem Kauf angeregt. Ebenfalls 23 Prozent ließen sich durch Rabattgutscheine (Coupons) gewinnen, 19 Prozent durch Empfehlungen von Freunden in sozialen Netzwerken. Soziale Netzwerke gewinnen für Werbetreibende an Be-

deutung. Insgesamt wurden mindestens 56 Prozent der Internetnutzer schon durch Online-Werbung zu einem Kauf oder einer Bestellung angeregt. Am stärksten sprechen jüngere Onliner von 14 bis 29 Jahre auf Werbung an – zwei Drittel (67 Prozent) gingen auf entsprechende Angebote ein. Die größte Zurückhaltung zeigen ältere Nutzer ab 65 Jahren. Unter ihnen ließ sich nur jeder Vierte (27 Prozent) von Online-Werbung überzeugen. [Quelle: BITKOM-Pressemitteilung vom 26. Juni 2012]

Insert 4-09: Die erfolgreichsten Werbeformen im Web

4.3.2.2 Wirkungsweisen von Online-Werbung

Bei der Wirkungsweise von Online-Werbung lassen sich zwei Wirkungsdimensionen unterscheiden [vgl. RODDEWIG 2003, S. 89]: • •

Kommunikationsleistung Interaktionsleistung.

4.3 Kommunikationsinstrumente

257

Die Kommunikationsleistung zielt auf die Beeinflussung des Wissens und der Einstellung des Betrachters. Zu den wichtigsten Messkriterien der Kommunikationsleistung zählen die Markenbekanntheit und das Markenimage. Bei der Interaktionsleistung geht es um die Veränderung des Verhaltens des Betrachters. Messkriterien sind hierbei die Klickrate, die Anzahl der erfolgten Online-Käufe oder das Hinterlassen von Information z. B. durch Registrierung. Um sowohl die Kommunikations- als auch die Interaktionsleistung zu erhöhen, steht dem Webdesigner eine ganze Reihe von Wirkungselementen zur Verfügung. In Abbildung 4-20 sind beispielhaft einige Wirkungselemente der Banner-Werbung auf verschiedene Werbeziele zusammengestellt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Online-Werbung zur Erreichung vieler Werbeziele einen erheblichen Beitrag leisten kann. Dabei stellt die Möglichkeit, eine direkte realtime Erfolgskontrolle eines Werbemittels durchführen zu können, einen bedeutenden Vorteil gegenüber anderen Signalisierungsinstrumenten dar. Ziele

Wirksame Bannerelemente

Ziele der Kommunikationsleistung

Ziele der Interaktionsleistung

Markenimage verbessern Markenbekanntheit steigern

Klickrate steigern Kaufinteresse steigern

• Markenname einbinden • Klare und zielgruppengerichtete Texte • Permanent sichtbares Logo • Produkt- bzw. unternehmensbezogene Bilder

• Einsatz scheinbar interaktiver Bildelemente • Aggressive und provokante Texte • Klare Handlungsaufforderung („Klick hier“) • Signalfarben verwenden

[Quelle: RODDEWIG 2003, S. 118]

Abb. 4-20:

Wirksamkeit einzelner Bannerelemente auf verschiedene Werbeziele

4.3.2.3 Web 2.0-Entwicklung und Social Media

Die Nutzung des Internets im Marketing beschränkt sich nicht nur auf das reine, kundengerichtete Online-Marketing. Seitdem Foren, Blogs und Social Networks bestehen, haben sich sowohl für Unternehmen, als auch für Kunden und Interessenten neue Potenziale eröffnet, wenn es um die Suche nach Informationen über die jeweils andere Seite geht. Die Kommunikation verlagert sich also zunehmend vom privaten in den öffentlichen Raum. Zusammengefasst wird diese Entwicklung unter dem Schlagwort Web 2.0, das die Kommunikation in beide Richtungen zulässt. Web 2.0-Anwendungen ermöglichen den Kunden heutzutage, eigenständig zu kommunizieren und produkt- und unternehmensspezifische Botschaften im Netz zu verbreiten [vgl. ECKARDT 2010, S. 165].

258

4. Kommunikation

Im Einzelnen stehen sowohl Unternehmen als auch Kunden folgende Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung zur Verfügung: • • • • •

Blogs (Kurzbezeichnung für Weblogs) Wikis und Nachschlagewerke Beziehungsnetzwerke (engl. Social Networks) Podcasts RSS Feed (engl. Really Simple Syndication).

In Abbildung 4-21 sind diese Begriffe im Einzelnen erläutert.

Blogs (Kurzbezeichnung für Weblogs)

Online-Tagebücher, in denen Personen zu persönlichen und fachlichen Themen Texte und Bilder veröffentlichen

Wikis und Nachschlagewerke

Enzyklopädien wie Wikipedia, die von den Nutzern selbst erstellt, korrigiert und weiterentwickelt werden

Beziehungsnetzwerke

Webanwendungen wie Xing oder LinkedIn, die es ermöglichen, persönliche Profile anzulegen und diese miteinander zu verknüpfen, um Beziehungen zwischen Personen abzubilden

Podcasts

Selbstproduzierte Audioaufnahmen, die auf dem Computer direkt gehört oder auf ein tragbares Gerät (z.B. APPLE iPod) überspielt werden können

RSS Feed

Abonnement-Funktion, die neue Inhalte aus ausgewählten Blogs, Podcasts und anderen Informationsquellen direkt in den Browser oder an das E-Mail-Programm des Nutzers sendet

(engl. Social Networks)

(Really Simple Syndication)

[Quelle: JÄGER 2008, S. 57 f. und JÄGER et al. 2007, S. 10]

Abb. 4-21:

Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung

Bei einem Corporate-Blog sind die Unternehmen im Gegensatz zu sozialen Netzwerken oder Micro-Blogs in höherem Maße gefordert, selbst regelmäßig Inhalte zu erstellen. Das erfordert gut geplante Prozesse, ausreichende personelle Ressourcen und engagierte Mitarbeiter. Oft lohnt sich dieser Aufwand aber für die Unternehmen, denn ein eigener Blog kann sich auch in Firmen mit knappem Budget zum erfolgreichen PR- und Marketinginstrument entwickeln und damit den Geschäftserfolg vorantreiben. Es verwundert allerdings nicht, dass unter den oben aufgeführten Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung die Beziehungsnetzwerke mit deutlichem Abstand dominieren. So sind Unternehmenspräsenzen in sozialen Netzwerken mit 86 Prozent am weitesten verbreitet. Auf dem zweiten Platz folgen Präsenzen auf VideoPlattformen (28 Prozent). Solche Video-Kanäle besitzen insbesondere für Großunternehmen eine hohe Relevanz: 81 Prozent der Großunternehmen, die Social Media einsetzen, stellen auf diesen Plattformen eigene Filme ins Internet (siehe Insert 4-10, obere Grafik). Die Attraktivität von sozialen Netzwerken liegt für Unternehmen in der Möglichkeit, eine Vielzahl Menschen dort zu erreichen, wo sie einen Großteil ihrer Internet-Zeit verbringen: Denn Internetnutzer in Deutschland verbringen derzeit fast ein Viertel (23 Prozent) ihrer gesamten Online-Zeit in sozialen Netzwerken. Internet-User sind also durchaus eine attraktive

4.3 Kommunikationsinstrumente

259

Zielgruppe, um nicht nur den Bekanntheitsgrad von Unternehmen zu steigern, sondern auch um neue Kunden zu akquirieren bzw. Kundenbeziehungen herzustellen und zu festigen (siehe Insert 4-10, untere Grafik).

Insert Social Media in deutschen Unternehmen Ergebnisse einer repräsentativen Studie des Hightech-Verbandes BITKOM Einsatz von Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung

Unternehmenspräsenzen in sozialen Netzwerken sind mit 86% am weitesten verbreitet. Darunter fallen z.B. Facebook-Seiten von Unternehmen sowie Firmenprofile bei XING und Google+. Den sozialen Netzwerken folgen mit weitem Abstand die Präsenzen von Unternehmen auf Video-Plattformen (28 Prozent). Solche Video-Kanäle (z.B. ein YouTubeChannel) besitzen ins-besondere für Großunterneh-

men eine hohe Relevanz: 81 Prozent der Großunternehmen, die Social Media einsetzen, stellen über diese Plattformen eigene Filme ins Internet. Unternehmens-Blogs werden von 28 Prozent der Unternehmen eingesetzt. [Quelle: BITKOM-Studie: Social Media in deutschen Unternehmen 2012]

Ziele von Social Media-Aktivitäten

Das wichtigste Ziel der Social Media nutzenden Firmen ist die Steigerung der Bekanntheit der Marke oder des Unternehmens (82 Prozent). Dies gilt nahezu in gleichem Maße für alle Unternehmensgrößen und Branchen. Lediglich in der Dienstleistungsbranche ist dieses Ziel noch wichtiger als in den anderen Branchen (90 Prozent). Die Akquise neuer Kunden ist als Social-Media-Ziel für 72 Pro-

zent der Unternehmen von Bedeutung. Immerhin fast jedes fünfte Großunternehmen (19 Prozent), das soziale Medien einsetzt, setzt bei der Erweiterung seines Produkt- und Dienstleistungsportfolios auf die Zusammenarbeit mit seinen Kunden via Social Media. [Quelle: BITKOM-Studie: Social Media in deutschen Unternehmen 2012]

Insert 4-10: Social Media in deutschen Unternehmen 2012

260

4. Kommunikation

Ebenso wie die sozialen Netzwerke die verschiedenen Anwendungsformen der Web 2.0Entwicklung dominieren, so beherrscht FACEBOOK die Online-Communitys (siehe Insert 411).

Insert

FACEBOOK führt die Top10 der Online-Communitys in Deutschland an. Die weltweit 600 Millionen Menschen umfassende Gemeinschaft findet auch in Deutschland bei 47 Prozent der Internetnutzer Anklang. Zählt man die VZ-Netzwerke zusammen, landen sie mit rund 27 Prozent auf dem zweiten Platz, zusammen mit dem Portal STAYFRIENDS. Dahinter kommt Wer-kennt-wen mit 24 Prozent. Die

auf berufliche Vernetzung ausgerichtete Webseite XING erreicht neun Prozent der Internetnutzer. Methodik: Im Auftrag des BITKOM befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa deutschlandweit 1.001 deutschsprachige Internetnutzer ab 14 Jahren. Die Umfrage ist repräsentativ. [Quelle: BITKOM-Pressemitteilung vom 10.04.2011]

Insert 4-11: Die Top-10 der Online-Communitys Social Media ist also auf dem besten Weg, sich vom Kommunikationskanal zum Wertschöpfungsfaktor zu entwickeln. Dazu werden in der Regel drei Phasen durchlaufen [vgl. BITKOMPräsentation v. 9.5.2012]: •

In der ersten Phase wird mit dem Einsatz von sozialen Medien experimentiert. Erfahrungen über Technologie und Gesetze müssen gesammelt werden.



Die zweite Phase sieht einen strukturierten Einsatz der sozialen Medien vor, der vor allem durch Marketing (Werbung, PR) getrieben ist. Außerdem werden mehr Ressourcen für die Prozesse und für die Kommunikation bereitgestellt.



In Phase drei werden soziale Medien in die internen Prozesse und Strukturen der Unternehmen eingebunden. Damit wird Social Media zu einem wichtigen Wertschöp-

4.3 Kommunikationsinstrumente

261

fungsfaktor. Beispiele sind die Integration sozialer Netzwerke in den Kundenservice, die Zusammenarbeit von Projekt-Teams auf Basis von social Software oder die Einbindung von externen Interessengruppen in den Innovationsprozess. Die Stichworte lauten hier Open Innovation und Crowd Sourcing. Als Beispiel für die unternehmensweite Nutzung einer freizeitorientierten Netzwerkplattform ist in Insert 4-12 die FACEBOOK-Seite der deutschen LUFTHANSA dargestellt. Auf diese Weise ist es für interessierte Kunden (und bspw. auch Bewerber) leicht und unkompliziert möglich, mit „Be Lufthansa“ in Verbindung zu treten. Die Beteiligung an einer Netzwerkplattform bedeutet für das Unternehmen ein gewisses Investment, da sich ein autorisiertes Team um die Beantwortung der Fragen, Reklamationen etc. zeitnah bemühen muss. Fazit: Die Nutzung von Web 2.0-Anwendungen haben nicht nur die Kommunikationsmöglichkeiten für Unternehmen, sondern auch für Kunden erheblich erweitert. Denn mit dem aktiven Einsatz sozialer Medien betreten die Unternehmen nicht nur einen, sondern – je nach Mitarbeiterzahl – Tausende von Kommunikationskanälen. Damit verlieren die Unternehmen die absolute Kontrolle über ihre Kommunikation. Sie stehen vor der Herausforderung, die Kunden aktiv einzubeziehen und auf diese zu hören. Im Social Web reicht es nicht mehr, einseitig Botschaften zu verbreiten. Stattdessen rückt der Dialog mit den Interessengruppen in den Vordergrund. Darauf müssen sich die Unternehmen einstellen [vgl. ECKARDT 2010, S. 165].

262

4. Kommunikation

Insert

Insert 4-12: Die Facebook-Seite der LUFTHANSA

4.3 Kommunikationsinstrumente

263

4.3.3 Direktwerbung Die Direktwerbung (auch als Direktmarketing bezeichnet) umfasst alle Kommunikationsmaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, durch eine gezielte Einzelansprache einen direkten Kontakt zum Adressaten herzustellen [vgl. DALLMER 2002, S. 11]. Wichtigste Zielsetzung des Direktmarketings ist die Gewinnung von Neukunden und die intensivere Betreuung bestehender Kunden (→ Kundenbindung). Nach der Art der Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager lassen sich drei Erscheinungsformen des Direktmarketings unterscheiden [vgl. BRUHN 2007, S. 387 f.]: • • •

Passives Direktmarketing Reaktionsorientiertes Direktmarketing Interaktionsorientiertes Direktmarketing.

Passives Direktmarketing liegt vor, wenn Kunden bzw. Interessenten mit adressierten Werbebriefen oder mit unadressierten Mailings in Form von Flugblättern oder Hauswurfsendungen angesprochen werden. Durch diese Form der Direktwerbung wird zwar auf das Leistungsprogramm des Unternehmens aufmerksam gemacht, es entsteht aber kein direkter Kundendialog. Beim reaktionsorientierten Direktmarketing wird mit der direkten und individuellen Ansprache des Kunden/Interessenten die Möglichkeit einer Reaktion gegeben. Dies kann in Form sog. Mail Order Packages oder mit Anzeigen-Coupons (Direct-Response-Werbung) erfolgen. Die dritte Erscheinungsform ist das interaktionsorientierte Direktmarketing. Durch die individuelle Kundenansprache über das Telefon (Telefonmarketing) treten Anbieter mit selektierten Personen in einen unmittelbaren Dialog. Hierbei besteht die Möglichkeit, individuell auf Wünsche und Anregungen der Zielpersonen zu reagieren und zudem eine direkte Erfolgsmessung durchzuführen [vgl. HOLLAND 2004, S. 30]. In Abbildung 4-22 sind die drei Erscheinungsformen des Direktmarketings dargestellt.

Passives Direktmarketing

Reaktionsorientiertes Direktmarketing

• Versand von adressierten Werbebriefen oder Katalogen • Anonyme Flugblätter oder Hauswurfsendungen • Mail-Order-Packages mit adressiertem Werbebrief, Prospekt/ Informationsmaterial, Bestellliste und Rückumschlag • Werbeanzeige mit Coupon (Direct-Response-Werbung) • E-Mails (Werbebriefe per Internet)

Interaktionsorientiertes Direktmarketing

Abb. 4-22:

Telefonmarketing (in der Regel über Call Center) zur • Neukundengewinnung • Verbesserung der Kundenbeziehung (Kundenpflege)

Erscheinungsformungen des Direktmarketings

264

4. Kommunikation

Bei den genannten drei Erscheinungsformen werden unterschiedliche Medien genutzt. Zu den wichtigsten Direktwerbemedien zählen • • •

Werbebriefe (engl. Mailings) per Post oder Fax, E-Mails (per Internet) und Telefonate (Telefonmarketing).

Die klassische Form der adressierten Werbesendung ist der Werbebrief bzw. das Mailing. Mailings bzw. Mail-Order-Packages setzen sich je nach individueller Zielsetzung aus verschiedenen Teilen zusammen. Neben dem Anschreiben, einem Prospekt oder Katalog, einem Bestellschein und einer Bestell- bzw. Antwortkarte können auch „Give Aways“, Gutscheine und ähnliches beigefügt werden.Zu einem der wichtigsten Medien zur direkten Kundenkommunikation hat sich die E-Mail entwickelt. Die drei gebräuchlichsten Formen sind E-MailWerbebriefe, E-Newsletter und E-Kataloge. Kernaufgabe des Telefonmarketings, mit dessen Durchführung Call Center beauftragt werden, ist der Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen. Besonderes Kennzeichen ist der persönliche, direkte Kontakt mit dem Kunden bzw. Interessenten. Beim sog. OutboundTelefonmarketing wird eine ausgesuchte Zielperson direkt durch den Anbieter oder durch eine Vermittlungsagentur (Call Center) kontaktiert, um Produkte oder Serviceleistungen anzubieten bzw. Informationen zu erfragen. Im B2B-Bereich werden Unternehmen, zu denen eine Geschäftsbeziehung besteht, telefonische Nachfassaktionen (z. B. nach dem Versand einer Seminareinladung) durchgeführt. Auch kann das Outbound-Telefonmarketing im Rahmen der Marktforschung genutzt werden, um Kundendaten für den Aufbau und die Pflege einer Kundendatenbank zu erfragen. Beim sog. Inbound-Telefonmarketing, das häufig durch die Einrichtung eines Servicetelefons unterstützt wird, nimmt die Zielperson von sich aus telefonischen Kontakt zum Anbieter auf. Auslöser solcher Kontaktaufnahmen können Beschwerden, der Wusch zur Kontaktaufnahme, die Teilnahme an Gewinnspielen oder spezielle PromotionKampagnen mit einem kostenlosen Bestellservice unter einer 0800er-Telefonnummer (z. B. Teleshopping) sein [vgl. BRUHN 2007, S. 394]. Abbildung 4-23 liefert einen Überblick über die wichtigsten Direktwerbemedien. Werbebriefe (engl. Mailings)

• Standard-Mailings (vorwiegend Informationscharakter) • Post-Order-Packages (mit vollständigem Bestellservice) • E-Mail-Werbebriefe

E-Mails

• E-Newsletter (informiert in regelmäßigen Abständen über Produkt- und Unternehmensneuigkeiten) • E-Kataloge

Telefonate (Telefonmarketing)

Abb. 4-23:

• Outbound-Telefonmarketing (Anbieter oder Vermittlungsagentur nimmt Kontakt mit dem Kunden/Interessenten auf) • Inbound-Telefonmarketing (Zielperson nimmt von sich auf Kontakt i. d. R. über einer Servicenummer auf)

Wichtige Direktwerbemedien

4.3 Kommunikationsinstrumente

265

Eine wichtige Voraussetzung für ein leistungsfähiges Direktmarketing ist die Verfügbarkeit von leistungsfähigen Kundendatenbanken. Das Database-Marketing ermöglicht eine individualisierte Kunden- und Interessentenansprache, wobei die Daten über Kunden und Interessenten in einer Datenbank systematisch organisiert sind. In dieser Datenbank müssen alle erforderlichen Daten gespeichert, aktualisiert und jederzeit segmentspezifisch abrufbar sein. Der Trend geht dabei mehr und mehr zum Aufbau von E-Mail-Datenbanken, um selektierte Zielpersonen direkt über das Internet anzusprechen. Die Gefahr des E-Mail-Marketings besteht allerdings darin, dass immer mehr Personen, die unaufgefordert E-Mails erhalten, Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Privatsphäre äußern. Daher kommt dem so genannten Permission Marketing eine immer größere Bedeutung zu; d. h. dem Kunden/Interessenten bleibt die Entscheidung überlassen, ob er Informationen über das Unternehmen erhalten möchte oder nicht [vgl. BRUHN 2007, S. 395 f.].

4.3.4 Below-the-line-Kommunikation 4.3.4.1 Verkaufsförderung

Das Instrument der Verkaufsförderung (engl. Sales Promotion) verfügt flankierend zur klassischen Werbung über vielfältige Möglichkeiten zur Absatzaktivierung am Ort des Verkaufs (engl. Point of Sale (PoS)). Dabei können – vornehmlich für den B2C-Bereich – drei Stufen bzw. Zielgruppen aus Sicht des Anbieters unterschieden werden [vgl. BECKER 2009, S. 587]: • • •

Verkäuferpromotion (engl. Staff Promotion), Händlerpromotion (engl. Trade Promotion), Verbraucherpromotion (engl. Consumer Promotion).

Bei der Verkäuferpromotion stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und zur Motivation des Verkaufspersonals im Vordergrund. Zielgruppe dieser Promotionsmaßnahmen, die von Verkaufstrainings über Verkaufswettbewerbe bis hin zu Verkaufshandbüchern reichen, sind Mitarbeiter der eigenen Verkaufsorganisation. Die Händlerpromotion hat die Festigung der Beziehungen zum Handel zum Ziel. Dieses kann mit Hineinverkaufsmaßnahmen (engl. Sell-in) oder mit Herausverkaufsmaßnahmen (engl. Sell-out) erreicht werden. Zu den typischen Sell-in-Maßnahmen zählen vor allem finanzielle Anreize wie Listungsgelder, Einführungsrabatte und Werbekostenzuschüsse. Sellout-Maßnahmen sind Verkaufsförderungsmittel wie Displays, Dekorationsmaterial, Verkostungen oder Regalbeschickung und -pflege [vgl. BECKER 2009, S. 591]. Maßnahmen der Verbraucherpromotion überschneiden sich zu einem großen Teil mit denen des Online- und Direktmarketings. Zu den wichtigsten verbrauchergerichteten Maßnahmen zählen u. a. das Couponing (Wertgutschein zur Einlösung eines erheblich preisreduzierten Produkts), Preisausschreiben, Gewinnspiele und Verbraucherzeitungen.

266

4. Kommunikation

In Abbildung 4-24 sind die wichtigsten Promotionsmaßnahmen aufgeführt. Verkäuferpromotions

Händlerpromotions

Verbraucherpromotions

Sell-in-Maßnahmen

Sell-out-Maßnahmen

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

• Verkäuferbriefe • Verkäuferinformationen • Verkaufstrainings • Verkaufswettbewerbe • Incentives • Verkaufshandbücher

• Verkaufsbriefe • Händlerschulungen • Listungsgelder • Einführungsrabatte • Werbekostenzuschüsse

• Displays • Dekorationsmaterial • Regalbeschickung und -pflege • Verkostungen • Probierpackungen

• Couponing • Verbraucherzeitungen • Prospekte • Preisausschreiben • Gewinnspiele • Warenproben

Verkäufergerichtete Maßnahmen zur Verbesserung der Verkaufsqualität

Abb. 4-24:

Handelsgerichtete Maßnahmen zur Festigung der Beziehung zum Handel

Verbrauchergerichtet e Maßnahmen zur Initiierung von Käufen

Wichtige Promotionsmaßnahmen

Obwohl ein Großteil der Verkaufsförderungsmaßnahmen handelsgerichtet und damit eine Domäne des B2C-Marketings ist, gewinnt diese Form der Absatzaktivierung aber auch im B2B-Bereich zunehmend an Bedeutung. Zu solchen B2B-Verkaufförderungsaktivitäten zählen: • • • • • • • • •

Prospekte und Kataloge Seminare und Vorträge Produktinformationsveranstaltungen Interessenten-Workshops Produktdemos Testversionen und Konfiguratoren (z. B. im Softwarebereich) Referenzbesuche Installations- und Referenzlisten User-Clubs.

4.3.4.2 Öffentlichkeitsarbeit

Während Werbung und Verkaufsförderung auf die Absatzaktivierung und auf die Kundenbeziehungen ausgerichtet sind, wendet sich die Öffentlichkeitsarbeit (engl. Public Relations (PR)) mit ihren Aktivitäten an alle Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) des Unternehmens. Ziel der PR ist es, diese Gruppen (z. B. Kunden, Aktionäre, Lieferanten, Mitarbeiter, öffentliche Institutionen) über das Unternehmen zu informieren und auf diese Weise Vertrauen aufzubauen und zu erhalten. Dabei gehen die Anforderungen dieser Anspruchsgruppen heutzutage deutlich über die Profilierung des Produkt- und Leistungsprogramms hinaus und stellen die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens – Corporate Social Responsibility (CSR) – in den Mittelpunkt. So muss eine glaubwürdige und nachhaltige Öffentlich-

4.3 Kommunikationsinstrumente

267

keitsarbeit (verkürzt auch Pressearbeit genannt) den Nachweis dieser Verantwortung in Form von sicheren Arbeitsplätzen, Engagement für die Umwelt, umweltverträglichen Produkten, Weiterbildungsangeboten u. a. erbringen [vgl. BECKER 2009, S. 600 f.]. In der betrieblichen Praxis ist die Öffentlichkeitsarbeit in der Kommunikationsabteilung (Unternehmenskommunikation) organisatorisch verankert und wendet sich an zwei Zielgruppen: •

Unternehmensinterne Öffentlichkeit (interne Zielgruppen: Mitarbeiter, Eigentümer, Management, Betriebsrat),



Externe Öffentlichkeit (externe Zielgruppen: Kunden, Presse und Journalisten, Lieferanten, Fremdkapitalgeber, Verbraucherorganisationen, Staat und Gesellschaft).

In Abbildung 4-25 sind wichtige PR-Maßnahmen den entsprechenden Ansprechpartnern der internen und externen Kommunikation zugeordnet. Grundlage und sicherlich das wichtigste Instrument der klassischen PR-Arbeit ist die Pressemitteilung. Hauptanlässe für die Herausgabe von Pressemitteilungen sind: • • • • • • • • •

Neue Produkte Personalveränderungen Jahresabschlüsse Großaufträge Messebeteiligungen Jubiläen Wichtige Besuche/Werksbesichtigungen Soziales Engagement (Sozialbilanz) Krisenkommunikation.

Neben Pressemitteilungen bilden Pressekonferenzen sowie der persönliche Dialog mit Journalisten und Medienvertretern die Grundlage für eine den Unternehmenszielen entsprechende Berichterstattung im redaktionellen Teil der Medien. Interne Kommunikation

Externe Kommunikation

Mitarbeiter

Kunden

Presse und Journalisten

• Mitarbeiterzeitschriften

• Kundenzeitschriften

• Prospekte, Flyer, Broschüren

• Produkt- und ImageBroschüren

• Handbücher und Dokumentationen

• Prospekte, Flyer

• Pressemitteilungen (Pressemeldung, Presseerklärung, Pressebericht, Datenblätter, Factsheets)

• Berichte, Protokolle und Rundschreiben

• Q & A-Papiere

• Briefe und E-Mails • Newsletter und Informationsdienste • Aushänge, Plakate

• Mailings • Newsletter und Informationsdienste • PR- und Werbeanzeigen • Plakate

• Themenexposées • Pressemappen • Pressedienste und Newsletter • PR-Anzeigen • Interviews

• Beilagen für Zeitschriften

• Pressekonferenz, gespräch, -empfang

• Kataloge

• Journalistenreisen • Presseseminar

Abb. 4-25:

Wichtige PR-Maßnahmen und ihre Zielgruppen

Geschäftspartner, Investoren etc. • Geschäftsbericht • Umweltbericht • (Image-) Broschüren, Prospekte, Flyer • Mailings • Newsletter und Informationsdienste • PR- und Werbeanzeigen

268

4. Kommunikation

Die Nutzung von Web 2.0-Applikationen und Suchmaschinen haben aber nicht nur die Möglichkeiten der Kommunikation durch das Internet für Unternehmen und Kunden, sondern auch für die eigenen Mitarbeiter des Unternehmens erheblich erweitert. Diese können ihre Meinungen nun auch fernab von Presse- und Kommunikationsabteilungen veröffentlichen. Zukünftig werden also immer mehr Mitarbeiter freiwillig oder unfreiwillig zu Botschaftern ihres Unternehmens bzw. der Unternehmensmarke. Auf diese (weitgehend unkontrollierbaren) Kommunikationswege müssen sich die Verantwortlichen für die Unternehmenskommunikation einstellen und vorbereiten [vgl. LIPPOLD 2011, S. 71]. 4.3.4.3 Sponsoring

In engem Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit hat sich mit dem Sponsoring ein vergleichsweise neues Kommunikationsinstrument etabliert. Sponsoring bedeutet die systematische Förderung von Personen, Organisationen oder Veranstaltungen im sportlichen, kulturellen, sozialen oder ökologischen Bereich sowie im Bereich der Medien zur Erreichung von Marketing- und Kommunikationszielen. Anders als bei Spenden beinhaltet Sponsoring das Prinzip von Leistung und Gegenleistung, d. h. der Sponsor stellt seine Fördermittel in der Erwartung zur Verfügung, dass der Gesponserte ihn bei dessen Aktivitäten ausdrücklich nennt. Entsprechend wird von einem Sponsorship gesprochen, wenn Sponsor und Gesponserter ein konkretes Projekt in einem bestimmten Zeitraum gemeinsam durchführen [vgl. BRUHN 2007, S. 411]. Bei der Auswahl des Sponsorings bzw. Sponsorships sollte darauf geachtet werden, dass ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit zwischen Sponsor und gesponsertem Bereich gegeben ist, damit sich positive Imagekomponenten übertragen lassen (Imagetransfers). Mögliches Ziel der Sponsoring-Aktivitäten ist die Erhöhung des Bekanntheitsgrades, die Aktualisierung des Images oder die Dokumentation gesellschaftlicher Verantwortung. Folgende Sponsoring-Bereiche kommen in Frage [vgl. BRUHN 2007, S. 414 ff]: •

Sportsponsoring (mit Einzelsportlern, Mannschaften, Sportveranstaltungen und Sportarenen als Kommunikationsträger),



Kultursponsoring (mit Künstlern, Kulturgruppen, Kulturorganisationen, Kulturveranstaltungen und Stiftungen als Kommunikationsträger),



Soziosponsoring (mit sozialen, staatlichen, wissenschaftlichen und bildungspolitischen Institutionen als Kommunikationsträger),



Umweltsponsoring (mit lokalen, nationalen und internationalen Umweltschutzorganisationen als Kommunikationsträger),



Mediensponsoring (mit Fernsehen, Rundfunk, Kino und Internet-Unternehmen als Kommunikationsträger).

4.3 Kommunikationsinstrumente

269

In Abbildung 4-26 sind den einzelnen Sponsoring-Bereichen eine Auswahl verschiedener Sponsoring-Maßnahmen zugeordnet.

Sportsponsoring • Trikotsponsoring • Bandenwerbung • Breitensportförderung • Leistungssportförderung • Sponsoring von Meisterschaften

Abb. 4-26:

Kultursponsoring

Soziosponsoring

• Förderung von Kunstausstellungen

• Förderung sozialer Einrichtungen (wie Kinderhilfswerk)

• Konzertförderung • Förderung von Musikwettbewerben • Vergabe von Stipendien • Gründung eigener Stiftungen

• Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen • Gründung eigener Stiftungen

Umweltsponsoring

Mediensponsoring

• Förderung von Umweltschutzaktionen

• Förderung von Fernseh- und Rundfunksendungen

• Förderung von Umweltprojekten • Förderung von Natur/Artenschutzaktionen

• Förderung von (Fernseh-)Filmen • Förderung von Internetauftritten

Sponsoring-Bereiche und Sponsoring-Maßnahmen

Unter den genannten Sponsoring-Bereichen soll hier kurz auf das Sport-Sponsoring eingegangen werden, weil es etwa die Hälfte des gesamten Sponsoring-Budgets (45 Prozent) ausmacht. Es folgen das Kultursponsoring mit 18 Prozent und Soziosponsoring mit 16 Prozent [Quelle: BBDO, STATISTA 2014]. Sport und insbesondere Sportübertragungen im Fernsehen haben einen sehr hohen Stellenwert bei den deutschen Zuschauern. Ganz vorn in der Publikumsgunst stehen Fußball, Motorsport (insbesondere Formel 1 und DTM), Leichtathletik und Biathlon, das unter den Wintersportarten die eindeutige Nummer Eins ist (siehe Insert 4-13). Insbesondere bei großen, internationalen Sportereignissen mit deutscher Beteiligung können auch Werbetreibende im Rampenlicht glänzen. Mit ihrem Engagement im Sport wollen diese Firmen ihre Medien- und Markenpräsenz weiter ausbauen. Media-Experten bescheinigen den verschiedenen Werbeformen wie Splitscreens oder Solospots, aber auch den klassischen Spots im Sportumfeld eine hohe Effizienz. Der Erfolg eines Sportsponsorings ist allerdings nicht allein auf die Auswahl der passenden Sportart oder der Sportler zu sehen, sondern auch in der konzeptionellen Planung und Beständigkeit, mit der das Sponsoring als Marketinginstrument betrieben wird. Sponsoring ist ein vergleichsweise kostengünstiges Kommunikationsinstrument. Durch seine überwiegende Präsenz im Freizeitbereich ist es in besonderem Maße geeignet, die häufig ablehnende Haltung von Konsumenten gegenüber der (klassischen) Werbung zu umgehen. Ein weiterer Vorteil des Sponsorings ist darin zu sehen, dass es die gesellschaftspolitische Verantwortung des Unternehmens (engl. Corporate Social Responsibility) dokumentieren kann, sofern das Verhalten des Unternehmens auch den durch das Sponsoring nach außen dokumentierten Ansprüchen gerecht wird [vgl. BRUHN 2014, S. 237].

270

4. Kommunikation

Insert Deutsche lieben Fußball, Formel 1, Leichtathletik und Biathlon

Das Marktforschungs- und Beratungsinstitut VOCATUS hat in einer internationalen Befragung in 16 Ländern die Einstellungen zu Sport und Sportsponsoring unter die Lupe genommen. Danach ist Sport für die meisten Menschen ein sehr wichtiges Thema. Durchschnittlich rund drei Viertel der insgesamt rund 9300 Befragten haben Interesse und

Spaß an Sport und informieren sich darüber in Fernsehen und Printmedien. Weiteres Resultat: Mit 71,1 Prozent ist Fußball die mit Abstand beliebteste Sportart in Deutschland, vor Formel 1 (46,6 %), Leichtathletik (42,7 %) und Biathlon (40,0 %). [Quelle: Sponsoring und Werbung im Sport, aus Media Perspektiven 9/2010]

Insert 4-13: Die deutsche Biathlon-Damenstaffel 2010 als Beispiel für Sportsponsoring Das Sponsoring stellt somit eine Teilmenge des Corporate Social Responsibility (CSR) dar. Während CSR 2011 von der EU als die Verantwortung der Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft schlechthin definiert wird und dies als freiwillige Selbstverpflichtung im Rahmen der eigentlichen Geschäftstätigkeit angesehen wird, beschreibt das Sponsoring lediglich einen Teil des gesellschaftlichen Engagements (z. B. im sportlichen Bereich). Weitere gesellschaftliche Engagements eines Unternehmens, die unter dem Begriff Corporate Citizenship (CC) zusammengefasst werden, sind Spenden (engl. Corporate Giving), Stiftungen (engl. Corporate Foundation) sowie das ehrenamtliche Engagement einzelner Mitarbeiter (engl. Corporate Volunteering). In jüngster Zeit gehen die Unternehmen zunehmend dazu über, den strategischen Oberbegriff Corporate Responsibility (CR), der teilweise um den Begriff Nachhaltigkeit ergänzt wird (z. B. als Corporate Responsibility & Sustainability), zu verwenden. Teil des CR ist auch die Corporate Governance, die das Fundament für die Leitung und Überwachung sowie für das ethische Verhalten und das Wertesystem eines Unternehmens bildet [vgl. REUSS 2014, S. 201]. In Abbildung 4-27 sind alle oben genannten Begriffe aufgeführt und entsprechend voneinander abgegrenzt.

4.3 Kommunikationsinstrumente

271

Corporate Responsibility

Corporate Governance

Corporate Social Responsibility

• Compliance

Corporate Citizenship Arbeitsplatz

Geschäft

Umwelt

Gemeinwesen

• Umweltschutz

• Sponsoring

• Produktentwicklung

• Ressourceneffizienz

• Spenden (Corporate Giving)

• Arbeitssicherheit

• Marketing

• Carbon Footprint

• Work-LiveBalance

• Prozesse

• Abfall etc.

• Ehrenamtliches Engagement (Corporate Volunteering)

• Karriereentwicklung

• Kundenbeziehungen

• Diversity

• Gehalt

• Lieferkette etc.

• Weiterbildung etc.

• Reputation • Risikomanagement • (Anti-)Korruption • Unternehmensethik • Transparenz

• Unternehmensstiftungen (Corporate Foundation)

[Quelle: REUSS 2014, S. 201 unter Bezugnahme auf REUSS/W ISMETH 2013]

Abb. 4-27: Corporate Responsibility und Sponsoring

4.3.4.4 Product Placement und Product Publicity

Beim Product Placement werden Markenprodukte, -namen oder -logos gezielt in Videound Filmproduktionen gegen finanzielle oder sachliche Zuwendungen integriert. Vorteil des Product Placements ist die erhöhte Authentizität des Markenauftritts, da der Nachfrager die kommunikative Beeinflussung nicht bewusst wahrnimmt [vgl. MEFFERT 2008, S. 689]. Mit der aktuellen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages (RStV vom 1. April 2010), die an EU-Richtlinie zu audiovisuellen Mediendiensten anknüpft, wird in Deutschland zum ersten Mal der Einsatz von Product Placement im Fernsehen geregelt. Danach gilt im Kern ein Verbot des Product Placement. Für bestimmte Sendeformen wie Kinofilme, TV-Serien, Fernsehfilme, Sportfilme und Sendungen der leichten Unterhaltung ist der Einsatz allerdings gestattet. In diesen Formaten darf Product Placement bei privaten Sendern gegen Entgelt, bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in Form der unentgeltlichen Beistellung von Requisiten erfolgen. Ein striktes Verbot des Product Placement besteht für Nachrichten- und Kindersendungen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen sowie politische Sendungen. Im Kino dagegen ist Product Placement seit jeher erlaubt. Bekannte Beispiele sind der ALPHA ROMEO Spider in „Die Reifeprüfung“ (1967), die Verwendung des APPLE-Logos in „Forest Gump“ (1994), RAY BAN-Sonnenbrillen in „Men in Black“ (1997), diverse James-Bond-

272

4. Kommunikation

Filme sowie die Verwendung von über 60 (!) Marken in „Sex and the City: The Movie“ (2008). Insert 4-14 zeigt ein Product Placement des AUDI RSQ, der als Prototyp eigens für den Film „I, Robot“ (2004) gebaut wurde.

Insert Product Placement: Hollywood liebt deutsche Autos

Helden-Auto für Will Smith: Der fiktionale Audi RSQ

Eigens für die Filmwelt des Jahres 2035 kreierte AUDI ein neues Modell: das fiktionale Sportcoupé AUDI RSQ mit Flügeltüren und Kugelrädern. Die spektakuläre Aktion schlug ein: In über 40 Ländern wurde über das Filmauto berichtet, zeitweilig gab es 37.000 Google-Treffer zum Stichwort "AUDI RSQ".

Die Zusammenarbeit kam auf Anregung des "Robot"-Regisseurs Alex Proyas zustande. Zusammen mit den amerikanischen Set-Designern entwickelten die AUDI-Ingenieure das futuristische Modell, das sogar "bedingt fahrtüchtig" ist. [Quelle: Spiegel-Online 22.02.2005]

Insert 4-14: Beispiel für ein Product Placement von AUDI in „I, Robot“ (2004) Product Publicity (auch als Produkt-PR bezeichnet) ist eine Sonderform der Öffentlichkeitsarbeit. Sie versucht, ein neues Produkt (Marke) in den redaktionellen Teilen von Publikums- oder Fachmedien einfließen zu lassen (Beispiel: Testberichte in Automobilzeitschriften). Prinzipiell könnte man Product Publicity sogar als Vorläufer der Öffentlichkeitsarbeit ansehen, denn die ersten PR-Abteilungen sahen anfangs durchaus ihre (alleinige) Aufgabe darin, eine kostenlose Berichterstattung– im Gegensatz zu bezahlten Anzeigen oder Werbespots – in den Medien über ihre Produkte zu erreichen. Heutzutage sind die Ziele und Aufgaben der PRArbeit nicht nur auf den Absatzmarkt beschränkt, sondern richten sich an den Erwartungen der verschiedenen Anspruchsgruppen des Unternehmens aus (siehe Abschnitt 4.3.4.2).

4.3 Kommunikationsinstrumente

273

4.3.4.5 Messen, Ausstellungen, Events

Messen und Ausstellungen haben nicht nur im B2C-Bereich, sondern ganz besonders auch im B2B-Marketing einen hohen Stellenwert. Sie ermöglichen eine direkte Kundenansprache und dienen der Bekanntmachung von neuen Produkten ebenso wie der Anbahnung und Pflege von Kunden- bzw. Geschäftsbeziehungen. Die begriffliche Abgrenzung zwischen Messen und Ausstellungen ist nicht trennscharf vorzunehmen. Messen sind fachlich, zeitlich und geografisch festgelegte Veranstaltungen, bei denen mehrere Anbieter ihr Produkt- und Leistungsangebot den Fachbesuchern (Einkäufern) präsentieren. Ausstellungen sind i. d. R. dem breiten Publikum zugänglich und verfolgen vornehmlich Werbe- und Informationsziele; z. T. dienen Ausstellungen – ebenso wie Messen – aber auch dem Produktverkauf [vgl. BECKER 2009, S. 538 f.]. Deutschland ist weltweit der größte Messeplatz; von den sechs größten Messegeländen der Welt liegen vier in Deutschland (Hannover, Frankfurt, Köln, Düsseldorf). Jährlich werden in Deutschland zwischen 150 und 160 internationale Messen und Ausstellungen durchgeführt, die von ca. 170.000 Ausstellern genutzt und 9 bis 10 Mio. Besuchern besucht werden [Quelle: AUMA 2011]. Hinsichtlich der Breite des Messeangebots kann zwischen Universal- bzw. Mehrbranchenmessen (z. B. Hannover Messe), Branchen- bzw. Fachmessen (z. B. Frankfurter Buchmesse) Kongressausstellungen und Verbraucherausstellungen unterschieden werden. Darüber hinaus ist die Differenzierung in Informationsmessen und in Ordermessen von Bedeutung. Die besondere Bedeutung von Messen und Ausstellungen für den B2B-Bereich bestätigt eine TSN-EMNID-Umfrage aus dem Jahr 2009 unter 500 ausstellenden Unternehmen. Danach sind Messen und Ausstellungen nach der eigenen Homepage das wichtigste Instrument im Kommunikationsmix der befragten Unternehmen (siehe Abbildung 4-26). Ein Augenmerk sollten die anbietenden Unternehmen auf die Wirtschaftlichkeit einer Messebeteiligung legen, da die Zielgruppe nur mit einem hochkonzentrierten, aber erheblichen Aufwand sehr gut erreicht werden kann. So haben in der Vergangenheit einige wichtige Anbieter auf die Präsenz bei der CEBIT verzichtet, da augenscheinlich Kosten und Nutzen nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH (2008), S. 377]. Insert 4-15 gibt einen Überblick über den Stellenwert von Messen im Rahmen der B2BKommunikation.

274

4. Kommunikation

Insert Messen weiter im Mittelpunkt der B2B-Kommunikation

Fast 80 Prozent der deutschen Messeaussteller betrachten Messen als wichtig oder sehr wichtig in ihrem Kommunikations-Mix. Das ist kaum weniger als der Durchschnitt der letzten Jahre trotz wachsendem Medienwettbewerb. Für ausstellende Firmen stehen Messen weiter im Mittelpunkt der B-to-B-

Kommunikation. Dagegen hat die Bedeutung der Werbung in der Fachpresse in den letzten fünf Jahren deutlich abgenommen. Auch der Einsatz von Events wird gegenwärtig als nicht mehr so wichtig eingeschätzt. [Quelle: AUMA-Herbst-Pressegespräch am 05.12.2013]

Insert 4-15: Messen im Kommunikations-Mix Ein Event soll bestimmten Zielpersonen (Verbraucher, Händler, Einkäufer, Meinungsführer, Mitarbeiter) ziel- und konzeptkonforme Kommunikationsinhalte und Präsentationen emotional und erlebnisorientiert vermitteln. Events haben keinen direkten Verkaufscharakter. Zielsetzung ist vielmehr, über eine hohe Aufmerksamkeit in einen Dialog mit den Zielpersonen zu treten, emotionale Erlebnisse zu vermitteln und Aktivierungsprozesse anzustoßen. Events haben üblicherweise eine begrenzte Reichweite, können aber – nicht zuletzt auch über die Teilnahme von Multiplikatoren – Grundlage für ein breit gestreutes Kommunikationsprogramm z. B. über Produktneuheiten sein [vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 2005, S. 124].

4.4 Kommunikationsmedien

4.4

275

Kommunikationsmedien

Nachdem die Grundlagen der Instrumentedimension behandelt worden sind, soll nunmehr auf die Fragen der Mediadimension, also auf die Auswahl geeigneter Werbeträger eingegangen werden. Danach stehen dem Werbeplaner grundsätzlich folgende Kommunikationsmedien (Werbeträger) zur Verfügung (siehe Abbildung 4-28): • • • •

Printmedien Klassische elektronische Medien Online-Medien Außenwerbung.

Signalisierungsmedien (Werbeträger)

Printmedien

Klassische Elektronische Medien

Online-Medien

Außenwerbung

Zeitungen

Fernsehen

Internet

Stationär

Zeitschriften

Radio

Mobile Dienste

Mobil

Anzeigenblätter

Kino

Terminal Systeme

Verzeichnis-Medien Zeitungssupplements Direktwerbung

Abb. 4-28:

Kommunikationsmedien (Werbeträger)

Hinsichtlich der Bedeutung dieser Werbeträger geben die Netto-Werbeeinnahmen bzw. Werbeaufwendungen der erfassbaren Werbeträger einen guten Hinweis (siehe Insert 4-16). Danach entfielen 2013 über 4,13 Mrd. Euro aller erfassbaren Werbeeinnahmen in Deutschland auf das Fernsehen als meistgebuchten Werbeträger. Mit einem deutlichen Abstand folgen die Tageszeitungen mit 2,93 Mrd. Euro. Damit hat das Fernsehen mit einem Marktanteil von 27 Prozent vor den Tageszeitungen mit gut 16 Prozent. Die mit Abstand stärksten Zuwachsraten verzeichnet seit Jahren die Online-Werbung und Mobiles, während die Tageszeitungen, aber auch die Wochen- und Sonntagszeitungen sowie die Publikumszeitschriften seit 2006 Jahr für Jahr kontinuierlich an Marktanteil verlieren. Auch wenn sich der Marktanteil der Online-Werbung und Mobiles mit 7,5 Prozent in dieser Statistik noch relativ bescheiden ausmacht, so muss berücksichtigt werden, dass ein beträchtlicher Teil der Online-Werbung nicht erfassbar ist (z. B. Umsätze mit Affiliate Werbung und teilweise mit mobilen Diensten und Terminal Systemen). Überhaupt wird die Abgrenzung der relevanten Medienmärkte zunehmend schwieriger, da sich Medien, Informationstechnologie und Telekommunikation immer stärker aufeinander zu

276

4. Kommunikation

bewegen. Die Annäherung der zugrunde liegenden Technologien (→ Digitalisierung) und das Zusammenwachsen der Medienmärkte insgesamt wird auch als Konvergenz im Informations- und Kommunikationsbereich bezeichnet [vgl. WIRTZ 2009, S. 44 f.].

Insert Netto-Werbeeinnahmen 2013 in Mrd. Euro Fernsehen

Veränderung Marktgegenüber anteil 2012 2013 4,13

Tageszeitungen

2,93

Anzeigenblätter

1,93

Publikumszeitschriften

1,24

Online und Mobile

1,15

Verzeichnis-Medien

1,02

2,2%

27,0%

-9,4%

19,2%

-3,4%

12,6%

-3,6%

8,1%

9,3%

7,5%

-7,0%

6,7%

Außenwerbung

0,89

2,7%

5,8%

Fachzeitschriften

0,89

3,6%

5,8%

3,7%

4,9%

Hörfunk

0,75

Wochen-/Sonntagszeitungen

0,18

-11,9%

1,2%

Filmtheater

0,08

-9,4%

0,5%

Zeitungssupplements

0,08

-3,2%

0,5%

-1,7 %

100,0%

0

1

Gesamteinnahmen: Fernsehen, das vierte Jahr in Folge werbestärkstes Medium, war erneut der Gewinner bei den 12 Werbeträgern, die der ZAW ausweist. Auch Online, Radio, Außenwerbung sowie die Fachzeitschriften konnten in 2013 ein Plus verbuchen. Letztere stellt das einzige Print-Segment dar, das sich dem Minus-Trend der übrigen Printmedien entziehen konnte: Die Zeitungen, Publikumszeitschriften, Anzeigenblätter und Verzeichnis-Medien weisen ein zum Teil deutliches Minus auf, ebenso die Kinowerbung. Insgesamt fünf Werbeträger lagen im Plus, sieben im Minus, die Ergebnisse 2013 im Detail: TV wuchs um 2,2 Prozent auf 4.125 Mio. Euro. Die Nettowerbeeinnahmen der Tageszeitungen hingegen sanken um 9,4 Prozent auf 2.930 Mio. Euro. Auch die Anzeigenblätter konnten sich dem allgemeinen Print-Negativtrend nicht entziehen: Sie verloren rund 70 Mio. Euro und blieben damit 2013 knapp unter der zwei Milliarden-EuroGrenze mit 1.932 Mio. Euro (-3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Die Publikumszeitschriften verzeichneten zwar einen Rückgang von 3,6 Prozent auf 1.235 Mio. Euro, können sich mit diesem Wert aber etwas stabilisieren (Vorjahr: 1.281 Mio.

2

3

4

5

15,3 Mrd. Euro Euro). Online und Mobile dagegen haben ein deutliches Plus von 9,3 Prozent auf 1.152 Mio. Euro erzielt. Mit diesem Ergebnis überholen sie die Verzeichnis-Medien, die ein Minus hinnehmen mussten und 1.019 Mio. Euro erreichten. Die drei folgenden Werbeträger unter der Milliarden-Euro-Grenze erzielten – bei aller Unterschiedlichkeit – jeweils ein Plus in 2013: Die Außenwerbung stieg um 2,7 Prozent auf 891 Mio. Euro. Die Fachzeitschriftenwerbung nahm um 3,6 Prozent auf 889 Mio. Euro zu. Radiowerbung wuchs um 3,7 Prozent auf 746 Mio. Euro. Wochen- und Sonntagszeitungen sowie Zeitungssupplements verloren 11,9 bzw. 3,2 Prozent auf 176 Mio. Euro bzw. 79 Mio. Euro und schlossen sich damit der Entwicklung der Tageszeitungen an. Und obwohl 2013 ein gutes Kinojahr war - die Kinos in Deutschland überschritten zum zweiten Mal in Folge die Umsatzmilliarde -, musste die Werbung in den Filmtheatern ein klares Minus hinnehmen: 2013 sanken die Werbeeinnahmen um 9,4 Prozent auf 80 Mio. Euro. [Quelle: AUMA-Herbst-Pressegespräch am 05.12.2013]

Insert 4-16: Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland 2013

4.4 Kommunikationsmedien

277

4.4.1 Printmedien Die wichtigsten Untergruppen der Printmedien bilden Zeitungen und Zeitschriften. Zeitungen werden vorwiegend nach der Erscheinungshäufigkeit (täglich/wöchentlich) und nach dem Verbreitungsgebiet (regional/überregional) differenziert. In Deutschland gibt es 329 Tageszeitungen, darunter 20 Wochen- und sechs Sonntagszeitungen. Zusammen haben sie eine Auflage von rund 22,2 Millionen Exemplaren. Diese vereinen unter ihrem Dach 1.528 redaktionelle Ausgaben [Quelle: BDZV 2014]. Die etwa 2.000 deutschen Zeitschriftentitel werden in Publikums- und in Fachzeitschriften unterteilt. Während Publikumszeitschriften einen gewissen Unterhaltungscharakter aufweisen und sehr breite, aber auch sehr spezielle Lesergruppen ansprechen, dienen die zumeist periodisch erscheinenden Fachzeitschriften eher der Vermittlung von Informationen und Wissen. Darüber fungieren Verzeichnis-Medien wie Adressbücher und Kataloge sowie sonstige Printmedien wie Karten und Kalender als Werbeträger [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 765]. Zeitschriften eignen sich u. a. aufgrund der besseren Druckqualität besser zur Vermittlung emotionaler Sachverhalte als Zeitungen. Zum Aufbau eines Images werden gerne überregionale Tageszeitungen und Publikumszeitschriften belegt [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 728]. Abbildung 4-29 enthält eine Übersicht über die wichtigsten Printmedien bzw. Werbeträger. Zeitungen

Zeitschriften (Magazine)

• Regionale Tageszeitungen (z. B. Wilhelmshavener Zeitung, Nordsee-Zeitung)

• Publikumszeitschriften

• Überregionale Tageszeitungen (z. B. Bild, FAZ) • Wochenzeitungen (z. B. Die Zeit, Bayernkurier) • Sonntagszeitungen (z. B. WamS, BamS)

- General-Interest-Z. (z. B. Spiegel, Stern) - Special-Interest-Z. (z. B. Reise, Lifestyle, Sport, Auto, Wohnen, Teenager, Frauen)

• Anzeigenblätter

• Fachzeitschriften (z. B. Architektur, Kultur, Literatur, Betriebswirtschaft, Technik)

Verzeichnis-Medien

Sonstige Printmedien

• Adressbücher

• Karten

• Kataloge

• Geografische Karten und Pläne

• Bücher

• Prospekte

• Kompendien

• Kalender

• Jahrbücher

• Plakate

• Lexika

• Poster

Abb. 4-29:

Printmedien im Überblick

Das Werbemittel der Printmedien sind Anzeigen, deren Formate und Platzierungsmöglichkeiten vielfältig sind. Standardanzeigen sind zumeist schwarz-weiß oder vierfarbig. Die Platzierung kann auf der Titelseite, der Rückseite oder im Textteil erfolgen. Der Anzeigenpreis berücksichtigt sowohl die Größe bzw. das Format, die Platzierung und entsprechende Farbaufschläge.

278

4. Kommunikation

4.4.2 Klassische elektronische Medien Nach den Printmedien repräsentieren die klassischen elektronischen Medien die zweite große Gruppe der Werbeträger. Sie umfassen die drei Mediengattungen Fernsehen, Hörfunk und Kino (siehe Abbildung 4-30). Werbeträger (Medium)

Fernsehen

Werbemittel

TV-Spot

Werbewirkung • Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten durch Kombination aus Bild, Text und Ton • Vor allem für die emotionale Wirkung bedeutsam

Hörfunk

Radio-Spot

• Sprache, Rhetorik, Musik, Gesang und Geräusche als akustisch wahrnehmbare Gestaltungsmöglichkeiten • Gegenüber dem Fernsehen mehr ein Hintergrundmedium

Kino

Werbefilm

• Wie Fernsehwerbung vor allem für die emotionale Wirkung geeignet • Vorwiegend nur als Zusatzmedium da Reichweite gering

Abb. 4-30:

Merkmale der Medien Fernsehen, Hörfunk und Kino

Fernsehwerbung ist aufgrund ihrer Kombinationsmöglichkeiten aus Bild, Ton und Text sehr vielschichtig und aufmerksamkeitsstark. Das Fernsehen bietet sehr gute Möglichkeiten für emotionale Werbeauftritte und wird erfolgreich für die kurzfristige Bekanntmachung von Produkten, Leistungen und Marken eingesetzt. Die Fernsehwerbung hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen starken Aufschwung erfahren. Insbesondere die zahlreichen privaten Fernsehsender, die sich zu 100 Prozent aus Werbung finanzieren, haben zu diesem Boom beigetragen. Das Werbemittel im Rahmen der Fernsehwerbung ist der TV-Spot, dessen Länge zwischen fünf und 90 Sekunden variieren kann. Die Produktionskosten eines TV-Spots sind deutlich höher als bei einer Printanzeige. Die Gestaltungselemente der Hörfunk- oder Radiowerbung beschränken sich auf das akustisch Wahrnehmbare: Sprache, Rhetorik, Musik, Gesang und Geräusche. Die Zulassung privater Rundfunksender hat das Angebot an Werbezeiten für diesen Werbeträger ebenfalls deutlich steigen lassen. Das Werbemittel der Hörfunkwerbung ist der Radio-Spot, der deutlich günstiger als ein TV-Spot produziert werden kann. Da das Radio im Vergleich zum Fernsehen mehr ein Hintergrundmedium darstellt und zudem die geografischen Reichweiten im Normalfall deutlich unter denen des Fernsehens liegen, sind auch die Schaltungskosten für einen Radio-Spot vergleichsweise gering. Die Kinowerbung hat aufgrund des allgemeinen Rückgangs der Kinobesuche an Bedeutung verloren, obwohl dieser Werbeträger alle Vorteile der Gestaltungsmöglichkeiten auf sich vereinigt, die auch die Fernsehwerbung auszeichnet. Das klassische Werbemittel der Kinowerbung ist der Werbefilm, dessen Spieldauer 44 bis 440 Sekunden dauert. Der Werbefilm bietet daher noch mehr Wirkungsmöglichkeiten als der TV-Spot [vgl. BRUHN 2007, S. 359 f.].

4.4 Kommunikationsmedien

279

4.4.3 Online-Medien 4.4.3.1 Grundlagen

Der Online-Werbemarkt verzeichnet – im Gegensatz zu den meisten Printmedien – seit Jahren kontinuierlich hohe Zuwachsraten. Ein unmittelbarer Vergleich der Marktanteile von Print- und Online-Medien zeigt, dass sich bei annähernd gleichem Marktvolumen die Marktanteile der Online-Medien sukzessive zu Lasten der Print-Medien verschieben. In diesem Zusammenhang wird auch von einem Kannibalisierungseffekt in der Medienbranche gesprochen. Dieser Effekt, der also die Substitutionsbeziehung zwischen verschiedenen Angeboten eines Unternehmens charakterisiert, ist in Insert 4-17 ersichtlich. Eigentlich handelt es sich aber gar nicht um eine Kannibalisierung, denn die These, dass in der Medienbranche ein Produkt (Print) durch ein anders Produkt (Online) ersetzt wird, trifft bei genauer Betrachtung so nicht zu. Denn eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Effekt überhaupt eintreten kann, ist, dass sich die vermeintlich konkurrierenden Produkte an der gleichen Zielgruppe ausrichten. Und genau diese Voraussetzung ist vielfach gar nicht gegeben. So erreicht bspw. SPIEGEL-Online zu Zweidrittel neue Leser. Es hat sich also das mediale Konsumverhalten bestimmter Zielgruppen (z. B. junge Leser oder berufliche Zielgruppen) grundlegend verändert. Darauf müssen die Verlage eine Antwort haben und diese Veränderung nicht als Gefahr, sondern als Chance begreifen.

Insert Vergleich der Anteile von Online-Medien und Tageszeitungen von 2001 bis 2013 100%

Online-Werbung

90% 80% 70% 60% 50%

Tageszeitungen

40% 30% 20% 10% 0% 2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

[Quelle: berechnet aus ZAW 2013]

Aus der Grafik geht deutlich hervor, dass sich das Internet sukzessive zum entscheidenden Medium für die Verbreitung von Nachrichten entwickelt. Daher sollte die Furcht vor der vermeintlichen Kannibalisierung der Printmedien vorbei sein. Zeitungsverleger und Redakteure sollten im Internet also keine Gefahr, sondern ein wichtiges Mittel der Kommunikation sehen, das weit über die reine Ergänzung der traditionellen Medien hinausgeht. Es

ist heute bereits abzusehen, dass das Internet das umfassendere Medium, also das Basismedium sein wird. Texte, Fotos, Illustrationen, Bewegtbilder, also Fernsehen werden in ihm eine Heimat finden. Daher ist der Online-Journalismus das Feld der größten Dynamik innerhalb der Medienbranche. Hier gibt es Wachstum, Investitionen und perspektivisch auch einen sicheren Zuwachs an Arbeitsplätzen.

Insert 4-17: Marktanteilsverschiebungen zwischen Tageszeitungen und Online-Medien

280

4. Kommunikation

Eine erste Antwort der Verlage auf den Siegeszug der Online-Medien ist die Maßnahme, dass Tageszeitungen und Publikumszeitschriften dazu übergegangen sind, neben ihrem Printmedium auch ein aktuelles Online-Angebot mit teilweise gleichen Inhalten vorzuhalten. So unterhalten die deutschen Zeitungen neben ihren Printtiteln 661 redaktionelle Online-Angebote, die von mehr als die Hälfte der deutschen Internetnutzer regelmäßig besucht werden. Darüber hinaus gibt es mittlerweile 450 Apps für Smartphones und Tablet-PCs von Zeitungsverlagen, von denen zwei Drittel kostenpflichtig sind [Quelle: BDZV 2014]. In Insert 4-18 ist das Beispiel der Ankündigung einer kostenpflichtigen App-Version der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aufgeführt.

Insert SÜDDEUTSCHE ZEITUNG launcht iPad-App

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, Deutschlands größte überregionale Tageszeitung, ist ab sofort als iPadApp erhältlich. Künftig liegt die digitale "SZ"-Version schon um 19 Uhr am Vorabend des Erscheinungstages der gedruckten Ausgabe zum Download bereit. Für die SZ-Digital werden die Beiträge der Print-Ausgabe speziell für das iPad aufbereitet. So ergänzen Bildergalerien sowie eigens produzierte Audio- und Videoinhalte die Textangebote. Zudem können die User die legendäre Kolumne "Streiflicht"

hören und bekannte "SZ"-Autoren wie HERIBERT PRANTL und HANS LEYENDECKER in Videokolumnen erleben. Durch interaktive Grafiken werden auch komplexe Sachverhalte verständlich aufbereitet. Weitere Funktionen sollen das Lesevergnügen erhöhen, etwa ein persönliches Archiv sowie eine ausgefeilte Suchfunktion für die abgespeicherten Ausgaben von "SZ" und "SZ Magazin". [Quelle: AUMA-Herbst-Pressegespräch am 05.12.2013]

Insert 4-18: SÜDDEUTSCHE ZEITUNG launcht iPad-App

4.4 Kommunikationsmedien

281

Angesichts der immer stärkeren Zunahme von Online-Medien und dem gleichzeitigen Rückgang der Verkaufsauflagen von Zeitungen ist die Frage zu stellen, ob es in 30 Jahren eine Tageszeitung wie BILD in einer gedruckten Form überhaupt noch geben wird. Online-Medien sind zunehmend von Multimediasystemen geprägt, so dass eine systematische Unterteilung dieses Kommunikationsmediums erschwert wird. Eine mögliche Einteilung kann nach den verwendeten Endgeräten durchgeführt werden. Danach lassen sich die OnlineMedien grob in • • •

Internet-Kommunikation, Mobilkommunikation (mobile Dienste) und Kommunikation über Terminal Systeme

einteilen. 4.4.3.2 Internet-Kommunikation

Das Internet als Werbeträger bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber den klassischen Medien. So ist das Kommunikationsangebot im Internet 24 Stunden am Tag und international verfügbar. Als aktives und dialogfähiges Medium ermöglicht es die direkte Kommunikation mit den Kunden. Es bietet rasche Reaktionsmöglichkeiten und Informationen können jederzeit aktualisiert und modifiziert werden. Das Internet ist das einzige Medium, das unmittelbar Nutzungsdaten liefert, da es ständig Leistungszahlen mitprotokolliert. Die Leistungsmessung kann serverseitig oder nutzerseitig vorgenommen werden [vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 2005, S. 287 ff.]: •

Bei der serverseitigen Methode werden alle Nutzungsvorgänge über die Verbindungsdaten, die einem Serverprotokoll, den so genannten Log-Files, erfasst werden, aufgezeichnet. Die Auswertung und Analyse der Log-Files liefert eine Fülle von Kennzahlen wie z. B. Anzahl Visits, Page Impressions, Ad Impressions, Ad Clicks. Allerdings geben diese Kennzahlen keinerlei Auskunft über Anzahl, demografische Struktur und Motive der Besucher. Eine weitgehend vollständige Aufstellung und Erläuterung serverseitiger Kennzahlen zur Beurteilung der Leistungsstärke von Websites ist in Abschnitt 4.5.5 aufgeführt.



Die nutzerseitigen Methoden setzen dagegen direkt beim Besucher auf und liefern nicht nur Daten über Zahl, Struktur und Motive der User bestimmter Websites, sondern auch eine qualitative Bewertung der besuchten Websites. Zu den nutzerseitigen Methoden zählen klassische Befragungen wie z. B. Telefonumfragen über die am häufigsten besuchten Websites, Online-Befragungen oder Internet-Panels, mit denen täglich aufgezeichnet wird, wer wie lange welche Websites besucht. Zu den wichtigsten nutzerseitigen Kennzahlen von Websites zählen Unique Visitors und Reichweiten (siehe Abschnitt 4.5.5).

Die Internet-Kommunikation basiert auf dem Anschluss der Endgeräte an das World-WideWeb (www). Die wichtigsten Werbekunden im Internet sind Telekommunikationsanbieter und Betreiber von Online-Diensten. Aber auch die Versand- und Handelsbranche, die Medi-

282

4. Kommunikation

en- und Entertainment-Branche, die KFZ-Branche und der Finanzsektor nutzen zunehmend die Kommunikation mit Werbebannern, Banderolen und Streaming Ads. Hauptvorteile der Internet-Werbung sind die guten Individualisierungsmöglichkeiten und die exakte Werbeerfolgskontrolle in Form von Klickraten und Online-Käufen. Hinzu kommt, dass der InternetNutzer die Möglichkeit zur direkten Interaktion mit dem werbetreibenden Unternehmen wahrnehmen kann [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 783]. 4.4.3.3 Mobilkommunikation

Mit Hilfe mobiler Dienste (engl. Mobile Services) können nicht nur werbliche Texte und Bilder als SMS (Short Message Services) oder MMS (Multimedia Messaging Services) auf mobile Endgeräte (z. B. Mobiltelefone, Smartphones, Handhelds) von Kunden gesendet werden, auch mobile Webanwendungen und Apps erlauben eine personalisierte Zielgruppenansprache. Sie ermöglichen die Kommunikation und Transaktion mit Kunden an jedem Ort und zu jeder Zeit und bieten Mitarbeitern mobile Services wie etwa den Zugriff auf Unternehmensprozesse von unterwegs. Bereits jetzt zeichnet sich ab: Mobile Endgeräte und entsprechende Anwendungen setzen sich mit großer Wirkung auch im Unternehmensumfeld durch. Besonders den Apps (engl. Application Software) kommt eine besondere Bedeutung zu, denn über 21 Millionen Deutsche nutzen die kleinen Programme mittlerweile auf ihrem mobilen Endgerät. 23 Apps hat jeder Smartphone-Besitzer durchschnittlich installiert. Bei jedem Siebten (14 Prozent) sind es sogar mehr als 40 mobile Anwendungen [Quelle: BITKOMPressemitteilung vom 10. 10. 2012]. Smartphones und Tablets entwickeln sich zum primären Zugangskanal der Unternehmen zu ihren Kunden und gleichzeitig zu einem zentralen Instrument im Service und Vertrieb. Derzeit lassen sich folgende Anwendungsfelder möglicher mobiler Lösungen für Unternehmen ausmachen [vgl. BITKOM 2012, S. 7]: •

Für Produktion und Handwerk werden mobile Anwendungen im Service und Support (z. B. Bearbeitung von Reparatur- und Supportanfragen) zunehmend wichtiger.



Immer mehr Produktions- und Dienstleistungsunternehmen setzen auf Tablet-Anwendungen zur Unterstützung der eigenen Vertriebs- und Servicemitarbeiter. Dabei werden CRM-Systeme, Informationen zum Bestellvorgang, Produkt- und Ersatzteilkataloge sowie Vertragsformulare mobil verfügbar gemacht und mit verbesserten, interaktiven Darstellungen angereichert. Dies zielt ebenfalls auf eine Verbesserung der Beratungs- und Servicequalität beim Kunden.



Für einige Unternehmen werden mobile Kanäle auch zum integrierten Produktbestandteil. Zu denken ist hier beispielsweise an die Steuerbarkeit einer Heizung oder eines TVGerätes via Smartphone – als Ersatz für die Fernbedienung. Der Trend, das Smartphone zur Steuerung von Geräten einzusetzen, wird sich in Zukunft noch verstärken.



Für alle Branchen rücken im internen Einsatz vor allem Reporting- und Genehmigungsprozesse in den Vordergrund. Entscheider, die viel unterwegs arbeiten, können

4.4 Kommunikationsmedien

283

Pausen und Wartezeiten nutzen, um aus der Ferne Geschäftsvorgänge voranzutreiben, deren weiterer Fortgang sonst auf ihre Rückkehr ins Unternehmen hätte warten müssen. 4.4.3.4 Kommunikation über Terminal Systeme

Die Kommunikation über Terminal Systeme kann sowohl für die externe, als auch für die interne, also an Mitarbeiter gerichtete Kommunikation relevant sein. In der externen Kommunikation kommen interaktiv bedienbare Terminal Systeme primär am Point of Purchase (PoP) zum Einsatz. Diese Endgeräte werden durch das kommunizierende Unternehmen (z. B. LUFTHANSA-Check-in-Terminals) bereitgestellt und bieten eine zielgruppenspezifische Werbeplattform für dritte Unternehmen [vgl. BRUHN 2007, S. 454 f.]. Auch für das interne Kommunikationsmanagement ergeben sich zusätzlich über die Plattform Intranet, also das unternehmenseigene Internet, verschiedenste Konzepte, um das Informationsmanagement zu verbessern. Zwar werden die klassischen internen Kommunikationsmittel wie Schwarzes Brett, Betriebsversammlung, Mitarbeiterzeitungen und -zeitschriften, Gespräche und Mitarbeiterbesprechungen auch weiterhin ihre Bedeutung haben, aber im Gegensatz zu den Mitarbeitern auf den Büroetagen verfügen bspw. gewerbliche Mitarbeiter in der Regel nicht einmal über einen Intranet-Zugang. Abhilfe schaffen hier geeignete Terminals, die als Mitarbeiter-Infosysteme an festgelegten Standorten beispielsweise in Fertigungsbereichen, Kantinen, Pausenräumen oder sogar auf dem Werksgelände aufgestellt werden. Aber auch für Besucher können in Empfangshallen, Schulungs- und Präsentationsräumen entsprechende System Terminals aufgestellt werden. 4.4.4 Außenwerbung Zur Außenwerbung (engl. Out-of-Home Media) zählen alle Werbeformen, deren Werbeträger im öffentlichen Raum platziert sind. Bei den Werbenden erfreut sich die Außenwerbung, die ja über einen bestimmten Zeitraum immer präsent ist, zunehmender Beliebtheit. Sie hat den Vorteil, dass sie eine relativ hohe Reichweite und auch eine hohe Kontakthäufigkeit bei der mobilen Bevölkerung erreicht – insbesondere dann, wenn sie strategisch günstig platziert ist. Zudem ist die Außenwerbung ein preiswertes Medium, das eine geografische Segmentierung ermöglicht [vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 2005, S. 285 f.]. Grundsätzlich können die vielfältigen Ausprägungen dieser Werbeträgergruppe in stationäre und mobile Außenwerbung eingeteilt werden. Stationäre Außenwerbung umfasst insbesondere Plakatsäulen, Plakatwände, Lichtwerbung an Gebäuden, Prismen-Anlagen, elektronische Videoboards oder Rollenwechselsysteme. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich in jüngerer Zeit Mega-Werbeflächen, die zumeist an Baugerüsten oder Fassaden angebracht sind. Solche großflächigen Plakate mit einer Größe bis zu 2.000 Quadratmeter bezeichnet man als Riesenposter (engl. Blow Up’s). Ursprung der stationären Außenwerbung ist die Litfaßsäule, die der Berliner ERNST LITFAß 1855 als Art „Zeitung für die Straße“ schuf (siehe Insert 4-19).

284

4. Kommunikation

Mobile Außenwerbung ist vor allem die Verkehrsmittelwerbung. Sie kommt als so genannte Traffic Boards im Außenbereich von Zügen, Bussen, Straßenbahnen, Taxis etc. zum Einsatz. Auch im Innenbereich der Verkehrsmittel können Plakate an Seiten und Heckscheiben befestigt werden Aber auch die Luftwerbung mit aufsteigenden Heißluftballons, Standballons und Transparenten, die von Flugzeugen gezogen werden, zählt zur mobilen Außenwerbung. [vgl. BRUHN 2007, S. 364]. Eine Sonderform der Außenwerbung sind Ambient Media. Charakteristisch für dieses relativ neue Medium ist, dass unkonventionelle und traditionell nicht als solche betrachtete Werbeträger eingesetzt werden. Beispiele sind Werbeflächen auf dem Kopf von Zapfpistolen an der Tankstelle, im Eingangsbereich von Kinos oder Restaurants platzierte Pappaufsteller oder Werbeflächen auf den Klapptischen im Flugzeug [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 654].

Insert

Zwei Beispiele für die klassische Außenwerbung: die Litfaßsäule (links oben) und ein Riesenposter am Berliner Ernst-Reuter-Platz (rechts oben). Darunter zwei Beispiele der Ambient Media: bedruckte Werbeflächen auf dem Kopf von Zapfpistolen an der

Insert 4-19: Beispiele für Außenwerbung

Tankstelle (links unten) und Plakatbikes, die Autofahrer davon überzeugen sollen, auf sehr kurzen Strecken lieber mal auf‘s Rad zu steigen oder zu Fuß zu gehen (rechts unten).

4.5 Mediaplanung

4.5

285

Mediaplanung

Der Erfolg von Kommunikationsmaßnahmen hängt nicht nur von Inhalt und Umsetzung der Botschaft, sondern in hohem Maße auch von deren Verbreitung ab. Damit sind Fragen der Mediaplanung und -selektion aufgeworfen. Die Mediaplanung ist Teil der (umfassenderen) Kommunikationsplanung und befasst sich mit der Analyse, den Zielen, der Strategie, der Verteilung und der Kontrolle des Mediaeinsatzes. Häufig wird im Zusammenhang mit der Mediaplanung auch von Werbeplanung gesprochen, die teilweise etwas enger (Beschränkung auf den Einsatz der Above-the-line-Instrumente) oder teilweise auch etwas weiter gefasst (Formulierung und Gestaltung von Werbebotschaften als Teil der Werbeplanung, nicht jedoch als Teil der Mediaplanung) ist. Abbildung 4-31 bildet die einzelnen Phasen der Mediaplanung in idealtypischer Reihenfolge ab und zeigt den Abstimmungsbedarf mit anderen Bereichen der Kommunikationsplanung.

Abstimmung mit Kommunikations- und Werbezielen

Mediakonzept

Mediaanalyse

Zielgruppenplanung

Festlegen der Mediaziele

Festlegen des Mediabudgets

Mediastrategie

Mediaselektion

Mediafrequenz und -timing

Werbeerfolgskontrolle

Unterstützung durch Marktforschung

Abb. 4-31:

Phasen der Mediaplanung

4.5.1 Mediaanalyse Der Planungsprozess beginnt mit der Mediaanalyse, die das informative Fundament der Mediaplanung darstellt. Hier werden im Rahmen einer Situationsanalyse die mediarelevanten Chancen und Risiken sowie internen Stärken und Schwächen ermittelt, denn ohne Kenntnis des Ist-Zustandes, ist kaum zu beurteilen, wie der gewünschte Soll-Zustand aussehen soll. Das Ergebnis der mediabezogenen SWOT-Analyse sind Aufgabenstellungen, die notwendige Ansatzpunkte für mediabezogene Strategien und Maßnahmen aufzeigen. Die Mediaanalyse ist Aufgabe der Marktforschung, die relevante Daten über die Zielgruppen sammelt, prüft und analysiert, um Ansatzpunkte für die Mediakonzeption zu erhalten. Die Zielgruppenplanung wiederum ist Ausgangspunkt für die spätere Mediaselektion. Hierbei

286

4. Kommunikation

ist das Kommunikationsbudget so zu verteilen, dass eine Wirkungsmaximierung des Budgets im Hinblick auf die angestrebten Ziele erreicht wird. Die Umsetzung der Kommunikationsund Werbeziele in konkrete Mediaziele (z. B. Erzielung einer bestimmten Reichweite bei der Zielgruppe „Entscheider“) ist dabei Voraussetzung für die anschließende Mediaselektion, also über die Entscheidung, welche Medien (Werbeträgergruppen und Werbeträger) belegt werden sollen.

4.5.2 Festlegung des Mediabudgets Die Mediabudgetierung ist eng mit den individuellen Zielen des Unternehmens verbunden. Die Herausforderung besteht darin, die Höhe der Mediaaufwendungen exakt so festzulegen, dass die vom Unternehmen definierten Kommunikationsziele erreicht werden. Grundsätzlich lassen sich die Budgetierungsmethoden in analytische und in heuristische Ansätze unterteilen. Während sich die analytischen, also theoretischen Ansätze an ökonomischen Werbereaktionsfunktionen ausrichten, zeichnen sich die heuristischen Verfahren durch ihren Pragmatismus aus. In der Praxis haben sich daher fünf Methoden der Budgetbestimmung, die ausnahmslos zu den heuristischen Ansätzen gehören, durchgesetzt [vgl. BRUHN 2014, S. 214 ff.]: •

Die Ausrichtung am Prozentsatz einer Bezugsgröße ist das einfachste Budgetierungsverfahren. Es besteht darin, einen bestimmten Prozentsatz vom Absatz, Umsatz oder Gewinn als Mediabudget festzulegen. Als Bezugsgröße kommen der Wert der Vorperiode, Durchschnittswerte verschiedener Perioden oder der Planwert für die kommende Periode in Betracht. In der Praxis ist am häufigsten die Ausrichtung am Umsatz zu beobachten. Die durchschnittlichen Prozentsätze liegen je nach Branche zwischen 0,5 und 5 Prozent vom Umsatz. In der Markenartikelindustrie liegt der Durchschnittswert bei rund 10 Prozent mit Spitzenwerten von 25 Prozent (Kosmetik) und 30 Prozent (Reinigungsmittel).



Bei einer Ausrichtung an einer Residualgröße ergibt sich das Mediabudget als Restgröße aus den vorhandenen finanziellen Mitteln nach Deckung der sonstigen Kosten und einem entsprechenden Gewinnzuschlag.



Bei der Werbeanteils-Marktanteils-Methode orientiert sich das Mediabudget am vergangenen oder geplanten Marktanteil des Unternehmens. Die Anwendung dieser Methode setzt voraus, dass die gesamtem Mediaaufwendungen einer Branche und deren Verteilung auf die einzelnen Anbieter bekannt sind.



Die Wettbewerbs-Paritäts-Methode richtet sich an den Gepflogenheiten der Wettbewerber aus. Das Budget des Unternehmens wird an die Mediakosten des Hauptkonkurrenten oder an einen durchschnittlichen Wert der Branche angepasst. Voraussetzung ist auch hier die Verfügbarkeit von Wettbewerbsdaten.



Die Ziel-Aufgaben-Methode legt die Höhe des Mediabudgets nach den angestrebten Kommunikationszielen fest, wobei die finanzielle Situation und die Wettbewerbsbedingungen des Unternehmens berücksichtigt werden. Diese Methode ist sicherlich die sinn-

4.5 Mediaplanung

287

vollste aller Budgetierungsansätze, weil sie die Budgetbestimmung logisch begründet. Sie setzt aber eine schlüssige Zielplanung mit operationalen (messbaren) Zielen und eindeutig bestimmbaren Werbemittel und -träger voraus. Alle genannten heuristischen Budgetierungsansätze zeichnen sich durch einen insgesamt geringen Informationsbedarf sowie durch eine leichte Durchführbarkeit aus. Diese Methoden sind allerdings wenig spezifisch und berücksichtigen zumeist keine Ursache-WirkungsZusammenhänge zwischen Budgethöhe und Kommunikationszielen.

4.5.3 Verteilung des Mediabudgets (Streuplanung) Nach der Bestimmung der Höhe des Mediabudgets erfolgt die Verteilung des Budgets auf die einzelnen Medien (Werbeträgergruppen), die in zwei Stufen geschieht. Während die Intermediaselektion im Rahmen der Mediastrategie die Entscheidung über die Auswahl der Werbeträgergruppen (z. B. Zeitschriften versus Fernsehen oder Print versus Online) trifft, werden im Rahmen der Intramediaselektion einzelne Werbeträger innerhalb einer Mediagruppe festgelegt (also bestimmte Zeitschriften innerhalb der Kategorie „Zeitschriften“). Grundsätzliches Ziel der Streuplanung ist, einen Mediaplan zu finden, der eine maximale Wirkung des Mediabudgets ermöglicht. Die Verteilung des Budgets erfolgt dabei nach sachlichen Kriterien sowie zeitlich innerhalb der Planperiode. Sachliche Verteilung des Mediabudgets. Nach sachlichen Kriterien muss entschieden werden, welcher Teil des Mediabudgets für welche Werbeobjekte (Produkte, Marken, Dienstleistungen) und damit auch für welche Medien (Werbeträger, -mittel) aufgewendet werden soll. Das wesentliche Entscheidungsproblem der Streuplanung liegt in der Zielgruppenerreichbarkeit. Den ausgewählten Zielgruppen und Marktsegmenten (siehe Kapitel 2. Segmentierung) stehen Medianutzereigenschaften (z. B. Leserschaft, Hörerschaft, Seherschaft) gegenüber. Aufgabe der Streuplanung ist es nun, eine möglichst hohe Affinität zwischen den Zielgruppen des Unternehmens (bzw. seiner Produkte und Leistungen) und den Mediennutzern zu erreichen. Bei einer hohen Übereinstimmung zwischen beiden Personengruppen kann eine Minimierung von Streuverlusten erwartet werden [vgl. BRUHN 2014, S. 217 f.]. Zur Beurteilung der für die Streuplanung bzw. für bestimmte Werbekampagnen in Frage kommenden Medien werden zwei Kriterien herangezogen: Kontaktmaßzahlen und Kontaktgewichtungen. Zu den wichtigsten Kontaktmaßzahlen, die Informationen über die Anzahl von Kontakten eines Mediums mit seiner Nutzerschaft liefern, zählen in den klassischen Mediabereichen: •

Auflage der Medien (Druck-, Vertriebs- oder Verkaufsauflage im Printbereich; Anzahl der Fernseh- oder Hörfunkteilnehmer; Anzahl Anschlagflächen in der Außenwerbung)



Reichweite der Medien (Leser pro Ausgabe (LpA) bzw. Leser pro Nummer (LpN))

288

4. Kommunikation



Bruttoreichweite (Summe der Einzelreichweiten mehrerer Medien oder mehrerer Ausgaben eines Mediums)



Nettoreichweite (Anzahl der Personen, die von einer Mediakombination mindestens einmal erreicht werden)



Gross Rating Point (GRP) = (Bruttoreichweite/Anzahl der Zielpersonen) x 100, wobei die Bruttoreichweite die Anzahl der Kontakte angibt, die mit einer Werbemaßnahme (einmalige oder mehrmalige Belegung eines Mediums oder mehrerer Medien) realisiert werden.

Kontaktgewichtungen dienen der Bewertung von Medien hinsichtlich ihrer Eignung für die spezifischen Kommunikationsziele des Unternehmens. Solche Gewichtungen werden individuell vom Unternehmen vorgenommen und haben das Ziel, eine möglichst objektive Bezugsbasis für die Mediaselektion zu liefern. Naturgemäß stellen die Gesamtkosten, die mit dem Einsatz spezieller Medien verbunden sind, einen wesentlichen Bestimmungsfaktor für die Mediaplanung dar. Diese Kosten setzen sich aus den Produktionskosten für die Werbemittel (z. B. eine Anzeige) und den Streukosten der Werbeträger (z. B. Schaltung dieser Anzeige in der FAZ) zusammen. Die Streukosten unterschiedlicher Medien können relativ einfach anhand der so genannten Tausenderpreise ermittelt und zum Vergleich herangezogen werden: Tausend-Leser-Preis =

$



%

Tausend-Leser-Preis (gewichtet) =

ä

(

× .### '

' (





×)

× .### *

+

,,

Der gewichtete Tausend-Leser-Preis ist die aussagekräftigere Preisbasis für einen Werbeträgervergleich, da hier berücksichtigt wird, dass in den seltensten Fällen die Leserschaft einer Zeitung oder Zeitschrift mit der Werbezielgruppe zu 100 Prozent übereinstimmt. Zeitliche Verteilung des Mediabudgets. Ist die Entscheidung für die Auswahl bestimmter Medien gefallen, sind der zeitliche Einsatz der Medien sowie der Einsatz der Werbemittel zu planen. Das Timing des Medieneinsatzes hängt von der Zielsetzung der Kommunikationsmaßnahmen bzw. Werbekampagne ab. Soll bspw. ein Produkt mit Hilfe einer Sonderaktion möglichst vielen Personen bekannt gemacht werden, so bietet sich ein starker Impuls an. Geht es jedoch darum, einen Markennamen sukzessive und nachhaltig aufzubauen oder ein Image zu pflegen, so wird ein kontinuierlicher Medieneinsatz notwendig ein [vgl. SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 2005, S. 188 f.]. In Abbildung 4-32 zeigt ein Klassifizierungsschema für die zeitlichen Verteilungsmuster.

4.5 Mediaplanung

289

Stärke zunehmend

abnehmend

wechselnd

intermittierend

Auftreten

kontinuierlich

massiv

gleichbleibend

Zahl der Werbeschaltungen

[Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 741]

Abb. 4-32:

Monat

Klassifizierungsschema für zeitliche Verteilungsmuster von Werbeschaltungen

In den letzten Jahren ist die Anzahl der Untersuchungen und Studien, die für die Mediaanalyse und -planung verfügbar sind, ständig gewachsen. Mit Hilfe der Website www.mdsmediaplanung.de kann sich der interessierte Leser einen guten Überblick u. a. über folgende Markt-/Media-Studien verschaffen: • • • •

• • • • • • • • • • • • •

Deutsche Media-Analyse (MA) mit den vier Teilanalysen: Pressemedien, Intermedia, Radio, Tageszeitungen, Plakat und Online Best for planning (b4p) VerbraucherAnalyse (VA) Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) zusammen mit der Allensbacher Werbeträgeranalyse "first class" und der Allensbacher Computer- und Telekommunikations-Analyse (ACTA) Leser-Analyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung (LAE) Financial Community (FC) Typologie der Wünsche (TdW) KidsVerbraucherAnalyse (kidsVA) Leseranalyse Computerpresse (LAC) Studiensteckbrief Outfit Studiensteckbrief Soll & Haben Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA) Ad Impact Monitor Markentracking (AIM) Instore Radio Media-Analyse (IR-MA) Leseranalyse Medizinische Fachzeitschriften (LA-Dent) Leseranalyse der Apothekenzeitschriften (LA-Pharma) Leseranalyse der zahnmedizinischen/zahntechnischen Fachtitel (LA-Dent)

290

4. Kommunikation

4.5.4 Messung der Kommunikationswirkung (Werbeerfolgskontrolle) Jede Organisation sollte Marketing-Kampagnen – ebenso wie andere Arten von Investitionen im Unternehmen – unter Rentabilitätsgesichtspunkten betrachten, idealerweise sowohl vorausschauend als auch zurückblickend. Der Prozess der Mediaplanung schließt somit mit der Kontrolle der Kommunikationswirkung ab. Die Werbewirkungsforschung befasst sich dabei mit jeglicher Art von Reaktionen, die die von der Werbung berührten Personen auf Reize der Werbemittel zeigen. Grundsätzlich lassen sich Kommunikationswirkungen anhand der ökonomischen und der psychologischen Zielerreichung überprüfen. 4.5.4.1 Kontrolle der ökonomischen Kommunikationswirkung

Die Erfolgskontrolle der ökonomischen Kommunikationswirkung befasst sich mit den Kosten einer Kommunikationsmaßnahme, die den Absatz- bzw. Umsatzveränderungen als Kommunikationswirkung gegenübergestellt werden. Die grundsätzliche Problematik ökonomischer Wirkungskontrollen besteht darin, dass sich die Wirkungsleistung häufig nicht eindeutig auf die einzelne Kommunikationsmaßnahme zurückführen lässt. Diese Zurechnungsund Abgrenzungsprobleme sind darauf zurückzuführen, dass sich der Wirkungsfaktor in der Praxis nur sehr schwer isolieren lässt. Auch wenn unmittelbar nach einer Kommunikationskampagne eine Absatz- bzw. Umsatzsteigerung für ein Produkt zu verzeichnen ist, so können während des Kampagnenzeitraums zusätzliche Aktivitäten in der Verkaufsförderung stattgefunden haben oder der Wettbewerb hat in diesem Zeitraum seine Werbeanstrengungen halbiert. Umgekehrt kann es aber auch sein, dass während und nach Durchführung einer Kampagne keine Umsatzzuwächse zu verzeichnen sind, weil der Wettbewerb seinerseits sehr schnell reagiert und seine Werbeanstrengungen verdoppelt hat. Ebenso so schwierig wird es sein, die Wirkung einzelner Kommunikationsmaßnahmen zu bewerten, wenn ein Markenartikelunternehmen eine Dach- oder Familienmarkenstrategie verfolgt. Auftretende Synergieeffekte lassen dann ebenfalls keine eindeutige Zuordnung und Abgrenzung der Einzelwirkung zu. Zumindest Anhaltspunkte für die Wirkungsleistung einer Kommunikationskampagne liefern das BuBaW-Verfahren sowie die verschiedenen Methoden der Panelforschung. Das BuBaW-Verfahren (Bestellung unter Bezugnahme auf Werbemittel) ist eine Methode der Werbeerfolgskontrolle, bei der im Rahmen einer (Werbemittel-)Kampagne die Zahl der eingegangenen Bestellungen unter Verwendung eines gestreuten Bestellscheins, der mit einem Coupon oder Bestellschein versehen ist, als Maß für den Kampagnenerfolg dient. Das BuBaW-Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass es auch bei kleinen Fallzahlen und damit auch im B2B-Bereich gut einsetzbar ist. Zum anderen verursacht das Verfahren nur geringe Kosten, weil die Datenbeschaffung aus den Rückläufen der Kampagne erfolgt. Komplexer ist die Wirkungskontrolle mit Hilfe von Panels. Hierfür kommen nur solche Produkte in Frage, die im Rahmen eines Panels erhoben werden. Dies trifft in aller Regel nur für Ver- und Gebrauchsgüter zu. Die Paneldaten ermöglichen eine sehr differenzierte Auswertung. Beim Verbraucher- bzw. Haushaltspanel, das sich in der Marktforschung unter dem

4.5 Mediaplanung

291

Namen G&I (ein Zusammenschluss der GFK, Nürnberg und INFRATEST, München) als feste Einrichtung etabliert hat, erhält man differenzierte Daten zu Zielgruppen, Preisen, Packungsgrößen, Einkaufsmengen, Gebieten und zur Einkaufsstätte (Art, Name, Handelsgruppe). Mit dem Einzelhandelspanel lässt sich ebenfalls eine Reihe von Daten gewinnen, die über den reinen Umsatz pro Artikel und Händler hinausgehen. Dazu zählen durchschnittliche Endverbraucherpreise, derzeitiger Lagerbestand beim Handel, durchschnittliche Einkaufsmengen und Distributionsquoten (Anzahl und Anteil der Geschäfte, die den Artikel führen, bevorraten, einkaufen und verkaufen). Darüber hinaus kann die Effizienz von Aktionen, deren Ergebnisse einen Zeitfaktor beinhalten (Verkaufsförderungsaktionen, Werbekampagnen etc.), gemessen werden (zur Methodik des Panels siehe ausführlich Abschnitt 2.5.3.4). 4.5.4.2 Kontrolle der psychologischen Kommunikationswirkung

Die Testmethoden der psychologischen Wirkungsforschung lassen sich in zwei Gruppen aufteilen. Zum einen gibt es Tests, die vor dem Einsatz der Kommunikationsinstrumente eingesetzt werden und der Wirkungsprognose dienen (Pre-Test). Die Tests der anderen Gruppe werden erst nach dem Werbemitteleinsatz angewendet und dienen der Wirkungskontrolle (Post-Test). Der Pre-Test liefert Anhaltspunkte für die Entscheidung, welches Werbemittel oder welche Kampagne auszuwählen ist, um einen möglichst großen Werbeerfolg zu erzielen. Außerdem soll er Hinweise dafür geben, wie die Wirkung eines Werbemittels oder einer Kampagne ausfallen wird. Diagnose und Prognose stehen also im Vordergrund von Pre-Tests. Eine wirkliche Kontrolle, also eine Beurteilung des Wirkungsgrades bestimmter Kommunikationsmaßnahmen kann nur der Post-Test leisten. Durch den Vergleich mit den operativ festgelegten Kommunikationszielen kann im Nachhinein festgestellt werden, welche Effekte die Kommunikationsmaßnahme tatsächlich bewirkt hat und welcher Zielerreichungsgrad realisiert werden konnte. Bei der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Testverfahren soll auf eine Trennung nach Preund Post-Testverfahren verzichtet werden, weil einige Test sowohl ex-ante als auch ex-post angewendet werden können. Im Einzelnen dienen die Verfahren zur Messung der/des • • • • • • • •

Informationsaufnahme (Lese- und Fernsehverhalten, Blickaufzeichnung) Aktivierung (Befragung, Hautwiderstand) Glaubwürdigkeit und Akzeptanz von Werbebotschaften Verständlichkeit von Texten (Lückentest, Textvollständigkeitsformeln) Gedächtnisleistung (Recall-Test, Recognition-Test) Einstellung zum Produkt (Rating-/Magnitudeskalen) Image (Explorative Verfahren, semantisches Differenzial, projektive Verfahren, Zuordnungstests, nonverbale Messung) Kaufabsicht (Flächenskalen).

Zur Erläuterung einzelner Testverfahren siehe Abschnitt 2.5.2 dieser Arbeit sowie ausführlich bei SCHWEIGER/SCHRATTENECKER 2005, S. 318 ff.

292

4. Kommunikation

4.5.5 Erfolgsmessung im Online-Marketing Die Nutzung von Online-Angeboten durch Internetnutzer sagt viel darüber aus, wie die Gestaltung dieser Angebote auf den Nutzer wirkt. Diese Gestaltung immer wieder zu prüfen und den Optimierungsprozess stetig voranzutreiben, ist eine der wichtigsten Aufgaben von Unternehmen, die eine Onlinepräsenz betreiben. Der große Vorteil von Marketingmaßnahmen im Internet ist, dass die Basis, auf der sie ausgeführt werden, nämlich das Internet selbst bzw. die Website, die durch das Internet präsentiert wird, nicht nur die notwendige technische Grundlage zur Durchführung der Marketingmaßnahmen darstellt, sondern auch ein gutes Kontrollinstrument für deren Nutzung ist. Sobald ein Internetnutzer eine Website betritt, findet zwischen ihm und dem Server, auf dem sie platziert ist, ein Austausch von Daten statt. Diese Daten beinhalten eine Fülle von Informationen, die dokumentieren, wie sich der Nutzer der Website verhalten hat bzw. wie er sich auf ihr bewegte. Die bei diesem Prozess anfallende Datenmenge nennt man Traffic. Der Begriff Web Analytics kann als Oberbegriff der folgenden Teilbereiche des Datenmanagements verstanden werden: Daten sammeln, Daten speichern, Daten verarbeiten und Daten auswerten [vgl. Düweke & Rabsch, 2012, S. 749]. Für die Datensammlung im Online-Marketing ist das Page Tagging das maßgebliche Verfahren. Beim Page Tagging wird der Quelltext, also die Übersetzung der Maschinensprache des Computers, genutzt, um darin einen kleinen Zusatzcode (den sog. Tag) zu verstecken. Damit ist es möglich, die verwendete Spracheinstellung, Anzahl der getätigten Klicks, Mausbewegungen und Cursor-Position, Tastatureingaben etc. zu erfassen [vgl. Heßler & Mosebach, 2013, S. 374 f.]. Die Logfile-Analyse ist eine der ersten Formen der Dokumentation und Auswertung des Nutzerverhaltens im Internet. Ein Logfile ist ein Textdokument, das alle Aktionen beinhaltet, die der Server im Zusammenhang mit der angemeldeten URL (Uniform Resource Locator) an einem Tag protokolliert hat. Dementsprechend enthalten Logfiles Daten wie z.B. Datum und Uhrzeit des Aufrufs, sämtliche abgerufenen Dateien, Typ des verwendeten Browsers (z.B. Firefox), IP-Adresse des Internetnutzers sowie Status der Anfrage (z.B. erfolgreiche Anfrage oder Serverfehler) [vgl. AMTHOR 2010, S. 45 ff.]. Die beschriebenen Methoden zur Erfassung und Dokumentation des Verhaltens von Internetnutzern liefern lediglich Rohdaten. Um diese für die Beurteilung des Erfolgs oder die zukünftige Steuerung einer Marketingmaßnahme verwertbar zu machen, müssen sie aufbereitet werden. Ein wesentliches Instrument für die Erfolgskontrolle ist der Einsatz eines Ad-Servers bestehend aus speziellen Softwareprogrammen (Reporting-Tools), die die Abwicklung, Steuerung und statistische Aufbereitung von komplexen (Banner-)Kampagnen erlauben. Diese Aufbereitung erfolgt in Form von Kennzahlen (engl. Key Performance Indicators – KPIs). Im Einzelnen sind folgende Kennzahlen zur Beschreibung der Qualität für die Werbeplatzvermarktung von Websites von Bedeutung [vgl. RODDEWIG 2003, S. 152 ff.]:

4.5 Mediaplanung

293



Visit: Ein ununterbrochener Nutzungsvorgang eines Besuchers auf einer Website, unabhängig von Verweildauer und Anzahl der aufgerufenen Seiten;



Hit: Zugriff eines Browsers auf ein Element der Website (enthält eine Website drei Bilder und zwei Tabellen, so werden fünf Hits erzeugt);



Page-Impressions (früher Page-Views): Anzahl der aufgerufenen Seiten einer Website (Page-Impressions sind zusammen mit den Visits das wichtigste Messkriterium);



Ad-Impressions (früher Ad-Views): Anzahl der Sichtkontakte mit einer Werbebotschaft;



Ad-Clicks: Anzahl der Nutzer, die dazu animiert werden konnten, das Werbemittel anzuklicken;



Click-Through-Rate: Prozentualer Anteil der Ad-Clicks an der Gesamtzahl der AdImpressions;



Unique Visitor: Bestimmter User, der in einem bestimmten Zeitraum eine Website aufgerufen hat (Voraussetzung für diese Messung ist, dass der User über seine IP-Adresse identifiziert werden konnte);



Unique Identified Visitors: Identified Visitor, der neben seiner Identifizierung durch seine IP-Adresse auf der Website registriert ist bzw. ein Kundenkonto besitzt.

Insert 4-20 zeigt am Beispiel der drei Kennzahlen CTR, CPC und CPM einen Branchenvergleich für Facebook Ads. Insert

Durchschnittliche Kosten und Klickraten von Facebook Ads nach Branchen

[Quelle: http://tobesocial.de/blog/facebook-advertising-laender-vergleich-branche-facebook-ads-erfolg-facebook-werbeanzeigen, 26.06.2013]

Bei der Betrachtung nach Branchen fallen gravierende Unterschiede bei den Facebook Ads auf, weisen doch manche Branchen deutlich höhere Klickraten auf als andere. So gibt es vor allem bei der Telekommunikationsbranche sehr hohe Klickraten mit 0,919%, gefolgt von der Verlagsbranche mit 0,790% sowie der Handelsbranche mit 0,502%. Deutlich geringere Klickraten bezüglich der Facebook Ads sind innerhalb der Werbe- und Consultingbranche (0,068%) sowie Partneragenturen zu finden (0,027%). Die Kosten für Werbeanzeigen in Facebook sind bei manchen Branchen relativ ähnlich. So weisen Partneragenturen,

Gesundheit und Beauty, Sport oder die Automobilbranche durchgängig einen CPC zwischen 0,34 und 0,38 US-Dollar auf. Die geringsten Kosten pro Klick für Facebook Ads liegen in der Kleidungs- und Modebranche vor (0,08 US-Dollar), gefolgt von Non-Profit Organisationen mit durchschnittlich 0,19 US-Dollar. Pro 1.000 Einblendungen einer Facebook-Werbeanzeige bezahlen die Verlagsbranche sowie andere Online-Unternehmen am meisten mit 1,75 bzw. 1,89 US-Dollar. Werbung und Consulting sowie Partneragenturen weisen die geringsten CPMs auf .

Insert 4-20: Durchschnittliche Kosten und Klickraten von Facebook Ads nach Branchen

294

4. Kommunikation

Die folgenden kundenbezogenen Kennzahlen geben Aufschluss darüber, wie stark eine Marketingmaßnahme im Bereich Online-Marketing das Interesse eines Kunden für ein Unternehmen geweckt bzw. verstärkt hat und ob sie zu einer Neukundengewinnung führen konnte [vgl. AMTHOR 2010, S. 104f.]: •

Ansprache: Summe aller Nutzer, die die Möglichkeit haben, auf ein bestimmtes OnlineAngebot aufmerksam zu werden, also der Wert der potentiellen Reichweite dieses Angebots (Betreibt ein Unternehmen eine eigene Website und E-Mail-Marketing, so setzt sich die Ansprache aus der Anzahl der Page-Impressions und den versendeten E-Mails zusammen);



Akquisition: Klickt ein Kunde eine Werbeanzeige an, die ihn auf eine Website führt, auf der er sich daraufhin aufhält und ihr Produktangebot studiert, stellt dies einen Akquisitionsprozess dar (Gemessen werden kann dies durch die Anzahl der Page-Impressions und der Besuchsdauer dieses einen speziellen Nutzers);



Conversionrate: Anteil der Besucher einer Website, die zu Käufern wurden, sich registrierten oder eine vergleichbare erwünschte Handlung erbracht haben (Geht es z. B. um einen Online-Shop, so ist der Kauf eines Produkts die gewünschte Handlung, geht es um eine Unternehmenswebsite, die über Produkte informieren soll, so stellt der Download eines Produktkatalogs die gewünschte Handlung dar).

Wenn Werbemittel im Rahmen von Online-Werbung, Electronic Commerce, Social-MediaMarketing, Suchmaschinenwerbung oder Affiliate-Marketing auf externen Plattformen präsentiert werden, können zur Kostenkontrolle folgende Kennzahlen angesetzt werden [vgl. KREUTZER 2012, S. 187 f.]: • • • • •

Cost-per-Click (CPC): Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis der erzielten Klicks; Cost-per-Mille (CPM): Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis von 1.000 erzielten Kontakten oder Ad-Impressions; Cost-per-Order (CPO): Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis der erzielten Verkäufe; Cost-per-Conversion (CPC): Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis der vereinbarten Handlungen (z. B. Registrierungen); Kosten pro Zeitintervall: Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis eines bestimmten Zeitintervalls (Die Kosten beziehen sich nicht auf eine bestimmte Aktivität des Nutzers, sondern des Werbepartners. Für die Schaltung eines Online-Werbemittels können – unabhängig von der erzielten Nutzungsintensität – pro Tag, Woche oder Monat vereinbarte Beträge fällig werden).

In Abbildung 4-33 sind die oben beschriebenen Kennzahlen des Online-Marketings zusammengefasst.

4.5 Mediaplanung

295

Kennzahl

Messkriterium

Visit

Ununterbrochener Nutzungsvorgang eines Besuchers auf einer Website

Hit

Jeder Zugriff eines Browsers auf ein Element der Website

Page-Impressions

Anzahl der Seitenabrufe

Ad-Impressions

Anzahl der aufgerufenen Seiten einer Website

Ad-Clicks

Häufigkeit des Anklickens einer Werbebotschaft (z. B. Banner)

Click-Through-Rate (CTR)

Verhältnis der Ad-Clicks zu den Ad-Impressions (in Prozent)

Unique Visitor

Bestimmte Person, die innerhalb einer gewissen Zeit, eine oder mehrere Webseiten aufruft

Unique Identified Visitor

Bestimmte Person, die auf der Website registriert ist bzw. er ein Kundenkonto besitzt

Ansprache

Wert der potentiellen Reichweite eines Online-Angebots

Akquisition

Anzahl Kunden, die durch Anklicken einer Werbeanzeige zum Online-Angebot geführt werden

Conversionrate

Prozentualer Anteil der Besucher einer Website mit einer gewünschten Handlung

Cost-per-Click (CPC)

Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis der erzielten Klicks

Cost-per-Mille (CPM)

Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis von 1.000 erzielten Kontakten

Cost-per-Order (CPO)

Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis der erzielten Verkäufe

Cost-per-Conversion (CPC)

Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis der vereinbarten Handlungen

Kosten pro Zeitintervall

Abrechnungsform für eine Werbetätigkeit auf Basis eines bestimmten Zeitintervalls

Kennzahlen zur Qualität der Werbeplätze:

Kennzahlen zur Neukundengewinnung:

Kennzahlen zur Kostenkontrolle:

[Quellen: RODDEWIG 2003, S. 152 ff., AMTHOR 2010, S. 104f., KREUTZER 2012, S. 187 f.]

Abb. 4-33:

Wichtige Kennzahlen in der Online-Werbung

Im Bereich der Online-Werbung werden direkte Messungen im Moment des Geschehens vorgenommen. Im Print-Bereich sind entweder frei zugängliche oder eigens in Auftrag gegebene Studien der Mediennutzung die Grundlage für die Berechnung der angesprochenen Größen. Daher handelt es sich hier eher um eine nachträgliche Bewertung bzw. Einschätzung des Erfolgs als um eine direkte, konkrete Messung wie es bei der Online-Werbung möglich ist. Durch die Nutzung des Internets als technische Grundlage seiner Durchführung hat das Online-Marketing die Möglichkeit, eine Vielzahl von Messungen vorzunehmen, die im PrintMarketing nicht durchführbar sind. Die Identifizierung eines Nutzers im Moment des Kontakts mit einer Werbeanzeige oder einer Website (Unique Visitors oder Unique Identified Visitors) ist im Print-Marketing nicht möglich. Wissen über technische Eigenschaften, geografische Daten oder zeitliche Nutzung von Online-Angeboten lassen in der Online-Werbung eine stetige Optimierung dieser Angebote zu. In der Print-Werbung ist ab dem Zeitpunkt des Drucks einer Anzeige keine Optimierung mehr durchführbar. Auch die Verteilung der verursachten Kosten ist in der Online-Werbung exakt kontrollierbar. Oft kommen Abrechnungsmodelle zum Einsatz, bei denen nur dann Kosten entstehen, wenn ein Nutzer eine bestimmte Handlung (z.B. ein Klick oder ein Kaufabschluss) getätigt hat. Durch eine Reihe von Kennzahlen (z.B. CPC, CPM oder CPL) ist eine Kostenkontrolle gut durchführbar.

296

4.6

4. Kommunikation

Optimierung der Kundenwahrnehmung

Zum Abschluss dieses Kapitels sollen die wesentlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Kommunikation zusammengefasst werden. Dabei geht es um die wichtigsten Aktionsparameter, um die verschiedenen strategischen Optionen, um die Prozesse und Instrumente sowie um die Werttreiber dieses Aktionsfeldes. 4.6.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 4.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundenwahrnehmung als Funktion der Kommunikation darstellen (→ Kundenwahrnehmung = f (Kommunikation)). Die Kommunikation im Absatzmarkt wiederum ist in hohem Maße abhängig von folgenden Parametern: •

Kommunikationsinstrumente (Klassische Werbung, Online-Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Direktwerbung, Verkaufsförderung, Product Placement, Product Publicity, Sponsoring, Messen, Ausstellungen und Events)



Kommunikationskanäle bzw. -medien (Printmedien, klassische elektronische Medien, Online-Medien, Außenwerbung, persönliche Kommunikation)



Kommunikationsbudget.

Daher kann die Optimierungsfunktion der Kundenwahrnehmung folgendermaßen erweitert werden: Kundenwahrnehmung = f (Kommunikation) = f (Kommunikationsinstrumente, Kommunikationsmedien, Kommunikationsbudget) → optimieren! Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die einzelnen Parameter von Branche zu Branche unterschiedlich zu gewichten sind.

4.6.2 Strategische Optionen Die strategischen Optionen im Rahmen des Aktionsfeldes Kommunikation konzentrieren sich in erster Linie darauf, ob eine (vermarktungsfähige) Idee, ob das Unternehmen in seiner Gesamtheit oder bestimmte Produkt-/Leistungsvorteile zu kommunizieren sind oder ob eine Kaufententscheidung abgesichert werden soll. Aus diesen strategischen Optionen lassen sich folgende Programme ableiten: • • • •

Bewusstseinsprogramm (um eine vermarktungsfähige Idee zu kommunizieren) Imageprogramm (um das Unternehmen in seiner Gesamtheit zu kommunizieren) Produkt-/Leistungsprogramm (um Produkt-/Leistungsvorteile zu kommunizieren) Kundenprogramm (um die Kaufentscheidung abzusichern).

4.6 Optimierung der Kundenwahrnehmung

297

4.6.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 4-34 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Kommunikation dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Kommunikationsstrategien, Art der Werttreiber etc.).

Eingangslogistik

Operative Funktionen

MarketingWertschöpfungskette

Segmentierung

Positionierung

Kommunikationsprozesse

Wahrnehmungsprozess

Kernprozesse

Kommunikationsteilprozesse

Unterstützungsprozesse

Abb. 4-34:

Klassische Werbung

Ausgangslogistik

Kommunikation

Marketing/ Vertrieb

Distribution

Meinungsbildungsprozess

OnlineWerbung

Kundendienst

Akquisition

Entscheidungsprozess

Öffentlichkeitsarbeit

Verkaufsförderung

Betreuung

Betreuungsprozess

Messen und Ausstellungen



Marktforschung (Image-, Media-, Werbewirkungsforschung) insbesondere

Apparative Verfahren

Pre-/Posttests

Werbetrackings, Panels

Prozessmodell des Aktionsfeldes „Kommunikation“

Im Fokus der für dieses Aktionsfeld relevanten instrumentellen Unterstützung steht die Messung der Kommunikationswirkung. Bei einer vorausschauenden Messung werden die Marketingprojekte auf Basis von prognostizierten Daten bewertet. Dies ist immer dann der Fall, wenn man abschätzen will, ob sich ein bestimmtes Vorhaben lohnen würde oder welches von mehreren in Frage kommenden Projekten den Vorzug verdient. Bei einer zurückblickenden Erfolgsmessung werden die Projekte auf Basis von historischen Daten bewertet. Dies ist dann der Fall, wenn ein bereits abgeschlossenes Projekt bewerten werden soll oder wenn geprüft werden soll, ob ein laufendes Projekt die Erwartungen erfüllt. Beide Formen der Erfolgsmessung hängen eng miteinander zusammen, weil für Prognosen verwertbare Anhaltspunkte oder Erfahrungswerte benötigt werden, die vor allem in historischen Daten enthalten sind. Zur Überprüfung der Kommunikationswirkung stehen drei Verfahrensklassen aus der Marktforschung (neben der Beobachtung und Befragung) zur Auswahl [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 829 f.]: •

Apparative Verfahren (z. B. Blickaufzeichnung) – mehr vorausschauend,

298

4. Kommunikation



Pre-/Post-Tests (zeitpunktbezogene Untersuchungen vor bzw. nach dem geplanten Einsatz des Kommunikationsinstruments) – sowohl vorausschauend als auch zurückblickend,



Werbetrackings und Panels (zeitraumbezogene Untersuchung, wobei beim Werbetracking auch die Wirkung von Konkurrenzmaßnahmen auf die eigene Werbemaßnahme berücksichtigt wird) – mehr zurückblickend.

Die o. g. Verfahren sind der Werbewirkungsforschung als Teilgebiet der Marktforschung zuzuordnen. Die Bestimmung der Bekanntheit (engl. Awareness) in gestützter Form (engl. Recall) oder in ungestützter Form (engl. Recognition) sowie der Reichweite einer Kommunikationsmaßnahme zählen zum Bereich der Image- bzw. Mediaforschung. 4.6.4 Werttreiber Es existiert eine Vielzahl von Verfahren der Effizienzmessung in der Kommunikation und speziell in der Werbung. Diese Verfahren bedienen sich sowohl der Outputs der Kommunikationsaktivitäten (Ergebnisse bzw. Wirkungen wie Anzahl Bruttokontakte, Reichweite, Bekanntheitsgrad, Anzahl Kundenanfragen etc.) als auch deren Inputs (Ressourceneinsätze in Form von Schaltungskosten einer Anzeige, Anzahl und Größe der Anzeigen, Dauer der Kampagne etc.). Zur Quantifizierung des Effizienzwertes einer Kommunikationsmaßnahme werden die erreichten Outputs ins Verhältnis zu den dafür eingesetzten Inputs gesetzt [vgl. BAUER et al. 2006, S. 264 unter Bezugnahme auf MORGAN et al. 2002, S. 363]. In Abbildung 4-35 sind ausgewählte Inputs den entsprechenden Outputs für das Aktionsfeld Kommunikation gegenübergestellt. Inputs

Outputs

• Entwicklungskosten der Maßnahme

• Anzahl Bruttokontakte

• Kosten der Schaltung

• Aufmerksamkeit (engl. Awareness)

• Anzahl der Anzeigen

• Reichweite

• Größe der Anzeige

• Werbeerinnerung (gestützt und ungestützt)

• Werbeintensität

• Bekanntheitsgrad (gestützt und ungestützt)

• Einsatzzeitraum einer Kampagne

• Produktinteresse

• Anzahl der Werbetests

• Kaufinteresse

• Anzahl Mitarbeiter in der Kommunikationsabteilung • • •

• Anzahl Kundenanfragen • • •

[Quelle: BAUER et al. 2006, S. 269]

Abb. 4-35:

Ausgewählte Inputs und Outputs für das Aktionsfeld „Kommunikation“

Aus der Vielzahl der in Frage kommenden Werttreiber sollen hier beispielhaft vier Werttreiber ausgewählt werden. Sie betreffen die Kommunikationsinstrumente (klassische) Werbung, Online-Werbung und Öffentlichkeitsarbeit:

4.6 Optimierung der Kundenwahrnehmung

299



Gross Rating Point (GRP) = (Bruttoreichweite/Anzahl der Zielpersonen) x 100, wobei die Bruttoreichweite die Anzahl der Kontakte angibt, die mit einer Werbemaßnahme (einmalige oder mehrmalige Belegung eines Mediums oder mehrerer Medien) realisiert werden;



Click-Rate (engl. Click-Through-Rate – CTR), d. h. die Anzahl der Klicks auf Werbebanner oder Sponsorenlinks im Verhältnis zu allen gezeigten Anzeigen (Impressionen);



Konversionsrate (engl. Conversion Rate – CR), d. h. die Anzahl der Bestellungen im Verhältnis zur Anzahl der Besucher einer bestimmten Website;



Clipping-Rate, d. h. die Anzahl der Clippings im Verhältnis zur Gesamtzahl aller versendeten PR-Mitteilungen (zur Ermittlung der Presseresonanz).

In Abbildung 4-36 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Kommunikation (wie Aktionsparamter, Strategien, Prozesse, Wertreiber sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

Abb. 4-36:

Aktionsfeld

Kommunikation

Aktionsparameter

• Kommunikationsinstrumente • Kommunikationsmedien • Kommunikationsbudget

Strategien

• • • •

Instrumentelle Unterstützung

Marktforschung (Image-, Media-, Werbewirkungsforschung) insbesondere • Apparative Verfahren • Pre-/Posttests • Werbetrackings und Panels

Werttreiber

• • • •

Optimierungskriterium

Kundennutzen

Bewusstseinsprogramm Imageprogramm Produkt-/Leistungsprogramm Kundenprogramm

Gross Rating Point (GRP) Klick-Rate Konversionsrate Clipping-Rate

als Beispiele

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Kommunikation“

300

4. Kommunikation

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Grenzen Sie die Begriffe „Signalisierung“ und „Kommunikation“ voneinander ab.

(2)

Erläutern Sie die Grundstruktur der werblichen Kommunikation (Kommunikationssystem).

(3)

Welche Aufgaben und Elemente hat ein Kommunikationsmodell?

(4)

An welche Zielpersonen wendet sich ein Bewusstseinsprogramm? In welchen Situationen ist der Einsatz eines Bewusstseinsprogramms besonders sinnvoll?

(5)

Welche Zielpersonen spricht das Imageprogramm an? Welches sind die Ziele eines Imageprogramms?

(6)

Worin unterscheidet sich das Produkt-/Leistungsprogramm vom Kundenprogramm?

(7)

Welche Dimensionen beinhaltet ein integriertes Kommunikationskonzept?

(8)

Auf welche Maßnahmen zielen „Below-the-line“-Kommunikationsinstrumente ab?

(9)

Erläutern Sie das AIDA-Modell der klassischen Werbung.

(10) Welche grundlegenden Gestaltungsmuster haben sich für die inhaltliche Übersetzungs- bzw. Inszenierungsform einer Werbebotschaft herausgebildet? (11) Auf welche formalen Aspekte sollte bei der typografischen Gestaltung einer Werbeanzeige besonders geachtet werden? (12) Welche Bedeutung hat die Verwendung von Bildern bei der Vermittlung emotionaler Werbebotschaften? Welche Verfahren aus der Imagery-Forschung stehen dem Werbegestalter zur Verfügung? (13) Welche Chancen, aber auch welche besonderen Gefahren bestehen bei der Testimonial-Werbung? (14) Welche drei grundlegenden Werbeformen lassen sich bei der Online-Werbung unterscheiden? (15) Welche beiden Grundformen kennt das Suchmaschinen-Marketing? Welche Vorteile bietet das Suchmaschinen-Marketing gegenüber der klassischen Werbung? (16) Welche grundsätzlichen Vor- und Nachteile sind mit der Web 2.0-Entwicklung für das werbende Unternehmen verbunden? (17) Welche Zielgruppen der Verkaufsförderung sind für das B2B-Marketing ausschließlich relevant? (18) Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring und Corporate Social Responsibility (CSR). (19) Grenzen Sie „Product Placement“ und „Product Publicity“ voneinander ab. (20) Was haben „Public Relations“ und „Product Publicity“ gemein?

Kontroll- und Vertiefungsfragen

301

(21) Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem „Konvergenzeffekt“ und dem „Kannibalisierungseffekt“ in der Medienbranche? (22) Grenzen Sie „Mediaplanung“ und „Werbeplanung“ voneinander ab. (23) Warum haben sich die heuristischen und weniger die analytischen Methoden der Werbebudgetierung durchgesetzt? (24) Warum ist der gewichtete Tausend-Leser-Preis zumeist aussagekräftiger als der ungewichtete Tausend-Leser-Preis? (25) Worin liegen die wesentlichen Unterschiede bei der Erfolgsmessung zwischen Online- und Print-Marketing?

5. DISTRIBUTION 5.1 Aufgabe und Ziel der Distribution ....................................................................................... 304

5.1.1 Sachlich-systematische Grundlagen ............................................................................. 305 5.1.2 Akquisitorische und physische Distribution................................................................. 306 5.2 Grundlagen des Distributionssystems............................................................................... 307

5.2.1 Distributionsorgane ...................................................................................................... 307 5.2.2 Distributionskanäle ...................................................................................................... 310 5.2.3 Distributionsformen ..................................................................................................... 311 5.3 Distribution im B2C-Bereich ................................................................................................ 313

5.3.1 B2C-Distributionskanäle .............................................................................................. 313 5.3.1.1 Internet als Distributionskanal ...................................................................... 313 5.3.1.2 Mehrkanalsysteme ........................................................................................ 315 5.3.2 Trends im Einzelhandel................................................................................................ 317 5.3.2.1 Konzentration im Einzelhandel .................................................................... 319 5.3.2.2 Betriebsformen des Einzelhandels ................................................................ 321 5.3.2.3 Dynamik der Betriebsformen........................................................................ 325 5.3.2.4 Änderung des Konsumenten- und Einkaufsverhaltens ................................. 327 5.3.2.5 Vom E- zum M-Commerce .......................................................................... 328 5.3.2.6 Positionierung im Einzelhandel .................................................................... 330 5.3.3 Push- und Pull-Strategie ............................................................................................... 332 5.3.3.1 Push-Strategie ............................................................................................... 333 5.3.3.2 Pull-Strategie ................................................................................................ 333 5.4 Distribution im B2B-Bereich ................................................................................................ 334

5.4.1 Direkter Vertrieb .......................................................................................................... 334 5.4.2 Indirekter Vertrieb ........................................................................................................ 334 5.4.2.1 Vertrieb über Großhändler/Distributoren ..................................................... 335 5.4.2.2 Vertrieb über VARs, OEMs und strategische Allianzen .............................. 336 5.4.2.3 Vertrieb auf ausländischen Märkten ............................................................. 338 5.4.2.4 Voraussetzungen für erfolgreiche Vertriebskooperationen .......................... 338 5.5 Distributionslogistik ............................................................................................................. 340

5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4

Grundlagen der Distributionslogistik ........................................................................... 340 Lagerhaltung ................................................................................................................ 340 Lagerstandorte .............................................................................................................. 341 Transport ...................................................................................................................... 342

5.6 Optimierung der Kundennähe ............................................................................................. 343

5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4

Aktionsparameter ......................................................................................................... 343 Strategische Optionen .................................................................................................. 343 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 344 Werttreiber ................................................................................................................... 344

Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 347

304

5. Distribution

5. DISTRIBUTION

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Lernziele

In diesem Kapitel gewinnen Sie einen Einblick in die Distribution, dem vierten Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses. Die Distribution zielt auf die Optimierung der Kundennähe ab. Sie befassen sich mit den verschiedenen Distributionskanälen, wobei eine ausführliche Analyse von Mehrkanal-Konzepten (engl. Multi Channel) im Vordergrund steht. Sie bekommen Einblicke in die verschiedenen Einzelhandelstrends und in die besondere Dynamik der Betriebsformen des Einzelhandels. Sie beschäftigen sich mit der Entwicklung vom E- zum M-Commerce und lernen Positionierungen im Handel kennen. Sie setzen sich mit den Grundlagen und Ausprägungen der Distributionslogistik auseinander. Sie machen sich ein Bild über die Werttreiber dieses Aktionsfeldes.

5.1 Aufgabe und Ziel der Distribution

5.1

305

Aufgabe und Ziel der Distribution

5.1.1 Sachlich-systematische Grundlagen Die Distribution ist das vierte Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses. Sie umfasst im Wesentlichen die Festlegung der Distributionsformen, die Wahl der Distributionskanäle und der jeweils einzuschaltenden Distributionsorgane (Channel Policy). Die Distribution zielt somit auf die Optimierung der Kundennähe: Kundennähe = f (Distribution) → optimieren! Die Notwendigkeit zur Optimierung der Kundennähe und dem damit verbundenen Aufbau einer schlagkräftigen Vertriebsorganisation ergibt sich zwangsläufig durch den Wunsch nach Ausweitung des potentiellen Kundenkreises. Die Optimierung hat sich daher an den Zielen des Aktionsfeldes Distribution zu orientieren. Ausgehend von den übergeordneten Umsatzund Marktanteilszielen können bspw. folgende Zielgrößen zugrunde gelegt werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 563 f.]: • • • • •

Erhöhung der Marktabdeckung Reduzierung der Distributionskosten Erhöhung des Distributionsgrades Vermeidung distributionsspezifischer Risiken Kontrollierbarkeit der Distributionskanäle.

Beim Aktionsfeld Distribution steht die Frage im Vordergrund, wie die Produkte und Leistungen des Unternehmens am besten an die Kunden herangetragen werden können. Aus Sicht des anbietenden Unternehmens schließen sich an diese Frage drei Basisentscheidungen der Distribution an [vgl. BECKER 2009, S. 525 f.]: •

Aufbau und Management des Distributionssystems zur Gestaltung der Distributionskanalstruktur



Einsatz der Distributionsorgane zur Auswahl, Steuerung und Motivation der mit der Akquisition zu betrauenden Personen



Gestaltung von Logistiksystemen zur Überbrückung von Raum und Zeit durch Transport, Lagerhaltung und Auftragsabwicklung.

Diese Basisentscheidungen werden im B2C-Marketing teilweise grundlegend anders getroffen als im B2B-Marketing. Während im B2C-Marketing der Handel die Distributionskanäle beherrscht, ist es im B2B-Bereich eindeutig das produzierende Unternehmen. Die Distributionskanäle im B2C-Marketing verlaufen oft über viele Stufen, dafür überwiegt im B2BGeschäft die Anzahl der Direktverkäufe. Im B2C-Marketing können sich die Kunden häufig aussuchen, über welchen Distributionskanal sie die Produkte beziehen wollen. In Abbildung 5-01 sind die wesentlichen Unterschiede zusammengefasst dargestellt.

306

5. Distribution

B2C-Marketing

B2B-Marketing

Beherrschung der Distributionskanäle

Dominanz des Handels

Dominanz des Herstellers

Tiefe der Distributionskanäle

Oft viele Stufen

Keine oder nur wenige Stufen

Anteil des Geschäfts durch indirekten Vertrieb

Sehr hoch, nur geringe Direktverkäufe

Eher gering, Direktverkäufe überwiegen

Auswahl der Distributionskanäle durch den Kunden

Groß, da ein Produkt sehr häufig über mehrere Kanäle angeboten wird

Gering, da ein Produkt nur über sehr wenige Kanäle angeboten wird (meist sogar nur ein Kanal)

Existenz und Bedeutung von Großkunden

Eher gering

Sehr groß

[Quelle: GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 257]

Abb. 5-01:

Distributionsschwerpunkte im B2C- und B2B-Marketing

5.1.2 Akquisitorische und physische Distribution Grundsätzlich lässt sich das Aktionsfeld Distribution in die akquisitorische und in die physische Distribution unterteilen. Bei der akquisitorischen Distribution geht es um Entscheidungen über die Wahl des richtigen Distributionssystems mit seinen Komponenten Distributionsorgane, Distributionskanäle und Distributionsformen. Die physische Distribution, die hier als Distributionslogistik bezeichnet wird, befasst sich im Rahmen seiner Subsysteme Lagerhaltung, Transport und Auftragsabwicklung mit den räumlichen und zeitlichen Strukturen der Warenverteilung. Abbildung 5-02 gibt einen Überblick über die hier gewählte Gliederung des Aktionsfeldes Distribution. Distribution

Akquisitorische Distribution • Distributionsorgane • Distributionskanäle • Distributionsformen

Akquisitorisches Distributionssystem

Abb. 5-02:

Physische Distribution • Lagerhaltung • Transport • Auftragsabwicklung

Physisches Distributionssystem

Gliederung des Aktionsfeldes „Distribution“

5.2 Grundlagen des Distributionssystems

5.2

307

Grundlagen des Distributionssystems

Das (akquisitorische) Distributionssystem (auch als Vertriebssystem bezeichnet) stellt die institutionelle und strukturelle Grundlage des Aktionsfeldes Distribution dar. Die Komponenten des (akquisitorischen) Distributionssystems sind die Distributionsorgane (auch Vertriebsoder Absatzorgane), die Distributionskanäle (auch Vertriebs- oder Absatzwege) und die Distributionsformen (direkter/indirekter Vertrieb) [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 830]. Abbildung 5-03 gibt einen Überblick über die Komponenten des akquisitorischen Distributionssystems.

Distributionssystem

Distributionsorgane • Unternehmensinterne Organe • Unternehmensexterne Organe

Abb. 5-03:

Distributionskanäle

Distributionsformen

• Einkanalsystem

• Direkter Vertrieb

• Mehrkanalsystem

• Indirekter Vertrieb

Elemente eines Distributionssystems

5.2.1 Distributionsorgane Zu den Distributionsorganen zählen alle unternehmensinternen und unternehmensexternen Personen, Abteilungen und Institutionen, die an den Vertriebsaktivitäten eines Unternehmens beteiligt sind. Unter räumlich-organisatorischen Gesichtspunkten lassen sich die unternehmensinternen Distributionsorgane in den Vertriebsinnendienst und in den Vertriebsaußendienst unterteilen. Zu den Abteilungen der Innenorganisation zählen im Allgemeinen •

die zentrale Vertriebsleitung (Vertriebsmanagement) zur Steuerung und Kontrolle aller Vertriebsaktivitäten sowie zur Herbeiführung besonders wichtiger Verkaufsabschlüsse,



der akquisitorische Vertriebsinnendienst mit direktem Kontakt zu (wichtigen) Kunden inkl. Inbound Call Center,



der administrative Vertriebsinnendienst für die Auftragsabwicklung (Vertriebslogistik) und ggf. in Verbindung mit einer E-Commerce-Abteilung für die Abwicklung des internetgestützten Vertriebs,



die Versandabteilung für die versandtechnische Abwicklung des Verkaufs,



der Kundendienst für die Auskunftserteilung bei auftretenden Problemen und die Erbringung von Reparatur- und Wartungsdienstleistungen.

308

5. Distribution

Der Vertriebsaußendienst, der häufig regional gegliedert und in Niederlassungen zusammengefasst ist, ist in seiner Region verantwortlich für die Akquisition von Neukunden, die Pflege des vorhandenen Kundenstamms, die Betreuung von Vertriebspartnern (z. B. Händler) sowie für das Key Account Management (Betreuung von Groß- bzw. Schlüsselkunden). Bei den unternehmensexternen Distributionsorganen muss differenziert werden zwischen unternehmensgebundenen Organen und unabhängigen Distributionsorganen. Zu den unternehmensgebundenen Organen, bei denen eine wirtschaftliche Abhängigkeit zum Unternehmen vorliegt, zählen insbesondere •

Vertragshändler, die zwar rechtlich selbständig, aber voll in die Vertriebsstrategie des Anbieters eingebunden sind (z. B. Vertragshändlersysteme in der Automobilbranche oder der Mineralölvertrieb über Tankstellen) sowie



Franchise-Systempartner, der mit Abschluss eines entsprechenden Vertrages das Recht sowie die Pflicht zu einer Beteiligung am Marktauftritt des Franchise-Gebers und damit zur Nutzung des Marketingkonzeptes des Anbieters übernimmt (z. B. MCDONALD’S, FOTO QUELLE, TUI/FIRST-Reisebüros) [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 830 ff.].

In Insert 5-01 sind die 20 größten Franchise-Unternehmen in Deutschland aufgelistet.

5.2 Grundlagen des Distributionssystems

309

Insert Die Top-20 der größten Franchise-Unternehmen in Deutschland Engagement und Professionalität, Nachwuchsförderung und Perspektivengeber - die Franchise-Wirtschaft in Deutschland zeigt sich vielfältig. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Franchise-Verbandes (DFV) unter Mitgliedern und Franchise-Interessierten. Themen der Befragung: Trends, Entwicklung, Finanzierung, Märkte. Die Ergebnisse veröffentlicht der Verband in einer Broschüre mit dem Titel "Franchise-Fakten 2010". Die Verbandsbroschüre gibt einen Einblick in die Welt des Franchisings. McDonald's oder Burger King, Apollo Optik oder Fressnapf. Aber auch Studienkreis und Schülerhilfe, die Musikschule Fröhlich, Engel & Völkers. Rund 950 Unternehmen setzen in Deutschland auf Franchise-Partner. Die Franchise-Idee: Der sogenannte FranchiseGeber öffnet die eigene, erprobte Geschäftsidee für Partner. Die treten als selbständige Unternehmer, genannt Franchise-Nehmer, unter der gemeinsamen Marke auf. Vorteil für Gründer: Sie starten mit bekannter Marke und Unterstützung. Vorteil für Franchise-Geber: Sie expandieren mit motivierten, selbständigen Partnern. Insgesamt gibt es in Deutschland 960 FranchiseGeber, 48.000 Franchise-Nehmer und 452.000 Beschäftigte, die 2010 rund 48 Milliarden Euro erwirtschafteten. Die Franchise-Wirtschaft gilt längst als Unternehmer- und Nachwuchsschmiede: Die Umfrage zeigt, dass 85 Prozent der Franchise-Geber und 84 Prozent der Franchise-Nehmer den eigenen Nachwuchs ausbilden: Beispielsweise Bürokaufleute, Systemgastronomen, Juniormanager, Schreiner, Friseure. [Quelle:http://www.franchise-net.de/franchisenews/archiv/2010/februar/artikel/deutscher-franchise-verbandveroeffentlicht-umfrageergebnisse/15/]

Insert 5-01: Die Top-20 der größten Franchise-Unternehmen in Deutschland Bei den vom Unternehmen unabhängigen Distributionsorganen handelt es sich um rechtlich selbständige Absatzmittler bzw. -helfer. Zu dieser Gruppe zählen u. a. •

Großhandelsunternehmen (engl. Wholesaler), deren Kunden gewerbliche Nachfrager (Einzelhandel, Weiterverarbeiter oder behördliche Großverbraucher) sind und deren Verkauf üblicherweise in großen Mengen erfolgt.



Einzelhandelsunternehmen (engl. Retailer), deren Kunden private Nachfrager (Endverbraucher) sind. Auf die verschiedenen Betriebsformen des Einzelhandels wird in Abschnitt 5.3.3 eingegangen.



Handelsvertreter, die als selbständige Gewerbetreibende entweder nur für einen Anbieter (Einfirmenvertreter) oder für mehrere Unternehmen (Mehrfirmenvertreter) in fremden Namen für fremde Rechnung Geschäfte vermitteln. Im B2B-Bereich sind dieser Gruppe

310

5. Distribution

die so genannte Value-Added-Reseller (VAR) zuzurechnen (z. B. Softwarehaus, das neben seiner eigenen Software auch die entsprechende Hardware mit verkauft (vermittelt)). •

Kommissionäre, die im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Auftraggebers tätig sind. Regelmäßige Kommissionsverhältnisse spielen im Buch-, Zeitschriften- und Kunsthandel, im Gebrauchtwagenmarkt sowie im Effektenhandel der Banken eine Rolle.



Makler, die den Abschluss von Verträgen über die Beschaffung oder Veräußerung von Produkten oder andere Geschäfte (z. B. Vermietung von Wohnungen) vermitteln, ohne damit ständig von ihren Auftraggebern betraut zu sein.

In Abbildung 5-04 sind die wichtigsten Distributionsorgane im Überblick dargestellt. Distributionsorgane

Unternehmensinterne Distributionsorgane

Vertriebsinnendienst • Zentrale Vertriebsleitung • Akquisitorischer Innendienst • Administrativer Innendienst

Vertriebsaußendienst • Regionale Vertriebsleitung • Außendienstmitarbeiter • Key-Account-Manager

• Versand

Unternehmensexterne Distributionsorgane Unternehmensgebundene Distributionsorgane

Unabhängige Distributionsorgane

• Vertragshändler

• Großhandel

• FranchiseSystempartner

• Einzelhandel • Handelsvertreter • Kommissionär • Makler

• Kundendienst [Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 832]

Abb. 5-04:

Distributionsorgane im Überblick

5.2.2 Distributionskanäle Distributionskanäle (bzw. Vertriebs- oder Absatzwege) entstehen durch die Auswahl und Kombination der obigen Distributionsorgane. Die Festlegung der Distributionskanäle ist strukturell-bindend, d. h. sie ist kurz- und mittelfristig nur mit erheblichem organisatorischen Aufwand und entsprechenden Kosten revidierbar. Entscheidungen im Zusammenhang mit der Auswahl der Distributionskanäle haben also Grundsatzcharakter [vgl. BECKER 2009, S. 528]. In der Praxis hat sich eine Vielzahl von Distributionskanälen herausgebildet, von denen einige wichtige in Abbildung 5-05 dargestellt sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass viele Unternehmen sich nicht nur auf einen Distributionskanal festlegen. Begünstigt durch die Möglichkeiten der Online-Vermarktung nutzen diese Unternehmen mehrere Distributionskanäle für den Absatz ihrer Produkte. Solche Mehrkanalsysteme (engl. Multi-Channel) sind in

5.2 Grundlagen des Distributionssystems

311

sehr unterschiedlichen Branchen zu finden (z. B. Fluggesellschaften, Automobilhersteller, Versicherungsgesellschaften).

Endverbraucher

Hersteller

Typische B2CDistributionskanäle

Typische B2BDistributionskanäle

Hersteller

Hersteller

Großhandel

Einzelhandel

Endverbraucher

Hersteller

Großhandel

Handwerk

Endverbraucher

Hersteller

Hersteller

Hersteller

Abb. 5-05:

Endverbraucher

Einzelhandel

Verwender

Händler/Distributoren/VARs

Absatzmittler

Verwender

Kunde

Typische Distributionskanäle

5.2.3 Distributionsformen Die Distributionsform steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Distributionskanälen und betrifft die Auswahlentscheidung zwischen direktem und indirektem Vertrieb. Der direkte Vertrieb ist dadurch gekennzeichnet, dass der Hersteller den Absatz seiner Produkte in eigener Regie, d. h. mit seinen unternehmenseigenen Distributionsorganen durchführt. Der Vertrieb erfolgt über eigene Verkaufsabteilungen, Verkaufsniederlassungen, den eigenen Außendienst mit sog. Reisenden sowie über das Internet. Der direkte Vertrieb ist für die Herstellerunternehmen des B2B-Bereichs erst durch die Möglichkeiten des Internets wieder interessant geworden. Demgegenüber schaltet der Hersteller beim indirekten Vertrieb bewusst unternehmensfremde, rechtlich selbständige Distributionsorgane ein. Wird nur eine externe Handelsstufe (z. B. nur der Einzelhandel) eingeschaltet, so spricht man von einem einstufigen indirekten Vertrieb. Ein zwei- oder mehrstufiger Vertrieb liegt vor, wenn zwei oder mehrere Handelsstufen für den Absatz eines Produktes in Anspruch genommen werden. Abbildung 5-06 zeigt die wichtigsten Distributionsformen im Überblick.

312

5. Distribution

Direkter Vertrieb (Schwerpunkt B2B)

Indirekter Vertrieb (Schwerpunkt B2C)

Persönlicher Direktvertrieb

InternetVertrieb

Einstufig

Zweistufig

Dreistufig

Hersteller

Hersteller

Hersteller

Hersteller

Hersteller (Fach-) Großhandel

Endkunde

Großhandel

(Sortiments-) Großhandel

Einzelhandel

Einzelhandel

Einzelhandel

Endkunde

Endkunde

Endkunde

Endkunde

[Quelle: BECKER 2009, S. 528]

Abb. 5-06:

Typische Distributionsformen

Während im B2C-Bereich der indirekte Vertrieb (vornehmlich über den Groß- und Einzelhandel) dominiert, ist der direkte Vertrieb im B2B-Marketing die vorherrschende Distributionsform.

5.3 Distribution im B2C-Bereich

5.3

313

Distribution im B2C-Bereich

5.3.1 B2C-Distributionskanäle Im B2C-Marketing herrschen nach wie vor jene Distributionskanäle vor, in denen der Einzelhandel die führende Rolle bei der Vermarktung einnimmt. Die zunehmende Konzentration im Einzelhandel hat in Verbindung mit der wachsenden Attraktivität von Handelsmarken allerdings zu einem intensiven Regalplatzwettbewerb insbesondere bei schnelldrehenden Konsumgütern (engl. Fast Moving Consumer Goods - FMCG) geführt. Daher wird es für die Herstellerunternehmen zunehmend schwieriger, ihre Marketingkonzepte eigenständig durchzusetzen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 566 f.]. 5.3.1.1 Internet als Distributionskanal

Parallel zu dieser Entwicklung gewinnt das Internet als Distributionskanal für Waren und Dienstleitungen ständig an Bedeutung. Nach einer repräsentativen Umfrage des BITKOM kauften 2010 sechs von zehn Deutschen (59 Prozent) im Internet ein – deutlich mehr als der Durchschnitt der EU-Bürger (40 Prozent). Shoppen im Web ist für viele inzwischen Alltag: 36 Prozent der Internet-Käufer ordern wöchentlich Waren im Web, aber nur 31 Prozent tun dies im gleichen Zeitraum in einem stationären Geschäft. 42 Prozent ihrer Konsumausgaben lassen die Online Shopper mittlerweile in Webshops, 16 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Das hat das Prüfungs- und Beratungsunternehmen PWC in der Studie „Der Kunde wird wieder König“ im Jahr 2012 ermittelt, für die 1.000 deutsche Webshopper befragt wurden (siehe Insert 5-02, wobei zu beachten ist, dass ausschließlich Internetnutzer und befragt wurden). Besonders häufig landen Bücher, Filme, Spiele sowie Elektronik und Computerartikel in den digitalen Warenkörben. Doch auch der Online-Absatz von Kleidung und Schuhen legte gegenüber 2011 um mehr als 30 Prozent zu. Dem stationären Einzelhandel macht dies zu schaffen: Die Web-Käufer decken sich in immer mehr Bereichen online mit den gewünschten Produkten ein, den Weg in den Laden finden sie aber immer seltener oder lediglich zum Aussuchen (aber nicht zum Kaufen). Angesichts dieser Entwicklung kann eine Neuausrichtung des stationären Geschäfts nötig sein – etwa die Verringerung von Ladenflächen, die Umwandlung in Abwicklungszentren für Online-Kanäle oder die Integration digitaler Elemente und Technologien im Geschäft. Dazu kommt, dass sich Showrooming weiter verbreiten wird. Eine Erhebung von APRIMO und FORRESTER Research in den USA hat ergeben, dass 96 Prozent der Befragten künftig häufiger ein Produkt im Laden ansehen und dann via Smartphone online den günstigsten Anbieter suchen wollen. Ein Drittel derer, die bereits heute Showrooming betreiben, haben das Produkt anschließend woanders gekauft. Und: Ein Drittel derer, die es bislang nicht tun, kam schlicht noch nicht auf die Idee. Doch dem Handel bieten sich auch neue Chancen: Direktvertrieb über Partys mit Freunden oder durch einen Verkäufer, der ins Haus kommt, steigt in der Gunst der Konsumenten, so eine Studie des Bundesverbands Direktvertrieb Deutschland: Vor allem Jüngere empfinden Verkaufspartys als „kommunikativ“ und „echt“ [Quelle: Internet World Business, 26. November 2012 24/12, S. 2].

314

5. Distribution

Insert

Digitale Technologien eröffnen Konsumenten und Unternehmen heute völlig neue Perspektiven. Sie können jeden beliebigen Händler und Konsumgüterhersteller mit jedem beliebigen Internetnutzer weltweit verbinden und bieten Konsumenten mehr Informationen und größere Wahl- und Einflussmöglichkeiten als jemals zuvor. Der Onlinehandel wächst nachhaltig und ist mittlerweile fester Bestandteil des deutschen Einzelhandels. Die PwC-Studie "Der Kunde wird wieder König" offenbart: Deutsche Onlinekäufer kaufen inzwischen wöchentlich öfter im Internet (36 Prozent) als im Ladengeschäft (31 Prozent) ein und geben dabei 42 Prozent ihrer Konsumausgaben online aus. Inzwischen fließt in vier von zehn Warenkategorien im Durchschnitt

mindestens die Hälfte der Konsumausgaben in den Internethandel, wie die Analyse zeigt. Angesichts dieser Zahlen und Möglichkeiten erscheinen die Wachstumsperspektiven verlockend. Allerdings sind viele Händler, die ihre Basis im stationären Geschäft haben, aufgrund der wachsenden Marktanteile der reinen Onlinehändler eher verunsichert. Fragen nach einer Verlagerung der stationären Umsätze ins Internet, dem Wert von Handelsimmobilien, nach erfolgreichen Multi- bzw. Cross-Channel-Strategien in verschiedenen Warenkategorien und den in unstrukturierten Massendaten (sog. Big Data) verschlüsselten Erwartungen der Kunden beschäftigen alle deutschen Einzelhändler. [Quelle: PwC-Studie „Der Kunde wird wieder König“ 2012]

Insert 5-02: Welchen Einkaufskanal Kunden am liebsten nutzen Die PWC-Studie von Mitte 2012 geht weiterhin der Frage nach, warum die Kunden teilweise lieber im Internet als im Ladengeschäft kaufen. Am meisten schätzen die Kunden die niedrigeren Preise und die besseren Angebote im Netz (58 Prozent). Auf dem zweiten Platz der Vorzüge des Online-Shoppings liegt nach Meinung der Kunden die Bequemlichkeit (55 Prozent). Auf Rang drei folgt die Möglichkeit, sich die Produkte nach Hause liefern zu lassen (53 Prozent). In diesem Kontext sei vermerkt, dass der Online-Versandhändler für Schuhe und Mode ZALANDO eine neue Smartphone-App mit integriertem Barcode-Scanner herausgebracht hat. Damit lassen sich die Artikel in jedem beliebigen stationären Geschäft scannen und bei

5.3 Distribution im B2C-Bereich

315

ZALANDO online suchen. Das Kleid oder die Hose im Geschäft probieren, sich dort von einer kompetenten Fachkraft beraten lassen und dann online bestellen? "Beratungsdiebstahl" ist ein Begriff, der in diesem Zusammenhang häufig fällt. Doch auch umgekehrt kann hieraus ein „Schuh“ werden, denn ebenso viele Menschen informieren beim Kauf von Schuhen und Mode bevorzugt im Internet, um dann aber lieber im Laden kaufen. Interessant ist also, dass das Internet für viele Konsumenten die erste Anlaufstelle (und nicht der Abschluss) im Kaufprozess darstellt. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom so genannten ROPO-Effekt: „Research Online, Purchase Offline“. 5.3.1.2 Mehrkanalsysteme

Immer mehr Verbraucher nutzen immer mehr Kanäle. Angesichts dieser Entwicklung und dem härteren „Kampf um die Regalplätze“ gehen viele Unternehmen im B2C-Bereich dazu über, ihre bisherigen Distributionssysteme neu zu formieren. Sie suchen nach alternativen Distributionskanälen und sprechen die Kunden gleichzeitig über Internet, Fachhandel, Discounter oder auch über den Versandhandel an. Einige Beispiele für solche Mehrkanalsysteme (engl. Multi-Channel Systems) sind [vgl. SCHÖGEL/PERNET 2008, S. 3]: •

TSCHIBO verkauft seine Produkte nicht nur über ca. 1.000 eigene Filialen und über rund 17.000 Shop-in-Shop-Systeme sondern auch über den klassischen Versandhandel und über den Internet-Versandhandel.



Die DEUTSCHE BAHN hat ihren dauerhaften Vertrieb über Bahnhöfe, Reisebüros und Internet temporär durch zusätzliche Verkaufsaktionen über bestimmte Vertriebspartner (z. B. TSCHIBO) ergänzt.



Zigarettenkonzerne wie BAT, REEMTSMA oder PHILIP MORRIS nutzen bis zu sechs unterschiedliche Distributionskanäle: Automaten, Lebensmitteleinzelhandel, Tabakgeschäfte, Kioske, Gaststätten und Tankstellen.



Der Befestigungshersteller HILTI setzt neben dem Direktvertrieb über den eigenen Außendienst einen Telefonverkauf und Shop-in-Shop Konzepte (HILTI Shops) als Vertriebswege ein.



Die deutsche LUFTHANSA setzt zur Distribution eigene Verkaufsbüros, selbstständige Reisebüros, Tour-Operator, Broker, das Internet sowie mehrere Call Center ein.



Der Kosmetikanbieter AVON als weltweit größte Direktvertriebsorganisation vertreibt seine Leistungen nicht mehr nur über einen Haustürverkauf, sondern setzt inzwischen auch einen Versandhandel und Home Order Television als Vertriebsweg ein.

Ein weiteres Beispiel für gravierende Änderungen im Distributionssystem, die durch die Internet-Nutzung eingetreten sind, ist der Buchhandel. Abbildung 5-07 zeigt die verschiedenen Distributionskanäle für den Absatz von Büchern.

316

5. Distribution

Direkter Vertrieb Autor

Autor

Autor

Autor

Autor

Verlag

Verlag

Verlag

Verlag

Großhandel „Barsortiment“

Elektronischer Buchhändler

Einzelhandel

Einzelhandel „Sortiment“

Leser

Leser

Leser

z.B. Loseblattwerke im Rechtsund Steuerberatungsbereich „Desintermediation“

Nichtbuchhändlerischer EH wie Discounter, Supermärkte, Gartencenter

Klassischer Absatzkanal im Buchhandel

Leser Kann künftig für Autoren interessant werden

Indirekter Vertrieb

Leser z. B. Amazon „Reintermediation“

[Quelle: GLÄSER 2008, S. 544]

Abb. 5-07:

Distributionskanäle im Buchhandel

Allerdings bergen solche Mehrkanalsysteme auch eine Reihe von Konflikten und damit Risiken in sich. Konflikte treten immer dann auf, wenn in Wettbewerb stehende Absatzkanäle inkompatible Ziele verfolgen und mit ungenügenden Ressourcen ausgestattet sind. Konflikte können dabei sowohl im horizontalen Wettbewerb als auch im vertikalen Wettbewerb stattfinden. Horizontale Distributionskanalkonflikte entstehen aus divergierenden Zielvorstellungen zwischen zwei Distributionskanälen. So können Kanalkonflikte zwischen dem bestehenden Außendienst und dem neu eingerichteten Internetkanal eines Unternehmens auftreten. Ein typisches Beispiel dafür sind Versicherungsgesellschaften mit etablierten Außendienstorganisationen, die im künftigen Online-Vertrieb („Direkt-Vertrieb“) einen nicht kalkulierbaren Wettbewerb sehen. Aber auch der Wettbewerb zwischen Kanälen mit der gleichen Distributionsform kann zu Konflikten führen. Ein Beispiel dafür ist die US-Kaffeehauskette S TARBUCKS, die ihre Filialen teilweise so dicht nebeneinander platziert hatten, dass es zu einem zermürbenden, gegenseitigen Wettkampf der Filialen um mögliche Kunden kam. Vertikale Distributionskanalkonflikte entstehen zumeist aufgrund von Ziel-, Rollen-, Macht- und Kommunikationsbeziehungen zwischen den beiden Kooperationspartnern. Die „klassische“ Konfliktsituation ist die zwischen Hersteller und Absatzmittler mit divergierenden Zielsystemen. Händler verfolgen das Ziel ihren eigenen Profit zu maximieren, was unter anderem durch eine Erhöhung der Handelsmarge machbar ist. Die Handelsmarge steigt, wenn tiefere Einkaufspreise mit dem Hersteller ausgehandelt werden. Hersteller hingegen versuchen ebenfalls ihren Profit zu maximieren, indem sie vom Zwischenhändler genau das Gegenteil erwarten – nämlich höhere Einkaufspreise [vgl. SCHÖGEL/PERNET 2010, S. 150 ff.].

5.3 Distribution im B2C-Bereich

317

Für die Wahl eines Mehrkanalsystems spricht die breitere Marktabdeckung, ein besserer Risikoausgleich, ggf. eine höhere Wirtschaftlichkeit und der Einsatz kundengerechter Methoden. Diesen Chancen stehen aber auch einige Risiken gegenüber. So kann der parallele Einsatz von verschiedenen Kanälen zur Verwirrung der Kunden und zu Konflikten zwischen den Kanälen führen. Auch bestehen die Gefahren des Kontrollverlustes und der Suboptimierung durch die zunehmende Komplexität des Distributionssystems. Während in der Regel eine isolierte Betrachtung des einzelnen Distributionskanals eine ganze Reihe von Vorteilen für den Anbieter erkennen lässt, besteht die Herausforderung des Managements eines Mehrkanalsystems darin, den neuen Distributionskanal in das Distributionssystem zu integrieren [vgl. SCHÖGEL/PERNET 2008, S. 5 ff.]. Die Chancen und Risiken von Mehrkanalsystemen sind in Abbildung 5-08 gegenübergestellt. Chancen von Mehrkanal-Systemen

Risiken von Mehrkanal-Systemen

• Erhöhte Marktabdeckung durch Gewinnung neuer Nachfragersegmente und kanalübergreifendes Cross Selling

• Verwirrung und Verärgerung der Kunden durch eine nicht integrierte und kanalübergreifende Betreuung

• Einsatz kundengerechterer Methoden, da sich die Bedürfnisse der Kunden innerhalb eines Segments deutlich unterscheiden und durch mehrere Kanäle besser angesteuert werden können

• Konflikte zwischen den Absatzkanälen reduziert das Vertriebsengagement der Kanäle

• Multiple Kundenbindung durch ein Netzwerk an Geschäfts- und Servicebeziehungen mit dem Kunden • Risikoausgleich, da sich die Abhängigkeit von nur einem Distributionskanal verringert

• Kontrollverlust durch zu hohe Komplexität • Hohe Investitionskosten beim Aufbau in Verbindung mit einem hohen Koordinationsaufwand • Entstehung von Markenimageirritation durch fehlende Abstimmung der Distributionskanäle

[Quelle: in Anlehnung an MEFFERT et al. 2008, S. 580].

Abb. 5-08:

Chancen und Risiken von Mehrkanalsystemen

5.3.2 Trends im Einzelhandel Der deutsche Einzelhandel ist seit Jahren dadurch geprägt, dass der Anteil des Einzelhandelsumsatzes an den privaten Konsumausgaben sinkt. Während er 1996 mit 375 Mrd. Euro noch 34,3 Prozent Anteil an den privaten Konsumausgaben hatte, ging dieser Anteil auf 28,1 Prozent (414 Mrd. Euro) im Jahre 2011 zurück. Während im Zeitraum von 1996 bis 2011 der private Konsum um durchschnittlich 2,1 Prozent pro Jahr wuchs, betrug das Wachstum für die Einzelhandelsausgeben lediglich durchschnittlich 0,5 Prozent. Als Gründe für die abnehmende Bedeutung des Einzelhandels sind im Wesentlichen der Anstieg der Ausgaben für Gas, Heizöl und Benzin bis zum Beginn der Wirtschaftskrise, die weiterhin hohen Ausgaben für Reisen sowie für Automobile zu nennen. Da nicht abzusehen ist, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren ändern wird, ist davon auszugehen, dass der leicht rückläufige Anteil des Einzelhandelsumsatzes an den privaten Konsumausgaben in Deutschland stabil bleiben wird [vgl. KPMG 2012, S. 12].

318

5. Distribution

Insert Private Konsumausgaben und Anteil des Einzelhandelsumsatzes

Nach einer stagnativen Phase während der Finanzkrise (2008/2009) sind die privaten Konsumausgaben zuletzt wieder angestiegen. Wohnen und Gesundheit sind dabei die Bereiche, deren Anteil sich an den gesamten Ausgaben am stärksten erhöht hat. Besonders Ausgaben für Strom und Heizung sind aufgrund der Energiepreisentwicklung stark angestiegen. Im Gesundheitsbereich nahmen vor allem Ausgaben für Medikamente oder medizinische Hilfsmittel zu, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Der Anteil des Gesamtbudgets, der für Nahrungsmittel, Bekleidung und

Einrichtungsgegenstände ausgegeben wurde, hat hingegen abgenommen. Entsprechend ist der Anteil des Einzelhandels an den gesamten Konsumausgaben im vergangenen Jahrzehnt stetig gesunken. Da sowohl für die Bereiche Wohnen und Gesundheit keine Änderung der Entwicklung absehbar ist und die Deutschen sich zudem weiterhin als reisefreudig erweisen und ihr Auto sehr schätzen, ist nicht absehbar, dass sich die Aufteilung in den kommenden Jahren zugunsten des Einzelhandels ändern wird. [Quelle: KPMG-Studie „Trends im Handel 2020“, S. 13 f.]

Insert 5-03: Private Konsumausgaben und Anteil des Einzelhandels Der Handel und hier insbesondere der Einzelhandel als wichtigstes externes Distributionsorgan der Hersteller war und ist durch einen grundlegenden Wandel in folgenden Bereichen gekennzeichnet [vgl. BECKER 2009, S. 534]: •

Starke Konzentration durch Fusionen, Filialisierung und Verbundgruppen wie Einkaufvereinigungen und freiwillige Ketten



Grundlegende Verschiebungen bei den Betriebsformen des Einzelhandels



Änderung des Konsumentenverhaltens (Stichwort „Hybrider Konsument“) und des Einkaufsverhaltens durch neue Kommunikationstechnologien (Stichwort „Electronic Shopping“).

Auf die sich ändernden Rahmenbedingungen reagiert der Einzelhandel in sämtlichen Bereichen. So werden beispielsweise vertikale Kooperationen aufgebaut, um die Rohstoffsicherung zu gewährleisten, Handelsformate werden soziodemografischen Entwicklungen angepasst,

5.3 Distribution im B2C-Bereich

319

neue Technologien kommen entlang der gesamten Lieferkette zum Einsatz und Marketingabteilungen entdecken neue Kommunikationswege [vgl. KPMG 2012, S. 16]. 5.3.2.1 Konzentration im Einzelhandel

Der fortschreitende Konzentrationsprozess im Einzelhandel lässt sich besonders gut am Lebensmitteleinzelhandel festmachen. Erzielten im Jahre 1999 die acht größten Handelsunternehmen zusammen einen Marktanteil von 70 Prozent, kommen inzwischen die vier größten Lebensmitteleinzelhändler (EDEKA, REWE, die SCHWARZ-Gruppe (LIDL und KAUFLAND) sowie ALDI (Nord und Süd)) auf einen Marktanteil von zusammen 85 Prozent [Quelle: Bundeskartellamt – Mitteilung vom 14.02.2011]. Hinzu kommen weitere Konzentrationsbestrebungen, denn der Branchenprimus Edeka (45 Mrd. Euro Jahresumsatz) will die defizitären KAISER'S-TENGELMANN-Märkte übernehmen (siehe Insert 5-04). Die Belieferung der vier großen Handelsketten ist daher für jeden Hersteller nahezu unverzichtbar. Die daraus resultierende Handelsmacht hat einerseits zur Schaffung und Durchsetzung eigener Marketingkonzepte geführt (→ Handelsmarkenkonzepte) und andererseits den Druck auf Preise und Margen schnell drehender Konsumgüter weiter verstärkt.

Insert Die Macht der Supermarktketten steigt bedrohlich Von Michael Gassmann

Edeka will die defizitären Kaiser's-Tengelmann-Märkte übernehmen. Das bringt das Kartellamt in Bredouille. Einerseits muss es den Wettbewerb retten, andererseits sind 16.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Auf den ersten Blick ist die Verhandlungsmacht der großen Lebensmittelhändler eine feine Sache für uns Verbraucher. Mit ihrer geballten Nachfrage können EDEKA, REWE, ALDI und LIDL der Nahrungsmittelindustrie die Daumenschrauben bei Preisverhandlungen anlegen, während die großen Vier sich gegenseitig gerade genug Wettbewerb machen, dass sie ihre günstigen Einkaufspreise großenteils an die Konsumenten weitergeben. Wird Cola bei der einen Kette billiger, zieht die andere nach. Dasselbe bei Butter, Milch und und und... Die große Sorge des Bundeskartellamts ist, dass es nicht mehr lange bei dieser angenehmen Situation bleiben wird. Schon jetzt, so haben die Wettbewerbshüter erst vor ein paar Tagen unterstrichen, kommt das Quartett auf einen Marktanteil von 85 Prozent. Das kommt einem Oligopol, also der Marktbeherrschung durch eine Handvoll mächtiger Konzerne, schon recht nah. Die geplante Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Branchenprimus Edeka ist ein weiterer großer Schritt in dieser Richtung. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub redet das Problem klein, wenn er sagt, dass sich durch die Verschiebung von 0,6 Prozent Marktanteil die Lage nicht wirklich ändere. Schließlich sollen über 450 Filialen mit fast 16.000 Beschäftigten und ein Umsatzvolumen von 1,8 Milliarden Euro nicht bei irgendwem landen, sondern beim Marktführer. Der vergrößert damit seinen Abstand zu den Verfolgern.

Was ist daran schlimm? Zunächst nicht viel. Auf mittlere Sicht aber neigen Branchenriesen dazu, die Ergebnisse ihrer Nachfrage-Power selbst einzustecken statt ihre Kunden teilhaben zu lassen. Je größer sie sind, umso eher. Es gibt dann ja kaum noch Wettbewerber. Auf der anderen Seite können und werden Edeka und Tengelmann mit der Gefahr für 16.000 Jobs argumentieren, um ihr Vorhaben durchzudrücken, sollte sich das Kartellamt quer legen. In der Haut von Amtspräsident Andreas Mundt möchte man nicht unbedingt stecken. Zumindest harte Auflagen sind zu erwarten. [Quelle: Welt.de 07.10.2014]

Insert 5-04: Die Macht der Supermarktketten steigt bedrohlich

320

5. Distribution

Aber nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel, sondern auch in anderen Branchen zeichnet sich eine weitere Konzentration ab [vgl. BURKHARDT 2009, S. 7]: So stieg in dem kurzen Zeitraum von 2003 auf 2007 im Möbelhandel der Marktanteil der fünf Top-Unternehmen von 23,5 Prozent auf 30 Prozent. Im Do-it-Yourself-Bereich (Baumärkte) stieg der Marktanteil der Top-5 im gleichen Zeitraum von 31,4 auf 35,8 Prozent. Eine Ausnahme hiervon bildete lediglich der Textileinzelhandel, in dem der Marktanteil der Top-5 von 29,9 auf 28,6 Prozent abnahm. Ursache für die abnehmende Konzentration der Top-5 ist die Schwäche der Universalisten (Warenhäuser und Universalversender wie KARSTADT, QUELLE, OTTO …) und eine Umverteilung der Umsätze hin zu den Vertikalisten wie H&M und ZARA. Betrachtet man allerdings die Marktanteilsentwicklung der umsatzstärksten 20 Unternehmen, so ist auch in dieser Branche eine zunehmende Konzentration zu beobachten. Eine besonders hohe Konzentration zeichnet sich schon heute schon im Online-Handel (ECommerce) ab. In diesem am schnellsten wachsenden Handelssegment erwirtschafteten die zehn größten Anbieter im Jahr 2010 bereits knapp ein Drittel des Gesamtumsatzes des ECommerce-Marktes (siehe Insert 5-05).

Insert Die umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland 2010 (Umsatz in Millionen Euro)

[Quelle: berechnet aus ZAW 2013]

Der mit Abstand größte Onlinehändler ist Amazon. Obwohl die Reduzierung auf „Händler“ bei Amazon schon seit geraumer Zeit nicht mehr zutreffend ist: Amazon ist in erster Linie ein Marktplatz, auf dem Onlinehändler aus immer mehr Kategorien ihre Waren anbieten. Dahinter fällt besonders die starke

Präsenz des klassischen, im Kataloggeschäft beheimateten Versandhandels auf. Hier spiegelt sich vor allem die Stärke der Mode-branche im E-Commerce wider. [Quelle: KPMG-Studie „Trends im Handel 2020“, S. 20]

Insert 5-05: Die umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland 2010

5.3 Distribution im B2C-Bereich

321

5.3.2.2 Betriebsformen des Einzelhandels

Der Einzelhandel mit seinen Erscheinungsformen und Konzepten zählt sicherlich zu den strukturell dynamischsten Wirtschaftsbereichen. Die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Handels, die jeweils gemeinsame wesentliche Merkmale aufweisen, werden als Betriebsformen (teilweise auch als Handelsformate) bezeichnet. Die Betriebsform bietet somit eine grundlegende Klassifikationsmöglichkeit für Handelsbetriebe, betont bestimmte Merkmale eines Unternehmens und ermöglicht eine Profilierung, die ihren Ausdruck in speziellen Marketingkonzeptionen findet. Die Möglichkeiten zur Unterscheidung sind vielfältig. Zur Charakterisierung der Betriebsformen des Einzelhandels werden besonders häufig folgende Merkmale herangezogen [vgl. MÜLLER-HAGEDORN 2005, S. 82]: •

Art des Standortes (z. B. klassisches Warenhaus in City-Lage, SB-Warenhaus auf der „grünen Wiese“)



Größe der Verkaufsfläche (z. B. Fachgeschäft < 500 qm, Kaufhaus > 2.000 qm)



Sortiment (z. B. Warenhaus mit einem umfassenden, breiten und tiefen Sortiment, Fachgeschäft mit einem begrenzten, tiefen und modisch betonten Sortiment)



Distanzüberwindung (stationärer oder ambulanter Handel)



Anzahl der Verkaufsstätten (Einzelunternehmen oder Filialbetrieb)



Art des Kundenkontaktes (z. B. Fachgeschäft persönlich, Versandhandel unpersönlich)



Art der Preisstellung (z. B. Hochpreisgeschäft, Supermarkt normal, Discounter beträchtlich unter normal)



Handelsstrategie (Versorgungs- oder Erlebniskauf).

Ein Nebeneinander von alten und neuen Betriebsformen wird der Trend der Zukunft sein. Die wichtigsten Betriebsformen sind: •

Fachgeschäfte sind Einzelhandelsbetriebe, die ein Sortiment in großer Auswahl und unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen mit ergänzenden Dienstleistungen anbieten. Die Verkaufsfläche eines Fachgeschäfts, das zumeist in den städtischen Innenstadtlagen oder in Einkaufszentren anzutreffen ist, liegt zwischen 200 und 600 qm. Beispiele: DOUGLAS, SPORT-CHECK.



Spezialgeschäfte sind gekennzeichnet durch ein Warenangebot, das sich auf einen Teil des Fachgeschäftssortiments beschränkt, dafür jedoch tiefer gegliedert ist. Die Grenzen zum Fachgeschäft sind fließend. Beispiele: Delikatessenladen, Boutiquen, Briefmarkengeschäft, Kurzwarenladen.



Fachmärkte sind großflächige Einzelhandelsgeschäfte mit einem breiten und tiefen Sortiment aus einer bestimmten Branche (z. B. Heimwerkerbedarf, Unterhaltungselektronik).

322

5. Distribution

Die Waren werden in Vorwahl und/oder Selbstbedienung preisaktiv unter Einschluss von Serviceleistungen zumeist „auf der grünen Wiese“ angeboten. Erschwert wird diese Definition allerdings dadurch, dass die in der Regel herangezogenen Strukturmerkmale je nach Branche in wechselnder Ausprägung und Kombination vorkommen. Kaum eine andere stationäre Betriebsform kann auf ähnlich hohe Wachstums- und Expansionsraten zurückblicken, da das Angebot weitgehend dem gegenwärtigen Lebensstil und aktuellen Konsumententrends entspricht. Beispiele: MEDIA MARKT, SATURN, OBI, BAUHAUS, IKEA. •

Warenhäuser sind Einzelhandelsgroßbetriebe, die Waren aus zahlreichen Branchen anbieten („Viele Fachgeschäfte unter einem Dach“). Im Unterschied zu Kaufhäusern führen Warenhäuser auch Lebensmittel. Warenhäuser verfügen über eine Verkaufsfläche von mindestens 3.000 qm, auf der in mehreren Stockwerken und verschiedenen Abteilungen ein breites und tiefes Sortiment angeboten wird. Die Hauptbereiche sind Bekleidung, Textilien, Hausrat und Wohnbedarf, wobei einzelne Abteilungen den Charakter von spezialisierten Fachgeschäften aufweisen, wo sich der Kunde durch Fachpersonal beraten lassen kann. Die Verkaufspreise sind in der Regel niedriger als in den traditionellen Fachgeschäften, jedoch im Schnitt höher als in Verbraucher- oder Fachmärkten. Beispiele: KARSTADT, KAUFHOF.



Kaufhäuser haben im Gegensatz zu Warenhäusern das Sortiment einer Branche – zumeist Bekleidung. Die Verkaufsfläche liegt zwischen 2.000 und 3.000 qm. Bespiele: PEEK & CLOPPENBURG, C&A, BREUNINGER).



Versandhäuser sind die typischste Form des Distanzhandels. Die Produkte werden mit Hilfe von Katalogen an den Kunden herangetragen. Die bestellte Ware wird schließlich versendet. Versandhäuser unterteilt man nach der Art des Angebots in Universal und Spezialversender. Während der Universalversender eine breite Produktpalette anbietet, bevorzugt der Spezialversender ein schmales, dafür aber tiefes Sortiment. Beispiele: OTTO, QUELLE als Universalversender, BEATE UHSE, KLINGEL als Spezialversender.



Supermärkte bieten auf einer Verkaufsfläche von mindestens 400 qm Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Frischwaren und ergänzend Waren anderer Branchen (NonFood) vorwiegend in Selbstbedienung an. Der klassische Standort des Supermarktes ist in der Stadt, nur in Ausnahmefällen liegt er in der Peripherie. Beispiele: EDEKA, REWE.



Verbrauchermärkte/SB-Warenhäuser sind preisbetonte Einzelhandelsbetriebe, die auf einer weiträumigen Fläche das Prinzip des so genannten „One-Stop-Shopping“ verfolgen. Sie bieten ein breites und tiefes Sortiment aller Waren, wobei der Schwerpunkt bei Lebensmitteln liegt. Die Ware wird vorwiegend in Selbstbedienung ohne kostenintensiven Kundendienst angeboten. Der Standort ist grundsätzlich autokunden-orientiert. Bei einer geringeren Verkaufsfläche von mindestens 1.000 qm spricht man von Verbrauchermärkten, bei einer Verkaufsfläche von 5.000 qm von Selbstbedienungs-(SB)-Warenhäusern. Beispiele: MARKTKAUF, KAUFLAND, REAL.



Discounter sind eine Form des Einzelhandels, bei der ein auf raschen Lagerumschlag ausgerichtetes Sortiment zu niedrig kalkulierten Preisen angeboten und im Rahmen eines einfachen Gestaltungskonzepts auf Dienstleistungen weitgehend verzichtet wird. Disco-

5.3 Distribution im B2C-Bereich

323

unter haben seit den Anfängen in den 1970er Jahren ein beachtliches Wachstum erzielt und ihre Marktstellung deutlich ausgebaut. Beispiele: ALDI, LIDL, NETTO, PENNY. •

Wochenmärkte und ambulanter Handel hatten als älteste Handelsform ursprünglich die Funktion, entlegene Orte aufzusuchen und mit Waren zu versorgen. Der ambulante Handel unterscheidet sich von den anderen Handelsformen durch seine Mobilität. Er ist nicht an einen festen Standort gebunden. Im Zuge der Konzentration im Handel hat der semi-ambulante Handel mittels Verkaufswagen eine deutliche Wiederbelebung erfahren. Wochenmärkte können sich durch Kompetenzthemen wie Regionalität (Nähe zum Erzeuger), Frische und Bio behaupten.



Kioske und Trinkhallen sind kleine, individuelle Verkaufsstellen, bei denen der Verkauf meist nur durch ein Fenster oder eine schalterähnliche Öffnung stattfindet. Die Verkaufsfläche schwankt zwischen 3 qm bei Fensterkiosken und 50 qm bei Trinkhallen.



Tankstellenshops sind professionell geführten Convenience-Shops. Sie verfügen über ausgereifte Konzepte mit modernem Ladenbau, neuartigen Kassen- und Überwachungssystemen sowie über großzügige elektrische Ausstattung zur Kühlung oder Erwärmung von Lebensmitteln. Neben Handel und Dienstleistung wird vor allem der Ausbau des Gastronomiebereichs forciert. Während der Kraftstoffanteil am Gesamtumsatz kontinuierlich abnimmt, konnte der Umsatzanteil des Shopgeschäftes von Jahr zu Jahr kräftig zulegen (siehe Insert 5-06).

Insert Tankstellen mutieren zum Supermarkt REWE will in die Tankstellen von ARAL einziehen

ARAL ist in Deutschland bereits der größte Verkäufer von Kaffee zum Mitnehmen. Nun will die Tankstellen-Kette zum fast vollwertigen Supermarkt mutieren – und bekommt dafür Unterstützung von REWE. Mit ihrem Benzin und Diesel locken die großen Ölkonzerne in Deutschland kaum mehr Autofahrer an ihre Tankstellen. Einziger Ausweg aus Sicht der Konzerne: der Tankstellenshop. Der Verkauf von Snacks, Kaffee und Grillkohle nimmt

Insert 5-06: Supermarkt Tankstelle

Jahr für Jahr zu, er ist mittlerweile der wichtigste Gewinnbringer für den Tankstellenbetreiber. Dies ist der Hintergrund für einen Vorstoß von ARAL: In die Shops der Tankstellenkette zieht jetzt REWE ein. Zwar ist dies ein Test in Nordrhein-Westfalen, bei einem Erfolg von "REWE to Go" in den Benzin-stationen soll das Angebot auf deutlich mehr Standorte ausgeweitet werden. [Quelle: Welt.de 21.03.14 (modifiziert) ]

324

5. Distribution



Teleshops bieten in Form von Dauerwerbesendungen in bestimmten TV-Kanälen Produkte an, die der Konsument über eine in dem Spot eingeblendete Telefonnummer bestellen kann. Die Artikel werden den Kunden mit Rechnung oder gegen Nachnahme zugesandt. Eine verbreitete Form sind Infomercials. Dabei handelt es sich um eine vorproduzierte, etwa eine halbe Stunde dauernde Teleshopping-Sendung, in der die Verbraucher über Eigenschaften und Nutzen der Produkte informiert werden. Es handelt sich in der Regel um eher hochwertige Sortimente mit hohem Erklärungsbedarf.



Factory-Outlet-Center (FOC) sind Fabrikläden, über die ein Bekleidungshersteller im Direktvertrieb Waren aus eigener Fertigung als zweite Wahl, Überschussproduktion oder Retouren von Kunden in Selbstbedienung an fabriknahen oder verkehrsgünstig gelegenen Standorten preisgünstig verkauft. Bei einem FOC haben sich mehrere Fabrikläden mit einem sich ergänzenden Angebot in Villages zusammengeschlossen (siehe Insert 5-07).

5.3 Distribution im B2C-Bereich

325

Insert

Welche Outlets bieten was?

Designer Outlet

Neun große Villages unter der Lupe

Neumünster



Designer Outlet Berlin

Ochtum Park Outlet Center Bremen/Stuhr





Designer Outlets Wolfsburg

Designer Outlet Zweibrücken



Wertheim Village



Ingolstadt Village

  Outletcity Metzingen



Designer Outlet Salzburg (A)

[Quelle: FÜR SIE 08/2013

Insert 5-07: Neun große Villages unter der Lupe 5.3.2.3 Dynamik der Betriebsformen

Das Phänomen „Dynamik der Betriebsformen“ zeichnet sich dadurch aus, dass fortlaufend neue Betriebsformen entstehen (E-Commerce, Teleshopping), bestimmte Betriebsformen zu

326

5. Distribution

Lasten anderer wachsen (Discounter verdrängen Fachhandel) und weitere Betriebsformen an Bedeutung verlieren oder schließlich ganz vom Markt verschwinden („Tante-Emma-Läden“). Insgesamt ist festzustellen, dass sich die Anzahl der Handelsformate deutlich erhöht hat. Gab es vor 30 Jahren im Wesentlichen nur die Wahl zwischen Fachgeschäften, Supermärkten, Warenhäusern und Versandhandel, so findet man heute ein deutlich breiteres Spektrum: Fachgeschäfte, Spezialgeschäfte, SB-Warenhäuser, Kauf- und Warenhäuser, Verbrauchermärkte, Supermärkte, Fachmärkte, Factory Outlets, Versandhandel, Shoppingcenter, Discounter, Onlinehandel, Teleshopping, Secondhandshops u.a.m. Auch wenn der stationäre Handel – und hier insbesondere das klassische Fachgeschäft – weiter Marktanteile verlieren wird, so wird er nach wie vor eine Zukunft haben. Anteile gewinnen werden vor allem die Handelsformen, die über eine hohe Frequenz verfügen. Dies sind insbesondere Tankshops, Shopping Center oder Bahnhofsgeschäfte, aber auch die Formen, die das Home Shopping zum Inhalt haben. Die Grenzen zwischen den Betriebsformen verschwimmen zunehmend (Stichwort: „Tchiboisierung“), d. h. Unternehmen erweitern ihr Sortiment um Leistungen, die nicht mit dem eigentlichen Kerngeschäft zu tun haben. So macht der Kaffeeröster TCHIBO inzwischen den Großteil seines Umsatzes mit dem Verkauf von Gebrauchsgegenständen oder bietet Ökostrom an. Besonders auffallend ist, dass sich das Discount- und Fachmarktsegment zur umsatzstärksten Handelsschiene entwickelt hat. In diesem Segment dominieren Lebensmittel, Unterhaltungselektronik, Elektrogeräte, Drogerieartikel sowie der Bau- und Heimwerkerbedarf. Die Lebensmitteldiscounter präsentieren sich gegenüber den klassischen Supermärkten mit einem sehr niedrigen Preisniveau und stark eingeschränktem Sortiment. Bei der Betriebsform der Lebensmitteldiscounter haben sich zwei Hauptrichtungen herauskristallisiert: die HardDiscounter und die Soft-Discounter. Hard-Discounter führen ein 500 bis 1.000 Artikel umfassendes Kernsortiment, bei dem der Angebotsschwerpunkt auf Eigenmarken liegt. Typische Vertreter dieses Typs sind ALDI, LIDL und PENNY. Demgegenüber bieten Soft-Discounter ein auf 2.000 bis 2.500 Artikel erweitertes Kernsortiment an. Angebotsschwerpunkt sind Markenartikel. PLUS und ROSSMANN sind typische Vertreter dieser Discountkategorie. Generell sprechen Lebensmitteldiscounter inzwischen nahezu alle Einkommensschichten an, d. h. sie wandelten sich zur allseits akzeptierten Einkaufseinrichtung und sind auch eine beliebte Anlaufstelle für „Smart Shopper“ [Quelle: PFEIFFER 2011 unter Bezugnahme auf diverse Studien der BBE-Unternehmensberatung]. Auch das Internet als Distributionskanal und E-Commerce als entsprechende Betriebsform hat seit den beträchtlichen Kapitalinvestitionen von JEFF BEZO (AMAZON) an Momentum gewonnen, dessen weitere Entwicklung auf die Einzelhandelsstrukturen noch gar nicht abzusehen ist. Abbildung 5-09 zeigt die deutlichen Verschiebungen bei den Betriebsformen des Einzelhandels seit 1995.

5.3 Distribution im B2C-Bereich

327

Betriebsformen im Einzelhandel nach Anteilen 1995 und 2010 100% 90% 80% 70% Sonstige

60%

Online-Handel Kauf-/Warenhäuser

50%

Verbrauchermärkte

40%

Fachgeschäfte Discounter/Fachmärkte

30% 20% 10% 0% 1995

Abb. 5-09:

2010

[Quelle: PFEIFFER 2011]

Entwicklung der Marktanteile der Betriebsformen von 1995 bis 2010

5.3.2.4 Änderung des Konsumenten- und Einkaufsverhaltens

Der Wandel der Handelsformate geht einher mit dem Wandel der Einkaufs- und Konsumgewohnheiten. Während sich in den 1980er und 1990er Jahren die Kundennachfrage vorwiegend auf Angebote mittleren Preises und durchschnittlicher Qualität konzentrierte, führten ein verändertes Rollenverständnis, gewandelte Haushaltsgrößenstrukturen, veränderte Zeitbudgets, verstärkte Einkommensdifferenzierung und neue Konsumtrends zu einer Polarisierung der Konsumentennachfrage. Der Verbraucher stellt sich heute zunehmend als hybrider Konsument dar. Auf der einen Seite lässt er sich seine Wünsche (z. B. Qualität, Marke, Design, Gourmet-Genüsse) viel kosten und auf der anderen Seite kauft er die Güter des täglichen Bedarfs sehr preisbewusst. Diese polarisierenden Konsumstile lösen auch polarisierende Veränderungen in der Handelslandschaft aus. Hierzu zählt bspw. auch der Rollenverteilungskampf zwischen Versorgungs- und Erlebnishandel, aber auch die Uniformität der Innenstädte, die zunehmend von den Einzelhandelsbekleidungsketten dominiert werden, da sich die hohen Mieten in den 1A-Lagen für Fachgeschäfte nicht rechnen [vgl. BECKER 2009, S. 535]. Für jüngere Käufer – so genannte Digital Natives – ist es selbstverständlich, über das Internet Einkäufe zu tätigen. Zu den Digital Natives gesellen sich typische Schnäppchenkäufer sowie immer mehr Kunden, die Vorzüge wie Bequemlichkeit, ein breites Sortiment und ausführliche Produktinformationen im Internet schätzen. Abbildung 5-10 zeigt sehr deutlich die Polarisierung und Konzentration der Marktsegmente im Einzelhandel.

328

5. Distribution

Einzelhandelsumsatzanteile nach Preissegmenten in Prozent 100% 90%

24%

80%

34%

41% 52%

70% 60% 50%

49%

30%

Niedrigpreissegment 22%

Mittelpreissegment 12%

40%

Hochpreissegment

30% 20% 10%

27%

36%

37%

36%

1990

2000

2010

0% 1981

[Quelle: PFEIFFER 2011]

Abb. 5-10:

Entwicklung der Preissegmente im Einzelhandel von 1981 bis 2010

5.3.2.5 Vom E- zum M-Commerce

Mit E-Commerce (auch Internet-Handel oder Online-Handel) wird die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen über das Internet bezeichnet, wobei der Bestellvorgang via Datenfernübertragung erfolgt. Der E-Commerce-Markt in Deutschland ist in den letzten fünf Jahren um über 100 Prozent gewachsen und hat im Jahr 2009 erstmalig einen größeren Umsatz als der Katalogversandhandel erzielt. Allerdings erfolgt das Wachstum des Online-Handels nicht allein durch Umschichtungen innerhalb des Distanzhandels und damit auf Kosten des traditionellen Versandhandels, sondern auch zu Lasten des stationären Einzelhandels, der diesem Trend zunehmend mit Multi-Channel-Konzepten (siehe Abschnitt 5.3.1.2) begegnet. Branchenexperten gehen bereits heute davon aus, dass der Online-Handel im Jahr 2020 einen Marktanteil von bis zu 20 Prozent einnehmen könnte. Der größte Umsatz im Online-Handel entfällt nach wie vor auf das Segment Bekleidung, Textilien und Schuhe. Das Angebot an Büchern, Bild- und Tonträgern folgt auf Platz zwei, knapp vor den Elektroartikeln (siehe Insert 5-08). Je mehr Kunden online bestellen, je weniger im Laden verkauft wird, desto mehr verändert sich auch der Prozess der Wertschöpfung. Wenn der Kunde nicht zur Ware kommt – kommt die Ware zum Kunden. Je mehr Umsatzanteile online abfließen, desto stärker verlagern sich auch die Umsätze. Profitieren werden davon vor allem die Logistiker, z. B. HERMES. Die OTTO-Tochter, die heute schon 65 Prozent ihres Umsatzes mit Kunden außerhalb der O TTOGruppe erlöst, konnte 2010 ein Umsatzplus von 18 Prozent erzielen. HERMES sieht sich auf einem guten Weg, zum führenden Dienstleister für Multi-Channel-Anbieter zu werden.

5.3 Distribution im B2C-Bereich

329

Insert Größte Warengruppen im Online-Handel 2011 (in Millionen Euro)

Umsatzstärkste Warengruppe im Online-Handel ist nach wie vor der Bereich Bekleidung/Textilien/ Schuhe mit 6,1 Mrd. Euro, der im letzten Jahr um 14 Prozent zulegen konnte. Mit einigem Abstand folgt der Handel mit Medien, Bild- und Tonträgern mit 2,8 Mrd. Euro (plus 15 Prozent) sowie mit Unterhaltungselektronik/E-Artikeln. mit 2,6 Mrd. Euro (plus 22 Prozent). Die stärkste relative Zunahme war bei Schmuck und Uhren mit einer Steigerung

um 95 Prozent zu beobachten, die 2011 einen Online-Umsatz von 390 Mio. Euro erwirtschafteten. Ein ebenfalls beachtliches Wachstum fand im Bereich Lebensmittel statt, hier stieg der Umsatz aus Online-Bestellungen um 29 Prozent auf 400 Mio. Euro. Den großen Steigerungsraten stehen aber absolut gesehen noch eher unauffällige Marktanteile gegenüber. [Quelle: KPMG-Studie „Trends im Handel 2020“, S. 9]

Insert 5-08: Größte Warengruppen im Online-Handel 2011 Bei der Wahl des künftig bevorzugten Internetzugangs zeigt sich, dass Smartphones eine zunehmend wichtigere Rolle im Einkaufsprozess spielen. Dies liegt jedoch nicht nur im einfachen Onlinezugang, sondern auch im Einsatz von Applikationen, Kamera und GPS. In der Realität steht E-Commerce heute überwiegend für digitale Transaktionen über stationäre Computer und die damit verbundenen Restriktionen. Mobile Commerce (M-Commerce) verfolgt zwar ähnliche Ziele und birgt demnach ähnliche Nutzenpotenziale, bietet jedoch aufgrund der technischen Ausstattung der Zugangsgeräte und des mobilen Einsatzes zusätzliche Möglichkeiten. Mobile Commerce ist somit vielmehr als eine Erweiterung der klassischen ECommerce-Konzepte zu verstehen. M-Commerce ist eine spezielle Ausprägung des E-Commerce unter Verwendung drahtloser Kommunikation und mobiler Endgeräte, die aufgrund ihrer technischen Ausstattungsmöglichkeiten (Apps, Kamera, GPS) zusätzliche Nutzwerte für den Käufer bieten.

330

5. Distribution

Die entscheidende Herausforderung für den Handel besteht nunmehr darin, in der Lage zu sein, den Kunden an den unterschiedlichsten Orten und in den unterschiedlichsten Situationen anzusprechen („Anywhere Commerce“). Viele Nutzer sind bereits heute 24 Stunden täglich online: zu Hause via PC, Notebook und Tablet, unterwegs via Smartphone und im Geschäft via Ordering Screen [vgl. KPMG 2012, S. 22]. Eine Technologie, die sowohl im E-Commerce als auch im M-Commerce an Bedeutung gewinnen wird, ist die so genannte Augmented Reality (erweiterte Realität, abgekürzt AR). Durch den Einsatz von Webcams bietet sich die Möglichkeit, am Display virtuelle Welt und Realität miteinander zu kombinieren. Dadurch stehen reale und virtuelle Objekte dreidimensional zueinander in Bezug. Auf diese Weise ergeben sich neue Formen der Produktpräsentation, die den Absatz von Produktkategorien über das Internet verstärken könnten, die bisher als weniger geeignet galten. Insbesondere im Modesegment wird AR in den nächsten Jahren für neue Möglichkeiten sorgen – sowohl für Konsumenten als auch für Händler. Kunden können beim Onlineshopping via Webcam Kleidungsstücke virtuell anprobieren und deren Farben und Stile ohne Probleme ändern. Eine größere Sicherheit bei der Produktauswahl senkt somit die Retourenquoten [vgl. KPMG 2012, S. 24]. Neben den beschriebenen technologischen Entwicklungen gibt es auch eine Reihe rechtlicher Aspekte im Zusammenhang mit E-Commerce zu beachten. So werfen Themen wie GEOTargeting, Anti-Spam-Regelung und M-Payment ebenso spezifische Rechtsfragen auf wie der Vertragsabschluss im M-Commerce, Informationspflichten des Verkäufers und das Widerrufsrecht des Verbrauchers [vgl. BVH, 23.03.2011]. 5.3.2.6 Positionierung im Einzelhandel

Die beiden wesentlichen Positionierungselemente aus Herstellersicht sind Produkt und Preis. Das gilt in gleicher Weise auch für Handelsbetriebe, wobei hier das Produkt etwas weiter als Sortiment gefasst werden muss. Entsprechend können die empirisch vorgefundenen Positionierungen im Einzelhandel zunächst in zwei Cluster eingeteilt werden: Zum einen handelt es sich um Unternehmen, bei denen der Preis das dominierende Positionskriterium ist und entsprechend preisaggressiv in ihren Marktsegmenten auftreten, zum anderen sind es Einzelhändler, deren wesentliches Differenzierungsmerkmal das Sortiment ist. Betrachtet man sich diese beiden Cluster etwas näher, so kommt zu dem dominierenden Positionierungselement in aller Regel mindestens noch ein zweites Differenzierungsmerkmal hinzu (siehe Abbildung 511). Eine Ausnahme bilden hier die führenden Discounter im Lebensmitteleinzelhandel (ALDI, LIDL) sowie im Bekleidungsbereich (KIK), die hauptsächlich auf den Preis zur Erhaltung der Kosten- und damit der Preisführerschaft setzen (z. B. über Ansätze zur Optimierung der Supply Chain mit den Konzepten Efficient Consumer Response (ECR) und Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment (CPFR)). Bei den Elektronikmärkten MEDIA MARKT und SATURN ist eine Positionierungsstrategie in der Kombination Preis plus Sortimentstiefe zu sehen, bei den verwandten Baumärkten (OBI, BAUHAUS) kommt sicherlich noch das Merkmal Standort mit seiner Ausprägung Parkplatzverfügbarkeit hinzu. Die

5.3 Distribution im B2C-Bereich

331

Hauptwettbewerbsvorteile der Vertikalisten im Textileinzelhandel (ZARA, H&M) liegen in der hohen modischen Aktualität sowie in der Profilierung über den Preis, die jedoch erst durch die Vorteile der kostenoptimierender Steuerung der Supply-Chain, verbunden mit einer schnelleren Nachproduktion (Quick Response) realisierbar wird. Im Möbeleinzelhandel schließlich ist es die Positionskombination von Preis plus „Leben“ („Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“), die IKEA entscheidende Wettbewerbsvorteile liefert [vgl. BURKHARDT 2009, S. 9]. Dominierendes Positionierungselement

Positionierungskombination

Beispiele

Preis Preis + Sortimentstiefe Preis

Preis + Sortimentstiefe + Standort Preis + „modisch“ Preis + Nutzen „Leben“ Sortimentstiefe + Natürlichkeit („Bio“) Sortimentstiefe + Markenartikel

Produkt/ Sortiment

Sortimentstiefe + Exklusivität Sortimentstiefe + Breite Sortimentstiefe + Service + Standort

Herkömmliche Fachgeschäfte

[Quelle: in Anlehnung an BURKHARDT 2009, S. 10]

Abb. 5-11:

Positionierungsmerkmale im Einzelhandel

Der auf einer zunehmenden Werteorientierung der Konsumenten basierende Trend zu Bioprodukten und Biokonzepten hat zur relativ neuen Betriebsform „Bio-Supermarkt“ geführt. Die Verbindung von Sortimentstiefe und Natürlichkeit („Bio“) zeichnet die Positionierungsstrategie erfolgreicher Bio-Unternehmen wie ALNATURA oder BASIC aus. Vor dem Hintergrund eines sich weiter polarisierenden Konsums wird sich sicherlich in begrenztem Umfang auch der Positionierungsansatz „Sortimentstiefe plus Markenartikel“, wie ihn beispielsweise BREUNINGER oder auch ENGELHORN betreiben, am Markt halten. Diese – relativ gesehen – schlechte Kostenposition führt auch dazu, dass speziell in den Luxussegmenten der Markt durch vertikalisierende Herstellermarken dominiert werden, die den Einzelhandelsvertrieb (oft via Franchising) in die eigenen Hände nehmen, um die eigene Marke auch wirklich markenadäquat präsentieren zu können (z. B. PRADA, GUCCI). Warenhäuser oder große Universalversender setzen auf eine sortimentsgeprägte Positionierung via Sortimentsbreite, bei der sich allerdings – wie die Probleme bei KARSTADT oder QUELLE zeigen – die die Komplexität des Kostenmanagements und die damit einhergehenden Probleme hinsichtlich der Preisprofi-

332

5. Distribution

lierung nachteilig auswirken können. Ebenfalls skeptisch gesehen werden muss die bei Fachgeschäften vorherrschende Positionierung über den gebotenen Service, häufig in Verbindung mit dem ausschließlichen Führen von Markenartikeln. Hier wird häufig mit dem Phänomen des „Serviceschmarotzertums“ (Beratung im Fachgeschäft, Kauf in preisorientierten Betriebsformen) gekämpft. Entsprechend bleibt neben der extremen Nische vielen dieser Einzelhändler zukünftig in sich noch verstärkender Weise nur das „Unterschlüpfen“ in einem Franchisesystem oder einer sonstigen Verbundgruppe [vgl. BURKHARDT 2009, S. 9 f.]. Wie sich Positionierungsstrategien – schwerpunktmäßig – im Textileinzelhandel annähern können und trotz aller Vielfalt zu einer Uniformität der Einkaufsstätten in den Innenstädten führen können, zeigt sehr eindrucksvoll der satirische Cartoon in Insert 5-09.

Insert 5-09: Zur Uniformität der Innenstädte

5.3.3 Push- und Pull-Strategie Im Vordergrund möglicher Strategieoptionen im Aktionsbereich Distribution steht die Wahl eines push- oder pull-orientierten Vorgehens. Während die Push-Strategie auf den Handel am Point of Sale (POS) gerichtet ist, zielt die Pull-Strategie auf den Endverbraucher. Somit ist die Pull-Strategie eine B2C-Strategie, weil sie auf den Konsumenten gerichtet ist. Dagegen handelt ist die Push-Strategie im Grunde genommen im B2B-Bereich angesiedelt, weil sie sich an den Absatzmittler wendet. Da beide Strategien nur im Zusammenhang erklärt und diskutiert werden können, werden sie an dieser Stelle unter „Distribution im B2C-Bereich“ behandelt.

5.3 Distribution im B2C-Bereich

333

5.3.3.1 Push-Strategie

Bei der Push-Strategie versucht der Hersteller mit bestimmten Anreizen, seine Produkte in den Handel „hineinzudrücken“ (engl. Push). Push-Anreize können sich auf den „Hineinverkauf“ oder auf den „Herausverkauf“ beziehen. Beim „Hineinverkauf“ (engl. Sell-in) geht es vornehmlich um die Gewährung finanzieller Anreize wie Listungsgelder, Einführungsrabatte oder Werbekostenzuschüsse. Beim „Herausverkauf“ (engl. Sell-out) werden Verkaufsförderungsmittel wie Verkaufsdisplays, Dekorationsmittel, Verkostungen, Probierpackungen, Regalbetreuung mit dem Handel vereinbart. Solche abverkaufsunterstützende Maßnahmen werden auch als Merchandising bezeichnet [vgl. PEPELS 1999, S. 12 ff.]. 5.3.3.2 Pull-Strategie

Bei der Pull-Strategie setzen die Hersteller auf die Macht ihrer Produktmarken. Hier wird der Konsument direkt – also unter Umgehung des Handels – durch Kommunikationsmaßnahmen des Herstellers angesprochen („Sprungwerbung“). Der dadurch angeregte Bedarf beim Verbraucher initiiert eine Sogwirkung und damit ein „Herausziehen“ (engl. Pull) der Produkte aus den Regalen. Durch diese Mobilisierung der Verbrauchernachfrage soll sich der Handel veranlasst sehen, entsprechend starke Marken („Mussmarken“) des Herstellers im Sortiment zu führen [vgl. BECKER 2009, S. 596 f.]. In Abbildung 5-12 ist der Zusammenhang zwischen Push- und Pull-Strategie verdeutlicht. Pull-Strategie Nachfragesog z. B. durch • Endverbraucherwerb („Sprungwerbung“) • Profilierung der Marke („Mussmarke“)

Push-Strategie

Hersteller

Handel

Konsument

„Hineinverkauf“

„Herausverkauf“

z. B. durch • Listungsgelder • Einführungsrabatte • Werbekostenzuschüsse

z. B. durch • Verkaufsdisplays • Dekorationsmittel • Verkostungen • Probierpackungen • Regalbetreuung

[Quelle: in Anlehnung an Meffert et al. 2008, S. 593]

Abb. 5-12:

Push- und Pull-Strategie Distribution im B2B-Bereich

334

5.4

5. Distribution

Distribution im B2B-Bereich

5.4.1 Direkter Vertrieb Der direkte Vertrieb ist mit Abstand der wichtigste Distributionskanal im B2B-Marketing. Da der Hersteller in diesem Fall keine Handelsstufe integriert, wird auch vom Null-Stufenkanal gesprochen. Einer der Hauptgründe für den Vertrieb über die eigene Organisation sind die erforderlichen Kenntnisse beim Vertrieb von erklärungs- bzw. beratungsintensiven Produkten. Ein weiteres Argument für den Direktvertrieb liegt in der absoluten Loyalität der eigenen Vertriebsmitarbeiter, die sich ausschließlich für die Vermarktung des eigenen Produkt- und Leistungsprogramms einsetzen können und müssen. [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 259]. Um hochgesteckte Distributionsziele zu erreichen, reicht es somit nicht aus, die Vertriebsorganisationen rein zahlenmäßig auf- bzw. auszubauen. Es ist vielmehr zusätzlich zu gewährleisten, dass die Vertriebsmitarbeiter den hohen Informations- und Beratungsansprüchen mit einem umfassenden Wissensstand und hinreichender Qualifikation entsprechen [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 17 f.]. Damit ist neben der quantitativen Dimension, die sich durch die neu entstandenen Abnehmerkreise ergibt, auch das Qualifikationsproblem angesprochen. Mitarbeiter eines Direktvertriebs treten dem Kunden i. d. R. mit einem größeren Problemverständnis gegenüber als eine indirekte Vertriebsorganisation, deren Beratungsleistung häufig zu wünschen übrig lässt. Wesentlicher Vorteil des Direktvertriebs ist seine Akzeptanz als kompetenter Problemlöser, denn nur für die Vertriebsmitarbeiter der eigenen Organisation lassen sich ein umfassender Wissensstand und eine hinreichende Qualifikation sicherstellen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass im B2B-Bereich in aller Regel der direkte Vertrieb vorherrscht. Diesen Vorteilen des direkten Vertriebs stehen allerdings auch kosten- und kapazitätsmäßige Nachteile gegenüber. Die Personalkosten für die eigene Vertriebsorganisation müssen im Wesentlichen als fix angesehen werden, da eine kapazitätsmäßige Personalanpassung an Markt- bzw. Nachfrageschwankungen nur in sehr engen Grenzen möglich ist. Da sich im B2B-Bereich ein (komplexes) Kundenproblem häufig nicht allein mit den Produkten eines einzelnen Anbieters lösen lässt, ist der Direktvertrieb zudem gezwungen, in Generalunternehmerschaften oder ähnliche Vertragskonstruktionen einzusteigen [vgl. GODEFROID /PFÖRTSCH 2008, S. 260].

5.4.2 Indirekter Vertrieb Obwohl der direkte Vertriebsweg im B2B-Geschäft vorherrscht, gibt es aus Sicht der Herstellerunternehmen mehrere Optionen, Produkte und Leistungen auch indirekt zu distribuieren. Der indirekte Vertrieb liegt dann vor, wenn in die Distributionskette zwischen Hersteller und

5.4 Distribution im B2B-Bereich

335

Endabnehmer unternehmensfremde, rechtlich und wirtschaftlich selbständige Absatzmittler eingeschaltet werden. Wichtige Absatzmittler sind Groß- und Einzelhandel, Handelsvertreter, Kommissionäre und Makler. Aufgrund der Komplexität und Erklärungsbedürftigkeit der meisten Produkte und Leistungen im B2B-Bereich sind die indirekten Vertriebswege vornehmlich durch folgende Distributionskanäle gekennzeichnet: • • • •

Vertrieb über Händler/Distributoren (insbesondere im IT-Bereich) Vertrieb über Value-Added-Reseller (VARs) Vertrieb über Original Equipment Manufacturer (OEMs) Strategische Allianzen.

5.4.2.1 Vertrieb über Großhändler/Distributoren

Großhändler sind Unternehmen, die Produkte in eigenem Namen an andere Handelsbetriebe, Weiterverarbeiter, gewerbliche oder behördliche Verwender verkaufen und ggf. entsprechende Dienstleistungen dazu anbieten. Der wichtigste Großhandelsbetriebstyp im IT-nahen B2B-Geschäft ist der Distributor. Er kauft vom Hersteller Produkte ein und verkaufen diese nahezu unverändert an andere Händler oder an Endkunden weiter. Neben dem Vertrieb der Produkte übernimmt der Händler/Distributor auch die Beratung und Betreuung der Kunden und ggf. die entsprechende Werbung und Verkaufsförderung. Der Vertrieb über Händler/Distributoren ist für das Herstellerunternehmen i. d. R. immer dann vorteilhaft, wenn es sich um ein relativ geringes Umsatzvolumen pro Transaktion und um geografisch große Märkte handelt, die sich mit einem Direktvertrieb wirtschaftlich nicht sinnvoll abdecken lassen [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 265 ff.]. Weitere wichtige Betriebstypen des Großhandels mit Relevanz für das B2B-Marketing sind: •

Der Zustellgroßhandel liefert Produkte auf Bestellung selbst oder durch von ihm beauftragte Transportunternehmen an den Einzelhandel aus (z. B. Grossisten im Buchhandel, Getränkespezialgroßhandel);



Der Streckengroßhandel wickelt die Aufträge seiner Kunden direkt über seine Lieferanten ab und leistet daher keine Lageraufgaben. Dieser Großhandelstyp hat eine große Bedeutung bei großvolumigen Produkten (z. B. im Baustoffhandel).



Der Sortimentsgroßhandel bietet dem Einzelhandel ein breit differenziertes Sortiment ohne wesentliche Schwerpunkte an. Der Sortimentsgroßhandel bezieht seine Produkte von Spezialgroßhändlern und Importeuren sowie aus der Industrie.



Der Spezialgroßhandel konzentriert sein Angebot auf ein schmales, aber tiefes Sortiment. Beispiele sind der Pharmagroßhandel, der Großhandel mit Druckerzeugnissen oder der Schrotthandel.

336

5. Distribution

5.4.2.2 Vertrieb über VARs, OEMs und strategische Allianzen

Der indirekte Vertrieb über Value-Added-Reseller (VAR) geht einen Schritt weiter als der Vertrieb über Distributoren. Während der Distributor das Produkt weitgehend unverändert anbietet, „veredelt“ der VAR das Produkt durch wesentliche eigene Komponenten und bietet dem Käufer eine vollständige Lösung an, bei der er das Produkt des Herstellers (z. B. Hardware) „mitverkauft“ und dafür eine Vermittlungsprovision erhält. Der entscheidende Unterschied zum Distributor besteht darüber hinaus darin, dass der VAR auf Rechnung des Herstellers verkauft und damit nicht Eigentümer der Ware wird [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 268]. Als Original Equipment Manufacturer (OEM) werden Unternehmen bezeichnet, die Produkte bzw. Komponenten des Herstellers in ihre eigenen Produkte einbauen. Für den Endkunden ist nicht so ohne weiteres erkennbar, welche Komponenten der OEM in seinen Produkten verwendet. OEMs sind für die Herstellerunternehmen zwar sehr wichtige, aber durchaus auch schwierige Partner. Dies gilt insbesondere dann, wenn der OEM über eine entsprechende Marktposition gegenüber dem Herstellerunternehmen verfügt und diesem dadurch erhebliche Preiszugeständnisse abringen kann. Ein Beispiel hierzu ist die Automobilbranche, in der die Automobilhersteller (also die OEMs) in Krisenzeiten häufig die Preise für die Zulieferindustrie diktieren. Einerseits ist der indirekte Vertrieb über OEMs aufgrund der hohen Mengenabnahmen sehr lukrativ, andererseits sind die Gefahren nicht zu unterschätzen, wenn der Hersteller in Abhängigkeit von OEMs gerät [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 269]. Die strategische Allianz ist eine besonders intensive Form der Kooperation, bei der beide Partner das Ziel einer langfristigen Steigerung der Rentabilität und Ertragskraft (z. B. durch gemeinsame Markterschließung) verfolgen. Insbesondere für international ambitionierte Unternehmen stellt sich angesichts der zunehmenden Globalisierung die Frage, ob man künftig in verschiedenen Ländern seine Produkte anbieten will und vielleicht sogar als „Global Player“ agieren möchte oder ob man sich auf bestimmte, durchaus einträgliche Nischen im nationalen Bereich zurückziehen möchte [vgl. LIPPOLD 1998, S. 216]. In der Praxis arbeiten die oben genannten Distributionskanalpartner zum Teil eng zusammen. Am Beispiel des Cloud Computing wird in Insert 5-10 gezeigt, wie eine Aufgabenteilung zwischen VARs und OEMs sowie anderen Wertschöpfungsteilnehmern aussehen kann. Auch wird deutlich, dass die OEMs ihren Wertschöpfungsanteil eher im Zusammenfassen der einzelnen Dienste sehen, während die VARs die Dienste durch eigenen Daten und Leistungen anreichern. Im Cloud Computing werden die Leistungen nicht nur in digitaler Form (elektronische Wertschöpfungskette erbracht, sondern es finden neben diesen auch Kooperationen statt. Dadurch werden zahlreiche Geschäftsfelder für Partner und spezialisierten Dienstleister geschaffen. Aufgrund der hohen Vernetzung wird im Cloud Computing nicht von linearen Wertschöpfungsketten, sondern von Wertschöpfungsnetzwerken bzw. vom Cloud-Ökosystem gesprochen. Neben OEMs werden auch Value-Added-Reseller-Marktplätze und Plattformen sowie Systemintegration und Support im Insert abgegrenzt und zugeordnet [vgl. PELZL et a. 2014, S. 6 f.].

5.4 Distribution im B2B-Bereich

Insert Akteure eines Cloud-Wertschöpfungsnetzwerks Zusammenspiel von OEMs und VARs am Beispiel des Cloud Computing

Zulieferer

Independent Software Vendors (ISV) entwickeln, testen und pflegen die in der Cloud auf SaaS-Ebene (Software as a Service) angebotene Software. Cloud Infrastructure Provider (CIP) stellen die notwendige physische Cloud-Infrastruktur zur Verfügung und sind für den Betrieb der Hardware verantwortlich.

OEM

IaaS Cloud Service Provider bieten und verwalten die verschiedenen virtuellen ITInfrastruktur-Dienste auf IaaS-Ebene (Infrastructure as a Service). PaaS Cloud Service Provider betreiben, pflegen und offerieren die als CloudDienst angebotene Laufzeit- und Entwicklungsumgebung auf PaaS-Ebene (Platform as a Service). SaaS Cloud Service Provider betreiben, warten und bieten die in der Cloud angebotenen SaaS-Dienste gegenüber dem Kunden an.

VAR

Ein Aggregator fasst modulare Cloud-Dienste zu einem mehrwertbietenden CloudDienst zusammen, den er wiederum seinen Kunden anbietet. Dies geschieht vorwiegend durch Anreicherung existierender Dienste mittels eigener Daten und Leistungen.

Vertriebskanal

Der Marktplatz fungiert als Vertriebsplattform, auf der Cloud-Dienste angeboten werden, und führt somit Angebot und Nachfrage zusammen. Bei Softwareplattformen werden die Leistungen Dritter, sogenannter Komplementoren, in einem Softwareökosystem angeboten. So können Komplementoren kundenindividuelle Produkte und Dienstleistungen (z. B. Branchenlösungen oder Beratungsleistungen) anbieten.

Kundenservice

Vom Consultant wird die Einführung und Integration von Cloud-Diensten beim Kunden beratend begleitet. Der Integrator kümmert sich um die Integration der Cloud-Dienste im Unternehmen. Er integriert die Cloud-Lösung in die IT-Landschaft des Unternehmens. Im Helpdesk kümmert sich der Akteur um den professionellen Kundensupport und fungiert dabei als primärer Ansprechpartner für den Kunden.

[Quelle: PELZL et a. 2014, S. 6 f.]

Insert 5-10: OEMs und VARs als Akteure eines Cloud-Wertschöpfungsnetzwerks

337

338

5. Distribution

5.4.2.3 Vertrieb auf ausländischen Märkten

Hat sich das Herstellerunternehmen entschieden, sein Produkt- und Leistungsprogramm auch über die Landesgrenzen hinaus zu vermarkten, so stehen ihm verschiedene Optionen zur Verfügung (siehe Abbildung 5-13): Als „strategische Urzelle“ des übernationalen Marketings ist prinzipiell der Export anzusehen. Hierbei werden die Kapital- und Managementleistungen vollständig im In- oder Stammland erbracht. Als zweite Stufe ist die Vergabe von Lizenzen anzusehen. Dabei werden befristete Patente oder eingetragene Warenzeichen ausländischen Unternehmen entgeltlich zur Nutzung überlassen, ohne allerdings großen Einfluss auf das Vermarktungskonzept zu haben. Beim Franchising nutzt der ausländische Franchise-Nehmer ein klar umrissenes, vertraglich festgelegtes Marketing- und Vertriebskonzept. Diese Stufe eignet sich besonders gut, um international weitgehend standardisierte Konzepte durchzusetzen. Das Joint Venture ist ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen dem Stammhaus und einem oder mehreren ausländischen Partnern. Die Gründung eines solchen Gemeinschaftsunternehmens, dessen Standort im Land des jeweiligen Partners liegt, wird vor allem dann vorgenommen, wenn das eigene Know-how für den Aufbau eigener Tochtergesellschaften bzw. Produktionsbetriebe fehlt. Beim stärkeren Ausbau des Auslandgeschäfts werden eigene Auslandsniederlassungen eingerichtet, die zumeist als Vertriebsniederlassungen konzipiert sind. Solchen Niederlassungen folgt häufig der Aufbau eigener Produktionsbetriebe und Tochtergesellschaften, die eine systematische Bearbeitung der Auslandsmärkte ermöglichen [vgl. BECKER 2009, S. 324 ff.].

100%

0%

Export Lizenzvergabe Franchising

Kapital- und Managementleistung im Stammland

Kapital- und Managementleistung im Gastland

Joint Venture Auslandsniederlassung

0%

Betrieb/ Tochter im Ausland

100%

[Quelle: BECKER 2009, S. 324]

Abb. 5-13:

Realisierungsstufen im übernationalen Marketing

5.4.2.4 Voraussetzungen für erfolgreiche Vertriebskooperationen

Gleich, ob es sich um eine Vertriebspartnerschaft oder um eine strategische Allianz, ob es sich um ein inländisches oder um ein übernationales Engagement handelt, eine Partnerschaft muss von beiden Seiten „gelebt“ und ernst genommen werden. Sie ist nicht zum „Nulltarif“

5.4 Distribution im B2B-Bereich

339

zu bekommen und sollte immer wieder überprüft werden. Generell können folgende Kriterien für eine erfolgversprechende Vertriebskooperation herangezogen werden [vgl. LIPPOLD 1998, S. 217]: •

Es sollte Konsens über die Beurteilung und Einschätzung der Marktsegmententwicklung (→ Chancen, Risiken) bestehen.



Es ist ein ernsthaftes Engagement beider Partner zur gegenseitigen Unterstützung erforderlich (→ Vertriebsschulungen, Vertriebssupport).



Die Marketing-Strategien beider Partner sollten mittel- und langfristig zusammen passen oder sich ergänzen.



Das gemeinsame Marktpotenzial sollte erfolgversprechend sein.



Synergien können genutzt und umgesetzt werden, d. h. eins plus eins sollte größer als zwei werden.



Qualität, Kompetenz und Anspruch beider Partner sollten übereinstimmen.

Beispiele für Vertriebskooperationen liefert der B2B-Bereich in ausreichender Anzahl. Dennoch sind viele Partnerschaften, die zu Beginn der Liaison teilweise sogar als „strategisch“ angekündigt wurden, nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwunden. In jedem Fall sollten klare Kooperationsvereinbarungen geschaffen werden. Zu den wichtigsten Punkten eines vertrieblich orientierten Kooperationsvertrages zählen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 217 f.]: •

Klare Aufgaben- und Zieldefinition sowie eine ebenso deutliche Abgrenzung des angestrebten Zusammenwirkens, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden;



Genaue Festlegung und Abgrenzung der einzelnen Marktsegmente, denen sich der jeweilige Partner widmet;



Regelungen über das vertriebliche Vorgehen bei Doppelkontakten;



Regelungen über Provisions- und Lizenzaufteilungen bei gemeinsamen vertrieblichen Vorgehen;



Schaffung gemeinsamer Kontrollgremien;



Vertragsdauer, Vertragskündigung, ggf. Erwerb und Verkauf von Kapitalanteilen.

Es wird häufig sehr viel Zeit in die vertraglichen Vereinbarungen einer Vertriebspartnerschaft bzw. einer strategischen Allianz investiert. Insbesondere Provisions- und Lizenzaufteilungsmodelle werden sehr intensiv und teilweise akademisch verhandelt. Doch nur wenn neben der Sach-, Kultur- und Marktidentität auch der gute Wille aller Mitarbeiter auf Dauer vorhanden ist, werden beide Vertragsparteien Nutznießer der Vertriebsallianz sein – unabhängig davon, welche Lizenzaufteilungen vereinbart worden sind.

340

5.5

5. Distribution

Distributionslogistik

5.5.1 Grundlagen der Distributionslogistik Neben den strategischen Entscheidungen der akquisitorischen Distribution (Festlegen der Distributionsorgane, Distributionskanäle und Distributionsformen) müssen in der physischen Distribution (→ Distributionslogistik) die räumlichen und zeitlichen Strukturen der Warenverteilung festgelegt werden. Aufgabe der Distributionslogistik (auch als Absatzlogistik [BECKER], Marketinglogistik [MEFFERT] oder Vertriebslogistik [HOMBURG/KROHMER] bezeichnet) ist es, die räumliche und zeitliche Distanz zwischen der Erstellung und dem Verkauf bzw. der Übergabe des Produktes und den Verbraucher/Verwender zu überbrücken [vgl. BECKER 2009, S. 556 f.]. Im Wesentlichen sind es drei Entscheidungsfelder, die auf folgenden Subsystemen der physischen Distribution beruhen: • • •

Entscheidungen über die Lagerhaltung (→ Lagerhaltungssystem inkl. Verpackung) Entscheidungen über Lagerstandorte (→ Lagerstandortsystem) Transportentscheidungen (→ Transportsysteme).

Zur Distributionslogistik zählen weiterhin Entscheidungen über die Ausgestaltung der Subsysteme wie z. B. Computersysteme, Fahrzeugflotten und Lagerhäuser. Zielsetzung der Distributionslogistik, den Kunden die richtigen Produkte, in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit, in der richtigen Qualität am richtigen Ort möglichst kostengünstig verfügbar zu machen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 869 ff.]. Im Zusammenhang mit den Kundenanforderungen und den Anforderungen der Distributionslogistik spielt die so genannte Supply Chain eine wichtige Rolle. Als umfassende Abstimmung über die integrierte Versorgungskette von den Zulieferern über die Produktion des Anbieters bis zu den Kunden hat sich das Supply Chain Management als prozessorientiertes Führungskonzept in vielen Unternehmen etabliert. Zielsetzung des Konzepts ist es, überhöhte Lagerbestände und lange Durchlaufzeiten zu vermeiden [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 870]. 5.5.2 Lagerhaltung Lagerhaltungssysteme verfolgen vornehmlich die Aufgabe, zeitliche, mengenmäßige und räumliche Schwankungen zwischen Nachfrage und Produktion auszugleichen (Ausgleichsfunktion der Lagerhaltung). Die Höhe der Lagerbestände hängen von u. a. von folgenden Faktoren ab [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 619 ff.]: • • • •

Angestrebtes Lieferservice-Niveau Bestellverhalten der Kunden (Bestellrhythmus, Bestellmenge, Bestellzeitpunkt) Sicherheits-(Mindest-)Bestand Wiederbeschaffungszeit

5.5



Distributionslogistik

341

Bevorratungsverhalten des Handels.

Eine Abkehr von den klassischen Lagerhaltungssystemen stellt das Just-in-time-Konzept dar. Das Grundprinzip dieses Konzept liegt darin, den Kunden produktionssynchron zu beliefern, d. h. die Zulieferunternehmen liefern ihre Teile und Komponenten immer dann, wenn der industrielle Abnehmer diese für seinen Fertigungsprozess gerade benötigt. Ein Paradebeispiel für das Just-in-time-Prinzip ist die Automobilindustrie, die mit der bestandslosen Fertigung die hohen Kosten für die Kapitalbindung vermeiden wollen [vgl. BECKER 2009, S. 558]. 5.5.3 Lagerstandorte Wesentliche Entscheidungen der Distributionslogistik betreffen die Lagerstandorte in vertikaler und horizontaler Hinsicht. Im Rahmen der vertikalen Distributionsstruktur geht es um die Anzahl der verschiedenen Lagerstufen (Werkslager, Zentrallager, Regionallager, Auslieferungslager). In Abbildung 5-14 sind vertikale Distributionsstrukturen mit verschiedenen Lagerstufen dargestellt.

Vierstufige vertikale Distributionsstruktur

Werkslager

WL

WL

Zentrallager

WL

WL

ZL

Regionallager

Auslieferungslager

Dreistufige vertikale Distributionsstruktur

Einstufige vertikale Distributionsstruktur

ZL

ZL

WL

ZL

RL

AL

Zweistufige vertikale Distributionsstruktur

RL

AL

AL

AL

AL

Kunde

AL

Kunde

AL

AL

Kunde

Kunde

[Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 872 unter Bezugnahme auf SCHULTE 2009, S. 460]

Abb. 5-14:

Vertikale Distributionsstrukturen

Im Rahmen der Gestaltung der horizontalen Distributionsstruktur werden die Anzahl und die Standorte der Distributionslager auf jeder Lagerstufe bestimmt. Die Entscheidung darüber ist abhängig von der Zahl und geografischen Verteilung der Produktionsstandorte, von der geografischen Verteilung und dem Bestellverhalten der Kunden, von den Lagerhaltungskos-

342

5. Distribution

ten, von möglichen Verbundeffekten im Produktionsprogramm und den jeweiligen Transportkosten [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 872 f.]. 5.5.4 Transport Die Entscheidungen über die Festlegung der Transportmittel und -wege von den Produktionsstätten zu den verschiedenen Lagerstufen bis hin zum Kunden sind besonders durch produktspezifische Besonderheiten (z. B. Sperrigkeit, Wert, Empfindlichkeit, Verderblichkeit) geprägt. Bei der Auswahl der unterschiedlichen Transportarten bzw. Verkehrsträger sind darüber hinaus Kriterien wie Transportkosten, Geschwindigkeit, Verlässlichkeit der Auslieferung, Flexibilität in Hinblick auf Produktvielfalt sowie die geografische Verfügbarkeit zu berücksichtigen [vgl. BECKER 2009, S. 561]. In Abbildung 5-15 sind die Eignungschakteristika der wichtigsten Transportalternativen gegenübergestellt.

Transportalternativen Schiene

Wasser

Straße

Luft

Pipeline

Geschwindigkeit „Tür-zu-Tür-Zeit“

mittel

am langsamsten

schnell

am schnellsten

langsam

Transportkosten

mittel

am niedrigsten

hoch

am höchsten

niedrig

Verlässlichkeit der Auslieferung

mittel

schlecht

gut

gut

sehr gut

größte Vielfalt

sehr große Vielfalt

mittel

begrenzt

sehr begrenzt

sehr umfangreich

begrenzt

unbegrenzt

umfangreich

sehr begrenzt

Flexibilität (im Hinblick auf Produktvielfalt) Geografische Verfügbarkeit [Quelle: BECKER 2009, S. 561]

Abb. 5-15:

Eignungsvergleich verschiedener Transportmittel

5.6 Optimierung der Kundennähe

5.6

343

Optimierung der Kundennähe

Am Ende dieses Kapitels sollen die wesentlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Distribution zusammengefasst werden. Dabei geht es um • • • •

wichtige Aktionsparameter, strategische Optionen, Prozesse und deren instrumentelle Unterstützung sowie um Werttreiber

dieses Aktionsfeldes. 5.6.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 5.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundennähe als Funktion der Distribution darstellen (→ Kundennähe = f (Distribution)). Die Distribution im Absatzmarkt wiederum ist in hohem Maße abhängig von folgenden Parametern: •

Distributionsorgane (unternehmensinterne und unternehmensexterne Distributionsorgane)



Distributionskanäle (Einkanalsystem, Mehrkanalsystem)



Distributionsformen (direkter und indirekter Vertrieb).

Daher kann die Optimierungsfunktion der Kundennähe folgendermaßen erweitert werden: Kundennähe = f (Distribution) = f (Distributionsorgane, Distributionskanäle, Distributionsformen) → optimieren! Mit diesen Aktionsparametern sind gleichzeitig auch die wichtigsten strategischen Optionen für das Aktionsfeld festgelegt. 5.6.2 Strategische Optionen Die strategischen Optionen im Rahmen des Aktionsfeldes Distribution konzentrieren sich in erster Linie darauf, wie weit das Distributionsgebiet ausgedehnt werden soll, welche Distributionskanäle und welche Distributionsform gewählt werden soll. Für das Distributionsgebiet lassen sich folgende Marktarealstrategien [BECKER] festlegen: • • • •

Lokale Strategie Nationale Strategie Internationale Strategie Globale Strategie.

344

5. Distribution

Vor allem im Bereich des B2C-Marketings ist die Grundsatzenscheidung darüber zu treffen, welche Distributionalkanäle (Einkanal- vs. Mehrkanalsystem) eingeschaltet werden sollen und ob sich das Internet als weiterer (zumeist konkurrierender) Kanal anbietet. Im B2BMarketing ist dagegen eher die Frage relevant, ob der direkte Vertrieb durch indirekte Vertriebswege ergänzt werden soll. 5.6.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 5-16 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Distribution dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Distributionssystem, Art der Werttreiber etc.). Aus Vereinfachungsgründen befasst sich diese Modelldarstellung ausschließlich mit der „akquisitorischen“ Distribution, d. h. die besonderen Aspekte der „physischen“ Distribution (Lagerhaltung, Transport, Auftragsabwicklung) sind außer acht gelassen.

Eingangslogistik

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Segmentierung

Positionierung

Ausgangslogistik

Kommunikation

Organisation Distributionskanäle

Distributionsprozesse

Distributionsteilprozesse

EinkanalSystem

Unterstützungsprozesse

Abb. 5-16:

Operative Funktionen

MehrkanalSystem

Marktforschung

Marketing/ Vertrieb

Distribution

Kundendienst

Akquisition

Betreuung

Organisation Distributionsformen

Direkter Vertrieb

Indirekter Vertrieb

Informationstechnik

Prozessmodell des Aktionsfeldes „Distribution“

5.6.4 Werttreiber Werttreiber im Aktionsfeld Distribution beziehen sich in aller Regel auf die Effizienzsteigerung der Distributions- bzw. Vertriebsstruktur. Zu den bevorzugten Werttreibern zählen vor allem zwei Kennzahlen, die besonders im B2C-Marketing eingesetzt werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 827 f. unter Bezugnahme auf REINECKE/JANZ 2007, S. 324]:

5.6 Optimierung der Kundennähe

345



Lieferserviceniveau, d. h. der Zielerreichungsgrad des angestrebten Lieferservices als Maß für die Qualität der erbrachten Distributionsleistung,



Distributionsgrad, d. h. die Anzahl der Verkaufsstätten (engl. Point of Sale – PoS), die das Produkt führen im Verhältnis zur Anzahl der Verkaufsstätten, die das Produkt führen könnten bzw. die entsprechende Warengruppe führen. Dieser numerische Distributionsgrad (auch Distributionsquote) kann auch gewichtet dargestellt werden, wenn anstatt der Anzahl der Verkaufsstätten der prozentuale Umsatzanteil der Geschäfte herangezogen wird.

Neben diesen beiden „klassischen“ Kennzahlen geht es im Aktionsbereich Distribution vor allem um die Kenntnis, wie die Vertriebstruktur die Erreichung der Vertriebsziele in Umsatz, Auftragseingang, DB, etc. realisiert. Folgende Kennzahlen bieten den Ansatz, grundsätzlich die Vertriebskanäle Partnervertrieb und/oder Direktvertrieb zu thematisieren und detaillierter zu betrachten [vgl. BITKOM 2006, S. 18 ff.]: •

Durchschnittliche Auftragsgröße pro Distributionskanal, d. h. die Summe aller Auftragswerte je Distributionskanal dividiert durch Summe aller Aufträge je Einheit;



Realisierte AE-, Umsatz-, DB- Quote, d. h. Anzahl Mitarbeiter zu AE, Umsatz, DB pro Vertriebsbereich oder pro Distributionskanal.

Im Online-Vertrieb wird die Effizienz des Distributionskanals vornehmlich durch die Leistung des IT-Systems und des Abwicklungs- und Logistiksystems gemessen, denn der Betrieb eines Web-Shops setzt ein fehlerfreies, störungsresistentes und transaktionssicheres Informationssystem voraus. Folgende Kennzahlen können zur Leistungsbewertung des Online-vertriebs herangezogen werden [vgl. HIENERTH 2010, S. 89 f.] • • • • •

Systemverfügbarkeit Fehlerquote Störungsrate und -intensität Durchschnittliche Antwortzeiten Auslastung der Übertragungskapazitäten.

In Abbildung 5-17 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Distribution (wie Aktionsparamter, strategische Optionen, Wertreiber sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

346

5. Distribution

Aktionsfeld

Distribution

Aktionsparameter

• Distributionsorgane • Distributionskanäle • Distributionsformen

Strategische Optionen

• Marktarealstrategien • Einkanal- vs. Mehrkanalsystem • Online-Distributionssystem Marktforschung insbesondere

Instrumentelle Unterstützung

Abb. 5-17:

• Befragung • Beobachtung • Panels

Werttreiber

• • • • • • • • •

Lieferserviceniveau Distributionsgrad Durchschnittliche Auftragsgröße pro Distributionskanal Realisierte AE-, Umsatz-, DB- Quote Systemverfügbarkeit Für den Fehlerquote OnlineStörungsrate und -intensität Vertrieb Durchschnittliche Antwortzeiten Auslastung der Übertragungskapazitäten

Optimierungskriterium

Kundennutzen

Perspektiven des Aktionsfeldes „Distribution“

Kontroll- und Vertiefungsfragen

347

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen der „akquisitorischen“ Distribution und der „physischen“ Distribution.

(2)

Beschreiben Sie wichtige Ziele und Aufgaben von unternehmensinternen Distributionsorganen.

(3)

Welche unternehmensexternen Distributionsorgane sind für das B2B-Marketing von besonderer Bedeutung?

(4)

Stellen Sie die Chancen von Mehrkanalsystemen den entsprechenden Risiken gegenüber.

(5)

Worin liegen die besonderen Vorteile des Internets als Distributionskanal für den B2C-Bereich?

(6)

Warum spielt das Internet als Distributionskanal für das B2B-Marketing nur eine untergeordnete Rolle?

(7)

Kennzeichnen Sie die Entwicklungstendenzen des Einzelhandels in den letzten 20 Jahren.

(8)

Was ist unter der „Betriebsformendynamik“ im Einzelhandel zu verstehen?

(9)

Erläutern Sie den Discountern“.

Unterschied

zwischen

„Hard-Discountern“ und

„Soft-

(10) Erläutern Sie die Zusammenhänge zwischen „Push-Strategie“ und „Pull-Strategie“. Nennen Sie Beispiele aus der Praxis. (11) Warum dominiert im B2B-Marketing in der Regel der Direktvertrieb den indirekten Vertrieb als Distributionsform? (12) Worin besteht im B2B-Marketing der Unterschied zwischen einem Distributor und einem Value Added Reseller (VAR)? (13) Diskutieren Sie die verschiedenen Realisierungsstufen im internationalen Marketing/Vertrieb? (14) Welche wesentlichen Entscheidungsfelder bestimmen die Aktivitäten in der Distributionslogistik? (15) Erläutern Sie die verschiedenen Ausgleichsfunktionen der Lagerhaltung. (16) Inwiefern stellt das Just-in-time-Konzept eine Abkehr von den klassischen Lagerhaltungssystemen dar? (17) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der horizontalen und der vertikalen Distributionsstruktur. (18) Diskutieren Sie die verschiedenen Transportalternativen im Hinblick auf verschiedene Güterarten.

6. AKQUISITION 6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition ....................................................................................... 351

6.1.1 Geltungsbereich............................................................................................................ 351 6.1.2 Vorgehen ...................................................................................................................... 353 6.2 Grundlagen der Akquisition ................................................................................................ 354

6.2.1 Akquisitionsbegriffe ..................................................................................................... 354 6.2.1.1 Buying Center ............................................................................................... 354 6.2.1.2 Selling Center ............................................................................................... 355 6.2.1.3 Promotoren und Opponenten ........................................................................ 357 6.2.1.4 Targeting, Cross Selling und Key Accounting ............................................. 358 6.2.1 Vertriebliche Rollen ..................................................................................................... 359 6.2.2.1 Key Account Manager .................................................................................. 359 6.2.2.2 Product Manager ........................................................................................... 360 6.2.2.3 Category Manager......................................................................................... 361 6.2.3 Vertriebliche Qualifikationen ....................................................................................... 361 6.3 Kaufmotive ............................................................................................................................ 365

6.3.1 Limbisches System....................................................................................................... 365 6.3.2 Konsequenzen für Kaufentscheidungen ....................................................................... 366 6.4 Akquisitionszyklus ............................................................................................................... 369

6.4.1 Leadmanagement ......................................................................................................... 370 6.4.2 Opportunity Management ............................................................................................ 371 6.5 Akquisitionsprozess............................................................................................................. 374

6.5.1 Akquisitionsgespräch ................................................................................................... 374 6.5.1.1 Einführung .................................................................................................... 374 6.5.1.2 Gesprächsvorbereitung ................................................................................. 376 6.5.1.3 Gesprächseröffnung ...................................................................................... 377 6.5.1.4 Bedarfsanalyse .............................................................................................. 377 6.5.1.5 Nutzenargumentation .................................................................................... 377 6.5.1.6 Einwandbehandlung...................................................................................... 379 6.5.1.7 Gesprächsabschluss ...................................................................................... 379 6.5.2 Angebots- und Vertragsgestaltung ............................................................................... 380 6.5.2.1 Vertragliche Grundlagen............................................................................... 380 6.5.2.2 Dienstvertrag vs. Werkvertrag ...................................................................... 381 6.5.3 Akquisitionscontrolling ................................................................................................ 382 6.5.3.1 Effizienzsteigerung im Vertrieb.................................................................... 382 6.5.3.2 Kennzahlen im Vertrieb ................................................................................ 384 6.6 Optimierung der Kundenakzeptanz .................................................................................... 386

6.6.1 Aktionsparameter ......................................................................................................... 386 6.6.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................................. 386 6.6.3 Werttreiber ................................................................................................................... 387 Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 390

350

6. Akquisition

6. AKQUISITION

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Lernziele

In diesem Kapitel befassen Sie sich mit der Akquisition, dem fünften Aktionsfeld der Marketing-Gleichung. Die Akquisition zielt auf die Optimierung der Kundenakzeptanz ab. Sie lernen zunächst einige wichtige akquisitorische Grundbegriffe sowie den Akquisitionszyklus und seiner besonderen Bedeutung für das Lead und Opportunity Management kennen. Sie bekommen Einblicke in die Besonderheiten der Vermarktung von komplexen erklärungsbedürftigen Produkten und Leistungen (B2B). Sie beschäftigen sich mit dem Akquisitionscontrolling, da kaum ein anderes Aktionsfeld so stark von Kosten-Nutzen-Aspekten geprägt ist wie die persönliche Akquisition. Sie setzen sich mit den Grundlagen des Verkaufsgesprächs und seinen Techniken auseinander. Sie gewinnen ein Gefühl für die Nachhaltigkeit einer sinnvoll eingesetzten KostenNutzen-Argumentation. Sie machen sich ein Bild über die Werttreiber dieses Aktionsfeldes.

6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition

6.1

351

Aufgabe und Ziel der Akquisition

6.1.1 Geltungsbereich Ist im Rahmen der Distribution die Kundenkontaktierung optimiert, so geht es in der (persönlichen) Akquisition darum, die vorhandenen Kundenkontakte zu qualifizieren und in Aufträge umzumünzen. Die Akquisition, das fünfte Aktionsfeld im Vermarktungsprozess, zielt damit auf die Optimierung der Kundenakzeptanz: Kundenakzeptanz = f (Akquisition) → optimieren! Insbesondere bei erklärungsbedürftigen Produkten und Leistungen zählt der persönliche Verkauf zu den wirksamsten, aber zugleich auch zu den teuersten Kommunikationsinstrumenten. Bei der Systematisierung der Aktionsfelder der hier vorgestellten Marketing-Gleichung bestehen hinsichtlich der persönlichen Akquisition durchaus Abgrenzungsprobleme. So ließe sich die persönliche Akquisition bzw. der persönliche Verkauf auch im Zusammenhang mit der Kommunikation oder mit der Distribution behandeln. In vielen Branchen ist der persönliche Verkauf (engl. Personal Selling) hauptverantwortlich für den Markterfolg. Dies gilt aber nicht nur für die Vermarktung der allermeisten Produkte im B2B-Marketing, sondern auch beim Verkauf erklärungs- und beratungsbedürftiger Produkte gegenüber Privatkunden (z. B. Finanzdienstleistungen, Autos, Immobilien). Zudem kommt im B2C-Bereich der persönliche Verkauf überall dort zum Tragen, wo die eigene Vertriebsorganisation im Rahmen der Distributionskanäle direkt auf den nächsten Verwender trifft. So muss ein Markenartikelhersteller bspw. mit dem Zentraleinkauf von Warenhäusern oder Handelsketten über Abnahmemengen sowie Preise und Konditionen verhandeln oder Jahresgespräche über Verkaufsförderungsaktionen führen. Solche Jahresgespräche zielen allerdings nicht auf den direkten Verkauf der Produkte. Sie sind vielmehr eine Vorstufe, um z.B. mit der Listung eines neuen Produkts in den Handelsbetrieben oder im Rahmen einer Weihnachtsaktion erst die Möglichkeit für das Herstellerunternehmen eröffnet, dass die Produkte in die Regale kommen und dann in größeren Stückzahlen verkauft werden können. In Abbildung 6-01 sind diese Schnittstellen, an denen der persönliche Verkauf auch für den Konsumgüterbereich von Bedeutung ist, besonders gekennzeichnet. Die Durchführung der Akquisition, also des persönlichen Verkaufs, obliegt in funktionaler Hinsicht der Verantwortung der Verkaufsorganisation. Hier kommt die in der Praxis übliche organisatorische Trennung zwischen Marketing und Vertrieb zum Ausdruck – und zwar sowohl im B2C- als auch im B2B-Marketing. So wird das Marketing von Konsumgütern vom Produkt- oder Brandmanagement unter Federführung der Marketingleitung wahrgenommen. Die häufig sehr personal- und kostenintensive Verkaufsorganisation, deren Kern sich aus Reisenden und Handelsvertretern des Außendiensts zusammensetzt, ist dagegen dem Vertriebsleiter unterstellt. Um das Kundenpotential bei Großkunden (z. B. Warenhäuser oder Ketten) optimal ausschöpfen zu können, sind Key

352

6. Akquisition

Account Manager in Verbindung mit Category Managern (siehe Abschnitt 6.2.2) ebenfalls der Vertriebsleitung zugeordnet [vgl. RUNIA et al. 2011, S. 286].

Endverbraucher

Hersteller

Typische B2CDistributionskanäle

Hersteller

Endverbraucher

Einzelhandel

Hersteller

Großhandel

Einzelhandel

Endverbraucher

Hersteller

Großhandel

Handwerk

Endverbraucher

Hersteller

Typische B2BDistributionskanäle

Hersteller

Hersteller

Absatzmittler

Verwender

Händler/Distributoren/VARs

Kunde

Verwender

Persönlicher Verkauf durch den Hersteller

[Quelle: SCHÖGEL/PERNET 2008]

Abb. 6-01:

Persönlicher Verkauf durch den Hersteller

Im B2B-Marketing hängt – mehr noch als im B2C-Bereich – die konkrete Ausgestaltung von Marketing und Sales von der Größe des Unternehmens, der Beratungs- und Erklärungsbedürftigkeit der Produkte und Dienstleistungen und der individuellen Kundenstruktur ab. Während die strategischen Marketingfragen zumeist in der Geschäftsführung (teilweise mit externer Unterstützung von Beratern oder des Marketings) behandelt werden, liegen die operativen Marketingaufgaben mit dem Kampagnen- und Event-Management vollständig in der Verantwortung der Marketingleitung. Das Lead- und Kundenmanagement ist – mit Unterstützung der Key-Account-Manager – wiederum der Vertriebsleitung zugeordnet (siehe Abbildung 6-02).

Marketingmanagement Strategisches Marketing Segmentierung

Abb. 6-02:

Positionierung

Operatives Marketing Kommunikation

Vertriebsmanagement Lead-Entwicklung (Sales)

Distribution

Akquisition

(Bestands-) Kundenentwicklung Betreuung

Aufgabenzuordnungen in Verbindung mit der Marketing-Gleichung

6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition

353

6.1.2 Vorgehen Um der besonderen Bedeutung des persönlichen Verkaufs gerecht zu werden, wird die Akquisition als eigenständiges Aktionsfeld der Marketing-Gleichung behandelt. Dabei sollen im Wesentlichen folgende Fragen behandelt werden [vgl. LIPPOLD 1998, S. 220]: • • • • •

Welche Anforderungen sind an die Qualifikation der Vertriebsmitarbeiter zu stellen? Wie lässt sich die Effizienz des persönlichen Verkaufs steigern? Für welche Marketing-Aktivitäten sollte dieses teure Instrument eingesetzt werden? Wie lässt sich die Abschlussquote erhöhen? Wie kann der Akquisitionszyklus verkürzt werden?

Die wesentliche Aufgabe des persönlichen Verkaufs besteht darin, den kundenseitig verlaufenden Auswahl- und Entscheidungsprozess so zu beeinflussen, dass letztlich der Auftrag gewonnen wird. Eine zweite Aufgabe des persönlichen Verkaufs besteht in der Pflege bestehender Kundenbeziehungen. Dies hat für den Anbieter deshalb eine besondere Bedeutung, weil der bereits erbrachte Nachweis der Leistungsfähigkeit sowohl für das Folgegeschäft (bei demselben Kunden) als auch für das Neugeschäft eine verkaufsauslösende Wirkung hat. Dieses so genannte Referenz-Selling ist damit ein aktiver Bestandteil des Aktionsfeldes Akquisition. Schließlich obliegt dem persönlichen Verkauf auch die Aufgabe, Informationen zu gewinnen. Der (potenzielle) Kunde ist als Informationsquelle für die Marktforschung von ganz besonderer Bedeutung. Ob es sich dabei um Informationen über Leistungen, Aktionen und Vorgehen der wichtigsten Wettbewerber, um die Aufnahme spezifischer Kundenanforderungen oder um Informationen über bestimmte betriebswirtschaftliche oder technologische Ausrichtungen der Kundenunternehmen handelt, in jedem Fall bietet das Verkaufsgespräch eine Fülle von Ansatzpunkten für die Weiterentwicklung des eigenen Produkt- und Leistungsportfolios. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass das Aktionsfeld Akquisition eine dominierende Stellung und Bedeutung in Firmenkundenmärkten (B2B) und weniger in Endkundenmärkten (B2C) hat, denn in B2B-Märkten sind Einkaufsentscheidungen deutlich komplexer und von längerer Dauer.

354

6.2

6. Akquisition

Grundlagen der Akquisition

6.2.1 Akquisitionsbegriffe Ebenso wie das Marketing sind auch Systematik, Begriffe und Vorgehensweise des klassischen “Verkaufens” sehr stark von der englischsprachigen Literatur geprägt. Daher soll hier zunächst ein einheitliches Verständnis für Begriffe wie Buying Center, Promotorenmodell, Selling Center, Targeting, Cross Selling und Key Accounting geschaffen werden. 6.2.1.1 Buying Center

Bei wichtigen Beschaffungsvorhaben des Kunden wirken auf dessen Seite zumeist mehrere Personen als Entscheider oder Entscheidungsbeteiligte mit. Ein solches Gremium wird als Buying Center bezeichnet. Es weist den Beteiligten verschiedene Rollen im Hinblick auf die Auswahlentscheidung zu [vgl. WEBSTER/WIND 1972, S. 72 ff.]: •

Initiatoren (engl. Initiator) regen zum Kauf eines bestimmten Produktes an und lösen den Kaufentscheidungsprozess aus. Initiatoren müssen nicht zwingend die späteren Nutzer der Lösung sein, sondern können aus den verschiedensten betrieblichen Funktionsbereichen kommen. Initiatoren können IT-Manager oder -Mitarbeiter ebenso wie Anwendungsspezialisten, Vertriebs- oder Serviceleiter bzw. Mitarbeiter sein.



Informationsselektierer (engl. Gatekeeper) strukturieren Informationen über das zu beschaffende Produkt vor, bringen diese in das Buying Center ein und steuern den organisationsinternen Informationsfluss. Diese Personengruppe ist häufig in den Fachbereichen, also denjenigen Bereichen, in denen das Produkt (die Lösung) zum Einsatz kommt, zu finden (z. B. Service-, Vertriebs-, Produktions- oder Marketingleiter).



Beeinflusser (engl. Influencer) sind formal zwar nicht am Beschaffungsprozess beteiligt, verfügen aber als Spezialisten über besondere Informationen. Insbesondere über die Vorgabe gewisser Mindestanforderungen kann ihre (informelle) Teilnahme am Auswahlprozess mitentscheidend sein. Beeinflusser sind bspw. im Qualitätsmanagement oder in (Normen-)Ausschüssen zu finden.



Entscheider (engl. Decider) sind jene Organisationsmitglieder, die aufgrund ihrer hierarchischen Position letztlich die Kaufentscheidung treffen. Das monetäre Volumen des Auftrags ist zumeist ausschlaggebend dafür, auf welcher Hierarchieebene die Auftragsvergabe entschieden wird (zumeist erste oder zweite Führungsebene).



Einkäufer (engl. Buyer) besitzen die formale Kompetenz, Lieferanten auszuwählen und den Kaufabschluss zu tätigen. Sie führen die Einkaufsverhandlungen unter kaufmännischen und juristischen Aspekten. In größeren Organisationen gehören Einkäufer einer Beschaffungs- oder Einkaufsabteilung an.



Benutzer (engl. User) sind schließlich jene Personen, die die zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen einsetzen bzw. nutzen werden. Da ein Einsatz gegen den Wider-

6.2 Grundlagen der Akquisition

355

stand der User nur sehr schwer durchsetzbar ist, haben diese Organisationsmitglieder eine Schlüsselstellung im Rahmen des Auswahl- und Entscheidungsprozesses. Buying Center bilden sich informell und sind in der Regel nicht organisatorisch verankert. Daher sind Umfang und Struktur dieses Einkaufsgremiums auch nur sehr schwer zu erfassen. Es lässt sich aber die These vertreten, dass die Anzahl der jeweils Beteiligten am Buying Center im Wesentlichen von folgenden Faktoren abhängt [vgl. auch MENTHE/SIEG 2013, S. 75]: • • • • • •

Wert bzw. Größe und Komplexität des Beschaffungsobjektes Einfluss des zu beschaffenden Produkts bzw. der Problemlösung auf Prozesse und Organisation Informationsbedarf über das Investitionsobjekt Unternehmensgröße Art und Ausprägung des Einkaufsprozesses (zentral/dezentral organisierter Einkauf, Anzahl der benötigten Unterschriften) Unternehmenskultur bezüglich Innovationen und Entscheidungsfindung.

Auch kann nicht festgeschrieben werden, ob teilweise mehrere Rollen von einer Person und ob die einzelnen Rollen teilweise von mehreren Personen wahrgenommen werden. Empirische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die Funktion der einzelnen Rollen vom Grundsatz her bei jeder komplexen Beschaffungsmaßnahme ausgeübt wird [vgl. LIPPOLD 1998, S. 135]. 6.2.1.2 Selling Center

Den teilweise sehr hohen Anforderungen beim Vertrieb von komplexen und höchst erklärungsbedürftigen Investitionsvorhaben kann der Verkäufer in aller Regel nicht mit gleicher Qualität entsprechen. Häufig ist es dann die Geschäftsführung selbst, die evtl. vorhandene Defizite im Qualifikationsprofil durch ihre hierarchische Stellung wettmachen kann. Eine weitere Möglichkeit ist darin zusehen, dem Vertriebsmanagement (Vertriebsleiter) Spezialisten, z. B. für systemtechnische oder konzeptionelle Fragen, an die Seite zu stellen. Mit dieser Teambildung kann man dem vielfältigen Informationsanspruch der Einkaufsseite ein entsprechendes Gewicht auf der Verkaufsseite gegenüber stellen. Diese multipersonale Form des Verkaufsteams wird auch als Selling Center bezeichnet [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 37 ff.]. Teammitglieder im Vertrieb von komplexen Produkten und Leistungen können Verkäufer, Key Account Manager, System- und Anwendungsspezialisten, Juristen und/oder Finanzierungsfachleute sein. In Abbildung 6-03 sind die Teammitglieder des Buying Centers den entsprechenden Vertriebsrepräsentanten des Selling Centers beispielhaft gegenübergestellt [vgl. BÄNSCH 2002, S. 207 ff.]. Die Darstellung kann als typisch für die meisten größeren Akquisitionsprozesse besonders im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen (z. B. High Tech-Produkte, Anlagen, Systeme) angesehen werden. Eine etwas vereinfachte Form des Selling Centers ist die Bildung

356

6. Akquisition

eines Tandems, bestehend aus einem Kunden- und einem Konzept- bzw. Fachmanager oder aus einem anwendungsorientierten und einem systemorientierten Verkäufer. Der Vorteil einer solchen Tandemlösung liegt in der Einsparung von Kosten unter Aufrechterhaltung eines arbeitsteiligen Vorgehens.

Selling Center

Systemspezialist

Anwendungsspezialist

Key Account Manager

Sales Mitarbeiter TopManagement

Entscheider Einkäufer

Gatekeeper

Nutzer

Beeinflusser

Buying Center

Abb. 6-03:

(Modellhafte) Gegenüberstellung von Buying Center und Selling Center

In Abbildung 6-04 sind Anbieter- und Kundenseite im Akquisitionsprozess mit ihren jeweiligen Center-Mitgliedern beispielhaft dargestellt. Dabei wird deutlich, dass sich in Abhängigkeit der Prozessphase die Zusammensetzung des jeweiligen Centers ändern kann.

Anbieter

Selling Center

Verkäufer Verkäufer

Erstkontakt

Buying Center

Fachbereichsleiter

Anwendungsspezialist

Problemanalyse

IT-Leiter Fachbereichsleiter

Anwendungsspezialist Systemspezialist

Lösungsentwurf

Key Account Manager

Geschäftsführer

Verkäufer

Key Account Manager

Anwendungsspezialist

Angebotspräsentation

IT-Leiter

IT-Leiter

Fachbereichsleiter

Fachbereichsleiter

User

User

verkäufer

Nachverhandlung

Geschäftsführer Fachbereichsleiter Einkäufer

Kunde [Quelle: in Anlehnung an MENTHE/SIEG 2013, S. 76]

Abb. 6-04:

Buying Center und Selling Center im Akquisitionsprozess (Beispiel)

6.2 Grundlagen der Akquisition

357

6.2.1.3 Promotoren und Opponenten

Bei Investitionsprojekten, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Veränderungsmanagement (engl. Change Management), also auf Struktur und Prozesse des beschaffenden Unternehmens haben, können die Akteure des Buying Center auch nach Promotoren oder Opponenten unterschieden werden, je nachdem, ob sie das Beschaffungsobjekt (z. B. Einführung eines ERP-Systems) eher fördern und unterstützen oder eher behindern und verlangsamen. Je nach Art des Einflusses im Buying Center können Promotoren bzw. Opponenten weiter unterteilt werden [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 143 f.]: • • •

Machtpromotoren bzw. -opponenten beeinflussen das Buying Center aufgrund ihrer hierarchischen Stellung in der Organisation. Fachpromotoren bzw. -opponenten haben Einfluss aufgrund ihrer entsprechenden fachlichen Expertise und ihres besonderen Informationsstands. Prozesspromotoren bzw. -opponenten beeinflussen den Entscheidungsprozess aufgrund ihrer formellen und informellen Kommunikationsbeziehungen in der Organisation. Sie unterstützen bzw. behindern den Kaufprozess, in dem sie organisatorische und fachliche Barrieren überwinden oder errichten und Verbindungen zwischen Macht- und Fachpromotoren bzw. -opponenten herstellen.

Abbildung 6-05 gibt einen Überblick über Beziehungen und Beiträge von Macht-, Prozessund Fachpromotoren. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Promotoren- bzw. Opponentenrolle sowohl auf den Beschaffungsvorgang insgesamt (also auf die Problemlösung an sich) als auch auf bestimmte Auswahlalternativen (also auf das Produkt A oder B) beziehen kann. Die Kenntnis der Rollenstruktur und die Identifikation der verschiedenen Akteure eines Buying Center stellen zentrale Ansatzpunkte für das B2B-Marketing dar. Insbesondere die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Maßnahmen im Rahmen des Aktionsfeldes Akquisition sollten sehr stark geprägt sein von den unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen der verschiedenen Akteure im Buying Center.

Freigabe von Ressourcen, Unterstützung

Beiträge des Machtpromotors

Beiträge des Prozesspromotors

Beiträge des Fachpromotors

Bewertung des Erfolgspotentials

Ideengenerierung

Sicherung des strategischen Fit

Arbeitsteilung, Rollenzuweisung, Zeiteinteilung

Ideenüberprüfung

Überwinden von Opposition

Zusammenführung der Teilprozesse, Konfliktmanagement

Eigentliche Problemlösung

Entscheidung

Motivation, Erklärung, Instruktion

Realisierung

[Quelle: REGER 2009, S. 26]

Abb. 6-05:

Beziehungen und Funktionen von Macht-, Prozess- und Fachpromotoren

358

6. Akquisition

Bei den Mitgliedern der Geschäftsleitung handelt es sich in erster Linie um Machtpromotoren, die über das hierarchische Potenzial verfügen, um eine Beschaffungsentscheidung durchzusetzen. In kleineren Kundenunternehmen ist dies der Unternehmer selbst bzw. die Geschäftsführung, in größeren Unternehmen das Management der ersten und zweiten Führungsebene. Bei Kundenunternehmen mit einer eigenen IT-Abteilung kann das IT-Management ein wichtiger Fach- aber auch Machtpromotor sein, den der Anbieter in jedem Fall in seinen Akquisitionsprozess einzubeziehen hat. Diese Zielpersonen sind ständig darum bemüht, alle technisch-wirtschaftlichen Details aufzunehmen, die sie in die Lage versetzen, mit dieser spezifischen Energie auf Entscheidungs- und Innovationsprozesse einzuwirken [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 81]. Gemeinsam mit dem IT-Management sind auch die Zielpersonen der Fachabteilungen der Gruppe der Fachpromotoren zuzuordnen. Sie bereiten nicht nur den Entscheidungsprozess vor, sondern sie sind letztendlich auch die Personengruppe, die die auszuwählende Problemlösung nutzen soll. 6.2.1.4 Targeting, Cross Selling und Key Accounting

Die gezielte Auswahl und Bestimmung von Unternehmen, die einem bestimmten zielgruppen-orientierten Profil entsprechen wird als Targeting bezeichnet. Das Besondere an einem Targetingprozess ist die systematische Herangehensweise und das gezielte Nachfassen unter bestimmten Vorgaben, so dass auch das Ergebnis entsprechend gemessen werden kann. Unter Cross Selling wird die Ausdehnung der bestehenden Kundenbeziehung bzw. der Produktverkäufe einer Geschäftseinheit des Anbieters auf die Produkte und Leistungen anderer (benachbarter) Geschäftseinheiten des Anbieters verstanden. Absatz-, Umsatzerfolg und Gewinn des Unternehmens hängen häufig stark davon ab, ob es gelingt, bestimmte Schlüsselkunden (engl. Key Accounts) zu gewinnen und zu halten. Mit solchen Schlüsselkunden (= Großkunden) wird ein nicht unbeträchtlicher Teil des Gesamtumsatzes erzielt. Die Analyse-, Planungs-, Verhandlungs-, Steuerungs- und Koordinationsprozesse, die im Zusammenhang mit der Betreuung von Schlüsselkunden durchzuführen sind, werden als Key Accounting bezeichnet. Diese Aufgaben werden vom so genannten Key Account Manager wahrgenommen. Das Key Account Management zählt somit zu den wichtigsten Aufgaben des Aktionsfeldes Akquisition [vgl. BECKER 2009, S. 542 f.]. In Abbildung 6-06 sind die unterschiedlichen Zielrichtungen beim Targeting, Cross Selling und Key Accounting am Beispiel eines Unternehmens mit zwei strategischen Geschäftseinheiten dargestellt.

6.2 Grundlagen der Akquisition

Strategische Geschäftseinheit A

359

Strategische Geschäftseinheit B CrossSelling =

Verkaufen (Empfehlen) der Produkte einer anderen Geschäftseinheit (hier aus Sicht der Geschäftseinheit A)

Kunden

NichtKunden

Key Accounts bzw. Key Accounting = Targeting =

Schlüsselkundengewinnung und -betreuung

Zielkundenbestimmung und -gewinnung

Abb. 6-06:

Wichtige Akquisitionsbegriffe

6.2.1 Vertriebliche Rollen Unter der Vielzahl der vertrieblichen Rollen sollen hier drei Schlüsselrollen beim Marketing und Vertrieb vorgestellt werden. Während der Key Account Manager schwerpunktmäßig im B2B-Marketing zu finden ist, sind Produktmanager (engl. Product Manager) und Kategorienmanager (engl. Category Manager) eher in Schlüsselpositionen des B2C-Marketings anzutreffen. 6.2.2.1 Key Account Manager

Der Key Account Manager koordiniert den Akquisitionsprozess bei Kunden, mit denen das Unternehmen einen besonders hohen Umsatz erzielt bzw. erzielen will oder die von strategischer Bedeutung für das Unternehmen sind (→ Schlüsselkunde (engl. Key Account)). Dazu gewinnen Key Account Manager Neukunden, betreuen Bestandskunden und bauen die Beziehung zu Schlüsselkunden aus. Key Account Manager können einen oder mehrere Schlüsselkunden, aber auch ein einzelnes Kundensegment betreuen. Ihr Einsatzgebiet ist der Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen. Key Account Management wird in der Konsumgüter- und Investitionsgüterindustrie sowie auch im Dienstleistungsbereich betrieben. Die Einrichtung eines Key Account Managements ist immer dann sinnvoll, wenn die Größe des Kunden (Nachfrage) oder sein Wert (Kundenwert) als Umsatzträger, Referenz und/oder Multiplikator entsprechend ist. Merkmale des Key Account Managements sind eine kundenorientierte Einstellung, differenzierte Bearbeitungsformen, spezielle Organisationsformen oder Arbeitsmethoden und -tech-

360

6. Akquisition

niken. Der Key Account Manager ist der persönliche Ansprechpartner für den Kunden. Er berät den Kunden und handelt mit ihm Verträge aus. Dazu sammelt der Key Account Manager Informationen über die Interessen und Anforderungen seines Kunden, so dass er ihn bei der Verbesserung der bestehenden Produkte und Dienstleistungen, bei der Optimierung von Geschäftsprozessen und bei der Strategie- und Zukunftsplanung unterstützen kann. Eine solche Unterstützungsleistung setzt naturgemäß ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Key Account Manager und dem Kunden voraus. Der Key Account Manager setzt sich mit anderen Bereichen seines Unternehmens, die im Kontakt mit dem Schlüsselkunden stehen, für die Interessen des Key Accounts ein. Der Key Account Manager kennt also die Zuständigkeiten im Unternehmen und koordiniert die Prozesse. Sollten die Anliegen des Kunden andere Stellen im Unternehmen betreffen, zum Beispiel Mitarbeiter aus dem Buying Center, vermittelt der Key Account Manager zwischen dem Kunden und der richtigen Stelle. Der Key Account Manager bündelt also alle Aktivitäten des Key Accounts. 6.2.2.2 Product Manager

Das Produktmanagement im Marketing ist quasi das Gegenstück zum Key Account Management im Vertrieb. Während das Bezugsobjekt des Key Account Managements die Großbzw. Schlüsselkunden sind, ist die Sichtweise des Produktmanagements, das im Konsumgüterbereich auch als Markenmanagement bzw. Brand Management bezeichnet wird, auf das einzelne Produkt bzw. auf Produktgruppen gerichtet. Das Konzept des Produktmanagements hat sich im Konsumgüterbereich entwickelt und wird heute in nahezu allen Branchen, die eine gewisse Produktprogrammbreite aufweisen, als Koordinierungstelle für die Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle aller produkt(gruppen)bezogenen Aufgaben eingesetzt [vgl. HOMBURG/ KROHMER 2009, S. 1100]. Das Produktmanagement ist gleichzeitig auch die zentrale Schaltstelle eines Unternehmens zu seinen Kunden. Es hat die Aufgabe, die Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden aufzugreifen und in die Produktkonzeption, Produktplanung und Produktentwicklung einfließen zu lassen. Sie muss die Herstellung des Produkts und seine Vermarktung begleiten und steuern. Voraussetzung dabei ist, dass die Produktplanung in die strategische Planung des Unternehmens eingebettet ist. Der Verantwortungsbereich des Produktmanagers umfasst in aller Regel drei Ebenen [vgl. BRUHN 2014, S. 126]: •

Auf Produktebene trifft der Produktmanager Entscheidungen für das einzelne Produkt. Diese betreffen die Konzeption und Markteinführung von Neuprodukten ebenso wie die Verbesserung bestehender Produkte aufgrund von veränderten Kundenbedürfnissen oder die Eliminierung, d. h. die Einstellung aller Vermarktungstätigkeiten des Produkts. Im Vordergrund steht die Aufgabe, das Produkt über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu managen.

6.2 Grundlagen der Akquisition

361



Auf Produktlinienebene entscheidet der Produktmanager zusammen mit anderen Managern über Veränderungen der Produktlinie. Dabei geht es darum, die Produktlinie um zusätzliche Produkte zu erweitern (engl. Line Extension) oder auch Produkte aus der Linie zu eliminieren.



Auf höchster Ebene sind Entscheidungen über Veränderungen des Absatzprogramms, d.h. sämtlicher Produktlinien und Produkte, zu treffen. Solche strategischen Entscheidungen (z.B. über die Übernahme und Eingliederung von neuen Marken) erfordert die Einbindung des gesamten Managements.

6.2.2.3 Category Manager

Als weitere Koordinierungsstelle neben dem Produktmanagement und dem Key Account Management setzt sich zunehmend auch das Kategorien-Management (engl. Category Management) durch. Während sich der Product Manager auf einzelne Produkte oder Produktgruppen konzentriert, ist das Bezugsobjekt des Category Managers eine Produktkategorie, die sich an ähnlichen Kundenbedürfnissen orientiert („Bedürfniskategorien“ wie z. B. Waschmittel oder Körperpflegemittel). Charakteristisch für das Category Management ist das Zusammenwirken von Industrie und Handel sowohl bei der Produktentwicklung und Sortimentsgestaltung als auch bei der Verkaufsförderung. Die Abgrenzung zwischen dem klassischen Produkt(gruppen)management und dem Kategorien-Management ist nicht immer ganz leicht vorzunehmen, da Unternehmen ihre Produktgruppen durchaus auch nach Bedürfniskategorien bilden können. Dass beim Kategorien-Management eine konsequentere Delegation von Profit- und Loss-Verantwortung betrieben wird als beim herkömmlichen Produktgruppenmanagement, ist als Abgrenzungskriterium auch nicht sehr hilfreich, denn auch Produkt(gruppen)manager haben häufig eine direkte Gewinnverantwortung [vgl. BECKER 2009, S. 840]. Letztlich kann das Kategorien-Management als Weiterentwicklung des Produktgruppenmanagements aufgefasst werden, weil es das dem Ziel verfolgt, positive Verbundwirkungen auf Warengruppenebene im Sortiment beim Abverkauf im Handel zu nutzen und zu fördern.

6.2.3 Vertriebliche Qualifikationen Vertriebsmitarbeiter sehen sich mit stetig steigenden Ansprüchen des Kunden an Beratungswissen, zusätzlichen Dienstleistungen, Wissen über Technologien, Märkte, Innovationen und nicht zuletzt an das Produkt bzw. die Dienstleistung selbst konfrontiert. Von Vertriebsorganisationen und Verkäufern wird zunehmend gefordert, zusätzlich zum Verkaufs-Know-how die Aufgaben eines Knowledge-Managers zu übernehmen. Insofern machen alle bislang genannten vertrieblichen Aufgaben nur ansatzweise deutlich, welche vergleichsweise hohen Anforderungen an die Qualifikation des Vertriebsmanage-

362

6. Akquisition

ments zu stellen sind. Insbesondere im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen (Anlagen, Systeme, Projekte) ist neben dem erforderlichen betriebswirtschaftlichen Anwendungswissen auch ein sehr fundiertes systemtechnisches Know-how erforderlich. Da derartige Ansprüche meist schon bei Kontaktaufnahme an den Verkäufer gestellt werden, müssen die Anbieter darauf bedacht sein, dass gleich zu Beginn des Auswahl- und Entscheidungsprozesses die Kompetenz des Verkäufers eine Assoziation zur Leistungsstärke des Anbieterunternehmens auf dem Gebiet der nachgefragten Problemlösung auslöst. In diesen Kontext ist auch die Erfahrung einzuordnen, dass der Verkäufer die Sache (also das Produkt) zunächst immer über die (eigene) Person verkauft [vgl. LIPPOLD 1993, S. 233]. Zu dem fachlichen Informationsanspruch, den die Entscheidungsgremien auf der Kundenseite an den Vertrieb stellen, kommen – und dies gilt auch für die Vermarktung von Konsumgütern mit großem Auftragsvolumen – noch die typischen kaufmännischen Gesprächsthemen wie Preise, Fertigstellungstermine, Zahlungsmodalitäten bis hin zu juristischen Feinheiten der Angebots- und Vertragsgestaltung. Darüber hinaus hängt der Erfolg des persönlichen Verkaufs neben der Persönlichkeit in hohem Maße von der Fachkompetenz (→ Fachebene) und den interaktionsbezogenen Fähigkeiten (→ Beziehungsebene) des Verkäufers ab. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die angemessene Veränderung des Verkäuferverhaltens innerhalb einer Interaktion mit dem Kunden. Eine derartige flexible Vorgehensweise während des Verkaufsgesprächs wird auch als Adaptive Selling bezeichnet [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 867 ff.]. So müssen bspw. Key Account Manager nicht nur die Produkte ihres Unternehmens und deren Nutzen verstehen und dem Kunden vermitteln können, sondern sie benötigen Branchen- und Marktkenntnisse genauso wie kaufmännisches Wissen, um gut beraten und überzeugen zu können. Hilfreich ist auch, über Wissen in benachbarten Bereichen wie Logistik, Produktion oder Produktentwicklung zu verfügen. Strategisches Denken ist für die Entwicklung von Konzepten und Ideen unerlässlich. Der Erfolg oder die Leistung des Key Account Managers wird gemessen an der verkauften Stückzahl oder dem Umsatz in einem bestimmten Zeitraum, den verhandelten Preiskonditionen und der Kundenzufriedenheit. In Abbildung 6-07 sind die entsprechenden Kompetenzen eines Key Account Managers beispielhaft in einer Matrix zusammengestellt.

6.2 Grundlagen der Akquisition

363

Emotion

hoch

Kundenkompetenz =

Soziale Kompetenz (social skills)

Soziale und fachliche Kompetenzen (Akzeptanz als Problemlöser)

Inkompetenz

Fachkompetenz

Leistungen auf der Beziehungsebene

niedrig

niedrig

hoch

Rationalität

Leistungen auf der Sachebene

Abb. 6-07:

Kompetenzen des Key Account Managers

Ein weiterer Ansatz zur systematischen Einordnung des Verkäuferverhaltens bzw. des Verkaufsstils ist in dem so genannten GRID-System zu sehen. In diesem „Verkaufsgitter“ werden die unterschiedlichen Ausprägungen im Verkaufsstil auf der Basis von der beiden Kriterien Verkaufsorientierung und Kundenorientierung erfasst. Das Kriterium Kundenorientierung beschreibt das Bemühen um den Kunden als sozio-emotionale Orientierung, das Kriterium Verkaufsorientierung zeigt als sachlich-rationale Orientierung das Interesse am Kaufabschluss auf. Beide Kriterien werden mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen mit jeweils neun Stufen auf zwei Achsen erfasst. Somit lassen sich theoretisch 81 verschiedene Verkaufsstile abbilden. Abbildung 6-08 zeigt eine vereinfachte Darstellung dieses Verkaufsgitters.

364

6. Akquisition

hoch

9

9.1 Verkaufsstil

9.9 Verkaufsstil

Menschlich orientiert

Problemorientiert

8 7 6

5.5 Verkaufsstil

Interesse am Kunden (sozioemotionale Ausrichtung)

Verkaufstechnischorientiert

5 4 3 2

niedrig

1.1 Verkaufsstil

9.1 Verkaufsstil

Nimm es – oder lass es

Umsatzorientiert

1 1

niedrig [Quelle: BLAKE/MOUTON 1972, S. 14]

Abb. 6-08:

2

3

4

5

6

7

Interesse am Verkauf (sachlich-rationale Ausrichtung)

8

9

hoch

Das Verkaufsgitter (GRID-System)

Das dargestellte Verkaufsgitter ist eine Sonderform des Verhaltensgitter-Modells (engl. Managerial Grid), das 1960 von ROBERT BLAKE und JANE MOUTON im Rahmen eines Führungstrainings für Exxon entwickelt wurde. Während BLAKE und MOUTON ausschließlich die Position 9.9 als erstrebenswert ansehen, ist doch die Frage zu stellen, ob ein Verkaufsstil 9.9 überhaupt praktizierbar ist. Eher lässt sich die These vertreten, dass erfolgreiche Vertriebsarbeit durch einen Verkaufsstil gekennzeichnet ist, der rechts der Diagonale zwischen den Positionen 1.9 und 9.1 liegt. Ohnehin ist grundsätzlich zu fragen, ob zweidimensionale Erklärungsansätze überhaupt in der Lage sind, die Komplexität von Verkaufsprozessen abzubilden, ohne die situativen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 662 f.; HUNGENBERG/WULF 2011, S. 371].

6.3 Kaufmotive

365

6.3 Kaufmotive Die Verhaltensökonomie, die menschlichen Schwächen und den Einfluss von Emotionen auf ökonomische Entscheidungen berücksichtigt, bildet die Realität in den B2C- und B2BMärkten wesentlich besser ab als das „klassische“ Modell der Wirtschaft, das besagt, dass am Markt rational gehandelt sowie überlegt und vernünftig entschieden wird. Spätestens seit dem neurowissenschaftliche Erkenntnisse Einzug in das konventionelle Marketing gehalten haben (→ Neuromarketing, siehe auch Insert 2-01 in Abschnitt 2.2.2.4.), weiß man, dass Emotionen einen großen Einfluss auf das Kaufverhalten haben und dass Emotionen mittlerweile die Vernunft und das bewusste Handeln als entscheidende „Kauffaktoren“ abgelöst haben.

6.3.1 Limbisches System Hirnforscher können heutzutage anhand bildgebender Verfahren erkennen, wie eine Entscheidung (z.B. eine Kaufentscheidung) ausfallen wird, noch bevor sie im Denkhirn ankommt und schließlich verkündet wird. Die Bilder (Scans) zeigen, welche Areale in den emotionalen Zentren des Gehirns bei der Entscheidung für ein Produkt stimuliert werden. Sie beobachten dabei vor allem die Aktivierung von Hirnarealen im limbischen System. Das limbische System, zu dem eine Reihe unterschiedlicher Strukturen in verschiedenen Hirnregionen gehören, ist das wahre innere Machtzentrum des Menschen und hat wesentlich größeren Einfluss auf das menschliche Verhalten, als das Groß- oder Denkhirn. Das limbische System ist keine funktionale Einheit im Gehirn, sondern ein Sammelbegriff für das Entstehen von positiven und negativen Gefühlen, für die Gedächtnisorganisation sowie die Aufmerksamkeits- und die Bewusstseinssteuerung. Im limbischen System liegen die vitalen Bedürfnisse des Menschen wie Atmung, Schlaf, Nahrung und Sexualität [vgl. HÄUSEL 2011, S. 22 f.]. Zum limbischen System gehören zum Beispiel die Insula, die für das Schmerzempfinden zuständig ist (beim Kaufen wird hier der Preis verarbeitet), die Amygdala, die auf Gefahren aufmerksam macht und Angst und Misstrauen empfinden lässt (beim Kaufen ist sie es, die Angst hat, keinen guten Gegenwert fürs Geld zu bekommen) und das Belohnungszentrum, das die Kauflust auslöst und Begehrlichkeiten aktiviert. Alle Entscheidungen des Menschen durchlaufen, bevor sie ins Bewusstsein gelangen und endgültig gefällt werden, das limbische System und werden dort emotional markiert. Somit ist das limbische System auch zuständig für das Ja oder Nein. Das Interessante dabei ist, dass nahezu alle Reize, die ständig auf das Gehirn einprasseln, verarbeitet werden, ohne dass sich der Mensch dessen auch nur ansatzweise bewusst ist. Die Prozesse, die dafür im Hirn benötigt werden, sind gebahnt. So wie ein Weg, der routinemäßig begangen wird [vgl. SCHÜLLER 2010, S. 2 ff.].

366

6. Akquisition

6.3.2 Konsequenzen für Kaufentscheidungen Basierend auf der Erkenntnis, dass alle wesentlichen Entscheidungen, die ein Kunde trifft, emotional sind, hat der Psychologe HANS-GEORG HÄUSEL mit der Limbic®Map einen Emotions- und Werteraum entwickelt, der die verschiedenen Motiv- und Emotionssysteme des Menschen für das Marketing nutzbar machen soll (siehe Insert 6-01).

Insert Kauf- und Entscheidungsmotive in der Limbic® Map

HANS-GEORG HÄUSEL unterscheidet in seinem Motivmodell drei Systeme: • Dominanz – Die Befehle des Dominanz-Systems lauten z.B.: Setze dich durch! Strebe nach oben! Sei besser als Andere! • Balance – Die Befehle des Balance-Systems lauten: Vermeide jede Gefahr! Vermeide jede Veränderung! Vermeide jede Störung und Unsicherheit! • Stimulanz – Die Befehle des Stimulanz-Systems lauten: Suche nach neuen, unbekannten Reizen! Brich aus dem Gewohnten aus! Entdecke und erforsche deine Umwelt!. Da die Motivsysteme unabhängig voneinander sind, sind sie meist zugleich aktiv. Daraus ergeben sich die folgenden Mischungen: • Abenteuer/Thrill – Mischung aus Dominanz und Stimulanz. Auf der einen Seite will man über sich

hinauswachsen und sich beweisen (→ Dominanz). Auf der anderen Seite möchte man Neues entdecken (→ Stimulanz). • Fantasie/Genuss – Das Stimulanzsystem motiviert dazu, aktiv nach Neuem und nach unbekannten Genüssen zu suchen, das BalanceSystem bremst dabei. • Disziplin/Kontrolle – Das Balance-System fordert, dass alles seine Ordnung hat und stabil bleibt, sich möglichst nichts verändert. Das Dominanz-System dagegen möchte das Geschehen regeln. In diesem Spielraum der Emotionen und Motive sind jene (Kauf-)Motive, die zwischen Dominanz und Balance liegen, besonders hervorgehoben. [Quelle: BURKHARDT 2012, S. 6 unter Bezugnahme auf HÄUSEL 2005, S. 29 ff.]

Insert 6-01: Kauf- und Entscheidungsmotive in der Limbic® Map Im Mittelpunkt stehen dabei Emotionsfelder wie Balance, Dominanz und Stimulanz, die sich um die oben genannten Grundbedürfnisse wie Steuerungselemente gruppieren. Daraus ergeben sich die drei großen Hauptsysteme: • • •

Balance-System Dominanz-System und Stimulanz-System.

6.3 Kaufmotive

367

Während das Balance- und Stimulanz-System sind auf Zukunft und Expansion gerichtet ist, zielt das Balance-System auf Erhaltung und Sicherung des Bestehenden. Nimmt man dann noch die „Mischsysteme“ zwischen den drei Hauptsystemen, nämlich • • •

Abenteuer/Thrill (zwischen Dominanz und Stimulanz), Fantasie/Genuss (zwischen Stimulanz und Balance) sowie Disziplin/Kontrolle (zwischen Balance und Dominanz)

hinzu und ordnet diesen sechs limbischen Grundsystemen jeweils entsprechende Kaufmotive zu, so ergibt sich die in Abbildung 6-09 vorgenommene Zuordnung.

Grundsystem (Limbische Instruktion)

Ausprägung (äußert sich in …)

Entscheidendes Kaufmotiv (beim Kunden anzusprechen …)

Dominanz

Konkurrenzwille, Macht, Anerkennung, Ruhm, Erfolg, Ehrgeiz, Karriere, Leistung

Anerkennung

Balance

Geborgenheit, Tradition, Qualität, Gesundheit

Geld und Sicherheit

Stimulanz

Neugier, Entdeckung, Erforschung, Abwechslung, Kreativität, Humor

Neugier

Disziplin/Kontrolle (Dominanz mit Balance)

Diszipliniertes Verhalten, Präzision, Hartnäckigkeit, Logik, Zuverlässigkeit

Soziales und Gesundheit

Fantasie/Genuss (Balance mit Stimulanz)

Tolerantes Verhalten, Offenheit, Bequemlichkeit

Entlastung

Abenteuer/Thrill (Stimulanz mit Dominanz)

Abenteuergeist, Impulsivität, Rebellion, Risikofreude, Spontaneität

Entdeckung

[Quelle: in Anlehnung an OBERSTEBRINK 2013 , S. 62]

Abb. 6-09:

Limbische Instruktionen und Kaufmotive

Diese Systeme fallen in den Zuständigkeitsbereich des limbischen Systems und sind bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Dementsprechend sind die Motiv-und Emotionssysteme entscheidende Faktoren dafür, welche Produkte und Marken für uns eine Belohnung darstellen bzw. welche einen Kaufwunsch in uns auslösen (→ Aktivierung des „HabenWollens“). Je nach dem, in welchem Verhältnis die einzelnen Motiv- und Emotionssysteme beim Menschen ausgeprägt sind, kommt es zur Bestimmung der Persönlichkeit. So ist beispielweise ein Mensch mit einer starken Ausprägung des Stimulanz-Systems ein eher aktiver, spontaner und neugieriger Mensch, wohingegen ein überwiegend von dem Balance-System beeinflusster Mensch zurückhaltend und vorsichtig ist. Für die Akquisition bedeutet dies, das jeweils dominierende Motiv- und Emotionsfeld anzusprechen, um das Gehirn zu aktivieren und Kaufreize auszulösen. Hierfür sind wiederum die

368

6. Akquisition

Kenntnisse über Kaufmotive relevant und die Verknüpfung mit gehirngerechten Formulierungen. Dazu gehört, Verkaufsargumente im direkten Kundenkontakt im Sinne des Neuromarketings exakt auf den Kunden abzustimmen. Auf diese Weise kann sofort eine positive Reaktion hervorgerufen werden. Der Schlüssel zum hirngerechten Marketing ist eine tiefgehende Kundenorientierung, denn sie bedeutet, dem Kunden genau zuzuhören. Nicht die Vorteile eines Produktes stehen beim Kaufakt im Vordergrund. Der Verkauf in der heutigen Zeit läuft über die Person des Verkäufers und über die Kaufmotive und Wünsche des Kunden. Wichtig für den Kunden ist der emotionale Nutzen. Daher ist das Hauptziel der Akquisition, Problemlösungen und „gute Gefühle“ zu verkaufen. Menschen kaufen in Wirklichkeit Anerkennung, Sicherheit oder Entlastung. Letztlich geht es beim „Verkaufen“ darum, den rein fachlichen Nutzen einer Problemlösung oder eines Produktes mit den individuellen Motiven der Zielpersonen zu belegen. Allerdings erscheint es plausibel zu sein, dass der Anteil des rationalen Nutzens bei Kaufentscheidungen mit hohem bis sehr hohem Budget im Firmenkundengeschäft (B2B) deutlich höher ist als im Endkundengeschäft (B2C) liegt. Abbildung 6-10 veranschaulicht diese These, in dem auf der Ordinate aufsteigend von rational bis emotional folgende Kaufmotive abgetragen sind: Sicherheit – Qualität – Gewinn – Entdeckung – Anerkennung – Freude. Auf der Abszisse ist aufsteigend die Höhe des Budgets, über das die Kaufentscheidung getroffen werden soll, vermerkt. Nutzen – emotional

Freude

B2C

Anerkennung Entdeckung B2B

Gewinn Qualität Sicherheit

ca. 500 €

ca. 50.000 €

ca. 100.000 €

Nutzen – rational [Quelle: in Anlehnung an MENTHE/SIEG 2013, S. 65]

Abb. 6-10:

Rationaler und emotionaler Nutzen

Allerdings konnte diese durchaus plausible Hypothese durch empirische Untersuchungen bislang (noch) nicht bestätigt werden.

6.4 Akquisitionszyklus

369

6.4 Akquisitionszyklus Der Akquisitionszyklus (engl. Sales Cycle) befasst sich mit den vertrieblichen Aktivitäten innerhalb eines Zeitraumes, der sich vom Erstkontakt mit einem Interessenten bzw. Kunden bis zum Auftragseingang oder der Ablehnung eines Angebotes erstreckt. Der Akquisitionszyklus ist kein standardisierter Prozess, sondern kann von Branche zu Branche, von Unternehmen zu Unternehmen und von Kunden zu Kunde unterschiedlich sein. Die Verschiedenheit betrifft die Inhalte, aber auch die Dauer. So ist ein relativ langer Akquisitionszyklus das besondere Merkmal von stark erklärungs- und unterstützungsbedürftigen Produkten. Neben Entscheidungstragweite und Risiko dürfte die Länge des Akquisitionszyklus auch von der Anzahl der am Entscheidungsprozess beteiligten Personen (bzw. von der Größe des Buying Center) abhängen. Im Geschäftskundenbereich und bei Systemprodukten kann der Sales Cycle durchaus mehrere Monate oder auch ein Jahr dauern [vgl. LIPPOLD 1993, S. 233]. Die beiden Prozesse, die den Akquisitionszyklus bestimmen, sind der LeadmanagementProzess sowie der eigentliche Akquisitionsprozess, wobei die Grenze zwischen dem Leadmanagement und den nachfolgenden Sales-Prozessen, die zuweilen auch als Opportunity Management bezeichnet werden, nicht klar zu ziehen ist. Abbildung 6-11 gibt einen Überblick über die verschiedenen Begrifflichkeiten und Prozesse im Vertriebsmanagement.

Marketingmanagement Strategisches Marketing Segmentierung

Lead Generierung

Positionierung

Lead Erfassung

Vertriebsmanagement Lead-Entwicklung (Sales)

Operatives Marketing Kommunikation

Lead Qualifizierung

Distribution

Lead Transfer

Leadmanagement-Prozess

Akquisition

Opportunity Management

Akquisitionsgespräch

Betreuung

Angebot/ Vertrag

Akquisitionsprozess

Akquisitionszyklus

Abb. 6-11:

(Bestands-) Kundenentwicklung

Begrifflichkeiten und Prozesse im Vertriebsmanagement

370

6. Akquisition

6.4.1 Leadmanagement In Anlehnung an das englische Wort „Lead“, das für Hinweis oder Anhaltspunkt steht, wird die systematische Kundenidentifizierung und -verfolgung als Leadmanagement bezeichnet. Dabei ist das Leadmanagement nicht auf Interessenten bzw. Neukunden beschränkt, denn auch bei bestehenden Kunden können sich neue Geschäftspotenziale ergeben. Leadmanagement ist die Generierung, Qualifizierung und Priorisierung von Interessenbekundungen der Kunden mit dem Ziel, dem Sales werthaltige Kontakte bereitzustellen [vgl. LEUßER et al. 2011, S. 632]. Der Leadmanagement-Prozess umfasst die Stufen • • • •

Lead Generierung, Lead Erfassung, Lead Qualifikation und Lead Transfer (Übergang des Leads in den Vertrieb zur Kundengewinnung).

Die erste Phase im Prozess ist die Lead Generation. Hier werden erste Informationen von Interessenten gesammelt werden, die als Ausgangspunkt für eine Kundengewinnung dienen. Zur Erstellung eines Leads kommt es über verschiedene Kontaktkanäle, wie z.B. Web, Telefon, E-Mail, Filialen, Marketing-Kampagnen etc. Initialzündung der Lead Generation ist somit das Kampagnen-Management, für das das Marketing (und nicht der Vertrieb) verantwortlich zeichnet [vgl. BITKOM 2010, S. 18 f.]. Über diese Kanäle erhält das Unternehmen die Daten des Interessenten (Anschrift, Branche, Unternehmensgröße etc.). Je nach Channel der Werbekampagne erfolgt die Antwort des Kunden auf unterschiedliche Weise (Ausfüllen von Web-Formularen oder gedruckten Antwortkarten, Anrufe bei einer Hotline, Besuche in einer Filiale etc.). Diese Daten werden in der Lead Erfassung zusammengetragen. Nach der Lead Erfassung reichert der Vertrieb die Leads mit weiteren Informationen wie demografische und psychografische Daten an. Im Rahmen der Lead Qualifizierung erfolgt eine Klassifizierung der Leads nach der Dringlichkeit der Bearbeitung. Besonders wichtig ist auch eine Einschätzung der Abschlusswahrscheinlichkeit. Damit sollen die wirklich ernsthaften Kontakte herausgefiltert werden. Der mangelhafte Erfolg vieler Vertriebsorganisationen gerade im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen (B2B) ist ganz offensichtlich darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der teuren Vertriebsressourcen mit der Verfolgung so genannter „Luftnummern“ vergeudet wird. Nur durch eine gezielte Qualifizierung der Kontakte, in der bewusst Schwellenwerte gesetzt werden, lassen sich Akquisitionen kostengerechter und damit rentabel gestalten. Eine gute Möglichkeit für eine Qualifizierung von Kontakten ist die ABC-Analyse, die in Abbildung 6-12 dargestellt ist. In dem Beispiel dienen der Status des Akquisitionsprozesses, das voraussichtliche Datum der Auftragserteilung und die Einschätzung der eigenen Chancen

6.4 Akquisitionszyklus

371

als Kriterien und damit als Schwellen für die jeweilige Bewertung und Einstufung der Kontakte.

AKontakt

B-Kontakt

C-Kontakt

D-Kontakt

• Akquisitionsprozess im Prinzip abgeschlossen • Verbindliches Angebot ist abgegeben • Entscheidung fällt innerhalb von drei Monaten • Erfolgswahrscheinlichkeit > 50% • Preisinformation ist abgegeben • Pflichtenheft/Workshop durchgeführt • Entscheidung fällt innerhalb von 9 Monaten • Erfolgswahrscheinlichkeit 10 – 50% • Interessent ist qualifiziert (zielgruppenkonform)

• Interessent noch nicht qualifiziert

[Quelle: Lippold 1998, S. 229]

Abb. 6-12:

ABC-Analyse bestehender Kontakte im B2B-Bereich (Beispiel)

Die im Marketing generierten und im Vertrieb qualifizierten Kontakte müssen nun in den Sales Prozessen weiterbearbeitet werden. Dazu ist es erforderlich, die Leads an diejenigen Vertriebsmitarbeiter weiterzuleiten, die diese bearbeiten sollen (Lead Transfer).

6.4.2 Opportunity Management Sales Prozesse gliedern sich in das Opportunity Management sowie das Angebots- und Auftragsmanagement. Teilweise wird das Opportunity Management aber auch dem Leadmanagement zugerechnet und als Lead Verfolgung bezeichnet. Das Opportunity Management beschreibt die systematische Identifikation und Nutzung konkreter Verkaufschancen (engl. Opportunities) mit dem Ziel, diese zu bearbeiten und in ein Angebot und einen Auftrag zu verwandeln [vgl. JOST 2000, S. 334]. Letztlich geht es im Opportunity Management also darum, die Leads zeitnah in Abschlüsse umzumünzen. Nimmt der Vertrieb bspw. zu spät mit den Interessenten Kontakt auf, kann sich die so genannte Konversionsrate (engl. Conversion rate), d. h. die Quote der Geschäftsabschlüsse im Vergleich zu allen Leads, deutlich verschlechtern. Daher haben stark vertriebsorientierte Unternehmen elektronische Eskalationssysteme für Fristüberschreitungen installiert. Das Opportunity Management unterstützt die Vertriebsmitarbeiter durch Analysen zum Status einer Opportunity, der jederzeit abgefragt werden kann, um einen aktuellen Gesamtüberblick über bestehende Verkaufschancen (Abschlusswahrscheinlichkeiten, erwartetes Abschlussvolumen und -datum) zu erhalten. Unterstützt werden die Vertriebsmitarbeiter durch grafische Pipeline-Analysen, in denen die einzelnen Opportunities in den verschiedenen Stufen des Akquisitionszyklus dargestellt werden [vgl. LEUßER et al. 2011, S. 143].

372

6. Akquisition

Heutzutage übernehmen moderne Costumer Relationship Management-Systeme (CRMSysteme wie z. B. ORACLE SIEBEL, SAP CRM) die Analyse und Verfolgung bestehender Kontakte. Dabei erfolgt die Verwaltung und Dokumentation von Geschäften in Anbahnung nach den einzelnen Stufen (engl. Stages) des Sales Cycle. Auf diese Weise ist es möglich, Vertriebsanalysen, Auftragswahrscheinlichkeiten und Erfolgsquotenmessungen je Kontaktstufe vorzunehmen. Ein so eingerichtetes Pipeline Performance Management erlaubt überdies periodenspezifische Vertriebsprognosen anhand der Bewertung der ungewichteten oder gewichteten Vertriebspipeline auf jeder Kontaktstufe. In Abbildung 6-13 ist der Sales Cycle auf der Grundlage von sieben Kontaktstufen beispielhaft dargestellt. Der Sales Cycle hat die Form eines „Vertriebstrichters“ (engl. Sales Funnel). Während in Stufe (Stage) 1 sämtliche Kontakte als Leads des Unternehmens erfasst sind, verdünnt sich der Trichter stufenweise bis zur Stufe 7, in der nur noch jene Kontakte enthalten sind, die eine hohe Auftragswahrscheinlichkeit besitzen und bei denen die Akquisition prinzipiell abgeschlossen ist.

Stage 1

Market Planning (PMP)

Business Leadership Global Marketing Global Sales

Stage 2 2.1 2.2 2.3 2.4

Abb. 6-13:

“Drive to” Campaign Focal Point Follow-up/Lead Identification Pre-Qualification

Stage 3

Qualification

Stage 4

Winning Strategy

Stage 5

Finalizing Solution

Stage 6

Proposing

Stage 7

Formalizing Agreement

Sector Marketing

Formal Handover from Marketing to Sales (Conversion 2 to 3)

Sales

Beispiel eines Sales Cycle

Es hat sich dabei durchgesetzt, die einzelnen Kontaktstufen eines Sales Cycle in Form eines „Vertriebstrichters“ (engl. Sales Funnel) abzubilden. Allerdings ist diese Bezeichnung im Grunde genommen verwirrend, denn bei einem Trichter kommt alles, was man oben in ihn hineingegeben hat, auch unten wieder heraus. Das ist beim Akquisitionsprozess ganz anders, denn auf jeder Kontaktstufe werden Interessenten herausgefiltert und erreichen nicht die nächste Kontaktstufe. Daher wäre „Vertriebsfilter“ die treffendere Bezeichnung [vgl. LIPPOLD 2013, S. 243]. Insert 6-02 liefert mit „The Collaborative Selling Wheel“ ein Beispiel dafür, wie das beratungsunternehmen CAPGEMINI seinen Sales Cycle in die Praxis umsetzt.

6.4 Akquisitionszyklus

373

Insert The Collaborative Selling Wheel

Das „Collaborative Selling Wheel“ von CAPGEMINI basiert auf sieben Stufen (Stages). Während die Stufen 1 und 2 dem Marketing vorbehalten und der Leadgenerierung gewidmet sind, entscheidet sich in der Stufe 3, welche Leads durch den Vertrieb weiter ver-

folgt werden sollen. In Stufe 4 wird die „Winning strategy“ und in Stufe 5 die endgültige Angebotslösung festgelegt. Es folgt in Stufe 6 die Angebotsabgabe inkl. Präsentation. In der 7. und letzten Stufe werden die Vertragsvereinbarungen abgeschlossen.

Auf Basis der oben beschriebenen Systematik zeigt die unten stehende Grafik beispielhaft die monatliche

Entwicklung des Sales Funnel nach Stufen (Stages).

Insert 6-02: „The Collaborative Selling Weel“ von CAPGEMINI

374

6.5

6. Akquisition

Akquisitionsprozess

Der Akquisitionsprozess zählt zum Kern der Geschäftsprozesse eines Unternehmens, weil er sich durch direkten Kundenkontakt oder durch Unterstützung des Kundenkontakts auszeichnet. Die Kommunikation mit dem (potenziellen) Kunden erfolgt über Customer Touch Points wie Verkaufsmitarbeiter aber auch Call Center oder Website. In erster Linie ist der Akquisitionsprozess, so wie er hier dargestellt wird, aber für das B2B-Geschäft relevant. 6.5.1 Akquisitionsgespräch 6.5.1.1 Einführung

Das wesentliche Ziel des persönlichen Verkaufs besteht darin, den Auswahl- und Entscheidungsprozess beim Kunden so zu beeinflussen, dass letztlich der Verkaufsabschluss realisiert wird. Drei Voraussetzungen sind für den Akquisitionserfolg eines Verkäufers unabdingbar: •

Der Verkäufer muss sein Produkt in seinen Leistungsmerkmalen und dem daraus folgenden Nutzen für den Käufer kennen.



Der Verkäufer muss den objektiven Bedarf und die subjektiven Bedürfnisse der Kunden so gut kennen, dass er beurteilen kann, mit welchem Produkt bzw. Programmausschnitt er den Bedarf/die Bedürfnisse am besten befriedigen kann.



Der Verkäufer muss in der Lage sein, durch angemessenes Verhalten den Kunden zu der Überzeugung kommen zu lassen, dass bei ihm seine Wünsche am besten erfüllt werden.

Da die vom Kunden gewünschte Produktleistung (→ Anforderungsprofil) häufig mit dem (Erst-)Angebot des Herstellers (→ Leistungsprofil) nicht übereinstimmt bzw. nicht deckungsgleich ist, ist es Aufgabe des Verkäufers, Abweichungen zu analysieren, zu bewerten und zu priorisieren. Abweichungen treten immer dann auf, wenn aus Kundensicht ein Teil der Produktleistung die Anforderungen nicht abdeckt, oder dann, wenn das angebotene Produkt mehr bietet als nachgefragt bzw. honoriert wird (siehe Abbildung 6-14). Angebotenes Produkt (→ Leistungsprofil)

Vom Kunden gewünschte Produktleistung (→ Anforderungsprofil)

Aus Kundensicht fehlende Produktleistung (Anforderungsprofil > Leistungsprofil)

Underengineering Tendenz zu Modifikation

Abb. 6-14:

Anforderungsprofil = Leistungsprofil

Vom Kunden nicht honorierte Produktleistung (Anforderungsprofil < Leistungsprofil)

Overengineering Tendenz zur Überforderung des Kunden

Gegenüberstellung von Anforderungsprofil und Leistungsprofil

6.5 Akquisitionsprozess

375

Beim Akquisitionsgespräch lassen sich nach den Gesprächsphasen das Kontaktgespräch, das Vertiefungsgespräch und das Abschlussgespräch unterscheiden. Nach dem Gesprächsinhalt kann zwischen dem Fachgespräch und dem (reinen) Informationsgespräch differenziert werden. Besonders wichtig ist die Einteilung des Verkaufsgesprächs nach dem Standardisierungs- bzw. Strukturierungsgrad (siehe Abbildung 6-15). Arten des Akquisitionsgesprächs

Nach den Gesprächsphasen

Nach dem Standardisierungsgrad

Nach dem Gesprächsinhalt

• Kontaktgespräch • Vertiefungsgespräch • Abschlussgespräch

• Fachgespräch • Informationsgespräch Standardisiertes Gespräch

Nicht-standardisiertes Gespräch

Strukturiertes Akquisitionsgespräch

Abb. 6-15:

Nicht-strukturiertes Gespräch

Arten des Akquisitionsgesprächs

Ein standardisiertes Gespräch wird in aller Regel nur im Telefonverkauf (vornehmlich durch Call Center) durchgeführt. Der persönliche direkte Vertriebskontakt wird in Form eines nicht-standardisierten Gesprächs wahrgenommen. Verlässt sich der Verkäufer dabei ausschließlich auf seine Intuition und seine „Tagesform“, so wird er ein nicht-strukturiertes Gespräch führen. Eine solche unvorbereitete Gesprächsform ist allerdings nicht zu empfehlen, denn angesichts unterschiedlicher Zielsetzungen zwischen Käufer und Verkäufer sollte ein Verkaufsgespräch gut vorbereitet und zuvor gedanklich strukturiert sein. Daher wird für den Vertrieb von komplexen und beratungsintensiven Produkten und Leistungen, aber auch auf der Handelsstufe für Konsumgüter in Verbindung mit einem hohen Auftragsvolumen immer das strukturierte Verkaufsgespräch die Grundlage für einen erfolgreichen Abschluss bilden. Im Folgenden werden sechs Phasen unterschieden (siehe Abbildung 6-16), die im Verkaufsgespräch durchlaufen werden und die einen vorgedachten Gesprächsaufbau im Sinne eines strukturierten Verkaufsgesprächs darstellen [vgl. HEITSCH 1985, S. 181 ff.]: • • • • • •

Gesprächsvorbereitung Gesprächseröffnung Bedarfsanalyse Nutzenargumentation Einwandbehandlung Gesprächsabschluss.

376

6. Akquisition

Wesentlich dabei ist, dass diese Phasen nicht zwingend in obiger Reihenfolge durchlaufen werden müssen. So kann es sein, dass die eine oder andere Phasen übersprungen werden kann. Prinzipiell sollte sich aber jeder Verkäufer im Vorfeld eines Akquisitionsgesprächs darüber im Klaren sein, dass die in diesen Phasen zu berücksichtigenden Punkte im Verkaufsgespräch auch tatsächlich auf ihn zukommen.

Segmentierung

Lead Generierung

Gesprächsvorbereitung

Abb. 6-16:

Positionierung

Lead Erfassung

Gesprächseröffnung

Kommunikation

Lead Qualifizierung

Bedarfsanalyse

Distribution

Lead Transfer

Akquisition

Opportunity Management

Nutzenargumentation

Akquisitionsgespräch

Einwandbehandlung

Betreuung

Angebot/ Vertrag

Gesprächsabschluss

Phasen des Akquisitionsgesprächs

6.5.1.2 Gesprächsvorbereitung

Vorbereitung ist vorgedachte Wirklichkeit, d. h. durch eine sorgfältige Vorbereitung lassen sich die Erfolgschancen im Verkaufsprozess erhöhen. In der Phase der Gesprächsvorbereitung sollte sich der Vertriebsmitarbeiter über die Situation seines Gesprächspartners (Zielsetzungen, Erwartungshaltung, Einfluss auf die Kaufentscheidung) informieren. Gleichzeitig muss der Vertriebsmitarbeiter die Situation seines eigenen Unternehmens im Hinblick auf die spezifische Kundensituation reflektieren (Kundenzufriedenheit, Kaufhistorie etc.). Auch muss er seine eigenen Vertriebsziele und seine Vorgehensweise abstecken sowie evtl. Konfliktstoffe ins Kalkül ziehen. Was bei der Gesprächsvorbereitung im Einzelnen zu beachten ist und welches die wichtigsten Punkte dieser Phase sind, ist in Abbildung 6-17 zusammengetragen.

Was bei der Gesprächsvorbereitung zu beachten ist

Wichtige Punkte der Gesprächsvorbereitung

Die Bedeutung der Gesprächsvorbereitung

• Wer ist mein Kunde und was will er erreichen?

• Sorgfältige Vorbereitung, nicht auf eigene Intuition verlassen

• Durch sorgfältige Vorbereitung Erfolgschancen erhöhen

• Was möchte ich erreichen, wenn es gut läuft?

• In die Lage des Partners versetzen

• Misserfolgssituation mindern

• Was möchte ich erreichen, wenn ich merke, dass ich nicht weiterkomme?

• Gesprächsziel definieren • Grobe Vorgehensweise vor denken

• Bedeutung von Intuition und Tagesform verringern

• Hilfsmittel planen (Demo, PC, Beamer, Präsentationsunterlagen)

• Zeit sparen • Stress vermindern

• Mentale Einstellung auf Fragen und Einwände

• Denn: Vorbereitung ist vorgedachte Wirklichkeit

• Wo treffen sich die Kundeninteressen mit meinen eigenen? • Wo liegt Konfliktstoff? • Wie will ich vorgehen?

Abb. 6-17:

Die Gesprächsvorbereitung im Überblick

6.5 Akquisitionsprozess

377

6.5.1.3 Gesprächseröffnung

Die Gesprächseröffnung ist deshalb so wichtig, weil der erste Eindruck, den sich ein Gesprächspartner von seinem Gegenüber macht, sehr viel nachhaltiger ist, als die Zeitabschnitte, die dann folgen. So haben Verhaltensforscher nachgewiesen, dass es max. 30 Sekunden dauert, bis zwei wissen, ob sie sich sympathisch sind oder nicht. Der erste Eindruck bestimmt das Akquisitionsgespräch also in hohem Maße, wobei auch “Kleinigkeiten” wie z.B. Kleidung zählen. Hinzu kommt, dass es wesentlich leichter ist, einen guten Eindruck aufrechtzuerhalten als einen negativen Eindruck aufzuheben und positiv neuzugestalten. Da es dem Gesprächspartner an Erfahrung mit seinem Gegenüber mangelt, wird er alles an Vorurteilen und Augenblickseindrücken heranziehen, um sich ein Urteil über sein Gegenüber zu bilden [vgl. HEITSCH 1985, S. 275]. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass der Vertriebsmitarbeiter auf seine Sprache, Gestik, Mimik und Körperhaltung besonders achtet. Auch muss er sich ein genaues Bild von der Gesprächsatmosphäre, von der Rollen- und Machtverteilung seiner Gesprächspartner und von der eigenen Situation im Gespräch machen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 862]. 6.5.1.4 Bedarfsanalyse

Der Bedarfsanalyse kommt bei Erst- und Kontaktgesprächen eine besondere Bedeutung zu. Hier geht es darum, die Kaufmotive des Kunden zu ergründen. Diese Kaufmotive sind personenbezogen und haben einen Einfluss auf die einzusetzenden Argumente des Verkäufers. Ist das dominante Kaufmotiv des Ansprechpartners bspw. Sicherheit, so sollte der Vertriebsmitarbeiter mit Formulierungen wie „ … das sichert Ihnen …“ oder „…das gewährleistet Ihnen …“ verstärkt den Sicherheitsaspekt ansprechen. Ist das Kaufmotiv dagegen Kosten oder Gewinn, so sind Verbalisierung wie „ … das bringt Ihnen …“ oder „ … damit erreichen Sie …“ wirkungsvolle Formulierungen. In dieser Phase gilt es, konzentriert aktiv (z. B. in Form von Fragen) oder passiv (z. B. in Form von signalisierter Zuwendung und Interesse) zuzuhören. Der Einsatz von Fragetechniken (offene und geschlossene Fragen) steht im Zentrum der Bedarfsanalyse, denn wer fragt, führt das Gespräch. Abbildung 6-18 gibt einen Überblick über wichtige Punkte dieser Phase. 6.5.1.5 Nutzenargumentation

Die Nutzenargumentation im Rahmen des Verkaufsgesprächs (engl. Benefit Selling) sollte vor dem Hintergrund erfolgen, dass der Kunde keine Produkte erwerben will, sondern den Nutzen bzw. den Vorteil, den er sich von dem Produkt erhofft. D. h. die verwendeten Argumente müssen den Nutzen von Leistungsmerkmalen anschaulich und glaubhaft machen. Solche Merkmals-/Nutzen-Argumentationen werden dann zu schlagenden Argumenten, wenn sie zusätzlich die Motivlage des Ansprechpartners treffen („Der Köder soll dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“). Solche Motive können sein (siehe auch Abbildung 6-09):

378

• • • •

6. Akquisition

Anerkennung Geld und Sicherheit Neugier und Entdeckung Gesundheit und Entlastung. Was bei der Bedarfsanalyse zu beachten ist

Wie bei der Bedarfsanalyse vorzugehen ist

Fragetechniken bei der Bedarfsanalyse

• Kunde erwirbt nur Produkte/ Leistungen − die seine subjektiven Bedürfnisse und seinen objektiven Bedarf befriedigen (Bedarf sind konkretisierte Bedürfnisse)

• Konzentriert passiv zuhören − Ungeteilte Aufmerksamkeit zuwenden − Körpersprache einsetzen − Interesse signalisieren

• Offene Fragen (W-Fragen) − wer, wann, wo, womit, was, wozu, weshalb, welche, wie, ... − lassen sich nicht mit Ja oder Nein beantworten, erfragen Meinungen

• Aktiv zuhören − Paraphrasieren − Verbalisieren − Kontrollierter Dialog − Fragen stellen

• Geschlossene Fragen − beginnen mit einem Verb und lassen sich mit Ja oder Nein beantworten − haben lenkende Wirkung − können unbedenklich verwendet werden, um sich einer Übereinstimmung zu versichern

− von deren Nutzen/Vorteil er überzeugt ist • Kaufmotive des Kunden ergründen, damit nutzen-orientiert argumentiert werden kann

Abb. 6-18:

Wer fragt, führt das Gespräch!

Die Bedarfsanalyse im Überblick

In Abbildung 6-19 ist an einem einfachen Beispiel illustriert, wie nachteilig eine Argumentation, die sich auf reine Produkt- bzw. Leistungseigenschaften konzentriert (engl. Character Selling), im Vergleich zu einer Merkmals-/Nutzen-Argumentation wirkt. Und das kann darunter verstanden werden:

Character Selling

“Wir haben eine Qualitätskontrolle”

Merkmal

Benefit Selling

Abb. 6-19:

„Unsere Qualitätskontrolle

• • • • • • •

Die haben's wohl sehr nötig! Das sagen alle, um mehr verlangen zu können. Das verteuert das Ganze. Fein, dann wird ja alles störungsfrei laufen. Gut, dann haben wir ja richtig entschieden. Der spricht von Selbstverständlichkeiten. Da schlupft auch noch was durch.

Verb

Nutzen

Motiv

spart

unnötige Reklamationskosten.“

Geld

erhöht

die Funktionssicherheit.“

Sicherheit

steigert

Ihren Ruf als qualitativer Marktführer.“

Ansehen

Gegenüberstellung von Character Selling und Benefit Selling

Wichtig bei der Nutzenargumentation ist darüber hinaus, dass der Verkäufer diskutierte Produktmerkmale zweiseitig argumentiert. Dadurch erhöht er die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen, denn nur Vorteile gibt es nicht. Dem erwarteten Nutzen stehen zumindest immer Kosten gegenüber. Ferner sollten Fachausdrücke vermieden werden (es sei denn, der Kunde spricht sie aus). Auch sollte der Vertriebsmitarbeiter die Lernbereitschaft des Kunden nicht überfor-

6.5 Akquisitionsprozess

379

dern, sondern die Argumente zusammenfassen, Zwischenergebnisse festhalten und die vom Gesprächspartner akzeptierten Argumente wiederholen. Auch sollte man mit der Argumentation erst dann fortschreiten, wenn Einigkeit über ein wichtiges Argument erzielt worden ist. 6.5.1.6 Einwandbehandlung

Einwände sind für jeden Verkäufer lästig. Sie ziehen seine Glaubwürdigkeit in Zweifel oder zeigen, dass der Kunde die Argumente nicht verstanden hat oder nicht verstehen will. In jedem Fall verzögern Einwände das Verkaufsgespräch. Ursachen für Einwände können sein, dass die gegebenen Informationen nicht verstanden werden. Es kann aber auch sein, dass der Gesprächspartner die Information sehr wohl verstanden hat, diese aber anders bewertet. Schließlich kann es auch sein, dass der Kunde im Vorfeld des Verkaufsgesprächs andere Informationen hatte und ihn zu anderen Schlüssen kommen lässt. Ziel der Einwandbehandlung ist es, eine gemeinsame Informationsbasis zwischen Verkäufer und Kunden zu schaffen, d. h. es sollte eine Einigung über die Bewertung der Informationen bestehen, ohne dass es Sieger oder Besiegte gibt. Die Einwandbehandlung wird in den einschlägigen Vertriebstrainings und Verkäuferschulungen immer wieder geprobt. Bewährte Einwandbehandlungstechniken sind • • • • • •

die „Ja-aber-Methode“, die „Gesetzt-den-Fall-dass-Methode“, die „Pro-und-Kontra-Methode“, die Vorwegnahme des Einwands, das Wiederhohlen und Versachlichen der Einwände sowie die Bumerang-Methode, bei der ein Einwand in ein positives Argument umgewandelt wird (… ja, gerade deshalb …“).

Bei der Behandlung von Einwänden geht es letztlich nicht darum, wer Recht hat. Selbst wenn der Verkäufer immer Recht bekommt, unterliegt er mindestens einmal: Wenn er die Unterschrift unter den Vertrag nicht bekommt. 6.5.1.7 Gesprächsabschluss

Für den Kunden kommt die Entscheidung fast immer zu früh, denn es besteht in aller Regel – trotz bester Argumente – immer noch ein Stück Restunsicherheit. Trotzdem: Wenn alle Fragen geklärt sind und keine Einwände mehr bestehen, ist die Zeit für eine Entscheidung reif. Häufig sendet der Kunde auch bereits Kaufsignale, z. B. wenn er sehr häufig und unaufgefordert zustimmt oder Fragen stellt, die erst nach dem Kauf relevant sind. Weitere Kaufsignale können sein, dass sich der Kunde nach der Erfahrung anderer Kunden (→ Referenzen) erkundigt, um die eigene Entscheidung final abzusichern. Ein recht zuverlässiges Kaufsignal ist auch, wenn der Kunde bereits nach Zahlungsterminen fragt oder sich mit Details beschäftigt, die ebenfalls erst nach dem Kaufabschluss zu Tragen kommen. Wenn der Kunde ungeduldig

380

6. Akquisition

wird, sollte man darauf verzichten, seine noch so guten Argumente fortzuführen. Der Kunde entscheidet! Häufig muss dem Gesprächspartner beim Abschluss über die Schwelle hinweg geholfen werden. Hierzu bietet sich dem Verkäufer die direkte Aufforderung („Ich meine, wir sind uns einig, was meinen Sie?“) oder die indirekte Aufforderung („Was steht aus Ihrer Sicht einer Entscheidung noch im Wege?“) an. Sollte allerdings keine Entscheidung erreichbar sein, so müssen die Teilergebnisse gesichert und das weitere Vorgehen vereinbart werden (z. B. Aktionsplan, Referenzbesuch, Termin bei der Geschäftsleitung). Generell stellt der Gesprächsabschluss für jeden Vertriebsmitarbeiter eine besondere Herausforderung dar. Die Anforderung, die in diesem Zusammenhang an die Qualifikation des erfolgreichen Verkäufers zu stellen ist, betrifft seine Abschlusssicherheit. Da ganz offensichtlich die Dauer der Auswahl- und Entscheidungsprozesse mit der Komplexität der einzusetzenden Lösung zunimmt, droht häufig die Gefahr, dass sich die Prozesse schier endlos und für beide Seiten unbefriedigend hinziehen.

6.5.2 Angebots- und Vertragsgestaltung Das Aktionsfeld Akquisition wird in der Regel mit der Angebots- und Vertragsgestaltung abgeschlossen. Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes kann mündlich („Senden Sie uns doch bitte ein Angebot zu“) oder formal als „Request for Proposal – RfP“ erfolgen. 6.5.2.1 Vertragliche Grundlagen

Mit der Abgabe eines Angebots existiert aber noch kein Vertrag. Ein Vertrag kommt grundsätzlich erst durch die Übereinstimmung von Antrag und Annahme zustande. Da der Antrag sowohl vom Auftragnehmer als auch vom Auftraggeber ausgehen kann, kommt ein Vertrag zustande durch • •

Angebot des Auftragnehmers und Auftrag (Bestellung) des Auftraggebers oder durch Auftrag (Bestellung) des Auftraggebers und Auftragsbestätigung des Auftragnehmers.

Im B2B-Marketing ergeben sich somit für den Vertragsabschluss folgende Möglichkeiten [vgl. LIPPOLD 2013, S. 254 f.]: • •

Der Hersteller macht ein Angebot, das Kundenunternehmen erteilt den Auftrag rechtzeitig und ohne Abänderungen. Damit ist der Vertrag zustande gekommen. Der Hersteller unterbreitet ein Angebot, das Kundenunternehmen bestellt zu spät oder mit Abänderungen (Erweiterungen oder Einschränkungen). Die verspätete Annahme des Antrages oder eine Annahme mit Änderungen gelten als neuer Antrag. Der Vertrag kommt erst durch Annahme des neuen Antrags zustande.

6.5 Akquisitionsprozess



381

Das Kundenunternehmen erteilt einen Auftrag ohne vorhergehendes Angebot, der Hersteller bestätigt den Auftrag. Der Vertrag kommt mit der Annahme des Auftrages zustande.

Bei besonders erklärungsbedürftigen Produkten und Leistungen wäre die Abfassung und Unterzeichnung eines formellen (schriftlichen) zweiseitigen Vertrages, in dem das Kundenunternehmen die Rechtsposition des Auftragnehmers ausdrücklich zur Kenntnis nimmt, der beste Weg zur Eingrenzung der vertraglichen Rechte und Pflichten beider Vertragspartner. Wie die Praxis aber immer wieder zeigt, werden solche zweiseitig entwickelten Vertragsentwürfe im Allgemeinen zeitraubenden Prüfungen durch die Rechtsabteilungen der Kundenunternehmen unterzogen. Im Sinne einer zügigen Vertragsabwicklung haben sich daher viele Unternehmen nicht für die Aushandlung eines formellen zweiseitigen Vertrages, sondern für die dreistufige Kette: „Angebot – Auftrag (Bestellung) – Auftragsbestätigung“ entschieden. Zwar handelt es sich dabei aus juristischer Sicht nur um den zweitbesten, allerdings deutlich schnelleren Weg der Vertragsgestaltung. Sollte ein Kundenunternehmen dem Auftragnehmer einen schriftlichen Auftrag erteilen, indem es von dem vorliegenden Angebot abweicht, so muss der potenzielle Auftragnehmer sofort, prompt und unverzüglich reagieren, da Schweigen als Bestätigung der Abänderung betrachtet werden kann. Derartige Abweichungen können sein: • • • • • • •

Geänderte Preise Veränderte Termine Einkaufsbedingungen des Auftraggebers als Grundlage der Bestätigung Haftungserweiterungen Änderungen der Gewährleistungsfristen Geänderte Zahlungsbedingungen Änderung des Gerichtsstandes.

6.5.2.2 Dienstvertrag vs. Werkvertrag

Die nächste wichtige Frage, die sich im Zusammenhang mit der Vertragsgestaltung stellt, ist die Frage nach der schuldrechtlichen Zuordnung des Vertrages. Grundlegend ist hierbei die Unterscheidung in Austausch- und Kontraktgüter, die auf KAAS [1992b] zurückgeht. Austauschgüter sind fertige, standardisierte Produkte, die auf Vorrat gefertigt werden. Im Gegensatz dazu liegen bei Kontraktgütern zum Zeitpunkt des Verkaufsabschlusses die Produkte bzw. die Leistungen noch gar nicht vor, d. h. das Kontraktgut existiert noch nicht und wird erst nach Kaufabschluss erstellt. Insofern kann Qualität und Eignung von Kontraktgütern für die Lösung des Kundenproblems häufig nur unzureichend eingeschätzt werden [vgl. LIPPOLD 2013, S. 32 f.].

382

6. Akquisition

Während bei Austauschgütern regelmäßig der schuldrechtliche Titel des Kaufs [§§ 433-515 BGB] Anwendung findet, stellt sich bei der Veräußerung von Kontraktgütern die Frage, ob es sich um einen Dienstvertrag [§§ 611-630 BGB] oder um einen Werkvertrag [§§ 631-651 BGB] handelt. Beispiele für solche Kontraktgüter sind (IT-)Projekte, Auftragsprogrammierung, Beratungsleistungen, Systemgeschäft und Anlagenbau. Die Abgrenzung ist im Wesentlichen dahingehend vorzunehmen, dass ein Dienstvertrag dann vorliegt, wenn die Tätigkeit selbst geschuldet wird, ein Werkvertrag dagegen dann, wenn der Erfolg der Tätigkeit geschuldet wird. Beim Werkvertrag ist das Tätigwerden lediglich Mittel zum Zweck der Vertragserfüllung, beim Dienstvertrag dagegen die fachlich qualifizierte Tätigkeit die Vertragserfüllung selbst. Praktisch gesehen hängt die vertragliche Zuordnung vom Grad der Aufgabenstellung ab: Liegt eine klar abgegrenzte, wohldefinierte Aufgabenstellung vor, bei der entsprechende Voraussetzungen und Vorleistungen zu erfüllen sind, so handelt es sich regelmäßig um einen Werkvertrag. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so dass sich der Auftragnehmer nicht in der Lage sieht bzw. auch gar nicht sehen kann, den Erfolg seiner Tätigkeit zu garantieren, ist die rechtliche Basis der Dienstvertrag. Viele Kundenunternehmen wünschen unbedingt den Werkvertrag auf Festpreisbasis. Sie nehmen lieber einen entsprechenden Risikozuschlag in Kauf, wollen dafür aber Klarheit hinsichtlich der Preisstellung und des Fertigstellungstermins bekommen. Auf der anderen Seite kann der Kunde beim Werkvertrag nicht mehr lenkend auf die Aufgabenstellung und Zielsetzung, die sich im Zeitablauf ja durchaus ändern kann, Einfluss nehmen.

6.5.3 Akquisitionscontrolling 6.5.3.1 Effizienzsteigerung im Vertrieb

Der unternehmenseigene Außendienst zählt zweifellos zu den bedeutendsten Kostenfaktoren im Vermarktungsprozess. Mögliche Ansatzpunkte, um die Wirtschaftlichkeit im Vertrieb zu steigern, sind: • • • • •

Straffung der administrativen Abläufe Förderung der Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst Vereinfachung des Berichtswesens Einsatz des Internets für vertriebsunterstützende Maßnahmen Abbau von Hierarchieebenen

Jede Stunde, die der Vertriebsmitarbeiter mit vertrieblich unproduktiven Tätigkeiten verbringt, fehlt für die qualifizierte Vertriebsarbeit [vgl. BITTNER 1994, S. 180 f.].

6.5 Akquisitionsprozess

383

Abbildung 6-20 zeigt als Beispiel die Ergebnisse einer Untersuchung, die das Software- und Beratungsunternehmen ADV/ORGA bereits in den 1980er Jahren durchgeführt hat und zum Anlass nahm, seine Vertriebsorganisation grundlegend neu zu formieren und verstärkt auf den Einsatz moderner IT-Systeme zu setzen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 231 ff.]. Ist Vertrieblich unproduktive Tätigkeiten • • • • •

Administration „Luftnummern“ verfolgen Mitarbeiter-Disposition Reklamationen bearbeiten Interne Meetings

Ziel 10 %

50 %

20 %

Vertriebliche Basisarbeit • • • • • •

Pflichtenhefte bearbeiten/koordinieren Termine abstimmen Informationen zusammenstellen Nachfass-Aktionen Adressenpflege Angebote/Verträge

20 % 70 %

Qualifizierter Vertrieb • • • •

Kundenkontakte vor Ort Präsentationen/Demos Vertriebsveranstaltungen Vertragsverhandlungen

30 %

[Quelle: LIPPOLD 1998, S. 232]

Abb. 6-20:

Tätigkeiten eines Vertriebsbeauftragten im High-Tech-Bereich

Um die oben angesprochenen „Luftnummern“ rechtzeitig zu erkennen, bietet es sich besonders im B2B-Marketing an, bereits direkt im Verkaufsgespräch oder im Vertriebsaudit Akquisitionsschwellen zu setzen. Mögliche Fragen in diesem Zusammenhang können sein [vgl. LIPPOLD 1993, S. 233]: •

Stimmt das Anforderungsprofil des Kundenunternehmens grundsätzlich mit dem Profil der angebotenen Produktleistung überein?



Wann soll das Produkt eingeführt bzw. das Projekt wirklich gestartet werden?



Ist überhaupt ein Budget (und wenn ja, welches) für die Produktlösung eingeplant?



Wer entscheidet letztendlich über die Vergabe des Auftrags, d. h. wird in der Endphase des Akquisitionsprozesses auch mit dem richtigen Ansprechpartner verhandelt?

Sollten keine zufriedenstellenden Antworten auf diese oder ähnliche Fragen gegeben werden, so ist die Ernsthaftigkeit des Vertriebskontakts mehr als in Frage gestellt. Ggf. ist der Kontakt aus der Auftragserwartung zu streichen. Der stärkste Hebel zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit im Vertrieb ist im Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien zu sehen. Im Vordergrund stehen hierbei die bereits oben erwähnten CRM-Systeme, die eine konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf ihre Kunden und die systematische Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse zum Gegenstand haben. Die dazu gehörende Verfolgung (Historie) von Kunden- und Interessentenbeziehungen ist ein wichtiger Baustein und ermög-

384

6. Akquisition

licht ein vertieftes Beziehungsmanagement. In den meisten Branchen sind Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden langfristig ausgerichtet. Mit Hilfe von CRM-Systemen werden diese Kundenbeziehungen gepflegt und eine differenzierte Kundenbetreuung (z. B. Fokus auf „wertvolle“ Kunden) ermöglicht. Gleichzeitig dienen die CRM-Daten der Vorbereitung und Durchführung des Kundenbesuchs.

6.5.3.2 Kennzahlen im Vertrieb

Für den Vertriebsbereich bietet sich eine ganze Reihe wichtiger Kennzahlen (engl. Key Performance Indicators – KPIs) als Steuergrößen bzw. verdichtete Informationen über quantifizierbare Tatbestände im Akquisitionsprozess an. Allerdings gibt es nicht die „besten Kennzahlen“ oder das „beste Kennzahlensystem“ – zu unterschiedlich sind Ziele und Strategien einzelner Unternehmen und Branchen. Kennzahlen sind unternehmensindividuell und sollen Potenzial für Verbesserungen aufzeigen und nicht als pure Kontrolle missverstanden werden. Kennzahlen sollten nicht isoliert betrachtet werden. Ihre größte Aussagekraft entfalten sie erst im Gesamtzusammenhang des Kennzahlensystems in einer langfristigen Entwicklung. Für eine erfolgreiche Vertriebssteuerung ist es daher wichtig, die für das Unternehmen wirklich relevanten Kennzahlen auszuwählen und zeitnah zur Verfügung zu stellen. Denn mit einem effektiven Vertriebskennzahlensystem besitzt das Unternehmen ein umfassendes Informationsinstrument für sämtliche Absatz-, Kunden-, Wettbewerbs- und Marktsituationen. Vertriebskennzahlen bilden die Zielvorgaben für einzelne Vertriebsprozesse und steuern somit die Vertriebsorganisation als Ganzes als auch den einzelnen Vertriebsbeauftragten [vgl. BITKOM 2006, S. 2 ff.]. Vertriebskennzahlen füllen in erster Linie drei Funktionen aus. Sie dienen •

als die Grundlage für die Vertriebsplanung,



dem Controlling als Grundlage für das Aufspüren von Verbesserungspotenzialen und



der Motivation der Mitarbeiter, indem sie die einzelnen Vertriebsleistungen bewerten und vergleichen und damit Basis für die Berechnung von variablen Vergütungsanteilen sind.

Um die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Vertriebskennzahlen besser einordnen zu können, sollen eine ausgewählte Anzahl entlang des Akquisitionszyklus mit den Phasen Lead Generierung, Lead Qualifizierung und Akquisitionsprozess aufgeführt werden. Darüber hinaus lassen sich noch Kennziffern aus den anfallenden Akquisitionskosten bilden. Diese sind in Abschnitt 6.5.3 als Werttreiber aufgeführt. Abbildung 6-21 liefert den entsprechenden Überblick.

6.5 Akquisitionsprozess

Phase des Akquisitionszyklus Lead Generierung

Lead Qualifizierung

Akquisitionsprozess (Abschluss)

385

Kennziffer

Ziel

• Rücklaufquote (Feedback) pro Vertriebs-/ Marketingaktion

• Erfolg der Aktionen erhöhen

• Prozentualer/absoluter Anteil von Messe-/ Event-/Aktionsaufwendungen am Marketingbudget

• Marketingkosten ergebnisorientiert steuern

• Veranstaltungsindex bestehend aus Hausmessen/Ausstellungen/Roadshow, Messen, Präsentationen, Demo's etc.

• Erfolgsorientiertes Eventmanagement

• Adress-/Bedarfs-qualifiziertes Potenzial zu Gesamtpotenzial

• Direktmarketingkosten optimieren

• Gewonnene Prospects, d. h. das Verhältnis der Anzahl der bearbeiteten Leads in einer Kategorie mit hoher Abschlusswahrscheinlichkeit zur nächst niedrigeren Stufe

• Messung und Steuerung des Lead-Qualifizierungsprozesses

• Forecast Sales Pipeline

• Planbarkeit AEs erhöhen

• Realisierte Auftragseingangs-, Umsatz-, DBQuote, d. h. Anzahl Mitarbeiter zu Auftragseingang, Umsatz, DB

• Erhöhung der Vertriebsproduktivität

• Angebotserfolgsquote, d. h. die Anzahl der erfolgreichen Angebote im Verhältnis zu allen abgegebenen Angeboten

• Angebotserfolge erhöhen

• Total Contract Value (TCV) abgegebener Angebote

• Transparenz der TCV-Entwicklung

• Auftragsverlustquote, d. h. Anzahl der nicht erzielten Aufträge im Verhältnis zu allen abgegebenen Angeboten

• Anzahl der Aufträge aus Angeboten erhöhen

• Gewährte Rabatte/Erlösschmälerungen zu Brutto-Auftragseingang/Umsatz-Auftragswerten

• Einhaltung geplanter Marktpreise

• Neukundenquote, d. h. Anzahl der Aufträge bei Erstkunden im Verhältnis zur Anzahl aller Aufträge innerhalb einer definierten Periode

• Entwicklung des Neugeschäfts

• Entwicklung des Kundenbestands („Schlagzahl“)

• Erhöhung der Angebotsattraktivität

• Abschlussquote (engl. Conversion rate), d. h. Anzahl aller erzielten Aufträge im Verhältnis zur Gesamtzahl der Auftragserwartungen innerhalb einer definierten Periode

• Klarheit über die erfolgreichen Zielkundensegmente erhalten

• Auftragsquote, d. h. Anzahl der erzielten Aufträge pro 10 Kundenbesuche

• Verbesserung der Vertriebseffektivität

• Zeitlicher Anteil der Vertriebskontakte im Verhältnis zur gesamt verfügbaren Arbeitszeit

• Produktivität der Vertriebsmitarbeiter optimieren

[Quelle: BITKOM 2006, S. 13 ff. ; GÖRGEN 2014, S. 56]

Abb. 6-21:

Ausgewählte Akquisitionskennzahlen

386

6. Akquisition

6.6 Optimierung der Kundenakzeptanz Am Ende dieses Kapitels werden die wesentlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Akquisition zusammengefasst werden. Dabei geht es um • • •

die wichtigsten Aktionsparameter, die Prozesse und deren instrumentelle Unterstützung sowie um die Werttreiber

dieses Aktionsfeldes.

6.6.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 6.1 beschrieben lässt sich die Optimierung der Kundenakzeptanz als Funktion der Akquisition darstellen (→ Kundenakzeptanz = f (Akquisition)). Die Akquisition wiederum ist in hohem Maße abhängig von folgenden Parametern: • • •

Vertriebliche Qualifikation Akquisitionszyklus Akquisitionscontrolling.

Daher kann die Optimierungsfunktion der Kundenakzeptanz folgendermaßen erweitert werden: Kundenakzeptanz = f (Akquisition) = f (Vertriebliche Qualifikation, Akquisitionszyklus, Akquisitionscontrolling) → optimieren! Auch die Aktionsparameter des Aktionsfeldes Akquisition sind nicht „in Stein gemeißelt“, sondern können sich je nach Produktart (Industriegüter, Konsumgüter, Dienstleistungen) ändern bzw. unterschiedlich gewichtet werden.

6.6.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 6-22 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Akquisition dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Distributionssystem, Art der Werttreiber etc.). Das Besondere an diesem Beispiel ist, dass das Aktionsfeld Akquisition in Teilprozesse erster und zweiter Ordnung gegliedert ist. Im Teilprozess erster Ordnung sind beispielhaft die Phasen des Akquisitionszykluses aufgenommen, während sich der Teilprozess zweiter Ordnung mit den Phasen des Akquisitionsgesprächs befasst.

6.6 Optimierung der Kundenakzeptanz

Eingangslogistik

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Operative Funktionen

Segmentierung

Positionierung

Ausgangslogistik

Kommunikation

Akquisitionszyklus

Akquisitionsprozesse

Akquisitionsteilprozesse 1. Ordnung

Lead Generierung

AkquisitionsTeilprozesse 2. Ordnung

Lead Erfassung

Gesprächsvorbereitung

Unterstützungsprozesse

Abb. 6-22:

387

Marktforschung

Distribution

Kundendienst

Akquisition

Betreuung

Akquisitionscontrolling

Lead Qualifizierung

Gesprächseröffnung

Marketing/ Vertrieb

Lead Transfer

Bedarfsanalyse

Opportunity Management

Nutzenargumentation

Akquisitionsgespräch

Einwandbehandlung

Angebot/ Vertrag

Gesprächsabschluss

Informationstechnik (insbesondere CRM-System)

Prozessmodell des Aktionsfeldes „Akquisition“

6.6.3 Werttreiber Für das Aktionsfeld Akquisition kann eine Vielzahl von Werttreibern genannt werden. Unter Effizienzgesichtspunkten der Akquisition können folgende Kennzahlen herangezogen werden [vgl. HIENERTH 2010, S. 88 f.]: •

Akquisitionskosten pro Kunde, d. h. die Akquisitionskosten Gesamt/Anzahl der Kunden – im Online-Bereich: Akquisitionskosten Gesamt des Webshops/Anzahl der Webshop-Besucher



Akquisitionskosten pro Erstkunde (engl. Cost per first order), d. h. Akquisitionskosten für Erstkäufer (des Webshops)/Anzahl der Erstkäufer (im Webshop)



Akquisitionskosten pro Wiederkäufer, d. h. Akquisitionskosten für Wiederholungskäufer (im Webshop)/Anzahl der Wiederholungskäufer (im Webshop).

Unter Akquistionskosten sind dabei nicht nur die reinen Vertriebskosten, sondern auch die Marketingkosten für Lead Generierung (z. B. Marketingkampagnen, Events, Messen, Anzeigen) zu verstehen. In der Phase der Lead Generierung, die in aller Regel unter Verantwortung des Marketings stattfindet, sind vornehmlich Kennzahlen aus dem Kampagnenmanagement von Interesse für das Vertriebsmanagement, wie z. B. [vgl. BITKOM 2006, S. 13 ff.]

388

6. Akquisition



Rücklaufquote (Feedback) pro Vertriebs-/ Marketingaktion



Eventquote, d. h. Prozentualer/absoluter Anteil von Messe-/Event-/Aktionsaufwendungen am gesamten Marketingbudget



Veranstaltungsindex bestehend aus Hausmessen/Ausstellungen/Roadshow, Messen, Präsentationen, Demo's etc.



Adressquote, d. h. Adress-/Bedarfs-qualifiziertes Potenzial zu Gesamtpotenzial der Interessenten (engl. Prospects).

Zur Lead Qualifikation können beispielhaft folgende Kennzahlen herangezogen werden: •

Gewonnene Prospects, d. h. das Verhältnis der Anzahl der bearbeiteten Leads in einer Kategorie mit hoher Abschlusswahrschein-lichkeit zur nächst niedrigeren Stufe



Forecast Sales Pipeline

Zur Phase des Akquisitionsprozesses (Abschluss) lassen sich augenscheinlich die meisten Kennzahlen benennen [vgl. BECKER 2009, S. 874; BAUER et al 2006, S. 106 f.; BITKOM 2006, S. 13 ff]: •

Abschlussquote (engl. Conversion rate), d. h. Anzahl aller erzielten Aufträge im Verhältnis zur Gesamtzahl der Auftragserwartungen innerhalb einer definierten Periode



Umsatzquote, d. h. Umsatz aller erzielten Aufträge im Verhältnis zum potentiellen Gesamtumsatz aller Auftragserwartungen innerhalb einer definierten Periode



Neukundenquote, d. h. Anzahl der akquirierten Aufträge bei Erstkunden im Verhältnis zur Anzahl aller akquirierten Aufträge innerhalb einer definierten Periode



Kundenbesuchsquote, d. h. die Anzahl der Kundenbesuche pro Verkäufer innerhalb einer bestimmten Periode



Auftragsquote, d. h. Anzahl der erzielten Aufträge pro 10 Kundenbesuche



Kundenportfolio, d. h. Anzahl der Neukunden an der Gesamtzahl aller Kunden



Angebotserfolgsquote, d. h. die Anzahl der erfolgreichen Angebote im Verhältnis zu allen abgegebenen Angeboten



Total Contract Value (TCV) abgegebener Angebote



Auftragsverlustquote, d. h. Anzahl der nicht erzielten Aufträge im Verhältnis zu allen abgegebenen Angeboten



Gewährte Rabatte/Erlösschmälerungen zu Brutto-Auftragseingang/Umsatz-Auftragswerten



Entwicklung des Kundenbestands („Schlagzahl“)



Zeitlicher Anteil der Vertriebskontaktbearbeitung im Verhältnis zur gesamt verfügbaren Arbeitszeit.

6.6 Optimierung der Kundenakzeptanz

389

In Abbildung 6-23 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Akquisition (wie Aktionsparamter, Wertreiber und instrumentelle Unterstützung sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

Aktionsfeld

Akquisition

Aktionsparameter

• Vertriebliche Qualifikation • Akquisitionszyklus • Akquisitionscontrolling

Instrumentelle Unterstützung

• Marktforschung • Informationstechnik insbesondere CRM-System

Werttreiber

Zum Beispiel: • • • •

Abschlussquote Umsatzquote Neukundenquote Kundenbesuchsquote

• Angebotserfolgsquote • Total Contract Value

Optimierungskriterium

Abb. 6-23:

Kundennutzen

Perspektiven des Aktionsfeldes „Akquisition“

390

6. Akquisition

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Warum ließe sich das Aktionsfeld „Akquisition“ im B2C-Marketing auch im Rahmen der Aktionsfelder „Kommunikation“ oder „Distribution“ behandeln?

(2)

An welchen Schnittstellen ist der persönliche Verkauf auch für den Konsumgüterbereich entscheidend für den Markterfolg?

(3)

Grenzen Sie die Begriffe „Targeting“, „Cross Selling“ und „Key Accounting“ voneinander ab.

(4)

Erläutern Sie den Begriff „Adapting Selling“.

(5)

Was unterscheidet im Wesentlichen den Akquisitionszyklus im B2B-Marketing von dem des B2C-Bereichs?

(6)

Welche wesentlichen Fragen sollte der Vertriebsmitarbeiter seinen Mitarbeitern stellen, um die Ernsthaftigkeit eines Vertriebskontaktes zu überprüfen?

(7)

Wodurch sind „Luftnummern“ in der vertrieblichen Arbeit gekennzeichnet? Woran kann man sie erkennen?

(8)

Welche drei Grundvoraussetzungen sind für den vertrieblichen Erfolg eines Verkäufers unabdingbar?

(9)

Diskutieren Sie die Zusammenhänge zwischen dem Anforderungsprofil und dem Leistungsprofil.

(10)

Was ist bei der Vorbereitung eines Akquisitionsgesprächs zu beachten?

(11)

Warum ist die Gesprächseröffnung so wichtig für den weiteren Verlauf des Akquisitionsgesprächs?

(12)

Welche Techniken sind bei der Bedarfsanalyse einzusetzen?

(13)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen „Character Selling“ und „Benefit Selling“.

(14)

Warum schaffen Einwände im Akquisitionsgespräch eine gemeinsame Informationsbasis?

(15)

Welche Einwandbehandlungstechniken können im Akquisitionsgespräch eingesetzt werden?

(16)

Nennen Sie einige Beispiele für Kaufsignale, die der Kunde im Akquisitionsgespräch sendet.

(17)

Was ist zu tun, wenn man erkennt, dass es in einem Akquisitionsgespräch nicht zum Kaufabschluss kommt?

(18)

Welche wichtigen Werttreiber können für das Aktionsfeld „Akquisition“ herangezogen werden?

7. BETREUUNG 7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung ......................................................................................... 393

7.1.1 Begriffliche Grundlagen und Vorgehen ....................................................................... 393 7.1.2 Kundenmanagement ..................................................................................................... 394 7.2 Grundlagen der Kundenbeziehung ..................................................................................... 397

7.2.1 Transaktionsmarketing vs. Beziehungsmarketing ........................................................ 397 7.2.2 Kundenwert .................................................................................................................. 398 7.2.3 Kundenlebenszyklus .................................................................................................... 399 7.3 Customer Relationship Management ................................................................................. 402

7.3.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 402 7.3.2 Funktionsweise............................................................................................................. 403 7.4 Kundenbindungsmanagement ............................................................................................ 407

7.4.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 407 7.4.2 Planungsdimensionen der Kundenbindung .................................................................. 408 7.4.3 Kundenbindungsinstrumente im B2C-Bereich ............................................................ 410 7.4.3.1 Kundenbindungsprogramme ......................................................................... 410 7.4.3.2 Erfolgsfaktoren ............................................................................................. 412 7.4.4 Kundenbindungsinstrumente im B2B-Bereich ............................................................ 413 7.4.4.1 Allgemeine Kundenbindungsprogramme ..................................................... 413 7.4.4.2 Benutzergruppen ........................................................................................... 415 7.4.4.3 Benutzertreffen ............................................................................................. 416 7.4.4.4 Referenzbesuche ........................................................................................... 416 7.4.4.5 Produktwartung als zentrale Betreuungskomponente ................................... 418 7.5 Qualitätsmanagement .......................................................................................................... 419

7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4

Wesen und Ziele ........................................................................................................... 419 Qualitätsmanagementprozess ....................................................................................... 420 Instrumente des Qualitätsmanagements ....................................................................... 421 Neue Maßstäbe der Qualität ......................................................................................... 424

7.6 Servicemanagement ............................................................................................................. 426

7.6.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 426 7.6.2 Instrumente des Servicemanagements ......................................................................... 427 7.6.2.1 Klassische Instrumente ................................................................................. 427 7.6.2.2 Moderne Instrumente .................................................................................... 428 7.6.3 Kundenservice der Zukunft .......................................................................................... 431 7.6.4 Best Practices ............................................................................................................... 433 7.7 Beschwerdemanagement .................................................................................................... 437

7.7.1 Wesen und Ziele ........................................................................................................... 437 7.7.2 Beschwerdeprozess ...................................................................................................... 439 7.7.2.1 Beschwerdeanregung .................................................................................... 439 7.7.2.2 Beschwerdeannahme .................................................................................... 440 7.7.2.3 Beschwerdebearbeitung ................................................................................ 441 7.7.2.4 Beschwerdereaktion ...................................................................................... 441 7.7.2.5 Beschwerdeverarbeitung ............................................................................... 442 7.7.3 Bausteine eines aktiven Beschwerdemanagement-Systems ......................................... 442 7.8 Optimierung der Kundenzufriedenheit ............................................................................... 444

7.8.1 Aktionsparameter ......................................................................................................... 444 7.8.2 Prozess und instrumentelle Unterstützung ................................................................... 444 7.8.3 Werttreiber ................................................................................................................... 445 Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 448

392

7. Betreuung

7. BETREUUNG

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil • Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Lernziele

In diesem Kapitel lernen Sie mit der Betreuung das sechste und letzte Aktionsfeld der Marketing-Gleichung kennen. Die Betreuung zielt auf die Optimierung der Kundenzufriedenheit ab. Sie befassen sich zunächst mit den Unterschieden im Grundverständnis zwischen dem Transaktions- und dem Beziehungsmarketing. Sie lernen die zentrale Bedeutung der Kundenbeziehung für den Unternehmenserfolg kennen. Sie bekommen Einblicke in die Besonderheiten der Kundenbindungsinstrumente im B2C- und im B2B-Marketing. Sie beschäftigen sich mit dem Qualitäts-, Service- und Beschwerdemanagement als unverzichtbare Säulen einer erfolgreichen Kundenbeziehung. Sie machen sich ein Bild über die Werttreiber dieses Aktionsfeldes.

7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung

7.1

393

Aufgabe und Ziel der Betreuung

7.1.1 Begriffliche Grundlagen und Vorgehen Die Betreuung (auch Kundenbetreuung) ist das sechste und letzte wichtige Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses. Die Komponente Betreuung unterscheidet sich insofern von den übrigen Aktionsfeldern der Marketing-Gleichung, weil sie erst nach dem Kauf bzw. nach der Auftragsvergabe zur Wirkung gelangt. Innerhalb des Vermarktungsprozesses ist sie der Post-Sales-Phase zuzuordnen. Da die Marketingaktivitäten eines Unternehmens nicht mit dem Auftragseingang enden, zielt die Betreuung auf die Optimierung der Kundenzufriedenheit ab: Kundenzufriedenheit = f (Betreuung) → optimieren! Neben dem Begriff Kundenzufriedenheit wird häufig der Terminus Kundenorientierung als Zielsetzung der Betreuung genannt. Nach allgemeinem Verständnis ist Kundenzufriedenheit nach außen gerichtet (also marktgerichtet), während Kundenorientierung auf die Mitarbeiter eines Unternehmens abzielt und damit eher als interner Erfolgsgarant für das Bestehen eines Unternehmens anzusehen ist. Das bedeutet letztlich, dass die Kundenorientierung (der Mitarbeiter) eines Unternehmens eine der zu schaffenden internen Vorrausetzungen für die Kundenzufriedenheit am Markt ist. Insofern liegt hier eine Mittel-Zweck-Beziehung vor, bei der die Kundenorientierung (und die Zufriedenheit) von Mitarbeitern eine zentrale Einflussgröße der Kundenzufriedenheit ist [vgl. STOCK-HOMBURG 2012, S 275 ff.]. Dem Aktionsfeld Betreuung kommt in zweifacher Hinsicht eine besondere Bedeutung zu: Zum einen ist die vorhandene Kundenbasis immer dann das am leichtesten zu erreichende Absatzpotenzial für das Folgegeschäft, wenn es gelingt, die bisherige Beziehung zur Zufriedenheit des Kunden zu gestalten. Im B2C-Marketing lässt sich die Kundenzufriedenheit relativ leicht an den unmittelbaren Wiederholungskäufen festmachen. Im B2B-Marketing mit komplexen Produkten und Leistungen ist dies dann der Fall, wenn das Projekt aufwandsgerecht durchgeführt wird, der Funktionsumfang den Erwartungen entspricht und das Kundenunternehmen auch nach dem erfolgreichen Projekteinsatz das Gefühl hat, jederzeit kompetent (und bevorzugt) betreut zu werden. Mit den daraus resultierenden Folgeaufträgen wächst das Unternehmen mit seinen Kunden. Kurzum: Die verkauften Produkte und Leistungen sollten dem abgegebenen Nutzen- und Qualitätsversprechen entsprechen und damit Wiederholungskäufe initiieren [vgl. LIPPOLD 1998, S. 237 f.]. Zum anderen ist ein gut betreuter Kunde in idealer Weise auch immer eine Referenz für das Neugeschäft, d. h. zur Gewinnung neuer Kunden. Besonders im B2B-Bereich sind Referenzen in einem Markt, dessen Entscheidungsprozesse häufig vom Kaufmotiv Sicherheit geprägt sind, in vielen Fällen ein wesentlicher Schritt zur Absicherung der Kaufentscheidung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass dem Aktionsfeld Betreuung in der Marketingliteratur im Rahmen des marketingpolitischen Instrumentariums (Marketing-Mix) gene-

394

7. Betreuung

rell keine sehr große Bedeutung beigemessen worden ist. Im Mittelpunkt stand jahrzehntelang das Neukunden-Marketing und nicht das Bestandskunden-Marketing. Und das, obwohl eine Studie aus den USA bereits zu Beginn der 1990er Jahre zeigt, dass eine Verhinderung der Kundenabwanderung um fünf Prozent zu einer Steigerung des Gewinns je Kunde von bis zu 85 Prozent führen kann [vgl. BRUHN 2012a, S. 95 unter Bezugnahme auf REICHHELD/SASSER 1990]. In Abbildung 7-01 sind die beiden grundsätzlichen Kundenstrategien, also das NeukundenMarketing und das Bestandskunden-Marketing dargestellt. Hierbei sollte aber kein „entweder – oder“, sondern ein „sowohl als auch“ im Mittelpunkt strategischer Überlegungen stehen.

Kundenstrategien NeukundenMarketing

Defensiv:

Offensiv: Neue Kunden gewinnen

Markt erweitern

Marktanteile erobern

BestandskundenMarketing

Bestehende Kunden an das Unternehmen binden

Hürden gegen den Wechsel zum Konkurrenten einrichten

Kundenzufriedenheit erhöhen

[Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 59]

Abb. 7-01:

Kundenstrategien

Erst mit dem Aufkommen der Idee des Customer Relationship Managements (CRM) ist die Beziehung zu den Bestandskunden stärker in das Bewusstsein der verschiedenen Marketingansätze gerückt. Hier kann vielleicht eine Parallele zum Personalmarketing gezogen werden. Auch das Personalmarketing befasste sich zunächst ausschließlich mit der Personalgewinnung. Erst später ist die Personalbindung als wesentliche zweite Zielsetzung hinzugekommen [vgl. LIPPOLD 2011, S. 8].

7.1.2 Kundenmanagement Angesichts der stärkeren Beachtung des Post-Sales-Geschäfts sind die Unternehmen gefordert, die Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kundenorientierung zu schaffen bzw. zu verbessern. Dazu zählt nicht nur die Auswahl der einzelnen Bausteine der Kundenorientierung, sondern vor allem deren Integration zu einem ganzheitlichen Kundenmanagement. Zu den Bausteinen eines integrierten Kundenmanagements zählen im Wesentlichen

7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung

• • • •

395

ein Kundenbindungsmanagement zur Festigung individueller Kundenbeziehungen, ein Qualitätsmanagement zur Verbesserung der Produktqualität, ein Servicemanagement zur Verbesserung der Servicequalität und ein Beschwerdemanagement zur Vermeidung von Kundenabwanderungen.

In Abbildung 7-02 ist der entsprechende Bezugsrahmen für diese Bausteine dargestellt.

Kundenbindungsmanagement

Qualitätsmanagement

Servicemanagement

Beschwerdemanagment

Analyse

Abwanderungsanalyse

Qualitätsmessung

Servicebedarf

Beschwerdeanalyse

Ziele

Festigung individueller Kundenbeziehungen

Verbesserung der Produktqualität

Verbesserung der Servicequalität

Wiederherstellung der Kundenzufriedenheit

Strategien

Kundenbindungsstrategie

Qualitätsstrategie

Servicestrategie

Festlegung der Beschwerdeprozesse

Umsetzungsplanung

Kundenbindungsinstrumente

Qualitätssicherungsinstrumente

Serviceinstrumente

Instrumente des Beschwerdemanagements

[Quelle: in Anlehnung an BRUHN 2012a, S. 20]

Abb. 7-02:

Bezugsrahmen für ein integriertes Kundenmanagement

Neben den oben genannten inhaltlichen Bausteinen ist der prozessuale Charakter kennzeichnend für das Kundenmanagement. Dabei steht die Fokussierung auf Interaktionsprozessen und nicht auf Distributionsprozessen im Vordergrund. Ein weiteres Kennzeichnen ist der direkte Fokus auf die einzelne Kundenbeziehung und damit auch die Möglichkeit zur Kundenabgrenzung. Kundenmanagement beinhaltet die Planung, Steuerung und Kontrolle der kommunikativen Interaktionsprozesse eines Anbieters mit potentiellen oder vorhandenen Kunden zur Generierung und Pflege von Kundenbeziehungen über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg. Um die einzelnen Ziele und Aktivitäten des Kundenmanagements zu charakterisieren, bietet es sich an, die Zielgruppen des Kundenmanagements in • • • •

potentielle Kunden (Interessenten), Neukunden, Stammkunden und verlorene Kunden

zu unterteilen. Ordnet man nunmehr den Zielgruppen die jeweils opportune Managementaktivität zu, so ergibt sich das in Abbildung 7-03 gezeigte Schema.

396

7. Betreuung

Aktuelle Kunden

Potenzielle Kunden

Neukunden

Charakter des Kunden

Potenziell

Neu

Stabil

Gefährdet aufgrund Beschwerde

Gefährdet aus sonstigen Gründen

Nicht attraktiv

Managementaufgabe

Initiieren

Aufbauen

Stärken

Sichern u. Stabilisieren

Sichern u. Stabilisieren

Auflösen

Neukundenmanagement

Kundenbindungsmanagement i.e.S.

Beschwerdemanagement

Abwanderungspräventionsmanagement

Interessentenmanagement

Verlorene Kunden Stammkunden

Kundenbindungsmanagement

Beziehungsauflösungsmanagement

Verloren, aber revitalisierbar

Faktisch verloren

Wiedergewinnen

Revitalisierungsmanagement

Kündigungsmanagement

Rückgewinnungsmanagement

[Quelle: in Anlehnung an STAUSS/SEIDEL 2002, S. 31]

Abb. 7-03:

Bereiche des Kundenmanagements

Mit dem Aktionsfeld Betreuung wird ein Handlungsrahmen vorgelegt, der im Sinne einer konsequenten Kundenorientierung neben dem Kundenbindungsmanagement auch das Qualitäts-, Service- und Beschwerdemanagement als Steuerungssysteme mit einbezieht. Aufgabe dieser Steuerungssysteme ist es, unternehmensexterne und unternehmensinterne Faktoren (z. B. Heterogenität der Kundenerwartungen, Breite des Produktangebots) quasi als Störfaktoren in den Griff zu bekommen [vgl. BRUHN 2012a, S. 11 ff.].

7.2 Grundlagen der Kundenbeziehung

7.2

397

Grundlagen der Kundenbeziehung

7.2.1 Transaktionsmarketing vs. Beziehungsmarketing Das Beziehungsmarketing (engl. Relationship Marketing), das eine Zeit lang unter dem Begriff Beziehungsmanagement diskutiert wurde, wird inzwischen unter dem Begriff Customer Relationship Management (CRM) immer stärker als ein wesentlicher, erfolgsbestimmender Marketingansatz gesehen. Das Beziehungsmarketing hat seinen Ursprung im B2B-Bereich und hier insbesondere im System- und Anlagengeschäft, wo besonders vielschichtige und intensive Kundenbeziehungen typisch sind. Zunehmend wird dieser Ansatz aber auch im Konsumgüterbereich angewendet [vgl. BECKER 2009, S. 628]. Prinzipiell steht das Beziehungsmarketing im Gegensatz zum Transaktionsmarketing, bei der die „übliche instrumentelle, eher auf den kurzfristigen Erfolg ausgerichtete Einwegbetrachtung“ [MEFFERT et al. 2008, S. 41] – also der reine Verkaufsakt – im Vordergrund steht. Als prozessuale und ganzheitliche Betrachtung der Austauschbeziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager ist das Beziehungsmarketing dagegen beeinflusst von den betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen zwischen Kundenbindung und Gewinnerzielung. So ist die Neukundengewinnung etwa fünf bis sieben Mal teurer als die Kundenbindung (engl. Customer Retention). Damit wird zugleich deutlich, dass die nachhaltige Pflege der Kundenbeziehung zugleich auch zur Steigerung des Unternehmenswertes beiträgt [vgl. BECKER 2009, S. 631].

Transaktionsmarketing

Beziehungsmarketing

Orientierung am kurzfristigen Transaktionserfolg

Orientierung am langfristigen Beziehungserfolg

• Priorität der kurzfristigen Kundenabschöpfung • Wachstum durch neue Kunden • Transaktionsorientierte Sicht der Kundenbeziehung

• Langfristige Ausschöpfung aller Kundenpotentiale • Wachstum durch Kundenbindung • Evolutorisches Verständnis der Kundenbeziehung

Prioritäten des Produkterfolges

Priorität des Kundenerfolgs

• Umsatz und Marktanteil als oberste Marketing-Ziele • Gesamtmarkt – oder Segmentbetrachtung • Kontrolle der Vorteilhaftigkeit von Transaktionen

• Kundennähe, -zufriedenheit und -bindung als Ziele • Individuelle Steuerung von Kundenbeziehungen • Vertrauen in Fairness der Geschäftsprozesse

Aktionistische Marketingprozesse

Interaktive Marketingprozesse

• Breitangelegte Kommunikation • Standardisierte Marketingaktivitäten • Klare Grenzen zum Kunden

• Dialog-Kommunikation • Individualisierte Marketingaktivitäten • Integration des Kunden

Abb. 7-04:

Transaktionsmarketing vs. Relationship Marketing

Abbildung 7-04 zeigt die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Transaktions- und dem Beziehungsmarketing auf. Die Gegenüberstellung darf aber nicht so verstanden werden, dass das Beziehungsmarketing dem Transaktionsmarketing immer und in jeder Weise überlegen ist. Dabei hängt die Entscheidung, ob Transaktionsmarketing oder Beziehungsmarketing der

398

7. Betreuung

bessere Weg ist, weniger von der Branche, sondern mehr von den Wünschen und Vorstellungen des einzelnen Kunden ab. Eine Vielzahl von Kunden schätzt ein umfassendes Leistungspaket des Lieferanten und bleibt lange Zeit Stammkunde. Andere Kunden hingegen zielen auf Kostenvorteile und wechseln bei niedrigeren Kosten sofort den Lieferanten. Insofern ist das Beziehungsmarketing nicht bei allen Kunden der richtige Ansatz, da sich die hohen Aufwendungen der Beziehungspflege nicht immer bezahlt machen. Bei Kunden jedoch, die sich gern auf ein bestimmtes Produkt festlegen und zudem eine kontinuierliche und gute Betreuung erwarten, ist das Beziehungsmarketing ein außerordentlich wirkungsvolles Instrument [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 842 unter Bezugnahme auf ANDERSON/NARUS 1991, S. 95 ff.]. Auch das klassische Konsumgüter- sowie das Dienstleistungsmarketing haben zwischenzeitlich erkannt, dass eine auf Dauerhaftigkeit angelegte Beziehungspflege von besonderer Bedeutung ist. Grundvoraussetzung einer dauerhaften Beziehung ist der Aufbau von Vertrauen. So verwundert es auch nicht, dass die DEUTSCHE BANK ihren Slogan „Vertrauen ist der Anfang von allem“ zur Grundlage ihrer Geschäftsbeziehung gemacht hat.

7.2.2 Kundenwert Es ist wissenschaftlich und praktisch nachgewiesen, dass der unternehmerische Erfolg durch eine systematische Pflege der Kundenbeziehungen gesteigert werden kann. Höhere Wiederkaufsraten, Weiterempfehlungen (engl. Reference Selling), Loyalität, Überkreuz-Verkauf (engl. Cross Selling) und eine geringere Preissensibilität sind Belege für die hohe Bedeutung langfristiger Kundenbeziehungen. Der Wert eines Kunden bzw. die monetäre Bewertung von Beziehungsinvestitionen ist somit eine wichtige Steuerungsgröße für das Kundenbindungsmanagement [vgl. BRUHN 2012a, S. 245 f. und die dort angegebene Literatur]. Der (monetäre) Kundenwert ist die Differenz zwischen den zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer Kundenbeziehung entstehenden Kosten und den Umsätzen, die vom Kunden über den gesamten Kundenlebenszyklus generiert werden. Auf der Erlösseite setzt sich der Kundenwert aus folgenden Teilwerten zusammen [vgl. BAUER et al. 2006, S. 49 ff.]: •

Basiswert als jährlicher monetärer Mindestbeitrag eines Kunden aus dem Basisgeschäft (z. B. die Grundgebühren bei Mobilfunk- oder Abonnementkunden),



Loyalitätswert als zusätzlicher Wertbeitrag eines Kunden, der durch zusätzliche Intensivierung der Geschäftsbeziehung verursacht wird (z. B. höhere Kaufintensität oder höhere Kauffrequenz),



Cross-Selling-Wert, der beim „Überkreuz-Verkauf“ von Produkten und Dienstleistungen für einen anderen Geschäftsbereich entsteht,

7.2 Grundlagen der Kundenbeziehung

399



Referenzwert, der durch Weiterempfehlung von zufriedenen und loyalen Kunden außerhalb der bestehenden Geschäftsbeziehung entsteht,



Informations- und Kooperationswert, der durch einen intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen dem Anbieterunternehmen und dem Kunden entsteht und zu zusätzlichen Wertbeiträgen führt (z. B. Entwicklungskooperation mit Lead Usern oder Effizienzverbesserungen bei Prozessinnovationen).

Umsätze aus dem Basis-, Loyalitäts- und Cross-Selling-Wert entstehen direkt aus Transaktionen und werden daher als Transaktionswerte bezeichnet. Im Gegensatz dazu beschreiben der Referenz- sowie der Informations- und Kooperationswert die Interaktionswerte, die nur indirekt monetär sind und auf Interaktionen des Kunden mit anderen (potenziellen) Kunden oder auf Kunden-Anbieter-Interaktionen basieren [vgl. BAUER et al. 2006, S. 49]. In Abbildung 7-05 sind die Kundenwertbestandteile im Überblick dargestellt. Kundenwert

Transaktionswerte

Interaktionswerte

Basiswert

Loyalitätswert

Cross-SellingWert

Monetärer jährlicher Mindestbetrag

Zusätzlicher Wertbeitrag durch Intensivierung der Geschäftsbeziehung

Zusätzlicher Wertbeitrag durch Umsätze für andere Geschäftsbereiche

Referenzwert Zusätzlicher Wertbeitrag durch Weiterempfehlung an Dritte

Informations- und Kooperationswert Zusätzlicher Wertbeitrag durch Informations- und Erfahrungsaustausch

[Quelle: BAUER et al. 2006, S. 58]

Abb. 7-05:

Komponenten des Kundenwerts

Der Kundenwert nimmt im Rahmen einer Geschäftsbeziehung eine zentrale Rolle ein, denn der Kunde stellt dem Unternehmen eine existenzkritische Ressource in Form von Umsätzen zur Verfügung. Der Kundenwert kann zur Planung, Steuerung und Kontrolle sämtlicher Marketingmaßnahmen eingesetzt werden, um den richtigen Kunden zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Argumenten ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Phase des Kundenlebenszyklus sich die Kundebeziehung gerade befindet.

7.2.3 Kundenlebenszyklus Ähnlich wie bei Produkten unterliegt auch die Kundenbeziehung einem Lebenszyklus. Der Kundenbeziehungs- bzw. Kundenlebenszyklus (engl. Customer Lifecycle) beschreibt idealtypisch die verschiedenen Phasen einer (langfristigen) Geschäftsbeziehung. Nach diesem Konzept, das Steuerungsansätze zur systematischen Kundenbindung in den Mittelpunkt stellt, können sechs Phasen unterschieden werden [vgl. BECKER 2009, S. 632 ff. und DWYER et al. 1987, S. 15]:

400

7. Betreuung



Anbahnungsphase. Zielgruppe dieser Phase sind Interessenten, die bislang noch keine Kunden sind. Im Mittelpunkt steht das Interessentenmanagement, dessen Ziel die Anbahnung von neuen Geschäftsbeziehungen ist.



Explorationsphase. Die Phase beschreibt die frühe Entwicklung der Kundenbeziehung. Im Mittelpunkt steht das Neukundenmanagement, das in der Regel durch geringfügige Umsätze bei hohen (kundenbezogenen) Kosten gekennzeichnet ist.



Expansionsphase. Bei der dritten Phase geht es um die Stärkung einer stabilen Kundenbeziehung mit signifikant steigenden Umsätzen und sinkenden Kosten. Im Mittelpunkt steht das Zufriedenheitsmanagement.



Reife- bzw. Gefährdungsphase. Die Reifephase einer Kundenbeziehung ist zugleich auch die Phase der höchsten Gefährdung. Einer hohen Kundenbindung mit minimalen Kosten und maximalen Umsätzen kann hier die Gefahr sich beschwerender Kunden gegenüberstehen. Beschwerdemanagement bzw. Kündigungspräventionsmanagement sind hier die zielführende Managementaufgaben.



Kündigungsphase. Ziel dieser Phase sollte es sein, dass der Kunde seine Kündigung zurücknimmt. Ein hierfür eingesetztes Kündigungsmanagement kann dieses Ziel unterstützen.



Revitalisierungsphase. Die letzte Phase des Kundenlebenszyklus ist auf die Wiederanbahnung einer stabilen Geschäftsbeziehung ausgerichtet. Das hierzu eingesetzte Rückgewinnungsmanagement ist demnach ein Spezialfall des Kundenbeziehungsmanagements.

Damit konzentrieren sich die Managementaufgaben im Rahmen des Kundenlebenszyklus auf die drei Schwerpunkte • • •

Interessentenmanagement, Kundenbindungsmanagement und Rückgewinnungsmanagement.

In Abbildung 7-06 sind die Phasen des Kundenlebenszyklus sowie die entsprechenden Managementaufgaben dargestellt.

7.2 Grundlagen der Kundenbeziehung

Phase

Ziel

Anbahnungsphase

Anbahnung von neuen Geschäftsbeziehungen

Kundenbezogene Umsätze und Kosten

Managementaufgabe

Interessentenmanagement

Interessentenmanagement

Explorationsphase

401

Expansionsphase

Reifephase (Gefährdungsphase)

Festigung von neuen Geschäftsbeziehungen

Stärkung von stabilen Geschäftsbeziehungen

Stabilisierung gefährdeter Geschäftsbeziehungen

Geringe Umsätze – hohe Kosten

Steigende Umsätze – sinkende Kosten

Maximale Umsätze – minimale Kosten

Neukundenmanagement

Zufriedenheitsmanagement

Beschwerdemanagement

Kundenbindungsmanagement

Kündigungsphase

Revitalisierungsphase

Rücknahme von Kündigungen

Wiederanbahnung der Geschäftsbeziehung

Kündigungsmanagement

Revitalisierungsmanagement

Rückgewinnungsmanagement

[Quelle: BECKER 2009, S. 632 unter Bezugnahme auf STAUSS 2000, S. 15]

Abb. 7-06:

Ziele und Aufgaben des Kundenmanagements in den Phasen des Kundenlebenszyklus

402

7. Betreuung

7.3

Customer Relationship Management

7.3.1 Wesen und Ziele Auch CRM steht für die konsequente Ausrichtung aller Unternehmensprozesse auf den Kunden. Der Kerngedanke des CRM ist das systematische Management der existierenden Kundenbeziehungen mit Hilfe von informationstechnologischen Konzepten. Customer Relationship Management (CRM) ist eine ganzheitliche, kundenorientierte Philosophie, die sich Informations- und Kommunikationstechnologien bedient, um den Kundenwert zu steigern [vgl. LEUßER et al. 2011, S. 18]. Mit CRM-Softwaresystemen zur Archivierung und Verarbeitung von Kundendaten lassen sich besonders wertvolle Kundengruppen identifizieren und mit gezielten Maßnahmen der Kundenbindung an das Unternehmen binden. Auch die Praxis zeigt, dass die Erhöhung der Kundenbindung das dominierende Ziel beim Einsatz von CRM-Systemen ist (siehe Insert 701).

Insert Welche Ziele verfolgt Ihr Unternehmen mit der Umsetzung von CRM? Erhöhung der Kundenbindung

76%

Aufbau von Kundenwissen

49%

Steigerung der Vertriebseffizienz

49%

Cross-Selling

44% n=110; Mehrfachnennungen

Erreichung eines höheren Marktanteils [Quelle: CRM-Barometer 2009/2010, S. 6]

30% 0%

Erhöhung der Kundenbindung – das ist das Hauptziel, das sich 110 befragte Unternehmen gesetzt haben und das unter anderem mit dem Mittel des Contact/Call Centers erreicht werden soll. Die CRM-Befragung wurde im Sommer 2009 unter Unternehmen der verschiedensten Branchen und Umsatzgrößenklassen aus Deutschland, Österreich

20%

40%

60%

80%

100%

und der Schweiz durchgeführt. Mit deutlichem Abstand folgt der Aufbau von Kundenwissen und die Steigerung der Vertriebseffizienz, die von jeweils 49 Prozent der befragten Unternehmen als CRM-Ziele genannt wurden. Cross Selling und die Erhöhung des Marktanteils bilden die Schlusslichter der mit CRM verfolgten Ziele.

Insert 7-01: CRM-Ziele Generell beruht der Erfolg von CRM auf der Beantwortung folgender strategischer Fragen [vgl. RAPP 2000, S. 46 f.]:

7.3 Customer Relationship Management

403



Welche Kunden sind die profitabelsten in der Dauer der Kundenbeziehung und wie unterscheiden sich diese in ihrem Verhalten und ihren Prozessen?



Welche Leistungen und Personalisierungsangebote müssen geboten werden, damit sie dem Unternehmen langfristig verbunden bleiben?



Wie können ähnliche neue profitable Kunden nachhaltig gewonnen werden?



Wie lässt sich ein differenziertes Leistungsangebot für unterschiedliche Kunden entwickeln ohne die Kosten zu erhöhen?

7.3.2 Funktionsweise Zur Beantwortung der obenstehenden Fragen benötigen Unternehmen differenzierte Daten über ihre Kunden. Dabei geht es nicht mehr um die Optimierung einzelner Verkaufsabschlüsse, sondern um das Denken in langfristigen Geschäftsbeziehungen mit dem Ziel der wertorientierten Unternehmensführung. Die Analyse der Kundenbeziehung besteht demgemäß in der Erfassung und Auswertung des dynamischen Verlaufs aller Kundendaten in der Kundenhistorie. Diese sind zumeist in mehr oder weniger strukturierter Form (als numerische Daten, als Fließtext, als Grafiken etc.) in verschiedenen Kunden- oder Produktdatenbanken des Unternehmens vorhanden. Für Zwecke des Customer Relationship Managements müssen diese Daten in geeigneten IT-gestützten CRM-Systemen zusammengefügt werden, um die notwendigen Kundeninformationen herausfiltern zu können. Wesentliche Instrumente dazu sind Data Warehouse- und Data Mining-Systeme [vgl. BECKER 2009, S. 633 und GÖTZ et al. 2012, S. 371]. Beim Data Warehouse handelt es sich um ein speziell für die Entscheidungsfindung aufgebautes Informations- bzw. Datenlager (Datenbank), in dem Daten aus unternehmensweiten, operativen IT-Systemen (Call Center, Internet, Vertrieb etc.) gesammelt, transformiert, konsolidiert, gefiltert und fortgeschrieben werden. Im Prinzip handelt es sich um ein Versandhaus, bei dem die Nutzer Daten bestellen, um bestimmte Aufgaben besser lösen zu können. Für das Kundenmanagement besteht das Data Warehouse aus kundenbezogenen Daten (Bestands-, Potenzial-, Aktions- und Reaktionsdaten), auf die im Idealfall alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt zur gleichen Zeit stationär oder während eines Besuchstermins beim Kunden per Notebook oder iPad zugreifen und bei Bedarf aktualisieren können [vgl. GÖRGEN 2014, S. 61]. Das Data Mining wiederum dient dazu, aus diesem Datenlager mit Hilfe mathematischstatistischer Verfahren wertvolle Informationen zu extrahieren, um Muster, Abhängigkeiten und Wirkungszusammenhänge aufzuspüren und so aus dem Verhalten der Vergangenheit Aufschluss über das zukünftige Kundenverhalten sowie über das Kundenpotenzial zu erhalten. Der Begriffsbestandteil Mining hat seinen Ursprung im Bergbau, wo die Gewinnung von Edelmetallen mit einem zum Teil hohen, aber lohnenden Aufwand verbunden ist [vgl. RAPP 2000, S. 73 ff.].

404

7. Betreuung

Wie die Umfrageergebnisse des CRM-Barometers 2009/2010 zeigen, wird die Vielzahl der gesammelten Daten von der Mehrheit der befragten Unternehmen analytisch ausgewertet. So nehmen zwei Drittel der Unternehmen eine Effektivitätsmessung in Marketing, Vertrieb und Service vor. Hier wird die Profitabilität von Marketingkampagnen oder die Effektivität von Vertriebs und Serviceprozessen gemessen (siehe hierzu die ausführliche Darstellung in Insert 7-02).

Insert Welche Analysetools werden in Ihrem Unternehmen technologisch unterstützt und aktiv genutzt? 67%

Effizienzmessung (Marketing/Vertrieb/Service)

49%

Profitabilitätsmessung (Kunde, Produkte) Data Mining (Mustererkennung, Cross-Selling Potenziale)

43%

Kundenwertbestimmung (z. B. Umsatzanalyse, Kundenlebenszyklusrechnung etc.)

39% 14%

Kein Einsatz analytischer Tools [Quelle: CRM-Barometer 2009/2010, S. 12]

0%

In den letzten Jahren hat eine Fokussierung auf Themen des analytischen CRM stattgefunden. Dies unterstützt heute technologisch die Bereiche Marketing, Vertrieb und Service. Dass nur 14 Prozent der Befragten im Rahmen des CRM keine analytischen Tools einsetzen, macht eines deutlich: Diese analytische Unterstützung des CRM ist mittlerweile zum Standard in den Unternehmen geworden. Die Vielzahl der gesammelten kundenbezogenen und zunehmend auch partnerbezogenen Daten wird von der Mehrheit der befragten Unternehmen analytisch ausgewertet. Für den Nutzen ist die Qualität der gesammelten Datenbasis entscheidend, wie einer der Teilnehmer herausstellt: „Durch eine gute Datenbasis können

20%

n=110; Mehrfachnennungen

40%

60%

80%

Kunden gezielt für neue Produkte, Aktionen etc. angesprochen werden“. Weit verbreitet, nämlich bei zwei Dritteln der Unternehmen, ist die Effektivitätsmessung in Marketing, Vertrieb und Service. Hier wird die Profitabilität von Marketingkampagnen oder die Effektivität von Vertriebs- und Serviceprozessen gemessen. Die Kundensegmentierung/Kundenpotenzialanalyse als Top-Thema im Marketing wird bereits bei fast der Hälfte der Teilnehmer durch analytische Profitabilitätsmessung und Data Mining technologisch unterstützt. Mithin existiert bei der anderen Hälfte der Unternehmen noch ungenutztes Potenzial, um priorisierte Ziele insbesondere im Marketing zu erreichen.

Insert 7-02: Einsatz von CRM-Analysetools Die Umsetzung von CRM-Maßnahmen ist allerdings nicht frei von Problemen und Herausforderungen. Keine klare Zielsetzung und zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wurden, sind bei 55 Prozent der befragten Unternehmen das entscheidende Umsetzungsproblem [vgl. CRM-Barometer 2009/2010, S. 8]. CRM muss nicht zwingend als ein umfassendes Maßnahmenpaket im Rahmen eines Großprojektes eingeführt werden. Oft ist es effektiver, die Umsetzung – entsprechend der unternehmerischen Priorisierung und der Gesamtstrategie – in Einzelteile zu zerlegen. Geschieht dies, können zahlreiche CRM-Aktivitäten auch parallel mit Erfolg umgesetzt werden. Diese Vor-

7.3 Customer Relationship Management

405

gehensweise hat neben dem Vorteil des geringeren Umsetzungsrisikos auch den Vorzug, dass die Mitarbeiter CRM als schrittweisen Veränderungsprozess erkennen und dadurch den eingeschlagenen Weg nicht nur mitgehen, sondern im Idealfall sogar aktiv unterstützen [vgl. CRM-Barometer 2009/2010, S. 7 f.]. Schließlich noch ein weiterer Aspekt, der beim Auf- und Ausbau eines nachhaltigen CRM zukünftig eine bedeutende Rolle spielen wird: der Trend zur Kommunikation über Social Media. Bereits in wenigen Jahren wird es selbstverständlich sein, Kundenanfragen über Blogs zu beantworten oder Podcasts zur Erläuterung der Produktnutzung online zu stellen. 70 Prozent der Teilnehmer einer DETECON-Studie zum „Kundenservice der Zukunft“ glauben, dass Social Media ein bedeutender Servicekanal der Zukunft ist. Unternehmen werden künftig wesentliche Prozesse des Kundenservice über öffentliche Dialoge abwickeln und Kundenbindung auf einer neuen, viel persönlicheren Ebene etablieren. Social Media wird so immer mehr zu einer Herausforderung im Rahmen des Zufriedenheits-, Beschwerde- und Kündigungsmanagements – zum Social CRM. Diesen Austausch aktiv zu gestalten, ihn zu moderieren, wird ein wichtiges Merkmal des Kundenservice der Zukunft sein [vgl. DETECON 2010, S. 4 ff.] Das Softwaremodul SAP CRM ist ein Beispiel dafür, wie sich die einzelnen Teilprozesse eines CRM-Systems zu einer integrierten Gesamtlösung softwaretechnisch zusammen führen lassen. Insert 7-03 liefert einen Überblick über den Zusammenhang der SAP CRMKomponenten.

406

7. Betreuung

Insert Komponenten eines CRM-Systems

[Quelle: CRM-Barometer 2009/2010, S. 12]

[Quelle: LEUßER et. al. 2011, S. 45]

Die obenstehende Grafik zeigt sehr deutlich die Zweiteilung der einzelnen Komponenten eines CRM-Systems. Zu den CRM-Analysetools zählen Data Warehouse, Data Mining und OLAP (Online Analytical Processing). Bei diesen Komponenten steht die Durchführung komplexer Analysevorhaben im Vordergrund. Die operativen CRM-Systeme befassen sich mit den eigentlichen CRM-Prozessen Marketing, Sales und Service: • Die Marketing-Prozesse widmen sich dem Kampagnenmanagement und dem Leadmanagement, also dem Prozess der Kontaktanbahnung, -bewertung und -betreuung.

Insert 7-03: Komponenten eines CRM-Systems

• Zu den Salesprozessen zählen das Opportunityund das Angebots- bzw. Auftragsmanagement. Im Rahmen des Opportunitymanagements werden Verkaufschancen bearbeitet. Im Angebotsmanagement werden Angebote erstellt und betreut. Im Rahmen des Auftragsmanagements werden Aufträge erfasst und weitergeleitet. • Die Serviceprozesse befassen sich mit der eigentlichen Kundenbetreuung. Dabei geht es dabei um die Erfassung und Weiterleitung des Kunden-Feedbacks. Im Teilmodul Support werden Kundenprobleme erfasst, weitergeleitet und gelöst.

7.4 Kundenbindungsmanagement

7.4

407

Kundenbindungsmanagement

7.4.1 Wesen und Ziele Kundenbindung wird in erster Linie nicht durch die Einführung einzelner Kundenbindungsinstrumente (z. B. Kundenkarten oder Kundenclubs) erreicht, sondern dadurch, dass die Kundenerwartungen aufgrund eines kundenorientierten Angebotes erfüllt werden und der Kunde mit den Leistungen des Anbieters zufrieden ist. Es kann daher ein direkter Zusammenhang zwischen Kundenbindung, Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit unterstellt werden, so dass man von der in Abbildung 7-07 abgebildeten Erfolgskette sprechen kann. Als dritter Faktor der Erfolgskette ist die Kundenbindung dem ökonomischen Erfolg direkt vorgelagert, weil sie Erlös- bzw. Erfolgswirkungen auf Einzelkundenebene zur Folge hat. Insofern ist Kundenbindung für Unternehmen ein zentrales Unternehmensziel [vgl. BRUHN 2012a, S. 96 und BRUHN 2012b, S. 157 f.].

Kundenorientierung

Abb. 7-07:

Kundenzufriedenheit

Kundenbindung

Ökonomischer Erfolg

Die Erfolgskette im Kundenmanagement

Von Kundenbindung wird gesprochen, wenn mindestens einer der folgenden Voraussetzungen auf der Kundenseite gegeben ist [vgl. BRUHN 2012a, S. 96]: • • • •

Wiederholkauf (der bisherigen Produkte/Leistungen) Cross Buying (zusätzlicher Produkte/Leistungen) Weiterempfehlung (der Produkte/Leistungen und/oder des Anbieters) Preiserhöhungstoleranz (bei bestehenden Produkten/Leistungen).

Es ist unbestritten, dass Kundenbindung einen maßgeblichen Einfluss auf den langfristigen Erfolg eines Unternehmens hat. Dabei ist die Wirkung auf die Zielgröße Erfolg durchaus vielfältig [vgl. MEFFERT/BRUHN 2009, S. 140]: •

Auf der Umsatzseite kann konstatiert werden, dass (freiwillig) gebundene Kunden durchaus eine höhere Preisbereitschaft aufweisen als nicht gebundene Kunden, so dass es hier ein Preissteigerungspotential für entsprechende Kunden gibt (vorwiegend im B2B-Bereich). Außerdem wirkt sich eine hohe Kundenbindung positiv auf die Verkaufsmenge sowie auf die Kauffrequenz aus.



Auf der Kostenseite können sinkende Kundenbetreuungskosten angeführt werden und – bspw. durch die Integration des Kunden in den Produktentwicklungsprozess – die Kosten der „Nicht-Qualität“ gesenkt werden. Auch ist es sicherlich im Rahmen guter Kundenbeziehungen möglich, die Transaktionskosten z. B. durch neue Interaktionsmöglichkeiten (Internet, digitale Transformation) nachhaltig zu senken.

408

7. Betreuung

7.4.2 Planungsdimensionen der Kundenbindung Für die Planung der vielfältigen Kundenbindungsprogramme und -maßnahmen soll ein Rahmen dienen, der aus sechs Planungsdimensionen besteht und der in Abbildung 7-08 dargestellt ist. • Anbieter • Produkt/Leistung

Was? • Absatzmittler

• • • •

Strategische Allianzen Vertriebspartner Distributoren Mit wem? Lieferanten

• Einsatzzeitpunkte • Einsatzintervalle

Wie oft und wann?

[Quelle: BRUHN 2012a, S. 101]

Abb. 7-08

Bezugsobjekt der Kundenbindung Kooperationsstrategien der Kundenbindung

Intensität und Timing der Kundenbindung

Planungsdimensionen der Kundenbindung

Kundenbindungsinstrumente

• • • Womit? •

Kundenbindungszielgruppe

Wer?

Arten der Kundenbindung Wie?

• • • •

Starkunden Ertragskunden Selektionskunden Fragezeichenkunden

• Technisch-funktionale Bindung • Ökonomische Bindung • Vertragliche Bindung • Emotionale Bindung

Kommunikationsbezogene Instrumente Produkt/Leistungsbezogene Instrumente Preisbezogene Instrumente Vertriebsbezogene Instrumente

Planungsdimensionen der Kundenbindung

Im Folgenden werden die Planungsdimensionen der Kundenbindung kurz erläutert, wobei die einzelnen Planungsschritte nicht als fakultativ anzusehen sind [vgl. ausführlich BRUHN 2012a, S. 100]: Im ersten Schritt ist das Planungsobjekt der Kundenbindung festzulegen. Dabei geht es um die Frage, ob sich die Kundenbindungsaktivitäten auf das anbietende Unternehmen als Ganzes, auf einzelne Produkte (Marken) und Leistungen oder auf den Handel beziehen sollen. Die zweite Planungsdimension befasst sich mit der Zielgruppe der Kundenbindung. Welche Kunden bzw. Kundengruppen sind strategisch bedeutsam? Welche Kunden zählen zu den definierten Geschäftsfeldern? Als Beurteilungskriterien für das Ertragspotenzial der Kunden können die Dauer der Kundenbeziehung, die bisher getätigten Umsätze oder auch die Funktion des Kunden als Multiplikator herangezogen werden. Ähnlich der Portfolio-Analyse für Produkte oder Geschäftseinheiten (siehe Abschnitt 3.2.5.3) lassen sich auch PortfolioAnalysen für Kunden im Rahmen einer 4-Felder-Matrix durchführen. Zur Einordnung der aktuellen Kunden werden das geschätzte Ertragspotenzial und der individuelle Kundenwert als Ordinaten herangezogen. Analog zum Produktportfolio können vier Kundengruppen – Star-, Ertrags-, Selektions- und Fragezeichenkunden – unterschieden werden (siehe Abbildung 7-09).

7.4 Kundenbindungsmanagement

409

Ertragspotenzial hoch

Fragezeichenkunden

Starkunden

mittel Ertragskunden

niedrig [Quelle: Eckert 1994, S. 273]

Abb. 7-09:

Selektionskunden niedrig

Kundenwert mittel

hoch

Aufbau eines Kundenportfolios

In einem weiteren Schritt ist zu planen, welche Art der Kundenbeziehung verfolgt werden soll. Im Mittelpunkt steht dabei die Bindung über Kundenzufriedenheit, also die emotionale Bindung. Weitere Bindungsarten sind die technisch-funktionale Bindung (z. B. bei Reparaturen), die ökonomische Bindung (ein Wechsel der Kundenbeziehung wäre für den Kunden unwirtschaftlich) sowie die vertragliche Bindung, bei der der Kunde durch rechtlich zwingende Vereinbarungen an den entsprechenden Anbieter gebunden ist. Die Festlegung der Kundenbindungsinstrumente steht sicherlich im Mittelpunkt des Planungsprozesses. Grundsätzlich bieten sämtliche Bereiche des Marketing-Mix Ansatzpunkte für Kundenbindungsmaßnahmen: •

Kommunikationsbezogene Bindungsinstrumente (z. B. Kundenclubs, Kundenzeitschriften, Events)



Produkt-/Leistungsbezogene Bindungsinstrumente (z. B. Zusatzleistungen, gemeinsame Produktentwicklung, besonderes Produktdesign)



Preisbezogene Bindungsinstrumente (z. B. Kundenkarten, Rabatte, Preisgarantien)



Vertriebsbezogene Instrumente (z. B. Internet Gewinnspiele, Abonnements, OnlineBestellungen).

Intensität und Timing der Kundenbindung ist eine weitere Planungsdimension der Kundenbindung. Geplant werden muss, wann und mit welcher Intensität die ausgewählten Kundenbindungsinstrumente eingesetzt werden. Dazu zählen die konkreten Einsatzzeitpunkte ebenso wie die Einsatzintervalle und der konkrete Ablauf der Kundenbindungsaktion. Im letzten Schritt sind mögliche Kooperationsstrategien der Kundenbindung zu planen. Dazu ist zunächst zu prüfen, ob sich die Ziele der Kundenbindung mit anderen Unternehmen leichter und effizienter erreichen lassen. Als Kooperationspartner kommen in erster Linie Lieferanten, Vertriebspartner oder sogar strategische Allianzen mit Wettbewerbern in Frage.

410

7. Betreuung

7.4.3 Kundenbindungsinstrumente im B2C-Bereich 7.4.3.1 Kundenbindungsprogramme

Die Einsicht, dass ökonomischer Erfolg in starkem Maße von der Bindung einmal gewonnener Kunden abhängt, hat sich – wie oben bereits erwähnt – zunehmend auch im B2CMarketing durchgesetzt. So gehen immer mehr Unternehmen dazu über, Kundenbindungsprogramme zu initiieren und umzusetzen. Die besondere Bedeutung von Kundenbindungsmaßnahmen zeigen auch die Umfrageergebnisse einer ROLAND BERGER-Studie zur Beurteilung von Aktivitäten zur Kundenbindung. Von den insgesamt 82 befragten B2B-Unternehmen wird die Kundenbindung als wichtigster Erfolgsfaktor im Marketing-Mix angesehen – noch vor Produktqualität und niedrigen Kosten (siehe Insert 7-04).

Insert Bedeutung von Erfolgsfaktoren im Marketing-Mix Kundenbindung

4,6

Produktqualität

4,4

Niedrige Kosten

4,3

Markenbekanntheit

4,2

Neukundenakquisition

4,1

Innovation

3,8 0

1

2

3

Kundenbindung wird von den Unternehmen des B2C-Bereichs als wichtigster Erfolgsfaktor im Marketing-Mix gesehen – noch vor Produktqualität, Kosten und Markenbekanntheit. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von ROLAND BERGER Strategie Consultants. Ziel der Untersuchung ist die Erhebung des Status quo von Kundenbindungsprogrammen bei großen deutschen B2C-Unternehmen sowie die Analyse und Beurteilung der eingesetzten Maßnahmen zur Steigerung der Kundenbindung. Die Interviews wurden im Frühjahr 2003 mit 82 Entscheidungsträgern primär aus Marketingabteilungen

4

5

- arithm. Mittel -

[Quelle: ROLAND BERGER-Studie 2003, S. 6]

und Verantwortlichen von Kundenbindungsprogrammen geführt. Die Studienergebnisse befassen sich auch mit der Erfolgsanalyse von Kundenbindungsprogrammen. Danach basiert der Erfolg von solchen Programmen auf vier zentralen Säulen: • „Fit“ zu marketingstrategischen Zielen • Umfassende Kundenakzeptanz • Einbindung in den Marketing-Mix • Durchgängige Quantifizierung der Effekte.

Insert 7-04: Erfolgsfaktoren im Marketing-Mix von B2C-Unternehmen

7.4 Kundenbindungsmanagement

411

Zu den wichtigsten Kundenbindungsprogrammen im B2C-Bereich, die sich zumeist überschneiden und sich daher kaum voneinander trennen lassen, zählen • • • • • •

Bonusprogramme, Kundenkarten, Couponing (Rabattmarken), Kundenclubs, Kundenzeitschriften und Online-Marketing/Social Media.

Bonusprogramme bieten dem Kunden eine finanzielle Belohnung für seine Treue zu einem Anbieterunternehmen. Der Bonus wird in der Regel am vom Kunden getätigten Umsatz festgemacht. Dieser Umsatz wird mit Punkten, Rabattmarken oder Meilen belohnt, die der Kunde gegen Prämien, Gutscheine oder eine Rückerstattung eintauschen kann. Die Kundenkarte ist ein klassisches Kundeninstrument und sehr häufig auch Träger eines Bonusprogramms. Kundenkarten können als Bonuskarten (z. B. Topbonus, Miles & More), als Zugangskarten (z. B. SIM-Karte), als Kredit- oder Vorteilskarten (z. B. DouglasCard) und auch im Verbund mehrerer Geschäfte und Dienstleistungsanbieter (z. B. DeutschlandCard, Payback) fungieren (siehe Insert 7-05). Darüber hinaus ist die Kundenkarte zugleich auch Träger kundenbezogener Daten, die es erlauben, das Kaufverhalten zu analysieren und Kundenprofile zu erstellen. Durch die zunehmende Angst vor Datenmissbrauch hat die Akzeptanz der Kundenkarte allerdings abgenommen [vgl. SCHENK 2007, S. 226].

Insert Mit PAYBACK Punkten, Sparen, Profitieren!

PAYBACK ist das größte deutsche Bonusprogramm fürs Einkaufen: Bei den Partnern, zu denen unter anderem ARAL, REWE oder GALERIA KAUFHOF gehören, können die Kunden bei jedem Kauf wertvolle

Bonuspunkte sammeln, die gegen Gutscheine in den Partner-Filialen oder attraktive Prämien eingelöst und auch für Hilfsprojekte gespendet werden können.

[Quelle: www.payback.de/pb/start/id/16/]

Insert 7-05: „Mit Payback punkten, sparen, profitieren“ Das Couponing nutzt den Grundgedanken der (guten, alten) Rabattmarke. Die häufigste Coupon-Art ist daher der Rabatt-Coupon, bei dem gegen Abgabe eines Couponheftes dem Verbraucher die beworbenen Vergünstigungen des jeweiligen Anbieters eingeräumt werden. Zwischenzeitlich können Coupons auch über das Smartphone abgerufen werden (engl. Mobile Couponing).

412

7. Betreuung

Kundenclubs zählen zu den wirksamsten Instrumenten der Kundenbindung. Sie werden grundsätzlich vom Anbieterunternehmen initiiert und organisiert. Zu den wichtigsten ClubTypen zählen Fan-Clubs (z. B. ERDINGER WEIßBRÄU-Club, Pro-7-Club), VIP-Clubs (z. B. Airport-Club Frankfurt), Lifestyle-Clubs (z. B. DAVIDOFF-Club), Product-Interest-Clubs (z.B. Dr. OETKER-Back-Club) sowie Kundenvorteils-Clubs (z. B. IKEA Family Club). Kundenzeitschriften sind Publikationen von Herstellern oder Handelsunternehmen, die überwiegend unentgeltlich an den aktuellen Kundenstamm verschickt werden. Nach Schätzungen gibt es rund 2.400 Titel in Deutschland. Im Bereich Online-Marketing/Social Media gehören elektronische Newsletter zu den beliebtesten Kundenbindungsinstrumenten. Zunehmende Bedeutung erlangen Social-MediaPlattformen und Weblogs, in denen Kunden ihre Produkterfahrungen austauschen können. 7.4.3.2 Erfolgsfaktoren

Nicht alle Kundenbindungsprogramme sind erfolgreich. Häufig sehen die Kunden keinen echten Vorteil für sich. Teilweise sind die Programme zu kompliziert oder die Rabatte bzw. Prämien zu unattraktiv. Bei Kundenkartenprogrammen kommt hinzu, dass die Steckkartenplätze im Geldbeutel des Konsumenten schon belegt sind. Als Erfolgsfaktoren für Kundenbindungsprogramme haben ein einfacher Anmeldeprozess, die emotionale Bindung des Kunden und finanzielle Vorteile die größte Bedeutung (siehe Insert 7-06). Allerdings sind mit der Einführung von Kundenbindungsprogrammen auch Risiken verbunden. In der ROLAND BERGER-Studie [2003, S. 29] werden dazu folgende Risiken genannt: • • • • •

Unklare strategische Einordnung des Programms Fehlende Quantifizierbarkeit der Kosten-Nutzen-Effekte Fehlendes Anwendungs-Know-how für die Umsetzung Probleme bei der IT-Umsetzung Fehlende Unterstützung durch das Top-Management.

7.4 Kundenbindungsmanagement

413

Insert Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen Einfacher Ameldeprozess

82%

Emitionale Bindung des Kunden

82%

Finanzielle Vorteile für den Kunden

80%

Bevorzugte Behandlung/Service

78%

Attraktivität der Partnerunternehmen

68%

Attraktive Prämien

56% Anzahl Nennungen in % Mehrfachnennungen

Breites Einsatzgebiet [Quelle: ROLAND BERGER-Studie 2003, S. 19 f.]

54% 0%

Einfache Anmeldeprozeduren, emotionale Bindung zum Anbieter und finanzielle Vorteile für den Kunden sind die dominierenden Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Kundenbindungsprogrammen im B2C-Bereich. Darüber hinaus weist die ROLAND BERGER-Studie nach, dass Multi-Partner-Programme von den Kunden eher akzeptiert werden als

20%

40%

60%

80%

100%

Stand-Alone-Programme. Speziell bei Bonuskarten bevorzugen die Kunden den Einsatz der Karten in mehreren Geschäften, die Barauszahlung der Punkte/Rabatte sowie Sonderangebote. Eine zusätzliche Kreditkartenfunktion wünschen sich lediglich ein Drittel der befragten Kunden.

Insert 7-06: Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen

7.4.4 Kundenbindungsinstrumente im B2B-Bereich 7.4.4.1 Allgemeine Kundenbindungsprogramme

Kundenbindungsprogramme im B2B-Marketing zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich wesentlich stärker personifizieren lassen. Die Anzahl der Kunden/Organisationen und damit auch die Anzahl der Zielpersonen für Bindungsmaßnahmen sind im Gegensatz zum Endverbraucherbereich zumeist sehr überschaubar. Aus diesem Grunde werden Bonusprogramme, Kundenkarten und das Couponing im B2B-Marketing weniger eingesetzt. Eine Ausnahme bilden die Business-Kunden der großen Luftfahrtgesellschaften (z. B. das LUFTHANSA Milesand-More-Programm mit der Senator-Card). Auch andere Unternehmen, die einen Großteil ihres Umsatzes mit B2C-Kunden erzielen, haben Geschäftskundenbereiche eingerichtet (z. B. VODAFONE oder BMW), um diese Zielgruppen mit besonderen Bindungsprogrammen gezielter und nachhaltiger betreuen zu können. Zu den wichtigsten allgemeinen Kundenbindungsmaßnahmen im B2B-Geschäft zählen

414

• • • •

7. Betreuung

Kundenveranstaltungen (Event Marketing), Kunst- und Sportveranstaltungen, Kundenclubs sowie Kundenzeitschriften.

Zu Kundenveranstaltungen wird in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen ein relativ kleiner Kreis aus Geschäftskunden eingeladen. Besonders bewährt hat sich dabei die Form des Kamingesprächs, bei der zu Beginn der Veranstaltung ein politisches oder wirtschaftliches Thema von allgemeiner Bedeutung referiert wird. Ein solches Referat bietet den Aufhänger für Diskussionen und für das anschließende Get-together. Die Exklusivität der Veranstaltung vermittelt bei den eingeladenen Gästen den Eindruck, besonders bevorzugt behandelt zu werden. Eine ähnliche Zielsetzung verfolgen Kunst- und Sportveranstaltungen. Auch hier steht im Hintergrund, bewusst geschäftsfremde Themen (wie Ballett, Theater, Malerei, Konzert oder Sport) zum Anlass für ein Get-together auszusuchen. Besonders die VIP-Bereiche bei großen Sportveranstaltungen (Fußball, Basketball, Handball, Eishockey) bieten eine gute Gelegenheit, unmittelbar mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen. Besonders nachgefragt sind in jüngster Zeit Einladungen zu firmeneigenen Golfturnieren. Sehr häufig sind diese Veranstaltungen, die von unternehmensfremden Organisatoren initiiert und durchgeführt werden, in engem Zusammenhang mit den Sponsoring-Aktivitäten des Unternehmens zu sehen. Kundenclubs, die ihren Ursprung im Endkundensegment haben (z. B. Dr. OETKER-BackClub), werden zunehmend auch im B2B-Segment als Bindungsmaßnahme ins Leben gerufen. Bespiele sind der RWE Business Club oder der GROHE Profi Club. Solche Clubs bieten einem ausgewählten Segment exklusive Leistungen und Services an. Durch regelmäßige Kontakte und eine intensive Kommunikation bauen sie eine emotionale Bindung zum Unternehmen auf. Eine weitere, sehr häufig angewendete Kundenbindungsmaßnahme (wie auch im B2CBereich) sind Kundenzeitschriften, die einem ausgewählten Verteilerkreis zugänglich gemacht werden. Informationen über Neuentwicklungen, Produktmodifikationen und Aktivitäten im Bereich des Corporate Social Responsibility (CSR) bilden den Inhalt dieser teilweise sehr hochwertig aufgemachten Zeitschriften. Insbesondere in ihrer Gründungs- und Wachstumsphase messen viele Unternehmen im B2BBereich und hier speziell im Hightech-Bereich dem akquisitorischen Potenzial im Kundenstamm nicht die gleiche Bedeutung wie dem Neugeschäft bei. Erst wenn sich das Wachstum verlangsamt, das Innovationspotenzial erlahmt oder der Wettbewerb bereits eine neue Produktgeneration einführt, wenden sich die B2B-Unternehmen verstärkt dem Folgegeschäft in der eigenen Kundenbasis zu. Das Absatzpotenzial bei bestehenden Kunden ist wiederum in zweierlei Hinsicht von strategischer Bedeutung [vgl. LIPPOLD 1998, S. 238 ff.]: Zum einen besteht die Möglichkeit, im Rahmen der bereits installierten Produktleistung zusätzliche Leistungen wie Ergänzungskomponenten, Organisationsberatung u. ä. m. zu verkau-

7.4 Kundenbindungsmanagement

415

fen. Diese Vorgehensweise bietet sich immer dann an, wenn der Kunde zunächst lediglich ein Basissystem oder nur bestimmte Teilkomponenten erworben hat. Weiterhin bietet der aktuelle Hightech-Kundenkreis eine ideale Basis, um in dieser Zielgruppe die nächste Produktgeneration zu akquirieren. Da sich i. d. R. eine neue Produktgeneration weniger durch gravierende organisatorische sondern mehr durch technologische Neuerungen auszeichnet, lässt sie sich innerhalb dieser Zielgruppe wesentlich leichter, d. h. ohne große Eingriffe in die bestehende Aufbau- und Ablauforganisation, einführen. Naturgemäß reicht das Absatzpotenzial im bestehenden Kundenstamm für sich genommen nicht aus. Als Plattform für die Ausweitung auf neue Segmente und Zielgruppen sowie zur Überbrückung schwerfälliger Anlaufphasen ist es aber sehr gut geeignet.

Zu den wichtigsten Instrumenten, die im Rahmen der Post-Sales-Phase für das B2BGeschäft sinnvoll und nützlich sind, zählen • • •

die Zusammenarbeit mit Benutzergruppen, die Organisation von Benutzertreffen sowie die Organisation von Referenzbesuchen.

7.4.4.2 Benutzergruppen

Verfügen (Hightech-)Produkte über eine hinreichend große Installationszahl und darüber hinaus über einen entsprechend großen (strategischen) Stellenwert bei den Anwenderunternehmen, so kommt es häufig zur Bildung von Benutzergruppen (engl. User-Groups). Dabei geht es zunächst um einen informellen Informations- und Erfahrungsaustausch unter Fachleuten der Anwenderunternehmen, die in regelmäßigen Zeitabständen zusammentreffen. Im Zusammenhang mit der Systemeinführung wird in diesen Gruppen vor allem auch erörtert, inwieweit die Hersteller ihren werblichen und verkaufspolitischen Versprechungen gerecht geworden sind. Die damit vorgenommene Bewertung des Anbieterunternehmens kann dessen Image u. U. erheblich beeinflussen. B2B-Unternehmen sind somit vor die Entscheidung gestellt, ob sie die User-Groups zum Gegenstand ihres Marketing machen sollen oder nicht [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 119]. Hat sich das Herstellerunternehmen für eine aktive und konstruktive Mitarbeit in diesen Anwendergremien entschieden, so kann es die Zusammenkünfte der Anwender dazu nutzen, kompetente Referenten für Fachvorträge abzustellen und damit zum Abbau der kognitiven Dissonanz beizutragen. Insofern bietet die Benutzergruppe einerseits eine ideale Möglichkeit für den Absatz evtl. Zusatzleistungen (Erweiterungsmodule, Ergänzungsbausteine, Beratungsleistungen) und andererseits dient sie als Referenz zur Gewinnung neuer Kundenpotenziale [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 168]. Die Einrichtung einer User-Group muss allerdings nicht nur positive Wirkung auf das Anbieter-Image haben, sondern kann durchaus auch Risiken für das Unternehmen in sich bergen.

416

7. Betreuung

So kann der Einfluss der Benutzer dazu führen, dass der Anbieter seine Entwicklungspolitik entgegen den ursprünglichen Planungen verändern muss. Ggf. müssen eliminierungswürdige Teilsysteme (Module) auf Druck der User in der Produktpalette verbleiben oder bestimmte Produktfunktionen ins Angebot aufgenommen werden, ohne dass jemals eine Amortisierung der Entwicklungskosten in Aussicht steht [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 168 f.]. Besonders hinzuweisen ist schließlich auf die Möglichkeit, sich mit der Etablierung einer Benutzergruppe zugleich auch eine wichtige Informationsquelle zu erschließen, die für das Gebiet der Marktforschung von erheblichem Wert ist. Erhebungen innerhalb der Anwenderschaft können nicht nur wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung des Produktes liefern, sondern auch evtl. Unzulänglichkeiten in der Einführungsphase oder in der Funktionalität aufzeigen [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 121]. 7.4.4.3 Benutzertreffen

Unabhängig davon, ob für ein Produkt eine Benutzervereinigung existiert oder nicht, in jedem Fall bietet sich zur Intensivierung der Kundenbetreuung die periodische Organisation und Durchführung von Benutzertreffen an. In diesen Veranstaltungen kann der gastgebende Hersteller sein gesamtes Marketing-Instrumentarium gezielt und ohne Streuverluste einsetzen. Der Veranstaltungserfolg hängt entscheidend von der Programmgestaltung ab. Themen- und Referentenauswahl sind dabei ebenso wichtig wie Organisation und Inhalte des Rahmen- und Beiprogramms. Insbesondere durch das Angebot themen- bzw. problembezogener Workshops, die den Benutzern die Möglichkeit zum Informations- und Erfahrungsaustausch bieten, kann es dem Veranstalter gelingen, eine besonders starke Bindung zum Geschäftskunden herzustellen. Zweifellos sind Benutzertreffen neben ihrer Funktion als Informationsbörse zugleich auch immer Verkaufsveranstaltungen. So sind Vorträge über die künftige Unternehmens- und Entwicklungsstrategie ebenso fester Programmbestandteil wie die Präsentation neuer Programmbausteine oder die Vorstellung eines Kooperationspartners mit seinem ergänzenden Produkt- und Leistungsangebot. Darüber hinaus kann ein Benutzertreffen in ähnlicher Form der Informationsbeschaffung dienen wie eine User-Group. Entsprechend konzipierte Fragebögen, die im Rahmen der Veranstaltung ausgeteilt werden, können dabei wichtige Aufschlüsse über zukünftige Benutzeranforderungen und damit über Teilaspekte der einzuschlagenden Entwicklungsstrategie geben. 7.4.4.4 Referenzbesuche

Insbesondere im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen gehört der Nachweis von Referenzen zu einem der wichtigsten Marketing-Bestandteile überhaupt. Als Referenzen werden Kunden bezeichnet, bei denen ein Produkt oder Projekt erfolgreich und zur Zufriedenheit des Kunden durchgeführt wurde. Die Nachfrage nach Referenzen drückt in besonderem Maße das hohe Sicherheitsbedürfnis des potentiellen Anwenders bei der Beschaffung

7.4 Kundenbindungsmanagement

417

von Produkten oder Systemen aus. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen aktiver und passiver Form des Referenznachweises [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 122]. Eine aktive Referenzpolitik liegt dann vor, wenn auf Referenzunternehmen bereits hingewiesen wird, ohne dass ein darauf gerichtetes Kundeninteresse erkennbar ist. Die aktive Form des Referenznachweises setzt voraus, dass der Anbieter über eine hinreichend große Anzahl von Kunden verfügt, bei denen das Produkt zur Zufriedenheit der Benutzer eingeführt wurde und die jederzeit bereit sind, Auskunft über die Tauglichkeit des Systems – auch gegenüber möglichen Wettbewerbern – zu geben. Wird bei der Angabe von Referenzen Zurückhaltung geübt und werden Referenzadressen nur dann genannt, wenn der potentielle Kunde darauf besteht, so wird von einer passiven Referenzpolitik gesprochen. Die passive Form des Referenznachweises ist in der Praxis wesentlich häufiger anzutreffen, weil die meisten Anwender (trotz allgemeiner Zufriedenheit mit dem installierten Produkt) i. d. R. nicht bereit sind, einem Dritten ohne entsprechende „Vorwarnung“ durch den Anbieter Auskunft über die Installation zu geben [vgl. STROTHMANN/ KLICHE 1989, S. 122]. Besonders wirkungsvoll sind Referenzanwender, die ihre Räumlichkeiten zur Besichtigung oder zum Test des bei ihnen installierten Produkts durch den potentiellen Kunden zur Verfügung stellen. Ein solcher Besichtigungstermin sollte jedoch sehr gut vorbereitet sein, da Komplikationen bei der Vorführung das Entscheidungsrisiko der potentiellen Investoren nicht gerade abbauen hilft [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 170]. Dies alles setzt voraus, dass sich Anbieter eine Datei von potentiellen Referenzanwendern aufbauen. In dieser Referenzdatei sollten alle Funktionsbausteine, die der jeweilige Anwender im Einsatz hat, aufgeführt sein. Desweiteren sollten die technologische Infrastruktur sowie Strukturmerkmale, wie Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit, in der Datei festgehalten werden. In der Systematik der Referenzdatei spiegeln sich somit im Prinzip nichts anderes wider als die Kriterien der Makrosegmentierung, die der Festlegung des relevanten Marktausschnittes dienen. Eine solche Systematik ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil viele potentielle Kunden bei einem Referenzbesuch besonderen Wert auf eine vergleichbare Systemumgebung legen. Der Referenznehmer verspricht sich davon den Vorteil, den Systemeinsatz unter ähnlichen Bedingungen zu erleben [vgl. S TROTHMANN/ KLICHE 1989, S. 124]. Unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher Branchenanforderungen kommt der Etablierung eines Lead User pro Branche eine besondere Bedeutung zu. Als Lead User werden Referenzkunden bezeichnet, die den Produktentwicklungsprozess aktiv mitgestalten und somit Einfluss auf das Entwicklungsergebnis nehmen. Besonders wichtig bei der Auswahl des Lead User ist die Forderung, dass dieser ein typischer Vertreter seiner Branche ist und über ein entsprechend positives Image in der Branche verfügt [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 170 unter Bezugnahme auf VON HIPPEL (1986), S. 791-805]. In Abbildung 7-10 sind die wichtigsten Instrumente im Post-Sales-Geschäft im Überblick dargestellt.

418

7. Betreuung

Gründung von Benutzergruppen (User-Groups)

Organisation von Benutzertreffen

Organisation von Referenzbesuchen

• Informeller Erfahrungsaustausch unter Fachleuten (User)

• Intensivierung der Kundenbetreuung durch periodische Organisation von Zusammenkünften

• Aktive Referenzpolitik:

• Eine aktive und konstruktive Mitarbeit des Herstellers bietet sich an • Ideale Möglichkeit um Zusatzbausteine und Ergänzungsleistungen anzubieten • Einbindung der User in die künftige Entwicklungspolitik • Erheblicher Wert für die Marktforschung

Abb. 7-10:

• Gesamtes MarketingInstrumentarium kann ohne Streuverluste eingesetzt werden • Neben der Funktion als Informationsbörse zugleich auch Verkaufsveranstaltung • Ggf. auch Einbindung von Kooperationspartnern

- Setzt voraus, dass genügend zufriedene Kunden bereit sind, Auskunft zu geben • Passive Referenzpolitik - In der Praxis wesentlich häufiger anzutreffen - Viele Kunden sind nicht bereit, ohne entsprechende Vorwarnung Auskunft zu geben • Besonders wirkungsvoll, wenn der Kunde seine Räumlichkeiten für den Referenzbesuch zur Verfügung stellt

Instrumente im Post-Sales-Geschäft

7.4.4.5 Produktwartung als zentrale Betreuungskomponente

Eine wesentliche Betreuungsfunktion im B2B-Bereich ist die Produktwartung, die dem Erhalt der Funktionsfähigkeit des Produktes dient. Der hohe Stellenwert der Wartung wird besonders im Softwarebereich deutlich, wo bis zu 70 Prozent des Softwarebudgets eines Unternehmens allein für die Wartung vorhandener Programme ausgegeben werden [vgl. Sneed 1990, S. 13]. Dieser Prozentsatz ist auch deshalb so bemerkenswert hoch, weil die Wartung im Softwaregeschäft neben der permanenten Fehlerbereinigung auch die Lieferung verbesserter ReleaseStände umfasst. Die Software-Wartung stellt also nicht nur die reine Reparaturtätigkeit (wie bei Maschinen), sondern darüber hinaus auch die Produktverbesserung dar. Diese Besonderheit im Wartungsumfang ist vornehmlich damit zu begründen, dass zum Erhalt der Produktionsfähigkeit neben der Fehlerbeseitigung beispielsweise auch Programmänderungen gehören, die durch Gesetzesänderungen oder durch Betriebssystemwechsel notwendig werden. Software unterliegt im Gegensatz zum Maschinenpark keinem physischen Verschleiß, sondern einer wirtschaftlichen Veralterung, die durch die stetige technologische Weiterentwicklung (Hardware, Betriebssystemsoftware) sowie durch gesetzliche Änderungen bedingt ist [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 135 ff.].

7.5 Qualitätsmanagement

7.5

419

Qualitätsmanagement

7.5.1 Wesen und Ziele Die Bedeutung des Qualitätsmanagements (QM) zur Steigerung der Kundenorientierung ist unbestritten. Eine dauerhafte Kundenbeziehung kann nur erreicht werden, wenn die Qualität der Produkte und Leistungen die Kundenerwartungen dauerhaft erfüllt oder sogar übertrifft. Qualität und Reputation zählen zu den entscheidenden Kriterien bei der Produktauswahl. Damit wird das Qualitätsmanagement zu einer zentralen Aufgabe des Kundenmanagements. Qualität ist die bewertete Beschaffenheit eines Produktes oder einer Leistung (wie z. B. Stabilität, Zuverlässigkeit, Haltbarkeit, Fehlerfreiheit oder Schnelligkeit). Der besondere Stellenwert der Qualität und deren Wechselwirkung zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Werbung wird sehr prägnant in Insert 7-07 thematisiert.

Insert Dreieck der Qualitätsentstehung Wechselwirkung zwischen Qualitätsmanagement, Öffentlichkeit, Werbung In unserer von hohen Standards, klaren Normen, lückenlosen Zulassungsverfahren, präzisen Kontrollsystemen, zuverlässigen Produkttests, anerkannten Zertifizierungen, vertrauenserweckendem Verbraucherschutz und überall verfügbaren Produktvergleichen gekennzeichneten Welt haben wir uns längst an Qualität und Qualitätsprodukte gewöhnt. Im Dreieck zwischen (a) ständigem Qualitätsmanagement und kontinuierlichen Verbesserungsprozessen bei Erzeugern, in der Weiterverarbeitung, bei Zuliefern, Herstellern und Händlern etc., (b) Marketing und Werbung sowie (c) einer superkritischen Öffentlichkeit, die gerade im Internetzeitalter jeden noch so kleinen Fehltritt penibel aufdeckt und gnadenlos bestraft, werden faktische (ebenso wie wünschenswerte und gefakte) Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen sowie die Güte von Gütern ständig hinterfragt, austariert und optimiert. Weil wir – ob als Privatkunde oder als Firmeneinkäufer, als Verbraucher, Arbeitnehmer, Manager oder Unternehmer – heute in fast allen

Bereichen, in denen es auf Qualität ankommt, die Wahl haben, haben wir auch die Macht: Was die eigenen Qualitätsansprüche enttäuscht hat, wird einfach nicht mehr gekauft.

[Quelle: RAUCH 2013, S. 24]

Insert 7-07: Dreieck der Qualitätsentstehung Qualität ist als Erfolgsfaktor und Differenzierungsmerkmal unerlässlich. Qualität ist aber nicht nur ein wichtiges Argument zur Entscheidung für ein gutes Produkt oder einen fähigen Anbieter. Im Zusammenhang mit der prozessorientierten Betrachtungsweise ist der Qualitätsgedanke auch zum zentralen Konstrukt eines Managementansatzes geworden: Total Quality Management (TQM), das eine Optimierung aller Unternehmensprozesse unter dem Aspekt der Qualität anstrebt. Ohne hier detailliert auf die ganzheitliche Handlungs- und Denkhaltung von TQM eingehen zu wollen, sollen die drei wichtigen TQM-Faktoren, die für jedes Quali-

420

7. Betreuung

tätsmanagement von Bedeutung sind, kurz genannt werden [vgl. auch SCHMITT/PFEIFER 2010 und ROTHLAUF 2010, S. 69 ff.]: •

Kundenorientierung, d. h. der Kunde bestimmt letztendlich, ob das Produkt oder die Dienstleistung qualitativ zufriedenstellend ist,



Mitarbeiterorientierung, d. h. jeder Mitarbeiter ist in den Qualitätsprozess einzubeziehen, denn eine auf Vorbeugung basierende Qualitätsstrategie benötigt das Engagement aller am Wertschöpfungsprozess beteiligten Mitarbeiter,



Prozessorientierung, d. h. jede Aktivität muss als Prozess betrachtet werden und beinhaltet somit ein ständiges Verbesserungspotential.

7.5.2 Qualitätsmanagementprozess Grundsätzlich können vier Prozessphasen des Qualitätsmanagements unterschieden werden [vgl. NISSEN 2007, S. 237 f.]: 1. Phase:

Qualitätsplanung, die sich mit der Planung, Konkretisierung und Gewichtung von Qualitätsanforderungen an die Beratungsleistungen befasst. Diese münden ein in formal fixierte Qualitätsstandards und im Unternehmen kommunizierte Qualitätsgrundsätze.

2. Phase:

Qualitätslenkung (auch Qualitätssteuerung), die alle Aktivitäten beinhaltet, um die definierten Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Unterschieden werden dabei mitarbeiterbezogene Instrumente (z. B. Rekrutierungskriterien, ProjektstaffingKriterien) Personalentwicklungsmaßnahmen, Zielvereinbarungen), kulturbezogene Instrumente (z. B. Kundenorientierung, Veränderungsbereitschaft) und organisationsbezogene Instrumente (z. B. Qualitätsmanager, Arbeitsanweisungen und Prozessvorgaben).

3. Phase:

Qualitätsprüfung, die feststellt, ob die definierten Qualitätsanforderungen (insbesondere an den Beratungsprozess) in der Praxis umgesetzt werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen externen Methoden der Qualitätskontrolle (z. B. Kundenbefragungen) und internen Aufgaben der Qualitätsprüfung (z. B. Projektkontrollen, Mitarbeitergespräche).

4. Phase:

Qualitätsdarlegung, die darauf abzielt, nach innen und außen Vertrauen in die eigene Qualitätsfähigkeit zu schaffen. Zu diesen vertrauensbildenden Maßnahmen zählen die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ff, die Durchführung von Qualitätsaudits sowie die Erstellung von QM-Handbüchern.

Abbildung 7-11 zeigt die vier Teilprozesse des Qualitätsmanagements als Regelkreiskonzept.

7.5 Qualitätsmanagement

421

Regelkreis

Qualitätsplanung

• Planen und Festlegen der Qualitätsanforderungen • Formulieren von kundengerichteten Qualitätszielen und -strategien

Qualitätslenkung

• Mitarbeiterbezogene Instrumente und Maßnahmen • Kulturbezogene Instrumente und Maßnahmen • Organisationsbezogene Instrumente und Maßnahmen

Qualitätsprüfung

• Laufende Kontrolle der definierten Qualitätsziele • Externe Qualitätskontrolle (z. B. Kundenbefragungen)

Qualitätsdarlegung

• Dokumentation sämtlicher qualitätsbezogenen Tätigkeiten und Maßnahmen • Erstellen von Qualitätshandbüchern

• Interne Qualitätskontrolle (z. B. Projektkontrollen)

[Quelle: in Anlehnung an BRUHN 2012a, S. 30 f.]

Abb. 7-11:

Phasen des Qualitätsmanagements als Regelkreis

7.5.3 Instrumente des Qualitätsmanagements Im Rahmen des Qualitätsmanagements bieten sich eine Vielzahl von Instrumenten an, die in der Unternehmenspraxis einen unterschiedlichen Stellenwert einnehmen. Daher werden im Folgenden nur diejenigen Qualitätsinstrumente skizziert, die die wesentlichen Qualitätskriterien besonders gut erfüllen. Zu den am häufigsten eingesetzten Instrumenten zählen Qualitätsstandards. Diese sind naturgemäß von Branche zu Branche und von Geschäftsbereich zu Geschäftsbereich unterschiedlich und sind häufig mit den Mindestanforderungen aus Kundensicht gleichzusetzen. Es gibt Qualitätsstandards für die Pflege, für Kitas und Schuleinrichtungen ebenso wie für das Druckereigewerbe oder Call Center und natürlich für jegliche Arten von Produkten. Im Dienstleistungsbereich geht man zunehmend dazu über, die Qualität anhand von Ereignissen zu erfassen. Zu den bekanntesten Verfahren zählen die so genannten Kontaktpunktanalysen, von denen die Sequentielle Ereignismethode und die Critical-Incident-Methode hier vorgestellt werden sollen [vgl. MEFFERT/BRUHN 2012, S. 206 f.]: •

Die Sequentielle Ereignismethode ist eine ablauforientierte Kundenbefragung, die auf der Erstellung eines so genannten Service-Blueprints basiert. Dieser visualisiert den Dienstleistungsprozess in einem Ablaufdiagramm. Dabei werden die Punkte gekennzeichnet, an denen Kunde und Anbieter einen Kontakt haben (engl. Touchpoint). In einer Line of Visibility werden alle für den Kunden sichtbaren Aktivitäten abgebildet, alle übrigen Aktivitäten werden hinter dieser Linie gezeigt (siehe Abbildung 7-12). Im Rahmen eines strukturierten Interviews werden die Kunden gebeten, den Ablauf des Serviceerleb-

422

7. Betreuung

nisses noch einmal „gedanklich-emotional“ durchzugehen und ihre Eindrücke zu schildern.

1

2

4

Terminverzögerung

Lieferung

Konsultation der Finanzabteilung

Bereitstellung im Werk

Mängelbeseitigung

Erstkontakt

Verkaufsräume Bereitstellung des Vorführwagens

3

Rückfinanzierung bei der Bank

7

8

Leasing/ Finanzierung

VertragsUnterzeichnung

Beratung durch Verkäufer

Probefahrt

9

Benachrichtigung

10 Übernahme des PKW

Gebrauchtwagenbewertung

Preisverhandlung

5

6

Mängelbeseitigung

11

Nachkaufbetreuung

Line of Visibility [Quelle: GELBRICH 2007, S. 621]

Abb. 7-12: •

Blueprint für den Neuwagenkauf

Im Rahmen der Critical-Incident-Technik werden Kunden in standardisierten Interviews gebeten, kritische Ereignisse während eines Dienstleistungsprozesses zu schildern. Kritische Ereignisse sind Schlüsselereignisse innerhalb eines Serviceprozesses, die vom Kunden als außergewöhnlich positive oder negativ empfunden werden. Diese Technik hat sich insbesondere bei Branchen mit einem hohen Interaktionsgrad zwischen Kunde und Anbieter bewährt (in Restaurants, Hotels oder bei Fluggesellschaften).

Neben der Beschwerdeanalyse (siehe Abschnitt 7.7.2) zählt die Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen (kurz: FRAP-Analyse) zu den problemorientierten Analyseverfahren der Qualitätsplanung. Die FRAP-Analyse versucht, Aussagen über die Dringlichkeit der Problemerhebung zu ermitteln. Das Verfahren geht von der Annahme aus, dass ein Problem umso dringender der Aufmerksamkeit durch das Management bedarf, je häufiger es auftritt und je bedeutsamer bzw. ärgerlicher sein Auftreten von den Kunden empfunden wird. Den unterschiedlichen Kundenreaktionen werden entsprechend dem Grad der Verärgerung Skalenwerte zugeordnet und zu einem Relevanzwert verdichtet. Der Relevanzwert wird dem Wert der Problemfrequenz in einer zweidimensionalen Matrix – analog zu Abbildung 7-13 – gegenübergestellt [vgl. MEFFERT/BRUHN 2012, S. 208 f.].

7.5 Qualitätsmanagement

Hoch

423

Speisen sind zu kalt

Lange Wartezeit auf die Getränke

Unfreundliche Bedienung

Problemrelevanz

Tischdecken sind nicht sauber Fehler in der Speisekarte Schlechte Parkmöglichkeiten

Gering Gering

Hoch Problemfrequenz

[Quelle: MEFFERT/BRUHN 2012, S. 209]

Abb. 7-13:

Problemfrequenz/Problemrelevanz-Matrix der FRAP (Restaurantbeispiel)

Ein weiteres Instrument zur internen Qualitätsprüfung von Dienstleistungen ist das Mystery Shopping. Geschulte Testkäufer, die unerkannt als normale Kunden auftreten, nehmen systematisch Leistungen des Unternehmens in Anspruch, um Schwachstellen bei der Leistungserstellung und speziell bei der Interaktion mit Mitarbeitern des Unternehmens aufzudecken. Dabei geht es um eine möglichst objektive Beurteilung von Qualitätsaspekten wie z. B. die Aufmerksamkeit von Verkäufern oder die Freundlichkeit und Kompetenz von Mitarbeitern eines Call-Centers. Neben der Servicequalität im engeren Sinn (Freundlichkeit etc.) können auch die Wachsamkeit bei Ladendiebstahl, Ordnung und Sauberkeit in Verkaufsräumen oder die Individualität einer Anlageberatung einer Bank getestet werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass die dienstleistenden Mitarbeiter nicht merken, dass es sich um Testsituationen handelt. Bei der Ausarbeitung eines Qualitätsmanagementhandbuches wird – ausgehend von den Qualitätszielen des Unternehmens – der gesamte Prozess des internen Qualitätsmanagements fixiert. Es umfasst die Dokumentation der Aufbau- und Prozessstrukturen des Qualitätsmanagements, die Zuständig- und Verantwortlichkeiten, das Ressourcenmanagement sowie die Planung der Realisierungs- und Kundenprozesse. Schließlich ist noch ein Kapitel der Messung, Analyse und Verbesserung der Produkte und Leistungen gewidmet. Qualitätsaudits sollen helfen, Schwachstellen des Qualitätsmanagementsystems aufzudecken. Sie werden in regelmäßigen Abständen entweder intern als Qualitätsrevision oder extern von einer Unternehmensberatung durchgeführt. In jedem Fall bedeutet der Begriff Qualitätsaudit, dass es sich um eine unabhängige Untersuchung durch Experten handelt, d. h. die Auditer dürfen keine direkte Verantwortung in den zu auditierenden Bereichen haben. Die Zertifizierung von Unternehmen steht in einem engen Zusammenhang zum Auditing. Der Zertifizierungsprozess kommt einer Prüfung des Unternehmens durch einen unabhängi-

424

7. Betreuung

gen Dritten gleich. Das schriftliche Zertifikat belegt die Übereinstimmung des Unternehmens mit bestimmten Qualitätsanforderungen oder Qualitätsnormen. Prüfungsgrundlage ist die Norm ISO9000 ff. Das für die Revision der ISO9000 ff. zuständige Komitee hat folgende acht Grundsätze des Qualitätsmanagements identifiziert [vgl. BRUHN 2012a, S. 52]: • • • • • • • •

Kundenorientierte Organisation Führung als Zielsetzungsverantwortliche Einbeziehung der Mitarbeiter Prozessorientierter Ansatz Systemorientierter Managementsansatz Ständige Verbesserung Sachlicher Ansatz zur Entscheidungsfindung Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen.

7.5.4 Neue Maßstäbe der Qualität „Qualität, in ihren klassischen Aspekten, ist zur Commodity geworden, zum Standard, zur Selbstverständlichkeit, zur Routine. Das gilt beim persönlichen Konsum ebenso wie im B2BBereich. Ob Milch im Supermarkt oder Anlagentechnik für Industriekunden – wir können erwarten, Qualität „geliefert“ zu bekommen.“ [RAUCH 2013, S. 24]. Wenn man allerdings die Zufriedenheit mit einem Produkt oder einer Leistung als Ausdruck für Qualität nimmt, dann wird deutlich, dass die Kunden anspruchsvoller werden und schwieriger zufriedenzustellen sind. Sie erwarten immer mehr Leistung für ihr Geld, ohne dass dadurch der Anspruch an Qualität geringer wird. Der Anspruch wandelt und vervielfältigt sich allerdings, nicht zuletzt, weil sich über das Internet so viele neue Einkaufs- und Vergleichsmöglichkeiten aufgetan haben [vgl. RAUCH 2013, S. 36 unter Bezugnahme auf FEIGENBAUM 2007, S. 32]. Damit Qualität auch in Zukunft ein Differenzierungsmerkmal und Erfolgskriterium bleibt, muss das allgemeine Qualitätsverständnis an den Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft anpasst werden. Wie das geschehen soll und wohin sich das zukünftige Qualitätsverständnis entwickeln kann, zeigt – in ersten Ansätzen – Insert 7-08.

7.5 Qualitätsmanagement

425

Insert Die Zukunft der Qualität:

Heute Qualität, Morgen Exzellenz

Qualität und Individualisierung Produkte und Marken müssen nicht mehr nur Grundbedürfnisse befriedigen, sondern zum Lebensstil passen. Das bedeutet für den Einzelnen, dass Qualität dort beginnt, wo der Standard aufhört. Qualität wird vielfach mit der Devise verbunden: besser statt mehr. Für die Dienstleistungsökonomie bedeutet dies, dass nicht Normung, sondern Kreativität gefragt ist. Qualität und Neo-Ökologie Die Zeiten, in denen Produkte allein durch ihre Funktionsweise und Lebensdauer zufriedenstellten, sind vorbei. Der öko-soziale Mehrwert von Produkten wird zum ausschlaggebenden Kaufargument, weil Menschen immer stärker bereit sind, in „gute“ Produkte zu investieren. Fair, grün und nachhaltig – das sind die entscheidenden Qualitätskriterien der Zukunft. Qualität und Vertrauen Je komplexer Organisationen werden und je komplexer ihre Produkte, Produktions- und Arbeitsprozesse, Fertigungsanlagen, Entscheidungswege und Vertriebsketten sind, desto mehr wird das Qualitätsmanagement zum Risikomanagement. Qualität

zu sichern heißt, sich an den neusten Erkenntnissen zu orientieren und stets die Wünsche der Kunden im Blick zu haben. Mehr Qualität durch mehr Transparenz lautet daher die Devise. Qualität und Design Der Kunde von morgen entscheidet sich für Produkte und Dienstleitungen nur noch, wenn diese aus seiner Sicht stimmig sind. Die wahrgenommene Qualität ist daher von verschiedenen Aspekten abhängig: Optik, Haptik, Verarbeitung – das gesamte Design inklusive Usability und dem Service vor, während und nach dem Kauf. Produkte müssen nicht mehr nur einfach „funktionieren“, sie müssen smart sein.

Qualität und Gesundheit Lange Zeit war die oberste Maxime, dass Produkte und Prozesse nicht krank machten, also die Gesundheit nicht schädigen. Das reicht inzwischen nicht mehr aus: Menschen wünschen sich Angebote, die gesundheitsfördernd sind. Je stärker das psychosoziale Wohlbefinden ins Zentrum des öffentlichen Diskurses rückt, wie die Burn-outDebatte zeigt, umso mehr wächst das Interesse am gesundheitlichen Mehrwert.

[Quelle: Gekürzte Fassung der Pressemitteilung vom .3. Juli 2013 „Neue Studie: Zukunft der Qualität“ vom ZUKUNFTSINSTITUT]

Insert 7-08: „Die Zukunft der Qualität: Heute Qualität, Morgen Exzellenz“

426

7.6

7. Betreuung

Servicemanagement

7.6.1 Wesen und Ziele Noch vor wenigen Jahren wurde im deutschsprachigen Raum Servicemanagement oder Kundenservice geichgesetzt mit dem Angebot technischer Kundendienstleistungen, das mehr oder weniger auf erklärungs- bzw. beratungsbedürftige Produkte beschränkt war. Heutzutage hat der Kundenservice aber nicht nur die Funktion, eine möglichst einfache (problemlose) Nutzung eines Produktes oder einer Dienstleistung sicherzustellen und als Anlaufstelle für den Kunden im Störungsfall für die entsprechende Reparatur zu sorgen. Der Kundenservice „als Schnittstelle mit der höchsten Kontaktintensität zwischen Unternehmen und Kunde“ [DETECON 2010, S. 12] hat sich vielmehr zu einem wesentlichen Differenzierungsfaktor im Wettbewerb entwickelt. Einer Kundenstudie zur Folge, geben 69 Prozent aller Befragten an, im Falle von mangelhaftem Service eine Geschäftsbeziehung ganz zu beenden [vgl. DETECON 2010, S. 12 unter Bezugnahme auf OVUM 2010]. Mit dem Bedeutungszuwachs der Serviceleistungen auch im B2C-Bereich wird deutlich, dass in vielen Fällen keine scharfe Trennung von Sachgütern und Dienstleistungen möglich ist. Oft besteht die eigentliche Problemlösungskraft sogar in der engen Verzahnung zwischen Sachund Dienstleitung. Zur Veranschaulichung des kontinuierlichen Spektrums zwischen Güterund Dienstleistungen dient der in Abbildung 7-14 dargestellte Marketing-Verbund-Kasten. Marketing von Konsumgütern

Marketing von Investitionsgütern

Marketing von Dienstleistungen

Anteil Sachleistungen

Sachleistungen

Dienstleistungen

Anteil Dienstleistungen

ProblemErklärungs- WartungsEDVPlanung Vermittlung loses bedürftiges intensives Anlage und Bau von Verbrauchs- Gebrauchs- Investitionseiner Immobilien gut gut gut Großanlage [Quelle: HILKE 1989, S. 7]

Abb. 7-14:

Marketing-Verbund-Kasten

Autoreparatur

Haarschneiden; Marktforschung

Ärztliche Beratung einer Person

7.6 Servicemanagement

427

Auf der linken Seite des Marketing-Verbund-Kastens werden die angebotenen Sachleistungen von oben nach unten abgetragen, auf der anderen Seite die angebotenen Dienstleistungen von unten nach oben gemessen. Auf diese Weise lässt sich in der Senkrechten darstellen, in welchem Umfange sich ein bestimmtes Angebot aus Sach- und Dienstleistungen zusammensetzt, um für einen (potenziellen) Kunden eine vollständige Problemlösung zu bedeuten. Bei der grafischen Darstellung darf die Begrenzungslinie nicht als Diagonale durch den MarketingVerbund-Kasten dargestellt werden. Da es kaum denkbar ist, dass eine Sachleistung ohne jegliche Dienstleistung absetzbar ist, beginnt die Begrenzungslinie etwas oberhalb der linken unteren Ecke des Kastens. Andererseits zeigen die Beispiele, dass eine Absatzleistung zu 100 Prozent ausschließlich aus Dienstleistungen bestehen kann. Daher kann die Begrenzungslinie links vom oberen rechten Eckpunkt enden. Außerdem sollen die in der Abbildung aufgeführten Beispiele den engen Verbund zwischen Sach- und Dienstleistungen veranschaulichen [vgl. LIPPOLD 1997, S. 38 f.].

7.6.2 Instrumente des Servicemanagements 7.6.2.1 Klassische Instrumente

Die bekannten (klassischen) Instrumente des Servicemanagements werden vor allem im Handelsbereich unter dem Begriff „Servicepolitik“ zusammengefasst. Darunter werden alle Neben-, Zusatz- und Ergänzungsleistungen verstanden, die bislang vornehmlich der Handel anbietet, um den Produktabsatz zu unterstützen und zu fördern. Diese Serviceleistungen lassen sich in • • • • •

Beschaffungsservice, Informationsservice, Anpassungsservice, Erhaltungsservice und Risikoerhaltungsservice

unterscheiden. In Abbildung 7-15 sind diese Servicegruppen mit entsprechenden Beispielen und Nutzenkriterien zusammengestellt. Bei diesen Servicegruppen handelt es sich um Servicemaßnahmen mit direktem Produktbezug. Unter Servicemaßnahmen ohne direkten Produktbezug fallen Parkplätze, Rolltreppen, sanitäre Anlagen oder eine spezielle Kinderbetreuung [vgl. AHLERT/BERENTZEN 2010, S. 41 f.].

428

7. Betreuung

Servicegruppe

Beispiele

Nutzen

Beschaffungsservice

Bestellservice, Abholservice, Lieferservice etc.

Verminderung des Beschaffungsaufwandes des Kunden

Informationsservice

Planungsservice, Schulungen, Produkttests, Beratung etc.

Beseitigung von Unkenntnis und Hemmungen beim Kunden

Anpassungsservice

Installation, Montage, Änderungen etc.

Anpassungen an die spezifischen Kundenwünsche

Erhaltungsservice

Wartung, Reparatur, Aufbewahrung etc.

Werterhaltung des Produktes nach dem Kauf

Risikosicherungsservice

Tiefpreis-, Frische-, Herkunfts-, Qualitäts-, Umtausch-, Rücknahmegarantie, Kulanz etc.

Verminderung des Kaufrisikos

[Quelle: AHLERT/BERENTZEN 2010, S. 41]

Abb. 7-15:

Klassische Servicemaßnahmen

7.6.2.2 Moderne Instrumente

Die zunehmende Bedeutung von Serviceleistungen zur Sicherstellung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung ist unbestritten. So wird der Kundenservice auch häufig als die „Visitenkarte“ des Unternehmens bezeichnet. Nun geht es für den Anbieter in der Zukunft darum, eine exzellente Kundenzufriedenheit mit einem Kundenservice zu erzielen, der auch unter der Nebenbedingung höchster Kosteneffizienz wettbewerbsfähig ist. Hierzu kommt den Unternehmen die fortschreitende Entwicklung und Vernetzung von Informationstechnologien entgegen. Elektronische Dienstleistungen bzw. so genannte E-Services werden für die anbietenden Unternehmen – insbesondere auch im B2C-Bereich – immer wichtiger. Unter der Vielzahl der Instrumente, die einem modernen Servicemanagement zur Verfügung steht, werden mit dem Customer-Self-Service und dem Social Media zwei Instrumente vorgestellt, die bereits heute wichtige Bausteine in der Multikanal-Landschaft darstellen [vgl. DETECON 2010, S. 6 ff.]: Self-Services sind automatisierte Serviceleistungen, die ohne Beteiligung eines Dritten durch den Kunden allein bedient werden können. Der nachgelagerte Serviceprozess funktioniert systemgestützt, so dass der Kunde die Serviceleistung eigenständig abrufen kann. Diese Services entsprechen dem verstärkten Kundenwunsch nach stärkerer Autonomie und ständiger Erreichbarkeit. Sie steigern die Effizienz für den Anbieter, weil sie keine bzw. nur geringe Kapazitäten binden. So verursacht eine automatisierte Self-Service-Transaktion nur etwa 15 Prozent der Kosten eines persönlichen Kundenkontakts. Self-Services werden daher die Ser-

7.6 Servicemanagement

429

vicekultur branchenübergreifend mitprägen und definieren einen bedeutenden Trend für den Kundenservice der Zukunft. Self-Service-Technologien (STT) haben vielfältige Erscheinungsformen. Sie reichen vom Telefon-Banking bis zur Steuererklärungssoftware. Eine umfassende Klassifikationsmöglichkeit aus Unternehmenssicht bietet Abbildung 7-16 an. Die Self-Service Technologien werden dabei nach dem jeweiligen Zweck (Kundenservice, Transaktion, Selbsthilfe) und der technologischen Schnittstelle (Telefon, Internet, interaktive Automaten) unterschieden. Schnittstelle Telefon

Online/Internet

Zweck Kundenservice

• Telefon-Banking

• Paketverfolgung

• Geldautomat

• Fluginformationen

• Kontoinformation

• Hotel Check-in/out

• Bestellstatusabfrage

Transaktion

Interaktive Automaten

Video/CD

• Flug/Bahn Check-in

• Telefon-Banking

• Online-Shopping

• Tankstellenautomat

• Rezeptausstellung

• Online-Banking

• Hotel Check-in/out • Flug/Bahn Check-in • Autovermietung • SB-Kasse

Selbsthilfe

• Telefon-Hotline

• Informationssuche

• Blutdruckmessgerät

• Fernstudium

• Flug-/ Bahninformationen

• Steuererklärungssoftware • TV/CD basiertes Lernen

[Quelle: in Anlehnung an SCHLIEWE 2011, S. 24 unter Bezugnahme auf MEUTER et al. 2000, S. 52]

Abb. 7-16:

Kategorisierung von Self-Service-Technologien

Einem Großteil der Self-Service-Technologien liegt die aus dem Einzelhandel stammende Idee zugrunde, bestimmte Leistungsaktivitäten durch Selbstbedienung auf den Kunden zu verlagern. Self-Service-Technologien werden eingesetzt, um dem steigenden Wettbewerbsund Kostendruck entgegenzuwirken, denn automatisierte Leistungserstellungen bringen Personaleinsparungen mit sich, sind schneller, preisgünstiger, zeitlich und örtlich flexibler sowie in standardisierter Form und konstanter Qualität unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiterkontakte. Für den Kunden haben diese Technologien den Vorteil, dass er mehr Autonomie und mehr Freiräume erhält. Als reine Mensch-Maschine-Interaktion beinhalten diese Technologien keinen persönlichen Kontakt zwischen Kunden und Mitarbeitern des Unternehmens. So übernehmen so genannte Kiosk-Systeme im Einzelhandel oder am stark frequentierten Orten Informationsfunktionen. An Flughäfen und in Hotels können Check-in oder Check-out bereits über Selbstbedienungsterminals abgewickelt werden. In Fast-Food-Restaurants stellt der Gast sein Menü am Bildschirm zusammen, bezahlt mit Kreditkarte und holt schließlich sein Essen am Schalter ab und im Mietwagenbereich erspart das Selbstbedienungsterminal den Gang zum Check-in-Schalter [vgl. BÜTTGEN 2012, S. 36]. In Insert 7-09 sind einige besonders markante Self-Service-Anwendungen bildlich zusammen gestellt.

430

7. Betreuung

Insert

Interaktives Kiosksystem im Einzelhandel mit integriertem Drucker zur Selbstinformation des Kunden

Kiosksysteme mit Touchscreenfunktion, die in der Scheibe integriert ist

Mit dem Lufthansa Check-in Automat können Fluggäste mit ihrer Buchungsnummer, ihrem Ausweis oder mit der Vielfliegerkarte einchecken

Automatisiertes Bestellsystem in einem Fast-Food-Restaurant

Selbstbedienungs-Terminal im Mietwagenbereich, bei dem bei einer bestehenden Reservierung der Gang zum Check-in Schalter entfallen kann

Insert 7-09: Formen von Self-Service-Technologien Allerdings finden Self-Service-Technologien nicht bei allen Kunden ungeteilte Zustimmung. So beeinflussen die kundenseitig wahrgenommene Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit,

7.6 Servicemanagement

431

Schnelligkeit und Anwendungsfreundlichkeit die Akzeptanz solcher Systeme. Häufig ist es aber auch das Bedürfnis des Kunden nach persönlichem Kontakt oder Hilfestellung sowie mangelnde Reklamationsmöglichkeiten bei Pannen, die die gewünschte Akzeptanz beeinflussen. Besonders die Unpersönlichkeit solcher Technologien ist der Grund dafür, dass sich die Anbieter bei der Einführung von Self-Service-Technologien bewusst sein müssen, dass die Erzeugung der Kundenakzeptanz zumeist einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt [vgl. BÜTTGEN 2012, S. 37]. Auch soziale Netzwerke, Blogs, Communities oder Wikis, die allgemein unter dem Begriff Social Media zusammengefasst werden und die aus der Web-Landschaft nicht mehr wegzudenken sind, werden zunehmend als Servicekanal integriert. Denn auf den interaktiven Social Media-Plattformen werden auch Erfahrungen mit Serviceleistungen ausgetauscht. An diesem Meinungstransfer aktiv zu partizipieren, ihn zu moderieren, wird ein wichtiges Merkmal des Kundenservice der Zukunft sein. Eine besondere Ausprägung ist in diesem Zusammenhang das so genannte Social Commerce (Empfehlungshandel), bei der die aktive Beteiligung der Kunden und die persönliche Beziehung sowie die Kommunikation der Kunden untereinander im Vordergrund stehen. Erscheinungsformen des Social Commerce sind: •

Kaufempfehlungen oder Kommentare anderer Kunden (engl. Recommendations), die durch Einkaufslisten mit Lieblingsangeboten in Weblogs veröffentlicht werden;



Social-Commerce-Portale, auf denen Händler und Produkte bewertet werden können (z.B. AMAZON, EBAY) und die von Recommendation-Engines analysiert werden;



Eigene Gestaltung von Produkten und deren Vertrieb über Shop-Systeme auf privaten Homepages.

7.6.3 Kundenservice der Zukunft Drei Stufen sind es, in denen sich nach Ansicht der Berater von DETECON [2010] der Kundendienst weiterentwickeln wird. Dieser Entwicklungsprozess ist in Abbildung 7-17 dargestellt:

432

7. Betreuung

Pull: Kollaboration mit Unternehmen und anderen Usern/Kunden

Entwicklungsgrad

• Aktive Partizipation des Kunden am Serviceprozess • Customer Feedback Management → z. B. über Blogs, Wikis, Social Networks etc.

Interaktion mit Unternehmen • Zunehmende Automatisierung des Kunden • Kanalerweiterung • Ausbreitung Self Services → z. B. über Webportale, Lingubots, natürlich-sprachliche Dialogsysteme, IVVR

Push: Informationslieferung von Unternehmen • Service-Automatisierung • Bereitstellung von Informationen • Abruf von standardisierten Serviceleistungen → z. B. FAQ

Zeit [Quelle: DETECON 2010, S. 19]

Abb. 7-17:

Von Push zu Pull mit Self-Services und Social Media

Erste Stufe: Diese Grundstufe des Kundenservice ist die reine Lieferung von Informationen vom Unternehmen an den Kunden. „Per Knopfdruck“ können standardisierte Antworten auf häufig gestellte Kundenfragen abgerufen werden. In dieser „Grundstufe“ des Self Service wird der Kunde befähigt, die Antwort auf bestimmte Fragen selbst zu generieren. Die automatisierte Informationsbereitstellung ermöglicht es Unternehmen, Effizienzgewinne zu erzielen, weil telefonische Kundenkontakte reduziert werden können. Für den Kunden ergibt sich der Vorteil, dass er selbst schnell und ohne fremde Hilfe an eine Information gelangt. Er kann alle Informationen leicht finden und sie nach eigenem Wunsch aktiv rund um die Uhr abrufen. Ein Beispiel für diese standardisierte Serviceleistung sind Frequently Asked Questions, kurz FAQs genannt. Diese erste Stufe, in der das Unternehmen proaktiv Informationen bereitstellt, entspricht somit einer Push-Strategie. Zweite Stufe: In der zweiten Entwicklungsstufe des Kundenservice wird der Kunde zunehmend in das Servicegeschehen eingebunden. Die Interaktion zwischen Unternehmen und Kunde steht im Mittelpunkt. Das Angebot an Self-Services wird ausgebaut und geht über die einfache standardisierte Abwicklung von Informationsabfragen hinaus. Das Web wird zum zentralen „Umschlagplatz“ für Serviceleistungen. Drei Beispiele hierzu: •

Ein Beispiel ist die Weiterentwicklung von Self-Services im Rahmen von Sprachportalen. Sie erfolgt durch Systeme, die in der Lage sind, einen interaktiven und komfortablen Dialog anzubieten, der von seiner Funktionalität an den persönlichen Kontakt mit einem Kundenservicemitarbeiter heranreicht.

7.6 Servicemanagement

433



Eine Möglichkeit zur Unterstützung des Telefonkontaktes stellen dialog-basierte Interactive Voice Video Response Systeme (kurz IVVR oder Video IVR) dar. Diese Entwicklung wird durch die weiter steigende Nutzung von 3G-kompatiblen Smartphones verstärkt und ermöglicht Unternehmen, ihren Kunden mit Hilfe von Echtzeitvideos zusätzliche Informationen oder Anleitungen visuell zur Verfügung zu stellen.



Die visuelle Unterstützung des Kundenservice kann über sogenannte virtuelle Serviceberater in Form von Lingubots, Chatbots oder Pandorabots erfolgen, die Kunden im Internet beratend zur Seite stehen. Es handelt sich um interaktive Figuren auf Webseiten, denen man über ein Textfeld eine Frage stellen kann, die sie dann – mehr oder weniger treffend – beantworten. Die Lingubots sind ein quasi-menschliches Bindeglied zwischen dem Besucher einer Webseite und dem Betreiber der Seite, der bestimmte Produkte oder Dienstleistungen anbietet. Anstatt sich durch die vorgegebene Menüstruktur zu hangeln, kann der Besucher seine Frage einfach dem Lingubot stellen (siehe hierzu auch das Best Practice Beispiel in Insert 7-08).

Dritte Stufe: In der dritten Entwicklungsstufe des Kundenservice liegt der Fokus auf Interaktion und Vernetzung zwischen Kunde und Unternehmen sowie Kunde und Kunde. Für den Kundenservice der Zukunft bedeutet dies, dass Kunden bei Serviceanfragen nicht immer direkt das Unternehmen kontaktieren müssen, sondern sich gegenseitig helfen können. Das führt zu einer gesteigerten Autonomie des Kunden. Diese Autonomie resultiert z.B. daraus, dass der Kunde mit der Verfügbarkeit von Social Media-Tools selbstständig nach Antworten auf servicespezifische Fragen suchen kann. Auch kann er anderen Kunden in Blogs oder sozialen Netzwerken Rat bei Serviceanfragen geben. Damit geht der Trend hin zur Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kunde und den Kunden untereinander. Statt One-to-OneKommunikation heißt es jetzt Many-to-Many-Kommunikation. Durch die Nutzung neuer Kanäle wie Communities und Wikis erhöht sich auch die Kommunikationsgeschwindigkeit. Diese dritte Stufe, in der sich der Kunde verstärkt die Informationen beschafft, die er sucht und aktiv mit den Unternehmen und anderen Kunden über Social Media-Tools zusammenarbeitet entspricht somit einer Pull-Strategie.

7.6.4 Best Practices Im Folgenden wird anhand von Best Practices aufgezeigt, mit welchen Self-Services und Social Media-Tools serviceorientierte Unternehmen ihren Kundenservice bereits heute neu gestalten. „Frag einfach Anna“ ist das Zauberwort, das IKEA seinen Kunden anbietet, wenn diese einmal nicht so recht weiterwissen (siehe Insert 7-10).

434

7. Betreuung

Insert Frag einfach Anna

Die visuelle Unterstützung des Kundenservices kann, wie das Beispiel von IKEA anschaulich zeigt, über sogenannte virtuelle Serviceberater in Form von Lingubots oder Chatbots erfolgen. Diese virtuellen Serviceberater unterstützen den Kunden bei der Suche nach Informationen, indem eingegebene Fragen analysiert und passend beantwortet und wenn möglich zeitgleich die gewünschten Informationen auf der Internetseite anzeigt werden. Bei der Gestaltung von Lingubots sollte darauf geachtet werden, dass der virtuelle Serviceberater in Form eines computergenerierten Avatars oder eines Menschen Emotionen ausdrücken kann und einen natürlich sprachlichen Dialog ermöglicht.

Ein Beispiel aus der Praxis ist Anna von IKEA. Aber auch andere Unternehmen oder Institutionen, wie z.B. der Deutsche Immobilienservice („Bob“) oder Yello-Strom („Eve“) nutzen Lingubots zum Beantworten von Fragen. Diese Lingubots haben eine Gemeinsamkeit: Sie navigieren ihre Nutzer durch die Internetseite und zeigen relevante Antworten entweder in einem separaten Fenster oder direkt auf der Internetseite. Anna beispielsweise öffnet die entsprechende Seite der IKEA-Internetpräsenz und fragt den Nutzer nach weiteren Eingaben, wenn verschiedene Informationen zu der gestellten Frage zur Verfügung stehen.

[Quelle: modifiziert nach DETECON 2010, S. 23 f.]

Insert 7-10: „Frag einfach Anna“ Die Sparkassen bieten ihren Kunden einen mobilen Self-Service an, mit der der SmartphoneBenutzer problemlos seine Überweisungen tätigen kann (siehe Insert 7-11).

7.6 Servicemanagement

435

Insert Alle Konten auf einen Blick – sogar von verschiedenen Institutionen

Eine weitere Möglichkeit, den Bedürfnissen der Kunden nach ständiger Verfügbarkeit zu genügen, stellen mobile Self-Services dar. Hier hat der Kunde jederzeit die Möglichkeit, über sein mobiles Endgerät Self-Service-Anwendungen zu nutzen. Bevor Unternehmen jedoch mobile Self-Services zur Verfügung stellen, sollte überprüft werden, ob die eigenen Kunden überhaupt eine Affinität für mobile Anwendungen aufweisen und über diesen Service erreicht werden können. Wenn dies der Fall ist, können einfache, komfortable und verbraucherfreundliche mobile Anwendungen, wie das Beispiel der Sparkasse, zur Verbesserung des Kundenservices und zur Positionierung des eigenen Unternehmens genutzt werden. Zugeschnitten auf mobile Bedürfnisse sind bereits unterschiedlichste SelfService-Anwendungen. Der Sparkassenverband bietet seinen Kunden zum Beispiel S-Banking und S-Finanzstatus an. Hiermit können Kontostände und Umsätze von allen Konten bei unterschied-

lichen Sparkassen und Banken aufgerufen oder Überweisungen getätigt werden. Viele solcher Angebote werden bereits als selbstverständlich angesehen und regelrecht erwartet. Wenn Kunden Self-Services dennoch nicht nutzen, liegt dies meist nicht an der Technologie, sondern eher daran, dass Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer Daten bestehen. Entsprechende Meldungen über Datenmissbräuche verstärken die Besorgnis über den Diebstahl persönlicher Daten und den Wunsch nach einer verbesserten Datensicherheit. Die größten Sicherheitsbedenken werden dabei bei Geschäftsbeziehungen zu Finanzdienstleistungs- oder Telekommunikationsunternehmen gesehen, da mit diesen meist besonders sensible Daten ausgetauscht werden müssen. Viele Verbraucher würden daher den Einsatz von sprach biometrischen Authentifizierungsmöglichkeiten begrüßen, weil diese für sie eine besonders bequeme Art der sicheren Identitätsprüfung darstellen.

[Quelle: modifiziert nach DETECON 2010, S. 26]

Insert 7-11: „Alle Konten auf einen Blick – sogar von verschiedenen Institutionen“

436

7. Betreuung

Am Beispiel von NIKE wird deutlich, wie der Sportartikelhersteller eine Social Community als zentrale Serviceplattform für seine Produkte nutzt. Dabei bietet das Unternehmen seinen Kunden die Möglichkeit, auch mit anderen Kunden zusammenzuarbeiten (siehe 7-12).

Insert Kollaboration mit dem Anbieter und anderen Kunden

Die Nutzung sozialer Netzwerke für den Kundenservice, bzw. insbesondere die Pflege von Serviceprofilen in bekannten Netzwerken, ist insbesondere in der jungen Zielgruppe sehr bekanntheitsfördernd. Dabei ist der Aufbau eines Profils nicht sehr aufwändig und vergleichsweise kostengünstig. Mit dem alleinigen Aufbau eines sozialen Netzwerks ist es jedoch nicht getan. Von großer Bedeutung sind die konstante Aktualisierung dieses Profils und das kollaborative Management dieser Plattformen. Kollaboratives Management meint in diesem Zusammen-

hang das ständige Interagieren mit Kunden und Interessenten in einer Sprache, die authentisch ist. Ebenso sollte auch darauf geachtet werden, dass der Kunde den Zugriff auf die für ihn relevanten Serviceinhalte einfach gestalten kann. Dazu ist es ratsam, RSS-Dienste zu verwenden. NIKE bietet seinen Kunden über eine integrierte Serviceplattform eine Vielzahl von Kollaborationsmöglichkeiten mit dem Unternehmen und mit anderen Kunden an. Bei NIKE liegt der Fokus insbesondere auf der Imagebildung und der Interaktion mit anderen Nutzern.

[Quelle: modifiziert nach DETECON 2010, S. 23 f.]

Insert 7-12: „Kollaboration mit dem Anbieter und anderen Kunden“

7.7 Beschwerdemanagement

7.7

437

Beschwerdemanagement

7.7.1 Wesen und Ziele Nachdem der Kunde ein Produkt gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen hat, kann sich seine Beziehung zum Unternehmen in zwei (gegenläufige) Richtungen bewegen [vgl. BRUHN 2012, S. 139]: •

Ist der Kunde durch den Kauf nachhaltig zufriedengestellt, so entwickelt sich die Beziehung in Richtung Kundenzufriedenheit und es besteht die gute Chance, das der zufriedene Kunde weitere Leistungen des Unternehmens in Anspruch nimmt und sogar Freunden und Bekannten das Produkt- und Dienstleistungsangebot dieses Unternehmens weiterempfiehlt. In dieser idealtypischen Situation steigt mit zunehmender Dauer die Stärke der Kundenbeziehung und der Kunde entwickelt sich zum Sympathisanten und vom Sympathisanten zum Enthusiasten, der dann letztlich begeistert für die Produkte und Leistungen des Unternehmens eintritt.



Gelingt es dem Unternehmen dagegen nicht, den Kunden mit diesem Kauf zufrieden zu stellen, so entwickelt sich aus der Kundenunzufriedenheit in der Regel eine nicht idealtypische Kundenbeziehung. Es besteht die Gefahr, dass der Kunde nicht nur abwandert, sondern während oder nach der Abwanderung andere potenzielle oder aktuelle Kunden von einem Kauf des Produktes abrät. Im Extremfall ist es möglich, dass sich der Kunde vom Wackelkandidaten zum Terroristen gegenüber dem Unternehmen entwickelt.

Abbildung 7-18 fasst die beiden gegenläufigen Richtungen der Kundenbeziehung zusammen. Stärke der Kundenbeziehung

Zufriedene Kunden Enthusiast Sympathisant Kunde Aspirant

Interessent

Wackelkandidat Terrorist Unzufriedene Kunden

Dauer der Kundenbeziehung [Quelle: in Anlehnung an BRUHN 2009, S. 7]

Abb. 7-18:

Mögliche Richtungen der Kundenbeziehung

438

7. Betreuung

Genau um diese nicht idealtypische Situation geht es, wenn ein nicht zufriedener Kunde versucht, seinen Unmut in Form einer Beschwerde zu formulieren. Beschwerden zeigen dem Unternehmen aber nicht nur die Schwachstellen seiner Produkte und Dienstleistungen, sondern darüber hinaus, dass ein sich beschwerender Kunde durchaus den Wunsch haben kann, bei seinem aktuellen Anbieter zu verbleiben. Wohingegen ein großer Teil unzufriedener Kunden, der sich nicht beschwert, „lautlos“ abwandert und zusätzlich seine Unzufriedenheit anderen mitteilt. Insofern kann ein Kunde, der seine Unzufriedenheit artikuliert, mit einem relativ geringen Aufwand wieder an das Unternehmen gebunden werden, wenn es dem Unternehmen gelingt, das artikulierte Problem inhaltlich und innerhalb eines akzeptablen Zeitraums zu lösen. Die Wiederherstellung der Zufriedenheit eines Beschwerdeführers ist häufig weniger aufwändig, als einen neuen Kunden zu akquirieren oder einen bereits abgewanderten Kunden zu gewinnen. Insofern leistet ein aktives Beschwerdemanagement einen nicht unbeachtlichen Beitrag zur Steigerung der Kundenzufriedenheit eines Unternehmens [vgl. BRUHN 2012, S. 140 ff. unter Bezugnahme auf JESCHKE 1997 und STAUSS/SEIDEL 2007]. Beschwerdemanagement in diesem Sinne ist die anbieterseitige Behandlung der formulierten Unzufriedenheit von Kunden oder sonstigen Anspruchsgruppen mit dem Ziel, die Kundenzufriedenheit (engl. Customer Satisfaction) wieder herzustellen. Die Reklamation kann als Sonderfall der Beschwerde angesehen werden, da aus der Reklamation ein konkreter Rechtsanspruch des Beschwerdeführers gegenüber dem anbietenden Unternehmen abgeleitet werden kann [vgl. HANSEN et al. 1995, S. 77]. In diesem Zusammenhang sei auf das so genannte „Beschwerdeparadoxon“ hingewiesen. Es besagt, dass Kunden nach einer geführten Beschwerde, die zu ihrer Zufriedenheit bearbeitet wurde, zufriedener sind, als sie vor Auftreten des Beschwerdegrundes waren [vgl. BRUHN 2012, S. 143]. Mit dem Beschwerdemanagement werden unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt [vgl. GÜNTER 2012, S. 331]: •

Reparaturfunktion: Hier steht die unmittelbare Behebung eines Kundenproblems im Vordergrund, besonders im rein reaktiven Beschwerdemanagement. Das Ziel besteht darin, über das „Ausbessern“ der Versäumnisse eine erhöhte Kundenbindung zu erreichen.



Lernfunktion: Die zweite Zielsetzung ist das Bestreben, über die Auswertung von Leistungsdefiziten Verbesserungspotenziale für Innovationen und Weiterentwicklungen zu gewinnen.



Anreizfunktion: Bei dieser controlling-orientierten Zielsetzung geht es darum, Messgrößen bzw. Kennzahlen (engl. Benchmarks) für die Service- und Vertriebssteuerung und für das Personalmanagement zu finden.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich ein aktives und systematisches Beschwerdemanagement vornehmlich an Kunden wendet, die Wiederholungskäufe tätigen (sollen). Damit sind schwerpunktmäßig Unternehmen im B2C-Bereich adressiert. Gleichwohl werden auch B2B-Anbieter Beschwerden professionell behandeln müssen, wenngleich – bedingt durch die Einmaligkeit und Besonderheit vieler Geschäftsbeziehungen – Beschwerden in einer anderen

7.7 Beschwerdemanagement

439

Umgebung und unter anderen Bedingungen behandelt werden müssen und daher weniger Gegenstand der nachstehenden Prozessbetrachtung sind.

7.7.2 Beschwerdeprozess Im Rahmen eines aktiven Beschwerdemanagements muss festgelegt werden, welche Aufgaben das Beschwerdemanagement konkret wahrzunehmen hat. Bei einer prozessbezogenen Sicht lassen sich fünf Aufgabenbereiche unterscheiden [vgl. BRUHN 2012, S. 148 ff. unter Bezugnahme auf STAUSS/SEIDEL 2007]: • • • • •

Beschwerdeanregung Beschwerdeannahme Beschwerdebearbeitung Beschwerdereaktion Beschwerdeverarbeitung.

Abbildung 7-19 gibt einen Überblick über die Einordnung der einzelnen Prozesselemente in das Beschwerdemanagement.

Unzufriedener Kunde

Beschwerdeanregung

Beschwerdeannahme

Beschwerdebearbeitung

Beschwerdereaktion

Beschwerdeverarbeitung

• Festlegen des • Festlegen BeschwerdeZuständigweges keiten

• Analyse der Beschwerdeursachen

• Festlegen Zeitraum der Reaktion

• Dokumentieren der Beschwerden

• Bewusstsein bei Mitarbeitern schaffen

• Weiterleiten der Beschwerdeinformationen

• Festlegen Form und Inhalt der Reaktion

• Auswerten der Beschwerden

• Definieren Verhaltensrichtlinien

Zufriedener Kunde

[Quelle: in Anlehnung an STAUSS/SEIDEL 2007, S. 82]

Abb. 7-19:

Prozess des Beschwerdemanagements

7.7.2.1 Beschwerdeanregung

Der Teilprozess Beschwerdeanregung (auch Beschwerdestimulierung) umfasst alle Aktivitäten, die den Kunden zur Artikulation einer Beschwerde aufgrund bestehender Unzufriedenheit bewegen sollen. Die Hauptaufgabe dieses Teilprozesses besteht darin, die Voraussetzungen und Grundlagen für eine leichte und unkomplizierte Beschwerdeführung zu schaffen und im Innenverhältnis das Bewusstsein der Mitarbeiter für den Informationswert einer Beschwerde zu stärken. Im Mittelpunkt steht dabei die Festlegung und Organisation des Beschwerdeweges. Folgende Beschwerdewege (auch Beschwerdekanäle) kommen in Betracht [vgl. BRUHN 2012, S. 150 ff.]:

440

7. Betreuung



Der mündliche Beschwerdeweg kann über eine aktive Aufforderung („Haben Sie einen Vorschlag zur Verbesserung unserer Leistungen?“) oder durch die Einrichtung von Kundenforen (engl. Consumer Panel) umgesetzt werden.



Der schriftliche Beschwerdeweg findet traditionell über Fragebogen oder Meinungskarten statt. Auf standardisierten Vordrucken, die leicht zugänglich sind, kann der Kunde seine Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit sowie weitere Bemerkungen schriftlich darstellen. Durch den Einwurf in einen eigens dafür vorgesehenen „Meckerkasten“ oder durch Abgabe beim Personal wird der Beschwerdeprozess eingeleitet.



Beim telefonischen Beschwerdeweg hat sich die Einrichtung von gebührenfreien Servicetelefonen weitgehend durchgesetzt. Die telefonische Kontaktaufnahme hat gegenüber der schriftlichen Befragung den Vorteil, dass sich der zeitliche Aufwand bei der Beschwerdeführung, der Beschwerdebearbeitung und der Beschwerdereaktion deutlich reduziert.



Zu den Online-Beschwerdewegen zählen die Beschwerden per E-Mail oder per Internet sowie die Kommunikation über Social Media-Plattformen. Bei Online-Beschwerden bestehen keine Erreichbarkeitsprobleme und geringere Dialogbarrieren, so dass zusätzliche Beschwerden gefördert werden. Besonders wirkungsvoll sind Unternehmensblogs, die schnelle Reaktionszeiten ermöglichen und den Mitarbeitern des Unternehmens die Möglichkeit bieten, proaktiv auf Kunden zuzugehen, die sich kritisch über Produkte oder Leistungen äußern.

Generell lässt sich feststellen, dass der mündliche Beschwerdeweg häufiger im Dienstleistungsbereich zu beobachten ist, während schriftliche und telefonische Beschwerdewege eher in den Konsumgüterbranchen praktiziert werden. Die Online-Beschwerdewege haben in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und werden in nahezu allen Branchen eingesetzt. 7.7.2.2 Beschwerdeannahme

Die Beschwerdeannahme ist die zweite Phase des Beschwerdeprozesses. Dabei steht die Zuständigkeit für die Beschwerdeannahme, die vollständige und systematische Erfassung der Beschwerdeinformationen und das Verhalten der Mitarbeiter während der Beschwerdeannahme im Vordergrund. Die Zuständigkeit der Beschwerdeannahme ist abhängig von der generellen Organisationsform des Unternehmens (zentral/dezentral) und von der Organisation der Beschwerdewege. Bei dezentral organisierten Unternehmen und mündlichen Beschwerden wird häufig das Prinzip der so genannten „Complaint Ownership“ angewandt. Das Prinzip bedeutet, dass jeder Mitarbeiter, demgegenüber die Beschwerde geäußert wird oder der auch nur zufällig vom Kundenproblem erfährt, Eigentümer (engl. Owner) des Problems und damit für die Bearbeitung und Klärung zuständig ist. Beim schriftlichen, telefonischen und Online-Beschwerdeweg liegt die Zuständigkeit für die Beschwerdeannahme regelmäßig bei Mitarbeitern einer zentralen Beschwerdeabteilung (engl. Customer Care Center).

7.7 Beschwerdemanagement

441

Um die Beschwerdeinformationen bestmöglich zu erfassen, werden standardisierte Formblätter bzw. Eingabemasken eingesetzt. Ohnehin bietet sich die Einführung eines softwaregestützten Systems an, das neben der Erfassung auch die Weiterleitung und Auswertung der Beschwerdeinformationen sicherstellen kann. Das Verhalten der Mitarbeiter nimmt im Teilprozess Beschwerdeannahme eine zentrale Rolle ein, da in dieser Phase oftmals bereits über den Grad der späteren Kundenzufriedenheit entschieden wird. In entsprechenden Schulungen und Rollenspielen können verschiedene Verhaltensweisen und die aufgestellten Beschwerdemanagement-Spielregeln trainiert werden. 7.7.2.3 Beschwerdebearbeitung

Der dritte Teilprozess umfasst alle Maßnahmen, die unternehmensintern als Konsequenz auf eine Kundenbeschwerde ergriffen werden. Im ersten Schritt der Beschwerdebearbeitung müssen die Auslöser und Ursachen der Beschwerde analysiert werden. Insbesondere ist zu klären, ob evtl. auch externe Faktoren (Zulieferer, Kooperationspartner, Händler etc.) die eigentliche Ursache der Beschwerde sind. Es folgt die Weiterleitung der Beschwerdeinformationen an die betroffenen Abteilungen bzw. Mitarbeiter. Um unnötige Verzögerungen im Beschwerdeprozess zu vermeiden, können Standards zur Beschwerdeverarbeitung eingesetzt werden. In jedem Fall sollte berücksichtigt werden, dass eine hohe Beschwerdezufriedenheit nicht nur mit dem endgültigen Beschwerdeergebnis, sondern vor allem mit dem Prozess der Beschwerdebearbeitung zu erzielen ist [vgl. BRUHN 2012, S. 159 f.].

7.7.2.4 Beschwerdereaktion

Im Mittelpunkt des Teilprozesses Beschwerdeaktion steht die eigentliche Lösung des Problems bzw. die Wiedergutmachung. Vier Punkte sollten dabei berücksichtigt werden [vgl. BRUHN 2012, S. 162 unter Bezugnahme auf SPORK/PALMERSHEIM 2004]: •

Zeitraum zwischen Beschwerdeeingang beim Unternehmen und der Reaktion gegenüber dem Beschwerdeführer (Eingangsbestätigung, Zwischenbescheid etc.),



Individualität der Beschwerdebehandlung und der Reaktion (Standard- oder Individualreaktion),



Medium, mit dem der Kontakt zum Beschwerdeführer besteht (in der Regel der Kommunikationskanal, über den der Kunde Kontakt zum Unternehmen aufgenommen hat),



Ausmaß der Wiedergutmachung als Abschluss der Beschwerdereaktion.

Grundsätzlich sind folgende kompensatorische Maßnahmen der Beschwerdereaktion möglich, die einzelfallspezifisch auszuwählen sind:

442

7. Betreuung



Finanzielle Kompensation: Erstattung des Kaufpreises, Schadensersatz oder Gewährung eines Preisnachlasses,



Materielle Kompensation: Umtausch- bzw. Reparaturrecht oder die Wiedergutmachung eines entstandenen Schadens durch ein individuelles Geschenk,



Immaterielle Kompensation: Offizielle Entschuldigung oder Erklärung zu den situativen Faktoren des Beschwerdefalls im Unternehmen.

7.7.2.5 Beschwerdeverarbeitung

Die fünfte und letzte Phase des Beschwerdeprozesses befasst sich mit der Verarbeitung der gewonnenen Beschwerdeinformationen, die wertvolle Erkenntnisse über Verbesserungspotenziale für Innovationen und Weiterentwicklungen liefern können. Damit wird der zweiten Zielsetzung des Beschwerdemanagements Rechnung getragen, aus Informationen über Unzufriedenheit ein Maximum an Anregungen für Verbesserungen und Weiterentwicklungen zu gewinnen („Lernfunktion“). Um die gewonnenen Informationen nutzen zu können, ist es von zentraler Bedeutung, ein Dokumentationssystem einzuführen, das zur systematischen Auswertung von Beschwerden eine zentrale Schnittstelle zu Maßnahmen und Funktionen des Innovationsmanagements besitzen sollte [vgl. GÜNTER 2012, S. 336 unter Bezugnahme auf HIPPNER et al. 2011]. 7.7.3 Bausteine eines aktiven Beschwerdemanagement-Systems Um der unsystematischen, punktuellen und reaktiven Verhaltensweise bei Beschwerden, die in vielen Unternehmen und Institutionen immer noch vorzufinden ist, zu begegnen, hat BERND GÜNTER zehn Bausteine für ein aktives Beschwerdemanagement-System vorgelegt, das zugleich auch die wesentlichen Überlegungen der Abschnitte 7.7.1 und 7.7.2 beinhaltet [vgl. GÜNTER 2012, S. 337 ff.]: •

Systematische Kundenanalyse. Grundlage für diesen Baustein, der sich mit der systematischen Analyse der Kundenanforderungen befasst, sind die Auswahl von strategischen Zielgruppen und Buying-Center-Analysen (im B2B-Bereich).



Vorbeugende Qualitätspolitik. Dieser Baustein umfasst die zentralen Elemente des Total Quality Management (siehe Abschnitt 7.5) und des Customer Relationship Managements (siehe Abschnitt 7.3).



Einrichtung eines Informationssystems. Der dritte Baustein bezieht sich auf ein ITgestütztes Dokumentationssystem, dass systematische Auswertungen zulässt und damit das gesamte Feedback über Kunden(un)zufriedenheit enthält.



Einrichtung eines Handlingsystems für Beschwerden. Ein Response- und HandlingVerfahren für aktuell einlaufende Anfragen und Beschwerden im Sinne der „Reparaturfunktion“ ist der zentrale Baustein des Beschwerdemanagement-Systems.

7.7 Beschwerdemanagement

443



Einrichtung eines Lernsystems. Bei diesem Baustein geht es darum, für das gesamte Unternehmen Beschwerden auszuwerten, um daraus Ideen für Weiterentwicklungen und Innovationen zu generieren.



Unternehmensübergreifendes Qualitätsmanagement. Unternehmensübergreifend bedeutet, dass Lieferanten- und Abnehmerstufen in das Zufriedenheitsfeedback und in den Beschwerdeprozess einbezogen werden müssen.



Einsatz der Vertragspolitik als Marketing-Instrument. Über die Abgabe von Garantien soll Vertrauen beim Kunden erzeugt, die Zufriedenheit erhöht und im Falle von Beschwerden deren Artikulation gegenüber dem Lieferanten angeregt werden.



Personelle Sicherung des Beschwerdemanagement-Systems. Es sind Anreizsysteme zu entwickeln, die anstelle der oft lästigen passiven Entgegennahme von Beschwerden aktive Maßnahmen der Kundenorientierung fördern.



Aufstellen von Grundsätzen und Richtlinien. Dieser Baustein umfasst die Erstellung von Grundsätzen und Richtlinien für das Beschwerdemanagement sowie das Controlling im Sinne einer planmäßigen Kosten-Nutzen-Analyse.



Außendarstellung zur Erzielung von Außenwirkungen und Reporting. Der letzte Baustein dient zur Verbesserung des Unternehmensimages z. B. durch die Publizierung von Kundenzufriedenheitsgarantien.

444

7.8

7. Betreuung

Optimierung der Kundenzufriedenheit

7.8.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 7.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundenzufriedenheit als Funktion der Betreuung darstellen (→ Kundenzufriedenheit = f (Betreuung)). Die Betreuung wiederum wird im Wesentlichen durch zwei Parameter bestimmt: •

Kundenwert, der sich zusammensetzt aus dem Basiswert, dem Loyalitätswert, dem Cross-Selling-Wert, dem Referenzwert sowie dem Informations- und Kooperationswert.



Kundenbeziehung als Stellschraube, um aus dem Kundenwert (an sich) einen Unternehmenswert zu generieren.

Daraus ergibt sich für die Kundenzufriedenheit folgender erweiterter Optimierungsansatz: Kundenzufriedenheit = f (Betreuung) = f (Kundenwert, Kundenbeziehung)

7.8.2 Prozess und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 7-20 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Betreung dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Distributionssystem, Art der Werttreiber etc.).

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Eingangslogistik

Segmentierung

Operative Funktionen

Positionierung

Betreuungsprozesse

Kundenbindungsmanagement

Betreuungsteilprozesse

Organisation Kundendatei

Unterstützungsprozesse

Abb. 7-20:

Ausgangslogistik

Kommunikation

Qualitätsmanagement

Analyse Kundendatei

Marketing/ Vertrieb

Distribution

Kundendienst

Akquisition

Servicemanagement

Organisation Bindungsprogramme

Verfahren der Kundenwertanalyse wie z. B. ABC-Analyse, Kundendeckungsbeitragsanalyse, Customer Lifetime Value-Ansätze, Scoring-Modelle, Portfolio-Ansätze

Prozessmodell für das Aktionsfeld „Betreuung“

Betreuung

Beschwerdemanagement

… Informationstechnik insbesondere CRM-System

7.8 Optimierung der Kundenzufriedenheit

445

Als Instrumente bzw. Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit kommen vor allem die verschiedenen Methoden der Marktforschung (insbesondere Kundenbefragung, Benchmarking) in Betracht. Speziell zur Messung des Kundenwerts können monetäre und nicht-monetäre Ansätze herangezogen werden. Zu den monetären Ansätzen zählen [vgl. BAUER et al. 2006, S. 170 ff.]: •

ABC-Analyse, d. h. eine grobe Einteilung der Kunden in Gruppen, die in unterschiedlichem Ausmaß zum Umsatz oder Gewinn des Anbieterunternehmens beitragen.



Kundendeckungsbeitragsrechnung, d. h. eine kundenbezogene Erfolgsrechnung, die aus der Produkterfolgsrechnung abgeleitet ist und die neben den Umsätzen eines Kunden auch die durch ihn verursachten Kosten berücksichtigt.



Customer Lifetime Value-Ansatz, d. h. ein periodenübergreifender Ansatz, der die Umsatz- und Kostenentwicklung während der gesamten Dauer des Kundenlebenszyklus berücksichtigt.

Nicht-monetäre Ansätze der Kundenwertmessung sind [vgl. BAUER et al. 2006, S. 182 ff.]: •

Scoring-Modelle. Es handelt sich dabei um Punktbewertungsverfahren, mit denen die Kunden nach einem für das Anbieterunternehmen relevanten Kriterienkatalog und mit Hilfe eines Punktesystems bewertet werden. Das bekannteste Scoring-Verfahren ist die sog. RFM-Methode. Als Kriterien werden dabei die Aktualität der letzten Transaktion (engl. Recency), die Häufigkeit der Transaktion (engl. Frequency) sowie Umsatz oder Deckungsbeitrag pro Transaktion (engl. Monetary Ratio) herangezogen.



Portfolio-Ansätze. Die Portfolio-Analyse kann bei der Geschäftsfeld- und Produktplanung auch für die Beurteilung der Investitionswürdigkeit von Kundenbeziehungen eingesetzt werden. Dabei werden die beiden Dimensionen Kundenattraktivität und Kundendurchdringung in einer 4- oder 9-Felder-Matrix gegenübergestellt.

7.8.3 Werttreiber Als Werttreiber im Aktionsfeld Betreuung können entlang des Kundenlebenszyklus u. a. genannt werden [vgl. BAUER et al. 2006, S. 107 ff. unter Bezugnahme auf REINECKE 2004]: •

Kundenzufriedenheitsindex, d. h. Anteil der Kunden, die mit dem Unternehmen bzw. der Marke oder der Leistung zufrieden sind, im Verhältnis zu allen Kunden.



Wiederholungskaufrate, d. h. der Anteil der Kunden am Gesamtkundenstamm, die Wiederholungskäufe getätigt haben, oder Anteil des Umsatzes mit vorhandenen Kunden am Gesamtumsatz.

446

7. Betreuung



Kundenbindungsrate, d. h. Anteil der Kunden zum Zeitpunkt t0, die zum Zeitpunkt t1 noch Kunden sind; pro Jahr oder nach Alter der Kundenbeziehung; ggf. gewichtet nach Umsatz oder Deckungsbeitrag.



Kundendurchdringungsrate (engl. Share of wallet), d. h. Anteil der Bedarfsdeckung des Kunden beim Anbieter im Verhältnis zum geschätzten relevanten Gesamtbedarf des Kunden.



Cross-Buying-Rate, d. h. tatsächliche Zusatzkäufe bzw. Zusatzaufträge für benachbarte Geschäftsbereiche des Unternehmens nach Anzahl oder Umsatz pro Zeiteinheit.



Kundenhalbwertszeit, d. h. Zeitdauer, nach der die Hälfte aller neu akquirierten Kunden das Unternehmen wieder verlassen hat.



Referenzquote, d. h. Anteil der Kunden, die bereit sind, eine (passive) Referenz für das Unternehmen abzugeben, im Verhältnis zu allen Kunden.



Stornoquote bei Stammkunden, d. h. Anteil der stornierten Aufträge von Stammkunden im Verhältnis zu allen Aufträgen (ggf. nach Umsatz gewichtet).



Kundenabwanderungsrate (engl. Attrition rate), d. h. Anteil der Kunden aus t0, die in t1 nicht mehr Kunden sind.



Kundenrückgewinnungsrate, d. h. Anteil der nach einer Abwanderung zurück gewonnenen Kunden an der Gesamtzahl der kontaktierten abgewanderten Kunden.

In Abbildung 7-21 sind die wichtigsten Aspekte des Aktionsfeldes Betreuung (wie Aktionsparameter, Instrumente, Werttreiber sowie das Optimierungskriterium) im Überblick dargestellt.

7.8 Optimierung der Kundenzufriedenheit

447

Aktionsfeld

Segmentierung

Aktionsparameter

• Kundenwert • Kundenbeziehung Zur Kundenzufriedenheitsanalyse Verfahren wie • Kundenbefragung • Benchmarking

Instrumentelle Unterstützung

Zur Kundenwertmessung Verfahren wie • ABC-Analyse • Kundendeckungsbeitragsanalyse • Customer Lifetime Value-Ansatz • Scoring-Modelle • Portfolio-Ansätze

Werttreiber

• • • • • • • • • •

Optimierungskriterium

Kundenzufriedenheit

Abb. 7-21:

Kundenzufriedenheitsindex Wiederholungskaufrate Kundenbindungsrate Kundendurchdringungsrate Cross-Buying-Rate Kundenhalbwertszeit Referenzquote Stornoquote bei Stammkunden Kundenabwanderungsrate Kundenrückgewinnungsrate

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Betreuung“

448

7. Betreuung

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Worin liegt der grundsätzliche Unterschied zwischen dem Aktionsfeld „Betreuung“ und den übrigen Aktionsfeldern des Marketings?

(2)

Warum kommt dem Aktionsfeld „Betreuung“ in zweifacher Hinsicht eine besondere Bedeutung zu?

(3)

Grenzen Sie die Begriffe „Beziehungsmarketing“ und „Transaktionsmarketing“ voneinander ab.

(4)

Aus welchen Teilkomponenten setzt sich der Kundenwert zusammen? Diskutieren Sie in diesem Zusammenhang die Begriffe „Transaktionswerte“ und „Interaktionswerte“.

(5)

Auf welche Schwerpunkte sollten sich die Managementaufgaben im Rahmen des Kundenlebenszyklus konzentrieren?

(6)

Welche Hauptziele werden mit dem Customer Relationship Management verfolgt? Welches ist der Kerngedanke des CRM?

(7)

Grenzen Sie die Begriffe „Data Warehouse“ und „Data Mining“ voneinander ab.

(8)

Welche Prozesse unterstützt ein modernes CRM-System?

(9)

Welche Planungsdimensionen der Kundenbindung können unterschieden werden?

(10) Welche Merkmale können herangezogen werden, um eine Portfolio-Analyse für bestehende Kunden durchzuführen? Wie werden die verschiedenen Kundengruppen charakterisiert bzw. bezeichnet? (11) Worin entscheiden sich die Kundenbindungsprogramme im B2C-Marketing von den entsprechenden Programmen im B2B-Bereich? (12) Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile von Kundenbindungsprogrammen im B2CMarketing. (13) Welches besondere akquisitorische Potenzial liegt im Kundenstamm von B2BUnternehmen? (14) Welche besonderen Chancen, aber auch Risiken liegen in der Gründung von Benutzergruppen (User Groups)? (15) Grenzen Sie Benutzertreffen, Benutzergruppen und Referenzbesuche inhaltlich voneinander ab. (16) Welchen Stellenwert hat die Referenzpolitik im B2B-Marketing? (17) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der aktiven und der passiven Referenzpolitik im B2B-Marketing. (18) Aus welchen beiden Komponenten setzt sich die Wartung bei Produkten der Informationstechnologie in der Regel zusammen?

Kontroll- und Vertiefungsfragen

449

(19) Wie heißt der Managementansatz, bei dem die Qualität im Zentrum aller Aktivitäten und Maßnahmen steht? (20) Was hat es mit dem „Dreieck der Qualitätsentstehung“ auf sich? (21) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der „sequentiellen Ereignismethode“ und der „Critical-Incident-Technik“. (22) Worin liegt der besondere Wert des Marketing-Verbund-Kastens? (23) Welchen Servicegruppen lassen sich die verschiedenen Serviceleistungen zuordnen? (24) Nennen Sie einige Self-Service-Technologien und ordnen Sie diese nach der technologischen Schnittstelle. (25) Erläutern Sie das Wesen des Social Commerce (Empfehlungshandel). (26) In welchen drei Stufen wird sich nach Ansicht der Berater von DETECON der Kundendienst weiterentwickeln? (27) In welche zwei (gegenläufige) Richtungen kann sich die Beziehung eines Kunden zum anbietenden Unternehmen bewegen? (28) Welche Ziele verfolgt das Beschwerdemanagement? (29) Welche Bedeutung hat der Begriff „Complaint Ownership“ für das Beschwerdemanagement? (30) Warum wird die Reklamation als Sonderfall der Beschwerde angesehen? (31) Was besagt das so genannte „Beschwerdeparadoxon“? (32) Welche Werttreiber sind für das Aktionsfeld „Betreuung“ von besonderer Bedeutung? (33) Nennen Sie monetäre und nicht-monetäre Verfahren zur Kundenwertmessung. (34) Mit welchen Methoden bzw. Verfahren der Marktforschung lässt sich die Kundenzufriedenheit messen?

8. MARKENORGANISATION 8.1 Organisatorische Grundlagen ............................................................................................. 453

8.1.1 Einführung.................................................................................................................... 453 8.1.2 Aufbauorganisation ...................................................................................................... 455 8.1.2.1 Aufgabenanalyse und -synthese.................................................................... 455 8.1.2.2 Organisationseinheiten.................................................................................. 457 8.1.2.3 Strukturtypen der Organisation ..................................................................... 457 8.1.2.4 Funktionale Organisation .............................................................................. 458 8.1.2.5 Objektorientierte Organisation ..................................................................... 459 8.1.2.6 Matrix- und Tensororganisation ................................................................... 461 8.1.3 Ablauforganisation ....................................................................................................... 462 8.1.4 Prozessorganisation ...................................................................................................... 462 8.1.4.1 Prozessidee ................................................................................................... 462 8.1.4.2 Prozessrollen und -ziele ................................................................................ 463 8.1.5 Business Process Reengineering .................................................................................. 464 8.1.5.1 Grundlagen ................................................................................................... 464 8.1.5.2 Gängige Wertschöpfungsketten .................................................................... 467 8.2 Organisation des Marketingbereichs ................................................................................. 469

8.2.1 Einführung.................................................................................................................... 469 8.2.2 Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie............................ 469 8.2.2.1 Einordnung in die funktionale Organisation ................................................. 469 8.2.2.2 Einordnung in die objektorientierte Organisation......................................... 470 8.2.2.3 Einordnung in die Matrixorganisation .......................................................... 471 8.2.3 Herkömmliche Organisationsformen des Marketingbereichs ...................................... 471 8.2.3.1 Funktionale Ausrichtung............................................................................... 471 8.2.3.2 Objektbezogene Ausrichtung ........................................................................ 472 8.2.3.3 Matrixbezogene Ausrichtung ........................................................................ 473 8.2.4 Moderne Organisationsformen des Marketingbereichs ............................................... 474 8.2.4.1 Einflussfaktoren ............................................................................................ 474 8.2.4.2 Breite und Tiefe des Aufgabenspektrums als Organisationskriterium ......... 474 8.2.4.3 Aufgabenteilung zwischen Marketing und Vertrieb als Organisations- ............. kriterium ....................................................................................................... 475 8.2.4.4 Business-Partner-Model................................................................................ 476 8.3 Auslagerung von Organisationseinheiten ......................................................................... 480

8.3.1 Shared Service Center .................................................................................................. 480 8.3.2 Geografische Auslagerung von Organisationseinheiten (X-Shoring) .......................... 483 8.3.3 Rechtliche Auslagerung von Organisationseinheiten (Outsourcing) ........................... 484 8.4 Change Management............................................................................................................ 487

8.4.1 Ursachen und Handlungsfelder des Change Managements ......................................... 487 8.4.1.1 Ursachen ....................................................................................................... 487 8.4.1.2 Handlungsfelder ............................................................................................ 488 8.4.2 Umgang mit Widerständen........................................................................................... 489 8.4.2.1 Reaktionen auf geplante Veränderungen ...................................................... 490 8.4.2.2 Phasen der Veränderung ............................................................................... 491 8.4.2.2 Erfolgsfaktoren von Change Management-Projekten ................................... 491 Kontroll- und Vertiefungsfragen ................................................................................................. 495

452

8. Markenorganisation

8. MARKENORGANISATION

Lernziele

Im Rahmen des achten und letzten Kapitels lernen Sie neben generellen organisatorischen Grundlagen mögliche Organisationsformen des Marketingbereichs sowie weiterführende Organisationsansätze kennen. Sie beschäftigen sich mit den Unterschieden zwischen Aufbau-, Ablauf- und Prozessorganisation sowie mit den Grundlagen des Business Process Reegineering. Sie befassen sich mit der Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie sowie mit speziellen Organisationsformen wie das Produktmanagement. Sie setzen sich mit weiterführenden Organisationsansätzen wie das Shared Service Center, das Outsourcing sowie Near- und Offshoring-Ansätzen auseinander. Sie gewinnen ein Gefühl für die besondere Bedeutung des Change ManagementAnsatzes und erfahren wichtige Hinweise zu den Widerständen, Personentypen und Erfolgsfaktoren im Umfeld dieses Ansatzes.

8.1 Organisatorische Grundlagen

8.1

453

Organisatorische Grundlagen

8.1.1 Einführung Jedes Unternehmen ist prinzipiell eingebettet zwischen dem Beschaffungsmarkt und dem Absatzmarkt. Zwischen diesen beiden Polen werden Güter bewegt und entsprechend finanziert. Der betriebliche Güterfluss (in einem Industriebetrieb) verläuft – vereinfacht ausgedrückt – vom Einkauf der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe über die entsprechende Veredelung in der Produktion bis zum Verkauf der Fertigprodukte. Die aus dem Verkauf erzielten Umsätze dienen zur Bezahlung bzw. zur Finanzierung der Einsatzstoffe, der Mitarbeiter, der Gebäude, der Anlagen etc. Die Verkaufserlöse bilden dementsprechend den Ausgangspunkt des betrieblichen Werteflusses, der sich damit gegenläufig zum Güterfluss bewegt. Einkauf, Produktion und Verkauf bilden die betrieblichen Sachfunktionen und zusammen mit der Finanzierung die betrieblichen Kernfunktionen. Abbildung 8-01 stellt diesen Zusammenhang schematisiert dar. Betriebliche Grundfunktionen (Sachfunktionsbereiche) Einkauf Beschaffung

Produktion Fertigung

Verkauf Marketing

Güterfluss Beschaffungsmarkt

Absatzmarkt Wertefluss

Finanzierung

Abb. 8-01:

Die betrieblichen Grundfunktionen im Überblick

Eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit ist das Unternehmen aber erst dann, wenn diese Funktionsbereiche entsprechend den Unternehmenszielen koordiniert und gesteuert werden. Diese Leitungsfunktion ist die wesentliche Aufgabe des Managements. Managementaufgaben fallen in und zwischen jedem Bereich des Unternehmens an, gleich ob im Einkaufs-, Produktions-, Vertriebs- oder Finanzbereich. Das Management ist quasi eine komplexe Verknüpfungsaktivität, die den Leistungserstellungsprozess netzartig überlagert und in alle Sachfunktionsbereiche steuernd eingreift [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 7]. Aus der Verzahnung von Managementfunktionen und originären betrieblichen Funktionen haben sich eigenständige Managementbereiche entwickelt. So hat sich die Bezeichnung Einkaufsmanagement ebenso etabliert wie Produktionsmanagement, Marketingmanagement oder Finanzmanagement. Aber auch der mehrere Funktionsbereiche übergreifende Begriff des Logistikmanagements hat sich in der betrieblichen Praxis durchgesetzt. Neben den „klassischen“ Managementbereichen werden zunehmend weitere Gebiete mit Managementfunktionen belegt. Hierzu zählen insbesondere das Innovations- und Technologie-

454

8. Markenorganisation

management sowie das Informations- und Kommunikationsmanagement, wobei die Bestandteile beider Begriffspaare auch singulär verwendet werden. Allen Managementbegriffen liegt – unabhängig von ihrem Sachbezug – das folgende gemeinsame Funktionsspektrum zugrunde: • • • • •

Planung (engl. planning) Organisation (engl. organizing) Personal (engl. staffing) Führung (engl. directing) Kontrolle (engl. controlling).

Dieser als Fünferkanon bezeichnete Funktionsumfang hat sich als Standard in der modernen Managementlehre durchgesetzt [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 10]. Er steht nicht im Gegensatz zu den originären betrieblichen Funktionen, sondern ergänzt diese als Querschnittsfunktionen. In Abbildung 8-02 ist der Gesamtzusammenhang zwischen betrieblichen Grundfunktionen und Managementfunktionen dargestellt. Betriebliche Grundfunktionen (Sachfunktionsbereiche) Managementfunktionen

Einkauf Beschaffung

Verkauf Marketing

Logistikmanagement

Planung (engl. Planning) Organisation (engl. Organizing)

Produktion Fertigung

Einkaufsmanagement

Produktionsmanagement

Marketingmanagement

Güterfluss

Personal (engl. Staffing) Führung (engl. Directing)

Finanzmanagement

Wertefluss

Kontrolle (engl. Controlling)

Finanzierung Innovationsmanagement

Technologiemanagement

Kommunikationsmanagement

Informationsmanagement

Abb. 8-02:

Zusammenhang zwischen betrieblichen Grundfunktionen und Managementfunktionen

Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Managementfunktion Organisation bzw. Organisationsentwicklung. Hierbei geht es um die Schaffung eines Handlungsgefüges zur Realisierung der Unternehmenspläne, also um die Einrichtung von Stellen und Abteilungen, denen entsprechende Aufgaben, Kompetenzen und Weisungsbefugnisse zugewiesen werden. Nach dem herkömmlichen Organisationsverständnis wird zwischen

8.1 Organisatorische Grundlagen

• • •

455

Aufbauorganisation (oder Strukturorganisation), Ablauforganisation und Prozessorganisation

unterschieden. Alle drei organisatorischen Grundprinzipien sollen im Folgenden vorgestellt werden.

8.1.2 Aufbauorganisation Die Aufbauorganisation bildet das hierarchische Handlungsgefüge des Unternehmens. Sie legt fest, welche Aufgaben von welchen Personen bzw. Stellen wahrgenommen werden. Methodisch gesehen setzt die organisatorische Verteilung der Unternehmensaktivitäten also eine systematische Durchdringung der Aufgaben voraus. Grundsätzlich ist dabei zwischen Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese zu unterscheiden. Analyse und Synthese bilden die Lösung des Dualproblems der Organisation, das sich aus dem Problem der Arbeitsteilung (Differenzierung) und dem Problem der Arbeitsvereinigung (Integration) zusammensetzt [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 443]. 8.1.2.1 Aufgabenanalyse und -synthese

Zunächst ist das Problem der Arbeitsteilung zu lösen. Hier wird im Rahmen einer Aufgabenanalyse eine Gesamtaufgabe in verteilungsfähige Teilaufgaben zerlegt. Diese art- und mengenmäßige Zerlegung erfolgt nach ERICH KOSIOL [1966, S. 60 ff.] in folgenden fünf Dimensionen: •

Verrichtungs- bzw. Funktionsanalyse (zerlegt die Aufgaben in Tätigkeitsarten wie z.B. schweißen, montieren, lagern),



Objektanalyse (zerlegt die Aufgaben auf Objekte wie Fertigprodukte, Zwischenprodukte, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe),



Phasenanalyse (zerlegt die Aufgaben in die Phasen Planung, Realisierung und Kontrolle),



Ranganalyse (zerlegt die Aufgaben in Entscheidungs- und Ausführungsarbeiten),



Zweckbeziehungsanalyse (zerlegt die Aufgaben in Zweck- und unterstützende Aufgaben).

Wie Abbildung 8-03 zeigt, hat die KOSIOL‘sche Systematik ihre Relevanz bis heute nicht verloren.

456

8. Markenorganisation

Abb. 8-03:

Kriterium

Beispiele nach Kosiol

Heutige Relevanz

Verrichtung/Funktion

Sägen, schweißen, nieten, einkaufen, herstellen, verpacken, montieren, lagern, verkaufen

Kernsachfunktionen wie • Einkauf/Beschaffung • Forschung und Entwicklung • Produktion/Fertigung • Marketing/Vertrieb

Objekt

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Fertigprodukte, Zwischenprodukte

• Produkte/Produktgruppen • Regionen/Märkte • Kunden/Kundengruppen

Phase

Planen, durchführen, kontrollieren

Rang

Entscheidungen, Ausführungsarbeiten

Zweckbeziehung

Zweckaufgaben, unterstützende Aufgaben

• Kernaufgaben • Supportaufgaben

Heutige Relevanz der KOSIOL’schen Aufgabenanalyse

Aus der organisatorischen Differenzierung der Gesamtaufgabe ergibt sich sodann die Notwendigkeit der organisatorischen Integration, d. h. die Zusammenfassung der Teilaufgaben zu sinnvollen Organisationseinheiten. In der KOSIOL’schen Organisationslehre wird diese Problemstellung von der Aufgabensynthese wahrgenommen. Danach werden Aufgaben und Teilaufgaben zu sinnvollen und verteilungsfähigen Aufgabenkomplexen zusammengefasst, die dann zu Stellen und Abteilungen gebündelt werden können. Aus dieser Aufgabensynthese ergibt sich die grundlegende Struktur der Organisation. Gleichartige Aufgaben werden in der Aufgabensynthese nach zwei Grundprinzipien behandelt [vgl. VAHS 2009, S. 57]: •

Aufgabenzentralisierung als Zusammenfassung von Teilaufgaben, die hinsichtlich eines Merkmals gleichartig sind. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Artenteilung oder funktionaler Arbeitsteilung.



Aufgabendezentralisierung als Trennung von Teilaufgaben, die hinsichtlich Merkmals gleichartig sind (Mengenteilung oder segmentierende Arbeitsteilung).

Abbildung 8-04 stellt Aufgabenanalyse und -synthese im Zusammenhang dar. Aufgabe

AufgabenAnalyse

AufgabenSynthese

Teilaufgabe

Teilaufgabe

Teilaufgabe

Teilaufgabe

Stellen

Stellen

Stellen

Stellen

Abteilung

Abteilung Hauptabteilung

[Quelle: STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 444 nach FRESE 1988, S. 114]

Abb. 8-04:

Aufgabenanalyse und -synthese

eines

8.1 Organisatorische Grundlagen

457

8.1.2.2 Organisationseinheiten

Die Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit. Ist eine Stelle mit einer Weisungsbefugnis gegenüber anderen Stellen ausgestattet, wird sie als Instanz bezeichnet. Eine Stelle ohne Weisungsbefugnis ist eine Stabs- oder Dienstleistungsstelle. Durch die Zusammenfassung und hierarchische Abstufung mehrerer Stellen entstehen Abteilungen, die wiederum zu Hauptabteilungen, Unternehmensbereichen etc. verknüpft werden können. Auf diese Weise entsteht ein Leitungsaufbau als rangmäßige Zuordnung (Hierarchie) der einzelnen Instanzen. Eine so beschriebene Hierarchie dient vor allem der Lösung von Abstimmungsproblemen zwischen den Instanzen. Solche Probleme, die sich teilweise auch in Konflikten äußern, werden solange im Rahmen der Hierarchie nach oben weitergegeben, bis eine Instanz gefunden ist, deren Entscheidungsbefugnisse die zu koordinierenden Bereiche gemeinsam umspannt. In letzter Konsequenz ist dies immer die oberste Instanz [vgl. STEINMANN/ SCHREYÖGG 2005, S. 457]. Häufig ist es sinnvoll, bestimmte Aufgaben nicht einer einzigen Person, sondern einer Personengruppe zu übertragen. Solche Personenmehrheiten, die zumeist über einen längeren Zeitraum in direkter Interaktion stehen, werden als Gruppe oder Gremium bezeichnet. Gremien können hauptamtlich (z. B. als Leitungs- oder Arbeitsgruppe), nebenamtlich (als Ausschuss oder Problemlösungsgruppe) oder sowohl vollzeitlich als auch teilzeitlich (z. B. als Projektgruppe) gebildet werden [vgl. VAHS 2009, S. 83 ff.]. 8.1.2.3 Strukturtypen der Organisation

Grundsätzlich werden drei Strukturtypen diskutiert, wenn es um die hierarchische Festlegung von entscheidungsbefugten Instanzen und Instanzenwegen geht [siehe auch STEINMANN/ SCHREYÖGG 2005, S. 457 ff. sowie die entsprechende Übersicht in Abbildung 8-05]: • • •

Einlinienorganisation Stablinienorganisation Mehrlinienorganisation.

Einlinienorganisation. Maßgeblich für diesen Strukturtyp ist das Prinzip der Einheit der Auftragserteilung. Danach hat ein Mitarbeiter nur einen direkten (weisungsbefugten) Vorgesetzten. Dies gilt nicht umgekehrt, da eine übergeordnete Instanz gewöhnlich mehreren Stellen gegenüber weisungsbefugt ist. Der Vorteil der Einlinienorganisation liegt in der eindeutig abgegrenzten Weisungskompetenz. Nachteilig wirkt sich dagegen der hohe Kommunikationsaufwand aufgrund langer Instanzenwege aus. Stablinienorganisation. Dieser Strukturtyp ist eine um eine oder mehrere Stabstelle(n) erweiterte Form der Einlinienorganisation. Stabsstellen haben weder Entscheidungs- noch Weisungsbefugnisse. Sie werden vor allem dann eingerichtet, wenn ein Spezialistenteam einer bestimmten Instanz zuarbeitet und diese damit entlasten soll. Typische Beispiele in Unternehmen sind die Marktforschung als Stabstelle der Marketingleitung oder die Interne Revision als Stabstelle des Vorstands.

458

8. Markenorganisation

Mehrlinienorganisation. Dieser Strukturtyp ist quasi das Gegenstück zur Einlinienorganisation. Die Mehrlinienorganisation verteilt die Führungsaufgabe auf mehrere spezialisierte Instanzen, so dass ein Mitarbeiter an mehrere Vorgesetzte berichtet. In der Praxis ist dieser Strukturtyp auf wenig Akzeptanz gestoßen, da er mit der Aufweichung der Autorität verbunden ist. Erst in neuerer Zeit wird die Matrixorganisation als eine spezielle Ausprägung dieses Organisationstyps häufiger praktiziert. Einlinienorganisation

Stablinienorganisation

Mehrlinienorganisation

Matrixorganisation

Abb. 8-05:

Strukturtypen der betrieblichen Organisation

8.1.2.4 Funktionale Organisation

Eine funktionale Gliederung liegt vor, wenn die zweitoberste Hierarchieebene des Unternehmens eine Spezialisierung nach den betrieblichen Funktionen (z. B. Vertrieb, Entwicklung, Produktion, kaufmännischer Bereich) vorsieht. Im kaufmännischen Bereich sind i. d. R. unterstützende Funktionen wie Finanzierung, Controlling oder Personal integriert. Diese Organisationsform dominiert bei Unternehmen, die nur ein Geschäftsfeld bearbeiten oder über ein homogenes Produktprogramm verfügen, sowie bei kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs). In Abbildung 8-06 sind die Grundzüge der funktionalen Organisation dargestellt. Der Vorteil dieser Organisationsform liegt in Spezialisierungsgewinnen und Produktivitätssteigerungen durch Nutzung hochkompetenter spezialisierter Einheiten. Allerdings gestaltet sich die horizontale Koordination, d. h. die Abstimmung zwischen den Funktionsbereichen außerordentlich schwer. Viele organisatorische Schnittstellen, Ressortegoismen und hohe Fragmentierung der Arbeitsabläufe führen daher zu einem erhöhten Kommunikations- und Integrationsaufwand.

8.1 Organisatorische Grundlagen

459

Unternehmensleitung / Geschäftsbereichsleitung

Funktionen

Abb. 8-06:

Vertriebsleitung

Entwicklungsleitung

Produktionsleitung

Kaufm. Leitung

Kundenteams

Technische Fachabteilungen

Produktionswerke

Kaufmännische Fachabteilungen

Beispiel für eine funktionale Organisation

8.1.2.5 Objektorientierte Organisation

Eine objektorientierte Gliederung liegt vor, wenn die zweitoberste Hierarchieebene eine Orientierung an Objekten vorsieht. Hier bilden Geschäftsbereiche (engl. business units), Produktgruppen, Kunden, Kundengruppen oder Regionen/Märkte das Spezialisierungskriterium. Häufig wird die Objektorientierung einer Organisation auch als divisionale Organisation, Spartenorganisation oder Geschäftsbereichsorganisation bezeichnet. Unterhalb der Spartenebene erfolgt der Organisationsaufbau häufig nach funktionalen Kriterien (siehe Abbildung 8-07). Bei Großunternehmen ist aber auch eine mehrstufige Divisionalisierung üblich, d. h. auch unterhalb der zweiten Hierarchieebene findet eine Gliederung nach Objekten statt (z. B. folgt im Rahmen einer Geschäftsbereichsorganisation eine Untergliederung nach Ländern oder nach Produktgruppen). Voraussetzung für den Aufbau einer Spartenorganisation ist die Aufteilung der geschäftlichen Aktivitäten in möglichst homogene, gut voneinander abgrenzbare Sektoren. Dies ist häufig dann der Fall, wenn eine Erfolgszurechnung (Profit- und Loss-Verantwortung) zu den einzelnen Sektoren möglich ist. Unternehmensleitung / Geschäftsbereichsleitung

Funktionen

Abb. 8-07:

Vertriebsleitung

Entwicklungsleitung

Produktionsleitung

Kaufm. Leitung

Kundenteams

Technische Fachabteilungen

Produktionswerke

Kaufmännische Fachabteilungen

Beispiel für eine objektorientierte Organisation

460

8. Markenorganisation

Mit einer objektorientierten Aufbauorganisation ist eine bessere Ausrichtung auf die jeweiligen Divisionsstrategien ebenso gewährleistet wie eine Entlastung der Unternehmensgesamtführung. Auch sind Unternehmenszukäufe oder der Verkauf von Teilbereichen leichter zu bewerkstelligen. Diesen Vorteilen stehen ein höherer administrativer Aufwand (durch Spartenerfolgsrechnungen, Transferpreis-Regelungen etc.) sowie eine Vervielfachung hoher Führungspositionen als wesentliche Nachteile gegenüber [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 452]. Insert 8-1 zeigt die Konzernstruktur der DEUTSCHEN TELEKOM aus dem Jahr 2003 als Beispiel für eine Spartenorganisation. Die Aufbauorganisation wird auch als Strukturorganisation bezeichnet und bildet die Grundlage für das Organigramm eines Unternehmens. Das Organigramm ist eine schaubildartige Darstellung der Organisationsstruktur und gibt einen Überblick über die Leitungsstruktur, wobei neben den allgemein üblichen Linieninstanzen Stabstellen gesondert gekennzeichnet sind.

Insert

[Quelle: DEUTSCHE TELEKOM 2003]

Die Konzernstruktur der Deutschen Telekom aus dem Jahre 2003 ist ein typisches Beispiel für eine Spartenorganisation. Strukturbildende Geschäftsbereiche (= Sparten) sind die Festnetz-, die Mobilfunk-, die Großkunden- und die InternetservicesSparte. Alle vier Sparten sind auch jeweils mit einem Vorstandsmitglied im Konzernvorstand ver-

treten. Weitere Vorstandsmitglieder bekleiden die Ressorts „Finanzen & Controlling“ und „Personal“ sowie den Vorstandsvorsitz. Die zentralen Dienste sind als Shared Services organisiert, d. h. diese Dienste stehen allen vier Geschäftsbereichen zur Verfügung.

Insert 8-01: Die Konzernstruktur 2003 der DEUTSCHEN TELEKOM

8.1 Organisatorische Grundlagen

461

8.1.2.6 Matrix- und Tensororganisation

Die (zweidimensionale) Matrixorganisation ist eine besonders strukturierte Form der Mehrlinienorganisation, bei dem genau zwei Leitungssysteme miteinander kombiniert werden. Die Mitarbeiter stehen dementsprechend in zwei Weisungsbeziehungen, d. h. sie sind gleichzeitig dem Leiter eines horizontalen Verantwortungsbereichs (z. B. Vertriebsmanager) und dem Leiter eines vertikalen Verantwortungsbereichs (z. B. Produktmanager) unterstellt. Die Besonderheit bei der Matrixorganisation liegt darin, dass bei Konflikten oder Meinungsverschiedenheiten keine organisatorisch bestimmte Dominanz zugunsten der horizontalen oder der vertikalen Achse geschaffen ist. Die Befürworter dieses Strukturtyps vertrauen vielmehr auf die besseren Argumente und die Bereitschaft zur Kooperation. Während die Matrixorganisation unter gleichzeitiger Anwendung von zwei Gestaltungsdimensionen gebildet wird, kommt bei der Tensororganisation noch mindestens eine weitere Dimension hinzu (siehe Abbildung 8-08). Tensororganisationen sind besonders bei international agierenden Unternehmen beliebt. Neben den Strukturdimensionen „Funktionen“ und „Produkte bzw. Produktgruppen“ als Sparten bilden geografischen Einheiten häufig die dritte Dimension [vgl. VAHS 2009, S. 171 ff.]. Kürzere Kommunikationswege, Förderung des Teamgedankens, Problemlösungen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Standpunkte stehen einem höheren Kommunikationsaufwand, einer schwerfälligen Entscheidungsfindung und vor allem der Unsicherheit bei einer Mehrfachunterstellung gegenüber. Gerade bei größeren, international agierenden Unternehmen, bei denen mindestens zwei Gliederungsdimensionen wettbewerbsrelevant sind, wird die Matrixorganisation praktiziert.

1. Dimension: Funktionen

F Technology Consulting Outsourcing Technology Consulting Outsourcing PL Technology Consulting Outsourcing CH Technology Consulting Outsourcing Forschung u. Vertrieb Produktion AT Entwicklung

3. Dimension: Länder

D

Sparte 1

Sparte 2

Sparte 3

Sparte 4

Sparte 5

Sparte 6

Abb. 8-08:

Beispiel für eine Tensororganisation

2. Dimension: Sparten

462

8. Markenorganisation

8.1.3 Ablauforganisation Während die Aufbauorganisation auf einer statischen Betrachtung basiert, liegt der Ablauforganisation eine dynamische Analyse der Organisationszusammenhänge zugrunde. Sie befasst sich mit der zeitlichen und räumlichen Gestaltung der Arbeitsabläufe innerhalb der Stellen und Abteilungen mit dem Ziel, diese möglichst straff, d. h. optimal zu organisieren. Sie will die Frage beantworten, welcher Stelleninhaber die entsprechende Aufgabe wann, wo und mit welchem Ressourceneinsatz zu erledigen hat. Da die oben beschriebene Aufgabensynthese, die im Rahmen der Aufbauorganisation durchgeführt wird, Voraussetzung für die Zuordnung der Abläufe ist, kann die Ablauforganisation erst dann gestaltet werden, wenn die Aufbauorganisation mit der Festlegung von Stellen, Abteilungen und dem Leitungssystem abgeschlossen ist. Bei dieser Form der Organisationsentwicklung wird also die Ablauforganisation von der Aufbauorganisation dominiert. In kleineren Unternehmen stellt der damit verbundene Blick von oben auf die Organisation kein Problem dar, weil sich die Mitarbeiter untereinander kennen und das Zusammenwirken der Funktionen und Abläufe verstehen. In wachsenden Organisationen werden dagegen Abteilungen zu Silos: groß, dick und fensterlos [vgl. OSTERLOH/FROST 2003, S. 28 f.]. Durch die isolierte Betrachtung von arbeitsplatzbezogenen Abläufen ergibt sich ein nur sehr begrenztes Optimierungspotenzial. Auch zeigt sich in der Unternehmenspraxis, dass eine solche Organisation funktionalen Ressortegoismen Vorschub leistet, weil die Bereichsmanager nur noch ihre eigenen Aufgaben sehen.

8.1.4 Prozessorganisation 8.1.4.1 Prozessidee

Die oben skizzierte Vorgehensweise bei der Organisationsentwicklung führt zu einem vertikalen Blick (also von oben nach unten) auf die Organisation, bei dem stellenübergreifende Abläufe nicht ausreichend berücksichtigt werden. Funktions- und Hierarchiebarrieren sowie operative Inseln können zu einer funktionalen Abschottung, Informationsfilterung sowie Steuerungs- und Koordinationsprobleme führen. Da die Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit von Unternehmen von der schnellen, fehlerfreien, flexiblen und effizienten Abwicklung der auf den Kunden gerichteten Geschäftsprozesse abhängt, gewinnt die Prozessorientierung in allen Branchen zunehmend an Bedeutung. Die grundlegende Prozessidee besteht darin, einen 90-Grad-Shift der Organisation vorzunehmen (siehe Abbildung 8-09). Durch den Wechsel der Perspektive dominieren bei der Prozessorganisation nicht mehr die Abteilungen mit ihren Abläufen, sondern der Fokus liegt auf Vorgangsketten bzw. Prozessen, die auf den Kunden ausgerichtet sind [vgl. WISS 2001, S. 10].

8.1 Organisatorische Grundlagen

463

Vertikale Betrachtungsweise

Horizontale Betrachtungsweise

Abb. 8-09:

Der 90-Grad-Shift

Ein Prozess ist eine Struktur, deren Elemente (Aufgaben) durch logische Folgebeziehungen miteinander verknüpft sind. Jeder Prozess wird durch einen Input initiiert und führt zu einem Output, der einen Wert für den Kunden schafft. Innerhalb des Prozesses werden Vorgaben (Input) in Ergebnisse (Output) umgewandelt [vgl. SCHMELZER/SESSELMANN 2006, S. 67 ff.]. Prozesse wiederum bilden eine Folge von weiteren Prozessen im Unternehmen und werden durch Anforderung des Kunden für den Kunden umgesetzt. Unter Kunden sind dabei sowohl externe als auch interne Kunden zu verstehen. Jeder Prozess liefert Ergebnisse, mit denen der anschließende Prozess weiterarbeitet. Das Verhältnis zwischen aufeinander folgenden Prozessen ist eine Kunde-Lieferant-Beziehung. Mit dem letzten Prozess der Prozesskette erfolgt die Erstellung der betrieblichen Leistung für den Kunden. Die Prozesskette ist linear und Teil der betrieblichen Wertschöpfungskette. Die Durchführung von Prozessschritten wird durch Informationen gesteuert. Die Verbesserung der Prozesse wird heutzutage durch betriebswirtschaftliche Software vorgenommen. 8.1.4.2 Prozessrollen und -ziele

Jedem Prozess kommen drei verschiedene Rollen zu [vgl. WISS 2001, S. 27]: •

Der betrachtete Prozess ist Kunde von Materialien und Informationen eines vorausgehenden Prozesses.



Der betrachtete Prozess ist Verarbeiter der erhaltenen Leistungen.



Der betrachtete Prozess übernimmt die Rolle eines Lieferanten gemäß den Anforderungen des nachfolgenden Prozesses und gibt die erstellten Ergebnisse weiter.

464

8. Markenorganisation

Bei der prozessorientierten Organisation eines Unternehmens wird versucht, Prozessziele und die hieraus resultierenden Ergebnisse in den Vordergrund zu stellen. Diese sind im Regelfall nicht deckungsgleich, wenn man sie mit den Abteilungs- bzw. Bereichszielen und -ergebnissen der klassischen Organisation vergleicht. Der zunehmende Zwang zur Dezentralisierung im Hinblick auf Markt- und Kundennähe, zur Umgestaltung der Produktpalette, zur Reduktion des Verwaltungsaufwands, zur Verflachung der Hierarchien u. ä. führt in immer kürzeren Abständen zur Verlagerung oder zum Wegfall von Aufgaben und zu neuen Schnittstellen in der Organisation. Diesem permanenten Wandel wird das herkömmliche Organisationsverständnis mit hochgradig zentralen und arbeitsteiligen Strukturen häufig nicht mehr gerecht. Gefragt sind also weniger stör- und krisenanfällige Organisationsformen, wie dies bei der Prozessorganisation der Fall ist [vgl. DOPPLER/ LAUTERBURG 2005, S. 37 und S. 55]. Gestaltungsziel der Prozessorganisation ist die dauerhafte Strukturierung und die laufende Optimierung von Unternehmensprozessen. Im Gegensatz zum Analyse-Synthese-Konzept erfolgt die Stellen- und Abteilungsbildung unter ausdrücklicher Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen eines effizienten Prozessablaufs. Die Aufgabenverteilung und die Bildung von Stellen orientieren sich dabei vor allem an der Vorgangsmenge, der Anzahl der Bearbeitungsschritte und den jeweiligen Bearbeitungszeiten. Die mit der Orientierung an der Wertschöpfungskette verbundene Steigerung der Prozesseffizienz erschließt dazu ein erhebliches Optimierungspotential [vgl. VAHS 2009, S. 235 f. unter Bezugnahme auf GAITANIDES et al. 1994, S. 5].

8.1.5 Business Process Reengineering 8.1.5.1 Grundlagen

Das Geschäftsprozessmanagement – und damit die Prozessidee – hat über das Business Process Reengineering von MICHAEL HAMMER und JAMES CHAMPY Eingang in die moderne Managementlehre gefunden. Die vier Grundaussagen (engl. Essentials) des Business Process Reengineering (BPR) sind: •

Business Process Reengineering orientiert sich an den entscheidenden Geschäftsprozessen.



Die Geschäftsprozesse müssen auf die Kunden (interne und externe Kunden) ausgerichtet sein.



Das Unternehmen muss sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.



Die Möglichkeiten der aktuellen Informationstechnologie zur Prozessunterstützung müssen intensiv genutzt werden.

Business Process Reengineering bedeutet fundamentales Umdenken und radikales Neugestalten von Geschäftsprozessen, um dramatische Verbesserungen bei bedeutenden Kenn-

8.1 Organisatorische Grundlagen

465

zahlen wie Kosten, Qualität, Service und Durchlaufzeit zu erreichen. Beim Business Process Reengineering geht es nicht um marginale Veränderungen, sondern um Quantensprünge. Verbesserungen von 50 Prozent und mehr sind gefordert. Das bedeutet nicht nur die Abkehr vom rein funktionalen Denken, sondern neue Management- und Teamkulturen sind erforderlich [vgl. HAMMER/CHAMPY 1994, S. 12 und S. 113 f.]. Business Process Reengineering befasst sich mit den Arbeitsabläufen und versucht diese aus Sicht des Geschäftes, d. h. aus Kundensicht zu optimieren. Es soll die traditionelle funktionsorientierte Organisationsentwicklung überwinden helfen. Es beschränkt sich nicht nur auf die Arbeitsabläufe in den klassischen betrieblichen Funktionsbereichen, sondern es beschäftigt sich intensiv mit den Kundenbedürfnissen. Demzufolge werden die Prozesse an den Anforderungen der (externen und internen) Kunden ausgerichtet und nicht an den Anforderungen der Organisation [vgl. GADATSCH 2008, S. 12]. Kundenorientierung ist also die zentrale Leitlinie des Geschäftsprozessmanagements. Je besser und effizienter ein Unternehmen seine Geschäftsprozesse beherrscht und die Kundenanforderungen erfüllt, umso wettbewerbsfähiger wird es sein. Beispiele für die wichtigsten Geschäftsprozesse eines Industrieunternehmens liefert Abbildung 8-10. Die dort aufgeführten Geschäftsprozesse haben jeweils einen Bezug zum Kunden. Anforderung (von)

Externe Kunden (Lieferanten)

Ergebnis (bis)

Kundenproblem

Innovationsprozess

Produktidee

Produktidee

Produktplanungsprozess

Pflichtenheft

Pflichtenheft

Produktentwicklungsprozess

Produkt

Produkt

Vertriebsprozess

Kundenauftrag

Kundenauftrag

Auftragsabwicklungsprozess

Lieferung

Serviceprozess

Lösung

Lieferung (problembehaftet)

Externe Kunden

[Quelle: Darstellung modifiziert nach SCHMELZER/SESSELMANN 2006]

Abb. 8-10:

Geschäftsprozesse in Industrieunternehmen mit Serienprodukten

Prozesse in Unternehmen müssen schnell, kundenorientiert und qualitativ hochwertig ablaufen. Die „Entschlackung“ eines häufig als hinderlich (weil zu teuer) empfundenen Verwaltungsapparates (engl. Overhead) steht daher heute ganz oben auf der Liste des Handlungsbedarfs. In diesem Zusammenhang haben sich vier (allerdings nicht ganz überschneidungsfreie) Begriffe (die vier „R“ der Transformation) im Umfeld des Business Process Reengineering durchgesetzt [vgl. SCHNIEDER 2004, S. 230 ff.]: •

Beim Renewing (Erneuerung) geht es um verbesserte Schulung und organisatorische Einbindung von Mitarbeitern in das Unternehmen. Neue Fähigkeiten sollen erworben und die Motivation der Mitarbeiter verbessert werden.

466

8. Markenorganisation



Revitalizing (Revitalisierung) zielt auf die gesamte Überarbeitung und Neugestaltung der Geschäftsprozesse ab.



Beim Reframing (Einstellungsänderungen) sollen herkömmliche Denkmuster abgelegt werden und neue Wege bei der Prozessgestaltung beschritten werden. Neue Visionen und Entschlusskraft stehen hierbei im Vordergrund.



Restructuring (Restrukturierung) hat die Neugestaltung bzw. Änderung des Aktivitätenportfolios zum Ziel.

Amerikanische und deutsche Unternehmensberatungen trugen wesentlich dazu bei, das Prozessbewusstsein zu verbreiten. So hat fast jedes Beratungsunternehmen zwischenzeitlich seine eigenen Methoden und Techniken zur Prozessorganisation entwickelt. Es verwundert daher auch nicht, dass sich für ein und dieselbe Idee eine ganze Reihe synonymer Begriffe etabliert haben: Business Process Redesign, Business Reengineering, Process Innovation, Core Process Redesign, Process Redesign und Business Engineering [vgl. WISS 2001, S. 7]. Im Gegensatz zu dieser Begriffsvielfalt rund um das Business Process Reengineering gibt es aber noch weitere, teilweise ergänzende Ansätze, die sich im „magischen“ Dreieck von Qualität, Zeit und Kosten mit etwas anderen Zielsetzungen bei der Prozessbetrachtung bewährt haben [siehe hierzu insbesondere die ausführliche Darstellung bei Schmelzer/Sesselmann 2006]. Eine Beschreibung dieser Managementansätze würde den hier vorgegebenen Rahmen sprengen. Stattdessen sind in Abbildung 8-11 einige Ansätze mit ihrer zentralen Fragestellungen aufgeführt.

Business Process Reengineering Six Sigma Wie kann ein Prozess im Sinne des Kundennutzens verbessert werden?

Total Quality Management

Haben wir die richtigen Prozesse?

Wie optimieren wir die richtigen Prozesse unter dem Aspekt der Qualität?

Qualität Target Cost Management

Kaizen Wie können Prozesse ständig weiter verbessert werden?

Time Based Management Wie können die Durchlaufzeiten verbessert werden?

Kunde Zeit

Kosten

Welche Kosten können wir uns für Produkte und Prozesse leisten?

Lean Management Simultaneous Engineering Welche Prozesse müssen chronologisch, welche parallel laufen unter dem Aspekt der Durchlaufzeit?

Wie werden wir flexibler, schneller und effizienter unter dem Aspekt von Strukturen und Prozessen?

[Quelle: WISS 2001, S. 9]

Abb. 8-11:

Management-Ansätze (Auswahl) bei der Prozessgestaltung

8.1 Organisatorische Grundlagen

467

8.1.5.2 Gängige Wertschöpfungsketten

Bereits in Abschnitt 1.3.3.7 wurde auf den Beitrag von Wertschöpfungsketten (Wertketten) zum Unternehmenserfolg eingegangen. Hierbei handelt es sich um Geschäftsprozesse, die zu Prozessketten verknüpft sind und deren Output idealerweise einen höheren Wert für das Unternehmen darstellt als der ursprünglich eingesetzte Input. Zu den bekanntesten Wertschöpfungsketten zählen: •

CRM (Customer Relationship Management) beschreibt die Geschäftsprozesse zur Kundengewinnung, Angebots- und Auftragserstellung sowie Betreuung und Wartung.



PLM (Product Lifecycle Management) beschreibt die Geschäftsprozesse von der Produktportfolio-Planung über Produktplanung, Produktentwicklung und Produktpflege bis zum Produktauslauf sowie Individualentwicklungen.



SCM (Supply Chain Management) beschreibt die Geschäftsprozesse vom Lieferantenmanagement über den Einkauf und alle Fertigungsstufen bis zur Lieferung an den Kunden ggf. mit Installation und Inbetriebnahme.

Wichtige Beiträge für die organisatorische Gestaltung der Geschäftsprozesse leisten prozessorientierte ERP-Systeme (ERP = Enterprise Resource Planning). ERP-Systeme sind integrierte Standardsoftwaresysteme, deren Teilsysteme zwar funktional ausgerichtet sind, über eine gemeinsame Datenbasis aber die Integration dieser Teilsysteme ermöglichen. Typische Einsatzfelder sind Produktionsplanung und -steuerung (PPS), Einkauf- und Materialwirtschaft bzw. Logistik, Vertrieb, Kostenrechnung und Controlling sowie Personal. Das bekannteste ERP-System ist SAP R/3, das sowohl in Deutschland als auch international in diesem Anwendungsgebiet Marktführer ist. Insert 8-02 gibt einen Überblick über die Marktanteile im deutschen und im weltweiten ERPMarkt. ERP-Systeme drängen Individualsoftware, die eigens für ein bestimmtes Anwendungsgebiet entwickelt wird, immer stärker zurück. Maßgebend dafür sind die hohen Entwicklungs- und Wartungskosten sowie die mangelnde Portierbarkeit von Individualsoftware über die Unternehmensgrenzen hinaus. ERP-Systeme wurden zunächst nahezu ausschließlich für Großunternehmen konzipiert, heute gewinnen sie auch in mittleren Betrieben zunehmend an Bedeutung.

468

8. Markenorganisation

Insert Marktanteile der führenden Anbieter am Umsatz mit EnterpriseResource-Planning-Software (ERP-Software) in Deutschland im Jahr 2011

weltweit im Jahr 2012

Sonstige Sonstige 21

LUMESSE 1

ORACLE INFOR

2 5

SAP

25 43

%

57

%

SAP

ORACLE

13

7 7

2 5

MICROSOFT

6

KRONOS

SAGE

MICROSOFT

6

INFOR

SAGE

Quelle: GARTNER, STATISTA 2014

Die Statistik veranschaulicht in der linken Grafik die Marktanteile der Anbieter von Enterprise-Resource-Planning (ERP) in Deutschland (2011), in der rechten Grafik die weltweiten Marktanteile im Jahr 2012. Marktführer ist in beiden Fällen SAP (57 Prozent Marktanteil in Deutschland, 25 Prozent weltweit). Anders sieht dagegen die Produktpräsenz von ORACLE aus. Während ORACLE weltweit einen Marktanteil von 13 Prozent aufweist und damit an zweiter Stelle hinter SAP liegt, erzielt das amerikanische Unternehmen in

Deutschland lediglich einen Anteil von knapp zwei Prozent am Umsatz mit ERP-Software. Erster Verfolger von SAP im deutschen Markt ist der englische Softwareanbieter SAGE (6,9 Prozent), knapp gefolgt von Microsoft mit 6,6 Prozent. Trotz der deutlichen Marktmacht von SAP ist der ERP-Markt – insbesondere weltweit – immer noch sehr zersplittert. So verfügen weitaus mehr als 100 ERP-Anbieter weltweit über einen Marktanteil von 43 Prozent.

Insert 8-02: Marktanteile im deutschen und weltweiten ERP-Markt In Abbildung 8-12 ist der Zusammenhang zwischen internen und externen Informationssystemen skizziert. SCM Kunde 1 Lieferant Stufe 2

Händler 1

MIS

Lieferant Stufe 3

Kunde 3 Händler 2 Kunde 4

Lieferant Stufe 1 Lieferant Stufe 4

Kunde 2

Management Informationssysteme

ERP-Systeme

Kunde 5 Händler 3

FIBU

KORE

MAWI

PPS



HR

Kunde 6 Kunde 7

Lieferant Stufe n

[Quelle: in Anlehnung an MEFFERT et al. 2008, S. 833 f.]

Abb. 8-12:

Händler m

Data Warehouse Integrierte Datenbasis

CRM

Zusammenhang zwischen internen und externen Informationssystemen

Kunde r

8.2 Organisation des Marketingbereichs

8.2

469

Organisation des Marketingbereichs

8.2.1 Einführung Die organisatorische Gliederung des Marketingbereichs sowie seine Stellung innerhalb der Unternehmensorganisation ist grundsätzlich abhängig von der Größe des Unternehmens und der Bedeutung, die dem Marketing im Unternehmen beigemessen wird. Folgenden Fragen soll in diesem Zusammenhang nachgegangen werden:



Wie ist der Marketingbereich in die hierarchische Struktur des Unternehmens eingebettet? Wie ist der Marketingbereich in sich strukturiert?



Wer trägt die organisatorische Verantwortung für die Marketing-Teilprozesse?



Zunächst ist festzustellen, dass nicht nur die Arbeitswelt im Allgemeinen, sondern auch die sie begleitende Organisation einem permanenten Wandel unterworfen ist. Der Wandel im Marketingbereich ist gekennzeichnet durch permanente Innovationen, die durch einen fortwährenden Kostendruck, durch neue Qualitätsziele sowie durch den Einsatz neuer Technologien bedingt sind. Die meisten Unternehmen haben in den letzten zwei Jahren mindestens eine Reorganisation durchgeführt, ein Großteil der Unternehmen hat sogar „großformatig“ reorganisiert.

8.2.2 Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie Hinsichtlich der Einordnung des Marketingbereichs in die hierarchische Struktur des Unternehmens sind in der Praxis alle unter 8.1.2 vorgestellten Organisationsformen zu finden: Einordnung in eine funktionale Organisation, in eine objektorientierte Organisation und in eine Matrixorganisation. Da die Marketingfunktion dem Business folgen sollte, ist die organisatorische Eingliederung des Marketingbereichs grundsätzlich an der Gesamtorganisation auszurichten. In einem regional ausgerichteten Unternehmen werden regionale Marketingmanager gefragt. In einer Spartenorganisation nach Geschäftsbereichen benötigen die Business Units ihr eigenes Marketing. 8.2.2.1 Einordnung in die funktionale Organisation

In Kleinbetrieben existiert üblicherweise keine eigenständige Abteilung für die Marketingaktivitäten. Marketingentscheidungen werden meist vom Unternehmer/Geschäftsführer oder vom Vertriebsleiter getroffen. In mittleren und größeren Unternehmen mit funktionaler Organisationsausrichtung ist der Marketingbereich entweder der Vertriebsleitung oder direkt der Unternehmensleitung unter-

470

8. Markenorganisation

stellt. In Großunternehmen ist der Marketingsektor regelmäßig auf der zweiten (und manchmal auch auf der ersten) Hierarchieebene (Geschäftsbereichsleitung oder sogar Vorstand bzw. Geschäftsführung) vertreten. In Abbildung 8-13 ist eine Einordnung auf der zweiten Hierarchieebene dargestellt.

Unternehmensleitung

::::::::::::::

Abb. 8-13:

Kaufm. Funktionen

Entwicklung

::::::::::::::

Marketing

Produktion

Einordnung des Marketingbereichs in eine funktionale Organisation

8.2.2.2 Einordnung in die objektorientierte Organisation

Vornehmlich größere Unternehmen sind nach der Organisationsform der objektorientierten Organisation aufgebaut. Objekte können Produkte, Produktgruppen oder Regionen sein, die dann zu Geschäftsbereichen zusammengefasst werden. Jeder Geschäftsbereich verfügt bei dieser Organisationsform über eigene Marketingressourcen. Auf diese Weise kann ein Marketing verfolgt werden, das genau auf die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Geschäftsbereichs zugeschnitten ist. Dies ist dann von Vorteil, wenn die Geschäftsbereiche sehr heterogen sind. Nachteilig ist diese Organisationsform dann, wenn die Unternehmensleitung ein einheitliches, unternehmensübergreifendes Marketingkonzept verfolgt. Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, richten objektorientierte Organisationen auf Ebene der (Gesamt-)Unternehmensleitung eine zentrale Marketingabteilung ein, die für die Koordination einer einheitlichen Corporate Identity zuständig ist. Abbildung 8-14 zeigt die organisatorische Eingliederung des Marketingbereichs in eine Spartenorganisation mit einer zusätzlichen zentralen Stabsstelle auf der ersten Stufe der Unternehmenshierarchie. In dieser Stabstelle ist zumeist auch die zentrale Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt.

Unternehmensleitung

Marketing

Abb. 8-14:

Marketing

Marketing

Marketing

Geschäftsbereich 1

Geschäftsbereich 2

Geschäftsbereich 3

(Division, Sparte, Region)

(Division, Sparte, Region)

(Division, Sparte, Region)

Einordnung des Personalsektors in eine objektorientierte Organisation

8.2 Organisation des Marketingbereichs

471

8.2.2.3 Einordnung in die Matrixorganisation

Bei der Matrixorganisation wird der funktionale Aspekt mit der objektorientierten Sichtweise verknüpft. Damit soll sichergestellt werden, dass die spezifischen Marketinganforderungen der Geschäftsbereiche von vornherein mit den unternehmensweiten Marketingleitlinien vereinbart werden (siehe Abbildung 8-15). Durch die nicht eindeutige Kompetenzabgrenzung, die der Matrixorganisation inne liegt, kann es allerdings zu Konfliktfällen kommen. Viele Unternehmen nehmen diese nicht eindeutigen Weisungsbeziehungen in Kauf und setzen auf die Kooperationsfähigkeit des Marketingmanagements. Insbesondere international agierende Unternehmen, die sehr gute Erfahrungen mit der Matrixorganisation gemacht haben, gehen sogar noch einen Schritt weiter, in dem sie dreidimensional gekreuzte Organisationen aus Funktionen, Geschäftsbereichen und Geografie (Länder) entwickeln und einführen.

Unternehmensleitung

Geschäftsbereich 1

Geschäftsbereich 2

Geschäftsbereich 3

Personal

Personal GB 1

Personal GB 2

Personal GB 3

Marketing

Marketing GB 1

Marketing GB 2

Marketing GB 2

Controlling

Controlling GB 1

Controlling GB 2

Zentralbereiche

Controlling GB 2 GB = Geschäftsbereich

Abb. 8-15:

Einordnung des Marketingsektors in eine Matrixorganisation

8.2.3 Herkömmliche Organisationsformen des Marketingbereichs Ebenso wie für die Unternehmensorganisation insgesamt lassen sich auch für den Marketingbereich im Detail die organisatorischen Grundformen, nämlich die funktionale, die objektbezogene und die matrixbezogene Ausrichtung, anwenden. 8.2.3.1 Funktionale Ausrichtung

Bei der funktionalen Perspektive erfüllt der Marketingbereich seine Aufgaben entsprechend der Marketingfunktionen wie z. B. Marketingplanung, interne und externe Kommunikation, Marketingservices, Online-Marketing oder Marktforschung (siehe Abbildung 8-16). Diese Organisationsform ist gekennzeichnet durch eine zentrale Ausrichtung, d. h. eine Leitungsperson (Marketing-Chef) koordiniert die direkt untergeordneten Abteilungen und hat die zentrale Entscheidungsgewalt aller Marketing-bezogenen Fragen. Ein weiteres Kennzeichen ist

472

8. Markenorganisation

das Einliniensystem, d. h. eine Unterabteilung des Marketingbreichs erhält ihre Aufträge und Anweisungen ausschließlich von einer einzigen übergeordneten Stelle bzw. Instanz. Vorteile dieser funktionalen Ausrichtung sind die hohe Spezialisierung einerseits und die eindeutig geregelten Zuständigkeiten anderseits. Nachteilig wirkt sich allerdings aus, dass die (internen) Kunden des Marketingsektors (Geschäftsführung, Vertrieb, Entwicklung etc.) unterschiedliche Ansprechpartner haben und damit bei komplexen und organisationsübergreifenden Fragen keine zielgerichtete Kommunikation stattfinden kann. Auch führt die klare Ressortabgrenzung im Marketing häufig zu Ressortegoismen und „Silodenken“. Generell lässt sich feststellen, dass die funktionale Organisation des Marketingsektors eher in kleineren und mittleren Unternehmen zum Tragen kommt. Leitung Marketing

Marketingplanung

Abb. 8-16:

Marketingservices

Kommunikation

Event-Marketing

Interne Kommunikation

Direkt-Marketing

Externe Kommunikation

Online-Marketing

Online-Marketing

Funktionsorientierte Organisationsstruktur des Marketingbereichs

8.2.3.2 Objektbezogene Ausrichtung

Im Rahmen der objektbezogenen Perspektive wird der Marketingbereich nach Objekten aufgeteilt und zugeordnet. Objekte können dabei Unternehmensbereiche, Mitarbeitergruppen oder auch Produktgruppen sein (siehe Abbildung 8-17). Auch hier werden die einzelnen Organisationseinheiten von einem Marketingleiter koordiniert. Bei dieser organisatorischen Ausrichtung haben interne Kunden in der Regel einen festen Ansprechpartner, der auf die besonderen Bedürfnisse jeder einzelnen Objektgruppe ausgerichtet ist. Die Gefahr der objektbezogenen Struktur liegt darin, dass sich die einzelnen Marketingbereiche verselbständigen und eigenständige Konzepte, Instrumente und Lösungen entwickeln. Die Gefahr ist immer dann besonders groß, wenn die Objektbereiche sehr unterschiedlich sind und eine besondere Stellung für sich beanspruchen. Die objektbezogene Ausrichtung der Marketingaktivitäten kommt naturgemäß eher in größeren, zumeist auch international agierenden Unternehmen zur Anwendung. Abbildung 8-17 zeigt drei verschiedene objektorientierte Ausrichtungen des Marketingbereichs. Darüber hinaus wird in vielen Unternehmen eine Mischform aus funktionaler und objektbezogener Marketing-Organisation praktiziert.

8.2 Organisation des Marketingbereichs

473

Leitung Marketing Ausrichtung nach Marktsektoren

Ausrichtung nach Unternehmensbereichen (Divisionen)

Marketingbereich Marktsektor 1

Marketingbereich Marktsektor 2

Marketingbereich Marktsektor 3

Marketingbereich Marktsektor 4

Leitung Marketing

Marketingbereich Division A

Marketingbereich Division B

Marketingbereich Division C

Marketingbereich Division D

Leitung Marketing Ausrichtung nach Produktgruppen

Marketingbereich Produktgruppe 1

Marketingbereich Produktgruppe 2

Marketingbereich Produktgruppe 3

Marketingbereich Produktgruppe 4

Abb. 8-17: Objektorientierte Organisationsstrukturen des Marketingbereichs 8.2.3.3 Matrixbezogene Ausrichtung

Die bekannteste dieser Mischformen ist die Matrixorganisation, die in der Marketingwelt durchaus beliebt ist. Im Mittelpunkt steht dabei die klassische Produktmanager-Organisation, die typisch für viele Unternehmen im B2C-Bereich ist. Ein Matrix-Produktmanagement liegt dann vor, wenn den Produktmanagern auch formal fachliche Weisungsbefugnisse gegenüber den Funktionsbereichen eingeräumt werden. Damit kommt es zu (gewollten) Kompetenzüberschneidungen, die einzelfallbezogen zu regeln sind (siehe Abbildung 8-18). Unternehmensleitung/ Geschäftsbereichsleitung

Vertriebsleitung

Entwicklungsleitung

Produktmanager A Produktmanager B Produktmanager C

Abb. 8-18:

Matrix-Produktmanagement

Produktionsleitung

Kaufm. Leitung

474

8. Markenorganisation

8.2.4 Moderne Organisationsformen des Marketingbereichs 8.2.4.1 Einflussfaktoren

Der organisatorische Aufbau des Marketingsektors ist von einigen wesentlichen Einflussfaktoren abhängig. Neben der Größe des Unternehmens und der Bedeutung, die dem Marketing grundsätzlich beigemessen wird, zählen zu diesen Einflussfaktoren die •

Breite und Tiefe des Aufgabenspektrums, die das Marketingmanagement zu bewältigen hat,



Aufgabenteilung und Beziehung zwischen den beiden Bereichen Marketing und Vertrieb,



Umsetzungsqualität des Business-Partner-Konzepts,



Einsatzbreite und -tiefe der technologischen Infrastruktur insbesondere unter dem Aspekt der software- und medientechnischen Unterstützung,



Bereitschaft zur Umsetzung des Business Process Outsourcing („Make-or-buy“) in Verbindung mit dem allgegenwärtigen Kostendruck auf alle administrativen Bereiche.

Je nachdem inwieweit diese Einflussfaktoren berücksichtigt werden, lassen sich darauf aufbauend eine Vielzahl unterschiedlicher Organisationsformen für den Marketingsektor entwickeln. Es würde im Rahmen dieser Darstellung zu weit führen, alle Ausprägungen einzeln vorzustellen, da es sich ohnehin nur um intensitätsmäßige Abstufungen eines Organisationsmodells handelt. 8.2.4.2 Breite und Tiefe des Aufgabenspektrums als Organisationskriterium

Die Breite und Tiefe der vom Marketing zu bewältigenden Aufgaben steht naturgemäß in enger Beziehung zur Größe, Marktausdehnung und Branche des Unternehmens. Von besonderer Bedeutung ist dabei, ob das Unternehmen im B2B oder im B2C-Bereich tätig ist. Dennoch lassen sich auch (und gerade) bei großen und bedeutungsvollen Marketingbereichen eine Reihe von Aktivitäten auslagern. In Abbildung 8-19 sind die Organisationseinheiten eines Marketingbereichs mit einem relativ breiten Aufgabenspektrum dargestellt. Diese Organisationsform spiegelt als Matrix quasi die Organisation des Gesamtunternehmens wider. Darauf aufbauend sollen dann einige Organisationsansätze vorgestellt werden, bei denen eine stärkere Dezentralisierung im Vordergrund steht.

8.2 Organisation des Marketingbereichs

WerbeAgentur

Communications

PRAgentur

• Strategie • Budgetplanung • Studien etc.

Sonstige Agenturen

Marketing Services

Marketing Projects

MarketingBereiche

Abb. 8-19:

475

MarketingLeitung

Business Communication SGE

SGE

SGE

SGE

SGE = Strategische Geschäftseinheit

SGE

Public Relations

Presse

Interne Kommunik.

Mitarbeiter

Branding

alle

• Corp. Design • Anzeigen • Broschüren • Werbemittel

Messen/Events

alle

Direct Marketing

alle

Internet/Intranet

alle

Market Research Sales Services Zusammenarbeit mit Externen

MarketingAbteilungen

Zielgr. B Zielgr. A KundenZielgruppen

Zielgr. N StakeholderZielgruppen

Organisationseinheiten eines Marketingbereichs mit relativ breitem Aufgabenspektrum

8.2.4.3 Aufgabenteilung zwischen Marketing und Vertrieb als Organisationskriterium

Neben Breite und Tiefe der Marketingaufgaben spielt auch die Aufgabenteilung und Beziehung zwischen dem Marketing- und dem Vertriebsbereich eine Rolle bei der organisatorischen Ausrichtung des Marketingsektors. Dabei lassen sich drei grundlegende Typen der Aufgabenverteilung ausmachen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 1098 unter Bezugnahme auf HOMBURG et al. 2005, S. 6]: •

Dominanz des Vertriebs, d. h. der Vertrieb ist die strategische und operative Führungsabteilung, für die das Marketing hauptsächlich Serviceaufgaben in den Bereichen Werbung und Marktforschung erfüllt. Diese Aufgabenteilung ist vornehmlich in technisch orientierten Branchen (Maschinenbau, Zulieferindustrie) sowie im Finanz- und Versicherungsbereich zu finden.



Marketing und Vertrieb mit paritätischer Arbeitsteilung, d. h. die Aufgaben sind relativ gleichgewichtig aufgeteilt: Der Vertrieb ist zuständig für Preise und Verkaufsaktivitäten, das Marketing ist vorwiegend verantwortlich für Produktmanagement und Werbung. Charakteristisch ist diese Aufgabenteilung für die Konsumgüterbranche.



Dominanz des Marketings, d. h. das Marketing übernimmt die strategische und operative Führungsrolle, während der Vertrieb vorwiegend Kundenbetreuungsaufgaben wahrnimmt. Typisch für diese Aufgabenteilung ist die chemische Industrie mit großem Men-

476

8. Markenorganisation

genabsatz sowie Unternehmen des Finanzdienstleistungsbereichs mit einem starken Endkundengeschäft. 8.2.4.4 Business-Partner-Model

Bei größeren, international agierenden Unternehmen, die nach Geschäftsbereichen oder Produktgruppen organisiert sind, kommt zunehmend das so genannte Business-Partner-Modell zum Tragen. Hinter diesem Begriff steht ein Marketing-Service-Delivery-Modell mit folgenden drei Organisationsmodulen: •

Competence Center für alle strategischen Themen des Marketings, für das Corporate Branding und Design sowie für die interne und externe Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit),



Business Partner als verantwortliche Ansprechpartner für alle Marketingfragen der Geschäftsbereiche bzw. Produkte (→ Produktmarketing),



Service Center für alle Marketing-Services auf der Basis definierter Standards.

Um eine Organisation des Marketingsektors auf Basis des Marketing-Service-DeliveryModells zu entwickeln, ist zunächst eine konkrete Analyse des Aufgaben- und Kompetenzspektrums der drei Organisationsmodule durchzuführen. Abbildung 8-20 zeigt beispielhaft eine solche Analyse. Organisationsmodul

Competence Center

Strategic Marketing

Bereich

Business Partner

Relationship Marketing

Service Center

Transactional Marketing

Strategisch, Leadership-orientiert

Kunden-und produktorientiert

Service-orientiert

Kompetenzen

Marketing-Experten • Verantwortlich für spezielle Themen • Grundsatzfragen und Richtlinien (z. B. Corporate Branding)

Marketing Business Partner • Verantwortlich für Marketing-Leistungen der Geschäftseinheiten (SGEs) • Produkt(gruppen)Marketing

Marketing-Administratoren • Kostenoptimierte Dienstleistungen • Definierte Standards

Aufgaben

Bearbeitung von Themen wie

Bearbeitung produkt(gruppen)-bezogener Themen wie Konzeption von • Service Offerings • E-Mail-Aktionen • Anzeigen • Prospekte

Marketing-Services wie

Dezentral (Zuordnung zu Geschäftsbereichen)

Zentral (als Service Center)

Ausrichtung

• • • • •

Organisation

Abb. 8-20:

Marketing-Strategie Corporate Design Budgetplanung Externe Kommunikation Interne Kommunikation

Zentral (als Corporate Center)

• Internet/Intranet (Webmaster) • Market Research • Graphics

Aufgaben- und Kompetenzspektrum des Marketing-Service-Delivery-Modells

8.2 Organisation des Marketingbereichs

477

Organisationsmodul Competence Center. Im strategisch ausgerichteten Competence Center (→ Strategic Marketing) ist die gesamte Marketing-Expertise des Unternehmens zusammengefasst. Die Mitarbeiter dieses Organisationsmoduls sind hochspezialisiert und befassen sich mit Themen wie die Entwicklung von Marketingstrategien, die Entwicklung und Umsetzung des Corporate Branding und des Corporate Design. Auch die interne und externe Unternehmenskommunikation sollte im Competence Center verankert sein. Unmittelbarer Ansprechpartner dieses Center ist die Geschäftsleitung. Das Competence Center ist eher zentral zu organisieren, weil die notwendige Expertise für das Gesamtunternehmen gebündelt und nur an einer Stelle vorgehalten werden sollte. Dazu bietet es sich an, das hoch spezialisierte Competence Center als so genanntes Corporate Center direkt an die Unternehmensleitung anzubinden. Organisationsmodul Business Partner. Das Aufgabenspektrum des Business PartnerOrganisationsmoduls ist vorwiegend prozessorientiert. Führungskräfte und Mitarbeiter der Geschäftsbereiche sind nach dem Prozessmodell (interne) Kunden und zugleich (interne) Lieferanten der Marketing-Business Partner. Diese hohe Beziehungsorientierung (engl. Relationship) führt zur Bezeichnung „Relationship Marketing“. Die Marketing-Business Partner sind im Wesentlichen zuständig für das Produktmanagement und ggf. für das Category Management. Um im Rahmen dieses Prozessmodells der Anforderung nach Kundennähe (im Sinne von Geschäftsbereichs- oder Produktnähe) gerecht werden zu können, ist dieses Organisationsmodul dezentral bzw. in Form einer Matrix zu organisieren. Organisationsmodul Service Center. Im Organisationsmodul Service Center sind alle transaktionsorientierten Marketing-Dienstleistungen („Transactional Marketing“) gebündelt. Es handelt sich dabei in erster Linie um klassische Marketing-Services wie Marktforschung, Internet/Intranet-Services, grafische Unterstützung, Events und Kampagnen. Ähnlich wie das Competence Center sollte auch das Service Center dezentral organisiert sein, da solche kostenoptimierte Dienstleistungen ebenfalls nur an einer Stelle des Unternehmens administriert werden sollten. Da sich alle Geschäftsbereiche die in diesem Center angebotenen Dienstleistungen teilen, wird es auch als Shared Service Center bezeichnet. In Abbildung 8-21 sind die einzelnen Aufgaben der drei Organisationsmodule zu Aufgabenbereichen zusammengefasst und im Überblick dargestellt.

478

8. Markenorganisation

Strategic Marketing

Bereich

Relationship Marketing

Transactional Marketing

Marketing-Strategie

Produktmanagement 1

Market Research

Corporate Branding

Produktmanagement 2

Graphics Internet



Externe Kommunikation Interne Kommunikation

Produktmanagement n

Intranet Event-Marketing

Budgetplanung

Campaign-Center

Corporate Center

Organisationsform

Business Partner (dezentral)

Service Center

Shared Service Center

Abb. 8-21:

Aufgabenbereiche der drei Marketing-Organisationsmodule

Gliedert man diese Organisationsstruktur in eine Gesamtorganisation ein, die nach Geschäftsbereichen strukturiert ist, so bietet es sich an, die zentralen Organisationsmodule auf der hierarchischen Ebene der Unternehmensleitung anzubinden. Das für das Marketing zuständige Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglied hätte dann unmittelbare Weisungsbefugnis sowohl für das Corporate Center als auch für das Shared Service Center (siehe hierzu die Darstellung in Abbildung 8-22). Die Business Partner-Organisation ist dagegen dezentral organisiert, d. h. jedem Geschäftsbereich sind die zugehörigen Marketing-Business Partner direkt zugeordnet. Marketing

Personal Controlling Einkauf

Unternehmensleitung

Service Center

IT …

Geschäftsbereich 1 (Division, Sparte, Region)

Abb. 8-22:

Business Partner

Corporate Center

Geschäftsbereich 2 (Division, Sparte, Region)

Business Partner

Geschäftsbereich 3 (Division, Sparte, Region)

Organisatorische Zuordnung der drei Organisationsmodule

Business Partner

8.2 Organisation des Marketingbereichs

479

Die oben skizzierte organisatorische Anbindung ließe sich aber auch dahingehend modifizieren, dass das gesamte Shared Service Center oder bestimmte Teile (Prozesse) davon ausgegliedert und die Verantwortung für die Leistungserbringung an Dritte übertragen werden. Man spricht hierbei vom Business Process Outsourcing. Die Auslagerung von bestimmten Marketingaufgaben an sich ist allerdings für das verantwortliche Marketingmanagement nichts Neues. So ist die Entscheidung, ob bspw. das Imageprogramm eines Unternehmens in Eigenregie verwirklicht, durch Dritte erarbeitet oder als eine Mischform daraus entwickelt wird, schon immer eine Frage des „Make-or-buy“ gewesen. Für Unternehmen, die das Neuland Öffentlichkeitsarbeit beschreiten wollen und müssen, bietet die Zusammenarbeit mit externen Partnern eine Gewähr dafür, dass die allergrößten Fehler beim Einstieg in die Öffentlichkeitsarbeit vermieden werden. Das Leistungsspektrum von PR-Beratern und -Agenturen reicht von der Entwicklung einer zieladäquaten PRStrategie über das Erarbeiten und Publizieren von Pressemitteilungen, Anwender- und Fachberichten bis hin zur Vorbereitung und Durchführung von Interviews, Journalistenaktionen und Pressekonferenzen. Eine Zusammenarbeit mit externen Partnern empfiehlt sich vor allem auch für kleinere Unternehmen, die einen eigenen PR-Mitarbeiter nicht auslasten können. In größeren Unternehmen sollte ein PR-Referent als Ansprechpartner für Journalisten und Unternehmensleitung präsent sein. Dabei ist jedoch zu prüfen, ob nicht ein Outsourcing verschiedener PR-Aktivitäten kostengünstiger ist [vgl. BÜRGER 1989, S. D1]. Bei den nachfolgenden organisatorischen Betrachtungen geht es über die Frage des „Makeor-buy“ hinaus um die Entscheidung, ob bestimmte Marketingprozesse, die bislang im Unternehmen durchgeführt wurden, nun organisatorisch ausgegliedert werden sollten.

480

8. Markenorganisation

8.3

Auslagerung von Organisationseinheiten

8.3.1 Shared Service Center Seit einigen Jahren zeichnet sich der Trend ab, unterstützende Geschäftsprozesse aus einzelnen Unternehmensbereichen herauszulösen und als Shared Service Center (SSC) zu einer bereichsübergreifenden Organisationseinheit zusammenzufassen. Es handelt sich dabei um interne, zentrale Organisationseinheiten, die ihre Dienstleistungen nun für alle Unternehmensbereiche an verschiedenen Standorten anbieten. Sie versprechen für die Durchführung der Prozesse messbare wirtschaftliche Vorteile und ein höheres Maß an Kundenorientierung. Im Gegensatz zur klassischen Zentralisierung von unterstützenden Funktionen (engl. Support Functions) wird das Shared Service Center als eigenständige Einheit geführt. Einen Konzeptvergleich zur klassischen Zentralisierung sowie zur Dezentralisierung von SupportFunktionen liefert Abbildung 8-23.

Konzept

Zentralisierung Unternehmenszentrale/ Support-Funktionen

Geschäftsbereich

Detaillierung

Geschäftsbereich

• Zentrale Ansiedlung der Support-Funk-tionen in der Unternehmenszentrale • Kontrolle durch Unternehmenszentrale

Dezentralisierung Unternehmenszentrale

Geschäftsbereich/ SupportFunktionen

Geschäftsbereich/ SupportFunktionen

• Dezentrale Ansiedlung der Support-Funktionen in den Geschäfts-bereichen • Kontrolle durch Geschäftsbereiche

Shared Service Center Unternehmenszentrale

Geschäfts- Geschäftsbereich bereich Shared Services Organisation (SupportFunktionen) • Zentrale Auslagerung der Support-Funktionen • Führung als eigenständige Einheit • SSC als StandardOrganisationsform für Support-Funktionen

[Quelle: CAPGEMINI]

Abb. 8-23:

Konzept und Detaillierung des Shared Service Center

Mit der Einrichtung eines Shared Service Center werden grundsätzlich folgende Ziele verfolgt: •

Messbarkeit der Dienstleistungen hinsichtlich Qualität, Kosten und Zeit;



Festgelegte Leistungserbringung und -kontrolle anhand von Service Level Agreements,



Kostenreduktion durch Standardisierung der Prozesse sowie durch Nutzung von Skalenerträgen, Synergien und Stellenabbau;

8.3 Auslagerung von Organisationseinheiten

481



Eindeutige (Prozess- und Produkt-)Verantwortlichkeiten bei gleichzeitiger Entlastung der Personalbetreuer von unterstützenden Aufgaben;



Steigerung der Prozessqualität;



Sicherstellung definierter Qualitätsstandards;



Konzentration auf Kernprozesse in den Geschäftseinheiten,



Wettbewerbsfähigkeit der Shared Services.

Shared Service Center sind allerdings im Marketingbereich derzeit noch selten. Das ist auch das Ergebnis einer empirischen Erhebung der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft KPMG aus dem Jahr 2007. Danach wurden lediglich in einem Prozent der befragten Unternehmen bereits Prozesse im Bereich „Marketing“ auf ein Shared Service Center übertragen. Zwar liegen derzeit noch keine neueren Untersuchungen vor, es ist aber davon auszugehen, dass angesichts des immer stärker werdenden Kostendrucks auf alle Unternehmensbereiche auch Teile des Marketingbereichs mit seinen Serviceleistungen von dieser Entwicklung nicht verschont bleiben. Immerhin hatten 2007 bereits 4,5 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, im Marketingbereich ein Shared Service Center zu planen. Unter den Prozessen, für die ein Shared Service Center geplant ist, liegt der Bereich „Personal“ mit 22,7 Prozent an erster Stelle, gefolgt von Prozessen in den Bereichen „Einkauf“ (18,2 Prozent) und „Rechnungswesen“ (13,5 Prozent). Auf Shared Service Center werden Prozesse aus nahezu allen Funktionsbereichen übertragen. Insert 8-03 gibt einen Überblick über geplante und bereits realisierte Shared Service Center nach Prozessarten bzw. Bereichen. Allerdings eignen sich nicht alle Teilprozesse eines Funktionsbereiches in gleicher Weise, um in ein Shared Service Center ausgelagert zu werden. Abbildung 8-24 liefert eine Aufstellung der besonders geeigneten Anwendungsbereiche.

482

8. Markenorganisation

Insert Geplante und realisierte Shared Service Center nach Funktionsbereichen 15,4

Personal Rechnungswesen Finanzen

22,7

14,4 13,5 14,4

4,5 11,2

Reisemanagement

9,1

Einkauf

10,1 18,2

9,6

Controlling

9,1 8,5 9,1

Informationstechnologie

Eingeführt Geplant

6,4

Steuern

0,0 4,3 4,5 4,3 4,5

Facility Management Recht 1,0

Marketing/Vertrieb 0

4,5

5

10

15

20

25

[Quelle: Shared Service Center Controlling 2007, S. 13]

Shared Service Center sind nicht auf das Angebot von personalen Dienstleistungen beschränkt, obgleich personalwirtschaftliche Funktionen eine Vorreiterrolle bei der Einrichtung dieser Organisationsform einnehmen. Das ist das Ergebnis einer empirischen Erhebung der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-gesellschaft KPMG aus dem Jahr 2007. Danach wurden in 15,4 Prozent der befragten Unternehmen bereits Prozesse im Bereich

„Personal“ auf ein Shared Service Center übertragen, gefolgt von Prozessen in den Bereichen „Rechnungswesen“ und „Finanzen“ mit jeweils 14,4 Prozent. Unter den Prozessen, für die ein Shared Service Center geplant sind, liegt ebenfalls der Bereich „Personal“ mit 22,7 Prozent an erster Stelle, gefolgt von Prozessen in den Bereichen „Einkauf“ (18,2 Prozent) und „Rechnungswesen“ (13,5 Prozent).

Insert 8-03: Status quo und zukünftige Betrachtung von Shared Service Centern 2007 Das wichtigste Instrument zum erfolgreichen Betrieb eines Shared Service Center ist das Service Level Agreement (SLA). Es handelt sich dabei um eine Vereinbarung zwischen dem Center und seinem Kunden und beschreibt die für den Kunden zu erbringenden Leistungsbestandteile und deren Qualität zu einem definierten Preis. Im SLA sind Verantwortlichkeiten, Rechte und Pflichten des Dienstleistungserbringers und dessen Kunden definiert. Zusätzlich bestimmt es die Ansprechpartner auf beiden Vertragsseiten. Inhalt und Umfang der erbrachten Leistungen des Shared Service Center wird mit Hilfe wichtiger Leistungsindikatoren (engl. Key Performance Indicators – KPI‘s) gemessen und ggf. veränderten Geschäftsbedürfnissen angepasst.

8.3 Auslagerung von Organisationseinheiten

Finanz- und Rechnungswesen • Hauptbuchhaltung • Kreditoren/ Debitoren • Konzern-CashPooling • Finanzmittelverwaltung • Ausgabenabwicklung • Anlagen/Vermögensverwaltung • Fremdwährungsrisiko

483

Human Resources

IT

Marketing/Vertrieb

• Gehaltsabrechnung • Kommission und Prämien • Weiterbildung • Mitarbeiterdatenverwaltung

• Einheitliches ITManagement • Hardware- und Software-Beschaffung • Software-LizenzManagement • ERP-System und Support • Support und Training • Entwicklung und Instandhaltung

• Auftragsabwicklung • Tele-SalesManagement • Telemarketing Management • Reklamierungen und Rücksendungen • Technischer Support • ServiceManagement

Beschaffung • Warenbestandsmanagement • Logistik • Produktionsmanagement • Datenbankmanagement • Promotionmanagement • Vertriebsmanagement

[Quelle: PWC]

Abb. 8-24:

Bevorzugte Anwendungsbereiche für Shared Services

8.3.2 Geografische Auslagerung von Organisationseinheiten (X-Shoring) Im Zuge der Einrichtung von Shared Service Centern kommt es – nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten – häufig zu Standortverlagerungen. Hierbei wird je nach Entfernung der geografischen Verlagerung zwischen folgenden Varianten („X-Shoring“) unterschieden: •

Onshoring – Verlagerung von Aktivitäten an einen anderen Standort im eigenen Land; für deutsche Unternehmen bedeutet Onshoring demnach eine Standortverlagerung innerhalb Deutschlands;



Nearshoring – Verlagerung von Aktivitäten an einen Standort in nahe gelegene Länder; für deutsche Unternehmen bedeutet Nearshoring eine Standortverlagerung in europäische Länder wie z. B. Polen, Rumänien oder Slowakei;



Offshoring – Verlagerung von Aktivitäten an einen Standort in weit entfernte Länder; für deutsche Unternehmen bedeutet Offshoring eine Standortverlagerung z. B. in asiatische Länder wie China, Indien oder Vietnam.

Auslöser für die Entscheidung zur geografischen Auslagerung von Shared Service Center oder sonstigen Organisationseinheiten sind die teilweise günstigeren Rahmenbedingungen im Ausland insbesondere bei den Arbeitskosten. So kann die Verlagerung an einen Near- oder Offshore-Standort durchaus ein beachtliches Einsparungspotenzial bergen. Nearshoring-Konzepte bergen den Vorteil von geringeren Risiken und schnelleren Abstimmungen, verbunden allerdings mit höheren Personalkosten im Vergleich zu OffshoreStandorten.

484

8. Markenorganisation

Abbildung 8-25 liefert einen Überblick über die unterschiedlichen Standortfaktoren, die bei der Auslagerung unternehmerischer Funktionen und Prozesse berücksichtigt werden müssen.

Onshoring (Deutschland)

Nearshoring (Osteuropa)

Offshoring (Asien)

+ Keine Sprachbarrieren

+ Keine/geringe Sprachbarrieren

+ Sehr niedrige Lohnkosten

+ Deutsches Rechtssystem

+ Niedrige Lohnkosten

+ Flexible Rahmenbedingungen

+ Gute Infrastruktur

+ Nähe zu Deutschland

+ Technisches Know-how vorhanden

+ Geringe kulturelle Anpassungen

+ Qualifiziertes Personal + Nähe zum Unternehmen

- Hohe Lohnkosten - Unflexible Rahmenbedingungen - Arbeitnehmerfreundliches Kündigungsschutzgesetz

- Weniger qualifiziertes Personal verfügbar

- Größere Sprachbarrieren

- Schlechtere Infrastruktur

- Fremdes Rechtssystem

- Größerer Implementierungsaufwand des Shared Service Center

- Kulturelle Unterschiede - Schlechtere Infrastruktur - Weniger qualifiziertes Personal verfügbar - Große räumliche Distanz - Sehr großer Implementierungsaufwand des Shared Service Center

Abb. 8-25:

Vor- und Nachteile von On-, Near- und Offshore-Standorten

Wichtig für die Standortentscheidung sind die Relevanz einzelner Punkte, die Identifizierung der Risikobereitschaft und die Formulierung einer eindeutigen Risiko-Gewinn-Spanne.

8.3.3 Rechtliche Auslagerung von Organisationseinheiten (Outsourcing) Im Zusammenhang mit der geografischen Verlagerung von Organisationseinheiten kann auch über die rechtliche Ausgliederung von Organisationseinheiten entschieden werden. Die Abgabe der rechtlichen und damit unternehmerischen Verantwortung an ein Drittunternehmen wird als Outsourcing bezeichnet. Outsourcing ist damit eine spezielle Form des Fremdbezugs von bisher intern erbrachten Leistungen. Zwischen On-, Near- und Offshoring einerseits und dem Outsourcing anderseits besteht grundsätzlich kein zwingender sachlicher Zusammenhang, obgleich die verschiedenen Begriffe immer wieder zu Missverständnissen führen. Abbildung 8-26 liefert eine entsprechende begriffliche Abgrenzung. Vorreiter beim Fremdbezug von bislang intern erbrachten Leistungen ist das IT-Outsourcing. Hierbei dominierte zunächst das infrastrukturorientierte Outsourcing (Hardware, IT-Netze). Aktuell gewinnen aber das anwendungsbezogene Outsourcing (engl. Application Management) und das prozessorientierte Outsourcing (engl. Business Process Outsourcing) zunehmend an Bedeutung im Rahmen des IT-Outsourcings.

8.3 Auslagerung von Organisationseinheiten

485

Unternehmerische Verantwortung für die Leistungsquelle

Geografische Verlagerung

Abb. 8-26:

Interne Verlagerung (Verantwortung trägt eigenes Unternehmen)

Externe Verlagerung (Verantwortung trägt Drittunternehmen) → Outsourcing

Onshoring

Captive Onshoring

Onshore Outsourcing

Nearshoring

Captive Nearshoring

Nearshore Outsourcing

Offshoring

Captive Offshoring

Offshore Outsourcing

Begriffliche Abgrenzung zwischen On-, Near- und Offshoring sowie Outsourcing

Vorreiter beim Fremdbezug von bislang intern erbrachten Leistungen ist das IT-Outsourcing. Hierbei dominierte zunächst das infrastrukturorientierte Outsourcing (Hardware, IT-Netze). Aktuell gewinnen aber das anwendungsbezogene Outsourcing (engl. Application Management) und das prozessorientierte Outsourcing (engl. Business Process Outsourcing) zunehmend an Bedeutung im Rahmen des IT-Outsourcings. Wesentliche Gründe für die Auslagerung eines Shared Service Center im Rahmen eines Outsourcing-Vertrags sind: •

Kostenreduktion durch geringere Total Cost of Ownership, die nicht nur die Anschaffungskosten einer bestimmten Infrastruktur, sondern auch die späteren Nutzungskosten (Modifikationen, Wartung) berücksichtigt



Konzentration auf die eigentliche Kernkompetenz



Mangel an Know-how oder qualifizierten Arbeitskräften



Höhere Leistung und bessere Qualität



Schnellere Reaktion auf Veränderungen



Höhere Spezialisierung.

Demgegenüber sind aber auch einige Risiken zu berücksichtigen, die mit dem Outsourcing einhergehen können: •

Qualität der ausgelagerten Prozesse kann nicht beeinflusst werden



Abhängigkeit vom Drittunternehmen



Möglicher Verlust von internem Know-how



Fehler bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung eines Outsourcing-Projekts



Kommunikationsmängel bei der Umsetzung der Outsourcing-Maßnahme (Change Management).

486

8. Markenorganisation

Eine grundsätzliche Einschätzung darüber, ob zentrale Unterstützungsleistungen und -prozesse in eigener Regie lokal, als Shared Service Center oder als Fremdbezug in Form eines Business Process Outsourcing organisiert werden sollten, liefert Abbildung 8-27. Danach wird der Entscheidungsprozess anhand der beiden Parameter „Reifegrad der Prozesse“ und „Kosteneinsparungspotenzial“ bestimmt. Je höher der Reifegrad (engl. Maturity), also die Stabilität der Prozesse ist und je höhere Kosteneinsparungen (engl. Cost Savings) angestrebt werden, umso mehr spricht für eine „Buy“-Entscheidung in Form eines Business Process Outsourcing.

Kosteneinsparungen

Business Process Outsourcing • Vergabe von bisher intern erbrachten Leistungen an Dritte • Hohe Anforderungen an den Reifegrad der Prozesse • Höhere Kosteneinsparungen möglich Shared Service Center • Einrichtung eines Shared Service Center in eigener Regie • Mindestanforderungen an den Reifegrad der Prozesse nötig • Größere Kosteneinsparungen möglich

= Buy = Make

Reifegrad der Prozesse

Interne Leistungserbringung • Zentrale oder lokale Leistungserbringung • Geringe Anforderungen an den Reifegrad der Prozesse • Kaum Kosteneinsparungen möglich

[Quelle: CAPGEMINI CONSULTING]

Abb. 8-27:

Parameter für „Make-or-buy“-Entscheidungen bei Support-Funktionen

8.4 Change Management

487

8.4 Change Management Das Veränderungsmanagement (engl. Change Management) steuert und begleitet kulturelle, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Unternehmen, um die Risiken zu reduzieren, die sich durch Veränderung und Transformation ergeben können [vgl. REGER 2009, S. 5]. Dabei steht die Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen oder Verhaltensweisen im Vordergrund. Bei Restrukturierungen, umfassenden Prozessveränderungen, der Implementierung von ERP-Systemen und der Neuausrichtung von Strategien oder Post-MergerIntegrationen gilt es, das entsprechende Geschäftsmodell möglichst schnell in operative Ergebnisse umzuwandeln. Entscheidend für den Erfolg einer notwendigen Umsetzungsmaßnahme ist, wie gut und wie schnell sich Mitarbeiter an die Veränderung anpassen und ihre Arbeit daran ausrichten. Führungskräfte und Mitarbeiter müssen zielgerichtet mobilisiert und motiviert werden, damit sie die bevorstehenden Veränderungen mitgestalten und vorantreiben. Flexibilität und Veränderungsfähigkeit ist demnach ein wichtiger Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Wandel ist somit zu einer Daueraufgabe geworden, der sich Führungskräfte und Mitarbeiter immer wieder stellen müssen.

8.4.1 Ursachen und Handlungsfelder des Change Managements 8.4.1.1 Ursachen

In der Erhebung zur Change Management-Studie 2008 von CAPGEMINI wurde nach den wichtigsten Gründen für Veränderungen in Unternehmen gefragt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Restrukturierungs- bzw. Reorganisierungsmaßnahmen als wichtigste Gründe für Veränderungen in Unternehmen genannt werden (siehe Insert 8-04). Aus diesen Gründen für Veränderungen, lassen sich zwei grundlegende Ursachenkomplexe ausmachen [vgl. VAHS 2009, S. 310 ff.]: •

Externe Ursachen, die von außen auf die Organisation als Problemdruck wirken. Zu den wichtigsten unternehmensexternen Einflüssen zählen der Druck des Marktes und des Wettbewerbs, Firmenübernahmen sowie technologische Veränderungen. Hinzu kommt ein gesellschaftlicher Wertewandel, der hierzulande besonders durch ein vergleichsweise hohes Bildungs- und Wohlstandsniveau beeinflusst wird.



Interne Ursachen, die von innen als Problemdruck auf die Organisation wirken. Interne Auslöser für Veränderungsprozesse können Fehlentscheidung der Vergangenheit, Kostendruck, Wachstumsinitiativen, eine Neuformulierung der Unternehmensstrategie oder neue Managementkonzepte sein.

488

8. Markenorganisation

Insert Häufigste Gründe für Veränderungen Restrukturierung/Reorganisation

49%

Wachstumsinitiativen

38%

Veränderte Unternehmensstrategie

33%

Kostensenkungsprogramme

32%

Veränderte Marktstrategie

32%

Mergers & Acquisitions

21% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

[Quelle: Change Management-Studie 2008, S. 14]

Welches sind die häufigsten Gründe für Veränderungen in Unternehmen? In der Change Management-Studie 2008 von CAPGEMINI geben die Hälfte der befragten Unternehmen Restrukturierung bzw. Reorganisation als wichtigsten Veränderungsgrund an. Wachstumsinitiativen spielen in zwei von fünf

Unternehmen eine zentrale Rolle. An dritter Stelle der Veränderungsgründe liegt ein Wechsel der Unternehmensstrategie gefolgt von Kostensenkungsprogrammen. Die obige Abbildung fasst die Ergebnisse der Change Management-Studie zusammen.

Insert 8-04: Häufigste Gründe für Change Management 8.4.1.2 Handlungsfelder

Veränderungsprozesse mit einer großen Reichweite und Tiefe für Aufbau-, Ablauf- und Prozessstrukturen werden auch als transformativer Wandel bezeichnet und sollten nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist dafür Sorge zu tragen, dass die erkannten Ursachen und die geplanten Veränderungsmaßnahmen in dem dynamischen Gesamtzusammenhang der vier Handlungsfelder des Change Managements zu sehen sind [vgl. VAHS 2009, S. 334 ff.]: Handlungsfeld 1: Strategie. Die Strategie – also der Weg zum Ziel – wird durch bereits eingetretene oder noch zu erwartende Veränderungen beeinflusst. Erfolgt die Strategie reaktiv, so spricht man von einer Anpassungsstrategie. Sie kann aber auch aktiv als Innovationsstrategie formuliert werden. In Bezug auf die Reichweite der in den Veränderungsprozess einbezogenen Strategieebenen kann zwischen Unternehmensstrategie, Geschäftsbereichsstrategien oder Funktionsbereichsstrategien unterschieden werden. Unabhängig von den einbezogenen Unternehmensebenen wirkt die Formulierung einer neuen Strategie nicht nur nach außen, sondern auch nach innen, d. h. sie bleibt in aller Regel nicht ohne Auswirkungen auf die bestehenden Organisationsstrukturen. Handlungsfeld 2: Kultur. Gegenüber den „harten“ Faktoren gewinnt die Unternehmenskultur als „weiches“ Handlungsfeld für ein erfolgreiches Veränderungsmanagement zunehmend an Bedeutung. Mitarbeiter erwarten abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Aufgaben,

8.4 Change Management

489

die Freiräume für ihre persönliche Entfaltung bieten. Daher müssen sie auch rechtzeitig über Veränderungen informiert und in den Veränderungsprozess eingebunden werden. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, so meldet sich allzu häufig das „natürliche Immunsystem“ einer Organisation. Handlungsfeld 3: Technologie. Versteht man unter Technologie ganz allgemein Verfahren, Methoden, Maschinen, Werkzeuge, Werkstoffe und das damit verbundene Anwendungswissen, so werden diese vorrangig im Produktionsbereich von Industriebetrieben eingesetzt. Anstehende Veränderungen betreffen hier also vornehmlich den Herstellungsprozess. Veränderungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) betreffen jedoch nicht nur den Fertigungsbereich (z. B. als Embedded Software), sondern auch den Verwaltungsbereich sowie ganz besonders auch Dienstleistungsunternehmen wie Banken, Versicherungen, Logistik- und Handelsbetriebe. Hier hat die Entwicklung der IKT einen unmittelbaren Einfluss auf die Veränderung der Unternehmensstrukturen. So eröffnet die IKT heute in einem zunehmenden Maße die Chance zur Gestaltung von Prozessen und Strukturen. Mehr noch, in vielen Branchen hat sich die IKT als strategischer Erfolgsfaktor entpuppt. Ein Stichwort hierzu ist die Digitale Transformation. Handlungsfeld 4: Organisation. Mit dem Handlungsfeld Organisation sind typische Maßnahmen der Reorganisation von Unternehmen angesprochen. Dazu zählen der Abbau von Hierarchieebenen ebenso wie die Einrichtung von Cost- und Profit-Centern oder der Übergang von einer funktionalen zu einer prozessorientierten Struktur. Restrukturierungsmaßnahmen (engl. Restructuring) sind die konsequenteste Form eines transformativen Wandels, wenn eine strategische Neuausrichtung andere Strukturen verlangt.

8.4.2 Umgang mit Widerständen Jede Veränderung löst Verunsicherung, teilweise sogar Ängste und das Gefühl von Kontrollverlust bei den Mitarbeitern aus. Sie wissen nicht, was auf sie zu kommt, wie sie sich in der neuen Situation oder während der Übergangsphase verhalten sollen. So sind Widerstände (engl. Resistance to Change) ganz normale und unvermeidliche Begleiterscheinungen von Veränderungsprozessen. Widerstände lassen sich oftmals auf fehlende Akzeptanz und Perspektiven zurückführen. Die Zufriedenheit mit der aktuellen Situation oder auch sachliche, persönliche oder machtpolitische Gründe können für das Nicht-Wollen vorliegen. Widerstände können aber auch auf fehlender Qualifikation beruhen. Aus Angst vor Versagen nimmt man am Veränderungsprozess nicht teil oder versucht ihn zu unterlaufen. Häufig ist es auch fehlendes Verständnis für den Veränderungsdruck. Mangelnde oder falsche Informationen über die Gründe und Notwendigkeit der Veränderung sind i. d. R. auf fehlerhafte Kommunikation zurückzuführen [vgl. REGER 2009, S. 18 f.].

490

8. Markenorganisation

8.4.2.1 Reaktionen auf geplante Veränderungen

Hinsichtlich der Reaktionen auf geplante Veränderungen lassen sich unterschiedliche Personengruppen unterscheiden. Etwa ein Drittel der Betroffenen steht den Veränderungen offen und positiv gegenüber, ein Drittel verhält sich abwartend und neutral und das letzte Drittel lehnt den Wandel leidenschaftlich ab. Differenziert man diese Einteilung weiter, so können sieben Typen von Personen in Verbindung mit Veränderungsreaktionen ausgemacht werden, wobei eine Normalverteilung der einzelnen Typen unterstellt wird [vgl. VAHS 2009, S. 344 ff. unter Bezugnahme auf KREBSBACH-GNATH 1992, S. 37 ff.]: •

Visionäre und Missionare. Diese eher kleine Schlüsselgruppe gehört in der Regel dem Top-Management an und haben die Ziele und Maßnahmen des geplanten Wandels mit erarbeitet oder mit initiiert. Sie sind vom Veränderungserfolg überzeugt und versuchen nun, die übrigen Organisationsmitglieder von der Notwendigkeit der Veränderung zu überzeugen.



Aktive Gläubige. Auch diese Personengruppe akzeptiert den bevorstehenden Wandel und ist bereit, ihre ganze Arbeits- und Überzeugungsarbeit einzusetzen, um die Ziele und neuen Ideen in die Organisation zu tragen.



Opportunisten. Sie wägen zunächst einmal ab, welche persönlichen Vor- und Nachteile der Wandel für sie bringen kann. Gegenüber ihren veränderungsbereiten Vorgesetzten äußern sie sich positiv, gegenüber ihren Kollegen und Mitarbeitern eher zurückhaltend und skeptisch.



Abwartende und Gleichgültige. Diese größte Personengruppe zeigt eine sehr geringe Bereitschaft, sich aktiv an der Veränderung zu beteiligen. Sie wollen erst einmal Erfolge sehen und eine spürbare Verbesserung ihrer persönlichen Arbeitssituation erfahren.



Untergrundkämpfer. Sie gehen verdeckt vor und betätigen sich als Stimmungsmacher gegen die Neuerungen.



Offene Gegner. Diese Gruppe von Widerständlern, der es um die Sache und nicht um persönliche Privilegien geht, zeigt ihre ablehnende Haltung offen. Sie argumentiert mit „offenem Visier“ und ist davon überzeugt, dass die Entscheidung falsch und der eingeschlagene Weg nicht zielführend ist.



Emigranten. Diese eher kleine Gruppe hat sich entschlossen, den Wandel keinesfalls mitzutragen und verlässt das Unternehmen. Häufig handelt es sich dabei um Leistungsträger, die nach der Veränderung keine ausreichende Perspektive für sich sehen.

In Abbildung 8-28 sind die typischen Einstellungen gegenüber dem organisatorischen Wandel als Normalverteilung so dargestellt, dass auf der Abszisse die Veränderungsbereitschaft von links (Begeisterung, Zustimmung) nach rechts (Skepsis, Ablehnung) immer weiter abnimmt. Allerdings muss auch hierzu angemerkt werden, dass die unterstellte Normalverteilung durchaus plausibel erscheint, empirisch aber nicht abgesichert ist.

8.4 Change Management

491

Anzahl Personen

Typische Einstellungen

Visionäre und Missionare

Opportunisten

Aktive Gläubige

Untergrundkämpfer

Abwartende und Gleichgültige

Emigranten

Offene Gegner

[Quelle: VAHS 2009, S. 345]

Abb. 8-28:

Typische Einstellungen gegenüber dem organisatorischen Wandel

8.4.2.2 Phasen der Veränderung

Jede Veränderung ist ein Prozess, der zweckmäßiger Weise in folgenden fünf Phasen ablaufen sollte [vgl. KRÜGER 2002, S. 49]: •

Initialisierung, d. h. der Veränderungsbedarf wird festgestellt und die Veränderungsträger müssen informiert werden,



Konzipierung, d. h. die Ziele der Veränderung sind festzulegen und die entsprechenden Maßnahmen zu entwickeln,



Mobilisierung, d. h. das Veränderungskonzept muss kommuniziert und Veränderungsbereitschaft und Veränderungsfähigkeit geschaffen werden,



Umsetzung, d. h. die priorisierten Veränderungsvorhaben sind durchzuführen und Folgeprojekte anzustoßen,



Verstetigung, d. h. die Veränderungsergebnisse müssen verankert und Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit abgesichert werden.

8.4.2.2 Erfolgsfaktoren von Change Management-Projekten

Generell sind es drei Voraussetzungen, die den Erfolg von Change Management-Projekten bestimmen [vgl. REGER 2009, S. 14]:

492

8. Markenorganisation



Veränderungsbedarf, d. h. die grundsätzliche Erkenntnis und Überzeugung, dass eine Veränderung zu einer besseren Ausgangssituation führt und damit wettbewerbsrelevant ist,



Veränderungsfähigkeit, d. h. das Potenzial von Führungskräften und Mitarbeitern, die Veränderung erfolgreich umzusetzen und



Veränderungsbereitschaft, d. h. den Willen aller Beteiligten und Betroffenen zur Umsetzung.

Nur wenn alle drei Voraussetzungen zusammen kommen, hat das Change Management „leichtes Spiel“. In Abbildung 8-29 sind die Beziehungszusammenhänge von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft dargestellt.

1

Reformstau

Fähigkeitsdefizite Veränderungsbedarf

Unbefriedigter Veränderungsdrang

Willensbarrieren 2

4 7

Veränderungsfähigkeit

Ungenutztes Fähigkeitspotenzial

5 Veränderungsbereitschaft

6 3

Fehlgeleitete Aktivitäten

[Quelle: REGER 2009, S. 14]

Abb. 8-29:

Zusammenhang von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft

Ein wichtiger Bestandteil des Change Management ist eine klare, konsequente und konsistente Kommunikation. Eine rechtzeitige und offene Information der Organisationsmitglieder über die Ursachen, Ziele und Fortschritte des Wandels stellt sicher, dass die Gründe für die Einleitung eines Veränderungsprozesses auch verstanden werden. Führungskräfte und Mitarbeiter werden sich nur dann für den Wandel einsetzen, wenn sie ausreichend über das Veränderungsvorhaben informiert sind und den Gesamtzusammenhang zur Unternehmens- bzw. Marktstrategie kennen. Alle Beteiligten und Betroffenen müssen mit geeigneten Kommunikationsmitteln und -maßnahmen angesprochen werden, um ein konsistentes Bild der Veränderung zu erzeugen. Der Aufbau eines vertrauensvollen Kommunikations- und Arbeitsklimas,

8.4 Change Management

493

das ein laufendes Feedback über den Veränderungsprozess fordert und in die Maßnahmengestaltung einfließen lässt, ist somit eine ganz wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Unternehmenswandel [vgl. VAHS 2009, S. 355]. Jedes Change Management-Team sollte sich darüber im Klaren sein, dass sich ohne Ziele, Aktionspläne, Ressourcen, Fähigkeiten, Anreize und Informationen die gewünschte Veränderung nicht einstellen wird. Im Gegenteil, fehlt bereits eine dieser Komponenten, so ist Aktionismus, Chaos, Frustration, Angst oder Verwirrung vorprogrammiert. Abbildung 4-30 zeigt sehr anschaulich, was das Fehlen einzelner Komponenten im Change Management-Prozess bewirken kann. Besonders deutlich werden diese Effekte, wenn man die Ursachen fehlgeschlagener Change Management-Projekte analysiert.

Ohne Ziele

?

Ohne Pläne

Ziele

+

Ohne Ressourcen

Ziele

+

Aktionspläne +

Ohne Fähigkeiten

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen +

Ohne Anreize

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten +

Ohne Information

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten + Anreize +

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten + Anreize +

+ Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten

?

+ Ressourcen + Fähigkeiten

?

+ Fähigkeiten

?

+ Anreize + Information

= Aktionismus

+ Anreize + Information

=

Chaos

+ Anreize + Information

=

Frustration

+ Anreize + Information

=

Angst

=

Kaum Veränderung

=

Verwirrung

?

+ Information

?

Information =

Gewünschte Veränderung

[Quelle: UNKRIG 2005, S. 45]

Abb. 8-30:

Komponenten der gewünschten Veränderung

In Insert 8-05 sind die häufigsten Ursachen für IT-Projekte, die die Erwartungen nicht erfüllt haben, aufgelistet. Daran wird deutlich, dass es im Wesentlichen immer wieder an der Vernachlässigung mindestens einer der o. g. Komponenten liegt, wenn Projekte nicht den gewünschten Erfolg bringen. Konkret muss das Unternehmen Sorge dafür tragen, dass die Veränderung zu einer Anreizkompatiblen Organisationslösung führt, d. h. der Mitarbeiter sollte durch Erfüllung der gestellten Aufgabe auch seine eigenen Ziele erreichen können. Des Weiteren ist die Motivation der Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, um den Abbau von Blockaden zu erleichtern. Auch eine gezielte Steuerung der Erwartungen sowie eine entsprechende Qualifizierung der Mitarbeiter sind Grundlagen für einen erfolgreichen Change ManagementProzess. Fazit: Eine der Veränderung positiv gegenüberstehende Unternehmenskultur, eine angemessene und zielgruppenorientierte Kommunikation sowie ein kompetentes Change Management-Team, das mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet ist, bilden die wichtigsten Grundlagen für einen erfolgreichen Wandel im Unternehmen.

494

8. Markenorganisation

Insert Woran liegt es Ihrer Meinung nach, wenn IT-Projekte in Ihrem Unternehmen die Erwartungen nicht erfüllen? Ohne (Prioritäten-) Pläne Ohne Ressourcen Ohne Ziele Ohne Ressourcen Ohne Information/Anreize Ohne Pläne

Zu viele interne Projekte gleichzeitig

70%

Zu wenig interne Ressourcen

50%

Unklare fachliche Zielsetzung

46%

Fehlendes Change Management

43%

Zu viel interne Politik

39%

Mangelnde Abstimmung

Ohne Ressourcen

Zu wenig interne Betreuer

Ohne Fähigkeiten

Mangelndes Know-kow

Ohne Fähigkeiten

how Technische Probleme

Mehrfachnennungen möglich

36% 19% 15% 7% 0%

20%

40%

60%

80%

[Quelle: STUDIE IT-TRENDS 2009, S. 12]

Die Anzahl der parallel durchgeführten Projekte wird als Hauptgrund für das Scheitern von IT-Projekten angegeben. Dies weist auf das Fehlen von Prioritäten-Plänen hin. Weitere Gründe sind die mangelnde Bereitstellung von notwendigen internen

Ressourcen sowie eine unklare fachliche Zielsetzung. Letztlich lassen sich also nahezu alle Gründe auf das Fehlen der in Abbildung 4-27 aufgeführten Komponenten zurückführen.

Insert 8-05: Ursachen fehlgeschlagener IT-Projekte

Kontroll- und Vertiefungsfragen

495

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Welche drei organisatorischen Grundprinzipien werden nach dem heutigen Organisationsverständnis unterschieden?

(2)

Welche Managementfunktionen beschreibt der sogenannte „Fünferkanon“ der modernen Managementlehre?

(3)

Worin unterscheiden sich Stelle, Instanz und Abteilung als Organisationseinheit?

(4)

Inwiefern ist die Matrixorganisation eine Sonderform der Mehrlinienorganisation?

(5)

Ist die funktionale Organisation für ein Ein-Produktunternehmen in jedem Fall die zweckmäßigste Organisationsform?

(6)

Warum nehmen die Verfechter der Matrixorganisation die „vorprogrammierten“ Konfliktfälle aufgrund der unklaren Weisungsbefugnisse bewusst in Kauf?

(7)

Worin liegen die grundlegenden Unterschiede zwischen der Ablauforganisation und der Prozessorganisation?

(8)

Worin besteht die grundsätzliche Prozessidee?

(9)

Welche drei Rollen kommen jedem Prozess zu?

(10)

Beschreiben Sie die Grundphilosophie des Business Process Reengineering.

(11)

Welche Geschäftsprozesse beschreibt das Supply Chain Management?

(12)

Von welchen Einflussfaktoren wird die Organisation des Marketingbereichs im Wesentlichen bestimmt?

(13)

Welche Aktivitäten des Marketingbereichs sollten als Service Center organisiert werden, welche als Competence Center?

(14)

Welche Ziele werden mit der Einrichtung eines Shared Service Center verfolgt?

(15)

Welche Varianten bieten sich bei der geografischen Auslagerung eines Shared Service Center an?

(16)

Warum bildet das Service Level Agreement eine wichtige Grundlage für den Betrieb eines Shared Service Center?

(17)

Worin besteht der Unterschied zwischen X-Shoring und Outsourcing?

(18)

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Veränderungsbedarf, -fähigkeit und bereitschaft?

(19)

Warum ist die Kommunikation so wichtig für die Umsetzung von Change Management-Projekten?

Abbildungsverzeichnis Abb. 1-01: Abb. 1-02: Abb. 1-03: Abb. 1-04: Abb. 1-05: Abb. 1-06: Abb. 1-07: Abb. 1-08: Abb. 1-09: Abb. 1-10: Abb. 1-11: Abb. 1-12: Abb. 1-13: Abb. 1-14: Abb. 1-15: Abb. 1-16: Abb. 1-17: Abb. 1-18: Abb. 1-19: Abb. 1-20: Abb. 1-21: Abb. 1-22: Abb. 1-23: Abb. 1-24: Abb. 1-25: Abb. 1-26: Abb. 1-27: Abb. 1-28: Abb. 1-29: Abb. 1-30: Abb. 1-31: Abb. 1-32: Abb. 1-33: Abb. 1-34: Abb. 1-35: Abb. 1-36: Abb. 1-37: Abb. 1-38: Abb. 1-39: Abb. 1-40:

Marketing-Ausrichtungen und -Wortverbindungen ................................................ 7 Abgrenzung B2C- und B2B-Marketing .................................................................. 8 Zuordnung der güterbezogenen Segmente zu B2C und B2B.................................. 9 Entwicklungsstufen des Marketings ...................................................................... 12 Zum Rollenverständnis der Marketing-Funktion ...................................................... 13 Aufgaben- und Verantwortungsspektrum des Marketingmanagements ............... 16 Theoretische Ansätze der Marketingwissenschaft ................................................ 18 Klassifikation von Betriebsformen im Einzelhandel............................................. 19 Warentypologische Merkmale und ihre Ausprägungen ........................................ 21 Erklärungsbeiträge „materieller“ Theorieansätze für das Marketing .................... 22 Systemstrukturen ................................................................................................... 24 Gegenüberstellung von S-R-Modell und S-O-R-Modell ...................................... 26 Erklärungsbeiträge „formaler“ Theorieansätze für das Marketing ....................... 27 Lösung von Agency-Problemen ............................................................................ 29 Gegenüberstellung der institutionenökonomischen Ansätze ................................ 32 Bezugsrahmen für die marktorientierte Unternehmensplanung ............................ 33 Bezugsrahmen einer Marketingplanung ................................................................ 34 Einflussfaktoren für das Marketing ....................................................................... 35 Vier Megatrends im sozio-kulturellen Umfeld ..................................................... 38 Das Grundmodell der SWOT-Analyse.................................................................. 45 TOWS-Diagramm ................................................................................................. 46 Fiktives Stärken-Schwächen-Profil ....................................................................... 47 Faktoren des 7-S-Modells ..................................................................................... 48 Das Five-Forces-Modell von PORTER ................................................................... 50 Portfolio der Kompetenzen und Handlungsoptionen ............................................ 51 Beiträge und Ansprüche der Stakeholder .............................................................. 53 Wertschöpfungskette für Industriebetriebe nach PORTER ..................................... 54 Ansatzpunkte für Wertschöpfungspartnerschaften ............................................... 55 Beispiel für die Kostenverteilung einer Wertschöpfungskette in der Industrie .... 57 Benchmarking-Grundtypen ................................................................................... 58 Das unternehmerische Zielsystem ......................................................................... 60 Die CI-Komponenten ............................................................................................ 63 Fragen zu Mission und Vision............................................................................... 65 Die Zielpyramide des Unternehmens .................................................................... 66 Marketingziele und Geltungsbereiche ................................................................... 67 Einordnung der Marketing-Gleichung in das Schichtenmodell der Unternehmenskonzeption ...................................................................................... 68 Prozesshierarchie der Marketing-Wertschöpfungskette ........................................ 69 Die Marketing-„Waage“........................................................................................ 71 Die Marketing-Gleichung im Überblick ............................................................... 71 Perspektiven des Marketings ................................................................................. 74

498

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1-41: Anteile strategischer und taktischer Komponenten bei den Aktionsfeldern der Marketing-Gleichung ............................................................................................ 75 Abb. 1-42: Zuordnung der Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu den Konzeptionsebenen der Marketingstrategien und des Marketing-Mix ................. 75 Abb. 1-43: Unterschiede zwischen B2C- und B2B-Marketing ............................................... 76 Abb. 1-44: Bedeutung der Marketing-Aktionsfelder für das B2C- bzw. B2B-Marketing ...... 76 Abb. 1-45: Grundlegende Struktur des Lehrbuchs .................................................................. 78 Abb. 2-01: Aufgabenspektrum der Marktsegmentierung ........................................................ 84 Abb. 2-02: Segmentierungsarten ............................................................................................. 86 Abb. 2-03: S-O-R-Modell des Kaufverhaltens ........................................................................ 87 Abb. 2-04: Wichtige Einflussfaktoren des Kaufverhaltens ..................................................... 88 Abb. 2-05: Psychologische Konstrukte und wichtige Ausprägungen ..................................... 90 Abb. 2-06: Die Bedürfnispyramide von Maslow und beispielhafte Bedürfnisse .................... 93 Abb. 2-07: Zusammenhang von Wahrnehmungs- und Lernkonstrukten beim Kaufverhalten 93 Abb. 2-08: Vier Arten von Kaufentscheidungen ..................................................................... 94 Abb. 2-09: Phasen des Kaufentscheidungsprozesses .............................................................. 95 Abb. 2-10: Segmentierungskriterien ........................................................................................ 97 Abb. 2-11: Beurteilung der Segmentierungskriterien im Konsumgüterbereich .................... 101 Abb. 2-12: Segmentierung des Automobilmarktes (Beispielperiode April 2010) ................ 102 Abb. 2-13: Segmentierung des Feinseifenmarktes ................................................................ 103 Abb. 2-14: Charakteristika des organisationalen Kaufverhaltens ......................................... 105 Abb. 2-15: Phasen des organisationalen Kaufprozesses ........................................................ 106 Abb. 2-16: Beispiel für einen Segmentierungsbaum ............................................................. 111 Abb. 2-17: Segmentierung der Fertigungsindustrie............................................................... 112 Abb. 2-18: Segmentierungsansatz für den Mittelstand.......................................................... 113 Abb. 2-19: Mehrdimensionale Segmentierung im B2B-Bereich .......................................... 115 Abb. 2-20: Segmentbezogene Zielgrößen einer quantitativen Nachfragebeurteilung........... 117 Abb. 2-21: Das Konzept der mehrstufigen Segmentierung im B2B-Bereich ....................... 119 Abb. 2-22: Stufen der Geschäftsfeldplanung......................................................................... 120 Abb. 2-23: Idealtypische Marktbearbeitungsmuster.............................................................. 123 Abb. 2-24: Segmentspezifische Marktbearbeitungsstrategien .............................................. 124 Abb. 2-25: Der Strategietrend im Marketing ......................................................................... 125 Abb. 2-26: Der Marktforschungsprozess ............................................................................... 126 Abb. 2-27: Wichtige Beobachtungsvarianten ........................................................................ 129 Abb. 2-28: Apparative Beobachtungsverfahren (Auswahl) ................................................... 131 Abb. 2-29: Beobachtungsvarianten nach der Durchschaubarkeit der Versuchssituation ...... 132 Abb. 2-30: Strategische und taktische Elemente einer Befragung ........................................ 133 Abb. 2-31: Vor- und Nachteile der Befragungsformen ......................................................... 134 Abb. 2-32: Beispiel eines Konzepttests ................................................................................. 137 Abb. 2-33: Beispiel eines Produkttests als Blindtest ............................................................. 137 Abb. 2-34: Beurteilungskriterien für Storetest, Markttest und Testmarktersatzverfahren .... 138 Abb. 2-35: Arten von Panels ................................................................................................. 139 Abb. 2-36: Methodische Probleme bei Panelerhebungen...................................................... 140

Abbildungsverzeichnis

499

Abb. 2-37: Abb. 2-38: Abb. 2-39: Abb. 2-40: Abb. 2-41: Abb. 2-42: Abb. 2-43: Abb. 2-44: Abb. 2-45:

Wichtige auswahltechnische Grundbegriffe ....................................................... 141 Verfahren der Stichprobenauswahl ..................................................................... 143 Wichtige statistische Verfahren der Datenauswertung ....................................... 144 Lage- und Streuungsparameter ............................................................................ 145 Beispiel für eine lineare Einfachregression ......................................................... 146 Anwendungsbeispiele der Regressionsanalyse ................................................... 146 Beispiele für Verteilungen zweier Variablen ...................................................... 147 Prozessmodell für das Aktionsfeld „Segmentierung“ ......................................... 150 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Segmentierung“ ................................. 151

Abb. 3-01: Abb. 3-02: Abb. 3-03: Abb. 3-04: Abb. 3-05: Abb. 3-06: Abb. 3-07: Abb. 3-08: Abb. 3-09: Abb. 3-10: Abb. 3-11: Abb. 3-12: Abb. 3-13: Abb. 3-14: Abb. 3-15: Abb. 3-16: Abb. 3-17: Abb. 3-18: Abb. 3-19: Abb. 3-20: Abb. 3-21: Abb. 3-22: Abb. 3-23: Abb. 3-24: Abb. 3-25: Abb. 3-26: Abb. 3-27: Abb. 3-28: Abb. 3-29: Abb. 3-30: Abb. 3-31: Abb. 3-32: Abb. 3-33: Abb. 3-34:

Differenzierungsmöglichkeiten durch das Produkt ............................................. 160 Differenzierungsinstrumente und deren Ausgestaltungsmöglichkeiten .............. 161 Differenzierungsmöglichkeiten im Industriegüterbereich................................... 162 Beispiel eines zweidimensionalen Positionierungsmodells ................................ 163 Beispiel für ein Positionierungsmodell mit fünf Dimensionen ........................... 165 Innovationstypen ................................................................................................. 168 Ideengewinnung und Ideenprüfung im Rahmen des Innovationsprozesses ........ 170 Konzeptentwicklung und Entwicklung der vorläufigen Marketingstrategie ...... 171 Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung .......................................... 172 Markterprobung und Markteinführung ............................................................... 173 Typische Markteintrittsmuster ............................................................................ 174 Beispiele für Innovationsführer und Innovationsfolger in der ITK-Branche ...... 175 Kosten-Erfahrungskurve bei linear und logarithmisch eingeteilten Ordinaten ... 176 Der Produktlebenszyklus ..................................................................................... 177 Theoretische Grundlagen der Marktanteils-Marktwachstums-Matrix ................ 179 Ableitung eines Portfolios für ein Beispiel-Unternehmen .................................. 180 Normstrategien und alternative Handlungsempfehlungen der BCG-Matrix ...... 181 Die 9-Felder-Matrix von MCKINSEY................................................................... 182 Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF ................................................................... 183 Grundlagen der Marktdurchdringungsstrategie................................................... 184 Grundlagen der Marktentwicklungsstrategie ...................................................... 186 Grundlagen der Produktentwicklungsstrategie ................................................... 187 Stoßrichtungen der Diversifikationsstrategie ...................................................... 188 Markenstrategische Optionen im Überblick........................................................ 191 Positionierung von Herstellermarken gegenüber Handelsmarken ...................... 194 Grundlagen der Einzelmarkenstrategie ............................................................... 195 Grundlagen der Mehrmarkenstrategie ................................................................. 196 Grundlagen der Familienmarkenstrategie ........................................................... 197 Grundlagen der Dachmarkenstrategie ................................................................. 198 Grundlagen der Markentransferstrategie ............................................................. 199 Grundlagen der Co-Branding-Strategie............................................................... 200 Markenarchitektur des Volkswagen Konzerns.................................................... 201 Preis-Absatz-Funktion mit linearem Verlauf ...................................................... 202 Preis-Absatz-Funktionen und Preiselastizität der Nachfrage .............................. 203

500

Abb. 3-35: Abb. 3-36: Abb. 3-37: Abb. 3-38: Abb. 3-39: Abb. 3-40: Abb. 3-41: Abb. 3-42:

Abbildungsverzeichnis

Abb. 3-45: Abb. 3-46: Abb. 3-47: Abb. 3-48: Abb. 3-49:

Doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion nach Gutenberg ................................ 204 Wichtige Angebotsstrukturen in der klassischen Preistheorie ............................ 205 Gewinn- und umsatzmaximaler Preis bei monopolistischer Angebotsstruktur .. 207 Gewinn-, Kosten- und Preissituation im Polypol auf vollkommenem Markt ..... 207 Methoden der Preisfindung ................................................................................. 209 Preisstrategien ..................................................................................................... 209 Preispositionierungsstrategien ............................................................................. 211 Ausschöpfung der Preisbereitschaft durch Preisdifferenzierung im Softwarebereich ................................................................................................... 212 Grundformen der Preisdifferenzierung ............................................................... 213 Idealtypische Verläufe von Preisdifferenzierungs- und Preispositionierungsstrategien ............................................................................. 214 Unterschiede zwischen Qualitäts- und Preiswettbewerb..................................... 217 Die „Stuck-in-the-Middle“-Position.................................................................... 218 Wettbewerbsstrategien nach PORTER .................................................................. 219 Prozessmodell für das Aktionsfeld „Positionierung“ .......................................... 221 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Positionierung“ .................................. 223

Abb. 4-01: Abb. 4-02: Abb. 4-03: Abb. 4-04: Abb. 4-05: Abb. 4-06: Abb. 4-07: Abb. 4-08: Abb. 4-09: Abb. 4-10: Abb. 4-11: Abb. 4-12: Abb. 4-13: Abb. 4-14: Abb. 4-15: Abb. 4-16: Abb. 4-17: Abb. 4-18: Abb. 4-19: Abb. 4-20: Abb. 4-21: Abb. 4-22: Abb. 4-23: Abb. 4-24: Abb. 4-25: Abb. 4-26:

Schematische Darstellung des Kommunikationssystems.................................... 228 Die Kommunikation: Von der Struktur über die Inhalte zur Umsetzung ........... 229 Elemente eines Kommunikationsmodells ........................................................... 230 Dimensionen des Kommunikationskonzepts ...................................................... 234 Kommunikationsinstrumente .............................................................................. 235 Gegenstand, Träger, Adressaten und Ziele der Werbung ................................... 236 Das AIDA-Prinzip der Werbewirkung ................................................................ 238 Gestaltungsart, -form und -mittel von Werbebotschaften ................................... 238 Typische Inszenierungsformen von Werbebotschaften ...................................... 239 Wichtige Gestaltungsmittel von Werbebotschaften ............................................ 240 Struktur und Elemente einer Werbeanzeige ........................................................ 242 Gängige Schriften und ihre Merkmale ................................................................ 243 Schrift-Maße und typografisches Glossar ........................................................... 243 Erfolgreiche Slogans mit langer Lebensdauer..................................................... 246 Entwicklung der Slogans von MCDONALD’S und PERSIL ................................... 246 Verständnis englischsprachiger Slogans in Deutschland .................................... 247 Klassifikation von Produktnamen nach ihrem Benennungsmotiv ...................... 247 Wichtige Online-Werbeformen ........................................................................... 251 Funktionaler Ablauf des Affiliate Marketing ...................................................... 253 Wirksamkeit einzelner Bannerelemente auf verschiedene Werbeziele .............. 257 Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung .................................................. 258 Erscheinungsformungen des Direktmarketings................................................... 263 Wichtige Direktwerbemedien.............................................................................. 264 Wichtige Promotionsmaßnahmen ....................................................................... 266 Wichtige PR-Maßnahmen und ihre Zielgruppen ................................................ 267 Sponsoring-Bereiche und Sponsoring-Maßnahmen ............................................ 269

Abb. 3-43: Abb. 3-44:

Abbildungsverzeichnis

501

Abb. 4-27: Corporate Responsibility und Sponsoring ........................................................... 271 Abb. 4-28: Kommunikationsmedien (Werbeträger) .............................................................. 275 Abb. 4-29: Printmedien im Überblick ................................................................................... 277 Abb. 4-30: Merkmale der Medien Fernsehen, Hörfunk und Kino ........................................ 278 Abb. 4-31: Phasen der Mediaplanung ................................................................................... 285 Abb. 4-32: Klassifizierungsschema für zeitliche Verteilungsmuster von Werbeschaltungen ............................................................................................................................. 289 Abb. 4-33: Wichtige Kennzahlen in der Online-Werbung .................................................... 295 Abb. 4-34: Prozessmodell des Aktionsfeldes „Kommunikation“ ......................................... 297 Abb. 4-35: Ausgewählte Inputs und Outputs für das Aktionsfeld „Kommunikation“ .......... 298 Abb. 4-36: Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Kommunikation“ ............................... 299 Abb. 5-01: Abb. 5-02: Abb. 5-03: Abb. 5-04: Abb. 5-05: Abb. 5-06: Abb. 5-07: Abb. 5-08: Abb. 5-09: Abb. 5-10: Abb. 5-11: Abb. 5-12: Abb. 5-13: Abb. 5-14: Abb. 5-15: Abb. 5-16: Abb. 5-17:

Distributionsschwerpunkte im B2C- und B2B-Marketing.................................. 306 Gliederung des Aktionsfeldes „Distribution“...................................................... 306 Elemente eines Distributionssystems .................................................................. 307 Distributionsorgane im Überblick ....................................................................... 310 Typische Distributionskanäle .............................................................................. 311 Typische Distributionsformen ............................................................................. 312 Distributionskanäle im Buchhandel .................................................................... 316 Chancen und Risiken von Mehrkanalsystemen................................................... 317 Entwicklung der Marktanteile der Betriebsformen von 1995 bis 2010 .............. 327 Entwicklung der Preissegmente im Einzelhandel von 1981 bis 2010................. 328 Positionierungsmerkmale im Einzelhandel ......................................................... 331 Push- und Pull-Strategie Distribution im B2B-Bereich ...................................... 333 Realisierungsstufen im übernationalen Marketing .............................................. 338 Vertikale Distributionsstrukturen ........................................................................ 341 Eignungsvergleich verschiedener Transportmittel .............................................. 342 Prozessmodell des Aktionsfeldes „Distribution“ ................................................ 344 Perspektiven des Aktionsfeldes „Distribution“ ................................................... 346

Abb. 6-01: Abb. 6-02: Abb. 6-03: Abb. 6-04: Abb. 6-05: Abb. 6-06: Abb. 6-07: Abb. 6-08: Abb. 6-09: Abb. 6-10: Abb. 6-11: Abb. 6-12: Abb. 6-13: Abb. 6-14:

Persönlicher Verkauf durch den Hersteller ......................................................... 352 Aufgabenzuordnungen in Verbindung mit der Marketing-Gleichung ................ 352 (Modellhafte) Gegenüberstellung von Buying Center und Selling Center ......... 356 Buying Center und Selling Center im Akquisitionsprozess (Beispiel) ............... 356 Beziehungen und Funktionen von Macht-, Prozess- und Fachpromotoren ........ 357 Wichtige Akquisitionsbegriffe ............................................................................ 359 Kompetenzen des Key Account Managers ......................................................... 363 Das Verkaufsgitter (GRID-System) .................................................................... 364 Limbische Instruktionen und Kaufmotive ........................................................... 367 Rationaler und emotionaler Nutzen ..................................................................... 368 Begrifflichkeiten und Prozesse im Vertriebsmanagement .................................. 369 ABC-Analyse bestehender Kontakte im B2B-Bereich (Beispiel) ...................... 371 Beispiel eines Sales Cycle ................................................................................... 372 Gegenüberstellung von Anforderungsprofil und Leistungsprofil ....................... 374

502

Abbildungsverzeichnis

Abb. 6-15: Abb. 6-16: Abb. 6-17: Abb. 6-18: Abb. 6-19: Abb. 6-20: Abb. 6-21: Abb. 6-22: Abb. 6-23:

Arten des Akquisitionsgesprächs ........................................................................ 375 Phasen des Akquisitionsgesprächs ...................................................................... 376 Die Gesprächsvorbereitung im Überblick ........................................................... 376 Die Bedarfsanalyse im Überblick........................................................................ 378 Gegenüberstellung von Character Selling und Benefit Selling ........................... 378 Tätigkeiten eines Vertriebsbeauftragten im High-Tech-Bereich ........................ 383 Ausgewählte Akquisitionskennzahlen ................................................................ 385 Prozessmodell des Aktionsfeldes „Akquisition“ ................................................. 387 Perspektiven des Aktionsfeldes „Akquisition“ ................................................... 389

Abb. 7-01: Abb. 7-02: Abb. 7-03: Abb. 7-04: Abb. 7-05: Abb. 7-06:

Kundenstrategien ................................................................................................. 394 Bezugsrahmen für ein integriertes Kundenmanagement..................................... 395 Bereiche des Kundenmanagements ..................................................................... 396 Transaktionsmarketing vs. Relationship Marketing ............................................ 397 Komponenten des Kundenwerts .......................................................................... 399 Ziele und Aufgaben des Kundenmanagements in den Phasen des Kundenlebenszyklus ............................................................................................ 401 Die Erfolgskette im Kundenmanagement ........................................................... 407 Planungsdimensionen der Kundenbindung ......................................................... 408 Aufbau eines Kundenportfolios........................................................................... 409 Instrumente im Post-Sales-Geschäft ................................................................... 418 Phasen des Qualitätsmanagements als Regelkreis .............................................. 421 Blueprint für den Neuwagenkauf ........................................................................ 422 Problemfrequenz/Problemrelevanz-Matrix der FRAP (Restaurantbeispiel) ....... 423 Marketing-Verbund-Kasten................................................................................. 426 Klassische Servicemaßnahmen ........................................................................... 428 Kategorisierung von Self-Service-Technologien ................................................ 429 Von Push zu Pull mit Self-Services und Social Media ....................................... 432 Mögliche Richtungen der Kundenbeziehung ...................................................... 437 Prozess des Beschwerdemanagements ................................................................ 439 Prozessmodell für das Aktionsfeld „Betreuung“................................................. 444 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Betreuung“ ........................................ 447

Abb. 7-07: Abb. 7-08 Abb. 7-09: Abb. 7-10: Abb. 7-11: Abb. 7-12: Abb. 7-13: Abb. 7-14: Abb. 7-15: Abb. 7-16: Abb. 7-17: Abb. 7-18: Abb. 7-19: Abb. 7-20: Abb. 7-21:

Abb. 8-01: Die betrieblichen Grundfunktionen im Überblick............................................... 453 Abb. 8-02: Zusammenhang zwischen betrieblichen Grundfunktionen und Managementfunktionen ....................................................................................... 454 Abb. 8-03: Heutige Relevanz der KOSIOL’schen Aufgabenanalyse ...................................... 456 Abb. 8-04: Aufgabenanalyse und -synthese .......................................................................... 456 Abb. 8-05: Strukturtypen der betrieblichen Organisation ..................................................... 458 Abb. 8-06: Beispiel für eine funktionale Organisation .......................................................... 459 Abb. 8-07: Beispiel für eine objektorientierte Organisation ................................................. 459 Abb. 8-08: Beispiel für eine Tensororganisation ................................................................... 461 Abb. 8-09: Der 90-Grad-Shift................................................................................................ 463 Abb. 8-10: Geschäftsprozesse in Industrieunternehmen mit Serienprodukten ..................... 465

Abbildungsverzeichnis

Abb. 8-11: Abb. 8-12: Abb. 8-13: Abb. 8-14: Abb. 8-15: Abb. 8-16: Abb. 8-17: Abb. 8-18: Abb. 8-19: Abb. 8-20: Abb. 8-21: Abb. 8-22: Abb. 8-23: Abb. 8-24: Abb. 8-25: Abb. 8-26: Abb. 8-27: Abb. 8-28: Abb. 8-29: Abb. 8-30:

503

Management-Ansätze (Auswahl) bei der Prozessgestaltung .............................. 466 Zusammenhang zwischen internen und externen Informationssystemen ........... 468 Einordnung des Marketingbereichs in eine funktionale Organisation ................ 470 Einordnung des Personalsektors in eine objektorientierte Organisation ............. 470 Einordnung des Marketingsektors in eine Matrixorganisation ........................... 471 Funktionsorientierte Organisationsstruktur des Marketingbereichs.................... 472 Objektorientierte Organisationsstrukturen des Marketingbereichs ..................... 473 Matrix-Produktmanagement ................................................................................ 473 Organisationseinheiten eines Marketingbereichs mit relativ breitem Aufgabenspektrum .............................................................................................. 475 Aufgaben- und Kompetenzspektrum des Marketing-Service-Delivery-Modells 476 Aufgabenbereiche der drei Marketing-Organisationsmodule ............................. 478 Organisatorische Zuordnung der drei Organisationsmodule............................... 478 Konzept und Detaillierung des Shared Service Center ....................................... 480 Bevorzugte Anwendungsbereiche für Shared Services....................................... 483 Vor- und Nachteile von On-, Near- und Offshore-Standorten ............................ 484 Begriffliche Abgrenzung zwischen On-, Near- und Offshoring sowie Outsourcing.. 485 Parameter für „Make-or-buy“-Entscheidungen bei Support-Funktionen ........... 486 Typische Einstellungen gegenüber dem organisatorischen Wandel ................... 491 Zusammenhang von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft ............. 492 Komponenten der gewünschten Veränderung .................................................... 493

Insertverzeichnis Insert 1-01: Insert 1-02: Insert 1-03: Insert 1-04: Insert 1-05: Insert 1-06:

„Möglichkeiten gegen Werbung“ ....................................................................... 15 „Digital verdrängt analog“ ................................................................................. 39 Industrie 4.0 ........................................................................................................ 40 Bruttostromerzeugung nach Energieträgern ....................................................... 41 Alternative Wertketten in der Möbelbranche...................................................... 56 Unternehmensleitbild der HEIDELBERG CEMENT ................................................ 64

Insert 2-01: Insert 2-02: Insert 2-03: Insert 2-04: Insert 2-05:

Neuromarketing: „Direkt ins Konsumentengehirn“ ........................................... 91 SINUS-Milieus .................................................................................................... 99 Der konsumwirtschaftlich Einzugsbereich der Stadt Wilhelmshaven .............. 100 Der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen bei DAIMLER ............................ 108 Strategische Geschäftsfelder und strategische Geschäftseinheiten bei HENKEL ........................................................................................................................... 121 Insert 2-06: Blickregistrierungsverfahren gestern und heute ............................................... 130

Insert 3-01: Insert 2-02: Insert 3-03: Insert 3-04: Insert 3-05: Insert 3-06: Insert 3-07:

Positionierung Herrenanzüge: Wie der Handel die Anbieter sieht ................... 164 Strategische Gruppen in der Uhren- und Automobilindustrie .......................... 166 Umsatz- und Gewinnentwicklung APPLE 1981 bis 2013 .................................. 175 Jägermeister: Dynamische Markenführung zwischen Tradition und Trends ... 185 Die wertvollsten Marken weltweit und in Deutschland 2013 ........................... 189 Die Rewe-Markenwelt als Beispiel für Handelsmarkenformen ....................... 193 „Preis versus Qualität“ ...................................................................................... 216

Insert 4-01: Insert 4-02: Insert 4-03: Insert 4-04: Insert 4-05: Insert 4-06: Insert 4-07: Insert 4-08: Insert 4-09: Insert 4-10: Insert 4-11: Insert 4-12: Insert 4-13: Insert 4-14: Insert 4-15: Insert 4-16: Insert 4-17: Insert 4-18:

Der MARLBORO-Cowboy als klassisches Schlüsselbild ................................... 241 Einsatz von Prominenten in der Werbung ........................................................ 245 Werbung im B2B-Marketing ............................................................................ 248 Erzählungsorientiertes Werbemuster einer B2B-Anzeige ................................ 249 Internet hilft bei Kaufentscheidungen ............................................................... 250 Beispiele für Standard-Bannerformate mit Pixel-Angabe ................................ 252 Die beliebtesten Startzeiten ins Web ................................................................ 254 Beispiel für Suchmaschinen-Werbung und –Optimierung ............................... 255 Die erfolgreichsten Werbeformen im Web ....................................................... 256 Social Media in deutschen Unternehmen 2012................................................. 259 Die Top-10 der Online-Communitys ................................................................ 260 Die Facebook-Seite der LUFTHANSA................................................................. 262 Die deutsche Biathlon-Damenstaffel 2010 als Beispiel für Sportsponsoring ... 270 Beispiel für ein Product Placement von AUDI in „I, Robot“ (2004) ................. 272 Messen im Kommunikations-Mix .................................................................... 274 Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland 2013........... 276 Marktanteilsverschiebungen zwischen Tageszeitungen und Online-Medien ... 279 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG launcht iPad-App ....................................................... 280

506

Insertverzeichnis

Insert 4-19: Beispiele für Außenwerbung ............................................................................ 284 Insert 4-20: Durchschnittliche Kosten und Klickraten von Facebook Ads nach Branchen . 293 Insert 5-01: Insert 5-02: Insert 5-03: Insert 5-04: Insert 5-05: Insert 5-06: Insert 5-07: Insert 5-08: Insert 5-09: Insert 5-10:

Die Top-20 der größten Franchise-Unternehmen in Deutschland .................... 309 Welchen Einkaufskanal Kunden am liebsten nutzen ........................................ 314 Private Konsumausgaben und Anteil des Einzelhandels .................................. 318 Die Macht der Supermarktketten steigt bedrohlich .......................................... 319 Die umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland 2010 ................................... 320 Supermarkt Tankstelle ...................................................................................... 323 Neun große Villages unter der Lupe ................................................................. 325 Größte Warengruppen im Online-Handel 2011 ................................................ 329 Zur Uniformität der Innenstädte ....................................................................... 332 OEMs und VARs als Akteure eines Cloud-Wertschöpfungsnetzwerks ........... 337

Insert 6-01: Kauf- und Entscheidungsmotive in der Limbic® Map ..................................... 366 Insert 6-02: „The Collaborative Selling Weel“ von CAPGEMINI .......................................... 373 Insert 7-01: Insert 7-02: Insert 7-03: Insert 7-04: Insert 7-05: Insert 7-06: Insert 7-07: Insert 7-08: Insert 7-09: Insert 7-10: Insert 7-11: Insert 7-12:

CRM-Ziele ........................................................................................................ 402 Einsatz von CRM-Analysetools ........................................................................ 404 Komponenten eines CRM-Systems .................................................................. 406 Erfolgsfaktoren im Marketing-Mix von B2C-Unternehmen ............................ 410 „Mit Payback punkten, sparen, profitieren“ ..................................................... 411 Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen .......................................... 413 Dreieck der Qualitätsentstehung ....................................................................... 419 „Die Zukunft der Qualität: Heute Qualität, Morgen Exzellenz“ ...................... 425 Formen von Self-Service-Technologien ........................................................... 430 „Frag einfach Anna“ ......................................................................................... 434 „Alle Konten auf einen Blick – sogar von verschiedenen Institutionen“ ......... 435 „Kollaboration mit dem Anbieter und anderen Kunden“ ................................. 436

Insert 8-01: Insert 8-02: Insert 8-03: Insert 8-04: Insert 8-05:

Die Konzernstruktur 2003 der DEUTSCHEN TELEKOM...................................... 460 Marktanteile im deutschen und weltweiten ERP-Markt ................................... 468 Status quo und zukünftige Betrachtung von Shared Service Centern 2007 ..... 482 Häufigste Gründe für Change Management ..................................................... 488 Ursachen fehlgeschlagener IT-Projekte ............................................................ 494

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Sachwortverzeichnis 4 C’s 4 P’s 7-S-Modell

75 75 47

A ABC-Analyse 447 Ablauforganisation 464 Above-the-line-Instrumente 237 Absatz 6 Absatzlogistik 342 Absatzmittler 43, 311 Absatzorgane 309 Absatzwege 309 Absatzwirtschaft 6 Abschlussgespräch 377 Abschlusssicherheit 382 Abschöpfungspreisstrategie 214 Abteilung 459 Adaptive Selling 364 Added Value 189 Adoptionsprozess 172 Affiliate 255 Affiliate Marketing 255 AIDA-Modell 239 Akquisition 353 Akquisitionscontrolling 385 Akquisitionserfolg 376 Akquisitionsgespräch 376, 377, 379 Akquisitionspotential 70 Akquisitionsschwellen 385 Akquisitionszyklus 371 Akquisitorisches Potential 208 Aktionsfeld 4, 75, 157 Aktionsparameter 4 Aktivierung 90 Alleinstellungsanspruch 157, 160 Alleinstellungsmerkmal 157, 159 Alleinwerbung 238 Alpha-Test 171 Alternativfragen 134 Ambient Media 286 Analyse der Kompetenzposition 51 Analysemethoden 144 Analyseverfahren 127 Anbietersuche 107 Anbietervorauswahl 107 Anforderungsprofil 376 Angebotseinholung 107 Angebotspreis 206 Anlagengeschäft 21 Anpassungsinnovation 168

Anregungsphase Anspruchsgruppen Antriebsfunktion Antwortquote Anzeigen Anzeigenpanel Anzeigenpreis Application Management Arbeitgebermarke Asset Attrition rate Aufbauorganisation Aufgabensynthese Auftragserwartung Auslandniederlassungen Ausrichtungsdimension Außendienstberichte Außenwerbung Austauschgüter Auswahl, typische Auswahlverfahren, repräsentative Auswertungsverfahren Automobilindustrie

95 43, 63 92 141 279 139 279 486, 487 231 189 448 457, 464 458, 464 385 340 235 128 285 384 142 127 141 144 43

B B2B-Marketing B2C-Marketing Banner Bannerformate Banner-Werbung Basic Beliefs Basisinnovation Basiswert Baumarkt BCG-Matrix Bedarfsanalyse Bedarfsbeschreibung Bedarfserkennung Bedürfnispyramide von MASLOW Beeinflusser Befragung, mündliche schriftliche telefonische Befragungsformen Befragungsstrategie Befragungstaktik Behaviorismus Bekanntheitsgrad Below-the-line-Instrumente

21, 75 75 253 254 253, 259 61 168 400, 446 332 181 379 107 106 92 356 132 133 133 133 132, 134 132 132, 134 25 67 237

522

Benchmarking 58, 447 Benchmark-Zahlen 42 Benefit Segmentation 101 Benefit Selling 379 Benutzer 356 Benutzergruppen 417 Benutzertreffen 418 Benutzervereinigung 418 Beobachtung, 129 nicht-teilnehmende 130 teilnehmende 130 Beobachtungssituation 131 Beobachtungssituation, biotische 132 nicht-durchschaubare 132 offene 132 quasi-biotische 132 Beschwerdemanagement 402 Beta-Test 171 Betreuung 395 Betriebsform 323 Betriebsformen des Einzelhandels 323, 328 Betriebsformendynamik 18 Betriebsgröße 110 Bewusstseinsprogramm 233 Beziehungsebene 364 Beziehungsmanagement 386, 399 Beziehungsmarketing 11, 399 Beziehungspflege 400 Big-Data 38 Bildanalogien 246 Bildassoziationen 246 Bildelement 244 Bildmetaphern 246 Blickaufzeichnung 130 Blindtest 137 Blogs 259, 260 Blow Up’s 285 Boni 216 Bonusprogramm 415 Bonusprogramme 413 Brainstorming 169 Branchenmessen 275 Branchenorientierung 110 Brand 191 Break-even-Analyse 171 Broadening 13 Bumerang-Methode 381 Bundling Strategy 215 Business Engineering 468 Business Partner 4, 479 Business Process Outsourcing 476 Business Process Redesign 468 Business Process Reengineering 466, 467, 468 Business Reegineering 468

Sachwortverzeichnis

Business-Partner-Konzept 476 Business-to-Business (B2B) 8 Business-to-Consumer (B2C) 8 Buyer 105, 356 Buying Center 116, 356, 357, 359, 371 C CAD/CAM-Systeme 111 Call Center 266, 377 Cash Cows 179 Category Management 363 Category Manager 363 Change Management 359, 487, 489 Channel Policy 307 Character Selling 380 CI-Komponenten 63 Click-Through-Verfahren 130 Cloud Computing 38, 338 Clusteranalyse 148 Co-Branding-Strategie 200 Commodity approach 20 Competence Center 479 Computer Assisted Telephone Interviewing – CATI 133 Conjoint-Analyse 169, 207 Consumer Promotion 267 Conversionrate 296 Copy-Strategie 240 Core Competences 51 Core Process Redesign 468 Corporate Behavior 62 Corporate Citizenship 272 Corporate Communication 62 Corporate Companies 112 Corporate Culture 61, 63 Corporate Foundation 272 Corporate Governance 62, 272 Corporate Identity 62, 472 Corporate Responsibility 272 Corporate Responsibility & Sustainability 272 Corporate Social Responsibility 271, 272 Corporate Social Responsibility 268 Corporate Volunteering 272 Corporate/Umbrella Branding 198 Cost-Plus-Pricing 207 Costumer Lifetime Value-Ansatz 447 Couponing 267, 413, 415 CRM-Systeme 374, 386, 405 Cross Selling 360 Cross-Buying-Rate 448 Cross-Selling-Wert 400, 446 Customer Contact Management 161 Customer Relationship Management 11, 160, 161, 399, 405, 469

Sachwortverzeichnis

Customer Retention Cut-off Method Cut-off-Verfahren

523

404 142 142

D Dachmarkenstrategie 198 Data Mining 405 Data Warehouse 405 Database-Marketing 267 Datenauswertung 127 Datengewinnung 127 Datenquellen 127 Decider 105, 356 Deckungsbeitragsrechnung 207 Deepening 13, 15 Defining the Business 120 Desk Research 128 DESTEP-Prinzip 36 Dienstleistungsmarketing 8, 9 Dienstvertrag 384 Differenzierung 158 Differenzierungsfokus 220 Differenzierungsmerkmale 162 Differenzierungsmöglichkeiten 159 Differenzierungsstrategie 218 Diffusionsprozess 172 Digital Natives 329 Digitalisierung 278 Direct Costing 207 Direktmarketing 265 Direktvertrieb 336 Direktwerbung 237 Discounter 325, 332 Discountstrategie 211 Diskriminanzanalyse 148 Display Ads 253 Dissonanz, kognitive 96, 235 Distribution 307 akquisitorische 308 physische 308 Distributionsformen 307, 309 Distributionskanäle 307, 312, 315, 319 Distributionslogistik 308, 342 Distributionsorgane 307, 309 Distributionspolitik 4 Distributionsstruktur 343 Distributionssystem 309, 317, 319 Distributor 337 Diversifikation 188 Diversifikationsstrategie 189 Durchlaufzeiten 342 Dynamik der Betriebsformen 327

E E-Commerce 327, 330 Economies of Scale 177 Einfachkorrelation 146 Einfachregression 145 Einflussfaktoren, makro-ökonomische 36 politisch-rechtliche 42 sozio-kulturelle 37 technologische 37 unternehmensexterne 36 unternehmensinterne 42 Einführungsrabatte 267 Einkauf 455 Einkäufer 356 Einkaufsprozess 108 Einkaufsstättenwahlverhalten 100 Einlinienorganisation 459 Einstellung 92 Einwandbehandlung 381 Einwandbehandlungstechniken 381 Einzelhandel 311 Einzelhandelskonzentration 315, 321 Einzelhandelspanel 293 Einzelmarkenstrategie 196 Einzeltest 137 Einzelwerbung 238 Elastizitätsfaktor 204 Elektronikmarkt 332 E-Mail-Marketing 267 E-Mail-Newsletter 253 Emotion 92 Employer Branding 231 Engagierte 235 Enterprise Resource Planning 469 Entrepreneurial Companies 112 Entscheider 356 Theorieansatz, entscheidungsorientierter 23 Entwicklungsschritte des Marketings 10 Entwicklungsstrategie 418 Erfahrungsgüter 31 Erfahrungskäufe 31 Erfahrungskurve 176 Erfolgsfaktoren 159, 165 Erhebungsmethode 127, 129 ERP-Systeme/Software 111, 165, 469, 489 Ersatzkäufe 171 Erstkauf 106 Erstkäufe 171 Expansionsphase 402 Experiment 135 Explorationsphase 402 Export 340

524

External Analysis Eye Tracking

Sachwortverzeichnis

34 130

F Fachgeschäft 323 Fachkompetenz 364 Fachmarkt 323 Fachmessen 275 Fachpromotoren bzw. -opponenten 359, 360 Factory-Outlet-Center (FOC) 326 Faktorenanalyse 148 Familie 89 Familienmarkenstrategie 197 Fast Moving Consumer Goods 315 Fehler, systematischer 142 Fehlerbereinigung 420 Feldbeobachtung 129 Feldexperiment 135 Fernsehen 280 Fernsehpanel 139 Fernsehwerbung 280 Fertigungsarten 110 Field Research 128 Filterfragen 135 Finanzierung 455 First-to-Market 173 Five-Forces-Modell 49 Folgegeschäft 355, 395 Formalziel 65 Fragebogen 133 Fragen, direkte und indirekte 135 instrumentelle 135 offene und geschlossene 134 Fragetechniken 379 Fragezeichen 179 Franchise-Systempartner 310 Franchising 340 Frühadopter 173 Fünferkanon (der Managementlehre) 456 Funktion des qualitativen Ausgleichs 19 des quantitativen Ausgleichs 20 des räumlichen Ausgleichs 20 des zeitlichen Ausgleichs 20 Theorieansatz, funktionenorientierter 19 Funktionsanalyse 457 Funktionsbereiche 113 Funktionsrabatte 216

G Gatekeeper Gattungsmarken Gebrauchsgüterpanel Gefährdungsphase Gemeinschaftswerbung Gesamtmarktabdeckung Geschäftsbereichsorganisation Geschäftsfelder Geschäftsfeldplanung Geschäftsmodellinnovation Geschäftsprozesse Geschäftsprozessmanagement Geschäftstypenklassifikation Geschmackstest Gesprächsabschluss Gesprächseröffnung Gesprächsphasen Gesprächsvorbereitung Gestaltung, typografische Gestaltungsart Gestaltungsdimension Gestaltungsform Gestaltungsmittel Gewinn GRID-System Gross Rating Point Größendegressionseffekte Großhandel Grundgesamtheit Güterfluss, betrieblicher Handel Handelsfunktionen Handelsketten Handelsmacht Handelsmarken Handelsmarkenkonzepte Handelsmarkenstrategie Handelsorientierung, Phase der Handelspanel Handelsvertreter Händler Händlerpromotion Häufigkeiten Häufigkeitsverteilungen Haushaltspanel Headline Herausverkaufsmaßnahmen Herstellermarke Herstellermarkenstrategie Heterogenität der Produkte

10, 105, 356 193 139 402 238 122 461 120 83, 120 168 467 466 21 137 382 379 377 378 244 241 235 241 242 59 365 290 177 311, 337 127, 141 455 43 19 321 321 192 321 191, 195 10 139 311 337 267 144 144 139 244, 248 267 193, 195 191 204

Sachwortverzeichnis

Hidden action Hidden characteristics Hidden information Hidden intention Hierarchie High-Involvement High-Tech-Produkte Hineinverkaufsmaßnahmen Hochpreisstrategie

525

29 28 29 29 459 92 234 267 211

I Ideengewinnung 169 Ideenkonkretisierung 170 Ideenproduktion 169 Ideenprüfung 169 Ideenquellen 169 Ideensammlung 169 Image 59, 67, 233 Imageanalysen 127 Imageprogramm 233 Imagery 245 Imitationsinnovation 168 Inbound-Telefonmarketing 266 Indifferente 232 Individualpanel 139 Industrie 4.0 39 Industriegütermarketing 7, 9 Influencer 105, 356 Informations- und Kooperationswert 401, 446 Informationsasymmetrie 28, 29 Informationsmessen 275 Informationsökonomik 27, 31 Informationsquellen, externe 128 interne 128 Informationsselektierer 356 Ingredient Branding 202 Initiator 105, 356 Initiatoren 356 Innovation 167 Innovationsbegriff 167 Innovationspotential 115 Innovationsprozess 167 Innovationstypen 114 Innovatoren 173 In-Page Ads 253 Instanz 459 Institutional economics 27 Institutionenorientierte Ansatz 18 In-Stream Video Ads 253 Instrumentedimension 235 Interaktionsleistung 258 Interaktionswert 401 Interessentenmanagement 402

Interessenten-Workshops Interessierte Internet Internet-Kommunikation Internet-Nutzer Interview Interviewereffekt Interviewereinsatz Investitionsgütermarketing Involvement Joint Venture Just-in-time-Konzept

268 234 128, 283, 315 283 284 133, 135 133 133 7 92 340 343

K Kalkulation, progressive retrograde Kannibalisierungseffekt Kapazitätsgrenze Kapitalbedarf Kapitalflussrechnung Kataloge Kategorien-Management Kaufentscheidungen, organisationale Kaufhaus Kaufhistorie Kaufmotive Kaufprozess, organisationaler Kaufsignale Kaufverhalten Kaufverhaltensforschung Kaufverhaltensrelevanz Kennzahlen Kernfunktionen, betriebliche Kernkompetenz Kernprozesse Key Account Management Key Account Manager Key Accounting Key Performance Indicator Kinowerbung Klickrate Kodierung der Rohdaten Kollektivwerbung Kommissionär Kommunikation Kommunikations -begriff -empfänger -inhalt -instrumente

207 207 213, 281 208 119 119 268 363 104 323, 324 378 369 106 381 87 87 101 386 455 51 53 310, 360, 363 360, 361 360 484 280 284 127 136, 238 312 229, 494 229 229 158 237

526

-konzept 235 -leistung 258 -modell 231, 232 -politik 4 -prozess 231 -sender 229 -störungen 230 -verhalten 100 -wirkung 292 -ziel 232 Konkurrenzvorteil, komparativer 158 Konfiguratoren 268 Konsumentenforschung 25 Konsumentenverhalten 25, 88 Konsumgüterbereich 399 Konsumgütermarketing 7, 8 Kontakt- und Eisbrecherfragen 135 Kontaktgespräch 377 Kontaktmaßzahlen 289 Kontraktgüter 383 Kontrollfragen 135 Kontrollphase 95, 96 Konvergenz 278 Konzeptentwicklung 170 Konzepttest 136 Kooperationsvereinbarung 341 Körperhaltung 379 Korrelation, multiple 146 Korrelationsanalyse 146 Korrelationskoeffizient 147 Kostenführerschaft 218, 220 Kostenträger 206 Kostenvorteil 157 Kreativitätstechniken 169 Kristallisationspunkt, konzeptioneller 33, 59 Kultur 88 Kultursponsoring 270 Kunde-Lieferant-Beziehung 465 Kunden 43 Kunden -abwanderungsrate 448 -akzeptanz 353 -befragung 447 -beziehung 43, 446 -bindung 399, 412 -bindungsmanagement 402 -bindungsprogramm 413, 414, 415 .bindungsrate 448 -club 416 -dateien 128 -datenbanken 267 -deckungsbeitragsrechnung 447 -dienst 309

Sachwortverzeichnis

-durchdringungsrate 448 -halbwertszeit 448 -karte 413, 415 -kartenprogramm 414 -kriterium 70 -laufstudien 130 -lebenszyklus 401 -management 397 -märkte 43 -nähe 162, 307 -nutzen 43, 157 -orientierung 10, 395 -programm 235 -rückgewinnungsrate 448 -veranstaltungen 416 -vorteil 43, 157, 160 -wahrnehmung 229 -wert 52, 401, 446 -wertmessung 447 -wünsche 43 -zeitschrift 416 -zufriedenheit 378, 395, 446, 447 -zufriedenheitsindex 447 Kündigungsmanagement 402 Kündigungsphase 402 Kündigungspräventionsmanagement 402 Kunst- und Sportveranstaltungen 416 L Laborbeobachtung 129 Laborexperiment 135 Labortestmarkt 138 Lageparameter 144 Lagerbestände 342 Lagerhaltung 342 Lagerhaltungssystem 342 Lagerstandorte 342 Lagerstandortsystem 342 Lagerstufen 343, 344 Later-to-Market 174 Lead User 419 Leadmanagement 372 Lebenszyklusmodell 178 Leistungserbringung und -bewertung 108 Leistungsprofil 376 Leitbildgruppen 89 Lernkurve 177 Lichtwerbung 285 Lieferanten 43 Limbisches System 367 Listungsgelder 267 Litfaßsäule 285 Lizenzen 340 Logfile-Analyse 294

Sachwortverzeichnis

Low-Involvement Loyalitätswert

527

92 400, 446

M Machtpromotoren bzw. -opponenten 359, 360 Make-or-buy-Entscheidung 30 Makler 312 Makrosegmentierung 110, 419 Makro-Umfeld 36 Managementaufgaben 455 Marke 191 Marken -artikel 191 -bewusstsein 101 -führung 191 -kombinationen 202 -management 189 -name 191 -strategie 191, 231 -strategie, gemischte 191, 201 -strategie, globale 191, 201 -transferstrategie 199 -treue 101 -zeichen 191 Market Pull 168 Marketing 6 Marketing Myopia 65 Marketing -aktionen 126 -Begriff 7 -budget 170 -logistik 342 -management 12, 43 Marketing-Mix 4, 68, 75 -planung 33 -prozesse 43 -Prozesskette 69 -strategie 35, 170 -Theorie 17 -ziele 67 Marktanteil 59, 67 Marktanteil, relativer 180 Marktanteils-Marktwachstums-Matrix 179 Marktattraktivität 182 Marktattraktivitäts-WettbewerbsvorteilsMatrix 182 Marktausrichtung, mehrdimensionale 115 Marktbearbeitungsmuster 122 Marktbearbeitungsstrategie, differenzierte 123, 124 konzentrierte 123 selektive 123, 124

undifferenzierte Marktchancen Marktdurchdringung Marktdurchdringungsstrategie Märkte Märkte, horizontale räumliche vertikale Markteinführung Markteinführungsphase Markteintritt Markteintrittsbarriere Markteintrittsschranke Markteintrittsstrategie Marktentwicklungsstrategie Markterprobung Marktfelder Marktfeldstrategien Marktformen Marktforschung Marktforschungsinstitut Marktforschungsprojekt Marktparzellierungsstrategien Marktposition Marktpotentialuntersuchungen Marktsegment Marktsegmentanalysen Marktsegmentbarriere Marktsegmentbearbeitung Marktsegmenterfassung Marktsegmentierung Marktspezialisierung Marktstimulierungsstrategien Markttest Massenmarktstrategie Maßnahmen-Mix Matrixorganisation M-Commerce Mediaanalyse Mediabudgetierung Mediadimension Mediaplanung Mediaselektion Mediawerbung Medien Mediengattungen Mediensponsoring Megatrends Mega-Werbeflächen Mehrbranchenmessen Mehrheit, frühe späte Mehrkanalsystem

123 126 67 183 110 110 110 110 172 178 173 214 118 174 185 172 183 183 205, 207 67, 126, 207 127 127 123 59, 126 127 83 127 118 84 84 83 122 218 138, 172 123 68 460, 463, 473 331 287 288 235, 277 287 236, 287 238 280 280 270 37 285 275 173 173 312, 317, 319

528

Sachwortverzeichnis

Mehrlinienorganisation 460, 463 Mehrmarkenstrategie 196 Meinungsführer 89 Mengenanpasser 206 Mengenrabatte 216 Merchandising 335 Merchant 255 Merger 62 Merkmals-/Nutzen-Argumentation 379 Messen und Ausstellungen 237, 275 Messvorschriften 67 Methode der kleinsten Quadrate 145 Me-too-Pricing 209 Mikromarkttest 138 Mikrosegmentierung 115 Mikro-Umfeld 42 Milchkühe 179 Mini-Testmarkt 138 Mitgliedschaftsgruppen 89 Mittelpreisstrategie 211 Mobile Computing 38 Mobile Dienste 283 Mobile Endgeräte 284 Mobilisierung 493 Monopol 205, 207 Monopolistischer Bereich 204 Moral hazard 29 Morphologische Analyse 169 Motivation 92 Motive, extrinsische 92 intrinsische 92 Multi-Channel 312 Multi-Channel-Distributionssystem 25, 79 Multimedia Messaging Services (MMS) 284 Mussmarken 335 Mystery Shopping 130 N Nachfolgerstrategie Nachfrage, elastische Nachfrage, unelastische Nachzügler Nearshoring Neobehaviorismus Netto-Nutzen-Vorteil Neugeschäft Neukundengewinnung Neukundenmanagement Neuromarketing Niedrigpreisstrategie NIELSEN-Gebiete Nischenspezialisierung Nischenstrategie

173 204 204 173 485 26 158 355 399 402 367 211 100 122 220

Non-Price Competition Non-Profit-Organisationen Normstrategien Nutzen Nutzen, funktionaler Nutzenargumentation Nutzenvorstellung

218 13 181 370 162 379, 380 83

O Objektanalyse 457 Objektdimension 235 Observational Method 129 Öffentlichkeit 43 Öffentlichkeitsarbeit 237, 269, 472 Offshoring 485 Ökologie-Marketing 13 Oligopol 205, 209 Omnibusbefragung 140 Online -Befragungen 134 -Datenbanken 128 -Dienste 283 -Fragebogen 134 -Käufe 284 -Kommunikation 229 -Werbeformen 253 -Werbemarkt 281 -Werbung 237, 252, 253, 258, 297 Onshoring 485 Opinion Leader 89 Opportunity Management 373 Optimierungsphase 95, 96 Order Qualifications 107 Ordermessen 275 Organigramm 462 Organisation, divisionale 461 funktionale 460 objektorientierte 461, 472 Beschaffungsverhalten, organisationales 25 Organisationsform 466 Organisationsinnovation 168 Original Equipment Manufacturer 337, 338 Outbound-Telefonmarketing 266 Out-of-Home Media 285 Outsourcing 37, 486 Overconcentration 122 Overreporting 140 Oversegmentation 122

Sachwortverzeichnis

P 137 Paarvergleichstest Page Tagging 294 Panel 138 Paneleffekt 140 Panelerstarrung 140 Panelsterblichkeit 140 Partialtest 137 Pay per Click 255 Pay per Lead 255 Pay per Order 255 Penetration Pricing 214 Penetrationspreisstrategie 214 Permission Marketing 267 Personal Selling 353 Pionierstrategie 173 Pipeline Performance Management 374 Pitch 107 Plakatsäulen 285 Plakatwände 285 Planned Obsolescence 14, 184 Plausibilitätsfragen 135 Point of Purchase 285 Point of Sale 138, 267 Policy 63 Polypol 205, 208 Poor Dogs 180 Portfolio-Analyse 179, 181 Portfolio-Ansätze 447 Positionierung 157 Positionierungsmodell 163 Post-Sales-Geschäft 417 Post-Test 293 Potenzialunterschiede 161 Präferenzbildung 214 Präferenzen 159, 204 Präferenzstrategie 218 Preis-Absatz-Funktion 203, 207 Preis-Absatz-Funktion, doppelt-geknickte 204, 208 Preisanpasser 205 Preisbündelungsstrategie 215 Preisdifferenzierung 212, 213 Preisdifferenzierung, qualitative 213 quantitative 213 räumliche 213 zeitliche 213, 214 Preisdifferenzierungsstrategien 210, 212 Preiselastizität 203 Preiselastizität der Nachfrage 209 Preisfestsetzung auf Wettbewerbsniveau 209 Preisfestsetzung über Wettbewerbsniveau 209 Preisfestsetzung unter Wettbewerbsniveau 209

529

Preisfindung, kostenorientierte 206 kundenorientierte 207 nachfrageorientierte 207 nutzenorientierte 207 wettbewerbsorientierte 209 Preisfolgerschaft 209 Preisführerschaft 209 Preiskampf 209 Preis-Mengen-Strategie 218 Preisniveau 118 Preispolitik 4 Preispositionierungsmatrix 211 Preispositionierungsstrategien 210 Preissensibilität 203 Preissensivität 101 Preisstrategien 210 Preistheorie 203, 207, 209 Preisverhalten 100 Preisvorteil 157 Preisvorteilsstrategie 215 Preiswettbewerb 218 Premium-Handelsmarke 193 Premiumstrategie 211 Pre-Sales-Phase 235 Pressekonferenzen 269 Pressemitteilungen 269 Prestige 59 Pre-Test 293 Price Competition 218 Primäraktivitäten 53, 69 Primärdaten 127, 128 Primärforschung 128 Principal-Agent-Theorie 27 Printanzeige 244 Printmedien 279 Prinzipal-Agent-Theorie 28 Process Innovation 468 Process Redesign 468 Product Lifecycle Management 469 Product Lifecycle Management 161 Product Line Branding 197 Product Placement 237, 273 Product Publicity 237, 274 Produkt-/Leistungsprogramm 234 Produkt/Markt-Matrix 120 Produkt -ankündigung 234 -demos 268 -entwicklung 171 -entwicklungsstrategie 187 -geschäft 21 -informationsveranstaltungen 268 -innovation 167 -innovationsprozess 168

530

Sachwortverzeichnis

-lebenszyklus 177 -leistung 376 -management 362 -Markt-Matrix 183 -merkmale 160 -politik 4 -portfolio 180 -spezialisierung 122 -stabilität 162 -test 137, 172 -verbesserung 420 -vorteil 157, 217 -wartung 420 -werbung 238 -unterschiede 161 Promotionmaßnahmen 268 Property-Rights-Theorie 27 Property-Rights-Theory 27 Prospekte 268 Prototyp 171 Prozess 465 Prozess -hierarchie 69 -idee 464 -innovation 167 -input 465 -kette 465 -kunde 465 -lieferant 465 -modell 150, 222, 299, 346, 388, 446 -organisation 69, 464, 466 -orientierung, Phase der 11 -output 465 -phasen 69 -promotoren bzw. -opponenten 359 -schritt 465 -schritte 69 -unterschiede 161 -verarbeiter 465 -ziel 466 Public Relations (PR) 268 Pull-Strategie 335 Push-Strategie 335 Q Qualifizierung der Kontakte Qualitätsführerschaft Qualitätsmanagements Qualitätswettbewerb Question Marks Quota Sampling Quotenauswahlverfahren

372 218 421 218 179 142 142

R Rabatt- und Bonusstrategie Rabattarten Radio-Spot Random Sampling Ranganalyse Rasierwassertest Realisierungsphase Referenz Referenzbesuche Referenzdatei Referenzen Referenzlisten Referenzpolitik, aktive passive Referenzquote Referenz-Selling Referenzwert Reframing Regalplatzwettbewerb Regression, multiple Regressionsanalyse Regressionsgerade Regressionsparameter Reifephase Reisende Relationship Marketing Relaunch Relaunching-Maßnahmen Renewing Rentabilität Repräsentativität Ressourcenanalyse Ressourcenplanung Restructuring Retailer Return on Investment Revitalisierungsphase Revitalizing RFM-Methode Riesenposter Risikoanalyse Rolle Rollenwechselsysteme ROPO-Effekt RSS Feed Rückgewinnungsmanagement Rücklaufquote

216 216 280 143 457 129 95, 96 395 268, 418 419 418 268 419 419 448 355 401, 446 468 315 145 145, 146 145 145 178, 402 313 11, 399, 479 179 179 467 59 140 46 236 468 311 5 402 468 447 285 171 89 285 317 260 402 133

Sachwortverzeichnis

531

S Sachfragen Sachfunktionen, betriebliche Sachziel Sales Cycle Sales Funnel Sales Promotion Sammelwerbung Sättigungsphase SB-Warenhaus Scannerpanel Schichten, soziale Schriftklassen Schrifttypen Scoring-Modelle Search Engine Advertising Search Engine Optimization Second-to-Market Segmentanteil Segmentbewertung Segmentierung Segmentierung, eindimensionale geografische horizontale mehrdimensionale multiple psychografische regionale soziodemographische verhaltensorientierte vertikale Segmentierungs -anforderungen -ansätze -arten -baum -kriterien -strategien -stufen Segmentpotential Segmentvolumen Sekundäraktivitäten Sekundärdaten Sekundärforschung Self Analysis Sell-in Selling Center Sell-out Seminare Semi-public Companies Sensibilisierte

135 455 65, 66 371, 374 374 10, 267 238 178 323 139 88 244 244 447 256 256 174 117 116 83 85 100 113 85, 115 124 98 113 97 100, 101 110 84 109 85, 86 111 97, 110 122 109 117 117 53, 69 127, 128 128 34 267 357 267, 335 268 112 233

Service Center 479 Service Level Agreement (SLA) 484 Serviceinnovation 167 Serviceleistungen 162 Share of wallet 448 Shared Service Center 479, 482, 483 Short Message Services (SMS) 284 Showrooming 315 Sicherheit 59 Signalempfänger 232 Signalisierung 229 98 SINUS-Milieus Situationsanalyse 34 Skala-Fragen 134 Skalenerträge 177 Skimming Pricing 214 Skonto 216 Slogan 244, 248 Social Marketing 13 Social Media 262, 407 Social Networks 259, 260 S-O-R-Modell 26, 87 Soziosponsoring 270 Spartenorganisation 461, 472 Spezialgeschäft 323 Spezialpanel 139 Spezialversender 324 Spezifität 30 Sponsoring 237, 270, 416 Sponsoring-Bereiche 271 Sponsoring-Maßnahmen 271 Sponsorship 270 Sportsponsoring 270 Sprungwerbung 335 Stablinienorganisation 459 Stakeholder 43, 63, 232, 268 Stärken-Schwächen-Profil 46, 47 Stars 179 Status 89 Statussymbol 89 Stelle 459 Sterne 179 Stichprobe 141 Stichprobenauswahlverfahren 141 Stichprobenfehler 142 Stichprobenplan 127 Stichprobenumfang 127, 141 Stimuli 87 Stimulus-Response-Modell 26 Storetest 138, 172 Stornoquote 448 Strategic Marketing 479 Strategische Allianz 338 Strategische Geschäftseinheiten 120 Stratified Sampling 143

532

Streuplanung Streuungsmaße Streuungsparameter Streuverluste Stuck in the Middle Stücklisten Stücklistenorganisation Subkulturen Suchgüter Suchkäufe Suchmaschinen Suchmaschinen-Marketing Suchmaschinen-Optimierung Suchmaschinen-Werbung Suchphase Supply Chain Management Support Functions Survey Method SWOT-Analyse Synektik Systemgeschäft

Sachwortverzeichnis

289 144 144 233, 289 219 171 111 88 31 31 128, 270 255 256 256 95, 96 161, 342, 469 482 132 34, 44 169 21

Total Quality Management (TQM) TOWS-Analyse Trade Promotions Traffic Traffic Boards Transactional Marketing Transaktionskosten Transaktionskostentheorie Transaktionsmarketing Transaktionswert Transport -arten -entscheidungen -kosten -mittel -systeme Trendanalyse Trendbeobachtungen Trendextrapolation TV-Spot Methode, typologische

421 45 267 294 286 479 30 27, 30 399 401 344 342 344 344 342 145 127 145 280 20

T Tageszeitungen Tagline Tankstellenshop Target Costing Target Price Targeting Tausend-Leser-Preis Technologie Technology Push Teilerhebung Teilkostenrechnung Telefonmarketing Telefonverkauf Telemeter Teleshop Teleshopping Terminal Systeme Test Testimonials Testimonial-Werbung Testmarketing Testmarkt Testmarktergänzungsverfahren Testmarktersatzverfahren Testverfahren Testversionen Theorie der Verfügungsrechte Tiefeninterview Time-to-Market Timing-Strategie Tochtergesellschaften

277 66 325 207 207 360 290 110 168 141 206 266 377 130 326 266, 327 285 135 246 246 172 138 172 138 136 268 27 133 173 174 340

U Überkonzentration Übersegmentierung Übervorteilungsstrategie Umsatz Umweltanalyse Umweltorientierung, Phase der Umweltsponsoring Unabhängigkeit Underreporting Unique Selling Proposition Universalisten Universalmessen Universalversender Unternehmens -analyse -entwicklung -identität -kommunikation -kultur -leitlinien -mission -organisation -performance -philosophie -strategie -vision -werbung -ziele -zusammenschluss -zweck

122 122 211 6, 59 34 10 270 59 140 158 322 275 324 34 42 62 269 61, 79 63 64 42 112 61, 62 42 42, 64 238 59 62 64

Sachwortverzeichnis

Unterstützungsprozesse Untersuchungsdesign Unvollkommenheit des Marktes Ursachenanalyse User User-Clubs User-Groups

533

53 127 204 146 105, 356 268 417

V Value chain 54 Value Pricing 211 Value Proposition 158 Value-Added-Reseller (VAR) 312, 337, 338 Varianzanalyse 148 Veränderungsbedarf 494 Veränderungsbereitschaft 494 Veränderungsfähigkeit 494 Veränderungsmanagement 359, 489 Verantwortung, soziale 59 Verbrauchermarkt 324 Verbraucherpanel 139, 292 Verbraucherpromotion 267 Verbrauchsgüterpanel 139 Verfahren der bewussten Auswahl 142 Verfahren, bivariate 145 multivariate 147 univariate 144 Verhaltensrichtlinien 63 verhaltenswissenschaftliche Theorie 25 Verhandlungen 107 Verkauf 6, 455 Verkäuferpromotion 267 Verkaufsförderung 10, 237, 267 Verkaufsförderungsmittel 267 Verkaufsgespräch 377 Verkaufsgitter 365 Verkaufsorientierung, Phase der 10 Verkehrsmittelwerbung 286 Verkehrsträger 344 Vermittlungsprovision 338 Vermögensgegenstand 189 Verpackungstest 129 Versandabteilung 309 Versandhandel 323 Versandhaus 324 Vertiefungsgespräch 377 Vertrag 382 Vertragsabschluss 107 Vertragshändler 310 Vertrauensgüter 31 Vertrauenskäufe 31 Vertrieb 6

Vertrieb, direkter einstufiger indirekter mehrstufiger Vertriebs -audit -außendienst -innendienst -kontakt -kooperation -logistik -management -niederlassungen -organe -organisation -partner -partnerschaft -pipeline -qualifikation -system -trichter -wege Videoboards Visual(s) Vollerhebung Vollkommenheitsgrad des Marktes Vollkostenrechnung Volltest Vorgangskette Vorlagefragen Vorträge Vortragsfragen

313, 336 313 313, 336 313 385 309 309 385 338, 341 342 309 340 309 307 43 340 374 363 309 374 309, 337 285 244 141 205 206 137 464 135 268 135

W Wachstum 59 Wachstumsphase 178 Wahrnehmung 92 Wahrnehmungsschema 246 Warenhaus 323, 324 warenorientierter Theorieansatz 20 Warentyp 20 Warenzeichen 191 Web 2.0 259, 263 Web 2.0-Entwicklung 5, 270 Web Analytics 294 Web-Designer 253 Weblogs 260 Werbe -anzeige 243 -aufwendungen 277 -botschaft 239, 240, 244, 248, 249 -briefe 266 -einnahmen 277

534

-elemente 243 -erfolgskontrolle 284 -film 280 -formate 253 -formen 253 -konstanten 242 -zuschüsse 267 -mittel 238, 250 -objekte 238 -pretest 130 -träger 236, 250, 277 -variable 242 -wirkung 239, 240 -wirkungsforschung 292 -wirkungsprognosen 127 -ziele 239 Werbung 237, 238 Werkvertrag 384 Wertkette 54 Wertkettenanalyse 54, 55 Wertschöpfung 57 Wertschöpfungsaktivitäten 53 Wertschöpfungskette (Wertkette) 4, 53, 465, 469 Wertschöpfungspartnerschaften 55 Werttreiber 3, 4, 11, 447 Wertvorstellungen, allgemeine 61 Wettbewerb 43, 126 Wettbewerbsanalysen 127 Wettbewerbsintensität 117 Wettbewerbskräfte 49 Wettbewerbsorientierung, Phase der 10 Wettbewerbsstrategie 43 Wettbewerbsstrategien, hybride 219 Wettbewerbstrategien 218 Wettbewerbsvorteil 43, 69, 70, 158, 167 Wholesaler 311 Wiederholungskauf, modifizierter 106 reiner 106 Wiederholungskäufe 171, 395 Wiederholungskaufrate 447

Sachwortverzeichnis

Wikis Wirkungsprognose Wirtschaftlichkeitsanalyse Wirtschaftsabteilungen

260 146 171, 172 110

X, Y, Z X-Shoring Yield Management Zeitrabatte Zeitreihenanalyse Zeitschriften Zeitungen Zielausmaß Zielbildungsprozess Ziele Ziele, marktökonomische marktpsychologische Zielerfüllung Zielgruppe Zielinhalt Zielpersonen Zielpersonenkonzept, hierarchischfunktionales Zielpersonenkonzept, kommunikationsorientiertes Zielpyramide Zielsystem Zielverkaufspreis Zufallsauswahl Zufallsauswahl, geschichtete mehrstufige reine, uneingeschränkte Zufallsfehler Zufallsprinzip Zufriedenheitsmanagement Zukunftssicherheit Zulieferergeschäft Zulieferindustrie Zusatzleistung Zuschlagskalkulation Zweckbeziehungsanalyse

485 215 216 145 279 279 59 34, 59 59 67 67 59 115 59 115, 232 116 116 61, 66 60 207 142 143 143 143 142 142 402 162 21 43 189 207 457