Die literarhistorische Method und Jeremia Kap. 1 9781463229276

his work contains a discussion between Carl Heinrich Cornilland Bernhard Stade on the meaning of Jeremiah as "a pro

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Die literarhistorische Method und Jeremia Kap. 1
 9781463229276

Table of contents :
Die literarhistorische Methode und Jeremía Kap. i.
Nachwort

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Die literarhistorische Method und Jeremia Kap. 1

Analecta Gorgiana

711

Series Editor George Anton Kiraz

Analecta Gorgiana is a collection of long essays and short monographs which are consistently cited by modern scholars but previously difficult to find because of their original appearance in obscure publications. Carefully selected by a team of scholars based on their relevance to modern scholarship, these essays can now be fully utilized by scholars and proudly owned by libraries.

Die literarhistorische Method und Jeremia Kap. 1

Carl Heinrich Cornili

1 gorgias press 2010

Gorgias Press LLC, 954 River Road, Piscataway, NJ, 08854, USA www.gorgiaspress.com Copyright © 2010 by Gorgias Press LLC Originally published in 1907 All rights reserved under International and Pan-American Copyright Conventions. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, scanning or otherwise without the prior written permission of Gorgias Press LLC. 2010

1

ISBN 978-1-61719-840-3

ISSN 1935-6854

Reprinted from the 1907 Giessen edition.

Printed in the United States of America

99 Begriff np13.

Wie ist bei ihm jedoch die glaubensfrohe, felsenfeste

Überzeugung Deuterojesaias, daß Jahve, getrieben von seinem innersten Wesen, so handeln muß, getrübt durch den Gedanken, daß Jahve erst in die nötige Verfassung gebracht werden müsse durch menschliche Leistungen! 1

Weil aber diese Leistungen weit

vom Ideal entfernt sind, bleibt das Heil aus (59, 9). E s ist als ob der Richter Jahve nicht mehr die beiden Parteien Israel und seine Unterdrücker vor sich habe. immer im Recht,

Denen gegenüber war Israel doch

wenigstens bei Deuterojesaia.

Seine

Sünde

gegen Jahve büßt es ja gerade durch die unterdrückte Stellung. Greift Jahve ein, so muß er sich nun auf die Seite seines mißhandelten Volkes stellen (40, 1 ff. u. a.).

Wenn er aber bei Trito-

jesaia wieder auf Israels Sünde in erster Linie sieht, sie ihnen vorwirft, — ist da nicht jener Gesichtspunkt verschoben, scheint da nicht Israel im Prozeß Jahve allein gegenüber zu stehn? aber

5 9 , 2 0 b der Fall,

ebenso 5 8 , 6 . 7 . 8

Das ist

und besonders

56,1.

Nur 63, 1 scheint die einfache Vorstellung beibehalten zu sein (wenn HplS hier nicht mit Wahrheit wiederzugeben ist).

Dies

ließe sich des weiteren ausführen, geht aber über den Rahmen unserer Untersuchung".

Für unseren Zweck genügt es, festgestellt

zu haben, daß der deuterojesaianische Begriff np"!2 in Kap. 56—66 nicht nur in ähnlichen Verbindungen eine andere Färbung

be-

kommen hat, sondern auch eine weitere Bedeutung, die nur in diesen Kapiteln nachzuweisen und etwa mit Werkgerechtigkeit wiederzugeben ist, annimmt.

Dieser Umstand kann durch eine

Änderung der geschichtlichen Situation, besser aber durch diese und die Verschiedenheit der Verfasser erklärt werden. 1

V g l , 59, 2, überhaupt v. I — 8 .

100

C o r n i l i , D i e l i t e r a r h i s t o r i s c h e M e t h o d e und J e r e m í a K a p .

i.

Die literarhistorische Methode und Jeremía Kap. i. Von C. H .

Cornill.

Ual-i meine v o r J a h r e s f r i s t erschienene B e a r b e i t u n g d e s B u c h e s J e r e m i a um ihres v i e l f a c h „ r e a k t i o n ä r e n 1 , C h a r a k t e r s willen l e b h a f t e n Widerspruch

finden

werde, h a b e ich nicht a n d e r s e r w a r t e t ; e r ist

denn auch bereits g e k o m m e n in S t a d e s A b h a n d l u n g : D e r „ V ö l k e r prophet" Jeremia

und

der

Zeitschrift 1 9 0 6 S . 9 7 — 1 2 3 . m i r ist wesentlich „an

der

jetztige

methodologisch,

literarhistorischen

Text

von J e r . K a p . i

diese

D e r G e g e n s a t z zwischen S t a d e Methode

und

indem meine A r t zu arbeiten krankt"

(101).1

Ich

nehme

d a h e r v o n ihr den A u s g a n g s p u n k t für meine A n t w o r t . E s m a g in meiner rein philologischen V e r g a n g e n h e i t b e g r ü n d e t liegen, dali literarhistorische E r w ä g u n g e n und A r g u m e n t e mir besonders s y m p a t h i s c h sind. alttestamentlichen

Ich bin mir d e s f r a g m e n t a r i s c h e n C h a r a k t e r s d e r L i t e r a t u r und der d a d u r c h g e s e t z t e n

für den S p r a c h b e w e i s w o h l bewußt, über

ETI3 in

12,14

alJ

f S. 1 6 6 .

cf. z. B . m e i n e

Schranke

Bemerkungen

W o a b e r d a s Material f ü r einen

I n d u k t i o n s b e w e i s ausreicht und dieser ein e v i d e n t e s R e s u l t a t liefert, b e t r a c h t e ich sein E r g e b n i s als b e w i e s e n e T a t s a c h e und m a c h e mir keine G e d a n k e n darüber, w a s e t w a in d e m uns v e r l o r e n e n T e i l der altisraelitischen L i t e r a t u r g e s t a n d e n h a b e n könnte. liegt meines E r a c h t e n s -V

mit

vor

S o l c h ein F a l l

in d e m a u s n a h m s l o s e n G e b r a u c h

Pron. suff. zur B e z e i c h n u n g

von

I s r a e l als J a h v e s

wenn es f ü r sich allein steht, cf. als b e s o n d e r s h ü b s c h e s 1

E i n f a c h e S e i t e n z a h l in K l a m m e i

von Volk,

Beispiel

zitiert die a n g e f ü h r t e A b h a n d l u n g Stades.

C o r n i l l , D i e literarhistorische Methode und J e r e m i a K a p . I.

Ex. 3 3 , 1 3

ntn W

ich Stades

- p y "3 Htm."

IOT

U n d deshalb hielt und halte

Jer. I, 5 für — natürlich nicht moralisch, sondern

philologisch — „unerlaubt", wie das W o r t ,unerlaubt' z. B. auch S . 449 zu 46, 1 0 gebraucht ist.

Auch gegen den S a t z :

,,Wäre

wirklich so unmöglich, wie sich das Cornill vorstellt, so würde daraus nur die Notwendigkeit

folgen,

ich Einspruch

ein ursprünglich

erheben.

Daß

zu emendieren'' muli dastehendes

in D^A geändert worden wäre, erscheint mir ganz undenkbar: selbst der blindwütigste Jnterpolator, der um jeden Preis eine Gruppe von Heidenorakeln in das Buch Jeremia einschmuggeln wollte, würde das nicht getan haben,

da v i o zu seinem Z w e c k

vollständig

genügte. Mit " l A fällt auch CHJb als „ v o m Redaktor abgeänderte V o r l a g e " (103), dem „bei seiner Korrektur durch den alten T e x t bestand die W e g e gewiesen w a r e n " (102). In K a p . 25 und 4 6 — 4 9 erreicht (ioof.) mein Kranken an der literarhistorischen

Methode

den Höhepunkt:

ich

muß

also

bei

einer

methodologischen Auseinandersetzung auch auf diese F r a g e ein¿ehn und hier ist wieder der wesentliche Punkt der Zornesbecher jahves.

Zunächst

.,Tatsache,

eine kleine Vorbemerkung.

daß das Bild . . . zur Androhung

Wenn Stade eines

die

universalen

Gerichts benutzt wird", als das Entscheidende bezeichnet, von dem auszugehn ist (1 Ol), so trifft mich das gar nicht, da j a der deutlich ausgesprochene

Grundgedanke

meiner

Ausführungen

über

den

Zornesbecher J a h v e s ist, daß Jeremia lediglich eine zeitgeschichtliche ..Völkerschlacht

mit ihren F o l g e n " vor A u g e n hat, welche erst

..spätere Überarbeitung" zum „Weltgericht des jüngsten T a g e s " abgebogen hat S. 286 f. 296: also der Becher J a h v e s „ z u r Androhung eines universalen Gerichts" ist auch mir unjeremianisch. Becher selbst. für Jeremias Nah 3 , i i

Nun zum

Ich habe auf literarhistorische Gründe hin dies Bild geistiges

Eigentum

erklärt.

Giesebrecht

hat

mir

vorgehalten, wie es Stade scheint „mit R e c h t " : ich habe

..in sehr künstlichen Ausführungen" den Beweis versucht, Nah 3 . 1 r 1 Was J e s , zusehen.

Stade

9 1 H 0 3 ) mit dieser F r a g e zu tun hat, v e r m a g ich nicht einkatrn m;r J e s . 0, 2 meinen, aber da wird

¡•i1* a b Textfehlev anerkennen.

er wohl

selbst njrt

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und Jeremia Kap. I.

102

liege das Bild vom Zornesbecher nicht vor (100).

Zunächst steht

Nah 3 , 1 1 überhaupt gar nichts von einem Becher Jahves, sondern von Trunkenwerden.

Ich habe nun nachgewiesen, daß bei diesem

Trunkenwerden die exegetische Tradition in ihrer erdrückenden Mehrheit nicht an den Zornesbecher Jahves gedacht hat: somit ist diese Deutung mindestens nicht notwendig, ja nicht einmal naheliegend, da die Übersetzer und Erklärer Nahums doch auch Jer 25 gekannt haben.

W a s an diesen Ausführungen „sehr künstlich"

sein soll, vermag ich nicht einzusehen.

Also ein sicheres und un-

zweifelhaftes Beispiel für den Becher Jahves vor 605 gibt es nicht. Und wäre selbst das Bild als solches älter, so müßte sein massenhaftes Vorkommen in der nachjeremianischen Literatur doch stutzig machen und die literarhistorische Methode veranlassen, nach einer Erklärung

dieser immerhin merkwürdigen Tatsache zu suchen.

Und auch hier wäre die einzig mögliche Erklärung, daß jenes Bild gerade damals in bedeutsamer Weise aufgefrischt, resp. neu in Kurs gesetzt wurde, und das führte wieder mit zwingender Notwendigkeit auf Jer 25. Stellen

Und wie ist denn das Verhältnis der fraglichen

zueinander?

Auch die literarhistorische Methode zählt

nämlich die Stimmen nicht bloß, sondern wägt sie. jeremianischen Literatur

In der nach-

erscheint das Bild beiläufig wie etwas

Selbstverständliches, jedem Leser Vertrautes: in Jer 25 erscheint als Hauptstück einer grandios konzipierten und ausgeführten Szene der Becher sozusagen in natura, Jahve selbst gibt ihn dem Propheten in die Hand, und der Prophet kredenzt ihn denen, die nach Jahves Willen daraus trinken sollen; 1 auch auf den Umstand mache ich aufmerksam, daß Jer 25 schlichtweg von einem Becher Weines redet (s. zu 2 5 , 1 5 ) , noch nicht von dem Zornesbecher Jahves. Da ist es doch nicht bloß „Geschmackssache" (120), wenn ich behaupte, daß Jer 25 das Original und folglich älter ist als die unter seinem Einflüsse stehenden Stellen.

Wenn man diese Be-

hauptung für unmethodisch oder die zu ihr führende Methode für

1

D a ß in einem solchen Zusammenhange wie der 013, so auch n1?!? figürlich

gemeint ist(lo6), macht doch keine Schwierigkeit.

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und Jeremía Kap. i.

I03

falsch erklärt, so tut mir das leid, macht mich aber nicht irre. Übrigens scheint die Sache des Zornesbechers und der Heidenorakel doch gar nicht so schlimm zu stehen: denn Stade selbst erkennt sie als „in alter Zeit" geschrieben an.

32 Seiten nach

seiner schroffen Ablehnung meiner Ansicht über Jer 25 und 46—49 schreibt er in dem nämlichen Hefte der Zeitschrift in einer Auseinandersetzung mit Marti über Jes 3, 1 7 : „Wenn mir aber Marti einwendet (S. 43. f.): ,ilNE heißt in alter Zeit noch nicht die Seitenlocken, die Pejes der modernen Juden, und nicht einmal für sich allein Schläfe, sondern die Seite, der Rand/ so hat er nicht an n«B

gedacht". HKS

findet

sich bekanntlich — und nicht

in dein von Stade ( 1 1 6 . Anm.) charakterisierten Sinne, sondern wirklich bekanntlich — nur Jer 9, 25; 25, 23; 49, 32: folglich müssen nach Stade diese Stellen in (verglichen mit Lev. 19,27) „alter Zeit" geschrieben sein.

Oder spielt mir hier wieder „die literar-

historische Methode" einen Streich und ist MNB "TOp ein uralter terminus technicus, der uns „zufällig" nur in jenen „secundaren" Stücken des Buches Jeremía „bezeugt" ist ( 1 0 1 ) ? Ich komme nun zu dem eigentlichen Streitobjekt, Kap.

1.

Über Jer 1 mir eine abschließende Meinung zu bilden, wurde ich 1891 durch meine Bearbeitung Jeremias für Paul Haupts Sacred Books veranlaßt. Damals hatte noch niemand den leisesten Zweifel an der Integrität oder gar Authentie dieses Kapitels geäußert, so daß die von mir als Erstem (Einleitung

2

i892 S. 162) voll-

zogene Ausscheidung von v 3 gewissermaßen schon eine Kühnheit war.

Natürlich bot Kap. 1 Probleme, so gleich das iriJÍJ tfOJ

Was wollte das sagen?

v

5.

Neben dem Glauben an eine vorzeitliche

Erwählung, mit welchem absoluten Unikum Jeremía auch „vollständig aus der historischen Erscheinung der alten Prophetie herausfällt" (118), gewiß etwas Großes.

„Prophet für die Heiden", dessen

prophetische Berufsarbeit nur den Heiden gilt, und nicht dem Volk Israel, war ausgeschlossen: das konnte Jeremía nicht sagen, und konnte kein vernünftiger Mensch von ihm sagen.

Die DU

mußten also hier nicht religiös, sondern ethnographisch gefaßt werden, wie es die gesamte exegetische Tradition getan hat.

Aber

104

Comill,

Die literarhistorische Methode und Jeremia Kap.

auch bei dieser Nuance sein,

daß

i.

des Begriffs konnte die Meinung

die prophetische

R e d e Jeremias

sich allein mit

nicht dem

Schicksal fremder V ö l k e r beschäftigen solle: es konnte damit nur eine Prophetie gemeint sein, welche auch die V ö l k e r und ihr Ergehen, soweit es mit Israels Geschicken in Zusammenhang steht, in ihren Gesichtskreis zieht:

deshalb übersetzte ich schon in dem

Manuskript von 1 8 9 1 artikellos „für V ö l k e r " , worüber später noch zu reden sein wird.

In diesem Sinne „Propheten für V ö l k e r " waren

schon Arnos und J e s a j a \ ohne dal-i sie ein W o r t darüber verlieren: ist es gerade bei J e r e m i a sachlich und psychologisch zu erklären, daß jenes Moment einen integrierenden Bestandteil seines Berufsbewußtseins bildet? wägungen,

welche

Sachlich durchaus einfach auf Grund der Erich im K o m m e n t a r

zu v 5 ausgeführt

habe,

insofern seine Situation eine wesentlich andere war als die seiner V o r g ä n g e r , und es h a t mich gefreut, diesen Grundgedanken nachher bei Giesebrecht wiederzufinden, unter dessen N a m e n S t a d e ihn als

„die

Prämissen

anerkennt(105). Es

zu einem

richtigen

Verständnis

der

Stelle"

U n d psychologisch ist es nicht minder erklärlich.

steht auf einer Linie mit der vorher von J a h v e

ausgesagten

vorzeitlichen Erwählung und soll dazu dienen, durch eine Steigerung seines Berufsbewußtseins seine Zaghaftigkeit und Schüchternheit zu überwinden: Schon vor deiner Geburt bist du berufen zu einem A m t , welches das Schicksal von V ö l k e r n schafft. A b e r nun erhob sich die F r a g e :

Können

wir die namentlich

v 1 0 deutlich aus-

gesprochene Vorstellung, dalä die W e i s s a g u n g die Zukunft schafft, jeremia zutrauen?

D o c h auch diese F r a g e durfte ich auf G r u n d

der im K o m m e n t a r zu v 1 0 vorgeführten Stellen und E r w ä g u n g e n getrost bejahen und muli es entschieden zurückweisen, wenn Stade sagt, ich sei ..für diese Sätze den Beweis völlig schuldig g e b l i e b e n "

I D e n „ a u f Arnos f o l g e n d e n P r o p h e t e n H o s e a " h a b e ich nicht in a r g e r L i s t „mit Stillschweigen Formulierung, gleich

religiös

ü b e r g a n g e n " ( 1 1 1 ) , s o n d e r n w e i l , nach K l e i n e r t s

glücklicher

die A u s w e i t u n g d e s p r o p h e t i s c h e n B l i c k s des Arnos b e i ihm zuv e r t i e f t und national v e r e n g t erscheint.

W o h a b e ich d e n n be-

hauptet, es g e h ö r e zum W e s ' n und B e g r i f f des „ w a h r e n " P r o p h e t e n , ein „ P r o p h e t V ö l k e r " ?.u s e i n ?

(I18).

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und J e r e m í a K a p . i .

IO5

wenn die älteren Propheten und Jeremia geglaubt

haben,

daß die Weissagung bewiesen



so

die Zukunft schaffe — und das

muß

sie

auch

die

Zukunft

habe

fremder

ich

Völker

schaffen, falls Jahve einem Propheten den A u f t r a g gibt, eine solche gegen ein fremdes V o l k zu richten. Die beiden nun folgenden Visionen gehören aufs engste in den Zusammenhang und erfüllen eine ähnliche A u f g a b e , wie die V v . 5 und 1 0 : sie geben nämlich nicht ,,den Hauptinhalt der prophetischen Tätigkeit J e r e m i a s " ( 1 0 1

1 2 2 120) — wo habe ich denn das ge-

sagt? •— sondern das. was er zunächst wissen muß, um Mut zum Auftreten als Prophet zu fassen; sie sind gewissermaßen die geistige Ausrüstung zu seinem Beruf und gehören demnach organisch in die Geschichte seiner Berufung.

E s ergab sich mir so folgender

Zusammenhang, in welchem ich nichts Brüchiges und Widerspruchsvolles zu entdecken v e r m a g : Ich habe dich schon vor deiner Geburt bestimmt zu dem Größten, was

ein Mensch werden

kann

Halte dich nicht für ungeeignet zu diesem hohen A m t , denn es handelt sich nicht um deine Person, sondern um mein allgewaltiges Wort, welches ich in deinen Mund lege. ich wache über meinem Wort, das Gericht zusammen:

Zweifle und zage nicht;

und im Norden braut sich schon

deshalb frisch auf ans W e r k und ohne

Furcht denen gepredigt, welchen das Gericht bestimmt ist.

Dies

meine Auffassung von J e r 1 seit 1 8 9 1 .

Die Angriffe Duhms gegen

unser Kapitel nahm ich nicht leicht;

als mir aber bei der durch

sie veranlaßten erneuten Prüfung die Erkenntnis aufgegangen war von

dem

demselben

Abhängigkeitsverhältnis, steht,

war

schrieb im August den Kommentar

in welchem

Deuterojesaja

für mich die Sache entschieden,

1901

und

zu ich

getrost meine A u f f a s s u n g Von 1 8 9 1 für

nieder und halte sie auch jetzt noch für richtig.

Stade hat es offenbar als Mißachtung empfunden, daß ich auf Grund von Z A W

1903 1 5 3 — 1 5 7

nicht „ d i e Erklärung des ge-

saraten Kapitels von Haus aus gründlich umgestaltet" habe (122). Diese Empfindung wäre durchaus berechtigt, wenn ich meinerseits gar nichts Eigenes geboten,

sondern nur das reproduziert hätte,

was bereits frühere Erklärer ü b e r j e r 1 gesagt haben.

A b e r durch

I06

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und Jeremia Kap. t.

den beim Erscheinen jenes Aufsatzes schon vor

r / 2 Jahren von

mir geführten Nachweis der Abhängigkeit Deuterojesajas von J e r I in seiner gegenwärtigen Gestalt mit C " : 6 v. 5 und V1B31?! v. 1 0 1

war die F r a g e auf ein völlig neues Fundament

gestellt,

und da Stade stets zu der Minorität gehört hat, welche die EbedJahvelieder für echte und ursprüngliche Bestandteile von Deuterojesajas Schrift hält, so mußte dieser Beweis auch für ihn zwingend sein.

Damit

war seine Ansicht über J e r , 1

eo ipso

unhaltbar

geworden: ich durfte mich darauf beschränken, diese Grundtatsache festzustellen und daneben noch auf Einzelheiten hinzuweisen, gegen welche ich, auch abgesehen hiervon, an sich Bedenken hatte, und vielmehr den Gegenbeweis Unrecht erfolgt sei.

Aber

erwarten, daß meine Behauptung

zu

diesen Gegenbeweis anzutreten, hat

S t a d e nicht einmal versucht: für ihn ist die Sache mit der literarhistorischen Methode, welche „ e b e n überall versagt" (120) abgetan. Wenn übrigens S t a d e dort sagt: „ E s wäre

damit nur bewiesen,

d a ß " der Abschnitt J e r 1, 4 — 1 0 ,.schon vor Deuterojesaja in die Gestalt gebracht worden, in der wir ihn lesen" — hat dann „der viel feinere, sicherere und zuverläßigere Maßstab, den wir in der Geschichte

der religiösen Ideen

besitzen", nicht auch ein klein

wenig von der der literarhistorischen Methode nachgesagten „wächsernen N a s e " (100)? welches

Denn dann könnte unter Umständen ein Stück,

ganz junge Vorstellungen,

wie sie „der

nachexilischen

Zeit g e l ä u f i g " sind ( 1 3 9 ) zum Ausdruck bringt, auch schon zwischen 580 und 540 verfaßt sein. A b e r der „ V ö l k e r p r o p h e t " Jeremia ist überhaupt „eine phantastische, um nicht zu sagen, abenteuerliche Vorstellung" (98) und ayfifr „sowohl, was die Präposition als was das Nomen betrifft, wider den Sprachgebrauch" ( 1 0 5 ) übersetzt.

W a s den ersten Punkt an-

geht, so habe ich mich offenbar nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich glaubte,

mein Hinweis auf Arnos und J e s a j a 2 ,

welche auch

' Mit v. 10 war auch v. 11 —16 gegeben; denn v. 17—19 als Ganzes konnte sich wohl unmittelbar an v. 9, nun und nimmer aber an v. 10 anschließen. 2 Bei den Berufungen des Arnos und J e s a j a ( l l 3 ) ist zu beachten, daß bei Arnos nicht Berufsprophet auf Lebenszeit in Frage kommt, was zu sein er selbst

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und Jeremía Kap. I.

107

schon „Propheten für Völker" gewesen seien, mein wiederholtes, nachdrückliches Hervorheben des naiv judäocentrischen Standpunktes der israelitischen Propheten, die sich für die fremden Völker als solche gar nicht interessieren, sondern „sich nur, weil und insofern sie für die Geschichte des eigenen von Bedeutung sind" S. 12, um sie kümmern und hieraus sich ergebende Probleme, wie das, warum die Heiden die Strafe für Israels Sünde mit tragen müssen, gar nicht als [solche empfinden, sagte es deutlich genug, wie ich den „Völkerpropheten" Jeremia gesamte

exegetische

Targum erklärt

verstehe,

Tradition

nämlich so, wie ihn die

bisher verstanden

hat.

Schon

N'IS als „Prophet, der den Zornesbecher

Jahves den Völkern kredenzt": die Männer des Targum haben gewiß nicht geglaubt, daß Jeremias prophetische Tätigkeit in diesem einzelnen Moment aufgehe, können also in den Worten nur eine Hervorhebung dieses einzelnen Moments aus besonderen Gründen angenommen haben.

Und noch für Kuenen O 2 § 58 N. 6 ist

N'DJ lediglich ein Niederschlag der Erkenntnis, hoe nauw Juda's lot samenhing met dat van andere natien.

Aber hätte das

nicht DyiJ IM? heißen mülkn (106)? Stade darf ruhig glauben (cf. 1 1 2 ) , daß ich seit 1886 noch ab und zu im Ezechiel 1 gelesen habe: dieses Propheten D'lä und öyi3 TB3, welche die schönste Analogie zu einem D"i: K02 böten, sind mir allezeit gegenwärtig. Aber die Status-constructus-verbindung scheint mir den Jer 1 , 5 vorliegenden Begriff nicht ganz zum Ausdruck zu bringen; ich habe deshalb

auch der Versuchung

Ubersetzung

widerstanden, in der

ein Wortkompositum wie Eichhorn

oder Erbt (Völkerprophet) zu gebrauchen.

deutschen

(Völkerführer)

Vielmehr scheint mir

für diesen Begriff gerade die Präposition b als allgemeinste und umfassendste Bezeichnung der Kategorie der Relation „in Bezug auf das bestimmteste ablehnt, sondern eine Spezialmission; und Jes 6 wäre nur dann für mich widerlegend, wenn gleich die erste Stimme des Herrn, welche Jesaja hört, lautete: „Wen soll ich zu diesem Volk senden?" 1

Ob man übrigens bei der scharf ausgeprägten Eigenart Ezechiels von ihm

aus ohne weiteres rückschließen kann auf das, was „bei einem vorexilischen Propheten zu erwarten" i s t ( l i 2 l , möchte ich doch bezweifeln.

IOB

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und Jeremía Kap.

auf" am geeignetsten. 1 entsprechende:

W i r haben im Deutschen leider keine ganz

„zum Propheten

ästhetische Unmöglichkeit, „für".

i.

Aber der Artikel?

in Bezug auf V ö l k e r " war eine

und so wählte ich das

allgemeinste

Dali ffttn auch bei Jeremia in der Be-

deutung „die Heiden" vorkommt, ist sicher.

Ubersetzen wir es

als „die Völker", so ist es ideell auch determiniert: denn Jeremia weiß sich nicht etwa als Prophet pKH

fe1?

oder

DVJ1?

p S C (105), sondern für diejenigen bestimmten Völker, welche im einzelnen Fall

in das Geschick Israels verwickelt sind, und auf

welche deswegen das prophetische W o r t Rücksicht nimmt.

Ich

habe deshalb nach dem Genius der deutschen Sprache den Artikel nicht übersetzt, wie ich aus demselben Grund auch DM13 9 , 1 5 mit „unter V ö l k e r " ohne Artikel übersetzt habe.

Oder bedeutet das

Q^JS an jener Stelle 2 so viel wie pNH "13 ^>32, oder bedeutet es das Hos 1 0 , 1 7 sich in L X X

oder O b 1?

Auch in der Überschrift 4 6 , 1 , die

noch 2 5 , 1 3 gleichlautend ohne

eingedrungenes

erhalten hat, würde D'lin by für das deutsche Sprachempfinden besser ohne Artikel „über fremde V ö l k e r " widergegeben, und DMJH Gen 48, 19 übersetzen Männer wie Franz Delitzsch, Frants Buhl und Driver „eine Fülle von Völkern''.

Und sollte der Artikel wirk-

lich ganz und gar unstatthaft sein, so schriebe man eben BMj'p.J Ist mit der gesamten exegetischen Tradition in dem D'ljb KMl nicht Jeremias Prophetenberuf erschöpft, sondern aus bestimmten Gründen nur ein einzelnes Moment desselben hervorgehoben, so fällt auch jede Schwierigkeit der Verbindung mit v. 6 und 7.; für einen, der nur über fremde Völker prophezeit, resp. Gottesworte * D'W1? N'33 gehört, wie schon die Akzente richtig gesehen haben, aufs Engste zusammen als Einen Hegriff ausdrückendes Wortpaar: es ist bezeichnend, daß an der ähnlichen (113) Stelle F.z 3 , 1 7 33, 7 das b nicht hinter HEX steht, sondern hinter TITO.

Von den „vier sehr genau auseinanderzuhaltenden Vorstellungen",

welche ich hier „ineinarder wirre" (114), kommen bei meiner Auffassung 1. u:id 2. überhaupt nicht in Frage, und 3. und 4. sind tatsächlich identisch, denn „gesetzt aber V ö l k e r " wird der Prophet dadurch, daß er „über Völker weissagt". 2 Ich

darf mit dieser

Stelle operieren,

da nach dem ausdrücklichen Zitat

von 9, 13 in Bibl. T h e o . S. 257 Stade s'e als jeremianisch

anerkennt.

3 cf. jetzt auch E . König THeol. T.itb!. 1906 ?p. 555 unten.

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode and J e r t m ì a K a p . I .

109

über sie niederschreibt, ist es allerdings gleichgültig, ob er jung oder alt, beredt oder unberedt, zaghaft oder mutig ist. Zwei von Stade 1903 vorgebrachte Argumente hätte ich berücksichtigen müssen: das Verhältnis von v. 5 zu 1 0 ( 1 1 7 )

und

namentlich das F W v. 13, auf welches er mich (i2of.) nochmals nachdrücklich

verweist.

Ich hole dies jetzt nach.

v. 1 0 „nicht nochmals zum Propheten dies schon v. 5 geschehen ist".

Jeremia kann

bestellt werden, nachdem

A b e r v. 5 sind die Worte J 0 2 J

1

D^U ? lediglich Erklärung des ^ F i y T und TFCHpn, also ideell auch noch von "pSN D"ffi2 abhängig und nur eine Mitteilung dessen, wozu J a h v e

ihn bereits

vor seiner Geburt ausersehen hat.

Die

eigentliche Berufung und Weihe erfolgt erst mit v. 9 : durch das Berühren

seines Mundes wird Jeremia in das A m t feierlich ein-

geführt, zu welchem er schon vor seiner Geburt designiert U n d JTUB> v. 1 3 ?

war.

Wenn J a h v e zweimal hintereinander an Jeremia

genau die nämliche F r a g e richtet und

beim zweiten Male aus-

drücklich bemerkt wird, dal) es abermals geschehen sei, schlieft das wirklich a u s , daß vor diesen zwei identischen F r a g e n J a h v e schon ein anderes Wort zu Jeremia geredet hat?

Daß die von

Stade angenommene Urgestalt von J e r I einen glatten und bis au! an sich einwandfreien T e x t bietet, daß Jeremia wirklich so geschrieben haben könnte, leugne ich natürlich nicht: ich glaube aber auch heute noch, daß er tatsächlich so geschrieben hat, wie uns das Kapitel überliefert ist. Z u m Schluß noch ein W o r t über einen Punkt.

S t a d e beklagt

sich ( 1 2 2 f . ) mit vollem R e c h t darüber, daß ich in der Literaturaufzählung ihn nicht genannt habe.

A l s er mich nach Zusendung

des Kommentars sofort brieflich darauf aufmerksam machte, war ich wie vor den K o p f geschlagen: nicht erklären.

Die

zeigende Neigung,

„neuerdings

ich konnte und kann es mir bei jüngeren

Mitarbeitern sich

die namentlich in den achtziger Jahren

des

vorigen Jahrhunderts getane Arbeit zu ignorieren" (123), kann es nicht sein; denn ich, der ich Sommer 1 8 7 3 als Student im dritten Semester Stades Licentiatenpromotion im alten „ R o t e n H a u s e " zu Leipzig mitgemacht habe, bin nur 6 Jahre jünger als er und darf,

110

C o r n i l i , Die literarhistorische Methode und Jeremia Kap. i.

wenn auch nur für ein eng begrenztes Gebiet, in die Arbeit: der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mich selbst mit einbegreifen . Auch von jeder bösen Absicht, Stades große Verdienste um unsre Wissenschaft irgend zu verkleinern oder gar totzuschweigen, weiß ich mich völlig frei habe ich doch im Kommentar alle seine Beiträge zur Jeremiaerklärung gewissenhaft benutzt und z. B. S. 1 1 8 und 348 seine Prioritätsansprüche Duhm und Smend gegenüber nachdrücklich

hervorgehoben;

ja

in einer auf anderem

Gebiet

liegenden Frage bin ich es gewesen, der Stade zu seinem Rechte verholfen hat — ich gehe wenigstens jede Wette ein, daß Zillessens Worte in dieser Zeitschrift 1904 S. 251 Anm. 1 eine Folge von Theol. Rundsch.

1900 S. 4 1 0 sind.

Ich stehe hier selbst vor einem

Rätsel und freue mich, wenigstens öffentlich erklären zu können, daß ich dies mir selbst unbegreifliche und unverzeihliche Versehen aufrichtig bedaure.

Nachwort. Als ich diese Zeilen schrieb, konnte ich nicht ahnen, daß Stade ihre Drucklegung nicht mehr erleben würde.

Ich habe mit ihm

noch in durchaus freundschaftlicher Weise über die Sache korrespondiert, und er selbst hat noch im vorigen September das Manuscript entgegengenommen und seine Drucklegung verfügt: wenige T a g e vor seinem Tode wurde mir das baldige Eintreffen der Korrektur mitgeteilt, und ich bin tief erschüttert, daß ich nun auf so tragische Weise das letzte Wort behalte.

In Bernhard Stade

hat unsere Wissenschaft einen ganz Großen verloren: sein Name und sein Werk werden in ihr fortleben.