Die literarische Funktion von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir 3110330814, 9783110330816, 9783110330915

Die vom 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts entstandenen Isländersagas sind seit jeher Schwerpunkt altnordistischer

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Die literarische Funktion von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir
 3110330814,  9783110330816,  9783110330915

Table of contents :
Vorwort v
Siglen ix
1. Einleitung 1
1.1. Vorbemerkung 1
1.2. Zielsetzung und Methode 1
1.3. Die Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir als Quellen 6
1.4. Terminologie der Kleidung unter Berücksichtigung der Realienkunde 9
1.4.1. Kleiderstoffe und Farben 9
1.4.2. Die Kleidung des Mannes 12
1.4.3. Die Kleidung der Frau 14
2. Kleidung und soziale Distinktion 17
2.1. Oberschichtkleidung 17
2.1.1. Thingversammlungen 17
2.1.2. Feste 25
2.1.3. Sonstige Anlässe 27
2.1.4. Kleidergaben 36
2.1.4.1. Kleidergeschenke an Untergebene 36
2.1.4.2. Kleidergeschenke zwischen sozial ebenbürtigen Personen 45
2.2. Kleidung und soziales Stigma 49
2.2.1. Unterschichtkleidung 49
2.2.2. Geächtete 54
2.2.3. Narrengewänder 56
2.2.4. Fremde 63
2.2.5. Kleiderkritik 68
2.3. Grenzen sozialer Kleiderdistinktion 76
2.3.1. Verkleidung 76
2.3.2. Devestitur und Selbstdevestitur 87
2.3.3. Die Kleidung der Zauberer und magische Kleidung 91
3. Kleidung und Geschlecht 97
3.1. Textilherstellung 97
3.2. Kleidung und 'hvǫt' 101
3.3. Transvestismus, 'níð' und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion 103
4. Kleidung und Emotionen 115
4.1. Aggression und Mordlust oder 'blátt er litur dauðans' 115
4.2. Liebe und Zuneigung 128
4.3. Andere Emotionen 131
5. Die Sprache der Kleidung 135
6. Literatur 141
6.1. Quellen 141
6.2. Nachschlagewerke 143
6.3. Forschungsliteratur 144
7. Glossar zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir 151
8. Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir 155
8.1. Kleidung und soziale Distinktion 155
8.1.1. Oberschichtkleidung 155
8.1.2. Kleidergaben 169
8.1.3. Kleidung und soziales Stigma 177
8.1.3.1. Unterschichtkleidung 177
8.1.3.2. Geächtete 183
8.1.3.3. Narrengewänder 184
8.1.3.4. Fremde 187
8.1.3.5. Kleiderkritik 189
8.1.4. Grenzen sozialer Kleiderdistinktion 194
8.1.4.1. Verkleidung 194
8.1.4.2. Devestitur und Selbstdevestitur 203
8.1.4.3. Die Kleidung der Zauberer und magische Kleidung 203
8.2. Kleidung und Geschlecht 209
8.2.1. Textilherstellung 209
8.2.2. Kleidung und 'hvǫt' 210
8.2.3. Transvestismus, 'níð' und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion 211
8.3. Kleidung und Emotionen 213
8.3.1. Aggression und Mordlust oder 'blátt er litur dauðans' 213
8.3.2. Liebe und Zuneigung 218
8.3.3. Andere Emotionen 219
9. Register der verwendeten altisländischen Quellen 223

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Anita Sauckel Die literarische Funktion von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde

Herausgegeben von Heinrich Beck · Sebastian Brather · Dieter Geuenich · Wilhelm Heizmann · Steffen Patzold · Heiko Steuer

Band 83

Anita Sauckel

Die literarische Funktion von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

ISSN 1866-7678 ISBN 978-3-11-033081-6 e-ISBN 978-3-11-033091-5 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Fakultät 13/14 für Sprach- und Literaturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München im März 2012 als Dissertation mit dem Titel „Verachtet ist der nackte Mann – Zur literarischen Funktion von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir“ angenommen. Für die Druckfassung wurde sie geringfügig überarbeitet. Bereits im Hauptstudium weckte der Besuch eines Seminars von Dr. Jan Keupp (München) zur Mode im Mittelalter (Sommersemester 2006) mein Interesse an den vielfältigen Zeichen der Kleidung in der mittelalterlichen Literatur. Die neu gewonnenen Erkenntnisse inspirierten mich dazu, im Rahmen meiner Magisterarbeit die Symbolik von Kleidung in den Íslendingasǫgur zu untersuchen. Die positive Resonanz auf die Präsentation meiner Ergebnisse auf interdisziplinären Tagungen bestärkten mich in meinem Vorhaben, die Arbeit zur Dissertation auszubauen. Mein Dank gilt allen voran meinen Gutachtern Prof. Dr. Wilhelm Heizmann (München) und Prof. Dr. Klaus Böldl (Kiel), die die Entstehung der Arbeit begleitet haben. Klaus Böldl danke ich zudem für seinen fachlichen Rat und den Vorschlag, das Korpus um die Íslendingaþættir zu erweitern. Wilhelm Heizmann hat meine Aufnahme in die Nachwuchsforschergruppe „Kulturelle und religiöse Diversität in Mittelalter und Renaissance“ des Zentrums für Mittelalter- und Renaissancestudien (ZMR) an der Ludwig-Maximilians-Universität München ermöglicht und die Aufnahme der Arbeit in die Ergänzungsbände des Reallexikons der Germanischen Altertumskunde vorangetrieben. Zu danken habe ich weiter Dr. Georg Strack (München) für die Aufnahme in die Nachwuchsforschergruppe des ZMR; als Betreuer der Gruppe hat er mir mit fachlichem Rat zur Seite gestanden und als Korrekturleser geholfen. Bei Dr. Hartmut Mittelstädt (Greifswald) möchte ich mich ebenfalls für das Korrekturlesen vor der Drucklegung bedanken. Prof. Dr. Bernd Päffgen (München) erteilte mir im Fachbereich der Archäologie wertvolle Hinweise zur Erforschung frühmittelalterlicher Tracht. Danken möchte ich nicht zuletzt den Herausgebern der Ergänzungsbände sowie dem Verlag. München, im Mai 2013

Anita Sauckel

Inhalt Vorwort   V Siglen   IX 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3

 1 Einleitung  Vorbemerkung   1 Zielsetzung und Methode   1 Die Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir als Quellen  Terminologie der Kleidung unter Berücksichtigung der Realienkunde   9 Kleiderstoffe und Farben   9 Die Kleidung des Mannes   12 Die Kleidung der Frau   14

 6

 17 2 Kleidung und soziale Distinktion  2.1 Oberschichtkleidung   17 2.1.1 Thingversammlungen   17 2.1.2 Feste   25 2.1.3 Sonstige Anlässe   27 2.1.4 Kleidergaben   36 2.1.4.1 Kleidergeschenke an Untergebene   36 2.1.4.2 Kleidergeschenke zwischen sozial ebenbürtigen Personen  2.2 Kleidung und soziales Stigma   49 2.2.1 Unterschichtkleidung   49 2.2.2 Geächtete   54 2.2.3 Narrengewänder   56 2.2.4 Fremde   63 2.2.5 Kleiderkritik   68 2.3 Grenzen sozialer Kleiderdistinktion   76 2.3.1 Verkleidung   76 2.3.2 Devestitur und Selbstdevestitur   87 2.3.3 Die Kleidung der Zauberer und magische Kleidung   91 3 3.1 3.2 3.3

 97 Kleidung und Geschlecht  Textilherstellung   97 Kleidung und hvǫt   101 Transvestismus, níð und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion   103

 45

VIII 

 Inhalt

4

Kleidung und Emotionen 

4.1 4.2 4.3

 115

Aggression und Mordlust oder blátt er litur dauðans  Liebe und Zuneigung   128 Andere Emotionen   131

 115

 135

5

Die Sprache der Kleidung 

6 6.1 6.2 6.3

 141 Literatur  Quellen   141 Nachschlagewerke  Forschungsliteratur 

7

Glossar zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir 

8

8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3

Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir   155 Kleidung und soziale Distinktion   155 Oberschichtkleidung   155 Kleidergaben   169 Kleidung und soziales Stigma   177 Unterschichtkleidung   177 Geächtete   183 Narrengewänder   184 Fremde   187 Kleiderkritik   189 Grenzen sozialer Kleiderdistinktion   194 Verkleidung   194 Devestitur und Selbstdevestitur   203 Die Kleidung der Zauberer und magische Kleidung   203 Kleidung und Geschlecht   209 Textilherstellung   209 Kleidung und hvǫt   210 Transvestismus, níð und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion   211 Kleidung und Emotionen   213 Aggression und Mordlust oder blátt er litur dauðans   213 Liebe und Zuneigung   218 Andere Emotionen   219

9

Register der verwendeten altisländischen Quellen 

8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.1.3.1 8.1.3.2 8.1.3.3 8.1.3.4 8.1.3.5 8.1.4 8.1.4.1 8.1.4.2 8.1.4.3 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3

 143  144

 223

 151

Siglen Auð Bárð BjH Brand Nj Dpl Eg EgSH Eir Eyrb Finnb Flóam Flj Fbr Gísl GislIll Gr Grǿn GullÞ GunnK Gunnl Hallfr Harð Háv Heið Hrafnk Hreið Ísl Kjaln Korm Krók Laxd Ljósv OStór Reykd SnE Stein Svarfd Vall Vápnf

Auðunar þáttr vestfirzka Bárðar saga Snæfellsáss Bjarnar saga Hítdœlakappa Brands þáttr örva Brennu-Njáls saga Droplaugarsona saga Egils saga Skalla-Grímssonar Egils þáttr Síðu-Hallssonar Eiríks saga rauða Eyrbyggja saga Finnboga saga Flóamanna saga Fljótsdœla saga Fóstbrœðra saga Gísla saga Súrssonar Gisls þáttr Illugasonar Grettis saga Ásmundarsonar Grœnlendinga saga Gull-Þóris saga Gunnars saga Keldugnúpsfífls Gunnlaugs saga ormstungu Hallfreðar saga vandræðaskálds Harðar saga Grímkrlssonar Hávarðar saga Ísfirðings Heiðarvíga saga Hrafnkels saga Freysgoða Hreiðars þáttr heimska Ísleifs þáttr biskups Kjalnesinga saga Kormáks saga Króka-Refs saga Laxdœla saga Ljósvetninga saga Orms þáttr Stórólfssonar Reykdœla saga ok Víga-Skútu Snorra Edda Steins þáttr Skaptasonar Svarfdœla saga Valla-Ljóts saga Vápnfirðinga saga

X 

 Siglen

Vatn Vígl-Glúms Vígl Þórð ÞorlJ Þorsteins s. hvíta ÞUxaf ÞorvT ÞorvV Ǫgm Ǫlk

Vatnsdœla saga Víga-Glúms saga Víglundar saga Þórðar saga hreðu Þorleifs þáttr jarlsskálds Þorsteins saga hvíta Þorsteins þáttr uxafóts Þorvalds þáttr tasalda Þorvalds þáttr víðfǫrla Ǫgmundar þáttr dytts Ǫlkofra þáttr

1 Einleitung 1.1 Vorbemerkung Die Íslendingasǫgur zählen zu den bedeutendsten Gattungen mittelalterlicher europäischer Literatur. Seit Beginn ihrer Erforschung im 19.  Jahrhundert sind sowohl zahlreiche literatur- als auch kultur- und religionswissenschaftliche Fragestellungen anhand dieser Texte erörtert worden.¹ In den letzten Jahren ist besonders in den literatur- und kulturwissenschaftlichen Nachbardisziplinen der Skandinavistik ein gesteigertes Interesse zum Thema ‚Kleidung‘ zu verzeichnen: Bekleidung wurde sowohl im Rahmen realienkundlich motivierter Arbeiten untersucht, als auch hinsichtlich der ihr zugeschriebenen anthropologischen Konstanten Schutz, Scham und Schmuck sowie im Hinblick auf ihre innerliterarische Symbolfunktion in der mittelhochdeutschen Literatur erforscht.² Es ist jedoch festzustellen, dass trotz dieses breiten Interesses der Nachbarwissenschaften die vielfältigen Beschreibungen von Kleidung in den Íslendingasǫgur bisher kaum im Mittelpunkt altnordistischer Untersuchungen gestanden haben. Das ist umso bemerkenswerter, als dieses Korpus eine für das europäische Mittelalter einzigartige Fülle umfassender Prosaerzählungen von höchster literarischer Qualität bereithält. Deren Untersuchung vonseiten der altnordistischen Literaturwissenschaft kann auch für die mediävistischen Nachbardisziplinen einen wertvollen Erkenntnisgewinn hinsichtlich der sozialen und kulturellen Bedeutungsdimension von Kleidung im mittelalterlichen Norden liefern.

1.2 Zielsetzung und Methode Zu den ins Auge fallenden Besonderheiten der Darstellung in der Laxdœla saga gehören ausführliche Beschreibungen kostbarer Kleidung und reich verzierter Waffen. Kein anderer Verfasser einer Isländersaga läßt eine so starke Vorliebe für prächtige Auftritte erkennen. Er verleiht ihnen aber nur selten handlungsförderndes Gewicht; sie erscheinen eher als glänzendes Beiwerk.³

Diese Worte Rolf Hellers zur Beschreibung von Kleidung in den Íslendingasǫgur stehen beispielhaft für die aktuelle Forschungsmeinung. Bereits frühere Forschergenerationen sahen in der beschriebenen Bekleidung reine Schmuckelemente: so etwa

1 Vgl. zuletzt Böldl 2005 mit einem Beitrag zum Weltbild der Eyrbyggja saga. 2 Zur Realienkunde vgl. etwa Müller et al. 2012; Kania 2010; Scott 2009. Zur Erforschung der Kleidersymbolik in der mittelalterlichen Geschichte vgl. zuletzt Keupp 2010. Aus der literaturwissenschaftlichen Perspektive der Germanistik vgl. zuletzt Kraß 2006. 3 Heller 2009, S. 169.

2 

 Einleitung

Hans Kuhn, der zu Beginn der 1970er Jahre die Kleidung für einen „Zusatz, der des erzählten Hergangs wegen unnötig“⁴ sei, hielt, oder Andreas Heusler, der in seiner Betrachtung des mittelhochdeutschen Nibelungenlieds eine ganz ähnliche Ansicht vertrat. Er verstand die Schilderungen von Kleidung als vom Verfasser eingesetzte Illustrationen einer mittelalterlichen Umwelt, denen keinerlei Handlungsrelevanz zukomme: Auf die Bühne der alten Sage will man eigene Umwelt bringen. Zeitgeschichte und Zuständliches. Die Dichter setzen ihrer Gegenwart ein Denkmal, und wär es auch nur der Kleiderpracht und der feinen Hofsitte, an der sie begehrlich hinaufblicken. Persönliche Zu- und Abneigungen bauen weiter an den Vorzeitsfabeln.⁵

Doch schon Ende des 19. Jahrhunderts weckten die in den Texten dargestellten Realien, neben Kleidung vor allem Waffen, das Interesse der Forschung. Allerdings betrachtete man die zahlreichen, teils minutiösen Beschreibungen von Gewändern ausschließlich als Quellen frühmittelalterlicher Sachkultur.⁶ Diese dienen Archäologen und Textilhistorikern bis heute als potenzielle Ergänzung zu Bodenfunden und Bildquellen, um eine möglichst genaue Rekonstruktion wikingerzeitlicher Kleidung zu ermöglichen.⁷ Aus methodischer Sicht ist ein solches Vorgehen nicht unproblematisch: Zunächst wird dabei der zeitliche Abstand zwischen der eigentlichen Sagazeit (ca. 930–1030) und der Niederschrift der Íslendingasǫgur (vom Beginn des 13. bis zum 16.  Jahrhundert) kaum berücksichtigt. Literarische Beschreibungen, insbesondere der weiblichen Kleidung, weisen zudem Unterschiede zu den archäologischen Funden der Wikingerzeit auf: So fehlen in den Texten wichtige Trachtelemente, die zu dieser Zeit nachweislich in ganz Skandinavien verbreitet waren.⁸ Darüber hinaus ist die Terminologie einzelner Gewänder unpräzise, da einige Begriffe männliche und

4 Kuhn 1971, S. 76. 5 Heusler (1919), S. 136. 6 Vgl. Falk 1919; vgl. auch Valtýr Guðmundsson 1893; Weinhold 1938. 7 Vgl. Ewing 2007; Owen-Crocker 2012; Owen-Crocker 2004. Die Rekonstruktion wikingerzeitlicher Kleidung aus archäologischem Fundmaterial und Sagazitaten ist nach wie vor ein beliebtes Thema altnordistischer Abschlussarbeiten. Vgl. zuletzt Toplak 2011. Zu den Methoden und Problematiken der archäologischen Textilforschung vgl. Banck-Burgess 2005, S. 378  ff. 8 Zu den Ausgrabungen in Birka vgl. Arbman 1940; Arbmann 1943; Arwidsson 1984; Arwidsson 1986; Arwidsson 1989; Gräslund 1980. Zu den Textilfunden von Birka vgl. Geijer 1938. Zu den archäologischen Untersuchungen in Haithabu vgl. u.a. Jankuhn 1986. Speziell zu den Textilfunden in Haithabu vgl. Hägg 1984; Hägg 1991; Groenman-van Waateringe 1984. Eine Zusammenfassung der Grabungsbefunde aus Birka und Haithabu bietet Hägg 2000. Zu den hochmittelalterlichen Textilfunden, insbesondere aus Grönland, vgl. Østergård 2004; Fransen et al. 2011. Neue, kontrovers diskutierte Ansätze zur Interpretation der Textilfunde von Birka bietet Larsson 2007. Für die Textilherstellung bei den Germanen nach wie vor maßgebend sind: von Stokar 1938; La Baume 1955.

Zielsetzung und Methode 

 3

weibliche Kleidungsstücke gleichermaßen bezeichnen; Informationen bezüglich Länge und Zuschnitt eines Gewandes lassen sich an ihnen nicht ablesen. Interpretierende Vergleiche zwischen Sagatext und Bodenfund können in dieser Beziehung zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Trotz dieser offensichtlichen Diskrepanzen zwischen archäologischem Fundmaterial und literarischer Beschreibung wurde die Bekleidung kaum als etwas Anderes wahrgenommen denn als Realie, die dazu diente, eine in den Íslendingasǫgur dargestellte mittelalterliche Umgebung mit ‚glänzendem Beiwerk‘ auszustaffieren. In der altnordischen Mythologie wird Kleidung als elementarer Bestandteil paganer Anthropogonie und somit als integrierender Bestandteil des Menschseins präsentiert. Snorri Sturlusons Gylfaginning berichtet von der Verleihung von Kleidungsstücken an das erste Menschenpaar Askr und Embla: Þá er þeir Bors synir gengu með sævar strǫndu, fundu þeir tré tvau, ok tóku upp tréin ok skǫpuðu af menn. Gaf hann fyrsti ǫnd ok líf, annarr vit ok hrœring, þriði ásjónu, málit ok heyrn ok sjón; gáfu þeim klæði ok nǫfn. Hét karlmaðrinn Askr, en konan Embla, ok ólusk þaðan af mannkindin þeim er bygðin var gefin undir Miðgarði.⁹

Der Codex regius der Lieder-Edda schildert in Strophe 49 der Hávamál die Ausstaffierung zweier Holzfiguren mit Kleidung: Váðir mínar / gaf ec velli at / tveim trémǫnnum; / reccar þat þóttuz, / er þeir rift hǫfðo, / neiss er nøcqviðr halr.¹⁰ Wie diese Strophe deutlich zum Ausdruck bringt, wird der Mensch erst durch Bekleidung zum Kulturwesen. Sein unbekleideter, nackter Körper wird sogar als verachtungswürdig (neiss) deklariert. Es ist nur schwer vorstellbar, dass die isländische Gesellschaft des 13. Jahrhunderts, die der Kleidung in der breit rezipierten mythologischen Überlieferung eine so zentrale Rolle zukommen lässt, für diese in den beinahe zeitgleich entstandenen Íslendingasǫgur keine weitere Bedeutung vorgesehen hätte als die Illustration einer mittelalterlichen Umwelt, wie Rolf Heller es zuletzt formuliert hat. Eine rein literarische Funktion (s.u.) der in den Íslendingasǫgur und Þættir beschriebenen Bekleidung ist vonseiten der Literaturwissenschaft jedoch bisher nur im Rahmen thematisch eng gefasster Einzelstudien vom Umfang weniger Seiten erkannt und bearbeitet worden. Diese nehmen allein auf einige besonders auffällige vestimentäre Phänomene Bezug, die sagaübergreifend auftreten. Hervorzuheben sind in

9 SnE, Gylfaginning c. 9, S. 13; Krause 1997, S. 23: ‚Als die Söhne Borrs am Meeresstrand entlangliefen, fanden sie zwei Baumstämme. Die hoben sie auf und erschufen daraus die Menschen. Der erste gab ihnen Seele und Leben, der zweite Verstand und Bewegungsfähigkeit, der dritte äußere Gestalt, Sprechvermögen, Gehör und die Fähigkeit zu sehen. Sie gaben ihnen Kleider und Namen; der Mann hieß Ask, die Frau Embla, und aus ihnen ging das Menschengeschlecht hervor, dem Midgard zur Heimat gegeben wurde.‘ 10 Hávamál, St. 49, S. 24; Krause 2004, S. 45: ‚Meine Kleider gab ich auf dem Feld zwei Holzmännern; sie hielten sich für Menschen, als sie Kleidung hatten. Verachtet ist der nackte Mann.‘

4 

 Einleitung

diesem Zusammenhang die Aufsätze von Kirsten Wolf zur Bedeutung von Kleidung in der Farbe blár sowie die Aufsätze von Gesa Snell und Anna Zanchi, die höfische Kleidung bzw. Scharlachkleidung als literarisches Stilmittel zum Thema haben.¹¹ Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, das offensichtliche Desiderat einer detaillierten Analyse der in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir beschriebenen Kleidung hinsichtlich ihrer literarischen Funktion zu beheben. Sie strebt keinen Vergleich von literarischer Schilderung und archäologischem Fundgut an, mit dem Ziel, realienkundlich möglichst zuverlässige Aussagen bezüglich Aussehen und Machart wikingerzeitlicher Kleidung zu treffen; solchen Gegenüberstellungen haben sich bereits Arbeiten gewidmet.¹² Die Untersuchung textlich manifestierter Kleidung unter strikt literaturwissenschaftlichen Gesichtspunkten bedeutet jedoch keine Abkehr vom interdisziplinären Dialog, sondern vielmehr dessen Bereicherung: Gerade die Tatsache, dass Sagas und Þættir zahlreiche, teils minutiöse Beschreibungen von Kleidung bereithalten, zeigt, welch enorme Bedeutung die Sagaverfasser im Hohen und Späten Mittelalter dem Kleidungsverhalten ihrer wikingischen Vorfahren beigemessen haben. Die Íslendingasǫgur überliefern nicht ohne weiteres eine realienkundliche Ergänzung zu Bodenfunden der Wikingerzeit; ihre Relevanz für den wissenschaftlichen Austausch erhalten sie im Rahmen einer literaturwissenschaftlichen Altertumskunde: Die gelehrte Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit ist eine Eigentümlichkeit, die einen Großteil der einzigartigen literarischen Überlieferung des mittelalterlichen Nordens auszeichnet. Bisherige Arbeiten zur Kleidung in den Sagas und Þættir zeigen, dass das Potenzial einer solchen Untersuchung noch keinesfalls ausgeschöpft ist. Die akribische Textanalyse verspricht Erkenntnisse, die unser Verständnis von Vergangenheitsadaption im mittelalterlichen Skandinavien erweitern und damit die interdisziplinäre Diskussion einer ‚Germanischen Altertumskunde‘ bereichern. Diese besondere Bedeutungsebene von Kleidung in den untersuchten Werken will ich als literarische Funktion bezeichnen. Bei diesem Terminus handelt es sich allgemein um einen der meistgebrauchten, vieldeutigsten und zumeist nur vage oder gar nicht definierten Grundbegriffe der Literaturwissenschaft, der sich je nach Ansatz und Kontext auf ganz unterschiedliche Phänomene beziehen kann. Abgesehen von einigen wenigen Ansätzen […] dominiert in der Literatur- und Kulturtheorie ein alltagssprachlicher Gebrauch des Funktionsbegriffs; dessen kleinster gemeinsamer Nenner besteht in der Bedeutung von Funktion als ‚Aufgabe, Rolle, Leistung oder Wirkung, die ein unselbständiger Teil bzw. ein Element in einem größeren Ganzen hat, spielt bzw. erfüllt.‘¹³

11 Vgl. z.B. D’Ettore 2009; Zanchi 2008; Ballif Straubhaar 2005; Hansen 1979; Snell 2000; Wolf 1997; Wolf 2006 a; Wolf 2006 b. In einer Dissertation aus dem Jahr 2010 über Formen nonverbaler Kommunikation in zwei ausgewählten Íslendingasǫgur finden sich einige wenige Seiten zur Symbolfunktion von Kleidung. Vgl. Ravizza 2010, S. 132–139. 12 Vgl. Falk 1919; Toplak 2011. 13 Nünning 2008, S. 223  f.

Zielsetzung und Methode 

 5

Im Fall der untersuchten Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir bezieht sich diese Funktion in erster Linie auf eine durch die Kleidung ausgedrückte erweiterte soziale und psychologische Figurencharakterisierung. Auch typische Elemente des Sagastils, wie z.B. das Ausdrücken innerer Zustände durch Äußeres oder die Vorausdeutung, werden vom Verfasser durch das gezielte Einsetzen von Kleidungsstücken gestaltet. Besonders gut lässt sich die literarische Funktion von Kleidung somit an denjenigen Stellen demonstrieren, an denen diese als Mittel zur sozialen und geschlechtlichen Distinktion fungiert sowie emotionale Zustände zum Ausdruck bringt. Die Schwerpunkte der Untersuchung liegen im Folgenden auf diesen drei Gebieten. Die zahlreichen Beschreibungen von Kleidung bieten die Möglichkeit, die gesellschaftliche Diversität der Protagonisten, wie der Sagaschreiber sie für die wikingische Zeit konstruiert, ausnehmend gut zu erfassen: In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird der Kleidung und der damit verbundenen Kleidermode soziale Verweisfunktion zugeschrieben. Für die Soziologie sendet Bekleidung Signale aus, die den Mitgliedern der Gesellschaft Indizien über die soziale Position ihres Gegenübers liefern. Je nach Aussehen, Machart und Material der Gewänder ‚bekleidet‘ ihr Träger einen höheren oder niedrigeren gesellschaftlichen Rang und gehört einem bestimmten Geschlecht und einer gewissen Altersstufe an.¹⁴ Dies gilt in gesteigertem Maße für stark hierarchisch strukturierte Gesellschaften wie die des Mittelalters. Kleidung stellt ein besonders geeignetes Distinktionsobjekt dar, da sie sich einerseits – im Gegensatz zu anderen möglichen Objekten der Abgrenzung  – in unmittelbarer Nähe zum Träger befindet. Andererseits eröffnet ihre enorme Wandelbarkeit stets neue Distinktionsmöglichkeiten.¹⁵ Es wurde bereits bemerkt, dass die in den untersuchten Texten gezeichnete altnordische Gesellschaft in erster Linie als gelehrte Konstruktion betrachtet werden muss und nicht pauschal mit der historischen isländischen Gesellschaft der Wikingerzeit gleichgesetzt werden kann. Auf Island hat das gesamte Mittelalter hindurch keine Ständegesellschaft¹⁶ wie in Mitteleuropa existiert. Besonders die noch von der älteren historischen Forschung postulierte klassische Ständetrias bestehend aus Adel, Klerus und Bauern ist für Island aufgrund des fehlenden Adels nicht greifbar. Deshalb wird in dieser Arbeit zur Untergliederung der Gesellschaft der modernere Begriff der Schichtung verwendet. Daraus ergibt sich eine grobe Unterteilung in Oberund Unterschicht. Erstere wird von den mächtigen Großgrund besitzenden Bauern repräsentiert, deren Vorfahren auf die ersten Siedler Islands zurückgehen. Der Unterschicht gehören ärmere Bauern sowie Sklaven, Bettler und Landstreicher an.¹⁷ Be-

14 Vgl. Simmel (1905), S. 7–37; Bourdieu 1987, S. 107, S. 405. 15 Vgl. Jütte/Bulst 1993, S. 2. 16 Vgl. Mitsch 1997, Sp. 44–49. 17 Zur Gesellschaftsstruktur in den Íslendingasǫgur vgl. besonders Meulengracht Sørensen 1977, S. 26–52; Vésteinn Ólason 2011, S. 28  ff.

6 

 Einleitung

merkenswert ist das Fehlen bzw. sehr sporadische Auftreten der Geistlichkeit, weshalb eine eingehendere Analyse dieser Personengruppe nicht möglich ist. Den Zugriff auf sämtliche maßgebliche Stellen der untersuchten Texte erlaubt eine Belegstellensammlung, die im Anhang beigefügt ist. Diese folgt in ihrem Aufbau den thematischen Gliederungspunkten der vorliegenden Arbeit. Neben Quellenangabe und altisländischem Originalzitat findet sich eine deutsche Paraphrase, die sowohl eine Übersetzung der beschriebenen Gewänder bereithält als auch eine Einordnung der entsprechenden Stelle in den Erzählkontext vornimmt. Die unerwartet große Fülle von Belegstellen machte es erforderlich, für den Untersuchungsteil eine Auswahl zu treffen. Den Textkorpora wurden deshalb die, nach meiner Einschätzung, jeweils diskussionswürdigsten Stellen entnommen. Es wurde besonders darauf geachtet, mehrdeutig interpretierbare Textstellen in der Untersuchung zu berücksichtigen. Die nicht behandelten Passagen stellen die Resultate der Untersuchung nicht infrage. Im Hinblick auf die Bedeutung der vorliegenden Untersuchung auch für benachbarte Disziplinen soll die Belegstellensammlung die Beschäftigung mit altisländischen Kleiderbeschreibungen erleichtern und dadurch den interdisziplinären Austausch anregen. Das direkte Nachschlagen einzelner Kleidertermini ermöglicht das ebenfalls angehängte Glossar.

1.3 Die Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir als Quellen Das Textkorpus der Íslendingasǫgur umfasst ca. drei Dutzend, in altwestnordischer Sprache verfasste literarische Prosatexte von unterschiedlicher Länge und zählt zu den umfangreichsten und wertvollsten Gattungen der mittelalterlichen europäischen Literatur. Die Íslendingasǫgur berichten über die Geschehnisse auf Island von den ersten Siedlern (ca. 870 n. Chr.) bis zum Ende der sogenannten Sagazeit (1030 n. Chr.), wobei die Schicksale der mächtigsten isländischen Familien des Freistaats im Mittelpunkt stehen. Ihre Niederschrift erfolgte in einem zeitlichen Abstand von 200 bis 300 Jahren zu diesen Ereignissen. Da keine einzige der Íslendingasǫgur im Original erhalten geblieben ist, gestaltet sich ihre Datierung äußerst schwierig. Als gesichert gilt jedoch, dass keine Saga vor Beginn des 13. Jahrhunderts zu Pergament gebracht wurde.¹⁸ Trotz des großen zeitlichen Abstandes der schriftlichen Íslendingasǫgur zu den Geschehnissen der eigentlichen Sagazeit wurden die Texte lange Zeit als eine Sammlung historischer Quellen zur isländischen Geschichte des Mittelalters betrachtet. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde die Theorie vertreten, die Íslendingasǫgur seien mündlich überlieferte, wahrheitsgemäße Berichte aus der isländischen Freistaatzeit.

18 Vgl. Schier 1970, S. 37  f.

Die Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir als Quellen 

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Anschließend wären sie starr, in unveränderter Form über die Jahrhunderte hinweg bis zum Zeitpunkt ihrer Verschriftlichung tradiert worden, und seien somit als historische Quellen zu betrachten. Entscheidend für diese als ‚Freiprosatheorie‘ oder ‚Freiprosalehre‘ bezeichnete Forschungsrichtung ist die Annahme, Oralität könne mit Historizität gleichgesetzt werden. Zu ihren Vertretern zählten u.a. die Forscher Knut Liestøl, Andreas Heusler und Finnur Jónsson.¹⁹ Die sogenannten ‚Buchprosaisten‘ hielten die Íslendingasǫgur dagegen für rein fiktionale, von einem individuellen Autor geschaffene Werke, die jeglicher Historizität entbehrten. Die ‚Buchprosalehre‘ ist jedoch keine geschlossene Forschungsrichtung, sondern umfasst viele verschiedene Interpretationsansätze. Walter Baetke zählt zu ihren prominentesten Vertretern.²⁰ Einer der Gründe dafür, dass die Íslendingasǫgur so lange als historische Quellen gelesen worden sind, ist nicht zuletzt ihr eigenwilliger Stil, der bereits erwähnte Sagastil. Scheinbar objektiv berichten diese Texte von Personen und Ereignissen. Wird ein Protagonist zum ersten Mal in die Handlung eingeführt, verliert die Saga lediglich ein paar Worte über dessen Physiognomie und Temperament. Eine ausführliche Schilderung seiner Persönlichkeit bleibt aus, der Held charakterisiert sich im weiteren Handlungsverlauf durch eigene Worte und Taten selbst, wobei diese vonseiten des Sagamanns, d.h. des Verfassers, nicht kommentiert werden.²¹ Gerade deshalb kommt den oftmals minutiösen Beschreibungen von Kleidung erhebliche Bedeutung für die Interpretation zu. Darüber hinaus erwecken viele genealogische Angaben und geografische Details im Text beim Leser den Eindruck, er habe es mit reinen Tatsachenberichten zu tun. Vertreter der sogenannten ‚Isländischen Schule‘, wie beispielsweise Sigurður Nordal, versuchten seit den 1950er Jahren konsequent Elemente historischer Realität in den Sagas von der sie ihrer Meinung nach umgebenden (literarischen) Fiktionalität zu trennen. Heutzutage erscheint das von Nordal postulierte Verhältnis von Realität und Fiktion aus literaturwissenschaftlicher und kulturhistorischer Sicht allerdings kaum noch vertretbar.²² Festzuhalten bleibt, dass es sich bei den Íslendingasǫgur weder um historische Quellen noch um die fiktive Schöpfung eines individuellen Verfassers handelt. Diese Werke müssen vor dem Hintergrund kultureller und gesellschaftlicher Realitäten ihrer Entstehungszeit im Hohen und Späten Mittelalter gelesen und verstanden werden. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich Hypothesen mit relativ hohem Wahrscheinlichkeitsgehalt über die den Sagas zugrundeliegende Wirklichkeit formulieren.²³

19 Vgl. Böldl 2005, S. 41; Jónas Kristjánsson 1988, S. 204  f.; Heusler 1914. 20 Vgl. Baetke 1956; de Vries 1999, S. 319–336; Simek/Pálsson 2007, S. 53. 21 Vgl. Jónas Kristjánsson 1988, S. 207. 22 Vgl. Böldl 2005, S. 38  f. 23 Vgl. Böldl 2005, S. 46. Zur Verfasserfrage vgl. ferner Bandle 1965.

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Íslendingaþættir sind kurze, novellenartige Erzählungen, die in größere Sagas, meist Königssagas, eingeschoben und in den Sammelhandschriften Flateyjarbók und Morkinskinna überliefert sind. Sie behandeln Episoden aus dem Leben eines Isländers, der auf einer Auslandreise in Verwicklungen mit einem (norwegischen) König gerät. Die zwei grundlegenden Themen dieser Þættir sind dabei die Auslandsfahrt (útferð) des Helden und die Christianisierung. Þættir und Sagas weisen ähnliche Erzählelemente auf (etwa Vor- und Rückwendungen, Dialoge), nutzen diese aber unterschiedlich.²⁴ Viele Þættir haben im Vergleich zu den Íslendingasǫgur einen geringfügig späteren Zeitansatz; sie spielen häufig noch nach der Sagazeit, zur Regierungszeit der Könige Óláfr Haraldsson (1015–1030), Magnús Óláfsson (1035–1047) und Haraldr Sigurðarson (1046–1066).²⁵ Vésteinn Ólason untersuchte die Rolle der Auslandsfahrt zum Königshof und zog daraus Rückschlüsse auf die (in den Þættir geschilderte) mittelalterliche Gesellschaftsordnung. Er stellte fest, dass die Helden unerschrocken vor den Herrscher treten und eher ihr Leben riskieren würden, als ihre Ehre zu verlieren. Die Autorität des Fürsten werde von ihnen jedoch nicht angezweifelt, solange sich dieser dem mittelalterlichen Herrscherideal gemäß verhalte. Diese Schilderungen dürften den Wünschen der Isländer entsprochen haben, dem norwegischen König ebenbürtig zu sein und durch ihn anerkannt zu werden. Demnach betonten die Þættir den persönlichen Wert und die Freiheit des Protagonisten und dienten gleichzeitig dem Aufzeigen bestimmter gesellschaftlicher Regeln.²⁶ Sie bieten daher für diese Untersuchung eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung zu den Sagas. Originalzitate der Íslendingasǫgur sind aus den Bänden II–XIV der Reihe Íslenzk Fornrit entnommen, die Íslendingaþættir werden nach der Ausgabe von Guðni Jónsson zitiert.²⁷ Um den Schwerpunkt auf die Kleiderterminologie legen zu können, sind die meisten Übersetzungen eigene Übertragungen. Die Orthografie altwestnordischer Personennamen wird aus den Originaltexten übernommen und um eine entsprechende deutsche Flexionsendung ergänzt.

24 Vgl. Würth 1991, S. 3–18. 25 Vgl. Harris 1972, S. 3. 26 Vgl. Vésteinn Ólason 1985, S. 60–67; Würth 1991, S. 19  ff. 27 Vgl. Guðni Jónsson 1935.

Terminologie der Kleidung unter Berücksichtigung der Realienkunde 

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1.4 Terminologie der Kleidung unter Berücksichtigung der Realienkunde28 1.4.1 Kleiderstoffe und Farben Bekleidung fertigte man auf Island das gesamte Mittelalter hindurch vorwiegend aus den einheimischen Materialien Leinen und Wolle. Von den Rohprodukten bis zum Garn für die Stoffproduktion waren diverse Arbeitsschritte notwendig. Dies gilt insbesondere für die Gewinnung von Leingarn. Da die Flachsfasern in der Stängelrinde der Pflanzen liegen, müssen sie zuerst durch Raufen, Rösten, Dörren, Brechen, Schwingen und Hecheln von den Holzbestandteilen und anderen Rückständen befreit werden. Anschließend können die 4–10 cm langen Spinnfasern zu feinem Leingarn versponnen werden.²⁹ Sowohl der unverarbeitete Rohstoff als auch die fertige Leinwand werden im Altnordischen als lín bezeichnet. Weniger arbeitsintensiv war die Gewinnung von Wollgarn. Die Rohwolle (ull) zupfte man zur Zeit des Fellwechsels im Frühjahr und im Herbst mit der Hand von den Schafen ab. Um sie von Fett und Schmutz zu befreien, wurde sie in warmem Wasser oder Harn gewaschen. Anschließend konnten die Wollfasern gezupft und zu Garn versponnen werden. Das Weben der Stoffe fand in der Frauenstube des eigenen Haushalts, der dyngja oder vefjarstofa, an einem senkrechten Gewichtswebstuhl statt.³⁰ Die groben einheimischen Wollstoffe trugen die Bezeichnungen vefr, vaðmál und váð. Ursprüngliches Aussehen und Beschaffenheit der Gewebe lassen sich in Ermangelung von Textilfunden und aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Terminus vaðmál lediglich um eine Maßangabe und nicht um eine Materialbezeichnung handelt, nicht mehr ermitteln.³¹ Isländisches vaðmál wurde exportiert und findet sich in vielen Íslendingasǫgur als Zahlungsmittel im Handel wieder (vǫruváð, sǫluváð). Neben einfarbigen webte man auch gestreifte (rendr, rǫndr) und karierte (teflingr) Stoffe. Im Handel erzielten die gestreiften Gewebe deutlich höhere Preise als die einfarbigen.³² Einen Wollstoff mit eingewebten Wollbüscheln, der hauptsächlich zu Mänteln verarbeitet wurde, nannte man loði. Seine abstehenden Büschel erzeugten eine Pelzoptik, weshalb der Stoff als Fellimitat Verwendung fand. Wolle verarbeitete man außer zu gewebten Stoffen auch zu Filz (þófi bzw. flóki). Das Verfilzen von Wolle geschieht durch Walken, worunter

28 Für die Terminologie der Kleidung ist nach wie vor Hjalmar Falks „Altwestnordische Kleiderkunde“ aus dem Jahr 1919 maßgebend. In den folgenden Abschnitten zur Kleiderterminologie wird auf dieses Werk zurückgegriffen. 29 Vgl. Müller 2003, S. 206. 30 Vgl. Tidow 2006, S.  323. Ausführlich zu Beschaffenheit und Verwendung des senkrechten Gewichtswebstuhls vgl. von Stokar 1938, S. 78–97; vgl. ferner Schlabow 1950, S. 24  ff. 31 Vgl. Cleasby u. Vigfusson 1957, s.v. vaðmál; de Vries 1977, s.v. vaðmál; Fritzner 1954, s.v. vaðmál; Ewing 2007, S. 146. 32 Vgl. Falk 1919, S. 51.

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eine Technik der Textilausrüstung (Veredelung) zu verstehen ist: Wolle wird in einer Walkflüssigkeit, bestehend aus Wasser und einem sogenannten Walkmittel wie etwa tonhaltiger Erde (Walkerde) oder abgestandem Urin so lange mechanisch bearbeitet, bis die Wollfasern verdichtet bzw. verfilzt sind. Aus Filz stellte man Wämser, Panzerhemden, Hüte und Kappen her.³³ Die Farbe der Stoffe entsprach entweder dem natürlichen Farbton der Gespinstfaser oder wurde durch künstliche Färbung erzielt. Die natürlichen Farben der leinenen Stoffe waren Grau (grár línvefr) oder Weiß (bleikt lérept). Die Wollstoffe waren im naturbelassenen Zustand weiß (hvítt vaðmál, bzw. hvítt), grau (grár), braunrot (móbrunt vaðmál) oder schwarz (svartr). Als künstliche Farben werden u.a. Gelb (gulr), Grün (grœnn), Rot (rauðr), Blau (blár)³⁴ und Schwarz (svartr) erwähnt. Entsprechende Farbstoffe wurden im Mittelalter hauptsächlich aus Pflanzen gewonnen, die man im Altwestnordischen allgemein als litgrǫs bezeichnete. So erzielte man beispielsweise gelbe Farbe mit Hilfe von Färber-Wau (Reseda luteola L.), der in Kombination mit Färberwaid (Isatis tinctoria L.) auch zum Grünfärben eingesetzt werden konnte. Die Verwendung dieser Pflanze gestaltete sich verhältnismäßig einfach, da der Farbstoff in allen Pflanzenteilen enthalten war. Durch eine Behandlung mit der Wurzelrinde des Krapp (Rubia tinctorum L.)³⁵ oder den Blütenblättern des unter der Bezeichnung ‚Färberdistel‘ bekannten Saflor (Carthamus tinctorius L.) erhielten Textilien eine rötliche Färbung.³⁶ Weit verbreitet war das Blaufärben mit den Blättern des Färberwaid.³⁷ Künstliches Schwarz ließ sich u.a. mithilfe der Schalen grüner Walnüsse oder der Rinden und Wurzeln des Holunder (Sambucus nigra L.) und des Gallapfels (Cynips gallae tinctoria) realisieren. Durch mehrfaches Überfärben von Natur aus dunkler Stoffe mit Waid konnte außerdem ein blauschwarzer Farbton erzielt werden.³⁸ Zudem war es üblich, die Stoffe mit Borten, Besatzbändern (hlað) und getriebenen Goldplättchen sowie Spitzen, Troddeln und

33 Vgl. Owen-Crocker 2004, S. 77; Tidow 2005, S. 370. 34 Zur Übersetzungsproblematik des Adjektivs blár vgl. Kapitel 4.1. 35 Vor dem Färben mit Krapp musste das Material mit einer Beize aus Metallsalzen bearbeitet werden, damit der Farbstoff, das sogenannte Alizarin, auf der Textilfaser haften blieb. Je nach Zusammensetzung ließen sich unterschiedliche Farbschattierungen erreichen. Durch Beimischung von Tonerde oder Zinn erzielte man eine rote Färbung, unter Zugabe von Eisensalzen erhielt man Violettrot. Eine Beize aus Kalium- oder Bariumsalzen ermöglichte sogar Blaufärbung. Vgl. Hopf 1994, S. 217  f. 36 Vgl. Hopf 1994, S. 218  f. 37 Aus den Blättern der Waidpflanze gewann man das farblose Indican, welches mittels Gärung in ebenfalls farbloses Indoxyl umgewandelt wurde. Seine blaue Farbe erhielt das mit einer Färberbrühe aus Waid behandelte Gewebe erst im Kontakt mit Sauerstoff. Waid wurde das gesamte Mittelalter hindurch kultiviert. Ein bedeutendes Anbaugebiet befand sich z.B. im heutigen Thüringen rund um Erfurt. Mit der Einfuhr von echtem Indigo zu Beginn der frühen Neuzeit fand die Nutzung des Waids als Färberpflanze ein Ende. Speziell auf Island verwendete man auch den Saft der Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) als blauen Farbstoff. Vgl. Falk 1919, S. 43; Hopf 1994, S. 217; Selzer 2010, S. 16  f. 38 Vgl. Müller 2003, S. 222; Kania 2010, S. 73; Kapitel 4.1.

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Fransen zu verzieren, die man zumeist an den Säumen anbrachte. Bei ersteren dürfte es sich um sogenannte Brettchenborten gehandelt haben, die bereits seit der frühen Eisenzeit in Skandinavien bekannt waren und unter Verwendung kleiner quadratischer Brettchen gewebt wurden.³⁹ Bekleidung wurde außer aus textilen Fasern auch aus Tierfellen gefertigt. Besonders der sogenannte feldr, ein Schafspelz, der zu Mänteln verarbeitet wurde und im Handel als Zahlungsmittel Verwendung fand, kommt in den Íslendingasǫgur an vielen Stellen vor. Das Fell kleinerer Tiere, wie z.B. das der Hermeline (hvítskinn), Polarfüchse (melrakki) und grauen Eichhörnchen (gráskinn), diente zur Fütterung und Verbrämung von Röcken und Mänteln. Auch der aus dem slawischen Raum importierte Zobel (safali) und der sogenannte askraki, ein nicht näher zu bestimmendes Pelztier, fanden für solche Arbeiten Verwendung. Vereinzelt kam Überbekleidung aus Bären- (bjǫrnskinn) oder Wolfsfell (vargskinn) vor. Imposante Gewänder aus feinen, künstlich gefärbten Stoffen wie z.B. Scharlach (skarlat),⁴⁰ diversen Seiden (silki), darunter auch Seidenbrokat (pell) oder Baumwolle (guðvefr, fustan),⁴¹ waren teure Importgüter und wurden entweder auf Auslandsfahrten erworben oder von fremden Händlern nach Island gebracht. Sie werden allgemein unter dem Terminus litklæði zusammengefasst.⁴² Schließlich verarbeitete man im mittelalterlichen Norden heute eher ungewöhnlich klingende Materialien wie Ziegen- und Pferdehaare oder auch Birkenrinde zu Kleidung.

39 Vgl. La Baume 1955, S. 174. 40 Der Terminus Scharlach ist entgegen häufiger Annahme keine Farbbezeichnung, sondern bezieht sich stets auf einen sehr fein geschorenen, mit Kermes eingefärbten Wollstoff. Zwar taucht der Farbstoff Kermes, der aus den getrockneten und zu Pulver zermahlenen Kermesschildläusen (Kermococcus vermilio Planch) besteht, die zu färbenden Garne und Stoffe in ein sattes Hellrot. Dennoch muss das Endprodukt nicht immer leuchtend rot gewesen sein. So fertigte man im Mittelalter auch weißen, braunen, blauen und grünen Scharlach, wobei es sich bei weißem Scharlach um einen aus ungefärbtem Garn gewebten Stoff handelt, der erst nach seiner Fertigstellung koloriert wird. Die blaue Variante wurde zunächst aus mit Färberwaid bearbeitetem Garn gewebt und anschließend mit Kermes nachbehandelt. Ganz ähnlich verfuhr man mit den braunen und grünen Farbvariationen. Sogar gestreifte und Mi-Parti-Kleidung (unter Mi-parti sind Kleidungsstücke zu verstehen, die auf der linken und rechten Körperhälfte jeweils unterschiedliche Farben oder Muster aufweisen. Dieser ‚geteilten‘ Kleidung kam im Mittelalter eine gesonderte symbolische Funktion zu; sie lässt sich auch vereinzelt in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir nachweisen. Vgl. Wisniewski 2010, S.  172; Mellinkoff 1993; Mertens 1983) erhielten durch Nachkolorieren mit dem exklusiven roten Farbstoff eine neue Nuance. Produktionsstätten des kostbaren Wollgewebes befanden sich vorwiegend in Deutschland, den Niederlanden und England. Vgl. Falk 1919, S. 54  f.; Munro 1983, S. 24–29, bzw. S. 53–56. 41 Baumwolle wurde im Frühmittelalter von den Arabern nach Südeuropa eingeführt. Höchstwahrscheinlich gelangte sie durch sarazenische Händler in den Norden. Vgl. Falk 1919, S. 65  f.; Müller 2003, S. 210. 42 Vgl. Falk 1919, S. 41; Valtýr Guðmundsson 1893, S. 171.

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1.4.2 Die Kleidung des Mannes Die Kleidung des männlichen Protagonisten bestand für gewöhnlich aus Hosen (brœkr), Hemd (serkr, skyrta), Rock (kyrtill), Überrock (yfirkyrtill) und Mantel. Erstere waren knie- bzw. knöchellang (ǫkulbrœkr) oder mit Füßlingen (leistabrœkr) versehen. Die häufig kürzere Oberbekleidung konnte in die Hosen gegürtet werden (gyrðr í brœkr). Das Material der Kniehosen war naturbelassene oder gefärbte Wolle. Ungefärbte Hosen hatten die Farben Weiß, Grau oder Schwarz, während die gefärbten sowohl blau als auch rot sein konnten oder ein zweifarbiges Streifenmuster aufwiesen. Die sogenannten leistabrœkr arbeitete man sowohl aus Wolle als auch aus Leder, weshalb für sie auch der Terminus skinnbrœkr vorkommt. Speziell in den Grönlandepisoden der Íslendingasǫgur finden Hosen aus Seehundfell (selskinnsbrœkr) Erwähnung. Die bereits genannten ǫkulbrœkr werden in den Texten ausschließlich von jungen, als tölpelhaft beschriebenen Personen getragen. Möglicherweise gehörte dieser Hosentyp zur Knabentracht und wurde mit eintretendem Mannesalter abgelegt. Hosen aus Leinen (línbrœkr) zählten zur Nacht- bzw. Unterwäsche. Wird ein Protagonist in seiner Nachtwäsche beschrieben, ist er stets í skyrtu ok línbrókum. Sämtliche Hosenmodelle wurden mit einem Stoffgürtel (bróklindi) am Körper gehalten. Neben diesem eher unstabilen Stoffband existierte ein Leibgurt aus Leder mit metallener Schnalle (belti), an dem auch das Schwert aufgehängt werden konnte. In Kombination mit Kniehosen trug man um die Unterschenkel eine Art Gamaschen oder Langstrümpfe (hosur), die mit Wadenbinden aus Stoff (vafspjarrar) umwickelt wurden. Die hosur mussten nicht immer verarbeitet sein; häufig handelte es sich bei ihnen um schlichte, viereckige Tücher. Den nackten Oberkörper bedeckte ein Wollhemd, das entweder lange geschlitzte Ärmel besaß, die jeden Morgen aufs Neue zusammengenäht werden mussten (skyrta), oder welches ärmellos war (serkr). Über Hemd und Hosen trug man einen tunikaartigen Rock (kyrtill) mit kleinem Halsausschnitt und Ärmeln, die bis zu den Ellenbogen oder den Handgelenken reichten. Das Rockoberteil bezeichnete man als upphlutr oder vefjarupphlutr. Seine Länge variierte je nach Moderichtung von Hüft- bis Knielänge. Die Weite ließ sich durch den Leibgurt beliebig verändern. Bewegungsfreiheit im Oberschenkelbereich verschafften dem Träger Schlitze, die sich sowohl auf der Vorderseite des Kleidungsstücks als auch auf beiden Seiten befinden konnten. Neben einer einheitlich weiten Rockform existierte eine Variante, die aus zwei Teilen, einem engeren Oberteil und einem weiteren Unterteil, gearbeitet war. Wie das Hemd bestanden die Röcke zumeist aus Wolle unterschiedlicher Qualität. Ein aus einfacher grober Wolle gearbeitetes Stück bezeichnete man als váskyrtill. Hochwertige Gewänder waren dagegen aus Scharlach, seltener aus Baumwollstoffen oder Seide. Bei den Farben herrschten Rot, Rotbraun, Gelbgrün, natürliches und künstlich gefärbtes Schwarz sowie einfaches Weiß und Grau vor. Auch zwei- oder mehrfarbige Röcke werden erwähnt. Außerdem griff man auf See und im Winter auf Pelzröcke, sogenannte skinnkyrtlar, zurück, welche für gewöhnlich aus Schafspelz hergestellt wurden. Eine

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außergewöhnlich prachtvolle Version des kyrtill stellte ein Gewand namens slœður dar, das von Männern wie von Frauen gleichermaßen getragen wurde. Es war stets aus kostbaren Stoffen gearbeitet, und mit aufwendigem Dekor verziert. Möglicherweise besaß dieses Schleppkleid sogar kunstvoll gearbeitete Hängeärmel.⁴³ Über dem Rock konnten diverse Formen eines Überrocks (yfirkyrtill) getragen werden. Diese Kleidungsstücke fanden außerhalb des Hauses Verwendung und hatten, wie einfache Leibröcke, lange Ärmel. Zu den Überröcken zählte eine Art einfacher Kittel (stakkr) aus qualitativ minderwertigen Wollstoffen oder Filz, dessen Länge meist bis auf die Oberschenkel oder die Knie herabreichte. Er wurde ausschließlich von Männern getragen und kam in den Farben Weiß, Braun, Dunkelblau und Rot vor. Von ähnlich einfacher Machart war auch ein als kufl bezeichneter Überwurf mit Kapuze aus ungefärbter Wolle oder Pelz. Er wurde v.a. von Fischern, Seeleuten und Knechten genutzt. Außerdem bezeichnet der Terminus kufl auch die Mönchskutte. Lediglich ein einziges Mal erwähnen die Íslendingasǫgur die treyja, die wohl eine Art Waffenrock dargestellt haben dürfte, und unter der Brünne getragen wurde. Zur Bekleidung beider Geschlechter gehörte der Mantel, wobei es hinsichtlich Zuschnitt und Trageweise keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gab. Es existierten halbkreisförmige, offene Formen, die mithilfe einer Fibel (dálkr) oder angenähten Schnüren entweder auf der Brust oder der rechten Schulter verschlossen wurden. Daneben kamen geschlossene Mäntel mit einem Kopfloch in der Mitte vor. Viele Stücke verfügten über Kapuzen (kápa, hekla, ólpa) und manche über eine an die Kapuze angefügte Gesichtsmaske (gríma). Während die meisten Mäntel aus Wolle gefertigt waren, handelte es sich bei dem bereits zuvor an anderer Stelle beschriebenen feldr um einen Schaffellmantel, der ausschließlich von Männern getragen wurde und nachts als Bettdecke genutzt werden konnte. Eine Variante des einfachen Schafspelzes stellte der sogenannte vararfeldr dar, dessen Außenseite aus Wollstoff und dessen Innenseite aus Pelz gearbeitet war, oder umgekehrt. Auch er diente im Handel als Zahlungsmittel. Gelegentlich scheint diese Mantelform mit einem großen Halskragen versehen gewesen zu sein, den der Träger bei Bedarf nach oben klappen konnte, um seinen Kopf darin zu verbergen.⁴⁴ Die Außenseite eines als rǫggvarfeldr, loðkápa oder loði bezeichneten Mantels bestand aus dem zottigen Wollstoff loði. Feinere Manteltypen (skikkja, mǫttull) waren oftmals aus Scharlach, seltener aus Baumwolle oder Seidenstoffen gearbeitet. Solche wertvollen Kleidungsstücke besaßen häufig Pelzfutter oder Pelzbesatz aus Hermelin- oder Zobelfell. Die bereits oben aufgeführten Kapuzenmäntel (kápa, hekla, ólpa) fertigte man überwiegend aus einheimischer Wolle und Filz. Da die ólpa zu den Schlechtwetterkleidern (vásklæði) zählte, stellte man sie auch aus Pelz her. Die hekla ihrerseits war ein typisches Kleidungsstück einfacher Leute und daher meist aus qualitativ minderwertigem Material. Seltener kommt in

43 Vgl. Owen-Crocker 2004, S. 319. 44 Ein Mantel dieser Machart wurde auch als skautfeldr bezeichnet.

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den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir ein offener Reitermantel (vesl) vor, der stets in dunklen Farben gehalten war. Zur Ausstattung beider Geschlechter zählten Schuhe (skór) und Stiefel aus Fell und dem ungegerbten Leder diverser Haustierarten wie z.B. Kalb, Ziege, Schwein, Lamm, Pferd und Rentier. Besohlung sowie die Anfertigung auf den rechten oder linken Fuß waren unbekannt. Als Schuhband (skóþvengr) fand ein Lederriemen Verwendung, der durch die Löcher am Schuhrand gezogen wurde. Die als upphávir skúar bezeichneten Modelle hatten einen kurzen Lederschaft, der, wie bei den heutzutage bekannten Stiefeletten, über den Knöchel reichte. Zur vollständigen Bekleidung gehörten auch diverse Formen der Kopfbedeckung wie z.B. Mützen mit einem runden Oberteil (húfa) aus Wolle oder Pelz. Hüte (hettir) fertigte man zumeist aus Wollstoff, Filz oder Pelz (gerzkir hettir). Sie konnten sowohl als selbstständige Kleidungsstücke getragen werden als auch am Mantel angebracht sein. Pelzmützen und -hüte kamen v.a. im Winter zum Einsatz, ebenso wärmende Faust- oder Fingerhandschuhe (glófar) aus gefüttertem Leder. Eine als hetta bezeichnete Kapuze umschloss Kopf, Hals, Schultern und Brust. Sie dürfte der spätmittelalterlichen, in Mitteleuropa weit verbreiteten Gugel entsprochen haben, die so lang wie ein Umhang sein konnte und in erster Linie zur Männerkleidung zählte.⁴⁵ Lediglich Schmuckfunktion besaßen bortenähnliche Stirnbänder mit eingewebten Goldfäden (gullhlað) oder aus Seide gearbeitete Exemplare (silkihlað).

1.4.3 Die Kleidung der Frau Frauen trugen zuunterst ein als ‚Hemd‘ (skyrta, serkr) bezeichnetes Unterkleid. Während Männerhemden aus Wolle gearbeitet waren, bestanden die weiblichen Modelle aus Leinen und hatten einen tieferen Ausschnitt. Ob zu ihrer Unterbekleidung auch Hosen gehörten, geht aus den Saga- und Þættirtexten nicht eindeutig hervor. Zwar lautet der Name einer Protagonistin aus der Brennu-Njáls saga Hallgerðr langbrók (‚lange Hose‘). Dieser einzelne Beleg kann aber nicht als Beweis dafür gelten, dass Hosen allgemein zur Kleidung der Frau zählten.⁴⁶ Die Unterschenkel bedeckten die sogenannten sokkar, eine Art Langstrümpfe, die von einem Band (sokkaband) unterhalb des Knies gehalten wurden. Als Überbekleidung diente ein knöchellanges Kleid, das wie der männliche Leibrock die Bezeichnung kyrtill trägt. Es konnte aus diversen Materialien angefertigt sein, wobei Wollstoffe am häufigsten genannt werden. Wie der Überrock der Männer wurde auch der weibliche kyrtill mit einem Gürtel gerafft. Ein ausschließlich von

45 Vgl. Wisniewski 2010, S. 109  f. 46 Vielmehr weist dieser Beiname auf den exzentrischen Charakter der Trägerin hin. Vgl. hierzu Kress 2004. Vgl. Kapitel 3.3.

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Frauen getragenes Kleidungsstück ist der sogenannte námkyrtill. Dieser bestand aus einem engen Oberteil und einem geringfügig weiteren Unterteil, der mit einem kunstvoll verzierten Tuch (blæja) verhüllt werden konnte. Die bevorzugte Mantelform der weiblichen Protagonisten war die oftmals aus feinem Wollstoff gearbeitete skikkja. Auf sämtliche Varianten des feldr wurde verzichtet. Charakteristisch für die Bekleidung speziell der verheirateten Frau ist der Kopfputz in Form einer weißen Leinenhaube (faldr, sveigr), den man bei feierlichen Anlässen um einen Schleier, den hǫfuðdúkr, ergänzte. Speziell der Brautschleier wurde motr genannt. Neben den Hauben trug man auch gewöhnliche Kopftücher wie z.B. die sveipa, und bei schlechten Witterungsverhältnissen eine mit Fell gefütterte Mütze, den sogenannten kofri.

2 Kleidung und soziale Distinktion 2.1 Oberschichtkleidung Die soziale Verweisfunktion von Kleidung kommt besonders deutlich durch die prachtvollen Gewänder der Oberschicht zum Ausdruck. Die Ausführlichkeit ihrer Beschreibung variiert: Wird Oberschichtkleidung nur kurz erwähnt, genügt den Texten zu ihrer Deskription oft der Begriff litklæði oder es erscheint der Hinweis, dass die beschriebene Person vel búinn, also gut gekleidet, sei.⁴⁷ Erfolgt eine ausführlichere Darstellung, werden in erster Linie die äußerst kostbaren Stoffe der Gewänder erwähnt. Mäntel und Röcke sind in den meisten Fällen aus Scharlach, seltener aus baumwollenen und seidenen Stoffen gearbeitet. Leinen spielt im Bereich der Oberschichtkleidung lediglich im Zusammenhang mit der weiblichen Kopfbedeckung eine Rolle. Kleidungsstücke aus Pelz oder mit Pelzfütterung werden ebenfalls häufig beschrieben. Des Weiteren ist die Farbigkeit der Stoffe von großer Bedeutung.⁴⁸ Die dominierenden Farben der isländischen Oberschichtgewänder in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir sind Blau, Rot und, eher selten, Grün. Die Säume der kostbaren Stücke sind darüber hinaus oft mit prächtigen, manchmal goldenen Borten verziert, die in Form eines Bandes außerdem als Kopfschmuck von Männern getragen werden. Ein weiteres vestimentäres Privileg nicht nur der mittelalterlichen isländischen Oberschicht war das Tragen mehrerer Kleiderschichten übereinander.⁴⁹ Prächtige Schmuckstücke wie z.B. Fibeln oder goldverzierte Waffen verleihen den ohnehin schon prunkvollen Gewändern zusätzlichen Glanz.

2.1.1 Thingversammlungen Besonders deutlich tritt die Signalfunktion der Kleidung in Episoden zutage, die sich auf den Thingen abspielen. Bei Thingversammlungen handelt es sich um bedeutende gesellschaftliche Ereignisse, öffentliche Anlässe, zu denen die Menschen entweder aus mitunter entlegenen Winkeln des eigenen Bezirks oder, wie im Falle des Allthing, aus allen Bezirken des Landes anreisten. Sie waren deshalb als Schauplätze für die Präsentation exklusiver Gewänder und somit zur Repräsentation des eigenen sozia-

47 Vgl. etwa Nj, c. 45, S. 115, c. 54, S. 136; Eyrb, c. 20, S. 53; Flóam, c. 32, S. 319; Gísl, c. 5, S. 19, c. 20, S. 64; Gr, c. 52, S. 168; Hallfr, c. 9, S. 180, c. 10, S. 192; Heið, c. 21, S. 274; Hrafnk, c. 8, S. 126; Laxd, c. 23, S. 64, c. 68, S. 201; Reykd, c. 29, S. 239; OStór, c. 8, S. 186; Kjaln, c. 14, S. 31; Gunnl, c. 11, S. 89. 48 Leuchtend kräftigen Farben schrieb man die Eigenschaft zu, besonders viel Licht zu beinhalten, weshalb sie als ausnehmend schön galten. Vgl. etwa Assunto 1982. 49 In der mittelhochdeutschen Epik zählt das Tragen mehrerer Schichten Kleidung übereinander ebenfalls zu den Merkmalen der Oberschicht. Vgl. Brüggen 1989, S. 10; Brüggen 1991.

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len Status hervorragend geeignet.⁵⁰ Schließlich hingen im Mittelalter alle Möglichkeiten, in der Gesellschaft etwas zu erreichen, vom eigenen sozialen Rang ab. Dieser musste deshalb mit Nachdruck betont, ausgedrückt und verteidigt werden. Besonders bei Veranstaltungen, auf denen sich viele ranghohe Persönlichkeiten aufhielten, musste die Rangordnung symbolisch zum Ausdruck gebracht, anerkannt und stabilisiert werden. Zu diesem Zweck waren Mittel des Nonverbalen wie kostbare Kleidung vonnöten.⁵¹ So lässt beispielsweise die Egils saga Skalla-Grímssonar ihren Titelhelden in besonders prachtvoller Ausstattung auf dem Frühjahrsthing ankommen: Egill trägt einen blauen Wollmantel, hat einen vergoldeten Helm auf dem Kopf und führt einen goldverzierten Schild sowie einen goldbeschlagenen Hakenspeer mit sich.⁵² Zusätzlich zu seiner vor Gold strotzenden Ausrüstung lässt ihn die Saga mit 80 Gefolgsleuten, die als die besten Bauernsöhne der südlichen Gegend bezeichnet werden, auf dem Thing erscheinen.⁵³ Sein wahrhaft königlicher Auftritt signalisiert den Anwesenden auf dem Thing, dass es sich bei ihm nicht nur um eine gesellschaftlich hochrangige Persönlichkeit handelt, sondern dass er zugleich der mächtigste und einflussreichste Mann der gesamten Thinggemeinschaft ist. Egills prunkvolles Erscheinen reflektiert an dieser Stelle weniger ein Bild der realen Verhältnisse des sagazeitlichen Island. Vielmehr handelt es sich um eine literarische Überhöhung vonseiten des Verfassers, die dazu dient, die ökonomische und politische Macht des Protagonisten hervorzuheben. Ebenfalls prächtig ausstaffiert brechen die Protagonisten der Gísla saga Súrssonar zu einem Thingritt auf. Zwar wird zunächst auf eine ausführliche Beschreibung einzelner Personen verzichtet, jedoch findet sich der Hinweis, dass alle in farbige Gewänder gehüllt sind.⁵⁴ Wesentlich ausführlicher wird dagegen zu einem späteren Zeitpunkt die Kleidung des Þorkell Súrsson beschrieben, als er auf dem Þorskafjarðarþing ankommt: Þorkell hafði girzkan hatt á hǫfði ok feld grán ok gulldálk um ǫxl, en sverð í hendi.⁵⁵ Bereits auf den ersten Blick wird erkennbar, dass diese Ausstattung nicht zum Repertoire eines einfachen Mannes gehören kann. Ein russischer Hut, bei dem es sich um eine Kopfbedeckung aus Pelz handelt, sowie eine Fibel aus Edelmetall zählen

50 Vgl. Magnús Stefánsson 1984, S. 461  ff. 51 Vgl. Althoff 2003, S. 18. 52 Vgl. Eg, c. 81, S. 283  f.: Þá reið þar [Egill] fyrir í blári kápu, hafði hjálm á hǫfði gullroðinn, en skjǫld á hlið gullbúinn, í hendi krókaspjót, var þar gullrekinn falrinn. Die goldverzierten Waffen erfüllen an dieser Stelle u.a. die Funktion besonders wertvoller ‚Accessoires‘ und komplettieren somit Egills prachtvolle Ausstattung. Vgl. auch Kapitel 4.1. 53 Vgl. Eg, c. 81, S. 284. 54 Gísl, c. 5, S. 19: Þeir fara nú til várþings eitt vár […] ok váru allir í litklæðum. 55 Gísl, c. 28, S. 90: ‚Þorkell trug einen russischen Hut auf dem Kopf und einen grauen Schaffellmantel und eine goldene Fibel auf der Schulter und hatte ein Schwert in der Hand.‘

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zu den Importgütern.⁵⁶ Ihr Besitzer muss sie entweder auf Auslandsfahrten oder von Händlern, die ausländische Waren vertreiben, erworben haben. Auf dem Hegranessþing, einem Schauplatz der Ljósvetninga saga, können die bereits Versammelten ein Schiff auf dem Fjord erkennen, auf dem sich augenscheinlich zwölf herausragende Männer (afburðarmenn á at líta) befinden.⁵⁷ Einer von ihnen stellt eine besonders beeindruckende Erscheinung dar: Ok [hann] var í vargskinnsólpu ok um utan í blári kápu [.]⁵⁸ Er wird zusätzlich als Häuptling bezeichnet, der unter seinen hervorragenden Männern noch besonders auffällt.⁵⁹ Wie sich schon bald herausstellt, handelt es sich um Skegg-Broddi Bjarnason, den Goden von Hof. In dieser Szene kommt zum wiederholten Mal die Signalfunktion der Kleidung zum Ausdruck: Die auf dem Thing anwesenden Personen können erkennen, dass es sich bei den zwölf Individuen auf dem Schiff nicht um einfache Männer handelt. Darüber hinaus gelingt es ihnen, den Häuptling anhand seiner prestigeträchtigen Überbekleidung aus Wolfspelz zu identifizieren: Der Manteltyp ólpa ist an und für sich kein exklusives Kleidungsstück, sondern zählt zur Schlechtwetterkleidung, die für eine Schiffsreise bei schlechten Witterungsverhältnissen durchaus angebracht ist.⁶⁰ Die Tatsache, dass er aus Wolfspelz gefertigt ist, zeigt jedoch, dass er nicht zur Garderobe armer Männer zählt. Der Wolfspelz, der nur an dieser einen Stelle in den Íslendingasǫgur in Form eines Mantels vorkommt, symbolisiert Stärke und Mut, da ein so wehrhaftes Tier wie ein Wolf nur unter größten Anstrengungen erlegt werden kann.⁶¹ Dieses außergewöhnliche Kleidungsstück schützt seinen Träger nicht nur vor Wind und Wetter, sondern unterstreicht dessen herausragende Machtposition.⁶² Die Bárðar saga Snæfellsáss berichtet in Kapitel 22 von einem gemeinsamen Zug der Hjaltasynir und der Þorbjarnarsynir zum Thing: Die befreundeten Männer seien auf ihrer Fahrt so prachtvoll gekleidet gewesen, dass die übrigen Thingbesucher sie bei ihrer Ankunft für Asen gehalten hätten.⁶³ Im Prolog zur Snorra-Edda wird von den irdischen Asen berichtet, dass sie sich, sowohl in Bezug auf ihre körperliche

56 Vgl. Kapitel 1.4.2. 57 Vgl. Ljósv, c. 17, S. 88. 58 Ljósv, c. 17, S. 88: ‚Und er trug einen Schlechtwettermantel aus Wolfspelz und darüber einen dunkelblauen Kapuzenmantel.‘ 59 Ljósv, c. 17, S. 88: Þeir váru afburðarmenn á at líta, ok bar þó hǫfðinginn af ǫllum. ‚Sie waren offensichtlich herausragende Männer, und doch übertraf der Häuptling [sie] alle.‘ 60 Ljósv, c. 17, S. 88: ok hafði verit hvasst veðr. ‚Und es war rauhes Wetter gewesen.‘ 61 Vgl. Jón Hnefill Aðalsteinsson et al. 2007, S. 200–207. 62 Eine ähnliche Begebenheit schildert die Hallfreðar saga: In Kapitel 5 trägt König Óláfr Tryggvason einen grünen Schlechtwettermantel. Er befindet sich an Bord eines Schiffes, von wo aus er bei schlechtem Wetter ortsunkundige Reisende durch den Trondheimsfjord lotst. Der König wird als groß gewachsener Mann beschrieben, der sich nicht zuletzt durch seinen auffällig gefärbten Mantel von der übrigen Schiffsbesatzung abhebt. Vgl. Hallfr, c. 5, S. 152  f. 63 Bárð, c. 22, S. 171: En er þeir kvámu á þingit, váru þeir svá vel búnir, at menn hugðu þar væri komnir æsir.

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Schönheit als auch in ihrer Klugheit deutlich von anderen Menschen unterschieden hätten.⁶⁴ Einen arglistigen Plan verfolgt eine als zauberkundig und unbeliebt beschriebene Figur in der Vatnsdœla saga: Þorkell silfri beabsichtigt auf dem Thing von Kárnsá mittels Zauberei das Godentum über die Vatnsdœlir zu erlangen. Zu diesem Anlass schmückt er sich mit erlesener Kleidung und kostbar verzierten Waffen. Die sorgfältige Auswahl seiner Garderobe führt allerdings dazu, dass er als Letzter auf der Thingversammlung ankommt.⁶⁵ Wie die Saga bemerkt, erfährt Þorkell trotz seiner negativen Charakterisierung vonseiten der Gesellschaft in dieser Episode eine gewisse Achtung, die mittels seiner prächtigen Ausstaffierung veranschaulicht wird. Die Vatnsdœlir wollen jedoch mit aller Macht verhindern, dass ihr Godentum einem Zauberer in die Hände fällt, weshalb sie ihren Widersacher kurzerhand erschlagen.⁶⁶ Die beiden Schwäger Þorgrímr goði Kjallaksson und Ásgeirr á Eyri demonstrieren in Kapitel 9 der Eyrbyggja saga ihr Statusbewusstsein auf unkonventionelle Art: Sie lehnen sich mit dem Argument, ihre Schuhe nicht abnutzen zu wollen, gegen ein Gebot der Þórsnesingar auf, das Areal der Thingstätte weiträumig zu umgehen, um auf die sogenannte Kotschäre zu gelangen.⁶⁷ Þorgrímr und Ásgeirr weigern sich auf diese Weise, die Macht der Gebietsinhaber anzuerkennen. Ein gesellschaftliches Großereignis war das jeden Sommer stattfindende Allthing,⁶⁸ das den Angehörigen der Oberschicht die Möglichkeit bot, ihre ökonomische Macht durch das Tragen kostbarer Gewänder zu präsentieren. Þorsteinn Egilsson entwendet unter Mithilfe seiner Mutter Ásgerðr zu diesem Zweck sogar das kostbare seidene Schleppgewand seines Vaters, ein Geschenk des norwegischen Hersen Arinbjǫrn, und reitet damit nach Þingvǫllr.⁶⁹ Dort trägt er es für die Öffentlichkeit sichtbar auf dem Weg zum Gesetzesfelsen. Þorsteinn behandelt das Seidengewand allerdings nicht mit der notwendigen Sorgfalt, sondern lässt es über den Boden schleifen und schmutzig werden. Nach seiner Rückkehr vom Allthing verwahrt Ásgerðr es wieder in einer Truhe. Zu einem späteren Zeitpunkt öffnet Egill diese, entdeckt das schmutzige Kleidungsstück und gerät darüber in Zorn. Ásgerðr setzt ihn

64 SnE Prolog, S. 5: En hvar sem þeir fóru yfir lǫnd, þa var ágæti mikit frá þeim sagt, svá at þeir þóttu líkari goðum en mǫnnum. S. 6: Ok sá tími fylgði ferð þeira at hvar sem þeir dvǫlðusk í lǫndum, þá var þar ár ok friðr góðr, ok trúðu allir at þeir væri þess ráðandi, þvíat þat sá ríkismenn at þeir váru ólíkir ǫðrum mǫnnum þeim er þeir hǫfðu sét at fegrð ok at viti. 65 Vatnsd, c. 42, S. 111: Þorkell […] bjósk vel […] at klæðum ok vápnum, því at hann var skartsmaðr inn mesti, ok kom í síðasta lagi. 66 Vatnsd, c. 42, S. 110  ff. 67 Vgl. Eyrb, c. 9, S. 15. 68 Vgl. Byock 1993, S. 10  f. 69 Eg, c. 79, S. 274: Ok tóku ór kistu Egils silkislœður, Arinbjarnarnauta, ok hafði Þorsteinn til þings.

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über Þorsteinns Thingfahrt in Kenntnis. Daraufhin beklagt der inzwischen betagte Gode in einer Skaldenstrophe die Undankbarkeit und Treulosigkeit seines Sohnes.⁷⁰ Egills Empörung über das beschmutzte Gewand bringt seinen inneren Zustand, insbesondere das Verhältnis zu seinem Sohn, zum Ausdruck. Die Saga merkt bereits bei der Einführung Þorsteinns an, dass Vater und Sohn nur wenig Zuneigung füreinander empfinden. Egills Reaktion auf die Beschädigung des Seidenkleids verstärkt diese Einschätzung und lässt sie dem Rezipienten glaubhaft erscheinen. Das beschmutzte Seidengewand steht zudem für Þorsteinns jugendliche Unreife: Er versteht sich (noch) nicht auf das Tragen modischer Gewänder, deren Handhabung Achtsamkeit und Fingerspitzengefühl erfordert. In diesem Erzählabschnitt fungiert erlesene Kleidung nicht nur als Statusanzeiger, sondern dient der psychologischen Charakterisierung der Sagahelden. Ein sehr reicher und mächtiger Mann ist Eyjólfr Bǫlverksson, was sich u.a. in seinem äußeren Erscheinungsbild manifestiert. Die Njáls saga führt ihn mit folgenden Worten ein: Eyjólfr var virðingamaðr mikill ok allra manna lǫgkœnastr, svá at hann var inn þriði mestr lǫgmaðr á Íslandi. Hann var allra manna fríðastr sýnum, mikill ok sterkr ok it bezta hǫfðingjaefni [.]⁷¹ Zu Eyjólfrs stattlichem Äußeren passt auch seine prunkvolle Kleidung: [Hann] hafði skarlatsskikkju á herðum ok gullhlað um hǫfuð ok øxi silfrrekna í hendi.⁷² Die Schilderung Eyjólfrs zeigt deutlich, dass im Verständnis der Sagas eine Kongruenz zwischen Kleid, Körper und Charakter existierte.⁷³ Hinzuzufügen wäre die Schönheit des Geistes, die in diesem Falle durch Eyjólfrs Fähigkeiten als lǫgmaðr (,Gesetzeskundigerʻ) in Erscheinung tritt, um dem Ideal der Kalokagathia zu entsprechen, einer aus der Antike stammenden Idee, derzufolge eine Harmonie von Körper, Geist und Gewand als erstrebenswert gilt.⁷⁴ Zudem stammt der Häuptling aus dem Geschlecht Ragnarr loðbróks und ist mit dem Goden Snorri verwandt. Der Sagarezipient wird von dessen edler Abkunft gleich an zwei Stellen unterrichtet, nämlich wie gewöhnlich bei Einführung der Figur in die Sagahandlung und ein weiteres Mal während eines Gesprächs zwischen Eyjólfr und Flosi Þórðarson. Nach dem Mordbrand an Njálls Familie sehen sich Flosi und seine Männer auf dem Allthing nach Rechtsbeistand um. Da es sich bei einer brenna um ein gravierendes Verbrechen

70 Vgl. Eg, c. 79, S. 274. 71 Nj, c. 138, S. 363: ‚Eyjólfr war ein Mann von großem Ansehen und von allen der gesetzeskundigste, so dass er zu den drei gesetzeskundigsten Männern auf Island gehörte. Er sah von allen Männern am besten aus, war groß und stark und eignete sich hervorragend zum Häuptling.‘ 72 Nj, c. 138, S. 366: ‚[Er] hatte einen Scharlachmantel um die Schultern und eine Goldborte um den Kopf und eine silberverzierte Axt in der Hand.‘ 73 Vgl. Raudszus 1985, S. 199  ff. 74 Vgl. Bubner 1976, Sp. 681: Die Kalokagathia bezeichnet seit Homer ein griechisches Wertprädikat des Edlen und Guten. Spätere Vorstellungen von einem ethischen und ästhetischen Moment wurden auf diesen Terminus übertragen. Das Ideal konnte auch als gattungsspezifisch für die Artusepik nachgewiesen werden. Vgl. auch Raudszus 1985, S. 82–84.

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handelt, das mit dem Tod geahndet werden konnte,⁷⁵ benötigen die Mordbrenner einen kompetenten sowie geachteten Fürsprecher, um die Klage abweisen zu können. Eyjólfrs juristische Versiertheit und sein sozialer Status kumulieren gemäß dem Ideal der Kalokagathia in der dezidierten Beschreibung seines Habitus.⁷⁶ Neben dem Beispiel Eyjólfr Bǫlverkssons lassen sich in den Íslendingasǫgur weitere Belege dafür finden, dass sich die Zugehörigkeit zur Oberschicht nicht ausschließlich durch den Besitz von Prestigegewändern manifestiert. Als sich Hǫskuldr Kollsson in Kapitel 12 der Laxdœla saga bei einem russischen Händler nach einer Sklavin umsieht, entdeckt er Melkorka. Sie ist schlecht gekleidet, aber von schönem Aussehen. Hǫskuldr kauft sie dem Händler ab und gibt ihr anschließend hochwertige Kleidung, die ihr nach Auffassung anderer Leute gut steht.⁷⁷ Wie sich schon bald herausstellt, ist Melkorka keine einfache Sklavin, sondern die Tochter des Irenkönigs Mýrkjartan. Die Erwähnung ihrer körperlichen Schönheit und die Tatsache, dass schöne Gewänder ihr gut zu Gesicht stehen, sind Zeichen ihrer königlichen Abstammung. Schließlich existierte im Mittelalter die Auffassung, dass die herrschende Klasse aus schönen Menschen bestehe.⁷⁸ An Melkorkas Sohn Óláfr Hǫskuldsson, einem Protagonisten der Laxdœla saga, werden die Merkmale seiner königlichen Abstammung bereits im Alter von zwölf Jahren sichtbar: Þá er hann var tólf vetra gamall, reið hann til þings, ok þótti mǫnnum þat mikit ørendi ór ǫðrum sveitum, at undrask, hversu hann var ágætliga skapaðr; þar eptir helt Óláfr sik at vápnabúnaði ok klæðum; var hann því auðkenndr fra ǫllum mǫnnum.⁷⁹

Óláfrs Vorliebe für exklusive Gewänder und Waffen veranlasst seinen Vater Hǫskuldr dazu, ihm den Spitznamen ‚Pfau‘ zu geben.⁸⁰ Als der junge Isländer einige Jahre später von seinen Auslandsfahrten an den norwegischen und irischen Königshof zurückkehrt, spricht man auf dem Thing ein weiteres Mal darüber, welch schöner und vornehmer Mann Óláfr sei.⁸¹ Auch die Finnboga saga beschreibt ihren Titelhelden als ritterlichen, großen, wohlproportionierten, ansehnlichen Mann, wie es ihn stärker auf Island nie gegeben habe,

75 Vgl. Roth 2002, S. 241. 76 Der Begriff Habitus bezeichnet an dieser Stelle vornehmlich das äußere Erscheinungsbild des Helden und bezieht sich nicht auf Pierre Bourdieus Habitustheorie. Vgl. Bourdieu 1987, S. 277  ff. 77 Vgl. Laxd, c. 12, S. 23–25. 78 Vgl. Bumke 2005, S. 385  f. 79 Laxd, c. 16, S. 38  f.: ‚Als er zwölf Winter alt war, ritt er zum Thing, und es schien den Leuten aus anderen Bezirken ein großes Anliegen zu sein, zu bewundern, wie ausgezeichnet er geschaffen war; danach achtete Óláfr auf Waffenausrüstung und Kleidung; er war deshalb unter allen Männern leicht zu erkennen.‘ 80 Laxd, c. 16, S. 39: Hǫskuldr gaf honum kenningarnafn ok kallaði pá; þat nafn festisk við hann. 81 Laxd, c. 22, S. 62: Allir menn hǫfðu á máli, er Óláf sá, hversu fríðr maðr hann var ok fyrirmannligr; hann var velbúinn at vápnum ok klæðum.

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und die Þórðar saga hreðu weiß von der körperlichen Schönheit Sigríðr Þórðardóttirs zu berichten.⁸² Die Kongruenz von Körper und Kleid wird in der Hrafnkels saga Freysgoða durch die Gestalt des Þorkell leppr Þjóstarsson zur Anschauung gebracht: Der junge Mann sei von noblem Auftreten, trage einen laubgrünen Leibrock und führe ein verziertes Schwert mit sich. Außerdem sei er groß, besitze regelmäßige Gesichtszüge und habe helles Haar mit einer auffälligen Locke an der linken Schläfe.⁸³ Die Evidenz der Äußerlichkeiten lässt Sámr Bjarnason vermuten, es müsse sich bei Þorkell um eine gesellschaftlich herausragende Persönlichkeit handeln. Tatsächlich hat der junge Isländer in der Warägergarde des byzantinischen Kaisers gedient und stammt zudem aus einer äußerst vornehmen Familie: Þorkell ist der Sohn eines Häuptlings und hat das Godentum über die Gebiete um den Þorskafjǫrðr und die Vestfirðir besessen. Vor seinen Auslandsfahrten hatte er es seinem Bruder Þorgeirr zur Verwaltung übergeben. Þorkells zweiter Bruder Þormóðr ist mit Þórdís, der Tochter Þórólfr SkallaGrímssons, verheiratet.⁸⁴ Sámr macht die Bekanntschaft mit Þorkell zum richtigen Zeitpunkt, da er einen erfahrenen Rechtsbeistand benötigt, der ihn bei der Anklage gegen den mächtigen Goden Hrafnkell unterstützt. Hrafnkell hatte zuvor Sámrs Vetter Einarr erschlagen, weil dieser, trotz Verbot, seinen Hengst Freyfaxi geritten hatte. Obwohl Hrafnkell Einarrs Vater Þorbjǫrn eine ungewöhnlich hohe Bußzahlung für den getöteten Sohn anbietet, schlägt dieser sie aus. Stattdessen hofft Þorbjǫrn Genugtuung zu erlangen, indem er den mächtigen Häuptling auf dem Allthing wegen Totschlags anklagt. Mit Unterstützung der einflussreichen Þjóstarsynir gelingt es schließlich, dass Hrafnkell tatsächlich schuldig gesprochen und geächtet wird. Für das Allthing lässt sich außerdem eine gewisse Werbungsfunktion der Kleidung feststellen, da dieses bedeutende gesellschaftliche Ereignis in den Íslendingasǫgur zu Brautwerbungszwecken genutzt wird. Geschmackvolle Kleidung unterstreicht die eigene körperliche Schönheit, kostbare Gewänder erregen beim anderen Geschlecht Aufmerksamkeit und Bewunderung und beeinflussen auf diesem Weg das Werbungsverhalten von Mann und Frau.⁸⁵ In Kapitel  2 der Njáls saga schlägt Hǫskuldr DalaKollsson seinem Bruder Hrútr Herjólfsson auf dem Allthing eine geeignete Braut vor. Es handelt sich dabei um Unnr, die Tochter des Mǫrðr gígja. Hǫskuldr preist zunächst

82 Finnb, c. 36, S. 318: Var maðrinn bæði mikill ok vegligr, miðmjór ok herðibreiðr, limaðr manna bezt ok hærðr vel, hverjum manni fríðari ok inn kurteisasti ok allra manna hermannligastr undir vápnum. Ok þat viljum vér segja, at fáir eða engir muni sterkari verit hafa á Íslandi, þeira er einhamir hafa verit. Þórð, c. 3, S. 176: Þenna dag gekk Sigríðr frá Ósi til laugar með lérept sín […] Hon var í rauðum kyrtli ok blá yfirhöfn; var konan bæði fríð ok mikil ok at öllu allvasklig. 83 Hrafnk, c. 4, S. 111: Sá var hár maðr ok ekki þrekligr, er fyrstr gekk, í laufgrænum kyrtli ok hafði búit sverð í hendi, réttleitr maðr ok rauðlitaðr ok vel í yfirbragði, ljósjarpr á hár ok mjǫk hærðr. Sjá maðr var auðkenniligr, því at hann hafði ljósan lepp í hári sínu inum vinstra megin […] Sámr spurði þenna mann at nafni, en hann nefndisk Þorkell og kvazk vera Þjóstarsson. 84 Vgl. Hrafnk, c. 4, S. 111  f. 85 Vgl. Raudszus 1985, S. 194.

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ihren Vater als klugen Mann. Anschließend ist ihm daran gelegen, dass Hrútr die potenzielle Heiratskandidatin persönlich in Augenschein nehmen kann.⁸⁶ Die Gelegenheit dazu bietet sich Hrútr am nächsten Tag: Ok annan dag eptir, er menn gengu til lǫgrettu, sá þeir konur úti hjá Rangæingabúð, vel búnar. Þá mælti Hǫskuldr við Hrút: ‚Þar er hon nú, Unnr, er ek sagða þér frá, eða hversu lízk þér á hana?‘ ‚Vel,‘ sagði hann [.]⁸⁷

Der Anblick der gut gekleideten und somit wohlhabenden Unnr kann Hrútr schließlich davon überzeugen, bei Mǫrðr um sie zu werben. Ein noch ausführlicheres Beispiel für eine Brautschau bietet dieselbe Saga, wenn sie das Aufeinandertreffen von Gunnarr Hámundarson und Hallgerðr Hǫskuldsdóttir schildert: Niemand ist auf dem Allthing besser gekleidet als Gunnarr und seine Leute. Andere kommen sogar aus ihren Thingbuden hervor, um seine Pracht zu bewundern: En er þeir [Gunnarr] kómu á þing, þá váru þeir svá vel búnir, at engir váru þeir þar, at jafnvel væri búnir, ok fóru menn út ór hverri búð at undrask þá.⁸⁸ Er entdeckt dort Hallgerðr, die an der Spitze mehrerer vornehm gekleideter Frauen geht: Hon var svá búin, at hon var í rauðum kyrtli, ok var búningr mikill; hon hafði yfir sér skarlatsskikkju, ok var búin hlǫðum í skaut niðr [.]⁸⁹ Ihr Haar wird zudem als lang und schön beschrieben. Für Gunnarr kommt nach dieser Begegnung keine andere Ehefrau mehr infrage als die prächtige Hallgerðr, obwohl ihm seine Verwandten von der Heirat abraten. Gunnarr ist jedoch daran gelegen, eine ihm auf ökonomischer und sozialer Ebene ebenbürtige Frau zu ehelichen. Da er selbst als die prachtvollste Person auf dem Allthing beschrieben wird und die Leute sogar seiner Kleidung wegen aus ihren Zelten hervortreten, kommt für ihn selbstverständlich nur die Erste unter den Frauen infrage. In ähnlicher Ausführlichkeit berichtet die Laxdœla saga von der Brautwerbung Óláfr Hǫskuldssons, die ebenfalls auf dem Allthing stattfindet: Óláfrs Auserwählte, Þorgerðr Egilsdóttir, wird als schön, stattlich und gut gekleidet beschrieben.⁹⁰ Sie lehnt den jungen Mann als potenziellen Bräutigam zunächst ab, da er als Sohn einer Magd ihrer nicht würdig sei. Auch die Berichtigung durch ihren Vater, dass Óláfr nicht von einer Magd, sondern von einer irischen Königstochter abstamme, kann Þorgerðr

86 Vgl. Nj, c. 2, S. 7. 87 Nj, c. 2, S. 8: ‚Und am Tag darauf, als die Männer zur gesetzgebenden Versammlung gingen, sahen sie gut gekleidete Frauen draussen vor der Bude der Rangœingar. Da sagte Hǫskuldr zu Hrútr: ‚Dort ist sie nun, Unnr, von der ich dir erzählt habe, nun, wie gefällt sie dir?‘ ‚Gut,‘ sagte er.‘ 88 Nj, c. 33, S. 85: ‚Und als Gunnarr und seine Leute zum Thing kamen, da waren sie so gut gekleidet, dass niemand derjenigen, die dort waren, gleich gut gekleidet gewesen wäre; und Leute kamen da aus jeder Bude, um sie zu bewundern.‘ 89 Nj, c. 33, S. 85: ‚Sie war so gekleidet, dass sie ein rotes, reich verziertes Kleid anhatte; sie trug einen Mantel aus Scharlach darüber, der bis zum Saum hinab mit Borten besetzt war.‘ 90 Laxd, c. 23, S. 65: Óláfr stóð upp ok litaðisk um. Hann sá, hvar kona sat á pallinum í búðinni; sú kona var væn ok stórmannlig ok vel búin; vita þóttisk hann, at þar myndi vera Þorgerðr, dóttir Egils.

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zunächst nicht von einer Heirat überzeugen. Ihre Meinung ändert sich aber, sobald sie ihn persönlich in seinen prächtigen Gewändern und den goldverzierten Waffen erblickt: Óláfr var búinn á þá leið, at hann var í skarlatsklæðum, er Haraldr konungr hafði gefit honum; hann hafði á hǫfði hjálm gullroðinn ok sverð búit í hendi, er Mýrkjartan konungr hafði gefit honum.⁹¹ Die Evidenz der Äußerlichkeiten übertrifft schließlich die Überzeugungskraft des Wortes. Þorgerðr kann anhand der kostbaren Kleidung Óláfrs hohen sozialen Status erkennen und vergisst dabei, dass seine Mutter Melkorka einst als Sklavin nach Island gekommen war.⁹² Umgekehrt ergeht es dem mächtigen Häuptling Ásgrímr Elliða-Grímsson, dessen Werbung um Helga Þóroddsdóttir erfolglos verläuft. Ihr Vater verlobt die junge Frau mit dem wesentlich älteren Þorgils Þórðarson, weil er als der mächtigere und einflussreichere Mann gilt. Ásgrímrs äußeres Erscheinungsbild kann mit Sicherheit nicht der Grund für eine Absage gewesen sein. Die Flóamanna saga beschreibt ihren Protagonisten als prachtvoll gekleidete Person, deren exklusiver Modegeschmack seine Wirkung beim anderen Geschlecht für gewöhnlich nicht verfehlt. Selbst bei der Verrichtung körperlicher Schwerstarbeit ist Ásgrímr nicht gewillt, auf seine farbenprächtige Garderobe zu verzichten: Als in Kapitel  32 ein Schiff ins Meer gezogen werden muss, setzt der Häuptling seine Kräfte in der vordersten Reihe als Helfer ein. Während dieser Hilfestellung hätten sich hauptsächlich Frauen an seiner Seite befunden, was zum wiederholten Mal für Ásgrímrs hohe Attraktivität spricht, die nicht zuletzt durch das Signal seiner kostbaren Kleidung zum Ausdruck gebracht wird.⁹³ Auch der junge Skalde Kormákr Ǫgmundarson weiß um die Werbungsfunktion seiner Bekleidung: Um der schönen Steingerðr Þorkelsdóttir gefallen zu können, bittet er seine Mutter darum, ihm gute Gewänder anzufertigen.⁹⁴

2.1.2 Feste Zu festlichen Anlässen wie Gastmählern und Hochzeiten wird in den Íslendingasǫgur auf gute Kleidung Wert gelegt. Wie die Thingversammlungen boten auch solche Feierlichkeiten den geladenen Gästen die Gelegenheit, ihren sozialen Status gebührend zu präsentieren: So ist Kjartan in Kapitel 44 der Laxdœla saga auf einem von Ósvífr veranstalteten Fest von Kopf bis Fuß in Kleidungstücke aus Scharlach gehüllt, die er von König Óláfr Tryggvason erhalten hatte. Außerdem trägt er einen vergoldeten Helm auf

91 Laxd, c. 23, S. 64: ‚Óláfr war auf diese Weise gekleidet, dass er die Scharlachkleidung trug, die König Haraldr ihm gegeben hatte; er hatte einen vergoldeten Helm auf dem Kopf und das verzierte Schwert in der Hand, das König Mýrkjartan ihm gegeben hatte.‘ 92 Vgl. Snell 2000, S. 255. 93 Flóam, c. 32, S. 319: Ásgrímr tók á festum í fremra lagi, ok váru þar mest konur hjá honum; hann var í litklæðum [.] 94 Vgl. Korm, c. 3, S. 215.

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dem Kopf, führt das Schwert konungsnaut (‚Königsgabe‘) und einen roten Schild mit sich, auf dem das christliche Kreuz in Gold abgebildet ist. In der Hand hält er einen Speer mit goldbeschlagener Tülle. Kjartans Gefolgsleute sind alle in farbige Prachtgewänder gekleidet. Insgesamt brechen über 20 Mann zum Gastmahl nach Laugar auf.⁹⁵ Einen ähnlich prächtigen Anblick bietet die auf der Hochzeit Guðrún Ósvífrsdóttirs versammelte Festgesellschaft. Vom Goden Snorri wird berichtet, er sei zusammen mit Guðrúns Bräutigam Þorkell und 60 Gefolgsleuten nach Helgafell gereist. Auch habe es sich bei ihnen um eine besonders erlesene Schar gehandelt: Snorri goði sótti þessa veizlu með Þorkatli, ok hǫfðu þeir nær sex tigu manna, ok var þat lið mjǫk valit, því at flestir allir menn váru í litklæðum.⁹⁶ Auf Helgafell seien sie zu weiteren 100 geladenen Gästen gestoßen, von denen die weiblichen Hochzeitsgäste mit kostbarem linnenen Kopfschmuck beschrieben werden.⁹⁷ Besonders bemerkenswert erscheint an der Schilderung dieses Hochzeitsfests, dass der Verfasser großes Interesse daran hatte, die Kleiderpracht der Gäste zu beschreiben und auch die Figur des Goden Snorri im Licht höfischer Pracht erscheinen zu lassen. Obwohl Snorris Kleidung zwar nicht en détail beschrieben wird, so wird doch deutlich, dass er großen Wert auf einen glanzvollen Auftritt legt. Die Vermutung liegt demnach nahe, dass der Gode selbst zu denjenigen Männern in seiner Schar gehört, die gefärbte und somit kostspielige Kleidungsstücke tragen; schließlich handelt es sich bei ihm um eine gesellschaftlich herausragende Persönlichkeit und um einen Ehrengast auf Guðrúns Hochzeit. Snorri ist zudem der Initiator dieser Heirat, da er selbst Þorkell Eyjólfsson als Bräutigam vorgeschlagen hat. Zu den Festlichkeiten der vergnüglichen Art können auch die Pferdekämpfe gerechnet werden. Sie erfreuen sich unter den Protagonisten der Íslendingasǫgur größter Popularität und werden stets als Ereignisse von gesellschaftlicher Bedeutung dargestellt. Dies zeigt sich u.a. daran, dass viele Zuschauer der Oberschicht angehören und sich die Wettbewerbe in den Íslendingasǫgur häufig zum Prestigeduell zweier

95 Laxd, c. 44, S. 134  f.: Kjartan […] tekr […] nú upp skarlatsklæði sín, þau er Óláfr konungr gaf honum at skilnaði, ok bjó sik við skart; hann gyrði sik með sverðinu konungsnaut; hann hafði á hǫfði hjálm gullroðinn ok skjǫld á hlið rauðan, ok dreginn á með gulli krossinn helgi; hann hafði í hendi spjót, ok gullrekinn falrinn á. Allir menn hans váru í litklæðum. Þeir váru alls á þriðja tigi manna. 96 Laxd, c. 68, S.  201: ‚Der Gode Snorri besuchte dieses Fest mit Þorkell, und sie hatten beinahe 60 Männer, und das war eine äußerst erlesene Mannschaft, weil fast alle Männer gefärbte Gewänder trugen.‘ 97 Vgl. Laxd, c. 69, S. 202. Die Schilderung dieser Feste folgt speziell in der Laxdœla saga einem schematischen Aufbau: Zuerst wird eine Einladung ausgesprochen, woraufhin die Vorbereitungen, die Ankunft und Begrüßung der Gäste, die Anzahl der Gäste, der Verlauf der Feierlichkeiten und schließlich die Verabschiedung der Gäste mit Geschenken abgehandelt werden. Nicht jedes einzelne Fest enthält zwangsweise jeden der aufgezählten Bausteine. Allerdings kann festgehalten werden, dass das Schema umso vollständiger ist, je positiver ein Festverlauf vom Sagapublikum verstanden werden soll. Vgl. Snell 2000, S.125  f.

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Protagonisten auswachsen.⁹⁸ An solchen Veranstaltungen können selbstverständlich nur Männer teilnehmen, deren Vermögen dazu ausreicht, sich Pferde, in diesem Fall spezielle Kampfhengste, zu halten. Personen, die der unteren Gesellschaftsschicht angehörten, waren dazu sicherlich nicht in der Lage. Auch zu einem solchen gesellschaftlichen Anlass verzichtete man nicht auf erlesene Kleidung. Sowohl die Njáls saga als auch die Reykdœla saga erwähnen Pferdekämpfe, bei denen die miteinander konkurrierenden Männer jeweils einen roten Rock mit breitem, silberbeschlagenem Gürtel sowie ein weißes Hemd und eine mit Borten verzierte Mütze auf dem Kopf tragen.⁹⁹ Die prachtvollen Gewänder erfüllen auf den Festen ihre Signalfunktion, verdeutlichen ökonomische Macht und somit den sozialen Status des Trägers. Sie können ihrer Aufgabe allerdings nur dann gerecht werden, wenn sie für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht, d.h. getragen werden.¹⁰⁰ Einem sorgsam in der Truhe verwahrten kostbaren Kleidungsstück kommt diese Funktion nicht zu. Deshalb fordert beispielsweise Þorgerðr ihre Schwiegertochter Hrefna dazu auf, den wertvollen Kopfschmuck, den sie von Kjartan als Brautgabe erhalten hat, auf einem Fest auch anzulegen, und stellt die berechtigte Frage: ‚Hvé nær skaltu upp taka slíkan ágætisgríp, ef hann skal í kistum liggja, þá er þú ferr til boða?‘¹⁰¹

2.1.3 Sonstige Anlässe Zwei außergewöhnliche Stellen, an denen Oberschichtkleidung beschrieben wird, finden sich in der Njáls saga: Gunnarr Hámundarson und Hǫskuldr Hvítanessgoði begeben sich in kostbaren Mänteln sowie mit einer Handaxt bzw. einem Schwert in der Hand zum Säen.¹⁰² Im Falle Gunnarrs handelt es sich um einen feinen Mantel aus Baumwolle. Hǫskuldr hat in der entsprechenden Szene den Mantel Flosanaut bei sich,¹⁰³ ein fein gearbeitetes Kleidungsstück aus Scharlach, das bis zum Saum hinunter mit Borten verziert ist. Diese zwei Episoden haben jeweils den Tod der Protagonisten zur Folge und wurden in der Forschung mit Opferritualen in Verbindung gebracht, die in einem engen Zusammenhang zur Fruchtbarkeitssphäre stehen.¹⁰⁴

98 Vgl. Beck 2003, S. 97. 99 Nj, c. 59, S.  150: Gunnarr var í rauðum kyrtli ok hafði um sik breitt silfrbelti [.] Vgl. Reykd, c. 12, S. 182. 100 Vgl. Raudszus 1985, S. 187; Snell 2000, S. 255. 101 Laxd, c. 46, S. 142: ,Wann willst du ein solch ausgezeichnetes Stück hervorholen, wenn es in der Truhe liegenbleiben soll, während du zum Fest reist?ʻ Vgl. Snell 2000, S. 255. 102 Vgl. Nj, c. 53, S. 134, c. 111, S. 280. 103 Vgl. Nj, c. 109, S. 279. 104 Vgl. Böldl 2005, S. 244.

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Einen nicht minder spannenden Erzählabschnitt hält der Þorvalds þáttr tasalda bereit: Der Protagonist Þorvaldr tasaldi trifft in den norwegischen Upplǫnd auf den reichen Bauern Bárðr digri, den er im Auftrag Óláfr Tryggvasons zum christlichen Glauben bekehren soll. Bereits zuvor waren zwei königliche Gesandtschaften mit derselben Aufgabe in die Upplǫnd geschickt worden; allerdings kehrten diese niemals an den Königshof zurück. Als Þorvaldr mit seinen Männern auf Bárðrs Hof ankommt, entdeckt er den Hausherrn auf seinem Hochsitz: Bárðr sat í öndvegi; hann var sköllóttr, í skarlatsklæðum, ok helt á hjartskinns glófum [.]¹⁰⁵ Die Erwähnung hirschlederner Handschuhe ist nicht nur ungewöhnlich, sondern in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir einzigartig. Material und Machart von Handschuhen werden ohnehin nur selten beschrieben. Wo dies der Fall ist, sind sie für gewöhnlich mit kostbaren Stickereien verziert oder zum Schutz vor Kälte aus Pelz gefertigt.¹⁰⁶ Die Aufforderung Þorvaldr tasaldis, freiwillig mit ihm zu König Óláfr Tryggvason zu ziehen und sich taufen zu lassen, veranlasst den Bauern dazu, vor Wut seine Handschuhe zu zerknüllen. Im anschließenden Ringkampf kann der Gefolgsmann des Königs ihn überwinden, weil er einen Brief an seiner Brust trägt, auf dem der Name Gottes geschrieben steht.¹⁰⁷ Während des Kampfes ruft Bárðr sechzig übernatürliche Gestalten zu Hilfe, die unter dem Fußboden seiner Stube hausen. Mit deren Unterstützung gelingt es dem Häuptling zwar, zwei Gefährten Þorvaldrs gefangenzunehmen, nicht aber, den Kampf für sich zu entscheiden. Als Bárðr später gegenüber Þorvaldr über seinen Glauben spricht, gibt er an, weder Götzen anzubeten noch an den Teufel zu glauben, sondern sich stets auf seine eigene Kraft und Stärke zu verlassen.¹⁰⁸ Diesem Bekenntnis zufolge ist er zu den sogenannten ‚edlen Heiden‘ zu rechnen, die als Topos des Öfteren Eingang in die altnordische Literatur gefunden haben.¹⁰⁹ Bárðrs Paganismus wird durch das außergewöhnliche Material der Handschuhe noch vor seiner Auseinandersetzung mit den Königsmännern sichtbar gemacht. So kann der Hirsch als heiliges Tier, wenn auch nur anhand weniger Motive, mit dem Gott Freyr in Zusammenhang gebracht werden.¹¹⁰ Die Handschuhe fungieren somit als Symbol für

105 ÞorvT, c. 2, S. 409: ‚Bárðr saß auf dem Hochsitz; er war glatzköpfig, trug Kleidung aus Scharlach und hielt Handschuhe aus Hirschleder in seinen Händen.‘ 106 Man denke z.B. an die in c. 31 der Nj erwähnten, mit Goldfäden bestickten Handschuhe, die Gunnarr Hámundarson vom dänischen König als Geschenk erhält, oder an die Katzenfellhandschuhe der Zauberin Þorbjǫrg aus Kapitel 4 der Eiríks saga rauða. Vgl. Nj, c. 31, S. 83; Eir c. 4, S. 207. 107 Der Brief, den der Held an seiner Brust trägt, ist ein sogenanntes Phylakterium. Dieser Terminus bezeichnet einen Gegenstand oder auch eine Handlung, die unheilabwehrende magische Kräfte besitzt und im Mittelalter speziell gegen den Bösen Blick schützen sollte. Vgl. Engemann 1993, Sp. 2110  f. 108 ÞorvT, c. 2, S. 412: Bárðr sagði: ‚Þat vil ek þér þó kunnigt gera, at ek trúi ekki á skurðgoð eða fjándr. Ek hefi farit land af landi ok mœtt bæði risum ok blámönnum, ok fýrirkómu þeir mér ekki, ok fyrir því hefi ek trúat á mátt minn ok megin [.]‘ 109 Vgl. Weber 1981, S. 488; Lönnroth 1969, S. 2. 110 Vgl. Heizmann 1999, S. 607  f.

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sein Heidentum, das er zunächst wild entschlossen und mit aller Kraft gegen die Gesandtschaft des Königs zu verteidigen versucht. Deren Eintreffen mag Bárðr ohnehin vorausgeahnt zu haben, da seine Halle als schön geschmückt und reich mit Teppichen behängt beschrieben wird, ganz so, als ob der Hausherr die Ankunft von Gästen erwarte.¹¹¹ Möglicherweise trägt Bárðr deshalb erlesene Kleidung aus Scharlach. Die exzentrisch anmutende Ergänzung seiner Aufmachung um die Hirschlederhandschuhe könnte aber nicht nur seine religiöse Einstellung visualiseren, sondern auch auf einen bevorstehenden physischen Kraftakt hinweisen. Für gewöhnlich schützen Handschuhe die Hände bei handwerklichen Tätigkeiten vor Verletzungen und kommen in vielen Fällen bei körperlich anstrengenden Arbeiten zum Einsatz.¹¹² Zwar handelt es sich bei Bárðrs Handschuhen höchstwahrscheinlich nicht um schlichte Arbeitskleidung, sondern um fein gearbeitete Exemplare, die zu seiner übrigen exklusiven Garderobe passen. Solche Stücke konnten im Mittelalter sowohl als Herrschaftszeichen in Erscheinung treten als auch für Fehde und Zweikampf stehen.¹¹³ Tatsächlich findet im Anschluss an die ‚Handschuh-Episode‘ der Kampf zwischen den Gefolgsleuten Óláfr Tryggvasons und Bárðrs Männern statt. Die Stelle lässt jedoch auch eine alternative Deutung zu: Im Christentum symbolisiert der Hirsch die Seele des Täuflings bzw. des Gläubigen.¹¹⁴ Das Zerknüllen seiner hirschledernen Handschuhe spiegelt somit Bárðrs seelischen Zustand wider: Er ist noch nicht bereit für die Taufe und somit für den wahren Glauben, sondern verteidigt stattdessen im Ringkampf gegen die Königsmänner vehement sein Heidentum. Außerdem hat er bereits auf die vorangegangenen zwei Christianisierungsversuche des Herrschers mit Ablehnung reagiert. Erst nach seiner Niederlage im Ringkampf folgt Bárðr dem Aufruf des Königs, sich taufen zu lassen. Der Verfasser des Þorvalds þáttr tasalda hat seinen Helden dem Anlass entsprechend eingekleidet: Bei der Ankunft der königlichen Gesandtschaft lässt er Bárðr in Scharlachkleidung erscheinen, die einerseits seinen sozialen Status als wohlhabender Häuptling und Gastgeber anzeigt. Andererseits stattet er den Heiden mit ungewöhnlichen Kleidungsstücken aus. Das von den Handschuhen ausgehende Signal ermöglicht es dem geschulten mittelalterlichen Þáttr-Rezipienten, auf den weiteren Handlungsverlauf zu schließen. Die Grettis saga Ásmundarsonar bringt einen kriegerischen Anlass zum Tragen erlesener Kleidung zur Anschauung: In Kapitel 59 wird von Gísli Þorsteinsson berichtet, dass er mit einigen Männern ins isländische Hochland aufgebrochen sei, um den

111 Vgl. ÞorvT, c. 2, S. 409. In den Íslendingasǫgur wird das Schmücken der Halle mit Teppichen als Vorbereitung auf ein Fest häufiger erwähnt. 112 Handschuhe kommen in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir oft im Zusammenhang mit Knechtsarbeit vor oder treten als heilende und kraftspendende Kleidungsstücke in Erscheinung, die sich zumeist im Besitz übernatürlicher Figuren befinden. Vgl. GullÞ, c. 3, S. 184; OStór, c. 8, S. 187; Flj, c. 19, S. 274. 113 Vgl. Hüpper 1999, S. 617  f. 114 Vgl. Steuer 1999, S. 589; Weis 1960, Sp. 382  f.; Gerlach 1970, Sp. 286–289.

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geächteten Grettir ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen. Zu diesem Zweck habe er seine Männer folgendermaßen aufgereizt: ‚Nú skulu vér ríða í litklæðum í dag ok látum skógarmanninn þat sjá, at vér erum eigi sem aðrir fǫrumenn, er hér rekask dagliga.‘¹¹⁵ Gíslis Anweisung mag zunächst wenig nachvollziehbar erscheinen, da man für einen Ritt ins unwegsame isländische Hochland in erster Linie wetterfeste Garderobe erwarten würde. Hier steht jedoch einmal mehr die Signalfunktion der Kleidung im Mittelpunkt: Grettir soll erkennen können, dass es sich bei seinen Widersachern um Angehörige der Oberschicht handelt. Gísli bezweckt mit seinem noblen Auftreten, Grettir Respekt oder sogar Furcht einzuflößen, damit er im anschließenden Kampf leichtes Spiel mit ihm hat. Prachtvolle Kleidung kann unliebsame Gegner nämlich durchaus von einem Angriff abhalten, wie ein Beispiel aus der Laxdœla saga deutlich zeigt: Óláfr pá legt mit seinem Schiff an der irischen Küste an, wo die Iren sofort den Großteil der Schiffsladung für sich einfordern. Als er sich mit seinen Männern zur Verteidigung gegen die Angreifer rüstet, wird er folgendermaßen beschrieben: Óláfr […] var svá búinn, at hann var í brynju ok hafði hjálm á hǫfði gullroðinn; hann var gyrðr sverði, ok váru gullrekin hjǫltin [.]¹¹⁶ Außerdem führt er einen wertvollen Speer und einen prachtvoll verzierten Schild mit sich. Als die Iren Óláfrs Ausstattung erblicken, bekommen sie Angst, und das Schiff mitsamt seiner Ladung erscheint ihnen nicht mehr als leichte Beute.¹¹⁷ Leifr Hrómundarson, ein jugendlicher Held der Flóamanna saga, kann dagegen den Kampf um seine Schiffe nicht verhindern. Er wird von den Söhnen des Jarl Atli auf offenem Meer angegriffen. Das Seegefecht läuft für Leifr unter erschwerten Bedingungen ab, da er sich mit seinen Männern in der Unterzahl befindet. Innerhalb kurzer Zeit nähern sich dem Kampfgeschehen fünf Schiffe. Auf dem größten Schiff steht ein hochgewachsener schöner Mann am Mast, der einen grünen Leibrock und einen goldverzierten Helm auf dem Kopf trägt. Es handelt sich um Leifrs mächtigen Verwandten Ǫlmóðr inn gamli Hǫrða-Kárason, der dem jungen Protagonisten zu Hilfe eilt. Die Auseinandersetzung endet schließlich zugunsten Leifrs: Einer der Jarlssöhne wird getötet, der andere muss verwundet fliehen.¹¹⁸ Die hier aufgeführten Beispiele belegen abermals die Signalfunktion der Kleidung. Fremde Personen, wie z.B. die irischen Krieger, aber auch den Protagonisten bereits bekannte Personen sollen aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes deren überaus hohen gesellschaftlichen Status, der hier in erster Linie durch ökonomische

115 Gr, c. 59, S. 190: ,Nun werden wir heute in gefärbter Kleidung reiten und lassen den Geächteten sehen, dass wir nicht wie die anderen Landstreicher sind, die sich hier täglich herumtreiben.ʻ 116 Laxd, c. 21, S. 55: ‚Óláfr war so gerüstet, dass er eine Brünne und einen vergoldeten Helm auf dem Kopf trug; er war mit einem Schwert gegürtet, und der ganze Schwertgriff war mit Gold eingelegt.‘ Zu den prunkvollen Waffen speziell in der Laxdœla saga vgl. Heller 1976, S. 151. 117 Vgl. Laxd, c. 21, S. 55. 118 Vgl. Flóam, c. 3, S. 236.

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Macht demonstriert wird, erkennen können und sich anschließend entsprechend verhalten. Das von der Kleidung ausgehende Signal visualisiert aber nicht nur die ökonomischen Verhältnisse und somit den sozialen Status des Trägers; die vestimentäre Ausstattung erleichtert darüber hinaus die Identifikation bestimmter Persönlichkeiten: Ein Hirte des Helgi Harðbeinsson schildert beispielsweise in Kapitel 63 der Laxdœla saga minutiös die Ausstattung mehrerer fremder Männer, die sich in unmittelbarer Nähe zur Sennhütte seines Herrn aufhalten. Helgi erkennt daraufhin jeden einzelnen seiner Feinde, die sich zu ihm auf den Weg gemacht hatten, um den Tod Bolli Þorleikssons an ihm zu rächen.¹¹⁹ So befinden sich unter den Rächern u.a. Bollis Söhne Bolli und Þorleikr. Helgis Viehhirte berichtet von Bolli Bollason, dass er einen roten Scharlachrock und eine Goldborte als Stirnband getragen habe. Außerdem habe er auf einem vergoldeten Sattel gesessen, einen goldenen Armring besessen, und sein langes goldblondes Haar habe bis zu den Schultern herabgereicht. Seine Augen seien blau und schön gewesen, sein Blick scharf und unruhig. Ferner habe er eine breite Stirn und volle Wangen gehabt. Schultern und Brust seien ebenfalls breit gewesen. Sein ganzes Auftreten sei höfisch gewesen. Darüber hinaus sei er als junger Mann zu erkennen gewesen, da er keinen Bartwuchs gehabt habe.¹²⁰ Sein Bruder Þorleikr Bollason habe auf einem mit Email-Arbeiten verzierten Sattel gesessen und sei mit einem gelbgrünen Rock bekleidet gewesen. Zudem habe der junge Mann einen goldenen Fingerring getragen, sein Haar sei braun und seine Haltung insgesamt nobel gewesen. Als Gefährten der beiden Brüder nennt die Laxdœla saga u.a. Þorgils Hǫlluson, Þórðr Þórðarson, seinerseits Ziehsohn des Goden Snorri, Þorsteinn svarti, Lambi Þorbjarnarson und Húnbogi inn sterki. Auch sie führen eine prächtige Ausrüstung mit sich: So trägt Þorgils einen dunkelblauen Mantel und einen silbernen Armring. Der junge Þórðr ist mit einem dunkelblauen Rock und schwarzen Hosen bekleidet. Darüber hinaus beschreibt ihn die Saga als nobel auftretenden, schlanken Mann mit angenehmen Gesichtszügen und hellem Haar. Ähnlich gekleidet ist der ausdrücklich als älter bezeichnete Þorsteinn svarti: Zu seiner Garderobe zählen ein dunkelblauer Rock sowie ein silberner Armring. Lambi Þorbjarnarson ist mit einem grauen gefältelten Mantel weniger auffällig ausstaffiert. Húnbogi inn sterki dagegen sticht mit seiner Ausrüstung aus der ohnehin illuster gekleideten Gemeinschaft der Rächer heraus: Er trägt einen Plattenpanzer samt Stahlhelm mit breiter Krempe auf dem Kopf

119 Vgl. Laxd, c. 63, S. 187–189. 120 Laxd, c. 63, S. 187: Sveinninn mælti: ‚Þar næst sat maðr í gyldum sǫðli; sá var í skarlatskyrtli rauðum ok hafði gullhring á hendi, ok var knýtt gullhlaði um hǫfuð honum; sá maðr hafði gult hár, ok liðaðisk allt á herðar niðr; hann var ljóslitaðr, ok liðr á nefi, ok nǫkkut hafit upp framan nefit, eygðr allvel, bláeygr ok snareygr ok nǫkkut skoteygr, ennibreiðr ok fullr at vǫngum; hann hafði brúnaskurð á hári, ok hann var vel vaxinn um herðar ok þykkr undir hǫnd; hann hafði allfagra hǫnd ok sterkligan handlegg, ok allt var hans látbragð kurteisligt, ok því orði lýk ek á, at ek hefi engan mann sét jafnvaskligan at ǫllu; hann var ok ungligr maðr, svá at honum var ekki grǫn vaxin […]‘

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und führt eine blanke Axt mit sich.¹²¹ Húnbogis Rüstung erscheint nicht nur deshalb ungewöhnlich, weil sie sich materiell so deutlich von der Ausstattung der übrigen Gefährten unterscheidet. Unter realienkundlichen Gesichtspunkten handelt es sich um die mit Abstand jüngsten Ausrüstungsgegenstände, die in diesem Erzählabschnitt beschrieben werden. Plattenpanzer und Stahlhelm mit Krempe datieren der einschlägigen Forschungsliteratur zufolge nicht früher als Mitte des 13. Jahrhunderts.¹²² Somit kann ausgeschlossen werden, dass die Laxdœla saga an dieser Stelle reale sagazeitliche Defensivbewaffnung beschreibt. Vielmehr reflektiert sie die Lebenswirklichkeit ihrer Entstehungszeit um ca. 1250. Im Mittelpunkt dieser eindrucksvollen ‚Heldenschau‘ stehen die beiden Brüder Bolli und Þorleikr Bollason in ihren edlen Leibröcken. Die jungen Männer entsprechen dem hochmittelalterlichen Ideal des höfischen Jünglings; sie tragen vornehme, modische Kleidung, die ihre Körperproportionen zur Geltung bringt, haben schulterlanges Haar, kaum Bartwuchs¹²³ und eine helle Hautfarbe.¹²⁴ Speziell die Farbigkeit ihrer Oberbekleidung ist verglichen mit der Garderobe der übrigen Rächer augenfällig: Während deren Röcke und Mäntel in Blau und Grau gehalten sind, tragen Bolli und Þorleikr Gewänder in Rot und Gelbgrün und heben sich somit optisch deutlich von ihren Mitstreitern ab. Eine ganz ähnliche Farbkonstellation aus rotem und grünem Tuch findet sich auch in der Heldensage wieder. In der Þiðriks saga af Bern folgen Markgraf Roðingœirr, der ein grünes Zelt besitzt, und Atli, der ein Zelt aus rotem Stoff sein eigen nennt, König Þiðrekr in die Schlacht.¹²⁵ Bei Rot und Grün handelt es sich nach moderner Auffassung um Komplementärfarben, die sich in einem sogenannten Farbkreis gegenüberstehen und sich bei Vermischung gegenseitig neutralisieren. Zwar kannte das Mittelalter noch keinen Farbkreis, jedoch war seit der Spätantike das System der Gefieder- oder Regenbogenpalette geläufig, aus der sich die in der hochmittelalterlichen Bildenden Kunst häufig verwendete Kombination der vier Farben Blau, Rot, Grün, Gelb entwickelte.¹²⁶ Das Arrangement der Zeltfarben von Þiðrekrs Kampfgefährten symbolisiert – entsprechend dem Zusammenspiel von zwei der vier Farben eines ge-

121 Laxd, c. 63, S. 189: ‚Þá sat þar næst maðr ok horfði út ór hringinum; sá var í spangabrynju ok hafði stálhúfu á hǫfði, ok var barmrinn þverrar handar breiðr.‘ 122 Vgl. Gamber 1995, Sp. 15. 123 Eine positive Konnotation fehlender männlicher Gesichtsbehaarung findet sich in den Íslendingasǫgur äußerst selten. Bartlosigkeit fällt des Öfteren negativ auf und liefert Anlass zu Spöttereien. Die prominentesten Stellen hält die Njáls saga bereit. Flosi bezeichnet Njáll als bartlosen und somit weibischen Kerl. Seine Söhne werden als ‚Dungbärtlinge‘ verspottet. Um ihren Bartwuchs anzuregen, hätten sie ihr Gesicht mit Dung bestreichen müssen. Vgl. Nj, c. 44, S. 113. 124 Zum höfischen Ideal vgl. Bumke 2005. 125 Vgl. Þiðr, c. 328, S. 235  f. 126 Die Kombination dieser vier Buntfarben verweist in der mittelalterlichen Kunst u.a. auf die vier Elemente. Vgl. Linares 2011, S. 301; Kirschbaum et al. 1970, s.v. Farbensymbolik.

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schlossenen Farbsystems – die gegenseitige Treue der beiden Fürsten in der Schlacht. Rot und Grün bringen demnach Gefolgschaft zum Ausdruck. Auf gleiche Art und Weise veranschaulicht die Saga die Gefolgschaftstreue der Brüder Bolli und Þorleikr. Ihre Rockfarben reflektieren nicht nur körperliche Schönheit und höfische Anmut, sondern stehen darüber hinaus für das emotionale Band zwischen den Geschwistern, versinnbildlichen ihr Zusammengehörigkeitsgefühl, ihre innere Verbundenheit. Held dieses Erzählabschnitts der Laxdœla saga ist jedoch allein Bolli Bollason, da die Schilderung seines Äußeren besonders ausführlich ausfällt. Er besitzt nicht nur das prächtigste Kleidungsstück unter den Rächern, den Rock aus rotem Scharlach, sondern zusätzlich Goldband und Goldring. Verfolgt man den weiteren Handlungsverlauf, wird die Akzentuierung der Figur Bollis verständlich: Er ist derjenige, der Helgi Harðbeinsson, dem Mörder seines Vaters, mit dem Schwert die Todeswunde beibringt und somit seiner Pflicht nachkommt, Blutrache auszuüben, um die beschädigte Ehre seiner Familie wiederherzustellen. Die Njáls saga hält ebenfalls eine Episode bereit, in der einem Schafhirten die Aufgabe zukommt, seinen Herrn über die Ausstattung herannahender Feinde zu informieren. Im Gegensatz zur Laxdœla saga reicht für den Bericht des Hirten in der Njála ein einziger Satz aus: En svá hafði hann [sauðamaðr] gǫrla at hugat, at hann sagði frá allra þeira vápnabúnaði ok klæðum.¹²⁷ Njáll kann anhand dieser Ausführungen jede einzelne Person identifizieren. Anders als im Falle Helgi Harðbeinssons handelt es sich bei den Fremden aber nicht um seine eigenen Todfeinde, sondern um die seines engen Freundes Gunnarr Hámundarson. Dank der Wachsamkeit des Viehhirten gelingt es Njáll, Gunnarr vor den Totschlägern zu warnen und das geplante Attentat zu vereiteln. Lediglich einen einzigen Widersacher haben die Protagonisten der Heiðarvíga saga zu fürchten: Barði Guðmundarson macht es seinen potenziellen Opfern jedoch einfach, sich vor ihm zu schützen. In Kapitel 27 wird berichtet, dass sie ihren Feind von weitem erkannt hätten, da er dieselbe Garderobe bereits im Sommer auf dem Thing getragen habe.¹²⁸ Kleidung funktioniert als persönliches Identifikationsmerkmal auch dann, wenn von einer Person bekannt ist, dass sie sich äußerst selten oder nie in auffällige Gewänder hüllt: So vermuten die Leute von Breiðavík einen Mordanschlag, als sie in Kapitel  42 der Eyrbyggja saga einen Mann in prachtvollen Gewändern auf dem Hausdach des Bauern Arnbjǫrn entdecken. Sie erkennen sofort, dass es sich bei dieser Person nicht um den Hausherrn selbst handeln kann, da ihnen

127 Nj, c. 69, S. 170  f.: ‚Und so hatte er [der Schafhirte] alles so genau beobachtet, dass er ihre gesamte Bewaffnung und Kleidung beschreiben konnte.‘ 128 Vgl. Heið, c. 27, S. 295.

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bekannt ist, dass Arnbjǫrn solche Kleidungsstücke nicht trägt.¹²⁹ Daraufhin eilen sie ihm zu Hilfe und können einen Totschlag gerade noch verhindern. Sowohl die Reykdœla saga ok Víga-Skútu als auch die Víga-Glúms saga haben die Zwistigkeiten der beiden Goden Glúmr Eyjólfsson und Skúta Áskelsson zum Thema. Beide Sagas erwähnen Glúmrs grünen Kapuzenmantel, anhand dessen ihn sein Widersacher erkennen kann.¹³⁰ Während einer Verfolgungsjagd mit Skúta streift Glúmr seinen verräterischen Umhang ab und wirft ihn in den nahe gelegenen Fluss. Da Skúta davon überzeugt ist, dass sich sein Gegner mit einem Sprung ins Wasser in Sicherheit bringen will, sticht er mit der Waffe nach dem grünen Mantel. Glúmr ist jedoch längst entkommen und verhöhnt ihn vom gegenüberliegenden Ufer aus: ‚Lítil fremð at spilla klæðum manna.‘¹³¹ Charakteristische vestimentäre Merkmale erleichtern die Identifikation bestimmter Personen auch in weniger prekären Situationen. So begibt sich beispielsweise der junge Glúmr Eyjólfsson in Norwegen auf die Suche nach seinem Großvater. Da er ihm niemals zuvor begegnet ist, bleibt dem Isländer nichts anderes übrig, als seinen Verwandten anhand einiger weniger äußerlicher Merkmale zu identifizieren: Þat mark hafði hann til hans, at hann sá mann mikinn ok vegligan í ǫndvegi í skautfeldi blám, ok lék sér at spjóti gullreknu [.]¹³² Der für gewöhnlich gut gekleidete Gísli Súrsson kann besonders leicht an einem einzigen Kleidungsstück wiedererkannt werden: Die gleichnamige Saga berichtet von ihm, dass er stets einen blauschwarzen Wollmantel trage.¹³³ Wie Gísli besitzt auch Bjǫrn, der Protagonist der Bjarnar saga Hítdœlakappa, nur ein einziges textiles Attribut, anhand dessen er leicht zu erkennen ist. Dabei handelt es sich um einen seidenen Wadenriemen, den er einst bei König Óláfr helgi verwechselt haben soll.¹³⁴ Mäßig exklusiv wirkt dagegen die Garderobe eines Mannes in Kapitel 11 der Bárðar saga Snæfellsáss, der sich selbst Gestr nennt. In eine graue Kutte gehüllt und auf seinen Stab gestützt,¹³⁵ klopft er bei Eiður Skeggjason an die Tür. An dieser eigentümlichen Aufmachung kann der Rezipient die Identität des ‚Besuchers‘

129 Eyrb, c. 42, S. 114: En er þeir kómu inn fyrir Ǫxlina, sá þeir, at maðr var í skrúðklæðum á húsum uppi á bakka; en þeir vissu, at þat var eigi búnaðr Arnbjarnar. Bereits in Kapitel  40 wird ausgesagt, dass Arnbjǫrn im Gegensatz zu seinem Bruder Bjǫrn schlechter aussehe und wenig auf sich halte. Eyrb, c. 40, S. 106  f.: Arnbjǫrn var engi áburðarmaðr […] Bjǫrn, bróðir hans, var áburðarmaðr mikill […] ok helt sik vel því at hann hafði samit sik eptir sið útlenzkra hǫfðingja; var hann maðr miklu fríðari en Arnbjǫrn [.] 130 Vgl. Reykd, c. 26, S. 232–234; Víga-Glúms s., c. 16, S. 51–53. 131 Víga-Glúms s., c. 16, S. 53: ,Wenig ruhmreich ist es, der Leute Kleidung zu zerstören.ʻ 132 Víga-Glúms s., c. 6, S. 16: ‚An diesem Merkmal glaubte er ihn erkennen zu können, dass er einen großen und stattlichen Mann auf dem Hochsitz sah, der einen blauschwarzen Schaffellmantel trug und mit einem goldbeschlagenen Speer spielte.‘ 133 Gísl, c. 20, S. 64: Þat var vandi Gísla, at hann var í kápu blári ok vel búinn. 134 Vgl. BjH, c. 32, S. 199; Kapitel 2.1.4.1. 135 Bárð, c. 11, S. 139: Maðr stóð fyrir dyrum, mikill vexti, ok var í grám kufli ok studdist fram á klafakerlingu, er hann hafði í hendi. Sjá maðr heilsar bóndasyni með nafni, en Eiðr spyrr, hverr hann var; hann kveðst Gestr heita [.]

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erahnen. Vor Eiður steht kein geringerer als der Titelheld der Saga, der den sogenannten landvættir angehörende Bárðr.¹³⁶ Dessen Überbekleidung wurde bereits in einer vorangegangenen Episode beschrieben.¹³⁷ Schließlich kann ein Kleidungsstück sogar derart eng mit dem Träger verknüpft sein, dass es Eingang in dessen Personennamen gefunden hat¹³⁸ wie im Falle König Haraldr gráfeldr Eiríkssons. Während auf die Herkunft des königlichen Beinamens ‚Graumantel‘ oder genauer ‚grauer Schaffellmantel‘ in den Íslendingasǫgur nicht eingegangen wird, erfährt der Rezipient des Ögmundar þáttr dytts ok Gunnars helmings den Grund für Gunnarrs Beinamen sogleich bei der Einführung des Protagonisten – und zwar aus dessen eigenem Mund: ‚Ek heiti Gunnarr helmingr; en því em ek svá kallaðr, at mér þykkir gaman at hafa hálflit klæði‘.¹³⁹ Tatsächlich trägt er einen mit Mustern verzierten Kapuzenmantel aus Scharlach. Seine Vorliebe für bunte Kleidung wird Gunnarr jedoch bald zum Verhängnis. Im Hafen von Trondheim begegnet er einem Mann namens Ögmundr dyttr, dessen zweifarbiger bortenverzierter Schaffellmantel ihm so gut gefällt, dass er sein eigenes Modell dagegen eintauscht.¹⁴⁰ Ögmundr ist mit der Absicht nach Norwegen gereist, an einem Gefolgsmann des Jarl Hákon Rache für einen erlittenen Axthieb zu nehmen. Da er die Tat im eingetauschten Scharlachmantel begeht, wird Gunnarr fälschlicherweise als Totschläger verdächtigt und von König Óláfr Tryggvason, Hákons Nachfolger, und dessen Männern durch Norwegen und Schweden verfolgt, bis sich das Missverständnis endlich aufklärt. Der Isländer Ögmundr kommt dagegen im weiteren Handlungsverlauf des Textes nicht mehr vor. Die Hervorhebung von Gunnarrs modischem Interesse sowie der anschließende Manteltausch fungieren als gezielte Überleitung zum eigentlichen Plot, nämlich zur Geschichte des Gunnarr helmingr, der mit fortschreitender Handlung zum alleinigen Helden des Þáttr avanciert. Wie die Beispiele veranschaulichen, wird Kleidung in diversen Situationen vom Verfasser als Identifikationsmerkmal einzelner Figuren oder auch ganzer Personengruppen eingesetzt. In vielen Fällen hat dieser Wiedererkennungswert handlungsmotivierende Funktion. Zumeist eröffnet er den Helden die Möglichkeit, im letzten Moment ihre körperliche Unversehrtheit oder die ihrer Angehörigen und Freunde zu bewahren. Gelingt dies nicht, erlangen sie (und der Rezipient) zumindest Gewissheit darüber, wer ihnen nach dem Leben trachtet. In positiven Situationen erkennen die

136 Unter den landvættir sind Natur- und Schutzgeister zu verstehen, mit denen man sich Island im Mittelalter bewohnt vorstellte. Sie konnten für eine ertragreiche Ernte und fischreiche Gewässer sorgen. Verärgerte man sie, waren sie dagegen imstande, den Bauern Unheil zu bringen. Vgl. Simek 2006, S. 241. 137 Vgl. Bárð, c. 9, S. 129. 138 Vgl. Raudszus 1985, S. 48. 139 Ǫgm, c. 3, S. 454: ,Ich heiße Gunnarr ‚Hälfte‘ und werde deshalb so genannt, weil es mir Spaß macht, zweifarbige Kleidung zu tragen.ʻ 140 Vgl. Ǫgm, c. 3, S. 455.

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Figuren etwaige Gönner und Helfer, wie etwa der junge Víga-Glumr, der in Norwegen seinen reichen und mächtigen Verwandten Vígfúss ausfindig macht. Bei der Ausgestaltung der Kleiderstellen lassen sich unterschiedliche Vorgehensweisen beobachten: In einigen Texten, wie z.B. der Gísla saga Súrssonar oder dem Ögmundar þáttr dytts ok Gunnars helmings, wird der Rezipient nur auf ein einziges Kleidermerkmal aufmerksam gemacht. Jedoch sind es nicht nur signifikante Einzelstücke wie Mantel oder Wadenriemen, anhand derer sich die Identität eines Protagonisten entschlüsseln lässt. Gelegentlich werden ganze Garnituren von Kleidung inklusive Schmuck und Bewaffnung sowie körperliche Merkmale dezidiert geschildert, um einen Helden besonders eingehend zu charakterisieren und dessen wichtige Rolle für den Handlungsverlauf hervorzuheben. Die Beschreibungen von Kleidung als Identifikationsmerkmal werden oftmals in das für die Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir charakteristische Stilmittel der Vorausdeutung eingebunden und ermöglichen dem Rezipienten, noch bevorstehende Ereignisse negativer wie positiver Natur zu erahnen.

2.1.4 Kleidergaben 2.1.4.1 Kleidergeschenke an Untergebene Nur äußerst selten erwerben die Helden der Íslendingasǫgur und der Íslendingaþættir kostbare Kleidungsstücke in ihrer isländischen Heimat. Oftmals wird von Auslandsfahrten vorwiegend junger Isländer an fremde Höfe berichtet, wo sie Kleidung und andere Wertgegenstände vom dortigen Herrscher als Geschenke erhalten.¹⁴¹ Am häufigsten werden Kleidergeschenke im Zusammenhang mit norwegischen Königen und Jarlen erwähnt. Die Helden erhalten Kleidung sowie Schmuck und Waffen vom Herrscher als Auszeichnung für ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten oder als Skaldenlohn. Mit der Übergabe von Geschenken gehen wiederholt die Aufnahme in das Gefolge des jeweiligen Machthabers oder ähnliche Ehren einher.¹⁴² Somit visualisieren verschenkte Kleidung, Schmuck und Waffen, die der Herrscher den jungen Männern zukommen lässt, deren potenziell vorhandene männliche Tugenden. Darüber hinaus markieren die Geschenke und die damit korrespondierende Aufnahme in das herrscherliche Gefolge den Übergang der Protagonisten von der Kindheit zum erwachsenen Mann.¹⁴³ Demzufolge bedeutet das Überreichen wertvoller Kleidergaben eine

141 Zur Soziologie des Schenkens vgl. Mauss 1990. Zum Gabentausch im Mittelalter vgl. zuletzt Grünbart 2011. 142 Eine Aufnahme ins Gefolge wird v.a. an folgenden Stellen ausdrücklich erwähnt: Laxd, c. 22, S. 60, c. 41, S. 124  f.; Nj, c. 3, S. 13  f., c. 31, S. 82  f., c. 86, S. 208; Gunnl, c. 7, S. 71; Finnb, c. 18, S. 286  f. 143 Vgl. Bazelmans 1998, S. 468.

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Inklusion des Sagahelden in das unmittelbare soziale Umfeld des Herrschers und somit eine Erhöhung seiner gesellschaftlichen Position. In Kapitel 22 der Laxdœla saga schenkt der norwegische König Haraldr gráfeldr Óláfr pá zum Julfest eine ganze Garnitur neuer Kleidung aus Scharlach, die aus Rock, Strumpfhosen und Wadenbinden besteht. Im Frühjahr darauf bietet der Herrscher Óláfr an, dauerhaft an seinem Hof zu bleiben und dort eine Stellung seiner Wahl zu ‚bekleiden‘.¹⁴⁴ Die erlesene Kleidergabe sowie das Angebot, eine hohe Position am Königshof einzunehmen, lassen die außerordentliche Wertschätzung erkennen, die dem jungen Isländer vonseiten Haraldr gráfeldrs entgegengebracht wird. Auch Óláfrs Nachkommen genießen am norwegischen Königshof großes Ansehen. Besonders dessen Sohn Kjartan empfängt von König Óláfr Tryggvason hohe Ehren. So nimmt der norwegische Herrscher nach einem Schwimmwettkampf seinen eigenen sorgfältig gearbeiteten Mantel von den Schultern und überreicht ihn Kjartan mit dem Hinweis, er solle nicht ohne ein solches Kleidungsstück zu seinen Männern zurückkehren.¹⁴⁵ Nach mittelalterlicher Auffassung ruht auf den Schultern des Herrschers die Königsmacht, weshalb Kaiser und Könige während der Krönungszeremonie zwischen ihren Schultern gesalbt wurden.¹⁴⁶ Óláfr Tryggvason überträgt mit seiner Mantelgabe einen Teil dieser königlichen Macht auf Kjartan und will dadurch verhindern, dass der junge Mann gegenüber seiner Mannschaft an Autorität einbüßt. Zudem handelt er im Sinne der Herrschertugend liberalitas, die für den weltlichen Bereich die aufwendige Bewirtung hoher Gäste und das Verteilen von Geschenken vorsieht. Durch ostentative Freigebigkeit kann der Fürst Ruhm und Ehre seinerseits erhöhen.¹⁴⁷ Im Gegenzug sichert der Beschenkte mit der Annahme ihm überreichter Gaben seinem Gönner Loyalität zu.¹⁴⁸ Eine Inklusion Kjartan Óláfssons in die vornehme Gruppe der Gefolgsleute erfolgt allerdings erst, nachdem er sich in Trondheim in Anwesenheit Óláfr Tryggvasons bereitwillig hat taufen lassen: Þat er sǫgn flestra manna, at Kjartan hafi þann dag gǫrzk handgenginn Óláfi konungi, er hann var fœrðr ór hvítaváðum [.]¹⁴⁹ Somit wird der junge Mann gleich in zwei neue Gemeinschaften aufgenommen, nämlich in die christliche und in die des königlichen Gefolges. Symbolisch zum Ausdruck gebracht werden diese Eingliederungen durch das weiße Taufkleid. Kjartans hohes Ansehen am norwegischen Hof veranschaulicht der Verfasser der Laxdœla saga durch opulente Kleidergeschenke, die der Isländer von König Óláfr erhalten haben soll, wie beispielsweise eine vollständige Garnitur Kleidung aus neuem Scharlach. Zusätzlich

144 Vgl. Laxd, c. 22, S. 60. 145 Vgl. Laxd, c. 40, S. 118. 146 Vgl. u.a. Erkens 1998, S. 84. 147 Vgl. Bumke 2005, S. 385  f.; Bazelmans 1998, S. 468. 148 Vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 128. 149 Laxd, c. 40, S. 123: ‚Davon berichten die meisten Leute, dass Kjartan an dem Tag zum Gefolgsmann König Óláfrs gemacht worden sei, als ihm das Taufkleid ausgezogen wurde [.]‘

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ergeht folgende Bemerkung: [Þ]at sǫgðu menn, at þeir hafi jafnmiklir menn verit, þá er þeir gengu undir mál, Óláfr konungr ok Kjartan.¹⁵⁰ Eine solche Aussage beschreibt freilich keinen historischen Sachverhalt. Vielmehr handelt es sich um eine literarische Überhöhung, die andeuten soll, dass Kjartan beinahe die gleiche soziale Position wie der König einnimmt.¹⁵¹ Eine besondere Ehre wird Kjartan durch die Schwester des Königs, Ingibjǫrg Tryggvadóttir, zuteil. Sie überreicht ihm als Abschiedsgeschenk ein mit Goldfäden durchwirktes Kopftuch als Brautgabe für seine Verlobte Guðrún, das obendrein in einem edlen baumwollenen Beutel aufbewahrt und als außergewöhnliche Kostbarkeit bezeichnet wird.¹⁵² Der unermessliche Wert des Kopfputzes versinnbildlicht Ingibjǫrgs Wertschätzung gegenüber Kjartan und bringt zugleich den sozialen Status der Schenkerin zur Anschauung, die diesen mittels ihrer Gabe auch den isländischen Frauen vor Augen führen möchte: ,[V]il ek, at þær Íslendinga konur sjái þat, at sú kona er eigi þrælaættar, er þú hefir tal átt við í Nóregi.‘¹⁵³ Aufgrund seines hohen Materialwerts und der Tatsache, dass es sich um ein Geschenk vom Königshof handelt, wird das Kopftuch zum Prestigesymbol allererster Güte. Die Frau, die Kjartan heiratet und mit ihm den Kopfschmuck erhält, wird fortan höchstes Ansehen genießen und die gesellschaftlich herausragendste und wichtigste Position auf Island bekleiden.¹⁵⁴ Für den Handlungsfortgang der Saga hält diese Kostbarkeit indes ein hohes Maß an Konfliktpotenzial bereit. Als Kjartan von seinem Ziehbruder Bolli um seine Braut Guðrún gebracht wird, entscheidet er sich für eine Heirat mit Hrefna, die sich fortan mit dem wertvollen Kopfputz schmücken darf. In ihrem Zorn lässt die um Ehemann und soziales Prestige gleichermaßen betrogene Guðrún das textile Kleinod stehlen und vernichten, woraufhin sich die Familien Óláfr pás und Ósvífrs entzweien. Ferner lassen Königinnen ihren Günstlingen textile Kostbarkeiten zukommen, wie ein Beispiel aus der Njáls saga zeigt. In Kapitel 3 überreicht Königin Gunnhildr dem Isländer Hrútr Herjólfsson kurze Zeit nach dessen Ankunft am norwegischen Hof sogenannte ‚höfische Kleidung‘, damit er in angemessener Form vor den König treten kann.¹⁵⁵ Gunnhildr ist daran gelegen, dass ihr Sohn Haraldr gráfeldr Eiríksson Gefal-

150 Vgl. Laxd, c. 41, S. 124, c. 41, S. 124  f.: ‚Die Leute sagten, dass sie gleich groß gewesen seien, wenn sie sich messen ließen, König Óláfr und Kjartan.‘ 151 Vgl. Snell 2000, S. 256. 152 Vgl. Laxd, c. 43, S. 131. 153 Laxd, c. 43, S. 131: ,Ich will, dass die isländischen Frauen erkennen können, dass die Frau, mit der du dich in Norwegen unterhalten hast, nicht einem Geschlecht von Sklaven entstammt.‘ 154 Als Kjartan Hrefna heiratet und sie den Kopfschmuck erhält, wird nochmals betont, dass es sich dabei um den wertvollsten Gegenstand handle, den es auf Island jemals gegeben habe. Laxd, c. 45, S. 138: Kjartan gaf Hrefnu línfé motrinn, ok var sú gjǫf allfræg, því at engi var svá vitr eða stórauðigr, at slíka gersemi hefði sét eða átta [.] Vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 261  f. bzw. 264  f.; Snell 2000, S. 255. 155 Vgl. Nj, c. 3, S. 13.

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len an dem stattlichen Isländer findet, den sich die mittlerweile ältere Herrscherin als Liebhaber auserkoren und bereits in ihren Gemächern beherbergt hat. Ihr Plan gelingt, und Hrútr tritt als Gefolgsmann in die Dienste des norwegischen Fürsten, wo er sich Ansehen und Reichtümer erwirbt, um nach einiger Zeit als gemachter Mann nach Island zurückzukehren. Die amouröse Beziehung zwischen Gunnhildr und dem jüngeren Hrútr, die durch das großzügige Kleidergeschenk motiviert wird, hat für die weitere Handlung der Njála, die sich auf Island abspielt, narrative Funktion: Da ihr Geliebter beabsichtigt, sich in seiner Heimat zu verheiraten, belegt ihn die Königin aus Eifersucht mit einem Fluch, der sein Verhältnis zu seiner künftigen Ehefrau Unnr sowie einigen einflussreichen Männern stark beeinträchtigen wird.¹⁵⁶ Im Brands þáttr örva überprüft der Herrscher zunächst die Freigebigkeit seines Gefolgsmannes, bevor er ihn selbst mit Geschenken ehrt: Brandr inn örvi trägt während seines Aufenthalts in der königlichen Residenzstadt Trondheim einen Rock aus Scharlach, einen feinen Mantel aus demselben Stoff sowie ein Stirnband. In der Armbeuge hält er eine mit Gold eingelegte Axt.¹⁵⁷ Seine luxuriöse Garderobe weckt Begehrlichkeiten – und zwar aufseiten des Königs Haraldr Sigurðarson. Dieser schickt mehrmals hintereinander den Skalden Þjóðólfr zu Brandr, um ihn zur Herausgabe seiner Preziosen zu bewegen. Nacheinander gehen der kostbare Mantel, die goldverzierte Axt und der Scharlachrock in königlichen Besitz über. Bevor Brandr Þjóðólfr schließlich seinen Rock überreicht, trennt er einen Ärmel ab.¹⁵⁸ Der abgetrennte Ärmel wird für den König zur symbolischen Kritik, viel zu fordern, aber wenig zu geben. Im Gegenzug lädt König Haraldr Brandr zu sich und überhäuft ihn mit Geschenken. Er widerlegt damit den Vorwurf des Geizes und stellt seine liberalitas unter Beweis. Brandr erhöht durch die Wertschätzung und Großzügigkeit, die ihm Haraldr entgegenbringt, seinen eigenen sozialen Status, obwohl er nicht mehr, wie viele der jugendlichen Sagahelden, durch das Überreichen von Geschenken in die höfische Gemeinschaft inkludiert werden muss. Der Þáttr schließt mit dem Satz: [O]k var þetta gört til raunar við hann.¹⁵⁹ Brandrs Freigebigkeit spielt auch im Ísleifs þáttr byskups eine Rolle: An einem Feiertag beschenkt König Óláfr Haraldsson seinen Gefolgsmann mit einem exquisiten Scharlachmantel, dessen Innenfutter aus grauem Eichhörnchenpelz besteht. Brandr überreicht ihn anschließend dem mittellosen isländischen Priester Ísleifr. Als der König bemerkt, dass Brandr das prächtige Feiertagsgeschenk nicht trägt, ruft er ihn zu sich. Wahrheitsgemäß berichtet dieser, dass er den Mantel einem Priester ge-

156 Man denke beispielsweise an Gunnarr Hámundarson, einen Helden der Njáls saga, der mit einer List gegen Hrútr vorgeht, um die Mitgift seiner geschiedenenVerwandten Unnr zurückzubekommen. 157 Brand, S. 18: [Brandr] var í skarlatskyrtli ok hafði skarlatsskikkju yfir sér, ok var bandit uppi á höfðinu. Hann hafði øxi gullrekna í handarkrikanum. 158 Vgl. Brand, S. 19  f. 159 Brand, S. 20: ‚Und das wurde [nur] gemacht, um ihn auf die Probe zu stellen.‘

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schenkt habe, woraufhin König Óláfr den Mann Gottes selbst in Augenschein nehmen möchte. Schließlich ist der Herrscher von Ísleifr so angetan, dass er ihm das exklusive Kleidungsstück zum Geschenk macht. Obendrein bittet er den Isländer darum, ihn in seine Gebete einzuschließen.¹⁶⁰ Die offensichtlich hohe Reputation, die der Priester bereits nach dem ersten Zusammentreffen mit dem norwegischen König an dessen Hof genießt, erschließt sich aus dem Handlungsfortgang des Þáttr: Ísleifr Gizurarson wird zum ersten Bischof Islands gewählt.¹⁶¹ Bischofssitz ist seither sein Hof Skálholt im Süden des Landes. Óláfr Haraldsson, der im Jahr 1030 in der Schlacht bei Stiklastaðir fällt und später als Heiliger kanonisiert wird, spürt bereits zu diesem Zeitpunkt die Heiligkeit des künftigen kirchlichen Würdenträgers. Anders als die jungen Männer, die an den norwegischen Königshof reisen, um dem Herrscher ihre Dienste als Gefolgsmann anzubieten, ist die Inklusion des Geistlichen in eine höhere soziale Schicht von sekundärem Interesse. Vielmehr beabsichtigt der Þáttr eine christliche Erhöhung des Protagonisten, die durch die Kleidergabe und die Bitte des Königs um Aufnahme in seine Gebete zum Ausdruck gebracht wird. Die Vorsehung des Königs, dass es sich bei Ísleifr künftig um den wichtigsten Geistlichen Islands handeln werde, ist an dieser Stelle an das Stilmittel der Vorausdeutung geknüpft, das den Rezpienten Ísleifrs baldige Investitur als erster Bischof Islands erkennen lässt. Eine Erhöhung im christlichen Sinne erfährt auch Bjǫrn Hítdœlakappi, der von König Óláfr inn helgi ein außergewöhnliches Geschenk erhält. In Kapitel 9 der Bjarnar saga Hítdœlakappa vertauscht der Skalde nach einem Bad seinen eigenen Wadenriemen mit dem seidenen Wadenband des Königs. Als er sich für die Verwechslung entschuldigen möchte, entgegnet der Herrscher lediglich, dass Bjǫrns Riemen ebenso gut sei wie sein eigener und er das Band aus Seide behalten könne.¹⁶² Fortan hält er das Königsgeschenk in Ehren, trägt es sein Leben lang und wird sogar damit bestattet.¹⁶³ Als seine Gebeine Jahre später gehoben werden, um sie auf einen anderen Friedhof zu überführen, bietet sich bei der Öffnung von Bjǫrns Grab folgendes Bild: [Þ]á var sú in sama ræma ófúin um fótlegg Bjarnar, en allt var annat fúit [.]¹⁶⁴ Die Hebung seiner letzten Ruhestätte weist demnach Ähnlichkeiten mit der Öffnung eines Heiligengrabes auf. Zwar sind alle anderen Bestandteile der Bestattung bereits vergangen, das seidene Wadenband ist jedoch auch nach längerer Zeit unter der Erde unverwest geblieben. Es wird geborgen und fungiert der Saga zufolge seither als Gürtel eines Messgewandes auf Akranes. Die Heiligkeit König Óláfr Haraldssons manifestiert sich in seinem Kleidungsstück und wird anschließend durch Verschenken dieses Ge-

160 Vgl. Ísl, S. 9  f. 161 Beinahe wirkt es so, als ob Óláfr Haraldsson selbst Ísleifr als Bischof investiert. 162 Vgl. BjH, c. 9, S. 133  f. 163 BjH, c. 9, S. 134: Bjǫrn hafði ávallt þessa reim um fót sinn, á meðan hann lifði [.] 164 BjH, c. 9, S. 134: ‚Da war derselbe Riemen um Bjǫrns Bein unverwest, aber alles andere war vergangen.‘

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genstandes auf den Sagahelden übertragen. So geht Bjǫrn Hítdœlakappi im weiteren Handlungsverlauf der Saga aus vielen Konflikten siegreich hervor. Im Gegensatz zum Ísleifs þáttr byskups ist die Kleidergabe Óláfr helgis als Inklusionssymbol zu betrachten, da der König Bjǫrn zusätzlich einen sorgfältig gearbeiteten Wollmantel überreicht, seine Fähigkeiten lobt und ihm seine Freundschaft¹⁶⁵ zusichert.¹⁶⁶ Óláfrs Achtung gegenüber dem Skalden zeigt sich zuvor in einem anderen Zusammenhang: Im Zuge eines Schiedsspruches beschenkt er Bjǫrn mit einem kostbaren Rock aus Baumwolle und einem Ring.¹⁶⁷ In Zusammenhang mit einer Pilgerreise steht die Inklusion des mittellosen Isländers Auðun in die Hofgesellschaft des dänischen Königs Sveinn Úlfsson jarls. Der Auðunar þáttr vestfirzka schildert die Rückkehr des armen und kranken Helden von seiner Fahrt nach Rom und die (wiederholte) Begegnung¹⁶⁸ mit Sveinn an einem Ostersonntag. Als die betrunkenen Gefolgsmänner des Herrschers Auðun in seiner ärmlichen Aufmachung erblicken, lachen sie ihn aus, werden vom König jedoch gerügt. Sie sollten sich nicht über einen Mann lustig machen, der sich um sein Seelenheil besser gekümmert habe als sie selbst. Anschließend lässt der dänische Fürst dem kranken Mann ein Bad bereiten und staffiert ihn mit neuer Kleidung aus.¹⁶⁹ Auðun bleibt zunächst am Hof und bekommt sogar das Amt eines Dieners an der königlichen Tafel angeboten. Er zieht es jedoch vor, in seine isländische Heimat zurückzukehren. Für seine Reise stattet ihn König Sveinn mit einem Schiff aus und überreicht ihm obendrein einen Lederstrumpf voller Silber für sein weiteres Leben auf Island.¹⁷⁰ Die hohe Anerkennung, die Auðun vonseiten des Herrschers entgegengebracht wird, wird vom Verfasser des Þáttr zum wiederholten Mal mittels einer Kleidergabe ausgedrückt. Durch Bad und Einkleidung erfährt der Protagonist eine Befreiung von Armut und Krankheit sowie von seinem niedrigen sozialen Status. Darüber hinaus zeigt sich zu Beginn der Episode von Auðuns Ankunft am Herrscherhof deutlich, wie sehr der dänische Fürst von der Pilgerfahrt seines ärmlichen Gegenübers beeindruckt ist. Er verteidigt den Wallfahrer vor seinen Gefolgsleuten und ermahnt sie gleichzeitig, für das Heil ihrer eigenen Seelen zu sorgen. Dadurch hebt er Auðun bereits zu diesem Zeitpunkt als guten Christen hervor, den sich die sozial höher positionierten Gefolgsmänner zum Vorbild nehmen sollen. König Sveinn kommt mit der Aufnahme eines

165 Vgl. Bø 1975, Sp. 647  f.: Die eigentliche Bedeutung des Begriffs Freundschaft in der Wikingerzeit lag v.a. darin, sich Schutz und Hilfe außerhalb der eigenen Familien- und Verwandtschaftsbande zu verschaffen, sollten diese einmal nicht mehr ausreichend sein. 166 Vgl. BjH, c. 9, S. 134. 167 Vgl. BjH, c. 8, S. 131. 168 Auðun hatte sich zuvor bei König Sveinn aufgehalten, der ihm als Lohn für einen Eisbären seine Reise nach Rom finanziert. Vgl. Auð, c. 2, S. 5. 169 Vgl. Auð, c. 2, S. 6. 170 Vgl. Auð, c. 3, S. 6–8.

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Armen an einem hohen kirchlichen Feiertag zudem einer christlichen Pflicht, der caritas, nach.¹⁷¹ Die Gunnlaugs saga ormstungu berichtet, dass Kleidergeschenke an bedeutende junge Männer auch am englischen und irischen Hof üblich waren. So erhält Gunnlaugr als Skaldenlohn vom englischen König Aðalráðr Játgeirsson einen Scharlachmantel mit Bortenverzierung und kostbarstem Pelzbesatz und wird obendrein zum Gefolgsmann erhoben. Im weiteren Handlungsverlauf überreicht ihm der irische König für ein Gedicht sein eigenes Gewand aus neuem Scharlach, einen bortenverbrämten Rock sowie einen Mantel mit Pelzbesatz und einen Goldring.¹⁷² Den wohl materiell geringsten Skaldenlohn bietet König Magnús Erlingsson im Mána þáttr Íslendings an: Máni, der vom Herrscher Tungli genannt wird, soll von einem Stapel frisch gewaschener Hemden ein Exemplar ausgehändigt werden. Da der Þáttr über Machart und eventuell vorhandenes Dekor keinerlei Auskunft gibt, ist anzunehmen, dass das Hemd keinen Wertgegenstand darstellt. Bei seiner Rückkehr von einer Pilgerreise nach Rom tritt der Isländer abgemagert und in Bettlertracht ein weiteres Mal vor den König und sagt die Útfarardrápa auf, die ein Skalde namens Halldórr skvaldri einst für den Großvater des Königs, Sigurðr Jórsalafari, gedichtet hatte. Anschließend macht er sich in zwei selbst gedichteten Einzelstrophen über die anwesenden Hofnarren lustig.¹⁷³ Máni erhält zum Lohn zwar keine weiteren textilen Geschenke, darf den König aber auf seiner Fahrt zu den Björgynjar begleiten, was bedeutet, dass er nun ebenfalls dessen Gefolge angehört. Im Gegensatz zum Auðunar þáttr wird dem Helden für seine Pilgerreise kaum Achtung oder Respekt gezollt. Er bekommt nach seiner Rückkehr weder ein Bad noch neue Kleidungsstücke, obwohl er sich körperlich in einem schlechten Zustand befindet. Erst als er seine Rezitations- und Dichtkunst unter Beweis stellt, billigt ihn Magnús Erlingsson als Fahrtgenosse. Die Hochachtung des christlichen Glaubens und die häufig damit verbundene Mahnung zu einem gottgefälligen Leben treten zugunsten der Dichtkunst bzw. der Unterhaltung in den Hintergrund. Schließlich wird Máni nur deshalb in die Gemeinschaft der Königsmänner inkludiert, weil er den Großvater des Herrschers mit einem Preislied bedenkt und seine beiden Spottstrophen auf Kosten der Hofnarren großes Gelächter unter den Gefolgsleuten auslösen.

171 Sveinn Úlfsson jarl, in der Geschichtsschreibung besser bekannnt als Sven Estridsen, war von ca. 1047–1076 König von Dänemark. Der Neffe Knuts des Großen wird nicht nur vom Verfasser des Auðunar þáttr vestfirzka zum idealen christlichen Herrscher stilisiert. Sein Zeitgenosse Adam von Bremen, zu dem Sveinn freundschaftliche Beziehungen unterhielt, hebt ihn in seinem Werk Gesta Hammaburgensis deutlich unter den übrigen skandinavischen Fürsten hervor. Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis III, c. 54, S. 396–399; Lund 2005, S. 178–181. 172 Gunnl, c. 7, S. 71, c. 8, S. 76. Ähnliche Gaben erhalten auch die Skalden Þórðr Kolbeinsson und Hallfreðr Óttarson. Vgl. BjH, c. 7, S. 127; Hallfr, c. 5, S. 151, c. 9, S. 179. 173 Vgl. Mána þáttr Íslendings, S. 157  f.

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An den Fürstenhöfen Nordeuropas demonstrieren jedoch nicht nur Skalden ihr künstlerisches Können. Im sogenannten Íslendings þáttr sögufróða darf sich ein sagakundiger Isländer unter der Bedingung, dass er das Gefolge mit seinen Erzählungen unterhält, am Hof aufhalten. Schon bald erfreut er sich aufgrund seiner Vortragskunst bei den Gefolgsleuten größter Beliebtheit und bekommt von ihnen Kleidung geschenkt. König Haraldr Sigurðarson überreicht ihm vorerst Waffen. Nach seiner letzten Darbietung zu Jul belohnt ihn Haraldr großzügig mit Handelsgütern und bietet ihm an, solange am Fürstenhof zu bleiben, wie er es wünsche.¹⁷⁴ An den Akt der Kleidergaben an Skalden und Sagaerzähler schließt sich ebenfalls gehäuft eine Aufnahme in das herrscherliche Gefolge an, was die Erhöhung des sozialen Status der Künstler zur Folge hat. Kontinentale Dichterpersönlichkeiten hatten bezüglich ihrer Entlohnung gänzlich konträre Vorstellungen. So verurteilt Walther von der Vogelweide beispielsweise die Bezahlung seinesgleichen mit Textilien scharf und betrachtet eine solche nur als für Spielleute akzeptabel.¹⁷⁵ Bereits getragene Kleidungsstücke waren sogar nur Bettlern würdig. Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir unterscheiden nicht zwischen neuen und bereits getragenen Gewändern. Abgelegte Herrscherkleidung wird von den Günstlingen ebenso dankbar angenommen und als persönliche Auszeichung empfunden wie neu angefertigte, insofern sie aus kostbaren Rohprodukten hergestellt worden ist. Dagegen ziehen Geschenke von geringem Materialwert keine gesellschaftliche Erhöhung des Protagonisten nach sich, wie der Mána þáttr Íslendings zeigt. Eine Inklusion in die Schicht der Gefolgsleute erfolgt darüber hinaus nur, wenn der Herrscher selbst die Gaben überreicht. Zwar kann es für den Protagonisten von Vorteil sein, sich bei den Königsmännern beliebt zu machen und auch von ihnen mit Geschenken bedacht zu werden. Doch besitzen sie selbstverständlich keinerlei Befugnis, über die Position anderer Personen am Hof zu entscheiden, wie am Beispiel des Íslendings þáttr sögufróða sichtbar wird, dessen Protagonist zunächst Gewänder von den belustigten Gefolgsmännern erhält. Erst die Ausstattung mit Handelswaren sowie das Angebot vonseiten des Königs, solange am Hof zu verweilen, wie ihm lieb sei, bedeutet für den sagakundigen Isländer eine Inklusion in das fürstliche Gefolge. Diesbezüglich die einzige Ausnahme hält die Hrafnkels saga Freysgoða bereit: In Kapitel 7 agiert der junge Isländer Sámr Bjarnason ähnlich wie die nordeuropäischen Adligen. Er stattet jüngere Männer mit Waffen, Proviant und Kleidung aus, damit sie ihn als Gefolgsmänner auf das Allthing begleiten. Dort beabsichtigt er die Ächtung des überaus mächtigen und gefürchteten Goden Hrafnkell zu erwirken, der im Vorfeld den Sohn seines Verwandten Þorbjǫrn erschlagen hatte. Sámrs Freigebigkeit

174 Íslendings þáttr sögufróða, S. 148: Þá sagði konungr, at hann mun taka við honum, en hann skal þess skyldr at skemmta ávallt er vildi, hvergi sem hann bæði. Ok svá gerir hann ok er vinsæll við hirðina, ok gefa þeir honum klæði [.] Vgl. Íslendings þáttr sögufróða, S. 148–150. 175 Vgl. Keupp 2010, S. 169.

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dient jedoch nicht allein zu Werbungszwecken. Bei seinen frisch rekrutierten Gefolgsleuten handelt es sich nämlich um Personen ohne festen Wohnsitz,¹⁷⁶ die zuerst in eine vornehmere soziale Gruppe inkludiert werden müssen, damit Sámrs Anliegen auf dem Thing Beachtung findet und Erfolg haben kann. Ihre Inklusion und somit eine Erhöhung ihres Sozialstatus gehen mit dem Verschenken von Kleidung und Waffen einher. Schließlich lässt sich anhand dieses ungewöhnlichen Erzählabschnitts Sámrs späteres Scheitern bereits vorausahnen. Obwohl es ihm gelingt, die Ächtung Hrafnkells auf dem Allthing durchzusetzen, sind der junge Isländer und seine Verwandten nicht dazu in der Lage, von dem harten Urteil zu profitieren. Anstatt den Goden zu töten, foltern und vertreiben sie ihn lediglich. Hrafnkell rächt sich später für die erlittene Schmach, indem er Sámrs Bruder Eyvindr tötet, seine Güter wieder an sich nimmt und sein Godentum zurückerhält.¹⁷⁷ Der Ausgang der Saga hat durchaus sozialdidaktischen Charakter: Sámr und seine Verwandten messen und vergleichen sich mit einem übermächtigen Gegner, den sie nicht einmal dann bezwingen können, wenn sie eine legitime Gelegenheit dazu erhalten. Die Tatsache, dass er Männer ohne festen Wohnsitz als Gefolgsleute rekrutieren und ausstatten muss, ist als Indiz für Sámr Bjarnasons eigene, eher niedrigere gesellschaftliche Stellung zu werten. Wesentlich seltener berichten die Íslendingasǫgur und Þættir von vestimentären Gaben Untergebener an fremdländische Herrscher. Im Sighvats þáttr skálds geht das Verschenken eines Lodenmantels an König Óláfr inn helgi Haraldsson auf ungewöhnliche Weise vonstatten: Während einer Winterreise über das norwegische Dovrefjell tritt der Skalde Sighvatr Þórðarson an das Pferd des frierenden Herrschers heran und bittet ihn abzusteigen. Er wolle nun selbst reiten, da er es zu Fuß nicht über den Berg schaffen werde. Im Gegenzug bietet Sighvatr dem König seinen eigenen Mantel an. Óláfr inn helgi kommt der Bitte seines Hofskalden nach und setzt seinen Weg im Gebirge zu Fuß fort. Nach einer Weile bemerkt Sighvatr, dass es Óláfr sehr warm geworden ist, und er schlägt ihm vor, nun wieder sein Pferd zu besteigen, er selbst wolle zu Fuß weitergehen. Sighvatr fordert seinen Lodenmantel von König Óláfr nicht zurück, da er selbst nur schlecht vorankäme, wenn er ihn wieder anzöge.¹⁷⁸ Die Reise wird ohne Unterbrechung bis nach Trondheim fortgesetzt, wo der Regent mit seinem Gefolge den Winter verbringt. Als Sighvatr den Herrscher wenig später in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen wünscht, herrscht in der Halle so dichtes Gedränge, dass er nicht zum König vordringen kann. Verärgert spricht er eine Strophe über die ungestümen Gefolgsleute und beklagt sich darüber, dass es im Hochgebirge noch einfacher gewesen sei, sich bei Óláfr inn helgi Gehör zu verschaffen.¹⁷⁹

176 Hrafnk, c. 3, S. 109: Fær hann mest til reiðar með sér einhleypinga ok þá, er hann hafði saman kvatt. Ferr Sámr ok fær þessum mǫnnum vápn ok klæði ok vistir. 177 Vgl. Hrafnk, c. 9, S. 131  f. 178 Vgl. Sighvats þáttr skálds, c. 6, S. 208  f. 179 Vgl. Sighvats þáttr skálds, c. 6, S. 209.

Oberschichtkleidung 

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Sighvatrs bizarrer Mantelgabe kommt innerhalb des Þáttr zweierlei Funktion zu: Sie liefert eine logische Erklärung für Sighvatrs Skaldenstrophe und bringt zudem die tiefe Verbundenheit, die der Fürst und sein Dichter füreinander empfinden, zum Ausdruck. So ist Sighvatr ganz offensichtlich daran gelegen, seinen König auf Reisen vor dem Frieren zu bewahren. Er selbst genießt beim Herrscher so hohes Ansehen, dass er es sich sogar erlauben kann, den König von seinem Pferd absitzen zu lassen und sich selbst in den Sattel zu schwingen. Weniger ausführlich schildert die Egils saga das Überreichen von Biber- und Zobelfellen, die Haraldr hárfagri von Þórólfr Kveld-Úlfsson erhält. Þórólfr liefert sie als Dreingabe zu den üblichen Handelsabgaben ab, um das Vertrauen des Königs zurückzuerlangen, das durch bösartige Verleumdungen vonseiten der Hildiríðarsynir erschüttert worden ist. Anwesende Gefolgsleute König Haraldrs erkennen den hohen ökonomischen Wert der Pelze sogleich und bezeichnen sie als Gaben, die einer Freundschaft würdig seien.¹⁸⁰ In Kapitel 3 der Njáls saga beschenkt Hrútr Herjólfsson nicht den norwegischen König selbst, sondern dessen Mutter Gunnhildr mit 100 Ellen dickem Lodenstoff und zwölf Mantelpelzen aus Dankbarkeit dafür, dass er mit ihrer Unterstützung zum Gefolgsmann des Königs erhoben wurde. Pelzmäntel und andere Pelzwaren überreicht auch Vermundr Þorgrímsson dem Jarl Hákon inn ríki Sigurðarson.¹⁸¹ Vermundr erwirbt sich auf diese Weise die Freundschaft des Jarls und verbringt den Winter in dessen Gesellschaft. Kurz vor seiner Abreise im folgenden Frühjahr nach Island steht er sogar so hoch in der Gunst des Fürsten, dass er sich seinerseits ein Geschenk aus den Reichtümern Hákons aussuchen darf. Bei zusammenfassender Betrachtung dieser Episoden fällt auf, dass die Herrscher eher selten vonseiten der Helden beschenkt werden. Auch die Beschaffenheit der verschenkten Gegenstände unterscheidet sich stark von den Kleidergaben, die die Isländer an den Königshöfen erhalten. Anstatt kunstvoll gearbeiteter Gewänder verschenken sie hauptsächlich noch unverarbeitete Rohmaterialien wie Pelze und Wollstoffe. Diese entsprechen eher den Handelswaren, die sie für gewöhnlich auf Auslandsfahrten verkaufen, sind aber deshalb nicht weniger wertvoll. Die Protagonisten verschenken Pelzwaren und Textilien, um sich den Herrscher gewogen zu machen, ihn gegebenenfalls zu beschwichtigen oder schlicht, um sich für erhaltenes Vertrauen und Hilfestellung zu bedanken.

2.1.4.2 Kleidergeschenke zwischen sozial ebenbürtigen Personen Eine ebenfalls wichtige Rolle spielt in den Íslendingasǫgur der Austausch von Kleidergaben zwischen Angehörigen derselben sozialen Schicht: Nach der Überwindung

180 Eg, c. 16, S. 39: Margir mæltu, er þar váru hjá staddir, at þat var vel gǫrt ok var vináttu fyrir vert. 181 Vgl. Nj, c. 3, S. 15; Heið, c. 3, S. 216  f.

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eines Berserkers erhält der Protagonist der Víga-Glúms saga, Glúmr Eyjólfsson, von seinem Großvater Vigfúss in Norwegen einen Schaffellmantel, einen goldverzierten Speer und ein Schwert. Diese drei Kostbarkeiten stehen im weiteren Verlauf der Saga für das Schicksal seiner Familie, wie es Vigfúss bereits bei Glúmrs Abschied vorausdeutet: ‚Svá segir mér hugr um, at vit sjáimsk eigi síðan, en einkagripi vil ek þér gefa, feld ok spjót ok sverð, er vér hǫfum mikinn trúnað á haft frændr; ok meðan þú átt gripina, vænti ek, at þú týnir eigi virðingu, en þá em ek hræddr um, ef þú lógar þeim.‘¹⁸²

Tatsächlich erlangt der eingangs als Taugenichts charakterisierte Glúmr, der nicht dazu imstande ist, seine eigene Familie zu verteidigen, zurück auf Island Macht und Reichtum. Als er in fortgeschrittenem Alter infolge zahlreicher Fehden, die sein Sohn Vigfúss heraufbeschwört, seine Macht im Eyjafjǫrðr-Gebiet zunehmend einbüßt, gibt er auch die Machtsymbole aus der Hand. Den Schaffellmantel überreicht er Gizurr inn hvíti,¹⁸³ der bei der Einführung des Christentums auf Island eine Hauptrolle spielt und zum Stammvater eines bedeutenden Geschlechts wird. Sowohl der Mantel als auch die beiden Waffen besitzen keinerlei magische Kräfte, die durch das Verschenken der Gegenstände auf Glúmr übertragen werden. Sie versinnbildlichen die außergewöhnlichen Fähigkeiten der Familie des Sagahelden. Sein Großvater bestätigt ihm durch Überreichen der symbolisch aufgeladenen Gegenstände, dass er diese Tugenden ebenfalls in sich trägt. Zu einem späteren Zeitpunkt verfährt Glúmr wie einst Vigfúss, indem er die Gaben an diejenigen Personen weiterreicht, deren Geschlechter in naher Zukunft selbst die Vormachtstellung auf Island einnehmen werden.¹⁸⁴ Obwohl sich diese Episode ebenfalls in Norwegen abspielt und Vigfúss als mächtiger Mann beschrieben wird, ist er weder König noch Jarl, durch dessen Geschenke und andere Ehrerweisungen Glúmr als gemachter Mann nach Hause zurückkehren kann, wie dies u.a. für die Helden der Laxdœla saga und der Njáls saga gilt. Vielmehr hält sich Glúmr in Norwegen bei einem ihm sozial ebenbürtigen Hersen auf und bekommt durch ihn seine eigene Ebenbürtigkeit bestätigt.¹⁸⁵ Zum Julfest wird Egill Skalla-Grímsson von seinem Freund Arinbjǫrn in Norwegen mit großzügigen Geschenken bedacht:

182 Víga-Glúms s., c. 6, S. 19: ,So sagt mir eine Ahnung, dass wir uns nicht mehr wiedersehen werden; und ich will dir [ein paar] kostbare Gegenstände schenken, in die meine Verwandten und ich großes Vertrauen gehabt haben; einen Schaffellmantel, einen Speer und ein Schwert; und solange du diese Gegenstände hast, erwarte ich, dass du nicht an Ansehen verlieren wirst; aber dann fürchte ich darum, wenn du sie weggibst.ʻ Vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 266. 183 Vgl. Víga-Glúms s., c. 25, S. 86. 184 Vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 266  f. 185 Vgl Meulengracht Sørensen 1993, S. 268.

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[Arinbjǫrn] gaf Agli at jólagjǫf slœður, gǫrvar af silki ok gullsaumaðar mjǫk, settar fyrir allt gullknǫppum í gegnum niðr; Arinbjǫrn hafði látit gera klæði þat við vǫxt Egils. Arinbjǫrn gaf Agli alklæðnað, nýskorinn, at jólum; váru þar skorin í ensk klæði með mǫrgum litum.¹⁸⁶

Egill überreicht dem norwegischen Hersen seinerseits ein eigens für ihn hergestelltes Segel.¹⁸⁷ Die exklusiven Kostbarkeiten, die sich die beiden Männer gegenseitig zukommen lassen, bringen ihre enge, lebenslange Freundschaft zum Ausdruck. Auffällig ist, dass der Sagaverfasser Egills goldbesticktes Seidengewand besonders detailliert beschreibt. Ganz bewusst stellt er Exklusivität und materiellen Wert des fremdländischen Fabrikats heraus, damit es dem Rezipienten im Gedächtnis bleibt. Schließlich soll er es in einem weiteren Erzählabschnitt, in dem es als Symbol für Egills belastetes Verhältnis zu seinem Sohn Þorsteinn fungiert, wiedererkennen können.¹⁸⁸ Ein Kleidungsstück, dem nicht nur innerhalb eines einzigen Erzählabschnitts symbolische Funktion zukommt, findet sich auch in der Njáls saga. In Kapitel  109 schenkt Flosi Þórðarson Hǫskuldr, dem Ziehsohn Njálls, einen Scharlachmantel, der bis zum unteren Saum mit Borten besetzt ist.¹⁸⁹ Beide Männer verbindet ein verwandtschaftliches Verhältnis, da Hǫskuldr mit Flosis Nichte Hildigunnr verheiratet ist. Das textile Kleinod, zunächst ein Geschenk unter Verwandten, spielt im weiteren Handlungsverlauf der Saga eine nicht unbedeutende Rolle: Bei der Ermordung des allseits beliebten Goden Hǫskuldr durch die Söhne Njálls wird das Opfer in diesem Mantel erschlagen, sein Blut wird mit ihm aufgewischt. Anschließend verwahrt Hǫskuldrs Witwe das Gewandstück in einer Kiste und holt es erst wieder hervor, als sie bei Flosi Blutrache für die Tötung ihres Mannes einfordert.¹⁹⁰ Ebenfalls einen Mantel aus Scharlach bekommt Helga Þorsteinsdóttir von Gunnlaugr überreicht, der ihn selbst vom englischen König als Skaldenlohn erhalten hat. Auch dieses Kleidungsstück erfährt im weiteren Handlungsverlauf eine erweiterte symbolische Funktion. Stand es zuerst für eine Gabe aus Zuneigung, so avanciert es nach dem Tod des Protagonisten zum Sinnbild der Erinnerung an den geliebten Verstorbenen. Bevor Helga an einer Seuche stirbt, gilt ihre einzige Freude dem Betrachten des ausgebreiteten Scharlachmantels.¹⁹¹

186 Eg, c. 67, S. 213: ‚[Arinbjǫrn] gab Egill als Julgeschenk ein Schleppgewand, das ganz aus Seide und gänzlich golddurchwirkt war und bis zum Saum über und über mit Goldknöpfen besetzt war; Arinbjǫrn hatte das Gewand auf Egills Körpergröße anfertigen lassen. Arinbjǫrn gab Egill eine vollständige Garnitur Kleidung, neu zugeschnitten, zu Jul; sie bestand aus englischem Tuch und hatte viele Farben.‘ 187 Vgl. Eg, c. 67, S. 213. 188 Vgl. Kapitel 2.1.1. 189 Nj, c. 109, S. 279: Hǫskuldr bjósk heim […] en Flosi gaf honum skarlatsskikkju, ok váru á hlǫð í skaut ofan. 190 Vgl. auch Kapitel 3.2. 191 Vgl. Kapitel 4.2; Gunnl, c. 11, S. 90.

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 Kleidung und soziale Distinktion

Geschenke unter ebenbürtigen Personen dienen außerdem als Dreingabe zu einer festgesetzten Geldbuße, um den eigenen guten Willen zu zeigen. Kleidergaben, die aus diesem Grund überreicht wurden, werden in den Sagas häufig als kostbar gekennzeichnet. Nach Hrútr Hǫskuldssons Totschlag am Sohn Ósvífrs kommt es in Kapitel 12 der Njáls saga zu einer Bußzahlung, zu der Hrútr Ósvífr zusätzlich seinen guten Mantel überreicht, den er aus dem Ausland mitgebracht hat.¹⁹² Ähnlich exklusive Stücke verschenken die Figuren darüber hinaus zur Absicherung eines Vergleichs. So erhält Síðu-Hallr nach dem Mordbrand an Njáll und seiner Familie von Þorgeirr skorargeirr Þórisson einen Mantel aus Scharlach und einen Goldring, nachdem es ihm infolge schwieriger Verhandlung gelungen war, einen Vergleich zwischen Þorgeirr und den Mordbrennern zu erwirken.¹⁹³ In Kapitel 24 der Grettis saga Ásmundarsonar wird der Titelheld nach der Tötung eines Berserkers und einigen Auseinandersetzungen mit Gefolgsmännern des Jarls Sveinn in Norwegen von seinem Freund Þorfinnr zum Abschied mit vielen guten Kleidungsstücken beschenkt. Þorfinnr hatte dem Isländer zuvor seine Freundschaft in mehrfacher Hinsicht bewiesen: Er büßt seine gute Reputation, die er beim Jarl genossen hat, ein, um einen Vergleich für Grettir zu erwirken, den der Herrscher für den Totschlag an seinen Männern am liebsten hätte sterben sehen. Die prachtvollen Geschenke stehen für Þorfinnrs Großzügigkeit und die unverbrüchliche Freundschaft, die zwischen ihm und Grettir existiert. Er bietet dem Isländer sogar Quartier bei sich an, solle es ihn noch einmal nach Norwegen verschlagen.¹⁹⁴ Mit einer erneuten Beherbergung Grettirs in seinem Haus würde Þorfinnr allerdings den Zorn des Jarls Sveinn erregen und sich somit großer Gefahr aussetzen. Bersi, eine Figur der Fljótsdœla saga, erhält von einer Frau namens Gróa Þiðrandadóttir für die Verschonung ihrer beiden Neffen in einer Kampfhandlung einen sogenannten Schnurmantel, worunter ein Mantel zu verstehen ist, der vor der Brust mit zwei Bändern verschlossen werden kann. Gróa beabsichtigt mit ihrer Gabe nicht nur, Bersi ihren Dank auszudrücken, sondern ringt ihm gleichzeitig das Versprechen ab, ihren Neffen, den Droplaugasynir, auch in Zukunft keinen Schaden zuzufügen. Im Gegenzug sichert sie Bersi ihre Freundschaft zu.¹⁹⁵ Somit besiegeln die Preziosen eine Art Vergleich, da eine Zahlung geleistet wird, damit der Frieden gewahrt wird und Waffengewalt ausbleibt. Der Austausch von Geschenken unter gesellschaftlich Gleichgestellten findet in den altisländischen Texten auch statt, wenn die Objekte keine handlungsmotivierende Funktion besitzen. So schenkt der Skalde Bjǫrn Hítdœlakappi seiner Verwand-

192 Vgl. Nj, c. 12, S. 40. 193 Vgl. Nj, c. 147, S. 422. 194 Vgl. Gr, c. 24, S. 87. Auch nach dem Überwinden des Wiedergängers Glámr in c. 35 wird Grettir mit Kleidungsstücken bedacht. Vgl. Gr, c. 35, S. 122. 195 Flj, c. 13, S. 255: Gróa gaf honum fingrgull ok seilamöttul ok mælti til fullkominnar vináttu við Bersa.

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ten Þorfinna Vermundardóttir einen golddurchwirkten Baumwollmantel, und Þorgunna, die Geliebte Leifr Eiríkssons, erhält in der Eiríks saga rauða einen Mantel aus grönländischem Wollstoff als Abschiedsgeschenk. Þorgils, der Held der Flóamanna saga, übergibt seinen kostbaren Rock Auðunarnaut aus neuem Scharlach seinem Freund Þorsteinn inn hvíti.¹⁹⁶ Im Vergleich zu den Geschenken, die die fremden Herrscher erhalten, handelt es sich bei allen Gewändern, die unter sozial ebenbürtigen Isländern ausgetauscht werden, um hochwertig verarbeitete Einzelstücke. Schauplatz der Geschenkübergabe ist in vielen Fällen das Ausland, so auch bei Glúmr, Egill, Grettir und Þorsteinn, die wertvolle Kleidergeschenke von norwegischen Oberschichtangehörigen überreicht bekommen. Verschenken die Protagonisten Preziosen in ihrer isländischen Heimat, handelt es sich bei den Präsenten nicht um isländische Erzeugnisse. Auch sie stammen aus dem Ausland, wo die Helden sie zu einem früheren Zeitpunkt der Handlung geschenkt bekommen haben, wie dies bei Gunnlaugr, Þorgils und Bjǫrn der Fall ist. Schenker und Beschenkte verbindet meistens ein enges persönliches Verhältnis, nämlich Freundschaft oder Verwandtschaft. Besteht zwischen den Personen keine solche Bindung, beschenken sie sich oftmals, um einen Vergleich abzusichern. Inklusion in eine gesellschaftlich höhere Schicht, wie zuvor bei den Königsgeschenken, spielt diesmal keine Rolle. Schenker und Beschenkte gehören derselben hohen sozialen Schicht an, sie wurden bereits zu einem früheren Zeitpunkt in diese integriert. Vielmehr geht es bei dieser Variante des Gabentauschs um die Aufrechterhaltung von Freundschaften, Bündnissen, guten Verwandtschaftsbeziehungen und, wie im Falle der Víga-Glúms saga, um die Bekräftigung von Ebenbürtigkeit. Der gegenseitige Austausch wertvoller Kleidergeschenke unter sozial ebenbürtigen Personen bedeutet somit Bestätigung und Erneuerung von persönlichen Bindungen und Verbindlichkeiten.¹⁹⁷

2.2 Kleidung und soziales Stigma 2.2.1 Unterschichtkleidung Bettler, Landstreicher und Sklaven¹⁹⁸ sind die häufigsten Vertreter der in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir dargestellten unteren Gesellschaftsschichten. Letztere agieren in den Íslendingasǫgur für gewöhnlich töricht, tölpelhaft und feige.¹⁹⁹

196 Vgl. BjH, c. 29, S. 191; Eir, c. 5, S. 210; Flóam, c. 15, S. 258. 197 Vgl. Mauss 1990, S. 17; Bø 1975, Sp. 647  f. bzw. Hamre 1960, Sp. 658. 198 Dieser Begriff ist hier stellvertretend für alle Unfreien zu verstehen. Vgl. Wilde-Stockmeyer 1978, S. 40–54. 199 Vgl. Wilde-Stockmeyer 1978, S. 95.

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 Kleidung und soziale Distinktion

Die Kleidung dieser Personengruppen ist von geringem Wert, sie besteht lediglich aus wenigen Schichten Stoff und entbehrt, ganz im Gegensatz zur Oberschichtkleidung, jeglicher Farbigkeit. Darüber hinaus ist sie stets zweckgebunden und ohne besonderen Schmuck,²⁰⁰ gefertigt aus den örtlich vorhandenen Ressourcen. So trägt beispielsweise ein grönländischer Knecht Kittel und Hosen aus Robbenfell, die für isländische Knechte nicht erwähnt werden, aber den natürlichen Gegebenheiten Grönlands entsprechen.²⁰¹ Unterschichtkleidung ist zudem oft zerschlissen oder voller Ungeziefer. Im Gegensatz zu den Prunkgewändern der Oberschicht, die als Prestige- und in Form von Geschenken auch als Inklusionssymbole zu betrachten sind, stellen die hässlichen und abgewetzten Gewänder der Unterschicht Exklusionssymbole dar. Während Oberschichtkleidung durch ihre Pracht und Exklusivität Abgrenzung gegenüber anderen sozialen Schichten erwirkt, stigmatisieren die vestimentären Merkmale der Unterschichtkleidung ihre Träger und grenzen diese aus der Gesellschaft aus, was auch anhand der verhältnismäßig wenigen Textstellen erkennbar wird. Der Titelheld der Finnboga saga ramma, der eigentlich aus einem vornehmen Geschlecht stammt, wird als Säugling ausgesetzt und von einem armen alten Ehepaar aufgezogen.²⁰² Das Findelkind wird zunächst in Lumpen gehüllt, später bekommt der Junge Hosen aus minderwertigem Wollstoff und einen einfachen Umhang mit Kapuze, der in die Hosen geschnürt wird.²⁰³ In Kapitel 5 wird die Kleidung des mittlerweile herangewachsenen Urðarkǫttr, wie er von seinen Adoptiveltern genannt wird, folgendermaßen beschrieben: [Hann] var í skinnstakki ok söluváðarbrókum ok allt af neðan. Gekk hann berfættr hvern dag. Hann hafði snæri um sik hvern dag ok hettu sína yfir utan.²⁰⁴ An diesem Beispiel lässt sich der bereits zuvor erörterte erhebliche Unterschied zur Beschaffenheit der Oberschichtkleidung sehr deutlich aufzeigen: Der Held besitzt lediglich drei Kleidungsstücke von einfachster Machart. Anstelle eines Leibrocks, wie er für die Oberschichtkleidung häufig erwähnt wird, hat Finnbogi einen ärmellosen Fellkittel an, der für gewöhnlich von Fischern getragen wird,²⁰⁵ und Hosen aus grob gearbeitetem Wollstoff. Wie ein Knecht hat er stets einen Strick bei sich, um handwerklich niedere Arbeiten zu verrichten. Das Fehlen von Schuhen lässt seine Erscheinung besonders ärmlich wirken. Finnbogis schlechte Kleidung ist allerdings von seinen alten Adoptiveltern beabsichtigt: Zwar handelt es sich bei ihnen tatsächlich um arme Leute, die sich keine Kostbarkeiten leisten können, die Saga erwähnt jedoch ausdrücklich ihre Intention, die wahre Herkunft des Adoptivsohnes zu

200 Vgl. Jütte 1988, S. 190. 201 Vgl. Fbr, c. 22, S. 227. 202 Vgl. Finnb, c. 1–4, S. 253–258. 203 Vgl. Finnb, c. 4, S. 257. 204 Finnb, c. 5, S. 259: ‚Er trug einen Fellkittel und einfache Wollhosen. Unten an den Beinen hatte er nichts an. Jeden Tag ging er barfuß. Er hatte jeden Tag einen Strick um sich gebunden und trug darüber seinen Kapuzenumhang.‘ 205 Vgl. Falk 1919, S. 162.

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verheimlichen,²⁰⁶ was indes mäßig gelingt, da der Junge als stattlich bezeichnet wird und die übrigen Sagafiguren ohnehin nicht glauben, dass es sich bei ihm um das leibliche Kind des armen Paares handelt. Finnbogis noble Abkunft kommt schließlich ans Tageslicht, als er vom Goden Þorgeirr, einem Freund des leiblichen Vaters, erkannt wird.²⁰⁷ Wie im Falle der irischen Königstochter Melkorka aus der Laxdœla saga passen Finnbogis bemerkenswertes Äußeres und seine ärmliche Kleidung nicht zusammen.²⁰⁸ Sehr ausführlich beschreibt die Fóstbrœðra saga die Kleidung eines Landstreichers mit dem sprechenden Namen Lúsa-Oddi (‚Läuse-Oddi‘): Hann hafði yfir sér verju saumaða saman af mǫrgum tǫtrum; hon var feljótt sem laki ok hǫttr á upp með slíkri gørð; hon var ǫll lúsug.²⁰⁹ Außerdem sei er hässlich und groß gewachsen.²¹⁰ Anders als bei Finnbogi passt an dieser Stelle der körperliche Zustand Oddis zu seinen Kleidern.²¹¹ Die verlauste Bekleidung des Landstreichers wird vom Sagaverfasser jedoch nicht um ihrer selbst willen beschrieben. Þormóðr Kolbrúnarskáld, der Protagonist der Fóstbrœðra saga, trifft auf Oddi, als er vor seinen Häschern fliehen muss, die ihn aufgrund eines Totschlags verfolgen. Der Skalde hatte sich zuvor am Mörder seines Schwurbruders gerächt. Um unerkannt zu bleiben und weitere Totschläge ausführen zu können, tauscht er kurzerhand seine eigene Überbekleidung gegen die mit Ungeziefer übersäten Stücke seines ärmlichen Gegenübers ein. Die Figur des Lúsa-Oddi und seine Kleidung besitzen somit Handlungsrelevanz und machen Þormóðrs weitere Rachetotschläge für den Rezipienten nachvollziehbar. In einigen Sagaepisoden erfüllt das Schuhwerk der Sklaven eine gesonderte narrative Funktion, die als sogenanntes Schuhmotiv bzw. Schuhbandmotiv²¹² bereits von der Forschung beschrieben worden ist. Eine ausführlichere Episode, in der dieses Motiv eine Rolle spielt, hält die Njáls saga bereit: Otkell Skarfsson findet an Melkólfr, einem irischen Sklaven, der seinem Bruder Hallbjǫrn gehört, Gefallen und schenkt ihm zunächst Gürtel und Messer sowie eine vollständige Garnitur Kleidung. Kurze Zeit später möchte er seinem Bruder den als unbeliebt charakterisierten Knecht ab-

206 Vgl. Finnb, c. 5, S. 259. 207 Vgl. Finnb, c. 5/6, S. 259–263. 208 Vgl. Kapitel 2.1.1. Ein Angehöriger der Oberschicht, der bei armen Leuten aufwächst, kommt als Motiv häufig im Märchen vor. Die Polarität arm/reich dient als künstlerisches Spannungsmoment. Vgl. hierzu Nörtersheuser 1977, Sp. 789–794. 209 Fbr, c. 23, S. 238: ‚Er hatte einen Umhang übergeworfen, der aus vielen Lumpen zusammengenäht war; dieser war faltig wie ein Schafsmagen und hatte eine ebensolche Kapuze. Er war gänzlich verlaust.‘ 210 Vgl. Fbr, c. 23, S. 238. 211 Zerschlissene, lumpige Kleidung ist das Identifikationssymbol der Bettler und Vaganten in der mittelalterlichen Literatur. Diesen Randgruppen wird außerdem eine ausgeprägte Arbeitsscheu unterstellt. Vgl. Jütte 1988, S. 182; Gerhold 2002, S. 82  f. 212 Vgl. Dehmer 1927, S. 120–122.

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kaufen. Da Hallbjǫrn Melkólfr ohnehin als untüchtig erachtet, überlässt er ihn Otkell unentgeltlich. In dessen Besitz wird der neue Sklave immer fauler und verweigert schließlich das Ausführen sämtlicher Arbeiten, sodass Otkell den Sklaven wieder loszuwerden versucht. Gunnarr Hámundarson wird schließlich dazu genötigt, ihn zu kaufen. Während einer Hungersnot auf Island stiftet Gunnarrs Ehefrau Hallgerðr Melkólfr zum Diebstahl von Butter und Käse auf Otkells Hof an. Auf dem Rückweg nach Hlíðarendi reißen seine Schuhbänder, die er mit dem Messer, das Otkell ihm geschenkt hatte, zu reparieren versucht. Weil er sein Werkzeug und den dazugehörigen Gürtel am Tatort liegen lässt, kann der Raub aufgeklärt werden.²¹³ Messer und Gürtel fungieren in dieser Episode als bewusst vom Verfasser eingesetzte Erzählelemente, anhand derer sowohl die Protagonisten als auch die Rezipienten den Dieb entlarven können. Zwischen der verschenkten Kleidung und Melkólfrs Arbeitsverweigerung gegenüber Otkell Skarfsson scheint ein direkter Zusammenhang zu bestehen: Zumindest erinnert die Szene aus der Njáls saga an die Versnovelle Wernhers des Gärtners vom Bauernsohn Helmbrecht, der sich seiner ‚standesgemäßen‘ Tätigkeiten als Bauer verweigert haben soll, nachdem er sich mit der Kleidung eines Ritters hatte ausstaffieren lassen. Besonders seine mit Papageien und Tauben bestickte Seidenhaube, die eine entlaufene Nonne angefertigt haben soll, wird zum Symbol von Helmbrechts Überheblichkeit: Mit den Worten noch niemals hat ein Bauernschädel / eine so herrliche Kopfbedeckung getragen kommentiert der Dichter die Prachtentfaltung des Bauernsohnes.²¹⁴ Im weiteren Handlungsverlauf verhöhnt Helmbrecht seinen eigenen Stand, erhebt sich über diesen und bricht aus der gottgegebenen Weltordnung aus, indem er versucht, in adeligen Kreisen Fuß zu fassen. Weil ihm dies aufgrund seiner niederen Geburt als Bauernsohn nicht möglich ist, beginnt er ein Leben als Raubritter zu führen und das Land zu verwüsten. Die Versnovelle endet mit der Aufknüpfung des Bauerntölpels durch die eigenen Standesgenossen, nachdem er von den Rittern des Landesherrn für sein Raubrittertum zum Krüppel geschlagen worden war. Zweifelsohne existiert zwischen diesem berühmtesten Lehrstück mittelalterlicher Sozialdidaktik und der Njáls saga insofern eine motivische Parallele, als dass sich Personen niederer Herkunft nach dem Erhalt neuer, schöner Kleidung über ihren angestammten sozialen Status erheben und deshalb die ihnen aufgetragenen Arbeiten verweigern. Das Schuhbandmotiv kommt ferner in Zusammenhang mit einem Mordanschlag in der Eyrbyggja saga vor. In Kapitel 43 trägt ein Sklave namens Egill Schuhbänder, die mit modischen Quasten versehen sind. Als er während der winterlichen Ballspiele einen Totschlag an einem der Männer von Breiðavík verüben soll, lockern sich seine Schnürsenkel und bringen ihn ins Stolpern, woraufhin er schließlich entdeckt und

213 Vgl. Nj, c. 47–49, S. 120–124. 214 Vgl. Helmbrecht, v. 38  ff.

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erschlagen wird.²¹⁵ Glimpflicher kommt dagegen der Knecht Svartr, eine Figur der Hávarðar saga ĺsfirðings, davon, der als gute Arbeitskraft beschrieben wird. Er soll eines Tages als Ersatzmann an den Spielen der freien Männer teilnehmen. Nach anfänglicher Ablehnung spielt er mit und stürzt immer wieder, wobei er stets seine Schuhe verliert und sie nur unter großem Zeitaufwand wieder zubinden kann. Bei den übrigen Spielteilnehmern ruft Svartrs Ungeschicklichkeit großes Gelächter hervor.²¹⁶ Sklaven und Knechte werden in den Íslendingasǫgur stets als unwürdige, niedere Personen dargestellt. Ihnen gelingt es nicht, sich als mannhaft zu erweisen, geschweige denn ein Fünkchen Ehre zu besitzen. Verlässt sich ein Herr auf seinen Sklaven, kann er davon ausgehen, dass dieser seine Aufträge nicht zur Zufriedenheit ausführen wird oder ihn sogar selbst in Gefahr bringt.²¹⁷ Die schlechte Kleidung der Sklaven kennzeichnet sie einerseits als Angehörige der Unterschicht. Andererseits dient sie, wie beim Schuh- bzw. Schuhbandmotiv, als Werkzeug, um die Unzulänglichkeit und Lächerlichkeit dieser Personengruppe herauszustellen. Insbesondere modische Kleidung erweist sich in jedem Fall als für Sklaven ungeeignet, da ihnen der richtige Umgang damit fremd ist. Kleiden sich Angehörige dieser sozialen Gruppe ausnahmsweise der Mode entsprechend, wie z.B. Egill, oder erhalten sie wie Melkólfr gar Geschenke, beginnen sie, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen und sich über ihren Status zu erheben. Die Missachtung ihrer sozialen Position kann schließlich mit verheerenden Folgen für Leib und Leben verbunden sein. Knechtskleidung bzw. die Kleidung der Sklaven wird nicht nur von echten Unterschichtangehörigen getragen, sondern auch von Personen, die eigentlich der Oberschicht zuzuordnen sind. Sie werden entweder, wie Finnbogi, als Kind armer Leute ausgegeben, oder benutzen wie Þormóðr Kolbrúnarskáld die sozial stigmatisierende Signalwirkung schlechter Garderobe, um sich dadurch einen Vorteil gegenüber Widersachern zu verschaffen.²¹⁸ Eine Ausnahme unter den Unterschichtangehörigen stellt der Bierbrauer Þórhallr dar, der aufgrund seiner Kopfbedeckung und der Tatsache, dass er kein bedeutender Mann ist, den Spitznamen ‚Ölkofri‘ (‚Biermütze‘) erhält. Der Verfasser des Ölkofra þáttr charakterisiert seinen Protagonisten als hässliche, habgierige und geizige Person, die nur wenige Fähigkeiten besitzt, aber gut mit Holz und Eisen umgehen kann. Obwohl Þórhallr kein Knecht und durchaus vermögend ist, besteht kein Zweifel daran, dass er einen Vertreter der Unterschicht repräsentiert. Dies wird nicht nur anhand seines unvorteilhaften Äußeren und des Spottnamens evident, sondern auch durch seine

215 Vgl. Eyrb, c. 43, S. 115–119. 216 Vgl. Wilde-Stockmeyer 1978, S. 120–122; Háv, c. 17, S. 346: [Þá] fellr Svartr, ok eptir hvert fall, þá fara af honum skórnir, ok tefsk hann þar af lǫngum at binda á sik skóna. Ferr svá lengi dags, ok gerðu menn hér at mikit óp ok hlátr [.] 217 Vgl. Wilde-Stockmeyer 1978, S. 122. 218 Vgl. auch Kapitel 2.3.1.

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Tätigkeit, Bier zu brauen und es auf dem Thing zu verkaufen.²¹⁹ Als durch Ölkofris Unachtsamkeit die Waldgebiete einflussreicher Goden in Brand geraten, erklärt sich auf dem Allthing niemand dazu bereit, den Bierbrauer zu verteidigen, da er es nicht wert ist, dass man es sich seinetwegen mit bedeutenden Männern verscherzt.²²⁰ Þórhallr verkörpert einen Typus der Unterschicht, der in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir kaum Erwähnung findet. Er gehört nicht den Unfreien an, sondern besitzt sogar eigenes Vermögen. Im Gegensatz zu den isländischen Goden genießt er jedoch keine Reputation, was sich u.a. in seiner Charakterisierung als habgieriger Geizhals niederschlägt. Somit entspricht er nicht dem Ideal der mächtigen isländischen Oberschicht, deren Angehörige als angesehen, schön, freigebig und gut gekleidet geschildert werden.

2.2.2 Geächtete Gänzlich aus der sozialen Gemeinschaft exkludiert sind zur Friedlosigkeit verurteilte Personen. Sie besitzen keinerlei Rechte mehr, dürfen bußlos angegriffen und getötet werden. Die altnordischen Gesetze gestatten die Verfolgung und Tötung der zur strengen Acht (skóggangr) Verurteilten auch im Ausland. Jegliche Unterstützung des Friedlosen ist verboten, worunter die Versorgung mit Lebensmitteln, Beherbergung oder Hilfe zur Flucht außer Landes zu verstehen sind. Der Zuwiderhandelnde macht sich selbst strafbar.²²¹ Zu den geächteten Persönlichkeiten, von denen die Íslendingasǫgur berichten, zählen z.B. Gísli Súrsson und Grettir Ásmundarson, die aus bedeutenden Geschlechtern stammten und der Oberschicht angehörten. Das soziale Stigma der Acht schlägt sich auch in der Kleidung friedloser Protagonisten nieder, obwohl ihr rechtlicher Status sie bereits aus der Gesellschaft ausschließt, sodass eine zusätzliche soziale Exklusion vonseiten der Verfasser durch Kleidermotive eigentlich unnötig erscheint. Die Harðar saga Grímkelssonar beschreibt in Kapitel  27 knapp und präzise die Beschaffenheit von Geächtetenkleidung. Sie erwähnt zu diesem Zweck einen Sklaven namens Bolli, der sich als Friedloser²²² verkleidet: Bolli býst nú; hann hafði slitna skó ok vöruváðarkufl.²²³ Bolli verfolgt mit seiner Verkleidung die Absicht, eine Truhe seines Herrn, die von anderen Geächteten gestohlen wurde, wiederzuerlangen und zu ihm zurückzubringen. Eine Kutte aus einfach gewebtem Wollstoff und Hosen aus

219 Vgl. Ǫlk, c. 1, S. 464. 220 Vgl. Ǫlk, c. 1, S. 466. 221 Vgl. Lundgreen 1995, S. 615. 222 Harð, c. 27, S. 69: [Hann] nefndist Þorbjörn; sagðist vera sekr maðr [.] ‚[Er] nannte sich Þorbjörn und sagte, er sei ein Geächteter [.]‘ 223 Harð, c. 27, S. 69: ‚Bolli zieht sich nun um; er hatte abgewetzte Schuhe und eine Kutte aus handelsüblichem Wollstoff an.‘

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demselben Material trägt auch Grettir Ásmundarson in Kapitel 75 der Grettis saga. Der Geächtete ist dazu gezwungen, seinen sicheren Unterschlupf auf einer vorgelagerten kleinen Insel zu verlassen, da er an Land schwimmen und Feuer holen muss, wozu er seine übrigen Kleider ablegt.²²⁴ Sicherlich könnte es sich bei den geschilderten Gewändern um bloße Schwimmkleidung handeln; die Ähnlichkeit mit der Ausstattung anderer friedloser Figuren ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. So trägt auch der Protagonist der Gísla saga Súrssonar in der Acht eine graue Kutte, die er mit einem Strick gegürtet hat. Gerade im Falle Gíslis muss diese Aufmachung ungewöhnlich erscheinen, wird doch in Kapitel  20 der Saga seine Gewohnheit, stets gut gekleidet zu sein, hervorgehoben.²²⁵ Während seines letzten erbitterten Kampfes ist ihm seine ‚Geächtetenkleidung‘ dabei behilflich, einen der Gegner zu töten, obwohl er selbst bereits zu Tode verwundet ist: Als Gíslis Eingeweide infolge eines Speerstichs unter der Bauchdecke hervorzuquellen beginnen, zieht er die Kutte enger an seinen Körper und bindet sie mit dem Strick fest. So gelingt es ihm, seinen Widersacher mit dem Schwert noch vom Schädel bis zum Gürtel hinab zu spalten, bevor er selbst tot zusammenbricht.²²⁶ Der Verfasser der Gísla saga setzt das minderwertige Kleidungsstück somit als handlungsmotivierendes Erzählelement ein, das den letzten Todesstreich, den Gísli einem Feind versetzt, besonders heldenhaft erscheinen lässt. Ein heftiges Gefecht tobt auch in Kapitel 23 der Víga-Glúms saga: Plötzlich tritt ein Mann auf dem Kampfplatz in Erscheinung, der eine Pelzkutte trägt und von Glúmr Þundarbenda genannt wird. Hinter diesem üblichen Sklavennamen verbirgt sich sein Sohn Vigfúss, der sich aufgrund seiner Streitlust diverser Delikte schuldig gemacht hat und geächtet worden ist.²²⁷ Schließlich hält auch der Hrafns þáttr Hrútfirðings die Beschreibung eines Friedlosen bereit: In Kapitel 4 trifft der mit der Acht belegte Protagonist Hrafn Guðrúnarson auf einer Waldlichtung nahe der Stadt Trondheim auf den norwegischen König Magnús góði, der sich auf der Beizjagd befindet, und bittet ihn um Hilfe. Dem Þáttr zufolge sei Hrafn ein großer Mann in einem Kapuzenmantel aus Loden gewesen. Da der Herrscher sein Gegenüber zunächst nicht erkennt, verschafft er ihm bei einem seiner Gefolgsmänner Unterkunft.²²⁸ Die wenigen Textstellen, die Beschreibungen von Geächtetenkleidung enthalten, zeigen, dass jene sich nicht grundlegend von der Kleidung anderer Unterschichten unterscheidet. Genau wie diese befindet sich die Kleidung von friedlosen Personen in einem schlechten Zustand, die Qualität der Stoffe ist gering, Farben und Verzierungen

224 Vgl. Gr, c. 75, S. 238. 225 Vgl. Gísl, c. 20, S. 64; Kapitel 2.1.3. 226 Vgl. Gísl, c. 34–36, S. 112–115. 227 Vgl. Víga-Glúms s., c. 23, S. 77. 228 Hrafns þáttr Hrútfirðings, c. 4, S. 104  f.: Litlu síðar var þat, at konungr fór á veiðar einn dag með haukum ok hundum, ok dreifðusk menn frá honum, svá at hann varð einn saman staddr; þá kom at honum ór skóginum maðr mikill í loðkápu ok bað hann ásjár.

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werden kaum erwähnt. Allerdings fällt auf, dass alle Geächteten zumeist eine Kutte aus unterschiedlichem Material tragen und einzig für Gíslis Gewand die Farbe Grau erwähnt wird. Diese Form des Übergewandes mit Kapuze erscheint als Kleidungsstück für einen Geächteten durchaus sinnvoll, da sich die Kopfbedeckung ausgesprochen gut dazu eignet, das Gesicht zu verbergen. Die graue Farbe kann eine Person, die sich im steinigen isländischen Hochland aufhält,²²⁹ praktisch unsichtbar machen. Die einzige Ausnahme bezüglich der Beschaffenheit von Geächtetenkleidung hält der Hrafns þáttr Hrútfirðings bereit, der für seinen Protagonisten einen Lodenmantel vorsieht. Dennoch hat das Kleidungsstück mit den Kutten die Kapuze und das gröbere Material gemein. Hrafns Übergewand aus widerstandsfähigem Loden dürfte ihn allerdings besser vor schlechten Witterungsverhältnissen geschützt haben als die einfachen Wollkutten seiner Leidensgenossen im isländischen Hochland.

2.2.3 Narrengewänder In der mittelalterlichen Gesellschaft wurden alle Gruppen in eine benachteiligte und inferiore Rolle gedrängt, die den Vorstellungen von körperlicher und geistiger Gesundheit in deutlichem Maße zuwiderliefen: unheilbar Kranke (Lepröse), Körperbehinderte (‚Krüppel‘) oder geistig Schwache (‚Narren‘) […] Sie galten zwar keineswegs als völlig ehr-, und rechtlos, aber in jedem Fall als ausgeschlossen von wirksamer Mitverantwortung und Mitsprache.²³⁰

Die gesellschaftliche Gruppe der Narren wird in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir mittels ihrer Kleidung charakterisiert. Zusätzlich tragen Narren meist sprechende Beinamen wie afglapi, fífl oder inn heimski (‚Narr‘; ‚Tölpel‘), die sie schon zum Zeitpunkt ihrer Einführung in die Handlung als lächerliche Personen stigmatisieren. Zur lediglich schlechten und ärmlichen Kleidung unterer Bevölkerungsschichten tritt bei den Narren noch das Moment der Unangepasstheit hinzu, das auch in ihrem Verhalten zum Ausdruck kommt.²³¹ Zu den Narren werden im Folgenden nicht nur körperlich und geistig beeinträchtigte Figuren gezählt, sondern auch Personen, die sich entweder absichtlich oder unabsichtlich aufgrund ihrer (jugendlichen) Unreife tölpelhaft benehmen und sich im weiteren Handlungsverlauf positiv verändern. Im Hreiðars þáttr heimska begleitet der als Tölpel charakterisierte Protagonist seinen Bruder Þórðr Þorgrímsson an den königlichen Hof nach Norwegen. Nachdem Hreiðarr den Herrscher Magnús góði zu Gesicht bekommen hat, ist es sein größter Wunsch, ebenso wie sein Bruder dessen Gefolgsmann zu werden. Während einer Thingversammlung tritt er deshalb vor den Thron des Königs:

229 Das Hochland wird in den Íslendingasǫgur oft als Aufenthaltsort von Geächteten erwähnt. 230 Barwig/Schmitz 2001, S. 238. 231 Vgl. Kraß 2006, S. 238.

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Hann var á þá leið búinn, at hann var í ökulbrókum ok hafði feld grán yfir sér; ok er hann kemr fyr konung, þá fellr hann á kné fyr konung ok kveðr hann vel. […] Hreiðarr […] hefir saurgar krummur, maðrinn hentr mjök ok ljótr, en þvegnar heldr latliga.²³²

Magnús góði bestätigt dem ambitionierten Tölpel zunächst, dass ein hässlicherer Mann als er sicher niemals geboren worden sei. Dennoch möchte er ihm seinen Wunsch erfüllen, Gefolgsmann zu werden, da ihn Hreiðarrs närrischer Aufzug amüsiert. In dieser Angelegenheit bestellt er ihn zu einem späteren Zeitpunkt an den Königshof. Bevor sich der Narr auf den Weg in die fürstliche Halle macht, erhält er von Þórðr den wohlgemeinten Ratschlag, sich angemessen zu kleiden und auszurüsten, damit er sich nicht zum Gespött der königlichen Gefolgsleute mache. Hreiðarr setzt sich gegen die Aufforderung seines Bruders zur Wehr und entgegnet trotzig, dass er niemals vornehme Kleidung tragen werde. Er gibt sich erst zufrieden, als Þórðr ihm den Vorschlag unterbreitet, für ihn Kleidung aus einheimischem vaðmál anfertigen zu lassen.²³³ Der auf Island gefertigte Wollstoff dient zwar als Zahlungsmittel im Handel, zählt aber nicht zu den Luxusgütern, sondern eher zur Alltagsware. Hreiðarr putzt sich anschließend nach seinem Verständnis von Etikette heraus: [H]efir hann nú vaðmáls klæði ok fágar sik, ok þykkir nú þegar allr annarr maðr [.]²³⁴ Auf dem Weg in die königliche Halle trägt er stolz seine schlichte Garderobe zur Schau. Die bereits versammelten Gefolgsmänner lachen über Hreiðarrs Aufzug, woran er sich allerdings nicht stört. Hreiðarr verhält sich in dieser Episode gemäß seinem Spitznamen ‚heimski‘ als wahrer Tölpel. Er missachtet den Rat seines Bruders und stattet sich nur ungenügend aus, indem er Kleidung aus einfachem, einheimischem Wollstoff luxuriösen höfischen Gewändern vorzieht, die einem Besuch in der Halle des Königs würdig gewesen wären. Seine Unfähigkeit, sich den Gegebenheiten am Fürstenhof anzupassen, exkludiert ihn bereits aus der Gemeinschaft der Gefolgsmänner. Sie handeln gemäß dem Signal, das Hreiðarrs schlechte und unangepasste Kleidung aussendet, und nehmen ihn als nicht ebenbürtig wahr. Die standhafte Verweigerung höfischer Kleidung impliziert aber auch eine Systemkritik des Helden bezüglich der verschwenderischen Ausstattung des königlichen Gefolges. Obwohl die Männer ihn auslachen und somit aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, nimmt ihn der König persönlich bei sich auf und inkludiert ihn in sein Gefolge. Joseph Harris zufolge bilde Hreiðarrs Aufnahme in das königliche Gefolge den Auftakt eines Sozialisationsprozesses, infolge dessen der

232 Hreið, c. 2, S.  118–120: ‚Er war so gekleidet, dass er Knöchelhosen und darüber einen Schaffellmantel trug; und als er vor den König tritt, da fällt er vor dem König auf die Knie und grüßt ihn anständig. […] Hreiðarr […] hat schmutzige, große und häßliche Hände, und nachlässig gewaschen waren sie auch.‘ 233 Vgl. Hreið, c. 2, S. 120–122. 234 Hreið, c. 2, S. 122: ‚Er hat nun Kleidung aus isländischem Wollstoff an und schmückt sich; er hält sich nun sogleich für einen ganz Anderen.‘

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Tölpel zu einem akzeptierten Mitglied der Gesellschaft werde.²³⁵ Der Isländer stellt zudem seine Eigenständigkeit unter Beweis, die ihm beim Herrscher ebenso Sympathien einbringt wie das Tragen guter Kleidung. Die wohl eindrucksvollste Schilderung eines Narren hält Kapitel 25 der Gísla saga Súrssonar bereit. Von Helgi Ingjaldsson berichtet die Saga: [Hann] var afglapi sem mestr mátti vera ok fífl; honum var sú umbúð veitt, at raufarsteinn var bundinn við hálsinn, ok beit hann gras úti sem fénaðr ok er kallaðr Ingjaldsfífl [.]²³⁶ Weiter wird erwähnt, dass er groß gewachsen sei wie ein Troll.²³⁷ Bei dem um den Hals gebundenen Stein darf wohl angenommen werden, dass einen solchen grasendes Vieh auf der Weide trägt. Außer diesem ‚Schmuckstück‘ erwähnt die Saga kein weiteres Kleidungsstück. Helgi wird durch seine tierische Verhaltensweise, die indirekt durch den durchbrochenen Stein um seinen Hals ausgedrückt wird, und den Vergleich mit einem Troll eigentlich alles Menschliche abgesprochen. Dies dürfte wohl die extremste Form sozialer Exklusion darstellen. Der Verfasser der Gísla saga bringt die Figur des Helgi Ingjaldsson aber nicht ins Spiel, um soziale Außenseiter zu illustrieren. Vielmehr setzt er sie geschickt als handlungsrelevantes Erzählelement ein: Gísli befindet sich zu dem Zeitpunkt, als er auf den Ingjaldsfífl trifft, in der Acht und obendrein auf der Flucht vor seinen Todfeinden. Sein letzter Ausweg besteht darin, mit einem Boot unerkannt an das Ufer einer nahe gelegenen Insel zu gelangen. Zu diesem Zweck imitiert er Aussehen und Verhalten des Narren so überzeugend, dass sich seine Verfolger lieber über den vermeintlichen Tölpel an Bord amüsieren, anstatt sich dem Boot weiter zu nähern. Gísli kann aufgrund des perfekt inszenierten Täuschungsmanövers seinen Häschern entkommen.²³⁸ Die Flóamanna saga liefert einen weiteren Beleg für den Zusammenhang zwischen Narrentum und schlechter Kleidung. Der Held Þorgils verkleidet sich als der Tölpel Án inn heimski, wozu er schlechte Gewänder anzieht und sich obendrein tölpelhaft verhält.²³⁹ Etwas ausführlicher schildert die Gull-Þóris saga die Kleidung des Narren Grímr Eyjúlfsson. Er wird als afglapi betitelt, ist von erheblicher Körpergröße und trägt ein weißes Übergewand aus handelsüblicher Wolle sowie weiße Hosen. Seine Beine sind mit Tuchstreifen umwickelt. Außerdem wird er als äußerst unan-

235 Vgl. Harris 1976, S. 20. 236 Gísl, c. 25, S. 79: ‚[Er] war ein Dummkopf wie sonst keiner und ein Narr; er war so hergerichtet, dass ein Stein mit einem Loch in der Mitte um seinen Hals gebunden war, und er fraß draussen Gras wie Vieh und wird Ingjaldsdepp genannt [.]‘ 237 Vgl. Gísl, c. 25, S. 79. 238 Vgl. Gísl, c. 26, S. 82  f. 239 Flóam, c. 26, S. 307: Eitthvert sinn stígr Þorgils á bát ok rær frá skipinu. Hann sér matsveina á landi, ok höfðu graut í kötlum. Þorgils hafði vánd klæði, er hann kom til þeira. Þeir spurðu, hverr hann var. Þorgils svarar: ‚Ek heiti Án.‘ Þeir hlógu at honum, enda lét hann heimskliga.

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sehnlich bezeichnet.²⁴⁰ Die Beschreibung der Farbe von Übergewand und Hosen dient an dieser Stelle lediglich der Hervorhebung, dass es sich um besonders einfache Gewänder handelt, da Weiß eine natürliche Wollfarbe war und somit nicht erst gefärbt werden musste. Auch die Tuchstreifen zum Umwickeln der Beine scheinen ein Merkmal der Narrenkleidung zu sein.²⁴¹ Der junge Skalde Gunnlaugr ormstunga ist zwar an und für sich kein Narr, legt jedoch ähnliche Verhaltensweisen an den Tag: Kapitel 6 der Gunnlaugs saga ormstungu berichtet von seinem Aufenthalt am Hof Jarl Eiríkr Hákonarsons in Norwegen. Gunnlaugr, der zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt ist, tritt in einem grauen Rock und weißen Strumpfhosen vor den Herrscher. Außerdem hat er eine dicke Geschwulst am Fuß, aus der Eiter hervorquillt.²⁴² Anstatt, wie für Skalden üblich, ein Preisgedicht aufzusagen, lässt sich Gunnnlaugr von einem der Gefolgsleute Eiríkrs provozieren und verhöhnt am Ende sogar die Familie des Machthabers. Außer sich vor Wut jagt der Jarl ihn fort. In Gunnlaugrs Benehmen manifestiert sich jugendliche Unreife, die durch seine unangepasste Garderobe zur Anschauung gebracht wird. Anstelle von angemessenen höfischen Gewändern aus exklusiven Stoffen, wie z.B. Scharlach oder Seide, trägt der junge Isländer Kleidungsstücke einfachster Machart aus naturbelassener Wolle,²⁴³ die eher einem armen Tölpel zukommen als einem Mitglied der vornehmen Familie, aus der er selbst stammt. Seine unangepasste, schlechte Bekleidung lässt zudem jeglichen, dem Jarl gebührenden Respekt vermissen, wodurch Gunnlaugrs Möglichkeiten, am Hof des Herrschers einen positiven Eindruck zu hinterlassen, zunichtegemacht werden. Im weiteren Verlauf seiner Reise ändert Gunnlaugr sein Verhalten, benimmt sich bei Hof angemessen und erfährt vonseiten der Machthaber eine bevorzugte Behandlung. Einen ungefärbten weißen Kittel trägt der ebenfalls nicht wörtlich als Narr betitelte Atli inn litli, eine Figur aus der Hávarðar saga ĺsfirðings: Atli var svá búinn, at hann var í hvítum stakki, stuttum ok þrǫngum […] var hann bæði vesalmannligr ok ljótr at sjá, skǫllóttr ok inneygðr.²⁴⁴ Bis auf seinen engen kurzen Kittel hat er kein anderes Kleidungsstück an, auch die Beine bleiben unbekleidet.²⁴⁵ Atlis Charakter entspricht der Saga zufolge seiner äußerlichen Hässlichkeit. Er wird als erbärmliche Person

240 GullÞ, c. 9, S. 197: Grímr Eyjúlfsson var mikill […] ok þótti vera nær afglapi; en er hann reis […] var hann í hvítum vararváðarstakki ok hafði hvítar brækr ok vafit at neðan spjörrum […] hann var mjök ósýniligr. 241 Vgl. Dehmer 1927, S. 127. 242 Gunnl, c. 6, S. 68: Gunnlaugr var svá búinn, at hann var í grám kyrtli ok í hvítum leistbrókum. Sull hafði hann á fœti niðri á ristinni; freyddi ór upp blóð ok vágr, er hann gekk við. 243 Vgl. Dehmer 1927, S. 127. 244 Háv, c. 15, S. 343: ‚Atli war derart gekleidet, dass er einen engen, kurzen, weißen Kittel trug […] er war sowohl erbärmlich als auch häßlich anzusehen, [außerdem war er] glatzköpfig und hatte tiefliegende Augen.‘ 245 Vgl. Háv, c. 16, S. 345.

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beschrieben,²⁴⁶ obwohl er ein vermögender Mann ist. Atlis schlechtes Wesen offenbart sich, als seine Verwandten ihn aufsuchen, um ihn um Hilfe zu bitten. Damit er ihnen keinen Beistand leisten muss, verkriecht sich Atli wie ein Tier im Heuhaufen hinter dem Haus. Die mangelnde Hilfsbereitschaft selbst gegenüber den eigenen Verwandten ist auf seinen unermesslichen Geiz zurückzuführen,²⁴⁷ der durch das Tragen des kurzen und engen Kittels symbolisiert wird. Atli inn litli hüllt sich in Unterschichtkleidung, obwohl sie keinesfalls seiner gesellschaftlichen Position entspricht, da er als wohlhabender Mann bezeichnet wird. Diese Inkongruenz von Körper und Kleid kommt insbesondere durch die schlechte Passform seines Kleidungsstücks zum Ausdruck. Verstärkt wird der Eindruck seiner Erbärmlichkeit durch die Tatsache, dass er weder Hosen noch Schuhe besitzt. Atlis ungenügende Hilfsbereitschaft und die Missachtung seines tatsächlichen Sozialstatus lassen ihn zunächst lächerlich wirken. Im weiteren Handlungsverlauf gelingt es Atli jedoch, sein Narrentum zu überwinden; er unterstützt schließlich sogar seine Verwandten im Kampf gegen ihre Feinde und tauscht seinen engen Kittel gegen angemessene Kleidung.²⁴⁸ In Kapitel 118 der Njáls saga verhöhnt auch Þórhallr Ásgrímsson, der Ziehsohn Njálls, seinen eigentlichen Status und zieht aus diesem Grund den Spott seiner Mitmenschen auf sich. Þórhallr tritt in einem braungestreiften Überwurf aus schlichtem Material in Erscheinung, den er nach eigener Aussage so lange tragen werde, bis er die Klage wegen der Ermordung seines Ziehvaters zu führen habe. Die Söhne Njálls haben für sein Benehmen kein Verständnis und lachen ihn aus.²⁴⁹ Þórhallrs zunächst wenig nachvollziehbares Verhalten greift den Ereignissen der Sagahandlung jedoch voraus, da es bereits auf den bevorstehenden Mordbrand an Njáll und seiner Familie anspielt. Das sagatypische Stilmittel der Vorausdeutung tritt in dieser Szene in Form von unangepasster Kleidung in Erscheinung. Eine Sonderform des Narrentums verkörpert der sogenannte kolbítr-Typ. Bei ihm handelt es sich um einen jungen Mann, der anstatt Heldentaten zu vollbringen, jedwede Form von Arbeit ablehnt und stattdessen faul im Haus vor dem Feuer liegt. Der Vater empfindet zumeist wenig Zuneigung für seinen Sohn und rügt dessen Untätigkeit und Faulheit. Ihm angeordnete Arbeiten führt der kolbítr nur unzureichend oder gar nicht aus. Zu diesem Verhalten passt auch seine schlechte, unangepasste Kleidung.²⁵⁰ So trägt beispielsweise der als kolbítr charakterisierte Grettir Ásmundarson ungeeignete und schlechte Kleidungsstücke, als er bei kalter Witterung die Pferde

246 Háv, c. 15, S. 342: [O]k svá er sagt, at þar eptir væri skaplyndi hans, at hann var inn mesti vesalingr. 247 Vgl. Háv, c. 15, S. 341  f. 248 Vgl. Háv, c. 20, S. 350. 249 Nj, c. 118, S. 295: Þar var Þórhallr Ásgrímsson, fóstri Njáls. Þeir Njálssynir hlógu at honum, er hann var í kasti mórendu, ok spurðu, hvé lengi hann ætlaði at hafa þat. Þórhallr svaraði: ‚Kastat skal ek því hafa, þá er ek á at mæla eptir fóstra minn.‘ 250 Vgl. Dehmer 1927, S. 6–9.

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seines Vaters hüten soll.²⁵¹ In Kapitel 7 der Kjalnesinga saga ist der kolbítr Kolfiðr mit einer eng anliegenden Kappe, deren Zipfel zwischen den Beinen zusammengebunden werden, einer knöchellangen Hose und Schuhen aus Kalbfell bekleidet.²⁵² Die Gunnars saga Keldugnúpsfífls schildert ihren Helden in Kapitel  1 als das Gegenteil seines Bruders Helgi, eines gut gekleideten und tüchtigen Mannes. Gunnar liegt dagegen untätig am Herdfeuer. Als sein Bruder ihn zu Spielen mitnehmen will, macht er einen unansehnlichen Eindruck, weshalb ihn Helgi dazu auffordert, sich aufgrund des kalten Wetters geeignete Kleidung anzuziehen. Gunnar lehnt seinen Vorschlag allerdings entschieden ab.²⁵³ Im weiteren Handlungsverlauf der Sagas gelingt dem kolbítr zumeist eine Metamorphose. Nach dem Meistern einer heldenhaften Tat legt der ‚Kohlenbeißer‘ sein närrisches Verhalten ab und entwickelt sich zu einem geschätzten Mann. Das Aufgeben des Narrentums kommt durch das Ablegen seiner Narrenkleidung zum Ausdruck.²⁵⁴ Grettir erhält nach der Erschlagung von Berserkern und der Überwindung eines Bären von seinem Freund Þorfinnr viele gute Kleidungsstücke. Als Kolfiðr von seiner Mutter gute Kleidung angeboten bekommt, lehnt er diese zunächst ab, nimmt gute Gewänder jedoch später auf Anraten seines Verwandten Korpúlfr entgegen.²⁵⁵ Während die Gunnars saga Keldugnúpsfífls keinen Kleiderwechsel erwähnt, beschreibt ihn die Svarfdœla saga umso ausführlicher: Nach gutem Zureden vonseiten seines Bruders Þórólfr entschließt sich der kolbítr Þorsteinn dazu, sein Dasein als Dümmling bzw. Narr aufzugeben. Zuerst zertrümmert er seinen Schemel, wodurch er symbolisch das Ende seiner Narrenzeit anzeigt.²⁵⁶ Anschließend wird die Mutter von seiner Wandlung unterrichtet und gleichzeitig darum gebeten, ihrem Sohn ein Bad zu bereiten. Sie zieht Þorsteinn den Kittel aus handelsüblichem, einfachem Wollstoff und die Knöchelhosen aus, wäscht ihn, kämmt und schneidet seine Haare.²⁵⁷ Danach

251 Gr, c. 14, S. 40: Grettir var lítt settr at klæðum, en maðr lítt harðnaðr [.] 252 Kjaln, c. 7, S. 17  f.: Kolfiðr var svá búinn, at hann var í kollhettu ok hafði kneppt blöðum milli fóta sér; hann hafði hökulbrækr ok kálfskinnskó loðna á fótum. 253 GunnK, c. 1, S. 344  f.: Nú leið af nóttina, og bjóst Helgi snemma til leiksins annan morgin og gekk þá til eldahúss. Gunnar spurði, hverr þar færi. ‚Hér er kominn bróðir þinn, og vildi eg, Gunnar frændi, að þú veittir mér brautargengi og færir til leiks með mér í dag.‘ Gunnar svaraði: ‚Ertu nú þá búinn?‘ ‚Það er satt,‘ segir Helgi. Gunnar stóð þá upp og var eigi sinniligr. Helgi mælti: ‚Far þú og fá þér klæði,‘ – því að veðrið var kalt. Gunnar kvaðst eigi mundi taka klæðaskipti. 254 Vgl. Dehmer 1927, S. 7–13. 255 Gr, c. 24, S. 87: Grettir fór með Þorfinni norðr aptr ok var með honum, þar til er hann kom í skip með kaupmǫnnum, þeim er út ætluðu til Íslands, ok gaf honum mǫrg góð þing í klæðum [.] Vgl. Kjaln, c. 7, S. 18, c. 8, S. 21: Þá er Kolfiðr var gróinn sára sinna, sagði hann Korpúlfi, frænda sínum, at hann vill finna móður sína. Korpúlfr bað hann því ráða, – ‚en vil ek ráða, at þú hafir eigi lengr tötra þessa,‘ sagði Korpúlfr, ‚vil ek, at þú hafir heðan góð klæði ok vápn, er ek vil gefa þér; muntu þeira brátt þurfa.‘ 256 Vgl. Dehmer 1927, S. 12. 257 Svarfd, c. 2, S. 131: Ok nú færir hon Þorstein af klæðum, vararváðarstakki ok hǫkulbrókum, þeim er hann var vanr [í] at vera.

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bringt Þórólfr seinem Bruder neue Kleidung. Wie die Svarfdœla saga erwähnt auch die Króka-Refs saga die schlechte Ausstattung ihres Protagonisten eingangs nicht. Nach seinem ersten Totschlag zieht Refr allerdings ein schönes Gewand an und beendet somit seine Zeit als kolbítr.²⁵⁸ Neben Sklaven, Landstreichern und Geächteten zählen auch Narren zu den durchweg schlecht gekleideten sozialen Gruppen. Zu ihrer armseligen Garderobe kommt hinzu, dass sie nicht nur hässlich sind, sondern auch unmenschliche Züge aufweisen. So ist das einzig erwähnte Kleidungsstück Helgi Ingjaldssons der durchbrochene Stein um seinen Hals, der sonst nur grasendem Vieh umgelegt wird. Dieser kleine Hinweis reicht aus, um Helgi in Ergänzung seines Äußeren und seiner Dummheit als Narren zu stigmatisieren, der offensichtlich mehr Tierisches als Menschliches an sich hat. Der geizige und wenig hilfsbereite Atli inn litli trägt ebenfalls tierische Züge.²⁵⁹ Sein enger und schlecht sitzender Kittel visualisiert sowohl seinen schlechten Charakter als auch die Tatsache, dass er ursprünglich keiner gesellschaftlichen Gruppe angehört, in der das Tragen ärmlicher Kleidung verbreitet ist. Hreiðarr Þorgrímsson ist sich, im Gegensatz zu Helgi und Atli, seines närrischen Erscheinungsbildes durchaus bewusst und agiert trotz des Ratschlags seines Bruders tölpelhaft. Die Figur Hreiðarrs weist im Umgang mit dem norwegischen Herrscher durchaus Parallelen mit tatsächlichen Hofnarren auf, die sich absichtlich unangepasst kleiden und verhalten. So stolziert er in einfachen Wollgewändern regelrecht an den Gefolgsleuten in der Königshalle vorbei, um selbst in das fürstliche Gefolge aufgenommen zu werden. Die in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir dargestellten Narren gehören eher in seltenen Fällen der armen Unterschicht an. Wesentlich häufiger handelt es sich bei ihnen um wohlhabende Freie, die sich nicht standesgemäß verhalten, wie beispielsweise Gunnlaugr ormstunga oder diejenigen Protagonisten, die dem kolbítrTypus zugeordnet werden können. Sie sind dem Alter nach bereits Männer, tragen aber Knabenkleidung und verhalten sich auch wie Kinder, indem sie die Erledigung sämtlicher Arbeiten verweigern und stattdessen lieber im Haus vor dem Herdfeuer liegen. Letzten Endes gelingt es aber allen Tölpeln, die eigentlich der Oberschicht angehören, ihr Narrentum durch das Ausführen einer mannhaften Tat zu überwinden.²⁶⁰

258 Vgl. Svarfd, c. 2, S. 130–132, c. 2, S. 132: Þórólfr fekk [honum] þá eina loðkápu ok bað hann í fara; hann steypir yfir sik kápunni, ok var hon hvárki síð né of stutt. Vgl. Krók, c. 1–3, S. 119–126, c. 3, S. 126: Refr tók þá ok góð klæði. 259 Man denke an sein erwähntes Versteck im Heuhaufen. Später beißt er, wie Egill Skalla-Grímsson, einem Widersacher die Kehle durch. Vgl. Háv, c. 21, S. 351. 260 Vgl. Dehmer 1927, S. 6–12.

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2.2.4 Fremde Die sozialwissenschaftliche Forschung bezeichnet u.a. eine Einzelperson als ‚fremd‘, die im Unterschied zu einer etablierten Gruppe außerhalb deren kultureller und religiöser Konventionen steht und somit deren Gemeinschaft nicht angehört. Bei den ‚Fremden‘ in ihrer Gesamtheit handelt es sich um Personen, aus denen entweder Kollektive konstruiert werden oder die solchen zugeordnet werden, wie etwa Personen, die einer bestimmten Nationalität, Rasse oder Region angehören.²⁶¹ In den Íslendingasǫgur wird die Gruppe der Fremden von europäischen Ausländern wie z.B. Norwegern, Iren und Schotten sowie den nordamerikanischen Ureinwohnern repräsentiert. Es fällt auf, dass diese nur selten als positive Persönlichkeiten dargestellt werden. Oftmals wird Fremden, besonders Norwegern, Abneigung entgegengebracht. Ihnen ist nach ihrer Ankunft auf Island meist kein gutes Schicksal beschieden, da sie der Mordlust der einheimischen Bevölkerung zum Opfer fallen oder sich durch ungeschicktes Verhalten selbst in lebensbedrohliche Situationen bringen. Die häufig negative Charakterisierung von Fremden wird auch mittels der Kleidung zum Ausdruck gebracht. In Kapitel 29 der Laxdœla saga hält ein gewisser Geirmundr gnýr um die Tochter des Óláfr pá an. Der Norweger Geirmundr ist ein Gefolgsmann des Jarls Hákon inn ríki Sigurðarson und wird als großer Wikinger, verschlossen und unfreundlich charakterisiert.²⁶² Seine Kleidung besteht aus einem roten Scharlachrock und einem grauen Schafspelz. Auf dem Kopf trägt er eine Bärenfellmütze. Außerdem besitzt er das Schwert Fótbítr, das als gute und starke Waffe bezeichnet wird, jedoch keinerlei Verzierungen aufweist.²⁶³ Óláfr erteilt seiner Werbung eine Absage, woraufhin sich Geirmundr an Óláfrs Frau Þorgerðr wendet, die sich nach dem Erhalt kostbarer Geschenke für eine Vermählung ausspricht. Schon bald jedoch entpuppt sich der freigebige Schenker als schlechter Ehemann und ausgesprochener Geizhals. Die Saga führt Geirmundr zwar als wichtige Persönlichkeit ein, da er die Tochter des Protagonisten dieser Generation heiratet. Seine Kleidung fällt keinesfalls ärmlich aus, ist aber weit weniger prachtvoll als die des Óláfr pá. Anstelle einer kompletten Garnitur aus Scharlach und mit Edelmetallen verzierter Waffen besitzt der Gefolgsmann des Jarls lediglich einen Rock aus diesem wertvollen Wollstoff und ein zwar tüchtiges, aber schmuckloses Schwert. Seine Kopfbedeckung aus Bärenfell ist sicherlich ein kostbares Stück, steht aber auch für sein kriegerisches und unzugängliches Wesen. Um ein so großes und wehrhaftes Tier wie einen Bären zu überwinden, sind schließlich unge-

261 Vgl. Geenen 2002, S. 21. 262 Die Saga nennt Hǫrðaland als seinen Wohnsitz, von Geirmundrs genauer Herkunft wird nichts berichtet. Laxd, c. 29, S. 77: Óláfr fór útan um sumarit ok kemr skipi sínu við Hǫrðaland. Þar bjó sá maðr skammt á land upp, er hét Geirmundr gnýr [.] 263 Vgl. Snell 2000, S. 255; Laxd, c. 29, S. 79: [Geirmundr] var svá búinn jafnan, at hann hafði skarlatskyrtil rauðan ok gráfeld yztan ok bjarnskinnshúfu á hǫfði, sverð í hendi; þat var mikit vápn ok gott, tannhjǫlt at; ekki var þar borit silfr á […] Þetta sverð kallaði hann Fótbít.

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heure physische Kräfte und Mut vonnöten. Der Bär steht auch unter tiersymbolischen Gesichtspunkten für Körperkraft und Kampf. Bekleidung aus Bärenfell kommt lediglich noch an einer weiteren Stelle in den Íslendingasǫgur vor, an der es von einem Zauberer in Form eines Schlechtwettermantels getragen wird.²⁶⁴ Gewiss wird der Schwiegersohn Óláfrs nicht explizit als zauberkundiger Mann charakterisiert. Seine Verschlossenheit und unangenehme Wesensart lassen den Sagarezipienten aber bereits erahnen, dass der Norweger auf den weiteren Handlungsverlauf keinen positiven Einfluss nehmen wird. Als Gefolgsmann des Jarls Hákon inn ríki Sigurðarson befindet sich Geirmundr zudem in politischer Opposition zur Familie Óláfr Hǫskuldssons, die stets in der Gunst der norwegischen Könige steht. Hákon inn ríki stellt dagegen im Kampf um die Vorherrschaft im Land den Antagonisten zur Königsherrschaft dar. Der Ladejarl verkörpert nicht zuletzt den alten Glauben, da das Heidentum unter Hákons Herrschaft seine letzte Blüte erlebt.²⁶⁵ Es ist anzunehmen, dass Geirmundr als Gefolgsmann dem Glauben seines Herrn anhing und der Sagaverfasser ihn schon allein aus diesem Grund als schlechten Charakter zeichnet. Obendrein bleibt Geirmundrs Schwert Fótbítr, das er mit einem folgenschweren Fluch belegt hat, in Óláfrs Familie zurück.²⁶⁶ Ein weiterer Gefolgsmann und obendrein Verwandter des Ladejarls Hákon Sigurðarson tritt in der Finnboga saga in Erscheinung: [Álfr aptrkemba] var mikill maðr ok greppligr; hann var í rauðum skarlatskyrtli, ok digrt silfrbelti hafði hann um sik, með slegnu hári; var þat bæði mikit ok fagrt ok lá niðri á herðum honum.²⁶⁷ Der Schwager des Jarls, der Finnbogi zunächst schmeichelt, entpuppt sich schon sehr bald als durchtriebene und hinterlistige Person, die Finnbogi zu ermorden versucht. Dem Isländer gelingt es jedoch, Álfrs Versuch zu vereiteln und seinen Widersacher zu töten.²⁶⁸ Auf Gunnarr Hámundarson wird in Kapitel 77 der Njáls saga ebenfalls ein Mordanschlag verübt. Unter seinen Feinden befindet sich der als austmaðr (‚Norweger‘) bezeichnete Þorgrímr, der einen roten Leibrock trägt.²⁶⁹ Obwohl er als Fremder eigentlich nicht an den Konflikten beteiligt ist, steigt er als Erster auf Gunnarrs Hausdach,

264 Vgl. Ranke 1976, S. 45–48; Molaug 1956, Sp. 664–670; Korm, c. 12, S. 247: [Þ]ar sat maðr mikill ok sterkligr í bjarnskinnsólpu ok gríma fyrir andliti […] Bersi spyrr þenna mann at nafni. Honum er sagt, at hann heitir ýmisst Glúmr eða Skúma. 265 Vgl. Krause 1999, S. 393. 266 Laxd, c. 30, S. 82: ‚Þat læt ek þá um mælt,‘ segir Geirmundr, ‚at þetta sverð verði þeim manni at bana í yðvarri ætt, er mestr er skaði at, ok óskapligast komi við.‘ ,Dann sage ich das,‘ sagt Geirmundr, ‚dass dieses Schwert demjenigen Mann aus eurem Geschlecht den Tod bringen möge, dessen Verlust euch am härtesten trifft, und auf ungeheuerlichste Art und Weise möge es geschehen.‘ 267 Finnb, c. 12, S. 276: ‚[Álfr aptrkemba] war ein großer und barscher Mann; er trug einen roten Rock aus Scharlach und hatte einen breiten Silbergürtel um; er hatte wallendes Haar; das war sowohl dicht als auch schön und hing bis auf die Schultern herab.‘ 268 Vgl. Finnb, c. 12/13, S. 276–278. 269 Nj, c. 77, S.  187: Þorgrímr Austmaðr gekk upp á skálann; Gunnarr sér, at rauðan kyrtil berr við glugginum.

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um nachzusehen, ob er zuhause ist. Gunnarr kann den Widersacher auf seinem Dach an seiner leuchtenden Rockfarbe erkennen und mit dem Spieß tödlich verwunden. Die Vatnsdœla saga berichtet von einem norwegischen Schiffsherrn namens Hrafn, dass er viel Wert auf Waffen und Kleidung lege. Von ihm heißt es weiter, dass er groß, zurückhaltend, unverträglich, von sich selbst eingenommen und lange auf Vikingfahrt gewesen sei.²⁷⁰ Im weiteren Handlungsverlauf entweiht der Schiffsherr einen Tempel, weil er vergisst, sein Schwert abzulegen. Der Held Ingimundr hatte Hrafns Vergehen allerdings beabsichtigt, da der Norweger zuvor seine Gastfreundschaft mit Füßen getreten und ihm die Gefolgschaft verweigert hatte. Aus Rache verschweigt er dem Wintergast während eines Spaziergangs die Tatsache, dass sie in Kürze ein Heiligtum betreten werden. Anschließend nimmt Ingimundr Hrafns kostbare Waffe als Bußleistung an sich.²⁷¹ Sie geht schließlich in Familienbesitz über und wird fortan Ættartangi genannt. Ein Mann mit Namen Vestmaðr (‚Ire‘) ist an seiner farbenprächtigen Kleidung leicht zu erkennen und tritt in Kapitel 29 der Reykdœla saga in Erscheinung.²⁷² Im Auftrag des Goden Þorgeirr soll er den Reitweg des Protagonisten Skúta auskundschaften, damit dieser in einen Hinterhalt gelockt werden kann. Þorgeirrs potenzielles Opfer wird jedoch gewarnt und tötet den fremden Kundschafter wenige Augenblicke später. Als der Titelheld der Hallfreðar saga vandræðaskálds eines Morgens aus seinem Wald kommt, erblickt er Reiter in leuchtend farbigen Gewändern. Sie berichten ihm auf seine Frage nach Neuigkeiten vom Fall König Óláfr Tryggvasons.²⁷³ Obwohl in dieser Szene lediglich die Kleidung der Männer beschrieben wird, und territoriale Spezifizierungen wie austmaðr oder vestmaðr fehlen, muss es sich bei den Reitern um Fremde handeln. Da sie Hallfreðr über den Tod Óláfr Tryggvasons informieren, der während der Seeschlacht von Svoldr ums Leben gekommen ist, sind die Männer höchstwahrscheinlich Norweger oder zumindest ehemalige Gefolgsleute des Königs, die nach Island gereist sind, um seinen Schlachttod bekannt zu geben. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass man Fremde in den Íslendingasǫgur an ihrer leuchtend farbigen Bekleidung erkennt, bietet eine weitere Szene aus derselben Saga: Als der Skalde Hallfreðr nach Island zurückkehrt, meldet der Schafhirt seiner Geliebten Kolfinna die Ankunft von Männern in farbiger Kleidung, woraufhin sie glaubt, es müsse sich um Fremde handeln, die den Weg nicht kennen.²⁷⁴ Eine ausführlichere Beschreibung zweier – aus der Fremde zurückgekehrter – Isländer findet sich in der

270 Vatnsd, c. 17, S. 47  f.: [Hrafn] var fálátr í skaplyndi, stórr ok ódæll ok mikill af sjálfum sér, verit lengi í víkingu ok bjósk mjǫk at vápnum ok klæðum. […] Austmaðrinn fór með honum. 271 Vgl. Vatnsd, c. 17, S. 48  f. 272 Reykd, c. 29, S. 239: Nú spurði Skúta, hverir þar sæti í brekkunni stund frá þeim. En maðrinn kvað þann heita Vestmann, er fyrir þeim var ok í litklæðunum var. 273 Hallfr, c. 10, S. 192: Um morgininn gekk [Hallfreðr] út á holtit ok sá menn ríða í litklæðum at sér. Hann spurði þá tíðenda, en þeir sǫgðu fall Óláfs konungs. 274 Hallfr, c. 9, S. 180: Sauðamaðr Kolfinnu sagði, at tólf menn riðu at selinu ok váru allir í litklæðum. Hon segir: ‚Þeir munu eigi kunna leiðina.‘

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Hrafnkels saga. In Kapitel 4 tritt der vornehm aussehende Þorkell leppr Þjóstarsson in Erscheinung, der sieben Jahre lang in der Warägergarde des byzantinischen Kaisers gedient hat.²⁷⁵ Zu einem späteren Zeitpunkt kehrt Eyvindr Bjarnason, der Bruder von Hrafnkells Antagonisten Sámr, nach Island zurück. Während seines ebenfalls siebenjährigen Auslandsaufenthaltes hat er sich zu einem gebildeten und äußerst tüchtigen Mann entwickelt. In seiner Begleitung befinden sich Kaufleute und Knechte Sámrs. Sie reiten zusammen in farbiger Kleidung und sind mit schönen Schilden ausgestattet.²⁷⁶ Als eine Magd Hrafnkells die Männer erkennt, hetzt sie den vertriebenen Goden zur Rache seiner durch Sámr erlittenen Schmach auf, was schließlich dazu führt, dass Hrafnkell Eyvindr mitsamt seinen Begleitern erschlägt.²⁷⁷ Nach einjähriger Auslandsfahrt kehren die Schwestersöhne Barði Guðmundarsons aus der Heiðarvíga saga in ihre Heimat zurück. Sie sind bei ihrer Ankunft auf Island gerade einmal 18 Jahre alt, werden vom Sagaverfasser aber trotz ihrer Jugend als die schönsten, mächtigsten und klügsten Männer gezeichnet. Auch sie stechen optisch durch farbige Kleidung hervor.²⁷⁸ Neben den Fremden aus Skandinavien wird in den Íslendingasǫgur auch die Garderobe von Personen beschrieben, die aus Irland, Schottland oder gar Nordamerika stammen. Der Eiríks saga rauða zufolge tragen die beiden schottischen Dienstboten Haki und Hekja ein ungewöhnliches Kleidungsstück am Körper: Þau hǫfðu þat klæði, er þau kǫlluðu kjafal; þat var svá gǫrt, at hǫttr var á upp ok opit at hliðinum ok engar ermar á ok kneppt saman milli fóta með knappi ok nezlu, en ber váru þau annars staðar.²⁷⁹ Abgesehen von ihrer außerordentlichen Schnelligkeit werden ihnen keine weiteren Eigenschaften attestiert.²⁸⁰

275 Zur ausführlichen Beschreibung seiner Garderobe vgl. Kapitel 2.1.1. 276 Hrafnk, c. 8, S.  125  f.: Þess er getit, at skip kom af hafi í Reyðarfjǫrð, ok var stýrimaðr Eyvindr Bjarnason. Hann hafði utan verit sjau vetr. Eyvindr hafði mikit við gengizk um menntir ok var orðinn inn vaskasti maðr […] Ok er hann hefir búit um varnað sinn, býr hann ferð sína til Hrafnkelsdals, ferr upp eptir Reyðarfirði. Þeir váru fimm saman […] Váru þeir ok allir í litklæðum ok riðu við fagra skjǫldu. 277 Vgl. Hrafnk, c. 8, S. 125–130. 278 Heið, c. 21, S. 274–276: Þá riðu í mót Barða ok fǫrunautum hans þrír menn í litklæðum, ok hittusk þeir brátt, er hvárir riðu í mót ǫðrum, ok váru hér tveir systursynir Barða í þeiri fǫr, ok hét annarr Lambkárr, en annarr Húnn, ok þá er enn þriði vatnsdœlskr í fǫr með þeim; […] þeir váru þá átján vetra gamlir ok hǫfðu einn vetr útan verit; þeir váru inir mestu ágætismenn at vænleik ok at afli ok at íþróttum, ok þó væri þeir vel at sér gǫrvir, þótt þeir væri fulltíði at aldri. 279 Eir, c. 8, S.  223: ‚Sie trugen das Kleidungsstück, das sie Kjafal nannten; das war so gemacht, dass sich am oberen Ende eine Kapuze befand und es an den Seiten offen war und keine Ärmel hatte und zwischen den Beinen mit einem Knopf und einer Schlinge verschlossen wurde. Ansonsten waren sie nackt.‘ In der Forschung wird die altnordische Kleiderbezeichnung kjafal mit dem frühirischen Substantiv cochall in Verbindung gebracht, was soviel wie Kapuze bzw. Kapuzenmantel bedeutet und seinen Ursprung im lateinischen cucullus hat. Vgl. Breeze 1998, S. 5  f. 280 Den Schotten wird in der altnordischen Literatur allgemein Schnelligkeit attestiert. Vgl. Ebel 1982, S. 52.

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Guðríðr Þorbjarnardóttir, die Protagonistin der Grœnlendinga saga, trifft während ihres Aufenthaltes in Vínland auf eine Frau von außergewöhnlichem Äußeren. Diese ist von kleinem Wuchs, bleich und trägt ein Band in ihren hellbraunen Haaren; sie hat sehr große Augen und ist mit einem schwarzen, zweiteiligen Rock bekleidet. Die Fremde tritt an Guðríðr heran und fragt sie nach ihrem Namen. Als die Gefragte ihr diesen nennt, behauptet jene, ebenfalls Guðríðr zu heißen.²⁸¹ Wie Bo Almqvist gezeigt hat, handelt es sich bei der ‚zweiten Guðríðr‘ um eine Vertreterin der im mittelalterlichen Skandinavien als Skrælingar bezeichneten Ureinwohner des nordamerikanischen Kontinents.²⁸² Ihr eigentümliches, zweiteilig gearbeitetes Gewand besteht aus einem engeren Oberteil, das am Oberkörper anliegt, und einem nach unten hin weiter auslaufenden Rockteil. Es erinnert eher an die Kleidung vornehmer isländischer Frauen, die ein solches auf den Körper geschnittenes Gewand aus Mitteleuropa importiert haben könnten, als an das Kleid einer Indianerin. In den Íslendingasǫgur kommt dieses als námkyrtill bezeichnete Kleidungsstück nur noch an einer einzigen weiteren Stelle vor, nämlich in Kapitel 55 der Laxdœla saga, wo es von der Protagonistin Guðrún Ósvífrsdóttir getragen und detailliert beschrieben wird.²⁸³ Die SkrælingFrau der Grœnlendinga saga erweist sich anhand ihres fremdartigen Äußeren als eher hässlich. So werden u.a. die vermeintlich großen Augen der Ureinwohner Nordamerikas sowie deren Hautfarbe und kleine Statur von den Wikingern als abstoßend empfunden.²⁸⁴ Einzig den mutmaßlichen Häuptling der Skrælingar charakterisiert die Saga als groß und schön.²⁸⁵ Ganz offensichtlich galten Angehörige der Oberschicht selbst dann als gut aussehend, wenn sie einer als hässlich und minderwertig empfundenen Kultur entstammten.²⁸⁶ Anhand der angeführten Beispiele lassen sich zwei verschiedene Kategorien von Fremden ermitteln: Einerseits werden ‚echte‘ Ausländer beschrieben, andererseits Isländer, die sich längere Zeit außerhalb des Landes aufgehalten haben. Diese beiden Typen werden durchaus unterschiedlich dargestellt. Während die Sagas die heimkehrenden Isländer zumeist als vornehme und tüchtige Männer schildern, agieren viele Ausländer äußerst ungeschickt, sind hinterlistig und verschlagen und finden früher

281 Grøn, c. 7, S. 262  f.: En Guðríðr sat í durum inni með vǫggu Snorra sonar síns; þá bar skugga í dyrin, ok gekk þar inn kona í svǫrtum námkyrtli, heldr lág, ok hafði dregil um hǫfuð, ok ljósjǫrp á hár, fǫlleit ok mjǫk eygð, svá at eigi hafði jafnmikil augu sét í einum mannshausi. Hon gekk þar at, er Guðríðr sat, ok mælti: ‚Hvat heitir þú?‘ segir hon. ‚Ek heiti Guðríðr; eða hvert er þitt heiti?‘ ‚Ek heiti Guðríðr,‘ segir hon. 282 Vgl. Almqvist 2001, S. 21. In der Forschung wurde diese Figur aufgrund ihres plötzlichen Erscheinens und ihres Äußeren wiederholt als übernatürliches Wesen gedeutet. Almqvist ist es gelungen, diese Deutungen überzeugend zu widerlegen. 283 Vgl. Kapitel 4.3. 284 Vgl. Almqvist 2001, S. 22. 285 Grøn, c. 7, S. 263: Einn maðr var mikill ok vænn í liði Skrælinga, ok þótti Karlsefni, sem hann myndi vera hǫfðingi þeira. 286 Vgl. Hanselmann 2005, S. 86  f.

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oder später durch die Hand eines Isländers den Tod. Hrafnkell erschlägt zwar auch den zurückgekehrten Isländer Eyvindr Bjarnason, jedoch handelt es sich bei diesem Totschlag um eine Rachetat, und der Bruder Sámrs wird zuvor bei seiner Einführung in die Handlung als gebildeter und tüchtiger Mann beschrieben. Eine durchweg positive Charakterisierung erhalten auch die Heimkehrer aus der Heiðarvíga saga sowie Þorkell leppr Þjóstarsson. Den tatsächlichen Ausländern Geirmundr gnýr, dem Vestmaðr, Þorgrímr und Álfr schreiben die Texte kaum positive Eigenschaften zu. Einzig den Schotten Haki und Hekja wird keinerlei schlechte Eigenschaft, sondern lediglich Schnelligkeit nachgesagt, die in erster Linie ihrem Herrn nützt, der die beiden auf Erkundungen im fremden Vínland schicken kann.²⁸⁷ Im Übrigen werden die Fremden gehäuft als feindselige und verschlagene Menschen gezeichnet, denen keine ehrenvolle Tat gelingen will. Obwohl die Signalfunktion der Kleidung besonders den fremden Skandinaviern eine Zugehörigkeit zur Oberschicht bescheinigt, dient sie dennoch in höherem Maße der Ausgrenzung als der Abgrenzung gegenüber tiefer stehenden sozialen Gruppen. Während die andersartige, bunte Kleidung aufseiten der Heimkehrer positive Eigenschaften wie Bildung und Tüchtigkeit versinnbildlicht, erweist sie sich für die tatsächlichen Ausländer als Exklusionssymbol und Stigma in Bezug auf die isländische Gesellschaft.

2.2.5 Kleiderkritik Negative Kritik an der Kleidung richtete sich im Mittelalter in erster Linie gegen den ausladenden Prunk adeliger Gewänder und erfolgte stets vonseiten des Klerus. Bereits Karl der Große soll seinem Biografen Einhard zufolge auf ausländische Kleidung bewusst verzichtet und nur einheimische, fränkische Erzeugnisse getragen haben, um ein gottgefälliges Leben zu führen.²⁸⁸ Ob der Kaiser tatsächlich diesem entworfenen Bild eines idealen Herrschers entsprach, darf bezweifelt werden, da Notker der Stammler von dessen prachtvoller Kriegsrüstung berichtet.²⁸⁹ Im Mitteleuropa der höfischen Zeit galt die Kleiderkritik dem Luxus der Stoffe, Farben und Schnitte und zielte auf die Gewänder der adligen Damen und deren vermeintliche Unsittlichkeit. Negative Kleiderkritik dient speziell in der mittelhochdeutschen Literatur des 12. und

287 Vgl. Eir, c. 8, S. 223. 288 Einhard, Das Leben Karls des Großen, c. 23, S. 194: Vestitu patrio, id est Francico, utebatur. […] Peregrina vero indumenta, quamvis pulcherrima, respuebat nec umquam eis indui patiebatur [.] Vgl. Raudszus 1985, S. 207  f. 289 Notkeri Gesta Karoli I, c. 34, S. 372: Erat antiquorum ornatus vel paratura Francorum: calciamenta forinsecus aurata, corrigiis tricubitalibus insignita, fasciolae crurales vermiculatae; et subtus eas tibialia coxalia linea, quamvis ex eodem colore, tamen opere arteficiosissimo variata; super quae et fasciolas in crucis modum, intrinsecus et extrinsecus, ante et retro, longissimae illae corrigiae tendebantur. Deinde camisia clizana; post haec balteus spate colligatus.

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13. Jahrhunderts dazu, auf eine Störung sozialer Ordnungsverhältnisse aufmerksam zu machen. In diesem Zusammenhang wird nicht die Kleidung an sich kritisiert, sondern deren falsche Verwendung. Maßt sich z.B. ein Bauer die Kleidung eines Ritters an, so repräsentiert dieser den unstandesgemäßen Träger des Gewandes. Die Dichter des Spätmittelalters rügen dagegen nicht die Missachtung der ständischen Ordnung, sondern betrachten modische Kleidungsstücke als Pervertierung und ihre Träger als gottlos.²⁹⁰ Im Verlauf des Spätmittelalters entstehen sogar regelrechte Luxusgesetze, die es nur bestimmten Personengruppen erlauben, teure Kleidung zu tragen; sie geben genau vor, wie hoch deren Einkünfte sein müssen, um diverse Gewänder aus erlesenen Materialien besitzen zu dürfen. In Mitteleuropa wird mit diesen Gesetzen bezweckt, den Luxus des ökonomisch aufstrebenden Bürgertums einzudämmen und gleichzeitig dem Adel ein Vorrecht an prachtvollen Materialien einzuräumen.²⁹¹ In der isländischen Jónsbók, einem Gesetzbuch aus dem frühen 14. Jahrhundert,²⁹² findet sich ebenfalls ein kurzer Abschnitt zum Thema Kleiderluxus. Er zählt auf, welche Kleidungsstücke sich für welche Besitzverhältnisse ziemen. Zuwiderhandelnde werden mit einer Geldbuße bestraft. Von dieser Anordnung ausgenommen sind königliche Gefolgsmänner und Gelehrte sowie Personen, die luxuriöse Kleidung als Geschenk erhalten haben. Auch Reisende, die wertvolle Gewänder auf einer Auslandsfahrt erwerben, dürfen diese ohne Einschränkung besitzen und tragen.²⁹³ In den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir lässt sich Kleiderkritik nur in geringem Umfang nachweisen, die Luxusgesetzgebung spielt keine Rolle. Kritik bezüglich der Kleidung erfolgt durch Sagafiguren oder vonseiten des Verfassers. Eine besonders eindringliche Kleiderkritik hält der Hreiðars þáttr heimska bereit: In Kapitel 2 fordert Þórðr Þorgrímsson seinen nachlässig gekleideten Bruder Hreiðarr mit folgenden Worten zum Tragen angemessener Bekleidung am Königshof auf: ‚Bú þik þá sœmiliga at klæðum eða vápnum, því at þat eitt samir, ok skortir okkr ekki til þess, ok skipask margir menn vel við góðan búning; enda er vandara at búa sik í konungs herbergi en annars staðar, ok verðr síðr at hlœgi görr af hirðmönnum‘.²⁹⁴

Diese sozialdidaktische Anweisung bezüglich des Kleidungsstils ist für die Íslendingaþættir einzigartig, auch in den Íslendingasǫgur findet sich keine entsprechende Stelle.

290 Vgl. Lehmann-Langholz 1985, S. 303  f. 291 Vgl. Jaritz 1993, S. 17  ff.; Bulst 1993, S. 39  ff.; Bumke 2005, S. 172–175. 292 Vgl. Strauch 2011, S. 250. 293 Vgl. Jónsbók, V, 35, S. 152  f. 294 Hreið, c. 2, S.  122: ,Statte dich dann angemessen mit Kleidung und Waffen aus, weil sich das allein ziemt, und es uns daran nicht fehlt, und es lassen sich viele Leute von guter Kleidung beeindrucken; außerdem muss man es mit der Kleidung im Haus des Königs ernster nehmen als andernorts, und du wirst weniger von den Gefolgsmännern zum Gespött gemacht.ʻ

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Sie besitzt für den weiteren Handlungsfortgang Relevanz: Da sich Hreiðarr hartnäckig weigert, den gut gemeinten Ratschlag seines Bruders zu befolgen, tritt ein, was ihm sein Verwandter im Zuge der Kleiderkritik prophezeit hat: Er wird zum Gespött der königlichen Gefolgsleute.²⁹⁵ Nur selten werden Gewand und Ausrüstung der kritisierten Person so ausführlich beschrieben wie in Kapitel 13 der Eyrbyggja saga: Der noch junge Snorri Þorgrímsson kehrt mit seinen Fahrtgenossen aus dem Ausland zurück. Beim Anlegen des Schiffs wird die Ausstattung der Männer beschrieben: Þorleifr kimbi Þorbrandsson habe sich das beste Pferd und einen prächtig bemalten Sattel gekauft. Er besitze außerdem ein kostbares Schwert, einen mit Gold beschlagenen Speer und einen goldverzierten, dunkelblauen Schild. Seine Kleidung sei von erlesener Machart. Weiter wird erwähnt, dass sein exklusiver Geschmack fast seine gesamten Reisemittel verschlungen habe. Snorri dagegen sei mit einem schwarzen Kapuzenmantel bekleidet gewesen und auf einer schwarzen, guten Stute geritten. Sein Sattel sei altmodisch und seine Waffen seien unverziert gewesen. Die Ausstaffierung Þóroddr Þorbrandssons habe in der Mitte gelegen.²⁹⁶ Aufgrund seiner eher unprätentiösen Ausstattung machen sich die Leute anschließend über Snorri lustig: [O]k hǫfðu menn þat mjǫk at hlátri um búnað hans [.]²⁹⁷ Das Belächeln seiner Ausrüstung entspricht in diesem Fall der Kleiderkritik. Sie richtet sich gegen die Unangepasstheit Snorris, der als Spross der mächtigen Þórsnesingar den Erwartungen der Gesellschaft gemäß von seiner Auslandsfahrt als gemachter Mann zurückkehren müsste. Die ärmliche und schmucklose Garderobe ziemt sich für einen jungen Mann seines Standes nicht und lässt ihn lächerlich erscheinen. An anderer Stelle der Saga wird dagegen die Kleidung der Söhne Þorbrandrs kritisiert. Nach einem Kampf auf dem Eis des Vigrafjǫrðrs lässt der Gode Snorri die Verletzten zu sich nach Hause schaffen. Dort soll einer der Hausleute den schwer verletzten Þóroddr Þorbrandsson von seinen Strumpfhosen befreien. Weil eine Speerspitze Hosen und Knöchel des Verletzten gleichermaßen durchbohrt hat, gelingt es ihm nicht, Þóroddr die Hosen auszuziehen.²⁹⁸ Dieses Problem führt der Knecht Snorris, der die eigentliche Ursache für das Festsitzen der Hosen nicht erkannt hat, auf den modischen Kleidergeschmack der Þorbrandssöhne zurück und bezeichnet diese abwertend als sundrgørðamenn miklir, als äußerst eitle, zu sehr auf ihr Ausse-

295 Vgl. Kapitel 2.2.3. 296 Eyrb, c. 13, S. 22  f.: Þorleifr keypti þann hest, er hann fekk beztan; hann hafði ok steindan sǫðul, allglæsiligan, hann hafði búit sverð ok gullrekit spjót, myrkblán skjǫld ok mjǫk gyldan, vǫnduð ǫll klæði; hann hafði þar ok til vart mjǫk ǫllum sínum fararefnum; en Snorri var í svartri kápu ok reið svǫrtu merhrossi góðu; hann hafði fornan trogsǫðul ok vápn lítt til fegrðar búin; búnaðr Þórodds var þar á milli. 297 Eyrb, c. 13, S. 23: ‚Und die Leute hatten viel über Snorris Aufmachung zu lachen.‘ 298 Vgl. Eyrb, c. 45, S. 125–130.

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hen bedachte Leute.²⁹⁹ Snorri tritt schließlich hinzu, entdeckt die Speerspitze und beschimpft seinen Knecht als Trottel. Þuríðr, die Hausfrau von Fróðá, wird ebenfalls als prunksüchtige Person (skartskona mikil) bezeichnet, da sie die Schätze ihres wohlhabenden Gastes Þórgunna, darunter ein kostbarer Betthimmel, sofort nach deren Ankunft auf Island in Augenschein nehmen möchte.³⁰⁰ Die Hausherrin weigert sich zu einem späteren Zeitpunkt, Þórgunnas Betthimmel verbrennen zu lassen, nachdem diese an einer tödlichen Krankheit verstorben ist. Somit begünstigt Þuríðr die Ausbreitung der todbringenden Seuche, die folglich vielen Personen auf dem Hof Fróðá das Leben kostet.³⁰¹ Eine scharfe Kleiderkritik bietet die Þórðar saga hreðu. In Kapitel 4 bittet Guðrún ihren Mann Jón, ihr einen guten Mantel zu kaufen. Sie wird als großspurig auftretende, eitle und hochmütige Person beschrieben, die sehr auf ihr prächtiges Erscheinungsbild bedacht ist.³⁰² Als Jón bei einem Händler namens Þórir inn auðgi einen prächtigen Mantel entdeckt, nennt ihm dieser einen so hohen Kaufpreis, dass Jón ihn nicht begleichen kann und nochmals umkehren muss, um mehr Geld zu besorgen. In der Zwischenzeit kommt Þórðr Þórðarson zum Marktplatz. Seine hohe Abkunft ist dem Händler sehr wohl bekannt, und er bietet Þórðr den Mantel zum Geschenk an. Plötzlich taucht Jón wieder auf, und es entbrennt ein Kampf um den Mantel, bei dem Jón und sein Schwager getötet werden.³⁰³ Diese merkwürdige Episode birgt zweierlei Kritik: Guðrún wird bereits zu Beginn des Kapitels als maßlose, eitle Frau verurteilt. Aber auch ihr Mann handelt seinem gesellschaftlichen Rang zuwider und legt alles daran, einen Mantel zu erwerben, den er sich eigentlich nicht leisten kann. Durch die vom Verfasser eingesetzte Kleiderkritik kann zudem der Konflikt zwischen den Sagafiguren sowie der Tod Jóns und seines Schwagers für den Rezipienten verständlich gemacht werden. Der Steins þáttr Skaptasonar charakterisiert seinen Titelhelden zunächst positiv als begabten, schönen Mann und guten Skalden. Allerdings sei er sehr auf sein Äußeres bedacht und hochmütig.³⁰⁴ Während eines Aufenthalts in Norwegen verweigert Steinn gegenüber König Óláfr inn helgi den Gehorsam und muss das Land verlassen. Er flieht nach England und weilt fortan am Hof König Knútr inn ríkis, wo er sich ebenfalls durch sein äußeres Erscheinungsbild auszeichnet: Steinn var […] afburðamaðr

299 Eyrb, c. 45, S. 129: ‚Eigi er þat logit af yðr Þorbrandssonum, er þér eruð sundrgørðamenn miklir, at þér hafið klæði svá þrǫng, at eigi verðr af yðr komit.‘ 300 Eyrb, c. 50, S. 137: En er Þuríðr húsfreyja at Fróðá spyrr þetta, var henni mikil forvitni á at sjá gripina, því at hon var glysgjǫrn ok skartskona mikil. 301 Vgl. Eyrb, c. 51–55, S. 139–152. 302 Þórð, c. 4, S. 180: Guðrún hét kona […], ofláti mikill ok metnaðarfull […] hon var áburðarkona. 303 Vgl. Þórð, c. 4, S. 180–185. 304 Stein, c. 3, S. 256: Steinn Skaptason var manna fríðastr ok bezt at sér görr um íþróttir, skáld gott ok skartsmaðr mikill ok metnaðarfullr.

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mikill at vápnum ok klæðum, ok var hann þá kallaðr Steinn inn prúði.³⁰⁵ Aufgrund seines Hochmuts hegt der Herrscher allerdings schon bald den Verdacht, Steinn wetteifere mit ihm in Bezug auf ein prachtvolles Erscheinungsbild, was dazu führt, dass der Skalde den dänischen Fürstenhof verlassen und sich auf Reisen begeben muss. An der Küste Jütlands erleidet er schließlich Schiffbruch, kann sich aber an Land retten: Hann var þá enn skrautliga búinn ok hafði mikit fé á sér ok var dasaðr mjök.³⁰⁶ Eine Frau, die sich mit ihrer Wäsche auf dem Weg zum Strand befindet, entdeckt den entkräfteten Mann in einem Tanghaufen. Als sie seinen Reichtum bemerkt, erschlägt sie Steinn kurzerhand mit ihrem Wäscheholz. Der Þáttr schließt mit einer Erklärung für das erbärmliche Ende Steinn Skaptasons: Gafsk honum svá af ofmetnaði ok óhlýðni við Óláf konung.³⁰⁷ Steinns Vorliebe für exklusive Kleidung ist durchweg an die Charaktereigenschaft Hochmut geknüpft. Diese führt zunächst dazu, dass er aus König Óláfrs Diensten entlassen wird, später den Hof Knuts des Großen verlassen muss und schließlich auf schmähliche Art und Weise von einer Frau getötet wird, die ihn obendrein seines Vermögens beraubt. Besonders töricht verhält sich eine Figur in der Vatnsdœla saga, die von den Knechten Þorsteinns frá Hofi beobachtet wird. Der Mann rastet zusammen mit neun Gefolgsleuten, die prachtvoll gefärbte Gewänder tragen, vor einer Sennhütte. Er selbst ist mit einem Umhang und einem Schleppgewand aus feinem Stoff bekleidet, von dem er mit seinem Schwert den unteren Teil mit der Begründung, er wolle keinen Schmutz hinter sich herziehen, abtrennt.³⁰⁸ Þorsteinn versucht anschließend, das merkwürdige Vorgehen des Mannes zu deuten: [Hann] kvað þetta bragð tveggja hvárt, at spilla gripum sínum, þótt stykki á, ok síðan at æja í engjum manna, nǫkkurs heimsks manns ok óráðvands, ella mikils manns ok ofláta.³⁰⁹ Aufgrund der Schilderung seiner Knechte kann der Hausherr Þorsteinn die Person mit dem ungewöhnlichen Verhalten als Bergr inn rakki (‚Bergr der Kühne‘) aus dem Víðidalr identifizieren. Er ist ein Neffe Finnbogi inn rammis, des Protagonisten der Finnboga saga. Bergr wird als stark und streitbar charakterisiert. Im weiteren Handlungsverlauf stellt er sich als durchweg ne-

305 Stein, c. 6, S. 265  f.: ‚Steinn […] zeichnete sich sehr durch Waffen und Kleidung aus, und er wurde da Steinn der Prächtige genannt.‘ 306 Stein, c. 6, S. 266: ‚Er war da noch immer prachtvoll gekleidet und hatte ein großes Vermögen bei sich und war sehr erschöpft.‘ 307 Stein, c. 6, S. 266: ‚Für ihn kam es so aufgrund seines Hochmuts und seines Ungehorsams gegenüber König Óláfr.‘ 308 Vatnsd, c. 31, S. 84: Þau sá einn dag, at tíu menn áðu í enginu, ok var kona eitt; þeir váru allir í litklæðum. Vesl hafði einn yfir sér ok slœður af góðu klæði; […] hann brá sverði ok sneið af neðan, þat er saurugt hafði orðit í reiðinni, ok kastaði á braut, – þat var spanna-breitt, – ok mælti svá at þau heyrðu, at hann kvazk eigi vilja reiði eptir sér saur. 309 Vatnsd, c. 31, S. 85: ‚[Er] sagte, dieses Verhalten, seine Kleidung so zu verderben, dass ein Stück abgeschnitten werde, und dann seine Pferde auf einer fremden Wiese grasen zu lassen, sei entweder das eines törichten und unredlichen Mannes oder das eines bedeutenden und großspurig auftretenden.‘

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gative Figur heraus, die keinen Konflikt scheut und schließlich zusammen mit ihrem Verwandten Finnbogi aus dem Víðidalr verbannt wird. Gísli Súrsson und seine Verwandten reisen in der Gísla saga Súrssonar in farbenprächtigen, luxuriösen Gewändern zum Thing. Þorkell inn auðgi Þórðarson und einigen anderen missfällt der prunkvolle Aufzug der Leute aus dem Haukadalr, weshalb sie einen weisen Mann namens Gestr empört fragen, wie lange dieses herrische Verhalten noch andauern werde. Er prophezeit ihnen, dass die Haukadœlir nach drei Sommern nicht mehr so einträchtig beisammen sein werden.³¹⁰ Tatsächlich sollte sich Gestrs Prophezeiung erfüllen: Zwischen den befreundeten Männern kommt es zu Streitigkeiten, die zu gegenseitigen Totschlägen sowie letztlich zur Ächtung Gíslis führen. Die Kleiderkritik wird in dieser Szene Teil des Stilmittels der Vorausdeutung. Der Thingbesuch in prächtiger Kleidung evoziert Þorkells Missgunst, der die Kritik in Form einer Frage nicht etwa an die übertrieben ausstaffierten Helden, sondern an Gestr richtet. Es zeigt sich in diesen Beispielen, dass negative Kleiderkritik vom Verfasser häufig zur erweiterten psychologischen Figurencharakterisierung eingesetzt wird. Die meisten auf diese Weise Kritisierten erweisen sich als Figuren, die auf den weiteren Handlungsverlauf kaum positiven Einfluss nehmen. Personen wie z.B. Skálp-Grani, Jón und sein Schwager oder Steinn Skaptason überschätzen ihren sozialen Status und bezahlen ihr Streben nach prachtvoller Kleidung und Ausrüstung mit dem Leben. Þuríðrs Prunksucht führt dazu, dass viele Leute auf Fróðá an einer tödlichen Seuche sterben müssen, wohingegen die angeblich zu eng sitzenden und deshalb als zu modisch kritisierten Strumpfhosen des Þóroddr Þorbrandsson als burleskes Element dienen, um den Knecht Snorris als typischen Vertreter seiner Zunft, nämlich als Trottel, darzustellen. Der Neid auf das prunkvolle Auftreten der Leute aus dem Haukadalr und die anschließenden Worte des weisen Gestr dienen dagegen nicht in erster Linie der Chrakterzeichung der Sagahelden, sondern deuten auf schwerwiegende Konflikte in der Zukunft hin. Kritisiert wird, ähnlich wie in der kontinentalen Literatur des Hochmittelalters, nicht das Gewand an sich, sondern der nicht standesgemäße Umgang damit. Dies wird besonders an den Figuren des Goden Snorri und des Tölpels Hreiðarr deutlich: Snorri wird wegen seiner einfachen und schmucklosen Kleidung zunächst verlacht, entwickelt sich aber im weiteren Handlungsverlauf zu einem der mächtigsten und reichsten Männer auf ganz Island. Die Kleiderkritik an Snorri Þorgrímsson wird obendrein dem ambivalenten Bild gerecht, das die Eyrbyggja saga von ihrem Protagonisten entwirft. Einerseits tritt er als weiser, friedenstiftender Häuptling in Erscheinung, dem es gelingt, selbst schwerwiegende Konflikte zu lösen; andererseits erweist er sich als machtgierig, unerbittlich gegenüber seinen Widersachern und rachsüchtig.

310 Vgl. Gísl, c. 5, S. 19, c. 6, S. 21.

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Hreiðarr Þorgrímsson, der sich explizit weigert, den höfischen Kleidungsstil zu adaptieren und deshalb zum Gespött der Königsmänner wird, ist – trotz seiner Narrenkleidung – der positiv gezeichnete Titelheld des Þáttr, dem es schließlich gelingt, Gefolgsmann des norwegischen Königs zu werden. Ärmliche und schmucklose Kleidung ziemt sich jedoch nicht für die beiden Helden, da sie, wie Snorri, entweder von vornehmer Abkunft sind oder als angehende Gefolgsmänner des norwegischen Herrschers Glanz und Macht des Hofs nach außen repräsentieren müssen. Schließlich bleibt festzuhalten, dass kaum einer der negativ beurteilten Helden sein Kleidungsverhalten aufgrund von explizit geäußerter Kritik durch sein soziales Umfeld ändert. Dies steht beispielsweise im Kontrast zum sogenannten kolbítr-Typ der Narren, der nach Ausführen einer mannhaften Tat seine schlechten Gewänder ablegt. Im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Zeugnissen kennt die altisländische Sagaliteratur auch eine positive Form der Kleiderkritik. Sie ist allerdings nicht immer eindeutig von einer bloßen Beschreibung wertvoller Kleidung zu unterscheiden, weshalb in diesem Kapitel ausschließlich Stellen diskutiert werden, in denen ein ansprechendes Äußeres entweder vonseiten der Sagafiguren oder des Verfassers positiv konnotiert wird. Eine solch anerkennende Kritik bietet die Finnboga saga, die für das äußere Erscheinungsbild ihres Titelhelden ausschließlich anerkennende Worte findet: Finnbogi stóð fyrir konungi. Hann var ágætliga búinn, ok undruðu allir menn hans fegrð ok kurteisi.³¹¹ Finnbogi wird zudem als inn mesti skartsmaðr í búningi³¹² bezeichnet, wobei der Terminus skartsmaðr (‚prachtliebender Mann‘), anders als im Falle der negativen Kleiderkritik, positiv zu verstehen ist und das höfische, vornehme Auftreten des Protagonisten unterstreicht. Die Gunnars saga Keldugnúpsfífls ergänzt die Charakterisierung ihres Helden Helgi Þorbjarnarson, den sie als maßvollen, besonnenen Mann schildert, ebenso um diesen Terminus wie die Eiríks saga rauða, die die Figur des Einarr Þorgeirsson als schönen, tüchtigen Mann beschreibt.³¹³ In Kapitel  5 der Víglundar saga wird das Aussehen des Helden Þorgrímr Eiríksson gerühmt: Hann var sæmiliga klæddr, því at konungr lagði mikla virðing á hann, ok þótti þat mörgum hans mönnum við of ok lögðu mikla þykkju á Þorgrím þar fyrir. Lengt var nafn hans ok var kallaðr Þorgrímr prúði.³¹⁴

311 Finnb, c. 20, S. 289: ‚Finnbogi stand vor dem König. Er war vornehm gekleidet, und alle Anwesenden bewunderten seine Schönheit und sein höfisches Auftreten.‘ 312 Finnb, c. 38, S. 324: ‚prachtliebender Mann, der sehr auf seine Kleidung bedacht ist‘. 313 GunnK, c. 1, S. 344: Var Helgi skartsmaðr mikill, hæfilátr ok hversdagsgæfr. Eir, c. 3, S. 203: [Þorgeirr] átti son, er Einarr hét; hann var vænn maðr ok vel mannaðr; hann var ok skartsmaðr mikill. 314 Vígl, c. 5, S. 70: ‚Er war kostbar gekleidet, weil der König eine hohe Meinung von ihm hatte; und das schien vielen seiner Männer übertrieben zu sein, und sie waren deswegen nicht gut auf Þorgrímr zu sprechen. Sein Name wurde verlängert, und er wurde Þorgrímr der Prächtige genannt.‘

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Þorgrímrs Beliebtheit beim norwegischen König Haraldr hárfagri, der ihn einst als Ziehsohn zu sich genommen hatte, weckt den Neid der Gefolgsleute. Die Þorgrímr zunächst vonseiten der Königsmänner entgegengebrachte Missgunst wird zu einem späteren Zeitpunkt der Handlung ein weiteres Mal thematisiert: Auf Island neiden ihm Widersacher seinen hohen gesellschaftlichen Rang und beschließen deshalb, in Þorgrímrs Abwesenheit dessen Hof zu überfallen und seine schöne Frau, die norwegische Jarlstochter Ólof geisli, zu schänden. Die eigentlich positiv zu verstehende Kleiderkritik deutet, ähnlich wie ihre negative Variante in der Gísla saga, auf einen künftigen Konflikt hin. Der norwegische Jarl Hákon rühmt in Kapitel 14 der Flóamanna saga das schmucke Äußere des Þorgils persönlich: ‚Mikill maðr ertu ok sterkligr, [ok] fríðr sýnum [.]‘³¹⁵ In der Öffentlichkeit erfährt Óláfr pá für seine vestimentäre Ausstattung wiederholt Bewunderung, ebenso seine Mutter Melkorka, die von Hǫskuldr Kollsson in der Laxdœla saga als Sklavin nach Island gebracht wird: [V]ar þat ok allra manna mál, at henni semði góð klæði.³¹⁶ Anhand der aufgeführten Belegstellen wird sichtbar, dass auch positive Kleiderkritik der Charakterzeichnung dient. Sie unterstreicht zumeist den hohen sozialen Status, den ein Held oft ohnehin von Geburt an innehat, sowie bestimmte Eigenschaften wie Tüchtigkeit und Stärke. Erfährt ein Protagonist vonseiten eines Herrschers oder von anderen Mitgliedern der Gesellschaft Lob für sein Erscheinungsbild, erweist er sich meistens als tadellose Figur. An einigen wenigen Stellen fungiert die positive Kleiderkritik als Vorausdeutung künftiger Ereignisse oder Sachverhalte. So weist der Neid, den Þorgrímr aus der Víglundar saga bei seinen Mitmenschen erregt, auf einen bevorstehenden Konflikt hin, und die Tatsache, dass Melkorka schöne Kleidung gut steht, deutet bereits an, dass es sich bei ihr nicht um eine gewöhnliche Sklavin handeln kann. Es fällt auf, dass sich in den Íslendingaþættir kaum eine solche Form der Kleiderkritik nachweisen lässt. Möglicherweise fehlt sie, weil die Protagonisten dieser Texte zunächst seltener als königliche Gefolgsmänner oder ganz allgemein als Angehörige der Oberschicht in die Handlung eingeführt werden. Die Helden der Þættir stammen zwar nicht selten aus einem bedeutenden isländischen Geschlecht, kommen aber häufig als noch junge Männer mit wenig Vermögen an fremde Königshöfe und müssen sich im Ausland erst bewähren, um die Gunst des Herrschers zu erlangen. Gelegentlich reisen sie auch als Rächer an fremde Höfe und brechen bewusst mit geltenden Normen und Kleiderkonventionen, um nicht erkannt zu werden. Sowohl anhand der negativen als auch der positiven Kleiderkritik wird sichtbar, dass die Verfasser der Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir über fremdländische

315 Flóam, c. 14, S. 257  f.: ,Ein großer Mann bist du und stattlich, [und] siehst ansehnlich aus.ʻ 316 Laxd, c. 12, S. 24  f.: ‚Und alle sagten, dass ihr schöne Kleidung gut stünde.‘ Vgl. Laxd, c. 22, S. 62; vgl. Kapitel 2.1.1.

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und einheimische Modesitten gut informiert und sich der Zeichenfunktion von Kleidung bewusst gewesen sein müssen. Sie setzen dieses Wissen geschickt ein, um Helden zu charakterisieren und die Handlung zu motivieren.

2.3 Grenzen sozialer Kleiderdistinktion 2.3.1 Verkleidung Die Signalfunktion der Kleidung, die ihrem Träger einen bestimmten gesellschaftlichen Rang zuordnet, stößt in den Íslendingasǫgur und den Íslendingaþættir regelmäßig an ihre Grenzen. Sehr häufig werden diese Grenzen durch den Einsatz der Maskerade sichtbar. Für den Germanisten Andreas Kraß handelt es sich bei Verkleidungen um: Rollenspiele, in denen Figuren ihre ständische Bindung vorübergehend außer Kraft setzen, um Ziele zu erreichen, die im Rahmen der gegebenen Gesellschaftsordnung nicht oder nicht ohne Komplikationen realisierbar sind.³¹⁷

Die Protagonisten verlassen demnach mithilfe von Verkleidungen den Spielraum des ihnen angestammten sozialen Feldes,³¹⁸ der gewissen Regeln unterliegt, die definieren, was erlaubt und was nicht erlaubt ist, und somit bestimmte Zwänge darstellen, denen sie sich nicht entziehen können. Auf solchen sozialen Feldern agieren auch die Helden der Sagas und Þættir. Ihre Motivation für den Einsatz der Maskerade entspricht der These von Andreas Kraß, der diese für Protagonisten der mittelhochdeutschen Versepen formuliert hat. Grundsätzlich verfolgen Akteure der altnordischen Texte mit ihren Verkleidungen zweierlei Ziele: Sie setzen Maskeraden entweder ein, um inkognito einen Rachetotschlag ausführen zu können, oder aber um sich selbst vor eventuellen Todfeinden zu verbergen. Lediglich in einem einzigen Fall wird Verkleidung eingesetzt, um Informationen über eine Rechtslage zu erhalten. In Kapitel  22 der Njáls saga empfiehlt der weise Njáll seinem Freund Gunnarr Hámundarson eine kuriose, aber wirksame List, um das Eigentum seiner Verwandten Unnr von ihrem geschiedenen Ehemann Hrútr zurückzuerhalten, der seinerseits als Rechtskenner charakterisiert wird. Gunnarr soll zu diesem Zweck in die Rolle des ungehobelten fahrenden Händlers Kaupa-Heðinn schlüpfen: ‚[S]kalt þú hafa váskufl yztan klæða ok undir sǫluváðarkyrtil mórendan; þar skalt þú hafa undir in góðu klæði þín ok taparøxi í hendi.‘³¹⁹ So verkleidet muss

317 Kraß 2006, S. 232. 318 Zu Bourdieus Feldtheorie vgl. Schwingel 2009, S. 84  ff. 319 Nj, c. 22, S. 59: ,Du sollst einen Regenmantel über deinen Kleidern tragen und darunter einen braungestreiften Rock aus einfacher Wolle; darunter sollst du deine guten Gewänder tragen und eine kleine Streitaxt in der Hand halten.ʻ

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er sich auf den Weg zu Hrútr machen und ihn geschickt ausfragen. Allerdings kann Gunnarrs Maskerade später enttarnt werden, da einem der Hausleute Hǫskuldrs, auf dessen Hof Gunnarr auf dem Weg zu Hrútr übernachtet, auffällt, dass aus den Ärmeln Heðinns eine Goldborte und roter Stoff hervorblitzen.³²⁰ Interessant erscheint in diesem Zusammenhang auch die soziale Identität eines tatsächlichen Kaupa-Heðinn, die durch Njálls genaue Verkleidungsanweisungen zur Anschauung gebracht wird: Er gehört der Schicht fahrender Kaufleute an, die unter vestimentären Gesichtspunkten in den Íslendingasǫgur unterrepräsentiert auftreten. Heðinns Regenmantel versinnbildlicht einerseits Zweckorientiertheit und ist somit nicht der Oberschichtkleidung zuzuordnen. Sein Rock aus braun gestreiftem Wollstoff weist ihn andererseits auch nicht als armen Mann aus, da gestreiftes Tuch teurer war als einfarbiges.³²¹ In die Rolle eines Händlers schlüpft auch Skúta Áskelsson in Kapitel 25 der Reykdœla saga. Als er einen Holzverkäufer mit seiner Ware erblickt, geht er in dessen Richtung, tauscht mit ihm die Kleidung und nimmt diesem schließlich auch seine Ladung ab. Mit der Holzaxt erschlägt er seinen Widersacher Þorgeirr Þórisson.³²² In der Hallfreðar saga vandræðaskálds beauftragt König Óláfr Tryggvason seinen Skalden Hallfreðr mit der Verstümmelung bzw. Tötung eines widerspenstigen Heiden, der sich standhaft weigert, den christlichen Glauben anzunehmen. Um von seinem Opfer nicht als Königsmann erkannt zu werden, beschließt Hallfreðr, sich als Bettler zu verkleiden. Für seine Maskerade lässt er sich Farbe auf die Augen streichen, biegt seine Lider nach außen und verändert sein gesamtes Äußeres. Zusätzlich trägt er einen großen Sack auf dem Rücken.³²³ Kurioserweise nützt der große Aufwand, den der Skalde mit seiner Verkleidung betreibt, bei der Durchführung seines Auftrags nur wenig, da der Heide Þorleifr bereits von seinem Peiniger geträumt hat und ihn umgehend identifizieren kann. Dennoch gelingt es Hallfreðr, dem Ungläubigen ein Auge auszustechen.³²⁴ Um sich für den Raub von Waren und die Ermordung seiner Schiffsmannschaft durch den Ladejarl Hákon zu rächen, kehrt der Skalde Þorleifr Ásgeirsson aus seinem Exil am dänischen Hof nach Trondheim zurück. Damit er zum Julfest in die Halle des Machthabers vorgelassen wird, tauscht er in Kapitel 4 des Þorleifs þáttr jarlsskálds seine eigenen Gewänder gegen die eines Bettlers aus:

320 Nj, c. 23, S. 64: ‚Þat sá ek, at fram undan erminni kom eitt gullhlað ok rautt klæði [.]‘ 321 Vgl. Falk 1919, S. 51. 322 Vgl. Reykd, c. 25, S. 229: En Skúta snýr þangat, sem hann sá mann ganga með viðarbyrði. Ok nú skiptir hann klæðum við þenna mann, en tekr upp byrðina ok gengr vestr yfir á með ok hefir viðarøxina í hendi sér […] Ok í því reiðir hann upp øxina, Skúta, ok veitti Þorgeiri þegar banasár. 323 Hallfr, c. 6, S. 164: Hallfreðr tók þá stafkarls gørvi; hann lét leggja lit í augu sér ok sneri um á sér hvǫrmunum ok gerði mikla breytni á yfirlitum sínum; langan bagga hafði hann á baki [.] 324 Vgl. Hallfr, c. 6, S. 165  f.

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Þorleifr býr sér nú stafkarls gørvi ok bindr sér geitarskegg ok tók sér eina stóra hít ok lét koma undir stafkarls gørvina ok bjó svá um, at öllum skyldi sýnask, sem hann æti þann kost, er hann kastaði í hítina, því at gíman hennar var uppi við munn honum undir geitarskegginu; síðan tekr hann hækjur tvær, ok var broddr niðr ór hvárri.³²⁵

Während des Festgelages nimmt Þorleifr bei anderen Bettlern auf der hinteren Bank in der Halle Platz und beginnt, mit den eisenbewehrten Krücken auf seine Bankgenossen einzuschlagen. Bald herrscht so großer Tumult, dass der Jarl den aggressiven Landstreicher zu sich rufen lässt. Dieser stellt sich dem Herrscher unter dem Pseudonym Níðungr Gjallandason (‚Übeltäter, Sohn des Schreiers‘) vor und sagt schließlich ein Gedicht auf, das Jarl Hákon unerträglichen Juckreiz beschert. Auf die verärgerte Nachfrage, ob er denn nicht besser dichten könne, beginnt Þorleifr die sogenannten Þokuvísur (‚Nebelweisen‘) sowie ein Spottgedicht vorzutragen, die ihre Wirkung nicht verfehlen: In der Halle des Jarls wird es finster, Schwerter beginnen sich von selbst zu bewegen und töten zahlreiche seiner Gefolgsmänner; der Fürst selbst fällt in Ohnmacht. Als er aus dieser erwacht, sind ihm Haupt- und Barthaar abgefault. Er erkennt nun, dass es sich bei dem Bettler um Þorleifr gehandelt haben muss, und ersinnt seinerseits einen Racheplan, der schließlich den Tod des Skalden zur Folge hat.³²⁶ Ein regelrechter Meister der Verkleidung ist auch Refr Steinsson, der Protagonist der Króka-Refs saga: Für seine Maskerade als Landstreicher bindet er sich einen grauen Bart um, wirft sich einen alten, abgetragenen Kapuzenmantel über die Schultern und stattet sich mit zwei Krücken aus. Schließlich überlistet er unter dem Pseudonym Sigtryggr (‚der Siegessichere‘) seine Feinde und lockt sie in einen tödlichen Hinterhalt.³²⁷ Þormóðr Kolbrúnarskáld tauscht in Kapitel  23 der Fóstbrœðra saga mit dem Landstreicher Lúsa-Oddi seinen Mantel, um auf Grönland den Tod seines Schwurbruders rächen zu können. Oddi kann die Aufforderung zum Kleidertausch nicht nachvollziehen und bittet den Skalden, sich nicht über ihn lustig zu machen.³²⁸ Zwei schlecht gekleidete Jungen mit Stöcken in ihren Händen bitten in Kapitel 28 der Gísla

325 ÞorlJ, c. 4, S. 327: ‚Þorleifr stattet sich nun mit Bettlerkleidung aus und bindet sich einen Ziegenbart um und nahm sich einen großen Sack aus Tierhaut und ließ diesen unter die Bettlerkleidung kommen; und er richtete ihn so her, dass alle denken sollten, er äße die Speise, die er in den Sack warf, weil dessen Öffnung oben an seinem Mund unter dem Ziegenbart war; dann nimmt er zwei Krücken, an deren beiden Enden sich jeweils eine Eisenspitze befand.‘ 326 Vgl. ÞorlJ, c. 4–7, S. 328–335. 327 Krók, c. 20, S. 158: [Þ]á kom af landi ofan karl einn gamall við tvá stafi ok í vándri heklu ok hvítt skegg af hæru. Vgl. Krók, c. 20, S. 158  f. 328 Fbr, c. 23, S. 239: Oddi segir: ‚Ek hefi fátt til kaupa, eða hverju villtu við mik kaupa?‘ [Þormóðr svarar:] ‚Ek vil kaupa at þér yfirhǫfn þá er þú átt.‘ Oddi svarar: ‚Eigi þarftu at spotta at mér.‘ Vgl. Fbr, c. 23, S. 240; vgl. außerdem Kapitel 2.2.1.

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saga Súrssonar Gestr inn spaki Oddleifsson um eine Mitfahrgelegenheit zum Thing.³²⁹ Bei ihnen handelt es sich um die als Bettler verkleideten Söhne Vésteinns, die für den Totschlag an ihrem Vater Vergeltung üben wollen und Þorkell Súrsson mit seinem eigenen Schwert erschlagen. Neben fahrenden Händlern und Bettlern zählt zum Verkleidungsrepertoire der Protagonisten an einer Stelle sogar die Rolle eines Aussätzigen: Gisl fór til bœjarins ok gerði þat bragð á með ráði Hákonar, húsbónda síns, að hann lét steypa heitu vaxi í andlit sér, ok lét þar harðna á; var hann þá vanheiligr at sjá.³³⁰ Der Titelheld des Gisls þáttr Illugasonar³³¹ ist nach Norwegen gereist, um den Totschlag an seinem Vater zu rächen, den Gjafvaldr, ein Gefolgsmann des Königs Magnús berfœttr, einst ausgeführt hatte. Als Aussätziger verkleidet, kann er sich unerkannt in den Straßen Trondheims aufhalten und Gjafvaldr angreifen und erschlagen.³³² Vereinzelt wählen die Helden für ihre Maskerade keine spezifische Rolle, sondern statten sich lediglich mit einigen wenigen Requisiten aus, die keinerlei soziale Kategorisierung zulassen. So sucht beispielsweise Þorsteinn Þorfinnsson, der Protagonist der Þorsteins saga hvíta, unter dem Pseudonym Sigurðr Einarr Þórisson auf, an dem er sich für eine erlittene Schmach rächen will. Zu seiner Tarnung trägt er lediglich einen Wollhut auf dem Kopf.³³³ Auch Þorgils Hǫlluson, der sich in der Laxdœla saga auf die Suche nach Bolli Þorleikssons Mörder Helgi Harðbeinsson macht, betreibt mit seiner Verkleidung geringen Aufwand. Um herauszufinden, wo Helgi sich aufhält, tauscht der Rächer seinen blauschwarzen Wollmantel gegen einen grauen Regenumhang aus und kann inkognito das Versteck des Opfers erfragen.³³⁴ Verkleidung wird in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir nicht nur zur Ausführung einer Vergeltungstat eingesetzt, sondern auch zum Schutz der Helden vor tödlichen Gefahren. Um seinen Todfeinden zu entkommen, tauscht Gísli Súrsson deshalb zweimal mit einem Knecht die Kleider. In Kapitel 20 der Gísla saga Súrssonar schenkt der Titelheld seinem eigenen Knecht, angeblich für dessen Treue, seinen blauen Mantel und fordert ihn auf, diesen sofort anzuziehen,³³⁵ woraufhin die Verfol-

329 Gísl, c. 28, S. 89: Ok er Gestr er albúinn, koma til hans sveinar tveir ok klæddir illa ok hǫfðu stafi í hǫndum. Vgl. Gísl, c. 28, S. 90  f. 330 GislIll, c. 1, S. 39: ‚Gisl fuhr in die Stadt und wandte auf Rat seines Gastgebers Hákon die List an, dass er sich heißes Wachs übers Gesicht gießen und es darauf aushärten ließ. Er sah dann ungesund aus.‘ 331 Die hier zitierte Ausgabe Guðni Jónssons schreibt den Personennamen des Helden ‚Gisl‘, während er im Abkürzungsverzeichnis des arnamagneanischen Wörterbuchs als ‚Gísl‘ eingetragen ist. Diese Arbeit richtet sich nach der Schreibweise Guðni Jónssons. 332 Vgl. GislIll, c. 2, S. 39  f. 333 Þorsteins s. hvíta, c. 6, S. 12  f.: Þorsteinn hafði spjót í hendi ok ullhǫtt á hǫfði. Konan vakði Einar. Hann spurði, hverr kominn væri. Hún sagði, at hann nefndisk Sigurðr. 334 Laxd, c. 62, S. 185: Gerir Þorgils nú klæðaskipti; steypir af sér kápu blári, en tók yfir sik váskufl einn grán. 335 Gísl, c. 20, S. 64  f.: ‚Kápu þessa vil ek gefa þér, vinr, ok vil ek, at þú njótir nú þegar ok farir í kápuna.‘

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ger dem Sklaven nachsetzen und ihn an Gíslis Stelle töten. Beim zweiten Mal wechselt der Geächtete mit einem Knecht des Bauern Ingjaldr, bei dem er sich versteckt hält, die Gewänder und benimmt sich zusätzlich wie der Ingjaldsfífl genannte, tölpelhafte Sohn des Bauern. Die Maskerade gelingt abermals, Gísli kann entkommen, und auch der Knecht bleibt diesmal unversehrt.³³⁶ Skúta Áskelsson tarnt sich sowohl in der Reykdœla saga als auch in der VígaGlúms saga als Schafhirt. Nach einer Auseinandersetzung mit seinem Widersacher Glúmr Eyjólfsson stößt er in Unterzahl auf dessen Männer, was ihn dazu veranlasst, die Spitze seines Speeres vom Schaft abzubrechen, sein Pferd abzusatteln und seinen Mantel zu wenden. Um glaubwürdig zu erscheinen, gibt er vor, Schafe zu suchen und ruft sogar nach ihnen.³³⁷ Als die Männer Glúmrs ihn schließlich aufhalten und nach seinem Namen fragen, nennt er ihnen gleich zwei Pseudonyme, die diese als Verspottung empfinden. Entkommen kann Skúta ihnen trotzdem. Um ein friedliches Leben ohne Angst vor der Rache seiner Feinde führen zu können, nimmt der Titelheld der Króka-Refs saga eine neue Identität an: Hann lét gera sér kufl bláan, hafði hann ok jafnan svarðreip um sik; skegg hafði hann ok látit binda sér hvítt, ok lézt hann vera gamall kaupmaðr [.]³³⁸ Fortan nennt er sich Narfi und kann sich in seiner unauffälligen Kleidung auf dem Marktplatz aufhalten. Als alter Mann versucht sich auch der weise Njáll zu maskieren. In Kapitel 118 der Njáls saga trägt er einen blauen Mantel sowie einen Filzhut und führt eine kleine Handaxt mit sich,³³⁹ als er zuerst Ásgrímr Elliða-Grímsson aufsucht und anschließend zum Thing reitet. Njáll beabsichtigt, mit Ásgrímr einen mächtigen Unterstützer in einer äußerst prekären Lage zu gewinnen: Seine Söhne hatten im Vorfeld den beliebten Goden und Ziehsohn ihres Vaters, Hǫskuldr Hvítanessgoði, ermordet. Die ungewöhnliche Aufmachung soll Njáll vor Flosi schützen, der seinen Verwandten an den Totschlägern rächen will. Zwar spricht die Saga im Zusammenhang mit Njálls Gewändern nicht explizit von Verkleidung, jedoch ist davon auszugehen, dass zumindest der Filzhut zur Tarnung dient. Auch das Verhalten Ásgrímrs bei Njálls Ankunft auf seinem Hof spricht für diese Annahme. Dort hilft er Njáll zuerst vom Pferd, trägt ihn anschließend persönlich ins Haus und setzt ihn auf den Hochsitz.³⁴⁰ Eine solche Hilfestellung

336 Vgl. Gísl, c. 20, S. 64–67; c. 26, S. 81–84; Gísl, c. 26, S. 81: [Gísli segir:] ‚En ek mun skipta klæðum við þrælinn sem eitt sinn fyrr, ok mun ek fara á bátinn með Bóthildi.‘ 337 Reykd, c. 26, S. 234: Skúta […] leitar nú ráðs, brýtr af skaptinu spjótit ok hefir fyrir staf, tekr af hestinum sǫðulinn, en snýr veslinu, ok reið nú at sauðum ok hóar fast á féit. Víga-Glúms s., c. 16, S. 50–56: Skúta […] brýtr spjótit af skapti ok hefir fyrir staf, tekr af sǫðulinn ok ríðr berbakt, snýr veslinu, ríðr at sauðum ok œpir hátt. 338 Krók, c. 16, S. 151: ‚Er ließ sich eine dunkelblaue Kutte anfertigen und hatte stets einen Riemen aus Walroßhaut um sich; und er hatte sich einen weißen Bart umbinden lassen und tat so, als sei er ein alter Kaufmann.‘ 339 Nj, c. 118, S. 296: Njáll var í blári kápu ok hafði þófahǫtt á hǫfði ok taparøxi í hendi. 340 Vgl. Nj, c. 118, S. 296.

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würde man wohl eher einem alten Mann mit schlechtem Gesundheitszustand leisten. Bei Njálls tatsächlicher körperlicher Verfassung ist sie dagegen unnötig. Um bei einem Gerichtsprozess nicht erkannt zu werden, wählt Án trúðr, eine Figur aus der Droplaugarsona saga, ebenfalls einen Filzhut als Kopfbedeckung.³⁴¹ Þormóðr Kolbrúnarskáld setzt sich bereits vor dem Ausführen seines Rachetotschlags in Kapitel 23 der Fóstbrœðra saga auf einer grönländischen Thingversammlung vorsichtshalber einen Hut auf den Kopf und trägt einen zweifarbigen Schaffellmantel, dessen Oberseite schwarz und dessen Innenfutter weiß ist. Er stellt sich seinem Opfer Þorgrímr trolli Einarsson als Ótryggr (‚der Unzuverlässige‘) vor. Nach vollbrachter Tat wendet er seinen Mantel, nennt sich Vígfúss (‚der Kampflustige‘) und behauptet, er selbst suche nach dem Mann, der den Totschlag begangen habe. Þormóðr kann durch diese List unerkannt entwischen, während der Mordverdacht zunächst fälschlicherweise auf einen Knecht fällt.³⁴² Während seines Aufenthalts in der nordenglischen Stadt York zieht sich auch der schwer bewaffnete Egill Skalla-Grímsson als Vorsichtsmaßnahme einen Hut über seinen Helm.³⁴³ Er gelangt aufgrund eines Schiffbruchs in das Gebiet seiner Todfeinde, des aus Norwegen vertriebenen Königs Eiríkr blóðøx und der zauberkundigen Königin Gunnhildr. Egill gelingt es, dank seiner Verkleidung und der bereits herrschenden Dunkelheit, heimlich seinen Freund Arinbjǫrn aufzusuchen, der sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in York aufhält. Auch einige Helden der Heiðarvíga saga versuchen, sich die Abendstunden zunutze zu machen: In Kapitel 33 mischen sich Barði und seine Männer in der Abenddämmerung heimlich unter das Gefolge des Goden Snorri. Um nicht erkannt zu werden, fordert Barði seine Gefolgsleute dazu auf, die Oberbekleidung abzunehmen. Er selbst zieht sich eine Maske übers Gesicht, während er sich Snorri nähert.³⁴⁴ Größter Beliebtheit erfreut sich unter den maskierten Protagonisten der Deckname Gestr, der ‚Fremder‘ oder (ungeladener) ‚Gast‘ bedeutet.³⁴⁵ Grettir Ásmundarson verkleidet sich während seiner Acht mehrmals, wobei er zweimal unter Verwendung dieses Pseudonyms in Erscheinung tritt. In Kapitel 64 der Grettis saga Ásmundarsonar bittet er auf einem Hof um Aufnahme, der von einem Troll heimgesucht wird. Zu

341 Dpl, c. 4, S. 148  f.: En er Án var í dóm settr, lét Helgi Ásbjarnarson koma þófahatt á hǫfuð honum til dular. 342 Fbr, c. 23, S. 231–234: Ríss hann nú upp ok tekr yfir sik feld sinn ok snýr út inu svarta á feldinum. Hann tekr øxi sína í hønd sér ok setr hǫtt á hǫfuð sér, gengr til búðar Þorgríms ok Egill með honum; […] en er Þormóðr var kominn undir búðina, þá tók veðrit at þykkna. […] Þá vildi Þorgrímr upp rísa af stólinum. Þormóðr høggr þá í hǫfuð honum ok klýfr hann í herðar niðr, brá síðan øxinni undir feld sinn […] hann snýr þá feldinum ok lét þá horfa út it hvíta. 343 Eg, c. 59, S. 178: [H]ann hafði síðan hatt yfir hjálmi, ok alvæpni hafði hann. 344 Heið, c. 33, S. 312: ‚Tǫkum ofan búnað várn ok ríðum í flokkinn […] ok munu þeir ekki í ráða, er myrkt er.‘ Ríðr Barði at Snorra goða ok hefir grímu á hǫfði sér. 345 Vgl. Baetke 2005, s.v. gestr.

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einem anderen Zeitpunkt beschließt er, sich auf dem Hegranesþing aufzuhalten, und zieht sich zu diesem Zweck schlechte Gewänder über, da es für geächtete Personen nicht möglich ist, ohne Gefahr für Leib und Leben eine Thingversammlung zu besuchen. Allerdings wird seine Maskerade enttarnt, als er von anderen Männern mit Nachdruck zum Ringkampf aufgefordert wird. ‚Gestr‘ ringt den auf dem Thing versammelten Häuptlingen daraufhin die Friedensformel ab, die ihm solange Sicherheit und körperliche Unversehrtheit garantiert, bis er wieder nach Hause zurückgekehrt ist.³⁴⁶ Erst dann gibt sich Grettir zu erkennen: Eptir þat kastaði hann kuflinum ok því næst ǫllum bolklæðum.³⁴⁷ Der wegen Totschlags verfolgte Gunnar Þiðrandabani findet in der Fljótsdœla saga bei Guðrún Ósvífrsdóttir Unterschlupf: [Þ]ar gengr fram maðr einn í blám kyrtli ok í heklu grárri […] Maðrinn var ljós á hár, réttleitr ok vel í yfirbragði […] Hann […] kveðst Gestr heita.³⁴⁸ Guðrúns Ehemann Þorkell Eyjólfsson durchschaut Gunnars Verkleidung jedoch und bedroht ihn. Auch eine Episode der Laxdœla saga berichtet von Gunnars Aufenthalt bei Guðrún, auf deren Hof er einen Hut auf dem Kopf trägt und seinen Namen leugnet.³⁴⁹ Vereinzelt halten die untersuchten Texte durchaus ungewöhnlich anmutende Verkleidungen ihrer Helden bereit: So erreicht beispielsweise der Skalde Þórðr Kolbeinsson mit seinem Schiff dieselbe Insel, auf der sich auch sein Widersacher Bjǫrn Hítdœlakappi aufhält. Um eine Begegnung mit ihm zu vermeiden, zieht er sich einen weiten Mantel über seine Gewänder und verbirgt sich in geduckter Haltung unter einem Busch, von wo aus er sein Schiff im Auge behält.³⁵⁰ Þórðrs Maskerade als vegetabiles Element wird jedoch enttarnt, und er fällt Bjǫrn in die Hände, der ihn umgehend seiner gesamten Habe entledigt.³⁵¹ Die skurrilste Form von Verkleidung erwähnt der Ögmundar þáttr dytts für seinen Protagonisten Gunnarr helmingr. Weil dieser fälschlicherweise des Mordes an einem königlichen Gefolgsmann verdächtigt und von König Óláfr Tryggvason durch ganz Norwegen verfolgt wird, flieht er nach Schweden und gelangt an einen Ort, an dem Opferzeremonien zu Ehren des Gottes Freyr abgehalten werden. Zunächst versteckt er sich bei einer Priesterin, schlüpft zu einem späteren Zeitpunkt in die Gewänder der

346 Vgl. Gr, c. 64, S. 210, c. 72, S. 229–233. 347 Vgl. Gr, c. 72, S. 233. 348 Flj, c. 21, S. 286  f.: ‚Dort tritt ein Mann vor, der einen blauen Rock und einen grauen Kapuzenmantel trägt […] Der Mann hatte helles Haar, regelmäßige Gesichtszüge und ein ansprechendes Äußeres. Er […] sagt, er heiße Gestr.‘ 349 Laxd, c. 69, S. 202: It fyrsta kveld veizlunnar, er menn gengu til vatns, stóð þar maðr mikill hjá vatninu […] sá maðr hafði hatt á hǫfði. Þorkell spurði, hverr hann væri; sá nefndisk svá, sem honum sýndisk. 350 BjH, c. 7, S. 128: Hann [Þórðr] gekk nú á eyna ok settisk undir bakka í hrísrunni einum, ok sá hann til skips; hann hafði kufl einn yztan klæða. 351 Vgl. BjH, c. 7, S. 128–130.

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hölzernen Götterstatue und tarnt sich so als Freyr.³⁵² Da die Schweden glauben, die Statue sei belebt, wird Gunnarrs Maskerade von ihnen nicht enttarnt, und er kann sich weiterhin an der Seite der Priesterin aufhalten. Als der norwegische König über die Verehrung des angeblich lebendigen Götzenbildes informiert wird, ist er sogleich überzeugt, dass es sich bei ‚Freyr‘ nur um Gunnarr helmingr handeln könne. Der Þáttr schließt mit der Rehabilitierung Gunnarrs durch Óláfr Tryggvason, der seinen Irrtum im Zusammenhang mit dem Totschlag des Gefolgsmanns erkannt hat.³⁵³ Obwohl der Titelheld des Gisls þáttr Illugasonar in Kapitel 4 mit seiner Maskerade als Aussätziger anfangs erfolgreich Vergeltung üben kann, wird er dennoch von den Männern des Königs verhaftet und gefangen gesetzt. Teitr, der Sohn des isländischen Bischofs Gizurr und einige Isländer, die sich ebenfalls in Trondheim aufhalten, erfahren während eines Bades von der Inhaftierung ihres Landsmannes und beschließen, ihn aus dem Kerker zu befreien. Teitr kleidet sich für dieses Vorhaben folgendermaßen: [V]ar hann í skyrtu ok línbrókum ok hafði gullhlað um enni, en yfir sér skarlats-skikkju hálfskipta, rauða ok brúna, ok undir grá skinn, ok snúit út skinnunum.³⁵⁴ Aufgrund seiner Verkleidung, die einzig durch das Wenden seines Mantels zustande kommt, hält die Kerkerwache Teitr für einen Angehörigen des königlichen Gefolges, wodurch die Befreiung Gisls glückt.³⁵⁵ Diese kurze Szene, in der Teitr für einen Gefolgsmann des Herrschers gehalten wird, mutet schwankhaft an. Schließlich ist der Isländer außer mit seinem prächtigen Mantel und dem goldenen Stirnband nur mit seiner Unterwäsche bekleidet, die er sich nach dem Bad in Eile übergestreift hat. Zur Ausstattung königlicher Gefolgsleute gehört für gewöhnlich neben Mantel und Kopfschmuck ein aus kostbarem Stoff angefertigter Leibrock.³⁵⁶ Höchstwahrscheinlich verbirgt sich hinter Teitrs Aufmachung Kritik an den Gefolgsmännern am Hof norwegischer Fürsten, die mittels der Kleidung zum Ausdruck gebracht wird. Ähnlich den negativ charakterisierten fremden Norwegern aus den Íslendingasǫgur, deren exklusive Garderobe nicht zuletzt Überheblichkeit impliziert, wird der Habitus der norwegischen Königsmänner in diesem Erzählabschnitt der Lächerlichkeit preisgegeben: So sähen diese wie Personen aus, die soeben in Unterwäsche aus dem Badehaus kommen und sich eilig ihre Pelzmäntel übergeworfen haben. Eine auf solch burleske Weise angebrachte Kritik an Norwegern im Dienste ihres Fürsten entspricht der Theorie Vésteinn Ólasons, der zufolge in den

352 Ǫgm, c. 6, S. 460: Ferr Gunnarr þá í búning skurðgoðsins. 353 Vgl. Ǫgm, c. 5/6, S. 457–463. König Óláfrs irrtümliche Annahme, Gunnarr sei der Mörder seines Gefolgsmanns, beruht ebenfalls auf einem Kleidertausch. Vgl. Kapitel 2.1.3. 354 GislIll, c. 4, S. 43: ‚Er war in Hemd und Leinenhosen und hatte eine Goldborte um die Stirn und einen Mi-Parti Scharlachmantel in rot und braun um die Schultern, der mit grauem Eichhörnchenpelz gefüttert war, und mit der Fellseite nach außen gedreht war.‘ 355 Vgl. GislIll, c. 4, S. 42–44. 356 Vgl. z.B. Brandr inn örvi in Kapitel 2.1.4.1.

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Þættir der persönliche Wert und die Freiheit der isländischen Protagonisten betont, aber auch die Herrschergewalt nicht angezweifelt werde.³⁵⁷ Aus den angeführten Beispielen geht deutlich hervor, dass alle verkleideten Helden Ziele verfolgen, die sie in ihrer gegenwärtigen gesellschaftlichen Position nicht erreichen können. Durch die Maskerade gelingt es ihnen, die festgesetzten Grenzen der streng hierarchisch gegliederten mittelalterlichen Gesellschaftsordnung zu überwinden. Sie geben ihren Status eine Zeitlang auf und begeben sich auf ein anderes soziales Feld, auf dem die üblicherweise für sie geltenden Normen außer Kraft gesetzt scheinen. Die Selbstexklusion aus dem ihnen angestammten gesellschaftlichen Spielraum funktioniert in den altnordischen Texten deshalb, weil es sich bei den Maskierten um Personen handelt, deren soziales Leben für gewöhnlich an der Spitze der Gesellschaft stattfindet. In beinahe allen Verkleidungsepisoden sind es Angehörige der Oberschicht, die die ‚Fluchtmöglichkeit‘ der Maskerade wählen und sich in ärmliche Gewänder hüllen. Davon ausgenommen werden können lediglich Gunnarr helmingr, Teitr Gizurarson sowie die Figur des Knechts Bolli aus der Harðar saga, der sich als Geächteter verkleidet und bereits in einem vorigen Kapitel dieser Arbeit besprochen wurde.³⁵⁸ Der Akt der Verkleidung läuft in vielen Fällen nach dem gleichen Schema ab. Als beliebteste Kleidungsstücke werden Hut und Mantel eingesetzt, die der Verhüllung von Gesicht und Körperformen dienen und, der jeweiligen Situation entsprechend, um weiteres Zubehör ergänzt werden. Hinzu tritt häufig das Annehmen eines Pseudonyms, das die Maskierten im Falle einer ihre Identität betreffenden Frage als Namen angeben. Bemerkenswert ist allerdings, dass diese sprechenden Decknamen, wie beispielsweise Gestr oder Níðungr Gjallandason, häufig unsinnig sind. Manche von ihnen, wie etwa Ótryggr oder Vígfúss, weisen sogar auf das Rachevorhaben der Helden hin, sodass die Namen eher zu deren Enttarnung als zur gelungenen Verkleidung beitragen müssten. Gelegentlich übernehmen die Protagonisten sogar Verhaltensweisen, die ihrem Alter Ego zukommen, und zeigen dabei keinerlei Scheu vor sozial unangepasstem sowie lächerlichem Verhalten. Man denke dabei an Gísli Súrsson, der, in Knechtskleidung gehüllt, den Ingjaldsfífl imitiert und sich in Angelschnüre verheddert, oder an Gunnarr Hámundarson, der das unhöfliche und barsche Wesen des Kaupa-Heðinn adaptieren muss, damit die Verkleidung bis zum Erreichen seiner Absichten unentdeckt bleibt. Auch Þórðr Kolbeinsson wirkt in seiner geduckten Haltung, in der er sich unter einem Busch versteckt, alles andere als heldenhaft. In den meisten Fällen erreichen die Helden durch die Maskerade ihre Ziele, werden allerdings häufig nach ihren abgeschlossenen Unternehmungen doch noch enttarnt, was den Texten zufolge aus unterschiedlichen Gründen geschieht. So kann Hallfreðr trotz des sehr hohen Aufwandes, den er mit seiner Verkleidung betrieben

357 Vgl. Vésteinn Ólason 1985, S. 66  f. 358 Vgl. Kapitel 2.2.2.

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hat, von dem Heiden Þorleifr bereits im Voraus erkannt werden, weil dieser von seinem Peiniger geträumt hat. Grettir Ásmundarson gibt sich nach Zusicherung seiner Unversehrtheit freiwillig selbst zu erkennen, und Þórðr Kolbeinsson, dessen Maskerade bereits vor Erreichen seiner Absicht aufgedeckt wird, ist weder gut verkleidet noch gut versteckt. Gunnar Þiðrandabanis Tarnung wird sogleich von Guðrúns Ehemann Þorkell Eyjólfsson durchschaut. Auffällig erscheint an dieser Stelle die ausführliche Beschreibung von Gunnars schönem Äußeren und seiner eher schäbigen Überbekleidung. Er wird als schöner Mann mit hellem Haar und ebenmäßigen Gesichtszügen geschildert, der zwei Kleidungsstücke trägt, die nicht zusammenpassen. Sein grauer Kapuzenmantel tritt gehäuft als Kleidungsstück der Armen und Geächteten in Erscheinung, die blaue Farbe des Rocks kommt ihrerseits niemals in Zusammenhang mit ärmlicher Kleidung vor, sondern symbolisiert Oberschichtzugehörigkeit. Die Widersprüchlichkeit beider Gewänder überträgt sich schließlich auf Gunnars gesamte Persönlichkeit.³⁵⁹ Wie bereits an anderer Stelle erörtert wurde, verbinden sich schöne Kleidung und ein ansprechender Körper zu einem harmonischen Gesamtbild im Sinne der Kalokagathia, dem einzig die Kombination aus hässlichem Gewand und unansehnlichem Äußeren gegenüberstehen kann. Vermischen sich beide Erscheinungsformen, bedeutet dies, dass die getragene Kleidung nicht dem eigentlichen Status der Person entspricht. Eine solche Inkongruenz von Körper und Kleid bringt demnach auch die Charakterisierung Gunnars zum Ausdruck, dessen schöner Körper und der blaue Leibrock ganz offensichtlich nicht zu seinem einfachen Kapuzenmantel passen. Dieses Missverhältnis ist nicht nur für den Sagarezipienten sichtbar, sondern auch für Þorkell Eyjólfsson und führt deshalb zum Misslingen von Gunnars Maskerade. Als weitere Ursache für das Scheitern von Verkleidung ist die sogenannte Rollendistanz anzuführen. Edith Feistner hat im Hinblick auf die Frage nach der Relation zwischen Figurenidentität und der durch die Maskerade adaptierten Rolle drei unterschiedliche Typen von verkleideten Personen für die hochmittelalterliche kontinentaleuropäische Literatur herausgearbeitet.³⁶⁰ Der erste Typ verkörpert Rollendistanz, der zweite Rollenassimilation und der dritte schließlich Rollenidentifikation. Versucht ein verkleideter Protagonist seine eigene Identität nach innen zu wahren, entspricht er dem ersten Typ. Wird die bestehende Identität durch die Maskerade ergänzt bzw. erweitert, spricht man von Rollenassimilation. Erfolgt eine gänzliche Auflösung der eigenen Identität in der eigentlich fremden Rolle, handelt es sich um Rollenidentifikation. Die verkleideten Helden der Íslendingasǫgur und Þættir gehören durchweg dem ersten Typ an. Sie bewahren während der Maskerade stets ihre eigene Identität und legen ihre Verkleidungen unmittelbar nach Erreichen ihrer Ziele wieder ab. Obwohl

359 Vgl. Raudszus 1985, S. 203  f. 360 Im Folgenden vgl. Feistner 1996, S. 262.

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Refr Steinsson in der Króka-Refs saga seine Verkleidungen gelegentlich über einen längeren Zeitraum hinweg trägt, erhält er in allen Fällen die eigene Identität aufrecht und entledigt sich der Maskierungen sogleich nach erfolgreicher Durchführung seiner Pläne. Feistner zufolge berge das Beharren auf der eigenen Identität allerdings das erhöhte Risiko, in einen Gegensatz zur Gesellschaft zu geraten, was dem Helden am Ende zum Verhängnis werde und ihn sogar das Leben kosten könne. Die Protagonisten der altnordischen Texte erwecken allerdings den Anschein, als ob sie ganz bewusst eine Distanz zu ihrer Rolle einhalten wollten, sie nutzen die Opposition zur Gesellschaft für ihre Zwecke aus. Höchstwahrscheinlich werden sie deshalb häufig nachträglich enttarnt. Dies gilt in besonderem Maße für Gunnarr Hámundarson in seiner Rolle als Kaupa-Heðinn. Gunnarr hält sich genauestens an die Anweisungen seines Freundes Njáll, die besagen, dass er unter der Kaufmannskleidung seine eigenen guten Gewänder tragen solle. Das Beibehalten der eigenen schönen Bekleidung impliziert gleichzeitig das Bewahren der eigenen Identität, was schließlich dazu führt, dass er von einem der Hausleute Hǫskuldrs erkannt wird. Eine Parallele zur Verkleidungsepisode der Njáls saga hält der älteste deutsche Tristanroman des Eilhard von Oberg bereit: Der aufwendig maskierte Tristan kann von seinen Feinden identifiziert werden, da unter der Verkleidung sein eigenes Gewand hervorlugt.³⁶¹ Die Ursachen für Hallfreðrs Enttarnung als Beauftragter des Königs sind dagegen nicht nur in der durch aufwendige Maskerade evozierten Rollendistanz zu suchen, sondern auch in dessen religiöser Einstellung. Obwohl der Skalde sich auf Veranlassung Óláfr Tryggvasons hat taufen lassen und sogar der König persönlich die Rolle des Taufpaten übernimmt, kann sich Hallfreðr nicht von seinem alten Glauben lösen. Im Verborgenen opfert er weiterhin den heidnischen Göttern und muss seinem Herrscher, infolge von Anzeigen durch die anderen Gefolgsleute, mehrfach Rede und Antwort stehen.³⁶² Seine Sympathie für das Heidentum bekundet Hallfreðr nach ausgeführtem Auftrag ein weiteres Mal: Er ärgert sich darüber, dass ein solch ‚tüchtiger Kerl‘ wie Þorleifr verstümmelt werden müsse, hätten doch andere, in diesem Fall sein Rivale Kálfr, ebenfalls ein königlicher Gefolgsmann, eher den Tod verdient.³⁶³ Als sich Hallfreðr zu einem späteren Zeitpunkt in Schweden aufhält, erscheint ihm König Óláfr im Traum, wirft ihm Apostasie vor und fordert ihn auf, nach Norwegen zurückzukehren.³⁶⁴ Sowohl Hallfreðrs Skepsis gegenüber dem neuen Glauben als auch sein Verhalten, das er dem König entgegenbringt, legen die Vermutung nahe, dass der Isländer zum Zeitpunkt seiner Maskerade noch kein ‚wahrer‘ Christ ist und auf-

361 Vgl. Feistner 1996, S. 258  f. 362 Vgl. etwa Hallfr, c. 6, S. 162. 363 Hallfr, c. 6, S. 166: Hallfreðr segir: ‚Eigi hefir hér at hǫgum verit til skipt; góðr drengr er meiddr en mannfýlan lifir‘ [.] 364  Hallfr, c. 9, S. 178: [Þ]ar var hann tvá vetr, ok á inum þriðja vetri var þat eina nótt, at honum þótti Óláfr konungr koma til sín ok var reiðuligr ok kvað hann mjǫk kasta kristni sinni: – ‚far á fund minn ok lið þitt.‘ Vgl. Whaley 1999, S. 430.

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grund seiner Sympathie für das Heidentum von seinem potenziellen Opfer im Voraus erkannt werden kann. Abschließend bleibt anzumerken, dass es sich bei den verkleideten Helden der Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir hauptsächlich um Männer handelt. Einzig und allein ihnen bleibt der Wechsel ihrer personalen sowie sozialen Identität vorbehalten,³⁶⁵ um Rachetaten auszuführen oder ihnen zu entkommen. Frauen können aufgrund ihrer rechtlichen Stellung im mittelalterlichen Island ihre Männer zur Rache aufhetzen, diese aber nicht selbst ausführen.³⁶⁶

2.3.2 Devestitur und Selbstdevestitur Unter dem Terminus Devestitur ist im Mittelalter allgemein das Ablegen eines geistlichen oder weltlichen Amtes zu verstehen. Sie steht der sogenannten Investitur, dem Einsetzen in ein bestimmtes Amt, gegenüber. Devestitur kann sowohl erzwungen werden als auch freiwillig erfolgen. So legten beispielsweise Mönche zuerst demonstrativ ihre weltliche Kleidung ab, bevor sie während ihrer Weihe geistliche Gewänder, die Mönchskutten, empfingen.³⁶⁷ Sollten Geistliche, insbesondere Bischöfe, ihres Amtes enthoben werden, hält das Kirchenrecht zwei unterschiedliche Verfahren dafür bereit: Die weniger drastische Form der Amtsenthebung stellt die sogenannte Deposition dar, die den Amtsinhaber suspendiert, ihm jedoch Pontifikaltracht und Insignien lässt. Im Gegensatz dazu steht die Degradation, die dem altrömischen Militärrecht entlehnt ist: Sie bestraft schwerste Verbrechen nicht nur mit der Konfiskation militärischer Ehrenzeichen und Ausrüstung, sondern sieht darüber hinaus die feierliche Wegnahme und Zerstörung sämtlicher Insignien und Kleidungsstücke des Würdenträgers vor.³⁶⁸ Für diesen bedeutet die Degradation eine vollständige Entehrung. Der Begriff ‚Devestitur‘ lässt sich aber auch auf das Entkleiden im Allgemeinen übertragen, das, ähnlich einer Amtsenthebung, einen Statusverlust zur Folge haben kann: Die ehrerbietige Akzeptanz oder Verleihung von Gewandstücken spiegelte die Zuerkennung eines sozialen Status ebenso wider wie die Schändung, Beschmutzung oder Devestitur dessen ostentative Zurückweisung markierte.³⁶⁹

Die Devestitur kommt in den Íslendingasǫgur nur an wenigen Stellen vor. Diese sind jedoch sehr ausführlich gestaltet. So berichtet z.B. die Svarfdœla saga von der

365 Auch in der höfischen Epik des 12. und 13. Jahrhunderts bleibt der personale und ständische Identitätenwechsel noch allein den Männern vorbehalten. Vgl. Kraß 2006, S. 280. 366 Vgl. Kapitel 3.2. 367 Allgemein zur Devestitur vgl. Kraß 2006, S. 193–231. 368 Vgl. Päffgen 2010, S. 219. 369 Keupp 2010, S. 33.

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schönen Yngvildr fagrkinn Ásgeirsdóttir, die als vornehme, gut gekleidete Frau aufgrund ihres Hochmuts von Karl Karlsson zweimal als Magd verkauft wird. Die ersten Käufer sind der Meinung enga ambátt jafnfagra sét hafa.³⁷⁰ Karl setzt einen hohen Preis fest und fordert ein Rückkaufrecht ein. Bereits kurze Zeit später begegnet er seinen Geschäftspartnern zum zweiten Mal: Ok er hann [Karl] var mjǫk búinn, sér hann, hvar tveir menn ganga ok leiddu konu í millum sín; þar kennir hann kaupunauta sína ok Yngvildi, ok hekk annarr trefill fyrir, en annarr á bak.³⁷¹ Yngvildrs Schönheit und ihr tatsächlicher Status als Angehörige der Oberschicht sind in dieser Szene nicht mehr zu erkennen. Karl kauft sie zurück, da sich die Käufer über die ausgeprägte Arbeitsscheu der teuren Sklavin beklagen und ihren Einsatz zurückfordern. Anschließend lässt er der geschundenen Frau ein Bad bereiten und stattet sie mit guter Kleidung aus.³⁷² Die schöne Yngvildr benimmt sich Karl gegenüber jedoch immer noch hochfahrend, was ihn dazu veranlasst, sie in Schweden ein weiteres Mal für einen beträchtlichen Preis zu verkaufen. Auch diesmal ergeht es der stolzen Isländerin in Gefangenschaft schlecht: Ok einhvern dag gengr maðr af landi ofan ok leiðir eptir sér konu svá nǫkta, at aldri beið á henni ríðanda ræksn; hon var alblóðug ǫll. […] Karl kaupir nú ambáttina […] en […] leiðir hana til skips, ok var þar Yngvildr fagrkinn […] Karl lætr gera henni laug ok fá henni góð klæði.³⁷³

Leider bietet die Svarfdœla saga keine minutiöse Beschreibung der Kleidung Yngvildrs, kurz bevor Karl Karlsson sie als Sklavin verkauft. Die Tatsache, dass sie sowohl mit schlechter Kleidung, wie den beiden Lumpen, als auch nackt und blutüberströmt zu Karl zurückgebracht wird, spricht allerdings für eine Devestitur, im Zuge derer ihr mit den Kleidern auch die soziale Identität genommen wird. Nach jedem Rückkauf wird Yngvildr von Karl rehabilitiert, indem er ihr ein Bad bereitet und sie mit schöner Kleidung ausstattet. Er stellt ihren ursprünglichen gesellschaftlichen Rang wieder her, ‚re-investiert‘ sie gewissermaßen in die ihr angestammte Position. Nach dem zweiten Rückkauf stellt Yngvildr ihr herablassendes Verhalten gegenüber Karl ein und kann deshalb ihren wiederhergestellten hohen Sozialstatus dauerhaft behalten.

370 Svarfd, c. 26, S. 201: ‚keine ebenso schöne Magd gesehen zu haben‘. 371 Svarfd, c. 27, S. 202: ‚Und als er [Karl] fertig gerüstet war, sieht er, wo zwei Männer gehen und eine Frau zwischen sich führen; dort erkennt er seine Geschäftspartner und Yngvildr, und ein Lumpen hing vorne an ihr und einer hinten.‘ 372 Vgl. Svarfd, c. 27, S. 202. 373 Svarfd, c. 27, S. 204: ‚Und eines Tages geht ein Mann oben vom Land her und zieht eine völlig nackte Frau hinter sich her; sie war gänzlich mit Blut überströmt. […] Karl kauft nun die Magd […] und führt sie zum Schiff, und dort war Yngvildr fagrkinn […] Karl lässt ihr ein Bad bereiten und gibt ihr gute Kleidung.‘

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Þorgrímr skinnhúfa wird in Kapitel 9 der Droplaugarsona saga von der eigenen Ehefrau devestiert, was auf ungewöhnliche Art und Weise geschieht: Þá nefndi hon [Rannveig brestingr] sér vátta ok sagði skilit við Þorgrím skinnhúfu. Hon tók fǫt hans ǫll ok rak niðr í hlandgróf.³⁷⁴ Daraufhin verlässt Rannveig mit ihren Zeugen den Hof und lässt Þorgrímr alleine zurück. Der seiner Bekleidung beraubte Ex-Ehemann muss zunächst auf andere Gegenstände zurückgreifen, um seine Blöße zu bedecken: En er þau váru í brottu, spratt Þorgrímr upp ok tók rekkjuvaðmál sitt ok vafði at sér, þvi at fǫt váru engi.³⁷⁵ Notdürftig verhüllt begibt er sich auf dem schnellsten Weg zu Þórarinn moldoxi nach Hof und berichtet diesem, seine Frau sei entführt worden. Der Hausherr reagiert auf Þorgrímrs Aussage mit folgenden Worten: ‚Gefa vil ek þér fyrst klæði, þvi at þat er þér nú mest nauðsyn.‘³⁷⁶ Anschließend sichert er dem hintergangenen Ehemann seine Unterstützung zu. Die Vorgehensweise Þórarinns, den Hilfesuchenden zuerst mit Gewändern auszustatten und ihm danach seinen Beistand in einem Rechtsfall zuzusichern, zeigt, wie eng Kleidung und soziale Identität miteinander verknüpft sind und inwiefern diese durch Devestitur eingebüßt werden kann. Þórarinn moldoxi, den die Saga explizit als bedeutenden Mann bezeichnet,³⁷⁷ möchte keinen Nackten ohne sozialen Rang unterstützen, dessen einziges Kleidungsstück ein Bettlaken ist. Denn als ehrenvoll gilt hauptsächlich die (erfolgreiche) Vertretung bedeutender Persönlichkeiten in einer Rechtsangelegenheit. Diese gehören zumeist der Oberschicht an, was nicht zuletzt an ihrem Kleidungsverhalten zu erkennen ist. Eine Sonderform der Devestitur hält die Grettis saga Ásmundarsonar in Kapitel 59 bereit: Gísli Þorsteinsson, der in prachtvoller Garderobe zusammen mit einigen Gefährten ins isländische Hochland aufbricht, um den geächteten Grettir unschädlich zu machen,³⁷⁸ büßt im weiteren Handlungsverlauf sowohl seine kostbare Kleidung als auch seine körperliche Unversehrtheit ein. Da es ihm nicht gelingt, Grettir mit seiner prächtigen Ausstattung Furcht einzuflößen, wird er mit seinen Begleitern von dem Geächteten in einen Kampf verwickelt, in dem Gíslis Gefährten getötet werden. Schließlich muss Gísli allein gegen den außergewöhnlich starken Grettir antreten. Nach dem Austausch zweier Schwerthiebe übermannt ihn seine Angst, sodass er schließlich vor seinem Gegner davonläuft: [O]k í hvert sinn, er Gísli sér ráðrúm til, kastaði hann einhverju klæði. […] Þá var Gísli í línklæðum einum ok gerðisk nú ákafliga móðr.³⁷⁹ Grettir verfolgt den Flüchtigen, reißt eine Weidenrute von einem Baum ab

374 Dpl, c. 9, S. 158: ‚Da benannte sie [Rannveig brestingr] sich Zeugen und erklärte sich von Þorgrímr skinnhúfa für geschieden. Sie nahm all seine Kleider und warf sie in die Jauchegrube.‘ 375 Dpl, c. 9, S. 158: ‚Und als sie fort waren, sprang Þorgrímr auf und nahm sein Bettlaken und wickelte es um sich, weil keine Kleider da waren.‘ 376 Dpl, c. 9, S. 159: ,Ich will dir zuerst Kleidung geben, weil du das nun am meisten nötig hast.ʻ 377 Vgl. Dpl, c. 9, S. 158. 378 Vgl. Kapitel 2.1.3. 379 Gr, c. 59, S.  192: ‚Und jedes Mal, wenn Gísli die Gelegenheit dazu sieht, warf er ein einzelnes Kleidungsstück weg. […] Dann war Gísli in leinener Unterbekleidung, und er wurde nun sehr müde.‘

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und sammelt jedes Stück der kostbaren Kleidung auf, das Gísli wegwirft. Schließlich holt er ihn ein und ringt ihn zu Boden: [Grettir] rekr síðan skyrtuna fram yfir hǫfuð honum ok lætr ganga límann um bak honum ok báðar síðurnar [.]³⁸⁰ Nackt und gedemütigt muss sich Grettirs einstiger Verfolger zurückziehen und seine Wunden noch lange Zeit ausheilen lassen. Das systematische Ablegen von Bekleidung ist an dieser Stelle als Selbstdevestitur zu betrachten. Schritt für Schritt legt Gísli mit seinen Kleidungsstücken auch seine eigene soziale Identität als reicher Kaufmann und Gefolgsmann des dänischen Königs Knútr inn ríki (‚Knut der Große‘) ab.³⁸¹ Als er schließlich nur noch in seiner Unterbekleidung von Grettir ausgepeitscht wird, steht er sogar unter einem Geächteten, der kein Mitglied der Sozialgemeinschaft mehr ist. Die Altnordistin Kari Ellen Gade bezeichnet auch die Szene in Kapitel 7 der Bjarnar saga Hítdœlakappa als Devestitur, in der Bjǫrn seinen Widersacher Þórðr seiner Güter und seines Schiffs entledigt und diesen dadurch erniedrigt: [S]íðan fló hann Þórð af gripunum, ok gerði hann sem hrakligast ráð hans allt.³⁸² Die Saga spricht an dieser Stelle allerdings nicht explizit von klæði (‚Kleidung‘), die ausgezogen oder weggenommen werden, wie es in den übrigen Devestitur-Episoden der Íslendingasǫgur stets der Fall ist. Die schwankhaft anmutenden Episoden verdeutlichen, wie eng der Status einer Sagafigur an ihre vestimentäre Ausstattung gebunden ist. Sowohl Yngvildr als auch Gísli büßen mit ihren Gewändern gleichzeitig ihre soziale Identität ein.³⁸³ Das für andere Mitglieder der Gesellschaft sichtbare Zeichen für Oberschichtzugehörigkeit, nämlich das der prächtigen Gewänder, verschwindet im Zuge der Devestitur. Zurück bleibt einzig der nackte bzw. dürftig bekleidete Körper, der in der Literatur des Mittelalters keinerlei identitätsstiftende Bedeutung besitzt, wie auch aus Strophe 49 der Hávamál ersichtlich wird: Váðir mínar / gaf ec velli at / tveim trémǫnnum; / reccar þat þóttuz, / er þeir rift hǫfðo, / neiss er nøcqviðr halr.³⁸⁴ Devestitur erfolgt in den Íslendingasǫgur nicht aus eigenem Antrieb, sondern wird von außen erzwungen. Auch die Selbstdevestitur Gíslis geschieht unter Zwang, nämlich auf der Flucht vor seinem Peiniger. Im Gegensatz zur Maskerade, die eine beabsichtigte Selbstexklusion aus der Gesellschaft darstellt, handelt es sich bei der Devestitur um eine Zwangsexklusion. Der Verlust von Ehre und Sozialstatus durch Entkleiden wird in anderen Sagagattungen, wie z.B. den Samtíðarsǫgur (‚Gegenwartssagas‘), noch stärker hervorgehoben: So berichtet beispielsweise Sturla Þórðarson in seiner Íslendinga saga von

380 Gr, c. 59, S. 193: ‚[Grettir] zieht ihm dann das Hemd über den Kopf und lässt ihm die Rute über den Rücken und beide Seiten gehen.‘ 381 Vgl. Gr, c. 59, S. 189. 382 BjH, c. 7, S. 129  f.: ‚Dann entledigte er Þórðr seiner gesamten Güter und gestaltete für ihn alles so erniedrigend wie möglich.‘ Vgl. Gade 1988, S. 226  f.; vgl. ferner Kapitel 2.3.1. 383 Vgl. Kraß 2006, S. 212. 384 Hávamál, St. 49, S. 24: ‚Meine Kleider gab ich auf dem Feld zwei Holzmännern; sie hielten sich für vornehme Männer, als sie Kleidung hatten. Verachtet ist der nackte Mann.‘ Vgl. Kapitel 1.

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der Schlacht von Örlygsstaðir, in der sowohl sein Onkel Sighvatr Sturluson als auch sein Cousin Sturla Sighvatsson gefallen waren, dass die Leichen seiner Verwandten nach dem Kampf von den Siegern entkleidet worden seien. Sighvatr habe man in seiner Unterwäsche zurückgelassen, dessen Sohn Sturla hätten die Gegner sogar nackt ausgezogen. Wie Kari Ellen Gade bemerkt, dient die Erwähnung des vestimentären Zustands der beiden gefallenen Verwandten dem Verfasser dazu, persönliche Sympathien gegenüber seinem Onkel Sighvatr auszudrücken; seinem Cousin dagegen, mit dem er nachweislich in vielerlei Konflikte verwickelt war, bringe Sturla durch die Schilderung seiner Nacktheit Geringschätzung entgegen.³⁸⁵ Während die vereinzelt aufscheinenden Devestitur-Episoden der Íslendingasǫgur vorwiegend zur Unterhaltung des Sagapublikums dienen, indem unliebsamen Figuren eine Lektion erteilt wird, erfüllen die Schilderungen systematischer Entkleidung in den Samtíðarsǫgur einen anderen Zweck; sie stellen das unehrenhafte Verhalten besiegter Feinde im Kampf heraus und entehren diese posthum durch Degradation.³⁸⁶

2.3.3 Die Kleidung der Zauberer und magische Kleidung Neben der Bekleidung diverser sozialer Gruppen wird in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir auch die Kleidung einer eher außergewöhnlichen gesellschaftlichen Gruppierung, der Zauberer, beschrieben. Diese werden in den altisländischen Texten ambivalent gezeichnet: Einerseits braucht die Gesellschaft zauberkundige Personen, um beispielsweise Hunger und Missernten zu bekämpfen. Andererseits belasten bösartige Hexen und Zauberer das soziale Gefüge durch unterschiedliche Varianten von Schadenszauber. Die Eiríks saga rauða beschreibt die Seherin Þorbjǫrg lítil-vǫlva, die aufgrund einer schweren Hungersnot von den Bewohnern des grönländischen Herjólfsnes eingeladen wird, um diese zu bekämpfen. Bei ihrer Ankunft trägt sie folgende Gewänder: [Þ]á var hon svá búin, at hon hafði yfir sér tuglamǫttull blán, ok var settr steinum alt í skaut ofan; hon hafði á hálsi sér glertǫlur, lambskinnskofra svartan á hǫfði ok við innan kattskinn hvít; ok hon hafði staf í hendi, ok var á knappr; hann var búinn með messingu ok settr steinum ofan um knappinn; hon hafði um sik hnjóskulinda, ok var þar á skjóðupungr mikill, ok varðveitti hon þar í tǫfr sín, þau er hon þurfti til fróðleiks at hafa. Hon hafði á fótum kálfskinnsskúa loðna ok í þvengi langa, ok á tinknappar miklir á endunum. Hon hafði á hǫndum sér kattskinnsglófa, ok váru hvítir innan ok loðnir.³⁸⁷

385 Vgl. Ísl, c. 138, S. 434–436; Gade 1988, S. 241. 386 Vgl. Gade 1988, S. 219  f.; S. 240  f. 387 Eir, c. 4, S. 206  f.: ‚Da war sie so gekleidet, dass sie einen dunkelblauen Schnurmantel trug, der bis an den Saum mit Edelsteinen besetzt war; sie trug Glasperlen um den Hals und eine schwarze Lammfellmütze auf dem Kopf, die innen mit weißem Katzenfell gefüttert war; und sie hatte einen Stab in der Hand, der oben einen Knauf hatte; er war mit Messing eingelegt und oben (auf dem Knauf) mit

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Die Beschreibung der Seherin stellt die ausführlichste und gleichzeitig die ungewöhnlichste Schilderung von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir dar. Besonders augenfällig erscheint die Extravaganz der zum überwiegenden Teil aus unterschiedlichen Pelzen gearbeiteten Kleidungsstücke. Selbst die exklusiven Scharlachgewänder der Oberschicht weisen für gewöhnlich keinerlei Edelsteinverzierungen auf, sondern ‚lediglich‘ aus Goldfäden gewebte Borten. Freilich werden für prunkvolle Waffen, v.a. in der Laxdœla saga, auch Einlegearbeiten aus Metall genannt. Die hier sowohl für den Knauf des Stabes als auch für die Knöpfe der Schuhbänder erwähnten Metalle treten jedoch an keiner anderen Textstelle als Bestandteile von Kleidung auf. Die vornehmen Gewänder eines Sehers erwähnt auch der Þorvalds þáttr víðförla. Im Zuge der Bekehrung von Þorvaldrs Vater Koðrán zum Christentum wird von dessen heidnischem Seher berichtet, der in einem Stein wohnt. Da er Koðrán stets im Traum erscheint, wird dessen Behausung wiederholt mit Weihwasser begossen. Schon sehr bald zeigt sich die Wirkung des Weihwassers an der Kleidung sowie am gesamten äußeren Erscheinungsbild des Sehers: Á næstu nótt eptir sýndisk sá inn flærðarfulli spámaðr Koðráni mjök gagnstaðligr því, sem fyrr var hann vanr at birtask honum, með björtu ok blíðligu yfirliti og ágætliga búinn; en nú var hann í svörtum ok herfiligum skinnstakki, dökkr og illiligr í ásjónu.³⁸⁸

Das veränderte Aussehen von Koðráns Seher symbolisiert dessen wahre Natur, die durch das Weihwasser offenbar wird. Er ist hinterlistig, hat einen schlechten Charakter und versucht obendrein, den Vater Þorvaldrs von der Annahme des wahren Glaubens abzuhalten.³⁸⁹ Die übrigen Episoden, die Bekleidung von Zauberern beschreiben, führen lediglich Teile einer vollständigen Ausstattung an: So wird beispielsweise in Kapitel  20 der Eyrbyggja saga von der zauberkundigen Geirríðr Þórólfsdóttir berichtet, die wie Þorbjǫrg lítil-vǫlva einen blauschwarzen Mantel trägt.³⁹⁰ Die Kormáks saga nennt in Kapitel  12 einen großen und kräftigen Mann namens Steinarr Önundarson sjóna, der sich unter den Pseudonymen Glúmr und Skúma in der Thingbude

Edelsteinen besetzt; sie hatte einen Zundergürtel um sich, und an dem hing ein großer Lederbeutel, und darin bewahrte sie ihre Gegenstände auf, die sie für ihre Zauberkunst brauchte. Sie trug zottige Kalbfellschuhe an den Füßen mit langen Schuhbändern, die große Zinnknöpfe an den Enden hatten. Sie hatte Handschuhe aus Katzenfell an ihren Händen, und diese waren innen weiß und mit zottiger Wolle gefüttert.‘ 388 ÞorvV, c. 2, S. 424: ‚In der folgenden Nacht erschien der hinterlistige Seher Koðráns sehr gegensätzlich zu dem, wie er ihm zuvor für gewöhnlich erschien, mit strahlendem und freundlichem Aussehen und vornehm gekleidet; aber jetzt trug er einen schwarzen und erbärmlichen Fellkittel, dunkel und unheimlich war seine äußere Erscheinung.‘ 389 Vgl. ÞorvV, c. 2, S. 424  f. 390 Eyrb, c. 20, S. 53: Geirríðr hafði blá skikkju yfir sér.

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Óláfr pás aufhält und mit einem Schlechtwettermantel aus Bärenpelz und einer Gesichtsmaske bekleidet ist.³⁹¹ Für Frauen eher ungewöhnliche Gewänder besitzt die heidnisch gesinnte Þórhildr Vaðlækkja. Sie trägt einen Leibrock, den sie in ihre Hosen gegürtet hat, zudem hat sie einen Helm auf dem Kopf und führt eine Axt mit sich.³⁹² An einigen Stellen setzen die zauberkundigen Figuren Bestandteile ihrer Kleidung auch zur Ausübung magischer Praktiken ein. Häufig handelt es sich dabei um Schadenszauber, der Wetterverschlechterungen zur Folge hat, wie ein Beispiel aus der Harðar saga Grímkelssonar zeigt: [Þorbjǫrg katla] sækir þá sveipu sína ok veifði upp yfir höfuð sér; þá gerðr myrkr mikit [.]³⁹³ Auch die bösartige Zauberin Kjǫlvǫr aus Kapitel 12 der Víglundar saga nimmt ihre Haube vom Kopf und schwenkt sie auf dem Hausdach in östlicher Richtung, wodurch sie ein Unwetter auslöst, das zum Tod des Helden Víglundr führen soll.³⁹⁴ Einen Wetterzauber wendet auch Bárðr stirfinn, eine Figur aus der Vatnsdœla saga, an, indem er sein Tuch in Richtung eines Berges schwenkt. Mittels des Zaubers gelingt es ihm, ein Unwetter abzuhalten, das zuvor selbst durch Zauberei heraufbeschworen worden war. Eine Art Tuch dient in Kapitel  36 derselben Saga der Hexe Gróa zur Ausübung eines Schadenszaubers. Dieser bewirkt einen Erdrutsch, der ihren eigenen Hof unter sich begräbt und alle dort Anwesenden tötet.³⁹⁵ Um einen Brautraub durchzuführen, ruft die Zauberin ĺsgerðr in Kapitel 14 der Reykdœla saga Dunkelheit hervor, indem sie einem Knecht ihren Fußsack um den Kopf schlingt.³⁹⁶ Die Motivationen für das Anwenden von Wetterzauber variieren: Neid und Missgunst führen z.B. in der Víglundar saga zum Ausführen von schädlichem Zauber, um einen unliebsamen Gegner zu beseitigen. Aber auch das Abhalten von Schadenszauber evoziert solche Maßnahmen. Der ungewöhnlichste Beweggrund ist der Selbstmord der Hexe Gróa, die sich aus Verzweiflung, nichts gegen das Glück der Söhne Ingimundrs unternehmen zu können, das Leben nimmt. Bezeichnenderweise handelt es sich bei den zur Durchführung magischer Praktiken verwendeten Kleidungsstücken stets um einzelne Artefakte, wie Kopfbedeckungen oder einen Fußteppich. Diese erweisen sich als besonders praktisch, da sie im Gegensatz zu größeren Gewandstücken, wie z.B. dem Leibrock, leichter auszuziehen sind und somit rasch zur

391 Vgl. Korm, c. 12, S. 247; vgl. Kapitel 2.2.4. 392 Ljósv, c. 11, S. 59: Ok var Þórhildr úti ok gyrð í brœkr ok hafði hjálm á hǫfði ok øx í hendi. Vgl. Kapitel 3.3. 393 Harð, c. 25, S. 66: ‚Sie nimmt dann ihr Kopftuch und schwenkte es über ihrem Kopf; da entsteht große Dunkelheit.‘ Zur literarischen Funktion des Wetters in den Sagas vgl. ferner Heller 1994. 394 Vgl. Vígl, c. 12, S. 83. 395 Vatnsd, c. 47, S. 127  f.: Síðan sveifði hann [Bárðr] gizka till fjalls, ok tók þá af veðrit. Vgl. Vatnsd, c. 36, S. 96. 396 Vgl. Reykd, c. 14, S. 193. Nach Falk handelt es sich bei einem fótaskinn um einen kleinen Teppich, der zum Warmhalten der Füße verwendet wurde. Vgl. Falk 1919, S. 213.

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Verfügung stehen. Die zur Zauberei verwendeten Kleidungsstücke besitzen weder magische Kräfte, noch kommt ihnen eine gesonderte narrative Funktion zu. Sie sind lediglich Werkzeuge, mit deren Hilfe der Verfasser magische Handlungen zu visualisieren vermag. Die untersuchten Texte berichten aber auch von eindeutig magischer Bekleidung, die zauberkundige Personen, zumeist Hexen, selbst anfertigen. Diese Kleidungsstücke dienen vorrangig zum Schutz des Körpers vor Verletzungen in Kampfhandlungen. Häufig steht die Herstellung solcher Gewänder in Zusammenhang mit der Mutterrolle der Zauberin, da diese die Schutzkleidung für ihren Sohn anfertigt.³⁹⁷ So kleidet die Hexe Katla in Kapitel 18 der Eyrbyggja saga ihren Sohn Oddr í kyrtil móbrúnan, er hon hafði þá nygǫrt, als Þorbjörn digri mit seinen Männern auf Katlas Hof kommt, um nach vermissten Pferden zu suchen.³⁹⁸ Beim darauf folgenden Kampf bleibt Oddr unverletzt, weil seinen Zauberrock keine Waffe durchdringen kann.³⁹⁹ Búi Andríðsson, der Protagonist der Kjalnesinga saga, erhält von seiner Ziehmutter Esja ein magisches Hemd, das weder durch Waffen noch durch Zauberei zerstört werden kann. Einen unverwundbar machenden Leibrock besitzt auch der bösartige Hrolleifr inn mikli aus der Vatnsdœla saga. Wie zuvor bei Búi und Oddr ist die Herstellerin des Zaubergewandes die eigene Mutter.⁴⁰⁰ Eine Zauberin namens Gríma schickt in Kapitel  9 der Fóstbrœðra saga ihren Knecht Kolbakr mit Einschlag zum Weben auf einen benachbarten Hof. Sie steckt ihm die Knäuel aus Garn unter seinen Mantel, reicht ihm ein Schwert und streicht schließlich mit ihren Händen über seine gesamte Kleidung, woraufhin ihn später kein Schwert verletzen kann. Þórir erhält in Kapitel 3 der Gull-Þóris saga die magischen Handschuhe des Wiedergängers Agnarr. Streicht er mit ihnen an den Kleidern seiner Männer entlang, bleiben sie unversehrt. Verbindet Þórir anderer Männer Wunden, während er die Handschuhe trägt, so heilen diese schnell aus.⁴⁰¹ Magische Handschuhe erhält auch Ormr Stórólfsson, der Titelheld des Orms þáttr Stórólfssonar, von der Halbschwester des Riesen Brúsi. Sie bewahren ihren Träger davor, während eines Kampfes die Körperkräfte zu verlieren.⁴⁰² Ein lappischer Zauberer wirft in Kapitel 2 des Egils þáttr Síðu-Hallssonar ein Paar Handschuhe auf eines der Schiffe König Óláfr helgis:

397 Vgl. Heller 1958, S. 131  f. 398 Eyrb, c. 18, S. 34: ‚in einen dunkelbraunen Rock, den sie gerade angefertigt hatte.‘ 399 Vgl. Eyrb, c. 18, S. 36. 400 Kjaln, c. 8, S. 21: ‚[S]kyrta er hér annat klæði; þat þyki mér líkara, at hon slitni ekki skjótt, hvárki fyrir vápnum né fyrnsku.‘ Vatnsd, c. 19, S. 54: [Hrolleifr] hafði ok kyrtil þann, er móðir hans hafði gǫrt honum ok eigi festi járn á. 401 Vgl. Fbr, c. 9, S. 162–164; GullÞ, c. 3, S. 184. 402 OStór, c. 8, S. 187: ‚Nú eru hér glófar, at ek vil gefa þér, ok fylgir sú náttura, at þeim verðr aldri aflafátt, sem þá hefir á höndum.‘

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[Þ]á hleypr hann fram eptir björgunum ok kastar ofan á skipit, þat er fyrst ferr, glófum, ok sýndisk þeim svá sem dust ryki af þeim, ok síðan hleypr sá maðr á brott. En þat fylgir sendingu þessi, at sótt kemr á skipit mikil ok tekr svá fast, at menn fá varla óœpandi, ok fengir margir bana af.⁴⁰³

Die todbringende Krankheit trifft auch Egill Síðu-Hallsson, der sich zuvor mit dem König überworfen hatte, weil er Gefangene, die der Herrscher während eines Feldzugs gemacht hat, freilässt. Egill bereut seinen Ungehorsam bereits kurz bevor er sich mit der Epidemie ansteckt. Dem Tode nahe wünscht er sich nichts sehnlicher, als die Gnade Óláfr helgis zu erlangen. Sein Wunsch wird ihm nach anfänglicher Ablehnung gewährt; der heilige König sucht Egill auf und befreit ihn durch Auflegen seiner Hände von der Seuche. Die Handschuhe des zauberkundigen Lappen, der im weiteren Erzählablauf nicht mehr vorkommt, haben handlungsmotivierende Funktion. Die schwere Krankheit, die der in ihnen enthaltene Staub verursacht, ist einerseits Egills gerechte Strafe für seinen Ungehorsam gegenüber dem König. Andererseits wird durch dieses Erzählelement Egills wiedererlangte Gnade erklärt.⁴⁰⁴ Gleichzeitig wird ein Kontrast zwischen heidnischer Zauberkraft und der Wundertätigkeit eines Heiligen aufgebaut: König Óláfr kann Egill durch Handauflegen vor dem Tod bewahren, weil durch ihn die Kraft Gottes waltet. Die schamanistischen Lappen benötigen hingegen Handschuhe, um auf den Gesundheitszustand eines Menschen einwirken zu können. Gottes Kraft ist jedoch der heidnischen Magie überlegen und macht diese unwirksam. Der französische Altnordist François-Xavier Dillmann hat in seiner Dissertation aus dem Jahr 2006 die sozialen Verhältnisse der Zauberer in den Íslendingasǫgur untersucht und ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Zauberer nicht einer einzelnen Gesellschaftsschicht zugeordnet werden können: Les magiciens connus des Íslendingasögur […] se recrutaient aussi bien parmi les hommes que parmi les femmes, parmi les enfants que parmi les adultes et les vieillards, au sein élites politiques comme chez les servantes; certains d’entre eux étaient des paysans fortunés, d’autres étaient impécunieux [.]⁴⁰⁵

403 EgSH, c. 2, S.  24  f.: ‚Da läuft er vorwärts die Klippen entlang und wirft auf das Schiff, das an vorderster Stelle fährt, ein paar Handschuhe hinauf, und es schien ihnen so, als ob Staub aus ihnen herauskomme, und dann läuft der Mann fort. Und das folgt dieser Gabe, dass eine schwere Krankheit auf das Schiff kommt und so heftig um sich greift, dass die Männer kaum ihre Schreie zurückhalten können, und viele empfangen dadurch den Tod.‘ 404 Vgl. EgSH, c. 2–3, S. 25–27. 405 Dillmann 2006, S. 590: ‚Die aus den Íslendingasögur […] bekannte Gruppe der Magier setzt sich sowohl aus Männern als auch aus Frauen, aus Kindern wie auch aus Erwachsenen und älteren Menschen, aus den politischen Eliten wie aus Knechten zusammen, einige von ihnen waren reiche Bauern, andere waren mittellos.‘

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 Kleidung und soziale Distinktion

Dillmanns Einschätzung kann durch eine Untersuchung des Kleidungsverhaltens dieser Personengruppe nur bestätigt werden: Merkmale der Ober- und Unterschichtkleidung vermischen sich, wie v.a. das anfängliche Beispiel aus der Eiríks saga zeigt, in dem die Seherin Þorbjǫrg einen außergewöhnlich reich mit Edelsteinen besetzten Mantel sowie einen ebenso verzierten Stab besitzt. Der Stab dient als Gerät zur Ausübung magischer Praktiken, der edelsteinverzierte Mantel spricht für ökonomischen Reichtum, wohingegen Þorbjǫrgs übrige Ausstattung aus weniger wertvoll konnotiertem Lamm- und Kalbfell besteht. Eine Unterfütterung von Kleidungsstücken mit Katzenfell lässt sich an keiner anderen Stelle in den untersuchten Texten finden. Es fällt aber auf, dass die Kleidung oder zumindest einzelne Kleidungsstücke der Zauberer häufig aus verschiedenen Pelzen bestehen. Zauberkundige Frauen sind zudem in der Lage, selbst Kleidung mit magischer Wirkung anzufertigen, welche sie stets an ihre Söhne oder Untergebenen weiterreichen, um diese vor Verwundung zu schützen. Das Streichen mit den Händen über die Kleidung scheint dieselbe Schutzwirkung herbeizuführen, wie das Beispiel aus der Fóstbrœðra saga zeigt. Die unpassende Kleidung der heidnisch gesinnten Þórhildr Vaðlækkja besitzt ebenfalls keine soziale Verweisfunktion, sondern reflektiert möglicherweise deren falsche religiöse Überzeugung. Weder Bärenpelz und Gesichtsmaske des Steinarr Önundarson noch die zur Durchführung von Zauber verwendeten Kopfbedeckungen der Hexen lassen Rückschlüsse auf den gesellschaftlichen Rang dieser Figuren zu. Die soziale Verweisfunktion der Kleidung stößt bei der Gruppe der Zauberer durch deren Kombination von Gewandstücken aus unterschiedlichsten Materialien an ihre Grenzen.

3 Kleidung und Geschlecht In der mittelalterlichen Literatur dient Kleidung nicht nur zur sozialen, sondern auch zur geschlechtlichen Distinktion. Während körperlichen Geschlechtsmerkmalen kaum Aufmerksamkeit beigemessen wird, definieren Gewänder die Geschlechtszugehörigkeit.⁴⁰⁶ In diesem Zusammenhang ist weniger das Aussehen von Männer- und Frauenbekleidung von Interesse als vielmehr das Verhältnis von Rollenverhalten und Gewand zueinander.⁴⁰⁷

3.1 Textilherstellung In der mittelalterlichen Gesellschaft Islands spielte die Produktion von Kleidung eine wichtige Rolle. Tätigkeiten wie Spinnen, Weben und schließlich die Herstellung ganzer Kleidungsstücke zählten zum Aufgabenbereich der Frau, während die Männer fertige Erzeugnisse auf Handelsfahrten verkauften.⁴⁰⁸ Frauen übten demnach innerhalb des Hofes, fyrir innan stokk, die Kontrolle aus, während der Mann fyrir útan stokk seinen Arbeiten nachging.⁴⁰⁹ Obwohl die Herstellung von Garn und Stoffen für den Handel im freistaatzeitlichen Island von großer Bedeutung gewesen sein muss,⁴¹⁰ finden diese Arbeiten in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir verhältnismäßig selten Erwähnung. Häufig werden sie in Zusammenhang mit zauberkundigen Frauen beschrieben. Eine bizarre Variante des Webens wird in Kapitel  157 der Njáls saga zum Ausdruck gebracht. Ein Mann namens Dǫrruðr sieht vor der Schlacht von Clontarf, die am Karfreitag des Jahres 1014 stattfand, zwölf Personen zu einer Webkammer reiten und hineingehen. Aus Neugierde begibt er sich daraufhin ebenfalls zur Kammer und sieht durch das Fenster: Ok sá [hann], at þar váru konur inni ok hǫfðu vef upp fœrðan. Mannahǫfuð váru fyrir kljána, en þarmar ór mǫnnum fyrir viptu ok garn, sverð var fyrir skeið, en ǫr fyrir hræl.⁴¹¹ Die Frauen, bei denen es sich um Walküren handelt, singen und sprechen daraufhin das sogenannte Darraðarljóð, das den Verlauf der Schlacht zwischen dem irischen König Brjánn Boru und zwei wikingischen Heeren schildert.

406 Vgl. Kraß 2006, S. 276. 407 Die Debatte um eine Geschlechteridentität, wie sie die Gender-Forschung betreibt, wird an dieser Stelle ausgeblendet, da sie für meine Untersuchung keinerlei Relevanz besitzt. Vgl. zur GenderForschung z.B. Butler 1991. 408 Vgl. Jochens 1996, S. 141–147. 409 Vgl. Jochens 1996, S. 117. 410 Vgl. Damsholt 1984, S. 81. 411 Nj, c. 157, S. 454: ‚Und er sah, dass dort zwölf Frauen in der Kammer waren, und sie hatten einen Webstuhl aufgestellt. Menschenköpfe dienten als Websteine und Menschengedärme als Einschlag und Kettfäden, ein Schwert als Webschwert und ein Pfeil als Schiffchen.‘

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 Kleidung und Geschlecht

Nach der Fertigstellung ihres Gewebes, einer Art Teppich, zerreißen sie es in Einzelteile, wobei jede von ihnen den Teil behält, den sie gerade in den Händen hat. Anschließend besteigen sie ihre Pferde und reiten in nördlicher und südlicher Richtung davon.⁴¹² Der Kampf auf dem Schlachtfeld geht genau so aus, wie die Walküren es in ihrem Lied prophezeien. Der irische König gewinnt die Schlacht, wird aber während des Kampfes getötet.⁴¹³ In der nordischen Mythologie nehmen die Walküren aktiv am Kampfgeschehen teil, indem sie dessen Ausgang bestimmen und diejenigen Krieger auswählen, die sie nach deren Tod in der Schlacht mit nach Valhǫll (‚Walhall‘) nehmen.⁴¹⁴ Der Webvorgang der Walküren bestimmt in der Episode der Njáls saga jedoch nicht nur das Los der Kämpfenden, sondern beeinflusst gleichzeitig das weitere Schicksal des Helden Flosi, der aufgrund des Mordbrands an Njáll aus Island verbannt wird; um einen Vergleich einzuhalten, muss dieser eine Pilgerfahrt unternehmen sowie Bußgeldzahlungen leisten. Zwar nimmt der Isländer nicht am Gefecht teil, sondern hält sich zu diesem Zeitpunkt am Hof des Hebridenjarls auf. Seine Gefährten jedoch, die mit ihm zusammen Island verlassen hatten, kämpfen in Clontarf. Als Flosi von ihrem Tod erfährt, beschließt er, seine Wallfahrt anzutreten. Die Webtätigkeit der Walküren besiegelt demnach nicht nur das Schicksal von Flosis Kampfgenossen, sondern leitet zu einer weiteren Episode in seinem Leben, der Pilgerfahrt, über. In Kapitel 20 der Eyrbyggja saga versucht die Hexe Katla das Schicksal zu beeinflussen, um ihren Sohn Oddr vor dem Goden Arnkell und seinen Männern zu verbergen, die auf ihren Hof kommen, um Oddr für sein Verbrechen, einer Frau die Hand abgeschlagen zu haben, zur Rechenschaft zu ziehen: Katla sat á palli ok spann garn; hon bað Odd sitja hjá sér, – ‚ok ver hljóðr ok kyrr‘ […] Ok er þeir Arnkell kómu […] heilsaði Katla Arnkatli ok spurði at tíðendum; Arnkell kvazk engi segja ok spyrr, hvar Oddr sé.⁴¹⁵

Anschließend durchsuchen die Rächer Katlas Hof, können ihren Sohn jedoch nicht finden und müssen vorerst unverrichteter Dinge abziehen.⁴¹⁶ Ihre Zauberei kann Oddr jedoch nicht dauerhaft davor bewahren, für seine feige Tat gehängt zu werden. Sein Tod ist unabwendbar, als Arnkell gemeinsam mit seinen Männern und seiner zauberkundigen Schwester Geirríðr den Hof erneut durchsucht. Geirríðr enttarnt Katlas Blendwerk und übergibt Oddr an die Rächer. Die Hexe selbst wird für ihre bösartige

412 Vgl. Nj, c. 157, S. 458  f. 413 Vgl. Nj, c. 157, S. 448–460. Zur Schlacht von Clontarf vgl. auch Sawyer 2002, S. 151. 414 Vgl. Egeler 2011, S. 38  ff.; Simek 2006, 483  f. 415 Eyrb, c. 20, S. 51: ‚Katla saß auf der Querbank und spann Garn; sie befahl Oddr neben ihr zu sitzen, – ‚und sei still und ruhig.‘ […] Und als Arnkell und seine Männer kamen […] grüßte Katla Arnkell und fragte nach Neuigkeiten; Arnkell sprach, es gebe nichts zu sagen und fragt, wo Oddr sei.‘ 416 Vgl. Eyrb, c. 20, S. 50–52.

Textilherstellung 

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Zauberei hingerichtet. Kurz vor ihrer Steinigung verflucht Katla Arnkell, dessen weiteres Schicksal dadurch ebenfalls besiegelt wird. François-Xavier Dillmann erkennt in Katlas magischer Handlung eine Verwandlung Oddrs in den Spinnrocken seiner Mutter: Weil Katla bereits in Kapitel 18 der Saga Oddr einen Leibrock anfertigt, durch den keine Waffe dringen kann, ist Dillmann davon überzeugt, dass das Spinnen die Sphäre des Kampfes bediene und der Spinnrocken deshalb mit dem Gott Óðinn und dessen Magie in Verbindung stehe.⁴¹⁷ Denkbar wäre aber auch eine Unsichtbarmachung Oddrs durch den bloßen Spinnvorgang seiner Mutter: Seinem von den Nornen gesponnenen und somit vorherbestimmten Schicksal soll durch Katlas Zauberkunst entgegengewirkt werden. Zwar gelingt es der Hexe, ihren Sohn für kurze Zeit zu verbergen. Seiner Bestimmung kann Oddr schließlich nicht entgehen. Eine ähnliche Begebenheit schildert folgende Episode aus der Fóstbrœðra saga: In Kapitel 23 lässt die Grönländerin Gríma den Skalden Þormóðr Kolbrúnarskáld, der aufgrund mehrfachen Totschlags verfolgt wird, in ihrem Haus auf einem Stuhl in der Mitte des Wohnraums Platz nehmen. Ihren Mann fordert sie dazu auf, Seehund zu kochen, während sie sich selbst folgende Aufgabe wählt: ‚Ek mun sitja í durum ok spinna garn ok taka við komǫndum.‘⁴¹⁸ Tatsächlich sehen Þormóðrs Verfolger, als sie durch die Tür ins Innere des Wohnraums blicken, dort einen leeren Stuhl. Grímas Sinnestäuschung motiviert die Handlung, indem sie Þormóðrs Leben rettet und ihm obendrein die Flucht zu Verbündeten ermöglicht. Wie die ausgewählten Beispiele verdeutlichen, führen Frauen, die Spinn- und Webarbeiten nachgehen, in den Íslendingasǫgur nur selten profane Hausarbeit aus. Weitaus häufiger setzen sie die Textilherstellung zur Durchführung magischer Praktiken ein, um ganz bestimmte Ziele zu erreichen. Dies gilt in besonderem Maße für die Spinnarbeit der Hexen Katla und Gríma, die in beiden Fällen eine Person vor ihren Todfeinden zu schützen versuchen. Ihre Vorhaben sind jedoch unterschiedlich erfolgreich; während Gríma Þormóðr Kolbrúnarskálds Verfolger gerade solange täuscht, bis dieser in Sicherheit gebracht werden kann, wird Katlas Hexerei durch die ebenfalls zauberkundige Geirríðr aufgedeckt und Oddr an Arnkell und seine Männer ausgeliefert. Im Vergleich mit der Episode aus der Eyrbyggja saga geht hervor, dass ‚menschliches‘ Zaubern (= Spinnen) das eigene, von den Nornen ‚gesponnene‘ Schicksal nicht aufhalten, sondern lediglich hinauszögern kann. Über das Los von Kriegern, die an einer Schlacht teilnehmen, entscheiden die Walküren, was in der Njáls saga durch das Weben eines Teppichs aus menschlichen Gedärmen eindrucksvoll zur Anschauung gebracht wird. Die Beeinflussung des Schicksals mittels Zauber motiviert den Handlungsverlauf, indem auf das künftige Los der Helden Einfluss ge-

417 Vgl. Dillmann 1982, S. 118  ff. 418 Fbr, c. 23, S. 246: ,Ich werde in der Tür sitzen und Garn spinnen und die Ankommenden in Empfang nehmen.ʻ

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 Kleidung und Geschlecht

nommen wird. Dabei bleiben die zauberkundigen Frauen ihrer weiblichen Rolle stets treu und führen Aufgaben innerhalb der ihnen angestammten Tätigkeitsbereiche aus. Rein profaner Natur ist dagegen die Spinnarbeit, die Guðrún Ósvífrsdóttir in der Laxdœla saga verrichtet. In Kapitel 49 tritt sie ihrem Ehemann Bolli nach der Tötung Kjartan Óláfssons mit folgenden Worten gegenüber: ‚Misjǫfn verða morginverkin; ek hefi spunnit tólf álna garn, en þú hefir vegit Kjartan.‘⁴¹⁹ Guðrúns Aussage gegenüber ihrem Ehemann verdeutlicht einmal mehr die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche beider Geschlechter. Während sie selbst einer typisch weiblichen Arbeit, dem Spinnen, nachgeht, übernimmt Bolli mit der Tötung Kjartans eine den Männern vorbehaltene Aufgabe. Möglicherweise beabsichtigt die stolze Guðrún mit ihren Worten aber etwas Anderes als die Veranschaulichung weiblicher und männlicher Geschlechterrollen: Fasst man ihre Aussage ironisch auf, würde sie Bollis Tat auf eine triviale Alltagserledigung reduzieren. Der direkte Vergleich mit dem Tätigkeitsbereich der Frau käme darüber hinaus einer Beleidigung gleich und spielt möglicherweise auf den Verlauf des Kampfes an, von dem Guðrún noch vor der Rückkehr ihres Mannes durch ihre Brüder erfährt: Kjartan ist nicht im Rahmen eines ehrenvollen Zweikampfs bezwungen worden, sondern musste sich allein gegen fünf Mann zur Wehr setzen. Bolli selbst tritt erst nach scharfer Aufreizung durch die Kampfgefährten seinem Ziehbruder mit dem Schwert gegenüber und fügt ihm den Todesstoß zu, als dieser, nur leicht verwundet, die Waffen streckt.⁴²⁰ Die Textilherstellung wird in den Íslendingaþættir kaum thematisiert. Nur einige wenige Stellen berichten von neu angefertigter Kleidung, die Frauen den zumeist noch sehr jungen Helden überreichen.⁴²¹ Ein möglicher Grund dafür wäre, dass sich die Handlung zumeist auf ein Einzelschicksal konzentriert, nämlich auf die Begegnung zwischen einem Isländer und einem fremdländischen Herrscher, und somit weniger auf die Lebensumstände einer ganzen Gesellschaft Bezug nimmt. Außerdem spielen sich die meisten Þættir im höfischen Milieu ab, für das vorausgesetzt werden kann, dass gute Kleidung stets vorhanden, bzw. leicht zu beschaffen ist und deren Produktion deshalb nicht als erwähnenswert betrachtet wird. Im Gegensatz zu den Þættir finden die Ereignisse der Sagas im bäuerlichen Lebensbereich Islands statt, die Beschaffung von Gewändern dürfte weniger einfach gewesen sein als am Hof des Königs. Als Erklärung für die dennoch spärlich vorhandenen Schilderungen in den Sagas ließe sich anführen, dass es sich bei diesen Tätigkeiten um alltägliche Arbeiten

419 Laxd, c. 49, S. 154: ,Ungleich geraten morgendliche Arbeiten; ich habe zwölf Ellen Garn gesponnen, aber du hast Kjartan erschlagen.ʻ 420 Vgl. Louis-Jensen 2002, S.  193–195. In der Forschung herrscht Uneinigkeit über die Lesart des Wortes morginverkin. Es wurde auch als váðaverk gelesen, das sowohl die Arbeit des Spinnens als auch eine Gewalttat bezeichnen kann. Bevorzugt man letztere Bedeutung, ist Guðrúns Aussage ein Wortspiel. Vgl. Damsholt 1984, S. 84; Laxd., c. 49, S. 152–154. 421 Vgl. Hrafns þáttr Hrútfirðings, c. 3, S. 104; ÞorvV, c. 1, S. 417; ÞUxaf, c. 5, S. 383  f.

Kleidung und hvǫt 

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handelt, die nur dann explizit beschrieben werden, wenn ihre Verrichtung mit außergewöhnlichen Vorkommnissen, wie beispielsweise Zauberei, in Zusammenhang gebracht werden kann.

3.2 Kleidung und hvǫt Das Aufhetzen zur Blutrache ist in den Íslendingasǫgur weiblichen Personen vorbehalten, denen das eigentliche Ausführen einer Rachetat von Gesetzes wegen her untersagt ist.⁴²² Als dessen zentraler Bestandteil gilt die im Altnordischen als hvǫt bezeichnete Hetzrede. In einigen Sagaepisoden werden Kleidungsstücke eines getöteten männlichen Familienangehörigen zur Aufhetzung instrumentalisiert. Unmittelbar nach dem Tod ihres Angehörigen nehmen die Frauen dessen, zuweilen blutbefleckte, Bekleidung an sich und verwahren sie sorgsam. Ist der richtige Zeitpunkt zur Rache gekommen, werden die Gewänder hervorgeholt und den männlichen Hinterbliebenen im Zuge der hvǫt vorgeführt. Merkmale der Kleidung, die zu Zwecken sozialer Distinktion eine übergeordnete Rolle spielen wie z.B. Material und Farbigkeit, sind bedeutungslos. Die ausführlichste Schilderung einer hvǫt, bei der ein Kleidungsstück symbolischen Charakter erhält, findet sich in Kapitel  112 der Njáls saga. Hildigunnr Starkaðardóttir nimmt den feinen Scharlachmantel ihres von den Söhnen Njálls erschlagenen Mannes Hǫskuldr an sich: Hon tók skikkjuna ok þerrði þar með blóðit allt ok vafði þar í blóðlifrarnar ok braut svá saman skikkjuna ok lagði í kistu sína.423 Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt die Aufhetzung ihres Angehörigen Flosi, der den Tod Hǫskuldrs rächen soll. Er selbst hatte Hǫskuldr den prachtvollen Mantel geschenkt, in dem dieser erschlagen worden war.⁴²⁴ Hildigunnr lädt Flosi zu sich ein und empfängt ihn zunächst äußerst ehrenvoll, indem sie zu seinem Empfang Teppiche aufhängen und ihn auf dem Hochsitz Platz nehmen lässt. Die anschließende Bewirtung ihres Verwandten, der die ihm erwiesenen Ehren nur widerwillig akzeptiert, fällt dagegen weniger großzügig aus. So erhält Flosi zum Abtrocknen seiner Hände lediglich ein löchriges Handtuch, weshalb er sich zu diesem Zweck ein Stück vom Tischtuch abreißt. Hildigunnr tritt daraufhin zu ihm, streicht sich ihr Haar aus dem Gesicht und beginnt zu weinen. Danach begibt sie sich in den Schlafraum und wendet sich der Truhe zu, in der sie den Mantel ihres Ehemannes verwahrt: Hildigunnr gekk þá fram í skála ok lauk upp kistu sinni; tók hon þá upp skikkjuna, er Flosi hafði gefit Hǫskuldi,

422 Vgl. Beck 1978, S. 83; Meulengracht Sørensen 1983, S. 22. 423 Nj, c. 112, S. 282: ‚Sie nahm den Mantel an sich und wischte dort alles Blut damit auf und wickelte dort die geronnenen Blutreste ein und faltete den Mantel zusammen und legte ihn in ihre Truhe.‘ 424 Vgl. Nj, c. 116, S. 289–293; vgl. Kapitel 2.1.4.2.

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 Kleidung und Geschlecht

ok í þeiri hafði Hǫskuldr veginn verit, ok hafði hon þar varðveitt í blóðit allt.⁴²⁵ Sie kehrt mit dem Scharlachmantel zu Flosi zurück und wirft ihm das Kleidungsstück über den Kopf, sodass die eingetrockneten Blutreste auf ihn herabprasseln.⁴²⁶ Gleichzeitig hetzt sie ihn mit scharfen Worten auf und droht damit, ihn einen níðingr (‚Feigling‘) zu heißen, solle er sich weigern, die Rache für ihren Mann übernehmen zu wollen. Flosi reagiert auf Hildigunnrs Hetzrede außerordentlich wütend, muss die Blutrache aber ausführen, da er nach altnordischem Recht als ihr nächster männlicher Angehöriger dazu verpflichtet ist. Guðrún Ósvífrsdóttir zeigt ihren Söhnen Bolli und Þorleikr in Kapitel  60 der Laxdœla saga die blutbefleckte Unterbekleidung ihres Vaters: Fám nóttum síðar en Guðrún hafði heim komit, heimti hún sonu sína til máls við sik í laukagarð sinn; en er þeir koma þar, sjá þeir, at þar váru breidd niðr línklæði, skyrta ok línbrœkr; þau váru blóðug mjǫk.⁴²⁷

Um zur Vaterrache aufzuhetzen, fügt sie der Symbolhaftigkeit der blutdurchtränkten Kleidungsstücke folgende Worte hinzu: ‚Þessi sǫmu klæði, er þit sjáið hér, frýja ykkr fǫðurhefnda; nú mun ek ekki hafa hér um mǫrg orð, því at ekki er ván, at þit skipizk af framhvǫt orða, ef þit íhugið ekki við slíkar bendingar ok áminningar.‘⁴²⁸

Es scheint gerade so, als ob die blutverschmierten Gewänder ihres Vaters Bolli Þorleiksson größere Aussagekraft besäßen als aufreizende Worte, was durch die Aussage ihrer Mutter bekräftigt wird. Folglich können sich die jungen Männer ihrer Pflicht, Blutrache an den Mördern ihres Vaters zu üben, nicht entziehen. Kurze Zeit später brechen sie zusammen mit einer erlesenen Kriegerschar zum Rachefeldzug gegen Helgi Harðbeinsson auf.⁴²⁹ In den ausgewählten Beispielen fungiert Kleidung in erster Linie als Instrument, um das Erinnerungsvermögen der hinterbliebenen männlichen Angehörigen zu sti-

425 Nj, c. 116, S. 291: ‚Hildigunnr ging dann in die Schlafkammer und schloss ihre Truhe auf; dann hob sie den Mantel hoch, den Flosi Hǫskuldr gegeben hatte, und in dem Hǫskuldr erschlagen worden war, und sie hatte dort all das Blut darin aufbewahrt.‘ 426 Nj, c. 116, S. 291: Hon gekk þá innar í stofuna með skikkjuna. […] Hildigunnr lagði þá yfir Flosa skikkjuna; dunði þá blóðit um hann allan. 427 Laxd, c. 60, S. 179: ‚Einige Nächte später, als Guðrún nach Hause gekommen war, bat sie ihre Söhne zur Unterredung in ihren Lauchgarten; und als sie dorthin kommen, sehen sie, dass dort am Boden leinene Unterkleider ausgebreitet waren, ein Hemd und Leinenhosen. Sie waren voller Blut.‘ 428 Laxd, c. 60, S. 179: ,Dieselben Kleidungsstücke, die ihr hier seht, reizen euch zur Vaterrache auf; nun werde ich darüber nicht viele Worte verlieren, weil nicht zu erwarten ist, dass ihr durch aufhetzende Worte beeinflusst werdet, wenn ihr euch solche Zeichen und Ermahnungen nicht zu Herzen nehmt.ʻ 429 Vgl. Kapitel 2.1.3.

Transvestismus, níð und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion 

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mulieren und sie auf diese Weise zur Blutrache aufzuhetzen. Die Heldinnen setzen indes die Gewänder des Verstorbenen bei der Aufhetzung ihrer Verwandten unterschiedlich ein. Während Hildigunnr den Mantel Hǫskuldrs nur als ein einzelnes Element in ihre sorgsam ausgeführte Aufreizung integriert,⁴³⁰ verzichtet Guðrún auf scharfe Worte und Drohgebärden. Sie lässt allein die Kleidung sprechen, die ihrer Meinung nach genügend Aussagekraft besitzt, um ihren jungen Söhnen die Pflicht der Vaterrache vor Augen zu führen. Besonders auffällig ist das im Zusammenhang mit der hvǫt veränderte Kleiderzeichen: Nach dem Tod des Helden verliert die Kleidung ihre eigentliche Funktion, den Körper zu schützen, zu schmücken und den sozialen Status des Trägers anzuzeigen. Von der einstigen Pracht des mit Borten verzierten Scharlachmantels Flosanaut ist in der Hildigunnr-Episode nichts mehr übrig, und auch über die Leinenkleider Bollis wird nichts weiter berichtet, als dass sie blutdurchtränkt seien. Die einzigen Signale, die die nahezu bedeutungslos gewordenen Gewänder aussenden können, sind die Erinnerung an den Verstorbenen und die Umstände seines Todes.⁴³¹ In den untersuchten Íslendingaþættir spielen Frauen nur eine untergeordnete Rolle, weshalb auch die hvǫt und eine damit verbundene Zurschaustellung blutiger Kleidungsstücke kaum thematisiert wird.

3.3 Transvestismus, níð und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion Geschlechtliche Distinktion durch Kleidung lässt sich besonders an denjenigen Stellen nachweisen, an denen feste Geschlechterkonventionen übertreten bzw. missachtet werden. Für das mittelalterliche Island existieren im Gegensatz zu Mitteleuropa kaum explizite Kleiderordnungen,⁴³² jedoch geht aus einigen Gesetzestexten hervor, wie sich Männer und Frauen ihres Geschlechts gemäß zu kleiden hatten. Man betrachtete die mit den Geschlechtern untrennbar verbundene Sexualität von Mann und Frau als etwas Gegensätzliches, miteinander Unvereinbares.⁴³³ Brachen Männer mit ihrer eigenen, männlichen Rolle und adaptierten weibliches Verhalten, nahm man sie als effeminiert, feige und pervers wahr. Wurde ein Mann bezichtigt, in einem homosexuellen Akt die weibliche Rolle zu verkörpern, bezeichnete man ihn

430 Hildigunnrs hvǫt enthält fünf Elemente, die ihren Verwandten zur Blutrache aufhetzen sollen: Die Zuweisung des Hochsitzes, um anzuzeigen, dass der Mann, der eigentlich diesen Platz einnehmen sollte, dazu nicht mehr imstande ist, das Darreichen des zerlumpten Handtuchs, ihr Weinen, das Hervorholen des blutigen Mantels und schließlich ihre Hetzrede. Vgl. Clover 2002, S. 18/37. 431 Vgl. Clover 2002, S. 22. 432 Zu den Kleiderordnungen vgl. auch Kapitel 2.2.5. 433 Vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 213.

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 Kleidung und Geschlecht

im Altnordischen als argr oder ragr (‚weibisch‘, ‚pervers‘).⁴³⁴ Dasselbe galt für den sexuellen Verkehr mit Tieren: „The charge of wearing women’s clothes, of performing women’s work or being a woman or a female animal evoked the whole complex of ideas on cowardice and effeminacy.“⁴³⁵ Der männlichen und menschlichen Sphäre stand demnach die weibliche, tierische gegenüber. Eine Frau wurde dagegen nicht als argr bezeichnet, wenn sie mit einem Mann verkehrte, da weder Weiblichkeit noch Frauen an sich verachtet wurden. Weibliches Verhalten implizierte lediglich dann Perversion, wenn ein Mann es sich aneignete. Frauen war es ihrerseits nicht gestattet, männliche Gewohnheiten und Verhaltensweisen an den Tag zu legen, wozu das Tragen von Männerkleidung und das Führen von Waffen zählte. Die Íslendingasǫgur halten eine Reihe von Episoden bereit, in denen ehrbare und bedeutende Männer öffentlich als effeminiert denunziert werden. Verleumdungen solcher Art werden im Altnordischen unter dem Terminus níð zusammengefasst und stellen die schwerste Form der Ehrverletzung dar: „Med níð angriber en mand symbolsk en anden mands ære med en sådan virkning, at den anden er tvunget til at reagere, hvis ikke han skal finde sig i at være vanæret.“⁴³⁶ Níð kann auf unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden. Die effektivste Methode ist dabei das Dichten sogenannter níðvísur (‚Spottstrophen‘) oder allgemein eine mündliche Äußerung solcher Verleumdungen. Daneben existiert die Form des tréníð, worunter das Schnitzen anstößiger Skulpturen oder das Ritzen von níð in Holzstangen zu verstehen ist. Anschuldigungen, in einem homosexuellen Geschlechtsakt die Rolle der Frau zu übernehmen oder mit Tieren zu verkehren, dürften allerdings in den seltensten Fällen wörtlich verstanden worden sein. Vielmehr ist níð im übertragenen Sinn aufzufassen, wobei tatsächliche homosexuelle oder sodomitische Neigungen eine untergeordnete Rolle spielen. In einer patriarchalischen Gesellschaft wie der des freistaatzeitlichen Islands symbolisiert jegliche Adaption von weiblichem Verhalten Feigheit und Effemination. Wendet eine Person níð an, so verfolgt sie damit das Ziel, einen Friedensbruch herbeizuführen oder einen bereits erfolgten Friedensbruch noch zu akzentuieren. Außerdem kann mit dieser Methode auch ein unliebsamer Widersacher aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, indem man ihn für unwürdig erklärt, ein vollwertiges Mitglied derselben zu sein. Der Beschuldigte muss sich daraufhin als fähig und würdig erweisen, weiterhin in der Gemeinschaft leben zu dürfen. Gemäß den Gesetzen der altnordischen Gesellschaft hat er sich folglich als Mann zu beweisen, indem er seinen Widersacher zum Kampf herausfordert oder selbst Blutrache nimmt. Reagiert der

434 Vgl. Meulengracht Sørensen 1983, S. 18. Führte der Mann dagegen in einem homosexuellen Geschlechtsakt die aktive, also männliche Rolle aus, blieben ihm solche Anschuldigungen erspart. Vgl. Meulengracht Sørensen 1983, S. 27. 435 Meulengracht Sørensen 1983, S. 24; im Folgenden vgl. Meulengracht Sørensen 1983, S. 16  ff. 436 Meulengracht Sørensen 1993, S. 200; im Folgenden vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 200  ff.

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Diffamierte nicht mit einer Aufforderung zur bewaffneten Auseinandersetzung oder zieht es vor, nicht zu einem bereits vereinbarten Kampf zu erscheinen, so bestätigen sich in den Augen der Gesellschaft die gegen ihn gerichteten Anschuldigungen. Níð provoziert deshalb stets Rache, und dessen Intention kann schlichtweg die Herausforderung eines Mannes zum Kampf sein. Das níð kann demnach zum Element eines Systems gegenseitiger Herausforderungen werden, dass das soziale Gleichgewicht regelt. Gelingt es einem Mann, einen anderen in den Augen der Öffentlichkeit zu entehren, hat er damit selbst an Prestige dazugewonnen.⁴³⁷ Níð kann nicht nur durch Spottstrophen und Verleumdungen hervorgerufen werden, sondern auch durch Transvestismus, worunter das Tragen von Kleidung des jeweils anderen Geschlechts zu verstehen ist. Auch im Fall der Íslendingasǫgur kann mit dem Wechsel der Kleidung ein Wechsel der Geschlechterrolle einhergehen. Der in den Íslendingasǫgur angewandte Transvestismus weist durchaus Gemeinsamkeiten mit den ‚gewöhnlichen‘ Maskeraden auf. So erfolgt er häufig in der Absicht, Ziele zu erreichen, die unter den für gewöhnlich vorherrschenden Bedingungen nicht realisierbar sind. Er ist ebenfalls eine vorübergehende Erscheinung, da nach Erlangen dieser Ziele die geschlechtsuntypische Kleidung wieder abgelegt wird.⁴³⁸ Auffällig ist zudem, dass mehrheitlich weibliche Figuren vom Transvestismus Gebrauch machen. Eine besonders anschauliche Transvestismus-Episode bietet die Laxdœla saga: Guðrún Ósvífrsdóttir und Þórðr Ingunnarson verlieben sich ineinander, sind aber beide bereits mit anderen Partnern verheiratet. Als Guðrún eines Tages von ihrem ungeliebten Ehemann Þorvaldr eine Ohrfeige bekommt, fragt sie Þórðr um Rat, wie sie ihm die erlittene Schmach heimzahlen könne. Dieser antwortet ihr lächelnd: ‚Gerðu honum skyrtu ok brautgangs hǫfuðsmátt ok seg skilit við hann fyrir þessar sakar.‘⁴³⁹ Der Saga zufolge dürfe das unter dem Leibrock getragene Männerhemd keinesfalls die Brustwarzen des Trägers entblößen.⁴⁴⁰ Umgekehrt würde diese Angabe über den Ausschnitt von Männerhemden bedeuten, dass ein Hemd für Frauen deren Brustwarzen stets unbedeckt gelassen hätte. Obwohl letzteres kaum der Fall gewesen sein dürfte, bleibt immerhin festzuhalten, dass, wie archäologische Funde belegen, das im Altnordischen ebenfalls als ‚Hemd‘ bezeichnete Unterkleid der Frau einen wesentlich weiteren Ausschnitt besaß als das der Männer.⁴⁴¹ Guðrún lässt sich kurze Zeit später tatsächlich von Þorvaldr scheiden.Ihrem Geliebten Þórðr empfiehlt die frisch geschiedene Isländerin, sich von seiner Frau Auðr zu trennen, da sie sich unweiblich kleide: ‚Hvárt er þat satt, Þórðr, at Auðr, kona þín, er jafnan í brókum, ok setgeiri í, en vafit

437 Vgl. Meulengracht Sørensen 1993, S. 200  ff. 438 Vgl. Wolf 1997, S. 675. 439 Laxd, c. 34, S. 94: ,Fertige ihm ein Hemd mit einem solchen Halsausschnitt an, der einer Scheidung würdig ist, und erkläre dich aufgrund dieser Dinge von ihm für geschieden.ʻ 440 Vgl. Laxd, c. 35, S. 96. 441 Vgl. Kapitel 1.4.3.

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spjǫrrum mjǫk í skúa niðr?‘⁴⁴² Þórðr antwortet, er habe ein solches Kleidungsverhalten bei seiner Frau nicht beobachten können. Guðrún fragt weiter, warum man sie denn Bróka-Auðr (‚Hosen-Auðr‘) nenne.⁴⁴³ Darauf entgegnet ihr Geliebter, dass man seine Frau wohl erst seit Kurzem so nenne, d.h., seitdem diese Lüge von Guðrún ausgesprochen wurde. Während eines Aufenthalts auf dem Allthing erkundigt sich Þórðr, welche Konsequenzen das Tragen von Hosen für eine Frau habe, woraufhin ihm Guðrún bereitwillig antwortet: ‚Slíkt víti á konum at skapa fyrir þat á sitt hóf sem karlmanni, ef hann hefir hǫfuðsmátt svá mikla, at sjai geirvǫrtur hans berar, brautgangssǫk hvárttveggja.‘⁴⁴⁴ Þórðr erklärt sich zu einem späteren Zeitpunkt in Anwesenheit seiner beiden Schwäger auf dem Thing von seiner Frau geschieden. Auðrs Brüder bleiben trotz der Verleumdungen gegen ihre Schwester untätig und bekommen auch von anderen Männern keine Unterstützung angeboten, um diese Ehrverletzung rächen zu können. Die betrogene Ehefrau entschließt sich, die ihr zugefügte Schmach ohne männliche Hilfe zu vergelten: [N]ǫkkuru fyrir sólarfall sté Auðr á bak, ok var hon þá at vísu í brókum. […] Þá vakði Auðr Þórð, en hann snerisk á hliðina, er hann sá, at maðr var kominn. Hon brá þá saxi ok lagði at Þórði ok veitti honum áverka mikla, ok kom á hǫndina hœgri; varð hann sárr á báðum geirvǫrtum; svá lagði hon til fast, at saxit nam í beðinum staðar.⁴⁴⁵

Die Saga berichtet weiter, dass Guðrúns Vater Ósvífr, der Auðr erkannt hat, Þórðr angeboten habe, die flüchtende Rächerin verfolgen zu lassen. Der Schwerverletzte habe ihn allerdings mit folgenden Worten davon abgehalten: Þórðr […] sagði hana slíkt hafa at gǫrt, sem hon átti.⁴⁴⁶ In dieser Episode brechen einige Figuren mit ihren Geschlechterrollen und somit mit den Geschlechterkonventionen der altnordischen Gesellschaft. Obwohl Guðrúns Ex-Ehemann Þorvaldr und Auðr lediglich den Intrigen ihrer Partner zum Opfer fallen, besteht für sie kaum die Möglichkeit, diese Diffamierungen rückgängig zu machen. Die einzig richtige Konsequenz, die auf solche Ehrverletzungen folgen muss, ist Blutrache. Im Falle Þorvaldrs wird ein Racheversuch allerdings nicht erwähnt. Möglicher-

442 Laxd, c. 35, S. 95: ,Nun, ist das wahr, Þórðr, dass Auðr, deine Frau, stets Hosen mit einem Zwickel und Wadenbinden, die ganz bis zu den Schuhen reichen, trägt?ʻ 443 Laxd, c. 35, S. 95: ‚[F]yrir hvat skal hon þá heita Bróka-Auðr?‘ 444 Laxd, c. 35, S. 96: ,Eine Frau ist dafür in demselben Maße zu bestrafen wie ein Mann, wenn er einen so großen Halsausschnitt trägt, dass seine nackten Brustwarzen zu sehen sind, in beiden Fällen ist es ein Scheidungsgrund.ʻ 445 Laxd, c. 35, S. 97  f.: ‚Kurz vor Sonnenuntergang stieg Auðr aufs Pferd, und sie war da tatsächlich in Hosen. […] Dann weckte Auðr Þórðr, und er dreht sich auf die Seite, als er sah, dass eine Person gekommen war. Sie zog ein Kurzschwert und griff Þórðr an und fügte ihm eine große Wunde zu, und traf den rechten Arm; er wurde an beiden Brustwarzen verwundet; so fest schlug sie zu, dass das Schwert in den Bettpfosten steckenblieb.‘ 446 Laxd, c. 35, S. 98: ‚Þórðr […] sagte, sie habe so gehandelt, wie sie handeln musste.‘

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weise reflektiert sein passives Verhalten die soziale Hierarchie der beiden Ehepartner, da Þorvaldr einen deutlich niedrigeren sozialen Rang als Guðrún ‚bekleidet‘,⁴⁴⁷ wie schon vor der eigentlichen Eheschließung erkennbar ist: So bekommt die sehr viel wohlhabendere Guðrún das gesamte Vermögen des Paares zugesprochen, während der künftige Ehemann seinem Schwiegervater versprechen muss, der Gattin kostbare Schmuckstücke zu kaufen, sodass engi jafnfjáð kona ætti betri gripi.⁴⁴⁸ Þorvaldr akzeptiert die von Ósvífr gestellten Bedingungen und willigt somit ein, sich seiner zukünftigen Ehefrau unterzuordnen. Das Tragen des effeminierten Hemdes versinnbildlicht Þorvaldrs Subordination unter Guðrún und lässt somit ihn die weibliche Rolle in ihrer Ehe einnehmen.⁴⁴⁹ Von Auðrs Brüdern wird zwar berichtet, dass ihnen die dreisten Anschuldigungen vonseiten ihres Schwagers missfallen, sie auf dem Thing aber nichts gegen ihn unternehmen. Auch zu einem späteren Zeitpunkt erhalten sie keinerlei Unterstützung in dieser Angelegenheit. Die Tatenlosigkeit ihrer Brüder bringt Auðr schließlich in die missliche Lage, ihre gekränkte Ehre selbst wiederherstellen zu müssen, indem sie zum Schwert greift und ihren früheren Ehemann schwer verwundet. Obwohl es Frauen strengstens verboten war, Waffen zu führen und männliches Verhalten zu adaptieren, verhält sich Auðr in dieser Situation richtig, da ihre männlichen Verwandten, die die Rache hätten ausführen müssen, dazu nicht imstande sind.⁴⁵⁰ Zu einem anderen Zweck nimmt Freydís, eine Figur aus der Grœnlendinga saga, männliches Verhalten an. Sie beabsichtigt, die Brüder Helgi und Finnbogi, die mit ihr zusammen nach Vínland aufgebrochen waren, aus Habgier zu beseitigen, um deren großes Schiff für sich beanspruchen zu können. Da ihr als Frau jegliche Form von Totschlag verboten ist, kann sie ihr Vorhaben jedoch nicht ohne eine List durchführen, die ihren Ehemann Þorvarðr von der Notwendigkeit dieser drastischen Maßnahme überzeugt. So beschließt sie eines Morgens, Helgi und Finnbogi einen Besuch abzustatten: Þat var einn morgin snimma, at Freydís stóð upp ór rúmi sínu ok klæddisk ok fór eigi í skóklæðin; en veðri var svá farit, at dǫgg var fallin mikil. Hon tók kápu bónda síns ok fór í, en síðan gekk hon til skála þeira brœðra.⁴⁵¹

Mit dem Mantel Þorvarðrs streift sich Freydís gleichzeitig dessen männliche Autorität mitsamt stereotypen, geschlechtsspezifischen Verhaltensmerkmalen, wie Mut,

447 Vgl. Wolf 1997, S. 681  f. 448 Laxd, c. 34, S. 93: ‚keine ebenso begüterte Frau größere Kostbarkeiten besäße.‘ 449 Vgl. Wolf 1997, S. 682. 450 Vgl. Meulengracht Sørensen 1983, S. 22. 451 Grǿn, c. 8, S. 265: ‚Es war früh an einem Morgen, dass Freydís von ihrem Platz aufstand und sich ankleidete und keine Fußbekleidung anzog; aber das Wetter war so beschaffen, dass viel Tau gefallen war. Sie nahm den Mantel ihres Mannes und zog ihn an, und dann ging sie zur Unterkunft der Brüder.‘

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Stärke und Selbstbeherrschung über.⁴⁵² Als sie die Unterkunft der Brüder betritt, verhält sie sich männlich-autoritär und verhandelt mit ihnen über das Schiff. Unter dem Vorwand, die Schiffe lediglich tauschen zu wollen, willigt Finnbogi ein, ihr sein wesentlich größeres Fahrzeug zu überlassen. Nach diesem morgendlichen Gespräch kehrt Freydís zu ihrer eigenen Hütte zurück und legt sich wieder zu ihrem Mann ins Bett. Þorvarðr fällt auf, dass sie nass und kalt ist, und fragt nach dem Grund dafür. Sie berichtet ihm daraufhin von einer angeblichen Misshandlung durch Helgi und Finnbogi und benimmt sich, entgegen ihrem vorigen ‚männlichen‘ Auftreten, als schutzbedürftige, misshandelte Ehefrau. Schließlich hetzt sie Þorvarðr zum Mord an den beiden Brüdern auf, woraufhin er die vermeintlichen Schänder erschlägt.⁴⁵³ Nachdem er Helgi und Finnbogi getötet hat, fordert Freydís ihn auch zum Mord an deren Frauen auf, damit diese die Morde nicht anzeigen können. Als Þorvarðr sich weigert, ergreift Freydís selbst die Initiative und tötet die Ehefrauen mit der Axt.⁴⁵⁴ Sie adaptiert einmal mehr männliche Verhaltensweisen und begeht damit ein schweres Verbrechen. Den Wechsel der Geschlechterrolle zur Durchsetzung ihrer perfiden Interessen muss die (uneheliche) Tochter Eiríkr rauðis zu einem späteren Zeitpunkt mit sozialer Isolation bezahlen, da ihre Delikte doch noch aufgedeckt werden. Zur Strafe wird sie zu einem Leben in Einsamkeit am Rande der (grönländischen) Zivilisation verurteilt. Anders als Auðr aus der Laxdœla saga, die die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion überschreitet, um ihre gekränkte Ehre und somit die gesellschaftliche Ordnung wiederherzustellen, erzeugt Freydís durch ihren Rollenwechsel ein Ungleichgewicht, das erst beseitigt wird, als sie für ihre Morde büßen muss. Ihr Transvestismus führt schließlich zur Exklusion aus der Gesellschaft.⁴⁵⁵ Die unweibliche Kleidung der heidnischen Zauberin Þórhildr Vaðlækkja aus Kapitel 11 der Ljósvetninga saga wurde bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben.⁴⁵⁶ Sie vollzieht in männlichen Gewändern ein Zauberritual, um im Auftrag des Guðmundr inn ríki Eyjólfsson in die Zukunft zu sehen, der mithilfe von Þórhildrs Zauber erfahren will, ob an ihm wegen Totschlags Blutrache verübt werden wird. Die Zauberin sieht voraus, dass Guðmundr verschont bleibt, einer seiner Söhne jedoch einer Rachetat zum Opfer fallen wird.⁴⁵⁷ Der Transvestismus steht in dieser Szene nicht nur für Þórhildrs falsche religiöse Überzeugung, sondern bringt auch ihre magischen Fähigkeiten zum Ausdruck: Für das Gelingen ihres Rituals ist es notwendig, festgesetzte

452 Vgl. Wolf 1997, S. 679. 453 Vgl. Grǿn, c. 8, S. 264–267. 454 Vgl. Grǿn, S. 266. 455 Vgl. Hanselmann 2005, S. 100. 456 Vgl. Kapitel 2.3.3. 457 Vgl. Ljósv, c. 11, S. 58–61.

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Grenzen in Bezug auf die geschlechtliche Distinktion zu überschreiten, was durch das Anziehen von Männerkleidung erreicht wird.⁴⁵⁸ Ólof geisli Þórisdóttir, einer Figur aus der Víglundar saga, droht Gefahr durch die Brüder Einarr und Jökull Hólmkelsson, die ihrem Ehemann Þorgrímr prúði Eiríksson sein Ansehen im Bezirk missgönnen. In Þorgrímrs Abwesenheit beschließen sie deshalb, seinen Hof zu überfallen und Ólof zu vergewaltigen. Als die einfallsreiche Jarlstochter von deren Ankunft erfährt, greift sie zu einer einfachen, aber wirkungsvollen List: Í þessu kom maðr í stofuna bláklæddr ok helt brugðnu sverði. Maðrinn var ekki stórr vexti, en allreiðugligr var hann. Þeir spurðu hann at nafni, en hann nefndist Óttar.⁴⁵⁹ Bevor Ólof in Männerkleider schlüpft, zieht sie ihrer Magd den eigenen Mantel über, sodass die beiden Brüder diese für die Hausherrin halten. Während sich Einarr zielstrebig der Magd nähert, betritt Ólof den Raum und empfiehlt den Ankömmlingen, den Hof so schnell wie möglich wieder zu verlassen, da der Hausherr in Kürze zurück sei. Tatsächlich kommt in diesem Moment Þorgrímr mit einer großen Schar von Männern zurück, sodass Einarr und Jökull Hólmkelsson die Flucht ergreifen müssen.⁴⁶⁰ Anders als Freydís und Þórhildr simuliert Ólof Männlichkeit und trägt diese nicht wahrhaftig in sich. Die Abwesenheit ihres Mannes, der für ihre Sicherheit verantwortlich ist, zwingt sie zur Adaption von männlichem Verhalten, um einer Schändung und Ehrverletzung entgehen zu können.⁴⁶¹ Ihre List rettet sie aber nicht nur vor verletzter Ehre, sondern führt auch dazu, dass sich die beiden Widersacher lächerlich machen. Schon sehr bald verbreitet sich die Nachricht, dass sie sich von einer Frau haben täuschen lassen. Aufgrund dieser Vorkommnisse sinkt das Ansehen der Brüder zusehends, während das des Þorgrímr prúði Eiríksson, das durch den Überfall geschädigt werden sollte, nun noch weiter ansteigt. Für eine Frau durchaus ungewöhnlich kleidet sich Hallgerðr Hǫskuldsdóttir, eine Figur der Njáls saga, was ihr Spitzname langbrók (‚lange Hose‘) bereits impliziert.⁴⁶² Ihr exzentrisches Kleidungsverhalten spielt zwar im unmittelbaren Handlungsablauf der Saga keine große Rolle, es steht jedoch möglicherweise für ihren unberechenbaren und bösartigen Charakter. Als sie noch ein kleines Mädchen ist, wird ihre durchweg negative Rolle für das weitere Geschehen von ihrem Onkel Hrútr vorausgedeutet, der sie beim Spielen beobachtet: ‚Œrit fǫgr er mær sjá […] en hitt veit ek eigi, hvaðan

458 Vgl. Solli 2002, S. 149–151. 459 Vígl, c. 8, S. 78: ‚In diesem Augenblick kam ein blau gekleideter Mann in die Stube und hielt ein gezogenes Schwert. Der Mann war nicht groß gewachsen, aber sah äußerst zornig aus. Sie fragten ihn nach seinem Namen, und er nannte sich Óttar.‘ 460 Vgl. Vígl, c. 8, S. 76–78. 461 Vgl. Wolf 1997, S. 680. 462 Nj, c. 9, S. 29: Nú er þar til máls at taka, at Hallgerðr vex upp […] ok er kvenna fríðust sýnum ok mikil vexti, ok því var hon langbrók kǫlluð. Vgl. Kapitel 1.4.3.

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þjófsaugu eru komin í ættir várar.‘⁴⁶³ Hrútrs Bemerkung bezüglich ihrer Augen deutet bereits auf ein Ereignis in der Zukunft hin, als Hallgerðr von einem Sklaven Lebensmittel von einem benachbarten Hof stehlen lässt. Der Konflikt, der sich aus dem Diebstahl erwächst, kostet ihren Ehemann und Njálls besten Freund, Gunnarr Hámundarson, das Leben.⁴⁶⁴ Frauen wie Männern war es verboten, die Kleidung des jeweils anderen Geschlechts zu tragen und dessen Verhaltensweisen zu übernehmen. Trotzdem nennen die literarischen Texte eine Reihe solcher Übertretungen, die besonders von weiblichen Sagafiguren begangen werden. Mithilfe von Transvestismus erreichen sie Ziele, die ihnen ohne die Adaption einer fremden Geschlechterrolle verwehrt bleiben würden. Die Heldinnen streifen sich mit der Kleidung männliche Autorität über und führen auf diesem Wege Handlungen aus, die eigentlich Männern vorbehalten sind wie z.B. die Wiederherstellung der eigenen, verletzten Ehre, das Verhindern einer Ehrverletzung sowie Kaufverhandlungen.⁴⁶⁵ Der Transvestismus der weiblichen Figuren wird gesellschaftlich zumeist nicht sanktioniert. Nach Ablegen der fremden Kleidung kehren sie in ihr normales ‚weibliches‘ Leben zurück. Eignen sich umgekehrt Männer weibliches Verhalten an oder werden sie auch nur im Geringsten mit Weiblichkeit assoziiert, hat dies stets fatale Konsequenzen: In Kapitel 123 der Njáls saga bemühen sich die Helden um einen Vergleich im Falle des von den Njálssöhnen getöteten Hǫskuldr Þráinsson. Njáll legt als Dreingabe zur dreifachen Mannesbuße für seinen getöteten Ziehsohn ein seidenes Schleppgewand und ein paar Stiefel auf das bereits aufgehäufte Silber.⁴⁶⁶ Flosi betrachtet das Bußgeld, entdeckt das Seidengewand und erkundigt sich, wer es auf den Silberhaufen gelegt habe. Nachdem er seine Frage zum dritten Mal ausgesprochen hat, erhält Flosi von Skarpheðinn die Gegenfrage, von wem er glaube, dass das Seidengewand stamme. Flosi antwortet ihm verärgert: ‚Ef þú vill þat vita, þá mun ek segja þér, hvat ek ætla: þat er mín ætlan, at til hafi gefit faðir þinn, karl inn skegglausi  – því at margir vitu

463 Nj, c. 1, S. 7: ,Schön genug ist dieses Mädchen […] aber das weiß ich nicht, woher die Diebesaugen in unsere Geschlechter gekommen sind.ʻ 464 Womöglich ist der Ursprung ihres boshaft-exzentrischen Charakters in ihrer Abstammung zu suchen, da in ihrer Verwandtschaft diverse Zauberer nachgewiesen werden können. Zudem werden zu Hallgerðrs Mutter keine Angaben gemacht; eine ihrer Urahninnen stamme dem Verfasser zufolge in der väterlichen Linie von Sigurðr fáfnisbani ab und wird somit in eine mythische Vorzeit gerückt. Vgl. Heinrichs 1994, S. 332  ff. Helga Kress zufolge spielt Hallgerðrs ungewöhnlicher Beiname auf ihr Streben nach männlicher Macht an. Vgl. Kress 2004, S. 281. 465 Ähnliche Motivationen zur Verwendung von Transvestismus wurden ebenso für die Cross-Dresserinnen der mittelhochdeutschen Versepik ermittelt. Diese streben allerdings, im Gegensatz zu den Frauen der Íslendingasǫgur, sehr viel häufiger die Erfüllung sexueller Begierden an. Vgl. Kraß 2006, S. 280. 466 Nj, c. 123, S. 312: Njáll tók silkislœður ok bóta ok lagði á ofan á hrúguna.

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eigi, er hann sjá, hvárt hann er karlmaðr eða kona.‘⁴⁶⁷ Auf Flosis infame Anschuldigungen bezüglich der Unmännlichkeit seines Vaters reagiert Skarpheðinn Njálsson mit hitzköpfigem Verhalten: Síðan tók Skarpheðinn til sín slœðurnar, en kastaði brókum blám til Flosa ok kvað hann þeira meir þurfa.⁴⁶⁸ Anschließend behauptet er, Flosi könne die Hose besser gebrauchen, weil er jede neunte Nacht zur Geliebten des Trolls vom Svínafell werde.⁴⁶⁹ Diese gegenseitigen Diffamierungen führen einen endgültigen Friedensbruch herbei, ein Vergleich für den Tod des Hǫskuldr Þráinsson rückt in weite Ferne. Als Reaktion vonseiten Flosis erfolgt der Mordbrand an Njáll und seiner Familie. Der Auslöser des Streits scheint das seidene Schleppgewand zu sein, das Njáll dem aufgehäuften Silber hinzugefügt hat. Höchstwahrscheinlich will Njáll mit diesem Zusatzgeschenk seine guten Absichten in Bezug auf den Vergleich zum Ausdruck bringen, da seidene Stoffe und Gewänder von unermesslichem Wert waren. Für Flosi scheint die feine Seide jedoch mit der weiblichen Sphäre in Verbindung zu stehen, weshalb er diese Dreingabe zur Sohnesbuße als Beleidigung auffasst und Njáll als effeminiert beschimpft.⁴⁷⁰ Ungewöhnlich ist, dass ausgerechnet das Verschenken von Bekleidung aus Seidenstoff als Provokation aufgefasst wird. Immerhin trugen im Mittelalter adlige Männer und Frauen sowie reiche Bürger gleichermaßen seidene Kleidung. Besonders im Hochmittelalter wurde der feine Gewandstoff als würdiges Material par excellence für Herrscher- und Klerikergewänder angesehen. Auch Reliquienschreine und Gräber von Heiligen staffierte man häufig mit aufwendig gemusterten Seidenstoffen aus.⁴⁷¹ Bei den spätantik-frühmittelalterlichen Kirchenvätern ist die Seide allerdings auch negativ konnotiert und erfährt dadurch eine doppelte Codierung: Als ‚Gespinst von Würmern‘ wird sie z.B. bei Johannes Chrysostomus in direkten Zusammenhang mit dem Sündenfall gebracht.⁴⁷² Es ist durchaus möglich, dass der Sagaverfasser die Werke der Kirchenväter kannte und sie, wie andere Werke der geistlichen Literatur, in die Njáls saga hat einfließen lassen. In den übrigen Íslendingasǫgur findet seidene Kleidung selten Erwähnung, aber niemals in negativen Zusammenhängen. Man denke beispielsweise an das kostbare Schleppgewand, das Egill Skalla-Grímsson als

467 Nj, c. 123, S. 314: ,Wenn du das wissen willst, dann werde ich dir sagen, was ich meine: Das ist meine Meinung, dass es dein Vater dazugegeben hat, der bartlose Kerl – weil viele nicht wissen, die ihn sehen, ob er nun Mann oder Frau ist.ʻ 468 Nj, c. 123, S. 314: ‚Dann nahm Skarpheðinn das Schleppgewand an sich und warf Flosi eine dunkelblaue Hose zu und sagte, er könne sie eher gebrauchen.‘ 469 Vgl. Nj, c. 123, S. 314. 470 Vgl. Meulengracht Sørensen 1983, S. 23. 471 Dies bestätigen nicht zuletzt Seidenfunde aus Bischofsgräbern in Deutschland wie etwa aus dem Speyerer Dom. Vgl. Päffgen 2010, S. 223–240, bzw. S. 247–304; zur Beschaffenheit mittelalterlicher Seidenstoffe vgl. von Wilckens 1992, S. 10; von Wilckens 1991, S. 50  ff. Zur Ausstattung mittelalterlicher Königsgräber vgl. Meier 2002. 472 Vgl. Kraß 2006, S. 63  f.

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Julgeschenk von seinem Freund Arinbjǫrn erhält, oder an den seidenen Wadenriemen des Bjǫrn Hítdœlakappi, der nach dessen Tod als Gürtel eines Messgewandes dient.⁴⁷³ Eine weitere Episode der Njáls saga bringt den drohenden Ehrverlust infolge des männlichen Transvestismus zum Ausdruck. Während des Mordbrands an Njáll und seiner Familie versucht Ástríðr af Djúpárbakka, ihren Schwager Helgi Njálsson vor dem sicheren Flammentod zu retten.⁴⁷⁴ Da Flosi Frauen, Kinder und Knechte vor dem Anzünden des Hauses ziehen lässt, schlägt Ástríðr Helgi vor, sich als Frau zu verkleiden: Ástríðr af Djúpárbakka mælti til Helga: ‚Gakk þú út með mér, ok mun ek kasta yfir þik kvenskikkju ok falda þér við hǫfuðdúki.‘ Hann talðisk undan fyrst, en þó gerði hann þetta fyrir bœn þeira. Ástríðr vafði hǫfuðdúki at hǫfði honum, en Þórhildr lagði yfir hann skikkjuna, ok gekk hann út á meðal þeira.⁴⁷⁵

Als er zwischen den beiden Frauen aus dem Haus ins Freie tritt, ordnet Flosi an, die sehr große und breitschultrige Frau aufzuhalten: ‚Sú er há kona ok mikil um herðar; takið þér hana ok haldið henni!‘⁴⁷⁶ Helgi wirft sofort seinen Mantel ab und stellt sich zum Kampf, in dem er getötet wird.⁴⁷⁷ Die explizite Bezeichnung Helgis als ‚Frau‘ veranlasst ihn dazu, seine Tarnung aufzugeben und seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen, indem er sich mit Waffengewalt zur Wehr setzt, auch wenn dies seinen Tod bedeutet. Kleidung fungiert in den Íslendingasǫgur als empfindlicher Indikator zur geschlechtlichen Distinktion. Das Gewand ordnet den Menschen gewisse Tätigkeitsbereiche zu, wobei die Textilverarbeitung in den Arbeitsbereich der Frau fällt, während die Männer entweder gewebte Stoffe oder fertig verarbeitete Textilien auf Auslandsfahrten weiterverhandeln. Der Transvestismus bricht mit bestehenden Kleider- und Geschlechterkonventionen, wodurch die Grenzen einer solchen Distinktion sichtbar gemacht werden. Während für die Heldinnen ein Übertreten dieser gesellschaftlichen Normen durch Transvestismus nicht sanktioniert wird, sofern sie keine Straftat begehen, ist für die männlichen Protagonisten das Gegenteil der Fall. Jegliche Verbindung mit der weiblichen Sphäre, worunter auch das Tragen von Frauenkleidung zu verstehen ist, bedeutet für den Betroffenen den Verlust seiner männlichen Ehre und kann

473 Vgl. Kapitel 2.1.4. 474 Vgl. Nj, c. 129, S. 328–332. 475 Nj, c. 129, S. 329: ‚Ástríðr af Djúpárbakka sagte zu Helgi: ‚Geh du mit mir hinaus, und ich werde dir einen Frauenmantel überwerfen und dir ein Kopftuch umbinden.‘ Er lehnte zuerst ab, aber doch tat er es auf ihre Bitte hin. Ástríðr schlang das Kopftuch um seinen Kopf, und Þórhildr legte ihm den Mantel um, und er ging in ihrer Mitte hinaus.‘ 476 Nj, c. 129, S. 329: ,Diese [da] ist eine große Frau und breit um die Schultern; ergreift sie, und haltet sie fest!ʻ 477 Nj, c. 129, S. 329  f.: En er Helgi heyrði þetta, kastaði hann skikkjunni.

Transvestismus, níð und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion 

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einen ausreichenden Grund darstellen, ihn aus der Gesellschaft auszuschließen. Um den Ehrverlust zu sühnen, muss Blutrache oder zumindest eine Herausforderung zum Zweikampf erfolgen, was die beiden aufgeführten Episoden aus der Njáls saga sehr anschaulich zum Ausdruck bringen. So setzen sich die der Effemination bezichtigten Helden mit dem Bruch eines Vergleichs und einem Rachemord sowie mit einem Zweikampf gegen die Anschuldigungen zur Wehr. Wie aus den Beispielen hervorgeht, kann weiblicher Transvestismus zur Wiederherstellung der gesellschaftlichen Ordnung und der Affirmation bestehender Hierarchien dienen,⁴⁷⁸ während männliches Cross-Dressing das Gegenteil bewirkt und deshalb scharf bekämpft werden muss. Höchstwahrscheinlich aus diesem Grund kommt Transvestismus bei den männlichen Sagaprotagonisten in sehr viel geringerem Umfang vor als bei den weiblichen. In den untersuchten Íslendingaþættir sucht man den Transvestismus sogar vergeblich, was möglicherweise mit der Fokussierung der Ereignisse auf einen einzelnen (männlichen) Helden zusammenhängt. Für einen Þáttr-Helden, der zumeist positiv geschildert wird, wäre es äußerst unvorteilhaft, mit Unmännlichkeit in Verbindung gebracht zu werden. Die Tabuisierung des männlichen Cross-Dressings in den Íslendingasǫgur und Þættir steht im krassen Gegensatz zu den Transvestismusmotiven der mittelhochdeutschen Versepik. In allen mittelhochdeutschen Werken, in denen sich ein männlicher Protagonist als Frau verkleidet, wird die Gefahr der Effemination und der Homosexualität nicht thematisiert. Männer verkleiden sich in den Epen häufig als Frau, um sich einer Dame annähern zu können. Im Fokus des Interesses steht im weiteren Handlungsverlauf das erotische Spiel der Frau mit einer vermeintlich gleichgeschlechtlichen Freundin, die sich schließlich als Mann zu erkennen gibt.⁴⁷⁹ Auf den ersten Blick steht die durchweg negative Konnotation des männlichen Transvestismus in den Sagas und Þættir aber nicht nur im Gegensatz zur kontinentaleuropäischen Literatur, sondern auch zu anderen altisländischen Gattungen, speziell zur nordischen Mythologie. So wird beispielsweise im Eddalied Þrymskviða von dem Gott Þórr berichtet, dass er als Braut verkleidet nach Riesenheim reisen müsse, um seinen von den Riesen gestohlenen Hammer Mjǫllnir zurückzuholen.⁴⁸⁰ Das schwankhaft erzählte Götterlied erweckt zunächst den Eindruck, dass es sich beim Transvestismus Þórrs um eine harmlose Maskerade handle. Tatsächlich aber weigert sich der Gott vehement, die Kleider der Göttin Freyja anzuziehen, da er befürchtet, die Asen würden ihn fortan als unmännlich beschimpfen.⁴⁸¹ Erst als Loki ihn fragt,

478 Vgl. Spreitzer 1997, S. 487. 479 Vgl. Miklautsch 2002, S. 596. 480 Vgl. Þrymskviða, S. 107–111. 481 Þrymskviða, St. 17, S. 109: Þá kvað þat Þórr, þrúðugr áss: ‚Mik muno æsir argan kalla, ef ek bindaz læt brúðar líni!‘ Krause 2004, S. 166: ‚Da sprach Thor dies, der kräftige Ase: ‚Mich werden die Asen unmännlich nennen, wenn ich mir umbinden lasse das Linnen der Braut.‘ Vgl. ferner von See et al. 1997, S. 552–554.

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ob es ihm lieber wäre, wenn die Riesen in Zukunft Asgard bewohnten, lässt er sich umstimmen und willigt in den Geschlechterrollenwechsel ein. Männlicher Transvestismus ist in der Þrymskviða demnach alles andere als positiv konnotiert: Der Gott Þórr erklärt sich nur unter dem Umstand der unmittelbaren Bedrohung Asgards durch die Erzfeinde der Götter dazu bereit, in Frauenkleider zu schlüpfen. Somit täuscht der anfängliche Eindruck, in der Liederedda würden möglicherweise andere gesellschaftliche Konventionen präsentiert als in den Íslendingasǫgur. Beide Gattungen verurteilen männliches Cross-Dressing als unmännlich und unehrenhaft.

4 Kleidung und Emotionen An der Kleidung vieler Saga- und Þættirgestalten lässt sich ihr momentaner Gemütszustand ablesen, was in dem für beide Gattungen typischen Stilmittel, Inneres durch Äußeres auszudrücken, begründet liegt.⁴⁸² Die Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir schildern die Gefühle ihrer Figuren nicht ausführlich, sondern überlassen es dem Rezipienten, durch Beschreibungen von Gesichtsausdruck und -farbe sowie der Körperhaltung auf das Befinden der Figuren zu schließen. Nicht zuletzt werden Emotionen auch durch Kleidung zur Anschauung gebracht, wie die folgenden Ausführungen zeigen.

4.1 Aggression und Mordlust oder blátt er litur dauðans483 Aggression und Aggressionsbereitschaft lassen sich an den Beschreibungen von Kleidung besonders gut ablesen. Eine sehr präsente Form der Aggression ist der sogenannte víghugr (‚Kampfbegierde‘, ‚Mordlust‘). Die Mordlust der Protagonisten und übrigen Figuren wird häufig durch die Farbigkeit ihrer Kleidungsstücke zum Ausdruck gebracht. So tragen die Totschläger in den Íslendingasǫgur auffallend häufig während oder zumindest kurze Zeit vor ihrer Tat ein Gewand in der Farbe blár.⁴⁸⁴ Die korrekte Übersetzung dieser Farbbezeichnung ist bereits in der Vergangenheit Gegenstand der Forschung gewesen. Gemäß dem Wörterbuch der Arnamagneanischen Kommission kann blár als ‚blau‘, ‚blauschwarz‘ und ‚schwarz‘ übersetzt werden.⁴⁸⁵ Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei dieser Farbe um ein sehr dunkles, künstlich gefärbtes Blau oder Blauschwarz. Letzteres lässt sich durch Überfärben von dunkelbrauner Schafwolle mit einem Blauton erzielen. Die in naturbrauner Schafwolle ebenfalls vorhandenen hellen Grannenhaare nehmen im Zuge des Färbeprozesses die dunkelblaue Farbe an und erzeugen dadurch feine Blauschattierungen im schwarz scheinenden Kleidungsstück.⁴⁸⁶ Für die Annahme, dass es sich bei einem Kleidungsstück in dieser Farbe auf jeden Fall um ein künstlich gefärbtes und somit wertvolles Erzeugnis handeln muss, spricht auch eine Szene aus der Njáls saga, die die Ausrüstung der Njálssynir beschreibt, kurz bevor sie ihren Widersacher Þráinn Sigfússon erschlagen:

482 Vgl. Jónas Kristjánsson 1988, S. 207. 483 Jón Kalman Stefánsson 2003, S. 122: ‚Blauschwarz ist die Farbe des Todes‘. 484 Vgl. Hansen 1979, S. 13  f. 485 Vgl. Den arnamagneanske kommission 1989, s.v. blár. 486 Vgl. Kania 2011, S. 215.

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Skarpheðinn […] var í blám stakki ok hafði tǫrguskjǫld ok øxi sína reidda um øxl […] [Kári] hafði silkitreyju ok hjálm gyldan, skjǫld, ok var dreginn á leó […] [Helgi] hafði rauðan kyrtil ok hjálm ok rauðan skjǫld ok markaðr á hjǫrtr. Allir váru þeir í litklæðum.⁴⁸⁷

Der Archäologe Thor Ewing sieht an dieser Stelle den Beweis dafür erbracht, dass es sich bei blauschwarzer Kleidung nicht um spezifische Totschlagskleidung handle, sondern dass zu Tötungsabsichten lediglich die besten Kleidungsstücke getragen würden.⁴⁸⁸ Seiner Ansicht steht die Meinung Kirsten Wolfs gegenüber, die in ihrem Aufsatz „The color blue in Old Norse-Icelandic literature“ aus dem Jahr 2006 den überzeugenden Versuch unternommen hat, die Farbe blár eindeutig in die Sphäre des Todes zu rücken.⁴⁸⁹ Dafür spricht nicht zuletzt das Aussehen der Totengöttin Hel, die in Snorris Gylfaginning wie folgt beschrieben wird: Hon er blá hálf en hálf með hǫrundar lit – því er hon auðkend – ok heldr gnúpleit ok grimlig.⁴⁹⁰ Ein expliziter Hinweis darauf, dass der Tod auch in den Íslendingasǫgur mit der Farbe blár in Zusammenhang gebracht werden kann, findet sich z.B. in der Grettis saga, die den toten Schafhirten Glámr als blár sem hel, en digr sem naut (‚blauschwarz wie Hel und fett wie ein Rind‘) bezeichnet. Mit den gleichen Worten beschreibt die Eyrbyggja saga die Leiche des Wiedergängers Þórólfr bægifótr.⁴⁹¹ Im Folgenden wird gezeigt, dass das Tragen blauschwarzer Kleidungsstücke in den Íslendingasǫgur auffallend häufig eine erhöhte Aggressionsbereitschaft bis hin zur Mordlust symbolisiert. Das aggressive Verhalten kann sowohl vonseiten des Trägers eines entsprechenden Gewandes als auch vonseiten seines Gegenübers erfolgen, das andersfarbig gekleidet ist. Eines der eindrücklichsten Beispiele für die Existenz regelrechter ‚Totschlagskleidung‘ in der Farbe blár bietet die Valla-Ljóts saga. Von Ljótr Ljótólfsson wird in Kapitel 2 berichtet, dass er zwei unterschiedliche Garderoben besitze: Hann átti tvennan búnað, blán kyrtil stuttan ok øxi snaghyrnda, ok var vafit járni skaptit; þá var hann svá búinn, er víghugr var á honum. En þá er honum líkaði vel, hafði hann þá brúnan kyrtil ok bryntrǫll rekit í hendi.⁴⁹²

487 Nj, c. 92, S. 231: ‚Skarpheðinn […] trug einen blauschwarzen Kittel und hatte einen Rundschild mit Randbeschlag, und seine Axt hatte er geschultert […] [Kári] trug ein seidenes Wams und einen Goldhelm und einen Schild, auf den ein Löwe aufgemalt war […] [Helgi] hatte einen roten Leibrock und einen Helm und einen roten Schild mit einem Hirsch als Zeichen darauf. Alle trugen sie gefärbte Kleidung.‘ 488 Vgl. Ewing 2006, S. 4. Jüngst hat Ewings Meinung Zustimmung gefunden. Vgl. Ravizza 2010, S. 136. 489 Vgl. Wolf 2006 a. 490 Gylfaginning, c. 34, S. 27: ‚Sie ist zur Hälfte blauschwarz und zur Hälfte hautfarben – so ist sie erkennbar – und sie ist ziemlich düster dreinblickend und grausam.‘ 491 Gr, c. 32, S. 112; Eyrb, c. 63, S. 169  f. 492 Vall, c. 2, S. 240: ‚Er hatte zweierlei Ausstattungen, einen blauschwarzen Leibrock und eine Axt mit gebogenem und in zwei scharfe Spitzen auslaufendem Blatt, und deren Schaft war mit Eisen ein-

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In Kapitel 4 bestätigt sich diese Angabe bezüglich seiner Kampfeslust sogleich: Der Begleiter eines gewissen Halli entdeckt einen Mann in einem kurzen blauschwarzen Rock, der eine Axt in der Hand hält. Halli erkennt Ljótr sofort an seiner Garderobe und weiß, dass er gekommen ist, um sich für eine zu Unrecht gegen ihn erhobene Bußgeldforderung zu rächen. Ljótr tötet seinen Widersacher kurze Zeit später im Kampf.⁴⁹³ Ebenfalls mit einer Axt bewaffnet und in blauschwarze Gewänder gehüllt, reitet der Titelheld der Hrafnkels saga Freysgoða zu seinem Weidegrund, um Einarr Þorbjarnarson zu töten: Hann [Hrafnkell] ríðr í blám klæðum. Øxi hafði hann í hendi, en ekki fleira vápna […] [Þ]á hljóp hann af baki til hans ok hjó hann banahǫgg.⁴⁹⁴ Einarr, der in die Dienste Hrafnkells getreten war, um Schafe zu hüten, hatte gegen das Verbot, den wertvollen Hengst des Goden zu reiten, verstoßen und musste deshalb mit dem Leben bezahlen. In Kapitel  8 tritt der Freysgode wiederholt in blauschwarzer Kleidung in Erscheinung: Er stellt Eyvindr Bjarnason, dem Bruder seines Widersachers Sámr, nach, der gerade von einer Auslandsfahrt zurückgekehrt ist. Ein Knecht Eyvindrs bemerkt, dass ihre Gruppe von mehreren Männern verfolgt wird, unter denen er Hrafnkell zu erkennen glaubt: [Þ]á lítr sveinninn aptr ok mælti til Eyvindar: ‚Menn ríða þar eptir oss,‘ segir hann, ‚eigi færi en átján. Er þar mikill maðr á baki í blám klæðum, ok sýnisk mér líkt Hrafnkeli goða.‘⁴⁹⁵ Sobald Hrafnkell und seine Männer Eyvindr eingeholt haben, wird der bewaffnete Kampf eröffnet, in dem der Bruder Sámrs und alle seine Begleiter den Tod finden.⁴⁹⁶ Die Motivation für Hrafnkells tödlichen Angriff auf Eyvindr ist in diesem Fall Rache. Sámr hatte nach dem Totschlag an Einarr die Ächtung des mächtigen Goden auf dem Allthing erwirkt und ihn von seinem prosperierenden Anwesen Aðalból vertrieben. Die durch Hrafnkells Rachegelüste ausgelöste Aggression wird zum wiederholten Mal durch das Tragen blauschwarzer Oberbekleidung zum Ausdruck gebracht. Einen weiteren Beleg dafür, dass blauschwarze Kleidung mit tödlicher Aggression infolge von Rachegelüsten in Zusammenhang gebracht werden kann, bietet auch die Fóstbrœðra saga. Þormóðr Kolbrúnarskáld erfährt auf dem Thing im grönländischen Einarsfjǫrðr, dass sich der Mörder seines Schwurbruders Þorgeirr Hávarsson ebenfalls an diesem Ort aufhält, woraufhin er beschließt, den Totschlag zu rächen.

gelegt. Dann war er so ausgerüstet, wenn die Mordlust in ihm war. Aber wenn er zufrieden war, trug er einen braunen Leibrock und eine zweischneidige, mit Metalleinlagen verzierte Axt in der Hand.‘ Eine entsprechende Beschreibung Ljótrs findet sich außerdem auch in Laxd, c. 87, S. 245. 493 Vgl. Vall, c. 4, S. 244–246. 494 Hrafnk, c. 3, S. 104  f.: ‚Er [Hrafnkell] reitet in blauschwarzer Kleidung. Eine Axt hatte er in der Hand, aber keine weiteren Waffen […] Da sprang er vom Pferd auf ihn zu und versetzte ihm einen tödlichen Hieb.‘ 495 Hrafnk, c. 8, S. 128: ‚Da blickt der Junge zurück und sprach zu Eyvindr: ‚Männer reiten hinter uns, sagt er, ‚nicht weniger als achtzehn. Dort ist ein großer Mann auf einem Pferd in blauschwarzer Kleidung, und er sieht mir wie der Gode Hrafnkell aus.‘ 496 Vgl. Hrafnk, c. 8, S. 129  f.

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Er schreitet sogleich zur Tat, indem er seinen Feind Þorgrímr Einarsson aufsucht und dazu die schwarze Seite seines zweifarbigen Schaffellmantels (inu svarta á feldinum) nach außen kehrt.⁴⁹⁷ Beinahe gleichzeitig mit dem Wechseln der Mantelfarbe schlägt das Wetter um, und dunkle Wolken ziehen am Himmel auf. Nach dem Ausführen seines Rachetotschlags ergreift Þormóðr die Flucht und tauscht seinen Mantel mit dem verlausten Umhang des Landstreichers Lúsa-Oddi. Allerdings spricht der Text nun plötzlich nicht mehr von einem Kleidungsstück in der Farbe svartr, sondern von einem blauschwarzen Kapuzenmantel: Nú skipta þeir skikkjunum; tekr Oddi við blári kápu en fær Torráði verjuna, ok ferr hann í.⁴⁹⁸ Möglicherweise hat in dieser Episode eine Vermischung zweier Farbbezeichnungen stattgefunden, die eine sehr ähnliche Bedeutung haben, nämlich die Sphäre der tödlichen Aggression auszudrücken.⁴⁹⁹ Als angriffslustig präsentiert sich auch der Gode Snorri in Kapitel 47 der Eyrbyggja saga, nachdem er von seinem Verwandten Þóroddr skattkaupandi dazu aufgefordert worden ist, etwas gegen die Besuche Bjǫrn Breiðvíkingakappis bei seiner Frau Þuriðr zu unternehmen. Snorri entschließt sich zu einem Tötungsanschlag auf Bjǫrn und reitet nach dem Aufenthalt bei seinem Schwager zu Bjǫrns Hof nach Kambr. Dieser arbeitet gerade auf der Hauswiese und erkennt die heranreitenden Männer sofort: Bjǫrn sá, at þeir Snorri goði riðu ofan af heiðinni ok á vǫllinn; hann kenndi þegar mennina. Snorri goði var í blári kápu ok reið fyrstr. Þat var fangaráð Bjarnar, at hann tók knífinn ok gekk snúðigt í móti þeim. Hann tók annarri hendi í kápuermina, er þeir Snorri fundusk, en annarri hendi hnefaði hann knífinn ok helt, sem honum var hœgst at leggja fyrir brjóst Snorra, ef honum sýndisk þat ráð.⁵⁰⁰

Bjǫrn scheint die kriegerischen Absichten des Goden sofort zu durchschauen, obwohl die Saga aufseiten Snorris keine Bewaffnung, sondern lediglich seinen blauschwarzen Mantel hervorhebt. Höchstwahrscheinlich dient dessen dunkles Kleidungsstück Bjǫrn als Warnsignal, das ihn selbst Sicherheitsvorkehrungen treffen lässt, sodass er sich den Ankömmlingen mit einem Messer in der Hand nähert. Nach einer kurzen

497 Fbr, c. 23, S. 231: Ríss hann nú upp ok tekr yfir sik feld sinn ok snýr út inu svarta á feldinum. 498 Fbr, c. 23, S. 239: ‚Nun tauschen sie ihre Mäntel; Oddi nimmt den blauschwarzen Kapuzenmantel entgegen und gibt Þormóðr (der sich hier Torráðr nennt) den Umhang, und der zieht ihn über.‘ 499 Die Farbe svartr (‚schwarz‘) wird im Zusammenhang mit Tötungsabsichten und aggressivem Verhalten wesentlich seltener erwähnt als blár. Svartr steht eher für negative menschliche Charakterzüge, wie z.B. Boshaftigkeit. Vgl. etwa Wolf 2006 a. 500 Eyrb, c. 47, S. 134: ‚Bjǫrn sah, dass der Gode Snorri und seine Männer oben vom Hochland herab und auf die Ebene ritten; er erkannte die Männer sogleich. Der Gode Snorri trug einen blauschwarzen Kapuzenmantel und ritt als Erster. Das war Bjǫrns Maßnahme, dass er ein Messer nahm und ihnen mit raschen Schritten entgegenging. Er steckte die eine Hand in den Mantelärmel, als er mit Snorri und seinen Männer aufeinandertraf, und mit der anderen Hand umschloss er das Messer und hielt es so, dass er es Snorri leicht in die Brust stoßen konnte, wenn es ihm ratsam schien.‘

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Unterredung verspricht Bjǫrn, in einen anderen Bezirk umzuziehen, woraufhin Snorri von seinen Tötungsabsichten absieht.⁵⁰¹ Aggression ausgelöst durch Rachegelüste spielt in Kapitel 55 der Laxdœla saga eine nicht zu unterschätzende Rolle. Guðrún Ósvífrsdóttir kehrt nach dem Totschlag an ihrem Ehemann Bolli von dem Bach, an dem sie ihr Leinen gewaschen hat, zur Sennhütte zurück. Sie lässt sich von den Totschlägern detailliert über den Verlauf des Kampfes informieren. Während sie sich mit den Mördern Bollis unterhält, wird ihre Garderobe folgendermaßen beschrieben: Guðrún var í námkyrtli, ok við vefjarupphlutr þrǫngr, en sveigr mikill á hǫfði. Hon hafði knýtt um sik blæju, ok váru í mǫrk blá ok trǫf fyrir enda.⁵⁰² Die Schilderung ihrer prächtigen Ausstattung während dieser wichtigen Unterhaltung mutet zunächst merkwürdig an, zumal eine solche Ausstaffierung beim Wäschewaschen am Bach eher hinderlich gewesen sein dürfte. Scheinbar unbeteiligt erkundigt sich Guðrún in dieser Szene nach dem Hergang des tödlichen Angriffs auf ihren Mann. Ihre Aufmachung offenbart jedoch ihren wahren Gefühlszustand: Sie möchte alle Einzelheiten über den Totschlag in Erfahrung bringen, um zu einem späteren Zeitpunkt durch ihre Söhne Blutrache verüben zu lassen.⁵⁰³ In der Vergangenheit hatte Guðrún Bolli aus Eifersucht zum Mord an ihrem einstigen Geliebten Kjartan Óláfsson angestachelt, der Rachemord an ihrem Mann ist die logische Konsequenz dieser Tat.⁵⁰⁴ Insbesondere ein leicht zu übersehendes Detail bringt Guðrúns zukünftige Absichten zur Anschauung: das blauschwarze Muster ihres Hüfttuchs, das sie über ihrem Kleid trägt. Noch während ihrer Unterhaltung mit den Mördern spielt das farbige Tuch eine Rolle: Helgi Harðbeinsson tritt an die Witwe heran, ergreift einen der Zipfel und wischt daran das Blut von seinem Speer ab, mit dem er Bolli zuvor durchbohrt hatte.⁵⁰⁵ Gleichzeitig äußert er folgende Vermutung: ‚[E]k hygg þat,‘ segir hann, ‚at undir þessu blæju-horni búi minn hǫfuðsbani.‘⁵⁰⁶ Das blauschwarze Muster, das als Zierelement auf Guðrúns Schürze aufgebracht ist, greift der Sagahandlung voraus und deutet bereits den Rachetotschlag an Helgi an, der in Kapitel  64 von ihren jugendlichen Söhnen Bolli und Þorleikr Bollason verübt wird. Eine Gegenüberstellung der Farben Blauschwarz und Rot als unheilvoll/aggressiv bzw. zurückhaltend und ‚gut‘ im charakterlichen Sinne hält der Þorsteins þáttr uxafóts

501 Vgl. Eyrb, c. 47, S. 132–135. 502 Laxd, c. 55, S. 168: ‚Guðrún trug ein zweiteiliges Kleid mit einem engen Oberteil und eine große Haube auf dem Kopf. Sie hatte ein Tuch um sich gebunden, mit dunkelblauen Mustern und Fransen am Rand.‘ 503 Vgl. Snell 2000, S. 256; Kramarz-Bein 1994, S. 439. 504 Normalerweise hätte man in einem solchen Fall mit Blutrache vonseiten der Verwandten Kjartans rechnen müssen. Diese hatten sich aber auf einen Vergleich geeinigt. Vgl. Laxd, c. 50, S. 156  ff. 505 Laxd, c. 55, S. 168: Helgi Harðbeinsson gekk at Guðrúnu ok tók blæjuendann ok þerrði blóð af spjótinu því inu sama, er hann lagði Bolla í gegnum með. 506 Laxd, c. 55, S. 168: ,Ich glaube das, sagt er, dass unter diesem Tuchzipfel bereits mein Mörder atmet.ʻ

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bereit. In Kapitel  6 folgt der Titelheld dem freundlich auftretenden Wiedergänger Brynjarr in dessen Grabhügel. Dort angekommen, begegnet Þorsteinn Brynjarrs Gefolgsleuten, die allesamt rote Kleidung tragen und zurückhaltend wirken. Ihnen gegenüber sitzen zwölf andersfarbig gekleidete Männer: Öðrumegin í hauginum sá hann sitja tólf menn. Þeir váru allir bláklæddir. Sá var [einn] þeira mestr ok mjök illiligr.⁵⁰⁷ Der als groß und bösartig beschriebene Mann ist Brynjarrs Bruder Oddr, der jede Nacht von den rot gekleideten Bewohnern des Hügels Gold, Silber oder ähnliche Kostbarkeiten fordert. Weil er sehr viel stärker ist als Brynjarr, können er und seine Gefolgsleute zunächst nicht besiegt werden. Mit Þorsteinns Hilfe gelingt es allerdings, Oddr im Kampf zu überwinden und ihm einen kostbaren Goldring abzunehmen, der jeden, dem er unter die Zungenwurzel gelegt wird, zum Sprechen bringt. Brynjarr überlässt seinem Befreier den Ring und prophezeit ihm, dass er schon bald den neuen Glauben annehmen und eine Reihe von Heldentaten vollbringen werde. Anschließend überbringt Þorsteinn seiner von Geburt an stummen Mutter Oddný den Ring Oddrs, damit sie sprechen kann. In diesem sagenhaft anmutenden Erzählabschnitt dient die blauschwarze Kleidung weniger der Handlungsmotivation als der Charakterisierung der ‚bösen‘ Figuren. Durch die Gegenüberstellung von heller, roter und blauschwarzer, dunkler Farbe kommen die gegensätzlichen Charakterzüge der beiden Wiedergängergruppen besonders eindrucksvoll zur Geltung. Das Zusammenspiel von blauschwarzer Kleidung und explizit kriegerischem Verhalten wird in einer ausführlichen Episode der Njáls saga zum Ausdruck gebracht: Nachdem sie ihren Ziehbruder Hǫskuldr Þráinsson erschlagen haben, sehen sich die Njálssöhne gezwungen, sich auf dem Thing nach Rechtsbeistand umzusehen. Sie hoffen, die Unterstützung des einflussreichen Þorkell hákr gewinnen zu können und machen sich deshalb in Begleitung Ásgrímr Elliða-Grímssons auf den Weg zu dessen Thingbude. Der hitzköpfige Skarpheðinn Njálsson wird von Ásgrímr gebeten, sich während dieses Vorhabens ruhig zu verhalten. Auf sein äußeres Erscheinungsbild auf dem Thing nimmt die Saga eindrücklich Bezug: Skarpheðinn glotti við ok var svá búinn, at hann var í blám kyrtli ok í blárendum brókum, ok uppháva svarta skúa; hann hafði silfrbelti um sik ok øxi þá í hendi, er hann hafði drepit Þráin með […] ok tǫrgubuklara ok silkihlað um hǫfuð ok greitt hárit aptr um eyrun. Hann var allra manna hermannligastr [.]⁵⁰⁸

507 ÞUxaf, c. 6, S. 386: ‚Auf der anderen Seite des Hügels sah er zwölf Männer sitzen. Sie waren alle blau gekleidet. Der [eine] von ihnen war am größten und sah sehr unheimlich aus.‘ 508 Nj, c. 120, S.  304: ‚Skarpheðinn grinste und war so ausgerüstet, dass er einen blauschwarzen Leibrock und blaugestreifte Hosen und schwarze, knöchelhohe Schuhe trug; er hatte einen Silbergürtel um und die Axt in der Hand, mit der er Þráinn getötet hatte […] und einen Rundschild und trug eine Seidenborte um den Kopf und hatte das Haar hinter die Ohren gekämmt. Er war von allen Männern der kriegerischste.‘

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Sobald die Njálssöhne in die Thingbude eingetreten sind, fragt Þorkell hákr sie nach ihrem Anliegen und entdeckt unter ihnen auch Skarpheðinn: ‚Hverr er sá inn mikli ok inn feiknligi, ok ganga fjórir menn fyrri, fǫlleitr ok skarpleitr, ógæfusamligr ok illmannligr?‘⁵⁰⁹ Der auf diese Weise Beleidigte verhält sich gemäß seinem kriegerischen Äußeren, verhöhnt sein Gegenüber und stößt Drohungen aus. Währenddessen grinst Skarpheðinn fortwährend und hält gleichzeitig seine Axt geschultert. Selbstverständlich scheitert mit diesem Wutausbruch das Gesuch der Njálssynir um rechtlichen Beistand. Skarpheðinns Aggressivität und Streitlust werden an dieser Stelle durch seinen blauschwarzen Leibrock und die blaugestreiften Hosen symbolisiert. Þorkell hákrs Ablehnung gegenüber Skarpheðinn, die er durch seine gezielt provokant formulierte Frage nach dessen Identität offenbar werden lässt, zeigt, dass dessen äußeres Erscheinungsbild Kriegertum und Aggressivität versinnbildlicht. Auffällig ist zudem Skarpheðinns Grinsen, das im Zusammenhang mit seinem Auftritt auf dem Thing zweimal erwähnt wird; Grinsen wird im Mittelalter allgemein mit dem Teufel assoziiert. Das Entblößen der Zähne impliziert, auch rein verhaltensbiologisch, Aggressivität, die aufgrund seiner zurückgekämmten Haare besonders deutlich hervortritt. Nach dem Mordbrand an Njálls Familie befindet sich Síðu-Hallr auf dem Weg zu einer schwierigen Unternehmung. Er reitet in Kapitel 147 der Njáls saga zum Hof von Þorrgeirr skorargeirr Þórisson, um ihm im Auftrag des Mordbrenners Flosi einen Vergleich anzubieten. Für seine Verhandlungen hat er sich folgendermaßen ausstaffiert: [H]ann reið í blári kápu ok hafði litla øxi í hendi silfrrekna.⁵¹⁰ Kári, ein Freund der Söhne Njálls, der dem Mordbrand entkommen konnte, hält sich zu diesem Zeitpunkt bei Þorrgeirr auf, der ihm freundschaftlich verbunden ist. Als Hallrs Vergleichsverhandlungen anfänglich zu scheitern drohen, zwingt Kári Þorrgeirr dazu, sich auf Flosis Angebot einzulassen. Andernfalls wolle er ihm die Freundschaft aufkündigen.⁵¹¹ Zunächst deutet in dieser Episode nichts auf eine kriegerische Handlung hin. Allerdings sind die aufgeheizte Atmosphäre und die Anspannung innerhalb der Gemeinschaft nach dem Mordbrand zu berücksichtigen. Einen Vergleich mit den Angehörigen der Opfer eines Tötungsdeliktes auszuhandeln stellt ein kompliziertes Vorhaben dar. So müssen die Geschädigten dazu bewegt werden, einen Vergleich zu akzeptieren, anschließend muss die Höhe der Bußzahlungen so veranschlagt werden, dass beide Seiten zufrieden sein können, und letztlich gilt es, die abgeschlossenen Vereinbarungen auch einzuhalten. Der blauschwarze Mantel Síðu-Hallrs weist demnach auf ein kompliziertes und möglicherweise riskantes Vorhaben hin, das noch vor dem Helden

509 Nj, c. 120, S. 304: ,Wer ist dieser große und unheilvoll Aussehende, dem vier Mann vorangehen, der von bleicher Gesichtsfarbe ist, unfügsam und wie ein Bösewicht aussieht?ʻ 510 Nj, c. 147, S. 421: ‚Er ritt in einem blauschwarzen Kapuzenmantel und hatte eine kleine, silberbeschlagene Axt in der Hand.‘ 511 Vgl. Nj, c. 147, S. 421–423.

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liegt und zu dessen erfolgreichen Abschluss Entschlossenheit und Aggressivität im positiven Sinne benötigt werden. Nicht in jedem Fall geht aggressives, kriegerisches sowie mordlüsternes Verhalten allein von den Trägern blauschwarzer Kleidung aus. Gelegentlich werden diese auch Opfer von Aggressionen anderer Figuren, wie ein Beispiel aus der Bjarnar saga Hítdœlakappa zeigt. Bjǫrns Widersacher, Þórðr Kolbeinsson, versucht den Skalden auf offener Straße zu überfallen. Dieser rechnet allerdings bereits mit einem Anschlag Þórðrs und macht sich zur Verteidigung bereit: Ok er hann kom ór garði, vill hann fara þá gǫtu, er skemmri er, ferr um hríð ok sér menn fyrir sér at sauðahúsum nǫkkurum. Hann þóttisk vita, at Þórðr myndi vera ok menn með honum; sjá þóttisk hann sex menn. Bjǫrn bjósk at verja sik, ef þyrfti. Hann var í blári kápu, ok gyrði hann at útan ok brá síðan sverðinu.⁵¹²

Der geplante Anschlag misslingt, da Bjǫrn die Angreifer rechtzeitig erkennen und sich mit seinen Waffen verteidigen kann, wobei er einen der Feinde tötet sowie einen anderen leicht verletzt. Þórðr und die übrigen Männer ziehen sich daraufhin zurück. Diese Szene verdeutlicht zum wiederholten Mal das gleichzeitige Aufscheinen von Waffengewalt, kriegerischem Verhalten und blauschwarzer Kleidung. Obwohl Bjǫrn Hítdœlakappi zunächst die Rolle des Opfers einnimmt, holt er zum Gegenangriff aus, bei dem er seinen Widersacher in die Flucht schlägt. Den Beginn dieser Kampfhandlung zeigt er seinerseits durch das Tragen des dunklen Kapuzenmantels und das Ziehen seines Schwertes an. Weniger glimpflich als der Skalde Óláfr helgis kommt Arnþórr, der Schatzmeister Königin Gunnhildrs, in der Harðar saga Grímkelssonar davon, als er auf den Helden Geirr trifft: Þat var einn dag […] at Geirr gekk einn samt heiman; hann hafði vararfeld yfir sér. Geirr sér þá, hvar flokkr manna fór, ok var einn af þeim í blári kápu. Þeir finnast skjótt; spyrja þeir hann at nafni. Geirr segir til it sanna ok spyrr, hverir þeir eru. Sá kveðst Arnþórr heita, er fyrir þeim var, ok vera féhirðir Gunnhildar konungamóður.⁵¹³

512 BjH, c. 25, S. 177: ‚Und als er vom Hof kommt, will er den Weg nehmen, der kürzer ist, er geht eine Weile und sieht Männer vor sich an einer Schafshürde. Er glaubte zu wissen, dass das Þórðr sein müsse und mit ihm [seine] Männer; ihm schien, als sehe er sechs Männer. Bjǫrn rüstete sich, um sich zu verteidigen, falls er es müsste. Er trug einen blauschwarzen Kapuzenmantel, und darüber war er gegürtet, und er zog sodann das Schwert.‘ 513 Harð, c. 13, S. 35  f.: ‚Es war eines Tages […], dass Geirr allein nach Hause ging; er hatte einen handelsüblichen Schafspelz übergeworfen. Geirr sieht da, wo ein Trupp Männer ging, und einer von ihnen trug einen blauschwarzen Kapuzenmantel. Sie treffen schnell aufeinander; sie fragen ihn nach seinem Namen. Geirr sagt ihnen die Wahrheit und fragt, wer sie sind. Der sagt, er heiße Arnþórr, der ihr Anführer war, und er sei der Schatzmeister der Königinmutter Gunnhildr.‘

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Geirrs Schafspelz weckt während ihrer Begegnung schon bald Arnþórrs Interesse. Weil Geirr ihm den Mantel nicht verkaufen will, versucht der königliche Schatzmeister, ihm das Kleidungsstück wegzunehmen. Sogleich entbrennt ein Streit um den Schaffellmantel, bei dem Geirr dem Schatzmeister mit dem Schwert einen Arm abtrennt. Arnþórr stirbt an dieser Verwundung. Gunnhildrs Bediensteter agiert in dieser Szene aggressiv und hochmütig, indem er versucht, Geirr den Mantel mit Gewalt zu entreißen. Diese Eigenschaften werden durch Arnþórrs blauschwarzes Kleidungsstück ausgedrückt. Geirr wehrt den Übergriff jedoch ab, wodurch Arnþórr letztlich selbst Opfer seiner eigenen Aggressivität wird und zu Tode kommt. Ähnlich besitzergreifend wie der königliche Schatzmeister verhält sich ein Gefolgsmann namens Skálp-Grani in Kapitel 16 der Króka-Refs saga. Er schleicht sich in Abwesenheit des Titelhelden in die Kammer von Refrs Frau Helga, um sich an ihr zu vergehen: Litlu síðar […] kemr maðr í skemmuna; sá var í blám klæðum ok lét mikit yfir sér […] ‚Er ek því hér kominn,‘ segir hann [Grani], ‚at ek vil mér konu kaupa.‘⁵¹⁴ In diesem Moment erscheint jedoch Refr in der Schlafkammer, woraufhin Grani die Flucht ergreift. Der Gefolgsmann kann dem aufgebrachten Gatten Helgas jedoch nicht entkommen; Refr setzt dem Übeltäter nach und durchbohrt ihn schließlich mit dem Speer. An Skálp-Granis blauschwarzer Kleidung lässt sich zwar kein kriegerisches Verhalten ablesen, jedoch phallische Aggression im Sinne von Gewalttätigkeit gegenüber Frauen und Niederträchtigkeit, da er in einem vermeintlich unbeobachteten Moment in Helgas Kammer eindringt. In einer bewaffneten Auseinandersetzung findet Ingimundr, ein Held der Vatnsdœla saga, sein Ende. In Kapitel 22 reitet der inzwischen alte und beinahe vollständig erblindete Mann in einem blauschwarzen Kapuzenmantel zum Fluss Vatnsdalsá,⁵¹⁵ um seine Söhne im Kampf gegen den bösartigen Zauberer Hrolleifr zu unterstützen, den er einst selbst auf seinem Hof aufgenommen hatte. Da Hrolleifr die Fischfangrechte der Söhne Ingimundrs für die Vatnsdalsá missachtet, bekämpfen sich beide Seiten erbittert. Als Ingimundr ankommt und Hrolleifr auffordert, sich zurückzuziehen, schleudert der Zauberer ihm seinen Speer entgegen und trifft den alten Mann in die Brust. Ingimundr kehrt danach auf seinen Hof zurück, wo er auf seinem Hochsitz Platz nimmt und stirbt. Der dunkle Mantel impliziert auch in diesem Erzählabschnitt Aggression. Der friedfertige und kluge Ingimundr hatte seine Söhne in der Vergangenheit stets zu Nachsicht gegenüber Hrolleifr gemahnt. Das anmaßende Verhalten des Zauberers erzürnt ihn jedoch so sehr, dass er sich trotz massiver Altersschwäche

514 Krók, c. 16, S. 152: ‚Wenig später kommt ein Mann in die Schlafkammer; dieser trug blauschwarze Kleidung und trat großspurig auf […] Ich bin hergekommen, sagt er [Grani], weil ich mir eine Frau besorgen will.‘ 515 Vgl. Vatnsd, c. 22, S. 60: Hann var þá gamall ok nær blindr. Hafði hann ok þá af hǫndum látit ǫll fjárforráð ok svá bú. Sveinn var honum fenginn til fylgðar. Ingimundr var í blári kápu. Sveinninn leiddi hestinn undir honum.

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auf den Weg macht, um seinen Söhnen beizustehen und Hrolleifr das Handwerk zu legen. Torfi í Torfufelli, eine Figur der Valla-Ljóts saga, wird zum Opfer Halli Sigurðarsons, der dem Freier seiner Mutter auflauert, um sich für eine Beleidigung zu rächen: [Halli] steig þá af baki hesti sínum, ok sitr hann nú í skóginum, þar til er hann sá mann ríða í blári kápu yfir ána, ok þar kennir hann Torfa. Hann sprettr upp ok hleypr at honum ok hjó hann banahǫgg.⁵¹⁶

Diesem Rachetotschlag geht ein Zusammentreffen der beiden Streithähne auf Torfis Hof voraus, bei dem Halli für seine Mutter ein Ferkel abholen soll. Der sozial tiefer gestellte Torfi weigert sich, Halli das Ferkel aus dem Stall zu bringen und teilt ihm mit, er könne sich das Schwein genauso gut selbst nehmen. Wutentbrannt darüber, dass ein hochmütiger Freigelassener sich auf dieselbe soziale Ebene erhebt, begibt sich Halli in den Stall, nimmt das Ferkel und schlägt der Muttersau die Schnauze ab. Anschließend macht er sich auf den Heimweg. Als Torfi den Schaden bemerkt, beschließt er seinerseits, dem Verursacher einen Besuch auf dessen Hof abzustatten. An dieser Stelle übernimmt Torfi zunächst die Rolle des Angreifers, der sich in einen blauschwarzen Mantel hüllt und somit aggressives, kriegerisches Verhalten zum Ausdruck bringt. Schließlich fällt er seiner eigenen Aggressivität sowie seinem Hochmut zum Opfer und muss dafür mit seinem Leben bezahlen. Gíslis Schwager Vésteinn wird in Kapitel  12 der Gísla saga Súrssonar von einer Magd Þorgrímrs anhand seiner Ausrüstung erkannt: ‚Ek þóttumk kenna, at Vésteinn var hér kominn,‘ sagði Rannveig, ‚ok var í blári kápu ok spjót í hendi.‘⁵¹⁷ Er befindet sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg zu einem Fest Gíslis und kommt unterwegs an Þorgrímrs Hof, einem weiteren Schwager Gíslis, vorbei. Am Abend des Festes wird Vésteinn auf Gíslis Hof getötet, indem ihm ein Speer in die Brust gerammt wird. Über die Identität des Täters schweigt sich die Saga allerdings aus. Vésteinn wird in dieser Episode ein Opfer tödlicher Aggression; er selbst scheint keinerlei kriegerische Absichten zu verfolgen. Die dunkle Mantelfarbe symbolisiert die in naher Zukunft gegen ihn gerichtete Tötungsabsicht und zeigt an, dass Vésteinn sich mit seinem Ritt zu Gíslis Hof in Todesgefahr begibt. Erhärten lässt sich diese These dadurch, dass Gísli selbst Vésteinn eine Botschaft überbringen lässt, die ihn ausdrücklich davon abhalten soll, sich in die Nähe seines Hofs Hóll zu wagen.⁵¹⁸

516 Vall, c. 1, S. 235: ‚Halli stieg da vom Pferderücken, und er sitzt nun im Wald, bis er einen Mann sah, der in einem blauschwarzen Kapuzenmantel über den Fluss reitet, und dort erkennt er Torfi. Er springt auf und läuft auf ihn zu und erschlug ihn.‘ 517 Gísl, c. 12, S. 41: ,Ich glaubte zu erkennen, dass es sich hier um Vésteinn handelte, sagte Rannveig, und er trug einen blauschwarzen Kapuzenmantel und in der Hand einen Speer.ʻ 518 Vgl. Gísl, c. 11–12, S. 38–40.

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Nur wenig anders verhält es sich mit weiblichen Figuren in blauschwarzer Kleidung: Allerdings zeigt lediglich Ólof geisli aus der Víglundar saga augenscheinlich kriegerisches Verhalten und verkleidet sich als Mann im blauschwarzen Mantel mit Schwert, um sich vor einer Schändung durch die Feinde ihres Ehemannes zu schützen.⁵¹⁹ In Kapitel 20 der Eyrbyggja saga ist die Hexe Geirríðr mit einem blauschwarzen Wollmantel bekleidet und hilft bei der Suche nach einem Verbrecher. Die Zauberin ist schon von Weitem an ihrer Kleidung zu erkennen. Ihre Gegenspielerin Katla kostet die Begegnung mit der dunkel gekleideten Geirríðr schließlich das Leben, da ihr bösartiger Zauber von dieser unschädlich gemacht wird, indem sie Katla einen Sack über den Kopf stülpt. Anschließend wird sie von dem Goden Arnkell und seinen Männern für ihre Verbrechen hingerichtet. Hallgerðr Hǫskuldsdóttir trägt ihren kostbaren blauschwarzen Wollmantel in Kapitel  13 der Njáls saga auf dem Allthing zur Schau.⁵²⁰ Während ihres dortigen Aufenthalts wird ihr späterer Ehemann Gunnarr Hámundarson auf ihre Schönheit aufmerksam und beginnt, um sie zu freien. Das Kleidungsstück erfüllt in Kombination mit ihrer übrigen Aufmachung in erster Linie eine Prestigefunktion. Allerdings wird die junge Frau bereits als Kind als negativer Charakter in die Sagahandlung eingeführt. Die Heirat mit Hallgerðr kostet Gunnarr später das Leben, da sie sich weigert, ihm während einer Kampfhandlung beizustehen. Ihr blauschwarzer Mantel könnte bereits zu diesem Zeitpunkt als weiterer (vestimentärer) Hinweis auf ihren hinterhältigen Charakter gelesen werden. Ein Kleidungsstück in der Farbe blár hat zudem Eingang in die nordische Mythologie gefunden: In den Grímnismál trägt der Gott Óðinn einen blauschwarzen Mantel, als er sich zu König Geirrǫðr begibt, um dessen Gastfreundschaft auf die Probe zu stellen.⁵²¹ Er hatte zuvor mit seiner Gattin Frigg diesbezüglich eine Wette abgeschlossen. Der König lässt jedoch den unter dem Pseudonym Grímnir auftretenden Gott zwischen zwei Feuern gefangen setzen und verweigert ihm die Bewirtung, nachdem eine Dienerin der Frigg ihn vor einem bösen Zauberer gewarnt hatte. Grímnir prophezeit Geirrǫðr daraufhin seinen eigenen Tod. Der König stirbt schließlich, indem er in sein eigenes Schwert stürzt.⁵²² Die Farbe blár kann somit auch auf mythologischer Ebene mit tödlicher Aggression assoziiert werden, da Óðinn u.a. für Kampf und Krieg steht.⁵²³ In den fantastisch anmutenden Íslendingasǫgur wie der Bárðar saga Snæfellsáss und der Harðar saga Grímkelssonar tritt der Götterfürst in einem blaugefleckten Zipfelmantel mit Kopfbedeckung bzw. in einem blaugestreiften Kapuzenmantel in Erscheinung. Während er in der Bárðar saga unter dem Pseudonym Rauðgrani (‚Rot-

519 Vgl. Kapitel 3.3. 520 Vgl. Kapitel 2.2.1 bzw. 2.3.3. 521 Grímnismál, S. 57: [Óðinn] var í feldi blám oc nefndiz Grímnir. 522 Vgl. Grímnismál, S. 68. 523 Vgl. etwa de Vries 1957, S. 55–58.

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bart‘) dem frisch zum Christentum bekehrten Helden Angst und Schrecken einjagt, unterstützt er in der Harðar saga die Protagonisten Hróarr und Hǫrðr bei ihrem Versuch, in den Hügel des toten Wikingers Sóti einzudringen.⁵²⁴ Zu Óðinns charakteristischen Attributen gehören neben dem dunklen Mantel auch der Speer Gungnir sowie ein goldener Helm. Mit diesen Gegenständen ausgerüstet, tritt er der Gylfaginning zufolge während des Ragnarǫk genannten Weltuntergangs dem Fenriswolf gegenüber.⁵²⁵ Interessanterweise lassen sich in den Íslendingasǫgur zu Ausrüstung und Kampfbereitschaft des Gottes durchaus Parallelen finden. So kommt Egill Skalla-Grímsson in Kapitel  81 der Egils saga folgendermaßen ausgestattet auf dem Frühjahrsthing an: [Þ]á reið þar maðr fyrir, í blári kápu, hafði hjálm á hǫfði gullroðinn, en skjǫld á hlið gullbúinn, í hendi krókaspjót, var þar gullrekinn falrinn; hann var sverði gyrðr.⁵²⁶ Egills prachtvolle Rüstung fungiert in dieser Episode nicht nur als Statusanzeiger.⁵²⁷ Der mächtige Häuptling ist wegen eines Rechtsstreits seines Sohnes zum Thing gereist. Þorsteinn Egilsson hatte die Knechte seines Nachbarn Steinarr Ǫnundarson erschlagen, nachdem diese wiederholt Vieh auf seine Weidegründe hatten treiben lassen. Steinarr lädt seinen Nachbarn deshalb vor das Thing und beabsichtigt, ihn aufgrund nicht bezahlter Totschlagsbußen für friedlos erklären zu lassen. Egill gelingt es nach Verhandlungen mit Steinarrs Vater Ǫnundr, über die Angelegenheit allein richten zu dürfen.⁵²⁸ Der blauschwarze Mantel und seine goldbeschlagenen Waffen signalisieren den Anwesenden auf dem Frühjahrsthing, dass Egill bereit ist, seiner königlichen Machtdemonstration Taten folgen zu lassen, sollten die Interessen seiner Familie in diesem Streit nicht gewahrt werden. Ein blauschwarzer Mantel und ein goldverzierter Speer gehören auch zur Ausstattung des Titelhelden der Víga-Glúms saga, der die Preziosen von seinem Großvater Vígfúss in Norwegen erhält. In Kapitel  8 der Handschriftenversion V staffiert sich Glúmr mit den Geschenken aus, bevor er zu seinem Bruder Þorsteinn aufbricht: Þá stóð Glúmr upp ok varð þó eigi fyrr búinn en at dagmálum. Hann tók þá feldinn blá ok spjótit gullrekna í hǫnd sér, lét sǫðla hest sinn.⁵²⁹ Unterwegs kommt er am Ackerland

524 Bárð, c. 18, S. 163: Ok er þeir kvámu norðr fyrir Dumbshaf, kom maðr af landi ofan ok réðst í ferð með þeim; hann nefndist Rauðgrani; hann var eineygr; hann hafði bláflekkótta skautheklu ok kneppta niðr í milli fóta sér. Harð, c. 15, S. 39: Maðr stóð úti fyrir húsinu í blárendi heklu […]. 525 Gylfaginning, c. 50, S.  50: Ríðr fyrstr Óðinn með gullhjálminn ok fagra brynju ok geir sinn, er Gungnir heitir. Stefnir hann móti Fenrisúlf […]. 526 Eg, c. 81, S. 283  f.: ‚Dann ritt dort ein Mann voran, der einen blauschwarzen Mantel trug, einen vergoldeten Helm auf dem Kopf hatte und einen mit Gold eingelegten Schild an der Seite; in der Hand hatte er einen Hakenspeer, die Zwinge goldbeschlagen; er war mit einem Schwert gegürtet.‘ 527 Vgl. Kapitel 2.1.1. 528 Vgl. Eg, c. 81/82, S. 285–288. 529 Víga-Glúms s., c. 8, S. 27: ‚Da stand Glúmr auf und war doch nicht vor der Frühstückszeit fertig gerüstet. Er nahm da den blauschwarzen Schaffellmantel und den goldverzierten Speer in seine Hand und ließ sein Pferd satteln.‘

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Sigmundr Þorkelssons vorbei, das einst Glúmrs Mutter gehört hatte. Während Glúmrs Auslandsaufenthaltes hatten Sigmundr und dessen Vater ihr das Land abspenstig gemacht. Glúmr rächt sich dafür, indem er Sigmundr erschlägt und das Land wieder in Besitz nimmt.⁵³⁰ Wie Egill Skalla-Grímsson demonstriert Glúmr gegenüber seinen Widersachern Macht, indem er seinen Ansprüchen auf Recht und Besitz mittels eines entsprechenden Auftritts Nachdruck verleiht. Die Geschenke seines Großvaters symbolisieren in der Víga-Glúms saga allerdings nicht nur Macht und Aggressivität, sondern sind gleichsam als ‚Insignien‘ von Glúmrs Geschlecht zu betrachten, die untrennbar mit dem Glück der Familie verbunden sind.⁵³¹ Der Titelheld der Gísla saga Súrssonar bricht mitten in der Nacht auf, um seinen Schwager Þorgrímr Þorsteinsson zu töten. Zu dieser folgenschweren Unternehmung rüstet er sich ungewöhnlich aus: Hann tekr spjótit Grásíðu ór ǫrkinni ok er í kápu blári ok í skyrtu ok í línbrókum.⁵³² Er macht sich anschließend zu Fuß auf den Weg nach Sæból. Dort angekommen kann er unbemerkt in das Wohngebäude eindringen und Þorgrímr, der neben seiner Frau Þórdís im Bett liegt, mit dem Speer durchbohren. Es mutet zunächst seltsam an, dass Gísli in dieser Episode unter seinem Mantel nicht vollständig angezogen ist, sondern nur leinene Unterkleider trägt. Jedoch ist er seiner Absicht entsprechend, einen Totschlag auszuführen, passend ausgestattet. Speer und Mantel versinnbildlichen seine kriegerischen Absichten, die Unterwäsche, die den Sagagestalten auch als Schlafkleidung dient,⁵³³ steht für die nächtlich ausgeführte Tat. Der Speer Grásíða steht ebenso wie der Speer Víga-Glúmrs für das Familienschicksal seines Besitzers. Ursprünglich war die ‚Grauseite‘ ein Schwert, das jedem, der es führt, den Sieg bringt. Während einer Auseinandersetzung zwischen Gíslis Vorfahr und einem Knecht wird es zerschlagen. Þorkell Súrsson erbt die Bruchstücke und lässt aus ihnen von dem Hexer Þorgrímr nef einen Speer schmieden, der sowohl Vésteinn als auch Þorgrímr Þorsteinsson den Tod bringt. Obwohl Egill, Víga-Glúmr und Gísli keine mythologischen Figuren sind und Parallelen in Bekleidung und Waffenausrüstung allein keine Rückschlüsse darauf zulassen, dass es sich bei den hier angeführten Stellen um in die Sagas eingeflochtene mythologische Elemente handelt, werden dennoch gewisse Anhaltspunkte sichtbar, die zumindest für die Adaption einer ‚Odinsmotivik‘ sprechen. So gehören die mit Speer und blauschwarzem Mantel ausgestatteten Helden durchweg der überaus mächtigen und begüterten isländischen Oberschicht an. Sie bringen ihre Autorität in kriegerischen Handlungen zum Ausdruck oder führen ihrem sozialen Umfeld deut-

530 Vgl. Víga-Glúms s., c. 7/8, S. 20–30. 531 Vgl. Kapitel 2.1.4.2. 532 Gísl, c. 16, S. 52: ‚Er nimmt den Speer Grásíða aus der Truhe und trägt einen blauschwarzen Kapuzenmantel sowie ein Hemd und Leinenhosen.‘ Vgl. Gísl, c. 16, S. 53  f. 533 Vgl. Kapitel 1.4.2.

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lich vor Augen, dass sie zu diesen fähig sind, sollten ihre eigenen Interessen, etwa bei Gerichtsverhandlungen, nicht gewahrt werden. Der blauschwarze Mantel drückt Reichtum und kriegerische Aggression aus, der Speer steht bereits seit dem Frühmittelalter für die Repräsentation königlicher Macht und galt zudem als Rechtssymbol.⁵³⁴ Blauschwarze Kleidungsstücke zeigen in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir oftmals ein erhöhtes Aggressionspotenzial sowie Gefahren für Leib und Leben von Protagonisten und Sagafiguren an, und stehen überproportional häufig mit kriegerischen Handlungen wie beispielsweise Rachetotschlägen in Verbindung. In einigen wenigen Fällen scheint von den Trägern blauschwarzer Kleidung jedoch keine Aggressivität auszugehen, wie die Episode von der Ermordung Vésteinns zeigt, dessen dunkler Mantel allerdings auf seinen baldigen gewaltsamen Tod hinweist. Bemerkenswert ist zudem, dass blauschwarze Gewänder überwiegend von Männern der isländischen Oberschicht getragen werden. Nur selten sind Frauen in diese Farbe gekleidet. In zwei Fällen agieren sie wie Männer und wehren sich gegen potenzielle Ehrverletzungen oder helfen bei der Suche nach einem Verbrecher. Hallgerðr aus der Njáls saga kann zunächst keinerlei Aggression oder Mordlust nachgewiesen werden, während sie ihren dunklen Wollmantel auf dem Thing zur Schau stellt. Ihre Farbwahl weist aber auf ihren hinterhältigen und vergeltungssüchtigen Charakter hin, der wesentlich zu Gunnarrs Vernichtung beiträgt. In den untersuchten Íslendingaþættir tritt blár selten in Erscheinung und steht, ähnlich wie in den Sagas, zumeist für Aggressivität und dient obendrein der erweiterten psychologischen Figurencharakterisierung. Die Assoziation der Farbe blár mit dem Tod scheint sich bis in die heutige Zeit hinein auf Island erhalten zu haben: So lautet eine Kapitelüberschrift aus dem Roman Snarkið í stjörnunum (‚Das Knistern in den Sternen‘) des isländischen Autors Jón Kalman Stefánsson aus dem Jahr 2003: Blátt er litur dauðans.⁵³⁵

4.2 Liebe und Zuneigung Verliebtheit und Zuneigung werden in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir ebenfalls durch Kleidung symbolisiert, wobei dem typischen weiblichen Tätigkeitsbereich der Textilherstellung eine tragende Rolle zukommt. Frauen stellen nicht nur Stoffe und Kleidungsstücke für Handelsfahrten her, sondern fertigen neben der eigenen Kleidung auch die ihrer Ehemänner und Geliebten. Hegt eine weibliche Sagafigur Zuneigung zu einem Mann, näht sie für ihn Hemden oder andere Kleidungsstücke.⁵³⁶ Umgekehrt bitten verliebte Männer ihre Angebetete nicht selten um die Anfertigung eines Gewandes, wie eine Szene aus Kapitel 17 der Kormáks saga

534 Vgl. de Vries 1957, S. 60. 535 Zitat s. Kapitelüberschrift. 536 Vgl. Jochens 1996, S. 71.

Liebe und Zuneigung 

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Ǫgmundarsonar zeigt: Der verliebte Skalde Kormákr hatte vor seiner Auslandsfahrt um die schöne Steingerðr angehalten und sie versprochen bekommen. Die Verlobung gilt für einen Zeitraum von drei Jahren, nach deren Ablauf Kormákr wieder nach Island zurückgekehrt sein muss, um Steingerðr zu heiraten. Er kommt jedoch zu spät und muss seine Geliebte einem anderen Mann überlassen.⁵³⁷ Kormákr zeigt ihr weiterhin offen seine Liebe, indem er sie bittet, ihm ein Hemd anzufertigen: Einn morgin snimma ríðr Kormákr frá skipi, ferr at finna Steingerði ok talar við hana, biðr hana gera sér skyrtu. Hon kvað enga þǫrf kvámu hans, kvað Þorvald eigi mundu þola hefndalaust eða frændr hans.⁵³⁸

Weil eine Frau, die einem Mann Kleidung anfertigt, damit zeigt, dass sie ebenfalls Gefühle für ihren Verehrer hegt, zwingt er sie durch das Kleidungsstück, sich zu ihm zu bekennen. Die enttäuschte junge Frau weist ihn jedoch mit dem Hinweis auf eine mögliche Rachetat ihres Mannes zurück. Die Anfertigung eines Hemdes führt in der Gísla saga zum Totschlag aus Eifersucht, der im weiteren Handlungsverlauf zur Verkettung schicksalhafter Ereignisse führt, die dem Großteil der Familienangehörigen Gíslis den Tod bringen. In Kapitel 9 befinden sich die Ehefrauen der Brüder Gísli und Þorkell Súrsson, Auðr und Ásgerðr, in der Frauenstube beim Nähen. Ásgerðr wendet sich mit einer Bitte an ihre Schwägerin: ‚Veittu mér þat, at þú sker mér skyrtu, Auðr, Þorkatli bónda mínum.‘ ‚Þat kann ek eigi betr en þú,‘ sagði Auðr, ‚ok myndir þú eigi mik til biðja, ef þú skyldir skera Vésteini bróður mínum skyrtuna.‘⁵³⁹ Auðr spielt mit ihrer Antwort darauf an, dass Ásgerðr ein außereheliches Verhältnis zu ihrem Bruder unterhält. Unglücklicherweise liegt Þorkell zu diesem Zeitpunkt vor der Stube an der Wand und belauscht das Gespräch der beiden Frauen. Þorkells daraus resultierende Eifersucht führt folglich zur Ermordung Vésteinns, löst weitere Rachetaten aus und entzweit die Verwandten untereinander. Um dem Frauenheld Ingólfr ihre Zuneigung zu zeigen, näht Valgerðr Óttarsdóttir aus der Vatnsdœla saga ihrem Geliebten äußerst prächtige und aufwendige Gewänder. Ingólfrs außereheliches Verhältnis erregt nach kürzester Zeit den Zorn von

537 Das Verstreichenlassen einer Verlobungsfrist ist besonders in den sogenannten Skaldensagas, deren Held, wie der Name vermuten lässt, ein Dichter ist, ein gängiges Motiv. Es motiviert den weiteren Handlungsverlauf und besiegelt häufig das eher bedauernswerte Schicksal des Protagonisten. 538 Korm, c. 17, S. 264: ‚Eines frühen Morgens reitet Kormákr vom Schiff, und macht sich auf den Weg, Steingerðr aufzusuchen, und spricht mit ihr, und bittet sie, ihm ein Hemd zu machen. Sie sprach, es liege kein Bedürfnis für sein Kommen vor, und sagte, weder Þorvaldr noch seine Verwandten würden es dulden, ohne Rache zu nehmen.‘ 539 Gísl, c. 9, S. 30: ‚Hilf mir damit, Auðr, dass du mir ein Hemd für Þorkell, meinen Mann, zuschneidest.‘ ‚Das kann ich nicht besser als du, sagte Auðr, ‚und du würdest mich nicht darum bitten, wenn du das Hemd für meinen Bruder Vésteinn zuschneiden solltest.‘

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 Kleidung und Emotionen

Valgerðrs Vater Óttar, der einen Mordanschlag auf den unliebsamen Freier verüben lässt.⁵⁴⁰ Das Anfertigen von Kleidung symbolisiert nicht nur Liebe und Zuneigung zwischen Mann und Frau, sondern bringt auch Mutterliebe zum Ausdruck, wie ein Beispiel aus dem Þorsteins þáttr uxafóts zeigt. Die taube Oddný gebiert in Kapitel 5 einen kleinen Jungen. Ihr Bruder Þorkell ist über die Geburt des unehelichen Kindes so erbost, dass er es kurzerhand aussetzen lässt. Der mit der Kindesaussetzung beauftragte Knecht hat Mitleid mit dem Kleinkind und steckt ihm eine Scheibe Speck in den Mund. Dadurch kann der Junge überleben, bis ein alter Bauer ihn findet und gemeinsam mit seiner zauberkundigen Frau aufzieht.⁵⁴¹ Eines Tages kommt der kleine Þorsteinn auf den Hof Krossavík und trifft dort seine leibliche Mutter: En er Oddný sér piltinn [sic!], setr at henni grát mikinn […] En er piltrinn var út genginn, kom Oddný þar og fœrði Þorsteini klæði nýskorin.⁵⁴² Oddný begreift sofort, dass es sich bei Þorsteinn um ihren ausgesetzten Sohn handeln muss und drückt durch ihr Weinen und das Kleidergeschenk sowohl Wiedersehensfreude als auch mütterliche Liebe aus. Erstaunlicherweise spielen lediglich Teile eines Kleidungsstücks, nämlich die Hemdärmel, in Kapitel 17 der Grettis saga eine tragende Rolle. Der junge Grettir befindet sich zu diesem Zeitpunkt an Bord eines Handelsschiffes nach Norwegen, wo er schon bald mit der jungen Ehefrau des Steuermanns schläft. Diese macht sich jeden Morgen an seinen Hemdärmeln zu schaffen: Stýrimannskona sú in unga var því jafnan vǫn, at sauma at hǫndum Gretti, ok hǫfðu skipverjar þat mjǫk í fleymingi við hann.⁵⁴³ Das Zusammennähen der Ärmel versinnbildlicht das Verhältnis zwischen Grettir und der jungen Frau,⁵⁴⁴ was durch die spöttischen Worte der mitreisenden Kaufleute sowie ihren Ärger über Grettirs mangelnde Arbeitsbereitschaft bestätigt wird: ‚Þykkir þér betra,‘ sǫgðu þeir, ‚at klappa um kviðinn á konu Bárðar stýrimanns en at gera skyldu þína á skipi, ok er slíkt óþolanda.‘⁵⁴⁵ Liebe und Zuneigung zwischen Mann und Frau impliziert auch das Verschenken wertvoller im Ausland hergestellter Kleidung. So überreicht der Titelheld der Gunnlaugs saga ormstungu seiner Angebeteten Helga Þorsteinsdóttir einen pelzbesetzten

540 Vatnsd, c. 38, S. 101: [Valgerðr] gerði honum ok klæði ǫll, þau er mest skyldi vanda. 541 Das Motiv, dass ein altes Ehepaar ein ausgesetztes Kind hoher Abstammung findet und aufzieht, bis die leiblichen Eltern es anerkennen, kommt in der altnordischen Literatur häufiger vor, so z.B. in der Finnboga saga ramma. Vgl. Kapitel 2.2.1. 542 ÞUxaf, c. 5, S. 383  f.: ‚Und als Oddný den Jungen sieht, bricht sie sehr in Tränen aus […] Und als der Junge hinausgegangen war, ging Oddný dorthin und überbrachte Þorsteinn neu zugeschnittene Kleidung.‘ 543 Gr, c. 17, S.  53: ‚Die junge Steuermannsfrau pflegte deshalb fortwährend, die Hemdärmel am Handgelenk Grettirs zusammenzunähen, und die Schiffsmannschaft verspottete ihn deswegen.‘ 544 Vgl. Jochens 1996, S. 71. 545 Gr, c. 17, S. 51  f.: ‚Es dünkt dir besser,‘ sagten sie, ‚den Bauch der Ehefrau des Steuermanns Bárðr zu streicheln, als deine Pflicht auf dem Schiff zu erfüllen, und so etwas kann nicht geduldet werden.‘

Andere Emotionen 

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Scharlachmantel mit Bortenverzierung, den er vom englischen Herrscher Aðalráðr Játgeirsson als Skaldenlohn erhalten hatte.⁵⁴⁶ Das prachtvolle Geschenk erfährt von Helga höchste Wertschätzung, obwohl erst am Ende der Gunnlaugs saga wieder davon die Rede ist, als sie es kurz vor ihrem Tod noch einmal betrachtet: Þat var helzt gaman Helgu, at hon rekði skikkjuna Gunnlaugsnaut ok horfði þar á lǫngum. Ok eitt sinn kom þar sótt mikil á bœ þeira Þorkels ok Helgu, ok krǫmðusk margir lengi. Helga tók þá ok þyngð ok lá þó eigi. Ok einn laugaraptan sat Helga í eldaskála ok hneigði hǫfuð í kné Þorkatli, bónda sínum, ok lét senda eptir skikkjunni Gunnlaugsnaut. Ok er skikkjan kom til hennar, þá settisk hon upp ok rakti skikkjuna fyrir sér ok horfði á um stund. Ok síðan hné hon aptr í fang bónda sínum ok var þá ørend.⁵⁴⁷

Zum Zeitpunkt von Helgas Krankheit ist Gunnlaugr bereits tot. Obwohl sie stets mit anderen Männern verheiratet ist,⁵⁴⁸ hat sie nie aufgehört, ihren einstigen Verlobten zu lieben und verliert mit seinem Tod ihren Lebenswillen. Das Betrachten des Mantels ist fortan Helgas einziges Vergnügen und eine Erinnerung an Gunnlaugr, die sie ihre Trauer für kurze Zeit vergessen lässt. Der Skalde Hallfreðr möchte Kolfinna seine Liebe zeigen, indem er ihr einen kostbaren Mantel aus Brokatseide zum Geschenk anbietet, den er von König Óláfr Tryggvason in Norwegen erhalten hat. Sie lehnt seinen Liebesbeweis aus Wut jedoch ab, weil Hallfreðr Spottweisen über ihren Ehemann Gríss gedichtet hat.⁵⁴⁹

4.3 Andere Emotionen Auch andere menschliche Emotionen, wie z.B. Trauer und Schwermütigkeit, werden in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir durch Kleidung veranschaulicht. Eine besonders eindrückliche Szene hält die Egils saga Skalla-Grímssonar bereit. In Kapitel 78 muss Egill seinen geliebten Sohn Bǫðvarr zu Grabe tragen, der bei einem Unwetter auf See ertrunken ist. Zur Beerdigung trägt Egill exklusive Gewänder:

546 Vgl. Kapitel 2.1.4.1. 547 Gunnl, c. 13, S. 90: ‚Das war die größte Freude Helgas, dass sie den Mantel ‚Gunnlaugsgabe‘ ausbreitete und ihn lange betrachtete. Und eines Tages kam eine große Seuche auf den Hof Þorkells und Helgas, und viele wurden lange von der Krankheit geplagt. Dann wurde Helga krank, und sie fühlte sich schlechter und lag doch nicht darnieder. Und an einem Sonnabend saß Helga im Wohnraum und neigte ihren Kopf in den Schoß ihres Ehemannes Þorkell und ließ nach dem Mantel ‚Gunnlaugsgabe‘ schicken. Und als der Mantel zu ihr kam, da setzte sie sich auf und breitete den Mantel vor sich aus und betrachtete ihn eine Zeitlang. Und dann sank sie in den Schoß ihres Mannes zurück und war darauf tot.‘ 548 Wie Kormákr kehrt auch Gunnlaugr nicht innerhalb der angesetzten Verlobungszeit nach Island zurück und verliert somit den Anspruch auf eine Heirat mit Helga. 549 Hallfr, c. 9, S. 185: Hallfreðr vildi gefa Kolfinnu skikkjuna Konungsnaut, en hon vildi eigi þiggja.

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 Kleidung und Emotionen

En svá er sagt, þá er þeir settu Bǫðvarr niðr, at Egill var búinn: hosan var strengð fast at beini; hann hafði fustanskyrtil rauðan, þrǫngvan upphlutinn ok láz at síðu; en þat er sǫgn manna, at hann þrútnaði svá, at kyrtillinn rifnaði af honum ok svá hosurnar.⁵⁵⁰

Das Zerreißen von Egills Rock und Strümpfen symbolisiert seine Trauer um den verstorbenen Sohn, da der Kummer ihn so stark anschwellen lässt, dass die Kleidung aufplatzt. Darüber hinaus zeigt das Zerplatzen seiner Garderobe auch die Intensität der Trauer an. Egill verliert nach Bǫðvarrs Tod seinen Lebenswillen und tritt schließlich in den Hungerstreik, von dem er nur durch eine List seiner Tochter wieder abgebracht werden kann.⁵⁵¹ Das Motiv der zu fest sitzenden Kleidung infolge körperlichen Anschwellens findet sich in ähnlicher Ausführung auch in Kapitel 14 der Ljósvetninga saga. Ein Arzt prognostiziert Þorvarðr, dass sein Freund Koðrán an den schweren Verletzungen sterben werde, die er zuvor im Kampf erlitten hat. Sein Bruder Eyjólfr Guðmundarson schwillt daraufhin vor Trauer stark an. Eyjólfrs Oberbekleidung zerreißt zwar nicht, jedoch sitzt sein Leibrock daraufhin so fest am Körper, dass er ihn nicht mehr ablegen kann.⁵⁵² Traurigkeit plagt die norwegische Königin Gunnhildr, als ihr junger Geliebter Hrútr Herjólfsson nach Island zurückfährt. Kurz vor seiner Abreise in Kapitel 19 der Laxdœla saga verabschiedet sie sich von ihm: Síðan gaf hon honum gullhring ok bað hann vel fara; brá síðan skikkjunni at hǫfði sér ok gekk snúðigt heim til bœjar.⁵⁵³ Die Herrscherin beabsichtigt mit dem Verhüllen des Hauptes, ihre Traurigkeit zu verbergen, weil sie sich in den Isländer verliebt hat. Aus Eifersucht auf Hrútrs zukünftige Frau spricht sie sogar einen Fluch aus, der fatale Auswirkungen auf Hrútrs bevorstehende Ehe haben wird. Auf ganz ähnliche Art und Weise versucht Egill Skalla-Grímsson seinen Gemütszustand zu verheimlichen: Nach dem Tod seines Bruders Þórólfr bietet er dessen Witwe Ásgerðr seine Unterstützung an. Diese reagiert zunächst zurückhaltend auf das Angebot. Egill hat sich jedoch bereits in sie verliebt und kann ihre Zurückhaltung nur schwer ertragen: Ok er á leið haustit, tók Egill ógleði mikla, sat opt ok drap hǫfðinu niðr í feld sinn.⁵⁵⁴ Sein Freund Arinbjǫrn bemerkt aufgrund der ‚Hauptesverhüllung‘

550 Eg, c. 78, S. 243  f.: ‚Und so wird erzählt, dass Egill folgendermaßen gekleidet war, als sie Bǫðvarr beisetzten: Der Langstrumpf war stramm am Bein festgemacht; er trug einen roten Leibrock aus Baumwolle, mit engem Oberteil und Schnürung an der Seite; und das sprachen die Leute, dass er so anschwoll, dass der Rock aufplatzte und so auch die Langstrümpfe.‘ 551 Vgl. Eg, c. 78, S. 244  f. 552 Ljósv, c. 14, S. 82: Eyjólfr mátti eigi komask af kyrtli þeim, er hann var í; svá var hann þrútinn. En Koðrán andaðisk um nóttina. 553 Laxd, c. 19, S. 44: ‚Dann gab sie ihm einen Goldring und wünschte ihm alles Gute für die Reise; danach zog sie ihren Mantel über den Kopf und ging mit raschen Schritten zurück in die Stadt;‘ 554 Eg, c. 56, S. 148: ‚Und als der Herbst voranschritt, befiel Egill große Traurigkeit, er saß da und senkte den Kopf in seinen Schaffellmantel.‘

Andere Emotionen 

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Egills Unzufriedenheit und kann sich schließlich für ein Zustandekommen der Heirat mit Ásgerðr einsetzen.⁵⁵⁵ Um sich seine Unzufriedenheit nicht anmerken zu lassen, zieht auch Glúmr Eyjólfsson seinen Fellmantel über das Gesicht, gibt sich schweigsam und unzugänglich.⁵⁵⁶ Er ist enttäuscht von der ihm nur in geringem Maße entgegengebrachten Ehrerbietung vonseiten seines Großvaters Vígfúss. Glúmr gibt sich bei seiner Ankunft an dessen Hof in Norwegen sogleich als Verwandter zu erkennen. Trotzdem weist Vígfúss dem jungen Mann nur einen Platz auf der niederen Bank zu.⁵⁵⁷ Eine Episode aus der Handschriftenversion C der Ljósvetninga saga zeigt, dass selbst positive Emotionen manchmal durch das Verhüllen von Körperteilen zum Ausdruck gebracht werden: Guðmundr inn ríki Eyjólfsson beabsichtigt, in einem Streit mit seinem Bruder Einarr bezüglich dessen Thingmann Þórir die Oberhand zu behalten. Sein Freund Vígfúss Víga-Glúmsson ersinnt eine List, wie Guðmundr aus dem Konflikt als Gewinner hervorgehen kann, empfiehlt ihm aber, sich seine Freude nicht anmerken zu lassen, damit sein Vorhaben anschließend von Erfolg gekrönt sein wird. Deshalb verbirgt Guðmundr sein Gesicht im hochgezogenen Mantel.⁵⁵⁸ Trotzdem bemerkt Einarr sein auffälliges Verhalten während des Kirchgangs und fragt seinen Thingmann Þórir, ob ihm Guðmundrs merkwürdiger Stimmungswechsel nicht aufgefallen sei: ‚Í gær at aptansǫng, þá þótti [Guðmundr] láta allglaðliga, en var þó hryggr raunar; en nú sýndisk hann hljóðr,  – en sáttu eigi, at feldarrǫggvarnar hrœrðusk, er hann hló?‘⁵⁵⁹ Die Bewegung der Wollzotten auf der Außenseite seines Schaffellmantels führt dazu, dass Einarr einen Plan Guðmundrs vermutet und befürchtet, dass dieser sowohl ihm als auch Þórir erheblich schaden werde. Sie begeben sich daraufhin zur Thingbude des mächtigen Goden und überlassen Guðmundr das Selbsturteil. Neben Trauer und Freude bringt die Kleidung in seltenen Fällen auch Wut zur Anschauung. Ähnlich wie bei der Symbolisierung von Trauer spielt das Zerreißen bzw. Beschädigen von Kleidungsstücken eine maßgebliche Rolle. Ein eindrückliches Beispiel bietet eine Szene aus Kapitel 75 der Laxdœla saga: Halldórr Óláfsson wird bei Verkaufsverhandlungen bezüglich seiner eigenen Ländereien von den Kaufinteressenten stark in die Enge getrieben. Da er an der Erschlagung Bolli Þorleikssons beteiligt war, hatte er dessen Söhnen eine hohe Geldbuße bezahlen müssen, sodass er außer seinem Land nur noch wenig Vermögen besitzt. Die Interessenten wissen über diesen Umstand Bescheid und glauben nun, leichtes Spiel bei den Verhandlun-

555 Vgl. Eg, c. 56, S. 148–150. 556 Víga-Glúms s., c. 6, S. 17: Hann [Glúmr] var fámálugr ok ósiðblendr. Þá er aðrir menn drukku eða hǫfðu aðra gleði, þá lá hann ok hafði feld á hǫfði sér. 557 Vgl. Víga-Glúms s., c. 6, S. 16  f. 558 Ljósv, c. 17, S. 41: Guðmundr var hljóðr ok mælti ekki orð ok hafði hǫfuðit í feldi sínum. 559 Ljósv, c. 17, S. 42: ,Gestern zur Abendmesse, da schien [Guðmundr] sich sehr fröhlich zu benehmen, und doch war er in Wahrheit bekümmert; und nun schien er schweigsam, – aber sahst du nicht, dass die Wollzotten seines Schaffellmantels sich bewegten, als er lachte?ʻ

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 Kleidung und Emotionen

gen mit ihm zu haben. Halldórr trägt während ihres Gesprächs einen auf seine Maße angefertigten modischen Mantel mit einer langen Gewandspange als Verschluss.⁵⁶⁰ Als die beiden Interessenten ihm androhen, er werde sein Land ohnehin an sie abtreten müssen, ob er nun verkaufen wolle oder nicht, reagiert Halldórr unbeherrscht: Þá sprettr Halldórr upp svá hart, at nistin rifnaði af skikkjunni.⁵⁶¹ Seinem Wutausbruch, der an dieser Stelle durch die zerbrechende Gewandspange symbolisiert wird, verleiht er anschließend auch verbal Nachdruck, indem er den beiden Männern droht, sie mit der Holzaxt zu erschlagen, sollten sie ihn weiterhin dazu nötigen, sein Land an sie abzutreten. Bárðr digri, der widerspenstige Heide aus dem Þorvalds þáttr tasalda, strapaziert während eines Wutausbruchs seine kostbaren Hirschlederhandschuhe: Bárðr snaraði þá glófana sundr milli handa sér.⁵⁶² Er ist über die Hartnäckigkeit Þorvaldrs erbost, der ihn zu König Óláfr Tryggvason bringen will, um von diesem die Taufe zu empfangen. Anschließend findet ein Kampf zwischen Bárðr und Þorvaldr statt, in dem ihn der Gefolgsmann des Königs überwindet, sodass der Heide sich dem Willen des Königs schließlich beugen muss. Eine ganze Reihe von Gefühlen und Emotionen, seien sie positiv oder negativ, werden in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir durch Kleidung zum Ausdruck gebracht. Der Rezipient erhält dadurch einen seltenen Einblick in das Gefühlsleben von Protagonisten und Figuren, das in den beiden Gattungen lediglich am Rande thematisiert wird. In manchen Episoden tritt sogar die Intensität der angedeuteten Gefühle deutlich in Erscheinung, wie die Episode aus der Egils saga um die Bestattung Bǫðvarrs zeigt. Im Unterschied zu vielen anderen Kleiderepisoden nehmen diejenigen, die Einblicke in die Gefühlswelt der Helden sichtbar werden lassen, nicht zwingend Einfluss auf den weiteren Handlungsverlauf, sondern sind häufig Ausdruck momentaner Emotionen. Dennoch sind sie für den Rezipienten wichtige Elemente, um Handlungen und Reaktionen vonseiten der Sagagestalten nachvollziehen zu können. Die Sprache der Kleidung

560 Vgl. Laxd, c. 75, S. 219. 561 Laxd, c. 75, S. 220: ‚Dann springt Halldórr so ungestüm auf, dass die Spange an seinem Mantel zerspringt.‘ 562 ÞorvT, c. 2, S. 409: ‚Da zerknüllte Bárðr die Handschuhe zwischen seinen Händen.‘ Vgl. Kapitel 2.1.3.

5 Die Sprache der Kleidung Die Beschreibungen von Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir wurden vonseiten der Forschung lange Zeit als „glänzendes Beiwerk“⁵⁶³ betrachtet, das zur bloßen Illustration einer mittelalterlichen Umwelt gedient hätte. Ihnen wurde deshalb nur verhältnismäßig wenig Beachtung geschenkt. Ziel der vorliegenden Arbeit war demgegenüber eine detaillierte Analyse der in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir auftretenden Kleiderstellen hinsichtlich ihrer literarischen Funktion, die auf unterschiedliche Art und Weise in Erscheinung tritt. Im Fall der untersuchten Werke bezog sich diese ‚Funktion‘ vornehmlich auf eine durch die Kleidung ausgedrückte erweiterte soziale und psychologische Figurencharakterisierung: Die meisten dieser Beschreibungen sowohl in den Íslendingasǫgur als auch in den Íslendingaþættir dienten der Veranschaulichung sozialer und geschlechtlicher Distinktion sowie dem Ausdruck von Emotionen. Aber auch typische Elemente des Sagastils, wie z.B. das Ausdrücken innerer Zustände durch Äußeres oder die Vorausdeutung, wurden durch das gezielte Einsetzen von Kleidungsstücken gestaltet. Die Verfasser der Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir machten Kleidung somit zu einem integrativen Bestandteil des Sagastils. Eine detaillierte Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes Oberschichtangehöriger versinnbildlicht tatsächlich häufig mehr als bloßes Vorhandensein ökonomischen Reichtums: Das Zusammenspiel von prunkvoller Kleidung, schönem Äußeren und der Nennung diverser Tugenden, wie etwa der Befähigung zum Häuptling, betonen die Bedeutsamkeit einzelner Helden über bloßen Besitz hinaus. Öffentliche Anlässe wie Thingversammlungen bieten hinreichend Gelegenheit zur Präsentation exklusiver Gewänder und somit zur Repräsentation des eigenen sozialen Status. Solche gesellschaftlichen Großereignisse dienen darüber hinaus in den Sagas als Bühne für Brautwerbungszwecke: Das Tragen geschmackvoller Kleidung unterstreicht die eigene körperliche Schönheit, kostbare Stoffe und Verzierungen erregen beim anderen Geschlecht Aufmerksamkeit und Bewunderung und beeinflussen dadurch das Werbungsverhalten von Mann und Frau. Besonders gut ausstaffiert sind junge Männer, die von ihren Auslandsfahrten an fremdländische Königshöfe zurückkehren, wo sie sich Ansehen, Ruhm und Ehre erworben haben. Europäische Herrscher belohnen die herausragenden Fähigkeiten junger Isländer mit kostbaren Kleidergaben und einer Inklusion in das königliche Gefolge. Zurück in ihrer isländischen Heimat bewirtschaften die nun ‚gemachten‘ Männer eigene Anwesen und schließen ökonomisch vorteilhafte Ehen. In wenigen Fällen widerfährt den Protagonisten durch verschenkte Kleidung auch eine Erhöhung im christlichen Sinne: Der Skalde Bjǫrn Hítdœlakappi, der von Óláfr helgi, dem Nationalheiligen Norwegens, einen seidenen Wadenriemen zum Geschenk erhält, lässt sich

563 Heller 2009, S. 169.

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 Die Sprache der Kleidung

mit diesem bestatten. Der mit der Heiligkeit des Königs durchdrungene Gegenstand verrottet nicht, sodass er schließlich noch lange Zeit nach dem Tod des Sagahelden als Gürtel eines Messgewandes auf Akranes dient. Auch der Titelheld des Ísleifs þáttr byskups erfährt vonseiten des heiligen Königs eine solche Erhöhung: Er erhält von Óláfr Haraldsson einen kostbaren Scharlachmantel, dessen Innenfutter aus grauem Eichhörnchenpelz besteht. Zudem bittet der Fürst den mittellosen isländischen Priester Ísleifr, ihn in seine Gebete einzuschließen. Die Kleidergabe des Königs ist unmittelbar mit dem Stilmittel der Vorausdeutung verknüpft, das den Rezipienten Ísleifrs baldige Investitur als erster Bischof Islands erkennen lässt. Kleidung kann in Verbindung mit anderen Gegenständen wie z.B. Waffen auch als Insignie eines mächtigen Geschlechts gelesen werden. Glúmr Eyjólfsson bleibt solange ein mächtiger isländischer Häuptling, wie sich die von seinem Großvater an ihn übergebenen Wertgegenstände – darunter ein Schaffellmantel – in seinem Besitz befinden. Der schrittweise erfolgende Verlust dieser Preziosen symbolisiert Glúmrs schwindende Macht in seinem Bezirk. Gut gekleidete, begüterte und nicht zuletzt mächtige Helden beeinflussen das weitere Handlungsgeschehen in den Texten meist positiv. Ausnahmen stellen die gut angezogenen ‚fremden Skandinavier‘ dar, bei denen es sich oft um Norweger handelt. Trotz ihrer prachtvollen Garderobe und zuweilen hoher Ämter, die sie am Hof des Königs ‚bekleiden‘, sind sie oftmals negative Figuren, die dem Helden Schaden zufügen oder ihn sogar töten wollen. Man denke an die Figur des Geirmundr gnýr aus der Laxdœla saga, der um die Hand der Tochter des Óláfr pá anhält. Zwar trägt die Figur einen Leibrock aus Scharlach und scheint durchaus vermögend zu sein; als Gefolgsmann des heidnischen Jarls Hákon inn ríki Sigurðarson repräsentiert der Norweger Geirmundr jedoch die politische (und später religiöse) Opposition zur Familie Óláfr pás, die stets in der Gunst der norwegischen Könige steht. Schließlich bringt der Ausländer sein Schwert Fótbítr in Óláfrs Familie, das er mit einem folgenschweren Fluch belegt hat. Den Helden, die exklusive Gewänder tragen, stehen die Vertreter der Unterschicht gegenüber, zu denen Bettler, Landstreicher und Sklaven gehören; Geächtete, die gänzlich aus der Sozialgemeinschaft ausgeschlossen sind, und Narren zählen ebenfalls zu den Gruppen, deren Kleidungsverhalten sich stigmatisierend auf ihre Stellung innerhalb der Gesellschaft auswirkt. Ihre ärmliche Bekleidung, die sich in einem schlechten Zustand befindet oder mit Ungeziefer verseucht ist, offenbart aber auch spezifische Charaktereigenschaften: Insbesondere Sklaven werden durch ihre unpassende Kleidung als Trottel stigmatisiert, während die Gewänder der Narren – im Sinne einer erweiterten psychologischen Figurencharakterisierung – die oftmals noch jugendliche Unreife ihrer Träger ausdrücken. Seltener scheint im Zusammenhang mit närrischer, unangepasster Kleidung auch Sozialkritik auf. So ignoriert der Tölpel Hreiðarr bewusst die Ratschläge seines Bruders, in der Halle des Fürsten erlesene Kleidungsstücke zu tragen, um die Prunksucht der versammelten Gefolgsleute zu karikieren.

Die Sprache der Kleidung 

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Negative wie positive Kleiderkritik wird in Sagas und Þættir entweder von den Figuren selbst (in wörtlicher Rede) oder aber durch Kommentare des Verfassers zum Ausdruck gebracht. Das Streben nach einem prachtvollen äußeren Erscheinungsbild kann beispielsweise die positive Rolle des Helden im Handlungsverlauf hervorheben, aber auch auf negative Figuren hinweisen, deren unangemessene Prunksucht anderen Personen oder sie selbst das Leben kostet. So begründet etwa der Steinns þáttr Skaptasonar den Tod seines prunksüchtigen Titelhelden mit dessen Ungehorsam gegenüber König Óláfr helgi. Die ärmliche oder zuweilen unangepasste Bekleidung der Bettler, Aussätzigen, Sklaven und Narren ermöglicht Vertretern der Oberschicht eine Vielzahl von Verkleidungen, mit deren Hilfe sie Ziele erreichen können, die ihnen unter gegebenen Umständen verwehrt bleiben würden. Das Ausführen von Rachetotschlägen oder die Beschaffung von Informationen in einer juristischen Angelegenheit erfordern das gekonnte Einsetzen der Maskerade ebenso wie der Schutz des eigenen Lebens vor Todfeinden. In einem Ausnahmefall wird von der Verkleidung Gebrauch gemacht, um einen widerspenstigen Heiden zu verstümmeln, der sich vehement der Annahme des Christentums und somit dem Willen des norwegischen Königs Óláfr Tryggvason widersetzt. Wie eng der soziale Status des Trägers an seine vestimentäre Ausstattung gebunden ist, verdeutlichen die Devestitur-Episoden der Íslendingasǫgur. Im Zuge der Devestitur verschwindet das für andere Mitglieder der Gesellschaft sichtbare Zeichen der Kleidung, das den Figuren nicht selten eine Zugehörigkeit zur Oberschicht bescheinigt; zurück bleibt der nackte oder dürftig bekleidete Körper, der keinerlei identitätsstiftende Bedeutung besitzt. Die devestierte Figur erfährt wie im Fall des Gísli Þorsteinsson aus der Grettis saga eine Zwangsexklusion aus der Gesellschaft. Durch Maskerade und Devestitur scheinen aber auch die Grenzen der sozialen Kleiderdistinktion auf. Ein Übertreten solcher Grenzen ist charakteristisch für das Kleidungsverhalten der Zauberer; ihre Kombination von Materialien aus Ober- und Unterschichtkleidung lassen eine soziale Einordnung nicht zu. Kleidung dient jedoch nicht nur zur sozialen, sondern auch zur geschlechtlichen Distinktion. Körperlichen Geschlechtsmerkmalen wird nur wenig Aufmerksamkeit beigemessen, vielmehr definieren die Gewänder Geschlechtszugehörigkeit. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang das Verhältnis von Rollenverhalten und Gewand. Frauen wie Männer agieren in den Sagas innerhalb der ihnen zugewiesenen Geschlechterrollen, was u.a. bei der Herstellung von Textilien sichtbar wird. Während zum Tätigkeitsbereich der Frau das Spinnen und Weben gehören, verkaufen die Männer fertige Erzeugnisse auf Handelsfahrten. Bleibt das tatsächliche Ausführen von Blutrache den Männern vorbehalten, so fällt das Aufhetzen zu einer Rachetat in den Tätigkeitsbereich weiblicher Personen: Als zentraler Bestandteil der Aufhetzung gilt die im Altnordischen als hvǫt bezeichnete Hetzrede. Kleidungsstücke eines getöteten männlichen Familienangehörigen werden zu diesem Zweck instrumentalisiert: Unmittelbar nach dem Tod ihres Angehörigen nehmen die Frauen dessen, zuweilen blutbefleckte, Bekleidung an sich und verwahren sie sorgsam. Ist der

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 Die Sprache der Kleidung

richtige Zeitpunkt zur Rache gekommen, werden die Gewänder hervorgeholt und den männlichen Hinterbliebenen im Zuge der hvǫt vorgeführt. Besonders auffällig ist das im Zusammenhang mit der Aufhetzung veränderte Kleiderzeichen: Nach dem Tod des Helden verliert die Kleidung ihre eigentliche Funktion, den Körper zu schützen, zu schmücken und den sozialen Status des Trägers anzuzeigen. Die einstige Pracht der Gewänder ist verschwunden, blutdurchtränkte Stoffe senden keinerlei Signale mehr im Bezug auf soziales Prestige aus, sondern erinnern nun vielmehr an die Todesumstände des Verstorbenen. Im Zuge des hauptsächlich von weiblichen Figuren eingesetzten Transvestismus werden die Grenzen des Kleiderzeichens im Hinblick auf die geschlechtliche Distinktion sichtbar. Mithilfe von Transvestismus erreichen Frauen Ziele, die ihnen ohne die Adaption einer anderen Geschlechterrolle verwehrt bleiben würden. Die Heldinnen streifen sich mit der Kleidung männliche Autorität über und führen auf diesem Wege Handlungen aus, die eigentlich Männern vorbehalten sind, z.B. die Wiederherstellung der eigenen, verletzten Ehre, das Verhindern einer solchen Ehrverletzung oder das Führen von Kaufverhandlungen. Man denke an die Figur der Auðr aus der Laxdœla saga, die sich mit dem Schwert an ihrem abtrünnigen Ehemann rächt, oder an Ólof geisli aus der Víglundar saga, die durch das Anziehen von Männerkleidung und die Adaption männlichen Verhaltens einer Vergewaltigung durch die Feinde ihres Mannes entgehen kann. Männlicher Transvestismus tritt in den Íslendingasǫgur sehr selten in Erscheinung und wird dann mit Effimination, Feigheit und Perversion in Verbindung gebracht. Helgi Njálsson, die einzige männliche Figur, die sich im Textkorpus der Íslendingasǫgur als Frau verkleidet, um einem Mordbrand zu entgehen, stirbt im Zweikampf. Zuvor legt Helgi seine Maskerade jedoch ab und betont durch die Bereitschaft, im Kampf zu sterben, seine Männlichkeit. Formen des männlichen Transvestismus werden aber nicht nur in den Sagas streng sanktioniert. Auch die nordischen Götter bedienen sich allein in einem einzigen Fall des Geschlechterrollenwechsels: als durch den Verlust von Þórrs Hammer Mjǫllnir eine Invasion der Riesen droht. In den untersuchten Íslendingaþættir kommt bemerkenswerterweise weder weiblicher noch männlicher Transvestismus vor. An der Kleidung vieler Saga- und Þættirgestalten lässt sich nicht zuletzt ihr jeweiliger Gemütszustand ablesen. Bekleidung wird damit zum zentralen Element des gattungstypischen Stilmittels, Inneres durch Äußeres auszudrücken: Die Texte schildern die Gefühle ihrer Figuren nicht ausführlich, sondern überlassen es dem Rezipienten, durch Betrachtung ihrer Kleidung, ihres Gesichtsausdrucks, der Gesichtsfarbe sowie der Körperhaltung auf emotionale Zustände der Figuren zu schließen. In diesem Zusammenhang spielt die Farbe der Gewänder eine wichtige Rolle: Die wertvollen, künstlich gefärbten Gewänder in der Farbe Blauschwarz (blár) können Macht und Reichtum symbolisieren, aber auch für aggressives und kriegerisches Verhalten stehen. Ist ein Protagonist in blauschwarze Kleidung gehüllt, geschieht häufig ein Totschlag oder ein anderer Akt der Aggression. Besonders deutlich wird dieser

Die Sprache der Kleidung 

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Zusammenhang von Aggression und blauschwarzer Kleidung in einer Schilderung der Valla-Ljóts saga, die für ihren Titelhelden je nach emotionalem Zustand zwei unterschiedliche Leibröcke vorsieht: einen blauschwarzen, wenn die Mordlust in ihm steckt, und einen braunen, wenn er guter Dinge ist. Darüber hinaus sprechen einige Sagastellen, in denen Protagonisten blauschwarze Mäntel tragen und zudem einen verzierten Speer mit sich führen, für die Adaption einer ‚Odinsmotivik‘: So gehören die mit Speer und blauschwarzem Mantel ausgestatteten Helden durchweg der überaus mächtigen und begüterten isländischen Oberschicht an, die ihre Autorität in kriegerischen Handlungen zum Ausdruck bringen. Verliebtheit und Zuneigung werden in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir ebenfalls mittels Kleidung symbolisiert, wobei dem typischen weiblichen Tätigkeitsbereich der Textilherstellung eine tragende Rolle zukommt. Frauen stellen neben der eigenen Kleidung auch die ihrer Ehemänner und Geliebten her. Empfindet eine weibliche Sagafigur Zuneigung zu einem Mann, näht sie für diesen ein Hemd oder andere Kleidungsstücke. Verliebte Männer dagegen bitten ihre Angebetete nicht selten um die Anfertigung eines solchen Gewandes. So etwa der junge Skalde Kormákr Ǫgmundarson, der die schöne Steingerðr bittet, ihm ein Hemd zu machen. Im sogenannten Þorsteins þáttr uxafóts wird darüber hinaus Mutterliebe durch Kleidung ausgedrückt, indem Oddný ihrem kleinen Sohn Gewänder anfertigt. Aber auch andere menschliche Emotionen, wie z.B. Trauer, Schwermut oder Wut, werden in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir durch Kleidung veranschaulicht. So platzen Egill Skalla-Grímsson während der Bestattung seines geliebten Sohnes Bǫðvarr Leibrock und Strümpfe, weil er vor Trauer stark anschwillt. Eyjólfr Guðmundarson aus der Ljósvetninga saga schwillt ebenfalls in Trauer an; seine Oberbekleidung zerreißt zwar nicht, jedoch sitzt sein Leibrock danach so fest am Körper, dass er ihn nicht mehr ausziehen kann. Egill Skalla-Grímsson versucht gar, durch Verbergen des Kopfes im Mantel seine Schwermütigkeit zu verheimlichen: Nach dem Schlachttod seines Bruders Þórólfr hatte er dessen Witwe Ásgerðr Unterstützung angeboten; weil diese aber zunächst zurückhaltend auf die vorgebrachte Werbung reagiert, plagt den bereits verliebten Egill Schwermut. Das Verbergen des eigenen Gesichts im Mantel zeigt aber nicht nur negative Emotionen an, sondern auch heimliche Freude. So erfreut sich Guðmundr inn ríki Eyjólfsson aus der Ljósvetninga saga an einer ersonnenen List so sehr, dass er seinen Mantel nach oben ziehen muss, um sein Lachen zu verbergen. Neben Trauer und Freude bringt die Kleidung in wenigen Fällen auch Wut zur Anschauung. Ähnlich wie bei der Symbolisierung von Trauer spielt das Zerreißen bzw. Beschädigen von Kleidungsstücken eine entscheidende Rolle. So springt der wütende Halldórr Óláfsson während Verkaufsverhandlungen bezüglich seiner eigenen Ländereien so ungestüm auf, dass die Spange seines Mantels zerbricht. Bereits die große Zahl an Beschreibungen von Kleidung, die die Íslendingasǫgur und Þættir bereithalten, belegt, welch enorme Bedeutung die Verfasser dieser Texte im Hoch- und Spätmittelalter dem Kleidungsverhalten ihrer wikingischen Vorfahren

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 Die Sprache der Kleidung

beigemessen haben. Es zeigte sich allerdings, dass sie dabei weniger den Vorgaben einer realen wikingerzeitlichen Tracht folgten (wie archäologische Funde sie zeigen), als vielmehr Kleidung zu einem gelehrten Konstrukt erhoben und sie zum integralen Bestandteil ihrer Schreibkunst werden ließen. Für die altertumskundliche Diskussion zeigt das nicht zuletzt die methodischen Probleme einer Abgleichung von Sachfund und literarischem Befund an. Aber auch innerhalb der Sagaforschung hat die vorliegende Untersuchung gezeigt, wie bereichernd eine intensivere Analyse vermeintlich nebensächlicher Details sein kann. Es böten sich hier weitere, thematisch enger gefasste Einzeluntersuchungen an, die sich z.B. stärker auf die Symbolhaftigkeit einzelner vestimentärer Merkmale, wie etwa das Phänomen der geteilten Kleidung (Mi-parti), konzentrieren könnten.⁵⁶⁴ Die vorliegende Arbeit soll solch künftigen Diskussionen als Grundlage dienen und den Dialog auch über Disziplingrenzen hinaus bereichern. Die Íslendingasǫgur sind und bleiben ein Zeugnis des nordischen Mittelalters, dessen fundamentale Bedeutung die Forschung in vieler Hinsicht weiter beeinflussen wird.

564 Vgl. Fußnote 40.

6 Literatur 6.1 Quellen Auðunar þáttr vestfirzka. In: Guðni Jónsson (Hg.): Íslendinga þættir. Reykjavík 1935. S. 1–10. Bárðar saga Snæfellsáss. In: Þórhallur Vilmundarson/Bjarni Vilhjálmsson (Hg.): Harðar saga (Íslenzk Fornrit 13). Reykjavík 1991. S. 99–172. Bjarnar saga Hítdœlakappa. In: Sigurður Norðal/Guðni Jónsson (Hg.): Borgfirðinga sögur (Íslenzk Fornrit 3). Reykjavík 1938. S. 109–211. Brennu-Njáls saga, herausgegeben von Einar Ólafur Sveinsson (Íslenzk Fornrit 12). Reykjavík 1954. Brands þáttr örva. In: Guðni Jónsson (Hg): Íslendinga þættir. Reykjavík 1935. S. 18–20. Droplaugarsona saga. In: Jón Jóhannesson (Hg.): Austfirðinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 11). Reykjavík 1950. S. 135–180. Egils saga Skalla-Grímssonar, herausgegeben von Sigurður Nordal (Íslenzk Fornrit 2). Reykjavík 1933. Egils þáttr Síðu-Hallssonar. In: Guðni Jónsson (Hg.): Íslendinga þættir. Reykjavík 1935. S. 21–33. Einhard. Das Leben Karls des Großen. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 1. Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, herausgegeben von Rudolf Buchner, neu bearbeitet von Reinhold Rau (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 5). Darmstadt 1955. S. 163–211. Eiríks saga rauða. In: Einar Ólafur Sveinsson/Matthías Þórðarson (Hg.): Eyrbyggja saga. Grœnlendinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 4). Reykjavík 1935. S. 193–237. Eyrbyggja saga. In: Einar Ólafur Sveinsson/Matthías Þórðarson (Hg.): Eyrbyggja saga. Grœnlendinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 4). Reykjavík 1935. S. 1–184. Finnboga saga. In: Jóhannes Halldórsson (Hg.): Kjalnesinga saga (Íslenzk Fornrit 14). Reykjavík 1959. S. 251–340. Flóamanna saga. In: Þórhallur Vilmundarson/Bjarni Vilhjálmsson (Hg.): Harðar saga (Íslenzk Fornrit 13). Reykjavík 1991. S. 231–327. Fljótsdœla saga. In: Jón Jóhannesson (Hg.): Austfirðinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 11). Reykjavík 1950. S. 213–296. Fóstbrœðra saga. In: Björn K. Þórólfsson/Guðni Jónsson (Hg.): Vestfirðinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 6). Reykjavík 1943. S. 119–276. Gísla saga Súrssonar. In: Björn K. Þórólfsson/Guðni Jónsson (Hg.): Vestfirðinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 6). Reykjavík 1943. S. 1–118. Gisls þáttr Illugasonar. In: Guðni Jónsson (Hg.): Íslendinga þættir. Reykjavík 1935. S. 38–49. Grettis saga Ásmundarsonar. In: Guðni Jónsson (Hg.): Grettis saga Ásmundarsonar. Bandamanna saga (Íslenzk Fornrit 7). Reykjavík 1936. S. 1–290. Grímnismál. In: Neckel, Gustav (Hg.): Edda. Die Lieder des Codex regius nebst verwandten Denkmälern I. Text. 5., verbesserte Auflage von Hans Kuhn (Germanische Bibliothek. Vierte Reihe). Heidelberg 1983. S. 56–68. Grœnlendinga saga. In: Einar Ólafur Sveinsson/Matthías Þórðarson (Hg.): Eyrbyggja saga. Grœnlendinga sǫgur (Íslenzk Fornrit 4). Reykjavík 1935. S. 239–269. Gunnars saga Keldugnúpsfífls. In: Jóhannes Halldórsson (Hg.): Kjalnesinga saga (Íslenzk Fornrit 14). Reykjavík 1959. S. 341–379. Gunnlaugs saga ormstungu. In: Sigurður Norðal/Guðni Jónsson (Hg.): Borgfirðinga sögur (Íslenzk Fornrit 3). Reykjavík 1938. S. 49–107. Hallfreðar saga. In: Einar Ólafur Sveinsson (Hg.): Vatnsdœla saga. Hallfreðar saga. Kormáks saga. Hrómundar þáttr halta. Hrafns þáttr Guðrúnarsonar (Íslenzk Fornrit 8). Reykjavík 1939. S. 133–200.

142 

 Literatur

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Nachschlagewerke 

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 Literatur

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Forschungsliteratur 

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 Literatur

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Forschungsliteratur 

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 Literatur

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7 Glossar zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir askraki (m.): Nicht näher zu bestimmendes Pelztier zur Fütterung und Verbrämung von Überbekleidung. belti (n.): Über dem Rock getragener Leibgurt aus Leder mit metallener Gürtelschnalle, an dem u.a. Gürteltasche und Messer befestigt werden konnten. bjǫrnskinn (n.): Bärenfell. blæja (f.): Über dem Rockteil des Kleides getragene, oftmals verzierte Schürze oder Tuch. brœkr (f. pl.): Männerhosen aus unterschiedlichen Materialien. Häufig aus naturbelassenem oder gefärbtem Wollstoff. bróklindi (m.): Hosengürtel aus Stoff. dálkr (m.): Fibel (Gewandnadel) zum Verschließen des Mantels. faldr (m.): Haubenartige Kopfbedeckung aus Leinen, insbesondere der verheirateten Frauen. feldr (m.): Mantel aus Schaffell, der nur von Männern getragen wurde und auch als Bettdecke Verwendung fand. Darüber hinaus diente diese Mantelform als Zahlungsmittel im Handel (vararfeldr). flóki (m.): Wollfilz. fustan (n.): Baumwollener Stoff. Nicht näher zu bestimmen. gerzkir hettir (m. pl.): ‚Russische Hüte‘. Darunter sind Pelzmützen zu verstehen. glófi (m., pl. glófar): Faust- oder Fingerhandschuhe. gráskinn (n.): Fell des grauen Eichhörnchens. Es wurde zum Füttern und Verbrämen von Mänteln und Überröcken verwendet. gríma (f.): Gesichtsmaske. Über Aussehen, Material und Machart ist nichts bekannt. Höchstwahrscheinlich war sie an der Kapuze des Mantels angebracht. guðvefr (m.): Baumwollener Stoff. Wie das fustan nicht näher zu bestimmen. gullhlað (n.): In Brettchentechnik gewebtes Besatzband bzw. Borte mit eingewebten Goldfäden. Von Männern auch als Stirnband getragen. gyrðr í brœkr: In die Hosen gegürtete Oberbekleidung. hekla (f.): Kapuzenmantel aus isländischer Wolle oder Filz. hetta (f.): Der Gugel ähnliche, Kopf, Hals und Brust umschließende Kapuze. Teil der Männerkleidung. hlað (n.): In Brettchentechnik hergestelltes Zierband bzw. -borte. hǫfuðdúkr (m.): Zu besonderen Anlässen getragener Schleier der Frau aus qualitativ hochwertigem Leinen. hosur (f. pl.): Zur Kleidung der Männer gehörende Gamaschen oder Langstrümpfe. húfa (f.): Mütze mit rundem Oberteil aus Wolle oder Pelz. hvítskinn (n.): Pelz des Hermelins, der zur Fütterung und Verbrämung von Röcken und Mänteln verwendet wurde.

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 Glossar zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

hǫttr (m.): Hut aus Wollstoff oder Filz. kápa (f.): Wollener Kapuzenmantel. kofri (m.): Mit Pelz gefütterte Mütze für Frauen. kufl (m.): Mantelähnlicher Überwurf mit Kapuze aus ungefärbter Wolle oder Pelz. Mönchskutte. kyrtill (m.): Hüft- oder knielanger, tunikaartiger Leibrock des Mannes mit langen oder bis zu den Ellenbogen reichenden Ärmeln, der über dem Hemd getragen wurde. Bodenlanges Überkleid der Frau. leistabrœkr (f. pl.): Hosen mit Füßlingen bzw. ‚Strumpfhosen‘ aus Wolle oder Leder. lín (n.): Flachs, Leingarn, Leinwand. línbrœkr (f. pl.): Hosen aus Leinen. Unterhosen. In Kombination mit einem Leinenhemd zur Nachtwäsche gehörend (í skyrtu ok línbrókum). litklæði (n. pl.): Sammelbezeichnung für bunte, aufwendig gefärbte Kleidung aus wertvollen Stoffen. loði (m.): Wollstoff für Mäntel mit eingewebten Wollbüscheln. Loden. Bezeichnung für einen Mantel aus diesem Stoff. loðkápa (f.): Aus dem loði gefertigter Manteltyp (auch Lodenmantel). melrakki (m.): Polarfuchs bzw. Fell des Polarfuchses. motr (m.): Brautschleier. mǫttull (m.): Mantel, Umhang. námkyrtill (m.): Überkleid der Frau, bestehend aus engem Oberteil und geringfügig weiterem Unterteil. ǫkulbrœkr (f. pl.): Knöchellange Hosen, häufig Kinderkleidung. ólpa (f.): Zur Schlechtwetterkleidung zählender Kapuzenmantel aus Wolle oder Pelz. pell (n.): Seidenbrokat. rǫggvarfeldr (m.) s. loðkápa. safali (m.): Zobel bzw. Zobelpelz. selskinnsbrœkr (f. pl.): Hosen aus Seehundfell mit Füßlingen. serkr (m.): Ärmelloses Hemd, von Männern unter dem Leibrock getragen. Unterkleid der Frauen. silki (n.): Sammelbezeichnung für diverse Seidenstoffe. silkihlað (n.): Seidenborte, seidenes Besatzband. skarlat (n.): Sehr fein geschorener Wollstoff. Importgut aus dem heutigen Deutschland, England oder den Niederlanden. skikkja (f.): Feiner Wollmantel, häufig von Frauen getragen. skinnbrœkr (f. pl.): Lederhosen mit Füßlingen. skinnkyrtill (m.): Häufig aus Schaffell gefertigter Pelzrock. skór, skúar (m. pl.): Unbesohlte Schuhe aus Fell und ungegerbtem Leder. skóþvengr (m.): Ledernes Schuhband. skyrta (f.): Langärmliges Hemd oder Unterkleid. slœður (f. pl.): Von beiden Geschlechtern getragenes, aufwendig verziertes Schleppgewand aus kostbarem Stoff.

Glossar zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir 

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sokkaband (n.): Band zum Befestigen der sokkar. sokkar (m. pl.): Eine Art Kniestrümpfe für Frauen. stakkr (m.): Einfacher Überrock aus qualitativ minderwertigen Wollstoffen oder Filz. sveigr (m.): s. faldr. sveipa (f.): Kopftuch. þófi (m.): Verfilzte Wolle, Filz. treyja (f.): Unter der Brünne getragener Waffenrock. ull (f.): Unverarbeitete Rohwolle, die man zur Zeit des Fellwechsels im Frühjahr und Herbst von den Schafen abzupfte. upphávir skúar (m. pl.): Lederschuhe mit aufgesetztem, knöchelhohem Schaft. upphlutr, vefjarupphlutr (m.): Oberteil des Leibrocks. vaðmál (n.), váð (f.): Grob gewebter, isländischer Wollstoff, der u.a. als Zahlungsmittel im Handel diente und exportiert wurde (vǫruváð, sǫluváð). vafspjarrar (f. pl.): Wadenbinden aus Stoff, die um die hosur gewickelt wurden. vargskinn (n.): Wolfspelz. vásklæði (n. pl.): Sammelbezeichnung für Schlechtwetterkleidung. váskyrtill (m.): Aus einfacher, grober Wolle gearbeiteter Leibrock. vefr (m.): Grob gewebter, isländischer Wollstoff. vesl (n.): Offener Reitermantel. yfirkyrtill (m.): Zur Kleidung des Mannes gehörender Überrock, der ausschließlich außer Haus getragen wurde.

8 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir 8.1 Kleidung und soziale Distinktion 8.1.1 Oberschichtkleidung Bárðar saga Snæfellsáss Ok er á leið at miðri nótt, sá hann, hvar Raknarr ríðr, ok var hann fagrbúinn. (c. 20) ‚Der Wiedergänger Raknarr wird als schön gekleidet beschrieben.‘ Bjarnar saga Hítdœlakappa Nú býsk hann til hrossanna ok hefir manskæri mikil á linda ok hǫtt á hǫfði ok skjǫld á hlið; sverð hafði hann í hendi, er Þorfinnur Þvarason átti. Bjǫrn var mikill maðr vexti ok vænn ok freknóttr, rauðskeggjaðr, skrúfhárr og dapreygðr ok manna beyt vígr. […] Bjǫrn hafði kyrtil góðan ok var í hosum ok vafit silkiræmu um fót sér, þeiri er hann hafði skipt um við inn helga Óláf konung. (c. 32) ‚Bjǫrn trägt eine Schere zum Schneiden der Pferdemähne am Gürtel, einen Hut auf dem Kopf, einen Schild an der Seite, in der Hand das Schwert. Er ist von gewaltigem Wuchs, stattlich, rotbärtig, sommersprossig, strupphaarig, aber schwach auf den Augen; ein mächtiger Krieger. Er trägt einen guten Rock, Beinlinge und den Seidenriemen um den Fuß, den er früher bei König Óláfr inn helgi vertauscht hat.‘ Brands þáttr örva [Brandr] var í skarlatskyrtli ok hafði skarlatsskikkju yfir sér, ok var bandit uppi á höfðinu. Hann hafði øxi gullrekna í handarkrikanum. ‚Brandr trägt einen Rock aus Scharlach, einen ebensolchen Mantel und ein Band um den Kopf. In der Armbeuge hält er eine goldbeschlagene Axt.‘ Brennu-Njáls saga Ok annan dag […] sá þeir konur úti hjá Rangæingabúð, vel búnar. (c. 2) ‚Gut gekleidete Frauen befinden sich vor einem der Zelte.‘ – [Hallgerðr] hafði yfir sér vefjarmǫttul blán ok var undir í rauðum skarlatskyrtli ok silfrbelti um sik, en hárit tók ofan á bringuna tveim megin, ok drap hon undir belti sér. (c. 13) ‚Hallgerðr langbrók Hǫskuldsdóttir trägt einen blauen Wollmantel, einen roten Scharlachrock und einen Gürtel aus Silber. Ihr langes herabwallendes Haar hat sie durch den Gürtel geschlagen.‘ – Þat sá ek, at fram undan erminni kom eitt gullhlað ok rautt klæði. (c. 23) ‚Ein Mann deutet den Bären, der im Traum Hǫskuldrs erscheint, als Gunnarrs Fylgje, da er unter den Gewändern des fremden Besuchers vom Vortag eine Goldborte und roten Stoff hervorblitzen sah.‘ – En er þeir [Gunnarr] kómu á þing, þá váru þeir svá vel búnir, at engir váru þeir þar, at jafnvel væri búnir, ok fóru menn út ór hverri búð at undrask þá. Sá hann

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

[Gunnarr] konur ganga í móti sér ok váru vel búnar. Sú var í ferðarbroddi konan, er bezt var búin. […] Hin var svá búin, at hon var í rauðum kyrtli, ok var á búningr mikill; hon hafði yfir sér skarlatsskikkju, ok var búin hlǫðum í skaut niðr. (c. 33) ‚Keiner ist auf dem Allthing besser gekleidet als Gunnarr und seine Leute. Er trifft dort auf Hallgerðr, die als am besten gekleidet beschrieben wird; sie trägt ein reich verziertes rotes Kleid und einen Mantel aus Scharlach, der bis an den unteren Saum mit Borten versehen ist.‘ – Skarpheðinn sá þá, þvi at Sigmundr var í litklæðum. […] Sigmundr var í panzara. (c. 45) ‚Sigmundr hvíti Lambason trägt farbige Kleidung. Außerdem hat er eine Panzerjacke an.‘ – Gunnarr hafði […] kornkippu í annarri hendi, en í annarri handøxi. Hann gengr á sáðland sitt ok sár þar niðr korninu ok lagði guðvefjarskikkju sína niðr hjá sér ok øxina ok sár nú korninu um hríð. (c. 53) ‚Gunnarr Hámundarson ist auf dem Weg zum Säen: Er trägt eine Handaxt in der einen, einen Saatkorb in der anderen Hand. Seinen kosbaren baumwollenen Mantel legt er zum Säen ab.‘ – [Smalamaðr segir:] ‚Ek sá menn ríða ofan með Markarfljóti átta saman ok váru fjórir í litklæðum.‘ (c. 54) ‚Ein Hütejunge erkennt Männer in farbiger Kleidung.‘ – Gunnarr var í rauðum kyrtli ok hafði um sik breitt silfrbelti. (c. 59) ‚Gunnarr trägt zum Pferdekampf einen roten Rock mit breitem Gürtel mit Silberbeschlägen.‘ – En svá hafði hann gǫrla at hugat, at hann sagði frá allra þeira vápnabúnaði ok klæðum. (c. 69) ‚Ein Schafhirte Gunnarrs kann seine Widersacher so genau nach Kleidung und Waffen beschreiben, dass Njáll jeden Einzelnen erkennt.‘ – Þorgrímr Austmaðr gekk upp á skálann; Gunnarr sér, at rauðan kyrtil berr við glugginum. (c. 77) ‚Þorgrímr Austmaðr trägt einen roten Rock‘. – En á því skipi, er fyrst fór, stóð maðr við siglu; sá var í silkitreyju ok hafði gyldan hjálm, en hárit bæði mikit og fagrt; sjá maðr hafði spjót gullrekit í hendi. (c. 84) ‚Víkinga Kári trägt einen seidenen Waffenrock und prächtige Waffen.‘ – Þráinn var skrautmenni mikit ok reið jafnan í blári kápu ok hafði gyldan hjálm ok spjótit jarlsnaut ok fagran skjǫld ok sverði gyrðr. (c. 91) ‚Þráinn Sigfússon ist sehr auf eine prächtige Ausstattung bedacht. Er trägt beim Reiten stets einen blauen Mantel, hat einen goldenen Helm auf dem Kopf, führt den Speer jarlsnaut und einen schönen Schild mit sich.‘ – Skarpheðinn […] var í blám stakki ok hafði tǫrguskjǫld ok øxi sína reidda um øxl […] [Kári] hafði silkitreyju ok hjálm gyldan, skjǫld, ok var dreginn á leó […] [Helgi] hafði rauðan kyrtil ok hjálm ok rauðan skjǫld ok markaðr á hjǫrtr. Allir váru þeir í litklæðum. (c. 92) ‚Skarpheðinn Njálsson, sein Bruder Helgi und Kari sind zur Erschlagung Þráinn Sigfússons prachtvoll gekleidet: Skarpheðinn hat einen blauen Kittel an, Kari ein seidenes Wams und Helgi einen roten Rock. Alle führen entsprechende Bewaffnung mit sich.‘ – [Hǫskuldr Hvítanessgoði] fór í klæði sín ok tók yfir sik skikkjuna Flosanaut; hann tók kornkippu ok sverð í aðra hǫnd ok ferr til gerðis síns ok sár niðr korninu. (c. 111) ‚Hǫskuldr geht in seinem kostbaren Mantel, dem Geschenk von Flosi, und einem Schwert in der Hand zum Säen.‘ – Flosi var í leistabrókum, því at hann ætlaði at ganga ok hann vissi, at þá mundi ǫðrum minna þykkja fyrir at ganga. (c. 134) ‚Flosi trägt Strumpfhosen.‘ – Eyjólfr var virðingamaðr mikill ok allra manna lǫgkœnastr, svá at hann var inn þriði mestr lǫgmaðr á Íslandi. Hann var allra manna fríðastr sýnum, mikill ok sterkr ok it bezta hǫfðingjaefni […] [Eyjólfr] hafði skarlatsskikkju á herðum ok gullhlað um hǫfuð ok

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øxi silfrrekna í hendi. (c. 138) ‚Eyjólfr Bǫlverksson trägt auf dem Allthing einen Mantel über den Schultern und ein goldenes Band um den Kopf. In der Hand hält er eine silberverzierte Axt. Als Gesetzessprecher bekleidet er das höchste Amt des isländischen Freistaats.‘ Egils saga Skalla-Grímssonar Egill sá þar mey fagra ok vel búna; honum var sagt, at hon var systir Friðgeirs; mærin var ókát ok grét einart um kveldit. (c. 64) ‚Die Schwester Friðgeirrs trägt schöne Kleidung und wird selbst als schöne junge, aber sehr traurige Frau beschrieben. Es folgt Egills Kampf mit dem Berserker Ljótr.‘ – En áðr Þorsteinn fœri heiman, stilltu þau Ásgerðr um ok tóku ór kistu Egils silkislœður, Arinbjarnarnauta, ok hafði Þorsteinn til þings. Ok er hann hafði á þinginu, þá váru honum dragsíðar ok urðu saurgar neðan, þá er þeir váru í lǫgbergsgǫngu […] en mjǫk miklu síðar, þá er Egill lauk upp kistu sína, þá fann hann, at spillt var slœðunum. (c. 79) ‚Egills Sohn Þorsteinn und seine Mutter Ásgerðr nehmen das kostbare Schleppgewand des Vaters aus der Truhe; Þorsteinn reitet damit zum Allthing. Dabei wird das Gewand beschädigt.‘ – Þá reið þar maðr fyrir, í blári kápu, hafði hjálm á hǫfði gullroðinn, en skjǫld á hlið gullbúinn, í hendi krókaspjót, var þar gullrekinn falrinn; hann var sverði gyrðr. (c. 81) ‚Egill reitet in einem blauen Mantel, mit einem vergoldeten Helm, goldverziertem Schild und einem goldbeschlagenen Hakenspeer und dem Schwert am Gürtel zum Frühjahrsthing.‘ Eiríks saga rauða [Þorgeirr] átti son, er Einarr hét; hann var vænn maðr ok vel mannaðr; hann var ok skartsmaðr mikill. (c. 3) ‚Einarr Þorgeirsson wird als hübscher Mann beschrieben, der Wert auf seine äußere Erscheinung legt.‘ Eyrbyggja saga Lystu þeir þá yfir því, at þeir myndi eigi troða skó til at ganga þar í útsker til álfreka. (c. 9) ‚Þorgrímr goði Kjallaksson und sein Schwager Ásgeirr á Eyri sträuben sich gegen die Macht der Thorsnesleute; sie behaupten, nicht länger ihre Schuhe abnutzen zu wollen, um auf die Kotschäre zu gelangen.‘ – Þorleifr keypti þann hest, er hann fekk beztan; hann hafði ok steindan sǫðul allglæsiligan, hann hafði búit sverð ok gullrekit spjót, myrkblán skjǫld ok mjǫk gyldan, vǫnduð ǫll klæði; hann hafði þar ok til vart mjǫk ǫllum sínum fararefnum; en Snorri var í svartri kápu ok reið svǫrtu merhrossi góðu; hann hafði fornan trogsǫðul ok vápn lítt til fegrðar búin […] ok hǫfðu menn þat mjǫk at hlátri um búnað hans. (c. 13) ‚Der junge Snorri Þorgrímsson kehrt mit seinen Gefährten aus Norwegen zurück: Þorleifr kimbi Þorbrandsson besitzt einen prächtig bemalten Sattel, hat sich das beste Pferd gekauft, zudem ein kostbares Schwert, einen Gold beschlagenen Speer, einen dunkelblauen Schild und erlesene Kleidung erworben. Snorri selbst hat einen schwarzen Mantel an, reitet eine schwarze Stute mit altmodischem Sattel, und führt Waffen ohne besonderen Schmuck. Die Leute lachten über seinen wenig repräsentativen Aufzug.‘ – Geirríðr hafði blá skikkju yfir sér. Ok er ferð þeira var sén ór

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Holti, er Kǫtlu sagt, at nú væri fjórtán menn saman ok einn í litklæðum. (c. 20) ‚Geirríðr Þórólfsdóttir kommt Arnkell goði Þórolfsson und seinen Leuten auf der Suche nach Oddr zu Hilfe. Sie trägt einen blauen Mantel und wird schon von Weitem von Katla erkannt.‘ – Þá gekk Ásdís Styrsdóttir hjá þeim, en þat var nær bœnum. Hann hafði tekit sinn bezta búnað. (c. 28) ‚Ásdís Styrsdóttir geht in ihrem schönsten Gewand an den Berserkern vorbei, woraufhin einer der beiden eine Strophe dichtet.‘ – Arnbjǫrn var engi áburðarmaðr […] Bjǫrn, bróðir hans, var áburðarmaðr mikill […] ok helt sik vel því at hann hafði samit sik eptir sið útlenzkra hǫfðingja; var hann maðr miklu fríðari en Arnbjǫrn. (c. 40) ‚Die Brüder Bjǫrn und Arnbjǫrn sind von ihrer Auslandsfahrt zurückgekehrt. Bjǫrn legt sehr viel Wert auf sein Äußeres und verhält sich nach Sitte ausländischer Häuptlinge. Er sieht sehr viel besser aus als sein Bruder.‘ – En er þeir kómu inn fyrir Ǫxlina, sá þeir, at maðr var í skrúðklæðum á húsum uppi á bakka; en þeir vissu, at þat var eigi búnaðr Arnbjarnar. (c. 42) ‚Ein prachtvoll gewandeter Mann steht auf Arnbjǫrns Hausdach. Die Leute von Breiðavík erkennen daher, dass es nicht der Bauer selbst ist, und vermuten einen Anschlag.‘ – Þeir Steinþórr riðu at durum, ok er svá frá sagt, at hann væri í rauðum kyrtli ok hafði drepit upp fyrirblǫðunum undir belti; hann hafði fagran skjǫld ok hjálm ok gyrðr sverði; þat var forkunnliga búit. (c. 44) ‚Steinþórr á Eyri Þorláksson überbringt dem Goden Snorri Bußgeld für den getöteten Sklaven Egill; er trägt einen roten Rock und hat dessen Zipfel unter den Gürtel gesteckt. Außerdem führt er prachtvolle Waffen mit sich. Sein prächtiges Schwert taugt bei der folgenden Auseinandersetzung jedoch wenig.‘ Finnboga saga Urðarköttr er nú eptir á Eyri ok upp dubbaðr ok rifit af honum þat, er hann hafði áðr, ok fengin beztu klæði; ok þóttist engi hafa sét jafnfríðan mann ok at öllu vel skapaðan. (c. 6) ‚Als sich herausstellt, dass Urðarköttr der Sohn des Häuptlings Ásbjǫrn ist, werden ihm die Lumpen, die er trägt, abgerissen, und er bekommt die besten Kleider.‘ – [Urðarköttr] gengr fram eptir skipinu, ok á þiljunum sér hann, hvar stendr silkitjald ok vel búit húðfat er í tjaldinu. Urðarköttr gengr at ok tekr á manninum, er þar lá í húðfatinu […] Hann hresstist ok er inn vænsti maðr, bæði mikill ok sterkr. Hann átti ágæt vápn, sverð ok skjöld, hjálm ok brynju. Var hann stýrimaðr ok átti at taka fé allt eptir háseta. (c. 8) ‚Urðarköttr hilft dem schiffbrüchigen Norweger Finnbogi. Er liegt auf seinem zerborstenen Schiff in einem Seidenzelt auf einem prächtigen Bett und schläft. Er wird als großer, kräftiger Mann beschrieben, der gute Waffen besitzt.‘ – [Álfr aptrkemba] var mikill maðr ok greppligr; hann var í rauðum skarlatskyrtli, ok digrt silfrbelti hafði hann um sik, með slegnu hári; var þat bæði mikit ok fagrt ok lá niðri á herðum honum. (c. 12) ‚Álfr aptrkemba trägt einen roten Rock mit einem breiten Silbergürtel; er hat langes, schönes Haar, das bis auf die Schultern herabhängt; er ist ein Gefolgsmann des Hákon jarl und mit ihm verschwägert. Álfr wird als hinterlistig beschrieben.‘ – Ok þat var einn dag, at Finnbogi bjóst á konungs fund, tekr vápn sín ok býst vel harðla. (c. 19) Finnbogi kleidet sich gut, bevor er vor den byzantinischen König tritt. – Finnbogi leggr þá af sér kápuna. Var maðrinn bæði mikill ok vegligr, miðmjór ok herðibreiðr,

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limaðr manna bezt ok hærðr vel, hverjum manni fríðari ok inn kurteisasti ok allra manna hermannligastr undir vápnum. Ok þat viljum vér segja, at fáir eða engir muni sterkari verit hafa á Íslandi, þeira er einhamir hafa verit. (c. 36) ‚Nachdem Finnbogi seinen Mantel abgelegt hat, wird er als äußerst ritterlicher, großer, wohlproportionierter, ansehnlicher Mann beschrieben. Einen stärkeren Mann habe es der Saga zufolge auf Island nie gegeben.‘ Fljótsdœla saga Þorvaldr kom á land sem aðrir menn. Var hann í íslenzkum klæðum. (c. 5) ‚Þorvaldr Þíðrandason trägt isländische Kleider.‘ Flóamanna saga Af stundu sjá þeir, at sigla at þeim fimm skip; stendr maðr á mesta skipinu, við siglu, mikill ok fríðr, í grænum kyrtli ok hafði gylltan hjálm á höfði […] Þar var kominn Ölmóðr inn gamli Hörða-Kárason. (c. 3) ‚Ein Mann im grünen Rock mit Goldhelm auf dem Kopf, der sich als Ǫlmóðr inn gamli Hǫrða-Kárason zu erkennen gibt, leistet Leifr Hrómundarson während eines Seegefechts Beistand.‘ – Konungr sagði, at hann [Þorgilsi] mundi vera mikillar ættar, – því at hann hefir þess háttar yfirbragð. (c. 12) ‚Þorgils wird aufgrund seines Äußeren edle Abkunft nachgesagt.‘ – Ok er Þorgils kom fyrir jarl, mælti Hákon til hans: ,Mikill maðr ertu ok sterkligr, fríðr sýnum ok líkligr til giptu, ok vil ek bjóða þér til mín.ʻ (c. 14) ‚Der Jarl rühmt das schmucke Äußere von Þorgils.‘ – Aptr við lyptingina sat maðr í rauðum kyrtli ok sprettr upp þegar ok fagnar Þorleifi; var þar kominn Þorsteinn hvíti, fóstri hans ok stjúpfaðir. (c. 24) ‚Þorsteinn hvíti, der Ziehvater von Þorgils, trägt einen roten Rock.‘ – Ásgrímr tók á festum í fremra lagi, ok váru þar mest konur hjá honum; hann var í litklæðum. (c. 32) ‚Ásgrímr Elliða-Grímsson trägt bunte Kleidung; in seiner Gesellschaft befinden sich hauptsächlich Frauen.‘ Fóstbrœðra saga [Þormóðr] hafði breitt á sik feld tvíloðinn, er hann átti; feldrinn var ǫðrum megin svartr, en ǫðrum megin hvítr. (c. 23) ‚Þormóðr hat seinen Wendemantel aus Schaffell über sich gebreitet und schläft. Der Mantel ist auf der einen Seite schwarz und auf der anderen weiß.‘ Gísla saga Súrssonar Þeir fara nú til várþings eitt vár með fjóra tigu manna, ok váru allir í litklæðum. Þar var í fǫr Vésteinn, mágr Gísla, ok allir Sýrdœlir. (c. 5) ‚Vésteinn, Gíslis Schwager und alle Sýrdælir ziehen in bunten Kleidern zum Frühjahrsthing.‘ – Þat var vandi Gísla, at hann var í kápu blári ok vel búinn. (c. 20) ‚Gísli trug für gewöhnlich einen blauen Mantel und war stets gut angezogen.‘ – Þorkell hafði girzkan hatt á hǫfði ok feld grán ok gulldálk um ǫxl, en sverð í hendi. (c. 28) ‚Þorkell Súrsson kommt zum Thing: Er trägt einen russischen Hut, einen grauen Mantel mit einer Goldspange um die Schultern und ein Schwert in der Hand.‘

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Gisls þáttr Illugasonar Eptir þat tóku þeir bað, ok í því var blásit; hljóp Teitr þegar ór baðinu; var hann í skyrtu ok línbrókum ok hafði gullhlað um enni, en yfir sér skarlats-skikkju hálfskipta, rauða ok brúna, ok undir grá skinn, ok snúit út skinnunum. […] Þeir gengu snúðigt eptir strætinu, ok varð af gnýr mikill, en konan hafði gört skjá fyrir stófuna. Hon hljóp af húsinu ok sagði Gisli: ‚Mikil óhamingja er þat, er þú komt hér niðr, því at nú fara hér konungsmenn.‘ (c. 4) ‚Teitr, der Sohn des isländischen Bischofs Gizurr und einige Landsmänner befreien nach einem Bad Gisl aus dem Kerker. Teitr trägt Leinenhemd und -hosen, ein goldenes Band um die Stirn und einen zweifarbigen Scharlachmantel in Rot und Braun, der mit grauem Eichhörnchenpelz gefüttert ist. Die Fellseite hat er nach außen gekehrt. Die weibliche Kerkerwache hält Teitr für einen Gefolgsmann des Königs.‘ Grettis saga Ásmundarsonar Sér hann [Grettir], at maðr gengr inn […] í rauðum kyrtli ok hafði hjálm á hǫfði. (c. 28) ,Barði Guðmundarson trägt einen roten Rock.ʻ – Þá sá þeir ríða þrjá menn neðan eptir dalnum; var einn í litklæðum. Þeir gátu, at þar myndi fara Þorbjǫrg húsfreyja ór Vatnsfirði. (c. 52) ‚Eine Person reitet in farbiger Kleidung. Es ist Þorbjǫrg in digra.‘ – Gísli var mikill maðr ok sterkr ok afburðarmaðr í vápnum ok klæðum ok gerði um sik mikit ok nǫkkut sjálfhœlinn. (c. 59) ‚Gísli zeichnet sich durch Waffen und Kleidung aus. Er machte sich wichtig und lobte sich gern selbst.‘ – Gísli […] talaði […] til fylgdarmanna sinna: ‚Nú skulu vér ríða í litklæðum í dag ok látum skógarmanninn þat sjá, at vér erum eigi sem aðrir fǫrumenn, er hér rekask dagliga.‘ (c. 59) ‚Gísli fordert seine Gefolgsleute zum Tragen prächtiger Kleidung auf, um Grettir im Hochland zur Strecke zu bringen.ʻ – Þeir sá, at kona stóð úti, ung ok skrautbúin. […] Sá inn nýkomni maðr sagði, at þat væri dóttir Þóris. (c. 63) ‚Die Tochter Þórirs í Garði trägt ein vornehmes Gewand.‘ – Þá býðr hon til ǫllum sínum vinum ok frændum ok setti sik til með inum beztum klæðum, er hon átti […] hon var betr búin en aðrar konur. (c. 89) ‚Die Hausfrau Spes ist besser gekleidet als die anderen Frauen ihres Gefolges.‘ Gull-Þóris saga Þá dreymdi Þóri, at maðr kom at honum, mikill, í rauðum kyrtli ok hafði hjálm á höfði ok sverð búit í hendi; hann hafði um sik digrt belti ok þar á góðan kníf ok glófa á höndum; var þessi maðr mikilúðligr ok virðuligr. (c. 3) ‚Þórir sieht im Traum einen Mann, der einen roten Rock trägt, einen Helm auf dem Kopf und ein Schwert in der Hand hat. Er trägt außerdem einen breiten Silbergürtel und Handschuhe; am Gürtel trägt er ein gutes Messer. Es handelt sich dabei um den toten Berserker Agnarr, in dessen Hügel Þórir einbrechen will.‘ Gunnars saga Keldugnúpsfífls Var Helgi skartsmaðr mikill, hæfilátr ok hversdagsgæfr. (c. 1) ‚Helgi Þorbjarnarson legt viel Wert auf sein Äußeres. Er ist maßvoll und besonnen.‘

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Gunnlaugs saga ormstungu Gunnlaugr var þá vel búinn ok hafði þá klæðin þau in góðu, er Sigtryggr konungr gaf honum, ok þótti hann þá mikit afbragð annarra manna fyrir margs sakar, bæði afls ok vænleiks ok vaxtar. (c. 11) ‚Gunnlaugrs gute Kleidung und seine außerordentlichen Fähigkeiten werden hervorgehoben. Er trägt Kleidung, die er von König Sigtryggr erhalten hatte.‘ Hallfreðar saga vandræðaskálds Þeir gengu á skip þrír tigir manna, ok sat einn í stafni […] Sjá var mikill vexti […] Ólpumaðr segir: ‚Einn í ólpu grœnni […]‘ (c. 5) ‚Óláfr Tryggvason trägt einen grünen Mantel und hilft den Seeleuten im Fjord bei schlechtem Wetter.‘ – Sauðamaðr Kolfinnu sagði, at tólf menn riðu at selinu ok váru allir í litklæðum. Hon segir: ‚Þeir munu eigi kunna leiðina.‘ (c. 9) ‚Als Hallfreðr nach Island zurückkehrt, meldet der Schafhirt Kolfinnas die Ankunft von Männern in farbigen Kleidern. Kolfinna vermutet, diese würden den Weg nicht kennen.‘ – Um morgininn gekk [Hallfreðr] út á holtit ok sá menn ríða í litklæðum at sér. Hann spurði þá tíðenda, en þeir sǫgðu fall Óláfs konungs. (c. 10) ‚Männer in farbigen Kleidern berichten Hallfreðr vom Fall König Óláfr Tryggvasons.‘ Heiðarvíga saga Þá riðu í mót Barða ok fǫrunautum hans þrír menn í litklæðum, ok hittusk þeir brátt, er hvárir riðu í mót ǫðrum, ok váru hér tveir systursynir Barða í þeiri fǫr, ok hét annarr Lambkárr, en annarr Húnn, ok þá er enn þriði vatnsdœlskr í fǫr með þeim […] þeir váru þá átján vetra gamlir ok hǫfðu einn vetr útan verit; þeir váru inir mestu ágætismenn at vænleik ok at afli ok at íðróttum, ok þó væri þeir vel at sér gǫrvir, þótt þeir væri fulltíði at aldri. (c. 21) ‚Die Schwestersöhne Barði Guðmundarsons tragen farbige Kleidung. Sie waren ein Jahr außer Landes gewesen und werden trotz ihrer Jugend als die schönsten, mächtigsten und klügsten Männer beschrieben.‘ – Ketill mælti: ‚Mun eigi Barði þar vera, ok eigi er honum ólíkt, ok kann ek eigi mann at kenna, ef eigi er hann, ok svá var hann búinn í sumar á þingi.‘ (c. 27) ‚Barði wird von seinen potenziellen Opfern an seiner Kleidung erkannt, die er im Sommer auf dem Thing getragen hatte.‘ Hrafnkels saga Freysgoða Sá var hár maðr ok ekki þrekligr, er fyrstr gekk, í laufgrænum kyrtli ok hafði búit sverð í hendi, réttleitr maðr ok rauðlitaðr ok vel í yfirbragði, ljósjarpr á hár ok mjǫk hærðr. Sjá maðr var auðkenniligr, því at hann hafði ljósan lepp í hári sínu inum vinstra megin […] Sámr spurði þenna mann at nafni, en hann nefndisk Þorkell og kvazk vera Þjóstarsson […] ‚Hefi ek verit útan sjau vetr ok farit út í Miklagarð, en em handgenginn Garðskonunginum.‘ (c. 4) ‚Þorkell leppr Þjóstarsson trägt auf dem Allthing einen laubgrünen Rock und ist von noblem Auftreten. Er hat in der Warägergarde des byzantinischen Kaisers gedient.‘ – Þess er getit, at skip kom af hafi í Reyðarfjǫrð, ok var stýrimaðr Eyvindr Bjarnason. Hann hafði utan verit sjau vetr. Eyvindr hafði mikit við gengizk um menntir ok var orðinn inn vaskasti maðr […] Ok er hann hefir búit um varnað sinn, býr

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hann ferð sína til Hrafnkelsdals, ferr upp eptir Reyðarfirði. Þeir váru fimm saman […] Váru þeir ok allir í litklæðum ok riðu við fagra skjǫldu. (c. 8) ‚Eyvindr Bjarnason, einige Kaufleute und Knechte kommen vom Schiff und reiten am Gebiet Hrafnkels vorbei. Sie tragen farbige Kleidung.‘ Kjalnesinga saga Þá er Kolfiðr var gróinn sára sinna, sagði hann Korpúlfi, frænda sínum, at hann vill finna móður sína. Korpúlfr bað hann því ráða, – ‚en vil ek ráða, at þú hafir eigi lengr tötra þessa,‘ sagði Korpúlfr, ‚vil ek, at þú hafir heðan góð klæði ok vápn, er ek vil gefa þér; muntu þeira brátt þurfa.‘ (c. 8) ‚Nach der Erschlagung des Norwegers Ǫrn rät Korpúlfr seinem Verwandten Kolfíðr zum Tragen guter Kleidung und Waffen, weil er beides bald brauchen werde.‘ – [Fríðr] var mikil á allan vöxt; hon var fögr at áliti ok vel búin, í rauðum kyrtli ok allr hlöðum búinn, ok digrt silfrbelti um sik. Hon hafði slegit hár, sem meyja siðr er; var þat mikit ok fagrt. Hon hafði fagra hönd ok mörg gull á ok sterkligan handlegg, ok öll var hon listulig at sjá. (c. 13) ‚Fríðr, die Tochter des Riesenkönigs Dofri, wird als sehr schön, groß und prächtig beschrieben. Sie trägt einen reich mit Borten verzierten roten Rock und einen breiten Silbergürtel. Ihr schönes, volles Haar hat sie nach der Sitte junger Mädchen frisiert. An ihren Händen trägt sie viel Goldschmuck.‘ Kormáks saga Eptir þetta venr Kormákr gǫngur sínar í Gnúpsdal at hitta Steingerði ok bað móður sína gera sér góð klæði, at Steingerði mætti sem bezt á hann lítask. (c. 3) ‚Kormákr Ǫgmundarson bittet seine Mutter, ihm gute Kleidung anzufertigen, um Steingerðr Þorkelsdóttir beeindrucken zu können.‘ Króka-Refs saga Refr tók þá ok góð klæði. (c. 3) ‚Der kolbítr Refr zieht nach seinem ersten Totschlag ein schönes Gewand an.‘ – Hirðmaðr konungs hét Grani ok var kallaðr Skálp-Grani, fríðr maðr sýnum ok barst á mikit at vápnum ok klæðum. Grani var vífinn ok kvensamr; gerði hann mörgum í því mikla skapraun. (c. 16) ‚Skálp-Grani legt viel Wert auf Waffen und Kleidung. Er verhält sich gerne beleidigend gegenüber anderen und wird als Weiberheld bezeichnet.‘ Laxdœla saga Hǫskuldr gekk þangat ok í tjaldit, ok sat þar maðr fyrir í guðvefjarklæðum ok hafði gerzkan hatt á hǫfði. Hǫskuldr spurði þann mann at nafni, hann nefndisk Gilli, – ‚en þá kannask margir við, ef heyra kenningarnafn mitt; ek em kallaðr Gilli inn gerzki.‘ (c. 12) ‚Hǫskuldr Kollsson trifft auf den Händler Gilli inn gerzki. Dieser trägt kostbare Kleidung aus Baumwolle und einen russischen Hut.‘ – Hann sá, at kona sat út við tjaldskǫrina; sú var illa klædd. Hǫskuldi leizk konan fríð sýnum, ef nǫkkut mátti á sjá. (c. 12) ‚Hǫskuldr Kollsson entdeckt Melkorka im Zelt des Händlers: Sie ist schlecht gekleidet, aber schön. Hǫskuldr gibt ihr später gute Kleidung.‘ – Þá er hann var tólf

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vetra gamall, reið hann til þings, ok þótti mǫnnum þat mikit ørendi ór ǫðrum sveitum, at undrask, hversu hann var ágætliga skapaðr; þar eptir helt Óláfr sik at vápnabúnaði ok klæðum; var hann því auðkenndr fra ǫllum mǫnnum. […] Hǫskuldr gaf honum kenningarnafn ok kallaði pá; þat nafn festisk við hann. (c. 16) ‚Óláfr pái legt besonderen Wert auf gute Kleidung und Waffen. Im Alter von zwölf Jahren erhält er deshalb den Spitznamen ‚Pfau‘.‘ – Óláfr Hǫskuldsson er nú ok frumvaxti ok er allra manna fríðastr sýnum, þeira er menn hafi sét. Hann bjó sik vel at vápnum ok klæðum. (c. 20) ‚Óláfr wird als der schönste aller Männer beschrieben, der großen Wert auf Waffen und Kleidung legt.‘ – Óláfr gekk þá fram í stafninn ok var svá búinn, at hann var í brynju ok hafði hjálm á hǫfði gullroðinn; hann var gyrðr sverði, ok váru gullrekin hjǫltin; hann hafði krókaspjót í hendi hǫggtekit ok allgóð mál í; rauðan skjǫld hafði hann fyrir sér, ok var dregit á leó með gulli. En er Írar sjá viðbúnað þeira, þá skýtr þeim skelk í bringu, ok þykkir þeim eigi jafnauðvelt féfang sem þeir hugðu til. Hnekkja Írar nú ferðinni ok hlaupa saman í eitt þorp. (c. 21) ‚Als Óláfr an der irischen Küste landet, trägt er eine Brünne, einen goldenen Helm und führt kostbare Waffen mit sich. Die Iren wagen es nicht, ihn anzugreifen.‘ – Allir menn hǫfðu á máli, er Óláf sá, hversu fríðr maðr hann var ok fyrirmannligr; hann var velbúinn at vápnum ok klæðum. (c. 22) ‚Auf dem Thing sprechen alle darüber, welch ein schöner und vornehmer Mann Óláfr sei. Er ist gut gekleidet und trägt die besten Waffen.‘ – Oláfr var búinn á þá leið, at hann var í skarlatsklæðum, er Haraldr konungr hafði gefit honum; hann hafði á hǫfði hjálm gullroðinn ok sverð búit í hendi, er Mýrkjartan konungr hafði gefit honum. Nú ganga þeir Hǫskuldr ok Óláfr til búðar Egils; […] Egill fagnar þeim vel […] Óláfr stóð upp ok litaðisk um. Hann sá, hvar kona sat á pallinum í búðinni; sú kona var væn ok stórmannlig ok vel búin; vita þóttisk hann, at þar myndi vera Þorgerðr, dóttir Egils. (c. 23) ‚Óláfr ist auf dem Allthing ganz in Scharlachkleidung gehüllt, die er vom König bekommen hat. Er beabsichtigt, um Þorgerðr Egilsdóttir zu werben. Sie selbst wird als gut gekleidet beschrieben.‘ – Geirmundr var fáskiptinn hversdagla, óþýðr við flesta; en hann var svá búinn jafnan, at hann hafði skarlatskyrtil rauðan ok gráfeld yztan og bjarnskinnshúfu á hǫfði, sverð í hendi; þat var mikit vápn og gott, tannhjǫlt at; ekki var þar borit silfr á, en brandrinn var hvass, ok beið hvergi ryð á. Þetta sverð kallaði hann Fótbít ok lét þat aldregi hendi firr ganga. (c. 29) ‚Die Kleidung des Norwegers Geirmundr gnýr besteht aus einem roten Scharlachrock, einem grauen Pelz und einer Bärenfellmütze. Sein Schwert Fótbitr ist eine gute und starke Waffe jedoch ohne Verzierungen.‘ – Þat er sǫgn flestra manna, at Kjartan hafi þann dag gǫrzk handgenginn Óláfi konungi, er hann var fœrðr ór hvítaváðum. (c. 40) ‚Kjartan wird in Anwesenheit König Óláfr Tryggvasons getauft: Nach dem Ablegen des weißen Taufkleids wird er in das herrscherliche Gefolge aufgenommen.‘ – Kjartan […] tekr […] nú upp skarlatsklæði sín, þau er Óláfr konungr gaf honum at skilnaði, ok bjó sik við skart; hann gyrði sik með sverðinu konungsnaut; hann hafði á hǫfði hjálm gullroðinn ok skjǫld á hlið rauðan, ok dreginn á með gulli krossinn helgi; hann hafði í hendi spjót, ok gullrekinn falrinn á. Allir menn hans váru í litklæðum. Þeir váru alls á þriðja tigi manna. Þeir ríða nú heiman ór Hjarðarholti ok fóru þar til, er þeir kómu til Lauga; var þar mikit fjǫlmenni fyrir. (c. 44) ‚Kjartan trägt Scharlachkleidung, Ge-

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schenke des Königs, und führt einen roten Schild mit goldenem Kreuz sowie einen Speer mit goldgetriebener Tülle mit sich. Seine Gefolgsleute tragen prächtige bunte Kleider. Insgesamt zählen sie ungefähr 30 Mann, als sie zum Gastmahl nach Laugar reiten.‘ – Sveinninn mælti: ‚Þar sat maðr í steindum sǫðli ok í blári kápu; sá var mikill ok drengiligr, vikóttr ok nǫkkut tannberr. […] Þar næst sat maðr í gyldum sǫðli; sá var í skarlatskyrtli rauðum ok hafði gullhring á hendi, ok var knýtt gullhlaði um hǫfuð honum; sá maðr hafði gult hár, ok liðaðisk allt á herðar niðr; hann var ljóslitaðr, ok liðr á nefi, ok nǫkkut hafit upp framan nefit, eygðr allvel, bláeygr ok snareygr ok nǫkkut skoteygr, ennibreiðr ok fullr at vǫngum; hann hafði brúnaskurð á hári, ok hann var vel vaxinn um herðar ok þykkr undir hǫnd; hann hafði allfagra hǫnd ok sterkligan handlegg, ok allt var hans látbragð kurteisligt, ok því orði lýk ek á, at ek hefi engan mann sét jafnvaskligan at ǫllu; hann var ok ungligr maðr, svá at honum var ekki grǫn vaxin; sýndisk mér, sem þrútinn mundi vera af trega. […] Þá sat maðr í smeltum sǫðli; sá var í gulgrœnum kyrtli; hann hafði mikit fingrgull á hendi. Sá maðr var inn fríðasti sýnum ok mun enn vera á ungum aldri, jarpr á hárslit, ok ferr allvel hárit, ok at ǫllu var hann inn kurteisasti maðr. […] Þar næst sat ungr maðr, hann var í blám kyrtli ok í svǫrtum brókum ok gyrðr í brœkr; sá maðr var réttleitr ok hvítr á hárslit ok vel farinn í andliti, grannligr ok kurteisligr. […] Þá sat maðr í skozkum sǫðli, hárr í skeggi ok skolbrúnn mjǫk, svartr á hár ok skrúfhárr ok heldr ósýniligr ok þó garpligr; hann hafði yfir sér fellikápu grá. […] Þá sat maðr í standsǫðli ok hafði ýzta heklu blá ok silfrhring á hendi; sá var búandligr ok heldr af œsku aldri, dǫkkjarpr á hár ok hrǫkk mjǫk; hann hafði ørr í andliti. […] Þá sat þar næst maðr ok horfði út ór hringinum; sá var í spangabrynju ok hafði stálhúfu á hǫfði, ok var barmrinn þverrar handar breiðr; hann hafði øxi ljósa um ǫxl, ok mundi vera alnar fyrir munn; sjá maðr var dǫkklitaðr ok svarteygr ok inn víkingligsti.‘ (c. 63) ‚Helgi befragt seinen Hirten nach dem Aussehen der Männer, die er nahe der Sennhütte beobachtet hatte. Anhand der minutiösen Beschreibungen kann Helgi die Männer des Rachezugs gegen ihn erkennen.‘ – Snorri goði sótti þessa veizlu með Þorkatli, ok hǫfðu þeir nær sex tigu manna, ok var þat lið mjǫk valit, því at flestir allir menn váru í litklæðum. (c. 68) ‚Der Gode Snorri reist zusammen mit Guðrúns zukünftigem Bräutigam Þorkell zum Hochzeitsfest nach Helgafell. Viele ihrer Gefolgsleute tragen farbenprächtige Kleider.‘ – Bolli helt sveit um vetrinn í Þrándheimi, ok var auðkennt, hvar sem hann gekk til skytninga, at menn hans váru betr búnir at klæðum ok vápnum; en annat bœjarfólk; hann skaut ok einn fyrir sveitunga sína alla, þá er þeir sátu í skytningum. (c. 73) ‚Bolli Bollason verbringt den Winter mit seinem Gefolge in Trondheim. Wann immer er zu Trinkgelagen erscheint, fällt auf, dass seine Männer mit Kleidung und Waffen besser ausgerüstet sind, als andere Bewohner der Stadt. Er bezahlt für alle seine Gefolgsleute.‘ – Bolli var svá mikill skartsmaðr, er hann kom út ór fǫr þessi, at hann vildi engi klæði bera nema skarlatsklæði ok pellsklæði, ok ǫll vápn hafði hann gullbúin. Hann var kallaðr Bolli inn prúði. (c. 77) ‚Bolli Bollason wird als prachtliebender Mann bezeichnet, der nur noch erlesene Kleidung aus Scharlach und Seidenstoffen tragen will. Alle seine Waffen sind goldverziert. Er wird deshalb Bolli hinn prúði (‚der Prächtige‘) genannt.‘ – Bolli ríðr frá skipi við tólfta mann; þeir váru allir í skarlatsklæðum

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fylgðarmenn Bolla ok riðu í gyldum sǫðlum; allir váru þeir listuligir menn, en þó bar Bolli af. Hann var í pellsklæðum, er Garðskonungr hafði gefit honum; hann hafði ýzta skarlatskápu rauða; hann var gyrðr Fótbít, ok váru at honum hjǫlt gullbúin ok meðalkaflinn gulli vafiðr; hann hafði gyldan hjálm á hǫfði ok rauðan skjǫld á hlið, ok á dreginn riddari með gulli; hann hafði glaðel í hendi, sem títt er í útlǫndum, ok hvar sem þeir tóku gistingar, þá gáðu konur engis annars en horfa á Bolla ok skart hans ok þeira félaga. (c. 77) ‚Bolli reitet mit 12 Gefolgsleuten vom Schiff. Alle tragen Kleidung aus Scharlach und reiten auf goldenen Sätteln. Bolli ist in ein erlesenes Seidengewand gekleidet, das ihm der oströmische Kaiser geschenkt hat. Sein Mantel ist aus rotem Scharlach. Er führt das Schwert Fótbítr mit sich, dessen Griff samt Knauf und Parierstange mit Gold eingelegt ist. Ein goldener Helm schmückt seinen Kopf. Er führt zudem einen Schild mit sich, auf dem ein Ritter in Gold dargestellt ist. In der Hand hält er einen Speer, der nach ausländischer Mode gefertigt wurde. Überall dort, wo sie Quartier beziehen, bewundern Frauen die Pracht von Bollis Gefolge.‘ Ljósvetninga saga Ok er hestr er búinn, stígr Guðmundr á bak ok ríðr á brótt einn saman ok hafði með sér skikkju þá, er Ingjaldr Austmaðr hafði gefit honum. (c. 5) ‚Guðmundr inn ríki Eyjólfsson hat einen Mantel bei sich, den ihm der Norweger Ingjaldr geschenkt hat.‘ – Ótryggr lagði spjóti til Eyjólfs. En Eyjólfr var í skarlatskyrtli rauðum. Hafði hann drepit upp skautunum, en Ótryggr lagði í felina. (c. 14) ‚Eyjólfr Guðmundarson trägt während des Kampfes mit Ótryggr einen roten Rock aus Scharlach, dessen Zipfel er nach oben gesteckt hat.‘ – Ok er menn höfðu eina nótt á þingi verit, þá sá þeir ferju á firðinum ok tólf menn á. Ok einn var í vargskinnsólpu ok um útan í blári kápu; ok hafði verit hvasst veðr. Þeir váru afburðarmenn á at líta, ok bar þó höfðinginn af öllum. […] Ok er þeir höfðu hlaðit seglinu síðan, leit Skegg-Broddi á liðit. (c. 17) ‚Zur Thingzeit befinden sich auf einem Schiff im Fjord 12 Männer. Einer von ihnen trägt einen Schlechtwetterumhang aus Wolfspelz und darüber einen dunkelblauen Wollmantel. Sie alle scheinen hervorragende Männer zu sein, und doch sticht der Häuptling unter ihnen ganz besonders hervor. Es ist Skegg-Broddi Bjarnason, Gode von Hof.‘ Orms þáttr Stórólfssonar En er Ormr var sofnaðr, sá hann, at kona gekk inn í tjaldit, mikil ok errilig, vel búin ok væn at yfirlitum. […] Ormr þóttisk heilsa henni ok spyrja hana at nafni, en hon kvezk Menglöð heita […] – ‚en við erum systkin ok Brúsi at föður‘. (c. 8) ‚Im Traum erscheint Ormr Menglöð, die Halbschwester des Riesen Brúsi. Sie ist eine große stolze Frau von schönem Äußeren und gut gekleidet.‘ Reykdœla saga ok Víga-Skútu En kvað Steingrím fylgja hesti sínum ok vera í hvítri skyrtu ok hafa hlaðbúna húfu á hǫfði ok kvað hann vera skrautmenni it mesta. (c. 12) ‚Vémundr beschreibt Þorgeirr seinen Widersacher Steingrímr Ǫrnólfsson á Kroppi: Er trage zum Pferdekampf ein

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weißes Hemd und eine mit Borten verzierte Mütze auf dem Kopf, da er sehr auf seine Kleidung achte.‘ – Hann [Skúta] ríðr með vápnum sínum ok sér, er hann reið í dalinn, at maðr ríðr neðan eptir dalnum upp frá Þverá, mikill, í kápu grœnni, ok kennir hann þar Glúm. Þá stígr Skúta af hestinum. Hann hafði vesl yfir sér, tvískipt, svart ok hvítt. (c. 26) ‚Glúmr trägt beim Reiten einen grünen Mantel. Skúta, der ihm nachstellt, trägt einen zweifarbigen Umhang.‘ – Nú spurði Skúta, hverir þar sæti í brekkunni stund frá þeim. En maðrinn kvað þann heita Vestmann, er fyrir þeim var ok í litklæðunum var. (c. 29) ‚Ein Mann namens Vestmaðr trägt bunte Kleider, an denen er leicht zu erkennen ist.‘ Sneglu-Halla þáttr Ok er skipin reru hjá kaupskipinu, þá gekk maðr fram […] í rauðum skarlatsklæðum, ok hafði gullhlað um enni, bæði mikill ok tíguligr. […] Þessi maðr […] var Haraldr konungr Sigurðarson. (c. 2) ‚König Haraldr Sigurðarson trägt Kleidung aus rotem Scharlach und eine Goldborte als Stirnband. Er wird als groß und vornehm aussehend beschrieben.‘ – Haraldr konungr átti brynju þá, er hann kallaði Emmu; hann hafði látit gera hana í Miklagarði. Hon var svá síð, at hon tók niðr á skó Haraldi konungi, þá er hann stóð réttr; var hon öll tvöföld ok svá styrk, at aldri festi járn á. (c. 4) ‚König Haraldr Sigurðarson besitzt eine Brünne namens Emma, die er einst in Byzanz anfertigen ließ; sie ist so lang, dass sie dem König bis auf die Schuhe herabfällt. Ihr Ringgeflecht ist doppelt gearbeitet und so stark, dass kein Eisen durch sie hindurchdringt.‘ Svarfdœla saga En er þeir kómu at þeim, stóð upp maðr á drekanum ok gekk út á borðit; sá var í rauðum skarlatskyrtli ok heklu blá yfir sér, hlaðbúna húfu á hǫfði. Sá kallaði á drekanum og spurði, hverr þar gerði svá gildan atróðr. Þorsteinn sagði til sín, – ‚eða hverr spyrr at?‘ ‚Sjá heitir Ljótr,‘ sagði hann. (c. 5) ‚Der Berserker Ljótr inn bleiki hat einen Scharlachrock und einen blauen Mantel an. Außerdem trägt er eine mit Borten verzierte Mütze auf dem Kopf.‘ Vatnsdœla saga Sjá maðr var harðla mikill, hvítr var hann á hár, ok fell þat á herðar með fǫgrum lokkum. Þorsteini sýndisk maðrinn vera inn fríðasti […] Allt sýndisk Þorsteini athæfi þessa manns merkiligt ok mjǫk hœverskligt […] Þorsteinn sér, at hann liggr þar ok svaf í silkiskyrtu gullsaumaðri. (c. 3) ‚Ein höfisch aussehender, sehr schöner Mann mit weißem, wallendem Haar betritt das Haus. Später schläft er in einem goldverbrämten Seidenhemd.‘ – Ǫllum þótti mikils um Ingimund vert, bæði um háttu hans ok yfirbragð. (c. 7) ‚Die Leute hielten viel von Ingimundr; sowohl von seinem Benehmen als auch von seinem Äußeren.‘ – Þeir [Úlfheðnar] hǫfðu vargstakka fyrir brynjur. (c. 9) ‚Die Úlfheðnar aus dem Heer Haraldr hárfagris tragen über ihren Brünnen einen engen Kittel aus Wolfspelz.‘ – Þau sá einn dag, at tíu menn áðu í enginu, ok var kona eitt; þeir váru allir í litklæðum. Vesl hafði einn yfir sér ok slœður af góðu klæði; […] hann brá sverði ok sneið af neðan, þat er saurugt hafði orðit í reiðinni, ok kastaði á braut, – þat var spanna-

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breitt, – ok mælti svá at þau heyrðu, at hann kvazk eigi vilja reiði eptir sér saur. (c. 31) ‚Die Knechte Þorsteinns frá Hofi beobachten 10 Leute, darunter eine Frau, in farbigen Prachtgewändern, die vor ihrer Hütte ihre Pferde weiden lassen. Einer von ihnen trägt einen Umhang und ein Schleppgewand aus gutem Stoff. Mit seinem Schwert schneidet er eine Spanne breit Stoff von der Schleppe ab und wirft sie weg, da er keinen Schmutz hinter sich herziehen wolle. Þorsteinn hält ihn entweder für töricht bzw. von Bedeutung und eitel. Es handelt sich um Bergr inn rakki, einen Verwandten Finnbogis inn rammi. Er wird als stark und streitbar beschrieben.‘ – [Bergr] var í slœðum ok skinnólpu. (c. 32) ‚Bergr rinn rakki trägt ein Schleppgewand und einen Kurzmantel aus Pelz. Er entpuppt sich als äußerst streitlustig und rachsüchtig.‘ Víga-Glúms saga Þat mark hafði hann til hans, at hann sá mann mikinn ok vegligan í ǫndvegi í skautfeldi blám, ok lék sér at spjóti gullreknu. (c. 6) ‚Glúmr Eyjólfsson sieht in Norwegen einen mächtigen Mann in einem blauen Pelz, der einen goldbeschlagenen Speer besitzt. Er glaubt, seinen Großvater zu erkennen.‘ – Maðr reið upp frá Þverá, mikill ok í kápu grœnni, ok kennir, at þar ríðr Glúmr […] Hann [Skúta] hafði vesl yfir sér tvískipt, svart ok hvítt. […] Skúta […] sér í gljúfrunum, hvar kápuna rak, ok hleypr til ok leggr þegar til. (c. 16) ‚Glúmr reitet in einem grünen Mantel. Skúta, der ihm nachstellt, trägt einen zweifarbigen Umhang. Glúmr wirft seinen Mantel in den Fluss, Skúta sticht danach.‘  – Vigfúss hitti smalamann ok spurði tíðenda […] Hann svarar: ‚Lítit varð mér fyrir at hitta féit; meira var þeim fyrir at finna hrossin í morgin, er ek sá í skóginum, ok stóðu nær hjá þeim sjálfum, ok létu þeir þó vænt yfir sér, ok var annarr í grœnum kyrtli ok hafði skjǫld á hlið.‘ […] Hann kvezk ætla, at Bárðr væri. (c. 19) ‚Bárðr Hallason trägt einen grünen Rock.‘ Þórðar saga hreðu Þenna dag gekk Sigríðr frá Ósi til laugar með lérept sín […] Hon var í rauðum kyrtli ok blá yfirhöfn; var konan bæði fríð ok mikil ok at öllu allvasklig. (c. 3) ‚Sigríðr Þórðarson geht mit ihrem Leinen zu den Quellen. Sie trägt ein rotes Kleid und ein blaues Übergewand. Sie wird als schön, groß und von entschlossener Art beschrieben.‘ Þorleifs þáttr jarlsskálds Síðan sofnar hann [Hallbjörn], ok eptir þat sér hann, at opnask haugrinn, ok gengr þar út maðr mikill vexti ok vél búinn. (c. 8) ‚Der verstorbene Þorleifr erscheint dem Schafhirten Hallbjörn hali im Traum. Er steigt gut gekleidet aus seinem geöffneten Grabhügel.‘ Þórodds þáttr Snorrasonar Þá sá Þóroddr, at þar gekk fram maðr ór öðru húsi, ok hafði hann engan mann sét jafnmikinn; sá maðr hafði skarlatsklæði, búin gullhlöðum, ok var inn vegligsti sýnum. […] Þóroddr heyrði þann inn mikla mann nefndan Arnljót gellina. (c. 4) ‚Arnljótr wird als

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sehr großer Mann beschrieben. Er trägt mit Goldborten verzierte Scharlachkleidung und sieht äußerst prachtvoll aus.‘ Þórsteins þáttr austfirðings Þessi maðr var ungligr ok var í silkihjúp undir brynjunni, fríðr maðr ok þó mjök vígmóðr. Þá mælti Þórsteinn: ‚Hvat heitir maðr þessi, er ek hefi nú lið veitt?‘ Hann svarar: ‚Styrbjörn heiti ek, maðr Magnúss konungs.‘ (c. 1) ‚Þorsteinn steht einem jungen Mann im Kampf bei. Er nennt sich Styrbjörn, trägt ein seidenes Wams unter seiner Brünne und gibt sich als Gefolgsmann des Königs Magnús góði aus.‘ Þorsteins þáttr uxafóts ‚En nú vil ek segja þér draum minn. Mér þótti haugr sjá opnask, ok gekk þar út ór maðr rauðklæddr; hann var mikill maðr vexti ok ekki aðalliga illiligr‘. Hann gekk at Þorsteini og heilsaði upp á hann. Þorsteinn tók honum vel og spurði hann at nafni eða hvar hann ætti heima. Hann lézk Brynjarr heita og eiga heima í haugi þeim ‚er þú sér standa hér í dalnum. En veit ek, hvat þú heitir ok svá hvers kyns at þú ert, ok svá þat, at þú munt mikill maðr verða fyrir þér, eða villtu fara með mér ok sjá hýbýli mín?‘ (c. 6) ‚Þorsteinn begegnet im Traum dem Wiedergänger Brynjarr, der ihn in seinen Grabhügel einlädt. Er ist ein groß gewachsener Mann, der rote Kleidung trägt.‘ Þorvalds þáttr tasalda Bárðr sat í öndvegi; hann var sköllóttr, í skarlatsklæðum, ok helt á hjartskinns glófum. (c. 2) ‚Der edle Heide Bárðr ist glatzköpfig, trägt Kleidung aus Scharlach und hält Handschuhe aus Hirschleder in den Händen.‘ Þorvarðs þáttr krákunefs Þar stendr upp í stafninum maðr vænn og listuligr; sá var í skarlatskyrtli rauðum. Hann spyrr, ef Þorvarðr væri þar. Hann svarar og fagnar vel Eysteini. ‚Eysteinn orri, der Schwager des Königs wird als gut aussehender, prächtiger Mann beschrieben, der einen Rock aus rotem Scharlach trägt.‘ Ögmundar þáttr dytts Ögmundr tók yfir sik feld hálfskiptan ok hlöðum búinn um handveginn; var þat ágætr gripr. (c. 3) ‚Ögmundr schlüpft in einen zweifarbigen Schaffellmantel, der entlang der Längssäume mit Borten verziert ist und eine erlesene Kostbarkeit darstellt.‘ – Þá gekk maðr ofan ór bœnum; sá var í heklu; hon var gör af skarlati ok saumuð öll brögðum. Heklumaðrinn gekk ofan á bryggjurnar ok spurði, hverr fyrir bátinum réði. Ögmundr sagði til sín: Bœjarmaðrinn mælti: ‚Ertu Ögmundr dyttr?‘ […] ‚Ek heiti Gunnarr helmingr; en því em ek svá kallaðr, at mér þykkir gaman at hafa hálflit klæði‘. (c. 3) ‚Gunnarr helmingr trägt einen gemusterten Kapuzenmantel aus Scharlach. Seinen Beinamen hat er aufgrund seiner Vorliebe für zweifarbige Kleidung.‘

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8.1.2 Kleidergaben Auðunar þáttr vestfirzka Þá lét konungr gera honum laug ok gaf honum síðan klæði, ok er hann nú með honum. (c. 2) ‚Der dänische König lässt dem von einer Pilgerreise in Armut und Elend zurückgekehrten Auðun am Ostersonntag ein Bad bereiten und gibt ihm Kleidung. Auðun bleibt zunächst am Königshof.‘ Bjarnar saga Hítdœlakappa Þórðr orti drápu um Óláf konung; síðan fór hann ok fœrði sjálfr ok þá af konungi gullhring ok pellskyrtil hlaðbúinn ok sverð gott. (c. 7) ‚Bjǫrns Widersacher Þórðr Kolbeinsson bekommt von Óláfr helgi Haraldsson u.a. einen bortenverbrämten Seidenrock als Dichterlohn.‘ – Bjǫrn skyldi hafa guðvefjarkyrtil ok hring fyrir þann, er Þórðr tók með Oddnýju. (c. 8) ‚Bjǫrn erhält vom König im Zuge eines Schiedsspruches einen kostbaren Rock aus Baumwolle und einen Ring.‘ – Konungr ok hans menn fóru í laugina, ok lǫgðu menn klæði sín á vǫllinn, en tjaldat var yfir laugina. En þat var mǫnnum þá títt, at hafa reimar, því líkar sem lindar væri, ok var því vafit frá skó ok til knés, ok hǫfðu þat jafnan helztu menn ok tignir; ok þat sama hafði konungr ok Bjǫrn. Ok er Bjǫrn gekk til klæða sinna fyrr en aðrir menn, ok váru fǫt Bjarnar hjá klæðum konungs, ok varð Birni eigi at hugat, fyrr en menn váru klæddir, at Bjǫrn hafði skipt um reimarnar við konung, ok sagði honum þegar til vanhyggju sinnar; en konungr skipaði kyrrt vera ok kvað þá eigi verri, er hann hafði. Bjǫrn hafði ávallt þessa reim um fót sinn, á meðan hann lifði, ok með henni var hann niðr grafinn. Ok þá miklu síðar, er bein hans váru upp tekin ok fœrð til annarrar kirkju, þá var sú in sama ræma ófúin um fótlegg Bjarnar, en allt var annat fúit, ok er þat nú messufatalindi í Gǫrðum á Akranesi. (c. 9) ‚Bjǫrn vertauscht nach dem Baden die eigene Wadenbindengarnitur mit derjenigen des Königs. Als er sich bei diesem dafür entschuldigen will, schenkt der König ihm den vertauschten Wadenriemen. Bjǫrn trägt nun stets diesen Riemen des Königs und wird sogar damit begraben. Als seine Gebeine später ausgegraben werden ist dieser eine Riemen unverfault geblieben. Er dient fortan als Gürtel eines Messgewandes in Akranes.‘ – Þat er sagt, þá er Bjǫrn var búinn á brott ór vistinni, þá gaf hann Oddnýju skikkjuna Þórðarnaut, ok mælti hvárt þeira vel fyrir ǫðru. (c. 14) ‚Bjǫrn gibt Oddný den Mantel zurück, den ihm Þórðr einst geschenkt haben soll.‘ – Þorfinnu gaf Bjǫrn gullhring ok guðvefjarkyrtil, er Óláfr konungr hafði gefit Þórði Kolbeinssyni, ok hann gerði til handa Birni eptir rán í Brenneyjum. (c. 29) ‚Þorfinna Vermundardóttir bekommt von Bjǫrn ein kostbares baumwollenes Übergewand, das er seinem Kontrahenten Þórðr abgenommen hatte.‘ Brands þáttr örva Brandr […] lét falla af sér skikkjuna, ok tekr Þjóðólfr henni upp ok fœrir konungi […] Ferr Þjóðólfr nú til fundar við Brand ok segir, at konungr vill þiggja øxina. Hann rétti frá sér öxina ok mælti ekki. […] Þjóðólfr fœrir konungi øxina […] Ferr [Þjóðólfr] enn ok kemr

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í loptit ok segir, at konungr vill þiggja kyrtilinn. Brandr […] steypir af sér kyrtlinum ok mælti ekki. Hann sprettir af erminni annarri ok kastar braut síðann kyrtlinum, en hefir eptir ermina aðra. ‚Auf Verlangen des Königs verschenkt Brandr seinen Mantel aus Scharlach, die goldbeschlagene Axt und seinen Scharlachrock. Von letzterem trennt er einen Ärmel ab.‘ Brennu-Njáls saga ‚Hér eru ok tignarklæði, er hon sendi þér, Hrútr, ok skalt þú í þeim ganga fyrir konunginn.‘ (c. 3) ‚Hrútr Herjólfsson bekommt von Königin Gunnhildr Ǫzurardóttir höfische Kleidung geschickt, bevor er vor den König tritt.‘ – Hrútr gaf henni hundrað álna hafnarváðar ok tólf vararfeldi. (c. 3) ‚Hrútr schenkt Gunnhildr 100 Ellen dickes Lodentuch und zwölf Mantelpelze.‘ – Þá mælti Hrútr til Ósvífrs: ‚Ek vil gefa þér skikkju góða, er ek hafða út.‘ (c. 12) ‚Hrútr schenkt Ósvífr einen guten ausländischen Mantel als Dreingabe zur Sohnesbuße.‘ – Konungr gaf honum tignarklæði sín ok glófa gullfjallaða ok skarband, ok gullknútar á, ok hatt gerzkan. (c. 31) ‚Der dänische König schenkt Gunnarr sein Königsgewand und dazu goldbestickte Handschuhe, ein Stirnband mit eingewirkten Goldknoten und einen russischen Hut.‘ – En at skilnaði mælti Óláfr: ‚Ek vil gefa þér þrjá gripi: gullhring ok skikkju, er átt hefir Myrkjartan Írakonungr.‘ (c. 70) ‚Óláfr pá Hǫskuldsson schenkt Gunnarr den Mantel des Irenkönigs Mýrkjartan.‘ – Jarl gerði þá veizlu mikla, ok at þeiri veizlu gaf jarl […] Helga gullhring ok skikkju. (c. 86) ‚Sigurðr jarl Hlǫðvisson schenkt Helgi Njálsson Ring und Mantel.‘ – Hǫskuldr bjósk heim […] en Flosi gaf honum skarlatsskikkju, ok váru á hlǫð í skaut ofan. (c. 109) ‚Flosi Þórðarson Freysgoða schenkt Hǫskuldr, dem Ziehsohn Njálls, einen Scharlachmantel, der bis zum unteren Rand mit Borten besetzt ist.‘ – En áðr þeir skilðusk, gaf Þorgeirr Halli gullhring ok skarlatsskikkju. (c.147) ‚Hallr bekommt zur Absicherung eines Vergleichs von Þorgeirr einen Scharlachmantel und einen Goldring.‘ Droplaugarsona saga En er þau váru í brottu, spratt Þorgrímr upp ok tók rekkjuvaðmál sitt ok vafði at sér, þvi at fǫt váru engi. Hann rann til Hofs. […] Þórarinn segir: ‚Gefa vil ek þér fyrst klæði, þvi at þat er þér nú mest nauðsyn.‘ (c. 9) ‚Þorgrímr skinnhúfa í Miðbæ begibt sich nur mit einem Bettlaken bekleidet zu Þórarinn moldoxi á Hofi. Dieser schenkt ihm Kleidung (nachdem seine Frau Rannveig brestingr Þorgrímrs Kleidung in der Jauchegrube versenkt hatte).‘ Egils saga Skalla-Grímssonar Þá bar Þórólfr fram bjórskinn nǫkkur ok safala, sagði, at þat vill hann gefa konungi. (c. 16) Þórólfr Skalla-Grímsson schenkt König Haraldr hárfagri Biber- und Zobelfelle.‘ – [Arinbjǫrn] gaf Agli at jólagjǫf slœður, gǫrvar af silki ok gullsaumaðar mjǫk, settar fyrir allt gullknǫppum í gegnum niðr; Arinbjǫrn hafði látit gera klæði þat við vǫxt Egils. Arinbjǫrn gaf Agli alklæðnað, nýskorinn, at jólum; váru þar skorin í ensk klæði með mǫrgum litum. (c. 67) ‚Egill erhält als Julgeschenk von Arinbjǫrn ein Schleppgewand

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aus Seide mit eingewebten Goldfäden und goldenen Knöpfen auf der Vorderseite. Zusätzlich erhält er ein neues Gewand mit allen dazu gehörigen Stücken, in vielen Farben, in englischer Art geschnitten.‘ – At skilnaði gaf Egill Álfi loðólpu; Álfr tók þakksamliga við gjǫfinni (c. 74) ‚Egill schenkt Álfr inn auðgi einen Umhang aus Loden. Álfr nimmt das Geschenk dankbar an.‘ Eiríks saga rauða Leifr gaf henni fingrgull ok vaðmálsmǫttul grœnlenzkan ok tannbelti. (c. 5) ‚Leifr Eiríksson schenkt seiner Geliebten Þórgunna u.a. einen Mantel aus grönländischem Fries und einen Elfenbeingürtel zum Abschied.‘ Eyrbyggja saga ‚Af óskiptri minni eigu skal Þuríðr hafa skarlatsskikkju þá, er ek á.‘ (c. 51) ‚Þórgunna verfügt vor ihrem Tod, dass Þúriðr Barkardóttir ihren Scharlachmantel erhalten soll.‘ Finnboga saga Ingibjörg fór til tals við dóttur sína ok frétti, ef hon vildi fara með þessum manni. Hon bað hana ráða. Síðan bjó hon hana sem hún kunni bezt ok bar á hana gull ok silfr ok alla ina beztu gripi, þá er hon átti til. Ok er þau váru búin, fylgir Ingibjörg þeim til skips; tók Finnbogi Ragnhildi í fang sér ok bar hana út á skútuna. (c. 14) ‚Álfrs Tochter Ragnhildr wird mit dem besten Schmuck ausgestattet, bevor sie Finnbogi verheiratet wird.‘ – Jarl gaf honum gullhring þann, er stóð mörk, ok skikkju, inn bezta grip, ok væri þat tignum manni sæmilig gjöf at þiggja. (c. 18) ‚Finnbogi bekommt von Hákon Sigurðarson Hlaðajarl u.a. einen äußerst kostbaren Mantel geschenkt.‘ – Þar var ágæt veizla; ok eptir veizluna gaf Þorgeir stórmannligar gjafir […] Ragnhildi gaf hann gullhring, er stóð mörk, belti og skikkju góða, ina beztu gripi. (c. 23) ‚Ragnhildr bekommt von Þorgeirr auf einem Fest einen guten Mantel und einen Gürtel geschenkt.‘ – En með því at Finnbogi vissi, at hon [Dalla] var rík mjök ok stórauðig, ok þat annat, at hon hafði sárt af beðit ok mikit af hlotit þeira fundi, þá lætr hann þetta eptir hennar bæn, fær henni í hendr Gunnbjörn, son sinn […] Hann fekk henni ok í hendr fimmtán hundruð mórend og fimmtán vararfeldi […] Skar hon Gunnbirni þegar skrúðklæði ok skarlat. (c. 35) ‚Finnbogi übergibt Dalla seinen Sohn Gunnbjörn zur Pflege; gleichzeitig schenkt er ihr 15 Hunderte braun gestreiftes Wollzeug und 15 Schaffellmäntel. Sie schneidert ihrem Ziehsohn Prachtgewänder aus Scharlach.‘ Fljótsdœla saga Gróa gaf honum fingrgull ok seilamöttul ok mælti til fullkominnar vináttu við Bersa. (c.  13) ‚Gróa Þiðrandadóttir schenkt Bersi einen Goldring und einen Schnurmantel (ein Mantel, der durch Schnürung vor der Brust verschlossen wird).‘

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Flóamanna saga Þá mælti Auðun: ‚Sverð ok kyrtil vil ek gefa þér.‘ (c. 13) ‚Auðun Gyðuson schenkt Þorgils Þórðarson einen Rock und ein Schwert.‘ – Þorgils gaf Þorsteini kyrtilinn Auðunarnaut; hann var af nýju skarlati. (c. 15) ‚Þorgils schenkt seinem Freund Þorsteinn inn hvíti seinen Rock aus neuem Scharlach.‘ Gísla saga Súrssonar En eptir um morguninn lét Vésteinn bera að sér tǫskur tvær, er varningr var í […] Hann tók þar ór refil sextøgan at lengð ok hǫfuðdúk tuttugu álna langan ok ofit í glit af gulli í þrim stǫðum ok mundlaugar þrjár, fáðar með gulli. Þetta bar hann fram og gaf systur sinni, Gísla ok Þorkatli, svarabróður sínum, ef hann vildi þiggja. (c. 12) ‚Vésteinn überreicht Gísli und Þorkell Súrsson wertvolle Geschenke: einen 60 Klafter langen Wandteppich, ein 20 Ellen langes Kopftuch mit drei eingewebten Brokatstreifen und dazu drei mit Gold verzierte Waschbecken.‘ – ‚Fá mér nú þrjú hundruð vaðmála ok huggask svá, at ek mun sjaldan krefja þik héðan frá liðs.‘ Þorkell gerir svá, fær honum vǫru ok silfr nǫkkut. (c. 23) ‚Gísli bekommt von seinem Bruder Þorkell 300 Ellen Tuch und etwas Silber.‘ – Hann [Þorkell] […] fær honum […] hundrað vaðmála. (c. 24), Gísli bekommt nochmals 100 Ellen Tuch.ʻ Grettis saga Ásmundarsonar Grettir fór með Þorfinni norðr aptr ok var með honum, þar til er hann kom í skip með kaupmǫnnum, þeim er út ætluðu til Íslands, ok gaf honum mǫrg góð þing í klæðum ok sǫðul steindan ok bitul með. (c. 24) ‚Grettir bekommt von Þorfinnr viele gute Kleidungsstücke und kostbare Reitausrüstung.‘ – Þórhallr […] gaf honum góðan hest ok klæði sœmilig. (c. 35) ‚Þorhallr Grímsson schenkt Grettir Kleidung und ein gutes Pferd.‘ Gunnlaugs saga ormstungu Konungr þakkaði honum kvæðit ok gaf honum at bragarlaunum skarlatsskikkju skinndregna inum beztum skinnum ok hlaðbúna í skaut niðr ok gerði hann hirðmann sinn, ok var Gunnlaugr með konungi um vetrinn ok virðisk vel. (c. 7) ‚König Aðalráðr Játgeirsson von England schenkt Gunnlaugr einen mit Pelz besetzten Scharlachmantel dessen Säume mit Borten verziert sind. Er macht den jungen Isländer zu seinem Gefolgsmann.‘ – Konungr gaf honum klæði sín af nýju skarlati, kyrtil hlaðbúinn ok skikkju með ágætum skinnum ok gullhring, er stóð mǫrk. (c. 8) ‚Gunnlaugr erhält vom irischen König als Dichterlohn dessen Kleidung aus neuem Scharlach, einen mit Borten verbrämten Rock, einen Mantel mit wertvollem Pelzbesatz und einen Goldring im Wert einer Mark.‘ – Ok þá gaf Gunnlaugr Helgu skikkjuna Aðalráðsnaut, ok var þat gersemi sem mest. (c. 11) ‚Gunnlaugr schenkt Helga Þorsteinsdóttir den Prachtmantel, den er vom englischen König bekommen hat.‘

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Hallfreðar saga vandræðaskálds Hallfreðr kvað kvæðit, ok var þat drápa, ok flutti vel ok skǫruliga. Jarl þakkaði honum ok gaf honum øxi mikla silfrrekna ok góð klæði ok bauð honum með sér at vera um vetrinn, ok þá Hallfreðr þat. (c. 5) ‚Hallfreðr Óttarsson bekommt von Hákon jarl inn ríki Sigurðarson als Skaldenlohn ein kostbares Gewand.‘ – Konungr sagði […] ‚þessa gripi skaltu þiggja af mér: pellsskikkju, hring ok hjálm, því at óvíst er um fundi okkra; lóga eigi gripunum.‘ (c. 9) ‚Hallfreðr bekommt von König Óláfr Tryggvason einen Mantel aus Brokatseide und andere Kostbarkeiten geschenkt.‘ – Hallfreðr vildi gefa Kolfinnu skikkjuna Konungsnaut, en hon vildi eigi þiggja. (c. 9) ‚Hallfreðr möchte Kolfinna den Königsmantel schenken, sie lehnt aber ab.‘ Heiðarvíga saga Vermundr hitti á, þar hann sat um vetrinn; brátt kom hann sér í vingun við jarlinn ok gaf honum gráfeldi ok skinnavǫru, sem hann hafði með sér fœrt; þar var hann um vetrinn með jarli í góðri vináttu. (c. 3) ‚Vermundr inn mjóvi Þorgrímsson schenkt dem Jarl Hákon inn ríki Sigurðarson Pelzmäntel und andere Pelzwaren.‘ Hrafnkels saga Freysgoða Fær hann mest til reiðar með sér einhleypinga ok þá, er hann hafði saman kvatt. Ferr Sámr ok fær þessum mǫnnum vápn ok klæði ok vistir. (c. 3) ‚Sámr Bjarnason stattet seine Gefolgsleute mit Waffen, Proviant und Kleidung aus, da sie lediglich junge Männer ohne festen Wohnsitz sind.‘ Hrafns þáttr Hrútfirðings Fengu þær honum bæði klæði ok vist. (c. 3) ‚Frau und Tochter des erschlagenen Ketill statten Hrafn mit Kleidung und Lebensmitteln aus.‘ Ísleifs þáttr byskups Þá var með Óláfi konungi Brandr inn örvi. Konungr virði hann mikils, ok á einni hátíð mælti konungr: ‚Brandr, þigg at mér skikkju þessa‘; þat var skarlats mötull, ok undir grá skinn. […] Ísleifr var þá prestr ok félítill, er hann kom sunnan ór löndum. Þá mælti Brandr: ‚Þú skalt þiggja at mér skikkju þessa, er konungrinn gaf mér‘. ‚König Óláfr Haraldsson schenkt Brandr inn örvi an einem Feiertag einen mit grauem Eichhörnchenpelz gefütterten Scharlachmantel. Brandr schenkt ihn dem mittellosen Priester Ísleifr.‘ – Ok einn hátíðardag, er Brandr var at konungsborði, þá mælti konungr ok leit til hans: ‚Hví skal nu eigi hafa skikkjuna, Brandr, er ek gaf þér?‘ Hann svarar: ‚Herra, gefit hefk hana presti einum‘. Konungr mælti: ‚Sjá vilda ek prestinn ok vita, hver várkunn mér þykkir á, er þú lógaðir svá skjótt konungsgjöfinni‘. […] Konungr leit til [Ísleifs] ok mælti: ‚Hinn veg munu vit nú breyta, Brandr, því at nú vil ek gefa honum skikkjuna, ok kalli hann til mín, prestinn‘. […] Síðan kom Ísleifr fyrir konung ok kvaddi hann. Konungr tók vel kveðju hans ok mælti: ‚Skikkju þá, prestr, er Brandr gaf þér, hana vil ek gefa þér ok mun ek gjalda Brandi verð fyrir, því at svá lízk mér á þik, at ek vil fela mik undir bœnum

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þínum‘. ‚Der König möchte von seinem Gefolgsmann wissen, weshalb er den Mantel nicht trage. Brandr erklärt, dass er ihn einem Priester geschenkt habe, woraufhin Óláfr Haraldsson jenen Priester sehen will. Als der König Ísleifr erblickt, möchte er ihm den Mantel selbst schenken und bittet den Priester außerdem darum, ihn in seine Gebete einzuschließen.‘ Íslendings þáttr sögufróða Þá sagði konungr, at hann mun taka við honum, en hann skal þess skyldr at skemmta ávallt er vildi, hvergi sem hann bæði. Ok svá gerir hann ok er vinsæll við hirðina, ok gefa þeir honum klæði. ‚Um am Hofe des Königs verweilen zu können, muss ein sagakundiger Isländer das Gefolge gut unterhalten. Bald ist er bei den Gefolgsleuten sehr beliebt und bekommt von ihnen Kleidung geschenkt.‘ Kjalnesinga saga [Fríðr] bar þá at honum ágæt klæði ok mælti: ‚Nú skaltu halda þér upp vel, er þú gengr fyrir föður minn.‘ […] Maðr sat í öndugi á inum æðra bekk, mikill ok fríðr; hann hafði skegg mikit ok hvítt af hæru; þessi maðr var vel búinn, ok allr sýndist Búa hann öldurmannligr. (c. 14) ‚Búi bekommt von der Riesentochter gute Kleidung, um angemessen vor ihren Vater treten zu können, der seinerseits ebenfalls eine eindrucksvolle, fürstliche Erscheinung und gut gekleidet ist.‘ Laxdœla saga Haraldr konungr gaf Óláfi at jólum ǫll klæði skorin af skarlati. (c. 22) ‚König Haraldr schenkt Óláfr pái zum Julfest eine vollständige Garnitur Kleidung aus Scharlach.‘ – Kjartan svarar engu ok snýr þegar í brott skikkjulauss; hann var í skarlatskyrtli rauðum. […] Þá tekr konungr af herðum sér skikkju góða ok gaf Kjartani; kvað hann eigi skikkjulausan skyldu ganga til sinna manna. (c. 40) ‚König Óláfr Tryggvason nimmt seinen guten Mantel von den Schultern und schenkt ihn Kjartan. Kjartan selbst trägt einen Scharlachrock.‘ – Konungr gaf Kjartani ǫll klæði nýskorin af skarlati; sǫmðu honum þau, því at þat sǫgðu menn, at þeir hafi jafnmiklir menn verit, þá er þeir gengu undir mál, Óláfr konungr ok Kjartan. (c. 41) ‚Der König schenkt Kjartan eine Garnitur Kleidung aus neuem Scharlach. Es wird gesagt, dass Kjartan und Óláfr gleich groß gewesen seien.‘ – Í þessu bili tekr Ingibjǫrg til mjǫðdrekku, er stendr hjá henni; hon tekr þar ór motr hvítan, gullofinn, ok gefr Kjartani ok kvað Guðrúnu Ósvífrsdóttur hølzti gott at vefja honum at hǫfði sér, – ‚ok muntu henni gefa motrinn at bekkjargjǫf; vil ek, at þær Íslendinga konur sjái þat, at sú kona er eigi þrælaættar, er þú hefir tal átt við í Nóregi.‘ Þar var guðvefjarpoki um útan; var þat inn ágætasti gripr. (c. 43) ‚Ingibjǫrg Tryggvadóttir, die Schwester des Königs, übergibt Kjartan als Brautgabe für Guðrún Ósvífrsdóttir ein weißes, golddurchwirktes Kopftuch. Es wird in einem ebenfalls kostbaren Beutel aus Baumwolle aufbewahrt und als wertvolle Kostbarkeit beschrieben.‘ – Kjartan gaf Hrefnu at línfé motrinn, ok var sú gjǫf allfræg, því at engi var þar svá vitr eða stórauðigr, at slíka gersemi hefði sét eða átta; en þat er hygginna manna frásǫgn, at átta aurum

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gulls væri ofit í motrinn. (c. 45) ‚Kjartan heiratet Hrefna Ásgeirsdóttir oeðikolls, die als seine Braut den Kopfschmuck erhält. Das Tuch wird als äußerst wertvoll beschrieben. Niemand habe einen ähnlichen Gegenstand je gesehen oder besessen. Acht Unzen Gold seien in den Stoff eingewebt worden.‘ – Konungr gaf Gelli at jólum skikkju, ok var þat in mesta gersemi ok ágætr gripr. (c. 74) ‚Gellir, der Sohn Þorkell Eyjólfssons gráa bekommt von Óláfr inn helgi einen kostbaren Mantel als Geschenk.‘ Ljósvetninga saga [Hákon Hlaðajarl] sendi út hatt girzkan ok taparøxi þeim Guðmundi ok Þorgeiri góða til trausts. (c. 2) ‚Hákon Hlaðajarl Sigurðarson sendet Guðmundr inn ríki Eyjólfsson einen russischen Hut.‘ – Guðmundr […] tekr nú skikkjuna ok sýnir honum ok mælti: ‚Þat vil ek, at þú hafir hana at gjöf af mér.‘ Einarr mælti: ‚Þetta er góðr gripr, ok at vísu vil ek þiggja.‘ ‚Þat vilda ek, segir Guðmundr, at vit byndim þetta með fastmælum með okkr, at nú gerðu vit af nýju okkarn félagsskap.‘ (c. 6) ‚Guðmundr bietet seinem Bruder Einarr einen guten Mantel zum Geschenk an, wenn er daraufhin verspricht, sich mit ihm besser zu verstehen. Der Mantel wird somit zum Gegenstand einer Art Schwurbrüderschaft. Später wirft ihm Einarr das Kleidungsstück wütend vor die Füße, woraufhin Kälte zwischen den Brüdern herrscht.‘ Mána þáttr Íslendings Konungr mælti: ‚Vel er kveðit, Tungli‘. En skyrtur margar lágu í hrúgu, er þvegnar höfðu verit, ok mælti konungr, at hann skyldi hafa eina. ‚König Magnús Erlingsson bietet dem Isländer Máni ein gewaschenes Hemd als Skaldenlohn an.‘ Reykdœla saga ok Víga-Skútu Ok nú vill Áskell gefa Steingrími þrjá gripi, sverð ok skikkju ok gullhring, ok váru þat miklar gersemar, en hann vildi engan þiggja. (c. 12) ‚Mantel, Ring und Schwert werden zum Vergleich für eine Schmähung geboten, aber abgelehnt.‘ Sighvats þáttr skálds Ok einhverju sinni bar svá til förum þeira Óláfs konungs, at þeir höfðu farit um Dofrafjall, en þat var um vetr; gerði kuldaveðr; konungr reið, en flestallt liðit gekk. Sighvatr skáld var þá með konungi ok gekk nær honum. Sighvatr þóttisk sjá, at konungr gerði kalt, ok mælti: […] ‚Þat vilda ek nú, herra […] at þér fœrið í kápu mína‘. Konungr gerði svá ok gekk um hríð. Ok er Sighvatr vissi, at konungr gerði heitt, þá mælti hann: ‚Nú tekr mik at kala, ok vil ek nú gjarna ganga, en ek vilda, at þér riðið ok reiddið lóðkápuna, því at ek komumk hvergi, ef ek geng í henni‘. Konungr kvað svá vera skyldu sem hann vildi, ok reið hann í loðkápunni um daginn. (c. 6) ‚Sighvatr gibt dem frierenden König Óláfr inn helgi während einer Winterreise seinen Mantel.‘

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Svarfdœla saga Ok nú færir hon Þorstein af klæðum, vararváðarstakki ok hǫkulbrókum, þeim er hann var vanr [í] at vera […] kom Þórólfr nú með klæði ok bað hann í fara; […] Eptir þat tók Þórólfur af sér seilamǫttul, – þat var skarlatsmǫttull ok undir gráskinn, – ok lagði yfir Þorstein; en er hann stóð upp, tók hann honum eigi meir en á bróklinda. Tók hann þá af sér skikkjuna ok bað hann […] fá sér aðra yfirhǫfn, þó at hon væri eigi jafngóð. Þórólfr fekk [honum] þá eina loðkápu ok bað hann í fara; hann steypir yfir sik kápunni, ok var hon hvárki síð né of stutt. Þá tók Þórólfr af sér sverð ok gaf honum; þat var góðr gripr ok vel búit. […] Seldi hann þá Þórólfi aptr sverðit ok bað hann fá sér annat vápn sterkara […] En um morguninn gengu þeir bræðr til vápnakistu Þórólfs, ok fann Þorsteinn þar bolǫxi, þá er honum þótti við sitt skap vera, ok færir hana á breiðǫxarskapt, gekk síðan til lækjar ok hvatti hana. Þessa ǫxi bar hann síðan at vápni. (c. 2) ‚Þórólfr Þorgnýsson schenkt seinem Bruder Þorsteinn seinen mit Pelz gefütterten Scharlachmantel, der mit zwei Bändern, möglicherweise Tasselschnüren, verschlossen werden kann. Der Mantel ist Þorsteinn aber zu kurz und er bittet seinen Bruder, ihm einen anderen zu geben. Er erhält einen Lodenmantel, der ihm passt. Auch das geschenkte Schwert ist unpassend; er nimmt eine Holzaxt, die er auf den Schaft einer Streitaxt setzt.‘ – Gríss mælti: ‚Nafn mun ek gefa þér, Klaufi, ok kalla þik bǫggvi, ok skaltu hafa glófa at nafnfesti.‘ (c. 13) ‚Klaufi Snækollsson erhält von Gríss den Beinamen ‚bǫggvir‘. Dies wird durch Schenken eines Handschuhs bekräftigt.‘ Vatnsdœla saga Hann gerðisk handgenginn jarli, ok hann gaf honum øxi gullrekna ok góð klæði ok kvazk vera skyldu vinr hans […] Nereiði sendi hann allan kvenbúnað góðan fyrir frændsemi. (c. 43) ‚Þorkell krafla tritt in die Dienste des Jarls von Orkney. Er bekommt bei seiner Abreise eine goldbeschlagene Axt und gute Kleider. Der Jarl sendet Þorkells Mutter Nereiðr um ihrer guten Verwandtschaft willen ein vollständiges, gutes Frauengewand.‘ Víga-Glúms saga [Hreiðarr] tók ór sínum hirzlum svá góðan skálabúnað ok gaf Ingjaldi sem engi hafði betri áðr komit hegat til Íslands. (c. 1) ‚Ingjaldr Helgason bekommt vom Kaufmann Hreiðarr kostbare Wandteppiche geschenkt.‘ – [Vigfúss] mælti: ‚Svá segir mér hugr um, at vit sjáimsk eigi síðan, en einkagripi vil ek þér gefa, feld ok spjót ok sverð, er vér hǫfum mikinn trúnað á haft, frændr; ok meðan þú átt gripina, vænti ek, at þú týnir eigi virðingu, en þá em ek hræddr um, ef þú lógar þeim.‘ (c. 6) ‚Glúmr bekommt von Vigfúss Sigurðarson kostbare Geschenke, darunter einen Mantel. Wenn er diese weggibt, verlässt ihn sein Glück.‘ – ‚Hér eru þó tjǫld, er ek hefi keypt til handa þér; þau skaltu þiggja, ok hér er einn kyrtill.‘ (c. 15) ‚Ingólfr Þorvaldsson schenkt Glúmr kostbare Teppiche und einen Rock.‘ – Þeir Gizurr ok Ásgrímr váru nǫkkurar nætr at Þverá; ok at skilnaði gaf Glúmr Gizuri feldinn blá. (c. 25) ‚Gizurr inn hvíti Teitsson bekommt von Glúmr den blauen Mantel, den ihm sein Großvater einst geschenkt hatte.‘

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Þórsteins þáttr austfirðings Síðan stóð konungr ór sæti sínu; hann gekk út ok var í skikkju dýrligri ok mælti: ‚Vertu vel kominn, Íslendingr, ok tak yfir þik skikkju þessa ok gakk inn; skal þér búa laug, ok ver vel kominn með hirðinni, ok engi skal svá djarfr, at þér geri nökkut mein.‘ (c. 2) ‚König Magnús heißt Þórsteinn bei Hofe willkommen. Er schenkt ihm einen kostbaren Mantel, den er zuvor selbst getragen hat.‘ Þorvalds þáttr víðförla Hafði [Þórdís] Þorvald heim með sér til Spákonufells; var hann með henni um hríð vel haldinn at klæðum ok öðrum hlutum, þeim er hann þurfti, ok þroskaðisk mikit. (c. 1) ‚Þorvaldr wächst eine Zeit lang bei der Seherin Þórdís auf. Er wird gut mit Kleidung und anderen notwendigen Dingen ausgestattet und entwickelt sich prächtig.‘ Þorvarðs þáttr krákunefs Ok of daginn er þau drukku ok váru kátir, þá mælti hann Eysteinn: ‚Fyrir þat er þú fórt með mér frá skipi þínu búnu ok sóttir hingat heimili, þigg at mér kyrtil þenna‘. Hann var allr hlöðum búinn ok skorinn af nýju skarlati. ‚Eysteinn orri schenkt Þorvarðr zum Dank einen ganz mit Borten verzierten Rock aus neuem Scharlach.‘ – Þá lætr Eysteinn bera fram skikkju; þat váru algrá skinn ok vönduð sem mest ok skarlatsmöttull yfir. Þá mælti Eysteinn: ‚Þessa skikkju skaltu þiggja, ok er nú launat seglit, því at þannig mun skikkjan bera sik með vel flestum öðrum, sem seglit berr af vel flestum seglum‘. ‚Þorvarðr erhält von Eysteinn orri, dem Schwager des Königs Haraldr harðráði, als Lohn für ein prächtiges Segel einen mit großer Sorgfalt gearbeiteten Mantel mit Futter aus Eichhörnchenpelz. Das Obermaterial des Mantels besteht aus Scharlach.‘ Ögmundar þáttr dytts Ok engi blót vill hann þiggja ok engar fórnir eða offr, útan gull ok silfr, klæði góð eða aðrar gersemar. (c. 6) ‚Der als Freyr verkleidete Gunnarr helmingr weigert sich, blutige Opfergaben entgegenzunehmen. Stattdessen bevorzugt er Gold, Silber und gute Kleidung.‘

8.1.3 Kleidung und soziales Stigma 8.1.3.1 Unterschichtkleidung Brennu-Njáls saga ‚Skalt þú hafa váskufl yztan klæða ok undir sǫluváðarkyrtil mórendan; þar skalt þú hafa undir in góðu klæði þín ok taparøxi í hendi […] Fǫrunautar þínir skulu segja, at þar sé Kaupa-Heðinn inn mikli.‘ (c. 22) ‚Njáll empfiehlt Gunnarr Hámundarson, sich als Kaupa-Heðinn, ein fahrender Händler, zu verkleiden: Als Überbekleidung soll er einen Regenumhang tragen, darunter einen Lodenrock aus braun gestreiftem Stoff,

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darunter erst seine eigenen, guten Kleider. Auch eine kleine Handaxt solle er mit sich führen.‘ – [Melkólfr] var írskr ok heldr óvinsæll […] Otkell var vel til hans ok gaf honum kníf ok belti ok alklæðnað, en þrælinn vann allt þat, er hann vildi […] En þegar er Otkell átti þrælinn, þá vann hann allt verr. (c. 47) ‚Otkell Skarfsson schenkt dem Sklaven Melkólfr eine vollständige Garnitur Kleidung. Er kauft den Sklaven, hat aber wenig Freude an ihm. Melkólfr wird als unbeliebt und faul beschrieben, seitdem er sich bei Otkell aufhält. Gunnarr að Hlíðarenda wird dazu genötigt, den Sklaven zu kaufen. In c. 48 wird dieser zum Diebstahl angestiftet, woraus sich ein Konflikt erwächst, der Gunnarr schließlich das Leben kostet.‘ – Þá slitnar skóþvengr hans, ok tekr hann knífinn ok gerir at; honum liggr eptir knífrinn ok beltit. (c. 48) ‚Melkólfr reißen die Schuhbänder während seines Diebstahls‘. – Þar var Þórhallr Ásgrímsson, fóstri Njáls. Þeir Njálssynir hlógu at honum, er hann var í kasti mórendu, ok spurðu, hvé lengi hann ætlaði at hafa þat. Þórhallr svaraði: ‚Kastat skal ek því hafa, þá er ek á at mæla eptir fóstra minn.‘ (c. 118) ‚Þórhallr Ásgrímsson, der Ziehsohn Njálls, hat sich einen braun gestreiften Überwurf angezogen. Diesen gedenkt er erst abzunehmen, wenn er Klage wegen der Erschlagung seines Ziehvaters führen muss. Die Njálssöhne lachen ihn deswegen aus.‘ Eiríks saga rauða Óláfr konungr Tryggvason hafði gefit Leifi tvá menn skozka; hét karlmaðrinn Haki, en konan Hekja; þau váru dýrum skjótari […] Þau hafði þat klæði, er þau kǫlluðu kjafal; þat var svá gǫrt, at hǫttr var á upp ok opit at hliðunum ok engar ermar á ok knept saman milli fóta með knappi ok nezlu, en ber váru þau annars staðar. (c. 8) ‚Die schottischen Dienstboten Haki und Hekja tragen ein Gewand mit Namen Kjafal, das oben eine Kappe hat und an den Seiten offen und ärmellos ist. Zwischen den Beinen wird es mit Knöpfen und einer Schlinge zusammengehalten. Ansonsten sind die beiden Sklaven nackt.‘ Eyrbyggja saga Egill hafði skúfaða skóþvengi, sem sá var siðr til, ok hafði losnat annarr þvengrinn, ok dragnaði skúfrinn. (c. 43) ‚Der Sklave Egill trägt mit Quasten versehene Schuhbänder, wie es zu dieser Zeit üblich war; er soll einen der Männer von Breiðavík erschlagen. Dabei stolpert er über seine Schuhbänder, wird entdeckt und getötet.‘ Finnboga saga Tekr hon [Syrpa] af allan búnað af barninu, þann sem á var […] tók hon tötra ok bjó um sem herfiligast […] Syrpa gerði honum söluváðarbrækr ok hettu; hana gyrði hann í brækr niðr. Krækil hafði hann í hendi ok hljóp svá úti um daga. (c. 4) ‚Das Findelkind wird von Syrpa in Lumpen gehüllt; später bekommt der Junge Hosen aus einfachstem Stoff und einen einfachen Kapuzenmantel, der in die Hosen geschnürt wird. Zudem hat er stets einen gekrümmten Stock bei sich.‘ – Urðarköttr var í skinnstakki ok söluváðarbrókum ok allt af neðan. Gekk hann berfættr hvern dag. Hann hafði snæri um sik hvern dag ok hettu sína yfir utan […] Undruðust allir, hví þau skyldu eiga svá ágætan son

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sem öllum sýndist sjá maðr, ok fannst mönnum mikit um, er hann sá ok heyrðu sagt frá. (c. 5) ‚Urðarkǫttr trägt einen weiten Fellkittel und ärmliche Wollhosen. Um den Leib hat er einen Strick gebunden. Ansonsten ist er barfuß. Seine Pflegeeltern versuchen auf diesem Weg, seine eigentlich hohe Abkunft zu verheimlichen.‘ Fljótsdœla saga Ok er þau töluðu þetta sín í milli, þá kemr þar inn maðr einn. Sá var í svörtum kufli. Þar var Nollar. Hann reikar utar ok innar eptir gólfinu ok lætr slúta höttinn. (c. 13) ‚Nollar trägt auf dem Hof von Þorbjǫrn Skeggjastðir einen schwarzen Kapuzenmantel, dessen Kapuze er tief ins Gesicht gezogen hat. Er wird zuvor als ‚schwarz‘, von böser Zunge, unbeliebt und wenig vermögend beschrieben.‘ Flóamanna saga Sá maðr var á Grænlandi, er Án inn heimski hét; hann hljóp um allt land, kunnr öllum mönnum. Þorgils lá í einum leynivági ok hafnleysu. Eitthvert sinn stígr Þorgils á bát ok rær frá skipinu. Hann sér matsveina á landi, ok höfðu graut í kötlum. Þorgils hafði vánd klæði, er hann kom til þeira. Þeir spurðu, hverr hann var. Þorgils svarar: ‚Ek heiti Án.‘ Þeir hlógu at honum, enda lét hann heimskliga. (c. 26) ‚Þorgils verkleidet sich als Án inn heimski. Zu diesem Zweck trägt er schlechte Kleidung.‘ Fóstbrœðra saga Loðinn var í selskinnsstakki ok selskinnsbrókum. (c. 22) ‚Der Knecht Loðinn trägt Oberteil und Hose aus Seehundsfell.‘ – Ok er [Þormóðr] er skammt kominn frá hellinum, þá mœtti hann manni á leið. [Lúsa-Oddi] var mikill vexti ok ósinniligr, ljótr ok eigi góðr yfirbragðs. Hann hafði yfir sér verju saumaða saman af mǫrgum tǫtrum; hon var feljótt sem laki ok hǫttr á upp með slíkri gørð; hon var ǫll lúsug. (c. 23) ‚Lúsa-Oddi, ein Landstreicher, trägt einen Umhang, der aus vielen verschiedenen Lumpen zusammengenäht ist und Falten wie ein Schafsmagen hat. Eine ebensolche Kapuze hat er auf dem Kopf. Er wird als sehr hässlich und voller Läuse beschrieben.‘ Gísla saga Súrssonar Helgi hét sonr Ingjalds ok var afglapi sem mestr mátti vera ok fífl; honum var sú umbúð veitt, at raufarsteinn var bundinn við hálsinn, ok beit hann gras úti sem fénaðr ok er kallaðr Ingjaldsfífl; hann var mikill vexti, nær sem troll. (c. 25) ‚Helgi Ingjaldsson, genannt ‚Ingjaldsdepp‘, trägt einen durchbrochenen Stein um den Hals und frisst Gras wie Vieh auf der Weide. Außerdem wird er als groß wie ein Troll und außerordentlich dumm beschrieben.‘ – Ingjaldr svarar: ‚Ek hef vánd klæði, ok hryggir mik ekki, þó at ek slíta þeim eigi gerr; ok fyrr mun ek láta lífit en ek gera eigi Gísla þat gott, sem ek má, ok firra hann vandræðum.‘ (c. 26) ‚Ingjaldr bezeichnet sich selbst als schlecht gekleidet.‘ – Ok er Gestr er albúinn, koma til hans sveinar tveir ok klæddir illa ok hǫfðu stafi í hǫndum. Þess verða menn vísir, at Gestr hefir launtal við sveinana, ok verða menn þess vísir, at þeir biðja hann fars ok hann veitir þeim. (c. 28) ‚Zwei äußerst schlecht geklei-

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dete Männer mit jeweils einem Stab in der Hand bitten Gestr inn spaki Oddleifsson í Haga á Barðaströnd um eine Mitfahrgelegenheit zum Thing.‘ Grettis saga Ásmundarsonar Grettir var lítt settr at klæðum, en maðr lítt harðnaðr. (c. 14) ‚Grettir trägt ungeeignete Kleidung und ist schlecht abgehärtet, als er die Pferde seines Vaters hüten soll.‘ – Stýrimannskona sú in unga var því jafnan vǫn, at sauma at hǫndum Gretti, ok hǫfðu skipverjar þat mjǫk í fleymingi við hann. (c. 17) ‚Grettir werden von der Frau des Steuermanns die Hemdärmel zugenäht, weshalb ihn die Seeleute auslachen.‘ – Ok er þeir kómu skammt á veg, kom maðr til móts við þá, hǫfuðmikill, hár ok mjór ok illa klæddr […] hann nefndisk Þorbjǫrn; hann var einhleypr maðr. (c. 69) Grettir und Illugi treffen auf den Landstreicher Þorbjǫrn glaumr. Dieser ist schlecht gekleidet.ʻ – Bysk Grettir nú til sunds ok hafði sǫluváðarkufl ok gyrðr í brœkr; hann lét fitja saman fingrna. (c. 75) ‚Grettir trägt eine Kutte aus grobem Wollstoff, die er sich zum Schwimmen in die Hosen steckt.‘ Gull-Þóris saga Grímr Eyjúlfsson var mikill ok eldsætr ok þótti vera nær afglapi; en er hann reis ór fleti, var hann í hvítum vararváðarstakki ok hafði hvítar brækr ok vafit at neðan spjörrum; því var hann Vafspjarra-Grímr kallaðr. Engi maðr vissi afl hans; hann var mjök ósýniligr. (c. 9) ‚Grímr Eyjúlfsson erscheint wie ein Narr; er trägt ein weißes Übergewand aus handelsüblicher Wolle und weiße Hosen. Seine Beine sind mit Tuchstreifen umwickelt. Er war sehr unansehnlich und niemand kannte seine Stärke. In c. 14 trägt er auch noch eine Keule bei sich.‘ Gunnars saga Keldugnúpsfífls Bróðir hans var honum óskaplíkr; hann lagðist í eldaskála. Unni faðir hans honum lítið, því at hann gerði slíkt mjög í móti hans vilja. Varð hann mjög óþokkasæll af alþýðu fyrir þetta sitt tiltæki. Var hann nú kallaðr af þessu um allar sveitir Keldugnúpsfífl […] Nú leið af nóttina, og bjóst Helgi snemma til leiksins annan morgin og gekk þá til eldahúss. Gunnar spurði, hverr þar færi. ‚Hér er kominn bróðir þinn, og vildi eg, Gunnar frændi, að þú veittir mér brautargengi og færir til leiks með mér í dag.‘ Gunnar svaraði: ‚Ertu nú þá búinn?‘ ‚Það er satt,‘ segir Helgi. Gunnar stóð þá upp og var eigi sinniligr. Helgi mælti: ‚Far þú og fá þér klæði,‘ – því að veðrið var kalt. Gunnar kvaðst eigi mundi taka klæðaskipti. (c. 1) ‚Gunnar ist das genaue Gegenteil seines Bruders Helgi; er liegt am Herd und hat ein schlechtes Verhältnis zu seinem Vater. Seine Miene ist finster. Als sein Bruder ihn zu den Spielen mitnehmen will, macht er einen abstoßenden Eindruck. Er fordert ihn aufgrund des kalten Wetters auf, etwas anzuziehen; Gunnar lehnt dies jedoch ab.‘

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Gunnlaugs saga ormstungu Gunnlaugr var svá búinn, at hann var í grám kyrtli ok í hvítum leistbrókum. Sull hafði hann á fœti niðri á ristinni; freyddi ór upp blóð ok vágr, er hann gekk við. (c. 6) ‚Gunnlaugr Illugason tritt in einem grauen Rock und weißen Strumpfhosen vor den norwegischen Jarl. Außerdem hat er eine dicke Geschwulst am Fuß, aus der Eiter hervorquillt.‘ Hallfreðar saga vandræðaskálds Hallfreðr tók þá stafkarls gørvi; hann lét leggja lit í augu sér ok sneri um á sér hvǫrmunum ok gerði mikla breytni á yfirlitum sínum; langan bagga hafði hann á baki, ok var þar í sverð hans, Konungsnautr. (c. 6) ‚Hallfreðr nimmt die Bettlertracht an. Dafür färbt er sich die Augenlider und lässt die Lider nach außen biegen und gibt sich insgesamt ein ganz anderes Aussehen. Er trägt außerdem einen großen Sack auf dem Rücken.‘ Hávarðar saga ĺsfirðings Atli var svá búinn, at hann var í hvítum stakki, stuttum ok þrǫngum; var maðrinn ekki skjótligr á fótum; var hann bæði vesalmannligr ok ljótr at sjá, skǫllóttr ok inneygðr. (c. 15) ‚Atli inn litli trägt einen weißen Kittel. Der ist kurz und eng. Er sieht jämmerlich und hässlich aus, hat eine Glatze und tief liegende Augen. Eigentlich ist Atli ein reicher Mann, aber von miserabler Gesinnung. Wie ein Tier versteckt er sich im Heuhaufen.‘ – Þat var einn dag, at Steinþórr lét kalla til sín þrælinn ok mælti við hann: ‚Þeir vilja, at þú værir í leik með oss í dag, því at oss vantar einn mann.‘ […] Svá er frá sagt, at Hallgrímr skyldi í móti Svarti. Er þar ok bezt frá at segja, at í hvert sinn, er þeir takask á, þá fellr Svartr, ok eptir hvert fall, þá fara af honum skórnir, ok tefsk hann þar af lǫngum at binda á sik skóna. Ferr svá lengi dags, ok gerðu menn hér at mikit óp ok hlátr. (c. 17) ‚Der Knecht Svartr verliert beim Spiel stets die Schuhe. Anschließend braucht er sehr lange, um sie wieder anzuziehen, was bei den anderen Anwesenden großes Gelächter hervorruft.‘ Hrafns þáttr Hrútfirðings Litlu síðar var þat, at konungr fór á veiðar einn dag með haukum ok hundum, ok dreifðusk menn frá honum, svá at hann varð einn saman staddr; þá kom at honum ór skóginum maðr mikill í loðkápu ok bað hann ásjár. (c. 4) ‚Der geächtete Hrafn trifft im Wald alleine auf König Magnús und ersucht ihn um Schutz. Hrafn wird als großer Mann in einem Lodenmantel beschrieben.‘ Hreiðars þáttr heimska Hann var á þá leið búinn, at hann var í ökulbrókum ok hafði feld grán yfir sér; ok er hann kemr fyr konung, þá fellr hann á kné fyr konung ok kveðr hann vel. […] Hreiðarr […] hefir saurgar krummur, maðrinn hentr mjök ok ljótr, en þvegnar heldr latliga. […] Konungr [segir]: ‚Þat ætla ek, at eigi fœðisk ljótari maðr upp en þú ert‘. (c. 2) ‚Der Tölpel Hreiðarr trägt Knöchelhosen und einen grauen Schaffellmantel, als er vor den König tritt. Au-

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ßerdem ist er hässlich und grobschlächtig, seine Hände sind groß und schmutzig, da sie selten gewaschen werden. Ein hässlicherer Mann als Hreiðarr sei dem König zufolge niemals aufgewachsen.‘ Kjalnesinga saga Kolfiðr var svá búinn, at hann var í kollhettu ok hafði kneppt blöðum milli fóta sér; hann hafði hökulbrækr ok kálfskinnskó loðna á fótum. (c. 7) ‚Kolfiðr, ein typischer kolbítr, trägt eine Art Gugel, deren Zipfel zwischen den Beinen gebunden werden, eine Knöchelhose und Schuhe aus Kalbfell.‘ Laxdœla saga Hann sá, at kona sat út við tjaldskǫrina; sú var illa klædd. Hǫskuldi leizk konan fríð sýnum, ef nǫkkut mátti á sjá. (c. 12) ‚Hǫskuldr Kollsson entdeckt Melkorka im Zelt des Händlers: Sie ist schlecht gekleidet, aber schön. Hǫskuldr gibt ihr später gute Kleidung. Alle sind der Meinung, dass ihr diese gut stehe.‘ Mána þáttr Íslendings Máni […] var þá kominn frá Rómi ok var stafkarl […] ok var hann þá ekki féligr, Máni, kollóttr ok magr ok nær klæðlauss. ‚Máni ist von einer Romfahrt zurückgekehrt; er wird als unansehnlicher, magerer und kahlköpfiger Bettler beschrieben, der kaum Kleidung am Leib trägt.‘ Víga-Glúms saga Skúta […] brýtr spjótit af skapti ok hefir fyrir staf, tekr af sǫðulinn ok ríðr berbakt, snýr veslinu, ríðr at sauðum ok œpir hátt. (c. 16) ‚Skúta wendet seinen Umhang, sattelt sein Pferd ab, und bricht die Spitze seines Speeres vom Schaft ab. Zusätzlich ruft er laut nach Schafen.‘ Þorleifs þáttr jarlsskálds Þorleifr býr sér nú stafkarls gørvi ok bindr sér geitarskegg ok tók sér eina stóra hít ok lét koma undir stafkarls gørvina ok bjó svá um, at öllum skyldi sýnask, sem hann æti þann kost, er hann kastaði í hítina, því at gíman hennar var uppi við munn honum undir geitarskegginu; síðan tekr hann hækjur tvær, ok var broddr niðr ór hvárri. (c. 4) ‚Þorleifr Ásgeirsson verkleidet sich als Bettler, bindet sich einen Ziegenbart um und verbirgt unter seiner Bettlerkleidung einen Sack aus Tierhaut. Diesen positioniert er so, dass sich die Öffnung des Sacks unter seinem Ziegenbart befindet. Alle sollen denken, dass Þorleifr seine Mahlzeit verspeist, während er sie in dem Sack verschwinden lässt. Obendrein stattet er sich mit zwei Krücken aus, die am Ende jeweils mit einer Eisenspitze versehen sind.‘

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Þorvalds þáttr víðförla Koðrán unni mikit Ormi, syni sínum, en Þorvaldi lítit eða ekki. Var honum haldit til vinnu, þegar hann mátti sér nökkut; hann var klæddr lítt og görr í hvívetna hornungr bróður síns. (c. 1) ‚Þorvaldr wird von seinem Vater geringschätzig behandelt. Er trägt schlechte Kleidung und steht in jeder Hinsicht hinter seinem Bruder zurück.‘ Ölkofra þáttr Þórhallr hét maðr […] Lítill var hann ok ljótr; engi var hann íþróttamaðr […] Hann hafði þá iðju, at gera öl á þingum til fjár sér […] Engi var Þórhallr veifiskati kallaðr ok heldr sinkr […] Optliga var þat siðr hans, at hafa kofra á höfði ok jafnan á þingum, en af því at hann var maðr ekki nafnfrægr, þá gáfu þingmenn honum þat nafn, er við hann festisk, at þeir kölluðu hann Ölkofra. (c. 1) ‚Der Bierbrauer Þórhallr wird als hässlicher und wenig tüchtiger Mann beschrieben. Obwohl er Vermögen besitzt, ist er habgierig und geizig. Er trägt stets eine Haube auf dem Kopf und wird deshalb ‚Ölkofri‘ genannt.‘

8.1.3.2 Geächtete Gísla saga Súrssonar Gísli var svá búinn, at hann hafði í hendi øxi ok gyrðr sverði ok skjǫld á hlið; hann var í kufli grám ok hafði gyrt at sér með reipi. (c. 34) ‚Gísli trägt eine graue Kutte, die er in der Mitte mit einem Strick gegürtet hat.‘ Grettis saga Ásmundarsonar Eptir þat bjósk Grettir til sunds ok kastaði af sér klæðunum: hann fór í kufl einn klæða ok sǫluváðarbrœkr; hann stytti upp um sik kuflinn ok rak at sér útan basttaug at sér miðjum ok hafði með sér kerald. (c. 38) ‚Grettir zieht zum Schwimmen nur eine Kutte und Hosen aus grobem Wollstoff an.‘ Harðar saga Grímkelssonar: Bolli býst nú; hann hafði slitna skó ok vöruváðarkufl […] Hann kom til Þorsteins gullknapps ok nefndist Þorbjörn; sagðist vera sekr maðr. (c. 27) ‚Der Knecht Bolli verkleidet sich als Geächteter. Er zieht sich verschlissene Schuhe und einen einfachen Überwurf an. Er nennt sich Þorbjǫrn.‘ Víga-Glúms saga Sá maðr kom at hlaupandi, þar er þeir bǫrðusk, er var í skinnkufli ok hafði sverð í hendi. (c. 23) ‚Ein Mann, der eine Pelzkutte trägt, tritt in einem Kampf auf. Glúmr nennt ihn Þundarbenda. Tatsächlich ist es aber sein geächteter Sohn Vigfúss.‘

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8.1.3.3 Narrengewänder Brennu-Njáls saga Þá slitnar skóþvengr hans, ok tekr hann knífinn ok gerir at; honum liggr eptir knífrinn ok beltit. (c. 48) ‚Dem Sklaven Melkólfr reißen die Schuhbänder während seines Diebstahls.‘ – Þar var Þórhallr Ásgrímsson, fóstri Njáls. Þeir Njálssynir hlógu at honum, er hann var í kasti mórendu, ok spurðu, hvé lengi hann ætlaði at hafa þat. Þórhallr svaraði: ‚Kastat skal ek því hafa, þá er ek á at mæla eptir fóstra minn.‘ (c. 118) ‚Þórhallr Ásgrímsson, der Ziehsohn Njálls, hat sich einen braungestreiften Überwurf angezogen. Diesen gedenkt er erst abzulegen, wenn er Klage wegen der Erschlagung seines Ziehvaters führen muss. Die Njálssöhne lachen ihn deswegen aus.‘ Eyrbyggja saga Egill hafði skúfaða skóþvengi, sem sá var siðr til, ok hafði losnat annarr þvengrinn, ok dragnaði skúfrinn. (c. 43) ‚Der Sklave Egill trägt mit Quasten verzierte Schuhbänder, wie es zu dieser Zeit üblich war; er soll einen der Männer von Breiðavík erschlagen. Dabei stolpert er über seine Schuhbänder, wird entdeckt und getötet.‘ Flóamanna saga Sá maðr var á Grænlandi, er Án inn heimski hét; hann hljóp um allt land, kunnr öllum mönnum. Þorgils lá í einum leynivági ok hafnleysu. Eitthvert sinn stígr Þorgils á bát ok rær frá skipinu. Hann sér matsveina á landi, ok höfðu graut í kötlum. Þorgils hafði vánd klæði, er hann kom til þeira. Þeir spurðu, hverr hann var. Þorgils svarar: ‚Ek heiti Án.‘ Þeir hlógu at honum, enda lét hann heimskliga. (c. 26) ‚Þorgils verkleidet sich als Án inn heimski. Dazu trägt er schlechte Kleidung.‘ Gísla saga Súrssonar Helgi hét sonr Ingjalds ok var afglapi sem mestr mátti vera ok fífl; honum var sú umbúð veitt, at raufarsteinn var bundinn við hálsinn, ok beit hann gras úti sem fénaðr ok er kallaðr Ingjaldsfífl; hann var mikill vexti, nær sem troll. (c. 25) ‚Helgi Ingjaldsson trägt einen durchbrochenen Stein um den Hals und frisst Gras. Der sogenannte ‚Ingjaldsdepp‘ ist außerdem groß gewachsen wie ein Troll.‘ Grettis saga Ásmundarsonar Grettir var lítt settr at klæðum, en maðr lítt harðnaðr. (c. 14) ‚Grettir trägt ungeeignete Kleidung, als er die Pferde seines Vaters hüten soll. Außerdem ist er wenig abgehärtet.‘ – Stýrimannskona sú in unga var því jafnan vǫn, at sauma at hǫndum Gretti, ok hǫfðu skipverjar þat mjǫk í fleymingi við hann. (c. 17) ‚Grettir werden von der Frau des Steuermanns die Hemdärmel zugenäht, weshalb ihn die Seeleute auslachen.‘

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Gull-Þóris saga Grímr Eyjúlfsson var mikill ok eldsætr ok þótti vera nær afglapi; en er hann reis ór fleti, var hann í hvítum vararváðarstakki ok hafði hvítar brækr ok vafit at neðan spjörrum; því var hann Vafspjarra-Grímr kallaðr. Engi maðr vissi afl hans; hann var mjök ósýniligr. (c. 9) ‚Grímr Eyjúlfsson erscheint wie ein Narr; er trägt ein weißes Übergewand aus handelsüblicher Wolle und weiße Hosen. Seine Beine sind mit Tuchstreifen umwickelt. Er ist sehr unansehnlich und niemand kennt seine Stärke. In c. 14 führt er außerdem eine Keule mit sich.‘ Gunnars saga Keldugnúpsfífls Bróðir hans var honum óskaplíkr; hann lagðist í eldaskála. Unni faðir hans honum lítið, því at hann gerði slíkt mjög í móti hans vilja. Varð hann mjög óþokkasæll af alþýðu fyrir þetta sitt tiltæki. Var hann nú kallaðr af þessu um allar sveitir Keldugnúpsfífl. […] Nú leið af nóttina, og bjóst Helgi snemma til leiksins annan morgin og gekk þá til eldahúss. Gunnar spurði, hverr þar færi. ‚Hér er kominn bróðir þinn, og vildi eg, Gunnar frændi, að þú veittir mér brautargengi og færir til leiks með mér í dag.‘ Gunnar svaraði: ‚Ertu nú þá búinn?‘ ‚Það er satt,‘ segir Helgi. Gunnar stóð þá upp og var eigi sinniligr. Helgi mælti: ‚Far þú og fá þér klæði,‘ – því að veðrið var kalt. Gunnar kvaðst eigi mundi taka klæðaskipti. (c. 1) ‚Gunnar ist das genaue Gegenteil seines Bruders Helgi; er liegt am Herd und hat ein schlechtes Verhältnis zu seinem Vater. Seine Miene ist finster. Als sein Bruder ihn zu den Spielen mitnehmen will, macht er einen abstoßenden Eindruck. Er fordert ihn aufgrund des kalten Wetters auf, etwas anzuziehen. Gunnar lehnt aber ab.‘ Hávarðar saga ĺsfirðings Atli var svá búinn, at hann var í hvítum stakki, stuttum ok þrǫngum; var maðrinn ekki skjótligr á fótum; var hann bæði vesalmannligr ok ljótr at sjá, skǫllóttr ok inneygðr. (c. 15) ‚Atli inn litli trägt einen weißen Kittel. Dieser ist kurz und eng. Er sieht jämmerlich und hässlich aus, hat eine Glatze und tief liegenden Augen. Eigentlich ist Atli ein reicher Mann, aber von miserabler Gesinnung. Wie ein Tier versteckt er sich im Heuhaufen.‘ – Þat var einn dag, at Steinþórr lét kalla til sín þrælinn ok mælti við hann: ‚Þeir vilja, at þú værir í leik með oss í dag, því at oss vantar einn mann.‘ […] Svá er frá sagt, at Hallgrímr skyldi í móti Svarti. Er þar ok bezt frá at segja, at í hvert sinn, er þeir takask á, þá fellr Svartr, ok eptir hvert fall, þá fara af honum skórnir, ok tefsk hann þar af lǫngum at binda á sik skóna. Ferr svá lengi dags, ok gerðu menn hér at mikit óp ok hlátr. (c. 17) ‚Der Knecht Svartr verliert beim Spiel stets die Schuhe. Anschließend braucht er sehr lange, um sie wieder anzuziehen, was bei den übrigen Anwesenden großes Gelächter hervorruft.‘ Hreiðars þáttr heimska Hann var á þá leið búinn, at hann var í ökulbrókum ok hafði feld grán yfir sér; ok er hann kemr fyr konung, þá fellr hann á kné fyr konung ok kveðr hann vel. […] Hreiðarr […] hefir

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saurgar krummur, maðrinn hentr mjök ok ljótr, en þvegnar heldr latliga. […] Konungr [segir]: ‚Þat ætla ek, at eigi fœðisk ljótari maðr upp en þú ert‘. (c. 2) ‚Der Tölpel Hreiðarr trägt Knöchelhosen und einen grauen Schaffellmantel, als er vor den König tritt. Außerdem ist er hässlich und grobschlächtig, seine Hände sind groß und schmutzig, da sie selten gewaschen werden. Ein hässlicherer Mann als Hreiðarr sei dem König zufolge niemals aufgewachsen.‘ Kjalnesinga saga Kolfiðr var svá búinn, at hann var í kollhettu ok hafði kneppt blöðum milli fóta sér; hann hafði hökulbrækr ok kálfskinnskó loðna á fótum. Viðarbolungr stóð á hlaðinu; gekk hann þangat til ok tók eitt tré hátt í hönd sér, sneri síðan ór garði. Hann skaut stönginni fram fyrir sik ok hljóp þar eptir síðan; hann fór stórliga mikit. Eigi létti hann fyrr en hann kom í Kollafjörð; var þá tekit til leiks. […] En er Kolfiðr kom í stofu, svá búinn sem fyrr var sagt, þótti flestum mönnum hann vera heldr hæðiligr. (c. 7) ‚Kolfiðr erscheint in Dümmlingskleidung zu den Spielen im Kollafjǫrðr. Alle finden seine Aufmachung lächerlich.‘ Króka-Refs saga Refr tók þá ok góð klæði. (c. 3) ‚Der kolbítr Refr zieht nach seinem ersten Totschlag ein schönes Gewand an.‘ Reykdœla saga ok Víga-Skútu Dœtr Eyvindar váru þær Þorbjǫrg, er átti Þórir leðrháls, sonr Þorsteins Gnúpa-Bárðarsonar. Þeira synir váru þeir Vémundr kǫgurr, […] (c. 1) ‚Vémundr Þórisson trägt den Spitzbzw. Spottnamen ‚Windel‘, obwohl er als starker Mann beschrieben wird.‘ Svarfdœla saga Ok nú færir hon [móður Þorsteins] Þorstein af klæðum, vararváðarstakki ok hǫkulbrókum, þeim er hann var vanr [í] at vera. (c. 2) ‚Þorsteinn Þorgnýsson trägt als kolbítr für gewöhnlich einen kurzen Kittel aus handelsüblicher isländischer Wolle und Knöchelhosen.‘ Þórarins þáttr stuttfeldar ‚Hykk, at hér megi þekkja heldr í stuttum feldi oss, en ek læt þessa óþrýði mér hlýða; værir mildr, ef mæra mik vildir þú skikkju, hvat hafim heldr en tötra, hildingr, muni vildri.‘ ‚Der Skalde Þórarinn stuttfeldr (‚Kurzmantel‘) verwirrt den König und seine Männer beim Abendgebet. Auf die Frage nach seiner Identität antwortet er mit einer Strophe, in der er betont, dass er vom König gerne mit einem besseren Mantel ausgestattet werden wolle.‘

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Þorvalds þáttr víðförla Koðrán unni mikit Ormi, syni sínum, en Þorvaldi lítit eða ekki. Var honum haldit til vinnu, þegar hann mátti sér nökkut; hann var klæddr lítt og görr í hvívetna hornungr bróður síns. (c. 1) ‚Þorvaldr wird von seinem Vater geringschätzig behandelt. Er trägt schlechte Kleidung und steht in jeder Hinsicht hinter seinem Bruder zurück.‘

8.1.3.4 Fremde Brennu-Njáls saga Þorgrímr Austmaðr gekk upp á skálann; Gunnarr sér, at rauðan kyrtil berr við glugginum. (c. 77) ‚Gunnarr Hámundarson sieht durch ein Fenster den roten Rock des Þorgrímr Austmaðr.‘ Eiríks saga rauða Óláfr konungr Tryggvason hafði gefit Leifi tvá menn skozka; hét karlmaðrinn Haki, en konan Hekja; þau váru dýrum skjótari […] Þau hafði þat klæði, er þau kǫlluðu kjafal; þat var svá gǫrt, at hǫttr var á upp ok opit at hliðunum ok engar ermar á ok knept saman milli fóta með knappi ok nezlu, en ber váru þau annars staðar. (c. 8) ‚Die schottischen Dienstboten Haki und Hekja tragen ein Gewand namens Kjafal, das oben eine Kappe hat und an den Seiten offen und ärmellos ist. Zwischen den Beinen wird es mit Knöpfen und einer Schlinge zusammengehalten. Ansonsten waren die Sklaven nackt.‘ Eyrbyggja saga En er þeir kómu inn fyrir Ǫxlina, sá þeir, at maðr var í skrúðklæðum á húsum uppi á bakka; en þeir vissu, at þat var eigi búnaðr Arnbjarnar; (c. 42) ‚Ein prachtvoll gewandeter Mann steht auf Arnbjǫrns Hausdach. Die Leute von Breiðavík erkennen daher, dass es nicht der Bauer selbst ist, und vermuten einen Anschlag.‘ Finnboga saga [Álfr aptrkemba] var mikill maðr ok greppligr; hann var í rauðum skarlatskyrtli, ok digrt silfrbelti hafði hann um sik, með slegnu hári; var þat bæði mikit ok fagrt ok lá niðri á herðum honum. (c. 12) ‚Álfr aptrkemba trägt einen roten Scharlachrock mit einem breiten Silbergürtel und hat langes, schönes Haar, das bis auf die Schultern herabhängt. Er ist ein Gefolgsmann des Hákon jarl und mit diesem verschwägert. Er wird als hinterlistig beschrieben.‘ Grœnlendinga saga En Guðríðr sat í durum inni með vǫggu Snorra sonar síns; þá bar skugga í dyrin, ok gekk þar inn kona í svǫrtum námkyrtli, heldr lág, ok hafði dregil um hǫfuð, ok ljósjǫrp á hár, fǫlleit ok mjǫk eygð, svá at eigi hafði jafnmikil augu sét í einum mannshausi. Hon gekk þar at, er Guðríðr sat, ok mælti: ‚Hvat heitir þú?‘ segir hon. ‚Ek heiti Guðríðr; eða hvert er

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þitt heiti?‘ ‚Ek heiti Guðríðr,‘ segir hon. (c. 7) ‚Eine Frau tritt zu Guðríðr Þorbjarnardóttir, die sich ebenfalls Guðríðr nennt. Sie ist von kleiner Gestalt, hat ein Band in ihren hellbraunen Haaren, und so große Augen, wie keiner je gleich große gesehen hatte. Sie trägt einen schwarzen, zweiteiligen Rock.‘ Hallfreðar saga vandræðaskálds Sauðamaðr Kolfinnu sagði, at tólf menn riðu at selinu ok váru allir í litklæðum. Hon segir: ‚Þeir munu eigi kunna leiðina.‘ (c. 9) ‚Als Hallfreðr nach Island zurückkehrt, meldet der Schafhirt Kolfinnas die Ankunft von Männern in farbigen Kleidern. Sie meint, diese würden den Weg nicht kennen.‘ – Um morgininn gekk [Hallfreðr] út á holtit ok sá menn ríða í litklæðum at sér. Hann spurði þá tíðenda, en þeir sǫgðu fall Óláfs konungs. (c. 10) ‚Männer in farbigen Kleidern berichten Hallfreðr vom Fall König Óláfr Tryggvasons.‘ Heiðarvíga saga Þá riðu í mót Barða ok fǫrunautum hans þrír menn í litklæðum, ok hittusk þeir brátt, er hvárir riðu í mót ǫðrum, ok váru hér tveir systursynir Barða í þeiri fǫr, ok hét annarr Lambkárr, en annarr Húnn, ok þá er enn þriði vatnsdœlskr í fǫr með þeim; […] þeir váru þá átján vetra gamlir ok hǫfðu einn vetr útan verit; þeir váru inir mestu ágætismenn at vænleik ok at afli ok at íðróttum, ok þó væri þeir vel at sér gǫrvir, þótt þeir væri fulltíði at aldri. (c. 21) ,Die Schwestersöhne Barði Guðmundarsons tragen farbige Kleidung. Sie waren ein Jahr außer Landes gewesen und werden trotz ihrer Jugend als die schönsten, mächtigsten und klügsten Männer beschrieben.‘ Hrafnkels saga Freysgoða Þess er getit, at skip kom af hafi í Reyðarfjǫrð, ok var stýrimaðr Eyvindr Bjarnason. Hann hafði útan verit sjau vetr. Eyvindr hafði mikit við gengizk um menntir ok var orðinn inn vaskasti maðr […] Ok er hann hefir búit um varnað sinn, býr hann ferð sína til Hrafnkelsdals, ferr upp eptir Reyðarfirði. Þeir váru fimm saman […] Váru þeir ok allir í litklæðum ok riðu við fagra skjǫldu. (c. 8) ‚Eyvindr Bjarnason, einige Kaufleute und Knechte kommen vom Schiff und reiten am Gebiet Hrafnkels vorbei. Sie tragen farbige Kleidung.‘ Laxdœla saga Geirmundr var fáskiptinn hversdagla, óþýðr við flesta; en hann var svá búinn jafnan, at hann hafði skarlatskyrtil rauðan ok gráfeld yztan og bjarnskinnshúfu á hǫfði, sverð í hendi; þat var mikit vápn og gott, tannhjǫlt at; ekki var þar borit silfr á, en brandrinn var hvass, ok beið hvergi ryð á. Þetta sverð kallaði hann Fótbít ok lét þat aldregi hendi firr ganga. (c. 29) ‚Die Kleidung des Norwegers Geirmundr gnýr besteht aus einem roten Scharlachrock, einem grauen Pelz und einer Bärenfellmütze. Sein Schwert Fótbitr ist eine gute und starke Waffe ohne Silberverzierung.‘

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Reykdœla saga ok Víga-Skútu Nú spurði Skúta, hverir þar sæti í brekkunni stund frá þeim. En maðrinn kvað þann heita Vestmann, er fyrir þeim var ok í litklæðunum var. (c. 29) ‚Ein Mann namens Vestmaðr (‚Ire‘) trägt bunte Kleider, an denen er leicht zu erkennen ist.‘ – Hann var í kufli, ok nú fleygir Skúta til Vestmanns spjóti ok kvað hann mega nú sjá þann manninn, sem hann hafði áðr at leitat. En spjótit kom á Vestmann miðjan, ok fekk hann þegar bana. (c. 29) ‚Skúta trägt einen Umhang und tötet den bunt gekleideten Iren.‘ Vatnsdœla saga [Hrafn] var fálátr í skaplyndi, stórr ok ódæll ok mikill af sjálfum sér, verit lengi í víkingu ok bjósk mjǫk at vápnum ok klæðum. […] Austmaðrinn fór með honum. (c. 17) ‚Von einem Schiffsherrn namens Hrafn wird berichtet, dass er viel Wert auf Waffen und Kleidung lege. Er wird außerdem als zurückhaltend, groß, unverträglich und von sich selbst eingenommen beschrieben. Er ist lange auf Vikingfahrt gewesen und wird als ,Norwegerʻ bezeichnet. Später entweiht er einen Tempel, weil er sein Schwert nicht ablegt.‘

8.1.3.5 Kleiderkritik Bárðar saga Snæfellsáss Þá fóru Hjaltasynir norðan á skipi til Steingrímsfjarðar. Þar kvámu þeir bræðr Þorbjarnarsynir ór Hrútafirði til móts við þá, ok gengu allir samt norðan yfir heiðina, þar sem heitir Hjaltdælalaut. En er þeir kvámu á þingit, váru þeir svá vel búnir, at menn hugðu þar væri komnir æsir. (c. 22) ,Die Hjaltasynir und die Þorbjarnarsynir ziehen zusammen zum Thing. Sie sind so gut gekleidet, dass die Leute sie für Asen halten.ʻ Brennu-Njáls saga En er þeir [Gunnarr] kómu á þing, þá váru þeir svá vel búnir, at engir váru þeir þar, at jafnvel væri búnir, ok fóru menn út ór hverri búð at undrask þá […] Sá hann [Gunnarr] konur ganga í móti sér ok váru vel búnar. Sú var í ferðarbroddi konan, er bezt var búin. […] Hin var svá búin, at hon var í rauðum kyrtli, ok var á búningr mikill; hon hafði yfir sér skarlatsskikkju, ok var búin hlǫðum í skaut niðr. (c. 33) ‚Keiner ist auf dem Allthing besser gekleidet als Gunnarr und seine Leute. Er trifft dort auf Hallgerðr, die aus einer Gruppe gut gekleideter Frauen hervorsticht. Sie trägt ein rotes Kleid mit reichem Schmuck und einen Scharlachmantel, der bis an den unteren Saum mit Borten verziert ist.‘ – Skarpheðinn sá þá, því at Sigmundr var í litklæðum. Skarpheðinn mælti: ‚Sjáið er rauðálfinn?‘ (c. 45) ‚Skarpheðinn bezeichnet Sigmundr, der ihnen entgegen reitet, als roten Wicht.‘

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Eiríks saga rauða [Þorgeirr] átti son, er Einarr hét; hann var vænn maðr ok vel mannaðr; hann var ok skartsmaðr mikill. (c. 3) ‚Einarr Þorgeirsson wird als hübscher Mann beschrieben, der Wert auf sein Äußeres legt.‘ Eyrbyggja saga Snorri var í svartri kápu ok reið svǫrtu merhrossi góðu; hann hafði fornan trogsǫðul ok vápn lítt til fegrðar búin […] ok hǫfðu menn þat mjǫk at hlátri um búnað hans; (c. 13) ‚Bei seiner Rückkehr aus dem Ausland machen sich die Leute über Snorris Aufzug lustig.‘ – [Þóroddr Þorbrandsson] var í leistabrókum, ok váru vátar allar af blóðinu. Heimamaðr Snorra goða skyldi draga af honum; ok er hann skyldi kippa brókinni, fekk hann eigi af honum komit. Þá mælti hann: ‚Eigi er þat logit af yðr Þorbrandssynum, er þér eruð sundrgørðamenn miklir, at þér hafið klæði svá þrǫng, at eigi verðr af yðr komit.‘ (c. 45) ‚Einer der Hausleute des Goden Snorri macht eine Bemerkung über die eng sitzenden (blutigen) Strumpfhosen von Þóroddr Þorbrandsson, als er ihm diese ausziehen soll. Allerdings hat eine Speerspitze die Hosen an den Körper geheftet. Der Knecht bezeichnet die Thorbrandssöhne als putzsüchtige Männer.‘ – [Þuríðr húsfreyja at Fróðá] var glysgjǫrn ok skartskona mikill. (c. 50) ‚Die Hausfrau von Fróðá, Þuríðr, wird als prunkliebende und putzsüchtige Frau beschrieben.‘ Finnboga saga Finnbogi stóð fyrir konungi. Hann var ágætliga búinn, ok undruðu allir menn hans fegrð og kurteisi. (c. 20) ‚Als Finnbogi prächtig gekleidet vor dem König steht, bewundern alle seine Schönheit und seine Ritterlichkeit.‘ – Öllum sonum sínum fekk Finnbogi ina beztu kosti, því at hann var hverjum manni auðgari ok átti betri gripi en aðrir menn. Var hann ok inn mesti skartsmaðr í búningi. (c. 38) ‚Finnbogi wird seinen Söhnen gegenüber als freigebiger und prachtliebender Mann bezeichnet.‘ – Á næsta ári […] kom maðr til gistingar á Finnbogastaði. Hann var bæði mikill ok sterkligr, svartr ok heldr illmannligr […] Finnbogi […] spurði, hverr hann væri. Hann kvaðst heita Þorbjörn ok vera allra sveita maðr, – ‚kannast þá margir við, ef heyra viðrnefni mitt; em ek kallaðr sleggja.‘ (c. 40) ‚Þorbjörn wird als schwarz, stark und böse beschrieben.‘ Fljótsdœla saga Þá mælti Sveinungr: ‚Nú skaltu standa í dyrum, en ek mun ganga í hlöðuna ok umhverfum heyit. Ek mun ok ganga upp á heyit ok velta af ofan því, er vótt er. Er þér ófært at fara upp á heyit, fyrr en ek hefi hreinsat áðr, því at þú ert skartsmaðr mikill. Vil ek eigi, at saurgist klæði þín.‘ (c. 19) ‚Sveinungr überzeugt Helgi, ihn selbst zur Durchsuchung auf den Heuboden gehen zu lassen, da er sich um Helgis feine Kleidung sorgt.‘

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Flóamanna saga Ok er Þorgils kom fyrir jarl, mælti Hákon til hans: ‚Mikill maðr ertu ok sterkligr, fríðr sýnum ok líkligr til giptu, ok vil ek bjóða þér til mín.‘ (c. 14) ‚Der Jarl rühmt das schmucke Äußere von Þorgils.‘ Gísla saga Súrssonar Ok nú finnsk mǫnnum orð um, hvé skrautligr flokkr þeira var, eða um málsenda þeira, hversu skǫruligir váru. Þorkell mælti þá til Gests: ‚Hvé lengi ætlar þú, at kapp þeira Haukdœla ok yfirgangr muni vera svá mikill?‘ (c. 6) ‚Þorkell inn auðgi Þórðarson und anderen Männern missfällt der prunkvolle Aufzug der Männer aus dem Haukadalr auf dem Thing.‘ – Þat var vandi Gísla, at hann var í kápu blári ok vel búinn. (c. 20) ‚Gísli trägt für gewöhnlich einen blauen Mantel und ist stets gut angezogen.‘ Grettis saga Ásmundarsonar Gísli var mikill maðr ok sterkr ok afburðarmaðr í vápnum ok klæðum ok gerði um sik mikit ok nǫkkut sjálfhœlinn. (c. 59) ‚Gísli zeichnet sich durch Waffen und Kleidung aus. Er machte sich wichtig und lobte sich gern selbst.‘ Gunnars saga Keldugnúpsfífls Var Helgi skartsmaðr mikill, hæfilátr ok hversdagsgæfr. (c. 1) ‚Helgi Þorbjarnarson legt viel Wert auf sein Äußeres. Er ist maßvoll und besonnen.‘ Hreiðars þáttr heimska Þá mælti Þórðr: ‚Bú þik þá sœmiliga at klæðum eða vápnum, því at þat eitt samir, ok skortir okkr ekki til þess, ok skipask margir menn vel við góðan búning; enda er vandara at búa sik í konungs herbergi en annars staðar, ok verðr síðr at hlœgi görr af hirðmönnum‘. Hreiðarr svarar: ‚Eigi getr þú allnær, at ek muna skrúðklæði á mik láta koma‘. Þórðr mælti: ‚Skerum vaðmál þá til‘. Hreiðarr svarar: ‚Nær er þat‘, segir hann. Svá er nú gört við ráð Þórðar, ok lætr Hreiðarr eptir leiðask; hefir hann nú vaðmáls klæði ok fágar sik, ok þykkir nú þegar allr annarr maðr; sýnisk nú maðr ljótr ok greitt vaxligr. (c. 2) ‚Þórðr empfiehlt seinem Bruder Hreiðarr, sich gut zu kleiden und auszurüsten, bevor er in das Gefolge des Königs begibt, da sich viele Leute von guter Kleidung beeindrucken lassen. Zudem müsse man sich bei Hofe besser kleiden als an anderen Orten. Sonst bestehe die Gefahr, dass Hreiðarr den Spott der Gefolgsleute auf sich ziehe. Der Tölpel weigert sich jedoch, Prachtgewänder zu tragen. Auf den Vorschlag Þórðrs, Kleidung aus einfachem isländischen Wollstoff zu tragen, geht er gerne ein. Er sieht zwar durch seine neuen Gewänder anders aus, jedoch empfindet man ihn immer noch als hässlich.‘ Kjalnesinga saga Kolfiðr var svá búinn, at hann var í kollhettu ok hafði kneppt blöðum milli fóta sér; hann hafði hökulbrækr ok kálfskinnskó loðna á fótum. Viðarbolungr stóð á hlaðinu; gekk

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hann þangat til ok tók eitt tré hátt í hönd sér, sneri síðan ór garði. Hann skaut stönginni fram fyrir sik ok hljóp þar eptir síðan; hann fór stórliga mikit. Eigi létti hann fyrr en hann kom í Kollafjörð; var þá tekit til leiks. […] En er Kolfiðr kom í stofu, svá búinn sem fyrr var sagt, þótti flestum mönnum hann vera heldr hæðiligr. (c. 7) ‚Kolfiðr erscheint in seiner Dümmlingskleidung zu den Spielen im Kollafjǫrðr. Alle Leute finden seine Aufmachung lächerlich.‘ Króka-Refs saga Hirðmaðr konungs hét Grani ok var kallaðr Skálp-Grani, fríðr maðr sýnum ok barst á mikit at vápnum ok klæðum. Grani var vífinn ok kvensamr; gerði hann mörgum í því mikla skapraun. Varð honum þat nú þolat, er hann hafði konungs traust. (c. 16) ‚SkálpGrani legt viel Wert auf Waffen und Kleidung. Er verhält sich gerne beleidigend gegenüber anderen und wird als Weiberheld bezeichnet.‘ Laxdœla saga Var þat ok allra manna mál, at henni semði góð klæði. (c. 12) ‚Alle sind der Meinung, dass Melkorka schöne Kleidung gut stehe.‘ – Allir menn hǫfðu á máli, er Óláf sá, hversu fríðr maðr hann var ok fyrirmannligr; hann var velbúinn at vápnum ok klæðum. (c. 22) ‚Auf dem Thing sprechen alle darüber, welch ein schöner und vornehmer Mann Óláfr sei. Er ist gut gekleidet und trägt die besten Waffen.‘ Reykdœla saga ok Víga-Skútu En kvað Steingrím fylgja hesti sínum ok vera í hvítri skyrtu ok hafa hlaðbúna húfu á hǫfði ok kvað hann vera skrautmenni it mesta. (c. 12) ‚Vémundr beschreibt Þorgeirr seinen Widersacher Steingrímr Ǫrnólfsson á Kroppi: Er trage zum Pferdekampf ein weißes Hemd und eine mit Borten verzierte Mütze auf dem Kopf, da er sehr auf seine Kleidung achte.‘ Sneglu-Halla þáttr Ok er skipin reru hjá kaupskipinu, þá gekk maðr fram […] í rauðum skarlatsklæðum, ok hafði gullhlað um enni, bæði mikill ok tíguligr. […] Þessi maðr […] var Haraldr konungr Sigurðarson. (c. 2) ‚König Haraldr Sigurðarson trägt Kleidung aus rotem Scharlach und eine Goldborte als Stirnband. Er wird als groß und vornehm aussehend beschrieben.‘ Steins þáttr Skaptasonar Steinn Skaptason var manna fríðastr ok bezt at sér görr um íþróttir, skáld gott ok skartsmaðr mikill ok metnaðarfullr. (c. 3) ‚Steinn Skaptason wird als sehr schöner und begabter Mann beschrieben; er ist ein guter Skalde, sehr auf sein Äußeres bedacht und hochmütig.‘ – Steinn var með Knúti konungi um hríð ok var afburðamaðr mikill at vápnum ok klæðum, ok var hann þá kallaðr Steinn inn prúði. Svá hafa sagt fornir frœðimenn, at Steinn gerði svá mikit offors, at hann skipaði hest sinn með gull

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ok bjó hófinn fyrir ofan. Knúti konungi þótti hann keppask um skrautgirni við sik, ok því fór Steinn í braut fra honum. Steinn var í förum síðan. En þau urðu ævilok hans, at hann braut skip sitt við Jótlandssíðu ok komsk einn á land. Hann var þá enn skrautliga búinn ok hafði mikit fé á sér ok var dasaðr mjök. Kona nökkur fann hann, er fór með klæði til þváttar. Hon hafði vífl í hendi. Hann var máttlítill ok lá í brúki. Hon sá, at hann hafði mikit fé á sér. Síðan fór hon til ok barði hann í hel með víflinni ok myrti hann til fjár, at því er menn segja eða hyggja um. Gafsk honum svá af ofmetnaði ok óhlýðni við Óláf konung. (c. 6) ‚Steinn hält sich eine Weile am Hof König Knútr inn ríkis auf und zeichnet sich durch seine Kleidung und Waffen aus, weshalb er den Beinamen ‚der Stolze‘ erhält. Allerdings sei er so hochmütig gewesen, dass der König den Verdacht hegt, Steinn würde in der Prachtliebe mit ihm wetteifern. Daraufhin verlässt Steinn den Hof und ist fortan auf Reisen. An der Küste Jütlands erleidet er Schiffbruch, ist aber immer noch prachtvoll gekleidet und trägt ein großes Vermögen bei sich. Eine Frau, die mit ihrer Kleidung auf dem Weg zum Strand ist, und ein Schlagholz in der Hand hält, findet den erschöpften Mann in einem Tanghaufen. Als sie sieht, dass er viel Vermögen bei sich trägt, erschlägt sie ihn. Als Ursache für sein tragisches Ende nennt der Text Steinns Hochmut und Ungehorsam gegenüber König Óláfr.‘ Vatnsdœla saga Þorsteinn kvað þetta bragð tveggja hvárt, at spilla gripum sínum, þótt stykki á, ok síðan at æja í engjum manna, nǫkkurs heimsks manns ok óráðvands, ella mikils manns ok ofláta. […] ‚Nú mun ek geta til, at þar mun hafa verit Bergr inn rakki, […] systursonr Finnboga ins ramma frá Borg ór Víðidal.‘ (c. 31) ‚Die Knechte Þorsteinns frá Hofi beobachten 10 Leute, darunter eine Frau, in farbigen Prachtgewändern, die vor einer Hütte ihre Pferde weiden lassen. Einer davon trägt einen Umhang und ein Schleppgewand aus gutem Stoff. Mit seinem Schwert schneidet er eine Spanne breit Stoff von der Schleppe ab und wirft sie weg, da er keinen Schmutz hinter sich herziehen wolle. Þorsteinn hält ihn entweder für töricht bzw. von Bedeutung und eitel. Es handelt sich um Bergr inn rakki, einen Verwandten Finnbogi inn rammis. Er wird als stark und streitbar beschrieben.‘ – Þorkell silfri frá Helgavatni var hamrammr mjǫk ok þó margkunnigr; hann var vellauðigr at fé, eigi vinsæll ok óþokkasæll af flestum mǫnnum, en þó verðr mikils. […] Þorkell […] bjósk vel […] at klæðum ok vápnum, því at hann var skartsmaðr inn mesti, ok kom í síðasta lagi. (c. 42) ‚Þorkell silfri wird als Gestaltenwandler und zauberkundig beschrieben. Obwohl er unbeliebt ist, wird er doch geachtet. Als er zum Thing nach Kárnsá aufbricht, um dort das Godentum über die Vatnsdœlir für sich zu beanspruchen, putzt er sich heraus. Aufgrund seiner Eitelkeit legt er viel Wert auf Waffen und Kleidung. Er kommt auch als Letzter auf dem Thing an.‘ – [Hrafn] var fálátr í skaplyndi, stórr ok ódæll ok mikill af sjálfum sér, verit lengi í víkingu ok bjósk mjǫk at vápnum ok klæðum. […] Austmaðrinn fór með honum. (c. 17) ‚Von einem Schiffsherrn namens Hrafn wird berichtet, dass er viel Wert auf Waffen und Kleidung lege. Er wird außerdem als zurückhaltend, groß, unverträglich und von sich selbst eingenommen

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beschrieben. Er war lange auf Vikingfahrt und wird als ,Norwegerʻ bezeichnet. Später entweiht er einen Tempel, weil er sein Schwert nicht ablegt.‘ Víglundar saga Þorgrímr gekk um beina, ok fannst mönnum mikit um, hversu gildr maðr ok sæmiligr hann var. Hann var sæmiliga klæddr, því at konungr lagði mikla virðing á hann, ok þótti þat mörgum hans mönnum við of ok lögðu mikla þykkju á Þorgrím þar fyrir. Lengt var nafn hans ok var kallaðr Þorgrímr prúði. (c. 5) ‚Alle bewundern die Ansehnlichkeit und Stattlichkeit Þorgrímrs. Er ist stets angemessen gekleidet, weil der König große Stücke auf ihn hält. Viele sind deshalb nicht gut auf ihn zu sprechen. Er wird bald Þorgrímr der ,Stolzeʻ genannt.‘ Þórðar saga hreðu Ásbjörn var drambsmaðr mikill at klæðabúnaði. (c. 3) ‚Ásbjǫrn Þorsteinsson hvíta wird als prahlerischer Mann in Bezug auf Kleidung beschrieben.‘ – Sá maðr kemr til sögunnar, er Jón hét […] Guðrún hét kona hans, ofláti mikill ok metnaðarfull […] Ok er þeir riðu heiman, mælti Guðrún við bónda sinn, at hann skyldi kaupa henni skikkju nökkura góða, því at hon var áburðarkona. (c. 4) ‚Guðrún, die Frau eines gewissen Jón, bittet ihren Mann, ihr einen guten Mantel zu besorgen. Sie wird als großspurig auftretend, eitel und hochmütig beschrieben. Außerdem ist sie auf ein prächtiges Erscheinungsbild bedacht.‘

8.1.4 Grenzen sozialer Kleiderdistinktion 8.1.4.1 Verkleidung Bárðar saga Snæfellsáss Var Helga þar með dul ok lá í yztu sæng í skála um vetrinn ok hafði fortjald fyrir. […] Hrafn leiddi þar einnhverr mestan grun á, ok eina nótt forvitnaðist hann undir tjaldit; sá hann, at Helga sat upp í einum serk. Honum sýndist konan fríð mjök. Vildi hann upp í sængina ok undir klæðin hjá henni, en hon vildi þat eigi. Tókust þau þá til ok skildu með því, at sundr gekk í Hrafni Austmanni inn hægri handleggr ok inn vinstri fótleggr. (c. 7) ‚Helga Bárðardóttir verbirgt sich im Winter im äußersten Bett einer Kammer und hat einen Vorhang vor sich gehängt. Der Norweger Hrafn schlägt den Vorhang zurück und betrachtet sie. Beim Versuch, der schönen Frau unter die Kleidung zu fassen, fügt ihm Helga schwere Wunden zu.‘ – Maðr stóð fyrir dyrum, mikill vexti, ok var í grám kufli ok studdist fram á klafakerlingu, er hann hafði í hendi. Sjá maðr heilsar bóndasyni með nafni, en Eiðr spyrr, hverr hann var; hann kveðst Gestr heita. (c. 11) ‚Ein Mann namens Gestr klopft bei Eiður Skeggjason an die Tür. Er trägt eine graue Kutte und stützt sich auf seinen Stab. Es handelt sich eigentlich um Bárðr selbst.‘

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Bjarnar saga Hítdœlakappa Hann gekk nú á eyna ok settisk undir bakka í hrísrunni einum, ok sá hann til skips; hann hafði kufl einn yztan klæða. (c. 7) ‚Þórðr Kolbeinsson will sich vor Bjǫrn Hítdœlakappi verstecken. Er setzt sich unter einen Busch und zieht einen Umhang über seine Kleider.‘ Brennu-Njáls saga ‚Skalt þú hafa váskufl yztan klæða ok undir sǫluváðarkyrtil mórendan; þar skalt þú hafa undir in góðu klæði þín ok taparøxi í hendi […] Fǫrunautar þínir skulu segja, at þar sé Kaupa-Heðinn inn mikli.‘ (c. 22) ‚Njáll empfiehlt Gunnarr Hámundarson, sich folgendermaßen zu verkleiden: Als Überbekleidung solle er einen Regenumhang tragen, darunter einen Lodenrock aus braun gestreiftem Stoff, darunter seine eigenen guten Kleider. Eine kleine Handaxt solle er ebenso mit sich führen. Als fahrender Händler ‚Kauf-Hedin‘ (Kaupa-Heðinn) soll Gunnarr durch geschicktes Ausfragen Hrútr Herjólfsson überlisten, um das Eigentum seiner Verwandten Unnr Marðar dóttir gígju zurückzuerhalten.‘ – Njáll var í blári kápu ok hafði þófahǫtt á hǫfði ok taparøxi í hendi. (c. 118) ‚Njáll trägt einen blauen Mantel und einen Filzhut. Auch eine kleine Axt hat er in der Hand, als er zuerst zu Ásgrímr Elliða-Grímsson reitet, und danach zum Thing zieht.‘ – Ástríðr af Djúpárbakka mælti til Helga: ‚Gakk þú út með mér, ok mun ek kasta yfir þik kvenskikkju ok falda þér við hǫfuðdúki.‘ Hann talðisk undan fyrst, en þó gerði hann þetta fyrir bœn þeira. Ástríðr vafði hǫfuðdúki at hǫfði honum, en Þórhildr lagði yfir hann skikkjuna, ok gekk hann út á meðal þeira. (c. 129) ‚Ástríðr af Djúpárbakka verkleidet ihren Schwager Helgi, bindet ihm ein Kopftuch um und Þórhildr gibt ihm einen Frauenmantel, damit er dem Mordbrand entkommen kann.‘ Droplaugarsona saga En er Án var í dóm settr, lét Helgi Ásbjarnarson koma þófahatt á hǫfuð honum til dular. (c. 4) ‚Án trúðr trägt bei Gericht zur Tarnung einen Filzhut.‘ Egils saga Skalla-Grímssonar Hann hafði síðan hatt yfir hjálmi, ok alvæpni hafði hann. (c. 59) ‚Egill zieht in York einen Hut über seinen Helm und ist vollständig bewaffnet.‘ Fljótsdœla saga Ok er þau töluðu þetta sín í milli, þá kemr þar inn maðr einn. Sá var í svörtum kufli. Þar var Nollar. Hann reikar utar ok innar eptir gólfinu ok lætr slúta höttinn. (c. 13) ‚Nollar trägt auf dem Hof von Þorbjǫrn Skeggjastðir einen schwarzen Kapuzenmantel, dessen Kapuze er tief ins Gesicht gezogen hat. Außerdem hat er Wollhosen an. Er wird zuvor als ‚schwarz‘, von böser Zunge, unbeliebt und wenig vermögend beschrieben. Sein Bruder wurde von den Söhnen der Droplaug erschlagen. Später berichtet er Bersi vom Besuch Helgis bei Helga und hofft, ihn so aufhetzen zu können.‘ – Sveinungr

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svarar: ‚Aldrei veit ek hvórt ek sá eigi áðan mann hlaupa fyrir ofan torfgrafirnar í ljósum klæðum, ok sá hinn sami hleypr nú þar suðr í fjallit.‘ (c. 19) ‚Der Sohn Sveinungr Þórissons trägt nur einen weißen Kittel und Hosen aus einfachem Stoff. Er wird von seinem Vater ohne Handschuhe und Kapuze losgeschickt, um das Vieh zusammenzutreiben. Dies dient allerdings als Finte, da die Verfolger Gunnarr Þiðrandabanis ihn für ihr Zielobjekt halten.‘ – Þorkell sér, at þar gengr fram maðr einn í blám kyrtli ok í heklu grárri. Sá maðr var ákafliga þrekligr, en eigi hár. Hann hafði bjarta öxi í hendi. Maðrinn var ljós á hár, réttleitr ok vel í yfirbragði. Þorkell spyrr, hverr sá maðr væri hinn drengiligi. Hann segir til sín ok kveðst Gestr heita. (c. 21) ‚Guðrún Ósvífrsdóttir nimmt Gunnar Þiðrandabani auf, er tarnt sich in einem blauen Kittel mit grauem Überwurf und nennt sich Gestr.‘ Flóamanna saga Sá maðr var á Grænlandi, er Án inn heimski hét; hann hljóp um allt land, kunnr öllum mönnum. Þorgils lá í einum leynivági ok hafnleysu. Eitthvert sinn stígr Þorgils á bát ok rær frá skipinu. Hann sér matsveina á landi, ok höfðu graut í kötlum. Þorgils hafði vánd klæði, er hann kom til þeira. Þeir spurðu, hverr hann var. Þorgils svarar: ‚Ek heiti Án.‘ Þeir hlógu at honum, enda lét hann heimskliga. (c. 26) ‚Þorgils verkleidet sich als Tölpel Án inn heimski. Dazu trägt er schlechte Kleidung.‘ Fóstbrœðra saga Ok er þeir váru komnir á skip, þá gengr maðr út á skipsbryggjuna. Sá hefir síðan hatt, mikill maðr vexti, herðibreiðr ok þykkr, ok máttu þeir eigi sjá hans ásjánu. Sá maðr kvaddi Skúf. Hann tók kveðju hans ok spurði hann at nafni. Hann kvezk Gestr heita. (c. 20) ‚Ein hoch gewachsener, breitschultriger dicker Mann mit einem Hut auf dem Kopf, der sein Gesicht verdeckt, nennt sich Gestr und will mit nach Grönland fahren.‘ – Ríss hann nú upp ok tekr yfir sik feld sinn ok snýr út inu svarta á feldinum. Hann tekr øxi sína í hønd sér ok setr hǫtt á hǫfuð sér, gengr til búðar Þorgríms ok Egill með honum; […] en er Þormóðr var kominn undir búðina, þá tók veðrit at þykkna. Þormóðr gerði ýmisst, at hann horfði í himininn upp eða niðr í jǫrðina fyrir sik. […] Þá vildi Þorgrímr upp rísa af stólinum. Þormóðr høggr þá í hǫfuð honum ok klýfr hann í herðar niðr, brá síðan øxinni undir feld sinn […] hann snýr þá feldinum ok lét þá horfa út it hvíta. (c. 23) ‚Þormóðr tötet Þorgrímr trolli Einarsson. Auf dem Weg zu seinem Opfer trägt er seinen Wendemantel mit der schwarzen Seite nach außen und einen Hut auf dem Kopf. Nach dem Totschlag wendet er seinen Mantel und trägt ihn nun mit der weißen Seite nach außen.‘ – Þeir fara fram til sjóvarins ok fram fyrir nesit, þat sem fram gekk í sjóinn. Þar mœta þeir manni í hvítum feldi ok spyrja hann at nafni. Hann nefndisk Vígfúss. (c. 23) ‚Þormóðr nennt sich auf der Flucht Vígfúss und entkommt zunächst.‘ – Nú skipta þeir skikkjunum; tekr Oddi við blári kápu en fær Torráði verjuna, ok ferr hann í. (c. 23) ‚Þormóðr tauscht mit Lúsa-Oddi seinen Mantel. Er kann unter falscher Identität noch zwei weitere Rachetotschläge ausführen.‘

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Gísla saga Súrssonar Þá mælti Gísli: ‚Opt hefir þú mér hlýðinn verit ok minn vilja gǫrvan, ok á ek þér góðu at launa.‘ […] Hann varpar þá af sér kápunni ok mælti: ‚Kápu þessa vil ek gefa þér, vinr, ok vil ek, at þú njótir nú þegar ok farir í kápuna, ok sitt síðan í sleðanum, þeim sem síðar ferr, en ek mun leiða eykina ok vera í kufli þínum.‘ (c. 20) ‚Gísli schenkt seinem Knecht seinen eigenen blauen Mantel, er selbst zieht dessen Kutte über, um sich vor Feinden zu schützen.‘ – [Gísli segir:] ‚En ek mun skipta klæðum við þrælinn sem eitt sinn fyrr, ok mun ek fara á bátinn með Bóthildi.‘ […] Ok er þeir skilja, þá mælti Bóthildr: ‚Hvat er nú til ráðs?‘ […] Þá segir Gísli […]: ‚Þú skalt segja […] at hér sé fíflit innan borðs, en ek mun sitja í stafni ok herma eptir því ok vefja mik í vaðnum ok vera stundum útan borðs ok láta sem ek má œriligast, ok ef nǫkkur berr þá um fram, mun ek róa sem ek má ok leita þess á, at sem skjótast skili með oss.‘ (c. 26) ‚Gísli tauscht abermals die Kleidung mit einem Knecht, um seinen Verfolgern zu entkommen. Zusätzlich benimmt er sich wie der Ingjaldsfífl.‘ – Ok er Gestr er albúinn, koma til hans sveinar tveir ok klæddir illa ok hǫfðu stafi í hǫndum. Þess verða menn vísir, at Gestr hefir launtal við sveinana, ok verða menn þess vísir, at þeir biðja hann fars ok hann veitir þeim. (c. 28) ‚Zwei äußerst schlecht gekleidete Männer mit jeweils einem Stab in der Hand bitten Gestr inn spaki Oddleifsson um eine Mitfahrgelegenheit zum Thing. Es handelt sich bei den Personen um verkleidete Rächer.‘ Gisls þáttr Illugasonar Gisl fór til bœjarins ok gerði þat bragð á með ráði Hákonar, húsbónda síns, að hann lét steypa heitu vaxi í andlit sér, ok lét þar harðna á; var hann þá vanheiligr at sjá. (c. 1) ‚Auf Anraten seines Gastgebers Hákon trägt Gisl heißes Wachs auf sein Gesicht auf. Das ausgehärtete Wachs lässt ihn wie ein Aussätziger aussehen, sodass er seine Rache zunächst unerkannt ausführen kann.‘ – Eptir þat tóku þeir bað, ok í því var blásit; hljóp Teitr þegar ór baðinu; var hann í skyrtu ok línbrókum ok hafði gullhlað um enni, en yfir sér skarlats-skikkju hálfskipta, rauða ok brúna, ok undir grá skinn, ok snúit út skinnunum. […] Þeir gengu snúðigt eptir strætinu, ok varð af gnýr mikill, en konan hafði gört skjá fyrir stófuna. Hon hljóp af húsinu ok sagði Gisli: ‚Mikil óhamingja er þat, er þú komt hér niðr, því at nú fara hér konungsmenn.‘ (c. 4) ‚Teitr, der Sohn des isländischen Bischofs Gizurr und einige Landsmänner befreien nach einem Bad Gisl aus dem Kerker. Teitr trägt Leinenhemd und -hosen, ein goldenes Band um die Stirn und einen zweifarbigen Scharlachmantel in Rot und Braun, der mit grauem Eichhörnchenpelz gefüttert ist. Die Fellseite hat er nach außen gekehrt. Die weibliche Kerkerwache hält Teitr für einen Gefolgsmann des Königs.‘ Grettis saga Ásmundarsonar [Grettir] fekk sér svartan kufl ok steypði útan yfir klæði ok dulðisk svá. (c. 47) ‚Grettir trägt nachts zur Tarnung eine schwarze Kutte.‘ – Þessi maðr hafði síðan hatt á hǫfði ok sá ógløggt í andlit honum […] en hannn kvazk Loptr heita. (c. 54) ‚Grettir begegnet Hallmundr, der sich Loptr nennt und einen breitkrempigen Hut trägt.‘ – Hann […]

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tók sér annan búning ok hafði síðan hǫtt niðr fyrir andlitit ok hafði staf í hendi. (c. 63) ‚Grettir verkleidet sich und zieht sich einen Hut tief ins Gesicht, um Verfolger in die Irre zu führen.‘ – En hann fór upp til fjalla ok var í dularkufli. (c. 63) ‚Grettir muss Þórir abermals entkommen. Zu diesem Zweck zieht er sich eine Kutte mit Kapuze über, die ihn unerkannt bleiben lässt.‘ – Hann dulðisk ok nefndisk Gestr. (c. 64) ‚Grettir verkleidet sich und nennt sich Gestr.‘ – Var Gretti forvitni á at koma til þingsins, ok tekr fornan búning, heldr vándan. (c. 72) ‚Um sich auf dem Thing aufhalten zu können, verkleidet sich Grettir mit alter, abgetragener Kleidung.‘ – Þar var einn stafkarl milli annarra fátœkra manna, mikill vexti ok hafði sítt skegg […] Gátu menn þá upp grafit, at sá stafkarl […] var Þorsteinn drómundr. (c. 89) ‚Þorsteinn drómundr verkleidet sich als Bettler, um seine heimliche Geliebte Spes inkognito über eine Pfütze tragen zu können. Er war groß gewachsen und hatte einen langen Bart.‘ Gunnars þáttr Þiðrandabana Ok […] er menn taka handlaugar, þá heldr Gunnarr Þiðrandabani vatni yfir boðsmönnum ok Þorkeli Eyjólfssyni, ok hefir hatt síðan á höfði. Þorkell þykkisk kenna manninn ok spyrr hann at nafni. Hann nefndisk því nafni, sem honum líkaði, en eigi því, er hann hét. (c. 7) ‚Gunnarr verbirgt sich bei Guðrún Ósvífrsdóttir. Er trägt einen Hut auf dem Kopf und nennt Þorkell Eyjólfsson einen falschen Namen.‘ Halldors þáttr Snorrasonar I Ok at þessu moti sat einn maðr mikill, svá búinn sem munkr í blám kufli, ok hafði grímu fyrir andliti. […] En þenna mann kenndu vér allir fullgörla, at þetta var Óláfr konungr Tryggvason. (c. 4) ‚Einarr Þambarskelfir und seine beiden Gefährten werden von einem maskierten Mann in blauschwarzer Mönchskutte freigekauft. Später erkennen sie König Óláfr Tryggvason.‘ Hallfreðar saga vandræðaskálds Hallfreðr tók þá stafkarls gørvi; hann lét leggja lit í augu sér ok sneri um á sér hvǫrmunum ok gerði mikla breytni á yfirlitum sínum; langan bagga hafði hann á baki, ok var þar í sverð hans, Konungsnautr. (c. 6) ‚Hallfreðr nimmt die Bettlertracht an. Dafür färbt er sich die Augen, lässt die Lider nach außen biegen und verändert so sein gesamtes Äußeres. Er trägt außerdem einen großen Sack auf dem Rücken, in dem er sein Schwert aufbewahrt.‘ Harðar saga Grímkelssonar Bolli býst nú; hann hafði slitna skó ok vöruváðarkufl […] Hann kom til Þorsteins gullknapps ok nefndist Þorbjörn; sagðist vera sekr maðr. (c. 27) ‚Der Knecht Bolli verkleidet sich als Geächteter. Er zieht sich verschlissene Schuhe und einen einfachen Überwurf an. Er nennt sich Þorbjǫrn.‘

Kleidung und soziale Distinktion 

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Heiðarvíga saga Sitr hann í ǫðrum stafni, en Gestr í ǫðrum, ok hafði yfir sér loðkápu. Þekkir þá hvárr annan. (c. 11) ‚Gestr Þórhallason trägt einen Lodenmantel. Þorsteinn, der Sohn Styrs, der seinen Vater an ihm rächen will, erkennt ihn zunächst nicht.‘ – Var þar kominn Þorgísl Arason norðan um land frá brúðhlaupi sínu ok Snorri goði með honum, ok riðu saman átta tigir manna. Þá mælti Barði: ‚Tǫkum ofan búnað várn ok ríðum í flokkinn ok aldri meir en einn senn, ok munu þeir ekki í ráða, er myrkt er.‘ Ríðr Barði at Snorra goða ok hefir grímu á hǫfði sér ok hjalar við hann á vaðinu ok segir honum tíðendin. (c. 33) ‚Barði verkleidet sich, um im Gefolge des Goden Snorri nicht aufzufallen: Er lässt seine Männer ihre Kopfbedeckung abnehmen und zieht sich selbst eine Maske über das Gesicht.ʻ Kormáks saga Þar fengu þeir skip, er Þórðr átti; fara nú leiðar sinnar, koma til þings, þá er flestir váru áðr komnir, ganga til búðar Ólafs pá ór Hjarðarholti. Bersi var hans þingmaðr. Fjǫlmennt var í búðinni, ok fekksk Bersa ekki rúm; hann var vanr at sitja hjá Þórði; þat rúm var skipat; þar sat maðr mikill ok sterkligr í bjarnskinnsólpu ok gríma fyrir andliti. […] Bersi spyrr þenna mann at nafni. Honum er sagt, at hann heitir ýmisst Glúmr eða Skúma. (c. 12) ‚Bersi begibt sich auf dem Thing zur Bude Óláfr pás. Sein Platz ist jedoch schon von einem Mann mit Bärenpelz und Gesichtsmaske besetzt, der sich mal Glúmr, mal Skúma nennt. Es handelt sich dabei um Steinarr Ǫnundarson sjóna, einen Zauberer. Er soll Bersi von Kormákr bezahlen.‘ Króka-Refs saga [Narfi] lét gera sér kufl bláan, hafði hann ok jafnan svarðreip um sik; skegg hafði hann ok látit binda sér hvítt, ok lézt hann vera gamall kaupmaðr, gekk nú jafnan svá búinn um torg. (c. 16) ‚Refr gibt sich als Narfi aus, er lässt sich eine blaue Kutte anfertigen, trägt einen Gürtel aus Walrosshaut und lässt sich einen weißen Bart umbinden. So geht er mit einem Speer in der Hand auf den Marktplatz.‘ – Þá kom af landi ofan karl einn gamall við tvá stafi ok í vándri heklu ok hvítt skegg af hæru […] Hann nefndist Sigtryggr. (c. 20) ‚Refr verkleidet sich als alter Mann mit zwei Krücken, einem schäbigen Kapuzenmantel und einem grauen Bart. Er nennt sich Sigtryggr.‘ Laxdœla saga Nú kemr Þorkell til skálans, ok sér hann þá, hvar maðr sitr við vatnit við einn lœkjarós ok dró fiska; sá hafði feld á hǫfði. […] Síðan gengr hann fram at vatninu, þar sem maðrinn sat. Grímr sá skuggann mannsins, er bar á vatnit, ok sprettr hann upp skjótt. (c. 58) ‚Þorkell bemerkt den Geächteten Grímr, der am Seeufer sitzt und seinen Mantel über den Kopf gezogen hat.‘ – Gerir Þorgils nú klæðaskipti; steypir af sér kápu blári, en tók yfir sik váskufl einn grán. (c. 6) ‚Þorgils Hǫlluson zieht gegen Helgi Harðbeinsson, um Bolli zu rächen. Er tauscht seinen Mantel gegen einen grauen Kittel aus, um herauszufinden, wo sich Helgi aufhält.‘ – ‚Nú skulu konur þær, sem hér eru at selinu, snarask

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í karlfǫt ok taka hesta þá, er hér eru hjá selinu, ok ríða sem hvatast til vetrhúsa; kann vera, at þeir, sem nær oss sitja, þekki eigi, hvárt þar ríða karlar eða konur.‘ (c. 63) ‚Helgi Harðbeinsson befiehlt den Frauen in der Sennhütte Männerkleider anzuziehen und zum Hof zu reiten, um Zeit zu gewinnen.‘ – It fyrsta kveld veizlunnar, er menn gengu til vatns, stóð þar maðr mikill hjá vatninu; sá var herðimikill ok bringubreiðr; sá maðr hafði hatt á hǫfði. Þorkell spurði, hverr hann væri; sá nefndisk svá, sem honum sýndisk. (c. 69) ‚Gunnarr Þiðrandabani trägt einen Hut auf dem Kopf und leugnet seinen Namen.‘ Ljósvetninga saga Guðmundr mælti: ‚[…] Þú skalt fara norðr Vöðlaheidi ok fara með hesta tvá óvandaða ok lázk vera vestan […], því at þeim ertu líkastr, er þaðan koma. Ok lát sem þú farir þangat at hvalkaupum.‘ […] Ok gekk út kona ok hvarf inn aptr ok sagði Þorkatli, at maðr var kominn úti ok hafði tekit af hestunum […] Ok í því bili kom Rindill inn, ok rann ór hverju hans klæði, er hann var í. (c. 8) ‚Der Geächtete Rindill soll mit schlechten Packpferden und unter Angabe einer falschen Reiseroute einen Auftrag ausführen und dabei so tun, als ob er Walfleisch kaufen wolle. Am Ziel angekommen, hat er tropfnasse Kleidung und sucht bei Þorkell Unterschlupf.‘ Reykdœla saga ok Víga-Skútu En nú nefndisk Vémundr Bjǫrn ok kvazk vera reikunarmaðr einn ok sagðisk þar vildu bíða þings, ok beiddi hann bónda viðtǫku þessa stund. […] En Bjǫrn kvað svá mundu um verða búit, at bóndi mætti þessu vel una, tók nú ofan hǫttinn, ok kenndi bóndi þar Vémund kǫgur. (c. 15) ‚Vémundr kǫgurr Þórisson bringt einen ganzen Hof unter dem Decknamen Bjǫrn in Unordnung; er gibt sich zu erkennen, indem er den Hut vom Kopf nimmt.‘ – En Skúta snýr þangat, sem hann sá mann ganga með viðarbyrði. Ok nú skiptir hann klæðum við þenna mann, en tekr upp byrðina ok gengr vestr yfir á með ok hefir viðarøxina í hendi sér […] Ok í því reiðir hann upp øxina, Skúta, ok veitti Þorgeiri þegar banasár. (c. 25) ‚Skúta tauscht mit einem Holzverkäufer die Kleidung und erschlägt Þorgeirr Þórisson flatnefs.‘ – Skúta […] leitar nú ráðs, brýtr af skaptinu spjótit ok hefir fyrir staf, tekr af hestinum sǫðulinn, en snýr veslinu, ok reið nú at sauðum ok hóar fast á féit. (c. 26) ‚Skúta verkleidet sich, um den Leuten Glúmrs zu entkommen; dazu wendet er seinen Mantel und bricht die Spitze seines Speeres ab, um wie ein Schafhirt auszusehen.‘ Svarfdœla saga Síðan gengr hann utar frá ǫndvegi fyrir hvern mann ok spurði, hvárt nǫkkurr teldist honum jafnsnjallr, þar til er hann kom fyrir ǫndvegismann; sá lét dragast fætr af stokki ok hafði breiddan feld yfir hǫfuð sér. […] Moldi segir: ‚Þú ert drjúglátr, eða telst þú jafnsnjallr mér?‘ Þorsteinn segir: ‚Eigi nennik því at kallast jafnsnjallr þér, því at ek kalla þik þess kvikindis læti hafa, sem gengr á fjórum fótum ok vér kǫllum meri.‘ (c. 7) ‚Þorsteinn hat in der Halle des Jarls, als die Berserker eintreten, seinen Mantel über den Kopf gezogen und die Beine lang ausgestreckt. Anschließend verhöhnt er den Berserker Moldi.‘

Kleidung und soziale Distinktion 

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Vápnfirðinga saga Fyrir selinu stóð fjalhǫgg mikit ok þrífœtt: ‚Nú skulum vér taka fjalhǫggit,‘ kvað Bjarni, ‚ok fœra þat í kápu mína ok setja í sǫðul minn ok ríða á tvær hendr ok styðja á baki ok ríða á þat leiti, er næst er selinu, en ek mun ganga inn í selit. Ok ef þeir ríða eptir yðr ok um fram selit, þá mun ek ganga í skóginn ok forða mér. En ef þeir víkja hingat at selinu, þá mun ek verjask eptir því, sem min er drengskapr til.‘ (c. 16) ‚Für eine List wird ein Holzklotz als Reiter getarnt, indem ihm ein Mantel umgehängt wird.‘ Vatnsdœla saga Síðan mælti [Þórdís] við Þorkell: ‚Far þú nú í kufl minn inn svarta ok tak stafsprotann í hǫnd þér, er Hǫgnuðr heitir […] Nú skaltu ganga til Guðmundar ok drepa sprotanum þrisvar sinnum á ina vinstri kinn honum.‘ (c. 44) ‚Þorkell krafla muss bei einer Gerichtsverhandlung, auf der keine Einigung zu erzielen ist, folgenden Rat der Seherin Þórdís befolgen: Er soll sich ihren schwarzen Umhang anziehen und dem Widersacher Guðmundr mit dem Zauberstab dreimal auf die linke Wange schlagen (dadurch verliert er sein Gedächtnis und der Prozess kann zugunsten Þorkells ausgehen).‘ – [Hildr] tók […] síðann búnaðinn af hǫfði sér ok bjó hann með, en settisk í rúm hans. (c. 45) ‚Um ihren Sohn vor Totschlag zu schützen, zieht Hildr Hermundr ihre eigene Kopfbedeckung über, schickt ihn aus der Hütte und nimmt selbst seinen Platz ein. Hermundr wird verschont, die Parteien vergleichen sich.‘ Víga-Glúms saga Skúta […] brýtr spjótit af skapti ok hefir fyrir staf, tekr af sǫðulinn ok ríðr berbakt, snýr veslinu, ríðr at sauðum ok œpir hátt. (c. 16) ‚Skúta dreht den Umhang um, sattelt sein Pferd und bricht die Spitze seines Speeres vom Schaft ab. Zusätzlich ruft er laut nach Schafen.‘ – Sá maðr kom at hlaupandi, þar er þeir bǫrðusk, er var í skinnkufli ok hafði sverð í hendi. (c. 23) ‚Ein Mann, der eine Pelzkutte trägt, tritt in einem Kampf auf. Glúmr nennt ihn Þundarbenda. Tatsächlich ist es sein geächteter Sohn Vigfúss.‘ Víglundar saga En er þeir kómu í stofu, sá þeir, at Ólof sat á palli; settist Einarr niðr hjá henni ok talaði við hana. Í þessu kom maðr í stofuna bláklæddr ok hélt á brugðnu sverði. Maðrinn var ekki stórr vexti, en allreiðugligr var hann. Þeir spurðu hann at nafni, en hann nefndist Óttar […] inn bláklæddi maðr var Ólof sjálf. (c. 8) ‚Ólof verkleidet sich als Mann, um Eindringlinge einzuschüchtern. Sie trägt dunkelblaue Kleidung und sieht sehr zornig aus.‘ – Svá er sagt, at Ketilríðr hafi haft hinnu fyrir andliti sér ok hafi eigi viljat, at Víglundr hafi þekkt hana, ok svá þat, at Víglundr hafi eigi verit ráðinn í því at þekkja hana. (c. 21) ‚Ketilríðr trägt ein Häutchen vor dem Gesicht, um nicht erkannt zu werden.‘ Þórðar saga hreðu [Þórðr] hafði grímu yfir hjálminum ok duldist. Synir Þorvalds þóttust kenna hann ok sögðu föður sínum […] Bóndi spurði inn mikla mann at nafni. Hann sagðist Þórðr heita […]

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Þórðr var á Óslandi á laun, þar til sem hann var heill orðinn allra sára sinna. Þá talaði Þórðr með Þórhall bónda ok húsfreyju: ‚Svá er nú komit, at ek er heill orðinn sára minna, ok vil ek ekki lengr fara huldu höfði eða vera hér lengr en ykkr hjónum líkar vel.‘ (c. 7) ‚Þórðr wird von seinem Ziehsohn Eiðr gebeten, sich aus der Gegend zu entfernen. Er reitet daraufhin fort und trägt eine Maske über dem Helm und verbirgt sich so. Er wird allerdings von den Söhnen des Þorvaldr erkannt und nennt ihrem Vater wahrheitsgemäß seine Identität. Er bekommt nach einem Kampf Unterschlupf, möchte aber, als seine Wunden geheilt sind, nicht länger das Haupt verhüllen, und aufbrechen.‘ Þorleifs þáttr jarlsskálds Þorleifr býr sér nú stafkarls gørvi ok bindr sér geitarskegg ok tók sér eina stóra hít ok lét koma undir stafkarls gørvina ok bjó svá um, at öllum skyldi sýnask, sem hann æti þann kost, er hann kastaði í hítina, því at gíman hennar var uppi við munn honum undir geitarskegginu; síðan tekr hann hækjur tvær, ok var broddr niðr ór hvárri. (c. 4) ‚Þorleifr Ásgeirsson verkleidet sich als Bettler, bindet sich einen Ziegenbart um und verbirgt unter seiner Bettlerkleidung einen Sack aus Tierhaut. Diesen positioniert er so, dass sich die Öffnung des Sacks unter seinem Ziegenbart befindet. Alle Anwesenden sollen denken, dass Þorleifr seine Mahlzeiten verspeist, während er sie in dem Sack verschwinden lässt. Obendrein stattet er sich mit zwei Krücken aus, die am Ende jeweils mit einer Eisenspitze versehen sind.‘ Þorsteins saga hvíta Þorsteinn hafði spjót í hendi ok ullhǫtt á hǫfði. Konan vakði Einar. Hann spurði, hverr kominn væri. Hún sagði, at hann nefndisk Sigurðr. (c. 6) ‚Þorsteinn inn fagri Þorfinnsson reitet mit einem Wollhut auf dem Kopf und einem Speer in der Hand zu Einarr Þórisson und nennt sich Sigurðr. Er will Entschädigung für erlittenen Spott einfordern.‘ Ögmundar þáttr dytts ‚En feld hefir þú góðan, Ögmundr, ok vel litan, er tvískiptr er, ok vilda ek, at þú seldir mér feldinn‘. ‚Eigi vil ek selja feldinn‘, segir Ögmundr, ‚en ef þér lízk vel á, þá vil ek gefa þér‘. ‚Ok gef manna heilastr‘, sagði Gunnar, ‚ok vilda ek geta launat þér þessa gjöf; en heklu þessa skaltu fyrst hafa; má vera, at hon verði þér at gagni‘. Gekk Gunnarr þá upp í bœinn ok var í feldinum, en Ögmundr fór í hekluna. (c. 3) ‚Ögmundr dyttr und Gunnarr helmingr tauschen ihre Mäntel; Gunnarr bekommt den zweifarbigen Schaffellmantel, während Ögmundr fortan Gunnarrs prächtigen Kapuzenmantel aus Scharlach trägt.‘ – Ferr Gunnarr þá í búning skurðgoðsins. (c. 6) ‚Gunnarr helmingr verkleidet sich als ‚Freyr‘, indem er die Kleider des Götzenbildes anzieht.‘

Kleidung und soziale Distinktion 

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8.1.4.2 Devestitur und Selbstdevestitur Droplaugarsona saga Þá nefndi hon [Rannveig brestingr] sér vátta ok sagði skilit við Þorgrím skinnhúfu. Hon tók fǫt hans ǫll ok rak niðr í hlandgróf. (c. 9) ‚Rannveig brestingr lässt sich von Þorgrímr skinnhúfa í Miðbæ scheiden. Sie wirft seine Kleidung anschließend in eine Jauchegrube.‘ Grettis saga Ásmundarsonar Ok i hvert sinn, er Gísli sér ráðrúm til, kastaði hann einhverju klæði. […] Þá var Gísli í línklæðum einum ok gerðisk nú ákafliga móðr. […] [Grettir] rekr síðan skyrtuna fram yfir hǫfuð honum ok lætr ganga límann um bak honum ok báðar síðurnar. (c. 59) ‚Gísli devestiert sich selbst. Während er nach dem Kampf vor Grettir flieht, legt er Meter für Meter seine prächtigen Kleidungsstücke ab. Dies tut er so lange, bis er nur noch seine leinenen Unterkleider trägt. Als Grettir ihn zu fassen bekommt, zieht er ihm das Hemd über den Kopf und peitscht ihn aus.‘ Svarfdœla saga Ok er hann [Karl] var mjǫk búinn, sér hann, hvar tveir menn ganga ok leiddu konu í millum sín; þar kennir hann kaupunauta sína ok Yngvildi, ok hekk annarr trefill fyrir, en annarr á bak; þeir sǫgðu Karli: ‚Hér fǫru við með ambátt þá, er þú seldir okkr, ok hǫfu vit engu kaupi verr keypt; við bǫrðum hana aldri svá, at hon vili vinna fyrir okkr, ok vilju vit nú gjarna selja þér hana aptr.‘ Karl sagði: ‚Ek vil ok nú kaupa hana.‘ […] Hann leiddi hana til skips ok lét gera henni laug ok klæddi hana góðum klæðum. (c. 27) ‚Yngvildr fagrkinn Ásgeirsdóttir ist mit zwei Lumpen bekleidet, da sie als Magd verkauft worden ist. Karl Karlsson kauft sie zurück und gibt ihr schöne Kleider.‘ – En um várit helt hann til Svíþjóðar, ok er hann kom í einn kaupstað, kemr maðr af landi ofan, mikill ok illiligr, ok falar ambátt, ef nǫkkur væri fǫl. Karl segir: ‚Ek hefi at selja, ok mun þér dýr þykkja.‘ […] Ok einhvern dag gengr maðr af landi ofan ok leiðir eptir sér konu svá nǫkta, at aldri beið á henni ríðanda ræksn; hon var alblóðug ǫll. Karl spurði, með hvat hann færi […] Karl kaupir nú ambáttina […] en […] leiðir hana til skips, ok var þar Yngvildr fagrkinn […] Karl lætr gera henni laug ok fá henni góð klæði. (c. 27) ‚Karl verkauft Yngvildr ein zweites Mal als Magd. Sie wird kurze Zeit später blutüberströmt und nackt zurückgekauft und bekommt von Karl abermals gute Kleider.‘

8.1.4.3 Die Kleidung der Zauberer und magische Kleidung Bárðar saga Snæfellsáss Hetta er nefnd tröllkona; hon átti byggð í Ennisfjalli ok var in mesta hamhleypa ok ill viðskiptis bæði við menn ok fénað. (c. 8) ‚Hetta (‚Kapuze‘) lautet der Name einer bösen Zauberin.‘ – Ingjaldr var vanr at hafa yfir sér einn skinnfeld stóran, ok var hann þar í skipinu hjá honum; tók hann þá feldinn ok lét yfir sik til skjóls. (c. 8) ‚Ingjaldr, der von Hetta verflucht wird, wird von einem rotbärtigen Mann namens Grímr angegriffen.

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Er hat aus Gewohnheit einen großen Fellmantel bei sich. Diesen zieht er sich zum Schutz über.‘ – Opt sveimaði Bárðr um landit ok kom víða fram. Var hann svá optast búinn, at hann var í grám kufli ok svarðreip um sik, klafakerlingu í hendi ok í fjaðrbrodd langan ok digran; neytti hann ok hans jafnan, er hann gekk um jökla. (c. 9) ‚Bárðr trägt zumeist eine graue Kutte mit einem Riemen aus Walrosshaut um sich, hat eine Axt und einen langen und dicken Speer in der Hand.‘ – Síðan bjóst Gestr. Konungr fekk honum fjörutigi járnskó, og váru dýndir innan. […] Sax gaf konungr Gesti ok sagði þat bíta mundu, ef til þurfti at taka; dúk gaf hann honum ok bað hann vefja honum um sik, áðr en hann gengi í hauginn. (c. 18) ‚Gestr bekommt von König Óláfr Tryggvason 40 eiserne Schuhe, die mit Daunen ausgepolstert sind. Als weitere Geschenke erhält er ein Schwert und ein Tuch, das er um sich wickeln soll, bevor er in einen Grabhügel steigt.‘ Brennu-Njáls saga Svanr tók geitskinn eitt ok veifði um hǫfuð sér. (c. 12) ‚Svanr wickelt sich ein Ziegenfell um den Kopf und beginnt zu zaubern.‘ Egils þáttr Síðu-Hallssonar Þá kemr þar maðr af landi ofan hlaupandi, geystr mjök, ok kallaði út á skipin ok segir sik eiga nauðsynja ørendi at finna konungi, en þeir gefa engan gaum at kalli hans. Tóku þeir þá at sigla með björgum nökkurum fram, ok bar eitt skipit fram hjá öðrum skipunum nökkut svá. Ok er þeim manni, er kallat hafði, þótti þeim daufheyrask við, þá hleypr hann fram eptir björgunum ok kastar ofan á skipit, þat er fyrst ferr, glófum, ok sýndisk þeim svá sem dust ryki af þeim, ok síðan hleypr sá maðr á brott. En þat fylgir sendingu þessi, at sótt kemr á skipit mikil ok tekr svá fast, at menn fá varla óœpandi, ok fengir margir bana af. (c. 2) ‚Ein lappischer Zauberer wirft ein Paar Handschuhe auf eines der Schiffe König Óláfr helgis. Aus den Handschuhen tritt Staub aus, der eine schwere Seuche verursacht.‘ Eiríks saga rauða En er [Þorbjǫrg] kom um kveldit […] þá var hon svá búin, at hon hafði yfir sér tuglamǫttul blán, ok var settr steinum allt í skaut ofan; hon hafði á hálsi sér glertǫlur, lambskinnskofra svartan á hǫfði ok við innan kattskinn hvít; ok hon hafði staf í hendi, ok var á knappr; hann var búinn með messingu ok settr steinum ofan um knappinn; hon hafði um sik hnjóskulinda, ok var þar á skjóðupungr mikill, ok varðveitti hon þar í tǫfr sín, þau er hon þurfti til fróðleiks at hafa. Hon hafði á fótum kálfskinnsskúa loðna ok í þvengi langa, ok á tinknappar miklir á endunum. Hon hafði á hǫndum sér kattskinnsglófa, ok váru hvítir innan ok loðnir. (c. 4) ‚Die Seherin Þorbjǫrg trägt einen blauen Mantel mit Spangen, der bis zum Saum mit kostbaren Steinen besetzt ist. Um den Hals trägt sie Glasperlen, auf dem Kopf eine schwarze Lammfellmütze, die innen mit weißem Katzenfell gefüttert ist. In der Hand hat sie einen Stab mit Knauf. Dieser ist mit Messing verziert und oben am Knauf mit Steinen besetzt. Um den Leib trägt sie einen Zundergürtel, an dem ein großer Lederbeutel für ihre Zaubermittel hängt. Sie trägt

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außerdem Schuhe aus Kalbfell mit langen starken Riemen, die mit Messingknöpfen an den Enden besetzt sind sowie Handschuhe aus Katzenfell, die innen mit weißem Fell gefüttert sind.‘ Eyrbyggja saga [Katla] fœrði […] Odd, son sinn, í kyrtil móbrúnan, er hon hafði þá nýgǫrt […] Ekki festi vápn á Oddi Kǫtlusyni. (c. 18) ‚Die Hexe Katla í Holti kleidet ihren Sohn Oddr in einen neu angefertigten, dunkelbraunen Rock, als Þorbjǫrn digri und seine Männer wegen ihrer verschwundenen Pferde auf den Hof kommen. Beim darauf folgenden Kampf kann Oddr keine Waffe etwas anhaben.‘ – Síðan sveipaði [Arnkell] klæðum at hǫfði Þórólfi ok bjó um hann eptir siðvenju. (c. 33) ,Zum Schutz vor dem bösen Blick wird dem verstorbenen Þórólfr bægifótr ein Kleidungsstück um den Kopf gewunden.ʻ Fóstbrœðra saga Kolbakr býsk til ferðar, en Gríma lauk upp ǫrk einni, er hon átti, ok tekr þar upp vindur nǫkkurar ok mikit hǫggsax, fornt ok hvasst og bitrligt, lætr þat koma í hǫnd Kolbaki […] Kolbakr tók við saxinu. En Gríma lét vindurnar koma í meðal stakka Kolbaki. Hon fór hǫndum um hann allan ok svá klæði hans. […] Sverðit [Þormóðar] beit eigi, því at Kolbakr var svá magnaðr af yfirsǫngum Grímu, at hann bitu ekki vápn. (c. 9) ‚Die Zauberin Gríma schickt Kolbakr zu einem Hof mit Einschlag zum Weben. Sie steckt ihm die Garnknäuel unter den Mantel, gibt ihm einen Sax in die Hand, und streicht mit ihren Händen über seine gesamte Kleidung. Später beißt ihn kein Schwert.‘ – Nú gengr Bersi inn í stufuna […] ok sér eigi Kolbak, þar er hann sitr gagnvert honum, því at Gríma hafði brugðit huliðshjálmi yfir hann, svá at menn máttu eigi sjá hann. (c. 10) ‚Gríma breitet eine Tarnkappe über Kolbakr. Bersi sucht nach dem Knecht, kann ihn aber aufgrund der Tarnung nicht finden.‘ Grettis saga Ásmundarsonar [Grettir] hafði rǫggvarfeld yfir sér ok kneppði annat skautit niðr undir fœtr sér, en annat snaraði hann undir hǫfuð sér ok sá út um hǫfuðsmáttina. (c. 35) ‚Grettir hat einen zottigen Pelz über sich, den einen Zipfel unter seinen Füßen und den anderen unter dem Kopf. Auf diese Weise versucht er, sich vor dem Wiedergänger Glámr zu schützen.‘ Gull-Þóris saga ‚Ek vil gefa þér gjafir til þess, at þú hverfir aptr ok leitir annarra féfanga. Þú skalt þiggja at mér kyrtil góðan, þann er þér man hlífa við eldi ok vápnum, ok þar með hjálm ok sverð. Ek skal ok gefa þér glófa þá, er þú mant enga fá slíka, því at liði þínu mun óklaksárt verða, ef þú strýkr þeim með. Þessa glófa skaltu á höndum hafa, þá er þú bindr sár manna, ok man skjótt verk ór taka. Kníf ok belti læt ek hér eptir, ok þat skaltu jafnan á þér hafa. Ek mun ok gefa þér tuttugu merkr gulls ok tuttugu merkr silfrs.‘ (c. 3) ‚Agnarr bietet Þórir seine gesamte Kleidung, Waffen und Silber an, um ihn davon abzuhalten, den Grabhügel zu erbrechen. Dazu gehören auch Agnarrs Handschuhe,

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die dafür sorgen können, dass seine Männer unbeschadet bleiben, wenn er an ihnen damit entlang streicht. Verbindet er Wunden, während er die Handschuhe trägt, heilen diese schneller ab.‘ – Þórir fór af klæðum sínum ok gerði sik léttbúinn; hann fór í kyrtil Agnarsnaut ok tók glófana, beltit ok knífinn ok línu mjóva, er Agnarr fekk honum. (c. 4) ‚Þórir rüstet sich mit den Geschenken Agnarrs gegen Ketilbjǫrn.‘ – Tók hann þá fót Hyrnings ok strauk með glófunum, ok tók þegar ór allan verkinn. (c. 4) ‚Þórir heilt mit den Handschuhen die Wunde des Hyrningr.‘ – Kerling hafði ráð fyrir liði þeira, ok hon hafði huliðshjálm yfir skipinu, meðan þau reru yfir fjörðinn til Þórisstaða. (c. 17) ‚Die Hexe Kerling breitet eine Tarnkappe über ein Schiff.‘ Harðar saga Grímkelssonar [Þorbjörg katla] sækir þá sveipu sína ok veifði upp yfir höfuð sér; þá gerði myrkr mikit at þeim. (c. 25) ‚Die Hexe Þorbjǫrg katla schwenkt ihr Kopftuch und erzeugt so Dunkelheit.‘ Hávarðar saga ĺsfirðings Óláfr lagðisk niðr í skyrtu ok brókum, því at hann hafði aldri fleiri klæði; hann kastaði á sik feldi einum. Ok er var dagsett, gekk Þormóðr inn í skálann […] Hann sá, at rekkja var skipuð, er ekki var vani á; var hann ekki allgestrisinn, snýr hann þangat ok þrífr í feldinn. Óláfr vill eigi laust láta ok heldr, þar til at þeir skipta feldinum með sér. (c. 2) ‚Der Wiedergänger Þormóðr á Bakka zerreißt den Schaffellmantel des Óláfr bjarnylr Hávarðsson.‘ Kjalnesinga saga [Esja segir:] ‚Nú vil ek, at þú breytir búnaði þínum; hefi ek hér nú loðkápu, er ek vil at þú berir; skyrta er hér annat klæði; þat þyki mér líkara, at hon slitni ekki skjótt, hvárki fyrir vápnum né fyrnsku; sax er hér inn þriði gripr; þess væntir mik, at þat nemi hvergi í höggi stað, því at þú munt nú skjótt verða at reyna, hversu þér bíta vápnin.‘ (c. 8) ‚Búi Andríðsson, ein kolbítr, erhält von seiner Ziehmutter Esja ein magisches Hemd, das weder durch Waffen noch durch Zauber zerstört werden kann, einen Lodenmantel und ein Schwert.‘ – Hon gerði honum þá laug ok strauk hvert bein á honum. Síðan klæddi hon hann um morguninn sem henni líkaði ok bað hann vel fara. (c. 9) ‚Am Morgen vor dem Holmgang mit Kolfiðr zieht die zauberkundige Esja ihren Sohn so an, wie es ihr beliebt.‘ – Sem konungr og mikit fjölmenni var þar komit, þá bjóst Búi til fangs. Hann fór í skyrtu sína, þá er Esja hafði gefið honum ok fyrr gátum vér; síðan steypti hann yfir sik fangastakki þeim, er Rauðr gaf honum. (c. 15) ‚Búi bekommt von Rauðr ein Ringkampfhemd, das ihn beim Kampf gegen einen blámaðr vor Schmerzen bewahren soll. Vor dem Kampf zieht er sowohl Rauðrs Geschenk als auch das Zaubergewand seiner Mutter über.‘ – Búi hafði öll góð vápn; hann var í skyrtu sinni Esjunaut. […] Síðan veitti hann Kolfinni þat slag, at hann tók í sundr í miðju. Búi var þá ok sárr nökkut bæði á höndum ok fótum, þar sem eigi hafði skyrtan hlíft. (c. 16) ‚Búi trägt das von seiner Ziehmutter gefertigte Hemd auch im Kampf gegen Kolfiðr. Er geht als Sieger hervor.‘

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Kormáks saga Þar fengu þeir skip, er Þórðr átti; fara nú leiðar sinnar, koma til þings, þá er flestir váru áðr komnir, ganga til búðar Ólafs pá ór Hjarðarholti. Bersi var hans þingmaðr. Fjǫlmennt var í búðinni, ok fekksk Bersa ekki rúm; hann var vanr at sitja hjá Þórði; þat rúm var skipat; þar sat maðr mikill ok sterkligr í bjarnskinnsólpu ok gríma fyrir andliti. […] Bersi spyrr þenna mann at nafni. Honum er sagt, at hann heitir ýmisst Glúmr eða Skúma. (c. 12) ‚Bersi begibt sich auf dem Thing zur Bude Óláfr pás. Sein Platz ist jedoch schon von einem Mann mit Bärenpelz und Gesichtsmaske besetzt, der sich mal Glúmr, mal Skúma nennt. Es handelt sich dabei um Steinarr Ǫnundarson sjóna, einen Zauberer. Er soll Bersi von Kormákr bezahlen.‘ Laxdœla saga Sá atburðr varð einnhvern dag um þingit, at fest váru út klæði manna til þerris. Þorgils átti blá heklu; hon var breidd á búðarvegginn. Menn heyrðu, at heklan kvað þetta: Hangir vǫt á vegg, veit hattkilan bragð, þvígit optar þurr, þeygi dylk, at hon viti tvau. (c. 67) ‚Auf dem Thing wird Kleidung zum Trocknen aufgehängt. Thorgils Hǫlluson besitzt einen blauschwarzen Kapuzenmantel, der über der Budenwand ausgebreitet wird. Dieser spricht plötzlich eine Strophe, die auf einen Betrug hinweist.‘ – Þat er sagt einhverja nótt, at meyna Herdísi dreymði, at kona kœmi at henni; sú var í vefjarskikkju ok faldin hǫfuðdúki […] Um morgininn eptir lét Guðrún taka upp fjalar ór kirkjugólfinu, þar sem hon var vǫn at falla á knébeð; hon lét grafa þar niðr í jǫrð. Þar fundusk undir bein; þau váru blá ok illilig; þar fannsk ok kinga ok seiðstafr mikill. Þóttusk menn þá vita, at þar mundi verit hafa vǫluleiði nǫkkut. (c. 76) ‚Herdís Bolladóttir, der Tochter Bolli Bollasons erscheint im Traum eine Zauberin; diese trägt einen Mantel aus isländischer Wolle. Ihr Kopf ist mit einem Tuch umhüllt. Guðrún lässt daraufhin in der Kirche graben, wo schließlich das Grab der Zauberin mitsamt ihrem Zauberstab entdeckt wird.‘ Ljósvetninga saga Ok var Þórhildr úti ok gyrð í brœkr ok hafði hjálm á höfði ok øx í hendi. (c. 11) ‚Die heidnisch gesinnte Þórhildr hat ihren Rock in die Hosen gesteckt. Sie hatte einen Helm auf dem Kopf und eine Axt in der Hand.‘ Orms þáttr Stórólfssonar ‚Nú eru hér glófar, at ek vil gefa þér, ok fylgir sú náttura, at þeim verðr aldri aflafátt, sem þá hefir á höndum.‘ (c. 8) ‚Menglöð, die Halbschwester des Riesen Brúsi, schenkt Ormr ein paar Handschuhe, die ihren Träger davor bewahren, die Körperkraft zu verlieren.‘

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Reykdœla saga ok Víga-Skútu Ok nú segir Steinfinnr, at Ísgerðr hafði þar komit, frá Bárðartjǫrn, ok rekit fótaskinn sitt um hǫfuð honum húskarlinum, – ‚ok af því varð myrkrit ok svá vindrinn, sá er henni feykði ofan til naustanna.‘ (c. 14) ‚Mithilfe der Hexe ĺsgerðr kann die Braut Þóra Hallsteinsdóttir geraubt werden. Sie erzeugt Dunkelheit, indem sie einem Knecht ihren Fußsack um den Kopf schlingt.‘ Vatnsdœla saga Hann kvazk sét hafa hrúgu eina mikla ok koma undan fram rautt klæði. Þorsteinn mælti: ‚Þar muntu sét hafa Hrolleif ok blótklæði hans.‘ (c. 26) ‚Ein Knecht der Ingimundssöhne kann im Hause Hrolleifrs einen Haufen erkennen, aus dem roter Stoff heraushängt. Þorsteinn hält den Stoff für das Opfergwand Hrolleifrs.‘ – [Hrolleifr] hafði ok kyrtil þann, er móðir hans hafði gǫrt honum ok eigi festi járn á. (c. 19) ‚Hrolleifr inn mikli, der selbst als bösartig gilt, besitzt einen Rock, den kein Eisen beißt. Seine Mutter Ljót, eine Zauberin, hat ihn hergestellt. Sein Gegner Oddr bezeichnet den Rock abfällig als Zauberkittel.‘ – Þorgrímr hét maðr ok var kallaðr skinnhúfa; hann var fjǫlkunnigr mjǫk ok þó at ǫðru illa. (c. 29) ‚Ein Mann, der als zauberkundig und bösartig beschrieben wird, heißt Þorgrímr skinnhúfa (‚Pelzmütze‘).‘ – Hon […] veifði gizka eða dúki, þeim er hon hafði knýtt í gull mikit, er hon átti. (c. 36) ‚Die böse Zauberin Gróa schwenkt ein Tuch, in das sie viel Gold geknotet hat, und spricht einen Schadenszauber aus.‘ – Síðan sveifði hann [Bárðr] gizka till fjalls, ok tók þá af veðrit. (c. 47) ‚Der Zauberer Bárðr stirfinn ändert das Wetter, in dem er eine Art Tuch in Richtung eines Berges schwenkt.‘ Víglundar saga Allt vissi Kjölvör þetta ok fór upp á hús ok veifði kofra sínum í austrætt, ok þykknaði skjótt veðrit. (c. 12) ‚Die Hexe Kjölvör schwenkt ihre Haube Richtung Osten, woraufhin sich das Wetter schon bald verschlechtert.‘ Þíðranda þáttr ok Þórhalls Hann gekk þá undir viðarköstinn ok heyrði, at riðit var norðan á völlinn. Hann sá, at þar váru konur níu ok váru allar í svörtum klæðum ok höfðu brugðin sverð í höndum. Hann heyrði ok, at riðit var sunnan á völlinn; þar váru ok níu konur, allar í ljósum klæðum ok á hvítum hestum. Þá vildi Þíðrandi snúa inn aptr […] Þá bar þar at fyrr konurnar, þær inar svartklæddu, ok sóttu at honum, en hann varðisk vel ok drengiliga. (c. 3) ‚Þíðrandi SíðuHallsson bemerkt in der Nacht Reiter, die von Norden auf ihn zukommen. Es handelt sich um neun schwarz gekleidete Frauen mit gezogenen Schwertern in ihren Händen. Von Süden her nähern sich ihm ebenfalls neun Frauen, aber in hellen Kleidern und auf weißen Pferden. Als Þíðrandi wieder in die Stube umkehren will, greifen ihn die neun schwarz gekleideten Frauen an; er stellt sich ihnen tapfer entgegen. Die Frauen werden später als Fylgien der Verwandten Síðu-Hallrs gedeutet und ihr Erscheinen als Zeichen für den Glaubenswechsel erkannt.‘

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Þórsteins þáttr uxafóts Hon var stórskorin mjök í andliti, en álits bæði svört ok blá; hon lá í einum silkiserk; hann var því líkastr sem hann væri þveginn í mannablóði. (c. 10) ‚Ein Trollweib trägt ein seidenes Untergewand, das aussieht als wäre es in Menschenblut gewaschen worden. Sie hat außerdem sehr grobe Gesichtszüge und ihr Äußeres ist schwarz und blau.‘ Þorvalds þáttr víðförla Á næstu nótt eptir sýndisk sá inn flærðarfulli spámaðr Koðráni mjök gagnstaðligr því, sem fyrr var hann vanr at birtask honum, með björtu ok blíðligu yfirliti og ágætliga búinn; en nú var hann í svörtum ok herfiligum skinnstakki, dökkr og illiligr í ásjónu. (c.  2) ‚Nach dem wiederholten Begießen mit Weihwasser erscheint Koðráns Seher, der früher vornehme Kleidung getragen hatte, in einem unansehnlichen schwarzen Fellkittel. Obendrein wirkt sein Äußeres düster und furchteinflößend.‘

8.2 Kleidung und Geschlecht 8.2.1 Textilherstellung Brennu-Njáls saga [Dǫrruðr] sá, at menn riðu tólf saman til dyngju nǫkkurrar ok hurfu þar allir. Hann gekk til dyngjunnar ok sá inn í glugg einn, er á var, ok sá, at þar váru konur inni ok hǫfðu vef upp fœrðan. Mannahǫfuð váru fyrir kljána, en þarmar ór mǫnnum fyrir viptu ok garn, sverð var fyrir skeið, en ǫr fyrir hræl. (c. 157) ‚Ein Mann namens Dǫrruðr sieht 12 Leute zu einer Webkammer reiten und alle darin verschwinden. Er geht zur Kammer und wirft einen Blick durch das Fenster; ein paar Frauen haben im Inneren der Kammer ein Gewebe aufgespannt; Menschenköpfe dienen als Gewichte und Menschengedärme als Schuss und Kette, als Webbrett dient ein Schwert, als Schiffchen ein Pfeil. Die Frauen sprechen daraufhin das Darraðarlióð.‘ Eyrbyggja saga Katla sat á palli ok spann garn; hon bað Odd sitja hjá sér […] Ok er þeir Arnkell kómu […] heilsaði Katla Arnkatli ok spurði at tíðendum; Arnkell kvazk engi segja ok spyrr, hvar Oddr sé. (c. 20) ‚Die Hexe Katla sitzt auf einer Querbank und spinnt Garn vom Rocken. Ihr Sohn Oddr sitzt neben ihr, ist aber für Arnkell und seine Männer, die nochmals wegen des Pferdediebstahls auf den Hof zurückkehren, unsichtbar.‘ – Þórgunna vann váðverk hvern dag. (c. 50) ,Þórgunna webt jeden Tag.ʻ Fóstbrœðra saga Gríma mælti um myrgininn: ‚Nú vil ek skipa til verka í dag. Stól minn mun ek setja á stufugólf mitt; þar vil ek, Þormóðr, at þú sitir á, þá er menn koma; vil ek ekki, at þú rísir upp af stólnum, meðan Þórdís er á bœnum. Nú þó at þér þykki nǫkkurar nýlundur í ge-

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rask, eða þér sýnisk ófriðr at þér borinn, þá rís þú ekki upp af stólinum, því at ekki mun stoða at hrøkkva í hyrningar undan, ef þér verðr bana auðit. Gamli skal festa upp ketil og sjóða sel; þú skalt bera sorp á eldinn ok lát verða mikinn reyk í húsunum. Ek mun sitja í durum ok spinna garn ok taka við komǫndum.‘ (c. 23) ‚Die zauberkundige Gríma will Þormóðr während einer Haussuchung verstecken. Sie lässt ihn auf einem Stuhl mitten im Raum Platz nehmen. Ihr Mann soll Seehund kochen, während sie selbst bei der Ankunft der Widersacher in der Tür sitzen und Garn spinnen wird.‘ Laxdœla saga Þá mælti Guðrún: ‚Misjǫfn verða morginverkin; ek hefi spunnit tólf álna garn, en þú hefir vegit Kjartan.‘ (c. 49) ‚Guðrún sagt zu Bolli: Ungleich geraten frühe Tagwerke. Ich habe zwölf Ellen Garn gesponnen, du aber hast Kjartan erschlagen.‘

8.2.2 Kleidung und hvǫt Brennu-Njáls saga Hon tók skikkjuna ok þerrði þar með blóðit allt ok vafði þar í blóðlifrarnar ok braut svá saman skikkjuna ok lagði í kistu sína. (c. 112) ‚Hildigunnr Starkaðardóttir nimmt den Mantel ihres erschlagenen Mannes Hǫskuldr an sich und wischt sein Blut damit auf. Anschließend verwahrt sie ihn in einer Truhe.‘ – Hildigunnr gekk þá fram í skála ok lauk upp kistu sinni; tók hon þá upp skikkjuna, er Flosi hafði gefit Hǫskuldi, ok í þeiri hafði Hǫskuldr veginn verit, ok hafði hon þar varðveitt í blóðit allt. (c. 116) Hildigunnr holt den blutigen Mantel ihres Mannes aus der Truhe hervor. – Hon gekk þá innar í stofuna með skikkjuna. […] Hildigunnr lagði þá yfir Flosa skikkjuna; dunði þá blóðit um hann allan. (c. 116) ‚Hildigunnr wirft Flosi den blutigen Mantel ihres Mannes zu, um ihn zur Rache aufzuhetzen. Sollte er dem nicht Nachkommen, solle er ein níðingr (Feigling) sein.‘ – Hon tók þá línhúfu ór pússi sínum alblóðga ok raufótta ok mælti: ‚Þessa húfu hafði Hǫskuldr Njálsson á hǫfði sér, þá er þeir vágu hann.‘ (c. 124) ‚Hróðný Hǫskulds dóttir ins hvíta zeigt ihrem Bruder Ingjaldr Hǫskuldsson die blutige Leinenmütze ihres Sohnes Hǫskuldr und will ihn vom Totschlag an Njáll abhalten.‘ Grœnlendinga saga Þat var einn morgin snimma, at Freydís stóð upp ór rúmi sínu ok klæddisk ok fór eigi í skóklæðin; en veðri var svá farit, at dǫgg var fallin mikil. Hon tók kápu bónda síns ok fór í, en síðan gekk hon til skála þeira brœðra […] Hon stígr upp í rúmit kǫldum fótum, ok vaknar hann Þorvarðr við ok spyrr, hví at hon væri svá kǫld ok vát; hon svarar með miklum þjósti: ‚Ek var gengin […] til þeira brœðra at fala skip at þeim, ok vilda ek kaupa meira skip; en þeir urðu við þat svá illa, at þeir bǫrðu mik ok léku sárliga; en þú, vesall maðr, munt hvárki vilja reka minnar skammar né þinnar, ok mun ek þat nú finna, at ek

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em í brottu af Grœnlandi, ok mun ek gera skilnað við þik, útan þú hefnir þessa.‘ (c. 8) ‚Freydís Eiríksdóttir steht auf, kleidet sich an, nimmt den Mantel ihres Mannes, zieht aber weder Schuhe noch Strümpfe an; sie geht durch den nassen Tau und sucht Finnbogi zum Verhandlungsgespräch auf. Als sie zurückkehrt, fragt ihr Mann, warum sie so nass und kalt sei. Als Grund gibt sie Misshandlung durch Finnbogi an und hetzt somit Þorvarðr zum Mord an Finnbogi und seinem Bruder auf.‘ Laxdœla saga Fám nóttum síðar en Guðrún hafði heim komit, heimti hún sonu sína til máls við sik í laukagarð sinn; en er þeir koma þar, sjá þeir, at þar váru breidd niðr línklæði, skyrta ok Iínbrœkr; þau váru blóðug mjǫk. Þá mælti Guðrún: ‚Þessi sǫmu klæði, er þit sjáið hér, frýja ykkr fǫðurhefnda; nú mun ek ekki hafa hér um mǫrg orð, því at ekki er ván, at þit skipizk af framhvǫt orða, ef þit íhugið ekki við slíkar bendingar ok áminningar.‘ (c. 60) ‚Guðrún zeigt ihren Söhnen das blutbefleckte Leinenhemd und die blutige Leinenhose ihres Vaters, um sie zur Rache aufzuhetzen.‘ Vápnfirðinga saga Þorgerðr … saman (?) ok selr í hǫnd Bjarna. Hann tekr við ok rekr í sundr, ok var hon blóði drifin. (c. 14) ‚Þorgerðr silfra Þorvaldsdóttir zeigt Bjarni Brodd-Helgason womöglich Helgis blutigen Mantel, den er bei seiner Erschlagung getragen hat, um Bjarni zur Rache anzustiften.‘

8.2.3 Transvestismus, níð und die Grenzen geschlechtlicher Kleiderdistinktion Bjarnar saga Hítdœlakappa Þess er nú við getit, at hlutr sá fannsk í hafnarmarki Þórðar, er þvígit vinveittlegra þótti; þat váru karlar tveir, ok hafði annarr hǫtt blán á hǫfði; þeir stóðu lútir, ok horfði annarr eptir ǫðrum. Þat þótti illr fundr, ok mæltu menn, at hvárskis hlutr væri góðr, þeira er þar stóðu, ok enn verri þess, er fyrir stóð. (c. 17) ‚An einer Gebietsabgrenzung Þórðrs ist eine Neidstange errichtet worden. Diese zeigt zwei Männer in gebeugter Haltung, der vordere trägt einen blauen Hut auf dem Kopf.‘ Brennu-Njáls saga Njáll tók silkislœður ok bóta ok lagði á ofan á hrugana […] Flosi gekk í lǫgrettu at hyggja at fénu ok mælti: ‚Þetta fé er mikit ok gott ok vel af hǫndum greitt, sem ván er at.‘ Síðan tók hann upp slœðurnar […] ‚Ef þú vill þat vita, þá mun ek segja þér, hvat ek ætla: þat er mín ætlan, at til hafi gefit faðir þinn, karl inn skegglausi – því at margir vitu eigi, er hann sjá, hvárt hann er karlmaðr eða kona.‘ […] Síðan tók Sparpheðinn til sín slœðurnar, en kastaði brókum blám til Flosa ok kvað hann þeira meir þurfa. Flosi mælti: ‚Hví mun ek þeira meir þurfa?‘ Skarpheðinn mælti: ‚Því þá – ef þú ert brúðr Svínfellsáss, sem sagt er, hverja ina níundu nótt ok geri hann þik at konu.‘ (c. 123) ‚Njáll legt als Dreingabe

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

zur dreifachen Mannesbuße für seinen Ziehsohn Hǫskuldr ein Seidengewand und ein paar Stiefel auf den Silberhaufen. Flosi behauptet, nur ein so weibischer Kerl wie Njáll könne ein solches Seidengewand gegeben haben. Skarpheðinn beschimpft daraufhin Flosi, reißt das Gewand an sich und wirft ihm eine blaue Hose zu, die er besser gebrauchen könne, weil er jede neunte Nacht dem Troll vom Svínafell als Geliebte diene.‘ – Ástríðr af Djúpárbakka mælti til Helga: ‚Gakk þú út með mér, ok mun ek kasta yfir þik kvenskikkju ok falda þér við hǫfuðdúki.‘ Hann talðisk undan fyrst, en þó gerði hann þetta fyrir bœn þeira. Ástríðr vafði hǫfuðdúki at hǫfði honum, en Þórhildr lagði yfir hann skikkjuna, ok gekk hann út á meðal þeira. (c. 129) ‚Ástríðr af Djúpárbakka verkleidet ihren Schwager Helgi, bindet ihm ein Kopftuch um und Þórhildr gibt ihm einen Frauenmantel, damit er dem Mordbrand entkommen kann.‘ Grœnlendinga saga Þat var einn morgin snimma, at Freydís stóð upp ór rúmi sínu ok klæddisk ok fór eigi í skóklæðin; en veðri var svá farit, at dǫgg var fallin mikil. Hon tók kápu bónda síns ok fór í, en síðan gekk hon til skála þeira brœðra […] Hon stígr upp í rúmit kǫldum fótum, ok vaknar hann Þorvarðr við ok spyrr, hví at hon væri svá kǫld ok vát; hon svarar með miklum þjósti: ‚Ek var gengin […] til þeira brœðra at fala skip at þeim, ok vilda ek kaupa meira skip; en þeir urðu við þat svá illa, at þeir bǫrðu mik ok léku sárliga; en þú, vesall maðr, munt hvárki vilja reka minnar skammar né þinnar, ok mun ek þat nú finna, at ek em í brottu af Grœnlandi, ok mun ek gera skilnað við þik, útan þú hefnir þessa.‘ (c. 8) ‚Freydís Eiríksdóttir steht auf, kleidet sich an, nimmt den Mantel ihres Mannes, zieht aber weder Schuhe noch Strümpfe an; sie geht durch den nassen Tau und sucht Finnbogi zum Verhandlungsgespräch auf. Als sie zurückkehrt, fragt ihr Mann, warum sie so nass und kalt sei. Als Grund gibt sie Misshandlung durch Finnbogi an und hetzt somit Þorvarðr zum Mord an Finnbogi und seinem Bruder auf.‘ Laxdœla saga Þórðr brosti at ok mælti: ‚Hér kann ek gott ráð til. Gerðu honum skyrtu ok brautgangs hǫfuðsmátt ok seg skilit við hann fyrir þessar sakar.‘ (c. 34) ‚Þórðr Ingunnarson rät Guðrún Ósvífrsdóttir, ihrem Mann ein Hemd mit einem solchen Halsausschnitt anfertigen zu lassen, der einen Scheidungsgrund darstellt.‘ – Þá mælti Guðrún: ‚Hvárt er þat satt, Þórðr, at Auðr, kona þín, er jafnan í brókum, ok setgeiri í, en vafit spjǫrrum mjǫk í skúa niðr?‘ Hann kvazk ekki hafa til þess fundit. ‚Lítit bragð mun þá at,‘ segir Guðrún, ‚ef þú finnr eigi, ok fyrir hvat skal hon þá heita Bróka-Auðr?‘ Þórðr mælti: ‚Vér ætlum hana litla hríð svá hafa verit kallaða.‘ Guðrún svarar: ‚Hitt skiptir hana enn meira, at hon eigi þetta nafn lengi síðan.‘ (c. 35) ‚Guðrún rät Þórðr im Gegenzug dazu, sich von Auðr scheiden zu lassen, da sie angeblich Hosen mit Zwickel trage und Wadenbinden, die bis zu den Schuhen herabreichten.‘ – Nǫkkuru fyrir sólarfall sté Auðr á bak, ok var hon þá at vísu í brókum. […] Þá vakði Auðr Þórð, en hann snerisk á hliðina, er hann sá, at maðr var kominn. Hon brá þá saxi ok lagði at Þórði ok veitti honum áverka mikla, ok kom á hǫndina hœgri; varð hann sárr á báðum geirvǫrtum; svá lagði hon til

Kleidung und Emotionen 

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fast, at saxit nam í beðinum staðar. (c. 35) ‚Auðr reitet mit Männerhosen bekleidet und mit einem Schwert bewaffnet nach Laugar und fügt ihrem treulosen Ehemann Þórðr Ingunnarson schwere Wunden zu.‘ Ljósvetninga saga Ok var Þórhildr úti ok gyrð í brœkr ok hafði hjálm á höfði ok øx í hendi. (c. 11) ‚Die heidnisch gesinnte Þórhildr hat ihren Rock in die Hosen gesteckt. Sie hatte einen Helm auf dem Kopf und eine Axt in der Hand.‘ Vatnsdœla saga [Hildr] tók […] síðann búnaðinn af hǫfði sér ok bjó hann með, en settisk í rúm hans. (c. 45) ‚Um ihren Sohn vor Totschlag zu schützen, zieht Hildr Hermundr ihre Kopfbedeckung über, schickt ihn aus der Hütte und nimmt selbst seinen Platz ein. Hermundr wird verschont, die Parteien vergleichen sich.‘ Víglundar saga En er þeir kómu í stofu, sá þeir, at Ólof sat á palli; settist Einarr niðr hjá henni ok talaði við hana. Í þessu kom maðr í stofuna bláklæddur ok hélt á brugðnu sverði. Maðrinn var ekki stórr vexti, en allreiðugligr var hann. Þeir spurðu hann at nafni, en hann nefndist Óttar […] inn bláklæddi maðr var Ólof sjálf. (c. 8) ‚Ólof verkleidet sich als Mann, um Eindringlinge einzuschüchtern. Sie trägt dunkelblaue Kleidung und sieht sehr zornig aus.‘

8.3 Kleidung und Emotionen 8.3.1 Aggression und Mordlust oder blátt er litur dauðans Bandamanna saga Oddr […] gengr á brott ok heim til búðar; ok í búðasundunum gengr maðr einn í mót þeim, gamall ok hrumr, ok hafði kápu svarta ok ein ermr á, bugstaf í hendi ok broddr í. (c. 5) ‚Der Vater Oddrs, Ófeigr Skíðason, kommt zum Thing, um seinem Sohn, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt hat, zu helfen. Er trägt einen schwarzen Mantel mit nur einem Ärmel und hat einen Stab mit Eisenzwinge in der Hand.‘ Bárðar saga Snæfellsáss Ok er þeir kvámu norðr fyrir Dumbshaf, kom maðr af landi ofan ok réðst í ferð með þeim; hann nefndist Rauðgrani; hann var eineygr; hann hafði bláflekkótta skautheklu ok kneppta niðr í milli fóta sér. (c. 18) ,Ein einäugiger Mann namens Rauðgrani trägt einen blaugefleckten Kapuzenmantel mit Zipfeln, der zwischen den Füßen geknöpft wird. In Wirklichkeit handelt es sich um Óðinn.ʻ

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

Bjarnar saga Hítdœlakappa Þórðr reið einn saman í blári kápu. […] Þat hǫfðu þau at sýslu þann dag, Bjǫrn ok móðir hans, at þau breiddu niðr lérept ok þurrkuðu, er vát hǫfðu orðit. Hon tók til orða: ‚Maðr ríðr þar,‘ segir hon, ‚í blári kápu ok er alllíkr Þórði Kolbeinssyni, ok hann er ok, ok mun hans ørendi óþarft.‘ (c. 11) ‚Þórðr Kolbeinsson reitet in einem blauen Mantel zu Bjǫrn, um ihm Unterkunft anzubieten. Bjǫrns Leute erkennen ihn und befürchten Unannehmlichkeiten.‘ – Ok er hann kom ór garði, vill hann fara þá gǫtu, er skemmri er, ferr um hríð ok sér menn fyrir sér at sauðahúsum nǫkkurum. Hann þóttisk vita, at Þórðr myndi vera ok menn með honum; sjá þóttisk hann sex menn. Bjǫrn bjósk at verja sik, ef þyrfti. Hann var í blári kápu, ok gyrði hann at útan ok brá síðan sverðinu; (c. 25) ‚Þórðr Kolbeinsson versucht, Bjǫrn zu überfallen. Bjǫrn rechnet mit einem Angriff, macht sich vorsichtshalber zur Verteidigung bereit und zieht einen dunkelblauen Mantel an.‘ Brennu-Njáls saga Skarpheðinn […] var í blám stakki ok hafði tǫrguskjǫld ok øxi sína reidda um øxl […] [Kári] hafði silkitreyju ok hjálm gyldan, skjǫld, ok var dreginn á leó […] [Helgi] hafði rauðan kyrtil ok hjálm ok rauðan skjǫld ok markaðr á hjǫrtr. Allir váru þeir í litklæðum. (c. 92) ‚Skarpheðinn Njálsson, sein Bruder Helgi und Kari waren, als sie Þráinn Sigfússon töten wollen, folgendermaßen gekleidet: Skarpheðinn hat einen blauen Kittel an, Kari ein seidenes Wams und Helgi einen roten Rock und alle haben entsprechende Bewaffnung bei sich. Sie alle tragen gefärbte Kleidung.‘ – Njáll var í blári kápu ok hafði þófahǫtt á hǫfði ok taparøxi í hendi. (c. 118) ‚Njáll trägt einen blauen Mantel und einen Filzhut. Auch eine kleine Axt hält er in der Hand, als er zuerst zu Ásgrímr ElliðaGrímsson reitet, und danach zum Thing zieht.‘ – Skarpheðinn glotti við ok var svá búinn, at hann var í blám kyrtli ok í blárendum brókum, ok uppháva svarta skúa; hann hafði silfrbelti um sik ok øxi þá í hendi, er hann hafði drepit Þráin með […] ok silkihlað um hǫfuð ok greitt hárit aptr um eyrun. (c. 120) ‚Skarpheðinn trägt auf dem Thing einen blauen Rock, blaugestreifte Hosen, schwarze Schuhe mit hohem Schaft, einen silberbeschlagenen Gürtel und eine Axt. Eine Seidenschärpe hat er um den Kopf. Seine Haare hatte er aus dem Gesicht gekämmt. Er wird von Þorkell hákr als bedrohlich, Unglück bringend und bösartig aussehend bezeichnet. Skarpheðinn verhöhnt ihn anschließend und bedroht ihn.‘ – Síðan tók Sparpheðinn til sín slœðurnar, en kastaði brókum blám til Flosa ok kvað hann þeira meir þurfa. Flosi mælti: ‚Hví mun ek þeira meir þurfa?‘ Skarpheðinn mælti: ‚Því þá – ef þú ert brúðr Svínfellsáss, sem sagt er, hverja ina níundu nótt ok geri hann þik at konu.‘ (c. 123) ‚Skarpheðinn wirft Flosi eine blaue Hose zu und beschimpft ihn als Braut des Trolls vom Svínafell.‘ – [Hallr] reið í blári kápu ok hafði litla øxi í hendi silfrrekna. (c. 147) ,Síðu Hallr kommt in einem blauen Mantel und mit einer kleinen, silberbeschlagenen Axt in der Hand auf den Hof von Þorrgeirr skorargeirr Þórisson geritten. Es gilt, einen Vergleich für den Mordbrand auszuhandeln.ʻ

Kleidung und Emotionen 

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Egils saga Skalla-Grímssonar Þá reið þar maðr fyrir, í blári kápu, hafði hjálm á hǫfði gullroðinn, en skjǫld á hlið gullbúinn, í hendi krókaspjót, var þar gullrekinn falrinn; hann var sverði gyrðr. (c. 81) ‚Egill reitet in einem blauen Mantel, mit einem vergoldeten Helm, einem Gold verzierten Schild und einem goldbeschlagenen Hakenspeer sowie dem Schwert am Gürtel zum Frühjahrsthing.‘ Eyrbyggja saga Geirríðr hafði blá skikkju yfir sér. Ok er ferð þeira var sén ór Holti, er Kǫtlu sagt, at nú væri fjórtán menn saman ok einn í litklæðum. (c. 20) ‚Geirríðr Þórólfsdóttir kommt Arnkell Þórolfsson und seinen Leuten auf dem Rückzug von der Suche nach Oddr entgegen. Sie bittet die Männer, nochmals umzukehren. Geirríðr wirft sich einen blauen Mantel um und wird daraufhin schon von Weitem von Katla erkannt, als ihr Leute von 14 Männern, einem davon in farbiger Kleidung berichten.‘ – Snorri goði var í blári kápu ok reið fyrstr. (c. 47) ‚Der Gode Snorri trägt einen blauen Mantel, als er nach Kambr reitet, um Bjǫrn Breiðvíkingakappi töten zu lassen.‘ Fljótsdœla saga Maðr er nefndr Nollar. Hann bjó á þeim bæ, er heitir á Nollarsstöðum. Þat er hit næsta Arneiðarstöðum. Nollar átti fé lítit, en mikla ómegð, ok hafði þat mest til atvinnu, er hann leigði. Hann var verkmaðr mikill, svartr maðr, manna mestr, kvittinn var hann, illorðr ok óvinsæll, ok í öllu var hann óþokkamaðr. (c. 13) ‚Nollar trägt auf dem Hof von Þorbjǫrn Skeggjastðir einen schwarzen Kapuzenmantel, dessen Kapuze er tief ins Gesicht gezogen hat. Außerdem ist er mit Wollhosen bekleidet. Er wird zuvor als ‚schwarz‘, von böser Zunge, unbeliebt und wenig vermögend beschrieben. Sein Bruder wurde von den Söhnen der Droplaug erschlagen.‘ Flóamanna saga Svá er sagt eitthvert sinn, at Þórðr frétti, at Hrafn var riðinn út í Einarshöfn til skips ok var einn í reið ok ætlaði heim um kveldit. Hrafn var í blári kápu ok gyrðr sverði ok hafði spjót mikit í hendi, ok gullrekinn á falrinn. Þeir feðgar höfðu átt spjót þat; hann hafði eigi við bardaga búizt. (c. 9) ‚Hrafn Þorviðarson trägt einen blauen Mantel und ist mit einem Schwert gegürtet, außerdem hat er einen großen Speer in der Hand, der am Schaft mit Gold eingelegt ist. Sonst ist er nicht weiter zum Kampf gerüstet.‘ Fóstbrœðra saga Nú skipta þeir skikkjunum; tekr Oddi við blári kápu en fær Torráði verjuna, ok ferr hann í. (c. 23) ‚Þormóðr tauscht mit Lúsa-Oddi seinen (hier) blauschwarzen Mantel. Er nennt sich Torráðr und kann unter falscher Identität noch zwei weitere Rachetotschläge ausführen.‘

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

Gísla saga Súrssonar ‚Ek þóttumk kenna, at Vésteinn var hér kominn,‘ sagði Rannveig, ‚ok var í blári kápu ok spjót í hendi ok reið við hrynjandi.‘ ‚En hvat segir þú, Geirmundr?‘ ‚Ógǫrla sá ek til; en húskarl ætla ek Ǫnundar ór Meðaldal, ok var í kápu Gísla, en sǫðulreiði Ǫnundar ok í hendi fiskistǫng og veðrar af upp.‘ (c. 12) ‚Nach Aussage der Magd Rannveig trägt Vésteinn einen dunkelblauen Mantel und hat einen Speer in der Hand. Geirmundr Ingjaldsson aber hält ihn für einen Knecht Ǫnundrs und behauptet, er trage Gíslis Mantel.‘ – Hann tekr spjótit Grásíðu ór ǫrkinni ok er í kápu blári ok í skyrtu ok í línbrókum, ok gengr hann síðan til lœkjar þess, er fellr á milli bœjanna ok tekit var neytingarvatn af hvárumtveggja bœnum. Hann gengr gǫtu til lœkjarins, en veðr síðan lœkinn til gǫtu þeirar, er lá til hins bœjarins. Gísla var kunnig húsaskipan á Sæbóli. (c. 16) ‚Gísli trägt einen blauschwarzen Mantel, darunter Hemd und Leinenhosen. Mit seinem Speer Grásiða in der Hand macht er sich auf den Weg nach Sæból.‘ Harðar saga Grímkelssonar Þat var einn dag […] at Geirr gekk einn samt heiman; hann hafði vararfeld yfir sér. Geirr sér þá, hvar flokkr manna fór, ok var einn af þeim í blári kápu. Þeir finnast skjótt; spyrja þeir hann at nafni. Geirr segir til it sanna ok spyrr, hverir þeir eru. Sá kveðst Arnþórr heita, er fyrir þeim var, ok vera féhirðir Gunnhildar konungamoður. Þeir föluðu at Geir feldinn, en hann vildi eigi selja; þá greip einn af honum feldinn […] Í því brá Geirr sverði ok hjó á hönd Arnþóri fyrir ofan ölboga, svá at af tók […] Nú mæddi Arnþór bloðrás […] ok dó litlu síðar af blóðrás. (c. 13) ‚Geirr hat in Norwegen einen handelsüblichen Schafspelz um und trifft damit auf den Schatzmeister Gunnhildrs, Arnþórr, der einen kostbaren blauen Mantel trägt. Es entbrennt ein Gerangel um Geirrs Mantel, und schließlich wird Arnþórr tödlich verwundet.‘ – Maðr stóð úti fyrir húsinu í blárendi heklu […] ‚Bjǫrn heiti ek,‘ segir sjá, ‚ok kennda ek þik, þegar ek sá þik, ok hefir ek þó ekki sét þik fyrri […] Veit ek, at þér ætlið at brjóta haug Sóta víkings, ok mun yðr þat eigi greitt veita, ef þér eruð einir í aktaumum; en ef svá ferr sem ek get til, at yðr vinnist eigi at brjóta hauginn, þá vitja þú mín.‘ (c. 15) ‚Hróarr und Hǫrðr begegnen einem Mann in einem blau gestreiften Kapuzenmantel. Er heißt Bjǫrn und will sie bei ihrem Gang in Sótis Hügel unterstützen.‘ Hávarðar saga ĺsfirðings Ok er þeir kómu upp at mǫlinni, hljóp maðr at þeim með reidda øxi. Sá var í blám stakki ok gyrðr í brœkr. Þeir snúa í mót honum, ok er þeir fundusk, kenndu þeir þar Torfa Valbrandsson, ok fǫgnuðu þeir honum vel. (c. 11) ‚Nachdem Hávarðr Þorbjǫrn Þjóðreksson erschlagen hat, sehen er und seine Männer einen Mann in einem blauen Obergewand, das er in die Hosen gesteckt hat. Er schwingt eine Axt. Hávarðr erkennt Torfi Valbrandsson.‘

Kleidung und Emotionen 

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Hrafnkels saga Freysgoða Hann ríðr í blám klæðum. Øxi hafði hann í hendi, en ekki fleira vápna. (c. 3) ‚Hrafnkell reitet in dunkelblauer Kleidung mit einer Axt zu den Weiden, um Einarr Þorbjarnarson zu töten.‘ – Þá er hraun stórt fyrir vestan, ok er þeir koma á hraunit, þá lítr sveinninn aptr ok mælti til Eyvindar: ‚Menn ríða þar eptir oss,‘ segir hann, ‚eigi færi en átján. Er þar mikill maðr á baki í blám klæðum, ok sýnisk mér líkt Hrafnkeli goða‘. (c. 8) ‚Hrafnkell verfolgt Eyvindr Bjarnason in dunkelblauen Kleidern, was dessen Tod zur Folge hat.‘ Króka-Refs saga Litlu síðar […] kemr maðr í skemmuna; sá var í blám klæðum ok lét mikit yfir sér […] ‚Er ek því hér kominn,‘ segir [Grani], ‚at ek vil mér konu kaupa.‘ (c. 16) ‚Skálp-Grani schleicht sich in blauer Kleidung zu Refrs Frau Helga.‘ Laxdœla saga Gerir Þorgils nú klæðaskipti; steypir af sér kápu blári, en tók yfir sik váskufl einn grán. (c.  62) ‚Þorgils Hǫlluson zieht gegen Helgi Harðbeinsson, um Bolli zu rächen. Er tauscht seinen blauschwarzen Mantel gegen einen grauen Kittel, um herauszufinden, wo sich Helgi aufhält.‘ – Sá atburðr varð einnhvern dag um þingit, at fest váru út klæði manna til þerris. Þorgils átti blá heklu; hon var breidd á búðarvegginn. Menn heyrðu, at heklan kvað þetta: ‚Hangir vǫt á vegg, veit hattkilan bragð, þvígit optar þurr, þeygi dylk, at hon viti tvau.‘ (c. 67) ‚Auf dem Thing wird Kleidung zum Trocknen aufgehängt. Thorgils Hǫlluson besitzt einen blauschwarzen Kapuzenmantel, der über der Budenwand ausgebreitet wird. Dieser spricht plötzlich eine Strophe, die auf einen Betrug hinweist.‘ Valla-Ljóts saga [Halli] steig þá af baki hesti sínum, ok sitr hann nú í skóginum, þar til er hann sá mann ríða í blári kápu yfir ána, ok þar kennir hann Torfa. Hann sprettr upp ok hleypr at honum ok hjó hann banahǫgg. (c. 1) ‚Halli Sigurðarson erschlägt Torfi í Torfufelli, der ihm in einem blauen Mantel entgegenreitet.‘ – Hann átti tvennan búnað, blán kyrtil stuttan ok øxi snaghyrnda, ok var vafit járni skaptit; þá var hann svá búinn, er víghugr var á honum. En þá er honum líkaði vel, hafði hann þá brúnan kyrtil ok bryntrǫll rekit í hendi. (c. 2) ‚Ljótr Ljótólfsson trägt einen kurzen blauen Rock und eine geschweifte Axt mit eisenbeschlagenem Schaft, wenn die Mordlust ihn antreibt; ist er zufrieden, trägt er einen braunen Rock und eine geschweifte Axt.‘ – Þá mælti fǫrunautr Halla: ‚Menn eru þar‘, sagði hann. Halli svarar: ‚Má vera, at þat sé Bersi, sonr minn.‘ Hann svaraði: ‚Þat eru ekki várir menn; þeir váru tólf saman ok einn í blám kyrtli ok hefir øxi snaghyrnda í hendi.‘ (c. 4) ‚Ein Begleiter Hallis entdeckt Ljótr, der einen blauen Rock trägt und eine Axt mit sich führt. Halli wird daraufhin erschlagen.‘ – Þorvarðr gengr þó út ór tjaldinu með honum á hólinn, ok tǫluðusk þar við. Þá kómu þar at þeim níu menn svartklæddir […] Þeir báru vápn á hann þegar ok vágu hann þar. (c. 5) ‚Neun Männer in schwarzen Kleidern kommen zum Markt. Sie erschlagen Þorvardr Þorgrímsson.‘

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

Vatnsdœla saga Hann var þá gamall ok nær blindr. Hafði hann ok þá af hǫndum látit ǫll fjárforráð ok svá bú. Sveinn var honum fenginn til fylgðar. Ingimundr var í blári kápu. Sveinninn leiddi hestinn undir honum. (c. 22) ‚Der alte und beinahe blinde Ingimundr reitet zum Fluß, um seine Söhne gegen den bösartigen Hrolleifr zu unterstützen. Dazu trägt er einen dunkelblauen Mantel. Ingimundr wird von Hrolleifrs Speer in die Brust getroffen und stirbt.‘ Víga-Glúms saga Þá stóð Glúmr upp ok varð þó eigi fyrr búinn en at dagmálum. Hann tók þá feldinn blá ok spjótit gullrekna í hǫnd sér, lét sǫðla hest sinn. En Ástríðr sagði: ‚Mjǫk vandar þú nú, sonr minn, búning til heyverksins.‘ Hann svarar: ‚Eigi fer ek opt til at vinna, en bæði skal þá gera mikit at ok búask vel til, ok kann ek þó ekki vel til verksins at skipa; mun ek ríða til Hóla upp ok þiggja heimboð at Þorsteini, bróður mínum.‘ (c. 8) ‚Glúmr zieht den blauen Mantel, das Geschenk von Vigfúss, an und nimmt den goldbeschlagenen Speer in die Hand und begibt sich so zu seinem Bruder Þorsteinn Eyjólfsson. Seine Mutter bemerkt die sorgfältig gewählte Kleidung.‘ Víglundar saga En er þeir kómu í stofu, sá þeir, at Ólof sat á palli; settist Einarr niðr hjá henni ok talaði við hana. Í þessu kom maðr í stofuna bláklæddr ok hélt á brugðnu sverði. Maðrinn var ekki stórr vexti, en allreiðugligr var hann. Þeir spurðu hann at nafni, en hann nefndist Óttar […] inn bláklæddi maðr var Ólof sjálf. (c. 8) ‚Ólof verkleidet sich als Mann, um Eindringlinge einzuschüchtern. Sie trägt dunkelblaue Kleidung und sieht sehr zornig aus.‘ Þorsteins þáttr uxafóts Öðrumegin í hauginum sá hann sitja tólf menn. Þeir váru allir bláklæddir. Sá var [einn] þeira mestr ok mjök illiligr […] Allir lítask honum inir bláklæddu menn harðfengari. (c. 6) ‚Þorsteinn folgt dem Wiedergänger Brynjarr in dessen Grabhügel; dort sitzen Brynjarrs Gefolgsleuten zwölf Männer in dunkelblauer Kleidung gegenüber. Der Größte von ihnen sieht sehr unheimlich aus. Alle blau gekleideten Männer scheinen ihm sehr streitbar.‘

8.3.2 Liebe und Zuneigung Eiríks saga rauða Leifr gaf henni fingrgull ok vaðmálsmǫttul grœnlenzkan ok tannbelti. (c. 5) ‚Leifr Eiríksson schenkt seiner Geliebten Þórgunna u.a. einen Mantel aus grönländischem Fries und einen Elfenbeingürtel zum Abschied.‘

Kleidung und Emotionen 

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Gísla saga Súrssonar Nú tekr Ásgerðr til orða. ,Veittu mér þat, at þú sker mér skyrtu, Auðr, Þorkatli bónda mínum.ʻ ,Þat kann ek eigi betr en þú,‘ sagði Auðr, ,ok myndir þú eigi mik til biðja, ef þú skyldir skera Vésteini bróður mínum skyrtuna.‘ (c. 9) ‚Ásgerðr, die Ehefrau von Gíslis Bruder Þorkell, bittet Auðr, ihr ein Hemd für ihren Mann zuzuschneiden. Die Gefragte entgegnet, dass sie das selbst auch nicht besser könne, und sie nicht darum gebeten worden wäre, wenn es sich um ein Hemd für ihren Bruder Vésteinn gehandelt hätte.‘ Gunnlaugs saga ormstungu Ok þá gaf Gunnlaugr Helgu skikkjuna Aðalráðsnaut, ok var þat gersemi sem mest. (c. 11) ‚Gunnlaugr schenkt Helga Þorsteinsdóttir den Prachtmantel, den er vom englischen König erhalten hat.‘ Hallfreðar saga vandræðaskálds Hallfreðr vildi gefa Kolfinnu skikkjuna Konungsnaut, en hon vildi eigi þiggja. (c. 9) ‚Hallfreðr möchte Kolfinna den Königsmantel schenken, sie lehnt aber ab.‘ Kormáks saga Einn morgin snimma ríðr Kormákr frá skipi, ferr at finna Steingerði ok talar við hana, biðr hana gera sér skyrtu. Hon kvað enga þǫrf kvámu hans, kvað Þorvald eigi mundu þola hefndalaust eða frændr hans. (c. 17) ‚Kormákr bittet seine Geliebte Steingerðr, ihm ein Hemd zu machen. Sie lehnt mit der Begründung, ihr Mann Þorvaldr würde sich dafür rächen, ab.‘ Þorsteins þáttr uxafóts En er piltrinn var út genginn, kom Oddný þar og fœrði Þorsteini klæði nýskorin. (c. 5) ‚Oddný schenkt ihrem Sohn neu angefertigte Kleidung.‘

8.3.3 Andere Emotionen Brennu-Njáls saga ‚Mik dreymði, at Þorvaldr, bróðir þinn, væri í rauðum kyrtli, ok þótti mér svá þrǫngr vera sem saumaðr væri at honum; mér þótti hann ok vera í rauðum hosum undir ok vafit at vándum dreglum. Mér þótti illt á at sjá, at honum var svá óhægt, en ek mátta ekki at gera.‘ (c. 134) ‚Yngvildr Þorkelsdóttir, die Mutter von Þorkell fullspakr träumt, dass ihr Sohn Þorvaldr Ketilsson þryms einen roten Rock anhatte, der so eng war, dass es schien, als ob er an ihm festgenäht wäre. Darunter trug er Hosen und schlechte Wadenbinden um die Unterschenkel.‘

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

Egils saga Skalla-Grímssonar Ok er á leið haustit, tók Egill ógleði mikla, sat opt ok drap hǫfðinu niðr í feld sinn. (c. 56) ‚Egill ist schwermütig und verbirgt seinen Kopf im Mantel.‘ – En svá er sagt, þá er þeir settu Bǫðvarr niðr, at Egill var búinn: hosan var strengð fast at beini; hann hafði fustanskyrtil rauðan, þrǫngvan upphlutinn ok láz at síðu; en þat er sǫgn manna, at hann þrútnaði svá, at kyrtillinn rifnaði af honum ok svá hosurnar. (c. 78) ‚Egill trägt während der Bestattung seines Sohnes Bǫðvarr Egilsson folgende Gewänder: Die Strümpfe liegen fest am Bein an, er trägt als Obergewand einen roten Kittel, der auf der (einen) Seite mit einem Band geschnürt wird. Sowohl Strümpfe als auch Kittel reißen während des Begräbnisses.‘ – En áðr Þorsteinn fœri heiman, stilltu þau Ásgerðr um ok tóku ór kistu Egils silkislœður, Arinbjarnarnauta, ok hafði Þorsteinn til þings. Ok er hann hafði á þinginu, þá váru honum dragsíðar ok urðu saurgar neðan, þá er þeir váru í lǫgbergsgǫngu […] en mjǫk miklu síðar, þá er Egill lau kupp kistu sína, þá fann hann, at spillt var slœðunum. (c. 79) ‚Egills Sohn Þorsteinn und seine Mutter Ásgerðr Bjarnadóttir nehmen das kostbare Schleppgewand aus der Truhe. Þorsteinn zieht es an und reitet damit zum Allthing. Dabei wird das Gewand beschädigt.‘ Fljótsdœla saga Ok er þau töluðu þetta sín í milli, þá kemr þar inn maðr einn. Sá var í svörtum kufli. Þar var Nollar. Hann reikar utar ok innar eptir gólfinu ok lætr slúta höttinn. (c. 13) ‚Nollar trägt auf dem Hof von Þorbjǫrn Skeggjastðir einen schwarzen Mantel; dessen Kapuze hat er tief ins Gesicht gezogen. Außerdem hat er Wollhosen an. Er wird zuvor als schwarz, von böser Zunge, unbeliebt und wenig vermögend beschrieben. Sein Bruder wurde von den Söhnen der Droplaug erschlagen. Später berichtet er Bersi vom Besuch Helgis bei Helga und hofft, ihn so aufhetzen zu können.‘ Fóstbrœðra saga Þormóðr reist í sundr línbrók sína ok batt sár sitt ok gengr heim á Laugaból. (c. 9) ,Þormóðr Kolbrúnarskáld reißt seine blutige Leinenhose entzwei.‘ Gunnlaugs saga ormstungu Þat var helzt gaman Helgu, at hon rekði skikkjuna Gunnlaugsnaut ok horfði þar á lǫngum. Ok eitt sinn kom þar sótt mikil á bœ þeira Þorkels ok Helgu, ok krǫmðusk margir lengi. Helga tók þá ok þyngð ok lá þó eigi. Ok einn laugaraptan sat Helga í eldaskála ok hneigði hǫfuð í kné Þorkatli, bónda sínum, ok lét senda eptir skikkjunni Gunnlaugsnaut. Ok er skikkjan kom til hennar, þá settisk hon upp ok rakti skikkjuna fyrir sér ok horfði á um stund. Ok síðan hné hon aptr í fang bónda sínum ok var þá ørend. (c. 13) ‚Helga Þorsteinsdóttirs einzige Freude nach dem Tod Gunnlaugrs ist es, den Mantel, den er ihr einst geschenkt hatte, anzusehen. Kurz vor ihrem Tod betrachtet sie ihn zum letzten Mal.‘

Kleidung und Emotionen 

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Hávarðar saga ĺsfirðings En Þorgrímr sofnaði ok breiddi feld á hǫfuð sér ok lét illa í svefni. (c. 19) ‚Þorgrímr Dýrason zieht sich den Mantel übers Gesicht und schläft unruhig. Er will Hávarðr töten lassen.‘ Kormáks saga Kormákr sat útar við dyrr í tjaldinu og drakk tvímenning á Steingerði, ok meðan hann gerði þetta, stal maðr frá Kormáki dálki til spotts, er hann hafði lagt af sér feldinn, ok er hann skyldi til taka, var ór dálkrinn. Kormákr spratt upp ok hljóp eptir manninum með spjót þat, er hann kallaði Vigr, ok skaut eptir honum. (c. 25) ‚Ein Mann stiehlt die Fibel von Kormákrs Mantel. Dieser schleudert ihm sofort einen Speer hinterher.‘ Laxdœla saga Síðan gaf hon [Gunnhildr] honum gullhring ok bað hann vel fara; brá síðan skikkjunni at hǫfði sér ok gekk snúðigt heim til bœjar. (c. 19) ‚Hrútr Herjólfsson bekommt von Königin Gunnhildr einen Ring geschenkt. Danach stülpt sie ihren Mantel über den Kopf und geht.‘ – Guðrún var í námkyrtli, ok við vefjarupphlutr þrǫngr, en sveigr mikill á hǫfði. Hon hafði knýtt um sik blæju, ok váru í mǫrk blá ok trǫf fyrir enda. (c. 55) ‚Als Guðrún vom Bach zurückkommt und Bolli bereits erschlagen ist, trägt sie ein kostbares zweiteiliges Gewand, das aus einem engeren Oberteil und einem geringfügig weiteren Unterteil besteht. Über dem Rockteil trägt sie eine Schürze mit blauen Mustern und Fransen am Saum. Um den Kopf hat sie ein großes Tuch geschlungen.‘ – Halldórr hafði yfir sér samða skikkju ok á nist lǫng, sem þá var títt. […] Þá sprettr Halldórr upp svá hart, at nistin rifnaði af skikkjunni. (c. 75) ‚Halldórr Óláfsson trägt einen Mantel, der mit einer langen Spange verschlossen wird, wie es damals Mode war. Später springt er im Zorn so heftig auf, dass die Spange dabei zerbricht.‘ Ljósvetninga saga En þeir Eyjólfr fóru til Svalbarðs ok fundu Þorvarð lækni ok leystu til sársins. Eyjólfr spyrr, hversu honum segði hugr um. Hann svarar: ‚Ef Koðrán hefði kyrr verit, þá væri ván í, en nú er engi.‘ […] Eyjólfr mátti eigi komask af kyrtli þeim, er hann var í; svá var hann þrútinn. (c. 14) ‚Eyjólfr Guðmundarsons Körper ist in Trauer so stark angeschwollen, dass er seinen Leibrock nicht ablegen kann.‘ – Vigfúss mælti: ‚Láttu nú eigi finna á þér feginleikinn, því at ef Einarr finnr af vizku sinni, at skipt er skapi þínu, þá mun han hitta bragð til, at þetta ráð komi eigi upp.‘ Ok um daginn, þá er þeir gengu til tíða, sátu þeir í rúmmum sínum. Guðmundr var hljóðr ok mælti ekki orð ok hafði höfuðit í feldi sínum. (c. 17) ‚Vigfúss empfiehlt Guðmundr seine Freude zu verbergen, damit sein gut durchdachter Plan aufgehen kann. Guðmundr verbirgt seinen Kopf im Mantel.‘ – Einarr mælti: ‚Í gær at aptansöng, þá þótti [Guðmundr] láta allglaðliga, en var þó hryggr raunar; en nú sýndisk hann hljóðr, – en sáttu eigi, at feldarröggvarnar hrœrðusk, er hann hló?‘ (c. 17) ‚Einarr fragt Þórir, ob er nicht gesehen habe, wie sich die Zotten von Guðmundrs Schaffellmantel beim Lachen unter seinem Mantel bewegten.‘

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 Belegstellensammlung zur Kleidung in den Íslendingasǫgur und Íslendingaþættir

Vatnsdœla saga Valgerðr gerði honum ok klæði ǫll, þau er mest skyldi vanda. (c. 38) ‚Valgerðr näht Ingólfr Kleider, auf die die größte Sorgfalt zu verwenden ist.‘ Víga-Glúms saga Glúmr bað hann vísa sér til sætis, en Vigfúss […] vísaði honum til sætis á inn óœðra bekk útarliga ok veitti honum litla virðing. Hann var fámálugr ok ósiðblendr. Þá er aðrir menn drukku eða hǫfðu aðra gleði, þá lá hann ok hafði feld á hǫfði sér. (c. 6) ‚Glúmr bedeckt sein Haupt mit dem Pelzmantel. Er gibt sich seinem Großvater Vigfúss als Enkel zu erkennen, bekommt aber nur einen Platz auf einer niederen Bank angewiesen. Ihm wird wenig Aufmerksamkeit entgegen gebracht. Glúmr ist aus diesen Gründen schweigsam und unzugänglich.‘ Víglundar saga Stendr hon þá upp skjótt ok klæðir sik ok gengr til saumstofu sinnar ok setr þar niðr griðkonu sína ok leggr yfir hana möttul sinn […] en er þeir kómu í stofu, sá þeir, at Ólof sat á palli; settist Einarr niðr hjá henni ok talaði við hana. Í þessu kom maðr í stofuna bláklæddr ok hélt á brugðnu sverði. Maðrinn var ekki stórr vexti, en allreiðugligr var hann. Þeir spurðu hann at nafni, en hann nefndist Óttar […] inn bláklæddi maðr var Ólof sjálf. (c. 8) ‚Zum Schutz vor Schändern legt die Frau Þorgrímrs, Ólof, ihrer Magd ihren eigenen Mantel um. Sie selbst verkleidet sich als Mann, trägt dunkelblaue Kleidung und sieht sehr zornig aus.‘ Þorsteins þáttr uxafóts Þat var einn dag sem optar, at Þorsteinn kom til Krossavíkr; hann gekk til stofu. Þá sat Geitir, faðir bónda, á palli ok þuldi í feld sinn. En er piltrinn kom í stofuna, þá fór hann mjök geystr, sem börnum er títt; fellr hann á stofugólfinu. Ok (er) Geitir sér þetta, skellir hann upp og hlær. (c. 5) ‚Der alte Geitir, Þorkells Vater, sitzt im Haus auf der Bank und murmelt in seinen Mantel. Als der kleine Þorsteinn in die Wohnstube kommt und auf dem Boden hinfällt, beginnt Geitir laut zu lachen.‘ Þorvalds þáttr tasalda Bárðr snaraði þá glófana sundr milli handa sér. (c. 2) ‚Bárðr digri zerknüllt vor Wut seine Handschuhe aus Hirschleder.‘

9 Register der verwendeten altisländischen Quellen Auðunar þáttr vestfirzka 41 f. Bárðar saga Snæfellsáss 19, 34 f., 125 f. Bjarnar saga Hítdœlakappa 34, 40–42, 49, 82, 90, 122 Brands þáttr örva 39, 83 Brennu-Njáls saga 14, 17, 21, 23 f., 27 f., 32 f., 36, 38 f., 45–48, 51 f., 60, 64, 76 f., 80, 86, 97–99, 101 f., 109–113, 115 f., 120 f., 125, 128

Hávarðar saga Ísfirðings 53, 59 f., 62 Hávamál 3, 90 Heiðarvíga saga 17, 33, 45, 66, 68, 81 Hrafnkels saga Freysgoða 17, 23, 43 f., 66, 68, 117 Hreiðars þáttr heimska 56 f., 62, 69 f., 73 Ísleifs þáttr biskups 39–41, 136

Droplaugarsona saga 81, 89

Kjalnesinga saga 17, 61, 94 Kormáks saga 25, 64, 92 f., 128 f., 131, 139 Króka-Refs saga 62, 78, 80, 86, 123

Egils saga Skalla-Grímssonar 18, 20 f., 45, 47, 81, 126, 131–134 Egils þáttr Síðu-Hallssonar 94 f. Eiríks saga rauða 28, 49, 66 ff., 68, 74, 91, 96 ff. Eyrbyggja saga 1, 17, 20, 33 f., 52 f., 70 f., 73, 92, 94, 98 f., 116, 118 f., 125

Laxdoela saga 1, 22, 24 f., 26 f., 30–33, 36–38, 46, 51, 63 f., 67, 75, 79, 82, 92, 100, 102, 105–108, 117, 119, 132 f., 134, 136, 138 Ljósvetninga saga 19, 93, 108, 132 f., 139 Orms þáttr Stórólfssonar 17, 29, 94

Finnboga saga 22 f., 36, 50, 51 ff., 64, 72, 74, 130 Flóamanna saga 17, 25, 30, 49, 58, 75 Fljótsdoela saga 29, 48, 82 Fóstbroeðra saga 50 f., 78 ff., 81, 94, 96, 99, 117 f. Gísla saga Súrssonar 17 f., 24, 36, 55 f., 58, 73, 75, 78–80, 124, 127, 129 Gisls þáttr Illugasonar 79, 83 Grettis saga Ásmundarsonar 29 f., 48 f., 55, 60 f., 81 f., 89 f., 116, 130, 137 Grímnismál 125 Grœnlendinga saga 7, 107 f. Gull-Þóris saga 29, 58 f., 94 Gunnars saga Keldugnúpsfífls 61, 74 Gunnlaugs saga ormstungu 17, 36, 42, 47, 59, 130 f. Gylfaginning 3, 116, 126 Hallfreðar saga vandræðaskálds 17, 19, 42, 65, 77, 94 f., 96, 131 Harðar saga Grímkelssonar 54, 84, 93, 122, 125 f.

Reykdoela saga ok Víga-Skútu 17, 27, 34, 65, 77, 80, 93 Snorra Edda 3, 19, 20 Steins þáttr Skaptasonar 71 f., 73, 137 Svarfdoela saga 61 f., 87 f. Valla-Ljóts saga 116 f., 124, 139 Vatnsdoela saga 20, 65, 72, 93, 94, 123, 129 f. Víga-Glúms saga 34, 46, 49, 55, 80, 126, 127, 133 Víglundar saga 74, 75, 93, 109, 125, 138 Þórðar saga hreðu 23, 71 Þorleifs þáttr jarlsskálds 77 f. Þorsteins saga hvíta 79 Þorsteins þáttr uxafóts 100, 119, 120, 130, 139 Þorvalds þáttr tasalda 28 f., 134 Þorvalds þáttr vidfǫrla 92, 100 Ǫgmundar þáttr dytts 35 f., 82 f. Ǫlkofra þáttr 53 f.